MATERIALIEN ZU EINER ORNIS BALCANICA. HERAUSGEGEBEN VOM BOSNISCH-HERZEGOWINISCHEN LANDESMUSEUM IN SARAJEVO. II]: GRIECHENLAND UND DIE GRIECHISCHEN INSELN (MIT AUSNAHME VON KRETA). VON OTMAR REISER, KUSTOS AM BOSN.-HERZEG. LANDESMUSEUM, MIT 4 TAFELN IN FARBENDRUCK, 5 ABBILDUNGEN IN SCHWARZDRUCK UND EINER KARTE. WIEN, 1905. IN KOMMISSION BEI CARL GEROLD’S SOHN. 2 F 7 LIBRIS S.DILLON RIPLEY 2° Gilt ol The Ripley Family ir Poren az wu MATERIALIEN ZU EINER ORNIS BALUANICA. HERAUSGEGEBEN BOSNISCH-HERZEGOWINISCHEN LANDESMUSEUM IN SARAJEVO. III. GRIECHENLAND UND DIE GRIECHISCHEN INSELN (MIT AUSNAHME VON KRETA). VON OTMAR REISER, KUSTOS AM BOSN.-HERZEG. LANDESMUSEUM. MIT 4 TAFELN IN FARBENDRUCK, 5 ABBILDUNGEN IN SCHWARZDRUCK UND EINER KARTE. WIEN, 1905. IN KOMMISSION BEI CARL GEROLD’S SOHN. Druck von Adolf Holzhausen, k. und k. Hof- und Universitäts-Buchdrucker in Wien. NORWORZIE Bei der Bearbeitung des vorliegenden Bandes der „Ornis balcanica“ ergaben sich derartige Schwierigkeiten gelegentlich der möglichst vollständigen Verwertung der recht beträchtlichen und dabei weit zerstreuten Literatur, daß dessen Fertigstellung sich ungeahnt in die Länge zog. Hiezu kamen noch mancherlei andere Um- stände, welche zu wiederholten Malen eine längere Unterbrechung der Arbeit zur Folge hatten, wie: die zweimalige Bereisung Serbiens zum Zwecke ornithologischer Forschung, die Veranstaltung der Ornithologenversammlung in Sarajevo und vor allem die Teilnahme an der zoologischen Expedition in das Innere von Nordost-Brasilien. Diese Verzögerung im Erscheinen des Buches brachte jedoch den einen Gewinn, daß sich das Bild über Anzahl und Verbreitung der Arten im Gebiete durch die un- ausgesetzte Sammeltätigkeit mehrerer Persönlichkeiten in Griechenland, namentlich durch die dankenswerte Vermittlung Dr. Krüpers inzwischen immer mehr und mehr vervollständigte. Während nämlich in früherer Zeit über die Ornis von Griechenland ziemlich viel veröffentlicht wurde, erschien in den letzten drei Jahrzehnten keine einzige belang- reiche Arbeit über dieses interessante Gebiet, obwohl die kritische Sichtung des bis- her Gebotenen allein schon die Mühe einer derartigen Veröffentlichung reichlich gelohnt hätte; so kam es, daß bald nach Vollendung meiner drei dorthin unternommenen Sammelreisen in den Jahren 1894, 1897 und 1898 der zu verarbeitende Stoff derartig anwuchs, daß ich mich genötigt sah, die Wiedergabe so mancher unvergeßlicher Episode, die Erzählung so manches spannenden Jagdabenteuers zu unterdrücken, um nur ja nicht dadurch die im Vergleiche mit den früher erschienenen Bänden unverhältnis- mäßig angewachsene Stärke des Buches noch zu vergrößern. Als ganz besonders wichtig und notwendig erschien mir das Ausscheiden solcher Arten aus der „Fauna graeca“, deren Vorkommen nicht durch Beweisstücke unumstöß- lich erhärtet wurde. Wenn ich in dieser Hinsicht vielleicht etwas zu weit gegangen bin, so bitte ich dies nachsichtig zu beurteilen, da in mir schon seit langem die Über- zeugung Platz gegriffen hat, daß es unvergleichlich leichter und angenehmer ist, in ein a*F I V Vorwort. bestimmtes Faunengebiet eine bezüglich des Vorkommens bis dahin zweifelhafte oder gar neue Art auf Grund unwiderleglicher Belege einzureihen, als eine augenscheinlich irrtümlich angegebene aus gleichwohl annehmbar erscheinenden Gründen zu streichen. Aber nicht nur diesbezüglich, sondern auch vor allem hinsichtlich der Erforschung des Wanderfluges unserer Zugvögel ist in Griechenland noch außerordentlich viel zu tun. Manches hierhergehörige Rätsel würde durch sorgfältige und mehrjährige Beob- achtung gerade in den dortigen Breiten — ich will als ganz hervorragend wichtige Punkte hierfür nur das Eiland Psathura und die beiden Strophadeninseln erwähnen — zweifellos der Lösung näher gebracht werden! Freilich fehlen zur Zeit sowohl die Mittel zur Vornahme solcher Beobachtungen, als auch die hierfür geeigneten, willigen Beobachter. Bei dieser Gelegenheit sei darauf aufmerksam gemacht, daß schon aus den im vorliegenden Bande niedergelegten Erfahrungen hervorgeht, daß man bisher von der Dauer des tatsächlichen Zeitabschnittes, innerhalb welches sich der Zug der meisten Vogelarten im Frühlinge vollzieht, durchaus nicht die richtige Vorstellung hatte; denn genau zur selben Zeit, als in Bosnien, Österreich und überhaupt in Mitteleuropa von irgend einem bestimmten Zugvogel bereits frisch gelegte Eier gefunden wurden, machte ich die überraschende Wahrnehmung, daß an den griechischen Küsten die Wanderung von Vertretern derselben Art gegen Norden zu noch im vollen Gange war. Eine ganz besondere Schwierigkeit ergab sich bei der Regelung der Kalender- daten. Nur mit Mühe gelangte ich zu der Gewißheit, die vielen, aus den verschie- densten Quellen stammenden Zeitangaben doch schließlich auf die gemeinsame Basis unseres gewöhnlichen Stiles richtig gebracht zu haben. Hinsichtlich der Schreibweise der topographischen Nomenklatur bemerke ich, daß sie vielfach nicht genau mit der auf der beigegebenen Karte übereinstimmt, da sie dort zum Teile französisch beibehalten erscheint. Außerdem wurde in neuester Zeit (namentlich durch Philippson) eine ganze Reihe von bisher falschen Namen richtig- gestellt. Endlich gestattete der kleine Maßstab der Übersichtskarte leider nicht die Auf- nahme sämtlicher geographischen Punkte, die in der vorliegenden Bearbeitung Er- - wähnung fanden. Lange Zeit ist seither verstrichen, da ich zum letzten Male auf dem historischen Boden von Hellas wandelte, aber in lebhaftester Frische haben sich mir die dort ge- wonnenen Eindrücke erhalten und in unvergänglicher Dankbarkeit gedenke ich der- jenigen Personen und hohen Gönner, Sr. Exzellenz des verewigten Ministers Ben). v. Kallay an der Spitze, welche diese Forschungen ermöglichten und förderten. Ich nenne weiters dankbarst meine lieben Begleiter auf diesen Reisen, zunächst meinen väterlichen Fürsorger Dr. Th. Krüper in Athen, meinen alten Freund Professor Joh. Vorwort. V Knotek in Bruck a.d. Mur, den vielerfahrenen und weitgereisten Hauptmann J. Roth aus Stuttgart, endlich den unermüdlichen Kollektor Joh. Santarius und spreche schließ- lich allen jenen, welche mich bei der Bearbeitung des schier endlosen Stoffes mit Rat und Tat unterstützten, meinen tiefstgefühlten Dank aus, so namentlich den Herren: E. H. Dresser, Hofrat Dr. P. Leverkühn, Kustos Dr. L. Lorenz R. v. Liburnau, Pfarrer ©. Kleinschmidt, Dr. R. Baron Koenig-Warthausen, H. Schalow, Prof. E. Stribrny (Sarajevo), V. Ritter v. Tschusi u. v.a. Auch der wesentlichen Begünsti- gungen, welche die Verwaltung des Österr. Lloyd in Triest den Expeditionen nach Griechenland angedeihen ließ, sei hier rühmend gedacht. Aber es wäre in hohem Grade ungerecht, wenn an dieser Stelle nicht auch das weitgehende Entgegenkommen und die werktätige Förderung unserer Arbeiten von Seite der griechischen Bevölkerung besondere Erwähnung und aufrichtiges Lob finden würden, denn nirgends auf der Balkanhalbinsel, einige Vorfälle zur Kriegszeit 1597 etwa abgerechnet, war das Sammeln in ornithologischer Hinsicht so leicht und angenehm wie in Griechenland. Wie sehr förderte beispielsweise Herr Diamantis Soustas in Missolonghi unsere Bestrebungen, wie hilfsbereit erwiesen sich uns die wetterharten Vlachen in Akarnanien, wie ausgiebig wurden wir von den Inselbewohnern der Sporaden unterstützt! Nur auf diese Weise wurde es möglich, die nachfolgend ersichtliche Ausbeute an Bälgen auf den drei Reisen zusammenzubringen: Anzahl | Knotek Johann Leonis Ludw. J. Roth der der Bälge | Eier Johann Santarius Chr.u. Georg Hauptmann Alois Wutte Stavros Strimmeneas EB 18594 148 1597 129 1898 u Summe . 334| : 21| 74 35| | | | 1 D 1895—1904 von verschiedenen Sammlern eingesendet . . . . . 645, Zusammen . 1617 — Summe der hierdurch belegten Arten: . 294 Soweit es die verfügbare Zeit erlaubte, wurden auf allen drei Reisen auch Insekten, namentlich Koleopteren gesammelt, von welchen ein Teil in dem kürzlich erschienenen I. Bande der „Käferfauna der Balkanhalbinsel“ von meinem Kollegen V. Apfelbeck bereits bearbeitet wurde. Ai Vorwort. Aber auch dem Pflanzen-Sammeln und -Trocknen wurde namentlich dank der Unterstützung unseres Dolmetschers, des alten Christos Leonis, stete Aufmerksamkeit zugewendet, wobei mich manch seltener, unerwarteter oder gar neuer Fund erfreute. Die gesamte Ausbeute ist seither in E. v. Haläcsys klassischem Werke: „Conspectus Florae Graecae“ veröffentlicht worden, ebenso wie unsere Fangergebnisse an Reptilien in Fr. Werners schöner Zusammenstellung: „Beiträge zur Kenntnis der Reptilien- und Batrachierfauna der Balkanhalbinsel“. Zum Schlusse sei nochmals das horizontal wie vertikal so reichgegliederte Gebiet des heutigen Griechenlands sowohl den gegenwärtig tätigen wie auch künftigen Ornitho- logen als Arbeitsfeld aufs wärmste empfohlen, da ich überzeugt bin, daß sie namentlich in den nördlichen Landesteilen und auf vielen von den Inseln durch mehr oder weniger überraschende Entdeckungen den schönsten Lohn für alle aufgewendete Mühe und Opfer an Zeit finden werden. Sarajevo, im März 1905. Otmar Reiser. UNS ASIEN: Seite VRR ne ed ee ee N ee! I. Allgemeiner Teil. Bst, Danke WEN yes eat ae, ee ee al, ca 3 ZIGOLLEWREISOLSG TE Er See nste Be ke anerkennen ei een ae SD Dritte Reise 1898 ..... ER E Fl Die ornithologische ee Ben oclande Be er re 3) Kuuische@BisterderäöViörellGriechenlandse Sn. 2 0 re II. Spezieller Teil und III. Für das Gebiet zweifelhafte oder fälschlich angegebene Arten. Die Arten des III. Teiles sind im nachfolgenden alphabetischen Register mit kleinerer Schrift gesetzt. Acanthis cannabina (L.), Cannabina sangwinea Landb. — Bluthänfling . . .» 2» 2... 2... 228 — flavirostris (L.) — Berghänfling . . . Re EEE ee oe ulile) — Imaria (L.), Zinaria alnorum Chr. L. Brehin. _ Nordischer Leinfuk en ee 2 eye 068 — rufescens (Vieill.), Zinaria rufescens Schl. & Bp. — Südlicher Leinfink . . .» 2 2 22 2.2.2 .2.20.2..068 Accentor (alpinus) collaris subalpinus Brehm — Südliche Alpenbraunelle ... 2» 22.2... ....167 —emodulanzsa le), —Heckenbraunelles era ee Er il‘ Accipiter nisus (L.) — Sperber ... . ee One et Acredula caudata (L.) und Acredula Bade ee Aa u. er -— Weißköpfige und make- donische Schwanzmeise . . . a ea Set Fe — tephronota (Günther) — Gere Se anzmeISOW ae ee eo Acrocephalus aquatieus (Gm.) — Binsensänger . . - N een u ße! — arundinaceus (L.), A. turdoides lernen _ ee anen Se el -- palustris (Bechst.) — Sumpfrohrsänger . . . . < SR A 0 _ schoenobaenus (L.), Calamoherpe phragmitis eine —_ Schltohunesr ee al AD: - streperus (Vieill.), A. arundinaceus Naum. — Teiehrohrsäinger ... .». 2.2.2... ....140 Actitis hypoleueus (L.) — Flußuferläufer ... . ee ne ee Addon (Agrobates) familiaris (Menetr.) — Östlicher Fortfabier SANSOrI a ee el Aegialitis alewandrinus (L.), Aeg. cantianus Lath. — Seeregenpfeifer . .» 2» 222... . 484 E= curonieus (Gm.), Aeg. minor M. u. W. — Flußregenpfeifer..... 22... ...0.0.0.0..485 —hichiculau le.) — Sandremenpfeltere . ren en ee ah AensihalısYpendulmus, (12), Beutelmeiser wre 6 Alandagarvensisi In — Meldlerchoup ug ee ee ne ed Br Alcedo ispida L. — Eisvogel. ... . AR TERN IE RK) Ammomanes deserti (Licht.), Alauda Garen u _ Östliche "Wüstenlerche A SS een lt Flnnslaculoelr DE SpieBontout. ge, Ser see: ech ever Katar 2a, u h0scHs ER StocKento: rn. ka Bee en Sue pichleenen nase Sea DO — crecca L. — Krickente .... s N EEE ar EEE EEE PER LU — marmorata Tem., A. angustirostris Menstr. _ ernelnk ek: SR RE REM r}>) u nenelopeHirg —Pfeitente ee Een ea ee te le nee 4299 VIII Inhalt. Anas querquedula L. — Knäckente . — (Aex) sponsa (L.) — Brautente . — strepera L. — Mittelente Anous stolidus (L.) — Tölpelseeschwalbe . Anser albifrons (Scop.) — Weißstirnige Gans — anser (L.), A. cinereus Meyer — Graugans . h — erythropus (L.), A. minutus Naum. — Zwerggans . — segetum (Gm.) — Saatgans re Anthus (Agrodroma) campestris (L.) — Brachpieper . — cervinus (Pall.) — Rotkehliger Pieper — obscurus (Lath.), A. rupestris Niels. — Strandpieper — pratensis (L.) — Wiesenpieper — richardi Vieill. — Spornpieper . — spipoletta (L.), A. aquaticus Bechst. _ Remo: — trivialis (L.), A. arboreus Bechst. — Baumpieper Aquila chrysaetus (L.) — Steinadler : — (maculata) elanga Pall. — Schelladler — maculata (Gm.), Agu. naevia Wolf — Sehreadlerl — melanaetus (L.), Aqu. imperialis Bechst. — Kaiseradler . — rapax Tem. — Raubadler Archibuteo lagopus (Brün.) — BauhBRn user Ardea alba L. — Großer Silberreiher — einerea L. — Grauer Reiher — garzetta L. — Kleiner Silberreiher . — ibis L., A. bubuleus Aud. — Kuhreiher — purpurea L. — Purpurreiher . — ralloides Scop. — Rallenreiher . Ardetta minuta (L.) — Zwergrohrdommel : Arenaria interpres (L.), Strepsilas interpres L. — Sleinwälzer : : Asio accipitrinus (Pall.), Brachyotus palustris Forster — Sumpfrohreule . — otus (L.), Otus vulgaris Flem. — Waldohreule Astur brevipes (Severzow) — Zwerghabicht — palumbarius (L.) — Habicht Botaurus stellaris (L.) — Rohrdommel Bubo ascalaphus Savig. — Ägyptischer Uhu — bubo (L.), B. maximus Sibb. — Uhu . Budytes flavus (L.) — Schafstelze : _ — borealis (Sund.) — Nördliche graukörkike ÜSchaktalze — — cinereocapillus (Savi) — Südliche grauköpfige Schafstelze —_ — taivanus Swinh. — Chinesische Schafstelze . — melanocephalus (Licht.) — Schwarzköpfige Schafstelze . Buteo buteo (L.), B. vulgaris Bechst. — Mäusebussard ferox (Gm.) — Adlerbussard Caccabis petrosa (Gm.) — Klippenhuhn . 0 = rufa (L.), Perdix rubra auet. — Rothuhn . — sawxatilis chukar (Gray), Perdix chucar Gray — Tosuiienes Seinhahn — — graeca (Briss.), Perdix saxatilis M. u. W. — Griechisches Steinhuhn Calandrella brachydactyla (Leisl.) — Kurzzehige Lerche Calidris arenaria (L.) — Sanderling ö Caprimulgus europaeus L. (und var. mer: ndlonalis Hantert) — Nachtschwalbe : —_ ruficollis Tem. — Rothals-Nachtschwalbe Carduelis carduelis (L.), C. elegans Steph. — Stieglitz Carine noctua (Scop.), Athene noctua Retz. (und var. meridionalis Ries) — Senken — passerina (L.), Athene passerina L. — Sperlingskauz . Cerchneis naumanni (Fleischer), Tinnumeulus cenchris Naum. — Rötelfalke =. rupicohıs (Daud.) — Afrikanischer Turmfalke . — tinnuneulus (L.) — Turmfalke . Seite 498 585 500 587 495 493 494 585 207 206 566 205 565 209 207 366 362 360 364 573 377 433 435 451 437 434 436 438 491 318 319 381 384 439 572 320 196 198 198 197 199 378 379 577 578 406 411 185 477 292 570 227 312 571 327 572 333 Inhalt. Certhia familiaris brachydactyla Brehm — Baumläufer Certhilauda desertorum (Stanl.), Alauda desertorum (Stanl.) — ogenscinabellerche, Ceryle rudis (L.) — Gescheckter Eisvogel Cettia cettii (La Marm.), C. sericea Natt. — a Charadrius pluvialis L. — Goldregenpfeifer . _ squatarola (L.) — Kiebitzregenpfeifer Chelidon urbica (L.), Hirundo urbica L. — Stadtschwalbe Chen hyperboreus (Pall.) — Schneegans Chenalopex aegyptiacus (L.) Ägyptische Gans Chettusia gregaria (Pall.) — Herdenkiebitz e Chloris chloris (L.), Ligurinus chloris L. — Grünfink Ohrysolophus pietus (L.) — Goldfasan Chrysomitris eitrinella (L.) — Zitronenzeisig . _ spinus (L.) — Erlenzeisig Ciconia ciconia (L.), C. alba Bechst. — Weißer Storch — nigra (L.) — Schwarzer Storch . SOREN . Cinclus cinclus albicollis (Vieill.) — Südlicher Wasserschmätzer Circaötus gallicus (Gm.) — Schlangenadler Circus aeruginosus (L.) — Sumpfweihe — cyaneus (L.) — Kornweihe — macrurus (Gm.), €. pallidus Sykes — eimartr abe — pygargus (L.), C. cineraceus Mont. — Wiesenweihe Cisticola cisticola (Tem.), C. cursitans Frankl. — Cistenrohrsänger Clangula glaucion (L.) — Schellente : Clivicola riparia (L.), Hirundo riparia L. — Tforschwalbe — rupestris (Scop.), Hirundo rupestris Scop. — Beinen Coccothraustes coccothraustes (L.), C. vulgaris Pall. — Kirschkernbeißer Coccystes glandarius (L.) — Heherkuckuck Colaeus monedula (L.), Lycos monedula L. — Dohle Columba livia Gm. — Felsentaube — oenas L. — Hohltaube — palumbus L. — Ringeltaube . Colymbus arcticus L. — Polarseetaucher _ septentrionalis L. — Nordseetaucher Coracias garrula L. — Blaurake . Corvus corax L. (u. var. lawrencei Hume) — Kolkrabe — comix L. — Nebelkrähe — _ corone L. — Rabenkrähe — frugilegus L. — Saatkrähe : Coturnixz coturnix (L.), C. dactylisonans een — Wachtel. Crex erex (L.), ©. pratensis Bechst. — Wiesenralle Cuculus canorus L.. — Kuckuck Cygnus eygnus (L.), C. musicus Bechst. — dien — immutabilis Yarr. — Unveränderlicher Schwan — olor (Gm.) — Höckerschwan Dendrocopus leuconotus lilfordi Sharpe u. Dice _ © Hellenenspecht, = major (L.) — Großer Buntspecht _ medius sancti-johannis (Blanf.) — Östlicher Mittelbuntspecht _ minor danfordi (Hargitt) — Östlicher Kleinbuntspecht Dryocopus martius (L.) — Schwarzspecht Elanus caeruleus (Desf.) — Gleitaar a : Emberiza caesia Cretzschm. — Etat a: : — cia L. — Zippammer . - = cinerea Strickl. — Gelbkehlige Ama _ eirlus L. — Zaunammer — citrinella L. — Goldammer . h E hortulana L. — Gartenammer . 321 323 324 325 143 502 284 285 233 309 251 428 428 427 554 554 295 255 254 569 253 418 449 306 492 584 493 304 571 302 301 305 574 213 212 566 217 566 216 X Inhalt. Emberiza lesbia Tem. — Lesbische Ammer er: —_ leueocephala Gm, BE. pityormus L. — Föhrenammer ; — pyrrhuloides reiseri Hartert — Westliche Ginpelrchrammer _ schoeniclus (L.) — Rohrammer = — canneti (Brehm), E. inter macha Michah. — "Mittlere Rohranımer : — striolata Licht. — Gestreifte Ammer Erismatura leucocephala (Scop.) — Ruderente er: ; Erithacus (Aödon) luscinia (L.), Luscinia minor Brehm — Nachtigall : = ‚philomela (Bechst.) — Sprosser n rubeculus (L.), Dandalus ubeeulais _ allein _- suecicus (L.) — Blaukehlchen Erythropus vespertinus (L.) — Rotfußfalke. 5 Erythrospiza githaginea (Licht.) — Wüstentrompeter . Eudromias geoffroyi (Wagl.) — Großer Mornellregenpfeifer - morinellus (L.) — Mornellregenpfeifer Euspiza dolichonia (Bp.) — Gestreifte Prachtammer — melanocephala (Scop.) — Kappenammer Falco aesalon Tunst. — Zwergfalke — _ coneolor Tem. — Afrikanischer Graufalke . — eleonorae Gene — Eleonorenfalke — ‚feldeggi Schl. — Feldeggsfalke . — Ianarius Pall. — Würgfalke . — peregrinus Tunst. — andere) — subbuteo L. — Lerchenfalke S Francolinus francolinus (L.), F. vulgaris Steph. — Arranken Frringilla coelebs L. — Buchfink — montüfringilla L. — Bergfink Fulica atra L. — Wasserhuhn . Fuligula ferina (L.) — Tafelente : — fuligula (L.), F. cristata Leach — Reiherente © = marila (L.) — Bergente — nyroca (Güld.) — Moorente — rufima (Pall.) — Kolbenente . 3 Galerida arborea (L.), Lullula arborea L. — Herdelerene : — _ cristata (L.) — Haubenlerche 3 : Gallinago gallinago (L.), Gallinago scolopacina ii, _ Bene : — gallinula (L.) — Kleine Sumpfschnepfe — major (Gm.) — Große Sumpfschnepfe Gallinula chloropus (L.) — Grünfüßiges Teichhuhn _ porzana (L.) — Getüpfeltes Sumpfhuhn Garrulus glandarius (L.) — Eichelheher 0.8.0 —_ krymicki Kaleniez. — Türkischer Schwarzkopfheher . Gecinus camıs (Gm.) — Grauspecht — viridis (L.) — Grünspecht . : Gelastes gelastes (Licht.) — Dünnschnäbelige Möwe Glareola melanoptera (Nordın.) — Nordmanns Brachschwalbe — pratincola (L.) — Brachschwalbe . Grus grus (L.), G. cinereus Bechst. — Kranich — wirgo (L.) — Jungfernkranich Gypaötus barbatus (L.) (var. grandis Storr.) — Ba Gyps fulous (Gm.) — Weißköpfiger Aasgeier Haematopus ostrilegus L. — Austernfischer Haliaötus albieilla (L.) — Seeadler . = vocifer Vieill. — Singseeadler . Harelda glacialis (L.) — Eisente 3 ano ae Himantopus himantopus (L.), H. en Bechse — Storchschnepfe Hirundo rufula Tem. — Rötelschwalbe . Seite 567 567 211 210 211 Inhalt. Hirundo vwustica L. — Rauchschwalbe . — — savignyi Steph. — Be TRanenschnaihe Hoplopterus spinosus (L.) — Dorn- oder Sporenkiebitz Houbara (Otis) undulata (Jaeq.) — Afrikanische Kragentrappe Hydrochelidon hybrida (Pall.) — Weißbärtige Seeschwalbe _ leucoptera (Schinz) — Weißflügelige Seeschwalbe . u nigra (L.) — Schwarze Seeschwalbe . Hypolais caligata (Licht.) — Zwergspötter a _ olivetorum (Striekl.) — Großer Olbaumaspötter ; : — pallida (Hempr. u. Ehr.), MH. elaeica Linderm. — ee Ölbaumspötter — philomela (L.), H. salicaria Bp. — Gartenspötter . —_ polyglotta (Vieill.) — Kurzflügeliger Gartenspötter Ibis aethiopica (Lath.) — Heiliger Ibis Jymz torquilla L. — Wendehals Lanius collurio L. — Rotrückiger Würger . o — excubitor L. (u. homeyeri Cab.) — Beer — meridionalis Tem. — Hesperiden-Raubwürger — minor Gm. — Grauwürger E — nubieus Licht., L. personatus Tem. — ent ürger — senator L., L. rufus Gm. — Rotköpfiger Würger Larus argentatus L. — Nordische Silbermöwe ö —_ — michahellesi Bruch — Südliche Silhermöre ; — atrieilla L. Grauköpfige Möwe . e — audouini Payr. — Be reeenns ; — canus L. — Sturmmöwe . — fusceus L. — Häringsmöwe. — ichthyaetus Pall. — Fischmöwe — leucophthalmus Tem. — Weißwimperige Möwe — marimus L. — Mantelmöwe . — melanocephalus Natt. — Be aanbee Möwe — minutus Pall. — Zwergmöwe. Er — ridibundus L., Chema ridibundum L. — Technane Limicola platyrlı (Tem.) — Sumpfläufer Limosa lapponica (L.) — Rostrote Uferschnepfe : - — limosa (L.), L. aegocephala Bechst. — See Deerdeffe Locustella luseinioides (Savi) — Nachtigallrohrsänger Loxia curvirostra L. — Fichtenkreuzschnabel — pityopsittacus Borekh. — Kiefernkreuzschnabel . Laseiniola melanopogon (Tem.) — Mariskenrohrsänger . Melanocorypha calandra (L.) — Kalanderlerche Melierax gabar (Daud.) — Singsperber f . Melizophilus sardus (La Marm.) — Sardischer Sänger 5 = undatus (Bodd.), M. provincialis (Gm.) — Proyanenänger Mergus albellus L. — Zwergsäger — merganser L. — Großer Säger — serrator L. Mittlerer Säger Merops apiaster L. — Bienenfresser — vpersicus Pall. — Savignys nenn — viridis L. — Grüner Bienenfresser . Merula merula (L.), M. vulgaris Leach. — Sehwarzamsel — torgquata (L.) — Nordische Ringamsel : Mieropus apus (L.), Cypselus apus L. — Mauersegler . — melba (L.), Cypselus melba L. — Alpensegler e Miliaria calandra (L.), Miliaria europaea Swains. — Grauammer Milvus aegyptius (Gm.) — Schmarotzermilan » — migrans (Bodd.), Milvus ater Gm. — Sa eanen Milan — milvus (L.), M. regalis auet. — Roter Milan 563 506 507 506 297 299 570 119 121 2838 289 221 575 385 385 XII Inhalt. Monticola eyanus (L.) — Blaumerle . — sawatilis (L.) — Steinrötel Montifringilla nivalis (L.) — Schneefink . Motaeilla alba L. — Weiße Bachstelze 2 — melanope Pall., M. sulphurea Bechst. — Gepirgsbacheieire) Museicapa atricapila L. — Schwarzer Fliegenfänger . _ _ semitorquata (Homeyer) — HaISBAIHSRGBI Seen Tuner —_ collaris Bechst., M. albicollis Tem. — Halsbandfliegenfänger . — grisola L. — Grauer Fliegenfänger _ parva Bechst. — Zwergfliegenfänger Neophron perenopterus (L.) — Egyptischer ee _ ‚pileatus (Burch.) — Kappengeier ö Nisaötus fasciatus (Vieill.), Aquila Bonellii cn, _ Helen — pennatus (Gm.), Aquila pennata Gm. — Zwergadler . Numenius arcuatus (L.) — — Große Brachschnepfe — phaeopus (L.) — Regenbrachschnepfe 5 _ tenuirostris Vieill.e — Dünnschnäbelige Brahdhane 0 Numida meleagris L. — Perlhuhn Nyctala tengmalmi (Gm.) — Rauhfußkauz Nycticorax nycticorax (L.), N. griseus Sen. —_ Nachteiher Oedicnemus oedienemus (L.), Oe. crepitans L. — Triel . Oidemia fusca (L.) — Samtente . —— nigra (L.) — Trauerente Oriolus galbula L. — Pirol le en En EI Ortygometra parva (Scop.), Gallinula minuta Pall. — Kleines Sumpfhuhn . _ pusilla (Pall.) Gallinula pggmaea Naum. — Zwergsumpfhuhn . Otis tarda L. — Großtrappe . — tetrax L. — Zwerstrappe Otocorys bilopha (Licht.), Phileremos bicormis Ba —_ _ Wüsten. Onrenlerehe; — penicillata (Gould) — Balkan-Öhrenlerche . Otogyps aurieularis Gray — Ohrengeier . Pandion haliaötus (L.) — Fischadler Panurus biarmicus (L.) — Bartmeise . Parus ater L.. — Tannenmeise . — caeruleus L. — Blaumeise . — _ eristatus L. — Haubenmeise e — lugubris graecus Reiser — Ban) Tier: — major L. — Kohlmeise 2 — palustris stagnatilis Brehm — Sumpfmeise Passer domesticus (L.) — Haussperling — hispaniolensis (Tem.) — Sumpfsperline . — italiae (Vieill.) — Italienischer Sperling — montanus (L.) — Feldsperling . — petronius (L.) — Steinsperling . Pastor roseus (L.) — Rosenstar : Pelecanus erispus Bruch — Keaneköphieer Pelikan — onocrotalus L. — Gemeiner Pelikan Perdix perdix (L.), Starna ceinerea L. — Rebhuhn Pernis apivorus (L.) — Wespenbussard . a Are. Phalacrocoraw carbo (L.), Carbo cormoranus M. u. w. — Kormoran _ graculus desmaresti Payr. — Mittelmeer-Krähenscharbe . — pygmaeus (Pall.), Carbo pygmaeus Pall. — Zwergscharbe Phalaropus fulicarius (L.) — Plattschnäbeliger Wassertreter | — hyperboreus (L.) — oe Wassertreter Phasianus colchieus L. — Fasan : 5 Phoenicopterus roseus Pall., Ph. antiquorum Tem. —_ nes : Phylloscopus bonellüi (Vieill.) —- Berglaubvogel . Inhalt. Phylloscopus rufus (Bechst.), Phyllopneuste rufa Lath. — Weidenlaubvogel sibilator (Bechst.), Phyllopneuste sibilatrix Bechst. — Waldlaubvogel _ trochilus (L.), Phyllopneuste trochilus L. — Fitislaubvogel Pica pica (L.), Pica caudata Boie — Elster . : Pisorhina scops (L.), Scops aldrovandi Willug. — eeeheenle ß Platalea leucerodia L. — Löftelreiher . : ur Plegadis falcinellus (L.), Faleinellus igneus eh —_ ne Sichler H Podiceps eristatus L. — Haubensteißfuß . — fAuviatilis Tunst., P. minor Gm. — Zwergsteißfuß® — _ nigricollis (Brehm) — Schwarzhalssteißfuß : Porphyrio caeruleus (Vand.), P. hyacinthus Tem. — Europäisches Porarkuhr = porphyrio (L.) — Grünrückiges Purpurhuhn s Pratincola rubetra (L.) — Braunkehliger Wiesenschmätzer _ rubicola (L.) — Schwarzkehliger Wiesenschmätzer Pterocles arenarius (Pall.) — Sandflughuhn Se Pteroclurus alchata (L.) — Nadelschwänziges Flughuhn . Puffinus kuhli (Boie) — Grauer Tauchersturmvogel _ obscurus (Gm.) — Dunkler Tauchersturmvogel . — puffinus (Brün.) [yelkouanus (Acerbi)] — Einen Tancheraiumnvogel Pyenonotus zanthopygus Hempr. u. Ehr. — Gelbsteißige Buschdrossel Pyrophthalma conspieillata (La Marm.) — Brillengrasmücke = melanocephala (Gm.) — Schwarzköpfiger Sänger . _ rüppelli (Tem.) — Rüppellssänger ö _ subalpina (Bon.) — Weißbärtiger Sänger . Pyrrhocorax graculus (L.) — Alpenkrähe — pyrrhocorax (L.), P. alpinus L. — Aeasne Pyrrhula pyrrhula (L.), P. major Chr. L. Brehm — Großer Gimpel Rallus aquaticus L. — Wasserralle . Recurvirostra avocetta L. — Säbler 5 Regulus ignicapillus (Brehm) — Henerranheee Goldhähnhen : — regulus (L.), R. cristatus Koch — Gelbköpfiges Goldhähnchen Rissa tridactyla (L.) — Dreizehige Möwe . i Rutieilla mesoleuca (Hempr. u. Ehr.) — Werspezalson Rotschwanz — phoenicura (L.) — Gartenrotschwanz — Gitis (L.) — Hausrotschwanz . ; Sazxicola albicollis (Vieill.), S. aurita Tem. — [OB senHeeinnchmatser 2 ? = _ amphileuca Hempr. u. Ehr. — Östlicher een ee = isabellina Büpp., S. saltator Menstr. — Tanzender Steinschmätzer _ leucomela Pall. — Scheckiger Steinschmätzer = leueura (Gm.) — Weißschwänziger Steinschmätzer © —_ melanoleuca (Güld.), S. stapazina Tem. — Weißlicher Stäinsehmätzen 2 — oenanthe (L.) — Grauer Steinschmätzer . ‚Scolopax rustieula L. — Waldschnepfe Serinus serinus (L.), S. hortulanus Koch — Girlitz Sitta caesia Wolf — Kleiber . — neumeyeri Michah. — Kokain Spatula clypeata (L.) — Löffelente . ir ‚Stercorarius pomatorhinus (Tem.) — Breitschwänzige Baubmöwe Sterna cantiaca Gm. — Brandungsmeerschwalbe . — caspia Pall. — Kaspische Seeschwalbe . - — dougalli Mont., St. paradisea Kays. u. Blas. — Dougalls Beeschwalbe, — hirundo L., St. fluviatilis Naum. — Flußseeschwalbe . — media Horsf., St. affinis Cretzschn. — Hellgraue Seeschwalbe . — minuta L. — Zwergseeschwalbe . : — nilotica Hasselq., St. anglica Mont. — ne Strixz flammea L. — Schleiereule . Sturnus unieolor (La Marm.) — Einfarbstar XIII Seite 123 126 125 250 315 445 444 552 555 553 311 569 XLV Inhalt. Sturnus vulgaris L. — Star Sula bassana (L.) — Baßtölpel > B Sylvia atricapilla (L.) — Schwarzkapäge) Gleemde Es ö — curruca (L.) — Zaungrasmücke — hortensis Bechst. — Gartengrasmücke — nisoria (Bechst.) — Sperbergrasmücke : — orphea jerdoni (Blyth) — Östliche Ban gergrammncke > — sylvia (L.), $. einerea Lath. — Dorngrasmücke Syrnium aluco (L.) — Waldkauz . Syrrhaptes paradoxus (Pall.) — Steppenhuhn Tadorna casarca (L.) — Rostente Run — tadorna (L.), T. cornuta Gm. — Brandente Tantalus ibis L. — Nimmersatt Tetrao tetriv L. — Birkhuhn — wurogallus L,. — Auerhuhn Thalassidroma pelagica (L.) — Kleine Bluernsehwslbe Tichodroma muraria (L.) — Alpenmauerläufer . Totanus calidris (L.) — Rotschenkel — fuseus (L.) — Dunkler Wasserläufer — glareola (L.) — Bruchwasserläufer - — littoreus (L.), Totanus glottis Bechst. — Heller Wasserläufer 3 — ochropus (L.) — Punktierter Wasserläufer . . — pugnax (L.), Machetes pugnax L. — Kenn eehneps — _ stagnatilis Bechst. — Teichwasserläufer Tringa alpina L. — Alpenstrandläufer ö — _ camuti L., Tr. einerea Brün. — Isländischer Strandläufer — maritima Brün. — Seestrandläufer — minulta Leisl. — Zwergstrandläufer B — subarcuata (Güld.) — Bogenschnäbeliger Strandläufer ; — temmincki (Leisl.) — Grauer Zwergstrandläufer . Troglodytes troglodytes (L.), T. parvulus Koch — Zaunkönig . Turdus iliacus L. — Weindrossel — musieus L. — Singdrossel — pilaris L. — Wacholderdrossel — wiscivorus L. — Misteldrossel . Turnix (andalusica) sylvatica (Desf.) — Laufhuhn . Turtur cambayensis (Gm.) — Fahlbraune Senegal-Turteltaube . — rufidorsalis Brehm (? 7. isabellinus Bp.) — BRostrückige Torteltaube, — senegalensis (L.), Columba aegyptiaca Lath. — Senegal-Turteltaube . — dturtur (L.), T. amitus Ray — Turteltaube Upupa epops L. — Wiedehopf . Vanellus vanellus (L.), V. eristatus L. — Kiebitz Vultur kolbei Cretzschm. — Rüppellsgeier — monachus L. — Kuttengeier . Beriehtigungen. > 470 470 467 472 476 533 583 473 475 474 168 117 116 118 117 579 580 550 580 423 293 433 576 400 Sowohl auf Seite 90, Nr. 80, als auf Seite 211, Zeile 17 von oben, lies: Emberiza pyrrhuloides reiserü Hartert statt: Emberiza schoenielus reiseri Hartert, dann auf Seite 131, Zeile 7 von oben, Baldamus statt: Baldamas. ALLGEMEINER TEIL. Erste Reise 1894. Es ist wohl sehr begreiflich, daß, als ich mich am 14. April samt dem Kollektor J. Santarius an Bord des abfahrtsbereiten Lloyddampfers „Urano“ im Hafen von Triest befand, unsere Erwartungen dessen, was wir in den nächsten Wochen und Monaten erleben würden, was für Erfolge zu erhoffen wären, bedeutend höher gespannte waren als bei den bisherigen Balkanreisen. Auch mich hatte damals mächtig jene Sehnsucht nach dem Zauber des Südens erfaßt, welche ja fast alle befällt, die im Begriffe stehen, die mitteleuropäische Heimat zu verlassen. Doch wie außerordentlich verschieden waren unsere Aufgaben und unsere Pläne von den Zielen Jener, welche alljährlich, sei es zu Studien, sei es zum Vergnügen, nach dem alten Hellas reisen! Fast ohne Ausnahme ist archäologisches, historisches oder höchstens ethnographisches Interesse die Veranlassung zur Reise und immer wieder werden ausschließlich jene Örtlichkeiten aufgesucht, wo Kulturstätten des Altertums und des Mittelalters oder Museen mit angehäuften Schätzen aus jenen Epochen das Entzücken des Fachmannes wie des wißbegierigen Laien hervorrufen. In diesem Sinne sind natürlich auch sämtliche Reisehandbücher über Griechenland abgefaßt. Unsere Tätigkeit galt einem ganz anderen Gebiete — der Naturwissenschaft — und die Folge davon war, daß uns unser Weg in Gebiete des Landes führte, welche der Schwarm der anderen Reisenden selten oder nie betritt, daß deshalb die folgenden Zeilen wenigstens zum Teile Schilderungen enthalten werden, welche man in der Unmasse von Reiseberichten über Griechenland vergeblich sucht, und daß wir schließ- lich Gelegenheit hatten, unter anderem auch den Charakter und die Eigentümlichkeiten des griechischen Volkes auf dem Lande weitab von den Städten und namentlich im Gebirge besser kennen zu lernen als die meisten, welche hierüber urteilen zu können glauben. Nach einer in jeder Hinsicht angenehmen Fahrt, auf der sich außer den in jenen Gewässern den Schiffen jederzeit folgenden Silbermöwen nur einmal nahe bei Korfu ein einzelner großer Sturmvogel zeigte, landeten wir auf dieser herrlichen Insel am Vormittag des 16. April. Ein glücklicher Zufall führte uns vom Hafen weg in die nahe dem königlichen Palais gelegene „Pension Julie“, wo wir bei der wackeren Frau Julie Michel, einer Marbur- gerin, ein ebenso bequemes Quartier als vortreffliche Verpflegung fanden. Bei diesem e 1* 4 Ornis balcanica. wie bei allen folgenden Besuchen fühlten wir uns dort so gut aufgehoben und in unseren sonstigen Sammelbestrebungen derart unterstützt, dal namentlich den reisenden Natur- forschern die „Pension Julie“ hiermit bestens empfohlen sei. Unser erster Besuch auf Korfu galt dem alten Kastell, um einen Überblick über die der Stadt zunächst gelegenen Inselteile zu gewinnen und um zu sehen, ob sich noch jene Vogelarten am Kastellberge vorfänden, welche vor langen Jahren Lord Lil- ford verzeichnet hatte. Unter diesen mußte sofort das gewissermaßen historische Kolkrabenpaar auffallen, welches seit Jahrzehnten hier angesiedelt ist. Während unten im Hafen die Salutschüsse eines französischen Kriegsschiffes don- nerten, konnten wir beobachten, wie die beiden Raben die vorbeiziehenden Silbermöwen heftig aus der Nähe ihres im Kastellfelsen befindlichen Horstes verjagten, und hoch über uns schwirrten im unvergleichlichen Blau des griechischen Himmels eben angekommene Alpensegler und viele Stadtschwalben. Von diesem Ausfluge zurückgekehrt, mußte zunächst unser umfangreiches und mannigfaltiges Gepäck vom Hafenmagazin im die Stadt befördert werden, was dank dem anerkennenswerten Entgegenkommen der Zollbeamten bei der Ausfolgung rasch und ohne Schwierigkeit bewerkstellist werden konnte, so daß am 17. April schon der erste Ausflug nach dem allen jenen, welche schon einmal auf Korfu gejagt haben, wohlbekannten Val di.Ropa stattfinden konnte. Die üppige Vegetation dieses Teiles von Korfu ist allbekannt; zur damaligen Jahres- zeit entfaltete sie eben ihre ganze Pracht, und wenn wir in den Olivenwäldern von - Alepu oder längs der Agavenzäune den südlichen Sylvien nachstellten, so war es, als ob wir in lauter Gartenanlagen umherbirschen würden. Auf den mit Erdbeerbaum, Steinlinden und Baumeriken bewachsenen Hügeln war es vor allem das versteckt lebende Samtköpfchen (Pyrophthalma melanocephala), welches unsere Aufmerksamkeit erregte. Aber auch Bekannte aus der Heimat belebten die frisch aufgegrabenen Weingärten und die Brachen auf dem Durchzuge: Pieper, Laub- vögelu. s. w., während es ganz fremdartig aussah, wenn unser Baumläufer die kahlen Stämme der uralten Ölbäume erkletterte. Von drei eben angekommenen Blauraken wurde eine von korfiotischen Nimroden erlegt und sofort für die Küche gerupft. Es war schon ziemlich spät, als wir die eigentlichen Sümpfe des Ropatales durchwateten, ohne auf besonders lebhaftes Vogelleben zu stoßen. Stockente und Drosselrohrsänger waren auch hier die häufigsten Vertreter und das beste war eine von Santarius erlegte Doppelschnepfe, welche in ganz Griechenland nur spärlich auftritt. Nachtigall und Cetti’s Sänger verrieten ihre Anwesenheit durch ihren weithin hör- baren Schlag. Ein Wagen brachte uns auf der prächtigen, von den Engländern angelegten Chaussee rasch nach Kerkyra zurück, während ringsum von den Olivenwäldern die Z/wergohreulen den lauen Abend begrüßten. Die unvergeßlichen Ausflüge wurden dann auf einen Tag unterbrochen, weil Regenwetter eintrat und notwendigerweise die erlegten Vögel präpariert werden mußten. Der 19. April wurde dann zu einer vollständigen Umgehung der Bucht von Kali- kiopulo benützt. ’ Die offenen, flachen Strandpartien zeigten hier kein besonderes Vogelleben, nur gewöhnliche und schwarzköpfige Schafstelzen, sowie kurzzehige Lerchen trippelten auf III. Griechenland. 5 dem salzgetränkten Boden umher und, wo der Graswuchs diehter wurde, scheuchten unsere Schritte auch die um diese Zeit durchziehenden rotkehligen Pieper auf. Umso lebendiger war es in den landeinwärts gelegenen Gebüschen und in den Olivenwäldern auf den Hügelketten und deren wasserreichen Einschnitten. Kuckucke, Pirole und Würger verrieten sich schon aus weiter Ferne, während Turmfalken und Bienenfresser sich hoch in den Lüften wiegten. In den Zweigen der Ölbäume huschten Fliegenfänger, flöteten Orpheussänger, girrten Turteltauben, lockten Zaunammern, ja sogar der Pfiff der Zwergohreule war bei hellstem Sonnenglanze zur Mittagszeit zu vernehmen. Reichbeladen bogen sich die Zweige der Zitronen- und Orangenbäume unter der Last der reifen Früchte. Alles duftete und blühte — kurz, man konnte in vollen Zügen den unvergleichlichen Frühling des Südens an diesem Tage genießen. Dort, wo die Bucht mit dem Meere zusammenhängt, konnten wir die Schönheit der diehtbewachsenen Mausinseln bewundern, deren Reiz ja schon vor Jahren Kaiserin Eli- sabeth so mächtig angezogen hatte. Immer dem nunmehr grasigen Buchtrande folgend, leitete uns der Weg wieder nach der Stadt zurück, und beim Durchschreiten des Marktes fanden wir daselbst eine Menge korbweise feilgebotener Wachteln, welche fast alle im Süden von Korfu am Zuge erlegt worden waren. Am folgenden Tage mußte die Zeit wieder zur Präparation und zum Umlegen der gesammelten Pflanzen ausgenützt werden, doch hatten wir außerdem noch Gelegenheit, einen Rundgang durch die Stadt auszuführen, die luftige Fischverkaufshalle zu besuchen und den Hafen genauer zu besichtigen. Überall fanden wir in den Gassen und Gäß- chen von Kerkyra zahlreiche Käfige mit verschiedenen gefiederten Insassen: außer Kana- rienvögeln, sehr viele Stieglitze, darunter auch ein fast schwarzer, Grünlinge, schön sin- gende Kalanderlerchen und Steinhühner — die beiden letztgenannten Vogelarten aber nicht von Korfu stammend. Da es öfters auf dem Postamte für uns zu tun gab, kann ich die Bemerkung nicht unterdrücken, daß das dortige rasche Amtieren alle Anerkennung verdient. Der 21. April war zu einer Exkursion nach der südlichen Hälfte der Insel bestimmt und die Ergebnisse derselben waren so mannigfaltige, daß ich beschloß, die- selbe jedesmal zu wiederholen, so oft mich eine Reise nach Korfu bringen würde. In mehrstündiger Wagenfahrt über H. Deca, wo ein Kolkrabenpaar im Morgen- grauen sich sehen ließ, erreichten wir, viele Olivenwälder passierend, auf herrlicher Straße die Ortschaften Mesongi und Strongili. Von hier ging es zu Fuß, zuerst im Schatten der ältesten Ölbäume der ganzen Insel, dann eine Strecke längs des Mesongi- baches, immer der Westküste entgegen. Der Schlag der Nachtigall und des Cetti’s Sänger tönt hier aus den Büschen. Später hat man steinige, aber teilweise mit Cisten, Erdbeerbaum, Pistazien, Baum- heide u. dgl. bewachsene Halden zu überschreiten, wo reges Vogelleben herrscht. Nicht bloß Grasmücken, Lerchen, Zaunammern, sondern vor allem der zierliche Rotkopf- würger, Pirole, ja sogar Steppenweihe und Schmutzgeier zeigten sich hier, und ich habe nirgends auf Korfu später ein vielfältigeres Tierleben gefunden als hier. Leider verstärkte sich inzwischen der Wind immer mehr, was bekanntlich der Vogelbeobachtung und -Jagd stets abträglich ist. Im Valle di Korissia angelangt, besuchten wir zunächst emen kleinen Süßwasser- see, wo sich aber nur ein brauner Sichler herumtrieb, und kamen endlich zur lang- gestreckten Brackwasserlagune, welche durch eine sandige Düne vom Meere geschieden 6 Orais balcanica. ist. Beim Betreten dieser Düne war der Wind zu einem heftigen Sturme angewachsen, der uns mit Regen und Sand überschüttete und so stark tobte, daß wir uns kaum auf den Füßen erhalten konnten. Trotzdem wußten wir nicht, wohin wir zuerst unsere Augen, unsere Flinten rich- ten sollten: so vielerlei Vogelvolk hatte das Unwetter auf die Düne geworfen. Eine Schar Rallenreiher wurde im Sande dahergepeitscht, überall dogen Wachteln auf und unzählige Silbermöwen besuchten jetzt den Dünenstreifen oder den Binnensee. Als spä- ter noch ein feiner Regen dazukam, überzegen sich die Eisenteile der Gewehre rasch it einer dicken Rostschichte und wir hatten unsere Not, überhaupt noch schießen zu können. Erst nach einigen Stunden besserte sich das Wetter zusehends, und ich konnte nun alle Eigentümlichkeiten der Düne und ihrer Umgebung mustern. Der feine gelbe Flugsand hatte auch hier Hügel von allerlei phantastischen For- men gebildet, aber die Krone derselben wird durch starke und üppige Gruppen von südlichen Wacholdern (Juniperus macrocarpa und phoenicea) befestigt. Anfangs treten diese, wirkliche Baumform annehmenden Wacholder vereinzelt auf, später werden sie immer dichter und gegen das Südende der Lagune zu bilden sie eimen förmlichen Wald, der nicht nur eine bemerkenswerte Vegetation, sondern auch ein reiches Vogel- leben in sich schließt. Dazu rechts das unermeßliche Meer mit der Felseninsel Lagudia, links die dunkelblaue Lagune und an ihrem Rande eine Menge Strandläufer und Regenpfeifer, ja sogar ein grell gezeichneter Austernfischer. — Dies alles jetzt von den warmen Farbentönen der südlichen: Sonne überzogen, bot dieser Teil-von Korfu Reize, die ich in keiner anderen Gegend der Insel gefunden habe. Reiche Beute machten wir an diesem Tage nicht nur hier, sondern auch noch am Rückwege nach der Hauptstraße bei Mesongi, wo unser Wagen wartete, der uns noch vor 10 Uhr abends nach der „Pension Julie“ zurückbrachte. Am folgenden Tage gab es so viel Zerstreuung, daß wir nur mit Mühe unserer ersten Pflicht, alles Gesammelte zu konservieren, gerecht werden konnten. Es war nämlich der griechische Palmsonntag, für die Korfioten em besonders großer Fest- tag, an welchem der Schutzheilige der Insel, Spiridion, in persona (nämlich sein mumi- fizierter Körper) in feierlicher Prozession durch die Stadt getragen wird. Ganz Korfu war auf den Beinen, und zwar sowohl die Stadt- wie die massenhaft herbeigeströmte Landbevölkerung. Drei Musikbanden, deren präzises Spielen zu bewundern war, mar- schierten in der Prozession, deren Mittelpunkt natürlich der in goldenem Tabernakel ruhende und von einer großen Schar hoher Geistlicher umgebene Heilige bildete. Am Abend erübrigten wir noch so viel Zeit, um einen Rundgang durch die Stadt zu voll- führen und unter Führung von mehreren Bekannten die vorzüglichen Weine der Insel zu verkosten, dann aber nahte auch schon die Stunde der Weiterreise. Der 23. April fand uns in voller Tätigkeit. Einige Präparate wurden noch fertig- gestellt, dann alles gepackt und am Nachmittag schifften wir uns an Bord des italieni- schen Dampfers „Principe Oddone“ nach Patras ein. Anläßlich dieses ersten Besuches von Korfu muß ich mit Dankbarkeit der gütigen Unterstützung des k. u. k. Konsuls Haupt von Höchstetten und der liebenswürdigen Gesellschaft des sächsischen Generals von Schweingel samt Familie hier gedenken. Nach rascher Fahrt erfolgte die Ankunft im Hafen von Patras schon vor 4 Uhr früh und eine halbe Stunde später waren wir mit unseren sehr ersehnten Begleitern für die nächsten Wochen und Monate zusammengetroffen. Diese waren Dr. Theobald Krüper aus Athen und der Sammler Christos Leonis, der uns gleichzeitig als Dol- metsch unentbehrlich war. \G —y u 2 2 II. Griechenland 0 g Über die Persönlichkeit Dr. Krüpers brauche ich wohl nur wenige erklärende Worte vorauszuschicken. Seitdem König Georg Griechenlands Thron innehai, ist Krüper in diesem Lande unermüdlich als Forscher und Sammler der gesamten Fauna tätig, indem er schon 1858 seine nordische Heimat Pommern mit dem sonnigen Süden vertauschte. Abgesehen davon, daß er dem nur mit bescheidenen Mitteln ansgestatie- ten Universitätsmuseum in Athen eine sehr bemerkenswerte zoologische Schausammlung größtenteils selbst verschaffte und dieselbe auch zur Aufstellung brachte, ist Krüper nahezu der einzige, welcher seit vier Jahrzehnten die wissenschaftliche Welt Europas als Folge seiner unzähligen Reisen in Griechenland -und auf dessen Inseln mit Objekten der dortigen Fauna, vor allem mit Konchylien und Eiern, dann auch mit Insekten und Bälgen versorgt hat. Ohne sein verdienstvolles, bisher viel zu wenig gewürdigtes Wirken wäre die Kenntnis der mediterranen Fauna bei weitem nicht =o weit vorgeschritten. Chr. Leonis, aus Rumänien stammend, der deutschen und neugriechischen Sprache vollkommen mächtig, war sehon seit Jahren noch während seiner Militärdienstzeit in f Thessalien von einer Reihe namentlich deutscher und österreichischer Forschungs | reisenden zum Begleiter auserkoren worden, hatte sich viele Fertigkeit im Sammeln von Herbarpflanzen, Konchylien und Insekten angeeignet und war infolgedessen für unsere Unternehmung der riehtige Mann als ständiger Begleiter. u Nachdem wir uns herzlichst begrüßt hatten, erfolgte die gemeinsame Einquartie- | rung im vortrefllichen „Hötel Patras“ des Herrn Dimakopulos, und während Dr. Krüper | mit Leonis die bereits früher begonnenen Sammelausflüge in der Umgebung von Pairas fortsetzte, stattete ich mit Santarius der weltbekannten, malerisch auf einem Vorberge ee Weinniederlage und Kognakfabrik „Gutland“ der Firma Hamburger & Fels . einen Nachmittagsbesuch ab. Man genießt von dort einen prächtigen Überblick über einen großen Teil der Küste von Achaia, und auch die Art und Weise der dort üblichen, durch das Klima bedingten Kellerwirtschaft ist außerordentlich interessant. Meine Gedanken weilten aber jetzt schon zumeist bei den Felsschluchten und den daranstoßenden Niederungen Akarnaniens nebst ihren gefiederten Bewohnern, denn gerade gegenüber von den Fenstern des „Hötels Patras“ erhebt sich der gewaltige Felsklotz Varassovo, unmittelbar aus dem Meere aufsteigend, und die Erzählungen Dr. Krüpers von seinen ehemaligen Erlebnissen daselbst und seine Versicherung, daß der Berg auch noch heutzutage von vielen Raubvögeln, namentlich vom gewaltigen Gypaätus bewohnt sei, verursachten, daß ieh die Stunde unserer Abreise dorthin auf das lebhafteste her- beiwünschte. Zudem ist Patras mit seiner regelmäßigen Anlage, seinen wenig gesäu- berten Straßen und der reizlosen näheren Umgebung wohl für jedermann eine lang- weilige Stadt, trotz dem bedeutenden kommerziellen Aufschwunge, den sie in den letzten Jahrzehnten genommen hat. Ich war daher herzlich froh, als wir nach Beendigung der wenigen ofüziellen Be- suche und Vorstellungen am 25. April zum ersten Male auf dem kleinen, für diesen Dienst _ bestimmten Dampfer den Meerbusen von Korinth an seinem Beginne überquerten und schnurgerade dem malerischen Varassovo entgegendampften. Seine steilen Wände und Runsen traten immer deutlicher und achtunggebietender hervor und ehe man sich’s versah, legte der Dampfer an der ins Meer hinausgebauten Rampe unweit der Eisenbahnendstation Kryoneri an. In einem der kleinen, unmittelbar am Fuße der mächtigen Felswände gelegenen fanden wir billige Unterkunft. Hier wie überall, wohin wir in den nächsten agen unsere Schritte lenkten, war Dr. Krüper von den Bereisungen in früheren Jahren ae | Zn 8 Ornis baleanica. her wohlbekannt, was uns sehr zu statten kam. Doppelt interessant war diese Örtlich- keit, denn am Grunde des Meeres ragten die Mauerreste des alten Chalkis empor, das in den letzten Jahren vielerlei Bronzefunde lieferte, und zweitens befanden wir uns auf dieser klassischen Stätte inmitten echt griechischen Vogellebens. Abgesehen von den mannigfaltigen Raubvögeln, lockte im Felsen knapp über unserem Obdach der zum ersten Male gehörte Steinsperling, kletterte die Felsenspechtmeise herum, flötete die Blaumerle und knixte der weißhalsige Steinschmätzer. Noch denselben Vormittag eilten wir deshalb hinaus nach den gegen Norden sich hinziehenden ansehnlichen Schutthalden des West- abfalles des Varassovo, die größtenteils mit einer üppigen südlichen Strauchvegetation (Maechien) überzogen sind. In der nahe bei Kryoneri gelegenen, amphitheatralischen Felsschlucht bot sich uns sogleich ein unvergeßliches Schauspiel, bestehend in den bekannten Plänkeleien zwischen einem Bonelliadlerpaar, das seit Jahrzehnten hier sei- nen Horst hat, und einigen ab- und zustreichenden Weißkopfgeiern. Beim Weiterwandern lenkte dann Dr. Krüper unsere Aufmerksamkeit auf die zahlreichen, durch das dichte Buschwerk huschenden und ihre liebliche Strophe singenden Grasmücken des Südens und auf die umherschwebenden Höhlenschwalben, die mir eine ganz neue Erscheinung waren. Dann aber wandten wir uns der westlich gelegenen Ebene zu, die sich im weiten Bogen zur Mündung des Phidaris (einst Euenos) hinzieht und welche in den letzten Jahrzehten ihr Aussehen vollständig geändert hat. Während sich früher dort ein fast undurchdringlicher, vielfach von Sümpfen durchsetzter Laubwald ausdehnte, ist heute nahezu alles gerodet und in Ackerland umgewandelt. Näher mit diesem Terrain bekannt zu werden, verschoben wir-auf morgen; ein kleiner Rundgang bis zum Strande belehrte uns aber schon heute, daß die häufigsten Vogelarten hier Grauammer und Kurzzehenlerche sind, daß aber auch die in Flug und Stimme höchst auffällige Cisticola nicht fehlt. Ja sogar eine flüchtige Begegnung mit einem Schakal hatte Santarius zu vermelden. In der Nähe des Meeresstrandes gab es viel Tamariskengebüsch und dieses hielten hierzulande die Elstern für sicher genug, ihre Korbnester in Brusthöhe hineinzubauen. In der Dämmerung in Kryoneri wieder angelangt, begrüßte uns zuletzt noch aus einem verlassenen Stalle ein Steimnkauz, der in Griechenland allgemein bekannte „kukuwaja“. Den nächsten Morgen begleitete ich Dr. Krüper zunächst nach Galatä, wo wir jedoch den alten Turm, in welchem früher Hunderte von Rötelfalken gebrütet hatten und welchen Simpson so eingehend samt seinen Bewohnern schilderte, leider abgetragen fanden; doch hatte sich immerhin noch eine ganz ansehnliche Anzahl dieser reizenden Falken unter den Dächern des Dörtchens angesiedelt. Dann durchschritten wir eine Menge von kleinen Sumpfstellen, aus denen überall der kräftige Schlag des Cetti’s Sängers hervortönte, und näherten uns dem letzten etwas umfangreicheren Überbleibsel des früheren gewaltigen Auwaldes. Schon von weiter Ferne sah ich über die Baumwipfel emen alten Seeadler kreisen, dessen schneeweißer Schwanz bei jeder Wendung in der Sonne erglänzte. Mit der allen Adlern mehr oder weniger eigentümlichen Zähigkeit, an dem einmal auserwählten Brutorte festzuhalten, war auch dieses Seeadlerpaar, dem durch Dr. Krüper und seine ornithologischen Gäste wieder- holt und schon vor etwa 55 Jahren das Gelege genommen worden war, und trotz den ungeheuren Veränderungen, die in der nächsten Umgebung des Horstes stattgefunden hatten, am Platze geblieben. Mich vorsichtig durch das immer dichter werdende Gewirre von südlichen Schlingpflanzen und Sumpfgewächsen heranbirschend und dabei stellenweise II. Griechenland. 9 knietief im Wasser watend, erblickte ich nach geraumer Zeit den Horst auf einer Esche, verpaßte aber leider den richtigen Moment, um auf die in allerdings ziemlich beträcht- licher Höhe kreisenden alten Adler zu feuern. Später entfernten sich dieselben immer mehr und mehr und selbst stundenlanger Ansitz im sicheren Verstecke war erfolglos. So blieb mir nichts übrig, als wenigstens den einzigen jungen Adler, der, vollkommen ausgewachsen, bereit zu sein schien, jeden Augenblick den Horstrand zu verlassen, uns zu sichern. Als aber die Mittel, ihn zum Abstreichen zu veranlassen, dennoch erfolglos blieben, warf ihn ein Schuß in den Horst zurück, und ehe ich es versah, kletterte zu meinem größten Erstaunen der damals 65jährige Dr. Krüper mit einer fabelhaften Gewandtheit die hohe Esche empor und stieß den verendeten Adler mit einem abgebrochenen Zweige aus dem Horste. Mit dieser Beute verließen wir endlich die prächtige Au, welche von einer großen Zahl durchziehender Vögel, namentlich von grauen Fliegenschnäppern, Pirolen und Turtel- tauben, belebt wurde, und wanderten den Strand entlang nach Kryoneri zurück. Hier fanden wir Santarius sehr niedergeschlagen. Er hatte in der schon erwähnten Felsschlueht den Horst des Bonelliadlers gefunden, sich unter demselben ein Versteck zurechtgemacht und den alten Adler beim Anstreichen schwer krank geschossen. Der edle Vogel überschlug sich nach dem Schusse, stürzte bis knapp zu den Strauchspitzen des Felshanges herab, strich dann mit abwärtshängenden Ständern die Schlucht hinaus und verschwand hinter einer Ecke, ohne daß es Santarius möglich gewesen wäre, einen zweiten Schuß anzubringen. Den ganzen Nachmittag verbrachten wir mit der Suche nach dem zu Holze geschossenen Adler, ohne auch nur eine Spur zu finden. Mehrere erlegte Höhlenschwalben, südliche Grasmücken, darunter auch die Rüppell’sche, sowie ein prächtiger, von uns zum ersten Male hier beobachteter Bartgeier, boten aber doch einen angenehmen Ersatz. Auch am folgenden Morgen zeigte sich bloß ein einziger Habichtsadler am Horste, den wir nicht weiter belästigten. Vormittags bestiegen wir dann alle die Bahn, die uns im weiten Bogen über Missolonghi nach Aetolikon brachte. Vom Waggonfenster aus zeigte uns Dr. Krüper alle die Plätze, wo er in früheren Jahren die ersten griechischen Eier vom Weißkopfgeier und Bonelliadler, damals noch fast gänzlich unbekannte Objekte, ausgenommen und der wissenschaftlichen Welt zugänglich gemacht hatte. Den Nachmittag (27. April) benützten wir zu einem kleinen Ausfluge nordöstlich der Stadt Aetolikon, nachdem wir in derselben ein ganz gutes und billiges Quartier durch die Freunde Dr. Krüpers bekommen hatten. Es waren an diesem Tage auffallend viele Zugvögel zu sehen, und namentlich die in den Salzsümpfen und im nahen Olivenwalde sich herumtreibende Vogelwelt gab mir viel zu schaffen. Dr. Krüper sammelte sehr fleißig Konchylien, eine Tätigkeit, welcher er schon seit einer Reihe von Jahren fast seine ganze freie Zeit widmet. Bei einer schön gefaßten, überdachten und außerordentlich stark besuchten Quelle an der nach Norden führenden Straße machten wir Halt, ruhten aus, da die Hitze noch gegen Abend eine ganz bedeutende war, und kehrten dann nach Aetolikon zurück. Diese Stadt liest bekanntlich auf einer Insel mitten in der Lagune und ist beiderseits mit dem Festlande durch solide Steinbrücken verbunden. Bis zu den Mauern der ersten Häuser- reihe zieht sich salziger Morast hin, woselbst zwischen den eigentümlichen Salzgewäch- sen die zierliche Schwarzkopfbachstelze umhertrippelt. Man feierte eben das Osterfest, und zwar in einer von der abendländischen vollkommen verschiedenen Art und Weise. Geschrei und Lärm ist dabei stets die Hauptsache, so daß es gar nicht zu wundern ist, wenn z. B. zur Erhöhung der Feierlichkeit innerhalb der kleinen Kirche von Seite 10 Ornis baleanica. der Andächtigen bengalische Flammen entzündet oder gar „Frösche“ abgebrannt werden. Dabei wurden sowohl tagsüber als die folgenden Nächte hindurch in allen Straßen und auf allen Plätzen vom ansehnlichen Mörser angefangen bis zur kleinsten Vogelflinte alle möglichen Schußwerkzeuge in Tätigkeit gesetzt und eine Unmenge Pulver verbraucht, so daß oft buchstäblich die Häuser erzitterten und mit der Zeit auch die zartbesaitetste Dame die Angst vor dem Schießen verloren hätte. Natürlich gab es täglich pulver- verbrannte Gesichter und zerfetzte Hände. Ein anderer Übelstand lag damals in der Schwierigkeit unserer Verköstigung Wie überall in Griechenland wurde auch hier das Fastengebot zur Österzeit außer- ordentlich streng befolgt, so daß alle Speisehäuser geschlossen und durchaus nichts Passendes für unsere nach des Tages Mühen sehr bedürftigen Mägen zu haben war. Nur die Ausrede, daß wir zufolge unseres Kalenders die Fasten schon 12 Tage früher durchgemacht hätten, verschaffte uns nach langem Zureden einen treftlichen Lamms- braten. Im übrigen zeigte es sich, daß die Wahl Dr. Krüpers, in Aetolikon Station zu halten, eine vortreffliche war. Die Ausflüge in diesen Tagen nach den Sumpfrändern der Lagune, nach dem großen, gegen Missolonghi sich hinziehenden Olivenwalde und namentlich nach der unweit im Zygosgebirge gelegenen malerischen Felsschlucht, ge- nannt „die kleine Klissura“, machten uns rasch mit den charakteristischesten Vertretern der griechischen Fauna bekannt und das herrlichste Wetter begünstigte unsere Unter- nehmungen. Vor allem waren es Bartgeier, Schmutzgeier, -Steinadler, Alpensegler, Trauermeise u. a., an welchen interessante Beobachtungen zu machen waren, und welche Vogelarten eben vor einer langen Reihe von Jahren schon Dr. Krüper und manchen anderen Ornithologen zum oftmaligen Besuche der kleinen wie der großen Klissura veranlaßt hatten. Der 30. April fand uns alle m der letzteren versammelt, und ich kann nur versichern, daß die großartige Felsszenerie dieser gewaltigen, augenscheinlich durch ein Erdbeben entstandenen Klamm zu dem Schönsten gehört, das ich bisher auf der Balkanhalbinsel zu sehen bekam, und es ist unbegreiflich, daß die Reisehandbücher über diese Sehenswürdigkeit ersten Ranges fast durchwegs stillschweigend hinweg- gehen, obwohl der Besuch von Patras aus mit Schiff, Bahn und Wagen leicht und ohne viel Zeitaufwand zu bewerkstelligen ist. - Die recht gut erhaltene Fahrstraße führt in schönen Schlangenlinien zuerst auf- wärts an einem kleinen, in den Felsen eingebauten „Monastir“ vorbei und dann abwärts an den Südrand des Sees von Agrinion oder von Angelokastron. Gerade infolge der vielen Windungen der Straße hat man vollauf Gelegenheit, den Blick die riesigen Wände nach allen Richtungen entlang schweifen zu lassen und das enorme Vogelleben daselbst zu bewundern. Schon damals wurde beschlossen, an einem der nächsten Tage der Riesenschlucht einen eingehenderen Besuch abzustatten. Mittags erreichten wir unser Quartier, das herrlich gelegene Haus der Wlachenfamilie Katzuris, deren jüngere Mit- glieder Dr. Krüper von Jugend an kennt. Der vor Jahren verstorbene Vater war ja sein treuester Gehilfe bei dem lebensgefährlichen Geschäfte des Eierholens aus den Nestern und Horsten der in den Felswänden brütenden Vogelarten und zwei seiner Söhne kamen ihm in der Felsenkletterkunst, die ursprünglich dort zur Gewinnung des Honigs von wilden Bienen eifrigst geübt wurde, fast gleich. Auch das alte Mütterchen hieß uns alle freundlich willkommen. Diesen und die folgenden Tage kam in diese einsame Gegend außerordentlich viel Leben durch die truppweise in langen Reihen vorbeiziehenden Wlachen. Es sind dies wandernde Hirten, die den Winter mit ihren Herden in den milden Küstenstri- III, Griechenland. al chen zugebracht haben und nun mit Kind und Kegel ihrer eigentlichen Heimat, den Gebirgen Mittelgriechenlands, zustreben, wo ja eben jetzt auch der Frühling seinen Ein- zug hält. Prachtvolle sehnige Leute, alle barhaupt, zogen die Männer an der Spitze’ daher, die meisten wirkliche Gladiatorengestalten, die lange einläufige Flinte lässig über die Schulter geworfen und ihr ganzes Augenmerk dem Vorwärtsbringen der teuren Herdentiere zugewendet. Dann die Frauen mit den Kindern, alle ebenso unmensch- lich bepackt wie die wenigen Tragtiere: Pferde oder Esel, welche außer dem dürftigen Hausgeräte auch noch die in den Wiegen festgebundenen Säuglinge und das mit den Ständern angeschnürte, ewig flatternde Geflügel zu schleppen hatten. Den Beschluß der seltsamen Karawane, die sich natürlich stets nur sehr langsam vorwärtsbewegte, bildeten einzeln oder paarweise die berüchtigten Wolfshunde, der Schrecken aller Touri- sten im schönen Griechenland. Heute schienen sie alle ihr Naturell verändert zu haben und schlichen mit eingezogenem Schwanze hinter ihren Herren einher, uns höchstens mißtrauisch von der Seite anblinzelnd; sowie aber der Rastplatz oder gar das erste Standquartier im Gebirge erreicht ist, sind sie sofort bereit, jeden Fremden bei der An- näherung in Stücke zu reißen. Nach einer kleinen Stärkung geleitete uns der unermüdliche Dr. Krüper so- gleich hinaus an die ihm wohlbekannten Punkte, an denen interessante ornithologische Beobachtungen gewiß waren. Da war vor allem längs der Trennungslinie, welche den kleineren westlichen von dem großen, östlich gelegenen Vrachorisee (Trichonis im Altertum) scheidet, das für jeden Naturbeobachter denkbar günstigste Terrain. Eine breite Straße ist dammartig darüber geführt und eine Brücke vermittelt den Übergang über den Kanal, der beide Seen verbindet. Panoramaartig ziehen rechts und links die Bilder echter Sumpf- und Aulandschaft beim Vorwärtsschreiten vorbei und hie und da ist es auch möglich, entweder watend oder mit Benützung eines Kahnes etwas tiefer in die Geheimnisse des unter Wasser stehenden Weiden- und Eschenhochwaldes vor- zudringen. Am nördlichen Seerande ist dann die Vegetation etwas weniger dicht und deshalb bieten sich dort Rastplätze für wieder andere Vogelarten, namentlich aus der Familie der Reiher, der Strand- und Wasserläufer. Monatelang könnte der Zoologe hier verweilen und jeder Tag würde ihm Neues, Unerwartetes bringen. Es ist daher sehr begreiflich, daß sich an diesem Nachmittage nicht nur unsere Jagdtaschen mit den verschiedensten Vogelarten füllten, sondern daß ich gar nicht fertig werden konnte, all das Gesehene im Tagebuche festzuhalten. In früheren Zeiten umgab aber ein noch viel dichterer und breiterer Gürtel ur- waldähnlichen Bestandes, vermischt mit altem Rohr und reichlichem Buschwerk, den einsamen Seespiegel und weit und breit gab es kein Fleckchen gerodetes Land. Da hatten natürlich auch die Adler mehr Auslug-, Schlaf- und Horstbäume, während sich im Unterwuchs eine Menge Fasane tummelten. Heutzutage sind die letzteren vollständig ausgerottet und der Raubvogelbestand zwar durchaus nicht verschwunden, aber sehr zurückgegangen. Gegen Abend überraschte uns ein starkes Gewitter mit Hagel und auch während des ganzen Vormittags des 1. Mai regnete es, so daß erst gegen Mittag nach der großen Klissura aufgebrochen werden konnte. Hier verflog der Nachmittag geradezu bei der teilweise eingehenderen Begehung und Besichtigung des großartigen Felsgehänges und seiner befiederten Bewohner. So waren es vor allem die südlichen Schwalbenarten, deren Niststellen wir hier kennen lernten, ebenso jene der Blaumerle. Die Krone bildete aber der Anblick des einzigen besetzten Bartgeierhorstes der Klissura. Saphiris Katzuris führte mich bis knapp unter den Brutplatz und wir beschlossen zu versuchen, ob der 12 Ornis balcanica. Abschuß nicht möglich sei, obwohl sich an diesem Tage der eine von den alten Bart- geiern als sehr vorsichtig erwies. Nicht minder reich an ornithologischen Beobachtungen war der folgende Tag, an welchem wir zu viert, da Leonis des Botanisierens halber auch mitgenommen wurde, auf einem zweirädrigen Karren über die Trennungslinie und dann den Nord- rand des großen Vrachorisees entlang bis Juritsa fuhren. Krüper holte von dort eine seltene Süßwasserschnecke und wir bedauerten diese, wegen der ununterbroche- nen Stöße und des ewigen Rüttelns entsetzliche Fahrt durchaus nicht, denn das Gesehene und Gesammelte entschädigte reichlich für alles Ungemach. Während der See zur Rechten immer neue Bilder entrollte, passierten wir zur Linken die Vorberge der ziemlich steil und hoch ansteigenden Arapokephalae, deren „Häupter“ teilweise mit Apollotannenwald bedeckt sind. In der Umgebung von Juritsa gab es genug zu sammeln und die meiste Freude bereitete mir ein Glücksschuß auf ein prächtiges Zwerghabichtmännchen. Auch ein riesiges Exemplar der Jachschlange wurde zum Entsetzen der Griechen gefangen und mußte trotz allem Zischen die Weiterreise lebend in einem festen Sacke mitmachen. Auch auf der Rückfahrt wurde öfters angehalten, um das und jenes noch mitzu- nehmen, so daß wir erst in finsterer Nacht im Katzuri’schen Hause nach 3!/, stündiger, wahrhaft knochenerschütternder Fahrt wieder eintrafen. Den Vormittag des 3. Mai verbrachten wir noch eifrig sammelnd und beobach- tend an den liebgewordenen Plätzen der Umgebung, verabschiedeten uns dann von der alten Mutter des Saphiris und traten den Rückweg nach Aetolikon an. Bei dem Monastir in der Felsnische blieben aber Saphiris, Leonis und ich zurück, um hier zu nächtigen und bei Tagesanbruch dem oben erwähnten Bartgeier am Eingange zu seiner Felsenburg guten Morgen zu wünschen. Zufällig feierte man im Monastir gerade das Fest des Schutzpatrons und es herrschte ganz im Gegensatze zu der sonst so einsamen Gegend ein reges Volksgetriebe. Überall wurde gesungen, zu Ehren des Klosterpatrons unzählige Pistolenschüsse ab- gegeben und reichlich Wein in die festfrohen Kehlen geschüttet. Da war vor allem ein Feldwebel, welcher, von Zante stammend, italienische Opernarien zum Besten gab, uns neugriechische Volkslieder bis tief m die Nacht hinein. vorsang und ununterbrochen zum Trinken nötigte. Kein Wunder also, daß wir infolge des schweren Weines mit noch schwereren Köpfen viel zu spät zur Ruhe gingen und es keiner geringen An- strengung meinerseits bedurfte, um 3 Uhr früh den wackeren Saphiris zu wecken, während ringsum alles im tiefsten Schlafe lag und schnarchte. Der nun folgende scharfe Aufstieg in pechschwarzer Nacht war einfach grauenhaft. Als wir geraume Zeit vor Tagesanbruch wirklich am Fuße der Horstwand anlangten, war jede Spur eines griechischen Katzenjammers verschwunden; dasjenige aber, was sich dann nach Tages anbruch beim Horste ereignete, ist beim Kapitel „Bartgeier“ weiter unten zu ersehen. In der ärgerlichsten Stimmung, die man sich nur denken kann, setzte ich dann die Weiterfahrt nach Aetolikon fort, woselbst ich Dr. Krüper und Santarius eben im Begriffe fand, die Eisenbahn nach Missolonghi zu benützen. Ersterer wollte dem greisen, mit König Otto ins Land gekommenen Arzte Dr. Nieder einen Besuch ab- statten, der letztere suchte, sofort rückkehrend, die sämtlichen Felsabsätze zwischen den beiden genannten Städten ab, ohne jedoch etwas anderes als die gewöhnlichen, bereits erwähnten Vogelarten zu entdecken. Mich beschäftigten unterdessen sehr die in fast allen Häusern der Stadt brütenden Rötelfalken. Der Besuch des Dachbodens in unserem Absteigequartier brachte mir sogleich ein schönes und frisches Gelege dieses III. Griechenland. 13 Falken und weitere waren ohne viele Mühe zu erhalten. Weiters zeigte es sich, daß auch die Salzsümpfe an der Westseite der Bucht von Aetolikon ein reiches Vogelleben beherbergen, und zwar namentlich an Strandläufern und Regenpfeifern. Weiter land- einwärts zu hörte man ununterbrochenes Flintenknallen. Abends stellte es sich heraus, daß dies den durchziehenden Turteltauben galt und ein heimischer Jäger brachte in der Tat ein ganzes Bündel nebst einem Pirol und bot es uns zum Kaufe an. Am nächsten Tage (5. Mai), einem der vielen griechischen Feiertage, galt es über Missolonghi und Kryoneri nach Patras zurückzukehren. Schon der merklich fühl- bare Patronenmangel nötigte uns hierzu. Nachmittags gab es in Patras Platzmusik und abends Zapfenstreich, aber die Musikkapelle leistete auch nicht annäherungsweise das, was wir in Korfu zu hören bekommen hatten. Auf einem kleinen Rundgange durch die Stadt und namentlich auf dem von Alt und Jung zum Bummeln bevorzugten Molo begegneten wir einem großen Teile der eleganten Welt von Patras in Festgewändern, und abends wollte der Lärm und das Singen in den Straßen schier kein Ende nehmen. Die Eisenbahnfahrt von Patras längs des südlichen Gestades des korinthischen Meerbusens wird mit Recht von all den vielen Reisenden, welche Athen besuchen, gepriesen und so lernte auch ich die Reize derselben zum ersten Male am 6. Mai kennen. In den Weingärten wimmelte es förmlich von Jägern, die alle auf ziehende Turtel- tauben lauerten — eine wirkliche Nationalbeschäftigung aller griechischen Gewehr- besitzer nach Beendigung der strengen Fastenzeit. Auf jede Schilderung dieser vielgerühmten Bahnstrecke verzichtend, erwähne ich nur, daß die Umrahmung des herrlichen Ausblickes auf den Golf sehr oft durch eine Unmenge von Raupengespinsten auf den Aleppokiefern gestört wurde, deren Beseiti- gung, respektive Vorbeugung ihres Entstehens gerade hier äußerst empfehlenswert wäre. Die Fahrgeschwindigkeit ist bei 1 m Spurweite eine ganz anerkennenswert hohe und der Zudrang auf den Bahnhöfen ein sehr bedeutender, so daß auch unser Coupe fort- während überfüllt war. In der noch immer lebend gehaltenen und im Sacke wohl- verwahrten Schlange von Juritsa besaßen wir aber ein vorzügliches Mittel, uns Luft zu machen. Die geringste Bewegung des Sackes genügte, um ein fürchterliches Zischen hervorzurufen, und voll Entsetzen verließen regelmäßig unsere eben eingestiege- nen Griechen den Wagen, obwohl der Zug sich schon längst in Bewegung gesetzt hatte, um vermittelst des Trittbrettes andere Plätze aufzusuchen — ein Vorgang, der wenigstens bis vor kurzem in Griechenland zwar nicht erlaubt, aber allgemein ge- duldet wurde. Erstaunlich war die Menge der Kolkraben bis in die Gegend von Korinth. Un- vergeßlich wird mir der herrliche Blick auf Akrokorinth bleiben, in dessen grotesken Felsabstürzen mir Dr. Krüper die Spalte zeigte, in welcher ein vom Grafen von der Mühle geschossener Bartgeier zwei Tage hing, bevor er mit größter Mühe erreicht werden konnte. Nicht minder interessant und überraschend ist der kurze Einblick in den Riesen- durchstich am Isthmus von Korinth, dessen Großartigkeit sich von der darüberführen- den Eisenbahnbrücke aus viel besser ermessen läßt als bei der Durchfahrt zu Schiff. In raschem Tempo ging’s dann abwärts Attika und Athen zu. Auf dieser Strecke ist wohl Megara für den Reisenden der bemerkenswerteste Ort, schon wegen seiner backofenförmigen Häuser und der albanesischen Bevölkerung in ihrer malerischen Tracht. 14 Ornis balcanica. Gegen Ende der Fahrt wußte ich nicht recht, ob es lohnender wäre, den Blick auf das allmählich mehr und mehr hervortretende Athen oder auf die prachtvolle Um- rahmung der attischen Ebene zu richten. Auf dem Bahnhofe wurden wir in liebens- würdigster Weise von Frau Krüper und Frau Schrader, der Witwe des vielen Orni- thologen wohlbekannten, vor Jahren verstorbenen Sammlers, erwartet und in die Stadt geleitet. i Durch die Fürsorge Dr. Krüpers erhielten wir ein ebenso angenehmes als billi- ges Quartier bei der Professorswitwe Frau Thamm in der Romastraße unweit des Lykabettos. Der Abend wurde bei Dr. Krüper verbracht und schon ein kleiner Rundgang durch die Stadt begeisterte mich ganz für ihre Schönheiten. Selbstverständlich steigerte sich meine Begeisterung noch mehr, als ich unter kundiger Führung die weltberühmten antiken Baudenkmäler, die Schätze des alten Hellas in den verschiedenen Museen und die Stätten der von der Schulbank her wohl- bekannten geschichtlichen Ereignisse in den nächsten Tagen besichtigen und bewun- dern konnte. Aber auch für den Naturhistoriker gab es genug zu studieren, mdem das Museum der Universität, an welchem der Altmeister der jetzt lebenden Zoologen in Griechen- land, Dr. Krüper, eine bescheiden dotierte Stellung innehat, einer gründlichen Muste- rung unterzogen wurde. Außerdem beanspruchte die halbwegs genaue Durchsicht der ganz bedeutenden Privatsammlungen Krüpers eine beträchtliche Anzahl von Stunden. Kein Wunder also, daß wir auch nicht eine Minute müßig waren, sondern die Zeit nach Möglichkeit ausnützten. Am Nachmittag des 8. Mai lernte ich auch die Perle des alten wie des neuen Athen, die unvergleichliche Akropolis kennen und will nur beifügen, daß auch den gefiederten Bewohnern dieses gewaltigen Bauwerkes und dessen Felsensockels — den Kolkraben, Rötelfalken und Steinsperlingen — gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wurde, was von den Tausenden der alljährlichen Besucher dort wohl nur sehr selten geschehen dürfte. Den nächsten Tag fuhr ich mit Dr. Krüper, welcher vier lebende, vor wenigen Monaten aus ihren luftigen Felshorsten geholte Bartgeier nach Mitteleuropa zu senden hatte, nach dem Piräus und sprach dort beim österr.-ungar. Konsulat vor. Erstens hatte ich eine Anzahl von Goldfüchsen dort in Empfang zu nehmen und zweitens erwartete ich eine Nachricht von dem Eintreffen meines langjährigen Studienkollegen, Freundes und Jagdgefährten Hans Knotek, welcher damals Professor an der technischen Mittelschule in Sarajevo war und mich auf der geplanten Wildziegenjagd auf den nörd- lichen Sporaden begleiten sollte. Die Nachricht war richtig da und Knotek selbst bereits angekommen, aber leider nicht in Piräus, sondern auf der weit draußen in der Bucht von Salamis gelegenen Insel Hag. Georgios, wo die von Salonik kommenden Schiffspassagiere eime viertägige Quarantäne durchzumachen hatten. Nach den Erkundigungen in Piräus sowohl als auch in der österr.-ungar. Ge- sandtschaft bei dem äußerst liebenswürdigen Baron Kosjek war eine Abkürzung dieser Quarantäne natürlich durchaus unmöglich und so beschlossen wir, wenigstens den Ver- such zu machen, Freund Knotek zu besuchen und zu trösten, zumal von ihm ein ganz jammervoller Brief über sein Ungemach eingetroffen war. Wir mieteten daher am 10. Mai ein kleines Segelboot und fuhren (Dr. Krüper, Santarius und ich) an der von einer kleinen Kolonie Rötelfalken belebten Leuchtturminsel Lipsokutali vorbei III. Griechenland. 15 nach Hag. Georgios. Nach längerer Debatte gestattete uns der diensttuende Arzt die Landung unter der Bedingung, mit keinem der Passagiere in direkte Berührung zu kommen. Nach längerem Suchen fanden wir Knotek, der sich die Zeit in nützlicher Weise durch Käfersammeln vertrieb. Seine Stimmung war ebenso wie die seiner übri- gen Reisegefährten eine äußerst gedrückte, aber das Ganze machte auf uns einen mehr komischen als ernsten Eindruck, da sich alle des besten Wohlseins erfreuten. Da gab es nun eine Menge zu erzählen und außerdem veranlaßte die Anwesen- heit vieler Brutpaare der samtköpfigen Grasmücke (Pyrophth. melanocephala) und des Steinsperlinges, die unter den Ziegeldächern der Baracken ihre Jungen fütterten, eine Reihe hübscher Beobachtungen. Als der Abend heranrückte, mußten wir Knotek auf das bestimmteste versprechen, nochmals, und zwar übermorgen, wiederzukommen. Für den 11. Mai war ein Ausflug auf den Hymettos angesetzt. Santarius und ich brachen sehr zeitig auf und erstiegen, an dem Artillerieschießplatze vorbei die gegen Athen abfallenden Hänge des lang- gezogenen Berges. In der nächsten Nähe der Stadt war alles öde und sehr wenig Vogelleben bemerkbar. Nur der eigentümliche quietschende Ruf des Steinsperlings war auch hier überall zu hören. Etwas höher in den ziemlich ansehnlichen Beständen der Aleppokiefer waren schon mehr Vögel sichtbar, und als wir den Fuß der ersten bedeutenderen Felspartien erreicht hatten, war in dem dichten immergrünen Busch- werk um uns alles lebendig von verschiedenartigen Grasmücken, unter denen ein nestbauendes Pärchen von Pyrophth. rüppelli am meisten unsere Aufmerksamkeit erweckte. Wir wanderten ein gutes Stück die Lehne entlang, manche bisher von uns im Lande noch nicht beobachtete Art sammelnd, bevor wir langsam in die Ebene abwärts stiegen, wo uns die ansehnliche Zahl von Kolkraben und hoch dahinschießenden Alpen- seglern in Staunen setzte. Tags darauf gelangten wir nach einem kleinen Abstecher nach Lipsokutali erst gegen Mittag nach Hag. Georgios und diesmal wollte man uns das Betreten der Qua- rantänestation überhaupt durchaus nicht gestatten. Ich geriet über diese wechselvollen Bestimmungen geradezu in Wut und nur den ruhigen und dringenden Vorstellungen Dr. Krüpers ist es zu verdanken, daß wir endlich landen konnten. Knotek war inzwischen nicht untätig gewesen und hatte im Vereine mit einigen seiner Leidensgenossen die sämtlichen Gebüsche der Insel nach Nestern der samtköpfi- gen Grasmücke durchstöbert, was keine geringe Arbeit war. Das Resultat bildeten vier Nester mit mehr oder weniger frischen bis stark bebrüteten Eiern — eine immer- hin nicht alltägliche Ausbeute, die wir nur den strengen Quarantänevorschriften zu verdanken hatten. Außerdem hatte er in dem Marke eines südlichen Schmetterlingsblütlers (Ana- gyris foetida) die von ihm später neu beschriebene Borkenkäferart (Ziparthrum saneti Georgi) entdeckt. Da aber die Quarantäne erst den nächsten Tag früh aufgehoben wurde, verab- schiedeten wir uns bald mit einem kräftigen „auf Wiedersehen morgen“ und durch- streiften den ansehnlichen Seestrandskiefernbestand auf dem nordwärts der Bucht sich hinziehenden Küstensaume. Viele Orpheussänger ließen hier ihren prachtvollen Gesang hören und sogar eine Nebelkrähe hatte in den Wipfel einer Kiefer ihr großes Nest eingebaut und mit Eiern belegt. So verging der Tag nur zu rasch und erst um 9 Uhr langten wir im gastlichen Heim Dr. Krüpers an. Den folgenden Morgen verbrach- ten wir mit Präparationsarbeiten, und Knotek kam so spät, daß wir alle erst den um 16 Ormis baleaniea. 11 Uhr abgehenden Zug zu einer gemeinsamen Fahrt nach Kephissia benützen konnten. Daselbst lernten wir nun die prächtigen Landhäuser der vornehmen Welt von Athen kennen, die jetzt fast alle bewohnt waren. Dr. Krüper erzählte uns von den enor- men Veränderungen, die durch Zubauten, Straßenanlagen u. s. w. von Jahr zu Jahr hier vor sich gehen. In den umliegenden Olivenwäldern, die wir durchstreiften, zeigten sich zwei vor wenigen Tagen angekommene Vogelarten, die mir bis dahin völlig fremd waren: die Baumnachtigall und der große Ölbaumspötter. Den Hauptbestandteil der Vogelwelt in den teilweise schönen Anlagen bildeten Orpheussänger, Schwarzkopf- ammer und Rotkopfwürger. Ein einstündiger Platzregen, zu dieser Jahreszeit hier sehr selten, unterbrach unsere Wanderung, aber zum Glück gab es überall Schenken genug als Unterstand und bald konnten wir gegen Marusi weitermarschieren. Auf steinigen Halden be- grüßte uns nach dem Regen der eintünige Gesang der blaugrauköpfigen Ammer und das Schnalzen der gewöhnlichen südlichen Steinschmätzerarten, die zwischen den grell gefärbten Cistenblüten dahinhuschten. Auffallend war auch die Menge der die Ziegel- dächer der Villen besiedelnden Steinsperlinge. In Marusi wurden wir von Frau Krüper, deren Schwester und Fräulein Schra- der erwartet, und in der angenehmsten Weise verging der Rest des Tages. Die Witterung war auffallend kühl geworden, so daß man durchaus nicht das Gefühl hatte, am 13. Mai in dem sonnedurchglühten Griechenland zu weilen. Die zwei folgenden Tage waren der Fortsetzung der Besichtigung von Athen und dessen Sammlungen, aber auch den Vorbereitungen zur Reise nach den nördlichen Sporaden gewidmet. Am Abend des 15. Mai schifften wir uns auf dem „Peloponnes“ ein und lagen vor Tagesanbruch vor Chalkis, um bald darauf die dortigen gefürchteten seichten Stellen glücklich zu passieren. Wie gerne hätte ich dem hoch emporragenden Kan- diliagebirge einen Besuch abgestattet, wie sehnsüchtig blickte ich während der Vorbei- fahrt nach den anderen, für griechische Verhältnisse vortreflich bewaldeten Höhen Euböas, aber das Reiseprogramm vertrug durchaus keinen derartigen Abstecher. In Aedipsos bedingte das Ausladen einer Masse mitgefübrten Bauholzes einen Aufenthalt von fünf Stunden. Diese Frist benützten wir zur genauen Besichtigung der berühmten heißen Quellen. Die Heilkraft derselben. bei rheumatischen Leiden ist in der Tat eine sehr bemerkenswerte und weit über die Grenzen Griechenlands hinaus bekannte, aber trotzdem sind die Unterkünfte geradezu armselig und überhaupt ist von der Bequemlichkeit moderner Heilstätten keine Spur vorhanden Über einen aus Sinter gebildeten und in allen Schattierungen von Braun und Gelb schillernden Felsen er- gießt sich das stark dampfende heiße Wasser ins Meer, überall am Rande lavaartige Krusten zurücklassend. Auch hier werden Geflechte, z. B. für Gartentöpfe, in der Form von Fenstergittern, Kronen u. dgl. vom Wasser mit Sinter überzogen, zum Kaufe angeboten, und es sei bemerkt, daß hier der Überzug sich durch schneeige Weiße auszeichnet. Spät abends tauchten die Lichter von Stylis auf und Volo zeigte sich zeitig am Morgen als ansehnliche Stadt in malerischer Lage mit ziemlich bedeutenden Erhebun- gen im Hintergrunde. Bis zur Abfahrt des nächsten kleinen Dampfers nach Skopelos, von wo die Weiter- reise dann mit Segelbarke fortgesetzt werden mußte, hatten wir gerade drei Tage Zeit und diese benützten wir zu einem kleinen Ausfluge nach Velestino und dem Karlasee. Nach dieser Richtung hin wiesen uns schon die vom Meere landeinwärts ziehen- den Scharen von Schwarzkopfmöwen und anderem Wassergeflügel. Zum Glück III. Griechenland. 17 konnten wir uns bis zum Abgang des nächsten nach Larissa fahrenden Zuges gerade noch für diese Exkursion rüsten und mit allem Nötigen versehen. Die Bahntrasse führt gleich vom Gestade steil aufwärts, den Rand einer kleinen Hochebene erklimmend, und senkt sich dann nach den fruchtbaren Gefilden von Velestino, wo nie Mangel an Wasser ist, hinab. Uns erschien der kleine, in seinen Gärten und Auen fast ganz verschwindende Ort mit der üppigen, in Griechenland nie gesehenen Vegetation und dem reichen Vogel- leben in Wahrheit als thessalische Idylle, welcher Eindruck sich auch nicht verwischen ließ, als wir von den dortigen Behörden, welche die vor Monaten eingelangte Ordre betreffs unserer Ankunft und des Zweckes unserer Tätigkeit längst verworfen oder vergessen hatten, recht unwirsch behandelt wurden. Wer hätte damals gedacht, daß diese friedliche Gegend wenige Jahre später so sehr unter den Greueln eines in jeder Hinsicht überflüssigen Krieges der Verwüstung anheimfallen würde? Die mächtigen Platanen von Velestino mit ihren sorgsam gehüteten Storchnestern und in diesen letzteren die Brutsiedelungen der Sumpfsperlinge, die zahlreichen von Dach zu Dach huschenden Rötelfalken und gar die dicht an der Ortslisiere vorbei- schwebenden Zwerghabichte riefen bei uns wahren Enthusiasmus hervor. Da hieß es der knappen Zeit wegen rasch handeln. Santarius und Georg, der Sohn des Chr. Leonis, sollten Velestino selbst und dessen unmittelbare Umgebung durchstreifen, während die übrigen sich dem Karlasee zuwandten, um spätestens den dritten Tag von dort zurückzukehren. Unser Weg führte zunächst durchaus durch weithin wogende Getreidefelder, wo- selbst stets Stummel- und Kalanderlerchen, dann Schwarzkopfammern in Überzahl vor- handen waren. Dann kamen wir, gegen den sehr stark zurückgetretenen See zu, an jenem isolierten Felshügel vorbei, der im letzten Kriege eine so bedeutende Rolle spielte. Der Karlasee hat eine sehr veränderliche Tiefe, ja er trocknet in manchen Jahren ohne ersichtlichen Grund ganz aus. Damals umgab den Rand des Wassers an den meisten Stellen ein dichter, auf trockenem Grunde stehender, aber vogelleerer Schilf- gürtel; erst weiter gegen Osten wurde das Ufer steinig und es eröffnete sich unseren Blicken weithin der freie Seespiegel mit schwimmenden Pelikanen, verschiedenen Reiher- arten und den seit meiner Bereisung Bulgariens nicht wiedergesehenen Rostenten. Ich konnte es mir nicht versagen, angesichts der mächtigen Häupter des Olymps im See ein Bad zu nehmen. Durch die ungewohnte Erscheinung angezogen, kam eine große Silbermöwe herbei und umkreiste mich laut schreiend. Langsam gegen das Ufer zu schreitend, brachte ich sie richtig in den Bereich von Knoteks Flinte und sie wurde so unsere Beute. Das Tierleben am See wurde immer reicher. Laut kreischend zogen in kleinen Zeitabschnitten kleinere und größere Scharen von Schwarzkopfmöwen gegen Westen und wir nahmen uns vor, denselben in den nächsten Tagen so lange zu folgen, bis wir ihre Brutniederlassung erreicht haben würden. Aber auch Enten gab es hier ge- nug, und zwar Stock- und Mittelenten. Durch das Einbringen einer der letzteren, welehe Knotek geflügelt hatte und der ich über eine Viertelstunde weit in den zum Glück überall seichten See folgen mußte, wurde so viel Zeit verbraucht, daß wir erst in der Dunkelheit den kleinen Ort Kanalia erreichten. Sowohl der Bürgermeister als auch der Kommandant der Polizei daselbst nahmen sich unser sehr freundlich an, in- dem ein reichliches Abendmahl in überraschend kurzer Zeit bereit stand, das ich, wäh- rend meine ganz durchnäßten Kleider trockneten, in der Uniform eines griechischen Gendarmen einnahm. Reiser. Ornis balcanica. III. 2 18 Ornis baleanica. In zwei Booten verteilt, stießen wir um 6 Uhr morgens vom Lande und traten von diesem Ende des Sees die Fahrt gegen Westen an. So kräftig aber auch unsere Bootsleute ihre Ruder und Ruderstangen handhabten und obwohl wir nirgends längeren Aufenthalt nahmen — bis spät am Nachmittage flogen die Schwarzkopfmöwen noch immer laut rufend in Scharen gegen Westen, so daß wir zur Einsicht kamen, die gesuchte Kolonie derselben müsse entweder im westlichsten Viertel des Sees oder noch weiter gegen Larissa zu gelegen sein. Im übrigen bot die Fahrt übergenug des Interessanten, so den Anblick der vielen zu dieser Zeit an anderen Orten Griechenlands gar nicht mehr vorkommenden Reiher, der prachtvollen Rostenten, deren Liebe zu ihrem Nachwuchs sich uns wieder im schönsten Lichte zeigte, der vielen Enten, Wasserhühner und Rohrsänger — alles dies zu Füßen des gewaltigen Olymps, an dem wir uns gar nicht sattsehen konnten. Am Nachmittag wurde mitten im Sumpfe ein kleiner, felsiger Hügel sichtbar, welcher von Reihern, Pelikanen und anderem Wassergeflügel buchstäblich bedeckt war. Bei unserer Annäherung suchte nach und nach die ganze Gesellschaft das Weite, aber wir landeten dennoch, erstens in der Hoffnung auf etliche zurückgebliebene Nachzügler und zweitens weil wir endlich unsere, durch das lange Sitzen im Boote steif gewordenen Glieder wieder in Bewegung bringen wollten. Die Insel besteht aus klippenartigem Karst bösester Sorte, mit vielem Strauchwerk überzogen, und kaum hatte ich begonnen, dieselbe zu durchqueren, so war der erste nennenswerte Unglücksfall auf allen meinen bisherigen Reisen im Balkan auch schon geschehen. Beim Sprunge über eine tiefe Spalte schlug mir eine Distel ins Gesicht, ich verlor das Gleichgewicht, stürzte ins Gestein und renkte mir den rechten Fuß vollständig aus dem Gelenke heraus. Von ganz bedeutenden Schmerzen gepeinigt, kroch ich auf allen Vieren zum Nachen und gab natürlich nach dem Eintreffen der Gefährten sogleich das Signal zur Rückkehr nach Velestino. Diese ging durchaus nicht glatt vor sich, denn weite Strecken von Wassersauerampfer erschwerten die Fahrt außerordentlich, bis wir endlich unweit von Petra das südliche Seeufer erreichten. Während für mich ein Pferd herbeigebracht wurde, schnitt mir Freund Knotek den Stiefel von dem unförmlich aufgequollenen Fuße und dann ging’s so schnell als möglich gegen Velestino durch die dortige fruchtbare Ebene. Unterwegs begegneten wir zahlreichen Staren, welche ihrer Brut Futter zu- trugen, und allerorts stolzierten die Störche umher und trippelten die zierlichen Schaf- stelzen in den Furchen der Äcker und Wiesen. Bei hellem Mondschein kamen wir in Velestino an und mühsam humpelte ich die Treppe nach unserem Zimmer hinauf. Santarius und der jüngere Leonis waren inzwischen nichts weniger als untätig gewesen, das bewies am besten ihre kostbare Ausbeute. Namentlich mit dem Aus- findigmachen der Horste des Zwerghabichtes hatte Santarius Glück gehabt und über das eingehende Betrachten der seltenen frischen Eier vergaß ich ganz mein Ungemach. Den heutigen Tag hatten die beiden im Kara dagh (südwestlich von Velestino) zuge- bracht, daselbst Steinadler, Kutten- und Bartgeier, offenbar als Brutvögel, festgestellt und einem Schmutzgeierpaare nahm Georg nach kühner Felsenkletterei das Gelege weg. Aber auch an Kleinvögeln soll das dortige Gebirge ganz außerordentlich reich sein. Der 19. Mai mußte beinahe vollständig zum Konservieren der Ausbeute verwen- det werden; nur wenige Stunden vor Abgang des nach Volo fahrenden Zuges eilten Knotek und Santarius nochmals in den nahen Wald, holten zwei frischgelegte, sehr schöne Zwerghabichteier, dann aus einem Kaiseradlerhorste die drei darmliegenden III. Griechenland. 19 Dunenjungen und aus dem Gezweige des Horstes neun Gelege der hier massenhaft angesiedelten Sumpfsperlinge. Mit knapper Not erreichten sie den schon in der Sta- tion haltenden Zug. Ich hatte den Weg bis zum Bahnhofe teils in einem elenden Karren, auf dem das Gepäck verladen war, teils auf einem Fuße hüpfend zurück- gelegt und während der Bahnfahrt mehrten sich die Schmerzen derart, daß es nach unserer Ankunft in Volo natürlich mein erstes war, mir einen verläßlichen Arzt besor- gen zu lassen. Der griechische Militärarzt erklärte, nachdem er den Fuß betrachtet, daß ein dortiger spanischer Jude für solche Fälle am besten anzuempfehlen sei. Ich kann wirklich nicht umhin, an dieser Stelle dem Manne ein Loblied zu singen. Nachdem ich ein möglichst heißes Fußbad genommen, richtete mir der Spaniole den Fuß äußerst geschickt ein, machte eine feste Bandage und verlangte ein äußerst mäßi- ges Honorar. Obwohl der Fuß natürlich sehr geschont werden mußte, war’s mit den Schmerzen vorbei und wirklich konnte am folgenden Vormittage auf dem kleinen griechischen Dampfer „Hagion Spiridion“ die Reise nach Skopelos angetreten werden. Dieselbe war sehr angenehm und wurde nur dadurch beeinträchtigt, daß das ganze Schiff buch- stäblich mit Reisenden vollgepfropft war. Namentlich die verschiedenartigen Land- schaften des nördlichen Teiles von Euböa sind höchst anziehend und zahlreiche Sturm- vögel belebten die Meeresfläche. Erst um 8 Uhr abends erreichten wir den Hafen von Skopelos, wo wir, ans Land gesetzt, sofort von einer Schar Neugieriger umringt wurden, so daß der Polizeikommandant mit seiner Peitsche Ordnung schaffen mußte. Durch die Fürsorge Dr. Krüpers waren wir zum Glück an einen guten Bekannten, den alten Schifiskapitän Drakiotis empfohlen und fanden in seinem Hause äußerst freundliche Aufnahme und Unterkunft. Der 21. Mai verging mit der Anwerbung eines Segelbootes nebst zwei in den dortigen Gewässern kundigen Bootsleuten und mit den sonstigen Vorbereitungen für die langwierige Reise nach Jura.) Schifiszwieback und trefflicher Rotwein von Sko- pelos selbst in zwei nicht unbeträchtlichen Fäßchen wurden verstaut und jeder von uns, der das feurige Naß versuchte, konnte es kaum glauben, daß ein Liter davon nicht mehr als 16 Heller nach unserer Währung gekostet hatte. Natürlich war ich selbst zur Untätigkeit verurteilt und hatte bloß dadurch eine Abwechslung, daß ich kaum fertig werden konnte, die mir von der hoffnungsvollen Jugend des Städtehens massenhaft zugeschleppten Gelege zu präparieren. Zumeist waren es Eier vom großen Fliegenschnäpper, von der Nachtigall, der Amsel, des Rot- kopfwürgers und des kleinen Ölbaumspötters, welche zusammengetragen wurden. Meine Reisegenossen kauften auch eine Menge eigenartig geformter Messer mit trefflicher Klinge — eine spezielle Industrie auf dieser Insel. Am 22. Mai, gegen 10 Uhr vormittags, segelten wir aus dem Hafen hinaus, aber wir hatten nur wenig Wind und konnten daher die nördliche Steilküste der Insel genau mustern, ja sogar in einem kleinen mitgeführten Kahne Abstecher dicht an das Ufer machen. Knotek brachte von einem solchen Ausfluge eine Blaumerle und eine Felsen- schwalbe mit. Trotz der langsamen Fortbewegung, die teilweise sogar nur durch Rudern mög- lich war, kann man sich gar nichts Reizenderes vorstellen als diese einsame Fahrt zwischen den so selten besuchten Inseln mit den verschiedenen prächtigen Farben- wirkungen. Nachmittags näherten wir uns der Südspitze von Chelidromia und erblickten 1) Diese Schreibweise diene zum Unterschied der bei Andros gelegenen Insel Giura. 2% 20 Ornis balcanica. auch zeitweise den aus kalkweißen, gleich Schwalbennestern aneinandergereihten Häusern bestehenden Hauptort. Bei der Weiterfahrt konnte man sehen, daß Chelidromia bedeu- tend mehr Vegetation zeigt als alle anderen Inseln der Nachbarschaft. Die dunklen Waldpartien scheinen aus Kiefern zu bestehen und sehnsüchtig schweiften meine Blicke über das liebliche Bild, denn wenn es auch mein noch immer gänzlich unbrauchbares ein gestattet hätte, wäre schlechterdings keine Zeit gewesen, hier Station zu machen. Ziemlich spät abends erreichten wir die Insel Xerö und liefen in den sehr ge- schützten Hafen Peristeri an der Westseite ein. Nach dem Namen dieses Hafens wird unrichtigerweise auf den meisten Landkarten die ganze Insel benannt. Sobald wir hier gelandet und ein mächtiges Feuer entfacht hatten, begann das schreckliche Konzert einiger Paare von kleinen Sturmvögeln, welches wir hier zum ersten Male zu hören bekamen. Den folgenden Tag fuhren wir nur ein kleines Stück an der Küste von Xer6ö entlang und setzten uns dann in einem ganz kleinen Hafen mit schmalem Eingange fest. Hier war in früheren Zeiten der Unterschlupf eines gefürchteten Seeräubers, wie denn überhaupt gerade diese Gewässer wegen des Piratenunwesens ehemals im übelsten Rufe standen. Zweifellos waren auch unsere Bootsleute Abkömmlinge von solchen, was aus vielen Andeutungen hervorzugehen schien. Fast der ganze Tag verging mit dem Einsammeln von kleinen Sturmvögeln und deren Gelegen an dem steilen Hange unmittelbar beim „Seeräuberhafen“. Zum ersten Male verwünschte ich mein Geschick, als ich, stundenlang auf dem Rücken an Bord liegend, dem lustigen Treiben meiner Begleiter zuzusehen gezwungen war. Abends natürlich bedeutend verstärktes, ohrenzerreißßendes Lärmen von hunderten Sturmvögeln, so daß diesen Spektakel niemand von uns zeitlebens vergessen dürfte. Die Weiterfahrt am 24. Mai gehörte wohl zu den schönsten Erinnerungen der ganzen Reise. Eine angenehme Brise brachte uns ohne Mühe unserem Ziele immer näher und in der weichen, klaren Luft sah man die Umrisse selbst der fernsten Inseln. Dabei sorgten Seeadler, Silbermöwen, Felsentauben, Alpensegler, vor allem aber die auf den Felsen hockenden zahlreichen Mittelmeer-Krähenscharben stets für Abwechs- lung und ließen die Langweile, welche die gewöhnliche Begleiterin längerer Segelboot- fahrten ist, niemals aufkommen. Am allerinteressantesten aber war uns allen jeden- falls der Anblick des Eleonorenfalken, der hier recht häufig war und entweder unter hellem Geschrei weit aufs blaue Meer hinausflog oder die felsigen Ufer entlang zog. Am Nachmittag stießen wir auf zwei Boote. Es stellte sich heraus, daß es Schwamm- fischer waren, deren Treiben wir eine Zeitlang recht gut beobachten konnten, da die Tiefe gar nicht bedeutend war. Gegen Abend gelangten wir in den stillen Hafen am Fuße des Monastir Hagia Panagia, nach welchem die ganze Insel jetzt den Namen hat, während sie in früheren Zeiten Pelagonisi hieß. Eine vortreffliche Suppe von frisch gefangenen, grätenreichen Seefischen stärkte uns. Zum Greifen nahe,ragte das Ziel unserer Reise, die Insel Jura, einem Zuckerhute von hier aus nicht unähnlich, aus den Fluten empor. Schon um 8 Uhr früh landeten wir daselbst an der Südspitze unterhalb einer von der Flut niemals erreichbaren, geräumigen Höhle — unsere Behausung während der folgenden Tage und Nächte. Während unser ganzes Gepäck hinaufgeschafft wurde, krabbelte ich mühselig über die wirren Blöcke in unseren marmornen Palast. Kaum hatten wir uns so gut es ging dort eingerichtet, so kam auch schon der einzige Bewohner der Insel, der Hirt Pulios, der bereits den siebenten Sommer hier zubrachte, eine kleine Herde von Schafen und Ziegen daselbst weiden ließ und zu III. Griechenland. 21 seiner Zerstreuung fast ununterbrochen auf die Wildziegen Jagd machte. Sein Sjähriges Mädchen teilte mit dem ziemlich verschlossenen Manne dieses Exil. Anfangs wollte Pulios durchaus keine Führerdienste für die Jagd auf die Wild- ziegen leisten, indem er darauf hinwies, daß bisher alle Fremden, welche die Insel besucht hatten, das äußerst unwegsame Gelände zur Jagd als zu schwierig befanden. Später lernte er freilich kennen, daß er uns unterschätzt hatte. So zogen am 26. Mai schon vor Tagesanbruch alle, außer mir, in die steilen Fel- sen hinauf, während ich die Zeit mit dem Reinigen der starkbebrüteten Sturmvögel- eier und dem Ordnen unseres Gepäckes verbrachte. Aber dann kletterte auch ich in der nächsten Umgebung der Höhle langsam umher, mich an der prachtvollen Flora ergötzend, und sammelte daselbst in Menge ein bisher nirgends anderswo gefundenes neues Kreuzkraut (Galium), welches mir später Herr Dr. E.v. Halacsy in Wien, gegenwärtig wohl zweifellos der hervorragendste Kenner der griechischen Pflanzenwelt, zu widmen die Liebenswürdigkeit hatte. Die Bewegung schadete meinem Fuße gar nicht und als spät am Nachmittage die anderen mit einem kapitalen Wildziegenbocke, den Freund Knoteks Geschoß auf etwa zweihundert Schritte Entfernung ereilt hatte, heimkehrten, herrschte allgemeine Fröhlichkeit. Während es draußen auf dem Meere arg stürmte und die Gischt bis nahe zu uns emporspritzte, gab es in unserer Naturwohnung ein wahres Festessen und das eigenartige Wildbret fand ungeteilten Beifall. Am folgenden Tage erstieg ich zusammen mit den übrigen, während nur Georg in der Höhle zurückblieb, bereits das erste Plateau der Insel, wo sich die armselige Wohnung des Pulios mit seinem Töchterlein, eine Kapelle mit den Schädeln der vor 10-12 Jahren vom Blitze erschlagenen sieben Mönche und eine Zisterne mit ganz vor- züglichem Trinkwasser befinden. Während dann die anderen die Ziegenbirsche fortsetzten, und zwar an diesem Tage ohne jeden Erfolg, verlegte ich mich mit Leonis sen., so gut es ging, aufs Pflanzensammeln und stattete auch der unweit gelegenen Tropfsteinhöhle einen Besuch ab. Die Höhle ist sehr geräumig, durch Feuerbrände stark berußt und erfordert zu eingehenderer Untersuchung mehr und bessere Beleuchtungskörper, als uns zur Verfü- gung standen. Der Vormittag des 23. Mai wurde zur Erholung bestimmt und am Nachmittag unternahmen wir alle einen Ausflug nach dem nahen Gramusa, doch bot das kleine Eiland so gut wie gar nichts, das unser Interesse erweckt hätte. Ein Hirte weidete dort eine kleine, dem Monastir auf Hagia Panagia gehörige Ziegenherde, weshalb auch die dürftige Vogelwelt der Insel gestört und verscheucht zu sein schien. Am 29. Mai wurde beschlossen, mit unserem Boote die Ostküste von Jura ent- lang nach Norden zu segeln, da ich das flache, eigentümlich aussehende Psathura auf- suchen wollte. Gleich nach Beginn der Fahrt scheuchten wir zwei der „odysseischen“ Ziegen auf, welche in wilder Flucht aufwärts strebten. Wegen des gewaltigen Schwankens des Bootes blieb das auf dieselben gerichtete Schnellfeuer aus unseren Büchsen wirkungslos. Etwa in der Mitte der Insel wurden Knotek und Santarius ausgesetzt, um mit Pulios verabredeterweise zusammenzukommen und die Birsch fort- zusetzen. Leonis sen. und ich setzten die Fahrt fort, die sich in die Länge zog, weil wegen völliger Windstille zu den Rudern gegriffen werden mußte. In der klaren Luft trat der „heilige Berg“ Athos deutlich am Horizont hervor. Ich faßte zunächst auf der kleinen Insel Muia um 5 Uhr Nachmittag Fuß, wo sich in dem üppigen Grase eine ziemliche Anzahl der südlichen Silbermöwe angesiedelt hatte. 22 Ornis baleanica. Das ganz besonders anhaltende Klagegeschrei der Möwen galt ihrer zumeist eben die Eischalen durchbrechenden Brut, die ich vollständig unbehelligt ließ. Muia, von wo ich mich dann ungesäumt nach Psathura überfahren ließ, ist natürlich genau von derselben Beschaffenheit wie die letztgenannte Hauptinsel: der vulkanische Ursprung ist unverkennbar, indem sie aus schwarzem, blasigem Basalt bestehen, dessen genaue Struktur und Zusammensetzung man in Philippsons „Beiträgen zur Kenntnis der griechischen Inselwelt“ genau analysiert findet. Psathura war bis vor kurzem unbewohnt, aber die tellerartige Gestalt der Insel bildete bei Nebel und hohem Seegang für die Schiffahrt eine solche Gefahr, daß die griechische Regierung sich gezwungen sah, hier einen Leuchtturm, welchen ich eben vollendet fand, zu errichten. Erst vor wenigen Jahren soll hier ein spanisches, mit Mais beladenes Fahrzeug Schiffbruch gelitten haben, was zur Folge hatte, daß der uns bekannte Pulios tagelang große Mengen von Mais- körnern, die an die Küste von Jura, angeschwemmt wurden, mit Vergnügen in Emp- fang nahm. Die drei Stunden meines dortigen Aufenthaltes nützte ich, so gut es ging, aus: erlegte so viel als möglich von dem gerade anwesenden Vogelvolke und legte an Pflanzen ein, was ich in Blüte nur finden konnte. Zur Zeit des Zuges im Frühjahr und Herbst muß es auf diesem kleinen Erdenfleck an imteressanten Arten geradezu wimmeln, denn die Lage ist eine hervorragend günstige. Gerne hätte ich noch länger zwischen den schwarzen Blöcken herumgestöbert, aber unsere Schiffsleute riefen mich eiligst an Bord, da ein Sturm unmittelbar bevor- stehe, bei welchem ein Aufenthalt an dem hafenlosen Felseiland unmöglich sei. Kaum waren die Anker gelichtet, da ging der Tanz auch schon los. Das Fahr- zeug schoß mit den großen Sturmvögeln um die Wette über die Wellenkämme und bald war von einer Steuerung keme Rede mehr. Die ganze Nacht heulte der Sturm fort und verschlug uns nach Westen gegen Salonik zu. Erst gegen Morgen wurde das Wetter besser und nach lJangwierigem Lavieren gelangten wir gegen 11 Uhr vormittags zu unserer Höhlenwohnung auf Jura. Während der ganzen Zeit war ich ganz wohl- auf und konnte sogar ganz gut in dem Kielraume schlafen. Nicht so Knotek und Santarius, die mit Pulios gar nicht zusammengetroffen waren und nach erfolgloser Jagd trotz der bedeutenden Ermüdung aus Sorge um uns keinen Schlaf fanden. Die Brandung soll so arg gewesen sein, daß anscheinend der Felsboden der Höhle davon erzitterte. Erst um 5 Uhr nachmittags kam Pulios ganz erschöpft und ebenfalls ohne Beute. Da es sich zeigte, daß mein Fuß als nahezu geheilt zu betrachten war, rückten wir, mit Ausnahme des alten Leonis, allesamt vor Tagesanbruch am letzten Mai noch- mals den Wildziegen zu Leibe, und zwar diesmal im südlichen Teile der Insel. Es war ein herrlicher Tag, und als wir etwa die Inselmitte erreicht hatten, staunte ich über die schönen Altbestände der Steineiche (Quereus ilex) in den Vertiefungen und an den Hängen, die man dort vom Meere aus niemals vermutet hätte. Aber auch damit ist’s vorbei, denn seither wurde alles Holz von Jura in Holzkohle umgewandelt und nun wird wohl auch bald gänzliche Vegetationslosigkeit die Folge dieser barbari- schen Ausbeutung sein. Wir trafen mehrfach mit den merkwürdigen Ziegen zusammen, sowohl mit an- sehnlichen Rudeln, als auch einzelnen Stücken, und Knotek war es wieder, der die Ehre des Tages rettete, indem er ein Kitzböcklein und eine alte Geiß streckte. Es war ein herrlicher Anblick, diese seltenen Tiere in ihrer ungebändigten Wildheit in dem zerklüfteten Karst dahinstürmen zu sehen, während rings um die Riesenklippe, III. Griechenland. 23 welche Jura darstellt, das Meer blaute und knapp über unseren Köpfen die Bleonoren- falken pfeilschnell hinwegsausten. Die Gluthitze des Tages und das stundenlange Herumklettern in den Felsen hatten aber bei allen einen derartigen Durst erzeugt, daß wir dadurch nachmittags zur Umkehr gezwungen wurden. Ja Knotek entschloß sich sogar, die noch Milch füh- renden Zitzen der geschossenen Geiß auszusaugen, um das quälende Durstgefühl zu lindern. Zum Glück konnten wir uns nach raschem Abstieg bald an dem prächtigen, kühlen Naß der Zisterne laben und hatten gerade noch Zeit, unser Gepäck aus der Höhle ins Boot zu schaffen, den wackeren Pulios zu entlohnen und bis zur einbre- chenden Dämmerung wieder den Hafen unterhalb des Monastirs Hagia Panagia zu erreichen. Mit Tagesanbruch segelten wir dann am 1. Juni aus dem Klosterhafen hinaus und die Mönche bezeigten uns ihre Aufmerksamkeit dadurch, daß sie die griechische Flagge hißten und mehrere Pistolen abfeuerten, was wir natürlich sofort mit unseren Flinten erwiderten. Lange blieben unsere Blicke noch auf Jura haften und wie bekannt schien uns jetzt jeder Grat, jede einzelne Felsrunse! Zunächst beauftragte ich nun unsere Schiffer, den Kurs gegen die Klippe Melissa zu halten, da ich mir schon auf der Herfahrt vor- genommen hatte, sie näher anzusehen. Dabei stieß ich aber auf heftigen Widerspruch, da die Leute es gar nicht erwarten konnten, wieder nach Skopelos zu kommen, und die See ziemlich unruhig zu werden begann. Es bedurfte längeren energischen Zuredens, bis sie sich herbeiließen, in die Nähe der dachartig geformten Felsklippe zu steuern. Dann wurde von einem der Matrosen unter fürchterlichen Flüchen der kleine Nachen gelöst, worin Knotek und ich Platz nahmen und auf Melissa zu hielten, während das Segelboot pfeilschnell auf und ab lavierte. Von den zwei Paaren Eleonorenfalken schossen wir je einen herab und ebenso eine der umherschwärmenden Möwen, aber die Suche blieb gänzlich ohne Erfolg, da es sich zeigte, daß ganz Melissa von einem fast undurchdringlichen Mantel eines strauch- artigen Klees (Medicago arborea) überzogen war, während den Boden eine gut hand- hohe Schicht von Schneckengehäusen bedeckte. Die Art und Weise, wie ich dann dank einem Zufall eine meiner schönsten Ent- deekungen während der ganzen Reise durch Feststellung eines Brutplatzes der Korallen- schnabelmöwe auf dieser einsamen Klippe machte, möge bei dem Kapitel über Zarus audouini weiter unten nachgesehen werden. In schneller Fahrt liefen wir dann schon um 2 Uhr nachmittags im Hafen Peri- steri auf Xerö ein; inzwischen wurden auch schon die zwei gestern erlegten Ziegen kunstgerecht abgehäutet, gemessen und die Decken konserviert. Spät am Nachmittage ließ ich mich noch, trotz des starken Wellenganges, in den „Seeräuberhafen“ rudern, schoß unterwegs einen schiefergrauen Eleonorenfalken und ent- nahm nach einigem Suchen der Niststelle eines kleinen Sturmvogels das einem grauen Wollklumpen ähnliche Dunenjunge. Die am folgenden Tage ausgeführte Fahrt bis Skopelos bot nichts Bemerkens- wertes, als daß man uns zwei wilde Kaninchen von Chelidromia lebend an Bord brachte. Als wir uns gegen 5 Uhr nachmittags dem Hafenplatze näherten, fuhr uns ein Boot entgegen, dessen Insassen ein merkwürdiges Ansuchen an uns stellten. Ein zur Inspizierung auf Skopelos eingetroffener Polizeimajor war bei Entgegennahme des 24 Ornis baleanica. Rapportes derartig in Zorn geraten, ‘daß er, vom Schlage gerührt, auf der Stelle ver- schied. Da nun in dem kleinen Neste alle Welt wußte, daß wir im Hause des Kapi- täns Drakiotis eine Menge Vögel konserviert hatten, fragten die behördlichen Organe an, ob wir den toten Major nicht einbalsamieren wollten, was wir selbstverständlich auf das entschiedenste ablehnten, obwohl die Rückreise mit dem bei der enormen Hitze zweifellos in Verwesung übergehenden und zur Überführung nach Athen bestimm- ten Leichnam auf dem einzigen, erst übermorgen abgehenden Dampfer, durchaus nicht angenehm zu werden versprach. Während Knotek einen kleinen Ausflug auf der Insel unternahm, hatte ich bis zur Abreise am 4. Juni nicht einen Augenblick Zeit zur Muße, denn es wurde von allen Seiten eine ganz unglaubliche Menge von Vogelnestern samt den Eiern herbei- getragen, welch letztere natürlich alle sofort entleert und geremigt werden mußten. Dann ging es nach herzlichem Abschied im Hause des gastfreundlichen Kapitäns Drakiotis wieder über Skiathos und Oreos auf Euböa nach Athen zurück, und zwar bis Oreos in Gesellschaft eines unserem Reisezwecke ebenfalls äußerst entgegen- kommenden und denselben später auch noch mehrfach fördernden griechischen Guts- besitzers, des Herrn Konstantinides aus Skopelos. Zu bemerken wäre noch, daß mehrere in der Eile hergestellte Rohskelette von Puffinen nur deshalb nach Athen mit- genommen werden konnten, weil die denselben entströmenden Gase auf Rechnung des unglücklichen toten Majors gingen, indem der üble Geruch allgemein mit pietätvoller Resignation hingenommen wurde. Nach der Ankunft m Piräus am 5. Juni um 6 Uhr aends gab es daselbst noch eine ziemlich erregte Auseinandersetzung mit den Zollbeamten, weil man unser sämt- liches Herbarpapier samt den Pflanzen verzollen wollte. Die Zeit vom 6. bis 10. Juni war dann der Erholung gewidmet. Aber auch die Museen und Sammlungen, namentlich die berühmte Kollektion Schliemanns, wurden nochmals eingehend studiert, sowie natürlich in der zoologischen Sammlung des Universitätsmuseums, deren Zusammenstellung wie erwähnt durchaus dem verdienst- vollen Wirken Dr. Krüpers zu danken ist, fleißig gearbeitet. Für Freund Knotek hatte inzwischen die Abschiedsstunde geschlagen und nach- dem noch vorher von uns allen, mit Dr. Krüper in der. Mitte, ein recht gut gelunge- nes Gruppenbild hergestellt worden war, kehrte er bei wirklich südlicher Gluthitze über Patras und Triest nach Sarajevo zurück. Auch ich durfte nicht länger in Athen verweilen, um keine Zeit zu verlieren, und begab mich am Abend des 10. Juni nebst Santarius und den beiden Leonis mit dem griechischen Dampfer „Elpis“ nach Syra. Auch dort war die Hitze uner- träglich. Wir erwarteten die Abfahrt des nach Paros und Naxos abgehenden Dampfers „Pelops“ im Hafen. Unvergeßlich ist mir eine dort erlebte Szene. Ein Lastträger trug eine mächtige Ballonflasche mit Masticha, dem allgemein verbreiteten griechi- schen Nationalgetränk auf einer Achsel, stieß mit derselben in der Eile gegen eine eiserne Gardinenstange und im nächsten Momente ergoß sich der Inhalt der Flasche in Strömen über das löcherige, mit Schmutz aller Art, wie solche eben jede Hafen- stadt aufzuweisen hat, überdeckte Pflaster. Dies hinderte aber durchaus nicht, daß sofort die Hafenarbeiter wie Raubtiere herbeisprangen und mit den Glasscherben, ja mit umherliegenden Schuhsohlen und auch auf dem Bauche liegend, sich einen Gratis- rausch holten. Der „Pelops“ erwies sich als ein in jeder Hinsicht gutes Schiff, das nach kurzem Verweilen am Nordende von Paros schon um 3 Uhr nachmittags bei Naxia die Anker III. Griechenland. 25 fallen ließ. Hier nahm uns der Gastwirt Alexandros, ein langjähriger Bekannter und Sammler Dr. Krüpers, von unserer Ankunft bereits in Kenntnis gesetzt, auf das liebenswürdigste auf. Noch am selben Tage unternahmen wir einen Ausflug nach den südwärts der Hauptstadt gelegenen, ziemlich ausgedehnten Sanddünen. Hier sah ich zum ersten Male den Sandregenpfeifer (Aegialitis hiatieula) im vollständigen Sommerkleide und in der Dämmerung gab es eine spaßhafte Hetzjagd auf einen der Gegend eigentüm- lichen Käfer: Polyphylla olivieri, von welchem eine ziemliche Anzahl gesammelt wurde. Am 12. Juni wurde nach sehr rasch zurückgelegter Segelbootfahrt die kleine, nordöstlich von Paros gelegene Felseninsel Evreokastron aufgesucht, und zwar um den großen Sturmvogel auf seinem Brutplatze kennen zu lernen und Jagd auf wilde Kaninchen zu machen. Mit beidem hatten wir Erfolg. Die Suche nach den brütenden großen Sturmvögeln war bei der gräßlichen Hitze nicht so leicht und erforderte ein stundenlanges Umherkriechen auf dem Bauche, da die Eier oft metertief in den Spalten lagen. Bis gegen Abend brachten wir 14 Eier zusammen, worauf ich das Plateau der Insel erstieg und am Ansitze ein Kaninchen, von einer großen Zahl beobachteter, erlegte. Auch das kleine Junge eines kleinen Sturmvogels nahmen wir mit sowie fünf Männchen und drei Weibehen der grauen Art, welche über ihrem Ei ergriffen worden waren. Im übrigen gab es auf Evreokastron nicht viel zu sehen, nur die riesenhaften Horstbauten der Krähenscharben in den Felswänden konnten wir bewundern. Im Februar hatte Alexandros über Veranlassung Krüpers ein Boot ausgerüstet, dessen Bemannung teils an den Küsten von Naxos selbst, teils auf benachbarten kleineren Inseln mit sehr bedeutender Mühe und Anstrengung einen ganzen Korb voll Krähen- scharbeneier zusammengebracht hatte. Bei der Heimfahrt wurde der Korb durch em Tau umgerissen und nicht ein einziges Ei blieb ganz. Dieses Unglück nahm sich damals Alexandros so zu Herzen, daß er angeblich erkrankte. Wir selbst hatten bei der Rückfahrt so schlechten Wind, daß wir erst um I1 Uhr nachts todmüde in Naxia anlangten. Tags darauf hatten wir alle Hände voll zu tun, um alles von Evreokastron Mitgebrachte zu konservieren, so daß erst abends so viel Zeit erübrigt wurde, um nochmals auf die lustige Polyphylla-Jagd auszuziehen. Da ich mir vorgenommen hatte, einige kleine, im Osten von Naxos gelegene Inseln zu besuchen, mieteten wir eim Boot, welches den Auftrag bekam, Naxos zu umsegeln und uns in dem verödeten, an der Ostküste gelegenen Hafen Muntsara, auch Mutsoma genannt, zu erwarten, während wir die Insel gemächlich zu Fuß zu durch- queren beschlossen. Wir kamen am 14. Juni nur bis Melanes, da es meine Aufgabe war, unter den Singvögeln die gelbsteißige Buschdrossel (Pyenonotus wanthopygus) festzustellen, und ich mich deshalb unterwegs überall längere Zeit aufhalten mußte. Ich erwähne gleich jetzt, daß alle diesbezügliche Mühe an diesem und den folgenden Tagen deswegen gänzlich erfolglos war, weil dieser Vogel auf den Kykladen überhaupt nicht vorkommt. Es war ein ganz fremdartiges Landschaftsbild, welches ich hier kennen lernte: Überall in großer Menge Agaven, Johannisbrotbäume und echte Akazien, während allenthalben auf den Gneisgranitblöcken sich die großen Schleuderschwanzeidechsen (Stellis vulgaris), von den Bewohnern allgemein „Krokodile“* genannt, sonnten. Die Gegend von Melanes ist äußerst reich an gut bewässerten und gepflegten Obstgärten mit verschiedenartigen vorzüglichen Früchten, aber im allgemeinen ent- 26 Ornis balcanica. schieden vogelarm. Auch fielen mir die vielen Schmetterlinge und Konchylien dort auf. Von Melanes bis Chalki und Tragäa, wo wir die nächsten Tage zubrachten, waren es immer wieder bloß Kappenammern, blaugrauköpfige Ammern, Orpheussänger, große und kleine Olivenspötter, vor allem aber der Rotkopfwürger, deren wir ansichtig wurden oder deren Stimme wir hörten. Meistens wurden aber alle Vogelstimmen von dem tausend- fältigen Gezirpe der Zikaden verschlungen. In Chalki wurden wir vom Wirte tüchtig geschnürt und die Leute waren dort überhaupt ziemlich unfreundlich. Beim Weitermarsch nach dem hochgelegenen Apiranthos fiel mir die höchst eigentümliche, dort übliche Weganlage auf. Es waren auf weite Strecken hin mit Bruchsteinen buchstäblich künstliche Schluchten erzeugt, so daß man stets das Gefühl hatte, in Hohlwegen zu wandern. Unzählige Kirchen und Kapellen kennzeichnen diese Landschaft, deren Bewohner, wie so oft, Frömmelei mit durchaus nicht lobenswerten Eigenschaften verbinden. Obwohl in Apiranthos sehr freundlich aufgenommen, wurde uns doch gleich in der ersten Nacht unseres dortigen Aufenthaltes etwas Tabak und ein zum Braten fix und fertiges Spanferkel entwendet. Auch Dr. Krüper büßte dort 1862 eine kleine Vogelflinte ein, aber die peinlichste Begebenheit ereignete sich zu Beginn des Regierungs- antrittes des Königs Otto. Obwohl uns schon in Chalki ohne diesbezügliche Anfrage versichert wurde, daß das Folgende Erfindung sei, habe ich doch allen Grund, das Gegenteil anzunehmen. Als nämlich König Otto auf seiner Rundreise nach Naxos kam, wurde er gebeten, auch nach Apiranthos, der höchsten Ansiedlung der Insel, zu kommen, um dort den berühmten weißen Wein zu kosten. Der König folgte der Einladung, ließ sich den Ritt über die oft halsbrecherischen Wege nicht verdrießen und wurde mit großer Begeisterung empfangen sowie mit dem besten vorhandenen Weine bewirtet. Als aber der Rückweg angetreten werden sollte, stellte es sich heraus, daß dem König inzwischen der kostbare Sattel gestohlen worden war. Derselbe war von den treuen Untertanen auch später nicht wieder zu erlangen. Auch uns trank man fleißig mit dem gewöhnlichen sowie auch dem berühmten weißen Rebensaft, beide hier ohne Terpentinzusatz, zu, und ich muß sagen, daß mir ein derartig leichtflüssiger, nicht süßer und fast wasserheller Wein in ganz Griechen- land nirgends mehr vorgekommen ist. Die Folgen blieben nicht aus und des Morgens erwachten wir mit mehr oder weniger bleischweren Köpfen und konnten uns nur mit Mühe zu einem ziemlich anstrengenden Ausflug nach der berühmten Höhle und auf die Gipfelschneide des höchsten Berges der sämtlichen Kykladen, dem 1003 m hohen Zeusberge Oziä aufraffen. Ein Steinadlerpaar umkreiste ihn gleichsam als Wahr- zeichen und die Aussicht war in jeder Hinsicht eine ganz großartige, indem die Kykladen, besonders das vulkanische Thera (Santorin), wie auf einer Reliefkarte vor uns ausgebreitet lagen. Auch den Besuch der Höhle, welche die Hirten durch trockene, aufflammende Gesträuchbündel erleuchten, damit man ihre enorme Höhe und Geräumigkeit bewun- dern kann, bereute ich nicht. Die Höhle enthält prähistorische Überreste (Feuer- steinmesser und Topfscherben), unzählige Fledermäuse, interessante Käfer und am Eingang die Nester einiger Felsenschwalben sowie eines Paares der herrlich flöten- den Blaumerle. Am 19. Juni durchstreiften Santarius und ich die von Apiranthos gegen die Ostküste abfallenden Karsthänge unter Führung eines einheimischen Jägers namens IH. Griechenland. 27 Sideris zu dem Zwecke, um das vom gewöhnlichen Steinhuhn merklich abweichende Chukarhuhn, das bekanntlich von hier angefangen gegen Asien hin eine riesige Ver- breitung besitzt, kennen zu lernen und womöglich auch zu erlegen. Es gelang dies vollkommen, denn schon in den Morgenstunden wurden ein alter Hahn und ein nahezu ausgewachsenes junges Huhn erbeutet und wir konnten hören, wie die alte Henne sehr laut ihre zersprengte Kette zusammenlockte. Gegen 10 Uhr langten wir an der Küste an und sowohl unser Gepäck unter Begleitung des auf einem Esel reitenden Alexandros, als auch die bestellte Segel- barke trafen fast gleichzeitig in dem Hafen bei Kap Muntsara mit uns zusammen. Da die beiden Schiffsleute den Wind zur Erreichung der nahen Inseln im Osten für un- günstig erklärten, begnügten wir uns für den Rest des Tages damit, das nahe gelegene Kap mit seinen Schwindel erregenden, im Abbröckeln begriffenen Steilabfällen ab- zusuchen, ohne hierbei etwas von Belang sammeln zu können. Das Übernachten erfolgte in dem Schmirgeldepot der Regierung. Vollkommene Windstille erschwerte am folgenden Morgen die Überfahrt, indem unausgesetzt gerudert werden mußte, und als wir endlich in dem schönen Hafen von Makaries gelandet hatten, empfanden wir so recht die lähmende Wirkung subtropi- scher Hitze. Makaries wird nur vorübergehend, wie gerade jetzt, zur Saat- und Ernte- zeit von einer einzigen Familie bewohnt. Wir überstiegen den Hauptrücken der Insel, um Brutplätze der Sturmvögel zu finden, was auch gelang, doch sahen wir bald, daß wegen der spaltenreichen Beschaffenheit des Gesteins an ein Erreichen der Brutstellen gar nicht zu denken war. Dagegen sammelte ich hier verschiedene roh bearbeitete Stücke von schwarzem Obsidian, die auf eine alte Besiedlung des Eilandes schließen lassen, und unweit des Strandes legten wir eine schöne, seit Tourneforts Zeiten halbverschollene Pflanze, die Achillea aegyptiaca L. ein. Nach einem erfrischenden Seebade und stärkendem Mahle bestiegen wir wieder unser Boot, aber kaum hatten wir den tief eingeschnittenen Hafen verlassen, begann die See unruhig zu werden, da sich ein heftiger Wind er- hoben hatte. Trotzdem hielten wir auf das rundliche Strongylo zu und erfuhren von den Schif- fern, daß die kleine, zwischen Makaries und Strongylo liegende Insel, nicht wie auf den Karten steht, Prasina, sondern Aspronisos genannt wird. Die Landung auf Stron- gylo war nicht minder schwierig als das Erklimmen dieser Klippe mit nur wenig Pflanzenwuchs. Zwei Paare Eleonorenfalken zeigten sich leider in sehr bedeutender Höhe. Santarius fand in einer Höhlung einen auf seinem Ei hockenden großen Sturmvogel, den wir lebend mitnahmen, und ein verlassenes Ei des kleinen Sturmvogels. Auch sammelten wir in Menge die hier gewiß nicht oft gefundene Clausilia altecostata Zel. sowie manche seltene Pflanze. Rasch sprangen wir dann ins Boot und steuerten unverweilt der Küste von Naxos zu; doch ging die See bereits so hoch, daß wir unbarmherzig hin- und hergeschleudert wurden und erst mit Einbruch der Nacht den nördlich vom Kap Muntsara gelegenen größeren Schmirgelhafen Leona erreichten. Hier fanden wir im Hause des Direktors Em. Gianopulo freundliche Aufnahme und hatten am folgenden Tage Gelegenheit, unter seiner Führung die unweit gelegenen Korundbruchstellen zu besichtigen. Diese, ganz gewöhnliche Tagbaue, sind bekannt- lich Staatsregal und der Abbau wird völlig unsystematisch und in geradezu bar- barisch roher Weise betrieben. Halsbrecherische Ziegenpfade führen von den Brüchen zum Stapelplatze an der Küste herab, auf welchen Akkordanten der Umgebung auf 28 Ornis balecanica. Eseln, Maultieren und Pferden das kostbare Rohmateriale nach der Küste schleppen. Die ganze Gegend trägt den Stempel der Ode und nicht eine einzige Kantine sorgt für die leiblichen Bedürfnisse der Leute. Leben kommt in diese verlassene Gegend erst, wenn irgend ein auswärtiger Dampfer seine Anker fallen läßt und mit Schmirgel beladen wird. Unsere Stimmung war nicht gerade die beste, als uns die Schiffsleute mitteilten, daß der Wind für die beabsichtigte Rückfahrt zur See andauernd ungünstig sei. Da demnach eine baldige Besserung kaum zu erwarten stand, zogen wir es schließlich vor, mit Alexan- dros auf senem Esel an der Spitze in achtstündigem Marsche, der uns nichts Neues bot, teilweise auf recht unwegsamen Gebirgspfaden über Keramoti nach Naxia zurückzupilgern. Unterwegs kauften wir einen jungen lebenden Steinmarder, der sich sofort außer- ordentlich zutraulich erwies und uns während der nächsten Wochen eben so viel Freude als Ärger bereitete. In Naxia war es das erste, daß er sofort den mit großer Mühe mit Fischstückchen am Leben erhaltenen jungen Sturmvogel von Evreokastron tötete. Den Abend verbrachten wir in der angenehmen Gesellschaft des liebenswürdigen Dr. Pagidas. Am 23. Juni brachten uns unsere Bootsleute an Bord der „Thetis“, wobei sie sich umständlich entschuldigten, daß es ihnen unmöglich gewesen sei, uns zu Ehren in Naxia für das Boot eine österr.-ungar. Flagge aufzutreiben. Unter herzlichen Abschiedsworten von Alexandros setzte sich dann der ansehn- liche Dampfer in Bewegung und brachte uns trotz des stürmischen Wetters sehr bald nach Syra zurück. Da der nächste Dampfer nach Milos erst zwei Tage später von Syra abfahren sollte, hatten wir daselbst reichlich Zeit, uns die imteressante Altstadt anzusehen und für die kommenden Tage Kräfte zu sammeln. Auch fand ich das rege Hafenleben sehr unterhaltend. Santarius besuchte mit dem jungen Leonis mittels Segelbarke die unweit des Hafens gelegene Leuchtturminsel Phanari und den von ihr abgetrennten Felsbrocken — den Namen Gaiduronisi der Karten kennt niemand. Er brachte nicht unwichtige Ausbeute an Kormoranen und Seeschwalben von dort mit. Unterdessen benützte ich die Muße, um, leider erfolglos, Nachforschungen darüber anzustellen, ob nicht etwa hier ein Exemplar von Dr. Erhards höchst selten gewordener Arbeit „Die Fauna der Kykladen* aufzutreiben wäre. Später war Dr. Krüper so gütig, mir sein eigenes Exemplar zum Geschenk zu machen. Am 25. Juni traten wir dann auf der kleinen und stark überfüllten „Kleopatra“ die Überfahrt nach Milos an. Das Wetter war äußerst stürmisch und nach und nach wurden, mit Ausnahme von uns, fast alle Mitreisenden von der Seekrankheit ergriffen. Die Aufnahme, die uns von Anfang an auf Milos, m der Hauptstadt Adämantos, von Seite der dortigen Bewohner zuteil wurde, war wieder die denkbar freundlichste. Mit den Vorbereitungen zur Weiterreise nach dem, wie wir schon hier erfuhren, nur von einem Hirten mit seinem Sohne bewohnten Erimomilos (auch Antimilos genannt), waren wir bald fertig. Die Hauptsache war ja wiederum die Sorge für Speise und Trank. Aber obwohl das ebenso steil wie Jura aus dem Meere emporsteigende Fels- eiland uns ganz nahe zu liegen schien, benötigten wir wegen des widrigen Windes zehn volle Stunden, bis wir unser Ziel erreicht hatten. Am Strande erwarteten uns schon die zwei einzigen Bewohner, da sie die Barke herankommen gesehen hatten. Wir hatten außer den Schiffsleuten auch noch einen griechischen Gendarmen und einen Metzger von Adamantos namens Bredologos mit- genommen. Dieser, ein Flüchtling aus Kreta, kannte nämlich die Einstände der Wild- III. Griechenland. 29 ziegen, auf die wir es diesmal wieder abgesehen hatten, am besten. Die ganze Gesellschaft beschäftigte sich zuerst mit dem Bau eines kleinen Molos, um einen Zugang von unserem Fahrzeuge zur einzigen halbwegs ebenen Landungsstelle der Insel herzustellen. Ich will nun die unsäglichen Strapazen und Entbehrungen der folgenden Tage nur kurz berühren. Die Insel ist zwar bedeutend kleiner, aber viel schwieriger zu begehen als Jura. Da sie aber bedeutend leichter erreichbar ist, dürfte das Schicksal der wenigen dort noch vorhandenen Wildziegen wohl bald besiegelt sein. Wir kamen täglich auf das scheue Wild, allerdings unter beständiger Lebensgefahr, in dem durchaus lockeren roten und violetten Gesteine deutlich vulkanischen Ursprungs zu verunglücken, zu Schuß. Dennoch gelang es mir nur einmal, einen dreijährigen Bock auf eine bedeu- tende Distanz zu strecken, und am letzten Tage erlegte der Hirte Vichos dazu noch eine alte Geiß, so daß wir am 1. Juli nach Milos zurückkehren konnten. Außer einigen verkrüppelten wilden Oliven gibt es auf der Insel weder Baum noch Strauch, aber eine Reihe nicht unwichtiger Pflanzen konnte ich doch sammeln. Die Vogelwelt ist zu dieser Jahreszeit arm an Arten: einige Paare Steinschmätzer und Blau- merlen, dann ein Paar Kolkraben und vor allem mehrere des rätselhaften Eleonoren- falken hausen hier und verschiedene Seevögel statteten ihr vorübergehenden Besuch ab. Das Interessanteste ist unstreitig der den Gipfel einnehmende Krater, dessen Öffnung noch vom Altertum her sehr schön und massiv mit ringförmig sich verjüngenden Quaderreihen eingesäumt ist und, tief mit Regenwasser gefüllt, das einzig trinkbare, ja sogar kühle Naß enthält. Zahlreiche bearbeitete Stücke Obsidian sammelte ich in der Nähe und überbrachte dieselben dem Museum in Sarajevo. Es war die höchste Zeit, die Rückkehr anzutreten, denn es drohten die Nah- rungsmittel auszugehen und einige Leute waren durch das brackige Trinkwasser, welches an der Landungsstelle zu finden war, erkrankt. So mußte denn auch von dieser Insel, auf der wir fast eine Woche gehaust hatten, Abschied genommen werden. Während der ganzen Zeit wölbte sich ein wolkenloser Himmel über ihr und die glühende Hitze wurde fast stets durch die kühle Seeluft erträglich gemacht. Hier lernte ich das Herrlichste an malerischen Farbenschattierungen kennen, wenn der Blick bei Sonnenuntergang von den wilden Felszacken von Erimomilos zurück nach den Kykladen streifte, oder gegen Süden und Westen nur durch zwei geheimnisvolle Ei- lande: Annanes und Gerakunia gebannt wurde. In Adamantos kamen wir von kleinen Sturzwellen vollständig durchnäßt an, denn der Nordwind hatte die See gewaltig aufgewühlt, aber die Fahrt hatte bloß drei Stunden gedauert und wir wurden von den Bekannten äußerst herzlich empfangen. Den 2. Juli benützten wir zur Erholung und kauften außerdem eine Menge Natu- ralien zusammen, welche hier von Privatpersonen gesammelt worden waren, vor allem Reptilien und recht interessante Petrefakten. Die Fahrt am folgenden Tage nach Syra war äußerst stürmisch. Die kleine „Kleopatra“ rollte und stampfte derart, daß wieder fast kein Mensch dem eklen Übel- befinden entging. Zwischen Seriphos und Syra ergötzte ich mich an einem nie gesehenen Schau- spiel: buchstäblich Tausende von großen und kleinen Sturmvögeln durchschnitten die hochaufschäumenden Wogen mit ihrem unvergleichlichen Fluge, dabei den Dampfer fortwährend umkreisend. In Syra gab es bloß ein paar Stunden Aufenthalt und nach einem unverschämt hoch angerechneten Abendessen verließen wir endlich die Kykladen und landeten zeitlich früh wieder im Piräus. 30 Ornis baleanica. Unter ebenso angenehmen wie nützlichen Geschäften vergingen der 5. und 6. Juli in Athen, zumeist im belehrenden Zusammensein mit Dr. Krüper. Bei Präparator Strimmeneas sen. suchte ich 36 in der Umgebung der Hauptstadt gesammelte Bälge aus, worunter sich so manche selten vorkommende Art befand, und die Abende ver- brachten wir in angenehmer Gesellschaft in dem seit 1337 bestehenden, von Bayern und Österreichern gegründeten Klub „Philadelphia“. Den 7. und 8. Juli benützte ich zu einem zusammen mit Dr. Krüper unternommenen Ausfluge per Bahn nach Tripolitza, wohin mich Professor Langhadis eingeladen hatte, seine Vogelsammlung zu besichtigen und womöglich anzukaufen. Die nach dem arkadischen Berglande ansteigende Bahn- trasse bot sehr viel des Interessanten und als wir uns der Hochebene von Tripolis näher- ten, war das Klima mit einem Schlage ein anderes, viel kühleres geworden, ja sogar die Spuren eines vor kurzem niedergegangenen Regens waren zu meinem Staunen sichtbar. Noch denselben Abend musterte ich die Balgvorräte bei Herrn Langhadis, welche derselbe teils in der dortigen Umgebung, teils bei Kalamata zusammengebracht hatte. Leider befanden sich dieselben in einem derart verwahrlosten Zustande, daß ich mich nur zu einer Auslese entschließen konnte, welche überdies später in Sarajevo einer sorgfältigen und mühevollen Umpräparierung unterzogen werden mußte. Sehr überraschte es uns, in einem Laden des Städtehens eine Anzahl Luchsfelle zu erblieken, von denen ich zwei auswählte und billig erstand. Nachfragen ergaben, daß der im Gebiete der Balkanhalbinsel nur sehr vereinzelt auftretende Luchs im Karste und in den Waldresten Arkadiens gar nicht selten sei und in manchen Jahren ziemlich viele Decken zu Markt gebracht werden. Unsere Rückreise gestaltete sich dadurch etwas unangenehm, daß sich bei uns beiden infolge eines Gläschens Rezinatweines bedeutendes Übelbefinden einstellte, das aber zum Glück bei der Ankunft in Athen bereits verschwunden war. In der Wohnung bei Frau Thamm angelangt, erfuhr ich zu meinem Verdruß, daß unser lebender Steinmarder, der uns durch sein Spielen und seine außerordentliche Zutraulichkeit stundenlang erfreute, in einem unbewachten Augenblicke acht fertige Bälge vernichtet habe. Die folgenden zwei Tage wurden durch unablässiges Verpacken der bisher ge- sammelten Naturalien und nicht mehr benötigten Reiserequisiten ausgefüllt. Sieben Kisten und eine Anzahl Verschläge mit den lebenden Tieren brachte ich am 11. Juli an Bord des Lloyddampfers „Aurora“. Es kam eine kleine Menagerie dort zusammen: der Steinmarder, zwei jung aufgezogene Silbermöwen von Skopelos, der Sturmvogel von Strongylo, ein von Dr. Krüper erstandener Bonelliadler und ein Bartgeier, beide vom Parnaß im selben Frühjahr den Horsten entnommen, und endlich zwei kleine Wildziegen, die wir von Jura mitgebracht hatten, und ein wilder, älterer Bock von Erimomilos. Alle diese Tiere waren für den Park des Bades Ilidäe bei Sarajevo be- stimmt, wo sie (mit Ausnahme des Sturmvogels) glücklich anlangten und größtenteils bis zum Jahre 1902 sich des besten Wohlseins erfreuten. Nochmals nach Athen zurückgekehrt, hieß es nun von all den lieben Bekannten und Freunden Abschied nehmen, denn abends sollten wir die griechische Hauptstadt endsiltig verlassen. Mit väterlicher Fürsorge erteilte mir Dr. Krüper noch verschiedene Ratschläge für die bevorstehende Gebirgstour und gab uns bis zum Piräus das Geleite. Die Tren- nung von dem liebenswürdigen Manne fiel uns allen schwer. Die beiden Leonis er- warteten uns schon an Bord des kleinen griechischen Dampfers „Margarita“, welcher III. Griechenland. al in der Dämmerung die Anker lichtete, gegen Mitternacht den kärglich mit Glühlampen beleuchteten Isthmusdurchstich durchfuhr und um 7 Uhr früh in die Bucht von Itea einlief. Nachdem wir unser Gepäck nach Amphissa (Salona) vorausgesendet hatten, be- traten wir den größten und schönsten Olivenwald, den ich jemals kennen lernte. Zahl- reiche Vögel tummelten sich in den Zweigen der uralten Stämme, vor allem die beiden Ölbaumspötter, die Baumnachtigall, die griechische Trauermeise, Rotkopfwürger, Grün- linge, Stieglitze und Kappenammern, alle schon im Vereine mit ihrer flüggen Brut. Beim Umherstreifen längs der Fahrstraße wurde ich seltsamerweise ohne Grund von einem der in langer Reihe einherschreitenden Kameele angefallen, welche hier den Frachtenverkehr zwischen Ite&a und Lamia vermitteln. Nur mit Mühe konnte der sofort herbeistürzende Aufseher das wütende Tier abwehren. Beim Anstieg gegen Chrysso, gerade zur Mittagszeit, erreichte die Hitze an diesem Tage eine Höhe, wie ich sie vorher im Lande noch nicht verspürt hatte; schweiß- gebadet und halb verschmachtet eilten wir in eine Schenke des Dorfes und leerten alles, was an Labemitteln nur aufzutreiben war, nicht zu vergessen des schwarzen Kaffees, der an Güte dem bosnischen durchaus nicht nachsteht. Ich stieg sodann noch bis Delphi aufwärts, bewunderte die großartigen, von der Französischen Schule in Athen durchgeführten Ausgrabungen daselbst, bei welchen nur die enorme, die ganze Umgebung verunstaltende Staubentwicklung zu dieser Jahreszeit zu bedauern ist, und gelangte endlich zur kastalischen Quelle. Das ausgedörrte, jedes frischen Grüns entbehrende Landschaftsbild der dortigen Gegend, die häßlichen, schmutzstarrenden Wäscherinnen, welche das gepriesene Wasser der Quelle benützten, sowie die drückende Schwüle waren wohl geeignet, jede Illusion zu zerstören, welche man sich von Kind- heit auf von dieser Örtlichkeit vorzuträumen pflegt, und ich erinnerte mich dabei leb- haft der Worte eines A. Brehm, bei seinem ersten Besuche Griechenlands, in den Reiseskizzen aus Nordostafrika: „Ich hatte mir im Geiste blühende, in ewiges Grün gekleidete Ebenen ausgemalt, mit freundlichen Olivenwäldern und Zypressenhainen, mit Dörfern von Gärten umfaßt, in denen die goldene Orange und saftige Feige den Frem- den entgegenschimmert; ich hatte schäumende Waldbäche, brausende Flüßchen und von romantischen Felsgebirgen umstandene Seen zu finden geglaubt — und sah kahle, nur mit Steinen bedeckte Berge, zwischen denen hindurch sich der in der Hitze des Südens ermattende Wanderer mühsam seinen Weg bahnt, öde, verbrannte Ebenen, welche das Auge ruhelos durchirrt, ohne belebenden Baumschlag, ohne stille Dörfchen, ohne gewerbetreibende Städtehen; ich wurde heute bitter getäuscht und fand statt lebensvoller Poesie allüberall nur trockene Prosa.“ Selbst die hier anwesenden Rauch- und Felsenschwalben, dann die Gebirgsbachstelzen, Felsenkleiber und Blaumerlen, konnten den üblen Eindruck nicht recht mildern und gar bald kehrte ich zu den Gefährten zurück. Sobald wir alle dann wieder den ausgedehnten Olivenwald betraten, lösten wir uns in eine lange Kette auf, um so die gesamten gefiederten Bewohner besser aus- kundschaften zu können. Es kamen uns aber nicht viele andere Arten zur Beobach- tung oder zu Schuß, nur in dem Augenblicke, als wir wieder die nach Amphissa füh- rende Fahrstraße erreicht hatten, war uns noch eine Überraschung beschieden. Es eilte nämlich ein ländlich gekleideter Mann mit den Zeichen höchster Aufregung uns entgegen, behauptete, als Wächter dieser Gegend keinen Schuß hier dulden zu dürfen, und forderte uns in barscher Weise auf, unsere Gewehre zu übergeben. Als wir ihm bedeuteten, er möge sich legitimieren, wurde er grob und drohte, uns zu fesseln. Dies . 32 Ornis balcanica. wäre nun freilich drei bewaffneten Leuten gegenüber nicht so leicht möglich gewesen und nötigte uns ein Lachen ab. Da aber auf seine Pfiffe von allen Seiten seine Kame- raden herbeikamen, wäre die Sache wahrscheinlich für uns recht unangenehm geworden, wenn nicht ganz zufällig ein Wagen voll Gendarmen aus Amphissa entgegengekommen wäre, die, des Lesens kundig, den Leuten den Inhalt unserer Papiere auseinandersetzten. Aber selbst nach unserer zwei Stunden später erfolgten Ankunft und Einquartie- rung in Amphissa gab es an diesem ereignisreichen Tage noch keine Ruhe. Bewaffnete Polizeiagenten in Zivilkleidung drangen, trotz der Abmahnungen des Wirtes, bis vor unsere Zimmertüren, da sie uns für Räuber oder Spione hielten. Später entlud sich ihr ganzer Unwille auf den Wirt, gegen den sie ihre Gewehre in Anschlag brachten und ernstlich bedrohten — kurz, es gab bis spät in die Nacht hinein großen Spektakel. Das Aufarbeiten der geschossenen Vögel sowie das Einlegen der gesammelten Pflanzen beschäftigte uns alle den ganzen nächsten Vormittag und erst nachmittags konnten wir mit zwei Maultieren für das Gepäck zu dem Gebirgsdorfe Segditsa, das um !/,7 Uhr abends erreicht wurde, aufsteigen. Bei der enormen Hitze gab es so gut wie nichts zu beobachten. In angenehmster Erinnerung an diesen Weg ist mir ein lang entbehrter Labetrunk köstlichen Quellwassers bei der Kapelle Hagios Nikolaos. Am 14. Juli wurde schon vor 5 Uhr aufgebrochen, um der gewaltigen Kiona näher an den Leib zu rücken, doch konnte dies der Tragtiere wegen nur auf bedeu- tendem Umwege durch die östlichen Vorberge geschehen. Hier beobachtete ich zu- nächst nach längerer Pause wieder einen unterseits sehr lichten Bonelliadler und später beim Betreten der Apollotannenbestände mehrte sich das Vogelleben ganz bedeutend: Kichelheher trieben hier ihr munteres Wesen, Meisen lockten im Tannengezweisg und mehrmals traten wir mitten im Walde das schöngefärbte Steinhuhn auf. Freilich sieht dort der Waldboden ganz anders aus als bei uns, indem sozusagen unmittelbar aus dem Karst, ohne jedes Unterholz die Tannen emporstreben und nur hie und da ein kleiner Ahorn (Acer heldreichi) oder ein baumartiger Wacholder von erstaunlicher Größe (Juniperus foetidissimus) das monotone Waldbild unterbricht. Betritt man dann die alpine baumlose Höhenzone, so erblickt man gewöhnlich weite Strecken wie beschneit mit einem kleinstrauchigen Seidelbast (Daphne oleoides), der dort unsere Legföhre zu vertreten scheint. Baumpieper, graue Steinschmätzer, Hausrotschwänze, Gartenammern und Hänf- linge sind in dieser Region die typischen Vertreter der Vogelwelt. Raubvögel sieht man wenige. Ab und zu erscheint ein Steimadler und manchmal zeigt sich auch der Baumfalk. Dort, wo man auf die ersten Schneeflecken stößt, bildet sich infolge des abrinnen- den Wassers einiges Grün, aber von eigentlichen alpinen Rasenmatten ist nirgends eine Spur vorhanden. Gegen Abend erreichten wir das höchstgelegene Hirtenlager und bekamen als Schlafstelle denselben Platz angewiesen, wo einige Jahre früher meine Landsleute und Freunde Dr. v. Halacsy und M. Heider nach ihren botanischen Exkursionen ge- ruht hatten. Die dortigen halbwilden Hirten bewillkommten uns äußerst freundlich und sorg- ten in jeder Hinsicht für unsere leiblichen Bedürfnisse. Der 15. Juli war zur Besteigung der Kiona, 2512 m, des höchsten Berges des Königreiches, bestimmt, welche von hier aus ohne jede Schwierigkeit durchzuführen ist. Anfangs begegneten wir wieder denselben Vogelarten wie am Vortage, als ob wir uns 1000 m tiefer befinden würden, später aber mahnten sieben Alpendohlen, III. Griechenland. 38 einige Ohrenlerchen und Alpenflüevögel, von welchen einer gerade von der gut erhaltenen Gipfelpyramide abflog, an die ansehnliche Höhenlage, in der wir uns befanden. Auch Weißkopfgeier und mehrmals sogar der Bartgeier sowohl in alten als in braunen, jugend- lichen Exemplaren zogen durch die reine Gebirgsluft dahin. Der Rundblick war durch Dunstmassen wohl einigermaßen, namentlich gegen Süden zu, beeinträchtigt, aber gleich- wohl war es ein großartiges Landschaftsbild, das sich zu unseren Füßen entfaltete. Auch die botanische Ausbeute war eine reiche. Die endemische Potentilla kionae Halacsy war besonders üppig entwickelt und bei der mühseligen Weiterkletterei auf dem zerrissenen Grate entnahm ich den Felsspalten das liebliche Omphalodes lueiliae sowie manch anderes, selten auffindbares Kräutlein. Statt die beschwerliche Grattour nochmal zurückzulegen, zogen Santarius und ich es vor, den Abstieg direkt durch die Wände zum Hirtenlager zu versuchen, was nach mehrmaligem Kreuz- und Quertraversieren auch gelang und eine immerhin be- merkenswerte touristische Leistung bildete, welche sogar unsere Hirten in Verwun- derung setzte. Derjenige von den letzteren, welcher in der Sennerei das Kommando führte, war auffallend zerstreut und einsilbig. Auf unser Befragen, was ihm fehle, teilte er mit, es bedrücke ihn sehr, daß sein Bruder, der wegen eines Raufhandels einst ins Gebirge geflohen, Klephte (Räuber) geworden und später gefangen genommen worden sei, dieser Tage für seine Missetaten im Staatsgefängnis zu Nauplia enthauptet werden sollte. Da am folgenden Morgen die Maultiere durchaus nicht zur Stelle zu bringen waren, sammelten wir in der Umgebung dieses Kara Wuni genannten Platzes. Die Hirten brachten die Kruken eines am Vortage von den bösartigen Schäferhunden zer- rissenen Gamskitzes und einmal sah ich selbst ein kleines Rudel des hier mit Recht doppelt vorsichtigen Wildes über ein Geröllfeld sprengen. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis die Gemse in Griechenland vollständig durch die Unvernunft der Bewohner ausgerottet sein wird. Der Parnaß, die Kiona und der Veluchi sollen die einzigen Gebirge sein, welche noch einige Reste dieser Wildart beherbergen. Nachmittag stiegen wir dann gegen Norden nach Dremisa zu Tal. Während in den Hochregionen noch das Schnalzen eines größeren Schwarmes Alpendohlen zu hören war, erfreute uns tiefer unten, bei den ersten Apollotannen, der Schlag des Buchfinken, das Schnarren der heimatlichen Misteldrossel und das flötende Steinrötel. Durch die Baumwipfel wirbelten bienenschwarmartig die Stadtschwalben mit ihrer flüggen Brut. Am 17. Juli legten wir in fünf Stunden die Strecke von Dremisa über Stromvi nach Ober-Musinitsa gemächlich zurück, eine Gegend, welche vor Jahren der bekannte Botaniker Th. v. Heldreich besungen und gepriesen hat. Sie verleugnet nirgends ihren Gebirgscharakter und an vielen Stellen ist es kaum möglich, sich zu vergegen- wärtigen, daß man sich in Hellas befindet. Als auffallendste Erscheinungen aus der Vogelwelt wären hier unser gewöhnlicher Dorndreher (Lanius collurio) und die Ringel- taube zu erwähnen. Als ein das Marschieren in diesem Landesteile sehr erschwerender Umstand mag der allgemein gebräuchliche Unfug bezeichnet werden, daß von Seiten der Bevölkerung während des Sommers jeder Weg, jeder Fußsteig zur Anlegung von Wasserzuleitungen zum Zwecke der Feldbewässerung benützt wird. In Ober-Musinitsa hatten wir Zeit, uns auszurasten, die Pflanzen umzulegen und einige Präparate fertigzustellen; der Wirt beanspruchte für eime bescheidene Mahl- zeit und die Übernachtung 33 Drachmen. Reiser, Ornis balcanica. III. 3 34 Ornis balcanieca. Der Aufstieg von hier auf den Korax (Vardusia) war am folgenden Tage ziemlich beschwerlich, aber bezüglich der Ausbeute recht lohnend. Santarius sammelte auf einem schattigen, schwer erreichbaren Felsenvorsprung unseren allbekannten Türken- bund (LZilium martagon) und um die Mittagszeit befanden wir uns schon hoch m der alpinen Region. Damals kamen genau dieselben Vogelarten zur Beobachtung wie auf der benachbarten Kiona, nur in dem obersten, noch tief mit Schnee ausgefüllten Schuttkar entdeckten wir einen neuen geflügelten Bürger der griechischen Fauna, nämlich den Schneefink (Montifringilla nivalis), von dem Santarius zwei Stück erbeutete, während ich eme Ohrenlerche schoß. Unmittelbar darauf betrat ich den kahlen Gipfel des mächtigen Gebirgszuges, der indessen keine sonderlich schöne Aus- sicht bot. Es war schon ziemlich spät am Nachmittag, als wir den Abstieg gegen Westen nach Granitsa, emem echten Gebirgsdorfe durchführten, wo uns unsere Tragtiere mit dem Gepäck bereits erwarteten. An dieser Stelle darf nicht unerwähnt bleiben, daß diese ganze Landschaft bis in die jüngste Zeit wegen des häuberunwesens in schlimmem Rufe stand. Ich kann nur versichern, daß ich nirgends und niemals diesbezüglich eine böse Erfahrung machte, und ich weiß auch nicht, ob es wirklich Tatsache ist, was mir in späteren Jahren Leonis öfters erzählt hat. Seiner Mitteilung zufolge hätte nämlich an diesem Tage eine kleine Bande die Absicht gehabt, uns zu umzingeln und aufzuheben; durch die auf Umwegen nach Granitsa vorausgesendeten Tragtiere seien die Spießgesellen aber irregeführt worden und hätten uns vergeblich in dem nach Nordwesten streichenden Teile der Vardusia aufgelauert. In Granitsa arbeiteten wir alle bis spät in die Nacht hinein, da am folgenden Tage unbedingt die Küste erreicht werden mußte, um daselbst den Dampfer nicht zu versäumen. Zuletzt schrieb ich noch einen ausführlichen Brief an Dr. Krüper, der aber leider sein Ziel nicht erreichte, obwohl ich ihn persönlich samt Porto und Trink- geld dem Postboten übergeben hatte. Zunächst führte der steinige Pfad in das enge Felstal des Mornos, den man hier auf einer kühnen Steinbrücke, genau von der Form der sogenannten Römerbrücken in der Hercegovina, übersetzt. Wenige Minuten nach 12 Uhr mittags hatte ich das Glück, ein mit dem grellen Sonnenlichte an Lichtglanz wetteiferndes Meteor fallen zu sehen (19. Juli). Der weiß- glühende Streifen nahm gegen den Horizont an Mächtigkeit deutlich zu. Angeblich soll dieser Himmelskörper in der Nähe der Insel Tinos ins Meer gefallen sein. Große Dürre und armselige Vegetation zeichnet diesen Küstenstreifen aus, als dessen häufigste Bewohner die blaugrauköpfige Ammer und der Felsenkleiber bezeich- net werden können. Nach neunstündigem Marsche war der Hafen (nicht die auf einer An- höhe landeinwärts liegende Ortschaft) Vitrinitsa erreicht und wir alle trotz der bedeu- tenden Hitze munter und guter Dinge. In Vitrinitsa verbrachten wir dann den ganzen nächsten Tag unter großer Lang- weile, da der Dampfer statt vormittags erst um !/,12 Uhr nachts einlangte. Knapp vor der Abreise fügte ich unseren Sammlungen noch einen ethnographischen Gegen- stand hinzu, nämlich das sichtbarste Zeichen der Gewalt eines griechischen Polizei- soldaten — die Lederpeitsche, von der er sich nach einigem Widerstreben in Anbetracht des angebotenen Obolus doch trennte. | Auf dem Dampfer machte ich trotz der vorgerückten Stunde die Bekanntschaft des Archäologen Dr. Maximilian Meyer. Um 4 Uhr früh legten wir in Patras an. III. Griechenland. 39 Hier war der Aufenthalt nur kurz. Nach Verabschiedung der beiden Leonis nahm die griechische „Athena“ uns am Abend auf und am 22. Juli vor 10 Uhr vor- mittags befanden wir uns wieder in den zwar kleinen, aber angenehmen Räumen der Pension Julie in Korfu. Tags darauf traf pünktlich, wie verabredet, mit der „Maria Theresia“ mein lieber, alter Freund Finanzrat Pogorele aus Sarajevo ein, um mit mir gemeinsam noch einige Tage auf griechischem Boden zu verbringen. Nach kleinen Spaziergängen in der näheren Umgebung der Stadt fuhren wir am 24. Juli nachmittags nach Gasturi, um wenigstens von außen das damals für jeder- mann noch vollständig unzugängliche „Achilleion* zu betrachten, allein die griechische Militärwache duldete nicht einmal die Annäherung an die Umfassung des unbewohnten kaiserlichen Schlosses. Bei der Weiterfahrt von Gasturi nach Hag. Deka machten wir ganz zufällig die Bekanntschaft mit einem eben so eleganten als virtuosen Rad- fahrer, der, als er unsere Absicht erfuhr, in Deka zu übernachten und am anderen Morgen vor Tagesanbruch gegen Süden weiterzufahren, uns ohne viel Bedenken einlud, in seiner idyllisch schön gelegenen Villa daselbst abzusteigen und seine Gäste zu sein. So verbrachten wir dann im Hause und in der Gesellschaft des liebenswürdigsten Korfioten, den wir je kennen lernten, des Herrn Pierry jun., einen höchst angenehmen Abend. Schon um 2 Uhr früh fuhren wir weiter und erreichten mit Tagesanbruch das Südende der Lagune von Korissia. Auch zu dieser Jahreszeit war das Vogelleben in den stark betauten Büschen ein sehr reges, zumal sich schon überall die flügge Brut der Grasmücken, Ammern und Würger herumtrieb. Aber auch an Möwen, See- schwalben und Strandläufern mangelte es nicht, so daß wir genug Interessantes zu sammeln hatten. Nur von dem lieblichen Gesang der meisten Vögel, die uns hier im April erfreut hatten, war jetzt nichts mehr zu hören. Nach bloß dreistündiger Fahrt kamen wir um 7 Uhr abends in der Hauptstadt an. An diese Exkursion schloß sich dann am 26. Juli eine eingehende Besichtigung des königlichen Parkes und Pflanzgartens, wo uns ein 34 Jahre dort angestellter Gärtner aus Krain alles erklärte und uns sogar noch von dem Besuche des Botanikers Spreitzenhofer und den Fundorten des seltenen Ranuneulus spreitzenhoferi zu er- zählen wußte. Jedenfalls enthält der prächtige Garten sehr beachtenswertes Pflanzen- materiale. Damit waren aber auch die schönen Tage in Hellas für dieses Jahr vorbei und es sollte geraume Zeit vergehen, bis ich wieder nach den Gefilden des Südens auf- brechen konnte, um die so erfolgreich begonnene Neuerforschung der seit langem ver- nachlässigten Kunde der Tierwelt dieses Teiles von Europa nach besten Kräften fort- zusetzen. Der tatsächliche Abschluß der ganzen Reise erfolgte am 30. Juli in Triest, wo wir nach denkbar angenehmster Fahrt auf der „Vesta* wohlbehalten ans Land stiegen. Zweite Reise 1897. Als nach einer Pause von zwei Jahren die Verhältnisse es gestatteten, die orni- thologischen Forschungen in Griechenland fortzusetzen, schien es mir von größter Wichtigkeit, mit Rücksicht auf die Vergrößerung der Sammlung zunächst das Augen- merk auf die in der Lagune im Westen des Landes sich alljährlich ansammelnden 3*+ 36 Ornis balcaniea. Wintergäste zu richten und dann einige Teile des Peloponnes zu bereisen, um auch in diesem Gebiete eine Übersicht über die Verbreitung der charakteristischesten Arten zu gewinnen. Die Reisegesellschaft setzte sich diesmal, außer mir, aus dem Kollektor Ludwig von Führer und dem altbewährten Johann Santarius zusammen, während uns Leonis in Patras erwarten sollte. Mit Munition und allem Nötigen reichlich versehen, verließen wir Triest am 14. Januar an Bord des „Helios“. Nach ziemlich angenehmer Fahrt, mit Ausnahme der Strecke von Brindisi bis Sta. Quaranta, wurde Korfu am 16. nachmittags erreicht und hier die Weiterfahrt für eine Woche unterbrochen. In der „Pension Julie“ fanden wir zu unserer großen Befriedigung alles beim Alten und bald gesellte sich uns dort ein Herr zu, welcher für das Museum schon so manche Seltenheit gesammelt hatte und dessen Ratschläge uns hier doppelt willkommen waren, da er das Terrain der ganzen Insel seit längerer Zeit genau kannte: es war der Hauptmann i. P. J. Polatzek. Ganze Körbe mit Waldschnepfen, Enten und Singdrosseln, zum größten Teile vom gegenüberliegenden Albanien stammend, verrieten, daß hier der Jagdbetrieb in vollem Gange war. Ein kleiner Ausflug nach der vor dem Hafen gelegenen Insel Vido gleich am Tage nach unserer Ankunft vermittelte uns die Kenntnis der häufigsten daselbst wei- lenden Wintergäste: Buchfinken, Grauammern, Amseln, Rotkehlchen, Wiesenpieper, ja auch Wachteln. Wir bedauerten sehr, während unseres ganzen Aufenthaltes Zeugen der unablässigen Verfolgung unserer Singdrossel sein zu müssen. Täglich kamen schwere Bündel auf den Markt! Misteldrosseln waren nie dabei, wohl aber hie und da eine Wein- drossel. Bei heftigem Platzregen, wie er hier zu dieser Jahreszeit so häuftig auftritt, verließen wir alle am 18. Januar die Stadt in der Richtung gegen Norden, um in der Umgebung der Bucht von Potamo und Govino zu beobachten und zu sammeln. Sowohl am Meeresstrande wie in den landeinwärts gelegenen Olivenwäldern herrschte reges Vogelleben, ohne daß gerade irgend eine große Seltenheit unser Interesse hätte besonders erregen können. Nur einen in der Bucht fischenden Flußadler verfolgten wir mit verlangenden Blicken. Im niederen Gesträuch wimmelte es von überwinternden Klein- vögeln, namentlich von Laubsängern, Braunellen, Zaunkönigen, Schwarzplättchen u. a. m. Auffallend erschienen mir einige Ringeltauben und ein Schwarm deutlich erkannter Felsenschwalben. Wohin wir aber auch unsere Schritte lenkten, überall vernahm man die Schießerei der auf Schnepfen und Singdrosseln ausgerückten Jäger, und in Govino erzählte man mir, daß es die Bewohner für eine Ehrensache betrachten, daß keine einzige Wald- schnepfe, die auf Korfu einfällt, die Insel wieder verlasse. Am 19. Januar unternahm ich bloß eine kleine Bootfahrt im Hafen von Manduchio, die wenig mehr lieferte als vier Lachmöwen. Die schönen Schwarzkopfmöwen hielten sich stets weit draußen auf offener See auf. Bei dieser Fahrt ruderten wir auch an den eleganten Yachten der Engländer vorbei, welche hier alljährlich zu jagen pflegen. Bündel von Waldschnepfen aus der Gegend von Butrinto (am Festlande) hingen gleiß- nerisch an Deck. Zwei größere Ausflüge folgten dann zu Wagen am 20. Januar zum dritten Be- suche der Lagune von Korissia und am 22. nach dem Norden der Insel gegen Kap Katharina. Hier wie dort stießen wir überall auf ganze Trupps von Jägern und bis spät abends war des Knallens kein Ende. III. Griechenland. 37 Trotz häufiger Regengüsse war die Luft so warm wie in emem Gewächshause und beim scharfen Marschieren benötigten wir unsere wärmeren Kleider niemals. Die Düne erwies sich leider damals als ebenso vogelleer wie die Lagune selbst, nur in bedeutender Entfernung von uns wiegten sich hunderte Pfeifenten auf den Wellen. Riesige Flüge von Lerchen (alle drei bekannten Arten) und Finken trieben sich in den Weingärten umher und aus den Sumpfstellen scheuchten wir Bekassinen und Haar- schnepfen auf. Viel anstrengender war die Partie über das Gebirge westlich vom San Salvator (Pantokrator) nach dem hochgelegenen, unansehnlichen Dörfchen Episkepsis und von hier wegen Zeitmangels im Laufschritte nach der nördlichen Küste der Insel. Hier vermeinte man gar nicht mehr auf Korfu zu weilen, denn die ganze Landschaft erin- nerte durch ihre kahlen, karstigen Hänge mit den Eichenjungbeständen weit mehr an viele Teile der Hercegovina als an eine griechische Gegend. Längs des Küstensaumes zog ein großer Schwarm Dohlen und Saatkrähen dahin, Bussarde und Kornweihen zeigten sich ein paarmal, aber zu sammeln gab es nur wenig. Unter Blitz und Donner stiegen wir wieder gegen Episkepsis hinan und ge- langten erst um Mitternacht nach der Stadt zurück. Infolge des Unwetters traf der Lloyddampfer am 23. Januar in Korfu gar nicht ein und wir wurden infolgedessen mit sämtlichen Vorbereitungen zur Weiterreise leicht fertig. Erst am 24. vormittags verließen wir auf dem uns von 1594 wohlbekannten „Urano“ den Hafen der Hauptstadt, aber nach kurzer Fahrt zwang ein gewaltiger Scirocco das Schiff in der Bucht von Levkimo (im Süden der Insel) Anker zu werfen. Hier sowohl als bei der Weiterfahrt am folgenden Morgen wurde der „Urano“ fortwährend von einer Schar südlicher Silbermöwen und einigen Schwarzkopfmöwen umschwärmt, zu welchen sich für eine halbe Stunde auch eine deutlich erkannte Drei- zehenmöwe gesellte. Die See ging noch immer sehr hoch und es gab wenige Reisende in froher Stimmung an Bord, obwohl diese sonst so idyllischen Gewässer gerade jetzt einen über- wältigenden Anblick boten. Bei der Einfahrt in den Hafen von Patras erschienen sogleich eine Menge Lach- und auch emige Zwergmöwen beim Dampfer. Leonis erwartete uns natürlich schon geraume Zeit und der treffliche Inhaber des Hötel „Patras“ hieß uns freundlich willkommen. Die notwendigen Anmeldungen und Vor- stellungen beim Konsulat und bei der Stadtpräfektur, dann das so wichtige Einwechseln des unbedingt nötigen Kleingeldes nahm einen so glatten Verlauf, daß wir schon am Nach- mittage desselben Tages nach Kryoneri überfahren und von dort mit der Bahn unser Standquartier für längere Zeit, Missolonghi, erreichen konnten. Gleichsam als Vorzeichen betrachtete ich es, daß in Kryoneri in der Dämme- rung ein mächtiger Uhu aus den Wänden des Varassovo über unsere Häupter der Phidarisebene zustrich, während zwei Jäger mit einem Bündel Ringeltauben und sechs Reiherenten uns entgegenkamen. Die erste Nacht schliefen wir in dem einzigen Absteigequartier des Städtchens (im Apothekerhötel), aber des Morgens war das erste Geschäft die Wahl einer passen- den Behausung. Der behäbige Polizeimajor war uns bei der Suche sehr behilflich und dank seiner Verbindungen hatten wir das Glück, in kurzer Zeit eine für unsere Zwecke wie geschaffene, allerdings möbellose Behausung für 40 Drachmen monatlich gemietet zu haben. Sie lag am Westrande von Missolonghi mit freier Aussicht auf die Lagunen, so daß später wiederholt einzelne Seevögel vom Balkon aus geschossen 38 Ornis balcaniea. wurden. Wir richteten uns also in dem aus drei Zimmern und einem Vorzimmer samt einer Küche bestehenden ersten Stock des Gebäudes so gut es ging häuslich ein, mieteten Bettstellen, Tische und Stühle, zimmerten Stellagen, sorgten für Milch zum Frühstück — kurz jeder von uns war bis spät am Abend beschäftigt, unser neues Heim so wohn- lich als nur möglich zu gestalten. Vom 28. Januar angefangen begann für uns das fröhlichste Jägerleben, das man sich nur vorstellen kann. Buchstäblich von der Hausflur an eröffneten wir oft die Jagd auf das in zahlloser Menge versammelte Wassergeflügel. So ungesund auch die Lage von Missolonghi ist, so widerlich der Anblick der von Sumpf und Schlamm umgebenen Häuser gewiß den meisten Fremden auch sein mag — für den Weidmann und sam- melnden Ormnithologen gibt es nicht leicht ein vorzüglicheres Plätzchen zur Ausübung der Jagd auf Wasserwild. Nach und nach lernten wir fast alle Lagunenteile der näheren und weiteren Um- sebung durch fortgesetzte Kahnfahrten kennen. Wie erstaunte ich über den Mangel jeglicher Ruder in dieser Gegend. Da die Lagunen auf viele Kilometer Entfernung nirgends über 2m tief, meistens aber noch viel seichter sind, werden alle Boote aus- schließlich mit Stoßstangen vorwärtsgetrieben. Diese langen Stangen laufen am Ende in drei Spitzen aus, damit sie besser im Boden haften bleiben, und die dortigen Bewoh- ner, fast ohne Ausnahme Fischer, besitzen in der Handhabung derselben eine bewun- derungswürdige Geschicklichkeit. Natürlich wird außerdem jede Luftströmung durch Hissen äußerst primitiver Segel ausgenützt. Gleich bei unserer ersten Kahnfahrt in der Richtung gegen Aetolikon lernten wir den Reichtum an gefiederten Wintergästen kennen. In erster Linie sind es immer die Fisch- fresser, welche die riesige Masse der in den Lagunen vorhandenen Fische veranlaßt, hier die harte Jahreszeit zuzubringen. Obenan steht in dieser Beziehung der kraus- köpfige Pelikan, von dem wir wußten, daß er bis zum heutigen Tage in der dortigen Gegend nistet, und von dem wir gleich in den ersten Stunden unserer Anwesenheit sieben Stück über den Häusern der Stadt kreisen sahen. Ihm zunächst an Fischverbrauch stehen dann die Scharben, von welchen aber eigen- tümlicherweise hier bloß die gewöhnliche, große zu sehen war. Dagegen gab es umso- mehr Mittelsäger, die unablässig nach Nahrung in die geringe Tiefe tauchten. Die herrlichste Zierde bildet aber unstreitig die unglaubliche Anzahl von Möwen und See- schwalben der verschiedensten Arten mit ihren charakteristischesten Vertretern: der Rosenbauchmöwe und der kaspischen Seeschwalbe. Schließlich wären noch zwei Ichthyo- phagen zu erwähnen, die hier ebenfalls nicht feblten, nämlich Eisvogel und Fischadler. Diejenigen Punkte, welche zur Beobachtung und zum Erbeuten dieser Herrlich- keiten sich am meisten dienlich zeigten, waren die Gegend des Salzmagazines nördlich und die Badehütten östlich der Stadt Missolonghi. Aber auch zu Fuß wurden fleißig Ausflüge unternommen. So in der Richtung gegen Aetolikon, in die dortigen und dazwischen liegenden Olivenwälder und Gärten, dann namentlich gegen die Mündung und den Unterlauf des Phidarisflusses über Känu- rion hinaus. Während in den Olivenwäldern alles von überwinternden Gästen, zum Teile weit von Norden eingetroffen, wimmelte, indem Buchfinken, Grünlinge, Stieglitze, Baum- und Haubenlerchen, Laubvögel, Meisen und Singdrosseln ihr munteres Wesen trieben, war im diehten Röhricht zu dieser Zeit alles still und nur hie und da der gedämpfte Schlag des Cettis Sängers zu hören. Ein ganz anderes Bild bot wieder das Vogelleben am Strande. Abgesehen davon; daß die oben erwähnten Wasser- und Schwimmvögel dem Wellensaume entlang zogen, gab III. Griechenland. 39 es am Ufergelände stets und reichliche Ziele für unsere Flinten. Da wiegten sich Weihen verschiedener Arten, am häufigsten stets die Rohrweihe in der Luft, um nach- zusehen, ob sich nicht ein leckeres Mahl finden ließe, da scheuchte der Tritt überall kleine und mittlere (gewöhnliche) Bekassinen auf, während die großen Brachschnepfen schon von weitem ihr Heil m der Flucht suchten. Große Schwärme von Alpenstrand- läufern wechselten mit kleinen Flügen von Stemwälzern, Goldregenpfeifer mit See- und Sandresenpfeifern ab; der vorsichtigste aus dieser Gruppe blieb aber stets der Kiebitz- regenpfeifer. Nicht immer entsprach die Witterung der südlichen Lage. Oft gab es rauhe Bora mit Regen, und dann zeigten sich die Höhen ringsum regelmäßig mit Neu- schnee bedeckt. Zu soleher Zeit kommt dann die überwinternde Waldschnepfe zur Freude der zahlreichen Jagdfreunde in die Ebene herab. Will man aber ihr ständiges Winterquartier kennen lernen, dann muß man ziemlich hoch den Arakynthos (Zygos) hinansteigen. Man gelangt nach Überschreiten der baumlosen, nur mit Phlomis be- wachsenen Hänge zunächst m Täler, die mit üppiger, immergrüner Strauchvegetation ausgefüllt sind, und endlich in schüttere, aber ziemlich ausgedehnte Eichen- und Kasta nienwälder, woselbst unsere Waldschnepfe ein beschauliches, ungestörtes Dasein während der rauhen Jahreszeit führt. Außer ihr begegnet man hier dem Baumkleiber, dem griechischen Mittelbuntspecht, verschiedenen Meisenarten und an felsigen Stellen der Zippammer. Nur die äußerst bösartigen Hirtenhunde werden in dieser Gegend, die in mancher Hinsicht an die mitteleuropäische Heimat erinnert, nicht nur lästig, sondern auch geradezu gefährlich. Einen zweitägigen Ausflug unternahmen wir am 3. Februar mit der Bahn nach Kryoneri und von da auf den Varassovo. Den ersten Tag verbrachte ich mit Leonis in der uns von 1894 her bekannten Schlucht, beobachtete hier die Paarung des Bonelli- adlers und sammelte eine Reihe bereits zu so früher Zeit in Blüte stehender Phanero- gamen. Leider hatte ich mit dem Bonelliadler ausgesprochenes Pech und konnte kei- nen dieser herrlichen Raubvögel erlangen. Santarius und Führer waren inzwischen zur Auskundschaftung auf den Varassovo gestiegen, hatten aber den Weg verfehlt und gelangten nach mehrstündiger, lebensgefährlicher Kletterei erst bei vorgeschrittener Däm- merung nach Kryoneri zurück. Den zweiten Tag ließen wir uns im Kahn bis zur großen, südwärts gelegenen Hauptschlucht rudern und erstiegen in derselben in 2!/, Stun- den den Gipfel des merkwürdigen Berges. Eine Menge Aasgeier, zwei alte Bartgeier, ein paar Steinadler, dann mehrere Kolkraben waren die auffallendsten Bewohner des tiefen Felsrisses. Führer erlegte eine Alpenbraunelle und einen Alpenmauerläufer, doch war leider nur der letztere Vogel mit vieler Mühe erreichbar. Einigemale wurden Steinhühner aufgetreten und Blaumeisen, Rotkehlehen und Wald- laubvögel waren die Vertreter der Kleinvogelwelt. Eine kleine, verfallene Kapelle findet sich ganz oben am Ausgange der Schlucht. Abends nach Missolonghi zurückgekehrt, fanden wir alle Verkaufsläden voll mit verschiedenen Enten, da des schönen Wetters wegen in diesen Tagen reiche Beute gemacht worden war. Auch zwei Ruderenten (Erismatura leucocephala) gab es dabei. Leider war bei der einen nach griechischem Brauche die Brust zur Hälfte kahl gerupft, um den Appetit der Kauflustigen mehr zu reizen. Die Menge der in der Umgebung von uns geschossenen Wasservögel war oft so groß, daß wir alle zugreifen mußten, um die Konservierung zu bewältigen. Bald hatten wir einen ebenso liebenswürdigen als gelehrigen Schüler in dem in Missolonghi ansäs- sigen Lehrer Diamantis Soustas gefunden. Derselbe stand uns während unseres 3 40 Omis balcanicea. ganzen Aufenthaltes mit Rat und Tat zur Seite und auch in späteren Jahren sandte er den Bal& manch seltener Art, nach allen Regeln präpariert und etikettiert, an unser Insti- tut nach Sarajevo. Sehr oft kam es vor, daß wir nicht das einzige im Städtchen vor- handene Speisebaus aufsuchten, sondern uns selbst das einfache, aus Fischen und den von uns enthäuteten Körpern der Enten und anderer Vögel bestehende Mahl bereiteten. Fabelhaft billig war dazu der starke Rezinatwein dieser Gegend und alle hatten sich mit der Zeit an den 'Terpentinbeisatz gewöhnt. Eine zweite größere Exkursion unternahmen wir im Boot nach den westlich gele- genen Lagunen und Dünen bis Tholi in der Nähe vom Kap Skropha, als am 9. Februar der Himmel nach längerem Unwetter sich geklärt und die Bora nachgelassen hatte. Als Führer hatte sich uns ein äußerst intelligenter junger Mann namens Petros, der Bruder des Apothekers, angeschlossen, und in zwei Booten verteilt, durchschnitten wir rasch, von kräftigen Armen „gestoßen“, den Golf von Prokopanisto. Buchstäblich tau- sende von Enten und Sägern scheuchten wir hier auf, von welchen immer die Pfeif- enten die Hauptmasse bildeten, während die markanteste Erscheinung zweifellos die Brandenten waren. Auch große, schwarzhalsige und kleine Lappentaucher fanden sich hier und zwischen dem frisch hervorsprießenden Grase auf den sonst nur von Salz- kräutern bewachsenen flachen Laguneninseln trieben sich Cistensänger und Wiesen- pieper umher. Gegen Abend lagen wir alle hinter großen Haufen von Salzkräutern und Rohr- stengeln auf Ansitz und es wurde so manches dabei erbeutet, leider aber kein einziger von den zu dieser Jahreszeit prachtvoll gefärbten großen Kormoranen, welche in langen Ketten zu dreißig und mehr gegen Westen zogen. Von Wasserläufern ließ sich bloß der Rotschenkel und der helle (Glutt) sehen; aber eine Schar von etwa vierzig über- winternden Löffelreihern setzte uns in Erstaunen, weil wir bisher bloß den grauen und den großen Silberreiher hier kennen gelernt hatten. Nachdem zum Schlusse noch vier Schlageisen für umherstreifende Schakale (leider erfolglos) aufgestellt worden waren, versammelten wir uns in der Rohrhütte bei den sehr gastfreundlichen armen Hirten, wo wir in der Nacht trotz unserer warmen Klei- dung tüchtig froren. Außerdem blitzte und donnerte es heftig. Ein prächtiger Morgen ließ uns bald alle Unbill vergessen und beim emsigen Durchstreifen der nahen, dicht- bewachsenen Düne erwärmten wir uns bald. Amseln, schwarzköpfige Sänger und Schwarzplättchen, dann Waldschnepfen und Bekassinen stellten wir hier fest. Auf der nun folgenden Kahnfahrt gelangten wir in eine gegen den Acheloos sich hinziehende seichte Seitenbucht, von welcher sich fünf Pelikane erhoben, deren Kehl- säcke zum Zeichen der beginnenden Paarungszeit bereits blutrot leuchteten. Außerdem war dies der Lieblingsplatz einer beträchtlichen Anzahl überwinternder Avosettsäbler. Die reizenden Vögel mit ihrem eigentümlich weichen Fluge zogen in größeren und klei- neren Scharen bald da-, bald dorthin, waren aber nirgends zu überlisten. Die Zeit drängte zur Rückfahrt nach Missolonghi, welche ein eisiger Nordwind recht unangenehm gestaltete. Am meisten beschäftigten uns dabei die kaspischen Seeschwalben, welche genau so wie die Fluß- und Zwergseeschwalbe eifrig fischend sich mit solcher Gewalt in die Lagune stürzten, daß das Wasser meterhoch aufspritzte. Halb erstarrt betraten wir spät abends unser Standquartier. Vom 12. bis 17. Fe- bruar bezog je einer von uns, durchs Los bestimmt, eine nur mit dem Kahne erreich- bare Luderhütte auf einer Schutthalde des Varassovo, vor welcher wir ein großes Stück eines im Sumpf erstickten Ochsen ausgelegt hatten. Merkwürdigerweise zogen sämt- Ill. Griechenland. 41 liche große Raubvögel an dem leckeren Mahle teilnahmslos vorbei, nur die sonst so vor- sichtigen Kolkraben taten sich täglich daran gütlich. Gleichzeitig wurden natürlich die kleineren Ausflüge in die Umgebung tagtäglich auf das eifrigste fortgesetzt. Da wir einsahen, daß die Luderhütte keinen Erfolg verhieß, beschlossen wir ein gemeinsames Vorgehen in der Felsschlucht nahe von Kryo- neri, um wenigstens ein paar Weißkopfgeier zu erhalten. Während Führer und Santarius auf den die Horstplätze überragenden Felsen mit ihren Kugelgewehren Fuß faßten, stieg ich die Sohle der Schlucht empor, um die Geier von unten begrüßen zu können. Um 10 Uhr wurde das Feuer eröffnet und dauerte über eine Stunde, bis wir zwei der gewaltigen Vögel zur Strecke gebracht hatten. Das richtige Abschätzen der Entfernung wurde durch die riesigen Wände und Felsmassen sowie die dazwischen liegenden Schluchten sehr erschwert, weshalb eine Menge Fehlschüsse unvermeidlich war. Auf kurze Zeit war auch Stavros Strimmeneas, der Sohn des Präparators des Athener Museums, zu Besuch hergekommen, um womöglich einen der beiden Bonelli- adler abzuschießen. Das gelang ihm aber ebensowenig wie uns. Dagegen erbeutete er unmittelbar bei Kryoneri mehrere Accentor collaris und das Männchen eines überwin- ternden Schlangenadlerpaares. In diesen Tagen zog sich wie dunkles Gewölk am Horizont jenes politische Ge- witter zusammen, welches wenige Wochen später in Gestalt des griechisch- türkischen Feldzuges zur Entladung kommen sollte. War schon seit einiger Zeit eine gewisse Erregung unter der Bevölkerung zu bemerken gewesen, so steigerte sich dieselbe jetzt immer mehr und mehr. Die Zeitungen wurden mit einer wahren Gier verschlungen; türkenfeindliche Umzüge mit Trommeln und Pfeifen in Missolonghi und Patras störten oft die nächtliche Ruhe und zahlreiche Militärzüge brachten Truppen, namentlich Euzonen, albanesische Jäger, nach Agrinion, von wo der Weitermarsch nach Arta erfolgte. Auch unser wackerer Petros hatte sich verabschiedet und war eingerückt. Wie wir später erfuhren, erlag er wie so viele den ausgestandenen Kriegsstrapazen. Die gesamte Bevölkerung schien durch die Aussicht auf einen bevorstehenden Feldzug mit den verhaßten Osmanen in eine Art Freudentaumel versetzt worden zu sein und auch uns forderte man auf der Straße wiederholt auf, die Jagd jetzt lieber einzustellen und mit als Freiwillige ins Feld zu ziehen. Sie sagten, wir hätten für unser Museum schon genug Vogelbälge gesammelt und sollten lieber dazu noch einige Bälge von gefal- lenen Feinden beifügen. Den größten Jubel rief aber das Eingreifen der griechischen Flotte unter Prinz Georg in die Ereignisse auf Kreta hervor. Musik zog durch die Straßen, überall hörte man das „Zuros“- (spr. Sito —= Hoch-) Rufen, Prozessionen bewegten sich über die größeren Plätze, welchen man mit Fahnen und brennenden Kerzen folgte — kurz die Begeisterung kannte keine Grenzen. Wir aber bereiteten eine mehrtägige Segelbootfahrt längs der Küste bis Petalä vor. Ein größeres „Kaik“, von zwei erfahrenen Seeleuten geleitet, brachte uns am 22. Fe- bruar außerhalb der Lagunen von Furlida bis zur westlichen Küste unweit des felsigen Oxiä, wobei bloß uns längstbekannte Vogelarten zur Beobachtung kamen. Es wurde an einer kleinen, felsigen Insel angelegt und im Boot übernachtet. Einzeln und in Linien bis zu fünfzehn vorbeiziehende große Kormorane waren die Vogelgestalten, welche sich beim nächsten Morgengrauen zeigten. Zunächst ruderten wir alle vier nach dem nahen Oxiä in einer kleinen mitgeführten Barke. Es dauerte eme Weile, bis wir einiger armseliger Hirtenhütten ansichtig wurden, deren Bewohner sämtlich von 42 Ornis balcaniea. Ithaka stammten und von denen sich einer, ein ziemlich träger und wohl genährter Bursche, samt seinem weißen Hunde bereit erklärte, uns als Führer zu dienen. Ein mehrstündiger Aufstieg und Rundgang auf den Höhen des unwegsamen, selten von Fremden besuchten Eilandes lieferte eine Anzahl in vollster Blüte stehender Gewächse, aber nur wenige Wahrnehmungen über das dortige Vogelleben. Felsentauben und Dohlen flogen die Felsen entlang, aus welchen der Ruf des Felsenkleibers und der melodische Pfiff der Blaumerle sich vernehmen ließ. Besser waren die Raubvögel vertreten. Von einem Dutzend hier horstender Weißkopfgeier erlegte Führer ein sehr altes Exemplar, ferner zogen je ein Paar Seeadler, Bonelliadler und Bartgeier ihre majestätischen Kreise über der kreisrunden, an eine Krateröffuung erinnernden Bucht in der Mitte der Insel. Eine reichliche und kräftige Fischsuppe stärkte uns nach den Strapazen des Tages an Bord unseres Schiftleins. Zeitlich morgens am 24. Februar setzten wir dann die Fahrt im Segelboot fort, wobei wir die Mündung des Acheloos passierten, nicht ohne sehnsüchtige Blicke auf das weithin sichtbare Au- und Riedgelände am Unterlaufe dieses Flusses mit dessen gewiß sehr reicher Tierwelt zu werfen. Nach einigem Lavieren gelangte dann das Boot in jene seichte Lagune, welche die Insel Petalä vom Festlande trennt und wo Lord Lilford im Jahre 1353 so erfolgreich gejagt hatte. Auch jetzt erfreute mich der Reichtum an mamnigfaltigem Wassergeflügel daselbst und gerne lenkten wir unser Boot an die gegen Osten gelegene Landungsstelle von Petalä. Ein barhäuptiger Vlache, der hier seine Herden weidete, eine wahre Hünengestalt mit einem Kopfe von antiker Schönheit, erbot sich nach kurzer Anfrage, mich zu einem nahen besetzten Adlerhorste zu führen. Wer beschreibt mein Entzücken, als ich mich nach wenig mehr als halb- stündiger Wanderung unter der Behausung des seltenen Habichts- oder Bonelliadlers befand! Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich auch hierbei auf die Schil- derung der zuerst mißglückten, dann aber gelungenen Erlegung des alten Adler- weibchens und des darauffolgenden Ausnehmens des frischen Geleges durch San- tarius im speziellen Teil. Man kann sich denken, in welch fröhlicher Stimmung wir spät abends unser einfaches Mahl im Kielraume des Segelbootes einnahmen, und auch der mit dem übelbeleumundeten Rezinatwein gefüllte Becher kreiste diesmal öfter als sonst. Am folgenden Tage folgten wir einer Einladung des Oberhauptes und Ältesten der sämtlichen über Winter hier weilenden Hirten, um auf Schakale zu jagen. Diese über- siedeln von der nahen Küste Akarnaniens sogleich nach Petalä, wenn daselbst die Hirten mit ihren Herden das Winterquartier bezogen haben. Die Raubtiere durchschwim- men dann die seichte Lagune und räumen unter den Lämmern nächtlicherweise arg auf. Sämtliche Hirten, von ihren großen Hunden unterstützt, trieben etwa die Hälfte der Insel sorgfältig ab und brachten drei Schakale gegen unsere Stände. Der erste Schakal hielt sich knapp an den felsigen Strand und entkam unbeschossen, der zweite verklüftete sich vor unseren Blicken, aber weit außer Schußweite in einem turmähnlichen Felsen, der dritte aber kam genau auf mich zu. Zwei Schüsse warfen den alten Rän- ber zu Boden, aber schwankend und rollend gelangte er noch bis zum Stande Führers, welchen er beim Abfangen noch tüchtig durch die Ledergamaschen biß. Die Hirten waren sehr befriedigt, eines der verhaßten Raubtiere weniger auf der Insel zu wissen, und uns zu Ehren wurde in ihrer Niederlassung ein feistes Lamm am Spieße gebraten und uns davon verabreicht. Erst am 26. Februar vormittags nahmen wir von den biederen Leuten Abschied mit dem Versprechen, womöglich im März die Jagd nochmals zu wiederholen. III. Griechenland. 45 Eine sehr günstige Brise trieb das Boot rasch westwärts an eimer großen Zahl von unbewohnten Eilanden vorbei, die gewöhnlich unter dem Namen Kurtsolares (früher Echinades) zusammengefaßt zu werden pflegen. Hier brütet in riesiger Menge die gelbrudrige Silbermöwe, namentlich auf dem nördlich von Samothi gelegenen kleinen Eiland, sowie jenem östlich von Makri befindlichen. Ein drittes wurde von den Möwen, welche sich schon jetzt an den Brutplätzen zu sammeln schienen, deshalb gemieden, weil darauf als Ruhestörer ein einsamer, dort ausgesetzter Esel zu sehen war. Auch Nachmittag war der Wind für uns so günstig, daß wir nach äußerst rascher Fahrt schon um 6 Uhr abends in Missolonghi wieder anlangten. Auf dieser Rückfahrt hatten wir zum ersten Male Gelegenheit, einen der großartigen, von den Bewohnern absichtlich entfachten Rohrbrände am unteren Acheloos anzusehen. Gewitterwolken gleich häufte sich der massenhafte Rauch am fernen Horizonte. Für die ganze Dauer des März vergrößerte sich unsere Gesellschaft um eine Person. Ein junger, in Wien studierender Mediziner, Dr. Bakes, hatte sich freiwillig uns angeschlossen. Er begleitete uns auf allen Ausflügen und half nach besten Kräften mit, unsere Sammlungen zu vergrößern und zu vervollständigen. Dieselben wuchsen nach und nach derart an, daß die Stöße der getrockneten Pflanzen und die Reihen. der fertiggestellten Bälge die sämtlichen Stellagen des Mittelzimmers unserer Behausung füllten. Es entstand hier ein kleines Museum, welches an den Präparier- und Rasttagen öfters von bekannten Persönlichkeiten Missolonghis besucht wurde. Zu diesen gehörte vor allem der Lehrer Diamantis Soustas, der Apotheker mit seiner liebenswürdigen Tochter und Dr. med. Nieder. Herr Soustas war es, der uns die besten Jagdplätze verriet, uns verläßliche Bootsleute verschaffte und überhaupt an unserer ganzen Tätigkeit den lebhaftesten Anteil nahm. Er hatte in kurzer Zeit das Konservieren der Bälge so gut von Santarıus erlernt, daß, wie schon erwähnt, in späteren Jahren unser sowie das Athener Universitäts- museum ihm eine ganze Anzahl von durchaus erstklassigen Vogelbälgen verdanken. Dr. Nieder, ein beliebter Arzt des Städtchens, ist einer der Söhne des zur Zeit König Ottos aus Bayern eingewanderten Mediziners, welcher als lebhafter Naturfreund wiederholt interessante Sendungen von Naturalien aller Art aus der Umgebung von Misso- longhi an verschiedene Museen gelangen hieß. Zur Zeit unserer Anwesenheit lebte der hochbetagte Greis noch, ist aber, wie ich später erfuhr, bald nach unserer Abreise gestorben. Außer drei größeren Ausflügen, welche im nachfolgenden ausführlicher zu schil- dern sein werden, war es interessant, auf kleineren Touren in der näheren Umgebung im Laufe des März das allmähliche Anwachsen der gefiederten Frühjahrsboten zu beob- achten. Je zweimalige Besuche der Gewässer um den Leuchtturm Hag. Sosti und der Gegend von Känurion galten der Jagd auf Seeschwalben, insbesondere der stets schwer erlangbaren Raubmeerschwalbe und des uns schier unerreichbaren Fischadlers, dann den nach und nach einlangenden Zugvögeln, wobei die Erbeutung eines Kranichs un- weit Bochori obenan steht. Die Witterung blieb den Monat über noch recht unbeständig. Manchmal war es empfindlich kalt und dann erblickte man des Morgens die höchsten Lagen der Umge- bung immer mit frischem Schnee bedeckt, aber am 24. März war zum ersten Male die Wärme des Südens deutlich fühlbar und dann kamen auch die empfindlicheren Raub- vögel: der ägyptische Schmutzgeier und in ganzen Schwärmen die im Lande so weit verbreiteten und überall gerne geduldeten „zigwzves:“, die Rötelfalken. Die meiste Beute lieferten aber immer die Fahrten nach der Bucht von Proko- panisto, wo es die größte Anzahl von Enten auch zu dieser Jahreszeit gab, wo die 44 Ornis balcanica. schwierige und aufregende Jagd auf große Brachschnepfen und große Edelreiher unsere ganze List und Schießfertigkeit beanspruchte und wo es uns auch einmal zur allgemei- nen Befriedigung gelang, mit einem wohlgezielten Kugelschusse die mächtigste aller an- wesenden Vogelgestalten, den krausköpfigen Pelikan, zur Strecke zu bringen. Der 8. März war der Beginn der strengen griechischen Fastenzeit. Er bedeutete für uns eine wesentliche Änderung unseres Speisezettels, indem mit einem Schlage alle Fleischspeisen daraus verschwanden und auch keinerlei Wassergeflügel mehr auf den Markt gebracht wurde. Der Kriegsrummel war inzwischen fortwährend im Steigen begriffen. Die Garnison von Missolonghi wurde binnen wenigen Wochen öfters zum Scheibenschießen komman- diert als sonst während einiger Jahre; überall sah man Landstreicher und arbeitsscheues Gelichter als Freiwillige mit gespickten Patronengürteln, aber leeren Taschen und Mägen umherspazieren und auch die Mobilmachung immer neuer Bataillone nahm ihren Fort- gang. Gerne sei hier hervorgehoben, daß die Leute willig und geradezu mit Begei- sterung der Fahne folgten. Die Kriegserklärung war schon damals jede Woche zu gewärtigen und ganze Berge von griechischen Zeitungen brachten die Züge, von Hun- derten auf jeder Station sehnsüchtig erwartet. Trotz dieser unruhigen Zeiten führten wir, wie gesagt, auch größere Touren aus, deren erste am 2. März gemeinschaftlich auf zwei Wagen unter Leitung des mehr- erwähnten Apothekers angetreten wurde. Der Hauptzweck dieser Reise war, Sicherheit darüber zu erlangen, ob es in Akar- nanien derzeit wirklich noch Damwild gibt, und wenn irgend möglich ein Stück für unser Museum zu erbeuten. Wir fuhren über Aetolikon durch die fruchtbare Ebene um Neochöri bis Katochi, wo bei Verwandten des Apothekers abgestiegen und Mittagsrast gehalten wurde. Der Acheloos war bedeutend angeschwollen und tags vorher war mitten im Orte ein Mädchen beim Wäschewaschen ertrunken. Unsere freundlichen Gastgeber besaßen unter einem Glassturz ein schön erhaltenes Exemplar der Schwarzkopfmöwe, noch von Schrader sen. konserviert. Genaue Erkundigungen ergaben hier, daß die meiste Aussicht, Damwild anzutreffen, in den Schluchten ostwärts der Lagunen von Petalä bestünde, eine Gegend, welche auf den Landkarten mit dem Namen Chalkitsa bezeichnet ist. Von Mittag bis nach Einbruch völliger Finsternis dauerte der Marsch vorbei an jenen gewaltigen, „Öniaden“ genannten antiken Mauerresten, welche wegen ihrer Entlegen- heit nur selten von Archäologen besucht werden. In der durchwanderten Ebene fielen mir am meisten einige Scharen von überwinternden Kalanderlerchen auf. Wir waren alle froh, nach dem unangenehmen Herumtappen in unbekannter Gegend bei völliger Fin- sternis in einer ärmlichen, aber durchaus sauber gehaltenen Rohrhütte bei Fischern Unterkunft zu finden. Von hier aus gab es am anderen Morgen eine ziemlich umständliche Kahnfahrt durch die versumpfte Lagune nach den mit hohem Buschwerk bewachsenen Hängen der akarnanischen Küste. Zwei Triebe daselbst brachten außer einem Fuchs oder Scha- kal, welchen Leonis pardonnierte, nichts zum Vorschein, abgesehen von vier hochge- machten Waldschnepfen, auf welche englische Offiziere hier öfters jagen sollen. Kleinvögel waren in der äußerst üppigen Vegetation recht viele zu sehen, jeden- falls viel mehr als in dem Rohrwust der Lagunen, die derzeit bloß von einer Masse Cettis Sänger bewohnt zu sein schienen. Am Rande des offenen Wassers dagegen ruhten jetzt in großer Zahl aus dem Süden angekommene Zwergkormorane. Auch am 4. März verlief der erste Trieb auf dem Rücken des nur von schütteren Eichen bestoekten Chal- kitsaberges ganz resultatlos, obwohl die Treiber anscheinend ihr möglichstes leisteten. III. Griechenland. 45 Überhaupt herrschte nicht die richtige Stimmung für eine erfolgreiche Jagd. Während sich Dr. B. und v. F. in schlechten Witzen über die Unmöglichkeit des dor- tigen Vorkommens von Damwild überboten, rief dies wieder bei den übrigen Jagdteil- nehmern lebhaften Widerspruch hervor. Deshalb war es mir eine besondere Genug- tuung, daß im zweiten Triebe am Hange einer ziemlich dicht verwachsenen Schlucht vor den Treibern sieben Stück der so sehr bezweifelten „nAawv.“ flüchtig wurden, von welchen fünf, darunter zwei kapitale Böcke, sowohl mir als auch Santarius in der Talsohle deutlich zu Gesicht kamen. Leider waren die Stände sehr schlecht gewählt und das Wild erstieg im rechten Winkel abbiegend im langsamen Tempo die uns gegen- überliegende Berglehne. Damit war es wenigstens in dieser Gegend, wo der berüchtigte Diplomat Ignatiev vor Jahren ein sehr schönes Stück gestreckt haben soll, mit der Jagd für heute vor- bei und wir wanderten gegen Osten den Triptolakoslagunen und speziell dem Markutsa- see zu. Obwohl hier ein außerordentlicher Reichtum an Wasserwild war und gegen Abend sich ein lebhafter Entenstrich entwickelte, wurde uns die ganze Lust am Beob- achten und Sammeln durch ein immer heftigeres Bedürfnis nach Speise und Trank verleidet, da wir seit dem frühen Morgen jeglicher Nahrung entbehrten und von unserem Anführer für nichts vorgesorgt worden war. Ich hatte große Lust, eines der vielen am Sumpfrande sich umhertreibenden Fer- kel zu schießen, als endlich ein Fischer uns in seine Pfahlbauhütte einlud und uns eine tüchtige Portion Fische nach einigem Warten vorsetzte. Die ganze Nacht stürmte und wetterte es, aber am Morgen besserte sich die Wit- terung zusehends, so daß im Schilfe sogar noch zwei überwinternde Zuseiniola melano- pogon geschossen werden konnten. Dann aber hieß es eiligst aufbrechen, um noch ein anderes Jagdterrain westlich von Podolovitsa am selben Tage zu erreichen. Die lange Wanderung führte durch üppige Auwälder, merkwürdig gewundene Schluchten mit mehr Vegetation, als man sonst in Griechenland zu finden gewohnt ist. Demnach war aber auch die Tierwelt eine mannigfaltige und reiche. Zum ersten Male machte ich hier Bekanntschaft mit der mazedonischen Schwanz- meise, die hier ganz gewöhnlich war. In den blauen Lüften tummelten sich hingegen Adler und Geier in beträchtlicher Zahl. In einer einsam gelegenen Hirtenbehausung wurde übernachtet und zum Frühstück erhielten wir fette Büffelmilch. Auch der letzte Jagdtag verlief ganz ohne Resultat, da es hier nur mehr sehr wenig Dambirsche gibt. Auch in der Umgebung von Karawassara am Golf von Arta sollen sich nur mehr wenige Reste eines einst reichen Standes aufhalten und bald wird das Schicksal dieses schönen Wildes in Griechenland besiegelt sein. Von anderer Seite erfolgte die Annahme, daß das Damwild in früheren Jahrhunderten im Lande ein- gebürgert worden sei. Jedoch sind mir keinerlei stichhältige Beweise dafür bekannt und es kann mindestens ebensogut angenommen werden, daß es sich hier um die spärlichen Reste einer ehemals viel größeren Verbreitung auf der Balkanhalbinsel handelt. Spät am Nachmittage langten wir in Podolovitsa an und konnten erst tagsdarauf, am 7. März, nach einer äußerst stürmischen Nacht bei bedeutender Kälte die Rückreise nach Missolonghi antreten. Die Hoffnung, doch noch ein Stück Damwild zu erlangen, ließ mich aber nicht ruhen und ich wollte versuchen, ob dies nicht mit geringeren Auslagen und mit mehr Aussicht auf Erfolg von dem jenen Jagdgründen unfern gelegenen Küstenorte Astakos aus zu erreichen wäre. 46 Ornis baleanica. Demnach schifften wir uns nach sorgfältiger Verproviantierung neuerdings am 12. März nachmittags ein, kamen ziemlich spät ans Einde der Bucht von Prokopanisto und infolge günstigen Windes schon um die Mittagszeit des 13. März zum Molo des hübsch gelegenen Astakos. Hier ward uns aber ein sehr unfreundlicher Empfang zuteil. Die müßige Menge, die in jedem Hafen herumlungert, geriet durch das Erscheinen so vieler, gerade jetzt ärger als je verhaßter Fremder in große Erregung und der Unwille gab sich in Mienen und Gebärden so deutlich zu erkennen, daß uns der herbeigeeilte Polizeichef so schnell als möglich in ein befreundetes Haus im Sicherheit zu bringen sich veranlaßt sah. Er setzte uns dort auseinander, daß von einer Jagd gar keine Rede sein könne, da es in der betreffenden Gegend von gefährlichen Wegelagerern geradezu wimmle und er selbst sogar hier m der Stadt seines Lebens nicht sicher sei — alles eine Folge des unheilvollen Kriegsrummels! Sogar die Gerichte hatten nun ihre Tätigkeit eingestellt. So blieb nichts übrig als nachzugeben und alle Gedanken an das schöne Damwild endgültig fallen zu lassen. Unter unzweideutigen Drohungen und lauten Schimpf- worten des Pöbels bestiegen wir die Segelbarke mit der Weisung, uns zunächst nach Petalä und dann nach Samos auf Kephalonia zu befördern. Das war aber leichter gesagt als ausgeführt, da der Wind nichts weniger als gün- stig und nur mit Mühe der kleine Hafen Hagios Pantelemonos an der akarnanıschen Küste zu erreichen war. Hier befinden sich die Magazine zur Aufspeicherung der in Menge gesammelten Eichenknoppern, des wichtigsten dortigen Handelsartikels. Die ganze Nacht und den folgenden Tag brauste ein mächtiger Südwind, so daß von der offenen See nichts als Gischt und Nebel sichtbar war. Ich benützte diese langweilige ’ause zu einem mehrstündigen Rundgang in den benachbarten Vorbergen, wo ich Blau- und Trauermeisen, Girlitze und Johannisbuntspechte schoß und auch einen jüngst ver- endeten Weißkopfgeier fand und zur Barke schleppte. Am Südrande der Bucht traf ich auf riesige, zweifellos aus dem Altertume stammende Mauerreste mit drei deutlich erkennbaren Türmen. Auf der Außenseite sind die Steinblöcke unbehauen. Ungefährlich waren diese Spaziergänge allerdings nicht, denn es soll nach über- einstimmenden Meldungen dort eine Menge Hallunken gegeben haben, die tagszuvor armen Hirten ihr ganzes Vermögen, nämlich 100 Drachmen, abgenommen hatten. Als wir endlich am 15. März zeitlich morgens den unheimlichen Platz verließen, baten zwei Hirten, die zu ihrer persönlichen Sicherheit unter Gendarmeriebedeckung erschienen waren, sie nach Petalä mitzunehmen, welche Bitte natürlich gerne erfüllt wurde. Auf Petalä war man über unsere Ankunft sehr ‚erfreut. Das Oberhaupt der dor- tigen vlachischen Hirten begrüßte uns auf das freundlichste und ordnete sogleich ein Trei- ben auf Schakale an. Es war nur eine alte Fee im Trieb, welche sowohl von Dr. B. als auch von F. tödlich getroffen, aber dennoch erst von den nachsetzenden scharfen Wolfshunden zustande gebracht wurde. Während der Jagd erschien unweit unserer Stände ein prachtvoller Bartgeier — gewiß derselbe Vogel, den wir schon bei unserem ersten Besuche der Insel gesehen hatten. Der Abschied von den biederen Leuten hier fiel uns wirklich schwer. Um Mitternacht verließen wir Petalä und segelten westwärts Kephalonia zu. Um 1/,9 Uhr früh fuhren wir an der Südspitze von Ithaka (Kap Hagios Andreas) vorbei und eine Stunde später wurde in Samos gelandet. Es war aber hiezu auch schon die höchste Zeit, denn nach unheimlicher Stille und drückender Schwüle erhob sich ein Süd- sturm von elementarer Gewalt, der uns leicht hätte verderblich werden können und der auch die folgenden Tage und Nächte ununterbrochen anhielt. In Samos trennte sich unsere Gesellschaft; während ich nebst Leonis und Santarius zu Wagen nach dem III. Griechenland. 47 Inneren von Kephalonia, und zwar nach dem großen Monastir Hagios Gerasimos fuhr, sollten die übrigen mit einem griechischen Dampfer nach Missolonghi zurückkehren. Dieser Dampfer traf aber niemals in Samos ein, sondern war von der Regierung zum Truppentransport nach Arta benützt worden, weshalb meinen Begleitern nichts übrig blieb, als zur Heimreise wieder unsere Segelbarke zu benützen, sobald sich das Wetter gebes- sert hatte. Während der Fahrt nach dem Monastir war nicht viel zu sehen, weil es fast immer reenete; aber schon konnte man die Bestände der berühmten kephalonischen Tanne in den höheren Lagen an ihrer dunkelgrünen Farbe umso deutlicher unterscheiden, je höher die Straße sich bergan emporschlängelte. Auf der Hochebene Omalä angelangt, machte sich eine grimmige Kälte fühlbar. In der zum Kloster führenden Allee hatte der riesige Sturm eine Menge Körnerfresser: Grünlinge, Sperlinge und Ammern zusammengetrieben, indem diese Vögel in dem dichten Gezweig der Zypressen daselbst Schutz suchten. Alle Hänge rings um Hagios Gerasimos sind zur Anlage von Weingärten ausgenützt und jetzt, wo man eben mit der Haue daselbst beschäftigt war, zeigten sie weithin alle Abstufungen in Gelb und Braun, wie die Flecken auf einer Giraffenhaut. Im Monastir wies man uns gerne das Gastzimmer an, welches die meisten Besucher des höchsten Berges dieser und auch der sämtlichen jonischen Inseln, des Ainos oder Monte Nero, zu benützen pflegen. Nur mußten wir mit der strengen griechischen Fastenkost, Boh nen und Salat, vorlieb nehmen. Recht sonderbar erscheint es dem Fremden in diesem merkwürdigen Kloster, in dem einen Flügel gegen 100 Mönche und in dem anderen SO Nonnen beisammen zu finden, aber, so erklärte uns die sehr lebhafte Oberin, so wollte es der heilige Gerasimos selbst haben. Gegen Morgen verspürten wir ein leichtes Erdbeben. Bald nachdem der zu unserer Begleitung herbeigeholte Gendarm und Forstaufseher anlangte, erfolgte der Aufbruch zur Besteigung des Gebirges. Anfangs führte der Weg durch die sandigen Weinberge, in welchen die Reben, um welche man hoch „häufelt“, krummholzartig am Boden liegen. Der Wind hatte nachgelassen und als Frühlingsboten begrüßten wir einige am Durch- zug befindliche graue Steinschmätzer. Wie erfreute sich nach mehrstündigem Steigen das Auge, welches seit vielen Wochen nur das Graugrün der Olivenwälder zu sehen gewohnt war, an den frischgrünen Wipfeln der kephalonischen Tannen! Noch zwei Stunden und wir standen mitten im Walde vor der „Casa inglese“ oder, wie auf dem Schilde zu lesen ist: ZTAOMOX AASIKHE, dem reizend gelegenen Blockhause, welches während der Monate Mai bis Oktober von einer kleinen Militärabteilung zur Be- wachung der Tannenbestände bezogen wird. Besonders streng nehmen es die Leute mit dem Forstdienst aber scheinbar nicht, denn bei unserem zu dieser Jahreszeit unver- muteten Erscheinen trafen wir einen Holzfrevler, der indes, allerdings unter Zurück- lassung semes Rockes und der Hacke, die Flucht ergrift. Ein nachmittags unternommener mehrstündiger Rundgang durch die über Rücken und Schluchten weithin sich ausdehnenden Tannenbestände lehrte mich, daß deren Vogelwelt aus nicht vielen Arten besteht. In erster Linie beleben sie Tannen-, Kohl- und Blaumeisen, dann Goldhähnehen, Amseln, Finken, Rotkehlehen und einige Paare Eichelheher. Spechte schienen vollkommen zu fehlen. Gerade, walzenförmige Stämme gehören bei dieser Tanne zu den Seltenheiten, oft gibt es ganz gewundene, oft in fünf bis sechs Teile auslaufende Bäume. Da jeder Unterwuchs fehlt und außer ein paar strauchartigen Steineichen, einer Heckenrose und baumartigem Weißdorn (in etwas höherer Lage) kein anderes Laubholz wahrzunehmen war, erschien dieser reine Tannen- bestand auf die Dauer doch recht eintönig. 48 Ornis baleanica. Bei der Besteigung des höchsten Gipfels am 19. März gab es ebenfalls nur wenige neue Vögel: einige Misteldrosseln, Kolkraben und ein paar Steinhühner, die leider nicht zu Schuß kamen, obwohl das von ganz besonderer Wichtigkeit gewesen wäre. Wie ich später erfuhr, soll es in einigen abgelegenen Teilen von Kephalonia doch noch emige Steinhühner geben, die angeblich einen anderen Lockruf hören lassen als jene auf dem Festlande. Die Kalksteine längs des scharfen Kammes zeigten fast durchwegs eine Menge von hier längst bekannten Versteinerungen. Schnee gab es auf der Schattenseite noch genug, aber die Sonne brannte schon tüchtig hernieder. Am Gipfel angelangt, eröffnete sich uns eines der herrlichsten Panoramen, welche wir in Griechenland kennen lernten. Hier sammelten wir auch eine ganze Anzahl der merkwürdigen, in den meisten Xeisehandbüchern erwähnten verkalkten Knochensplitter, über welche man aber bis heute noch immer nicht ins Reine gekommen zu sein scheint. In den obersten Kamm- partien ist der Wuchs der kephalonischen Tanne viel zwergartiger und das Holz viel fester. Am folgenden Morgen wurden für mehrere Holzsammlungen von der gefrevelten, kerngesunden Tanne zwei Klötze abgehackt und auf ein Maultier verladen. Nachdem wir noch Sämlinge nebst anderen blühenden Pflänzchen eingelegt, vorjährige Zapfen gesam- melt und mit Bindfaden vor dem Zerfallen geschützt, endlich eine Anzahl von Borken- käfern aus den Tannenstämmen ausgebohrt hatten, traten wir den Abstieg an. Die Tür des Blockhauses wurde sorgfältig versperrt und dann ging es so schnell talwärts, als dies unsere zwei schwer beladenen Maultiere zuließen. Bevor wir nun dem schönen Tannwalde Ade sagen, möchte ich nur noch bemerken, daß ich eine Eigentümlichkeit der Nadeln dieser Abies-Art beobachtete, die ich bisher nirgends erwähnt finde. Schneller noch als bei unserer gewöhnlichen Fichte springen nämlich bei ihr die Nadeln beim Trocknen aus den Kapseln, so daß ein abgebrochener Zweig schon nach wenigen Tagen ganz kahl wird. Über Valsamata kamen wir durch eine sehr fruchtbare Gegend, deren Bewohner fleißig an ihrer Arbeit waren, in sechs Stunden nach Argostoli, dem Hauptorte der Insel, mit seinem schönen und geschützten Hafen. Wir stiegen im „Grand Hötel des Etran- gers“ des Photios Vlachoulis, eines Weinhändlers, ab. Obwohl der Mann die Liebens- würdigkeit selber war und wir bei ihm keinerlei Mangel litten, warne ich hiermit doch jedermann vor diesem Hötel, da wir ungefähr das Achtfache von dem bezahlen mußten, was zu verlangen recht und billig gewesen wäre (z. B. drei Schalen Milchkaftee mit Gebäck: 10 Drachmen). Da der nächste Dampfer nach Missolonghi erst am 23. März abfahren sollte, benützte ich die Zwischenzeit zu eingehender Besichtigung der Stadt, deren Bewohner größtenteils im Auslande weilen, der jetzt stillstehenden Meermühlen mit dem rätsel- haften Abfluß des Seewassers in unterirdische Schlünde und zu einem Jagdausfluge mittels Segelbarke nach den Sümpfen nördlich von Lixuri. Hier trieben sich zwar schon eine Menge Entenjäger herum, die Spieß- und Moor- enten erlegt hatten, aber auch für uns blieb noch Beute genug übrig. Eine von San- tarius erlegte dünnschnäbelige Brachschnepfe machte mir ganz besondere Freude, da ich diese Art in der Freiheit bisher noch nie gesehen hatte. Der kleine, von verschiedenen Fahrgästen überfüllte Dampfer „Damaskene“ brachte uns, nachdem wir Fahrkarten nach Missolonghi gelöst hatten, zunächst nach Zante. Das Wetter war prachtvoll geworden und es war eine Lust, den ganz auf italienische Art vorgetragenen einschmeichelnden Gesängen einiger Griechen an Bord zu- zuhören. Aber ich sollte an diesem Tage noch genug Ärger ausstehen. Von Zante ging die Fahrt nach kurzem Aufenthalte an Kap Glarentsa vorbei, aber dann nicht auf III. Griechenland. 49 den Nordsaum des Meerbusens gegen Missolonshi zu, sondern direkt nach Patras. Obwohl außer uns noch ein griechischer Unteroffizier mitfuhr, der mehrere Soldaten nach Missolonghi zu begleiten hatte und dem man gleich uns in Argostoli anstandslos Karten nach dieser Station verabfolgt hatte, halfen unsere gemeinsamen Bitten und Vorstellungen nichts. Wir mußten heute wider Willen nach Patras, nur wollte mir der Kapitän knapp vor der Ankunft daselbst großmütig das Geld für drei Karten 3. Klasse zu der Fahrt nach Kryoneri und Missolonghi einhändigen, was ich natürlich nicht annahm. Das sind Erfahrungen, die man zum Glück auch bei Reisen im Gebiete der Balkanhalbinsel nicht oft macht, die aber doch leicht vermieden werden könnten, wenn einmal wirkliche Ord- nung in diesen Ländern einkehren würde! Infolgedessen erfolgte die Ankunft in unserem Quartier erst am 24. März und auch die beiden anderen waren infolge des elenden Wetters erst 24 Stunden früher dort eingelangt. Die letzte größere Exkursion traten wir von Missolonghi aus am 27. März über Kryoneri, Patras und Psatopyrgos nach Naupaktos, fallweise Bahn, Dampfer oder Segel- barke benützend, an. Der sehr gefällige Nomarch von Naupaktos rief alsbald einen einheimischen Jäger herbei, welcher uns als Führer dienen sollte. Die Stadt selbst zeigte keine nennens- werten Sehenswürdigkeiten, aber die altbekannten Festungswerke der dortigen Gegend sind immerhin interessant. Während am folgenden Tage Santarius mit Leonis west- wärts bis nahe an Antirrhion den Küstenstrich abstreifte, zog ich mit den übrigen östlich über den Mornos bis ans Ende der Niederung. Ich lernte hier ein für gewisse Zugvögel sehr geeignetes Terrain kennen und obwohl es keine anderen Arten gab als in der Umgebung von Missolonghi, bereute ich die zur Durchstöberung der dortigen Sümpfe und Fluren aufgewendete Zeit keineswegs. Eine gänzliche Veränderung erfuhr das Landschaftsbild bei dem Weitermarsche in die Schlucht nordwestlich von Naupaktos. Ich ließ das Gepäck auf einem zwei- räderigen Karren befördern, während wir wie gewöhnlich marschierten. Längs des Baches, welcher der Schlucht entströmt, gab es noch ziemlich viel Vegetation, aber die Hänge und die Gebirge selbst erschienen ganz kahl; erst gegen die Paßhöhe zu erfreute Gebüsch und Baumwuchs, meist Eichen, das Auge des Wanderers. Einzelne Weißkopf- geier, mehrere am Zuge befindliche Wespenbussarde und bei Metaxa ein mit einem Seeadler raufender Bussard belebten die Gegend. Die Straße war nicht übel in ihrer Anlage, umso elender jedoch bezüglich ihrer Erhaltung und daher in geradezu mise- rabler Verfassung. Dagegen überrascht wohl jeden die zierliche eiserne Brücke über den Phidaris. Noch niemals empfand ich den Mangel einer guten Landkarte so sehr wie in dieser Gegend; die vorhandenen erwiesen sich als äußerst unvollständig und fehlerhatt. Von einer einsamen Herberge aus, zu der wir gegen Abend gelangten, war zu unseren Füßen bereits das Ostende des größeren Vrachorisees sichtbar und wir beeilten uns, in der ersten Morgendämmerung des 30. März an das Seeufer hinabzusteigen, Die Umrahmung des ansehnlichen Wasserspiegels ist auch hier sehr schön. Es gesellen sich weithin fruchtbare Felder hinzu, auf welchen Kolkraben gravitätischen Schrittes ein- herstolzierten, Lachmöwen in munterem Fluge umherschwenkten und eine Sumpfweihe, eine Wasserschlange in den Krallen tragend, die Nähe des Röhrichtes verriet. Unge- heure Schwärme von Saatkrähen vervollständigten das Bild des Tierlebens der Niede- rungen. Leer und öde blieb nur der See selbst, denn außer einigen als Punkte erschei- nenden Schwarzhalssteißfüßen wiegte sich kein Vogel auf seinen Fluten. Nach einer Reiser, Ornis balcanica,. II. 4 50 Ornis. baleanieca. kleinen Verzögerung, welche das Sammeln einer dieser Gegend eigentümlichen kleinen Schnecke (Neritina) an im See liegenden Steinblöcken verursacht hatte, hieß es tüchtig ausschreiten, um noch rechtzeitig das Haus des mir von der ersten Reise so wohlbekannten Katzouris zu erreichen. Leider hatte Saphiris zu seiner Truppe in Arta einrücken müssen, trotzdem wurden wir sehr freundlich aufgenommen. Die alte Fraw trafen wir nicht mehr unter den Lebenden, aber die zwei Brüder, namentlich der taube, er- innerten sich unser noch ganz gut. Bei der so sehr verschiedenartigen Gestaltung der dortigen Gegend erschien mir für die nächsten Exkursionstage eine entsprechende Verteilung unserer Gesellschaft am zweckentsprechendsten. Daher suchten Santarius und Führer mit dem emen Katzouris die große Klissura auf, wo sie die dies- jährige Horststelle des Bartgeierpaares in einem rechteckigen Loche der nach Westen gelegenen höchsten Felswand feststellten. Ich dagegen suchte mit den übrigen die bekannten Plätze in der Umgebung des kleinen Sees und an dessen Trennungslinie von dem großen auf. Da diesmal einige Kähne zur Verfügung standen, war die Ausbeute eine reichere als 1894 und namentlich die Erlegung von einigen Paaren der seltenen mazedonischen Schwanzmeise und des östlichen Kleinspechtes rief bei mir lebhafte Befriedigung hervor. Beim Abendessen, das aus Fischen des Sees bestand, gab es dann eine lebhafte Erörterung, ob es möglich sei, den gefundenen Bartgeierhorst auszunehmen oder nicht. Die beiden Katzouris, welche aus der Klissura und an- deren Gegenden Akarnaniens schon gegen 25 Gypaötus-Eier für Dr. Krüper gesammelt hatten, erklärten, daß das Erreichen des Horstes mit ihrem Stricke durchaus nicht schwer durchführbar sei, weshalb ich zeitlich morgens mit ihnen von oben in die Wände stieg. Wir trafen die alten Vögel weit entfernt vom Horst, wie sie miteinander pracht- volle Flugspiele aufführten. Das erste Abseilen des Tauben verfolgte nur den Zweck der Orientierung über die Horststelle. Beim zweiten Male gelangte er ohne jeden Zwischenfall zum Horste und brachte ebenso rasch, als er über dem Rande verschwun- den war, das ungefähr 20 Tage alte Dunenjunge unversehrt zu uns herauf. Da er sich mit den Füßen dabei stets gegen die Felswand stemmte und. so beim Aufziehen mit- half, erforderte das Heraufbefördern erstaunlich wenig Anstrengung und ich habe nie eine auf „elegantere“ Weise durchgeführte Horstausnahme mitgemacht. : Auf dem Rückwege berührten wir .einen Sattel, wo zur Winterszeit eine Menge Enten beim Strich vom Golf von Aetolikon nach den Vrachoriseen geschossen wird. Die Ausbeute der zweiten Partie, welche sich an den Nordrand des kleinen Sees begeben hatte, war unbedeutend; deshalb konnte ich es mir nicht versagen, sowohl an diesem Abend wie am folgenden Morgen zum letzten Male die mir liebgewordenen lau- schigen Partien am See zu besuchen, um dort noch so viel als möglich zu sammeln. Dann aber war es zum Abmarsch die höchste Zeit. Nach herzlichem Abschied von den wackeren Katzouris schritten wir nochmals durch die erhabene Riesenklamm der großen Klissura und nochmals erschienen mir alle die Stellen, freilich winzig klein, die ich gestern und 1894 erklettert und wo ich so schöne Stunden ungetrübter Naturfreude genossen hatte. Auf der Station Aetolikon mußten wir noch eine gute Weile auf den Zug warten und während dieser Zeit mußte unser Mediziner wohl oder übel eine ganze Anzahl. von herbeigeeilten Patienten untersuchen und ihnen Ratschläge erteilen, ja noch im Eisen- bahnwagen erschien plötzlich ein Mitreisender, welcher ohne jede Rinleitung dem hart belästigten Dr. B. seine mit einer ekelhaften Hautkrankheit behaftete Glatze unter die Nase hielt. III. Griechenland. Hl Nach eimem uns allen notwendigen Rast-, Präparier- und Regentage in Missolonghi ent- schloß ich mich am 4. April noch zu einer letzten, abschließenden Tour in die nächste Umgebung der Stadt. Jeder ging seine eigenen Wege, die einen zu Land, die anderen zu Wasser. Die letzteren konnten nur feststellen, daß von den winterlichen Lagunen- gästen aus der Vogelwelt noch ein guter Treil anwesend, von den Sommervögeln aber noch nichts zu bemerken war. Auffallend anders stand die Sache in den Olivenwäldern. Ich fand dort große Stille. Finken und Drossen waren alle fort. Grünlinge und Stieglitze sah ich wenige. Nur emige verspätete Schwarzplättchen waren noch da. Die Elstern hatten frische Eier und aus einem alten Neste derselben trieb ich eine Waldohreule heraus, die ihr Fünfergelege hier bebrütete. Viele Wiedehopfe befanden sich am Zuge. Gerne wäre ich noch länger umhergestreift, aber es war noch ungemein viel in Missolonghi zu tun. Da waren Abschiedsbesuche zu machen und bis spät in die Nacht hinein währte das Einpacken der Bälge und des übrigen Gepäckes. Trotz der Ablenkung durch die krie- gerischen Rüstungen rief unsere bevorstehende Abreise allgemeine Teilnahme hervor. Am meisten bedauerte dieselbe unser geschäftiger Gastwirt, welcher uns, so lange wir in dem Städtchen weilten, zu seinen besten Gästen rechnete, was nach des Tages Last und Mühe auch gut begreiflich war. In Kryoneri fand die Abfahrt des Dampfers erst zu Mittag statt, da sie sich wegen eines größeren Transportes frisch gekaufter Pferde mit ihren Wärtern, bestimmt für Arta, verspätet hatte. Gegen Patras zu gerieten wir in ein furchtbares Unwetter mit Sturm und Platzregen. Dr. Bakes kehrte von hier nach der Heimat zurück, während wir anderen mit der Bahn über Korinth nach Athen fuhren. Es war der 6. April, wegen des Befreiungs- beginnes von 1821 einer der größten Feiertage, welcher gerade jetzt mit erhöhter Be- geisterung begangen wurde. In allen Stationen waren ohrenbetäubende Z7w-Rufe zu hören und natürlich auch in Athen, wo uns der gütige Dr. Krüper schon am Bahnhof erwar- tete und in das von ihm trefflich ausgewählte Quartier bei der Witwe Emge geleitete. Dort bezogen wir ein freundliches Turmzimmer, welches allen unseren Ansprüchen voll- kommen genüste. In Athen ließen wir uns durch die damals so unruhige Lage durch- aus nicht stören. Ich studierte die Zuwächse der ornithologischen Sammlung des Universitätsmuseums, die schöne Balgsammlung des Herrn Merlin junior, und auch jene der Brüder Strimmeneas, von welcher ich einiges auswählte und für unser Museum erstand. Am 9. und 13. April folgten dann zwei sehr lohnende Ausflüge unter Herrn Merlins, beziehungsweise Dr. Krüpers Führung über Daphni nach dem sumpfigen Uferrand der Bucht von Eleusis und nach Kephissia. In die erstgenannte Gegend gelangten wir mittels des Wagens des Herrn Merlin so zeitig, daß wir bei Sonnenaufgang schon mitten im Sumpfe waren. Die interessanteste Vogelart war hier unstreitig ein Trupp Teichwasserläufer (7. stagnatilis), aus welchem Stavros Strimmeneas, der stetige Begleiter und Präparator Merlins auf dessen vielen Jagdzügen, auch ein Exemplar erleste. Merlins vortreffliche langhaarige Hündin „Alta“ stöberte m dem dichten Binsengrase sehr eifrig und brachte daraus eine ziemliche Anzahl getüpfelter und grünfüßiger Sumpf- hühner zum Vorschein. Weit draußen auf dem blauen Meere wiesten sich aber in voll- ster Sicherheit zwei nordische Fremdlinge: Eisseetaucher in prachtvoller Frühlingstracht. In den prächtigen Gärten von Kephissia und namentlich nm dem Parke Herrn Merlins war schon eine Menge Sommervögel eingezogen. Insbesondere am Schlage der Nachtigall konnte man erkennen, daß wir uns hier im vollen Frühling befanden. Dies bezeugten 52 Ornis balcanica. auch zahlreiche Rotschwänzchen, Halsbandfliegenfänger und Rotsteißschwalben (A. rufula), während von den Rotkopfwürgern erst ein einziger sich sehen ließ. Des Nachmittags zog ein (Gewitter herauf und bald plätscherte ein alles erfrischender Regen herab, als wir schon auf der Heimkehr begriffen waren. Zu jener Zeit rückte ein Bataillon nach dem andern an die türkisch-thessalische Grenze ab, aber die Friedenspartei im Lande glaubte noch immer an eine friedliche Lösung in letzter Stunde. Es lag für mich vorläufig überhaupt kein Grund vor, das Reisepro- gramm abzuändern; deshalb benützten wir, verstärkt durch Herrn Merlin, am 15. April die Eisenbahn zu emer Fahrt nach Argos und durchstreiften noch am selben Tage die Fluren östlich der Stadt bis ans Meeresgestade. Hier befindet sich eine alte Kavallerie- kaserne, die jetzt zu einem Meierhofe umgewandelt ist, und ich hatte daselbst ein Aben- teuer mit fünf äußerst bösartigen Hunden zu bestehen. Diese eröffneten einen regel- rechten Angriff von verschiedenen Seiten auf mich und nach ihrer Wildheit zu schließen, schienen sie Abkömmlinge der einst so gefürchteten „Molosser“ zu sein. Weder Stein- würfe noch Schreckschüsse hatten irgendwelche andere Wirkung, als ihre Wut zu erhöhen. Obwohl ich mich blitzschnell im Kreise drehte und die Bestien mit der Flinte abzuweh- ren trachtete, sprang der älteste von ihnen in dem Augenblick auf mich, als ich ein klein wenig strauchelte, und riß mir den Zeigefinger auf. Da war es denn doch mit meimer Geduld zu Ende und ich jagte dem Rädelsführer der Meute eine volle Ladung Vogeldunst in die Seite. Der Hund brach sofort zusammen, erhob sich aber nochmals und wankte dem wenige Schritte entfernten Meere zu. Die übrigen ließen sofort von mir ab und stürzten sich sonderbarerweise auf ihren todwunden Gefährten, welchen sie erbärmlich zerrissen. Jetzt erst eilten die Besitzer herbei, zeigten sich über den Verlust des Hundes, der bald darauf verendete, untröstlich und erstatteten in Argos sogleich die Anzeige, indem sie Schadenersatz verlangten. Wir gingen inzwischen jagend den Küstensaum entlang, beinahe bis Myle (Lerna) und machten gute Beute an frisch eingetroffenen Zugvögeln. Als wir abends nach Argos zurückkamen, wurde mir mitgeteilt, daß ich morgen um 8 Uhr bei der Polizei wegen der Erschießung des Hundes erscheinen solle, wogegen ich aufmerksam machte, daß ich meinerseits Schmerzensgeld wegen des verletzten Zeigefingers fordern werde. Lange vorher hatte ich aber schon zwei Wagen zur Fahrt nach Kiveri für 5 Uhr früh bestellt. Nach einiger Überlegung zog ich es vor, diese Wagen trotz der Vorladung zu benützen, um der Polizei weitere Arbeit zu ersparen, und ich habe auch von der Sache später nichts mehr zu hören bekommen. Von Kiveri aus traten wir die Weiterreise nach Süden längs der nun felsigen Küste zu Fuß an, wobei namentlich viele südliche Steinschmätzer gesammelt wurden. Dieser Saumpfad bis Astros ist übrigens landschaftlich sehr empfehlenswert und wir verbanden so das Nützliche mit dem Angenehmen. Die ansehn- lichen Olivenpflanzungen um Astros erwiesen sich aber leider sehr öde und vogelarm; nur einen frisch befahrenen Dachsbau fand ich, bei welchem wir vergebens im Mond- schein am Ansitz blieben, bis uns die Müdigkeit zum Heimwege nötigte. Kleine eben einlangende Scharen von Turteltauben lockten sofort einige griechische Nimrode ins Freie. Astros, dieser kleine abgelegene Hafenort, wäre zu längerem Aufenthalt wohl sehr einladend gewesen, dann hätte aber die noch in Aussicht genommene Bereisung des inneren Peloponnes zu starke Einbuße erlitten. Allein einen Tag widmete ich doch speziell dem Besuche des nahegelegenen Sumpfsees Mustos, welchen nebst seinen gefie- derten Bewohnern Graf von der Mühle so lebendig nnd farbenprächtig geschildert hatte. Allerdings lagen seither gerade sechs Jahrzehnte dazwischen, aber einen Teil der Ursprüng- III. Griechenland. 53 lichkeit hatte diese merkwürdige Gegend doch noch behalten und im Winter soll sich hier eine Unmenge Wasserwild aufhalten, was sehr glaubwürdig erscheint. Von einem Hügel aus war leicht ein Überblick über das Sumpfgebiet erlangt und darauf drangen Santarius und ich in das Innere ein. Obwohl mit ziemlicher Schwie- tigkeit, war fast jede Stelle zugänglich, nur wurde man durch das Waten in dem zähen Schlamme außerordentlich ermüdet. Fünf kleine Silberreiher im schönsten Federschmuck bildeten die hervorragendste Zierde von Mustos an jenem Tage, an welchem wir außer diesen Reihern auch von anderen Zug- und Standvögeln so manchen in unseren Ruck- säcken bergen konnten, ja sogar einige Nester mit Eiern sammelten. Für Gallinula- und ÖOrtygometra-Arten kann man sich keinen entsprechenderen Aufenthalt denken als diesen Ort. Am 15. April beschleunigte ich den Abmarsch so viel als möglich, da ein ziemlich langwieriger Marsch bevorstand. Vier Maultiere waren zur Weiterbeförderung unseres Gepäckes nötig und wir bildeten eine ganz stattliche Karawane, die sich im ausgetrock- neten Flußbett des Tanos aufwärts immer tiefer in die Berge von Morea hinein bewegte. Von Doljana nahmen wir Proben des roten Tones mit, welcher dort zur Herstellung von Pfeifenköpfen benützt wird. Der kräftige Gesang des Orpheussängers war es vor- nehmlich, welcher sich in dieser Landschaft angenehm bemerkbar machte, während von den Hängen die Garten- und blaugrauköpfigen Ammern ihre eintönige Weise hören ließen; aber auch Kolkraben und der stolze Bartgeier zeigten sich einmal. So gelangten wir nachmittags nach Masklena und von dort mit der Bahn nach dem unweit befind- lichen Tripolitsa (Tripolis), der Hauptstadt von Arkadien. Hier war es, wo wir unter ungeheurer Aufregung der Bevölkerung von der Kriegs- erklärung Griechenlands an die Türkei erfuhren. Man verweigerte uns am Bahnhofe die Ausfolgung unseres Gepäckes und gab uns die Auskunft, wir würden dasselbe erst dann erhalten, bis die österr.-ungar. Kriegsschiffe sich von Kreta entfernt hätten; aber am anderen Morgen bekamen wir unsere Sachen doch. Es war durchaus nicht warm, sondern recht unfreundlich, dessenungeachtet drängte sich die aufgeregte Menge durch die Straßen, um die Plakate mit der Kriegserklärung zu lesen. Ich verbrachte zuerst die meiste Zeit bei Professor Langhadis, wo ich wiederum unter den seit 1394 gesammelten Vogelbälgen eine sorgfältige Auslese hielt. Das Beste dabei war ein in der dortigen Gegend erbeuteter Heherkuckuck. Später, und zwar am 20. April morgens, versuchte ich aber doch eine kleine Streifung auf die im Nord- osten der Stadt gelegenen Hänge bis Merkowuni, die recht befriedigend ausfiel. Trotz der dortigen spärlichen Strauchvegetation trieben sich sehr viele Stein- schmätzer, kurzzehige Lerchen, Hänflinge, Steinspatzen, Fliegenfänger, Dorn- und Rüppellsche Grasmücken herum, welche uns eine willkommene Vervollständigung unserer Sammlungen ermöglichten. Auch von der prächtigen Tulipa orphamidis legten wir Stücke ein und nahmen einige Zwiebel mit. Auf dem Rückwege mußten wir uns in der Stadt wiederum ganz öffentlich gröbliche Schimpfworte gefallen lassen, so daß Christos Leonis mit aller Entschiedenheit erklärte, nicht länger mit uns gehen zu wollen, weil bei dem herrschenden Fanatismus er nicht mehr gutstehen könne, ob nicht die nächsten Stunden schon die unangenehmsten Situationen brächten. So entschloß ich mich denn schweren Herzens nachzugeben, von der Fortsetzung der Reise vorläufig abzusehen und ungesäumt nach Athen zurückzukehren. Gleich den Tag nach der Ankunft dort führte ich einen längst gehegten Plan aus, indem ich die Quarantäneinsel Hagios Georgios bei Salamis zusammen mit Dr. Krüper wieder aufsuchte. Wir hatten für die Segelbootfahrt vom Piräus aus so widrigen 54 Ornis balecanica. Wind, daß wir zur Zurücklegung der an sich unbedeutenden Entfernung riesig lange Zeit brauchten; aber die schönen ornithologischen Beobachtungen auf dem zur jetzigen Zeit bloß von einem Wächter bewohnten Inselchen und namentlich die Erlangung einer schönen Reihe von den kostbaren Gelegen des Stemsperlings, belohnten reichlich die auf- sewendete Geduld. Sogar eine auf vierzehn Eiern brütende Wachtel — für Attika eine Seltenheit — zeigte uns der freundliche Wächter der dortigen Baracken, von deren Dächern wir die Sperlingsnester wegnahmen. Als wir uns zur Heimkehr anschickten, hatte der Wind umgeschlagen und wir hätten wieder Stunden verloren, bis der Piräus erreicht worden wäre. Deshalb ließen wir uns lieber an das Festland überfahren und benützten zur Rückkehr einen zweiräderigen Karren. Nicht minder lohnend waren zwei von Dr. Krüper geleitete Ausflüge, die letzten in Attika, nach Wuliasmeni und nochmals nach Kephissia. Zu dem ersteren wählten wir wieder einen Wagen, welcher uns rasch durch die steinige und öde Ebene am Fuße des Hymettus nach dem kleinen, aber reizend gelegenen oben genannten Bade, einem Lieblingsausftlussort vieler Athener, brachte. Dicht neben der Badeanstalt ist der merk- würdige, mit dem Meere in Verbindung stehende See, dessen Becken sich offenbar in- folge emes Erdbebens gesetzt hat. Felswände mit zahlreichen Höhlungen, den Brut- stätten vieler Felsnister, umgeben ihn ringsum. Sicher 50 Paare Steinspatzen nisteten hier, aber nur ein Gelege im Gesimse einer Badebaracke konnte erreicht werden. In dem dichten Gebüschmantel von Pistacia lentiscus waren viele Sammetköpfchen angesiedelt und nach einigem Suchen fand ich auch ein Nest mit vier schwarzen Dunen- jungen, die ich unberührt ließ. In Kephissia und Marusi fiel es mir sehr auf, daß ein Teil der den Sommer hier verbringenden Vögel noch immer nicht angelangt war. Der ÖOrpheussänger dagegen hatte sein Nest schon fertig gebaut. Die genannten Orte erfreuen sich bekanntlich stets steigender Beliebtheit als Sommeraufenthalt der Athener und auch zur Zeit wurde an allen Ecken und Enden gebaut und unfruchtbarer Boden zu Anlagen und Gärten umgestaltet. Der Aufenthalt in Athen war damals in verschiedener Hinsicht sehr interessant, da die Stadt durch die Herrschaft des Kriegsgottes ihre Physiognomie völlig verändert hatte. Dazu kam noch die in Griechenland so sehr geräuschvolle Feier des Osterfestes, welche wir diesmal in der Hauptstadt vollständig mitmachten. Herr Merlin und Stavros Strimmeneas zeigten uns die wichtigsten Momente des nächtlichen Schauspieles der Auferstehung, welches stets und besonders dieses Jahr von hunderten Schüssen (Knall- bomben und Pistolen) begleitet sein muß. Als wir uns endlich ermüdet nach unserem Turmzimmer zurückzogen, verabschiedeten wir uns von unseren heimkehrenden Freunden durch gleichzeitiges Abfeuern der Jagdgewehre auf der Plattform des Gebäudes und diese weithin vernehmbare Salve um Mitternacht hatte nur die eine Folge, daß uns aus allen umliegenden Gassen mit unaufhörlichem Knallen geantwortet wurde. Vom Kriegsschauplatze liefen aber schon damals durchaus ungünstige Nachrichten ein. Es gab überaus stürmische Sitzungen in der Kammer, bedrohliche Aufzüge in den Straßen und kleine Krawalle bei der Aufstellung verschiedener Hilfstruppenkörper. Unter den Freiwilligen der philhellenischen Legion lernten wir auch sehr sonderbare Käuze kennen und wenn auch der Wille noch so gut war, es fehlte deutlich an einer der wichtigsten militärischen Vorbedingungen, an der Disziplin. Um das Bild noch bunter zu machen, tauchten dann auch die roten Gestalten der Garibaldianer in den Straßen auf, überall mit großem Halloh begrüßt. Einen schlimmen Eindruck machte in jenen Tagen das von uns persönlich miterlebte gewaltsame Eindringen und Einbre- III. Griechenland. 55 chen in die Waffenhandlungsläden, vorgeblich zum Zwecke der Beschaffung von Gewehren, in Wahrheit aber nur um zu plündern und zu stehlen. Von Finstersehern wurde dies als Beginn einer Revolution angesehen, wozu es aber zum Glück, dank dem besonnenen Einschreiten klarer Köpfe, doch nicht kam. Immerhin schien es mir aber geraten, für diesmal meine Tätigkeit hier abzubrechen und in aller Stille abzureisen. Öfters war ich vorher noch bei dem lieben Dr. Krüper zu Gaste gewesen und hatte mich am 29. April von demselben auf das herzlichste ver- abschiedet, während Leonis schon zeitlich morgens unser Gepäck auf das schöne Lloyd- schiff „Vorwärts“ nach dem Piräus gebracht hatte. Der Abschied von Athen fiel mir damals weniger schwer, da ich doch die stille Hoffung hegte, nochmals wiederzukommen. In angenehmer Gesellschaft und bei vor- trefflichem Wetter ging die Fahrt rasch von statten. Von der messenischen Küste her flogen für kurze Zeit eine Wachtel und eine Nachtschwalbe auf den „Vorwärts“. Nach Patras kam der Dampfer so bald, daß wir einen Spaziergang auf die alte Festung ganz unbedenklich wagen konnten. Aber auch hier mußten wir Flüche auf die Großmächte Europas von einigen aufgeregten Gemütern über uns ergehen lassen. Nur ungerne trennten wir uns dann am nächsten Tage von dem „Vorwärts“, aber ich wollte, meinem Vorsatze getreu, auch diesmal nicht von Griechenland scheiden, ohne vorher noch eine Woche auf Korfu zugebracht zu haben. Deshalb sprachen wir am 1. Mai vormittags in der „Pension Julie“ vor, wo man uns des Krieges wegen, der so manchen Orientreisenden zur Rückkehr veranlaßte, schon längst erwartet hatte. Auch der dor- tige Federnschmücker Rother hatte eine Überraschung für mich in Gestalt eines schon präparierten Geheckes junger Schleiereulen nebst den Bälgen der Alten mit rein weißer, seidenglänzender Unterseite. Die Vögel stammten von der alten Festung, wo diese für die Balkanhalbinsel seltene Art von Lord Lilford schon vor 40 Jahren aufgefunden worden war. Die Ausflüge auf Korfu begannen diesmal mit einer Wagenfahrt nach Palaeokastrizza. Während derselben bemerkte ich an der Mündung des Potamö reiches Vogelleben, weshalb ich dorthin später des öfteren meine Schritte lenkte. Auf der Weiterfahrt ließ ich dann noch beim kleinen See Kunupena anhalten, wo sich im Ufergebüsch einige Zwerg- rohrdommeln zeigten und wo ich einige Schildkröten sammelte. Die örtliche Lage des Monastir Palaeokastrizza ist prachtvoll. Die ringsum be- findlichen zerklüfteten Felsen luden zum Herumklettern geradezu ein, aber die Ormis daselbst enttäuschte mich sehr. In den nur vom Meere aus zugänglichen Höhlungen nisten jetzt noch wenige Paare Felsentauben und von hier an bis hoch in die Berge hinein trifft man die Blaumerle mit ihrem Flötengesang. Da die Zeit zur Rückfahrt noch nicht drängte, erstiegen wir, durch dick und dünn kletternd, das 330 m hoch gelegene große Kastell Angelo. Dabei stießen wir auf ziemlich viele Zugwachteln, weißhalsige Steinschmätzer und, was das Beste war, auf brütende blaugrauköpfige Ammern — das nördlichste mir bekannte Auftreten dieser südosteuropäischen Vogelart. Auf der Rückfahrt sah ich zwischen Govino und der Hauptstadt tausende von ziehenden Uferschwalben, einen verfrühten Mauersegler und eine verspätete Singdrossel. Den Besuch des schon erwähnten Sumpfes an der Mündung des Potamö kann ich jedem zu dieser Jahreszeit auf Korfu weilenden Ormnithologen wärmstens empfehlen. Ich verbrachte am 3. und 5. Mai viele Stunden daselbst und war nicht wenig erstaunt, so nahe der Hauptstadt ein so reges Sumpfvogelleben vorzufinden. Namentlich sind es Strand- und Wasserlänfer, dann Bekassinen und Brachschnepfen, auch Reiher und Giarole, von Kleinvögeln Bachstelzen und Pieper, für welche dieser Platz einen Lieblingsaufent- 56 Ornis balcanica. haltsort bildet. Einmal machte ich auch einen Abstecher nach dem kleinen, nördlich bei Govino gelegenen Süßwassersee, fand dort aber nur emen Graureiher, Zwergrohr- dommeln, ein paar Knäckenten, Zwergsteißfüße und Dutzende von ziehenden Ufer- schwalben. Viel reichere Ausbeute lieferten natürlich der obligate Ausflug nach der Lagune von Korissia und der letzte dieser ganzen Reise, nach den Salzgärten von Lev- kimo, zu welchem uns Hauptmann Polatzek ermuntert hatte. Lange vor Tagesanbruch fuhren wir am 4. Mai wiederum nach Braganiotika und schossen, noch bevor die Schenke erreicht war, vom Wagen aus ein auf dem Telegraphen- draht sitzendes Paar der südlichen Rötelschwalbe. Das war ein guter Anfang! Auf dem Marsche zur Lagune waren die große Menge ziehender Turteltauben, von denen wir ohne Mühe siebzehn erlegten, und das Fehlen der noch immer nicht eingetroffenen Ölbaum- spötter recht auffällig. Interessant war weiters ein Exemplar des Cistensängers, während hier sonst nur die schon früher bemerkten Arten wiedergefunden wurden. Am Sumpfsee gab es Blauraken, Bekassinen und Rallenreiher auf dem Zuge, auf der Düne wieder Nacht- schwalben und Wiedehopfe. Je weiter wir nach Süden kamen, desto lebendiger wurde es am Ufersaume der Lagune: Regenpfeifer, Steinwälzer und eine Menge Wasserläufer trippelten und flatterten hier miteinander um die Wette. Aus beträchtlicher Höhe holte ich aus einem Schwarme vier Lachmeerschwalben herunter und mit sehr verschieden- artigen Strandläufern (7. pugnax, subarcuata, glareola und temmincki) füllten sich nach und nach unsere Jagdtaschen. Schon um 8 Uhr abends saßen wir recht befriedigt wieder vor den Fleischtöpfen der „Pension Julie“. Einen geradezu glänzenden Abschluß bildete der schon erwähnte Abstecher nach Levkimo. Bei herrlichstem Wetter ließen wir uns in vierstündiger Kahnfahrt nach dem durch einen Leuchtturm gekennzeichneten, vorspringenden Teil im Süden der Insel rudern. Die ebene Fläche neben diesem Leuchtturme wird durch umfangreiche Salinen- anlagen ausgefüllt, die aber schon seit langem außer Betrieb zu sein scheinen. Hier ist ein Haupttummelplatz für dieselben Arten wie in der Lagune von Korissia, aber, wie ich glaube, in noch viel erhöhterem Maße. Außer den schon oben erwähnten Vögeln fanden wir noch: Zwergstrandläufer, helle Wasserläufer, Kiebitzregenpfeifer, Storch- schnepfen und Brachschwalben. Reich vertreten waren auch die Seeschwalben — kurz es war eine Lust, von Stunde zu Stunde mit früher nicht beobachteten Vogelarten Bekanntschaft zu machen. Lustig ließen wir noch zu guter Letzt den Tag über unsere Büchsen knallen und hatten gegen Abend gegen 40 Stück erlesener Stücke bei- sammen. Leider gestattete der inzwischen angewachsene Wind erst am folgenden Morgen die Rückfahrt und wir übernachteten in der Ortschaft Levkimo, wo die Leute über den Krieg jammerten und sich uns gegenüber bitter beschwerten, daß keine der christlichen Mächte Europas ihnen gegen den Halbmond zu Hilfe käme. Den ganzen Tag über war übrigens vom epirotischen Kriegsschauplatze her Kanonendonner deutlich hörbar. Erst um 8 Uhr morgens war es möglich, den Kahn flott zu machen, und punkt 12 Uhr mittags legten wir unter der alten Festung an. In fieberhafter Eile besorgten nun alle das nötige Präparieren, rasch wurde gepackt und so gewann ich am 8. Mai noch Zeit, dem nunmehr jedem Fremden offenstehenden „Achilleion“ bei Gasturi ein paar Stunden zu widmen. Entzückt von der reizenden Lage und vielen Details des Prunkschlosses kehrte ich gerade noch rechtzeitig zurück, um mich mit meinen Reise- genossen auf dem altbewährten, uns allen lieb gewordenen „Urano“ einzuschiften, welcher um 3 Uhr Korfu verließ. III. Griechenland. 57 Bald darauf rauschte mit großer Geschwindigkeit knapp neben unserem Dampfter das griechische Kriegsschiff „Miaulis“ vorüber, von mehreren an Bord befindlichen Griechen mit begeisterten „Znrw“-Rufen begrüßt. Das Wetter war ziemlich stürmisch, aber trotzdem erfolgte die Ankunft in Triest pünktlich am 10. Mai um 4 Uhr nachmittags. Da mich am dortigen Molo diesmal Weib und Kinder erwarteten, brauche ich wohl nieht erst zu versichern, daß ich nach der immerhin nicht ganz gefahrlosen, langen Reise mit erhöht freudigen Gefühlen wieder heimatlichen Boden betrat. Dritte Reise 1898. Plangemäß hätten die Arbeiten des bosnisch-hercegovinischen Landesmuseums schon mit der vorigen Bereisung ihren Abschluß finden sollen; die kriegerischen Ereignisse des Jahres 1397 machten dies aber unmöglich. Um nun einige tiergeogra- phische Fragen von größerer Bedeutung lösen zu können oder doch wenigstens der Lösung näher zu bringen, ferner um die bisher nicht besuchten Teile des Peloponnes und die Naturverhältnisse daselbst kennen zu lernen, erschien eine nochmalige, abschlie- ßende Bereisung, wenngleich von kürzerer Dauer, dringend geboten. Die Reisegenossen sowohl wie auch die Zureiseroute waren diesmal andere. Gewichtige Gründe bewogen mich, den von früheren Reisen her bestens erprobten Revierförster Alois Wutte aus Steiermark und den jungen Stavros Strimmeneas aus Athen für diese Fahrt als Begleiter zu wählen. Dann wollte es ein glücklicher Zufall, daß sich uns im letzten Augenblick der in Weidmannskreisen bestbekannte Artillerie- hauptmann J. Roth aus Stuttgart als hochwillkommener Reiseteilnehmer auf seine eigenen Kosten anschloß. Unserem neuen Gefährten, der über eine beneidenswerte Praxis bei der Durchführung derartiger Unternehmungen auf Grund von Reisen in allen Teilen des Erdkreises verfügt, sei gleich an dieser Stelle der aufrichtigste Dank für seine vielen wertvollen Winke und Ratschläge dargebracht. Aus verschiedenen Richtungen kommend, trafen die Teilnehmer, mit Ausnahme Strimmeneas’, am 2. Mai in Fiume ein, brachten zu Mittag das Reisegepäck an Bord des kleinen, aber verhältnismäßig schnell fahrenden Lloyddampfers „Galathea“ und verließen am Abend, die Blicke auf das hell erleuchtete Abbazia zurücklenkend, die rasch emporstrebende Haupthafenstadt des Quarnero. Als erste Vogelart wurde der Eintragung ins Tagebuch eine einzelne alte Härings- möwe in Fiume für würdig befunden, welche Art später nur noch einmal beobachtet wurde, während in den griechischen Gewässern wieder nur Silber- und Lachmöwen dem Schiffe folgten und sonst nur Scharen von ziehenden, schwarzen Seeschwalben von Deck aus zu sehen waren. Auch zwei Wachteln hielten auf der „Galathea“ bei Fano für kurze Zeit Rast. Nach einer recht angenehmen Fahrt unterbrach das Schiff dieselbe am 4. Mai auf drei Stunden im Hafen von Korfu. Wir hatten daher Zeit, unsere Bekannten, wenn auch nur ganz kurz, aufzusuchen. Hauptmann Polatzek zeigte sich sehr erfreut über das Wiedersehen und nicht minder Madame Blanöt, welche die „Pension Julie“ nach dem im Herbste des Vorjahres erfolgten Tode ihrer Mutter auf gleicher Höhe zu halten weiß. Nach Patras kamen wir am nächsten Vormittag, dem (Greorgiostage, Namenstag des Königs und Nationalfesttag. Alle Schiffe hatten ihre Flaggen gehißt und wohin man 58 Ornis balcanica. auch bliekte, sah man die griechischen Farben — die Schwimmhosenfahne, wie sie oft scherzweise genannt wird. Die Straßen der Stadt waren zur Mittagszeit wie aus- gestorben und dunstige Nebelmassen verhüllten die Gebirge, so daß wir alle froh waren, als die „Galathea* bald nach 2 Uhr nachmittags die Anker lichtete, um sie schon vor S Uhr abends im Hafen von Zante wieder fallen zu lassen. Stavros war richtig zur Stelle und geleitete uns nach einem Privathause, wo wir samt dem Gepäck, welches uns vom Zollamte am anderen Morgen ohne Anstände aus- gefolgt wurde, gute und geräumige Unterkunft sowie im Xenodocheion „Europe“ treff- liche Verpflegung fanden. Am Nachmittag begaben wir uns alle auf den eigentümlichen Berg, an welchen sich die Hauptstadt anlehnt. Er besteht durchwegs aus Lehm, der von unzähligen steilen und tiefen Wasserrissen durchfurcht ist, und trägt oben eine in Verfall begriffene, aber noch militärisch besetzte Festung. Die eintönige Farbe des nackten Lehmes im Hintergrunde der Häuser von Zante übt stets auf den Beschauer eine eigentümliche, nicht sonderlich anziehende Wirkung aus, welche durch die vielen Ruinen, nament- lich jene des einstigen Theaters, alles beredte Zeugen der furchtbaren Wirkung des Erdbebens von 1893, noch eine entschiedene Steigerung erfährt. Heute umschwebten unzählige Ufer- und Stadtschwalben sowie ein Alpensegler diesen Kastellberg, welchen wir von allen Seiten bekletterten und in Augenschein nahmen. An der Nordseite an- gelangt, erkannten ich und Stavros ganz sicher vier in einiger Höhe dahimziehende Eleonorenfalken — so weit im Norden und Westen eine auftallende Erscheinung. Sowohl an diesem ersten Tage auf Zante, wie auch an allen folgenden und noch spä- ter auf dem Festlande, war es für mich wirklich von großem Interesse, kennen zu lernen, welche Jagdleidenschaft bei der heutigen griechischen Bevölkerung der Durchzug der Turteltauben hervorruft. Die ältesten Vorderladergewehre werden dann in Stand gesetzt und alt und jung eilt bis in die fernsten Teile der Insel, um von früh bis spät abends auf die vielbegehrten „prywves“ zu knallen. Jedenfalls machten es die Menge der ziehenden Turteltauben und der Mangel an Ersatz von Wild im eigenen Lande, daß auf diese Jagd so viel Wert gelegt wird. Bei dieser Gelegenheit sei auf einige Worte Fiedlers (Bd. I, S. 22) über die jagd- lichen Verhältnisse in Attika während der Dreißigerjahre hingewiesen: „Bei weitem der größte Teil der (für die Umgebung der Hauptstadt) genannten Vögel sind Zug- vögel, die sich im Frühjahr, manche in großer Menge einstellen, sie ziehen aber, sowie es heiß wird, bis auf wenige Arten wieder fort; die Jagd auf sie ist daher alle Jahre neu. Da jetzt eßbare Vögel auf dem Markte so bezahlt werden, daß ein leidlicher Schütze mehr gewinnen kann als auf andere nicht so wnterhaltende Weise, so gibt es deren oft mehr als Wild. Im Jahre 1836 wurden in Athen gegen 1000 Waffenscheine (ohne welchen niemand bewaffnet gehen darf) für Flinten ausgestellt, wovon der größte Teil in der Umgebung von Athen in Anwendung kam. Die Jagd ist bis jetzt noch überall frei.“ So ist es bis auf den heutigen Tag im wesentlichen auch geblieben! Am Markt von Zante gab es damals natürlich Turteltauben in Menge, und zwar nicht nur geschossene, sondern auch zu Dutzenden lebend im Käfig gehaltene, um sie zum Verspeisen jederzeit bei der Hand zu haben. Gleich am Morgen des 7. Mai begannen wir die planmäßige Durchstreifung der schönen Insel mit einer Fahrt nach dem Südosten bis Vasilikos, darauffolgender Bege- hung von Kap Geraki und mit der Ersteigung des Skopös. Am auffallendsten schienen mir bei Vasilikos einige Paare Rötelschwalben, welche eben mit dem Nestbau beschäftigt waren, und am häufigsten zeigte sich allerorts der TII. Griechenland. 59 graue Fliegenfänger, weniger der Halsbandfliegenfänger. Auch Wiedehopf und Bienen- fresser befanden sich noch auf dem Zuge. Kap Geraki hat schon ganz ansehnliche Steilküsten von oft sehr absonderlichen Formen. Mittelmeerscharben und Blaumerlen sind dort die auffälligsten Bewohner. Die Aussicht vom Skopös war durch das trübe und windige Wetter wohl etwas beeinträchtigt, aber dennoch gewann ich von dem felsigen, knopfartigen Gipfel aus eine ganz gute Übersicht über die Oberflächengestaltung der Insel. Ich sah, daß die Kulturen, Gärten und Felder sich bloß über den nordöstlichen Teil derselben erstrecken, während den ganzen Westen öde, karstige Bergmassen ausfüllen. r Den östlichen Hang des Berges, welchen zum Teil Eichenstangenhölzer bekleiden, eilte ich dann hinab, die kaum erwähnenswerten Vertreter der Omis fleißig notierend, um die Gefährten noch am Rande des großen Hafens einzuholen. Hier fiel mir eine sonderbar aussehende, allerdings sehr solide Umzäunung auf. Im Hafen war nämlich ein Schlepper mit einer Ladung Zementfässer gesunken. Man hatte dann die Fässer gehoben, das Holz verwertet und den versteinerten Inhalt, neben- einander gestellt, zu Mauern gestaltet. Der zweite Ausflug führte uns nach Keri im Süden der Insel. Die Fahrt dahin bewegte sich durch sehr verschiedenartiges Gelände. Dort, wo sich die Straße durch mehrere Einschnitte zum Meeresgestade herabsenkt, stiegen wir ein wenig aus dem Wagen und birschten in den Gehölzen, wobei Hauptmann Roth auf einem buschigen Hügel eine Menge fängisch gestellter Schlingen mit Beschlag belegte und einem gefan- genen Pirolweibchen die Freiheit wiedergab. Dieses unheilvolle Schlingenlegen habe ich bloß auf den jonischen Inseln beob- achtet und bin überzeugt, daß solcher Unfug auf dem Festlande selten oder gar nicht vorkommt. In Keri selbst ist vor allem die mit Röhricht und Sumpfgewächsen ausgefüllte Meeresbucht für den Vogelkenner wichtig, welche einen beliebten Zufluchtsort für Wasser- und Rohrvögel bildet; für jedermann von Interesse aber ist der Platz durch seine seit den Zeiten Herodots bekannten Erdpechquellen. Auf einer kleinen Land- zunge befindet sich eine Quelle mit klarem Trinkwasser. Hie und da entsteist ihrem Grunde eine kleine Partie von Erdöl (Petroleum), welches dann auf der Oberfläche als buntschillernde Flecken erscheint und mit dem Wasser abfließt, am Boden der Quelle aber sammelt sich das breiige, schwarze Erdpech an. Von diesem nahm ich in einer Flasche eine tüchtige Menge mit. Wie später zu ersehen sein wird, liegen die meisten dieser Quellen tief unter dem Meeresspiegel. In der Umgebung des erstgenannten Platzes ist die Erde derartig mit Pech getränkt, daß ein Zündhölzchen genügt, um binnen wenigen Minuten eine meterhohe, stark rußende Flamme zu entfachen, aber die durch wenige hmeingeschleuderte Wassertropfen sich bildende Dampfschichte erstickt dieselbe augenblicklich. Merkwürdig erschien es mir, daß Wutte in der Nähe von Keri einen Wasser- läufer schoß, dessen ganze Unterseite mit Naphtha förmlich getränkt war. Auf dem Rückmarsche nach der Hauptstadt schlugen wir eine ganz andere Rich- tung ein, indem wir zumeist dem Strande folgten, nachdem der mit Oliven bewachsene Vorberg östlich von Keri überstiegen war. Hier wurden von eimheimischen Jägern kürzlich in zwei Tagen aus den zu diesem Zwecke hergerichteten Schießständen über 600 Turteltauben erlegt. Am sandigen Strande, an welchem sich ungestüm die brandenden Wogen brachen, auf dem schmalen Dünensaume dahinter und noch weiter landeinwärts im Schilfgrase und 60 Ornis baleanica. dem ziemlich umfangreichen Sumpfe, etwa eine Stunde von der Hauptstadt entfernt, bemerkten wir das regste Vogelleben auf Zante überhaupt, aus welchem ich als charakteristischeste Gestalten nur nennen will: bogenschnäbelige Strandläufer, Temmincks Strandläufer, kleine Silberreiher, Sumpfweihe, Rotfußfalken, Triel, Flüge von Schafstelzen, Cistenrohrsänger und Mauersegler. Als ich drei Tage später mit Hauptmann Roth diesen guten Platz nochmals besuchte, fanden wir neu dazugekommen: Kornweihe, etwa dreißig Kampfschnepfen, drei weißflügelige Seeschwalben und braunkehlige Wiesen- schmätzer. Unser letzter Ausflug auf Zante galt dem Norden mit der höchsten dort gelegenen Erhebung. Bei Tagesanbruch fuhren wir mittelst Eimspänner mitten zwischen den sorgfältig bearbeiteten Weingärten hndurch bis Katastari. Es hatte am Vortage sehr stark und anhaltend geregnet, so daß zwar die Vegetation der ganzen Landschaft erfrischt war, aber große Sorge der Weingärtenbesitzer wegen des Auftretens der gefürchteten Perono- spora herrschte. Von Katastari aus besuchten wir zunächst die an der Ostküste befindlichen Salz- gärten, wo außer etwa dreißig Zwergstrandläufern nur die schon am südlichen Gestade beobachteten Arten anwesend waren. An guten Zugtagen mag jedoch auch hier manch seltener Vogel Rast halten. Auch heute regnete es von Zeit zu Zeit, so daß wir in der reinlichen Schenke von Katastarı Zuflucht suchten und dort einen vortrefflichen, in der Farbe an den stei- rischen „Schilcher“ erinnernden Rotwein vorgesetzt bekamen. Sodann bestieg ich mit Stavros in aller Eile die gegen S00m hohe Vrachiona. Die Hänge sind teilweise mit ziemlich hohem, dichtem und fast durchwegs immer- grünem Strauchwerk bekleidet, wogegen die höheren Lagen sich insbesondere zur jetzigen Jahreszeit trostlos, vegetationsarm und verödet zeigten. Außerdem wurde die Fern- sicht zum Teil durch dichten Nebel sehr beeinträchtigt. Selbst hier auf dem wüsten, sturmgepeitschten Plateau scheuchte ich Turteltauben auf und fand außerdem Kolkraben, die zwei südlichen Steinschmätzerarten und etwas tiefer im Buschwerk Braunkehlchen und Sammetköpfehen. Sobald ich wieder die Olivenpflanzungen betrat, wimmelte es förmlich um mich von grauen Fliegenfängern und auch eine soeben angelangte Baum- nachtigall ließ schüchtern ihre Stimme hören. Ich war froh, vom Berggipfel aus wenigstens einen schönen Überblick über die unfruchtbare und stellenweise arg zerklüftete Westküste gewonnen zu haben. Haupt- mann Roth und Wutte nahmen inzwischen die nördlich von Katastarı gelegene Fels- wand in näheren Augenschein. Jener beobachtete dort einen noch ziemlich dunkel ge- färbten Schmutzgeier und Wutte brachte ein schönes Blaumerlenmännchen mit. Vor der Abfahrt brachte man uns noch einen gestern geflügelten und heute zum Verspeisen geschlachteten braunen Ibis, ein sehr schönes Exemplar, welches ich um eine halbe Drachme erstand. Ein zweites lag schon als Leckerbissen in der Bratpfanne. Da unser Rößlein selbst bald in den Stall zu kommen trachtete, waren wir schon um !/,7 Uhr in der Stadt und bewunderten im letzten Abschnitt der Fahrt die duf- tenden Gartenanlagen, welche gerade auf Zante sich einer so großen Sorgfalt erfreuen und Anlaß zu dem italienischen Sprichwort gaben: Isola Zante — fior di Levante. Am 11. Mai verabschiedeten wir uns beim österr.-ungar. Vizekonsul und besorgten die Einkäufe an Lebensmitteln und Wein für die nächste größere Unternehmung: die Barkenfahrt nach den Strophaden! Auf diese war ich schon lange gespannt, da sie bereits vor einem Jahre hätte statt- finden sollen und der Besuch der beiden kleinen, weit ins offene Meer hinausgerückten IH. Griechenland. 61 Inseln durchaus nicht so einfach zu bewerkstelligen ist. Es ist ein Verdienst unseres Stavros, daß er eine seetüchtige Barke und drei Schiffer zu einem halbwegs annehm- baren Preise für die Fahrt gewann, welche wir in bester Stimmung am 12. Mai um 2 Uhr früh antraten. Allein bald darnach schlug der Wind um und wir waren nach Passieren des Kap Gerakos genötigt, für einige Stunden an der kleinen, aber steilab- fallenden Insel Peluso anzulegen. Durch die Begehung des Eilandes lernten wir die verwilderten Anlagen neben dem einzigen, im Zerfall befindlichen Hause und auch die nichts Außergewöhnliches bietende Vogelwelt derselben kennen. Ein Wanderfalke gab hier seine bekannten Flugkünste zum besten. Auch später war von Zante kein Fortkommen. Wir mußten neuerdings in der Bucht von Keri Schutz suchen, und zwar in nächster Nähe der kürzlich besuchten Erdpechquellen. Den Nachmittag über streiften wir durch die Vorberge. Hauptmann Roth brachte von dort einen Alpensegler, Wutte nach mühseliger und nicht ungefähr- licher Felskletterei ein schönes Paar alter Blaumerlen. Im Boot selbst nächtigten wir und vor Tagesanbruch wurden die Segel gehißt. Im ersten Dämmerlichte kamen wir an der gewaltig hohen Steilküste von Kap Keri vorbei, welche von sehr vielen Silber- möwen, Alpen- und Mauerseglern, auch von einigen Felsentauben bevölkert ist. Bald nachdem das offene Meer gewonnen war, zeigten sich einzelne der großen, grauen Sturm- vögel, später aber so viel, daß sie, eifrig dem Fischfange obliegend, ganze Klumpen bildeten und sogar hie und da sich auf die Oberfläche des Meeres niederließen. Sie waren unsere Reisebegleiter während der ganzen Fahrt und nur zweimal erschien mitten unter ihnen auch je ein kleiner, dunkler Sturmvogel. Noch weit draußen auf dem Meere machten uns unsere Geruchsorgane auf die Nähe von Petroleum aufmerksam, welches in größeren, buntschillernden Flecken auf dem Meeresspiegel schwamm. Es war ein ganz eigentümliches Gefühl, als allmählich sowohl das peloponnesische Gestade als auch die Küste von Zante immer mehr und mehr am Horizonte verschwanden und wir endlich ohne jedes Land in Sicht unser Wohl und Wehe unserer Nußschale an- vertrauten. Später erschienen in der Richtung unserer Fahrt zwei Punkte über dem Meere, ein größerer, das Kloster, und ein kleinerer, der Leuchtturm der Strophaden. Erst als wir ganz in die Nähe kamen, zeigte es sich, daß sowohl die größere als auch die kleinere der beiden Inseln nicht nur ganz flach sind, sondern sich auch nur wenig über den Meeresspiegel, aus einer Tiefe von 2000—3000 m erheben, so daß sie aus der Ferne nur als schmale Streifen erscheinen. Es mochte etwa 11 Uhr nachts geworden sein, als das Boot durch die laute Bran- dung hindurch in den kleinen, künstlich hergestellten Hafen gerade unterhalb des Mona- stirs einbog, welcher zum Glück unseren Schiffsleuten bekannt war. Für eime Landung war es natürlich heute viel zu spät; wir waren schon froh, hier wohlbehalten angelangt zu sein, denn eben dieser Kranz von zum Teil verborgenen Klippen ist die Ursache, daß niemals ein größeres Schiff hier anlegt und auch kleinere nur notgedrungen. So kommt es, daß die Strophaden fast noch niemals besucht wurden. Professor Philippson in Bonn konnte trotz umfassender Nachforschungen nur den Besuch des Grafen Prokesch-OÖsten feststellen, dessen Worte über seine dortigen Wahrnehmungen nebst einer hübschen Legende über ein Ereignis zur Zeit der Türkenkriege im nachfolgenden Platz finden mögen, weil der Originaltext wohl nur wenigen Lesern zur Hand sein dürfte. Prokesch-Östen teilt in seinen „Denkwürdigkeiten und Erinnerungen aus dem Orient“, 2. Bd., 1836, S. 522—524 über die Strophaden folgendes mit: „Am 28. Juni 1825 62 Omis baleanica. Das Kloster auf der größeren Strophadeninsel. mittags kamen wir an der flachen Klippe Stamphania vorüber, deren Kloster schon einige Stunden früher auf dem Spiegel des Meeres sich zeigte, während noch jede Spur von Land unter demselben verhüllt war. Da wir ganz nahe vorüberkamen, so nahmen wir einige Lebensmittel und sandten sie den Mönchen, die schon, da sie uns aus der Ferne sahen, die weiße rotdurchkreuzte Flagge aufgezogen hatten. Ich ging selbst an das Land und wurde mit Dank und Preis empfangen. Fünf bis sechs Mönche kamen mir entgegengelaufen, andere standen neugierig auf dem flachen Dache des Klosters. — Man führte mich in ein Gärtehen, in die Kirche, voll Votivstücken von Schiffbrüchigen, in das geräumige, reinliche Kloster endlich selbst, das gegen die Seeräuber in Vertei- digungsstand gesetzt ist und sogar ein paar kleine Kanonen hat. Seltsam ist der Ge- danke, sich auf dieser Klippe anzusiedeln, die keine Rhede hat und der sich nur bei ganz ruhiger Zeit Schiffe zu nähern wagen — wo man demnach die nötigsten Lebens- mittel von außen erhalten muß, weil die Klippe wenig hervorbringt und überdies den geringen Vorrat oft gegen die Seeräuber verteidigen muß. Was sie bedürfen, holen die Mönche aus der Morea oder aus Zante und jetzt nur noch aus Zante, da die Küste der Halbinsel ganz verlassen ist. „Bei ungestümem Wetter ist keine Zufuhr möglich. Die Schiffe, welche an den Strophaden vorüberkommen, pflegen dem Kloster ein Almosen an Lebensmitteln zu geben und sich dafür wohl einiges Grünzeug und Wasser zu holen. Das Wasser gehört unter die Merkwürdigkeiten dieser Klippe; es springt aus einer lebendigen Quelle. ') Die Mehrzahl der Mönche behauptete, es käme aus Sizilien; andere sagten, unterirdische Kanäle brächten es aus der Morea. — Wer der Welt müde ist, flüchte sich auf diese Klippe. Das Ringen der Völker im Inneren und nach außen, das Steigen und Fallen der Herrschaft, die Eitelkeit des Wissens, der Glanz und Ruhm, der Reichtum und die Macht: sie sind für die Bewohner dieser Klippe nicht.“ Eine interessante Notiz gibt ferner Eugen Freiherr von Gutschmid in einer Fuß- note seiner 1842 erschienenen Übersetzung des Werkes von Dr. B. Biasoletto: „Rela- zione del viaggio dalla maestä del Re Federico Augusto di Sassonia® (Trieste 1841) !) Ich fand nur mit Regenwasser gefüllte Tümpel und Zisternen. D. V. III. Griechenland. 63 auf Seite 4. Erstaunlich ist dabei nur, daß diese nette Legende damals noch für glaub- würdig gehalten werden konnte. Dieselbe lautet: „In Bezug auf den unterirdischen Lauf mancher Gewässer erzählte mir ein Grieche von der kleinen Insel Strofades, un- gefähr zehn deutsche Meilen von Zante entfernt, ein merkwürdiges Faktum. Auf dieser Insel war in dem Kriege zwischen Rußland und der Pforte, der mit dem Brande der türkischen Flotte bei Tschesme endete, eines Tages der Capudan Pascha gelandet, hatte die Bewohner rein ausgeplündert und, damit noch nicht zufrieden, auch die Kirchen- gefäße sich ausliefern lassen. Als er nun vor dem aufgehäuften Golde und Silber stand, fiel plötzlich sein Blick auf eine kleine Schale von Silber; heftig griff er darnach und drückte an einer verborgenen Feder, worauf eine Kapsel sich öffnete, die wohlriechende Substanzen enthalten hatte. Im höchsten Erstaunen fragte er die anwesenden Geistlichen wie diese Kirche zu diesem Kleinod gekommen sei. «Unser Schutzpatron, der heilige Dionysius, hat es uns in einem tiefen Brunnen auf der Insel finden lassen,» lautete die Antwort. «Nun beim Allah,» rief da der Türke aus, «so habt ihr denn einen gar großen Heiligen, denn wisset, dies Gefäß habe ich, als ich vor fünfzehn Jahren in Morea befehligte, dort in den Fluß Rusias fallen lassen, nicht weit von da, wo er unter der Erde sich verliert.» „Er befahl hierauf seiner Mannschaft, alles geraubte Gut den Eigentümern zurück- zugeben, ließ auch die Kirchengefäße wieder an Ort und Stelle bringen, die kleine Schale nieht ausgenommen, die heutiges Tages noch gezeigt wird, und versicherte die Inselbewohner seines besonderen Schutzes. Wirklich blieb auch von da an die Insel ungefährdet während des ganzen Krieges.“ Am Morgen des 14. Mai weckte uns der laute Zuruf der Mönche aus dem Schlum- mer. Dieselben schienen die Ankunft eines Bootes als ein überaus seltenes und un- erhörtes Ereignis zu betrachten. Über den Zweck unseres Hierseins durch die Schiffs- leute aufgeklärt, eilten sie herbei, hießen uns herzlich willkommen und geleiteten uns zum „Igumen“ des stattlichen, weißgetünchten Gebäudes, das wirklich einer Festung eher als einem Kloster gleicht. Auch der Igumen schien über unseren Besuch erfreut und wies uns sofort Zimmer und Schlafstellen für die Dauer unseres Aufenthaltes auf der Insel an, so daß wir uns dort sehr rasch heimisch fühlten. Selbstverständlich trachteten wir so bald als möglich ins Freie zu kommen, um das weltferne Fleckehen Erde kennen zu lernen. In zwei Stunden etwa kann man den Rundgang längs des Ufers beenden und auch mit der Gesamtfläche ist man bald fertig, aber all’ unsere Erwartungen wurden durch das Gesehene übertroffen. An das Monastir schließen sich unmittelbar wogende Getreidefelder an, dann folgt unbebautes, wüstes Gebiet und das übrige Land ist mit verschiedenem Buschwerk, kleinen Wäld- chen der Seestrandskiefer und anderen mediterranen Holzarten bewachsen, ja es gibt auch einige feuchte, tiefeingeschnittene Schluchten und wenigstens jetzt im Frühlinge zwei mit Regenwasser gefüllte Weiher. Am meisten überrascht war ich aber über alles das, was ich im den wenigen Tagen des dortigen Aufenthaltes in ornithologischer Beziehung kennen gelernt und erlebt habe. Der heftige Regen, welcher uns vor einigen Tagen auf Zante heimgesucht hatte, führte auf den Strophaden unter den Zugvögeln eine jener Katastrophen herbei, die nach den Aussagen der Mönche dort nicht allzuselten vorkommen sollen. Infolge des Unwetters hatte eine große Menge nordwärtsfliegender Zugvögel, die Reise unterbrochen, um auf den einladenden Stropbaden Zuflucht zu suchen. Da es aber daselbst nicht eine Spur der gewöhnlichen Insekten gibt, so wurden die 64 Ornis balcanica. vielen so sehr nützlichen Grasmücken, Fliegenfänger und andere Kleinvögel nach kurzer Zeit so entkräftet, daß sie, außer Stande die Reise fortzusetzen, zu Hunderten elend zu- grunde gingen. Überall fanden wir diese Vögel tot oder gänzlich entkräftet selbst in der unmittelbaren Umgebung des Klosters. Aber selbst die Menge der jetzt zur gün- stigen Zeit die Inseln besuchenden Zugvögel war erstaunlich und wechselte von Tag zu Tag ab, so daß es klar ist, daß wir es hier mit einer Vogelzug-Raststation ersten Ranges zu tun haben. Wenn wir uns hierbei ins Gedächtnis rufen, daß auch auf anderen kleinen Inseln der griechischen Gewässer im Osten, z. B. auf dem kleinen Psathura, ein so außerordent: lich reger Vogelzug zu beobachten ist, so möchte ich hiebei auf einige Worte E. F. v. Homeyers verweisen. Dieser ist nämlich in den „Wanderungen der Vögel“, S. 364 f. der Meinung, daß die Vögel Ungarns wohl wesentlich nach der europäischen Türkei und Griechenland wandern, und sagt dann weiters: „Der Zug über Griechen- land und die griechischen Inseln ist ein so allgemeiner, daß es auch nicht eine einzige kleine Insel gibt, welche nicht von einer Menge von Vögeln besucht wird. Dies gibt wiederum einen Beweis für den Zug in breiter Front. Zögen die Vögel im Gänsemarsche, so würden sie nicht überall so gleichmäßig erscheinen.“ Unter der Voraussetzung, daß diese Annahme ebenso für den Frühlings- wie für den Herbstzug gelten soll, möchte ich gerade darauf aufmerksam machen, daß nach den gewonnenen Erfahrungen solche Lieblingsrastplätze, wie die genannten Inseln es zweifellos sind, Verdichtungen der in breiter Front ziehenden Vögel eben nach diesen Inseln zu herbeiführen dürften, ohne daß dabei an eine Art Gänsemarsch gedacht werden muß. Abgesehen von den Stunden, welche zur Konservierung der erlegten oder aufgele- senen Vögel nötig waren, verbrachten wir fast die ganze Zeit unserer Anwesenheit mit dem Abstreifen der beiden Inseln, so daß uns zum Schlusse fast jeder Fleck und jede Strauchpartie bekannt waren. Überall dort, wo stärkere Vegetation, Bäume und Buschwerk auftraten, gab es günstig angelegte Birschsteige, eine große Anzahl (wenigstens 100) Schießschirme, viele bequem eingerichtete Schießhütten und rings um diese künstlich angebrachte Aufsitzäste — all dies bloß zum Abschuß der im Frühling in unglaublicher Menge hier durchziehenden Turteltauben. Fast sämtliche auf der Insel weilenden Mönche — damals waren es achtzehn, die nebst zwei Dienern und zwei Leuchtturmwächtern die Gesamtbevölkerung ausmachen — widmen sich mit Leidenschaft diesem einträglichen Vergnügen. Auf einzelne Tauben pflegt man gar nicht zu schießen, sondern man wartet, bis die Neuankömmlinge oder die von anderen Schießstellen verscheuchten Turteltauben sich in größerer Anzahl dicht nebeneinander auf die Aufsitzäste niedergelassen haben, damit jeder Schuß gehörig viel ergebe. Auf diese Weise brachte ein Klosterbruder während unseres Aufenthaltes fünfzehn Stück mit einem einzigen Schusse zu Fall. Trotzdem sollen in einer Saison durchschnittlich nieht mehr als 600—700 Tauben zusammen gebracht werden. Es gewährt einen eigentümlichen Anblick, wenn man diese frommen Schützen an den geschilderten lauschigen Plätzen die Tageszeit mit Laden und Abfeuern ihrer alt- modischen Vorderladerflinten, dem Auflesen und Rupfen der erlegten Turteltauben, dann wieder mit Beten sowie Einnehmen der mitgenommenen Leibesstärkungen verbringen sieht. Erst nach mehrstündigem Beschießen an allen Ecken und Enden der Insel wird den geängstigten Vögeln die Geschichte endlich denn doch zu bunt und in geschlossenen III. Griechenland. 65 Schwärmen aufwirbelnd und sich vereinigend, verlassen sie gegen Norden weiterziehend die Unglücksstätte. Die erbeuteten und sorgfältig gerupften Tauben werden ausgenommen, in großen Gefäßen mit Weinessig überbrüht und über Zante in den Handel gebracht. Den 17. Mai benützten wir zur gründlichen Untersuchung der kleineren Insel, welche einen ziemlich guten Hafenplatz besitzt. Hier war es auch, wo wir vielfach mit dem großen grauen Sturmvogel (Puffinus kuhli) an seinem Nistplatze in Berührung kamen, seine nächtliche Lebensweise sowie sein kalkweißes Ei neuerdings kennen lernten und schließlich zur Überzeugung gelangten, daß man die Sturmvögel als die Vertreter der Harpyen des Altertums zu betrachten habe.!) Während unseres Aufenthaltes auf den Strophaden kamen sehr oft, namentlich nächtlicherweile, nach den verschiedensten Richtungen hinsteuernde Dampfer in Sicht, aber man ist sich dabei stets bewußt, daß viele Jahre vergehen können, ohne daß ein solcher auch nur in die Nähe dieser Flachklippen herankäme. Die laue, herrliche Witterung an jenen Tagen begünstigte unsere Beobachtungen und die Vogeljagd ungemein, nur am 15. Mai wurde diese durch einen fast 24 Stunden andauernden heftigen Majstral beeinträchtigt. Ich versäumte damals nicht, einige Gesteinsproben von der Insel mitzunehmen und die Kinder der dortigen Flora möglichst vollzählig in das Pflanzenpapierpaket ein- zulegen. Aber nur ein kleiner Windling (Convolvulus lineatus L.) erwies sich als für die griechische Flora neu. Immer wieder zog es uns unwiderstehlich aus den dicken Klostermauern hinaus, an den kleinen Weiher, wo jederzeit Vogelleben herrschte, oder nach den schattigen, feuchten Schluchten, wo das verwilderte Haushühnervolk ein beschauliches Dasein führte und, wie ich in Athen später erfuhr, zu abenteuerlichen Gerüchten über „pindarische Gockelhähne“ auf den Strophaden Veranlassung gegeben hatte. Von den zahlreichen anwesenden Raubvögeln, die sich fast täglich abzulösen schienen, war der pfeilschnelle Eleonorenfalke entschieden der interessanteste; von Säugetieren gibt es außer eingeführten Haustieren überhaupt nur ein einziges, nämlich die Mönchsrobbe (Pelagius monachus), welche nicht allzuselten hier ihre schöne Haut im Kloster lassen muß. Gerne wären wir alle noch länger auf dieser echten „Vogelwarte“ des Jonischen Meeres geblieben, aber erstens ging der Proviant bedenklich zur Neige und zweitens forderten unsere Schiffsleute in geradezu unverschämter Weise zur Rückreise auf. So nahmen wir denn am Morgen des 18. Mai von den freundlichen Mönchen herzlichen Abschied und stachen bei ziemlich günstigem Winde in See, nicht ohne vorher der uns zu Ehren gehißten griechischen Klosterflagge den landesüblichen Gewehrsalut geleistet zu haben. Über die nun folgende Fahrt wäre nichts Bemerkenswertes zu berichten, außer, daß wir durch den Eigensinn der Matrosen in die höchste Wut versetzt wurden. Obwohl nämlich der Wind für die Fahrtrichtung nach Katakolo an der peloponnesischen Küste durchaus günstig gewesen wäre, hielten jene Lumpen den Kurs gegen alle Abmachung direkt auf Zante zu, um sich einfach den Umweg zu ersparen. Bitten, energische Gegenvorstellungen, Drohungen waren vergeblich, und es zeigte sich wieder einmal deutlich, daß der Reisende im Segelboot vielfach ein Spielball des Schiffsvolkes zu sein pflegt. Da noch obendrein zuletzt Windstille eintrat und zu den Rudern gegriffen werden mußte, istesleicht erklärlich, daß wir — Mitternacht war schon vorüber — 1) Siehe Ornithologische Monatsberichte, Jahrgang 1902, S. 133: Der Harpyen Wohnsitz. Reiser. Ornis balcanica. III. {5} 66 Ornis balcanica. in nicht eben rosiger Stimmung, weil gänzlich gegen unseren Reiseplan, nochmals den Hafenguai von Zante betraten. Zum Glück konnten wir schon wenige Stunden später die Dampfbarkasse „Kephalonia“ zur Überfahrt nach dem kleinen Bade Lutra-Kyllene am Kap Glarenza benützen, das wir noch am Vormittag des 19. erreichten. Hier herrschte überall festliche Stimmung, denn kurz nach unserer Landung entstieg dem kleinen Eisenbahnzuge der Zweigbahn, von Patras über Kawassilä kommend, König Georg von Hellas, um auf blumen- und blätterbestreuten Pfaden die neuerbauten Bade- Baulichkeiten und -Anlagen zu besichtigen. Der Jubel und das unvermeidliche Fest- mahl hatten noch kein Ende, als wir mittels derselben Zweigbahn nachmittags Lutra verließen und nach angenehmer Fahrt abends in Pyrgos eintrafen. Die Bevölkerung dieses aufstrebenden Städtchens zeichnet sich durch echt süd- ländische Lebhaftigkeit aus. Während am folgenden Tage Stavros unsere Post von Katakolon herbeiholte, hatten wir übrigen reichlich Zeit, nicht nur unsere Korrespondenz zu erledigen, sondern auch Pyrgos selbst eingehend zu besichtigen. Während zweier von hier aus unternommener Tagesausflüge lernten wir die Lagunen von Muriä und von Agulinitsa kennen, sowie die Düne, welche jene vom Meere trennt. Hier gab es wieder ein ganz eigenartiges Vogelleben: einzelne Brach- schnepfen, Möwen, Strandläufervolk, deren Anwesenheit man zu dieser Jahreszeit wohl am Brutplatze, nicht aber hier auf dem Durchzuge vermuten möchte. Auf der Düne von Muriä hatte ich wieder ein Abenteuer mit drei bissigen, sich wie toll gebärdenden Wolfshunden zu bestehen, wobei der Rädelsführer des unangenehmen Kleeblattes diesmal einen zerschossenen Vorderlauf davontrug. Weil wir uns aber in diesen Tagen wiederholt solch bösartiger Köter zu erwehren hatten und es begreif- licherweise stets sehr böses Blut macht, einen Hund zu erschießen, verfiel Hauptmann Roth auf ein ausgezeichnetes Mittel zur Abwehr, welches ich für die Hinkunft jedem flintenbewehrten Besucher Griechenlands angelegentlichst empfehle. Wir entfernten aus einer Anzahl unserer Jagdpatronen die Schrote und füllten sie statt deren mit grobkörnigem, scharfkantigem Seesalz. Jeder von uns trug ein paar solcher Salzpatronen bei sich und die Wirkung, wenn eine derselben auf kurze Entfernung unseren zähne- fletschenden, angriffsbereiten vierfüßigen Widersachern auf den Schädel abgefeuert wurde, war stets von Erfolg begleitet, ohne eine sichtbare Verwundung herbeizuführen. Auch in der größeren und tieferen Lagune von Agulinitsa, wo es viele Fische, namentlich Aale gibt, fanden wir ganz auffallend wenige Brutvögel. Hie und da zog ein Schwarzhalssteißfuß oder eine Moorente durch die blaue Flut und in dem Binsicht war ein paarmal der abgerissene Gesang des Teichrohrsängers zu erlauschen, aber sonst blieb es hier ebenso still wie in dem prachtvollen Altbestande von Seestrandskiefern, welcher die Düne zum größten Teile weithin bedeckt. Und doch war die offene Wasser- fläche fortwährend belebt durch Hunderte von in Gruppen dahinflatternden schwarzen Seeschwalben, dabei nur wenige weißflügelige, welche alle augenscheinlich eiligst ihrem Sommeraufenthalte weiter im Norden zustrebten. Am Heimwege durchwateten wir stundenlang einen großen Teil der stark salzigen Lagune, ohne dabei ein besonders erwähnenswertes Ergebnis zu erzielen, außer allgemeiner Ermüdung. Ein armer Hirte labte uns unaufgefordert mit frischer Milch und sträubte sich lange, etwas dafür anzunehmen, ein kleiner Beweis jener Gastfreundlichkeit, der man in Griechenland so oft begegnet und die bei jedem Fremden eine angenehme Erinnerung zurücklassen muß. III. Griechenland. 67 Am Vormittag des 24. Mai langten wir mit der Eisenbahn an der weltberühmten Stätte des alten Olympia an. Selbstverständlich verging fast der ganze Tag nur zu schnell mit der eingehenden Besichtigung des Museums mit seinen bekannten Sehenswürdig- keiten und der Ausgrabungen, welche deutsche Arbeitskräfte der wissenschaftlichen Welt erschlossen hatten. Nur gegen Abend wurde noch ein „bewafineter“ Spaziergang nach Dhruwa und über den sogenannten „Freierhügel“ hinaus im Alpheiostale aufwärts und wieder zurück unternommen. Obwohl wir alle auch hier unvergeßliche Eindrücke empfingen, so muß ich doch der Wahrheit die Ehre gebend gestehen, daß ich mir nach unserer unvollkommenen Schulweisheit die Stätte der olympischen Spiele ganz anders, namentlich räumlich viel ausgedehnter vorgestellt hatte. Auch entspricht das stark verwitternde, brüchige Material der steinernen Bauten den Erwartungen des Besuchers keineswegs. In einer kapellenartigen Wölbung des römischen Teiles des Ausgrabungsfeldes fiel mir ein daselbst nistendes Paar der Rötelschwalbe auf und das zutrauliche Wesen dieser südlichen Schwalbe fesselte mich und meine Begleiter sehr — wir dürften wohl nach wie vor die einzigen Menschen gewesen sein, die an solchem Orte ihr Augen- merk auf jene leichtbeschwingten Vögelchen richteten. Tags darauf verließen wir zeitlich das hübsch eingerichtete ‘Hotel in Olympia und zogen das Kladeostal hinauf bis nach dem Dorfe Lala, eine ebenso romantische als abwechslungsreiche Wanderung. Lala liegt schon ziemlich hoch am Rande einer sich weithin ausdehnenden Terrassenlandschatt, welche durch ihren Reichtum an gelbroten Kirschen berühmt ist. Tatsächlich bekamen wir ziemlich viel von dieser erfrischenden Frucht daselbst zu sehen und zu verkosten. Nach kurzer Rast ging es nordwärts weiter und gar bald betraten wir jenen pracht- vollen Wald sommergrüner Eichen (Quercus conferta), welcher im Altertume Pholo& hieß, jetzt aber Kapellis genannt wird. Wenn ich im Schatten der dortigen Bestände, die das Stangenholzalter kaum überschritten hatten, birschend herumschlenderte und den üppigen, grasreichen Unterwuchs bewunderte, glaubte ich mich im Geiste nach gewissen Gegenden des Wienerwaldes versetzt und konnte durchaus keine Ähnlichkeit mit irgend einem der bisher gesehenen Landschaftsbilder Griechenlands herausfinden. Mitten in dieser Waldidylle errichteten wir neben einer kleinen Kapelle und unter einer besonders großen und schönen Eiche unsere Zelte und blieben dort bis zum 28. Mai. Bald zeigte es sich, daß wir hier einen vortrefflichen Platz zum Sammeln gefunden hatten, welcher eigentlich eines viel längeren Aufenthaltes wert gewesen wäre. Zahlreiche hier nistende Eichelhäher, Schwarzamseln, Misteldrosseln, östliche Mittel- buntspechte, Baumkleiber, Heidelerchen und Rotkopfwürger bevölkerten den Bestand; und besonderes Interesse erweckten bei uns ein Paar Schlangenadler, dann der Halb- halsbandfliegenfänger und einer der charakteristischesten Brutvögel dieser Gegend, der Berglaubvogel. Die genannte gefiederte Gesellschaft gab uns natürlich an jenen schönen Tagen genug zu tun, bis wir davon eine genügende Anzahl beisammen hatten, und bei den Schlangenadlern gelang es uns überhaupt nicht, einen zu erlegen, sondern diese wurden, wie sich Hauptmann Roth auszudrücken pflegte, elend „vermöbelt“. An Säugetieren wurden Hase, Fuchs und Igel festgestellt. Nur sehr ungerne trennten wir uns von dieser schönen Gegend, um wieder gegen Platanos zum Kladeos- tale abzusteigen. Es fiel mir hiebei auf, daß die den Küstenstrichen eigentümliche Aleppo- oder Seestrandskiefer hier nahezu bis zum Rande des Plateaus sich aufwärts verbreitet hatte, während die begleitenden Laubhölzer aus Platanen, Stemeichen, Baumheide, Erd- beerbaum und Hopfenbuche bestanden. 68 Ornis baleaniea. An den zu Tal führenden Felsabsätzen gab es kleine Siedlungen der Rötelschwalbe. Mit der Untersuchung ihrer kunstvoll gebauten Nester verloren wir viel Zeit und schließlich erwies es sich, daß dieselben durchwegs noch leer waren. Auch an den siebartig durchlöcherten Sandstenwänden unweit der Eisenbahnstation Platanos hatte ich denselben Mißerfolg. Hier lebten gegen hundert Paare Rötelfalken, Dohlen und Blauraken friedlich beisammen. Die Hitze war hier zum erstenmale wirklich drückend geworden und wir waren alle froh, nicht lange auf den Eisenbahnzug warten zu müssen, welcher uns rasch nach Pyrgos zurückbeförderte. Auf einem Abschiedsspaziergang hatten wir gegen Abend das seltsame Erlebnis, aus einer der Kirchen des Städtchens stürmisches Händeklatschen als Beifallskund- gebung der andächtigen Gemeinde zu vernehmen. ; Als wir am folgenden Morgen nach kurzer Bahnfahrt im Hafenplatz Katakolon angekommen waren, erhielten wir sogleich die unangenehme Kunde, daß die Schiffahrts- gesellschaft „Tzon“ keinen Dampfer hierher verkehren läßt und wir deshalb genötigt seien, zwei Tage auf ein anderes Schiff zu warten. Es blieb daher nichts übrig, als sich in das Unvermeidliche zu fügen und, da in der Nähe nichts von Belang zu sammeln war, die Zeit mehr oder weniger zu verbummeln. Einerseits durchstreiften wir die Gegend beim Leuchtturm vorbei nach der Kaphöhe, andererseits den Küstensaum entlang bis in die Nähe der Lagunen von Muriä und endlich wurde der gewaltigen „Mäusefestung“ Pon- tekokastron ein flüchtiger Besuch abgestattet. In der Nähe des Kaps gelangten wir über fast pflanzenlose, fahlgelbe Erdhänge in einen kleinen Einschnitt, in welchem sich ein durchdringender Gestank bemerkbar machte. Die übelriechenden Schwefelwasserstoffgase entströmten an mehreren, durch kalkigen Überzug leicht kenntlichen Stellen der Talsohle, welche zwischen erdigen Bestandteilen deutliche Beimischungen von Schwefel und salzähnlichen, nach Alaun schmeckenden Blättchen zeigte, wovon ich Proben mitnahm. Bei der Strandwanderung stießen wir dagegen auf eine große Brutsiedlung der Uferschwalbe in der sandigen Steilböschung der Küste nordöstlich von Katakolon, die wir mit Muße untersuchen konnten. In der Nacht zum 31. Mai erhob sich ein starker Sturm und außerdem wollte das Bellen, Heulen und Raufen der vielen herrenlosen Hunde in der Nähe unseres Quartiers durchaus kein Ende nehmen, so daß unser Schlaf fortwährend gestört wurde. Endlich erlöste uns um 11 Uhr vormittags der Dampfer „Kriti* der Gesellschaft „Gudes“ von unserer Untätigkeit in dem langweiligen Hafenplatze und brachte uns nach kurzem Anlegen vor Kyparissia!) gegen Abend nach Pylos. Die See war noch sehr bewegt und das kleine Schiff schlingerte ganz gewaltig, so daß mehr als die Hälfte der Fahrgäste unpäßlich geworden war. Die Lage von Pylos neben den großen Festungswerken macht auf den Ankömmling zur See einen sehr gewinnenden Eindruck, zumal die Umgebung für das Städtchen eine geradezu reizende Umrahmung bildet. Dem dortigen Polizeihauptmanne war unsere Ankunft von Athen aus telegra- phisch angezeigt worden, weshalb er uns äußerst liebenswürdig empfing und nach unseren Wünschen fragte. Wir hatten jedoch keine vorzubringen, sondern machten gleich am 1. Juni durch den nach Süden führenden Taleinschnitt hindurch einen Abstecher nach dem historisch berühmten Modon. Hier erst betraten wir wieder festes Kalkgestein ‘) Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, von der Route dieser Küstendampfer aus die beiden Strophaden- inseln zu sehen, wie noch in der neuesten Auflage des „Baedeker“ behauptet wird. III. Griechenland. 69 und die ganze Landschaft trug das unverkennbare Gepräge des Karstes. Schon die daselbst beobachteten und erlegten gefiederten Bewohner verrieten dies: Orpheus- grasmücke, Felsenkleiber, Blaumerle, Steinkauz und auf dieser Reise zum erstenmale auch die blaugrauköpfige Ammer. Den Berghang des spitzen H. Nikolaos zog ein Kolkrabe entlang. In Modon selbst verwendeten wir eine beträchtliche Zeit auf die Besichtigung der gewaltigen venezianischen Festungswerke, gegenwärtig wirkliche Ruinen. Etwa vierzig umherliegende eiserne Geschützrohre verschiedenen Kalibers gaben Zeugnis von der einstigen Bedeutung des Platzes, von welchem man eine wundervolle Aussicht nach allen Seiten, namentlich auf die vorgelagerten Inseln Sapienza und Skiza genießt. Rasch eilten wir auf demselben Wege nach Pylos zurück, das wir noch vor der Dämmerung erreichten. Der 2. Juni galt der historisch so überaus bedeutsamen Umgebung im Westen und Norden der Stadt. Ein Segelboot brachte uns zunächst zum Leuchtturmfelsen an der Einfahrt in die Bai von Navarino, welcher zahnartig aus den Fluten emporrast. Ein oft leiterartiger, schmaler Steig führt auf den beschränkten Raum der Gipfelfläche, wo neben dem Leuchtturm ein hübsches Marmordenkmal Platz fand, welches von der Regierung Frankreichs im Jahre 1890 zum Andenken an die Ereignisse von 1827 und die Expedition seientifique de Moree von 1828—1531 hier errichtet wurde. Unsere Bootsleute durchsuchten die senkrecht zum Meere führenden Felsspalten auf mein Geheiß nach Nestern des Alpenseglers, der hier zahlreich nistet, konnten jedoch der engen Spalten wegen nur ein aus zwei Eiern bestehendes Gelege erreichen. Bald darauf durchfurchte unser Boot mit geschwellten Segeln die Bai und legte an dem nördlichen Ufersaume an. Dort dehnen sich die Moräste von Osmanaga ziemlich weit landeinwärts aus, wo vor 70 Jahren die Kommission der Expedition seientifique de Morde ihre Studien anstellte und damals Flamingos und Sultanhühner beobachtet haben will. Wenngleich von diesen begehrenswerten Vogelarten heutzutage dort keine Spur mehr zu finden ist, so ist doch die Örtlichkeit für ein solches Vorkommen sehr geeignet und es ist die Möglichkeit immerhin vorhanden, daß in jener entschwundenen Zeitperiode sich die genannten Vögel dort wirklich gezeigt haben. Zur Winterszeit soll diese Gegend von Wasservögeln wimmeln, bei unserem Besuche erschienen jedoch die Sümpfe geradezu vogelleer, nur ein Kolkrabe zog vorbei, acht graue Reiher suchten nach Nahrung, etwa achtzig Silbermöwen machten Jagd auf Fische und die Schnepfenvögel waren durch einen Flug der rostroten, bogenschnäbeligen Strand- läufer vertreten. Im niedrigen Grase dagegen trippelten schwarzköpfige Schafstelzen einher. Die auffallendste Erseheinung bildeten eine große Menge, ja Tausende von toten Aalen der verschiedensten Größe, welche am Rande der Lagune oder in den seichteren Tümpeln weithin umherlagen. Die Ursache dieses Massensterbens blieb mir völlig rätselhaft und auch unsere Bootsleute wußten keine befriedigende Aufklärung darüber zu geben. Nach einer Umkletterung der bis hart an die Meeresklippen heranreichenden Festungsanlagen von Pylos und nachdem alle gesammelten Stücke sorgfältig konserviert worden waren, verließen wir um '/, 11 Uhr abends auf dem Dampfer „Nea Hellenia“ diese interessante Gegend und landeten um 3 Uhr früh am 4. Juni in Neae Kalamae, dem Hafenplatz von Kalamata, Messeniens reizender Hauptstadt. Im gleichnamigen Gasthofe fanden wir ganz gute Unterkunft und widmeten den Tag verschiedenen orientierenden Spaziergängen und ausgiebiger Briefschaftenerledigung. 70 Ornis balcaniea. Wir lernten in Kalamata bald einen äußerst rührigen und lebhaften Handelsplatz kennen, dessen Lage ringsum zwischen Gartenanlagen mit viel Gemüse- und Obstbau eine geradezu beneidenswerte genannt werden muß. In keiner anderen Stadt Griechenlands kann man bei der großen Hitze sich an reinerem und kälterem Brunnenwasser erfrischen als hier, und da nunmehr auch die Eisenbahnverbindung mit Tripolitza, somit auch mit Athen hergestellt ist, lassen die Ver- kehrswege zu Wasser wie zu Lande nichts mehr zu wünschen übrig. Natürlich war es sehr einladend für uns, gelegentlich des ersten Ausfluges die an die Gärten angren- zenden Olivenwälder zu durchstreifen. Zu diesem Zwecke teilten wir uns in zwei Gruppen. Stavros und Wutte gingen gegen Westen und beschäftigten sich emen ganzen Vormittag lang mit dem großen Ölbaumspötter, der jedem Nachsteller durch seine große Vorsicht und Ruhelosigkeit genug zu schaffen macht. Trotzdem brachten sie vier Stück heim, während mir, der ich zusammen mit Hauptmann Roth im Nedontale aufwärts und dann an den Berghängen emporstieg, nur ein einziger solcher Vogel nach geraumer Zeit der Verfolgung zur Beute fiel. Es war Sonntag und bei sonneglühender Beleuchtung betrachteten wir mit Entzücken von der Höhe herab den blauen messenischen Golf und die überall reichlich mit hellem Grün durchsetzte Häusermenge an dessen Ufersaume. Unter uns im Nedontale übte sich eine Abteilung Soldaten im Scheibenschießen, aber bei der steigenden Tageshitze rückte die kleine Truppe gar bald ein und auch wir wandten uns ebenfalls heimwärts, um am Nachmittag noch den gegen Norden abgehenden Zug zum Besuche von Ithome benützen zu können. | Durch eine in jeder Hinsicht liebliche und fruchtbare Ebene dahineilend, verließen wir die Bahn mit einstündiger Verspätung in der Station Tsepheremini und waren bestrebt, möglichst rasch zum Monastir Vurkano hinanzukommen; aber bald wurde es dunkel und nun ging’s querfeldein über Stock und Stein gerade auf das erleuchtete Kloster zu. Trotz der vorgerückten Stunde (!/,9 Uhr) wurden wir von den an solche Besuche natürlich schon gewöhnten Mönchen sehr freundlich aufgenommen. Am frühen Morgen des 6. Juni setzten wir dann den Aufstieg bis zum Gipfel des Ithome-Vurkanoberges fort, ebensowohl den üppigen. Buschwald desselben als die gewaltigen Mauerreste der alten Befestigungsanlagen bewundernd. Aber nicht bloß für den Altertumsforscher ist der Ausflug zur Stätte des alten Messene von Wichtigkeit, auch der Zoologe findet hier reichlichen Stoff! zur Beobachtung und zum Sammeln. Schöngefärbte Blaumeisen und Hänflinge, dann aber. auch vor allem die nett gezeichnete Rüppells-Grasmücke trieben sich an den Berghängen umher. Leider drängte die Zeit und wir mußten trachten, zur Station Tsepheremini möglichst bald wieder abzusteigen. In deren Umgebung wurde die Zeit bis zum Eintreffen des Eisenbahnzuges zumeist mit Fröschefangen ausgefüllt, da ich unter einigen dieser Batrachier die vielbegehrte Rana graeca erkannt hatte. In Kalamata hatten wir an demselben Tage gerade noch Zeit, unsere Ausbeute an Vögeln u.s. w. zu konservieren und Vorbereitungen für die Weiterreise zu treffen, welche aber auch noch einen Teil des nächsten Tages in Anspruch nahmen, da wir unser überflüssiges Gepäck zur Entlastung zu Schiff nach Gythion voraussandten, was ein allgemeines Umpacken erforderte. Auch war es gar nicht so leicht, jetzt, wo die Leute viel Feldarbeit zu bewältigen hatten, Tragtiere und „Agojatis“ aufzutreiben. Endlich waren wir aber doch mit zwei martialisch aussehenden Gesellen handeleins geworden und es galt nur noch einen einzigen Übelstand vor der Reise ins Gebirge zu beseitigen. Wutte hatte nämlich gegen Dysenterie eine zu starke Dosis Rhus ” III. Griechenland. 71 toxicodendron, ein äußerst wirksames Gegenmittel, eingenommen und war unter Ver- giftungserscheinungen erkrankt. Glücklicherweise erholte er sich aber von den Fol- gen dieses Pflanzengiftes sehr rasch, so daß keinerlei Verzögerung in der Abreise eintrat. Hier will ich auch noch einschalten, daß die Seidenindustrie, wenngleich im Rück- gange begriffen, dennoch einen großen Bevölkerungsteil beschäftigt, und jeder von uns nahm sich als Andenken von den verhältnismäßig billigen Erzeugnissen das eine oder andere Stück mit. Am 8. Juni bewegte sich dann unsere Karawane die ziemlich öden Vorberge nord- östlich von Kalamata hinan und der prachtvolle Rückblick nach Messenien und dem Golf war beim Aufstieg entschieden am meisten erwähnenswert. Erst höher oben in der Umgebung des Gebirgsdorfes Ladä, wo Mittagsrast gehalten wurde, betraten wir kleinere Bestände der Edelkastanie und noch höher, schon gegen die Kammhöhe zu, gelangt man in den Bereich der Schwarzkiefer, welche dieser ganzen Berglandschaft eigentümlich ist. Keineswegs findet man aber, weder hier noch auf der lakonischen Seite die Aleppokiefer, die den Küstengegenden angehört und in Baedekers Reisebuch (Seite 368, 4. Auflage) mit der Schwarzkiefer verwechselt wurde. Der höchste Punkt des hensange: an der Grenze zwischen Messenien und Lakonien ist durch eine kleine Kapelle H. Elias gekennzeichnet. Nach kurzem Abstieg bis zum Chan Langada beschlossen wir, uns dieses viel- versprechende, wilde Bergland ein wenig näher anzusehen und für ein paar Tage hier den Weitermarsch zu unterbrechen. Bei herrlichstem Sommerwetter unternahmen wir infolgedessen tagsdarauf einen Ausflug in die Xerovuni genannten Vorberge des Malevosgebirges, wobei unser Wirt als Führer diente. Tief eingerissene Seitentäler und Schluchten erschweren hier nach allen Seiten hin jede Wanderung und im allgemeinen sieht es bis in die alpine Zone hinauf recht öde und trostlos aus, nur stellenweise wird das Auge durch prächtige Gruppen alter Schwarzkiefern erfreut. Auch die Vogelwelt zeichnet sich dort nicht durch Formenreichtum aus. Während in den buschiseren Schluchten Zaunkönig und Rot- kehlehen ihr munteres Wesen treiben, reicht die Verbreitung von Baumlerche und besonders der hübschen Zippammer bis in die höchsten Lagen hinauf. Hier sollen auch Bruthöhlen der Alpendohle vorhanden sein, doch bekamen wir gar keine Dohle zu sehen, nur ein paar Steinadler, ein einzelner, dem hohen Taygetos zufliegender Bartgeier, mehrere Turmfalken und ein gewöhnlicher Sperber ließen sich in der alpinen Zone blicken. Auch die kleineren Ausflüge längs des schäumenden Baches gegen die romantische Langadaschlucht zu, sowie nach den Bergzügen unmittelbar an der Grenze waren recht anstrengend, da in dieser ganzen Gegend sich buchstäblich kein ebenes Plätzchen befindet. In den Wipfeln der breitästigen Föhren und in den wenigen Apollotannen waren bloß drei Vogelarten wirklich häufig: Buchfink, Tannenmeise und auch unser anmutender Fichtenkreuzschnabel. Dieser war aber so scheu, daß es nur dem bedächtigen Wutte gelang, am Ansitz vier Stück für unsere Sammlung zu erbeuten. Am 11. Juni nachmittags besuchten uns in unserer Hütte für kurze Zeit die auf dem Ritte nach Sparta begriffenen deutschen Archäologen Sieveking und Stier. Schon am nächsten Morgen folgten wir den Genannten und konnten mit Muße die eigenartige Schönheit der Langadaschlucht bewundern. Zahlreiche Brutsiedlungen der Felsenschwalbe, auch einige des Rötelfalken erregten unsere Aufmerksamkeit und etwas weiter talabwärts begegneten wir den ersten Steinspatzen, 12 Ornis balcanica. Glühende Hitze lagerte über den Fluren von Sparta, als wir uns gegen Mittag der gartenreichen Hauptstadt Lakoniens näherten. Neu-Sparta hatte für uns wenig Anziehendes und es wurde von vornherein beschlossen, hier nicht lange zu verweilen. Nachmittags fuhr ich mit Herrn Stier nach Mistra, um diese mittelalterliche Ruinenstadt kennen zu lernen und nahm von derselben zum Andenken eine Blaumerle mit. Der Abend verflog in angenehmer Gesellschaft nur zu rasch und eine Verzögerung am folgenden Vormittag, welche unseren Agogiaten zur Last fällt, wurde zu verschie- denen Spaziergängen bestens ausgenützt. Erst gegen Mittag, bei sengender Hitze setzte sich unser Trupp in Bewegung und der nach Durchquerung der Ebene zu bewältigende Aufstieg nach Anavryti wurde allen sauer, umsomehr, als uns drei Nichthellenen einige roh verspeiste grüne Gurken, ein griechisches Nationalgericht zu dieser Jahreszeit, durch- aus nicht gut bekommen wollten. Wir fanden in Anavryti in demselben Hause über Nacht Unterkunft, in welchem Dr. Krüper im Jahre 1860 längere Zeit wohnte, und ein Teil der Leute erinnerte sich noch sehr wohl seiner damaligen Anwesenheit. Fast der ganze 14. Juni verging dann mit dem mühseligen Marsche bis zum Joche H. Varvara durch die Vorberge des Taygetosgebirgszuges. Diese Landschaft entbehrt besonders hervortretender Reize trotz der schütteren Nadelholzbestände in den oberen Lagen. Steinadler, Baumfalke, Misteldrossel und Kreuzschnabel konnten wenigstens als öfters beobachtet ins Notizbuch eingetragen werden, aber im übrigen beschränkten sich die Erscheinungen der Vogelwelt auf die allergewöhnlichsten Arten. Die letzten Tagesstunden wurden zur Herrichtung des Lagerplatzes unter mächtigen Schwarzföhren benützt, wobei uns einige in der Nähe befindliche Hirten behilflich waren. Den folgenden Tag verwendete Hauptmann Roth zu einem leider erfolglosen Ansitz auf Adler bei einem ausgelegten Luder, ichh Wutte und Stavros dagegen zur Besteigung des Taygetosgipfels. Bei dieser Bergwanderung mußte vor allem die ganz erstaunliche Pflanzenarmut auffallen. Man konnte lange suchen, um nur ein paar blühende Arten für das Herba- riıum zu finden; bloß in der unmittelbaren Nähe des schmelzenden Schnees wurde es in dieser Hinsicht etwas besser. Hausrotschwanz, Gartenammer und grauer Steinschmätzer traten bis in die höchsten Lagen auf, aber dort oben waren doch Alpendohlen und Alpenbraunellen die wichtigsten Vertreter der Vogelwelt in der sonst trostlosen, steinigen Einöde. Dafür entschädigte wieder die wundervolle Fernsicht gegen Süden, welche wir in aller Ruhe fast zwei Stunden lang von dem durch die kleine Kapelle H. Ilias gekrönten Gipfel aus genossen. Nicht allein die ganze Maina bis Kap Matapan entrollte sich dem Beschauer, auch die Umrisse von Kreta waren deutlich sichtbar. Ein Kalksteinblock der Spitze trug deutlich lesbar den Namen eines der Mitglieder der Expedition seientifigque de More: „H. Eugenie 1830“ eingehauen. Beim Abstieg sammelten wir eine Anzahl jener Steine, welche als Wetzsteine sehr geschätzt sind und durch viele Jahre im Laboratorium unseres Museums gute Verwendung fanden. Zum Lagerplatz Varvara zurückgekehrt, zeigte es sich bald, daß von den Hirten so gut wie nichts an Lebensmitteln zu erhandeln war, nicht einmal eine genügende Menge von Milch war aufzutreiben. Des Nachts erhob sich jedesmal ein starker Wind, dessen ungeschwächtem Anprall wir sehr ausgesetzt waren, aber bei Tagesanbruch herrschte immer wieder das prächtigste Sommerwetter. III. Griechenland. (5 Mit einem sehr forcierten Vormittagsausfluge am 16. Juni, auf welchem ich mehrere steile Mulden mit Nadelholzbeständen etwas unterhalb der Baumgrenze zweimal durch- querte und dabei einige wichtigere Bewohner derselben, wie östlichen Mittelbuntspecht, feuerköpfiges Goldhähnchen, Baumkleiber und hoch in den Lüften den Alpensegler fest- stellte, fanden meine Arbeiten im Taygetos und in den Gebirgen des Peloponnes überhaupt ihren Abschluß. Nachmittags erfolgte so rasch als möglich der Abstieg, auf welchem zufällig ein Steinhuhn mit der noch sehr kleinen Kette aufgetreten wurde, nach Palaeopanagia und schon in der Dämmerung weiter bis Xerokampos. Der Weg zieht hier durch alten, schönen Ölwald dahin, in welchem eine nie gehörte Anzahl von großen Ölbaumspöttern ihre schnarrende Stimme vernehmen ließ. Da in Xerokampos sich niemand herbeilassen wollte, uns für die Nacht Unterkunft zu gewähren, so bezogen wir rasch entschlossen unter den Oliven knapp am Ortsausgange ein lustiges Freilager. Kaum hatten wir es uns bequem gemacht, so erschien auch schon der Ortsvorsteher, entschuldigte sich wegen der unfreundlichen Aufnahme und bot uns die Schule für die Übernachtung an, was wir dankend ablehnten. Um aber seine Fürsorge für unser Wohl und Wehe zu betätigen, ließ er es sich nicht nehmen, die Nacht über neben dem Lagerplatze einen bewaffneten Posten aufzustellen. Mit Tagesanbruch setzten wir den Marsch fort und gelangten über Potamia etwa zur Mittagsstunde zu dem Chan von Tarapsa an der von Sparta zur Küste führenden Hauptstraße. Die durchreiste Landschaft gehört zu den fruchtbarsten der Maina, aber überall dort, wo aus der Niederung die trockenen Hügel mit ihrer roten Erde hervor- tauchen, sind sie von einer dichten, immergrünen Buschvegetation (Macchien) überdeckt. Stellenweise wieder bilden Speis- und weichhaarige Eiche (Quereus aegilops und pubescens) kleine und schüttere Bestände, welche in dem Maße zunehmen, als man sich dem Meere nähert. In der Schenke zu Tarapsa war gleichzeitig eine Töpferei untergebracht, deren Erzeugnisse wegen ihrer mannigfaltigen und an die Antike erinnernden Formen unsere Bewunderung erregten. Hiebei wurden wir aber unausgesetzt und immer zudringlicher von einem riesigen Köter belästigt, so daß nichts übrig blieb, als demselben eine der oben beschriebenen Salzpatronen zukommen zu lassen. Während der Rast erhob sich ein so glühendheißer, alles austrocknender Wind, daß wir uns nur schwer zu dem keineswegs angenehmen Weitermarsche entschließen konnten. Auf diesem gelangten mehrfach Bienenfresser, Rötelschwalben und auch ein Schlangenadler zur Beobachtung. Gegen die Küste zu wurde die Gesamtvegetation eine auffallend üppigere, und wir hätten diesem Landstrich gerne mehr Aufmerksam- keit zugewendet, wenn nicht ein ganz unstillbares Durstgefühl zur Eile angetrieben hätte, da wir hoffen durften, in Gythion erfrischende Getränke zu erhalten. Trotzdem wurde dieser wichtigste Hafenplatz Lakoniens erst im vorgeschrittener Dämmerung erreicht und es ward uns vorher noch das sonderbare Bild, bei der Schottererzeugung und Beschotterung des Straßenkörpers eine Menge weiblicher Personen verschiedenen Alters im Schweiße ihres Angesichtes arbeitend zu erblicken. Es ist zu bemerken, daß in diesem Teile des Peloponnes die Bevölkerung auch heute noch ein wenig unfreundlich genannt werden muß. Der 18. Juni wurde zum Rasttag ausersehen und es zeigte sich, daß das über- mäßige Wassertrinken auf unsere Mägen übel eingewirkt hatte. Ein Seebad erfrischte alle und die vom Marsche müden Glieder gewannen durch die Ruhe in dem zwar wenig einladenden, aber leidlich kühlen Gasthofe bald wieder ihre frühere Elastizität. 74 Ornis baleanica. Ein liebenswürdiger mainotischer Grundbesitzer zeigte uns hübsche Proben von buntem, meist rotem Marmor, welcher aus der Nähe des Kap Matapan herrührte und auf dessen Verwertung der Mann große Hoffnungen setzte. Aber durch ihn erfuhren wir, daß unser Plan, die Gegend dieses Kaps zu besuchen, wegen der ungünstigen Schiffsverbindungen sehr viel Zeit beanspruchen würde. Deshalb ließen wir diesen Programmpunkt fallen und schifften uns lieber am folgenden Tage, nicht lange nach Mitternacht auf einem kleinen und sehr überfüllten griechischen Dampfer nach der Insel Kythera (Cerigo) ein. Schon um 8 Uhr lag dieser vor dem aus wenigen Häuschen bestehenden Dorfe H. Pelagia im Nordosten der Insel, ohne sich wegen des flachen Ufers dem Strande nähern zu können. Die wenigen hier an Land gehenden Reisenden werden samt dem Gepäck in großen Booten von Bord abgeholt. Die Einheimischen gaben in zuvorkom- mendster Weise Auskunft über die Entfernungen auf der Insel und belehrten uns, daß derzeit mit Ausnahme der österreichischen Lloyddampfer sämtliche Schiffe nur in H. Pelagia anlaufen, weshalb wir unbedingt wieder hierher zurückkehren müßten. Infolgedessen wurde der größte Teil unseres Gepäckes in Pelagia belassen und nach 10 Uhr zu Fuß nach dem Südende von Kythera aufgebrochen. Gleich beim Ersteigen der Hochfläche der Insel wurde ich einiger Eleonorenfalken gewahr, welche sich zu dieser Jahreszeit schon ihren Brutplätzen zu nähern pflegen. Doch die folgenden Stunden belehrten mich bald, daß gegenwärtig zwar recht viele und verschiedenartige Heuschrecken, dann Eidechsen und Schlangen zu finden wären, aber als Folge der großen Dürre eine ausgesprochene Vogelarmut besteht. Gerne will ich dagegen zugeben, daß zur Zeit des Zuges Kythera von den verschieden- artigsten Wandervögeln oft geradezu überschwemmt wird. Noch am häufigsten belebten die spärliche, staubtrockene rote Erde des dortigen Karstes die Haubenlerche, der Haussperling und, wenngleich viel seltener, der weißhalsige Steinschmätzer. Auffallend ist die verschiedenartige Bauart der Häuser. Während diese im Norden Giebeldächer tragen, fehlen solche im ganzen Inneren und Süden der Insel, indem dort die Bauten das festungsähnliche Aussehen des Monastirs der Strophaden haben. Stets zeichnen sich die Bauten aber durch größte Reinlichkeit und blendend weiße Kalktünchung vorteilhaft aus. Auf dem Marsche berührten wir mehrere Dörfer und es war jedenfalls ein Zufall, daß wir binnen weniger Stunden Zeugen von zwei Begräbnissen waren. Die Leute klagten sehr über Epidemien, und es scheint, daß die Gesundheitsverhältnisse von Kythera nicht gerade die besten sind, wozu das schlechte Zisternenwasser wohl am meisten beitragen mag. Auch bei mir trat immer entschiedener eine böse Dysenterie auf, welcher ich jedoch anfangs wenig Bedeutung beileste. Mehrmals erschienen unter Tags pfeilschnell dahimsausende heuschreckenfangende Eleonorenfalken, aber zu Schuß wollte doch keiner von ihnen kommen. Das Firmament bewölkte sich immer mehr und zur allgemeinen Überraschung ging kurze Zeit sogar ein leichter Regen nieder. Auf jeden Fall war die Witterung für die Fußwanderung sehr angenehm, zumal der Seewind die Hitze milderte. In dem kleinen Kontolianika wurde ein wenig gerastet, da in einer Herberge Rohschinken und Rotwein, noch etwas lichter in der Farbe als der von Zante, zu haben war, und bald darauf eröffnete sich ein prächtiger Ausblick nach Süden auf die schön- geformte „Eiinsel“, Avgo oder Chytra, auf Anti-Kythera oder Cerigotto und die wenigen dazwischenliegenden Klippen. Gegen Abend erreichten wir den Hauptort von Kythera, woselbst die Straßen ganz eng und die Häuser dicht aneinandergedrängt sind und III. Griechenland. 75 fanden für diese Nacht Unterkunft im einzigen vorhandenen „Xenodochion“. Doch blieb uns noch Zeit, einen Spaziergang nach der tief unten am Strande der Bucht gelegenen halbkreisförmigen Häuserreihe von Kapsali zu unternehmen, wobei dem betagten Agenten des österreichischen Lloyd und österreichisch-ungarischen Vizekonsul Cavellini, der hier ein beschauliches Dasein führt, ein kurzer Besuch abgestattet wurde. Am 20. Juni wurde trotz hohen Seeganges eine Bootfahrt in der Bucht von Kapsali und nach der merkwürdigen Felsinsel Avgo unternommen. Auf der Fahrt dahin war außer einem halben Dutzend Mittelmeer-Krähenscharben nichts zu sehen, das uns veranlaßt hätte, unsere Flinten sprechen zu lassen. Dagegen ist das sich immer mehr entfaltende Bild der südlichen zerrissenen Steilküste von Kythera einzig schön in seiner Art. Nachdem Avgo erreicht war, sahen wir bald ein, daß bei der unruhigen See eine Landung an der wandartig aus dem Meere emporstrebenden Klippe nur mit sehr vielen Schwierigkeiten durchführbar gewesen wäre, da unser Boot von den Wogen in steter heftiger Bewegung erhalten wurde. Aber beim nahen Vorbeifahren glaube ich nicht bloß an der Süd-, sondern auch an der Ostseite eine Stelle gesehen zu haben, an welcher ein Aufwärtsklettern durchführbar wäre. Es fehlte mir hierzu aber auch schon deshalb die Lust, weil sich wohl einige Turm-, aber nur ein einziger Eleonoren- falke, dann zwei Blaumerlen, ein weißhalsiger Steinschmätzer und eine Anzahl hier brütender Silbermöwen und Mauersegler, sonst aber keine besonders begehrenswerte Vogelart sehen ließ. Es wurde mir in Kapsali von mehreren vollkommen vertrauenswürdigen Persönlich- keiten versichert, daß im August sich gegen 150 Paare Eleonorenfalken auf Avgo ansiedeln um dort zu brüten, weil dann zur Zeit, wenn ihre Jungen das meiste Futter benötigen, gerade der stärkste Wachteldurchzug stattfindet. Die äußerst fetten Falken- jungen gelten dann für die Bewohner von Kythera als hervorragende Leckerbissen. Herr Merlin und Stavros Strimmeneas haben daraufhin Avgo vom 16. bis 20. August, also nur wenige Wochen später, aufgesucht und eine prächtige Ausbeute an alten Eleonorenfalken, ganz kleinen Dunenjungen und Eiern gemacht. Bei der Rückfahrt nach Kapsali zogen mehrere der großen Sturmvögel in ihrem wundervollen Fluge wenige Meter über unseren Köpfen dahin, so daß es nicht schwer war, trotz der Bootsschwankungen einen herabzuschießen. Am Nachmittag wandte ich mich gegen Osten und kletterte unverdrossen in dem öden Gestein gegen das Amaranthon-Flußbett zu umher, ohne irgend etwas Bemerkens- wertes außer einem Eleonorenfalken hoch in den Lüften finden zu können. Vergebens suchte ich nach Spuren der Anwesenheit von Steinhühnern!), da es mir von großer Wichtigkeit gewesen wäre festzustellen, ob die dortigen zur Form graeca oder chukar gehören. Später erfuhr ich, daß die einzige Gegend, wo solche Hühner noch den unaus- gesetzten Nachstellungen entgangen sind, jene zwischen H. Moni und H. Georgios im äußersten Osten der Insel ist. Um diesen Platz zu besuchen, reichte aber die Zeit nicht mehr aus und außerdem begann nunmehr auch der Geldbeutel von Bedeutung zu werden. Wir wären nämlich durch meine eigene Unvorsichtigkeit damals beinahe in arge Ver- legenheiten geraten, wenn nicht auf telegraphisches Ersuchen uns die österreichisch-unga- rische Gesandtschaft in Athen bis zu unserem Eintreffen im der griechischen Hauptstadt, 1) Selbstverständlich gibt es weder heute noch gab es ehedem auf Kythera Rebhühner, wie denn überhaupt der Abschnitt „Tierwelt“ in der sonst vortrefflichen Abhandlung Leonhards über die Insel in einigen Punkten der Verbesserung bedarf. 76 Ornis balcanica. woselbst inzwischen eine Nachtragssendung eingelangt war, jeder weiteren Sorge über- hoben hätte. o Einen mir unvergeßlichen Ausflug unternahmen wir aber doch noch am folgenden Tage, und zwar nach der Insel Mavronisi (auf vielen Karten fälschlich Lindo) an der Westküste. Trotz ungemein hohen Seeganges stieß das mit vier Ruderern bemannte Boot zeitlich morgens ab. Am Kap Trachilas wurde im Vorbeifahren ein Paar Wanderfalken festgestellt und etwas später zeigten sich wieder in großer Höhe vier Eleonorenfalken. Die vielen, nur vom Meere aus zugänglichen, oft sehr schönen Höhlen der Westküste sind durchwegs von Felsentauben bewohnt, und gerne wären wir in eme derselben hineingefahren, wenn die See nur ein wenig ruhiger gewesen wäre. So aber wurde das Boot viele Meter hoch auf- und abgeschaukelt und wiederholt durchnäßten uns die Sturzwellen. Die Schiffsleute erwiesen sich als viel seetüchtiger und unerschrockener als jene der nördlichen jonischen Inseln, die ich bisher kennen gelernt hatte, und ich bin fest überzeugt, daß beispielsweise auf Zante sich kein einziger Schiffer hätte bestimmen lassen, bei solcher See auszufahren. Erst in der unmittelbaren Nähe von Mavronisi beruhigte sich das Meer ein wenig und die Landung ging glatt vor sich. Die Oberfläche dieser gewiß selten besuchten Insel zeigt nur spärlichen Graswuchs und zeichnet sich durch ungemein spitzes und scharfkantig nach aufwärts stehendes Gesten aus. Als Bewohner trafen wir etwa ein Dutzend der südlichen Silbermöwe, welche ziemlich große Dunenjunge hatten. Große Sturmvögel gab es nur wenige, da für diese keine geeigneten Brutplätze vorhanden sind; dafür aber umsomehr Mauersegler, und zwar nicht nur auf dieser, sondern auf allen felsigen Inseln und auf Kythera selbst, während die Alpensegler nur eine einzige Stelle besiedelten. Ein Versuch, die Eier der Mauersegler zu erlangen, mißlang wegen der sehr tief, in engen Spalten des Gesteins angelegten Niststellen. Da die See inzwischen immer ruhiger geworden war, hätten wir auf der Rückfahrt sehr leicht auch die beiden Klippen Strongyli und Karavonisi besuchen können, aber es zeigte sich dort nichts, was zu einem Besuche irgendwie eingeladen hätte. Wohlbehalten langten wir nachmittags wieder in Kapsali an, wo uns bereits Wutte erwartete, der inzwischen einen Ausflug ins Innere unternommen, aber außer ein Paar Kolkraben auf einem Eselskelette nichts Bemerkenswertes beobachtet hatte. Abends wurde uns ein vortrefflicher, frisch gefangener Hummer, von denen es hier sehr viele geben soll, vorgesetzt. Der Rückmarsch nach H. Pelagia fand am 22. Juni statt und es bot sich dabei Gelegenheit, so manche seltene Pflanze mitzunehmen und die spärliche Vogelwelt nochmals zu mustern. Dies konnte mit Erfolg nur dort geschehen, wo einige Fruchtbäume angepflanzt waren, oder wo etwas Feuchtigkeit einiges Buschwerk aufkommen ließ. An solchen Orten fanden sich Schwarzkopfammern, Trauermeisen und Samtköpfchen, aber stets in bescheidener Anzahl. Leider hatte sich bei mir die Dysenterie wieder verstärkt eingestellt und als wir uns zur Mittagsrast nach dem Orte Potamos begeben hatten, klagten alle über unzweifel- haftes Übelbefinden. Die Zudringlichkeit der dort ganz besonders neugierigen Bewohnerschaft trug auch nicht dazu bei, uns in bessere Stimmung zu versetzen, und es wurde daher, nachdem nur ein paar Eier verzehrt worden waren, bald der Abstieg nach der Dampferanlegestelle vollführt, wo uns die Bekannten freundlich empfingen. Da der nächste Dampfer erst übermorgen erwartet wurde, statteten wir am nächsten Tage der etwa eine Stunde südöstlich gelegenen Langädaschlucht einen Besuch ab, wozu wir uns an deren Ausgang in einer Barke hinrudern ließen. Die ansehnlich III. Griechenland. or große und tiefe Schlucht ist in der Tat, wie Leonhard bemerkt, wildromantisch und wir verweilten dort recht gerne mehrere Stunden im kühlen Schatten, während Wutte auf Umwegen den oberen Rand erstieg und das Glück hatte, von dort aus nach ein paar Fehlschüssen von mehreren der auf Insektenjagd umherschießenden Eleonoren- falken ein unterseits grell rostrot gefärbtes starkes Männchen zu erbeuten. Dagegen blieb der gemeinsame Angriff auf ein Paar Bonellihabichtsadler, das sich mit seinem fort- während schreienden diesjährigen Jungen dort herumtrieb und zweifellos zu den Stamm- gästen der Langäda gehörte, gänzlich erfolglos. Die Felswände widerhallten während unseres Aufenthaltes von dem Flötengesang von mindestens zehn Paaren Blaumerlen, sonst aber war es dort recht still und einsam, da sich keine menschliche Behausung in der Nähe befindet. Zur Zeit der ärgsten Mittagshitze wanderten wir langsam nach H. Pelagia zurück und dort angekommen gab es erst recht keine Erfrischung, da das lauwarme, halbsalzige Zisternenwasser geradezu ekelerregend war. Auch ein Seebad erquieckte kaum und da die Dysenterie nunmehr ärger als je auftrat, fühlte ich mich am Morgen des 24. Juni derart elend und geschwächt, daß ich an einem zweiten Besuche der Langäda, um eines der Bonelliadler habhaft zu werden, beim besten Willen nicht teilnehmen konnte. Ich muß gestehen, daß es mir geradezu zum Troste gereichte, als nach etwa vier Stunden die übrigen, ohne einen Schuß abgegeben zu haben, zurückkehrten. Infolge schlechtgewählter Aufstellung hatten sie die Adlerfamilie nur einmal zu Gesicht bekommen. Bei der Wildarmut der Insel ist es aber von Wichtigkeit zu bemerken, daß Wutte auf diesem Wege auf einen Hasen stieß. Genau zur Mittagsstunde verließen wir dann auf einem der kleineren griechischen Küstendampfer Kythera und gelangten nach fünfstündiger Überfahrt nochmals nach Gythion. Während der Fahrt bot sich neuerdings Gelegenheit, die außerordentliche Geschick- lichkeit der griechischen Schiffsleute im Anholen eines kleinen Fischerbootes an das unter Volldampf dahinfahrende Schiff zu bewundern. In Gythion wurde zunächst das gesamte Gepäck in Ordnung gebracht, da ja die Sammelreise eigentlich zu Ende war. Erfreulicherweise besserte sich das Befinden aller und das meinige im besonderen zusehends, so daß wir am dortigen Belustigungsplatze auf der zum Teile künstlich hergestellten Leuchtturmlandzunge noch einen vergnügten Abend verlebten und uns um 10 Uhr nachts auf dem griechischen Dampfer „Elpis“ nach dem Piräus einschifften. Bei Tagesanbruch des 26. Juni erschien im Osten zuerst das kleine Karavi, später ganz nahe die Leuchtturminsel Kaimeni-Parapola, ja sogar die ferne Kuppe des Eilandes Falkonera oder Gerakunia, auf dem mein Blick von Erimomilos her so oft geruht hatte. Eine Menge Sturmvögel, meist kleine, gaben dem dahineilenden Schiffe, welches um 2 Uhr nachmittags im Piräus einlief, das Geleite. Eine Stunde später befanden wir uns im Hotel „Alexander der Große“ in Athen am Konkordiaplatz, welches ich wegen der bequemen Lage und auch sonst in anderer Hinsicht nur bestens anempfehlen kann. Da an diesem Sonntag die Zeit es gerade noch erlaubte, schlug ich meinen Begleitern (Stavros war natürlich sogleich zu seinen Verwandten geeilt) vor, nach Phaleron zu fahren, um uns auf der dortigen Strandpromenade die elegante Welt von Athen anzusehen. Nach wochenlangem Umherstreifen auf dem Lande übt das wechsel- volle Bild des dortigen großstädtischen Lebens und Treibens immerhin seinen Reiz auf den fremdländischen Beschauer aus. ) Ornis baleanica. ES) = Gleich am Morgen des anderen Tages besuchten wir Herrn und Frau Krüper und fanden beide bei befriedigendem Wohlsein; darauf folgte ein gemeinsamer Besuch des Museums der Universität und bei Professor Apostolides. Im übrigen wurde uns der Aufenthalt in Athen zur damaligen Zeit durch eine schier unerträgliche Hitze verbunden mit einer ganz außergewöhnlichen Staubentwicklung, die sogar in den kühleren Abendstunden sich auf das lästigste fühlbar machte, verleidet. Dazu kam noch, daß sich bei Hauptmann Roth wiederum öfters Übelbefinden einstellte, und es wurde später klar, daß er sich am Ufer des Eurotas trotz des nur vorübergehenden Aufenthaltes ein Fieber geholt hatte, welches zwar keinen bösartigen Charakter annahm, sich aber immerhin noch lange fühlbar machte. Im Hause des Vaters Stavros’ erstand ich damals einige für die vorliegende Arbeit wichtige Bälge sowie auch drei lebende Eleonorenfalken, darunter einen ganz dunklen, welche später an den zoologischen Garten in Berlin gelangten, und am Nach- mittag holte ich ein Versäumnis meines früheren Aufenthaltes in Athen nach, indem ich unter Führung Dr. Krüpers eine der größten Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt, nämlich den von Marmor buchstäblich strotzenden Friedhof besuchte. Am 29. Juni verweilte ich noch eine gute Stunde im anregendem Gespräche bei dem greisen Theodor von Heldreich, besorgte einige kleine Einkäufe, sprach in der Kanzlei der k. u.k. österreichisch-ungarischen Gesandtschaft vor und verbrachte den Rest des Tages mit Hauptmann Roth mit der Besichtigung der wichtigsten Sehenswürdig- keiten, selbstverständlich auch auf der Akropolis. Der Abend vereinte uns in der von früher liebgewonnenen griechischen Speisestube „zum Maulbeerbaum“. Am Morgen des 30. Juni nahte für mich die Abschiedsstunde von Athen. Zuerst verabschiedete ich mich von Hauptmann Roth, welcher noch einen vollen Monat im den Bergen des Parnaß auf Raubvögel zu jagen beabsichtigte und tatsächlich während dieser Zeit schöne Erfolge erzielte, dann galten meine weiteren Abschieds- und zugleich Dankesworte dem väterlichen Freunde Dr. Krüper, und endlich hieß es Herrn Merlin wie den Gebrüdern Strimmeneas ein herzliches Lebewohl zu sagen. Christos Leonis, der eben von einer längeren botanischen Sammelreise von den Kykladen heimgekehrt war, drängte mit dem Gepäck möglichst bald nach dem Piräus zu fahren. Er hatte vollkommen recht, denn es ergaben sich wegen geforderter Verzollung unserer Sammlungen derartige Schwierigkeiten, daß wir mit größter Not vormittags mit deren Überwindung fertig wurden und endlich mittags an Bord eines der stattlichsten Dampfer des österreichischen Lloyd, des „Imperator“ standen. Noch ein Leonis geltendes Tücherschwenken, und unter dem Druck seiner Segel schob sich das stolze Schiff aus dem trüben Hafenwasser in die nur leicht bewegten Wogen des Golfs von Ägina hinaus. Unverwandt haftete mein Blick rückwärts auf dem sonnenbeglänzten, durch gelbliche Staubwolken teilweise verschleierten Athen, und als langsam dessen Wahrzeichen, die Akropolis mit ihrer unvergleichlichen Tempel- pracht am Horizont verschwand, da wurde ich mir bewußt, daß nun ein wichtiger Abschnitt meiner Lebensaufgabe sein Ende erreicht hatte. Die Fahrt um den Peloponnes war ruhig und schön, nur einige Stunden nach Mitternacht weckte uns im messenischen Meerbusen der schrille Pfiff der wegen dichten Nebels wiederholt in Tätigkeit gesetzten Dampfpfeife. Ein glücklicher Zufall versammelte auf dem „Imperator“ die angenehmste Reise- gesellschaft, die man sich nur denken kann: drei jugendliche deutsche Archäologen mit dem bekannten Professor Dörpfeld samt Gemahlin an der Spitze und der seither verstorbene III. Griechenland. 79 Sekretär des österreichischen archäologischen Institutes Dr. Reichel nebst Frau, einer Tochter Hofrat Benndorfs. Die wenigen Stunden Aufenthalt in Korfu verwendete ich selbstverständlich zum Besuche der „Pension Julie“, zum Einkaufe einiger Bälge bei Federnschmücker Rother und zur flüchtigen Begegnung mit Hauptmann Polatzek, der ebenfalls wenige Tage später Korfu für immer verließ. Am 3. Juli früh lief der „Imperator“ für kurze Zeit Brindisi an und beendigte seine Fahrt am 4. Juli um 6 Uhr abends im Hafen von Triest bei trüber, regnerischer Witterung. Mit Ungeduld die Heimreise beschleunigend, langte ich, nachdem sich Wutte in Steinbrück von mir getrennt hatte und heimgekehrt war, am 6. Juli nachmittags in Sarajevo wohlbehalten an. Wenngleich ich von allen meinen Balkanfahrten überwiegend angenehme Eindrücke mitgebracht habe, so bleibt es doch eine feststehende Tatsache, daß bei normalen Ver- hältnissen dem naturwissenschaftlichen Sammler in Griechenland seine Tätigkeit am meisten erleichtert und angenehm gemacht wird, und deswegen ist es auch leicht er- klärlich, daß mir der dreimalige Aufenthalt in diesem Lande zeitlebens in bester Erinnerung bleiben wird. Unter „Rusias“ auf 8.63, Z. 16 v.o., ist zweifellos Ruphias, die neugriechische Bezeichnung für den Alpheios-Fluß, zu verstehen. Die ornithologische Literatur Griechenlands. Die omithologische Erforschung Griechenlands zerfällt gewissermaßen in drei Arbeitsgruppen: a) Forschungen und Veröffentlichungen der Franzosen und Engländer betreffend einzelne Teile des Peloponnes, die westlichen Küstenstriche und die Joni- schen Inseln. 1800—1860. (Sonnini, Exp. scient. d. Morde, Jameson, Drummond, Strickland, Sperling, Powys-Lord Lilford.) b) Erster Abschnitt der Untersuchungen deutscher Gelehrter im ganzen Gebiete des Königreiches. 1840—1859. (Fiedler, Lindermayer, von der Mühle, Erhard.) c) Zweiter Abschnitt mit den Arbeiten von deren Nachfolgern und zugleich wissen- schaftlichen Hilfskräften an der Universität in Athen: von 1859 bis zum heutigen Tage. (v. Heldreich und Krüper.) Es sei hier nochmals besonders hervorgehoben, daß in der nachfolgenden Zusam- menstellung weder die über Kreta und Kleinasien handelnden Arbeiten, noch jene, welche sich mit der griechischen Vogelwelt in archäologisch -historischer und mythologischer Beziehung befassen, Aufnahme gefunden haben. I. Werke und Abhandlungen, welche sich ausschließlich oder vornehmlich mit der Ornis von Griechenland beschäftigen. 1332. Expedition seientifigque de Morde, Section des sciences phys. p. Bory St. Vincent ete., 3 tom. en 6 vols. av. Atlas gr. in fol. Paris 1832--1836 (Aves par Isidore Geoffroy St. Hilaire, tom. III, p. 47—56 et 4 tab. col.). 1537. Jameson, Rob.,!) Notes on the nat. history and statistics of the Island of Cerigo et its dependenceies. , The Edinburgh New Philosoph. Journal, October 1836 to April 1837, vol. XXI, 1837, p. 62—69 [Birds (120 Arten), p. 64—67]. Auszug davon in deutscher Übersetzung in Okens „Isis“, Jahrg. 1838, Spalte 127—130. 1843. Lindermayer, Dr. Ant., Die Vögel Griechenlands, „Isis“ von Oken, Jahrg. 1843, Heft V, Spalte 321 —364, mit einer kol. Tafel. NB. Erschien auch als Separat- abdruck mit 44 Spalten. 1843. Drummond, Hay M. 42nd R. H., Catalogue of the Birds found in Corfu and the other Jonian Islands, also on the coast of Albania; from notes made during a sejourn of four years. With Notes by H. E. Striekland, M. A. Ann. and Magaz. of Nat. Hist., vol. XII, p. 412—422, London, December. !) Als Militärarzt in den Dreißigerjahren längere Zeit auf Kythera seßhaft. III. Griechenland. Sl 1844. Tobias, Robert, Kritische Bemerkungen zu Dr. Anton Lindermayers Aufsatz: Die Vögel Griechenlands in Okens „Isis“ 1843; datiert: Athen den 10. Sep- tember 1542. Abhandl. d. naturforsch. Ges. zu Görlitz, IV. Bd., 1. Heft, p. 58 bis 60, Görlitz. 1844. Mühle, Heinrich Graf von der, Beiträge zur Omithologie Griechenlands VII und 152 pp., Leipzig. 1847. Portlock, J. E., Addendum to the Birds of Corfu in Ann. magaz. nat. hist. XIX, 157 (Platalea leucerodia betreffend). 1549. Landbeck, Chr. Ludwig, Beitrag zur Ormithologie Griechenlands u. s. w. (Be- schreibung und kolorierte Abbildung von Sylvia qut- tata), Württemberg. natur- wiss. Jahreshefte, V. Jahrg., 2. Heft, p. 233—256, Stutt- gart. 1554. Schrader, Hirundo rufula Temm., die rothalsige Ge- birgsschwalbe als europäi- scher Brutvogel, Cab. Journ. 2. Orn,,. Jahre Ip. 1174. 1855. Linderma yer, Dr., Eu- Graf Dumoulin v.d.Mühle:!) geb. zu Nürnberg am böa. Eine naturhistorische 25. Oktober 1810, gest. auf Schloß Leonberg bei Regensburg Skizze, Bulletin de la Soe. am 24. Oktober 1855. Imp.d. Naturalist. de Mose., Annee 1855, Nr. 2, Moscou, p. 401—451. (Darin Verzeichnis der Vögel, welche auf Euböa vorkommen, p. 447—451.) 1856. Lindermayer, Dr. A., Les oiseaux de la Grece in „Le Moniteur Greece“, Nr. 20 (Athenes), Vendredi, 25 avril. (Enthält nach einer kurzen französischen Vor- bemerkung: 1. die Liste der bis 1342 aufgefundenen Arten, 2. die Liste der von 1842—1355 aufgefundenen Arten.) Ein genauer Abdruck beider Listen, 1) Seit 1340 nahm der Graf den Namen „von der Mühle“ an und dieser letztere Name ist der in der Literatur weitaus gebräuchlichere. Nur selten, z.B. von Erhard wird „Dumoulins“ gebraucht. Das bekannte Buch des Grafen, dessen Aufenthalt in Griechenland etwas über vier Jahre, und zwar vom Frühjahre 1834 bis Juli 1833 währte, erregte gleich nach dem Erscheinen bedeutendes Aufsehen in der gesamten wissenschaftlichen Welt. Ebensowohl die Fülle persönlicher Beobachtungen als die anziehende Darstellungsweise sichern dieser Arbeit, deren Material größtenteils unter dem Donner der Feldgeschütze zusammengetragen wurde, für alle Zeiten einen hervorragenden Platz in der naturwissenschaftlichen Literatur des Landes. Reiser, Ornis balcanica. II, 6 82 Ornis balcanica. aber mit Weglassung der fehlerhaften Numerierung der Arten im „Moniteur“ findet sich in der Zeitschrift für die gesamten Naturwissenschaften, redi- giert von Giebel und Heintz, Berlin, Jahrg. 1857, X.Bd., Nr.VII, Juli, p. 91—93, Oh baRlch ein NE druck der Liste 2, mit 33 (nicht wie angegeben 39 Arten, weil Starna einerea doppelt aufgezählt wird) seit 1542 neu hinzugekommenen Vogelarten in der „Naumannia“ VI. Jahrg. 1857, p. 193. 1558. Erhard, Dr., Fauna der Cykladen, I. Teil: Die Wirbeltiere der Oykladen (mit einer Karte), 116pp., Leipzig. Daraus: Katalog der auf den Cykladen einheimischen und überwinternden oder nur durch- ziehenden Arten von Vögeln in „Naumannia“, Journ. f. d. Orn., re- digiert von E. Baldamus, 8. Jahr- gang, Leipzig 1858, p. 1—26. 1858. Erhard, Dr., Notiz über zwei junge Falken (es handelt sich um F\. eleonorae) und Ixos obscurus, „Naumannia“, 8. Jahrg., p. 169 und 170. 1859. Nieder, Dr., Briefliche u Lad, < Mittheilungen aus Missolunghi, Kor- In SE respondenzbl.des zoolog.-mineralog. — Vereines in Regensburg XIII, p. 30 Dr. Anton Lindermayer:!) geb. zu Ortenburg?) westlich von und 31. Passau am 2. Januar 1806, gest. in Athen am 15. April 1868. 1859. Lin dermayer, Dr® Be- merkungen zur Monographie der europäischen Sylvien vom Grafen von der Mühle, Korrespondenzbl. d. zoolog.- mineralog. Vereines in Regensburg XIII, p. 121—133. 1559. Lindermayer, Dr., Zur Ormithologie Griechenlands, ebenda, p. 134—137. 1559. Lindermayer, Dr. Ritter A., Die Vögel Griechenlands. Ein Beitrag zur Fauna dieses Landes: «) in den Abhandlungen des naturhistorischen Vereines in !) Die vielfachen Veröffentlichungen Lindermayers über die griechische Vogelwelt gehören zu den bekanntesten über diesen Gegenstand, wie die zahllosen Zitate in der ornithologischen Literatur am besten beweisen. Lindermayer war griechischer Stabsarzt und Leibarzt König Ottos, zeichnete sich namentlich in der Cholerazeit in Athen aus und galt als Wohltäter der dortigen Gemeinde. Durch seine erste Veröffentlichung in Okens „Isis“ erlangte er in vieler Beziehung gegenüber den ornithologischen Er- gebnissen des Grafen von der Mühle die Priorität. Eine große Menge von ornithologischem Material ist durch ihn zu früher Zeit an öffentliche Institute und Privatsammlungen, namentlich Deutschlands, gekommen, ?) Im Nekrologe von Philippos Joannu „Asyog eis zo peynpocbvov Tod aeınyyarov Ayrwylov Atydcpnatpod !atpoö“, Athen s. a., heißt es auf Seite 4 fälschlich: „yevvndeis ev ’Oßeppßepyn“. III. Griechenland. 55 Passau, als Beilage zum 5. Jahresbericht dieses Vereines 1859, p. 17—202: b) separat herausgegeben Passau 1860, 188 pp. 1859. Krüper, Dr. Th., Briefliches aus Griechenland (an Dr. Baldamus von Misso- lungi), Cab. Journ. f. Orn., VID. Jahrg., p. 439 —441. 15860. Powys, Hon. Thomas L. — Lord Lilford, Notes on Birds obser- ved in the Jonian Islands and the Provinces of Albania pro- per, Epirus, Acarnanıa and Montenegro. „Ibis“, vol. II, p- 1-10, 133—140, 228239 und 338—357. Auch separat erschienen unter dem Titel: Lord Lilford, Notes on Euro- pean Ornithology, London 1867, p- 1-53. (Auf diese Ausgabe beziehen sich die Zitate.) 1860. Krüper, Dr. Th., Die Schwalben Griechenlands, Cab. Journ. f. Orn., VIL. Jahrg., p. 271— 234. 1860. Krüper, Dr. Th., Carbo spee.? In Griechenland beobachtet, Cab. Journ. f. Orn., VII. Jahrg., p- 369 und 370. 1860. Krüper, Dr. Th., Über Aguila Bonellii in Griechenland, Cab. Journ. f. Orn., VIII. Jahrg., p- 441—447. 1860. Simpson — Hudleston, W.H. On the oeeurrence and the bree- BA DEE r L \ DAB TEL, + ding of Aquila Bonellii and Pele- r canus crispus in Aetolia] Erste Dr. Theobald Krüper:!) geb. in Uckermünde briefliche Notiz: „Ibis“ IL, p. 202. (Pommern) am 30. Juni 1829. 1860. Simpson — Hudleston, W. H., Ornithological Notes from Mesolonghi and Southern Aetolia. „Ibis“ II, p. 27-296. 1560. Simpson — Hudleston, W. H., Further Observations on some of the Birds of Western Greece. „Ibis“ II, p. 3738—39. 1861. Krüper, Dr. Th., Über Sitta syriaca in Griechenland, Cab. Journ. f. Orn., IX. Jahrg., p. 129—152. 1861. Krüper, Dr. Th., Über Sylvia orphea in Griechenland, Cab. Journ. f. Orn., IX. Jahrg., p. 276—279. 1) Außerordentliche Genauigkeit und Gründlichkeit zeichnen die sämtlichen Arbeiten dieses hoch- verdienten Forschers aus, dessen Tätigkeit, in Griechenland von 1858 beginnend und bis auf den heutigen Tag fortgesetzt, die zoologische Erschließung des Landes so wesentlich fördern half. Wenngleich Krüper in den letzten 30 Jahren leider nicht mehr literarisch tätig war, so geben doch seine reichhaltigen, all- jährlichen Sammelergebnisse die beste Zeugenschaft für seine unermüdliche, der Wissenschaft zugutekom- mende Arbeitskraft ab. Möge sie der Ornithologie noch recht viele Jahre erhalten bleiben! 6* 54 Ornis baleanica. 1862. Krüper, Dr. Th., Aus meinem Tagebuche. (Wichtige Beobachtungen über das Hor- sten der Adler und Geier in Akarnanien.) Cab. Journ. f. Orn., X. Jahrg., p. 72—77. 1862. Krüper, Dr. Th., Ornithologische Notizen über Griechenland, Cab. Journ. f. Orn., X. Jahrg., p. 360—379, 435—448. 1863. Krüper, Dr. Th., Die Sturmvögel der Oykladen, Cab. Journ. f. Orn., XI. Jahrg., p- 326—339. 1863. Krüper, Dr. Th., Die Brutvögel von Naxos, Cab. Journ. f. Om., XI. Jahrg., p- 402— 407. 1864. Krüper, Dr. Th., Beitrag zur Naturgeschichte des Eleonorenfalken, Falco Eleonorae Gene, Cab. Journ. f. Orn., XII. Jahrg., p. 1—23. 1864. Sperling, R. M. Lieut., Some Account of an Ormithologists Cruise in the Medi- terranean, „Ibis“ VI, p. 268—290. — $Seebohm, Henry.!) 1875. Mommsen, August, Griechische Jahreszeiten (unter Mitwirkung Sachkundiger), Heft III. Inhalt: Zeiten des Gehens und Kommens und des Brütens der Vögel in Griechenland und Jonien. Katalog von Dr. Krüper, mit Citaten und Zusätzen von Dr. Hartlaub. — Kalender vom Herausgeber, Literatur von Dr. Hartlaub, 182 pp., Schleswig. °) 1878. Heldreich, Th. de, La Faune de Grece, Prem. partie: Animaux Vertebres, 113 pp., Athenes (Oiseaux, p. 26—61). 1892. Douglass, G. Norman, Zur Fauna Santorins, „Zoologischer Anzeiger“, heraus- gegeben von V. Carus, XV. Jahrg., Nr. 407, p. 454: Aves (48 Arten), Leipzig. 1904. Selater, P.L., On the Birds of Sibthorp’s „Fauna Graeea“, „Ibis“, April, p- 222—227. II. Werke und Abhandlungen, welche sich teilweise oder in gelegentlichen Bemer- kungen mit der Ornis von Griechenland beschäftigen. 1801. Sonnini, C.S., Voyage en Grece et en Turquie, 2 Tom., avec atlas, Paris. (NB. Die im selben Jahre in Berlin erschienene Übersetzung von Weyland ist unvollständig). 1824. Brehm, Ch. L., Lehrbuch der Naturgeschichte aller europäischen Vögel, 2 Bde., Jena 1523 und 1824. 1552. Brehm, Ch. L., Handbuch für den Liebhaber der Stuben-, Haus- und aller der Zähmung werthen Vögel, Ilmenau. 1854. Gloger, Dr. Const. Lamb., Vollständiges Handbuch der Naturgeschichte der Vögel Europas, I. Theil: Deutsche Landvögel (mehr erschien nicht), Breslau. !) Seebohm, Henry, Six weeks among the Greeks and Brigands, at Athens, the Parnassus and Missolonghi: a paper read Nov. 4th 1873 at the Sheffield Literary and Philos. Society. Der vorstehende Vortrag, der nie gedruekt worden ist, enthält mannigfaches ornithologisches Mate- rial. Das Manuskript, 30 sauber geschriebene Folioseiten, wurde vor kurzem von dem bekannten Londoner Antiquar Henry Sotheran & Co. zum Preise von 1 Pf. Sterl. zum Verkaufe ausgeboten und war im März 1900 bereits vergeben. Dieser Vortrag wurde also nicht benützt, ist jedoch von Dresser berücksichtigt. *) Wie schon Dresser, Birds of Europe, vol. I, p. XXXV, und Selater, Cab. Journ. f. Orn. 1876, p.231, ausgesprochen haben, ist diese Arbeit die weitaus beste, welche über die Ornis Griechenlands bisher erschienen ist, und es ist daher schwer begreiflich oder vielleicht nur eine Folge der eigentümlichen Be- titelung des Buches, daß vielfach bis in die neueste Zeit die älteren Publikationen von Lindermayer und von der Mühle vorgezogen wurden. 1837. 1358. 1840. 1840. 1540. 1542. 1843. 1344. 1544. 1845. 1346. 1555. 1555. 1855. 1356. 1856. III. Griechenland. s5 Gould, The Birds of Europe, 5 vols., imp. folio, with 449 col. plates. Thienemann, F. A. L., Systematische Darstellung der Fortpflanzung der Vögel Europas mit Abbildung der Eier, 5 Hefte mit 28 kolorierten Tafeln, Leipzig 1525—1838. Temminck, C©. J., Manuel d’ornithologie, sec. ed., prem. et sec. partie, Paris 1820, trois. partie Paris 1555, quatr. partie Paris 1840. (I. Ed. Amsterdam et Paris 1815.) Fiedler, Dr. Karl Gust., Reise durch alle Teile des Königreiches Griechenland, 2 Teile, Leipzig. Keyserling, Graf A. und Blasius, Prof. J. H., Die Wirbeltiere Europas, Braun- schweig. Thomson, W., Notice of migratory birds which alighted on, or were seen from, H.M.S. Beacon, Capt. Graves, on the passage from Malta to the Morea at the end of April 1841 (Ann. and Mag. nat. hist., vol. VIII, p. 125—129). Ent- hält bloß Angaben über gewöhnliche Arten von Zugvögeln, welche 40 bis 90 See- meilen von den griechischen Küsten entfernt auf hoher See beobachtet wurden. Brehm, Chr. L., Einige naturgeschichtliche Bemerkungen auf einer Reise an den Rhein im September und Oktober 1342, Okens „Isis“, Heft XII, Spalte 890 — 893. (Stellt die Ansichten Lindermayers über Cueulus rufus in Griechen- land richtig.) Diekson and Ross, Donation of Birds Skins, Proceedings of the Zoolog. Soc. of London, Part. XII, 9. April, p. 65 and 67. (Darin enthalten: Spenden von Vogelbälgen von Cerigo des Capt. Graves.) Schlegel, H., Kritische Übersicht der europäischen Vögel (deutsch und franzö- sisch), OXXV und 116 pp., Leiden. Brehm, Chr. L., Das Stiftungsfest der naturforschenden Gesellschaft des Oster- landes in Altenburg am 5. Juli 1843 und Etwas über die Vögel Griechenlands und Australiens, Okens „Isis“, Heft V, Spalte 323—358. Drummond, Hay M., List of the birds observed to winter in Macedonia; from notes made during a two months shooting excursion in the interior during the winter of 1345—1846, Ann. and Mag. nat. hist., vol. XVII, p. 10—15 (partim). - „Rhea“, Zeitschrift für die gesamte Ornithologie, herausgegeben von Thiene- mann, I. und II. Heft (soviel erschienen), Leipzig 1846 und 1349. . Nieder, Dr., Naturhistorische Notizen aus Griechenland, Korrespondenzblatt des zoolog.-mineralog. Vereines in Regensburg, VII. Jahrg., p. 141—144. (Enthält Biologisches über Pelee. erispus). Brehm, Dr. Alfred Edmund, Reiseskizzen aus Nordostafrika, 3 Teile, 1. Auflage Jena. In Betracht kommt: 1. Teil, p. 6—17. Brehm, Chr. L., Der vollständige Vogelfang, Weimar (416 Seiten und 2 Tafeln). Schuch, Dr. Fr. J.: Heinr. ©. L. Graf von der Mühle (Dumoulin) Nekrolog. (Mit wichtigen Angaben über die Sammeltätigkeit von der Mühles in Griechenland.) Korrespondenzblatt des zoolog.-mineralog. Vereines in Regensburg, p. 171—181. Thienemann, F. A.L., Zur Fortpflanzungsgeschichte der gesamten Vögel, 432 pp. (Text unvollendet geblieben) und 100 kolorierte Tafeln (Leipzig), ausgear- beitet in den Jahren 1845—1854, geschlossen Dresden 1856. Mühle, Heinrich Graf von der, Monographie der europäischen Sylvien, nach dem Tode des Verfassers herausgegeben von dem zoolog.-mineralog. Vereine zu Regensburg. Mit 4 lithogr. kol. Tafeln, IV und 152 pp., Regensburg. 1556. 1858. 1859. 1559. 1360. 1862. 1563. 1864. 1867. 1870. 1870. 1370. 1872. 1872. 1573. 1380. 1531. 1881. 1881. Ornis balcanica. Lindermayr, Auszug aus einem Briefe (Verh. d. zool.-botan. Ges. Wien, VI. Bd., p- 92). [Über Salicaria elaica — Hypolais pallida.]) „Naumannia“, Journ. f. d. Ornithologie, redigiert von E. Baldamus, 8 Bde., Stuttgart und Leipzig 1850 —1858. Korrespondenzblatt des zoologisch -mineralogischen Vereines in Regensburg. In Betracht kommen hier bloß die ersten 13 Jahrgänge 1847—1859. (Mit kleinen Abhandlungen, Notizen, Schenkungslisten von Lindermayer, von der Mühle und Nieder.) Koenig-Warthausen, Baron R., Zur Fortpflanzungsgeschichte der Spottsänger, Bull. Soc. Imp. Nat. Moscou, Nr. I, p. 235—250 (auch als Separatabdruck). Naumann, J. A. und J. F., Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. Umgear- beitet und neu herausgegeben von J. F. Naumann, 13 Bde., Leipzig und Stuttgart 1522 —1860. Krüper, Dr. Th., Das naturhistorische Museum der Otto’s-Universität zu Athen, Cab. Journ. f. Orn., X. Jahrg., p. 311—320. Baedeker, F. W. J., Brehm, L., und Paeßler, W., Die Eier der europäischen Vögel, Leipzig und Iserlohn (samt den später ausgegebenen 7 Lieferungen Nachträge). Wolley, John and Newton, Alfred, Ootheca Wolleyana, part I Aceipitres, London (englisch). (In Betracht kommen: p. 82, 108 und 150.) part II Pi- cariae-Passeres, completing vol. I, London 1902, p. 182—531, I—XL, Tab. X bis XIII, J—M. Degland, ©. D. et Gerbe, Z., Ornithologie Europeenne, deuxi&me edition, 2 vols., Paris (I. Ed. Degland seul 1549, 2 vols.). Elwes, H.J. and Buckley, T.E., A List of the Birds of Turkey, „Ibis“, vol. VI, new series January, p. 59—77, April, p. 188—201, July, p. 327—341 (nur zum Teile die Ornis Griechenlands betreffend). Mommsen, Aug., Mittelzeiten. Ein Beitrag zur Kunde des griechischen Klimas. Oster-Schulprogramm, Tiere, p. 15—30, Schleswig. Fritsch, Dr. Anton, Naturgeschichte der Vögel Europas (Atlas und ein Band Text). hey, Dr. Eugene, Synonymik der europäischen Brutvögel und Gäste, Halle. Dubois, F. Ch. et Alph. fils, Oiseaux de la Belgique et oiseaux de l’Europe et leurs eufs, 5 vols., Bruxelles 1854— 1872. Dubois, M. Alph., De la variabilit@ de certains oiseaux et indication de quelques especes nouvelles pour l’Europe, Revue et Magasin de Zoologie, ser. 3, t. 1, Paris, p. 356— 393. 3. Schlegel, H., Museum d’Histoire Naturelle des Pays-Bas, Oiseaux, 6 parties, Leiden 1862—1873. . Krüper, Dr. Th., Beitrag zur Ormnithologie Kleinasiens, Cab. Journ. f. Orn., XVH. Jahrg., 1869, p. 21—45 und XXI. Jahrg., 1875, p. 258—285 (enthält viele Beobachtungen aus Griechenland!). Altum, Dr. B., Forstzoologie, Bd. II, Vögel, II. Aufl., Berlin. Homeyer, E. F. von, Ormithologische Briefe, Berlin. Homeyer, E. F. von, Die Wanderungen der Vögel, Leipzig. Kronprinz Rudolf, Eine ÖOrientreise, 2 Bde., Wien (nieht im Buchhandel), Bd. I, p. 6-21, Bd. II, p. 209 und 210, p. 230 und 231 und p. 250—254. Zum Teile abgedruckt in „Mitteilungen des ornitholog. Vereines“ in Wien V, 1885. 1888. 1592. 1896. 1897. 1898. 1899. Dict. III. Griechenland. 37 18581, p. 60—65 und in: Jagden und Beobachtungen, Wien 1886. Vollständig in: Eine Orientreise vom Jahre 1881, beschrieben vom Kronprinzen Rudolf von Österreich, illustriert von Pausinger, Wien 1885, p. 4—15, 347 und 348, 353 und 359. Seebohm, H., Hist. of Brit. Birds, 3 vols., London 1583—1885. (Enthält viele auf eigener Beobachtung beruhende Angaben über die Ornis von Griechenland!). Erzherzog Ludwig Salvator, Paxos und Antipaxos, Würzburg und Wien. Brehms Tierleben, dritte von Prof. Pechuel-Loesche neu bearbeitete Auflage, Vögel, 5 Bde., Leipzig und Wien 1891 —1892. Dresser, H.E., History of the Birds of Europe, 9 Bde. (samt Supplement), London 1571—1896. Philippson, Dr. Alfr., Thessalien und Epirus, Berlin. (Anm. In desselben Autors Werk „Der Peloponnes“ ist bloß die Beschreibung des Wachtelfanges in der Maina p. 227 als hierhergehörig zu erwähnen.) Catalogue of the Birds in the British Museum by Sharpe, Gadow, Seebohm, Selater, Salvadori, Ogilvie-Grant, Saunders and Salvin, 27 Bde. London 1874—1398. Leonhard, Dr. Rich., Die Insel Kythera. Eine Monographie, Gotha, Ergänzungs- heft Nr. 128 zu Petermanns Mitteilungen. (Tierwelt, p. 30 und 31.) Eine Reihe anderer Werke, wie z. B. der Art. „Grece“ von Clön Stephanos im Ene. med. (Paris 1885), enthalten nur eine allgemeine Übersicht über die Ornis von Griechenland, oder von Teilen dieses Landes, wieder andere, wie etwa das be- rühmte Buch von V. Hehn, Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Übergange aus Asien nach Griechenland u. s. w. (7. Auflage 1902), behandeln den Stoff, trotz einiger botanischer Zusätze, von ganz anderer, nämlich rein linguistisch-historischer Seite und gelangen dadurch vielfach zu Ergebnissen, welche mit der naturwissenschaftlichen Forschung in direktem Widerspruche stehen und daher absichtlich unberücksichtigt geblieben sind. Schließlich sei bemerkt, daß mir Lilfords Prachtwerk, Col. Fig. Brit. Bds. leider unerreichbar geblieben ist. welcher dieselbe auf Grund vieljähriger eigener Kritische Liste der Vögel Griechenlands. Abkürzungen: Dress. . — Dresser. Dindernere ae — Lindermayer. Drum — Drummond Hay. Verde Er rer es: — Graf von der Mühle, Erhateese: — Erhard. Reset — Reiser. Ried. .... — Fiedler. NONE — Sonnini. I. Geoff. St. n — Isidor Geoflroy Saint Hilaire ae: Jap: — ‚Jameson. Kr —= Krüper. IE . — Brutvogel. Etert: — Lord Lilford-Powys. a aaO Ken Eee ng — Fraglicher Brutvogel. Die Zusammenstellung der neugriechischen, volkstümlichen Namen ist Dr. Notizen und in Übereinstimmung mit einigen der verläß- Krüper zu verdanken, liehsten griechischen Jäger im Februar 1904 für die vorliegende Arbeit einzusenden die Güte hatte. Erster Entdecker im Gebiet 1. 7 Erithacus (Addon) luscinia (L.), «edorı . Son. 2. y Erithacus rubeculus (L.), xourrolereng Son. 3. Kutieilla mesoleuca (Hempr. u. Ehr.) Seebohm 4. BRutieilla phoenicura (L.), zorxıwörwAog . (Son.?) Jam. 5. rFeutieilla titis (L.), xaoßovrıdong, Yıavvarog, le (Parnaß) I. Geoff. St. H. 6. 7 Pratincola rubicola (L. ) allen (Pamnaß) (Son. ?) I. Geoff. St. H. 71. Pratineola rubetra (L.) ee am? 8. 7 Sawicola oenanthe (L.), zreroöxAng (Thessalien), srergekig (Andros) A (Son. 2) I. Geoft. St. H. 9. 7 Saxieola albiecollis (Vieill. ), ee Linderm. 10. #7 Saxwicola albieollis amphileuca Hempr. u. Ehr. Rs. 11. 7 Saxieola melanoleuca (Güld.), dorrooxwAive (Tem.) I. Geoff. St. H., Dress. (als melanslelca) 12. r Cinclus einelus albicollis (Vieill.), »eg02000vYog . Linderm. 13. 7 Monticola saxatilis (L.), zrerooxöoovpos, KoRrımoawAog (Tem.?) Linderm 14. 7 Monticola cyanus (L.), zrergoxöoovpos, wueoovka (Ky- kladen) . Son. 15. Turdus musicus L., aa I. Geoff. St. H. 16. Zurdus iliacus L. ae ne eeeliinderm: 17. 7 Turdus viseivorus L., zuoıeresivn (Parnaß), Toagrodo« (Thes- salien) (Son.?) Linderm. 18. Turdus pilaris T i Jam. 19. 7 Merula merula (L.), xö00vpog Son. 20. Merula torquata (L.) v.d.M. 21. 22} Fr 23. 24. 26. 27. 29. 30. 31. 32. 39. 34. 55. 36. 31. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. A. 48. 49. 50. 51. 52. 58. 54. 55. 56. . TSitta neumeyeri Michah., zoostevaxos, opverrung . 58. *7 Certhia familiaris L., SB). III. Griechenland. + Regulus ignicapillus (Brehm) *7 Regulus regulus (L.), Baoıkevg . Phylloscopus rufus (Bechst.) TPhylloscopus bonellii (Vieill.) Phylloscopus trochilus (L.) Phylloscopus sibilator ge Hypolais philomela (L + Hypolais olivetorum a, emoiraide, ec (Attika) ‘+ Hypolais pallida (Hempr. u. Ehr.), uwvıoga&peng (Kykladen), toırann (Andros) . Aeödon (Agrobates) er | Meneh. ) ne Acrocephalus streperus (Vieill.). TÄerocephalus arundinaceus (L.) Acrocephalus schoenobaenus (L.) Luseiniola melanopogon (Tem.) 7 Cistieola eisticola (Tem.). : T Cettia cettii (Le Marm.), dedovazı. 7 Pyrophthalma melanocephala (Gm.) TPyrophthalma rüppelli (Tem.) . TPyrophthalma subalpina (Bon.) 7 Sylvia 7 Sylvia 1 Sylvia T Sylvia Sylvia eurruca (L.) orphea jerdoni (Blyth) atricapilla (L.) sylvia (L.), Esehtase hortensis Bechst. Aeccentor modularis (L.) + Accentor collaris subalpinus Brehm, oayorsci ; TTroglodytes troglodytes (L.), getos) TovrToAaoldg, r Aegithalus ne @), Berg: 4 Panurus biarmieus (L.), usvoranalle u. var. macedonica Salvadı u. Dress *7 Acredula tephronota (Günther) Acredula caudata (L.)*!) TParus ater L. TParus coeruleus L. . TParus major 1% TTETTaÜLTOR, xa«A0y7008 (Kykladen) rParus lugubri is graecus Rs., ee rSitta caesia Wolf, rooravdxos r@v devdowv uehL000V0Y0G wvguıroAöyog . + Tichodroma muraria (L.), oßeoviore« (Parnaß) . as (Tay- (Parnaß), sg Erster Entdecker im Gebiet Linderm. Son. (Jam.?) v.d.M. Kr. Jam. Linderm. Jam. Gould. Linderm. Jam., Schleg. (als fa- miliaris!) Linderm. Jam. Linderm. v.d.M. (Gould) Linderm. Linderm. (Jam.) Linderm. (Tem.) Linderm. Linderm. (Naum.) Linderm. Jam. vadoMiı Jam. (Jam.?) Linderm. v.d.M. vadeMe Son. Linderm. v.d.M. (Drum.?) Rs. Rs. Linderm. I. Geoff. St. H. (Tem.) Jam. Linderm., Rs. Linderm. Linderm. Linderm. (Gloger) Fied. 1) Diese Art findet sich deshalb nicht separat numeriert, weil zwar verläßliche Beobachtungen, aber vorläufig noch keine Belegstücke vorliegen. 90 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. {ale 12% 13. 14. 18. 76. de 78. 19% 80. 81. 82. 83. 34. 85. 99 100. Ornis balecanica. TOtocorys penieillata (Gould), guwvada Alauda arvensis L., T0@0790« Calandrella brachydactyla (Leisl.), uohoyJ0g (Attika) 7 Melanocorypha calandra oe) ron vd @alerida arborea (L.), woAoxdog TovoAdzı tGalerida eristata D) #oovdahög, zarLovAleog, En Budytes flavus (L.) . yudytes flavus taivanus (Swinh.) Budytes flavus borealis (Sund.) . Budytes flavus einerocapillus (Savi) Dudytes melanocephalus (Licht.), roiv« (Akarnanien) Motacilla melanope Pall., zorhıpr9o« (Parnaß) 1 Motacilla alba L., v0ov00vVod«d«, 08100000, KWA00000« Anthus pratensis (L.) . Anthus cervinus (Pall.) TAnthus trivialis (L.) TAnthus campestris (L.), Anthus spipoletta (L.) . Emberiza schoeniclus (L.) #7 Emberiza schoenielus canneti (Brehm) 1 Emberiza schoenielus reiseri Hartert . TEmberiza eia L., toıyAovı voö Bovvoü T Emberiza caesia Cretzschm., PA&yog . T Emberiza hortulana L. i : T Emberiza eirlus L., voxgAorı, a Se (Parnaß) : 1 Euspiza melanocephala (Scop.), @urrekovgög, %40«007v00A1 (Parnaß), zorroıgAig (Attika), urreopekı (Attika), uesVore« (Kykladen) . TORoN FOR a yauorıhaida . . TMiliaria calandra Ab, ), ealnens 87. 88. 39. 9. Ir 22. 93. 94. 9. 96. IT. 98. TLoxia eurvirostra L., ore@voouvrng . Pyrrhula pyrrhula (L) Erythrospiza githaginea (Eiche) jSerinus serinus (L.), oxaosazı . Chrysomitris spinus (L.) > r Carduelis carduelis es). xaodeglve, onen (Parnat) TAcanthis cannabina (L.), pavera, uovooroiyAe (Taygetos) y Chloris chloris (L.), PA®oog, Ypımeı y Montifringilla nivalis (L.), xuwrada . Fringilla montifringilla L. 5 TFringilla coelebs L., orrivog, onıyyagı, vo@vı (Parnas) T Coccothraustes Boch austes (L.), duwrAoosrivog, %0vdoo- wörns, el en Hounduory)e (Thessa- lien) TPasser petronius (L. ) 7LETEOOTLOVEYLTNS, rs Passer montanus (L.) Erster Entdecker im Gebiet Rs. Son. (Naum.) I. Geoff. St.H. Son. Linderm. J. Geoff. St. H. Jam. Rs. Rs. Linderm. Linderm. Son. Son. Linderm. Linderm. Drum. Linderm. v.d.M. Linderm. Lilf. v.d.M. (Naum.) Linderm. (Tem.) Linderm. (Naum.) Linderm. Linderm. (Brehm) I. Geoff. St. H. Son. Drum. Drum. (Tem.) Kr. (Naum.) Linderm. Jam. Son. Son. Son. Rs. (Naum.) v.d.M. Son. Linderm. Jam. Linderm. 101. 102. 103. 104. 105. 108. 109. 110. uale 112. 113. 114. 115. 116. 1. 118. lg). 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. III. Griechenland. TPasser domesticus (L.), ortovoytryg, Tovrropodzrng (Parnaß) . 1 FPasser hispaniolensis (Tem.) . ; Sa 1 Sturnus vulgaris L., Waoorı, aagapekı (Thessalien), utacrsonit (Kykladen) 5 . Pastor roseus (L.), Bea Bean : SER *TOriolus galbula L., ovzopdyog, xıroovorcoökı, 00yAaiog (Tay- getos) 2a. ER = 5. T Pyrrhoeoraz br ae) ), eheraıse KOAKWOUUTE . . . TPyrrhocorax pyrrhocorax (L.), zakıaxoöda xıroıwouvre, K000vv0- zcoölı (Taygetos) 5 T@arrulus glandarius (L.), z100« 1FPica pica (L.), zaoazdse . TColaeus monedula (L.), z«oud SUR a 2 5 Corvus frugilegus L., gaßaoorı, OT@00x00dXL, KO0RTOAS (Thes- salien) . Ir: Corvus cornix L., zovgoür« Br er ; TCorvus cora® L. u. var. lawrencei inne: #0008, K000ARG Lanius excubitor homeyeri Cab. B TLanius minor Gm., yaidovoo«oToudyos, BerlorepelaE TLanius nubieus Licht. . TLanius senator L., zepal&s, Corvouayos, uavgoudTns TlLanius collurio L., doroudxog Museicapa parva Bechst. . TMuseicapa grisola L., wuıoy&peng . Museicapa atricapilla L. #7 Muscicapa atricapilla nn: quata one) Museicapa collaris Bechst. TChelidon urbica (L.), uaorwezı . THirundo rufula Tem., zorxıwoxwktrızo 1 Hirundo rustiea L., yekıdörı T Hirundo rustica savignyı Steph. T Clivieola riparia (L.) . % : TClivieola rupestris (Scop.), ron led, OTAATEOR » TMicropus apus (L.). E j Micropus melba (L.), neroonelidore: he (Taygetas) TCaprimulgus europaeus L. (u. meridionalis Hartert), yıdopvic- oroa, vuzroßaung, uh&vog (Kykladen) Ar Bee Upupa epops L., ro«korrersiwvög, &ygLoxdrogag, zroüne, ragda- Aörıvegog, wrrovurioag (Thessalien) TCoracias garrula L., xovoorapandsa, yahrorogoüva TMerops apiaster L., ee a ns (Par- naß) B - IRRE: Buıke Merops persieus Pall. 5 Alcedo ispida L., WeooAoyı, aaıloravle (Aarnanien) yalae (Lamia) - SI EREIRE: We: Ceryle rudis (L.), lagen ey > 91 Erster Entdecker im Gebiet Son. (Tem.) v.d.M. Son. (Naum.) Jam. Son. (Gloger) Fied. Linderm. Son. I. Geoff. St. H. I. Geoft. St. H. Linderm. Son. Son. Jam. (Tem.) Jam. Linderm. I. Geoff. St. H. Jam. Linderm. Son. (Naum.) Drum. Rs. (Naum.) Jam. (Gloger) Linderm. (Tem.) Drum. Son. Tem. Jam. Jam. (Naum.) Jam. (Tem.) Jam. 12G3St9H% Son. I. Geoff. St. H. Son. v.d.M. I. Geoff. St. H. (Brehm) v. d.M. 92 139: 140. 141. 142. 145. 144. 145. 146. * 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 1159: 156. DL 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. ıbzalz 172. 173. 174. 175. 176. 177. 178. 19: 150. Ornis baleanica. T@eeinus viridis (L.), roıuAıddoe ro@oıwo 7 Dendrocopus minor danfordi (Hargitt), SEEN. 1ULAO0G T Dendrocopus medius sancti-johannis (Blanf.) i Dendrocopus leuconotus lilfordi Sharpe u. Dress., roıukı- ddoa raodahog 1 Dryocopus martius (L.), rorukıddoa Be Jynz torquilla L., uvonzopayog TCueulus canorus L., x00x409, PaOOOTOUYwvov (ken). T Coceystes glandarius (L.), xo@vog yStrie flammea L. T Carine noctua aa und var. orale Bea KOUKOV- Bayıa 1 Syrnium aluco (L. 5 YOVXOVOLOTYG (Parnaß) T Pisorhina scops (L.), yvıorı . Asio aceipitrinus (Pall.) rAsio otus (L.), u1X00S TODPOg . TDubo bubo (L. ), urcoögog, a (Ta rn) 1 Circus aeruginosus (L.) EL. Circus eyaneus (L.) Cireus macrurus (Gm.) *r (ircus pygargus (L.) Erythropus vespertinus (L.), Cerchneis naumanni (Fleischer), Getos)EE rn u@0gog zıoxıwelı zıorıwelı, avsuoyduog (Tay- r Cerchneis ienumenilie (L.) ), rıozıwelı vod Bodyov . Faleo aesalon Tunst. T Falco subbuteo L., yeodaı . a : Falco eleonorae Gene, Ben uabgo rerolung Andros) T Falco peregrinus Tunst., Falco feldeggi Schl., 1 Nisaötus fasciatus (Vieill.), TNisaötus pennatus (Gm.) . rerglung - zrerglung : unhadehpı jAquila maculata (Gm.) Aquila (maculata) elanga Pall.. TAquila melanaötus (L.), derög, geAwvıdong (Taygetos) . Aquila chrysaötus (L.), derög, Oravgaerög Haliaötus albieilla (L .), Gerög uE Aevrv olodv Pandion haliaetus (L.). El TCircaötus gallicus (Gm.), &osr00g devög . 1 Pernis apivorus (L.) Archibuteo lagopus (Brünn.) . T Buteo buteo (L.), T Buteo ferox (a) ı Paopaxiva, rasızavowvı (P: um: .ö) T Aceipiter nisus (L.), yeodzı, ES Eee (Taygetos). TAstur brevipes (NSeverzow), yeodzı . SL: Erster Entdecker im Gebiet Fied. Linderm., Harg. Jam., Brehm (als me- ridionalis) v.d.M., Dress. Fied. (Naum.) Jam. Son. (Gloger) v. d.M. Drum. I. Geoff. St. H. Linderm. Jam. Linderm. Jam. I. Geoff. St. H. I. Geoff. St. H. I. Geoff. St. H. Linderm. Linderm. (Son.?) Jam. (Son. ?) I. Geofi.St.H. Jam. Jam. Jam. Linderm., Tobias Jam. (Schleg.) Simpson v.d.M. v.d.M. Linderm. (v. d.M.) Linderm. Drum. Fied. Linderm. Drum. . Linderm. Drum. Drum. Jam. Rs. Jam. Kr. 151. 182. 183. 154. 210. 211. 212. 213. 214. 215. 216. 217. 218. 219. 220. III. Griechenland. T4Astur palumbarius (L.) lerıy. *7 Milvus migrans (Bodd.), zoiprng . LER *7 Milvus milvus (L.), wehudısong. . . au er ee T@ypaetus barbatus (L.) (grandis Storr. ), 65v& (Akarnanien), +.000 (Parnaß und Epirus), gpahro (Attika) . TG@yps fulvus (Gm.), Oovıov, x6xr1w0 dovıov, oravieng (Ky- 2 » 00 » 0 > S kladen) . TVultur monachus L., u@öoo dovıov, Avacovıov (Parnaß) S > . TNeophron perenopterus (L.), &ostoor«on, #0bx0v &A0yo» . TCaccabis sawatilis chukar (Gray), zweodıza vov viow . TCaccabis saxatilis graeca (Briss.), zreodıra . .*7 Perdix perdie (L.), zreodıra Tod +durrov .*7 Phasianus colchieus L., gaoıavog . 2. + Coturniz coturniz (L.), 6erizu . . TZurtur turtur (L.), vovyorı . . rColumba palumbus L., p«@oo« . Columba oenas L. . rColumba livia Gm., &youosregıoregı Ardea garzetta L. ‚ Voeapdyo Ardea alba L. . TÄrdea purpurea L., voımvıd . A 5 . rArdea einerea L., vovywvooiorng, Tovywvorodaung (Ky- kladen) . Ardea ralloides Se Ardea ibis L. Nyeticorax nyeticorax (L. ) riidonE .*T Ardetta minuta (L.), 6oriyoodorng Botaurus stellaris (L.) Phoenicopterus roseus Pall. . rt Ciconia eiconia (L.), Aehexı, Aehexag : Cieonia nigra (L.), Aekerı uadgo Platalea Trend L., xovAuaor : : Plegadis faleinellus (L.), rovoyi ucöoo, Yakndsovve (Kr kladen) : tFulica atra L., Balaelde, raomoidde (Kykl en) 7 Gallinula Eon (L.), vegosrovAdde Gallinula porzana (L.) . r Ortygometra parva (Scop.) Ortygometra pusilla (Pall.) Crex erex (L.), 0OT@00x01r«, OoTIXoU«ve, oe 7 Rallus aquaticus e VEOÖKOTTE, vEgOstoühl, VE0OROAOTOEA« (Akarnanien) Grus grus (L.), ygoavog Grus virgo (L.) -. : 7 Otis tarda L. nn AYoLoynVa , (Earnat), ride (Ihes- salien) o SEE LE FE Erster Entdecker im Gebiet Linderm. Linderm. Son. (Naum.) Linderm. Son. (Gloger) Linderm. (Tem.) Linderm. (Tournefort) Dress. Son. (Naum.) Linderm. Son. Son. Son. Son. Linderm. Son. (Tem.) I. Geoff. St. H. (Tem.) Linderm. I. Geofi. St. H. Jam. (Tem.) I. Geoff. St.H. (Tem.) v. d.M. I. Geoff. St. H. (Thienem.)I.Geoft.St.H. (Naum.) Linderm. I. Geoff. St. H. I. Geoff. St. H. Linderm. (Naum.) Linderm. (Tem.) Jam. Fied. Linderm. Jam. (Naum.) Linderm. (Naum.) Linderm. Jam. Linderm. (Brehm) Jam. (Naum.) v.d.M. Linderm. 94 DDDyDDDDyDDDND DD WW > u” DD DD DD DI DI DD N DD SEBEHMSERASHEN 256. 237. 238. 239. 240. 241. 242. 243. 244. 245. 246. 24. 248. 249. 250. 251. DD N ar oa ot >» 08 180) [Dil © a Si} TOtis tetrax L., dyoıörorre, 00000« (Parnaß), gauorida (Thes- salien) Scolopa x rustieula L. (Andros) s A Gallinage gallinula (L.), Uuesavobr KoupO Gallinago gallinago (L.), wrexaroivn Gallinago major (Gm.), urrezeroivn Öduho Numenius phaeopus (L.), Numenius tenuirostris Vieill. Limosa lapponica (L.) , Suhonorre, Ornis baleanica. SA orahoovı da oryAtyovoog (Kykladen) . Numenius arcuatus (L.), rovekid« Limosa limosa (L.), udorvgog u£yag : yAetitis hypoleucus (L.), YahaooorovAı . Totanus . T Totanus Totanus Totamus Totanus Totanus Totanus Tringa Tringa Tringa Tringa Limicola platyrhyncha (Tem). pugnax (L.). calidris (L.), u«orvoog fuseus (L.) littoreus (L.). ochropus (L.) glareola (L.). stagnatilis Bechst. mimuta Leisl. . temmincki Leisl. . subarcuata (Güld.) alpina L. Calidris arenaria (L.) { r Himantopus himantopus (L.), &roaxvog er nanien) Reeurvirostra avocetta L. Oedicnemus oedienemus (L.), roveAtd« Chettusia gregaria (Pall.) Hoplopterus spinosus (L.) Vanellus vanellus (L.), zaAmudva, rayorroivı T Aegialitis alewandrinus (L.), nanien) . Aegialitis curonicus (Gm.) Aegialitis hiatieula (L.) Eudromias geoffroyi (Wael.) Eudromias morinellus (L.) . Charadrius plwvialis L Charadrius squatarola (L alyıektıng, rraouvog (Akar- ., 000%07000J.1 .) . T@lareola pratincola (L.), vsoorr&odıra, uavoera in), vegoyeludorı (Kykladen), &yıorrodkı (Kykladen) Arenaria interpres (L.) . Haematopus ostrilegus L. Cygnus eygnus (L.), #0Avog . 5 ARE: Cygnus olor (Gm.), vıdhuc, KoDAog (Kykladen) £ Erster Entdecker im Gebiet (Naum.) Linderm. Son. (Naum.) Jam. I. Geoff. St. H. (Naum.) Jam. Linderm. (Naum.) Jam. (Tem.) v.d.M. Linderm. Linderm. I. Geoff. St. H. (Naum.) Linderm. I. Geoff. St. H. Linderm. (Naum.) Linderm. (Naum.) Linderm. I. Geoff. St. H. Linderm. I. Geoff. St. H. Linderm. Drum. Son. v.d.M. I. Geoff. St. H. Jam. Fied. (Tem.) Jam. Rs. (Trem.) Linderm. Son. I. Geoff. St. H. Linderm. (Naum.) Linderm. Rs. (Tem.) Jam. Linderm. (Naum.) Linderm. Jam. Linderm. Linderm. (Naum.) Drum. (Naum.) Kr. 269. 264. 269. 266. 267. 268. 269. 270. 271. 272. 273. 274. 275. 276. 271. 278. 279. 280. 231. 282. 283. 234. 285. 256. 287. 288. 239. 290. 291. 292. 293. 294. 295. 296. 297. 298. 299. 300. 501. 302. 303. 304. T Phalacrocorax graculus desmaresti Payr., 7 Sterna nilotica Hasselq. rLarus melanocephalus Natt., III. Griechenland. Anser anser (L.), Xva, &yoröyıpa Anser erythropus (L.) Anser albifrons (Scop.) e Tadorna tadorna (L. > eoeyehlse (Ak Arne (Lamia) . fraddehke T ladorna casarca L) Anas erecca L., ysoovrazıa . *T Anas querquedula L.. Anas Anas acuta L., vooupAorwälıe let ati, ae penelope m ,‚ undAlıe . *T Anas strepera L. Anas boscas L., ayororarıs Spatula celypeata (L.), AoureAüg 2 Clangula glaueion (L.), y«Aevroi (Akamanien) . 7 Fuligula nyroca (Güld.) ) Fuligula rufina (Pall.) : Fuligula ferina (L.), govdooxwkıa ananien) Fuligula fuligula (L.), uevoovjoo«, rouusrovolezt . Erismatura lewcocephala (Scop.), zepahoüdı . Mergus albellus L. Mergus serrator L. Mergus merganser L. . + Pelecanus erispus Bruch, oax#xz&g, ruustanıag (Alarnanien) Pelecanus onoerotalus L. 3 Phalacrocorax pygmaeus (Pall.), are uunod . rahıratooü 2 zalıroarod (Kykladen) . Phalacrocorax carbo (L.), Hydrochelidon nigra (L.) i Hydrochelidon leuecoptera (Schinz) Hydrochelidon hybrida (Pall.) . kayova ueyahn, Oyıa (Korfu) 7 Sterna minuta L., yAaoovazı 7 Sterna hirundo L., yAcoorı . Sterna ecantiaca Gm... . . . . , yhagovı . 5 Sterna caspia Pall., zao«to@g (Akarmnanien) . Rissa tridactyla (L.) . Gelastes gelastes (Licht.) . Larus minutus Pall. ß Larus ridibundus L., yAd@oog 1uxo0g : orVhoxobraPog er a)r Larus canus L.. Larus fuscus L. TLarus argentatus michahellee: Brach! Rees 305. *+ Larus audowini Payr. Ar: 306. + Puffinus kuhli (Boie), wögos, dgrevng Erster Entdecker im Gebiet Jam. v.d.M. Linderm. Jam. Linderm. Jam. Jam. Linderm. Jam. Linderm. Jam. Jam. Linderm. Linderm. Linderm. (Jam.?) Linderm. Linderm. v.d.M. Jam. Linderm. v.d.M. (Tem.) v.d.M. (I.Geoft.St.H.)v.d.M. Linderm. Linderm. Fied. Linderm. I. Geoft. St. H. Linderm. Linderm. Fied. v.d.M. Linderm. (Tem.) Linderm. Linderm. Erh. I. Geoff. St. H. Jam. Jam. Jam. v.d.M. v.d.M. Erh. Linderm. 96 Ornis balcanica. Erster Entdecker im Gebiet 307. + Puffinus puffinus (Brünn.), [yelkouanus (Acerbi)], uögog . . (Linderm.) Erh. 308. Podiceps eristatus L., AwAopoürı, roobkıa, sraoarseratzıov (Ky- kladen). . . ee N aaleinderm: 309. #7 Podiceps nigr Geollee (Brehm) a akut | Ks sie. Jam! 310.*7 Podiceps fluviatilis Tunst., et ee Slam: 311. Colymbus arctieus L.. . a We ee: 312. Colymbus a E BRAD TnBinderm. Zusammen bisher somit 312 Arten und Varietäten. Die Aufzählung jener Vogelarten, deren Vorkommen im Lande entweder fälsch- lich behauptet oder gegenwärtig noch nicht genügend sicher festgestellt worden ist, erfolgt in einem besonderen Kapitel nach dem speziellen Teile. IUR SER ZEN IEERZ IH: Erithacus (Addon) luseinia (L.), Luscinia minor Br. — Nachtigall. Überall, wo Wasser und Vegetation der Nachtigall den Aufenthalt möglich machen, trägt sie durch ihren Schlag außerordentlich zur Verschönerung der griechischen Land- schaft bei. Graf von der Mühle gibt eine anziehende Schilderung ihrer Wohnplätze daselbst, die an anderer Stelle wiedergegeben werden soll. Sobald die Nachtigall ihre notwendigen Daseinsbedingungen vorfindet, schlägt sie ihr Heim ebensowohl auf dem griechischen Festlande wie auf den Inseln auf. So hat häufiger Nachtigallenschlag schon so manchen Besucher Korfus entzückt. Lord Lilford fand sie dort sehr häufig und Drummond notierte ihre Ankunft gegen den 10. April. Doch ist seine Ansicht, daß sie Korfu bloß auf dem Zuge berührt, ent- schieden unrichtig, da wir am 17. April im Valle di Ropa und am 21. April 1894 bei Braganiotika nestbauende Paare antrafen, am selben Tage freilich auch noch ein auf dem Zuge begriffenes Exemplar auf der Düne von Korissia im Wacholdergestrüppe. Wie geschaffen für sie, ist die ganze Gegend der Vrachoriseen samt der Klissura. Hier beobachtete ich viele in den ersten Maitagen 1894. In Menge gibt sie Simpson für die gebüschreichen Wälder der akarnanischen Niederung an. Nicht minder günstig für sie ist die Umgebung von Velestino in Thessalien und Lindermayer bezeichnet als Orte ihres Aufenthaltes weiters den nördlichen Teil der Insel Euböa, Teile von Mittelgriechenland, Attika (namentlich häufig in Kephissia, wo ich im schönen Parke des Herrn Merlin eine förmliche Nachtigallenansiedlung bewunderte) sowie den Peloponnes (besonders in Elis und Messenien). Im Peloponnes beobachtete ich ausnehmend viele Nachtigallen im Alpheiostale oberhalb Olympia sowie unweit davon im Kladeostale, dann in der vegetationsreichen Schlucht von Ladä bei Kalamata und endlich bei Tarapsa in der Maina. Wie schon erwähnt, fehlt sie den Inseln durchaus nicht. Auf jenen des Archipels beobachtete sie bereits Sonnini am Zuge zu Ende des Sommers und Erhard reiht sie unter die Durchzügler der Kykladen ein, eine Angabe, welche Krüper verbessert, nachdem er die Nachtigall als nicht seltenen Brutvogel auf Naxos kennen lernte und dort auch Eier erhielt (Cab. J. f. Orn. 1863, p. 405 u. 406). Die meisten Nachtigallen fand ich auf dieser Insel 1894 bei Keramoti. Aber auch auf der viel kleineren Spora- deninsel Skopelos brütet sie, da mir daselbst am 21. Mai 1594 ein Gelege überbracht wurde. Außerdem kann ich Maß und Gewicht von vier Eiern angeben, die an Dr. Krüper aus dem Parnaßgebiet gelangten und in der Zeit zwischen dem 2. Mai und 7. Juni dort gesammelt wurden. Es sind darunter wohl so ziemlich die Extreme in den Größenverhältnissen vorhanden: 7* 100 Ornis balcanica. 105 22 21:3 20 19:9 15:3 mm Br. 165 15:6 15:9 15:9 14:3 mm Gew. 18 16 15 16 12:5 cg. Uber die Ankunft, beziehungsweise den erstgehörten Schlag der’ Nachtigall liegen eine Reihe Beobachtungen aus verschiedenen Teilen Griechenlands vor, welche die folgende Tabelle ersichtlich machen soll: 1359 27. März Akarnanien | Dr. Krüper 1860 4. April Akarnanien Dr. Krüper 1860 | 28. März Pikermi Dr. Schmidt 1861 5. April Athen Dr. Schmidt 1862 27. März Athen | Dr. Schmidt (1865 19. März Athen angeblich!) 1865 27. März Athen Dr. Schmidt 1865 13. April Parnaß Dr. Krüper 1366 23. März Athen F. Schmidt 1866 15. April Parnaß Dr. Krüper | 1367 21. März Athen F. Schmidt 1867 29. März Athen Dr. Krüper 1868 15. April Athen | Dr. Schmidt 1873 13. April Athen | Dr. Krüper 1874 6. April Athen | Dr. Krüper 1593 17. April Porta bei Trikkala | Dr. Philippson um 1/, Monat spä- | ter als in anderen | Jahren! | 1397 1. April Klissura in Akarnanien Reiser | Wenn aus diesen Daten das Mittel. gezogen wird, so ergibt sich, daß in Griechen- land die Ankunft der Nachtigall nur um ungefähr fünf Tage später erfolgt als die der Rauchschwalbe. Viel schwieriger ist es selbstverständlich, den Abzug zu ermitteln. Außer der allge- meinen Angabe Krüpers und v. Heldreichs, daß er im August erfolge, besitzen wir nur ein einziges Datum vom Hofgärtner F. Schmidt, wonach der Abzug 1866 am 16. September in Attika stattfand. An ein Überwintern der Nachtigall in Griechenland ist nach Krüpers und meinen Erfahrungen nicht zu denken. Allgemein gelten die griechischen Nachtigallen als vorzügliche Sänger und ich finde diesbezüglich eine Angabe in der „Exped. scient. de Mor.“: „Sie ist derselbe Vogel wie im übrigen Europa, aber mit einem kleinen Unterschiede im Gesange, indem Herr Bory de St. Vincent bemerkt zu haben glaubt, daß die aufsteigenden Akkorde, welche der Stimme soviel Reiz verleihen, bei unseren (französischen) Nachtigallen weniger um- fangreich sind.“ Auch meine Untersuchung von vier Exemplaren hatte das Ergebnis, daß sich diese durchaus nicht von mitteleuropäischen unterscheiden. III Griechenland. 101 Erithacus rubeculus (L.).. Dandalus rubeeula L. — Rotkehlehen. Die Zahl der in Griechenland überwinternden ist sehr beträchtlich!) jene der Brutpaare verhältnismäßig gering. Keinesfalls ist das Rotkehlchen als Standvogel allent- halben so häufig, als man dies nach den Worten Graf von der Mühles und Linder- mayers erwarten würde, sondern nach Krüpers und meinen Beobachtungen zieht zum Brutgeschäft im Frühling nur ein kleiner Teil in die einsamen Gebirgswälder hinauf. Auf Korfu fand es Drummond vom 1. Oktober bis Ende Februar, Lord Lilford vielleicht richtiger von Ende Oktober bis in den März verweilend. Zur Zeit der Ankunft im Herbste kommen sie daselbst bündelweise auf den Markt. Ich sah am 17. Jänner auf der kleinen Insel Vido nur ein Stück, dagegen tagsdarauf die Art massenhaft im Strauchwerk bei Govino. Nach Kapitän Sperling soll es auf Sta. Maura (Levkas) Standvogel, jedoch im Winter mehr sichtbar sein als zu den übrigen Jahreszeiten. In den Tannenbestän- den des Ainos auf Kephalonia fand ich es Mitte März sehr häufig und höchstwahr- scheinlich brütet es auch daselbst. Von Zante befinden sich Exemplare in der Koll. Mazziari. Kythera besucht es Jameson zufolge am Frühjahrs- und Herbstzuge. Im Ägäischen Meere fand Sonnini das Vöglein auf den verkarsteten Inseln nur selten und beklagt das Schlingenstellen der dortigen Griechen, wovon aber heutzutage nichts mehr zu erfahren ist, da auch diese Kleinvögel dort nur mit der Flinte erlegt zu werden pflegen. Erhard rechnete das Rotkehlchen zu den Standvögeln der Kykladen, was ich durchaus bezweifeln muß. Dagegen dürfte dies jedenfalls auf Euböa der Fall sein, wo es nach Lindermayer vorkommt. Auf dem Festlande beobachtete ich zur strengen Jahreszeit die Art am häufigsten in Akarnanien, und zwar während des Februar 1897 sowohl im Röhricht an den Lagunenrändern bei Aetolikon, als auch von Kap Skropha an bis zur Phidarismündung sowie endlich im Gestrüppe der Felsschluchten des Varassovo. Besonders viele über- winternde traf ich auf der Insel Petalaä. Auch in der Umgebung und den Gärten der Stadt Athen ist das regelmäßig der Fall, und zwar nach Lindermayer von Oktober bis März; 1366 verschwanden sie von hier am 9. März (Mittelzeiten und Zugkalender bei Mommsen). Eine größere Anzahl dem hiesigen Museum aus Attika eingesandter Bälge wurde in der Zeit zwischen dem 29. September und dem 27. Februar gesammelt. Am Brutplatze traf ich Erithacus rubeculus nur im obersten Teile der Langada- schlucht (Taygetos) in Lakonien im Juni 1898. Hier bewohnt es vornehmlich als Brut- vogel die höchstgelegenen Schwarzkiefernbestände, doch sah ich es einmal auch in einer tiefer gelegenen Felsenklamm einen Waldkauz (Syrnium aluco) verfolgen. Krüper erhielt Ende April und im Mai etliche Gelege vom Parnaß; zwei ein- zelne Eier von diesen mit normaler Färbung maßen: 20 X 154 mm 135 X 157 mm 14 eg 15 eg Im Gegensatze zu den südwesteuropäischen Rotkehlehen weisen die griechischen, nach den von mir mitgebrachten und später noch eingesendeten Bälgen zu urteilen, keinerlei Unterschiede von zentral- und nordeuropäischen auf. }) Siehe auch Graf von der Mühle, Sylvien-Monogr., S. 41. 102 Ornis balcanica. Ruticilla mesoleuca (Hempr. u. Ehr.) — Weißspiegeliger Rotschwanz. Zu den wichtigsten und interessantesten Exemplaren der Sammlung in der Uni- versität zu Athen gehört unstreitig das am 19. März 1868 in Attika erlegte schöne und typische Männchen dieses östlichen Rotschwanzes, welches durch die schneeweißen Federsäume in den Schwingen sogleich auffällt. Auf dieses Stück hat bereits Seebohm (in Dressers Werk!) aufmerksam gemacht und des Vorkommens von Rutieilla meso- *!leuca in Griechenland auch in seinem eigenen Werke (p. 291) gedacht. Da leider keinerlei weitere Beobachtungen vorliegen, bleibt die genauere Erforschung der Ver- breitung auf der Balkanhalbinsel der Zukunft vorbehalten. Rutieilla phoenicura (L.) — bartenrotschwanz. Man kann mit Sicherheit auf sein Erscheinen in Griechenland nur während des Durchzuges, welcher Krüpers Beobachtungen zufolge sich im April und September voll- zieht, rechnen. Derselbe Autor meint weiters, daß sowohl das Brüten wie das Über- wintern im Gebiete noch nicht nachgewiesen wurde, doch kann ich das gegenwärtig nur für das Brüten gelten lassen. Das Überwintern kommt, als Ausnahme wenigstens, gewiß öfters vor. Linder- mayer und Graf von der Mühle bezeichnen den Gartenrotschwanz sogar als überall häufig vom Herbste an und in Graf von der Mühles Monographie „Die europäischen Sylvien“ wird er geradezu als „in Griechenland überwinternd“ aufgezählt. Auch Erhard reiht ihn unter die Wintergäste der Kykladen em. Auf ein ver- einzeltes Überwintern in Attika deuten zwei sich eben verfärbende Männchen, die bei Athen (Olivenwald und Raphina) am 8. Oktober und 24. November 1594 erbeutet wur- den und mir vorliegen; regelmäßig ist dies aber keineswegs der Fall. Durchaus nicht darf man an ein Brüten im Gebiete denken, obwohl Graf von der Mühle und Lindermayer solches für die nördlichen Provinzen, Euböa, Mittelgriechenland und sogar die Maina behaupten, ohne dafür Beweise beibringen zu können. Vom Herbst- zuge besitzt unser Museum nur ein Männchen von der Insel Skyros und zwei Weibchen von der Umgebung von Athen (29. September 1894), das Museum zu Athen ein Exemplar vom Taygetos. Über den Frühjahrszug stehen reichlichere Daten zur Verfügung. Auf den Inseln des Ägäischen Meeres trifft dieses Rotschwänzchen nach Sonnini zugleich mit Zrithacus rubeculus schon anfangs März ein. Neueren Beobachtungen zufolge ist aber diese An- gabe um einen Monat zu früh. Für Korfu verzeichnet Drummond Autieilla phoenieura als gegen Ende März ankommend und gegen Norden weiterziehend. Ich habe hier die Art am 17. und 19. April 1894 unweit der Hauptstadt, dann am 21. April ebenfalls auf dem Zuge im Gebüsch der Düne von Korissia beobachtet und geschossen, doch liegt mir auch ein von Hauptmann Polatzek bei Levkimo schon am 6. April 1898 erlegtes altes Männ- chen vor. r Von Zante ist R. phoenicura in der Koll. Mazziari in Athen vorhanden und Kythera wird laut Jameson zu beiden Zugzeiten aufgesucht. Manchmal dehnt sich der Zug weit ins Frühjahr hinein aus; so traf ich ziehende Gartenrotschwänzchen, von denen ich ebenfalls ein d’ erlegte, am 2. Mai 1894 am Nord- rande des großen Vrachorisees und sogar noch ziemlich viele am 14. und 15. Mai 1598 auf den Strophaden, von welcher Zeit ein Paar unserer Sammlung in Sarajevo III. Griechenland. 103 herrührt; 1897 sah ich die ersten am 4. April bei Missolonghi und am 13, April bei Kephissia; 1399 Baron Schilling nach Regen am 10. April bei Patras. Rutieilla titis (L.) — Hausrotschwanz. Lindermayer und Graf von der Mühle wissen bereits mitzuteilen, daß er im ganzen Gebiete Standvogel ist, speziell m Mittelgriechenland und der Maina brütet und besonders häufig sich während des Winters zeigt. Ebenso äußert sich Tristram (Ibis, 1863, p. 365): „Zutieilla titis hält sich in Griechenland bestimmt das ganze Jahr auf, besonders in der Maina, wo er in großer Menge anzutreffen ist.“ Daß aber der Hausrotschwanz in Griechenland niemals in den Ebenen brütet, ergänzt Krüper durch seine Bemerkung: „Zur Brutzeit hält er sich an den Felswänden der Gebirge auf, im Winter in den Tälern und auf den Häusern der Städte.“ In seinem Sommeraufenthalte und bei seinem Brutplatze fand ich den Hans- rotschwanz an folgenden Orten: in recht beträchtlicher Anzahl am 14. und 15. Juli 1594 an den Felsen von der Baumgrenze bis zur höchsten Kammhöhe der Kiona, ebenso auf der Vardusia (Korax); nach Hauptmann Roth im Juli 1898 auch auf den Höhen des Parnaß. Endlich beobachtete ich im Peloponnes, wo er von den Mit- gliedern der Exped. scient. de Mor. gefunden wurde, ihrer viele bis gegen die Spitze des Taygetos (15. Juni 1898). Im Winter sah ich den Hausrötling überall häufig an den Abstürzen des Varas- sovo in Akarnanien zu Anfang Februar und schließlich, auch auf die Inseln über- gehend, die er im Sommer größtenteils zu meiden scheint, am 18. und 19. Jänner 1897 bei den Ziegeleien (Manduchio) der Hauptstadt von Korfu, wo er nach Drummond und Lord Lilford den ganzen Winter verbringt. Nach letzterem brüten jedoch auch einige Paare auf der Insel, was in den höchsten, steinigen Lagen nicht unmöglich wäre. Dasselbe dürfte auf Euböa (Lindermayer) der Fall sein. Von Zante liest ein Stück in der Koll. Mazziari vor; Kythera wird Jameson zufolge am Frühjahr- und Herbst- zuge von diesem Rotschwanz aufgesucht und, was Erhard mitteilte, ist in Brehms Tierleben enthalten, nämlich, daß er die Kykladen nur während der kalten Jahreszeit besucht. Betreffs der Legezeit sind wir auf Krüpers sorgfältige Aufzeichnungen an- gewiesen; das erste Gelege fand er auffallend frühzeitig, nämlich schon am 11. April 1866, viele dagegen noch im Mai, spätestes Datum 10. Mai 1892. Sämtliche stam- men vom Parnaß. Die Größe der Eier schwankt beträchtlich; die meisten sind rein- weiß, einige besitzen noch im trockenen Zustande den bläulichen Stich und einige sind am stumpfen Ende mit ganz feinen rotbraunen Punkten geziert. Sechs einzelne Stücke wiegen und messen: L. 214 1959 19:8 19:5 18:5 17:2 mm Brssillopl 144 143 15:1 14:5 13:3 mm Gew. 13 12 13 13 115 8 cg Über das hoffentlich nunmehr aus der Literatur verschwundene Trugbild der R. cairei enthalte ich mich jeder Bemerkung, obwohl sich dieser Name beispielsweise noch kürzlich bei Bälgen aus Griechenland in einer Preisliste eines der größten Naturalieninstitute angeführt fand. Die 15 Bälge aus Griechenland der hiesigen Kollek- tion von den oben angeführten Plätzen sowie aus der Umgebung von Athen zur Winterszeit sind in jeder Hinsicht typisch. 104 Ornis balcanica. Pratincola rubicola (L.) — Sehwarzkehliger Wiesenschmätzer. Ist ein, wenngleich durchaus nicht gleichmäßig verbreiteter Standvogel der griechi- schen Vogelwelt, wie das aus den verschiedenen Beobachtungen deutlich hervorgeht. Als solchen, und zwar als recht häufigen, bezeichnen ihn für Korfu die beiden Forscher Drummond und Lord Lilford. Ich beobachtete dort viele in den frisch auf- segrabenen Weingärten nächst der Stadt am 17. April 1894, dann, zweifellos am Brut- platze in der Gegend von Kastell Angelo an der Westküste mehrere am 2. Mai 1897 und endlich überwinternde am Rande der Lagune von Korissia am 19. Jänner 1897. In der Sammlung des Hofmuseums in Wien befindet sich ein gepaartes Paar nebst einem Dunenjungen, welches Hauptmann Polatzek auf dieser Insel am 10. Mai 1895 gesammelt hat. Von Zante gibt es ein Exemplar in der Koll. Mazziari und für Kythera er- wähnt diese Art Jameson zu allen Jahreszeiten mit Ausnahme des Winters, wo er das Vöglein sicherlich übersehen hat. Auf den Kykladen ist Pratincola rubicola ebenfalls Standvogel, wie Sonnini angibt, und nicht Wintergast, wie Erhard vermutete. Ferner Brutvogel auf Euböa (Graf von der Mühle) und wahrscheinlich auf Naxos, woselbst Krüper 1862 zur Brutzeit ein Weibchen beim Übersteigen einer Steinmauer aufscheuchte, aber das Nest nicht finden konnte. Im Spätherbst gibt es auf den Inseln, wie mir berichtet wird, sehr viele, speziell auf Euböa (Delph) und Skyros, von wo Exemplare auch vorliegen. Auf dem griechischen Festlande kannten das Schwarzkehlchen bereits Naumann, Thienemann und Lindermayer als Brut- und Standvogel, doch (1323) fügt der letztere ausdrücklich bei, daß ein Teil nur im Winter bis Ende März erscheint, wie z. B. zwei Männchen von Chalandrion (Attika) vom 9. November 1903 zeigen. Die Ver mutung Graf von der Mühles, daß das Vögelchen in Mittelgriechenland niste, wurde durch die späteren Beobachtungen Krüpers zur Gewißheit und es ist auch dessen Ansicht richtig, daß die Mehrzahl der Brutplätze sich in den Gebirgen befindet. Die Legezeit beginnt außergewöhnlich früh und man kann, wie Krüper fest- stellte und ich ebenfalls bestätige, schon Ende April flügge Junge finden, in den höheren Lagen jedoch natürlich viel später. Das Benehmen mehrerer Paare in Akar- nanien am 25. und .27. April 1894, unweit der Phidarismündung und bei Aetolikon, ja sogar am 13. April 1897 nächst Kephissia (Athen) heß darauf schließen, daß sie bereits Junge zu ernähren hatten. Aber auch noch im Juli 1394 sah ich neben den Alten ganz junge Vögel auf dem Telegraphendraht zwischen Vitrinitsa und dem Mornos- defilee sitzen. Dagegen wurde am Rande des Sumpfsees Mustos bei Astros, in welcher Gegend P. »ubicola besonders häufig ist, von Hermrn Merlin und mir am 17. April 1897 ein altes Weibchen nebst einem jungen Vogel erlegt, welcher unbedingt schon nm den letzten Märztagen die Eischale verlassen haben mußte. Auffallenderweise habe ich sonst in keinem anderen Teile des Peloponnes diese Art beobachtet, doch sah Graf von der Mühle hier ihr Eintreffen im Herbste auf den Baumwolläckern, dann hat das Athener Museum ein Exemplar im Jugendkleide vom Taygetos; endlich besitzen nach den Untersuchungen Isidor Geoffroy Saint Hilaires die von dort mitgebrachten Vögel eine etwas dunklere Oberseite und stehen dadurch Exemplaren von Südafrika (Kap) näher als französischen. Obgleich ich dies- bezüglich beim Vergleiche zwischen Stücken aus der nördlichen Hälfte der Balkan- III. Griechenland. 105 halbinsel und einer Reihe von 13 griechischen (größtenteils von Attika stammend) keinen wesentlichen Unterschied finden kann, so fallen dagegen griechische Brutvöge! durch ihre Kleinheit auf, wie denn auch vergleichende Messungen Dressers (Birds of Europe) an Exemplaren aus den verschiedensten Teilen Europas, Asiens und Afrikas gerade für ein griechisches Stück die kleinsten Maße ergeben. So mißt beispielsweise ein altes Weibchen, welches ich am 15. Juli 1894 auf der Kiona in einer beiläufigen Höhe von 2100 m erlegte: Ganze Länge: I11 mm, Flügel: 62 mm, Schwanz: 45 mm, Schnabel: 9 mm, Tarsus: 21 mm. Erwähnenswert sind noch zwei nahezu vollständige Albinos, welehe nach Krüper in den Fünfzigerjahren aus der Umgebung von Missolonghi durch Dr. Nieder an das Museum in Athen gelangten,!) woselbst sie auch heute noch zu sehen sind. Zum Schluß mögen hier noch die Maße von einigen der von Krüper gesammelten und stets schwer erhältlichen Eier Platz finden: Gelege 3 Stück: 1. 185 176 176mm 20 19:4 19:2 18-5 18:3 18 al 17 16:5 mm En AT 146 Mdmm 45 1413 42 143 145 44 143 141 135 mm 059 eg. „ii 11 10 al 9 9 80 Parnaß San = Attika Parnaß 18. Mai 1894 1./VI. 26./Iv. 18.jv. 26./Iv. 2./v. 6.jv. 10/0. 1./v. 4JV. IE ER) 1394 1888 1883 1890 1889 1892 1891 Pratineola rubetra (L.) — Braunkehliger Wiesensehmätzer. Die im Frühling nach Mitteleuropa ziehenden und im Herbste wieder die Tropen- länder aufsuchenden Vögel dieser Art berühren natürlich hierbei auch Griechenland und dessen Inseln in großer Zahl. Sie nehmen hier nach Seebohm?) bloß ein bis zwei Wochen Aufenthalt und setzen dann die Wanderung fort. Der Frühjahrszug geht aber, wie aus meinen Notizen ersichtlich, bei P. rubetra, wie bei so mancher anderen Art, nicht auf einmal vor sich, sondern zieht sich unge- fähr vier Wochen hinaus. Am 19. und 21. April 1894- beobachteten wir ganz bedeutende Mengen von Durchzüglern auf Korfu, nahe dem Meeresufer, aber auch in Weingärten und zwischen den Ölbaumgruppen; die meisten im Valle di Korissia. Zur gleichen Jahreszeit, nämlich am 20. April 1897, sahen und erlegten wir diesen Wiesenschmätzer häufig bei Tripolis in Arkadien und am 25. April 1594 an der Mün- dung des Phidaris in Akarnanien. Auf Santorin (Thera) fand ihn Douglass in der ersten Maiwoche (1892) häufiger als die Steinschmätzerarten und vom 7. bis 11. Mai 1898 waren sie in Menge auf Zante, und zwar in den unteren Lagen des Skopos, den mittleren der Vrachiona, die meisten aber in der Niederung südlich der Hauptstadt zu sehen. Schließlich belebten sie in großer Zahl Mitte Mai beide Strophadeninseln, wo es ihnen freilich elend erging. Wir fanden eine große Menge Verendeter herumliegen: 1) Genaue Beschreibung dieser zwei Exemplare in Cab. J. f. Orn. 1862, S. 316. 2) In Dressers Werk. 106 Ornis balcanica. Uber den Herbsizug fehlen leider irgendwelche nur einigermaßen genügende Angaben. Bezüglich des Überwinterns und des Brütens im Lande sind die Ansichten sehr geteilt. Ich glaube das erstere, wenigstens für einen kleinen Teil, unbedingt bejahen, das letztere verneinen zu müssen. In Korfu gibt schon Drummond diesen Wiesenschmätzer als hie und da im Winter vorkommend an und ich stellte mehrere am 19. Jänner 1897 am Rande der Lagune von Korissia fest. Außerdem treten auch Lindermayer und Erhard hierfür ein. Ein Brüten kann ich jedoch nicht annehmen und glaube, daß an den diesbezüg- lichen Angaben sowie über Beobachtungen des Vogels im Sommer überhaupt zum größten Teile Verwechslungen mit P. rubicola schuld sind. Als solche irrige Angaben bezeichne ich die von Lindermayer (bezüglich Nord- griechenlands und Euböa), Jameson (bezüglich Kythera), Graf von der Mühle (Mittel- griechenland), Lord Lilford (Korfu) und Thienemann!) (bezüglich ganz Griechenland). Die von mir von den oben angegebenen Orten mitgebrachten sechs Exemplare sowie jene des Museums von Athen, aus Attika (Frühjahr) und vom Taygetos (Herbst) zeigen genau die vielen und verschiedenen Farbenabstufungen wie in Mitteleuropa, was aus dem oben angegebenen Grunde ja eigentlich selbstverständlich ist. Saxicola oenanthe (L.) — brauer Steinschmätzer. Der graue Steinschmätzer gehört zu denjenigen Arten, welche zu den Zugszeiten in großer Menge in Griechenland erscheinen, nirgends daselbst überwintern, aber auch in einer beträchtlichen Zahl von Brutpaaren, namentlich im der höheren Bergregion, den Sommer verbringen. Diese Tatsachen wurden aber bisher sehr oft verkannt, wie dies aus folgendem ersichtlich ist. Sonnini, welcher durch Anführung einiger biologischer Einzelheiten zeigt, daß er den Vogel recht gut kennt, vermutet, daß er die griechischen Inseln bloß im Früh- jahre und gegen Ende des Herbstes besucht. Derselben irrigen Meinung ist Erhard und Graf von der Mühle, welcher noch obendrein hinzufügt „selbst dann nicht häufig“. Jameson sah den Vogel auf Kythera nur im Frühjahre. Am unrichtigsten ist Sperling unterrichtet, wenn er sagt: „In den Gebirgen Griechenlands sowohl wie tatsächlich auf allen Inseln und Küsten des Mittelmeeres, die ich besucht habe, ist dieser kleine Vogel sowohl im Sommer als auch im Winter zu sehen“, denn speziell auf griechischem Boden wurde S. oenanthe in Winter noch nie beobachtet. Über die Zeit der Ankunft und des Abzuges besitzen wir nur wenige Daten. Dr. Krüper (dessen Angaben im allgemeinen v. Heldreich wiederholt) notierte die Ankunft: nkuntt Attika, 1867: am 12. März ea 127 März 5 1874: „ 6. Apnil Leonis erlegte den ersten bei Daphni (Attika) 1895: am 17. März und ich be- obachtete die ersten nach Sturmwetter auf Kephalonia (bei Monastir Gerasimos) 1897: am 18. März. !) Fortpflanzungsgeschichte (1856), p. 237. III. Griechenland. 107 Dann währt aber noch der Durchzug geraume Zeit hindurch, denn auf Korfu, wo Drummond die Ankunft gegen Ende März beobachtete, sahen und erlegten wir offenbar am Zuge befindliche Stücke am 17., 19. und 21. April, und zwar in der Ge- gend des Valle di Ropa, der Bucht von Kalikiopulo und auf der Sanddüne von Korissia und selbst am 14. Mai 1898 ließen sich noch zwei verspätet wandernde graue Steinschmätzer auf den Strophaden nieder. Ob die von Douglass in der ersten Maiwoche 1892 auf Santorin beobachteten Vögel daselbst Durchzügler oder Brutvögel waren, wage ich nicht zu entscheiden. Bezüglich des Abzuges erfahren wir zunächst von Lindermayer, der als erster ihn als Brutvogel erkannte und auf Euböa auffand, daß derselbe gegen Ende September erfolgt. Krüper beobachtete, daß die ersten auf dem Rückzuge schon im August er- scheinen, und der Herbstzug dauert dann den September hindurch bis in den Oktober hinein; den letzten erlegte Krüper am 14., Leonis sogar noch am 28. Oktober. Als griechischer Brutvogel bewohnt S. voenanthe, wie schon erwähnt, in erster Linie die Bergregion. Dr. Krüper ist es wiederum, der uns die Belege hierfür ver- schafft hat, indem er am 21. April 1866 auf dem Parnaß das erste Gelege von vier Stück entdeckte; zwei andere Eier von dort, gefunden am 2. und 3. Juni 1866, in jeder Hin- sicht normal, überließ mir der Genannte. In der gleichen Gegend, nämlich den Hoch- ebenen des Parnaß, fand später auch Seebohm den Vogel zur Sommerszeit. Weiters traf ich am 14. und J5. Juli 1894 S. oenanthe recht häufig, und zwar alte wie vollkommen flügge Vögel auf der dem Parnaß benachbarten Kiona, und zwar von den Mittellagen dieses Gebirges angefangen bis etwa zu 2400 m, dann am Taygetos am 14. und 15. Juni 1895 von Anavryta an bis hoch hinauf in die alpine Region. Von hier besitzt sowohl das Museum in Athen als auch unser Institut (im ganzen 9) Stücke. Es ist daher ungenau, wenn es in Brehms Tierleben heißt: „Brutvogel vom Parnaß angefangen nordwärts.“ Ein vereinzeltes Brutpaar habe ich aber auch ganz deut- lich unfern der Festungsmauer von Pylos am 3. Juni 1898 erkannt, während sich der zoologische Berichterstatter der Exped. scient. de Mor. begnügte, die Art einfach für den Peloponnes schlechtweg aufzuzählen. Sehr bemerkenswert erscheint es mir, daß dieser Steinschmätzer nach meinen Beobachtungen auch auf emigen Kykladeninseln zweifellos brütet. So habe ich ihn auf Naxos mehrfach in der zweiten Hälfte Juni 1894 auf dem Zeusberge Ozia und dem Korönagebirge zusammen mit den beiden mediterranen Saxicola-Arten angetroffen, dann auch auf der größten Insel (Hag. Nikolaos) der unweit gelegenen Makariaes- gruppe (20. Juni 1594) und auch ziemlich zahlreich etwas später auf Erimomilos. Bezüglich des Gefieders griechischer Stücke habe ich nichts zu bemerken und erwähne nur noch, daß Altum in seiner Forstzoologie, p. 255 sonderbarerweise beim Vergleiche von Exemplaren aus Griechenland Saxicola isabellina mit oenanthe zu- sammenzuziehen versuchte. Sasicola albicollis (Vieill.) (Saxicola aurita Tem.) — Ohrensteinschmätzer. Allenthalben im Gebiete an geeigneten Orten ein häufiger Brutvogel, der nach Lindermayer einige Tage später ankommt als Sax. melanoleuca und etwas weniger häufig ist als diese. Die Eier sollen kleiner sein als die von Sax. melanoleuca. Krüper dagegen hält beide Steinschmätzerarten für gleich häufig und zur selben Zeit 108 Ornis balcanica. anlangend. In dieser Frage dürften wohl nur sorgfältigere Beobachtungen, ‘die aber gerade hier mangeln, entscheiden. Den Wegzug verlegt Krüper in den August und September. Auf Korfu soll die Ankunft nach Drummond am 1. April erfolgen. Durchaus unrichtig ist aber seine Angabe, daß dieser Steinschmätzer dort nicht verbleibt, da ich Ende April und anfangs Mai Brutpaare sowohl in den Felsen von Hag. Deka als bei Kastell Angelo nächst Paläokastrizza beobachtet und erlegt habe. Auch die Ankunftszeit dürfte etwas früher fallen, da Hauptmann Polatzek von mehreren anwesenden ein Männchen bei Levkimo schon am 25. März 1895 erbeutete und einsandte. Zante bewohnt Sax. albicollis ebenfalls. Ich beobachtete mehrere in den tieferen Lagen am Fuße des Skopos, ein Paar dagegen sogar auf der Höhe der Vrachiona am 10. Mai 1898. Unter den Opfern der Wetterkatastrophe auf den Strophaden fand ich diese Art ebenfalls vor, wenngleich in nicht allzugroßer Anzahl. Kythera beherbergte zur Zeit meines Besuches im Juni 1898 den Vogel recht spärlich in der Kaki Langäda-Schlucht, auf der Ebene in der Inselmitte und bei Kapsali; auch auf der Avgoklippe sah ich ihn. Auf den meisten Inseln im Ägäischen Meere wurde dieser Steinschmätzer von mir und anderen ebenfalls aufgefunden. So ister nach Erhard Brutvogel der trockenen Berghalden der Kykladen, wobei freilich zu bemerken wäre, daß sich der Genannte über den Artbegriff von Sax. albicollis durchaus nicht klar werden konnte. Spezielle Beobachtungen und Belegexemplare liegen vor von: Naxos, wo ich bei Melanes Eier erhielt und sowohl in der Höhe von Apiranthos als den Kämmen von Leona dem Vogel begegnete, Makariaes, Santorin (Douglass mit dem Beifügen, daß dies dort die häufigste Saxicola sei), Erimomilos, dann Euböa (Lindermayer), Sporadeninsel Xerö und Skyros (von wo mir ein Exemplar zukam). Über das griechische Festland hin scheint die Verbreitung eine ziemlich regel- mäßige zu sein. Erwähnenswert scheint mir das besonders zahlreiche Vorkommen am Varassovo und in der großen Klissura in Akarnanien, wo am 1. Mai ein Gelege von drei Eiern zu- getragen wurde, ferner das von Krüper und Seebohm am Parnaß unterhalb der Nadelholzregion geschilderte und endlich jenes im Peloponnes zu sein, wo mir die meisten im Gelände nördlich von Astros (Ostküste), bei Tripolitsa (Arkadien) und bei Pylos unterkamen. Jedoch gab es an letzterem Orte doch etwas weniger als Sax. melanoleuca, mit welcher bekanntlich die Wohnplätze zusammen ausgewählt werden. Als eine bemerkenswerte Eigentümliehkeit schien es mir, daß sich der Ohren- steinschmätzer sowohl bei Kephissia als im Seestrands-Kiefernhain unweit des Piräus, mit Vorliebe auf die Äste der Pinus halepensis setzte. Auf Beschreibung und Ausmessung der vielen aus Griechenland eingesendeten Eier will ich lieber verzichten, da Verwechslungen mit jenen von Sax. melanoleuca durchaus nicht ausgeschlossen wären, wie denn auch unter anderem die Genauigkeit der Identifikation der von Lindermayer seinerzeit an Thienemann übersandten Eier gewiß viel zu wünschen übrig lassen dürfte. Nur von den vier auf Naxos gesammelten sicher bestimmten Eiern sei Folgendes angegeben: L. 20:5 20.4 20:3 20 mm Brsarloal 15:4 146 14:7 mm Gew.’ 13:5 15 13 13 eg III. Griechenland. 109 Die 16 aus den verschiedensten Gegenden des Landes mitgebrachten Bälge von Sax. albieollis beweisen die vollständige Ubereinstimmung griechischer Vögel mit nord- balkanischen. Sasxieola albicollis amphileuca Hempr. u. Ehr. — Östlieher Ohrensteinschmätzer. Wider alles Erwarten ist mir während meiner Reisen in Griechenland kein ein- ziger Steinschmätzer untergekommen, welcher vollständig die Merkmale der östlichen Form amphileuca gezeigt hätte, die ich 1893 in Ostrumelien auffand. Dagegen fiel mir sofort ein schönes Männchen, erlegt am 28. Mai 1859 (wahr- scheinlich in Attika) im Museum der Universität zu Athen auf, welches zweifellos zu amphileuca gehört. Klarheit über die Verbreitung dieser Form in Europa könnte wohl erst durch eine genaue Erforschung der jetzigen Türkei gebracht werden. Saxicola melanoleuca (Güld.) (Sax. stapazina Tem.) — Weißlicher Steinschmätzer. Gerade in den letzten Jahren ist über die Steinschmätzer von Südosteuropa und gerade diese für Griechenland sehr eigentümliche Art viel geschrieben worden. Es geht daraus hervor, daß sie keineswegs identisch ist mit der westeuropäischen und daß sie der Güldenstädt’schen melanoleuca weitaus am nächsten zu stehen kommt, ohne sich vollständig mit dieser zu decken. Die geringfügigen Unterschiede genügen aber durchaus nicht, um gleich wieder mit einer neuen Bezeichnung herauszurücken. Seebohm ist meines Wissens der erste, welcher 1874 bei Dresser den Namen melanoleuca anwendet, wobei er die Brutorte und den Sommeraufenthalt in den Mit- tellagen des Parnaß anschaulich schildert. Sämtliche älteren Autoren, und zwar: Temminck, Naumann, Chr. L. Brehm (1823), Thienemann (1826), die Mitglieder der Exped. sceient. de Mor., Gould, Baedecker u. Päßler (Eierwerk), Degland und v. Heldreich führen diesen Stein- schmätzer als häufig in Griechenland samt dem Peloponnes und den griechischen Inseln unter dem Namen „stapazina“ auf. In Größe, Bau und Gefieder gleichen die griechischen Vögel dieser Art voll- kommen denjenigen Dalmatiens, der Herzegowina und Montenegros. Wir finden solche schon vor 1849 in der Sammlung des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg, später in jener Chr. L. Brehms, über welche er in Cab. J. f. Orn. 1856, S. 450, sich folgendermaßen äußert: „Das Kleid der einjährigen Männchen von Vitiflora stapazina ist gewöhnlich weniger schön als jenes von V. rufa. Ich besitze ein solches aus Griechenland, bei welchem die hinteren Oberflügeldeck- und Schulterfedern ganz grau sind. Bei den abgetragenen Kleidern kommt auf dem Oberkopfe der grauschwarze Grund der Federn zum Vorschein. Ein recht altes Männchen meiner Sammlung aus Griechenland hat nur zwei Farben; denn die Kopfseiten, die Kehle, das Schwanzspitzen- band und die Flügel sind schwarz, alles übrige aber ist weiß.“ Die sechs Männchen im Landesmuseum passen auf diese Beschreibung vollkom- men. Vervollständigt wird das Entwicklungsbild durch ein etwa zwei Monate altes Männchen (Pikermi, 27. Juli 1894), welches in diesem Alter am meisten dem alten Weibchen, das viel schwieriger zu erlegen ist als das Männchen, ähnelt. Doch ist es kräftiger entwickelt, der Kehlfleck zeigt größere Ausdehnung und schwärzlichen, 110 Ornis balcanica. nicht kaffeebraunen Grund. Deutliche Reste der graubraunen Färbung von Kopf und Rücken sind stets auch nach Vollendung des ersten l,ebensjahres; noch vorhanden und auch später gehören Exemplare ohne jeden Anflug von Rostgelb auf den weißen Partien der Ober- und Unterseite zu den Seltenheiten. Auf Einzelheiten der geographischen Verbreitung im Lande übergehend, beginne ich mit der Mitteilung Drummonds, welcher die Selbständigkeit dieser Art laut Strickland besonders betont, daß der weißliche Steinschmätzer Korfu in beträchtlicher Zahl auf dem Zuge berührt, einige Paare daselbst auch den Sommer über verweilen und selbst auf dem Zitadellfelsen brüten. Ich habe den Vogel hier zweifellos übersehen, doch ist er gewiß ebensowohl dort als auch auf dem nahen Paxos Brutvogel, da ein von Hauptmann Polatzek an das Wiener Hofmuseum übersendetes Weibchen dieser Insel das Datum vom 25. Juni 1895 trägt Von Zante sah ich zuerst Stücke in der Koll. Mazziari im Museum zu Athen; 1595 konnte ich diese Art dort öfters selbst beobachten, ja sogar auf der Höhe der Vrachiona (etwa S00 m über dem Meere) am 10. Mai von einem Paare das schön ver- färbte Männchen erbeuten. Auch auf den benachbarten Strophaden beobachtete ich sie noch am Zuge mehrmals und schoß am 15. Mai ebenfalls ein Männchen. Jameson erwähnt das Erscheinen am Frühjahrszuge auf Kythera. Nach Erhard ist sie auf den trockensten Berghalden der Kykladen ein sehr häufiger Brutvogel, den er, im Gegensatze zu Graf von der Mühle, nach dem Vor- gange der älteren italienischen Autoren mit Sax. albicollis zusammenwirft. Es liegen weiters Angaben des Vorkommens vor: von Douglass für Santorin (erste Woche des Mai), für Naxos, wo ich am 18. und 19. Juni 1894 auf dem Oziä- berge zwei Paare, jedoch mehrere an der Steilküste bei Kap Muntsara antraf und wo- selbst Krüper mehrfach Eier erhielt, für das Plateau des kleinen Evreokastron (12. Juni 1894 einige Paare!), von Lindermayer für Euböa und endlich für die Sporadeninsel Jura (27. Mai 1894 mehrmals). Auf dem Festlande fanden Sax. melanoleuca 1859 und 1860 Krüper und Simpson auf den steinigen Abhängen von Akarnanien, was ich am 25. April 1894 für die Geröllhalden des Varassovoberges bestätigen konnte, wo zahlreiche Paare eben zum Brutgeschäft Vorbereitungen machten. Auch in Thessalien sah und erlegte ich diesen Steinschmätzer am 17. Mai 1594 am Ufer des Karlasees und am häufigsten scheint er in gewissen Teilen des Pelopon- nes aufzutreten. So ist er z. B. sehr zahlreich an der Ostküste zwischen Kiveri und Astros, dann die einzig vorkommende Sazxicola-Art in der Gegend von Doljana in Arkadien und von da bis Tripolitsa verbreitet, ferner nicht minder häufig auf den Hän- gen bei Kalamata, ebenso auf dem Ithomeberge, dann rings um Anayryta unweit Sparta und endlich in der :Gegend zwischen Modon und Pylos entschieden öfter zu sehen als Sax. albieollis. Als Zeit des Eintreffens im Frühling bezeichnen Lindermayer Anfang, Drum- mond geradezu den 1. April. Genauere Daten gibt Krüper: Gebiet des Parnaß, 1861: 29. März E n = 1865: 25. e 5 n 1866: 24. ” ” Dann beobachtete ich bei Kephissia 1897: 13. April zwei Neuankömmlinge und endlich Baron Schilling bei Patras 1899: 24. März 3 0’ und 1 9, dann aber erst am 6. April wieder 1 Stück. III. Griechenland. 111 Die Angabe Graf von der Mühles, daß man anfangs März nach jedem starken Sturme Scharen Neuangekommener sieht, ist entweder irrtümlich oder sie beruht auf einer einzelnen, sicher ungewöhnlichen Beobachtung, denn dieser Zeitpunkt ist fast um vier Wochen zu früh. Dagegen ist seine auch von Thienemann wiederholte Schilderung des Beneh- mens nach der Ankunft sehr zutreffend: „Sie treiben sich auf den felsigen Hügeln rastlos zwischen Emb. caesia, Turd. ceyanus und, sonderbarerweise, S. noctua herum, gegen welche sie auch gar keinen Zorn zu haben scheinen, sie nicht fürchten und, während sie untereinander immer hadern und beißen, mit allen diesen in Frieden leben.“ Die Brutzeit beginnt nicht alljährlich zur gleichen Zeit. Nach Krüpers Erfah- rungen legen sie ehestens Ende April, z. B.4 Eier: 28. April 1366 im Parnaß, doch findet man die meisten Eier im Mai. Lindermayer bekam noch im Juni Gelege von 5—6 Stück. Einige von mir am 11. Mai 1594 am Hymettos untersuchte Nester waren noch unbelest. Thienemann beschreibt ein solches von Attika folgendermaßen: „Es ist aus ver- witterten Grasstückchen, Stengelstückchen verschiedener zarter Pflanzen erbaut und inwendig mit Grasblättern und einigen Roßhaaren etwas locker ausgelegt.“ Absichtlich unterlasse ich wieder an dieser Stelle die genauere Beschreibung der Eier, obwohl eine große Zahl von solchen, die Krüper verschickt hat, sich in den ver- schiedensten Sammlungen befinden. Da mir selbstgefundene nur aus den nördlichen Balkanländern zur Verfügung stehen, so behalte ich mir die Wiedergabe von deren Maß, Gewicht usw. für später vor. Über den Wegzug von Sax. melanoleuca ist nur wenig bekannt. Lindermayer verlegt ihn in die Mitte September; doch erlegte Krüper noch am 5. Oktober 1871 Durchzügler dieser Art. Cinclus eineclus albicollis (Vieill.) — Südlicher Wasserschmätzer. Nach eingehender Prüfung und Vergleichen der mir vorliegenden sechs alten und drei jungen Exemplare aus Griechenland habe ich die Überzeugung gewonnen, daß sie durchwegs zur südlichen Form des Wasserschmätzers gehören, wie dies übrigens bereits früher von den Engländern Dresser und Seebohm erkannt worden ist. Der erstere (Birds of Europe, vol. Il, p. 153 und Suppl., p. 20) bezeichnet als Verbreitungs- gebiet: Schweiz, Savoyen und Südeuropa bis Griechenland und Türkei und kenn- zeichnet griechische Exemplare folgendermaßen: „Ähnelt C. aquatieus,!) ist aber etwas kleiner und hat vor allem die oberen Teile blasser und die Brust viel heller rotbraun; diese Farbe erstreckt sich über den Unterleib.“ Da aus dem eigentlichen Griechenland bei Dresser speziell nur ein junger Vogel (Parnaß, 10. Juli 1566, ge- sammelt von Krüper) angeführt ist und die meisten vielmehr von Makedonien und vom Olymp ihm vorgelegen haben mögen, so werden später die Maße der hiesigen Museumsexemplare folgen. Sie erschienen auch im Leben deutlich kleiner als jene von der Nordgrenze der Balkanhalbinsel und der weiße Brustfleck ist durch das lebhafte Rostbraun der Unter- seite bei einzelnen Stücken derartig eingeengt, daß man fast versucht wäre, eine da- rauf sich gründende Subspezies aufzustellen. 1) Unter diesem Namen behandeln den Vogel sämtliche Autoren über Griechenland! 112 Ornis baleanica. Die jungen Vögel zeigen zwischen der dunklen Wässerung der Unterseite einen deutlichen schwefelgelben Anflug! An den sechs alten Vögeln unserer Sammlung, welche sämtlich zwischen dem 5. und 31. August von Stavros Strimmeneas im Parnaß bei Agoriani erlegt wurden, sind folgende Maße abzunehmen: d of d Q d e) Ganze Länge . 180 191 192 182 198 195 mm Blüselssralle 22231 92 91 36 97 Ioer Schnabel. . . 18 19 19:5 lee) 19 20, Tante 24:55226,5 25 28 27 ” Im übrigen stimmen Lindermayer, Graf von der Mühle und Krüper und aus denselben schöpfend Thienemann und v. Heldreich darin überein, daß der Wasser- schmätzer an den klaren Gebirgsbächen Griechenlands, einschließlich Euböas, die nach kurzem, raschem Laufe sich ins Meer ergießen, Stand- und Brutvogel ist. Unwahr- scheinlich, ja vielmehr einfach unmöglich ist dies jedoch für die Kykladeninseln, ob- gleich Erhard es angibt. An dem Wasserlaufe im obersten Teile der lakonischen Langadaschlucht habe ich auf einem eigens zu diesem Zwecke am 11. Juni 1898 unternommenen Ausflug einen alten Vogel und eine Familie Junger getroffen. Jener verkroch sich im Bachbett unter Steinen so, daß er durchaus nicht hervorzuscheuchen war und in einem unbewachten Augenblick das Weite suchte und fand; aber drei junge Wasserschmätzer fielen uns doch dort zur Beute. Griechische Eier des Vogels gehören zu den größten Seltenheiten und wurden überhaupt nur von Krüper, und zwar nur dreimal aufgefunden. Dieser vielerfahrene Forscher schreibt: „Die Brütezeit beginnt schon Ende März, wenn die Gebirgsbäche durch den schmelzenden Schnee so angeschwollen sind, daß man schwer zu den Brut- stellen, die unter den Wasserfällen sind, gelangen kann. Die im Parnaß am 29. April und 12. Mai 1866 und Ende Mai 1573 gefundenen Eier stammen von Paaren, deren erste Brut verunglückt ist.“ Monticola saxatilis (L.) — Steinrötel. Sehon bei uns bergige Landschaften stets bevorzugend ist es vollends in Griechen- land ausschließlicher Gebirgsbewohner. In früherer Zeit scheint man den Vogel be- züglich der Verbreitung in Griechenland oft fälschlich mit M. eyanus auf eine Stufe gestellt zu haben. Daher hielt man das Steinrötel daselbst wie auch im Archipel für gemein, so Temminck, Naumann, Dubois, Baedecker, Brehm und Päßler (Eier- werk), A. Brehm (Tierleben). Dagegen finden sich auch in älteren Veröffentlichungen schon ganz treffende An- gaben; so sagt Chr. L. Brehm 1823 (Europäische Vögel, p. 305), daß M. saxwatilis auf den sehr hohen, steinigen Gebirgen Griechenlands lebt, und fügt 1845 (Stiftungsfest) ganz richtig hinzu,daß die Art in jenem Lande weniger gewöhnlich ist als M. cyanus. Ja in seinem unvollendet gebliebenen Hauptwerke bemerkt Thienemann sogar, daß das Steinrötel sich in Griechenland nicht leicht unter 3000° nistend findet. Es ist auch hier im Süden ein echter Zugvogel, denn zur Winterszeit wurde noch nie ein Stück in Griechenland beobachtet. Merkwürdigerweise konnte aber Linder- III. Griechenland. 13 mayer sich niemals mit der so leicht begreiflichen Tatsache einverstanden erklären, daß das Steinrötel den Winter in Afrika und nur Frühling und Sommer in den grie- chischen Gebirgen verbringt. Als Ankunftszeit gibt Drummond für Korfu den 10. April, v. Heldreich (für das Festland) Mitte April an. Mitunter kommen aber die Wanderer schon Ende März zurück, denn ein Jäger Dr. Krüpers erleste am 26. März 1872 zwei ankommende Männchen. Über die Zeit des Abzuges erwähnt nur Graf von der Mühle, daß er im Septem- ber erfolgt, und bezüglich der Verbreitung ist nur wenig zu sagen. Auf Korfu, wo ich vergeblich nach dem Vogel Umschau hielt, ist er laut Drum- mond selten, brütet aber in den Bergen. Auch Lord Lilford hat ihn ein- oder zwei- mal daselbst beobachtet. Er werde, wie überall, auch dort als Singvogel sehr ge- schätzt. Die Inseln des Archipels scheint es nur vorübergehend auf dem Zuge zu be- suchen. Freund Knotek fand auf Jura (nördliche Sporaden) die Reste eines zerrissenen Exemplars und Douglass sah den Balg eines auf Santorin erbeuteten Vogels. Auf dem Festlande stellte Krüper 1855 das Vorkommen im Zygosgebirge fest, Lindermayer am Pentelikon, von wo mir ein Weibehen vom 10. Mai 1903 vorliegt, und am Hymettos bei Athen, wo er mehrere erlegte (Museum in Athen, 30. Mai 18583), aber auch auf dem Delph auf Euböa; überall jedoch nur selten; Graf von der Mühle in den höchsten Gebirgen Mittelgriechenlands (damals Rumelien genannt!), namentlich dem Veluchi. Am 16. Juli 1894 traf ich in den Mittellagen der Kiona beim Abstieg nach Dremisa auf großen, einzeln stehenden Felsblöcken eine Familie von flüggen Jungen und am selben Tage hatten mir die Hirten ein solches, durch einen Steinwurf übel zu- gerichtetes, aus den Karavunibergen unweit von dort überbracht. Dr. Krüper beobachtete das Steinrötel vor allem auf hochgelegenen Felswänden und einsamen, felsigen Orten im Parnaß, von wo das Museum in Athen ein am 20. April 1857 erlegtes altes Stück und unser Museum ein Paar junge Vögel (Ago- riani, Juli 1895 und August 1396) bekam. Nach den Erfahrungen Dr. Krüpers be- einnt daselbst das Brutgeschäft im Mai; so fand er am 19. Mai 13865 ein Nest mit sechs, am 13. Mai 1866 mit einem und Ende Mai 1873 mit ziemlich bebrüteten Eiern. Von diesen gelangten einige in die Sammlung Dressers. Sie sind etwas gefleckt und messen 1 ern xp engl. Zoll. Über das Vorkommen von M. saxatilis auf dem Peloponnes kann ich berichten, daß ich am 20. April 1897 emen Vogel in der Gegend von Merkovuni nächst Tripolis be- obachtete und daselbst auch ein junges Männchen unserer Sammlung von Professor Langhadis am 26. Juli 1895 erlegt wurde. Ferner fand St. Strimmeneas am 16. Juni 1595 einen schön singenden alten Vogel in den Felsabsätzen des Taygetos oberhalb der Baumgrenze und endlich spendete Herr Konsul Merlin sen. ein Paar alter Vögel aus der Umgebung von Kalamata dem British Museum (Cat. Vol. V, p. 315). Das Gefieder zeigt keine Abweichungen von mitteleuropäischen Vertretern. Ein noch nicht einjähriges Männchen aus der Umgebung von Athen vom April 1893 un- serer Sammlung hat noch etwas mehr vom Jugendgefieder als von dem eben hervor- sprossenden Alterskleide. Reiser, Ornis balcanica. II. to} 114 Ornis baleanica. Monticola eyanus (L.) — Blaumerle. Die trostlose Einöde der meisten wenig oder gar nicht bewohnten Felseilande Griechenlands wirkt zumeist auch durch die dortige Vogelarmut umso abstoßender. Zu den wenigen Vögeln, deren sich diese sonnendurchglühten Klippen erfreuen, gehört vor allem die Blaumerle, welche den Besucher solcher abgelegenen Gegenden noch oben- drein durch ihren herrlichen Flötengesang in Entzücken versetzt. Obzwar man sie in Griechenland auch weit im Landimneren und ziemlich hoch im Gebirge vorfindet, bevorzugt sie als Standvogel stets Inseln und felsige Küsten- striche, kurz die Nähe des Meeres. Fast alle Autoren, die über unser Gebiet schrieben — ich zähle allein elf Stellen mit allgemein gehaltenen Angaben — erwähnen ihr Vor- kommen und Nisten einschließlich des Peloponnes. Doch ging hierbei Gloger, wie wir sehen werden, entschieden viel zu weit, wenn er behauptete, daß man sie an fast allen großen Gebäuden des Landes finden könne. Nach Graf von der Mühle käme dies überhaupt nur zur Winterszeit vor. Ein ziemlich deutliches Bild der Verbreitung geben folgende Fundorte: Korfu. Laut Drummond und Lord Lilford ist sie daselbst sowie an allen Küsten von Nordwestgriechenland während des ganzen Jahres sehr häufig. Ich beobachtete sie (Mai 1597) in den Felsen bei Paläokastritza vom Meere an bis hoch ins Gebirge der Insel, fand sie aber allerorts ganz auffallend scheu. Einzelne Paare fanden sich auf Oxiä und anderen noch kleineren Klippen an der akarnanischen Küste in der Nähe der Acheloosmündung. Zante. Zweifellos Brutvogel in den Felsen des Skopos, in einem verfallenden kleinen Kastell am Kap Geraki, der kleinen Insel Peluso, den Felswänden bei Ka- tastari im Norden und Keri im Süden. Nur dem kühn kletternden Wutte gelang es, an den beiden letztgenannten Orten zwei Paare zu erlangen. Kythera. Jameson erkannte sie hier als Standvogel durchs ganze Jahr. Zur Zeit meiner Anwesenheit im Juni 1898 stellte ich in der Kaki Langhäda-Schlucht an der Ostküste mindestens zehn Paare, hier und da ein einzelnes an der steilen West- küste und eines auf der Klippe Avgo fest. Bereits durch Sonnini erfahren wir, daß M. cyanus die meisten felsigen Inseln des Archipels gleichwie die abgelegenen Gebirge bewohnt. Später erkannte Erhard die Blaumerle als Standvogel der Kykladen, eine Angabe, die Lindermayer sonder- barerweise entging; doch vermerkte er den Vogel für Euböa und ich begegnete ihm mehrfach an den Felsenküsten von Skopelos und Xer6, dann auf Erimomilos und Naxos. Auf der letztgenannten Kykladeninsel sah Krüper die Blaumerle sowohl im Gebirge als auch auf den Klippen im umgebenden Meere, so z. B. ein Paar auf Evreokastron. Selbst tief im Inneren der Zeus-Tropfsteinhöhle fand Krüper 1862 die Reste eines vorjährigen Nestes und ein frisches mit drei Jungen vor. Bei meinem Besuche im Juni 1894 trieb sich ebenfalls ein Paar an dieser berühmten Örtlichkeit herum. Die von mir mitgebrachten Stücke stammen von Chalki und Tragäa. Von den Aufenthaltsorten am Festlande seien zunächst jene in Akarnanien er- wähnt, woselbst das Vorkommen seit 1853 im Zygosgebirge und im Varassovo durch Krüper und Simpson bekannt gemacht wurde. Ich sah im April 1894 viele bei Kryoneri und ebenso daselbst in den höheren, geschützten Schluchten im Februar 1897; Krüper fand sie hier auch mitten im Winter. Am 4. Mai entdeckte Santarius im Karste bei Aetolikon ein Nest mit ganz kleinen III. Griechenland. 115 Jungen. Glücklicher war Krüper, der in Begleitung Simpsons und Heerens am 31. Mai oder 1. Juni 1559 in der kleinen Klissura das erste Nest mit fünf ungefleckten, etwas bebrüteten Eiern, wahrscheinlich eine zweite, verspätete Brut, entdeckte. Nach Simpson war das Nest seichter gebaut als bei M. merula. Vielfach sah ich diesen Vogel in der großen Klissura, aber auch hier erwies er sich als äußerst vorsichtig. Als isolierte, ziemlich weit ins Innere vorgeschobene Punkte kann ich noch die Felsen im Walde bei Podolovitsa und die Gegend des Monastir Angelokastron er- wähnen, wo Baron Schilling die Blaumerle neben dem Kamin des Klosters am 11. Dezember 1898 und 9. Jänner 1899 beobachtete. Gegen Abend schlüpfte sie dann ins Innere des reichlich mit Vieh belegten Stalles. Weiter östlieh begegnete ich ihr in den Felsen nächst Delphi und am Hymettos, wo sich am 11. Mai bereits ein Paar mit seinen flüggen Jungen herumtrieb. Aber auch im Kara dagh bei Velestino konnten wir diese Art feststellen. Auf dem Peloponnes lernte sie Graf von der Mühle und Lindermayer als sehr häufig kennen. Mir begegnete sie in mehreren Paaren bei Masklena in Arkadien, dann überall in den tieferen Lagen der Langhada-Schlucht in Sparta, namentlich in der berühmten Ruinenstadt Mistra, wo ich sie auch erlegte; weiters auf dem Berge Ithome in Messenien und endlich im Karste nächst Pylos sowie in den Felsen von Alt-Pylos. Die Brutzeit beginnt manchmal sehr zeitlich; so traf ich in der Felsschlucht bei Missolonghi mehrere schon am 20. Februar gepaart an und Krüper fand als frühestes Datum bei Delphi schon am 3. April 1866 ein Gelege von drei Eiern. Jedoch sind die meisten Gelege, namentlich im Gebirge, in der zweiten Hälfte Mai, ja oft erst in den ersten Junitagen vollzählig. Jenes Nest, welches man Graf von der Mühle in einem Busche Crataegus pyracantha zeigte, gehörte wohl sicherlich nicht der Blaumerle, sondern der Amsel an. Thienemann beschrieb ein von Lindermayer erhaltenes als sehr flach und aus Grasstückchen mit groben und feinen Pflanzenstengeln zusammengefügt. Besonders fest und künstlich sind die Nester nie gebaut! Maße und Gewicht eines Geleges von vier Stücken, vom Parnaß, 20. Mai 1894 sind: Ih! 23:2 27:6 21-5 26:6 mm Br 20:3 20 19:9 20:2 mm Gew. 54 29 29 29 eg Knapp am stumpfen Ende der Eier zeigt sich durch dicht gehäufte Pünktchen schwache Kranzbildung. Von sieben weiteren einzelnen Eiern aus Akarnanien und vom Parnaß sind zwei gar nicht, die übrigen schwach gefleckt. Das erste Stück ist ein sogenanntes Riesenei, wie solche gerade beim Genus Monticola hier und da vorkommen. Maße und Gewicht dieser sieben Eier: 322 304 28:5 27-8 26:5 25:5 25 mm Bres 20:3 19 19:5 19:9 20 20 19:8 mm Gew. 57 30 3 305 3 29 28 cg Lindermayer bekam "auch Gelege zu sechs Stück! Die mir zu Gesicht gekommenen Vögel waren in jeder Hinsicht typisch. Bei drei jungen, in der Zeit zwischen Juni und November erlegt, kann man 8* 116 Ornis balcanica. den Wechsel vom gewellten Jugendkleide zum einfarbigen Altersgewande gut ver- folgen. Bei einem jungen Vogel von Agoriani im Parnaß bemerke ich, daß der Ober- schnabel in abnormer Weise hakig nach abwärts gekrümmt war; sonst kamen mir keine Abweichungen vor. Kapitän Sperling erfuhr in einigen Gegenden als Namen der Blaumerle die Be- zeichnung „göttlicher Vogel“ und gleichzeitig die Legende, daß dies der Sperling der Heil. Schrift sei, der sich auf das Kreuz des Erlösers gesetzt habe. Turdus musicus L. — Singdrossel. Der griechische Olivenwald beherbergt zur Winterszeit stets als unausbleibliche, angenehme Beigabe eine größere oder geringere Anzahl unserer Singdrossel. Leider gereicht diesem bei uns überall beliebten Vogel der dortige Winteraufenthalt zumeist zum Verderben; denn wenn auch der Grieche fast alle anderen nützlichen Vögel unbe- helligt läßt, ein Gericht gebratener Singdrosseln nach vorhergegangenem Jagdvergnügen kann er nicht missen. So kommt es, daß gerade auf diese Drossel während der ganzen strengen Jahreszeit ununterbrochen gejagt wird und viele Tausende im fernen Süden ihr Leben lassen müssen. Daher die ganz erstaunliche Scheuheit der unablässig ver- folgten Vögel in den Olivenwäldern, woselbst nur durch äußerst vorsichtiges An- schleichen oder durch Ansitz und gegenseitiges Zutreiben ein Erfolg erzielt werden kann. Erst der Beginn der strengen Fastenzeit macht den argen Verfolgungen ein jähes Ende und dann legen die Drosseln auch sehr bald die unnatürliche Ängstlichkeit ab, sind wieder mehr auf der Erde sichtbar und flüchten von dort aufgescheucht zu Dutzenden nicht mehr in die Baumkronen, sondern unter die dichten Brombeerhecken. Über die Zeit der Ankunft und des Abzuges fehlen ganz genaue Angaben. Nach Lord Lilford verweilt sie auf Korfu von Oktober bis April und wurde von Drum- mond im Sommer dort niemals beobachtet. In Attika erfolgt die Ankunft laut Krüper und v. Heldreich Ende Oktober oder im November, der Abzug dagegen im März. 1894 erlegte Stavros hier die ersten am 27. Oktober. Lindermayer sah die ersten Ende Oktober, die Mehrzahl aber erst anfangs Dezember eintreffen, dann zu Ende Februar nur selten mehr einzelne anwesend. Dies letztere ist nun durchaus nicht richtig, wie meine eigenen Beobachtungen ergeben. Auf Korfu fand am 22. November 1898 Baron Schilling auf dem Markte Bündel zu Hunderten, desgleichen ich am 16. und 17. Jänner 1897, zu welcher Zeit Scharen von Singdrosseln keinem Teile der Insel fehlten. Die meisten gab es in der Gegend von Potamös, bei Braganiotika und auch im Dünenwäldehen von Korissia. Je eine ver- spätete, vielleicht kranke beobachtete ich am 19. April 1894 in den Oliven von Kali- kiopulo und am 2. Mai 1897 bei Govino. Für Zante scheint dasselbe Verhältnis zu bestehen (ein Stück in der Koll. Mazzıari) und für Kythera erwähnt ihr Vorkommen im Winter und Frühling Jameson. Auf den Kykladen ist sie nach Erhard die weitaus häufigste aller überwintern- den Drosselarten. Für Santorin vermerkte sie Douglass, für Euböa Lindermayer, von wo ein durch Leonis am Delph (27. November 1894) erlegtes Stück mir vorliegt. Von den ungeheuer großen Scharen, welche sich während unserer Anwesenheit im Februar 1597 in den Olivenpflanzungen bei Aetolikon und Missolonghi umhertrieben, gelangten große Bündel Erlegter auf den Markt nach Patras. In der ersten Hälfte IIT. Griechenland. ; 1 März hatte sich ihre Anzahl nur wenig vermindert und noch am 25. März waren überall noch einzelne sichtbar. Ebenso Mitte März in den Eichenwäldern bei Hag Pantele- mono; aber in den ersten Apriltagen waren überall alle verschwunden. Auf dem Peloponnes, wo die Singdrossel zuerst von der Exped. seient. de Mor. fest- gestellt wurde, traf sie Graf von der Mühle auch häufig in den Weingärten. Das schon von Lindermayer mit Recht bestrittene Nisten der Singdrossel in Griechenland behaupteten, vom nördlichen Teile angefangen gegen Norden zu, Thiene- mann, dann in Mittelgriechenland Graf von der Mühle. Auch Sperling will sie, ohne genauere Angaben zu besitzen, im Sommer sowohl auf den Inseln als auf dem Festlande, wenngleich nur selten gesehen haben und Simpson vermutete, daß 1860 ein Paar in Akarnanien zurückblieb, um dort zu brüten. Solange aber kein unzweifelhafter Beweis der Fortpflanzung in Gestalt von Eiern oder Jungen vorliegt, ist nach meiner Ansicht auch in den seltenen Fällen eines Vor- kommens im späten Frühlinge oder gar im Sommer nur an ein Verweilen wider Willen, etwa infolge einer leichteren Verletzung zu denken. Sowohl im Museum der Universität in Athen, als auch in dem hiesigen Landes- museum befindet sich je ein Stück von 7. musicus mit blaß isabellgelbem Gesamt- gefieder — eine Färbungsabweichung, welche gerade bei Drosseln schon des öfteren be- obachtet wurde. Unser Stück erstand Herr'Rother im Jänner 1898 auf dem Markt- platze von Korfu. Wie schon erwähnt, bilden geschmorte Singdrosseln ein in Griechenland allgemein sehr beliebtes Gericht und werden als besonders zuträglich für Rekonvaleszenten er- achtet. Turdus iliacus L. — Weindrossel. Sie begleitet in geringer Anzahl und meist nur in strengen Wintern die riesigen Scharen der Singdrossel bis auf griechisches Gebiet. Lindermayer fand auf den Märkten unter Tausenden von feilgebotenen Singdrosseln stets nur ganz vereinzelte Weindrosseln und hat daher vollkommen Recht, wenn er die Ansicht Graf von der Mühles, daß T. iliaceus die häufigste Drossel Griechenlands sei, mit einer Verwechslung erklärt. Im Osten wird sie als überwinternd für Euböa (Lindermayer) und die Kykla- den (Erhard) angeführt; im Westen kann ich dies für Korfu nachweisen, indem unter vielen am 17. Jänner 1597 aus der- Umgebung von Potamös eingebrachten Singdrosseln sich auch vier Weindrosseln befanden. Am 21. Jänner gab es unter etwa 100 Sing- drosseln am Markte nur zwei 7. iliacus. Drei von obigen sechs kaufte ich und nahm selbe als Belegstücke mit. Später fand ich weder in Patras noch in Akarnanien auf den Märkten mehr eine solche nordische Drossel. Von St. Strimmeneas wurden in der zweiten Hälfte Jänner 1596 einige Wein- drosseln in der Gegend von Velestino in Thessalien erlegt, von welchen ein Stück an das Museum in Athen gelangte. Lindermayer ermittelte als Zeitdauer ihres Aufenthaltes im Gebiete die Frist von Ende Oktober bis Mitte März. Turdus viseivorus L. — Misteldrossel. Man kann sich diesen Vogel unserer mitteleuropäischen Bergwälder nur schwer in ein griechisches Landschaftsbild hineindenken und doch kann man ihm nicht bloß 115 Ornis baleanica. dort als Seltenheit im Winter begegnen, sondern die Misteldrossel ist, wie Krüper be- merkt, die einzige von den echten Drosseln, welche daselbst Standvogel ist, da sie in den Waldungen aller Gebirge brütend angetroffen wird. Nur ungern und selten ver- läßt sie nach den Beobachtungen des Genannten die Gebirge im Winter, wenn sie dort keine Nahrung findet. Vermutet hat dies schon Naumann, aber erst Linder- mayer und Graf von der Mühle haben sie als Stand- und Brutvogel im nördlichen und in den hohen Gebirgen des mittleren Griechenlands verzeichnet und auch, wenn- gleich selten, zusammen mit anderen Drosseln, namentlich mit Turdus pilaris in den Wintermonaten beobachtet. Ebenso selten erscheint sie nach Lord Lilford im Winter auf Korfu, wo ich niemals eine zu Gesicht bekam, überwintert aber auch auf den Kykladen nach Erhard und lebt auf Euböa nach Lindermayer, was in Betracht der dortigen Nadelholzwälder gar nicht zu bezweifeln ist. Dagegen bleibt es sehr fraglich, ob Sonnini seinerzeit diese Drossel auf Milos wirklich angetroffen hat. Während meiner Reisen habe ich 7. viscivorus als Brutvogel zunächst in den Beständen der Abies cephalonica auf den Amos (Kephalonia) am 19. und 20. März 1897, jedoch sehr vereinzelt, angetroffen. Ein Paar verriet durch das bekannte „Scehnarren“ seine Anwesenheit in unmittelbarer Nähe der „Casa inglese“. Weiters fand ich sie mehrfach an der Nordseite der Kiona und der Westseite der Vardusia (Korax) Mitte Juli 1894 überall dort, wo es größere und kleinere Bestände der Apollo- tanne gab. Die Paare hatten damals eben flügge gewordene Junge, von welchen ich eines am 16. Juli für unsere Sammlung schoß. Die Verbreitung reicht von der Baum- grenze talwärts bis Dremisa, Stromvi und Musinitsa. Im Peloponnes ist die Misteldrossel ein Brutvogel des Eichenwaldes Kapellis bei Lala in Elis, wo es weithin kein Nadelholz gibt. Die Brutzeit muß dort sehr früh beginnen, denn Wutte erlegte am 26. Mai 1398 einen vollständig erwachsenen jungen Vogel samt dem in seiner Nähe befindlichen alten Männchen. Dann beobachtete ich hier und da einzelne Stücke in den höchsten Lagen des Überganges von Kalamata nach Sparta und den umliegenden Bergkuppen stets im Nadelholze sowie an den höheren 3erglehnen des Taygetos, jedoch überall ziemlich selten. Drei einzelne Eier vom Parnaß, durch Dr. Krüper erhalten, wurden am 12. Mai und 1. Juni 1835 und 16. Mai 1890, jedenfalls im Hochgebirge, gesammelt. Ihr Maß und Gewicht: 5 3 31 32 mm 232 22:5 20:4 mm 45 47 44 cg Eines der Eier ist sehr licht in der Grundfarbe und dabei fast fleckenlos. Von Wahrnehmungen zur Winterszeit erwähne ich zwei bei Velestino (Thessalien) am 22. Jänner 1896 und im arkadischen Berglande am 14. Jänner 1895 erleste Männ- chen, endlich ein bei Monastir Angelokastron in Akarnanien von Baron Schilling am 9. Jänner 1399 beobachtetes Stück. Die griechischen Misteldrosseln gleichen in jeder IHinsicht den mittel- und nordeuropäischen. Turdus pilaris L. — Wacholderdrossel. Die Wacholderdrossel ist so weit im Süden zwar keine alljährliche, aber immer- hin im Winter keine ungewöhnliche Erscheinung. Jedenfalls wäre es eine Übertreibung, wenn man sie, wie es Landerer tat, zum Jagdgeflügel der Griechen rechnen würde. III. Griechenland. 119 Selbst auf den Inseln erscheint sie hier und da zur Winterszeit, so auf den Kykla- den (Erhard), Kythera (Jameson) und selten auf Paxos (Erzherzog Salvator). Nach Lindermayer kommt sie nur dann mit den Gattungsverwandten in den Ebenen zusammen, wenn die griechischen Gebirge teilweise mit Schnee bedeckt sind. Graf von der Mühle beobachtete Flüge, welche in der sumpfigen Umgebung Lamias im Winter einhelen. Auch Krüper und v. Heldreich kennen sie als vereinzelten Ankömmling in strengen Wintern. Unser Museum besitzt ein Männchen vom Dezember 1893 aus der Umgebung von Kalamata (südlicher Peloponnes!), ein weiteres mit greller Brustfärbung vom Pente- likon vom 25. Dezember 1896 und ein Weibchen, ebenfalls aus Attika, geschossen von St. Strimmeneas am 3. Dezember 1897. Dieses letztere Exemplar ist deshalb recht auffällig, weil mit Ausnahme der Schwungfedern das ganze Gefieder eine sehr deut- liche graue Wellenzeichnung aufweist — eine Erscheinung, welche mein hochverehrter Freund H. Schalow als ebenso, ungewöhnlich wie interessant bezeichnete und mir auch noch niemals früher zu Gesicht gekommen ist. Weiters befinden sich im Museum zu Athen zwei Wacholderdrosselmännchen, welche in der Umgebung der griechischen Hauptstadt von Schrader sen. am 8. No- vember 1865 und 11. Dezember 1867 erbeutet worden waren. Endlich sah Baron Schilling bei Herrn Diam. Sustas in Missolonghi ein da- selbst im November 1898 geschossenes und konserviertes Stück. Aus alldem geht hervor, daß diese Drossel in der strengen Jahreszeit zuweilen in allen Landesteilen aufzutreten pflegt. Merula merula (L.). Merula vulgaris Leach. — Schwarzamsel. Die Amsel gehört zu denjenigen Vogelgestalten des Landes, welche wegen ihrer Häufigkeit daselbst und wegen ihres überall geschätzten Gesanges schon seit dem Alter- tume zu den volkstümlichsten gezählt werden muß. Sie ist im allgemeinen als Stand- vogel zu betrachten, wenngleich es in vielen Gegenden ihrer viel mehr auf dem Durch- zuge und während des Winters gibt. Ebenso glaube ich, daß sie häufiger auf den Inseln des Agäischen Meeres auftritt als auf den Jonischen Inseln, wie aus folgendem hervorgeht. Korfu besucht die Amsel im Winter nach Drummond und Lord Lilford äußerst häufig. Ich beobachtete dort Mitte Jänner 1897 auf Vido nur zwei Stücke, dagegen in den Olivenwäldern stellenweise, wie z. B. bei Braganiotika und dann im Dünenwalde von Korissia fast ebenso viele als 7. musieus. Baron Schilling sah im Spätherbste auch zehn Stück am Markte hängen. Im Sommer scheint sie dagegen entweder ganz zu fehlen oder wenigstens recht selten zu sein, was auch Sperling be- stätigt; aber es gab am 18. März 1397 in den Tannenwäldern des Ainos auf Kepha- lonia doch mehrere. Von Zante ist sie in der Koll. Mazziari vertreten und auf Kythera vermerkte ihr Vorkommen Jamesen im Winter und Frühjahr. Für die Kykladen erwähnt sie Erhard sowohl als Winter- wie auch als Stand- vogel. Sonnini hielt sie hier teils für einen Stand-, teils für einen Durchzugsvogel; speziell wird sie erwähnt für Santorin (Douglass) und für Euböa (Lindermayer), wo zweifellos sehr viele auch brüten, dagegen wurde sie auf Naxos im Sommer bisher noch nie beobachtet. 120 Ornis baleanica. In ganz besonderer Menge findet sie sich auf den nördlichen Sporaden, und zwar nicht bloß im Winter, sondern auch brütend im Sommer; denn es wurde mir beispiels- weise auf der Insel Skopelos am 21. Mai 1894 eime ganze Anzahl noch ziemlich frischer Gelege zugetragen. Weiters hörte ich auf Xero viele singen und endlich sah sie Fiedler in ganz auffallender Zahl im Dezember 1334 auf Skiathos sowie im Jänner 1535 auf Chelidromia. In den Niederungen der westlichen Hälfte des Festlandes scheinen nur wenige zu brüten, denn ich konnte nur einmal, am 3. Mai 1894, eine am kleinen Vrachorisee in Akarnanien und ebenso Simpson nur ein einziges Paar in dem Auwalde an der Phi- darismündung feststellen. Umso zahlreicher erscheinen sie in diesen Gegenden zur kalten Jahreszeit, so bei Aetolikon, Missolonghi (Olivenwälder), Dünenwald bei Tholi (Kap Skropha) usf. Ich bemerkte, daß die meisten von dort nach dem 20. Februar zu verschwinden anfingen. Von Osten, nämlich von Attika, gibt Hofgärtner Schmidt als Tag des Abzuges der Uberwinternden im Jahre 1866 den 9. März an. Die weitaus meisten Brutplätze befinden sich jedenfalls in den Gebirgen, so in den Mittellagen der Vardusia (13. Juli 1894) und des Parnaß (Krüper), dann im Peloponnes im Nadelholze der Vorberge des Taygetos gegen die Langhada zu sowie in den lichten Schwarzföhrenbeständen des Hauptgebirgszuges, aber nirgends besonders häufig; die meisten gibt es noch oberhalb von Anavryta. Endlich brüten auch viele in Elis in dem schönen Eichenwalde Kapellis, einige sogar schon am Kronoshügel nächst Olympia. Die Legezeit beginnt in der ersten Hälfte April (frühestes Gelege im Parnaßgebiet nach Krüper am 16. April); doch kann man bis zum Juni noch frische Eier finden. Anfangs November vereinigen sich dann, wie Graf von der Mühle und Linder- mayer beobachtet haben, die im Lande erbrüteten Vögel mit den aus anderen Gegen- den zum Überwintern zugestrichenen in den Ebenen bis zum Beginne des März. Nach Thienemann gehen viele Junge der ersten Brut wegen der frühen Lege- zeit zugrunde, was nach Aristoteles für Griechenland sogar als Regel gelten soll. Mir sind diesbezüglich keinerlei Tatsachen bekannt geworden und auch die angegebene Ursache ist nichts weniger als begreiflich. Fälle von vollständigem Albinismus sind bei diesem Vogel auch in Griechenland mehrfach bekannt geworden. Lindermayer erwähnt eines solchen Stückes, das im Olivenwalde bei Athen erlegt wurde. Dieses fand ich im Museum der Universität nicht vor, dagegen ein ebenfalls rein weißes, geschossen von Herrn Mantlos bei Missolonghi. Von ganz besonderem Interesse ist es aber, daß sowohl Schwab in seiner Abhandlung über Arkadien (1552) auf Grund von Versicherungen der Bewohner des Kyllene als auch Lindermayer ganz weißer Amseln in diesem Gebirge erwähnen, eine Erschei. nung, welche von genau demselben Platze bereits im Altertume bekant war, und zwar nach letzterem durch Aristoteles, nach Schwab durch Pausanias (Buch VIII, Kapitel 17, Absatz 3). Sieben griechische Amselbälge zeigen vollständige Übereinstimmung mit mittel- und nordeuropäischen; ebenso verhält es sich mit einer größeren Anzahl Eier aus Griechenland, worunter auch ein Zwergei vom 1. Juni vom Parnaß erwähnt sei. Ein Gelege vom Walde Kapellis zeigt prächtig spangrünen Grund bei spärlicher, doch leb- haft rotbrauner Fleckung. Gefangen und verspeist wird die Amsel in Griechenland zum Glück verhältnismäßig nur selten, doch erwähnen die Mitglieder der Exped. sceient. de Mor. aus der Gegend von Modon und Pylos eine eigentümliche Fangmethode mittels Angelhaken, die mit Würmern geködert sind. In der dortigen Gegend gelten die Amseln im Herbste als Leckerbissen. III. Griechenland. 121 Merula torquwata (L.) — Nordische Ringamsel. Da im den griechischen Gebirgen die Ringamsel nicht mit Bestimmtheit nach- gewiesen ist und ich niemals im Winter m Hellas auf eine gestoßen bin, vermag ich aus eigener Erfahrung über diese Art nichts zu berichten. Jedoch ist es eine ganz überraschende Tatsache, daß sämtliche bisher aus Griechen- land bekannt gewordenen Ringamseln auf Grund eingehender Vergleiche mit einem großen Materiale durch Reichenow, Schalow und Hellmayr sich nicht etwa als die in den Alpen und den naheliegenden Gebirgen der zentralen Balkanhalbinsel wohnende Form, sondern als typische Vögel aus dem Norden herausgestellt haben. Dies ist ein neuer Beweis, daß viele nordische Arten, den Kontinent überfliegend, sich oft in ihnen gänzlich fremdartigen Gegenden weit im Süden herumschlagen. Der Literatur ist leider nur sehr wenig zu entnehmen. Graf von der Mühle er- hielt ein Stück zur Winterszeit von den Aleppo-Kiefernwaldungen des Malevo (Parnon)- Gebirges. Lindermayer und Erhard bezeichnen sie als überwinternd auf Euböa und den Kykladen. Jener fand sie ein einziges Mal auf dem Markte in Athen. Auch von Degland und v. Heldreich ist nichts Bemerkenswertes zu erfahren. Später kam ein Weibchen vom 20. November 1865 aus Attika in das Museum in Athen, wo es sich noch jetzt befindet. Innerhalb der letzten zehn Jahre scheint die Ringamsel öfters aus ihrer nordischen Heimat nach Griechenland gekommen zu sein oder, was noch wahrscheinlicher ist, sie wurde daselbst häufiger beachtet. Zuerst bekam Strimmeneas sen. im Winter von 1893 auf 1894 ein Exemplar aus der Gegend des Piräus. Ich kaufte es, einen typisch nordischen Vogel, für unser Museum. Am 14. Jänner 1896 sammelte Professor Langhadis in der Umgebung von Tripolitsa in Arkadien mehrere Ringamseln, von denen ich zwei Männchen und ein altes Weibchen erwarb. Dieses ist, wie Hellmayr selbst sagt, wieder eim typisch nordisches Stück, während er bezüglich der Männchen folgendes schreibt: „Stehen wohl M. t. orientalis (ex Kaukasia et Persia) näher als der nordischen Form, sind aber eben nicht sehr typisch, da die Säume der Unterseite breiter sind und die Unter- schwanzdecken keine mediären Streifen besitzen. Achselfedern aber so weiß wie bei orientalis. Das eine Exemplar hat die mediären, weißen Striche der Unterschwanz- decken deutlicher. Auch v. Tschusi hält diese Exemplare für orientalis.“ In der Tatsache, daß damals typisch nordische Ringamseln zusammen mit den angeblichen der orientalis-Form, die ich wenigstens für unsere Gegenden als nicht haltbar be- trachte, in Arkadien angetroffen wurden, erblicke ich einen weiteren Beweis, daß es sich hier nur um nordische und keine östlichen Gäste handelt. Noch im selben Jahre, am 25. Dezember, und dann am 4. Jänner 1897 gelangten aus Kephissia, dem Pentelikon und Parnes mehrere solcher Amseln auf den Markt zu Athen, von dort ein Männchen in das Universitätsmuseum und ein schönes Paar in die Sammlung von Merlin jun. Zuletzt kaufte, ebenfalls am Markte — wie man sieht, eine Hauptbezugs- quelle für so manchen seltenen Vogel — St. Strimmeneas ein Pärchen am 15. Fe- bruar 1898. Alle diese Ringamseln gehören zur nordischen Form, wie ich mich selbst über- zeugt habe, und es wäre interessant zu erfahren, ob die Abbildung in dem nicht zur Veröffentlichung gelangten Tafelwerke Sibthorps „Fauna graeca“ in der Universität Oxford (s. Selater, Ibis 1904, p. 225) ebenfalls dieser Form entspricht. 122 Ornis baleaniea. Regulus ignicapillus (Brehm) — Feuerköpfiges «oldhähnchen. Wie dies auch anderswo meistens der Fall ist, kommt diese Art in Griechenland weniger zahlreich vor als R. regulus, obwohl sie ohne Zweifel in der Nadelholzregion der griechischen Gebirge auch brütet. Für Mittelgriechenland (dem alten Rumelien) ist das feuerköpfige Goldhähnchen schon von Lindermayer und Graf von der Mühle nachgewiesen, ebenso für die noch heute erhaltenen Tannenwälder Euböas und end- lich erkannte ich es deutlich am 16. Juni 1898 in den mit Apollotannen und Schwarz- kiefern bewachsenen, steilen Schluchten des Taygetos nächst dem Joche Warwara knapp unterhalb der Baumgrenze. ö Die Angabe Lindermayers, daß Krüper 1859 ein Nest mit Eiern im Parnaß gefunden habe, beruht auf einem Irrtum. Ein solches wurde in Griechenland bisher noch nie entdeckt, wie aus der Angabe Krüpers bei Mommsen: „Über seine Lege- zeit wurden hier noch keine Beobachtungen gemacht“ deutlich hervorgeht. Häufiger als im Sommer kann man dieses Zwerges der europäischen Vogelwelt im Winter ansichtig werden, zu welcher Jahreszeit die Goldhähnchen die immergrünen Gesträuche der griechischen Karsthänge bis zur Küste herab beleben. So erhielt ich vier Stücke im November und Jänner durch Langhadis, Leonis und St. Strim- meneas von Thessalien, vom Pentelikon und Hymettos, dann eines von Kalamata (24. Oktober 1596), beobachtete diese Art am 20. Februar 1897 im oberen Teile der Schluchten des Zygosgebirges (woher auch ein Exemplar des Museums von Athen stammt) sowie am 3. März in den dichten Gestrüppwäldern am Tripodolakos und er- legte ein sehr schön gefärbtes, altes Weibchen auf Petalä am 25. Februar 1897. Auf Korfu fand es Drummond, angeblich in großer Zahl, im Winter in den Olivenhainen. In diesen habe ich niemals ein Goldhähnchen auffinden können, wohl aber traf ich beide Arten in dem schönen, aus Wacholder (Juniperus macrocarpa und phoenicea) bestehenden Dünenwalde der Lagune von Korissia. Ein am 20. Jänner 1897 daselbst erbeutetes © liegt mir vor, Unterschiede von mitteleuropäischen Vertretern sind, für meine Augen wenigstens, nicht wahrnehmbar. Regulus regulus (L.), Regulus cristatus Koch — Gelbköpfiges koldhähnchen. Es ist heute noch nicht ermittelt, ob dieses Goldhähnchen in Griechenland brütet und folglich Standvogel ist. Seebohm (bei Dresser) ist dieser Ansicht, da er das Vögelchen zur Brutzeit in der Kiefernregion des Parnaß sah, und ebenso auch v. Held- reich; aber Krüper sagt bloß sehr vorsichtig: „In denselben Wäldern wie das andere Goldhähnchen“, ohne dabei eine Jahreszeit zu nennen. Lindermayer hält es für einen Standvogel der nördlichen Provinzen des Landes zusammen mit Regulus ignica- pillus und nach Graf von der Mühle ist es ein solcher auch auf Euböa, von wo (Delph) mir übrigens auch ein Exemplar (0’, 27. November 1894) vorliegt. Ein zweites wurde bei Chalkis am 21. März 1897 erlegt. Von Ende November bis Ende Februar fand es Lindermayer in den Öliven- und Kiefernwäldern verweilend, Zeitangaben, welche insoferne zu stimmen scheinen, als eine Reihe von sechs Stücken unseres Museums in der Zeit vom 26. November 1894 bis 27. Februar 1895 in der Umgebung von Athen gesammelt wurden. Ein © wurde in Arkadien am 22. Oktober 1893 erlegt. Auf Kythera beobachtete Jameson diese Art im Frühjahr; und in den Wäl- dern der kephalonischen Tanne am Aimos (Kephalonia) fand ich sie am 18. und III. Griechenland. 123 19. März 1597 bis zur höchsten Erhebung in großer Zahl. Die Frage, ob sie dort brüten, könnte zu späterer Jahreszeit leicht gelöst werden; ein Paar damals erlegter Vögel ließ diesbezüglich leider keinen Schluß zu. Als überwinternden Vogel traf ich R. regulus in kleinen Flügen im Wacholder- diekicht der Düne von Korissia auf Korfu, woselbst ich am 20. Jänner 1897 ebenfalls ein Paar zustande brachte. Sonnini hielt dieses Goldhähnchen fälschlich sogar für einen Standvogel der griechischen Inseln im Archipel, wo es gar kein Nadelholz gibt. Phylloscopus rufus (Bechst.), Phyllopneuste rufa Lath. — Weidenlaubsänger. Wir haben es bei diesem Laubsänger mit einem echten Wintergaste des Ge- bietes zu tun, welcher nach den Beobachtungen Krüpers (von Heldreich wieder- holt) im August und September erscheint, den Winter in den Ebenen zubringt und im April wieder nach Norden zieht. Dasselbe bestätigen auch Lindermayer und See- bohm. Er ist deshalb als Standvogel in Griechenland nicht nur fraglich, wie Linder- mayer sagt, sondern als solcher einfach zu streichen. Der Genannte fand den Weiden- laubvogel zur Winterszeit häufig in den Vorbergen Attikas und in den Gärten um Athen. Auch Krüper erblickte ihn zu dieser Jahreszeit ziemlich häufig in den Gärten der Städte, wo er an sonnigen Dezember- und Jännertagen seinen eintünigen Gesang hören läßt. Chr. Leonis sandte unserem Museum drei am 2. Oktober 1894 im großen Olivenwalde bei Athen geschossene Männchen. Graf von der Mühle fand den Weidenlaubvogel an denselben Plätzen und zur gleichen Jahreszeit wie Ph. trochilus. In seiner Monographie der europäischen Sylvien huldigt er aber der bestimmt falschen Anschauung, daß Ph. rufus im Sommer sich in den griechi- schen Gebirgen aufhält. Vielleicht liegt hier eine Verwechslung mit Ph. bonellii vor. Meinen Aufzeichnungen entnehme ich, daß der Weidenlaubvogel auf Korfu am 15. und 20. Jänner 1897 beobachtet und zwei 9 auch geschossen und präpariert wur- den, und zwar am überschwemmten Meeresufer der Bucht von Govino bei Coraggio sowie am Rande der Lagune von Korissia. Als ganz außergewöhnlich späte Erscheinung muß ein am 17. April 1894 in der Richtung gegen Valle dı Ropa erbeutetes Männchen betrachtet werden. Eine weitere sichere Beobachtung dieser Art machte ich am 24. Februar auf Petalä.!) Ziemlich viele Ph. rufus sah ich dann in der Umgebung von Missolonghi, in Straßengräben und im Röhricht gegen den Phidaris zu, in den letzten Jännertagen 1597 sowie am 1. und noch am 20. Februar im großen Olivenwalde in der Nähe dieser Stadt. Beim Eintritte der wärmeren Witterung waren dann sämtliche verschwunden. Eine sehr hübsche, licht olivenbräunliche Aberration vom normalen Gefieder er- hielt unser Museum durch St. Strimmeneas, der den Vogel, ein Männchen, in Megali vrysis bei Lamia am 23. Dezember 1902 sammelte. Phylloscopus bonellii (Vieill.) — Berglaubsänger. Das Verdienst, diesen bisher auf der Balkanhalbinsel noch nicht aufgefundenen Laubvogel in Griechenland entdeckt zu haben, gebührt dem unermüdlich tätigen 1) Die von Jameson im Frühjahr auf Kythera vermerkte Curruca vulgaris gehört möglicherweise auch hierher. 124 Ornis baleanica. Dr. Krüper in Athen. Dieser schrieb nämlich 1564, aber erst 1575 in Cab. Journ. f. Ornith., p. 260 erschienen: „Diesen interessanten Vogel hatte ich schon am Zygos- und Parnaßgebirge kennen gelernt.“ Noch im selben Jahre folgt in den „Griech. Jahr- zeiten“ als Ergänzung hierzu: „Dieser Laubvogel ist der einzige Sommervogel, der die hochgelegenen Stellen der Gebirge bewohnt und dort brütet; er ist einer derjenigen Wanderer, die am frühesten ankommen, noch vor Ende März erscheint er in den Olivenbäumen der Ebenen. In der Attika traf ich die ersten am 4. April 1867, 28. März 1873 und 12. April 1874. Dann hält er sich mehrere Wochen in der Ebene auf und zieht sich m die Berge zurück. Schon in Juli trifft man die Jungen in der Ebene an.“ Mündlich teilte mir Krüper dann noch mit, daß er die meisten Berglaubvögel zur Brutzeit in den Eichen- und Edelkastanienbeständen am Zygos angetroffen habe. Außer diesen Bemerkungen Krüpers wird Ph. bonellii für das Gebiet nur noch von Seebohm (Ibis, 1877, p. 95) mit den Worten erwähnt: „Ich habe ihn zur Brut- zeit in Griechenland beobachtet.“ Da ich mich im Norden der Balkanhalbinsel bisher ohne Erfolg bemüht hatte, mit dem kleinen Vogel bekannt zu werden, ist es leicht begreiflich, daß ich mir alle Mühe gab, dies in Griechenland nachzuholen, hatte aber hierbei anfangs wenig Glück. Auf einem Ausfluge am 4. April 1897 im Olivenwalde östlich von Missolonghi habe ich ohne Zweifel ein Stück zwar für kurze Zeit beobachten können, allein das Vögelchen verschwand spurlos im dichten Gezweige eines Ölbaumes, zu dessen Blätterfärbung sein Gefieder so vortrefflich paßt. Am 18. April 1897 wurde ein anderer solcher Vogel unweit Astros von einem Olivenbaume in meiner Gegenwart herabgeschossen, blieb aber in dem darunter befind- lichen diehten Kornfelde leider unauffindbar. Erst am Brutplatze im schönen Eichenwalde Kapellis bei Lala (Elis) sollte mein Wunsch, den Vogel eingehend beobachten zu können, erfüllt werden. Am Vormittage des 26. Mai 1895 wurde ich am Rande einer kleinen Blöße im genannten Walde durch eine mir unbekannte Vogelstimme aufmerksam gemacht und erblickte von Eiche zu Eiche fliegend einen Laubsänger, den ich auf weite Entfernung herabschoß und sofort als den gewünschten Ph. bonellii erkannte. Es war ein Männchen und nun kannte ich bereits den Lockruf. Nachmittags war ich wieder zur Stelle ver- steckte mich und sah nach einiger Zeit zu meinem Erstaunen das Weibchen wieder mit einem Männchen unter einem an (isticola erinnernden („lüp“) Rufe zu seinem unweit von meinem Standorte befindlichen Bodenneste fliegen. Unmittelbar daneben er- legte ich es und nahm das Nest — das erste im Lande gefundene — samt den darin befindlichen sechs, etwa 1—2 Tage alten Jungen mit. Da das Männchen zur Brutzeit fort und fort in kurzen Pausen seinen hellen Triller ertönen läßt, welcher am meisten Ähnlichkeit mit dem Lockrufe der Zaunammer (Emb. eirlus) besitzt, ist es nicht schwer, den Standplatz eines Paares beim Umher- streifen im Walde ausfindig zu machen. An diesem Umherstreifen ließ ich es in jenen Tagen wahrhaftig nicht fehlen, fand aber trotzdem nur noch ein Männchen und folgere daraus, daß es im Walde Kapellis nur wenige Brutpaare gibt. Der besprochene Vogel bereitete mir und Wutte sehr viel Plage. Zwei volle Stunden währte die Jagd auf drei unweit von einander befindlichen Hügeln, die mit hohen Eichen bewachsen waren. Der Berglaubvogel ist von einer verblüffenden Lebhaftigkeit und es wäre überhaupt nur reiner Zufall, ihn zu erlegen, wenn ihn nicht nach kurzer Zeit immer wieder sein lauter Triller verraten würde. Das Vögelchen als fixen Zielpunkt aufs Korn zu nehmen war III. Griechenland. 125 ganz unmöglich und kaum hatte einer von uns auf gut Glück in das den Vogel ver- bergende Blätterdiekicht hineingeschossen, so ließ sich seine Stimme wie zum Spotte schon aus ganz anderer Richtung wieder vernehmen. Das erwähnte Nest befand sich am Abhange eines Hügels und ist nicht sonder- lich fest gebaut. Es besteht durchwegs aus vorjährigen, trockenen Eichenblättern, die durch wenige Grashalme zusammengehalten werden, hat eine länglich-rundliche Gestalt -von 12cm größtem und 9 cm kleinstem Durchmesser; die Eingangsöffnung ist 45 cm breit und 2:5 cm hoch. Infolge meiner vielen diesbezüglich erteilten Aufträge erhielt unsere Sammlung, außer den oben erwähnten drei Brutvögeln, noch ein Männchen aus der Umgebung von Tripolis (Arkadien), erbeutet von Prof. Langhadis am 25. April 1895, jund drei Männchen nebst einem Weibchen, sämtlich zwischen dem 31. März und 9. April in der Umgebung von Athen (Station Liosa) von St. Strimmeneas auf dem Durchzuge erlegt. Im Museum der Universität in Athen befindet sich ein in Attika am 25. Juli 1560 geschossenes Weibchen. In der Gesamtfärbung erinnert der Berglaubsänger sehr an Hypolais pallida, aber der gelbgrüne Bürzel unterscheidet ihn auf den ersten Blick. Beide Geschlechter finde ich in der Färbung vollständig gleich! Zu erwähnen wäre noch, daß zu jener Zeit, da sich der Vogel am Durchzuge in den Olivenbäumen herumtreibt, außer einem leisen Piepsen von ihm keine Stimme zu hören ist. (6% [6% [6% I [6% [6% [of ® Länge: 125 127 125 122 120 126 120 121 Flügel: 68 69 66 65 68 70 69 66 Schnabel: 11 10:5 9:5 10 10 11 10 95 Lauf: 1 17 16 16 Er 16 16 16°5 Schwanz: 51 49 48 47:5 47 50 48 47 Phylloscopus trochilus (L.). Phyllopneuste trochilus L. — Fitislaubsänger. Während meiner Anwesenheit in Griechenland ist mir der Fitislaubsänger nur auf Korfu begegnet. Am 18. und 22. Jänner 1897 wurde er am überschwemmten Meeresufer zwischen Potamos und Govino sowie in den Binsendiekichten unweit Kap Katharina im Norden der Insel beobachtet und erlest. Das Verweilen des Vogels auf Korfu über den Winter, namentlich in den Gärten der Umgebung der Hauptstadt, erfahren wir von Drummond und Lord Lilford. Jener beobachtete auch den Frühjahrs- und Herbstdurchzug, namentlich im September, wo diese kleinen Vögel, die echten Beea-fiea, sehr fett werden und dann von den griechischen Jägern sehr begehrt sind. Seine Ansicht jedoch, daß einige im Sommer zurückbleiben und brüten, vermag ich nicht zu teilen. Ebenso erkläre ich in Übereinstimmung mit Dr. Krüper die Angabe Dr. Er- hards, wonach Ph. trochilus ein Standvogel der Kykladen sei, für gänzlich falsch. Er ist, wie dies nebenbei bemerkt auch Thienemann, v. Heldreich und Seebohm aus- drücklich betonen, nur ein den Winter im Gebiete zubringender Vogel. Endlich sei noch erwähnt, daß ihn Jameson auf dem Frühjahrszuge auf Kythera feststellte und daß unser Museum zwei Stücke vom Herbstzuge 1594 von der Insel Skyros bekam. 126 Ornis balcanica. Auf dem Peloponnes beobachtete ihn Graf von der Mühle im Herbste und Winter zahlreich auf mit vielem wilden Fenchel und anderen hochstengeligen Doldenpflanzen bewachsenen Feldern. Bezüglich der Dauer des Aufenthaltes im Lande sind die betreffenden Beobach- tungen etwas verschieden. Lindermayer sagt, daß der Fitislaubsänger m ziemlicher Anzahl von Mitte Oktober bis Mitte April in den Olivenwäldern und Gärten sich herumtreibe. Wohl richtiger äußert sich hierüber Krüper mit den Worten: „Er stellt sich ziemlich häufig Ende September und im Oktober in den Ebenen ein, wo er den ganzen Winter hindurch bleibt und im März nördlich zu wandern beginnt.“ So wurde ein Stück der Balgserie des hiesigen Museums von Leonis bei Athen schon am 25. September 1894 erlegt. An ein Brüten dieser Art wäre höchstens in den Gebirgen zu denken; doch bin ich der Ansicht, daß beispielsweise ein schönes, durch Stavros Strimmeneas am 23. August 1595 bei Agoriani im Parnaß mit der Schleuder geschossenes und mir ein- gesendetes Männchen eher als ein dem allgemeinen Zuge voraüsgeeilter als ein dort ansässig gewesener Vogel zu betrachten ist. Phylloscopus sibilator (Bechst.), Phyllopneuste sibilatrix Bechst. — Waldlaubsänger. Das Brüten dieses Laubvogels ist in Griechenland wohl ausgeschlossen, aber auf dem Zuge gelangt er im Frühling und Herbst in großer Zahl ins Gebiet (s. Seebohm, Ibis 1377, p. 90 und Hist. of Br. B. I, p. 426). Der Herbstzug ist wenig beachtet. Krüper beobachtete ihn im Taygetos im August (von Heldreich wiederholt) und Graf von der Mühle erlegte im Herbste diesen Vogel öfters, ohne genauere Angaben darüber zu machen. Das Überwintern, welches zunächst Lindermayer für Mittelgriechenland samt Euböa und den Peloponnes feststellte, ist Tatsache, denn in der Hauptschlucht des Varassovo trafen wir am 4. Februar 1897 ein laut singendes Männchen an. Der Frühjahrszug dauert auch bei Ph. sibilator sehr lange an, wie folgende Auf- zeichnungen beweisen: Attika, 1874: 26. April (Dr. Krüper). Korfu, 1894: 17. und 19. April, auf dem Wege nach Valle di Ropa mehrfach und auf den Hügeln rings um die Bucht von Kalikiopulo massenhaft. Tripolitsa, 1896: 6. Mai (Langhadis). Argos, 1897: 16. April, bei Kiveri an der Küste. Attika, 1897: 26. April, bei Kephissia. Korfu, 1897: 2. Mai, bei Govino viele (also viel häufiger, als Lilford annahm, der gerade hier im März 1857 am Strande einen überwinternden Waldlaubsänger erleste). Zante, 1895: 7. Mai, am Fuße des Skopos. 12. Mai, bei Keri erlegt. Strophaden, 1893: 14. Mai, zahlreich anwesend. Patras, 1899: 29. April zum ersten Male gesehen (Baron Schilling). Die mir vorliegenden, an obigen Orten gesammelten sechs Stücke betrachte ich durchwegs als richtige Ph. sibilator und kann nur bemerken, daß ich bislang der neuen Form flavescens beim besten Willen keinen rechten Geschmack abgewinnen konnte. III. Griechenland. 12H Hypolais philomela (L.), Hypolais salicaria Bp. — Gartenspötter. Kurz, aber richtig kennzeichnet Dr. Krüper das Vorkommen dieses unvergleich- lichen Sängers in Griechenland folgendermaßen (von Heldreich wiederholt): „Der Gartenlaubvogel ist nur auf dem Durchzuge in Griechenland zu finden, und zwar Ende April oder anfangs Mai. In der Attika wurde er am 6. Mai 1867 und 28. April 1873 angetroffen; im südlichen Peloponnes am 27. April 1860. Ende August und anfangs September zieht er wieder durch.“ Die obige Angabe vom 28. April 1873 bezieht sich, wie wir aus Dresser ersehen, auf ein von H. Seebohm, welcher die Art eben- falls als Durchzügler bezeichnet, zwischen Athen und Marathon erlegtes Exemplar. Vom Frühjahrszuge ist der Vogel weiters bekannt geworden namentlich von den Jonischen Inseln, und zwar von Korfu durch Drummond (doch hier nach dem- selben mehr noch im September!), von Zante durch Striekland und von Kythera durch Jameson. Schließlich konnte ich gelegentlich der Vogelkatastrophe auf den beiden Strophadeninseln in der Zeit vom 14.—18. Mai 1398 daselbst eine große Menge von toten und verhungernden Gartenspöttern feststellen, Kraftlos huschten die armen, auf dem Zuge befindlichen Vögel dort zwischen den Ahren der Getreidefelder oder in den Dornenzäunen der Feldeinfriedungen umher, ohne einen Laut von sich zu geben, und es war uns ein leichtes, je ein Paar für die Museen in Sarajevo und Athen aufzulesen. Lindermayer verzeichnet den Gartenspötter für Euböa und erhielt ihn einige Male im April und September von den Olivenwäldern um Athen; Graf von der Mühle dagegen bloß einen einzigen jungen Vogel im September auf dem Palamide (Nauplia). Die von Graf von der Mühle unter Nr. 147 angegebene Fe. teterina (später noch- mals von Lindermayer wiederholt) hat schon Schlegel!) zu der Bemerkung veran- laßt, daß es ihm unbekannt sei, wohin selbe gehöre. Meiner Meinung wäre darunter vielleicht am ehesten Ph. bonellii zu verstehen, welchen Graf von der Mühle für Griechenland nicht angibt. Die Frage, ob H. philomela in Griechenland brütet, ist am besten beantwortet mit den Worten des Genannten:?) „Wir vermuten, daß er in Griechenland nicht zu den Brutvögeln gehöre, wenigstens trafen wir ihn nur äußerst selten dortselbst auf dem Herbstzuge.“ So will denn auch ich ein von Strimmeneas am 15. August 1895 bei Agoriani im Parnaß erlegtes ©’, welches mir vorliegt, als einen frühzeitig eingetroffenen Zug- vogel betrachten, wenngleich es immerhin möglich wäre, daß irgendwo im Gebirge des Landes hier und da ein einzelnes Paar zum Brüten zurückbleibt. Gewiß falsch sind dagegen die Angaben von Drummond, welcher sagt, daß einige auf Korfu verbleiben, um zu brüten und von Erhard, welcher ihn zu den Stand- vögeln der Kykladen zählt. Hypolais olivetorum (Striekl.) — Großer Ölbaumspötter. Erst wenn in den griechischen Landen der heiße Sommer Einkehr gehalten hat, erscheint aus fernem Süden, nur für wenige Monate, der große Olbaumspötter, welcher H. pallida nicht nur hinsichtlich seiner ansehnlicheren Gestalt, sondern auch durch sein !) Kritische Übersicht, p. 53. 2) Monogr. d. europ. Sylvien, p. 98. 128 Ornis halcanica, geradezu quecksilberiges Wesen und an hervorragender Scheuheit übertrifft. Diese Scheu- heit mag wohl die Ursache sein, daß die Type der Art, jetzt in Cambridge, erst am 21. Mai 1836 auf Zante von H. E. Strickland erbeutet wurde, obwohl der höchst eigentümliche Gesang den Vogel überall leicht verrät. Laut brieflicher Mitteilung Drummonds an Dresser wurde H. olivetorum von Jenem eigentlich schon ein Jahr früher auf Korfu entdeckt und auch im Balge Mr. Striekland vorgezeigt; jedoch brachten es die Umstände mit sich, daß Drummond der Entdeckung verlustig ging und 1837 Strickland!) in Goulds berühmtem Werke „The Birds of Europe“ im Vol. II als Text zu Tafel 109 folgende Neubeschreibung von Salicaria olivetorum gab: „Dieser Vogel gehört zu jener Abteilung der Salicariae, bei welcher der Schwanz nur schwach gerundet ist und die Farben dunkel und einförmig sind, wie bei Sylvia arundinacea, palustris, Turdoides und anderen ausländischen Arten. „Ich bemerkte diesen Vogel zuerst im Mai 1836 auf Zante, wo er durchaus nicht “ selten ist; aber wegen seines scheuen, unruhigen Wesens konnte ich nur zwei Stücke erbeuten, die beide Männchen waren. Eines davon gab ich an Mr. L. Coulon, Neuchatel, das andere befindet sich in meiner Sammlung. Er besucht die Olivenhaine und lebt weniger am Wasser als einige seiner verwandten Arten. Seine Stimme ist ein unbestimmtes Gezwitscher ziemlich ähnlich jenem von 8. arundinacea. „Wegen der geringen Entfernung Zantes vom Peloponnes ist es wahrscheinlich, daß dieser Vogel dort auch vorkommt, scheint aber bisher der Aufmerksamkeit der Beobachter entgangen zu sein. Beim Männchen ist die ganze Oberseite graubraun mit einem Stich ins Olivgelbliche. Der Raum zwischen Schnabel und Auge ist heller. Die Primär- und Sekundärschwingen sind dunkelbraun, letztere weißgerändert, der Schwanz leicht gerundet und ebenfalls dunkelbraun, seine beiderseitigen Außenfedern ringsherum weißgerändert, die beiden nächsten Federn mit zarter weißer Spitze. Unterseite grau- weiß, an den Seiten dunkler werdend. Brust und Unterschwanzdecke gelblich. Tarsen und Zehen bleifarbig, Schnabel an der Wurzel orangegelb, gegen die Spitze dunkler; Iris nußbraun.“ Ganze Länge (in englischen Zollen) 6, Flügel 3!/,, Schwanz 3, Tarsus ?/,, Schnabel ?/,.“ Ergänzend füge ich hier noch bei, daß Sclater (Ibis, 1904, p. 225) die inter- essante Mitteilung von der Abbildung dieses Spötters in Sibthorps nicht veröffent- lichter „Fauna graeca“ macht. Auf Tafel 33 dieses in Oxford aufbewahrten Werkes bildete nämlich Bauer H. olivetorum deutlich erkennbar nach einem von Sibthorp vor 1757 beigestellten und zweifellos von Griechenland stammenden Exemplar ab. Wie schon oben erwähnt, entdeckte Drummond H. olivetorum auf Korfu. In seiner 1545 erschienenen Arbeit bezeichnet er den Vogel dort als sehr häufig und vermerkte die Ankunft gegen den 15. Mai, den Abzug im August. Die Klangfarbe seiner Stimme wird besonders hervorgehoben. Während meines dortigen Aufenthaltes ließ sich bis zum 8. Mai durchaus keiner hören, weshalb ich es für einen vereinzelten Ausnahmsfall halte, daß Lord Lilford 1857 ein Stück schon im April unweit der Hauptstadt erlegte. Ein zweites sah er im Balge von Zante stammend, woselbst ich ebenfalls bis 8. Mai vergeblich nach dem lauten, mir wohlbekannten Gesang lauschte. Schließlich sei erwähnt, daß mir ein im Sommer 1895 von Hauptmann Polatzek auf Korfu erlegtes typisches Exemplar vorliegt. t) In der deutschen omitologischen Literatur zuerst 1840 durch Kayserling u. Blasius, p. LIV, mitgeteilt. III. Griechenland. 129 Lange Zeit wurde man sich über die richtige Verbreitung in Griechenland über- haupt nicht klar. Fritsch beispielsweise hält (S. 163) noch heutzutage an dem Irrtum fest, daß sich das Vorkommen auf die Jonischen Inseln beschränke. Die Inseln des Ägäischen Meeres und namentlich auch die Kykladen besiedelt H. olivetorum nach Erhard ebenfalls zur Brutzeit. Auf Naxos fand ihn Krüper ziemlich häufig in den größeren Olivenbäumen und den Eichen, dagegen keinen in den Gärten der Ebenen. Er erhielt auch Eier. Ich hörte den eigentümlichen Gesang vieler Paare in den ausgedehnten Olivenwäldern, nament- lich um Melanes am 15. Juni 1894. Nicht minder häufig dürfte er auf Euböa sein, wo Lindermayer ihn feststellte; viele Paare verbringen die Sommermonate auf Skopelos, woselbst mir mehrere in den letzten Tagen des Monats Mai und in den ersten des Juni gesammelte Nester samt den Gelegen zugetragen wurden. Die Angaben über das Vorkommen des Vogels auf dem griechischen Fest- lande sind teils in kurzer Form enthalten in verschiedenen Werken, wie in der „Rhea“ (Thienemann) 1846, S. 107, im „Vogelfang“ von Chr. L. Brehm, S. 233, bei Degland (1867), bei Rey, v. Heldreich (Übersetzung Krüpers ins Französische!) und in A. Brehms „Tierleben“, teils befassen sie sich ausführlich mit der Lebensweise während des kurzen Sommeraufenthaltes, mit dem Fortpflanzungsgeschäft daselbst und mit der Feststellung von Ankunft und Abzug. In ausführlicher Weise wird dies alles behan- delt bei Graf von der Mühle, Thienemann (Fortpflanzungsgeschichte), Baedeker, Päßler u. Brehm (Eierwerk), Dubois, Dresser ete.; aber alle diese Bearbeitungen haben eine gemeinsame Quelle, aus der sie schöpften, und dies ist Lindermayer in seinen verschiedenen Arbeiten über die griechische Ormis. Lindermayer brachte nämlich schon 1843 eine ausführliche Beschreibung dieses Ölbaumspötters und seiner Lebensweise nach eigenen Beobachtungen sowie Belegstücken aus der Umgebung von Athen, wo er ja sehr häufig war und noch ist. Nach seinen sorgfältigen Aufzeichnungen erscheint er dort in der Zeit vom 10. bis 12. Mai, nach Krüper am 24. April 1867, 28. April 1373 und anfangs Mai 1874. In Akarmnanien dagegen, wo ihn früher schon Simpson erwähnte, am 4. Mai 1859 und 30. April 1560. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß bei einigen dieser Datums zwölf Tage hinzuzu- rechnen sind, weil vielleicht der griechische Kalender (alter Stil!) angenommen wurde. Krüper stellte auch den Wegzug mit Ende Juli oder anfangs August fest; die letzten erlegte er am 11. August 1871. Ich bekam in Attika den ersten am 12. Mai 1894 im Aleppo-Kiefernwalde west- lich vom Piräus gegen Salamis zu hören und dann tags darauf mehrere in den Oliven- wäldern der Umgebung von Kephissia. Auch gelang es mir damals, einen zu erlegen; doch lernte ich hierbei sogleich seine unbeschreibliche Scheuheit kennen. Sein schnatternder Gesang, der die Erbeutung überhaupt am ehesten ermöglicht, scheint nach Beendigung des Brutgeschäftes zu verstummen, denn am 12. Juli 1894 ließ sich tagsüber in dem prachtvollen Ölbaumwalde bei Ita kein einziger mehr hören, obwohl alte und junge im Laubwerke einige Male für Augenblicke sichtbar wurden. Hier möge eine Stelle aus der „Monogr. d. europ. Sylvien“ vom Grafen von der Mühle Platz finden, welche, zwar größtenteils Lindermayer entlehnt, das Betragen vortrefflich schildert. „Der lebhafte, aber bissige Vogel lebt nur in Olivenwäldern und nur auf Oliven- bäumen, ist sehr scheu und flüchtig und schwer zu erlegen; denn wenn er sich durch seinen Gesang auch dem Jäger verrät, so läßt er sich doch durch seine Färbung, oben Reiser, Ornis balcanica II. 9 130 Ornis baleanica. grünlichgrau, unten weißlich, die so sehr mit dem Scheine der Olivenblätter überein- stimmt, kaum von denselben unterscheiden. Er bewegt sich beständig in den Kronen der Bäume und meidet gänzlich alles Wasser, Geröhrig und Gebüsche, hat demzu- folge nicht die geringste Verwandtschaft mit den Rohrsängern; vielmehr liebt er nur die einsamen, schattenlosen, nackten Olivenwälder und wenn in der größten Hitze der Juniussonne alles schweigt und ein schattiges Plätzchen sucht, so hört der schmachtende Wanderer durch solche Olivenwälder nur das schrillende Gezirpe der Baumzikaden, die in Unzahl an jedem Baume sitzen, untermischt mit dem unmelodischen, durch- dringenden Geschrei dieses Spötters, das den Namen von Gesang nicht verdient und in manchen Tonlagen dem Gesange der Kohlmeise nicht unähnlich ist.“ Lindermayer bestreitet aber letzteren Vergleich und nennt die Stimme ein Zwitschern der Rauchschwalbe in fortissimo, wogegen sie Dresser annäherungsweise mit jener von Acrocephalus schoenobaenus vergleicht. In Wirklichkeit ist sie wohl am meisten jener von H. pallida ähnlich, aber weit kräftiger. Um endlich die Verbreitung in Griechenland abzuschließen, sei hier festgestellt, daß die Vermutung Stricklands, trotz der gegenteiligen späteren Meinung Linder- mayers, über das Vorkommen im Peloponnes sich als vollkommen richtig erwiesen hat. Gleichwohl ist er daselbst keimeswegs in jeder Landschaft zu finden; so z. B. suchte ich ihn zur riehtigen Zeit vergebens in den nordwestlichen Küstenstrichen, dann bei Pylos und Modon. Besser scheinen ihm die Olivenhame bei Kyparissia an der Westseite zu passen. Vom Herzen der Morea liegt mir ein am 12. Mai 1895 in der Umgebung von Tripolitsa erbeutetes Stück vor. Geradezu massenhaft bewohnt er die geeigneten Örtlichkeiten in Messenien und Lakonien. In der Ebene von Sparta sucht er, wie auch anderwärts, mit Vorliebe mehr den äußeren Gürtel der Ölwälder auf. In größter Menge in Griechenland überhaupt begegnete ich 4. olivetorum jedoch zweifellos in der Maina, und zwar zwischen Palaeopanagia und Xerokampos. Recht viele gab es auch in der Nähe von Gythion. Nicht minder häufig ist er in verschiedenen Teilen von Messenien: nicht allein in der nächsten Umgebung von Kalamata, sondern auch bis zur Höhe des berühmten Klosters Wurkano (Ithome) ansteigend und dort oft in unmittelbarer Nachbarschaft von Miliaria calandra lebend. Bei Kalamata konnten ich und meine Begleiter das Leben und Treiben des ruhe- losen Vogels sehr genau beobachten. Soweit die Vorgärten der Stadt reichten, war bloß H. pallida zu hören, weiter draußen in den trockenen, ziemlich schütteren Oliven- pflanzungen begann das Revier des großen Spötters. Die Jagd auf ihn verlangt stets viel Geduld und ein ungemein rasches Schießen, wenn man einmal seiner gewahr geworden ist. Oft glaubt man nach langem Nachschleichen in den nächsten Augenblicken endlich zu Schuß zu kommen, weil der unmelodische Gesang in nächster Nähe ertönt; ja man bemerkt bereits an der Bewegung der Olivenzweiglein den beiläufigen Ort, wo sich der Vogel herumtreibt — da mit einem Male ertönt .das Geschnatter desselben Indivi- duums etwa 100 Schritte seitwärts in den buschigen Ölbaumwipfeln. Zu den aller- schwierigsten Aufgaben gehört es, eines Weibchens habhaft zu werden. Dies gelang überhaupt nur einem von uns, nämlich Wutte. Das Weibchen läßt nämlich keine Stimme hören und führt ein außerordentlich verborgenes Dasein. Ich weiß kein an- deres verläßliches Mittel zur Erlangung eines solchen, als zur Brutzeit in ein besetztes und vorher ausgekundschaftetes Nest in entsprechender Entfernung eine Schrottladung hineinzujagen oder aber am Nest Leim oder Schlingen anzuwenden. III. Griechenland. 131 Das erste beträchtlichere Material an Nestern und Eiern von H. olivetorum ver- danken wir unstreitig ebenfalls Lindermayer und nach dessen Hingang, wie immer, Dr. Krüper. Bereits 1343 wurden Nest und Eier von Lindermayer gut beschrieben, 1847 ein Ei an das Museum zu Regensburg geschenk weise übersendet, sodann 47 Eier im Laufe der nächsten Jahre an Thienemann und 13 an Baron König-Warthausen abge- geben und laut des II. Jahresber. 1853 dem zoologischen Kabinette in Passau 21 Eier dedi- ziert!) — Tatsachen, welcher Baldamas in Bd. VIlI der „Naumannia“ S. 124 kurz gedenkt. Das in zwölf Tagen fertiggestellte Nest fand Lindermayer nur auf jungen Schöß- lingen des Ölbaumes, nie auf alten Zweigen dieses Baumes und nur selten auf Granat- apfel- und Mandelbäumen (Reg. Korr.-Bl. 1859, S. 125). Mehr als vier Eier wurden wohl bisher von niemandem in einem Gelege gefunden. Eine genaue Beschreibung des Nestes nach Lindermayers und Thienemanns ein- gehenden Untersuchungen liefert Baron König-Warthausen folgendermaßen: „Das Nest wird mannshoch und darüber meist so befestigt, daß die Grundlage nicht aufsitzt, und ist äußerlich 92—106 mm breit, 55—70 mm hoch, mit einem Napf, dessen Weite zwischen 47 und 66mm, dessen Tiefe zwischen 33 und 53 mm wechselt. Baststreifen, dürre Grashalme, Würzelchen, G@naphalium-Stengel bilden den Hauptbau, der mit Distelllaum und Gnaphalium-Wolle durchtilzt ist; von außen sind sie mit einer dichten Schichte Spinnengewebe überzogen und innerlich mit feinen Grasrispen, Wurzelfasern, sparsam mit Pferdehaaren, manchmal mit etwas Pflanzenwolle, niemals mit Federn ausgekleidet.“ Krüper erhielt die meisten Eier anfangs Juni, das früheste Gelege von vier Stücken am 22. Mai 1871. Überhaupt sind die Schwankungen der Legezeit naturgemäß sehr gering. Unter einer Reihe von Eiern aus Attika ergibt sich als frühester Fundtag der 21. Mai 1867, als spätester dagegen der 10. Juni 1363; doch sammelte ich auf Naxos auch noch am 16. Juni zwei ziemlich frische Eier eines Geleges. Die Beschreibung der Eier ist ebenso bekannt wie jene des alten Vogels. Nach Baron König-Warthausen unterscheiden sie sich von denen der ZH. philomela meist durch die beträchtlichere Größe, obgleich die größten der letzteren die kleinsten von A. olive- torum erreichen und diese Tatsache ergibt sich wohl am besten aus folgender Maßtabelle: Gelege 3 Stück (gez. d) Gelege 4 Stück (gez. c) L. 21:5 3 ZEN B 211 mm 209° . 20 A 19:8 19:7 mm Brsl5:5 151 14:6 um 1: 14-5 145 14:3 mm B) Gew. 13:5 13 125.cg 12:5 12 12:5 12 cg | [00270000 Insel Skopelos Gelege 4 Stück (gez. e) Gelege 4 Stück (gez. Krüper) 1. 20:5 19:4 19-3 15:3 mm 20:2 19:3 194 19:1 mm Br. 143 143 18 12mm 138 147 147 142mm Gew.12 lc) 10 11 eg 10 11 10 12 cg Insel Skopelos Athen, 2. Juni 1594 15 einzelne Eier von Skopelos, Naxos und der Umgebung von Athen: L. 22:5 21:3 21-3 20:9 20:3 20:2 201 20 20 20 19:6 19:6 19:3 18:7 18:6 mm Br. 147 155 151 149 18:9 148 152 154 152 15 15 14115 139 147mm tm a a a a ee en ar reale) !) Mit der eigentümlichen Bemerkung: „von Dr. Lindermayer entdeckt!“ 2) Wahrscheinlich unrein entleert! g%* 132 Ornis balcanica. 3eim jungen Vogel, nach einem von mir bei Itea am 12. Juli 1894 «eschossenen Stücke, sind Ohrfedern, Flügeldeckfedern und die Flügelfedersäume mehr rostgelb wie bei den Alten. Dunklere Färbung kann ich aber nicht wahrnehmen. Maße von 10 Exemplaren in Millimetern: [of iuv. g' &, d [6% SHE EENEL Korfu, Itöa Kephissia 730 Sparta 7 Sommer 12./VII. 13.|V. 12V. 13./VI. abmars 1895 1894 1894 1898 5./VI. 1898 1395 Ganze Länge . . .. 158 153° 16070153 159 la la la 1 Hlügele- Sr 2: 34 54 35 83 37 36 SIE SE STE 8 Schwanz: 73 63 oe 2, 17 71 Ta! de, WU) Schnabel sr 16 14 16 15 13 16 9 et Rarseniintn Ina 23 25 24 23 24 241 22300230 725 Vielumstritten war seit der Entdeckung des Vogels seine Stellung im System. Tobias (Abhandl. d. Görlitzer Gesellsch. 1844, S. 60) erkannte die Zugehörigkeit zu Hypolais, während zur selben Zeit Graf von der Mühle den griechischen Ölbaum- spötter noch mit Sylvia orphea vergleicht; jedoch ist seine Beschreibung nach einem einzigen Belegstück so mangelhaft, daß es nach Schlegel (Kritische Übersicht, p. 55) zweifelhaft bleibt, ob ihm wirklich H. olivetorum vorlag. Ausführlicheren Nachweis der richtigen systematischen Stellung erbrachte aber Chr. L. Brehm 1345 (Stiftungsfest ete.) auf Grund der plastischen Merkmale, des Nest- baues und der Eier. Endlich näherte sich 1856 Graf von der Mühle in der nach seinem Tode er- schienenen „Monogr. d. europ. Sylvien“ doch auch schon dieser Anschauung, obwohl er, vielfach Lindermayer folgend, ihn noch zum Genus Sylvia rechnet. Linder- mayer zählt ihn selbst in seiner letzten Hauptarbeit zum Genus Salicaria und gibt zu- nächst bemerkenswerte Einzelheiten über die Verbreitung der Art, betont aber, daß der Vogel beispielsweise bis dahin von niemandem auf dem Peloponnes gefunden wurde, was nach den obigen Beobachtungen emfach unerklärlich erscheinen muß, da er gerade dort so häufig ist. Heutzutage ist die Zugehörigkeit zum Genus Hypolais eine von keiner Seite mehr bezweifelte Tatsache. Hypolais pallida (Hempr. u. Ehr.), Hypolais elaeica Linderm. — Kleiner Olbaumspötter. (Siehe Tafel III, Eier.) Es dürfte von Interesse sein, wenn ich im nachstehenden in chronologischer Reihenfolge aufzähle, unter welch mannigfaltigen Bezeichnungen dieser Vogel, speziell aus Griechenland, angeführt worden ist. 1543 beschrieb ihn Lindermayer ausführlich als spec. nov.: Salicaria elaica.'!) Er fand ihn 1841 im Olivenwalde bei Athen und fügt auch einiges über Lebens- weise usw. hinzu, beschreibt aber die Eier entschieden unrichtig, da er sie laut Thienemann damals noch gar nicht kannte. 1) Okens Isis, Heft V, Spalte 22 u. 23. III. Griechenland. 133 Im selben Jahre finden sich in der Arbeit Drummonds über die Vögel von Korfu!) unter S. palustris Bemerkungen, aus welchen unzweifelhaft hervorgeht, daß nicht dieser Vogel, sondern der Ölbaumspötter gemeint ist, indem Drummond sagt: „Kommt gegen dieselbe Zeit an wie S. olivetorum und durch die Ähnlichkeit seines Gesanges könnte er mit ihr verwechselt werden.... Obzwar ich sie längs der Ufer der Flüsse und in sumpfigen Gegenden sah, habe ich sie häufiger in den Olivenhainen gefunden.“ 1544 verbessert bereits Tobias?) die Stellung im System mit den Worten: „Be- sonders Sal. elaeica Linderm. ist echter Laubvogel, unterscheidet sich in der Färbung wenig, in der Gestalt gar nicht und, wie aus der Beschreibung ersichtlich, auch im Aufenthalte und Betragen nicht viel von Sylv. hippolais Lath.“ Schlegel folgt im selben Jahre) mit einer ausführlichen Beschreibung nach zwei aus Griechenland erhaltenen Stücken und benennt den Vogel Flicedula ambigua nov. spec. Chr. L. Brehm) zählt diese Art zuerst fälschlich unbedingt zu den echten Schilf- sängern und sucht dies in 1!/, Spalten der „Isis“ zu begründen, aber 1855 finden wir sie im „Vogelfang“ schon als „Hypolais elaica“ angeführt. Graf von der Mühle lernte den Vogel während seines Aufenthaltes in Griechen- land merkwürdigerweise nicht kennen, wiederholt aber in seiner „Monographie der europäischen Sylvien“ die Angaben Lindermayers samt den Fehlern und fügt auch über die Seltenheit und die geringe Verbreitung (angeblich bloß auf die Attika be- schränkt) Unrichtigkeiten hinzu. Auch die daselbst veröffentlichte Abbildung des Vogels samt Nest und Eiern nach Originalen aus Griechenland ist nichts weniger als gelungen. Zunächst wurde nun die Färbung der Eier, da richtiges Materiale aus Griechen- land inzwischen eingetroffen war, von Baldamus°) und Thienemann in trefflicher Weise beschrieben. Auf die Ausführungen des letzteren werde ich später nochmals zu- rückkommen. Nachdem weiters Blasius‘) die Identität der H. Preglii Frauenf. mit S. elaica Linderm. und $. ambigua Schleg. festgestellt hatte, ist er auch der erste, welcher eben- daselbst sagt, „daß es schwer, wenn nicht unmöglich sein wird, S. pallida Ehr. von der S. elaica Linderm. zu trennen.“ Auch Heuglin pflichtete dieser richtigen Anschauung bei, wie wir schon durch Baron König-Warthausen’?) erfahren, aber der letztgenannte führte damals noch H. elaica und pallida getrennt auf, da er die Angelegenheit der Vereinigung noch nicht für spruchreif hielt. 1859 wurde der Ölbaumspötter durch Krüper und Simpson in Akarnanien ent- deckt und auch Nester gefunden, was zunächst Dr. Nieder in Missolonghi mitteilt.®) Im gleichen Jahre und am gleichen Orte (S. 124—126) sowie namentlich in seinem Hauptwerke (S. 90—92) gibt dann Lindermayer die weitaus bessere Beschreibung, richtigere Angaben bezüglich des Brutgeschäftes, der Verbreitung usf. Auch reihte er diese Art in den Katalog der auf Euböa gefundenen Arten ein. !) Ann. and Mag. of Nat. Hist., vol. XII, p. 423 (Dezember 18143). 2) Abhandl. d. Görlitzer Gesellsch. 1844, p. 60. 3) Kritische Übersicht, p. 53. #) Stiftungsfest in Okens „Isis“ 1845. 5) Naumannia VI, p.102 u. VIII, p. 124. %) Naumannia VIII, p. 264. ?) Zur Fortpflanzung der Spottsänger, Bull. Acad. Mosc. 1359. ®) Regensburger Korr.-Blatt, 13. Jahrg., p. 30. 134 Ornis baleanica. Seit jener Zeit ist nur mehr wenig über diesen Spötter aus Griechenland bekannt geworden. Die meisten Autoren führen ihn nach wie vor als A. elaeica (auch elaica und eleica) für Griechenland und die Inseln an, wie z.B. Baedeker, Brehm und Paeßler, Degland u. Gerbe, Dubois, Fritsch, Rey, Heldreich, und fast immer wird H. pallida als zweite Art beschrieben und oft auch abgebildet. Wieder ist es Krüper, welchem wir weitere gute und richtige Angaben ver- danken. Die Ankunftszeit wird von ihm genau ermittelt. Diese fällt im die letzten Tage des April, mitunter anfangs Mai: 1859 sah er die ersten am 3. Mai (Akarnanien), 1860 am 29. April (ebenda), 1867 am 27. April (Attika), 1573 am 28. April (Attika), 1574 am 26. April (Attika). Hinzufügen kann ich, daß 1894 Krüper in meiner Ge- sellschaft den ersten Vogel am Vrachorisee am 30. April hörte und daß ich an dersel- ben Stelle drei Tage darauf mit einem Schusse zwei Männchen von einer Weide herab- schoß, welche sich derart um ein ebenfalls anwesendes Weibehen balgten, daß beide einmal kämpfend sogar in das Wasser fielen. Es beweist dies neuerdings, daß H. pallida sofort nach der Ankunft an das Brutgeschäft denkt. Von weiteren Ankunftsdaten vermerke ich, daß am 26. April 1897 in der Um- gebung von Athen sowie am 4. Mai auf Korfu sich noch kein einziger Spötter sehen und hören ließ; aber am 6. Mai hörte ich bei Levkimo (Korfu) den zuerst ganz leisen Gesang der Erstangekommenen. Ebenso beobachtete ich am 6. Mai 1898 den ersten Spötter in den Gärten der Stadt Zante. Über den Abzug wissen wir weniger; nur so viel steht fest, daß man von Mitte August an keine mehr erblickt. Es mögen nunmehr jene Worte folgen, welche Seebohm m Dressers Werk dem griechischen Ölbaumspötter widmet: „Wenn einige Wahrheit in der Theorie liegt, daß jedes Tier ein Zentrum seiner Verbreitung hat, woher es ursprünglich stammt, dann müßten wir die Insel Naxos im griechischen Archipel für 4. pallida als solches bezeichnen. Dr. Krüper hat mir oft eine anregende Schilderung der Menge dieser Vögel an jenem Orte gegeben, und zwar hauptsächlich in den Gärten, wo sie sich in den Oliven-, Granatäpfel-, Zitronen- und anderen Fruchtbäumen aufhalten und wo er der gewöhn- lichste Vogel der Insel ist. Seine Eigenschaften sind fast genau dieselben wie die von H. olivetorum, aber er ist keineswegs so scheu und flüchtig. Sein angenehmer, schwacher Gesang wird oft in den Gärten, welche sich rings um Athen (und auch Smyrna) aus- breiten, gehört. Er ist über ganz Griechenland gleichmäßig verteilt und wird seltener, sowie man die Türkei betritt. Er ist nur in vegetationsreichen Tälern zu finden und steigt bloß so hoch in die Berge, als die Verbreitung der Olive reicht.“ Auf Naxos ist nun allerdings der Ölbaumspötter sehr häufig! Krüper verbesserte schon 1565 Erhard, der den Vogel gar nicht kannte,!) und teilt mit, daß dieser sehr häufig ist: in den Gärten, gebüschreichen Flußufern und Gräben der löbene sowie in dem Olivenwalde von Tragäa bis zum Gebirgsdorfe Aperanthos. Er erhielt viele Eier. Ich selbst kann alles dies nach meinen Erfahrungen nur bestätigen, sammelte 1894 an denselben Orten Vögel, Mitte Juni sogar noch frische Eier und staunte über die große Zahl der Brutpaare. !) Cab. Journ. f. Orn., XI. Jahrg., p. 404. III. Griechenland. 135 Aber auch in der Umgebung von Athen, in den Olivengärten gegen den Phaleron zu, gegen den Abhang des Hymettos und um Kephissia gibt es heutzutage noch recht viele. Ihr geschwätziger Gesang unterbricht sehr angenehm das fade Gezirpe der Zikaden und trägt wesentlich zur Belebung der sonnendurchglühten Landschaft bei. Im Norden des Landes kann ich die Gärten von Velestino in Thessalien, jene von Oreos auf Euböa, dann aber auch die Inseln Skopelos und Jura als seine Aufent- haltsorte bezeichnen. Auf Skopelos wurden mir in den ersten Junitagen 1894 geradezu massenhaft Nester und Eier von H. pallida zugetragen. Auf den Jonischen Inseln beobachtete ich H. pallida, wie schon erwähnt, auf Korfu und Zante. Hier bewohnt der Vogel außer der Gartenregion der Insel die unteren Lagen des Berges Skopos und namentlich den Küstenstrich von Keri sowie sogar die kleine im Süden vorgelagerte Insel Peluso. Einen der acht in Griechenland gesammelten Vögel erhielt das Museum durch Hauptmann Polatzek, und zwar von Paxos. Auf dem Peloponnes ist diese Art von uns zunächst im Alpheiostale bei Olympia überall häufig angetroffen worden, und zwar hier zumeist auf Pinus halepensis, der Seestrandkiefer. Seltener war sie bei Modon zu sehen, dafür umso häufiger in Kala- mata, wo sie die Gärten der Vorstädte mehr zu bevorzugen scheint als die Oliven- wälder weiter draußen. Massenhaft fanden sie sich schließlich bei Sparta. Hier will ich die Bemerkung einschalten, daß es mir unmöglich erscheint, mit einiger Sicherheit äußerlich die Männchen von den Weibchen unterscheiden zu können. Das Nest von H. pallida ist schon so oft genau und richtig beschrieben worden, daß ich Wiederholungen vermeiden will. Es ist in Griechenland bisher bloß auf Oliven gefunden worden; doch glaube ich, daß manche Nester dort auch auf anderen Bäumen und Sträuchern angetroffen werden könnten. Die Zahl der Eier eines Geleges beträgt, wie Lindermayer richtig angibt, drei oder vier. Fünfergelege gehören zu den größten Seltenheiten. Die Eier sind durch den Genannten sowohl, wie auch durch Dr. Krüper in größerer Zahl der wissen- schaftlichen Welt zugänglich gemacht worden, so daß ich mich darauf beschränken durfte, von jedem der sechzehn mir vorliegenden Gelege nur je ein Stück zu messen und zu wägen. Die erste, gut kenntliche Abbildung eines solchen Eies findet sich in der Fort- pflanzungsgeschichte von Thienemann u. Brehm Heft II (1826), p. 24, Taf. VI, Fig. 3, nach dem Original, welches Hemprich u. Ehrenberg nach Berlin, jedoch als der S. galactodes zugehörig, eingesendet hatten. Da es eine bessere Kennzeichnung der Eier nicht geben kann als die durch Baron König-Warthausen veröffentlichte, so sei diese hier wiederholt: „Die Grundfarbe ist ein trübes, schwach ins Rötliche oder Violette, seltener ins Gelbe spielendes Grau; meist sparsam und nur an der Basis gedrängter, sitzen zu unterst aschgraue und über diesen dunkelbraunrote oder schwarze Punkte und Flecken, manchmal Strichelchen, nicht selten auch Haarzüge. Ihre Struktur unterscheidet sich von der der anderen Hypolais-Arten durch stärkere Abplattung; das Korn ist abgeschliffener und die Poren sind deshalb nicht zwischen Erhabenheiten versteckt.“ Hierzu möchte ich nur noch bemerken, daß die Eier auch nicht im frischen, un- ausgeblasenen Zustande ein lebhafteres, rötlicheres Kolorit zeigen und daß die schwarzen Flecken entweder spärlicher und dann etwas größer oder feiner, aber dann zahlreicher verteilt auftreten. Ein Gelege von zwei Stück leider mir schon schadhaft überbrachter Eier von Naxos sind vollkommen einfärbig mit deutlich fleischfarbigem Stich und jedes 136 Ornis balcaniea. Ei trägt einen einzigen, apfelkerngroßen, schwarzbraunen Fleck — eine gewiß seltene Spielart, welche Dr. Krüper z. B. nach so vieljähriger Sammelzeit niemals vorge- kommen ist. Maß- und Gewichtstafel: 195 X 133mm 9cg Ende Mai 1894 Skopelos 18:6.%X 13777, 8, Naxos, 16. Juni 1894 182x135 „ 8, Skopelos 132 1372 2557 b) 18. Ba, Marla al 178x131 „ 8,„ Naxos (abnorme Färbung:!) INGE ES NESkopelos 11.6 x 12:9 ,„ 7%, Griechenland, Krüper, 1863 N K e A n 172x137 „ 8, Skopelos 170 x 131°, 8, Griechenland, Krüper, 1863 16:8 %X137 7,85, Skopelos 6, SD xD EENaxoS 165 X 13 „5% 2) 163 X 125 „ 7, Griechenland, Krüper, 2. Juni 1867 1625xX 12:87, 12, Skopelos Anhang. Als ich zum ersten Male 1894 in Athen weilte, kaufte ich von Strim- meneas sen. für unser Museum eine kleine Anzahl Vogelbälge, die er teils in demsel- ben, teils im vorhergegangenen Jahre in der Umgebung der Landeshauptstadt gesam- melt hatte. Bei der Musterung dieser Bälge in Sarajevo fiel mir sogleich eine Hypolais auf, welehe memer Ansicht nach weder zu pallida und noch viel weniger zu olivetorum gehören konnte. Vergleiche, welche über mem Ersuchen v. Tschusi anstellte, ergaben, daß der Vogel der westeuropäischen 4. opaca Licht. weit näher als irgend einer anderen be- kannten Art stehe. Später war ich geneigt, dieses Stück mit der von Krüper in Cab. Journ. f. Orn. 1875, S. 259 beschriebenen, aber leider verschollenen H. schraderi in Verbindung zu bringen, da Krüper mir erzählte, den eigentümlichen Gesang dieses Vogels auch einige Male in Griechenland vernommen zu haben, und die Größe hierzu ganz gut stimmte. Mein Freund Pfarrer Kleinschmidt, dessen Scharfsichtigkeit bei Unterscheidung feinster Unterschiede ja bekannt ist, fand jedoch, daß bei dem bewußten Exemplare die schlechte Konservierung Schuld an dem veränderten Aussehen trägt und daß die bräunliche Färbung der Oberseite künstlich entstanden sei. Kleinschmidt erblickt in dem Vogel nichts als die gewöhnliche AH. pallida. Schließlich muß ich hier noch eines Vierergeleges gedenken, welches mir am 3. Juni auf der Insel Skopelos gebracht wurde. Seine Maße sind: 16, alspil 18:8 18:6 13 mm Br. 12:9 13:9 13:6 13:1 mm Gew. 55 9) 9 8 cg Obzwar nun allerdings alle vier Eier etwas mißgeformt sind, ihr spitzes Ende eigenartig birnförmig gestaltet und zur Seite gedrückt erscheint und obwohl die größten III. Griechenland. 137 Stücke der H. pallida denselben gleichkommen, so sind sie doch ganz auffallend durch das Korn und den Farbenton, welcher genau dem der spanischen H. opaca gleicht, zu unterscheiden. Addon (Agrobates) familiaris (Menetr.) — Östlicher rostfarbiger Sänger. Zu denjenigen Vogelarten Griechenlands, welchen der fremde Besucher des Lan- des das größte Interesse von Anfang an entgegenbringt, gehört entschieden der rost- farbige Sänger, auch Baumnachtigall genannt. Dieser Vogel fällt durch seine Beweglichkeit und die bunte Zeichnung des Schwanzes sehr bald auf, verbringt aber nur etwa 3!/, Monate im Jahre auf euro- päischem Boden, gerade hinreichend, um das Fortpflanzungsgeschäft zu vollziehen. Den sorgfältigen Beobachtungen Lindermayers und Krüpers reihen sich jene des Grafen von der Mühle ebenfalls übereinstimmend an. Wenn man annimmt, daß dieser die griechische Kalenderrechnung dabei berücksichtigte, erfolgt die Ankunft sehr spät und gleichzeitig mit den beiden griechischen Hypolais-Arten. Folgende Tage der Ankunft der Erstlinge sind bekannt geworden: 1859 Akarnanien: 10. Mai (Krüper). 1360 südl. Peloponnes: 30. April (Krüper). 1367 Attika: 27. April (Krüper). 18573 „28. April (Krüper). 159 „ 9. Mai (Santarius). 1598 Zante: 10. Mai (Reiser). 1599 Patras: 10. Mai (Baron Schilling). (am 12. Mai: 3 Stück!) Der Abzug soll ziemlich rasch und wenig bemerkbar in der zweiten Hälfte August erfolgen. Genauere Beobachtungen hierüber wären sehr dankenswert! Obwohl es feststeht, daß diese Art über alle Teile Griechenlands als Brutvogel verbreitet und nur für die Kykladen nach Erhard und Krüper als Durchzügler zu betrachten ist, hatte ich doch nicht überall den Genuß, sein Leben und Treiben beob- achten zu können. Gleichwie Lord Lilford, in dessen Gegenwart ein schönes Stück von einem Freunde erlegt wurde, habe auch ich Addon familiaris auf der Insel Korfu nur em einziges Mal, nämlich am 25. Juli 1894 im Valle di Korissia zu Gesicht bekommen. Jedoch ist die Art nach Drummond auf der Insel sehr häufig. Die Ankunft erfolgt am 10. Mai und der Vogel hält sich dann den ganzen Sommer über in den Weingärten und Ölivenhainen auf. Auch Hauptmann Polatzek traf in den letzten Jahren die Art an gewissen Stellen zahlreich an. Er erlegte am 2. Juli 1895 ein 0’ für unsere, am 30. Mai und 6. Juni 1895 zwei Exemplare für die Sammlung des Hofmuseums in Wien. Auf Zante hörte und sah ich nur ein einziges Stück im höchstgelegenen Olivenwald- gürtel der Vrachiona, welches zweifellos soeben angekommen war, und auf den nahen Strophaden befanden sich am 14. Mai mehrere unter den verendet aufgelesenen Vogel- mengen. Jameson vermerkte diesen, wie er bemerkt, damals (1837) einzig aus Spanien bekannten Sänger als Sommervogel für Kythera, Lindermayer für Euböa und es ist eine wirklich seltsame Tatsache, daß er durch meine Reise als Brutvogel für die nörd- lichen Sporaden festgestellt wurde, während er als solcher den Kykladen wirklich zu 138 Ornis balcanica. fehlen scheint. Freund Knotek beobachtete ihn nämlich deutlich am 25. und 30. Mai 1594 im Gebüsche der Inseln Panagia (Pelagonisi) und Jura. Endlich wurden mir auf Skopelos zwei Gelege und ein einzelnes Ei zugetragen, gefunden in den letzten Tagen des Mai oder den ersten des Juni 1894. Auf dem Peloponnes traf ich zur Brutzeit mit ihm in Elis, und zwar einmal am Fuße des Lehmberges bei Katakolo und dann im Platanendickicht am Ufer des Alpheios bei Olympia zusammen, weiters in den Oliven- pflanzungen auf den Anhöhen bei Kalamata und endlich in der Maina zwischen Xero- kampos und Tarapsa, wo er sehr häufig zu sein schien.") In Attika sahen und erlegten wir diesen Vogel vom 9. bis 13. Mai 1894 in den staubigen Olivenwäldern zwischen Athen und dem Piräus, am unteren Rande des Aleppo- kiefernwaldes am Hymettos und bei Kephissia. Von hier bekam schon in den Dreißiger- jahren Temminck ein Exemplar, ein anderes durch Parzudaki das Britische Museum und ein Junges vom Juli 1567 die Koll. Dresser. Weitaus am zahlreichsten vorhanden fand ich aber A&. familiaris in den pracht- vollen Olivenwäldern zwischen It&a und Amphissa. Hier konnte ich mit Muße alle seine verschiedenen Eigentümlichkeiten beobachten, ja ich fand auf einem Ölbaume sogar ein Nest mit einem frischen Ei, obwohl wir schon den 12. Juli zählten und allenthalben sich vollständig ausgefiederte Junge nebst den alten Vögeln herumtrieben. In dieser Gegend hatte am 20. Mai 1873 auch H. Seebohm zwei Männchen für seine berühmte Sammlung erbeutet und ohne Mühe erlegte ich rasch drei Stücke. Des Weibchens kann man nur zur Zeit der Ankunft mühelos habhaft werden; später führt es eine sehr versteckte Lebensweise und man kann dann leichter zehn Männchen als ein einziges Weibchen schießen. Ähnlich äußert sich auch Graf von der Mühle. Die Lebensweise der westlichen Form (galactodes) ist in den letzten Jahren außer- ordentlich eingehend und treffend von Prof. König und Baron Erlanger geschildert worden; jene des griechischen Vogels von Drummond und vor allem von Linder- mayer und dem Grafen von der Mühle,?) so daß ich mich auf wenige Bemerkungen beschränken kann. Im griechischen Gebirge ist der rostfarbige Sänger nicht vorhanden. Bezüglich seines Gesanges schließe ich mich denen an, welehe ihn eintönig nennen, obgleich die kurze aufsteigende Strophe durch die Umgebung, in welcher sie vorgetragen wird, meistens sehr angenehm wirkt. Der Vogel hat bei seinen Bewegungen auf der Erde viel von der Schlüpfbehendigkeit der Locustella-Arten, beim Erspähen und Aufnehmen der Insektennahrung manches mit den Würgern gemeinsam; am auffallendsten bei ihm bleibt jedoch das Emporschnellen des Schwanzes bei Erregung, so daß er manchmal vom Rücken senkrecht nach aufwärts gerichtet erscheint. Die Färbung des Gefieders der Balkanvögel scheint mir nach neun vorliegenden Belegstücken sehr gleichbleibend zu sein. Die jungen, einjährigen Vögel sind aus- schließlich, aber unschwer an den verhältnismäßig breiten er&megelben Federrändern der Schwingen und des Rückengefieders kenntlich. Über Fortpflanzungsgeschäft, Nestbau und Eier berichten Lindermayer, der persönlich viele Nester sammelte, und auf Grund dreier von diesem übersandter Gelege Thienemann. !) Aus dieser Gegend erwähnt Schuch vom Grafen von der Mühle unter großen Gefahren zur Zeit des Aufstandes gesammelte Stücke. *) Graf von der Mühle, Beiträge ete., p. 66 und „Monogr. d. europ. Sylvien“, p. 33—839; Linder- mayer, Bemerkungen zu vorstehendem Werke, Korr.-Bl. d. zoolog.-mineralog. Vereines 1859, p. 121—124 sowie Vögel Griechenlands, p. 93 u. 94. III. Griechenland. 139 Lindermayer sagt: „Die meisten Nester fanden sich auf Olivenbäumen, und zwar derart angebracht, daß sie nie auf einem hervorragenden Aste oder in der Gabel eines emporstrebenden Astchens waren, sondern sie lagen beständig auf dem abge- hauenen Baumstrunk zwischen den größeren Asten; nur einige wenige habe ich auf Lehmmauern, welche als Gartenumzäunung dienten und mit Gesträuch bedeckt waren, gefunden. Das Nest selbst ist nichts weniger als zierlich, sondern vielmehr eine zause- rige Unterlage, aus höchst weichen Pflanzenstengeln bereitet und mit etwas Baumwolle, Wolle oder Federn ausgelegt,“ und an anderer Stelle erwähnt er: „Das Nest hängt nicht, sondern liegt flach zwischen zwei großen Ästen des Ölbaumes, noch lieber auf dem abgehauenen Strunke desselben, geschützt gegen Wind, Regen und Raubvögel durch die aus dem Stamme des Baumes hervorragenden Schößlinge oder es liegt in den dichten Zweigen des Granatapfelbaumes, sehr selten in einem anderen Gesträuche, nie auf der Erde, auch nie höher in den Ästen hinauf. Höher als 6 Fuß liegt das Nest nie auf dem Ölbaumstrunk und nie unter 4 Fuß vom Boden im Granatapfel- gesträuch.“ Sonderbarerweise wurde erst Dr. Krüper bei zwei 1858 aus Akarnanien nach Berlin gebrachten Nestern auf den merkwürdigen Umstand aufmerksam, daß auch in Griechenland fast sämtliche Nester Stücke von Schlangenhaut enthalten, und die Be- wohner erzählten Seebohm, daß dies dazu dient, um zu verhindern, daß die Schlangen die Eier austrinken. Gewiß eine höchst unverläßliche Schutzmaßregel! Die Eier, welehe nach Lindermayer in großer Zahl durch Dr. Krüper gesam- melt und verschickt wurden, stehen der Färbung und Zeichnung nach denen von Anthus campestris am nächsten, manche lichte und spärlicher gefleckte erinnern, wie schon Naumann erwähnte, an solche des Haussperlings. Größere Flecken sind selten; die Mehrzahl hat graue, der Rest rötliche Tönung. Wie aus den nachfolgenden Daten ersichtlich ist, sammelte Krüper diese Eier zwischen dem 18. Mai und 18. Juni. Maß Ind Gewicht von 15 einzelnen Eiern und zwei Gelegen: 1. 22:6 22:5 222 222722222:122722721:9021:9721:4 21:3 27.272072 13:3 mm Br. 169 164 165 16:5 15:9 169 16:1 15 162 15:8 154 167 157 14-9 16:4 mm Gew. 18 16 18 16 416 16514 1477 17515.16 16 13, Ayd.cg = = S & (6%) 8 o ze iD au [5 [5 © SE > - oo > en De en een S a ae e ee) (6,0) & 88) ee) 5,0) Ss) DOES n "zZ 6%) D - =| = = » =. = Be m m 58 - = _ 62) en y a ac he! ae 0 Bet ı Je la) im] 8 © Be = Eee 3 =: u es ee En mE ins se Elena Male SE = Be = = Se SE 5 Se SEE ee ES = E b ur R ler‘ = = = ne: : 2 5 ? : Ah, H : © Dee Sn ne a @ i .- - u }: & 8 KR & en Be © a, SS a & "© S u 50 N Ei 3 = ira) S ei Fe} N = & 2 SS 5 & >= =! = S Sr = 5 s & < Ze <« << ET =] Ss n 5 2 Se 3 = [en er 2 =! Gelege a): Gelege b): u, alas) 21-5 W2L; 4 21:2 mm 22 21-9 21:5 mm Br. 16 16:6 16° 3 15:6 mm 16 164 16:4 mm Gew. 15 16 15 16 cg 15 17 15:5 eg Beide von der Sporadeninsel Skopelos, Ende Mai 1894. 140 Ornis balcanica. Bezüglich der Benennung dieser Art sei hervorgehoben, daß von den meisten Autoren, selbst bis in die neueste Zeit, der Name Sylvia galactodes oder rubiginosa beibehalten und folglich von ihnen keine Unterscheidung der spanisch-afrikanischen von der griechisch-asiatischen für notwendig befunden wurde. Ganz besonders haben sich Thienemann zuerst in der „Rhea“, p. 108 (Spanien und Griechenland!), dann aber auch in der „Fortpflanzungsgeschichte“, ferner Graf von der Mühle und Jäckel und selbst Naumann in seinen Nachträgen gegen die Trennung ausgesprochen, weil die Unterschiede zu gering wären. Der erste, welcher den deutlich ersichtlichen Uuterschied beider Formen aner- kannte, war Schlegel in seiner „Kritische Übersicht“ (1844), indem er feststellte: „Dalicaria familiaris ist zwar der S. galactodes außerordentlich verwandt, aber nach Untersuchung mehrerer Stücke aus Griechenland und von den Ufern des Kur stand- haft verschieden. Sie unterscheidet sich von 8. galactodes durch folgende Merkmale. Ihr Schnabel ist auf der vorderen Hälfte stärker seitlich zusammengedrückt. Die Farbe der Oberteile ist ein schmutziges Graubraun, ohne Spuren von rostbräunlichem Anfluge, der erst auf den oberen Schwanzdeckfedern auftritt. Die schwarzen Flecke des Schwanzes sind größer, nicht rund und isoliert, sondern sie bilden ein durchgehendes, breites schwarzes Band. Die erste Schwinge, die bei S. galactodes um 5 Linien über die großen, äußeren Flügeldeckfedern hinausreicht, überragt letztere Federn bei $. famı- liaris nur um 1 Linie. Endlich ist bei S. galactodes die zweite Schwinge kürzer als die fünfte, während diese beiden Schwingen bei S. familiaris von gleicher Länge sind. Es ist dies ohne Zweifel die Art, welche Graf von der Mühle p. 66 als S. galactodes aufgeführt hat.“ Blasius sen. beweist später (Naumannia 1858, VIII, p. 264), daß die Unterschiede so groß sind, daß eme Trennung des griechischen Vogels (als Calamoherpe familiaris!) von den spanisch-afrikanischen durchaus geboten erscheint, was im allgemeinen von E. v. Homeyer (Cab. Journ. f. Orn. 1859, p. 130) und Degland bestätigt wird. Krüper dagegen läßt diese Frage stets unentschieden und beschrieb die griechi- schen Eier bis in die letzten Jahre mit der Bezeichnung $. galactodes. Dagegen finden wir die strenge und richtige Auffassung wiedergegeben bei Dresser und selbst in Brehms bekanntem „Tierleben“. Seebohm schließlich nennt die griechische Form 8. galactodes var. familiaris! Etwas zu weit ging offenbar Chr. L. Brehm, der (Cab. Journ. f. Orn. 1856, p. 442) die griechischen Vertreter als Aödon Bruchii noch weiter absplitterte und selbst diese in Aö, Br. brachyrhynchos und macrorhynchos zerspaltete. Heutzutage zweifelt wohl kaum jemand, der sich mit dieser Frage ernstlich be- schäftigt hat, an der Berechtigung der Trennung beider Formen, sei es nun spezifisch oder subspezifisch. Da ich im Februar 1897 in Patras zwei im Käfig munter aussehende Exemplare von A&. familiaris gesehen habe, so unterliegt es keinem Zweifel, daß der Vogel wenig- stens im Süden von Europa die Gefangenschaft selbst zur Winterszeit zu ertragen im- stande ist, wiewohl nur selten der Versuch hierzu gemacht worden zu sein scheint. Acrocephalus streperus (Vieill.), Acrocephalus arundinaceus Naum. — Teichrohrsänger. Einer der wenigen Rohrsänger, welchem man wohl zu allen Jahreszeiten an ge- eigneten Stellen des Landes begesnen kann, obwohl das eigentliche’UÜberwintern noch III. Griechenland. 141 eines genauen Nachweises bedarf. Keinesfalls ist er aber irgendwo „gemein in Griechen- land“, wie das Dubois behauptet. Auch kann ich mir durchaus nicht vorstellen, in welchem Teile von Korfu, ausgenommen vielleicht das Valle di Ropa, er häufiger Brut- vogel sein soll, wie Drummond angibt. In Akarnanien habe ich am Morgen des 5. März 1897 am Sumpfsee Markutsa ein Männchen mehrmals deutlich singen gehört und glaube, daß dort mehrere den Winter verbringen, was mit der Beobachtung Lord Lilfords, wonach er häufig in Akarna- nien überwintert, übereinstimmen würde. Auch im Röhricht der Vrachoriseen wäre dies leicht möglich; doch kann ein am 31. März 1597 an einer Stelle am kleineren See singend beobachtetes d’ möglicherweise schon auf dem Zuge dorthin gelangt sein. Ob der Teichrohrsänger auf den Kykladen wirklich vorkommt, ist noch nicht entschieden; Standvogel, wie Erhard glaubt, ist er dort sicherlich nicht. Auf Euböa mag er, laut Lindermayer, wohl zu finden sein; doch gibt er die Aufenthaltsplätze unrichtig an und bleibt den Beweis, weshalb er ihn zu den Standvögeln rechnet, schul- dig. v. Heldreich gibt nur Wiederholungen und Krüper läßt es unentschieden, ob er in Griechenland brütet. Bezüglich der Ankunft im Frühling stellt er nur fest, daß Aer. streperus etwas früher erscheint als sein größerer Verwandter Aer. arundinaceus. Zweifellos ist der Teichrohrsänger nach meinen Beobachtungen Brutvogel an fol- genden Örtlichkeiten: am Karlasee in Thessalien, wo sich am 18. Mai 1394 ziemlich viele hören ließen. Die Erlangung zweier typischer Männchen kostete aber dort wegen des schwierigen Platzes mich und Freund Knotek ebenso viel Zeit als Mühe. Auf dem Peloponnes, wo ihn Graf von der Mühle im Röhricht langsam fließender Abzugs- kanäle sowie im Schilfe des Eurotas erlegt hatte, lernte ich drei Brutplätze kennen. Am 21. und 22. Mai und 2. Juni 1898 ergötzte ich mich öfters an dem leicht kennt- lichen Gesange in den Lagunen von Muriä, Agulinitsa und Osman Aga nördlich von Pylos, welcher umso auffälliger ist, als daselbst kaum ein anderer Vogellaut zu dieser Zeit vernommen werden kann. Bei Agulinitsa gab es sicher ein Dutzend Brutpaare und ein C’ brachte ich auch von dort mit. Über den Durchzug im Herbste ist von Griechenland leider bisher nichts be- kannt geworden. Aecrocephalus arundinaceus (L.), Acrocephalus tuwrdoides Meyer — Drosselrohrsänger. Der Einzige, welcher diesen Rohrsänger geradezu als Standvogel in Griechenland betrachtete, ist Graf von der Mühle, da er ihn den Sommer über in den Rohrdickichten fand und das Überwintern eines Teiles wiederholt behauptet. Obwohl dies Thiene- mann anerkannt hat, ist zu bedenken, daß hierfür bis heute noch keinerlei Beweise vorliegen, dagegen die Ankunft im Frühling öfters und genau beobachtet wurde. Drummond gibt die Ankunft für Korfu, welches nach Lord Lilford zahlreiche Paare bewohnen, mit der ersten Woche Mai entschieden zu spät an, da ich daselbst am 17. April 1894 im Valle di Ropa fünf bis acht Männchen gegen Abend vernahm und Santarius am 21. April 1894 in dem Süßwassertümpel unweit des Valle di Korissia ein Männchen erlegte. Sicher brüten auch heute noch zahlreiche Paare an geeigneten Plätzen. Drummond schildert das Brutgeschäft und bemerkt, daß sie die Insel gegen Ende August verlassen. Die richtige Ankunftszeit gibt Krüper an, indem er sagt: „Er kommt Ende April, wenn das Rohr zu wachsen beginnt, an. Die meisten Exemplare ziehen jedoch durch 142 Ornis baleanica. zur nördlichen Heimat.“ Zu dieser Jahreszeit, nämlich am 24. April 1896, schoß auch St. Strimmeneas den ersten, ein 9, bei Volo (Thessalien) und Santarius ein d’ in der Au unweit der Phidarismündung (Akarnanien) am 25. April 1894 am Durchzuge. Am 27. und 30. April ließen dann schon eine ganze Menge ihr Gequake in dem Sumpfe bei Aetolikon und namentlich im Rohrgürtel beider Vrachoriseen, einem der bedeutendsten Brutplätze, den schon Lindermayer kannte, hören. Der Genannte teilt mit, daß daselbst in den Fünfzigerjahren Nester mit Eiern gefunden wurden. Meines Wissens besaß nur Thienemann Eier dieser Art aus Griechenland, die sich gegenwärtig wahrscheinlich in Dresden befinden dürften. Krüper erhielt bisher niemals diese Gelege und vermag daher auch nichts Bestimmtes über die Legezeit anzugeben. Als Beweis, über welch langen Zeitraum sich der Durchzug im Frühling erstreckt, diene, daß ein Stück in meiner Gegenwart am Uferrande der Bucht von Eleusis bereits am 9. April 1397 geschossen wurde und daß dagegen ich selbst ein am Zuge begriffenes Exemplar am 10. Mai 1898 an einem kleinen Bachlaufe bei Katastari auf Zante beob- achtet habe. Ja sogar noch später sah ich diesen Rohrsänger auf einem Orte, den er naturgemäß nur auf seinem Zuge berührt, nämlich auf den Strophaden. Hier fand er sich am 14. Mai unter den zahlreichen Opfern, die aus Nahrungsmangel zugrunde gegangen waren, und am 15. Mai erlegte St. Strimmeneas einen der Vögel, die hier und da in den Getreidefeldern und Gebüschrändern des Eilandes matt umherhüpften. Es sei hier erwähnt, daß ihn Jameson auch auf Kythera auf dem Frühjahrszuge feststellte und Lindermayer auf Euböa; ferner, daß Erhard unbedingt einen groben Fehler beging, ihn unter die Standvögel der Kykladen zu rechnen, da es auf diesen Inseln gar keine ihm zusagenden Brutplätze gibt, noch je gegeben hat. Dagegen ist er ein sehr häufiger Brutvogel am Karlasee in T'hessalien, wo er fast keinem Röh- richt fehlt. Als Zeit des Abzuges nennt Krüper, in Übereinstimmung mit Drummond, Ende August und auf Grund eines in Attika am 4. September 1859 erlegten Museums- exemplares auch den September. Die mir vorliegenden fünf Bälge aus Griechland stimmen mit mitteleuropäischen vollkommen überein. Acrocephalus schoenobaenus (L.), Calamoherpe phragmitis bechst. — Schilfrohrsänger. Krüpers Worte:!) „Wir müssen ihn als Passatvogel und Wintervogel für unser Gebiet betrachten, da er noch nicht brütend aufgefunden ist; freilich sind auch die großen Sümpfe des Landes, wo er sich fortpflanzen könnte, noch gar nicht untersucht“ — haben auch heute noch vollkommene Gültigkeit. Gleichwohl scheint nur ein kleiner Teil wirklich zu überwintern, die Hauptmenge erscheint am Durchzuge, namentlich im Frühling. Derselbe währt ziemlich lange, be- ginnt schon im März (nach Mühle), wie ein von Hauptmann Polatzek am 23. März 1598 von mehreren eben angekommenen Vögeln, bei Levkimo auf Korfu erlegtes Stück beweist, und dauert bis spät in den Mai hinein. Weitere Schilfrohrsänger traf und sammelte ich am 27. April 1894 unweit von Aetolikon, am 3. Mai 1894 sowie am 2. April 1397 auf der Trennungslinie der beiden Vrachoriseen und schließlich am 11. Mai 1895 am Sumpfrande südlich der Haupt- !) Griechische Jahresz., p. 233. III. Griechenland. 143 stadt Zante. Auffallenderweise waren es durchwegs Weibchen. Ein Männchen, am 27. April 1903 bei Marathon geschossen, sandte St. Strimmeneas ein. An all diesen Orten kann ich aber durchaus kein Brüten des Vogels annehmen, obschon Seebohm dies gerüchtweise gelten läßt. Die größte Zahl von auf der Wanderschaft begriffenen Schilfrohrsängern fand ich aber Mitte Mai 1893 in Getreidefeldern und Gebüschrändern der Strophadeninseln, wo sie in kümmerlicher Weise ihr Dasein fristeten; doch gab es unter der großen Menge dort tot aufgelesener Vögel keinen einzigen, welcher dieser Art angehörte. Die Angaben über Sommeraufenthalt und Brut von A. schoenobaenus von Linder- mayer (Norden von Griechenland und Euböa), Drummond (Korfu), Graf von der Mühle (Peloponnes) und Erhard (Kykladen) halte ich, wie schon angedeutet, für durchaus nicht stichhältig. Luseiniola melanopogon (Tem.) — Mariskenrohrsänger. Bis in die jüngste Zeit gab es zwar in der Litteratur mehrfache Andeutungen über das Vorkommen des Mariskenrohrsängers in Griechenland, aber die tatsächlichen Beweise hierfür beschränkten sich auf zwei Bälge des Vogels, welche Graf von der Mühle unter seiner Ausbeute erst in der Heimat entdeckt hatte. Chr. L. Brehm (Stiftungsfest) hatte zwar schon ohne Kenntnis von dem Vorhanden- sein jener zwei Stücke das Vorkommen in Griechenland vermutet, allein die folgenden Bemerkungen in den Nachträgen Naumanns, bei Dubois, Fritsch, Krüper bei Mommsen und v. Heldreich brachten nichts Genaueres; nur daß die beiden Letzt- genannten ihn nicht bloß als Zug-, sondern als Wintervogel richtig auffaßten. Seither habe ich Z. melanopogon in bedeutender Zahl am 5. März 1897 in den Diekungen von Cladium mariscus am Markutsasee im westlichsten Akarnanien aufgefunden, woselbst, trotz des ungünstigen, stürmischen Wetters, ein Paar erbeutet wurde. Ferner stellte St. Strimmeneas die Anwesenheit zahlreicher überwinternder in Östgriechenland, in der Gegend von Volo und Lamia (Megali vrysis), fest. Er sammelte daselbst eine ganze Reihe dieser Vögel in den Monaten Dezember und Jänner 1395, 1901, 1902 und 1903, von welcher mir sieben Stücke vorliegen. Sie tragen genau das- selbe Kleid wie die Wintervögel der Herzegowina und es steht außer Zweifel, daß auch in Griechenland dieser Vogel nur die strenge Jahreszeit verbringt, um etwa im März nach seinen Brutplätzen in Ungarn zurückzukehren. Genauere Angaben bezüglich der Zeit der Ankunft und des Abzuges -fehlen dermalen noch vollständig. Cisticola eisticola (Tem.). Cisticola cursitans Frankl. — Cistenrohrsänger. Eine der interessantesten Vogelgestalten Griechenlands ist für den von Norden Kommenden unstreitig dieser kleine Sänger. Wenn man z. B. den flachen Strand der akarnanischen Küste zwischen Krioneri und Missolonghi betritt und zwischen den Binsen- büscheln auf den von Sumpfstellen durchzogenen wüsten Halden dahinschreitet, kann man sicher darauf rechnen, einige Cistenrohrsänger aufzuscheuchen. Eine seiner Lieblings- pflanzen ist dort Erianthus ravennae mit dem langen, spießartig emporragenden Schafte. Auf diesem sieht man den kleinen Vogel oft nach Rohrsängerart herumklettern und hier faßt er gerne Fuß, wenn er, aufgescheucht, in ruckweise ausgeführtem Bogenfluge eine ganze Weile den Störenfried in weitem Kreise umflogen hat. Dabei hört man fort- was nur dann annähernd richtig ist, wenn man sich zwischen jeder Silbe eine Pause 144 Ornis balcanica. eingeschaltet denkt. Dr. Krüper lehrte mich gleich bei dem ersten gemeinschaft- lichen Ausfluge den Ruf viel besser mit tüp—tüp— tüp usw. nachzuahmen. Im Anfange sieht man sich verwundert nach dem Urheber dieses sonderbaren Lautes um, ohne ihn entdecken zu können, und es braucht gewöhnlich einige Zeit, bis das Auge den kleinen, sich unmerklich vom Horizonte abhebenden, pfeilschnell dahin- schießenden Punkt erfassen kann. Später verrät der Vogel seine Anwesenheit dem Kundigen leicht eben durch diese durchdringende Stimme. Sein Vorkommen in Griechenland erwähnen kurz: Thienemann, Baedeker, Paeßler u. Chr. L. Brehm, Dubois, Rey, v. Heldreich und A. Brehm. Anderen Forschern verdanken wir eingehendere Mitteilungen. Sämtliche stimmen überein, daß er Stand- und Brutvogel des Landes ist. Die Nähe des Meeres scheint ihm, wie so manchem anderen Vogel Griechenlands, Bedürfnis zu sein. ; Am zahlreichsten tritt er, wie schon angedeutet, im Westen des Landes, nament- lich in Akarnanien auf. Hier sahen und erlegten wir viele im April 1894 sowie von Jänner bis Mitte März 1897, und zwar westlich von Krioneri, bei Galatä, im Röhricht am Phidaris, im dürren Binsicht beim Salzmagazin von Missolonghi, zwischen Tama- riskengebüsch nördlich von Aetolikon, dann insbesondere auf den flachen, mit den ein- förmigen Salzkräutern bewachsenen Inseln der Lagunen westlich von Missolonghi und auch westlich vom Leuchtturme Sosti und schließlieh noch in der Sumpfwildnis gegen- über der Insel Petalä. Am 8. März 1597 begannen die Cisticola-Männchen bei Känurion nächst Misso- longhi überall laut zu singen und sichtlich nahm die Paarungszeit ihren Anfang. Als Absonderlichkeit erwähne ich, daß ich einmal bei Aetolikon einen Cistenrohr- sänger für kurze Zeit auf dem Telegraphendraht Fuß fassen sah und Krüper ihn hier sogar in Weizenfeldern antraf. Von weiteren Aufenthaltsorten nenne ich Korfu, wo Lord Lilford diesen Sänger als sehr häufig und ansäßig erwähnt. Hierzu muß ich bemerken, daß sich seit jener Zeit — es sind ja über vierzig Jahre her — die Verhältnisse auf der Insel wohl dadurch wesentlich verändert haben mögen, daß sehr viel Boden inzwischen entwässert und bebaut worden sein muß. Infolgedessen ist dieser Vogel dort sehr selten geworden, denn trotz aller Aufmerksamkeit habe ich ein einziges Stück am 4. Mai 1897 im Sumpfe bei Braganiotika bemerkt, welches Führer auch glücklich herabschoß. Etwas häufiger scheint er heutzutage noch auf Zante zu sein, wo wir ihn im Sumpfe südlich der Hauptstadt sowie im Röhricht unweit der Erdpechquellen von Keri beobachteten und sammelten. Auf dem Peloponnes kamen mehrfach Paare von Cisticola am 16. und 17. April 1597 in den Sümpfen nördlich von Astros sowie am benachbarten Sumpfsee Mustos und schließlich am Rande des Muriäsees bei Katakolo zur Beobachtung. An all diesen Orten zeigte es sich deutlich, daß die Weibchen verhältnismäßig schwieriger zu erbeuten sind als die viel sichtbareren Männchen. Wie schon Savi, meines Wissens zuerst, darauf aufmerksam machte, sind die Geschlechter dadurch sehr leicht kenntlich, daß der Rachen des Männchens kohlschwarz, wie mit Tinte ausgegossen, jener des Weibchens schön gelb gefärbt erscheint. Auch an manchen Orten Attikas gibt es viele Cistenrohrsänger, so nach Linder- mayer die meisten bei Marathon, dann beim See Kumunduros, woher ein von Leonis am 7. Februar 1895 erlegter Vogel stammt, und bei Eleusis, wo vor einigen Jahren sogar ein reinweißes Exemplar erlegt wurde, welches aber leider infolge der Hitze nicht mehr gerettet werden konnte. III. Griechenland. 145 Nach Erhard ist er endlich auch Standvogel auf den Kykladen und nach Lin- dermayer auf Euböa, nach Gould angeblich gemein auf den griechischen Inseln überhaupt. Wie Graf von der Mühle sowohl in seinen „Beiträgen ete.“, als auch in der Sylvienmonographie mitteilt und in der letzteren Arbeit auch durch eine farbige Abbil- dung ersichtlich macht, brachte er aus Griechenland mehrere Belegstücke von Cüsticola mit ganz ungeflecktem, lohbraunem Scheitel mit. Er fügt die Bemerkung hinzu: „Die Zukunft muß entscheiden, ob dieses Kleid einer eigenen Art angehöre.“ Mir ist ein so gefärbter Vogel nirgends untergekommen, doch bemerke ich, daß die Zeichnung des Scheitels äußerst wechselnd ist und zwischen nahezu einfärbig Dunkel- braun bis zu außerordentlich deutlich ausgeprägter gelblicher und schwarzbrauner Strichelung schon unter den vorliegenden neun Vertretern schwankt. Das beutelförmige Kunstnest des Cistenrohrsängers beschreibt Lindermayer; doch ist es in Griechenland nur in ganz vereinzelten Fällen gefunden worden. Nur Krüper ist dies mehrmals gelungen, wobei er auch zwei lautere Eier erlangte, und so- viel ich mich erinnere, steht im Museum von Athen ein sehr schönes Nest samt Gelege, welches von Dr. Nieder in Missolonghi eingesendet wurde. Schließlich erhielt Päßler (Cab. Journ. f. Orn. 1857, S. 115) von Schrader sen. aus Griechenland (wahrscheinlich ebenfalls aus Missolonghi) ein Gelege von fünf Stücken weißer Eier und Heuglin fand in Griechenland weiße Eier mit roten Flecken. Das Nest ist stets in den dichtesten Pflanzenwust eingebaut, wohl immer nur durch Zufall oder längere Beobachtung der Vögel zu entdecken. Da es mir hierzu an Zeit gebrach, war es mir wie meiner Begleitung leider unmöglich, einen solehen präch- tigen Fund zu machen. Nach Krüper brütet der Vogel zweimal, wenn nicht dreimal des Jahres; doch glaube ich, daß auch hierüber in Griechenland genaue Beobachtungen fehlen. Cettia cettii (La Marm.), Cettia sericea Natt. — Cettissänger. Ein durchaus nicht so seltener Standvogel des gesamten Gebietes, wie Linder- mayer glaubte, sondern vielmehr geradezu häufig, wie Graf von der Mühle und Krüper richtig bemerken. Die Nähe des Wassers ist diesem Vogel ein stetes Be- dürfnis. Graf von der Mühle traf ihn besonders oft in den diehtesten Hecken längs der Abzugsgräben, die von den Sümpfen in das Meer führen, während des ganzen Jahres an. Das Aufsteigen längs der Gebirgsbäche bis zu beträchtlicher Höhe ist für Cettia höchst eigentümlich! Krüper und Seebohm fanden einzelne Paare im Parnaß fast bis zur Nadelholzregion, nämlich bis zu 1060 m, und ich kann dies auch von anderen Ge- genden nur bestätigen. Über das Vorkommen auf den Inseln ist nur wenig zu berichten. Lord Lilford traf Cettia einzeln im April auf Korfu und glaubt nicht, daß diese auf der Insel brüten. Ich bin gegenteiliger Ansicht, da ich am 17. April 1894 ziemlich viele im Valle di Ropa und ebenso am 21. April 1894 längs des Mesongibaches beobachtete und hörte. Auch Belegstücke brachte ich von dort mit. Wo aber Cettia noch im April sich aufhält, dort findet man auch sicher ihr Nest; denn nicht einmal im Winter entfernt sie sich allzu weit von ihren Brutplätzen. Von Zante befindet sich ein Stück in der Koll. Mazziari. Euböa bewohnt sie laut Lindermayer und ich habe tatsächlich bei Oreos einige im Juni feststellen können. Dagegen ist weder mir noch Krüper der Vogel jemals auf den Kykladen untergekommen, wo er Erhard zufolge Standvogel sein soll. Reiser, Ornis balcanica. IIl. 10 146 Ornis balcanica. Das griechische Festland bietet dem ÜOettissänger viel mehr und geeignetere Auf- enthaltsorte, in erster Linie wohl zweifellos Akarnanien und Aetolien. Hier fand ich in dem fast undurchdringlichen Diekicht von Cladium, Seirpus, Typha ete. an der Triptolakos- und Markutsalagune den Vogel in zahlloser Menge überwinternd; doch ist er hier wohl ebenso Standvogel wie in der Umgebung von Aetolikon und Missolonghi, an geeigneten Stellen der dortigen Olivenwälder. Weiters vor allem an den Vrachori- seen und in den prächtigen Auen bei Galatas und längs der Phidarismündung, woselbst Simpson seine Aufenthaltsorte so vorzüglich schilderte, und endlich fast in allen Hecken der Sümpfe bei Naupaktos, jedoch auch an den dortigen Gebirgsbächen bis nahe an die Paßhöhe aufsteigend. Zur Winterszeit verhalten sich die Cettissänger ungewöhnlich ruhig, gleichviel ob sie sich im Schilf der Straßengräben oder im diehtesten Rohrwuchs der kleineren Seebuchten herumtreiben; nur auf das sogenannte „Mäuseln“ antworten diese Vögel beim Näherkommen durch das Wirrsal ihrer versteckten Wohnplätze un- unterbrochen mit dem Anfang ihrer ewig gleichbleibenden Strophe, ohne diese mit dem lautschallenden Aufschlag zu beendigen. Durch Graf von der Mühle wurde bekannt, daß die griechischen Hirten den Vogel wegen seines Gesanges nicht leiden können. Sie entnehmen der kurzen, aber lauten Strophe die mehrmalige Wiederholung des türkischen Wortes „tschifut“, mit welchem auf der ganzen Balkanhalbinsel der Jude be- zeichnet wird, und halten sich folglich von dem unschuldigen, nur selten sichtbaren Vöglein dadurch für verspottet. Im Februar konnte ich bemerken, daß sich die Paare zumeist schon zusammengefunden hatten, und anfangs April hatten sie sich an den Brut- plätzen verteilt. In Thessalien traf ich Brutpaare in beschränkter Anzahl Mitte Mai in und bei Velestino, von wo sich auch ein Stück im Universitätsmuseum zu Athen befindet. Nicht minder viele beherbergt der Peloponnes, wo ich als besonders bevorzugte Gegenden aufzählen will: Myli (Lerna), Astros, Lutra Kyllene bei Kap Glarentsa sowie die Ränder der Lagunen von Muriä und Agulinitsa in Elis und von dort in den Seitentälern hoch bis gegen das Plateau von Lala aufsteigend, endlich die Umgebung von Kalamata. Krüper ist der Meinung, daß Cettia regelmäßig zwei Bruten im Jahre großzieht. Dies müßte aber wohl erst noch genau geprüft werden, da vielmehr anzunehmen ist, daß die erste Brut sehr oft zugrunde geht und die Vögel dann allerdings noch zu einer zweiten Brut genötigt werden. Durch das Eierwerk von Baedeker erfahren wir, daß zuerst ein Nest der Cettia in Akarnanien durch Schrader sen. entdeckt wurde. Dann bekam Krüper eines nebst Gelege im Gebiete des Parnaß am 29. April 1866 und am 17. April 1897 fand ich ein im einen Schilfbusch eingebautes Nest mitten im Sumpfsee Mustos bei Astros. Es enthielt erst zwei Eier und wurde mir durch das im Legen begriffene Weibchen verraten, welches zwischen meinen Beinen mit einem zirpenden Angstruf entfloh. Maße der beiden Eier: 15:1 x 141 mm 17:8 x 144 mm Ycg 10 cg Krüper teilte seinerzeit Mommsen mit, daß durch die strenge Kälte des Jänners 1574 eine Menge Cettissänger zugrundegegangen seien. Die Weibchen auch dieses Sängers sind stets ungleich schwieriger zu erlegen als die Männchen. Meine sechs aus Westgriechenland mitgebrachten Bälge sowie die von Krüper gesammelten der Koll. Dresser (Akarnanien 28. November und 2. Dezember 1363) beweisen die große Beständigkeit der Art mit Bezug auf Größe und Gefieder in ganz Südeuropa. III. Griechenland. 147 Pyrophthalma melanocephala («m.) — Schwarzköpfiger Sänger. Bei den Darstellungen des Aufenthaltsortes dieses Sängers scheint mir durchwegs, etwa mit Ausnahme des Grafen von der Mühle, viel zu wenig hervorgehoben worden zu sein, daß P. melanocephala sich nie weit von der Meeresküste entfernt und am liebsten die steinigen, mit immergrünem Strauchwerke bewachsenen Gestade bewohnt. Deshalb ist es ungenau, wenn z. B. in Brehms „Tierleben“ gesagt wird: „In allen Gärten Griechenlands ist er gemein.“ Orte, wie der Hang des Parnaß bei Delphi und namentlich die Gegend am Nordufer des großen Vrachorisees, sind schon die am weitesten gegen das Binnenland zu vorgeschobenen Posten seiner Verbreitung. Daraus ergibt sich von selbst, daß ihm vorzüglich die griechischen Inseln willkommene Aufent- haltsorte bieten, und ich glaube kaum, daß er irgend einer fehlt. Der Genauigkeit halber seien aber hier dennoch alle jene aufgezählt, auf welchen er tatsächlich als Stand- vogel beobachtet worden ist. P. melanocephala bewohnt sehr zahlreich das ganze Jahr über Korfu (Drum- mond), wurde unter anderem auch längs der ganzen Nordküste der Insel beobachtet (Sperling) und ein Nest im Gebüsche des Zitadellefelsens gefunden (Lord Lilford). Im April 1394 und im Jänner 1897 beobachtete ich den reizenden Vogel nament- lich bei Alepu, Braganiotika, dann ganz im Zentrum der Insel, auch unmittelbar nörd- lieh der Hauptstadt und auf Vido sehr oft. Obschon seine Lebensweise eine sehr ver- steckte ist und er gewöhnlich nur auf Momente sichtbar wird, war es doch nicht schwer, an diesen Orten sechs Stücke zu sammeln. Hier bieten ihm insbesondere die Diekungen von Arbutus und Phillyrea die notwendigen Verstecke. Am besten gelingt die Jagd bei windstillem, sonnigem Wetter nach vorhergegange- nem Regen. Dann bewegt sich plötzlich da und dort fast unmerklich ein Zweiglein und aus dem dunkelgrünen Blättermeere taucht der gesuchte Vogel mit seinen juch- tenroten Augenrändern, die so sehr von der tiefschwarzen Kappe abstechen, hervor, trällert auf einer Strauchspitze seine kurze Strophe, um sogleich wieder spurlos in dem undurchdringlichen Unterwuchs zu verschwinden. Am häufigsten auf Korfu scheint mir der Schwarzköpfige Sänger die Umgebung der Lagune von Korissia zu bewohnen, und zwar sowohl die Gebüsche am Rande der Lagune als auch der Düne. Insbesondere bei Tagesanbruch des 25. Juli 1894 wimmelte es in den stark betauten Sträuchern von FPistacia lentiscus daselbst von alten und Jungen Vögeln. Von dem kleinen Paxos befindet sich ein Weibchen, geschossen von Hauptmann J. Polatzek am 24. Juni 1895, im k. k. naturhistorischen Hofmuseum in Wien. Weiters erwähnt Dresser eine briefliche Mitteilung Lord Lilfords, wornach der- selbe P. melanocephala in den Gärten etc. von St. Maura (Leykas), Ithaka und Kephalonia fand. Auf Zante wurde dieser Sänger von Mazziari gesammelt und von mir im Mai 1398 vielfach beobachtet. Geradezu massenhaft kommt er im Buschwerk des Skopos und der Vrachiona bis hoch hinauf, sowie auf der Insel Peluso vor. Er ist ferner nach meinen Beobachtungen, außer dem großen Sturmvogel, der ein- zige Brutvogel der Strophaden, und zwar sowohl auf der größeren als auch der kleinen Insel recht häufig. Auch in allen Teilen von Kythera habe ich ihn angetroffen, namentlich in der Gegend der Langhadaschlucht an der Ostseite. Entschieden falsch ist aber die Angabe Jamesons, daß er hier nur im Sommer zu finden sei; denn er ist überall Standvogel. 10* 148 Ornis baleanica. Ein bei Hag. Pelagion am 22. Juni 1595 erlegtes Männchen hat sehr abgetragene und daher lichtbraun gefärbte Schwungfedern. Für die Kykladen zählt ihn Erhard auf, für Euböa Lindermayer. Speziell auf Naxos fand ihn Krüper nicht selten und beobachtete daselbst die um ihre Brut besorgten Alten, bekam aber weder Eier noch Nester. Ich beobachtete den Vogel süd- lich der Hauptstadt, dann bei Melanes und am Ozya im Gebüsch von Quereus ilex und coccifera und von hier aus gegen die Ostküste (Kap Mutsoma) zu wurde er immer häufiger. Ein bei Leona geschossenes Männchen (21. Mai 1894) ist das kleinwüchsigste von sämtlichen in Griechenland gesammelten Stücken. Einige Paare fand ich auf Evreokastron und sehr viele auf dem östlich von Naxos gelegenen Eiland Makaries. Unter den Sporaden wurde mir das Vorkommen von Skopelos, wo mir am 3. Juni 1894 ein zum Ausfallen bebrütetes Gelege überbracht wurde, von Skyros, woher ein im Herbste 1894 erlegtes Weibchen unserer Sammlung herrührt, und von Psathura bekannt. Auf Psathura scheint sie die einzige ständig verweilende Sylvie zu sein und ich bemerkte daselbst einige Paare mit flüggen Jungen. Die schönsten Beobachtungen an P. melanocephala beim Neste konnten aber Prof. Knotek und ich im Mai 1894 auf der kleinen Insel Hag. Georgios machen, welche zwischen dem attischen Festlande und Salamis liegt und zum Aufenthalte jener be- dauernswerten Reisenden bestimmt ist, welche gezwungen sind, Quarantäne zu halten. Zu diesen gehörte auch Freund Knotek, welcher also reichlich Zeit und Gelegenheit hatte, in jenen langweiligen Tagen seine ganze Aufmerksamkeit der Tierwelt der kleinen Insel zuzuwenden. Hier gibt es außer dem Schwarzköpfigen Sänger ebenfalls keine andere Gras- mückenart, aber dieser zeigt sich auch an der gegenüberliegenden Küste des Festlandes, wo ich zur gleichen Zeit mehrere Paare mit kleinen Jungen fand. Im Anfange war alles Suchen nach einem Neste der vielen anwesenden Brutpaare trotz des verhältnismäßig kleinen Flächenraumes vergeblich und es war klar, daß auch hier bereits die erste Brut zumeist ausgeflogen war (10. Mai 1894). Aber gegen Abend war Knotek so glücklich, ein etwas bebrütetes Gelege von fünf Eiern und tagsdarauf mehrere Nester mit fast flüggen Jungen und zwei lauteren Eiern zu finden. Auch Herr Gustin aus Belgien beteiligte sich an der Suche und brachte ein schön gebautes Nest mit fünf verlassenen und erkalteten Eiern. Die Vögel müssen hier in solchen Jahren, wo die üblen sanitären Verhältnisse der Levante einen zahl- reichen und andauernden Besuch der Insel mit sich bringen, überhaupt vielen Störungen ausgesetzt sein und so kommt es, daß ich bei meinem zweiten Besuche am 22. April 1897 bedeutend wenigere Brutpaare und nur ein einziges Nest mit einem verlassenen Ei antraf. Die Nester stehen hier nur wenige Spannen über dem Boden, entweder im dichten Gezweige von Pistacia lentiseus, oder in dem stinkenden Kleinstrauche Anagyris foetida mit seinen mächtigen Schoten, unter dessen Rinde Knotek bei dieser Gelegenheit das neue Liparthrum St. Georgi (ein Borkenkäfer) entdeckte. Nunmehr auf die Verbreitung an den Küsten des griechischen Festlandes über- gehend, ist es zunächst Attika, wo Krüper die meisten bei Marathon, ich bei Kephissia (9 mit starken Brutfleck!) und namentlich in den ausgedehnten Pistaziendickungen beim kleinen Küstenbade Wuliasmeni antraf. Hier fand ich auch ein Nest am 24. April 1397, welches vier Junge enthielt, die mit großen, schwarzen Federstiften bedeckt waren. Folglich muß die Brutzeit ziemlich zeitlich beginnen. III. Griechenland. 149 Die Nester scheinen zumeist in solche Büsche eingebaut zu werden, welche von unten reichlich mit Gras durchwachsen sind. Sie stehen meist etwa !/;m über dem Boden. Als Beweise, daß in Attika der Schwarzköpfige Sänger an vielen Orten zu finden ist, liegen mir neun Stücke vor, welche Chr. Leonis zwischen dem 10. Oktober 1894 und dem 25. Februar 1395 am Hymettos und Pentelikon, bei Daphni, Skaramanga und Kalyvia sammelte. Gleichwohl müssen die Worte Lindermayers, daß er den Fuß aller griechischen Gebirge bewohnt und im Winter auf die mit Gebüsch bewachsenen Ebenen herabzieht, bedeutend eingeschränkt, beziehentlich verbessert werden. Bei Delphi fand Krüper, wie schon erwähnt wurde, im Mai 1873 ein Nest mit flüggen Jungen und erhielt später von dieser Gegend hier und da auch Eier; doch sind diese dem vielerfahrenen Forscher und Oologen bis in die jüngste Zeit so selten in die Hände gekommen, daß er sie kaum kennen lernte. Weiters wurde der Vogel von uns in der Umgebung von Naupaktos, und zwar sowohl längs des Strandes westwärts als auch taleinwärts gefunden, ebenso in Akarna- nien: bei Känurion, am Fuße des Varassovo bei Krioneri, an den steinigen Lehnen östlich von Aetolikon,!) in den Schluchten daselbst, wo Krüper ihn schon am 28. Mai 1853 beobachtet hat, und in den an den Olivenwald anstoßenden Gebüschen, wo Leonis am 7. und 15. Februar 1902 ein Pärchen sammelte und einsandte. Gleichsam als Fortsetzung der Verbreitung von hier gegen Norden sind die Berg- halden bei Juritsa (am großen Vrachorisee), wo der Vogel sehr häufig ist, und gegen Westen bis zum Kap Skropha anzusehen. An letzterem Orte belebt er den mit Erica arborea und Juniperus macrocarpa dicht bewachsenen Dünenstreifen und ungefähr für dieselbe Gegend gibt ihn nach Dresser auch Lord Lilford an. Von der Verbreitung auf dem Peloponnes vermag ich nur weniges zu berichten, obwohl mit Sicherheit anzunehmen ist, daß er auch hier die Küstenstriche zahlreich besiedelt. In großer Menge z. B. bevölkert er den Ufersaum zwischen dem See von Muriä und dem Meere bei Katakolo. Hier erbeutete Hauptmann Roth am 21. Mai 1893 einen Vogel, welcher eben das Nest verlassen haben mußte und sich jetzt hier im Museum befindet. Sehr viele sah ich am 5. Juni 1893 bei Kalamata und selbst noch ziemlich landeimwärts in Messenien unterhalb des Monastir Wurkano. Außer einem kurzen, nicht weit hörbaren Lockton, den Graf von der Mühle recht bezeichnend „schmatzend“ nennt, ist ihm nur eine kurze, stets gleichbleibende Gesangsstrophe eigentümlich und wenn diese auch vielen als wenig melodisch erscheinen mag, an den einsamen Orten, an denen man sie zu hören bekommt, erscheint sie lieb- lich und angenehm. Bei einem besonderen Schwarzkopfkünstler bei Aetolikon konnte ich sogar einen deutlichen, früher und später nie gehörten Überschlag vernehmen. Betreffs der Lebens- sowie der Nistweise finden sich schon im vorstehenden manche Andeutungen, aber ich kann mir nicht versagen, hier einige Worte des vor- züglich beobachtenden Grafen von der Mühle?) einzuschalten: „Er hält sich vorzugs- weise im niederen Buschwerke der sanfteren Hügel und trockenen Niederungen auf und liebt auch Gärten, besonders solche, deren Umzäunung aus Kaktus besteht, da diese Pflanze sein Lieblingsaufenthalt und ihm zum Aufstellen des Nestchens die angenehmste ist und überdies die feigenähnliche Frucht der Cactus opuntia ihm sowohl, als vielen anderen Sängern zur angenehmen Nahrung dient. So zärtlich gebaut immer dieser !) Santarius fand am 28. April 1894 daselbst durch Beobachtung der alten Vögel zwei im Bau begriffene Nester. 2) Monogr. d. europ. Sylvien, p. 68. 150 Ornis balcanica. Sänger aussieht und obgleich er nur das südlichste Europa bewohnt, verträgt er die zu- weilen ziemlich empfindhehe Kälte der Winter Griechenlands sehr gut und wir beob- achteten ihn oft daselbst zur Weihnachtszeit, wenn wir grimmig frierend auf der Sonnen- seite der bebuschten Hügel auf Waldschnepfen jagten, anscheinend ganz munter in den Myrten-, Salbei- und Weißdorngebüschen sich herumtreiben.“ An dieser lebensvollen Schilderung wäre nur das über den Lieblingsaufenthalt im Kaktus Gesagte zu verbessern und dies ist bereits durch Hansmann (Naumannia VII, S. 425) mit folgenden Worten geschehen: „Graf von der Mühle sagt von ihm, er liebe besonders die Opuntienhecken, in denen er auch sein Nest aufstelle. Aus eigener Er- fahrung kann ich dies nicht bestätigen, indem ich überhaupt niemals einen Vogel sich zwischen diesen Kaktusarten habe aufhalten sehen, deren breite und lange, mit vielen regelmäßigen Stachelbüscheln besetzte Zweige durchaus keinen bequemen Sitzpunkt für irgend ein Geschöpf, höchstens eine Eidechse ausgenommen, gewähren, und noch viel weniger einen Platz zur Anlegung eines Nestes darbieten können.“ Das Nest selbst ist jenem der Dorngrasmücke so sehr ähnlich, daß eine nähere Beschreibung wohl kaum nötig erscheint. Infolge der frühen Lexezeit des ersten Satzes halte ich es für sehr möglich, daß, wie dies Graf von der Mühle angibt, auch eine zweite Brut stattfindet. Auch darin stimme ich mit dem Genannten überein, daß die Weibchen bedeutend schwerer zu er- legen sind als die Männchen, denn jene halten sich fortwährend im dichtesten Gezweige unweit des Bodens auf und kommen fast nie dem Beobachter zu Gesicht. Die Färbung der Iris ist dunkelbraun und nicht hellgelb, wie dies Dresser nach Angabe von Dr. Krüper mitteilt. Die Eier des Schwarzköpfigen Sängers sind bisher größtenteils aus Spanien in die verschiedensten Sammlungen gelangt und aus dem reichen Materiale von dort wissen wir, daß es neben der gewöhnlichen grünen Form auch eine selten auftretende rote gibt, welche meines Wissens bisher in Griechenland noch nicht gefunden wurde. Aber nicht allein durch dieses Auftreten der beiden komplementären Farben, sondern auch im Gesamteindruck erinnern diese Eier, abgesehen von ihrer geringeren Größe, sehr an jene der Dorngrasmücke; doch ist der Mehrzahl derselben ein etwas bräunlicherer Ton eigentümlich und die aschgrauen Schalenflecken zeigen bei ihnen mehr Neigung zur Kranzbildung als bei Sylvia sylvia. Maße und Gewicht dieser Eier: a) ein einzelnes, gesammelt von Krüper im Gebiete des Parnaß am 16. Mai 1877, mit sehr gleichmäßig verteilter Oberflächenzeichnung: 19:3 x 14 mm 12 cgq b), «), d) einzelne Stücke von Hag. Georgios (siehe oben): L. 168 16:8 17 mm Br. 12:6 12:6 13:1 mm Gew. 9 3 OWrcQ) e) Gelege 5 Stück von ebendaher, mit deutlich ausgeprägtem Kranz: L. 1793 1678) 17 16°5 16:4 mm Br. 13:6 13:5 13x 13 12:5 mm Gew. 9 I 8 8:5 cQ; III. Griechenland. 151 Bezüglich der Nahrung dieser Sylvie ist es natürlich zweifellos, daß sie aus ver- schiedenen Insekten bestehen muß; aber ich glaube, es herrscht noch viel zu wenig Kenntnis, welche Tiere es tatsächlich sind, die ihre Hauptnahrung bilden. Wenn man berücksichtigt, daß z. B. auf den Strophaden sämtliche insektenfressenden Vögel, welche dorthin verschlagen werden, wegen Mangel an jeglicher Nahrung elend zugrunde gehen müssen, die Brutpaare von P. melanocephala aber ganz munter sich selbst und ihre Nachkommenschaft zu ernähren imstande sind, so führt dies auf den Gedanken, daß diese Vögel die Fähigkeit besitzen müssen, winzig kleine Organismen, vielleicht noch außerdem durch Mimikrismus geschützte Rindenläuse der mediterranen Sträucher, wahr- zunehmen und durch sie ihren Lebensunterhalt zu decken. Leider habe ich es ver- säumt, damals auf den Strophaden Kropf- und Mageninhalt von erlegten Stücken auf- zubewahren und später einem Fachmanne zur Bestimmung einzusenden; aber ich möchte hiermit eindringlichst aufmerksam machen, daß dies gewiß nicht ohne Interesse bezüg- lich der Ernährungsfrage wäre. Schon der Umstand, daß in der Regel an den Auf- enthaltsorten der P. melanocephala keine anderen Grasmücken, höchstens manchesmal noch P. subalpina zusammen vorkommt, deutet darauf hin, daß auch die Nahrung eine ganz besondere sein mag. Ich habe versucht, die Nahrungsreste von dalmatinischen Samtköpfen, zur gleichen Jahreszeit erlegt, untersuchen zu lassen, doch war das Ergebnis zur Beantwortung der vorliegenden Frage völlig bedeutungslos, da es sich herausstellte, daß der Speisezettel der dortigen Vögel ein durchaus reichlicherer und andersartiger ist als auf den Strophaden. Bevor es daher nicht gelingt, von dort Untersuchungsstoff zu erlangen, kann über den Gegenstand nichts weiter festgestellt werden. Zusatz. Dr. A. Lindermayer beschrieb in seiner ersten Arbeit („Isis“ 1843, Spalte 23 u. 24) eine neue Grasmücke unter dem Namen Sylvia ochrogenion auf Grund eines einzigen Belegstückes vom Hymettos bei Athen. Nach ihm bestand der Unter- schied zwischen dieser und P. melanocephala in einem schwarzgrauen, allmählich in die Farbe des Rückens übergehenden Kopfgefieder, einem schwefelgelben Fleck am Kinn und in einem anderen Verhältnis der Schwung- und Steuerfedern, da die fünfte Schwinge am längsten, die dritte und vierte gleich lang, die zweite kürzer als die siebente sein sollte und der Schwanz deshalb, weil die erste Feder kürzer, die mittleren länger seien, mehr gestaffelt aussähe als bei P. melanocephala. Die Type sollte sich im Museum von Athen befinden. Ein Jahr später enthält die kritische Arbeit von Tobias in den „Abhandl. d. Görlitzer Gesellschaft“ die Bemerkung: „Scheint eine gute Art zu sein!“ Nichtsdestoweniger verneint dies Graf von der Mühle im Nachtrage zur „Monogr. d. europ. Sylvien“, $.138, indem er in der Beschreibung Lindermayers nichts weiter als die des Weibchens von P. melanocephala zu erkennen glaubt und die Färbung des Kinnes auf Gelbfärbung durch den Genuß der Früchte von Cactus opuntia zurückführt. Hierauf erwiderte Lindermayer sowohl in seiner Hauptarbeit als auch noch aus- führlicher im „Korrespondenz-Blatt des zoolog.-mineralog. Vereins in Regensburg“, Jahrg. XIII, 1859, S. 132 folgendermaßen: „Sylvia ochrogenia Lindermayer. In meiner Abhandlung ‚Vögel Griechenlands‘ habe ich diese Sylvia beschrieben; da ich aber durch Zusendung von weiteren Exem- plaren, Nestern und Eiern die Echtheit und Selbständigkeit dieser Art nicht dartun konnte, weil selbst das einzige Exemplar, das ich besaß, zugrunde ging, so muß ich es hinnehmen, daß diese von mir aufgestellte Art einstweilen noch der Anerkennung harrt. Bis jetzt ist es mir nicht gelungen, diese Sylvia wieder zu finden, gewiß bei weitem weniger aus dem Grunde, weil der Vogel nicht oder höchst selten existiert, sondern 152 Ornis baleanica. gewiß nur aus dem, weil Jäger von Profession an so kleinen Jagdgegenständen keinen Gefallen finden und ich selbst seit vielen Jahren keime Zeit mehr darauf verwenden kann. Die Ornithologen haben gegen diese meine Art eingewendet: ‚daß meine Sylvia ochrogenia wahrscheinlich das Weibchen von Sylvia melanocephala sei‘ — dagegen habe ich aber zu bemerken, daß ich die Artunterscheidungsmerkmale nicht von der gelben Färbung der Kehle hergenommen habe, sondern von den Verhältnissen der Schwung- und Schwanzfedern, die wesentlich verschieden sind von denen der Sylvia melanocephala, gleichgültig ob Männchen oder Weibchen. „Der gelbe Fleck spielt eine sehr untergeordnete Rolle in der Beschreibung des Gefieders und wenn Graf von der Mühle glaubt, daß der Fleck an der Kehle dieses Vogels daher kommen könne, daß derselbe von den Früchten der Cactus opuntia ge- nossen haben möge, so muß ich dagegen bemerken, daß die Früchte des Caetus opuntia purpurfarben sind und einen Saft enthalten, der die schönste Purpurfarbe ent- hält. Würde die Sylvia an dieser Frucht genascht haben, so müßte Schnabel, Stirne und Hals nicht bloß diese Färbung zeigen, sondern, da der Saft sehr diek ist, von demselben die Federn verkleistert und verklebt sein.t) Überdies habe ich diesen Vogel nicht bloß geschossen, sondern auch vielfach als Balg in den Händen gehabt, ehe ich mich entschloß, denselben zu beschreiben und als neue Art aufzustellen, bei welchen Mani- pulationen wohl ein paar gefärbte Federn den forschenden Augen nicht entgangen wären. „Die Akten über diesen Vogel sind demnach nicht geschlossen.“ Da nun die Type zu S. ochrogenion leider nicht mehr vorhanden ist, so läßt sich eben nichts mehr mit der Art anfangen und es ist mir nicht verständlich, wie Thiene- mann im Kataloge am Schlusse seines großen Werkes anführen konnte, daß er aus Griechenland Nester und Eier von 8. ochrogenion erhalten habe. Ich möchte mir aber zum Schlusse die Bemerkung erlauben, daß bei P. melano- cephala manchmal einige Individuen das erste Gefieder, in welchem die beiden Ge- schlechter äußerlich nicht zu unterscheiden sind, mindestens bis zum Beginne des zweiten Jahres, also zur Zeit, wenn sie das erste Mal zur Fortpflanzung schreiten, beibehalten. So erleste Santarius am 4. Mai 1894 auf einem Bergrücken unweit Aetolikon em Pyrophthalma-Paar, bei welchem das Männchen vom Weibchen nicht zu unterscheiden war, mit einem Schusse. Das Weibchen hatte einen deutlichen Brutfleck und das Männchen stark geschwollene Testikeln. Wenn nun auch die plastischen Verhältnisse dieser zwei Vögel nicht genau auf S. ochrogenion stimmten, so erinnerte, abgesehen von der bei ochrogenion sicherlich nur akzessorisch gefärbten Kehle, manches an jene verschollene Sylvie. Leider hatten auch wir mit unserer Beute ein Unglück. In Athen zerriß ein junger, von Naxos mitge- brachter Steinmarder beim Spielen den Balg des Weibchens vollständig, vom Männchen den Kopf, so daß ich gegenwärtig fast jedes Beleges für die oben mitgeteilte inter- essante Angelegenheit schmerzlichst entbehre. Pyrophthalma rüppelli (Tem.) — küppellssänger. (Siehe Tafel III, Eier.) Zu den Grasmücken mit nacktem, wulstigem Augenringe, welche ich unter der Genusbezeichnung P’yrophthalma vereinige, gehört auch der Masken- oder küppellssänger, !) Es kann aber ganz gut angenommen werden, daß jene Gelbfärbung durch irgend einen andern Pflanzensaft hervorgerufen wurde. O. Reiser. III. Griechenland. 155 eine der hübschesten und vor allem die ureigenste Sylvie Griechenlands. Meine folgen- den Ausführungen sollen dartun, daß die Verbreitung im Gebiete durchaus keine allzu beschränkte ist und daß die Art sicherlich oft übersehen wurde. Nur das Vorkommen auf den Inseln erscheint mir unglaubwürdig. Am ehesten mag P. rüppelli noch auf Euböa, wo Lindermayer den Vogel vermerkte, zu finden sein, aber die Angabe Erhards, wonach er Brutvogel der Kykladen wäre, bestreite ich geradezu. Alle jene Schriftsteller, welche das Vöglein als in Griechenland vorkommend ent- weder ohne weiteren Zusatz oder als regelmäßigen Zugvogel oder gar nur als zufällige Erscheinung erwähnen, seien hier nur kurz angeführt. Es sind dies: Temminck, Thienemann („Rhea“, S. 107), Chr. L. Brehm („Vogelfang“, und zwar zweimal, S. 228 als Curruca guttata in Griechenland und S. 229 als Cur. Rüppelli in Südgriechenland), Degland, Dubois, Fritsch, Rey und v. Heldreich. Genaue Angaben über Ankunft, Legezeit und Wegzug verdanken wir wiederum Dr. Krüper, welcher übrigens den Mittelpunkt der Verbreitung nach Kleinasien ver- legt. Nach seinen Aufschreibungen langten die ersten an: 1863: am 26. März | 18571: am 24. März 1364: Don | olzEe 228 ” Lindermayer blieb seinerzeit (Regensburg, Korr.-Blatt 1859, S. 128) hartnäckig dabei, daß S. rüppelli in der Zeit vom 15. bis 18. Mai ankäme. Also ein Fehler von nahezu zwei Monaten! Die Brutzeit beginnt um die Mitte April: 15864: am 7. April, Gelege von fünf Eiern 1872: 16. erst drei Eier im Neste. „ ” Meistens legen die Paare wohl viel später und ich bin im Zweifel, ob die ge- nannten Tage der Legezeit nicht vielleicht für den Mai gelten sollten, da es kaum glaublich erscheint, daß ein in der letzten Woche des März anlangender Zugvogel schon am T., beziehungsweise 17. April vollständige Gelege haben sollte. Am Hymettos, in derselben Gegend, woher das einzige d' der Sammlung im Museum zu Athen, geschossen am 10. April 1359, stammt, traf ich am 11. Mai 1894 in dem durch Viehverbiß sehr verdichteten Steinlinden- (Phillyrea) Gebüsch zwei Paare, von welchen Santarius das eine erlegte. Auch das Nest fanden wir, aber es war leider noch leer und bei der Sektion ergab sich, daß das Weibchen in 1—2 Tagen das erste Ei gelegt hätte. Vom 7. bis 29. August 1871 erlegte Krüper die wegziehenden Jungen. 1860 kannte Krüper die Eier noch nicht und er erzählte die Erlegung des ersten Rüppellssängers im Taygetos im Cab. Journ. f. Orn. 1861, S. 279 folgendermaßen: „Auch diesen Sänger habe ich im Laufe dieses Sommers kennen gelernt; es wird jetzt meine Aufgabe sein, auch das Brutgeschäft, welches noch von keinem Örnithologen bekannt gemacht worden ist, näher kennen zu lernen. Mitte Mai erlegte ich bei Sotirianika, in einem wasserlosen Bache, dessen Seiten mit Gebüsch und Felsen versehen waren, ein Männchen, welches im Äußeren der Sylvia melanocephala ähnlich war, jedoch eine schön schwarze Kehle hatte. Da das Exemplar am Kopfe etwas beschädigt war, wurde es von Herrn Schrader leider nicht präpariert. Ein zweites Exemplar erhielten wir nicht. Der Lockton ist dem der S. melanocephala ähnlich. Durch den Leibarzt Dr. Lindermayer wurde ich hier belehrt, daß der getötete Vogel wirklich die Sylvia 154 Ornis balcaniea. Rüppelli ist. Schon bei Beginn des Studiums der griechischen Vögel war dem Dr. Lin- dermayer diese Sylvia in die Hände gekommen, von ‘der er mir eine Abbildung zeigte; da er den Vogel damals nicht bestimmen konnte, so hielt er ihn für unbe- schrieben und nannte ihn S. melandiros. Durch die Ornithologen in Deutschland wurde ihm später die richtige systematische Bestimmung mitgeteilt.“ ’) Graf von der Mühle traf ihn ebenfalls nur einmal auf dem Peloponnes in einer felsigen Schlucht an, wo er ihn von einem dürren Zweige herabschoß. Das Belegstück schenkte Graf von der Mühle dem zoologischen Verein in Regensburg („Korr.-Blatt“ 1854, S. 148). Auch er hebt in der „Monogr. d. europ. Sylvien“ hervor, daß Griechen- land das einzige Land in Europa sei, wo S. rüppelli den Sommer verbringt, daß aber das Fortpflanzungsgeschäft bis Mitte der Fünfzigerjahre von niemandem mit Gewißheit beobachtet wurde. Ich war so glücklich, gerade auf dem Peloponnes den interessanten Vogel an mehreren Steilen beobachten und auch erlegen zu können. Nicht nur in Messenien und Lakonien, sondern sogar in der Umgebung von Tripolis (Tripolitsa) in Arkadien, dessen Klima verhältnismäßig rauh ist, begegneten wir dem Rüppellssänger. Hier trieben sich am 20. April 1897 im Gebüsche des Karstes mehrere herum und ein ©’ wurde auch erbeutet, während ein altes 9 hier von Langhadis am 31. Juli 1895 zustande gebracht wurde. Ferner gab es ganz beson- ders viele an der westlichen Lehne des berühmten Berges Ithome. Die Jungen waren am 6. Juni eben flügge geworden und die alten Vögel bemühten sich sehr um sie. In kurzer Zeit hatten Wutte und ich drei schöne Männchen und eines der Jungen er- beutet. Einen weiteren jungen Vogel erlegte zwei Tage darauf St. Strimmeneas un- weit Kalamata am Wege nach der Langhadaschlucht. Es waren dort ebenfalls mehrere Paare vorhanden und zuletzt stellte ich am Ausgange der genannten Schlucht in Lako- nien das Vorkommen genau fest. Bei meinem ersten Besuche Griechenlands habe ich den Rüppellssänger außer am Hymettos auch in den Macchien der westlichen Geröllhalden des Varassovo in Akarnanien am 25. April 1894 beobachtet. Mein Entzücken war damals groß, als ich geraume Zeit ein nestbauendes Paar ganz nahe betrachten konnte. Bewegung und Gesang erinnern wie gesagt sofort an P. melanocephala, aber das Männchen mit seinem tiefschwarzen Kehlfleck und den von der Schnabelecke auslaufenden, weithin weiß leuchtenden Streifen, gewährt zwischen dem sattgrünen Blätterwerke einen ganz prächtigen Anblick. Als dann zum Schlusse die Flinte ihre Schuldigkeit tun mußte, entkam das Weibchen, wie gewöhnlich, und nur das C’ wanderte in meine Jagdtasche. Es ist viel leichter, fünf Männchen als ein Weibchen von diesem Vogel zu erwischen. Auch Lindermayer bekam anfänglich lauter Männchen, von welchen (um 1845) mehrere an Schlegel gelangten, nur ein Weibehen sandte er, als altes Männchen von Sylvia sylvia bezeichnet, an Landbeck, damals zu Klingenbad. Damit wurde viel Unheil angestiftet; denn Landbeck, durch die falsche Ge- schlechtsbestimmung irregeleitet, glaubte eine neue Sylvie erhalten zu haben, die er 1549 im V. Jahrg., 2. Heft, der Württembergischen naturwissenschaftlichen Jahres- hefte, 8. 255— 256 als Sylvia guttata ausführlich beschrieb (abgedruckt bei Linder- mayer, S. 107—109) und auf einer beigegebenen netten Tafel eigenhändig zeichnete und malte. !) Dies geschah aber schon vor 1842, da in seiner ersten Arbeit schon die $. rüppelli beschrie- ben wird. III. Griechenland. 155 Einige Jahre später machte Landbeck von dieser Entdeckung Mitteilung an E. F. v. Homeyer („Orn. Briefe“, S. 145), welcher, ohne die Abbildung gesehen zu haben, in einer Fußnote seiner Vermutung, daß es sich um 8. röppelli handeln dürfte, toP] Ausdruck gab. Freilich, auf das von Lindermayer bestimmt versprochene Weibchen der Sylvia guttata wartete Landbeck vergeblich! Bezüglich der verschiedenen Abbildungen von Pyrophthalma rüppelli wäre zu be- merken, daß bei sämtlichen, welche mir zu Gesicht kamen, der charakteristische nackte, rotbraune Augenring, der bei trockenen Bälgen freilich beinahe gänzlich verschwin- det, fehlt. Die beste Abbildung des alten Männchens ist zweifellos jene auf Tafel 19, im 4. Heft der I. Abteilung des „Atlas zur Reise im nördlichen Afrika von E. Rüppell“, welches von Cretzschmar 1827 ausgegeben wurde. Daselbst wird auf S. 30 bereits auf die erste Beschreibung und Abbildung eines Belegstückes vom Roten Meere durch Temminck im 42. livrais. der pl. col., planche 245, fig. 1 hingewiesen. Leider enthält die genannte, 1327 erschienene Tafel auch einen groben Irrtum, indem ein zweites daselbst abgebildetes, offenbar jüngeres Männchen, als Weibchen bezeichnet ist. Sehr fehlerhaft sind die Abbildungen auf Taf. 66 im vol. I von Dubois’ „Ois. de l’Europe“ (1868), jene des Weibchens (mit schwarzbrauner Kopfplatte!) sogar geradezu falsch, allein die Farbe der Füße, im Leben ein dunkles Rötlichgelb, ist hier am rich- tigsten wiedergegeben. Die 1874 angefertigte Tafel in Dressers Prachtwerk enthält die Abbildung von Männchen, Weibchen und jungem Vogel und ist entschieden gut gezeichnet. Jedoch vermisse ich auch hier den schönen Augenring, ferner eine nur einigermaßen richtige Färbung der Ständer (olivengrün statt rötlichgelb!) und der Wirklichkeit entsprechende Farbenabstufung beim Weibchen, welches entschieden am besten von Landbeck (als Sylvia guttata) festgehalten wurde. Die Abbildung des © bei Fritsch, Taf. 21, ist vorzüglich, aber leider wie immer in diesem Werke zu klein. Die jungen, wenige Wochen alten Vögel sind in diesem ihrem Jugendkleide schon schwer von gleichalten der S. sylvia, noch schwieriger von solchen der Pyrophthalma melanocephala zu unterscheiden. Es scheint mir, daß bei P. rüöppelli die Färbung des Scheitels im Gegensatze zu jenem von Nacken und Rücken eine dunklere ist als bei den anderen Arten. Von den alten Weibehen unterscheiden sie sich leicht durch graubräunliche Fär- bung der Brust und durch den Mangel der dem Kopfgefieder beigemengten schwarzen Tropfenzeichnung. Wie schon im vorigen angedeutet, hatte man bis in die neueste Zeit keine richtige Vorstellung von dem Brutgeschäfte und dem Aussehen der Eier dieses Sängers. Zwar hatte schon vor langen Jahren Lindermayer angebliche Eier von P. räppelli nach Deutschland gesendet, und zwar vor 1547 an den zoologisch-mineralogischen Verein in Regensburg, dann drei Stück an den zoologischen Verein in Passau (s. II. Jahresber. 1858 mit der vielsagenden Bemerkung: „von Dr. Lindermayer beschrieben“!), end- lich mehrfache Sendungen an Thienemann sen. Allein Baldamus setzte 1858 in der „Naumannia* VIII (1853) der Mitteilung, daß diese Eier aus Griechenland bekannt wurden, sogleich ein Fragezeichen bei. Eine Reihe von Nestern und Gelegen, welche Lindermayer an Thienemann gesandt hatte, erkannte dieser als dem Grünling (Chloris chloris) angehörig und nur 156 Ornis balcaniea. ein einziges Gelege von drei Stück hielt er doch für echt; allein nicht nur die Abbil- dung des einen verdächtigen, sondern die der sämtlichen drei wiedergegebenen Stücke auf Taf. XXII lassen erkennen, daß es sich hier unmöglich um P. räppelli handeln kann. Dazu kommt dann noch das Selbstbekenntnis Lindermayers im Regensburger Korr.-Blatt 1859, 8. 129: „Ob die (bei Thienemann abgebildeten) Eier wirklich von Sylvia Rüppelli stammen, ist auch für mich, der ich sie unter diesem Namen einge- sendet habe, noch ein ungelöstes Rätsel. Meine Jäger brachten ein Nest, Eier und Vogel mit der Behauptung, daß Nest und Eier diesem Vogel gehören, und da das Nest und die Eier von den mir bisher bekannten und bestimmten abweichen, so nahm ich das für wahr an, was ich nicht widerlegen konnte.“ Seltsamerweise sind aber auch in dem bekannten und nur mit wenigen Fehlern behafteten Werke von Baedecker, Päßler u. Brehm auf Tafel 51, Fig. 13 statt der richtigen Eier zwei solche von Sylvia sylvia abgebildet, so daß ich mich genötigt sah, zwei echte, von Krüper gesammelte Eier abbilden zu lassen, zumal solche auch heute noch sehr vielen der größeren Eiersammlungen fehlen. Zu meinem großen Leidwesen vermag ich aber die Maße der beiden abgebildeten Stücke hier nicht mehr anzugeben, da sie durch einen tückischen Zufall nach durch- geführter Abbildung Mäusen zum Opfer fielen. Beide Eier waren von Dr. Krüper bei Chasiä nördlich von Athen gesammelt worden und stammen von verschiedenen Ge- legen her. So wie der Vogel selbst, stehen auch die Eier bezüglich ihrer Färbung jenen von P. melanocephala am nächsten. Die dunkle, olivenbraune Zeichnung bedeckt aber die Oberfläche so gleichmäßig und so dicht, daß man die Eier zuerst für solche von Aero- cephalus schoenobaenus oder aquaticus halten möchte. Da aber hier Maß und Gewicht der richtigen, meines Wissens bisher noch nicht abgebildeten Eier nicht fehlen dürfen, bleibt mir nichts übrig, als drei einzelne Stücke aus der Umgebung von Smyrna im folgenden zu behandeln: L. 18:9 18:7 15 mm Bis. alaleil 141 14:1 mm Gew. 12 105 1Ozeq Ein viertes Ei von derselben Gegend in Dressers Sammlung mißt: 19 X 15 mm. Bezüglich des Schnabels wäre zu bemerken, daß er stets wenig, aber doch merk- lich nach abwärts gekrümmt ist. Die hintere Hälfte des Unterschnabels ist horngelb- lich, alle übrigen Teile des Schnabels tiefschwarz gefärbt. Die Maße der im Museum befindlichen Vertreter aus Griechenland sind folgende: Ganze Länge Flügel Schwanz Schnabel ı Tarsus mımı nm mm mm mm d', Varassovogebirge | 150 70 66 1 90:5 25. April 1894 | | [6% 133 66 61 11:5 20 | am Elymettos Ex 11. April 1894 E Q 145 68 62 12:5 20:5 III. Griechenland. 157 | e | Ganze Länge Flügel Schwanz Schnabel Tarsus mm MM MM mim mm 2 bei 144 69 u ee 64 12 21 31. Juli 1595 Tripolis | d in | T BT 20. April 1897 | Arkadien | 149 In ! & 147 67 60 12 20:5 Berg Ithome \ j a in > e Ö Messenien 145 69 66 12-5 21 6. Juni 1895 | — re | (re [6% 151 To 65 12 21 Pyrophthalma subalpina (Bon.) — Weißbärtiger Sänger. Im Gegensatze zu P. melanocephala haben wir es bei P. subalpina, einem der reizendsten Bewohner der griechischen Maechienvegetation, mit einem echten Zugvogel zu tun, welcher seine Brutorte allerdings schon früh im Jahre wieder aufsucht. Als Ankunftszeiten sind festgehalten worden: 1857: 24. März, Leuchtturm auf Sta. Maura (Levkas) . . . . nach Lord Lilford ol ee AnoleBarnaßrebiet nn u un. 2, 4DreRvuper: 1865: 26. März, n ER ee a EEE RAND n 1866: 26. März, A a RE a EEE n 18564:830>MarzBAtukaneh wel. Mel. el. rel: 5 a (1874: 12. Apr, „ - N ER rue ie ) 1597: 28. März, westlich von Nermalsan ee BO): Baer en schon mehrere in den Sträuchern Eos Hügelkette nördlich von der Stadt. Lindermayer behauptet (vom Grafen von der Mühle wiederholt!), daß die An- kunft auf Grund von 25jährigen Beobachtungen in Athen schon viel früber, nämlich in der Zeit vom 14. bis 16. März unseres Kalenders erfolge. Erst 1850 lernte er diese Grasmücke als Brutvogel der Gärten von Athen kennen (handschriftliche Notiz), ist aber der Einzige, welcher den Rückzug im August und das letzte Stück am 1. Sep- tember beobachtete. Tatsache ist, daß einzelne Stücke, namentlich alte Männchen, oft schon viel früher als der Haupttrupp erscheinen. Ein solcher „Vorläufer“ des eigentlichen Zuges wurde bei Athen schon am 6. März 1868 und ein anderer, mir vorliegender, von Chr. Leonis am 5. März 1895 bei Daphni erlest. Über das Vorkommen auf den Inseln wäre folgendes zu bemerken. Ich erinnere mich bestimmt, während meines Aufenthaltes auf Korfu im Frühling diese Grasmücke in dem dichten immergrünen Strauchwerk der Hügel nach einem Regengusse gesehen zu haben, doch fehlen mir darüber nähere Aufzeichnungen. Von Zante sah ich ein Belegstück in Athen in der Kollektion Mazziari. 158 Ornis balcanica. Für Euböa verzeichnet sie Lindermayer und auf Naxos traf sie Krüper nicht selten und auch brütend, namentlich in den höheren Regionen, von wo er Eier erhielt. Ich sah daselbst im Juni die meisten m der Umgebung von Chalki und ebenso auch hoch am Ozya im Dickicht von (Quercus ilex und coceifera. Auch auf dem kleinen Evreokastron bei Paros wurde sie von Krüper festgestellt. In der Umgebung von Athen fand ich sie als Brutvogel besonders bei Kephissia und am Hymettos, doch waren hier weniger Paare sichtbar als vom Orpheus-Sänger. Im westlichen Griechenland, und zwar im Strauchwerke der Schutthalden des Varassovo und des Zygos bei Aetolikon, dem alten Originalstandorte Krüpers, habe ich P. sub- alpina mehrfach beobachtet und geschossen, ebenso auch in dem mit Unterholz be- wachsenen Teile des Olivenwaldes bei Missolonghi. Besonders häufig war diese zierliche Grasmücke an der Lehne nördlich von Juritsa am Nordrande des großen Vrachorisees. Santarius fand dort am 2. Mai 1894 ein fertiges Nest, das aber noch keine Eier ent- hielt. Am selben Tage wurden aus der großen Klissura auch schon ein, am folgenden Tage zwei vollzählige Gelege zu fünf Stück herbeigebracht. Ein noch früheres Datum gibt Krüper bekannt, welcher am 20. April 1872 ein Fünfergelege fand, während der späteste Zeitpunkt für ein solches aus dem Parnaß- gebiete, woher die meisten der von ihm versendeten Eier stammen, der 18. Mai 1891 ist. Die Eier sind an ihrer Größe und gedrungenen Gestalt leicht zu erkennen. Die grauen, feinen Schalenflecken fehlen denselben ebensowenig wie jenen von Sylvia sylvia. Die Fleckung, sei sie rötlich oder ins Braungraue ziehend, ist stets sehr zart, oft locu- stella-artig; nur ein sehr abweichend gezeichnetes Gelege von fünf Stücken fand ich bei Dr. Krüper, welcher sich gar nicht getraute, es dieser Sylvie zuzuschreiben; doch besitze ich annähernd ähnliche Eier von P. subalpina aus der Herzegowina. Sämtliche Zeichnungen auf der Oberfläche sind nämlich zu derben Klecksen vergrößert, so daß die Eier grob aschgrau und olivenbraun gefleckt erscheinen. Maß und Gewicht von neun griechischen Eiern aus ebensovielen Gelegen: is 171 17 17 ak 165 16:37 71631 15:8 mm Br. 12:3 132 13:6 13:5 132 13:2 1341 13:1 12:5 mm Gew. 58 8 9 9 10 9 6) 3 U] Bei den neun, aus verschiedenen Landesteilen herrührenden griechischen P. sub- alpina verschiedensten Alters und Geschlechtes, vermag ich keinen Unterschied von herzegowinischen Stücken wahrzunehmen. Interessant ist ein von mir bei Missolonghi am 4. April 1397 gesammeltes, genau untersuchtes, sehr altes Weibchen, welches auf der Unterseite, wenigstens andeutungsweise, die Rotfärbung der Männchen zeigt. Chr. L. Brehm („Vogelfang“, S. 229) ist der Meinung, daß die griechische Weißbart-Grasmücke infolge ihrer beträchtlicheren Größe von der westeuropäischen zu trennen sei, und benannte sie Curruca leucopogon — ein Vorgang, dem meines Wissens bislang noch niemand beigestimmt hat. Sylvia orphea jerdoni (Blyth) — Östliche Sängergrasmücke. (Siehe Tafel III, Eier.) Zu Beginn der ornithologischen Erforschung des Landes war die Kunde über die- sen hervorragenden Singvogel äußerst dürftig und mangelhaft. Zwar fehlte es nicht an allgemeinen kurzen Bemerkungen über das mehr oder weniger häufige Vorkommen auf dem Festlande und den griechischen Inseln bei Naumann (1822), Gloger, II. Griechenland. 159 Dubois, Brehm, Päßler u. Baedecker (im Eierwerk), Fritsch und in Brehms „Tierleben“, allen gerade die Ergebnisse der in Griechenland selbst beobachtenden Autoren können durchaus nicht befriedigen. So erlegte Graf von der Mühle nur ein einziges Stück und erwähnte noch 1856 in der Sylvienmonographie, daß sie in Griechen- land nur einzeln und wahrscheinlich nur durchziehend bemerkt wurde. Die Angaben Lindermayers sind durchwegs gänzlich falsch, so daß sie am besten gar nicht berück- sichtigt werden (als Beispiel: 1855: „auf Euböa“, 1859: „auf den Inseln gar nicht“). Erst Dr. Krüper war es vorbehalten, über Lebensweise und Verbreitung in Griechenland während seiner vielen Reisen Klarheit zu schaffen, und es scheint mir von Wert, die Ergebnisse seiner diesbezüglichen Wahrnehmungen, die in Cab. Journ. f. Orn. 1861, S. 276—279 niedergelegt wurden, hier nochmals im Wortlaute folgen zu lassen: „Am 9. Mai 1858 fand ich die ersten Spuren vom Vorhandensein dieses Sängers, nämlich ein Nest mit fünf Eiern; es befand sich ®/, Stunden von Missolungi in einer gebüschreichen Gegend in einem Ginsterbusche in Mannshöhe. Das vorsichtige Weib- chen entfloh mehrmals vom Neste so zeitlich, daß ich es nicht erlegen konnte. Wegen Einbruch der Nacht nahm ich nur Nest und Eier mit, welche ich nach Deutschland mitbrachte. Vom Männchen vernahm ich keinen Laut. , „Am 21. Mai machte ich mit Dr. Nieder eine Exkursion, um an einem Felsen die Nester der Hirundo rufula zu finden. Da wir keinen Fußsteig dorthin kannten, stiegen wir die Vorberge hinauf und kamen dabei in dichtes Gebüsch. Ein lauter Ge- sang bewegt mich zum Stillstehen und Zuhören: Nachtigallentöne waren es zum Teile, jedoch von keiner Nachtigall gesungen; harte Knarrtöne eines Rohrsängers und hell flötender Gesang der Drossel folgten durcheinander. Mein Begleiter wußte mir über den Konzertgeber keine Auskunft zu erteilen. Unser mühsames Vorschreiten entzog uns dem Sänger, dessen Töne eben so lange in meinem Ohre nachklingen werden wie die einer Nachtigall, Sylvia philomela, welcher ich in der hellen Mitternacht vom 28. zum 29. Mai 1857 in dem südlichen Teile der Insel Gothland bei Oeja lauschte. „Während des Sommers 1858 blieb ich ohne allen Aufschluß über jenen Sänger. 1859 machte ich an eben jenem Felsen nähere Bekanntschaft mit demselben Vogel; aus den benachbarten Gebüschen erschallte sein lauter, schöner Gesang; sobald ich mich der Stelle näherte, hörte ich den Gesang von einer anderen Stelle; der Vogel entkam jedesmal ungesehen. Daß es eine Drosselart sein könnte, wurde durch ein einmaliges Anblicken eines kleinen Vogels beseitigt; es blieben mir jetzt keine anderen Vögel als die große Anzahl der Sylvien übrig zur Vermutung; endlich gelang es mir, den Sänger in einem Gebüsche zu überraschen und seine schwarze Kopfplatte zu sehen. Meine jetzige Vermutung fiel auf Sylvia Rüppellii Tem., da ich dem Orpheus kein Sängertalent zuschrieb. Im Sommer 1859 bekam ich am Parnaß wieder Eier von S. orphea, ohne zu alınen, daß meine eingebildete 5. Rüppellii derselbe Vogel sei. „Am 3. April d. J. hörte ich am Parnaß, zwischen Velitsa und Dadi, den Gesang der soeben angekommenen, noch nicht scheuen Männchen dieses Sängers und war so glücklich, zwei Männchen zu erlegen, von denen ich das beste Exemplar präparieren wollte, allen es ging auf der Fußtour zugrunde. Während des Sommers 1860 hatte ich im südlichen Teile des Peloponnes oftmals Gelegenheit, diesen Vogel zu beobachten. Bei dem Dorfe Sotirianika, drei Stunden von Kalamata, war er nicht zu selten; bei jeder Exkursion hörte ich seinen Gesang und machte meinen Begleiter, Herrn Schra- der, aufmerksam, der auch am 15. Mai das erste Männchen erlegte, welches uns be- kannt war. Am 17. d. M. erlegte ich ein anderes Männchen und war so glücklich, hoch oben in einem wilden Birnbaume ein Nest mit fünf Eiern zu entdecken, welche ich für 160 Ornis balcanica. die der S. orphea hielt. Herrn Schrader wollte es mehrmals nicht gelingen, das Weibchen, welches schon lange gebrütet hatte, im Abfliegen zu erlegen; am 18. d.M. schoß ich das abgeflogene Weibchen, welches wir dem schönen Sänger zugehörig erkannten. Später schoß und zerschoß ich noch einige Männchen und Weibchen, welche ich, den Eiern nach zu urteilen, für S8. orphea hielt, was Herr Schrader durchaus nicht zugeben wollte. Nach den Untersuchungen, die ich hier kürzlich mit dem Leibarzt Dr. Lindermayer angestellt habe, ist es wirklich orphea. Ich muß ge- stehen, daß kein Gesang der griechischen Vögel mich so sehr anspricht wie der von S. orphea, obgleich ich das melancholische Stimmennachbilden der S. galactodes nicht verachte. Nach meinen bisherigen Beobachtungen baut 8. orphea Ende April sein Nest nicht versteckt, sondern leicht sichtbar in den Spitzen der Büsche und auf den Zweigen der Bäume. Ob sie auch in Mauer- und Baumlöchern ihr Nest anlegt, wie man behauptet hat, weiß ich nicht;!) daß sie in der Nähe der Häuser, mitten in den Dörfern brütet, davon will ich ein Beispiel anführen. In Sotirianika wurde ich mehrmals in meiner Wohnung, die auf einem steilen Felsen am Bache lag, durch den Angstruf einer Sylvia zum Ausschauen genötigt; ich sah dann gewöhnlich nur den Ruhestörer, eine Katze zwischen dichten, undurchdringlichen Cactus-Büschen umher- schleichen und die Flucht ergreifen; den Vogel, der dort sein Nest angelegt hatte, konnte ich anfangs nicht erblicken; später erlegte ich das Paar S. orphea. Die drei mir vorliegenden Nester sind gleich groß und aus denselben Materialien gebaut: die äußere Seite besteht aus verschiedenen groben Pflanzenstengeln, die nach dem Innern des Nestes hin feiner werden und dort mit Pflanzenwolle gemischt sind. Die Nester sind ziemlich diekwandig und nicht so lose zusammengelegt wie die der anderen Sylvien. Die Eier sind bekannt und untereinander selten abweichend. „Das Weibehen scheint allein das Brutgeschäft zu übernehmen, während welchem das Männchen nicht in der Nähe, sondern in bedeutender Entfernung vom Neste seine Liebeslieder singt. Am Taygetos habe ich das Männchen nicht oder nur selten in den Gebüschen singen gehört; am liebsten saß es auf einem der höheren Zweige eines Oliven- oder Birnbaumes. Während des Gesanges kann man diesem Sänger am leichtesten nahe kommen, man muß jedoch jedesmal nach Beendigung des Gesanges stillstehen. Glaubt er sich sicher, so sitzt er eine Viertelstunde lang oder länger auf derselben Stelle, was ihn vor den anderen so beweglichen Sylvien — mit Ausnahme der $. galac- todes — auszeichnet. In solcher betrachtender Ruhe trifft man den Orpheus wohl nur selten an; ist er einmal aufgescheucht, so ist er ebenso flüchtig und unruhig als seine Verwandten. Das Männchen des am 183. Mai geschossenen Weibchens ließ sich am 17. und 18. Mai nirgends hören, so daß ich vermutete, daß ich es am ersten Tage über eine Viertelstunde vom Neste entfernt erlegt hätte; am 19. d. M. nachmittags besuchte ich wiederum dieselbe Gegend und war nicht wenig überrascht, jetzt das lockende und klagende Männchen von Baum zu Baum fliegen zu sehen; es wurde auch meine Beute.“ Durch Krüper erfahren wir auch Näheres betreffs Ankunft und Abzug von S. orphea im Gebiete, sowie deren Legezeit. Beides ist recht verschieden je nach der Höhenlage des gewählten Sommeraufenthaltsortes, wie das auch meine eigenen Beob- achtungen bestätigen; schwankt aber auch an einer und derselben Örtlichkeit in geradezu auffälliger Weise. Wie Seebohm betont, dessen Erfahrungen teilweise schon von Dresser ver- öffentlicht wurden, gehört diese Grasmücke zu den ersten Ankömmlingen der den ') Dies ist natürlich niemals der Fall. ©. Reiser. III. Griechenland. 161 Sommer über verweilenden Brutvögel, da sie in der ersten Hälfte April erscheint. Krüper vermerkte die Ankunft: in Akarnanien . . . 1860 am 3. April ım@Barnalsebieirse sr 21869, ll, n n ee. 800, male, a ANHIREN 0 aka er Der Wegzug findet ihm zufolge im August statt. Die Legezeit beginnt um Ende April, nur selten früher. Seebohm bekam zwischen dem 3. und 31. Mai 1873 im Gebiete des Parnaß, wo der Vogel sehr häufig ist, 13 Nester mit Eiern. Die folgenden Daten sollen zeigen, daß 8. orphea über ganz Griechenland und die Inseln verbreitet ist. Auf Korfu beobachtete ich am 19. April 1894 einige Paare in den Oliven- pflanzungen unweit der Hauptstadt, am 21. April bei Hag. Deka und erlegte an beiden Orten Belegstücke. Wiederholt hörte ich weiters ihren prachtvollen Gesang in der Ge- gend von Braganiotika am 4. Mai 1897 und bestreite daher entschieden die Ansicht Lord Lilfords, daß sie auf der Insel bestimmt nicht häufig sei. Das gartenreiche Zante beherbergt die Sängergrasmücke ebenfalls. Am Fuße des Skopos konnte ich am 7. Mai 1898 ihrer mehrere feststellen. Unter den Inseln des Ägäischen Meeres muß sie recht häufig auf Skopelos sein, denn es wurden dort für mich noch Ende Mai viele, zum Teile noch unbebrütete Ge- lege gesammelt; ferner auf Naxos, wo sie namentlich die Olivengärten von Tragäa und in geringerer Anzahl jene von Melanes belebt. Von hier, und zwar aus den Gärten und von gebüschreichen Stellen, erhielt Dr. Krüper seit 1860 die Eier nicht selten und ergänzte durch diese Mitteilung in Cab. Journ. f. Orn. das Verzeichnis der Erhard- schen Brutvögel der Kykladen. In Akarnanien traf ich den Orpheus-Sänger am 1. Mai an seinem Brutplatz in der großen Klissura, in Attika vorzüglich an drei Stellen. In dem dichten See- strandkiefernwalde am Hymettos gab es sehr viele nistende Paare. Die Nester stan- den in den Sträuchern des Unterwuchses und die Weibchen begannen am 11. Mai 1894 eben mit dem Eierlegen. Zur selben Zeit begegnete ich vielen im Pinus halepensis- Walde westlich vom Piräus an der Meeresstraße von Salamis und fand ein Nest mit fünf bebrüteten Eiern, welches in Brusthöhe in einen Pistazienbusch eingebaut war. In der Umgebung von Kephissia endlich, wo es noch heutzutage viele gibt, beobachtete ich ein am 13. April 1897 bereits flott singendes Männchen, fand am 26. April 1897 ein fertiges, aber noch unbelegtes Nest und am 13. Mai 1894 eines mit ziemlich großen, schwärzlichen Jungen, etwa 4m hoch auf einem Olivenbaume. Die Nester sehen einander stets ähnlich und passen völlig auf die von Thiene- mann 1854 gegebene Beschreibung: 3°/, Zoll breit, 1!/, Zoll hoch, inwendig 2 Zoll weit und 1!/, Zoll tief, bestehend aus Gnaphalium und anderen dürren Pflanzenstengeln, die mit verschiedenen zarten Pflanzenfasern, welche auch die innere Ausfütterung aus- machen, verbunden sind. Nicht minder häufig ist $. orphea im Bereiche des Peloponnes. Im östlichen Teile zeigte sie sich namentlich in Gärten am unteren Laufe des Tanos, aber selbst das kühle Klima der Gegend von Tripolis (Tripolitsa) hinderte sie nicht, sich dort an- zusiedeln, wie ich mich am 20. April 1897 überzeugte. Weiters gab es in Messenien die meisten bei Pylos und an der westlichen Lehne des Ithomeberges, darunter ein Paar mit nahezu flüggen Jungen am 6. Juni 1398. Reiser, Ornis balcanica. II. 11 162 Ornis balcanica, Endlich trachtete in der Maina, im Ölwalde bei Potamiä, am 17. Juni 1898 eine futterbringende Orpheus-Grasmücke mich von ihrem flugunfähigen, auf dem Boden hockenden Jungen dadurch fortzulocken, daß sie, ähnlich wie dies bei den Hühnern vorkommt, auf der glatten Bodenfläche mit gesenkten Flügeln, dabei stark klagend, dahinlief und sich überhaupt wie wahnsinnig gebärdete. Was die systematische Stellung dieses Vogels anbelangt, so muß ich bemerken, daß ich nicht nur infolge der äußerst zutreffenden Kennzeichnung der Eier griechischer und westeuropäischer Herkunft durch Baldamus („Naumannia“ III, S. 424), sondern auch durch das Vergleichen der Eier aus den genannten Ländern, selbst schon längst die feste Meinung hegte, daß es zwei gut unterscheidbare Formen, nämlich eine west- liche und eine östliche, geben müsse. Diese Ansicht äußerte ich unumwunden den Herren Kollibay und Dresser bei ihrem Aufenthalte in Sarajevo im April, beziehungsweise Juni 1902. Herr Dresser meinte sogleich, daß es sich dann bezüglich des östlichen Vogels nur um die Form jerdoni (Blyth) handeln könne, deren Vorkommen von Palästina bis Indien festgestellt sei. Kollibay hat nun ebenfalls im Journ. f. On. 1904, S. 115 sich dahin entschieden, daß auch die dalmatinischen Orpheus-Sänger zu jerdoni gehören und dasjenige, was für die dalmatinischen Vertreter Geltung hat, besitzt solche auch für griechische, welche durch Gesamtgröße, Schnabel und Färbung der Unterseite sich genügend von spani- schen unterscheiden. Korfu Attika . Messenien Naxos P F [of 2 [6% Q el ac 2 [0% mm mm MM mm MM Mm mm mm Ganze Länge 152 147 153 154 160 159 157 156 Flügel. . . 79 U 1:5 76 79 16 un 77 Schwanz . . 68 68 68 69 al 70 69 69 Schnabel . . 13 13 14 15 15 14 14 15 Marsus: 2. 20 il 22 215 22 22:5 22 22 Die Irisfärbung ist bei alten Vögeln stets hellgelb. Obwohl vom östlichen Orpheus-Sänger sowohl Vogel als Eier gerade in der letzten Zeit eingehend behandelt wurden, sei doch bezüglich der Eier auf Grund des reichen vorliegenden Materiales aus Griechenland kurz hervorgehoben, daß sie größer und glänzender sind als die der westeuropäischen Form und daß die Tönung eine gänzlich andere ist. Brandflecken und Typus der Eier der Zaungrasmücke fehlen vollständig. Eigentümlich ist die Fleckung in drei Farben: aschgrau, grüngrau und braungrau. Die Grundfarbe ist im frischen Zustande entschieden grünlich, im getrockneten nahezu weiß. Eines der Eier, welche sich im allgemeinen durchaus ähnlich sehen, hat nur eine un- deutliche und einförmige Zeichnung, die sehr an jene von Mot. alba erinnert. Das weitere geht aus folgender Übersicht hervor: Insel Naxos, Gelege 4 Stück: Insel Skopelos, Gelege 4 Stück: I ie 20:9 22:9 20:3 mm 20:1 19:7 197 13:9 mm Br..,0.15:4 15:1 14:9 15:5 mm 1577 15:3 1kapıl 14:5 mm Gew. 14 14 13:5 140g 14 13:5 15 115 eg III. Griechenland. 163 14 einzelne Eier aus je einem Gelege: Skopelos: Attika: Ti 20 13 mm 20:6 20:5 19:9 19:8 194 mm Br. 52 156 14mm 165 148 15 157 146 mm Gew. 15 15 13 eg ? 13:5 15 16 14 eg Parnaßgebiet: Naxos: 792220:2 20:1 19:6 194 18:4 mm 19:3 mm Br. 15 152 154 152 144mm 153 mm Gew. 15 135 12:5 14 13 cg 145 eg Sylvia atricapilla L. — Schwarzköpfige Grasmücke. Gehört zu den seltensten Brutvögeln des Gebietes, muß aber, da sie in großer Zahl daselbst überwintert, den Standvögeln beigezählt werden, obwohl der größte Teil auf dem Durehzuge im April ins Land kommt. Als Winteraufenthaltsorte nennt Lindermayer die Olivenwälder, Gebüsche auf Feldern und Rainen bis in die Schluchten und Vorberge hinein. Zur Brutzeit verläßt sie nach seinen und Krüpers Wahrnehmungen die Ebenen und zieht in die höheren Berge hinauf. Auf dem Peloponnes traf Graf von der Mühle sie anfangs nur am Herbstzuge und erlegte Stücke, deren Kehle vom Genusse der Opuntienfrüchte dauernd gelb gefärbt war; später machte er in der Sylvienmonographie den Zusatz, daß S. atricapilla in einigen Teilen Griechenlands als Brutvogel auftritt. Auf sämtlichen Inseln, vielleicht Euböa (Lindermayer) ausgenommen, ist sie bloß Durchzügler, so auf Skyros (Herbst), auf den Kykladen (Erhard), auf Kythera (Jameson, im Frühjahre), Zante (Koll. Mazziari). Als sicher überwinternd kann ich sie für Korfu aufführen, da ich sie am 13. Jänner 1897 daselbst unter überschwemmtem Strauchwerke am Meeresufer (Bucht von Govino) sowie namentlich am Rande des dortigen Süßwassertümpels mehrfach fest- gestellt habe. Drummond beobachtete sie hier und auf den Jonischen Inseln über- haupt in großer Zahl auf dem Frühjahrszuge vom 20. März angefangen. In Akarnanien begegneten wir ebenfalls im Februar 1897 mehrmals überwintern- den Schwarzplättchen, und zwar im Dünenwäldchen von Tholi bei Kap Skropha und besonders im Olivenwalde bei Missolonghi, wo auch zwei erlegt wurden und woselbst sich emige sogar noch am 4. April zeigten. Baron Schilling sah und erlegte mehrere bei Monastir Angelokastron von Ende November 1898 bis Jänner 1899, doch ist jedenfalls die Beobachtung des Kollektor Santarius am interessantesten, welcher deutlich ein Paar am 283. April 1894 auf der Höhe des Zygosgebirges bei Aetolikon, also wahrscheinlich am Brutplatze feststellte. Erst in den letzten Jahrzehnten gelang es Krüper, ein paar Gelege vom Parnaß zu erhalten. Zwei Eier normaler Färbung und Fleckung von dort messen: L. 19:4 £ 19 mm Br. 14 13:9 mm Gew. 10 10 eg 11* 164 Ornis baleanica. Hieraus geht aber weiters hervor, daß die Bemerkung in Brehms „Tierleben“: „erscheint in Griechenland nur auf dem Zuge“, abgeändert werden sollte. Nach Krüper stellt sich 8. atricapilla Ende Juli und August, wenn die Feigen reif werden, in Mengen auf den Feigenbäumen ein (von Heldreich kopiert!) und in den Wintermonaten sieht man sie zahlreich in den dichtbelaubten Pfefferbäumen in Athen umherzanken. Zehn Stücke der hiesigen Sammlung wurden zwischen dem 27. September und 25. Februar in der Umgebung von Athen gesammelt, während eines des Universitäts- museums daselbst vom Taygetos (September) stammt und vom selben Gebirge ein Paar durch Merlin sen. an das Britische Museum in London gelangte. In Größe und Tracht gleichen die griechischen Vögel vollkommen jenen aus dem übrigen Europa. Nur zwei Männchen meiner Balgserie zeigen den hübschen Übergang der braunen zur schwarzen Kopfplatte. Sylvia curruca (L.) — Zaungrasmücke. Niemals und nirgends habe ich während meines Aufenthaltes in Griechenland diese kleine Grasmücke beobachten können und da sie sich während der Brutzeit bekannt- lich leicht durch ihren eintönigen Gesang verrät, muß ich annehmen, daß tatsächlich nur wenige Paare über den Sommer dort verweilen. Graf von der Mühle und Er- hard trafen sie einzeln am Herbstzuge auf dem Peloponnes und auf den Kykladen, Lindermayer dagegen auch am Frühjahrsdurchzuge. Viel häufiger beobachtete sie Dr. Krüper und dieser bezeichnet Ende März als Zeit ihres Eintreffens. Baron Schilling traf bei Patras am 24. März 1899 die erste. Die wenigen Paare, welche sich in Griechenland fortpflanzen, eilen nach der An- kunft im Frühling sogleich nach ihren Brutplätzen ins Bereich der Nadelhölzer in den höheren Gebirgen, woselbst sie Ende April, anfangs oder sogar erst Mitte Mai, wie im Jahre 1873, zu legen beginnen. Krüper sammelte 1861 ein Gelege von drei Eiern am Veluchi für das Museum der Universität in Athen, ein zweites mit vier Stück am 30. April 1866 am Parnaß und ein drittes, welches mir vorliegt und aus drei Stücken besteht, ebendaselbst am 20. Mai 1888. Uber die Zeit des Herbstdurchzuges ist nichts bekannt, doch wurde eine von den drei im Athener Museum aufbewahrten Zaungrasmücken am Taygetos am 18. August 1860 geschossen und Lord Lilford erlegte die einzige von ihm überhaupt wahrgenom- mene auf Korfu im September 1857. Wenn Graf von der Mühle bemerkt: „Scheint, wenn überhaupt, nur sehr ver- einzelt zu überwintern“, so ist dies ganz richtig, denn ein solches Vorkommnis ist bisher nicht bekannt geworden. Bezüglich des Unterschiedes der dortigen 8. curruca von der mitteleuropäischen erwähnt Chr. L. Brehm in einem Briefe an E. F. Homeyer vom 25. September 1847 („Orn. Briefe“, S. 66): „Es wird Sie interessieren, wenn ich Ihnen sage, daß ich eine neue Sylvia, eigentlich Curruca, unserem Müllerchen ähnlich, aber halb so groß aus Griechenland erhalten habe.“ Später wird von Brehm im „Vogelfang“, 8. 225 diese Angabe auf das richtige Maß zurückgeführt und dem griechischen Vogel auch ein Name beigelegt: „Curruca obscura Linderm. et Brehm, kleiner als die deutsche Zaun- grasmücke, mit äußerst zartem Schnabel.“ Tatsache ist nun, daß sowohl die im Museum zu Athen befindlichen Stücke, als auch ein vorliegendes Männchen, welches St. Strimmeneas am 24. August 1895 nächst III. Griechenland. 165 Agoriani am Parnaß erlegte und einsandte, in allen Teilen schwächer erscheint als typische Vögel, wie dies die Maße bezeugen. Auch die Eier sind etwas kleiner. Meiner Ansicht nach müßte aber zur Aufstellung einer klimatischen Abart, um die es sich nur handeln kann, vorerst mehr Materiale abgewartet werden. Maße vom Vogel und den Eiern im Durchschnitt: Ganze Länge: 127 mm, Flügel: 62 mm, Schwanz: 53 mm, Schnabel: 3 mm, Tarsus: 17 mm. 17:93 X 127 mm 8 eg Sylvia sylvia (L.), Sylvia einerea Lath. — Dorngrasmücke. Sie ist im ganzen Lande eine sehr häufige Erscheinung, und zwar als Zug- und Brutvogel. Es ist daher schwer begreiflich, warum ein Teil der über Griechenland schreibenden Ornithologen sie gänzlich mit Stillschweigen übergeht oder sehr unzuläng- liche Angaben über diese so leicht zu beobachtende Grasmücke macht. So vermerkte sie Jameson für Kythera bloß im Frühling. Nach Drummond und Lord Lilford kommt sie nach Korfu anfangs April, brütet und wurde gelegentlich auch im September und Oktober daselbst beobachtet. Graf von der Mühle behauptet, sie nur auf dem Durchzuge im Herbste, und zwar gar nicht häufig gesehen zu haben, woraus hervorgeht, daß er diesen überall häufigen Sommervogel mit irgend einer anderen Sylvie verwechselt haben muß. Auch die Ver- antwortung für die Bemerkung in seiner „Monogr. der europ. Sylvien“, daß die Dorn- grasmücke in nicht unbeträchtlicher Zahl in Griechenland überwintert, muß ich aus- schließlich ihm überlassen; denn eine derartige Beobachtung hat weder früher noch später irgend jemand gemacht. Abgesehen von v. Heldreich, der Wiederholungen bringt, erfahren wir nur von Lindermayer in seiner letzten Arbeit und von Krüper Bemerkenswerteres über diesen Vogel. Nach dem ersteren kommt 8. sylvia gegen Ende März in Attika und auf Euböa ziemlich häufig an, verweilt über den Sommer, brütet in etwas höher gelegenen Gegen- den und zieht in September wieder fort. Gleich häufig nennt sie Dr. Krüper, und zwar sowohl in den Ebenen als auch im Gebirge, wo er sie vielfach brütend fand und zahlreiche Eier versendete. Die An- kunft erfolgt zusammen mit mehreren anderen Sängerarten Ende März, und zwar wurde die erste von ihm beobachtet: am 3. April 1860 in Akarnanien 12. „ 1874 „ Attika il 1597 „ Akarnanien (Vrachorisee) von Führer. ” ” ” Die Brutzeit der Dorngrasmücke fällt in Griechenland ziemlich spät. Ein einziges Gelege unter einer großen Zahl in Attika, im Parnaß und Peloponnes gesammelter, fand Krüper, am 29. April 1866, alle anderen im Mai und selbst noch in der ersten Hälfte Juni. Sie maßen durchschnittlich 17:7 X 14:4 mm bei 11—12 eg Gewicht. Auf eine Beschreibung der allbekannten Eier kann ich verzichten und erwähne nur eines Geleges (Parnaß, 11. Juni 1892), welches die sämtlichen Farbentöne außer- ordentlich grell gehalten zeigt, und zwar ist die Grundfarbe etwas dunkler als gewöhn- lich und ebenso die ölbraunen Ober- als die grauen Schalenflecke — ein wahrhaft süd- liches Farbenspiel. 166 Ornis balcanica. Schließlich möchte ich aber doch noch jene Örtlichkeiten aufzählen, wo ich wäh- rend der Monate April und Mai die Dorngrasmücke mehr oder minder häufig beob- achtet habe. Korfu: Überall ziemlich häufig und Brutvogel; die meisten um Braganiotika, daselbst auch am 25. Juli 1894, und Mesongi. Zante: Am Fuße des Skopos, weniger auf der Vrachiona. Strophaden: und zwar auf beiden Inseln noch Mitte Mai auf dem Durchzuge recht häufig. Akarnanien: Sowohl im Gebüsch der Küste als im Sumpfwalde nahe der Phidaris- mündung, als auch am Abhange des Varassovo, hier am 26. April 1894 nest- tragend, dann im Olivenwalde bei Aetolikon und sehr häufig im Gebüsch an den Vrachoriseen. Mittelgriechenland: Hänge im mittleren Mornostale und in etwa 1800 m Höhe auf der Kiona, in fast kahler Gegend (14. Juli 1894). Attika: Bei Wuliasmeni zusammen mit Pyrophthalma melanocephala im Gebüsch von Pistacia lentiscus, wahrscheinlich noch am Zuge. Thessalien: In und um Velestino. Nördliche Sporaden: Jura, im Steineichenwalde auf dem Rücken der Insel und hier ohne Zweifel auch brütend. Peloponnes: Astros, mitten im Sumpfsee Mustos, bei Tripolis, in großer Menge im Ufergebüsch der Lagune Muriä bei Pyrgos und im Walde Kapellis bei Lala, ebenso endlich am Fuße des Ithomeberges in Messenien. Hieraus ist ersichtlich, daß sie gleichmäßig über alle Landesteile verbreitet ist. Das Brustgefieder der griechischen Dorngrasmücke hat ebensoviele Abstufungen des Rosarötlichen als in nördlicheren Gegenden aufzuweisen, wie dies sieben Belegstücke von dort bezeugen. Besonders lebhaft rostig auf der Oberseite ist das Exemplar von der Kiona, während die meiste Rostfarbe im Flügel ein Durchzügler vom 27. Sep- tember 1894 — ein sehr spätes Datum aus der Umgebung von Athen zeigt. End- lich besitzt ein auf Naxos, bei Chalki erbeuteter, eben flügger Vogel eine ganz merk- würdige Färbung der Kehle, der Brust und Bauchseiten, nämlich rußgraubraun, so daß ich ihn anfänglich für ein Junges von P. melanocephala hielt; doch verraten die bereits rostigen Kanten der Schwungfedern deutlich die Zugehörigkeit zu S. sylvia. Sylvia hortensis Bechst. — Gartengrasmücke. Über das Vorkommen dieser Art herrschte ursprünglich große Meinungsverschie- denheit. Während Thienemann wissen wollte, daß sie nicht einmal auf dem Zuge in Griechenland erscheine, behauptete dagegen Lindermayer zuversichtlich, daß sie einerseits in den wasserreichen Gärten der nördlichen Landesteile und Euböas über- wintere und andererseits sogar Stand- und Brutvogel an bebuschten Mühlbächen Attikas und der Gegend von Livadhiä (Parnaß) sei. Beides ist falsch; denn Krüpers langjährige Beobachtungen, welchen ich durch- aus beipflichten muß, stellen fest, daß S. hortensis in Griechenland nur ein Passatvogel ist, der nirgends brütet und schwerlich überwintert wie S. atricapilla. Er beobachtete sie im August sehr häufig auf den Feigen- und Terpentinbäumen (soll wohl richtig heißen Terebinthen!), doch befindet sich im Athener Museum ein noch am 26. Sep- II. Griechenland. 167 tember 1360 am Taygetos erbeutetes Stück. Die Auffassung Krüpers wird später auch geteilt von v. Heldreich, A. Brehm und Seebohm. Über das Erscheinen auf den griechischen Inseln ist wenig bekannt. Ob Jame- son unter Sylvia vulgaris im Frühling auf Kythera die Gartengrasmücke meinte, bleibt zweifelhaft und wenn Sperling angibt, daß sie ebenfalls im Frühling sich auf Korfu zeige, so wäre dies allerdings möglich; doch ist es verdächtig, daß er die dort so häufige S. sylvia überhaupt unerwähnt läßt. Dagegen sah Professor W. Marshall (Lindner, in Orn. Monatschrift XXIV, 1399, S. 74) einst daselbst im Herbste eine Anzahl getöteter und zum Verspeisen bestimmter Gartengrasmücken, über deren aus- schließliche Fruchtnahrung er von dem Vogelfänger belehrt wurde. Auch hierin zeigt sich deutlich der italienische Einfluß betreffs Vogelfanges auf Korfu. Mir ist S. hortensis in Griechenland dagegen nur im Mai auf dem Zuge begegnet, und zwar befanden sich ihrer ziemlich viele unter den Opfern auf den Strophaden Mitte Mai 1893 und auch noch kümmerlich lebende gab es am 14. Mai an den Gebüschrändern der größeren, eine einzelne am 17. Mai auf der kleineren Insel. Diese Gartengrasmücken von den Strophaden zeigen ebensowenig als ein Pärchen, welches Knotek und ich am 11. und 13. Mai 1894 bei Kephissia und am Hange des Hymettos sammelten, irgendwelche Abweichungen von Stücken aus Mitteleuropa, wo sich ja gerade ihre Brutheimat befindet. 4Aecentor modularis (L.) — Heckenbraunelle. Meine eigenen Beobachtungen sind recht spärlich, denn ich habe die Hecken- braunelle bloß auf Korfu, wo sie nach Lord Lilford im Winter sehr häufig ist, selbst beobachtet, und zwar am 18. Jänner 1897 im Strauchwerke der Hänge an der Bucht von Govino, wo es viele gab, und am 20. desselben Monates im Gesträuch am Rande der Lagune von Korissia. Außer einem am erstgenannten Orte erbeuteten Weibchen liegen mir noch ein zweites Weibchen, geschossen von St. Strimmeneas am 18. No- vember 1896 bei Karnalia am Karlasee in Thessalien, und ein Männchen, von Leonis am 17. Dezember 1894 im Gebirge von Skaramanga in Attika zustande gebracht, vor. Es sind in Tracht und Größe mit den mitteleuropäischen übereinstimmende Vögel, welche offenbar hier im Süden den Winter zubrachten. Ihre Aufenthaltsorte in der Winter- herberge bezeichnet treffend Lindermayer: „Sie bewohnt die bebuschten Vorberge, aus denen Wasserrisse hervorquellen, welche mit Brombeergesträuchern bewachsen sind.“ Das Museum in Athen besitzt Stücke aus der Winterszeit von Attika und drei von Zante, von Mazziari in den Vierzigerjahren eingesendet. Auf Zante beobachtete auch Kronprinz Rudolf eine Heckenbraunelle am Fuße des Skopos am 14. Februar 1881 auf den Blättern einer Opuntia. Schließlich liegen noch zwei Beobachtungen aus Akarnanien vor, wo Dr. Krüper am 25. Jänner 1861 zwei Stücke im Olivenwalde bei Aetolikon verfolgte und Baron Schilling am 18. Dezember 1898 ein Stück und am 20. Dezember zwei Stücke beim Monastir Angelokastron beobachtete. Aus all dem geht hervor, daß die Heckenbraunelle in Griechenland bloß überwintert, indem sie sich nach Krüper hier etwa von Oktober und November bis Februar und März aufhält. Accentor (alpinus) collaris subalpinus Brehm — Südliche Alpenbraunelle. v. Tschusi-Sehmidhoffen hat (Orn. Monatsber. 1901, S. 131) darauf aufmerksam gemacht, daß die Alpenbraunellen der Balkanhalbinsel sich durch die graue Färbung 168 Ornis balcanica. der ganzen Oberseite und der Kopfpartie, ohne bräunlichen Anflug, von jenen der Alpen unterscheiden. Dies trifft nun selbstverständlich auch für Griechenland zu, woselbst der Vogel die Kämme der höchsten Gebirge bewohnt. Zuerst erhielt Graf von der Mühle ein Stück vom Veluchi zugeschickt und be- obachtete die Art am Taygetos. Ich will gleich an dieser Stelle hinzufügen, daß ich bestätigen kann, daß die Alpenbraunelle in der Hochregion dieses Gebirges die häufigste und eigentümlichste Erscheinung der dortigen Vogelwelt ist. Am 15. Juni 1898 erlegte ich mit meinen Begleitern an den Schneefeldern unweit Hag. Elias drei alte Vögel, die eifrig Futter suchten. Wahrscheinlich bewohnt der Vogel auch die anderen, höheren Gebirgszüge des Peloponnes, doch liegt mir bloß vom Chelmos ein von Chr. Leonis am 30. Mai 1599 erbeuteter ganz junger Vogel vor. In den Gebirgen der nördlichen Landesteile sowie auch Euböas zählt Linder- mayer Accentor collaris zu den Stand- und Brutvögeln, nennt aber dabei keine ge- nauere Örtlichkeit. Ebenso ist es leider unbekannt geblieben, wo die von ihm erwähnten Nester mit Eiern und Jungen gefunden wurden und wohin diese Kostbarkeiten gekom- men sind. Krüper bemerkt ausdrücklich: die Brutzeit dürfte erst Ende Mai oder im Juni beginnen; indes liegen noch keine direkten Beobachtungen vor! Über das Vorkommen in den Gebirgen Mittelgriechenlands kann ich einige An- gaben liefern. Am 15. Juli 1894 flog eine Alpenbraunelle von der schön erhaltenen Gipfelpyramide der Kiona (2512 m) ab und später fielen uns während der Kammwanderung zwei zur Beute. Aber auch beim Abstieg gegen Dremisa am folgenden Tage gewahrten wir in den Geröllhalden der obersten Gebirgsteile ziemlich viele Paare mit függen Jungen. Am 18. Juli stellte ich dann diese Vögel allenthalben in den Hochlagen der Var- dusia (Korax), und zwar besonders an den steil abstürzenden Wänden und im obersten Schuttkar dieses Gebirges zusammen mit anderen hochalpinen Vogelarten fest. Von hier nahm ich ebenfalls zwei Stücke mit. Die Anwesenheit im Parnaß berührt Krüper: „Wenn die Gebirge ganz mit Schnee bedeckt sind, wird die Alpenbraunelle gezwungen, etwas tiefer herunterzugehen, kommt jedoch wohl nie bis in die Ebene. Oberhalb Arachova am Parnaß traf ich sie öfters an, aber nur einmal bei dem tiefer liegenden Delphi. Man nennt sie am Parnaß den Schneevogel.“ Einen ihrer Winteraufenthaltsorte lernte auch ich kennen, nämlich das Varassovo- gebirge in Akarnanien. Hier wurden diese Vögel im Laufe des Februar an den tiefer gelegenen Felspartien nächst Kryoneri hier und da gesehen und am 16. Februar da- selbst von Santarius sogar ein Flug von einem Dutzend Stücken beobachtet. Eine einzelne wurde geschossen, blieb aber leider auf einem unersteiglichen Felsabsatz liegen; hingegen war St. Strimmeneas so glücklich, dort ein Exemplar zu erbeuten. Zweifellos reicht die Verbreitung dieser Braunelle von Griechenland geschlossen nordwärts bis zu den Gebirgen Bosniens, Serbiens und Bulgariens. Troglodytes troglodytes (L.), Troglodytes parvulus Koch — Zaunkönig. Wir erfahren durch Lindermayer, Graf von der Mühle und Krüper, daß der Zaunkönig allenthalben in ganz Griechenland (inklusive Euböa) Standvogel ist, in den III. Griechenland. 169 Waldungen Mittelgriechenlands sowie in den anderen höheren Gebirgen brütet und im Winter häufiger gesehen wird, weil er dann die Ebenen und die Gärten der Städte und Dörfer bewohnt. Drummond beobachtete ihn auf Korfu nicht sehr häufig, behauptet aber, daß er daselbst das ganze Jahr verbleibt. Schade, daß er keine näheren Ortsangaben macht, da der Zaunkönig meiner Ansicht nach im Norden der Insel und in den höheren Lagen sehr wohl Standvogel sein kann. Ich sah ihn ebenso wie Lord Lilford hier wie auf Petalä ausschließlich im Winter, und zwar vielfach im Strauchwerke bei Go- vino sowie auch im Wacholderwäldchen auf der Düne von Korissia. Kapitän Sperling erwähnt ihn als ziemlich zahlreich auf Levkas (Sta. Maura) und von Zante befindet sich ein Stück in der Kollektion Mazziari. Sonnini hielt ihn seinerzeit irrtümlich für einen Zugvogel, der über die griechischen Inseln nach Egypten eilt. Erhard dagegen zählt Troglodytes zu den Standvögeln der Kykladen, was wenigstens für die hohen Lagen von Naxos durch Krüper ausdrücklich bestätigt wurde. Überwinternde Zaunkönige beobachtete ich auch in Akarnanien im Gebüsch am Phidaris und am Fuße des Varassovo bei Kryoneri, während ich ihn am Brutplatze in den waldigen Vorbergen der Kiona (14. Juli 1894), in den Schluchten der Xerovuni- berge in Lakonien (9. Juni 1898) sowie auch in den höchstgelegenen Waldbeständen des Taygetos kennen lernte. An dem letzteren Orte fand St. Strimmeneas anı 16. Juni 1398 ein Nest mit eben flügge gewordenen Jungen. Der Beginn der Brutzeit scheint ziemlichen Schwankungen unterworfen zu sein; wenigstens ist dies den Aufzeichnungen Krüpers zu entnehmen, der im Parnaß eine beträchtliche Anzahl von Gelegen sammelte, und zwar an folgenden Tagen: 3. Mai 1896 (Gel. 6 Stück), 28. Mai 1888 (Gel. 6 Stück), 4. und 18. Juni 1891, 10. Juni 1892 usw. Die sieben Zaunkönige des hiesigen Landesmuseums stammen außer von den an- gegebenen Orten vom Hymettos (Herbstvögel) und vom Phaleron, erlegt von Leonis am 10. November 1894. Sie gleichen den bosnischen Vögeln vollkommen, aber Dresser fand nach vergleichenden Messungen, daß die griechischen Vertreter kleiner sind als englische. Aegithalus pendulinus (L.) — Beutelmeise. Wenngleich die Beutelmeise stellenweise im Gebiete zu finden ist und auch brütet, so ist doch zu viel gesagt, wenn es in Brehms „Tierleben“ heißt, daß Griechenland ihre Heimat sei; denn das ist eher in den Ländern an der unteren Donau der Fall. Lindermayer war der erste, welcher ihr Vorkommen zunächst durch Auffindung eines leeren Nestes am Likerisee nördlich von Theben feststellte. Später fand er so- wohl als auch Graf von der Mühle diese Meise am genannten Orte wie in anderen Sümpfen Mittelgriechenlands, Euböas und des Peloponnes zu wiederholten Malen. Doch wurde sie in dem zuletzt genannten Gebiete in neuerer Zeit nicht wiedergefunden. In Akarnanien dagegen scheint sie an geeigneten Orten alljährlich zu nisten. Dies hat schon 1860 Simpson behauptet und 1898 fand Herr Soustas bei Misso- longhi ein schönes, aber leeres Nest, welches er nach Athen brachte. Ich beobachtete dort, und zwar an toten Armen des Phidaris bei Bochori 1897 die Ankunft einer ziemlichen Anzahl am 25. März. Die Vögel trieben sich in den Weiden und Tamarisken herum und es gelang mir ohne Mühe, ein Pärchen zu erlegen. 170 Ornis balcanica. Im Osten des Landes beobachtete und erlegte St. Strimmeneas 1396 die ersten am 17. März in der Umgebung von Volo, welches Datum auch die Etikette eines mir von dort vorliegenden alten Männchens trägt. Gänzlich neu ist aber die Tatsache, daß die Beutelmeise nicht nur in Kleinasien, sondern auch in einigen besonders geschützten Sümpfen Griechenlands überwintert. Den Beweis hierfür lieferte ebenfalls St. Strimmeneas, indem er am 6. Jänner 1903 ein noch nicht einjähriges, unausgefärbtes Männchen in Megali vrysis bei Lamia er- legte und einsandte. Jedenfalls hat ein anderes Männchen, welches schon früher St. Strimmeneas bei Volo am 20. Februar 1596 erbeutet hatte, ebenfalls daselbst über- wintert. Bei Lamia ist die Meise übrigens auch Brutvogel, wie zwei im Besitze Herrn Merlins jun. befindliche Nester bezeugen. Am zahlreichsten, obwohl nicht in dem Maße wie ehedem, bewohnt sie aber zur Zeit der Fortpflanzung die ganze Gegend des Kopaissees. Von hier erhielt Dr. Krüper seit vielen Jahren und zuletzt noch 1898, trotz aller der riesigen Trockenlegungsarbeiten, eine bedeutende Anzahl von Eiern. Dagegen ist die Beutelmeise von den Sumpfstellen im Parnaßtale, woher Dr. Krüper noch 18753 Gelege bekam, nach dessen mündlicher Mitteilung jetzt gänzlich ver- schwunden. Die außerordentlich leicht zerbrechlichen Eierchen wurden für Krüper in der Gegend des Kopaissees in der Zeit vom 18. Mai bis 3. Juni gesammelt. Maße und Gewicht von sechs Stück aus ebensovielen Gelegen: L. 174 1 16°3 16 15:8 15:2 mm Bra 10:5 10:3 10:1 104 10:1 mm Gew. 7 6:5 6:5 6:5 6 ddcg Mit Bezug auf Größe und Färbung stimmen die griechischen Vertreter vollständig mit solehen aus Ungarn und dem Norden der Balkanhalbinsel, folglich mit der typi- schen 4e. pendulinus überein. Panurus biarmicus (L.) — Bartmeise. Bis vor kurzem war man über Vorkommen und Verbreitung dieser prächtigen Meise in dem in Frage kommenden Gebiete noch sehr im Unklaren. Graf von der Mühle bemerkte sie öfters auf dem Peloponnes und in Mittel- griechenland im Spätherbste am Rande von Rohrwäldern, ohne eine bestimmte Örtlich- keit namhaft zu machen, und Lindermayer kannte sie als Seltenheit der Sümpfe Euböas und Nordgriechenlands. Seither wurde sie nur noch von Seebohm für das Gebiet als sehr selten bezeichnet und von Krüper überhaupt für sozusagen verschollen erklärt. Schließlich rechnete sie v. Heldreich fälschlich zu den seltenen Standvögeln und ebenso unrichtig ist die Angabe in Brehms „Tierleben“, daß Griechenland ihre Heimat sei. Den Gebrüdern Strimmeneas gebührt das Verdienst, durch ihre lange fort- gesetzten Jagden und Sammelreisen in Thessalien Licht in die Sache gebracht zu haben. Die Genannten erbeuteten nämlich in der Zeit vom 21. Dezember 1895 bis zum 14. März 1896 am Karlasee, bei Burbulithra und Volo 25 tadellose Exemplare der Bart- meise, wovon ein Paar nach Athen gelangte und ich für das hiesige Museum zwei Paare auswählen konnte. III. Griechenland. 171 In jüngster Zeit entdeckte St. Strimmeneas den Vogel zur Winterszeit auch in den Sümpfen von Megali vrysis bei Lamia und sandte mir ein am 4. Februar 1903 er- legtes Paar ein. Man darf aus den vorstehenden Erfahrungen wohl den Schluß ziehen, daß die Bartmeise an geeigneten Orten des östlichen Griechenlands ziemlich regelmäßig zu Ende des Herbstes von ihren weiter nördlich gelegenen Brutplätzen her erscheint und etwa Mitte März wieder verschwindet. Größe und Färbung der griechischen Vertreter sind vollständig typisch. Acredula caudata (L.) und Acredula caudata macedonica Salvad. u. Dress. — Weißköpfige und makedonische Schwanzmeise. Es ist sehr schwer, die einzelnen Formen der Schwanzmeise gerade im Gebiete von Griechenland auseinanderzuhalten; erstens, weil bis vor etwa zwanzig Jahren zwischen ihnen überhaupt kein Unterschied gemacht wurde, und zweitens, weil aus gewissen Teilen Griechenlands nur sehr spärliches Material dort gesammelter Bälge nach dem übrigen Europa gelangte. Nach den älteren Autoren wäre anzunehmen, daß sich im Gebiete überhaupt bloß A. caudata, die vollkommen weißköpfige Schwanzmeise, vorfindet. Dies ist jedoch durchaus nicht der Fall und ich wäre genötigt, diese gänzlich zu streichen, wenn nicht die unzweideutige Bemerkung Baron Schillings mir vorläge, wornach dieser außerordentlich scharf und gewissenhaft beobachtende deutsche Forstmann in der Um- gebung seines vorübergehenden Asyls, des Monastir Angelokastron in Aetolien, am 29. November 1898 fünf makedonische, aber auch sehr viele ganz weißköpfige Schwanzmeisen beobachtet hat. Vielleicht erscheint diese dort nur im Winter; denn sie ist mir, trotz der größten Aufmerksamkeit, gerade in jener Gegend niemals, aber auch sonst im übrigen Griechen- land nicht untergekommen. Noch vor 1843 beobachtete Drummond auf Korfu (oder anderen jonischen In- seln?) im Winter gelegentlich kleine Schwanzmeisenflüge, Graf von der Mühle zur selben Jahreszeit solche in Begleitung von Gattungsverwandten in den Waldungen Mittelgriechenlands (Rumeliens) und er sagt, daß sie dort auch brütet. Später lernte sie Lindermayer als einen nach seiner Meinung aus Nordgriechenland in der Ebene von Athen in strengen Wintern vorübergehend erscheinenden Strichvogel kennen, den er in Gärten und Gebüschen der Vorberge beobachtete, aber am darauf- folgenden Tage keinen einzigen mehr antraf. Seine Angabe, daß Dr. Krüper (1855 oder 1859) ihre Eier in Akarnanien auffand, welche dann sogar in Dressers Werk über- ging, ist jedoch falsch, wie mich Dr. Krüper selbst versicherte. Derselbe bezeichnet (1875) die Schwanzmeise als Standvogel, welcher brütet und im Winter ziemlich häufig angetroffen wird. Er fügt bei, daß die Legezeit anfangs April oder schon im März beginnen dürfte, da man im Mai flüggen Jungen begegnet.!) Dresser hielt 1572 die nicht weißköpfige Schwanzmeise aus Griechenland zur Form irdbyi gehörig. Seither hat sich aber herausgestellt, daß diese nach Osten über Italien nicht hinausgeht, und 1892 beschrieben Salvadori und Dresser im Bull. B. Orn. Club, vol. I, p. XV eine neue Schwanzmeise als Acredula macedonica auf Grund eines Belegstückes, welches 2) Krüper wird auch in Brehms „Tierleben“ bezüglich Griechenlands zitiert, aber abweichend ist beigesetzt: „Die Schwanzmeise gehört schon in Griechenland zu den Seltenheiten.“ 172 Ornis balcanica. von Krüper am (thessalischen) Olymp erbeutet war. Eine schöne Abbildung dieses Vogels mit erläuterndem Texte gab dann später Dresser 1895 im Supplement zu seinen „Birds of Europe“ (Taf. 655, p. 111). Daselbst wird mitgeteilt, daß Dresser im Anfange den. Vogel für eine individuelle Abweichung ansah und vergeblich bestrebt war, mehr Material aus Griechenland zu er- halten. Außer der in semem Besitze befindlichen Type befindet sich nämlich, wie ich mich an Ort und Stelle überzeugt habe, im Museum zu Athen nur noch ein zweites, ebenfalls von Krüper vom Olymp mitgebrachtes Stück. Es würden also diese zwei Acer. macedonica eigentlich außerhalb des Rahmens dieser Betrachtungen fallen, wenn nicht Dresser ausdrücklich betonen würde, daß seiner Meinung nach sämtliche Schwanz- meisen Griechenlands zu Aer. macedonica gehören. Aus diesem Grunde war ich von Anfang an eifrig bestrebt, durch mein Sammeln in Griechenland Klarheit in diese Sache zu bringen. Anfangs hatte ich kein Glück; denn im Jahre 1894 konnte ich durchaus keine Schwanzmeise zu Gesicht bekommen. Nur der mich begleitende Dr. Krüper begegnete am 3. Mai einem ganzen T'rupp eiligst vorbeihuschender Schwanzmeisen am Ufer der Vrachoriseen. Dagegen war ich im März 1897 so glücklich, im Vereine mit meinen Begleitern Dr. Bakesch und Führer in den Wäldern des westlichen Akarna- nien zwei Paare alter Vögel zu bekommen. Das erste Paar beobachtete Führer am 3. März etwa eine Viertelstunde lang gelegentlich einer Treibjagd auf Damhirsche in nächster Nähe seines Standes im Buschwalde am Fuße des Chalkitsaberges. Den fol- senden Tag wurde auf einer Halbinsel zwischen dem Tripdolakos- und dem Markutsa- see der erste Vogel, ein Weibehen mit einem vollständig legreifen Ei und am 5. März an derselben Stelle das Männchen erlegt. Es befindet sich dort eine Art Auwald mit ziemlich diehtem und hohem Baumwuchs, dazwischen verwilderte Ölbäume, mit einer dichten Moosschichte bedeckt, und viel baumartiger Mehldorn (Crataegus). Hier war der Lieblingsaufenthalt dieser Meise sowie von P. lugubris graecus. Im weiteren Ver- laufe der Treibjagd beobachtete ich in der Richtung gegen Podolovitsa sehr viele solche Schwanzmeisen, durfte aber nicht schießen. Später kamen wir im den teilweise unter Wasser stehenden Sumpfwald, welcher die Vrachoriseen einsäumt, und es gelang hier am letzten März und ersten April noch ein zweites Paar von genau derselben Färbung zu erbeuten. Im frischen Zustande ist der obere Rand des Augenlides bei Aer. macedonica schön schwefelgelb gefärbt, der untere besitzt keine auffallende Farbe. Ein fünftes Stück erlegte Baron Schilling in der Umgebung von Monastir An- gelokastron am 16. Dezember 1898 und sandte es mir zu. Endlich muß ich noch erwähnen, daß ich am Nachmittag des 24. Mai 1898 in nächster Nähe des aus der Mythologie bekannten „Freierhügels“ bei Olympia am Alpheios eine Familie Schwanzmeisen im dortigen Buschwerke bis zur Dämmerung ge- meinsam mit St. Strimmeneas verfolgte Es wurden fünf Meisen geschossen, aber leider keiner der beiden alten Vögel, welche sich außerordentlich scheu und vorsichtig benahmen, so daß ich nicht zu entscheiden wage, ob es sich hier um eine Familie von Aer. macedonica handelte, wiewohl ich geneigt bin, dies anzunehmen. Auch die Jungen, von denen zwei konserviert wurden, dürften hierüber wohl kaum Aufschluß geben, da das Jugendgefieder die Artzugehörigkeit durchaus nicht sicher erkennen läßt. In letzter Zeit bekam das Museum noch weitere Paare, eines vom Ufer des Vrachori- sees (Februar 1902), ein anderes von Aslanlär in der Nomarchie Trikkala (4. Dezem- ber 1901), endlich 1902 von der Gegend von Lamia und vom Othrysgebirge. II. Griechenland. 173 Maße der neun alten Vögel in Millimetern: [6% 6) [ei Q ? [of Q (of 6) Ganze Länge 140 144 139 142 144 143 142 138 135 Schnabel . 6 6:5 6:5 6 6 6 6 5:5 5:5 Flügel . 62 59 61 61 62 64 59 60 58 Schwanz . 82 U 19 s1 88 90 s1 85 79 Lauf 15 15 12 14 15 15 15 14 13:5 Obwohl diese Belegstücke bezüglich einiger Einzelheiten von der Dresserschen Beschreibung abweichen, glaube ich doch nicht fehlzugehen, wenn ich sie zu Aer. macedonica rechne. Auch mein verehrter Freund Herr Schalow fand, daß die Sekundär- schwingen nach der Abbildung in Dressers Werk viel breiter weiß erscheinen als die Stücke aus Akarnanien; doch ist dies wohl verzeichnet! Um ganz sicher zu gehen, sandte ich sieben Stücke an Herrn Dresser mit der Bitte um sein begutachtendes Urteil. Dieses lautet: „Ich habe Ihre Exemplare mit dem Typus von Acredula macedonica verglichen. Dieselben sind gewiß damit spezifisch identisch. Wie Sie richtig sagen, kann man die jungen Vögel von den verschiedenen Acredula-Arten nicht unterscheiden, aber ich denke wohl, daß die beiden jungen Vögel auch zu Acredula macedonica gehören.“ Acredula tephronota (künther) — Graurückige Schwanzmeise. Das einzige Belegstück dieser türkisch-kleinasiatischen Schwanzmeise, welches die Aufnahme der Art unter die Vögel Griechenlands erheischt, befindet sich in der Samm- lung der Universität zu Athen. Es wurde, falls die diesbezüglichen Angaben richtig sind, woran indessen wohl kaum zu zweifeln ist, am 25. September 1860 von Schra- der sen. in den mittleren Lagen des Taygetos am Striche erlegt und ist ein mittelaltes Männchen, dessen Rückengefieder bereits sehr deutlich das reine Aschgrau erkennen läßt. Der Augenstreifen ist breit schwarz und erstreckt sich bis nahe an den Schnabel. Auf der Kopfplatte erblickt man auf weißem Grunde schwärzliche Strichelung. Weitere Angaben fehlen und auch meine Anstrengungen, vom Peloponnes ander- weitiges Materiale an solchen Meisen zu erlangen, blieben erfolglos. Kommenden For- schungen ist es vorbehalten, hier genügende Aufklärung zu schaffen. Parus ater L. — Tannenmeise. Auffallenderweise ist die Tannenmeise den meisten Ormnithologen, welche sich mit der Vogelwelt Griechenlands befaßten, entgangen und trotzdem ist sie häufig, nicht aber selten, wie v. Heldreich meint, in der Tannenregion der Gebirge. Sogar auf Korfu hat sie Lord Lilford im Winter von Zeit zu Zeit beobachtet, daselbst wahrscheinlich auf dem baumartigen Juniperus macrocarpa, wo auch die Gold- hähnchen sich herumtreiben. In den Beständen der kephalonischen Tanne (Abies cephalonica) auf dem Ainos (Kephalonia) stellte ich sie als die häufigste von allen dort lebenden Meisen am 18. März 1897 sowie an den darauffolgenden Tagen fest und sammelte dort zwei Paare. Die Liste Lindermayers verzeichnet P. ater für Euböa, wo sie in den noch heute ziemlich gut erhaltenen Tannenwäldern gewiß häufig ist. Ein am 27. November 1894 daselbst am Delph geschossenes Männchen bestätigt dies. 174 Ornis balcanica. Dr. Krüper erwähnt ihr häufiges Vorkommen in den Gebirgswäldern des Parnaß und Veluchi, von wo sich vier Eier im Universitätsmuseum von Athen befinden. Drei Männchen aus der Gegend von Agoriani im Parnaß vom 12. und 16. Sep- tember 1895 sandte St. Strimmeneas dem Museum ein. Schließlich erwähne ich noch eines jungen Vogels unserer Sammlung aus Arka- dien und zweier Stücke aus dem Taygetosgebiete. Hier begegnete ich der Tannen- meise im Juni in zumeist aus Schwarzkiefern bestehenden Wäldern am Übergange von Messenien nach Lakonien zur Langhädaschlucht, dann beim Aufstiege auf den Taygetos von Anavryta angefangen bis in den obersten Holzgürtel. Auch hier war zum Teile reiner Schwarzkiefern-, zum Teile mit Apollotanne gemischter Bestand ihr Aufenthalt. Beim Abstiege gegen Xerokampos war leicht wahrzunehmen, daß, je tiefer wir kamen, die Tannenmeise desto seltener wurde. Ihre Eier wurden erst in neuerer Zeit von den Sammlern Dr. Krüpers in den Wäldern des Parnaß aufgefunden. Den Aufschriften von Krüpers Hand sind folgende Fundtage zu entnehmen: 23. Mai 1894 und 26. Mai 1891, 3. Juni 1893, 6. Juni 1892, 10. Juni 1839 und 12. Juni 1893. In Größe und Gewicht gleichen sie ebenso solchen aus Mitteleuropa wie die alten Vögel selbst. 2 Mit Parus cypriotes besitzen die griechischen Tannenmeisen gar keine Ahnlichkeit. Parus coeruleus L. — Blaumeise. Besonders in den Olivenwäldern des Landes wird man die Blaumeise nicht ver- geblich suchen. Sie ist ebensowohl daselbst wie auch in den Gebirgswäldern Brut- vogel und folglich auch nicht, wie Graf von der Mühle glaubt, im Winter auf die Wälder Mittelgriechenlands beschränkt, oder, wie Lindermayer angibt, bloß ein Brut- vogel der Gebirge im nördlichen Griechenland und auf Euböa. Überhaupt irrt v. Held- reich, wenn er sagt, sie sei selten, wie dies aus folgenden Beobachtungen hervorgeht. Die Insel Korfu bewohnt sie nach Drummond und Lord Lilford sehr häufig und ist dort Standvogel. Gleich bei meinem ersten Ausfluge beobachtete ich sie mehrfach daselbst in dem schönen Olivenwalde bei Alepu, wo sie sicher auch brütet, und am 4. Mai 1897 traf ich eine bei Braganiotika, als sie eben ihre Jungen fütterte. Von den Tannenbeständen des Ainos auf Kephalonia brachte ich sie ebenfalls mit, doch ist sie dort nur vereinzelt und auch in den Olivengärten bei Zante wurde nur ein Paar (8. Mai 1898) beobachtet. Jameson sah sie auf Kythera zu allen Jahreszeiten, nur im Herbste nicht. Von den Inseln des Ägäischen Meeres sind es Jura (bei Euböa), wo eine Familie beobachtet wurde (26. Mai 1894), und insbesondere Naxos, wo es viele gibt, und zwar vornehmlich in den Olivenwäldern bei Melanes und Tragaea. Hier erhielt Dr. Krüper 1862 Eier dieser Meise und ich erlegte einen ganz jungen Vogel. Auf dem Festlande fand ich die Blaumeise in Velestino in einem Baumloche brütend und am häufigsten in Akarnanien. Fünf Stücke unserer Sammlung stammen von dort her. Sowohl in den Ölbäumen bei Aetolikon, als auch, besonders zur Brutzeit, im Sumpfwalde an den Vrachoriseen, ferner im Februar hoch oben am Varassovo, dann in den schütteren Eichenbeständen des Zygos und des Chalkitsaberges, endlich in den daranstoßenden Aubeständen ist sie geradezu charakteristisch und sehr zahlreich. Die Brutzeit beginnt hier sehr früh, denn ich sah schon am 4. März 1897 eine in ihre Nisthöhle schlüpfen. Noch III. Griechenland. 175 bemerkbarer wird sie im Winter und Baron Schilling sah am 16. Dezember 1898 bei Monastir Angelokastron bis zu 50 Stück auf einem Olivenbaume beisammen. Auf dem Peloponnes wurde sie von der Exped. seient. de Mor. vermerkt. Ich traf sie einmal im Eichenwalde Kapellis bei Lala, dagegen zahlreich im Juni am Berge Ithome in Messenien; vor allem aber sehr häufig im Gebiete des Taygetos, in der Berg- schlueht Ladä (Laubholz), in der oberen Langhäda und im höchstgelegenen Waldgürtel des Gebirges (Nadelholz), von wo auch ein Stück im Museum von Athen sich befindet. Die Färbung von zehn griechischen Blaumeisen ist genau dieselbe wie bei Ver- tretern aus Mitteleuropa; dagegen steht ein elftes Stück, Männchen, am Pentelikon (bei Athen) erlegt am 25. Februar 1895, bezüglich der Färbung von Ober- und Unterseite entschieden P. pleskei näher als coeruleus. Parus major L. — Kohlmeise. Als die in Griechenland weitaus häufigste Meisenart ist sie wohl fast allerorts da- selbst anzutreffen. Krüper fand sie ebenso in den Gebirgen wie in den Ebenen, und schon Lindermayer sowie Graf von der Mühle bezeichnen sie als Stand- und Brut- vogel in den Wäldern Mittelgriechenlands bis Euböa, bei besonderer Bevorzugung der Olivenbestände, wobei bemerkt wird, daß sie im Winter noch zahlreicher auftritt. Falsch ist aber die Angabe Lindermayers, daß die Kohlmeise den Inseln fehle, wie aus dem folgenden zu ersehen ist. Drummond und Sperling nennen sie nämlich einen sehr häufigen Standvogel von Korfu, während sie Lord Lilford hier nur im Winter sah. Ich beobachtete sie dort recht häufig in den Olivenwäldern von Alepu (17. April 1904), dann nächst (Braganio- tika (4. Mai 1598 Junge fütternd und 25. Juli 1894 flügge Junge führend), ferner recht viele auf den Inseln Petalä und Oxiä, in den Tannenbeständen des Ainos auf Kepha- lonia (März 1897), an mehreren Stellen von Zante (Exemplar von hier in der Koll. Mazziari!), in der Schlucht bei Kapsalion auf Kythera (22. Juni 1898), wo sie Jameson nur während des Sommers und Winters wahrgenommen haben will, endlich auf Jura, Skopelos (wo mir viele Gelege gebracht wurden) und Naxos. Auf der letztgenannten Insel beherbergen besonders die Olivenbestände von Melanes, Tragaea und Potamia (Krüper) eine große Menge von Brutpaaren, von denen Krüper wieder- holt Eier bekam, so daß also P. major Brut- und Standvogel der Kykladen ist. Außerdem vermerkte ich das Vorkommen im Gestrüppe der Schluchten des Varassovo, in den Eichenwäldern des Zygos bei Aetolikon, Naupaktos und an den Vrachoriseen, und zwar hier ganz besonders viele. Vom Peloponnes ist sie set Temminck bekannt und am zahlreichsten fand ich sie hier in der Umgebung von Astros, in dem Aleppo-Kiefernwalde der Düne von Asulinitsa, längs des Alpheios bei Olympia, im Eichenwalde Kapellis bei Lala, auf den Vorbergen bei Kalamata und von dort aufwärts bis zum Übergange nach Lakonien, ja bis zur obersten Baumgrenze des Taygetos. Das Federkleid der griechischen Kohlmeisen ist durchaus nicht beständig in be- zug auf die Färbung und daher umso interessanter, als nun die Zeit gekommen ist, wo bekanntlich auf die geringsten diesbezüglichen Unterschiede von vielen Seiten das größte Gewicht gelegt wird. Ich habe die 19 Stücke, welehe aus den verschiedensten Teilen des Landes stam- men, zusammen mit Herrn Hellmayr genau untereinander sowie mit der schönen Serie des Hofmuseums in Wien verglichen und wir kommen beide zu dem Ergebnis, 176 Ornis baleanica. daß zwei männliche Vögel, und zwar von Aetolikon vom 9. Februar 1902 und vom Pentelikon vom 25. Februar 1895, genau zu der Beschreibung von Parus aphrodite Madaräsz aus Cypern passen, indem bei diesen die Unterseite rahmfarbig mit einzel- nen gelben Federn auf der Vorderbrustseite erscheint. Nur sind sie etwas größer: Flügel: 75!/,, 75, Schwanz: 638 mm gegen Flügel: 68, 67, Schwanz: 57 mm der Typen aus Oypern. Doch scheint dies nicht von großer Bedeutung zu sein, weil drei andere Vögel aus derselben Gegend, welche Übergänge zu major darstellen, fast dieselben Ab- messungen zeigen wie die cyprischen. Auch noch vier andere Stücke stehen in der Mitte zwischen aphrodite und major; so z.B. tritt bei dem einen (ein Cd’ vom Hymettos) an der Vorderbrust und der Bauchseite die Rahmfarbe noch deutlich auf, während im übrigen Schwefelgelb vorherrscht und die anderen schon mehr Gelb an allen Teilen zeigen. Hieran schließt sich eine Reihe von Kohlmeisen, welche eine ebenso gelbe oder noch greller gefärbte Unterseite besitzen als die mitteleuropäischen. Diese nähern sich dadurch sowie durch das lebhafte Blaugrau der Flügeldecken der nordafrikanischen Form excelsus Brm., was gewiß auffallend erscheinen muß. Es wird sich auch hier erst in der Zukunft entscheiden lassen, ob aphrodite wirklich von major getrennt werden kann, oder ob es sich dabei, wie so oft, um eine individuelle Abweichung in der Färbung handelt. Sicher ist nur, daß dabei Geschlecht und Jahreszeit keine Rolle spielen; dies geht aus dem vorliegenden Materiale deutlich hervor und die vielen Über- gänge erlauben vorläufig den Schluß, daß eine Sonderung einer besonderen Art (aphrodite) nicht am Platze ist. Die Brutzeit der griechischen Kohlmeisen beginnt nach Krüpers Erfahrungen anfangs April, doch legen viele Paare erst bedeutend später, so daß drei Gelege zu 9, 8 und 4 Stücken, Ende Mai auf Skopelos mir überbracht, noch vollkommen frisch waren. Fleckung und Größe der Eier, von welchen mir 31 Stück vorliegen, stimmen ganz genau mit mittel- und nordeuropäischen überein. Maximum: Minimum: 15:7 X 137 mm 164 X 12:5 mm 21 eg 175 eg Parus lugubris graecus Reiser — Griechische Trauermeise. (Siehe Tafel I, Vogel und Tafel III, Eier.) Diese echt mediterrane Form der Trauermeise wurde von mir im XII. Jahrg. (1901) von Tschusis „Ornith. Jahrbuch“ beschrieben und ich wiederhole hier noch- mals, daß sie sich von der typischen P. lugubris Natt. im ganzen nördlichen Teile der Balkanhalbinsel und noch weiter nördlich sehr deutlich durch ihre geringeren Körper- maße und die viel lichtere, verblichenere Färbung der Kopfplatte sowie des Kehlfleckes unterscheidet. Deswegen hielt sie zweifelsohne Lindermayer anfänglich für identisch mit P. sibirieus Nilss., was aber von Chr. L. Brehm bald darauf („Stiftungsfest“ etc.) eingehend berichtigt wurde. Auch Graf von der Mühle äußert sich treffend über die Verschiedenheit von P. sibirieus, schildert ganz richtig Lockton und Lebensweise, irrt aber darin, daß er die Trauermeise für einen Zugvogel ansieht, was sogar dann von Dubois wiederholt wird. Sie ist jedoch, wie Lindermayer und Krüper feststellten, in Griechenland ein Stand- und Strichvogel. Diese Angaben finden sich in den Nach- trägen zu Naumann verwertet. III. Griechenland. 177 Im „Vogelfang“, S.243 und m der „Naumannia“ VI, S. 369 nennt Chr. L. Brehm die Trauermeise Griechenlands Parus lugens und gibt von ihr folgende Beschreibung: „Etwas kleiner und dunkler als P. lugubris Natt.; Kopf und Kehle sind schwärzlich — mit hellerem Unterkörper und größerem Schnabel.“ Daraus geht hervor, daß P. lugens mit P. lugubris graecus nichts zu tun hat. Ob die Belegstücke wirklich aus Griechenland stammten, scheint mir übrigens fraglich. Die griechische Trauermeise brütet nach Lindermayer und dem Grafen von der Mühle bei Athen, im Parnaß, in Akarnanien (wo sie auch Simpson fand), im Norden von Griechenland, auf Euböa und auf dem Peloponnes. Von Zante schickte Mazziari ein Stück ein, welches ich ebenso wie vier andere des Museums in Athen vom Taygetos und vom nördlichen Peloponnes mit den von mir zusammengebrachten elf Stücken zu vergleichen Gelegenheit hatte. Schließlich gehört zweifelsohne auch ein Paar von Krüper am 23. Jänner und 7. Februar 1869 in Akarnanien und Aetolien gesammelter Vögel ebenso wie die aus der Türkei im Museum Dresser!) zu P. lugu- bris graecus. Ich beobachtete diese Meise an folgenden Orten: Im Olivenwalde östlich von Aetolikon, wo es am 29. April 1594 schon flügge Junge gab (ein Paar und ein Junges erlegt, Typen der Subsp. graecus!); in der großen Klissura, unweit von dort, saß am 1. Mai ein alter Vogel in einer hohlen Esche (Fraxinus ornus) — etwa in Brusthöhe — fest auf kleinen Jungen; ein weiteres Brutpaar fand sich nahe dem Ufer des Sees von Angelokastron (beim Hause des Katsuris), wo es viele hohle Bäume gibt. Drei Jahre später war dieses Paar wieder am Platze. Unweit von hier, vom Monastir Angelo- kastron, sandte Baron Schilling eine am 12. Dezember 1898 erlegte Trauermeise nach Sarajevo; an der Westküste von Akarnanien sind es vor allem die schütteren Eichen- bestände des Chalkitsaberges und der Berglehnen beim Hafen Hag. Pantelemono bis zur Tripdolakos-Seebucht, wo sich viele herumtrieben und auch ein 9 am 5. März mit legereifem Ei geschossen wurde. Im prachtvollen Olivenwalde zwischen Itea und Amphissa habe ich sie einmal bemerkt, aber ziemlich weit im Gebirge bei Ano-Musi- nitsa erbeutete Chr. Leonis ein @ (25. Mai 1899); in der Umgebung von Athen habe ich bloß am 11. Mai 1394 im Aleppo-Kiefernwalde am Hymettos eine Familie flügger Junger beobachtet und von Leonis erhielt ich zwei Wintervögel von dort (Daphni, 14. Dezember 1894 und Gebirge von Skaramangä 22. Februar 1895); auf dem Pelopon- nes, wo sie sehr verbreitet zu sein scheint, fanden wir sie im Juni 1898: im obersten Teile des Kladeostales sowie der Langhädaschlucht (eine Familie!) am Hange des Nedon- tales bei Kalamata (zwei Paare!) und in der Maina bei Tarapsa, wo am 17. Juni ein vollkommen ausgewachsenes Männchen erlegt wurde. Ein anderes stammt aus der Um- gebung von Tripolis (22. Jänner 1895). Schließlich kann ich die griechische Trauermeise auch für die Insel Kythera an führen; ich traf daselbst einige in der Schlucht bei Kapsali an. Ihr Betragen und ihre Lebensweise ist genau dieselbe wie in nördlicheren Gegen- den. Stets unruhig und sehr beweglich, verrät sie ihren Aufenthalt in den dichtesten Olivenzweigen und dem undurchdringlichsten Strauchwerke immer durch den schnarren- den, weit hörbaren Lockruf: zi, zi tsırr. Die Legezeit scheint mir von Krüper mit Ende März und anfangs April etwas zu spät angegeben zu sein, wie aus obigem erhellt.?) Dresser veröffentlichte (1872) 1) Nunmehr im Museum von Manchester. 2) Richtiger (1843) Lindermayer: Brütet die Eier im März aus! Reiser, Ornis balcanica. III. 12 178 Ornis baleanica. folgende Mitteilungen Krüpers: „Sie ist in den Ebenen Griechenlands nicht selten, brütet zweimal im Jahre, baut ihr Nest im Baumlöchern, manchmal hoch oben, manch- mal tief unten und scheint nicht so viele Eier zu legen wie die anderen Meisenarten.“ Es mögen nun Maße und Gewicht einiger authentischen von Krüper gesammelten Eier von P. lugubris graeeus folgen: Gelege 5 Stück, Attika, 1894: L. 176 105 112 A ei 16:5 mm Brs13:5 132 13:6 13 13:5 mm Gew. 10:5 10 11 10 hl 2 Stück eines Geleges, Attika, 1594: L. 18:6 13:4 mm Br. 12:9 13:9 mm Gew. 10 10 cg Ein Ei ganz weiß, das andere mit nur wenigen Fleckchen. 4 einzelne Stücke: 1b; 18:1 de 17:6 16°6 mm Br. 13:1 14-4 138° 125 mm Gew. 10 10:5 10 8 eg Parnaß Attika Attika Parnaß 1. Juni 1890 3.Mai 1590 18. Mai 1861 10. April 1881 Diese Eier scheinen zumeist von zweiten Bruten zu stammen. Ihre Zeichnung ist stets punktartig und ziemlich unbedeutend. Sie wurden zuerst richtig von Linder- mayer beschrieben. Dresser bezeichnet sie nach einem griechischen Belegstück als „rein weiß mit hellroten Punkten besetzt, in Farbe und Zeichnung den Eiern von Parus major ähnlich und die Punkte hauptsächlich in einem Gürtel um das größere Ende gehäuft“. Sitta caesia Wolf — Kleiber. Sein Vorkommen scheint in Griechenland an die größeren Eichen- und Nadelholz- bestände gebunden zu sein. Während Thienemann und v. Heldreich nur flüchtig dasselbe erwähnen und auch Graf von der Mühle sich auf die Bemerkung beschränkt, daß der Kleiber die Waldungen Mittelgriechenlands nur vereinzelt bewohnt, verdanken wir Genaueres Lindermayer und Krüper. Lindermayer führt ihn als seltenen Bewohner der banmreichen Gegenden Nord- griechenlands, Euböas, Akarnaniens und des nördlichen Teiles des Peloponnes an. Krüper schreibt 1860 folgendes: „Das Vorkommen in Griechenland ist ausgedehnter, als man bisher geglaubt hat. In Akarnanien findet er sich in den Waldungen hinter der ätolischen Klissura, wo man zu gleicher Zeit die Gesänge der beiden Sitta-Arten hören und vergleichen kann; ferner traf ich ihn dort ziemlich oft in dem Kastanien- walde!) von Kerassova an. Am Parnaß und Veluchi findet man ihn in der Nadelholz- region, im Herbste dort ebenfalls mit Goldhähnchen, Meisen und Baumläufern umher- wandern. Im Taygetos findet er sich ebenfalls in der Nadelholzregion, jedoch viel häufiger beobachtete ich ihn dort in den Eichbäumen.“ 1) (astanea sativa. III. Griechenland. 179 1875 fügt derselbe noch hinzu: „Die Legezeit wird Ende April beginnen; hier gefundene Eier sah ich noch nicht, wohl aber beinahe flügge Junge, die mein Jäger Ende Mai 1873 im Parnaß aushob.“* Später scheint Krüper aber doch griechische Eier erhalten zu haben, wenigstens glaube ich mich erinnern zu können, einige wenige Stücke bei ihm gesehen zu haben. Am 20. Februar 1897 besuchte ich den oben erwähnten Ort, nämlich die Eichen- bestinde am Kamme des Zygosgebirges unweit Missolonghi, und hörte sofort den be- kannten Lockruf des Kleibers. Es waren mehrere Paare da, aber ich konnte keinen zu Schuß bekommen, da sie entgegen ihrem sonstigen Benehmen äußerst flüchtig waren. In der ersten Märzwoche begegneten wir dann dem Kleiber öfters in den schüt- teren Eichenwäldern von Chalkitsa und Podolovitsa im westlichen Akarnanien, wo er zweifellos Brutvogel ist. Auf dem Peloponnes konnte ich ihn im Walde Kapellis bei Lala als solchen fest- stellen, indem am 26. Mai 1898 ein vollkommen flügges Junges und am Tage vorher ein altes Männchen in den dortigen prachtvollen Eichen erbeutet wurden. Aber auch in den höheren Lagen des Taygetos, am Joche Varvara sowie in den umliegenden Schwarzkiefernwäldern sah ich am 15. und 16. Juni 1895 hier und da einen dieser Vögel. Ein diesjähriger Vogel wurde geschossen. Schließlich beobachtete ich in einer viel tieferen Lage, in den Eichenbeständen südlich von Tarapsa den Kleiber in nächster Nachbarschaft von S. neumeyeri. Auf Grund der oben erwähnten drei Vögel, zu denen noch ein sehr schönes männliches Exemplar von Agoriani im Parnaß (6. September 1895) kommt, ergaben genaue Vergleiche, welche Herr Schalow mit nordischen Kleibern anstellte, folgendes: Bei den griechischen Stücken ist der Schnabel ein wenig schwächer, die Primär- schwingen dunkler, die Unterschwanzdecken etwas weniger weiß und die Brustfärbung selbst bei jüngeren Vögeln heller als bei typischen caesia. Jedenfalls sind aber diese Unterschiede zu geringfügig, als daß sich eine Abtrennung rechtfertigen ließe. Sitta neumeyeri Michah.!) — Felsenkleiber. Vor allem sei bezüglich der Namengebung bei diesem Vogel hervorgehoben, daß mit Ausnahme von Lindermayer, aber nur in seiner ersten Arbeit (1843), und Dresser (1872) sämtliche Autoren, welche das Vorkommen usw. in Griechenland behandeln, statt der richtigen Bezeichnung stets Sitta syriaca Ehrbg. gebrauchen. Chr. L. Brehm scheint zu wenig Vergleichsmateriale gehabt zu haben, denn er schlug zuerst (Stiftungsfest ete. 1845) vor, im Falle es sich erweisen sollte, daß die griechischen Vertreter stets kleiner sind als die dalmatinischen, die ersteren ebenso wie die asiatischen &. syriaca, die dalmatinischen $. neumeyeri zu benennen. Später 1) Der Entdecker der Sitta neumeyeri ist der intime Freund des Grafen von der Mühle und Lin- dermayers, der griechische Bataillonsarzt Dr. Karl Michahelles. Dem interessanten Abriß seines Lebenslaufes, enthalten auf Seite XX u. XXI der Säkularfeier-Festschrift der naturhistorischen Gesellschaft in Nürnberg (1901), ist zu entnehmen, daß Michahelles am 5. Mai 1307 zu Nürnberg geboren wurde und am 15. August 1834 zu Nauplia als Opfer seiner hingebungsvollen Lazarettätigkeit starb. Das frühe Ende dieses strebsamen und vielversprechenden Ornithologen ist nicht genug, namentlich im Interesse der Erforschung der Tierwelt Griechenlands zu bedauern. „Seine Gebeine“, schrieb Lindermayer in seiner Trauernachricht an die Eltern des Hingeschiedenen, „ruhen in dem Tale, das der Wanderer durchreitet, wenn er von Nauplia nach Epidauros zieht, hinter einer mächtigen Felswand, in der sein ein- facher Name eingegraben werden wird.“ Die erste Beschreibung von Sitta neumeyeri durch Michahelles erschien 1830 in Okens „Isis“, Spalte 814. 12* 180 Ornis balcanica. („Vogelfang“ 1855) unterscheidet er S. neumeyeri Michah. (et Brm.?) von 8. syriaca Ehrbg. wegen der angeblich schmutzigweißen (nicht weißen!) Brust.!) Genaue Vergleiche haben ergeben, daß der Felsenkleiber von Dalmatien, der Herzegowina, von Montenegro und Griechenland sowohl hinsichtlich der Größe als auch der Färbung ein und derselbe Vogel ist und daher einheitlich benannt werden muß. Die Felsenspechtmeise ist eine äußerst charakteristische Vogelgestalt für die felsigen Gegenden der meisten Teile des Landes. Allerorts ist sie aber durchaus nicht zu finden und deshalb soll hier die Verbreitung etwas näher erörtert werden. Die sämtlichen Inseln meidet sie entweder vollständig oder tritt dort nur sehr selten auf. So haben sie z.B. Krüper, Erhard und ich nirgends auf den Kykladen be- obachtet; nur für Euböa, das ja überhaupt mehr Festlandscharakter hat, wird sie von Lindermayer angegeben. Auf den westgriechischen Inseln habe ich vergebens nach ihr an anscheinend vollkommen geeigneten Örtlichkeiten gesucht und nur auf dem kleinen Felseneiland Oxiä, nahe der Küste Akarnaniens verrieten einige wenige Paare durch den Lockruf am 23. Februar 1897 ihre Anwesenheit. Jedoch hat Drummond auf den Jonischen Inseln zwischen Felsen hier und da eine gesehen. Irrtümlich hielt er sie für einen Zugvogel, der gegen Ende März auf Korfu ankommt und auch brütet. Endlich befindet sich im Museum zu Athen ein Stück der Koll. Mazziari aus den Vierzigerjahren von Zante. Außerordentlich häufig tritt sie als echter Standvogel in Akarnanien auf. Hier fand sie Dr. Krüper seit dem Frühjahre 1853 wiederholt in den Schluchten des Zygos, Simpson fast zur selben Zeit in der großen und kleinen Klissura alles Orte, wo ich 1894 und 1897 noch immer ihre große Häufigkeit feststellen konnte. Vor allem ist dies aber auf den Felsen des Varassovo der Fall, besonders unmittelbar bei Kryoneri, wo diese Spechtmeise sich mir bis auf 1—2 Schritte lockend näherte, während ich dort in der Luderhütte am Ansitz war. Weiter östlich begegnete ich ihr überall auf den zahllosen Steinblöcken zwischen dem oberen Mornostale und dem Hafenorte Vitrinitsa sowie unweit von hier ziemlich hoch im Koraxgebirge oberhalb des Dorfes Granitsa. Dort hält sie sich mit Vorliebe in den Stützmauern der Maisfelder an den steilen Lehnen auf. Eine angeschossene floh daselbst in die dichte Krone einer Apollotanne. Noch weiter östlich kennen wir sie durch Krüper als häufigen Bewohner des Parnaß, woselbst sie, wie der Genannte richtig bemerkt, ebenso wie überall, ein allen Hirten wohlbekannter Vogel ist. Am 12. Juli 1894 sah ich viele in den Felsen bei der Kastalischen Quelle unweit Delphi. Auch in Attika fand ihn Krüper oft brütend. Im ganzen nordwestlichen Peloponnes habe ich die Felsenkleiber nirgends angetroffen; dagegen mehrere an den felsigen Ab- hängen nahe bei Pylos, dabei (am 1. Juni 1895) ein Paar mit flüggen Jungen vor dem Neste, einige in den Felsen von Alt-Pylos, aber bei Modon nur einen einzigen. Weiters kamen ein bis zwei Familien an den Felswänden am Ausgange des Nedontales bei Kalamata, recht viele am Ithomeberge und sogar auf dem Monastir Wurkano zur Beobachtung. Insbesondere hier, aber auch bei anderer Gelegenheit, habe ich deutlich und wiederholt gesehen, daß sich Sitta neumeyeri nicht ungern, wenn- gleich nur vorübergehend, auf Sträucher und Bäume setzt, was auffallenderweise von sehr vielen Autoren, mit Ausnahme Dr. Krüpers, in Abrede gestellt wird. Krüper sah einmal sogar eine Sitta auf dem Felde unter einem Olivenbaume Nahrung suchen! !) Unrichtigerweise werden an jener Stelle Baum- und Felsenkleiber zusammengemischt, je nach der Brustgefiederfärbung. III. Griechenland. 181 Schließlich erwähne ich noch des besonders häufigen Vorkommens am lakonischen Ende der Langhädaschlucht und im verkarsteten Teile der Maina, namentlich abwärts von Tarapsa. Von dieser Gegend holte sie, trotz allerlei Fährlichkeiten, vor Jahren Graf von der Mühle (laut des Berichtes seines Kameraden Schuch). Auch beobachtete er den Vogel sogar an den Schußlöchern der alten venezianischen Festungen auf dem Peloponnes. Bezüglich des Fortpflanzungsgeschäftes ist es am besten, zunächst die genauen Angaben Dr. Krüpers wiederzugeben: „Die Felsenspechtmeise beginnt ihr Brut- geschäft, sobald wärmere Witterung eingetreten ist. Viele Jahre hindurch wird das- selbe Nest benutzt und, wenn es beschädigt ist, schnell ausgebessert. Ende März oder anfangs April werden 8—10 Eier gelegt: am Parnaß am 31. März 1866 das erste Ei! Wird das erste Gelege weggenommen, so bessert das Pärchen den Schaden sogleich aus und legt nochmals und mitunter noch zum dritten Male, zieht jedoch nur einmal Junge auf und bleibt den Winter hindurch in seinem Felsenrevier.“ Besonders anziehend schildert der Mehrgenannte seine Beobachtungen in Cab. Journ. f. Ornith. und ich kann es mir nicht versagen, sie hier zu wiederholen, zumal sie eine Reihe von Einzelheiten über die merkwürdige Nistweise des Vogels enthalten. „Wenn der in Griechenland reisende Ornithologe, auf den schlechten Landwegen wandernd oder reitend, stundenlang keinen Vogel sieht und hört und dann über die große Vogelarmut nachdenkt, so wird er plötzlich durch ein gellendes Gelächter aus seiner Träumerei gerissen. Blickt er umher, so wird sich jedenfalls in seiner Nähe eine Felswand, wenn auch nur eine kleine, oder eine Anzahl Felsblöcke entdecken lassen. Von dort wird das Geschrei ausgehen und bei baldiger Wiederholung wird er vielleicht eine Spechtmeise als Urheberin erblicken. Ist des Beobachters Ohr an Unterscheidung der Vogelstimmen gewöhnt, so wird er sich gleich sagen, daß der gesehene und ge- hörte Vogel ohne Zweifel nieht die gewöhnliche europäische Spechtmeise, Sitta euro- paea s. caesia, sein kann, sondern die Felsenspechtmeise, Sitta syriaca, sein muß. „In den ersten Wochen meines Aufenthaltes in Griechenland war ich mit den Stimmen der meisten hiesigen Vögel noch nicht vertraut genug, um jeden Vogel aus der Ferne an seiner Stimme, am Gesange oder Lockrufe zu erkennen. Kam ich in die Nähe eines felsigen Terrains, so vernahm ich verschiedene Töne, die ich anfäng- lich nicht zu deuten wußte, bis ich eine Blaudrossel, TZurdus eyanus, auf einem Felsen- absatze singend erblickte. Bei späteren Exkursionen schrieb ich alle weithörbaren Gesänge ebenfalls dieser Drossel zu, da ich des eigentlichen Sängers nie ansichtig wer- den konnte. „Bei meinen Nachforschungen nach den Nestern der Höhlenschwalbe, Hirundo rufula, fand ich am 24. Mai 1858 an einer Felswand Fragmente eines aus Erde, Stein- chen, Dünger etc. bestehenden Nestes, welches ich noch nie zu sehen Gelegenheit ge- habt hatte. Ich vermutete, daß das Nest einer Blau- oder Steindrossel angehört habe, obgleich ich mich erinnerte, daß diese ihre Nester aus Halmen bauen sollen. Später, am 14. Juni, hörte ich jenseits der Aetolischen Klissura wiederum einen sehr lauten Gesang und sah gleich darauf in dem Eingange einer großen Felshöhle eine Specht- meise an dem Gesteine umherklettern; etwa eine halbe Stunde später fand ich in einer Höhle ein vollständiges aus demselben Material wie das fragmentarisch gebaute Nest, welehes überall dicht am Felsen angeklebt war und etwa in ®/, der Höhe eine runde, 1 Zoll lange Röhre als Eingang besaß. Mit Hilfe eines scharfen Messers schnitt ich so viel von der harten Nestkruste ab, daß ich mit den Fingern hineingreifen konnte und nach und nach fünf Eier hervorbrachte, die mir den Baumeister des Nestes verrieten, 182 Ornis balcanica. da ich diese Eier schon seit langer Zeit kannte. In jenem Sommer und im vorjährigen hatte ich mehrmals Gelegenheit, teils unversehrte, teils halb zerstörte Nester zu finden; Eier bekam ich jedoch nur selten. Erst in diesem Frühjahre (1860) hatte ich das Glück, mehrere Nester mit vollständiger Eierzahl zu finden, und zwar im südlichen Teile Griechenlands. Am Morgen des 25. April landete ich mit dem Dampfschiffe m Kala- mata und machte am Nachmittage eine kleine Exkursion. In einer Entfernung von einer halben Stunde kam ich an eine niedrige Felsenpartie, n der eine Sitta ihren Gesang erschallen ließ; bei dem Nachsuchen fand ich das alte, zerstörte, jedoch nahe- bei auch das neue Nest, welches ich durch geringes Klettern erreichen konnte. Das Weibehen verließ das Nest, aus welchem ich neun schöne, unbebrütete Eier hervor- holte. Am 28. April war ich so glücklich, an emem Tage zwei Nester auszuheben, von denen das eine acht, das andere neun Eier enthielt. Da auf den letzteren (ganz unbebrüteten) Eiern das Weibchen noch nicht zu brüten begonnen hatte, so glaube ich, daß die Sitta mitunter auch zehn Eier legt; jedoch scheint acht und neun die gewöhn- liche Zahl zu sein. Da das Weibchen sehr eifrig im Brüten ist, so kann man es leicht im Neste ergreifen; am 23. April tödtete ich ein solches, um es zu präparieren; acht Tage später kam ich zu demselben Nest zurück und sah, daß die von mir beschädig- ten Stellen ausgebessert waren. Das übriggebliebene Männchen hatte in der Zwischen- zeit nicht nur das Nest hergestellt, sondern auch schon eine neue Gattin angenommen, die es mit dem lachenden Paarungsrufe an den benachbarten Felswänden umherjaste. Am 12. Mai sah ich mit Herrn Schrader bei dem Gebirgsdorfe Selza zwei Sitta mit Baumaterial im Schnabel einer Felswand zufliegen; wir folgen und treffen die Vögel beschäftigt, das über die Hälfte beendigte Nest zu mauern; mit einem Schusse erlegte Schrader beide. Das Nest zu untersuchen fiel uns nicht ein; während wir beschäftigt waren, die Vögel sorgfältig zu bewahren, steigt ein herbeigekommener Bursche zum unvollendeten Neste hinauf und findet zu unserem Erstaunen schon ein Ei darin. „Von der großen Baulust der Sitta hier einige Beispiele: Anfangs Mai 1859 fand ich am Fuße des Zygosgebirges bei Aetolikon an emem großen Felsblocke ein Sitta syriaca-Nest von seltener Konstruktion: eine natürliche Steinhöhlung ist das eigentliche Nest, zu welchem ein 2!/, Zoll (= 66 mm) langer, künstlicher, aus Dünger, Erde, Insektenflügeln (Zydus algirieus, Chrysomela fulminans ete.) bestehender Eingang führte. Diesen Eingang brach ich ab — er befindet sich im Museum zu Athen; am 3l. Mai war die Höhlung unsichtbar gemacht, d.h. vollständig zugemauert. Um die Ursache dieser Arbeit zu sehen, schnitt ich die Erdkruste heraus, fand jedoch nichts im Neste. Nur die Baulust muß den Vogel zu der Arbeit angetrieben haben.“ Aus demselben Grunde fand Dr. Krüper auf der gegenüberliegenden Seite dessel- ben Felsblockes ein von ihm halb zerstörtes Nest der Hirundo rufula durch den Felsen- kleiber wieder ausgebessert, wobei er diesen Baumeister bei Besichtigung der Klebe- masse sogleich mit Sicherheit erkannte. Er fährt dann weiter fort: „Am 12. Mai 1559 fand ich °/, Stunden von Missolonghi an einer Felswand ein vollständiges Nest. Um dessen Inhalt zu untersuchen und es nicht zu sehr zu beschädigen, schnitt ich an der Stelle, wo die Nestlage ungefähr sein konnte, ein kleines Loch hinein; mit den Fingern fühlte ich schon Junge und ein faules Ei, welches ich mitnabm. Am 5. Juni kam ich an dieselbe Felswand: die Jungen hatten das Nest verlassen; das hinemgeschnittene Loch war nicht zugeklebt, sondern der Eigentümer hatte es für zweckmäßiger erachtet, hier noch eine 1 Zoll (= 27 mm) lange Eingangsröhre zu bauen, so daß das Nest zwei Ein- gänge hatte. Dieses Nest war wert, in einer Sammlung aufbewahrt zu werden; ich konnte es ohne scharfe Instrumente nicht lostrennen. Am 4. März 1560 ging ich mit III. Griechenland. 183 dem Engländer Herrn Simpson dorthin, um das Nest abzulösen, allein wir fanden es durch Mutwillen zerstört.“ Im weiteren stellt Krüper die Angabe des Grafen von der Mühle, daß das Nest einen 11 Zoll (= 29 cm) langen Eingang habe, richtig. Die Angabe rief mancherlei unliebsame Verwechslungen mit dem Neste von Hirundo rufula hervor. Da aber Graf von der Mühle die für Sitta neumeyeri charakteristische Nestmaterialbeigabe von Flügeldecken einiger buntgefärbter Insekten!) erwähnt, ist wohl am ehesten an einen Druckfehler, vielleicht II statt 11, zu denken. Simpson hebt hervor, daß das Nest schwer von dem umgebenden Gestein zu unterscheiden ist, besonders deshalb, weil auf dessen Oberfläche (ebenso wie auf dem Felsen) sich kleine erdige Erhebungen, die Nester einer kleinen Ameisenart, befinden. Dieselbe Beobachtung habe auch ich wiederholt gemacht! Es handelt sich hierbei offenbar um eine merkwürdige Form von Mimikrismus, jedoch vielleicht eher zum Zwecke des Schutzes für die Ameisen. Simpson fand in der kleinen Klissura viele alte, zumeist schwer zugängliche Nester. Wo keine Spalte vorhanden ist, wird das Nest flach an die Felsoberfläche angeklebt, gewöhnlich gegen Süden gekehrt. Über ein außerordentlich reiches Materiale an griechischen Eiern von S. neumeyeri und einige schöne Nester verfügte Thienemann, weshalb ich seine geradezu muster- gültige Darstellung folgen lasse: „Wenn Herr Dr. Lindermayer in seiner (ersten) Abhandlung über die Vögel Griechenlands 1843 angibt, daß diese Spechtmeise ihre Eier in ein Nest von Nadeln der Pinus maritima (= halepensis!) lege, ist dies in einer Zeit geschrieben, wo er das eigentliche Nest noch nicht kannte. Später hat er selbst das richtige öfters eingesendet. Drei von diesen liegen vor mir. Das größte hat die Gestalt eines etwas unregelmäßigen Schildes, von 31’6cm Länge und 18'4 cm Breite, ist an dem Felsen so befestigt gewesen, daß die Länge scheitelrecht gestanden hat. Etwas über der Mitte nach oben ragt die Eingangsröhre vor, welche in horizontaler Richtung, nur am Ende ein wenig abwärts gebogen von der Anheftungsfläche 145 cm, von der gewölbten Oberfläche 53 cm absteht und 7’9cm äußere Breite hat. Die Ober- fläche des Schildes hat einzelne runzelige Erhabenheiten, ihre Wand ist meist über 2:7 cm diek und läßt inwendig nur wenig Raum für die Ausfütterung, die jedenfalls mehr im Felsen selbst ihren Platz gefunden hat und aus einer gut verbundenen dicken Schicht von zarten Wurzelfasern und Haaren vom Fuchs oder Schakal besteht. Das Material der Außenwand ist vulkanischer Ton, mit Eselsexkrementen von schwarzgrüner Färbung vermischt, welche an der Außenfläche, wo sie fast allein angebracht sind, vielleicht durch das Zusammentrocknen, ein ganz zerfressenes Ansehen haben. Bei diesem ist außer am Anheftungsrande im ganzen nur wenig Ton, so daß es bei seiner Größe und Dieke doch kaum 1 Pfund wiegt. „Ein zweites, retortenartiges, ist nur 17'2cm lang, 145 em breit, aber inwendig geräumiger. Sein Rohr mißt von der Basis 153 cm, über die Wölbung der Wand ragt es nur 79 cm vor. Das Material enthält viel mehr Ton als das vorige, weit größere. 1) Graf von der Mühle nennt hierbei Chrysomela graminis und Trichodes antiquus als nomina nuda. Zu jener Art fügt Krüper die Bemerkung hinzu: „wohl immer fulminans!“ zu dieser dagegen ein Fragezeichen. Es ist nun anzunehmen, daß hier Ch. graminis Duft. (1825) gemeint ist, welche aber ebenso wie Ch. fulminans nur eine Form von Chr. menthastri Suffr. bildet. Einen Trichodes antiquus gibt es tat- sächlich nicht, wahrscheinlich ist auch dieses Wort verdruckt und soll contiguus heißen — eine inedierte und nicht anerkannte, von Parreyß aufgestellte südliche Varietät von T’richodes favarius. 184 Ornis baleanica. „Das dritte, kleinste, 13:2 cm lange, 10:6 cm breite, scheint nur ein Rohrabschnitt des ersten zu sein; doch trägt seine Basis alle Zeichen, daß sie vollständig vom Felsen losgenommen sei. Es ist also nur ein Überbau eines Steinloches gewesen, enthält meist tonige Masse und wenige Eselsexkremente, so daß es fast so schwer ist als das erste. Bei allen hat das Eingangsrohr inwendig einen Durchmesser von 23—84 mm, indem es nicht ganz kreisrund ist, auch ist seine Außenwand uneben. Bei allen findet man hier und da Bruchstücke von Käfern mit eingeklebt, doch bei keinem viel davon, auch etwas Haare und Federn. Ihr Geruch ist ein ganz eigentümlicher, nicht unangenehmer, teils nach dem vulkanischen Tone, teils nach den noch stark riechenden Kräuterteilen der Exkremente. „Die Eier, deren ich weit über hundert aus Griechenland vergleichen konnte, kommen denen des Baumkleibers nahe, sind aber fast durchgehends größer, schwerer und glänzender. Nach den Maßen finden sich unter 100 Stücken: 5 sehr kleine, 30 kleinere, 45 mittelgroße, 20 große, was bei so großer Anzahl doch nur geringe Ab- änderung zu nennen ist. „Ihre Grundfarbe ist ein meist ganz reines, glänzendes Milchweiß; unter 100 Exem- plaren sind 11 ohne alle Flecken,!) 14 mit sehr einzelnen, kleinen blassen Flecken; 48 sind mäßig stark, 27 stark gefleckt. Die untersten Flecke sind rötlichgrau, die nächsten blasser, die obersten lebhaft bräunlichroth. Nur wenige Exemplare haben kleinere und dichtere Pünktchen und Fleckchen, bei den meisten stehen die etwas größeren Flecke, zuweilen an 4!/, mm durchmessend, einzeln, nur an der Basis etwas dichter, zuweilen einen lockeren Kranz daselbst bildend. Alle sind ungleichhälftig, nach der Basis sanft zugerundet, nach der stärker oder schwächer abfallenden Höhe stumpf zugespitzt oder ganz abgestumpft. Nicht selten kommen solche vor, welche die Gestalt der Schnepfeneier haben, zuweilen ganz kreiselartige. Das Korn ist etwas derber als beim Baumkleiber und deutlicher ausgesprochen; die flachen, stark geglät- teten, erhabenen Züge lassen etwas größere, zum Teile gerundete Zwischenräume mit ungleichen, oft ziemlich tiefen Poren, welche nicht selten in fortlaufenden Furchen ziemlich dicht stehen.“ Diesen den behandelten Gegenstand nahezu erschöpfenden Worten ist wenig mehr hinzuzufügen. Die Maße von vier hier befindlichen Eiern aus Attika und dem Parnaß sind folgende: L. 214 2162 A 20°3 20-1 mm Br. 14:6 15:5 15:9 15:9 mm Gew. 16 17 17 16:5 eg vom 5. April 1872 8. April 1889 10. April 1891 14. April 1891 Nach Dresser, in dessen Werke sich ebenso wie in Brehms „Tierleben“ eine Reihe von biologischen Beobachtungen der Bearbeiter von Griechenlands Ornis wieder- gegeben finden, besitzt Dr. Rey Eier von S.neumeyeri aus Griechenland, welche den- jenigen von 5. caesia in Gestalt und Färbung etwas ähnlich, jedoch durch die glatt- glänzende Oberfläche stets zu unterscheiden sind. Rey gibt die durehschnittliche Größe von 83 Eiern mit 20:6 X 15:3 mm an, das kleinste nur 19 X 14:25 mm. An Bälgen griechischer Herkunft befinden sich meines Wissen in der Kollektion Tristram zwei Stück vom Taygetos, im Universitätsmuseum zu Athen zwei aus Attika !) Dies ist entschieden ein seltener Zufall, denn von weit mehr als hundert, die ich bisher, zumeist aus der Herzegowina, sah, befand sich nur ein einziges vollkommen fleckenloses. Rs. III. Griechenland. 155 und hier im bosnisch-herzegowinischen Landesmuseum sechs Stücke von folgenden Orten: Fuß des Hymettos (3. November 1894), Skaramanga (17. Dezember 1894), Um- gebung von Tripolis (17. Jänner 1895), Zygos bei Aetolikon (24. März 1897), Spai, zwischen Modon und Pylos (1. Juni 1895) und große Klissura (18. Februar 1902). Es sei hier nochmals betont, daß diese griechischen Felsenkleiber sich weder in der Färbung noch in der Größe von nordbalkanischen unterscheiden. S. neumeyeri wird in Attika nach v. Heldreich 7sopanopuli und Sphyriktis ge- nannt, d.h. kleiner Schäfer, und zwar deshalb, weil er sich auf Vorsprünge der Felsen zu setzen liebt, wie wenn ein Schäfer seine Herde hütet. Nach einer handschriftlichen Bemerkung Lindermayers heißt er „Petritis — ein sehr bezeichnender Name, der wohl mit Steintreter übersetzt werden könnte, oder Felsenbewohner, was noch besser ist“. Diesen Namen hörte auch ich von Griechen an Ort und Stelle! Certhia familiaris brachydactyla'!) Br. — Baumläufer. Bei diesem Vogel gibt es bezüglich seiner Verbreitung und Lebensweise im Ge- biete von Griechenland noch manche Lücke auszufüllen. Meine sorgfältigen Beobach- tungen in einigen Landesteilen bestätigen die Annahme Lindermayers, Krüpers und v. Heldreichs, daß der Baumläufer auf dem Peloponnes, im Mittelgriechenland und Euböa Standvogel, und zwar seltener Brutvogel in den höchstgelegenen Gebirgs- waldungen ist. Gleichwohl wäre zur endgültigen Feststellung erst die Auffindung von Nest und Eiern oder wenigstens Dunenjungen abzuwarten, da derartige Funde von Akarnanien und Nordgriechenland zwar von Lindermayer gemeldet, aber tatsächlich nie gemacht wurden. Auf Korfu fand Drummond den Baumläufer nur im Winter, während ihn Sperling allgemein als ziemlich häufig in den Olivenwäldern feststellte. Ich bin über- zeugt, daß er daselbst Brutvogel ist, da ich am 17. April 1894 und auch später noch allenthalben diese Vögelchen in den Ritzen der Olivenbäume nach Nahrung suchen sah und auch mehrere erlegte; so bei Alepu, Valle di Ropa usf. Andere sammelte ich im Zygosgebirge in Akarnanien (20. Februar 1897), dann im Mittelgebirge, ohne jedes Nadelholz, nördlich von Naupaktos, ferner auf dem Pelo- ponnes: im Walde Kapellis bei Lala (Elis) am 26. Mai 1898, endlich im Taygetos so- wohl in den Vorbergen im obersten Teile der Langhädaschlucht, als auch (16. Juni 1893) in den höchsten Lagen unweit der Baumgrenze, und zwar in beiden Fällen in den Gipfem der Schwarzkiefern. Da sämtliche von mir im Gebiete untersuchten Baumläufer, darunter zehn in das hiesige Museum mitgebrachte Bälge zur Form brachydactyla gehören, ist anzunehmen, daß die typische familiaris dort nicht vorkommt. Tichodroma muraria (L.) — Alpenmauerläufer. Dieser herrliche Gebirgsvogel findet sich in den griechischen Gebirgen bei weitem nicht so häufig als in den nördlicher gelegenen Teilen der Balkanhalbinsel. Die erste Kunde brachte Gloger 1834 mit den Worten: „Er kommt auf den Gipfeln derjenigen griechischen Gebirge gar nicht selten vor, welche bis nahe an die Schnee- region hinan oder noch in dieselbe hineinragen.“ Auch Dubois sagt ungefähr das Gleiche. 1) In der kritischen Liste $. 89 ist aus Versehen der Beisatz brachydactyla ausgeblieben. 186 Ornis balcanica. Tatsächlich beobachtet wurde der Mauerläufer auf griechischem Boden zuerst im Dezember 1837 an Felsen bei Delphi vom Geologen Fiedler, dann vom Grafen von der Mühle in mehreren Stücken auf der Feste Mistra (bei Sparta) und sogar geschossen in der Maina auf Petrobouni, wahrscheinlich zur Winterszeit. Lindermayer, welcher den Vogel nie selbst beobachtete und ihn erst 1856 in der Nachtragsliste im „Mon. gree“ anführt, zählt außer den obigen Orten noch folgende auf, wo der Vogel vorgekommen sein soll: die Mauern der Palamide bei Nauplia, auf der Larissa bei Argos und auf den Festungsmauern Monemvasias. Auch brachte er schon in Erfahrung, daß der Alpenmauerläufer im Parnaß und anderen Gebirgen des Landes Brutvogel ist. Tatsächlich entdeckte einst ein Sammler Krüpers im Parnaß ein Nest mit Jungen, wie mir der greise Forscher selbst erzählte, aber die Eier, welche ja über- haupt zu den größten Seltenheiten gehören, wurden bisher auch dort noch niemals gefunden. Aus Attika, und zwar vom Parnes, bekam das Museum in Athen zwei Vögel im winterlichen Kleide, am 13. Dezember 1366 und 28. Jänner 1867 daselbst gesammelt. v. Heldreich glaubt, daß 7. muraria bei Phyle, wo er sie beobachtet hat, in Fels- löchern niste. Endlich erfahren wir durch Drummond, daß der Vogel nach Herrn Alexander im Winter, vermutlich durch Schnee aus den Gebirgen vertrieben, an den Felsen des Eilandes Ovo oder Avgo bei Kythera gefunden wurde und ebenso in den Felsklüften der Insel Fano bei Korfu, wo.er zu verschiedenen Zeiten von Herrn Greenwood, dem Sohne des Residenten, geschossen wurde. Auf allen meinen Reisen in Griechenland wurde nur ein einziges Mal ein Männ- chen im Winterkleide erbeutet und ausgestopft. Es war am 4. Februar 1897, als wir die steile Prassulaschlucht im Varassovo hinaufkletterten, wo dieser „Schmetterlings- vogel“ etwa in halber Höhe der Schlucht von Führer erblickt und erlegt wurde. Wir hatten alle drei darauf noch sehr viel Mühe, bis es gelang, die auf einem hohen Fels- gesimse liegen gebliebene Beute in unsere Hände zu bringen. Otocorys penicillata (kould) — Balkan-Ohrenlerche. Als Kollektor J. Santarius mir am 15. Juli 1894 in unmittelbarer Nähe des Gipfels der 2512 m hohen Kiona (höchster Berg Griechenlands) ein schönes von ihm geschossenes Männchen der Ohrenlerche überreichte und ich wenige Tage später (am 15. Juli) diesem wertvollen Stücke zwei am Korax selbst erbeutete junge Vögel des- selben Jahres anreihen konnte, begrüßte ich in diesen alte Bekannte von der Balkan- halbinsel, die ich hier im Süden allerdings nicht vermutet hatte. Es erscheint mir noch heute unerklärlich, daß diese leicht kenntlichen Vögel bisher den Augen anderer Be- obachter entgehen konnten. An letzterem Orte, der obersten Geröllhalde des Korax (Vardusia), also fast in derselben Höhe wie auf der Kiona, trieb sich eine ganze Familie der Balkan-Öhren- lerche zusammen mit Schneefinken (s. d.) und Alpenbraunellen herum. Hier oder doch in der Nähe dieser Stelle erlegte in der ersten Hälfte Juni 1899 (briefliche Mitteilung Krüpers vom 21. Dezember 1399) Christos Leonis, den ich auf diesen Vogel beson- ders aufmerksam gemacht hatte, gelegentlich einer entomologischen Sammelreise ein weiteres Stück für das Universitätsmuseum in Athen. Ob diese Lerche in Griechen- land auch noch andere hohe Gebirgskämme bewohnt, ist bisher nicht festgestellt, aber wahrscheinlich. III. Griechenland. 157 Die drei nach Sarajevo gebrachten Stücke gleichen in jeglicher Hinsicht denjenigen, welche daselbst aus den nördlichen Balkanländern zusammengetragen wurden. Die Maße des Männchens von der Kiona sind: Ganze Länge: 190 mm, Flügel: 11d5 mm, Schwanz: 78 mm, Tarsus: 23 mm, Schnabel: 13 mm Alauda arvensis L. — Feldlerche. Wie bei vielen anderen in Mitteleuropa ganz gewöhnlichen Sommervögeln ist es auch mit der Feldlerche: sie ist in Griechenland nur während der Winterszeit anzu- treffen. Im Sommer könnte man ihr, wie schon Krüper andeutete, höchstens auf den hohen Gebirgen Mittel- und Nordgriechenlands, wo es mehr Graswuchs gibt, begegnen. So z.B. sah der Genannte einst mitten im Sommer eine Feldlerche nahezu am Gipfel des Veluchi. In südlicheren Landesteilen ist es reiner Zufall, wenn man während der warmen Jahreszeit eine Feldlerche sieht. Dies war der Fall auf der unbewohnten Kykladeninsel Erimomilos am 29. Juni 1394, wo eine Lerche sich in der Nähe des mit Regenwasser gefüllten Gipfelkraters aufhielt, jedoch wegen der Birsche auf die Wild- ziegen leider nicht erlegt wurde. Im Museum von Athen befindet sich eine schöne weiße Aberration der Feldlerche, geschossen im August 1879 in der Umgebung durch Strimmeneas sen. Bezüglich ihrer Ankunfts- und Abzugszeit mögen hier die Worte Krüpers Platz finden: „Sobald es in der Heimat dieser Lerche kalt wird, verläßt sie dieselbe und kommt Ende Oktober schon einzeln an, häufiger im November, und in Scharen streift sie im Dezember und Jänner auf den Feldern umher; 1874 blieb, weil der Schnee im Februar die Felder bedeekte, der deutsche Frühlingsbote noch länger hier als gewöhn- lich. Im März kommen noch Wanderer, die das Meer überflogen, hier an und eilen dann der Heimat zu.“ Diese Beobachtungen beziehen sich größtenteils auf Attika; aber auch in West- griechenland sind ungeheure Scharen z. B. bei Missolonghi zu beobachten, wie wir schon von Simpson erfahren und ich wiederum am 29. Jänner 1897, Baron Schil- ling am 26. November 1893 (etwa 100 beisammen!) bestätigt fanden. Für den Peloponnes wurde die Feldlerche von der Exped. seient. de Mor. ver- merkt und auch die umliegenden Inseln besucht sie. So ist sie auf Korfu im Winter häufig, erscheint in der zweiten Hälfte September und verschwindet im Februar nach Drummond und Lord Lilford. Ich selbst traf am 20. Jänner 1397 im Valle di Korissia einen Flug von vier Stücken und erlegte eines davon für unsere Sammlung. Ferner ist eine Feldlerche von Zante in der Koll. Mazziari in Athen. Auf Euböa (Lindermayer) und den Kykladen überwintern ebenfalls viele; doch bilden sich, nach Erhard, daselbst kleine Gesellschaften von 4—5 Stücken, niemals große Flüge. Dieser Beobachtung läuft die alte Angabe Sonninis zuwider, welcher auf den Feldern all dieser Inseln oft Schwärme beobachtete. Seit Lindermayer (1343) eine ausführliche Beschreibung der griechischen Winter- Feldlerche lieferte!) und Brehm (1845, Okens „Isis“) bemerkte, daß er die griechische !) Laut handschriftlicher Bemerkung Lindermayers muß dem Schlußsatze seiner Beschreibung: „In diesem Kleide erscheint sie wahrscheinlich in Deutschland“, das Wort „nicht* angefügt werden, wo- durch der Sinn allerdings vollständig geändert wird. 188 Ornis balcanica. Lerche nach jener Beschreibung- für verschieden von der deutschen Art halte, wurde von den verschiedensten Seiten der Versuch unternommen, durchgreifende Unterschiede herauszufinden. So namentlich durch Graf von der Mühle, der zwei Spielarten oder Arten aufzustellen versuchte, durch Brehm, der eine Feldlerche aus Griechenland erhielt, die sich durch weißen Vorderhals auszeichnet, weshalb er sie Alauda albieollis („Naumannia“, 1853, S. 14) benannte u.a.m. Lindermayer faßte schließlich alles als klimatische Abweichung auf. Ich selbst habe mich redlich bemüht, auf Grund von acht griechischen Beleg- stücken, irgendwelche deutlich erkennbare Unterschiede festzustellen, kann aber nur die Überzeugung aussprechen, daß ausschließlich individuelle Abweichungen vorliegen. Calandrella brachydactyla (Leisl.) — Kurzzehige Lerche. Die bedeutende Neigung dieser Lerche, in Größe und Färbung zu schwanken, hat besonders hinsichtlich griechischer Vertreter ganz unglaubliche Meimungsverschieden- heiten unter den Ornithologen hervorgerufen. Naumann vermutete sie 1324 als Bewohnerin des Landes, aber schon an ein von der Exped. scient. de Mor. (von Bory) in der Ebene von Mesalopolis erbeutetes und im Atlas abgebildetes Stück knüpfen sich Erörterungen, wie der griechische Vogel zu benennen wäre. J. G. St. Hilaire fand, daß dessen Unterseite lebhafter rot gefärbt sei als bei französischen und italienischen Vertretern. Auch die Flecken seien dunkler, die Brust und Augenstriche mehr fahlgelb als weiß und die Hinterhauptfedern länger gewesen. Unter der Abbildung des einzigen mitgebrachten Vogels steht dort Alauda arenaria Vieill. variete. Im allgemeinen kann man diese damals gewiß sehr kostspielige Abbil- dung nicht als sehr gelungen bezeichnen. Die Oberseite ist zu dunkel, die Unterseite zu licht ausgefallen und die Färbung und Form des Schnabels und der Füße sind un- richtig. So kam es, daß Temminck auf Grund dieser Abbildung an der Identität mit Cal. brachydacetyla zweifelte und annahm, daß sich das Belegstück vom Peloponnes durch stärkeren Bau, längeren Schnabel, mehr gegabelten Schwanz und längere Sekundär- schwingen unterscheide. Drummond behandelt diese Lerche für die Jonischen Inseln und Erhard für die Kykladen offenbar unter dem falschen Namen Al. isabellina. Graf von der Mühle brachte zwei Bälge aus Griechenland mit und fand an ihnen teilweise dieselben Abweichungen wie Geof. de St. Hilaire. Er fügt hinzu: „Die Kehle ist ganz weiß, der Bauch dagegen hell isabellfarben, die Weichen bräunlich überflogen, die Wangen und Öberschwanzdeckfedern dunkel isabellfarbig. Sollte sich diese Art bestätigen, so gehört ihr der Name: Phileremos moreatia.“ Später aber wurden diesel- ben zwei Stücke von Schuch bei der Übernahme in den Besitz des zoologisch-minera- logischen Vereines in Regensburg als Phileremos ruficeps (Rüpp.) aufgeführt und diese Aufschrift tragen sie fälschlicherweise noch heute, obwohl es ganz gewöhnliche Cal. brachydactyla sind, wie dies Degland (p. 333) ganz richtig ausgesprochen hat. Schlegel in seiner „Kritischen Übersicht“ begnügt sich, das bisher Erwähnte kurz zu- sammenzufassen, und fügt nur hinzu, daß schon Kayserling und Blasius (S. XXXVII) vermuteten, es handle sich hier um eine neue Art. Ganz selbstverständlich ist es, daß Chr. L. Brehm, welcher laut Baedeker und Päßler (Eierwerk) und durch E. v. Homeyer solehe Lerchen aus Griechenland erhalten hatte, was er nicht hoch genug zu schätzen wußte (s. „Ornith. Briefe“, S. 57), sich die III. Griechenland. 189 günstige Gelegenheit nicht entgehen ließ, um neue Arten aufzustellen. Zunächst unter- schied er (Okens „Isis“, „Stiftungsfest“ ete.) 1345 für Griechenland: 1. Cal. (— Melano- corypha) affınis, eine große Form! und 2. Cal. /tala „mit ins Rostgraugelbe fallendem Oberkörper und lehmrotem Kopfe, im Sommer fast ungefleckt“. Einen solchen Vogel besaß auch E. v. Homeyer (Journ. f. Om. 1873, 8. 194). Im „Vogelfang“ dagegen findet man zehn Jahre später für Griechenland unter- schieden: Melanocorypha graeca, tenuirostris und macroptera Alfr. u. L. Brehm. Tatsächlich sind unter den zehn aus verschiedenen Landesteilen von mir mit- gebrachten alten Vögeln nicht zwei, welche sich in allen Punkten gleichen würden. Bei einigen ist der dunkle Fleck an den Halsseiten deutlich ausgeprägt, bei anderen fehlt er nahezu gänzlich. Länge und Stärke des Schnabels schwanken merklich und am allerverschiedensten ist die Farbe und Fleckung der Oberseite. Durchwegs sind die griechischen kurzzehigen Lerchen etwas heller als diejenigen aus den nördlichen Balkanländern und immer herrscht bei ihnen die deutliche Isabellfarbe vor. Ein auf den Strophaden erlegtes Männchen (14. Mai) ist auf der ganzen Unterseite rostgelb gefärbt, doch schreibe ich dies zufälligen, äußerlichen Einwirkungen zu. Hier und da kommen auch eigentümlich dunkle Vögel vor. Einen solchen, von Seebohm mit- gebrachten, erwähnt Dresser und ein zweiter liegt mir aus der Gegend von Tripo- litsa vor. Während des Winters ist die kurzzehige Lerche im Gebiete durchaus nicht so häufig zu finden, wie Degland (p. 343) meint. Nur Lord Lilford will dies auf Korfu beobachtet haben und einmal erlegten im Jänner 1869 während eines scharfen Frostes Elwes und Buckley einige bei Athen. Die richtigste Angabe ihrer Ankunft finde ich bei Lindermayer in seiner ersten Arbeit mit Ende März. Ankunftstage für Attika vermerkte Dr. Krüper: 1867: 1. April; 1873: 2. April; 1374: 6. April. Ich 1897: 25. März bei Känurion (Akarnanien). Hauptmann Polatzek, Korfu, Levkimo 1898: 24. März. Als Abzugszeit wird von Lindermayer und anderen der August genannt. Bald nach der Ankunft beginnt das Brutgeschäft. Krüper sammelte die ersten Eier in Akarnanien, woselbst solche in großer Zahl auch Simpson von griechisehen Gassenjungen zugetragen wurden, am 5. Mai 1858 und 29. April 1859, dagegen am Parnaß erst am 13. Mai 1366 und ebendaselbst Seebohm am 11. Mai 1573. Einzelne Paare scheinen sehr früh zu brüten; so z. B. liegt vor mir ein noch nicht vollständig Hügger Vogel, welchen Strimmeneas am 27. April 1894 auf dem Hymettos ge- fangen hatte. Es möge nun die Aufzählung der Örtlichkeiten folgen, an welchen mir und an- deren das Vorkommen besonders aufgefallen ist. Auf Korfu fand ich zuerst fünf oder sechs Stücke am 19. April an der Bucht von Kalikiopulo; eine davon, die Santarius schoß, hat etwas verkrüppelte Zehen; dann trafen wir sie ein paar Tage darauf scharenweise umherstreichend im Valle di Korissia, so daß mit einem Schusse fünf erbeutet wurden, und auch am 6. Mai in der Umgebung von Levkimo. Ich muß sie hier als Brutvogel betrachten. Ziemlich selten schien sie mir zur selben Zeit auf Zante zu sein, aber auch auf den beiden Strophadeninseln erschienen Mitte Mai vorübergehend kleine Scharen. Für Santorin vermerkte sie Douglass in der ersten Maiwoche und auf Naxos stellte sie Krüper bloß in den niedrigen am Meere gelegenen Strichen fest. Er 190 Ornis balcanica. erhielt dort nur ein einziges Gelege. Nach Lindermayer ist sie eine Bewohnerin von Euböa. Auf dem Festlande sah ich die ersten ankommenden Schwärme am 28. März bei Naupaktos. Ein 9 wurde erlegt. Sehr viele sah ich ferner am 25. April und 4. Mai im Mündungsgebiete des Phidaris und bei Aetolikon, das erste wirkliche Paar am 4. April bei Missolonghi. Später während der Brutzeit gab es die meisten um Athen, namentlich in den trockenen Feldern gegen Wuliasmeni. Sehr häufig ist sie nach Seebohm auch in den sandigen Ebenen zwischen Athen und Marathon. Weiters um Velestino (Thessalien) und Tripolitsa (Arkadien), am Küstenstreifen südlich von Katakolo, weniger bei Modon. Bemerkenswert scheint es mir, daß ich einige Paare auf dem Taygetos in einer Höhe von über 2000 m wahrnehmen konnte. Über das Brüten schreibt Lindermayer: „Sie nistet auf den Feldern unter Disteln und niedrigem einjährigen Strauchwerke. Die von meinem Freunde, Herrn Professor Thienemann in Dresden, in seinem Eierwerke abgebildeten Exemplare sind etwas zu rötlich ausgefallen.“ Der Letztgenannte beschreibt drei von Griechenland erhaltene Nester folgender- maßen: „Aus Fasernwurzeln, Grasblättern und Distelpappus mit rotgrauer, toniger Erde zu fester Masse verbunden. Beim zweiten bilden Bruchstücke von Distelblättern, kleine Grasstöckchen und Distelpappus den kleinen, lockeren Napf. Das dritte im Inneren mit Köpfchen von Zagurus ausgekleidet.“ Maße und Gewicht von elf Eiern und einem Gelege sind folgende: L. 216 214 212 21 205 20:5 203 198 194 189 181 mm Br. 158 15° 147 157 15 146 142 155 148 15 146mm Gew. 145 135 145 14 14 135 35 4 4 14 11. aus Akarnanien und Attika. Gelege 4 Stück, Insel Poros, 26. April 1893. Normale lichte Färbung! 19020:9 20:8 20:7 20:3 mm Br. 15:6 154 15:6 15 mm Gew. 15 16 15 14 cg Melanocorypha calandra (L.) — Kalanderlerche. (Siehe Tafel III, Eier.) Als Brutvogel kann man die Kalanderlerche allerdings im Sommer in vielen Teilen Griechenlands antreften, jedoch die häufigste Lerchenart des Landes, wie Graf von der Mühle behauptet, ist sie gewiß nirgends und zu keiner Jahreszeit, wie dies übrigens auch schon von Lindermayer richtiggestellt worden ist. Es scheint mir, als ob die nördliche Hälfte des griechischen Festlandes ungleich häufiger von ihr besiedelt würde als die südliche. Im Winter freilich mögen stark- flügige Scharen in großer Zahl teils nach dem Süden ziehen, teils auf dem Peloponnes überwintern, denn die Kalanderlerche ist, wie aus: sämtlichen Beobachtungen hervor- geht, in Griechenland sowohl Zug- als Strichvogel, ja in gewisser Beziehung selbst Standvogel. Außer allgemeinen Bemerkungen über ihr Vorkommen im Lande, bei u III. Griechenland. 191 Naumann, Dubois, Rey und A. Brehm („Tierleben“), ergibt sich folgendes Ver- breitungsbild. Am allerhäufigsten fand ich brütende Kalanderlerchen in Thessalien in der Ebene von Velestino gegen den Karlasee zu. Dort stiegen aus den Feldern am 17. Mai 1394 allenthalben die trillernden Männchen empor, so daß wir leicht mehrere sammeln konnten. In Attika und Akarnanien fand sie Dr. Krüper brütend, vor allem aber im Tale nördlich des Parnaß; ferner wurde sie in großer Menge im breiten Tale des Asopos bei Theben (Mitte Juni 1836) von Fiedler beobachtet und wahrscheinlich während der Überwinterung, welche von allen Autoren bestätigt wird, von Drummond 1842 bei Lutraki am Isthmus nächst Korinth. In der Umgebung von Athen soll sie zwar häufig überwintern, jedoch durchaus nicht jeden Winter sichtbar sein. Im Jänner 1900 sammelte hier Leonis eine statt- liche Reihe. Ebenso ungleichmäßig tritt sie im Winter bei Missolonghi auf, wo Simpson sie 1859 sehr zahlreich nahe der Stadt antraf, während nur ein kleiner Teil zum Nisten verblieb. 1897 war von Jänner bis April daselbst nicht eine einzige zu bemerken und nur weiter westlich in der sumpfigen Niederung, wo sich die „Oeniadae“ genannten antiken Baureste befinden, überwinterten einige Flüge, von denen ich ein Männchen am 2. März auch erlegte. Diese Örtlichkeit entspricht genau der Schilderung ihrer Lieblingsplätze vom Grafen von der Mühle. Der Umstand, daß der Genannte angibt, mit einem Schusse M. calandra, C. brachydactyla und A. arvensis erlegt zu haben, gestattet den sicheren Schluß, daß seine diesbezüglichen Beobachtungen in die Wintermonate fallen. Auf den griechischen Inseln im Ägäischen Meere fand die Kalanderlerche zuerst Sonnini und bezeichnet sie als Zugvogel; Erhard reiht sie unter die Brutvögel der Kykladen und Lindermayer unter die Vögel Euböas ein. Lord Lilford war so glücklich, offenbar in irgend einem entlegenen Teile der Insel Korfu, einige Paare im Sommer (1558), also brütend, festzustellen. Drummond sowie auch mir ist dies auf jener Insel nie gelungen. Dagegen wurde diese Lerche nach dem Berichte des Letztgenannten, wenngleich sehr selten auf Zante geschossen, was ich für umso glaubwürdiger halte, als sie mir unweit davon auf der größeren Strophaden- insel zu Gesicht kam. Daselbst sahen ich wie auch St. Strimmeneas am 16. Mai 1893 zuerst eine, später St. Strimmeneas drei Kalanderlerchen nahe dem Monastir und tagsdarauf gelang es ihm sogar, ein Männchen zu erbeuten. Für die den Winter weiter im Süden verbringenden Vögel gibt Lindermayer Mitte April als Ankunfts- und Ende Oktober als Abzugszeit an. Die Legezeit beginnt nach Krüpers vieljährigen Erfahrungen Ende April, meistens im Mai und dehnt sich bis in den Juni hinein aus, die Zahl des Geleges ist gewöhn- lich vier, selten fünf. Einmal fand aber Krüper in Akarnanien am 1. Mai 1859 sogar ein Gelege von sieben Stück. Das Nest wird in Feldern und einsamen Heiden nur wenig geschützt angelegt. Thienemann beschreibt ein solehes aus Griechenland folgendermaßen: „Ziemlich massig und gut gebaut. Graue, kleine Distelblätter, Stöckchen von Filago und braunem Wein- bast nebst Grasblättern bilden das Material des ziemlich sorgsam verarbeiteten und zuge- rundeten Napfes, welcher 13 cm Breite, 5!/, cm Höhe, 7!/, cm Weite und 1 cm Tiefe hat.“ Die durch Krüper in den letzten Jahrzehnten ziemlich zahlreich in die Samm- lungen gelangten Eier scheinen ebenso wie die mir vorliegenden durchwegs vom Tale 192 Ornis balcanica. nördlich des Parnaßgebirges herzustammen. Maß und Gewicht von einem Dutzend Eiern sind: Gelege 4 Stück, vom 10. Mai 1890: 522242 241 24-1 23:6 mm Br. 17:6 17:7 ail 171 mm Gew. 27 28 Du 24 .0g. Bezüglich der Größenverhältnisse sowie der Färbung sind alle vier Eier äußerst gleich- mäßig und geradezu typisch. 26:4 X 19:3 mm, 30. cg; em großes Exemplar, mit wenigen, aber ausgedehnten Flecken in verschiedenen Abstufungen von Grau und Braun, so daß das Stück deutlichen Würgercharakter erhält. 25:8 X 181mm, 27:5 cg; vom 10. Juni 1888. Fleckenzeichnung sehr dieht über die ganze Eioberfläche gleichmäßig verteilt. Mit eigentümlichem Stich ins Rötliche. 257 X 154mm, 31 eg. 25:6 X 18°3 mm, 31 eg. 25°4 X 187 mm, 30:5 cg; vom 4. Juni 1888. 251 X 178mm, 25cg; am stumpfen Ende fast fleckenlos, am spitzen dagegen mit scharf abgegrenzten lila und dunkelbraunen Punkten und Flecken, so daß dieses Ei ein sehr fremdartiges Aussehen hat. 241 X 17T mm, 24 eg. 24 % 175mm, 25cg; vom 10. Mai 159%. Von Belegstücken dieser Lerchenart, welche aus Griechenland in Museen und Sammlungen gelangten, nenne ich jene der Koll. E. v. Homeyer (jetzt in Braunschweig), zwei aus Attika im Museum zu Athen und sieben in unserem Institute. Schon früher müssen aber mehrere Bälge aus Griechenland in die berühmte Sammlung des Pastors Chr. L. Brehm gekommen sein, denn er nannte diese griechi- schen Vögel an verschiedenen Orten!) Melanocorypha subcalandra oder auch sub- spezifisch M. calandra subcalandra, und zwar wegen ihres kürzeren Schnabels und hohen Scheitels. Auch wird von ihm im Texte zum Baedekerschen Eierwerke er- wähnt, daß die griechischen und russischen Vertreter lichter gefärbt sind als die spani- schen, westasiatischen und nordwestafrikanischen. Die Untersuchung des mir zugäng- lichen Materiales zeigt mir aber, daß auch unter den griechischen Stücken lichte mit dunklen sowie solche mit längerem und kürzerem Schnabel abwechseln, weshalb die obigen Merkmale der subealandra wohl schwerlich stets in Griechenland zu finden sein dürften. So ist z.B. ein Stück aus der Umgebung von Tripolis (Jänner 1895) ganz außerordentlich dunkel, ja fast melanistisch gefärbt. Den schmalsten und unbedeutendsten Halsfleck, kaum deutlicher ausgeprägt als ein aus der Umgebung von Athen stammendes junges Weibchen, zeigt en Männchen aus Velestino, während den kräftigsten Halsfleck das Männchen aus Akarnanien auf- weist. Wir werden also bei der Annahme nicht fehlgehen, daß es sich hierbei um individuelle Eigentümlichkeiten handelt. Auch die Stärke des Schnabels unterliegt ganz beträchtlichen Schwankungen. !) 1845 „Stiftungsfest“ ete., in Okens „Isis“ und 1863 „Die Kanarienvögel“ ete., endlich subspe- zifisch 1856 „Naumania“ VI, 8. 374. III. Griechenland. 193 Es ist bekannt, daß die Kalanderlerche in der ganzen Levante ein außerordent- lich beliebter Käfigvogel ist, für welchen fabelhafte Preise bezahlt werden. Jung ein- gefangene Vögel haben stets den Vorzug und manche singen tatsächlich entzückend, wie z.B. die einzige Kalanderlerche, die ich in den engen Straßen Korfus zu hören bekam. Zur Zeit des Grafen von der Mühle wurden sie besonders häufig bei Patras und Missolonghi gefangen und der Handel mit solchen lag damals hauptsächlich in den Händen der Tabakhändler von Athen, welchen dadurch namhafter Gewinn erwuchs. Galerida arborea (L.). Lullula arborea L. — Heidelerche. Bis vor nicht allzulanger Zeit war es noch nicht ausgemacht, ob man die Heide- lerche zu den griechischen Brutvögeln zu zählen habe. Lindermayer und Graf von der Mühle kannten sie vom Festlande und von Euböa bloß als häufigen Wintergast in der Zeit von Ende Oktober bis Ende März. Tatsächlich macht sich das Auftreten zur strengen Jahreszeit, wo sie sich zu kleineren oder größeren Flügen vereinigt, viel eher bemerkbar als zur Brutzeit in den Gebirgslagen. Auf Korfu wurde sie von Drummond in kleineren Flügen von Ende September bis zum Frühjahre beobachtet, wo sie sich dann in die Gebirge des nahen Albanien zu- rückzieht; doch ist Lord Lilford der Ansicht, daß einige wenige Paare zum Brüten dennoch zurückbleiben, was in den gebirgigen Teilen der Insel sehr leicht möglich: ist. Mir begegnete nur einmal ein Flug am 19. Jänner 1897 in den Weingärten des Valle di Korissia, von wo ich mir ein Weibchen für die Sammlung holte. Von Zante befindet sich ein Stück in der Koll. Mazziari in Athen und nach Erhard überwintert sie in unstet umherstreichenden Scharen zu vielen Tausenden auf den Kykla- den. Mir kam die Heidelerche am häufigsten und zahlreichsten als Wintergast im Februar 1897 in Akarnanien zu Gesicht: In den Olivenwäldern um Missolonghi (hier zuerst von Simpson angegeben!), auf den Dünen westlich von dort, in den Vorbergen des Zygos und den Hängen des Varassovo, überall wimmelte es geradezu von überwintern- den. Ein Stück unserer Sammlung erlegte Baron Schilling am 30. November 1898 aus einer Schar von zehn Heidelerchen, die sich beim Monastir Angelokastron herumtrieb. Krüper, dessen Beobachtungen später auch v. Heldreich und Seebohm kurz vermerkten, stellte zunächst fest, das @. arborea in vielen Paaren in den griechischen Gebirgen brütet und daher zu den Standvögeln zu zählen ist. Er erhielt im Mai am Parnaß wiederholt Eier und fand brütende Paare auch im Taygetos. Ich kann hinzu- fügen, daß es sogar in nächster Nähe der Hauptstadt am Hymettos Brutpaare gibt. Hier scheint diese Lerche aber sehr vorsichtig zu sein, da es mir erst mit dem achten Schusse auf weite Entfernung am 11. Mai 1894 gelang, ein Weibchen mit Brutfleck zu erbeuten. Außerdem vermerkte ich ihr Vorkommen im Sommer noch an drei Stellen des Peloponnes: in Elis, wo sie recht zahlreich die Blößen des Eichenwaldes Kapellis belebt, in einigen Paaren auf dem Gipfel des Ithomeberges in Messenien seßhaft und auf allen Vorbergen des Taygetos, z. B. den Xerowunibergen bis zum Malevos sowie auf dem Hauptgebirge bis nahe der Baumgrenze zu finden ist. Von allen diesen Orten zeigen die gesammelten Stücke, mit Ausnahme der überall auftretenden individuellen Größenunterschiede, nichts Abweichendes von der typischen G. arborea, weniger vielleicht als in den östlichen Balkanländern. Einen nahezu vollständigen Albino, erlegt bei Lamia am 23. Dezember 1900, sandte St. Strimmeneas ein. Reiser, Ornis balcanica. II. 13 194 Ornis baleanica. Auch griechische Eier gleichen mitteleuropäischen vollständig. Fünf einzelne Stücke, von Krüper in der Zeit zwischen dem 25. April und 22. Mai am Parnaß ge- sammelt, haben folgendes Maß und Gewicht: 22:5 22:3 22-1 20.9 20:3 mm Br. 165 166 163 164 159 mm Gew. 17 20 18 13 16 eg Galerida cristata (L.) — Haubenlerche. Die gewöhnliche Form der Haubenlerche Mitteleuropas findet sich in den meisten Landesteilen Griechenlands als Standvogel recht häufig; doch gibt es an den gleichen Orten bezüglich der Gefiederfürbung eine Menge Abstufungen bis zum deutlichen Rost- rot, welche seit langem den verschiedensten Ornithologen viel zu schaffen gegeben haben. Nicht allein Straßen, Weinberge und Gärten liebt sie hier, wie Lindermayer sagt, sondern auch besonders öde Plätze und ausgetrocknete Flußbette, wie Graf von der Mühle ganz richtig angibt. Wenden wir uns den einzelnen Gegenden zu, wo ihr Vorkommen besonders an- geführt werden kann, so ergibt sich folgendes: Auf Korfu trafen Drummond und Lord Lilford die Haubenlerche sehr häufig während des ganzen Jahres und auch ich kann dies auf Grund meiner vier dortigen Besuche bestätigen. So ist sie namentlich bei den Ziegeleien und dem Schlachthause in der Nähe der Hauptstadt häufig, dann in den Weingärten des Valle di Korissia, in den Olivenhainen bei Levkimo und auch am Nordsaume der Insel. Auf Zante ist die Haubenlerche geradezu massenhaft auf den öden Feldern des Kap Geraki, welche spärlich mit Gebüsch bewachsen sind, und auch in anderen Teilen der Insel zu finden (Exemplar auch in der Koll. Mazziari in Athen). Ungemein viele beobachtete ich am Plateau von Kythera Ende Juni (1898); daher muß ich die Angabe Jamesons als ungenau bezeichnen, welcher die Haubenlerche auf dieser Insel bloß im Winter und Frühling bemerkt haben will. Auf den Kykladen wurde sie von Erhard zunächst als Standvogel erkannt, dann von Krüper für Naxos, von wo er auch Gelege erhielt, als ziemlich häufig bezeichnet. Auf dieser Insel gibt es sowohl in den Sanddünen nahe der Hauptstadt, als auch bei Melanes und im Gebirge im Zentrum genug. Ich beobachtete, wie diese Lerchen am Abend des 11. Juni 1894, über die Dünen hin- und herfliegend, dann in beträchtliche Höhe aufsteigend und singend, heftig, aber vergeblich von einem Turmfalken verfolgt wurden. Auf dem nahen Santorin wurde die Haubenlerche häufig in der ersten Woche des Mai 1892 von Douglass und auf Euböa von Lindermayer bemerkt und auch auf Skyros soll es viele geben. Von der letzteren Insel liegt mir ein und von den früher genannten fünf selbst gesammelte Exemplare zum Vergleiche vor. Auf dem griechischen Festlande wurde ihr Vorkommen auf dem Peloponnes zu- nächst durch die Exped. scient. de Morde nachgewiesen und auch wir begegneten ihr dort mehrfach, z. B. in mehreren Paaren, wovon auch ein ad 9 am 1. Juni 1898 zwischen Pylos und Modon geschossen wurde. In Attika ist sie sehr häufig, so in den Türkenbergen bei Athen, dann auf den Feldern gegen den Hymettos und von hier gegen Wuliasmeni zu wird sie geradezu III. Griechenland. 195 ein Charaktervogel der Landschaft. Auch auf der kleinen Q@uarantäneinsel Hag. Georgios bei Salamis stellte ich 1894 zwei Brutpaare fest. Von diesen Örtlichkeiten rühren sieben weitere Stücke unserer Sammlung und drei des Museums Athen, zumeist Herbst und Wintervögel, her. Weiter westlich erlegte ich am 19. Juli 1894 unweit des Hafenortes Vitrinitsa ein altes Weibchen, welches von allen Stücken aus Griechenland im ganzen Gefieder, namentlich aber auch an der Unterseite den stärksten Rostanflug zeigte. In Akarnanien beobachtete ich (10. Februar 1897) viele auf der Düne bei Kap Skropha; die meisten gab es aber in den Olivenwäldern zwischen Missolonshi und Aetolikon, dann auch höher oberhalb davon auf den kahlen Hügeln, sowie am Hange westlich von Aetolikon, wo sich diese Lerchen mit Vorliebe zwischen dem Judendorn (Paliurus) herumtrieben. Übrigens bezeichnet Simpson ihr Vorkommen in diesem Gebiete als ein ungleichmäßiges und in manchen Teilen spärliches und fügt, ebenso wie Graf von der Mühle, die Bemerkung bei, daß sich die Haubenlerche im Winter in kleinen Scharen zusammen mit der Heidelerche herumtreibt — eine Beobachtung, die ich selbst nie gemacht habe. Bezüglich der Gefiederfärbung der griechischen Haubenlerche hat Lindermayer in seiner ersten Arbeit (1843) als erster der Meinung Ausdruck verliehen, daß ihr Gefieder im Sommer einen rötlichen Schimmer annimmt, besonders an der Innenseite der Flügel und der Tragfedern, so daß der Vogel im Fluge dann „rosarötlichpurpurn“ aussieht. Auch später noch hielt Lindermayer an dieser vorübergehenden Rotfärbung (nach der Begattung!) fest und sagt ausdrücklich, daß auf Grund eingehender Beob- achtungen er trotzdem bloß eine Art der Haubenlerche anerkennen kann. Meiner Meinung nach beruht die oben angegebene Färbung im Fluge ausschließlich auf Farben- reflexen an den sonnendurchglühten Aufenthaltsorten dieser Lerche. 1844 gibt Graf von der Mühle (S. 35) auf Grund eines einzigen Belegstückes, welches gegenwärtig nicht mehr vorhanden zu sein scheint, die Beschreibung seiner Alauda ferruginea. Mit Ausnahme der deutlich ersichtlichen, ausgesprochenen Rost- färbung sind aber alle anderen Unterschiede so undeutlich und unwesentlich, daß Graf von der Mühle selbst durchaus nicht bestimmt für diese neue Art eintrat. 1858 erkennt Erhard (S. 58) dieselbe als „eine konstante südliche Varietät“ an und bezeichnet sie als häufiger auf den Kykladen als die typische @. eristata. Doch ist seine Angabe, daß sie nicht selten so groß wie eine Wacholderdrossel wird, zweifel- los stark übertrieben. Noch im selben Jahre beschrieb Chr. L. Brehm („Naumannia“ VIII, S. 208) wahr- scheinlich dieselbe Haubenlerchenform aus Griechenland als Galerita cristata angusti- striata nach deren schmalen Kropfstreifen. Doch fand ich diese nicht allein bei griechi- schen Stücken, sondern auch im allgemeinen äußerst veränderlich. In dem bekannten, von Baedeker, Brehm und Päßler (1863) herausgegebenen Eierwerke wird @. ferruginea (Graf von der Mühle) als selbständige Art behandelt und ausdrücklich bemerkt, daß Brehm von Griechenland auch die gewöhnliche Form der Haubenlerche besitze. Wie bei so vielen anderen Arten wird auch bei @. ferru- ginea in diesem Werke nicht allein eine Beschreibung der Eier, sondern auch des Jugendkleides gegeben. Dieses soll auf dem Oberkörper matt rostbraungelb mit brau- nen Halbringen vor dem weißlichen Spitzensaume auch an den Schwingen sein. Die 2., 3. und 4. Steuerfeder grauschwarz, die mittleren matt rostfarben; der weißliche Unterkörper am Kropfe verwaschene, matt rostbraune Flecke. 13* 196 Ornis baleanica. Ein am 22. Juni 1894 auf Naxos von uns erbeutetes eben flügges Junges, dessen Eltern die bekannte auffallende Rostfarbe trugen, zeigt aber von der obigen Charak- teristik fast gar nichts, sondern vielmehr eine deutliche, fahle Isabellfärbung der ganzen Oberseite. Weiters gibt 1873 Dresser die Maße einer Haubenlerche von Korfu (leg. Han- bury Barclay), vergleicht außerdem eine andere (C’) aus der Umgebung von Athen (leg. Elwes, 20. Jänner 1869) und kommt dann zu dem Schlusse, daß kein Unterschied zwischen griechischen und Vertretern aus Mitteleuropa zu entdecken sei. Schließlich findet auch E. F. v. Homeyer, dem griechische Belegstücke in seiner Sammlung ge- nügend zur Verfügung standen (Cab. Journ. f. Orn. 1873, S. 204 und 1882, S. 315), an ihnen zwar die meiste Rostfarbe, aber keine so großen Unterschiede, daß deshalb eine Spielart aufzustellen ihm berechtigt erscheint. Dieser Ansicht namhafter Forscher schließe ich mich auf Grund des vorliegenden Materiales vollkommen an. Die dunkelste unter den vorliegenden Lerchen stammt von Korfu; am meisten kostfarbe zeigen jene von Vitrinitsa und auch von Kythera. Wieder andere gleichen vollständig der Piilocorys senegalensis (P. L. S. Müll.), so z. B. der Vogel von Skyros, und zwischen diesen gibt es wieder welche, bei denen man in Zweifel bleibt, wohin sie am richtigsten zu stellen wären. Bezüglich der Ptylocorys senegalensis bemerke ich, daß meine Augen nicht imstande waren, bei noch so sorgfältigem Vergleichen die asch- grauen Flecken der Flügeldeckfedern auf der Abbildung in den „Magyarorszäg Madarai“ von Dr. v. Madaräsz auch an der im Nationalmuseum in Budapest befindlichen unga- rischen Type zu erkennen, und auch die übrigen Unterscheidungsmerkmale vermag ich nicht zu verwenden, da mir die Beschreibung Müllers (1776) leider nicht zur Ver- fügung steht. Betreffs der Brutzeit muß es auffallend erscheinen, daß sie in Griechenland erst gegen Mitte April zu beginnen scheint. Sechs Eier, welche Krüper versandte, tragen die Daten 15. April 1890, 24. April 1890, 24. April 1897, 1. Mai 1879, 10. Mai 1881 und 10. Juni 1892. Ihre Maße betragen: L. 24:9 23:3 22:5 22 21 20:9 mm Br 117902746:40° 7167 W167. 716 972159 mm Gew. 24 19 18 17:5 16 INeecg In dem Baedekerschen Eierwerke ist Taf. 66, Nr.9 die Abbildung und Be- schreibung von drei Eiern der @. ferruginea enthalten, welche für Exemplare aus Griechenland ganz gut paßt und daher hier wiedergegeben werden soll: „Ihre Eier sind lichter und klarer als die der Haubenlerche, auch kleiner und von zarterer Schale. Sie haben weißgrauen Grund, sind in der Schale mit deutlichen blaugrauen und darüber mit braun- oder grüngelben, gesonderten oder verwaschenen Flecken bedeckt, jedoch so, daß die Grundfarbe hell hervortritt. Manche sind grob, andere fein gefleckt.“ Nach dem mir vorliegenden Materiale kann ich nur sagen, daß diese Eier in Größe, Form und Fleckenzeichnung vielfach schwanken. Budytes flavus (L.) — Sehafstelze. Wie nicht anders zu erwarten, findet jährlich im Frühling und Herbst ein starker Durchzug von Schafstelzen statt. Zu beiden Jahreszeiten erfolgt derselbe allmählich III. Griechenland. 197 und dauert eine geraume Zeit hindurch an, wie dies meine Beobachtungen wenigstens für den Frühjahrszug zeigen werden. Die ersten Ankömmlinge traf ich auffallend spät erst am 15. April 1897 bei Myle (Lerna) und ebenso am 24. desselben Monates bei Chasani (Attika) recht viele. Auf Korfu gab es 1394 am 17. April im Valle di Ropa und am 19. April an der Bucht von Kalikiopulo, namentlich an deren Ostrand bei Analipsis, viele Hunderte. 1597 stellten wir vom 4. bis 6. Mai bei Mesongi, Potamo und Levkimo riesige Mengen von Durchzüglern fest. Ebenso auf Zante 1898 in der sumpfigen Niederung südlich der Hauptstadt sowie bei Katastari sogar noch vom 8. bis 11. Mai. Auf den Feldern der Strophadeninsel stellten sich selbst am 14. Mai massenhaft neue Ankömmlinge ein. Ein auffallend frühes Durchzugsdatum gibt F. Schmidt für Attika an: 9. März 1866 (etwa griechischen Kalender?). Vom Herbstzuge wissen wir bloß durch Krüper, daß er in die Monate August und September fällt. Ein Paar junger Vögel, von Leonis am 8. Oktober 1894 am Phaleron erlegt, beweist aber auch für den Herbst eine lange Ausdehnung der Zugfrist. In Griechenland überwinternde Vögel habe ich selbst niemals beobachten können. Da aber von mehreren Beobachtern ein Überwintern gemeldet wird, so mag wohl hier und da eine Ausnahme von der Regel vorkommen, wenngleich hier wie anderwärts hierbei stets Verwechslungen mit Motacilla melanope zu befürchten sind. Solche Angaben über B. flavus im Winter finden sich bei Jameson für Kythera,!) bei Graf von der Mühle für Nisi auf dem südlichen Peloponnes, bei Erhard für die Kykladen, bei Simpson für Akarnanien und bei Kronprinz Rudolf für Zante (ein Exemplar am Fuße des Skopos 14. Februar 1881). An ein Brüten der Schafstelze in Griechenland denkt seit Graf von der Mühle, der von Lindermayer diesbezüglich berichtigt wurde, niemand mehr. Ganz un- möglich wäre dies vielleicht in Thessalien nicht, wo ich bei Petra am Karlasee zur Brutzeit (18. Mai) mehrmals einzelne Budytes fliegen sah, ohne erkennen zu können, ob selbe zu favus oder zu melanocephalus gehörten. Da es im Gebiete des heutigen Griechenland weder eigentliche Wiesen noch Hut- weiden gibt, lassen sich die Schafstelzen auf ihrem Zuge meistens am flachen Meeres- ufer, in sumpfigen Niederungen oder auch weitab von jedem Wasser zwischen Weide- vieh auf den steinigen Feldern nieder und man kann sie dann auch, sehr im Gegen- satze zu D. melanocephalus, mitten im Gebirge antreffen, wie z. B. einst Krüper hoch im Parnaß einen Schwarm bei einer Ziegenherde beobachtete. Budytes flavus taivanus (Swinh.) — Chinesische Schafstelze. Zu den merkwürdigsten und zufälligsten Entdeckungen während meiner griechi- schen Reisen gehört ohne Zweifel die Erbeutung eines Paares dieser Schafstelze, mit welcher sich erst in den letzten Jahren namentlich ungarische Omnithologen eingehender beschäftigt haben. Gerade auf Grund der ausführlichen Auseinandersetzungen G. v. Almäsys in Tschusis Jahrbuch IX (1898), p. 105—111, sowie der Abbildung in dem II. Hefte der „Magyarorszäg Madarai“ von Dr. v. Madaräsz, welche vorzüglich zu dem 1) Ein Belegstück von dieser Insel befindet sich im Museum Tristram mit dem Datum 4. Mai 1858. 198 Ornis balcanica. griechischen Exemplare (C‘) paßt, behandle ich dieses als die durch die Überschrift ge- kennzeichnete östliche Schafstelzenform. Es war am 29. Mai 1894 während meines kurzen Aufenthaltes auf der kleinen, flachen Sporadeninsel Psathura, die am weitesten nach Norden vorgeschoben erscheint, als im letzten Augenblicke, bevor ich durch den heranbrausenden Sturm gezwungen wurde, jenes Eiland zu verlassen, ein Schwarm Schafstelzen aus den Wolken herabwirbelte. In größter Eile war es mir noch möglich, einen Schuß anzubringen, das daraufhin liegen gebliebene Schafstelzenpärchen in die Tasche zu schieben, so schnell als möglich durchs seichte Wasser watend die Segelbarke zu erreichen, die den Anker zu lichten schon längst bereit war, und fort ging's im Saus in die hochgehende See. Das Männchen dieses Paares ist ein kräftiges Stück mit sattgelber Unterseite und geringer dunkler Tropfenzeichnung an den unteren Kehlseiten. Ebenso gelb gefärbt ist der langgezogene Superziliarstreifen und ein paar Federchen unterhalb des Auges. Der graue Stirnfleck ist nur schwach sichtbar und Oberkopf und Nacken hat genau die- selbe olivenbraungrüne Farbe wie die ganze obere Seite des Vogels. Beim Weibchen kann ich mit dem besten Willen keinen Unterschied vom typi- schen Budytes flavus herausfinden. Maße dieses Paares: d Ganze Bänger 2.2.2168 159 mm Eliseless were 56 U, Schwanz U) Schnabeler se 137, arsuser Eee > 22 Außerste Steuerfeder weiß bis auf einen schmalen schwarzen Streifen auf der Innenfahne. Zweite Steuerfeder schwarz bis auf einen kleinen weißen Spitzenfleck. Deshalb gehört das von Lindermayer S. 82 beschriebene Stück mit nur vier mittleren, ganz schwarzen Steuerfedern nicht hierher. Graf von der Mühle schreibt in seinem Buche S. 60 folgendes: „Ich besitze auch ein Männchen, das viele Scheitelfedern mit zeisiggrünen Rändern hat, was an die Mot. flaveola Temmincks erinnert.“ Diesen Vogel glaube ich mit Bestimmtheit, samt einem zweiten jüngeren Vertreter in der Regensburger Sammlung, welche bekanntlich die Reste der griechischen Ausbeute Graf von der Mühles enthält, wiedergefunden zu haben. Der jüngere Vogel ist 1901 durch Tausch in den Besitz unserer Anstalt über- gegangen. Beide Stücke, die gegenwärtig übrigens als Mot. campestris bezeichnet sind, haben außer dem grellgelben Augenstreifen alle Kennzeichen der D. flavus taivanus, weshalb ich nicht anstehe, sie hierherzubeziehen. Budytes flavus borealis (Sund.) und Budytes flavus einereocapillus (Navi) — 6rauköpfige Schafstelze. Beide Formen können nach meinen Erfahrungen für Griechenland ausschließlich als Durchzügler in Betracht kommen. Sie wurden bisher ebensooft mit einander als auch mit BD. flavus verwechselt. Mir selbst ist in Griechenland bloß die nordische Form untergekommen, obwohl ich viele Dutzende von am Zuge begriffenen Schafstelzen er- legte. Da jedoch die mehr oder weniger weißkehlige, südliche Form gar nicht viel weiter nördlich schon Brutvogel ist, so muß sie ohne Zweifel auch Griechenland auf u / III. Griechenland. 199 dem Zuge berühren und tatsächlich besitzt das Britische Museum ein Stück mit der Angabe: Greece (Cat. of B., vol X, p. 527). Budytes flavus borealis traf ich in Griechenland vielfach zusammen mit Anthus cervinus, also zwei Reisende, die denselben Weg zurückzulegen haben! In großer Menge und vermischt mit typischen B. flavus beobachtete und erlegte ich nordische Grauköpfe am 5. und 6. Mai 1897 bei Potamö und Levkimo auf Korfu. Möglicherweise gehören hierher jene Vögel, über welche Lord Lilford unter Motaeilla einereocapilla schreibt: „Sie kommen in großer Zahl in Korfu gegen Mitte April an und man findet sie zu dieser Zeit in kleinen Flügen auf allen kärglichen Matten und in den Kukuruzfeldern der Insel. Ich konnte kein Nest von dieser Gattung finden, obwohl ich während des ganzen Sommers einige wenige Paare beobachtete.“ Hierzu bemerkt sehr zutreffend Dresser (1875): „Da Ed Lilford M. flava in sein Werk nicht aufgenommen hat, können sich diese Bemerkungen wahrscheimlich ebensogut auf diese Art als auf den genannten Vogel beziehen; ich finde, daß ver- schiedene Autoren der Ormnithologie Griechenlands diese Art (M. viridis) mit M. flava vereinigen, so daß es schwer ist zu sagen, ob dieser Vogel dort häufig ist oder nicht.“ Zum ersten Male wird BD. ceinereocapillus von Lindermayer in seiner ersten Arbeit für Griechenland angeführt, leider aber schon 1856 von ihm im „Mon. grec“ wieder gestrichen. Er sagt: „Kommt häufig im Frühjahre auf die Triften in der Nähe des Meeres. Ob sie nieht eher eine Varietät genannt werden dürfte als die melano- cephala?“* Eine für die damalige Zeit gewiß bemerkenswerte Frage! E. F. v. Homeyer, welcher irrigerweise B. Feldeggi Michah. 1830, für eine grau- köpfige Stelze hielt, und zwar als Synonym mit 2. f. einereocapillus (Savi), gab fälsch- lich einen Teil von Griechenland als ihre Heimat an (Cab. Journ. f. Orn. 1878, S. 130) — ein deutlicher Beweis, wie schlecht man bis in die neueste Zeit über die Verbreitung der einzelnen Formen unterrichtet war. Auf dem griechischen Festlande habe ich je ein Stück von B. flavus borealis am 26. und 29. April 1894 am Strande bei Kryoneri (Akarnanien) und bei Aetolikon deut- lich beobachtet und am 24. April 1897 einen kleinen Flug bei Wuliasmeni (Attika) an- getroffen, von dem mir ein ad c’ auch vorliegt. Alle drei von den angegebenen Ört- lichkeiten stammenden Männchen zeigen beste die eigentümliche dunkle Kopffärbung mit Andeutungen eines Augenstriches, den deutlichen Stich ins Grünliche des Rückengefieders und haben keine Spur von Weiß an der Kehle. Budytes melanocephalus (Lieht.) — Schwarzköpfige Schafstelze. Gerade die sämtlichen deutschen Ornithologen, welche über Griechenlands Fauna geschrieben haben, betonen mit aller Entschiedenheit auf Grund ihrer vielfältigen Er- fahrungen, daß diese Schafstelze eine vollkommen selbständige Art bildet, und gerne bekenne ich, das ich mich dieser Anschauung vollkommen anschließe. Es würde zu weit führen, wenn ich hier alle die langen Auseinandersetzungen von Lindermayer, Graf von der Mühle, Erhard und Krüper wiederholen würde, aber die wichtigsten Gründe der Trennung seien hier angegeben. Wenngleich die Behauptung, daß B. melano- cephalus erst dann im Frühling in Griechenland erscheine, wenn die anderen Budytes- Arten schon weitergezogen sind, nicht genau zutrifft, so kann man doch beobachten, daß der Zug gänzlich gesondert erfolgt und daß gerade in Griechenland M. melano- cephalus sich nie im Innern des Landes zeigt, sondern während des Sommers als einzige gelbe Stelze die Küstenstriche bewohnt. 200 Ornis balcanica. Auch über die nördliche Grenze ihres Sommeraufenthaltes sind wir heutzutage ziemlich gut unterrichtet und wissen, daß sie viel weiter nördlich liegt, als man früher annahm, und daß überall dort, wo B. melanocephalus brütet, keine andere Budytes-Art zu finden ist. Die schwarzköpfige Schafstelze ist aber auch durchschnittlich viel kräftiger ge- baut!) als die verwandten Arten und ich bin überzeugt, daß sich bei genauem Ver- gleichen auch deutliche anatomische Unterschiede herausstellen werden. Bezüglich des Gefieders wurde schon frühzeitig die Sonderstellung von Autoritäten angebahnt; so z. B. schreibt Chr. L. Brehm unter dem 22. April 1345 an E. F. v. Ho- meyer („Ornith. Briefe“, S. 69): „Sie erhalten erstens B. melanocephalus aus Griechen- land. Dieser Vogel unterscheidet sich von allen deutschen durch das dunkle, weit herabgehende Schwarz des Kopfes und die herrlichen Flügelbinden; alle, welche ich sah, stimmen vollkommen mit einander überein.“ Zander („Naumannia“ 1851, I, 4, p. 16) wiederholt fast die sämtlichen vom Grafen von der Mühle angeführten Unterscheidungsmerkmale und zählt die Länder ihrer Verbreitung von Griechenland an gegen Süden auf. Baron Selys Longehamps („Naumannia“ 1856, VI, S. 390) sucht Budytes nach der Kehlfärbung zu sondern, kennt die typische griechische Schwarzkopfstelze und glaubt an das Vorkommen von Übergängen zu B. flavus. Lord Lilford stellt sie merkwürdigerweise D. rayi zunächst und Seebohm be- nennt sie trinär Motacilla flava melanocephala. Bezüglich des aus Griechenland stammenden Materiales an Bälgen von dieser Art erwähne ich, daß außer den Stücken der Brehmschen Sammlung ein Männchen 1847 dem zoologisch-mineralogischen Verein in Regensburg vom Sekretär Dr. Schuch geschenkt wurde; ferner liegen im Museum von Athen drei Stücke aus Attika, ein weiteres gelangte von dort durch Herrn Merlin sen. an das British Museum und ein bei Misso- longhi von H. Seebohm am 29. Mai 1873 erbeutetes 0’ in das Museum von H. Saun- ders; endlich konnte ich neun Stücke, nämlich vier Männchen und fünf Weibchen in die hiesige Sammlung einreihen. Die Schwarzkopfbachstelze ist in keiner anderen Gegend Griechenlands zu so vielen Malen aufgesucht und beobachtet worden als an den Lagunenrändern und auf den Laguneninseln Akarnaniens. Für diese Plätze, auf welchen nur wenig Graswuchs, dafür aber umso mehr Seggen und Salzkräuter gedeihen,?) ist sie eine ebenso bezeichnende als auch das Auge erfreuende Erscheinung. Namentlich das Männchen ist es, welches durch seine grelle, leuchtend gelbe Unterseite und den sattschwarzen Kopf, dann aber durch seine außerordentliche Beweglichkeit im Laufen und Fliegen die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Aber selbst dann, wenn die Augen dauernd nur der Wasserfläche zu- gewendet sind, wird man durch den weit hörbaren Lockton der Stelze an ihre An- wesenheit erinnert. An diesen Örtlichkeiten gibt es nur sehr wenig Kleinvögel, wes- halb der muntere Vogel von jedermann umso freudiger begrüßt wird. In anziehender Weise hat Simpson im „Ibis“ 1860 seine diesbezüglichen Wahrnehmungen beim Be- treten jener Inseln, welcher Besuch freilich in erster Linie das Auffinden der „un- zweifelhaft echt“ so schwer erhältlichen Eier bezweckte, geschildert. Auch er tritt für die Sonderung dieser Stelze als selbständige Art von den nächsten Verwandten ein. 1) Graf von der Mühle hält sie für gestreckter! ?) Lindermayer fand ihre Lieblingsplätze vorzugsweise in der Nähe des Meeres, wo sich Süß- wasser mit diesem vermischt, vor allem wo Tamariskensträucher, Binsenarten und Salsola wachsen. III. Griechenland. 201 Die Ankunftszeit ist bei B. melanocephalus, ebenso wie überhaupt bei Budytes unregelmäßiger als bei verwandten Vogelarten; auch scheint mir zwischen der Ankunft der ersten ein ungewöhnlich langer Zwischenraum bis zu jener der Hauptmenge Regel zu sein. Nach Krüper!) wurde 1868 die erste in Attika (Phaleron) am 18. März erlegt (sehr früher Zeitpunkt); 1873 ebendaselbst am 24. März; 1374 ebendaselbst am 1. April. 1597 wurde die erste bei Aetolikon am 24. März beobachtet (Führer), aber erst am 2. April waren daselbst ungemein viele sichtbar. Der Abzug ist, wie Krüper bemerkt, noch nicht genau beobachtet worden; doch setzt er ihn für Ende August oder September, Lindermayer für anfangs oder Mitte August an. Im nachfolgenden soll die Verbreitung der Art in Griechenland des näheren er- sichtlich gemacht werden, da diesbezüglich, wie z. B. beim Graf von der Mühle, Un- genauigkeiten vorgekommen sind. Auf Korfu wurde sie von Lord Lilford, zusammen mit grauköpfigen Stelzen, aber in viel geringerer Zahl beobachtet. Sie verbleiben nach ihm nur wenige Tage dort. Aber auch Drummonds „favus mit pechschwarzem Kopfe zur Brutzeit“ gehört zwei- fellos hierher. Er vermerkte die Ankunft auf Korfu in Menge gegen den 1. April. Die vielfachen von Strickland an jener Stelle aufgestellten Fragen können heutzutage wohl als gelöst betrachtet werden. Die Schwarzkopfstelze war einer der ersten Vögel, deren ich auf griechischem Boden ansichtig wurde; am 17. April 1894 traf ich sie gleich außerhalb der Hauptstadt Korfu neben Weidevieh umhertrippelnd und zwei Tage später holte ich mir ein sehr altes Weibchen vom Strande der Bucht von Kalikiopulo. Aber noch am 2. bis 5. Mai 1897 gab es geradezu sehr viele an der Mündung des Potamö sowie auch bei Lev- kimo. Zumeist befindet sich Anthus cervinus in ihrer Gesellschaft. Ich halte es für durchaus nicht ausgeschlossen, daß mehrere Paare an geeigneten Plätzen der Insel auch brüten. In Attika ist der Phaleron ein Lieblingsaufenthalt, allerdings nur für kurze Zeit; dagegen ist sie Brutvogel in Thessalien, und zwar namentlich bekannt von der Um- gebung von Volo und Lamia, von wo zwei sehr schön ausgefärbte Männchen und ein Weibchen unserer Sammlung herrühren. Noch häufiger tritt sie auf dem Peloponnes auf. Daselbst fand ich viele am 15. April 1897 zwischen Argos und Lerna (Myli), einige Brutpaare in den Sümpfen nördlich von Astros sowie am Sumpfsee Mustos, besonders zahlreich auf der Düne der Lagune von Muriä (21. Mai 1898) und im Seggengras der Lagune Osman Aga bei Alt-Pylos (2. Juni 1898). Schließlich ist sie angeführt für Euböa und als Brutvogel der Kykladen (Erhard). Unter den letzteren namentlich zahlreich auf Mykonos, auch hier stets getrennt von B. flavus!; auf Naxos, wo ich ein Weibchen mit Brutfleck am 13. Juni 1394 erlegte, auf Santorin, wo Douglass in der ersten Woche Mai 1892 ein diesjähriges (soll wohl heißen einjähriges!) Exemplar beobachtete. Über die Fortpflanzung von B. melanocephalus in Griechenland besitzen wir einige bemerkenswerte Mitteilungen. !) Lindermayer hat die Ankunft genau um einen Monat zu spät angegeben; doch verdient erwähnt zu werden, daß er schon 1843 B. melanocephalus fir identisch mit Motacilla Feldeggi Michah. aus Dalmatien hielt. 202 Ornis baleanica. Das erste Nest mit einigen. Eiern von hier erhielt Thienemann, wahrscheinlich von Lindermayer. Zwei der Eier, die indessen nach seiner eigenen Angabe von B. flavus nicht zu unterscheiden sind, finden sich auf Taf. XXV, Fig. 6 seiner „Fort- pflanzungsgeschichte* abgebildet: „Das Nest hat einen gerundeten, etwas sparrigen Napf, ist 10:5 cm breit, 5'3 em hoch, 47 em weit, 4 cm tief, enthält etwas Hanffasern und ist mit Eselshaaren ausgefüttert.“ Lindermayer hat ein Nest dieser Stelze selbst gefunden und sagt: „Es war am Stamme eines Tamariskenstrauches sorglos hingebaut, die erste Schichte bestand aus trockenen Binsen, die zweite aus verschiedenen Tierhaaren; das Nestchen war flach und dem der Alauda brachydactyla nicht unähnlich. Der Eier waren vier, sie sind klein, mehr rund als eiförmig, von lehmartiger Farbe oder isabellfarbig mit lehmartigen, sehr fein in einander fließenden Punkten.“ Ein anderes Nest mit fünf Eiern, welches sich im Museum zu Athen befindet, brachte Dr. Krüper am 29. April 1559 in den Lagunen von Missolonghi zustande und ein weiteres mit Jungen fand er ebenda in Begleitung des Herrn Simpson, welches des Engländers Jagdhund anzeigte. Demnach ist die Legezeit Ende April oder Mai. In dieser Gegend scheint auch früher Dr. Nieder sich um die Eier von B. melano- cephalus bemüht zu haben, denn er sagt (Reg. Korr.-Blatt 1859, S. 30), daß er von Schraders Ausflügen her wußte, die Nester seien auf den Laguneninseln sehr niedrig am Boden, unter die Salsola-Pflanzen versteckt, angelegt. Ich kann versichern, daß die Suche nach denselben sehr schwierig ist. Am 27. und 29. April 1894 bemühte ich mich bei Aetolikon stundenlang ohne jeden Erfolg, obwohl nach dem Benehmen der beiden Alten das Nest stets in nächster Nähe von mir gestanden sein mußte. Ich mußte mich mit dem Erlegen von drei Vögeln damals begnügen, von denen mir das Weibchen mit sehr lichter Unterseite und nahezu weißer Kehle am interessantesten erscheint.!) Merkwürdig ist die Mitteilung Drummonds, daß diese Stelze auf Korfu damals in Netzen gefangen, den Gefangenen die Schwingen und Steuerfedern beschnitten und am Markt verkauft wurden, um die Stuben von Fliegen zu reinigen. Daher hießen sie bei den Griechen auch „Fliegentöter“. Heutzutage habe ich davon nie und nir- gends etwas gehört. Motaeilla melanope Pall.. Motaeilla sulphurea Bechst. — Gebirgsbachstelze. Man kann sich nur schwer diesen munteren Bewohner unserer klaren Waldbäche in ein griechisches Landschaftsbild hineindenken und doch gehört diese Bachstelze ebensowohl zur Umgebung des dortigen Gebirgsbaches im Sommer, wie während des Winters als belebendes Element an den Rändern der Gewässer in den Niederungen. Die Inseln werden von ihr wohl nur am Zuge und zur strengen Jahreszeit auf- gesucht. So fand sie Lord Lilford im Winter häufig, Drummond dagegen nur selten auf Korfu, woselbst ich am 18. Jänner 1397 am Strande bei Potamö einige beobachtete und bei Govino ein © erlegte. Kythera besucht sie im Frühling und Herbst auf dem Durchzuge nach Jame- sons Beobachtungen. Euböa nach Lindermayer und laut Sonnini und Erhard !) Krüper (Cab. Journ. f. Orn. 1875, S.265) sagt ausdrücklich: „Bei Bälgen von weiblichen und jungen Exemplaren mag man freilich in Zweifel geraten, ob sie zu der verwandten Art hinzuzuzählen sind, jedoch bei lebenden Vögeln kann man nicht leicht sich irren.“ III. Griechenland. 203 alle Kykladen, woselbst sie den Winter verbringt; doch fabelt der erstere von be- ständigem Vorkommen daselbst, Nisten auf kleinen Inseln im Winter usf. In Akarnanien beobachtete zunächst Simpson in den Lagunen kleine Flüge im Februar; später zur Brutzeit fand ich zwei Paare in den Schluchten des Zygosgebirges sowie mehrere am Bache nordwärts von Naupaktos (Ende März und im April). In Mittelgriechenland vermutete das Brüten zuerst Graf von der Mühle und später sollen daselbst nach Lindermayer sogar Eier gefunden worden sein. Wie Dresser berichtet, fand Seebohm ein Nest im Parnaß,!) wo die Gebirgbachstelze Ende März oder anfangs April, wie Krüper erfuhr, zu legen beginnt, da er anfangs Mai 1873 schon flügge Junge antraf. Drei einzelne Eier vom Parnaß: 6 019:6 19:5 19:3 mm Br? 14:6 14:1 mm Gew.12 12 le Als noch heute besetzte Brutplätze kann ich die Gegend der kastalischen Quelle bei Delphi und die ganze Umgebung von Musinitsa namentlich hervorheben. In der Umgebung von Athen zeigt sie sich zumeist vom Spätherbst an, wie die vier in der letzten Woche Oktober 1394 daselbst erlegten Vögel unserer Sammlung bezeugen. Auch auf dem Peloponnes ist sie nach Graf von der Mühle im Winter häufig, während ich sie als Brutvogel daselbst nicht allzu zahlreich am 12. Juni 1398 in der Langhädaschlucht feststellte und ein Stück vom Taygetos im Museum zu Athen sah. Schließlich noch einige Worte über Motacilla lindermayeri. Die Entdeckung der Öriginalbeschreibung von Chr. L. Brehm ist ein Verdienst meines Freundes Herrn Schalow; sie befindet sich in Okens „Isis“ 1845, „Stiftungsfest“ ete., Spalte 341 und lautet: „Die 1. Steuerfeder ganz, die 2. und 3. auf der äußeren (bei melanope nur auf der inneren) Fahne weiß; der Nagel der Hinterzehe lang, gerade, ein echter Sporn (bei melanope nur mittellang und stets gekrümmt).“ Im selben Jahre nun hatte Lindermayer in sein Notizbuch die folgende Be- schreibung eingetragen (veröffentlicht in seiner zweiten Arbeit 1359, S. 32), welche sich möglicherweise auf dieselbe Bachstelzenform beziehen könnte: „Der Schwanz hat vier mittlere rabenschwarze Federn, auf jeder Seite aber vier weiße, und zwar in folgender Art: Die äußerste Feder ganz weiß, die zweite ganz weiß auf der äußeren Fahne, ungefähr in der Mitte der Feder ein schwarzer, sehr schmaler, länglicher Fleck; die dritte Feder hat diesen Fleck auf der äußeren Fahne deutlich, übrigens ist sie ganz weiß; die vierte hat diesen Keilfleck noch größer, so daß er den äußeren Bart fast ganz einnimmt, das übrige blendend weiß.“ Diese Beschreibung Lindermayers wird anstatt der ersteren von Brehm so- wohl im „Cat. of Birds“ (18585), p. 498, als auch von Dresser (1575) „Birds of Europe“ zitiert und dieselbe von dem letzteren überdies fälschlich auf Budytes melanocephalus bezogen; aber ich muß gestehen, daß mir überhaupt kein Stück bekannt geworden ist, auf welche sie passen würde. Die griechischen Gebirgsbachstelzen scheinen in Färbung und Größe von mittel- europäischen durchaus nicht verschieden zu sein. Als Seitenstück zu dem vom Grafen !) Ein von Seebohm am 8. Mai 1373 bei Agoriani gesammeltes Nestjunges befindet sich im British Museum. 204 Ornis balcanica. von der Mühle erwähnten, besonders langschwänzigen Exemplare kann ich ein vor- liegendes von der Insel Skyros hervorheben, dessen Schweif eine Länge von 106 mm erreicht. Motaecilla alba L. — Weiße Bachstelze. Die weiße Bachstelze habe ich in Griechenland sowohl während der Winter- monate als zur Brutzeit an den verschiedensten Örtlichkeiten angetroffen; zu ersterer Zeit zunächst in ziemlicher Zahl am Strande von Potamo und der Düne von Korissia auf Korfu, während am 19. April in der Bucht von Kalikiopulo nur noch eine verein- zelte zu sehen war. Sie ist auf der Insel nach Lord Lilford häufiger Standvogel, wo- gegen sie hier Drummond häufig nur im Winter in den Sümpfen fand. Im Februar 1897 beobachtete ich ihrer viele am Uferrande von Petalä und in kleinen Schwär- men in der Nähe von Schafherden nächst Missolonghi, wo sie Simpson zur selben Jahreszeit erwähnte. Unweit von hier fand ich am 5. Mai ein Paar in Mauertrümmern, die aus dem Meere bei Kryoneri herausragten, angesiedelt. Ferner traf ich am 14. Mai diese Bachstelze als auffallend späten Durchzügler am Gestein des kleinen Molo auf der größeren Strophadeninsel umherspazierend und später auch noch auf den natürlichen Randklippen des Eilandes an. Interessant ist eine Beobachtung Baron Schillings in der Umgebung von Patras, wo am 15. Jänner 1899 etwa 100, am 23. Jänner etwa 500 Stück zum Übernachten ins Rohr zogen. Auf Kythera hat sie Jameson bloß auf dem Frühjahrs- und Herbstzuge wahr- genommen. Für die griechischen Inseln im Agäischen Meere betrachtet sie Sonnini ganz richtig als Standvogel, Erhard auf den Kykladen weniger genau bloß als Winter- gast, was bereits von Krüper richtiggestellt wurde. Eingehende Beobachtungen liegen vor: von Euböa (Lindermayer); Giura bei Andros, im Juli 1855 (Fiedler); Santorin, anfangs Mai ein einjähriges Exemplar (Douglass); Makaries, Juni (Reiser); Evreokastron, einige Paare 12. Juni 1894 zu Nest tragend (Krüper u. Reiser); Naxos, auch im Hafen von Naxia und bei Muntsara (Reiser), Krüper erhielt hier 1862 Eier! Auf dem Festlande überwintert sie von Mitte Oktober bis Mitte März (Linder- mayer), ebenso auf dem Peloponnes (Graf von der Mühle). Bezüglich des Brütens verweist Lindermayer auf Krüpers Entdeckung. In Mittelgriechenland durch Graf von der Mühle als Brutvogel aufgeführt, sah ich Mitte Juli 1594 die meisten am Gebirgsbache bei Musinitsa, während Fiedler sie am zahlreichsten an den warmen Quellen der Thermopylen überwinternd antraf. Nach der Meinung des Verfassers der „Mittelzeiten“ ist es fraglich, ob die Winterbachstelzen des südlichen Griechenlands im nördlichen brüten. Der Abzug nach Norden wurde 1366 am 9. März vermerkt. Krüper stellte die Brutzeit im Parnaß fest. Am 15. April 1866 bekam er ein Gelege von sechs Stücken. Zwei andere Eier normaler Färbung und Punktierung vom 1. Juni 1889 und 21. Mai 1892 zeigen folgende Größenextreme: 20:7 X 15:5 mm 17:8 x 154 mm 16 cg 12 cg Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“ ete.) glaubte zufolge der Mitteilung Lindermayers, daß diese Bachstelze in Griechenland gar kein Hochzeitskleid anlege, sondern im III. Griechenland. 205 Herbstkleide brüte, was zwar sehr merkwürdig wäre, aber in Wirklichkeit nicht der Fall ist, da sie dort in genau demselben Rleide sich fortpflanzt wie bei uns. Abweichungen im Gefieder sind mir nicht untergekommen, doch will Sonnini eine Stelze auf Milos angetroffen haben, deren ganze Unterseite weiß war. Vielleicht gehört hierher ein ähnlicher Vogel, welchen nach Fiedler Dr. Wourro von Syra be- schreiben wollte. Mot. alb. lugubris hatten Graf von der Mühle und Erhard nicht gefunden und Kapitän Sperling läßt es unentschieden, ob er diese oder die typische Form in Griechen- land am 28. Dezember 1862 erbeutete. Zwei Paare überwinternder weißer Bachstelzen unserer Sammlung, welche Leonis einsandte, gehören zur typischen Mot. alba. Anthus pratensis (L.) — Wiesenpieper. Der Wiesenpieper ist im Lande während des Winters sehr häufig; ja Krüper nennt ihn den häufigsten aller Pieper. Die Ankunft im Herbste dürfte, obwohl ge- nauere Daten mangeln, nach Lindermayer um Mitte Oktober erfolgen und der Weg- zug, beziehungsweise der Durchzug im Frühling von März bis in den April hinein dauern. Überwinternde Wiesenpieper sind nicht bloß in den Niederungen des Festlandes, namentlich am binsenbewachsenen Meeresufer, sondern auch auf den Inseln zu finden; so auf den Kykladen (Erhard), Euböa (Lindermayer), Zante (Koll. Mazziari), Korfu (Drummond und Lord Lilford). Auf der letztgenannten Insel begegneten wir diesem Pieper Mitte Jänner 1897 täglich und erlegten auch ein Paar von der großen Menge, die wir stets aufscheuchten; die meisten gab es auf der Insel Vido, an der Mündung des Potamo, in der Bucht von Kalikiopulo und an der Nordküste bei Kap Katharina. Einer der Vögel wurde von einem entblätterten Baume herabgeschossen — es war das erste Mal, daß ich den Wiesenpieper aufgebaumt sah — und einmal beobachteten wir einen Turmfalken, welcher einen Wiesenpieper kröpfte. In noch größerer Anzahl trafen wir A. pratensis dann von Ende Jänner bis an- fangs März in der Umgebung von Missolonghi, und zwar sowohl im Gebüsch am Phidaris als im dürren Röhricht gegen Aetolikon zu, endlich zwischen den einförmigen Salzkräutern der sämtlichen Lagunen. Graf von der Mühle lernte zu dieser Jahreszeit den Wiesenpieper mit seinem feinen, durchdrmgenden Ruf als Warner der Strandläufer kennen. Nach Mitte März macht sich dann deutlich der Durchzug von Süd nach Nord fühlbar. So traf ich ziehende Schwärme am 18. und 20. März 1897 auf dem Berge Ainos (Kephalonia), brachte auch ein Weibehen von dort mit und sah die letzten Durch- zügler am 28. März bei Naupaktos. Auch auf dem Peloponnes überwintern sehr viele (ein Stück aus der Umgebung von Kalamata) und ebenso in Attika, wie vier Paare unserer Museumssammlung und eines des Athener Kabinettes beweisen, welche am Phaleron und Pentelikon von den dortigen Sammlern am 18. November und 22. Dezember 1894 und am 7. März 1895 zusammengebracht wurden. Die Angabe der englischen Forscher, daß einige wenige Wiesenpieper auf Korfu zu allen Jahreszeiten, besonders im Sommer zu sehen sind (Drummond, Lord Lilford) oder gar einige Paare in den griechischen Gebirgen brüten (Seebohm), halte ich nicht 206 Ornis balcaniea. für richtig und vielleicht teilweise auf Verwechslung mit A. trivialis beruhend, zumal sämtliche übrigen Autoren ausdrücklich das vollständige Fehlen zur Brutzeit betonen. Anthus cervinus (Pall.) — Rotkehliger Pieper. Es steht eine kurze Bemerkung in der „Naumannia“ 1854, Bd. IV, S. 20, womit Zander in seiner Bearbeitung der europäischen Pieper ausdrückt, daß A. cervinus selbst noch in Griechenland als Zugvogel zu betrachten ist. Diese Ansicht wurde auch später von Dr. Krüper geteilt (Mommsen, S. 222) und entspricht auch meinen mehrfachen Erfahrungen an Ort und Stelle. Jedenfalls ist dieser Pieper früher oft mit den verwandten Arten verwechselt worden, was bei wenig geschulten Beobachtern, zumal im Herbste, ja sehr leicht erklär- lich ist. Es paßt z. B. gar nichts von dem, was Graf von der Mühle über ihn mit- teilt: „bewohnt Griechenland einzeln und nur im Sommer“, dann „wo auf üppigen Wiesen einzelne Gebüsche von Erdbeerbäumen stehen“ (es gibt in Griechenland über- haupt gar keine üppigen Wiesen!), endlich „er sitzt gerne auf den äußersten Zweigen der Büsche* usw. Nicht viel mehr erfahren wir von Lindermayer. Nach ihm erscheinen einzelne bei Beginn des Frühlings auf dem Peloponnes, auf Zante und Euböa. Er selbst habe nur ein Stück im. April beobachtet. Th. v. Heldreich meldet seinen Durchzug im Oktober. Dresser gibt zweimal seiner Überzeugung Ausdruck, daß alle obigen An- gaben auf Verwechslung mit dem Wasserpieper (4A. spipoletta) beruhen dürften. Dies ist aber deshalb unwahrscheinlich, weil A. spipoletta ebenfalls im Sommer in Griechen- land nirgends zu finden ist und schon zeitlich im Frühling nordwärts zieht. Wer weiß, was für eine Vogelart damals als A. cervinus angesehen wurde! Viel- leicht doch am ehesten ein verspäteter A. pratensis oder trivialis! In den Jahren 1894 und 1897 fand ich diesen schönen Vogel, welcher stets an dem bräunlichen Stich der Oberseite und der ununterbrochen bis zum Ende der oberen Schwanzdeckfedern reichenden Schaftzeichnung erkennbar ist, mehrmals im Frühling auf Korfu. Die rotkehligen Pieper befanden sich hier immer in Gesellschaft von durch- ziehenden Budytes und trippelten nahrungsuchend unweit des Strandes zwischen den spärlichen Grasbüscheln umher. Aufgescheucht, lassen sie nach Pieperart stets ihren für ein feines Ohr gut von den nahestehenden Arten unterscheidbaren Lockton hören und senken sich dann nach kurzem Bogenflug rasch wieder herab. Am 19. und 21. April 1894 schossen wir ohne Mühe an der Bucht von Kalikiopulo drei Männchen und im Valle di Korissia em Weibchen, während am 2., 3. und 5. Mai 1897 am Rande des Sumpfes an der Potamömündung regelmäßig zwei oder mehrere anzu- treffen waren, sowie endlich am 6. Mai einige in den Salinen von Levkimo. Von diesen Orten stammen zwei weitere besonders schön gefärbte Männchen unserer Samm- lung her. Vollständig unerwartet war mir das Zusammentreffen mit einem Paare dieses Piepers am 29. Mai! 1894 auf der kleinen und flachen Sporadeninsel Psathura. Durch dieses Vorkommnis wäre die an und für sich gänzlich unglaubwürdige Angabe Erhards, wo- nach A. cervinus auf den Kykladen brüten soll, dem Bereich der Möglichkeit um einen Schritt näher gerückt; allein der Eierstock des von mir geschossenen Weibchens ließ keinen Zweifel zu, daß der Vogel in demselben Jahre gewiß nicht gebrütet hätte. Jedenfalls kommen bei dieser Art des öfteren Spätlinge auf dem Zuge vor. III. Griechenland. 207 Anthus trivalis (L.), Anthus arboreus Bechst. — Baumpieper. Obgleich Krüper ausdrücklich hervorhebt: „Der Baumpieper überwintert noch nicht im Griechenland; er zieht südlicher“ und auch ich dasselbe bestätigen kann, gibt es einige gegenteilige Angaben bezüglich Korfu. Lord Lilford beobachtete ihn näm- lich dort nur dann und wann während des Winters und Drummond hält ihn gar für einen Standvogel, der in der strengen Jahreszeit sehr häufig, im Sommer dagegen selten gesehen wird. Dies halte ich für durchaus unrichtig und scheinen hier Verwechslungen mit A. pratensis vorzuliegen; denn der Hauptsache nach berührt A. trivialis Griechen- land nur auf dem Zuge, wie Seebohm treffend bemerkt. Graf von der Mühle und Lindermayer betrachten ihn für das Festland und Euböa als selten. Letzterer schoß erst im März 1852 mehrere Stücke und hatte ihn, wie er selbst schreibt, vorher unbegreiflicherweise ausgelassen. Krüper vermerkte den Beginn des Frühjahrszuges mit Ende März oder anfangs April; z. B. in Attika 1873 am 2. April und den Herbstzug im Oktober. (Wiederholt von Heldreich!) Ein solcher Herbstdurchzügler vom Hymettos (22. Oktober 1894) liegt mir vor. Während meines Aufenthaltes wurde er am 17. und 19. April 1894 in der Umgebung der Hauptstadt Korfu mehrfach gesehen und erlegt, ja im Gelände der Bucht Kali- kiopulo war er geradezu massenhaft auf dem Durchzuge anwesend. Weiters flogen am 8. Mai 1598 unweit der Erdpechquelle von Keri auf Zante zwei, vielleicht ein Paar, auf, und zwei Tage später fanden wir mehrere dieser Pieper in Gesellschaft von Dudytes flavus nächst Katastari. Unter den Opfern auf den Strophaden befanden sich nur wenige und am 14. Mai war auch die Anzahl der noch auf dem Zuge daselbst Anwesenden eine geringe. Endlich begegnete ich einem großen Schwarm am 17. April 1897 im Sumpfe Mustos bei Astros, wovon auch ein Stück erlegt wurde, und am 24. April 1897 gab es einzelne in der Ebene südlich von Athen. Jedenfalls am interessantesten und neu ist die Beobachtung, daß A. trivialis doch auch zu den Brutvögeln gerechnet werden muß, indem ich ihn am 14. und 16. Juli 1394 als nicht sehr seltenen Bewohner der oberen Waldregion der Kiona kennen lernte und durch Erlegen von zwei jungen Vögeln, die noch nicht lange flügge geworden sein konnten, das Brüten dieser Art nachwies. Die sieben Stücke unserer Sammlung sowie vier jener des Museums in Athen geben mir zu keinerlei Bemerkungen Anlaß. Anthus (Agrodroma) campestris (L.) — Brachpieper. Es scheint mir weitaus am zweckentsprechendsten zu sein, wenn ich die vorzüg- liche Schilderung Seebohms über diesen Pieper, welche bereits 1874 Dresser ver- öffentlicht hat, allen anderen Mitteilungen voranstelle. Der Genannte sagt folgendes: „Anthus campestris ist die einzige Pieperart, die in Griechenland brütet, und zwar kommt er im April an und hat im Mai Eier. Er bevölkert die Täler des Landes und ich kann mich nicht erinnern, ihn in höheren Lagen als bis zu 300 m Seehöhe gesehen zu haben. Dabei scheint er die überallhin offenen Ebenen zu bevorzugen und ist in den gänzlich baumlosen Tälern zwischen dem Parnaß und den Thermopylen recht häufig. In den Tälern südlich vom Parnaß traf ich ihn dagegen nicht, da diese ihm zu viel bewaldet sein dürften, indem dort Olivenpflanzungen mit Weingärten vermischt, 208 Ornis baleanica. von der Ferne wie geschlossene Ölbaumwaldungen aussehen. Keineswegs ist aber Anthus campestris ein so ausgesprochener Bodenvogel wie A. pratensis und man kann ihn oft beobachten, wie er von einem Heidekrautbusch oder einem höheren Grasbüschel herab, seine eintönige Stimme hören läßt, die am besten mit „zer—vii* wiedergegeben werden kann. Einen Lieblingsaufenthalt des Vogels bildet die wellenförmige, teils von Felsen, teils von Gras und Heidekraut ausgefüllte Ebene zwischen Athen und Marathon. Hier ist es auch nicht schwer, die Eier zu erlangen. Als ich diese Gegend besuchte, war es hierzu zu früh, aber ich besitze einige Gelege, die m der Umgebung von Ke- phissia gesammelt wurden, während ich am Parnaß war.“ Es würde entschieden zu weit führen, wenn ich auch die treffliche Schilderung Seebohms über seine sonstige Lebensweise hier einschalten wollte. Wenngleich nun schon aus vorstehendem ersichtlich ist, daß der Brachpieper in manchen Gegenden des Landes häufig auftritt, hat dies doch für die Gesamtfläche keine Geltung, wie ganz richtig in Brehms „Tierleben“ bemerkt wird, und auch aus einer Bemerkung Krüpers (Cab. Journ. f. Orn. 1875, 8. 266) geht hervor, daß er diesen Pieper für einen der selteneren Brutvögel hält. Während A. campestris, wenigstens nach den bisherigen Beobachtungen, auf dem Festlande nur während der wärmeren Jahreszeit zu verweilen pflegt, hat es fast den Anschein, als ob er auf den Inseln auch überwintern würde. So vermeldet Drummond von Korfu, daß er als dortiger Standvogel im Som- mer nur selten, dagegen sehr häufig im Winter vorkommt. Ich habe ihn dort im Winter nirgends angetroffen, sondern nur am 21. April 1394 im Valle di Korissia, sowie am 6. Mai 1897 in Levkimo und Umgebung mehrere beobachtet und ein Paar auch mitgebracht. Jedoch hat Kronprinz Rudolf am 14. Februar 1881: große Flüge dieses Piepers an den Berghängen auf Zante, namentlich am Skopos festgestellt, was von ganz be- sonderem Interesse ist. Ein Belegstück von dieser Insel befindet sich in der Koll. Mazziari im Museum von Athen. Auf der größeren Strophadeninsel waren am 14. Mai 1898 zur Zeit meines dortigen Besuches nur einige wenige Stücke auf dem Durchzuge anwesend. Wenn Erhard A. campestris unter die auf den Kykladen bloß überwinternden Vogelarten einreiht, ist dies auf alle Fälle falsch. Krüper rechnet ihn Cab. Journ. f. Orn. 1863, S. 406) dort zu den Standvögeln, sowie namentlich für Naxos zu den spär- lich vorhandenen Brutvögeln, da er daselbst nur zwei Gelege erlangen konnte. Ich fand die Art mehrfach am 11. Juni 1894 in den Dünen unweit der Stadt Naxia und am 15. Juni wurde ein Stück bei Melanes erlegt. Außerdem wird der Brachpieper unter den Bewohnern Euböas und von Douglass für Santorin (erste Woche Mai 1892 zweimal erlegt) aufgezählt. Auf dem Festlande ist er zunächst ein ziemlich seltener Brutvogel von Akarna- nien, wo Dr. Krüper 1860 die Ankunft am 7. April vermerkte und 1894 am 23. April nächst Aetolikon wirkliche Paare beobachtete. Für Mittelgriechenland gibt Lindermayer die ersten Tage des April als An- kunftszeit an; doch wird in einer handschriftlichen Notiz der 22. März als frühestes Datum genannt; in Attika wurde 1874 der erste von Krüper am 6. April fest- gestellt. Als Zeit des Abzuges im Herbste nennt Lindermayer Mitte, Krüper Ende September; aber ein von Leonis 1894 am Phaleron erbeutetes und eingesendetes junges Weibchen trägt sogar das Datum vom 8. Oktober. ’ III. Griechenland. 209 Die Vögel sind hier wegen des vielen Schießens noch scheuer als sonst und ein von mir am 11. Mai 1594 längere Zeit am Fuße des Hymettos verfolgter Brachpieper entkam schließlich trotz aller Mühe. In Thessalien beobachtete, erlegte und konservierte diesen Pieper Santarius im Kara dagh bei Velestino zur Brutzeit (18. Mai 1894) und im Peloponnes fand ihn Graf von der Mühle ziemlich häufig an denselben Plätzen wie die Kalanderlerche. Die Nester des Brachpiepers sind stets schwer zu finden und enthalten nach Krüper meistens fünf, nach Lindermayer oft auch sechs Eier von den bekannten, sehr wechselnden Färbuugen. Ein aus Griechenland stammendes Nest beschreibt Thienemann folgendermaßen: „Es ist ganz flach und napfförmig, gegen 4 Zoll breit, kaum 1!/, Zoll hoch, 2!/, Zoll weit und 1 Zoll tief, hat eine schwache Unterlage von einigen kürzeren Pflanzen- stengeln und eine dicke Auskleidung von haarartigen Bastfasern. Es enthielt im Mai fünf Eier und unterscheidet sich von einem Lerchenneste nur durch sorgfältige Aus- kleidung.“ Zwei einzelne Eier aus dem Gebiete des Parnaß (1. Juni 1866 und 20. Mai 1889), von Krüper eingesendet, messen und wiegen: 22:3 X 15:9 mm 20 X 15:9 mm 15.cg 14 cg Bezüglich der Größe und des Gefieders vermag ich bei den sechs mir vorliegen- den Stücken aus Griechenland durchaus keinen Unterschied von nordbalkanischen her- auszufinden und Chr. L. Brehm scheint mit griechischen Vertretern nicht recht ins Reine gekommen zu sein; denn während er 1855 solche im „Vogelfang“ wegen des „sehr dünnen, langen Schnabels“ als Corydalla graeilis zur Gruppe von (Ü. richardi gezogen hatte, findet man schon im darauffolgenden Jahre im 6. Jahrg. d. „Naumannia“, S. 335 dieselben, in zwei Unterarten gespalten, bei Anthus campestris besprochen. Diese bei- den griechischen Formen, von welchen aber nur die letztgenannte in das 1366 heraus- gegebene Verzeichnis der Sammlung aufgenommen wurde, sind: a) A. campestris tenuirostris Brm. Der größte unter den eigentlichen Brach- piepern, aber viel kleiner als der nordostafrikanische Spornpieper, mit sehr langem, dünnem Schnabel, schlankem Körper und etwas ins Rostgraugelbe ziehendem Oberkörper. b) A. campestris gracilis Brm. Dem vorigen ähnlich, mit nur mittellangem Schnabel. Forschern mit feinerem Unterscheidungsvermögen, als es dem Verfasser dieser Zeilen zu Gebote steht, bleibt es vorbehalten, diese längst vergessenen Formen mög- licherweise wieder aufleben zu lassen. Anthus spipoletta (L.), Anthus aquaticus Bechst. — Wasserpieper. Auffälligerweise wurde dieser Pieper in den verschiedensten Gegenden, namentlich aber an der Meeresküste Griechenlands, obgleich er daselbst, wie wir durch den Grafen von der Mühle und Dr. Krüper wissen, Wintervogel ist, von den meisten übrigen ornithologischen Schriftstellern gänzlich übersehen.!) So führt ihn selbst Lindermayer erst 1356 in der Nachtragsliste im „Mon. grec“ an. Nach meinen Erfahrungen ist es !) Die Maße eines Stückes, welche Dresser, vol. III, p. 336 gibt, beziehen sich offenbar auf einen von Krüper in Makedonien erlegten Vogel. Reiser, Ornis balcanica. III. 14 210 Ornis baleanica. aber auch unrichtig, ihn einen seltenen Wintergast zu nennen, wie dies v. Heldreich tat, denn wahrscheinlich besucht er die griechischen Gestade allwinterlich und berührt sie außerdem noch jährlich zweimal auf dem Zuge. Als überwinternden Gast begegnete ich dem Wasserpieper in beschränkter Anzahl zuerst an überschwemmten Uferstellen an der Mündung des Potamo auf Korfu am 18. Jänner 1897 und erlegte dort auch ein Weibchen; dann fand ich ihn aber sehr häufig längs der neuen Straßendämme rings um Missolonghi (29. Jänner) sowie bei Aetolikon (1. Februar 1897). Von letzterem Orte stammt ein Männchen unserer Samm- lung, welches ebenso wie das Exemplar von Korfu das reine Winterkleid trägt. Auch in Thessalien bei Lamia traf St. Strimmeneas den Wasserpieper zahlreich überwinternd und sammelte im Dezember und Jänner mehrere. Während nun betrefts des Herbstdurchzuges jegliche Anhaltspunkte fehlen, ver- mag ich doch wenigstens emige Daten über das Erscheinen durchziehender Wasser- pieper im Frühlinge zu liefern. Am 18. März 1897 beobachtete ich ziehende Schwärme mitten im Karst des Ainos auf Kephalonia und am 25. März bei Känurion nächst Missolonghi viele Hunderte, die zweifellos auf dem Zuge nach Norden begriffen waren. Diese Vögel hatten zumeist schon über die Hälfte das Sommerkleid angelegt oder, wie an einem erlegten Weibchen ersichtlich ist, besaßen sie nur mehr wenige Reste des winterlichen Gefieders. Schließlich erwähnt Baron Schilling, daß er am 24. März 1899 ungefähr 100 Wasserpieper — offenbar eine Rast haltende Gesellschaft — a tempo in den Berg- ebenen bei Patras aufgetreten habe. Auf alle Fälle steht fest, daß der Wasserpieper den griechischen Gebirgen, sowie dem Lande im Sommer überhaupt, gänzlich fehlt. Emberiza schoeniclus (L.) — Rohrammer. Bezüglich des Auftretens dieser in Mitteleuropa brütenden Ammer in Griechen- land stehen wir auch heute noch auf dem Standpunkte Lindermayers, welcher sagt: „Sie findet sich ziemlich häufig mit dem Eintritte der strengen Jahreszeit von Dezem- ber bis Ende Februar in den mit Tamarisken und Arundo donax bewachsenen Sümpfen ein. Ich habe sie nur in jenen Tagen, wo die Gipfel des Hymettos und des Pentelikon mit Schnee bedeckt waren, in der sumpfigen Ebene des Phaleron angetroffen.“ Während sie v. Heldreich einen seltenen Wintergast nennt, fand sie Graf von der Mühle in den Rohrwäldern der Sümpfe des Peloponnes geradezu häufig, was wohl von der Strenge des jeweiligen Winters im Norden abhängen mag. Schließlich betonen auch Krüper und Seebohm, daß die typische Rohrammer ausschließlicher Wintervogel für Griechenland ist, der sich in den dortigen Rohrsümpfen nur so lange herumtreibt, bis wärmere Witterung eintritt. Krüper erlegte sie bei Aetolikon, ich ein Paar von mehreren anwesenden beim Salzmagazin unweit Missolonghi am 28. Jänner 1397. Auch im Röhricht toter Arme des Phidaris beobachtete ich sie, ebenso Santarius deutlich noch am 28. März 1897, westlich von Naupaktos, und zwar hier wahrschemlich am Zuge begriffen. Auf die Inseln dürfte sie nur selten gelangen und auch da nur während der Winterszeit. Erwähnt wird dies für Korfu (Drummond) und Euböa (Linder- mayer). Fünf Stücke aus Thessalien (Volo), Attika und Akarnanien zeigen vollständige Übereinstimmung mit typischem E. schoenielus. III. Griechenland. 211 Emberiza schoeniclus canneti (Brehm), Schoenicola intermedia Michah. — Mittlere Rohrammer. Unter der bedeutenden Anzahl von Rohrammern, welche in den Sümpfen der Um- sebung von Volo den Winter verbringen, traf St. Strrimmeneas auch die von Micha- helles entdeckte, bezüglich der Schnabelgröße intermediäre Form. Von den daselbst am 20. und 26. Februar 1396 gesammelten Stücken sandte er dem Museum drei Männ- chen und zwei Weibchen ein. Leider vermag ich nicht zu sagen, ob diese Vögel in Thessalien auch über den Sommer verbleiben. Möglicherweise ist die von Dubois sen. als Bewohnerin des Landes E. palustris genannte Rohrammer hierher zu beziehen und höchst wahrscheinlich ist dies der Fall bei dem von Lord Lilford ebenso genannten Vogel von Korfu. Derselbe soll dort im Winter häufig sein und in einigen Paaren auch auf der Insel brüten. Da die nächst bekannten Brutplätze von E. schoenielus camneti sich nicht sehr weit nördlich von Korfu befinden, so dürfte wohl keine andere als diese Rohrammer darunter zu verstehen sein. Emberiza schoeniclus reiseri Hartert — Westliche &impelrohrammer. Es ist eine sehr interessante Rohrammerform, welche St. Strimmeneas am 3. und 9. März 1896 in den Sümpfen bei Volo in drei Belegstücken (zwei © und ein 9!) sammelte und welcher Hartert in seinen „Vögel d. paläarkt. Fauna“ den obigen Namen gab. St. Strimmeneas erzählte mir, daß die Vögel sich damals zusammen mit anderen Rohrammern aufhielten, aber es ist nunmehr ausgemacht, daß sie dort auch brüten und das ganze Jahr über verbleiben. Leider habe ich keine Aussicht, von dieser Gegend weiteres Material zu erhalten, was gewiß sehr wünschenswert wäre. Dagegen sammelte St. Strimmeneas in Megalı vrysis (bei Lamia) am 23. Dezember 1901 und 21. Jänner 1902 ein schönes Paar derselben Vogelart und schrieb, daß in der dortigen Gegend viele Paare brüten, aber daß es nicht gelang, ein Gelege aufzufinden. Zunächst sei hervorgehoben, daß die Vögel mit der von Pallas als pyrrhuloides aufgeführten grauen Form des Ostens durchaus nichts zu tun haben, denn die Färbung der Flügel und des Rückens ist spatzenartig braun, so wie jene der mitteleuropäischen Rohrammer. Viel näher dagegen stehen die thessalischen Vögel der E. palustris Savi („Orn. tose.“, vol. U, p. 91), ja sie sehen bis auf etwas größere Maße, namentlich der Schnäbel, dieser so ähnlich, daß z. B. die Herren Schalow und Reichenow bei einem Vergleiche mit einer sehr schönen Reihe italienischer Vertreter sie mit diesen für identisch hielten. Dennoch glaube ich, daß sich das, was Lord Lilford z. B. unter E. palustris auf Korfu mitteilt, nur auf E. schoenielus eanneti und nicht auf die eben besprochene Form beziehen kann. Dagegen paßt die Beschreibung Graf von der Mühles, welchem später Linder- mayer gefolgt ist, nach griechischen Vögeln, die er für E. pyrrhuloides hielt, wenigstens zum Teile hierher. Nach ihm wäre diese Ammer ein Brutvogel der dichtesten Rohr- bestände in den dortigen Sümpfen und infolgedessen zählt auch v. Heldreich E. pyrrhuloides zu den Standvögeln Griechenlands. 1) Dieses gelangte an das Museum von Athen. 14* [0] -_ [80] Ornis balcanica. Vermutet hat das Vorkommen dieser Rohrammerform bereits 1845 Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“ ete.), indem er sagt: „Es ist mir aufgefallen, den Cynchr. aquaticus (palustris) unter den griechischen Vögeln (Lindermayers nämlich!) nicht genannt zu finden, da er doch in Italien und Dalmatien lebt.“ Die vier mir vorliegenden Stücke sind sehr kräftig entwickelt und übertreffen hierin sowie namentlich in der Dicke und Stärke des Schnabels sämtliche Rohrammern des östlichen Bulgariens. Ihre Maße sind: er Ganzer länger. nn esllsde 1697169 164mm Hlügel ae an ee ee er 088086 EIS 2a Schwanz ed: ra Te ROTE LE NO ET Tarsus ik ee le A elle 202 Tl: SchnabeluübersdemsKırstel)e anne er Blaue 2 lg, Der Schnabel ist vollständig gimpelartig, bei dem einen Vogel stark abgenützt und stumpf, während bei dem anderen am Oberschnabel deutlich eine parallel mit dem Firste laufende Rille sichtbar ist. Der Halsring ist sehr breit und an der Kehle sind noch viele gelbe Ränder im schwarzen Felde vorhanden. Das Weibchen paßt in der Schnabelform vollständig zu den eben beschriebenen Männchen. Die Sümpfe der öst- liehen Türkei dürften im Zukunft wohl noch weiteres Vergleichsmaterial liefern. Emberiza cia L. — Zippammer. Als eine mehr oder weniger dem ganzen Süden Europas eigentümliche Art war von vorneherein ihr Auftreten im Gebiete Griechenlands anzunehmen. Dasselbe ver- zeichnen denn auch Naumann, Thienemann, Rey, v. Heldreich und A. Brehm („Tierleben“). Vorwiegend wurde sie auf dem Festlande gefunden, von den Inseln jedoch nur für Euböa (Lindermayer) und als überwinternd auf den Kykladen (Erhard) ange- geben. In den Verzeichnissen der Vögel der Jonischen Inseln fehlt E. eia; doch be- merkt Drummond nachträglich in seiner Arbeit über Makedonien, daß er sie später während des Winters auf Korfu zahlreich gesehen habe. Anfänglich wurde E. cia in Griechenland überhaupt nur im Winter beobachtet; so vom Grafen von der Mühle auf felsigen Hügeln, die dann im Sommer von E. caesia bezogen werden, und von Lindermayer in der Zeit von November bis März. Doch vermutete später Lindermayer schon ihr Brüten in den Gebirgen des nördlichen Griecheuland, was ja später durch Dr. Krüper nachgewiesen wurde. Lindermayer beobachtete auch, wie sich diese Ammer bei heftigem Regen unter niedriges Gesträuch (Euphorbia spinosissima und von Ziegen verbissene Pistacia lentiscus) flüchtete. So zeigt sie sich während des Winters nicht allzuselten in der Umgebung von Athen in Attika, wie dies die Stücke der Sammlung E. v. Homeyers, des Museums in Athen (vom Pentelikon) und fünf unserer Sammlung (vom Hymettos, Mon. Siriani, Daphni, Anchesmos, Skaramanga etc.) bezeugen. Zu dieser Jahreszeit erscheint sie auch bei Patras, von wo aus Baron Schilling ein am 12. Februar 1899 geschossenes Männchen übersandte. Ferner wurde ein Weibchen am 25. Jänner 1861 von Krüper in der kleinen Klissura bei Aetolikon und unweit von dort in einer tief eingerissenen Felsschlucht des II. Griechenland. 213 Zygos bei Missolonghi, am 20. Februar 1897 von mir ein schön gefärbtes Männchen erlegt, während einige Wochen früher mehrere von Santarius und Führer auf dem Varassovo beobachtet worden waren. Als Standvogel lernte sie, wie schon erwähnt, zunächst Dr. Krüper kennen. Sie bewohnt nach ihm im Sommer die stillen Tannenwälder aller Gebirge und macht sich dort durch ihren finkenartigen Gesang bemerkbar. Am häufigsten traf er sie im Veluchi, viel seltener im Taygetos an. Dem gegenüber kann ich ergänzend hinzufügen, daß ich im Gebiete des Taygetos, sowohl im obersten Teile der Langhädaschlucht als insbesondere in den Xerovuni- bergen, unweit von dort, am 8. und 9. Juni 1898 sehr viele Brutpaare feststellte. Die Vögel trieben sich damals in dem Karst der alpinen Region, aus dessen Spalten ein für griechische Verhältnisse üppiger Graswuchs emporgeschossen war, allenthalben herum, setzten sich hier und da auf die verkrüppelten Aste des Mehlbeerbaumes (Aria nivea var. graeca) und erwiesen sich, wie auch sonst, als ziemlich scheu. Ein dort er- beutetes Männchen zeigt auffallend breite und tiefschwarze Kopfstreifung. Krüper bemerkt, daß bei E. cia die Legezeit viel später beginnt als bei den anderen Ammern, so daß die Eier selten vor Mitte Mai ins Nest gelangen. Am frühesten fand er ein Fünfergelege am Parnaß am 11. Mai 1866, die meisten in den letzten Tagen des Mai und im Juni, ja selbst, wie die Aufschrift eines Stückes ersehen läßt, noch am 7. Juli 1866. Schon früher hatte Thienemann durch Lindermayer ein Nest mit drei Eiern dieser Art aus Griechenland erhalten, welches er folgendermaßen beschreibt: „Es be- steht aus schmalen Streifen von Weinbast, dürren, zarten Stengeln von Plantago, einigen Grasblättern und ist mit denselben Stoffen und haarfeinen Würzelchen nicht sehr sorg- sam ausgekleidet.“!) Da Eier der Zippammer aus Griechenland in den Sammlungen entschieden zu den Seltenheiten zählen, mögen hier Maß und Gewicht von vier griechischen Exemplaren der so interessant aussehenden Eier mit ihrer bekannten spinnfadenfeinen Umwicklung von langen Haarzügen auf der Oberfläche Platz finden. 22 203 20:3 19:5 mm Br. 15:8 16:6 16°5 16 mm Gew. 15 16 17 14 cg Emberiza caesia Cretzschm. — Blaugrauköpfige Ammer. (Siehe Tafel III, Eier.) Dem in Griechenland reisenden und nur einigermaßen aufmerksamen Beobachter muß E. caesia unbedingt sehr bald auffallen, sobald er die ihr zusagenden Örtlichkeiten betritt. Er wird ihre kurze Strophe bald von jener anderer Ammerarten unterscheiden lernen und überdies macht sich das immerhin grell gefärbte und gar nicht besonders scheue Männchen überall bemerkbar. Die Weibchen freilich sind bedeutend schwieriger zu beobachten. Es ist also nicht zu wundern, daß erfahrene Sammler, wie Graf von der Mühle, Lindermayer und Krüper, die Zweifel an der Artbeständigkeit von E. caesia, welche sich ungewöhnlich lange erhielten, nachdrücklich zurück wiesen. 1) Baedeker in den „Zusätzen und Berichtigungen I* zu seinem Eierwerke, dem offenbar auch Material aus Griechenland vorgelegen sein dürfte, fügt ganz richtig hinzu, daß E. cia den Nestnapf wohl auch mit Pferdehaaren auslegt. 214 Ornis balcanica. So z. B. richtete Gloger („Naumannia“ VI, 1856, S. 304) wegen dieser Sache gegen den knapp vorher verstorbenen Grafen von der Mühle einen ebenso scharfen als ungerechtfertigten Angriff. Heutzutage freilich sind darüber die Akten längst ge- schlossen und daher auch die Fragezeichen überflüssig, welche Blasius und Baldamus in den Nachträgen zu Naumanns Werk den Darlegungen Graf von der Mühles beifügten. Auch Thienemann wollte in seinem unvollendet gebliebenen Hauptwerke von E. eaesia (S. 369) durchaus nichts wissen, aber die Abbildung, Taf. XXXILU, 7, d, eines von Lindermayer aus Griechenland gesendeten Eies zeigt die untrüglichen Kenn- zeichen dieser Ammereier. Bezüglich ihrer Ankunft verdanken wir die bestimmtesten Angaben, wie gewöhn- lich, den Beobachtungen Dr. Krüpers wie folgt: 1859: in Akarnanıen . . 3.April || 1867: Attika . . - . . 1.Apnil 1361: am Parnaß „ 4. April O7 3 2 Nnral 18602, 253 März 1374: VD eNDEil 1866: . 22. März » ” Die Orte ihres Aufenthaltes beschreibt am genauesten und anschaulichsten Linder- mayer folgendermaßen: „Sie hält sich unmittelbar nach ihrer Ankunft zunächst an den in der Nähe des Meeres gelegenen Hügeln und ausgetrockneten Ufern der Gebirgs- bäche auf, wo sie mit anderen gleichzeitig ankommenden Steinschmätzern, Lerchen etc. ihrer Nahrung nachgeht. Sie sitzt vorzugsweise auf der-Erde und nur ausnahmsweise sieht man sie auf niederem Gebüsch von Thymian, Rosmarin und Salbei emige Augen- blicke zwitschernd sitzen. Allmählich verschwindet sie aus der Meeresregion, zieht sich hinauf in die Vorberge und zuletzt selbst in die höheren Gebirge, um dem Brutgeschäfte obzuliegen.“ Namentlich sei ihres Vorkommens in folgenden Gegenden gedacht. Am weitesten nach Norden zu gelegen ist im westlichen Teile ihr Auftreten auf Korfu. Nach Drummond kommt sie gegen den 10. April dort in beträchtlicher Menge an, ist aber ausschließlich nur auf den Höhen zu finden, wo sie brütet. Meine Freude war groß, als es mir wirklich gelang, am 2. Mai 1897 auf dem steinigen Abhange des Kastells Angelo unweit Paläokastritza (330 m) diese Ammer sowohl zu beobachten, als auch ein Weibchen mit vollkommen legereifem Ei zu erlegen. Später lernte ich sie auch als Bewohnerin des inneren Teiles von Kythera kennen, wo sie sich stets in der Nähe von bebautem Gelände mit Fruchtbäumen aufzuhalten schien. Von Erhard bereits als Brutvogel der Kykladen aufgezählt, fand sie Krüper 1862 an den öden Stellen der Berge von Naxos brütend und erhielt dort mehrere Eier. Daselbst ist sie nach meinen Erfahrungen recht häufig, besonders um Melanes, bei Tragäa, wo am 16. Juni gleichzeitig függe Junge und frische Eier gesammelt wurden, und auf den Höhen rings um die Schmirgelgruben von Apiranthos und Leona. Schließlich bewohnt sie Euböa (Lindermayer) und Skopelos, von wo ich eben- falls alte Vögel sowie Gelege mitbrachte. Auf dem Festlande ist mir E. caesia zur Brutzeit aufgefallen: auf steinigen Lehnen bei Aetolikon, in ziemlich beträchtlicher Höhe in den Vorbergen der Kiona, zwischen Vitrinitsa und dem Mornosdetil&e außerordentlich zahlreich, bei Delphi am Parnaß, auf den Halden oberhalb Kephissia in Attika und am Hange des Hymettos, dann sowohl dicht neben der Station Velestino in Thessalien auf dem Telegraphendraht sitzend, als auch im Kara dagh unweit von dort; endlich auf dem Peloponnes auf den Höhen ober- III. Griechenland. 215 halb Doljana, bei Masklina und häufig bei Tripolitsa; ebenso zwischen Pylos und Modon sowie am Berge Ithome und um Anavryta im Taygetos. Sehr bald nach dem Erscheinen am Brutorte wird das echt ammerartige Nest stets am Boden zwischen Steinen gebaut und in den ersten Tagen Mai mit vier oder fünf Eiern belegt. Krüper fand die meisten Eier zwischen dem 4. und 16. Mai; doch nimmt derselbe auf Grund langjähriger Erfahrungen für gewöhnlich zwei Bruten im Jahre an, was auch ich als sehr wahrscheinlich bezeichne. Eier erhielten bereits 1847 verschiedene Institute und Sammler, so z. B. der zoologisch-mineralogische Verein in Regensburg, durch Lindermayer eingesendet, (s. auch Baldamus in „Naumannia“ VII, 1858, S. 124) und wurden mehrfach beschrieben, so im Nachtrage zum Baede- kerschen Werke: „Die Eier sehen jenen der E, hortulana täuschend ähnlich, sind ebenso groß und haben grauweißen, bei einigen ins Gelbe ziehenden Grund, matt- violette Schalenflecke und schwarze Pünktchen, Punkte, Striche und Schnörkel auf der Oberfläche.“ Hierzu wäre zu bemerken, daß die Eier zweifellos ebenso wie der Vogel selbst denen von E. hortulana am nächsten stehen; doch ist die Grundfarbe fast immer mehr oder weniger dunkler, dann ist mehr Neigung zu ammerartigen Strichen und Schnörkeln vorhanden und die ganze Zeichnung bedeckt die Oberfläche augenscheinlich dichter als bei der Gartenammer. Auch Dresser nennt die Eier dunkelweißlich, mit matter purpurschwarzer Unter- und schwärzlichbrauner Oberfleckenzeichnung sowie regelmäßig über die Oberfläche verteilten Schnörkeln. Maß und Gewicht einiger Gelege und einzelner Stücke: Parnaß, 2. Mai 1888, Gelege 4 Stück: ib „ale) 18-7 18:5 13:5 mm Br. 15:5 154 16 16 mm Gew. 12 13 13 13 9 Insel Skopelos, Ende Mai 1894, Gelege 5 Stück: I al 20-9 20:8 20:8 20 mm Br. 16 15°8 16 16 15 mm Gew. 16 14 15 15 13 eg Naxos Attika Parnaß Parnaß Parnaß Parnaß 16. Junı 1.Mai 10. Mai 4. Mai 4.Mai 1890 1. Mai 1394 1877 1883 1380 nn 1879 L. 20:7 20-5 20:2 19:4 19337192 15:3 152 mm Br. 15:7 149 15:6 14:6 156 167 15:5 15 mm Gew. 13 13 14 12 15 15 12 14 eg Der Abzug der blaugrauköpfigen Ammer aus Griechenland erfolgt nach Graf von der Mühle und Krüper Ende August und im September; die letzten erlegte Krüper am 11. September 1871. Die 15 Stücke unseres Museums sind durchaus typisch. Bezüglich des Federwechsels bei dieser Ammer wäre zu bemerken, daß das erste Kleid, wie es ein mir vorliegender, etwa vier Wochen alter Vogel von Naxos trägt, ebenso verwaschen und unausgesprochen aussieht wie bei E. hortulana und eia, daß aber ein am 13. August (also acht Wochen später) auf Skyros erlegtes Männchen die Farben- 216 Ornis baleanica. töne und Farbenbegrenzungen von Rotbraun und Blaugrau schon überall deutlich erken- nen läßt. Zum Schlusse erwähne ich noch eine Stelle bei Temminck, welcher sagt: „Wahr- scheinlich ist an Stelle der E. striolata die E. caesia zu setzen, welche sehr häufig in Griechenland ist.“ Emberiza hortulana L. — Gartenammer. Im Gegensatze zu vielen verwandten Arten haben wir es hier mit einem echten Zugvogel zu tun, welcher während des Winters auch die wärmsten Landesteile ver- läßt und erst im Frühling ziemlich spät wiederkehrt. Außer einigen allgemein gehaltenen Angaben über Vorkommen und Nisten im Gebiete von Naumann, Thienemann und Rey enthält die Literatur folgendes. Lindermayer sah und erlegte nur wenige Stücke am Frühjahrszuge in Attika und auf Euböa, Graf von der Mühle dagegen auf dem Herbstzuge auf dem Peloponnes. Aus den übrigen Verbreitungsangaben des letztgenannten Forschers sowie namentlich der Beschreibung des Nestes und der Eier ist jedoch ersichtlich, daß ihm eine Verwechs- lung mit einer anderen Ammerart unterlaufen ist. Auch Krüper bemerkt, daß E. hortulana in Griechenland nicht so häufig sei wie die anderen Ammerarten, aber wie sich im weiteren ergeben wird, trifft dies auf die Hochlagen der sämtlichen Gebirge nicht zu, da der Vogel dort in großer Zahl seine Gattungsverwandten vertritt. Auf Korfu stellten Drummond und Lord Lilford die Ankunft am 10. April fest. Gegen Mitte Mai zieht die Gartenammer, nach diesen vorzüglichen Beobachtern, in die Gebirge der Insel, wo sie ziemlich häufig ist, brütet dort, verbleibt aber niemals im Winter dort. Am 19. April 1894 beobachtete ich noch ein Stück in den niedrigen Lagen unweit der Bucht von Kalikiopulo. Auf Zante fand ich am 7. Mai 1898 ein Paar am Skopos, wo es sich möglicher- weise zum Brüten niedergelassen hatte, und am selben Tage erbeutete Wutte ein Weibchen bei Xerokastelon. Für die Kykladen ist E. hortulana nach Erhard bloß Durchzugsvogel, was wohl auch zutreffen dürfte. In Mittelgriechenland beobachtete Seebohm die Ankunft während der zweiten Woche des April zusammen mit anderen späten Zugvögeln; Krüper ebenfalls daselbst vor Mitte April. Die Genannten bezeichnen die Gartenammer als einen Brutvogel der Nadelholzregion der Gebirge, wogegen es mir den Anschein erweckte, daß die größere Zahl der Brutpaare oberhalb der Baumgrenze zu finden ist. Nicht alle Paare kommen gleichzeitig an, denn ich erlegte beispielsweise noch am 23. April 1594 an der Lehne des Zygos nächst Aetolikon aus einer Schar eben Ein- getroffener zwei Weibchen, desgleichen begegneten wir am 18. und 20. April 1897 frischen Ankömmlingen oberhalb Doljana und im Karst bei Tripolitsa in Arkadien, bei welcher Gelegenheit ein Paar geschossen wurde. Am Brutplatze traf ich ebenfalls mehrmals mit der Gartenammer zusammen, und zwar auf den alpinen Hängen der Kiona in etwas höherer Lage, als das Verbreitungs- gebiet der E. caesia hinaufreicht, und von dort angefangen bis zu 2400 m vorkommend. In dieser beträchtlichen Höhe war der Vogel sehr häufig und ich sammelte sowohl alte als auch ganz junge Exemplare am 14. und 15. Juli 1894; darunter ein c’, welches in seinem abgeriebenen Federgewande eine auffallende Ähnlichkeit mit E. caesia zeigt. III. Griechenland. 217 Im Gebiete des Taygetos begegnete ich ihr zuerst an der Grenze von Messenien und Lakonien oberhalb Ladä, wie en am 3. Juni 1398 erlegtes Stück bezeugt; später fand ich viele sowohl in den lichten Beständen von Apollotannen und Schwarzkiefern, als auch in der baumlosen, kahlen Region bis über 2000 m hinauf, woselbst sehr viele brüten. Endlich sammelte Chr. Leonis am 14., 16. und 20. Mai 1899 sieben Männchen und ein Weibchen, in der Hochregion des Korax (Vardusia) und am 25. Mai 1899 in jener des Chelmos ein Männchen, welche er insgesamt unserem Museum überlieferte. Zwei Stücke von diesen fallen durch eine fast weiße Kehlfärbung auf. Auch ein Gelege von fünf Eiern fand der Genannte damals. Den Abzug im Herbste setzt Dr. Krüper mit Ende August an. Gelege des Gartenammers erhielt Krüper nur selten aus den griechischen Gebir- gen, so eines mit sechs Eiern vom Parnaß, gefunden am 13. Mai 1866. Hier wie am Veluchi pflegt sie Mitte Mai zu legen. Von hier gelangten Eier in die Sammlungen von Rey und Dresser und der letztere bemerkt ganz richtig, daß bei ihnen nur hier und da jene charakteristischen, hieroglyphenartigen Schnörkel auftreten, welche die Eier der nahe verwandten Ammerarten auszeichnen. Drei von Dr. Krüper erhaltene griechische Eier zeigen folgende Maße: L. 225 21:3 21:1 mm Br. 165 16:1 16 mm Gew. 17 17 15:3. cg Es ist mir nirgends möglich gewesen, in Erfahrung zu bringen, ob der Ortolan im Herbste von den heutigen Griechen als Leckerbissen geschätzt wird, glaube aber, daß dies nicht der Fall ist. Emberiza eirlus L. — Zaunammer. Ihre Wahl der Aufenthaltsorte in Griechenland kennzeichnet Seebohm kurz und bündig: „In den Gebirgen brütend und in den Ebenen überwinternd“, wozu ich nur noch beifüge: ohne dabei selten zu sein. In den ebenen Teilen Attikas überwintern, nach vorliegenden Belegstücken zu urteilen, sehr viele und Lindermayer meint sogar, daß außer den Brutvögeln im Winter noch ein Zuzug von auswärts stattfinde, eine Ansicht, die ich indes für un- wahrscheinlich halte. Auf Korfu, wo sie den Beobachtungen Drummonds und Lord Lilfords zu- folge ein nicht sehr häufiger Standvogel ist, fand ich Mitte April überall in der Um- gebung der Hauptstadt einzelne Brutpaare und erlegte daselbst auch einige; desgleichen im Mai am Skopos auf Zante. Ferner ist die Zaunammer Brutvogel auf Euböa (nach Lindermayer) und auf Naxos, woselbst ich sie bei Apiranthos beobachtete und Krüper ihre Eier von gebüsch- reichen, höher gelegenen Gegenden erhalten hatte. In Akarnanien stellte ich £. eörlus vornehmlich in der Umgebung der Vrachori- seen und im Gebirge zwischen diesen und Naupaktos, wo einige gesammelt wurden, fest. Am 1. Mai 1394 fand sich am Ausgang der großen Klissura ein vollzähliges Gelege von vier Stück. Das Nest war etwa 1m über dem Boden in eine Steineiche (Quereus ilex) eingebaut. Aber auch im Februar begegnete ich dieser Ammer in der genannten Landschaft in größerer Zahl, so im Gebüsche der Dünen westlich von Missolonghi. 218 Ornis balcanica. Nach Krüper ist sie weiters ein häufiger Brutvogel im Veluchi und Parnaß, wo- selbst er Gelege vom 19. April bis in den Juli fand; so am 9. Mai 1891, am 10. Juni 1888 und noch am 10. Juli 1866. Die Eier sind auch aus anderen Gebieten hinlänglich bekannt und trefflich nach griechischen Belegstücken im Nachtrage zu Baedekers Eierwerk beschrieben, so daß hier wohl Maß und Gewicht dreier Stücke aus drei Gelesen, worunter ein ungewöhn- lich großes Ei sich befindet, genügen dürften. L. 264 22:4 21:3 mm Br nie 76 ATlmm Gew. 20 16 15°5 eg Endlich sei bezüglich der Verbreitung auf dem Peloponnes noch erwähnt, daß ich die Zaunammer vielfach sowohl im östlichen Berglande von Arkadien (bei Doljana), als auch im Walde Kapellis in Elis, dagegen ziemlich selten an Feldrändern in den Vorbergen des Taygetos, und zwar hier im Juni große Junge führend, beobachtete. Lindermayer fand sie auch im Kyllenegebirge. Die griechischen Zaunammern haben nach F. v. Homeyer (Cab. Journ. f. Orn. 1330, S. 280) auf der Oberseite weniger lebhaftes Rostbraun als spanische, was ich durchaus bestätigen kann. Anderweitige Unterschiede habe ich aber nicht gefunden. Euspiza melanocephala (Sceop.) — Kappenammer. (Siehe Tafel II, Eier.) Nahezu sämtliche in der Literaturübersicht angegebene Arbeiten über Griechen- lands Vogelwelt beschäftigen sich mehr oder weniger eingehend gerade mit #. melano- cephala, so daß ich mir die Aufzählung der allgemein gehaltenen Fundortsangaben für das Gebiet wohl ersparen darf. Der lebhaft gefärbte Vogel fällt eben jedem Besucher des Landes bald auf und dem Kundigen verrät er seine Anwesenheit noch früher durch seine einförmige Sangweise. Sein auffallendes Äußere veranlaßte die Mitglieder der Exped. scient. de Mor. zu erhöhter Aufmerksamkeit, so daß sogar eine recht gute Abbildung des alten Männchens auf Tafel IV des Foliowerkes gegeben wurde. Aber der Text hierzu beschränkt sich auf weitschweifige Ausführungen über die Stellung der Art im System und nur im allgemeinen Teile (p. 119) wird gesagt, daß die Schwarzkopfammer namentlich in Messenien häufig angetroffen und zwischen Nisı und Petalidion auch ein Weibchen erbeutet wurde. Der Vogel bewohnt zur Brutzeit sowohl das Festland wie auch die Inseln. Auf Korfu beobachteten Drummond und Lord Lilford die Ankunft zahlreicher Paare im April und anfangs Mai. Diese brüten zumeist in den Weingärten und ziehen im September weg. Ich fand diese Ammer dort ziemlich häufig in der Umgebung von Han Braganiotika am 4. Mai 1897 und erlegte auch ein singendes Männchen; ein weiteres am 7. Mai 1398 auf Zante, wo ich am Fuße des Skopos zweien begegnete. Häufiger war sie in der Gegend von Keri und am zahlreichsten in den Weingärten der Ebene. Ein einzelnes, auf einem Feigenbaume singendes Männchen stellte sich als große Seltenheit auf der größeren Strophadeninsel am. 17. Mai 1893 ein. Das Vorkommen auf Kythera, wo sie zuerst Jameson vermerkte, beschränkt sich auf jene Stellen der Insel, wo nur einigermaßen Fruchtbäume angebaut sind; doch III. Griechenland. 219 bemerkte ich gerade auf Kythera, daß E. melanocephala dort hier und da als Käfig- vogel gehalten wird. Im Archipel stellte sie zunächst Lindermayer für Euböa fest, woran sich meine Erfahrungen anreihen, wonach sie ein häufiger Brutvogel von Skopelos und ein ziem- lich spärlicher auf Jura (nördliche Sporaden) ist. Erhard zählt sie zu den Brutvögeln der Kykladen, was Krüper speziell für Naxos bestätigt; jedoch ist sie, ihm zufolge, daselbst doch nicht so massenhaft vorhan- den wie auf dem Festlande, steigt aber bis in die höheren Lagen der Insel hinauf. In Akarnanien, wo sie zuerst Simpson anführte, ist sie sehr verbreitet — am 4. Mai 1894 gab es schon wirkliche Paare bei Aetolikon — und noch zahlreicher ist sie selbst heutzutage noch in Attika. Die meisten sah ich rings um Kephissia am Fuße des Hymettos und im Olivenwalde zwischen Athen und dem Phaleron, wo sie 1837 Fiedler als EZ. melanictera aufführte und Santarius mehrere offenbar erst jüngst ein- getroffene Stücke am 9. Mai 1894 erlegte. In der Gegend von Theben stellte sie A. Brehm 1847 fest. Die ganze Land- schaft um Velestino in Thessalien belebt sie allenthalben. Auf dem Peloponnes machte sie sich. vor allem in Messenien, auch am Ithomeberge und noch höher im Gebirge, gegen die lakonische Grenze zu, im Juni 1893 bemerkbar, während in Elis sich nur wenige Brutpaare niedergelassen hatten, und zwar an den Rändern der Lagune von Muriä bei Pyrgos sowohl, wie bei Druhwa nächst Olympia und selbst noch unweit des ziemlich hoch gelegenen Lala. Als Zeit der Ankunft, welche Graf von der Mühle in den Morgenstunden in großer Masse beobachtete, gibt Lindermayer die letzten fünf Tage des April an; ebenso Krüper wie folgt: Akarnanien . . . ........ 1859: 26. April > 0 8 Hi KK Zr Aal Bamaßzebiet)" 12 22: 021501865:9162Mai 5 u Er rt 866: Mai Aftikase Ken ne Uli hi: 21860: 275 Apnıl z re a en LETZT April Akarnanien (Vrachorisee) . . 1894: 30. April Nach der Ankunft pflegen die Männchen sofort ihre schlichte Weise zum besten zu geben. Sehr bald wird der Nestbau in Angriff genommen und so schnell als mög- lich: nach Krüper in 14, nach Lindermayer in 10 Tagen auch beendet. Die Nester stehen (wie bereits im Eierwerk von Baedecker vermerkt ist) in Griechenland meistens ziemlich hoch über dem Erdboden in Weinstöcken. Griechische Eier sammelte wohl zuerst Lindermayer, dann Nieder (Reg. Korr.- Bl. 1553, S. 178) und später Krüper ab 1859 in Akarnanien und anderen Gegenden des Landes (Cab. Journ. f. Orn. 1860, $. 275). Als frühestes Datum eines Geleges von vier Stücken bezeichnet Krüper den 14. Mai 1863. Von da an dehnt sich die Legezeit bis in den Juni hinein aus. Wäh- rend dieser Zeit läßt sich das Weibchen nur sehr selten sehen und ist dann, wie Graf von der Mühle bemerkt, wirklich schwer zu erbeuten. Die Zahl der Eier eines Geleges beträgt in der Regel 4 oder 5! ‘) Der Brutbezirk reicht hier bis in die Mittellagen des Gebirges — nach Lindermayer! 220 Ornis balcanica. Thienemann, der auch zwei von Lindermayer erhaltene Nester aus der Ge- gend von Athen beschreibt, erhöht sie auf fünf oder sechs Stück und verbessert damit Lindermayers erste Angabe von 7—8 Eiern. Die Eier sind schon hinlänglich beschrieben und bekannt; doch will ich erwähnen, daß einzelne der vielen untersuchten griechischen Stücke sogar täuschende Ähnlichkeit mit solchen von Motacilla alba und Aödon familiaris besitzen und daß auch, wie die Abbildung auf Tafel III zeigt, als Seltenheit einfarbig grüne Stücke vorkommen. Unter 50 Eiern aus Griechenland, die Rey abmaß, gibt es folgende Größen: 19:3 mm 22: Durchschnitt: 25 mm DE; 15:7 mm 16:1 mm Maximum: Minimum: 16:5 mm Nur aus dem Grunde, um das zugehörige Schalengewicht vergleichen zu können, folgen hier Maß und Gewicht von 25 Eiern aus ebensovielen Gelegen von Skopelos, Naxos, der Umgebung von Athen und von Akarnanien: L. 242 24:2 23:8 ABEL Zul 23:6 , 23:3 23:2 mm Br 16:5 16°5 18:2 17-4 16:9 16:6 164 16 mm Gew. 17 1 20 18 19 7:5 17 175g L 23 23 22:3 22-8 22:8 22:7 22:6 22:2 mm Br 16:7 15:8 il 16°3 161 15:6 16:3 173 mm Gew. 165 16 17 1er 16 165 18 118 eg I: 222 21:8 21:7 21:6 21-4 21:3 20:9 204 19:7 mm Br. 168 15:8 16:3 16 15 15:9 16 14-9 155 mm Gew. 17 15 17 14 15 17 17 13:5 145 eg Sogleich nach dem Flüggewerden streift alt und jung gemeinsam durch die heißen Olivenwälder. Solche Scharen traf ich schon am 12. Juli 1894 zwischen Itea und Amphissa; doch dauert der weitere Aufenthalt dann nicht mehr lange. Lindermayer und Graf von der Mühle verlegen den Wegzug um die Mitte August; Krüper dagegen beobachtete den Beginn schon von Ende Juli an und erlegte die letzten am 20. August 1571. Bezüglich des Gefieders wäre zu bemerken, daß sich die jungen Vögel in den ersten Monaten nach dem Flüggewerden durch rahmgelblichen Stich in der Gesamt- färbung und namentlich die breiten gelblichen Säume an den Flügeldeckfedern von den alten Weibchen unterscheiden. Die Schnabelform ändert sehr ab: So besitzt ein Weibehen der Koll. Langhadis einen ungewöhnlich starken Schnabel und es ist zwei- fellos, daß eine solche individuelle Abweichung mit gestreckterem und dünnerem Schnabel Chr. L. Brehm veranlaßte, für Griechenland eine Form Euspiza atricapilla abzusondern („Vogelfang“, S. 112). Ein Männchen von Korfu zeichnet sich durch große, breite, rostrote Flecken zu beiden Seiten der Brust aus und nur wenige der ein Dutzend zählenden Balgserie tragen rein schwarze Kappe ohne die bekannten hellen Ränder. Anfänglich bildete die Kappenammer eine Seltenheit in den Sammlungen, während sie dies heutzutage durchaus nicht ist. Von Korfu und Athen gelangten schon in den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhundertes mehrfach Stücke in englische Sammlungen, dann auch in jene E. F. v. Homeyers (s. Cab. Journ. f. Orn. 1880, S. 277). III. Griechenland. 221 Miliaria calandra (L.), Miliaria europaea Swains. — Grauammer. Weniger als in den anderen Balkanländern scheinen, nach dem von mir unter- suchten Balgmaterial zu urteilen, die Grauammern Griechenlands in Größe und Zeich- nung abzuändern. Da sie das Land im Winter in Schwärmen durchstreift und im Frühling in den bebauten, ebenen Gegenden (durchaus niemals aber in den Gebirgen, wie Lindermayer angibt) zahlreich nistet, ist sie als Standvogel zu betrachten. Auch den Inseln fehlt sie nicht. Fast hat es den Anschein, als ob die Grauammer Korfu nicht alljährlich in gleicher Zahl bevölkere, denn während sie dort Drummond das ganze Jahr über sehr häufig fand, beobachtete sie Lord Lilford nur spärlich im Winter. Ich stieß auf überwinternde Schwärme im Jänner 1397 auf der kleinen Insel Vido sowie gegen Govino zu und traf sie singend am Brutplatze Mitte April in der Ebene des Valle di Ropa, im Flachland an der Bucht von Kalikiopulo, in den Weingärten von Braganiotika und im Valle di Korissia. Nach Sperling bewohnt sie in großer Menge Sta. Maura (Levkas) und am 17. März 1897 trieb der starke Sturm ihrer viele in die nächste Nähe des Klosters Hag. Gerasimos auf Kephalonia, wo die Vögel in dichten Zypressen Schutz fanden. In der nördlichen Hälfte von Zante habe ich im Mai 1898 die kurze, unverkenn- bare Weise der Miliaria ebenfalls einige Male deutlich vernommen und ein Stück von dieser Insel befindet sich in Athen in der Koll. Mazziarı. Auf Kythera hat Jameson die Gerstenammer im Winter und Frühling fest- gestellt, auf Euböa Lindermayer und auf den Kykladen wird sie von Sonnini und Erhard sowohl für den Strich zu Beginn des Winters und im März als auch als überwinternder Vogel namhaft gemacht. Auf dem Festlande lernte ich sie als häufigen Bewohner der Umgebung von Aetolikon und Missolonghi, namentlich aber der Gegend an der Phidarismündung kennen. Hier gab es im Februar noch viele Schwärme; im März begannen sich aber die Paare bereits zu sondern. In dem Hügellande von Akarnanien gibt es schon bedeutend weniger; so sah Baron Schilling bei Monastir Angelokastron das erste Paar am 20. Dezember und dann erst wieder am 5. Februar sechs Stücke. In den Weingärten nächst dem Phaleron brüten sehr viele und ein Weibchen von dort (9. Mai 1394) hat, was bei der Grauammer öfters vorzukommen pflegt, die Federn der Brust durch klebrige Fruchtsäfte zusammengefilzt und verschmutzt. Sehr verbreitet ist M. calandra auf dem Peloponnes, wo sie von den Mitgliedern der Exped. seient. de Mor. entdeckt worden ist. Die meisten stellte ich fest: am Ufer- saume der Lagune von Muriä, auf dem Hochplateau von Lala bei Olympia, in der Gegend von Myli (Lerna) und auf dem Berge Ithome in Messenien. Nach Krüper beginnt die Legezeit Mitte April und in kalten Frühjahren später; vor dem 22. April scheint er keine Gelege gefunden zu haben, wohl aber viele bedeu- tend später: im Mai bis Mitte Juni. In der berühmten Nestersammlung Thienemanns stammte das massigste Nest aus Griechenland, unter einer ziemlichen Anzahl ähnlich gebauter von ebendorther erhaltener. Unter mehreren dort gesammelten Eiern befindet sich nur eines von erwähnens- wertem Aussehen: Grundfarbe vollständig weiß, dann wenige, aber große aschgraue Schalenflecken und einige ganz feine pechschwarze Schnörkel. An sechs Eiern aus ebensovielen Gelegen messe und wäge ich: 222 Ornis baleanica. I Ball 24:5 23:9 23:4 22:7 22:6 mm Brei 178 17 16:9 zer! 17:6 mm Gew. 24 22 20 195 21 190g Erwähnenswert wäre noch eine im Universitätsmuseum in Athen noch heute be- findliche und von Krüper 1861 erwähnte Ammer mit durchaus abweichendem gelblich- weißen Gefieder. Graf von der Mühle fand, im Gegensatze zu Sonnini, daß die Gerstenammern im Herbste durch ausschließliches Verzehren von bitteren Beeren nahezu ungenießbar werden; indessen bezieht sich diese Wahrnehmung wahrscheinlich bloß auf bestimmte Örtlichkeiten. Loxia curvirostra L. — Fichtenkreuzschnabel. Über das Vorkommen und die Verbreitung der Art in Griechenland sind ziemlich viele Unrichtigkeiten veröffentlicht worden. Die ganz falsche Mitteilung, daß Krüper ein Nest von Loxwia curvirostra auf dem Parnaß gefunden habe, brachte zuerst Lindermayer. Von hier ging sie in Dressers „Birds of Europe“ und darauf in Newtons Publikation über, wurde aber bereits von Seebohm richtiggestellt. Krüper schreibt mir hierüber am 23. September 1898: „Die Angabe, daß ich ein Nest von Loxia curvirostra in Griechenland gefunden habe, beruht auf einem Irrtum: ich werde wohl früher geschrieben haben, daß die Kreuzschnäbler sich im Parnaß- und Taygetosgebirge fortpflanzen, doch bis heute habe ich noch nicht erfahren, daß jemand das Nest hier aufgefunden hat. Im Taygetos erlegte L. Schrader Kreuzschnäbler im Jugendgefieder.“ Es ist aber auch die allgemein gehaltene Angabe v. Heldreichs: „in den Tannen- wäldern der Gebirge“ durchaus nicht zutreffend; denn obgleich Krüper (bei Mommsen) ausdrücklich sagt, daß er Zoxia ceurvirostra in den Gebirgswaldungen des Veluchi und Parnaß gefunden habe, so dürfte es sich nur um zufällig daselbst anwesende Wanderer gehandelt haben, da alle Versuche in neuerer Zeit fehlschlugen, den Vogel in Mittel- griechenland wiederzufinden. Dieser Kreuzschnabel ist nämlich in Griechenland als Brutvogel an das Vorkom- men von Pinus nigra, der Schwarzkiefer, gebunden, deren Samen seine Hauptnahrung ausmachen, und infolgedessen während des größten Teiles des Jahres mit völliger Sicherheit nur im Taygetos zu finden. Möglicherweise bewohnt er auch die Kiefernbestände der obersten Region des Geraneiagebirges zwischen Korinth und Megara. Im Taygetos haben ihn, wie oben ersichtlich, zuerst Krüper und Schrader auf- gefunden. Ein von den Genannten daselbst am 18. August 1860 zustande gebrachtes Weibehen befindet sich im Museum zu Athen. In der ganzen Gegend des obersten Teiles der Langhädaschlucht in Lakonien stellten ich und meine Reisegefährten am 9. und 10. Juni 1898 Flüge von sechs bis acht Stücken, leicht erkennbar an dem bekannten Lockruf, fest. Wutte war hier so glücklich, am Ansitze unter Schwarzkiefern, in deren Zweigen sich die Vögel ausschließ- lich herumtrieben, drei Weibehen und ein Männchen zu erlegen. Beim Aufstieg auf den Taygetos selbst strichen in der oberen Hälfte des Gebirges am 14. Juni zuerst vier, dann sechs Stück hoch über uns und beim Joche Warwara beobachtete später Wutte ebenfalls sechs bis acht Stücke, ohne zu Schuß zu kommen. III. Griechenland. 2233 Als echter Zigeunervogel erscheint er dann aber auch hier und da im Winter an ganz anderen Orten. So enthält das Universitätsmuseums in Athen zwei alte Männchen, die in Attika am 4. November 18683 erlegt wurden, und Krüper hörte im Winter von 1873/74 einige am Hymettos, während zur selben Zeit sowohl gefangene als erlegte nach Athen gebracht wurden. Selbst auf den Kykladen überwintern Kreuzschnäbel sehr ausnahmsweise nach Erhards Erfahrungen; so gab es beispielsweise im Winter 1855 junge Vögel auf dem Markte in Syra. Ferner versichern Drummond und Lord Lilford auf Grund zuverlässiger Br- kundigungen, daß sich Zoxia eurvirostra allerdings sehr selten nach Korfu verirrt und daselbst geschossen wurde (in der Koll. Alexander!). Auch sah Lord Lilford da- selbst ein Paar im Käfig, von welchem behauptet wurde, daß es in den Nadelholz- beständen von Kephalonia gefangen worden sei. Da jene Wälder aber ausschließlich aus Abies cephalonica bestehen, welche Tanne bekanntlich ihren Samen sofort nach dem Reifwerden verliert, so können die Kreuzschnäbel dort nur ganz vorübergehend Nahrung finden und keinen dauernden Aufenthalt nehmen. Tatsächlich fand ich im März 1897 in den schönen Tannenwäldern am Ainos nicht einen einzigen Krumm- schnabel. Die von Lakonien mitgebrachten Vögel sind sehr groß und kräftig gebaut und eigentlich nicht typische Z. curvirostra. Bezüglich ihrer Zwischenstellung zwischen L. eurvirostra und quillemardi von ÜÖypern teile ich vollkommen die Ansicht des Kollegen Dr. v. Madaräsz, welcher die Liebenswürdigkeit hatte, dieselben genau zu ver- gleichen. Die Schnäbel der Griechen sind viel stärker als bei der nord- und zentral- europäischen Z. curvirostra und beinahe so hoch wie bei 2. quillemardi. Der Schnabel der letzteren ist jedoch viel länger, wodurch er mehr gestreckt und schlank erscheint. Zur Aufstellung einer neuen geographischen Form für Griechenland müßte meiner Meinung nach aber jedenfalls umfangreicheres Material abgewartet werden. Pyrrhula pyrrhula (L.). Pyrrhula major Chr. L. Brehm — Großer Gimpel. Eine ganz auffallende Übereinstimmung bei der Wanderung nordischer Vogelarten nach dem Süden scheint zu bestehen, wenn wirklich, wie namentlich die englischen Forscher annehmen, die wenigen m harten Wintern bis Griechenland gelangenden Gimpel ausschließlich der großwüchsigen Form und nicht der mitteleuropäischen, kleineren angehören. Hierbei sei bloß auf den ganz ähnlichen Fall bei den in Griechen- land erbeuteten Ringamseln hingewiesen. Die Gebirge des Landes, namentlich Mittelgriechenlands, wie Graf von der Mühle und ihm folgend später Lindermayer annahmen, bewohnt, wenigstens zur Sommerszeit, keinerlei Pyrrhula-Art. Dr. Krüper, der bekanntlich auf eine lange Reihe von Beobachtungsjahren zu- rückblieken kann und dessen Ansicht auch von Th. v. Heldreich angenommen und ins Französische übersetzt wurde, bemerkt ausdrücklich, daß der Dompfaft in Griechenland ein seltener Wintervogel ist, der nicht alljährlich erscheint. Genau dasselbe berichten Drummond und Lord Lilford für die Insel Korfu und Erhard erwähnt für die Kykladen noch ausdrücklich, daß dieser Vogel in dem für Griechenland milden, für das ganze nördlichere Europa aber äußerst strengen Winter von 1855 in so großer Zahl erschien, daß viele auf den Markt gebracht wurden, und zwar angeblich bloß Weibehen und jüngere Vögel. 224 Ornis balcanica. Aus dem Vorstehenden geht also hervor, daß der Satz in Brehms „Tierleben“, daß der Gimpel unter Umständen seine Wanderungen bis Griechenland ausdehnt, voll- ständig den Tatsachen entspricht. Bezüglich der genauen Unterscheidung ist zu bemerken, daß, obwohl viele, selbst ältere Autoren den griechischen Dompfaft als P. rubieilla Pall. aufführen, doch erst Dresser und später Seebohm ihn ausdrücklich!) zur größeren nordischen Form rechnen — jener als P. maior, dieser als P. vulg. var. maior. Hierbei wäre hervorzuheben, daß sich deren Untersuchungen zweifellos auf die von Dr. Krüper im Winter von 1869 auf 1870 im Gebiete des Olymp (türkisches Thessa- lien) gesammelten Stücke und nicht auf eigentlich griechische beziehen; doch dürfte man kurzweg wohl auch die noch weiter südlich auftretenden zur selben Form zählen können. Leider war es mir nicht möglich, das aus der Umgebung von Athen stam- mende Exemplar vergleichen zu können, das in der kleinen Sammlung sich befindet, welche die Witwe Lindermayers noch gegenwärtig als Andenken aufbewahrt. Ein in einem Winter der Neunzigerjahre in Kephissia von Merlin jun. erbeutetes Paar ist infolge schlechter Konservierung unglücklicherweise zugrunde gegangen. So kommt es, daß ich meinerseits nichts weiter zur Verfolgung der interessanten Frage beitragen kann, ob wirklich der Gimpel des europäischen Nordens und nicht jener der anliegen- den Balkanländer seine Wanderung bis Griechenland fortsetzt. re Erythrospiza githaginea (Lieht.) — Wüstentrompeter. Als Dr. Krüper im Herbste 1865 auf der Insel Milos weilte, war für eine Anzahl jung ausgenommener, für verschiedene Tiergärten bestimmter Eleonorenfalken das Futter zu besorgen. Deshalb waren einige griechische Jäger fortwährend auf der Vogeljagd und unter den eingelieferten Vögeln befand sich eines Tages ein Wüstentrompeter, welchen Dr. Krüper abbalgte und konservierte. Das war in der ersten Hälfte des Monats Oktober. Nach den Aufzeichnungen des Genannten wurde der Balg nebst anderen am 20. Oktober an Herrn W. Schlüter sen. in Kommission gegeben und war am 1. Jänner 1869 bereits verkauft. Obwohl mir nun Herr W. Schlüter sen. mitteilt, daß er sich auf den Vogel noch ganz gut erinnern könne, ist es ihm doch nicht möglich, nach so langer Zeit eine Angabe zu machen, wohin derselbe gekommen sein mag. Meine diesbezüglichen Umfragen blieben bis heute ebenfalls erfolglos; vielleicht führen aber diese Zeilen zur Ermittelung über den Verbleib des für die Ornis von Griechenland so außerordentlich wichtigen Stückes. Dieses Vorkommnisses erwähnt ganz kurz Krüper bei Mommsen und später meines Wissens nur noch v. Heldreich. Alle anderen Zitate betreffs des Auftretens auf den griechischen Inseln, so von Bolle („Naumannia* VIII, S. 370), Degland, Dubois, Fritschh Rey und A. Brehm („Tierleben“) stützen sich auf den von Temminck angeführten Satz: „Man sagt, daß er auch die Inseln des Archipels besucht.“ In diesem Falle wäre es wirklich interessant zu ermitteln, auf Grund welcher Be- obachtungen Temminck seinerzeit diese Angabe machte. Zum Schlusse muß hier noch jener Vogel erwähnt werden, welchen Graf von der Mühle, als im Sommer bei Lamia erlegt, ziemlich ausführlich beschrieb, ihn !) Dresser, „Birds of Europe“, vol. 4, p. 98 u. 103. III. Griechenland. 225 unter „Pyrrhula sinaica Temm.“ mit ? anführte und zuletzt noch beifügte: „es könnte aber vielleicht auch P. githaginea sein“. Auf die Wiedergabe der Beschreibung verzichte ich, da man durch diese doch zu keinem Ergebnis gelangen kann. So schloß beispielsweise Schlegel („Kritische Übersicht“, S. 81) auf P. erythrina und zur selben Zeit de Selys-Longchamps (Rev. zoolog. 1844, p. 140) auf P. githagineaw oder eine Aberration von derselben. Meines Erachtens kann man übrigens am ehesten annehmen, daß Graf von der Mühle wirklich Erythrospiza githaginea beschreiben wollte, wie dies auch Dresser klar und deutlich in seinen „Birds of Europe“ auseinandersetzt. Bei Lindermayer ist nichts von Belang zu finden. Dieser sah zwar einen angeblich hierhergehörigen, in der Umgebung von Athen gefangenen Käfigvogel; statt ihn aber eingehend zu beschreiben, hielt er es für besser, die Graf von der Mühleschen Angaben und die Beschreibung Deglands von P. githaginea einzuschalten. Nach all dem Vorstehenden mußte die Untersuchung der Type des Grafen von der Mühle von der größten Wichtigkeit sein, zumal in dem „Korrespondenzblatt“ des zoologisch-mineralogischen Vereines in Regensburg 1854, S. 150, unter „Vereinsangelegen- heiten“ gelegentlich deren Schenkung von Seiten des Grafen folgendes mitgeteilt wird: „Pyrrhula sinaica Temm. Diesen schönen Vogel brachte Graf von der Mühle aus Griechenland mit und beschrieb ihn in seinen Beiträgen unter diesem Namen, indem er ihn nach einer Abbildung in den Planches enluminees Temmincks ohne Beschreibung bestimmte. Schlegel in seiner kritischen Übersicht ist geneigt, diesen Vogel zu P. gythaginea Licht. zu ziehen,!) wogegen Graf von der Mühle die Schnabelform einwendet, die bei gythaginea dreikantig, flachgedrückt, bei sinaica hin- gegen hochgewölbt und rundlich ist. Er gehört auf jeden Fall in die seltene Gruppe der Purpurgimpel, zu P. sibirica, caucasica, enucleator, rosea, erythrina, gythaginea u.a. und dürfte wohl ein Unikum sein. Wir können diesen Bericht nicht schließen, ohne noch zu erwähnen, daß Graf von der Mühle diese Vögel von dem berühmten Plouquet in Stuttgart hat ausstopfen lassen und aus seiner reichhaltigen Sammlung auch noch fortwährend die unsere zu vervollständigen beabsichtigt.“ Tatsächlich fand ich diesen Vogel bei meinem Besuche in der Vereinssammlung zu Regensburg im Juli 1900 mit der Aufschrift: „Pyrrhula sinaica, Griechenland, Graf von der Mühle“, noch gut erhalten vor und erwarb ihn später für das hiesige Museum. Wer beschreibt aber meine unangenehme Überraschung, als ich bei genauerer Besich- tigung entdeckte, daß es sich hier um nichts anderes handeln kann als den amerikani- schen Carpodacus purpureus (Gmel.). Da an ein Auftreten dieser Art in Griechenland wohl nicht zu denken ist, kann hier nur eine absichtliche oder unabsichtliche Ver- wechslung des Vogels bei Plouquet vorliegen, die dem damals schon erkrankten und im Oktober 1855 verstorbenen Grafen jedenfalls unbekannt geblieben ist. Auf jeden Fall ist es aber wohl erklärlich, daß ich mich durch diese Entdeekung genötigt sah, die angeblich von dieser Quelle herrührenden Belegstücke mit doppelter Vorsicht zu behandeln. Serinus serinus (L.),. Serinus hortulanus Koch. — 6irlitz. Da der Girlitz in Griechenland früher sehr oft mit dem Zitronenzeisig verwechselt wurde, wie ich unter Ohrysomitris citrinella nachweisen werde, müssen die betreffen- 1) Dies ist geradezu falsch, denn wie schon früher erwähnt, muß es hier heißen P, erythrina. Reiser, Ornis balcanica. III. 15 226 Ornis balcaniea. den Mitteilungen über das Vorkommen usf. stets mit besonderer Vorsicht geprüft werden. Die ersten allgemeinen Andeutungen über Aufenthalt und Nisten finden sich bereits bei Naumann (1826) und Thienemann (1829). Graf von der Mühle ist der erste, welcher seine Häufigkeit, die grelle, feurige Färbung und sein Umherstreifen im Herbste und Winter in Gesellschaft anderer Körnerfresser erwähnt. Erhard rechnete den Girlitz zu den Standvögen der Kykladen, was Krüper bezweifelt, da es dort keine bewaldeten Gebirge gibt. Doch fügt er bei, daß es auf Euböa wohl der Fall sein mag. Krüpers Beobachtungen zufolge ist der Girlitz im Winter auf den Feldern sehr häufig; den Sommer über lebt er in der höchsten Waldregion der Gebirge und brütet dort im Mai. Ich traf den Vogel an seinem Brutorte im Gebirge nur einmal, am 8. Juni 1898 in den Nadelholzbeständen im obersten Teile der Langhädaschlucht in Lakonien; jedoch bin ich der Überzeugung, daß recht viele Girlitze in den Zypressengruppen auf Korfu brüten, da ich unweit der Hauptstadt am 19. April 1894 mehrere Paare mit den Vor- bereitungen zum Nestbau beschäftigt beobachtete und ‚eines von diesen auch damals für die Sammlung schoß. Am 18. Jänner 1897 sah ich dann an den gleichen Plätzen in den Olivenwäldern ganze Scharen umherstreichen. Von Zante befindet sich ein Stück in der Koll. Mazziari in Athen und aus der Ebene von Attika (Kalitheia) liegen mir drei Wintervögel (27. Dezember 1894) vor, während ein Girlitz von derselben Örtlichkeit von Lindermayer an das Museum in Altenburg als „Fring. eitrinella“ eingesendet wurde. Recht häufig ist er im Winter und ersten Frühling m Akarnanien, wo Baron Schilling die ersten vier am 30. November 1393 beim Monastir Angelokastron fand und ein Weibchen erlegte, ich desgleichen viele in den Weingärten und Olivenbestän- den bei Missolonghi in der Zeit vom 8. bis 20. Februar 1897 beobachtete und an der Westküste ein schönes Männchen bei Hag. Pantelemonos noch am 14. März erbeutete. Maße und Gewicht zweier Eier: 109 18 175 mm Ip. ılapal 13:3 mm Gew. 85 8 09 Größe und Gefieder geben mir zu keinen besonderen Bemerkungen Anlaß; doch fand sich Chr. L. Brehm („Vogelfang“, S. 93) veranlaßt, Vertreter aus Tirol und Griechenland als Serinus meridionalis, mit angeblich größerem Schnabel, dann kleiner und gelber als der östliche Girlitz, abzusondern. Es sei schließlich noch bemerkt, daß dieser Vogel hier und da in Griechenland gerne im Käfig gehalten zu werden pflegt. Chrysomitris spinus (L.) — Erlenzeisig. Ohne weiteren Zusatz führt diesen Gast aus nördlicheren Breiten Jameson für Winter und Frühling auf Kythera an und Drummond erlegte zwar einst einen Zeisig gerade außerhalb der Stadt Korfu, da er aber hier niemals früher oder später einen solehen Vogel beobachtet hatte, nahm er selbst an, daß es ein entkommener Gefangener gewesen sei. III. Griechenland. 227 Von Dr. Krüper dagegen erfahren wir über das Vorkommen folgendes: „Der Erlenzeisig ist während der Wintermonate in allen Gegenden Griechenlands ziemlich häufig!) anzutreffen; ich fand ihn in Akarnanien, im Parnaß, auf dem Isthmus, in Attika und im Taygetos; im Winter 1873/74 wurden bei Athen viele gefangen.“ Trotzdem halte ich das Erscheinen des Zeisigs so weit im Süden für durchaus nicht regelmäßig, wie mir auch von einem Vogelsteller in Athen versichert wurde. In den ersten Monaten des Jahres 1897 suchte ich in günstigen Lagen Akarna- niens z. B. ganz vergebens nach diesen uns allen wohlbekannten Vögeln; dagegen war dort Baron Schilling glücklicher, welcher in der Umgebung des Monastir Angelo- kastron am 2. Dezember 1898 einen etwa 50 Stück zählenden Schwarm beobachtete. Schließlich erlegte St. Strimmeneas in der Umgebung von Athen am 6. Novem- ber 1897 vier Erlenzeisige, von welchen zwei an das dortige Museum, wo sie noch fehlten, und ein normal gefärbtes Weibchen hierher nach Sarajevo gelangten. Carduelis carduelis (L.), Carduelis elegans Steph. — Stieglitz. Der Stieglitz ist einer der häufigsten und verbreitetsten Vögel des Landes, der sowohl die Ebenen als auch die Gebirge bewohnt und ebendort brütet. Auch auf den Inseln kommt er vor. Auf Korfu fand ihn Lord Lilford häufig und als Brutvogel. Ein Zuzug im Winter, wie solehen Drummond ab Mitte Septem- ber bis anfangs Februar wahrnahm, ist wahrscheinlich, unrichtig jedoch dessen Be- hauptung, daß nur wenige den Sommer über verweilen. Ich wenigstens traf gerade dort den Vogel zu jeder Jahreszeit in größter Menge überall an, und zwar im April mit Pappelwolle im Schnabel, und am 4. Mai bei Braganiotika schon ganz flügge Junge. In ziemlicher Höhe am Ainos auf Kephalonia sah ich am 18. März einen Flug und viele gab es auf Zante (ein Exemplar in der Koll. Mazziari!), namentlich in den Eichenwäldern am Skopos zur Brutzeit. Für Kythera erwähnt seiner während des Winters und Frühlings Jameson, für Santorin, anfangs Mai, Douglass, für Euböa Lindermayer. Auf den griechischen Inseln des Ägäischen Meeres hat den Distelfink schon Sonnini gefunden,?) welcher berichtet, daß er auf den größeren Inseln das ganze Jahr verbleibt und nur auf den kleineren selten ist. Erhard dagegen zählt den Stieglitz fälschlich zu den Wintervögeln statt zu den Standvögeln der Kykladen, welchen Irrtum Krüper fast unbegreiflich fand, da Erhard öfters auf Naxos weilte, woselbst Krüper den Vogel als ungemein häufig brütend feststellte. Ich kann dies ebenfalls bestätigen, da am 15. Juni 1894 bei Melanes eine große Menge eben flügger Jungen umherzog. Auf dem Festlande trifft man natürlich die meisten und größten Flüge zur Winters- zeit (Lindermayer), wie solche unter anderen Elwes u. Buckley in den böotischen, Simpson in den akamanischen Ebenen beobachteten. Hier begegnete ich während der Monate Februar und März bei Missolonghi, Aetolikon, am Varassovo und bei Naupaktos täglich ansehnlichen Flügen; aber am 4. April war die Hauptmasse ver- schwunden. Am 26. November 1898 traf Baron Schilling bei Missolonghi einen Schwarm von etwa 500 Stück. 1) Auch v. Heldreich wiederholt dies! 2) Aus dieser Quelle schöpften offenbar Temminck und Brehm („Europäische Vögel“) ihre Mit- teilungen. 15* 228 Ornis balcanica. In der großen Klissura, dann im großen Olivenwalde bei Itea brüten sehr viele Stieglitze. Dies ist die Gegend, von welcher Seebohm schreibt: „Er ist einer der häufig- sten Brutvögel in den tiefliegenden Tälern des Parnaß, in den Olivenwäldern und beson- ders in den Dorfgärten zwischen Delphi und dem korinthischen Meerbusen.“ Aber auch bei Arachova in den höheren Lagen gibt es nach Hauptmann Roth ihrer genug. Auf dem Peloponnes stellte ich zur Brutzeit die meisten fest: im Aleppokiefern- walde der Düne von Agulinitsa, in den Gärten von Kalamata und in den Olivenhainen der Maina. Nach dem Gesagten ergibt es sich als durchaus falsch, wenn Lindermayer be- hauptet, daß €. carduelis nur auf den bewaldeten Gebirgen der Provinzen von Nord- griechenland brütet. Die Legezeit beginnt nach Krüper Mitte April, in den Ebenen etwas früher als in den Gebirgen. Die zehn Vögel unseres und die zwei des Athener Museums zeigen bezüglich der Färbung, Größe, Schnabelform usw. keinerlei Abweichungen von typischen (. carduelis. Ich fand die Mitteilung des Grafen von der Mühle (auf Korfu usw.) oftmals be- stätigt, daß der Distelfink gerne im Käfig gehalten zu werden pflegt. Acanthis cannabina (L.), Cannabina sangwinea Landb. — Bluthänfling. Genau wie in den übrigen Balkanländern hält sich der Hänfling auch in Griechen- land zur kalten Jahreszeit mehr in den Ebenen, zum Brüten aber in etwas höheren Lagen, ja sogar in den eigentlichen Gebirgen des Landes auf. Dies wurde namentlich von Dr. Krüper richtig betont, während sich vielfache falsche Angaben in der älteren Literatur finden. So z. B. soll der Hänfling sich auf dem Peloponnes, auf Euböa und den Inseln nach Graf von der Mühle und Lindermayer bloß scharenweise vom November bis März zeigen und nur in den Mittelgebirgen des mittleren Griechenland brüten. Auch Erhard hielt den Hänfling auf den Kykladen für einen Wintergast, was ebenfalls bereits Krüper richtigstellte, während ihn Sonnini gar als Zugvogel betrachtete, den er ın großer Zahl auf Kimolos beobachtete. Wir werden sehen, daß er gerade den meisten Inseln als Brut- und Standvogel eigentümlich ist. So wurde er für Korfu von Drummond und Lord Lilford als solcher in großer Anzahl festgestellt und von mir am 17. April 13594 im Valle di Ropa häufig angetroffen, dann aber auch am 18. und 22. Jänner 1897 scharenweise in den Olivenwäldern von Govino und Mamalos. Auf Zante und Kythera sah ich zwar keinen Hänfling, aber es befinden sich von dort Belegstücke in der Koll. Mazziari und Jameson gibt das Vorkommen im Winter und Frühling an. Dagegen beobachtete ich auf der an Körnerfressern so auffallend armen größeren Strophadeninsel am 15. Mai 1898 am Nordrande einen kleinen Flug, von dem ich ein älteres Weibchen erbeutete. Von den Kykladen sind es Naxos sowie die unweit davon gelegenen Eilande Evreokastron und Makariös, wo ich ziemlich viele brütende Hänflinge vorfand. Auf Evreokastron entdeckte Santarius ein Gelege von vier frischen Eiern noch am 12. Juni 1394, während mir drei Wochen früher ein ebensolches auf Skopelos zu- getragen worden war. III. Griechenland. 229 Auf Naxos ist A. cannabina sehr häufig in den höheren Lagen, so um Apiranthos, wo Krüper Eier erhielt, sowie am ganzen Hauptgebirgskamme der Insel, aber auch tiefer am Kap Muntsara am Östrande. Auf dem Festlande sah und erlegte ich Hänflinge zunächst auf dem Peloponnes bei Tripolis (Arkadien) am 20. April 1397, zu welcher Zeit sich eben die Scharen in Paare auflösten, bei Druhwä nächst Olympia (24. Mai 1395) und am Ithomeberge (Mes- senien) (6. Juni 1898), weiters in Mittelgriechenland auf den alpinen Triften der Kiona bis nahe an 2000 m über dem Meere im Juli 1894. Zur Winterszeit begegnete ich ansehnlichen Scharen Ende Jänner 1397 in der Umgebung von Missolonghi, von wo dies schon durch Simpson bekannt ist. Auch in der Umgebung von Athen dürfte zu dieser Jahreszeit der Vogel sehr häufig sein, wie eine Reihe von zehn Bälgen bestätigt, welche Leonis und Strimmeneas in der Zeit vom 11. Oktober 1894 bis 20. Februar 1895 für unsere Sammlung emlieferten. Daher ist der Hänfling auch mancherorts nach Graf von der Mühle ein häufig gehaltener Kätfigvogel. Die Legezeit beginnt laut Krüper in wärmeren Lagen und günstigen Jahren bereits Mitte April, sonst wohl später. Maß und Gewicht der beiden oben erwähnten, vollkommen typischen Gelege von Skopelos und Evreokastron: 16% 133 15:3 18:3 18:1 mm 172 2 17 16:5 mm Br. 134 13:2 133 137 mm 13:5 1lapil 134 13:4 mm Gew. 18 15 115 IS) ar 13 18 18:5 175 cg Von den mir vorliegenden fünfzehn Bälgen aus Griechenland gehören zunächst neun Stücke der im Winter gesammelten und vier der früher gedachten vom Sommer ohne Zweifel zur mitteleuropäischen, typischen A. cannabina. Hierher gehören auch die Belegstücke von Arkadien und den Kykladen. Nur einer der bei Athen erlegten Strichvögel und namentlich das alte auf dem Berge Ithome geschossene Männchen nähern sich durch die Ausbreitung und Tönung des Scharlachrot auf der Brust und am Scheitel sowie durch die Breite der weißen Kanten im Flügel außerordentlich der östlichen Form fringillirostris, ohne diese ganz zu erreichen. Bekanntlich ist der Größenunterschied bei beiden Formen ein ziemlich unbedeu- tender und Übergänge zwischen ihnen sehr wahrscheinlich. Chloris chloris (L.), Ligurinus chloris L. — Grünfink. Verbreitung und Häufigkeit dieses Vogels im Lande sind, wie aus dem Nach- folgenden hervorgeht, beträchtlich. Auf Korfu ist er das ganze Jahr hindurch sehr häufig (Drummond und Lord Lilford). Im Jänner traf ich dort in den Olivenwäldern sowohl wie in dem Wacholder- wäldchen auf der Düne von Korissia größere und kleinere Flüge; aber auch zur Brut- zeit (am 19. April) gab es in der Umgebung der Hauptstadt noch recht viele, woselbst er auch als Käfigvogel beliebt ist. Für Sta. Maura (Levkas) erwähnt ihn Sperling. Auf Kephalonia sah ich ihrer viele am 17. März 1897 bei heftigem Sturme in der Zypressenallee des Monastir Hag. Gerasimos. 250 Ormis baleanica. Zante (von hier auch in der Koll. Mazziari) beherbergt namentlich im südlichen Teile und in den Richenwäldern am Skopos eine namhafte Anzahl Brutpaare, welche in der zweiten Woche des Mai schon ziemlich große Junge hatten. Jameson beobachtete den Grünfinken auf Kythera nur im Winter und Frühling. Die Kykladen besucht er zufolge der alten Beobachtung Sonninis zugleich mit der Grauammer häufig auf dem Striche, ist daselbst aber auch laut Erhard Stand- vogel. Sonnini war für die Begrenzung des Vorkommes „bis auf die griechischen Inseln“ noch recht lange maßgebend, so für Brehm („Europäische Vögel“), Naumann, Dubois und Baedeker u. Päßler (Eierwerk). Ausdrücklich wird der Grünfink erwähnt für Santorin (Douglass), Naxos, wo- selbst Krüper Eier erhielt und ihn sowohl in der Ebene als in den Bergen als häufig bezeichnet, wozu ich beifüge, daß er dort in den höheren Lagen etwas seltener ist als der Hänfling (Acanthis cannabina), für Euböa (Lindermayer) und Skopelos, wo er in Menge brüten muß, da mir am 3. Juni eine große Zahl von frischen Gelegen ge- bracht wurde. Auf das Festland übergehend seien folgende Gegenden namentlich hervorgehoben: Die große Menge der die Ebenen Akarnaniens bewohnenden Grünlinge fiel schon Simpson auf. Die meisten Schwärme vermerkte ich hier, und zwar in der Gegend der Phidarismündung, im Olivenwalde bei Missolonghi, bei Naupaktos und Aetolikon (im Paliurus-Gesträuch!) im Februar. Bis zum 4. April war eine sehr merkliche Ab- nahme zu ersehen. Ziemlich viele brüten auch in dem prächtigen Olivenwalde zwischen Itea und Salona (Amphissa) sowie allenthalben in der Umgebung von Kephissia (Attika). Auf dem Peloponnes beobachtete ich die meisten zur Brutzeit um Astros, bei Druhwa nächst Olympia, in den Gärten von Kalamata und in den Vorbergen der Maina. Hieraus dürfte wohl zur Genüge hervorgehen, daß wir es mit einem nirgends im Gebiete gänzlich fehlenden Vogel zu tun haben. Die Legezeit beginnt nach Krüper (bei Mommsen) Mitte April, doch scheint sie bedeutenden Schwankungen unterworfen zu sein. So z. B. wurden uns in der Um- gebung des Vrachorisees am 2. Mai 1894 zwei frische Gelege zugetragen, während am selben Tage Santarius dort zusah, wie andere Paare bereits ziemlich erwachsene Junge fütterten, und am 11. Mai gab es am Hymettos schon getrennte Flüge von alten und jungen Grünlingen. Die auf Skopelos anfangs Juni gesammlten Gelege, die in jeder Hinsicht jenen von mitteleuropäischen Vögeln gleichen, dürften wohl sicher einer zweiten Brut zuzu- schreiben sein. Durch Lindermayer gelangten diese Eier schon früh nach Deutschland, so z. B. in die Sammlung Thienemanns (s. dessen Schluß-Eierkatalog), doch ist die von ihm genannte Eierzahl eines Geleges 7—Y entschieden zu hoch gegriffen. Nach seinen um- fassenden Beobachtungen brütet der Vogel sowohl hoch im Parnaß und anderen Ge- birgen Mittel- und Nordgriechenlands, als auch in der Nähe der Küste. Das Nest befindet sich meistens auf Olivenbäumen und dessen Material ist am häufigsten die Wurzelrinde einer Symphytum-Art. Daß im Winter ein Zuzug aus nördlicher gelegenen Ländern stattfindet, ist sehr wahrscheinlich und wurde zuerst vom Grafen von der Mühle ausgesprochen. Dieser hielt auch die griechischen Grünfinken für greller gefärbt als jene in Deutschland. Man wäre hierbei versucht, an die erst jüngst durch Baron Erlanger für Tunesien nachgewiesene Form aurantiiwentris Cab. zu denken; doch förderte die genaue Unter- III. Griechenland. 231 suchung von zwei Stücken des Museums in Athen sowie eines Dutzends solcher aus den verschiedensten Landesteilen unserer Anstalt keinerlei Unterschiede von typischen Chloris chloris zutage. Auch nicht bezüglich der Größe und der Form des Schnabels, worauf besonders geachtet wurde, da Chr. L. Brehm im „Vogelfang“, S. 95 einen Chl. brachyrhynchos aus Griechenland aufführt — ein Vogel, der im Sammlungsver- zeichnis von 1866 dann megarhynchos genannt wird. Montifringilla nivalis (L.) — Schneefink. Nie werde ich die Stunde vergessen, in der es mir beschieden war, zu meinem größten Erstaunen diese alpine Vogelart mitten in dem sonnendurchglühten Griechen- land und noch dazu als unzweifelhaften Brutvogel, allerdings in einer Höhe von un- gefähr 2000 m, festzustellen. Es war am 18. Juli 1894, als ich gegen die Mittagsstunde in Begleitung J. San- tarius’ und des Sammlers Christos Leonis eines der obersten Schuttkare des Korax- gebirges (Vardusia) erreichte. Etwas weiter gegen Süden baut sich dann die höchste Erhebung des von Nord nach Süd verlaufenden Kammes dieses mächtigen Gebirges auf. Trotz der vorgerückten Jahreszeit lag in der Mulde noch eine gewaltige Schnee- masse. Hier war es, wo Santarius, durch den Lockton einer ihm bis dahin unbekannten Vogelart aufmerksam gemacht, in kurzer Frist den ersten und dann, durch meinen Jubel ermuntert, zwei weitere Schneefinken erlegte. Ich selbst kam nicht zu Schuß und Santarius gebührt demnach das Verdienst der ersten Erlegung dieses Vogels auf griechischem Boden. Die erbeuteten Vögel erwiesen sich später als zwei alte und ein junges, in dem- selben Jahre ausgebrütetes Männchen, letzteres leicht kenntlich an dem gelblichen, nur an der Spitze schwärzlichen Schnabel. Dieses dürfte bereits ungefähr zwei Monate früher das Nest verlassen haben. Außer den erlegten war noch eine ganze Anzahl anderer an Ort und Stelle sichtbar, welche, durch die Verfolgung scheu gemacht, sich in das umliegende Felsgeschröfe zurückzogen und aus Mangel an Zeit nicht weiter behelligt wurden. Genaue Vergleiche haben erwiesen, daß sich die griechischen Schneefinken nicht im mindesten von jenen der Alpen unterscheiden und daß sie mit M. alpicola (Pall.) des Kaukasus gar nichts gemeinsam haben. Jedenfalls ist nunmehr zu erwarten, daß einst auch noch weiter gegen Norden zu und sicherlich auf den geheimnisvollen Bergriesen Albaniens dieser echte Gebirgs- bewohner zu finden sein und so der Zusammenhang mit seinem bisher bekannten südlichsten Fundorte auf der Balkanhalbinsel, dem Durmitor (Montenegro), hergestellt werden wird. Es hat den Anschein, als ob wir es hier, wie bei so mancher anderen Art, mit einem Überbleibsel der Verbreitung aus einer längst entschwundenen Zeitperiode zu tun haben. Knapp vor der Drucklegung ist es noch möglich beizufügen, daß Ph. L. Selater („Ibis“ 1904, p. 225) in dem niemals veröffentlichten Tafelwerke Sibthorps „Fauna graeca“, welches 1787 nach griechischen Originalen von Bauer hergestellt wurde, eine unverkennbare Abbildung des Schneefinken auffand. Obwohl kein Fund- ort angegeben ist, liegt die Vermutung nahe, daß Sibthorp diesen Finken in den Ge- birgen des nördlichen Griechenland aufgefunden hat. 232 Ornis balcanica. Fringilla montifringilla L. — Bergfink. Das Erschemen des Bergfinken in Griechenland ist aus leicht begreiflichen Grün- den ein sehr unregelmäßiges und scheint tatsächlich mit jeweiligem strengen Froste im Norden im Zusammenhange zu stehen. Erwähnt wird sein Auftreten ausdrücklich von Naumann und auch in Brehms „Tierleben“. Er wurde nach Graf von der Mühle in strengen Wintern mehrmals bei Lamia geschossen und durch v. Heldreich in Attika beobachtet. Lindermayer erlegte im März 1845 ein Paar am Phaleron, wo sich viele unter die Flüge von Stieglitzen ge- mischt hatten. Auch sah er einige lebende Bergfinken auf dem Markte von Athen und behauptet, daß er im Norden Griechenlands häufiger vorkäme. Von dort erhielt das hiesige Landesmuseum ein am 9. Jänner 1896 in Velestino von St. Strimmeneas erbeutetes Männchen, während die zwei Stücke des Athener Universitätsmuseums durch Schrader sen. am öl. Dezember 1361 und 4. Jänner 1862 in Attika gesammelt wurden. Auch 1903 sind die Bergfinken bis Thessalien gewandert. St. Strimmeneas erlegte bei Lamia (Meg. vrysis) am 20. und 22. Jänner drei Stück und sandte sie ein. Fringilla coelebs L. — Buchfink. Obwohl die meisten Buchfinken, welche sich während des ganzen Winters in sämtlichen ebenen Teilen Griechenlands herumtreiben, aus nördlicher gelegenen Ländern stammen, mischen sich unter diese Scharen doch auch zweifelsohne jene Finken, welche zur Sommerszeit alle bewaldeten Gebirge Griechenlands bewohnen und dort auch brüten. Zu den Zeiten Lindermayers und des Grafen von der Mühle, als es noch ein Wasnis war, die Gebirge des Landes zu betreten, wußte man dies nicht und hielt ihn bloß für einen nordgriechischen Brutvogel; besonders die Buchen- und Platanen- wälder!) bei Karpenisi werden hierbei namhaft gemacht. Gebirge des Festlandes, wo ich zur Brutzeit genug Buchfinken antraf und einige auch schoß, sind: die Kiona, wo sie nicht nur die T’annenbestände beleben, sondern auch in den tiefer liegenden Tälern, z. B. bei Stromvi und Musinitsa im Juli 1894 zu sehen waren. Im benachbarten Parnaß ließ Krüper wiederholt Eier sammeln und besonders viele Finken beobachtete Hauptmann Roth (Juli 1898) bei Arachova. Viele Brutpaare gab es ferner im Eichenwalde Kapellis (Pholo&) bei Lala, weiters einige in der Schlucht von Ladä bei Kalamata, viel mehr oberhalb davon im Nadelholzbestande an der messenisch-lakonischen Grenze und die allermeisten in der Schwarzkiefernregion des Taygetos, etwa in der Höhe des Joches Warwara (Juni 1898). Es gibt aber auch einige Niederungen, namentlich im Westen des Landes, wo der Buchfink den Sommer zuzubringen pfleet. Als solehe nenne ich die Auwälder der Vrachoriseen und auch die Buschwälder daselbst am Nordrande, wo ich z. B. bei Juritsa noch anfangs Mai 1894 öfters durch Finkenschlag erfreut wurde. Sehr selten dagegen kommt es vor, daß einmal ein Buchfink den Sommer in den heißen Olivenwäldern verbringt. Einen solchen Einsiedler beobachtete Santarius sehr deutlich am 12. Juli 1594, vom Boden aufstehend, in dem riesigen Olivenwalde zwischen Itea und Amphissa. !) Es geht aber daraus hervor, daß schon dem Grafen von der Mühle das Vorkommen von Fagus silvatica in Griechenland bekannt geworden war. II. Griechenland. 233 Während des ganzen Winters dagegen hausen riesige Scharen als charakteristische Erscheinung in diesen Ölbaumpflanzungen. Buchfinken in den Olivenzweigen! — be- steht nieht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihnen und deutschen Blaujacken in den Tropenwaldungen? Beide passen nicht in den Rahmen der Umgebung und doch ge- wöhnt man sich rasch an den absonderlichen Anblick! Solche überwinternde Finkenschwärme hielten sich insbesonders in der Umgebung von Missolonghi, sowohl an den Lachen nördlich der Stadt als in den Gärten und namentlich den Olivenwäldern von Jänner bis Ende März auf. Es waren oft ungeheure Scharen beisammen. Am 4. April war nicht ein einziger Fink mehr sichtbar! Auch an der Westküste von Akarnanien und von da weit ins Binnenland verfolgten wir anfangs und Mitte März 1897 enorme Mengen. Nicht minder große Massen beherbersten die Inseln Oxiä, Petalä, Vido bei Korfu und endlich vor allem die letztgenannte Insel selbst, so insbesondere die Gegend von Potam6, Valle di Korissia, Bucht von Kalikiopulo ete. ete. Mit Ausnahme von Kephalonia hält sich der Buchfink auf den Jonischen Inseln nur während des Winters auf; so auf Kythera (Jameson), Zante (Koll. Mazziari) ete. Drummond und Lord Lilford geben als Zeit seines Aufenthaltes auf Korfu an: Ankunft gegen 1. Oktober, Abzug Ende Februar und März. Auf Kephalonia dagegen ist eine große Zahl Buchfinken in den Beständen der Abies cephalonica am Berge Ainos als Brutvögel angesiedelt und ich fand solche am 18. März 1397 bis zum höchsten Kamme, wo einige erlegt wurden. Im Osten findet er sich hauptsächlich auf Euböa (Lindermayer) als Standvogel; als überwinternd führt ihn Erhard für die Kykladen an; doch sah Douglass ihn noch im Mai auf Santorin und bemerkenswert ist, was wir durch Sonnini erfahren, der vor so langer Zeit auf diesen Inseln beobachtete. Er sagt: „Er kommt gegen Ende Oktober hier an und ist ein Gegenstand lebhafter Verfolgung, weil sein Fleisch zu dieser Zeit zart und ziemlich delikat ist. Unter der großen Zahl dieser Vögel, welche ich auf den Inseln gesehen habe, gibt es viele, deren Gefieder sie als junge Vögel des- selben Jahres kennzeichnet, weshalb ich vermute, daß diese Finken nicht sehr weit herkommen und in naheliegenden Gegenden ausgebrütet wurden.“ Heutzutage wissen wir, daß dies kaum stichhältig ist, da auch die jungen Vögel ganz gewaltige Wanderungen unternehmen. Bezüglich der Färbung des Gefieders geben mir ein Dutzend griechischer Ver- treter, wovon die Hälfte aus Wintervögeln aus der Umgebung von Athen besteht, keinen Anlaß zu irgend einer Bemerkung; aber betreffs der Eier, welche in Griechen- land nach Krüper Mitte April, in kalten Jahren sogar erst im Mai gelegt werden, mache ich die Wahrnehmung, daß die Grundfarbe durchschnittlich etwas dunkler erscheint als bei mitteleuropäischen Stücken. Am 18. April 1866 und 23. Juni 1861 am Parnaß gesammelte Eier schwanken zwischen 19:1 mm und 17:5 mm Länge, 15°3 mm und 141 mm Breite und 12—14 eg. Coceothraustes coccothraustes (L.), Coccothraustes vulgaris Pall. — Kirschkernbeißer. Krüper hat die Art zuerst als Standvogel des Gebietes festgestellt, obgleich nur wenige Paare den Sommer über zum Brüten verweilen. Für Attika und Euböa mag wohl im allgemeinen die Angabe Lindermayers richtig sein, daß er sich dort nur 234 Ornis balcanica. selten im Jänner und Februar zeigt. Aus diesem Landesteile erhielt ich nur einmal ein von Chr. Leonis am 26. Jänner 1595 am Pentelikon erbeutetes Weibchen. Für Korfu bezeichnet ihn Drummond in manchen Jahren als häufig, dann wieder als selten und er verweilt dort nur während des Winters bis anfangs April. Ich beobachtete im den Olivenpflanzungen bei Potamo am 18. Jänner 1894 drei Stücke. Die Kykladen sucht er, nach Erhard, in seltenen Fällen auf, um daselbst zu überwintern; so geschah es, daß im Winter 1855 diese Fremdlinge auf den Bergen von Syra mehrfach erlegt wurden. Außerordentlich häufig ist der Kirschkernbeißer in der strengen Jahreszeit in Aeto- lien und Akarnanien. Hier fand ich ihn zunächst im Februar 1897 in den Oliven- wäldern bei Aetolikon und Missolonghi, wo die größte Zahl am 28. Februar ankam und noch am 4. April viele einzelne sowie auch ganze Flüge zu sehen waren. In geradezu unglaublicher Menge begegneten wir dem Vogel im westlichsten Akarnanien, in den Maechien am Triptolakos, in den Eichenbeständen von Chalkitsa und von dort immerfort bis Podolovitsa. Auch bei Monastir Angelokastron beobachtete und erlegte Baron Schilling für unser Museum einige Stücke Ende November und anfangs Dezember 1898 im Weißdorn (Crataegus monogyna). Aber auch als Brutvogel ist er in dieser Gegend nachgewiesen. So schienen sich einige Paare im Gebirge nördlich von Naupaktos am 29. März 1897 schon einen Brut- platz zu wählen und in der näheren Umgebung der Vrachoriseen hat Krüper den Kernbeißer im ersten Jahre seiner Anwesenheit brütend angetroffen. Am 1. Mai 1894 wurde von uns ein Paar in der großen Klissura erlegt, welches in den Bäumen der dortigen steilen Geröllhalden nistete. Das erlegte Weibchen hätte wenige Stunden später ein Ei gelest und in der Nähe fand ich überdies das charak- teristische, aber leider noch leere Nest. Im großen Olivenwalde bei Itea dürften ebenfalls einige nisten, da ich dort am 12. Juli ein futtertragendes Weibchen beobachtete. Auf dem Peloponnes sammelte Graf von der Mühle einige bei Platanos (im Parnongebirge) und bei Tripolitsa, woher unser Museum ebenfalls einen Wintervogel erhielt, und Krüper endlich gelang es am 5. Juni 1860, am Taygetos ein Gelege von drei Stück aufzufinden, welches dem Universitätsmuseum in Athen einverleibt wurde. Abgesehen von durchschnittlich etwas grelleren Farbentönen gleichen die griechi- schen Coceothraustes, von welchen mir sieben Stücke vorliegen, vollkommen typischen Stücken aus Mitteleuropa. Nach Chr. L. Brehms Auffassung („Vogelfang“, S. 94) ist es die großwüchsige, von ihm Coccothraustes fagorum benannte Form, welche im Winter bis Griechenland verstreicht. Passer petronius (L.) — Steinsperling. (Siehe Tafel III, Eier.) Wenn der Beschauer des Glanzpunktes des alten wie des jetzigen Athen, die Tempelpracht der Akropolis bewundert, mögen seine Betrachtungen über Anlage und Vergangenheit dieses unvergleichlichen Bauwerkes vielleicht manchesmal durch den zwitschernden Ruf eines Vogels unterbrochen werden, der, nach Spatzenart Geniste im Schnabel haltend, sich just ein antikes Säulenkapitäl als Wohnstätte ausersehen hat. Es ist der Steinsperling, der aber nicht allein auf der Akropolis, sondern fast in der ganzen Stadt Athen samt Umgebung zu finden ist. III. Griechenland. 235 Zeitlich morgens schon kann man im Frühling seinen eigentümlich gezogenen Lockruf von den Steindächern herab vernehmen, deren große Platten ihm ein ruhiges und gesichertes Heim gewähren. In der Umgebung von Athen ist es vor allem die Hafenstadt Piräus, welche viele Steinsperlinge beherbergt, namentlich die Ziegeldächer der Spitalsbaracken und jene der Baracken der etwas weiter entfernten Quarantäneinsel Hag. Georgios, dann die Land- häuser und Villen in den Sommerfrischen von Athen, Marusi und Kephissia. Am 13. April 1897 trieben sich hier diese Sperlinge, natürlich streng gesondert von ihren Verwandten, noch in kleinen Scharen herum. Auch auf den Militärgebäuden des Artillerieschießplatzes und weiter hinaus an den Felswänden des Hymettos und den kraterartigen Wänden bei Wuliasmeni an der attischen Küste fanden wir recht viele. Über die Verbreitung des Vogels im übrigen Griechenland will ich ganz bestimmte Daten geben, weil wir diesbezüglich ebenso wie über seine sonstigen Eigentümlichkeiten von sämtlichen Autoren nur ungenaue oder einfach unrichtige Angaben verzeichnet finden. Man darf den Steinsperling nämlich durchaus nicht zu den gemeinen Vögeln des Landes zählen, wie dies z. B. Brehms „Tierleben“ besagt, sondern er meidet ohne ersichtlichen Grund weite Landstriche. Im Norden, in Thessalien, trafen wir ihn bloß in und um das Dorf Kanalia am Karlasee (18. Mai 1894). Vom Parnaß kennt ihn seit langer Zeit Krüper und ich sah in der Felswand bei Delphi am 12. Juni 1894 sehr viele. In Akarnanien sind es die steil ins Meer fallenden Abstürze des Varassovo bei Kryoneri, wo wir Ende April 1394 mehrere Paare angesiedelt fanden; aber im Jahre 1897 gab es dort keine mehr. Weiters schoß ich den Stemspatzen an der felsigen Lehne des Zygos bei Aetolikon. Auf dem Peloponnes sagen ihm nur wenige Örtlichkeiten zu. Eine ziemliche An- zahl stellten wir (April 1897) bei Tripolis fest. Bei Sparta ist er ziemlich selten; ebenso bei Anayryta und beim Beginne der Langhädaschlucht, häufiger dagegen weiter süd- lich in der Maina, in den Olivenwäldern von Potamiä und Xerökampos. An allen diesen angeführten Orten wurden auch Belegstücke gesammelt. Auf sämtlichen Inseln scheint er entweder ganz zu fehlen oder doch nur als große Seltenheit aufzutreten. Ich führe deshalb die folgenden Angaben hier mit größtem Vor- behalt auf. Graf von der Mühle meint, daß er auf den Inseln und besonders auf Kythnos (Thermia) sehr häufig sei, wogegen Erhard ausdrücklich hervorhebt, daß er bloß ein einziges Stück von den Kykladen erhielt. Lindermayer will ihn von Euböa, Jame- son als Standvogel von Kythera kennen und Mazziari lieferte einen Balg von Zante in den Vierzigerjahren dem Museum in Athen; doch blieben alle meine sorgfältigen Nachforschungen auf den beiden letztgenannten Inseln 1898 ohne jeden Erfolg. Betragen, Flug, Nestbau und Färbung der Eier sind bei dieser Art durchaus sperlingsartig. Einen modulierten Gesang habe ich nie vernommen. Das Gefieder der mir vorliegenden 19 Stücke entspricht bei Zuhilfenahme der die Unterarten veranschaulichenden Tafel Kleinschmidts in Baron Erlangers Werk vollständig dem Linneschen Typus. Weshalb Chr. L. Brehm den Belegstücken aus Griechenland den Namen P. macrorhynchus beilegte, ist mir nicht verständlich. Zur Herbst- und Winterszeit ist selbst bei alten Vögeln der gelbe Kehlfleck matter und die ganze Unterseite bräunlicher gefärbt als im Frühjahre. 236 Ornis baleanica. Ein ganz junger Vogel aus der Gegend von Marathon vom 1. Juli 1594 zeigt bereits einige zitronengelbe Federn an der Kehle und auch das übrige Gefieder ähnelt dem der alten Vögel, nur ist die Zeichnung am Rücken verschwommen. Über das Brutgeschäft erfahren wir von Krüper folgendes: „In der Attika brütet der Steinsperling zweimal des Jahres, Ende April und im Juni; in den Gebirgen lest er nur einmal, und zwar Ende Mai; ich fand um diese Zeit im Parnaß ein frisches Gelege von sieben Eiern. Im Juli und August traf ich in der Hochebene des Parnaß Scharen von Hunderten umherschweifend.“ Thienemann besaß bereits seinerzeit Eier dieses Vogels aus Griechenland. Das wichtigste Kennzeichen für die Eier des Steinsperlings bildet stets ihr deut- lich erkennbarer Glanz. Die Grundfarbe ist entweder weißlich oder lichtbräunlich, die Oberflächenzeichnung entweder von grauem oder braunem Gesamteindruck, bezüg- lich der Feinheit und Dichtigkeit der Zeichnung aber großen Schwankungen unter- worfen. Stets lassen sie aber auf den ersten Blick die Eigentümlichkeiten der Passer- Eier erkennen. Manchmal ist auch ein Ei des Geleges lichter als die übrigen. Interessant ist die Zeichnung der sämtlichen Eier eines Geleges aus Wuliasmeni, indem bei diesen auf einer Eihälfte die sämtlichen braunen Punkte zu einem emzigen kaffeebraunen Fleck zusammengeflossen erscheinen. Die Gelege bestanden aus 4—7 Eiern und die Nester waren unter den Hohl- ziegeln der Barackendächer in Wuliasmeni und auf der Quarantaineinsel derartig an- gebracht, daß sie gegen Regen vollständig geschützt waren, wie dies der nebenstehende Querschnitt zeigt. Von außen ist von den Nist- materialien nicht das geringste zu bemerken. Weil damals (22. April) die Steinsperlinge fast durchwegs schon bebrütete Eier hatten,!) so kehrten die von uns verscheuchten Weibchen sehr bald zu ihren Nestern zurück, so deren genauen Standort verratend. Es gab auf Hag. Georgios sicher 20, im Spital (Piräus) etwa 4 Brutpaare und es wäre zu bemerken, daß an letzterem Orte die Haussperlinge zur selben Zeit schon ihre Jungen fütterten. In Wuliasmeni begann die Brutzeit noch etwas später, weil ich dort am 24. April einzelne noch mit Nistmaterial zur großen Felswand fliegen sah, welche sicher 50 Paare beherberste. Als vereinzelte Ausnahme will St. Strimmeneas 1896 in den Türkenbergen bei Athen ein Nest mit fünf jungen Steinspatzen auf einer Seestrandskiefer angebracht, gefunden haben. Zum Schlusse Maß und Gewicht von 44 Eiern des griechischen Passer petronius: Fünf einzelne Stücke aus dem Parnaßgebiete und gesammelt zwischen dem 7. und 20. Mai daselbst: 22-4 219 213 EN 212 mm 162 154 15:3 15:6 15:3 mm 23 17 17 19 18 cg !) Am 10. Mai 1894 gab es am gleichen Orte schon kleine Junge! III. Griechenland. 237 Sechs Gelege, mehr oder weniger bebrütet, gesammelt auf der Quarantäneinsel Hag. Georgios (bei Salamis) am 22. April 1897: L. 22:6 22:1 22a 22:1 21:3 mm = = = = = Ein Ei verunglückt. Br. 164 161 16 15:9 164 mm Gew. 23 21 20 22 21 cg 22:2: 22:3 221 21:4 mm Brssli6 16 61 15:9 mm Gew. 22 22 22 Zllreg: L. 22:9 22 21-5 214 214 ED, 21:2 mm Br. 16 16°3 15:5 155 154 15:3 151 mm Gew. 23 13 17 17 18 167 18 cg L 22-9 22-6 22:5 22-2 mm Br. 165 16°4 16-1 16:6 mm Gew. 23 22 >21 22 cg L 22:8 22:4 22-3 22:3 22 215 mm Bı 15:7 158 15:8 15:7 15:9 15 mm Gew. 19 19 19 18 19 16 eg L. 23:3 231 23 22:9 22:6 mm Br. 158 15:8 164 16°5 15:9 mm Gew. 21 22 22 22 20 cg Abweichend gefärbtes und auch mißgeformtes Gelege vom Dache einer Badezelle in Wuliasmeni (Attika) 24. April 1897: L. 22:2 22 21:9 21:2 21 mm 4 163 164 16:4 16 mm Gew. 20 20 15 19 18 cg Gewöhnlich gefärbtes Gelege, ganz frisch, ebendaher: L: ‚Ei 217 21:5 21:4 mm Br. 169 167 156mm Gew. 20 20 20 eg Ein Ei verunglückt. Passer montanus (L.) — Feldsperling. Es ist schwer begreiflich, wie über einen so allgemein bekannten Vogel bezüglich seines Vorkommens in Griechenland so viel Unrichtigkeiten angeführt werden konnten. Denn wenn Graf von der Mühle schreibt: „Gemein das ganze Jahr hindurch, zumal in den Olivenwaldungen“, so ist dies ganz falsch; und Lindermayer, der zuerst (1843) in lakonischer Kürze angab: „nicht häufig“ wiederholte 1859 nur die irrige Angabe des Grafen von der Mühle, desgleichen 1878 v. Heldreich. Ebenso unrichtig ist es, 238 Ormis baleanica. wenn Erhard den Feldsperling einen Standvogel der Kykladen nennt und ihn Linder- mayer ohneweiters in die Liste der Vögel Euböas einreiht. Tatsache ist, daß bis in die neueste Zeit Dr. Krüper kein einziges Vorkommen für Griechenland angeben konnte. Auch Seebohm sagt: „Scheint in Griechenland zu fehlen.“ Erst den Be- mühungen der Herren Merlin und St. Strimmeneas ist es gelungen nachzuweisen, daß der Feldsperling im Winter hier und da Griechenland in geringer Zahl aufsucht. Das erste Stück wurde im Winter 1594 (Jänner oder Februar) in Kephissia bei Athen geschossen, die übrigen in Velestino (Thessalien) in der Zeit vom 20. Jänner bis 19. Februar 1896. Sämtliche erbeuteten Feldsperlinge sind Männchen, von denen zwei an das Museum in Athen und drei an unsere Anstalt gelangten. Abweichungen im Gefieder oder in der Größe sind bei diesen Feldsperlingen im Vergleich zu Mitteleuropäern nicht wahrzunehmen. Passer domesticus (L.) — Haussperling.! Da der gewöhnliche Sperling fast in allen südlichen Ländern Europas ebenso häufig auftritt als bei uns in der Mitte des Kontinentes, so ist es nicht auffallend, daß er auch den wenigsten Landstrichen Griechenlands wirklich fehlt und ein im Volke ebenso bekannter Geselle ist wie allerorts. Lord Lilford fand ihn auf Korfu nicht sehr zahlreich, Drummond aber sehr häufig. Seither muß er sich dort sehr vermehrt haben, denn sowohl im Jänner als auch im April traf ich in den verschiedenen Olivenwäldern eme ganze Masse an; namentlich aber im Mai in der Umgebung von Palaeokastrizza. Am 17. März sah ich, wie die Sperlinge vor dem heftigen Sturme Schutz in der Zypressenallee des Monastir Hag. Gerasimos auf Kephalonia suchten; auch Zante und Kythera beherbergen namentlich in den Städten und Ortschaften eine Menge Brutpaare. Auf den Strophaden ist er dagegen sehr selten und nur St. Strimmeneas sah während unseres dortigen Aufenthaltes ein Männchen. Als Standvogel der Kykladen bezeichnete den Hausspatzen Erhard; aber schon viel früher teilte Sonnini mit, daß er auf Kimolos nur kurze Zeit während der Aus- saat als Schmarotzer erscheint, auf dem fruchtbaren Milos dagegen sehr häufig ist. Auf Santorin ist er nach Douglass verhältnismäßig selten. Ebenso nach Krüper auf Naxos. Hier fand ich die meisten in und um Chalki. Sehr zahlreich brütet er auf Euböa (Lindermayer) und Skopelos. Auf dem Festlande will ich bloß diejenigen Orte erwähnen, an welchen mir das massenhafte Auftreten des Sperlings insbesondere aufgefallen ist, und zwar namentlich zur Brutzeit. Diese sind: die Ufer der Vrachoriseen, die Umgebung von Astros, dann Kalamata, der große Friedhof von Athen und Kephissia. Im Winter beobachtete ich die größten Scharen am Rande der Lagune von Aetolikon, beim Leuchtturm Hag. Sosti und bei Naupaktos. Bemerkenswert ist das Zusammenwohnen des P. domesticus mit anderen Gattungs- verwandten. So nistet er in unmittelbarer Nähe des Steinsperlings in den Felswänden !) Es sei hier als Absonderlichkeit erwähnt, daß einst Herr Merlin am Phaleron einen offenbar aus der Gefangenschaft entkommenen Reisfinken (‚Spermestes oryzivora) erlegte. Der Vogel soll sich damals schon längere Zeit der Freiheit erfreut haben und der mir vorliegende Balg läßt keinerlei Spuren der Gefangenhaltung erkennen. III. Griechenland, 239 des Varassovo bei Kryoneri und auf der Quarantäneinsel Hag. Georgios und mit dem Sumpfsperling zusammen in den Storehnestern von Velestino, so daß einmal auf einen Schuß beide Spatzenarten herabfielen. Dr. Krüper gibt folgendes für den Beginn der Brutzeit an: „Der Sperling legt in warmen Häusern schon Ende März. So fand man in Athen am 29. März 1867 sieben Eier und am 12. April 1873 sah ich Junge, die das Nest verlassen hatten.“ Graf von der Mühle sagt: „Die alten türkischen Gebäude mit den vielen Schnitz- werken geben ihm treffliche Brutplätze; er nistet jedoch auch gerne in den Zweigen einzeln stehender Zypressen.“ Dieser Autor sowohl, wie auch Lindermayer versichern, daß der griechische Sperling vollkommen dem gewöhnlichen gleicht. Ich will dies gerne bestätigen, muß aber betonen, daß die Sperlinge bezüglich der Tönung und Verteilung der Farben im Gefieder überhaupt sehr abändern, so daß eigentlich ganz genau betrachtet jeder ein- zelne verschieden ist, und dies ist auch bei der Reihe von 16 aus den verschiedensten Teilen Griechenlands mitgebrachten Bälgen deutlich zu ersehen. Passer hispaniolensis (Tem.) — Sumpfsperling. Über die tatsächliche Verbreitung des Sumpfsperlings im Lande läßt sich gegen- wärtig leider nicht viel sagen. Jedenfalls geht aus den bisherigen Beobachtungen her- vor, daß er im Sommer zur Brutzeit ganz bestimmte Örtlichkeiten aufsucht, im Winter dagegen zumeist in größeren Schwärmen viel weiter umherstreicht. Seit Temminck den griechischen Archipel als Fundort dieses Sperlings anführte, stößt man auf kurze, ähnliche Bemerkungen in der Literatur zu wiederholten Malen: Brehm (1823) nennt ihn einen Bewohner Südgriechenlands, Naumann (1824) betrachtet ihn als klimatische Spielart und wiederholt, daß der Vogel auf den griechischen Inseln angetroffen wurde, Lindermayer und A. Brehm im „Tierleben“ geben nur die Mit- teilungen früherer Beobachter wieder und einfache Erwähnung des Vorkommens im Lande tun Dubois, Rey und v. Heldreich. Gleich hier sei bemerkt, daß in neuerer Zeit von einem Vorkommen der Art auf irgend einer griechischen Insel nichts bekannt geworden ist, obwohl Erhard, der die Art mit P. italiae zusammenwirft, aber die Verschiedenheit von P. domestieus hervorhebt, P. hispaniolensis als häufigen Standvogel auf den südlichen Kykladen zeichnet. Auf dem Peloponnes wurde er vom Grafen von der Mühle, der ganz entschieden für die Artselbständigkeit eintritt, nur einmal erlegt und einmal beobachtet, und zwar auf den bekannten, gewaltigen Mauerresten des alten Tiryns. In Tripolitsa, von wo mir ein von Langhadis erbeutetes Männchen im Sommer- kleid vorliegt, dürfte er wohl in den Platanen dieser Stadt angesiedelt sein, wie es überhaupt feststeht, daß der Sumpfsperling gerade die Platane allen anderen Bäumen zum Nisten vorzieht. Im westlichen Mittelgriechenland hat ihn Krüper entdeckt und nachgewiesen, indem er bei Aetolikon am 22. und 25. Jänner 1861 von sechs bis acht anwesenden Sumpfsperlingen je ein Männchen erlegte. Bezüglich der anderen Beobachtungen in Akarnanien mögen die eigenen Worte Krüpers (Cab. Journ. f. Orn. 1875, S. 271) folgen, weil sie in trefflicher Weise auch meine eigenen Anschauungen wiedergeben: „Den spanischen Sperling haben die Ornitho- logen, die nie einen Sperling dieser Art im Freien sahen, als klimatische Abänderung 240 Ornis baleanica. des Haussperlings betrachtet und haben sich ihrer Ansichten wegen in bittere Kämpfe eingelassen. Besser hätten sie freilich getan, wenn sie in das Vaterland dieses Vogels gegangen wären und ihn dort ruhig beobachtet hätten. Als ich diesen Sperling in Griechenland, wo er auf einen kleinen Distrikt in Akarnanien und bei Vrachori (Agri- nion) beschränkt zu sein scheint, kennen lernte, überzeugte ich mich von der Ver- schiedenheit vom gewöhnlichen Haussperling. Die Bauart der Nester in den herab- hängenden Büscheln der Zweige von mächtigen Platanen an den Seen von Vrachori und selbst in der Riesenplatane der Stadt, war mir sehr auffallend; ebenso ist die Stimme dieser Sperlinge, besonders der Weibchen, wenn sie sich zanken, verschieden von der der Haussperlinge.“ Im Frühjahre 1894 suchten Dr. Krüper und ich vergeblich am Südrande der beiden Seen nach Passer hispaniolensis und da ich ihn auch 1897 dort nicht fand, dürfte er jetzt wohl aus dieser Gegend weggezogen sein. Dagegen trafen meine Begleiter am 8. Februar 1897 einen starken Flug Sumpf- sperlinge gemischt mit Buchfinken in der Ebene östlich von Missolonghi. Die Vögel sollen so flüchtig und scheu gewesen sein, daß zwar mit Mühe nach längerer Verfol- gung drei Stücke erbeutet wurden, es aber nicht gelang, eines vollständig weißen, im Schwarm befindlichen Exemplars habhaft zu werden. Gerade im derselben Gegend sah übrigens auch Kapitän Sperling einen Ende November 1862 erlegten einzelnen Vogel, welcher sich einem futtersuchenden Fluge Lerchen zugesellt hatte. Weiters wurde ein Männchen bei Bisbardi westlich von Skript in Böotien von St. Strimmeneas am 4. März 1599 erbeutet und eingesendet. Es trägt noch die voll- ständige Wintertracht! Derjenige Ort aber, wo ich den Sumpfsperling in großer Menge beobachten und auch eine Reihe von sieben Stücken sammeln konnte, ist Velestino in Thessalien. Hier hatte er sich in zahlreichen Paaren in den umfangreichen, von mächtigen Platanen ge- tragenen Horsten des weißen Storches eingenistet. Aber auch ein paar Hausspatzen waren dabei! Am 17. Mai 1394 beobachtete ich das lustige Leben und Treiben dieser ganzen Gesellschaft längere Zeit. Ein Teil schien bereits Eier in den innerhalb der Storch- behausung versteckten Nestern gelegt zu haben, während andere eifrigst Baumaterial aus der Umgebung herbeischleppten. Echtes Spatzengeschwätz war unablässig zu hören. Zu meinem Bedauern sah ich bald, daß alle in Frage kommenden Bäume nur mit sehr großen Schwierigkeiten zu besteigen waren, was bei der ausgesprochen vogelfreund- lichen Gesinnung der dortigen Bevölkerung mitten im Orte selbst auch gar nicht rat- sam erschien. Ganz durch Zufall gelangte ich aber in letzter Stunde doch noch in den Besitz einiger schöner Gelege von Passer hispaniolensis. Santarius fand nämlich zwei Tage darauf in dem Horste von Aquila melanaötus etwa 15 Paare, von welchen er in aller Eile, um den Eisenbahnzug nicht zu versäumen, neun Gelege zusammenrafite. Von diesen erwiesen sich sieben als frisch, zwei waren bebrütet. Diese Eier, obwohl ziemlich verschieden in ihrer Form und etwas abändernd in der Stärke und Verteilung der Fleckung, besitzen immer als gemeinsames Merkmal eine deutlich wahrnehmbare blaßgrüne Schalenfärbung, die natürlich im frischen Zu- stande viel stärker hervortritt. Sie scheinen mir zartschaliger als die anderen europäl- schen Spatzeneier zu sein. Maß und Gewicht eines Geleges von sechs Stück (sieben gab es nur in einem Neste) und von weiteren sieben Eiern aus ebensovielen Gelegen sind folgende: III. Griechenland. 241 Velestino in T'hessalien 19. Mai 1894: Ir: 22:3 22 21-9 216 216 21:5 mm Be. 57 151 154 155 152 15:3 mm Gew. 17 Ei 17 16 16 170g Ba 232 26 23 211 208 196mm PB. 155 1429 153 14 152 152 147mm Gew. 20 17 165 1 15 175 120g Als Beweis, daß dieser Spatz in der Gegend von Velestino auch im Winter zu finden ist, nenne ich ein Stück des Museums zu Athen, welches St. Strimmeneas dort am 19. Jänner 1896 schoß. Beim ersten Anblick dieses letzteren Vogels war ich irr- tümlich selbst der Ansicht, P. italiae vor mir zu haben, denn im Winterkleide sehen sich diese Südländer tatsächlich ähnlich. Die Färbung des Oberschnabels von Passer hispaniolensis während des Winters sowie die der Weibchen überhaupt ist oberseits liehtbräunlich und die des Unterschnabels gelblich hornfarbig. Dagegen haben die Männchen im Sommer durchaus pechschwarze Schnäbel. Auf eine weitere, eingehendere Beschreibung des mir zur Verfügung stehenden Materiales verzichte ich hier aus dem einfachen Grunde, weil V. Ritter v. Tschusi zu Sehmidhoffen in seinem reichhaltigen „Orn. Jahrb.“, Jahrg. XIV, 1903, S. 1 ff. alles das gesichtet und veröffentlicht hat, was dem gegenwärtig vorhandenen toten Balg- materiale überhaupt abzuspähen möglich ist. Jedoch kann ich mir es nicht versagen, an dieser Stelle darauf aufmerksam zu machen, daß P. hispaniolensis, sehr im Gegensatze zu P. italiae, ein Vogel ist, welcher im Gebiete der Balkanhalbinsel überall menschliche ‘Niederlassungen meidet, daher nirgends in Häusern nistet und außer der Brutzeit sich als scheuer, wilder Vogel der Fluren erweist, wie solches bereits Erhard hervorgehoben hat. Außerdem unterscheiden ihn der Bau und die jeweilige Farbe des Schnabels so- wie die Ausdehnung der schwarzen Färbung auf Kehle und Brust hinreichend von allen verwandten Arten der paläarktischen Fauna. Sturnus vulgaris L. — Star. Alle Beobachter, einschließlich A. Brehm in seinem „Tierleben“, kennen den Star in Griechenland bloß als häufigen Wintergast; nur Krüper vermutete das Brüten in den nördlichen Landesteilen, namentlich bei Lamia. Erst 1884 erhielt man bezüglich des Nistens Gewißheit, indem Chr. Leonis und der Malakozoologe Stussiner (aus Laibach) Ende Juni am Fuße des Ossagebirges, und zwar in dem thessalischen, zu- meist von Türken bewohnten Dorfe Megalo Kisserli eine große Menge brütender Stare feststellten. Weiters begegnete ich futtertragenden Staren in und um Velestino Mitte Mai 1894, so bei Hadzimlet (auch Hadzimisi) zuerst einem einzelnen, dann vier Stücken und endlich versah St. Strimmeneas unser Museum mit einer Reihe von einem Dutzend auserlesener Brutstare, die er am 18. und 19. Mai 1902 ebenfalls in Thessalien beim Dorfe Chiliadü geschossen hatte. Im übrigen erfahren wir durch Lindermayer, Graf von der Mühle, Krüper und v. Heldreich, daß der Star in beträchtlicher Anzahl von Mitte November bis Mitte März den Winter in den sumpfigen Ebenen des Festlandes, des Peloponnes, Euböas und der Inseln verbringt, daselbst im Röhricht zu übernachten pflegt und als beliebte Reiser, Ornis balcanica. III. 16 242 Ornis balcanica. Speise häufig auch auf den Markt gelangt. So sah beispielsweise Fiedler am 28. No- vember 1836 große Flüge in der Ebene von Elatea, Lord Lilford ebensolche im Jänner 1858 bei Port Platea; ich desgleichen von Ende Jänner 1897 an bei Missolonghi und Aetolikon, und zwar öfters zu Tausenden, doch von Anfang März an nur mehr kleine Scharen. Auch in Akarnanien wurde von Hirten öfters auf diese Vögel geschossen. Manchmal verweilen aber die Stare doch ziemlich lange im Süden, ohne zu brüten. Baron Schilling z. B. sah noch am 25. Mai 1899 unweit Patras etwa 200 Stück eng beisammen gegen Westen ziehen. In jener Gegend, nämlich im Röhricht von Metochi südlich von Kap Papa (Elis), beobachtete und schilderte übrigens Simpson in leben- digen Farben das Einfallen vieler tausender an ihrem winterlichen Übernachtungs- platze. Auf den Jonischen Inseln, namentlich Korfu und Zante, fanden Drummond, Lord Lilford, Sperling und Mazziari den Star ebenfalls von Oktober bis Mitte März häufig und von den Kykladen war er schon Sonnini und Erhard als zahlreich auftretender Wintergast, dessen „Wildbret“ geschätzt wird, bekannt (Douglass: Santorin). Die Frage nach der richtigen wissenschaftlichen Bezeichnung der in Griechenland lebenden Stare wurde frühzeitig aufgeworfen. So wollte Brehm sen. bereits 1845 („Stiftungsfest“ ete.) gerne wissen, welchem Star der griechische ähnlich sieht, und 1853 („Naumannia“, S.16) erwähnt er als in Deutschland neu eingewandert einen Sturnus longi- rostris und fügt die Bemerkung bei: „Ich erhielt aus anderen Gegenden nur einen einzigen Vogel dieser Subspezies aus Griechenland, welcher aber im Winter geschossen ist, also gar nichts beweisen kann.“ Doch wird später im „Vogelfang“ diese Starform nicht mehr erwähnt. Um nun über den im Gebiete brütenden Star ins Reine zu kommen, veranlaßte ich, da das von mir mitgebrachte Belegmateriale von zwölf Stücken durchaus unzu- reichend erschien, St. Strimmeneas im Mai 1902 zu einem Sammelausfluge nach Thessalien mit dem besonderen Zwecke, daselbst brütende Stare zu sammeln. Dies wurde auch ausgeführt und St. Strimmeneas sandte ein weiteres Dutzend zumeist alter ausgefärbter Vögel, die wohl geeignet schienen, zur Lösung dieser Frage beizutragen. Im nachfolgenden mögen die Urteile zweier Forscher, deren sorgfältige und scharfe Unterscheidungsgabe allgemein bekannt ist, über diese Belegstücke Platz finden. V. Ritter von Tschusi äußert sich hierüber folgendermaßen: „Die Sichtung der Starformen ist oft wirklich sehr schwierig! Ich finde nur An- klänge (beziehungsweise ein nicht typisches Stück) an poltoratzkyi und betrachte — einige junge Stare ausgenommen — so ziemlich alle als zwischen vulgaris und poltoratzkyi stehend. Abgesehen von dem verschiedenen Alterskleiderzustande scheinen sie mir eine ziemlich ausgeglichene Form dazustellen, die man beschreiben könnte. Erwünscht wären allerdings ein paar ganz alte Männchen im frischen und vollendeten Frühlingskleide.“ Ich möchte die Form folgendermaßen charakterisieren: „Kennzeichen: St. vulgaris ähnlich, aber mit violetten Säumen der großen Flügel- decken und der Sekundarien. „g. Oberkopf, Kopfseiten, Hals und Kehle purpurn, Ohrdecken ebenso, aber oft (bei jüngeren) mit mehr oder weniger grünem Schimmer. Ganze Oberseite grün, ebenso die Unterseite mit mehr oder weniger Purpur an den Seiten. Außenränder der großen Flügeldecken und die der äußeren Sekundarien violett, zuweilen ins Purpurfarbige übergehend, während die oberen grüne Ränder haben St. vulgaris graecus.“ Die Ansicht von Pfarrer Kleinschmidt dagegen ist folgende: III. Griechenland. 243 „Die zehn Brutstare von Chiliadü stehen genau in der Mitte zwischen St. vulgaris und purpurascens. Unter sich übereinstimmend und auch mit den früher ge- sandten griechischen Vögeln ziemlich gleich gefärbt, unterscheiden sie sich bedeutend von Ihren zwei Vögeln aus dem Maricagebiet (OÖstrumelien), über die ich noch genaue Aufzeichnungen besitze und die ausgesprochene poltoratzkyi-Färbung zeigen, nach meiner Ansicht sogar mit St. purpurascens identisch waren. Die jetzt erhaltenen thessalischen Vögel unterscheiden sich: von purpurascens und poltoratzkyi durch grünliche Brust- mitte und Ohrdecken und die nicht ganz roten, oben grünen Flügel; von menzbieri durch grüne Ohrdecken und die zum Teil sehr stark von unten her rotviolett gefärbten Flügeldecken und Sekundarien; von vulgaris und seinen noch nicht genügend aufge- klärten Zwischenformen: intermedius, sophiae ete. durch gleichmäßig roten Kopf und oft recht viel Violett am Flügel, kurz gesagt durch das starke Hinneigen zu der Färbung des kleinasiatischen Stares (respektive purpurascens). „Vier Stücke sind ältere, die anderen jüngere Männchen. Bei dem schönsten Männchen (von mir auf der Rückseite der Etikette mit a bezeichnet) geht das Grün ein klein wenig über die Ohrdecken hinaus. Desgleichen bei Exemplar Ah, einem jün- geren Männchen und dem Weibchen %, aber der Kopf bleibt doch rot. Die hellen Flecken an den Federspitzen sind bei allen ziemlich klein, wohl nicht nur durch stärkere Ab- nutzung im südlichen Klima. Die Fittichlänge 13°4, 13:3, 13°2, 13:1, viermal 13:0, 12-8 und bei dem o 127. So gut wie man Sturnus poltoratzkyi, der nur ein Zwischenglied zwischen pur- purascens und menzbieri ist, als neue Art aufgestellt hat, könnte man auch diese Zwischen- form neu benennen, allein vorläufig ist es besser, die Zahl der ‚intermediären‘ Namen nicht zu vermehren.“ Vorläufig möchte ich mich dieser letzteren Meinung Kleinschmidts anschließen und würde empfehlen, noch weiteres Studienmateriale aus Griechenland abzuwarten. Pastor roseus (L.) — Rosenstar. Da dieser schöne Vogel durchaus nicht alljährlich das Land besucht, ist es wohl erklärlich, daß ich ihm in Griechenland niemals begegnet bin. Dies wäre auch nur 1894 und 1398 möglich gewesen, denn aus allen diesbezüglichen Nachrichten folgt, daß er bloß von Mai bis August sich sehen läßt. Umso ausgiebiger sind die Berichte ver- schiedener Ornithologen. So wird er als mehr oder minder häufiger und regelmäßiger Besucher Griechenlands, und zwar in kleinen Flügen genannt von Naumann, Gloger, Dubois, E.F. v. Homeyer („Zool. Gart.“ 1875, S. 449), A. Brehm usw. Gänzlich unerwiesen ist das Brüten des Rosenstares im Gebiete. Dies glaubten fälschlich Lindermayer, ©. L. Brehm („Stiftungsfest“ ete.), Erhard für die Kykladen, Bae- deker etc. (Eierwerk). Die ersten Nachrichten verdanken wir Lindermayer:!) „Ein Zugvogel, der jedes Jahr bald in geringerer, bald in größerer Anzahl Mitte März (handschriftlich vom Verfasser verbessert mit Mai), z. B. 16—22 Stück an der Küste von Attika — besonders vom Kap Sunion bis zum Piräus — ankommt, kaum sechs Tage von der Seereise ausruht, sich in den am Meere gelegenen Weingärten nach Atzung umsieht und dann, wie mit Zauberschlag, verschwindet. Ebenso traf ich den- selben auf seinem Zuge in den Hochebenen von Theben und Livadia, sah ihn aber !) Lindermayer wählte als Genusnamen Acridotheres, was später von Tobias (Görlitzer Abhand- lungen) bemängelt wird. 16* 244 Ornis baleanica. nur zwei Tage; in den höher gelegenen Gegenden Griechenlands, auf Euböa, kommt er im Juni und Juli vor. Im Anfang August, wo kein Zugvogel noch vorkommt, ist er der erste, welcher zurückkehrt, aber nur die Jungen — ich habe nie einen jährigen Vogel darunter gefunden.*“!) Weiters teilt Lindermayer mit, daß dem kosenstar von der Bevölkerung das Vertilgen der Heuschrecken hoch angerechnet werde, doch hält er sein diesbezügliches Einwirken wegen seiner geringen Zahl an Ort und Stelle für bedeutungslos. Sechzehn Jahre später schreibt derselbe weiters: „Der Rosenstar scheint mir noch bis zur Stunde ein mystischer Vogel zu sein. Bis jetzt ist festgestellt, daß er nur auf dem Zuge in den ersten Tagen des Mai in Scharen von 12—20 Stücken an der öst- lichen Küste des Peloponnes und Rumeliens gesehen worden ist; allein sein Erscheinen ist nicht regelmäßig und alljährlich, sondern in unregelmäßigen Zeiträumen, so daß ich in sieben Jahren, ungeachtet aller Mühe, nicht ein Exemplar erhalten habe, während in früheren Jahren mir oft an einem Tage ein Dutzend zu Gebote stand.“ Alles weiter von Lindermayer Gesagte ist Hypothese, um den Glauben an das Brüten des Rosen- stares in Griechenland zu erwecken. Ähnliches und sehr Richtiges erfahren wir durch den Grafen von der Mühle: „In manchen Jahren gemein, in manchen wieder sehr selten in Griechenland, immer nur im Mai und Juni. Es scheint, daß viele von diesen Vögeln nicht brüten, denn ge- rade während dieser Monate, die doch die wahren Brutmonate sind, sieht man sie in Scharen beisammen. Man trifft sie übrigens auch einzeln und paarweise und in Flügen mit Staren gemischt. In benannten Monaten wurden mehrere Tage hindurch am Likeri- see starke Flüge bemerkt, die zwischen 3 und 9 Uhr vormittags, in gerader Richtung von Osten nach Westen, 30—40 Schritte über der Erde dahinstrichen.“ Dr. Schuch erwähnt im Nekrologe des Grafen von der Mühle, daß dieser mehr- mals Rosenstare zwischen Büffelherden erlegt habe, und nennt zwei Stücke in dessen Nachlaß, während ich im Sommer 1900 bei meinem Besuche in Regensburg in der zoologischen Vereinssammlung drei wohlerhaltene Männchen aus Griechenland unter- suchte, von denen eines später in den Besitz des bosnisch-herzegowinischen Landes- museums überging. Vom Vorkommen auf den Inseln haben wir bloß für Kythera, wo ihn Jameson im Sommer bemerkte, und für Korfu Nachrichten. Auf der letzteren Insel zählt Drum- mond den Rosenstar unter die seltenen und zufälligen Besucher. Lord Lilford traf ihn gelegentlich daselbst in großer Anzahl anfangs Juni, wo er die Obstgärten aufsuchte und sich fast durchwegs von Maulbeeren ernährte. 1857 besuchte der Rosenstar Korfu sehr spärlich und Lord Lilford erhielt bloß ein Stück; aber im Juni 1358 waren die Maulbeerpflanzungen für einige Tage voll von ihnen und er erhielt Rosenstare im Überfluß und in allen Stadien der Befiederung. Sie verblieben nur einen oder wenige Tage auf der Insel und sind den Korfioten unter dem Namen „Maulbeerfresser“ wohl bekannt. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß A. Brehm bei seinem kurzen Aufenthalte in Griechenland („Reiseskizzen“ I, $. 15) Mitte Juli 1347 einen Flug Rosen- stare bei Theben beobachtete und daß diese Vögel v. Heldreich in großen Flügen am Durchzug im Mai in Attika sah und den Rückzug im Juli und August vermerkte, wie das schon früher Krüper mitteilte. 1) Wahrscheinlich hat Lindermayer die Weibchen mit den jungen Vögeln verwechselt. - III. Griechenland. 245 Übrigens gibt A. Brehm in seinem Tierleben die richtigste Zusammenfassung, indem er sagt, daß dieser Zigeunervogel von dem Brennpunkte seiner Verbreitung, den innerasiatischen Steppen aus, zuweilen gerade zur Brutzeit sein Verbreitungsgebiet weit überschreitet und dann nicht allein in der Richtung seiner Zugstraßen, sondern strahlen- förmig nach verschiedenen Seiten hin weiterzieht und so auch nach Griechenland gelangt. Im Museum der Universität zu Athen befinden sich vier Rosenstare aus Attika, von denen ein Paar am 5. Mai 1859 und die anderen (weibliche oder jüngere Stücke) am 21. Mai 1865 und 12. Mai 1871 eingeliefert wurden. Erheiternd wirkt die Mitteilung Dr. Krüpers, daß Pastor roseus vom Volke im Mai wegen der Vertilgung der Heu- schrecken „heiliger Vogel“, im Juli dagegen wegen des Schadens an den Weingärten „Teufelsvogel* genannt wird. Oriolus galbula L. — Pirol. Im allgemeinen muß der Pirol für Griechenland als Durchzugsvogel gelten; für die Kykladen stellt dies schon Erhard fest. Trotzdem ist es kaum zu bezweifeln, daß, um mit Krüper zu reden, „einige Paare an günstigen Lokalitäten brütend zurück- bleiben, jedoch ist das noch nicht bewiesen“. Dieses bisher nicht bewiesene Brüten des Pirols erwähnen auch Lindermayer für die Gegend von Aetolikon, Graf von der Mühle für Agrinion (auf Silberpappeln) und Poros (Olivenwald, was wenig wahrscheinlich ist!), endlich Drummond und Lord Lilford für Korfu, aber in sehr geringer Zahl. Nach meinen eigenen Wahrnehmungen kann ich bloß die Gegend von Velestino in Thessalien als wahrscheinlichen Brutort des Pirols angeben, wo er am 17. Mai 1394 recht heimisch zu sein schien. Das Erscheinen im Frühling wird zumeist mit Mitte April (Lindermayer, zugleich mit dem Kuckuck Lord Lilford, Sperling, Thienemann, Heldreich) oder sogar erst mit 25. April (Drummond) angegeben. Genauere Daten erfahren wir durch Krüper: 1859: 18. April (zwei Stücke geschossen) Attika, 1866: 18. April Parnaß, 1867: 18. April Attika,!) 1873: hier erst am 28. April (möglicherweise vorher nicht zur Beobachtung gekommen). Aus neuerer Zeit kann ich hinzufügen: 1894: 19. April Korfu und 1899: 29. April Patras, wo Baron Schilling die vorhergehenden Tage noch keinen Pirol sah. Vom Herbstzuge fehlen solche mehrjährige Aufzeichnungen. Nach Lindermayer kommen Alte und Junge im August und sind Mitte September alle fort. Krüper fand den Rückzug schon Ende Juli beginnen und bis Mitte September andauern. Nur vom Jahre 1866 erfahren wir durch Fr. Schmidt, daß der Durchzug hauptsächlich am 13. August erfolste. Auf dem Festlande beobachtete ich den Pirol nur selten: einige in dem sumpfigen Walde bei Galata unweit der Phidarismündung, genau in jener Gegend, wo ihn 1859 Simpson fand, und bei Aetolikon brachte ein Jäger (4. Mai) ein Stück zu Markte. Die Inseln scheint der Pirol zahlreicher aufzusuchen. So vor allem Korfu, wie schon aus den Berichten der englischen Forscher hervorgeht, dann Kythera,?) obwohl die Jamesonsche Angabe, daß er dort auch den Sommer verbringt, etwas zweifelhaft erscheint, weiters Zante, wo Hauptmann Roth in der Nähe von Keri ein in einer Haar- schlinge zappelndes Weibchen befreite, und die Strophaden, woselbst wir am 14. Mai einzelne und am 16. Mai mehrere neuangekommene beobachteten und einen verendeten auflasen. 2) Nach Hofgärtner Schmidt hielt sich Oriolus daselbst vom 15.—24. April auf (Mittelzeiten). 2) Ein Stück wurde von Kapitän Graves von dort nach London eingesendet. 246 Ornis balecanica. Schließlich werden Euböa (Lindermayer) und Santorin (Douglass) als seine Rastplätze ausdrücklich genannt. Da im Herbste junge und alte Vögel zumeist getrennt ziehen, so ist es ganz er- klärlich, daß Lord Lilford sowohl unter den vielen im September die Gärten von Korfu belebenden Pirolen, als auch unter Dutzenden daselbst auf dem Markte aus- gebotenen nie einen alten Vogel antreffen konnte. Unter den aus Griechenland stammenden Vertretern vom Pirol im British Museum und jenen von Athen und Sarajevo verdient vor allem ein partieller Albino mit rein- weißen Flügeln und ebensoleher Brust Erwähnung (Museum Athen). Von dem hier befindlichen Paare stammt das ganz besonders tiefgelbe Männchen aus dem Valle di Korissia auf Korfu, wo es von Santarius am 20. April 1894 erbeutet wurde, das Weibchen von der Insel Skyros (Herbst 1894). Daß der Pirol in Griechenland, insbesondere zur Herbstzeit, ein vielbegehrter und vielverfolgter Leckerbissen ist, wissen wir schon aus Sonninis Reisebericht (1801), welcher von sehr vielen späteren Autoren wiederholt wurde und wo die betreffende Stelle folgendermaßen lautet: „Der Pirol kommt auf den südlichen Inseln des Archipels (im Herbst) schon zu der Zeit an, wenn die Feigen reif werden, nämlich anfangs August; diese Früchte sind seine Lieblingsnahrung und sein Fleisch erhält dadurch einen Wohl- geschmack, den es in Ländern, wo es keine Feigenbäume gibt, nicht besitzt. Daher nennen die Griechen diesen Vogel „Sykophagos“, d. h. Feigenfresser. Übrigens halten sich die Pirole höchstens bis in den September auf diesen Inseln auf.“ Durch die Feigenmast werden diese Vögel in der Tat unglaublich fett, und es verdient hervorgehoben zu werden, daß sie nach den Erfahrungen vieler, z. B. Linder- mayers und Erzherzog Leopolds,!) welchen ich vollständig beipflichte, fast durch- wegs nur geschossen und nur selten mit Schlingen gefangen werden. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß der von Chr. L. Brehm?) aus Griechenland und Deutsch- land beschriebene Oriolus aureus (mit gelben Spitzenkanten an den Schwungfedern der Männchen und grauen bei den Weibchen) längst fallengelassen werden mußte. Pyrrhocorax graculus (L.) — Alpenkrähe. In neuester Zeit hat man plötzlich herausgebracht, daß die in Betracht kommende Erstbeschreibung der Alpendohle auf graculus, jene der Alpenkrähe auf pyrrhocorax paßt. Obzwar diese Auffassung durchaus nicht unanfechtbar ist, glaube ich der An- schauung vieler Ausdruck geben zu sollen, daß es füglich denn doch einmal an der Zeit wäre, daß diejenigen, welche die Regelung der wissenschaftlichen Benennung sich zur Hauptaufgabe gemacht haben, ihre Untersuchungen wenigstens bezüglich der wenigen hundert europäischer Vögel abschließen möchten. Wer in die Schwierigkeit der Nomen- klatursregelungen eingeweiht ist, läßt sich ja diese fortwährenden Abänderungen, wenn auch mißmutig, gefallen, der Anfänger dagegen verliert die Geduld und wird unserer schönen Ornithologie dadurch geradezu entfremdet. Aus der omithologischen Literatur des Gebietes sowie mündlichen Erklärungen Krüpers ist deutlich zu entnehmen, daß die rotschnäbelige Alpenkrähe einstmals viel zahlreicher im Lande vorhanden gewesen sein muß als heutzutage, obwohl sie daselbst !) Auf Paxos im April und besonders im August. 2) Vogelfang, S. 54. III. Griechenland. 247 niemals sämtliche hohe Gebirge bewohnte, wie Gloger vermeinte. Die Gründe dieser Abnahme sind nicht recht klar, dürften aber wohl ähnliche sein wie bei uns in den Alpen. Den ältesten Anhaltspunkt für das Vorkommen in den griechischen Gebirgen bietet jedenfalls das gegen Ende des 18. Jahrhunderts von Bauer (Tafel 66) herge- stellte Bild in der unveröffentlichten „Fauna graeca“ von Sibthorp (s. Selater, Ibis 1904, p. 226) zu Oxford. Von Inseln werden nur zwei genannt, wo sie zu finden sein soll, nämlich San- torin (Thera), auf dessen Felsen sie nach Fiedler im Herbste erscheinen soll, und zwar angeblich von den kleinasiatischen Gebirgen her, und Euböa (Lindermayer), woselbst übrigens Chr. Leonis 1395 in der Hochregion des Delph einen solchen Korallenschnabel genau erkannt haben will, als der Vogel eben einem Karsttrichter entflog. Bezüglich des Festlandes wird die Alpenkrähe zunächst von Lindermayer in geringer Anzahl für die Schluchten des Hymettos und des Pentelikon angegeben mit dem Beisatze, daß sie nur zur Sommerszeit an den Fuß der Berge herabkomme, um an den Quellen zu trinken; ferner sei sie sehr scheu, fliege ungemein hoch und werde daher sehr selten erlegt. Weiters war sie nach dem Grafen von der Mühle am häufigsten im Oeta und als weitere Aufenthaltsorte nennt dann Lindermayer die Gebirge Akarnaniens, das Parthenongebirge bei Tripolitsa, den Taygetos und den Parnaß. Die beiden letztgenannten Gebirge erwähnt Simpson, ausdrücklich den Parnaß endlich v. Heldreich und tatsächlich ist das der einzige Ort, wo sie heutzutage mit Sicherheit noch nachgewiesen werden kann, während ich im Taygetos und überhaupt auf dem Peloponnes keine Spur finden konnte und auch meine Nachfragen ohne jeden Erfolg blieben. Im Parnaß betrat Krüper 1859 eine Felshöhle, in welcher außer einem Paar Cl. rupestris eine Alpenkrähe ihre Jungen fütterte, und wie mir Krüper vor wenigen Jahren erzählte, bereitet es seinem dortigen besten Sammler alljährlich Ärger, daß er wohl Niststellen des Vogels kennt, aber wegen der schweren Zugänglichkeit die Eier unmöglich beschaffen kann, welche in Griechenland bisher noch nicht genommen worden sind. Endlich erfuhr Hauptmann Roth im Juli 1898 von einem Hirten in Arachova, daß dieser einige Jahre vorher eine Alpenkrähe in der Umgebung für die Küche er- legt hatte. Zu den obigen Ausführungen sei hier bemerkt, daß es heutzutage mindestens in den Gebirgen Attikas (Hymettos und Pentelikon) diesen Vogel nicht mehr gibt, daß aber im Westen, in Aetolien, mein lieber Freund, der Kustos des hiesigen Museums und Entomologe V. Apfelbeck am 28. Mai 1900 am Kamme des Oxyägebirges bei Karpenisi zwei Stück, vermutlich ein Paar, in nächster Nähe beobachtet zu haben ver- sichert. In Sammlungen sind mir folgende Belegstücke aus Griechenland bekannt gewor- den: London, British-Museum, altes Weibchen aus der Umgebung von Athen, erlegt von Herrn Merlin sen.; ein zweites Stück von ebendaher im Museum auf Feste Koburg; ein altes Männchen mit regelwidrig verlängertem Oberschnabel von 1340 aus Griechenland in der ehemaligen Kollektion des Herzogs von Leuchtenberg, gegen- wärtig im Museum zu Augsburg; endlich ein prächtiges Paar alter Vögel von Guic- ciardi am 7. Mai 1857 am Parnaß erbeutet, im Museum der Universität m Athen. Aus alldem geht hervor, daß in Griechenland P. graculus jetzt ungleich seltener als P. pyrrhocorax ist und daß in diesem Lande von der Art leider überhaupt nur 248 Ornis baleanica. mehr spärliche Reste vorhanden sind, so daß mein sehnlicher Wunsch, den prächtigen Vogel endlich einmal in der Freiheit beobachten zu können, leider auch hier uner- füllt blieb. Pyrrhocorax pyrrhocorax (L.), Pyrrhocorax alpinus L. — Alpendohble. Für die Gegenwart hat der Ausspruch m Brehms „Tierleben“, daß sie in Grie- chenland häufiger zu finden sei als die Alpenkrähe, vollauf seine Richtigkeit. In früheren Jahrhunderten mag dies wohl vielleicht anders gewesen sein. Mit Ausnahme von Euböa, wo sie in den Gebirgen sehr häufig sein soll, meidet sie die sämtlichen griechischen Inseln.) Umso zahlreicher bewohnt sie die gebirgigen Teile des Festlandes. Lindermayer und Graf von der Mühle kannten sie bereits von den höchsten Gebirgen Mittelgriechenlands, vom Taygetos, dem Parthenion und der Hochebene von Tripolitsa, wo der Vogel kolonieweise zusammen mit Columba livia und Colaeus monedula in tiefen Karsthöhlen brütet. Ich traf am 15. Juli 1894 auf der Höhe der Kiona sieben Stück und tags darauf m den Felsabstürzen gegen Norden zu eine Schar von über 50 solcher Dohlen. Am 18. Juli sahen wir dann bei der Besteigung des Korax (Vardusia) fast den ganzen Tag über welche, und zwar meistens paarweise. Weiters soll sich in beträchtlicher Höhe in den Xerowunibergen neben der Langhäda- schlucht in Lakonien ein von der Alpendohle besetzter Felstrichter befinden, aber erst bei der Besteigung des Taygetosgipfels bekam ich ziemlich viele der Vögel zu sehen. Die Bruttriehter sind dort, wie die Untersuchung ergab, alle sehr tief und schwer zu- gänglich. Die Gebirgsdohlen führten damals prachtvolle Flugspiele auf, hielten sich aber stets in solcher Höhe, daß ihnen unsere Schrotladungen nichts anhaben konnten. Erst durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Hauptmannes Roth erhielt das Museum aus der Gegend von Agoriani im Parnaß je ein Paar junger und alter P. pyrrhocorax, welche er dort Ende Juli 13898 erbeutet hatte. Auch die Stücke im Museum zu Athen stam- men vom Parnaß. Krüper beobachtete, daß auch in Griechenland die Alpendohle im Winter scharenweise in die tiefer gelegenen Teile der Gebirge herabfliegt. Anfangs gelang es Krüper nur, ein einziges Fi vom Veluchi für das Athener Museum aufzubringen, aber in den letzten drei Jahrzehnten wurden fast alljährlich eine Partie Eier dieser Art im Parnaß für ihn gesammelt und in alle Welt verschickt. Zu- meist werden sie in der Zeit vom 20. bis 22. Mai ausgenommen. Maß und Gewicht von drei Stücken sind: Eile 35:5 34:6 mm Br. 26:6 26:9 25:6 mm Gew. 83 90 Nankcg Aber auch schon Ende Mai sah Krüper im Parnaß öfters bereits flügge Junge, so daß auch hier wie anderwärts der Beginn der Legezeit ziemlich unregelmäßig ge- nannt werden muß. 1) „Zoologist“ 1861 enthält unter dem Titel: „Note on the alpine chough as observed in the Jonian islands“ den Abdruck des betreffenden Teiles der bekannten Arbeit von Lord Lilford (Powys), „Ibis“ 1860, wobei jedoch das Festland von Albanien mit den jonischen Inseln, woselbst diese Art niemals beobachtet wurde, verwechselt erscheint. III. Griechenland. 249 Garrulus glandarius (L.) — Eichelheher. Ein Standvogel der verschiedensten Landesteile, wenngleich nirgends in solcher Zahl wie etwa in den Wäldern Mitteleuropas. Obwohl häufiger in den Waldungen der Gebirge, fehlt er jedoch auch nicht den Niederungen, wo er sowohl in den Oliven- wäldern als auch in den Aubeständen seinen Wohnsitz hat. Als Bewohner der Olivenwälder von Korfu, und zwar jener an der Bucht von Kalıkiopulo, bei Govino und Levkimo gelegenen, lernte ich ihn im Winter und Früh- ling kennen, wenngleich nicht mehr so zahlreich wie Drummond und Lord Lilford. Am 2. Juni 1862 wurde auf Korfu von Sperling ein kaum flügges Junges geschossen. In der Umgebung der Casa Inglese auf Kephalonia fand ich in den dortigen Tannen- beständen des Ainos im März 1397 zwei Paare, schoß einen Heher krank und erbeutete ein altes Weibehen. Die Vögel waren überall ungemein vorsichtig. Andere Paare gab es auf diesem Berge noch in einer Höhe von 1500—1550 m. Kythera soll der Eichelheher nach Jameson von Frühjahr bis Herbst bewohnen, wobei es mir freilich nicht recht klar ist, wo daselbst der Vogel einen geeigneten Platz zur Fortpflanzung finden kann. Besonders häufig soll er nach Lindermayer und Graf von der Mühle auf Euböa vorkommen. Die Tatsache, daß sein Verbreitungsgebiet überhaupt bis nach Griechenland reicht, erfahren wir von Dubois, Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk) und Altum, aber auf dem griechischen Festlande, und zwar auf dem Peloponnes, namentlich in Arkadien, stellte ihn nach eigenen Beobachtungen zuerst Geoffroy-St. Hilaire fest sowie etwas später Fiedler für die mit Tannen bewachsenen Schluchten des Olonos, die Gegend bei Hag. Theodoros unweit davon und die Waldungen bei Gumeron in Elıs. Östlich von dem letztgenannten Orte, im oberen Teile des Kladeostales verriet sich mir am 25. Mai 1398 der Eichelheher durch seinen weithin hörbaren Ruf und die folgenden Tage bekam ich sehr viele im ausgedehnten Eichenwalde Kapellis (Pholo&) zu sehen. Hier brütet der Vogel in größerer Zahl und die meisten Nester enthielten Junge in ver- schiedenem Alter; nur ein Gelege von fünf unbebrüteten Eiern wurde doch noch aufge- trieben. Die Eier zeigen eine stark grünliche Grundfärbung, sind aber sonst ganz regel- recht gezeichnet. Jedenfalls bilden sie einen für Griechenland seltenen Fund! Weiters beobachtete ich den Eichelheher zur Brutzeit zweimal in den Vorbergen des Malevosgebirges zwischen Kalamata und Sparta und im Taygetos von oberhalb Anavryta angefangen, wo am 14. Juni 1398 sich eine Familie großer Jungen herumtrieb, bis zum höchsten Nadelholzgürtel. Auch in der Maina bekam Graf von der Mühle ein Nest mit Jungen. In Akarnanien ist er vor allem ein Bewohner der Auwälder um die Vrachori- seen sowie jener an der Phidarismündung, wo ihn Simpson fand, und auch im stark verwilderten Olivenwalde beim Markutsasee gab es mehrere Paare. In Aetolien zeigten sich einige bei Metaxa zwischen dem Phidaris und dem großen Vrachorisee am 29. März 1897. . Für Mittelgriechenland führten ihn Graf von der Mühle und Lindermayer als Brutvogel an. Lindermayer bemerkte ihn anfangs nur im Herbste in den Eichen- waldungen, woselbst der Vogel sich allerdings stets am bemerkbarsten macht. Orte seines dortigen Vorkommens sind Agoriani (Hauptmann Roth), Arachova und Livadhiä im Parnaßgebiete, wo St. Strimmeneas Eichelheher für uns sammelte und Krüper vor Jahren im Mai auch einige Eier erhielt. 250 Ornis baleanica. Auch im diehten Tannenwalde oberhalb Segditsa in den Vorbergen der Kiona be- obachtete ich welche am 14. Juli 1894. Von weiter nördlich wurde ein Stück in un- serer Sammlung gegen Ende Dezember bei Lamia geschossen und Drummond bekam einzelne Stücke aus Thessalien. Wie überall so streicht der Eichelheher auch in Griechenland zur Herbst- und Winterszeit weit umher; daß aber ein völliger Zug übers Meer stattfindet, wäre eine interessante Neuigkeit, welche wir durch Sonnini erfahren. Dieser berichtet nämlich von ziehenden Hehern, welche zugleich mit der Turteltaube Ende August auf den grie- chischen Insen ankommen. Er sah sie während der Reise gewöhnlich gesondert von anderen Vögeln auf Büsche aufsitzen und auch für kurze Zeit sich auf die Erde herab- senken. Wenn hier kein Irrtum vorliegt, woher mögen diese Wanderer wohl gekommen sein und welches war das Ziel ihrer Reise? Daß in Griechenland nirgends der schwarzköpfige Heher vorkommt, wurde unter dieser Art genau ausgeführt und sämtliche in Frage kommenden Autoren stimmen darin überein, daß sich die Heher Griechenlands durchaus nicht von mitteleuropäischen in Gefieder, Größe usw. unterscheiden, was auch durch die neun Stücke unserer Sammlung von den obigen Orten bekräftigt wird. Pica pica (L.), Pica caudata Boie — Elster. Weit entfernt, die Elster als Bewohnerin von ganz Griechenland bezeichnen zu können, ist sie doch für gewisse Landstriche daselbst eine sehr gewöhnliche, alltägliche Erscheinung. In der Umgebung von Athen würde man sie vergeblich suchen; denn in Attika ist sie nach Krüper (dessen Angaben v. Heldreich wiederholt) nur in der Ebene von Marathon zu finden. Ich selbst sah die meisten Elstern ebenso wie der Ebengenannte und auch Kapitän Sperling, der sie ganz mit Recht für echte Standvögel hält, in Akarnanien und dem gegenüberliegenden Teile des Peloponnes: bei Patras, Kavassila, Pyrgos und Olympia. In Akarnanien halten sich die meisten im niedrigen Gebüsch der Niederung am unteren Phidaris und bei Naupaktos auf und nicht minder viele gibt es auf der Düne von Asulinitsa bei Pyrgos. Diese Aufenthaltsorte beschreibt am besten Lindermayer mit den Worten: „Sie liebt die Sümpfe mit Rohr und Tamarisken bewachsen und die an dieselben stoßenden Ebenen, mit wilden Birnbäumen!) und Pinien versehen.“ In den Wipfeln des stillen Pinienwaldes (P. halepensis) von Agulinitsa brüten auch sehr viele Paare, ebenso wie in dem Tamariskendickicht an der Phidarismündung. Hier schoß ich ein altes Männchen am 25. April 1894 mit gänzlich abgetragenen, lichtbraunen Schwung- und Steuerfedern ohne jeglichen Metallglanz und stellte fest, daß die Nester fertig waren und meist sechs Eier enthielten. Krüper fand hier eines am 18. April 1858 mit acht Eiern. Eine riesige Anzahl brütender Elstern gibt es aber auch unweit davon, östlich von Missolonghi und Aetolikon in den dortigen ausgedehnten Olivenwäldern sowie in dem Auwalde rings um die beiden Vrachoriseen, wo wir im April und Mai ihre leicht bemerk- baren Nester, sowohl hoch als auch niedrig, zahlreich antrafen. Ein am 3. Mai 1594 untersuchtes Nest enthielt acht Eier. Ein hier von mir geschossener und nicht sogleich sefundener Steinkauz wurde sofort von Elstern gerupft, wie diese Vögel überhaupt nach 1) Pyrus amygdaliformis! III. Griechenland. 251 Graf von der Mühle in Griechenland wirklich nicht verfolgt werden und infolgedessen sehr keck sind. Sehr viele Elstern dürfte es auch heute noch im Gebiete des Parnaß geben, wie dies Krüper und Seebohm, letzterer mit folgenden Worten darstellt:!) „Am Parnaß traf ich sie einzig in den Tälern in der Region der Olive und der Rebe. Ich erhielt viele Eier in der zweiten Woche des Mai in den Tälern des nördlichen Parnaß, viele von ihnen waren mehr oder weniger bebrütet. Die gewöhnliche Zahl in jedem Neste war sieben.“ Wie unregelmäßig die Paare übrigens auch in diesem Lande das Fortpflanzungs- geschäft beginnen, erfuhr ich in der Gegend von Pyrgos, wo ich am See Muriä am 21. Mai in einem Neste die Elster vom ersten frischen Ei wegscheuchte und unweit davon, bei Katakolo, acht Tage darauf bereits flügge Junge antraf. Auf dem übrigen Peloponnes nenne ich noch die Gegend von Argos und Sparta, wo sehr viele zu sehen waren, und überhaupt bezeichnen schon die Mitglieder der „Exped. seient. de Mor.“ die Elster hier als sehr verbreitet und mit denselben Eigen- schaften ausgestattet wie in Westeuropa. Aus Thessalien stammt ein am 17. Mai 1894 bei Velestino erlestes, in jeder Hin- sicht typisches Weibchen und auch dort gab es recht viele Elstern. Von den griechischen Inseln scheint sie auch nicht eine jede zu bewohnen. Lin- dermayer führt sie für Euböa auf, Erhard für die Kykladen im allgemeinen als Standvogel, fügt aber noch hinzu, daß im Winter ein Zuzug von anderswoher statt- findet, was Krüper und ich entschieden bezweifeln. Ebensowenig kann ich es mir erklären, daß Jameson die Elstern auf Kythera bloß im Frühling und Sommer be- merkt haben will — ich bekam auf dieser Insel überhaupt keine zu Gesicht! Wenn ich schließlich die Elster für Korfu als häufig bezeichne, so halte ich damit den Mittelweg zwischen Drummond und Lord Lilford ein, denn jener nennt sie hier selten und dieser sehr häufig. Ich begegnete ihr auf dieser Insel im Jänner und April sehr oft, und zwar im Valle di Ropa und Korissia, dann bei Strongyli, Mesongi, Bra- ganiotika und Govino. Im Valle di Korissia entnahm ich am 21. April 1894 einem auf einem Erdbeerbaume (Arbutus unedo) angebrachten Neste sechs frische Eier. Colaeus monedula (L.), Lycos monedula L. — Dohle. Ich habe den Dohlen Griechenlands besonders große Aufmerksamkeit gewidmet und viele zu erlangen getrachtet, um mit der Form collaris Drum. ins Reine zu kommen. Dadurch gelangte ich zu der Überzeugung, daß es sich hier ebenso wie in anderen Balkanländern weder um eine besondere Spielart, noch um eine lokale Form, sondern lediglich um individuelle Verschiedenheiten der Färbung des Nackens und des Halses handelt. Eine Reihe von sechs aus großer Zahl ausgewählter griechischer Dohlen zeigt das ganz deutlich. Auf diesem Standpunkte beharre ich trotz der Angabe Drummonds in seiner Arbeit über Makedonien, daß er (©. collaris in T’hessalien in großer Zahl be- obachtete, dagegen €. monedula daselbst niemals, und trotz der langatmigen Ausein- andersetzungen Simpsons (Ibis 1860, p. 384). Gerade der Versuch des letztgenannten, nachzuweisen, daß in Akarnanien im Winter beide Formen vorkämen, im Frühling da- gegen collaris in der Klissura ihre Niststellen bezieht, während monedula nordwärts zieht, um in Albanien zu brüten, ist mindestens auffallend. Ich kann dem gegenüber 1) Dresser, Birds of Eur., IV. Bd. (1873), p. 513. 252 Ornis balcanica. versichern, daß hinsichtlich der genannten Örtlichkeiten, gleichviel ob im Winter oder im Frühling, an den Brutplätzen sowohl deutlich lichtnackige als auch vollkommen regel- recht gefärbte Stücke zu sehen sind, und habe dafür auch Beweise mitgebracht. Obgleich die Dohle durchaus kein seltener Vogel des Gebietes ist, so sagen ihr doch nicht alle Gegenden zu, wie aus den folgenden Verbreitungsangaben ersichtlich ist. Jedenfalls ist sie im allgemeinen im Norden des Landes häufiger als im Süden. Sie ist, wie Philippson treffend bemerkt, ein charakteristischer Mitbewohner in allen Städten im Tieflande von Thessalien. Ganz unglaublich große Scharen schwärmen durch Lamia und Pharsalos; ebenso bemerkte ich dies in Velestino. Für Mittelgriechen- land ist sie als Brutvogel für Karpenisi (Graf von der Mühle) und das Parnaßgebiet nachgewiesen. Aus letzterer Gegend erhielt Krüper mehrmals, so Ende Mai 1873 und 1875 von hochgelegenen Brutplätzen Eier, von denen ich einige erwarb. Wenige Dohlen beobachtete ich am 29. März 1397 im Gebirge oberhalb von Nau- paktos, dagegen nimmt ihre Zahl gegen Westen bedeutend zu. Im östlichsten Teile des Vrachorisees bereiteten sich viele Paare in den letzten Märztagen zum Brüten in den Höhlungen dicker Platanen vor, unweit davon suchten bei Juritsa eine Menge Dohlen die Felder ab (1. Mai 1894) und viele hunderte nisten in der großen Klissura sowie in den kleineren Schluchten des Arakynthos oder Zygos- gebirges oder am Varassovo und der Felsinsel Oxiä. Diese ansehnlichen Siedlungen wurden schon 1858 von Krüper, 1860 von Simpson untersucht. Diese beiden Autoren stellten aber außerdem noch einen namhaften Zuzug von Dohlen zur Winterszeit fest, was ich 1597 bestätigen konnte, da ich im Jänner und noch im März riesige Scharen zwischen Missolonghi und Aetolikon, dann am Tripodolakos und bei Astakos traf. Auf dem Peloponnes gibt es folgende bisher bekannt gewordene Örtlichkeiten ihres Vorkommens: Tripolis (Lindermayer), in der Nähe von Kap Papa in Elis (Simpson) und die drei Trinisi genannten, kleinen, felsigen Eilande!) im Lakonischen Meerbusen nördlich von Gythion. Außerdem fand ich etwa 30 Paare in den siebartig durch- löcherten Lehm- und Sandsteinwänden bei Platanos (unweit von Pyrgos) angesiedelt und eine ganz gewaltige Kolonie in den Spalten des Leuchtturmfelsens an der Einfahrt in den Hafen von Pylos. Möglich, daß Degland diesen Punkt im Auge hatte, als er schrieb: „So häufig in Morea, daß ihre Scharen sozusagen die Sonne verfinstern.*“ Unter den Inseln wurde die Dohle bisher auf den folgenden beobachtet: Euböa (Lindermayer und Graf von der Mühle), Tinos, hier besonders zahlreich in den Wänden des ungeheuren Granitfelsens, welcher die alte venezianische Stadt d’El-Bourgo trägt (J. G. St. Hilaire), Zea (Keos), in riesiger‘ Menge im verlassenen Turme des Monastir Hag. Marina (Fiedler), Kythera, hier einer der wenigen Standvögel der Insel (Jameson) und ebenso angeblich auf Korfu (Drummond). Ich konnte bei meinem viermaligen Besuch von Korfu nur ein einziges Mal diese Art beobachten, und zwar trieb sich ein ungeheurer Schwarm, vermischt mit Saatkrähen, an der Nordküste der Insel unweit Kap Katharina am 22. Jänner 1397 auf Feldern herum. Es machte ganz den Eindruck, als ob es sich hier um vorübergehende Besucher handelte. Schließlich kaufte ich von Strimmeneas eine auf Skyros 1894 geschossene junge Dohle, deren erstes Gefieder sehr abweichend licht gefärbt ist. Die Federn des Halses sowie des Nackens bis zum Rücken hinab sind nämlich bei ihr von der lichtaschgrauen Farbe des Rückens von Corvus cornix, während die neu hervorsprossenden Federn be- reits die gewöhnliche Dohlenfarbe besitzen. !) Ich habe dieselben ausschließlich auf der Karte der Exped. seient. de Mor. verzeichnet gefunden. IH. Griechenland. 255 Corvus frugilegus L. — Saatkrähe. Meiner Reiseeinteilung ist es zuzuschreiben, daß ich die Saatkrähe nur auf Korfu und im Westen von Griechenland beobachten konnte, aber trotzdem glaube ich nach allen mir gewordenen Nachrichten schließen zu dürfen, daß sie im Osten nicht so häufig zur Winterszeit erscheint als im Westen. So ist sie z. B. auf den Inseln östlich vom Festlande, Euböa ausgenommen, nirgends und von niemandem beobachtet worden. Gleich- wohl erwähnt Lindermayer, daß er im Winter 1535 jeden Abend tausende vom Spercheiostale gegen die Bucht von Lamia (Stylis) streichen sah, und auch Dr. Krüper und v. Heldreich sagen, daß die Saatkrähe sehr häufig im Winter in den Ebenen und Olivenwaldungen Attikas ist und erst beim Erwachen des Frühlings in die nördliche Heimat zieht. Offenbar für den östlichen und südlichen Peloponnes gilt die Bemerkung Graf von der Mühles, daß sich die Saatkrähe nicht selten im Spätherbst und Winter auf unge- pflügten Äckern zeigt. Viel mehr Beobachtungen besitzen wir von der Westseite Griechenlands. Hier ist die Saatkrähe zunächst ein alljährlicher Wintergast auf Korfu, wo sie in bedeutender Anzahl nach Drummond im Oktober ankommt und im Februar gegen Norden abzieht. Nach Lord Lilford genauer: Ankunft gegen Ende Oktober, Abzug gegen Ende Februar.!) Zur Zeit meiner Anwesenheit auf Korfu im Jänner 1897, gab es ihrer nicht allzu- viele. Ein Schwarm von etwa 30 Stücken trieb sich bei heftigstem Platzregen bei Mandukio herum und an der Nordküste sah ich ziemlich viele auf den Feldern, ver- mischt mit Dohlen. Viel häufiger und zahlreicher ist sie den ganzen Winter in Akar- nanien. Daselbst beobachteten Simpson und Sperling beträchtliche Schwärme am Fuße des Zygos (Arakynthos), wo sie in den Ebenen und Sümpfen reichliche Nahrung finden. : Im Jahre 1897 begegnete ich auf fast allen Ausflügen in der Umgebung von Missolonghi großen, ja teilweise ungeheuren Saatkrähenschwärmen im der Zeit vom 27. Jänner bis 10. März. Am 4. April waren über dem Olivenwalde östlich der Stadt nur einzelne zu bemerken, aber am 27. April 1894 sah ich dieht bei Missolonghi noch einen ganzen Schwarm. Auch auf Petalä zeigten sich welche, sowie zwei Stück nach heftigem Sturme im Hafen Hag. Pantelemono (14. März 1897) und einen starken Durchzug beobachtete ich am 3. März 1897 an der akarnanischen Westküste bei Chalkitsa. Hier waren unter- tags nur einzelne sichtbar, aber gegen Abend überflogen viele tausende die dortigen Lagunen nach Norden. Endlich begegnete ich vielen Saatkrähen im Tale landeinwärts von Naupaktos (29. März 1897) und tags darauf ungeheuren Schwärmen auf den Äckern am Südufer des großen Vrachorisees — ein ziemlich später Zeitpunkt, welcher nur noch bei weitem durch eine Beobachtung am 2. Mai 1894 übertroffen wird, an welchem Tage ich unweit der letztgenannten Gegend am nördlichen Seeufer bei Juritsa sechs Saatkrähen in Ge- sellschaft von Nebelkrähen und Dohlen antraf und nach längerer Verfolgung auch eine davon erlegte. Die Sektion ergab, daß es ein einjähriges Männchen war und in diesem Jahre nicht gebrütet hatte. 1) Etwas abweichend davon vermerkt Lindermayer die Ankunft Mitte November und den Abzug Anfang April, was für Attika wohl richtiger sein dürfte. 254 Ornis balcanica. Schließlich sei der Vollständigkeit halber erwähnt, daß auch Baron Schilling vom 3. Dezember 1898 bis 21. März 1899 in den Olivenwäldern bei Angelokastron, an der Seebucht von Aetolikon und m der Umgebung von Patras Schwärme bis zu 1000 Stück Saatkrähen teils am Strich, teils am Zuge nach Norden wahrnahm und einen sehr alten Vogel auch einsandte. Wenn Simpson bemerkt, daß Saatkrähen selten in Griechenland verbleiben, um zu brüten, so muß ich entgegnen, daß dies überhaupt noch gar nie festgestellt wurde, wie ausdrücklich von Lindermayer und Sperling hervorgehoben wird. Corvus corni& L. — Nebelkrähe. In weitaus geringerer Anzahl als in anderen europäischen Ländern tritt die Nebel- krähe in Griechenland auf. Es ist nicht bekannt, ob der Mangel an geeigneter Nahrung oder das heiße Klima des Landes die Ursache davon ist. Entschieden häufiger als in der Ebene habe ich sie in den Gebirgen angetroffen und in mehreren dieser ist sie nicht so selten, als Krüper und v. Heldreich angeben. So z. B. sah ich am 13. Juli 1894 längs des Weges von Amphissa nach Segditsa viele, am 17. Juli bei Stromvi zwei Familien, bei Musinitsa wieder viele und zwei Tage darauf von Granitsa, gegen den Mornos abwärts, geradezu sehr viele. Drei Junge wurden dort auch geschossen. Im Parnaß beobachtete Hauptmann koth mehrmals Nebelkrähen im Juli 1898 bei Agoriani. Auf dem Peloponnes, für dessen Gesamtgebiet sie von der Exped. scient. de Mor. angegeben wird, fand sie Graf von der Mühle bei Patras, ich im Alpheiostale ober- halb von Olympia, und zwar ziemlich häufig (24. Mai 1898), dann bei Lala und auch beim Abstiege von diesem Plateau gegen Platanos zu, sowie endlich in den Xerowuni- bergen des Taygetos überall einzeln. Hier verfolgten mehrere auch ein Paar Steinadler. Aber auch die ebenen Landesteile und die Küstenstriche sowie die Inseln meidet sie nicht. In Westgriechenland konnte ich einige bei Juritsa am Vrachorisee (2. Mai 1594), dann auf Petalä (25. Februar 1397) und dem gegenüberliegenden Festlande, wo am 3. März 1897 tausende zusammen mit Corv. frugilegus und Col. monedula vorüberzogen, wahrnehmen. Auch die Gegend des Hafens Hag. Pantelemono bei Astakos beherbergte mehrere Paare. Auf Korfu stellte sie bloß Drummond als eine gelegentliche Erscheinung fest- Sie scheint dort sehr selten vorzukommen. Im Osten des Landes fand sie Graf von der Mühle bei Lamia und um Athen als Standvogel und es liegt mir ein von St. Strimmeneas am 31. Dezember 1895 bei Marathon erlegtes und präpariertes Männchen vor. Auch fand ich selbst im Walde von Pinus halepensis in Attika, gegenüber der Quarantäneinsel Hag. Georgios, am 12. Mai 1594 ein Nest mit drei frischen Eiern, von denen sich die alte Krähe sehr zeitlich entfernte. Das Nest war in der Gabel einer älteren Seestrandskiefer angebracht. Auf den Kykladen ist die Nebelkrähe ebenfalls Standvogel (Sonnini, Exped. scient. de Mor., Erhard, v. Heldreich) und ebenso auf Euböa (Lindermayer). Erhard sagt, daß sie auf diesen Inseln an Zahl alle anderen Corviden weit überragt. Als Standorte unter den Kykladen nenne ich ausdrücklich: Evreokastron, wo Krüper am 21. April 1862 ein Paar und ich am 12. Juni 1894 zwei Paare vorfanden, Naxos, wo namentlich am Kap Muntsara oder Mutsoma (Ostküste) sich viele am 19. Juni 1894 herum- trieben, die wahrscheinlich alle in den zahlreichen Spalten des Konglomeratgesteines III. Griechenland. 255 daselbst ausgebrütet worden waren, eine Beobachtung, die vor Jahren auch Dr. Krüper machte, indem er von hier Eier und Junge erhielt, ferner Santorin, Mykonos und Paros (von Krüper als Brutvogel festgestellt), Gaiduronisos und Phaneri bei Syra, wo Santa- rius am 24. Juni 1894 je eine in Felsspalten ausgebrütete Nebelkrähenfamilie antraf und auch ein eben flügges Junges mitbrachte, schließlich Giura (nordwestlich von Syra), wo sie Fiedler (7. Juli 1835) bei Viehherden antraf. Selbst von Skyros liegt mir ein von Strimmeneas im Herbst 1894 erbeutetes junges Exemplar vor. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß Lindermayer Corvus cornix fälschlich als Wintergast des Landes betrachtete und später erst für einen Standvogel wenigstens der Gebirge Nordgriechenlands erklärte.!) Ein bei Läla von H. Roth am 25. Mai 1898 erlegter Vogel zeigt deutlich die bereits vom Grafen von der Mühle erwähnten rötlichen Federränder, eine Erscheinung, die aber auch anderwärts nicht ungewöhnlich ist. Andersartige Abweichungen habe ich nicht gefunden. Außer dem oben angeführten, bei Athen genommenen Gelege liegen mir noch zwei solche zu je zwei Stück vor, und zwar vom 20. April 1883 aus dem Gebiete des Parnaß mit vollkommen regelrechter Färbung und von Naxos vom Frühjahre 1594 von gleichmäßig verteilter, dunkler, d. h. aschgrauer Fleckung, wie solche bei ©. cornix seltener auftritt. Corvus cora& L. — Kolkrabe und Corvus corax Tawrencei Hume — Indischer Kolkrabe. (Siehe Tafel I.) Während die meisten der in Griechenland ständig lebenden Raben typische C. corax sind, neigt namentlich im Osten ein Teil offenbar zur Form (©. corax lawrencei, deren Heimat Nordwest-Indien bis zum Euphrattale und Palästina ist. Die erste dies- bezügliche Mitteilung findet sich hierüber von Hartert u. Kleinschmidt gelegentlich der Besprechung der Formen von C. corax in der Sammlung Brehms in „Nov. Zool.“, vol. VII, 1901, p. 47, auf Grund von drei, allerdings jungen Belegstücken vom Hymettos und Pentelikon. Da es sich hier um einen wirklich interessanten Fall der Verbreitung der ge- nannten östlichen Form handelt, gab ich mit Freuden meine Zustimmung zur Abbil- dung wenigstens des Kopfes dieser sowie des mittel- und nordeuropäischen Kolkraben zu Vergleichszwecken. Es wurden infolgedessen auf Tafel I abgebildet: C. corax, typisch: Altes Männchen vom 21. November 1892 „Rosental“ bei Marburg a. Lahn (Flügellänge 45 em) und C. corax lawrencei: Altes Männchen vom 22. Jänner 1897 Hymettos (Flügellänge 43 cm). Der Vergleich ergibt: C. corax mit reinem, tiefem Schwarz und blauem Glanz. C. corax lawrencei hat dagegen, namentlich am Kopfe purpurbraun (schokoladebraun) schimmerndes Gefieder. 1) Bei Graf von der Mühle 8.53 muß es heißen: „Sie brütet sowohl in den hohen Gebirgen Rumeliens, als auch in Waldungen von Pinus maritima, denn dieser Baum ist bekanntlich nirgends im Gebirge im Landinneren anzutreffen. 256 Ormis balcanica. Er steht diesbezüglich m der Mitte zwischen dem afrikanischen umbrinus und dem riesigen thibetanus. Die neuen Federn von (. corax lawrencei zeigen, daß im frischen Gefieder die Färbung ganz ähnlich wie beim nordischen €. corax ist, aber sie bleichen rasch aus und werden braun, als ob sie jahrelang dem Sonnenlicht ausgesetzt gewesen und ver- blichen wären. ©. corax wird in Mitteleuropa nie so braun, mögen die Federn auch noch so alt sein. Außerdem sieht C. cora® lawrencei auch viel schlanker aus, wie dies eben an den griechischen Raben ersichtlich ist. Hierzu fügt dann Kleinschmidt bei: „Der braune Anflug des Gefieders, der besonders, wenn man den Vogel gegen das Licht hält, sehr deutlich wird, beruht nicht etwa auf äußerliehem Ausbleichen durch stärkeren Sonnenbrand, sondern das Gefieder ist viel schwächer pigmentiert als bei corax und deshalb bleibt es nicht lange schwarz. Die Gefiederbasis ist weißlich, nicht grau wie beim typischen corax.* Wenn wir uns nun mit der Verbreitung des Raben im Bereiche des Königreiches Griechenlana beschäftigen, so wäre sie mit den Worten: „kommt überall vor“ eigent- lich vollständig gekennzeichnet; allein gerade beim Kolkraben kommen uralte, für eine bestimmte Gegend geradezu bezeichnende Horstplätze oder Lieblingsaufenthaltsorte stets vor, welche für den naturkundigen Reisenden von Interesse sind, und deshalb mögen solche Orte im nachfolgenden, wenngleich ganz kurz, aufgezählt werden. Drummond und Lord Lilford stimmen vollkommen darin überem, daß er auf Korfu sehr häufig ist und daß ein Paar alljährlich im Kastellfelsen horstet, obwohl jedesmal die Jungen von den Soldaten ausgenommen wurden. Im September beobachtete dann Lord Lilford kleine Gesellschaften in der Bucht bei der Hauptstadt und auf dem nahen Vido. Ich war sehr erfreut, gleich äm ersten Tage meines dortigen Aufenthaltes fest- stellen zu können, daß jenes Rabenpaar den alten Horstplatz im Kastellfelsen bis auf den heutigen Tag beibehalten hat. Mit Vergnügen sahen wir, wie die beiden Raben jede sich dem Horste nähernde Silbermöwe auf das heftigste anfielen und weg- Jagten. Aber auch in der Umgebung der Stadt, in der Bucht von Kalikiopulo, an der Potamosmündung, an den Felswänden von Hag. Deka, wo er sicher horstet und auch vom Kronprinzen Rudolf erwähnt wird, dann bei Braganiotika beobachtete ich wieder- holt und zu verschiedenen Jahreszeiten den stattlichen Vogel. Je ein Horstpaar gab es weiters auf Petalä und Oxiä, sowie je drei Stück auf dem Ainos und am Strande von Lixuri auf Kephalonia. Auf Zante fand ich einen Raben nahe der Festung und je ein Horstpaar in den Felsen des Skopos und der Vrachiona. Auf Kythera traf Wutte drei Stück im südlichen Inselteile auf einem Esel- skelette an. Nach Jameson ist er hier Standvogel. Von Sonnini wird der Rabe für den griechischen Archipel nur flüchtig erwähnt, während ihn Erhard im allgemeinen zu den Standvögeln der Kykladen zählt. Nach ihm und Alfr. Brehm ist er besonders häufig auf Syra, ferner ausdrücklich fest- gestellt für Giura (Fiedler) und Santorin (Douglass), dann als Brutvogel für Naxos (Krüper). Hier fand auch ich ihn häufig, und zwar bei Melanes, Chalki und Kap Muntsara, ferner auf dem nahen Makaries und dem bei Milos gelegenen Erimomilos je eine Familie. III. Griechenland. 257 Weiter nördlich wird er von Lindermayer für Euböa aufgezählt und von mir in mehreren Paaren auf Xer6, Jura, ja sogar auf dem flachen Psathura angetroffen. Schließlich erhielt unser Museum ein Stück von Skyros. Es war stets interessant zu sehen, mit welcher Schnelligkeit sich auf diesen Inseln die Raben auf unseren Lagerplätzen unmittelbar nach dem Verlassen derselben ein- fanden, um die Überreste der Mahlzeiten zusammenzusuchen. Auf das Festland übergehend, berühre ich zunächst die Beobachtungen in Akar- nanien und Aetolien. Hier ist es vor allem der massige Stock des Varassovo, so- wohl in den tieferen Lagen bei Kryoneri als auch höher oben, welcher mehrere Brut- paare zur Horststätte einladet. Als wir am Fuße dieses Berges einen Teil eines Ochsen als Luder für größere Raubvögel auslegten und Führer den ersten Tag über in der bereits dort befindlichen Hirtenhütte ansaß, nahmen das Aas nur die Kolkraben an, von welchen er ein wahres Riesenexemplar (J’) erlegte. Während meines Ansitzes am fol- genden Tage hörte ich unausgesetzt das Jammergekrächze des sein verlorenes Männ- chen suchenden Weibchens. Einen Tag später hatten sich wieder drei Kolkraben bei dem Ochsen eingefunden und Santarius, der diesmal die Hütte besetzt hielt, ließ sie über eine Stunde lang sich an dem Fleische gütlich tun. Da er nur 10—15 Schritte von ihnen entfernt saß, konnte er jede Bewegung verfolgen: so oft unten im Hafen von Kryoneri auf einem der Boote ein Hammerschlag fiel, sprangen die Raben schon entsetzt bei Seite. Ein viel kleineres Stück (9) erlegte dann Santarius unweit Missolonghi auf dem Kopfe eines verendeten Pferdes. Weitere Rabenhorstplätze gibt es dann in den Felsen bei Aetolikon, Podolovitsa und in den zahlreichen Schluchten des Zygosgebirges. Die Anzahl der in der großen Klissura, wo sie bereits Simpson sah, noch heut- zutage horstenden Paare ist sehr bedeutend. Aber auch in den sumpfigen Niederungen rings um die Vrachoriseen gibt es viele Raben. Sie finden genug passende Horst- plätze auf den lange Zeit unter Wasser stehenden hohen Bäumen und trieben sich ohne jede Scheu mitten unter gewöhnlichen Dohlen, wenige Schritte von mir entfernt, auf den Brachen am Östende des großen Sees Futter suchend herum. Den meisten in diesen Gegenden begegneten wir aber doch in den nördlich von Naupaktos gelegenen Vorbergen sowie auch am dortigen Strande. Ein hier ange- schossener Rabe wurde vor unseren Augen von seinen Kameraden jämmerlich gezupft und gezaust. Weiter östlich stießen wir auf den Odins-Vogel sowohl in der Hoch- region des Korax als auch in der Niederung zwischen Chrysso und Itea und bei Arachova im Parnaß sah Hauptmann Roth einmal im Juli ihrer etwa 50 Stück ver- sammelt. Bezüglich des Vorkommens in Attika kann man sagen, daß auch dort der Rabe noch erstaunlich häufig ist. Sogar auf der Akropolis m Athen ist er noch zu finden, ebenso das seit langen Jahren, ja schon zu Fiedlers Zeit, auf dem Lykabettos ansässige Brut- paar und endlich eine bedeutende Menge stets auf den Feldern der Umgebung der Hauptstadt bis zum Küstensaume des Piräus und den Felsen von Wuliasmeni. Einen besetzten Horst habe ich selbst auf dem Hymettos gesehen, aber wenn man die vielen einzelnen Raben rings um Athen herumstreichen sieht, gedenkt man unwill- kürlich der Worte Krüpers: „Obgleich während des Frühjahrs und des Sommers viele Raben gesehen werden, so gibt es doch nur einzelne Brutpaare.* Hierzu gibt jedoch Lindermayer eine ganz gute Erklärung, indem er wahrnahm, daß die Raben Reiser, Ornis balcanica. II. 17 258 Ornis balcanica. vom Pentelikon, Parnes, ja sogar vom Kithäron aus täglich die Mist- und Schlachtstätten von Athen aufzusuchen pflegen. Erhard beobachtete gar, daß sie nach Art der Dohlen und Elstern sich reihen- weise auf den Rücken der Schweine setzen, was ich nie und nirgends im Balkan je beobachtet habe. Auf dem Peloponnes belebt der Rabe überall häufig die nördliche Küste längs der Bahnstrecke, was deshalb ganz natürlich ist, weil er, wie Graf von der Mühle ganz richtig bemerkt, gerade am Meeresstrande reichliche Nahrung an ausgeworfenen toten Fischen, Sepien u. dgl. jederzeit findet. Sehr häufig ist er oberhalb Doljana bei Astros; dann bei Tripolitsa, wo Santa- rius am 20. April 1897 einen Horst untersuchte, der auf dem Stamme einer aus dem Felsen herauswachsenden Steineiche angebracht war. Derselbe enthielt drei etwa einen Tag alte Junge und ein entweder faules oder noch nicht aufgebrochenes Ei. Weitere Fundorte sind: der Wald Kapellis (Pholo&) in Elis sowie die von dort neben Lala abwärts führenden felsigen Schluchten, je ein Brutpaar beherbergte der Nikolaosberg bei Pylos, die Ochsenbauchbai bei Alt-Pylos und der berühmte Berg Ithome in Messenien, wo am 6. Juni die beiden alten Raben ihrer Brut noch fleißig Futter zuschleppten. Endlich zeigten sich mehrmals Raben in den Vorbergen östlich von Kalamata, in den Xerowunibergen und der Langhada. Ein einzelner erschien beim Taygetoshoch- joche Warwara auf einer ausgelegten Ziegenhaut. Nach Krüpers Erfahrungen beginnt die Brutzeit in Griechenland ebenso wie in Norddeutschland gegen Mitte März. Am 15. März 1560 enthielt ein Horst m Akarna- nien fünf Eier. Manchmal dürften aber wohl auch etwas frühere Bruten vorkommen. Maß und Gewicht eines griechischen Eies: 55°’2 mm Länge, 33'6 mm Breite und 200 eg. Maße griechischer Raben. Der abgebildete Vogel in der Sammlung Kleinschmidt: d' 22. Jänner 1897 Attika, Hymettos, alt 43°0 cm Flügellänge. Das diesem sehr ähnliche 1. d' 27. Dezember 1894 Attika, Anchesmos, das gleichfalls die lawrencei-Charaktere — wenn auch nicht ganz so ausge- prägt — zeigt, alt . ». . 2. .......43, cm Flügellänge 23:1 cm Schwanz 2. Das große 0’ 13. Februar 1897 Varas- sovogebirge, alt, Schnabel 7°8 cm lang, in gerader Linie von der Stirn zur Spitze gemessen . . . 41:5 cm F 235 cm 3. 0 Arkadien 27. April ee jün- gerer Vogel in sehr abgenutztem Ge- fieder. . . . 444 cm 5 23:0 cm n 4. d' Insel Skyros 1894, a als een eorax ähnlich, mit gerader Schnabel- schneide und grauer Gefiederbasis. . 44 cm = 23:5 cm n Nummer 1—4 im bosnisch-herzegowinischen Landesmuseum in Sarajevo. Da die weiblichen Kolkraben bedeutend kleiner sind, darf man nur Männchen mit einander vergleichen. Auch die obige Übersicht scheint zu zeigen, daß in Attika III. Griechenland. 259 sich der kleine, schlanke lawrencei findet, in Nord- und Westgriechenland dagegen ein mehr dem typischen corax ähnlicher Rabe vorkommt. Lanius exeubitor L. und homeyeri Cab. — Raubwürger. Er tritt so weit im Süden äußerst selten auf. Bis 1875 konnte Krüper keinerlei Nachweis über ein sicheres Vorkommen liefern und die kurzen Angaben des Grafen von der Mühle und Erhards, welche später von Lindermayer und v. Heldreich wie- derholt werden, besitzen deshalb keinen Wert, weil die Verwechslung mit jungen La- nius minor offenkundig zutage liest. Der Erstgenannte will den Raubwürger auf dem Peloponnes von Mitte September an häufig auf allen Büschen getroffen haben und letzterer bezeichnet ihn als sehr gemein während des Herbstzuges auf den Kykladen. Schon der Beisatz, daß es meist junge Vögel gewesen seien, deutet auf die Verwechs- lung mit dem Grauwürger. Weniger leicht zu prüfen ist die Bemerkung Jamesons, welcher Lanius exeubitor im Frühling auf Kythera gesehen haben will. Die Angabe Naumanns („Nachtrag“ 1860), daß dieser Würger in Griechenland überwintert, erhielt ihre Bestätigung erst dadurch, daß Herr Merlin vor Jahren ein Stück im Dezember bei Lamia und St. Strimmeneas ein altes Weibchen in Athens Umgebung, bei Acharnä (Menidi) am 22. November 1894 erbeuteten und präparierten. Außerdem wurde ein Raubwürger von Baron Schilling am 1. Jänner 1899 in der Umgebung des Monastir Angelokastron (Akarnanien) beobachtet, aber leider gefehlt. Das oben erwähnte Stück von Acharnä, jetzt im Museum zu Sarajevo, ist deshalb von Wichtigkeit, weil es nach Ansicht der Herren Schalow und Reichenow zweifel- los zum östlich wohnenden Zanius homeyeri Cab. gehört. Es stimmt sowohl mit dem Typus überein als auch mit dem in Mad. Zeitschr. f. d. ges. Orn. 1884 auf Tafel XI abgebildeten Vogel aus Siebenbürgen. Der Unterschied von Lanius excubitor liegt be- kanntlich in der durchgehends lichteren Gesamtfärbung und in dem weißlicheren Bürzel. Ganze Länge: 195 mm, Flügel: 112 mm, Schwanz: 110 mm, Schnabel: 19 mm, Tarsus: 26mm. Lanius minor km. — 6Grauwürger. Bezüglich der Häufigkeit des Auftretens im Gebiete nimmt der Grauwürger die dritte Stelle unter den Würgern ein. Treffend äußert sich hierüber Seebohm, indem er damit die Meinung Simpsons, der ihm die zweite Stelle einräumt („Ibis“ 1560, p- 296), richtigstellt: „L. minor ist in Griechenland nirgends so häufig wie L. senator oder collurio, auch teilt er mit dem letzteren nicht den Aufenthalt in der Nadelholz- region. Auch in den Olivenwäldern scheint er sehr selten zu sein.“ Möglicherweise gab es in früheren Jahrzehnten mehr Brutpaare, da Lindermayer, der übrigens bei seiner Darstellung diesen Würger mit L. senator vertauschte, viele brütend fand, gleichwohl aber zugab, daß die Mehrzahl weiter nach Norden durchzieht. Auch Thienemann meint, daß L. minor in Griechenland stellenweise ziemlich häufig sei. Nach meinen eigenen Erfahrungen ist letzteres zutreffend für die Jonischen Inseln und namentlich Korfu, wo er nach Drummond gegen den 25. April ankommen soll, während ich schon am 19. April 1894 in einem ÖOlivenwalde unweit der Hauptstadt mich an dem Gesange eines jüngst angekommenen Männchens ergötzen konnte. Der Vogel ahmte eine Menge Vogelstimmen nach. Auch kann ich bestreiten, daß alle ılyk- 260 Ornis balcanica. weiterziehen und daß er, wie Lord Lilford, der drei Stücke im Mai 1858 dort erlegte, angibt, ein seltener Sommergast ist; denn ich habe im Juli 1894 allenthalben alte und junge Vögel angetroffen, namentlich im Valle di Korissia, wo mein Freund Finanzrat Pogorele am 25. ein noch nicht lange flügges Männchen erlegte. Ein Weibchen von dieser Insel befindet sich im Museum Hanb. Barclay. Auf Zante habe ich ihn am 8. Mai 1898 bei Lithakias beobachtet und auf Kythera Jameson im Frühling. Als Bewohner des Archipelagus nennen ihn zunächst Temminck und Dubois, dann wies Lindermayer sein Vorkommen auf Euböa, Krüper auf Naxos nach. Doch brütet er auf dieser Insel sehr selten. Krüper bekam dort nur zwei Eier. Gänzlich falsch ist es dagegen, wenn Erhard den Grauwürger zu den Standvögeln der Kykladen rechnet; denn er ist im ganzen Gebiete ausgesprochener Sommervogel. Vom Festlande besitzen wir die zuverlässigsten Angaben ebenfalls von Krüper. Dieser vermerkte 1867 die Ankunft für Attika am 14. April und bezeichnet diesen Würger als seltenen Brutvogel der Niederungen, welcher Mitte oder Ende Mai zu legen beginnt. Er fand einige Nester in Akarnanien, von wo mir zwei schöne, von Santa- rius am letzten April 1894 unweit Aetolikon geschossene Männchen vorliegen, in den Tieflagen des Parnaß und in Attika, von wo zwei Weibchen in das Universitätsmuseum in Athen gelangten. ‚ Krüper erhielt Eier in Akarnanien am 29. Mai 1559 und im Parnaßgebiete am 25. Mai 1866. Ein von Lindermayer an Thienemann gesendetes Nest enthielt die Bestandteile von folgenden Pflanzen: Filago germanica L., Helichrysum sieulum Spreng.., Plantago lagopus, Trifolium stellatum, Stachys penieillata Heldr. u. Sart. und Lagurus ovatus. Vergleichshalber folgen hier die Maße der Eier eines Geleges von vier Stück, Parnaßgebiet, 3. Juni 1577 ım Mittel und von drei einzelnen durch Lindermayer an Parreyss gesandten Eiern. 252 x 18:4 mm 28:8 25 24 mm 2T.cg 15:7 18:3 17-4 mm 30 26 23 09 Das erste dieser drei Stücke ist ein ungewöhnlich großes Fi. Zum Schlusse noch die Bemerkung, daß der von Chr. L. Brehm im „Vogelfang“, S. 54 aus Griechenland beschriebene Lanius graecus Brm. (mit drei weißen Steuerfedern auf jeder Seite) bezüglich der Benennung mit Zanius nubicus offenbar verwechselt wurde, worüber bei Lanius nubieus nachzusehen wäre. Lanius nubicus Lieht. (<= personatus Tem.) — Maskenwürger. Es ist eine der auffallendsten und zum Teile rätselhaftesten Erscheinungen in der Tierwelt Griechenlands, daß gewisse Formen derselben plötzlich verschwinden. Bei manchen ist der Grund unschwer zu finden: Unsinnige Verfolgung von Seite der Be- völkerung war die Ursache des allmählichen Verschwindens! Beim Maskenwürger kommt dies nicht in Betracht und auch seine ehemaligen Aufenthaltsorte haben sich doch nicht ausnahmslos derart verändert, daß er zur Auswanderung genötigt gewesen wäre. Tatsache ist, daß er seit 1564 in der Umgebung von Athen, wo er einstens geradezu häufig gewesen sein muß, trotz aller Bemühungen nicht wiedergefunden wer- den konnte. III. Griechenland. 261 Und wenn nicht angenommen werden könnte, daß er noch irgend emen Winkel des Landes, wo er bisher der Beobachtung entgangen ist, bewohnt, oder daß in ab- sehbarer Zeit wieder eine neuerliche Ansiedlung etwa von Kleinasien aus, wo er ja häufig ist, erfolgen dürfte, so müßte der Maskenwürger aus der Liste der Vögel Griechenlands und damit auch aus jener von Europa gestrichen werden. Gleich hier sei bemerkt, daß es an Bemühungen nicht gefehlt hat, um Zanius nubicus bei Athen neuerdings festzustellen. Natürlich ist hierbei in erster Linie Dr. Krüper zu nennen, der noch obendrein Gelegenheit hatte, alle Eigentümlichkeiten dieses Würgers in der Umgebung von Smyrna genau kennen zu lernen. Krüper sammelte namentlich in den Sechzigerjahren und auch später noch viele hunderte Eier vom Rotkopfwürger in der Umgebung der Hauptstadt, aber niemals hatte er hier ein Paar des Maskenwürgers finden können. Vergeblich bemühten sich jahre- lang Herr Merlin und besonders sein Famulus St. Strimmeneas, einen solchen Würger zu erbeuten, und auch den vielen fremden Omithologen, einschließlich meiner und meiner Begleiter, ist es nicht besser ergangen. Immer und immer wieder war es ausschließlich Lanius senator, der uns an seiner statt zum Opfer fiel. Dr. Lindermayer gebührt das Verdienst des Nachweises für Griechenland durch seine erste Arbeit 1843! In diesem Sinne erwähnt auch Chr. L. Brehm (Okens „Isis“ 1845, „Stiftungsfest“ ete.), daß zwar Bruch in Mainz, nach Belegstücken, die sich im Museum daselbst schon längere Zeit befanden, der erste war, der ihn als Europäer erkannte, Lindermayer ihn aber als erster als europäische Art veröffent- lichte. Brehm fügt die Bemerkung bei, L. nubieus sei der kleinste europäische Würger. Lindermayer betont übrigens selbst des öfteren (so z. B.in Homeyers „Ornith. Briefe“, S. 228), daß er diesen Vogel brütend bei Athen gefunden und also unter die europäischen Vögel eingereiht habe. Gleich nach Lindermayer kam Graf von der Mühle mit einer ausführlichen Beschreibung (1344) und auf Grund der Angaben beider erfolgten die sämtlichen apho- ristischen Bemerkungen folgender Autoren über das Vorkommen in Griechenland: Thienemann (Katalog d.europ. Vögel, „Rhea“, S.112), Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Degland u. Gerbe, Dubois (Hauptwerk sowie im Conspect. av. Europ. 72), Fritsch, v. Heldreich (selten in Griechenland!) und Alfr. Brehm („Tierleben“). Ebenso blieben Lindermayer und Graf von der Mühle auch die einzigen Quellen zur Beschaffung von Material dieses Würgers aus Griechenland für die Museen usw. Das meiste davon gelangte nach dem Deutschen Reiche und es sind mir folgende Belegstücke von gestopften Vögeln, Nestern und Eiern bekannt geworden: Das erste Stück erhielt Herr Hartlaub mit einer unmittelbar aus Griechenland einlangenden Vogelsendung für das Museum in Bremen (Rev. zoologique 1843, p. 159). Tobias bemerkt: „L. personatus habe ich soeben aus Athen in den Händen. Schöner Vogel (Abhandl. d. naturforsch. Gesellsch. zu Görlitz 1844, IV. Bd., 1. Heft). Die schon oben erwähnten Exemplare des Museums von Mainz aus Griechenland kannte auch Schlegel („Kritische Übersicht“, 8. 46). Im Museum auf der Veste Coburg befindet sich laut brieflicher Mitteilung Dr. Fischers ein Stück mit der Aufschrift: Griechenland. Ein ad. Cd’ sowie ein Ei, gesammelt von Dr. Lindermayer, befindet sich (brief- liche Mitteilung) im Großherzoglichen Museum in Oldenburg. Die Kollektion des zoologisch-mineralogischen Vereines in Regensburg erhielt laut dessen Korrespondenzblatt (1847) Vogel, Nest und Eier als Geschenk von Dr. Linder- mayer und (1856, S. 50) nochmals Exemplare vom Grafen von der Mühle. 262 Ornis baleanica. Im Sommer 1900 traf ich tatsächlich dort noch drei Stücke an: l ad. Cd, gesammelt von Lindermayer detto ” „ Graf von der Mühle 1 iuv. n „ Graf von der Mühle (mit der Bezeichnung L. leucometopon). Im Museum zu Altenburg befand sich ein ad. Exemplar von Lindermayer, welches Brehm untersuchte und dem Erstgenannten zur Abbildung seines „L. attieus“ als Original gedient zu haben scheint. Gegenwärtig ist es durch Tausch in den Besitz des Museums von Sarajevo übergegangen. Nach Schlegel („Kritische Übersicht“, S. 46) enthielt das niederländische Reichs- museum in Leyden Stücke aus Griechenland. Laut gütiger Mitteilung Dr. Finsch’s ist gegenwärtig noch ein altes Männchen vorhanden, welches früher mit Temmincks Handschrift bezeichnet war: „Lanius personatus Tem. Europe, Grece.“ Im Museum zu Athen ist aus Griechenland nur ein junges Weibchen vorhanden, welches am 20. Juli 1864 aus der Umgebung der Stadt eingeliefert wurde. Ich konnte dieses genau untersuchen und finde, daß der Gesamteindruck im ersten Kleide mehr weißlich ist als bei collurio und senator. Besonders licht ist die Unterseite, 1. Steuer- feder weiß, 2. an der Außenfahne und fast die Hälfte der Innenfahne, 3. bloß an der Spitze. Der Spiegel ist schon deutlicher sichtbar. Die Oberseite erinnert am meisten an die von Jungen des 2. senator. Eier und Nester betreffend sei noch außerdem ln daß Lindermayer vier Eier an den naturwissenschaftlichen Verein in Passau sandte (III. Jahresbericht, S. 11, 1855), ferner zwei Nester mit sieben und acht Eiern an Thienemann (Beschreibung s. unten) und daß schließlich zwei Eier in die Sammlung Baldamus gelangten, welche sich jetzt m meinem Besitze befinden. Diese Aufzählung kann nicht den mindesten Anspruch auf Vollständigeit erheben, aber es geht daraus hervor, daß in den Vierziger- und Fünfzigerjahren eine ziemlich bedeutende Anzahl von Belegstücken für das Dasein dieser schönen Würgerart in Griechenland an die wissenschaftliche Welt Europas eingeliefert worden ist. Betreffs der Nomenklatur herrschte anfangs einige Verwirrung. Lindermayer hielt im Anfange, wie er selbst 1843 schreibt, diesen Würger für eine neue Art und nannte ihn zuerst Zanius atticus. Oftenbar war von Lindermayer außer der Abbil- dung von Falco eleonorae auch jene vom Maskenwürger für die „Isis“ geplant, denn in dem mir vorliegenden Korrekturexemplar seiner ersten Arbeit, welches durchschossen geheftet ist, befindet sich als loses Blatt die sehr gelungene Aquarellskizze eines älteren Stückes auf einem Aste sitzend, ferner der nicht kolorierte Kopf mit geöffnetem Schnabel und, in Farben gehalten, der gefächerte Flügel und Schwanz des Vogels. Bis auf die altmodisch steife Haltung, woran der Präparator des Originals in erster Linie Schuld trägt, ist die Abbildung sehr kenntlich, da die Färbung des Gefieders trefflich wiedergegeben erscheint. Die Legende lautet: „Lanius attieus. Nov. species Graeciae Nr. 37“,!) später wurden von Lindermayer die Synonyme L. personatus und nubieus mit Bleistift dazugesetzt. Auch das Postament des oben erwähnten Stückes von Altenburg trug die Aufschrift Lanius attieus, ein unterseits angeklebtes Blatt jedoch in der Handschrift Lindermayers die Bezeichnung: „ZLanius graecus mihi, nov. Europae species.“ !) Nr. 37 ist die Nummer des Z. nubicus in Lindermayers erster Arbeit 1843. III. Griechenland. 263 Obwohl bereits Lindermayer durch die Redaktion der „Isis“ und wahrschein- lich auch anderwärts aufgeklärt worden war, daß den Namen Temmincks und Lichtensteins die Priorität gebühre, bedauert er es doch noch in seiner Schlußzu- sammenstellung (1859), daß der Name Lanius graecus keinen Anklang fand. Die Synonymie aller dieser Namen und die Wichtigkeit der Entdeckung Linder- mayers wurde übrigens schon 1843 von Hartlaub und Lafresnay erkannt und vom Herausgeber der „Revue zoologique* 1843, p. 159 und 211 ausführlich mitgeteilt. Nichtsdestoweniger gab ein Jahr später Graf von der Mühle dem Vogel den Namen Lanius leucometopon (= L. brubru Levaill.)*) und Chr. L. Brehm 1855 im voll- ständigen „Vogelfang“, S. 84 nannte ihn wegen des angeblichen kürzeren Schnabels Lanius caudatus. Die ersten, ziemlich ausführlichen Beschreibungen wiederzugeben, will ich unter- lassen, da sie inzwischen längst überholt sind; doch erscheint es vielleicht wünschens- wert, anderweitige Angaben hier nochmals zu wiederholen. Merkwürdigerweise erwähnt Lindermayer nirgends einen Fundort genauer; nur seine Angabe, daß er auf Euböa vorkommt, was wohl nur eine Vermutung war, widerruft er damit, daß er am Schlusse sagt: „Auf den Inseln kommt er nicht vor.“ Dagegen enthält Graf von der Mühles Zusammenstellung die kurze Bemerkung: „Auf Dorngestrüpp längs dem Phalerus bei Athen.“ Lindermayer berichtet: „Dieser Zanius ist kleiner als alle übrigen europäischen, seine Gestalt erscheint viel schmächtiger, wenn er auch durch seinen langen, bach- stelzenartigen?) Schwanz die Länge des Z. collurio oder senator erreicht. Er kommt erst Ende April, anfangs Mai in den breitgestreckten Tälern Griechenlands an, zu einer Zeit, wo alle übrigen Zugvögel schon lange brüten, ja manche schon Junge haben. Er nistet in dem Gebüsche und Gestrüppe brachliegender Gegenden, auch auf Oliven- bäumen, sitzt vor der Paarung einsam auf dem höchsten Gipfel der Bäume, als beschaue er sich den neugewählten Wohnort, singt sehr anmutig, wie Zanius senator, und zieht Ende August mit seiner Brut wieder von hinnen. „Er brütet Ende Mai auf Olivenbäumen oder im dichten Gebüsche des strauch- artigen Granatapfelbaumes. Das Nest besteht aus ungemein zarten, wolligen Blättern und deren Stengeln, wie sie mehrere südliche Labiaten haben, innen mit dünnen Gras- halmen und Blütenblättern ausgefüttert. Es ist kreisrund, von 5—5!/, Zoll und 6—6!/, Zoll äußerenı Durchmesser und 3 Zoll tief; enthält 7—8 blaßgraugrüne Eier mit gelblichem Hauche. Das spitze Eiende ist ohne Flecken, das stumpfe mit unregel- mäßigen, schwarzgrünen Flecken und auf diesen deutlich mit grünbraunen besetzt. Das sehr späte Ankommen dieses Vogels dürfte wohl als Beweis gelten, daß er ein dem Äquator angehöriger sei; aus Ägypten habe ich denselben mehrmals erhalten.“ Weiters sagt 1859 derselbe Autor ergänzend: „Er ist mit der Rosenamsel der letzte Zugvogel, der hier ankommt. Nur in den ersten Tagen des Mai habe ich ihn auf Heiden gefunden, in welchen sparsame, der Kultur nicht unterworfene Olivenbäume standen. Er liebt die höchsten Spitzen dieser Bäume, von denen er einen melodischen, aber monotonen Gesang hören läßt. Aufgescheucht fliegt er auf den nächsten höchsten Baum, aber nicht in einer Linie oder im Zickzack oder in einem horizontalen Bogen wie andere Vögel, sondern er stürzt sich vom Gipfel des Baumes, den er verläßt, in 1) Die Synonymie dieses mit nubieus stellte dann noch ausdrücklich Selys Longehamps in der „Revue zoologique“ 1844, p. 140 fest. 2) Eine ganz vorzügliche Bezeichnung! Der Verfasser. 264 Ornis balcanica. bogenförmigem Fluge fast bis auf den Boden herab, um von da aus den Gipfel des nächsten Baumes zu erreichen. Sein Nest baut er auf die höchste Spitze des Oliven- baumes, welcher in der Umgebung ist; dasselbe unterscheidet sich von dem des L. minor dadurch, daß es kleiner ist, daß dieselben Pflanzen, aus welchen das Nest des minor gebaut ist, viel zarter und trockener sind, und daß es nicht in der Mitte des Baumes hängt, sondern am Gipfel. Die Zahl der Eier beträgt 6—7, von der Größe der Eier des L. senator; sie sind lehmfarben, mit ölbraunen Tupfen, die selbst bis ins Dunkel- grüne übergehen und am stumpfen Ende des Eies einen Kranz bilden. Wie alle süd- lichen Vögel, welche sehr spät ankommen und hier brüten, zieht auch dieser Würger sehr frühzeitig — Mitte August — wieder weg.“ Diese Angaben erfuhren auf Grund eingehender Studien in Kleinasien durch Dr. Krüper eine dankenswerte Kritik (Cab. Journ. f. Orn. 1869, 8. 32). 1. Gelangt Dr. Krüper bei der Tatsache, daß Athen ein milderes Klima hat wie Smyrna, und mit Berücksichtigung der Ankunftszeiten anderer zarter Zugvögel an beiden Orten zu der Annahme, daß Lanius nubicus um vier Wochen früher eintrifft, als Lindermayer angibt. 2. Sein Aufenthalt sind gerade die üppigen Gegenden; selten findet man auch ein Pärchen an einer sterilen Stelle. 3. Kein einziges Nest nimmt die höchste Spitze des Baumes ein, sondern die meisten waren unter der Mitte des Baumes, so daß sie mit dem Kötscherstocke be- rührt werden konnten. 4. Der Abzug dürfte sowie in Smyrna erst im Laufe des September erfolgen. Thienemann beschreibt die griechischen Nester und Eier des Maskenwürgers in vortrefflicher Weise folgendermaßen: „Das eine der beiden Nester ist 6 Zoll breit, 2 Zoll hoch, 3 Zoll weit und 1'/, Zoll tief, besteht auswendig aus Stengeln der Stachys eretica, Satureia Juliana, Centaurea cana, Crupina erupinastrum, besonders aber aus samen- tragenden Stengeln der Diplotawis viminea, die ziemlich locker und sparrig ineinander geflochten sind. Die innere Auskleidung bilden Stöckchen der Plantago lagopus und gelbbraune Würzelehen. Das andere ist noch sparriger und massiger, im Umfange so groß als eines von Lanius excubitor, an 7 Zoll breit, 3 Zoll hoch und weit, 1!/, Zoll tief und besteht aus Stengeln von Gnaphalium, Phagnalon, zarten Dolden, besonders aber der sparrigen Orupina erupinastrum. Der kleine Innennapf ist mit zarten, grauen Rindenstreifen sauber ausgekleidet. Beide Nester sind so eigentümlich, daß man sie leicht von denen anderer Würger unterscheiden kann.“ Die Eiermaße gibt Thienemann wie folgt an: 93/, Linien . 9 Linien Minimum: Maximum: 71/, Linien 7 Linien und 3 Gran Gewicht. Die beiden mir gehörigen Stücke haben: 1020:8 19:6 mm Br. 156 14:9 mm Gew. 16 15 cg „Die Grundfarbe der Mehrzahl ist grüngelblich, nur bei einigen zieht sie etwas mehr in das Grünliche oder Bläuliche (??), bei anderen in das Bräunliche oder Gelb- liche. Die untersten Flecke sind aschgrau oder bräunlichgrau, oft recht lebhaft, daun folgen gelbgrünliche oder olivengrüne, mattere oder lebhaftere, meist nur als Kränzchen vor der Basis, außerdem nur sehr sparsam, in seltenen Fällen etwas gleichmäßig ver- II. Griechenland. 265 teilt. Der Glanz ist mäßig, aber sehr besonders, als ob die Schale von Wachs wäre; !) inwendig gegen das Licht scheinen auf gelbgrünlichem Grunde die Flecke deutlich durch. Ihr Korn ist zart, aber sehr deutlich entwickelt, die Züge schmal, aber ziem- lich erhaben, dieht verzweigt mit gerundeten Zwischenräumen, mäßig großen und ver- tieften, meist eckigen Poren.“ Da diese Würgerart für die Ornis der Balkanhalbinsel im besonderen und für jene von Europa im allgemeinen von entschiedener Wichtigkeit ist, so glaubte ich bei deren Behandlung etwas ausführlicher sein zu sollen. Lanius senator L., Lanius rufus km. — Rotköpfiger Würger. Ebenso wie unsere Singdrossel im Winter, trägt der Rotkopfwürger während des Sommers wesentlich zur Belebung der ziemlich eintönigen griechischen Olivenwälder bei, zumal er (worin ich Dr. Krüper vollkommen beipflichte) der häufigste von allen Würgern im Lande ist. Bekannt als vorzüglicher Nachahmer fremder Vogelstimmen, ist es geradezu ein Vergnügen zu hören, mit welcher Meisterschaft er in Griechenland den schnarrenden Gesang des großen und kleinen Ölbaumspötters wiedergibt. Sein Aufenthalt im Gebiete dauert nicht sehr lange und genügt eben zur Aufzucht der Nachkommenschaft. Schwer erklärlich ist sowohl Dr. Krüper wie mir der grobe Irrtum Erhards, der L. senator einerseits unter die überwinternden, andererseits (S. 51) unter die durch- ziehenden Vogelarten der Kykladen rechnet. Im allgemeinen sucht er die ebenen Landesteile auf und es mag hier das klare Ergebnis der Wahrnehmungen Seebohms Platz finden: „Er ist nur Sommergast und gehört weder zu den frühesten noch zu den spätesten Zugvögeln. Höher als 600 m über dem Meere wird der Vogel viel seltener und in der Nadelholzregion bei 1200 m schien sein Platz von L. collurio eingenommen zu werden; sobald wir jedoch von der Nadelholzregion abwärts stiegen, wurde er wieder sehr häufig.“ Hieraus geht an und für sich schon hervor, daß er gerne die vegetationsreicheren Inseln aufsucht. So ist er nach Drummond, Lord Lilford und Sperling auf allen Jonischen Inseln und besonders auf Korfu den Sommer über als Brutvogel in den Olivenwäldern sehr zahlreich zu finden. Nach den Beobachtungen des Letztgenannten, der übrigens auch ein Beispiel rührender Gattenliebe nach dem Wegschießen des Weib- chens erzählt, bevorzugt dieser Würger hier besonders die Gipfel der Johannisbrotbäume. Die Zeit der Ankunft wird von Drummond eine Kleinigkeit zu früh mit 1. April, von Lord Lilford hingegen mit Ende April etwas zu spät angegeben, denn ich be- obachtete das Eintreffen auf der Insel am 21. April 1394. Die meisten fand ich damals in der Gegend von Braganiotika und Korissia, wo ich mit Santarius nicht ohne Schwierigkeit sieben Stück erbeutete. Sie hatten sich auf den Spitzen der höheren Gebüsche niedergelassen und waren damals auffallend scheu. Am 4. Mai 1897 gab es in derselben Gegend gleichfalls ziemlich viele und am 25. Juli 1894 hatten sich uns zahlreiche Alte und Junge gezeigt. Zante, von wo ich ein Stück in der Koll. Mazziari sah, bewohnt er spärlicher, aber ich traf ihn anfangs Mai 1898 sowohl in der Nähe der Küste als in den höheren Lagen daselbst. 1) Ein sehr richtiges und vorzügliches Kennzeichen. Der Verfasser. 266 Ornis baleanica. In großer Zahl war er am 14. Mai auf den Strophaden anwesend und zu meinem großen Erstaunen hatte ich dort das Schauspiel, wie ein ermatteter Baumpieper (Anth. trivialis) von ihm im Schnabel geschleppt und schließlich verzehrt wurde. Auf den Inseln des Ägäischen Meeres führen ihn Lindermayer als Bewohner von Euböa, Douglass von Santorin auf und als außerordentlich häufigen Brutvogel lernte ich ihn für Skopelos und Naxos, wo Krüper 1862 viele Eier bekommen hatte, kennen. Namentlich in den Ölwäldern um Tragäa und Chalki gab es Mitte Juni viele eben flügge Junge. Nicht minder häufig ist wie gesagt ZL. senator in den ebenen und hügeligen Land- schaften des Festlandes. Lindermayer, der seine Angaben der ersten Bearbeitung später verbesserte, jedoch bei den Überschriften (S. 113 und 114) diesen Würger mit L. minor vertauschte, nimmt seine Ankunft daselbst mit Mitte April, den Abzug mit Mitte August an. Er nistete dazumal in Attika so massenhaft, daß es dem Genannten gelang, an einem ein- zigen Vormittage 20 Nester mit Eiern zu finden. Auch Seebohm erwähnt, daß er nur von dem Kappenammer noch mehr Nester sammeln konnte als vom Rotkopfwürger. Er sowie Krüper behaupten, daß die Ankunft schon um den 1. April erfolge, so z. B. in Attika am 3. April 1867. Meistens jedoch fällt dieselbe später, so daß mit Mitte April, wie sich in Brehms „Tierleben“ angegeben findet, der richtige Termin, nament- lich nach den Beobachtungen der letzten Jahre getroffen sein dürfte. So gab es im Jahre 1897 bei Kephissa, wo viele brüten, am 13. April erst einen einzigen und selbst am 26. April waren erst wenige zu sehen. Bei Patras sah Baron Schilling im Jahre 1399 den ersten am 17. April und am letzten das erste wirkliche Paar. Als Brutplätze werden außer den Olivenpflanzungen vor allem die Bestände der Seestrandskiefer (Pinus halepensis) von ihm bevorzugt, so jener an der attischen Küste gegenüber von Salamis und namentlich der große, auf der Düne von Agulinitsa ge- legene. Den weitaus meisten Brutpaaren auf dem Peloponnes, wo ihn zuerst die Exped. sc. d. Mor. in Messenien (Ebene von Cujes und Sapienca; wo gelegen?) und Graf von der Mühle bei Tripolitsa!) feststellten, begegnete ich aber entschieden bei Kalamata und in der Maina. Über die Zeit des Abzuges gibt es, wie gesagt, keine genaueren Angaben. Krüper beobachtete ihn in Attika im September sowohl wie im Oktober; ja sogar noch am 6. November 1871 erlegte er einen jungen Vogel. Die Brutzeit fällt in den Mai. Krüper erhielt am 10. Mai 1871 und am 11. Mai 1872 je sieben Eier als erste Gelege — mit noch mehr Eiern wurden keine gefunden. Ich entnahm einem Neste bei Kephissia am 13. Mai 1894 sechs frische Eier und noch früher, nämlich am 5. Mai 1873 fand H. Seebohm bei Delphi ebenfalls ein Sechser- gelege. Das allerfrüheste Datum, nämlich 29. April 1889, trägt aber ein von Krüper bei Athen gefundenes Ei, während eine Reihe anderer dort noch im Juni angetroffen wurden. Auch auf Skopelos, Naxos und bei Lala in Elis wurden mir Nester mit frischen Eiern in großer Anzahl in der letzten Maiwoche sowie noch spät im Juni zugetragen. 1) Auffallend ist dabei nur, daß gerade dort Hecken von Prunus spinosa als Aufenthaltsort ange- geben werden, obwohl dieser Strauch auf dem Peloponnes bisher nur im Olonos- und Malevogebirge ge- funden wurde, III. Griechenland. 267 Die Mehrzahl der Nester wird stets auf Olivenbäumen angelegt; doch erhielt Thienemann eines, welches in einem Granatapfelbusch eingebaut war. Wie dieser richtig bemerkt, ist das Nest in allem ähnlich dem von Z. minor, jedoch stets kleiner. Das von Lindermayer angeführte Nestmateriale Gnaphalium dioieum findet sich an Ort und Stelle gar nicht vor. Näher der Wahrheit kommt schon Thienemann mit Filago arvensis und G@naphalium angustifolium. Das Hauptmateriale der von mir mitgebrachten Nester besteht aus Filago spathulata Presl. (vielleicht auch der var. affinis Hausk.) und Phagnalon graecum Boiss. et Heldr. Griechische Eier sind schon wiederholt, am ausführlichsten wohl von Thiene- mann beschrieben worden. Meiner Meinung nach steht deren Tönung gerade in der Mitte zwischen Z. collurio und L. minor. Bei kleinen Stücken, wie ich solche in Grie- chenland öfters erhielt, ist die Unterscheidung von Eiern des gewöhnlichen Dorndrehers manchmal gar nicht möglich. Nur gehören etwas weniger Gelege der roten als der grünen Farbengruppe an. Näheres ist der folgenden Übersicht zu entnehmen, zu deren Zusammenstellung 30 Stück aus ebensovielen Gelegen dienten: Insel Skopelos Bas ou aaa dr 233 232 21 222 214 20mm, BEE TE SET Sea To Team Gew. 20 22 20 19 22 20:5 20 20 18 17eg Zwergei! Attika (ges. Dr. Krüper) IL. 247 239 23 22:83 226 226 226 221 217 20:3 mm Bess 16 DT 17 175 169 164 164 167 152mm Gew. 20 21 19 21 2lkoe2l 18 21 19 15 cg Zwergei! Wald Kapellis in Elis Insel Naxos IE 71: 30075: 002 300093 20:5 mm M23 228 228 227 19 mm BT 73T 6 mm Br. 169 179 165 178 151mm Gew.195 211 21 17 18 0 CR Zwergei! Krüper Zwergei! 6./VI. 1862 Die eben flügge gewordenen Jungen sehen bekanntlich jenen von 2. collurio sehr ähnlich; doch zeigen sie, wie aus zwei vorliegenden Stücken, Itea 12. Juli 1894 und Gythion 17. Juli 1898, hervorgeht, viel mehr graue Farbentöne und auffallende Sper- berung. Bei den alten Vögeln ergibt der Vergleich von einem Dutzend Stücken der hiesigen und einem halben des Museums zu Athen, daß die rotbraune Färbung von Kopf und Nacken bei Vertretern desselben Geschlechtes und zur gleichen Jahreszeit bald heller, bald dunkler auftritt. Außerdem scheint dann noch ein regelmäßiges Ver- blassen während der Sommermonate zu erfolgen. Einige dieser Vögel, darunter namentlich zwei Stücke von Korfu sowie ein Männ- chen von Kephissia, sind auf dem schönsten Wege, zur Form rutilans (Tem.) über- zugehen, indem ein Teil der Unterseite von frischen, stark rostgelben Federn einge- nommen wird. 268 Ornis balcanica. Zum Schlusse mögen einige Maße der zur Hand befindlichen Exemplare hier Platz finden: Flügellänge Schwanzlänge Kephissianea 26 9Apıri ES 3a Er eNemm SI mm Korfu C' 21. April 1894 . . . a LU LES 36 „ Wald Kapellis in Elis 0’ 26. Mai 1898 . Ku NSABE nr 84 „ Kephissia bei Athen @ 13. Mai 1894... .....99, 82H Korn April 1894, ma. Er Ba RIEF 89 „ Pine alhvenis RL I RENATE en LARTROSTE Due: EI DB RE REITEN, SU Naxos Melanes d’ 14. Fan 1894 . RITA Sl Itea & 12. Juli 1894 . .. ee ROTER SI“ Vrachorisee in Akarnanien 9 30. A 1894. er AO 34 „ Kepkissia beit Atheno726.ApnılH1 897 RE 86 „ Naxos uChalkinowl6 YJunwdlS IA FRE ERIC, 53 Lanius collurio L. — Rotrückiger Würger. Es ist jedenfalls ein schönes Beispiel von Anpassung an die natürlichen Verhält- nisse, daß dieser Würger, ungewohnt des heißen Mediterranklimas in Griechenland, die Mittellagen der hohen Gebirge sich zum Sommeraufenthalte erwählt. Im übrigen Ge- biete ist er dagegen nur Zugvogel. Bezüglich der Inseln wissen wir zunächst durch Drummond, daß er auf Korfu gegen den 15. April ankommt. Doch ist er selten und verweilt nicht. Hauptmann Polatzek hat ihn hier erlest. Lord Lilford glaubt an das Brüten daselbst, doch müßte dies erst zuverlässig erwiesen werden. Auf Kythera vermerkte ihn Jameson während des Frühjahrszuges. Linder- mayer bezeichnet ihn als sehr häufig für Euböa, von wo Graf von der Mühle Junge bekam, und Fiedler gibt ihn als den gewöhnlichsten Vogel Syras an, wobei wohl eine Verwechslung mit L. senator anzunehmen ist. Daß er aber auf dem Herbstzuge auch die Inseln des Archipels berührt, zeigt ein von St. Strimmeneas am 26. August 1594 auf Skyros erbeutetes und eingesendetes junges Männchen. Auf dem Festlande kommt Z. collurio nach Lindermayers Beobachtungen Mitte April an und Ende April sah ihn Krüper an seinen Brutstellen in den Gebirgslagen des Parnaß und Veluchi. Im erstgenannten Gebirge fand ihn Hauptmann Roth recht häufig im Juli 1898 bei Agoriani, während ich mehrere am 17. und 18. Juli 1894 in der Gegend von Stromvi an der Nordseite der Kiona sowie in gleicher Höhenlage am Korax (Vardusia) in den Nadelholzbüschen beobachten konnte. In solehen Lagen brütet also der Dorndreher und es gelang Krüper mehrmals, seiner Eier im Parnaß habhaft zu werden, so am 11. und 12. Juni 1865 und am 16. Mai 1866. Die mir vorliegenden fünf einzelnen Eier von dort zeigen die bekannten Farben- abänderungen wie in Mitteleuropa, weshalb es sich nicht lohnt, des näheren auf die- selben hier einzugehen; nur sei erwähnt, daß die öfters auftretenden regelwidrig kleinen Bier von Z. senator sehr leicht für normale des Z. eollurio gehalten werden können. In der Umgebung von Kryoneri in Akarnanien stellte einmal Krüper den einzigen Fall des Brütens im Buschwerk der Ebene fest, doch glaube ich, daß das in Thessalien öfters oder vielleicht sogar regelmäßig vorkommt; denn Santarius erlegte am 18. Mai III. Griechenland. 269 1394 bei Velestino ein altes Männchen und ein ebensolches sah ich tags zuvor am Ufer- gelände des Karlasees. Vom Peloponnes liegen mir ein Weibchen aus der Gegend von Tripolitsa und eines vom Taygetos oberhalb von Anayvryti vor. Beim Anstieg zum Bergjoche Warwara be- merkte ich hie und da einen Dorndreher und auch am Rande der Hochebene von Lala (Elis) ließen sich am 25. Mai 1898, also zur Brutzeit, einige blicken, während Graf von der Mühle nur ein einzelnes am Zuge befindliches Männchen bei Koron beobachtete. Viel häufiger scheint er während des Herbstzuges aufzutreten, der nach Linder- mayer Mitte September vor sich geht. Zu dieser Zeit ist er, wie wir durch Wright erfahren, in der Umgebung von Athen zahlreich vorhanden, wofür auch drei vorlie- gende junge Männchen, erlegt von Chr. Leonis am 28. September 1894, zu sprechen scheinen. Die Färbung der griechischen Vertreter ist durchaus nieht ganz gleichmäßig, doch ist das bei dieser Art wohl überall der Fall. Musecicapa parva Bechst. — Zwergfliegenfänger. Den kleinen Vogel traf in Griechenland dasselbe Schicksal, wie in den meisten Gegenden seines längeren oder kürzeren Aufenthaltes: er blieb selbst den geübten Be- obachtern und Sammlern unbemerkt. Abgesehen von einigen anscheinend ziemlich willkürlichen Angaben, wie z. B. 1856 bei Thienemann, der die Verbreitung von hier angefangen nach Norden annahm, oder Ch. L. Brehm, der in Erfahrung brachte (von wem?), daß M. parva Griechenland be- wohnt,?) ist der vorhandenen Literatur nur sehr wenig zu entnehmen. Lindermayer beobachtete den Zwergfliegenfänger sehr selten (auch auf Euböa) und erlegte ihn einmal im April im Olivenwalde bei Athen. Dr. Krüper, dessen Ansicht v. Heldreich und Seebohm wiederholen, bezeichnet M. parva für das Gebiet als Durchzugsvogel. Gelegentlich des längeren Aufenthaltes Krüpers in Begleitung Herrn Schraders sen. im Taygetos wurden am 25. September 1860 zwei Stücke, und zwar nach münd- licher Mitteilung in der mittleren Lage des westlichen Gebirgshanges, am Herbstzuge erlegt. Von diesen befindet sich ein Männchen gewöhnlicher Färbung noch jetzt im Museum der Universität zu Athen. Museicapa grisola L. — Grauer Fliegenfänger. Die Häufigkeit dieses Fliegenfängers im Gesamtgebiete von Griechenland während des Frühlings, Sommers und Herbstes scheint mir bisher nicht genügend hervorgehoben worden zu sein. Der graue Fliegenfänger ist nämlich einer derjenigen Vögel, welchen man in Griechenland mit Ausnahme der Winterszeit an den verschiedensten Orten und am häufigsten begegnet. Gleichviel ob auf dem Festlande oder den Inseln, in den Frucht- gärten der Ebene oder im Nadelwald der Gebirge, überall wird man durch den be- kannten Flügelaufschlag nach dem Fußfassen aufmerksam gemacht, daß man dieses Vögelchen vor sich hat. Selbstverständlich vermehrt sich die Zahl noch ganz bedeu- tend zur Zeit des Zuges im Frühling und Herbst, aber immerhin brüten sehr viele wohl in allen Teilen des Gebietes. 1) „Einige Vogelarten, welche sich dadurch, daß ihre Männchen ein dem Weibehen ähnliches Kleid tragen, von den Verwandten unterscheiden.“ Leop. Acad. 1864, vol. XXXI, S. 16. 270 Ornis balcanica. Deshalb ist es eine unhaltbare Beschränkung, wenn Graf von der Mühle als Orte, wo er brütet, bloß Platana (wahrschemlich auf dem Peloponnes, aber vielleicht unrichtig geschrieben!), Arkadien und Euböa angibt. Als Erster beobachtete den grauen Fliegenfänger Sonnini auf den Inseln des Archipels während des Herbstzuges gegen Mitte August. Erhard führte ihn gar nicht an, was Krüper, der ihn für Naxos (Tragäa, Dorf und Olivenwald, woselbst auch ich am 16. Juni 1894 den Vogel beobachtete) als Brutvogel feststellte, richtigstellend besprochen hat (Cab. Journ. f. Orn. 1863, S. 404 u. 406). Auf der Sporadeninsel Skopelos ist dieser Fliegenfänger ein häufiger Brutvogel, welchen hier Prof. Knotek am 3. Juni 1894 vielfach beobachtete, während mir die dortige Straßenjugend acht Gelege zutrug. Vom Herbstzuge 1594 erhielt ich em Stück von der Insel Skyros. Bezüglich der westgriechischen Inseln stimmen die drei englischen Forscher Drum- mond, Lord Lilford und Sperling darin überein, daß M. grisola auf Korfu im Sommer sehr häufig ist, in der ersten Woche des April ankommt und auch brütet. Aber nicht alljährlich scheint der Vogel schon so früh einzutreffen, denn noch am 19. April 1894 beobachtete ich Flüge von offenbar soeben Angekommenen nahe der Hauptstadt Korfu, desgleichen am 2. und 3. Mai 1897 im Inneren der Insel und bei Braganiotika, ja am 1. Mai verweilte vor Korfu sogar ein grauer Fliegenfänger längere Zeit an Bord des Lloyddampfers „Vorwärts“, war also sicherlich noch auf dem Zuge begriffen. Überhaupt muß sich der Zug über eine ziemlich lange Periode hinaus forterstrecken, wie die weiteren Beobachtungen zeigen werden. Sehr häufig fand ich ihn vom 6. bis 12. Mai 1898 in allen Teilen von Zante (auch auf der kleinen Insel Peluso!). Hier trieb er sich sowohl in den schönen Gärten der Hauptstadt, als auch namentlich am Skopos, und zwar bis zum Gipfel sowie bis hoch auf der Vrachiona in Menge herum und war auf diesen Bergen oft die einzige sichtbare Vogelart. Am Skopos (7. Mai) beobachtete ich einen teilweisen Albino, welcher sodann von St. Strimmeneas erlegt wurde. Bei diesem Vogel (0°) ist die Kehle reinweiß, ebenso die linke hintere und einige Federchen der rechten Scheitelhälfte und endlich die ersten vier Schwungfedern des rechten und die ersten drei des linken Flügels. Die übrige Färbung ist vollkom- men regelrecht. Die größte Menge auf dem Zuge begriffener grauer Fliegenfänger trafen wir aber vom 14. bis 17. Mai 1898 auf beiden -Strophadeninseln. Es blieben dort bei unserer Abreise noch viele hunderte zurück, die wegen Nahrungsmangel wohl ohne Ausnahme den Tod gefunden haben mögen. Unter den täglich dort verendet aufgefundenen Vögeln machten die grauen Fliegenfänger stets den weitaus größten Teil aus und viele wurden die Beute stärkerer Vögel, wie z. B. des Rotkopfwürgers (Lanius senator). Auf Kythera schließlich beobachtete ihn Jameson nur auf dem Frühjahrszuge, was bei der Baum- armut dieser Insel gar nicht zu verwundern ist. Mit Bezug auf das griechische Festland gab es bisher nur wenige und zum Teile allgemeine Angaben über M. grisola. So: daß er von hier angefangen nach Norden verbreitet sei (Thienemann 1854); daß er ein ziemlich häufiger Brutvogel der Gärten und Olivenwälder ist, und zwar von Ende April bis Mitte September (Lindermayer); daß nur wenige in den höchsten Regionen der Gebirge brütend zurückbleiben, so im Parnaß und Veluchi (Krüper, v. Heldreich gibt nur Wiederholungen) usw. Jedenfalls ist die Zeit der Ankunft und des Abzuges noch nicht genau ermittelt. Der Abzug verzögert sich oft bedeutend, denn Chr. Leonis sammelte für unser Museum in den Olivengärten um Athen noch vom 25. September bis 2. Oktober 1894 zehn solcher III. Griechenland. 271 Fliegenfänger. Fiedler fand sie zu dieser Zeit am gleichen Orte nicht mehr häufig. Der Vogel nascht im Herbste gerne an den Feigen, wird dadurch äußerst fett und bildet deshalb leider den Gegenstand vielfacher Nachstellungen, um so manches Leckermaul zu befriedigen. Einige Zugsdaten entnehme ich noch meinen Tagebüchern: Mehrfach ziehende bei Galata (Akarnanien) am 26. April 1894, dann bei Doljana und Merkowuni (Arkadien) am 18. und 20. April 1897. Schließlich wurden, offenbar am Brutplatze, Exemplare beobachtet und erlegt: im Olivenwalde zwischen Ita und Chryssö (12. Juli 1894), im Eichenwalde Kapellis bei Lala (27. Mai 1895) und in den Schwarzkiefernbeständen des Taygetos in der Nähe des Joches Warwara (16. Juni 1898). Von dieser Örtlichkeit befindet sich auch ein Paar Herbstvögel im Museum zu Athen. Unter den Eiern, von welchen mir außer den oben erwähnten von Skopelos auch zwei Gelege aus dem Parnaß (3. Juni 1888), von Dr. Krüper erhalten, vorliegen, ist ein Teil durch lebhaft blaugrüne Grundfarbe und sehr ausgeprägte Fleckung ausge- zeichnet, wie dies im Süden ja auch bei vielen anderen Arten vorzukommen pflegt. Maß und Gewicht von 10 Eiern aus ebensovielen Gelegen: I SED ET IT lzlg IS TEEN SENT Slemm Br. 147 152 151 145 144 143 14 136 138 13:7 mm Gewall;5 713 12 il) 11 10 9 9 9 cg Muscicapa atricapilla L. — Schwarzer Fliegenfänger. Wir haben es hier mit einem Durchzugsvogel Griechenlands zu tun, der nirgends im Lande brütet. Als solchen gibt ihn zuerst Erhard für die Kykladen an und auch in Dressers großem Werke findet sich diese Ansicht ausgesprochen. Nur Seebohm hält die Möglichkeit, daß einige Paare im Lande zurückbleiben, um zu brüten, nicht für ausgeschlossen. Drummond kennt diesen Fliegenfänger auf Korfu nur vom Früh- jahrszuge, und zwar (etwas ungenau) von Anfang April bis längstens 15. Mai und Graf von der Mühle wieder nur vom Herbstzuge im Winter- und Jugendkleide. Auch be- züglich der Häufigkeit gehen die Ansichten auseinander: Naumann sagt „sehr ge- mein“ und v. Heldreich „ziemlich selten“. Hier hat der Erstgenannte entschieden das Richtigere getroffen; denn ich habe von Mitte April bis Mitte Mai an vielen Orten sehr viele beobachten und erlegen können. Bei Patras erschien nach Baron Schilling der erste 1899 am 10. April, bei Athen nach St. Strimmeneas 1903 am 21. April. Auf Korfu kam 1894 ein großer Trupp in Gesellschaft von M. collaris am 19. April an und trieb sich lustig in den Wipfeln der Oliven an der Bai von Kalikiopulo umher; zwei Tage später gab es wieder frisch angekommene bei Strongyli und 1897 sah ich noch ein Stück am 2. Mai im Nordwesten der Insel, ja auf Zante bei Katastari und Keri sogar noch am 10. und 12. Mai 1898 mehrere. Bei Athen konnten wir und St. Strimmeneas am 26. April 1897 und am 1. und 2. Mai 19035 in der Gegend von Kephissia, Liosa und Marusi, dann am Hy- mettos diesen Fliegenfänger in genügender Zahl wahrnehmen und erlegen und auf dem Peloponnes geschah dies am 20. April bei Tripolis auf dem Friedhofe von Merkowuni durch Herrn Merlin. 1) Stück aus einem ungewöhnlich großgeformten Gelege, von blasser Grundfarbe und verschwom- mener, unbedeutender Zeichnung, so daß die Eier die Kennzeichen jener von M. parva tragen. 212 Ornis baleanica. Das Museum der Universität in Athen besitzt ein Weibchen, welches Dr. Krüper am 13. August 1860 im Taygetos, schon auf dem Herbstzuge begriffen, erlegte. Die Exemplare des Museums in Sarajevo bilden eine Reihe von zehn Stücken, dabei drei ziemlich ausgefärbte Männchen und drei alte Weibchen. Diese Vögel stam- men durchwegs von den vorstehend angegebenen Örtlichkeiten und weisen keinerlei Abweichungen im Gefieder usw. auf. Museicapa atricapilla semitorquata (Homeyer) — Halbhalsbandfliegenfänger. Bei sehr vielen Ornithologen fand diese Zwischenform zwischen M. atricapilla und eollaris, welche E. F. v. Homeyer bekamntlich m Madaräsz’ Zeitschrift für die ge- samte Ornithologie, Bd. II, 1885, S. 185 (und Abbildung von d’ und 9) auf Grund von sechs kaukasischen Vögeln beschrieb, Beifall. Ich folge jedoch bei der Namengebung dem Vorschlage von R. Blasius!) und benenne den Vogel lieber trinär, da die zwei in Griechenland gefundenen Stücke nicht genau mit der kaukasischen Type übereinzu- stimmen scheinen. Beide sind alte Männchen und wurden von dem eifrigen ornitho- logischen Sammler St. Strimmeneas erlegt, und zwar der erste Vogel am 9. April 1896 in der Umgebung von Athen, wahrscheinlich bei Kephissia, und der zweite bei der Durchstreifung des Waldes Kapellis (Pholo&) nördlich von Olympia am 26. Mai 1898. Dort wurde auch auf einen Augenblick das Weibchen bemerkt und in Anbetracht der vorgerückten Jahreszeit ist es zweifellos, daß jenes Paar auch in den dortigen Eichen gebrütet hat, während sowohl M. atricapilla und collaris längst nach Norden weiter gezogen waren. Die Unterschiede zwischen den kaukasischen und den zwei griechischen Vögeln bestehen darin, daß die letzteren viel weniger Weiß an den Steuerfedern haben und daß bei diesen das „Halbhalsband“ viel schmäler erscheint. Die Größenverhältnisse vermag ich nicht zu vergleichen, weil E. F. v. Homeyer in semer Neubeschreibung keinerlei Maße angibt. Hoffentlich wird es gelingen, im Laufe der Jahre ausgiebigeres Material dieser interessanten Formen zu erlangen. Muscicapa collaris Bechst.. Muscicapa albicollis Tem. — Halsbandfliegenfänger. Ein Vogel, der in Griechenland merkwürdigerweise bisher ausschließlich auf dem Frühjahrsdurchzuge beobachtet worden ist. Deshalb wäre auch die Bezeichnung „be- völkert Griechenland“ in Brehms „Tierleben“ richtigzustellen und die Angabe Nau- manns nur auf den Zug im Frühling zu beziehen. Die Nachrichten der früheren Ormithologen sind ziemlich unbestimmt; so wissen Lindermayer und Graf von der Mühle nur zu sagen, daß er mehr oder minder häufig an wenigen Tagen zu Anfang April erscheine. Etwas genauer sind wir über Korfu unterrichtet: Drummond sah diesen Fliegen- fänger hier häufig von Anfang April bis 15. Mai, später aber nicht mehr und Lord Lilford beobachtete ihn im Mai 1857 bei Peleka. Nur bei Sperling findet sich die zweifellos unrichtige Bemerkung, daß er auf der Insel auch während des Sommers häufig sei. !) Ornith. Monatsschr. d. deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelw., Bd. XXV, 1900, 8. 278. III. Griechenland. 213 Am 19. April 1894 konnte ich selbst unweit der Bucht von Kalikiopulo eine An- zahl zusammen mit M. atricapilla, die aber in entschiedener Minderzahl waren, eben aulangend feststellen und ohne viel Mühe ein Paar erlegen. Gelegentlich meines Besuches auf Zante gelangten am 7. Mai 1898 bei Vasilikos und am Fuße des Skopos mehrere zur Beobachtung; auch wurde ein Paar gesammelt, doch war überall M. grisola viel häufiger. Für Kythera gibt diese Art Jameson ebenfalls im Frühling an, ebenso Lindermayer für Euböa, Krüper für Naxos (Früh- jahr 1862) und Douglass für Santorin (erste Woche Mai 1592 ein Paar geschossen). Auch Dr. Krüper betont nach seinen Erfahrungen in Attika, daß diese Art auf dem Durchzuge viel häufiger ist als M. atricapilla. Von Ankunftstagen, zum Teile nach gegenwärtig nicht mehr vorhandenen Exem- plaren des Museums in Athen, sind folgende festgehalten worden: Th.v. Heldreich . . 1859: Attika, 24. März Pr n a IDrSKtr per Sol, 290, = a 1373: nl OReisor er 1397: 4 13. „ 1 geschossen und zweimal beobachtet be erst, dann 16. und 18. April mehrmals beobachtet und erlest bei Kiveri an der Ostküste des Peloponnes und bei Doljana! Baron Schilling . . 1899: Patras, 8. April. 1903: der Hauptzug bei Athen nach St. Strimmeneas in den ersten Tagen des Mai! Es geht daraus hervor, daß M. collaris nur selten schon Ende März und regel- mäßig in der ersten Hälfte April erscheint. Nach v. Heldreich dauert der Zug in Attika bis 20. April, doch ist aus obigem ersichtlich, daß auch noch im Mai viele Paare nordwärts durchwandern. Das späteste mir diesbezüglich bekannt gewordene Datum ist der 22. Mai 1895, an welchem Tage St. Strimmeneas ein mir vorliegendes altes Männchen bei Lamia in Thessalien erbeutete. Chelidon urbica (L.), Hirundo urbica L. — Stadtschwalbe. Sowohl als Brutvogel als auch während des Durchzuges ist die Stadtschwalbe im ganzen Gebiete wohlbekannt und von der Bevölkerung gerne gesehen. Von einem Überwintern ist nichts bekannt und nur Lindermayer vermutet in seiner ersten Arbeit 1343, daß dies manchmal vorkommen könnte. Die nette Anekdote in der Naturge- schichte von Prevost et Lemaire (s. „Ibis“ 1864, p. 120) dürfte wohl kaum in dieser Hinsicht Berücksichtigung verdienen. Sie lautet: „Man erzählt sich, daß ein Baseler Schuster an einer Stadtschwalbe ein Halsband mit folgender Anschrift befestigte: ‚Schwalbe, die du so schön bist, sage mir, wohin ziehst du im Winter?‘ Im folgenden Frühling erhielt er durch dieselbe Schwalbe die Antwort: ‚Nach Athen, zum Anton, Warum fragst du darnach ?‘“* Von Interesse sind zunächst die Beobachtungen über die Ankunftszeit im Früh- jahre. Die genauen Mitteilungen Krüpers hierüber lauten: Akarnanien. . 1859: 26. März e 1860: 28. „ Barnaß, 7°77°721860: 22% Reiser, Ornis balcanica III. 18 274 Ornis balcaniea. Parnaß . . . 1865: 22. März hr ur ES HH 22 Attila Sole Stücke Et Ne keys ser Batrase u 1899: 18. „ Baron Schilling: 1 Schwarm über der Stadt meer, 1 Schwalbe sogleich zum alten Nest und dieses Paar auch am 22. und 24. März wieder beobachtet. Aus dem Obigen ergibt sich ein deutlicher Widerspruch der klaren Angaben Krüpers mit dessen angeblich mündlichen Erzählung, welche Seebohm (1883) ver- öffentlichte und wonach die Stadtschwalbe regelmäßig während der ersten Woche des März in Griechenland ankäme. Auch Lindermayer hätte besser getan, an den Ankunftsdaten seiner ersten Arbeit, nämlich zwischen 10. und 15. März, festzuhalten, als diesen richtigen Zeitpunkt auf die ersten Märztage zu verlegen. Auf Korfu soll die Ann, nach Drummond gar erst gegen Anfang April er- folgen und es bleiben nur wenige dort, um zu brüten. Den Beobachtungen Lord Lil- fords und Sperlings zufolge verleben dort viele den Sommer. Der Durchzug hält lange an, da ich in der Hauptstadt am Nachmittage des 16. April 1894 ihrer eine Menge auf dem Zuge begriffen antraf. 1898 dauerte der Zug noch viel länger: Am 6. Mai 1898 zogen an den steilen Erdrissen des Kastellberges von Zante unzählige umher, die tags darauf sämtlich ver- schwunden waren. An diesem Tage gab es bei Vasilikos und. am 12. Mai auf dem kleinen Peluso immer wieder neue ziehende Schwärme. Ja auf den Strophaden, wo keine Schwalbe wegen gänzlichen Futtermangels sich lange aufhalten kann, fand Mitte Mai der oft berührte Massentod statt, bei welchem die Stadtschwalben einen wesent- lichen Bestandteil ausmachten, aber trotzdem schwebten ihrer noch eine schwere Menge täglich in den Lüften. Auf den östlichen Inseln gehört die Stadtschwalbe zu den Brutvögeln der Kykladen (Erhard), namentlich Santorins (Douglass) und Euböas (Lindermayer). Es war schon Gloger bekannt, daß diese Schwalbe in Griechenland teils an menschlichen Wohnstätten, teils an steilen Felsen sich ansiedelt, eine Tatsache, die zu- nächst vom Grafen von der Mühle bezweifelt wurde, aber dann von Krüper ihre volle Bestätigung fand. Krüper schreibt (Cab. Journ. f. Orn. 1860, 'S. 282): „Die Stadtschwalben haben in Griechenland die Gewohnheit, die Felsen und nicht die Städte zu bewohnen, um dort ihr Brutgeschäft zu verrichten. In Akarnanien wenigstens ist das Vorkommen dieser Schwalbe in den Städten, die ich besuchte, ganz unbekannt, dort trifft man nur H. rustica an. „Eine Brutkolonie ist an einem Vorberge vom Zygosgebirge, zirka 1 Stunde von Missolonghi; die Nester sind an den Wänden und Decken des Felsens angeklebt. Eine andere große Kolonie findet sich °/, Stunden von Aetolikon, eine dritte in der Klissura. Am Parnaß gibt es auch mehrere Kolonien, z. B. bei Arachova.!) Hier sowie in der Klissura nistet mit dieser Schwalbe zusammen die Felsenschwalbe in einzelnen Paaren. Das Nisten der Stadtschwalben an den Häusern der Griechen erfuhr ich erst im Herbste 1858 durch Herrn Dr. Nieder, der einzelne soleher Nester in Patras gesehen hatte. !) Von Herrn Hauptmann Roth im Juli 1395 ebenfalls beobachtet. III. Griechenland. 275 Ich selbst sah dieselbe erst 1859, als ich zum Parnaßdorfe Arachova kam. Dort, nachher in Agoriani und in anderen Dörfern fand ich die Nester; auch hier in Athen habe ich einzelne Niststellen gesehen.“ Zu letzterer Bemerkung hätte ich beizufügen, daß ich am 26. April 1894 an einem Hause in Kephissia bei Athen eine ganze Kolonie angesiedelt fand und am 11. Mai in nächster Nähe der Hauptstadt viele umherstrichen, die Kotklümpchen mit dem Schnabel aufgelesen hatten. Doch sah ich jedenfalls die größten Siedlungen in der kleinen Klis- sura (entdeckt von Krüper am 28. Mai 1858), in der großen Klissura, wo Ende April hunderte Paare gerade mit der Wahl der Nistplätze beschäftigt waren (erwähnt 1860 von Simpson) und endlich in der Langhädaschlucht, gegen Sparta zu. Auf dem Peloponnes bemerkte ich außerdem nur einige Paare, die sich in den Festungsruinen von Modon angesiedelt hatten. Im eigentlichen Hochgebirge des Landes begegnete ich ihr nur im gewaltigen Stock der Kiona (2500 m). In den höchsten Lagen gab es dort am 15. Juli 1894 nur wenige, dagegen wirbelten beim Abstieg tiefer unten an der Grenze der Nadelholzregion hunderte bienenschwarmartig zwischen den Wipfeln der Apollotannen durcheinander. Nach Krüper beginnt die Brutzeit in den Städten und Dörfern der Ebenen mehrere Wochen früher als in den Gebirgen, wo er sie noch Ende Mai mit dem Nest- bau beschäftigt sah. Als gewöhnliche Legezeit bezeichnet er Ende April. Bezüglich des Wegzuges im Herbste äußert sich Graf von der Mühle, daß sie die erste unter den abziehenden Schwalbenarten sei. Lindermayer vermerkte den Abzug vom August bis Mitte September, doch folgen noch im Oktober Nachzügler nach. Krüper endlich stellte das Verschwinden sowohl im September als im Okto- ber fest. Es dürfte wohl richtig sein, daß der Zahl nach Ch. urbica die häufigste Schwalbe Griechenlands ist. Hirundo rufula Tem. — Rötelschwalbe. Der Entdecker dieser ausgezeichneten und für unser Gebiet äußerst charakteristi- schen Schwalbe auf griechischem Boden ist unbestritten Drummond, welcher am 17. April 1836 eine ganze Anzahl über einem kleinen Sumpfe nächst Patras beobachtete und am 14. April 1842 auf der Insel Fano bei Korfu ein Stück von dem einzigen an- wesenden Paare erleste. X Temmincks frühere Bemerkung, daß H. rufula gelegentlich den Archipel be- sucht, ist sehr unbestimmt und gerade dort wurde die Schwalbe seither nicht wieder- gesehen. Dasjenige, was Lindermayer in seiner letzten Arbeit bei H. rufula sowie bei H. Boissonneauti anführt, ist derartig verworren und unklar, daß es mir am besten er- scheint, dies einfach unberücksichtist zu lassen. Am 8. Juli 1853 hatte Schrader das erste authentische Nest bei Missolonghi auf- gefunden und 1854 14 richtige Eier eingesendet. Diese Neuigkeit wurde zuerst durch E. F. v. Homeyer (Cab. Journ. f. Orn. 1854, S. 174), später durch Herrn Päßler selbst (ebenda 1857, S. 116) den Fachkreisen mitgeteilt. Dr. Krüper beschäftigte sich gerade mit diesem Vogel auf das eingehendste und ihm verdanken wir die wichtigsten Auf- schlüsse über die Rötelschwalbe. Zwar haben auch Dr. Nieder (Regensb. Korr.-Blatt 1859, S. 31), Simpson („Ibis 1860) und Seebohm (in Dressers Birds of Europe) in ebenso anziehender als trefflicher Art die Ergebnisse ihrer Beobachtungen in Grie- chenland zu Papier gebracht, allein ihre Mitteilungen decken sich vollständig mit jenen 18* 276 Ornis balcanica, ihres gemeinsamen Begleiters, nämlich Dr. Krüpers. Deshalb beschränke ich mich auf diesen und beginne mit seinen Worten. Nachdem Krüper seine ersten Ausflüge und Erfolge rücksiehtlich 4. rufula in Griechenland ausführlich geschildert hatte (Cab. Journ. f. Orn. 1859, S. 439 und nament- lich 1360, 8. 271 ff.), gelangt er zu folgenden Ergebnissen: „Als bestimmten Aufenthaltsort in Griechenland kann ich angeben Akarnanien, von der äußersten Spitze des Varassovogebirges (Patras gegenüber) an diesem Gebirge entlang bis zum Phidaris- (Euenos-)Fluß, von dort am Zygosgebirge entlang bis zum Aspro-Potamos (Acheloos), ferner nördlicher beim Hafenplatz Astakos; dann in der Klis- sura, bei Vrachori und vier Stunden von dort auf dem Wege über Prostova nach Kar- penisi. Ferner traf ich sie am hohen Parnaßgebirge bei den Dörfern Arachova, Agorian, Gravia, Mariolates, Dadi und am häufigsten bei Velitsa. Ohne Zweifel findet sich H. rufula noch viel nördlicher in der Türkei, vielleicht bis Dalmatien. „Ihre Ankunft in Akarnanien ist wahrschemlich dieselbe wie die der H. rustica und urbica; 1859 sah ich die erste rustica am 20. März, die ersten urbica und rufula am 26. Der Abzug ist wahrschemlich im Oktober. Ende September traf ich sie noch oftmals am Parnaß, einige Male in Gesellschaft von H. rupestris an. „Gleich bei ihrer Ankunft bezieht 4. rufula ihren alten Nistplatz und beginnt, wie alle Schwalben, bald darauf den Nestbau. Als Nistort dienen größere oder kleinere Höhlen, die sich an Felswänden befinden, weshalb ich für diese Schwalbe — da die übrigen Arten ihren Namen von dem Nistplatze erhalten haben (Ufer-, Haus-, Felsen- schwalbe) — als deutschen Namen: Höhlenschwalbe vorschlage.!) „Die Höhlen, die jetzt von der H. rufula bewohnt werden, haben größtenteils früher den Räubern als Wohnort gedient; jetzt werden diese Löcher selten von den wandern- den Hirten eingenommen. Die Schwalbennester befinden sich stets an der Decke dieser Höhlen, oft so tief im Innern, daß sie beinahe im Dunkeln sind. In Gegenden, wo solche Höhlen fehlen, erwählt die Schwalbe einen großen hohlliegenden Stein — ich fand die Nester so niedrig angelegt, daß ich zu denselben förmlich kriechen mußte — oder eine vorstehende Steinplatte, unter die sie das Nest anklebt; jedenfalls muß ihr Haus von oben gedeckt sein. Die Form der Nester ist verschieden nach der Anhef- tungsstelle. Der Nestnapf ist in der Größe ebenfalls verschieden, gewöhnlich eine Spanne einer mittelgroßen Hand lang und breit; den Eingang traf ich von 1—7 Zoll Länge, die Weite ist dem Körper des Vogels angemessen, daher ziemlich eng; in der Regel ist er gebogen, sehr selten ganz gerade. Da Spuren der zerstörten Nester zu- rückbleiben, so hatte ich Gelegenheit, eine beträchtliche Anzahl derselben zu sehen. Obgleich diese Schwalbe gern in Gesellschaft fliegt, so wird doch nur eine Höhle von einem Paare bewohnt, bis jetzt fand ich noch nicht zwei. In einigen Höhlen fand ich jedoch zwei unversehrte Nester, von denen nur das eine bewohnt wurde. Im ver- gangenen Jahre fand ich vor Ankunft der Schwalben, eine Stunde von Missolonghi am großen Bache, zwei interessante Nester unter einem tafelförmigen Vorsprunge. Beide Nestnäpfe berührten sich mit den äußersten Enden, die Eingänge gingen nach entgegen- gesetzter Richtung; der eine endigte so hart in der Ecke des Vorsprunges, daß die Schwalben sich nur gerade haben hineindrängen können. Beide Nester blieben das Jahr hindurch unbenützt. Das Baumaterial ist gewöhnlich eine gelbliche Erde; nur die Nester in der Gegend der Stadt Aetolikon sind aus schwarzer Erde gebaut, da sämt- !) Ich ziehe die Bezeichnung Rötelschwalbe trotzdem vor, weil auch Oh. urbica und namentlich (1. rupestris in Höhlen wohnen. III. Griechenland. 21 liche Schwalben dieselben an einer Stelle sammeln, nämlich an einer berühmten Quelle, /, Stunde von Aetolikon — das Trinkwasser der Stadt ist von dort —; durch den Ab- fluß der Quelle führt der Reitweg, an den beiden Seiten, wo das Erdreich von den Pferden und Eseln stets naß ist, nehmen die Schwalben die Erde. Dort erleste ich mehrere Männchen, um sie zu präparieren. Von solchen Sammelplätzen aus kann man sich zu den Brutplätzen leiten lassen. Eine halbe Stunde vom Varassovogebirge ab ent- deckte ich eine solche Stelle hart am Strande; obgleich die Schwalben die Richtung zum Gebirge nahmen, konnte ich die Brutstelle doch nicht finden. Nur in wasser- und gebüschreichen Gegenden findet man die Nistorte dieser Schwalben, in trockenen und bebauten Distrikten wird sie sich wohl nicht vorfinden, wenigstens suchte ich hier bei Athen vergebens in den vielen passenden Höhlen nach Spuren der Nester. „Oftmals werden die retortenförmigen Nester der Höhlenschwalben von anderen Geschöpfen benutzt. Am 15. Juni 1858 erstieg ich in der Nähe der aetolischen Klis- sura eine Höhle in einer Felswand und fand ein H. rufula-Nest, welches ich nicht mit der Hand erreichen konnte; ich versuchte das Nest allmählich abzustoßen und mit meinem Insektenkötscher aufzufangen. Als ich die Eingangsröhre zur Hälfte zertrüm- mert hatte, spürte ich, daß im Neste ein lebendes Wesen sich befinde; ich vermutete junge Schwalben, da ich schon am Tage vorher ein Nest mit Jungen gefunden hatte. Meine Überraschung war groß, als plötzlich ein vierbeiniges Tier in meinen Kötscher fiel, aus demselben hinaus an die Seitenwand der Höhle sprang und mit Behendigkeit davon- eilte. Das graue Tier hatte die Gestalt eines Eichhörnchens, es ist wahrscheinlich eine Haselmaus, Myoxus dryas, oder eine andere Art. 1859 sah ich zweimal dasselbe oder ein verwandtes Tier. Das A. rufula-Nest enthielt ein unversehrtes, stark bebrütetes, eingetrocknetes, ferner ein halbzerbrochenes Ei und Schalenstücke von mehreren an- deren. Den zweiten Insassen der Schwalbennester traf ich am 31. Juli 1858. Ich be- absichtigte, das Pärchen des oben erwähnten, von Dr. Nieder aufgefundenen Nestes zu greifen, weshalb ich bei Einbruch der Nacht bei jenem Felsen war. Nachdem ich die Eingangsröhre verstopft hatte, schnitt ich mit emem Messer ein Loch im den Nest- napf und fühlte hinein; es befand sich nur ein Vogel darin, den ich bei Betrachtung als die Felsenspechtmeise, Sitta syriaca, erkannte. Den dritten Bewohner traf ich am 31. Mai 1359, und zwar in Gesellschaft der Reisenden Simpson und Heeren. Von Aetolikon aus führte ich beide Herren in eine interessante Gegend, in welcher ich das Jahr vorher die meisten Schwalben gesehen hatte. 16 Tage vorher hatte ich allein das Terrain besucht und eine Felsenhöhle, in der ich 1358 ein Nest gefunden hatte, wegen Mangel an Zeit nicht besucht. Mit Herrn Simpson kletterte ich hinein und wir finden tief im Innern, fast im Dunkeln, das unversehrte Nest. Wie gewöhnlich schnitt ich ein Loch in den Nestnapf, um den Inhalt zu untersuchen. Mit einem Finger fasse ich hinein und fühle einen Gegenstand, über dessen Art ich nicht klar werden konnte; als ich meinem Begleiter das Resultat mitgeteilt hatte, kommt aus der Eingangsröhre der Kopf einer Schlange, der giftigen Vipera berus hervor. Da dieselbe etwas träge war, fiel es nieht schwer, sie zu töten; als wir noch beschäftigt waren, die Schlange unschäd- lich zu machen, kam aus dem Neste eine junge Schwalbe hervor, die ich am Ausgange der Höhle mit dem Insektennetze auffing, der ersten folgte die zweite und dritte; die vierte entkam. Bei Untersuchung der Schlange ergab sich, daß sie eine junge Schwalbe verzehrt hatte, die wir noch unversehrt herausschnitten. Die Eltern dieser Jungen sahen wir nicht. Zu verwundern ist, wie die Schlange bis zur Decke der Höhle hat kriechen können. „Die Eier der H. rufula sind denen der H. rustica, mit welcher der Vogel selbst die meiste Ähnlichkeit hat, nicht ähnlich; sie sind vollkommen weiß ohne Flecken. Ich 2718 Ornis baleanica. glaube nicht, daß sie als Varietät. gefleckt vorkommen. Im Jahre 1858 brachte ich eine Anzahl (58 Stück) nach Deutschland, unter denen keines Neigung zur Flecken- anlage zu haben schien; auch unter den wenigen vom vorigen Jahre (ich brachte fünf Exemplare für das hiesige Museum mit und einige übergab ich Herın Simpson) fand ich keine solche vor. Die Eier sind in Größe so verschieden wie die von der H. rustica; einige Eier waren nur so groß als starke, gestreckte Exemplare der AM. ur- bica. Die gestreckte Form ist die vorherrschende; ein im Unterscheiden der Eier ge- übtes Auge verwechselt die der 7. rufula nicht mit den Eiern anderer europäischer Vögel. Die Stückzahl in der ersten Brut ist 5, in der zweiten 4 oder 3. Wenn man die Eier zur rechten Zeit fortnimmt, so kann man die Schwalben zwingen, in einem Jahre viermal Eier zu legen. Anfangs Mai beginnt die Legezeit; 1859 fand ich am 3. Mai die ersten drei Eier; am 31. Juli 1858 erhielt ich die letzten frischen Eier. Um zu erfahren, ob in den unverletzten Nestern Eier sich befinden, schnitt ich, wie schon erwähnt, aus dem Nestnapf ein viereckiges Stück heraus, welches ich jedesmal nach Untersuchung wieder einsetzte; etwaige Seitenlöcher verstopfte ich mit Papier. Unter- ließ ich die Zusetzung der Öffnung, so mauerte das Schwalbenpärchen, falls das Nest zur neuen Brut gebraucht werden sollte, sie wieder zu. Einige Male legte ich Eier der H. urbica in das Nest, um das Pärchen zu täuschen, nachdem ich 2—3 Eier, den noch nicht vollständigen Satz, genommen; diese Täuschung glückte mir noch nicht. Das dritte 4. rufula-Nest, welches ich auffand, enthielt drei Eier, von denen ich zwei Stück mitnahm und das dritte liegen ließ, damit das Weibehen noch zwei Stück hinzu- legen sollte. Nach vier Tagen kam ich zum Neste zurück, fand die von mir beschä- diste Stelle ausgebessert; ich durchschneide die Erde nochmals, fand jedoch nicht mehr das im Neste zurückgelassene Ei. Bei näherer Untersuchung fand ich die Schalen des Eies am Boden: die Schwalben selbst hatten es hinausgeworfen, denn keine Menschen- hand hatte das Nest beschädigt. „Die Jungen verbleiben ebensolange im Neste als die anderen Schwalbenarten, so daß sie, wenn sie das Nest verlassen, vollständig flugfertig sind. Am Parnaß habe ich der Jungen Anleitung zum Insektenfange angesehen; auf einigen großen Steinen einer Anhöhe nahmen die Jungen die Ruheplätze, von wo aus sie den zurückkehrenden, Futter bringenden Eltern entgegenflogen, dieselben eine Strecke begleiteten und dann auf den Sitzplatz eilten. „Hirundo rufula hält mit den übrigen Schwalben Freundschaft und fliegt gern in deren Gesellschaft. In Akarnanien sah ich sie gewöhnlich unter den Scharen der H. urbica, zuweilen mit der HZ. rustica zusammen. Am Parnaß, besonders zur Herbst- zeit, gesellt sie sich zur H. rupestris und streift mit derselben umher. In einer an In- sekten reichen Bergschlucht verweilen solche kleine Gesellschaften stundenlang ehe sie weiter ziehen. Wiederholte Schüsse vertreiben sie nicht leicht. „Ornithologen, die mit der Stimme der Vögel vertraut sind, können die Höhlen- schwalben sicher unterscheiden. Ihr Lockton ist ein langgedehntes ‚quitsch‘, welches zuweilen dem Locken einer fliegenden Sperlingschar ähnlich klingt, so daß ich einige Male sogar getäuscht wurde. Ein Steinschmätzer, Saxicola aurita, der dieselben Loka- litäten bewohnt, hat mich anfangs auch schon getäuscht. H. rufula hat auch einen Gesang, den sie im Fluge und während der Paarungszeit oftmals hören läßt; er klingt etwa: ‚quitsch, quidl, quidl, wuitsch‘. E Fünf Jahre später gibt Krüper dann noch einige Ergänzungen. Nach Akarna- nien, sagt er, kommt sie am häufigsten in Messenien vor, dagegen auf dem Isthmus und in Attika nur einzeln. III. Griechenland. 279 Obwohl noch genaue Beobachtungen an Stellen, wo sie häufig ist, fehlen, sei an- zunehmen, daß die Ankunft {unmittelbar nach jener der Gattungsverwandten erfolge; Akarnanien . . . 1860 am 1. April IN ka ET A I TApril Die gewöhnliche Legezeit ist anfangs Mai: 1858 am 18. Mai Gelege 5 Stück; 1859 am 3. Mai zwei Eier; 1871 am 3. Mai Gelege 4 Stück und 1872 am 17. Mai Gelege 4 Stück. Im bekannten Eierwerk von Päßler, Brehm und Baedeker ist die Brutzeit um einen vollen Monat zu spät angegeben und der hötelschwalbe der sonderbare Name Cecropis melanoerissa Rüpp. beigelest.!) a Es sei hier bemerkt, daß über die Echtheit der ersten von Schrader an Päßler gelieferten Eier ein hartnäckiger Zank entstand, mdem Baldamus bereits 1858 im letzten Bande der „Naumannia“ (S. 125) die Entdeckung dieser Eier in Griechenland mit einem Fragezeichen versah. Selbst in den Nachträgen zuNaumanns Werk wollte Baldamus noch nichts von diesen Eiern wissen, worauf Päßler in einer Erwiderung in den Nach- trägen zum Eierwerk nochmals für dieselben eintrat und damit auch Recht behielt. Eine für diesen Streit wichtige, aufklärende Bemerkung gibt Krüper in Cab. Journ. f. Orn. 1861, S. 131 in einer Note, welche an eine falsche Maßangabe bei einem Bau des Felsenkleibers (Sitta neumeyeri) durch den Grafen von der Mühle anknüpft. Krüper bemerkt: „Diese falsche Angabe, ‚Nest aus Lehm mit 11 Zoll langem Eingange‘, ver- anlaßte, daß man in Deutschland den ersten Beschreibungen der Nester der H. rufula, welche Herr Schrader machte, keinen Glauben schenkte; man schrieb wiederholt hierher, daß diese Nester der Sitta neumeyeri angehören.“ Die stets weißen Eier fehlen heute wohl kaum einer größeren Sammlung und ich darf mich begnügen, hier die Maße eines Geleges und vier einzelner Stücke folgen zu lassen: Gelege 4 Stück, Parnaß, 20. Mai 1890: Dr) 19:7 19:7 19:6 mm Bra 142 1a 13:5 mm Gew. 11 12-5 12 12 cg Einzelne Stücke: L. 22-8 20:8 20:5 194 mm Br. 155 14:6 14:3 135 mm Gew. 13 12:5 12 11 cg 29./V. 1888 15./V. 1888 28./V. 1891 1./VI. 1890 Parnaßgebiet. Auf die Verbreitung von A. rufula in Griechenland zurückkommend, kann ich auf Grund der Erfahrungen während meiner Reisen und des gesammelten Balgmateriales folgende Zusätze machen: Korfu: Am 4. Mai 1897 erlegten meine Begleiter und ich zwei wirkliche Paare, die, vom Insektenfang ausruhend, bei Han Braganiotika und Strongyli dicht neben der Straße auf dem Telegraphendraht Fuß gefaßt hatten. 1) Außerdem wurde von Boie der Genusname Sillia aufgestellt. 280 Ornis baleanica. Zante: In der Nähe von Vasilikos traf ich am 7. Mai 1898 drei Paare, die eben ihre Nester in den Steinwölbungen der Bachdurchlässe des Straßenkörpers anzulegen im Begriffe waren. Nur ein Paar schoß ich und nahm es mit. Auf der kleinen Insel Peluso sah St. Strimmeneas unter vielen anderen Schwalben nur eine einzige, aber auf den Strophaden gab es (14. und 15. Mai) noch auf dem Zuge einige. Für das benachbarte Festland kann ich nur bestätigen, daß es in Akarnanien noch heute recht viele gibt, so am Fuße des schon genannten Varassovo, woselbst mich Dr. Krüper am 25. April 1594 zum ersten Male auf die mir unvergeßliche Erscheinung aufmerksam machte. Tagsdarauf erlegte ich das erste Männchen und sah von da an täglich solche Schwalben, nordöstlich von Aetolikon, in der kleinen Klissura im Zygos, wo Santarius die vorjährigen Nester in einer Höhle fand, und endlich in der großen Klissura. Auch hier benützte sie den Telegraphendraht zum Ausruhen. Weiter östlich begegnete ich im Defil&e des Mornos nördlich von Vitrinitsa un- weit der steinernen Bogenbrücke über diesen Fluß am 19. Juli 1394 mehreren Paaren und erlegte em Männchen, welches sich durch deutlich weißen Fleck auf der Innen- fahne der äußeren Steuerfedern auszeichnet. Unter 14 Stücken besitzen nur drei den- selben deutlich sichtbar, bei weiteren vier ist er ein wenig angedeutet und den übrigen fehlt er vollständig. In Thessalien fand St. Strimmeneas sechs Stunden von Velestino im Gebirge (Hag. Georgios) zwei Paare bei ihren Nestern und er erlegte ab 11. April 1902 diese Schwalbe mehrfach in Megali vrysis bei Lamia. In Attika habe ich sie bloß einmal, am 13. April 1897 einzeln oder paarweise nächst Kephissia fliegen gesehen. Umso zahlreicher dagegen auf dem Peloponnes. Hier scheint sie im Osten und in der Mitte zu fehlen, ist aber überall an passenden Plätzen im Westen und Süden zu finden. Bei Patras beobachtete Baron Schilling am 23. April zuerst unter vielen Haus- schwalben eine einzelne, dann etwa 50 Stück, am 29. April ein Dutzend und am 1. Mai bei Nordostwind wieder ein Dutzend. Am 3. Mai bei Windstille etwa 25. Am 12. baute ein Paar sein Nest im Bogen des Viaduktes und am 28. Mai lag das Nest, von frevelhafter Hand zerstört, am Boden. Elis: In dem sogenannten römischen Teile des Ausgrabungsfeldes von Olympia entdeckte ich am 24. Mai 1595 das an die Wölbung einer Kapelle angeklebte Nest eines Paares, welches leider noch keine Eier enthielt. Die Nestmulde enthielt viel Ge- niste, namentlich Taubenfedern. Ungemein viele Paare hatten sich im Kladeostale bei Platanos angesiedelt. Mit ziemlich viel Aufwand von Zeit und Mühe besuchte ich am 28. Mai mit Wutte ihre Nistplätze in seichten Aushöhlungen einer weithin sichtbaren Felswand. Ohne gerade von einer eigentlichen Kolonie sprechen zu können, nisten an dieser Stelle doch eine Reihe von Paaren unweit von einander. Einige der frischen Nester waren mit An- strengung erreichbar und erwiesen sich als fix und fertig gebaut, aber ebenso leer als ein auffallend großes in nächster Nähe von Platanos, wo ebenfalls mehrere Paare sich sehen ließen. Messenien: Gleich außerhalb der Stadt Pylos beobachtete ich in den ersten Juni- tagen 1895 einige. Sie schienen sich hier zumeist an die kleinen Wasserläufe zu halten. Nester konnte ich dort nicht auffinden. Bei Kalamata sah ich an den Hängen des Nedontales zwei oder drei Stück und fand drei alte unbewohnte Nester. Aus dieser Gegend besitzt das British Museum in III. Griechenland. 281 London ein Paar und ein anderes vom 14. Juni und 17. August 1360 das Museum in Athen. Auf dem Ithomeberge flogen hier und da einige umher, ohne daß es mir gelungen wäre, ihre Nester zu entdecken. Lakonien: Die ersten stellte ich am 12. Juni am Ausgange der Langhädaschlucht gegen Trypi zu fest, weitere fünf oder sechs Stück tagsdarauf unterhalb von Anavryti, dann am Fuße des Taygetos oberhalb von Palaeopanagia. In den eigentlichen Hoch- lagen findet man sie hier ebensowenig als im Parnaß und in anderen Gebirgen. In der Maina längs der Straße südwärts von Tarapsa brüten sehr viele dieser Schwalben allenthalben in den Wölbungen der steinernen Brücken, welche die Straßen- anlage erforderte. Es zeigte sich, daß ich mit den Eiern von H. rufula ein aus- gesprochenes Pech hatte, indem es mir nicht vergönnt sein sollte, sie selbst einzu- sammeln. Von Hirtenbuben, denen bekanntlich überhaupt nichts heilig ist, waren sämtliche Nester mutwillig zerstört worden. Die verräterische lange Stange und un- zweideutige Eischalenreste fanden sich am Tatorte noch vor. Durch diese Zerstörungs- wut haben die Rötelschwälben in Griechenland offenbar sehr viel zu leiden. Die meisten Paare bauten nun von neuem ihre kunstvollen Nester, von welchen zwei nahezu fertig waren. Das eine sah sehr merkwürdig aus, da es scheinbar parallele Doppelröhren besaß (neben dem zerstörten Bau), aber auch dieses enthielt keine Eier. In einem an- deren der zertrümmerten Bauten erkannte ich deutlich eine eingeschleppte Feder vom Schlangenadler (Circaetus gallicus). Bezüglich des Aussehens des jungen Vogels, finde ich nach einem Exemplare vom 20. September 1395 von Velitsa, daß derselbe außer an der matten Färbung des Gesamtgefieders leicht an den lehmgelben Rändern der Schulterfedern und der Arm- schwingen kenntlich ist. Die Strichelung der Unterseite ist in diesem Alter noch durch- aus nicht ausgebildet, sondern nur schwach angedeutet. Maße von 13 Stücken: | Ganze Länge| Flügel | Schwanz Tarsus Schnabel mm | mm MM | mm | mm = — q 1810 | 12 108 14 7 a ©) To 18 95 13 3 raten: iu) 2 ee ae | Q | 1774 | 116 95 De | | Z l [6% 188 | 119 107 13:5 6:5 ee eo ie % a are: 183 121 10 | 3 75 Akarnanien | q 176 | 120 99 125 7 Mornosfluß du zes 121 106 | 14 7 Parnaß Q 179 119 96 14 | Ü 1} | | ae | 109 13:3 4 268:5 ee I 183 126 100 12 el ln ae ine 1200 Mo 5 | 43 282 Ornis baleaniea. Zum Schlusse noch die Bemerkung, daß die Angabe in Brehms „Tierleben“: „Griechenland und Kleinasien scheinen der Brennpunkt der Verbreitung zu sein® — nicht ganz zutreffend ist, da sie bekanntlich bis Abessynien einer- und Turkestan an- dererseits sich ausdehnt. Hirundo rustica L. — Rauchschwalbe. Unsere allbekannte und geschätzte Rauchschwalbe ist in Griechenland ebenso ver- breitet wie in Mitteleuropa. Zwar brüten, wie schon Graf von der Mühle wahrnahm, daselbst viel weniger Paare als von C'helidon urbica; dafür aber gibt es nach Linder- mayer regelmäßig zwei Bruten. Sie verträgt sich mit den südlichen Gattungsverwandten sehr gut, denn ich sah sie öfters dicht neben 7. rufula auf dem Telegraphendrahte sitzen und viele bei Delphi (kastalische Quelle) zusammen mit Clivicola rupestris umherfliegen. Sie siedelt sich ebenso auf den Inseln wie auf dem Festlande an. So ist sie häufiger Brutvogel auf: Korfu (Lord Lilford), Zante (eigene Beobachtung), Kythera (Jameson), Euböa (Lindermayer), den Kykladen (Erhard) und hier namentlich Naxos (Krüper) und Santorm (Douglass). Auf kleinen Inseln, wie beispielsweise auf Psathura oder der Quarantäneinsel Hag. Georgios nistet oft nur ein einziges Paar. Auf dem Peloponnes ist sie zwar auch häufig, aber nicht gerade überall; so fand ich in Lakonien recht viele in den Dörfern Trypi und Anavryti, aber keine in der Lanshädaschlucht. In und um Athen, Kephissia usw. ist die Rauchschwalbe sehr häufig und ebenso auch in Akarnanien, obgleich Simpson richtig bemerkt, daß sie in den Klissuren des Zygosgebirges von urbica an Zahl übertroffen wird. Dagegen gibt es umsomehr in den dortigen Niederungen. In dem Dache des Quellenhäuschens nordöstlich von Aetolikon fanden Krüper und ich am 27. April 1394 wenigstens 30 Paare angesiedelt, aber erst eines schien Eier im Neste zu haben. Überhaupt scheint mir der von Krüper für Mitte April angesetzte Beginn der Brutzeit ein wenig zu früh zu sein, daich viel später (z. B. Eisenbahnstation Velestino in Thhessalien frische Gelege am 17. Mai) oft noch Bruten beobachtete, die doch nicht alle von gestörten Paaren herrühren konnten. Bezüglich der Nestanlage an menschlichen Bauwerken nennt sie Krüper in Griechenland äußerst zutraulich; doch fand er einzelne Paare, niemals aber Kolonien, auch an Felsen angesiedelt. Eine der wichtigsten Fragen für den Vogelzug ist es bekanntlich, Ankunft und Abzug der Rauchschwalbe genau festzustellen. In Griechenland erschweren dies vor- nehmlich zwei Umstände: die Verwechslung mit der häufig überwinternden Felsen- schwalbe und die Verwirrung, welche durch Anwendung der beiden Kalenderstile ohne ausdrückliche Nennung erzeugt wird. So bezieht sich beispielsweise die Bemerkung Sperlings über einen Schwalben- trupp im Dezember auf Sta. Maura (Levkas) wahrscheinlich auf Clivicola rupestris. Dennoch kann ich versichern, daß einzelne Rauchschwalben im Winter in Griechen- land zu sehen sind, abgesehen von verspäteten Individuen, wie ein solches einst Krüper anfangs November auf dem Wege zum Piräus erblickte. III. Griechenland. 283 Die folgenden drei Beobachtungen schließen jeden Zweifel an deren Richtigkeit aus und einige andere nicht so sichere erwähne ich überhaupt gar nicht. Am 22. Jänner 1897 zogen während eines Gewitters unweit Kap Katharina an der Nordküste von Korfu vier Rauchschwalben dicht über mir vorbei und in den Lagunen bei Missolonghi sah ich, zu meiner Verwunderung, sowohl am 29. Jänner als am 1. Februar eine Rauchschwalbe, möglicherweise ein und derselbe Vogel. Betreffs der Ankunft im Frühling stimmen alle Autoren darin überein, daß Hirundo rustica und Chelidon urbica gleichzeitig in Griechenland eintreffen. Aug. Mommsen hat in seinen „Mittelzeiten“ versucht, diesbezüglich zu einem Fr- gebnis zu gelangen, aber es scheiterte daran, daß der eine Beobachter den Kalender alten, der andere jenen neuen Stiles stillschweigend anwendete. Außer Krüper dünken mir die Aufzeichnungen des Dr. Jul. Schmidt in Athen am genauesten zu sein. Fol- gende erscheinen mir mitteilenswert: Insel Kimolos . . 1780, 17. März nach vorhergegangenem Westwind (Sonnini). Insel Mykonos. . 1853, 27. März (Erhard). „ Korfu. . . 1856, 20. März (Engl. Ing... Nach Drummond erste durchschnittlich 15. März, viele dann gegen den 25. März. Akarnanien . . . 1859, 20. März (Krüper). e EC I (Kinüipen)! Nuke in Pikermi | Salsmaralr: VS aleeine Athen SI eSchhmidii)' BaunaPsolreloe (Krüipen): Ntikasrr1solrre Schmid): 1564, 15. „ (J. Schmidt). 1865, 18. , @-Schmidt). ” „ Barnaßse ES tE (Krüpenr): E62 (Kirüpien): Attika. . . . . 1866, 23. „ bei Kephissia (E. Wild). So le Kerpen): 1867, 12. (Hofg. Schmidt). 1868, 9. „ bei Kephissia (Hofg. Schmidt). PET I Krrüpien) Insel Kephalonia . 1897, 21. „ im Argostoli (Reiser), dann erst am 1. April viele an den Vrachoriseen. ” Genaue Beobachtungen des Baron €. Schilling: Patras . . . . 1899, 16. März, 2 Stück angekommen, worauf Begat- tung; dann 3 Stück am Postplatz und 2 Stück am Hafen. Patras. . . . . 1899, 18. März, 10 Stück angekommen. 15899, 21. „ wieder 10 Stück bei Westwind. 1399, 22. „ 25Stück beierschlaffendem Südwestwind. 1899, 24. „ ein Paar nestbauend. ” 2” Als Beweis, wie lange sich der Zug ins Frühjahr hinein erstreckt, diene, daß am 7. Mai 1898 viele ziehende bei Peluso nächst Zante zu sehen waren und recht viele tote am 14. Mai auf den Strophaden sich vorfanden, woselbst sich aber auch massenhaft 284 Ornis baleanieca. lebende in den Lüften tummelten, obwohl kein Paar wegen des Insektenmangels auf den Inseln brütet. Im Herbste findet nach Graf von der Mühle der stärkste Durchzug Ende Sep- tember statt; nach Krüper sowohl im September als namentlich im Oktober, und zwar stets später als von Chelidon urbica. Die Färbung der griechischen Rauchschwalben ist genau dieselbe wie bei uns. Im Museum zu Athen befindet sich ein unvollständiger Albino, mit isabellgelbem Ge- samtgefieder. Hirundo rustica savignyi Steph. — Kastanienbraune Rauchschwalbe. Temminck erhielt ein Belegstück für seine H. Boissonneautii in den Dreißiger- jahren aus Griechenland und zog daraus den Schluß, daß diese Schwalbe das genannte Land bewohnt. Auch Bonaparte (Cat. met. degli uce. Europ.) weist ihr Griechen- land als Vaterland an, worauf im gleichen Sinne Dubois folgte. Nun hat aber Krüper in überzeugender Weise (Cab. Journ. f. Orn. 1860, S. 281) auf Grund eingehender Studien im Freileben dieser Schwalbe nachgewiesen, daß es sich hier nur um eine individuelle Abweichung in der Bauchfärbung bei der gewöhn- lichen Rauchschwalbe handelt, und auch Dresser bezeugt nach Verständigung durch Seebohm, daß in Griechenland bisher nur diese Rauchschwalbenform, nicht aber die H. rustica savignyi Steph. aufgefunden wurde. Auf Grund zweier Exemplare, eines vollkommen typischen und eines etwas matter gefärbten, beide von Kephissia bei Athen, vermag ich aber doch das Vorhandensein der richtigen H. rustica savignyi Steph. in Griechenland nachzuweisen. Ein nicht typisches, lebhaft gefärbtes Stück befindet sich übrigens auch in dem Museum zu Athen. Die kennzeichnende Färbung der Unterseite der Savigny-Schwalbe ist ein gesättistes, dunkles Rostbraun und die Flecken der Steuerfedern sind nicht weiß, sondern ebenfalls deutlich bräunlich. Genau diese Kennzeichen trägt das eine Stück, welches sich dermalen im Museum zu Sarajevo befindet. Clivicola riparia (L.), Hirundo riparia L. — Uferschwalbe. Über die Zeit der Ankunft zu ‘beiden Zugzeiten sowie über Brutsiedlungen der Uferschwalbe im Gebiete wurde bisher nur wenig bekannt, denn sogar Dr. Krüper wußte nur anzugeben, daß sie viel später erscheint als die Stadt- und Rauchschwalbe und daß sie als Brutvogel wohl nur an wenigen Stellen anzutreffen sei. Um gleich auf diese letztere Frage des näheren einzugehen, sei bemerkt, daß zu- nächst von Lindermayer die unbestimmte und nichtssagende Angabe vorliegt, wo- nach sie in den sandigen Ufern der größeren Flüsse und in den zahllosen Meeresbuchten des Landes in großer Gesellschaft nisten soll. Auch für meine Vermutung, daß sich eine Nistkolonie in der Nähe des Karlasees in Thessalien befinde, da ich dies.aus dem Benehmen einer ziemlichen Anzahl von insektenfangenden Paaren am 18. Mai 1594 folgern zu dürfen glaube, bleibt eine Bestätigung erst abzuwarten. Zweifellos richtig dünkt mir aber die Mitteilung des Grafen von der Mühle, daß sich kleine Kolonien in den hohen Ufern des Alpheios und Eurotas befinden, weil ich selbst unweit der Mündung des erstgenannten Flusses in einer unmittelbar vom Meeres- strande sich mauerartig erhebenden Lehmwand, etwa eine Stunde von Katakolo ent- fernt, eine aus ungefähr 200 Paaren bestehende Brutkolonie auffand. Bei unserem [X III. Griechenland. 285 Besuche am 30. Mai 1898 zeigte es sich, daß die Nester 1!/, bis 1!/, m tief angebracht yaren und daß sie durchwegs nahezu flügge Junge enthielten. Die Nester waren aus Tang und Taubenfedern schön gebaut und obwohl wir deren eine große Zahl aus’ gruben, wurde nur je ein verlassenes und ein stark bebrütetes Ei gefunden: L. 11:3 172 mm Br NaRX| 13:6 mm Gew. 7 U Bezüglich der Ankunft im Frühling und des Wegzuges im Herbste fehlen eigent- lich genaue Angaben. Von letzterem gibt es nur die kurze Mitteilung von der Mühles, daß die Uferschwalbe frühzeitig, noch vor H. urbica, fortzieht. Einiges Licht über die Zeit des Frühjahrszuges werfen meine Beobachtungen im westlichen Griechenland, aus denen hervorgeht, daß er von ungewöhnlich langer Dauer ist. Auf Korfu sah ich am 17. April 1894 im Valle di Ropa mehrere und erlegte ein Paar für unsere Sammlung. Auch an der Lagune von Korissia hielt sich am 21. April eine einzelne auf, aber die größte Zahl, nämlich buchstäblich tausende, beobachtete ich am 2. Mai 1597 zwischen Govino und der Hauptstadt. Auch am folgenden Tage schwebten noch Dutzende über dem kleinen Süßwassersee nördlich von Govino. Ulivi- cola riparia ist also in Griechenland nichts weniger als „sehr selten“, wie v. Held- reich angab; und ebenso unrichtig ist die Bemerkung Drummonds, daß die Ankunft auf Korfu um die erste Woche April erfolge und daß nur wenige zurückblieben, um zu brüten. Weiters stellte ich viele ziehende Uferschwalben am 2. Mai 1894 am großen Vrachorisee fest und am 1. Mai 1899 sah Baron Schilling die ersten drei Stück bei Patras gegen Norden ziehen. Aber auch in den Tagen vom 6. bis 12. Mai 1895 beob- achtete ich auf Zante, oberhalb des Festungsberges und im südlichen Teile der Insel noch viele am Zuge und namentlich am 14. und 15. Mai geradezu massenhaft auf den Strophaden, wozu ich bemerke, daß es mir durchaus unglaubwürdig erscheint, daß diese Schwalben von der etwa 50 km entfernten Brutsiedelung bei Katakolo hergekom- men wären. Schließlich die Ergänzung, daß diese Schwalbe von Jameson auf Kyther: am Durchzuge im Frühling und Herbst, von Lindermayer auf Euböa und die Erst- angekommene in der Umgebung ‘von Lamia (Megali vrysis), deren Balg mir vorliegt, von St. Strimmeneas am 19. April 1902 erlegt wurde. Clivicola rupestris (Seop.). Hirundo rupestris Scop. — Felsenschwalbe. Die nunmehr unbestreitbare Tatsache, daß die Felsenschwalbe in Griechenland Standvogel ist und daher daselbst überwintert, darf umso weniger wundernehmen, als dies auch in viel nördlicher gelegenen Gegenden, z. B. in den wärmsten Teilen der Herzegowina der Fall ist. Hier wie dort zieht aber gleichwohl ein guter Teil doch nach Süden und kehrt zeitlich im Frühling an die Brutplätze zurück. Obgleich in Griechenland weit verbreitet, steht sie an Stückzahl den übrigen Schwal- benarten nach. Die zusammenfassenden Beobachtungen des Grafen von der Mühle seien hier als die ältesten vorangestellt: „Im Sommer sieht man sie selten, nur auf Hoch- gebirgen, dem Taygetos, Oeta, Veluchi u.a.m.; an kalten, klaren Wintertagen hingegen nähert sie sich dreist den menschlichen Wohnungen und streicht einzeln mit einem nicht so sehr den Schwalben, als vielmehr dem Bienenwolfe ähnlichen Fluge in an- 286 Ornis balcaniea. mutigen Schwenkungen über den Städten. Sie überwintert dort, denn ich habe sie am häufigsten Ende Dezember geschossen.“ Viele ziehen tiefer gelegene Sommeraufenthaltsorte vor! Seebohm, der eine sehr ausführliche Schilderung dieser Schwalbe und auch ihrer Lebensgewohnheiten in Dressers Werk: „Birds of Europe“ entwarf, fand sie im Ge- biete des Parnaß nur in den tiefer gelegenen Schluchten knapp über dem mit Reben und Ölbäumen bebauten Gelände. Über das Vorkommen auf den Inseln ist folgendes bekannt. Drummond beob- achtete sie auf Korfu und den Jonischen Inseln niemals im Sommer, sondern erst nach Eintritt der kühlen Winde, zu welcher Zeit die Felsenschwalben dann in großer Anzahl über den Sümpfen hin- und herstreichen. Möglicherweise brüten nach dem Genannten aber doch einige Paare, da er ein solches noch am 20. Mai sah. Mir kam sie auf Korfu nur im Winter zu Gesicht, indem ich am 18. Jänner 1897 an der Küste bei Corragio einen Schwarm deutlich erkannte und am 22. Jänner an derselben Stelle wieder sechs oder sieben Stücke beobachtete. Kythera soll sie nach Jameson angeblich nur vom Frühling bis zum Herbst aufsuchen, wogegen sie nach Erhard zu den Standvögeln der Kykladen gehört. Seltener als die anderen Schwalben traf sie Douglass in der ersten Maiwoche auf Santorin. An der Wölbung des Einganges zur bekannten Zeushöhle auf Naxos bei Api- ranthos, wo Krüper 1362 zwei Paare angesiedelt fand, fielen mir am 18. Juni 1894 sogleich ebenfalls ein paar Nester auf, die augenscheimlich Junge enthielten. Dessen- ungeachtet ließ es sich der einheimische Jäger Sideris nicht nehmen, eines der Weib- chen für unsere Sammlung zu schießen. Lindermayer zufolge fehlt sie auch Euböa nicht und mehrfach stellte ich sie auf den nördlichen Sporaden fest. So erlangte Freund Knotek am 22. Mai 1894 vom Kahne aus ein Stück an der nördlichen Steilküste von Skopelos und Ende Mai beob- achteten wir sie sowohl auf Jura, als sogar auf dem unweit von dort gelegenen Eilande Gramusa in mehreren Paaren. Mehr als die Inseln sucht sie geeignete Örtlichkeiten des griechischen Fest- landes auf. Mit Akarnanien beginnend, erwähne ich zunächst das Vorkommen in der kleinen und großen Klissura. In jener, welche Aetolikon zunächst liegt, wählten ihrer mehrere am 28. April 1394 offenbar erst die Nistplätze aus und trieben sich zumeist hoch in den Lüften herum. Simpson fand sie, unweit von hier, an den Felsen oberhalb der Lagunen von Aetolikon in großer Zahl während des Februars 1860. In der großen Klissura dagegen traf Dr. Krüper im Frühjahre 1853 ein Paar bei seinem unerreich- baren Nest und dasselbe Paar wurde später am 3. Juni 1559 von Herrn Heeren dort erlegt. Am 1. Mai 1894 sah ich am gleichen Orte mehrere und schoß ein Weibchen mit stark entwickeltem Ovarium. Während des Winters sind die Felsenschwalben in diesem Teile Griechenlands recht oft sichtbar; bei Monastir Angelokastron beobachtete Baron Schilling am 30. Dezember 1898 ein Paar; weiters ergötzte ich mich samt meinen damaligen Reise- begleitern am 30. Jänner 1897 längere Zeit an dem Schwebeflug dreier Paare im hellen Sonnenschein an der Küste bei Känurion unweit Missolonghi. Zuletzt wurde ein Exem- plar zum Andenken gesammelt; am 16. Februar 1897 trieb sich über eine Stunde ein größerer Schwarm in der stark erwärmten Felsschlucht des Varassovo unmittelbar bei III. Griechenland. 237 Kryoneri herum und endlich gab es ganze Flüge am 5. März 1897 des Morgens an der Triptolakoslagune, und zwar sowohl über dem Wasserspiegel als hoch in den Lüften. Auch von dort liegt mir ein Stück vor. Östlich von Akarnanien kann ich das Felsendefilee im Unterlaufe des Mornos als Brutstelle für mehrere Paare angeben (19. Juli 1894) und im Gebiete des Parnaß wurde diese Schwalbe am häufigsten und eingehendsten von Krüper und Seebohm beob- achtet. Jener traf sie daselbst öfters im August und Ende September auch in Gesell- schaft anderer Schwalben an und Seebohm machte unter anderem am 10. Mai 1575 die interessante Wahrnehmung, daß sich einzelne einer im Sonnenschein nach einem Gewitter umherschwärmenden Schar, um auszuruhen, auf die Zweige einer gefällten Eiche setzten. Die Felsenschwalbe lebt, wie Krüper treffend bemerkt, während der Brutzeit nicht wie die anderen Schwalben gesellschaftlich, sondern jedes Paar behauptet an der hohen Felswand sein eigenes Revier. Auch Seebohm fand ebenfalls selten mehr als ein oder zwei Nester in derselben Höhle und beschreibt deren Bauart, ähnlich wie das der H.rustica an der Decke angebracht, sehr richtig. Das Nest fand er mit Wolle, Distellaum und Federn ausgekleidet und darin Gelege von 5—6 Eiern vor. Die Nester sind verhältnismäßig leicht zu finden, aber das Habhaftwerden unver- sehrter Eier und noch mehr von Gelegen außerordentlich schwierig, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Die Sammler Dr. Krüpers benützen hierzu einen scharfrandigen, an langem Stiele befestigten Kelch, in welchen, nach dem behutsamen Abstoßen des Kotnestes, dieses samt dem Inhalt hineinfällt. Leider werden einige der Eier dabei fast stets beschädigt. Krüper selbst fand nach längerem Suchen am 19. Juni 1559 bei Graviä im Parnaß ein Nest mit Jungen, konnte aber erst 1864 aus zwei Nestern die Gelege und dann wieder 1866, am 4. Mai fünf frische Eier bekommen. Nach seinen weiteren Auf- zeichnungen begann die Legezeit manchmal, wie 1873, Ende Mai, in warmen Früh- jahren zeitlicher. 1874 dürften im Jänner von den überwinternden Felsenschwalben viele zugrunde gegangen sein, da nach dem Berichte eines seiner Sammler von den früheren Paaren im Parnaß nur zwei erschienen. Seebohm schoß am 16. Mai 1373 unweit Velitsa an einer Pfütze eine Felsen- schwalbe nebst drei H. rufula, welche im Schnabel Kot für den Nestbau sammelten. Am 30. Mai bekam dann Dr. Krüper hier frische Eier.!) Zwei Eier aus der dortigen Gegend, welche sich, wie an mehreren Stellen schon hervorgehoben wurde, von den ähnlichen der H.rustica durch mattbraunen Farbenton, am besten unterscheiden, zeigen folgende Ablesungen: L. 204 19:9 mm Br. 147 144 mm Gew. 115 UL an Es sei der Vollständigkeit wegen hier beigefügt, daß ich in der Umgebung der kastalischen Quelle bei Delphi am 13. Juli 1894 viele Clivieola rupestris vorfand, welche sich leicht durch ihren fledermausartigen Flug von den übrigen anwesenden Schwalben unterschieden, und daß Hauptmann Roth ihr im ganzen Parnaßgebiet im Juli 1893 häufig begegnete. 1) Dies ist offenbar eine sehr verspätete Brut! 288 Ornis balcaniea. In Attika scheint die Felsenschwalbe selten zu sein. Lindermayer schoß sie dort (laut handschriftlicher Anmerkung!) zum ersten Male am 10. März 1845 bei Daphni, wo sie bei tagsüber währender Bora und Regenwetter in großer Zahl niedrig dahinflog. Unbekannt bleibt es, von welcher Gegend das Gelege von vier Eiern stammt, welches er 1853 dem naturwissenschaftlichen Verein in Passau schenkte (s. Il. Jahresber., S. 11). Auf dem Peloponnes ist es vor allem der Gebirgszug des Taygetos, welcher dieser Schwalbe passende Wohnstätten darbietet. Von hier befinden sich Belegstücke in der Universitätssammlung in Athen (10. und 22. Juli 1560) und im Hofmuseum in Wien (2. Mai 1860). Die weitaus meisten brütenden Paare siedeln sich alljährlich in den gewaltigen Wänden des obersten Teiles der Langhädaschlucht an, wo ich am 12. Juli 1898 mir ein altes Männchen holte; aber auch in der nahezu baumlosen Höhe des Malevosgebirges, unweit von dort, gab es am 9. Juni 1893 ein Paar. St. Strim- meneas fand am 16. Juni sogar oberhalb der Holzgrenze des eigentlichen Taygetos ein leider nicht erreichbares Nest dieser Schwalbe an steilem Felsvorsprunge, welches wahrscheinlich damals Eier enthielt. Tristram („Ibis“ 1863, p. 366) sah Clivieola rupestris den ganzen Winter über in den Felsschluchten des Peloponnes und Baron Schilling nach ausgiebigem Schnee- fall im Gebirge über Patras vom 25. bis 27. Februar 1899 täglich fünf Stück. Micropus apus (L.), Oypselus apus L. — Mauersegler. Wenn man längere Zeit die verschiedensten Gebietsteile des heutigen Hellas be- reist, so muß man zur Überzeugung gelangen, daß der größere Teil derjenigen Mauer- segler, welcher den Sommer dort zubringt, sich die Inseln zum Wohnsitz ausersehen hat und nicht das Festland. Mit Ausnahme von Dr. Erhard, der den Mauersegler ganz widersinnig zu den Standvögeln der Kykladen zählt, wird er von allen als echter Sommervogel auch für Griechenland festgestellt, wenngleich man die Zeit seines Eintreffens ziemlich verschieden ansetzt. Drummond sah die ersten auf Korfu am 10. April. Lindermayer verlegt die Ankunft auf Ende März, vor jener des Alpenseglers, was in Brehms „Tierleben“ mit techt angezweifelt wird. Richtiger dürfte der Wegzug ungefähr mit Ende August an- zugeben sein. Dr. Krüper traf die ersten dieser Segler im Parnaß am 1. April 1861 an. Ich selbst bemerkte den ersten sehr spät im Frühling, und zwar erst am 28. April 1594 über der Brücke von Aetolikon. Die wenigen Fundstellen, die ich für das Festland angegeben finde, sind folgende: Krüper traf ihn 1558 in der großen Klissura angesiedelt; doch bemerkt Simpson, daß auch dort M. melba häufiger ist. Zwei Paare sah weiters Baron Schilling am 12. Mai 1399 in einer Lehmwand südöstlich von Patras und mehrere Stücke ich am 2. Mai 1594 am Nordrande des Vrachorisees. Dann aber erst wieder am 17. Mai einen großen Schwarm, zweifellos von einer nahen Kolonie, bei Velestno und endlich am 17. Juni 1598 bei heißester Witterung eine große Anzahl in der Ebene nördlich von Gythion in der Maina ganz niedrig umherschwärmend. Nach Graf von der Mühle ist apus im Gebiete seltener als melba. Die meisten gab es nach ihm in Chalkis (Euböa) sowie in Lamia und Mistra. An diesem Orte, der allerdings für Segler sehr geeignet wäre, sah ich jedoch während meines dortigen Besuches im Juni 1398 keinen einzigen. De ee) u EEE III. Griechenland. 289 Bezüglich der Inseln wäre besonders hervorzuheben, daß er während des Som- mers laut Lord Lilford häufig Korfu bewohnt, aber doch seltener als der Alpensegler. Ich selbst sah dort nur einen einzelnen bei Govino am 2. Mai und mehrere am 6. Mai bei Levkimo, wo auch ein Weibehen gewöhnlicher Färbung von Führer erlegt wurde. Viel mehr gibt es entschieden auf Zante, wo ich vom T. bis 13. Mai 1898 in den verschiedensten Gegenden, sowohl im Gebiete der Vrachiona im Norden, als nament- lich im Süden in der Gegend von Keri, stets mehr oder weniger viele zu sehen bekam. In den Abstürzen der Südspitze befinden sich jedenfalls ganz bedeutende Ansiedlungen. Auf den Strophaden dagegen ließ sich nur einmal ein einzelner blicken. In großer Anzahl traf ich M. apus zur Brutzeit an geeigneten Stellen von Kythera, dann auf Avgo und den drei westlich der Hauptinsel gelegenen Felseilanden Mavronisi, Strongyli und Karavonisi. Es ist daher die alte Mitteilung Jamesons, der den Vogel nur im Frühling und im Herbst sah, richtigzustellen. Auf der vielfach auch mit Lindo bezeichneten kleinen Insel Mavronisi bemühte ich mich vergeblich, in den Spalten ein Nest zu entdecken — die Segler hatten sich die engsten und tiefsten Einschnitte zum Brüten ausgesucht! Im Osten wurde M. apus von Douglass auf Santorin in der ersten Woche des Mai beobachtet; ferner stellte ich ansehnliche Brutsiedelungen fest: auf Evreokastron (bei Paros), Aspronisi (bei Syra) und Erimomilos, wo die Segler im Vorbeisausen gerne den Spiegel der mit Regenwasser gefüllten Krateröffnung streiften. Auch auf den Ge- birgsrücken von Naxos sowie in den Abstürzen bei Kap Mutsoma oder Muntsara da- selbst gibt es viele. Das Nisten auf Naxos wurde von Krüper 1862 ebenso wie auf einigen benachbarten unbewohnten Inseln festgestellt, allein es wollte ihm durchaus nicht gelingen, Eier dort zu erlangen. Schließlich muß ich noch der riesigen Siedlungen des Mauerseglers Erwähnung tun, welche ich auf den nördlichen Sporaden, und zwar auf den Steilküsten von Xero, Jura und Gramusa sowie endlich in dem schwarzen, spaltenreichen vulkanischen Basalt des Westrandes von Psathura kennen zu lernen Gelegenheit hatte. Auf der letztgenannten interessanten Insel erlegte ich auch ein Paar am 29. Mai 1894. Diese beiden Vögel besitzen schon einen ganz ansehnlichen weißlichen Kehlfleck. Noch deutlicher weiß und somit sehr an Apus apus kollibayi v. Tschusi erinnernd, ist er jedoch bei dem mir vorliegenden Exemplar von Zante. Auf Paxos und Antipaxos, und zwar meistens an den Abstürzen im nördlichen Teile beider Inseln Lurida Kambo und Gremosto Rumanu (auch Sta. Chelidona ge- nannt) wird auf die Segler im August eine Fangart betrieben, welche unzweifelhaft italienischer Herkunft ist. Erzherzog Salvator schildert sie folgendermaßen: „Die Mauerschwalben werden mit einem Stück Baumwolle oder mit einer weißen Feder, namentlich von Turteltauben, mit der Angel gefangen. Auf jede Pfahlrohrrute kommt eine Angel, an einem schwarzen Seidenfaden befestigt. Der Mann hält das Rohr in der Hand über die steilen Abstürze. Am besten ist dieser Fang bei Landwind tun- lich, weil der Wind den Faden vom Felsen fernhält. Ein Mann kann auf diese Weise 4, 10, ja bis 15 Stück an einem Tage erbeuten. Auf der Insel besteht gar keine Netz- sorte zum Vogelfangen.“ Micropus melba (L.). Cypselus melba L. — Alpensegler. Seine Ankunft erfolgt meistens viel früher, als man gewöhnlich annimmt, doch zeigen sich anfangs nur einzelne oder vereinzelte Paare und erst viel später erscheint Reiser, Ornis balcanica. II. 19 290 Ornis baleanica. der Haupttrupp in mehr oder weniger langen Zwischenräumen bis in den Mai hinein, zweifellos aber früher als M. apus und nicht später, wie v. Heldreich angibt. Folgende erste Ankunftszeiten sind bekannt geworden: Nkarnanienge 2 2002,72.202511860:527ApnlDroRerüper anna ee 11865: März a 5 1560: 29 März B Aetolien (Naupaktos) . . . 1897: 28. März, O. Reiser. Dann 30. März zweimal je ein Paar am Vrachorisee und am 1. April daselbst eine große Schar. Achaia (Patras). . . . . 1899: 22. März, Baron Schilling. Gegen Abend, bei schwülem Südwestwind. Akarnanien (Varassovo) . . 1905: 9. April, Santarius. Über die Verbreitung des Alpenseglers im Lande, welche durchaus keine gleich- mäßig verteilte genannt werden kann, gewinnt man den besten Überblick durch Auf- zählung der bisherigen genaueren Aufenthaltsangaben, da die älteren von Temminck, Brehm (1823), Thienemann und Naumann nur ganz allgemein das Vorkommen und Nisten in den Felsen des griechischen Festlandes sowie der Inseln besagen. Von Korfu erfahren wir durch Drummond und Lord Lilford, daß die Alpen- segler dort in großer Zahl gegen den 20. April, oft auch erst im Mai eintreffen, alljähr- lich mehrfach im Zitadellefelsen brüten und Ende September wieder verschwinden. In dem genannten Felsen dürften sie auch heute noch brüten. Ich sah einzelne unter Ch. urbica in der Stadt am 16. April 1394, am 21. April einen einzelnen an der Lagune ‚von Korissia und erhielt ein bei der Zitadelle geschossenes o (12. Mai 1897) von Rother. Weitere Nistplätze befinden sich nach Hauptmann Polatzeks mündlicher Mit- teilung auf Antipaxos, wo Erzherzog Salvator ihren Brutplatz in einer Höhle am Kap Chelidonograva ausführlich beschreibt (S. 436). Für Zante gibt mein Tagebuch folgende Auskünfte: 6. Mai 1893 ein einzelnes Stück über den Festungswerken, am 8. und 11. Mai mehrmals einzelne über dem Sumpfe unweit der Hauptstadt. Ein Stück wurde von Hauptmann Roth bei Keri erlegt, wo in der Steilküste des Kaps viele wohnhaft sind. Auch befindet sich ein Alpensegler von hier in der Koll. Mazziari. Auf Kythera bewohnte er zur Zeit meines Aufenthaltes (am 21. Juni 1898) nur eine Stelle der steil ins Meer abfallenden Westküste und war selbst da nur spärlich vorhanden. Dennoch geht daraus hervor, daß es unrichtig ist, wenn ihn Jameson für die Insel nur im Frühling und Herbst anführt. Erhard reihte M. melba unter die Brutvögel der Kykladen ein, was Krüpers und meine Erfahrungen, wie folgt, bestätigen. Krüper stellte nämlich 1862 auf Naxos und einigen benachbarten unbewohnten Inseln, z. B. auf Keros und der durch Abreißen entstandenen Nebenklippe, Brutsiedelungen in ziemlicher Anzahl fest, konnte aber wegen der schwierigen Zugänglichkeit weder Eier noch Junge erlangen. Ich sah am 19. Juni 1894 einige an ihrem Brutplatze am äußersten Ende des Kaps Muntsara auf Naxos. Von Lindermayer für Euböa angegeben, beobachtete ich diesen Segler dort am 4. Juni 1894 in Oreos; ebenso an den Steilküsten der Sporadeninsel Xer6, obzwar hier weniger als M. apus, und namentlich auf dem einsamen Jura, wo uns die Vögel am 27. und 29. Mai 1894 in unheimlicher Nähe die Felsgrate entlang um die Köpfe schwirrten. Auf das griechische Festland übergehend, beginne ich mit unseren Beobachtungen in Thessalien, nach welchen M. melba in den Wänden des Kara dagh, südwestlich von III. Griechenland. 291 Velestino Kolonien bildet und von dort sowohl den genannten Ort, als auch den Karla- see besucht. In Mittelgriechenland und Attika erfolgt die Hauptankunft nach Lindermayer vom Zeitpunkte der Äquinoktialstürme bis um die Mitte April, während der Abzug samt der flüggen Brut Ende August oder nach Krüper wohl richtiger im September vor sich geht. Ich habe ihn noch auf dem Zuge am 22. April 1897 im Piräus und am 11. Mai 1894 in der Ebene nächst Athen in großer Menge getroffen, da damals Nebel und Regen diese Segler von den Gebirgen herabgedrückt hatten. In den Hochlagen vermerkte ich mehrere am 15. Juli 1894 auf der obersten Kammhöhe der Kiona (über 2400 m), während Hauptmann Roth im Juli 1398 nur wenige im Parnaß, und zwar nur bei Arachova antraf. Nach Krüpers Erfahrungen begeben sie sich erst im Mai an ihre Brutplätze, die sich hoch in den Felshöhlen der Gebirge befinden, und beginnen dort vermutlich Mitte oder Ende Mai zu legen. Er sagt weiters: „Obgleich ich mehrere Brutplätze im Parnaß kenne, so konnte ich doch keine Eier aus den Nestern erhalten. Sobald die Jungen erwachsen sind, werden die Brutplätze verlassen; schon im Juli und im August trifft man sie dann in der Ebene umherstreifend an.“ Ähnlich berichtet auch Simpson für Aetolien: „Kommt im April und bildet große Brutsiedelungen sowohl im Zygos (Arakynthos) als im Varassovo. Die Nester befinden sich tief in den Spalten hoher Felsabstürze und sind sehr schwer erreichbar.“ Am 28. April 1894 sah ich bei einem Besuche der kleinen Klissura nächst Aeto- likon einige solche Segler sausenden Fluges in einer großen Höhle verschwinden und wieder abstreichen. Die nähere Untersuchung ergab, daß sich acht Paare in den schlot- artigen Spalten der Deckenwölbung eingenistet hatten, wohin zu gelangen nur mit großen Umständlichkeiten möglich gewesen wäre, weshalb ich mich begnügte, ein Weibehen mit, wie sich zeigte, noch wenig entwickeltem Eierstocke am Eingange der Höhle zu erlegen. Viel mehr durchfurchten dann am 1. Mai über der großen Klissura den reinen Äther in bedeutender Höhe. Auf dem Peloponnes sah ich zunächst am 20. April 1897 bei Tripolis am Zuge begriffene und in der Ebene nördlich von Gythion in der Maina gegen Abend des 17. Juni 1398 eine große Menge insektenfangender und niedrig schwärmender Segler, welche nicht weit von dort ihre Niststellen haben mochten. Ich fand die Beobachtung Lindermayers öfters bestätigt, daß sie mittags hoch, morgens und abends dagegen niedrig dahinstreichen. Weiters fand ich am 16. Juni an der Baumgrenze des Taygetos eine Anzahl hoch dahinschießend und immer wieder zurückkehrend, endlich die weitaus größte Menge, Ja geradezu unzählige, in dem schroffen Leuchtturmfelsen bei Navarin-Pylos. Am 2. Juni 1397 versuchte ich, unterstützt von unseren Bootsleuten, zu ihren dortigen Nestern vor- zudringen. Aber es gelang das nur in zwei Fällen, während alle späteren Versuche daran scheiterten, daß die Eingangsöffnungen zu den Nestern stets viel zu eng waren, als daß man Eier oder Junge hätte erlangen können. Außer einem faulen Ei wurde bei dem zweiten erreichbaren Neste das über zwei Eiern sehr fest brütende Männchen (wie sich bei der Sektion zeigte) ergriffen und die Eier, meines Wissens die einzigen von Griechenland bekannten, konserviert, obwohl die Bebrütung schon ziemlich weit vorgeschritten war. Maß und Gewicht derselben: 19* 292 Ornis baleanica. 1028:9 23:4 mm 29:9 mm Br. 181 I7gmm 183mm Gew. 33:5 öl cg 35 .cg Graf von der Mühle fand Alpensegler öfters in Menge als leckere Speise in Er- manglung besseren Wildbrets auf den Märkten feilgeboten und beschreibt auch eine der italienischen ähnliche Fangart mittels Angelhaken. Ich habe niemals Ähnliches auf meinen Reisen gesehen und es wurden mir von vielen Seiten die Vögel als ungenießbar bezeichnet. Die mir vorliegenden sieben Stücke bezeugen die bekannte Unveränder- lichkeit dieses Seglers im Körperbau und im Gefieder. Caprimulgus europaeus L. und var. meridionalis Hart. — Nachtschwalbe. Obgleich zu den Zeiten des Durchzuges die größte Menge für wenige Tage im Gebiete verweilt, ist es doch nunmehr festgestellt, daß eine Anzahl hier den Sommer über verweilt und zur Fortpflanzung schreitet. Diese letzteren dürften nach den bisher gewonnenen Erfahrungen (s. a. Hartert, „Ibis“ 1896, p. 370) durchwegs zur Form meridionalis gehören. Auf den Inseln zeigt sich diese südliche Form nicht, da dort nur die Durchzügler erscheinen. So kommt (. europaeus nach Lord Lilford in bescheidener Zahl im April nach Korfu, verbleibt seiner Ansicht nach aber nicht zum Brüten. Ein Lieb- lingsrastplatz scheint dort die mit Buschwerk und Wacholder bewachsene Düne von Korissia zu sein, wo ich sowohl am 21. April 1894 als am 4. Mai 1897 ungemein viele aufscheuchte. Am erstgenannten Tage zwang sie arges Unwetter mit Sturm, die Reise zu unterbrechen. Aus dem Dünensande aufgescheucht, fielen sie stets bald wieder ein, so daß ich einmal ein auffallend aschgrau gefärbtes Stück in der Entfernung eines Schrittes von mir an den Boden gedrückt beobachten konnte. Später erlegte ich hier zwei Weibchen. Am 30. April 1897 folgte eine Nachtschwalbe in der Nähe der messenischen Küste dem Lloyddampfer und ließ sich sogar für ganz kurze Zeit auf der Kommandobrücke nieder. St. Strimmeneas scheuchte am 14. Mai 1898 auf der größeren Strophaden- insel eine einzelne auf und tags darauf erlegte — wahrscheinlich dieselbe — Haupt- mann Roth, ein Beweis, wie lange Zeit der Zug im Frühling oft anhält. Die Sektion ergab, daß es ein Weibchen mit stark entwickeltem Ovarium war. Für Kythera stellte ihr Vorkommen Jameson im Sommer (?) und Herbst fest und Erhard kennt sie als Durchzügler auf den Kykladen im April und Oktober. Doch wurde ein Stück mit auffallend dunkler Unterseite auf Santorin an Douglass noch in der ersten Maiwoche 1892 eingeliefert. Erhard teilt ferner mit, daß der be- kannte Aberglaube, welcher dem Vogel den Namen „Ziegenmelker“ verschafft hat, auch auf den Kykladen verbreitet sei und daß das feiste Wildbret der Nachtschwalbe im Herbste das wohlschmeckendste sämtlicher vorkommenden Vogelarten sei. Auf Euböa, wo sie Lindermayer anführte, dürfte sie wahrscheinlich brüten und ebenso auch auf der Sporadeninsel Jura, da ich in dem dortigen Steineichenbestande am 31. Mai 1894 eine aufscheuchte, die darauf heftig von Parus major verfolgt wurde. Auf dem Festlande, und zwar besonders in Attika, erfolgt nach den sorgfältigen Beobachtungen von Lindermayer, v. Heldreich und Krüper die Ankunft im Laufe III. Griechenland. 293 der zweiten Hälfte des Monates April. Frühestes Datum: 15. April 1861. Daher wäre die Angabe in Brehms „Tierleben“ als zu früh richtigzustellen. Im Herbste beginnt der Zug nach Graf von der Mühle schon Anfang September und der Abzug erfolgt nach v. Heldreich und Krüper im Oktober, nach Linder- mayer erst Ende Oktober. Im Olivenwalde des Ilissostales bei Athen sah Fiedler viele Nachtschwalben, die sich abends neben den Viehexkrementen auf den Boden setzten, um die anfliegenden Insekten zu fangen, während sie auf dem Peloponnes, wo die Mitglieder der Exped. scient. d. Mor. diesen Vogel entdeckten, nach Graf von der Mühles Mitteilungen als Lieblingsplatz die Getreidedreschplätze bevorzugen, welche sie selbst nach mehreren Schüssen nicht zu verlassen pflegen. Auf dem Peloponnes stieß ich nur auf ein Paar, das sich offenbar am Brutplatze befand, in Elis, im Eichenwalde Kapellis. Am 27. Mai 1898 erlegte ich daselbst das zur Form meridionalis gehörige Männchen, während ein zweites solches von Velitsa am Parnaß St. Strimmeneas am 7. Juli 1395 schoß und dem hiesigen Museum über- sandte. Der eben Genannte erzählte mir, daß er Nachtschwalben zahlreich am Hymettos überwinternd angetroffen habe — eine Mitteilung, die ich hier freilich mit großem Vor- behalt einschalte. Das Brüten von C. europaeus var. meridionalis in Griechenland ist schon durch Lindermayer bekannt gemacht worden, aber es wäre von Interesse, die Richtigkeit seiner Mitteilung zu erhärten, daß die Nachtschwalbe hier ihre zwei Eier auch in kleine Felsenlöcher legt. Lindermayer wie Krüper fanden die Eier in den Gebirgen im Juni, nachdem von Mai an der Vogel seinen Aufenthaltsort durch das abendliche Schnurren zu verraten pflegt. Die Eier, welche ich in geringer Zahl bei Dr. Krüper sah und von denen mir ein Gelege zu zwei und ein einzelnes vorliegen, sind nicht so lebhaft und scharf gefleckt wie die von (©. europaeus, sondern die Fär- bung ist unansehnlicher und verschwommener. Maße und Gewicht derselben: L. 298 mm Pamaßgebiet 294 293mm Parmnaßgebiet Br. 214mm 10. Juni 1395 21:5 217 mm 58. Juni 1896 Gew.53 cg 47 (635 eg unrein entleert) Maße der zwei oben genannten 0’d’ der Form meridionalis: Ganze Länge . . . 233 mm 275 mm Hlüselenen ee IS Schwanz . . . . . 145 „ 130, Schnabely ge Sr do; 0 ars Se ie: Ja ” Upupa epops L. — Wiedehopf. Ermuntert durch die Bemerkung C. Freiherr v. Erlangers in Cab. Journ. f. Orn. 1900, S. 16, wornach zwei Wiedehopfe aus Griechenland mit tunesischen Vögeln (U. epops pallida) fast übereinstimmten, habe ich die vier griechischen Belegstücke der hiesigen Sammlung sorgfältig mit solchen aus Bosnien und Österreich verglichen; das Ergebnis war, daß aus allen diesen Ländern ein Teil wenigstens zu der Abbildung von U. epops pallida genau paßte. Zwei der Griechen haben überdies einen so starken rötlichen Anflug auf der Unterseite bis zur Kehle, wie einen solchen keine Abbildung zeigt. Diese Färbung wurde schon in der Exped. seient. de Mor. nach einem von Bory 294 Ornis baleanica. de St. Vincent in der zweiten Hälfte März 1829 in der Ebene von Jalova bei Pylos erlegten Stücke als auffallend und für von französischen abweichend erklärt. Der Wiedehopf kommt vor allem für Griechenland als Durchzugsvogel in Betracht. Daß einige den Sommer hier zubringen, ist ganz sicher, aber obwohl schon Thiene- mann vom Nisten auf den griechischen Inseln spricht, ist kein einziges sicheres Brut- vorkommnis bis heute bekannt geworden. Für das Verweilen über den Sommer sprechen nicht nur mehrere der nachfolgenden Beobachtungen, sondern auch ein von St. Strim- meneas am 22. Juli 1395 bei Agoriani am Parnaß geschossenes Weibchen — das dunkelste der vier griechischen Vertreter. Über die Zeit des Durchzuges berichtet Sonnini, daß er auf den griechischen Inseln (des Archipels) zu Ende März und Anfang August erfolgt, auf Korfu nach Drummond gegen den 15. oder 20. März. Wir verfügen aber auch über genauere Angaben. Die ersten wurden beobachtet: Barnaß Else AprEDraktüper, Attika © 2.22.20... 1866: 30. März Hofsärtner Schmidt n 2 2 u 2.20. 1867: 24. März Hofgärtner Schmidt n ae et ai (0) Dr eeeer Akamanien (Klissura). . 1897: 31. März Santarius Missolonghi (Olivenwald). 1897: 4. April OÖ. Reiser, paarweise oder zu mehreren vereint Batrası 289922 ur 242 März Baronescchilline Einem Briefe Krüpers an Dresser ist zu entnehmen, daß der erste Wiedehopf gewöhnlich zusammen mit Pyrophthalma rüppelli um den 24. März eintrifft. Die vom Grafen von der Mühle angegebene Ankunftszeit Anfang März ist demnach zu früh. Der Herbstzug beginnt nach Krüper (dessen Angaben v. Heldreich ins Französische übersetzt hat) im August und endet im September. Lindermayer meint, daß im September die aus dem Norden Europas abziehenden Wiedehöpfe in Griechenland ein- treffen und um die Mitte September die Reise nach Afrika fortsetzen. Der Frühjahrszug findet noch während des ganzen April, ja noch im Mai statt. Solchen am Zuge begriffenen Wiedehopfen begegnete ich auf Korfu am 19. April 1894 auf den Hügeln an der Bucht von Kalikiopulo und besonders im Valle und der Düne von Korissia (21. April 1894, 4. Mai 1897 und sogar 25. Juli! 1394). Auf Korfu wurde U. epops von Lord Lilford häufig im März und August, von Drummond vereinzelt auch den Sommer über beobachtet; doch glaubt jener nicht, daß der Vogel hier brütet. Auf Paxos erscheint er nach Erzherzog Salvator ebenfalls am Durchzuge im März und April sowie im August. Auch auf Zante ist der Wiedehopf ein allbekannter Vogel, den wir bei Vasilikos und an der Südostspitze Geräki am 7. Mai 1895 eimige Male vorbeistreichen sahen und selbst noch am 15. und 17. Mai auf den beiden Strophadeninseln beobachten konnten. Auf dem Zuge haben die Wiedehopfe viel von den Raubvögeln zu leiden, wie die häufig vorgefundenen Überreste zerrissener beweisen (so z. B. bei Katakolo mehr- fach gefunden). Auf Kythera soll nach Jameson der Wiedehopf vom Frühling bis zum Herbste verweilen. Im Osten wird er angegeben für die Kykladen als Durchzugsvogel (Erhard), Euböa (Lindermayer), Santorin einmal in der ersten Woche Mai 1892 (Douglass) III. Griechenland. 295 und wir beobachteten einen im nördlichen Teile der Sporadeninsel Jura am 27. Mai 1894. Unmöglich wäre es nicht, daß ein Paar auf jener stillen Insel gebrütet hat! Über die Örtlichkeiten, wo er zu verweilen pflegt, berichtet trefflich Graf von der Mühle: „Er kommt mit Ardea ralloides an und liebt dieselben Aufenthaltsorte, zumal die Oleandergebüsche an der Meeresküste, wo die Schafe mittags ruhen, ebenso die Zistenbüsche an feuchten Plätzen, dann sehr gerne die von den Schäfern abgebrannten Heiden und Gebüsche, sonst auch die Mohnfelder, wo Opium bereitet wird, die Bamies und Baumwolläcker und hohe Disteln an ehemaligen Reisfeldern.“ Fast alle Autoren wissen mitzuteilen, daß der Wiedehopf von den Griechen in der ganzen Levante gejagt, auf den Markt gebracht und als Delikatesse gerühmt wird, und zwar zumeist im August, wo sie am fettesten sind und keinerlei widrigen Geschmack haben; so Sonnini, Fiedler für Syra, Erzherzog Salvator für Paxos ete. Auch Professor Schmidt bekam in Kliomeno auf Zante einen gebratenen Wiedehopf vor- gesetzt (Zakynthos 1599, S. 31). Es wurde mir versichert, daß der Eleonorenfalke mit Vorliebe die fetten Herbstvögel schlägt und seinen Jungen zuträst. Schließlich wäre noch zu erwähnen, daß das British Museum und jenes von Athen je ein Stück aus der Umgebung dieser Stadt besitzen. Coracias garrula L. — Blaurake. Da die Blaurake Griechenland entweder nur auf dem Durchzuge berührt oder aber den Sommer dort zubringt, ist es zunächst von Wichtigkeit, ihre Ankunftszeit im Lande festzustellen. Lindermayer gibt diese entschieden zu früh an, wie aus den folgenden be- stimmten Daten hervorgeht. Auf Korfu erscheint die Blaurake zufolge der Beobachtungen von Drummond und Lord Lilford manchmal mehr, manchmal weniger häufig gegen den 15. April und verweilt hier nur bis Mitte Mai.!) Ich beobachtete dort am 17. April 1894 im Oliven- walde bei Alepu drei eben angekommene und zwei Tage später auf der Hügelkette bei der Bucht von Kalikiopulo wieder zwei. Dann am 4. Mai 1897 je eine im Valle di Korissia und im Olivenwalde bei Braganiotika und selbst noch am 15. Mai wurde eine an den Federschmücker Rother eingeliefert und von ihm für unser Museum kon- serviert. Schon aus diesen Angaben geht hervor, daß der Durchzug im Frühling ziemlich lange andauert! Auf Zante traf ich am 8. und 10. Mai 1398 bei Keri und in halber Höhe der Vrachiona je ein Stück am Zuge und auf der größeren Strophadeninsel trieben sich am 14. Mai 1893 fünf Raken herum, welche schon am nächsten Tage das Eiland ver- ließen. Von Dr. Krüper erfahren wir folgende Ankunftszeiten für das Festland: Akarnanien. . 1859: 16. April N ka 8er 583 27901868:213. April !) In Brehms „Tierleben“, wo sich viele biologische Beobachtungen der Autoren von Griechenland über Coracias garrula abgedruckt finden, ist die unrichtige Angabe enthalten, daß Lord Lilford (l. e., Parys statt Powys verdruckt!) den Vogel auf Korfu brütend fand, während der Genannte ausdrücklich er- wähnt, daß er nur auf dem Festlande nistet. 296 Ornis baleanica. Am 13. April 1897 sah ich sie einzeln bei Kephissa (ein Stück unserer Sammlung wurde damals von Herrn Merlin erlest!), ebenso am 15. April bei Argos; aber auch noch am 24. April 1897 erschien sie in kleinen Trupps durchziehend bei Wuliasmeni in Attika. Über den Herbstzug erfahren wir nur im allgemeinen durch Krüper, daß er in die Zeit von Mitte August bis Mitte September fällt. Die Zahl der im Lande nistenden Paare ist auch heutzutage nicht unbeträchtlich. Als Orte, wo die Rake brütet, werden genannt: von Lindermayer die Insel Euböa, die Olivenwälder bei Athen, Eleusis und Sparta, Arkadien. Als Brutplatz fand er sowohl hohle Bäume als auch die Lehmmauern zerstörter Landhäuser. Vom Grafen von der Mühle der Peloponnes, wo der Vogel schon von den Mitgliedern der Exped. scient. de Mor. sehr verbreitet genannt wird, und besonders in Kolonien m der Maina. Hier nisten sie in einer am Meeresstrande gelegenen senkrechten, 300 Fuß hohen Wand von Konglomerat, aus Gerölle und Austernschalen, während von ihm auf Euböa eines der Nester untersucht wurde, welche dort allgemein unter die Dächer der zur Brutzeit leer- stehenden Garten- und Kelterhäuser angelegt werden. Es bestand außen von Wurzeln und war innen mit Tierhaaren ausgefüttert. Falls hier nicht eine Verwechslung mit einem Dohlennest vorliegt, ist dies eine von der Regel abweichende Nistweise, denn sonst pflegt die Blaurake die Eier ohne viel Unterlage in die Höhlungen abzulegen. Den genannten Örtlichkeiten kann ich folgende aus eigener Erfahrung hinzufügen: Akarnanien, wo übrigens auch Simpson den Vogel in den Sumpfwaldungen an der Phidarismündung antraf, während ich Brutstellen in trockenen Eichenstämmen am Nord- ufer des großen Vrachorisees am 2. Mai 1394 sowie auch ein im Ansiedeln begriffenes Paar am Abhange der von Aetolikon in das Zygosgebirge führenden Schlucht feststellte ; Elis, und zwar in einem westlichen Seitentale des Kladeos, wo St. Strimmeneas eine Brutstelle in der Nähe von zwei vorjährigen fand und ich eine aus zehn Paaren be- stehende Kolonie in einer siebartig durchlöcherten Sandsteinwand unweit der Eisenbahn- station Platanos untersuchte. Hier brüteten die Blauraken gemeinschaftlich mit Dohlen und Turmfalken! Die Legezeit beginnt nach Krüper um Mitte Mai. Krüper sammelte am 24. Mai 1863 mehrere Eier sowohl in Baumlöchern als in verlassenen Elsternnestern. Ein von ihm am 29. Mai 1884 genommenes Gelege ist über und über mit schwärzlichem, kitt- artigem Kote der Nestunterlage dick überzogen, so daß von dem Email der Schale nur wenig durchschimmert. Auch viele glänzende Käferreste sind in dem Kote eingebettet. Von anderweitigen Örtlichkeiten des Gebietes, wo von C. garrula die Rede ist, wären noch nachzutragen: die Kykladen, wo sie laut Erhard nur Durchzugsvogel ist und Douglass einen auf Santorin erbeuteten Balg sah, Kythera, wo sie nach Jameson auffallenderweise sich vom Frühling bis zum Herbst aufhalten soll, und Paxos nebst Antipaxos, wo sie Erzherzog Salvator am Zuge im April und August beobachtete. Die Nahrung der Blaurake ist in Griechenland eine sehr verschiedenartige. Wäh- rend zufolge meiner Untersuchung des Kropfinhaltes im Frühling fast ausschließlich In- sekten von ihr gefangen und verzehrt werden, bevorzugt sie im Herbste Früchte, und zwar nach allen Berichten insbesondere Feigen. Doch kommen bei der Nahrungssuche auch Absonderlichkeiten vor, zu welchen der Vogel indes wohl immer durch Not ge- zwungen wird. So blieb jenen fünf Raken auf den Strophaden, wo es keine Insekten und im Mai auch keine geeigneten Früchte gibt, nichts anderes übrig, als ihren Hunger mit den ebenfalls vor Hunger geschwächten kleinen Singvögeln zu stillen, wie der Kropfinhalt sowie Federspuren am Schnabel und den Zehen einer dort am 14. Mai III. Griechenland. 297 geschossenen Rake zweifellos bewies. Dieses Stück ist überdies auch deshalb merk- würdig, weil dessen Unterschnabel durch einen früheren Schuß vorne zerschmettert worden war, infolgedessen sich der Oberschnabel hakenartig nach abwärts krümmte. Dies ist übrigens stets eine Folge derartiger Verletzungen. Die im Herbste außerordentlich fetten Blauraken bilden nach dem Berichte der Exped. scient. de Mor. (von Degland wiederholt), des Grafen von der Mühle u.a. für die Griechen und namentlich die Bewohner der Kykladen einen gesuchten Lecker- bissen, weshalb man sie öfters auf dem Markte sehen kann. Selbst im Frühling wurde einst in Korfu vor meinen Augen eine frisch geschossene Rake gerupft und zum Braten vorbereitet; ich glaube aber kaum, daß ein mitteleuropäischer Gaumen mit solcher Kost einverstanden sein könnte. Bezüglich des Gefieders der vier hier und der drei im Museum zu Athen befind- lichen Stücke ist nichts Auffälliges zu bemerken. Merops apiaster L. — Bienenfresser. Ein Vogel, der im ganzen Lande weit verbreitet ist und an vielen Orten auch brütet, wie dies schon den allgemeinen Angaben sowohl bezüglich des Festlandes als auch der Inseln des Archipels bei Temminck, Thienemann (1829 und 1856), Du- bois, Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk) etc. zu entnehmen ist. Seine Ankunft im Frühling wird mit Ende März von Lindermayer entschieden zu früh angesetzt, wie dies auch in Brehms „Tierleben“ bemerkt wird. Richtiger sind die Angaben Graf von der Mühles und v. Heldreichs, wornach sie im April oder anfangs April erfolge. Für Korfu und die Jonischen Inseln vermerkten Drum- mond und Lord Lilford die Ankunft zu kurzem Aufenthalte gegen den 15. April. Genauere Angaben verdanken wir vorzugsweise Krüper: 1859 Akarnanien am 10. April 1561 Parnaß en Den 1865. 7, u 1867 Attika oe EN a 1574 „ pr: 1897 Akarnanien „ 2. „ (Reiser) 1599 Patras „14 „ 30Stück von Südwest gegen Nordost in locke- rem Beisammenstrich gegen die Bora ziehend. Später hier gegen acht Brutpaare! (Baron Schilling.) Auch beim Bienenfresser währt der Zug nach meinen Beobachtungen unverhält- nismäßig lange Zeit. So hörte und sah ich auf Korfu nicht nur am 19. April in der Nähe der Bucht von Kalikiopulo viele in den Lüften, sondern auch am 21. April ganze Scharen bei Han Braganiotika, wo ein Stück herabgeschossen wurde, und 1397 sogar noch am 5. Mai etliche bei Potamo. Auch in den letzten April- und ersten Maitagen waren die Bienenfresser in der Gegend der Vrachoriseen und von Aetolikon durchaus noch nicht seßhaft. 1897 beobachtete ich große Scharen am Zuge unweit Astros an der Ostküste des Peloponnes und zuletzt kamen noch drei Nachzügler nach. Die spätesten Zugszeiten ergaben sich 1898, indem sich auf Zante am 7. Mai ihrer viele hoch über dem Skopos 298 Ornis balcanica. durch ihren unverkennbaren Ruf verrieten und am 14. Mai ein Paar lautlos über die Strophaden dahinzog (das Weibchen wurde erlegt!), Hier wurden auch am 16. Mai noch andere Paare deutlich gehört. Aus diesem Grunde scheint mir auch die Zugsbeobachtung des Hofgärtners Schmidt in Athen vom 14. Mai 1866 durchaus nicht unglaubwürdig zu sein (Mittel- zeiten, N. 24). Bezüglich des Abzuges wissen wir durch Krüper, daß Merops, sobald seine Jungen erwachsen sind, im August in den Ebenen scharenweise umherzieht und das Land im September gänzlich verläßt. Auch Lindermayer und v. Heldreich nehmen den Abzug mit Anfang September an, nur Graf von der Mühle sah die Vögel schon im August wegziehen. Zu erwähnen wäre noch, daß auf den Jonischen Inseln der Bienenfresser teils als Vorläufer des Wachtelzuges (Drummond), teils, besonders auf Paxos, als Begleiter der Turteltaube im Frühling und Herbst (Erzherzog Salvator) betrachtet wird. Kleinere oder größere Brutkolonien haben Lindermayer, Krüper, ich selbst u.a. an folgenden Örtlichkeiten angetroffen: in Velestino (Thessalien), Ufer des Sper- cheios und Kephissos, am Isthmus bei Korinth, auch bei Hexamilia, wo Krüper zu- sammen mit Seebohm am 6. oder 8. Juni 1873 fast frische und bebrütete Eier aus- gruben, Ufer des Acheloos und Phidaris in Akarnanien (Simpson), Kavasila und am Alpheios in Elis, sumpfige Niederungen bei Pylos (Exped. scient. de Mor.), in der Maina südwärts von Tarapsa und am Eurotas. In der Umgebung von Athen sind sie jetzt nicht mehr so häufig wie ehedem, da Fiedler ganzen Scharen im Olivenwalde am Phaleron begegnete: Auf den meisten Inseln ist der Bienenfresser, wie schon erwähnt, nur Durchzügler. Dies gilt nach Erhard insbesondere für die Kykladen, woselbst Sonnini diese Vögel öfters im April in zahlreichen Schwärmen in den Olivenpflanzungen übernachtend und am Morgen weiterziehend antraf. Auf Santorin wurden solche ziehende Schwärme von Douglass auch in der ersten Maiwoche ziemlich häufig beobachtet, dagegen auf Siphnos und Syra kleine Scharen am Herbstzuge im September von Fiedler. Nur zwei Inseln sind als Brutorte ausersehen, nämlich Euböa (Lindermayer) und Kythera, wo sie Jameson vom Frühling bis zum Herbst sah und tatsächlich St. Strimmeneas in meiner Gegenwart am 24 Juni 1398 drei Stücke in großer Höhe wahr- nahm. Die Legezeit beginnt nach Krüper Ende Mai. Krüper und vor ihm schon Schrader sammelte frische Eier in Akarnanien am 26. Mai und 10. Juni und im öst- lichen Griechenland am 23. Mai. Spätbruten und Gelege zu acht Stück wurden von dem- selben ebenfalls festgestellt. Zwei einzelne Eier vom Isthmus zeigen folgende Maße: 26:6 X 22:7 mm 25:9 X 22:3 mm 40 cg 40 cg Die griechischen Vertreter von M. apiaster, von denen mir vier aus verschiedenen Gegenden vorliegen, zeigen nicht die mindeste Abweichung von solchen aus anderen Teilen der paläarktischen Region. Trotz des anerkannt schlechten Geschmackes ihres Wildbrets werden die Bienenfresser im Herbst wegen des außerordentlich fetten Zu- standes in Griechenland vielfach geschossen und auf den Markt gebracht. Drummond erzählt von einem Falle, wo mit einem einzigen Schusse 25 Stück von einem Baume, wo ein großer Schwarm rastete, zu Fall kamen, und auf Paxos erlebte Erzherzog Sal- vator, daß bei Regenwetter von dicht beisammen auf Olbäumen sitzenden eine Ladung 10—12 herabwarf. III. Griechenland. 299 Merops persicus Pall. — Savignys Bienenfresser. Sowohl Graf von der Mühle als auch Lindermayer fanden einige Male diesen jedenfalls für Griechenland seltenen und hochinteressanten Gast unter den zum Ver- speisen ausgebotenen Mengen von gewöhnlichen Bienenfressern und anderen Vögeln auf den Märkten, namentlich auf jenem zu Athen, und der Erstgenannte bemerkt aus- drücklich, daß er mehrere davon nach Bayern mitbrachte. In seinem Nachlasse er- wähnt Dr. Schuch zwei davon und ich erwarb das Weibchen dieses Paares 1901 für unser Museum. Es ist jedenfalls ein ganz alter Vogel! Thienemann („Rhea“, $S. 105) und Erhard rechnen diese Art ganz ohne Be- rechtigung zu den Brutvögeln Griechenlands, beziehungsweise der Kykladen. Dagegen liegen aus nicht allzu vergangener Zeit dreierlei mehr oder minder be- glaubigte Fälle des neuerlichen Erscheinens in Athens Umgebung vor. Zuerst berichtet Krüper (bei Mommsen), daß sich am 19. April 1874 eine kleine Schar dieser Bienen- fresser gezeigt habe, von welcher vier erlegt wurden. Weiters erzählte mir Herr Merlin jun., daß sein Großvater um 1880 am Phaleron den ägyptischen Merops erlegt habe, und dasselbe behauptet Herr Christomanos jun. am selben Orte um das Jahr 1890. Tatsächlich fanden sich im Besitze der hochbetagten Witwe Lindermayers zwei gestopfte Exemplare von MM. persicus vor, von denen durch die liebenswürdige Ver- mittlung Krüpers das eine Männchen an unsere Anstalt, das andere in das Universitäts- museum von Athen gelangte, wo die Art früher nicht vertreten war. Alcedo ispida L. — Eisvogel. Die älteren Schriftsteller hielten den Eisvogel für einen Brutvogel des Landes, was nach neueren Beobachtungen sehr unwahrscheinlich geworden ist. So vermutete Graf von der Mühle das Brüten auf Euböa (wo ihn Lindermayer indes nur im Winter sah) und an den Gebirgsbächen Mittelgriechenlands, obwohl er den Eisvogel nur einzeln im Frühling und dann sehr häufig an der Küste des Pelo- ponnes, wo er bereits von den Mitgliedern der Exped. seient. de Mor. festgestellt wurde, von August bis Ende November beobachtete. Ganz zu verwerfen ist die Ansicht Erhards, nach welcher er Standvogel der Kykladen sein sollte. Auch Lindermayer schließt sich denjenigen an, welche an das Brüten in Griechenland glauben. Er beobachtete den Vogel auch im strengsten Winter einzeln oder paarweise und kannte sehr wohl seine Lieblingsplätze: die Mündung kleiner Bäche ins Meer und Orte in der Nähe von Süßwasserquellen. Kapitän Sperling und Dr. Krüper bezeichnen den Eisvogel als häufig für die Sümpfe und Salzwasserlagunen, namentlich jener von Missolonghi und Aetolikon, wäh- rend des Winters. Dies kann ich auch bestätigen, da ich den schönen Vogel von Ende Jänner an stets sehr häufig rings um die genannten Orte, besonders längs der dort neu errich- teten Straßendämme antraf. Es wurden einige erlegt! Auch an der akarnanischen Küste nächst Oxiä zeigte er sich. Von den Jonischen Inseln ist es zunächst Korfu, wo er eine allbekannte Erscheinung, aber ebenfalls nur im Winter ist. 300 Ornis baleanica. Darin stimmen sowohl Lord Lilford als auch Drummond überein. Dieser fand ihn an der Küste, aber nur von Ende August bis Anfang April, welche Beobachtung dann auch in Brehms „Tierleben“ Eingang fand. Ich sah am 18. Jänner 1597 am Rande der Bucht von Govino drei, wovon einer von Santarius geschossen wurde, am 21. Jänner am Rande eines Grabens in der Bucht von Kalikiopulo einen einzelnen und endlich auch einen im Inneren der Insel bei Han Braganiotika. Von Zante ist ein Stück in der Koll. Mazziari im Museum Athen vorhanden und von Kythera erwähnt sener Jameson in der Zeit vom Frühling bis Herbst, was wohl umgekehrt richtiger sein dürfte. Die Eisvögel der Museen von Athen und Sarajevo stammen aus der Gegend von Lamia, der Ebene am Fuße des Parnaß und vom Phaleron. Das späteste Datum für Griechenland ist nach meinen Wahrnehmungen der 9. April. An diesem Tage erlegte St. Strimmeneas einen am Strande östlich Eleusis. Alle diese Eisvögel unterschieden sich trotz genauer Untersuchung in keiner Weise von solehen aus Bosnien und Österreich, weshalb ich auch nicht in der Lage bin, über die zwei von Ohr. L. Brehm im „Vogelfang“, S. 51 aufgestellten zwei Arten Alcedo pallida, der „auf seinem Zuge ohne Zweifel griechische Inseln berührt“, und Alcedo bella, der „auch in Griechenland“ zu finden sein soll, etwas zu berichten. Ceryle rudis (L.) — Gescheckter Eisvogel. Obwohl im nachstehenden einige nachgewiesene Fälle seines Vorkommens mit- geteilt werden, sei im voraus erwähnt, daß die meisten Nachrichten auf eine alte Mythe zurückzuführen sind, welche uns Chr. L. Brehm („Europäische Vögel“ 1823) ins Ge- dächtnis zurückrief. Jene Stelle lautet: „C. rudis soll, wie der Arzt Xanthos von dem unglücklichen Seio versichert, die zwischen Griechenland und Asien liegenden In- seln bewohnen.“ Dies genügte zur Aufnahme dieser Art als eines zwar zufälligen und seltenen Besuchers jener Insel bei folgenden Autoren: Temminck, Gould, Brehm sen. („Stiftungsfest“ und „Vogelfang“, als Irrgast!), Tobias, Thienemann („Rhea* 1846, S. 105), Lindermayer („Monit. grec“ 1856, Nachtragsliste), Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Degland, Fritsch, Dubois, Rey (Synonymik), v. Heldreich, A. Brehm („Tierleben*) und Schlegel (Musede d’Hist. Nat. des Pays-Bas, tome III, 1863, p. 2). Graf von der Mühle war der erste, welcher diesen Eisvogel in einem einzigen Exemplar von der Insel Kythnos (Thermiä) mit der Bemerkung eingesendet erhielt, daß der Vogel den Schiffern bekannt sei. Dieses seltene Stück erwarb das Landes- museum in Sarajevo vom zoologisch-mineralogischen Vereine in Regensburg, in dessen Sammlung es laut letztwilliger Verfügung des Grafen bisher aufbewahrt wurde. Auf Grund dieser Mitteilung Grafen von der Mühles und vielleicht auch über persönliche Erkundigungen nahm Erhard den Gescheckten Eisvogel unter die Brut- und Sommervögel der Kykladen auf. Ein weiteres Belegstück bekam dann in der ersten Hälfte der Fünfzigerjahre Lindermayer von der Kykladeninsel Mykonos, von welchem aber heute keine Spur mehr aufzufinden ist. Immerhin hält Krüper auf Grund dieser Vorkommnisse das zufällige Erscheinen des Vogels für wahrscheinlich. Aus neuerer Zeit ist mir noch eine Begebenheit bekannt geworden, deren Mitteilung ich Herrn Ed. Hodek jun. verdanke. III. Griechenland. 301 Dieser bekannte Wiener Konservator befand sich 1832 in Begleitung weiland des Kronprinzen Rudolf auf der Fahrt nach dem Öriente. Die Jacht „Miramar“ war wegen überaus hohen Seeganges genötigt, den Hafen von Zante anzulaufen. In den Tagebuchnotizen Hodeks über die mehrtägigen Jagden während des unfreiwilligen Auf- enthaltes auf der genannten Insel ist nun unter dem 14. Februar 1882 folgendes zu entnehmen: „Se. kais. Hoheit erlegt einen grau und weiß gesprenkelten Eisvogel. Der Vogel lebt noch, wird von einem der mitgenommenen Dackeln apportiert und beinahe ganz zerrissen. An Bord werden die Überbleibseln nach Durchsehen diverser Werke als Ceryle rudis agnosziert. — Schade um den Vogel.“ Geeinus viridis (L.) — Grünspecht. Es ist mir nicht gelungen, mit dem Grünspecht auf einer meiner Reisen in Griechen- land zusammenzutreffen. Er ist dort nach der übereinstimmenden Angabe Linder- mayers und Krüpers überhaupt selten, jedoch in einigen größeren Laubwaldungen Standvogel. So ist er in den wenigstens 1000 bis 1200 Fuß über dem Meere liegen- den Eichen- und Fdelkastanienwaldungen des nördlichen Teiles von Euböa, Akarna- niens und Messeniens nach Lindermayer zu finden. Fiedler beobachtete am 21. Oktober 1836 einige an wilden Birnbäumen im Tale gegen den Kalavrytafluß nördlich von Syrbani auf dem nördlichen Peloponnes. Im Jahre 1895 erhielt Herr Merlin ein Stück in der Umgebung von Lamia und ein bezüglich Größe und Färbung vollkommen typisches Paar (alte Vögel) sammelte St. Strrimmeneas am 9. August und 10. September 1895 in der Gegend von Agoriani am Parnaß, welches sich jetzt hier im Museum befindet. Genau in dieser Gegend wurde im Juli 1895 der Grünspecht ebenfalls von Herrn Hauptmann Roth beobachtet. Sonstige Angaben, namentlich bezüglich der Fortpflanzung, sind mir nicht be- kannt geworden. Dendrocopus minor danfordi (Hargitt) — Östlicher Kleinbuntspecht. Obwohl im „Cat. of Birds“, vol. XVIIL, p. 257 angegeben ist, daß sich die Ver- breitung dieses eigenartig gefärbten Kleinspechtes von Asien herüber bis nach Griechen- land erstrecke, ist es mir nicht bekannt, daß bisher irgend jemand den in unserem Gebiete heimischen kleinen Buntspecht mit danfordi tatsächlich identifizieren konnte. Nunmehr kann ich mitteilen, daß Herr Dresser die fünf Stücke des hiesigen Museums für vollständig übereinstimmend mit der asiatischen Type von danfordi erkannt hat, und füge bei, daß das Gleiche von V. Ritter v. Tschusi bezüglich jener Stücke erklärt wurde, welche ich aus Ostrumelien mitgebracht habe und im Bd. II der „Orn. bale.* als D. minor behandelte. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal ist und bleibt für danfordi der schwarze, bogenförmige Strich an den rückwärtigen Wangenteilen. Fer- ner finde ich, daß selbst bei jüngeren Weibchen des D. minor der weiße Scheitelfleck reiner in der Farbe und namentlich größer ist als bei danfordi. Ich begegnete diesem Spechte wiederholt in dem unter Wasser stehenden Eschenauwalde an den Vrachori- seen in Akarnanien — eine Örtlichkeit, die schon durch Dr. Krüper für die Art bekannt- gegeben wurde. In der Zeit vom 30. April bis 3. Mai 1894 beobachtete ich ihn öfters und am 31. März 1897 wurden am selben Platze wieder mehrere gesehen und zwei alte Männchen glücklicherweise auch erbeutet. Nicht weit von dort, nämlich in den 302 Ornis balcanica. Eichenbeständen der Umgebung des Monastir Angelokastron beobachtete ihn am 29. November 1898 Baron Schilling. Nach Lindermayer ist er weiters ein seltener Standvogel der Wälder des nörd- lichen Griechenlands und Euböas. Auf dem Peloponnes traf ihn Graf von der Mühle in Arkadien, Hauptmann Roth erlegte ein schönes Männchen am 26. Mai 1898 im Eichenwalde Kapellis in Elis, welches er unserem Museum überließ, und ein Weibchen verdanken wir Chr. Leonis, der es am 24. Februar 1902 bei Sykiä am Nordostfuße des Ziria- (Kyllene-) Gebirges erbeutet hatte. Das fünfte Stück unserer Sammlung, ein altes Weibchen, stammt ebenfalls aus Griechenland; doch ist der Fundort unleserlich, geschossen am 6. Jänner 18394. Es wurde Strimmeneas sen. zugeschickt. Maße dieser Vögel: (0% Se) Q Ganze Länge . . . . . . . 152 147 145 150 137 mm Eugene ern nn LESOr Ener al et 50 Schwanzen er tea nn, Schmabe a LE 2 arsuse ee an 312 Ein Ei von D. minor danfordi ist meines Wissens wenigstens in Europa bisher noch niemals gesammelt worden; am ehesten würde dies in den Sumpfwäldern Akar- naniens gelingen, wo der Specht, wie gesagt, durchaus nicht selten ist. Dendrocopus (Pieus) medius sancti-johannis (Blanf.) — Östlicher Mittelbuntspecht. (Siehe Tafel II, Vogel u. III, Ei.) Es ist erstaunlich, daß diesg vom nordischen Mittelbuntspecht fast ebenso gut unterscheidbare Form wie D. leuconotus lilfordi vom typischen leuconotus in neuerer Zeit niemandem in Griechenland aufgefallen ist. Diese scheint überhaupt aus Europa bisher nur aus der Umgebung von Konstantinopel, Belgrader Wald, nicht „Belgrade, on the Danube“, wie es in Dressers „Suppl.“ heißt, bekannt geworden zu sein.!) Jedoch sei schon hier erwähnt, daß der von Chr. L. Brehm im „Vogelfang“, S. 70 erwähnte Picus meridionalis als synonym mit sancti-johannis?) zu betrachten ist und nur deshalb der jüngeren Bezeichnung weichen muß, weil der Name meridionalis schon vergeben ist. Als Kennzeichen führt Brehm an: „Der Schnabel ist sehr klein; die erste Schwungfeder länger, bei den anderen kürzer als die Oberflügeldeckfedern. In Griechenland.“ Später im Eierwerke von Baedeker fügt er noch hinzu: „bewohnt die Auwälder bis Griechenland“. Selbstverständlich ist der Östliche Mittelbuntspecht nur als eine geographische Form des typischen medius aufzufassen, die durch grellere Färbung, und zwar durch viel lebhafteres Rot und durch kräftigere schwarze Zeichnung kenntlich ist. Mein lieber Freund Pastor Kleinschmidt, der ja auch die Abbildung zu liefern die Güte hatte, machte mich darauf aufmerksam, daß diese beiden Mittelspechtformen !) „Cat. Brit. Birds“ XVII, p. 289. ®) Von Blanford im „Ibis“ 1873, p. 226 aus Persien beschrieben. III. Griechenland. 303 eine interessante Parallele zu jenen des mitteleuropäischen und südlichen Weißrücken- spechtes bilden, indem außerdem Übergänge überall dort auftreten, wo D. leuconotus lilfordi vorkommt. Wie überhaupt bei allen geographischen Formen, ist gerade bei diesem Vogel das individuelle Abändern sehr bemerkenswert. Der Unterschied in der Schnabellänge und bei der ersten Schwinge trifft daher sehr oft nicht zu, weshalb alle Maße diesbezüg- lich nur von untergeordneter Bedeutung sein können. Die abgebildeten Vögel sind beide Männchen, und zwar das eine mit dem leb- haftesten Rot vom Walde Kapellis bei Olympia, erlegt am 26. Mai 1893, das andere mit der ausgedehntesten schwarzen Zeichnung vom Zygosgebirge, geschossen am 20. Februar 1897. Natürlich befinden sich in der aus Griechenland mitgebrachten Reihe von neun Stücken auch solche mit hellerem Gefieder. Die oben angeführten Gründe sind ohne Zweifel auch die Ursache, daß Radde beide Formen nach sorgfältiger Vergleichung („Orn. caue.“, S. 313 u. 314) vereinigt. Hier möge nun das Wenige Platz finden, was in der Literatur über Griechenland, natürlich unter Picus medius enthalten ist. Was Drummond für Korfu und die Jonischen Inseln angibt, lautet ziemlich un- bestimmt. Jedenfalls geht daraus hervor, daß dieser Specht dort selten ist und Sper- ling, von dessen Begleiter ein Stück auf Levkas (Sta. Maura) von einem Olivenbaume herabgeschossen wurde, sagt ausdrücklich: „Ich glaube nicht, daß dieser Vogel früher einmal schon auf den Jonischen Inseln beobachtet wurde.“ Hierzu bemerke ich, daß ein zweites, ebenfalls von Levkas aus neuerer Zeit stammendes Exemplar mir bei Musterung der Sammlung des Korakianitis zu Ge- sicht kam. Jameson will den Mittelbuntspecht auch auf Kythera, jedoch auffallenderweise bloß im Winter und Frühling beobachtet haben. Nach v. Heldreich sei dieser der einzige Specht, der auf dem Peloponnes, und zwar im Taygetos gefunden wurde, was übrigens denn doch nicht ganz richtig ist. Endlich gibt Krüper bei Mommsen die auch in Brehms „Tierleben“ benützte Bemerkung: „Der mittlere Buntspecht ist in Griechenland selten; ich traf ihn im Taygetos- und Veluchigebirge und während des Winters in den Olivenwäldern Akar- naniens.* Von zwei in letztgenannter Gegend von ihm gesammelten Stücken kam das eine in das Athener Museum, das andere, ein jüngerer Vogel vom 15. Dezember 1865, in jenes von Sharpe u. Dresser. Nach meinen eigenen Wahrnehmungen kann ich versichern, daß wenigstens ge- genwärtig dieser Specht entschieden die häufigste Art von allen Verwandten ist, und zwar hauptsächlich im ganzen Westen von Griechenland; weiter gegen Osten wird er entschieden seltener und wurde z. B. in Attika bisher nie beobachtet. Sein Vorkommen ist größtenteils an die verschiedenen Altbestände der Eiche geknüpft. So fand ich ihn im Februar ziemlich häufig in den höheren Lagen des Zygos nordöstlich von Missolonghi. Eine geradezu charakteristische Erscheinung bildet er in den schütteren Eichenwäldern des westlichen Akarnaniens, wo er namentlich am Rande des Markutsasees, den Hängen von Chalkitsa und des Hag. Pantelemonos wiederholt von uns allen gesehen und erlegt wurde. Auch auf den Eichen beim Monastir Angelo- kastron beobachtete ihn Baron Schilling am 29. November 1898. Recht häufig, und zwar ebenso wie in Akarnanien als Brutvogel, tritt er in dem aus Quercus eonferta bestehenden Walde Kapellis in Elis auf. Hier wurde mir am 304 Ornis baleanica. 26. Mai 1898 eine Brut von vier erst wenige Tage alten Jungen gebracht, während andere Paare daselbst schon völlig Hüsge Vögel führten. Im Taygetos war in den Xerovunivorbergen sowie in der Langhäda zunächst überhaupt kein Specht zu hören oder zu sehen. Der Mittelspecht dürfte nach dort ein- geholten Erkundigungen in dieser Gegend nur im Winter erscheinen. Dagegen kommt er nicht selten in den bewaldeten Schluchten um Hag. Warwara unweit der Baum- grenze vor, wo er von uns am 14. und 16. Juni öfters festgestellt wurde, und noch häufiger war er schließlich in den lichten Eichenbeständen der Maina, von Tarapsa an südwärts. Endlich wären noch drei Bälge unseres Museums zu erwähnen, welche aus der Umgebung von Tripolitsa m Arkadien, aus jener von Lamia und endlich von Agoriani im Parnaß herstammen. In letzterer Gegend, wo dieser Specht sehr selten zu sein scheint, erbeutete St. Strimmeneas das betreffende Stück, ein junges Männchen am 21. August 1896 und vor Jahren überbrachte man dort Dr. Krüper ein unzweifelhaft hierhergehöriges Ei, welches auf Tafel III abgebildet erscheint. Seine Maße sind: 25:2 X 19'3 mm; Gewicht 41 eg. Dendrocopus leuconotus lilfordi Sharpe u. Dress. — Hellenenspecht. (Ei siehe Tafel II.) Er ist der Vertreter des weißrückigen Spechtes in Griechenland, wie sich A. Brehm im „Tierleben“ ausdrückt, und wurde als solcher zuerst 1872 von Dresser („Birds of Europe“) erkannt. Übrigens ist über die Verbreitung dieses Spechtes in Griechenland wenig bekannt, da in der Literatur sich entweder bloß allgemeine Heimatsangaben finden, wie z. B. in „Cat. of Birds“, vol. XVIIL, p. 272: „Picus leuconotus subsp. lilfordi — hab. Greece“, im Katalog von Dubois (1872), p. XCI: „Graecia“ oder nur die systematische Frage behandelt wird, wie dies ebenfalls durch Dubois, „Rev. et Mag. Zoolog.“ 1873, p. 392 geschah: „D. lilfordi aus Griechenland ist keine Varietät von D. leuconotus, sondern eine wirkliche Art.“ Trotzdem wurde der Vogel aber, wie bemerkt, von allen Autoren bis 1872 als Pieus leuconotus betrachtet. Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“ 1845) wunderte sich, daß ihn Lindermayer nicht für Griechenland aufführt, obwohl er aus Dalmatien bekannt ist. Dies erklärt sich leicht durch die Seltenheit des Spechtes in dem im allgemeinen baumarmen Lande, welche sämtliche griechische Ornithologen hervorheben. Trotz aller Aufmerksamkeit ist mir kein einziges Stück auf meinen Reisen unter- gekommen. Als Fundorte werden namentlich angegeben: die Waldungen Mittelgriechenlands (Graf von der Mühle), die rings um den Vrachorisee und am Oetagebirge gelegenen (Lindermayer 1859!) und endlich der Parnaß (Krüper). Aus dem letztgenannten Gebirge erhielt Krüper einmal einen Hellenenspecht Ende Mai und im Laufe der Jahre auch einige einzelne Eier und erlegte selbst einen solchen Specht im Sumpfwalde am Vrachorisee am 24. Jänner 1869. In neuerer Zeit brachte in den Wäldern bei Agoriani im Parnaß während des Sommer 1895 der findige St. Strimmeneas eine ziemliche Anzahl schön gearbeiteter Bälge zusammen, von denen ein Paar alter Vögel, erlegt am 13. Juli, in den Besitz des hiesigen Museums überging. III. Griechenland. 305 Die griechischen Vertreter gleichen aufs Haar jenen aus Bosnien und der Type aus Makedonien und messen: Ganze Länge Flügel Schwanz Lauf Schnabel g' 238 149 99 29 35 mm 0 277 147 96 26-5 33 „ Bezüglich der Eier wäre zu bemerken, daß Spechteier mit zuverlässig sicherer griechischer Herkunft, welche in der Größe zwischen denen des mittleren Buntspechtes und jenen des Grünspechtes die Mitte halten, mit Bestimmtheit dieser Art zugesprochen werden können, weil in Griechenland weder der große Buntspecht noch der Grau- specht vorkommt. Maß und Gewicht von zwei Eiern vom Parnaß: 10% ET 276 mm Br. 20:9 20:9 mm Gew. 46 40 eg Dryocopus martius (L.) — Schwarzspecht. Ich war nicht so glücklich, dem Schwarzspecht innerhalb der griechischen Grenzen zu begegnen, und muß mich daher darauf beschränken, hier die Beobachtungen anderer wiederzugeben. Am 12. September 1836 traf Fiedler im Eichenbestande nördlich von Gythion (Lakonien) einen solchen Specht an — es ist meines Wissens der einzige Fall des Vor- kommens auf dem Peloponnes! Graf von der Mühle gab ihn für die Waldungen Rumeliens (d. h. Mitteleriechen- lands) an und Lindermayer erfuhr später, daß D. martius nicht sehr selten in den höheren Waldgegenden des Oeta und Veluchi vorkommt. Dr. Krüper traf ihn weiters nicht selten in den hochgelegenen Gebirgswaldungen des Parnaß!) und fügt bei, daß er dort wohl nie in die Täler herabkommt. Am Parnaß, und zwar hauptsächlich in der Umgebung von Agoriani sammelte mehrfach St. Strimmeneas diesen Specht und dadurch erhielt das hiesige Landes- museum zwei Weibchen (27. Juli 1896 und 2. September 1895) und ein Männchen (8. März 1899). Dieses ist deshalb bemerkenswert, weil es bei sonst regelrechter Fär- bung an der linken Bauchseite ein Büschel schneeweißer Federn trägt. In diesen Parnaßwäldern wurden vor Jahren für Dr. Krüper auch einige wenige Eier gesammelt, von welchen mir der Genannte mit bekannter Liebenswürdigkeit drei Stücke überließ. Ihre Maße sind: L. 36:2 36 335 mm Br. 26 25:6 25:6 mm Gew. 94 36 86 eg Schließlich wäre noch zu erwähnen, daß Lord Lilford auf Levkas (St. Maura) zwei Schwarzspechte sah, welche, wie ihm versichert wurde, auf dem Ainosgebirge der Insel Kephalonia geschossen worden seien. 1) Wiederholt in A. Brehms „Tierleben“. Reiser, Ornis balcanica. III. 20 306 Ornis balcanica. Während meines mehrtägigen Aufenthaltes in den dortigen reinen Tannenbestän- den im März habe ich jedoch keine Spur dieses seine Anwesenheit so leicht verraten- den Spechtes gefunden. Aus alledem geht übrigens hervor, daß weder die Worte Glogers (1834): „ehe- dem hatte ihn aber auch Griechenland noch“ richtig sind, noch daß man ihn den häufigsten Specht des Landes nennen darf, wie dies v. Heldreich angab. Jyn& torquilla L. — Wendehals. Wir haben es hier mit einem zwar im Lande überwinternden, aber nirgends brütenden Vogel zu tun. Schon Naumann und der alte Thienemann sagten, daß er von Griechenland angefangen durch ganz Europa niste, und A. Brehm (,„Tierleben“) erblickt den Grund des Nichtbrütens in der Baumarmut der griechischen Ebenen. Doch scheinen eher klimatische Verhältnisse den Grund hierfür zu bilden. Als mehr oder minder häufig, namentlich in den Olivenwäldern von Oktober bis März verweilenden Vogel, unter anderen in Arkadien, den Kykladen und auf Euböa, bezeichnen den Wendehals Lindermayer, Graf von der Mühle, Erhard und v. Heldreich. Solche überwinternde Wendehälse erhielt das Museum von Athen und das British Museum aus Attika (3. Jänner 1568 und 5. Februar 1874 bei Schneefall!) sowie unsere Anstalt (25. Dezember 1896); auch ich selbst stieß einige Male auf solche; so am 20. Jänner 1897 im Gestrüppe der Düne von Korissia auf Korfu, am 5. März 1897 im Gelände östlich von Chalkitsa in Akarnanien und endlich zweimal am 10. März 1897 im Olivenwalde nächst Missolonghi. Schließlich liegt mir ein Stück vor, welches Baron Schilling am 13. Dezember 1893 zwischen Singdrosseln in den Oliven von Monastir Angelokastron erbeutete. Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“ 1845) fand die griechischen Vertreter von deutschen nicht verschieden, aber es fiel ihm das Überwintern in Griechenland deshalb auf, weil der Wendehals Deutschland schon so früh verläßt. Natürlich gelangen auf dem Zuge sehr viele in unser Gebiet, werden aber wegen ihrer versteckten Lebensweise zu dieser Zeit wohl zumeist übersehen. Ich scheuchte auf Korfu bei Braganiotika am 21. April 1894 ihrer mehrere aus den Erica-Büschen heraus und erlegte ein Weibchen für unsere Sammlung. Nach Drummond kommen sie auf die genannte Insel oft recht spät, nämlich erst am 20. Mai, halten sich dann aber freilich gar nicht auf. Nur etwas früher, nämlich am 14. Mai, begegneten wir dem Wendehals auf den Strophaden, wo Herr Hauptman Roth je einen beobachtete und erlegte. Auch Kythera wird nach Jameson im Herbste von ihm aufgesucht und in der ersten Woche des Mai sah ihn Douglass einmal auf Santorin. Vom Herbstzuge liegen mir nur ein Männchen vom 13. September 1894 (Attika, Angelogipi) und ein zweites vom selben Jahre von der Insel Skyros vor. Zu dieser Zeit fängt der Elenorenfalke die fetten Vögel im Archipel mit Vorliebe für seine rasch heranwachsende Brut. Cueulus canorus L. — Kuckuck. Obwohl der Kuckuck im Lande eine häufige und allbekannte Erscheinung ist, kann ich doch nur auf wenige eigene Beobachtungen hinweisen, hauptsächlich wohl III. Griechenland. 307 deshalb, weil ich Griechenland nie zur Herbstzeit besucht habe, wenn der Kuckuck auf der Wanderung nach dem Süden in großer Zahl dort ankommt. Aber auch im Frühling durchziehen viele Kuckucke das Gebiet und nur ein kleiner Teil bleibt in der Bergregion zurück, um dort den Sommer zuzubringen und sich fortzupflanzen. Auf dem Frühlings- und Herbstdurchzuge wurde der Kuckuck vermerkt von Jameson für Kythera, von Erzherzog Salvator für Paxos und Antipaxos (April und August), von Drummond und Lord Lilford für Korfu. Drummond sah hier sehr viele und beobachtete die Ankunft gegen den 10. April, gegen anfangs Mai dagegen keine mehr. Lord Lilford traf den Kuckuck nur in kleiner Zahl, wenige Tage im April verweilend und einzeln in der ersten Hälfte September wieder zurückkehrend, an. Am 19. April 1894 begegnete ich auf Korfu 2—3 äußerst scheuen und offenbar auf dem Zuge befindlichen Kuckucken mitten im Olivenwalde. Für die Inseln des Archipels führen ihn an: Erhard als Durchzügler der Kykla- den, Lindermayer für Euböa und Douglass ausdrücklich für Santorin, wo er sogar noch in der ersten Woche des Mai 1392 ein altes d' und ein einjähriges 9 erlegte. Auf den Inseln des griechischen Archipels lernte schon Sonnini den Kuckuck kennen, natürlich ebenfalls nur als Durchzugsvogel. Deshalb wundert er sich auch über seine dort im Vergleiche zu Mitteleuropa veränderten Gewohnheiten. Nach seinen Beobachtungen schließen sich auf dem Zuge mehrere Kuckucke teils zusammen und meiden die Waldungen, teils wandern sie zur selben Zeit und in Gemeinschaft mit den Scharen der Turteltaube, aber dann stets einzeln und gewissermaßen als deren An- führer.!) Die übrigen Bemerkungen des alten Reisenden, daß der Kuckuck zu dieser Zeit verstummt, sehr fett wird ete., sind allgemein bekannt. Eine andere wichtige Beobachtung vom gemeinsamen Wandern mehrerer Kuckucke, eine Erscheinung, welche weiter nördlich wohl nur äußerst selten zu machen sein dürfte, erfahren wir durch Graf von der Mühle. Dieser bemerkte nämlich einstens an der (damaligen) türkischen Grenze, Anfang April, auf einer Wiese, wo einzelne große Laubbäume standen, früh morgens eine Schar Kuckucke, etliche zwanzig, von welchen er nach längerer Beobachtung zwei erlegte; einige flogen auf die Erde, hoben etwas auf und flogen wieder zurück auf die Bäume; dort trieben sie sich neckend von Ast zu Ast und ließen nur zuweilen ein heiseres „wa wa wa“ hören. Lindermayer gibt an, daß der Kuckuck von Mitte April an bis Ende des Monates (später verbessert er bis Mitte Mai) die Gärten, Olivenwälder und die mit Pinus halepensis bewaldeten Vorberge durchstreift, was ich ebenfalls bestätigen kann. Genauere Beobachtungen über das Eintreffen des Kuckucks liegen wie gewöhn- lich nur für den Frühling vor, wobei zu bemerken ist, daß in Griechenland nicht immer der Ruf des Vogels beim ersten Erscheinen zu hören ist. Ich gebe die Daten in chronologischer Reihenfolge: 1859: 14. April in Akarnanien (Krüper). 1860: 31. März „ Attika (Direktor Schmidt). 1562: 15. April „ „ (Direktor Schmidt). 1865: 25. „ ,„ Gebiet des Parnaß (Krüper). 1866: 8. „ „ Attika (auch erlegt) (Krüper) 1866: 15. „ ,„ Gebiet des Parnaß (Krüper) !) Baldamus, Leben der Kuckucke, S. 23 findet in diesen Ausführungen Sonninis aber einen Widerspruch. 20% 308 Ornis baleanica. 1897: 13. April in Attika, Kephissia (auch 1 erlegt) (O. Reiser). 1899: 16. „ ,„ Patras (Baron Schilling). Am 21. April erst den zweiten und einen dritten grauen zerrissen aufgefunden. Der Herbstrückzug beginnt nach Dr. Krüper schon von Mitte Juli an und im August treffen die Wanderer vom Norden ein. Als Orte, wo der Kuckuck in Griechenland zur Fortpflanzung schreiten dürfte, nenne ich die Gehänge der großen Klissura, wo das Benehmen eines solchen am 1. Mai 1394 mich dies vermuten ließ, dann den Hymettos, wo am 11. Mai desselben Jahres sich einer im Gezweige von Pinus halepensis herumtrieb, und schließlich den obersten Teil der Langhädaschlucht in Lakonien, wo mehrere Cueulus bis zur Paß- höhe am 10. Juni 1898 von mir allenthalben gehört und beobachtet wurden. Jedoch ist das Gebiet des Parnaß bisher die einzige Gegend des Landes, in welcher durch die Bemühungen Dr. Krüpers wiederholt Eier des Vogels zustande gebracht wurden. Einige Male wählte hier der Kuckuck den schwarzkehligen Wiesen- schmätzer (Pratincola rubicola) zum Brutpfleger, wie ein gegenwärtig in der Samm- lung des genialen Kuckuckforschers Rey befindliches, im Juni 1876 gefundenes Ei, nebst dreien der genannten Pflegeeltern beweist (Kat.-Nr. 133 der Koll. Rey). Schon vorher, nämlich Ende Mai 1575, bekam Dr. Krüper ebenfalls im Parnaß einen von P. rubicola ausgebrüteten jungen Kuckuck. Zumeist jedoch wird nach den Erfahrungen Krüpers der ÖOrpheussänger (Sylvia orphea) mit einem Kuckucksei bedacht. Ein solches am 20. Mai 1895 im Parnaßgebiet bei drei etwas ungewöhnlich läng- lich geformten Eiern der Sylvia orphea gefundenes Exemplar liegt mir vor. Es be- sitzt bei etwas gedrungener Gestalt eine den Sängergrasmückeneiern geradezu über- raschend ähnliche Zeichnung und Färbüng. Maß und Gewicht dieses Stückes: 217 X 175 mm, 25 eg. Ein anderes Ei der Koll. Rey (Kat.-Nr. 273) von demselben Fundorte, genommen im Juni 1575, hat 22:75 X 1675 mm, 22:5 cg. Jedenfalls aber legt der Kuckuck in Griechenland seine Eier auch in die Nester noch anderer Vogelarten; doch fehlen bisher Beobachtungen darüber. Nach v. Held- reich wäre dies besonders bei den dortigen Saxicola-Arten der Fall, was auch sehr wahrscheinlich ist. Die Hauptlegezeit ist der Mai; aber auch noch im Juni fand Krüper frische Eier. Natürlich ist es ein nicht weiter zu berücksichtigender Unsinn oder eine bloße Gedankenlosigkeit, wenn Lindermayer von einem „Brüten“ des Kuckucks spricht und die Annahme aufstellt, daß er „in der nördlichen Waldregion in einzelnen Paaren dort sein Nest baut“. Seit langer Zeit wurde über die Fragen, ob der rotbraune Kuckuck eine eigene Art bilde, und ob es in Griechenland mehr graue als rote Kuckucke gäbe oder umge- kehrt, viel Papier verschwendet. Nach Gloger und Temminck sind in Griechenland und dem Archipel, im Som- mer wenigstens, die grauen Kuckucke überhaupt selten. Auf Grund welcher Beobach- tungen diese Angabe erfolgte, ist nun freilich nicht ersichtlich. Graf von der Mühle fand im Frühling meistens graue Vögel und nur auf dem Herbstzuge zuweilen rot- braune, was der Jungen wegen sehr erklärlich ist. Erhard sagt zuerst, daß Cweulus canorus in ganz Griechenland nur im grauen Kleide vorkomme, berichtigt dies aber später auf Seite 95 auf Grund neuerer Beobachtungen. III. Griechenland. 309 Lindermayer hält in seiner ersten Arbeit (1843) an der falschen Ansicht fest, Cuculus rufus von canorus zu trennen, und zwar deshalb, weil er unter etwa 1000 grauen Kuckucken auf dem Markte von Athen nur einen einzigen rotbraunen ent- deckte. Dies veranlaßte Tobias (Görlitzer Abhandlungen) zu der Bemerkung: „Im Süden fand ich alle Kuckucksweibehen mehr rötlich; hätte doch Dr. Lindermayer den C. rufus seziert! es war gewiß ein Weibchen!“ Noch viel eingehender befaßte sich Chr. L. Brehm (Okens „Isis“ 1843, XII, S. 890— 893) mit dieser Frage. Seine Ausführungen lauten im Auszuge. Dr. Linder- mayer behauptet in seinem sonst vortrefllichen Aufsatze das Dasein des Cuculus rufus. Brehm ist dagegen vollständig überzeugt, daß C. rufus und Ü. canorus ein und derselbe Vogel ist, und erhärtet dies ausführlich. Auch ältere als einjährige Weib- chen tragen das rote Kleid, demnach sei dies eine schöne, aber zufällige Ausartung. Dies gilt wohl auch betrefis des einzigen roten Kuckucks unter 1000 gewöhnlichen auf dem Markte von Athen. (Ein weiteres Stück schickte Lindermayer nach Altenburg.) Da Brehm in 30 Jahren nur vier rote Kuckucke sah, so sind die roten Stücke wohl auch in Griechenland im Frühling nur sehr einzeln vorhanden. Brehm schließt: „Hätte Herr Lindermayer gesagt: Ich habe nach und nach vier rotbraune ver- mauserte Kuckucksmännehen im Frühjahre erhalten, deren Geschlecht ich durch Sektion erkannte, dann wollte ich ihm sogleich recht geben und zugestehen, ©. rufus ist eine eigene Art.*!) Infolge dieser Ausführungen ließ Lindermayer dann (1859) €. rufus fallen; doch befindet sich im Museum zu Athen ein am 19. Juli 1861 in Attika geschossener und von Schrader sen. untersuchter und konservierter rotbrauner Kuckuck, welcher sowohl auf der Etikette als auch im Inventar ausdrücklich als Männchen bezeichnet ist. Ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich dies auf Grund aller bisherigen Erfahrungen trotzdem als Irrtum bezeichne. Die übrigen griechischen Stücke des Athener wie des britischen Museums tragen das gewöhnliche graue Kleid. Die Mitglieder der Exped. scient. de Mor. brachten nur einen jungen Vogel mit rötlichem Gefieder vom Peloponnes nach Frankreich. Ein solches, aber schon stark ins Graue übergehendes Stück bekam unser Museum vom Herbstzuge 1894 von der Insel Skyros und ein altes Weibehen mit schönstem Rot- braun von Amerusion durch St. Strimmeneas (22. April 1396). Im Frühling habe ich nie bemerkt, daß von Seite der griechischen Jäger auf Kuckucke Jagd gemacht worden wäre, doch soll dies nach den Berichten vieler Autoren umso leidenschaftlicher im Herbste der Fall sein, zu welcher Zeit der Kuckuck weniger scheu und sehr fett ist. Er gilt dann für die Südländer als ganz besonderer Lecker- bissen. Auch die Raubvögel, insbesondere die Eleonorenfalken, sollen ihm in Griechen- land während des Herbstdurchzuges nachdrücklich nachstellen. Coccystes glandarius (L.) — Heherkuckuck. Es ist leider bis zur Stunde nicht festgestellt, ob dieser hochinteressante Kuckuck in Griechenland vereinzelt zur Fortpflanzung schreitet, obwohl einige Fälle dies sehr wahrscheinlich erscheinen lassen. Die große Seltenheit des Vogels trägt hieran sicher die meiste Schuld, denn an und für sich ist er eine sehr auffallende Erscheinung. 1) 1845 erwähnt Brehm in der „Isis“ noch ausdrücklich, daß zwischen deutschen und griechischen Kuckueken kein Unterschied besteht. 310 Ornis baleanica. Wenn man aber die Fälle des Vorkommens zusammenfaßt, zeigt es sich, daß alle längs der östlichen Küstenstriche sich ergaben und niemals an der westlichen. Die Annahme Glogers, daß er, zwar nicht häufig, aber doch regelmäßig im griechischen Archipel einheimisch sei, hat sich seither durchaus nicht bewahrheitet und überhaupt sind diejenigen Autoren, und zwar Baedeker, Brehm und Päßler im Eierwerk, Dubois, v. Heldreich, Seebohm und A. Brehm („Tierleben“) im vollen Rechte, welche hervorheben, daß er in Griechenland viel seltener ist als im Südwesten von Europa und eigentlich nur als seltener Besucher gelten kann. Auch Krüper ist dieser Ansicht, fügt aber doch hinzu, es sei nicht unmöglich, daß er sich in baumreichen Gegenden fortpflanzt. Den ersten Fall des Vorkommens teilt Graf von der Mühle mit, welcher einen Heherkuckuck im Mai in Tzakonia (Gegend zwischen Astros und Leonidion) erhielt und sich den Schluß zu ziehen erlaubte, daß er dort nicht selten sei. Ein zweites Stück kaufte im Mai 1851 Lindermayer auf dem Markte in Athen. Man versicherte ihn, daß dasselbe auf dem Kyllenegebirge unweit des Styx geschossen wurde. Diesen Vogel schenkte er mit der Bezeichnung „Cue. macrourus“ dem natur- historischen Verein in Passau, in dessen II. Jahresbericht 1858 er auch ausgewiesen ist und sich noch*heute in gutem Zustande in der Sammlung vorfindet. Gegenden, welche der Heherkuckuck besonders zu bevorzugen scheint, sind die gebüsch- und baumreichen Stellen der Umgebung von Athen und hier wurden fast alle Stücke der Museen zu Athen und Sarajevo zustandegebracht. Außerdem wurde ein Stück im Juli 1895 bei Kephissia beobachtet, welches sich durch das unaufhörliche Gekreisch ähnlich wie das Kollern eines Truthahnes verriet, aber den Nachstellungen durch seine große Vorsicht zu entgehen wußte. Ein zweites wurde ebenda ein anderes Mal in Gegenwart St. Strimmeneas erlegt, aber von dem glücklichen Schützen auf der Stelle für die Küche gerupft. Das früheste und das späteste Datum tragen zwei Exemplare des Museums in Athen; das eine, ein Männchen am Phaleron, wurde am 17. März 1891, das andere im September 1872 von Herrn Merlin sen. erlegt. Für die Annahme der Fortpflanzung im Gebiete spricht aber am meisten das dritte im genannten Institute befindliche Stück, ein offenbar ganz junges Männchen, das ebenfalls in Attika am 17. Juni 1871 erbeutet und von Herrn Mitzopulos für eine Drachme angekauft wurde. Bei diesem merkwürdig aussehenden Vogel ist ein Schopf gar nicht vorhanden; die Oberseite und namentlich der Scheitel ist viel dunkler als bei den alten Vögeln, und zwar ausgesprochen schwarzgrau, die Kehle ist grell gelbbräunlich und der Schnabel augenscheinlich erst in der Entwicklung begriffen. Die Flügelfedern sind bis an die Spitzen zimmetbraun gefärbt. Es ist nahezu sicher anzunehmen, daß dieser Kuckuck in Attika ausgebrütet worden ist. Hier wäre noch die Bemerkung Krüpers (Cab. Journ. f. Orn. 1575, S. 250) ein- zuschalten, daß unter den griechischen Landleuten die ungewisse Erzählung besteht, dieser Vogel lege seine Eier in Elsternnester und lasse sie dort ausbrüten. Diese Sache erfuhr bekanntlich später im nahen Kleinasien ihre volle Bestätigung. Es erübrigt nur noch, zum Schlusse auf die drei im hiesigen Museum aufbewahrten Heherkuckucke des näheren zurückzukommen. Ein altes Männchen ist wegen des Erlegungsortes von Interesse; es wurde bei Velestino in Thessalien von St. Strimmeneas am 22. April 1896 geschossen. Von demselben Sammler rührt ein altes Weibchen her, welches nach längerem Umherjagen III. Griechenland. St am 4. April 1395 im den Gärten zwischen Acharnä und dem ehemaligen Landsitze der Königin Amalie Pyrgos endlich doch seine Beute wurde. Das dritte Stück ist ein noch nicht einjähriges Weibchen, welches seine Jugend durch kleinere Maße sowie namentlich durch dunklere Färbung der ganzen Oberseite deutlich verrät. Es wurde von Langhadis am 1. Mai 1596 am Rande der Ebene von Tripolitsa (Tripolis) in Arkadien erlegt. Maße dieser drei Vögel: Ganze Länge Flügel Schwanz Schnabel Tarsus d 435 216 237 26 34 mm 0 422 207 215 24 300% iuv. © 390 198 204 22 BU; Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal der Altersstufen beim Heherkuckuck scheint mir außer der-dunkleren Färbung des jungen ‚Vogels das grelle Zimtbraun der Schwungfedern im jugendlichen Alter zu sein, welches später immer mehr ver- schwindet. Stris flammea L. — Schleiereule. Seebohms Bemerkung, daß sie in Griechenland nicht vorkommt, ist nicht richtig; aber jedenfalls ist sie dort, wie in den meisten Balkanländern, eine seltene Erscheinung. Am meisten bekannt ist sie von Korfu, wo Drummond sie als Standvogel, aber nicht sehr häufig, Lord Lilford dagegen als häufig bezeichnet und sie einen Brutvogel der alten Festung in der Hauptstadt nennt. Trotz aller in neuerer Zeit vor sich gegan- genen Veränderungen und Beunruhigung brüten an diesem Orte, und zwar an schwer zugänglichen Mauerstellen an der Seeseite, noch heutzutage einige Paare und wie mir der Federhändler Rother erzählte, ist dies auch in verlassenen Landhäusern, wie es deren sehr viele auf der Insel gibt, öfters beobachtet worden. Durch den Genannten erhielt ich zwei am 28. April 1897 in den Festungswerken ausgenommene Dunenjunge samt dem bei der Niststelle gefangenen Weibchen und zwei ebenfalls aus der Festung stammende Stücke im Halbdunenkleide vom 20. Mai 1897, von denen ich das eine dem Museum in Athen übergab. Graf von der Mühle bekam sie nur ein einziges Mal als eine in den Felsen des Palamides, einer Festung bei Nauplia, bei Tage mit den Händen gefangen worden war, und erst daraufhin erwähnt ihrer Lindermayer in seinen späteren Arbeiten. Ein gut erhaltenes Stück befindet sich im Museum von Athen, welches im Oktober 1879 aus Attika eingeliefert wurde, und ein weiteres im k. k. naturhistorischen Hof- museum in Wien, welches dem Hauptmann J. Polatzek am 30. Mai 1596 in Misso- longhi von einem Knaben zugetragen wurde. Schließlich sammelte Professor Langhadis im Jahre 1892 auf dem Dachboden einer alten Kirche in Kalamata drei Schleiereulen, von denen ich zwei für unser Museum kaufte. Alle diese griechischen Stücke weisen mehr oder minder weiße Färbung der Unterseite und spärliche und kleine Tropfenzeichnung auf dieser auf. Mehrere, so das Exemplar von Nauplia sowie sämtliche von Korfu, zeichnen sich durch fleekenloses, blendendes Weiß der Unterseite mit seidenartigem Glanze aus und sind wahrhaft prachtvolle Vögel. Diese müßten zu der von vielen anerkannten Varietät meridionalis gerechnet werden, zu welcher aber erwiesenermaßen unzählige Abstufungen der typischen Strix fammea hinüberführen. 312 Ornis balcaniea. Carine noctua (Scop.), Athene noctua Retz. und var. meridionalis Risso — Steinkauz. Nicht allein seiner Häufigkeit wegen, sondern auch mit Bezug auf die symbolische Bedeutung ist der Steinkauz eine der wichtigsten Vogelgestalten des Landes. Er ist nämlich nach der Meinung älterer wie neuerer Schriftsteller der geheiligte Vogel der Pallas Athene und deshalb an unzähligen Orten, bei passender und auch unpassender Gelegenheit sowohl als Sinnbild althellenischen Geistes, als auch als Wahrzeichen des heutigen Griechenlands betrachtet worden. So befindet sich noch heutzutage im zoologischen Museum der Akademie in München ein von König Otto dem Institute übergebener aufgestellter Vogel der Athene, welcher im Februar 1837 ihm und seiner Gemahlin nach der Landung im Piräus als Symbol überreicht wurde, und ich kann nicht umhin, hier die köstliche Schilderung dieser Episode herzusetzen wie sie in den Erinnerungen aus Griechenland von Ross S. 104 enthalten ist: „Die Behörden von Athen, sei es, daß sie selbst diesen geistreichen Gedanken gehabt hatten oder daß er ihnen eingeflößt worden war, hatten beschlossen, der jungen Königin als Wahrzeichen der Stadt einen lebenden Vogel Minervens, mit weißblauen seidenen Bändern an den Fängen und Flügeln gefesselt, zur Begrüßung unter einer geeigneten Anrede zu überreichen. Kaum hatte die Königin den Fuß am Lande, wobei sie fast über die reichlich gestreuten Ölzweige gestolpert wäre, so mußte sie sich mit dem armen, halb zu Tode geängstigten Käuzchen beschäftigen.“ Es ist Tatsache, daß viele Steinkäuze sich auf der Akropolis, namentlich in früherer Zeit, angesiedelt hatten, und viele Besucher dieses einzig dastehenden Bauwerkes be- kamen die Eulen untertags zu sehen oder nächtlicherweile, da die Akropolis sehr gerne bei Mondschein besucht wird, zu hören. Dies bewirkte, daß man den Vogel noch mehr mit der Göttin in Verbindung brachte, und viele wünschten einen solchen als Andenken an die erhabenen Stunden der dortigen Anwesenheit zu besitzen. Diesem Verlangen kam in den Sechzigerjahren der Konservator Schrader sen. nach, mdem von ihm tadellos präparierte Steinkäuze beim Ausgange aus der Akropolis feilgeboten wurden und reißenden Absatz fanden. 1873 schreibt v. Heldreich, daß sich ihre Zahl merk- lich verringert hat, und nach und nach mußten natürlich Stemkäuze aus ganz Attika für solche von der Akropolis gelten; aber Schrader hatte ohne Zweifel einen ganz vortrefllichen Nebenerwerb neben seinem kärglichen Gehalte gefunden. Als Abzeichen findet dieses Käuzchen ebenfalls noch jetzt vielfache Anwendung. So tragen z. B. laut Baron Schilling solche die Alumnen und Scholaren des Monastir Angelokastron (Akarnanien) als griechische Kokarde. In simniger Weise schmückt auch den Grabstein des Grafen von der Mühle auf dem Friedhofe zu Leonberg bei Regensburg, der sich um die Omithologie Griechen- lands so große Verdienste erworben hat, ein auf einem kleinen Eichenzweige fußendes Käuzchen. Dies teilt Dr. Schuch im Nachruf mit und ich sah es bei meinem Besuche des Grabes Grafen von der Mühles am Morgen des 14. Juli 1900. Die heutigen Griechen nennen diese allbekannte Eule nach ihrem Rufe onomato- poetisch „Kukuwaia“ und dulden an vielen Orten gerne, daß sie die Behausung mit den Bewohnern teilt. Es wird wohl kaum einen Landstrich in Griechenland geben, dem der Steinkauz vollkommen fehlt, da er ein ständiger Bewohner nicht allein vieler Städte, sondern ins- besondere der karstigen Hänge, also eines Hauptgebietsteiles des Landes ist. III. Griechenland. 313 Der Übersichtlichkeit halber gebe ich im nachfolgenden aber doch jene Orte näher an, an welchen andere und ich ihm begegnet sind. In und außerhalb der Hauptstadt Athen, namentlich auf den felsigen Höhen der Umgebung beobachtete ihn zuerst in großer Zahl der Geologe Fiedler. Ich sah ihn dort an der Lehne des Hymettos sowie auf der Quarantäneinsel Hag. Georgios in der Bucht von Salamis und erhielt einen jungen Vogel im Halbdunenkleide. Lindermayer gibt an, daß ©. noctua (er nennt sie auch Str. nudipes!), als Stand- vogel die früher von Türken bewohnten Städte bevorzugt, und führt in dieser Hinsicht Lamia, Chalkis auf Euböa u. a. m. an. Im Gebiete des Parnaß muß der Steinkauz sehr häufig sein. Seebohm hörte dort oftmals seinen seltsamen Ruf und Dr. Krüper erhielt von da eine große Menge Eier. Nicht minder häufig ist er im westlichen Griechenland. Simpson nennt ihn hier einen über alle Städte und Dörfer verbreiteten Hausbewohner, welchen die Griechen sehr beschützen. In einer Schlucht des Zygosgebirges bemerkte ihn Krüper am 28. Mai 1553 und innerhalb der Stadt Missolonghi ließ Dr. Nieder im selben Jahre Eier, die unter den Dächern der Häuser lagen, einsammeln. Auch noch 1897 hörte ich dort in der Abenddämmerung seinen Ruf von allen Seiten, namentlich aber in der Gegend des Militärspitales. Außerdem scheuchte ich ihn zur Brutzeit aus einem verlassenen Stalle in Kryoneri heraus, fand ein Paar in einem seit langem verfallenden Han an der Straßenabzweigung zur Trennungslinie der beiden Vrachoriseen, woher schon in früheren Jahren Dr. Krüper Eier bekommen hatte, sowie ein anderes Paar an einer mitten im Walde bei Podolovitsa gelegenen Felswand und erlegte zwei Männchen am 28. und 29. April 1394 im großen Olivenwalde östlich von Aetolikon. Hier gibt es sehr viele und sicherlich brüten sie hier auch in hohlen Öl- bäumen. Einen der geschossenen konnte ich nicht gleich finden, da er, bevor er herab- fiel, noch ein Stück weitergestrichen war, und dieser wurde sogleich von Elstern zu rupfen begonnen. Den Peloponnes bewohnt der Steinkauz ebenfalls in Menge. J. Geoffroy St. Hilaire führt ihn zwar an, sagt aber über das Vorkommen weiter gar nichts. Linder- mayer kennt ihn als Bewohner der Ruinenstadt Mistra und ich beobachtete mehrere bei Pylos, wo ein Paar am 1. Juli 1898 vier eben aus den Eischalen geschlüpfte Junge in einer Felsritze nahe der Stadt liegen hatte, wovon eines konserviert wurde. Weiters hörten wir ihren Ruf unmittelbar bei der Ausgrabungsstätte von Olympia und trafen zwei Stücke am 30. April 1897 in Patras, wo sie sich in einer Mauernische der Festungs- werke sonnten. Auf unsere Steinwürfe dorthin flogen die Käuzchen nicht heraus, sondern zogen sich nach hinten und abwärts in eine Spalte zurück. Für die Inseln besitzen wir betreffs des Vorkommens einige Angaben, welche jedoch auf Vollständigkeit keinen Anspruch erheben können. Auf Korfu ist der Steinkauz nach Drummond und Lord Lilford zwar Stand- vogel, jedoch selten. Dasselbe kann ich bestätigen; es erforderte ziemlich viel Mühe, bis es Herrn Rother gelang, unserem Museum am 17. März 1898 ein altes Weibchen von der Insel zu beschaffen. Die Kykladen im allgemeinen beherbergen ihn als Standvogel (Erhard) und auf Naxos fand ihn Krüper, wenngleich nicht besonders häufig. Ein Nest mit Jungen stand daselbst in einem hohlen Ölbaume und auch Eier wurden ihm dort zugetragen. Ich beobachtete diesen Kauz im Olivenwalde von Tragäa und am Kap Mutsoma (16. und 19. Juni 1894). 314 Ornis baleanica. Bezüglich der Färbung von €. noetua in Griechenland muß von vorneherein betont werden, daß sie innerhalb der Landesgrenze durchaus keine einheitliche ist. In der Regel wird für das Gebiet entweder ausschließlich oder teilweise die var. meridionalis Risso angeführt, so von Simpson, Dubois und Rey, während Degland den griechi- schen Kauz Noctua persica (Vieill.) nennt. Dies ist aber nicht ganz zutreffend, denn unter den von mir insgesamt untersuchten Bälgen aus Griechenland gleicht die Mehr- zahl vollständig den mitteleuropäischen Käuzen und nur etwa ein Drittel zeigt deutliche Übergänge zur blassen Form in Afrika und Asien, so daß die Worte Glogers: „Exem- plare aus Griechenland spielen leise ins Rötlich-Tief- oder Schokoladebraune“ volle Gültigkeit besitzen und sich mit der Angabe Seebohms decken, welcher griechische Stücke kennen lernte, die „blässer sind als die nördliche Form und sich N. glausx nähern“. Auch Dresser besitzt Vertreter aus Griechenland, welche das typische Gefieder von C. noctua tragen und von spanischen Stücken nicht zu unterscheiden sind. Chr. L. Brehm bezeichnet den griechischen Steinkauz als Athene indigena („Vogel- fang“, S. 37 und „Naumannia“ VII, S. 226), und zwar nach aus Attika erhaltenen Exemplaren. A. indigena soll sich nach ihm von anderen Steinkäuzen unterscheiden: 1. durch den hell eingefaßten Schleier, 2. den nach Verhältnis eines Steinkauzschwanzes etwas langen Schwanz, 3. den schmal, aber sehr deutlich hell gestrichelten Kopf, 4. durch die wenig ausgesprochene mattbraune Zeichnung des Unterkörpers. Daß aber diese Unterschiede nicht stichhältig sind, geht schon daraus hervor, da Brehm an derselben Stelle („Naumannia“) zugibt, daß andere Steinkäuze aus Griechen- land im Museum zu Dresden nicht einmal von ihm selbst von deutschen Steinkäuzen unterschieden werden konnten. Die dunkelsten Stücke unserer Sammlung stammen von Korfu und Westgriechen- land. Ein Männchen von Agoriani (Parnaß) vom 22. August 1895 steht bezüglich des Farbentones genau in der Mitte zwischen der nördlichen und südlichen Form und das Kopfgefieder zeigt eine ausgesprochene Rostfarbe, während das lichteste, stark an Vögel aus Palästina erinnernde Kleid ein iuv. d’ des Museums in Athen trägt, welches von Guieciardi am 13. Juni 1859 in der Nähe dieser Stadt geschossen wurde. Gänzlich abweichend ist endlich ein etwa °/,jähriger Vogel unserer Sammlung gefärbt, welchen Prof. Langhadis im Februar 1397 bei Chalkis (Euböa) erbeutete und einsandte. Das ganze Gefieder zeigt den dunkelkaffeebraunen Ton, wie er sonst bei N. teng- malmi vorkommt und bedeutet bei C. noetua offenbar eine melanistische Abweichung. Die Bemerkung Grafen von der Mühles, daß das ganze Gefieder, zumal nach der Mauser, einen Metallglanz besitze, bleibt mir unverständlich. Durch diesen und weitere mitgeteilte Unterschiede biologischer Natur, die aber in Wirklichkeit ebenfalls nicht haltbar sind, ließ sich sogar Naumann in den Nachträgen verleiten, den griechi- schen Kauz als besondere Art zu betrachten. Denn daß die Sylvien in Griechenland den Steinkauz nicht so stark verfolgen wie bei uns, erklärt sich sehr einfach durch seine ungleich größere Häufigkeit, und daß er auch bei uns ebenso Tag- als Nacht- vogel ist wie im Süden, weiß man gegenwärtig auch schon. Bezüglich des Fortpflanzungsgeschäftes erfahren wir durch Krüper, daß die Lege- zeit Mitte oder Anfang April oder gar erst im Mai beginnt, so am 28. April 1859 in Akarnanien sechs Eier, 1874 spät im Mai Eier in Attika. Maß und Gewicht von zwei Gelegen zu vier Stück 28. April und 4. Mai 1890 sowie von sieben einzelnen Eiern, gesammelt von Dr. Krüper in den Jahren 1888 bis IIT. Griechenland. 315 1892 zwischen dem 11. April und 10. Mai, durchwegs aus dem Gebiete des Parnaß, möge hier folgen: I. 357 35°3 353 34:6 mm 35 34:6 345 34:1 mm Br. 29:5 284 28:3 29:6 mm 29 29:5 29:5 23:3 mm Gew. 119 127 112 134 cg 112 130 1lalzı 118 eg L. 36:9 367 35:3 35°6 35 35 34-4 mm Br. 302 286 296 299 2809 289 29. mm Gew. 141 121 131 133 135 118 129 cg Syrnium aluco (L.) — Waldkauz. Zu einer Zeit, da die Entwaldung des Landes noch nicht so weit vorgeschritten war, muß der Waldkauz entschieden häufiger gewesen sein als heutzutage. So bezeichnet ihn Lindermayer als ziemlich häufig selbst in der Umgebung von Athen in den größeren Olivenwäldern und den mit Pinus maritima (— halepensis) bewachsenen Vorhügeln. Namentlich von Euböa, aus den Schluchten des Pentelikon und des Parnaß bekam er fast alljährlich alte Vögel und Dunenjunge. Ein solches vom Mai 1859 befindet sich noch jetzt im Universitätsmuseum. Weniger häufig ist er nach Graf von der Mühle in den Wäldern Mittelgriechen- lands. . Endlich berichtet uns Krüper, daß der Waldkauz ein einzeln vorkommender Standvogel ist, der sich in Ruinen und in großen Waldungen aufhält. Auf diese Mit- teilung stützen sich die diesbezüglichen kurzen Angaben bei Rey, v. Heldreich, Dresser und A. Brehm (,„Tierleben“). Während meiner ersten Reise wurde am Abend des 2. Mai von Santarius am Rande des Vrachorisees in Akarnanien ein mehr graues als braunes Waldkauzweibchen im Vorbeifahren von einer Telegraphenstange herabgeschossen. Gerade diese Gegend ist dieselbe, wo von Dr. Krüper im April 1875 ein mir vorliegendes Ei von 471 X 387 mm und 280 eg gefunden wurde. Häufig muß der Kauz im Eichenwalde Kapellis (Pholo&) bei Lala sein, denn wir hörten dort allnächtlich seinen bekannten Ruf; ja zwei von ihnen setzten sich sogar auf die Eiche über unserem Zelte, konnten aber trotzdem hier nicht erblickt werden. Schließlich scheuchte ich am 9. Juni 1898 in einer Schlucht der Xerowuniberge im Taygetos ein Stück auf, welches von Rotkehlehen scharf verfolgt wurde. Die in Athen und hier befindlichen Bälge, zusammen zehn Stücke, darunter zwei im Halbdunenkleide, aus Arkadien, vom Parnaß, Taygetos und der Gegend von Lamia beweisen, daß auch in Griechenland die bekannten Farbenspielarten in Grau und Braun durchwegs vorkommen. Pisorhina scops (L.),. Scops aldrovandi Willug. — Zwergohreule. Die Zwergohreule gehört zu jenen Vogelarten, über welche in früheren Zeiten sehr viele Unrichtigkeiten aufgetischt wurden. Daher halte ich es für das beste, zuerst die- jenigen Beobachtungen vorauszuschicken, welche Anspruch auf Glaubwürdigkeit besitzen. Seebohm, dessen Wahrnehmungen 1876 von Dresser veröffentlicht wurden, gibt folgende knappe, aber zutreffende Darstellung: „Sie ist in Griechenland kein ungewöhn- 316 Ornis balcanica. lieher Vogel, doch einer von denjenigen, die am seltensten beobachtet werden. Wenn auch spärlich, ist sie über das ganze Land verteilt, denn die Verbreitung reicht von der Meeresküste fast bis in die Kiefernregion der Gebirge hinauf. Oft habe ich ihrem Rufe gelauscht, wenn ich in meinem Feldbette in einer Bauernhütte in Agoriani in halber Höhe des Parnaß lag und es schon zu kalt war, um mit Ruhe schlafen zu können. Die Eule verbleibt in diesen Ländern das ganze Jahr,!) brütet in Gärten, Obstgärten und Friedhöfen in den Baumlöchern und legt gegen Ende Mai fünf oder sechs Eier. Noch Genaueres erfahren wir von Krüper: „Die Zwergohreule kommt in Griechen- land sowohl in den Ebenen als auch in den Gebirgen vor und brütet dort; am häufigsten ist sie auf der Insel Naxos, wo sie in den Rüstlöchern der Häuser brütet und ich eine ziemlich bedeutende Anzahl Eier 1862 erhielt, besonders in den Dörfern von Tragäa. Wahrscheinlich werden auf den Kykladen, wo sie nach Erhard Standvogel ist, ein- zelne überwintern, was vielleicht auch in Athen so ist, da man im November noch ihren eintönigen Nachtruf hört. Dr. Erhards Behauptung, daß sich die Eule nur in tiefer Abenddämmerung und während der Nacht mehr hören als sehen läßt, ist nicht be- gründet, da dieselbe an Orten, wo viele Paare sind, den ganzen Tag hindurch ihr „tschuk“ ertönen läßt. Die Ankunft beginnt Ende März oder Anfang April; 1365 und 1566 kam sie am Parnaß am 2. April an. Die Legezeit füngt Ende Mai an; am 1. Juni 1874: drei frische Eier. Die in Steiermark und Krain und in Deutschland Ausgebrü- teten passieren Griechenland.“ Bei v. Heldreich findet sich nur ein französischer Auszug der vorstehenden Mit- teilungen. Erhard fand die Zwergohreule auf den meisten Kykladen häufig in den Johannis- brotbäumen (Karrubieren) und Maulbeerbäumen einzelner Baumoasen, während sie sonst entschieden die Ölbaumwälder bevorzugt. In solchen lebt sie, wie schon erwähnt, auf Naxos auch heute noch in großer Zahl. Namentlich in der Umgebung von Melanes und Chalki beobachtete ich viele und Mitte Juni 1894 wurden mir dort mehrfach Eier zugetragen. Für Santorin nennt sie Douglass, für Euböa Lindermayer; für die Sporaden- insel Skopelos kann ich versichern, daß es dort sehr viele Brutpaare gibt, welche teil- weise des Abends sich sogar von den Hausdächern der Stadt herab vernehmen lassen. Auf Kythera beobachtete dieses Eulchen Jameson; doch ist nicht recht einzusehen, warum er es wohl im Frühling und Herbst, nicht aber im Sommer beobachtete, da trotz der Baumarmut der Insel einige Paare doch Platz zum Nisten finden dürften. Die Olivenwälder von Keri auf Zante beherbergen ziemlich viele, wie aus den am Abend des 12. Mai 1898 vernommenen Lockrufen zu entnehmen war, und in Argostoli, dem Hauptorte von Kephalonia, konnte ich sogar die am 20. März 1897 erfolgte Ankunft mehrerer Paare genau feststellen. Eine ganz bedeutende Anzahl Brutpaare verbringt den Sommer und brütet in den Ölivenwäldern auf Korfu, wie wir bereits durch Lord Lilford wissen. Dieser ver- merkte ihre Ankunft um Anfang April, vernahm ihren trübseligen Ruf bis Mitte Okto- ber, die letzte sogar noch am 17. November 1857, und bezeichnet als die Hauptnahrung im August und September den massenhaft auftretenden Taubenschwanz (Maeroglossa stellatarum, Hummingbird Moth). Auch Sperling erbeutete am 2. Juni 1862 im Olivenwalde bei Potamö ein Weibchen mit zwei legreifen Eiern und beobachtete viele !) Nur teilweise richtig! rm III. Griechenland. 317 zur Zeit der vorgeschritteneren Dämmerung. Ich hörte den Lockton am häufigsten in den Olivenpflanzungen bei Alepü, Mitte April 1894, und zwar nicht nur abends, son- dern auch zur Mittagszeit; doch hält es immer schwer, dieser Eule ansichtig zu werden. Aus dem Vorstehenden geht deutlich hervor, daß Drummond sowohl die Ankunfts- zeit „gegen 15. April“ zu spät angibt, als auch mit Unrecht sagt, daß nur wenige über den Sommer verbleiben. In Akarnanien, wo sie Simpson vermutete, lockte ich sie am 1. Mai 1594 am Südrande des kleinen Vrachorisees bis ganz in meine Nähe und am zahlreichsten stellte ich sie in vielen Teilen des Peloponnes fest, und zwar in Elis, Kavasila (nachmittags rufend!) und Olympia, wo sich ihr Ruf in der Dämmerung mit dem des Steinkauzes mischte, sowie namentlich in der Maina, wo beispielsweise rings um Xerokampos sich außerordentlich viele durch ihren Ruf verrieten. Ohne Belang und größtenteils unrichtig sind die Angaben Lindermayers und Grafen von der Mühles. Dieser erwähnt nur eines auf dem Veluchi (Mittelgriechen- land) geschossenen Stückes und man wäre fast geneigt, in Anbetracht der Gebirgslage dies auf Athene passerina zu beziehen, wenn nicht Krüper gerade in dieser Gegend am 24. und 29. Juni 1861 Eier von Pis. scops gefunden hätte. Lindermayer zählt diese Eule in allen Landesteilen, auch auf den Inseln zu den Seltenheiten, was durch das Vorstehende bereits widerlegt erscheint, und bereits 1545 ist es Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“ ete.) sehr aufgefallen, daß Lindermayer gerade diese Art für Griechenland als selten aufführt. In mancher Hinsicht sind Linder- mayers Angaben in der ersten Zusammenstellung (1343) sogar besser als in der zweiten, da es eher möglich wäre, daß ein Gelege von sechs Stück Mitte Mai zu finden ist, durchaus aber nicht schon Ende April. Maß und Gewicht einiger Eier: Gelege 2 Stück, 21. Mai 1594, Insel Skopelos: 335 32:6 mm Br. 274 275 mm Gew. 91 94 cg Melanes auf Naxos, 14. Juni 1894 (Gelege 3 Stück und 1 einzelnes Ei): II; aut) 31:9 31:3 mm 31-4 X 27-1 mm Br. 281 271 27-4 mm 80 cg Gew. 92:5 91:5 Olgreq Chalki auf Naxos, 16. Juni 1894 (Gelege 3 Stück und 1 einzelnes Ei): 130 23:3 27:5 mm 309 x 27:3 mm Br. 28 26.4 2535 mm 93 cg Gew. 93 83 69 eg Ein wegen der ungleichen Größe der Eier sowie deren Annäherung an die Kugel- form sehr interessantes Gelege. Da bekanntlich das Gefieder der Zwergohreulen sowohl bezüglich der Farben- töne: Grau, Braun und Gelb, als auch hinsichtlich der verschiedenartigen Stärke der Zeichnung außerordentlich abändert, so hat V. Ritter v. Tschusi die Pisorhina- Formen der Mittelmeerländer einer eingehenden Studie in seinem Orn. Jahrb. XV, 1904, S. 101—106 unterzogen und darin auch das aus Griechenland im hiesigen Museum 318 Ornis balcanica. aufbewahrte Belegmateriale von neun Stücken einbezogen. Das Ergebnis dieser Unter- suchung ist, daß v. Tschusi eine Festlandsform, Pisorhina scops graeca, und eine auf Naxos sowie vielleicht auf allen südöstlichen griechischen Inseln des Ägäischen Meeres lebende Pisorhina scops eyeladum herausgefunden zu haben glaubt. Als allgemeine Kenn- zeichnung der Subsp. graeca, deren Typen von St. Strimmeneas in einem Paare, geschossen am 5. April 1902 in Megali vrysis bei Lamia, eingesendet wurden, gibt v. Tschusi folgendermaßen an: „Oben dunkler bräunlich-grau, Rostfarbe wie bei vor- hergehender oder noch lebhafter; unten dunkler — graubräunlich — dicht rotbraun und schwärzlich gewässert, @ mit groben Schaftflecken. Die Subsp. eyeladum, von welcher ich die Typen aus Naxos, gesammelt zur selben Zeit und an den gleichen Orten, wie oben bei den Eiern mitgeteilt wurde, selbst mit- brachte, zeichnet sich durch folgende Charakteristik aus: „Oben und unten vorwiegend dunkler, grauer Ton; Rostfärbung nur angedeutet; Tropfenflecke an den äußeren Schulterfedern weiß.“ Im voraus möchte ich hierzu bemerken, daß ich derartige Untersuchungen für in hohem Grade beachtens- und schätzenswert halte; nur glaube ich, daß für die tatsäch- liche Feststellung solcher angeblich streng geographischer Formen heutzutage noch ein viel zu unzureichender Untersuchungsstoff vorliegt. Aber selbst dann, wenn wir einmal über einen solchen verfügen sollten, sind noch immer zweierlei Möglichkeiten vorhanden: Entweder ist die Sonderung gelungen und die Unterschiede können von jedem, der den guten Willen hierzu besitzt, erkannt werden, oder es zeigen sich der- artig zahllose Übergänge, bei vollständiger Gleichheit räumlich weit entfernter Beleg- stücke, daß aus diesem Chaos individueller Abweichungen in der Gefiederfärbung, bei welcher man bisher noch nicht einmal weiß, in welchem Grade die Altersverschieden- heit mitspielt, auch die größte Wissenschaftlichkeit nichts mehr hilft, um die „Sub- spezies“ aufrecht erhalten zu können. Bei diesem letzteren Endergebnis würde nun in dem vorliegenden Falle der Um- stand nicht zu vergessen sein, daß nach den Erfahrungen der Entwicklungsgeschichte solche eng begrenzte geographische Formen wohl bei solchen Arten, die mehr oder weniger an der Scholle kleben, wie z. B. bei Caccabis, Garrulus u. a. m., zu erwarten sind, nicht aber bei einem Vogel wie die Zwergohreule, die selbst auf den griechischen Inseln in weitaus größerer Zahl als echter Zugvogel die Hälfte des Jahres in weit ent- legenen Gegenden bei gänzlich veränderter Lebensweise verbringt. Asio aceipitrinus (Pall.), Brachyotus palustris Forster — Sumpfohreule. Sie ist, wie v. Heldreich treffend bemerkt, für Griechenland sowohl Wintergast als auch ziemlich häufiger Durchzügler. Nach Lindermayer und Graf von der Mühle ist sie namentlich im Herbste zur Zeit der Wachteljagd mehr oder minder gemein und vorzüglich an Sumpfstellen, in Baumwollfeldern, Olivenpflanzungen und Eichenwäldern zu finden. Das Überwintern der Sumpfohreule wurde von den genannten Forschern für das griechische Festland sowie für Euböa, von Erhard weiters für die Kykladen festgestellt und auch von Chr. L. Brehm (im „Vogelfang“) beiläufig erwähnt. In der Umgebung von Missolonghi scheuchte Kapitän Sperling am 28. November 1862 des Morgens in den dortigen Sümpfen sehr viele aus den Grasbüscheln heraus. Es war anzunehmen, daß das ein in der Nacht zuvor von Norden angekommener Flug war. III. Griechenland. 319 Dagegen beobachtete ich in derselben Gegend auch zweimal überwinternde Sumpf- ohreulen, und zwar am 28. Jänner 1397 in der Nähe des Salzmagazins, wo eine solche Eule auf einem Bündel Schilfrohr aufhackte, und dann am 15. Februar bei Turlida zwei Stücke, wahrscheinlich ein Paar, von dem Führer das 9 flügelte, während der andere Vogel weit über das offene Meer hinausstrich. Über den Durchzug im Frühling gegen Norden besitzen wir nur von Korfu Nach- richt. Hier fand sie Drummond zahlreich im April, doch dauerte der Aufenthalt nur ganz kurze Zeit und ein dortiger Präparator versicherte Lord Lilford, daß die Sumpf. ohreule manchmal die Insel in großer Anzahl im März besuche. Im British Museum befinden sich Stücke von A. aceipitrinus von Korfu (leg. J. Rocke) und der Umgebung von Athen (leg. Merlin sen.), im Universitätsmuseum zu Athen vier zur Winterszeit in Attika (Pentelikon ete.) gesammelte Vögel, darunter ein auf der Unterseite sehr schön weißes Männchen (17. Jänner 1861), schließlich im hiesigen Institut außer dem oben erwähnten Weibchen von Akarnanien noch ein normal gefärbtes Paar aus Lamia (29. Dezember 1895) und von Pikermi (Attika, 12. Dezem- ber 1894). Weshalb es im Texte zu dem Eierwerke von Baedeker bei dieser Eule heißt: „Bewohnt zur Brutzeit Griechenland“ ist mir unbekannt. Nach Beginn des Frühlings wurde meines Wissens dort noch keine angetroffen. Asio otus (L.), Otus vulgaris Flemm. — Waldohreule. Sowohl auf dem Festlande wie den griechischen Inseln begegnet man ihr zumeist zur Durchzugszeit der eigentlichen Zugvögel. Auf Korfu findet sie nach Lord Lilford namentlich in den Erdbeerbaumdickichten bei Govino, Strongyli und Mesongi Deckung und von der wacholderbewachsenen Düne von Korissia scheuchte ich sie am 21. April 1594 auf. Eine im Frühling 1898 auf Zante geschossene Waldohreule war daselbst, sehr schlecht konserviert, zu sehen. Kythera besucht diese Eule laut Jameson im Frühling; doch liegt mir ein Weibchen vor, welches dort von Leonis am 20. Novem- ber 1903 erbeutet wurde; endlich zählt sie Lindermayer zu den Bewohnern Euböas und auf den Kykladen stellt sie sich Erhard zufolge während des Winters ein. Graf von der Mühle beobachtete sie im Winter in den Olivenwäldern bei Astros und im Frühling in den Wäldern Mittelgriechenlands und selbst Krüper, dessen An- sicht von v. Heldreich und Seebohm wiedergegeben wird, kannte sie nur als recht häufig auf dem Durchzuge und im Winter. Zufällig wurden auch die vier Stücke des Museums in Athen sämtlich in Attika während der Herbst- und Wintermonate erlegt. Ich bin nun in der Lage, das Brüten der Waldohreule an drei weitentfernten Punkten des Landes nachzuweisen, und es ist zweifellos die Annahme berechtigt, daß sie an geeigneten Plätzen Griechenlands gar nicht so selten das Fortpflanzungsgeschäft erledigt. Zunächst erstand ich vom Präparator Strimmeneas sen. einen jungen Vogel, welcher noch zum größten Teile das Dunenkleid trägt und zur Zeit, als er getötet wurde, noch nicht flügge gewesen sein kann. Dieses Stück wurde im Frühling 1893 in der nächsten Umgebung von Athen aufgefunden und ein am Pentelikon von St. Strim- meneas am 3. Juli 1895 erlegtes altes Männchen gehörte wahrscheinlich ebenfalls einem dortigen Brutpaare an. Als ich dann weiters am 4. April 1897 unweit von Missolonghi gewohnheitsgemäß an einen Ölbaum, welcher ein altes, oben offenes Elsternnest trug, anklopfte, verließ 320 Ornis balcanica. das Nest eiligst eine Waldohreule, die ich beim Abstreichen herunterschoß. Die Nest- mulde enthielt fünf noch frische Eier: L. 40:3 39:5 394 39:2 373 mm Br. * 30:6 30 31:3 32:6 31:5 mm Gew. 133 125 130 135 136 cg Schließlich beobachtete Hauptmann Roth im Juni 1898 inmitten der uralten Schwarzkiefern beim hochgelegenen Sattel Warwara im Taygetos eine ganze Familie dort ausgebrüteter Waldohreulen und erlegte am 16. eines der Jungen, welches nur mehr Reste des Dunenkleides zeigt, im allgemeinen aber wesentlich lichter gefärbt ist, als dies sonst bei dieser Art Regel zu sein pflegt. Aus obigem geht deutlich hervor, daß Asio otus wirklich ein Brutvogel dieses Gebietes ist, daß aber alles das, was von Lindermayer über die Verbreitung und die Gegenden, wo sie angeblich brütet, ge- sagt wurde, einfach zu streichen ist. Bubo bubo (L.), Bubo masximus Sibb. — Uhu. Alle jene, welche glauben, daß der Uhu in Griechenland besonders häufig vor- kommt, sind entschieden im Irrtum. Möglich, daß er zu den Zeiten Graf von der Mühles und Lindermayers noch allenthalben, selbst in den venezianischen verfallen- den Festungen zu finden war; heutzutage ist das nicht mehr der Fall. Am häufigsten scheint er mir noch in den Felsen von Akarnanien zu hausen. Hier fand ihn schon 1858 Dr. Krüper in der großen KRlissura zur Brutzeit und am 4. Mai 1894 lange vor Tagesanbruch hörte ich ebendort seinen Paarungsruf. Später sah Krüpers Begleiter Simpson einen Uhu im Sumpfwalde an der Mündung des Phidaris aus einer Baumhöhlung abstreichen und erklärt die im Arakynthos (Zygos) brütenden Uhus zur „südlichen Abart“ gehörig, was durchaus nicht richtig ist. In den senkrechten Wänden des Varassovo bei Kryoneri gibt es jahraus jahrein mehrere Paare. Am 26. Jänner 1894 sah ich einen Uhu um /,6 Uhr abends aus diesen Felsen in die gegenüberliegende Au des Phidaris streichen. Im Februar und März verließ dieser Uhu seine Felsspalte viel später, so daß wir leider kein genügendes Schußlicht mehr hatten und nur auf gut Glück dem Könige der Nacht unsere Mann- lichergeschosse hinaufsandten, ohne Erfolg zu haben. Doch war es prächtig zu sehen, wie die Stahlmantelgeschosse durch die ungeheure Reibung beim Aufschlagen auf die Felswand einen blitzartigen Feuerschein hervorriefen. Am 25. Februar beobachteten wir einen Uhu in einem kleinen felsigen Tale auf der Insel Petalä, merkten uns genau die Stelle, trafen ihn aber am 15. März dort leider nicht zuhause an. Auf Korfu ist er nach Drummond selten: „Einer wurde im April 1835 auf der Insel Vido (nahe dem Hafen) geschossen, als er aus einer Hühnersteige entwischen wollte. Die Untersuchung seines Kropfinhaltes zeigte, daß er statt eines Hühnchens eine große Ratte ganz verschlungen hatte.“ 1896 soll auf Korfu wieder ein Uhu er- beutet worden sein. Für Kythera gibt ihn Jameson bloß im Frühling vorkommend an, was nament- lich für die damalige Zeit bei dem einsamen, felsigen Charakter des größten Teiles jener Insel, aber auch noch heutzutage auffallend erscheinen muß. Lindermayer vermutet in seiner letzten Arbeit auch das Fehlen des Uhus auf den Kykladen, hat ihn aber auf Euböa oft angetroffen. Er bezeichnet die Brehmschen III. Griechenland. Ball Unterarten als unhaltbar. Die drei (l d’ und 2 9) Stücke des Museums in Athen, sämtlich aus der Umgebung, beweisen das Vorkommen des Uhus in Attika. Außerdem gibt Krüper ein von dieser Provinz stammendes, am 2. April 1561 dem Museum ein- geliefertes Gelege von zwei Stück an. Ein einzelnes Ei erhielt ich durch St. Strim- meneas, welches am 20. April 1898 der Felswand bei Chasiä entnommen wurde. Ein drittes Gelege von zwei Stück stammt aus der Gegend von Drachmani (Elatia) un- weit des Thermopylenpasses und wurde am 22. März 1895 genommen. Maße: L. 63:2 61:2 mm 641 mm BraA8 48:2 mm 514 mm Gew. 595 570 eg 132g Dieses letztere Stück ist auffallend stark, etwas ungleichmäßig gebaut und zeigt am stumpfen Ende abnorme Schalenvertiefungen. Offenbar ebenfalls aus Phthiotis besitzt das Museum in Sarajevo ein Halbdunen- junges, welches, etwa 1 Monat alt, Anfang Juni 1397 an Dr. Krüper überbracht wurde. Bei diesem sind in diesem Stadium die Schwingen und das Rückengefieder schon zur Hälfte gewachsen, aber auf der ganzen Unterseite ist noch das vollständige Dunenkleid zu sehen. Ein starkes Weibchen erlegte St. Strimmeneas für unser Museum bei Tatoi (Attika) am 27. November 1897 und ein zweites aus der Koll. Merlin wurde am 19. Dezember 1895 bei Lamia mit emem Stocke erschlagen. Die Färbung dieser Vögel ist durchwegs vollkommen regelrecht und dieselbe wie bei nordbalkanischen Vertretern. Über das Vorkommen des Uhus im Zentrum von Griechenland erfahren wir durch Seebohm in Dressers Werk: „Es kann nicht gesagt werden, daß er ein gewöhn- licher Vogel ist; doch gelang es mir während der Monate, die ich am Parnaß ver- brachte (es wurden zwei Brutplätze besucht), Männchen, Weibchen und Eier zu be- kommen. Die letzteren schienen verfault, doch waren sie noch nicht vollständig ver- dorben. Er brütet im März in Felslöchern und baut einen kleinen oder gar keinen Horst. Mein griechischer Diener Kosta erzählte mir, daß er nie mehr als drei Eier in emem Horste fand.“ Auf dem Peloponnes muß der Uhu weit seltener sein! Hauptmann Roth beob- achtete einen im Eichenwalde Kapellis (Pholo@) bei Lala am 26. Mai 1898 und v. Held- reich kennt ihn vom Taygetos. Schließlich findet sich in dem Berichte der Exped. seient. de Mor.: „Das durch de St. Vincent erlegte Exemplar, das wir untersucht haben, war am Bauche und den Seiten von einer lebhafteren roten Farbe, als es im allge- meinen jene des Nordwestens von Europa sind.!) Die Art ist im Peloponnes sehr selten! Das Vorkommen des Uhus in Griechenland war schon bekannt. Edwards hat in seinen ‚Glanures‘ die Abbildung uud Beschreibung (p. 227) eines von Athen stammenden Exemplares gegeben.“ (Ist aber hier nicht aufzufinden!) Von einem durch Uhus ver- ursachten Schaden wußte mir niemand in Griechenland zu klagen. Circus aeruginosus (L.) — Sumpfweihe. Obwohl die Sumpfweihe das ganze Jahr hindurch in Griechenland zu finden ist, übersteigt die Zahl der im Winter zugewanderten jene der brütenden weitaus, wie Seebohm zutreffend bemerkt. Dies ergibt sich aus den nachstehenden Beobachtungen. 1) Ohne Zweifel nur eine individuelle Abweichung! Reiser, Ornis balcanica. III. 21 322 Ornis balcanica. Auf Korfu ist sie nach Drummond hauptsächlich im Winter sehr zahlreich und Lord Lilford meint, sie sei hier wie in den Sümpfen Akarnaniens vielleicht der häufigste Raubvogel überhaupt, da täglich 2—12 Stücke dort zu sehen waren; aber auch dieser Forscher stellte nur sehr wenige Brutpaare fest. Nach ihm beginnt der Hauptzuzug im November und der Wegzug im März. Ich habe auf Korfu nur einmal eine solche Weihe am kleinen Sumpfsee im Valle di Korissia am 4. Mai 1897 beobachtet und weil eine andere, jetzt hier im Museum befindliche zehn Tage später an den Federschmücker Rother eingeliefert wurde, so halte ich es nicht für ausgeschlossen, daß noch heutzutage hin und wieder ein Paar auf der Insel brütet. Auch auf Zante wäre hierzu ein geeigneter Platz in dem Sumpfe nahe der Haupt- stadt, wo sich am 8. Mai 1898 ein Stück herumtrieb. Dagegen erschienen ihrer mehrere noch Mitte Mai auf den Strophaden, augenscheinlich nur wegen der dort mühelos in großer Menge zu erbeutenden Nahrung an ermatteten Vögeln. Zur Zugzeit im Frühling und Herbst erwähnen sie weiters Jameson für Kythera, Erhard für die Kykladen; doch zeigt sie sich auch dort oft noch ziemlich spät, wie ein von Douglass in der ersten Woche Mai 1892 auf Santorin erlegtes Weibchen be- weist. Dieses hatte die Krallen sehr abgenützt, was Drummond durch Stoßen auf Eidechsen ete. erklärt. Sehr häufig ist ©. aeruginosus auf Euböa nach Lindermayer und Elwes und Buckley (Februar 1869). Im Gebiete des Peloponnes wird sie von den Mitgliedern der Exped. scient. de Mor. erwähnt, woselbst ich am 15. und 16. April 1897 mehrere in der Umgebung von Argos und eine im Sumpfe nördlich von Astros beobachtete. Am Zuge zeigt sie sich auch alljährlich in der Umgebung von Athen, von wo zwei im Frühling geschossene Männchen mit aschgrauen Flügeln und Steuerfedern unserer Sammlung sowie ein Stück des Museums in Athen herrühren. Dagegen brütet sie nach Lindermayer in geringer Anzahl in der Nähe der berühmten Thermopylen und nach Krüper im Tale am Fuße des Parnaß. Von dort (Kravia) stammt ein durch St. Strimmeneas erhaltenes regelrecht gefärbtes Weibchen (26. Juli 1395). Weitaus am häufigsten tritt aber die Sumpfweihe in Akarnanien und Aetolien auf. So schreibt schon Simpson, daß dies für die Winterszeit und die Umgebung von Misso- longhi der Fall ist, doch vermutet er auch das Brüten in den sehr schwer zugänglichen Quellsümpfen am Fuße des Zygos (Arakynthos) in der Nähe des Salzmagazins. In dieser Gegend begegneten mir auf fast allen Jagdausflügen diese Weihen in großer Anzahl vom 30. Jänner angefangen, namentlich im Röhricht gegen den Phidaris zu, sowie um Aetolikon bis zum 4. Mai, also bis zur gewöhnlichen Brutzeit. Manchmal schwebten ihrer überall, wohin man nur blickte, über dem Spiegel der Lagunen und deren schlammigen Schilfrändern. Dasselbe war in der Gegend von Kap Skropha (Tholi) und weiter nördlich an der Seebucht Tripdolakos und am Markutsasee der Fall. Hier brütet die Sumpfweihe ebenso bestimmt wie an den Vrachoriseen, da ich sie am letztgenannten Orte, und zwar am Westende mehrmals am 2. Mai 1894 beobachtete. Dr. Krüper fand hier am 16. April 1859 das erst gelegte Ei im Horste, welches jetzt das Museum der Univer- sität in Athen besitzt. Einmal sah ich dort auch eine Sumpfweihe mit einer Schlange in den Fängen streichen. Ihre bekanntlich schr verschiedenartige Nahrung sowie ihre Zähmbarkeit erwähnte besonders Graf von der Mühle. ; 299 Ill. Griechenland. 323 Ein bemerkenswertes Paar brachte ich aus der Umgebung von Missolonghi in unser Museum. Das Männchen trägt das einfarbig dunkelbraune Alterskleid mit weiß- gelbem, bis auf die feinen Schaftstriche ungeflecktem Scheitel und gleicher Kehle; das Weibchen dagegen, ebenfalls ein alter Vogel, ist ganz ungewöhnlich stark auf der Ober- und Unterseite chamoisgelb gefleckt, namentlich die Schulterpartien und die Brustgegend. Noch auffallender ist ein Weibchen aus den Sümpfen von Megali vrysis bei Lamia ge- färbt, welches St. Strimmeneas dort am 14. Jänner 1905 schoß und uns übersandte. Bei diesem zieht sich die grelle, rostige Chamoisfärbung, nur mit vereinzelten dunkel- braunen Schaftstrichen durchsetzt, vom Kopfe über die ganze vordere Körperhälfte ein- schließlich der Flügeldeckfedern hin, so daß der Vogel in seiner Färbung auffallend an jene der vermeintlichen A. fulvescens oder vielmehr der öfters beobachteten Abweichung von A. maculata erinnert. Außer dem oben erwähnten Ei sammelte Dr. Krüper im Parnaßtale 1574 mehrere Stücke, wovon er mir drei, der Form und Größe nach deutlich aus verschiedenen Horsten stammend, überließ. „Vogelfang“ S. 32 meint, die Rohrweihen in Griechenland seien kleiner und dunkler als jene des übrigen Europa. Dies ist jedoch, wie leicht begreiflich, durchaus nicht stichhältig. Schließlich wäre noch zu erwähnen, daß Chr. L. Brehm im Circus ceyaneus (L.) — Kornweihe. Es ist bei den Weihen oft geradezu unmöglich, in der Freiheit die Art mit Sicher- heit zu erkennen. So kann ich z. B. nicht sicher behaupten, daß je eine im Jänner 1897 auf Korfu bei Braganiotika und Kap Katharina beobachtete Weihe wirklich hierher gehört, obwohl €. eyaneus von Drummond für die Insel sehr häufig genannt wird und nach Lord Lilford dort sogar das Brutgeschäft verrichten soll. Heutzutage dürfte das bei der vorgeschrittenen Kultivierung der volkreichen Insel wohl kaum mehr stattfinden. Zuverlässig sicher erkannte ich ein Männchen am 8. und 11. Mai 1898 in der Nähe des Sumpfes unweit der Hauptstadt von Zante. Weiters erwähnt die Kornweihe im Frühling und Herbst für Kythera Jameson und nach Erhard überwintert sie auf den Kykladen und nach Lindermayer auf Euböa. Häufiger durfte ich gewärtigen, ihr während des Winters in Akarnanien zu be- gegnen, da sowohl Simpson als Sperling die Kornweihe in den Ebenen und Sümpfen bei Patras und Missolonghi gerade im Winter öfters beobachtet und erlegt hatten. Der Magen von einer enthielt zwei Eidechsen. Tatsächlich traf ich schon am 1. Februar unweit Aetolikon ein lichtgraues, leicht kenntliches Männchen, dann am 5. März eines östlich von der Küste bei Chalkitsa und am 8. und 25. März mehrere, darunter wieder lichte Männchen, bei Känurion nächst Missolonghi. Unentschieden bleibt es dagegen, ob mehrere Weihen in den Gärten nordöstlich dieser Stadt hier anzuführen sind; nach Führer wäre das das Richtige, während ich sie für Wiesenweihen hielt. Lindermayer beobachtete diese Weihe vom September (v. Heldreich erst von November) bis Mai in den von Bächen durchschnittenen Ebenen und in sumpfigen Gegenden, so z. B. sehr häufig im Tale des Spercheios, im Umkreise des Piräus und bei Nisi unweit Kalamata,!) ja sie soll nach seiner Meinung im Norden Griechenlands sogar !) Hier auf dem Peloponnes entdeckte (€. cyaneus bereits die Exped. seient. de Mor. 21* 324 Ornis baleanica. fe) er 1347 an den zoologisch-mineralogischen Verein in Regensburg. Dagegen sagt Krüper 1875 auf Grund langjähriger Erfahrungen: „Die Kornweihe erblickt man während der Winterszeit öfters, jedoch nicht im Sommer, so daß dieselbe noch nicht als Brutvogel für Griechenland zu betrachten ist.“ Dasselbe wiederholte er brieflich für Dressers Werk und auch Seebohm hat diese seine Ansicht wieder- brüten. Ein ihr zugeschriebenes, leider gegenwärtig nicht mehr auffindbares Ei sandte gegeben. Die Beobachtung eines Exemplares durch mich am 7. Juli 1894 bei Argos, wo die Art besonders Graf von der Mühle sehr häufig fand, braucht deshalb durchaus nicht als Widerspruch aufgefaßt zu werden. Die Stücke des Museums in Athen, und zwar zwei alte Männchen und drei jün- gere Vögel, wurden im November und Dezember in Attika erlegt, ein ausgefärbtes Paar unserer Sammlung in der Umgebung von Tripolitsa (Arkadien) am 18. April und 11. November und ein etwas jüngeres Weibchen am Pentelikon am 22. Jänner 1896. Schinz erhielt diese Weihe schon in den Dreißigerjahren aus Griechenland. Den nach Chr. L. Brehm („Vogelfang“, S. 33) Griechenland bewohnenden €. nigri- pennis, der die ersten sechs Schwingen ganz, die vier folgenden fast ganz schwarz haben soll und dessen altes Männchen viel dunkler aussieht als beim typ. €. eyaneus, betrachte ich nur als Altersstufe. Circus macrurus (Gm.), Circus pallidus Sykes — Steppenweihe. Man kann der Steppenweihe in Griechenland zu allen Jahreszeiten mit Ausnahme der Brutzeit begegnen, wie aus dem Nachfolgenden hervorgeht. Daß sie hier im Lande die Kornweihe vertritt, wie es m Brehms „Tierleben“ heißt, ist einfach unrichtig und ebensowenig ist sie so selten am Zuge, wie Simpson für Aetolien und Lindermayer meinten, welch letzterer bloß ein Stück im Frühling bei Argos erhielt, was sogar 1345 Brehm sen. („Stiftungsfest“) zum Ausdruck seines Befremdens veranlaßte. Gerade für den Peloponnes bezeichnet Graf von der Mühle diese Weihe als eine der am häufig- sten auftretenden und an allgemeinen Angaben des Vorkommens im Gebiete finde ich folgende: Schleg. (Krit. Übers. noch als Subsp. zu pygargus, aber Mus. d’Hist. nat. des Pays-Bas, Dee. 1562, p. 5, 9, Grece 1560: C. swainsoni = macrurus), Naumann (Nach- träge) und Dubois. Auch die Inseln besucht sie vorübergehend. So erleste ich im Valle di Korissia auf Korfu am 21. April 1594 von zwei anwesenden Stücken ein Weibchen, während Hauptmann Polatzek bei Levkimo ein mittelaltes Männchen am 26. März 1898 er- beutete; weiters trieben sich am 14. und 15. Mai 1398 auf den Strophaden mehrere umher, von denen St. Strimmeneas drei erlegte und davon ein Paar im Gefieder des zweiten Jahres konservierte. Auf Jura (in der nördlichen Sporadengruppe) erkannte ich deutlich eine am 31. Mai 1894 nahe bei mir vorbeiziehende Steppenweihe und für Euböa, wo sie Lin- dermayer zuerst anführte, haben sie Elwes und Buckley im Februar 1869 vielfach nachgewiesen. Von besonderem Interesse dünken mir die Mitteilungen Erhards über den Auf- enthalt dieser Weihe auf den Kykladen, zu welchem sie seiner Meinung nach öfters durch plötzlich eintretende widrige Winde genötigt wird. Während €. macrurus auf den Kykladen im allgemeinen zu überwintern pflegt, sah Erhard, wie bei heftigem Nordwind am 19. September 1554 in der Ebene von Delagratia auf Syra auffallend III. Griechenland. 325 viele solche Weihen ankamen und auch erlegt wurden. Als nach einem plötzlichen Gewitter der Wind rasch von Nord nach Süd umsprang, erhoben sich wie auf ein ge- gebenes Zeichen hunderte Steppenweihen von der Ebene, um über das offene Meer den Zug nach Süden fortzusetzen. Nicht minder häufig wie die Inseln besucht sie das Festland, so namentlich die Ebenen Attikas und Akarnaniens; doch bilden stets jüngere Vögel die Mehrzahl. Vermutlich richtige Beobachtungen gäbe es bei dieser Art viel mehr, doch liegt die Gefahr der Verwechslung mit den anderen Weihen bei Beobachtungen im Freien zu nahe. Sicher erkannt habe ich dagegen zwei alte Männchen, welche am 1. April 1397 die große Klissura durchschwebten, während Baron Schilling ebenfalls ein dampfgraues Männchen am 30. November 1895 über dem Buschwalde bei Monastir Angelokastron feststellte. Im Herbst scheinen sie seltener aufzutreten, da von über einem Dutzend Steppen- weihen, welche in den Museen zu Athen, London und Sarajevo aufbewahrt werden, bis auf eines sämtliche in der Zeit von Jänner bis Mitte April und sogar noch im Mai erbeutet wurden, im Herbst dagegen nur eines am 13. September. Circus pygargus (L.), Circus cineraceus Mont. — Wiesenweihe. ® Ein derartig wiesenloses Land, wie es Griechenland ist, kann dieser Weihe un- möglich zusagen. Wenngleich sie daher auf dem Zuge dort nachgewiesen worden ist, haben sowohl Lindermayer als auch Graf von der Mühle das Richtige getroffen, wenn sie die Wiesenweihe als eine seltene Erscheinung bezeichnen. Sie kommt wohl nur für den Durchzug in Betracht, obgleich es nicht unmöglich ist, daß jene Weihe, welche Krüper jährlich in einzelnen Paaren neben der Rohrweihe im Tale am Fuße des Parnaß brütend beobachtete, ohne über ihre Artzugehörigkeit ins Reine zu kommen, eben die Wiesenweihe war. Aber auch auf dem Zuge ist sie nach meinem Dafürhalten entschieden die seltenste der vier Weihenarten. Simpson hat sie in Akarnanien nie bemerkt und deshalb wage auch ich nicht, einige meiner dortigen Beobachtungen mit Bestimmtheit auf sie zu beziehen. Dagegen glaube ich nicht fehlzugehen, wenn ich eine am 4. Mai 1897 bei Bra- ganiotika (Korfu) zweimal beobachtete Weihe hier erwähne. Am 18. Mai 1395 erlegte Hauptmann Polatzek auf Korfu ein altes Weibchen für unsere Sammlung. Ferner befand sich unter den zahlreichen Weihen, die Mitte Mai 1898 gleich- zeitig mit uns die Strophaden besuchten, auch ein Männchen der Wiesenweihe, welches glücklicherweise St. Strimmeneas am 14. erlegte. Dasselbe zeigt sehr deutlich am Kopfe und an der Kehle bereits zur Hälfte das graue Alterskleid, wogegen Unter- und Oberseite, letztere ohne jede Spur von hellen Federrändern, noch das dem Weibchen so sehr ähnliche Jugendgefieder aufweisen. Auf den Kykladen hält Erhard (. py- gargus für überwinternd, was mir übrigens sehr zweifelhaft erscheint; ferner wird die Art von Lindermayer für Euböa angegeben und Douglass erlegte auf Santorin (Thera) ein Weibchen in der ersten Woche Mai 1392. Außer diesem und den beiden obengenannten Stücken unserer Sammlung dürfte sich aus Griechenland kaum ein viertes gegenwärtig in irgend einem Museum befinden; denn das anfänglich von Lindermayer erwähnte von Ende März 1541 Munichia (beim Piräus) wird später nicht mehr genannt und im Museum zu Athen stellten sich alle, selbst die von Krüper in Cab. Journ. f. Orn. 1862, S. 316 und in Griech. Jahreszeiten, S. 178 genannten als C. macrurus oder cyaneus heraus. ©» IV [e7) Ornis balcanica. Schließlich sei noch erwähnt, daß die für diese Weihe bei v. Heldreich ange- gebenen Zugzeiten durchaus nicht zu stimmen scheinen und es nicht ersichtlich ist, worauf sich dessen Angaben dabei stützen. Erythropus vespertinus (L.) — Rotfußfalke. Auf seinen stets in größerer oder kleinerer Gesellschaft stattfindenden Wander- flügen berührt er jährlich so ziemlich alle Teile des jetzigen Königreiches Griechenland. Dies wissen wir ebenso durch Sonnini, der diese Falken „pie-grieches rousses“ (sonst die Bezeichnung von Z. senator!) vor mehr als 100 Jahren Mitte August auf den grie- chischen Inseln des Ägäischen Meeres beobachtete, wie von Seebohm und A. Brehm im „Tierleben*. Auch gelangten schon vor vielen Jahrzehnten Rotfußfalken aus unserem Gebiete in die Sammlungen von Passau, Regensburg und London (3 Stücke), so daß die Fach- literatur so manche wichtige Mitteilung aufzuweisen hat. Auf Korfu wurde dieser Falke zunächst von Drummond gegen den 20. April in großen Scharen ankommend, bis Mitte Mai verweilend und über den Sümpfen In- sekten fangend beobachtet. Später vermerkte Lord Lilford die Ankunft dort gegen Ende April; jedoch wird der Durchzug nach Norden im Frühling nur für wenige Tage unterbrochen und außer in den Monaten April und Mai sah der Genannte keine Rot- fußfalken. Auch scheint der Durchzug unregelmäßig zu sein; denn 1857 waren zwei zu Markt gebrachte die einzigen, die sich sehen ließen,!) während sie im April 1858 auf den Jonischen Inseln und besonders auf dem kleinen Fano sehr häufig auftraten. Mir liegt von der Insel ein mittelaltes Männchen vom 6. Mai 1598 vor. Auf Zante beobachtete ich nahe der Hauptstadt gegen die Sümpfe zu am 8. Mai 1808 sechs bis acht Stücke, von welchen am 11. nur mehr die Hälfte anwesend war. Am selben Tage wurden auf den Strophaden von den dortigen Mönchen fünf Stücke erlegt und dann wieder am 15. Mai zwei. Auf Kythera stellte ihn Jameson sowohl auf dem Frühjahrs- als auf dem Herbst- zuge fest, ebenso Lindermayer auf Euböa. Dagegen ist, wie der Letztgenannte richtig und eingehend ausführt, die Angabe Erhards, daß der Rotfußfalke auf den Kykladen überwintere, unbewiesen und auch unwahrscheinlich. Den ebenen Teilen des Festlandes fehlt er auf semer Wanderung nach überein- stimmenden Berichten wohl nirgends. Über die Zeit des Eintreffens im Frühling ist folgendes bekannt: den frühesten Termin setzt Lindermayer mit den Tagen vom 10. bis 20. April an; jedoch findet in Wirklichkeit, von einigen Vorläufern abgesehen, der Hauptdurchzug erst später statt. In den „Mittelzeiten“ von Mommsen findet sich die Zeit zwischen den 22. April und 2. Mai treffend angeführt und tatsächlich beobachtete ich 1597 die ersten zwei Rotfußfalken über der Meeresstraße von Salamis am 22. April. In der Umgebung von Lamia fand 1902, wie die Daten dort geschossener Stücke besagen, der Durchzug in der letzten Aprilwoche statt. Bei Patras sah 1899 Baron Schilling die ersten am 3. Mai. Es waren 25 Stück, und zwar mehr Männchen als Weibchen, die bei Windstille hoch gegen Nordosten zogen. Drei oder vier Nachzügler folgten nach. !) Auch Lindermayer beobachtete 1841 beispielsweise nicht einen einzigen! III. Griechenland. 327 Schließlich ist aus den Etiketten der Rotfußfalken in den Museen von Athen und Sarajevo, wo je sieben Stücke aufbewahrt werden, ersichtlich, daß als deren früheste Ankunftstage der 15. April 1366 (Attika) und der 18. April 1896 (Tripolitsa) verzeichnet erscheinen. Auf dem Herbstzuge wurde der Falke weniger oft beobachtet. Graf von der Mühle, dessen Angaben im „Naumann“ 1860 wiederholt werden, gibt September an, in welchem Monat sein Kriegskamerad Freyberg einst mit einem einzigen Schusse sieben Stück erlegte, Krüper dagegen auf Grund langjähriger Er- fahrungen Ende September und Oktober. Das späteste Datum eines in Attika erlegten Rotfußfalken ist der 14. Oktober 1867. Das Brüten von E. vespertinus in Griechenland halte ich in Übereinstimmung mit Dr. Krüper für durchaus unwahrscheinlich. Die Angaben Lindermayers und Graf von der Mühle hierüber sind nicht stichhältig und es liegen denselben keinerlei Be- weisstücke zugrunde. So wurde seinerzeit auch Simpson durch das eigentümlich zutrauliche Benehmen von vier Paaren im Alpheiostale unweit Olympia verleitet, deren Brüten daselbst anzu- nehmen; doch wurde er von den Einwohnern belehrt, daß der Falke sich niemals in dieser Gegend fortpflanzt und bestimmt sofort weiterzieht. Endlich ist auch die Angabe über das Nisten in Griechenland von Schlegel, Mus. Hist. nat. des Pays-Bas, t. II (1862), p. 32 und das Zitat dieser Stelle bei Degland, I, p. 90 falsch, da aus dem Zusatze „etablit son aire souvent sur les toits des maisons“ die Verwechslung mit C. naumanni unzweideutig hervorgeht. Cerchneis naumanni (Fleischer), Tinnuneulus cenchris Naum. — kötelfalke. Die Akropolis in Athen, jenes unvergleichliche Baudenkmal, welches gewisser- maßen den Mittelpunkt dessen ausmacht, wodurch die gebildete Welt des Erdenrundes sich immer wieder veranlaßt fühlt, die Stätten althellenischen Lebens aufzusuchen, bietet auch noch heutzutage dem „häufigsten und allbekanntesten Raubvogel Griechenlands“, wie Krüper ihn treffend nennt, Unterkunft und Brutstätten. Sein Leben und Treiben “an diesem altehrwürdigen Orte hatte schon am 13. Juli 1847 das Auge des jugend- lichen Alfred Brehm entzückt, als dieser auf der Reise nach Afrika, Athen für kurze Zeit besuchte. Unvergessen werden auch mir jene Stunden bleiben, welche ich der Beobachtung der zierliehen Fälkehen ebensowohl mitten in den Städten als draußen auf den Fluren Griechenlands widmete. Mag hier an klaren Wintertagen auch noch so kräftiger Sonnenschein uns ergötzen, mit dem Erscheinen der ersten Schwärme der Rötelfalken, die unter überall hörbaren Rufen ihre alten Brutstätten aufsuchen, hält der Frühling dort im Süden seinen eigentlichen Einzug. Freilich erscheinen einzelne ihrer Vorläufer schon viel früher, aber die Hauptmenge trifft um den 20. März in Griechen- land ein. Dies ergibt sich aus den folgenden genauen Beobachtungen der Ankunft von Dr. Krüper und mir. Die ersten Falken dieser Art erschienen in Akarnanien . . . . . 1859 am 16. März 5 E er (ne Xetolikon)) am@ Rarnale Er Scae 20 in Athene een learn. 121. 8% Heer . .... 1874 „ 18. ,„ aberersteine Woche später Ankunft auf der Akropolis! Ro [0 ©) Ornis balcanica. in Katochi (Akarnanien). . 1897 am 2. März Podolovitsa (ebenda) . . . 1897 „ 7. ,„ mehrere Paare Missolonghi (Olivenwald). . 1897 „ 10. „ mehrere! 5 (Stadt)... 1.171897, 26. „ abends’großer Zug; Patrasız va ae 18937, Ar (beobachtet/undkerlegtvon Baron Schilling). Die große Anzahl, die Geselligkeit und die Anhänglichkeit des Rötelfalken an menschliche Wohnstätten sind Ursache, daß selbst in allgemeinen Angaben über das Vorkommen in Griechenland seine Häufigkeit betont wird; so bei Degland, Dubois, Rey, A. Brehm (,„Tierleben*), Seebohm usw.; auch Sonnini und den Mitgliedern der Exped. seient. de Mor. konnte er nicht entgehen. Nur Chr. L. Brehm vermutet irrig noch 1845 („Stiftungsfest“ ete.), daß er in Griechenland wie überall nicht häufig sei. Sonnini hielt den Rötelfalken fälschlich für einen Standvogel und gibt ihm den Namen epervier, der gewöhnlich den Sperber bedeutet. Jedoch zeigt die folgende Dar- stellung deutlich, daß nur C. naumanni gemeint sein kann: „Sie halten sich nachts in Felslöchern und besonders in dem Gemäuer der einzeln stehenden Windmühlen auf fast sämtlichen griechischen Inseln auf. Ihre Legezeit fällt in die Monate April und zu Anfang Mai. Anfang Juni schlüpfen die Jungen aus. Diese Vögel sind die ärg- sten Feinde der Heuschrecken und Grillen; sie fressen dieselben außerordentlich gierig und leisten durch den natürlichen Antrieb, womit sie diese höchst schädlichen, in jenem warmen Klima sich äußerst schnell fortpflanzenden Insekten vertilgen, dem Ackerbau die wesentlichsten Dienste. Ich besaß einmal einen jungen, ganz klein aus dem Neste genommenen Falken, dem ich fast nichts anderes als Heuschrecken, Grillen und Fliegen zu fressen gab, die er stets ganz verschlang, wenn sie auch noch so groß waren.“ Die Mitglieder der Exped. scient. de Mor. wurden durch das durchdringende Ge- kreisch einer Brutkolonie im einer Schloßruine mit Turmresten in Nisi sowie an der Skala und im Meerbusen von Pamisos auf diese Falken aufmerksam, von denen Bory de St. Vincent etwa 20 Stück am erstgenannten Orte auch erlegte. Geoffroy St. Hilaire bemerkt hierzu, daß damals C. naumanni, von ihm Falco tinnunculoides Nat- terer genannt, in den europäischen und insbesondere den französischen Museen eine ganz außerordentliche Seltenheit war. Infolge des gleichzeitigen Eintreffens von Rötel- falken aus Italien, welche Savi nach Paris sandte, stellte er die Artgleichheit der grie- chischen mit diesen fest und sagt zum Schlusse: „Die Hauptnahrung dieser Vögel be- steht in Eidechsen, anderen Reptilien und Insekten. Sie vertilgen vor allem eine große Menge der großen Tausendfüßler, welche von den Einwohnern als sehr gefährliche Tiere gefürchtet werden. Auch die Bewohner des Peloponnes schätzen die „Cresse- relleten“ und sehen es mit Kummer, wenn auf sie Jagd gemacht wird.“ Zufolge der damaligen Seltenheit wurde von jenen griechischen Rötelfalken ein Paar im Atlas der Exped. pl. II u. III in natürlicher Größe vom Maler Pötre abgebildet. Während das Weibehen ziemlich gelungen ist, zeigt das Männchen zu dunkle und grelle Farbentöne und die Irisfärbung ist nicht gelb, sondern dunkelbraun. Weiters stellt (im Texte zu den europäischen Tagraubvögeln S. 47) Schlegel an der obigen Darstellung aus, daß darin nicht erwähnt ist, ob der Rötelfalke auf dem Peloponnes Zug- oder Stand- vogel ist. Fiedler verwechselte diese Art offenbar mit dem Turmfalken, denn es kann nur der Rötelfalke gemeint sein, wenn er von Nistkolonien auf der Akropolis, um Athen, wo sich altes Gemäuer findet, und in der Klosterruine Stavro spricht. III. Griechenland. 329 Vom Jahre 1843 an finden sich zunächst bei Lindermayer und anderen schon genauere Nachrichten über Verbreitung und Lebensweise des kleinen Falken in den griechischen Ländern, welche später durch die eingehenden Studien von Krüper und Simpson wesentlich vervollständigt werden. Nach Lindermayer verweilt C. naumanni nach seiner Ankunft im Frühlinge zu- nächst einige Tage auf den am Meere gelegenen Ebenen und den vorgelagerten Inseln und verteilt sich dann über das Binnenland, vom Peloponnes bis Lamia und darüber hinaus, wobei er sowohl bewohnte als verlassene Gebäude besiedelt. Im Magen un- mittelbar nach der Ankunft erlegter behauptet er jedesmal Reste von nordafrikanischen Käfern gefunden zu haben. Anscheinend ganz überflüssig, erlegte er 1843 von 5—7 Uhr morgens an dem Tore der Akropolis 14 Stücke, ohne sich von der Stelle zu bewegen, während zwei französische Jäger auch an einem einzigen Morgen um die Akropolis herum 20 Stücke wegholten. Graf von der Mühle, dessen Mitteilungen sich zum Teile in den Nachträgen Naumanns und bei Degland und Gerbe wiederholt finden, bezeichnet ihn als echten Zugvogel und auf dem Peloponnes ebenso häufig wie den Turmfalken. Er erwähnt die Nistweise unter Hausdächern und beobachtete genau die Art und Weise des Er- spähens seiner Beute beim Rütteln und des Ergreifens und Verzehrens derselben. Als Nahrung stellte er Heuschrecken, und zwar die verschiedenen häufigen Mantis-Arten, Eidechsen und Maulwürfe, aber niemals Frösche fest. Betreffs des Vorkommens auf Korfu und den anderen Jonischen Inseln bestreite ich zunächst die Angabe Drummonds, daß er dort ansässig sei, und pflichte vielmehr Jameson und Lord Lilford bei, welche ihn ebenda nur vom Durchzuge kennen. Lord Lilford kaufte auf dem Markte von Korfu im Jahre 1858 ein schönes Paar, ich ein ausgefärbtes Männchen, daselbst erlegt am 25. März 1398. Auf den Inseln östlich von Griechenland wird er im allgemeinen von Erhard er- wähnt als Brutvogel der Kykladen; für Euböa von Lindermayer und für Naxos von Krüper, jedoch selten (er bekam dort Eier!). Douglass beobachtete ihn in der ersten Woche Mai 1892 auf Santorin. Bezüglich Akarnaniens setze ich die Worte Dr. Krüpers hierher, welcher vom 12. April 1858 an den ganzen Sommer hindurch und von da an fast alljährlich Gele- genheit hatte, in und um Missolonghi und an anderen Orten diesen Falken und sein Brutgeschäft zu beobachten. Er sagt: „Der Rötelfalke, der ‚kirkines‘ der Griechen, ist nicht in allen Teilen des Landes anzutreffen, besonders nicht in solchen, die etwas hoch liegen, weshalb man ihn in allen Gebirgsdörfern kaum kennt. Seine Aufenthalts- orte sind die Ebenen, die in der Nähe der Gewässer liegen; dort kommt er dann in großer Anzahl vor, da diese Gegenden reich an Insekten, besonders an Heuschrecken sind, die größtenteils seine Nahrung ausmachen. In der Luft rüttelnd erspäht er die- selben im Grase, stürzt sich nieder und steigt nach kurzer Zeit wieder empor, um seine Jagd fortzusetzen. Dem Beobachter macht der Rötelfalke viel Vergnügen, zumal wenn eine kleine Gesellschaft jagt; auch dem Jäger bietet er dann eine gute Zielscheibe. Schon aus der Ferne macht er sich bemerkbar durch sein beständiges lautes Schreien, welches fast wie das von den Griechen ‚wewä‘ ausgesprochene Wort: ja, sicherlich, klingt. Die meisten Paare leben in dem Dorfe Bochori,t) zwei Stunden von Misso- longhi. Am 25. Mai 1859 führte ich die Herren Simpson und Heeren dorthin, wo 1) Dies ist die richtige deutsche Schreibweise des kleinen Ortes, der jetzt Eisenbahnstation ist. Doch findet man, vielleicht durch Druckfehler entstellt, auch Bouchori, Voukhari, Bonkhori, Evinochorion u. a. 29 ß . 330 Ornis baleanica. sämtliche am 7. Mai ausgehobenen Nester zum zweiten Male Eier enthielten. Der Rötelfalke ist so besorgt für seine Brut, daß er dieselbe nicht verläßt und sich von dem Ruhestörer mit der Hand ergreifen läßt.“ Die höchst bemerkenswerten Mitteilungen Simpsons im „Ibis“ lauten folgender- maßen: „Falco cenchris zieht zum Brüten bevölkerte Orte vor und ist, gleich der Schwalbe, dem Menschen anhänglich. So gibt es in den meisten Dörfern in den sumpfigen Niederungen bei Missolonghi Brutsiedelungen von ihm. Besonders erwähnenswert sind jene in der Nachbarschaft des Phidaris, wo die Insekten, von denen sich die Falken nähren, so zahlreich sind. Jedes der bevorzugten Dörfer hat ein halbes bis ein Dutzend Paare. Sie brüten gewöhnlich unter den Ziegeln eines Hauses, oft an Stellen, wo es keine Kleinigkeit ist, dieHand hineinzustecken. Es ist kein richtiges Nest und die Eier, vier, selten fünf, liegen in einer Vertiefung auf der bloßen Mauer zwischen Kalk- schutt vermischt mit Chitinteilen von Koleopteren. Das Brüten beginnt gegen Mitte Mai und falls die Eier weggenommen werden, legen sie schnell wieder zum zweiten Male und dann gibt es meistens bloß drei Eier. „Ende Mai 1859 fanden wir vier oder fünf Gelege in einer Gruppe von Gehöften in Bochori. In der Nähe dieses Ortes befindet sich die Ruine eines steinernen Turmes — ein Überbleibsel der sehr wenigen Wohnstellen der türkischen Zeit, welche die allgemeinen Zerstörungen des Freiheitskampfes überdauert haben. Der Turm war vor etwa 45 Jahren erbaut worden und ist nunmehr eine Ruine, die jeden Moment zusam- menstürzen kann. Hier befindet sich die größte Brutsiedlung, die wir je gefunden haben. — Die einzigen Lebewesen, die sich mit den Falken in den Besitz des alten Turmes teilen, sind eine oder zwei kleine Eulen und ein Paar Störche, die ihr großes Nest auf dem höchsten Schornstein erbaut hatten. „Im Laufe von ein paar Tagen, während welcher wir die Nistöffnungen sorgfältig auskundschafteten, war es uns möglich, sieben oder acht Gelege des Rötelfalken zu er- langen, indem wir dazu die einzigen beiden gebrechlichen Leitern benützten, welche im Dorfe aufzutreiben waren. Nur eine Brutstelle blieb uns unerreichbar, da sie gerade unterhalb eines wackeligen Balkens sich befand, worauf lose Steine lagen.“ Eines dieser Gelege (4 Stück), genommen am 26. Mai 1859, gelangte in die Samm- lung Wolleys und ist auf p. 82—83 der „Ootheca Wolleyana“ von A. Newton nebst kurzem Auszug der obigen Schilderung Simpsons angeführt. Als ich in Begleitung Dr. Krüpers am 26. April 1894 die Ortschaften Galata und Bochori besuchte, fanden wir jene von Simpson geschilderte Turmruine abgetragen oder zusammengestürzt. Dr. Krüper schätzte die Zahl der vor dreißig Jahren an diesem Orte angesiedelten Brutpaare auf etwa fünfzig. Gegenwärtig gab es allerdings kaum ein Drittel davon, aber dennoch flogen, oft dieht neben uns, die zierlichen kleinen Falken zwischen den Gehöften umher und unter deren Dächer zutraulich aus und em. Noch mehr fanden wir am 29. April 1894 in dem lebhaften Aetolikon eingenistet; doch hatte die Legezeit eben erst begonnen, weshalb wir die Niststellen erst am 4. Mai untersuchten. Vielleicht hatten sich die Falken beim Eierlegen auch darum ein wenig verspätet, weil sie durch die unsinnige Schießerei anläßlich der Österfeierlichkeiten da- mals vielfach aus der Stadt fortgescheucht worden waren. Dem Dachboden unseres Quartiers entnahm ich am Morgen des genannten Mai- tages ein schönes Fünfergelege und später brachte uns die hoffnungsvolle Jugend von Aetolikon noch ein Dutzend Gelege meist zu fünf Stück. Auch Eier vom vergangenen Jahre wurden mehrmals ans Licht gebracht. Auf ähnliche Weise bekam vor vielen Jahren Herr Dr. Nieder in Missolonghi die Eier dieses Falken, welche er schon 1553 III. Griechenland. 331 an den zoologisch-mineralogischen Verein nach Regensburg sandte (Korrespondenzblatt 1853, S. 178 und 1859, S. 30). Als eine andere Gegend, die reich mit diesem nützlichen Vogel gesegnet ist, lernte ich die von Volo und Velestino in Thessalien kennen. Die vielen und großen dortigen Gärten wimmelten von ihnen und auch in der Ebene gegen den Karlasee zu waren sehr viele Fälkchen zu sehen, namentlich bei Hadzimlet. Oft setzten sich ihrer bis zu fünfzehn Stück auf eine der schlanken Zypressen. Es gab am 17. Mai dort unter Ziegeln in altem Gemäuer durchwegs frische Eier. Als Beweis, daß ©. naumanni gegen Störungen durchaus nicht ganz unempfind- lich ist, diene folgende Beobachtung: Am 10. Mai 1894 traf ich außerhalb des Piräus im Felsen der Leuchtturminsel Lipsokutali eine ziemlich ansehnliche Kolonie, aus der ich mir mit einer Doublette ein Paar herabholte. Wie mir nun unser Bootführer später mitteilte, fanden diese Schüsse von Seite des Leuchtturmpersonales Nachahmung. 1397 fand ich den sehr günstigen Platz von Falken vollständig verlassen und nur auf der nahen Quarantäneinsel Hag. Georgios streiften einige, Insekten suchend, umher. Auch auf der Akropolis in Athen, wo ich mich an ihrem Flugspiele zwischen den ehrwürdigen Säulenresten am 8. Mai 1394 ergötzte, gibt es bei weitem nicht mehr so viele, als Th. v. Heldreich noch 1878 angibt. Endlich möchte ich den schon genannten Örtlichkeiten des Vorkommens auf dem Peloponnes noch mehrere aus eigener Erfahrung kennen gelernte hinzufügen. Im östlichen Teile fanden sich in und um Argos in allen einzeln stehenden Ge- höften ungemein viele Rötelfalken, die am 15. April eben in voller Begattung begriffen waren. Die allermeisten hatten ihr Quartier in einer ehemaligen Kavalleriekaserne, jetzt Meierhof, unmittelbar am Meeresstrande aufgeschlagen und hier gab es ein Ab- und Zufliegen wie bei einem Bienenstock. Leider wurde ich an einer näheren Untersuchung des Gebäudes durch den Anfall eines Rudels äußerst bösartiger Hunde gehindert. Den folgenden Tag begleiteten uns Rötelfalken mehr oder weniger auf dem ganzen Wege von Kiveri nach Astros. Eine Menge von ihnen nistete in der felsigen, oft senkrecht zum Meere abfallenden Steilküste. Auf dem südlichen Peloponnes hatte ich bloß in den Felswänden des Nedontales bei Kalamata und in jenen der Langhädaschlucht nächst Trypi, wo ich sechs Paare zählte, Gelegenheit, ihn zu beobachten, wogegen dies im Westen öfters der Fall war. Bei Pylos brüten mehrere Paare in dem Leuchtturmfelsen, und zwar hier dicht bei- sammen mit Turmfalken, was sehr selten vorzukommen scheint. In der Ortschaft Druhva (bei Olympia) war ungefähr ein Dutzend angesiedelt, dagegen mindestens 40 Paare in den Sandsteinwänden hinter der Bahnstation Platanos. Bei Katakolo ließ sich während zweier Tage (Ende Mai) bloß ein einziger solcher Falke sehen. Über die Legezeit ist schon oben einiges mitgeteilt worden. Das früheste Datum von vielen trägt ein Ei, von Krüper am 28. April 1877, das späteste am 14. Juni 1577 genommen, beide aus dem Gebiete des Parnaß (Ebene!). Am 29. April 1858 fand er in Aetolikon sogar schon ein volles Gelege, im Jahre 1861 dagegen, weil im April und Mai wider die Regel schlechtes Wetter war, am 9. Mai noch sämtliche Nester leer. Ein Gelege von sechs Eiern hat weder Krüper noch ich je gefunden. Die allerersten Eier bekam Lindermayer (vor 1843) aus der Gegend vom Kap Sunium in Attika. 332 Ornis balcanica. Des Vergleiches halber möge hier Maß und Gewicht von zwei Gelegen sowie von 13 Eiern aus ebensoviel Gelegen Platz finden. a) Gelege 4 Stück, Ebene des Parnaß, 16. Mai 1877: L. 35:6 34-8 34 33:4 mm en - az re 2 in der Koll. Fournes) Br. 29 23:8 29:7 29:2 mm Gew. 135 117 125 129 cg b) Gelege 3 Stück, Velestino, 17. Mai 1894: L. 344 33:1 32:3 mm Br. 27 27.9 27 mm Gew. % 88 83 09 c) 15 einzelne Stücke aus Actolikon, Velestino, Lamia, dem Parnaßgebiete und Böotien: L. Se) - Sb Bye 85 35 35 348 347 546 mm Br. 264 286 296 297 285 284 285 284 286mm Gew. 101 121 121 116 114 126 107 87 103 cg Ib, 342 341 541 341 337 336 332 8323 82:2 mm Br. 29 294 284 28 29:1 28:1 287 29:1 279 mm Gew. 117 105 119 108 126 102 114 120 108 eg Bezüglich dieser 18 Stücke wäre zu bemerken: Nr. 1. Ganz regelwidrig gestreckt und von der Form der länglichen Upupa-Kier. Nr. 6. Außerst fein punktiert, wie dies manchmal bei F. eleonorae und subbuteo vorkommt. Nr. 11. Die Färbung des spitzen Endes ziemlich regelrecht, die des stumpfen sehr eigentümlich: Keinerlei braune Oberflecken, sondern zahlreiche verschwimmende Lila- schalenflecken, so daß die ganze obere Eihälfte durch deren Zusammenwirken mit der Grundfarbe einen prachtvollen Rosaschimmer erhält. Die Eier erscheinen stets in allem als eine verkleinerte Form der Turmfalkeneier! Über die Zeit des Abzuges liegen genaue Angaben nicht vor. Lindermayer sagt: „Er ist einer derjenigen Vögel, welche Griechenland sehr frühzeitig verlassen, so daß bis Ende August, in Attika wenigstens, keiner mehr zu sehen ist.“ Dies bestätigt auch Krüper, welcher noch hinzufügt, daß die noch später ein- treffenden Nachzügler, aus nördlicheren Ländern kommen und weiterziehen. Außer den oben erwähnten, nach Frankreich gebrachten Rötelfalken sind mir aus Griechenland noch ein Stück im Reichsmuseum zu Leyden (9 vom Jahre 1860), fünf im Museum zu Athen und sechs unserer Sammlung bekannt geworden. Eines der letzteren, ein noch nicht einjähriges Männchen (Velestino, 17. Mai 1394) entkräftet jene zwei nach Belegstücken aus Griechenland von Chr. L. Brehm aufgestellten Formen, welche er 1850 in der „Naumania“ I, 1, 77 C. megarhynchos und 1855 im „Vogelfang*, S.29 C. paradoxa benannte. Jene wäre durch rötliche hintere Schwungfedern, die letztere dadurch gekennzeichnet, daß das vermauserte Männchen einen schwarzgebän- derten Schwanz habe. Das erwähnte Männchen beweist deutlich, daß diese Kenn- zeichen keiner besonderen Form, sondern nur gewissen Altersstufen eigentümlich sind; denn obwohl bereits im ausgefärbten Kleide, zeigen jene „hinteren Schwungfedern“ Neigung, sich eben in Aschgrau umzuwandeln; andererseits ist genau die Hälfte der III. Griechenland. 333 Steuerfedern schwarz gebändert, während die andere, eben hervorsprossende reines Aschgrau trägt. Eben die Schwungfedern zweiter Ordnung zeigen sehr schön jenen Vorgang, den man bisher vielfach Umfärbung nannte. Cerchneis tinnuneulus (L.) — Turmfalke. Man erblickt den Turmfalken in allen Teilen Griechenlands, ja der Graf von der Mühle nennt ihn den gemeinsten Raubvogel des Landes, der besonders gerne in Ruinen und Türmen sich aufhält und nur in sehr geringer Zahl im Lande überwintert. Drummond bezeichnet ihn für Korfu als Standvogel; doch hat ihn Lord Lilford dort nicht häufig, nur ein oder zwei im April und Mai, beobachtet, während er mir öfters unterkam; z. B. bei Alepu, im Valle di Korissia usw. (Mitte April). Einen er- legten Turmfalken trug hier auch ein Knabe zum Verspeisen nach Hause. Einen Brut- platz erkannte ich in den zerklüfteten Felsen des Monastir Paläokastritza und je einen überwinternden Turmfalken beobachteten Baron Schilling am 22. November 1898 und ich am 19. Jänner 1897, wie er gerade einen Anthus pratensis kröpfte. Auf Zante (Berg Skopos) und namentlich auf dem kleinen Eilande Peluso traf ich sehr viele Turmfalken!) angesiedelt; allein es gab auch noch genug durchziehende, nahe der Hauptstadt am 11. Mai 1898. Die Strophaden besuchte am 15. Mai noch ein Turm- falke und am 17. Mai deren zwei. Einige Brutpaare beleben den Felsen Avgo bei Kythera sowie die felsige West- küste dieser Insel, weshalb die Bemerkung Jamesons, daß er Kythera nur im Früh- ling und Herbst besuche, unrichtig ist, wie dies ja bei so mancher ähnlichen Angabe des Genannten der Fall ist. Unter den Inseln des Ägäischen Meeres erkannte ihn zunächst Erhard als Stand- vogel der Kykladen, Lindermayer von Euböa, wo er besonders die verfallenen tür- kischen Landhäuser bewohnt. Auf Naxos ist er laut Krüper Brutvogel an Felswänden und auf Klippen im Meere sowie in den Dörfern und in der Stadt Naxia selbst. Ich sah und erlegte ihn unweit der Hauptstadt (vergeblich auf Haubenlerchen stoßend), bei Melanes, Tragäa, die meisten aber an der Felsküste von Kap Mutsoma (Ostküste). Krüper sammelte auch Eier (ein Stück bekam ich hier ebenfalls) und Junge. Derselbe beobachtete und erlegte ferner ein Paar auf dem kleinen Evreokastron, Fiedler mehrere auf Giura bei Syra (7. Juli 1835) und ich mehrere Paare im Juni auf Erimomilos sowie ebenfalls als Brut- vogel auf den Sporadeninseln Gramusa und Jura. Auf dem Festlande ist er ebenfalls fast überall anzutreffen. In Attika beobachtete ihn Fiedler in Felsabstürzen des Lauriongebirges und wir am 13. April 1597 bei Kephissia sowie ein Paar in den amphitheatralischen Wänden beim Bade Wuliasmeni. Bedeutungslos sind dagegen die Angaben Fiedlers über das Nisten zahlreicher Turmfalken auf der Akropolis, um Athen und besonders im verlassenen Monastir Stavro sowie sämtliche in der ersten Arbeit Lindermayers enthaltenen, weil zweifel- los eine Verwechslung mit €. naumanni vorliegt. Viele Turmfalken gibt es ferner in Theben, Livadiä, zwischen It&a und Amphissa und im ganzen Parnaßgebiet (Hauptmann Roth), sogar im alpinen Teile der Kiona und nicht minder in Akarnanien im ganzen Gebirgszuge des Zygos vom Varassovo ange- fangen. Hier fand ihn Krüper am 28. Mai 1858 und ein anderes Paar an einem 1) Stücke von hier in der Koll. Mazziari in Athen. 334 Ornis baleanica. Felsen bei Agrinion um dieselbe Zeit. Auch Simpson erwähnt, daß er in der großen Klissura gemein ist und stets Felsen und entlegenere Ruinen dort in einzelnen Paaren das ganze Jahr bewohnt. So bereiteten sich zwei Paare im Zygos schon am 20. Fe- bruar 1892 zum Nisten vor und andere fanden wir beim Hafen Hag. Pantelemonos an der Westküste sowie auf dem benachbarten Petalä, wo es sich ein Paar im alten Horste von Nisaötus fasciatus bequem gemacht hatte. Im Gebirge bei Aetolikon erlegte Santarius am 4. Mai 1894 ein etwa einjähriges Männchen, welches noch vollständig das Jugendkleid trägt. Auf dem Peloponnes verzeichnete ich den Turmfalken im Alpheiostale bei Olympia, als Brutvogel in einigen Paaren in den Sandsteinwänden bei Platanos, in der Umgebung von Pylos und namentlich im dortigen Leuchtturmfelsen zusammen mit dem Rötelfalken brütend, dagegen in den großartigen Festungsruinen von Modon nur ein Paar, beim Monastir Wurkano in Messenien etwa drei Stücke, in den Xerowunivorbergen des Malevos mehrere, wo Hauptmann Roth einen mit einem etwa 3m langen Spagat (keine Schlange!) fliegend sah, dann in der Langhädaschlucht eine Kolonie von etwa sechs Paaren und schließlich im Taygetos bei Anavryti. Ohne Zweifel muß der Turmfalke auch in Griechenland unter die nützlichen Vögel gerechnet werden, obzwar er gewiß während der Herbstzugzeit die günstige Gelegen- heit nicht vorübergehen läßt, durch die fetten Wandervögel in seiner Insektenkost Ab- wechslung eintreten zu lassen. Die Brutzeit beginnt in Griechenland laut Krüper in den Niederungen Ende April, in den Gebirgen später. Am 28. April 1573 fand er in der Mauer einer alten Kirche in der Umgebung von Athen ein Gelege von sieben frischen Eiern; sieben Stücke in der bekannten, wechselvollen Rostbraunfärbung aus verschiedenen Gelegen und Landesteilen, aber ohne Datum, stehen mir zum Vergleiche zu Gebote. Interessant ist eine Bemerkung Lindermayers, der zu entnehmen ist, daß der Turmfalke auch Städte wie Athen, Patras und Syra vor deren baulicher Erweiterung bewohnte. Im ersten Bande der „Naumannia“ (S. 75) beschreibt Chr. L. Brehm Cerchneis taeniura aus Griechenland. Das Männchen soll sich durch aschgrauen, stark gebän- derten Schwanz, das Weibchen durch den sehr rostziegelroten Oberkörper und größere Schönheit vor den anderen Falken auszeichnen. Der Umstand, daß Brehm selbst später nie mehr von ©. taeniura Erwähnung tut, ist der beste Beweis, daß damit tat- sächlich nichts anzufangen war. Falco aesalon Tunst. — Zwergfalke. Uber sein Vorkommen und die Lebensweise in Griechenland ist seinerzeit sehr viel Unrichtiges veröffentlicht worden. Vor allem bringt uns Graf von der Mühle die so oft auch anderwärts vorkom- mende falsche Nachricht vom Brüten, und zwar sogar auf dem Peloponnes, sowie daß er ihn von der Kälte leidend am Meeresstrande sitzend gesehen habe — es wäre eher anzunehmen, daß diesem nordischen Falken die Wärme der griechischen Sonne lästig fiel. Seltsam ist nur, daß sich diese Angaben noch 1860 in dem bekannten Werke von Naumann wiederholt vorfinden. Lindermayer traf ihn anfangs nur im Herbste auf der Vogeljagd, später aber sehr häufig sowohl am Festlande wie auf Euböa. Leider läßt die eingehende, aber un- III. Griechenland. 335 genaue Beschreibung der Eier usw. vermuten, daß auch er bis zuletzt an ein Brüten des Zwergfalken in Griechenland glaubte. Jameson hätte auch besser getan, ihn für Kythera als Wintervogel und nicht bloß als Durchzügler im Frühling und Herbst zu verzeichnen. Sehr vorsichtig schreibt Thienemann in seiner „Rhea“ I, S. 90 u. 91: „Es ist kein Grund vorhanden, die Angabe des Herrn Grafen von der Mühle zu bezweifeln, daß er auch in Griechenland das ganze Jahr über sich aufhalte. Unter den von dort von Herrn Lindermayer seit vielen Jahren gesendeten Eiern sind öfters angeblich diesem Falken zugehörige gekommen, doch waren sie stets den nordischen so ungleich, daß ich sie für Eier des F\ cenchris!) und vespertinus halten mußte und so lange wird man noch anstehen müssen, ihn wirklich in Griechenland nistend anzunehmen, bis man seinen Horst, was sonst bei ihm nicht schwer fällt, dort wird aufgefunden haben.“ Blasius?) stellt fest, daß der griechische Zwergfalke derselbe ist, der im Norden brütet und im Herbste am Zuge durch Norddeutschland kommt, was vollkommen richtig ist. Nicht minder richtig geben Elwes und Buckley an: „Im Winter in Griechen- land gemein, kann dort schwerlich brüten, da wir ihn nie später als im März sahen.“ Krüper gibt an und v. Heldreich wiederholt dasselbe, daß er erst Ende Oktober oder im November in Griechenland ankommt, um zu überwintern. Da Krüper diesen Falken am Horste im hohen Norden studierte, fügt er hinzu, daß er keine Hoffnung hat, ihn als Brutvogel Griechenlands aufzufinden, was wohl sehr begreiflich ist. Im Winter dagegen ist er hier nicht gar so selten. Auf Korfu sah Lord Lilford einen, der im Valle di Ropa geschossen worden war. Dieser und alle, die er sonst in Griechenland untersuchte, waren zufällig durchwegs alte Männchen. Auf meinen Reisen wurde je ein Stück am 1. und 8. Februar 1397 von Führer und Santarius östlich von Missolonghi und eines von mir am 2. März zwischen dieser Stadt und Aetolikon beobachtet, wie es eben auf einem kleinen, aus der sandigen Ebene herausstehenden Zweige eines angeschwemmten - Ästes ausruhte. Schließlich traf Baron Schilling im Dezember 1898 einen Zwergfalken bei Monastir Angelokastron (Akarnanien), der ein geschlagenes Rotkelchen in den Fän- gen trug. Unter den von mir untersuchten Stücken aus Griechenland hebe ich zunächst ein Paar ganz alter Falken hervor, welche im Museum zu Athen aufbewahrt werden. Namentlich das Männchen ist so grell und prächtig gefärbt, wie dies nur sehr selten vorkommt. Es wurde bei Athen am 30. Dezember 1861 und das Weibchen eben- falls in Attika am 23. Dezember 1864 von Schrader sen. erlegt und präpariert. Unser Museum erwarb fünf Merline, und zwar drei mittelalte Stücke und ein altes Paar. Unter den ersteren befindet sich ein aus der Umgebung von Tripolis stammender Falke, dessen Oberseite, namentlich die Federränder und die Schwanzbinden eine sehr auffällige, von den gewöhnlichen Vertretern abweichende, grelle Rostfarbe aufweist. Die übrigen kamen aus Attika, Akarnanien (ad. d’) und Thessalien (Velestino, 5. Jänner 1896). 1) Solche waren es auch ohne Zweifel! 2) Naumannia IV, S. 479. 336 Ornis balcanica. Falco subbuteo L. — Lerchenfalke. In der höheren Bergregion von ganz Griechenland kann man einzelne Lerchen- falkenpaare auch zur Sommerszeit antrefien. In den tieferen Lagen und den Ebenen stellt sich der Falke nur zu den Zugzeiten ein und em ganz kleiner Teil soll, wie all- gemein versichert wird, sogar überwintern, wovon ich mir aber persönlich keine Über- zeugung verschaffen konnte. Bezüglich der Färbung des griechischen Lerchenfalken muß ich bekennen, daß mir bedauerlicherweise kein dortiger Brutvogel unter die Hände kam, aber betreffs der am Zuge erlesten, genau untersuchten Vögel, darunter drei des hiesigen und vier des Athener Museums, kann ich versichern, daß keiner davon etwas mit der afrikanischen Form graeilis Ch. L. Br. zu tun hat, und dasselbe dürfte wohl auch bei den in British Museum und im Reichsmuseum zu Leyden aufbewahrten Falken aus der Umgebung von Athen der Fall sein.t) Für die Inseln ist er, etwa mit Ausnahme von Euböa, wo ihn Lindermayer an- traf, wohl nur Durchzügler, denn die Behauptung Erhards, er sei ein Standvogel der Kykladen, müßte erst bewiesen werden. Von den Jonischen Inseln ist er beobachtet auf Kythera im Frühling und Herbst (Jameson), den Strophaden, wo sich Mitte Mai 1598 sehr viele herumtrieben und am 16. Mai vier Stück geschossen wurden, die sämtlich die Kröpfe mit kleinen Vögeln voll- gestopft hatten, und auf Korfu. Hier ermittelten Drummond und Lord Lilford, daß seine Ankunft in Scharen gegen den 1. April erfolgt. Er hält sich aber nicht lange auf der Insel auf. Die Rückkehr fällt in den Herbst. Lord Lilford erhielt einen un- ausgefärbten Vogel, welcher im April 1857 auf dem Dache der neuen Festung erlegt wurde, und unser Museum ein ziemlich dunkles Weibchen, ebenfalls in der Verfärbung stehend, geschossen von Hauptmann Polatzek am 12. Mai 189. Ebenso wie auf den Inseln dauert der Zug sowohl im Frühling wie im Herbste auffallend lange und dies mag die Ursache sein, weshalb namentlich die älteren Autoren angeben, daß er im Lande das ganze Jahr zu finden sei und selbst noch in Brehms „Lierleben“ die Unrichtigkeit steht, daß er nur bis Griechenland wandere. Vollkommen zutreffend ist dagegen die diesbezügliche Angabe Seebohms, der ja an Ort und Stelle Erfahrungen sammelte. Gelegentlich meiner Reisen wurde der Lerchenfalke am frühesten am 23. März 1897 von Führer östlich von Naupaktos beobachtet, dann von mir am 13. April 1597 bei Kephissia nächst Athen, wo ich auch einen beim Verfolgen einer einzelnen Turtel- taube herabschoß, aber nicht finden konnte, weiters von Professor Langhadis bei Tripolis am 23. April 1896 (das geschossene Männchen liegt vor) und schließlich am 2. Mai 1599 von Baron Schilling in Patras, auf Schwalben jagend. Die übrigen mir im griechischen Gebirge zu Gesicht gekommenen Falken halte ich durchwegs für Brutvögel. Am 14. und 17. Juli 1594 sah ich nämlich je einen Lerchen- falken über die Alpenmatten östlich von der Kiona und nördlich von diesem Gebirge im Einschnitte bei Stromvi streichen und am 14. und 15. Juni 1398 waren beim Auf- stiege von Anavryti in die Nadelholzregion des Taygetos sogar drei Stücke und hoch oben am Hag. Elias noch ein Falke zu sehen, welcher die großen Schneefelder sorgsam absuchte, wohl der insektenfangenden und wassersuchenden Vögel wegen. !) Das vom Grafen von der Mühle beschriebene, sehr merkwürdig rostgelb gefärbte Männchen scheint leider nicht erhalten zu sein. 37 os III. Griechenland. bi Lindermayer hebt in seinen beiden Abhandlungen hervor, daß er auf dem Herbstzuge F. subbuteo stets in weit geringerer Zahl beobachtet habe als im Frühlinge, und folgert daraus, daß die Falken im Herbste einen anderen Weg nach dem Süden nehmen dürften. Meiner Meinung nach ist dies nicht richtig, sondern der Zug im Herbste geht jedenfalls nur in längeren Zwischenräumen und daher weniger bemerkbar vor sich. Jedoch sind die Angaben Lindermayers über die Art und Weise des Horstens, die Eierzahl usf. vollkommen richtig, obwohl es wieder dem unermüdlichen Dr. Krüper vorbehalten war, die ersten und einzigen Lerchenfalkeneier in Griechenland zu sam- meln. Krüper beobachtete Brutpaare im Walde des Parnaß bei Agorianiı und Ara- chova und bekam in der Nähe des letztgenannten Ortes Anfang Juni 1874 ein frisches Dreiergelege. Auch später noch wurden dem Genannten im Parnaß hier und da einige Gelege als Seltenheit überbracht, so daß ich von dem obigen ersten Funde und von späteren, zusammen drei einzelne Eier erwerben konnte, deren Abmessungen hier fol- gen mögen: Nr.1. 415 X 3lmm, 181’5eg. Dieses Ei besitzt prächtige Farbentöne. Die Zeichnung ist wolkenartig und außer der grellen Rostfarbe findet sich auch eine reichliche Lilafleekung. Nr.2. 41:3 X 28'7 mm, 127°5cg. Ein sehr kleines, walzenförmiges Stück. Ziem- lich licht, mit etwas verwaschener Zeichnung. Nr.3. 40:4 X 314mm, 175 cg. Bei diesem Ei tritt überall die lichtgelbe Grund- farbe zutage; die braune Fleckung ist spärlich und gleichmäßig über die Oberfläche verteilt. Falco eleonorae bend Eleonorenfalke. (Siehe Tafel IV, Eier.) Im Begriffe, meine Erfahrungen über diesen Edelfalken, zweifellos eines der be- deutendsten Anziehungsobjekte für jeden in griechischen Landen arbeitenden Natur- forscher, niederzuschreiben, finde ich, daß eigentlich dem vortrefflichen Aufsatze Krüpers: „Beitrag zur Naturgeschichte des Eleonorenfalken“ in Cab. Journ. f. Orn., Jahrg. XII, 1864, Nr. 67, S. 1—23, nur wenig hinzuzufügen ist. Es liegt die Versuchung sehr nahe, denselben hier nochmals abzudrucken, aber der ohnehin schon stark ange- schwollene Umfang der vorliegenden Betrachtungen verbietet dies. Nur wer die in den griechischen Gewässern gänzlich vom Zufalle abhängenden Segelbootfahrten schon ein- mal mitgemacht hat, kann ermessen, welche Beharrlichkeit und Geduld dazu gehörte, die in jener Arbeit niedergelegten Erfolge zu erzielen. Aber auch geradezu lebens- gefährlich werden solche Fahrten bei der Heftigkeit der „Meltemien“, der Nordstürme, wie der schlichten Darstellung Krüpers sehr deutlich zu entnehmen ist, und obenan in dieser Hinsicht steht wohl das Erlebnis auf dem unbewohnten Tragonisos, wo an den Uferfelsen in der Nacht nach der glücklichen Landung das einzige Boot gänzlich zer- trümmert wurde. Zehn volle Tage war der kühne Forscher bei kärglicher Nahrung auf das unwirtliche Felseiland verbannt, bis infolge der allabendlichen Notfeuersignale Hilfe von dem nahen Mykonos kam. Den in jeder Hinsicht dankenswerten Ausfüh- rungen Krüpers wurde namentlich im Auslande gebührende Anerkennung gezollt, so z.B. im „Ibis“ 1865, p. 341. Reiser, Ornis balcanica. III. [07 19 333 Ornis balcanica. Krüpers weiteres Verdienst ist es, zuerst Klarheit in die grenzenlose Verwirrung bezüglich der Benennung bei dieser Art gebracht zu haben: Man lese diesbezüglich nur seine gewissenhaften Auseinandersetzungen im Journ. f. Orn., 1862, 5. 436—440. Zu allererst war es nämlich Lindermayer, der auf Grund von einigen durch- wegs dunkelfarbigen, im Herbste 1833 in den Schluchten des Parthenions bei Tripo- litsa und im Juli 1839 auf dem Delph und dem Mittelgebirge Euböas erlegten Stücken seinen Falco arcadieus in Okens „Isis“ 1843 beschrieb und auf Tafel I abbildete. Dieses Bild, dessen etwas größer gehaltenes Originalaquarell mir ebenfalls vorliegt, läßt den dunklen Eleonorenfalken recht gut erkennen, wurde aber von Chr. L. Brehm („Stif- tungsfest“ ete.) als schlecht bezeichnet.!) Dieser hielt (1845) und auch später „Vogel- fang“, S. 27 den f. arcadieus für eine gute Art, indem er ihn bloß mit Z. concolor ver- glich und von diesem trennte. Rob. Tobias ist wieder der erste, welcher in seiner Kritik der ersten Arbeit Lindermayers (Görlitz 1844) die Zugehörigkeit zu F. eleonorae erkannte. Er sagt: „20 Falco nov. spee. paßt Beschreibung und Zeichnung auf den von Gen& auf Sardı- nien entdeckten F. Eleonorae. Die Beine sind offenbar zu klein angegeben, Fuß- wurzel 14 Linien?? zum vierten Teil befiedert? in der Abbildung bis an die Zehen befiedert ete.“ Nur der Schlußsatz, F. concolor gehört zu Circus, F. Eleonorae zu den Edelfalken, wäre wohl besser weggeblieben. Im selben Jahre folgen dann noch zwei wichtigere Nachrichten über unseren Falken, und zwar in dem Hauptwerke Graf von der Mühles, welcher ein ebenfalls dunkles Exemplar aus Griechenland als F. concolor aufführt, aus welcher Beschreibung aber sofort Schlegel ganz richtig den F. eleonorae („Kritische Übersicht“, p. 15—19) erkannte. Weiters finden wir im Verzeichnis der europäischen Vögel von Thienemann 1546 („Rhea“, S. 114) und der Falken von Schlegel, „Naumannia“ V, S. 255 ganz treffend Falco eleonorae Gene für Sardinien und Griechenland angegeben. 1347 will Lindermayer Bier von Falco eleonorae an den zoologisch-mmera- logischen Verein in Regensburg gesendet haben (s. Korr.-Blatt, I. Jahrg., S. 131). 1550 vergleicht Th. v. Heuglin in der „Naumannia“ I, 3, 8. 531—36 in einer eigenen Abhandlung sorgfältig F. areadieus Lind., F. eleonorae Gene und F. concolor Tem. unteremander. Er hält die ersteren zwei emer und derselben Spezies angehörig, wird aber durch die unvollkommene Beschreibung des ersten zu weiteren Vergleichen ver- leitet. Außerdem ist es unrichtig, daß Rüppell F.eleonorae häufig auf der Insel Barakan im Roten Meere gefunden habe, denn gerade dort ist ein locus classieus für F. eoncolor. Die nächsten belangreichen Mitteilungen über unseren Falken finden sich dann 1858 bei Erhard. Dieser kennt ihn als Sommer- und Brutvogel unter dem Namen F. Eleonorae (8.53 u. 56) und zum Teile riehtig als Standvogel mit der eigenen Be- zeichnung F. dichrous (S. 44). Auf S. 65 seiner Kykladenfauna gibt er dann eine ein- gehende Beschreibung des F. diehrous und spricht auch von einer Abbildung (als Tafel III), welche zwar Gonzenbach zu Gesicht bekam, die aber niemals veröffent- lieht wurde. Zuletzt erfahren wir dort folgendes: „Er nistet, wie bereits erwähnt, in großen Kolonien auf den unbewohnten Inseln Tragonisi und Stapodia südöstlich von Mykonos, auch auf einigen benachbarten isolierten Klippen im Meere — jedoch nicht oder doch nur sehr einzeln auf den größeren, von vielen Menschen bewohnten Inseln. Die Bewohner von Mykonos nennen ihn ßepßz. und nehmen alljährlich die Nestvögel, !) Die gelungenste Abbildung einer Gruppe Eleonorenfalken in verschiedenen Kleidern ist unstreitig in den letzten Lieferungen von Susemihls unvollendeten Vögel Europas enthalten. III. Griechenland. 339 als eine zwar sehr fette, aber übelriechende Speise, in Menge aus. Die jungen Vögel kriechen Anfang September aus dem Ei und tragen am Ende dieses Monates noch die Dunen. Es folgt dann die Beschreibung des Jugendkleides, worauf er fortfährt: „Von Tragonisi streift dieser Falke auf die benachbarten größeren Inseln, geht aber nie in die Ebene herab, sondern schwankt beständig über den höheren Kuppen, um mit einem für seine geringe Größe und schwache Bewaffnung erstaunenswerten Mute auf Würger, Felsentauben und selbst Steinhühner herabzustoßen.“ Das Jugendkleid beschrieb er nach zwei eben dem Nest entstiegenen Vögeln, die ihm 1857 nach Syra überbracht worden waren und welche er kurz kennzeichnet: „Größe eines kleinen F. peregrinus, Tournüre des subbuteo!“ Unleugbar liegt in den vorstehenden Mitteilungen sehr viel Richtiges; allein festere Formen nahm die Kenntnis von F. eleonorae, doch erst durch die Forschungen Krü- pers an. Wie zeitgemäß diese waren, erhellt am besten aus der Verwirrung, welche Lindermayer dadurch anrichtete, daß er in seiner zweiten Arbeit alle drei Falken (arcadieus, eleonorae und dichrous) selbständig nacheinander behandelte. Da nämlich bis dahin nur dunkle Vögel im Alterskleide aus Griechenland vorlagen und die Urabbildung von F. eleonorae von Giuseppe Gene (Akad. Turin, 1840) das subbuteo-ähnliche Kleid ebenfalls bringt, ermunterte sogar Chr. L. Brehm in einem Briefe vom 15. März 1852!) Lindermayer, an seinem F. arcadieus unbedingt festzuhalten. Krüpers erste, richtige Vermutung bezieht sich auf einen am 11. Mai 1555 bei Athen erlegten Falken des Universitätsmuseums bei Besprechung der dortigen Samm- lung. Das von Guiecciardi erlegte Stück war irrtümlich als #. concolor bestimmt und befindet sich noch heute an Ort und Stelle. Später (s. oben 1. c.) war Krüper seiner Sache, daß es sich nämlich ausschließlich um F. eleonorae handle, trotz des Wider- spruches von Seite Gonzenbachs und Blasius’, schon sicher, was übrigens zuerst im „Ibis“ 1863, p. 352 anerkannt wurde. Seit jener Zeit also ist man bezüglich der Benennung allgemein einig geworden und nur Verwechslungen mit dem afrikanischen, für Europa niemals nachgewiesenen Falco concolor Tem. ereignen sich noch hier und da, obwohl dieser, abgesehen von seiner geringen Größe, eine ganz andere Färbung, nämlich ungefähr das Blaugrau des Rotfußfalkenmännchens zeigt. Bei den außerordentlich großen Gegensätzen in der Färbung bei diesen Falken ist es leicht erklärlich, daß die verschiedenartigsten Versuche zu ihrer Deutung gemacht wurden. Anfänglich war das vorhandene Balgmaterial nieht genügend ausreichend. Nach- dem aber zu den durch Dr. Krüper in den Sechziger- und Siebzigerjahren ausgesen- deten Exemplaren neuerdings über meine Anregung eine sehr bedeutende Anzahl von Falken, dureh Strimmeneas auf Andros, Tinos und Kythera gesammelt, hinzukamen und auch Beobachtungen an lebenden Vögeln gemacht werden konnten, darf man be- haupten, daß wir gegenwärtig ein ziemlich klares Bild von der Entwicklung und den einzelnen Befiederungsstufen von F\ eleonorae besitzen. Nur in dem einen Punkte, der aber hier nicht weiter verfolgt werden soll, konnte bisher keine Einigung erzielt werden, nämlich ob die Übergänge im Gefieder der ein- zelnen Altersstufen durch Mauser oder Verfärbung bewirkt werden. v. Tschusi hält auch heute noch an der Umfärbung der vollendeten Feder fest, während namentlich Heinroth in einem besonderen, an den Verfasser dieser Zeilen gerichteten Artikel®) 1) Siehe Regensburger Korr.-Blatt, 1859, S. 137. 2) Ornith. Monatsber. VII, 1899, Nr. 2, S. 19—23. 340 Ornis baleanica. die Mauser zu beweisen sucht; und zwar an der Hand eines Vergleichsstoffes von 36 Vögeln. Er unterscheidet ferner bei den ausgewachsenen älteren Falken drei Typen, zwischen welchen allerdings auch Übergänge vorkommen. Soviel steht auf jeden Fall fest: die schwärzliche Färbung tritt in jedem Alter und bei beiden Geschlechtern als individuelle Eigentümlichkeit auf, und zwar am häufigsten beim alten Männchen, weniger oft beim alten Weibehen und am seltensten schon beim jungen Vogel. Als Beweis für den letzteren Fall führe ich jenes Exemplar an, welches ich 1898 an den zoologischen Garten in Berlin lebend übersandte. Dieses wurde im Herbste 1897 auf Tinos ganz jung ausgenommen und legte sogleich nach dem Dunenkleide sein düsteres Trauergewand an. Es ist daher im Nachsatze der Abhandlung Heinroths das Wort „diesjährigen“ in „zweijährigen“ umzuändern. Wie aus der nachfolgenden Übersicht der Maße von 49 Eleonorenfalken (in Zenti- metern!) unzweideutig hervorgeht, ist der Größenunterschied bei beiden Geschlechtern wirklich ein sehr geringfügiger, was ebenfalls schon Heinroth hervorgehoben hat. © - &0 er 3 Se nee Ort der Erlegung Ss Datum ii au & a Bemerkung 2 5 Xerö a va Tore ro ao Een a j i vollkommen verfärbt Panagia & 25. V. 1894 415181:9,| 2.19 2:2 | ebenso, mehr ausgefärbt Pamaß o 126. VII.1896 | 43 1315| 19 | 22 | Andros d 22. VII. 1897| 37 |305|17:5| 24 u ar o Andros Q 211897038: 732 1917254 | Aare subbuteo-ähnlich, sehr a [e) 31. VII. 1897 | 445 | 33 21 2:3 grelle rostrote Farben- (Kremides) en einjähriger Vogel mitletz- Andros (Steno) 6) 26. IX. 1897 | 40 28 15 | 2:1 | ten Resten des Jugend- kleides! Andros (Stend) | d' | 28. VII. 1897 | 40:5 | 30. |17-5.| 2:2 | Übergang vom lichten zum dunklen Kleide Andros (Steno) [0% 2». WANNE 1597 44 32:5 21 2:3 nahezu ganz schwarz Andros (Sten6) SERIES AD 32 el B\ das dunkelste Stück der ganzen Serie! S Tinos [0% DTIIXE 18977138: Qu SM 10) Qu 19:5 | 2:4 N ziemlich dunkel, einfarbig, | schwarzbraun 271.1X8.1897 | 42 5345| 20 1 a Tinos +0 III. Griechenland. 541 = &n E = "o S 2 Ort der Erlegung = Datum a Ei E = Bemerkung 2 S Er = © E = a 2 £ r ‚a7 99.R 5 b) | ziemlich dunkel, einfarbig Tinos Q IX. 1897 44:5 | 32:5 | 20 | 2:3 schwarzbraun Tinos g | 922.1X.1897 | 40 |335|195| 25 | - r buteo-ähnliche Fär- os Q 24. 1X. 1897 | 40-5 | 33-5 | 195 | 25 | sub LEN he “ ur [ bung, ziemlich licht! Tinos q 24. 1X. 1897 | 41:5.) 32° | 20° 2:3 | - ben flügge geworden! 5 \ Mitte Oktober 2 3 r 85° 8 Tinos Juv. 1897 37 15 15:3 2 Unterseite ziemlich licht, lange Schaftstriche In Septemb. Dunenkleid mit Eben her- Tinos pull. 1897 — = = — | vorsprossenden Schwanz- “ und Schwungfedern Klippe Drakonisi 2 ; Sen g | 24. VII. 1897 | 40:2 32:6 |192 | 22 sehr, dunkel! bei Tinos Klippe Drakonisi 0 25. VIIL 1897 | 42 | 366205 | 23 subbuteo-ähnliche Fär- bei Tinos bung Klippe Drakonisi d 1.X. 1898 43 |315 | 20 22 dunkel mit weißem Kehl- bei Tinos fleckrest! Klippe Drakonisi NL Beet hr 1 Jahr alt, I rakonis ü ihr 1 Jahr alt, Wär- ae S |lebendgefang. | 40 |29:5 | 17 | 9.2 | Wngefähr 1 Jahr alt, Tür bei Tinos ae t bung subbuteo-ähnlich! u. spät. getöte : lee eben flügge! Gefieder wie ne 2 u iuy. DIEREHSAT 40 28 17 2 beim jungen Bauınfalken; a zur ganze Unterseite gleich- I vom Kinn ange- Klippe Drakonisi | iuv. | getötet am a Kuyan RE eamzen pP me ee Q 42 30 18 2:1 |Schaftstrichen und Pfeil- bei Tinos 0% 3. XI. 1898 3 flecken dicht bedeckt Ganze Unterseite auffal- Klippe Drakonisi iuv. getötet am 40 | 28 | 165 | 2-1 | Tend licht, chamois, Kinn bei Tinos Q 3. XT. 1898 nurmit haarfeinen Schaft- strichen einjährig, Steuer- und 0 Schwungfedern 2. Ordn. Tragonisi B : Schwung bei m. > [0% 9. VIII. 1899 | 40 30 13 2-1 | nochvom1.Kleid. Unter- er yeanne seitszeichnungsehrscharf, baumfalkenartig Stapodia [6% 8. VIII 1899| 41 al 19 2.4 ganz dunkel! Ormis balcanica. 3 e s|3 © :z ) Ort der Erlegung = £ Datum m = E 3 Bemerkung ganz dunkel, mit schwa- Naxos (Melanes) [6% 15. VI. 1894 41 31 18 2°] | chem bräunlichen Schim- mer! alt, aber ganz regelwidri- u. ? r 398 BD) .» | 9.9 | ge Färbung der Unter- Strophaden Q 19:9V2.18982 7402752 |987:52 0272 Geile (Bescheäbune Helet unten) Kutl eines d. stärksten Stücke! xythera A c 98 21. t Hosen grell rostrot, Kehle (Langhäda) s 23. VI. 1898 20 al fast weiß, Brust dunkel : überrußt ne g | 16. von. 1898\39:6 51.2 | 19 | 21 Felskli \ außergewöhnlich starkes ‘elsklippe Avgo N 20 FE 6% 9. und auf derganzen Unter- bei Kythera F IS A ar seitesamt der Kehle inten- siy rostrot gefärbtes Stück "elskli A R x ae o |ı6. vum. ı898 | 435 | 31 |19-7| 25 Pelsklippe Avg Ä ee 9 |16. VII. 1898 | 41-2 | 32:1 | 19-2 | 5 elskli Avgo | i ! a o |16. VII. 1898 | 405 |312 | 185 | 22 Felsklippe Avgo | DS en Q 16. VIII. 1898 | 42:4 | 32:7 | 192 | 2:3 | schwärzlich überlaufen! _ Felsklippe Avg ee 9 | 16. VII. 1898 | 42:5 | 31-3 | 1955| 25 Felsklippe Avg bei a 2 16. VIIL 1898 | 42 | 32:2) 19 2:3 fast ganz dunkel Felskli Avs : a o |16. VIIL.1898| 42 |32-9 | 19:5 | 23 schwarz! Felskli A Bi = a g \ıs. van. ıs9s| 40 |505 | 185 | 22 ebenso Felsklippe Avgo g 18. VIII 1898 | 41-3 | 32 19 93 subbuteo-ähnliche Fär- bei Kythera bung Felsklippe Avgo o \ıs.vım.ısos| a5 | 33 19:5 | 9.4 | Qunkel, mit viel beige- mischtem Kaffeebraun bei Kythera III. Griechenland. 343 2 2! E rss ee mes Ort der Erlegung = Datum | a 2 E = Bemerkung = SS | K'els 70" | Eelsklippe Avgo | |1s. vi. ıs9s|ass| 32 |195| 22 | bei Kythera Felsklippe Avgo bei Kythera Felsklippe Avgo Bel geilen o | 18. VII. 1898 | 423 |325|193 | 24 subbuteo-ähnliche Fär- o |18. VIII. 1898 | 432 | 34:6 | 20:2 | 24 | nen > Helsklippe Avgo | „ [19 vım. ısog| a3 | sı | ı9 | 22 bei Kythera | (bung, Kehle mehr oder | weniger weißlich! Felsklippe Avgo en | d' |19. VIN. 1898 |42:5| 31 |195| 23 Felsklippe Avgo Be, o |19. VII. 1898 | 43:2 |332|195 | 24 Felsklippe Avgo er San a | 2 so 3 2 32-7 Keil 5 bei Kythera © |20. VII. 1898 | 44 | 32:7 | 18:8 Die Frage, ob wir es bei diesem Falken für das Gebiet mit einem Standvogel, zu welcher Ansicht auch Krüper hinneigt, oder einem Zugvogel zu tun haben, ist der- zeit noch offen. Obgleich man vermutet, daß sich die Falken im Winter über die größeren Inseln und die Küsten Griechenlands zerstreuen, was neuerdings durch die Aussage von Schnepfenjägern, die zur strengen Jahreszeit auf Andros und Tinos einige Falken stets beobachteten, eine Bestätigung erfährt, so gibt es doch noch immer keine Erklärung über den Verbleib der Hauptmasse, die nach Vollendung des Brutgeschäftes Ende Oktober und im November alljährlich aus dem Bereiche der Brutinseln ver- schwindet. Im Inneren des Festlandes ist der Eleonorenfalke jederzeit eine seltene Erscheinung. Hierbei erinnere ich an jene Exemplare vom Parthenion, auf Grund deren Lindermayer den F. arcadieus aufstellte, an den Vogel aus der nächsten Nähe von Athen und an das Stück der hiesigen Sammlung, welches St. Strimmeneas am 26. August 1396 auf den Höhen des Parnaß bei Agoriani beim Heuschreckenfange über- raschte. Etwas häufiger und regelmäßiger ist er dagegen schon im Inneren der größeren Inseln zu finden, wie dies Krüper auf Naxos (Kessel von Tragäa) nachwies und ich durch ein dort von unserem Gastgeber Degaitis am 15. Juni 1894 bei Melanes er- beutetes, besonders schön schwarzes Männchen neuerdings bestätigen kann. Kropf und Magen desselben waren vollständig mit Heuschrecken gefüllt.!) Nach allem, was über #. eleonorae bisher bekannt wurde, ist das ein Falke, der sich niemals oder nur auf ganz kurze Zeit vom Meere trennen kann. Es ist ganz eigenartig anzusehen, wenn diese schmucken Flieger unter lautem Geschrei von irgend 1) Das Brüten an einigen Stellen der Küste von Naxos ließ Krüper seinerzeit dahingestellt, doch scheint es später erwiesen worden zu sein. Wenigstens besagt dies ein Ei des Britislı Museum aus der Koll. Seebohm. 344 Ornis balcanica. einem Felszacken weit hinaus über die blaue Salzflut dahinziehen oder, einander neckend, ihre prachtvollen Flugkünste dem Beschauer zum Besten geben. Wenn ich bei Besprechung der geographischen Verbreitung im griechischen Archi- pelagus beginne, so mag vorausgeschickt werden, daß die nachfolgenden Mitteilungen über das Vorkommen auf den nördlichen Sporaden die bisher angenommene Verbrei- tungszone bedeutend nach Norden verschieben, da mit Ausnahme von Euböa, für welches Lindermayer F. concolor und arcadieus angibt, sich in der Literatur kein Nachweis findet. Insel Xerö: Am 23. Mai 1594 drei Stücke beobachtet, worunter ein schwarzes. Tags darauf bei der Weiterfahrt zeigen sich die Falken an der Steilküste stellenweise sehr häufig, aber zumeist in bedeutender Höhe schwebend. Am 1. Juni gegen Abend gelingt mir eine Dublette auf einen schwarzen Falken und eine Felsentaube. Insel Panagia: Zwei Paare, wovon Knotek am 25. Mai wieder ein schwarzes Männ- chen erlegt. Klippe Melissa: Zwei Paare, wovon zwei Stück herabgeschossen, aber nicht gefunden werden. Klippe Gramusa: Zwei Paare. Insel Jura: Anfangs nur zwei Stücke, dann aber mehrere und öfters beobachtet am Nordende der Insel. Insel Hag. Georgios bei Skopelos: Am 2. Juni trieben sich dort wenigstens sechs Paare herum. Auch auf Skopelos erscheint der Eleonorenfalke, da Leonis sah, wie er hier in Menge die großen Zikaden zusammenfing. Im Gebiete der Kykladen, wo schon oben zwei Brutinseln, von Erhard entdeckt, angegeben wurden, ist und bleibt natürlich Krüper die wichtigste Quelle. Dieser lernte folgende Inseln kennen, auf welchen F\ eleonorae sein Fortpflanzungsgeschäft ver- richtet: Gaiduronisi und Turlo nördlich von Paros, Makaries östlich von Naxos, wo er die Falken schon im Juni am Brutplatze antraf, nahe von dort Aspronisos und Stron- gylo, Kupria, Phidusa (bei Schinusa),') dann Tragonisos und Stapodia.”) In späteren Jahren kam dann noch das schwer erreichbare Eiland Annanes südlich von Milos hinzu. Auf der kleinen Insel Evreokastron bei Paros, wo keine Brutstelle zu sein pflegt, fand ich am 12. Juni 1894 zwei Paare. Die Falken jagten fortwährend hin und her, indem sie dabei unausgesetzt, bis zur Abfahrt von der Insel um !/,5 Uhr abends, in nicht sehr angenehmer Weise ihr Geschrei hören ließen. Auf Strongylö traf ich am 20. Juni ebenfalls zwei Paare, die sich aber schön außer Schußweite zu halten wußten. Dann stieß ein einzelner solcher Falke auf Phanari (der Leuehtturminsel bei Syra) auf die einzige dort befindliche Sterna hirundo und endlich sah ich in der Zeit vom 27. Juni bis 1. Juli täglich mehrere an der Küste und auf den höchsten Lagen von Erimomilos. Auch von Anaphi brachte Dr. Skuphos 1895 einige lebende Falken mit nach Athen; doch weiß ich nicht, ob diese von der genannten Insel selbst herrühren. Weiters wurden durch die jungen Strimmeneas die Inseln Andros und Tinos als ein sehr beliebter Aufenthalt ausgekundschaftet. Auf Andros befindet sich eine große Kolonie an der Südspitze gegenüber dem Nordende von Tinos. Die Gegend !) Ein Ei von dieser Insel (13. August 1862) befindet sich in der Ootheca Wolleyana (s. Newton, Part I, p. 108). 2) Hier sammelte er 1862 einen jungen Falken und ein ad. 9 für das Athener Museum. III. Griechenland. 345 heißt Stenö Armenis und dort sind die Brutstellen unzugänglich unter überhängendem Gestein in den Felsabstürzen angebracht, so daß Eustr. Strimmeneas die Eier liegen sah, ohne zu ihnen gelangen zu können. Unter den Jonischen Inseln ist es zunächst Zante, wo ich selbst diese Art deut- lich erkannt und festgestellt habe. Am 6. Mai 1893 zogen vier Stücke, darunter zwei „Mohren“, hoch über die Festung hinweg gegen Norden, später sah ich noch einen einzelnen Falken auf der Vrachiona und zwei sehr deutlich am Kap Gerakos. Die nordwärts ziehenden Vögel können ganz gut am Wege nach Korfu gewesen sein, mög- licherweise folgten sie aber auch den massenhaft durchziehenden Turteltauben. Korfu besitzt an der Nordküste sehr geeignete Plätze für ihn sowie auch die vorgelagerten Othonischen Inseln, und durch Dresser erfahren wir, daß Lord Lilford glaubt, ihn im Sommer 1857 an der Westküste der Insel beobachtet zu haben. Ein genauer Nach- weis wurde aber ebensowenig wie von irgend einem anderen nördlicher gelegenen Küstenpunkte der westlichen Balkanhalbinsel bisher erbracht. Die Strophaden sagen wegen ihrer flachen Gestaltung dem Eleonorenfalken nicht zu und seine vorübergehenden Besuche dort gelten zweifellos nur den massenhaft zur Zugzeit sich einfindenden Wandervögeln, vor allem der Turteltaube. Während unseres dortigen Aufenthaltes trieben sich etwa sechs Stücke herum, von denen ich am 15. Mai eines der interessantesten Exemplare unserer ansehnlichen Reihe erbeutete. Es ist ein Weibehen mit außerordentlich liehter Unterseite, da die Federn statt gelblicher, weiße Säume aufweisen. Trotzdem muß es ein alter Vogel sein, der ungemein an Falco graeilis Brehm erinnert und selbst von gewiegten Kennern für das 0 von Falco con- color gehalten werden könnte. Der nackte Augenkreis sowie die Wachshaut des Schnabels und der Fänge waren im frischen Zustande bleigrau. Auf dem Peloponnes sah ich F. eleonorae niemals, auch nicht in der sehr geeig- neten Umgebung von Pylos; dagegen umso zahlreicher auf Kythera. Gleich nach der Ankunft bei Hag. Pelagia (Ostküste) stieß ich auf einen ganzen Trupp. Die Falken jagten die Kante des Inselplateaus entlang und ein von mir ge- ständertes und schwer krank geschossenes Prachtstück hatte noch die Kraft, weit hinaus in die See zu schwanken. Während des Marsches nach und von Kapsali traf ich solche Falken, welche offenbar der große Reichtum an Eidechsen und Heuschrecken ange- zogen hatte. Ungefähr in der Inselmitte eröffneten wir eine förmliche Kanonade, ohne einen zu erlangen, da der Schuß auf diese pfeilschnellen Flieger durchaus nicht leicht ist. Längs der Westküste schwebten in großer Höhe ebenfalls vier Stücke und auf Avgo gab es auch etliche, obwohl sie sich auf diesem für sie wie geschaffenen Brut- platze damals noch nicht eingefunden hatten. Erst im August zu Beginn des Wachtel- durchzuges sollen sich nach Aussage der Bewohner von Kapsali auf Avgo gegen 150 Paare ansiedeln, deren fette Junge auch dort als Leckerbissen geschätzt sind. Schließlich gelang es doch Wutte, am oberen Rande der Langhädaschlucht ein auffallend starkes Männchen im swubduteo-ähnlichen Gewande zu erlegen. Etwa zwei Monate später besuchten Herr Merlin und St. Strimmeneas die Avgoklippe und er- beuteten vom 16. bis 19. August 1898 dort 25 Falken und 20 Eier. Weitere 10 Eier konnten wegen zu starker Bebrütung nicht entleert werden und ein Paar hatte gar schon frisch ausgeschlüpfte weißwollige Junge. Das von Krüper gründlich studierte Brutgeschäft von Falco eleonorae bildet wohl einen der interessantesten Abschnitte in der Fortpflanzungsgeschichte der europäischen Vögel. Der mehrgenannte Forscher legt mit überzeugender Klarheit die Gründe dar, 346 Ornis balcaniea. welche den Vogel zwingen, seine Eier erst Anfang August, in Ausnahmsfällen frühestens Ende Juli auf den einsamen, unbewohnten Inseln und Klippen des Archipelagus abzu- legen. Die zu dieser Zeit sich regelmäßig einstellenden Meltemien (= Nordstürme) ge- stalten den Besuch der Brutplätze mit den landesüblichen Segelbarken zu einem oft lebensgefährlichen Wagnis und bilden somit einen ausgesprochenen Schutz für die Brut. Außerdem wird aber die späte Legezeit durch die Sorge für die Nahrung bedingt. Den Sommer über leben die alten Falken zumeist von Insekten und nur von wenig Vögeln, die sie bis zur Größe des Steinhuhnes zu schlagen imstande sind. Sobald die Jungen — höchstens drei, gewöhnlich zwei und oft nur ein einziges — die Eischale verlassen haben, ist bereits der Durchzug der Wandervögel im vollen Gange und somit Nahrung in Hülle und Fülle vorhanden. St. Strimmeneas erzählte mir, wie die alten Falken ganze Haufen von Turteltauben, Pirolen, Wachteln, Wiedehopfen und kleineren, durchgehends fetten Vögeln vor ihren Jungen auftürmen, um das Wachstum dieser zu beschleunigen. Hierdurch bekommen die Jungen aber gleichzeitig ebenfalls eine dieke Fettschichte und bilden emen von der griechischen Inselbevölkerung sehr beliebten Leckerbissen, den auch Krüper für wohlschmeckend befunden hat. Krüper teilte mir mündlich mit, daß nach seinen späteren Beobachtungen die Falken zur Zeit, wenn die Jungen ziemlich herangewachsen sind, an diesen durch äußerst spärliches Futter- zutragen eine förmliche Entfettungskur vornehmen, um ihre Flugtüchtigkeit dadurch zu fördern. Die Jungen sollen dann diese Störung in ihrer bisherigen Lebensweise durch fortwährendes Schreien zu erkennen geben. Man kann sich einen Begriff von dem großen Sammelfleiße Krüpers machen, wenn ich, mit seiner Genehmigung, hiermit aus seinen Aufschreibungen mitteile, daß er bis 1368 zusammen 49 Bälge, von 1363 bis 1872 weitere 56 Bälge und bis 1874 alles in allem 118 Eier dieses Falken zur Versendung brachte. Durch ihn gelangten in den Besitz dieser ornithologischen Seltenheit unter anderen die Museen zu Leyden (6 St.), Turati-Mailand (6 St.), British Museum, Rothschild- Tring, Dresser (6 St.), Lilford (4 St.), Saunders (3 St.), Vian-Paris (4 St.), Berlin kgl. Museum, Görlitz (4 St.) usw. Auch die Eier kamen damals in die meisten der größeren Sammlungen. Besonders besichtigen und vergleichen konnte ich die in der prächtigen Sammlung von Baron König-Warthausen (mit den Originaletiketten Krü- pers); in der abgesondert aufgestellten Koll. Stölker im Museum zu St. Gallen und endlich in der schönen Privatsammlung Krüpers in Athen. Da eine Anzahl der interessantesten Stücke aus der letzteren sich auf Tafel IV jetzt nach mehr als 40 Jahren abgebildet finden, möge dasjenige hier eingeschaltet werden, was der glückliche Finder selbst darüber im Journ. f. Orn. 1864, S. 12 mitteilte: „Die Eier des F. Eleonorae kommen denen von #. subbuteo viel näher als denen von F. peregrinus; ihre Größe schwankt von 41—45 mm Längen- und 29—34 mm Breiten- durchmesser. Ihre Gestalt ist meistens bauchig, runde Exemplare sowie stark gestreckte sind selten; ein Stück ist walzenförmig und gleicht daher mehr den Biern der Sand- flughühner Pterocles als denen der Falken. Die Färbung der Eier ist ebenso ver- schieden als die aller Edelfalken, vielleicht noch mannigfaltiger. Die ursprüngliche rötliche Grundfarbe geht durch alle Nuaneierungen, durch die gelbliche in die weißliche über. Die großen und kleinen Flecken sind ebenso verschieden als die Grundfarbe, rötlich, gelblich, hellbraun, selten schokoladenbraun und lila; kranzfürmige Flecken findet man sowohl an dem spitzen und stumpfen Ende als auch in der Mitte. Ein Exemplar ist schneeweiß, ohne Spur von Schalenflecken; es war jedenfalls zu früh gelegt und von dem Falken aus dem Neste hinausgeworfen worden.“ III. Griechenland. 347 Die Eier werden ohne jede Unterlage auf den Sand gelegt. Dresser teilt als Ergebnis der Messung von 40 Eiern durch Dr. Rey mit: Durchschnittsgröße. . . 417 x 33:2 mm Größtes Stück . . . . 4425 X325 „ Kleinstes „ en ezlonxale Die erste gut erkennbare Abbildung eines Eies erschien 1840 zugleich mit den Vögeln in der schon erwähnten Abhandlung Gen&s. Den mir vorliegenden Eiern und Gelegen entnehme ich folgendes Maß und Gewicht: L. 466 465 461 45 445 4492 448 438 433 42:4 42 mm Br 341 2094 332 355 332 313 342 338 33 325 342mm Gew.208 201 17 26 210 15 85 225 2 159 198 cy 16./8. 23./8 15./8 128 8/8. 18./8. 18.8. 5./8. 18./8. 10./8. 10./8. 1864 1864 1864 1862 1899 1864 1864 1862 1882 1875 1874 L 4.7 47 416 416 406 406 402 399 39:7 38-4mm Br. 331 326 32 301 322 319 342 31 346 31-8 mm Be domlein, 150)0,.15800111470.,07206,. DDR TN %g 18./8: 10./8. 18./8. 10.8. 16./8.. .8./8.. 16./8.- 10./8. 12/8. — 1875: 1886 1864 1876 1875 1864. 1875 | 1886. - 1862 Gelege von 3 Stück, frisch (Stapodia, 8. August 1399): 1%, 44-5 AA 43:8 mm Brass 33:6 34:6 345 mm Gew. 222 225 224 cg Gelege von 2 Stück (Stapodia, 3. August 1399): 1b; 43-7 42:2 mm Br. 346 332 mm Gew. 165 162 cg Gelege von 2 Stück (Stapodia, 8. August 1899): L. 42-7 42:6 mm Br. 334 319 mm. Gew. 230 157 eg Die Gefangenschaft scheint der Eleonorenfalke, wenngleich Luft und reichliche Bewegung ihm in der Freiheit Hauptlebensbedingungen sind, recht gut ertragen zu können. Er wird in seiner griechischen Heimat nicht selten Stubengenosse der Be- wohner und die drei von mir zuerst nach Sarajevo gebrachten und später an den zoo- logischen Garten nach Berlin abgesendeten Falken erwiesen sich als durchaus zutrau- liche und angenehme Käfiginsassen, welche während der Fahrt vom Piräus nach Triest bald die Lieblinge sämtlicher Reisegenossen wurden. Schließlich ist im Jahrgang 1867, p. 380 und 381 des „Ibis“ von einem solchen Falken die Rede, welchen Gurney von Jamrach 1860 erhielt und der sieben Jahre in der Gefangenschaft aushielt. Der Eleonorenfalke muß unstreitig als einer der interessantesten Vertreter der ge- samten, Griechenland eigentümlichen Tierwelt bezeichnet werden. 348 Ornis balcanica. Falco peregrinus Tunst. — Wanderfalke. Jedenfalls ist der Wanderfalke in Griechenland kein häufiger Vogel; darin stim- men fast alle Forscher überein. Lindermayer beobachtete ihn seinerzeit nur einzeln, wenngleich nicht gerade selten, auf dem Zuge im Frühling und nahm ihn auch in das Verzeichnis der Vögel von Euböa auf. Graf von der Mühle besaß ein im April geschossenes Stück und gibt ihn richtiger einzeln für das ganze Jahr an. Bezüglich Akarnaniens verzeichnet ihn Kapitän Sperling als ziemlich zahlreich an der Südküste des Golfes von Arta; Baron Schilling sah einen solchen Falken am 7. Jänner 1899 bei Monastir Angelokastron, meine Reisebegleiter einen prächtigen alten Vogel am 18. Februar 1897 bei Turlida (bei Missolonghi) und Simpson hält das Brüten in der großen Klissura für wahrscheinlich. Am 14. Mai 1894 sah Santarius einen genau erkannten Wanderfalken niedrig über Athen dahinstreichen. Im Parnaß bemerkte ihn Hauptmann Roth im Juli 1898 täglich bei seinem Stoßen auf Pyrrhocorax pyrrhocorax, ohne daß einmal ein Erfolg bemerkbar gewesen wäre. Ganz ausgeschlossen ist es aber nicht, daß es sich hier um einen Feldeggsfalken han- delte, der in Griechenland häufig mit dem Wanderfalken verwechselt wird. Die weiteren Beobachtungen beziehen sich auf die Inseln. Auf Jura (Sporaden) schoß ein Falke am 27. Mai so pfeilschnell vorbei, daß ich nicht ganz sicher erkennen konnte, ob es wirklich peregrinus war. Auf Andros erlegte St. Strimmeneas bei Korthion am 22. August 1897 ein altes, oberseits sehr dunkles Männchen, welches Kleinschmidt untersuchte und der Subsp. broocki Sharpe entsprechend fand (Flügel 275 cm, Schwanz 16'5 cm). Das schöne Stück befindet sich hier im Museum. #. peregrinus ist dort jedenfalls Standvogel, was wir übrigens von den Kykladen im allgemeinen schon durch Erhard wissen. Auf den Jonischen Inseln ist er zunächst durch Drummond für Fano (nördlich von Korfu), wo er in beträchtlicher (?) Zahl brüten soll, festgestellt. Für Korfu selbst wird er als gelegentlicher Brutvogel von Lilford angegeben, welcher im April 1857 ein Paar bei Pelleka beobachtete. Auf der kleinen unbewohnten Insel Peluso bei Zante sah St. Strimmeneas am 12. Mai 1898 ein Paar an der steil gegen das Meer abfallen- den Westseite und es ist sehr wahrscheinlich, daß sich dort ein Horst in der Nähe befand. Jameson sagt, daß F. peregrinus auf Kythera nur im Frühling und Herbst zu sehen sei, was nicht ganz richtig ist, da er auf dieser Insel horstet; von uns z. B. wurde am 21. Juni 1898 am Vorgebirge Trachili vor- und nachmittags ein Brutpaar sehr deutlich beobachtet. Drummond verzeichnet ihn für die steile und massige Klippe Avgo (Ovo) bei Kythera und Lord Lilford erfuhr durch einen Freund, daß der Wanderfalke auf Kythera sehr häufig sei, was er aber bezweifelt und die Frage aufwirft, ob es sich hier nicht um eine Verwechslung mit F. eleonorae handle. Bei dem häufigen Vorkommen des Eleonorenfalken wäre das wohl möglich! Außer dem oben erwähnten ad. cd’ besitzt das Museum in Sarajevo noch ein med. © aus der Umgebung von Tripolis (Arkadien), geschossen im Jänner 1895, und ein iuv. [6% aus der Gegend von Lamia (22. November 1895). Beide unterscheiden sich weder in Größe noch in Färbung von mitteleuropäischen Vertretern. Dasselbe scheint der Fall zu sein mit dem ad: 9 aus Athen im British Museum sowie einem am Horst im Parnes IIT. Griechenland. 349 (Attika) erlegten 9 im Museum Athen. Dieses letztere Museum besitzt aber außerdem drei Stücke, welche der näheren Beschreibung wert sind. Der erste Vogel ist ebenfalls ein starkes, kräftiges Weibehen und wurde am 18. April 1860 in Attika zustande gebracht. Er ist im ganzen dunkel, melanistisch und das ganze Gefieder zeigt sich stark aschgrau überflogen, was einen seltsamen Ein- druck macht. Noch interessanter ist ein ad. d‘, von H. Vlettis bei Laurion am 12. No- vember 1863 erlegt, da man es auf den ersten Blick wegen seiner geringen Größe ebenso wie das folgende Stück leicht für einen Falco peregrinoides Tem. halten könnte. Es ist ein Falke in schönster Farbenpracht und vollkommener Ausfärbung: die Kopf- platte nahezu einfärbig dunkelschiefergrau, fast schwarz; am Nacken zeigen mehrere Federn diese dunkle Färbung bloß am Rande und sind in der Mitte cremefarbig, die Oberseite taubengrau, gegen die Schultern zu in der Mitte alle Federn schwärzlich, die Oberflügeldeckfedern noch mehr. Gegen den Bürzel zu wird das Grau immer lichter und erst in der Färbung der Bindenzeichnung gegen das Schwanzende zu herrscht wieder das Schwarz vor. Der Backenfleck ist unter dem Auge daumenbreit, das Kinn weißlichgelb, das Kropfgefieder stark mit eremegelb durchsetzt; dann folgen nach scharfer Abgrenzung kurze kräftige Querflecken und weiter abwärts immer feiner werdende Wellenzeichnung, dieselbe auch auf den Unterschwanzdecken. Die Steuer- federn zeigen 12 Binden. In allen Teilen des Gefieders eine deutlich sichtbare rauch- graue Wölkung. Flügel 29 cm, Schwanz 14 cm. Das dritte Stück ist ein ebenfalls kleinwüchsiges junges Männchen, erbeutet von Schrader in Attika am 4. Februar 1862. In der Gesamtfärbung ist es genau ent- sprechend einem gewöhnlichen jungen Wanderfalken, aber alle Zeichnungen sind feiner und zarter, im ganzen mehr fahlbraun; doch ist zu bemerken, daß das Gefieder etwas ausgebleicht zu sein scheint. Flügel 30 em, Schwanz 15 cm. Griechische Wanderfalkeneier gibt es nur wenige in den Sammlungen, weswegen ich die Maße und Gewichte von drei Krüperschen Stücken weiter unten mir anzu- geben erlaube. Verwechslungen mit den Eiern von F. feldeggi sind in diesem Lande gewiß sehr leicht möglich. Krüper kannte bis 1374 bloß drei Brutplätze, von denen zwei am Parnaß und der eine im Parnesgebirge sich befinden. Von letzterem wurde am 28. März 1861 dem Museum in Athen ein Gelege von drei Stück überbracht; das zuletzt gelegte Ei, er- wähnt Krüper, ist einfärbig rot, ohne die grelleren Flecken. In demselben Museum befindet sich ein anderes Zweiergelege vom 25. März 1561. 53:9 mm 537 mm 47:6 mm 42:5 mm 42:5 mm 37 mm 427 cg 453 cg 354 cg (ohne weitere Daten) 13. April 1861 6. April 1890 die Zeichnung gleicht gleichmäßig über die ein sehr kleines Ei von jener von #. gyrfaleco. ganze Oberfläche ver- ganz regelrechter Fär- teilte dunkelbraune bung. Marmorierung. Falco feldeggi Schl. — Feldeggsfalke. Was wir über das Vorkommen dieser prächtigen Falkenart in dem in Betracht kommenden Gebiete wissen, ist eigentlich recht unbedeutend. Obwohl sich eine ganze 550 Ornis baleanica. Anzahl von Bälgen des £. feldeggi aus Griechenland in verschiedenen Museen, so in Athen, Sarajevo, Berlin, Leyden, Norwich u. a. befinden, fehlen sonstige Mitteilungen über Verbreitung, Lebensweise usw. vollständig und auch mir ist während des ganzen Aufenthaltes im Lande mit Sicherheit kein solcher Falke zu Gesicht gekommen. Fast immer, bis in die neueste Zeit, wird er als „lanarius“ oder „laniarius“ angeführt oder mit „sacer“ verwechselt und hierbei Griechenland als Heimat angegeben. So von Degland, Dubois,!) Rey, selbst noch von Krüper, wie bereits 1579 Dresser ver- mutete, und v. Heldreich; von diesem gar als Wintergast von September bis Februar, was gänzlich falsch ist und offenbar von der Bemerkung Krüpers hergeleitet wurde, daß der Feldeggsfalke öfters zur Winterszeit als im Sommer angetroffen zu werden scheine. Die Bemerkungen Graf von der Mühles und Lindermayers über „F. laniarius und peregrinoides“ sind von keinerlei Bedeutung, da sich beide Forscher über die griechischen Edelfalken überhaupt niemals Klarheit verschafft haben und außerdem Flüge von 30-40 Stücken weder bei F. feldeggi noch den nächstverwandten Arten jemals beobachtet wurden. Unter den Überresten der Sammlung Graf von der Mühles in Regensburg be- findet sich gegenwärtig kein Exemplar, jedoch kann jenes von Parzudaki gelieferte, im Museum zur Norwich befindliche und von Dresser erwähnte aus der Umgebung von Athen nicht zu sacer gehören, sondern ist sicherlich zu ‚feldeggi zu ziehen. Simpson macht die Bemerkung, daß er das Horsten des Feldeggsfalken in den Felswänden der Klissura in Akarnanien vermute, und fügt hinzu, daß das Vorkommen am Parnaß bekannt sei. Dies letztere erfährt dadurch eine Bestätigung, daß St. Strim- meneas am 13. Juli 1895 am Fuße dieses Gebirges in der Nähe von Velitsa (bei Kanchalos?) ein junges Männchen im frischen Gefieder (abgebildet in der neuen Aus- gabe des „Naumann“, Bd. 5, Taf. 14 von O. Kleinsehmidt) in dem Augenblicke er- legte, als es eine Blaumerle (Mont. eyanus) geschlagen hatte. Ein zweites sehr ähn- liches Stück, en junges Weibchen, erlegte er am 1. September 1900 nördlich von dem Psychikö genannten Teile der Türkenhügel (Turko Wuni) bei Athen und sandte es ebenfalls ein. Außer diesen zwei Stücken liegen mir weitere zwei aus der Umgebung von Tri- polis (Tripolitsa) in Arkadien vor. Das eine, ein altes Weibehen vom Jänner 1895, findet sich abgebildet in der Neuausgabe des „Naumann“,?) Taf. 14, dann Kopf usw. in „Aquila“ 1901, $S. 48, während das andere vom Februar 1895 ein nicht ganz ein- jähriges Männchen ist. Die sechs im Universitätsmuseum zu Athen aufbewahrten Feldeggsfalken wurden sämtlich in Attika in der Umgebung der Hauptstadt von Bonkowski, Borghini, Guiceiardi und Schrader sen. erbeutet, und zwar: med. 0’ am 15. Februar 1359, ad. © und 90 am 12. und 24. Juni 1859, ad. d’ am 30. Dezember 1861, ad. 0 am 8. September 1863 und ad. 0’ am 13. März 1865. Das zuerst genannte männliche Exemplar zeigt eine sehr interessante Färbung, welche durch die dunklen Hosen, an denen aber dennoch sich Flecken und Binden zeigen, und durch das Rückengefieder, bis auf einige neu hervorkommende Federn, außerordentlich an den Würgfalken erinnert. Auch Kopfplatte und Nacken sind fast car nicht braun oder rostrot gefärbt wie bei anderen gleichaltrigen Stücken, z. B. im 5° Museum in Berlin, dessen Scheitel Fritsch (8. 33) treffend dunkelziegelrot nennt. 1) Im Cat., p. LXXVII (1872) als F. lanarius babylonieus Sel. — alphanet Schl. 2) Wo auch die Maße dieses Falken angegeben sind. IH. Griechenland. 351 Auch bezüglich des Horstens ist wenig zu sagen. Obwohl, wie aus den obigen Angaben hervorgeht, der Falke das ganze Jahr im Lande verweilt und zweifellos an mehreren Orten in Felsen horstet, kannte Krüper bis 1574 keine sichere Brutstelle. Später erhielt er von seinen Sammlern ein paar einzelne Eier, welche, wie aus ver- schiedenen Umständen zu schließen ist, höchstwahrscheinlich von #. feldeggi herrühren. Das größere ist auf hellroströtlichem Grunde so dicht dunkelrostbraun gefleckt, daß es nahezu einfärbig erscheint, während das andere sehr licht aussieht, indem auf zart rötlich-chamois Grunde nur wenige, an der Spitze gehäufte braune Flecke stehen. Maß und Gewicht derselben: 51’3 mm 50:4 mm - 430 eg (innen nieht vollständige sereinigt!) —— 41 mm I\ > I 41:5 mm A1T cg Hier sei auch bemerkt, daß die auf p. 299 im Vol. II d. Cat. of Birds Eggs (1902) dem F. feldeggi zugeschriebenen Eier aus Rußland und von der Wolga natürlich vom Würgfalken F. lanarius (= Hierof. cherrug), die übrigen dagegen wohl sämtlich von der Form tanypterus und erlangeri herstammen, sowie endlich, daß die auf S. 151 im 1. Jahrg. 1847 des Regensburger Korrespondenzblattes erwähnten und von Linder- mayer dem Verein geschenkten lanarius-Eier aus Griechenland gegenwärtig nicht mehr aufzufinden sind. Im geraden Gegensatze zu den vorstehenden spärlichen Mitteilungen ist eine Menge betreffs des wissenschaftlichen Namens und der systematischen Stellung dieses Falken geschrieben worden. Aber ich kann in dieser Hinsicht getrost auf die er- schöpfenden Zusammenstellungen von Tit. Csörgey in „Aquila* IV (1897), S. 129—139 und namentlich auf jene von meinem Freunde Otto Kleinschmidt „Aquila“ VIII (1901), S. 27—33 verweisen und will nur noch ganz besonders hervorheben, daß die Benen- nungen Schlegels: Falco feldeggi (vor 1344), Falco lanarius (1844, „Kritische Über- sicht“), Falco lanarius alphanet (nach 1844, in der 2. Hälfte des 3. Heftes, S. 13 der Abhandlungen aus dem Gebiete der Zoologie und „Naumannia“ V, 1855, S. 252), endlich Falco lanarius graecus (1862, Mus. Pays-Bas, t. II, p. 15 und Nachtrag 1873, p. 35) sowie wahrscheinlich auch Falco babylonieus Sel. sich sämtlich auf die eben zu besprechende Falkenart beziehen, welche den mediterranen, felsigen Küstenstrichen der ganzen Balkan- halbinsel eigentümlich ist. Was Thienemann über ihn in der „Rhea* als Falco rubeus 8. T72—77 mitteilt, trägt durchaus nicht zur Entwirrung der Systematik bei. Richtige Heimatsangaben macht erst Brehm in der „Naumannia“ IV, 1854, S. 61 und noch genauere Blasius sen. ebenda VI, 1856, 8.467. Von großer Wichtigkeit sind nun die Auseinandersetzungen des Letztgenannten in der „Naumannia“ VII, 1857, S. 252 —256, wo die genauen Maße von vier griechischen Vertretern angegeben sind und die Ver- gleiche mit den nächsten Verwandten ergeben, daß die Größe kein Unterscheidungs- merkmal bildet. Auch an dieser Stelle wird Falco alphanet als ausgesprochen grie- chische Form beibehalten und wie lange sich der Glaube an eine solche erhalten hat, beweist eine Betrachtung Altums über ein neues Falknereiwerk in Danckelmanns Zeitschr. f. Forst- und Jagdwesen, 31. Jahrg., 1399, S. 380; daraus geht hervor, daß sich Forstmeister Schoepffer ausdrücklich wegen alphanet bei Altum erkundigt hatte, wobei dieser der Bestimmungsschwierigkeiten der südlichen Falkenformen Er- wähnung tut. Wie sehr auch Schlegel seine Ansicht nach genauer Prüfung einer großen An- zahl solcher Falken später geändert hat, zeigt seine Auffassung im Nachtrag Mus. Pays- Bas 1873. Während er früher sogar den dalmatinischen Vogel vom griechischen zu 352 Ornis baleanica. trennen suchte, ging er 1575 so weit, daß er Europäer, Asiaten und alle Afrikaner unter einer Nummer vereinigte. Nisaetus fasciatus (Vieill.),, Agquila Bonellii Tem. — Habichtsadler. Der interessanteste von sämtlichen in Griechenland lebenden Adlerarten ist un- streitig der Habichtsadler. Seine Anzahl ist aber, wenigstens heutzutage, lange nicht so beträchtlich, wie Graf von der Mühle angibt, weshalb die diesbezügliche Richtigstel- lung von Seite Lindermayers volle Beachtung verdient. Auch die Verbreitung im Lande ist eine ziemlich beschränkte, wie aus der nachfolgenden Zusammenstellung der Fundorte ersichtlich sein wird. Außer den beiden in der Überschrift enthaltenen Benennungen wäre noch Falco duecalis Licht. zu erwähnnen, welcher Name auf die ersten aus Griechenland eingesen- deten Stücke angewendet wurde. Die bisherigen Beobachtungen haben ergeben, daß der Bonelli-Adler ein ebenso kühner wie fluggewandter Raubvogel ist, welcher ebensowohl Land- als Wassergeflügel schlägt und als Wohnort steilwandige Felsgruppen und Schluchten bevorzugt, welche in der Nähe des Meeres liegen, und an deren Fuß sumpfige Niederungen, wildreiche Ebenen oder Lagunen mit viel Sumpfgeflügel angrenzen. Höher gelegene Gebirgs- gegenden meidet er vollständig. Krüper, dessen rastlosen Forschungen wir die wichtigsten Aufschlüsse über Lebens- weise und Verbreitung im Gebiete verdanken und dessen Darstellungen hier nur aus- zugsweise wiedergegeben werden können, schildert zunächst in einem Briefe an Bal- damus (Missolonghi, 4. April 1859), wie er ein Jahr vorher im Zygosgebirge (Akarnanien) durch die dort gefundenen Bruchstücke eines Adlereies veranlaßt wurde zu erkunden, welchem Adler diese angehört haben. Da der Bonelli-Adler vorher mehrmals in der dortigen Gegend erlegt worden war, vermutete Krüper sofort in demselben den Er- zeuger des Eies. Verschiedene unglückliche Zufälligkeiten verhinderten 1859 die Aus- hebung des bald gefundenen Horstes sowie den Abschuß eines der Adler. 1860 beob- achtete Krüper am 9. Februar in den Felsen desselben Gebirges bei Aetolikon wieder einen Habichtsadler, wie er ein Seeadlerpaar heftig verfolgte. Der Horst des Nisaötus faseiatus wurde in einer Felshöhle am 26. Februar durch längeres Beobachten der Adler ausgekundschaftet und am 27. Februar durch den zum Nistplatz abgeseilten Herrn Simpson die zwei darin befindlichen Eier eigenhändig ausgenommen. Dieses oologi- sche Ereignis gab Simpson unterm 29. Februar 1860 den Herausgebern des „Ibis“ bekannt und lieferte später eine höchst anziehend geschriebene Beschreibung der Horst- ausnahme, der im Fluge wahrnehmbaren, charakteristischen Erkennungszeichen bei die- sem Adler, ja selbst der Eigentümlichkeit von Land und Leuten der dortigen Gegend. Trotzdem glaube ich, daß die Worte Krüpers über denselben Gegenstand hier ge- nügen dürften: „Die Nestunterlage bestand aus kleinen Zweigen des wilden Ölbaumes, aus einigen Blättern der Stecheiche (wahrscheinlich Quereus coceifera) und aus den Dunen des Vogels. Das Nest befand sich im Inneren einer Höhle, die der Mittags- sonne zugekehrt war und daher einen so hohen Wärmegrad enthielt, daß Herr Simp- son bedauerte, sein Thermometer nicht zur Hand gehabt zu haben. Die beiden Eier waren in Färbung und Korn verschieden, trugen jedoch entschieden die Charaktere von Adlereiern; das eine war völlig fleckenlos, schmutzigweiß, gerade so wie das von mir 1858 gefundene, defekte Ei, welches jedoch eine gestrecktere Form hatte. Das andere Exemplar war rein weiß mit kleinen deutlichen Flecken und zeigte im Korne III. Griechenland. 3553 das charakteristische Merkmal der Eier von Aquila imperialis, während das erstere sich mehr den Eiern der Aguila pennata anzuschließen schien.“ Am 25. Jänner 1561 beobachtete Krüper die Begattung desselben Paares, welche unter einem dreimaligen schwachen „gia“ vollzogen wurde, und ließ am 10. Februar dem Horste, der 30 Schritte von dem vorjährigen angelegt worden war, zwei etwa acht Tage bebrütete Eier entnehmen, welche sich jetzt in der Sammlung der Universität Greifswald befinden dürften. Ein weiteres Gelege erhielt dann Krüper am 17. Februar. Von Aetolikon aus zeigte mir Krüper im April 1894 jene gut sichtbaren Horst- plätze in den Felswänden, woher jene ersten Gelege stammten, doch ist jetzt dort kein einziges Paar mehr sichtbar, wie uns mehrmalige Ausflüge dahin belehrten. Unweit von dort muß es aber doch noch Horste geben, denn am 6. Februar 1897 beobachtete ich in dem niedrigen Hügellande westlich von Aetolikon drei oder vier dieser Adler durch längere Zeit bei einem kleinen, mit Röhricht bewachsenen Weiher. Trotz des herrschenden Windes hielten die Habichtsadler manchmal im Fluge schwebend ganz stille, dabei hie und da ein wenig rüttelnd. Einer fing vor meinen Augen eine Schlange, die er im Schnabel in die Höhe trug und stückweise in der Luft schwebend kröpfte, indem er sie dann mit den Fängen festhielt, wobei der Kopf stark gegen den Unterleib gesenkt und die Fänge ruckweise nach vorne gestreckt wurden. Dies ge- schah in solcher Nähe, daß eine Verwechslung mit dem Schlangen- oder einem anderen Adler vollkommen ausgeschlossen ist; ja einmal ließ sich einer der Adler kaum 20 Schritte von einer von Hirten bewohnten Rohrhütte mit fabelhafter Schnelligkeit zur Erde fallen. Ferners beobachteten am 20. Februar 1397 meine Begleiter in einer Felsschlucht des Zygos zwischen Aetolikon und Missolonghi ein etwas dunkel gefärbtes, also jün- geres Paar. Nicht allzuweit von dort, im mächtigen Stocke des Varassovo bei Kryoneri, hat seit langen Jahren und voraussichtlich auch gegenwärtig ein Donelli-Adlerpaar seinen Felssitz inne. Dieses gab mir und meinen Begleitern wohl viel zu schaffen, verur- sachte so manche Enttäuschung, da es samt seiner Brut schier unerreichbar schien, aber andererseits konnte ich an ihm unvergleichlich schöne Beobachtungen anstellen. 18394 war der Horst in schwindelnder Höhe an der gegen Süden gelegenen Wand einer Felsschlucht angelegt, welche man über steile Geröllhalden, unmittelbar von der Bahn- station Kryoneri aus, ersteigen kann. Bei meinem ersten Besuche am 25. April hatte das Paar dort bereits hungrige Junge im Horste, mit deren Auffütterung die Alten offenbar vollauf zu tun hatten. Unausgesetzt zogen sie in rasendem Fluge in die Ebene gegen den Phidaris hinaus und lebten hierbei mit den zahlreich anwesenden Weißkopf- geiern in grimmer Fehde, indem sie über die ihnen im Fluge Begegnenden wütend herfielen und sie zur Flucht nötigten. Deutlich konnten ich und Santarius beobachten, wie einer der alten Adler pfeilschnell angeflogen kam und vor dem Fußfassen am Horstrande einen für die Nachkommenschaft mitgeschleppten Speisebrocken mit den Fängen voraus in die Horstmulde schleuderte. Da es bei uns nur das eine Verlangen gab, bloß einen von den beiden Alten in unsere Gewalt zu bekommen, begab sich Santarius am anderen Morgen zeitlich auf den Ansitz unterhalb des Horstes. Er hatte das Pech, einen der Adler elend zu Holze zu schießen. Der Getroffene stürzte, reichlich Federn hinter sich zurücklassend, fast bis auf das Gerölle der Schlucht, hatte aber noch die Kraft, knapp über dem Strauchwerke dahingleitend den Ausgang der Schlucht zu erreichen, wo er taumelnd Reiser, Ornis balcanica. III. 23 354 Ornis balcanica. hinter einer Felsecke verschwand. Fast den ganzen Nachmittag verwendeten wir alle samt Krüper zur leider vergeblichen Nachsuche. Am 27. April war bloß ein Adler beim Horste sichtbar und dieser schien durch das Unglück des Ehegenossen sehr vor- sichtig geworden zu sein. Drei Jahre später konnte ich am 3. Februar mit Vergnügen feststellen, daß sich das Horstpaar wieder ergänzt hatte und beim Betreten der Schlucht sofort sichtbar wurde. Gegen 10 Uhr vormittags setzte sich das Q auf den Ast eines wilden Oliven- bäumehens, welches unterhalb des oberen Randes der Wand aus einer Felsspalte her- vorgewachsen war. Das d’ flog bald darauf herbei, setzte sich zuerst daneben auf einen nahen Ast und gleich darauf fand die Begattung statt, wobei beide Adler die Flügel weit entfalteten und sich sichtlich auf- und abwiegten. Hierauf folgte wieder zärtliches Nebeneinandersitzen in luftiger Höhe und schließlich Abfliegen des 0° in die Schlucht hinab. Einige Stunden darauf stürzte sich einer dieser Adler wie ein herabfallender Stein auf eine von mir bejagte und im Gestrüpp laufende Waldschnepfe. Leider zerfetzte ihm mein Schrotschuß bloß eine rechtsseitige Schwungfeder. Nachmittags setzte sich derselbe Adler ganz nahe bei den wenigen Häuschen von Kryoneri auf einen Felsblock und ließ mich auf etwa 65 Schritte ankommen. Drei Ladungen grober Schrote bringen den Adler nicht zu Fall, sondern zerreißen ihm zwei weitere Federn der rechten Sehwinge. Er streicht weit in die Ebene hinaus und nimmt zuletzt wieder die Richtung gegen das Gebirge. Hier finde ich ihn richtig auf einem vereinzelten, nach allen Richtungen freie Ausschau gewährenden Felsblock hocken. Er duldet mein Anschleichen nicht, sondern streicht wieder in die Ebene hinaus und kreist dann etwa /, Stunde lang, schließlich im Nebel verschwindend. Auf der Spitze des Felsblockes fand ich, etwa eine Handfläche breit, den frischen Schweiß des Adlers als Beweis, daß meine Schüsse doch getroffen hatten. Stark verletzt war er aber gewiß nicht, denn am 12. Februar kreiste derselbe Adler, durch meine Schüsse deutlich an der Schwinge gekennzeichnet, über dem Au- walde in der Phidarisebene und strich sodann dem Horstplatze in der Varassovo- schlucht zu, und am 15. Februar sah Santarıus beide Adler wieder auf dem Oliven- bäumchen über dem Horste aufgehackt. Als am 16. Februar das Schießen auf die Weißkopfgeier von uns eröffnet wurde, zeigte sich im Laufe des Vormittags das Habichtsadlerpaar bloß einmal, und zwar unmittelbar nach dem Sturze des tödlich ge- troffenen ersten Geiers, vielleicht sogar eben dadurch angelockt. Am Nachmittage dagegen, etwa von 3 Uhr an, kam der eine Adler fortwährend in die Schlucht geflogen, indem er dort drei Horste aufsuchte und eingehend besichtigte. Derjenige, welcher von oben mittels Seil völlig unzugänglich ist, wurde offenbar für dieses Jahr für das Gelege ausersehen, denn Führer bemerkte vom oberen Rande der Schlucht aus darinnen grüne Zweige und 'der Adler flog viermal dort hinein, um in der Mitte der Horstmulde in vorgebeugter Stellung das Horstmaterial zu ordnen. Da auch später die sonst treff- sichere Flinte St. Strimmeneas’ diesem Adlerpaar nichts schadete, dürfte dasselbe wohl auch noch gegenwärtig im Frühlinge seinen luftigen Felsthron am Varassovo innehaben, denn 1905 hatte es der Bonelli-Adler in der Varassovoschlucht den Beobachtungen Santarius’ zufolge sogar schon auf fünf deutlich sichtbare Horstbauten gebracht. Als der Adler auf den zweiten in der Nähe abgefeuerten Schuß eine dieser Behausungen eiligst verließ, beschrieb er in nicht allzugroßer Höhe zwei weite Kreise, dabei scharf abwärts äugend, als ob er sich wegen der neuerlichen Störung die Situation möglichst genau betrachten wollte. III. Griechenland. 355 Ein weiteres Horstpaar im westlichen Griechenland befindet sich jedenfalls auf dem Felseiland Oxiä in der Nähe der Echinaden, da sich uns am 23. Februar. dort ein alter Habichtsadler zweimal zeigte und die felsige Beschaffenheit der Insel ihm gewiß zusagt. Die eingehendste Bekanntschaft mit dem Bonelli-Adler machte ich schon einen Tag später auf der Insel Petalä. Unmittelbar nach der Landung auf der Ostseite führte uns ein wlachischer Hirte zu einem besetzten Adlerhorste, dessen Inhaberin sich sofort zu meiner Freude als ein Weibchen der vielbegehrten Art herausstellte. Aber welch einen malerischen Platz hatte sich das Paar zur Wiege für die künftige Adler- brut ausersehen! Ein von der Inselmitte nach der Küste zu abfallender Rücken ver- schmälert sich unweit des Ufers zu einer nach oben zu, scharfgezähnten Felsmauer. Diese ist in noch ziemlicher Höhe derartig durchlocht, daß ein ansehnliches Felstor, mit schwibbogenartiger Wölbung die Aufmerksamkeit jedes Besuchers auf sich lenken muß und auch den Donelli-Adlern besonders einladend erschienen sein mag. Gerade über der Wölbung hatten diese eine unbedeutende Vertiefung als Horstplatz benützt. Bei unserer Annäherung saß das Weibchen, deutlich sichtbar, ziemlich fest im Horste. Erst ein verabredeter, nach meinem Anschleichen bis zur Schrotschußdistanz abge- feuerter Schuß meiner Begleitung veranlaßte es zu eiliger Flucht. Meine zwei nach- gesendeten Schüsse machten zwar eine Menge Federn stieben und brachen eine Steuer- feder, erzielten aber anscheinend keinen weiteren Erfolg, da der Adler in der Richtung nach den Lagunen zu entschwand. Es blieb nach dieser neuerlichen Enttäuschung nichts anderes für mich übrig, als in das Felstor hineinzuklettern und an einem entsprechenden, ziemlich gut gedeckten Plätzchen die Rückkehr des Vogels abzuwarten, während die anderen dem Inneren der Insel einen Besuch abstatteten. Ich hatte genügend Zeit, das grandiose Panorama zu meinen Füßen dem Gedächtnis einzuprägen, denn erst nach reichlich zwei Stunden trieb die elterliche Pflicht das Weibchen zum Horste. Diesmal war es aber doch um diesen schwer erlangbaren Adler geschehen; sowie er vor der Felsöffnung vorbeiflog, knickte er auch schon tödlich getroffen zusammen. Aber erst knapp am Meeresgestade stürzte er verendend in das Felsgeklipp und es dauerte eine geraume Weile, bis ich endlich meine Beute bewundern konnte. Hierauf wurde mühelos die Felspartie oberhalb des Horstes erklommen und von dort Einblick in die Horstmulde gewonnen: Auf grünem Gezweige lagen darinnen zwei weißblinkende Eier. Rasch holte ich in kleinem Nachen unsere oftbewährte Abseilvorrichtung herbei und mit Hilfe der inzwischen herbeigekommenen Hirten, deren ältester es nicht unterließ, vorher noch ein kleines Gebet zu verrichten, holte spät am Nachmittage desselben Tages Santarius das Gelege glücklich empor. Das Männchen zeigte sich unterdes nur ein einziges Mal flüchtig in der Nähe; aber es schien seinen ganzen Zorn über die Zerstörung seines Familienglückes an einem ahnungslos daherstreichenden Seeadler auszulassen, indem es diesen wütend anfiel und zur sofortigen Umkehr zwang. Noch zweimal sah ich dasselbe später, und zwar am 3. März, wie es unweit Petalä mit einer Beute in den Fängen über das Meer strich, und zuletzt am 15. März auf der Insel selbst. Der etwas längliche Horst schien eine Neuanlage zu sein. Seine von Santarius festgestellten Ausmaße sind: Größte Länge 145 em, größte Breite 105 cm, jene der Horstmulde 70, beziehungsweise 65 cm. Diese letztere bestand zum größten Teile aus frischen Zweigen der immergrünen Eiche (Quereus ilex) und des Lorbeers samt Früchten, zum geringen Teile aus Zweigen von Pistacia terebinthinus, vom wilden Ölbaum und vom Meerträubel (Ephedra campylopoda). Gleichsam als Zierde waren mehrere duftende Blütenbüschel des prächtigen, dort im Februar blühenden Goldlacks (Cheiranthus corinthiacus) eingeflochten. Von all diesen 23* SER r e 356 Ornis balcanica. Horstbestandteilen bewahre ich - Belegstücke zum Andenken an diese frohe Stunde auf. Die genaue Besichtigung des frischgeschossenen Adlerweibehens ergab, daß die Farbe der Wachshaut an den Fängen sehr blaßgelb ist und jene der Iris sehr derjenigen beim alten Kaiseradler (Aguila melanaetus) nahekommt, nämlich gelb und braun geflammt. Von den beiden Eiern soll später die Rede sein. Die Maße dieses Q, Petalä 24. Februar 1897, sind: Ganze Länge Flügel Schwanz Lauf Schnabel 145 cm 50T em 276 cm 105 em 41 cm jene eines Stückes (wahrscheinlich J'!) aus Griechenland, welches Prof. Rud. Blasius maß (Bericht der XIV. ornithologischen Versammlung 1862, S. 102): Ganze Länge Flügel Schwanz Lauf Schnabel 672 cm 457 cm DIT cm 106 cm 45 cm Der von mir erlegte Vogel muß offenbar mindestens vier Jahre alt gewesen sein, da man das Alter jüngerer Individuen mit Hilfe der ausgezeichneten, mit zwei Tafeln versehenen Abhandlung von Cav. Alb. della Marmora: Determination et description des differences d’äge de l’Aigle Bonelli, in tome XXXVII, p. 110—125, 24 juim 1832, Accad. R!® delle Seienze, Torino, Classe dı Fis. e Mat., unschwer bestimmen kann. So- wohl die Unterschiede in der Gesamtfärbung der verschiedenen Altersstufen, als auch der Federn einzelner Körperteile sind in der Zeichnung ‚wie im Texte trefflich hervor- gehoben. Als weiteres Verbreitungsgebiet entdeckte Krüper am 1. April 1360 die Gegend von Velitsa am Parnaß und erfuhr, daß dort Felsentauben und Steinhühner, in Akar- nanien dagegen zumeist Wasservögel die Hauptnahrung dieses Adlers bilden. Er suchte auch die Ableitung des volkstümlichen Namens pnAadergıx zu geben: Kinder, die von einem anderen Vater oder von einer anderen Mutter stammen, da Nisaötus fasciatus zum Teile Falke, zum Teile Adler ist. Hier sowohl wie m den Gebirgen des westlichsten Teiles von Böotien (Livadıä) sind die einzigen Plätze, wo der Bonelli-Adler, von seiner Gepflogenheit Abstand neh- mend, sich fern vom Meere angesiedelt hat. Von hier erhielt Krüper bis in die neueste Zeit fast alljährlich Eier, Bälge von Dunenjungen und namentlich junge, lebend aus den Horsten genommene Bonelli-Adler. Noch 1900 fand einer seiner Sammler bei Desphina gegenüber von Archova am Parnaß ein neues Paar auf. Ein Exemplar wurde in dortiger Gegend erlegt und an Krüper eingesendet und ein zweites ging leider wegen der schlechten Konservierung zugrunde. Als ich mir 1594 im Museum zu Athen den Habichtsadler ansehen wollte, meinte Dr. Krüper scherzend, daß derselbe wohl noch irgendwo im Parnaß oder in Akarna- nien umherflöge; Ende Februar oder Anfang März 1899 erlegte nun St. Strimmeneas bei Velitsa ein Paar, welches dazu ausersehen war diese merkliche Lücke auszufüllen, und Krüper erhielt auch das Gelege dieses Paares. Endlich beobachtete Hauptmann Roth einen Habichtsadler bei Chryssö am Parnaß im Juli 1898 und ich selbst einen am 14. Juli 1394 auf einem Vorberge der Kiona ober- halb des Gebirgsdorfes Segditsa, wo ein prächtiges Stück im Alterskleide nicht weit von unserer Karawane aufblockte und lange Zeit Rast hielt. Noch weiter gegen Osten scheint der Habichtsadler selten oder gar nicht aufzu- treten; nur für Euböa zählt ihn Lindermayer auf, was indessen wohl noch eines neuerlichen Beweises bedarf. III. Griechenland. 357 Im Gebiete des Peloponnes nennt Krüper eine Örtlichkeit, wo er am 5. Juni 1860 ein einzelnes Paar auftand, nämlich in einem Vorberge des Taygetos bei dem Dorfe Andruvista. Als südlichsten Brutort Griechenlands kann ich die Insel Kythera bezeichnen, wo ich am 23. Juni 15958 in der wilden Felsschlucht Kaki Langhäda ein Paar samt dem kurz vorher flügge gewordenen einzigen Jungen in bräunlichem Gewande, welches den alten Adlern überall nachflog, dabei häufig seine schwache Stimme hören ließ und oft aufblockte, längere Zeit beobachtete. Am folgenden Morgen bekamen dann meine Begleiter die Adler bloß einmal flüchtig zu Gesicht, doch glaube ich bestimmt, daß sie an diesem Platze alljährlich horsten. Noch einmal auf das Fortpflanzungsgeschäft zurückkommend, ergibt es sich, daß die Legezeit in den Monat Februar fällt, und zwar häufiger in dessen zweite Hälfte als in die erste. Auch in einer und derselben Gegend legen die Paare nicht zu gleicher Zeit; z. B. in Akarnanien, wo Krüper 1574 am 6. Februar ein, am 27. Februar aus einem anderen Horste zwei frische Eier erhielt. zwei, manchmal nur aus einem Eı. Das Gelege besteht meistens aus Die griechischen Eier sind stets an beiden Polen angenehm gleichmäßig abgerundet und im Gegensatze zu vielen spanischen, fast aus- nahmslos entweder gar nicht oder nur unansehnlich lichtbraun gefleckt. Die aus Griechenland eingesendeten Originale zu dem Eiertafelwerke Thienemanns gehören ohne jeden Zweifel irgend einer anderen Adlerart an. Im folgenden die Maße von einem Dutzend griechischer Eier: e x x Parnaßgebiet Böotien (Livadıa 20. 11. 1880 29. II. 1880 a nn L. 71:2 mm 67 65.35 mm 1726 679 mm 637 66:3 mm Br. 53-9 mm 513 51 mm 53 525mm 545 53Dmm Gew. 1076 1054 cg 1003 S5l cg Parnaßgebiet Insel Petalä Böotien 211895 24.11. 1897 (Livadiä) IL; al 70:4 mm 673 664mm 64.9 mm Br. 52:3 52:3 mm 508 51:2 mm 49-4 mm 2 Gew. 994 1032 eg 326 886 cy 721 cg Bälge von Habichtsadlern aus Griechenland gelangen nur selten an die Museen und Privatsammler. Erwähnenswert ist das von Lindermayer dem naturwissen- schaftlichen Verein in Passau 1855 gespendete Stück (ausgewiesen im II. Jahresbericht, S. 11), da sich dieses gegenwärtig dort noch vorfindet und einen jüngeren noch braunen Vogel darstellt, bei welchem bereits die Federn beiderseits des Längsschaftstriches merk- lich lichter werden. Häufiger gelangen junge, lebende Habichtsadler an verschiedene Liebhaber und Tiergärten Mittel- und Nordeuropas. Ich hatte Gelegenheit, eine solche Sendung Krüpers von Athen abgehen zu sehen. Die Adler waren hierzu Anfang Juni schon genügend kräftig. Vorher war ich oftmals Zeuge von ihrer Bösartigkeit, wenn sie mit ihren mächtig entwickelten Fängen ohne jede Veranlassung blitzschnell durch die Vergitterung ihres Käfigs zu schlagen versuchten. 355 Ormis balcanica. Ein in Westböotien 1894 ziemlich spät enthorstetes Junges verschaffte mir eben- falls Dr. Krüper und ich brachte es glücklich nach der geräumigen Voliere im Bade Ilidäe bei Sarajevo, wo sich das Tier mehrere Jahre sehr wohl fühlte und mir Gelegen- heit bot, den Federwechsel zum unterseits weißen Kleide mit den eigentümlichen Tropfen- flecken zu verfolgen. Es hielt sich stets abseits von den übrigen Käfiggenossen, eben- falls Raubvögeln, und seine Wildheit legte es niemals ab. Sowie sich ein der vielen kecken Elstern durch die Stäbe des Käfigs wagte, um einen Fleischbrocken wegzu- schnappen, stürzte fast regelmäßig der Habichtsadler hervor, um den Diebstahl zu rächen, während die 13 anderen Adler und Geier teilnahmslos zusahen. Ich habe es selbst einmal mitangesehen, wie der Habichtsadler eine dieser vorwitzigen Elstern er- wischte und mit einem einzigen Griffe tötete. Bezüglich der Nahrung ist oben das Wichtigste bereits mitgeteilt worden. Ganz absonderlich erscheint die Beobachtung Grafen von der Mühles, daß dieser Adler mehr- mals auf für Geier ausgelestem Aas geschossen wurde; doch ist dies seither auch an anderen Orten bestätigt worden. Nisaetus pennatus (Gm.),. Aquila pennata Gm. — Zwergadler. Leider ist bis jetzt über den interessanten Zwerg unter den paläarktischen Adlern in den griechischen Ländern noch viel zu wenig bekannt geworden. Den älteren Be- richten von Naumann („Nachträge“), Dubois, Rey und Alfr. Brehm im „Tierleben“ ist nur zu entnehmen, daß er dort, und zwar nicht häufig, als Zugvogel eintrifft und auch horstet. Tatsache ist, daß er in Griechenland im allgememen Zugvogel ist und Winter- gäste zu den Seltenheiten gehören. Daher ist es auch nicht zu verwundern, daß die Engländer Elwes und Buckley auf ihrer winterlichen Reise durch das Land keinen solchen Adler zu sehen bekamen. Als auf den Kykladen überwinternd führt ihn zuerst Erhard auf, verbessert dies aber in dem (in der „Naumannia“ nicht enthaltenen) Nachtrag, 8.94: „Passatvogel auf den Kykladen. Im Herbste 1857 erhielt ich binnen einer Woche zwei, den einen sogar lebend; beide während der Epoche der Wachteljagd ertappt, auf welcher Vögelver- folgung sie wohl begriffen sein mochten. Der eine Adler war fast ganz weiß.“ Einen am 14. Dezember 1865 in Attika erlegten, also zweifellos überwinternden Zwergadler besaß einst das Universitätsmuseum in Athen. Ein anderes männliches, dunkelbäuchiges Exemplar dieser Anstalt wurde am 7. Juli 1857 im Parnaß erlegt und gestattete schon damals die Folgerung, die später zur Gewißheit wurde, daß einige Paare alljährlich in Mittelgriechenland horsten. Aber noch 1878 betrachtete v. Held- reich den Zwergadler fälschlich bloß für Thessalien als Brutvogel und für das übrige Hellas nur als Durchzügler. Außer dem bereits erwähnten Stücke besitzt das Athener Museum noch drei in Attika erlegte Zwergadler mit den Daten vom 7. September 1862, 27. September 1566 und 30. Oktober 1860. Alle drei sind weißbäuchig! Der erste Forscher, welcher über diesen Adler in Griechenland berichtet, ist Graf von der Mühle. Er sagt: „Kommt in Griechenland vor, aber nicht häufig. Er ist gar nicht scheu, hat im Fluge etwas Weihenartiges, beschreibt große Kreise und fliegt allen gern über Wiesen. Ein altes Weibchen hatte Überreste von Heuschreeken und eine zerstückelte Lacerta viridis im Magen. Im Peloponnes habe ich ihn nie bemerkt; die III. Griechenland. 359 Exemplare, welche ich erhielt, waren im höchsten Gebirge, dem hohen Veluchi, eines davon ganz nahe der Stadt Karpenision geschossen.“ Eines dieser Stücke, welches, wie wir durch Dr. Schuch wissen, mit dem Nach- lasse des Grafen an den zoologischen Verein in Regensburg kam, wurde dem bosnisch- herzegowinischen Landesmuseum in noch ziemlich gutem Zustande überlassen. Außer- dem sandte uns noch St. Strimmeneas einen bei Liopesi (Attika) am 22. September 1901 erbeuteten Zwergadler. Beide sind braunbäuchige Männchen, aber der Vogel aus der Mitte der Dreißigerjahre zeichnet sich durch stark vortretende weiße Achsel- federn aus. Ich selbst habe den Zwergadler nur ein einziges Mal, und zwar am 2. Juni 1894 auf der kleinen Insel Hag. Georgios bei Skopelos ganz kurze Zeit beobachtet; aber ich muß noch eines sehr schönen lebenden Exemplares mit weißer Unterseite gedenken, welches ein Athener Gastwirt, aus Chalkis auf Euböa stammend (für welche Gegend diesen Adler 1855 Lindermayer erwähnt), im Sommer 1397 als jungen Vogel ankaufte. Im Juni 1898 hatte ich Gelegenheit, den schön entwickelten Adler zu be- sichtigen, aber der Wirt verlangte für denselben 50 Drachmen, weil er die Absicht hatte, ihn so lange zu füttern, bis er die Größe eines Weißkopfgeiers erreicht haben würde. Als er durchaus nicht größer werden wollte, bewilligte der gute Mann genau drei Jahre später den Verkauf an den neuen zoologischen Garten nach Halle a. Saale; doch ging der Adler leider auf dem Wege von Triest nach Halle ein. Schließlich wäre noch der Vollständigkeit wegen beizufügen, daß im Bericht über die XIV. Versammlung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (29. September bis 2. Oktober 1862) auf S. 105 (Nr. 6 u. 15) R. Blasius die genauen Maße eines Paares von A. pennata aus Griechenland bekanntgibt. Bezüglich der Eier wäre zu bemerken, daß Thienemann in seiner Fortpflanzungs- geschichte drei Stücke aus Griechenland, wie die Liste am Schlusse des unvollendeten Werkes besagt, abbildet. Von diesen könnte vielleicht das Original zu Figur a) einem Zwergadler angehört haben, jene von 5) und ec) sind bestimmt falsch. Ebenso bin ich genötigt, hiermit klarzustellen, daß eine große Menge von Gelegen und Eiern, welche Dr. Krüper als A. pennata-Eier bestimmt und beschrieben hat, nicht von diesem Adler, sondern von Buteo ferox herrühren, dessen Vorkommen als Brutvogel in Mittelgriechen- land bisher sämtlichen Fachleuten unbekannt geblieben ist. Alle die großen, starkgefleckten Eier sind solche von Buteo ferox und die Besitzer oder Verwalter von größeren Eiersammlungen werden gut daran tun, die Eier griechischer Herkunft von Aquila pennata auf diese Kennzeichen hin zu prüfen. Es liegen mir zur Zeit nur drei verläßlich echte und ein zweifelhaftes Zwergadlerei aus Griechenland vor, welche sämtlich aus den dortigen Gebirgen an Dr. Krüper über- bracht wurden. Bei Dresser ist die Bemerkung enthalten, daß in dessen Sammlung sich Eier aus Griechenland,!) von Krüper gesammelt, befinden, die mit Ausnahme eines Stückes durchwegs ungefleckt sind. Dies ist auch bei den hiesigen Eiern der Fall und die stark gefleckten sind stets mit Vorsicht zu betrachten. Maß und Gewicht der drei Eier: L. 56°7 56:6 54:2 mm Br. 454 44 Gew. 604 565 D34 eg > 4) mm 2) Richtiger aus der Umgebung von Salonik! 360 Ornis balcanica. Das zweifelhafte Ei dürfte.wohl dem Hühnerhabicht angehören, da es im Parnaß schon am 17. April 1892 genommen wurde und bloß 442cg wiegt. Die Brutzeit des Zwergadlers selbst in der Gegend des unweit gelegenen Salonik fällt dagegen bekannt- lich in den Mai. Aquila maculata («m.), Aquila naevia Wolf — Sehreiadler. Als vor mehreren Jahrzehnten noch dichte Laubwälder gewisse Teile von Griechen- land bedeckten, so insbesondere die Fluß- und Seeniederungen von Akarnanien und Aetolien, gab es nach dem übereinstimmenden Urteile verschiedener Forscher dort eine ansehnliche Zahl von Schreiadler- Brutpaaren. Heutzutage hat sich das Landschaftsbild gänzlich verändert und mit dem Ver- schwinden der Auwälder sind auch die Adler weggezogen. Nur im Winter kommt noch hier und da ein Schreiadler zur Beobachtung und noch seltener zu Schuß. So kommt es, daß gegenwärtig nur noch ganz vereinzelt sich ein Paar in Griechenland zum horsten entschließt. Sein Vorkommen und Brüten wurde vor sechzig Jahren zuerst von Schlegel und Susemihl vermutet, später aber von vielen Autoren, so von Naumann („Nach- träge“), Baedeker, Brehm und Päßler, Rey, Heldreich und Alf. Brehm bestätigt. Ausführlicheres erfahren wir von folgenden Forschern: Nach Lindermayer kommt er selten vor. Je ein Stück wurde bei Monemwasia und bei Missolonghi ge- schossen, das Auftreten auf Euböa festgestellt und der Schluß gezogen, daß er mehr im nördlichen Griechenland horstet. Graf von der Mühle bezeichnet ihn als Brutvogel von Mittelgriechenland (— Ru- melien!) und für den Peloponnes als Strichvogel im Winter. Lord Lilford sah ihn zu verschiedenen Jahreszeiten auf Korfu, aber niemals im Sommer. Elwes und Buckley beobachteten den Schreiadler am 2. Februar 1869 in Böotien. Ganz vorzüglich schildert Simpson (im „Ibis“ 1860) das Vorkommen des Schrei- adlers im Mündungsgebiet des Phidaris (Akarnanien): „In den sumpfigen Wäldern, wo man in einer Stunde nicht einmal eine halbe englische Meile zurücklegen kann, findet dieser Adler einen entsprechenden Aufenthaltsort. Hier gibt es zwei bis drei Paare, die sich durch ihr helles Schreien verraten.“ Im Winter bemerkte er einige in den Siümpfen von Ali Tschelebi sowie in den großen Wäldern bei Agrinion. In strengen Wintern scheint der Schreiadler aus Nahrungsmangel das kontinentale Griechenland ganz zu verlassen. Gegen Ende Februar nehmen sie an Zahl augenscheimlich zu. Die Überwinternden sind wahrscheinlich Zugvögel und an ihrer Stelle dürften andere, die weiter von Süden kommen, treten. Doch ist dies nur eine Mutmaßung; Tatsache dagegen, daß im Sumpfwalde zwischen den Abstürzen des Varassovo und dem Phidaris die Horste von einem oder zwei Paaren Anfang Mai gefunden werden können. Der Horst ist im Verhältnis zur Größe des Adlers sehr klein, gewöhnlich in der Gabelung eines großen Baumes verborgen, so daß er sehr leicht übersehen werden kann. Das Außere ist niedlich abgerundet und hat nicht die herausstehenden, großen Äste, wie sie oft an den Horsten anderer Adler gesehen werden, das Innere ist mit Wolle ausgefüttert. Bezüglich der überwinternden Schreiadler ist Krüper (Cab. Journ. f. Orn. 1862, S. 447) jedoch anderer Ansicht: „Daß dieselben wirklich diejenigen sind, welche im Sommer dort gebrütet haben, glaube ich daraus entnehmen zu müssen, daß ich dieselben täglich an derselben Stelle, wo ihr Horst nicht entfernt steht, fliegen sah und kläglich III. Griechenland. 361 schreien hörte. Aus Deutschland kommende Schreiadler verweilen kaum in den griechi- schen Sümpfen, sondern gehen nach Afrika über.“ E. F.Homeyer glaubt, daß sich sein Wohngebiet außerdem bis Griechenland erstreckt und viele sich im Winter nach diesem Lande begeben (Cab. Journ. f. Orn. 1575, S. 162 u. 165), läßt es aber unentschieden, ob er regelmäßig nach Afrika weiter- zieht („Wander. d. Vögel“, S. 397). Über das Auffinden von Schreiadlerhorsten in Griechenland verdanken wir eine anziehende Schilderung Dr. Krüper: „Am 13. Mai 1858 begab ich mich zum ersten Male von Missolonghi durch die Klissura nach Vrachori und drang, nachdem ich die von den Türken zwischen beiden Seen gebaute Brücke überschritten hatte, in die sumpfigen, schwer zugänglichen Waldungen ein, um Insekten ete. zu fangen. Nach mehreren Stunden vernahm ich die bekannten Töne eines brütenden Schreiadlers: ich durchbreche die Hindernisse, durchwate das Wasser und befand mich endlich an der Stelle, von welcher aus das Geschrei zu ertönen schien. In einer dicht von Schling- pflanzen eingehüllten Rüster erblickte ich schließlich den Horst, den der Adler nun erst verließ. Ich erhielt zwei etwas angebrütete Eier. 1359 nahm ich am 4. Mai von demselben Horste wiederum zwei Eier.“ Diese zwei Eier sowie ein am 7. Mai 1859 im Sumpfwalde bei Galatä gefundenes, welches von einem jungen Weibchen herrührte und das kleinste griechische war, kamen in die Sammlung Simpsons, welcher sie folgendermaßen beschreibt: „Eines davon hat eine außergewöhnlich reiche rostfarbige Zone, gestreift mit dunkleren Schattierungen, welche unregelmäßig ein Viertel des Eies gegen das spitze Ende zu bedecken. Die Grundfarbe ist gelblichweiß. Der obere Teil des Eies ist ebenfalls mit einzeln stehen- den Punkten und Flecken derselben Farbe gezeichnet und dieselbe ist nicht so ver- wischt, daß die Grundfarbe nicht kenntlich wäre.“ Auch am 8. Mai 1859 entnahm Krüper einem anderen Horste bei Galatä zwei Eier, von denen eines in das Museum von Athen, das andere in jenes von Oldenburg gelangte. Seit jener fernen Zeit wurden verhältnismäßig wenige Schreiadlereier in Griechen- land gesammelt und mir liegen nur zwei Stücke vor, welche von einheimischen Samm- lern an Krüper abgeliefert wurden: a) aus der Gegend von Drachmani (Elatia), vom 27. April 1893: 64:5 X 52 mm, 1163 eg. Zeichnung und Tönung wie beim Steinadler, viel violette und leberbraune Fleckung, nahezu gleichhälftig. b) von Böotien, 5. Mai 1890: 62:7 X 50:5 mm, 184 cg. Zeichnung und Tönung wie beim Bussard, alle Farbentöne sehr blaß. Während meimes Aufenthaltes im Lande konnte ich zur Brutzeit nur ein einziges Mal, nämlich am 15. Mai 1594 bei Marusi nächst Athen einen Schreiadler erblicken und es ist mir rätselhaft, wo er dort in der Nähe seinen Wohnsitz haben mochte. Dagegen ist er uns öfters im Jahre 1897 im Küstengebiet von Akarnanien, seinem einstigen Lieblingssommeraufenthalte, untergekommen; so z. B. scheuchte ich einen am 23. Jäuner aus dem Sumpfe bei Aetolikon auf, beobachtete einen anderen am 30. Jänner auf dem Gelände von Känurion östlich von Missolonghi, verfolgte am 6. Februar ein Paar über den Golf von Prokopanisto, am 24. Februar und 4. März je einen auf Petalä und dem dieser Insel gegenüberliegenden Festlande und bewunderte schließlich am 362 Ornis balcanica. 5. März die Flugspiele eines Paares im Sumpfwalde nächst des Tripodolakos. An dem letztgenannten Orte halte ich es für sehr wahrschemlich, daß noch heute der eine oder andere besetzte Horst zu finden sein dürfte. Nur zwei griechische Schreiadler konnte ich untersuchen: ein junges Männchen unserer Sammlung vom Winter 1894/95 aus der Gegend von Tripolis und ein mittel- altes Weibchen aus Attika, am 17. September 1862 erbeutet von Borghini. Beide Vögel tragen das charakteristische Kleid der vielen, z. B. auch in der Herzegowina überwinternden Schreiadler Mitteleuropas. Zum Schlusse noch einige Worte über die Aquila subnaevia Chr. L. Br.!) aus Griechenland. Lindermayer erhielt einst einen jungen Schreiadler lebend aus dem Gebiete des Parnaß, fütterte den auf einem Auge erblindeten Vogel durch acht Monate und sandte dann dessen Balg an E. F. v. Homeyer. Wie aus dessen Mitteilung in den „Ornith. Briefen“, Note auf S. 141 und der Angabe von Chr. L. Brehm in der „Naumannia“ 1550, III, S. 31 hervorgeht, trat Homeyer das auffallend klemwüchsige Exemplar zur Bestimmung an Brehm ab. Dieser beschrieb nach demselben die Aquila subnaevia mit den Artkennzeichen: „Die Kropf- und Brustfedern haben gelbe Schaftstreifen. Länge 18” bis 19" (=47 bis 50cm).“ Da nun das erstere Kennzeichen auf alle Schreiadler im Jugendkleide paßt und die wirklich auffallende Kleinheit wohl nur eine Folge der Gefangenhaltung ist, so kann die Bezeichnung „subnaevia“ auch nicht als Subspezies aufrecht erhalten werden. Aqwila (maculata) celanga Pall. — Schell- oder Großer Schreiadler. Die Gruppe der Schreiadler hat, wie selbst heutzutage noch, auch den älteren, mit der griechischen Ornis sich beschäftigenden Forschern mancherlei Schwierigkeiten bereitet. So gehörte höchstwahrscheinlich jener Adler hierher, den Graf von der Mühle aus Griechenland erhielt (S. 19): „dem Schreiadler sehr ähnlich, aber mit un- gemein starken Fängen, die an jene der A. fulva mahnen“; ferner jene, die Erhard sah (S. 56) und die gleichen Merkmale zeigten; ebenso endlich jenes Stück von sehr dunkler Färbung, der A. chrysaötus im Charakter ähnlich, aber kleiner, welches Simp- son im Winter 1858/59 in Akarnanien beobachtete. Alle drei Autoren?) waren aber mehr oder weniger geneigt, diese Adler zu Aquila fusca Brehm zu ziehen, was, wie schon Baldamus in einer Note zur diesbezüglichen Angabe Erhards bemerkt, ganz ausgeschlossen erscheint, weil unter Brehms A. fusca ein kleiner Schreiadler zu ver- stehen ist. Nach der Auffassung anderer Autoren, wie E. F. v. Homeyer und Sharpe, ist indessen 4. fusca Brehm identisch mit A. elanga Pall. Erst Lindermayer erwähnt ausdrücklich des großen Schreiadlers für Griechen- land nach einem im September erhaltenen Belegstücke — eine Entdeckung, deren er sich ausdrücklich in einem am 25. März 1848 an E. F. v. Homeyer gerichteten Briefe („Ornith. Briefe“, S. 229) berühmt. Er druckt bei dieser Gelegenheit einen Brief des alten Brehm ab, welcher dessen Ansicht über die Einteilung der Schreiadler enthält, sowie auch die Beschreibung der Aguila elanga aus den Nachträgen Naumanns, wo ebenso wie bei Dubois dieser Adler für Griechenland verzeichnet ist. Zum Schlusse !) Ausführlich beschrieben in der „Naumannia“ I, 3, $.30 und erwähnt im „Vogelfang“, S. 10. ?) Diesen folgend auch de Selys Longchamps in Rev. zoolog. 1844, p. 141. III. Griechenland. 363 fügt Lindermayer noch hinzu, daß der omithologische Sammler Schrader (sen.) mehrere griechische Vertreter erhielt und an deutsche Museen versendet hat. Mög- licherweise ist einer von diesen Adlern jenes Stück, welches E. F. v. Homeyer in Cab. Journ. f. Om. 1875, S. 153 als aus Griechenland stammend erwähnt. Dieses, ein altes Männchen, befand sich ehemals in der Götzschen Sammlung in Dresden und wurde von Naumann auf Tafel 346 seines Werkes abgebildet. Auch Hanbury-Barelay brachte, nach Dresser, vol. V, p. 502 Adler aus Griechenland nach England, welche zu Aquila clanga gehören. Dagegen glaube ich, daß sich die Beobachtungen Lord Lilfords ausschließlich auf den kleinen Schreiadler beziehen. Beim Beobachten im Freien ist es wohl eine außerordentlich schwierige Sache, ja oft geradezu, Überhebung wenn man sich zutraut, die beiden Schreiadlerformen im Fluge, an ihrer Größe oder in der Färbung zu unterscheiden. Tatsächlich habe ich aber zweimal in Griechenland ganz auffallend starkwüchsige Schreiadler beobachtet; nämlich am 17. Mai 1394 über den Karlasee streichend und am 2. April 1897 zwischen Aetolikon und Missolonghi auf einen Strauch aufhackend. Ich muß es aber, wie gesagt, dahingestellt sein lassen, ob sie wirklich zu A. elanga gehörten. In bemerkenswerter Weise äußert sich diesbezüglich Dr. Krüper (1861): „Bei den Schreiadlern von Galata (Akarnanien) will ich des großen Schreiadlers, A. elanga Pall., erwähnen, den Dr. Lindermayer als griechischen Vogel einführt. Ich will nicht behaupten, daß die wirkliche A. elanga aus dem Ural in Griechenland nicht vorkommen könne, ich glaube aber nicht, daß sie in Griechenland ansässig ist. Die Exemplare von A. clanga, welche Herr Schrader nach Deutschland gesandt hat und noch heute als wirkliche elanga betrachtet, sind in den Waldungen bei Galata, die ich jährlich be- sucht habe, erlegt worden. Sämtliche dort vorkommende Schreiadler halte ich bis jetzt nur für A. naevia und kann versichern, daß ich bei dem Adler im Freien, in seiner Stimme, Gewohnheiten, Nestbau und Eiern durchaus keinen Unterschied von den in Deutschland vielfach beobachteten Schreiadlern gefunden habe. Von der bedeuten- deren Größe der Schreiadler bei Galata bin ich durch die Auffindung von Eiern nicht überzeugt worden; in Pommern fand ich viel größere Eier als in Griechenland.“ Endlich 1875 in den „Griechischen Jahreszeiten“: „Der große Schreiadler, dessen Heimat das südliche Rußland und das Uralgebirge ist, ist für Griechenland ein seltener Vogel (was später auch v. Heldreich bestätigt!), der dem gewöhnlichen Schreiadler so nahe steht, daß die Unterscheidung in vielen Fällen schwer wird.“ t) Im zoologischen Kabinette des Universitätsmuseums in Athen hatte ich Gelegen- heit, drei Adler eingehend zu untersuchen, welche unbedingt zu A. elanga gehören. Alle drei wurden in der Umgebung von Athen erlegt, und zwar sind es durchwegs junge Weibchen, die am 13. Februar und 13. November 1865 und am 21. November 1568 eingeliefert wurden. Besonders das eine von A. Bonkowski erlegte Stück ist sehr großwüchsig und typisch. Es zeigt große, weißgelbliche Flecken auf den Schwingen und folgende Maße: Ganze Länge 76cm, Flügel 55cm, Schwanz 28cm und Mittelzehe 9 cm.?) !) Trotz dieser vielsagenden Bemerkungen eines vorzüglichen Schreiadlerkenners werden aber noch heutzutage alle die aus Griechenlaud stammenden Eier im „Cat. of Birds Eggs“, vol. II, 1902, p. 268 dem großen Schreiadler zugesprochen — eine Ansicht, die ich durchaus nicht für richtig halten kann. 2) Schließlich erwarb das Landesmuseum in Sarajevo ein junges Männchen des Schelladlers, welches St. Strimmeneas am 11. Jänner 1903 in den Sümpfen von Megali vrysis bei Lamia erbeutete. Seine 364 Ornis balcanica. Aguila melanaetus (L.), Aquila imperialis Bechst. — Kaiseradler. Man kann in Griechenland einer bedeutenden Anzahl von großen Raubvögeln begegnet sein, ohne diesen Adler darunter getroffen zu haben, da er entschieden viel seltener ist als der Stein- und die meisten anderen Edeladler. Dieser Meinung pflichten unter anderen auch Krüper und v. Heldreich bei. Am seltensten scheint er die Inseln zu besuchen und es sind nur folgende Fälle bekannt geworden. In früherer Zeit, und zwar bis in die Fünfzigerjahre soll er, wie man Lord Lilford versicherte, in den Felsabstürzen des San Salvador (Pantokrator) auf Korfu gehorstet haben. Ferner gibt Kronprinz Rudolf an, daß er am 15. Februar 1881 einige über dem Vrachionagebirge auf Zante kreisen sah, erwähnt diese Beobachtung aber bei der kekapitulation am Schlusse der „Orientreise“ nicht wieder. Von einem auf Kythera geschossenen Kaiseradler erfuhr ferner Drummond. Im Östen scheint er nach Lindermayer nur auf Euböa vorzukommen. Auch viele Nachrichten über die Verbreitung auf dem griechischen Festlande lauten höchst unbestimmt; so bei Naumann (Nachträge), Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Dubois, Rey, Schlegel (als Aquila mogilnik — melanaötus!) usw. Man kann sich daher leicht denken, welches Aufsehen es hervorrief, als in der Sitzung der ornithologischen Sektion der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte zu Köthen am 29. September 1345 Herr Götz diesen Adler aus Griechenland vorlegte und dadurch einen lebhaften Meinungsaustausch hervorrief („Rhea“, S. 6). Später wies Lindermayer diesen Adler mehrfach für Mittelgriechenland und Attika nach und versandte mehrere solche an verschiedene naturhistorische Museen und Anstalten, darunter auch einen nach Passau. Erhard erhielt ihn mehrmals tot und einmal einen alten Vogel lebend aus dem Parnesgebirge, vier Stunden nördlich von Athen. Er schilderte den letzteren als ein sanftes Tier, das alles mit sich machen ließ, aber bald einging. In Böotien wurde der Kaiseradler am 2. Februar 1869 von Elwes und Buckley beobachtet und am 17. Mai 1394 sah ich selbst bei Velestino in Thessalien einen, auf welchen später Santarius ohne Erfolg feuerte. Zwei Tage darauf entdeckten dann Knotek und Santarius zusammen seinen auf einer nicht besonders hohen Ulme an- gebrachten Horst, welchem Santarius. drei gleichgroße männliche, etwa zehn Tage alte Dunenjunge entnahm. An den Seiten des Horstes selbst brüteten etwa 15 Paare Sumpfsperlinge (Passer hispaniolensis). Es läßt sich denken, für welche Menge von Futter die alten Adler zur Aufzucht der drei schneeweiß-wolligen Jungen Sorge tragen mußten! Im April 1896 hob Strimmeneas in derselben Gegend aus zwei Horsten je zwei Eier aus und erlegte zu verschiedenen Zeiten mehrere Kaiseradler, von denen einer, ein das Gefieder des dritten Jahres tragendes Männchen, geschossen am 20. Jänner 1596, in unsere Sammlung gelangte. Ein zweiter Vogel, im dunklen Alterskleide, aber ohne Spur der weißen Schulter- federn, bekam unser Museum aus der Umgebung von Tripolitsa in Arkadien, während im Museum zu Athen zwei alte und drei jüngere Kaiseradler aufbewahrt werden. Ein Dunenvogel wurde am 10. Mai 1862 in Attika ausgehoben. Maße sind natürlich etwas kleiner als jene des vorhin erwähnten Weibchens: Ganze Länge Tl em, Flügel 50 cm, Schwanz 27 cm und Mittelzehe 8 cm. III. Griechenland. 365 Eier aus Griechenland sind ebenfalls nur wenige, und zwar sämtliche durch Dr. Krüper, bekannt geworden. Ein Paar legt seit einer Reihe von Jahren ganz merkwürdig gefärbte Eier, indem über die für diese Adlerart charakteristische Färbung und Fleekung sich em mehr oder minder dichter Überzug von Rostfarbe, offenbar akzessorischer Herkunft, ausbreitet. Ein zweites Gelege von einer anderen Gegend des unteren Teiles des Parnaß- gebirges ist sehr typisch geformt und gezeichnet. Maß und Gewicht dieser beiden Gelese sind: a = Dragmana, 2. Mai 1592, sehr stark bebrütet: Ib: 71:6 10:7 mm Br. 55:6 565 mm. Gew. 1341 1345 cg Parnaßgebiet, 13. April 1898: L. 12 Tl mm Br. 56:6 559 mm Gew. 1341 1254 cg Die weitaus trefflichste Schilderung des Fortpflanzungsgeschäftes im Gebiete ver- danken wir wie gewöhnlich Dr. Krüper, weshalb seine Ausführungen im Journ. f. Orn. 1862, S. 446 u. 447 hier nochmals eine Stelle finden mögen: „Der Kaiseradler wird durch die Griechen vom Steinadler nicht unterschieden, weshalb er nur &sö< genannt wird. Wie es mit seiner Verbreitung in Griechenland steht, kann ich nicht sagen, da ich ihn noch nicht oft beobachtet habe. Nach meiner Ansicht ist er nur ein Vogel der Ebene, der die Gebirge nicht besucht. Bisher sind mir nur zwei Brutplätze dieses Adlers bekannt geworden.) „Am 7. April v. J. fand ich den einen bei Dragmana auf. Der Horst steht in der Spitze einer ziemlich starken Platane. Das Weibchen flog bei unserer Annäherung vom Horste, in welchem mein Begleiter zwei frische Eier fand; beide Eier hatten die charakteristischen Merkmale der Eier von Aguila imperialis. Schon am 15. März d. J. sahen wir wiederum beide Adler in derselben Gegend umherschweifen und hofften ebenfalls Anfang April die Eier in demselben Horste zu finden. Am 15. April gingen wir dorthin zurück, fanden jedoch keinen Adler im Neste; da man in der Nähe eine Platane gefällt hatte, um einen Wassertrog daraus zu machen, so nahmen wir an, daß die Adler, durch die Arbeiter vertrieben, den Horst aufgegeben haben; indessen fanden wir noch Spuren, daß die Adler vor nicht langer Zeit noch dort gewesen waren. Erst am 20. Mai kam ich nach Dragmana zurück und erfuhr dort, daß man den Adler im Horste erlegt habe, was ich der Größe des Horstes wegen bestritt. Wir beschlossen am nächsten Tage dorthin zu gehen und sahen den Adler abtliegen. Da wir keine Anstalten zum Erklettern der Platane bei uns hatten, kehrten wir am 22. zurück und mein Steiger brachte das einzige Ei des Horstes herab, welches sich bei der Präpara- tion als faul ergab. Da der Adler ziemlich scheu war und mehrmalige Flintenschüsse gehört hatte, verließ er beim Herannahen eines Menschen stets den Horst, wodurch sein Ei erkältet wurde. Der Horst dieses Adlers hatte eme Menge Insassen, nämlich Sper- linge, Fringilla domestica, die zwischen den Zweigen des Horstes ihre Nester angelegt hatten. Mein Steiger füllte auch eine Schachtel mit diesen Eiern, die sich jetzt in den Sammlungen mehrerer Freunde befinden. 1) In späteren Jahren wurde noch ein dritter aufgefunden! 366 Ornis balcaniea. „Den zweiten Brutplatz dieses Adlers kenne ich in Arkarnanien in der Waldung an den Seen von Vrachori. Erst am 6. Februar d. J. bei einer entomologischen Exkur- sion in dieser Waldung sah ich von weitem die zwei Horste des Adlers auf hohen Pappeln angelegt. Erst am 27. April kam ich zu diesem Horste zurück. Der erste Horst war unbesetzt, da der Baum, der unten vom Feuer halb durchgebrannt war, ab- gestorben war. Wir gingen durch Gestrüpp und Wasser zu dem andern sichtbaren Horste; schon aus ziemlicher Entfernung sahen wir den Adler im Horste sich auf- richten, an den Rand treten und fortfliegen. Da die Pappel ungemein stark war, konnten wir erst am nächsten Tage die Aushebung der Eier ausführen. Die zwei Eier waren ziemlich bebrütet und wie die früheren denen des Milvus regalis ähnlich. Dieser Horst war ebenfalls von Sperlingen bewohnt, welche zu jener Zeit noch keine Bier hatten. „Vor fünf Jahren fand Herr Schrader diesen Adler auf dem ersten Horste residierend; da es demselben nicht gelingen wollte, die Adler zu erlegen, ließ er den Baum ersteigen und fand im Horste zwei ziemlich große Junge, die er mitnahm und lange Zeit mit Schildkröten ernährte.“ Als Beweis, daß der Kaiseradler auch Aas annimmt, diene folgende Beobachtung des verstorbenen Baron Schilling. Dieser sah Ende November 1898 täglich ein Paar alter Adler auf einer dürren Ulme unweit des Monastir Angelokastron aufgehackt der Ruhe pflegen. Sie verzehrten zusammen mit Weißkopfgeiern den vom Baron wegen einer Krankheit erschossenen Jagdhund. Aquila chrysaätus (L.) — Steinadler. Mit vollem Rechte bezeichnet Graf von der Mühle, dessen Angaben sich in Brehms „Tierleben“ größtenteils wiederholt finden, den Steinadler als den häufigsten Adler in ganz Griechenland. Chr. L. Brehm verwundert sich 1845 in der „Isis“ ganz richtig, daß Linder- mayer anfangs das Gegenteil hiervon behauptete, worauf Lindermayer 1859 und später auch Krüper und v. Heldreich ihre Übereinstimmung mit Grafen von der Mühles Ansicht zugeben. Daher kommt es, daß zufolge seiner Häufigkeit der Steinadler von den Griechen zumeist „der Adler“ schlechtweg genannt wird. Aus den folgenden Angaben ist ersichtlich, daß die Verbreitung sich nicht bloß auf das Festland beschränkt, sondern sich auch auf viele griechische Inseln ausdehnt. Im ganzen Gebiete finden sich sowohl Vertreter vom fulva- als auch vom chrysaötus- Typus! So stellte ich am 23. April 1894 am Varassovo ein Horstpaar fest, bei welchem beide Teile deutlich verschiedene Schwanzfederfärbung zeigten. Dagegen hatte ein anderes am gleichen Orte am 4. Februar 1897 beobachtetes Paar deutlichen ‚fulva- Typus. Weiters stellte ich am 1. und 4. Mai 1894 sowie am 1. April 1897 in der großen Klissura, ferner am 20. Februar 1897 im Zygos nördlich von Bochori an den hoch- gelegenen, teilweise von Wald durchzogenen Felsabstürzen und im Walde nahe dem Markutsasee, wo ich die herrlichen, der Begattung vorausgehenden Flugspiele län- gere Zeit beobachten konnte, überall Horstpaare des Steinadlers fest. Auch nahe dem Hafen Hag. Pantelemono bei Astakos zeigte sich am 14. März 1897 mehrmals ein Paar. III. Griechenland. 367 Die Horste im Varassovo und in der großen Klissura wurden nach den Beob- achtungen von Prof. Schloesser und Santarius 1905 nicht unmittelbar im Felsen, sondern auf Eichen, und zwar auf der Kermes- und Steineiche, erbaut. In dem einen der Fälle war der Horstplatz insoferne sehr geschiekt gewählt, als der ansehnliche, auf dem S-förmig aus der Felswand gewachsenen Baume ruhende Bau von oben durch einen diehtbelaubten Ast gegen die sengenden Strahlen der Sonne geschützt wurde. Obwohl das Weibchen schon eifrig zu brüten schien, wurde die Begattung unweit des Horstes nochmals ausgeführt. Rechnet man nun noch hinzu, daß Krüper 1858 im Gebirge bei Agrinion, dann im Zygos bei Aetolikon 1561 sogar in zwei Brutpaaren (von denen er eben sowie vom Varassovo Eier erhielt) diesen Adler antraf, so kann man schwer begreifen, warum Simpson (1360) anfänglich sein vollständiges Fehlen in Akarnanien angibt und später sagt, daß er gewiß nicht häufig sei. Möglich wäre es immerhin, daß er gegenwärtig gerade in Akarnanien zahlreicher geworden ist. Sehr richtig erscheint dagegen die Angabe Drummonds, daß er sich auf Korfu nur sehr selten zeigt. In Lokris beobachtete ich weiters beim Aufstieg von Segditsa auf die Kiona ein Paar kreisend. In der Attika ist das häufige Vorkommen des Adlers durch zahlreiche Horst- und Eierfunde Krüpers vom Parnes, von Chasiä, ja sogar von der Insel Salamis hin- länglich festgestellt. Aber auch vom Veluchi und Parnaß, namentlich der Gegend von Velitsa und Dadi wurden Steinadlergelege in großer Zahl durch den Genannten der wissenschaftlichen Welt übermittelt und außerdem zwei Alte mit dem Jungen bei Arachova, Juli 1897, von Hauptman Roth beobachtet. In Thessalien traf Santarius ein im Kara-dagh südwestlich Velestino brüten- des Paar und auf dem Peloponnes sah ich eines am 9. Juni 1398 in den Xerovuni- bergen des Malevo bei Sparta, als es eben von Nebelkrähen auf das heftigste ver- folgt wurde, ein weiteres fünf Tage darauf im Taygetos oberhalb Anavryti und später mehrmals solche an den Abhängen des Hag. Elias ebenda. Der Horst des Paares im Malevo wurde von Hauptmann Roth besucht und der eine alte Adler leider zu Holz geschossen. Der in geräumiger, muschelartiger Fels- nische stehende Horst enthielt am 11. Juni zwei Junge. Bei Astros lernte seinerzeit Graf von der Mühle ein Horstpaar kennen, welches ihm oft das geschossene Wild vor den Augen wegtrug. Nachdem das cd erlegt worden war, verschwand das 9 aus der Gegend. Graf von der Mühle beobachtete auch das Zerschmettern der Landschildkröten durch Fallenlassen aus großer Höhe von Seiten dieser Adler. Im griechischen Archipel wurde der Steinadler auf folgenden Inseln bestätigt: an den steilen Kalkfelsen von Chiliodromia und Skyros (Fiedler); in den Wänden der Westküste von Joura, wo jahraus jahrein ein Paar horstet, von welchem der Hirte Pulios ein paar Jahre vor meiner Ankunft ein Stück, die Geißel seiner Herde, erlegte und mir dessen Schwanzfedern überließ. Aus deren Färbung ist deutlich ersichtlich, daß es sich hier um eine entschiedene Mittelstufe zwischen chrysaötus und fulva handelt; weiters beherbergen ihn Euböa und Andros, woher ein lebendes Stück nach Athen kam (Lindermayer), Mykonos (Erhard), Stapodia, Keros und Naxos (Krüper); auf der letztgenannten Insel scheuchte ich selbst in der Nähe des Gipfelkammes des Ozya ein Paar auf, dessen Horst, wie mir versichert wurde, sich in der Nähe befinden sollte. Beide Adler waren in der Größe sehr verschieden. 368 Ornis baleanica. Ich hatte Gelegenheit, im Museum von Athen fünf, davon zwei mit fulva-Typus, einen in vollständigem Übergang und zwei mit chrysaötus-Typus — alle aus Attika und zumeist dortige Brutvögel, und in der Sammlung Merlin einen Steinadler zu unter- suchen; außerdem befinden sich im hiesigen Museum ein Männchen aus der Gegend von Tripolis (geschossen am 3. Dezember 1395), em altes Weibchen von der Wand bei Chasiä (am Horst erlegt am 15. April 1898) und ein junger Vogel im Halbdunenkleide aus Böotien. An dieser Reihe läßt sich sehr wohl der Übergang vom Steinadler zum Goldadler studieren, wie ja schon die Prüfung eines Weibehens aus Griechenland im Norwich- museum durch Gurney!) ergab: „daß das Weiße am Grunde des Schwanzes mit dem Fortschritte des Alters verschwindet“. Auch Naumann findet zunächst,?) daß Aquila chrysaötus aus dem Norden dem von Griechenland vollständig gleiche, aber bei der später in seinen Nachträgen ver- suchten Trennung von Stein- und Goldadler, wobei er unter mehreren Adlern aus Griechenland einen Goldadler unterschied, zeigte die Beschreibung deutlich, daß hier eine Verwechslung mit dem Kaiseradler (Aguila melanaötus) vorliegt. Jenes oben angeführte 0 von Chasiä ist ein ungemein kräftiges Tier mit schr starken Fängen und ausgesprochenen Goldadlerkennzeichen. Höchst wahrscheinlich ist es jener Vogel, welcher alljährlich die an den Polen mit sandkornartigen Auswüchsen versehenen Eier leste, von denen sich je zwei vom Jahre 1394 und 1898 hier befinden, während ein drittes Gelege vom 29. März 1895 Dr. Krüper mir brieflich beschrieb. Damals verlor der Vogel auch den Gatten beim Horste, scheint aber bald ein anderes d' gefunden zu haben. Die Brutzeit in Griechenland ist nach übereinstimmenden Nachrichten und vor allem nach den vielen Krüperschen Funden von Gelegen je nach Witterung und Höhenlage des Horstplatzes Ende März oder erste Hälfte April. Vor dem 20. März wird selten ein Ei gefunden; dagegen kommt es öfter vor, daß sich das Brutgeschäft infolge von Störungen seitens der Bewohner, namentlich der griechischen Hirten, wesent- lich verzögert, wie ja z.B. Krüper noch am 18. Mai 1861 ein wenig bebrütetes Ei auffand. Meistens werden zwei Eier gelegt, oft aber auch nur eines, was natürlich von den griechischen Sammlern wegen des geringeren Verdienstes bei gleicher Mühe als ein Unglück betrachtet wird. Es ist bisher kein Fall bekannt geworden, daß in Griechenland der Horst anderswo als in Felswänden angetroffen worden wäre, und ich kann versichern, daß das Erklet- tern desselben mindestens ebenso schwierig ist wie in den Alpen. Sieben mir vorliegende Eier haben folgende Kennzeichen: Gelege 1 Stück gesammelt von Krüper am 25. März 1574 in der großen Klissura, Akarnanien. Das Ei mit feinen, kaum wahrnehmbaren braunen Spritzern: 71:2 X 57-6 mm und 12837 eg. Gelege 1 Stück, von demselben am 26. März 1893 in Attika gesammelt. Das Ei rein weiß mit spärlichen und kleinen lila Flecken: 74 X 568 mm und 1403 eg. Gelege 2 Stück, von demselben am 30. März 1893 aus Böotien erhalten. Wie es bei diesem Adler so häufig vorkommt, sind die Bier dieses Geleges ebensowohl in der 1) „Ibis“ 1877, p. 214. 2) „Naumannia“ I, 1, 3. N III. Griechenland. 369 Größe wie in der Farbe verschieden. Das größte ist einfarbig weiß und zeigt nur eine akzessorisch aufgetragene, namentlich in den Porenvertiefungen zurückgebliebene Rost- fleckung, das andere ist über und über mit lila und lichtbräunlichen Flecken bedeckt, so daß das ganze Ei hierdurch einen schönen rosaroten Schimmer erhält. 79:1 X 61:3 mm 164 X 59 mm 143g 1366 eg Gelege 1 Stück, von Krüper im Mai 1594 aus der Umgebung von Athen er- halten. Neben dem Ei lag ein Dunenjunges. 759 X BT5 mm und 1600 eg (wahrschemlich konnte aber dieses faule Ei nicht voll- ständig gereinigt werden). Die braune Fleckvwig vom Charakter der Schreiadlereier. Sie wird am grellsten am spitzen Pole, wo sich ebenso wie am stumpfen starke Auswüchse (Protuberanzen) zeigen. Die Schale ist an diesen Stellen wie mit scharfen Sandkörnern bestreut. Gelege 2 Stück, gesammelt am 20. April 1398 bei Chasiä nächst Athen von St. Strim- meneas. Das eine Ei von normaler, typischer Steinadlerfleckung, dichter gegen das spitze Ende zu, das andere einfarbig weiß mit einigen kleinen dunkelbraunen Klecksen am stumpfen, und sandkornartigen Auswüchsen am spitzen Ende. 79:3 X 614 mm 16-3 x 59:8 mm 1625 eg 1605 eg Übrigens scheinen vor langer Zeit solche Adlereier von Griechenland nach Deutsch- land gekommen zu sein, wie dies z.B. aus dem Kataloge in Thienemanns großem Eierwerke hervorgeht, wo sich sechs Stücke recht hübsch abgebildet finden. Auch Bal- damus bekam schon vor 1860 zwei Eier samt dem o aus Griechenland und beschreibt selbe in den Nachträgen zu Naumanns Werk als echte chrysaetus. Obwohl es ausgemacht ist, daß in Griechenland Reptilien und namentlich Schild- kröten einen Hauptbestandteil der Nahrung des Steinadlers bilden, so ist er doch zweifellos auch hier der Hauptfeind der Schaf- und Ziegenherden und deshalb der Schreeken der Hirten. Erhard sagt daher ganz treffend, daß er auf jenen Kykladen lebt, wo neben geringer Bevölkerung große Schafzucht betrieben wird. Derselbe gibt auch eine gute Beschrei- bung der Horstplätze auf den Inseln, in steilen, zum Meere abfallenden Felsabstürzen, fügt dann aber über die Verteidigung des Horstes samt dessen Inhalt durch die alten Steinadler ein geradezu lächerliches Jägerlatein hinzu. Viel glaubwürdiger erscheinen dagegen seine Angaben über Angriffe des Adlers auf einen stöbernden Hühnerhund und einen dreijährigen Ziegenbock auf Mykonos, wo sich alljährlich, wie auch auf anderen kleinen Inseln, nur ein einziges Brutpaar das ganze Jahr aufhielt, dessen Junge immer wieder von dort verschwanden. Auch nahm er eine besondere Vorliebe des Steinadlers im Schlagen von zahmen und verwilder- ten Katzen wahr. Doch wurde einstens eine solche tot in den Fängen des von ihr vorher getöteten Adlers in einer Schlucht von Mykonos gefunden. Sehr interessant berichtet ferner Krüper über die kühnen Angriffe des Steinadlers auf den viel plumperen Seeadler, ja sogar auf den mächtigen Bartgeier, wenn solche in den Bereich seines Horstplatzes gelangen. Ferner beobachtete Krüper einst ein Steinadler- paar, welches aus den schattigen Wänden des Parnaß herausstrich, um sich in einem sonnenbeschienenen, steinigen Bachbette aufblockend zu erwärmen. Reiser, Ornis balcanica. III. 24 370 Ornis baleaniea. Jedenfalls wird sich der Steinadler von allen größeren Raubvögeln in Griechen- land am längsten zahlreich erhalten. Haliaetus albieilla (L.) — Seeadler. Bei der bedeutenden Küstenentwicklung des Landes, welchem in gewissen Teilen auch das Süßwasser durchaus nicht mangelt, ist das mehr oder minder häufige Auf- treten des Seeadlers sehr begreiflich. Zumeist und als Horstvogel wurde er in Akarnanien und Aetolien sowie in der Um- gebung des Kopaissees angetroffen; aber auch den Inseln fehlt der stattliche Vogel nicht. Besonders im Winter bezeichnet ihn Graf von der Mühle als sehr häufig am Likerisee in Böotien. Lindermayer begegnete ihm stets an der Meeresküste, wo der Seeadler bekanntlich seine Hauptnahrung in verschiedenen Seetieren findet. Er erlegte selbst einen Seeadler am Phaleron, bekam einen zweiten von Euböa, einen dritten von Missolonehi und einen vierten vom Kopaissee. Auf Korfu ist er laut Drummond hier und da während des ganzen Jahres zu beobachten. Tatsächlich habe ich dort auf der Düne von Korissia je einmal einen mittelalten und einen sehr alten Adler am 20. Jänner 1897 und 25. Juli 1894 verfolgt. Weiter südlich habe ich ein Paar auf der felsigen Insel Oxiä am 23. Februar 1897 kreisend und laut rufend beobachtet; weiters wurde in meiner Gegenwart auf Petalä ein Seeadler von einem Nis. fasciatus wütend angefallen und zur sofortigen Rückkehr gezwungen; tags darauf zeigte sich aber wiederum ein Seeadler auf der Insel. Noch öfters sahen wir ihn unweit von dort an der Küste in der Nähe der Mün- dung des Achelous, wo Lord Lilford ein Paar im Februar in großer Höhe kreisend und sich neckend beobachtet hatte. Im Ägäischen Meere wurde der Seeadler zuerst von Krüper für Naxos als Stand- vogel festgestellt und damit das Erhardsche Verzeichnis verbessert. Krüper beob- achtete diesen Adler zweimal am südlichen Vorgebirge von Naxos und hielt einen dort in einer Felswand angebrachten großen Horst möglicherweise für den eines Seeadlers. Mir verrieten am 13. Juni 1894 unweit der Inselhauptstadt einige Silbermöwen durch ihr lautes Geschrei die Anwesenheit eines Haliaötus. Auf den nördlichen Sporaden befand sich auf Xerö, im sogenannten „Seeräuberhafen“, ein Paar, welches bei Tagesan- bruch weit auf die offene See auf Raub auszog, während ein zweites sich auf Jura beim Kap Gerontia vorfand, welches von den Silbermöwen häufig unter lautem Gekreische belästigt wurde. Auf dem Peloponnes scheint dieser Adler selten zu sein. Nur im Aleppokiefern- walde an der Lagune von Agulinitsa wurde ein alter Vogel von Hauptmann Roth am 22. Mai 1898 beobachtet und auch hier waren es die Silbermöwen, welche auf ihn auf- merksam machten. Alle übrigen Beobachtungen beschränken sich auf Akarnanien und Aetolien, wo Haliaötus albieilla unter allen Gegenden Griechenlands fraglos am häufigsten zu finden ist und auch heutzutage noch horstet. Diesbezüglich äußert sich auch Dr. Krüper (Cab. Journ. f. Orn. 1862, S. 442) wie folgt: „Der Seeadler hält sich an den Meeresufern und den größeren Binnenseen auf, wo er reichliche Nahrung findet. Am häufigsten beobachtete ich ihn in Akarnanien, woselbst ich auch mehrere Horste desselben kenne. Im Jahre 1859!) fand ich in !) Im Berichte Simpsons heißt es ausdrücklich „im Mai! III. Griechenland. Sl Begleitung der Herren Simpson, Heeren und eines Italieners bei Galata in der Sumpfwaldung am Meere den ersten Horst auf einer starken Silberpappel. „Da sich bei unserer Annäherung ein Vogel zeigte, den Herr Simpson für Aqu. fulva erklärte, stieg ich auf Zureden hinauf. Während des Kletterns kam der Adler zurück, welchen der Italiener erlegte. Der Horst war leer. Bei Ansicht des Adlers überzeugte ich Herrn Simpson, daß es ein junger, noch nicht ausgefärbter Seeadler war. Herr Heeren präparierte ihn für seine Sammlung. Am 24. Februar d. J., nach- dem ich schon einen Horst von Aquila Bonellii hatte ausheben lassen, zogen wir zu jenem Seeadlerhorste, auf welchem das Weibchen brütete. Da mein Felsensteiger mit dem Klettereisen auf dem Baume nicht fertig werden konnte, mußte ich selbst hinauf- steigen und nahm die zwei Eier heraus, von denen das eine schon sehr stark bebrütet war, während das andere unbefruchtet war; letzteres trat ich dem naturhistorischen Museum zu Athen ab. „In der Talschlucht bei Aetolikon befindet sich ein anderes Paar, welches in einer Felsenhöhle sein Nest zu haben schien. In den Waldungen um den See von Vrachori befinden sich mehrere Horste des Seeadlers, die mir bekannt sind. Eim solcher stand in einer Platane hart am Rande des Aspro-Potamos (Acheloos). Die Legezeit für den Seeadler fällt für Griechenland in die letzten Tage des Jänner oder die ersten des Februars.“ !) Aus der zuletzt erwähnten Gegend am Vrachorisee bekam Krüper später noch ein am 6. Februar 1574 genommenes Ei und ich konnte noch ım Mai 1894 und im März 1897 sowohl am südlichen, wie am nördlichen Ufer je ein Paar sowie einen Horst feststellen. Über das in einem Felsen bei Aetolikon angesiedelte Paar, welches dazumal Krüper alljährlich beobachtete, fügt dieser Beobachter noch hinzu, daß den Seeadlern vom Bonelli-Adler, wenn sie in den Bereich des Horstplatzes des letzteren gelangten, äußerst hart zugesetzt wurde. Herr Simpson gab im „Ibis“ eine sehr gute Schilderung aller dieser Horstplätze; aber ich kann seiner Meinung nicht beipflichten, daß der Horst an der Phidaris- mündung erst im Mai bezogen worden wäre, sondern auf Grund meines nachfolgend dargestellten Erlebnisses glaube ich annehmen zu dürfen, daß der damals in der Nähe des Horstes geschossene Seeadler im selben Jahre dort ausgebrütet worden ist. Als ich mich nämlich am 26. April 1894 zusammen mit Dr. Krüper jenem histo- rischen Horstplatze in dem letzten Reste des ehemaligen hohen und ausgedehnten Sumpfwaldes an der Phidarismündung näherte, sah ich von ziemlich bedeutender Ent- fernung ein Paar Seeadler kreisen, deren in der Sonne weithin glänzend weiße Stöße verrieten, daß es ein altes Paar war. Als ich mich schußbereit dem Wäldehen näherte, verpaßte ich leider den einzigen günstigen Augenblick zur Erlegung eines dieser Adler, fand aber, bereits tief im Wasser watend, bald den auf einer hohen Esche erbauten Horst, von dessen Rand ein vollkommen erwachsenes Junges kühn in die Ferne äugte. Als es sich zum Abstreichen anschiekte, warf es mein Schuß mitten in den Horst; aber alle meine Versuche es von dort herabzuholen, blieben erfolglos, und mit ungeheuchelter Beschämung sah ich, wie dies dem damals 65jährigen Dr. Krüper ohne besondere Anstrengung gelang, indem er mit altgewohnter Übung die Esche bestieg und mit Hilfe eines Astes den toten Adler über den Horstrand schob. Es erwies sich, daß dieses jetzt im hiesigen Museum aufbewahrte Stück etwa zwei Monate alt war, und 1) Später hielt Krüper irrtümlich den März für die gewöhnliche Legezeit des Seeadlers. 24* 372 Ornis baleanica. die Spitzen der Schwung- und Steuerfedern zeigen noch jetzt die für dieses Alter höchst eigentümlichen „flaumigen Mitzen“. Der Horst enthielt als Überrest vom Tintenfisch, einer Lieblingsnahrung des Seeadlers, eine „Ossa sepia“. Derselbe Horst wurde Ende Jänner 1895 von Herrn Merlin jun. und St. Strim- meneas untersucht und soll damals noch keine Eier enthalten haben; auch nicht am 12. Februar desselben Jahres, als ich im Horste nachsehen ließ. Jedoch zeigten sich beide alte Adler in der Nähe und eine Hirtm erzählte, daß Leute aus Patras inzwischen zwei Eier von dort weggenommen hätten. Jedenfalls befinden sich in der weiteren Umgebung dieser Gegend noch heute besetzte Horste. So z. B. in der Nähe von Metaxa unweit der schönen eisernen Brücke über den Phidaris, wo ich sah, wie ein wahrschemlich zu Horste fliegender Seeadler in den dortigen felsigen Hängen von einem Mäusebussard heftig angegriffen wurde. Weiters brütet er vielleicht in den mitten im Walde des Zygosgebirges nördlich von Bochori befindlichen Felsabstürzen, wo ich ihn hinstreichend beobachtete. Im Winter kommen die Seeadler, wie auch sonst, in den Lagunen zur Jagd zusammen, und einzelne waren 1897 fast immer in der Bucht von Aetolikon, bei Känurion, Turlida (hier emmal vier Stücke!) und westlich von Missolonghi sichtbar sowie endlich in der eine halbe Stunde von Bochori entfernten, im ersten Frühling stets überschwemmten Weidenau. Baron Schilling endlich vermerkte im Dezember 1595 wiederholt mehrere Seeadler in der Umgebung des Monastir Angelokastron und sah dort einen, welcher einen Sperber in den Fängen trug und zum Kröpfen desselben unmittelbar neben einer Schar rastender Kiebitze eintiel. Wie schon öfters erwähnt, ist der Seeadler von Seite der verschiedensten .Raub- vögel heftigen Angriffen ausgesetzt. Dies beobachtete Krüper auch am 25 Jänner 1561 in der kleinen Klissura bei Aetolikon, wo unter großem beiderseitigem Gekläff der kühne Steinadler auf den viel trägeren Seeadler scharf herabstieß. Einmal kamen dort drei Seeadler zusammen, von denen ein Weibchen vor den Augen Krüpers ver- schiedenen Liebesangriffen ausgesetzt war. Der Genannte erhielt im Jahre 1895 aus zwei in der Gegend des Kopaissees befindlichen Horsten je zwei Eier und im April 1396 gab es dort wieder Junge darinnen. Eines dieser Gelege (vom 10. April) erwarb ich und messe an den zwei Eiern: L. 13:6 12:5 mm Br 55:5 56:2 mm Gew. 1432 1292 eg Einige gelbliche Flecken sind offenbar erst nach dem Legen auf die Bioberfläche gekommen. Pandion haliactus (L.) — Fischadler. Obgleich ihn Graf von der Mühle als Horstvogel in der Nähe der Seen Mittel- griechenlands bezeichnet, liegt bis heutzutage nicht der mindeste Beweis vom Horsten auch nur vereinzelter Paare vor. Viel richtiger ist die Angabe des Genannten, daß man den Fischadler in Griechenland im Winter häufig am Meeresstrande trifft. Auf den Kykladen überwintert er nach Erhard ebenso wie auf den Jonischen Inseln, wo er nach Drummond sogar seßhaft sein soll. Dies bezieht sich aber gewiß nur auf einzelne, nieht zur Fortpflanzung schreitende Individuen. So traf auch ich auf Korfu je einen Fischadler am 18. Jänner 1897 im der Bucht von Govino, dann am 4. Mai im Valle di Korissia und am 5. Mai an der Mündung des If. Griechenland, 373 Potamösbaches am Strande auf einem trockenen Ast aufgehackt. In größerer Zahl er- scheint er aber auf Korfu laut Lilford im März und September. Krüper erklärt ihn als Durchzugsvogel und v. Heldreich fügt hinzu, daß er sich selten zeigt. Geschossen wurde dieser Adler in Griechenland wirklich nur selten. Am 4. April 1857 erhielt Lindermayer ein Stück, wahrscheinlich dasselbe, welches sich bis 1901 im Museum des naturwissenschaftlichen Vereines in Passau von ihm befand und jetzt in unsere Sammlung übergegangen ist. Ein zweiter, bei Athen am 12. März 1868 ge- schossener, prachtvoll ausgefärbter Fischadler steht im Universitätsmuseum zu Athen. Auch wir hatten mit dem Fischadler kein Glück; und obwohl er wiederholt in der Umgebung von Missolonghi zur Beobachtung kam, ja sogar unsere Schrote so manchen Ahnungslosen dort umsausten, bekamen wir doch keinen einzigen. So erschien am 29. Jänner 1897 ein Fischadler nach vorherigem starken Sturme mit häufigem Regen im Hafen vor unserem Quartier in Missolonghi und strich dann hoch über die Stadt weg. Tags darauf beschossen wir bei Känurion vielleicht denselben Adler vergeblich und am 1. Februar kamen gar zwei zur Beobachtung: einer in der Bucht von Aetolikon und ein anderer in der Lagune östlich von Missolonghi, wo er eifrig Fische fangend, von Santarius beinahe überlistet worden wäre. Einen wirklich prächtigen Anblick gewährte aber am 9. März ein bei Turlida auf einem dem seichten Wasser entragenden Pfahle fußender Fischaar, welcher einen eben gefangenen Fisch mit Heißhunger kröpfte. Diesen trug er dann mit sich fort, als von uns aus dem schwankenden Boote zwei Schüsse, leider erfolglos, auf ihn abgefeuert worden waren. Circaötus gallicus («km.) — Schlangenadler. Der Reptilienreichtum des Landes veranlaßt den Schlangenadler hier vielfach zur Ansiedlung. Häufig kann er indessen wohl nirgends genannt werden und es sprechen verschiedene Anzeichen dafür, daß sich auch sein Bestand in den letzten Jahrzehnten in Griechenland augenscheinlich verringert hat. Namentlich in Attika und Böotien scheint er früher zahlreicher gewesen zu sein, denn das Museum in Athen bekam damals aus nächster Nähe der Stadt oftmals sowohl alte Vögel als auch Eier. So am 10. Mai 1866 ein Stück durch Bonkowski, am 4. September 1861 ein altes Männchen, prachtvoll aufgestellt von Schrader, und am 16. März 1860 ein bereits den Horst beziehendes Weibchen vom Parnes. Noch früher bekam Lindermayer, welcher diesen Adler auch auf Euböa beobach- tete, zwei lebende, junge Schlangenadler aus den attischen Gebirgen oder der Ebene bei Oropos und gibt interessante Mitteilungen über deren Betragen in der Gefangenschaft. Alfred Brehm erbeutete und konservierte mehrere Mitte Juli 1347 am Anakulsee (wahrscheinlich gleichbedeutend mit Likerisee). Im Gebiete des Parnaß sowie in Akarnanien fand diesen Adler Dr. Krüper, wie wir im nachfolgenden von ihm selbst erfahren.) „Den ersten Schlangenadler in Griechenland sah ich am 7. April 1860 bei Drag- mana am Parnaß fliegen; auch im Taygetos sah ich 1860 mit Schrader einen fliegen. In den ersten Tagen des Aprils d. J., als ich von Delphi am Parnaß aus Exkursionen an den hohen Felswänden entlang machte, um die schönen Pieris Damone, die bisher 1) Das von Dr. Nieder im Missolonghi (Regensburger Korrespondenzblatt 1859, S. 30) erwähnte Ei, welches Dr. Krüper 1858 vom Zygos holte, gehörte nicht dem Schlangen-, sondern dem Bonelli-Adler an. 374 Ornis balcanica. nur aus Kleinasien bekannt waren, zu fangen, sah ich mit meinem Begleiter zwei blendend weiße Adler herbeikommen und über uns kreisen. Obgleich ich sie anfangs für Schlangenadler ansprach, so glaubte ich später, daß ich mich irren müßte, da ich den einen mit Baumaterial der Felswand zueilen sah. Nachdem wir uns die Stelle gemerkt hatten, störten wir den Adler nicht mehr und beabsichtigten, bei unserer Rückkehr nach drei Wochen die Eier auszuheben. Ein Unglücksstern stand über diesem Pärchen und dessen Neste. Am 16. Mai kehrte ich dorthin zurück: Em Pistolen- schuß scheuchte weder den Schlangenadler noch einen benachbarten Aasgeier hervor. Durch Umwege steigt mein Kletterer hinauf und findet unter dem Horste einen er- schlagenen Adler. Am nächsten Tage erfuhren wir von einem Hirten, der den Horst kannte, daß er den brütenden Adler durch ein herabgewälztes Felsstüick im Neste auf seinen zwei Eiern erschlagen habe. „Ob die letzte Aussage, daß der Adler zwei Eier gelegt habe, richtig ist, kann ich nicht verbürgen, glaube es kaum, da sämtliche Horste, die ich fand und von denen ich gehört habe, nur ein Ei enthielten. „Daß der Schlangenadler in Felsen horste, war mir eine neue Entdeckung; ich vermutete, daß jenes Paar auf einem Felsenabsatze sein Nest anlegte; ich wurde jedoch durch meinen Kletterer belehrt, daß es nicht auf dem Felsen, sondern auf dem Stamme einer verkrüppelten Eiche, die an der Felswand stand, angelegt war. „Am 28. April d. J. suchte ich mit meinem Begleiter in den Waldungen an den Seen von Vrachori in Akarnanien, um den mir von früher bekannten Horst von Aqu. naevia aufzufinden, was mir des schwierigen Terrains wegen durchaus nicht glücken wollte. Als wir bei unserem Vordringen an eine freie Stelle kamen, erblickten wir in der Ferne einen Horst, der auf der umgebogenen Spitze einer Silberpappel schwebte. In demselben Augenblicke stand ein Raubvogel auf, den ich als Schlangenadler er- kannte. Die Ersteigung des Baumes machte meinem Begleiter viele Schwierigkeiten, da die Pappel von unten bis oben in Schlingpflanzen, zwischen denen Dornen auf- gewachsen waren, eingehüllt war. Die Ausdauer siegte und der Baum wurde erstiegen. Das einzige Ei des Horstes wurde unversehrt herausgebracht: es war rundlich, von mittlerer Größe, da es gewiß von einem jungen Weibchen herrührte; es wäre ebenfalls schneeweiß, wenn es nicht zufällig im Horste beschmützt worden wäre; ich wusch es nicht und trat es der großherzoglichen Sammlung zu Oldenburg ab.“ Genau in derselben Gegend, nämlich im Eschenwalde des Überschwemmungs- gebietes der Vrachoriseen, traf ich am 30. April 1894 ein Paar, welches sicher in der Umgebung horstete, und zwei Tage darauf noch einen einzelnen Adler, welcher über den Vorbergen der Arapokephalae rüttelte — bekanntlich eine besondere Eigentüm- lichkeit von (. gallieus. Auf Korfu sah ihn Lord Lilford nur ein einziges Mal, und zwar am 7. Juni 1858 bei Paläokastrizza.. Die Gegend ist dort für ihn in der Tat sehr passend! Die Inseln scheint er überhaupt selten zu besuchen; doch entnehme ich einer Randbemerkung Krüpers in Erhards Buch, daß jener sein Erscheinen am Zuge auf den Kykladen vermutet. Auf dem Peloponnes ist er nach Graf von der Mühle im Sommer ziemlich häufig, selbst auf feuchten Wiesen, die sehr weit von aller Waldung entfernt sind. Er fand meistens die blindschleichenähnliche Eidechse!) in seinem Magen. !) Zweifellos ist Pseudopus gemeint. Aber es bleibt mir ein Rätsel, wo es in ganz Griechenland „feuchte Wiesen“ gegeben haben mag! III. Griechenland. 375 Im Walde Kapellis (Pholo&) in Elis zeigte sich zur Zeit unserer Anwesenheit im Mai 1398 mindestens ein Paar, welches von uns allen tüchtig „vermöbelt“ wurde und täglich sichtbar war, und unweit von dieser Gegend, nämlich in der Alpheiosniederung wurde der Schlangenadler vor Jahren von Simpson beobachtet. Schließlich erwähne ich noch eines über Tarapsa in der Maina (17. Juni 1898) kreisenden €. gallicus. In der Regel ist der Schlangenadler in Griechenland ebenso Zugvogel wie in Mitteleuropa. Aber es kommen hiervon Ausnahmen vor. So behauptete schon Thien e- mann, „Rhea“ I, 8.227 (1849), daß er in Griechenland sowohl horstet, als auch über- wintert. Ich hatte Gelegenheit, die Richtigkeit dieses Satzes festzustellen: denn während ich am Varassovo in der Luderhütte saß, erlegte St. Strimmeneas am 14. Februar 1897 von zwei unmittelbar neben der Risenbahnstation Kryoneri aufgebaumten Schlangen- adlern ein sehr altes Männchen, welches später in unser Museum gelangte. Leonis will am selben Tage gleichfalls ein Paar am Rande des Olivenwaldes bei Missolonghi bemerkt haben. Dr. Krüper, dem ich das seltsame Vorkommnis mitteilte, schrieb mir hierauf folgendes: „Die Erlegung des Circaötus beweist, daß einzelne Exemplare in Griechenland überwintern; zur Weihnachtszeit wurde hier auch einst ein Schlangen- adler eingeliefert. Die hier überwinternden Adler sind jedenfalls aus nördlicheren Gegenden hierher gekommen und an Kälte mehr gewöhnt als die hier ausgebrüteten.“ Derselbe Forscher setzt seine Ankunft in Griechenland im Frühling von Mitte März ab an und vermerkte folgende Ankunftstage: Parnaßgebiet . . . 1861: 25. März R Se März ANttka reS0eeMärz ST EIEND EN Über das Horsten wurde schon oben einiges mitgeteilt. Wichtiges hierüber aus der Feder Seebohms finden wir bei Dresser: „Der Schlangenadler horstet gewöhnlich auf Bäumen, doch sind die Olivenbäume in den Tälern des Parnaß zu niedrig, um ihm entsprechende Sicherheit zu bieten, und andererseits sind die Kiefern in den Gebirgen einige tausend Fuß zu hoch über dem Meere für ihn, so daß er gezwungen ist, in die Fels- wände seine Zuflucht zu nehmen. Trotzdem bezeigt er seine Vorliebe als baumhorstend, indem er daselbst Strauchgewächse, welche aus den Felsspalten herauswachsen, als Träger seines Horstes wählt. Das Ei (ich habe nie von mehr als von einem in jedem Gelege gehört!) wird gegen Ende April gelegt.“ Hierauf wird geschildert, wie See- bohm am 5. Mai 1373 am Parnaß einen fest brütenden Schlangenadler durch einen Flintenschuß vom Horste scheuchte, aus welchem dann einige Tage später sein da- maliger Begleiter, der verwegene Honigsucher Kosta Katsuris, mit Hilfe eines Strickes ihm das bebrütete Ei brachte. Gelege von zwei Stück kamen bisher in Griechenland nicht vor. Krüper (Cab. Journ. f. Orn. 1862,1) S. 442) erwähnt, daß am Parnes am 14. Mai 1559 zwei Eier aus zwei Horsten genommen wurden, dann am 2. Mai 1561 am gleichen Orte ein Ei und später demselben Paare noch ein zweites. In den letzten Jahrzehnten stammen fast alle Eier, die durch Krüper verschickt wurden, vom Parnaßgebiete. 1) In demselben Jahrgang $. 318, Zeile 16 von unten sowie 8. 320, Zeile 1 von oben soll es statt April jedesmal heißen: Mai! 316 Oxnis balecanica. Ein solches, welches mir vorliegt, wurde schon am 15. April (1390) ausgenommen — ein sehr früher Zeitpunkt! Ein zweites, ebendaher, vom 15. Mai 1385, zeichnet sich durch sehr abweichende Form aus. Gegen das spitze Ende zu befindet sich nämlich eine schwache Wulst und von da an beginnt eine abnorm verlängerte Spitzenbildung, wie sie bei Crcaötus durch- aus ungewöhnlich ist. t ü 84:5 X 614 mm 1267 cg Das betreffende Weibehen soll seit emer Reihe von Jahren stets ein gleich regel- widrig geformtes Ei legen! Ein drittes endlich ist vollständig typisch und wurde am 12. Mai 1577 dem Horste entnommen. 75:5 x 59-4 mm Nach Krüper findet der Wegzug dieses Adlers im September statt und er fügt noch bei: „Da dieser Adler stets nur ein Ei lest, so ist seine Verminderung wohl vor- auszusehen, zumal da das ausgebrütete Junge noch oftmals zugrunde geht; so erhielt ich im Juli 1566 am Parnaß einen aus dem Horstv gefallenen, beinahe ausgewachsenen jungen Adler.“ Die drei im hiesigen Museum befindlichen griechischen Schlangenadler tragen ein sehr verschiedenes Kleid. Es sind sämtlich Männchen und bezüglich der Färbung der Unterseite derartig verschieden, daß man fast darunter zwei Arten vermuten möchte. Das im Februar geschossene Stück ist das lichteste. Mit Ausnahme der scharfen Schaftstriche und einiger hellbrauner Tupfen in den Flanken und auf den Hosen ist die Unterseite schneeweiß und auch Kopfplatte und Nacken sehr licht. Etwas mehr Braun, namentlich in der Brustgegend zeigt ein am 8. September 1901 in der Umgebung von Athen erbeuteter Adler, der aber immer noch zur hellen Form zu rechnen ist. Der dritte jedoch hat Kopf und Nacken genau so dunkelbraun wie die ganze Oberseite; auch Kinn- und Kropfgegend sind ähnlich gefärbt und die übrige Unterseite deutlich weiß und dunkelbraun gebändert. Die braunen Querstreifen haben eine Breite von ungefähr einem Zentimeter, was sehr an Ütreaötus zonurus erinnert. Die Maße dieser drei Männchen sind: Ganze Länge Flügel Stoß Lauf Schnabel Kryoneri 14. Februar 1597 . 16 56 3l:D 10 5) Umgebung von Athen 8. Sep- tember 1901 De er 76 55 31 10:2 5 Chalkis (Euböa) 31. Juli 1900 74 56 31 10:6 55 Pernis apivorus (L.) — Wespenbussard. Die ersten Nachrichten von dem Vorkommen des Wespenbussards auf griechischem Boden rühren von den Engländern Drummond und Lord Lilford her. Drummond erwähnt eines auf Kythera Geschossenen und Lord Lilford sah auf Korfu einen aus- III. Griechenland. 377 gestopften jungen Wespenbussard, welcher auf dieser Insel von einem befreundeten Sammler erlest worden war. Auf der größeren Strophadeninsel fand Wutte am 16. Mai 1598 einen nicht lange vorher verendeten oder von den Mönchen geschossenen und liegengelassenen solchen Bussard, dessen Stoß ich als Beleg abschnitt und mitnahm. Am 29. März 1897, aller- dings ein sehr frühes Zugsdatum, glaube ich mit Bestimmtheit vier kreisende Wespen- bussarde im Gebirge nördlich von Naupaktos erkannt zu haben. Alle diese Vorkommnisse beweisen, daß P. apivorus das Land auf dem Zuge berührt, eine Tatsache, welehe unter anderen auch Seebohm erwähnt. Doch beruht auch die kurze Bemerkung in Brehms „Tierleben“: „In Griechen- land scheint er sich sehr selten anzusiedenm“, auf voller Richtigkeit; denn in neuerer Zeit ist es den Bemühungen Dr. Krüpers gelungen, Beweise für sein Horsten m Griechenland zu erbringen. Durch die Zuvorkommenheit des Genannten bekam ich ein Gelege von zwei Eiern aus Böotien, welche das Datum vom 15. Mai 1891!) tragen. Diese zwei verhältnismäßig kleinen Eier zeigen eine auffallend lichte Färbung; doch trägt das eine die der Art eigentümlichen dunkelbraunen Wolken. Die Maße sind: I 50:6 45:9 mm 3r. 41-1 39:5 mm Gew. 564 all cg Einen jedenfalls in der Umgebung horstenden Vogel beobachtete ich genau am 8. Juni 1898 unweit der lakonisch-messenischen Grenze im obersten Teile der Langhäda- schlucht. Die Museen in Athen und Sarajevo enthalten je drei Belegstücke von griechi- schen Wespenbussarden, welche, wie gewöhnlich, sehr verschieden gefärbt sind. An der erstgenannten Anstalt sah ich ein grauköpfiges, altes Männchen und ein braunes Weibehen aus der Umgebung von Athen vom 30. August und 4. September 1561. Diese beiden Stücke wurden zuerst von Dr. Krüper (Cab. Journ. f. Om. 1862, S. 413 erwähnt. Außerdem ist noch ein stark weiß gestrichelter Vogel vom 20. September 1564 aufgestellt. Die in Sarajevo aufbewahrten Stücke sind: ein Männchen, einfärbig lichtbraun mit grauem Anflug am Kopfe, Attika 5. September 1596, ein Weibchen, rotbraun mit schwarzen Schaftstriehen und feinen weißlichen Tröpfehen am Scheitel, Umgebung von Athen, und ein ganz junges, eben flügge gewordenes, schwarzbraunes Männchen, Vari in Attika 28. August 1895 — sämtliche gesammelt von St. Strimmeneas. Ohne Zweifel gehört der Wespenbussard zu den selteneren Erscheinungen des Gebietes. Archibuteo lagopus (Brünn.) — Rauhfußbussard. Die im „Vogelfang“, S. 14 enthaltene Behauptung Chr. L. Brehms, daß der Rauhfußbussard, der bekanntlich die Balkanhalbinsel überhaupt recht selten aufsucht, aus dem Norden bis Griechenland wandere, hat in neuerer Zeit ihre Bestätigung er- fahren. Das erste Exemplar, welches auf Kythera erlegt wurde, erwähnt Drum- mond (1845). 1) Möglicherweise gleich dem 27. Mai unseres Kalenders! 375 Ornis balcanica. Dann bekam das Athener Universitätsmuseum im Winter 1888 ein Männchen aus Attika. Dieses gleicht im Gefieder sehr einem zweiten Männchen, welches im Dezember 1594 am Gestade des Phaleron erbeutet, der Sammlung Merlins einverleibt und zu- letzt für unsere Anstalt erworben wurde. Die Färbung des Gefieders ist echt lagopus- artig: der Kopf ziemlich licht, die untere Schwanzhälfte rein weiß. Schließlich behauptet St. Strimmeneas auf das bestimmteste, daß er im Winter von 1897 auf 1398, ebenfalls am Phaleronufer, einen solehen Bussard geschossen habe. Dieser sei jedoch unglücklicherweise ins Meer gefallen und von Wind und Wellen immer weiter hinausgetragen worden. Die Angabe Erhards, wonach A. lagopus auf den Kykladen überwintere, ver- dient wohl keinen Glauben. 3uteo buteo (L.), Buteo vulgaris Bechst. — Mäusebussard. Er ist sowohl ein nicht allzuseltener Standvogel als auch Wintergast von Norden her und endlich sogar Durchzügler zu den Zugperioden, und zwar nach Krüpers Beobachtungen am häufigsten in kleinen Gesellschaften — Ende September und im Oktober, nach Lindermayer gegen Norden Ende Februar und Anfang März. Auf Korfu war er zur Zeit Drummonds noch ein häufiger Standvogel. Lord Lilford sah dagegen sehr viele nur im Jänner und Februar 1357 und zur Brutzeit im Juni 1855 bloß einen einzigen bei Govino. Ein schönes Stück schoß er am 7. No- vember 1358. Ein Paar verbrachte den Winter m den Felsen der alten Zitadelle. Ich beobachtete den Mäusebussard hier ebenfalls nur im Winter (Jänner 1897) bei Potamos, bei Han Braganiotika und in der Nähe von Kap Katharina. Kythera besucht er nach Jameson nur auf dem Durchzuge im Frühling und Herbst. Auf den Kykladen ist er nach Erhard nur im Winter zu finden. Dagegen dürfte er ohne Zweifel Standvogel auf Euböa sein (Lindermayer); sogar auf der Sporadeninsel Skopelos erhielt ich am 22. Mai 1594 aus einem Felsenhorste zwei wenige Tage alte Dunenjunge zugetragen, von denen eines sich nach vierwöchentlicher Auffütterung als Mäusebussard entpuppte. Aber auch auf dem Festlande trifft man die meisten Bussarde im Winter an, wo sie sich sowie auf den Inseln am liebsten in den feuchten Olivenwäldern und den Be- ständen der Seestrandskiefer herumtreiben und reichliche Nahrung finden. Zu dieser Jahreszeit (Jänner und Februar) sah ich die meisten in der Umgebung von Aetolikon und Missolonghi, wo sie öfters ruhig auf den Telegraphenstangen auf- gehackt die Eisenbahnzüge an sich vorbeisausen ließen, ohne abzustreichen. Horstende Paare sah ich in der Nähe ihrer Brutplätze an folgenden Örtlichkeiten: mehrfach in den Aubeständen an beiden Vrachoriseen, am Markutsasee und beim Hafen Panteleimonos in Akarmanien, bei Metaxa nördlich von Naupaktos, wo das Bussard- paar sich auf einen vorbeistreichenden Seeadler stürzte, während Hauptmann Roth im Parnaß bei Arachova sogar einen heftigen Angriff eines anderen Paares auf einen Stein- adler beobachtete, bei Kephissia (Attika), dann auf dem Peloponnes, oberhalb Doljana, im Walde Kapellis (Elis), auf dem Berge Ithome, in der Umgebung von Kalamata gegen die lakonische Grenze zu und in der obersten Langhädaschlucht, endlich am Taygetos bei Anavryti. Nach den langjährigen Erfahrungen Krüpers brütet der Mäusebussard in Griechen- land später als in Mitteleuropa, da im Veluchi und Parnaß die Gelege erst gegen Ende « III. Griechenland. 379 Mai ausgenommen wurden und in Attika das früheste Datum eines Geleges bis zum Jahre 1574 der 27. April war. Doch bekam Krüper 1894, doch schon Anfang April ein Gelege, welches mir gegenwärtig zur Hand ist, während ein zweites, leicht bebrü- tetes uns am kleinen Vrachorisee am 1. Mai 1594 überbracht wurde. Diese griechischen Eier zeichnen sich zumeist durch sehr lebhafte rostrote Fleckung oder durch bizarre violette Marmorierung aus. Maße der beiden oben erwähnten Gelege: L. HucS 55 59 D3 mm Br. 833° 23 469 47mm Gew. 510 532 Sal 545 cg Attika Akarnanien Die Färbung und Zeichnung des griechischen Buteo buteo unterliegt denselben bedeutenden Schwankungen wie in Mitteleuropa. Dies ergab bereits die Musterung der berühmten Sammlung Chr. L. Brehms, welche eine Reihe von Vertretern aus Griechen- land enthält (s. „Naumannia“ I, 1, 72), sowie auch eine selbst nur oberflächliche Durch- sicht der fünf von mir aus verschiedenen Landesteilen mitgebrachten Stücke. Auffallenderweise kommen in Griechenland Übergangsformen zu B. zimermannae oder desertorum bei weitem weniger häufig vor als in anderen Balkanländern. Im Zygosgebirge (Arakynthos) fielen mir einst (am 20. Februar 1897) zwei auffallend kleine, rostig schimmernde Bussarde auf, die vielleicht hierhergehören würden. Eine ausgesprochene derartige Mittelform besitzt das Universitätsmuseum in Athen in einem am 23. Februar 1859 in Attika erlegten Männchen und ein zweites, noch viel roströtlicheres befindet sich mit der seltsamen Bezeichnung Falco sagitta aus dem Nach- lasse des Grafen von der Mühle in der Sammlung des zoologischen Vereines in Regensburg; jedoch ist leider die tatsächliche Herkunft aus Griechenland sehr fraglich. Buteo ferox (km.) — Adlerbussard. (Siehe Tafel III, Ei.) Es dürfte wohl eines der interessantesten Ergebnisse meiner Reisen in Griechen- land sein, daß es mir gelungen ist, das Vorkommen dieses Vogels im Lande nachzu- weisen, freilich ohne auch nur ein einziges Mal ihm selbst begegnet zu sein oder seinen Balg bisher erlangen zu können. Die Literatur gibt uns über das dortige Vorkommen keinen Aufschluß, denn Dr. Krüper kannte B. ferox bis in die jüngste Zeit bloß von der Umgebung von Smyrna, wo er ihn seit 1363 beobachtete und eine stattliche Reihe von Gelegen sammelte oder sammeln ließ. Wie schon beim Zwergadler erwähnt wurde, waren es die auffallend großen und stark gefleckten Eier, welche, von Dr. Krüper diesem Adler zugeschrieben und als solche versendet, meine Aufmerksamkeit seit längerer Zeit erregt hatten und mich auf den Gedanken brachten, daß wir es hier doch vielleicht mit dem Adlerbussard zu tun haben könnten. Meine diesbezüglich 1394 an Dr. Krüper geäußerte Mutmaßung wurde zur Ge- wißheit, als ich bei meinem zweiten Besuche in Athen im dortigen Museum einen in- zwischen 1895 dorthin gebrachten, fast ausgewachsenen Adlerbussard aus der Gegend von Livadhia in Böotien aufgestellt fand und außerdem in Übereinstimmung mit Dr. Krüper in enem am 18. Mai 1862 getöteten und irrtümlicherweise für einen 380 Ornis balcaniea. Kuttengeier gehaltenen Vogel im Halbdunenkleide ebenfalls ein Junges vom Adler- bussard erkannte, welches damals auch aus Böotien dem Museum eingeliefert wor- den war. Bezüglich des ersterwähnten Eies schrieb mir Dr. Krüper am 19. Juni 1895 fol- gendes: „Eine ornithologische Neuigkeit muß ich Ihnen berichten: Mein Sammler brachte aus der Gegend von Livadhia zwei junge aus dem Felsenhorste gehobene Duteo ferox lebend hierher; ich fütterte dieselben mehrere Tage, ließ den kleineren (C') töten und für das Museum aufstellen; den anderen Vogel 9 nahm Herr Merlin, um ihn 1—2 Monate zu füttern.“ Eine weitere Nachricht sandte er mir am 6. Juli 1898: „Gestern brachte der Sammler vom Parnaß seine Ausbeute an Eiern, darunter solehe von Buteo ferox.“ Die Bier, von welchen mir augenblicklich zehn Stücke in Gelegen vorliegen, zeigen alle Kennzeichen der Bussardeier. Eines hat fast gar keine braunen Oberflecken, da- für aber reichliche blaßviolette Schalenflecke. Das am lebhaftesten gefärbte und ge- fleekte von allen wurde auf Tafel III abgebildet. Manche der Eier sind am spitzen Ende milvus-artig gefleckt. Maß und Gewicht der Eier: Hrouspa (?), Parnaßgebiet, 19. April 1537 (bebrütet): L. 62:2 60:4 mm Br. 46°5 45:5 mm Gew. 706 631 eg Veli, Böotien, 20. April 1890 (bebrütet): L: 60:7 59:6 mm Br. 50 49:5 mm Gew. 752 667 eg Böotien, 27. März 1595 (frisch): IE, 60:5 60 53:8 mm Bau 485 489° 48-5 mm Gew. 639 145 700 eg Nordwest-Attika, 1. April 1597 (frisch): I: 62-5 59:9 mm Ir. 47:9 47:5 mm Gew. 774 TOT eg Einzelnes, frisches Ei vom gleichen Orte und selben Datum: IL, 59-5 mm Br. 48 mm Gew. 725 cg Alle Horste des Adlerbussards, sowohl in Griechenland wie in Kleinasien, befan- den sich nach der ausdrücklichen Mitteilung Dr. Krüpers stets in Felswänden, keiner auf einem Baume. Nach den bisherigen dürftigen Angaben scheint das Verbreitungsgebiet in Grie- chenland ein sehr kleines zu sein. Es dürfte sich nur auf den östlichen Teil des Parnaß, einen Teil von Böotien und auf Nordwest-Attika beschränken. In anderen Gegenden des Landes müßte der große Vogel mir oder anderen Forschern denn doch einmal aufgefallen sein. II. Griechenland. 851 Aceipiter nisus (L.) — Sperber. Die meisten Sperber, welche man in Griechenland antrifft, sind Wintergäste. Dies erfahren wir schon von Lindermayer und Graf von der Mühle, und zwar nach dem erstgenannten Forscher vorzüglich im nördlichen Griechenland und Euböa. Auch ist es beiden bereits bekannt, daß einzelne Paare im Lande brüten. Graf von der Mühle stellte das am Malevo (Parnon) auf dem Peloponnes fest. Jameson kennt ihn auf Kythera vom Frühjahrs- und Herbstzuge, aber es ist immerhin möglich, daß hier eine Verwechslung mit Astur brevipes vorliegt. Nach Drummond und Lord Lilford kommt er auf Korfu im September an und ist sowohl hier wie in Akarnanien den ganzen Winter über sehr häufig. Dies kann ich ebenfalls bestätigen; denn vom 20. Jänner 1897, wo ein altes Männchen auf der Düne von Korissia auf Korfu eime Amsel verfolgend beobachtet wurde, und vom 30. Jänner bis zum 4. April in Akarnanien begegneten wir an zehn verschiedenen Tagen beute- suchenden Sperbern und erlegten auch zwei davon, und zwar an folgenden Orten: im Walde bei Podolovitsa, den Laguneninselehen bei Skropha, im Olivenwalde bei Misso- longhi, bei Känurion, Kryoneri, Naupaktos, am OÖstende des großen Vrachorisees und bei Monastir Angelokastron (Baron Schilling). Das Verdienst, den Sperber als Brutvogel für Griechenland endgültig festgestellt zu haben, gebührt wiederum Dr. Krüper, von dem Dresser schon 1571 mitteilte, daß er ein brütendes Paar neben dem Horste von Astur brevipes gefunden habe. Später sagt Krüper selbst: „Einzelne Paare brüten in den hochgelegenen Gebirgs- wäldern, so im Parnaß und im Taygetos.!) Die Brütezeit ist spät im Mai. Am 24. Mai 1566 erhielt ich vier Eier.“ Durch die Güte des Genannten liegen mir drei in Größe und Färbung regelrechte Eier vor; eines mit dem Vermerk: Parnaß, 4. Juni 1357, und zwei ebendaher vom Mai 1894. Sie sind, wie mir Dr. Krüper sagte, stets sehr schwer zu bekommen. Von dortigen Brutvögeln besitzt das Museum drei Stücke: ein sehr starkes Weib- chen vom Parnaß, erlegt bei Agoriani von St. Strimmeneas am 19. August 1595, ein altes Männchen aus Arkadien von Langhadis erhalten, während ich vier weitere bei die- sem sah, und ein ebensolches von den Xerowunibergen des Malevo bei Sparta. Dieses wurde aus großer Höhe an der Baumgrenze mit vier gleichzeitig abgegebenen Schüssen von mir und meinen Begleitern am 9. Juni 1898 erlegt und am folgenden Tage noch eines in der Langhädaschlucht beobachtet. Diese Vögel sowie die sechs Sperber im Museum von Athen unterscheiden sich in der Färbung nicht von mitteleuropäischen Vertretern. Wenn Erhard den Sperber für einen Standvogel der Kykladen hält, so ist dies bestimmt ein Irrtum; doch mögen sich öfters dort Verspätete zeigen, wie z. B. jener, den Douglass in der ersten Woche Mai 1392 auf Santorin (T'hera) bemerkte. Astur brevipes (Severzow) — Zwerghabicht. (Siehe Tafel III, Eier.) Als Krüper gelegentlich einer Besprechung der ornithologischen Einläufe des Museums der Ottos-Unversität zu Athen (geschrieben Uckermünde, November 1361) erwähnte, daß sich dabei drei Vertreter des für Griechenland und sogar für Europa 1!) Hier auch von Heldreich angegeben. 3832 Ornis baleanica. neuen Astur badius s. Dussumieri befänden,!) mag wohl mancher Fachmann die Rich- tigkeit dieser Angabe anfangs bezweifelt haben. Kurz hierauf findet sich im „Ibis“ V, 1863, p. 464 die Bemerkung, daß nach einer Mitteilung von Bree der Anspruch des Aceipiter gurneyi auf einen Platz in der euro- päischen Vogelwelt damals bloß auf einem einzigen Jugendexemplare beruhe, welches Gurney von Athen erhielt. Im „Ibis“ VII, 1865, p. 342 wird dann festgestellt, daß A. gurneyi gleichbedeutend mit Astur brevipes Sev. ist. Ein zweites, ebenfalls aus Athen stammendes und im Norwichmuseum befindliches Stück erwähnt 1571 Dresser. Weiters gibt Dubois sen. 1868 an, daß Astur brevipes von Krüper in Griechen- land gefunden wurde, und versichert ebenso wie auch Schlegel,?) daß es eine gute Spezies sei, welche unter anderem auch Griechenland bewohnt. Erst 1872 erfahren wir von Krüper zunächst, daß der Herbstdurchzug, beson- ders jüngerer Vögel, in Attika nicht unbedeutend ist, und 1875 erfolgen endlich ein- gehendere Mitteilungen desselben, welche ausdrücklich Griechenland betreffen: „Zwei Exemplare des Museums aus der Attika wurden schon am 25. Juli 1861 erlegt, ein Weibchen am 26. September; er verfolgt dann die kleinen Zugvögel und die sehr fetten Turteltauben.“ Wie ich mich überzeugte, sind obige drei Vögel Junge desselben Jahres. „Er brütet auch in der Attika, 1872 wurde ein Horst mit zwei Eiern bei Tatoi gefunden; ich sah das eine in der Sammlung eines Studenten. Die Legezeit beginnt kurz vor Mitte Mai, in kalten Frühjahren erst Ende Mai. Der Wegzug nimmt seinen Anfang, sobald die Jungen erwachsen sind, im Juli, August und September.“ Soweit die Ausführungen Dr. Krüpers. Nachdem v. Heldreich bloß Wiederholungen bringt, findet sich in der weiteren Literatur nur noch die Angabe, daß Douglass in der ersten Woche Mai 1892 einmal den Zwerghabicht auf Santorin beobachtet habe. Als ich am 2. Mai 1894 die Gebüsche bei Juritsa am großen Vrachorisee durch- streifte, um auf Sylvien Jagd zu machen, glückte es mir, durch einen Zufallsschuß ein vorbeistreichendes prachtvoll ausgefärbtes altes 0’ zu erlegen. Das Graublau der Ober- seite dieses Stückes hat denselben Ton wie beim alten Kuckuck. Dessen Maße: Ganzerkänge 2 nr 88: Schwan a N \oReı lies a re 21: ma arsusin ve Een Wahrscheinlich war dies ein soeben angekommener Vogel. Am 13. Mai beob- achtete ich dann ein Weibchen des Zwerghabichtes nahe bei Marusi (Umgebung von Athen). Die wertvollsten Beobachtungen über den interessanten Raubvogel konnte ich aber in der Gegend von Velestino in T'hhessalien im Vereine mit meinen damaligen Begleitern anstellen. Hier sahen wir am 17. Mai schon beim Einfahren des Zuges in den Bahnhof einen Zwerghabicht zuerst schön rütteln, dann kreisen und zuletzt dem nahen, mit Feldern und Gärten durchsetzten Walde zueilen. Noch am selben Tage durchstreifte Santarius jene reizende Gegend, der auch das dem Vogel so sehr zusagende fließende Wasser nicht fehlt, und stellte in wenigen Stunden nicht weniger als vier Brutpaare von A. dbrevipes fest, von denen er drei t) Cab. Journ. f. Orn. 1862, S. 316. 2) Rev. et Mag. de Zoolog., p. 389 und Mus. des Pays-Bas, Nachtrag, p. 92. III. Griechenland. 355 besetzte Horste aufzufinden das Glück hatte. Zwei davon waren auf Eichen und einer auf einer Weide angebracht. Die Bauart war sehr einfach und nichts weniger als kunstvoll zu nennen. Auf etwas Eichenlaub lagen in zwei Horsten je ein eben gelegtes und in einem drei Eier. Bei diesem letzteren erlegte Santarius nach längerem An- sitz das heimkehrende 9 und traf es so glücklich, daß dem Kadaver das vollkommen legereife, von den im Neste befindlichen nicht zu unterscheidende Ei unversehrt ent- nommen werden konnte. Die Männchen zeigten sich nur von ferne und erwiesen sich auch hier in der Nähe des Brutplatzes recht vorsichtig. Maß des Weibchens: Ganze Länse . . 2... . s:bem S Ch warn Ze lic) Euer 2355 | larsusgr a 0 Se. nee Den Die äußerst knapp bemessene Zeit gestattete damals leider nicht, die seltene Gelegenheit zu benützen, um eingehendere Beobachtungen anzustellen, und so konnte zwei Tage später nur noch einer der beiden früher gefundenen Horste in großer Eile besucht und zwei besonders schön gezeichnete Eier daraus entnommen werden. Wer diese Eier je frisch in Händen gehabt hat, wird sogleich erkennen, daß der Vogel näher mit dem Habicht als mit dem Sperber verwandt ist, obschon sein Naturell von beiden grundverschieden ist, da ihm deren Wildheit gänzlich mangelt. Die Eier haben im frischen Zustande und auch noch längere Zeit nach dem Ausblasen einen prächtigen blaugrünen Schimmer, ähnlich wie bei den Habichtseiern, aber viel greller; und namentlich verleiht ihnen ein deutliches blaugrünes Geäder, welches später gänzlich verschwindet, ein wunderschönes Aussehen. Schließlich werden sie fast ganz weiß und haben dann viele Ähnlichkeit mit den Eiern der Weihen. Viele zeigen, wie schon bekannt ist, jene braunen Schalenwolken, wie dies bei den Biern von Caccabis sawatilis und den Podiceps-Arten vorzukommen pflegt, und nur wenige Stücke lassen eine wirkliche Fleckenzeichnung deutlich erkennen. Soviel steht aber fest, daß jene braune Wölkung auf der Eieroberfläche nicht von der Nestunterlage herrührt. Die Maße von neun Eiern sind folgende: Velestino, 17. Mai 1894, Gelege 4 Stück: 41 x 32:6 mm 41:4 X 32:6 mm 41:6 X 31:6 mm 401x383 "T mm 169 eg 167 eg 162 eg 156 eg Fast ohne Spur von Fleckung oder sonstiger Zeichnung. Frisch beinahe an Eier von Ardeiden erinnernd! Velestino, 19. Mai 1894, 2 Stück: 2 Soma) 2291,89 line 162 eg 165 eg Am stumpfen Ende eine deutliche braune Zeichnung: Punkte und verwaschene Haarzüge! Gebiet des Parnaß, 11. Mai 1888, Gelege 2 Stück (Krüper): 40:5 X 29-4 mm 40 x 29-4 mm 133 eg 147 eg Ohne Zeichnung, aber mit großen gelbbraunen Wolkenflecken! 354 Ornis baleanica. Ebendaher, 20. Mai 1876: . £ : 33:6 X 317 mm 162 eg Fleckung unbedeutend: am spitzen Ende sehr feine braune Spritzer! Nach uns jagte in Velestino auf die Zwerghabichte im Jahre 1896 St. Strimme- neas und erlegte mehrere am 17. und 20. April. Ein altes Paar davon befindet sich jetzt im Museum von Athen und ein Stück gelangte in die Sammlung Merlins, wo- selbst sich ein junger Vogel von Agoriani (Parnaß) befand. Gegenwärtig dürfte leider das Idyll von Velestino wahrschemlich geschwunden sein und die Zwerghabichte ihr schönes Heim verloren haben, da während der Besetzung Thessaliens durch die Türken nach dem Feldzuge alle Bäume dort zur Brennholz- erzeugung gefällt worden sein sollen. Auf dem Peloponnes scheint es nicht viele Örtlichkeiten zu geben, welche dem Zwerghabicht zusagen; ich konnte ihn nirgends beobachten und kann bloß eines jungen Männchens erwähnen, welches, offenbar auf dem Herbstzuge, in der Umgebung von Tripolis am 16. August 1896 erlegt wurde und mir vorliegt. Dessen Maße: Kanzea@lbanges WBuBen en nn WNSchwanz er ie em, Blüselaaasty ar MORE ale | Tarsusp 2 ar a re Asın ” St. Strimmeneas behauptet, am 14. Mai 1898 in dem gebüschreichsten Teile der größeren Strophadeninsel ein Q.bestimmt erkannt und zwei Tage später wahrscheinlich denselben Vogel zu Holz geschossen zu haben, leider ohne ihn zu finden. Auch unsere gemeinsame sorgfältige Nachsuche hatte keinen Erfolg. Über einen vereinzelten Fall des Überwinterns in Griechenland habe ich eine Beobachtung mitzuteilen, welche auch Dr. Krüper für sehr möglich hält: „Am 12. Februar 1897 kam mir in einem nahe der Mündung des Phidaris gelegenen Wäld- chen dreimal ein Raubvogel zu Gesicht, den ich nach seinem Fluge unbedingt für Astur brevipes halten mußte.“ Astur palumbarius (L.) — Habicht. Übereinstimmenden Mitteilungen und den eigenen Beobachtungen zufolge muß der Habicht als ein seltener Vogel des:Landes bezeichnet werden, was in Anbetracht seiner bekannten Schädlichkeit gewiß nicht zu bedauern ist. Das Brüten einzelner Paare in Griechenland ist schon dadurch erwiesen, daß Lindermayer einstens einen ihm überbrachten Nestvogel aufzog, weiters aber auch daraus zu folgern, daß außer den Zugzeiten und dem Winter Habichte mitunter gesehen werden. So beobachtete ich einen Vogel im Alterskleide am 2. Mai 1394 am Westende des großen Vrachori- sees und einen im Jugendkleide am 5. Juni 1398 bei Kalamata dem Gebirge zu- streichend. Graf von der Mühle erfuhr vom Brüten einzelner Paare in Mittelgriechenland. Ein von St. Strimmeneas bei Agoriani im Parnaß am 10. August 18395 erlegtes, mir vorliegendes, ganz junges Männchen wurde offenbar in der dortigen Gegend aus- gebrütet. Euböa, die Kykladen und die Jonischen Inseln scheint er nur im Winter zu be- suchen. Auf Korfu wurde er von Hauptmann Polatzek nur ein einziges Mal sicher beobachtet und auf Levkas (St. Maura) sah Lord Lilford ein schönes Paar ausgestopft im März 1857, welches wenige Wochen früher dort geschossen worden war. III. Griechenland. 335 Aber auch auf dem Festlande ist er im Winter entschieden häufiger sichtbar, weshalb v. Heldreich ihn für Griechenland teilweise sogar als Zugvogel betrachtet, der im August ankommt und im Februar abzieht. Solche überwinternde Habichte beobachteten z. B. bei Missolonghi am 29. Jänner 1397 und auf der Düne Kalamota der Lagune von Prokopanisto am 11. März 1897 ich mit meinen Begleitern und in der Nähe des Monastir Angelokastron am 3. Dezember 1898 Baron Schilling. Außer dem oben erwähnten jungen Vogel befindet sich im hiesigen Museum noch einer im Alterskleide vom Peloponnes von Langhadis erhalten. Diese beiden, wie auch die vier Stücke des Museums in Athen, sind vollkommen regelrecht in Grüße und Färbung. Milvus migrans (Bodd.),. Milvus ater Gm. — Schwarzbrauner Milan. Da sowohl in der europäischen wie in der asiatischen Türkei, also gewissermaßen in der Nachbarschaft von Griechenland, zahlreiche dieser Milane horsten, ist es wunder- lich, daß der Vogel hier noch nicht mit Sicherheit als Brutvogel nachgewiesen wurde und auch auf dem Zuge nur selten bemerkt wird. Nach Drummond besucht er von Zeit zu Zeit, aber stets sehr selten, Kythera. Erhard, der den schwarzbraunen Milan zu einem Standvogel der Kykladen, wo er ihm zufolge in den kleinen „Maremmen“ ziemlich häufig sein soll, stempeln will, begeht damit sicher einen groben Fehler. Graf von der Mühle erhielt nur einen einzigen, Lindermayer zwei Stücke aus Attika, beobachtete ihn aber auf Euböa und mehrere bei Kalamata. In den Lagunen von Missolonghi, wo ihn Simpson nicht beobachtete, erkannte Santarius ein Paar deutlich am 1. Februar 1897 und einen einzelnen sah ich selbst am 27. Februar 1897 über dem dortigen Bahnhofe kreisen. Einer unlängst eingelangten brieflichen Mitteilung von Krüper zufolge ist bis jetzt kein sicheres Brutvorkommnis im Gebiete bekannt geworden, doch meint er, daß dies am ehesten in den Wäldern am Kopaissee möglich wäre. Zwei von dort zuge- tragene Eier, die wegen ihrer charakteristischen Zeichnung sehr wohl von M. migrans stammen könnten, haben folgendes Maß und Gewicht: 54:3 X 411 mm 53:3 X 42:3 mm 404 cg 427 cg Die zwei öfters in der Literatur erwähnten Stücke (d’ und 9) im Museum zu Athen tragen das Jugendkleid des ersten Jahres und wurden am 16. und 18. August 1861 eingeliefert, während ein im selben Alter stehender Milan von St. Strimmeneas am 7. Oktober 1899 bei Kalogresa nächst Chalandri bei Athen für unser Museum ge- schossen wurde. Im Jahre 1895 begegnete einst St. Strimmeneas am Phaleron einem Jäger, der einen solchen Milan geschossen hatte. Er bot ihm für denselben zwei Drachmen an, ohne dadurch etwas zu erreichen, denn der glückliche Schütze wollte durchaus nicht auf den seiner Meinung nach vorzüglichen Braten verzichten. Milvus milvus (L.), Milwus regalis auet. — Roter Milan. Die Frage, ob er in Griechenland wirklich nur durchreisender Wandervogel ist, wie wir selbst in Brehms „Tierleben“ lesen können, oder ob einzelne Paare, in Nord Reiser, Ornis balcanica. III. 25 386 Ornis baleanica. griechenland wenigstens, horsten, ist zur Stunde mit Sicherheit noch nicht gelöst. Tat- sache ist, daß die meisten auf dem Durchzuge beobachtet werden, obgleich dieser nicht in so bedeutender Anzahl stattfindet, wie v. Heldreich angibt. Eine kleine Zahl über- wintert auch. Im Herbste beobachtete ihn Lindermayer am häufigsten im Oktober und November am Zuge in Nordgriechenland und Euböa; Graf von der Mühle auf dem Peloponnes dagegen nur selten. Für Böotien liegt eine Beobachtung vom 1. Februar 1569 von Elwes und Buckley vor. In Attika erlegte St. Strimmeneas einen Wintergast am 20. Jänner 1896, wie auch die drei im Universitätsmuseum za Athen zur Schau gestellten roten Milane alle im Dezember und Jänner eingeliefert wurden. Bezüglich des Vorkommens in Akarnanien sei erwähnt, daß Lord Lilford ein oder zwei Paare von Dezember 1857 bis März 1853 in den schönen Eichenbeständen von Tragomesti (Dragomeston) beobachtete. Nach verschiedenen Anzeichen hält er aber den Vogel dort nur für einen zufälligen und seltenen Besucher. Auch Simpson sah nur einen einzigen, augenscheinlich am Zuge befindlichen M. milvus bei Angelokastron gegen Ende Februar 1860 und Baron Schilling am sel- ben Orte am 3. Dezember 1898 zwei hoch gegen Nordost streichende Stücke sowie am 9. Jänner 1599 wieder ein einzelnes. Endlich über der Stadt Missolonghi ein anderes bereits am 26. November. Über das vermutliche Horsten kann ich mitteilen. daß Santarius im auähnlichen Walde von Velestino in Thessalien am 17. Mai 1894 einen roten Milan ganz genau er- kannt hat, und daß der Platz für Raubvögel sehr geeignet ist. Gerade dort erlegte St. Strimmeneas Ende Jänner und Anfang Februar, ja sogar Anfang März drei prächtige Stücke, von welchen ein Paar an unser Museum gelangte. Heutzutage frei- lich soll sich in der dortigen Gegend so manches geändert haben, da während des Feldzuges 1897 die meisten größeren Bäume gefällt und für die Lagerfeuer der tür- kischen Truppen verwendet wurden. Übrigens ist St. Strimmeneas der festen Über- zeugung, daß einige Paare noch heute in den Wäldern der Umgebung der 'Thermo- pylen horsten. Des Vorkommens auf den Inseln, namentlich den Kykladen, gedenkt zwar zu- vörderst Sonnini, allein man gewinnt aus seiner Darstellung keine Klarheit, ob es sich wirklich um diesen Raubvogel handelt. Nach Erhard ist er dort Durchzügler, was wohl richtig sein dürfte. Durch Drummond erfahren wir, daß M. milvus auf Korfu sehr selten beobachtet wurde, jedoch auf Sta. Maura (Levkas) im Winter sehr häufig sei. Größe und Gesamtfärbung des aus Thessalien stammenden Paares sind in jeder Hinsicht regelrecht. Gypaetus barbatus (L.) (grandis Storr.) — Bartgeier. Die Sehnsucht, den majestätischen, mir vom ganzen nördlichen Balkan wohl- bekannten Vogel auch auf dem klassischen Boden von Hellas kennen zu lernen, war bei mir schon seit langem durch die lebendigen Schilderungen Krüpers im „Journ. f. Orn.“ wachgerufen. So kam es, daß auf allen drei Reisen nirgends verabsäumt wurde, die Aufenthaltsorte gerade des Bartgeiers nach Tunlichkeit aufzusuchen, um eine Vor- stellung seiner heutigen Verbreitung im Lande zu gewinnen. Gleich an dieser Stelle sei erwähnt, daß Beobachtung, Erbeutung und Horstuntersuchung auch in den griechi- schen landen ganz bedeutende Schwierigkeiten verursachen und daß es selbst dem- III. Griechenland. 387 jenigen, welcher mit den Lebensgewohnheiten des Vogels vollständig vertraut ist, nur in den seltensten Fällen möglich sein dürfte, diesbezüglich behaupten zu können: veni, vidi, viei. Wenn wir von der einfach erwähnten Tatsache, daß er ein Gebirgsbewohner des Landes ist, etwa bei Naumann (1820), Rey und selbst in Brehms „Tierleben“, welches eine gute Übersicht enthält, absehen, so bieten die treffllichen Beobachtungen und Schilderungen Graf von der Mühles, Lindermayers, Simpsons und Krüpers das weitaus Genaueste und Beste. Zunächst über das Vorkommen auf den Inseln. Vom nahen Albanien her besucht @. barbatus nach Drummond gelegentlich Korfu und ebenfalls vom Festlande aus wohl auch Kephalonia, wo Santarius am 20. März 1397 deutlich einen über den Ainos dahinstreichend erkannte. Häufiger und vielleicht ständig scheint er auf Levkas (Sta. Maura) vorzukom- men, wo ich zwei von Korakianitis gesammelte Bartgeier, einen alten und einen jungen Vogel, selbst in Händen hatte. Auf dem kleinen Petalä zeigte sich unseren Blicken im Februar und März zwei- mal ein prachtvoll gefärbter alter Vogel; doch scheint dort kein Horstplatz zu sein, son- dern es dürfte sich um Besucher aus der Nachbarschaft, vielleicht von Oxiä, gehandelt haben. Auf diesem zerklüfteten Felseiland haust nämlich seit langer Zeit ein Paar, an dessen Flugkünsten sich mein Auge am 23. Februar 1897 längere Zeit ergötzte und welchem der alte Katzuris, der ehemalige bewährteste Sammler Krüpers, mehrmals das Gelege weggenommen hatte. Oxiä liegt knapp an der Route der von und nach Patras laufenden Dampfer und zeigt schon von Ferne an seinen steilen Abstürzen ideale Horstplätze für die verschiedensten Raubvögel. Wie ehedem ist er auch heute noch nach verläßlichen Berichten Brut- und Stand- vogel auf Euböa, wo ihn zuerst Lindermayer vergeblich suchte, aber seit 1854 mehrfach feststellte. Dagegen ist er ein seltener Gast auf den Kykladen, wo er bloß einmal von Erhard (S. 94, in der „Naumannia“ nicht enthalten!) im Winter 1857/58 auf Andros, angeblich auf der Jagd nach Hasen begriffen, beobachtet worden ist. Betreffs des Festlandes mögen die folgenden Zusammenstellungen dienen: Thessalien. In den Felswänden des Kara dash, südwestlich von Velestino beobachtete San- tarius am 18. Mai 1894 einen alten Bartgeier, wahrscheinlich ein Stück desselben Paares, von welchem St. Strimmeneas im Jänner 1396 den Horst auffand und am Ansitze daselbst das großwüchsige alte Weibchen schoß. In der sumpfigen Ebene von Lamia erlegte Leutnant Dillmann, der Freund Grafen von der Mühles, im Winter 1841 ein altes, sehr schönes Weibchen, dessen Balg leider mit vielen anderen Seltenheiten durch eine Feuersbrunst zugrunde ging. Das Museum in Sarajevo erhielt aus derselben Gegend eines der grellstgefärbten Männchen der hiesigen Sammlung durch St. Strimmeneas, welcher es am 25. Mai 1902 bei Megali vrysis zur Strecke brachte. Böotien und Attika. Hier kommen vor allem das ganze Gebiet des Parnaß und der Zug des Parnes in Betracht, von wo schon vor vielen Jahren die überall und stets gesuchten Bälge des @. barbatus an viele Museen gelangten. So namentlich durch Lindermayer, unter 25* 388 Ornis balcanica. andern 1849 (s. Korr.-Blatt!) ein junger Vogel an den zoologisch-mineralogischen Verein in Regensburg, dann das mittelalte Stück in Passau, welches sich ebenso wie das vor- erwähnte noch heute an Ort und Stelle befindet (s. Jahresbericht des naturwissenschaft- lichen Vereines zu Passau 1861), endlich en Paar vom Parnaß im großherzoglichen Museum zu Oldenburg nebst einem 1864 von Krüper gelieferten Ei. Auch das British Museum erhielt einen Bartgeier durch Herrn Merlin sen. aus der Umgebung von Athen. Schon 1843 wußte Lindermayer zu erzählen, daß auf dem Parnaß ein Läm- mergeier an einem kalten Winterabende beim versuchten Raube eines am Spieße braten- den Lammes, von Hirten mit Knütteln erschlagen, tot in die Flammen stürzte. Später . bekam das Universitätsmuseum in Athen, durchwegs aus Attika, nach und nach eine Reihe von sechs Bartgeiern in verschiedenen Alterskleidern; nämlich ein prachtvoll aus- gefärbtes Weibchen vom 6. Februar 1862, dann einen ungefähr einjährigen Vogel, einen weiteren im Kleide des Mittelalters am 12. Dezember 1864 mit eben beginnender Rost- färbung, noch einen in der gleichen Entwicklungsstufe vom 24. Jänner 1866, ein altes Männchen mit wenigen Resten des Jugendkleides 1371 und endlich ein ausgefärbtes, von Herrn Christof im Februar 1883 erbeutetes Männchen. Da ich selbst nur mit einigen wenigen Beobachtungen an der westlichen Grenze dienen kann, wo ich am 15. und 18. Juli 1894 in den höchsten Lagen der Kiona den stolzen Vogel dreimal, und zwar einmal zwei Stücke zusammen, dann in jenen der Vardusia (Korax) viermal alte und junge Tiere beobachtete, mögen hier Krüpers klassische Worte Platz finden: „Am Parnaßgebirge, wo der Lämmergeier von den Hirten durchaus nicht gefürchtet wird,!) gibt es nach meinen bisherigen (1861) Beob- achtungen 6—7, vielleicht 3 Brutpaare; mit voller Sicherheit kenne ich erst einen Horst von diesen; einen zweiten vom Paare bei Agoriani fanden wir am 26. Mai 1561, als ein heftiger Regen das Paar in die Höhle trieb. Die Horste der übrigen sind so- wohl mir als auch sämtlichen Hirten des Parnasses unbekannt, wenngleich auch einige behaupten, einen oder den anderen Horst zu kennen. Trotz ausgebotener Belohnungen hat mir keiner sichere Auskunft gegeben. Der mir bekannte Horst befindet sich bei Dragmana; am 7. April 1860 suchte ich mit enem Griechen in einer Talschlucht nach Adlerhorsten, als zwei Lämmergeier durch ihr ängstliches und beinahe sorgloses Wesen zu erkennen gaben, daß ihr Brutplatz in der Nähe sei. Oftmals saßen sie innerhalb der Schußweite auf einem Steine, dann flogen sie niedrig in der Schlucht umher. Wir fanden den Horst nicht. Auf dem Heimwege trafen wir einen Bauer, der uns berich- tete, daß an demselben Tage ein Hirte an dem gegenüberstehenden Felsen einen jungen Geieradler aus dem Horste genommen und getötet habe. „Am 14. März d. J. begab ich mich mit meinem Steiger dorthin, um den Horst kennen zu lernen und vielleicht das Ei zu nehmen; ohne Schwierigkeit fanden wir den mächtigen Horst, der von starken Zweigen gebaut und mit verschiedenen Tierhaaren, besonders von Ziegen, ganz durchwebt war; er war ganz flach und verhältnismäßig weich ausgepolstert; an den benachbarten Felsen konnten wir so hoch steigen, daß wir den ganzen Horst, der nichts enthielt, übersehen konnten. Unten an der Felswand waren eine Menge Knochen und Schildkrötenschalen zwischen den Steinen zerstreut. Daß diese Gegend vom Lämmergeier nicht gänzlich verlassen war, sahen wir an einem alten dort umherschweifenden Vogel. Wir zogen weiter, um die Felswände des Klosters St. Elias zu untersuchen; auf dem Wege dorthin trafen wir einen Hirten, der uns 1) Lindermayer behauptet das Gegenteil und bezeichnet den „armen Vogel“, wenn er von Hunger gepeinigt werde, sogar als „Raubmörder“! III. Griechenland. 389 versicherte, daß er den Lämmergeier in dem eben verlassenen Tale öfters aus einer Fels- höhle herausgejagt habe; dieselbe befand sich jedoch an der anderen, im vorigen Jahre untersuchten Seite. Am nächsten Tage eilten wir dorthin zurück und wirklich flog aus der bezeichneten Höhle der gesuchte Vogel; bei dem Fortfliegen vernahm ich eine feine Stimme, die ich von einem jungen Vogel kommend behauptete, was mein Begleiter nicht zugeben wollte. Ohne große Schwierigkeit erreichte dieser die Höhle und fand ein zirka drei Wochen altes Junge darin, dessen Tafel mit Knochen, einem ganzen Eselsfuße, Schildkröten reich bedeckt war. Wir ließen den Sohn des Königs der Lüfte unangetastet. Beide Eltern nahten und stießen zuweilen ein Pfeifen, welches dem eines Hirten nicht unähnlich klang, aus. „Am 21. Mai saß der junge Lämmergeier noch in seiner Wiege; seine Eltern waren jetzt noch ängstlicher um ihn besorgt als früher. Jedenfalls ist derselbe unbe- schädigt ausgeflogen; im nächsten Jahre werde ich diesen Horst zeitiger untersuchen lassen. Die Legezeit dieses Paares fällt nach meiner Berechnung in die erste Hälfte des Jänner; in den Tagen vom 20. bis 25. Februar ist das Junge ausgeschlüpft; die Brütezeit schätze ich auf sechs Wochen.“ Als Fortsetzung dieser ersten Entdeckungen dürften die brieflichen Berichte Krüpers aus dem letzten Jahrzehnt aus denselben Gegenden von Interesse sein. Ich entnehme seinen Briefen folgendes: 1591 lag im Parnaß im Februar bei zwei Horsten noch l und 1!/, m Schnee, so daß die Gelege nicht genommen werden konnten, jedoch lieferten zwei tiefer gelegene Horste ein und zwei Eier. Im Jänner 1892 hatte sein Sammler dort vier Eier und im Februar ein Junges ausgehoben. 1893 sandte derselbe aus sechs Horsten sechs Junge, von welchen eines nach Krüper schon Mitte Jänner ausgebrütet worden sein muß. 1894 wurden zwei lebende junge Geieradler an Dr. Girtanner gesendet und einen dritten nahm ich selbst nach Sarajevo mit. 1895 fand ein Sammler im Parnes beim Monastir Klistö und bei Chasiä ein Gelege von zwei Stück, ferner ein faules Ei neben einem lebenden Jungen und zum allerersten Male zwei Junge in einem Horste, wovon das eine sich viel stärker erwies als das zweite. Dieses letztere soll angeblich, wie er meinte, nicht lebensfähig sein und später von den Alten aus dem Horste entfernt werden. Zur selben Zeit brachte der Sammler im Parnaß zwei Gelege ä 2 Stück zustande und darunter eines, welches in die Sammlung von Arm. Spas nach Belgien gelangte und so schön gefärbt war, wie dies Krüper fast noch nie bekam. Mitte Jänner 1896 wurde bei Athen ein sehr altes Weibchen durch einen Schrot- schuß erlegt, dem dortigen Museum überlassen und zum Umtausche verwendet. Am 10. Mai klagt Krüper über die deutliche Abnahme von Gypaötus im Gebiete. Sein Sammler fand vier Brutplätze gänzlich verlassen. 1897 erhielt er ein Gelege von zwei Stück von Chasiä um den 20. Jänner und sandte später an Dr. Girtanner den Balg eines Dunenjungen sowie ein lebendes Stück. 1898 lief bloß das regelmäßige Zweiergelege von Chasiä ein, welches ich erwarb. 1899 teilte zunächst ein Sammler mit, daß er zu Anfang Jänner unweit Theben einen @ypaötus einen Baumzweig zu dem ihm bekannten Horste tragen sah; im Verlaufe der folgenden Wochen wurden dann zwei Gelege zu je zwei Stück genommen, ein altes Weibchen erlegt und von St. Strim- meneas beim Horste nächst Velitsa, der ein etwa 3 Oka (gegen 4 kg!) schweres Junge enthielt, das alte Männchen erbeutet. 1900 wurde das erste Ei am 18. Jänner vom Parnes geholt. Endlich sei erwähnt, daß Hauptmann Roth im Juli 1898 im Parnaß einen alten Bartgeier bei Agoriani und außerdem bei Arachova ein Horstpaar feststellen konnte. 390 Ornis balcanica. Das vollständig flügge Junge. des letzteren fiel ihm zur Beute und wurde kon- serviert. Nach der vorstehenden genauen Aufzählung (in Verbindung mit der untenstehenden Maßübersicht), die auf Vollständigkeit durchaus keinen Anspruch erheben kann, er- scheint es fast wunderbar, daß es in der weiteren Umgebung von Athen heutzutage überhaupt noch Bartgeier gibt! Aetolien und Akarnanien. Zunächst gibt Krüper zwei Brutplätze im Veluchigebirge bekannt; den einen glaubt er zwischen Thyrska und Koprina durch einen in die Höhle fliegenden Vogel am 5. Juli 1861 entdeckt zu haben, der zweite bei Sello war einem Hirten bekannt. Lord Lilford beobachtete ein Paar 1853 bei Port Platea (Astakös?) unweit des Ortes Tragomesti (auch Dragomeston!). An diesen Beobachtungsplatz reiht sich ein von mir am 5. März 1897 besuchter, etwas weiter südlich gelegener an. Ich hatte nämlich vom Ufer der Markutsalagune (unweit des Triptolakos) aus das merkwürdige Schauspiel, einen uralten Bartgeier knapp über dem Wasserspiegel und dem dichten töhricht einer Sumpfweihe vergleichbar dahinziehen zu sehen. Später zeigte sich offenbar derselbe Vogel nochmals in der Gegend gegen Podolovitsa zu. Sein Horst, welcher ebenfalls vor Jahren vom alten Katzuris heimgesucht worden sein soll, be- findet sich nach meinen Erkundigungen in den südöstlichen Abstürzen des Chalkitsa- berges. Weiters zeigte sich unseren Blicken mitten unter einer Schar Aasgeier ein ein- zelner Gypaötus am 2. Mai 1894 am Hange der Arapokephalae (Nordufer des großen Vrachorisees). Die Auffindung der noch weiter südlich gelegenen Brutplätze bei Aetolikon und Kryoneri verdanken wir den ausdauernden Anstrengungen Krüpers und Simpsons in den Jahren 1858—1862. Krüper berichtet (Journ. f. Orn. 1862, S. 373—379) hier- über unter anderem folgendes: „In Griechenland bewohnt er weniger die höchsten Kuppen der Gebirge, sondern mehr die mittleren Regionen und oft genug die Ebenen, wenn dieselben steile Schluchten in der Nähe haben. In Akarnanien, wo nicht sehr hohe Gebirge sind, beginnt sein Revier unmittelbar am Meere und reicht bis über die Berge.“ Daraufhin schildert Krüper ausführlich, mit welchen Mühseligkeiten, vielem Zeit- verluste und steten Enttäuschungen die Auffindung von vier besetzten Brutplätzen verbunden war. Diese Horste wurden festgestellt: in der großen Klissura, einem kleinen Seitentale derselben, einer Schlucht bei Aetolikon im Zygos (sogenannte kleine Klissura) und am Varassovo gegenüber von Patras. Noch ausführlicher und plastischer stellt Simpson („Ibis“ 1860, p. 231—237) diese ebenso gefahrvollen als anstrengenden Unter- nehmungen im Dienste der Naturforschung dar. Ich muß mich darauf beschränken, das- jenige hier mitzuteilen, was mir über die Wahrnehmungen der letzten Jahre daselbst bekannt geworden ist. Zum Glück kann ich vorausschicken, daß sich alle Horstpaare dort erhalten haben und Aussicht hierfür auch für die nächste Zukunft vorhanden ist, weil Gypaetus hier in Westgriechenland bei weitem nicht jenen beständigen Nachstel- lungen ausgesetzt ist wie in Attika und am Parnaß. Zwar hat die Familie Katzuris nach und nach gegen 25 Eier aus Akarnanien an Krüper abgeliefert, aber nun haben die Geier dort schon längere Zeit Ruhe, wie mir 1894 Saphiris Katzuris versicherte. Nach dessen Beobachtungen hatte das einzige Paar in der großen Klissura seit 1890 seinen Horstplatz zum dritten Male gewechselt III. Griechenland. 391 und dieser wurde mir am 1. Mai 1394 gezeigt. Die Wahl war in bezug auf Schutz vor Unwetter und Sturm ganz vortrefflich, dagegen gegen menschliche Angriffe ziemlich leichtfertig; denn ich gelangte ohne sonderliche Anstrengung seitwärts bis zu einem Punkte, von wo aus ich deutlich das Flügelschlagen des großen, im Horste hockenden Jungen wahrnehmen konnte. Ebenso war es klar ersichtlich, daß man sich von unten her dem Horste, der in einer Felsecke in einer Nische lag, mühelos bis auf Schrot- schußentfernung nähern konnte. Hier nahmen an diesem Tage Saphiris Katzuris und Santarius gut versteckt Aufstellung, um einen der Alten zu erbeuten. Allein obwohl die Genannten auf ihrem Posten bis zur vollkommnen Dunkelheit ausharrten, zeigte keiner der beiden äußerst vorsichtigen Geieradler Lust, zu dem Horst- jungen zurückzukehren. Daraufhin beschloß ich am 4. Mai vor Tagesanbruch wieder mit Saphiris Katzuris zur Stelle zu sein, um den Abschuß durchzuführen. Leider war dieser Tag schlecht gewählt, denn obwohl ich die Freude hatte, am Abend vorher den einen der beiden Bartgeier zur Nachtruhe zu Horst streichen zu sehen, wurde ich durch die Feier des Schutzpatrones des Klissura-Monastir derartig in Mitleidenschaft gezogen, daß ich nach wüstem Gelage mit noch wüsterem Kopfe die immerhin zur Nachtzeit nicht unbedenkliche Kletterei bis in die unmittelbare Nähe des Horstes, mit dem trefflichen Saphiris Katzuris voran, nur mit Mühe fertig brachte. Schweißtriefend, aber vollkommen ernüchtert oben angekommen, hatte ich fast noch eine Stunde Zeit, bis Schußlicht sich halbwegs einstellte. Inzwischen lauschte ich dem Rufe des Uhus und dem Schlage der Nachtigall. Nachdem es etwas heller geworden war, bemerkte ich deutlich, zum Rande des fast senkrecht über mir befindlichen Horstes aufwärts spähend, das Flügelschütteln wahrschemlich des jungen Geiers. Als nach einer weiteren Pause von den Alten noch immer nichts zu sehen war, entschloß ich mich, eine und nach Verlauf einer Viertel- stunde noch eine zweite Ladung groben Bleies in die Gegend des Horstes zu senden, um mit dem Schusse des zweiten Laufes den Bartgeier im Abstreichen herabzuholen. Jedesmal prasselten Sand und kleine Steinchen aus der Felsnische teils auf den Horst- rand, teils auf dessen unmittelbare Umgebung herab und der Donner der Schüsse brach sich an den nächsten Wänden; aber nicht der mindeste Erfolg trat ein und oben blieb alles still und ruhig. Nunmehr ließ sich unweit von meinem Standplatze das eine Horstpaar des Schmutz- geiers (Neophron perenopterus) sehen und mehrere Steinhühner sowie ein Steinadler begrüßten laut rufend die Morgenröte. Noch ein Weilchen wartete ich, dann war ich überzeugt, daß der Bartgeier, offenbar durch den nächtlichen Lärm des Festes gestört, diesmal nicht in semer Wohnung übernachtet habe, und trat dann langsam und miß- mutig den Rückweg an. Wir hatten etwa 200 Schritte abwärts kletternd zurückgelegt und ich warf eben nochmals einen Blick nach dem Horste zurück, als es dort zu meiner höchsten Überraschung lebendig wurde. Der eine von dem uralten Gypaötus-Paar hob eben seinen blendendweiß erscheinenden Kopf, schüttelte energisch sein Gefieder und strich, für meine Flinte unerreichbar, in elegantem Schwunge in die frische Morgenluft hinaus. In prachtvollem Bogen kehrte er dann nochmals zum Horste zurück und ver- schwand dann für heute endgültig in der erhabenen Felsszenerie. Es gibt für diesen Vorgang meiner Ansicht nach nur zwei Erklärungen: entweder hatte der Vogel meine beiden Schreckschüsse einfach verschlafen, oder er besaß soviel Schlauheit und Überlegung, um in sicherer Deckung auszuharren, bis die schon recht- zeitig wahrgenommene Gefahr verschwunden war. Trotz aller Achtung vor der Gypaöten- intelligenz neige ich doch der ersteren Erklärung zu, da ich mich öfters überzeugt habe, daß der Schlaf gerade mancher großer Tagraubvögel zur Zeit der ersten Morgen- 392 Ornis balcanica. dämmerung besonders fest ist. Meine Reiseemteilung erlaubte eine Wiederholung des dortigen Morgenansitzes nicht; aber es gab doch noch ein Wiedersehen mit diesem Bart- geierpaare für mich. Am 31. März 1897 begaben sich Führer und Santarius in Begleitung von Saphiris Katzuris’ Bruder in die Talsohle der Klissura und entdeckten von dort aus nach verhältnismäßig kurzer Beobachtung den neugewählten Horst desselben Paares. Er befand sich in einem nahezu rechteckigen, nicht allzugroßen Felsloche und nicht besonders weit entfernt vom obersten Rande der Klissura. Zweimal strichen die Alten zu Horste, wobei es sich zeigte, daß nur einer von ihnen vollständig ausgefärbt war, der andere dagegen das noch ziemlich dunkle Kleid des Mittelalters trug, wie ich dies auch schon anderwärts bei anderen horstenden Paaren beobachtet hatte. Das eine Stück hat sich nach der Beobachtung Santarius’ bis 1905 ebenso schön ausgefärbt wie die andere Ehehälfte. Der Horstplatz wurde inzwischen wieder gewechselt, und zwar in eine be- sonders tiefe Nische verlegt; doch zeigte sich öfters am Rande derselben das am 9. April nahezu erwachsene Junge. Infolge dieser Entdeckung begab ich mich mit den beiden Brüdern Katzuris (Saphiris hatte zum Militär einrücken müssen) und zwei Bediensteten derselben am Morgen des 1. April über das verkarstete, nichts weniger als ebene Plateau an den westlichen Rand der Klissura. Noch bevor dieser erreicht wurde, zeigten sich weitab über den Karsttrichtern plötzlich beide Bartgeier; sie führten in den Lüften höchst sonderbare Flugkünste auf, gerade so, als ob eben die Begattung stattfände. Der eine Katzuris war gleich mit der Belehrung zur Hand: „Sieh, Herr, wie sie spielen!“ — rief er mir zu. An jenen Punkt des Felsrandes zu gelangen, welcher genau über der Horststelle liest, war natürlich, ohne zu fehlen, nur den mich begleitenden, hier aufgewachsenen Naturkindern möglich. Die Vorbereitungen zum Abseilen waren bald getroffen und als Held des Tages erwies sich der vollkommen taube Alexandros Katzuris. Das äußerst primitive Hanfseil ward um seine Mitte geschlungen und außerdem hielt er es vor der Körpermitte mit der einen Hand fest. Bloß zwei Leute waren zum Abseilen nötig und an den äußersten Rand vorgeschoben leitete auf dem Bauche liegend der andere Bruder den ganzen Vorgang. Nach einer kleinen Orientierungsabseilung holte der wackere Alexandros unter fortwährenden Scherzen in kurzer Zeit und auf geradezu elegante Art und Weise aus dem etwa 25 m tiefer gelegenen Horste den beiläufig 20 Tage alten Bartgeiersprößling in einem Sacke zu uns empor. Sowohl bei der Ab- als der Auffahrt wußte er sich stets mit Geschicklichkeit seiner gegen die Felswand gestemmten Zehen zu bedienen, wodurch der ganze Vorgang ungemein erleichtert wurde. Der Horst soll angeblich ganz besonders groß gewesen und mit Überbleibseln verschiedener Tiere (Schildkröten, Lämmer, Hasen u. a. m.), aber nicht mit Schlangenresten bedeckt gewesen sein. Die beiden alten Bartgeier kamen inzwischen herbei, sahen der Zerstörung ihres Familien- glückes von der weit gegenüberliegenden Felswand aus zu und näherten sich gemeinsam erst dann ihrem leeren Horste, als wir den Rückweg angetreten hatten. Zu erwähnen wäre noch, daß in der Klissura auch der harmlose Schmutzgeier (Neophron), sobald er in die Nähe des Bartgeierhorstes gelangt, von dessen Inhabern sehr energisch weggejagt wird; vielleicht, damit er nichts von den im Horste auf- . gestapelten Futtervorräten fortschleppe. Da es diesmal aus verschiedenen Gründen untunlich erschien, den jungen Bart- geier lebend mitzunehmen, so wurde er noch am Abend desselben Tages getötet und III. Griechenland. 393 konserviert. Zum größten Teile trägt er noch das Dunenkleid von etwas bräunlich rußgrauem Flaum; nur die dunkelbraunen Schwung- und Steuerfedern sind eben im kräftigen Hervorsprießen begriffen. Von den Bartborsten findet sich noch keine Spur. In der Felsschlucht des Zygos unweit Aetolikon, der sogenannten kleinen Klis- sura beobachtete ich einen jüngeren und einen alten, schön rostroten Bartgeier am 28. April 1894, welchen später am 4. Mai Santarius nochmals antraf, und zwar in der Nähe der alten, von Krüper beschriebenen Horstplätze. Der von Krüper erwähnte @ypaötus-Horst am Varassovo befand sich nach per- sönlicher Mitteilung etwa im Anfange des zweiten Drittels an der rechten Seite der Prassulaschlucht beim Aufstiege. Krüper zeigte mir beiläufig den Platz vom Fenster des Hotels in Patras, von wo aus die schöngeschnittene, klotzige Form des Varassovo sehr deutlich in die Augen springt. Der Horst wurde noch anfangs der Neunziger- jahre von den Katzuris für Krüper ausgenommen und ist zweifellos auch gegenwärtig noch besetzt. Der 1905 im Verwendung stehende Horst in der Prassulaschlucht ist von unten sehr deutlich sichtbar und befindet sich diesmal im Beginne des obersten Viertels. Den einen Inhaber desselben sah ich am 26. April 1894 zum ersten Male daherstrei- chen, dann am 3. Februar 1397 den gleichen Vogel zusammen mit einem zweiten etwas dunkleren, jüngeren. Die weitaus größte Anzahl von Geieradlern beobachtete ich im Vereine mit meinen sämtlichen Reisegefährten am 4. Februar 1897 während des viel- stündigen Aufstieges auf die Höhe des Varassovo durch die Prassulaschlucht, wobei nicht weniger als zwei ausgefärbte und vier junge und mittelalte Stücke mit Sicherheit erkannt wurden. Am 15. Februar wurde gar ein unterseits ganz weißer, vorher nie gesehener Bartgeier am Varassovo von uns festgestellt, aber es war und blieb uns dort ganz unmöglich, weder am Luder noch am Ansitz ein Stück zu erlangen. Die höchst eigenartigen Bodenverhältnisse dieser Gegend werden dies stets sehr erschweren. Peloponnes. Die ältesten Nachrichten stammen aus den Dreißigerjahren vom Grafen von der Mühle. Dieser erlegte einst einen Bartgeier auf den Felsen von Akrokorinth, wohin der Vogel jedenfalls aus den Vorbergen des Kyllene- (Ziria-) Gebirges auf Nahrungssuche ge- kommen war. Leider bekam Graf von der Mühle von diesem Stücke nur den Kopf und die Fänge, da es in eine Felsspalte stürzte, von wo es ein bayrischer Soldat erst am zweiten Tage mittels Stricken, nahezu verwest, hervorholte. Weiters wurde dem Ge- nannten nach Nauplia ein noch nicht ausgewachsenes, im Juni dem Horste entnom- menes Junge überbracht und von ihm endlich der Bartgeier auch im Taygetos nach- gewiesen. Hier fand später Krüper drei Brutgegenden, die er mit folgenden Worten be- zeichnet: „Die eine unterhalb des Dorfes Althomyra, die zweite oberhalb Andruvista in der großen Gebirgsschlucht, die dritte bei dem Dorfe Anavryti oberhalb Sparta. Im Taygetos müssen noch mehrere Brutplätze zu entdecken sein, da das Terrain sehr günstig ist.“ Dem kann ich ergänzend hinzufügen, daß ich einem alten Geier von den Malevos- vorbergen dem hohen Taygetos zustreichen sah (9. Juni 1395), und daß sich auch in dem vorgelagerten Xerowunigebirge in einer Felswand ein besetzter Horst gegenwärtig befinden soll. Schließlich sei noch erwähnt, daß am 18. April 1897 Führer und Merlin jun. oberhalb Doljana in Arkadien auf ein junges, kaffeebraunes Stück ihre Flinten ver- gebens abfeuerten. 394 Ornis balcanica. Betrefis des Fortpflanzungsgeschäftes kann schon den vorstehenden Angaben manches entnommen werden; doch hören wir hierüber zunächst die Worte des viel- erfahrenen Dr. Krüper: „Über das Brutgeschäft sind bisher nur wenige Beobachtungen angestellt worden. Wie schwer es ist, den Horst ausfindig zu machen, selbst wenn man sein Revier genau kennt, davon mögen sich nur wenige meiner Leser eine Vor- stellung machen. Sagt man mir, der Vogel sei ja so groß, daß man nur aufzupassen habe, wenn er in sein Nest hineinfliest, so erwidere ich, daß der Geieradler, wenn er Eier oder Junge hat, nicht stündlich zu Horste fliegt, sondern täglich vielleicht einmal dorthin zurückkehrt, zumal wenn er merkt, daß Menschen ihn beobachten. Hat man den Horst gefunden, so kann man versichert sein, daß man ihn jährlich in derselben oder in einer benachbarten Höhle finden wird.“ Seit Lindermayer, der das erste griechische Gelege in den letzten Tagen des Jänner 1846 erhielt, wissen wir, daß es nie aus mehr als zwei Stücken besteht. Die Legezeit beginnt nach v. Heldreichs Aufzeichnungen Anfang Jänner, manch- mal schon gegen Ende Dezember. Als frühestes Datum erfahren wir durch Krüper sogar den 18. Dezember für ein Gelege von zwei Stück. Doch schwankt die Lege- zeit je nach der Höhe des Brutortes und der Strenge des Winters sehr beträchtlich; so wurde 1869 in Akarnanien am 11. Februar ein frisches Zweiergelege genommen, 1873 von demselben Paare fast zur gleichen Zeit ein stark bebrütetes Zweiergelege, also fast ein Monat Unterschied in der Zeit der Eierablage. Manche junge Lämmer- geier werden in den höheren Gebirgslagen sogar erst Mitte Juli den Horsten entnom- men (s. Homeyer, Orn. Briefe, S. 314). Die Eier von Gypaötus barbatus, Gegenstände der Sehnsucht für jeden Eier- sammler, gelangten mit der Zeit gerade aus Griechenland nicht selten in die verschie- densten Sammlungen. So bildete Thienemann, nach einer Bemerkung im Kataloge am Schlusse seiner „Fortpflanzungsgeschichte“* zu urteilen, mehrere griechische Eier des Vogels ab. Dresser gibt als Maße dreier von Krüper gesammelter Eier an: 90 35:5 34:5 mm Br, 0 9 66 mm ferner erhielt Mewes aus Griechenland ein weißes Ei mit wenig bemerkbaren Schalen- flecken (Journ. f. Orn. 1875, S. 437) und Girtanners Eierverzeichnis wies 1381 (Orn. Zentralblatt, S. 142) zehn Stücke aus Griechenland auf. Ich selbst habe in Athen und anderen Orten eine ziemliche Anzahl von Eiern gesehen und es liegen mir derzeit ein Zweiergelege und drei einzelne Stücke vor, deren Daten die folgenden sind: Chasiä (Attika), 20. 1. 1897 (frisch): 15. I. 1878 1. II. 1892 9.1. 1832 Ib 34 81:2 mm 39:3 mm 36°4 mm 33:3 mm Br. 674 634 mm ‚67-7 mm 66:6 mm 65-1 mm Gew. 2625 2155 cg 2798 cg 2426 cg 2160 eg Die meisten dieser griechischen Stücke zeigen den bekannten orange-roströtlichen, meistens ziemlich gleichmäßigen Eiüberzug in der Regel etwas weniger ausgeprägt als die spanischen. Die Eier einiger weniger Paare besitzen in merkwürdiger Übereinstim- mung mit dem Bauchgefieder ihrer Erzeuger mehr ziegelrötlich-chamoisfarbiges Aus- III. Griechenland. 395 sehen; wieder andere haben ziemlich weißlichen Untergrund und darauf schwach rot- bräunliche und lichtaschgraue Schalenflecke, endlich die am lebhaftesten und stärkst gefleckten, welche immer selten sind, weisen leberbraune Hauptfleckung, oft über den ganzen stumpfen oder spitzen Pol verbreitet, auf. Als ein Unikum erwähne ich ein Gelege, welches Dr. Krüper vor Jahren erhielt und später an den übel beleumundeten Sammler Nieoud in der westlichen Schweiz abgab. Das eine Ei dieses Geleges war vollständig regelrecht geformt, während das zweite nur die Größe eines solchen vom Sperber (A. nisus) besaß. Bezüglich der Größe und der Tracht der griechischen G’ypaötus kann ich nur betonen, daß sie hierin meiner Ansicht nach vollständig mit jener der mitteleuropäischen übereinstimmen, folglich zur Form grandis und nicht zu meridionalis gehören. Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“) will zur Unterscheidung einer Subspezies bei griechischen Vögeln das mehr oder wenigere Vorhandensein von Schwarz an den Kopf- seiten berücksichtigt wissen und zieht infolgedessen („Naumannia“ I, 1, 70) die grie- chischen Bartgeier zu @yp. meridionalis, während diese E. F. v. Homeyer („Nau- mannia“ II, 2, 72) und ebenso Fritsch wegen ihrer Kleinheit für G@yp. oceidentalis Schleg. hielten und sie Alfı. Brehm endlich, nach einem bei Theben in Freiheit beob- achteten Paare sowie mehreren bei Lindermayer untersuchten Bälgen (später auch Baedeker und Päßler im Eierwerk) kurzerhand zu @yp. meridionalis vechnete. (Siehe auch „Naumannia“ VII, S. 338: @yp. meridionalis aus Griechenland in Brehms Vogelsammlung). Jedoch änderte bereits 1859 (Journ. f. Orn., S. 125) v. Homeyer diesbezüglich seine Ansicht, welche ich, wie erwähnt, auch heute noch für die richtige halte, mit folgenden Worten: „Es gibt in Europa nur eine Art. Aus Griechenland er- hielt ich dieselben so hell wie die schweizerischen und so dunkel wie die sardinischen und spanischen. In der Größe wechseln sie ebenfalls ab, ich habe dies wiederholentlich erklärt.“ Ich schließe meine Betrachtungen über @ypaötus barbatus mit dem lebhaften Wunsche, daß in Griechenland, seiner so sehr bevorzugten Heimat, diesem pracht- vollen Vogel wenigstens in einigen entlegenen Landesteilen noch eine dauernde, un- gestörte Wohnstätte beschieden sein möge. Die Maße von zehn griechischen Vertretern, von welchen vier im Landesmuseum zu Sarajevo aufbewahrt werden, sind in Zentimetern: | [| =—— a S 5) El R [21 & D ıS ® Ri BI Ort und Zeit der Erbeutung = = au 3 = Bemerkung & 3 5 2 a) 5 | 8 a - & = — Am Horste erlegt, in welchem > . Ad j Dechußweei Kara dagh bei Velestino, sich aan Eon AST Fu Th li ad. 122 | 80 57 9 eben im Ausschlüpfen begriffe- | ne Q | fü r nes Junges erfroren und ein 27. Jänner 1896 durch die Kälte geplatstes Ei vorfanden. Ganze Unterseite, namentlich Megalı vrysis bei Lamia ad. 17| 77 53 8-5 das Kehlgefieder mit dem cha- 25. Mai 1902 [ol Fe rakteristischen Rostrot durch- tränkt. 396 Ornis balcanica. = &n R=| | ea le Ort und Zeit der Erbeutung = 5 a E EZ Bemerkung 7 N (> ir} B © a je 9 E& (77) Se Parnaß ad. # 120/80 |54 | 9 23. Jänner 1900 [6% ebendaher iuv | || 8 21. Februar 1900 QO ebendaher jiuv. Babe: ıs| 79 |55 | 8 28. Februar 1900 & ebendaher iuv. 125 | 79 | 56 | 85 1. April 1900 Or Gefieder der Unterseite sehr Parnes, Chasia, Attika ad. 122 | 76 | 55 | 85 licht, Kehle und Spitzen der 6. Juni 1903 oh — = Brust- und Bauchfedern licht ziegelrot bis chamois! ebendaher med _ R ee er 28. Dezember 1900 [6% ebendaher med. 195 80 55 | Etwa 3jährig; Kopf und Nacken 15. März 1898 d Zile: y noch vollständig schwarzbraun! ebendaher iuv. 5 1er) 58 3 22. Dezember 1900 [of Gyps fulvus (km.) — Weißköpfiger Aasgeier. Von allen Balkanländern wurde Griechenland zuerst als Heimat dieses ansehn- lichen Vogels, dort überall ögviov genannt, bekannt; es sei diesbezüglich auf die Stellen bei Temminck, Schlegel, Rey und Altum hingewiesen. Hinsichtlich seiner Verbreitung im Gebiete bestehen noch heute, nach rund hun- dert Jahren die Worte Sonninis zu Recht, daß er hier und da auf den Inseln vor- kommt, auf dem Festlande aber häufiger ist. So erscheint er nach Drummond auf Korfu gelegentlich zu allen Jahreszeiten; auf Petalä fand ich nur wenige horstende Paare und sah dort Ende Februar einen zu Horst sausend, während zur selben Zeit auf dem kleinen, aber viele günstige Brut- plätze bietenden Oxiä sicher ein Dutzend Paare hausten. Einen der dortigen Horste suchte Führer vergeblich zu erreichen, erlegte aber mit dem Mannlicherkarabiner ein uraltes Männchen. Für Kythera vermerkte Jameson das Erscheinen im Frühling und Herbst und im höchstgelegenen Teile von Naxos stellte ihn Dr. Krüper fest. Natürlich gehört auch II. Griechenland. 397 alles, was Erhard bei V. kolbi angibt, hierher. Darnach ist der Weißkopf Standvogel der Kykladen, wo er unter anderen auch auf Mykonos horstete und wo man namentlich im Winter Flüge von 3—20 kreisen sehen kann, und schließlich ist er laut Lindermayer ein Bewohner von Euböa. Auf dem Peloponnes habe ich am 16. Juni 1898 ihn einige Male in den höchsten Lagen des Taygetos gesehen und auch Lindermayer und Graf von der Mühle er- wähnen sein dortiges Vorkommen. Wenngleich er hier augenscheinlich seltener ist, bleibt es daher doch unrichtig, wenn die Mitglieder der Exped. scient. de Mor&e sagen, er käme nur in Mittelgriechenland vor. Hier ist er aber allerdings am häufigsten zu finden, und zwar insbesondere im westlichen Teile: in Akarnanien und Aetolien. Aber auch östlich von dort trifft man ihrer noch genug an, so in der Gegend des Korax und der Kiona (Reiser), des Parnaß (Seebohm),') namentlich bei Velitsa horstend (Krüper), dann bei Theben (Alfr. Brehm), im Kandiliagebirge auf Euböa z. B. am 16. Mai 1894 sieben Stück kreisend, dann bei Velestino in Thessalien (Santarius) und in den Felsen der Akropolis in Pharsalos zahlreich horstend (Philippson). Gewiß gäbe es noch eine ganze Menge Brutplätze im Lande aufzuzählen, die wichtigsten und bekanntesten sind jedoch die in Westgriechenland gelegenen, bei welchen wir ein wenig verweilen wollen. Die erste ausführliche Schilderung der Geiersiedlungen am Varassovo sowie in den beiden Klissuren lieferte Simpson unmittelbar nach seinem Besuche dieser Gegen- den im Jahre 1860 unter Leitung von Dr. Krüper, welcher dort im selben Jahre am 8. Februar das erste Ei eigenhändig ausgenommen hatte. Simpson beschreibt das Leben und Treiben der mächtigen Vögel vorzüglich und erwähnt unter anderem auch, wie er, durch die weißen Kalksinterbildungen irregeführt, zu falschen Vermutungen be- züglich der Horstplätze gelangte, sowie auch, daß der Winter von 1859 auf 1860 für die Geier ein sehr günstiger war, weil das Hornvieh aus Futtermangel massenhaft ver- endete, wodurch die Aasfresser immer frische Nahrung erhielten. Erst zwei Jahre später gelangten die reichen Erfahrungen Dr. Krüpers im „Journ. f. Orn.“ zur Veröffentlichung, denen er das wenige von Lindermayer und Päßler über das Fortpflanzungsgeschäft früher Mitgeteilte vorausschickt. Anfangs schätzte Krüper die Zahl der die große Klissura bewohnenden Paare viel zu hoch; dann im Anfang der Sechzigerjahre auf über 30 Paare. Nach meiner Schätzung gab es 1397 dort noch ein Dutzend Paare, also etwa ein Drittel von damals. In der kleinen Klissura bei Aetolikon zählte ich drei Brutpaare, d. i. halb so viel als vor 40 Jahren. Ungleich mehr gibt es im Varassovostocke noch heute, aber eine Schätzung ist wegen der Beschaffenhett des Gebirges dort äußerst schwierig. Im In- neren des Zygosgebirges müssen noch viel mehr horsten. Ich sah von dort einst zehn Stück herstreichen, um in der Ebene zwischen Aetolikon und Missolonghi einen ver- endeten Widder aufzuzehren. Ferner beobachtete ich mehrere Weißkopfgeier im Gebirge bei Naupaktos, viele beim Hafen Hagios Pantelemonos südlich von Astakos, dann unweit von da bei Chal- kitsa und Podolovitsa und einen ganzen Schwarm in den Vorbergen der Arapokephalae am Vrachorisee. Vielleicht sind dies dieselben Geier, welche 12 an der Zahl am 23. November 1898 in der Nähe von Monastir Angelokastron den erschossenen Jagd- hund des Barons Schilling binnen wenigen Minuten bis auf die Knochen verschlangen. 1) Hier im ganzen Gebirge auch 1898 von Hauptmann Roth wieder zahlreich angetroffen! 398 Ornis baleanica. Über das Fortpflanzungsgeschäft wußte man im Anfang sehr wenig. Die ersten Eier aus Griechenland gelangten anfangs der Fünfzigerjahre durch Lindermayer an Thienemann, der in seinem Tafelwerke zwei davon abbildet, und seit 1860 versorgte Krüper die wissenschaftliche Welt damit reichlich.!) Durch ihn wissen wir (von Heldreich teilweise wiederholt), daß einzelne Weibchen schon bald nach Mitte Jänner zu legen beginnen, was bei dem milden Klima gar nicht zu wundern ist. Die meisten folgen dann in der ersten Februarwoche nach und in sehr hohen, rauhen Lagen findet man noch im März frische Eier. Einmal wurden zwei Eier aus zwei Horsten sogar noch am 6. April 1861 dem Athener Museum überbracht. Mehr als ein Ei wurde von einem Paare nie gefunden. Einmal legte ein Weibchen in den von G'ypaötus verlassenen Horst. Im Februar 1897 hatten wir die Weißkopfgeier sehr oft an ihren Horsten am Varassovo zu beobachten. So sah Santarius am 15. Februar von einem hoch gelege- nen Felsabsatze aus viele auf ihren Eiern sitzen und als das mehrtägige Ansitzen bei dem Aase gar keinen Erfolg hatte, beschlossen wir, uns ein paar Aasgeier bei den Horsten zu verschaffen. Zu diesem Zwecke erkletterten Führer und Santarius den oben erwähnten Felsabsatz mit ihren Kugelbüchsen, während ich in der Schlucht am Fuße der Wände den Posten bezog. Um 10 Uhr wurde oben das Feuer auf bedeu- tende Entfernung eröffnet, aber erst eine Stunde später durchbohrte ein Mannlicher- geschoß ein altes Männchen, ihm den Beckenknochen fast gänzlich zerschmetternd. Mit dieser tötlichen Wunde besaß der bekanntlich ungemein zählebige Geier noch die Kraft, sich zu erheben und dem Ausgange der Schlucht zuzusteuern. Da war es aber auch mit ihm zu Ende. Kreiselartig sich drehend, stürzte er mit sehr starkem Brausen aus etwa 100 m Höhe tot in die Schlucht vor mir. Bald darauf folgte ein altes Weibchen, dem beim Auffliegen durch ein Expreßgeschoß der rechte Flügelknochen gebrochen wurde und dem ich dann unten den Fangschuß gab. Es dauerte stets ungefähr eine halbe Stunde, bis die von den Horsten durch die Schüsse aufgeschreckten Vögel zu ihrem Gelege zurückkehrten, das von dem oberen Standpunkte so groß wie eine Walnuß zu sein schien. Sehr beliebt sind solche Horst- stellen, wo sich vor der Brutvertiefung Felshöcker befinden, auf welchen die anstreichen- den Geier mit vorher weit herabhängenden Ständern aufblocken und dann zum Ei hin- hüpfen. Beim Abbalgen des erlegten Geierpaares zeigte es sich, wie schon öfters im früher erlebten Fällen, daß dasselbe wiederholt arge Gefahr zu bestehen hatte: Sechser-, Zehner- und Zwölferschrott (nach der in Österreich üblichen Numerierung!), gehacktes Blei und eine gegossene Kugel trugen die Vögel unter ihrer Haut zwischen den Knochen und in den Gelenken eingekapselt, vielleicht schon viele Jahre lang herum. Diesen Verfolgungen von Seite der dortigen Bevölkerung scheinen die Geier hauptsächlich des Fettes wegen ausgesetzt zu sein, welches nach Sonnini als Haupt- mittel zur Linderung rheumatischer Schmerzen angesehen wird. Zum Glück kennt man in ganz Griechenland noch nicht die Verwendung des heimtückischen Strychnins; sonst gäbe es auch dort keine Geier mehr. Dagegen teilt Graf von der Mühle eine aben- teuerliche Fangart mit, die sich in den Nachträgen von Naumanns Werk wiederholt findet: „Bauern und Hirten legen eine aus einer starken Schnur verfertigte Schlinge in die Brusthöhle des gefallenen Tieres, in welcher sich der Geier fängt, wenn er die Ein- geweide, nach welchen er besonders lüstern ist, heraushackt.“ !) Siehe dessen anschauliche Schilderungen über diesen Gegenstand im „Journ. f. Orn.“ X, 1862, S. 364—369. III. Griechenland. 399 Außer dem Menschen hat der Weißkopfgeier keinen gefährlichen Feind; jedoch wird er, wie ich selbst sah, in der Nähe des Horstes vom Bonelli-Adler auf das hef- tigste angegriffen und vertrieben. Hier mögen die Maße von drei griechischen alten Vögeln Platz finden: Ganze Länge Flügel Schwanz Schnabel 9 vom Varassovo, 16. Februar 1897 . . 102:5 12 35 9:5 d' Insel Oxiä, 23. Februar 187°... 102 715 33 9 d' Arachova im Parnaß, 11. Juli 1898 (Hauptmann Roth) nur we. 95 63:5 3l 9 Ferner Maß und Gewicht von fünf Eiern (Gelegen): 1b 96-1 93 91:6 91-3 87:5 mm. B: 678 673 665 73:8 67:35 mm Gew. 2374 1980 2108 2825 2180 eg 1. III. 1861 I, 10L 14.11.1876 II. 1874 II. 1875 Velitsa Feen (Parnaß) Akarnanien Außer den alten Vögeln befinden sich im hiesigen Museum noch je ein junger Geier im Dunen- und im Halbdunengefieder, beide durch emen Sammler Krüpers aus Böotien gebracht. Das Museum in Athen bewahrt fünf Belegstücke und das British Museum ein griechisches auf. Schließlich ist noch eines im Norwich Museum vorhan- den, über welches im „Ibis“ 1875, p. 89 gesagt wird, daß es lichter sei als ein gleich- alteriges aus Nordostafrika. Die Veränderung der Färbung seines Gefieders im höheren Alter hat überhaupt viel Verwirrung hervorgerufen. So unterschieden (um 1840 Schlegel und Susemihl eine west- und eine osteuropäische Rasse, zu welch’ letzteren sie natürlich die griechi- schen Geier rechneten. E. F. v. Homeyer zog dann wieder (1852 in der „Naumannia“) die griechischen und spanischen Aasgeier zusammen, weshalb nach ihm die Form occidentalis zu ent- fallen hätte, eine Ansicht, welche später von Degland und Fritsch wiedergegeben wird. Ferner bemühte sich Lindermayer, anfangs V. albicollis von fulvus auseinander- zuhalten, wozu Brehm („Stiftungsfest“ usf.) hinzufügte, V. albicollis sei wahrscheinlich Subspezies und keine Spezies. Später stellte Lindermayer selbst richtig, daß es sich hierbei nur um Jugend- und Alterskleid derselben Vogelart handelt. Universitätsprofessor Dr. Karl Schloesser aus München beobachtete am 23. März 1905 vom Abhange des Varassovo aus die Schnelligkeit des Emporschraubens beim Weißkopfgeier und beschreibt dies folgendermaßen: „Sechs in einer Linie hinterein- ander fliegende Geier kamen von der Meerseite her und schwenkten um einen Fels- zacken. Dieser beiläufig 100 m sich über die Meeresfläche erhebende Felszacken deckte die Vögel beim Vorbeistreichen gerade noch. In der Prassulaschlucht angekommen fing der erste Geier zu kreisen an und ich konnte mit Hilfe der Uhr (Sekundenzeiger) feststellen, wie lange sie brauchten, um im Schraubenfluge emporzukommen. „Nach 50 Sekunden hatten die Geier meinen Standpunkt, etwa 450 m erreicht, so daß sie in dieser Zeit bei mäßiger Windstärke ohne jeden Flügelschlag eine Höhe von mindestens 300 m genommen hatten.“ 400 Ornis balcaniea. Vultur monachus L. — Kuttengeier. Die Verbreitung dieses gewaltigen Vogels in Griechenland ist eine ziemlich be- schränkte. Auf den Inseln erscheint er, mit Ausnahme von Euböa, wo ihn Linder- mayer feststellte, jedenfalls nur selten und vorübergehend. Bezüglich der Kykladen sind die Angaben Erhards geradezu widersprechend; denn dieser sagt 1857 in der „Naumannia“, S. 87: „Ich glaube nicht, daß V. einereus auf den Kykladen, wo er überhaupt zu den großen Seltenheiten gehört, brütet.... Auch in Griechenland wird er kaum gesehen.“ Aber schon ein Jahr darauf rechnet er in seiner Fauna der Kykladen ihn fälschlich zu den Brutvögeln, die nur den Sommer auf jenen Inseln verbringen. Neuere Nachweise von dort fehlen vollständig. Dagegen be- richtet Drummond, daß 1842 drei Stück auf Kythera erlegt wurden und einen von Sta. Maura stammenden Balg bekam ich selbst zu sehen. Bezüglich des Vorkommens auf dem Festlande gab es zunächst nur allgemeine Angaben ohne Nennung einer bestimmten Örtlichkeit; so bei Gloger, Blasius und Baldamus in den Nachträgen zu Naumann, Baedeker, Brehm und Päßler im Eierwerk und Rey, und es machte zuerst Simpson darauf aufmerksam, daß V. mo- nachus im Westen des Landes (Aetolien ete.) fehlt, dagegen im Osten (Attika) zu fin- den ist. Tatsächlich scheint er dem Peloponnes sowie der ganzen westlichen Hälfte von Mittel- und Nordgriechenland zu fehlen oder wenigstens dieses Gebiet nur selten und vorübergehend aufzusuchen. Mir ist nur eine verläßliche Beobachtung von dort bekannt, indem Baron Schilling, der die europäischen Geier vorzüglich kannte, am Neujahrs- tage 1599 einen Kuttengeier über das Monastir Angelokastron in Akarnanien ziehen sah. Während meines Aufenthaltes in Griechenland wurden bloß einmal am 18. Mai 1894 im Kara dagh bei Velestino in Thessalien zwei solche Geier von Santarius be- obachtet. Ob diese einem oder zwei Paaren angehörten, bleibt fraglich; doch ist es wahrscheinlich, daß sich in dieser Gegend Horste befinden. Lindermayer, der diesen Geier zuerst als Standvogel erkannte, traf ihn mehr- fach im Winter in den Niederungen und erfuhr auch von mehreren Brutplätzen in Attika und zwischen Korinth und Livadiä. Jährlich bekam er mehrere Eier, von welchen ein geflecktes in die Sammlung von Baron König-Warthausen, andere wahr- scheinlich an Thienemann gelangten; wenigstens geht aus dem Eierkataloge am Schlusse seines großen Werkes hervor, daß die Originale der fünf abgebildeten Eier aus Griechenland stammten. Im übrigen ist manches der Mitteilungen Lindermayers mangelhaft, da er, wie weiter unten ersichtlich, keine eigenen Beobachtungen an den Horstplätzen machte. Dagegen ist seine Beschreibung eines Dunenjungen aus dem Kithärongebirge (Elatiäs) von Wert: „Dasselbe ist mit einem schwarzgrauen Flaum be- deckt, Schnabel und Füße sind fleischfarben, von großen Dimensionen.“ Graf von der Mühle stellte fest, daß in Griechenland V. monachus bei weitem seltener ist als @. fulvus. Nach ihm wäre er im Hochsommer und Herbst häufiger sichtbar als zu anderer Jahreszeit. Im Juli 1847 wurde dieser Geier bei Theben von Alfr. Brehm beobachtet. Von 1358— 1862 bekam der damals sehr eifrig sammelnde Krüper auf seinen Wanderungen nur sehr wenige fliegend zu sehen: ferner einen geflügelten, welchen man nach Athen zum Verkaufe brachte, und endlich einen bei Lamia auf dem Felde sitzenden. Auch stellte Krüper fest, daß der Kuttengeier im Parnaß nicht brütet, und daß die An- gaben Lindermayers über Horst und Eier nur nach Mitteilungen der Griechen gemacht wurden. III. Griechenland. 401 Zwischen 1862 und 1875 erhielt dann Krüper von seinen Sammlern mehrfach Eier dieses Geiers, welche, wie auch die in späteren Jahren versendeten, stets den Ver- merk „Boeotia“ tragen und noch unbebrütet im April den Horsten entnommen wurden. Brieflichen Mitteilungen Krüpers entnehme ich, daß ihm 1892 aus der Gegend der Thermopylen, wo die Horste auf alten Kiefern stehen, eine Anzahl sehr schön gefleckter Eier — Lieblingsgegenstände oologischer Liebhaber — nebst zwei ungefleckten über- bracht wurden, von welch letzteren ich später eines erwarb. Das Sammeln dieser Eier ist meistens mit großen Schwierigkeiten verbunden. 1896 wurden nur zwei Horste mit je einem Ei gefunden und 1597 sowie 1899 je ein Dunenjunges aus den Gebirgen im Nordwesten von Attika eingeliefert; von diesen wurde das eine für einen englischen Sammler konserviert, das andere gelangte auf langen Umwegen an das hiesige Museum. Da anscheinend über das Dunenjunge außer der kurzen Beschreibung Linder- mayers keine andere in den ornithologischen Werken vorliegt, so will ich hierauf nochmals zurückkommen. Die Farbe der Dunen ist rauchgrau mit schwach gelblichem Stich; jene der frisch hervorbrechenden Federn schwarzbraun wie beim alten Vogel. Das wichtigste Erkennungszeichen der Art in diesem Alter ist ein vollständig nackter Fleck im Genick, der sich vom flaumigen Scheitel etwa 6cm nach abwärts erstreckt, mehr als die Hälfte des Halses nach rückwärts einnimmt und zwei spitzwinkelige Zwickel ober- und unterhalb des Ohres bildet. Der Horst wird auch in Griechenland stets auf Bäumen angelest. Die Eier sind aus Spanien und namentlich aus der Dobrudscha sehr bekannt geworden, so daß Maß und Gewicht von zwei griechischen Stücken genügen dürften: 14. April 1891 3. April 1892 an beiden Polen dunkelbraune . . [071 1 . Fleckung und einige scharfbe- ganz weiß ohne grenzte Kleckse, sonst weiß. Flecken. 89:3 X 72:5 mm 92:5 X 67 mm 2794 cg 2557 eg Trotz der verhältnismäßigen Seltenheit des Vogels sind doch mehrere an Museen gelangt. Hier wären die beiden von Lindermayer gelieferten Stücke im zoologischen Vereinsmuseum zu Passau zu erwähnen. Diese stammen aus Athen und Eleusis und das eine ist wegen der auffallend dunklen Kopffärbung bemerkenswert. Im Univer- sitätsmuseum in Athen steht ein Paar, dessen Männchen am 27. Dezember 1858, das Weibchen, ebenfalls in Attika, 1862 erbeutet wurde. Die drei alten Männchen unserer Sammlung rühren aus jüngerer Zeit her, und zwar wurde das erste am 29. Dezember 1898 bei Oropos im Schnee ergriffen, die beiden anderen am 21. November 1901 und am 23. Mai 1902 bei Megali vrysis nächst Lamia geschossen. Auch bei diesen zeigt es sich, daß die oft sehr auffällige Verschiedenheit der Kopf- und Gesamtfärbung von licht- bis schwarzbraun rein individuell und nicht Folge des Alters ist. Ihre Maße sind: Ganze Länge Flügel Schwanz Schnabel Tarsus 119 cm 74 cm 39 cm 35 cm 11 cm 12 16% 41 „ En Vo 126 „ 2 38. 85 „ > > Die Nahrung besteht lediglich aus Aas. Daß aber ausnahmsweise auch lebende Schildkröten verzehrt werden, beweist die nachfolgende Schilderung Heuglins, welche Reiser, Ornis balcanica. III. 26 402 Ornis balcanica. auch in Brehms „Tierleben“ erwähnt ist: „Ich ritt mit meimem Freunde Graf Thürheim von Chalkis nach Theben: auf einer weiten baumlosen Ebene bemerkten wir etwa sechs bis acht große Raubvögel an der Ecke eines mageren, niederen Korn- feldes. Ich stieg vom Pferd, schlich mich bis auf eimige dreißig Schritte heran und sah zu meinem nicht geringen Erstaunen, daß wir graue Geier vor uns hatten, welche sich um den Besitz mehrerer ziemlich großer Landschildkröten stritten. Der eine hielt sich etwas bei Seite, hatte eines der Tiere zwischen den Fängen und arbeitete gewaltig mit dem mächtigen Schnabel am Rückenschild. Die Geier ergriffen endlich die Flucht und ich überzeugte mich, daß sie bereits eine der Schildkröten geöffnet und das Fleisch aus der Schale herausgefressen hatten; eine andere war zwischen den Nähten der Schildtafeln angebohrt und blutete ziemlich stark; eine dritte, ebenfalls verwundete, lag auf dem Rücken.“ Neophron perenopterus (L.) — Egyptischer Aasgeier. Zu einer Zeit, als man wie bei vielen anderen Vogelarten noch so gut wie nichts über deren Verbreitung auf der Balkanhalbinsel wußte, galt bereits das Vorkommen des Schmutzgeiers im Gebiete des alten Hellas für das bemerkenswerteste in Europa. So erwähnen ihn beispielsweise als Bewohner des Festlandes, Euböas und eines Teiles des Archipels: Temminck, Naumann, Lindermayer, Erhard (sogar als Standvogel, was wohl für die Kykladen selten der Fall sein dürfte!), Brehm, Baedeker und Päß- ler, Degland und Rey. Heute sind wir auch über die Verbreitung in Griechenland viel besser unterrichtet, wenngleich bereits Graf von der Mühle das Abnehmen dieses Vogels nach der Vertreibung der stets tierfreundlichen Türken beklagt. Auf Korfu fand ihn Drummond häufiger als die anderen Geierarten und be- zeichnet ihn dort als Brutvogel, was von Lord Lilford bestätigt wird, indem er von einem Horstpaare in den Felsen des Pantokrator (San Salvador) erfuhr. Ich beobach- tete am 21. April 1894 in den Bergen bei Braganiotika einen kreisend und auf Zante sah am 10. Mai 1895 Hauptmann Roth ein mittelaltes Stück im den Felsen bei Ka- tastari. Er horstet also hier wohl ebenso wahrscheinlich wie auf Naxos, wo Krüper oberhalb Apiranthos ein Paar öfters beobachtete. Jedenfalls ist der Vogel auf dem Festlande viel häufiger. Simpson sagt dies namentlich vom südlichen Teile von Aetolien, wo ja auch Krüper über Neophron jahrelang Erfahrungen sammelte und ich im April 1894 (kleine Klissura), im Mai 1894 und März 1897 (große Klissura und in den Wänden zwischen Aetolikon und Misso- longhi) Brutpaare feststellte. Im Frühling 1905 wurde sowohl in der großen Klissura wie am Varassovo nur je ein einziges Brutpaar wahrgenommen. Weiter im Osten ist es die mittlere und die tiefere Lage des Parnaß, wo von Krü- per Neophron in mehreren Paaren beobachtet wurde. Auch Alfred Brehm sah hier gegen Theben zu im Frühling 1847 ein Stück und Hauptmann Roth vermerkte im Juli 1898 täglich zwei alte und zwei junge Vögel zwischen Delphi und Arachova, dann ein Paar bei Agoriani, von dem er das 0’ erlegte. Genau in dieser Gegend nahm H. Seebohm vom 4. bis 18. Mai 1873 vier Horste aus. Noch weiter östlich finden wir den Schmutzgeier in den Schluchten Attikas ebenso sicher wie in geeigneten Lagen des Peloponnes. Hierüber berichten uns die Nestoren griechischer Ormithologie Lindermayer und Graf von der Mühle. Nach ersterem wurden sogar vor 1842 noch zwei Junge aus einem Horste am Lykabettos in der Stadt Athen ausgenommen. III. Griechenland. 403 Ein Horstpaar fand ich am 11. Mai in den Felsen des Hymettos und einem anderen nahm am 18. Mai 1894 Georg Leonis unweit Velestino in Thessalien zwei bebrütete Eier. Auch die Engländer Elwes und Buckley stießen in diesen Gegenden 1—2mal auf ihn. Aus Griechenland gelangten schon in früher Zeit Bälge in verschiedene Museen, so ein Stück durch Lindermayer nach Regensburg, zwei nebst einem Ei nach Olden- burg, zwei in die Sammlung Chr. L. Brehms, darunter nach seiner Auffassung eine Subspezies, und fünf aus Attika in das Universitätsmuseum zu Athen. Über das fünfte dort noch heute aufbewahrte Stück teilt Lindermayer folgendes mit: „Im Jahre 1838 wurde ein Aasgeier in der Gegend von Mistra (Sparta) in Lakonien geschossen, welcher auf der Rückenseite seines linken Flügels zwischen den beiden Röhrenknochen ein eisernes, mit scharfen Widerhaken versehenes Pfeilstüick von 4—5 Zoll Länge einge- keilt hatte, an dem sich noch selbst 2—3 Zoll Pfeilschaft befanden. Dieses‘ Wurf- geschoß schien afrikanischen Ursprunges zu sein, wenigstens in Griechenland kommt dasselbe nicht vor.“ Dem Inventar und der Etikette entnahm ich, daß der Geier nicht 1838, sondern am 3. August 1837 bei Gythion erbeutet worden war. Der Eisenpfeil ist nach meiner Messung 20 cm lang und mit zwei Längsreihen gekrümmter Widerhaken längs des Schaftes besetzt. Die Schneiden sind beiderseits abgerundet. Der egyptische Aasgeier ist für Griechenland ein echter Zugvogel und einzig und allein Baron Schilling beobachtete einen offenbar überwinternden jungen Vogel am 2. und 3. Dezember 1893 nächst Monastir Angelokastron. Krüper sagt, daß nach seiner Ankunft die griechischen Hirten den Beginn des Frühlings ansetzen und daß die mittlere Ankunftszeit wirklich auf den 21. oder 22. März entfalle.. Genau ermittelte Ankunftstage sind die folgenden: Alk ae 227. März 1859. Dr. Krüper) Barnaßsebiel gem re a 220 LEOO = ” NER 1861 e # 28. „. 1865 B 2. April 1866 n e BE RT EURER Akarnanien (Bochori und Missolonghi gleichzeitig!) 24. März 1897 (O. Reiser). Die Ankunftszeiten bei Lindermayer sind falsch und alles durch v. Heldreich Mitgeteilte eine einfache Übersetzung der Angaben Krüpers, dessen vorzügliche Darstellung des Fortpflanzungsgeschäftes Journ. f. Orn. 1862, S. 362—364 hier folgen möge:!) „Ich bin zu der Ansicht gekommen, daß in Griechenland nur ein oder sehr selten zwei Paare an benachbarten Felsenwänden ihren Wohnort aufschlagen, dagegen habe ich beobachtet, daß jede größere Felsenwand, zumal wenn dieselbe einer Ebene nahe ist, von einem Paare bewohnt wird. Im Varassovogebirge in Akarnanien, welches nach der Westseite ziemlich steil abfällt und an der Südseite eine große Schlucht, die soge- nannte Prassula, zum Meere sendet, beobachtete ich drei Paare, jedoch sind die Wohn- sitze der einzelnen sehr entfernt von einander. Der Neophron ist in Griechenland sehr scheu und flieht den Menschen auf größere Entfernung; man kann daher sich kaum vorstellen, daß dies derselbe Vogel ist, der in andern Ländern viel mit den Menschen verkehrt und in deren Städten und vor deren Türen seine Nahrung sucht. 1) Auszugsweise auch in Brehms „Tierleben“ enthalten. 404 Ornis balcanica. Seine Scheu vor Menschen gibt er auch nicht während des Brutgeschäftes auf, worüber ich oftmals Beobachtungen angestellt habe. Bei Missolonghi beobachtete ich zum ersten Male einen brütenden Perenopterus, und zwar an dem Felsen, an welchen Aguila Bonelli seine Wohnung hatte. Am 23. Mai 1858 flog der Aasgeier ungesehen aus seinem Felsloche; zwei Stunden später überraschte ich ihn und sah ihn abfliegen, ohne jedoch sicher zu sein, daß sein Horst sich dort befinde. Am 28. Mai kehrte ich dorthin zurück und traf ihn abermals, jedoch zeitig abfliegend an. Am folgenden Tage stieg ich selbst mittels eines Seiles zu einem Absatze herab und nahm das einzige, ziemlich angebrütete Ei heraus. Während dieser Zeit saß der Neophron auf einem Felsen, sah unserem Treiben zu, stieß einige dumpfe Klagetöne aus und verschwand endlich. Am 23. April 1859 nahm ich aus demselben Loche zwei schöne Eier, welche wenig angebrütet waren; das Weibchen war ebenfalls scheu. 1360 war ich nicht zur Brut- zeit bei Missolonghi, erfuhr jedoch durch den Dr. Nieder, der auf meine Bitte den Felsen besuchte, daß der Aasgeier dort nicht gebrütet habe. Der Grund, daß die Nisthöhle 1860 nicht besetzt wurde, liegt, wie ich vermute, darin, daß das Weibchen verunglückt war. In diesem Jahre konnte ich es nicht unterlassen, am 8. Mai bei meiner Reise über Missolonghi den Nistplatz wiederum zu untersuchen; ein Weibchen, welches ziemlich dunkel gefärbt erschien, flog ferne aus der Höhle, in der mein Be- gleiter nur ein ziemlich kleines Ei fand. Jedenfalls war das Weibchen ein jüngeres, welches zum ersten Male gelegt hatte. „Die Anzahl der Eier ist gewöhnlich zwei; dreimal fand ich jedoch nur ein Ei, welches gewiß von jüngeren Individuen herrührt. Daß alte Neophron drei, sehr selten vier Eier legen, wie Schrader behauptet, halte ich zwar für möglich, habe es jedoch noch nicht selbst gefunden. Die Eier eines Horstes sind in der Regel sehr verschieden; am 21. Mai 1861 fand ich bei dem Kloster St. Elias einen Horst mit zwei Eiern, von denen das eine den Eiern des Fischadlers (Ag. haliaötus), das andere denen des Schrei- adlers (Ag. naevia) in Färbung glich: das naevia-artige Ei enthielt ein Junges, das an- dere war faul gebrütet. Dieser Aasgeier benahm sich ebenfalls sehr scheu. Auf der Höhe der Felsenwand lösten wir einen Pistolenschuß; unter uns erschien in raschem Fluge ein Aasgeier und verschwand. Wir kletterten hinab zum Fuße der Wand, um das Nistloch aufzusuchen. Wir hofften, der Geier würde es selbst verraten, doch nein! er kam nicht wieder. Endlich schlug mein Begleiter vor, eine ihm verdächtig aus- sehende Höhle zu untersuchen. In der Tat fand er darin die beiden Eier. Am Varas- sovo beobachtete ich einen Neophron längere Zeit: meine zwei Begleiter stiegen in der Prassula voraus und schossen an einer passenden Stelle eine Pistole ab; ein Aasgeier strich ab und flog über eine Stunde bald an der einen, bald an der anderen Seite der Schlucht entlang, um in sein Nest zurückzukehren, was wir im Versteck abwarten wollten, da wir den Ort des Abfliegens nicht genau beobachtet hatten. Endlich kam auch das Männchen und zog in der Schlucht umher, entfernte sich jedoch bald, als es unser ansichtig geworden war. Einer meiner Begleiter ging aus, um die Zugänglich- keit der Felswand zu untersuchen; während dieser Zeit machte das Weibehen mehrere Versuche, in die Nisthöhle hineinzufliegen, was es auch endlich ausführte. Meine bei- den Leute erkletterten einen Absatz, der zirka 40 Fuß über der Höhle war; vermittels eines Seiles stieg der eine hinab; unten erwartete ich, daß der Aasgeier herausfliegen sollte: durch herabfallende Steine sowie durch Lärmen wurde derselbe nicht hervor- getrieben; erst als mein Steiger vor dem Eingange der Höhle erschien, stürmte der Vogel vom Horste hervor, der zwei langgestreckte, schön rot gefärbte Eier enthielt. Später berichtete der Steiger, daß der Eingang nur klein, die Höhle selbst sehr geräumig III. Griechenland. 405 und tief gewesen sei; ferner daß die Höhle früher von einem Lämmergeier Gypaötus barbatus bewohnt gewesen sei, was die Nestunterlage ihm andeutete.“ Es sei noch hinzugefügt, daß ich in der Klissura beobachtete, wie der vorbei- streichende Neophron von Gypaötus sehr energisch aus der Nähe seines Horstes ver- trieben wurde, und daß Hauptmann Roth im Parnaß öfters zusah, wie Kolkrabe und Schmutzgeier im Fluge spielend auf einander losfuhren. Im Hochsommer sollen sich die Schmutzgeier nach Lindermayer zu kleinen Gesellschaften zusammenfinden und im September oder Anfang Oktober das Land verlassen. Bezüglich des Geleges sei noch beigefügt, daß mehr als zwei Eier in einem Horste nie vorgekommen sind und die Angabe Grafen von der Mühles über drei Junge und ein faules Ei als Nachkommenschaft eines Paares keinen Glauben verdient. Maß dreier Stücke im hiesigen Museum und der Sammlung Roth: | P) 239 &0 o = = © © 8 © a 2 Ort und Zeit der Erbeutung = en => 8 2 Bemerkung ©) Parnesgebirge (Attika) ad. 71 50 | 27 » | sehr alter Vogel mit langem | 27. Mai 1899 & Schopf! Asgoriani (Parnaß) | ad. | : 64 49 25 65 desgleicl | 24. Juli 1898 & | y Fa | Laurion (Attika) 1uv. 69 |48-5 | 96-5 | 575 schwarzbraun mit gelben 19. September 1398 I. | | | Flecken. | Gerade bei griechischen Schmutzgeiern nehmen im höheren Alter einzelne Feder- partien einen sehr an Gypaetus erinnernden Farbenton an und im Rückengefieder zeigt sich deutlich die in den Federfahnen dicht eingebettete Rostfarbe, gleichsam als wären die Federn in nassem Zustande in Ockermehl eingetaucht worden. Maß und Gewicht von sieben einzelnen Eiern und von vier Zweiergelegen: Ort und Zeit der Erbeutung mm mm eg Bemerkung | Parnaßgebiet 3:9 52:2 1094 30. April 1882 s ar | | erN Böotien 9:9 51:3 1009 21. Mai 1871 x = = —— — Parnaß | 66-7 52-4 940 dunkelschokoladefärbig mit grauem Anflug (Reim)! 25. April 1898 r Gepräge vieler gleichmäßig gefärb- > 51:5 | ter Eier von YV. monachus R Qu B ebenso an. 2. Mai 1892 1 406 Omis balcanica. Ort und Zeit der Erbeutung mm mm cg Bemerkung | Parnaß (Livadhiä) en Hilo ER vees Pa van een | N . ne e) ti r Fi F: 29. April 1875 9 wi u Geige: ischhaut überzogen! Akarnanien 5 63°6 42:5 809 April 1875 Parnaß 2 61:5 338 334 nahezu gleichhälftig! 23. April 1875 Gelege 2 Stück: Böotien, 69:3 52:2 905 untere Hälfte fast fleckenlos. 22. April 1893 69 51:3 900 Gelege 2 Stück: Umgebung 69:5 50 917 prächtige rotbraune Färbung mit von Athen, 8. Mai 1894 67-5 48:5 887 bläulichem Stich! Gelege 2 Stück: Velestino 651 534 907 (Thessalien), 18. Mai 1894 632717529 906 | Gelege 2 Stück: Griechen- 14 5337717102172 land, 18. Mai 1878 62 48:6 168 | ein Zwergei! Die außerordentliche Scheuheit der egyptischen Aasgeier steht sehr im Gegen- satze zu ihrem Verhalten in anderen Balkanländern und ist möglicherweise die Folge der tadelnswerten Verfolgungen von seiten der griechischen Bevölkerung. Nach Graf von der Mühle wird dem Geier nämlich wegen seines Fettes, welchem große Heilkraft bei veralteten Fußleiden angedichtet wurde, von den Hirten eifrig nach- gestellt, eine Mitteilung, welche auch Naumann („Nachträge“) und Fritsch wiederholen. Caccabis saxatilis chukar (Gray), Perdix chucar Gray — OÖstliches Steinhuhn. Jene Inselbrücke im Ägäischen Meere, welche Europa mit Asien verbindet, be- herbergt diese Steinhuhnform, die nur durch geringfügige Merkmale gesondert und des- halb nur selten richtig erkannt, eigentlich mehr dem Osten als dem politisch begrenzten Europa eigentümlich ist. Als Perdix saxatilis wird es zunächst von Temminck und Gould als Bewohner des Archipels angegeben, während fast sämtliche übrigen Autoren es unter der Be- zeichnung Perdie oder Caccabis graeca zusammen mit dem Steinhuhne des griechischen Festlandes abhandeln. Leise Bedenken dagegen finden sich schon sehr zeitig. So sagt Naumann 1833, also fast zur selben Zeit, da Gray das Chukar-Huhn oder, wie wir es bezeichnend nennen können, das östliche Steinhuhn beschrieb, daß die dem saxa- tilis verwandten Arten oft verwechselt werden, und er glaubt, daß eine Artverschieden- heit von dem europäischen Steinhuhn zu vermuten ist. Die Feststellung genauer Unterschiede zwischen den einzelnen Formen ist des weiteren das Verdienst des Prinzen Charles Bonaparte, welcher übrigens durch Schaffung einer Zwischenform zwischen chukar und graeca entschieden zu weit ging III. Griechenland. 407 (©. R. de P’Acad. des Se. 1856, t. XL, p. 882 und auch „Naumannia“ VI, 84 — Wieder- gabe des Sitzungsberichtes). Der Genannte sagt: „In Kleinasien ete. lebt eine zwischen graeca und chukar stehende, ganz neue Spezies, die wir vor einigen Jahren im Frank- furter Museum synaica genannt haben. Die Exemplare im Museum von London sind vom griechischen Archipel,!) also europäisch. Also trotz der großen Ähnlichkeit zwischen chukar und graeca doch noch eine Zwischenart.“ So gut wie gar nichts haben die in Griechenland lebenden Ornithologen zur Klärung dieser Frage beigetragen; höchstens wäre zu bemerken, daß Lindermayer mitteilt, er habe von Jagdfreunden erfahren, daß auf Keos ein Steinhuhn vorkomme, welches in der Zeichnung mannigfach von den einheimischen abweiche — es handelt sich hier natürlich nur um das östliche Steinhuhn! Im Eierwerke von Päßler, Brehm und Baedeker werden (1863) die das öst- liche vom Alpensteinhuhn unterscheidenden Merkmale Bonapartes anerkannt, aber noch die Verbreitung allgemein für das westliche Asien, die Türkei und Griechenland angenommen und chukar als synonym mit graeca betrachtet. Ein bedeutender Schritt nach vorwärts wird bei Degland und Gerbe in der „Ornith. europ.“ 1867, p. 66—69 gemacht. Nach Hervorhebung der unterscheidenden Merkmale (deutsch bei Fritsch, „Naturgeschichte der Vögel Europas“, S. 284) folgt eine ausführliche Beschreibung von Caccabis sawatilis chukar, jedoch leider dann die ungenügende Bemerkung: Bewohnt „Griechenland“ ete. Zum Schlusse wird unter „Observations* folgendes gesagt: Ch. Bonaparte unterscheidet zwei Spezies dieser Hühner: a) jenes vom Himalaya mit der Gayschen Bezeichnung chukar und b) das von Griechenland mit dem alten Namen graeca. Infolgedessen entstehen zwei Fragen: 1. Ist es sicher, daß P. chukar von Europa gleichbedeutend ist mit P. graeca der neueren Autoren? und 2. Ist das C’hukar-Huhn Zentralasiens verschieden von dem europäischen ? Die erste Frage läßt Degland vollständig unentschieden, da nach seiner Ansicht bei diesen Hühnern ein unentwirrbares Durcheinander in der Benennung besteht. Be- züglich der zweiten Frage teilt er mit, daß er im Museum d’Histoire naturelle in Paris eingehende Vergleiche zwischen zahlreichen Vertretern des C'hukar-Huhnes einerseits aus Griechenland, welche von dort von Herrn Gaudry mitgebracht wurden, anderer- seits aus dem Inneren von Asien stammenden angestellt habe. Das Ergebnis war, daß alle vollständig übereinstimmten. Wäre hierbei statt „Griechenland“ gesagt „Inseln des Ägäischen Meeres“, so wäre kein Zweifel, daß Degland schon damals die Frage der Verbreitung der Steinhühner geklärt hätte. Dagegen steht es unzweifelhaft fest, daß er neben den unwesentlichen Unterscheidungsmerkmalen auch das allein ausschlaggebende zum Schlusse nochmals wiederholte und chukar von graeca strenge sonderte. Dieses wichtige Unterscheidungsmerkmal hat vor allem H. E. Dresser auf p. 102 im vol. 7 der „Birds of Europe“ durch Abbildung der Köpfe von Caccabis saxatilis und Caccabis chukar vorzüglich veranschaulicht: Der ganze Raum zwischen dem Ober- kiefer und dem Nasenloche derselben Seite ist bei chukar rostgelblich weiß, während bei graeca das Schwarz der Stirne neben dem Nasenloche bis zum Schnabel herabreicht! 1) Wahrscheinlich sind jene der Koll. Gould gemeint, welche im „Cat. of Birds“, vol. XXII, p. 116 unter 5 und ce aufgeführt sind. Nr. a gehört überhaupt nicht hierher und die geographische Verbreitung ist dort unrichtig angegeben. 408 Ornis balcanica. Aber auch sonst sind die Angaben Dressers so vortrefflich, daß ich mich ver- anlaßt sehe, einen Teil derselben später folgen zu lassen, zumal Seebohm in „Hist. of 3rit. Birds“, p. 458 sie bezweifelt, und zwar deshalb, weil Krüper keinen Unterschied zwischen den Steinhühnern des Festlandes und jenen des griechischen Archipels macht und weil nach Seebohms Ansicht die von ihm im Parnaß gesammelten Eier dem Chukar-Huhn angehören. Bezüglich des ersteren Einwandes möchte ich nur erwidern, daß darauf kein zu großes Gewicht gelegt werden darf, da es mir Freund Krüper gewiß nicht übelnehmen wird, wenn ich ihn, einem modernen Scherzworte folgend, einen „lumper“ erster Güte nenne; was den zweiten Punkt betrifft, bemerke ich, daß es eben Seebohm unterlassen hat, die Merkmale anzugeben, nach denen er die Eier von (aecabis saxatilis graeca unzweifelhaft von denen der Caccabis sawatilis chukar unterscheiden konnte. Ich für meinen Teil halte dies für ganz unmöglich und schreibe infolgedessen auch die Caccabis-Eier des British Museums (Cat. of Birds Eggs, vol. I, p- 32) von Anfang bis einschließlich jener von Tzipiana der Caccabis saxatilis graeca und sämtliche übrigen der Caccabis sawatilis chukar zu. Dresser, welcher Caccabis saxatilis typ. von Caccabis saxatilis graeca nicht abtrennt, schreibt 1375: „Von österreichischem Gebiete an fällt es schwer, die Ver- breitung von (©. sawatilis zu verfolgen, doch, soweit ich versichern kann, scheint es bloß das Festland von Griechenland zu bewohnen, indem das die Inseln bewohnende Steinhuhn €. chukar ist, wenn nicht etwa das Huhn, welches die Jonischen Inseln be- wohnt (von dem es mir aber nicht möglich war, ein Exemplar zu untersuchen), wie mir Lord Lilford versicherte, C. sawatilis ist.) Canon Tristram besitzt ein Exemplar von (. saxatilis von dem Festlande Griechenlands und ich bin ermächtigt, nachdem ich die Exemplare von Lord Lilford aus Uypern entliehen habe, zu erklären, daß diese alle der östlichen Art gleichen. „In der Regel wird die Färbung der Kehle für ein charakteristisches Merkmal gehalten, doch trifft dies nicht zu, denn ich finde, daß die von Lord Lilford aus Öypern mitgebrachten Exemplare von C. chukar mit einer Ausnahme fast so weiß- halsig waren wie Exemplare aus Italien, aber sie haben stets die Federn am Schnabel- grunde in der Richtung der Augen weiß und sind zweifellos den östlichen Arten ähnlich.“ Aus all dem Gesagten geht deutlich hervor, daß es überall an den für die Ent- scheidung so wichtigen Bälgen des Steinhuhnes von den Inseln des Ägäischen Meeres mangelte oder wenigstens genaue Herkunftsangaben durchwegs fehlten. Auf Grund des mir zu Gebote stehenden Materiales: 2 Stücke von Naxos, 2 von Andros und 1 von Skyros, kann ich versichern, daß alle Steinhühner der Sporaden und Kykladen zu Caccabis saxatilis chukar gehören, während es auf dem griechischen Festlande mir nirgends unterkam. Es ist zu bemerken: 1. Das Hauptunterscheidungsmerkmal besteht in der schon öfters erwähnten Farbe der Umgebung des Schnabels. 2. Die weinrötliche Färbung am Rücken, den Oberbrustseiten und den Säumen der Flügeldeckfedern ist noch viel ausgeprägter als bei Caccabis sawatilis graeca. 3. Die roströtliche Färbung des weißen Kehlfleckes mancher Stücke ist akzesso- rischer Natur. !) Jedoch damit im Widerspruch eine Bemerkung bei (. chukar p. 98, Zeile 2, 3 und 4 von unten! III. Griechenland. 409 4. Die Größe ist so wie bei allen C’accabis-Arten auch beim östlichen Steinhuhn ganz außerordentlichen Schwankungen unterworfen und vollständig individuell, wie die Maße der vier gleichgefärbten, ausgewachsenen Stücke zeigen: Naxos Skyros Andros Andros [6% [6% ® 2 Ganzes lEänges ar) 330 338 340 Blücelen 2 mn ner 104 156 158 147 SC Hy an 9) 81 88 90 ae ee 36 36 34 Um auf die Verbreitung des östlichen Steinhuhnes im griechischen Archipel über- zugehen, ist es zunächst notwendig, weit zurückzugreifen und das hier einzufügen, was Tournefort in seiner Relation d’un voyage du Levant ete, Amsterdam 1718!) über seine Erkundigungen auf Nanfio (Anäphi) mitteilt: „Ich glaube nicht, daß es auf Anäphi so viel Holz gibt, um damit die Steinhühner der Insel zum Verspeisen zubereiten zu können. Die Anzahl derselben ist so enorm, daß man auf Befehl der Bürgermeister, um die Saaten zu schützen, alle Eier, die man um die Osterzeit finden kann, einsam- melt.°) Nach übereinstimmenden Schätzungen beläuft sich die Zahl der gesammelten Stemhuhneier auf mehr als 10—12.000. Man bereitet aus denselben alle Arten Eier- tunke und vor allem Eierkuchen. Aber trotz alledem brachten wir auf Schritt und Tritt Steinhühner zum Aufstehen. Ihre Herkunft ist alt und sie stammen von Astypaläa (siehe Athenaeus Deipn., lib. IX, p. 400°). Wenn man dem Hegesander Glauben bei- messen darf, hat ein reicher Mann nur ein Paar von jener Insel nach Anäphi gebracht, aber die Vermehrung war so stark, daß man sich zu jener Zeit, in der es an Leuten mangelte sie zu erlegen, entschloß, ihre Eier zu vernichten. „Man wählt alljährlich zwei Vorstände auf Anäphi, manchmal nur einen. Trotz ihrer amtlichen Würde waren dieselben außer Stande uns Speck zum Spieken unserer Steinhühner zu verschaffen; die Griechen kennen weder Speck noch Spieknadel, wes- halb uns nichts anderes übrig blieb, als die Hühner teils gekocht, teils gebraten zu verzehren.“ Fast ein Jahrhundert später finden sich bei Sonnini (1801) folgende Mitteilungen über diese Hühner: „Ich habe mich nicht genau erkundigen können, ob eine solche außerordentliche Menge Steinhühner auch noch heutzutage auf Anäphi gefunden wird,?) sie sind eben überhaupt auf den Inseln des Archipels sehr häufig, nur freilich nicht in der Unmasse, wie Tournefort es von Anäphi erzählt. Alle Hühner des Archipels sind die sogenannten roten Steinhühner, die auf Bergen und in Gesträuchern leben, und man sieht sie zuweilen auf Bäumen fußfassen, was die (grauen) Rebhühner nie- mals tun. Die Jäger der Levante haben beobachtet, daß diese Vögel, wenn sie auf- stehen, stets in die Höhe steigen. Sie sind das häufigste Federwild dieser Gegenden und werden sehr billig verkauft. Ihr Wildbret ist auch viel wohlschmeckender als das der Rebhühner.“ Im II. Bande fährt dann Sonnini fort: „Die Steimhühner sind so wie die Hasen äußerst beschwerlich zu jagen, denn bei der geringsten Nachstellung verlassen sie so- gleich die ebenen Plätze und ziehen sich in die steilsten Gebirge zurück, wo man vor 1) p.105, nach anderer Angabe tom. I, p. 176! 2) Dieses Sammeln und zu Markte bringen der Eier war noch zur Zeit Lindermayers üblich. 3) Fiedler traf dort 1835 kein einziges solches Huhn, sagt aber selbst, daß man deren genug finden würde, wenn man eigens darauf ausginge. 410 Ornis baleanieca. Felsen, Abgründen und dicht verwachsenem Gestrüppe die größte Mühe hat, ihnen bei- zukommen. Sie nähren sich besonders von den Beeren der Wacholderarten (des so- genannten „Kedros“), der Strauchpistazie und anderen. Die Beeren der letzteren geben ihrem Wildbret einen bitterlichen, aber nicht unangenehmen Beigeschmack. Das Stein- huhn verläßt anfangs Mai die Eischale und ist schon im Juni gut für die Tafel. Ge- wöhnlich schießt man sie mit der Flinte, namentlich, wenn sie von allen Seiten zusam- menlaufen, um an Quellen zur Tränke zu kommen. In einigen Gegenden fängt man sie jedoch auch in Schlingen oder in Garnen.“ Unter den Reisenden des vorigen Jahrhunderts war es vor allem Fiedler, der trotz seiner geologisch-bergmännischen Hauptaufgabe es gelegentlich seiner ausgedehnten Inselreise nirgends verabsäumte, seine Wahrnehmungen über das Vorhandensein der „Felsenhühner“, wie er sie nannte, festzuhalten. Er betont, daß sich diese Hühner nur da aufzuhalten pflegen, wo in der Nähe Getreideanbau und Weingärten sich befinden, ein Umstand, welchen ich ebenfalls bestätigen kann. Fiedler fand das östliche Steinhuhn: a) Nördliche Sporaden: auf Skopelos und Skyros; b) Kykladen: auf Seriphos, Siphnos (namentlich im nördlichen Teile), Phole- gandros (im westlichen Teile), Nios (Jos), Milos (namentlich im östlichen Teile bei Kap Rema oder Refma); wenige: auf Paros, Delos, Amorgös, Kimolos und Santorin; viele: auf Andros, Tinos, Naxos und Nikuria (nördlich von Amorgös). Hieraus geht hervor, daß gerade die größeren Inseln den Hühnern noch den meisten Schutz bieten. Erhard bezeichnet dieses Huhn als häufigen Standvogel auf allen Bergen der Kykladen, fügt aber bei, daß (1858) es auf Syra durch unablässige Verfolgung der Ausrottung nahe ist, was nicht wundern kann, da schon 23 Jahre früher Fiedler dort genau dasselbe beklagen mußte. Nach meinen Erkundigungen 1894 ist die gänzliche Ausrottung auf Syra gegenwärtig eine vollzogene Tatsache. Graf von der Mühle erwähnt das Vorkommen auf den Sporaden, und zwar be- sonders auf kleinen Inseln, die nicht über 300 Fuß aus dem Meere emporragen. Be- treffs der Kykladen schreibt er: „Auf der mineralquellreichen, vulkanischen Insel Thermia (Kythnos) glaubt man sich früh morgens beim Spaziergange in einen Hühner- hof versetzt, so vielfältig erschallt der Ruf dieser angenehmen Geschöpfe rings umher.“ Über den Bestand auf Naxos berichtet Krüper (1862), daß er an Zahl sehr abgenommen haben soll. Er erhielt zu wiederholten Malen dort Eier und ebenso ich einzelne sowohl als auch Gelege vom Mai 1894. Da während meiner Bereisung der vielen Inseln, abgesehen von einem auf Skopelos unweit der Stadt von Freund Knotek aufgestoßenen Paare, uns dieses Huhn nie untergekommen war, beschloß ich, mich der Jagd auf solche auf Naxos besonders zu widmen. Zu diesem Zwecke durch- streifte ich mit Santarıus unter Führung des einheimischen Jägers Sideris in den Morgenstunden des 19. Juni 1894 die bebuschten, felsigen Hänge von Apiranthos ab- wärts bis Kap Muntsara (Mutsoma). Obwohl der Mangel eines Vorstehhundes außer- ordentlich fühlbar war, leistete des Sideris Stöberhund doch ganz gute Dienste und nach einiger Zeit war eine starke Kette von halbwüchsigen jungen Steinhühnern ge- funden, von denen uns eines zur Beute fiel. Die alte Henne rief darauf sehr laut und anhaltend ihre versprengte Kette zusammen. Später wurde unweit einer Dreschstelle, am Rande vereinzelter bestellter Felder, auch noch ein sehr alter, überraschend großer III. Griechenland. 411 Hahn geschossen. Ich erinnere mich nicht, jemals in der Herzegowina oder in Bosnien ein stärkeres Huhn erlegt zu haben. Die griechischen Jäger sind imstande, die Stimme des Chukar-Huhnes sofort von der des Festland-Steinhuhnes zu unterscheiden, und auch mir schien sie damals ganz eigenartig; aber leider ist mir das Tonbild aus dem Ge- dächtnis entschwunden. Schließlich wäre noch zu erwähnen, daß ich auf dem Koröna- gebirge auf Naxos ebenfalls ein Steinhuhn auftrat und daß die Hänge um Leona un- weit von dort sehr viele beherbergen sollen. Der Balg eines aus Skyros zugesendeten Hahnes ist ganz bedeutend kleiner, wie die obigen Maße zeigen, und Dr. Krüper teilte mir mit, daß 1896 ein zu geo- logischen Zwecken auf Anäphi weilender Grieche von dort einige lebende Steinhühner nach Athen mitbrachte, welche wahre Zwerge waren. Diese gingen nach und nach ein und wurden nicht konserviert. Leider blieben meine Bemühungen, weitere von diesem locus celassieus Tourneforts zu erhalten, bisher vergeblich. Douglass erfuhr 1892, daß es auf Santorin Standvogel sei, jedoch nur in ge- ringer Zahl. Das auf Naxos geschossene Junge, welches das auf das Dunenkleid folgende Ge- fieder trägt, zeigt in dieser Altersstufe mehr fahlere und bräunlichere Farbentöne als gleichalterige Junge von (accabis saxatilis graeca und die dunkle Wässerung an Schwung- und Steuerfedern ist bei ihm bedeutend feiner ausgeprägt. Die Art und Weise des Nistens sowie die Legezeit dürfte wohl mit den anderen Verwandten übereinstimmen und einzelne Gelege werden auch beim Chukar-Huhn noch recht spät aufgefunden. Fünf Eier aus ebensoviel Gelegen von Naxos haben folgendes Maß und Gewicht: 1 49:2 41 39:7 39 375 mm Br. 29-9 29:2 29:9 28:8 29:1] mm Gew. 236 242 236 196 222 09 Daraus geht hervor, daß sich diesbezüglich diese Eier von jenen des griechischen Festland-Steinhuhnes in nichts unterscheiden. Größere Flecken treten selten auf, da- gegen zeigen manche Stücke entschieden mehr Neigung zu dichterer Fleckenbildung, so daß das stärkst gefleckte hierin dem Ei von C. petrosa sehr nahe kommt. Die Größe der Eier scheint genau denselben Schwankungen zu unterliegen wie jene der Vögel selbst. Der gefährlichste Feind namentlich der Jungen und der brütenden Henne ist ent- schieden der Steinmarder, welche Art ich selbst auf Naxos im Wohngebiete des Stein- huhnes angetroffen habe. Caccabis saxatilis graeca (Briss.), Perdix saxatilis M. u. W. — Griechisches Steinhuhn. Sorgfältige Untersuchungen haben gezeigt, daß das Steinhuhn, wenn schon nicht der ganzen Balkanhalbinsel, so doch jenes von Griechenland sich so bedeutend von dem der Alpen und des Westens von Europa unterscheidet, daß es ganz. gut mit der Brissonschen Bezeichnung graeca subspezifisch aufgeführt werden kann. In erster Linie hatte v. Tschusi die große Liebenswürdigkeit, mir das Ergebnis des diesbezüg- lichen Vergleiches wie folgt bekanntzugeben: 412 Ornis balcanica. Griechische Stücke: Tiroler Stücke: Die weinrötliche Partie des Oberrückens Die weinrötliche Partie des Oberkörpers intensiver, nach oben (Hinterhals) und | weniger intensiv, nach oben (Hinterhals) nach unten (Mittelrücken) mehr abgegrenzt; | und nach unten (Mittelrücken) nicht ab- die grauen Partien des Oberkörpers reiner, | gegrenzt, sondern durch einen lehmgelb- weniger getrübt. lichen Anflug allmählich in die grauen Partien des Oberkörpers übergehend, der durch die gleiche Färbung getrübt er- scheint. Da bei dieser Gegenüberstellung bloß Stücke im Winterkleide verglichen wurden, ist es selbstverständlich, daß die angeführten Kontraste im Sommerkleide noch viel auf- fälliger zutage treten. Omithologische Autoren, welche das griechische Steinhuhn von dem des mittleren und westlichen Europa nicht trennen und bloß kurz angeben, daß es in Griechenland und den Gebirgen dieses Landes vorkommt und brütet, sind: Chr. L. Brehm, Nau- mann, Thienemann (1830!), Gloger,!) Keyserling und Blasius, Degland und Gerbe, Dubois, v. Heldreich und Altum. Meines Wissens ist bloß an drei Stellen auf die Verschiedenheit der Balkan- Steinhühner von denen des Alpengebietes ausdrücklich hingewiesen worden, nämlich in der „Synonymik* von Dr. E. Rey, in einem anonymen Aufsatze in der „Deutschen Akklimatisation“, Nr. 14 (Berlin 1879), S. 55, dessen Verfasser aber wahrscheinlich Dr. Ant. Reichenow sein dürfte, und endlich in Brehms allbekanntem „Tierleben“. Bevor im nachstehenden des näheren auf die Verbreitung dieses Huhnes auf dem griechischen Festlande und den westlich davon gelegenen Inseln eingegangen wird, möchte ich noch besonders hervorheben, daß die auf den Jonischen Inseln vorkommen- den Steinhühner bestimmt zu dieser und keineswegs zur Subspezies chukar zu zählen sind, wie ich mich öfters an gefangenen Steinhühnern überzeugen konnte. Es geschieht dies deshalb, um die diesbezüglichen Zweifel vor allem der englischen Ornithologen zerstreuen zu helfen. Auf Korfu war es, wie wir von Lord Lilford erfahren, schon zu Ende der Fünfzigerjahre nicht sehr häufig und auch bloß auf den felsigen Rücken des San Sal- vador (Pantokrator) beschränkt. Leider konnte ich mir trotz aller Bemühungen kein Steinhuhn von Korfu verschaffen; doch erfuhr ich im hochgelegenen Dorfe Episkepsis, daß es auf dem oben angegebenen Gebirge als große Seltenheit auch heutzutage noch vorkommt, aber leider zumeist im März geschossen wird. Die auf Korfu öfters gefangen gehaltenen Hühner stammen, soweit ich erfahren konnte, alle von Kephalonia her. Wenn schließlich Baron Warsberg in seinen „Odysseischen Landschaften“ angibt, daß ihm auf der Südspitze von Korfu von den Bewohnern Rebhühner zur Speise augeboten wurden, so kann es sich nur um Stein- hühner handeln, welche höchst wahrscheinlich auf den gegenüberliegenden Bergen Albaniens geschossen worden waren. Auf Levkas (Santa Maura) mit den benachbarten Inseln Kalamos, Meganisi, nach Simpson hier namentlich im Herbste auftretend, und Arkudi, dann Petalä 1) Wie sehr unbekannt zur damaligen Zeit die Lebensweise des Steinhuhnes im Süden war, beweist dessen Bemerkung: „Es ist wohl sehr zu bezweifeln, daß diese Hühnerart in Griechenland tief an den Ebenen und Meeresufern, selbst auf niedrigen, felsigen Inseln wohnen sollte, während sie bei uns nirgends sonst als hoch auf Gebirgen vorkommt.“ III. Griechenland. 413 fand Lord Lilford das Steinhuhn sehr zahlreich und es ist Grund vorhanden anzu- nehmen, daß man es auch heute noch, wenngleich in geringerer Anzahl, dort finden dürfte. Auf Petalä versicherten mich die Hirten, daß es welche auf der Insel gebe, aber es müssen recht wenige sein, weil wir alle auf unseren vielen Kreuz- und Quer- zügen kein einziges Huhn hoch brachten und auch keine Losung fanden. Nach Drummond war es sehr zahlreich auch auf Ithaka; ob dies heute noch der Fall ist, bleibt fraglich. Kephalonia ist wahrscheinlich die einzige Insel im Jonischen Meere, welche gegenwärtig in vielen Teilen noch die meisten Steinhühner beherbergt. Die Größe und natürliche Beschaffenheit der Insel verhinderten zum Glück die Ausrottung. In der nächsten Nähe der „Casa Inglese“, mitten im Tannenwalde ebenso wie auf dem höchsten Kamme des Ainos (Monte Nero) scheuchte ich mit meinen Begleitern einige Male Mitte März 1597 gepaarte Hühner auf und an der Ostküste verfolgten wir sie bei Samos leider ebenfalls vergeblich. Noch mehr soll es angeblich weiter im Norden in der Nähe der Mitte der Insel geben. Auf Zante dagegen ergaben alle meine Erkundigungen nur, daß es gegen- wärtig gar keine Hühner mehr gebe, weil sie durch die unvernünftige Verfolgung zu allen Jahreszeiten seit einer Reihe von Jahren ausgerottet seien. Wenn daher das im Cat. of the Birds of the British Museum, vol. XXI, p. 116 von Zante aufgeführte Exemplar wirklich von dieser Insel stammt so muß es vor langer Zeit dort erbeutet worden sein, kann aber dann auf keinem Falle zu Caccabis sazatilis chukar gehören.) Für Kythera hat es schon Jameson, als einen der wenigen dortigen Standvögel angegeben und, wie ich erfuhr, gibt es in den Gebirgen im Südosten der Insel auch jetzt noch spärliche Reste des einstigen Bestandes. Bezüglich der Verbreitung auf dem Festlande kann man allgemein sagen, daß es wohl keinem größeren Gebirgssystem Griechenlands fehlt und somit als eine dort weit- verbreitete Vogelart betrachtet werden muß; nur wird auch hier von Jahr zu Jahr, namentlich in der Umgebung der Städte, seine Anzahl geringer. Im Zygos- (Arakynthos-) Gebirge fanden es zuerst Krüper und Simpson ansässig, und zwar wurde hier unweit Aetolikon am 31. Mai 1859 ein altes Huhn bemerkt, welchem schon ein kleines Junges im Fluge folgte. In derselben Gegend trafen wir ein Paar am 4. Mai 1894 und bei Tagesanbruch lockten deren viele in der großen Klissura. Auch besitzt das Museum von dort einen schönen Hahn, welchen Herr Diamantis-Soustas Ende November 1898 erlegte. Weiters trat ich mit meinen Gefährten am 3. und 4. Februar 1897 fünfmal ein- zelne Steinhühner am Varassovo auf und stellte auch auf dem Chalkitsaberge an der Westküste von Akarnanien das Vorkommen durch die Beobachtung zweier Paare fest. Auch im Frühling 1905 fand Santarius in den Schluchten des Varassovo eine über- raschend große Anzahl von Brutpaaren, die sich gar nicht scheu zeigten. Weiter östlich begegnete ich einer Henne mit ihren noch nicht flüggen Jungen, die in einer sonnenerwärmten Mulde im Bette eines ausgetrockneten Wildbaches lagen, 1) Hierzu wäre zu bemerken, daß Herr Bianchi die Güte hatte, auf meine Bitte hin das be- treffende Stück in London zu untersuchen und mir das folgende Ergebnis mitzuteilen: „Beim Exemplar a) Caccabis von Zante ist der Schnabel abgebrochen, es ist nur die obere Grenze des Stirnbandes zu sehen; jedoch ist die Gegend zwischen der vorderen Eeke des Auges und dem noch übriggebliebenen Teile des Unterschnabels schwarz wie bei C. saxatilis und nicht weißlich wie bei C. chukar. Außerdem sind die Ohr- federn schwarz mit rötlichen Enden, die eine schmale Binde am Oberrande der Ohrgegend bilden — bei C. chukar würden die Ohrfedern kastanienbraun gefärbt sein. Ich halte den Vogel für €, sawatilis!“ 414 Ornis baleanica. hoch oben im alpinen Bereiche des Korax (Vardusia) am 18. Juli 1394, aber auch auf dem höchsten Berge Griechenlands, der Kiona, trafen wir in den obersten Lagen ebenso wie im Bereiche der Apollotanne oberhalb des Gebirgsdorfes Segditsa Stein- hühner, und zwar hier wieder eine Henne mit sicher einem Dutzend ganz kleiner Küchlein. Ferner ist das Steinhuhn ein häufiger Vogel des Parnaß und fast alle durch Dr. Krüper verschickten Eier stammen von dort. Ein bei Agoriani am 20. Juli 1895 von St. Strimmeneas erlegtes junges Huhn zeigt noch deutlich die Reste des zweiten Federkleides und ein von Hauptmann Roth bei Arachova im Juli 1898 erbeuteter Hahn ist ein ungemein starkes und großes Tier. Die Henne mit den wachtelgroßen Jungen war damals auch in der Nachbarschaft zu sehen. Zwei weitere Stücke unseres Museums, beide Hennen, wurden am 23. und 26. November 1901 bei Dereli am See von Daukli in Thessalien erlegt, in welchem Lande es überhaupt noch häufiger auftreten soll als weiter im Süden. Am Anakulsee bei Theben (wahrscheinlich ist damit der Likerisee gemeint) jagte im Juli 1847 Alfr. Brehm diese Hühner und über den Rückgang im Bestande der Steinhühner in Böotien beklagen sich die Engländer Elwes und Buckley. Diese be- richten, daß auch der Markt von Athen nur noch schwach beschiekt wird, was übrigens nicht zu verwundern ist, da schon 1843 Lindermayer über die erschreckende Ab- nahme in der Umgebung von Athen, namentlich auch auf dem Hymettos, wo Fiedler noch so viele angetroffen hatte, infolge der unausgesetzten und rücksichtslosen Nach- stellungen berichtete. Schon damals mußte der Bedarf von Aegina und Salamis aus gedeckt werden. Nach all dem muß man eigentlich staunen, daß es bei Athen heut- zutage überhaupt noch Steinhühner gibt. Im hiesigen Museum befindet sich ein sehr schönes Stück aus der Gegend von Megara, welches durch die gesättigt weinrötliche Rückenfärbung auffällt, und im Jahre 1898 bekam das Museum in Athen einen inter- essanten Albino von Skaramanga. Dieses seltene Stück ist fast ganz weiß, bis auf einen schwachen Stich ins Gelbliche und die dunklen Kanten der Brustfedern. Auf dem Peloponnes fand vor Jahren Fiedler Steinhühner, und zwar bei Akrokorinth, bei Kalavryta und bei Epidauros, wo am 4. Juli die Jungen noch kaum flügge waren. Aus der Umgebung von Tripolis (Arkadien) liegen mir drei von Professor Langhadis gesammelte Hähne und ein wenige Wochen altes Hühnchen vor. Die Hähne sind voneinander in bezug auf Größe und Schärfe der Gefiederfärbung wirklich sehr verschieden. Aus dem Gebiete des Taygetos kann ich bloß eine Henne aufweisen, die infolge ihrer Mutterliebe der Wissenschaft zum Opfer fiel. Sie flatterte dicht neben dem Wege, der nach Xerokampos hinabführt, in den tiefstgelegenen Nadelholzbestand, wobei sie sich anfangs lahm stellte. Als nach geraumer Zeit die unter Grasbüscheln und ver- bissenem Gesträuche sich unbeweglich drückenden Küchlein zu piepen begannen, eilte die besorgte Henne sofort laut lockend herbei. Das Dunenkleid scheint mir gegenüber dem von nordbalkanischen Vertretern am Rücken ausgeprägter schwarz und rotbraun gebändert. Aber auch knapp unterhalb des Hag. Eliasgipfels des Taygetos und in den Xero- wunibergen des Malevo stießen wir mehrfach auf Steinhühnerpaare in bedeutender Höhenlage. Nur im Winter, meinten die Hirten, kämen die Hühner für kurze Zeit auch viel tiefer herab. III. Griechenland. 415 Aus all dem geht hervor, daß Lindermayer entschieden Unrecht hat, wenn er meint, es gebe in Griechenland Steinhühner bloß in den Mittellagen der Gebirge. Graf von der Mühle stellte sie sogar im strengsten Winter auf den Gebirgen Mittelgriechen- lands fest! Gänzlich unentschieden ist es zur Stunde, ob die Hühner von Euböa hierher oder zum Chukar-Huhn zu zählen sind. Bezüglich der Brutzeit wäre zunächst hervorzuheben, daß dieselbe von Linder- mayer viel zu zeitig angegeben wurde, und daß man vor dem 1. April nach Krüpers sorgfältigen Aufzeichnungen schwerlich Gelege findet. In den Gebirgen dagegen ver- zögert sich die Legezeit so sehr, daß man oft noch im Juni frische Gelege er- halten kann. Die Eieranzahl im Gelege erreicht selten 10 Stück und dürfte 14 kaum je über- steigen. Zur Beschreibung liegen mir 16 Stücke von verschiedenen Gelegen, aus dem Parnaßgebiete und zwei aus Akarnanien, durchwegs von Dr. Krüper und dessen Sammlern zwischen dem 10. April und 12. Mai zusammengebracht, vor. Es ergibt sich zunächst, daß es unrichtig ist, wenn Simpson bemerkt, ihre Grund- farbe gleiche der des Rebhuhneies; vielmehr haben sie die schöne, rahmgelbe Farbe der Eier des Genus Caccabis und scheinen mir von sämtlichen Vertretern dieser Gattung am wenigsten Neigung zur Fleckenzeichnung zu besitzen. Sieben von den obigen Eiern sind vollständig ungefleckt, so daß die Beschreibung des alten Thienemann vollständig zutrifft: „Die Grundfarbe ist gelblich bei den grie- chischen Exemplaren ohne Flecken oder mit wenigen, zuweilen auch ziemlich vielen, kleineren und größeren runden gelb- oder graubraunen Fleekchen.“ Zumeist ist die Fleckung unbedeutend! Rostbraune Wolken von akzessorischer Herkunft treten hier und da auf, ein Stück ist vollständig und gleichmäßig dunkel mit dieser Farbe über- zogen, als wäre es künstlich gebeizt, wie dies auch bei manchen Podiceps-Eiern bekannt- lich vorzukommen pflegt. Maß und Gewicht dieser Eier: L. 426 42 41:9 41 405 405 404 40 396 396 mm Br7293:8 30:8 304 29 304 304 30 30412573077 30:7 mm Gew. 217 231 240 200 237 207 239 232 236 223 cg 165 39:4 39:3 39-2 39:1 39 33:9 mm Br. 30:8 30:1 29:7 29:8 30:2 30 mm Gew. 234 222 162 219 208 212 cg Die Jagd auf das griechische Steinhuhn ist selbst mit Hilfe eines fermen Hühner- hundes sehr anstrengend und wird durch die sengende Hitze und den fast überall empfindlichen Mangel an frischem Trinkwasser noch bedeutend erschwert. Es möge deren treffliche Schilderung von Kapitän Sperling hier folgen: „Die Steinhuhnjagd ist bei der gräßlichen Hitze eine schwere Arbeit und die Bewegungen, die man dabei aus- zuführen hat, passen besser für ein Känguruh und wenn man endlich schießen will, fällt man sicherlich in ein Loch.“ Interessant ist, daß, wie Sonnini Il, p. 164 mitteilt, auch auf dem Peloponnes die in der Herzegowina noch heutzutage übliche Jagd mit dem Schirme („Igram“) betrieben wurde, auf dessen Leinwand dort sogar ein Stein- huhn gemalt zu werden pflegte. 416 Ornis balcanica. Schon Lindermayer und Graf von der Mühle erwähnen, daß das Steinhuhn in Griechenland ein beliebter Käfigvogel ist. Dies ist auch heute noch der Fall und jedem Ankömmling im Piräus z. B. müssen die vielen bedauernswerten Hühner auf- fallen, welche in glockenförmigen Weidengeflechten vor den Verkaufsläden hängen und ungestört durch das rege Treiben des Hafenplatzes ihren lauten, schmetternden Ruf hören lassen, als ob sie sich draußen in ihrer felsigen Heimat befänden. Trotz der qualvollen Enge ihres Käfigs halten sie tatsächlich jahrelang aus. Perdix perdix (L.), Starna cinerea L. — Rebhuhn. Wenn nicht, wie mit Grund anzunehmen ist, aus den angrenzenden Gebieten der europäischen Türkei hier und da ein Zuzug südwärts stattfände, könnte man den Be- stand an Rebhühnern auf griechischem Boden so gut wie als erloschen bezeichnen. So wird es beispielsweise von Th. v. Heldreich tatsächlich unter die zweifelhaften Arten eingereiht und nur in der Anmerkung (p. 49) erwähnt. Während früher die Verbreitung bis tief nach Mittelgriechenland reichte, ist durch ebenso unvernünftige als rücksichtslose Verfolgung das Rebhuhn geradezu ausgerottet worden und wäre sonach die diesbezügliche, seit Naumann bestehende Angabe in Brehms „Tierleben“ richtigzustellen. Das British Museum in London ist meines Wissens die einzige Anstalt, welche dieses Huhn aus unserem Gebiete besitzt, indem drei von Lord J.Browne in Thessa- lien erlegte Stücke dort aufbewahrt werden (Cat. of Birds, vol. XXI, p. 190). Zu den Zeiten Lindermayers und Grafen von der Mühles reichte die Ver- breitung ziemlich weit nach Süden, denn jener traf Rebhühner zur Winterszeit im Oeta und im Berglande Agrapha, der Zweitgenannte dagegen einzelne Ketten an den Fluß- läufen der Ebenen bei Armyro, Surpi, Lamia, ja sogar bei Theben. Schon damals aber wird berichtet, daß sie in den bebauten Niederungen nördlich der Grenze viel häufiger seien. In den Resten der Sammlung des Grafen von der Mühle zu Regensburg habe ich jedoch kein Stück aus Griechenland vorgefunden. In den übrigen Landesteilen sowie auf den sämtlichen Inseln hat es, wie auch Sonnini und Erhard bezeugen, niemals Rebhühner gegeben, und wenn in nichtnatur- wissenschaftlichen Werken solche gelegentlich erwähnt werden (wie z. B. von Baron Warsberg auf Korfu), so handelt es sich natürlich stets um Steinhühner oder von aus- wärts zugeführtes Wildbret. Gegenwärtig sollen, wie mir St. Strimmeneas berichtet, Rebhühner in Thessalien nur noch äußerst selten zu finden sein, und zwar am ehesten in der Umgebung von Trikkala. Dasselbe gilt auch für die Grenzgebiete im Westen, wo in der Gegend von Arta der Bestand von Jahr zu Jahr zurückging. Petros, der Bruder des Apothekers in Missolonghi, welcher 1397 im Kriege starb, schrieb mir aus Arta, daß Rebhühner nur auf türkischem Gebiete vorhanden seien und daß das Vorkommen auf der griechischen Seite dort überhaupt sehr fraglich sei. Phasianus colchicus L. — Fasan. Die Frage, ob der Fasan ursprünglich in Griechenland einheimisch war oder in früher Zeit aus dem Osten dahin eingeführt wurde, dürfte heutzutage kaum mehr zu III. Griechenland. 417 lösen sein. Die vielen diesbezüglichen Angaben in der antiken Literatur sind hierfür entweder gar nicht verwendbar oder so unzulänglich, daß sie durchaus keinen sicheren Rückschluß gestatten. Jedoch deuten meiner Meinung nach gerade die Örtlichkeiten, wo sich die letzten Reste des ehemaligen weitverbreiteten Bestandes bis in die jüngste Zeit erhalten hatten, eher darauf hin, daß wir es mit einem spontanen Vorkommen zu tun haben, welcher Anschauung übrigens auch Temminck und Dubois waren. Gegenwärtig darf der Vogel im Gebiete des Königreiches als nahezu ausgerottet bezeichnet werden. 1894 schon wurde mir sein vollständiges Verschwinden in der Gegend der Vrachoriseen in Akarnanien allseits bestätigt. Später noch als dort hielten die Fasane den Nachstellungen im Küstengebiete des Golfes von Arta stand, nahmen aber auch hier alljährlich ab und sind gegenwärtig nach den Erkundigungen des später verstorbenen Petros aus Missolonghi nur noch auf türkischem Gebiete, wo nur wenig oder gar nicht auf sie gejagt wird, zu finden. Nach St. Strimmeneas verstreicht der Fasan auch jetzt noch hier und da längs der thessalisch-türkischen Grenze auf griechisches Gebiet, von einer dauernden Ansied- lung sei aber auch hier keine Rede. Im Gegensatze zu meiner oben angedeuteten Vermutung ist bei folgenden Autoren die Rede von der Einbürgerung des Fasanes aus Asien (Kolchis, „Argonauten- sage“ ete.): Chr. L. Brehm (1824 und 1832), Naumann (der sogar die natürliche Weiterverbreitung von Griechenland aus nach anderen südeuropäischen Ländern an- nahm!), Gloger, Baedeker und Päßler (Eierwerk), Altum und A. Brehm („Tier- leben“). Über die frühere Verbreitung des schönen Vogels finde ich folgendes: Als erster berichtet Sonnini, daß im Winter zuweilen Fasane aus den Wäldern Thessaliens nach den nördlichsten Inseln des Archipels, unter welchen wohl die bewaldeten der nörd- lichen Sporaden gemeint sein dürften, verstreichen. Erhard erfuhr nur von einem einzigen Falle des Erlegens im Winter auf Syra. Auf dem Festlande stellte 1836 der sächsische Bergmann Fiedler das ziemlich zahlreiche Vorkommen in der Ebene am Westende des kleinen Vrachorisees,!) in den schütteren Waldungen am rechten Spercheiosufer und am Sumpfe bei Känurion unweit der Thermopylen fest. Im Tale von Tempe erwähnen ihn Elwes und Buckley 1369 mit dem Beisatze, daß er dort immer seltener werde. “ An diese Standorte reihen sich weiters die von Lindermayer und Grafen von der Mühle ausgekundschafteten in den Sümpfen bei Theben, Livadiä und Euböa, ja sogar im großen ehemaligen Olivenwalde bei Athen an, wo er indes schon zur Zeit, als Athen Landeshauptstadt wurde, infolge der fortschreitenden Kultur und sonstiger Beunruhigungen verschwand. Mit beredten Worten kündigte Lindermayer die unvermeidliche Ausrottung des Fasans infolge der unvernünftigen Nachstellungen von Seite der Griechen an, ein Um- stand, welchen Brehm („Stiftungsfest“ ete.) lebhaft bedauert. Dem Grafen von der Mühle nebst seinen Jagdgenossen war es noch beschieden, die Jagd auf dieses edle Wild in Griechenland auszuüben. Er erzählt, daß der Fasan dort statt auf Bäumen, auf Binsenschöpfen und Brombeerhecken nächtigte, und schil- derte ferner die Mühseligkeiten der Jagd im unwegsamen Sumpfgelände, wobei von den Bayern aus der Heimat mitgebrachte Dachshunde mit Erfolg verwendet wurden. 1) Später hier von Lord Lilford bestätigt, gleich darauf von Simpson in lebendiger Schilderung als ausgerottet („Ibis* 1860) und von Krüper (1874) als „beinahe verschwunden“ bezeichnet. Reiser, Ornis balcanica. II. 2 413 Ornis balcanica. Soweit mir bisher bekannt wurde, ist der alte, prächtige, im Universitätsmuseum in Athen aufbewahrte Hahn vom Vrachorisee in Akarnanien das letzte und einzige Überbleibsel des einstigen Fasanbestandes im Gebiete. Der Vogel wurde von dort in den Fünfzigerjahren (s. Cab. Journ. f. Om. 1862, S. 317) eingeliefert und 1859 von Schrader sen. vortrefllich restauriert. Vielleicht ist dies derselbe Vogel, als dessen Herkunft v. Heldreich, welcher im übrigen keine neuen Daten bietet, die Umgebung von Lamia zu Beginn der Regentschaft König Ottos angibt. Coturnix coturnix (L.),. Coturnix dactylisonans Meyer — Wachtel. Von Jahr zu Jahr verringert sich die Zahl der m Mitteleuropa den Sommer zu- bringenden Wachteln und m unzähligen Nummern der verschiedensten Jagdzeitungen wird über diese Tatsache ein Klagelied angestimmt. In den nachfolgenden Zeilen wird unter anderem auch darzulegen gesucht werden, inwieferne die Verfolgung der Wachtel auf griechischem Boden Ursache ihrer Verminderung im ihrem nördlicheren Brutgebiete geworden ist. Wenn man die Wachtel für Griechenland sowohl als Durchzugs- wie auch als überwinternden und sogar als Brutvogel betrachtet, wie dies die meisten Autoren tun, so hat es damit seine volle Richtigkeit. Weitaus die kleinste Anzahl ist aber die, welche sich wirklich im Lande zum Brüten entschließt; denn solche Tiere, welche man spät im Mai und noch im Juni findet, sind immerhin zumeist am Zuge verspätete oder im Zuge aus verschiedenen Gründen aufgehaltene Stücke. Zum Nisten scheint die Wachtel in Griechenland die Gebirge zu bevorzugen, wo sie spät zu legen beginnt. Krüper bekam Eier im Juni und Juli und tatsächlich be- sitze ich Eier, welche der Genannte am 20. Juni 1386 aus dem Veluchigebirge erhalten hatte. Aber auch in den Tälern Mittelgriechenlands (Lindermayer), in den getreide- reichen Ebenen des Peloponnes (Graf von der Mühle) und auf Korfu (Drummond) bleiben einzelne Paare zum Brüten zurück. Ein solches hatte sieh auch die kleine Quarantäneinsel Hag. Georgios bei Salamis als Niststätte auserwählt, wo ich am 22. April 1597 ein auf 14 Eiern brütendes Weibchen antraf — gewiß eine außerordentlich frühe Legezeit. >edeutend größer als die Zahl der Brutvögel ist jene der überwinternden Wach- ten. Solchen bin ich mehrmals begegnet. Auf der kleinen Insel Vido unweit des Hafens von Korfu!) wurde in meiner Gegenwart ein wohlgenährtes Männchen am 17. Jänner 1897 geschossen und am 4. Februar 1897 stieß ich mehrere Wachteln am Fuße des Varassovo auf. Dies ist jene Gegend, von der schon 1860 Simpson sagt, daß viele Wachteln überwintern und wo im Dezember die beste Zeit zur Jagd ist, während zu Beginn der Wanderungen dort bedeutend weniger Zugwachteln zu finden sind als auf den Jonischen Inseln. Auch in dem gegenüberliegenden Patras beobachtete Baron Schilling am 15. Jänner 1899 eine und am 5. Februar desselben Jahres eine zweite, in einem Karfiol- beet überwinternde Wachtel. Graf von der Mühle gibt an, daß man sie zur Winters- zeit auf der Mittagsseite der Berge in kleinen Tälern und Schluchten hinter niederem (Gebüsch versteckt findet. Erhard kennt die, Wachtel ebenfalls als auf den Kykladen überwinternd, gibt aber an, daß sie im Frühling eine ganz andere Zugstraße haben müsse, weil er keine einzige zu dieser Jahreszeit dort angetroffen habe. Höchst wahrscheinlich handelt es !) Drummond und Lord Lilford berichten auch vom Überwintern auf Korfu selbst. III. Griechenland. 419 sich hier aber nur um mangelhafte Beobachtungen, da ich z. B. auf der kleinen Insel Erimomilos im Juni sehr viele Federn der Wachtel gefunden habe, die wohl nur von Teilnehmern des Frühjahrszuges herrühren konnten. Hiermit sind wir aber auch bei dem für Griechenland wichtigsten Abschnitt, den Wanderflügen der Wachtel, angekommen. In früheren Jahrzehnten wußte man, zumeist der Schilderung Sonninis folgend, nur, daß es am Zuge in Griechenland von Wachteln wimmle und daß die griechischen Inseln von ihnen gleichsam überschwemmt würden; so,Naumann, Gloger, Degland u.a.ım. Heutzutage sind wir schon genauer unterrichtet und wissen, daß die Wande- rung vornehmlich längs der Küsten erfolgt. Sonnini betont zunächst die zahllose Menge der Zugwachteln, weiters die merkwürdige Erscheinung, daß diese fetten Vögel überhaupt imstande sind, eine so weite Reise zurückzulegen, und fährt dann fort: „Sie befolgen bei diesen Wanderungen immer den nämlichen Weg und entfernen sich nur höchst selten davon; auf einige Inseln gelangen sie daher in ungeheurer Menge, auf andere nur in geringer Anzahl und auf einige überhaupt gar nicht. Der stärkste Zug findet hier um den 20. April und dann wieder um den 20. August statt, doch ziehen sie auch noch während des ganzen Septembers.“ Die meisten Autoren geben die Zugzeiten nur beiläufig an; so Lindermayer Ende März,!) v. Heldreich März einerseits und August-September andererseits, Krüper: „Der Frühjahrszug beginnt im März, der Herbstzug schon nach Mitte August und im September“, Erzherzog Ludwig Salvator für Paxos und Antipaxos: April und wenige noch im Mai, dann Rückkehr im August. Nach Lord Lilford beginnt die Frühjahrsreisezeit im März; doch zieht der größte Teil gegen Mitte April. Im Herbst beobachtete er Zugwachteln spät im August oder Anfang September. Von der gleichen Örtlichkeit, nämlich Korfu, erwähnt Drummond: „Die erste Wachtel erscheint gegen den 27. März (nach anderer Quelle im Jahre 1356 am 20. März und 1855 Anfang September am Herbstzuge), doch die Hauptmasse, deren Erscheinen sehr vom Winde abhängig ist (sie benötigen Südwind!), kommt erst gegen 15. April an. Viele von ihnen sind so müde, daß es ihnen unmöglich ist, das Land zu erreichen; sie fallen in das Meer, wo sie gewöhnlich von Silbermöwen und Raben ver- zehrt werden, die zu dieser Zeit in großer Menge über dem Meere schweben. Gegen den 15. August kehren die Wachteln zurück. Die Mägen einiger, die ich untersuchte, enthielten Reste von großen Hornissen und braunen Motten in bedeutender Menge.“ In Akarnanien fand und schoß ich die ersten Zugwachteln bei Känurion am 25. März 1897; und am 23. März 1897 scheuchte Santarius zwischen Naupaktos und Antirrhion eine große Zahl von solchen aus den Binsen (Seirpus) auf. Auf Korfu gab es vor dem 19. April 1894 sehr viele am Zuge und am 21. April stiegen vor uns einzelne fortwährend aus der blanken Sanddüne von Korissia auf, wovon mehrere erlegt wurden. Selbst am 2. Mai 1597 erlegten wir auf dieser Insel noch zwei am Kastellberge Angelo bei Paläokastrizza. Fälle, bei denen es mir zweifelhaft erscheint, ob es sich dabei um Wachteln han- delt, welche noch am Zuge begriffen waren, wären folgende: Am 7. und 8. Mai 1898, je eine am Kap Geraki auf Zante und im Schilfgras nahe der Hauptstadt, dann unweit von dort am 12. Mai auf der kleinen Insel Peluso und am 14. und 16. Mai auf den Strophaden. 1) Dabei außerdem die falsche Angabe, daß der Hauptwachtelfang in Griechenland im Frühling stattfinde. 27* 420 Ornis baleanica. Dagegen flog am 30. April 1897 eine zweifellose Zugwachtel unweit Modon das Deck des Lloyddampfers „Vorwärts“ entlang. Nach Aussage der Bewohner dieser Stadt gibt es hier im September einen großartigen Wachtelzug, der aber nur drei, höchstens fünf Tage wirklich ununterbrochen andauert. Über Art und Weise des Zuges erfahren wir von Dubois: „Die Wachteln kom- men in Griechenland nach Millionen zusammen und erwarten günstigen Wind. Dann erheben sie sich für die Abreise wie eine ungeheure schwarze Wolke. Sie ruhen sich auf Inseln und Felsen, welche sie finden, aus, fallen aber auch öfters zu Tausenden auf Schiffen nieder und werden durch eintretendes Unwetter manchmal in großer An- zahl vernichtet.“ Eine treffende Schilderung des Verhaltens auf dem Herbstzuge in Griechenland verdanken wir Grafen von der Mühle: „Vom Anfange des September an wimmelt es in den- Feldern längs der Meeresküste von Wachteln. In dem Gesträuche längs den Abzugsgräben, in jedem Gestrüppe, hinter jeder Scholle fliegt dem Jäger eine Wachtel auf und wenige Stunden genügen, um die Weidtasche zu füllen. Manchen Morgen trifft man, wenn nachts Scirocco geblasen, keine Wachtel mehr an denselben Plätzen, wo tags zuvor ganze Scharen lagen. Plötzlich erscheinen wieder ganze Flüge, bald zum Platzen fett, bald außerordentlich mager, und so wechselt denn beständig die Jagd, bis Nachtfröste die letzten Durchreisenden verscheucht haben.“ Bezüglich der Ursache der Verdichtung der Wachtelflüge gegen Süden zu scheint mir Philippson, in seinem vorzüglichen Werke über den Peloponnes, die richtigste Auffassung wiederzugeben: „Die Wachteln fallen im August und September in unge- heuren Scharen auf ihrem nordsüdlichen Wanderzuge in der Mani (Maina) ein, während sie in umgekehrter Richtung ziehend, im Frühjahre nur wenig beobachtet werden. Der Grund hierfür wird der sein, daß die Vögel, ehe sie das Meer übersetzen, möglichst lange dem Lande zu folgen suchen und daher auf den spitzzulaufenden Südenden des Kontinents wie in einem Trichter in großer Zahl zusammengeführt werden, während in der umgekehrten Richtung eine solche Veranlassung zur Sammlung in diesen Halbinseln nicht vorliegt.“ Schließlich möge das hier Platz finden, was über die Jagd, den Fang und die Konservierung der getöteten Wachteln bisher aus Griechenland bekannt geworden ist. Wie schon aus den obigen Worten Philippsons zu entnehmen ist, wird der Massenfang im Süden des Peloponnes nur zur Herbstzeit betrieben und im Frühling habe ich bloß auf den westgriechischen Inseln, wo die Bevölkerung überhaupt an- spruchsvoller ist, und zwar namentlich in Korfu Wachteln korbweise auf den Markt bringen gesehen. Einer der wichtigsten und ältesten Berichte ist der folgende, von den Mitgliedern der Exped. seient. de Mor. erstattete: „Glücklicherweise hat der Krieg nicht eine Quelle des Reichtums einiger Gegenden des Peloponnes zerstört, nämlich die Zugwachteln, welche gegen Ende September in unzähligen Scharen hauptsächlich in der Maina, im Gebiete der Kakowunioten eintreffen. Diese Vögel bedecken dann die Gegend durch mehrere Tage und liest oft eine an der anderen. „Von dem Moment an, sobald die Wachteln angekommen sind, beeilen sich die Bewohner, um auf sie Jagd zu machen, bevor sie sich von ihrer Ermattung erholt haben. Zu dieser Zeit beginnen die Mainoten eine Tätigkeit, welche man tatsächlich als Ernte bezeichnen kann. Vom Ende des Sommers an beginnen sich die Frauen darauf vor- zubereiten, indem sie alle Felslöcher mit Meerwasser füllen, wozu sie sich großer, auf langen Stielen getragener Holzeimer bedienen. Diese Salzlachen, welche fast täglich IIl. Griechenland. 421 aufgefüllt werden, dienen, wenn sie vollständig verdunstet sind, als Sammelstellen für Seesalz, welches zwar sehr unrein und bitter ist, jedoch dem Zwecke, für den es ver- wendet wird, genügt. Zur gleichen Zeit markieren die Männer mittels einiger nach Art der Grenzsteine aufgestellter Steine die Flächen, welche ihnen gehören, um das Recht des Besitzes der Wachteln festzustellen, welche sich hier niederlassen werden. Wenn diese endlich ankommen, sind sie so müde, daß sie fast eine Viertelstunde in einer fast vollständigen Unbeweglichkeit verbleiben. Man fängt sie dann in ungeheurer Zahl mit Netzen, welche denen der Entomologen (Schmetterlingsnetzen!) sehr ähnlich sind. Die Bewohner sagen, daß die Vorsehung, welche ihnen die Wachteln schickt, denselben auch die Möglichkeit benimmt, davonzufliegen. „Während die Männer sich auf diese Art der ergiebigsten Jagd hingeben, rupfen die Frauen die bereits gefangenen Wachteln, schneiden ihnen die Ständer ab, weiden sie aus, pressen sie unter mit Steinen beschwerten Brettern, um sie ein wenig plattzu- drücken, worauf sie dieselben in verschieden geformte Gefäße zwischen Schichten jenes Seesalzes einlegen, welches sie auf die oben beschriebene Art bereitet haben.!) „Die so zubereiteten und eingesalzenen Wachteln sind für die Maina der Gegen- stand eines einträglichen Handels. Man versendet sie fast in den ganzen Orient. Sie sind außerdem zur Zeit, wo sie in so großem Überflusse vorhanden sind, die Haupt- nahrung der Kakowunioten. „Ist aber diese Zeit vorüber, so findet man im ganzen Lande nur noch wenige sefangene Wachteln, welche von den Wohlhabenden gefüttert und gepflegt werden, die übrige Bevölkerung lebt dann ausschließlich von Cerealien. „Derjenige, welcher die Maina bereist, findet oft ganze Haufen von Wachtel-Köpfen und -Ständern als Überbleibsel dieser reichlichen und ergiebigen Jagd.“ Ein anderes Konservierungsverfahren teilt Sonnini mit: „Die Einwohner von Santorin, wo sich diese Vögel vorzüglich zahlreich einstellen, legen große Vorräte davon in Weinessig ein und machen damit ein gutes Geschäft. An der Küste des Peloponnes und auf der Insel Cerigo werden die Wachteln eingesalzen und auf die anderen Inseln im Archipel verkauft; aber so zubereitet sind sie ein sehr schlechtes Essen.“ Weitere Mitteilungen über die Art und Weise des Fanges auf Kythera finden sich bei Jameson: „Die Wachteln werden dort von den Bewohnern, die sich zu zweien oder dreien auf die Jagd begeben, mittels einer Art von Vorstehhunden aufgesucht und mit Handnetzen gefangen. Das Netz hat einen etwas ovalen Reifen von 2—3 Fuß Umfang und der Stiel mißt 10—15 Fuß Länge. Mit dieser Waffe ausgerüstet bringen drei Personen in einem Tage 20—30 Paar Wachteln zusammen. Sobald der Hund vorsteht, eilen die Fänger herbei, umstellen die Gebüsche, in denen die Wachteln nahe beisammen zu liegen pflegen, halten die Netze fangbereit und lassen dann den Hund einspringen. Beim Auffliegen der Wachteln hascht dann jeder Fänger mit seinem Netze nach einem Vogel, verfehlt, wenn er geschickt ist, selten sein Ziel und ver- wickelt die Wachtel, indem er das Netz in der Luft umdreht. Gleich nach ihrer An- kunft sind die Wachteln oft derart ermattet, daß man sie entweder mit der Hand oder mit den primitivsten Netzen /fangen kann. Im Frühjahr sind sie so mager, daß man sich um sie gar nicht kümmert, im Spätherbst dagegen sehr fett, so daß man sie als Leckerbissen schätzt. Eine Menge wird gefangen gehalten und gemästet; ohne gute Wartung gehen sie jedoch bald ein. Privatleute haben im Herbste mehrere 1) An anderer Stelle (p. 443) erfahren wir, daß auch kleine Zwiebel überall dort gebaut werden, um bei dem Einlegen der Wachteln verwendet zu werden. 422 Ornis balcanica. Hundert eingesperrt gehalten, aber sie verendeten alle, bevor die kalte Witterung eintrat.“ Ein besonders günstiger Punkt für die Jagd auf Zugwachteln muß die nördlich von Korfu gelegene Insel Fano (Othoni) sein. Hier lassen sich die Wachteln nach Lord Lilford in unglaublicher Menge nieder, verbleiben jedoch oft bloß eine Nacht. Drummond erzählt, daß dort ein einziger Schütze in zwei bis drei Stunden 50 oder 60 Stück erlegt habe. Nicht minder viele liefern die kleinen Eilande Antipaxos und Chalkonisi laut Erz- herzog Ludwig Salvator. Nach ihm erlegt man sie mit dem Gewehre oder fängt sie mit Steinplatten (Plakkas) mit einem Holz darunter als Fallen und einer Aushöhlung im Boden, in welche man Getreide streut. Man setzt sie dann in Käfige aus Pfahlrohr, welche zwei Stockwerke haben, und versendet sie nach Korfu usw. Auch fängt man sie mit einem 1—1!/, Faden langen Pfahlrohr, indem ein Mann auf allen Vieren kriechend eine Schlinge aus Seiden- würmerfaden (Pel di Spagna) dem Vogel um den Hals wirft und ihn dann mit dem Rohre berührt; indem das Tier davon will, bleibt es in der Schlinge gefangen. Ein Mann fängt damit manchmal bis 30 Wachteln in einem Tage, wobei die Müdigkeit der armen Vögel, die von der langen Reise eben angekommen sind, die Aufgabe sehr er- leichtert. Diese Art des Fangens ist auch in Lakka üblich. Einst erlegte ein Jäger in drei Stunden 180 Wachteln. Auf Paxos kostet ein Paar 30—36, im August 60 Lepta. Dieser Fang mit Schlingen und allen möglichen anderen Vorrichtungen, welcher sonst in Griechenland glücklicherweise durchaus nicht üblich ist, scheint doch auch in der Maina angewendet zu werden; denn Graf von der Mühle, welcher gerade dort persönlich beobachtet hat, sagt: „Man fängt sie mit Fuß- und Halsschlingen, mit Klebe- und Steckgarnen, vorzüglich mit einer Art Tyrass, der sehr groß und aus Fischernetzen gemacht ist. Diese Erwerbsquelle ist für manche Gegenden so bedeutend, daß der Minister Coletti, als im Jahre 1834 bei dem Aufruhr in der Maina aller Pulverver- kauf dorthin verboten werden sollte, sich im Ministerrat gegen diese Maßregel erklärte, weil dadurch den Einwohnern ihr wichtigster Nahrungszweig geraubt oder doch ge- schmälert würde.“ Auch der Geologe Fiedler beobachtete sowohl hier wie auf Delos und nament- lich auf Santorin den Wachtelfang. Im Jahre 1836 klagte man ihm, daß der Zug sehr schwach sei. Das Stück wurde mit 20 Lepta verkauft. Der Fang mit dem Schmetter- lingsnetze wird nach seiner Erfahrung von den Mainoten viel geschickter ausgeführt als auf Santorin; aber trotzdem fängt man auf dieser Insel, wenn man vom Glück be- günstigt ist, 10—12 Stück in einer Stunde. Weiters sagt Fiedler: „Da man bei weitem mehr fängt, als man verbrauchen kann, so bewahrt man sie auf zweierlei Art auf: sie werden gehörig gereinigt, in einen Kessel mit kochendem Wasser geworfen, jedoch, nachdem ein paar Walle über sie gegangen sind, schnell wieder herausgenom- men und solchergestalt angesotten in Essig gelegt oder man legt sie so vorbereitet in Vino santo.“ Die Athener Ornithologen berichten, daß in früherer Zeit sehr viele Fäßchen mit konservierten Wachteln in der Landeshauptstadt verbraucht wurden. Man verspeiste sie im Winter meistens am Spieß gebraten oder auf verschiedene Weise zubereitet. Jedenfalls ist in den letzten Jahrzehnten die Anzahl der durchziehenden und folglich auch der erbeuteten Wachteln in Griechenland erheblich zurückgegangen; aber immerhin bilden sie auch heutzutage noch einen nennenswerten Ausfuhrartikel. So III. Griechenland. 423 z. B. wurden vom 20. bis 24. September 1866 in der Maina tausende gefangen („Griechi- sche Mittelzeiten*) und über den Herbstzug des Jahres 1856 erfahren wir von Phi- lippson: „Die ganze Bevölkerung der Mani ist in dieser Zeit mit der „Ernte“ dieser sonderbaren Frucht beschäftigt. Eingesalzen oder in Öl konserviert, bilden sie im ganzen Winter hindurch die Hauptnahrung der Maniaten. Außerdem kommen sie zur Ausfuhr, teils lebendig, teils gesalzen, und zwar hauptsächlich nach Marseille. Der Zollwächter von Gerolimenas versicherte mir, daß im letzten Herbst (1886) von diesem Hafen allem 120.000 Stück Wachteln verschifft worden seien, im Werte von 30.000 Drachmen.“ Angesichts solcher Zahlen ist es nun nicht zu wundern, daß sich bei uns im Nor- den von Jahr zu Jahr weniger Brutwachteln einstellen, aber ich glaube kaum, daß deswegen der armen Bevölkerung des südlichen Griechenlands die Wohltat des Wachtel- fanges entzogen werden darf, wenigstens insoferne nicht, als es sich dabei um ihren eigenen Bedarf handelt. Jedenfalls würde aber die griechische Regierung ein gutes Werk vollführen, wenn der Fang wie die Jagd auf Wachteln im Frühling gänzlich verboten würde — ein Verbot, welches von der Bevölkerung durchaus nicht als hart empfunden und eine entschiedene Wendung zum Besseren bedeuten würde. Zum Schlusse nur noch die Bemerkung, daß auf meinen Reisen zwar des öfteren Wachteln erlegt, aber nur wenige präpariert wurden, weil an keiner irgend eine be- merkenswerte Abweichung in Färbung, Größe usw. wahrzunehmen war. Turtur turtur (L.), Turtur auritus Ray. — Turteltaube. Sie ist einer der allbekanntesten Vögel in Griechenland, denn während ihrer Frühjahrs- und Herbstwanderung berührt sie in ganz unglaublichen Massen dieses Land, alt und jung, Reichen wie Armen willkommene Jagdgelegenheit bietend und den Be- wohnern der Paläste ebensowohl wie jenen der armseligsten Rohrhütte eine nicht zu unterschätzende Abwechslung in der täglichen Kost gewährend. Bezüglich der Zeit ihres Eintreffens in Griechenland aus dem Süden im Frühling wäre zu bemerken, daß hierbei entweder seit den letzen 6—7 Jahrzehnten eine Ver- schiebung eingetreten ist, oder daß wir es bei den älteren Autoren mit unrichtigen Angaben zu tun haben. Während nämlich Lord Lilford für Korfu ihre Ankunft in großer Zahl Anfang April, Lindermayer für Attika ausdrücklich mit 1. bis 5. April (etwa griechischer Kalen- der?) in Scharen angibt, Graf von der Mühle sogar Ende März bis zu 50 Stück an einem Tage geschossen haben will, lauten die genauen Beobachtungen anderer auf eine wesentlich spätere Ankunftszeit. Zunächst ist es Drummond, der für Korfu (und zwar in großer Menge) den 15. April nennt, wo auch ich am 19. April 1894 eben angekommene Flüge in den Olivenpflanzungen von Kalikiopulo feststellte und am 24. April 1856 die ersten ver- zeichnet wurden. Die genauen Aufzeichnungen Krüpers für die Umgebung von Athen ergeben als Ankunftstage: 1867: 17. April, 1573: 12. April, 1874: 26. April. Schließlich kann ich hinzufügen für 1397: 13. April (Kephissia). Noch viel unbestimmter sind die Angaben betrefis des Herbstdurchzuges. Fiedler sagt, daß sie Ende August auf Syra noch selten und teuer 'sind, Linder- mayer dagegen verlegt die Hauptjagd auf Alte wie Junge in den August. Graf von 424 Ornis balcanica. der Mühle wieder vermerkt die ersten kleinen Flüge Anfang September und den Ab- zug Anfang November. Hofgärtner F. Schmidt fand am 22. August 1366 einzelne Turteltauben, am 16. September aber Tausende auf Kap Kolonne im Dorfe Bary. Schließlich gibt Lord Lilford an, daß sie Korfu sogar schon Ende August ver- lassen. Wahrlich, bei einem so allgemein bekannten und allerorts im ganzen Lande be- gehrten Federwilde wäre es für die griechischen gebildeteren Jäger oder die griechi- sche Regierung ein leichtes, hierin Klarheit zu schaffen! Um ein übersichtliches Bild der Verbreitung zu gewinnen, lasse ich jene Inseln folgen, wo die Wanderflüge der Turteltaube von verschiedenen Beobachtern in größerer oder geringerer Zahl festgestellt wurden: Korfu: Drummond und Lord Lilford. Von beiden wird auch das Brüten behauptet. Auch Kapitän Sperling fand sie auf den Jonischen Inseln im allgemeinen sowie an der gegenüberliegenden Küste Griechenlands während des Sommers sehr häufig. Wir trafen auf Korfu die größte Anzahl stets in dem Wacholderdickicht (Juniperus macrocarpa) auf der Düne von Korissia bei unseren dortigen Streif- zügen am 21. April 1894, 4. Mai 1897 und sogar noch am 25. Juli 1894 an. Auch bei Paläokastrizza gab es am 2. Mai geradezu unzählig viele. Paxos: Erzherzog Ludwig Salvator erzählt, daß sie auf dieser kleinen Insel massen- haft erlegt und zumeist nach Korfu, das Paar für 30—48 Lepta,!) verkauft werden. Zante: Auf dieser Insel konnte ich 1898 selbst genau kennen lernen, in welchen Men- gen die Turteltauben im Frühling dort einfallen und zu dieser Zeit nahezu die ganze Bevölkerung in Atem halten. Vom 6. bis 12. Mai gab es auf allen unseren Ausflügen auf Zante, von Katastari bis Vasilikos und Keri im Süden, ja mitten in der Hauptstadt selbst, ganz unglaubliche Mengen. Auch die Eichenwälder des Skopos waren von ihnen belebt und sogar vom höchsten, gänzlich verödeten Plateau der Vrachiona scheuchte ich vier Stück auf. Bei Keri wurden binnen zwei Tagen damals über 600 Stück erlegt. Auf dem Markte standen Körbe mit dicht aneinandergedrängten Tauben, welche — der italienische Einfluß auf Zante ist auch hier unverkennbar — in Haarschlingen gefangen werden. Die meisten wandern lebend nach Patras, wo Baron Schil- ling die ersten auf dem dortigen Markte am 22. und 23. April 1599 sah, dann noch am 1. Mai etwa 100 Stücke. Strophaden: Die auf diesen Inseln, der großen ebenso wie der kleinen, in der Zeit vom 14. bis 18. Mai beobachtete Menge von ziehenden Turteltauben überstieg aber alles bisher Gesehene und es soll davon weiter unten ausführlicher die Rede sein. Kythera: Nur Jameson berichtet von ihrem zweimaligen alljährlichen Durchzuge. Santorin (Thera): Douglass traf sie hier in der ersten Maiwoche 1892 häufig an. Pholegandros: Sonnini erfuhr 1879, daß die Turteltauben auf dieser Insel am zahl- reichsten erscheinen. Naxos: Im Frühling in großen Scharen, einzeln in Olivenwäldern und Eichen von Tragäa zurückbleibend und bis Ende Juli beobachtet (Krüper). Genau am gleichen Orte konnte auch ich am 16. Juni 1894 noch eine ziemliche Anzahl fest- stellen und ein Ei wurde mir dort von einem Knaben überbracht. 1) Etwa 24—36 Heller österr. Währ. III. Griechenland. 425 Syra: Nach Fiedler in Menge im September. Ein Jäger erlegt an einem Tage 50 bis 100 Stücke! Tinos: „Von allen Inseln der Umgebung hier am häufigsten“, erfuhr Geoffroy-St. Hilaire 1829, daher von den Einwohnern in Unmasse nach der Weinlese erlegt. Andros: St. Strimmeneas findet während der Falkenjagd hier viele. Sie bilden eine gute Nahrung zur Fütterung der jungen Eleonorenfalken. St. Strimmeneas schießt am 10. September 1396 ohne viel Mühe 26 Stücke. NB. Erhard führt für die Kykladen im allgemeinen die Turteltaube bloß als Durchzugsvogel an. Euböa: Für diese große Insel von Lindermayer verzeichnet. Jora und Psathura (der Sporaden): In der letzten Woche Mai 1894 auf beiden Inseln von uns öfters beobachtet und geschossen. Nach diesen Ausführungen ist es wohl einleuchtend, daß nicht bloß auf diesem Kranze von Inseln, sondern auch auf dem griechischen Festlande die Turteltaube zur angegebenen Zeit eine überaus häufige Erscheinung ist, und ich will nur ganz kurz erwähnen, daß ich mit meinen Reisegefährten diese Taube hier vor allem an folgenden Orten in besonders auffallender Anzahl wahrnahm: In Thessalien in der Umgebung von Velestino (17. Mai), ja sogar auf einer felsigen Insel im Karlasee. Am 11. Mai ein ungeheurer Schwarm bei Athen! Solchen begegnete auch Fiedler im Lauriongebirge (bei Legrana). Auf dem Peloponnes kleine Flüge im Olivenwalde bei Astros am 16. April 1597. Schließlich in riesiger Menge vom 26. April bis 6. Mai 1894 in Akarnanien, und zwar im Sumpfwalde bei Galata, bei Aetolikon und in den Wäldern an den Vrachoriseen. An ein Überwintern der Turteltaube in Griechenland vermag ich durchaus nicht zu glauben und gebe Lindermayer vollkommen Recht, welcher die diesbezügliche Angabe Grafen von der Mühles bezweifelt. Eine andere Sache ist es mit dem Nisten in diesem Lande. Da dies von mehreren Autoren bestimmt versichert wird und Graf von der Mühle sogar ausdrücklich angibt, daß ziemlich viele in der Ebene von Lamia, bei Agrinion (Vrachori) und Surpi (nahe dem Golf von Volo) brüten, ist daran nicht zu zweifeln, zumal mitten im Sommer ein- zelne Paare an den verschiedensten Orten anzutreffen sind. Es erübrigt nun noch, einiges über die Jagd auf diese Taube zu sagen. Aus den genauen Angaben der älteren Schriftsteller geht hervor, daß in früheren Zeiten die Taubenjagd fast nur im Herbste eifrig betrieben wurde, und zwar nach der Weinlese, wenn die Tauben am fettesten sind. Die Gründe hiervon mögen verschie- dener Art sein. Vielleicht wurden zur damaligen Zeit die Fastengebote noch strenger eingehalten als dies jetzt zur Frühjahrszeit der Fall ist, weiters mag damals anderes Wild noch reichlich Ersatz geboten haben, weshalb man sich lieber auf Steinhühner und Hasen verlegte, oder aber es war jener Grund ausschlaggebend, welchen wir durch Sonnini wie folgt erfahren: „Das Wildbret der Turteltauben ist bei ihrem Frühlingsaufenthalte auf den Inseln, der ungefähr drei Wochen dauert, nicht viel besser als das der Felsentauben. Sie lassen sich zu dieser Zeit schwer nahe kommen und ihre Magerkeit dient ihnen zur Sicherheit; deshalb gibt man sich nicht viel Mühe, sie zu erlegen. Wenn sie aber gegen Ende August wieder zurückkommen, so sind sie fetter und sehr wohlschmeckend, alsdann werden sie auch von den Griechen in außerordent- licher Menge erbeutet.“ 426 Ornis baleanica. Heutzutage hilft den armen 'Turteltauben das alles nichts und wenn im April eines schönen Tages der Ruf „Trigones! Trigones!“ von Mund zu Mund geht, eilt jeder, der einen Schießprügel besitzt, und wenn dieser auch noch so alt und schlecht ist, um sich rasch mit dem nötigen Pulver und Blei zu versehen und die Ankömmlinge mit todbringendem Gruße zu empfangen. Dann kracht es den ganzen lieben Tag, ja sogar in der Nacht fallen einzelne Schüsse, unaufhörlich und an allen Orten. Man kann hinkommen, wo man will, inner- halb der Städte in den Gärten, draußen stundenweit im den Bergen, überall sieht man sich anschleichende Gesellen, Schießlauben mit Leuten am Ansitz und Jäger, die mit ganzen Bündeln von Turteltauben stolz heimkehren. Das weitaus großartigste in dem planmäßigen Massenabschusse auf dem Früh- jahrsdurchzuge dieser Taube lernte ich aber entschieden auf den weltentrückten Stro- phadeninseln kennen. Die ganze Oberfläche derselben zeigt sich bei genauer Betrach- tung eigens für diesen Zweck hergerichtet. Da die Tauben auf ihrem Zuge besonders die mit Ölbäumen und Seestrandkiefern bewachsenen Hügel als Rastplätze bevorzugen, so ist auf den Strophaden jede, auch die geringfügigste Erhebung zur Anbringung eines T'aubenschießplatzes ausgenützt. Es befindet sich zwischen Hecken und Gehölz gut versteckt eine kunstlose Hütte, in deren Umgebung der Baumwuchs möglichst geschont wurde und deshalb auf die heran- ziehenden Tauben einen besonderen Reiz ausübt. Außerdem werden in der Verlängerung der nach allen Richtungen verteilten Schießscharten die Wipfel einzelner Bäume um- gebogen und auf diesen strahlenförmig von der Hütte auslaufende Rutenbündel befestigt, auf welche sich die Tauben in großer Zahl nebeneinander niederzulassen pflegen, so daß ein einziger Schuß meistens eine größere Zahl, einmal 15, sage fünfzehn Stücke, herabwirft. Auf einzelne Tauben wird nur selten das Pulver verschwendet. Solehe mehr oder minder gut ausgestattete Schießstände zählte ich mindestens hundert auf den beiden Inseln und es wird in deren Besetzung durch die griechischen Mönche, die einzigen Bewohner der Insel — zur Zeit meiner Anwesenheit ihrer acht- zehn — fleißig abgewechselt. Die durch das ununterbrochene Schießen an allen Ecken und Enden ihres an Flächenraum kleinen Rastplatzes geängstigten Tauben suchen näm- lich durchaus nicht allsogleich ihr Heil in schleuniger Flucht, sondern pflegen oft mehrere Tage auf der verhängnisvollen Insel zu verweilen, bis sie wieder durch neue Scharen abgelöst werden. Da ist es nun sehr von Vorteil, die Schießstände zu wechseln, weil sich die Tauben mit der Zeit doch jene Plätze merken, wo am meisten gefeuert wird, und dann andere, wo sie gerade ein wenig Zeit haben von ihrer Wanderung auszuruhen, aufsuchen. Die Einrichtung einer solehen Hütte ist sehr merkwürdig: eine kleine Feuerstelle zum Kochen, ein Wasserkrug, eine Menge Pulver, Schrot und Zündhütchen für die Vorderlader, die ausschließlich in Verwendung stehen, daneben das unvermeidliche 3revier, und überall, wohin das Auge sieht, ganze Berge von Taubenfedern; denn die geistlichen Herren nützen die langweiligen Pausen des Zuwartens sorgfältig mit dem Rupfen ihrer Beute und mit Beten aus. Dieser Ansitz liefert in der Regel viel mehr Tauben, als durch Anbirschen erzielt werden könnten; doch sind auch zu letzterem Zwecke auf der ganzen Insel dort, wo dichteres Gebüsch und Baumwuchs besteht, eigene Birschsteige von den Mönchen an- gelegt worden. Werden die Turteltauben längere Zeit und von allen Seiten beschossen und be- unruhigt, so sammeln sich plötzlich, meistens gegen Abend, die einzelnen Versprengten II. Griechenland. 427 und auch kleinere Flüge zu größeren Schwärmen, die dann wolkenartig in die Höhe wirbeln und endlich die böse Insel verlassen, um die Wanderung fortzusetzen. Von den erlegten Tauben wird nur ein sehr geringer Teil im Kloster selbst ge- braucht, der weitaus größere wird mit Essig überbrüht und kommt über Zante in den Handel, dem Klostergut alljährlich ein hübsches Sümmcehen abwerfend. Diese Konservierungsweise habe ich selbst gesehen und Sonnini lernte sie schon vor 120 Jahren auf den Kykladen kennen. Dieser berichtet: „Die Bewohner der Insel Pholegandros legen die Turteltauben in großen Gefäßen in Weinessig ein, geradeso wie die Bewohner von Santorin die Wachteln. Auf Santorin konserviert man ebenfalls Turteltauben, aber in geringerer Menge als auf Pholegandros, weil deren Durchzug auf jener Insel weniger zahlreich ist.“ Vergönnen wir also den Griechen ihre „Trigones“, indem wir bedenken, daß all die nützlichen Kleinvögel, sehr zum Unterschiede von dem benachbarten Italien, hier ungestört und unbehelligt ihren Zug in ihre Sommerheimat nach unseren Breiten und im Herbste zurück vollführen können. Columba palumbus L. — Ringeltaube. Die Ringeltaube ist der Hauptsache nach für das Gebiet ein Durchzugsvogel, zum Teile überwintert sie hier und eine kleine Anzahl bleibt sogar zum Nisten in Grie- chenland. Im Frühling fällt ihre Ankunft bei Athen nach Fiedler Anfang März und ich beobachtete Scharen von eben angekommenen in den Wäldern an der westakarnani- schen Küste am 4. März 1897. Sonnini und Erhard kennen sie als Zugvogel auf den Inseln des Archipels bloß auf dem Herbstzuge, und zwar gegen Ende Oktober. Auch nach Paxos kommt sie im Oktober (Erzherzog Ludwig Salvator) und ist zu dieser Zeit auch häufig in den Olivenwäldern des Peloponnes (Graf von der Mühle). Das Überwintern ist gar nicht auffallend, da dies bereits viel weiter nördlich auf der Balkanhalbinsel ebenfalls vorzukommen pflegt, doch beschränkt es sich auf die Niederungen. Wenige überwintern auf Korfu (Drummond), wo ich ein Paar am 18. Jänner 1897 im Olivenwalde bei Govino sah, sowie auf Paxos. Viel mehr gibt es im Winter in Akarnanien. So sah ich einen Jäger aus der Gegend von Agrinion am 26. Jänner 1897 ein ganzes Bündel geschossener tragen und aus der Gegend von Angelokastron besitzen wir folgende Angaben von Baron Schilling: 29. November 1898 ein Stück‘; 30. November 1898 zehn Stück von den Stecheichen hoch gegen Nordost abfliegend; 3. Dezember 1898, etwa 50 Stück vom Bergwalde in die Ebene ziehend; 6. Dezember 1898 fünf Stück und 9. Jänner 1899 mehrere. Auch im Osten überwintern viele, so in Attika und auf Euböa (nach Krüper und Lindermayer). Ein sehr schönes Stück, welches das Museum bekam, erlegte Herr Merlin am 28. Dezember 1895 bei Athen. Als Brutvogel erwähnt sie zunächst Graf von der Mühle für Mittelgriechenland; tatsächliche Beweise erbrachte aber erst Dr. Krüper, indem er selbst am Veluchi und 428 Ornis balecanica. am Parnaß von dieser Taube Eier sammelte. Ende Mai 1873 fand er z. B. zwei Eier. Immer sind es bloß wenige Paare, welche man zur Sommerszeit in den griechischen Gebirgswäldern vorfindet. Ein solches Brutpaar sah ich am 17. Juli 1394 im Nadel- holze östlich von Musinitsa. Eine im Parnaß ausgebrütete junge Ringeltaube noch ohne jede Ringzeichnung verdanken wir St. Strimmeneas, welcher sie bei Agoriani am 14. August 1395 erlegte. Columba oenas L. — Hohltaube. Die seltenste unserer Taubenarten im Gebiete, welche nur auf dem Durchzuge und manchmal überwinternd gefunden werden kann. Ein Brutvorkommnis ist nirgends nachgewiesen. Mir kam nur auf Korfu im Valle di Ropa am 17. April 1894 ein offenbar auf dem Zuge nach Norden begriffener Flug von sechs Stücken zur Beobachtung. Drum- mond begegnete ihr auf der Insel nur hier und da, Lord Lilford nur ein oder zwei Male. Nach Erhard kommt sie auf den Kykladen sowohl überwinternd als auch auf dem Durchzuge vor. Lindermayer und Graf von der Mühle sprechen von ihr einerseits als Stand- vogel in Mittelgriechenland, namentlich in der Gegend des Likerisees bei Theben, auf Euböa und dem Peloponnes, andererseits als überwinternder Vogelart, was verwunder- licherweise von Brehm („Stiftungsfest“) beglaubigt wurde. Jedoch besagt der Zusatz: „sie brütet gesellschaftlich in Schluchten und Höhlen“, daß hierbei genau dieselbe Ver- wechslung mit Col. livia vorliegt wie bei Elwes und Buckley. Nur das Überwintern ist Tatsache, wie die Daten zweier mir vorliegender Männchen von Attika (Hymettos) und der Gegend von Tripolitsa: 22. Dezember 1894 und 16. Februar 1896 sowie die Aufschreibungen vom verstorbenen Baron Schilling unzweideutig beweisen, welcher bei Monastir Angelokastron in Akarnanien am 29. November 1898 sieben Stücke und am 30. Dezember wieder einen Flug in den Oliven beobachtete. Columba livia Gm. — Felsentaube. Da natürlich auch diese Taube m Griechenland einen allgemein beliebten Gegen- stand der Jagd bildet, hat sich die Kunde von ihrem dortigen Vorkommen schon früh- zeitig verbreitet. Sonnini (1801) wußte bereits, daß sie das ganze Jahr auf den griechischen Inseln zubringt, in Felslöchern nistet, ein hartes, trockenes Wildbret abgibt und „peristeri“ genannt wird. Später finden wir in vielen der größeren ornithologischen Werke bis zum „Tierleben“ von Brehm die Bemerkung, daß die Felsentaube die Mehrzahl der griechischen Inseln, die Küste von Griechenland sowie die höchsten Gebirge des Lan- des bewohnt und überall auch nistet (Thienemann 1829, Naumann 1333, Degland 1867 usw.). Die Mitglieder der Exped. scient. de Mor.!) fanden sie allgemein auf dem Pelo- ponnes, und im südlichsten Teile beim Porto Quaillo (Wachtelhafen) hatte Geoffroy- St. Hilaire ein merkwürdiges Erlebnis. Er erzählt: „Gegenüber, in einem vortreten- den Vorgebirge, welches ungeheure Felsen bildeten, öffnete sich eine weite Grotte, der !) Dieselben gaben ihr noch den Linnöschen Namen C. livia domestica. III. Griechenland. 429 Brutort einer großen Menge von Felsentauben. Einige Monate später hierher zurück- gekehrt, habe ich die armen Vögel nicht mehr gefunden, denn das Kap war versunken und die Grotte war mit ihm in der Tiefe des Meeres verschwunden, ohne daß mir jemand zu sagen imstande gewesen wäre, wann und wie sich dies ereignete, und ob ein örtliches Erdbeben die Ursache der derartigen Senkung gewesen ist.“ An anderen Orten wurde sie in Felsschluchten der Umgebung von Tripolis (Lindermayer und Graf von der Mühle) und von mir mehrmals im unteren Teile der lakonischen Langhädaschlucht sowie zahlreich im felsigen Gehänge des Taygetos nahe der Baumgrenze in kleinen Flügen beobachtet. Die „wilden, blaugrauen Tauben“ Fiedlers, „die das ganze Jahr in Griechen- land bleiben“, sind entschieden €. livia und nicht, wie er meinte, €. oenas. Er fand sie in Höhlungen der Kalkfelsen des Lauriongebirges und in Felsspalten und tiefen Trichtern an den Katavothren beim Kopaissee. Lindermayer, der sie mit Recht die häufigste Taubenart nennt, erlebte es unweit von dort, daß bei einem Jagdausflug nach dem Likerisee auf Pelikane nach jedem Schusse eine ganze Wolke Felsentauben aufflog. In Thessalien fand ich einen Felshügel zwischen Velestino und dem Karlasee von ihnen besetzt und erblickte in einer Spalte desselben auch ein Nest. Im Frühjahre 1894 konnte ich sie weiters einzeln und truppweise bei Ano-Musi- nitsa, bei Kryoneri und in den riesigen Wänden des Varassovo, dann überall in den Schluchten des Zygos (Arakynthos), namentlich in der großen Klissura beobachten — alles Örtlichkeiten, wo sie 1858 Dr. Krüper zahlreich brütend festgestellt hatte. Hirten bezeichneten dem Genannten den Bonelli-Adler als den größten Schrecken dieser Tauben, was auch ich bestätigen kann. Krüpers spätere Bezeichnung der Felsen- taube als Wandervogel (bei Mommsen) ist jedoch unrichtig. Obwohl nun ihr Vorkommen an den Küsten der griechischen Inseln außerordent- lich verbreitet ist, halte ich es doch für nicht überflüssig, die Orte, wo sie besonders wahrgenommen wurde, aufzuzählen. Auf den westgriechischen Inseln wurde sie von Drummond noch in großer Menge, und zwar auch auf Korfu gesehen. Aber schon Lord Lilford fand auf dieser Insel, und zwar in den nur vom Meere aus zugänglichen Höhlen, wie es diese Taube stets besonders liebt, bei Paläokastrizza und Porto Serpente!) nur mehr kleine Sied- lungen und bei meinem Besuche im Mai 1897 versicherten mir die Mönche des Monastir von Paläokastrizza, daß es in jenen schwer zugänglichen Grotten am Meere nur mehr sehr wenige „peristeri* gebe. Erzherzog Ludwig Salvator sagt, daß die „Ufertaube“ auf Paxos und Antipaxos das ganze Jahr sich aufhält und namentlich in einer Höhlenspalte an der Ostseite der kleinen Insel Hag. Nikolaos zahlreich nistet. Weiter südlich beobachtete ich sie längs der akarnanischen Küste auf den felsigen Eilanden Petalä, Vromiona, Makri und Oxiä schließlich beim Vorbeisegeln an der Steil- küste bei Keri auf Zante nur zwei Stücke. Doch soll es hier recht viele geben. Außerordentlich zahlreich bewohnt die Felsentaube sämtliche seewärts gelegenen Höhlen von Kythera. Hier wurden am 21. Juni 1898 an der Westküste von uns mehrere diesjährige Tauben vom Boote aus erlegt und andere schienen eben zu brüten. Daher ist es entschieden falsch, wenn Jameson diese Taube dort bloß für Frühling und Herbst aufführt. Auch die Langhädaschlucht an der Ostseite der Insel belebten zur Zeit unseres Besuches etwa zehn Paare. ‘) Welcher Hafen diese italienische Bezeichnung führt, konnte ich nieht ermitteln. 430 Ornis balcanica. Die ostgriechischen Inseln bevölkert sie noch ungleich zahlreicher, und zwar Euböa, Skiathos und Skopelos (Lindermayer); aus den Uferhöhlen der Felsküste von Xerö scheuchte ich sie überall hervor und erlegte dort auch eine außerhalb der Bucht Peristeri, welche zweifellos nach dieser Taube so benannt wird; weiter gab es viele auf Pelagonisi, richtiger Panagia genannt, wo Knotek einen recht alten Tauber unserer Sammlung erlegte: auch in einer Schlucht auf dem nahen Jura fand ich drei Stücke und von Skyros erhielt das Museum eine dort ausgebrütete Felsentaube. Für die Kykladen bezeichnet sie Erhard richtig als Standvogel. Hier beobach- teten wir besonders viele auf der nahe bei Syra gelegenen Leuchtturminsel Phanari und auf dem kleinen Evreokastron bei Paros, wo Santarius ein schön ausgefärbtes Stück für die Sammlung erlegte; ferner fand sie Krüper auf Naxos, wo er auch Eier erhielt, in großen Gesellschaften und auf den benachbarten felsigen Inseln, wo ich die meisten in der großen Bucht der größten (von Philippson Hag. Nikolaos genannten) der Makariesinseln beobachtete und von dort am 20. Juni ein noch nicht flügges, überall mit gelben Flaumfäden bedecktes Junges mitnahm. Auf den folgenden fünf Inseln verzeichnete die Felsentaube Fiedler: Amorgö in den Kalkfelsen des nordöstlichen Teiles, Pholegandros im den steilen Abstürzen der Westseite, Kimolos, Milos und Giura. Über das ehemalige Vorkommen auf Tinos macht Bory de St. Vincent im Be- richte der Exped. seient. de Mor. bemerkenswerte Angaben, welche er vom dortigen katholischen Bischofe erfahren hatte: „Die Felsentaube bildete einen der Reichtümer der genannten Insel, wo selbst das kleinste Haus mit einem netten Taubenschlag ge- schmückt war, der, aus Dachziegeln künstlich erbaut, von weitem für einen Kiosk gehalten werden konnte. Einige dieser Taubenschläge sollen sogar 4000 Insassen gehabt haben und die Tauben gelangten im Handel bis Konstantinopel. Dieser Reichtum ist heutzutage (1335) vernichtet. In den letzten Kriegszeiten hat jeder die Tauben seiner Gegner getötet und es werden viele Jahre nötig sein, um diesen Verlust wieder zu er- setzen. Wo früher tausende dieser Tauben waren, kann man heute kaum fünfzig finden.“ Wie auch anderwärts macht die Felsentaube nach Krüper jährlich mehrere Bruten, die erste im April.) Er sammelte im Parnaß öfters die Eier in Felshöhlen, wo auch die Alpendohle (Pyrrhocorax pyrrhocorax) nistet. Lindermayer bemerkt ganz richtig, daß es sehr schwierig ist, die Nester zu er- reichen, da selbe an Orten angebracht sind, wo ohne Leiter nicht anzukommen ist. Ich kann aus eigener Erfahrung versichern, daß die Nester in der Wölbung der am Meere gelegenen und nur mit dem Boote zugänglichen Taubengrotten fast immer uner- reichbar sind. Die ersten Eier aus Griechenland schemt Thienemann erhalten zu haben und weil dieselben oft mit den Eiern der Haustaube verwechselt werden, setze ich Maß und Gewicht von drei Stücken hierher. Ein Gelege von zwei Stücken, Parnaß, 20. Mai 1883: 1b: 3851 36:5 mm Br. 2832 282 mm Gew. 96 102 .cg ‘) Th. v. Heldreich wiederholt diese wie auch andere Angaben. III. Griechenland 431 Ein einzelnes Ei, ebendaher, 2. Juni 1388: 35:3 X 27:2 mm, 101 cg. Eine anziehende Schilderung der Jagd auf Felsentauben verdanken wir dem Grafen von der Mühle, von dem sein Freund Schuch mitteilt, daß er gleich im Anfange, trotz des Aufstandes in der Maina, dort schöne Tauben gesammelt hatte. Er sagt: „Längs den felsigen Gestaden ist die Jagd auf diese Tauben sehr belustigend. Vor Sonnenaufgang fahren mehrere Jäger in einer Barke längs des felsigen Meeresufers, womöglich auf der Abendseite. Wo sich nun eine Höhle, ein Felsspalt, Gebirgsriß zeigt, wird mit dem Rudern angehalten und die Barke dem Treiben der Wogen über- lassen; beim Hervorbrechen der ersten Sonnenstrahlen stürzen dann die Tauben im eiligsten Fluge aus ihren Schlafstellen, wo ein geübter, flinker Schütze ihrer in kurzem eine Menge erlegen kann.“ Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Felsentauben infolge unausgesetzter Ver- folgung wenigstens auf dem griechischen Festlande in Abnahme begriffen sind. Graf von der Mühle erwähnt, daß er zweimal der Hauptfärbung nach rostbraun gefärbte Felsentauben bekam. Es ist dies eine durch Vermischung mit zahmen Tauben entstandene Spielart, die auch anderwärts von verschiedenen Beobachtern festgestellt wurde und immer wieder auftritt. Das Gefieder der sämtlichen von mir untersuchten griechischen Vertreter zeigt vollkommen den Typus der echten Columba livia des Südens. Ardea garzetta L. — Kleiner Silberreiher. Zu jener Zeit, als man noch über den eigentlichen Sommeraufenthalt der Reiher in der Donauniederung usw. nicht im klaren war, galt mehr oder weniger Griechen- land als deren wahre Heimat. Sehr mit Unrecht; denn selbst wenn die Reiher hier vollkommen ausreichenden Schutz fänden, die für eine größere Siedlung nötige Menge von Fischen und anderen Wassertieren könnten sie in Griechenland nirgends antreffen. Aus dem ersterwähnten Grunde wird A. garzetta von sehr vielen Autoren für Griechenland, den Peloponnes und die Inseln des Archipels einfach aufgezählt. So von Temmincek, Chr. L. Brehm, Thienemann, den Berichterstattern der Exped. scient. de Mor., Gould, Naumann, Dubois, Päßler, Brehm und Baedeker (Eierwerk). In Wirklichkeit ist der kleine Silberreiher im ganzen Gebiete bloß ein Durch- zügler, der nirgends, selbst in Thessalien nicht, Veranlassung findet, zum Brüten zu schreiten,!) und es ist kein Grund zur Annahme vorhanden, daß dies im vorigen Jahr- hundert anders gewesen sei. Dagegen steht fest, daß einzelne überwintern. So erwähnt Drummond, der A. garzetta auf Korfu häufig nennt, daß dort seine Ankunft im September, der Abzug gegen Norden Ende April erfolgt. Ich habe einige an seichten Stellen bei Känurion unweit Missolonghi am 30. Jänner und in der Bucht gegen Aetolikon am 1. Februar 1397 genau beobachtet. Stets waren sie in Gesellschaft von Gattungsverwandten und ganz unglaublich vor- sichtig. Lindermayer hat beobachtet, daß die Frühlingsstürme diesen Reiher in großer Zahl an die Küsten des Festlandes und von Euböa bringen, wo er sich dann etwa einen Monat aufhält und nachher weiterzieht. Krüper bezeichnet ihn als häufiger wie !) Am Durchzuge wurde er hier bei Megali vıysis nächst Lamia von St. Strimmeneas noch am 3. Juni 1903 geschossen. 432 Ornis balcanica. A. alba und vermerkte seine Ankunft stets gegen Ende März.!) In Attika: 1873: 26. März, 1574: 26. April (?). Auch auf den Kykladen ist der kleine Silberreiher nach Erhard ein Durch- zügler; auf Santorin sah Douglass ihn in der ersten Woche Mai 1892 nach Westen ziehen; weiters trifft er nach Jameson auf Kythera ebenfalls im Frühling und Herbst ein und ein Stück von dort gelangte 1544 als Geschenk des Kapitäns Thom. Graves nach England; für Paxos und Antipaxos ist er von Erzherzog Ludwig Salvator als Wander- vogel angegeben und noch am 5. und 11. Mai 1895 waren am Sumpfrande unweit der Hauptstadt von Zante ein, beziehungsweise drei Stücke anwesend, endlich am 17. Mai 1595 noch ein Exemplar auf der kleineren Strophadeninsel, welches Hauptmann Roth auch erlegte, das aber infolge der Faulheit unserer Bootsleute von der Brandung weg- getragen wurde. Bei Athen ist der beliebteste Rastplatz für ihn wie für alle Reiher der Phaleron und nach Fiedler insbesondere die dortigen Wassergräben. Von hier gelangten Beleg- stücke an das Museum zu Athen (1859 und 1895), an das British Museum (durch Herrn Merlin sen.) und unser Museum am 26. April 189. Im Gebiete des Peloponnes beobachtete A. garzetta der Engländer Simpson in den Sümpfen von Elis bis Mitte Mai, ja St. Strimmeneas konnte noch am 20. Mai 1598 ihrer neun am See von Muriä (bei Hag. Joannis) zählen. Ferner strichen zwei am 30. April 1897, vom Bord des „Vorwärts“ aus deutlich erkennbar, in den messe- nischen Gewässern der Küste zu, während ich am gleichen Tage im Jahre 1894 eine Gesellschaft von fünf, vermischt mit anderen Reiherarten, in der Nordostecke des kleinen Vrachori- (Agrinion-)Sees von der Reise ausruhen sah. Im Osten kamen mir am 17. April 1897 zuerst drei und dann noch zwei am Sumpfsee Mustos bei Astros zur Beobachtung, von denen Führer ein sehr schönes Männchen mit prachtvollem Federschmuck erlegte. Es ist dies jener Ort, wo Graf von der Mühle seinerzeit viel jagte und seine schönen Worte mögen hier Platz finden: „Wie schon bei dem /bis erwähnt wurde, erscheinen diese Reiher in seiner Gesellschaft im März als fröhliche Verkünder der schönen Jahreszeit und der Anblick dieser herr- lichen, blendend weißen Gestalten, mitten zwischen den dunklen Ibissen am Meeres- strande stehend, ist entzückend und erfüllt den Naturforscher mit inniger Freude.“ Trotzdem wird jeder, welcher die Lieblingsplätze der Reiher in Ungarn und der Donauniederung kennt, sogleich zugeben, daß in Griechenland auf die Dauer ihres Bleibens nicht ist. Es fehlt vor allem an Süßwasser und dessen Bewohnern! Zum Schlusse noch eine Bemerkung über Herodias Lindermayeri Brm. Schon am 25. September 1847 schrieb Chr. L. Brehm an E. F. Homeyer („Orn. Briefe“, S. 67), daß er die neue H. Lindermayeri aus Griechenland erhalten habe, ferner am 23. Februar 1851 (op. eit., S. 79), daß ein ihm von Homeyer zugesandter kleiner Silberreiher eine H. Lindermayeri sei. Im „Vogelfang“, S. 294 findet sich endlich die Beschreibung dieses Vogels, welchen Brehm in der „Naumannia“ 1855, S. 290 auch Egretta Lindermayeri nannte: „Er ist ein Dritteil kleiner als garzetta, mit 3” hohen Fußwurzeln und mit aus wenigen Federn bestehendem Zopfe; in Griechenland.“ Die mir vorliegenden zwei Stücke von A. garzetta haben nun zwar 10—10!/, cm lange Läufe, gegenüber jenen von 5” —8cm; aber es ist klar und wurde seither wohl auch allgemein angenommen, daß die H. Lindermayeri nichts anderes ist als eine ungefähr halbjährige A. garzetta. !) Seine Mitteilungen werden von Th. v. Heldreich und Seebohm genau wiederholt. III. Griechenland. 453 Ardea alba L. — Großer Silberreiher. In der Regel ist der große Silberreiher nur ein Wintergast Griechenlands; doch verweilen alljährlich einige ohne zu brüten an stillen Plätzen der Seen und Sümpfe auch den Sommer über, wie dies vor Jahren schon Lindermayer erfahren hat, indem er einen im Juli auf Euböa erlegte und andere im April von Eleusis und vom Phaleron erhielt. Auch am Karlasee im Thessalien kommt dies vor, da Professor Knotek und ich dort zwei Stücke am 18. Mai 1594 erblickten. Temminck, Chr. L. Brehm („Europäische Vögel“), Thienemann, Naumann, Brehm, Päßler und Baedeker (Eierwerk) u. a. bezeichnen ihn in Griechenland und auf den griechischen Inseln als häufig, Lindermayer, v. Heldreich und A. Brehm („Tierleben“) dagegen als ziemlich selten. Die letztere Angabe ist wohl die richtige, denn er ist tatsächlich auch hier immer unter den Reihern der am spärlichsten er- scheinende. Erzherzog Ludwig Salvator beobachtete den großen Silberreiher am Zuge auf Paxos und Antipaxos, Drummond in der Zeit von Oktober bis März auf Levkas (Sta. Maura) und Erhard als Durchzügler auf den Kykladen. Weiters erlegte ihn Lindermayer im Jänner am Likeri- und Kopaissee und gibt ihn auch für Kalamata und Nisi an. Ferner sah ich ein von Merlin im Dezember 1895 bei Lamia geschossenes Weibchen; für unser Museum erwarb ich ein bei Megali vrysis unweit von dort am 20. Dezember 1901 erlegtes Männehen. Endlich erwähne ich hier die zwei Stücke im Museum zu Athen vom 3. und 18. Dezember 1865, welche jedenfalls aus Attika stammen. Auffallenderweise entbehren diese sämtlichen hier aufgeführten Belegstücke ebenso wie ein Männchen und zwei Weibchen, welche der Graf von der Mühle aus Mittel- griechenland (Rumelien) erhielt, obwohl selbe angeblich im Frühling erlegt worden sein sollen, durchwegs der vielbegehrten Rückenschmuckfedern. In den ausgedehnten Lagunen um Missolonghi ist der große Silberreiher während des Winters eine regelmäßige Erscheinung. In der Zeit vom 28. Jänner bis 10. März 1897 habe ich ihn dort sehr oft beobachtet, manchmal lange, aber wegen seiner großen Vorsicht stets erfolglos verfolgt und einmal einen auch krank geschossen. Seine Aufenthaltsorte dort sind die Lagunen gegen Aetolikon, der Golf von Proko- panisto, die Lachen und der Strand östlich von Missolonghi usw. Einmal, am 1. Februar, waren in der Gegend des Salzmagazins sehr viele zu- sammengekommen, aber stets standen sie einzeln an seichten Stellen im Wasser, wo sie nach allen Seiten offenen Auslug halten konnten. Am 10. März beobachtete ich ebenda ein stets zusammenhaltendes Paar. Die griechischen Jäger verfolgen diesen Reiher nicht etwa wegen der Federn, sondern um ihn zu verzehren — ein kaum einladendes Gericht! Einen zu diesem Zwecke bei Tagesanbruch am 17. Februar 1897 bei Missolonghi geschossenen Vogel, ein altes Weibchen, verdankt das Museum der Liebenswürdigkeit des Herrn Diamantis Soustas. Bei diesem sind die Rückenzierfedern bereits in voller Entwicklung be- griffen und einzelne erreichen eine Länge von 25 cm. Zu erwähnen wäre noch, daß bei allen Vertretern aus Griechenland, ebenso wie auch sonst bei Balkanvögeln, die ich untersucht habe, die Farbe des Schnabels gelb mit etwas dunklerer Spitze ist (s. auch „Orn. bale.“ IL, S. 148). Reiser, Ornis balcanica. Ill. 28 434 Ornis baleaniea. Ardea purpurea L. — Purpurreiher. Auf seinem Wanderfluge berührt auch der Purpurreiher die Sümpfe und nament- lich das Meeresufer von Hellas. Für Attika, wo seit Fiedlers Zeit der Sumpf am Phaleron als Lieblingsrastplatz bekannt ist und von wo mehrmals Belegstücke in die Museen von Athen und London gelangten, sind als Tage des ersten Erscheinens durch Krüper folgende bekannt ge- worden: 1859: 13. April, 1865: 21. März, 1873: 28. März und 1874: 26. April. Auf dem Peloponnes, wo ihn zuerst die Mitglieder der Exped. seient. de Mor. entdeckt hatten, sah ich 1897 die ersten am 15. April am sandigen Küstensaume bei Myli (Lerna), und zwar zunächst zwei einzeln und dann drei Stücke beisammen. Weniger Bestimmtes ist über den Herbstzug zu berichten; dieser soll nach v. Heldreich Anfang, nach Lindermayer Mitte August, nach Graf von der Mühle erst im September erfolgen, ferner, wie es allgemein heißt, schwächer sein als der Frühjahrszug und zumeist nur aus jungen Reihern bestehen. Ein Exemplar des Athener Museuns trägt als Datum den 24. August 1859. Ein Überwintern des Purpurreihers in Griechenland wurde bisher noch nie beob- achtet, dagegen scheinen in früherer Zeit von den vielen im Frühling anlangenden Vögeln eine ziemliche Zahl von Paaren in den griechischen Sümpfen und Seen mit Schilfwuchs zurückgeblieben zu sein, um zu brüten. Dies scheint ehedem sogar auf Korfu der Fall gewesen zu sein, wie Drummond berichtet (Ankunft daselbst am 1. April!); gegenwärtig würde man dort wohl schwerlich mit Erfolg nach seinen Nestern suchen, obwohl im Sumpfe bei Han Braganiotika unser Rosselenker am 4. Mai 1397 ein schönes Männchen erlegte und ich tagsdarauf ein Paar an der Mündung des Potamo aufscheuchte. Als weitere Brutplätze werden vom Grafen von der Mühle genannt: die Sümpfe der Thermopylen, des Likeri- und Kopaissees und von Lindermayer der See Dystos auf Euböa. Der letztgenannte Sumpfsee ist leider in neuerer Zeit nie mehr besucht worden, aber die vorhergenannten Gewässer beherbergen nach meinen Erkundigungen gegenwärtig keine brütenden Reiher mehr, und zwar wahrscheinlich infolge zu vieler Störung. Dagegen kann ich als sicheren Brutplatz, wenigstens in jenen Jahren, in denen genügend Wasser vorhanden ist, noch zur Zeit den Karlasee in T'hessalien bezeichnen. Wir untersuchten dort am 18. Mai 1394 mehrere mitten im Schilfe errichtete, fertige Nester, die aber noch keine Eier enthielten, und Freund Knotek erlegte bei einem derselben auch das darüber kreisende Brutpaar. Der Zug im Frühling dauert oft ziemlich lange; so stellte ich am 14. Mai 1898 noch ziehende Purpurreiher auf den Strophaden fest und Simpson beobachtete solche ebenfalls bis Mitte Mai in den Sümpfen von Elis, wobei er es unentschieden läßt, ob welche dort brüten. Jedenfalls kann man ihn nicht gut einen Sommerbesucher des Landes nennen, wie es Seebohm getan hat, obgleich ihn auffallenderweise z. B. Jameson auf dem wasser- armen Kythera nur im Sommer wahrgenommen haben will; überhaupt ist er gegen- wärtig allgemein niemals so sehr häufig, wie seinerzeit Naumann und Dubois ange- nommen hatten. Vielleicht war dies aber in längstvergangener Zeit der Fall, da Graf von der Mühle von Flügen zu 50—100 Stücken auf dem Peloponnes spricht. Auch Erhard hebt die Häufigkeit der Frühjahrsdurchzügler auf den Kykladen hervor und erwähnt, daß ein Anfang April auf Mykonos geschossenes, sonst aus- gefärbtes Stück noch keine Spur der verlängerten Scheitelfedern besaß. III. Griechenland. 435 Zu erwähnen wäre noch, daß, jedesmal in der ersten Woche Mai, und zwar 1892 ein einjähriger Reiher auf Santorin durch Douglass erlegt worden ist, dann 1894 einer auf Naxos und 1898 einer auf Zante. Laut handschriftlicher Mitteilung untersuchte Lindermayer einen Purpurreiher, der im Magen nichts hatte als eine wohlerhaltene Eidechse, der nur der Schwanz an der Wurzel umgebogen war. h Graf von der Mühle erwähnt, daß die gelben, fetten Dunen der Brusthöhle, mit Eiweiß und Branntwein vermengt, in Griechenland als kühlendes Mittel bei Verwundungen gebraucht werden. Ardea einerea L. — Grauer Reiher. „Er ist,“ sagt Krüper, „sehr häufig auf seinen Durchzügen um die Mitte März und im August; einige Exemplare überwintern und einige Paare sollen hier auch brüten.“ Diese letztere Mitteilung gibt Altum in der Forstzoologie wieder und sämtliche An- gaben, welche durch die folgenden Ausführungen ihre Bestätigung erhalten, wieder- holt v. Heldreich. Auf der Insel Korfu scheint der Fischreiher nur unregelmäßig Rast zu halten; denn Drummond beobachtete ihn dort sehr selten, hier und da im Frühling; Lord Lilford dagegen häufig. Ich scheuchte nur einmal (3. Mai 1897) am kleinen See nörd- lich von Govino einen einzelnen auf; ebenso einen anderen aus dem Sumpfe unweit der Hauptstadt von Zante (8. Mai 1898). Sowohl auf dem kleinen Paxos ist er nach Erzherzog Ludwig Salvator ein Durchzügler, wie nach meinen Erfahrungen auf den Strophaden, von wo mir ein am 14. Mai 1898 erlegtes, einjähriges Weibchen vorliegt. Auf Kythera wird er nach Jameson im Sommer und Herbst angetroffen, dürfte aber wohl sicher auch zu den übrigen Jahreszeiten vereinzelt vorkommen. Weiters ist er ein Durchzugsvogel der Kykladen (Erhard) und von Euböa (Lindermayer). Obwohl die meisten früheren Beobachter, so Lindermayer und Graf von der Mühle auf dem griechischen Festlande die Mehrzahl der grauen Reiher für den Durch- zug im Frühling, der um zwei Wochen früher als bei den anderen Reihern erfolgen soll, und Herbst namhaft machten, so überwintern doch alljährlich sehr viele im Lande, was bei dem Fischreichtum der Lagunen und seichten Küstenstrecken auch gar nicht anders zu erwarten ist. Am häufigsten konnte ich das Überwintern natürlich in der Umgebung von Misso- longhi 1897 beobachten, worüber ich folgende Aufschreibungen besitze: In der Nähe des Salzmagazins viele am 28. Jänner und 10. März, rings um Aetolikon in der dortigen Bucht am 1. und 7. Februar sehr viele, bei Turlida unweit des Leuchtturmes am 15. Februar ungefähr 30 Stück, dagegen im Süßwasser am Phidaris 12. Februar nur ein Paar. Nach Simpson scheint er in dieser Gegend das ganze Jahr zu verweilen, was ich für sehr möglich halte. Einige Fischreiher, die ich am 28. März in der sumpfigen Niederung bei Naupaktos antraf, dürften hier schon auf der Wanderung Rast gehalten haben und zweifellos war dies bei vier Stücken der Fall, welche am 30. April 1894 zusammen mit anderen Reihern am Rande des kleinen Vrachorisees eifrig Futter suchten und bei zwei oder drei anderen, die am 17. April 1897 im Sumpfsee Mustos bei Astros fischten. Auf dem Peloponnes findet man sie an manchen Orten auch noch viel später, zur Brutzeit; doch ist gerade dort ein Nisten schwerlich anzunehmen. So stolzierten zwei dieser Reiher in der Lagune von Agulinitsa am 22. Mai 1598, in jener von Osman- Aga bei Pylos (Navarin) am 2. Juni 1898 acht Stücke umher. 23% 436 Ornis baleaniea. Ganz besonders auffallend war es mir, am Abend des 11. Juni 1894 zwei Grau- reiher bei Naxia auf Naxos vorbeistreichen zu sehen. Brutplätze mag es in einsameren Gegenden des Landes sicher noch mehrere geben und die Reiher würden sich viel häufiger in Griechenland fortpflanzen, wenn sie nicht wegen ihres dort geschätzten Wildbretes unausgesetzten Nachstellungen aus- gesetzt wären. Deshalb sind die größeren Arten so scheu, daß man alle List anwen- den muß, um einen in den Bereich der Flinte zu bekommen. Dies ist auch der Grund, warum wir bloß ein einziges Stück im Alterskleide, ein sehr altes Weibchen, mit- brachten, welches Führer am Abendansitz unweit Tholi bei Kap Skropha am 9. Februar 1597 erbeutete, während ein Männchen vom 26. Dezember 1895 aus der Gegend von Volo, nach seinem Gefiederwechsel zu urteilen, erst etwa 1!/, Jahre zählte. Bezüglich des Nistens von A. einerea im Gebiete kann ich zum Schlusse noch anführen, daß meine am 17. und 18. Mai 1594 an verschiedenen Punkten des Karla- sees in Thessalien gewonnenen Erfahrungen auch nicht den leisesten Zweifel darüber gestatten, daß in dem Röhricht des genannten Sees eine beträchtliche Anzahl brütet. Beweise konnten wir bei der beschränkten Zeit damals freilich keine aufbringen. Daß Brutvorkommnisse in früheren Zeiten häufiger waren, beweisen die Worte von der Mühles: „Er brütet in Rumelien (d. i. Mittelgriechenland) in den von Sümpfen und Seen nicht weit entfernten Waldungen, jedoch auch in den Sümpfen der Thermopylen, wo keine Bäume stehen, auf erhöhten Plätzen im Schilfe, wo dann sein Nest, statt aus Reisern, aus altem Rohr und Schilf besteht.“ Ardea ralloides Scop. — Rallenreiher. Die vollständige Unkenntnis des Sommeraufenthaltes und der Brutplätze dieses sowie der meisten anderen Reiher war in früherer Zeit Ursache, daß man damals öfters Landstriche für ihr Vorkommen aufzählte, wo sie tatsächlich kein Mensch gesehen hatte. Nur so ist es zu erklären, daß in den älteren Werken von Temminck, Brehm („Europäische Vögel“), Thienemann, Naumann, Dubois sen. und Baedeker (Eier usw.) immer wieder der Satz enthalten war, daß der Rallenreiher ein Bewohner, ja sogar Brutvogel an den Seen und Morästen Griechenlands und des Archipels sei. In Wirklichkeit ist A. ralloides jedoch für unser Gebiet ein echter Durchzugsvogel zu beiden Zugsperioden. Seine Ankunft erfolgt, oft gleichzeitig mit A. garzetta, manchmal schon Ende März (Lindermayer, Graf von der Mühle), nach den Aufzeichnungen Dr. Krüpers z.B. in Attika: 1573 am 26. März, 1874 am 31. März, meistens jedoch Anfang April (See- bohm). Als frühesten Zeitpunkt vermerkte ich 1397 den 9. April, an welchem Tage ein eben angekommenes Weibchen bei Eleusis erlegt wurde. Während des ganzen April bis Mitte Mai ungefähr dauert dann das Durchziehen kleinerer und größerer Scharen, eine Zeitdauer, die zuerst Drummond für die Joni- schen Inseln ermittelte und welche ich vollkommen bestätigen kann. Am spätesten sah ich den Rallenreiher auf dem Peloponnes, wo ihn die Mitglieder der Exped. scient. de Mor. zuerst feststellen. Am 22. Mai 1898 erlegte nämlich am Rande der Lagune von Agulinitsa Wutte einen, und gerade in dieser Gegend (Elis) wurde er auch von Simpson bis Mitte Mai gesehen. Der Herbstdurchzug wurde nur selten beobachtet und für September angegeben (Graf von der Mühle, v. Heldreich). Tatsächlich trägt ein Stück des Athener Museums das Datum: 15. September 1859. III. Griechenland. 437 Orte, an welchen ich und andere während der Monate April und Mai den Rallen- reiher einzeln oder in größerer Anzahl angetroffen haben, sind folgende: Korfu, und zwar im Sumpfe an der Mündung des Potamö, am kleinen Sumpfsee im Valle di Korissia, wo einer auf einem Feigenbaum aufhackte, und auf der Düne von Korissia, wo am 21. April 1394 eine Schar von 15 Stücken mit solcher Heftigkeit vom Sturme ans Land geschleudert wurde, daß sich die Reiher knapp vor unseren Füßen im Sande förmlich dahinwälzten. Weiters Zante im Sumpfe unweit der Hauptstadt und im Röhricht bei den Erdpechquellen von Keri, die beiden Strophadeninseln und Kythera (Jameson: auch im Herbst und später ein Reiher vom Kapitän Thom. Graves dort gesammelt!), weiters die Kykladen (Erhard; auf Naxos sah ich einen Balg!) und Euböa (Lindermayer). Auf dem Festlande seien schließlich als Lieblingsplätze noch erwähnt die Ränder der Vrachoriseen und der sumpfige Küstenstrich zwischen Argos und Mylı (Lerna). Die beste Darstellung des Verhaltens dieses Reihers auf den Raststellen während des Zuges lieferte unstreitig Graf von der Mühle. Ardea ibis L.,. Ardea bubulceus Aud. — Kuhreiher. In ganz Südosteuropa ist der Kuhreiher eine höchst unregelmäßige Erscheinung und es dünkt mir, daß immer nur einzelne Individuen durch die anderen gegen Norden wandernden Reiherscharen im Frühling gleichsam mitgerissen würden. Zunächst liegen für Griechenland nur sehr unbestimmte Nachrichten vor. So bei Temminck: „Man sagt, daß er auch den griechischen Archipel besucht.“ Dasselbe oder ähnliches wieder- holen: Nordmann (bei Demidoff), Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Degland, Fritsch und Seebohm. Noch unsicherer lautet die Angabe von Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“ usw.): „Man sollte glauben, daß sie sich auch nach Griechenland verirren könnte“, und diejenige Erhards, daß dieser Reiher auf den Kykladen brütet, ist, wie schon Baldamus in einer Note vermutete, ein barer Unsinn. Erst dem Grafen von der Mühle war es vorbehalten, diese Reiherart für das Gebiet durch Belege nachzuweisen. Seinen Beobachtungen zufolge erscheint der Kuh- reiher dort nur einzeln und nicht alljährlich im Frühling für kurze Zeit, wobei er sich abseits von A. ralloides hält. Diesem Forscher scheinen die Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen bei A. bubuleus nicht bekannt gewesen zu sein, denn er hielt mehrere Exemplare mit rostgelber Kopfplatte ohne verlängerte Federn für junge Vögel, während eben das in Regensburg erhalten gebliebene und mir nunmehr vorliegende Stück aus seinem Nach- lasse ein ganz altes Weibchen ist. Ein weiteres Belegstück aus der Umgebung von Athen, und zwar dort wahr- scheinlich vor längerer Zeit durch Herrn Merlin sen. gesammelt, befindet sich nach Dresser, „Birds of Europe“ (VI, 250) im Mus. Brit. Reg. Aber auch noch in neuerer Zeit wurde dort, und zwar am Phaleron im April 1895, ein prachtvolles Männchen von Merlin jun. zustande gebracht, welches der Genannte auch gegenwärtig noch auf- bewahrt. Nyeticorax nyeticorax (L.), Nyeticorax griseus Strickl. — Nachtreiher. Mit den anderen Reihern, aber stets getrennt von ihnen und meistens etwas später, sucht auch der Nachtreiher Griechenland, namentlich dessen Küstengebiete und Inseln 438 Ornis baleanica. auf. Über sein Verweilen auf diesen haben wir fast mehr Angaben als bezüglich des Festlandes. Erhard erklärt ihn ganz richtig für die Kykladen als Durchzügler; solche im Frühling und Herbst 1894 auf Skyros und Naxos geschossene habe ich selbst gesehen, außerdem wurde er für Euböa vermerkt. Auf Kythera soll er nach Jameson sogar zu allen Jahreszeiten zu finden sein und auf den Strophaden erlegten wir am 14. Mai 1895 ein jüngeres Tier. Die kleine Insel Paxos besucht er ebensowohl wie das große Korfu, von der ersten Woche April angefangen sowie im August, bleibt aber nicht lange dort (Erzherzog Ludwig Salvator und Drummond). Heldreich verlegt den Rückzug in den September, wie denn auch ein ganz junges Männchen der hiesigen Sammlung von Nezeros in Thessalien das Datum vom 24. September 1901 trägt. Graf von der Mühle glaubt, daß sogar einige überwintern, sowie daß er in der Nähe brütet, da er mehrmals leicht erlangbare, ganz junge Vögel schoß. Doch ist dies entschieden nur auf einen besonders frühen Abzug der Nachtreiher von ihren Brut- plätzen in den Donauländern zurückzuführen. In Griechenland, selbst in Thessalien, wird er wohl kaum brütend gefunden werden. Für den Peloponnes führt ihn bereits die Exped. scient. de Mor. auf. Mir, be- ziehungsweise meiner Begleitung, ist er hier nur einmal zu Gesicht gekommen, indem am 15. April 1597 Führer ihn bei Myli (Lerna) an der Ostküste bemerkte. Dagegen erbeutete Prof. Langhadis in der Umgebung von Tripolis in Arkadien (25. April 1895) mehrere Stücke, von denen ich ein schönes ad. 0’ auswählte, welches ebenso wie ein anderes aus der Umgebung von Athen stammendes, Scheitelfedern von 22 cm Länge trägt. Außer diesen beiden erwähne ich noch ein ebenfalls ad. 9, von Leonis bei Athen am 9. August 1894 für uns gesammelt, und die von der gleichen Örtlichkeit her- rührenden Belegstücke der Museen von Athen und London. Zum Schlusse kann ich noch den Durchzug des Nachtreihers in Akarnanien fest- stellen, wo er allerdings sehr geeignete Rastplätze auf seiner Wanderung findet: In der Dämmerung des 2. Mai 1894 zogen zuerst sechs, dann vier Stücke am Vrachorisee laut schreiend über unsern Wagen dahin, und zwei Tage darauf sah ich mehrere in der Bucht bei Aetolikon. Ardetta minuta (L.) — Zwergrohrdommel. Sie wird von vielen Autoren als Brutvogel des Gebietes betrachtet, so von Drum- mond, Lord Lilford, Graf von der Mühle, Lindermayer, Simpson und Krüper; aber alle diese Angaben stützen sich bloß auf die Tatsache, daß den ganzen Sommer über einige Stücke in verschiedenen Gegenden angetroffen wurden. Eine Bestätigung dieser Annahme durch Auffindung eines Nestes oder ganz junger, flugunfähiger Vögel ist aber bisher meines Wissens noch nicht erfolgt. Allgemeine Bemerkungen über das mehr oder minder häufige Vorkommen der Zwergrohrdommel in Griechenland lieferten Thienemann (1830), Naumann, Dubois, Brehm („Tierleben“), ferner die Exped. seient. de Mor. für den Peloponnes, Linder- mayer für Euböa usw. Begreiflicherweise werden weitaus die meisten auf dem Frühjahrszuge beob- achtet. Als Zeitpunkt für diesen gibt Drummond (Korfu) an: gegen Ende Mai, Lord Lilford (ebendort): im April, Graf von der Mühle (Peloponnes): Anfang April, III. Griechenland. 45 Lindermayer: letzte Märztage, Krüper: Ende März oder April, v. Heldreich: April und Seebohm: gegen Ende März oder Anfang April. Es ist aus dem Nachfolgenden zu ersehen, daß der Durchzug im Frühling wirk- lich durch lange Zeit hindurch anhält und oft bis in den Mai hinein fortdauert. Im Herbst vollzieht sich auch bei A. minuta der Rückzug wunauffälliger, und es erwähnt schon Drummond, daß die alten Vögel vor der Nachkommenschaft abzögen und im Herbste dann bloß mehr Junge zu finden seien. Als Abzugszeit wird vom Grafen von der Mühle, Lord Lilford, v. Heldreich und Seebohm Ende oder gegen Ende September angesetzt. Hier und da zieht A. minuta in Gesellschaft von A. ralloides (zuerst von Linder- mayer erwähnt!), meistens aber für sich. Einen verspäteten, am 12. November 1861 erlegten Vogel des Athener Museums erwähnen Krüper und Dresser. Auf Korfu ist die Zwergrohrdommel auch heute noch zeitweilig sehr zahlreich an- zutreffen. Ein Paar gelangte von dort durch Col. Portlock an das British Museum und ich erlegte ein 9 am 2. Mai 1597 am kleinen See von Kunupena im Ufergebüsche. Tags darauf gab es dann am Rande des Morastes bei Govino viele ziehende. Schließ- lich mag jene Zwergrohrdommel, die ich am 25. Juli 1894 aus dem Binsendickicht des Tümpels bei Braganiotika aufscheuchte, zu den wenigen Brutpaaren gehört haben, welche man, wie bereits oben erwähnt, für die Insel annimmt. Auf Paxos wird sie laut Erzherzog Ludwig Salvator häufig bei Tagesanbruch von den Olivenbäumen herabgeschossen, da sie dort allgemein als besonders wohl- schmeckend betrachtet wird. Auf Zante sah ich am 7. Mai 1398 unweit Vasilikos ein von dortigen Tauben- jägern krank geschossenes Stück. Dieses, sowie ein am 17. Mai 1395 auf der kleineren Strophadeninsel beobachtetes, befand sich offenbar noch am Durchzuge. Für Kythera vermerkte diese Art Jameson zu beiden Zugzeiten und ebenso Erhard für die Kykladen. Endlich beobachtete ich sie, und zwar en 9 am 3. Mai 1894 im Röhricht der Vrachoriseen, in welcher Gegend sie Simpson häufig im Frühling sah und ihr Brüten für höchst wahrscheinlich hielt, und eine durchziehende fiel ungefähr am 20. Mai 1599 nach Baron Schilling in den Lichthof des türkischen Konsulates in Patras. Es war dies ein einjähriger Vogel, der lebend ergriffen und mit Fleischstücken ernährt wurde. In der Umgebung von Athen werden seit jeher stets die meisten im Laufe des Monats Mai erlegt. So z. B. in den letzten Jahren wiederholt von St. Strimmeneas, der unter anderen auch ein Paar für unsere Sammlung lieferte und die Art auch in Thessalien (4. Mai 1896) erbeutete. Einzelne kommen auch hier noch im Juni vor, Nach Lord Lilford sitzen sie in der bekannten steifen Stellung auf den Ästen der Olivenbäume in der Nähe der Sümpfe oft so fest, daß es dem Genannten öfters sie mit der Hand zu ergreifen. gelang, Botaurus stellaris (L.) — Rohrdommel. Graf von der Mühle und Dr. Krüper, welchen v.Heldreich folgte, sind der Ansicht, daß die Rohrdommel, allerdings nur in einzelnen Paaren, im Gebiete brüte und somit als Standvogel zu betrachten sei, da sie im Winter öfters vorkommt. Jedoch gelang es bisher noch niemals, Beweise hierfür in der Gestalt von Eiern oder Dunen- 440 Ornis baleanica. jungen zu erlangen, weshalb der Vogel vorläufig wohl noch als Durchzügler und als vereinzelt überwinternd zu betrachten sein wird. Ein Paar soleher überwinternder Rohrdommeln erlegte St. Strimmeneas für un- sere Sammlung am 31. Jänner und 19. Februar 1396 am Karlasee und im Sumpfe bei Volo, während im Athener Museum ein Stück vom 14. Dezember 1859 aufbewahrt wird. Auch bei Chalkis auf Euböa schoß Prof. Langhadis die Rohrdommel am 1. De- zember 1900. Daß sie wirklich Durchzugsvogel der Kykladen ist (Erhard), bewies ein Balg, welchen ich im Juni 1394 auf Naxos sah. Krüper erzählt, wie einst im Winter von 1869 auf 1570 die abergläubischen Bewohner von Agoriani im Parnaßgebiet durch das Gebrüll einer in einem nahen kleinen Sumpfe hausenden Rohrdommel derart in Schrecken versetzt wurden, daß sie schon die Gegend verlassen wollten. Geradezu selbstverständlich ist es, daß sie für den griechischen Gaumen einen Leckerbissen erster Klasse abgibt und deshalb dort ein vielbegehrtes Jagdobjekt bildet. Phoenicopterus roseus Pall., Ph. antiquorum Tem. — Flamingo. Der Glaube, daß der Flamingo in den griechischen Landen zuhause sei, ist ziem- lich verbreitet. So ist dies z. B. auch im Eierwerke von Baedeker, Brehm und Päßler zu lesen. In Wirklichkeit kommt er hier nur höchst selten vor, wie in Brehms „Tierleben“ richtig bemerkt wird. Die Mitglieder der Exped. seient. de Mor. fanden den Flamingo in den Sümpfen von Osman-Aga bei Pylos; jedoch wird im allgemeinen Teile ausdrücklich gesagt: „Glücklichere Jäger als wir, haben hier sogar Flamingos erlegt!“ Erst im Anfange der Fünfzigerjahre erhielt Lindermayer einige Stücke von der nördlichen Küste des Peloponnes. Lord Lilford führt den Flamingo für Korfu mit Fragezeichen an, da er den Vogel niemals selbst beobachtete, sondern nur der Beschreibung des dortigen Vogel- präparators entnahm, daß Mitte der Fünfzigerjahre ein solcher auf der Rennbahn aus einer kleinen Schar herausgeschossen worden war. Auch mir legte man 1894 in einem Trödlerladen der Hauptstadt ein Flamingo- Kopfskelett vor, welches angeblich von einem auf der Insel erlegten Stücke her- rühren sollte. Das einzige, sicher echte Belegstück wird im Museum der Universität in Athen aufbewahrt. Es ist ein junger Vogel, welcher am 19. Dezember 1864 bei Porto Rhaphti (Attika) erbeutet und für das Museum von Herrn Th. v. Heldreich erstanden wurde. Die Hauptfarbe des gut erhaltenen Exemplares ist weiß mit feinen, schwarzen Schaft- strichen auf den Flügeldeckfedern und schwarzen Flecken gegen die Steuerfedern zu. Ciconia eiconia (L.). Ciconia alba Bechst. — Weißer Storch. Es ist interessant, aus den Angaben der Literatur zu entnehmen, wie enge das Dasein des weißen Storches in Griechenland mit dem Obwalten und Verschwinden des Mohammedanismus verknüpft war und noch ist. Diesbezüglich stelle ich die zusammen- fassende, für das Ende der Fünfzigerjahre bis zum heutigen Tage gültige Darstellung Lindermayers an die Spitze: „Der Storch sucht vorzüglich jene Städte auf, welche noch Ruinen aus venezianischer oder türkischer Herrschaft zeigen, auf welchen er sein III. Griechenland. 441 ungeheures Nest erbaut. Da, wo die türkische Herrschaft sich länger erhielt und der griechische Aufstand nicht alles dem Erdboden gleichgemacht hatte, blieben auch die Störche in dem ungeschmälerten Besitz ihrer Paläste, wie z. B. auf der Insel Euböa und in einigen Städten Nordgriechenlands; da aber, wo das Hellenentum schon von den ersten Tagen der Revolution frisch emporwuchs und von europäischer Zivilisation unter- stützt wurde, verminderten sich oder verschwanden die Störche. So gibt es keine mehr in Nauplia, Patras, Agrinion, Syra und Athen, wo sie nur auf den Säulen des Jupiter- tempels angetroffen wurden.“ Nach v. Heldreich sollen sie ehemals auch auf der Akropolis genistet haben. Ähnlich äußert sich Graf von der Mühle über das Verschwinden von dem Pelo- ponnes, wo den Storch noch die Mitglieder der Exped. seient. de Mor. angetroffen hatten, wie folgt: „Früher war der Storch in ganz Griechenland gemein; die herzlosen Be- wohner der Morea haben ihn aber durch beständige Verfolgung gänzlich verscheucht, indem sie ihre ohnmächtige Rache an den von den Türken wegen ihrer Nützlichkeit geschonten Tieren ausließen. Auf Euböa hingegen, wo noch viele Türken angesiedelt sind, zumal aber in Rumelien (Mittelgriechenland), wo die Palikaren noch so viele türkische Gebräuche beibehalten haben, wird er geschont und brütet allenthalben. In manchen Orten findet sich auf jedem türkischen Gebäude ein Nest. In Lamia befinden sich nebst dem, daß alle Häuser mit einem Storchnest versehen sind, auf einer großen Platane mitten im Orte fünf Nester zugleich.“ Auf den griechischen Inseln ist der weiße Storch bloß ein Durchzugsvogel; so für die Kykladen laut Erhard, wo z. B. Leonis einen solchen Durchzügler, ein junges 9 am 17. August 1898, und zwar auf Tragonisi bei Mykonos für unser Museum erlegte. Auf Kythera beobachtete ihn Jameson nur auf dem Rückzuge im Sommer und Herbst. Auf Korfu hält er sich nach Drummond ungefähr vom 1. April bis Mitte Mai auf. Wahrscheinlich gibt es in der Nähe an der albanesischen Küste brütende Störche, von denen einzelne hier und da von dort die Insel besuchen. Ein solches am 24. April 1397 bei Potamö geschossenes Storchweibchen erhielt das Museum durch Herrn Rother in Korfu. Über die Ankunft des Storches in Griechenland liegen auffallend wenig genauere Angaben vor. E. Dodwell bezeichnet den 14. März 1805 als eine ungewöhnlich späte Ankunftszeit. Sonst erschienen sie längstens bis zum 12. März. Hierzu fügt Aug. Mommsen, „Mittelzeiten“, S. 21, Note, wie ich glaube ganz unrichtig die Bemerkung hinzu: „Dodwells 12. März halte ich für ein Datum neuen Stils. Zugrunde liest ver- mutlich der letzte Tag des Februars alten Stils, ein passender terminus ad quem.“ Nach Professor Philippson kam in Lamia 1895 der Storch zwischen dem 24. und 29. März an. Daraus würde sich ergeben, daß Dodwells Datum vielmehr gleich dem 24. März zu setzen wäre. Der Rückzug soll, angeblich wegen Nahrungsmangel, aus Griechenland schon sehr zeitlich erfolgen; aber selbst wenn dies wirklich der Fall ist, dürften später im Herbst sich noch Durchzügler aus nördlicheren Ländern zeigen. So erstand St. Strimmeneas einen in Attika!) am 31. Oktober 1897 geschossenen Storch auf dem Markte zu Athen für unsere Anstalt (während ein zweiter, aus Lamia stammender in der Gefangenschaft am 24. November verendete und konserviert wurde). Alle genaueren Angaben über den 1) Fiedler bemerkte, daß er für kurze Zeit sich am Durchzuge am Phaleron aufzuhalten pflegt, und das Museum der Universität zu Athen erhielt von hier 1861 ein Paar. 442 Ornis baleanica. Herbstzug fehlen uns. Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“ ete.) meint, indem er die Angaben Lindermayers wiederholt, es sei sehr natürlich, daß der Storch schon im Juli Grie- chenland verläßt; denn wo sollte er in dem zu dieser Zeit schon trockenen Lande die Nahrung finden! Überwinternde Störche wurden in Griechenland bisher noch niemals beobachtet! Nachdem der weiße Storch gegenwärtig als Brutvogel aus Süd- und Mittel- griechenland vollständig verschwunden ist, seien hier jene Orte aufgezählt, wo er ehe- mals außer den schon genannten noch nistend beobachtet wurde. In der Umgebung des Kopaissees fand Fiedler am 22. Juni 1856 auf der zer- störten Zinne eines Wartturmes ein Nest mit jungen Störchen und Alfred Brehm traf - Mitte Juli 1847 ihrer mehrere in einem Tale bei Thheben. Auch in Akarnanien nisteten ehemals Störche. So erzählt Simpson von einem im Mai 1859 beobachteten Storchpaare, welches sein Nest auf der Spitze des Schorn- steines emer Ruine in Bochori angebracht, aber keine Eier gelegt hatte. Die Einwoh- ner zeigten sich um die Erhaltung der Störche sehr besorgt, weshalb die schwierige und leider vergebliche Untersuchung des Nestes vor Tagesanbruch vorgenommen wurde. Bei dieser Gelegenheit möchte ich erwähnen, daß es meines Wissens aus dem Gebiete des eigentlichen Griechenlands in keiner Sammlung Storcheier gibt. Die letzte Zufluchtsstätte in Griechenland hat der Storch im nördlichen Teile, etwa von Lamia angefangen durch ganz Thessalien, gefunden. Prof. Philippson bezeichnet ihn hier sehr richtig in allen Städten des Tieflandes, namentlich in Lamia, wo unter anderen bereits 1553 Vischer (s. S. 647 seiner „Erinnerungen und Eindrücke aus Grie- chenland“, Basel 1375) die auf den Dächern so zahlreich nistenden Langbeine beob- achtete, Pharsalos, im unteren Vyrostale usw. als charakteristischen Mitbewohner. Wir sahen den ersten vom Dampfer aus am 16. Mai 1394 bei Chalkis kreisen und machten dann mit einer großen Zahl in und um Velestino nähere Bekanntschaft. Gleich beim Zugange zu diesem lauschigen, gartenreichen Orte standen auf einer mächtigen Platane drei besetzte Horste und weitere drei dicht beisammen in der Mitte des Ortes. Alle Horste enthielten eine Unmenge von Sperlingsnestern. Auch auf dem Dache der Kirche und anderer Häuser brüteten dank dem ausgiebigen Schutze viele Störche. Manche trugen damals — 17. Mai! — noch fleißig große Lumpen zu Horste. Durch mehrere den Sumpfsperlingen geltende gerade nach den Horsten gerichtete Schüsse ließen sich die Störche im Brüten nicht im mindesten stören, und um die Bewohner nicht zu erzürnen, vermieden wir es wohlweislich, innerhalb von Velestino einen Lang- bein zu schießen. Auch in Kanalia sowie bei Hadzimlet am südlichen Ufer des Karlasees brüten sie in großer Zahl. Von den futtersuchenden Störchen weitab von menschlichen Niederlassungen ge- lang es uns damals nicht, auch nur einen zu erlegen; wohl aber lernten wir neuerdings ihre bedeutende Widerstandsfähigkeit gegen Schrotschüsse aus weiterer Entfernung kennen. Einen sehr heftigen Kampf zwischen zwei Storchmännchen beobachtete einst Lindermayer auf den Firsten des Palastes des Paschas zu Lamia. Beide Störche wurden kampfunfähig und einer stürzte sogar vom Dache herab. Schließlich erwähne ich eines angeblichen Falles von Storchjustiz, welchen A. G. (wahrscheinlich Alb. Grunack) im Ormnith. Zentralbl., VII. Jahrg., 1882, S. 94 nach dem Berichte eines Augenzeugen mitteilte. Der Fall ereignete sich in Stylida (Stylis) und wurde später in dem nahen Lamia noch dreimal von demselben Herrn, einem griechischen Offizier, III. Griechenland. 443 beobachtet. Mochte nun die Veranlassung zu diesem Schauspiele welche immer gewesen sein: nach der Behauptung des Genannten versammelte sich plötzlich unter lautem Geklapper eme große Zahl von Störchen, welche schließlich einen ihrer Genossen durch Schnabelhiebe töteten und aus dem Neste auf die Straße herabwarfen. Ahnliche Fälle wurden ja schon oft in anderen Gegenden beobachtet, aber nicht als Strafe für Ehebruch, sondern als Beseitigung nicht reisefähiger Individuen gedeutet. Ciconia nigra (L.) — Schwarzer Storch. Für ihn, den echten Waldbewohner, paßt selbstverständlich Griechenland als Sommeraufenthalt gar nicht; sondern kurz gesagt: „Er berührt dieses Land nur in ge- ringer Zahl auf dem Durchzuge.“ So lesen wir bei Krüper, v. Heldreich und auch im allbekannten „Tierleben* von A. Brehm. Auf dem Frühjahrszuge wurde er vom Grafen von der Mühle niemals, von Lindermayer höchst selten beobachtet, dagegen in früheren Jahren von beiden ziem- lich häufig, ja sogar alljährlich Anfang Oktober im Jugendgefieder. Solche junge Schwarzstörche wurden erlegt in den Sümpfen von Astros (Ostküste des Peloponnes) und in Attika. Graf von der Mühle bemerkt, daß sie sich immer einige Tage auf denselben feuchten, zur Viehweide benützten Plätzen herumtrieben. Natürlich ist er auch auf den Kykladen nach Erhard Durchzugsvogel und wurde auf Euböa und Korfu festgestellt. Hier ist er zufolge Lord Lilford sehr selten; der dortige Präparator teilte ihm mit, daß im Verlaufe von dreißig Jahren ein einziger schwarzer Storch auf der Insel geschossen wurde. Das Museum der Universität in Athen besitzt Männchen und Weibchen dieser Art im Jugendkleide aus Attika und St. Strimmeneas erzählte mir, daß er um das Jahr 1890 ein Stück in den Türkenbergen (Turko Wuni) bei Athen erlegt habe. An ein Brüten des Vogels im Gebiete ist gar nicht zu denken. Platalea leucerodia L. — Löffelreiher. Erscheint in Griechenland auf seinen Durchzügen; nicht selten sieht man kleine Gesellschaften auf den Lagunen im Meere. Wenn ich diesen Worten Krüpers noch hinzufüge, daß diese Gesellschaften an denselben Orten zum größten Teile auch über- wintern, so ist damit das Wichtigste bezüglich seines Aufenthaltes im Lande bereits gesagt. Als mehr oder weniger häufigen und regelmäßigen Durchzugsvogel für Griechen- land nennen ihn: Naumann, Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“ usw.), Erhard ausdrück- lich für die Kykladen, Dubois und A. Brehm („Tierleben“). Wenn der zuletzt- genannte Autor noch hinzufügt: „aber auffallenderweise nicht Brutvogel“, so ist dies wohl richtig; aber auffallend ist es wirklich nicht, wenn man die an anderen Orten schon so oft geschilderten Störungen der griechischen Vögel zur Brutzeit in Be- tracht zieht. Lindermayer sagt, daß der Löffelreiher für kurze Zeit auf dem Peloponnes, besonders bei Astros und Argos ziemlich häufig ist, besonders nach den Frühlings- äquinoktien, dagegen in Mittelgriechenland seltener, aber auch auf Euböa. Graf von der Mühle bezeichnet als Zeit des Durchzuges einzelner im Frühling April, für den Herbst in großer Zahl Oktober. Die Löffler halten sich dabei sowohl 444 Ornis balcanica. am Meeresstrande als auch auf den daranliegenden Feldern auf und sind oft so wenig scheu, daß Graf von der Mühle an emem Tage sechs Stück erlegte. Der Zug im Frühling gegen Norden schemt aber in manchen Jahren auch viel später noch zu erfolgen; so beobachteten wir am Karlasee eine offenbar auf der Reise begriffene Schar von etwa 30 Löfflern noch am 17. Mai 1894. Auch auf der Insel Korfu kam bei Sonnenaufgang am 7. Mai 1897 ein Paar über die Salinen von Levkimo hergezogen und fiel schließlich dort auch ein. Übrigens wurden, wie J. E. Portlock genau ermittelt hat, auf Korfu am 31. Okto- ber 1346 aus einer Schar von sieben Vögeln desselben Jahres drei Stücke erlegt und Herr Gangadi versicherte den Genannten, daß hier und da Löffler auf der Insel sich zeigen. Tatsache ist es, wie schon erwähnt, daß Scharen von Löffelreihern an den griechischen Küsten zu überwintern pflegen; doch schemen es durchwegs junge Vögel zu sein, während die Alten weiter gegen Süden wandern. So erlegte Lord Lilford, welcher dem Löffler häufig im Golf von Lepanto und bei Petalä begegnete, am letzte- ren Orte ein Stück am 7. Februar 1858. Unweit von dort, in den Lagunen von Pro- kopanisto, versuchten wir am 9. Februar 1897 vergeblich eine Schar von etwa 40 Löfflern mit unseren Kähnen zu umzingeln und ebenso erfolglos war das Anbirschen auf eine Schar von etwa 20 Stücken am 15. Februar 1897 östlich vom Salzmagazin Turlida bei Missolonghi, weil die Vögel außerordentlich vorsichtig waren. Außerdem werden drei solcher überwinternder, etwa ein halbes Jahr alter Löffler im hiesigen Museum aufbewahrt, welche von Herrn Merlin am 21. Dezember 1895 und St. Strimmeneas am 17. Februar 1903 bei Lamia erlegt wurden. Bei diesen Vögeln zeigt sich ihre Jugend an den noch fast ganz lichten Schnäbeln ohne jede Lamellenbildung und an dem vielen Schwarz in den Schwungfedern sowie dem Mangel jeder Andeutung des Schopfes im Genick. Alle diese Merkmale junger Löffelreiher bemerkte ich, bis auf etwas verlängerte Genickfedern, auch bei einem von Professor Langhadis noch am 1. Mai bei Kalamata erlegten Exemplare. Die einzigen alten Löffler aus Griechenland sah ich im Museum zu Athen, wo sich zwei Weibchen im Alterskleide, geschossen am 5. März 1867 in Attika, befinden. Außerdem ist dort noch ein jüngeres Männchen vom 22. Oktober 1367 vorhanden. Plegadis faleinellus (L.), Falceinellus igneus Leach — Brauner Sichler. Als Durchzugsvogel Griechenlands und seiner Inseln wird des schönen. Vogels sehr oft flüchtig Erwähnung getan; so von Temminck, Brehm („Europäische Vögel“, „Stiftungsfest“ und im Baedekerschen Eierwerke), Thienemann, Erhard (für die Kykladen), Dubois und v. Heldreich, ja Naumann nannte ihn seinerzeit irrtümlich sogar einen Bewohner des Landes. Davon kann, wie schon Graf von der Mühle richtig vermutete, gar keine Rede sein. Die Ankunft wird von dem zuletzt genannten Forscher mit Anfang März entschieden zu früh angegeben. Richtiger sagt Linder- mayer, der den Durchzug auch auf Euböa beobachtete, daß der Sichler von Ende März bis zum 10. oder 15. Mai zu sehen ist und dann plötzlich nach Norden weiterzieht. Lord Lilford nennt ihn für Korfu manchmal recht häufig im März, April und Mai und Drummond bezeichnet den 10. April bis zur ersten Woche Mai dort als die Hauptzugzeit. Krüper vermerkte die ersten in Attika im Jahre 1873 am 29. März und St. Strimmeneas erlegte ebenda (Phaleron) ein Weibchen 1896 am 27. März, dann ein schönes Paar am 16. April und 6. Mai 1902 in den Sümpfen bei Lamia für die III. Griechenland. 445 hiesige Anstalt. Die Gegend des Phaleron ist noch heutzutage ein beliebter Aufent- halt. Fiedler sah in den Dreißigerjahren dort Flüge von 6—12 Sichlern auf dem Frühjahrszuge und sechs weitere Stücke des Britischen Museums, des Universitäts- museums in Athen sowie unserer Anstalt stammen sämtlich von dort. Ein Weibchen vom 4. April 1868 trägt am Halse noch deutliche Reste des jugendlichen Gefieders. Unweit von dort sah Freund Knotek am 11. Mai 1894 zwölf Stücke über der Quaran- täneinsel Hag. Georgios kreisen. Ich habe den Sichler nur im westlichen Griechenland beobachtet, und zwar zwei- mal je einen einzelnen auf Korfu angetroffen, und zwar am 21. April 1894 über dem Binsenweiher im Valle di Korissia hin- und herstreichend und am 5. Mai 1397 im Sumpfe an der Mündung des Potamo. Weiters wurde am 9. Mai 1395 bei Katastari auf Zante von einheimischen Jägern ein Sichler geflügelt und tagsdarauf mir über- bracht, ein anderer erlegt und sofort verspeist. Der von uns konservierte Vogel ist ein prächtig gefärbtes altes Männchen. Auf Kythera will Jameson den Sichler im Frühling und selbst im Sommer beobachtet haben, und Kapitän Thom. Graves sandte 1844 von jener Insel ein Stück als Geschenk an Gould nach England. In der Umgebung von Missolonghi, von wo Dr. Nieder 1353 einen solchen Vogel dem zoologisch-mineralogischen Vereine in Regensburg schenkte, kommt er nach Simp- son in größeren und kleineren Scharen vor. Dieser sagt: „Während des Frühjahres habe ich einige offenbar auf dem Durchzuge noch am 15. Mai gesehen. Es ist nicht wahrscheinlich, daß einige in dieser Gegend brüten, doch dürften welche in Epirus oder Albanien verbleiben. Der Haupttrupp zieht namentlich nach den Sümpfen an der Donau und deren Zuflüssen, wo große Mengen derselben alljährlich ihre Jungen auf- ziehen.“ Die Folgezeit hat gelehrt, daß diese Worte Simpsons vollständig zutreffen. Hier und da verzögert sich der Durchzug sehr; denn ich habe sogar noch am 22. Mai 1898 zwei Sichler an der Lagune von Agulinitsa auf dem Peloponnes auf einer Tamariske fußend angetroffen. Graf von der Mühle, der, wie dem Nachrufe von Schuch zu entnehmen ist, diese Vögel häufig in der Nähe des Meeresstrandes bei Nauplia beobachtet hat, stellte fest, daß die Ankunft im Frühling nach Nordostwind zugleich mit A. garzetta erfolgte, der Aufenthalt kaum 14 Tage währte und der Durchzug mit den Jungen im Oktober noch kürzere Zeit andauerte. Auch er erwähnt, daß der griechische Gaumen im Gegensatze zu dem mittel- europäischen diese Vögel als Wildbret anerkennt, weshalb sie besonders im Frühling zu Markt gebracht werden. Fulica atra L. — Wasserhuhn. Das scharenweise Verweilen von Wasserhühnern während der Wintermonate in manchen Gewässern des Landes ist schon seit langem bekannt. Fiedler lernte dies in den Dreißigerjahren im Sumpfe des Phaleron bei Athen kennen und Lindermayer gibt sie sowohl für das Festland wie für die Inseln (ebenso auch Erhard für die Kykladen) von November bis April anwesend an. Drummond sah Wasserhühner in ungeheurer Menge im Gebiete der westgrie- chischen Inseln im Winter und hält dafür, daß sie auf Korfu auch zu den Standvögeln zu rechnen sind. Tatsächlich habe ich in einem schilfigen Tümpel zwischen Braga- niotika und dem Valle di Korissia am 25. Juli 1894 die Stimme des Wasserhuhnes 446 Ornis baleanica. vernommen und muß annehmen, daß dort noch heutzutage mehrere Paare nisten. In einem anderen, mit Süßwasser gefüllten Becken bei Govino zählte ich am 18. Jänner 1897 acht Stücke, aber Anfang Mai desselben Jahres ließ sich dort keines mehr blicken oder vernehmen. In großer Masse beobachtete Graf von der Mühle diese in Griechenland als Speise hochgeschätzten Vögel auf dem Peloponnes während des Winters von Oktober an, aber nur bis März. Er sowohl wie auch Lindermayer kannten oder vermuteten das Wasserhuhn aber auch als vereinzelten Brutvogel der Seen des nördlichen Griechen- lands, nach Aussage der Bewohner besonders des Kopaissees.!) Später erfahren wir durch Krüper („Griechische Jahreszeiten“), daß das Wasser- huhn im Winter in dem von Laguneninseln angefüllten Meerbusen von Missolonghi sowie an den Vrachoriseen so ungemein häufig ist, daß die Wasserfläche stellenweise dicht von ihm bedeckt ist. Dies ist dort auch noch heutzutage der Fall. Ich traf es z. B. am 6. Februar 1897 in der Bucht von Aetolikon in großen Scharen an; mehrere wurden geschossen und ein schönes Stück präpariert. Auch Baron Schilling fand es am 3. Dezember 1895 dort ebenfalls massenhaft vor. Hier war das Wasserhuhn von allem Geflügel immer vorherrschend und nur wenige Tauchenten waren in der Nähe der Scharen, die in der gewohnten Weise vor den Kähnen einherplätscherten. Dagegen schreibt mir Herr Diamantis Soustas, daß sich auffallenderweise während des ganzen Winters 1900/1901 dort nicht ein einziges Wasserhuhn einfand. Nicht minder viele gab es im Jänner und Februar in dem dichten Röhricht längs der Straße zwischen Aetolikon und Missolonghi sowie in den Schilfgräben und Tümpeln gegen die Phidarismündung zu. Überall verrieten die vielverfolgten Vögel ihre An’ wesenheit von Zeit zu Zeit durch ihre laute Stimme. Auch die großartigen Dickungen des Tripdolakos in Akarnanien beherbergen ihrer eine Menge, und ich vermute hier ebensowohl das Brüten so mancher Paare, wie auch an den Vrachoriseen, wo ich am 30. April 1894 deren Anwesenheit feststellte, und in den Sümpfen um Lamia, wo St. Strimmeneas bei Megali vrysis am 19. April 1902 ein gepaartes Männchen erlegte und einsandte. Dadurch wurde bereits die Annahme Dr. Krüpers, daß einige Paare auf den Seen brütend zurückbleiben, nahezu zur Ge- wißheit. Doch geht aus den Worten v. Heldreichs und Dressers, welche die früheren Angaben zusammenfassen, hervor, daß Krüper bis zum Jahre 1879 erfolglos ein Nest dieses Vogels suchte. Dies gelang mir und meinem Freunde Knotek erst am 18. Mai 1394 im Karla- see in Thessalien. Wir beobachteten da zuerst mehrmals einzelne Wasserhühner; eines ihrer Schwimmnester enthielt sieben sehr stark bebrütete Eier, welche nur mit An- wendung von viel Mühe und Zeit zu entleeren waren. Ihr Mittelmaß beträgt: 54 X 36:5 mm 922 cg Von dem unweit davon gelegenen Orte Velestino befindet sich ein am 21. Dezem- ber 1895 geschossenes Wasserhuhn gewöhnlicher Größe und Färbung in unserem und zwei Stücke von der Küste Attikas, geschossen am 1. Dezember 1859, im Museum zu Athen. 1) Es ist daher auffallend, daß sich 1872 in der Synonymik von Rey die Bemerkung befindet: „In Griechenland noch nicht beobachtet.“ III. Griechenland. 447 Gallinula chloropus (L.) — brünfüßiges Teichhuhn. In sämtlichen stehenden Gewässern des Festlandes, welche Pflanzenwuchs besitzen, ferner auf Euböa und den übrigen Inseln ist es Standvogel (Lindermayer, Graf von der Mühle und Erhard). Als solchen fand es auch Drummond sehr häufig auf Korfu. Seiner bekannt versteckten Lebensweise wegen wird es auch -hier oft übersehen und seine Eier sind. in Griechenland bisher noch nie aufgefunden worden; aber das Museum zu Athen hat außer fünf erwachsenen Stücken aus Attika!) auch eines im Dunenkleide. Auf meinen Reisen beobachtete oder erlegte ich sowie meine Begleiter das Teich- huhn an folgenden Punkten: an der Trennungslinie der beiden Vrachoriseen am 2. Mai 1894 und 2. April 1897, im Karlasee in Thessalien am 18. Mai 1594, im Sumpfe an der Bucht von Eleusis, wo es von Herrn Merlins reizender Setterhündin „Alta“ am 9. April 1897 hochgebracht wurde, im Sumpfsee Mustos bei Astros am 17. April 1897, an der Regenwasserlache auf der größeren Strophadeninsel, wo am 14. Mai 1898 Haupt- mann Roth zwei entschieden noch auf dem Zuge befindliche Stücke antraf, und schließlich am Rande der Lagune von Agulinitsa, wo wir am 22. Mai 1393 ein Stück, wahrscheinlich einen Brutvogel, aufscheuchten. Außerdem erhielt ich für unsere Anstalt von Herrn Diamantis Soustas in Misso- longhi zwei Herbstvögel aus der dortigen Gegend, einen dritten von Skyros (1594) und kaufte ein ganz besonders altes Weibchen am 3. Juni 1894 auf Skopelos. Die Färbung der Schwungfedern dieses letztgenannten Vogels ist, namentlich gegen die Spitzen zu, ein helles Braun, und die Federfahnen sind sichtlich abgenützt und zerschlissen — eine Erscheinung, welche bei den Gattungen Gallinula und Ortygometra öfters aufzu- treten pflegt. Chr. L. Brehm hat zuerst in der „Naumannia“ (III, 1553, S. 17) die griechischen Teichhühner nach drei Stücken wegen ihrer kleinen Stirnplatte als Stagnicola parvi- frons unterschieden und dies zwei Jahre später im „Vogelfang“, S. 331 nochmals wieder- holt. Auch Päßler, in den Nachträgen zu dem Baedekerschen Eierwerke (zu Tafel 44), sagt, daß die griechischen Stücke (es sind wohl jene der Brehmschen Sammlung gemeint!) etwas abweichend gestaltet sind. Nachdem ich auf diesen Punkt neuerdings durch Herrn Pfarrer Kleinschmidt aufmerksam gemacht wurde, kann ich nach vielerlei Vergleichen nur sagen, daß gerade bei der Stirnplatte die Konservierung in hohem Grade ausschlaggebend ist, da jene mehr oder weniger zusammenzuschrumpfen pflegt. Übrigens dürfte es sich im erwähnten Falle möglicherweise um junge oder Herbstvögel gehandelt haben. Gallinula porzana (L.) — Getüpfeltes Sumpfhuhn. Man trifft mit diesem versteckt lebenden Sumpfbewohner auf den mehr oder weniger flüchtig vorgenommenen Sammelreisen nicht sehr oft zusammen, und er ist daher wohl mehr verbreitet, als man oft annimmt. Obwohl nun dieses Sumpfhuhn in Griechenland am häufigsten zu den beiden Zug- zeiten beobachtet wird, so bleiben doch aller Wahrscheinlichkeit nach an geeigneten Orten manche Paare zurück um zu brüten. In früheren Zeiten mag dies auch in den Sümpfen am Phaleron vorgekommen sein, denn ein 9 des Museums in Athen trägt das Datum 1) Ein weiteres sandte von hier Herr Merlin sen. an das British Museum nach London. 448 Ornis balcanica. 2. Juni 1861. Heutzutage besucht es diesen Ort nur noch am Zuge, wie ein mir vor- liegendes Cd’ vom 27. April 1895 beweist. Eier oder Dunenjunge wurden indes bisher noch nicht gefunden. Ein regelmäßiges Überwintern, wie dies vor langer Zeit Nau- mann für Griechenland nach angeblich zuverlässigen Nachrichten angibt, ist durchaus nicht nachgewiesen und könnte höchstens als Ausnahme vorkommen. Ein anderer -beliebter Aufenthaltsort ist der versumpfte Uferrand der Bucht von Eleusis, wo am 9. April 1897 Herrn Merlins brave Setterhündin „Alta“ in meiner Gegenwart zwei Sumpfhühner lebend und unversehrt aus dem dichten Sumpfgrase herausholte. Eines davon, ein großwüchsiges Männchen, befindet sich nun hier im Museum. Häufig war diese Art im Juncus-Dickicht des Sumpfsees Mustos bei Astros am 17. April 1897. Lindermayer, der es 1855 als einen Bewohner Euböas bezeichnet, schreibt vier Jahre später, daß es auf den Inseln nicht vorkommt. Dies ist gänzlich unrichtig, wie aus folgenden Angaben hervorgeht. Auf Korfu fand Drummond das getüpfelte Sumpfhuhn sehr häufig, im Frühling in größerer Menge. Er hält es dort für einen Standvogel. Ich scheuchte ein einziges am 4. Mai 1897 im Sumpfe bei Braganiotika auf. Für Kythera verzeichnet es Jameson als Durchzügler im Frühling und Herbst. Auf Skopelos kaufte ich den Balg eines Anfang oder Mitte Mai 1894 erbeuteten Vogels und von Skyros brachte Eustr. Strimmeneas ein im Herbste desselben Jahres geschossenes Stück. Diese, wie alle anderen, die ich sah, sind vollständig regelrecht gefärbt. Ortygometra parva (Scop.), Gallinula minuta Pall. — Kleines Sumpfhuhn. Das Vorkommen im Lande erwähnen Naumann (1838), Lindermayer (auch für Euböa), Graf von der Mühle, Chr. L. Brehm („Vogelfang“) und Baedeker, Brehm und Päßler (im Eierwerke). Krüper, und ihm folgend v. Heldreich, lassen die Frage offen, ob es im Gebiete auch brütet und überwintert. Beides ist auch heut- zutage noch keineswegs erwiesen und sogar unwahrscheinlich. Nach Drummond erscheint es im April sehr selten auf Korfu. In der Umgebung von Athen, und zwar an Sumpfstellen des Phaleron sowohl, wie am Rande der Bucht von Eleusis scheint es alljährlich am Frühjahrszuge sich auf- zuhalten. An diesen Lieblingsrastplätzen sammelten 1894 und 1895 Herr Merlin und St. Strimmeneas ein Paar für das Museum in Athen und zwei Männchen nebst einem Weibchen für unsere Sammlung. Da das letztere am 26. April erlegt wurde und ein Brüten dort gänzlich ausgeschlossen ist, muß der Zug recht lange andauern. Ein anderes, sehr schön verfärbtes C’ lieferte St. Strimmeneas von Megali vrysis bei Lamia, wo er es am 8. April 1902 schoß. Während meiner Reisen beobachtete ich das kleine Sumpfhuhn nur im Frühling 1897, und zwar im Sumpfe unweit des Küstensaumes von Akarnanien bei Känurion am 25. März. Ich schoß dort ein Weibchen, konnte es aber nicht finden. Ein zweites erbeutete ich mit vieler Mühe im Sumpfe östlich von Naupaktos am 28. März. Dieses hat an der hinteren Flügelhälfte eine abweichende Färbung, indem namentlich die Schwungfederspitzen und die Außenränder der Federn fast weiß erscheinen; doch scheint dieses Ausbleichen der Federn gerade bei dieser Art ziemlich oft vorzukommen. Wahrscheinlich gab es damals an der genannten Stelle noch viel mehrere verborgen. III. Griechenland. 449 Endlich begegnete ich einigen O. parva am 17. April in dem Junecus-Diekicht des Sumpfsees Mustos bei Astros und dies wäre die einzige Ortlichkeit, wo vielleicht an ein Brüten gedacht werden könnte. Ortygometra pusilla (Pall.), Gallinula pygmaea Naum. — Zwergsumpfhuhn. Auf der ganzen westlichen Hälfte der Balkanhalbinsel ist bisher das Zwerg- sumpfhuhn niemals mit auch nur einiger Sicherheit nachgewiesen worden und unser Wissen über das Vorkommen im Hellenenreich ist ebenfalls ein äußerst dürftiges. Kurz erwähnt wird es für dieses Land von Naumann,!) Dubois und Baedeker, Brehm und Päßler (Bierwerk); seine Seltenheit betonen: Lindermayer (der es auch für Euböa angibt), Krüper und v. Heldreich. Erhard reiht es unter die Standvögel der Kykladen ein, was ich unumwunden bestreite, da wir bis heute nicht einmal einen Anhaltspunkt besitzen, daß es auf dem Zuge dorthin gelangt, wenn dies auch anzunehmen ist. Graf von der Mühle schließlich will im August im Sumpfe von Lerna (Myli) Junge geschossen haben und schließt deshalb auf das Brüten dieses Sumpfhühnchens, was wohl sehr fraglich bleibt. Mir sind bloß zwei erwiesene Fälle des Vorkommens bekannt geworden: Am 4. April 1898 erlegte St. Strimmeneas ein prächtig aus- gefärbtes Männchen am Phaleron und überließ das wertvolle Stück unserer Sammlung; am gleichen Orte schnappte Herrn Merlins kluge Setterhündin „Alta“ im Frühling 1595 ein altes Weibchen und brachte es ihrem Gebieter, in dessen Besitz sich der Balg noch heute befinden dürfte. Maße des d': Ganze Länge . . . .. . 175mm Schnabel 0.00. 2.9 2 8 5,4 mm Else ser ea 0 area. OL, arsusS En 1 N le Schwanz ee hi Orex crex (L.), Crex pratensis Bechst. — Wiesenralle. Dieser Vogel ist mir während meines Aufenthaltes im Lande niemals vorgekommen. Schon der deutsche Name läßt erraten, daß in Griechenland, dem wiesenlosen, ihres Bleibens nicht ist. Man kann sie nur zu den Zugzeiten hier finden, was überdies verhältnismäßig selten geschieht (Jameson, Lindermayer, Erhard, Krüper und v. Heldreich). Die drei Belegstücke unserer Sammlung wurden sämtlich am Herbstzuge von den Brüdern Strimmeneas gesammelt, und zwar im Oktober 1394 auf der Insel Skyros, am 27. November 1895 am Karlasee in Thessalien und am 11. September 1895 am Phaleron bei Athen, wo schon vor vielen Jahrzehnten der Geologe Fiedler den Wachtelkönig antraf. Als Orte ihres Aufenthaltes oder richtiger ihrer kurzen Rast nennt Graf von der Mühle sumpfige Plätze und selbst trockene Baumwollfelder. Außer den Inseln Euböa und Kythera, wo Crex von Lindermayer und Jame- son am Zuge nachgewiesen wurde, erfahren wir noch von Drummond, daß dieser 1) Doch ist es durchaus unrichtig, daß es in Griechenland nicht seltener sei als ©, parva. Reiser, Ornis balcanica. IIT. 29 450 Ornis balecanica. Vogel auf Korfu sehr selten und nur gelegentlich im April erscheint; dann von Lord Lilford, daß er dort vereinzelt im April und September erschienen ist. Auch die griechischen Jäger sprechen von ihm als Anführer der Wachteln auf deren nächtlichen Wanderzügen, und wenn ein Wachtelkönig irgendwo im Herbst er- beutet wird, greift alles zur Flinte und eilt auf die Wachteljagd hinaus. Rallus aquaticus L. — Wasserralle. Auf meinen Reisen ist sie mir nur ein einziges Mal untergekommen, und zwar in einem Sumpfe unweit von Bochori (Akarnanien) am 25. März 1397, wo damals mehrere anwesend waren und ich ein Männchen erlegte. An jener Örtlichkeit ist es sehr wahr- scheinlich, daß der Vogel auch brütet, wie dies von Krüper für den Kopaissee in neuerer Zeit nachgewiesen wurde. Er hat nämlich mehrere Eier versendet, welche ihm aus jener Gegend, zuletzt im Frühling 1891, zugetragen wurden. Eines von diesen: 37 X 25:7 mm 102 cg Größtenteils ist die Wasserralle in Griechenland aber bloß als Wintervogel be- kannt; so nach v. Heldreich, Drummond (auf Korfu in großer Menge), Graf von der Mühle, und zwar von September an, wo er sie zusammen mit Wachteln in Feldern antraf, und Erhard, der sie aber außerdem auch als Herbstdurchzügler der Kykladen anführt. Auch Seebohm nennt sie einen Winterbesucher Griechenlands, der gelegent- lich zum Brüten zurückbleibt. Als Standvogel hat die Wasserralle bereits Lindermayer erkannt, obwohl auch er zugibt, daß sie am häufigsten im Frühling und Herbst sichtbar ist. Auch für Euböa führt er sie an, von wo das Museum ein altes 9 aus der Gegend des Delph von Leonis besitzt (27. November 1394). Außerdem erwarb unsere Anstalt auch vom Phaleron bei Athen und von Lamia herrührende Vertreter, alle in den Wintermonaten erlegt. Doch ist weder unter diesen noch unter den dreien des Museums in Athen eines, welches die von Chr. L. Brehm!) für griechische Stücke gewählte Benennung Zr. fusci-lateralis rechtfertigen würde. Grus grus (L.), Grus ceinereus Bechst. — Kranich. Eine der bekanntesten und stolzesten Vogelgestalten in griechischen Landen seit altersher ist der Kranich. Schon die griechische Mythologie beschäftigte sich mit ihm und auch im Mittelalter, zur türkischen Zeit, war er Gegenstand vielseitiger Auf- merksamkeit. Doch darf man sich nicht vorstellen, daß die Hauptmasse der europäischen Kra- niche zu und von ihrer Winterherberge den Weg gerade über Griechenland einschlägt. Im Gegenteile; sowohl Lindermayer als auch Krüper (Cab. Journ. f. Orn. 1375, S. 283) bezeugen, daß die über Griechenland führende Zugstraße nur von einzelnen Kranichen oder einzelnen Zügen derselben benützt wird und eine viel größere Anzahl sich längs der kleinasiatischen Küste nach dem afrikanischen Süden begibt. Meine eigenen Erfahrungen decken sich mit Vorstehendem ebenfalls. 1) „Vogelfang“, S. 328. III. Griechenland. 451 Längeren Aufenthalt können die wandernden Kraniche in Griechenland nicht nehmen; erstens, weil es hierfür wenig passende Örtlichkeiten gibt, und zweitens, weil sie überall beunruhigt und gestört werden. Noch weniger können sie hier an ein Nisten denken, da geeignete Brutplätze durchaus mangeln! Schließlich muß ich auch noch das Überwintern, welches Chr. L. Brehm (1837) und Naumann (1838) für Griechenland vermelden, vollständig bezweifeln. Entweder kommt dies gar nicht vor oder nur ganz ausnahmsweise, wie ich von verläßlichen Seiten erfahren habe. Als Zeit des Eintreffens im Frühling geben Lindermayer die Zeit nach den Äquinoktien, Krüper im allgemeinen Anfang März, v. Heldreich Ende Februar und Anfang März an. In Attika beobachteten Hofgärtner Schmidt und Krüper ziehende Kraniche an folgenden Tagen: 1866: 4. März einzelne, 7. März viele. 1867: 28. Februar. 1865: 9. März (bei Kephissia), dann 20. und 30. März bei Athen erlegt. 1874: 12. März. Allgemein wird betont, daß der Herbstzug wenig bemerkbar ist und keme be- stimmten Beobachtungen diesbezüglich vorliegen. Besonders sei auf die großen Pausen im Frühjahrszuge aufmerksam gemacht, welche sich namentlich aus den folgenden Daten ergeben. Auf Korfu, wo der Kranich nach Lord Lilford oft in großer Höhe am Zuge gehört und gesehen wird, und zwar sowohl im März als im Oktober, wurde ein frisch geschossenes Stück am 2. April 1857 vom Genannten untersucht. In der Koll. Korakianitis befand sich ein ebenfalls Anfang April auf Levkas (Sta. Maura) erlegter Kranich und auf Kythera soll er nach Jameson merkwürdiger- weise geradezu im Sommer vorgekommen sein. Für Euböa (Lindermayer) und die Kykladen (Erhard) wird er als Durch- zügler angeführt und vom Peloponnes kannte ich ein Stück in der ehemaligen Samm- lung Langhadis, welches aus der Niederung von Kalamata herrührte. Die Vermutung des Grafen von der Mühle, der ein Anfang März 1837 am Sumpfsee Mustos bei Astros geschossenes einjähriges Männchen erhielt, daß der Kranich in den größeren Sumpfgebieten Mittelgriechenlands Brutvogel sei, hat sich, wie bereits erwähnt, nicht bestätigt. Während meiner Reisen begegnete ich nur einmal einem vereinzelten Wanderer, der in Akarnanien am Zuge Rast hielt. Am 25. März 1397 staud ein altes Weibchen zwischen Bochori und der Phidarismündung vom Rande eines von Gebüsch umsäumten Tümpels auf und wurde von mir herabgeschossen. Der Vogel, obwohl tödlich getroffen, wollte dennoch in geduckter Haltung laufend entkommen und suchte schließlich unter einem dichten Busche Deckung. Das späteste Datum trägt ein im Museum zu Athen aufbewahrtes Männchen, welches in Attika am 16. April 1868 eingeliefert wurde. Erwähnt sei weiters, daß im Cat. of Birds, vol. XXIII, p. 276 ein Grus penteliei aus dem unteren Pliozän Griechenlands aufgeführt wird. Von mehr historischer Bedeutung ist es, wenn Fallmerayer („Fragm. aus dem Orient“, S. 456) anknüpfend an die Beobachtung eines Kranichs in der Hügellandschaft Kynoskephalae im Februar 1542 ins Gedächtnis zurückruft, daß 1669 Mohammed IV. 29* 452 Ornis baleanica. in der Ebene bei Tyrnavos auf Kraniche jagte (S. 384), und daß nach Hermann Kraniche, welche man in Thessalien gefangen hielt, wahrscheinlich so wie die Hähne, zu Kampfspielen verwendet wurden (yepavoßortaı). Grus virgo (L.) — Jungfernkranich. Seitdem Naumann (1835) berichtete, daß dieser Kranich von den (afrikanischen) Küsten des Mittelländischen Meeres, wiewohl nicht häufig, nach Griechenland herüber- strich, wurde er mehrfach als Besucher, ja sogar als Bewohner dieses Landes ange- führt; so von Degland, Fritsch und Dubois. Lindermayer erwähnt seiner im Katalog der Vögel Euböas, in der Nachtrags- liste der griechischen Vögel und schließlich in der Hauptarbeit (1859), hält ihn aber mit vollem Rechte bloß für einen seltenen Gast des Gebietes. Graf von der Mühle dagegen glaubt sogar an ein Brüten des Jungfernkranichs, und zwar bloß deshalb, weil ihm angeblich ein in den Sümpfen von Negropolis (— Chal- kis) im September geschossener junger Vogel überbracht worden war, von welchem heutzutage keine Spur mehr auffindbar ist. Ebenso zählt ihn Erhard zu den Brut- vögeln der Kykladen — ist, wie schon Baldamus in einer Note des Erhardschen Aufsatzes andeutet, einfach ein Unsinn! Glücklicherweise befindet sich im Museum der Universität in Athen ein vortrefflich erhaltener alter Vogel, welcher in Attika am 5. April 1859 (nicht wie v. Heldreich angibt 5. März!) erlegt wurde. Seither behauptet nur St. Strimmeneas vor einigen Jahren einen solchen Kranich einmal am Fuße des Hymettos gesehen zu haben; geschossen wurde aber meines Wissens überhaupt kein weiteres Stück im Lande. Otis tarda L. — Großtrappe. Obgleich auch jetzt noch alljährlich in verschiedenen Gegenden des Gebietes große Trappen geschossen werden, ja sogar an einigen Orten wenige Paare noch das Brutgeschäft vollziehen, verschwindet dies im Vergleiche zu den Mengen, welche einstens Griechenland bevölkerten. Es ist wohl leicht erklärlich, daß der stattliche Vogel die unbezähmbare Jagdlust der griechischen Jäger allzeit reizte, und deshalb konnte die rapide Abnahme auch nicht ausbleiben. Lindermayer und Graf von der Mühle berichten noch von großen Herden, welche in den Ebenen von T'hessalien, der Insel Euböa und Phthiotis lebten und brü- teten, besonders bei Theben, Livadhia, am Spercheios und bei Atalanti. Auch Drum- mond erwähnt 1846 ungeheurer Scharen in der Ebene von Meteora in Thessalien. Nach Lindermayer werden die Jungen häufig beim Getreideschnitt gefangen, Geschossene dagegen, zumeist im Winter, als geschätztes Wildbret zu Markt gebracht. So beispielsweise in bedeutender Anzahl nach Lord Lilford im Jänner 1555 in Athen. Graf von der Mühle erfuhr von Hetzjagden auf Trappen in Mittelgriechenland mittels Windhunden; doch soll in dieser Gegend Trappwildbret keinen Anwert haben. Im westlichen Griechenland kamen mir 1397 nur Gerüchte des gegenwärtigen Vorkommens zu Ohren; von dem einstmaligen dagegen besitzen wir die wertvollen Angaben der englischen Forscher. Nach Drummond besucht die große Trappe die Jonischen Inseln sehr selten. Ein schöner Hahn wurde im Februar 1842 auf Korfu erbeutet. III. Griechenland. 453 Kapitän Sperling fand im Winter ansehnliche Scharen am Südrande des Golfes von Arta, wo ihnen sogar die Schakale und Füchse nachstellen sollen. Trotz An- kriechens auf dem Bauche waren die Vögel so vorsichtig, daß er keinen zu Schuß bekam. Simpsons Erkundigungen zufolge ist ©. tarda in der Umgebung von Missolonghi selten; doch wurde durch Lilford bekannt, daß ein Stück in Akarnanien im März 1857 und mehrere im Winter 1857/58 bei Kap Papas (Achaia), wo der Vogel nicht selten war, erlegt wurden. Lord Lilford erfuhr auch, daß zur damaligen Zeit O. tarda Brutvogel der Um- gebung von Tripolitsa in Arkadien war; doch ist sie nach Krüpers mündlich aus- gesprochener Meinung dort gegenwärtig wahrscheinlich ganz ausgerottet. Von besonderer Wichtigkeit sind die Angaben Erhards über das Überwintern auf den Kykladen. Nach dem Genannten kommt sie dort im Winter, meistens gegen Ende der strengen Jahreszeit einzeln an. Im Winter von 1355, welcher in ganz Europa ein ungewöhnlich kalter, in Griechenland und namentlich auf den Kykladen dagegen ein besonders milder war, erschienen auf sämtlichen Inseln Scharen von alten Trappen; während in anderen Jahren nur junge Vögel vorzukommen pflegten. Solche wurden besonders auf Mykonos, Delos, Syra und Paros, sehr selten auf Tinos zur Strecke gebracht und erwiesen sich hierbei durchaus nicht so scheu und schwer beschleichbar wie in Mitteleuropa. Ebenso wie in ganz Dalmatien nennen auch die dortigen Inselbewohner die Trappe allgemein „Wilder Truthahn“. Von Sonnini und Temminck wurde die Trappe hier sogar mit Tetrao urogallus verwechselt. Griechische Vertreter von ©. tarda befinden sich in den Museen von Athen, Oldenburg und Sarajevo. Im ersteren ein Paar alter Vögel vom 21. Jänner und 17. November 1859, im letztgenannten zwei sehr alte Weibchen aus der Umgebung von Lamia (Megali vrysis) vom 16. November 1894 und 7. Februar 1903. Maße und Gewicht von drei einzelnen Eiern, die gewöhnliche Färbung, aber ver- schiedenartige Form besitzen, sind folgende: Livadhia im Parnaßgebiet Umgebung von Lamia 20. Juni 1388. x Frühling 189. IL: 30:9 mm 727 mm 134 mm Br. 51-3 mm 55-1 mm 565 mm Gew. 1780 cg 1494 eg 1418 cg Otis tetrax L. Zwergtrappe. Durch unbarmherzige Verfolgung zu jeder Jahreszeit, schon wegen ihres sehr geschätzten Wildbretes, ist die Zwergtrappe in ganz Griechenland selten geworden. In früheren Zeiten mag sie ein häufiger Brutvogel gewesen sein, wogegen heutzutage wohl nur mehr im Norden des Landes wenige Paare sich fortpflanzen dürften. Angaben über ihre dortige Verbreitung in gedrängter Kürze lieferten bereits Naumann, Dubois, v. Heldreich und A. Brehm („Tierleben“). Dagegen ist die Annahme Chr. L. Brehms „Stiftungsfest“ usf.) wohl eine unrichtige, daß O. tetrae aus der Walachei nach Griechenland wandere, um hier zu überwintern. Für die Insen sind nur wenige Beobachtungen festgehalten. Lord Lilford sah sie auf Korfu im Dezember 1856, während Drummond sie allerdings nur für kurze 454 Ormis balcanica. Zeit am Zuge, und zwar Anfang April auf Levkas (Sta. Maura) und Zante fest- stellte. Endlich ist sie für Euböa durch Lindermayer nachgewiesen worden. Bezüglich des Festlandes sagt Simpson, daß diese im östlichen Griechenland häufigere Trappe auch, wenngleich seltener, in der Umgebung von Missolonghi vor- kommt. Als Beweis, daß dies auch noch heutzutage gilt, sandte Herr Diamantis Soustas ein bei Neochori am 22. Februar 1898 erlegtes altes Weibchen unserem Museum. Ein zweites Weibchen, geschossen am 17. Dezember 1397 in der Umgebung von Theben, bekamen wir durch St. Strimmeneas. Lindermayer hielt O, tetrax ganz richtig im nördlichen Griechenland für häufiger als auf dem Peloponnes und beobachtete die Zwergtrappe regelmäßig in den Ebenen von November bis Ende März. Graf von der Mühle fand sie am häufigsten bei Lamia und betrachtet sie auf dem Peloponnes ebenfalls nur als zufällige Erscheinung. Vier Stücke, die sich bei Nauplia sehen ließen, fielen ihm zur Beute. Er fand bei ihnen unverdaute Rebenblätter und Insektenflügel, Lindermayer Pflanzensprossen ver- mengt mit einigen Insekten und Steinchen im Magen. Auch in Griechenland zeigten die Bauchfedern an der Wurzel eine schön rosen- rote Farbe. Krüper beklagt ebenfalls die alljährliche Verringerung des schönen Vogels im Gebiete und erwähnt eines im Athener Universitätsmuseum vorhandenen Paares, von dem das Weibchen am 23. Dezember 1858, das Männchen am 5. September 1860, beide in Attika, erlegt wurden. Beweise, daß sie im Lande brütet, erlangte der ge- nannte Forscher erst 1375, in welchem Jahre am 15. Mai einige Eier für ihn gesam- melt wurden. Maße und Gewicht eines dieser Eier sind: L. 55T mm Br. 354 mm Gew. 343 cg Scolopax rustieula L. — Waldschnepfe. Das Kapitel über die Waldschnepfe während ihres Aufenthaltes in griechischen Landen gehört zu den wenigen, welche nicht bloß bei den Ornithologen, sondern auch bei den Weidmännern auf Interesse rechnen dürfen. Demzufolge finden sich im nach- stehenden die verhältnismäßig dürftigen Nachrichten hierüber so vollzählig als nur mög- lich und durch eigene Wahrnehmungen ergänzt, zusammengetragen. Zumeist verdanken die Beobachtungen über die Langschnäbler in Griechenland ihre Entstehung dem Umstande, daß sie ebenso wie fast überall auch hier während der ganzen Zeit ihres Aufenthaltes die begehrteste Jagdbeute einheimischer wie zu- gereister Jäger bilden. Zunächst möchte ich auf die einzige Mitteilung, welche von einem Brutvorkommnis im Gebiete handelt, zurückgreifen. Meiner Meinung nach ist ein solches nicht recht denkbar oder es hat sich bloß um einen ganz vereinzelten Fall gehandelt. Wenn näm- lich Graf von der Mühle wirklich, so wie es in Brehms „Tierleben“ steht, die Gebirge Griechenlands als Brutort bezeichnet hätte, so könnte man hierm em Analogon zu an- deren derartigen, nunmehr zweifellos festgestellten Vorkommnissen in südlichen Breiten, z. B.in den höheren Lagen von Madeira erblicken; so aber nennt er eine bloß wenig III. Griechenland. 455 über dem Meeresspiegel gelegene Örtlichkeit, den versumpften Wald bei Moskochori, nordwestlich von den Thermopylen, wo einzelne Waldschnepfen brüten sollen. Freilich hat nicht weit von dort, nämlich ebenfalls am rechten Spercheiosufer, etwa bei Agä sowie bei Känurion der sächsische Bergmann Fiedler ihr häufiges Vorkommen festgestellt, allein das war im November 1834, also nach Eintreffen der meisten Herbst- wanderer. Da sich heutzutage die Ansicht immer mehr Geltung verschafft, daß die Wald- schnepfe auf ihrem Zuge von Süd nach Nord und umgekehrt stets in erster Linie der Küste zustrebt und sodann, längs derselben überall die vorgelagerten Inseln als Rastplätze benützend, ihre Wanderung fortsetzt, so will ich mit derjenigen Örtlichkeit beginnen, die sie auf ihrer Herbstwanderung zuert aufsucht, mit Korfu. Hier verdanken wir wertvolle Aufschlüsse vor allem Lord Lilford, obwohl dessen ausführliche Schilderung der Schnepfenjagd sich größtenteils auf den der Insel gegenüberliegenden Küstenstrich Albaniens bezieht. Während Drummond für den Beginn des Herbstdurchzuges auf Korfu schon die erste Woche des Oktober, für die Frühlingswanderung die Zeit gegen den 27. März annimmt und sich 1855 nach den Beobachtungen der englischen Ingenieure die Schnepfen auch schon im Laufe des Oktober einstellten, fand Lord Lilford in den beiden darauffolgenden Jahren auf der Insel die ersten Anfang November, am Fest- lande dagegen solche stets eine Woche später, was wohl zu beachten ist. Da der Genannte damals gegen Ende Dezember sehr ungünstige Witterung hatte, fand er in den mit Erdbeerbäumen und dichten Macchien bedeckten Hängen der Insel nur sehr vereinzelte Waldschnepfen, erwähnt aber ausdrücklich die Gegend von Govino, Strongyli und Mesongi als gut mit Schnepfen besetzt, wenigstens für die Dauer von mehreren Tagen. Seit jener fernen Zeit ist Korfu alljährlich im Winter der Zielpunkt zahlreicher Liebhaber des unvergleichlich unterhaltenden Buschierens auf die Langschnäbler ge- worden, wobei die Engländer natürlich den größten Zuzug stellen; jedoch ist es stets der albanesische Küstenstrich, der zum Jagdgrund ausersehen wird, und nur selten werden von Ausländern auf der Insel selbst Schnepfen erlegt. Auch die vielen hunderte am Markte von Korfu zum Verkaufe ausgebotenen Waldschnepfen, welche Baron Schilling dort im November und ich im Jänner sahen, stammten fast ausnahmslos von Butrinto und anderen Orten Albaniens. Trotz alles Suchens wurde ich auf Korfu keines Langschnäblers ansichtig und erst auf mehrfache Bestellung hin erhielt ich einen am 22. Jänner 1897 im Valle di Ropa geschossenen. Nach den eingeholten Erkundigungen sollen sich damals an der Nord- seite des Pantokrator die letzten gegen Mitte Jänner, in der Gegend von Braganiotika dagegen um Neujahr gezeigt haben. Aus allem geht hervor, daß die Schnepfen auf Korfu nicht den ganzen Winter verweilen, sondern nach dem Herbstdurchzuge nur vorübergehend durch Schnee und Kälte von den nahen Küstengebirgen Albaniens auf die Insel verschlagen werden, um bei Wiederkehr günstigerer Witterung sogleich über Nacht wieder zu verschwinden. Obgleich dabei ihre Zahl infolge der fast wahnsinnigen Nachstellungen von Seite der korfiotischen Jäger beträchtliche Einbuße erleidet, so ist die prahlerische Versicherung der dortigen Nimrode natürlich nicht ernst zu nehmen, daß keine einzige Waldschnepfe, welche auf der Insel einfällt, diese wieder verlassen dürfe. Auch die Marktpreise sind in Korfu in der letzten Zeit gestiegen. Während Erz- herzog Ludwig Salvator auf Paxos 35 Heller bis zu einer Krone bezahlte, verlangt man jetzt für das Stück das Doppelte. 456 Ornis balcanica. Betreffs der übrigen Jonischen Inseln wissen wir nur durch Jameson, daß Se. rusticula auf Kythera zu allen Jahreszeiten mit Ausnahme des Sommers gefunden werden kann. Wesentlich anders stehen die Verhältnisse längs der Westküste von Mittelgriechen- land und des Peloponnes. Von diesen Landstrichen besitzen wir, nachdem sich in ganz ähnlicher Weise vor- her auch Graf von der Mühle und Lindermayer geäußert hatten, eine anschauliche Schilderung betreffs des Auftretens der Schnepfen von Kapitän Sperling. Nach dessen 3eobachtungen erscheinen sie stets nach Schneefall im Gebirge in der ersten sternen- hellen Dezembernacht in den griechischen Niederungen. 3ei Eintritt von Südwind und mildem Wetter verschwinden dann wieder in einer einzigen Nacht sämtliche. Ob selbe hierauf die höheren Lagen der Hügel auf- suchen oder einen kleinen Rückzug nach Norden vollführen, läßt Sperling unentschie- den; doch hielt er das letztere, wie wir sehen werden mit Unrecht, für wahr- scheinlicher. Die folgenden Beobachtungen deuten weiters darauf hin, daß von der Waldschnepfe stets die Küstenstriche zum Aufenthalte bevorzugt werden. Vom Inneren Aectoliens kenne ich nur die eine Mitteilung, daß sie nach Fiedler öfters im Winter im Garten des Monastir bei Burso? (vielleicht Prusö) zwischen Agrinion und Karpenision einzu- fallen pflegen. An der Westküste Akarnaniens lernte ich Anfang März 1897 ein sehr hübsches Waldschnepfenheim in der Gegend von Chalkitsa kennen. Die dortigen dichtbewachsenen Taleinschnitte sind ihre Lieblingsaufenthaltsorte und es wurden sowohl hart an der Küste als auch weiter landeinwärts bis Podolovitsa täglich von uns emige aufgetreten oder am abendlichen Strich bemerkt. In der Umgebung des Monastir Angelokastron fand Baron Schilling gegen Ende November 1898 allenthalben Schnepfen, die leicht zu erlegen waren (ein auffällig rost- gelbes Stück von dort liegt vor); auch mehrere durch Anfliegen an den Telegraphen- draht erschlagene und sehr viele von Raubvögeln gerissene. Während meiner An- wesenheit sah ich in der ersten Hälfte Februar wiederholt einzelne bei Aetolikon, im Dünenwalde von Tholi bei Kap Skropha und bei Kryoneri, wo die BDonelli-Adler auf sie Jagd machten. In den Auen an der Phidarismündung, wo für sie, um mit Simp- son zu sprechen, im Winter ein paradiesischer Aufenthalt ist, wurden von einer Jagd- gesellschaft aus Patras mit mehreren Hunden tagsüber nur zwei Stücke gefunden. Dagegen soll es hier, wie überhaupt in den akarnanischen Ebenen, im Winter 1900/1901 nach einer Mitteilung von Herrn Diamantis Soustas viele gegeben haben. Eigentlichen Einblick betreffs der Wahl des dortigen Winteraufenthaltes der Waldschnepfe gewann ich aber erst durch einen Ausflug in die höher gelegenen Teile des Zygos (Arakynthos) am 20. Februar 1597. Während es zu dieser Zeit in den Niederungen wegen der warmen, sonnigen Witterung so gut wie keine Schnepfen gab, machte ich dort oben, ohne im geringsten nach ihnen zu suchen, fortwährend welche hoch, wenn ich auf der Vogeljagd ohne Hund in den dichten Maechien umherstöberte. Im Schutze der massenhaft wuchernden Baumheiden (Erica arborea), Erdbeerbäume (Arbutus unedo), strauchigen Kermes- eichen (Quercus coceifera), Steinlinden (Phillyrea media) und Pistazien (Pistacia terebinthus) führt hier unser Langschnäbler ein beschauliches Dasein. Die vielen schattigen Verstecke bei Tage und der feuchte, humusreiche Boden zum Wurmen während der Nacht machen dem Vogel dieses Winterquartier zweifellos recht angenehm. III. Griechenland. 457 Menschlichen Nachstellungen ist er in diesen Lagen nirgends ausgesetzt und auch vor den vielen Feinden aus der Tierwelt ist er hier verhältnismäßig sicher; höchstens Stein- marder und Schakal dürften sein Dasein manchmal gefährden. Es machte auf mich den Eindruck, als wenn die Hauptmenge der europäischen Waldschnepfen in ähnlichen einsamen Gebirgslagen der mediterranen Teile der Balkan- halbinsel und Kleinasiens ihr Winterquartier aufschlagen würde, da es ja ausgemacht ist, daß verhältnismäßig nur wenige nach Afrika überfliegen. Tritt dann in den griechischen Mittelgebirgen im Winter scharfer Nordwind, Schnee- fall und Frost ein, was alljährlich öfters vorkommt, so erscheinen die Schnepfen sofort mehr oder weniger zahlreich in den Ebenen und dann greift jeder, der eine Flinte besitzt, nach dieser, um sich seinen Teil zu holen; denn lange dauert das Vergnügen einer reichlichen Jagd niemals. Ähnliche Strecken wie die von Lindermayer bekannt- gemachte und oft abgedruckte, da drei Engländer mit ebensoviel Dienern in drei Tagen in der Ebene zwischen Patras und Pyrgos 1000 Stück erlegten, gehören zu den größten Seltenheiten. Wenden wir uns nunmehr dem Osten zu, und zwar zunächst dem Bereiche der Inseln im griechischen Archipel, so ergeben die hier gemachten Wahrnehmungen, daß während derselben Zeitperiode auch dort überall Waldschnepfen in Menge erscheinen. So traf Fiedler, der zur Verproviantierung öfters auf die Ergebnisse der Jagd angewiesen war, am 13. und 13. Dezember 1834 auf der Sporadeninsel Skiathos, da in den Bergen der Insel 6 Zoll hoher Schnee lag, viele in den tief liegenden Weingärten und kleinen Tälern. Ebenso stellten der Genannte und später Lindermayer das Vorkommen auf Euböa (bei Xerochori) fest. Die Kykladen werden, wie wir durch Erhard wissen, ebenfalls als Winterquartier benützt und außerdem noch auf dem Durchzuge regelmäßig aufgesucht, und zwar zu beiden Zugszeiten und nicht bloß im Frühling, wie Erhard irrtümlich angibt. Dies bezeugt Fiedler für Delos, während auf Paros und Naxos im Herbste sogar die größere Anzahl vorkommen soll. Ja selbst auf dem vulkanisch neugebildeten Neo-Kammeni von Santorin scheuchte der letztgenannte Forscher eine einzelne auf und 1892 sah dort Douglass einen Balg. Über die Richtung, aus welcher die Waldschnepfen dorthin gelangen, äußerte schon der alte Sonnini, daß sie im Winter durch starke Schneefälle und dadurch be- dingte Kälte in den Gebirgen des Peloponnes, wo sie die Mitglieder der Exped. scient. de Mor. sehr häufig fanden, oft bis auf die griechischen Inseln herabgedrückt würden. Solche verschlagene beobachtete er auf Kimolos. Bemerkenswert ‚ist weiters, daß nach den Beobachtungen Graf von der Mühles die Waldschnepfen aus dem Peloponnes schon im Laufe des Februar vollständig ver- schwinden, während dies in Thessalien und nach Lindermayer auch in Attika erst im Laufe des März geschieht. Die Ankunft im Herbst gibt derselbe für Mittelgriechenland mit September ent- schieden um etwa einen Monat zu früh an, da sie nach Wilds mehrjährigen Beobach- tungen in Attika nach den durchschnittlich Mitte Oktober eintretenden Herbstregen erscheinen. Dann sind ihrer seit Fiedlers Zeiten mehr oder weniger zahlreich zur Freude der Jäger von Athen, besonders später wieder nach Schneefall, in den Oliven- wäldern am Ilissos und Kephissos zu finden. Die meisten soll es in Attika gewöhnlich um die Mitte Dezember geben. Die Belegstücke unserer Sammlung stammen von Marathon und Pikermi. 458 Ornis balcanica. Begreiflicherweise kommen unter der großen Menge der Erlegten hier und da Farbenabweichungen vor. So erwähnt Graf von der Mühle ein Stück, welches sein Freund Dr. Schuch erhielt, mit dunkel „rußbrauner“ Grundfärbung, so daß der Vogel der Abbildung von Scol. sabinii in Goulds „Birds of Europe“ IV, pl. 321, fig. 1 ähnelte. Ferner fand ich im Museum der Universität zu Athen ein semmelgelbes Weibchen, erlegt bei Atalanti in Phokis am 7. März 1875, und ein fast ganz weißes Weibchen mit nur vereinzelten dunkelbraunen (normalgefärbten) Federn, welches in Attika am 7. November 1859 erbeutet wurde. Auch die älteren griechischen Jäger wissen ein Lied von der Abnahme der Wald- schnepfe im Vergleich zu früheren Jahrzehnten zu singen, wenngleich auch jetzt noch hier und da ein außergewöhnlich schnepfenreicher Spätherbst und Winter die dortigen Jägerherzen erfreut. Unbedingte Schonung der Langschnäbler im Frühling im gesamten Europa ist das einzige sichere Mittel, um uns dauernd das unvergleichliche Vergnügen der Suche im Herbst zu sichern. Gallinago gallinula (L.) — Kleine Sumpfschnepfe. Obzwar die kleine Sumpfschnepfe während des Winters an geeigneten Stellen jederzeit im Gebiete zu finden ist,!) kann ich mir nicht vorstellen, daß gerade diese Bekassine in derartiger Menge sich zusammenfindet, wie .dies die älteren Autoren für Griechenland annahmen. Als Durchzügler ist sie bekannt auf den griechischen Inseln (Naumann), und zwar auf Euböa (Lindermayer), den Kykladen (Erhard) und Kythera (im Sommer niemals! Jameson). Genauere Angaben liegen von Korfu vor. Hier trifft sie nach Drummonds Beobachtung in kleinen Flügen gegen den 1. November ein und Lord Lilford bezeichnet sie als häufig, fand aber, daß es im Verhältnis zu @. gallinago viel wenigere gäbe als in anderen Gegenden. Mir gelang es nur einmal, sie auf der Insel festzustellen, indem ich nebst meinen Begleitern in dem Sumpfe nächst der Mühle von Braganiotika am 20. Jänner 1897 sechs Stücke hoch machte, von welchen die Hälfte erlest wurde. Auf dem Festlande bevorzugt sie den ganzen Winter hindurch, nach Graf von der Mühles und Lindermayers Erfahrungen bis in die ersten Tage des März die unter Wasser gesetzten Mais- und Moorhirsefelder sowie die sumpfigen Ebenen. An solehen Stellen begegnete ich ihr häufig in Akarnanien in der Umgebung von Missolonghi Ende Jänner bis Mitte Februar 1897, und zwar besonders an Sumpfstellen beim Salzmagazin, bei Turlida, im Röhricht gegen den Phidaris zu und auf der Düne von Tholi (bei Kap Skropha). Stets scheuchten unsere Tritte aber nur fest liegende einzelne auf. Vielfach geschossen und präpariert hat diese kleinste Sumpfschnepfe St. Strim- meneas in verschiedenen Gegenden Thessaliens im Dezember; spätestes Datum: Volo, 2. März 1896. Noch später, nämlich am 19. März 1868 erbeutete Lord Erskine ein Stück in Attika, welches im Museum der Hauptstadt aufgestellt ist. !) Da Lindermayer in seiner ersten Arbeit das Überwintern geradezu in Abrede stellte, wunderte sich Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“ ete.) 1345 mit Fug und Recht sehr, warum diese Bekassine in Griechen- land nicht den Winter verbringen sollte. III. Griechenland. 459 @. gallinula verschwindet demnach spätestens im Laufe des März aus Griechen- land, um ihre nordischen Brutplätze aufzusuchen. Gallinago gallinago (L.), Gallinago scolopacina Bp. — Bekassine. Aus den bisherigen Beobachtungen und veröffentlichten Daten ergibt sich, daß in Griechenland das Auftreten der gewöhnlichen Bekassine, wenigstens mit Bezug auf ihre Anzahl, ein sehr unregelmäßiges genannt werden muß. So berichtet Drummond, daß auf Korfu einige um den 20. August erscheinen; ab Mitte November kommen dann mehr und dabei häufig die Spielart peregrina. Da er sie hier und da auch während des ganzen Sommers sah, glaubte er auch das Brüten annehmen zu dürfen. Auch Lord Lilford sagt, daß sie dort von September bis Ende März sehr häufig ist und daß im Valle di Ropa oft 10—20 Paar erlest würden. Meinen Aufzeichnungen entnehme ich, daß wir am 18. Jänner 1897 am Rande der Bucht von Govino und an der Potamomündung 5—4, am 2. Mai einige und am 5. Mai nur mehr eine vorfanden. Ferner gingen im Juneus-Dickicht nächst Braganiotika am 20. Jänner mehrere hoch, wovon eine erlegt wurde. Einen Lieblingsplatz bildet die kleine Binnenlache im Valle di Korissia, wo am 20. Jänner sechs Stück, am 4. Mai drei, die wir sämtlich erlegten, und am 25. Juli 1894 zwei aufflogen. Am letztgenannten Tage trafen wir auch eine einzelne am Abflußkanal der Lagune von Korissia. Jameson begegnete ihr auf Kythera mit Ausnahme des Sommers zu allen Jahres- zeiten. Im Winter gibt es weiters viele nach Fiedler auf Naxos und Santorin (Thera), nach Lindermayer auf Euböa. Die meiste Gelegenheit, das Vorkommen überwinternder Bekassinen kennen zu lernen, hatte ich in Akarnanien. Am 27. Jänner 1897 gab es viele m den Sümpfen um Aetolikon, am 30. Jänner 1897 hunderte im Röhrieht gegen den untersten Lauf des Phidaris zu, jedoch am 25. März dort nur mehr wenige. Dann wieder eine Menge am 12. Februar an den Ufern dieses Flusses, wo tagsdarauf der belgische und deutsche Konsul in Patras zwei Stück erlesten. Auf der Düne von Tholi lag nur eine einzige und die späteste trat ich am 25. April 1894 bei Kryoneri auf. Fiedler dürfte das Richtige treffen, wenn er bemerkt, daß sie sich nach Schnee- fall im Gebirge in den tieferen Lagen häufiger zeigen. Nach solchem Wetter scheuchte er mehrere am 26. November im Tale bei Karpenisi und im Jänner an den Wasser- gräben des Ilissos und Kephissos bei Athen auf. Lindermayer lernte sie in ungeheurer Anzahl namentlich im nördlichen Griechen- land als überwinternd kennen, beobachtete die Ankunft Ende Oktober in Sümpfen und Feldern und den Abzug etwas später als bei der kleinen Bekassine. Krüper nennt sie die häufigste unter den Gattungsverwandten, welche einzeln, beispielsweise in den Sümpfen von Marathon, bis Ende Mai anzutreffen ist. Auf dem Peloponnes, wo sie nach dem Berichte der Exped. scient. de Mor. sehr häufig ist, beobachtete sie Graf von der Mühle zur Winterszeit in großer Anzahl in den Moorhirsefeldern. Lange dürfte sie aber dort nicht verweilen, denn ich fand in der denkbar günstigsten Lage im Sumpfe Mustos bei Astros am 17. April 1897 nur eine einzige. Das Brüten im Gebiete halte ich für ausgeschlossen. 460 Ornis baleanica, zallinago major (km.) — Große Sumpfsehnepfe. Dies ist entschieden die seltenste der drei Bekassinenarten im Lande und ich muß ihre von Lindermayer und dem Grafen von der Mühle ganz besonders betonte Häufigkeit in den Ebenen der nördlichen Landesteile Mittelgriechenlands und Euböas entschieden in Abrede stellen. Ebenso bestreite ich vollständig ein Überwintern, be- sonders ein regelmäßiges Verweilen über die strenge Jahreszeit, und alle dortigen Jäger, welche die Doppelschnepfe zu unterscheiden vermochten, pflichteten mir dies- bezüglich bei. Vielmehr haben wir es bei ihr mit einem ausgesprochenen Durchzugs- vogel zu tun, der sich nur sehr kurze Zeit aufzuhalten pflegt. Nach Lord Lilford auf Korfu in kleiner Zahl im März, nach Drummond hier für die Dauer des April erscheinend, bringt sie etwa einen Monat in den tiefliegen- den Maisfeldern und Weingärten der Insel zu. Einige sind zu dieser Zeit stets im Valle di Ropa anzutreffen. Tatsächlich gelang es gerade an diesem Platze Santarius am Abend des 17. April 1594 ein Männchen in sehr abgetragenem Gefieder zu erlegen, während ich auf Zante noch am 8. Mai 1898 aus einem Wassergraben unweit Keri eine deutlich erkannte aufscheuchte. Kythera soll sie angeblich laut Jameson vom Herbst bis zum Frühling auf- suchen, was mir, wie erwähnt, unglaubhaft dünkt. Richtiger vermerkt sie Erhard unter den Durchzüglern der Kykladen. In der Umgebung von Athen kommt sie nach Krüper und den Versicherungen der einheimischen Jäger nur als Seltenheit unter der gewöhnlichen Bekassine vor. Zwei Stücke von hier, nämlich vom Phaleron, sind mir bekannt geworden: das im Museum zu Athen befindliche vom 23. April 1868 und jenes in unserer Anstalt vom 7. Mai 1395, erlegt von Herrn Merlin jun. Über den Herbstzug ist nichts Zuverlässiges bekannt, doch liegt mir ein Balg vom Herbste 1394 von der Insel Skyros vor, dessen Gefieder manche Anklänge an jenes von Gallinago gallinago aufweist. Numenius phaeopus (L.) — Regenbrachschnepfe. Ich betrachte diese für das Gebiet als eine große Seltenheit und glaube, daß sie sehr oft mit N. tenwirostris verwechselt worden ist. Die Literatur enthält die folgenden Angaben. Auf Korfu soll N. phaeopus laut Drummond zu Anfang September in großen Mengen ankommen, aber nicht so häufig sein als N. arcuatus. Dagegen fand sie Lord Lilford hier nur spärlich im April und September. Ich selbst glaube bestimmt einen einzelnen Nachzügler bei Levkimo am 6. Mai 1897 erkannt zu haben. Lindermayer gibt anfänglich ganz richtig an, daß sie selten im Frühling unter N. arcuatus vorkommt, dann reiht er sie unter die auf Euböa beobachteten Arten ein und schließlich nimmt er sie als in ganz Griechenland überwinternd, im ersten Früh- jahre nach Norden ziehend und bereits im nördlichen Teile des Landes brütend an. Dies letztere ist entschieden ein Irrtum, welchen bereits 1373 Dresser mit folgenden Worten richtigstellte: „Wir sind genötigt, diese letzte Angabe zu bezweifeln, und glauben, daß, falls eine Numenius-Art dort brütet, es nicht phaeopus, sondern tenwirostris ist.“ In Griechenland überwinternde Regenbrachschnepfen beobachtete auch Graf von der Mühle, und zwar sowohl vermischt mit N. areuatus, als auch gesondert kleine Flüge bildend. III, Griechenland. 461 Einen solchen, nur aus N. phaeopus bestehenden Schwarm will Führer am 4. April 1897 in den nördlich von Missolonghi gelegenen Lagunen ohne Ergebnis ver- folgt haben, während Santarius angibt, in der Bucht von Prokopanisto unweit davon am selben Tage bloß zwei Stück gesehen zu haben. Außerdem habe ich am 24. Februar 1897 an der Ostseite von Petalä mit Sicher- heit eine einzelne Regenbrachschnepfe wahrgenommen. Auf den Kykladen überwintert die Art laut Erhard. Krüper sowohl, als auch ihm folgend v. Heldreich, bezeichnen den April als den Zeitpunkt, zu welchem N. phaeopus sich nach dem Überwintern in Griechenland nach seiner nordischen Sommerheimat begibt. Obwohl nun nach brieflicher Mitteilung Baron Schillings Herr Diamantis Soustas in Missolonghi eine dort erbeutete Regenbrachschnepfe konserviert und auf- bewahrt haben soll und mir weiters St. Strimmeneas bestimmt versicherte, daß im Winter von 1897 auf 1598 diese Schnepfe auf den Markt zu Athen gelangt sei, scheint derzeit das einzige griechische Belegstück, ein Weibehen, das Universitätsmuseum in Athen zu besitzen.!) Es wurde am 4. März 1865 von Bonkowski in Attika erbeutet. Numenius arcuatus (L.) — broße Brachschnepfe. Wenn man zur Winterszeit die sandigen Meeresgestade Griechenlands entlang wandert, wird man dieser größten europäischen Schnepfe ziemlich oft begegnen. Am zahlreichsten ist sie freilich im ersten Frühjahre und im Herbst, aber ich glaube, daß diejenigen Recht haben, welche wie z. B. Graf von der Mühle und Lord Lilford sagen: „Einzelne bleiben das ganze Jahr.“ Natürlich ohne hier zu brüten! Ich selbst habe solche vereinzelte, verspätete Exemplare am 26. April 1894 in der Nähe der Phidarismündung und am 21. Mai 1898 auf der Düne bei Katakolo an- getroffen. Bezüglich ihrer Ankunft im Herbste von Norden her schwanken die Angaben zwischen Anfang und Ende September. Die Brachschnepfe ist auf dem Festlande ebenso häufig anzutreffen wie auf den griechischen Inseln; immer scheint aber für die Wahl des kürzeren oder längeren Auf- enthaltsortes die Nähe des Meeres Hauptbedingung zu sein. So finden wir sie z. B. für Euböa (Lindermayer), die Kykladen (Erhard), Kythera (Jameson) und Korfu (Drummond) aufgeführt. Auf dieser letzteren Insel hatte ich an der Küste bei Potamö und Govino am 18., 19. und 22. Jänner, dann am 2. und 3. Mai 1397 Gelegenheit, stets eine oder zwei Brachschnepfen im seichten Salzwasser zu beobachten. Ihre durch das viele Schießen Tag für Tag in der nächsten Umgebung noch überdies gesteigerte Vorsicht machte es vollständig unmöglich, eine davon zu erlegen. Dies gelang uns erst nach vieler ver- geblicher Mühe in der Umgebung von Missolonghi und Naupaktos, wo es ihrer viel mehr gab. Bei der ersteren Stadt hielten sie sich namentlich auf den überschwemmten Wiesen von Känurion und in den Lagunen von Prokopanisto auf. Bei Känurion: am 30. Jänner sechs, am 8. März acht Stück, am 25. März ganze Schwärme, offenbar durchziehend. In den eigentlichen Lagunen westlich von Missolonghi ist es eher mög- 1) Das aus dem Nachlasse des Grafen von der Mühle an die Sammlung des zoologisch-minera- logischen Vereins in Regensburg gekommene Stück (s. Korr.-Blatt 1856, S. 51) stammt, wie aus der be- treffenden Etikette ersichtlich ist, aus Schweden. 462 Ornis balcanica. lich, durch gegenseitiges Zutreiben eine solche Schnepfe aus irgend einem rasch impro- visierten Verstecke zu überlisten; doch verging lange Zeit, bis wir selbst auf diese Weise die erste bekamen. Ihre Lieblingsplätze befinden sich in der Nähe des Leuchtturmes und Landungs- platzes Turlida, welcher Name ja seinen Ursprung den Brachschnepfen verdankt. Ein an diesem Platze am 13. Dezember 1900 erbeutetes Männchen sandte uns später Herr Diamantis Soustas zu. Aber auch westwärts bis zur Acheloosmündung waren sie vom 9. Februar bis zum 4. April überall häufig zu beobachten. Oft sah ich sie zwi- schen den Fischerbooten ziemlich vertraut Nahrung suchen, als ob sie gewußt hätten, daß ihnen dort keine Gefahr droht. Auf vielen Feldern zwischen Naupaktos und der Mornosmündung ist sie weiters ebenfalls im März und Anfang April eine geradezu charakteristische Erscheinung. Wir erbeuteten hier eine stark angeschossene Brachschnepfe, welche aber nichtsdestoweniger durch rasches Laufen zu entkommen suchte. Auch ein von einem Raubvogel zerrissenes Stück wurde hier gefunden. Die Schwierigkeit der Jagd an dieser Stelle zu schildern, wäre sehr überflüssig, weil wohl jeder Jäger und Sammler, welcher sie jemals kennen lernte, sich darüber schriftlich oder mündlich sattsam ausgesprochen hat, und zwar für Griechenland im besonderen schon Graf von der Mühle, der übrigens ganz richtig bemerkt, daß diese scheuen Vögel die Nacht auf den Viehweiden zubringen, um 10 Uhr etwa aber am Meeresstrande und an vollkommen freien Plätzen anzutreffen sind. Nachzutragen hätte ich noch, daß ich am Sumpfe bei Eleusis den Ruf einzelner Brachschnepfen (9. April 1897) hörte, auf dem Isthmus von Korinth (15. April 1897) eine sah und durch St. Strimmeneas ein Männchen, geschossen am 9. Jänner 1905, bei Megali vrysis nächst Lamia eingeschickt erhielt. Über die im Museum von Athem befindlichen drei Belegstücke sagt v. Held- reich, daß sie in Attika im März und April erlegt wurden. Eines davon sowie auch ein aus der Sammlung Merlins stammendes d’,') geschossen bei Volo am 19. De- zember 1895, ist deshalb sehr auffallend, weil bei diesem die untere Hälfte der Bauchseite sowie die unteren Schwanzdeckfedern rein weiß sind und auch sonst auf der ganzen Unterseite höchstens ganz feine Schaftstriche auftreten. Endlich zeigt dieselbe Färbung ein abnorm kleinwüchsiges C'?) von Megali vrysis bei Lamia (21. April 1902). Diese drei Stücke bilden also gewissermaßen den geraden Gegensatz zu dem von Chr. L. Brehm (zuerst 1831) aufgestellten Numenius medius, welcher nach seiner An- sicht in Griechenland, selten in Deutschland zu finden wäre und sich durch viel stärker gefleckten, an den Seiten mit großen schwärzlichen Längs- und deutlichen Querflecken von den anderen Brachschnepfen unterscheiden sollte.°) Für diesen N. medius scheint sich Brehm ganz besonders erwärmt zu haben, denn er schreibt?) September 1347: „Auch bekam ich von Griechenland einen ad. Vogel von meinem N. medius, welcher diese Art bestätigt,“ dann?) im Februar 1851: „Der N. arcuatus aus Algier nähert sich meinem N. medius aus Griechenland, ist es aber nicht“ und noch 1855 nennt er ihn eine „distineta species“.°) 1) Jetzt in unserer Sammlung. ?2) Ganze Länge 53°5 cm, Flügel 23cm, Stoß 12cm, Lauf 75 cm. ®) „Vogelfang*, 8. 303. *) v. Homeyer, „Omith. Briefe“, 8. 67. 5) Ebenda $. 79. °) „Naumannia“ V, S. 291. III. Griechenland. 463 Als weiterer Beweis, wie sehr in Griechenland sich die Gegensätze zusammenfinden, obwohl dies bei Durchzüglern eigentlich gar nicht wundernehmen kann, erwähne ich die außerordentliche Verschiedenheit des Brachschnepfenschnabels. Hören wir hierüber zunächst Lord Lilford, welcher sagt: „Ich habe N. arcuatus zu öfteren Malen auf Korfu gesehen, stets im Gefieder genau so wie die gewöhnliche Spezies, desgleichen in jeder anderen Beziehung außer dem Schnabel, welcher um !/,—2 Zoll länger war als gewöhnlich. Soweit ich ermitteln konnte, ist diese Eigentümlichkeit in keinem Zusam- menhange mit Geschlecht oder Alter; die lang- und kurzschnäbeligen flogen zusammen und hatten genau das gleiche Gefieder. Ich habe diese Eigentümlichkeit nie mehr in einer anderen Weltgegend beobachtet, obzwar N. arcuatus immer ein Lieblingsgegen- stand meiner Beobachtung war und eine große Menge später durch meine Hände ging.“ Gleichsam zur Beglaubigung der Lilfordschen Ansicht liegen vor mir zwei Weibehen, aus einem größeren Schwarm am 3. Jänner 1899 bei Lamia geschossen, welche, obwohl völlig gleich im Gefieder und den Ausmaßen, das obige Maximum in der Differenz der Schnabellänge sogar noch übertreffen, indem ihre Bogenschnäbel 105 mm und 165 mm messen! Numenius tenwirostris Vieill.e. — Dünnschnäbelige Brachschnepfe. Seit der unbestimmten Nachricht Temmincks: „Man sagt, daß er sich m Griechen- land vorfindet“, hat sich unsere Kenntnis über die Verbreitung im allgemeinen wie in Griechenland im besondern zwar wesentlich gebessert, jedoch ist es noch immer eine offene Frage, ob er hier brütet oder nicht. Ich wage das Brüten zu bestreiten und halte die im Sommer auftretenden Stücke für solche, die in diesem Jahre nicht zur Fortpflanzung schreiten, wie dies auch bei anderen verwandten Arten vorzukommen pflegt. Überhaupt sind wir über die Gegenden, in denen sich Numenius tenwirostris tatsächlich fortpflanzt, noch völlig im unklaren und ich glaube nicht, daß es irgendwo ein Ei gibt, welches eine genaue Prüfung auf völlige Zuverlässigkeit bestehen könnte. Zu denjenigen, welche zur Ansicht neigen, daß sie in Griechenland brütet, gehören Graf von der Mühle, der im August Junge am Meeresstrande geschossen haben will, Lindermayer, der sogar behauptet, daß sie in den nördlichen Provinzen brütend fest- gestellt worden sei, Naumann (in „Naumannia“ I, 2, S. 11), Simpson (irgendwo in der Nachbarschaft von Missolonghi!) und sogar Krüper. Doch gibt dieser zu, daß hierüber noch keine Beobachtungen vorliegen. Ich kann dagegen nur zu bedenken geben, daß in Griechenland nirgends die richtige Ruhe zum Brüten für einen so vorsichtigen und scheuen Vogel vorhanden ist und daß auch die entsprechenden Örtlichkeiten mangeln. Über die Zeit des Erscheinens und Verschwindens gibt es keine genauen Auf- zeichnungen. Lindermayer erlegte sie im März, welche Zeit sich mit meinen Er- fahrungen deckt, und Graf von der Mühle sah die letzten Ende September. Beobachtungen liegen von folgenden Orten vor: Korfu: Lord Lilford konnte nur zwei Stück feststellen, welche im September 1857 auf der Rennbahn geschossen wurden. Ich beobachtete deutlich ein Paar am 2. Mai 1897, welches im seichten Meere bei Potamo umherwatete. Auf Kephalonia jagten Santarius und ich am 22. März 1597 nördlich von Lixuri von einem am Rande der Meeresbucht gelegenen Brachfelde ein einzelnes Männchen auf, welches von Santarius erlegt wurde. Es hatte drei Helix pisana im Kropfe. 464 Ornis baleanica. Im Fluge erscheint diese Brachschnepfe sehr licht, beinahe weiß und die Flug- bewegung selbst hält die Mitte zwischen Möwe und Taube. Auf den östlichen Inseln wird Numenius tenuirostris bloß von Lindermayer, der die Art erst m die Liste im Mon. gree an Stelle von Budytes cinereocapillus ein- schob, für Euböa aufgeführt. Auf dem Festlande fand ich wieder in Begleitung von Santarius ein weiteres Männchen am 30. März 1897 auf den Brachen am östlichen Ende des großen Vrachori- sees (Akarnanien). Das Tier war offenbar durch einen Raubvogel verletzt worden; schien sich nicht mehr erheben zu können und erhielt während des eiligen Davon- laufens von Santarius den Fangschuß. In der Umgebung von Athen erscheint sie ab und zu und bevorzugt hier die Gegend des Phaleron. Das einzige Stück des Museums zu Athen, ein Männchen, wurde am 8. April 1859 zustande gebracht, drei weitere durch St. Strimmeneas nach Sarajevo gesendete Anfang April 1897, am 22. April 1896 und das letzte sogar noch am 31. Mai 1897. Auch konnte ich an der Westküste des Peloponnes auf der Düne der Lagune von Muriä bei Pyrgos ebenfalls ein Stück noch am 21. Mai 1898 und tagsdarauf sogar fünf Stücke am Rande der Lagune und unweit von Agulinitsa feststellen. Leider er- wiesen sich diese alle als äußerst vorsichtig und ließen uns nicht ankommen. Maße der vorliegenden fünf Stücke: oe oe C SER) Ganze Länge . . . 425 414 426 450 475 mm Elüsele. war 005 7:46245 250 249 262 DI SCRwvan ze rar > 102 92 100 I 3; Schnabel Ver rer d: 12 14 (52) BT larsusieaes, az ra 108 59 60 64 62 Das dritte Männchen ist ein ungefähr einjähriger Vogel, bei welchem eben das neue Gefieder mit den drosselartigen Tropfen das äußerst abgeriebene des ersten Jahres durchbricht. Graf von der Mühle hat bekanntlich auf Grund einer von ihm im April 1837 erlegten Brachschnepfe eine neue Art, Numenius syngenicos, aufgestellt. Die Beschreibung ist aber so mangelhaft, daß zunächst Lindermayer nichts damit anzufangen wußte, aber dennoch der Vollständigkeit wegen auch diese Art anführte. Schlegel vermutete („Kritische Übersicht“, S. 99) ebenfalls der ungenügenden Kennzeichen halber einen Bastard zwischen N. phaeopus und tenwirostris. Doch gilt es seit Bonaparte für eine ausgemachte Sache, daß N. syngenicos als nichts weiter als ein Synonym zu N. tenui- rostris zu betrachten ist. Limosa lapponica (L.) — Rostrote Uferschnepfe. Durch eine zufällige Verkettung glücklicher Umstände erhielt das Landesmuseum einen im winterlichen Gefieder befindlichen, wahrscheinlich männlichen Vogel dieser 1) Dieses Weibchen ist deshalb von ganz besonderem Interesse, weil es eine merkwürdige Neu- bildung am Schnabel zeigt. Durch einen Schuß verlor es zwei Glieder der Innen- sowie ein Glied der Außenzehe des rechten Ständers und außerdem ungefähr ein Drittel des Schnabels. Alle Verletzungen sind verheilt, und zwar jene des verkürzten Schnabels derartig, daß der Stumpf des Oberschnabels schnepfen- artig abgerundet erscheint und der Untersehnabel, obgleich verkürzt, sich vollständig dem anliegenden oberen Teile angepaßt hat, so daß hierdurch das Stechen und die Nahrungsaufnahme ermöglicht wurde. III. Griechenland. 465 Art, welcher am 13. Dezember 1898 am Strande von Turlida bei Missolonghi erbeutet wurde. Dies ist wahrscheinlich dieselbe Örtlichkeit, wo die in Griechenland gewiß seltene Art schon einmal durch Sperling nachgewiesen wurde. Dieser sagt nämlich: „Am 18. November 1862 schoß ich von dreien dieser Vögel zwei, die auf der Sand- spitze von Missolonghi nach Futter suchten. Sie waren nicht scheu. Niemals sah ich andere dieser Art.“ Lindermayer, Krüper, v. Heldreich und Graf von der Mühle stimmen darin überein, daß Z. lapponica in Griechenland viel seltener sich zeigt als die schwarz- schwänzige Uferschnepfe. Der Erstgenannte beobachtete sie nur Anfang April (auch auf Euböa) zugleich mit 2. limosa, der Letztgenannte teilt mit: „Ich beobachtete diese Art mehrmals auf den von der Ebbe trocken gelassenen sandigen Strecken im Meere, wo sie sich mit Strandläufern aller Art herumtrieb, war auch so glücklich, ein Stück im Winterkleide und eines im Übergange zum Hochzeitskleide zu schießen.“ Das vorliegende Stück trägt das oft beschriebene brachschnepfenähnliche Winter- kleid mit sehr viel lichten Tönen, wenig rostgelblichen Federn auf dem Kropfe und den Flanken der Unterseite und deutlichen Schaftstrichen in derselben Gegend. Ganze länge . . . „ ... 924mm De ee ee ee Schnabel en er ne ld, Lauf, Sata Al ” Limosa limosa (L.), Limosa aegocephala Bechst. — Scehwarzschwänzige Uferschnepfe. Trotz des längeren Aufenthaltes in Missolonghi war es mir nicht vergönnt, diese Schnepfe im Leben sehen zu können, wenigstens nicht in einer Entfernung, in welcher die Art erkennbar gewesen wäre. Anwesend war sie damals gewiß, denn am 17. Februar 1897 brachte ein griechischer Jäger zwei frisch erlegte Stücke, von denen ich eines kaufte; und am 23. März sah Dr. Bakes bei einem anderen in Turlida vier Uferschnepfen, die schön rostrot gewesen sein sollen. Ganz in der Nähe, an der Mündung des Acheloos (Aspropotamos), erlegte auch Lord Lilford am 6. Februar 1853 zwei Stücke. Das Überwintern der Uferschnepfe in Griechenland vermelden übereinstimmend Lindermayer, Graf von der Mühle, Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Krüper und v. Heldreich, aber über die Dauer des Verweilens gibt es verschiedene Ansichten. Der Letztgenannte setzt sie mit Dezember bis März entschieden zu kurz an, denn Graf von der Mühle sagt ausdrücklich: „Sie kommt zuweilen schon Ende September, aber nur paarweise, höchstens in kleinen Flügen von 5—6 an und ist in Griechenland immer eine Verkündigerin eines strengen Winters.“ Lindermayer, der sie auch für Euböa anführt, stellt fest, daß sie, wie viele an- dere Zugvögel, zur Zeit der Frühlingsäquinoktien häufiger ist als sonst. Außer dem oben erwähnten C von Missolonghi liegen mir noch zwei Weibchen: Karlasee (Thessalien) 23. Februar 1896 und Phaleron 27. März 1895 — alle drei Stücke im grauen Winterkleide — vor. Schnabellänge: 103, 120 und 122 mm. Das Universitätsmuseum in Athen besitzt 1 0’ und 3 9, wovon zwei das graue und zwei das rote Kleid tragen. Alle stammen aus Attika mit den Daten: 15. und 16. Dezember 1565, 12. Februar 1862 und 7. März 1859. Reiser, Ornis balcanica, III, 30 466 Ornis balcanica. Actitis hypoleueus (L). — Flußuferläufer. Da diese Art eine bekanntlich sehr ausgedehnte Verbreitung hat und ebensowohl salziges als süßes Wasser liebt, ist es fast selbstverständlich, daß der Vogel auch in Griechenland ziemlich häufig zu finden ist. Obwohl, soweit mir bekannt ist, sich in keiner einzigen Sammlung Belege dafür vorfinden, daß A. hypoleueus im Gebiete brütet, so ist dies doch den nachstehenden Wahrnehmungen zufolge sicher anzunehmen. Zunächst sagt Graf von der Mühle: „Dies ist der einzige Uferläufer, von dem ich mit Gewißheit behaupten kann, daß er in Griechenland brüte; denn er ist vom Monat März an bis in den Oktober nicht nur allenthalben, obwohl nur einzeln anzu- treffen, sondern ich habe auch mehrere Male sein Nest und seine Eier gefunden.“ Weiters zählt den Flußuferläufer Erhard (welchen auch v. Heldreich zitiert) zu den Standvögeln der Kykladen. Obwohl es sich hier sehr leicht öfters um ungepaarte Individuen handeln mag, spricht doch für einzelne Brutvorkommnisse die folgende Beobachtung Krüpers auf Naxos: „Er nistet vielleicht bei Naxia an einem Teiche, der vom eindringenden Seewasser gebildet und mit Schilf, Binsen und Inseln versehen ist. Ich beobachtete dort den Vogel oft, nachdem seine Genossen längst verschwun- den waren.“ Aber auch betreffs des Festlandes bemerkt derselbe Forscher: „Man bemerkt ihn den ganzen Sommer hindurch, er muß sich also hier fortpflanzen. Ein Exemplar des Museums wurde am 15. August 1863 erlegt.“ Schließlich erwähnt diesbezüglich noch Simpson: „In den Lagunen von Misso- longhi nicht beobachtet (was genau mit meinen Wahrnehmungen stimmt!), doch besteht kein Zweifel, daß er in den Kiesbetten der großen Flüsse brütet.“ Auch habe ich selbst einen wahrscheinlichen Brutvogel auf Korfu an der Lagune von Korissia am 25. Juli 1894 angetroffen. Lord Lilford sah A. hypoleucus auf Korfu häufig zu fast allen Jahreszeiten an den felsigen Küstenstrichen und Drummond ebenda nicht nur im Frühling, sondern sogar im Winter. Dies kann ich ebenfalls be- stätigen, indem ein am 19. Jänner 1897 bei den Ziegeleien von Manduchio nächst der Hauptstadt geschossenes Männchen mir vorliegt. Im übrigen waren es stets am Zuge begriffene Vögel, welche ich auf Korfu am 21. April 1894 an der Lagune von Korissia und am 5. Mai 1897 am Rande des Potamo ziemlich häufig beobachtete. Da Lindermayer, der den Vogel auch für Euböa aufzählt, den Beginn des Zuges schon zur Zeit der Frühlingsäquinoktien ansetzt, so muß er sehr lange andauern. Die ersten, einzelnen Ankömmlinge erschienen 1596 am 8. April am Phaleron, woher auch ein Paar des hiesigen Museums stammt, 1897 am 9. April am Rande der Bucht von Eleusis und 1899 sah Baron Schilling den ersten bei Regen im Hafen von Patras erst am 27. April. Zu dieser Zeit sieht man die Flußuferläufer sowohl in kleinen Gesellschaften als zum Teile auch schon paarweise. Letzteres war beispielsweise der Fall am 25. und 26. April 1894 am Strande östlich der Phidarismündung, wo ein geschossenes Männchen bereits stark geschwellte Testikeln zeigte. Auf dem Peloponnes, wo diese kleine Strandläuferart zuerst von den Mitgliedern der Exped. scient. de Mor. entdeckt worden war, beschäftigten wir uns mit ihr vom 15. bis 17. April 1897 an der Ostküste, wo namentlich bei Argos sich viele angesam- melt hatten, und einige Paare nördlich, einige auch südlich von Astros sich am Strande herumtrieben. Ein sehr rein gefärbtes Weibchen fiel mir dort zur Beute. III. Griechenland. 467 Aber auch im Mai trifft man in Griechenland vielfach auf wandernde Flußufer- läufer. Einen solchen Fall auf Korfu habe ich bereits erwähnt. Weiters geschah dies am 7. und 10. Mai 1898 am Rande des großen Hafens unmittelbar in der Hauptstadt von Zante sowie in den Salzgärten von Katastari auf derselben Insel. Selbst noch am 14. Mai erschienen mehrere am Rande der Süßwasserlache auf der größeren Strophaden- insel und unter den dort früher verhungerten Vögeln fanden sich einige Vertreter der Art vor. Zum Schlusse wäre noch zu erwähnen, daß Douglass diesen Vogel auf Santorin in der ersten Maiwoche 1892 beobachtet hat. Totanus pugnax (L.), Machetes pugnax L. — Kampfschnepfe. In ihrem unansehnlichen Jugend- und Winterkleide, welches schon so oft die Ursache grober Verwechslungen mit anderen Strandläufern war, ist sie keine ungewöhn- liche Erscheinung in Griechenland; v. Heldreich tut daher Unrecht, sie in dieser Hin- sieht mit Calidris arenaria auf eine Stufe zu setzen. Bezüglich der Ankunft auf Korfu und den Jonischen Inseln im Frühling berichtet uns Drummond, daß sie am 15. März erfolge. Das Weibchen sei sehr häufig, das Männchen jedoch selten. Hierzu gibt Strickland die treffende Bemerkung: „Es ist möglich, daß diese mutmaßlichen Weibchen vielmehr Männchen im Wintergefieder sind, da diese letzteren ihr Hochzeitsgefieder erst im Monate Mai erhalten.“ Auch Lord Lilford sah auf Korfu die Art häufig im März. Während des Winters glaube ich hier nur einmal eine kleine Partie am 21. Jänner 1894 in der Bucht von Kalikiopulo beobachtet zu haben; dagegen gab es am 3. und 4. Mai 1897 mehrere an der Potamdmündung, wo ich ein altes rotbeiniges Weibchen erlegte, und in Schwärmen am südlichen Ende der Lagune von Korissia. Männchen im Kragenschmuck sah ich nicht dabei. Solche gab es auch nicht später am 10. und 11. Mai 1898, wo ich auf Zante fünf oder sechs in den Salzgärten bei Katastari und etwa dreißig in der Mitte des Sumpfes nächst der Hauptstadt hin- und herziehend antraf. Die Beobachtungen auf den Strophaden liefern den deutlichsten Beweis, wie lange in das Frühjahr hinein sich auch bei dieser Art der Zug ausdehnt. Hier fand ich unter den Todesopfern am 14. Mai auch einzelne einjährige Kampf- schnepfen, aber es gab auch mehrere lebende am Rande des kleinen Regenwasser- weihers. Am 15. Mai waren drei anwesend, von welchen Hauptmann Roth ein Männ- chen wegholte. Dieser schöne Vogel hat bereits zu einem Drittel sein metallisch violett- schillerndes Hochzeitskleid angelegt und sieht daher ganz scheckig aus. Am 16. Mai war nur mehr ein anscheinend ganz schwarzbäuchiges Männchen anwesend, welches auf den Brachen emsig nach Nahrung suchte; aber am 17. Mai kamen wieder etwa ein Dutzend Nachzügler auf der großen und zwei auf der kleineren Insel an. Auf Euböa (Lindermayer) und den Kykladen (Erhard) ist die Kampfschnepfe ebenfalls Durchzügler. Daß sie an den griechischen Küsten vorzugsweise in den Wintermonaten sich auf- hält, wie Naumann meinte, könnte ich gerade nicht behaupten und auch Graf von der Mühle ist der Ansicht, daß sie nur in milden Wintern hier verbleibt. Nach ihm gibt es stets die meisten Ende März und Anfang April, dann Ende September. 30% 468 Ornis baleanica. Vor Beginn des Zuges sah ich in den Lagunen um Missolonghi 1897 keine, aber am 14. Februar wurden drei Stücke auf den Markt gebracht. Erst am 9. März wurde die erste, ein Weibchen, von meiner Begleitung bei Hag. Sosti erlegt und tags- darauf die erste Schar von zehn Stücken in den Sümpfen gegen Aetolikon zu gesehen. Von da ab waren bis zur Abreise am 5. April stets Schwärme in dieser Gegend sichtbar. Auf dem Peloponnes stellte ich nur am Sumpfsee Mustos bei Astros am 17. April 1897 drei Stücke fest. Lindermayer verfiel in den alten Fehler und will zu beiden Durchzugszeiten bloß Junge und Weibchen gefunden haben. Deshalb erschien es Ch. L. Brehm („Stiftungsfest“ 1545 usw.) merkwürdig, daß Lindermayer keine Männchen im Frühlingskleide sah. Brehm macht dann den Zu- satz: „Zufolge der Bemerkung Lindermayers, daß diese einjährigen Männchen Mitte April noch keine Spur vom Hochzeitskleid tragen, können selbe solches gar nicht be- kommen und müssen im Herbstkleide bleiben. Wo mögen dann aber diese unver- mauserten, einjährigen 7. pugna® den Sommer zubringen ?“ Aus meinen obigen Ausführungen geht nun hervor, daß Brehm diese Frage nicht zu stellen nötig gehabt hätte, wenn von Lindermayer seinerzeit der Frühlingszug genauer beobachtet worden wäre. Übrigens sollen sich nach Brehm („Vogelfang“, 8. 320) die Griechenland be- rührenden Herbstwanderer durch kleineren Wuchs unterscheiden, welcher Umstand die Aufstellung von Machetes minor Brın. veranlaßte. Bekennen muß ich allerdings, daß mir bei griechischen Kampfschnepfen die große Einförmigkeit des Gefieders auffiel; nur zwei Stücke im Museum zu Athen zeigen weiß- lichen Kopf und fast weiße Brust. Totanus calidris (L.) — Rotschenkel. Nach den Wahrnehmungen Graf von der Mühles ist der Rotschenkel während der Zeit von September bis Mai in Griechenland der häufigste aller Wasserläufer, und zwar sowohl auf den überschwemmten Wiesen des Binnenlandes als an den Küsten. Zur gleichen Jahreszeit nennt ihn Lindermayer ziemlich häufig (namentlich bei Lamia und Marathon), betont jedoch, daß die Anzahl zur Zeit des Frühjahrsdurchzuges beträchtlich steigt und daß einige im Norden des Landes auch brüten. Ich selbst habe dort allerdings keinen Rotschenkel gesehen. Nach v. Heldreich ist er allenthalben ein Wintergast: Naumann zufolge in großen Scharen, nach Altum aber nur in geringer Zahl, als solcher auf den Kykladen (Erhard), Euböa (Lindermayer) und auf dem Peloponnes, wo er von der Exped. scient. de Mor. zuerst gefunden wurde. Die Insel Korfu besucht er nach den Berichten Drummonds und Lord Lilfords im Winter und Vorfrühling in großer Anzahl, und auch ich habe ihn dort mehrfach beobachtet und erlegt. Lieblingsplätze sind die Bucht von Kalikiopulo, die Sumpfstellen an der Mündung des Potam6 und die Lagune von Korissia, an welchen Orten ich die Rotschenkel oft in Gesellschaft von Totanus glareola fand und selbst noch am 25. Juli deutlich ihren lauten Ruf erkannte, so daß an ein vereinzeltes Brüten gedacht werden kann. Zwei offenbar gepaarte Rotschenkel traf ich weiters am 22. März 1897 in den Wassergräben nördlich von Lixuri auf Kephalonia, stellte aber, wie leicht begreiflich, III. Griechenland. 469 die weitaus meisten in den vorhergehenden Monaten in der Umgebung von Missolonghi fest. Sowohl in unmittelbarer Nähe dieser Lagunenstadt als bei Turlida und ganz besonders im Golf von Prokopanisto verbringen viele den Winter. Häufig pflegen sie hier auf den aus den Lagunen hervorragenden zahlreichen Pfählen gleich den See- schwalben auszuruhen. Krüper erwähnt, daß in dieser Gegend einzelne Paare zwischen anderen Sumpf- und Wasservögeln zur Fortpflanzung schreiten, was durch ein im Museum zu Athen aufbewahrtes Ei bewiesen ist, und zählt folglich Totanus calidris zu den Standvögeln. Eier wurden bei Missolongshi schon früher (vor 1853) von Schrader sen. gefunden und durch Dr. Nieder nach Regensburg gesendet; aber stets brüten nur sehr wenige, was auch Simpson beobachtete; er konnte dort nur ein einziges Gelege auftreiben. Chr. L. Brehm, „Vogelfang“, S. 312, benannte die aus Griechenland erhaltenen Rotschenkel Totanus graecus und fand an diesen folgende Unterscheidungsmerkmale: „Etwas größer als der nordische Totanus calidris, mit größeren Füßen, etwas längerem Schnabel, schöner dunkler gebändertem Oberflügel und 17 Schwungfedern zweiter Ord- nung, von denen 10 weiß; die anderen haben ihrer nur 16 und 9 weiße.“ Weder je zwei in den Museen zu Athen und London befindliche, noch fünf weitere von mir mitgebrachte Stücke aus Griechenland lassen aber diese Kennzeichen stichhältig erscheinen, zumal es nicht einmal möglich ist festzustellen, ob es sich bei den Stücken, die Brehm vorlagen, nur um Durchzügler oder um griechische Brutvögel handelt. Totanus fuscus (L.) — Dunkler Wasserläufer. Über das Auftreten dieser Wasserläuferart im Gebiete bestehen verschiedene An. sichten. Graf von der Mühle hält ihn im rein winterlichen Gefieder für gar nicht selten während des Winters. Wenn schon hier eine Verwechslung mit 7. calidris nicht ganz ausgeschlossen ist, so kann man eine solche sicher bei Kapitän Sperling an- nehmen, da er den überall viel häufigeren Rotschenkel bei Missolonghi gar nicht erwähnt. Ich habe in dieser Gegend gegen die Phidarismündung zu 7. fuscus nur ein einziges Mal zusammen mit T. littoreus in geringerer Anzahl am 30. Jänner 1897 sicher be- obachtet. Lindermayer und Krüper fanden den dunklen Wasserläufer stets selten am Frühjahrs- und Herbstzuge und Drummond nennt ihn auf Korfu sogar sehr selten. Den Balg eines alten Vogels erhielt von dort mit der Kollektion Seebohm das British Museum, und ich hatte Gelegenheit, vom 4. bis 6. Mai 1897 mehrere am Süd- ende der Lagune von Korissia, den Salzgärten von Levkimo und an der Potamo- mündung unter den anderen Wasserläuferarten festzustellen. Sie waren überall und stets äußerst scheu, weshalb es nicht gelingen wollte, einen zu erlegen, und hatten durch- wegs schon eine schwarzgraue Unterseite. Ein vereinzeltes, ebenfalls fast ganz dunkelbäuchiges Stück sah ich am 30. April 1594 am Rande des Vrachorisees. Das Belegstück unserer Anstalt wurde ungefähr im März 1895 in der Umgebung von Tripolitsa erlegt und zeigt deutlich das eben hervorsprießende sommerliche Gefieder. In Athen sah ich ein Stück vom 27. März 1859 im Winter- und zwei Männchen im fast vollständigen Sommerkleide vom 20. Mai 1861 und 15. April 1868. Es sind dies jene Vögel, welche Th. v. Heldreich für das dortige Museum erhielt. Aus dem Angeführten dürfte wohl hervorgehen, daß T. fuscus in Griechenland die seltenste von allen Zotanus-Arten ist. 470 Ornis balcaniea. Totanus littoreus (L.). Totanus glottis Bechst. — Heller Wasserläufer. Nicht bloß auf den griechischen Inseln, wie m Brehms „Tierleben“ zu lesen ist, sondern, wie seit Naumanns Zeit bekannt ist, auch an sumpfigen Stellen längs der Küste des Festlandes pflegt dieser Wasserläufer zu überwintern. Er erscheint im September und zieht im April, ja selbst erst im Mai wieder nach Norden (Graf von der Mühle, Krüper, v. Heldreich), außerdem ist noch ein stärkerer Durchzug Ende März und ein schwächerer im September zu beobachten (Linder- mayer). Auf Korfu ist er nach Drummond und Lord Lilford im Winter und Vorfrüh- ling ebenfalls mehr oder minder häufig zu sehen. So traf ich am 21. April 1894 vier Stück an der Düne von Korissia und noch am 6. Mai 1897 erlegte ich em Weibchen im ziemlich vollständigen Sommerkleide in den venezianischen Salzgärten von Levkimo. Noch etwas später, nämlich am 8. Mai 1898, fand ich ein vereinzeltes Stück in dem Sumpfe nahe der Hauptstadt von Zante. Nach Erhard verbringt 7. glottis die Wintermonate auch auf den Kykladen, nach Lindermayer auf Euböa, wo bei Chalkis ein solcher am 19. April 1900 von Langhadis erlegt wurde. Von dem thessalischen Velestino sah ich ein Männchen im reinen Winterkleide, geschossen am 5. Jäuner 1895; dagegen zeigen die Wasserläufer vom Phaleron bei Athen, von Borghini, Merlin und St. Strimmeneas am 12. April 1863, 22. April 1396 und 28. April 1893 gesammelt, bereits mehr oder weniger die richtige Sommertracht und nicht minder endlich en Männchen, welches Santarius am Meeresstrande bei Lerna (Myli) auf dem Peloponnes am 15. April 1897 erbeutete. Es erübrigt nur noch, zum Schlusse anzuführen, daß der helle Wasserläufer gerade in der Gegend von Missolonghi im Winter, wenn auch nicht besonders zahlreich, vor- kommt. In der Zeit vom 27. Jänner bis zum 9. Februar 1397 habe ich ihn dort namentlich in der Gegend von Känurion und im Golf von Prokopanisto mehrfach be- obachtet und erlegt. Totamus ochropus (L.) — Punktierter Wasserläufer. Am treffendsten kennzeichnet Naumann sein Vorkommen im Gebiete mit den Worten: „Zwar nirgends in großer Anzahl, einzeln jedoch allenthalben.“ So fand ihn Lindermayer in allen Landesteilen einschließlich Euböas überwinternd. Zuerst hielt er diesen Wasserläufer unrichtigerweise für sehr häufig, später verbesserte er dies auf Grund der Beobachtungen des Grafen von der Mühle dahin, daß er stets einzeln an- zutreffen ist. Vollständig falsch und unbegründet ist jedoch seine sowie Graf von der Mühles und Simpsons bestimmt ausgedrückte und später auch von Altum auf- genommene Ansicht, daß T. ochropus im nördlichen Griechenland oder doch in nächster Nähe davon brüte. Das Brüten bestreitet auch Krüper, obwohl er beifügt, daß man den Vogel auch im Frühling an kleinen Wässern selbst im Gebirge antrifft. Hinsichtlich des Auftretens auf den Inseln bestätigen meine eigenen Erfahrungen jene Drummonds und Lord Lilfords, nach welchen er auf Korfu sehr häufig, und zwar nach jenem von Mitte März bis Ende April, nach diesem von Anfang September bis Ende Mai, hier und da selbst noch im Juni und Juli anzutreffen ist. So beob- achtete ich auf der genannten Insel einzelne am 21. April 1894 am Mesongibache und III. Griechenland. 471 an der Süßwasserlache im Valle di Korissia umherziehend, am 3. Mai 1597 zwei Stücke an der Mündung des Potam6ö und sogar am 25. Juli 1594 einige am Abflußkanal der Lagune von Korissia. Ferner scheuchte ich auf Kephalonia am 22. März 1897 einige von den Wassergräben bei Lixuri auf und traf auf Zante einen einzelnen am 8. Mai 1395 in einem tiefen Einschnitte mit etwas Süßwasser unweit Keri. Nachdem dieser Vogel durch Wutte erlegt worden war, zeigte es sich, daß er unterseits ein sehr merkwürdiges Aussehen durch einen dichten, dunkelbraunen und stark riechenden Überzug von Erdpech aus den nahegelegenen berühmten Quellen gewonnen hatte. Auf den Strophaden fanden sich dann einzelne an der dortigen Süßwasserlache sogar noch Mitte Mai ein. Auf den Kykladen pflegt er nach Erhard zu überwintern; doch sah ich auf Milos, am Strande bei Adamantos, auch am 3. Juli 1394 einen Flug von sieben Stücken mit lautem Rufen herumstreichen. Auf dem Festlande lernte ich besonders die Bucht von Aetolikon und den Sumpf bei Eleusis als seine Lieblingsplätze kennen und auch von der Gegend von Volo liegt ein Mitte März 1396 geschossenes Stück vor. Kein einziger unter den sechs von mir untersuchten punktierten Wasserläufern aus Griechenland besitzt „einen fast ganz ungebänderten, weißen Schwanz“, welcher den von Chr. L. Brehm im „Vogelfang“, 8. 313 aufgestellten 7. leueurus bei sieben Stücken von diesem Lande auszeichnen soll. Totanus glareola (L.) — Bruchwasserläufer. Er ist im Winter sowie zu den Zugszeiten einer der häufigsten und an Zahl die anderen Arten meistens übertreffender Wasserläufer. Durch sem bewegliches Wesen am Strande sowohl wie an den Rändern des Süßwassers, besonders kleineren Bächen mit nur zeitweiligem Wasserlaufe, dann durch das angenehm klingende Trillern der dahinschwirrenden Schwärme trägt er sehr zur Belebung des orientalischen Landschafts- bildes bei. Lord Lilford bezeichnet 7. glareola als häufig auf Korfu; wenn er aber sagt, daß T. stagnatilis dort noch zahlreicher auftritt, so kann ich dies für heutzutage wenigstens nicht gelten lassen. Auf der genannten Insel fand ich am 21. Jänner 1897 am Rande der Bucht von Kalikiopulo einen Schwarm von 15 Stücken und am 19. April 1594 ebenda ein Paar. Weiters wurde am 21. April 1894 ein C‘, welches in der Nähe der Düne von Korissia durch Sturm im Zuge gestört worden zu sein schien, von Santarius erlegt und präpariert. Endlich stellte ich in den Tagen vom 2. bis 6. Mai 1897 größere und kleinere Schwärme des Bruchwasserläufers im Sumpf an der Potamömündung, der Lagune von Korissia und in den Salzgärten von Levkimo fest. Einem anderen Trupp 7. glareola begegnete ich am 3. Mai 1598 am Strande der Bucht westlich vom Skopos auf Zante, aber auch aus den Sumpfgräsern südlich der Hauptstadt und m den Salzgärten bei Katastari erhoben sich mehrfach diese netten Vögel bei unserem Durchstöbern. Einzelne besuchten am 14. Mai die Süßwasserlache auf der größeren Strophaden- insel und unter den Opfern der dortigen Katastrophe der vorhergegangenen Woche befanden sich auch einige solche Wasserläufer. Die Angabe Jamesons, daß er Kythera gerade im Sommer und Herbst auf- suche, ist wohl kaum beachtenswert. 412 Ormnis balcanica. Erhard hingegen reiht 7. glareola richtig den auf den Kykladen überwintern- den Vogelarten an, ebenso Lindermayer für Euböa. Auf dem Festlande kennt ihn Krüper nur während des Winters und beobachtete den Abzug Ende April und im Mai, Angaben, welche v. Heldreieh genau wieder- holt. Auch Lindermayer nennt ihn häufig von Ende September bis zum Ende des Frühlings. Mir kam dieser Wasserläufer im März öfters in den Lagunen bei Missolonghi zur Beobachtung und zu Schuß, und einen einzelnen sah ich noch am 4. Mai 1894 nächst Aetolikon. Andere Stücke unserer Sammlung stammen vom Phaleron bei Athen. Schließlich lernte ich ihn auch als vorübergehenden Bewohner des Peloponnes kennen, wo ihn die Mitglieder der Exped. scient. de Mor. zuerst nachgewiesen hatten. Später traf Graf von der Mühle dort überwinternde Schwärme zu 15—20 Stücken an. Ich fand am 17. April 1897 in dem mit Tamariskengebüsch durchsetzten Teile des Sumpfes Mustos bei Astros fünf Bruchwasserläufer, von welchen ich zwei erlegte. Der besser erhaltene Vogel, ein Weibchen, befindet sich in der Museumssammlung. Zuletzt beobachtete ich noch am 19. Mai 1898 mehrere in den Wasserabzugs- gräben der Badeanstalt von Lutra bei Kap Glarentsa. Totanus stagnatilis Bechst. — Teichwasserläufer. Die Seltenheit dieser nirgends häufigen Art betonen für Griechenland Graf von der Mühle und Dubois sen. Am häufigsten mag er noch am Phaleron sein, wo Lindermayer ihn einst in zahlreichen Flügen beobachtet und an einem Vormittage viele erlegt haben will, weil ihn dort auch jetzt noch St. Strimmeneas fast alljährlich erbeutet, dann auch auf den Jonischen Inseln und namentlich Korfu. Lord Lilford bezeichnet 7. stagnatilis hier als häufig im März, April und Anfang Mai, beobachtete ihn auf der Rennbahn genau und hält ihn für weniger scheu und weniger lärmend als T. ochropus. Die erstere Eigenschaft konnte ich nie wahrnehmen und es ist mir noch nie gelungen, einen Teichwasserläufer schußgerecht vor das Rohr zu bekommen, obwohl ich am 4. und 6. Mai 1897 unter den am Südende der Lagune von Korissia und den Salzgärten von Levkimo massenhaft angesammelten Tringiden und Totaniden ganz be- stimmt einzelne 7. stagnatilis erkannte. Ebenso blieb auch meine Verfolgung eines einzelnen Teichwasserläufers im Sumpfe an der Potamömündung erfolglos. Auf dem Kykladen zählt ihn Erhard zu den Durchzüglern; ebenso Linder- mayer für Euböa. Krüper sagt, daß er Anfang April in den Sümpfen ankommt und im Mai weiter- zieht; auch erwähnt er eines von Guicciardi am 1. oder 2. Juni 1861, also auffallend spät erlegten Museumsexemplares. Wie schon erwähnt, kann man am Strande des Phaleron am ehesten darauf rechnen, diesen Wasserläufer zu erlangen. Aber auch der sumpfige Strand östlich von Eleusis beherbergt ihn jährlich für kurze Zeit. Am 9. April 1897 beobachtete ich dort einen Flug von zehn Stücken, von denen es St. Strimmeneas gelang, zwei zu erbeuten. Drei andere Stücke unserer Sammlung, durchwegs Weibchen, tragen das Datum von Ende April 1894, 23. April 1895 und 9. April 1896, und zwar haben die zwei zu- erst genannten schon zum größten Teile das sommerliche Gefieder. Ihre Maße: III. Griechenland. 475 Ganzenlbänge rer 7264 256 252 247 mm Klüsel WN04 Sue. (a 138 141 Tore SchnabelRA er Aeee 40 40 SSR autom Are el 52 45 5) Schanze 3 64 61 65 Auf dem Herbstzuge scheint den Teichwasserläufer in Griechenland bloß Graf von der Mühle beobachtet und mehrmals erlegt zu haben, und zwar in den Monaten Oktober und November. Tringa minuta Leisl. — Zwergstrandläufer. Obwohl er zu den regelmäßig auftretenden Strandläuferarten gehört, habe ich ihn nur auf einigen der Jonischen Inseln und an der Westküste des Peloponnes beobachtet und auch mehrfach erlegt. Am letzteren Orte wurde er zuerst von den Mitgliedern der Exped. scient. de Mor. vermerkt, an den erstgenannten von den englischen Forschern. Drummond fand ihn dort im Winter sehr häufig und sah ihn Anfang Mai nach Norden ziehen; Lord Lilford dagegen besonders auf Korfu am Durchzuge im April und Mai. Er fügt treffend bei, daß es dort für diese Vögel ganz vorzügliche Plätze gebe, wo sie zu den verschiedensten Jahreszeiten zu finden sind. Als solchen lernte ich vor allem die Lagune von Korissia kennen. Hier sammelte ich zuerst am 21. April 1894 ein einzeln sich dort herumtreibendes Stück, welches das noch fast vollständige Winterkleid trug. Zwei weitere schoß ich am selben Orte, und zwar am Südende der Lagune am 4. Mai 1597 aus vielen und großen Schwärmen; diese sowie ein sehr schön gefärbtes Weibchen, von Hauptmann Polatzek am 9. Mai 1395 erlegt, tragen bereits das fertige Sommerkleid. Aber sogar am 25. Juli 1394 flogen auf der Düne von Korissia noch einige Schwärme herum, ein Beweis, daß Graf von der Mühle ganz im Rechte war, wenn er sagt, daß er diesem wie dem grauen Zwergstrandläufer in Griechenland öfters mitten im Sommer begegnete. Es verbringen eben alljährlich ein- zelne Schwärme von 7. minuta ohne zu Brüten den Sommer weit im Süden an ihren Lieblingsplätzen. Ein zweiter solcher ist auf Korfu die Düne nebst den Salzgärten von Levkimo, wo am 6. Mai 1897 zwischen den massenhaft anwesenden Totaniden und anderen Tringa- Arten stets auch Zwergstrandläufer beigemengt waren, und als dritten kann ich die Mündung des Potamö nördlich der Hauptstadt anführen. Dort sah ich am 2. Mai 1897 einige und am 5. bedeutend mehr. Von den Salzgärten bei Katastarı auf Zante besitzt das Museum ein Paar vom 10. Mai 1898. An diesem Tage besuchte ich die genannte Gegend und traf dort etwa 30 Stück an; ferner fand sich je ein Zwergstrandläufer am 17. Mai 1898 an der Regen- wasserpfütze auf der größeren und am Strande der kleineren Strophadeninsel für kurze Zeit ein. Schließlich kamen am 21. und 22. Mai 1398 an der Lagune von Muriä ziem- lich viele und an jener von Agulinitsa mehrere kleine Schwärme zur genauen Beob- achtung. Außerdem wurde 7. minuta von Kapitän Sperling in der ersten Hälfte Dezem- ber 1862 ziemlich selten um Missolonghi gefunden, von Erhard als Durchzügler der Kykladen aufgezählt und von Lindermayer im östlichen Griechenland und Euböa zusammen mit 7. alpina und anderen Strandläufern in großer Zahl beobachtet. Nach ihm bleibt er bis Ende Mai und kommt schon Mitte August wieder. Das Museum 474 Ornis balcaniea. besitzt einen um die letztere Zeit 1594 auf Skyros erbeuteten Vogel sowie einen Winter- gast (Weibchen) von Velestino (Thessalien) vom 9. Jänner 1896. Im Museum von Athen befindet sich ein Paar im vollständigen Sommerkleide (Attika, 15. April 1866) und in der Koll. Merlin ein Männchen vom September 1396 (Phaleron). Tringa temmincki Leisl. — Grauer Zwergstrandläufer. Wie es bei dieser Art des öfteren vorkommt, scheint auch in Griechenland dieser Strandläufer zumeist mit Tringa minuta verwechselt worden zu sein. Viele Angaben lauten sehr unbestimmt; so die von Lindermayer: „Selten unter den übrigen Strandläufern auf Sandbänken der Meeresufer und ausgetrockneten Sümpfe ; auch auf Euböa!“ Selbst die Worte Krüpers (bei Mommsen): „Verweilt mit anderen Tringa-Arten an allen Meeresufern“, lassen mehr Ausführlichkeit wünschen. Th. v. Heldreich zählt 7. temmincki zu den Durchzüglern der Kykladen und anderer Inseln und Simpson gibt sie für die Lagunen von Missolonghi in der letzten Woche des Mai an. Doch ist es immerhin auffällig, daß er die überall viel häufigere T. minuta gar nicht erwähnt. Nur aus der Darstellung des Grafen von der Mühle scheint mir mit ziemlicher Bestimmtheit hervorzugehen, daß es sich dabei wirklich um die gegenwärtig behandelte Art handelt. Sie lautet: „Auch dieser kleine Vogel macht einen großen Bestandteil der Flüge des bogenschnäbeligen und Alpenstrandläufers. die schlechte Jahreszeit hin- durch mit aus. Im Mai hingegen, ja selbst im Juni noch, stößt man am Meeresstrande öfters auf kleine Flüge von sechs bis zwölf Stück, welche allein aus dieser Art be- stehen, die ganz lautlos und emsig ihre Nahrung suchen und dabei so wenig scheu sind, daß sie vor dem nicht achthabenden Jäger oft erst auf einige Schritte auffliegen.“ Tatsächlich sind das alles Eigentümlichkeiten, welche gerade bei diesem kleinsten europäischen Strandläufer zutreffen. In der Sammlung des Universitätsmuseums in Athen suchte ich vergebens nach einem Belegstück aus Griechenland; erst unter einer größeren Sendung Bälge, die St. Strimmeneas in Thessalien zusammengebracht hatte, entdeckte ich ein von ihm am 830. Dezember 1895 bei Velestino erbeutetes Männchen in vollständiger Winter- tracht. Dann aber war ich im Mai 1897 auf Korfu selbst so glücklich, zum ersten Male mit dem lieben Vögelehen im Gebiete der Balkanhalbinsel zusammenzutreffen, und zwar zu- erst am Südende der Lagune von Korissia. Dort trieb sich am 4. Mai ein kleiner Flug herum, von dem ich ein Paar erlegte. Diese Strandläufer befanden sich mitten unter großen Schwärmen von Tringa minuta, subarcuata, Totanus glareola, pugnax u. a. m. Tagsdarauf erkannte ich sogleich am Fluge in großer Nähe ein einzelnes Stück im Sumpfe an der Mündung des Potamö wieder in derselben Strandläufergesellschaft und am 6. Mai fanden wir nochmals in den Salzgärten bei Levkimo einzelne Tringa temmincki unter die riesigen Schwärme der Strand- und Wasserläufer gemischt. Es gelang Santarius, ein Weibchen zu erlegen. Durch den ganz eigenartigen Flug sind die Temmincks-Strandläufer stets leicht zu erkennen. Auch auf Zante fanden wir am 8. Mai 1898 im niedrigen Schilfgrase des Sumpfes südlich der Hauptstadt vier Stücke dieser Art, von welchen St. Strimmeneas ein Paar für unser und ein Exemplar für das Athener Museum erlangte. In den Salzgärten bei Katastari, im Norden von Zante, gab es am 10. Mai 1898 ebenfalls ziemlich viele Tringa temmincki bei etwa 30 Tringa minuta und anderen ähnlichen Arten. III. Griechenland. 475 Sämtliche auf Korfu und Zante erbeuteten Vögel zeigen im Gefieder mehr oder weniger den Beginn der Sommertracht. Durch diese letzteren Funde wurde nach gerade vierzig Jahren der Beweis er- bracht, daß Lord Lilford diese Art vollständig richtig auf Korfu zusammen mit Tringa minuta beobachtet hat; doch konnte er damals kein Belegstück sammeln. Tringa subarcuata (küld.) — Bogenschnäbeliger Strandläufer. Es ist eine wahre Freude für jeden Naturfreund, diese prachtvoll gefärbten Strand- läufer im Mai sich am Ufer des griechischen Meeres herumtummeln zu sehen. Nicht einen Augenblick herrscht Ruhe bei diesen zierlichen und beweglichen Vögeln, denn entweder jagt ein Schwarm von ihnen über den Lieblingsplätzen hin und her, oder es trippelt die ganze Gesellschaft im Sande, um Nahrung zu erhaschen. Meine Beobachtungen bestätigen die Mitteilungen jener, welehe diese Art als die in Griechenland am häufigsten von allen Strandläufern auftretende nennen; so Drum- mond, Graf von der Mühle, Krüper und v. Heldreich. Nur das Überwintern des Vogels in Griechenland, welches die meisten der ge- nannten Autoren annehmen, kann ich als Regel nicht für richtig halten; vielmehr halte ich es für sicher, daß Tr. subarcuata den Winter zum größten Teile in Afrika ver- bringt und nur sehr wenige in Europa zurückbleiben. Die meisten meiner Beobachtungen vom Frühjahrszuge beziehen sich auf Korfu, wo diesen Strandläufer die drei Engländer Drummond, Lord Lilford und Sperling vor Jahren häufig vorfanden, und zwar im Herbst in Gesellschaft von Tr. alpina und anderen verwandten Arten, sowie im Mai im Prachtkleide, bis sie Ende des Monats oder Anfang Juni verschwanden. Ich traf am 2. Mai 1397 eine ziemliche Anzahl am Sumpfrande der Mündung des Potamö, so daß mit wenigen Schüssen acht Stück erlegt waren. Den folgenden Tag war am selben Platze kein einziger Strandläufer dieser Art zu sehen, aber am 7. Mai gab es wieder ziemlich viele. Riesige Schwärme trieben sich im Valle di Korissia (4. Mai) und ebensolche in den Salzgärten bei Levkimo (6. Mai) herum und es wurden ohne Mühe aus ihnen über zwanzig Stücke erlegt, so daß wir eine schöne Ausbeute für die Sammlung zusammenbrachten. Salzgärten, in denen nicht gearbeitet wird, scheinen diesem Vogel überhaupt sehr zuzusagen. Auch auf Zante fanden wir (10. Mai 1898) ein Paar in solchen Anlagen bei Katastari, sowie ein weiteres, welches geschossen wurde, am Strande der Bai von Keri. Weiters fielen am 15. und 16. Mai 1898 ein bis zwei Stück auf den Strophaden ein und suchten, wahrscheinlich vergeblich, auf den Brachfeldern eifrig nach Nahrung. Aber auch noch am 21. und 22. Mai 1898 belebten große Schwärme den Strand der Muriälagune sowie jenen der daranstoßenden von Agulinitsa bei Pyrgos. Hier war es, wo St. Strimmeneas das weitaus prachtvollste, weil rein rostrote Männchen unserer Sammlung erleste. Die Weibchen sind zumeist durch die viel mehr weiße Unterseite zu unterscheiden. Das letzte Mal in Griechenland sah ich eine ziemliche Schar an der Lagune ÖOsman Aga bei Pylos am 2. Juni 1898 und Hauptmann Roth erlegte dort drei schön gefärbte Männchen. Alle diese Vögel wurden von uns genau untersucht, aber das Ergebnis war stets das gleiche: die Fortpflanzungsorgane befanden sich durchwegs in einem solchen Zustande, daß kein einziger Vogel in diesem Jahre zum Brüten hätte kommen können. 476 Ornis balcanica. Die Ankunft im Herbst ‘gibt Graf von der Mühle vom Monat September an- gefangen an. Der Genannte beobachtete, daß mancher Schwarm Tringa subarcuata einen Kiebitz oder Kiebitzregenpfeifer zum Anführer hat, und vergleicht den Vorgang des Abwetzens der lichten Ränder am Brustgefieder sehr treffend mit dem bei Montxcola eyanus, Rutieilla titis und Saxicola melanoleuca. Bei Missolonghi habe ich diesen Vogel nie gesehen, aber Simpson beobachtete ihn dort öfters in dem schlammigen Graben, der sich rings um die Stadt zieht, und zwar noch am 21. Mai 1859 sowie an den folgenden Tagen einen großen Schwarm öst- lich von der Stadt im Unrate wühlend. Lindermayer erklärt den Umstand, daß die meisten Mitte Mai den Zug fort- setzen, dadurch, daß zu dieser Zeit in Griechenland gewöhnlich die Sümpfe austrocknen. Als Beweis, daß Tr. subareuata auch zuweilen das Landinnere besucht, dient ein bei Tripolis im Frühjahre 1893 von Langhadis erlegtes Stück; endlich liegt mir ein wahrscheinlich überwinternder Vogel aus Thessalien vor, welcher bei Velestino am 22. Februar 1896 von St. Strimmeneas erbeutet wurde. Wenn Erhard den bogenschnäbeligen Strandläufer wohl richtig als Durchzugs- vogel der Kykladen (im Katalog in der „Naumannia“ VIII ist diese Art ausgelassen!), aber als „spät zurückkehrend und teilweise brütend“ bezeichnet, so ist dies einfach ein Unsinn; denn die Brutplätze liegen bekanntlich zirkumpolar und wurden zum größten Teile bisher noch gar nicht erreicht. Außer unserer Reihe von 14 Stücken enthält das Museum von Athen drei weitere, ein Paar wurde am Phaleron 20. Mai 1896 (Koll. Merlin) erlegt und vier befinden sich von den gleichen Örtlichkeiten im British Museum. 3ei der großen Menge der durchziehenden Strandläufer und dem Umstande, daß deren Wildbret schmackhaft ist, könnte in Griechenland leicht ein regelrechter Abschuß auf sie stattfinden. Tringa alpina L. — Alpenstrandläufer. Es dürfte wohl keinem Zweifel unterliegen, daß Sonnini 1779 und 1780 diesen Strandläufer unter dem Namen „alouettes de mer“ auf den griechischen Inseln im Archipel beobachtete, wo er nach Erhard regelmäßiger Durchzügler ist. Aber auch auf dem Festlande, Euböa und namentlich dem Peloponnes ist dieser nach Lindermayer, Graf von der Mühle und Krüper der häufigste aller Strand- läufer sowohl auf dem Frühjahrs- wie dem Herbstzuge und endlich auch als über- winternde Vogelart, also von September bis April. Selbst später noch zeigen sich ein- zelne oder kleine Flüge; doch wurden sie im Hochzeitskleide bisher noch nicht an- getroffen. Im Westen, und zwar auf den Jonischen Inseln, ist der Alpenstrandläufer im Winter nach Lord Lilford weniger, nach Drummond recht häufig und zieht von dort Anfang Mai nach Norden ab. Meine eigenen Beobachtungen beschränken sich auf das Küstengebiet von Akar- nanien, wo ich ihm von Jänner bis April 1897 sehr oft begegnete. In der Stadt Missolonghi selbst trippelten die zierlichen Vögel namentlich nach Sturm längs der Straßendämme umher; große Schwärme fanden sich längs der ganzen Küste, besonders bei Turlida, wo am 18. Februar sich ein Schwarm von mindestens 500 Stück aufhielt, und auch weiter landeinwärts in den Lagunen von Prokopanisto sah ich Schwärme von 5, 10, 30 bis 80 Stück, die letzten großen Gesellschaften noch am 4. April. III. Griechenland. a7 Belegstücke von hier, sowie vom Karlasee in Thessalien im Jänner 1896 durch St. Strimmeneas gesammelt, liegen mir vor. Es sei hier erwähnt, daß es mir unmöglich erschien, bei der diesbezüglichen Un- klarheit der Literaturangaben die var. schinzi für das behandelte Gebiet zu sondern. Limiecola platyrhyncha (Tem.) — Sumpfläufer. So gut wie alles, was wir über das Auftreten dieses kleinen Schnepfenvogels in Grie- chenland wissen, verdanken wir der Feder des Grafen von der Mühle, denn die dies- bezüglichen Angaben Lindermayers, Krüpers (bei Mommsen), v.Heldreichs, der die Art zu den Wintervögeln des Gebietes zählt, sowie endlich jene m Brehms „Tierleben“ sind entweder belanglos oder bloße Wiederholungen der Worte Graf von der Mühles. Derselbe hebt ausdrücklich hervor, daß der Vogel in manchen Jahren in Griechen- land häufig, in anderen gar nicht vorkommt. Er traf ihn nur am sandigen Meeresufer, an Stellen, wo viel schwarzer, fußtiefer Schlamm lag, und zwar sowohl in Gesellschaft von Strandläufern, als auch in großen Flügen seiner Art, welche oft den ganzen Sommer über verblieben, so daß er einmal im August 1336 aus einer Schar 16 Stücke herab- schießen konnte. Da so große Gesellschaften von 2. platyrhyncha meines Wissens in Mitteleuropa nie beobachtet worden sind, scheinen sich die nach Süden wandernden Sumpfläufer auf dem Zuge mehr und mehr zu Gruppen zusammenzufinden oder Scharen von Tringa- Arten als Reisegenossen zu wählen. Auch das behende Laufen und die strandläuferartige Beweglichkeit des Sumpf- läufers fiel dem Grafen von der Mühle auf. Daß dieser Bewohner des Nordens sogar bis Ägypten gelangt, erfahren wir durch Heuglin, welcher ihn in kleinen Flügen an der afrikanischen Küste des Roten Meeres gesehen haben will (im September bei Ras Belul). Auch er nennt sein dortiges Vor- kommen ein unregelmäßiges, und nur ein Stück wurde im August bei Suez geschossen. In Griechenland scheint Z. platyrhyncha seit den Zeiten des Grafen von der Mühle von niemandem mehr beobachtet oder gesammelt worden zu sein, und auch in keiner einzigen Sammlung konnte ich ein Belegstück auffinden, bis ich endlich im Juli 1900 ein solches in der zoologischen Sammlung des Staates in der alten Akademie zu München entdeckte. Durch die gütige Vermittlung Professor Hertwigs gelangte unsere Anstalt im Tauschwege in den Besitz jenes Stückes, welches möglicherweise sogar ursprünglich vom Grafen von der Mühle herrührt. Professer Hertwig schreibt mir darüber: „Der Vogel stammt aus der Sammlung des Herzogs von Leuchtenberg, was sowohl im Sammlungskatalog, als auch auf der Etikette von meines Vorgängers v. Siebolds Hand vermerkt ist. Man kann also mit großer Sicherheit annehmen, daß der Fundort ‚Griechen- land‘ richtig ist.“ Dieses Exemplar ist ein junger Vogel in der ersten Herbsttracht, in welchem Stadium die meisten in unseren Breiten erbeutet werden, und ich glaube berechtigt zu sein, auf Grund dessen die Art mit vollem Rechte in meine Liste der Vögel Griechenlands auf- nehmen zu können. Calidris arenaria (L.) — Sanderling. Wenngleich ich nicht so glücklich war, diesem reizenden Vogel auf griechischem Boden zu begegnen, so liegen doch über sein dortiges Vorkommen eine Menge Nach- 478 Ornis baleanica. richten vor, die zu sichten Zweck der folgenden Zeilen sein wird; überdies besitzen das British Museum und jenes von Athen je einen und unser eigenes zwei Sander- linge aus dem in Rede stehenden Gebiete. Auch im Museum zu Oldenburg soll sich ein Stück aus Griechenland befinden. Zum ersten Male wird Calidris arenaria von den Mitgliedern der Exped. scient. de Mor. für den Peloponnes ohne nähere Angaben erwähnt. Wenn man die weiter unten verzeichneten Wahrnehmungen in Betracht zieht, so zeigt sich, daß Graf von der Mühle vollkommen im Rechte ist, wenn er den Sanderling nicht zu den gemeinen Vögeln Griechenlands zählt und sagt: „Am häufigsten traf ich ihn im Monate Mai bis zu Ende desselben an.“ Lindermayer, der ihn anfangs nur als Seltenheit auf dem Herbstzuge beobachtete, folgte später genau den Angaben des Grafen von der Mühle, deren Glaubwürdigkeit nur dadurch eine kleine Einbuße erleidet, dal das einzige von Grafen von der Mühle etikettierte, von Schuch 1856 in dem Regensburger Korr.-Blatt erwähnte und von mir genau untersuchte Belegstück der Regensburger Vereinssammlung nichts weiter ist als eine Tringa alpina. Auf Korfu nennt ihn Lord Lilford selten. Er bekam während seines dortigen Aufenthaltes nur drei Stücke zu Gesicht, welche ihm ein Vogelausstopfer im Frühjahre 1855 vorlegte. Bei Missolonghi erbeutete Kapitän Sperling im Winter 1862/63 den meines Wissens einzigen von Griechenland im Wintergefieder bekanntgewordenen Sanderling, welcher auf einer kleinen Insel geschossen wurde. Deshalb halte ich es nicht für richtig, wenn es in Brehms „Tierleben“ heißt: „Findet in Griechenland Winterherberge.“ Von Ende Jänner bis Anfang April ist mir auf keinem Ausfluge in der Umgebung von Missolonghi ein Sanderling untergekommen, dagegen erbeutete H. Seebohm dort einen am 27. Mai 1873. Es ist jenes Stück, welches sich jetzt im British Museum befindet. Krüper und v. Heldreich nennen ihn einen ziemlich seltenen Durchzügler im Gegensatze zu E. F. v. Homeyer, welcher in seinen „Wanderungen der Vögel“ angibt, er werde häufig von allen Sammlern aus Griechenland eingesendet. Möglich, daß dies für einen ganz bestimmten Zeitabschnitt der Fall war; heutzutage ist Calidris arenaria von dort nur sehr selten erhältlich, obwohl eifrig nach ihm gefahndet wird. Die beiden zuletzt erbeuteten Stücke schoß St. Strimmeneas am 22. Mai 1895 am Phaleron. Beide sind junge Männchen im Übergange zum Sommerkleide, aber mit noch sehr wenig Rostfarbe. Das Museum in Athen und unseres bekamen je ein Belegstück und die zweit- genannte Anstalt 1901 noch ein weiteres im gleichen Kleide von Naxos. Auf Grund eines im Frühjahre 1845 in Attika erlegten prachtvollen Männchens im Hochzeitskleide beschrieb Chr. L. Brehm 1850 in der „Naumannia“ die Calidris Mülleri, die sich namentlich durch ansehnlichere Größe und mehr Weiß im Flügel von C. arenaria unterscheiden soll. Die genaue Beschreibung paßt ziemlich gut auf das mir vorliegende Stück; doch dürften wohl auch Sanderlinge aus anderen Gegenden der. artige Unterschiede von der typischen Form aufweisen. 1855 werden im „Vollständigen Vogelfang“ als Autoren für ©. Mülleri außer Brehm noch Naumann und Baldamus an- geführt. Himantopus himantopus (L.), Himantopus rufipes Bechst. — Storchschnepfe. Man bekommt diese reizende Schnepfe in Griechenland verhältnismäßig selten zu sehen! III. Griechenland. 479 Lindermayer lieferte zuerst ganz unbrauchbare Mitteilungen; später erkannte er sie schon als Brutvogel, und Graf von der Mühle stellte sie außerdem auf dem Durchzuge fest. Genauere Ankunftsdaten im Frühling verdanken wir Krüper: INkarnanienge lea April IN ka 1507129 März »° (Ehaleron) =. . ... 1873: 29. März ” : 1874: 24. März. Es ist ferner erwiesen, daß manche nicht sogleich weiterziehen und daß viele Paare außerordentlich spät eintreffen, wie aus nachstehendem sich ergibt. Korfu besucht die Storchschnepfe nach Drummond in beträchtlicher Menge, aber nur für kurze Zeit am Zuge im April oder nach Lord Lilford richtiger von März bis Mai. Ich fand dort am 6. Mai 1597 in den Salzgärten von Levkimo ein Paar anwesend. Aber selbst am 16. Mai 1898 erschien plötzlich am Zuge eine einzelne auf der größeren Strophadeninsel. Kythera soll sie Jameson zufolge im Sommer aufgesucht haben, was wenig wahrscheinlich erscheint; doch sandte 1844 von dieser Insel Kapitän Graves zwei Stücke als Geschenk nach England. Auf den Kykladen (auf Santorin sah Douglass einen Balg!) und Euböa ist sie, wie Erhard und Lindermayer melden, Durchzügler. Brutplätze sind mit Sicherheit nur zwei bekannt geworden; nämlich einige Stellen in Akarnanien-Aetolien und bei Lamia. Von der erstgenannten Gegend schenkte schon 1847 Lindermayer ein Ei dem zoologisch-mineralogischen Verein in Regensburg, dann fand Simpson 1860 den Brut- platz einiger Paare am Rande des sogenannten Roten Moores unweit Aetolikon, wo Krüper ein einziges Gelege erhielt. Einige Paare brüten wohl auch in den Lagunen westlich von Missolonghi und an den Vrachoriseen. Hier, und zwar am kande des kleinen Sees von Agrinion schien sich am 30. April 1594 ein Paar ansiedeln zu wollen. Da wir aber am 2. Mai dort nur mehr das Männchen antrafen, wurde dieses an- geschlichen und mit vereinten Kräften auch erbeutet. Endlich entdeckte St. Strimmeneas einen schwach besetzten Brutplatz in den Sümpfen von Megali vrysis bei Lamia. Ein Paar erlegte er dort am 2. und 24. April 1902 und sandte es ein; doch gelang es ihm nur ein einziges Ei aufzufinden. Nach vier Vertretern seiner eigenen Sammlung und einem 1845 von Prinz Eduard von Sachsen-Altenburg aus Griechenland mitgebrachten Stücke stellte Chr. L. Brehm seinen Himantopus meianocephalus auf („Vogelfang“, S. 524), welcher Griechenland eigentümlich sein und sich durch einen um drei Linien weniger nackten Fuß, blaß rosenroten Unterkörper und einen dunklen, beim Weibchen mattschwarzen Hinterkopf, Nacken und Hinterhals vom typischen ZH. himantopus unterscheiden soll. Dementgegen kann ich versichern, daß ich schon öfters genau so gefärbte Individuen aus Ungarn in Händen gehabt habe. Reecurvirostra avocetta L. — Säbler. Fast alle Ornithologen, welche sich mit der Vogelwelt Griechenlands beschäftigt haben, bezeichnen den Säbler, diese wahrhaft reizende Vogelgestalt, für jenes Land als Seltenheit. 480 Ornis baleanica. Der bekannteste Fundort- ist seit den Zeiten Fiedlers der Küstenstrich des Phaleron in Attika. Von dort stammt das im Frühjahre 1879 von Souzos dem Museum in Athen und jenes von Konsul Merlin sen. dem British Museum gespendete Stück sowie ein Männchen unserer Sammlung, durch Merlin jun. am 20. Februar 1895 erlegt. Lindermayer bezeichnet ihn als Durchzügler für alle Landesteile und nennt im besonderen die Sümpfe bei Astros!) und Nauplia, dann Euböa (ein Säbler 1849 bei Chalkis erlegt!) als Orte, wo er vorkam. Nach Erhard Durchzugsvogel der Kykladen und nach Drummond manchmal und selten im Anfang April auf Korfu. Nicht zu übergehen sind die Worte Graf von der Mühles, weil ihnen offenbar eigene Erfahrungen zugrunde liegen: „Erscheint jeden Winter, während der strengsten Jahreszeit, in kleinen Flügen von 5—6 Stücken, am Meeresstrande und auf den zu- nächstliegenden überschwemmten Viehweiden.“ Auf einem genau gleichen Platze östlich von Missolonghi trafen nun am 8. Februar 1897 Santarius und Führer einen Säbler, mit dem sie sich lange Zeit plagten, ohne ihn zu Schuß zu bekommen. Dies gelang Santarius erst durch Verstecken hinter einem alten Kahne und Zutreiben des vorsichtigen Vogels.” Es war ein Weibchen. Gerade ein Jahr später bekamen wir aus derselben Gegend durch Herrn Dia- mantis-Soustas einen zweiten, sehr alten männlichen Vogel im schönsten, auf dem Rücken etwas aschgrauen Gefieder. Eine andere wichtige Beobachtung machte ich am 10. Februar 1897. Als wir in eine Lagunenbucht unweit der Mündung des Acheloos und des Kap Skropha einfuhren, welche sich durch besonders seichtes Wasser auszeichnete, trafen wir dort große Scharen von Säblern, und die Fischer und Hirten versicherten uns, daß jene schon wochenlang am selben Platze wären. Wie immer, so war auch hier die Vorsicht und Scheuheit der Säbler eine der- artige, daß keiner von uns einen erfolgreichen Schuß anbringen konnte. Wie eine weiße, schneeige Wolke wälzten sich die Schwärme weit vor den Booten oder vor den im knietiefen Wasser Watenden dem Ende der Bucht zu, um dann hoch über unsere Köpfe unter lautem Rufen zu überstreichen und wieder am Rande einzufallen. Da sich die Schwärme nach einiger Zeit aber immer wieder an ganz bestimmten Punkten zu sammeln pflegten, so wäre durch Aufstellen von Schirmen und Ansitz hier gewiß ein Erfolg zu erzielen gewesen, wenn dieser Ort nicht gar so weit von Misso- longhi entfernt gewesen wäre oder man in der Nähe irgend ein Unterkommen hätte finden können. Außerdem traf St. Strimmeneas um Neujahr 1903 vielfach in der Um- gebung von Lamia (Megali vrysis) mit Säblern zusammen, von welchen es ihm gelang, am 14. Jänner 1903 mehrere zu erbeuten. Ein hiervon vorliegendes Männchen zeigt die Kopfplatte in noch unvollkommener Verfärbung. Ich glaube also annehmen zu dürfen, daß eine große Zahl von Säblern wenigstens einen Teil des Winters in stillen, abgelegen Küstengegenden Griechenlands zubringt. Oedienemus oedienemus (L.), Oedienemus cerepitans L. — Triel. Uber das Vorkommen des Triels im Gebiete besitzen wir schon seit langem einige allgemeine Angaben. Es bezeichnen ihn Temminck, Brehm („Europäische Vögel“), !) Hier auch von Schuch im Nekrologe des Grafen von der Mühle, Regensburger Korr.-Blatt 1855, S. 179 erwähnt. III. Griechenland. 481 Thienemann, Naumann, Dubois, Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk) und Rey für Griechenland und den Archipel als einen häufigen und gemeinen Vogel, und zwar häufiger als in Deutschland, welcher hier auf öden, trockenen, sandigen, oft hoch- liegenden Plätzen lebt und häufiger als anderswo auch brütet. Seither verfügen wir aber über viel genauere Beobachtungen! Drummond zufolge ist Oedienemus auf den Jonischen Inseln häufig und brütet auch auf einigen davon. Lord Lilford nennt ihn nur einen gelegentlichen Besucher von Korfu im April und Mai. Ich glaube aber nicht fehlzugehen, wenn ich vermute, daß selbst noch heut- zutage einige Paare auf dieser Insel brüten. Geeignete Plätze hierzu findet der gegen Störungen nicht sehr empfindliche Vogel auf der großen Insel genug. Ich traf dort auf der Düne von Korissia am 21. April 1594 zwei Stücke, vielleicht ein Paar, und Santarius erlegte am selben Tage ein Männchen unweit des Han Bra- ganiotika auf einer öden, nur mit Cistus bewachsenen Heide. Auf Kythera, wo er ebenfalls sehr geeignete Plätze für seine Lebensweise findet, vermerkte ihn Jameson nur im Herbste. Dagegen kam mir am 8. Mai 1398, also wahrscheinlich am Brutplatze, ein Triel in der Düne südlich der Hauptstadt von Zante zu Gesicht. Lindermayer führt den Triel im Verzeichnis der Vögel von Euböa auf, und nach Erhard überwintert er sogar auf den Kykladen. Hier, und zwar auf der kleinen und flachen Insel Gaiduronisos (auch Gaidaros) nahe bei Syra beobachtete Santarius auffallenderweise am 24. Juni 1894 eine Gesellschaft von sechs Stücken. Auf dem griechischen Festlande und dem Peloponnes ist er zunächst nach den Wahrnehmungen Lindermayers und Graf von der Mühles ein Zugvogel, der im April ankommt und im September das Land wieder verläßt, der die öden, mit Thymian, Myrten und Majoran bewachsenen Heideflächen bewohnt und dort wie auch in Getreide- feldern, stets mit Vorliebe in der Nähe des Meeresstrandes, ziemlich häufig auch brütet. Ich lernte den Triel als einen Bewohner Thessaliens, und zwar namentlich der Gegend südlich vom Karlasee kennen. Am 17. und 18. Mai 1394 ließen zwei dieser Vögel ihren klagenden Ruf auf einer in den See hineinragenden sandigen Zunge ver- nehmen und in der Ebene zwischen dem See bis Velestino waren sie noch öfters zu hören und zu sehen; auch gelang es Santarius, ein Männchen bei Velestino zu erlegen. Schließlich ist der Triel ein recht häufiger Brutvogel im Kephissostale nördlich vom Parnaß. Dort erhielt Dr. Krüper am 20. Mai 1561, ein Gelege von zwei KEiern für das Universitätsmuseum in Athen und seit jener Zeit bekam der Genannte aus dersel- ben Gegend zu wiederholten Malen Gelege und einzelne Eier. Mehr als zwei Eier in einem Gelege wurden nie gefunden und es ist kein Zweifel, daß jenes Weibchen, welches Graf von der Mühle erlegte und untersuchte, auch nur zwei Eier zur wirklichen Entwicklung gebracht hätte. Sämtliche von mir untersuchten Eier aus Griechenland zeigten dieselbe bekannte Fär- bung und Fleckenzeichnung wie jene aus Mitteleuropa. Die Maße von vier Eiern vom obigen Fundorte sind: Nr. 1. 11. Juni 1888, 53:3 X 38°4 mm, 310 cg Nr. 2. 52 %X 384mm, 311 eg Nr. 3. 4. Juni 1888, 51:1 X 377 mm, 285 eg Nr. 4. 10. Juni 1892, 48:4 X 37-1 mm, 277 eg Nachdem außer Erhard insbesondere Dr. Krüper und auch v. Heldreich aus- drücklich das Überwintern von Oedienemus in Griechenland betonen und überdies Reiser, Ornis balcanica. III. 31 482 Ornis baleanica. Krüper am 7. Februar 1374 mehrere auf dem Markte von Athen sah, welche bei dem vorhergehenden Schneegestöber erlegt worden waren, schließlich ich ein in Attika am 22. Jänner 1896 geschossenes Stück in der ehemaligen Kollektion Merlin untersuchte, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß manchmal mehrere dieser Vögel den Winter dort zubringen; nur glaube ich, daß dies nicht regelmäßig und in großer Anzahl ge- schieht. In der Umgebung von Missolonghi konnte ich z. B. trotz des milden Winters und der sehr geeigneten Plätze keinen einzigen bemerken. Das Gefieder der griechischen Vertreter (drei hier und drei in Athen) ist durch- aus typisch und erinnert in nichts an die Form indieus (Salvad.). Chettusia gregaria (Pall.) — Herdenkiebitz. Am 3. Jänner 1868 wurde von Bonkowski in der Nähe von Athen ein junges, etwa ein halbes Jahr altes Männchen erlegt und im Museum der Universität aufgestellt. Im Anfange schlugen alle Bemühungen, den Vogel richtig zu bestimmen, fehl und erst nach Veröffentlichung der letzten Arbeiten über die Ornis von Griechenland wurde er von Krüper richtig erkannt. Das Rückengehieder dieses seltenen Gastes zeigt noch viele helle Kanten; die Kopfplatte sowie die Oberseite überhaupt ist graubraun, aber die Kopfstreifen sind schon sehr rein ausgeprägt. Das Brustgefieder ist totanus-artig gezeichnet. Hoplopterus spinosus (L.) — Dorn- oder Sporenkiebitz. Unsere Kenntnis über das Auftreten des ebenso schönen als interessanten Dorn- kiebitzes auf europäischem Gebiete ist derzeit noch eine sehr mangelhafte. Soviel steht aber fest, daß er selbst an den griechischen Küsten eme seltene und unregelmäßige Er- scheinung ist, und je weiter im Norden der Balkanhalbinsel Beobachtungen über ihn mitgeteilt werden, desto fragwürdiger bleiben diese. Von einem Teile der diesen Kiebitz behandelnden Autoren wird er fälschlich als mehr oder weniger häufiger Bewohner Griechenlands betrachtet; so von Temminck,!) Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Fritsch und Dubois. Andere wieder vermuten ganz richtig in ihm einen unregelmäßigen Besucher Griechenlands oder nehmen an, daß er sich auf seinem Zuge aus Afrika oder Asien dahin verirrt, wie z. B. Chr. L. Brehm („Isis“ 1845, „Stiftungsfest“ usf.), Degland und Gerbe, Wright („Ibis“ 1869, p. 246), Alfr. Brehm („Tierleben“) und v. Heldreich. Auf eigenen Erfahrungen beruhende Nachrichten boten aber erst Lindermayer und Graf von der Mühle, woraufhin Tobias (Abhandl. der Görlitzer Gesellschaft 1844, S. 60) den Dornkiebitz als neuen Europäer begrüßte. Beide melden vollkommen über- einstimmend, daß er bloß auf dem Zuge, und zwar selten und einzeln am Meeres- strande Griechenlands, besonders längs den Lagunen von Euböa erscheint. Wenn im Korrespondenzblatt des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regens- burg 1847, S. 131 angegeben wird, daß Lindermayer der Vereinssammlung Eier von H. spinosus aus Griechenland übersendet habe, so ist dies entschieden ein Irrtum, welchen Lindermayer später selbst mit den Worten aufklärte: „Aller meiner Be- mühungen ungeachtet, ist es mir nie gelungen, Beweise zu erhalten, daß er innerhalb der Grenzen Griechenlands brüte.“ !) Dieser sagt gar: „Einem Gerücht zufolge sehr häufig auf den Inseln des Archipels. In Griechen- land findet man ihn tatsächlich in großer Anzahl.“ III. Griechenland. 483 So weit ich in Erfahrung bringen konnte, befinden sich gegenwärtig aus dem in Frage kommenden Gebiete fünf Vertreter des Sporenkiebitzes in verschiedenen Museen, die wahrscheinlich sämtlich im Frühling erbeutet worden sind. 5 Das britische Museum besitzt einen Dornkiebitz im Jugendkleide aus der ehe- maligen Coll. Gould, welches von der Insel Milos stammt.!) Ein weiteres gelangte nach Schuch (Regensburger Korrespondenzblatt 1856, $. 51) als Geschenk aus dem Nachlasse des Grafen von der Mühle in die Sammlung des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg, wo ich es 1900 in gutem Zustande noch vorfand. Zwei Männchen, vorzüglich konserviert, befinden sich im Universitätsmuseum in Athen (schon 1862 von Krüper erwähnt), welehe Schrader sen. am 10. März 1860 und 6. Mai 1562 am Strande unweit Athen sammelte. Schließlich gelang es den unermüdlichen Bemühungen Herrn Merlins, am 28. April 1595 ein prächtiges altes Weibehen zu erlegen, welches später in den Besitz unseres Museums überging. Es hat folgende Maße: Ganzeplkänget es a 3A | a Tarsus ee len Hlusellünger = ı 0.7.20. „02... 20%, SC lına De er Sen Schwanzlänse . "......... .. 10, Vanellus vanellus (L.), Vanellus eristatus L. — Kiebitz. Nach den übereinstimmenden Wahrnehmungen von Lindermayer, Graf von der Mühle, Krüper und v. Heldreich erscheint der Kiebitz ungefähr Ende Oktober, und zwar in großer Zahl auf den feuchten Niederungen und in der Umgebung der Sümpfe, besonders wenn diese in der Nähe des Meeres sich befinden. Während des ganzen Winters wird fleißig Jagd auf ihn gemacht und sehr viele zu Markt gebracht. Anfang März ziehen sie dann wieder ab. Solche überwinternde Kiebitze traf Fiedler am Phaleron und in Menge am 23. November 1836 in der Ebene von Elatea; ich selbst am 30. Jänner 1897 längs der Küste von Missolonghi große Schwärme und auch später noch im Februar mehrmals gegen das Salzmagazin zu und sah öfters welche am Markte. Schließlich vermerkte Baron Schilling bei Monastir Angelokastron am 23. Dezember 1895: 80 und am 9. Jänner 1899: 25 Stücke. Ob der steten Verfolgung zeigten sich die Kiebitze immer sehr scheu und vorsichtig. Auf Korfu sind laut Drummond und Lord Lilford diese netten Vögel im Winter ebenfalls sehr häufig, aber nach Anfang März war keiner mehr sichtbar. Auf Zante sah ich ein auf der Insel im Winter 1897/98 erlegtes Stück in einer kleinen Samm- lung und er wird wohl sicher alle Jonischen Inseln im Winter gelegentlich aufsuchen. Für Kythera verzeichnet ihn Jameson als Herbstvogel. Auf Euböa beobachtete ihn Lindermayer, Elwes und Buckley (bei Chalkis); nach Erhard überwintert er auch auf den Kykladen. Nach Sonnini erscheint der Kiebitz auf den griechischen Inseln erst, sobald die Kälte, die aber nie empfindlich wird, eintritt, das ist im Jänner, und hält sich nur 12—14 Tage dort auf. 1) Im Catal. of the Birds ete., vol. XXIV, 1896, p. 159 sollte es richtiger heißen: Island of Milo, by Crete, Grecian Archipelago (Milos bei Kreta). 31* 484 Ornis balcanica. Die mir vorliegenden Stücke stammen von Velestino (5. Jänner 1396) iuv. O0, dem Karlasee (16. Jänner 1896) C’ und der Umgebung von Tripolis (16. Februar 1896). Aegialitis alexandrinus (L.), Aegialites cantianus Lath. — Seeregenpfeifer. Durch seine Lebensweise gebunden an Salzwasser und salzige Böden, findet der Seeregenpfeifer im Gebiete vielfach ihm vollkommen zusagende Wohnplätze. In Kürze stellten sein Vorkommen auf den Inseln und an den griechischen Küsten, besonders auch des Peloponnes und Euböas als Stand- und Brutvogel fest: die Exped- seient. de Mor&e, Lindermayer, Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Rey, v. Heldreich und Altum. Graf von der Mühle nennt ihn am ganzen Meeresstrande sehr gemein und ver- mutet das Brüten im Lande, da er im August unvermauserte Junge schoß. Linder- mayer hält das Überwintern für wahrscheinlich. Beides ist nunmehr mit Sicherheit nachgewiesen. So ist Aeg. alexandrinus z. B. auf Korfu höchst wahrscheinlich Brutvogel. Lord Lilford sah ihn hier häufig während der Wintermonate, sagt aber unrichtigerweise, daß er um die Mitte März abziehe. Ich beobachtete zuerst am 21. April 1894 mehrere an der Lagune von Korissia, wovon ich zwei Männchen erlegte, die das vollständige Sommerkleid trugen. Am gleichen Orte, und zwar an der schmalsten Stelle der Düne schoß ich am 20. Jänner 1597 aus einer Schar von 13 Stücken wieder zwei Männchen und noch am 25. Juli 1894 trieben sich dort kleine Flüge herum, aus welchen Santarius ein weiteres Männ- chen erbeutete. Auch in den Salzgärten bei Levkimo war er am 6. Mai 1897 un- gemein häufig; aber das Erlegen war immer ziemlich schwierig, weil keine Deckung vorhanden war und die Vögel sich stets sehr vorsichtig erwiesen. Weiters fand sich in den Salzgärten bei Katastari auf Zante am 10. Mai 1898 ein einzelner Seeregenpfeifer und an der in Elis gelegenen Lagune von Muriä am 21. Mai noch ein ganzer Schwarm. Die sämtlichen übrigen Beobachtungen beziehen sich auf die nähere und weitere Umgebung von Missolonghi, wo der Vogel eine charakteristische Erscheinung bildet und zahlreich brütet. Simpsons sah ihn sogar oft auf dem Exerzierplatze der genannten Stadt herum- trippeln und lernte die Nistorte auf den sumpfigen Laguneninseln kennen. Zum ersten Male beobachtete ich Aeg. alexandrinus hier am 9. Februar 1897 in der Bucht von Prokopanisto, dann scheuchte ich zwei Flüge zu zehn und fünf Stück am 9. März unweit des Leuchtturmes Hag. Sosti auf, welche im Fliegen ein lautes Trillern hören ließen. Weiters fand ich am 11. März auf der Düne Kalamota unweit von dort wieder fünf, später zwei Stück. Am 25. März gab es dann viel mehr und in Schwärmen am Strande gegen die Phidarismündung zu. Zur eigentlichen Brutzeit erlegte ich in dieser Gegend nur einmal, am 4. Mai 1894, ein Männchen unweit Aetolikon, und Hauptmann Polatzek ein Weibehen am 24. April 1596 (beide im hiesigen Museum!). Zwei weitere, männliche Seeregenpfeifer (Misso- longhi 25. und 30. Mai), sammelte H. Seebohm. Eier sandte von hier zuerst 1853 Dr. Nieder an die Sammlung des zoologisch- mineralogischen Vereins nach Regensburg. Später sammelte hier Dr. Krüper einige Gelege, so mehrere Eier am 29. April 1859, von welchen drei Stück im Museum zu Athen III. Griechenland. 485 aufbewahrt werden. Am 22. Mai 1859 fand Krüper schon ausgeschlüpfte Junge bei Missolonghi. Schließlich wäre als mutmaßlicher Brutplatz noch die Gegend von Megali vrysis bei Lamia zu nennen, wo St. Strimmeneas am 5. Juni 1903 -alte Vögel erlegte und einsandte. Aegialitis curonicus (Gm.), Aegialites minor M. u. W. — Flußregenpfeifer. Die Mehrzahl der sich in Griechenland aufhaltenden Flußregenpfeifer kann man am Meeresstrande finden. Graf von der Mühle schoß ihn meistens an den schlammigen, zum Meere führenden Süßwassergerinnen. Die größte Zahl findet sich auf dem Früh- Jahrs- und Herbstzuge hier ein (Lindermayer), und von dem Überwintern des Vogels berichten Drummond: „In großer Menge auf Korfu von Anfang Oktober bis Ende Mai“, v.Heldreich und Krüper, welcher dies besonders auf den warmen Kykladen für möglich hält. Auf der Insel Korfu fand den Flußregenpfeifer Lord Lilford ziemlich häufig im April und Mai, namentlich im Valle di Korissia und bei Potamö und fügt hinzu, daß sie nur wenige Tage sich dort aufhalten. Genau an diesen beiden Plätzen beobachtete und erlegte ich den Vogel am 21. April 1594 und 2. Mai 1897, ja ich glaube sogar aus dem Benehmen eines am 4. Mai 1897 durch längere Zeit an der Verbindungstelle zwischen dem Meere und der Lagune von Korissia beobachteten Paares schließen zu dürfen, daß dieses dort gebrütet hat. Weiters sah ich welche im Mai 1898 beim Sumpfe südlich der Hauptstadt von Zante sowie einige in den Salzgärten von Katastari auf dieser Insel. Während unseres Aufenthaltes auf den Strophaden gab es einige Paare nicht nur am Ufer, sondern ein Paar besuchte sogar täglich den inneren Hof des Monastirs. Es war ein reizender Anblick, die zierlichen Regenpfeifer auf den Steinfliesen Futter suchend hin- und her- eilen und aufgescheucht zwischen den massigen Klostermauern dahinhuschen zu sehen. Meine früheste Beobachtung von Aeg. euronicus fällt auf den 25. März 1897, als er am Strande östlich von Missolonghi zahlreich und meistens in Schwärmen erschienen war, und wo auch ein Stück für unsere Sammlung von Dr. Bakesch erlegt wurde. In der Umgebung von Athen ist sein gewöhnlichster Aufenthaltsort der Strand des Phaleron; von dort stammen die Belegstücke im Museum von Athen, ein solches unserer Sammlung und jedenfalls auch jene, welche nach dem Regensburger Korr.- Blatt, Jahrg. 1549 damals in die zoologische Vereinssammlung gelangten. In Thessalien trafen wir ihn in mehreren Paaren am Karlasee am 17. Mai 1894. Aus dessen Nähe, nämlich von Volo, rührt ein am 21. April 1896 von St. Strimme- neas geschossenes Weibchen her. Wahrscheinlich brüten am Karlasee ebenso einige Paare, wie dies am See von Muriä bei Pyrgos der Fall zu sein scheint, wo wir noch am 21. Mai 1898 einige aufscheuchten. Das Brüten des Flußregenpfeifers im Lande wurde überhaupt schon lange vermutet; so vom Grafen von der Mühle, von Linder- mayer, welcher hierfür gerade die nördlichen Teile Akarnaniens und Phthiotis annahm, und von Krüper, welcher mehrere Paare auf Naxos im Sande des Strandes und an den Salzseen traf und sagt, daß ein dort im Dunenkleide ergriffener Vogel nach der Beschreibung, die man ihm machte, nur dieser Art angehören könne. Eier wurden aber nie gesammelt und den einzigen unumstößlichen Beweis für das Brüten erbrachte Simpson dadurch, daß er auf einer Sandbank in Akarnanien, wo Aeg. curo- nicus von ihm nicht ungewöhnlich sowohl im Acheloos als Phidaris angetroffen wurde, Teile einer Eischale fand, die jedenfalls von diesem Vogel herrührte. 486 Ornis balcanica. Chr. L. Brehm stellte 1845 (Okens „Isis“ 1845, Heft V „Stiftungsfest“ usw.) nach einem Exemplare seiner Sammlung aus Griechenland einen Aegialitis gracilis auf. Dieser Vogel soll sich durch folgende Merkmale auszeichnen: „Ein schmaler, schwarzer oder braungrauer Ring umgibt den ganzen Hals, der Schnabel ist einfarbig dunkel, die 1. und 2. Steuerfeder ist weiß, jene mit einem schwarzen, diese mit einem großen und einem kleinen schwärzlichen Fleck.“ Zehn Jahre später heißt es dann im „Vogelfang“ über dieses Tier (S. 282): „Merklich schlanker als Aeg. minor, mit schmäleren und weißeren Schwung- und Steuer- federn; die der 2. Ordnung der ersteren haben mehr Weiß und die zwei äußersten der letzteren sind fast ganz weiß. In Griechenland.“ Ich bin leider nicht in der Lage zu entscheiden, ob eines der fünf aus Griechen- land mitgebrachten Stücke mit obigem Aeg. graeilis in Einklang zu bringen ist, denn ich fand, daß jene Kennzeichen bei jedem einzelnen Vogel verschieden, folglich durch- aus unbeständig sind. Aegialitis hiaticeula (L.) — Sandregenpfeifer. Unter seinen engeren Artgenossen ist er in Griechenland entschieden der seltenste, obwohl er bei seiner Vorliebe für Salzwasser genug passende Aufenthaltsorte finden könnte. Daß sich sein Verbreitungsgebiet bis hierher nach dem Süden erstreckt, lesen wir zuerst (1834) bei Naumann, später noch bei Baedeker, Brehm und Päßler; aber die ersten greifbaren Beobachtungsergebnisse erzielte Lindermayer, der den Sandregenpfeifer sowohl am Ufer des Festlandes wie auf Euböa, und zwar Mitte April in ziemlicher Anzahl nur während weniger Tage und dann auf dem Herbstzuge, aber dann länger verweilend, feststellte. Graf von der Mühle und Dr. Krüper sagen, daß er in Griechenland auch über- wintere, und Erhard behauptet dasselbe für die Kykladen; aber er wurde von dem Erstgenannten auch noch im Mai am Meerestrande geschossen. Dieser Monat ist es, in welchem überhaupt die meisten beobachtet und erlegt zu werden scheinen. Selbst am Phaleron erbeutete St. Strimmeneas ein Paar im Mai 1895 (Museum von Athen) und noch am 11. Juni 1894 überbrachte mir Santarius unweit von Naxia in den dortigen Dünen ein prachtvoll ausgefärbtes Männchen, wo es sich mit noch etwa vier anderen herumtrieb. Der Vogel hatte warzenförmige Auswüchse am rechten Tarsus; aber abgesehen davon glaube ich, daß weder er noch seine gleichzeitig an- wesenden Genossen dort gebrütet haben, sondern daß sie wie so manche Tringa-Art ungepaart den Sommer oder bloß den Frühling da zubrachten. Auf Korfu kommt der Sandregenpfeifer zahlreich Anfang Oktober an und ver- bleibt, wie Drummond berichtet, bis Ende Mai. Tatsächlich begegnete ich dort am 4. und 6. Mai 1597 an der Lagune von Korissia einem Paare und einem einzelnen Männchen, welches Santarius zur Beute fiel, sowie mehreren in den Salzgärten von Levkimo, obgleich er auch hier weit spärlicher sich zeigte als Aeg. alexandrinus. Auch hier bekam ich nach mehrfacher Bemühung ein Männchen zu Schuß. Ein Jahr später traf ich je ein einzelnes Stück auf Zante am Strande der Bucht gegen den Skopos zu und in den Salzgärten von Katastarı an der Ostküste am 8. und 10. Mai 1898. Außer den genannten Belegstücken kam ein solches vor Jahren aus Griechen- land in die Sammlung des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg (siehe III. Griechenland. 487 Schuch, Korr.-Blatt 1849, S. 7), ist aber inzwischen längst zugrunde gegangen. Schließ- lich wäre noch ein solehes aus Korfu zu erwähnen, welches, ein ad. 9, von Wilson Saunders erlegt mit der Koll. Seebohm an das British Museum gelangte. In Färbung und Größe unterscheiden sich die griechischen Vertreter dieser weit- verbreiteten Vogelart nicht von solehen aus dem nördlichen Europa. Eudromias geofroyi (Wagl.) — &roßer Mornellregenpfeifer. Herrn W. Schlüter, dem Inhaber des allbekannten Naturalienhauses, gebührt das Verdienst, diese auf europäischem Boden mit Sicherheit wahrscheinlich zum ersten Male festgestellte östliche Art unter einer kleinen Anzahl aus Athen erhaltener Bälge erkannt zu haben. Der Vogel, ein altes Weibchen, wurde am 23. Dezember 1900 von Herrn Merlin jun. bei Lamia geschossen und als Aegialitis hiaticula nach Halle a. S. über- sendet, von wo er durch die dankenswerte Aufmerksamkeit Herrn Schlüters an das hiesige Museum gelangte. Das vorliegende Stück trägt das vollständige Winterkleid und paßt nur insoferne nicht auf die im Cat. of Birds, vol. XXIV, p. 211 angegebene Diagnose, als bei ihm das lichtgraubraune, durchschnittlich 17 mm breite Brustband nirgends unterbrochen ist. Die Maße sind: Ganzenliän se Se ee emm Tarsus 1 Pla, a ey Pa mm IBlürelae A Dunuare he, Mas, 3.56 Schnabelee „ae Tran 2208 Schwanz u er 0 Dieser Fund beweist aufs neue, welch interessante Entdeckungen auf ornitho- logischem Gebiete bei sorgfältigem Sammeln gerade in den Küstenstrichen der süd- östlichen Balkanhalbinsel noch zu machen sind. Eudromias morinellus (L.) — Mornellresenpfeifer. Mit dem Mornell bin ich auf griechischem Boden nie zusammengetroffen. Er scheint dort überhaupt nicht oft beobachtet worden zu sein; wenigstens sagt Krüper, dessen Worte v. Heldreich dann ins Französische übertrug, daß er viel seltener als Charadrius plwvialis vorkommt. Über den Frühjahrszug besitzen wir fast gar keine Angaben; nur im Museum zu Athen befinden sich ein altes Weibchen und ein noch nicht einjähriger Vogel, welche am 15. und 17. März 1867 in der Umgebung der Hauptstadt erlegt wurden. Öfter werden Mornellregenpfeifer zur Jagdzeit im Herbste erbeutet. So erstand Graf von der Mühle Anfang Oktober 1836 sechs junge Vögel auf dem Markte, und ein junges Weibchen unserer Sammlung wurde um 23. Oktober 1895 vom jüngeren Bruder Merlins in den Türkenbergen bei Athen erlegt. Zu beiden Zugszeiten beobachtete den Mornell Jameson auf Kythera und Linder- mayer auf Euböa. Das von A. Brehm (im „Tierleben“) erwähnte Überwintern des Vogels in Grie- chenland ist zwar Tatsache, kommt aber sicherlich nicht so häufig vor, als dies vor langer Zeit Temminck und Gould für den griechischen Archipel angenommen hatten. Ein solches überwinterndes Stück, welches nach Krüper am 3. Jänner 1568 in Attika geschossen worden sein soll, habe ich im Athener Museum nicht vorgefunden; dagegen 488 Ornis balcanica. übersandte unserer Anstalt St. .Strimmeneas ein junges Weibchen, welches allein unter einer größeren Zahl von am 22. Dezember 1397 bei Nauplion erlegten Mornellen zum Konservieren tauglich war. Charadrius pluwvialis L. — Gboldregenpfeifer. Einerseits macht sich der Goldregenpfeifer im Gebiete während der Zugsperioden bemerkbar und andererseits, wenngleich in geringer Anzahl, kommen kleine Flüge oft mitten im Winter zur Beobachtung, wenn linde Witterung vorherrscht. Äcker, etwas nasse Baumwollpflanzungen und der Meeresstrand sind nach Graf von der Mühle dann seine Aufenthaltsorte und an den gleichen Plätzen begegnete ich dem stets beweglichen Vogel am 50. Jänner 1597 östlich von Missolonghi bei Känurion. Dort trieben sich kleine Flüge von ihm zwischen Staren und Kiebitzen herum, und im Spätherbst desselben Jahres erlegte für unsere Sammlung Herr Diamantis Soustas ein Exemplar. In derselben Gegend erschien dann der Goldregenpfeifer am Früh- jahrszuge am 25. März 1897; er gesellte sich damals den zahlreichen Aegialitis- und Totanus-Arten zu. Kapitän Sperling beobachtete ihn dort am 22. November 1862 um 11 Uhr nachts am Entenanstand in großer Menge ziehend und pfeifend. In kleinen Gesellschaften besucht er nach Drummond während der Winter- monate auch die Insel Korfu, und zwar, wie Lord Lilford treffend beifügt, am häufig- sten bei schlechtem Wetter. Im Dezember 1596 wurde nach Hauptmann Polatzek ein Ch. pluvialis daselbst aus einer Schar herausgeschossen. Auf Kephalonia trieben sich zwei augenscheinlich am Zuge befindliche Goldregen- pfeifer am 22. März 1897 an den Wassergräben unweit des Westrandes der Bucht von Argostoli herum, wovon ein Männchen uns zur Beute fiel. Betreffs der übrigen griechischen Inseln nennt ihn Erhard einen Durchzügler der Kykladen und Lindermayer stellte ihn für Euböa fest. Zeugnis für sein Auftreten auf dem Peloponnes gibt ein von Prof. Langhadis in der Umgebung von Tripolis am 21. Dezember 1596 erlestes Weibchen, welches sich jetzt hier befindet und durch deutliche Sperberung des unteren Teiles der Unterseite auftällt. B Wahrscheinlich am häufigsten gelangt der Goldregenpfeifer in Attika zur Beob- achtung. Da wurden in den Schneetagen des Februar 1874 viele erbeutete Vögel der Art auf den Markt von Athen gebracht, wie Krüper mitteilte, und endlich verdankt unsere Sammlung zwei Männchen den beiden unermüdlichen Jägern Herrn Merlin jun. und St. Strimmeneas, welche am 26. Dezember 1894 bei Marathon und am 27. No- vember 1395 am See von Kumunduros jene erbeutet hatten. St. Strimmeneas brachte auch außerdem am 27. November 1597 ein Stück in das Universitätsmuseum zu Athen, welches die Art bis dahin nicht besessen hatte. Charadrius squatarola (L.) — Kiebitzregenpfeifer. Aus Palmens eingehender Schilderung der Zugstraßen dieser Art aus dem äußer- sten Norden bis Ägypten und Kordofan ist bereits ersichtlich, inwieweit bei dieser Wanderung auch Griechenland berührt wird. Leider standen Palmen gerade über diesen Teil Europas nur wenige und ungenaue Angaben zur Verfügung. 1II. Griechenland. 489 Den Erfahrungen Lindermayers zufolge langt der Kiebitzregenpfeifer auf grie- chischem Boden im Herbst und Frühling, aber nur für wenige Tage und selten an und überwintert hier auch, jedoch in sehr geringer Anzahl. Daß sein Abzug Anfang März erfolge, ist entschieden unrichtig. Das Überwintern auf den Inseln des griechischen Archipels vermerkt (1834) auch Naumann; doch ist es mir völlig unbekannt, aus welcher Quelle er diese Nachricht schöpfte. Graf von der Mühle leugnet das Überwintern und sagt: „Im Frühjahre trifft man ihn häufiger als im Herbste, aber nicht an denselben Plätzen; denn während man ihn im Herbste meistens einzeln oder in Gesellschaft von Strandläufern am sandigen Meeres- strande antrifft, so zieht er im Frühjahre die übersumpften Wiesen vor, wo er sich familien- weise, zuweilen in kleinen Zügen von 20 zusammenschlägt.“ Er erhielt im Mai Exemplare, die unterseits bis auf einige weiße Federn beinahe vollständig ausgefärbt waren. Alle diese Ausführungen des Grafen von der Mühle decken sich mit meinen Er- fahrungen, und wenn auch, wie aus dem Folgenden ersichtlich ist, das Vorkommen im Winter außer Zweifel steht, so scheinen diese Vögel in der strengsten Jahreszeit doch sehr weit umherzustreifen, da man sie selbst auf ihren Lieblingsplätzen durchaus nicht alle Tage zu Gesicht bekommt. Auf der Insel Korfu beobachtete ihn Drummond gelegentlich im April und September, Lord Lilford dagegen im Jänner, Februar und März 1857. Einige der in letzterem Monate auf der Insel geschossenen Kiebitzregenpfeifer trugen das vollständig ausgefärbte Kleid wie am Brutplatze. Nie sah er ihn in großen Scharen, aber stets paarweise oder in kleinen Flügen von vier oder fünf Stücken. Am 4. Mai 1597 fand ich an der Lagune von Korissia an der Westküste von Korfu fünf Stück anwesend und am 6. Mai in den Salzgärten bei Levkimo an der Ost- küste vier zusammenhaltende und sechs einzelne Vögel dieser Art. Sie trugen zum größten Teile das unterseits schwarze Sommergefieder und reizten uns daher ganz außerordentlich zur Jagd. Leider waren sie, wie immer, auch hier äußerst vorsichtig und nach langanhaltender Verfolgung fiel nur ein Weibchen Santarius zur Beute, der seit jeher gerade bei Ch. squatarola besonderes Jagdglück hatte. Seltsamerweise war es eines der wenigen anwesenden Stücke im Winterkleide mit wohlgezählt acht schwarzen Federn auf der Unterseite. In der Umgebung von Missolonghi gibt es natürlich sehr viele Plätze, welche dem Kiebitzregenpfeifer zusagen. Dort holte Simpson am 15. Mai 1859 einen vorbei- ziehenden im Fluge herab, welcher sich noch im Winterkleide befand; der genannte Forscher fügt hinzu, daß diese Art dort im Mai und November beobachtet wird. Das stimmt nicht genau, denn ich habe am 30. Jänner 1397 in der Strandniederung östlich von Missolonghi einige genau unter anderen Zimicolae erkannt und am 1. Februar wurde ebenda auch ein Männchen unserer Sammlung von Santarius zustande gebracht. Weiters kamen in den Lagunen von Prokopanisto am 9. Februar 1897 mehrere und am 4. April ein einzelner, dann am 15. Februar 1897 bei Turlida drei, endlich an der Mornosmündung wieder ein einzelner am 28. März 1897 zur Beobachtung. Auch gelangte noch ein Paar als Bälge in unsere Anstalt, dessen Weibchen von Herrn Merlin jun. am 1. Dezember 1897, das Männchen im selben Monate von Herrn Diamantis Soustas zwischen Missolonghi und Aetolikon erlegt wurden. St. Strimmeneas schoß ein Männchen am 21. Dezember 1895 bei Volo (Thessa- lien) und als Beleg des Vorkommens auf dem Peloponnes dienen ein nach Dresser von Tristram bei Pylos (Navarin) und ein anderer von Langhadis 1393 gesammelter Vogel, welcher mir vorliegt und das eben sich entwickelnde Sommerkleid zeigt. 490 Ornis balcanica. Glareola pratincola (L.) — Brachschwalbe. Meine Beobachtungen dieses Vogels im Gebiete beschränken sich nahezu aus- schließlich auf Korfu, da ich den hauptsächlichen Aufenthaltsort von @. pratincola, nämlich die Umgebung von Missolonghi, noch vor ihrem Eintreffen verlassen mußte. Auch viele andere Autoren begnügen sich mit der einfachen Angabe des Vorkom- mens in Griechenland, auf dem Peloponnes und auf Euböa (Lindermayer); so: die Mit- glieder der Exped. seient. de Mor., Kayserling und Blasius, Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Degland, Rey und v. Heldreich. Genauere Angaben lieferten Lindermayer und Graf von der Mühle, nach welchen die Brachschwalbe Anfang oder Mitte April ankommt, nach einem Aufenthalte von einigen Wochen größtenteils weiter nach Norden wandert, während nur wenige Brutpaare im Gebiete zurückbleiben. Der Rückzug erfolge dann im September und sei erst Ende Oktober aus. Als überwinternden Vogel, und zwar auf den Kykladen bezeichnet sie (wohl fälschlich) bloß Erhard; aber er stellt sie auch in die Liste jener Arten, welche diese Inseln ausschließlich auf dem Herbstzuge berühren,!) wogegen sie Jameson auf Kythera nur im Frühling gesehen haben will. Genaueres erfahren wir, wie immer, durch Dr. Krüper: Attika, 1359, 26. April; 1574, 29. April (in Scharen); 1897, 19. April; in Megali vrysis bei Lamia, Thessalien 1902, 16. April. Dieser beobachtete die Art im Winter niemals und lernte keine anderen Brut- plätze kennen als die in Akarnanien in den Lagunen von Missolonghi und im Mündungs- gebiete des Acheloos- und Phidarisflusses. Hier brütet sie zusammen mit Seeschwalben. Krüper sowohl als Simpson sammelten am 29. April 1859 mehrere Gelege, von welchen fünf oder sechs Eier an das Universitätsmuseum in Athen gelangten, während der in Missolonghi ansässige Med.-Dr. Nieder schon 1853 mit solchen von Schrader sen. gesammelten das Museum des naturwissenschaftlichen Vereins in Regensburg versorgt hatte. Später, und zwar am 25. und 30. Mai 1873 sammelte an der gleichen Örtlich- keit Seebohm frische und bebrütete Eier sowie einige Brutvögel, von welchen zwei in das britische Museum gelangten. Nach all dem setzt also Krüper die Hauptbrutzeit mit Mitte Mai und dann den Abzug von den Nistorten im September an. Die Wande- rung, namentlich im Herbst, wird stets in großen Scharen angetreten, welche den griechischen Jägern dann erwünschte Gelegenheit zur Betätigung ihrer Schießlust bieten, da die Brachschwalben nach Graf von der Mühle (in Brehms „Tierleben“ wieder- holt!) im fetten Zustande nach dortigen Geschmacksbegriffen einen Leckerbissen abgeben. Über den Aufenthalt von @. pratincola auf Korfu, wo sie regelmäßig auf ihrer Wanderung zu Besuch erscheimt, melden Drummond und Lord Lilford, daß sie in sroßer Zahl etwa am 15. April ankommend, um Insekten zu fangen beständig über den Salzsümpfen hin- und herstreicht und dann in der ersten Maiwoche weiterzieht. Hier wie in anderen Teilen Griechenlands ist ihr volkstümlicher Name heute wie ehedem: „Pernice di mare“. Während meiner Anwesenheit auf Korfu sah ich zunächst vier Ende April 1597 dort geschossene Brachschwalben, beobachtete dann die erste am 2. Mai an der Mün- des Potamo, tagsdarauf ebenda vier Stück und offenbar dieselben vier Vögel in Gesell- schaft von Tringa und Totanus dort noch am 5. Mai. Sie waren derart scheu und !) Was auch Krüper am 10. September 1862 für Naxos bestätigen konnte. Ill. Griechenland. 491 Jagten pfeilschnell in solcher Entfernung über die Sumpflläche, daß ich keinen Schuß anbringen konnte. Dagegen erlegte Santarius am 6. Mai in den Salzgärten von Lev- kimo eine der wenigen damals gerade anwesenden Brachschwalben. Später begegnete ich dem in jeder Hinsicht reizenden Vogel nur noch einmal: am 22. Mai 1593; an diesem Tage erhoben sich zwei Paare vom Rande der Lagune von Agulinitsa bei Pyrgos. Vielleicht waren dies dort nistende Vögel. Unser Museum besitzt von den oben genannten Stellen vier hervorragend schöne Bälge. Möglicherweise brüten einige Paare auch in der Umgebung von Lamia, da dem Museum von St. Strimmeneas ein Männchen eingesendet wurde, welches er bei Megali vrysis am 30. Mai 1903 erlegt hatte. Arenaria interpres (L.), Strepsilas interpres L. — Steinwälzer. Entgegen der vielfach verbreiteten Ansicht schließe ich aus verschiedenen Neben- umständen, daß der Steinwälzer wenigstens auf dem Frühlingsdurchzuge, auf welchem ich ihm wiederholt begegnet bin, zu den alljährlichen regelmäßigen Erscheinungen an den griechischen Küsten gehört. Lindermayer traf ihn nur selten im Frühling nach den Äquinoktialstürmen, auf welche er stets so großes Gewicht wegen Beeinflussung des Vogelzuges legt, und im Herbst für wenige Tage in den Küstenstrichen. Ähnlich äußert sich auch Krüper und v. Heldreich zählt ihn gar unrichtigerweise zu den Wintergästen. Ungleich treffender ist die folgende Darstellung Graf von der Mühles: „Obwohl nicht zu den selten durchwandernden Vögeln gehörend, kommt er doch nur einzeln oder paarweise in den Monaten Mai, September und Oktober am sandigen Meeres- strande vor. Er ist nicht sehr scheu und wird nur durch den warnenden Ruf des Kiebitzregenpfeifers und anderer vorsichtig.“ Auf Korfu zieht der schöne Vogel nach Drummonds Beobachtungen hier und da im April durch, ist aber selten. Ich fand an der Lagune von Korissia am 4. Mai 1897 zwei anwesend, von welchen Santarius ein 0’ im noch unvollständigen Sommer- kleide erlangte. Am 6. Mai besuchten wir dann die venezianischen Salzgärten von Levkimo, wo sich damals sieben oder acht Steinwälzer im ausgefärbten Sommerkleide unter den Strandläufern herumtrieben. Da sie nicht übermäßig scheu waren, konnte ich zwei davon schießen und der Konservierung zuführen. Weiters wurde ein schönes Stück im Prachtkleide von Hauptmann Roth am 17. Mai 1895 am Rande der kleineren Strophadeninsel geschossen und ein anderes nicht minder schön gefärbtes fiel mir am 21. Mai 1898 an der Lagune von Muria bei Pyrgos, wo sich drei oder vier Stück aufhielten, zur Beute. Im Ägäischen Meere jagte ich geraume Zeit auf den kleinen Inseln Muiä und Psathura der nördlichen Sporaden am 29. Mai 1894 zuerst einen, dann zwei und zu- letzt fünf Stück umher, konnte aber keinen einzigen erlegen, da sie sich dort aus- nehmend unruhig und vorsichtig erwiesen. Die Vögel waren mit dem Fangen von Heuschrecken auf den kleinen Äckern beschäftigt. Endlich trafen wir am 9. März 1897 fünf offenbar schon auf dem Zuge begriffene A. interpres auf der Düne westlich vom Leuchtturme Sosti bei Missolonghi an. Diese saßen zuerst auf einem Haufen Tang am Strande, fußten aber, mehrmals aufgescheucht einzeln und wiederholt, Drosseln vergleichbar, auf den Rohrzäunen der Fischer. Von dort schoß dann Führer ein Stück im Winterkleide herab. 492 Ornis baleanica. Jedentalls zufälligerweise ‘sind alle fünf von Griechenland mitgebrachte Stein- wälzer Männchen. Im Museum der Universität Athen befindet sich ein von Schraders sen. Meister- hand aufgestelltes Paar im ausgefärbten Sommerkleide, dessen Weibchen am 5. Mai 1859 am Phaleron und das Männchen am 21. Mai 1561 bei Raphina in Attika zustande ge- bracht wurden. Haematopus ostrilegus L. — Austernfischer. Eine Zierde der griechischen Küsten, aber stets spärlich auftretend und nur zu den Zeiten des allgemeinen Durchzuges, selten im Sommer und niemals im Winter. v. Heldreich zählt ihn zu den Wintergästen, was durchaus unrichtig ist, und auch Landbeck (Homeyers „Orn. Briefe“, S. 127 u. 135) hegte dieselbe falsche An- sicht. Dieser behauptet nämlich, ein Stück aus Griechenland im Winterkleide in der Hand gehabt zu haben, und bemerkte dabei über den angeblichen Halsring folgen- des: „Die Wurzeln der Federn an dieser Stelle sind weiß, was sich jedoch nur bei gelüfteten Federn zeigt, die äußere sichtbare Hälfte ist schwarz wie die übrigen Federn, mehrere derselben haben aber wieder einen weißen Saum, wodurch an dieser Stelle ein weißer Anflug, aber kein deutlicher Fleck entsteht.“ Dieselbe Beobachtung kann man aber meiner Erfahrung nach auch an Austern- fischern machen, die nicht im Winter geschossen wurden. Auf meinen Reisen begegnete ich nur einmal, nämlich am 21. April 1394 auf Korfu, auf der Düne von Korissia einem einzelnen Vogel. Dieser war aber wie ge- wöhnlich so außerordentlich scheu, daß alle Mühe, einen erfolgreichen Schuß anzu- bringen, vergeblich blieb. Nach Drummond ist er hier auf den Jonischen Inseln überhaupt nicht sehr häufig. Ohne lange zu verweilen, erfolgt nach ihm die Ankunft dort gegen den 20. März. Da- gegen war der Austernfischer auf Korfu in den Jahren der Anwesenheit Lord Lilfords häufig und verblieb für emige Wochen im März und April auf der Insel. Von St. Maura (Levkas) liegen mir zwei Stücke vor, welche im Frühling 1894 dort durch Korakianitis erbeutet wurden. Im Osten scheint er nach Krüpers Mitteilung noch seltener vorzukommen. Auf den Kykladen ist er Erhard zufolge ein Durchzügler, und von Euböa, wo mehrere im Frühling erlegt wurden, erhielt ein Exemplar Graf von der Mühle. Lindermayer, dessen Beobachtungen sich jedenfalls auf Attika beziehen, fand ihn ziemlich selten und kurze Zeit verweilend Mitte April, einmal, 1552 schon Ende März auf dem Markte und dann wieder Mitte August. Er betont ausdrücklich das Nichtbrüten im Lande. Museumsstücke aus Griechenland befinden sich in Oldenburg und in Athen; letzteres, ein junges Weibchen, wurde am 25. August eingeliefert, während unsere An- stalt ein Paar schöner, alter Austernfischer dem Sammeleifer St. Strimmeneas ver- dankt. Das Männchen wurde am Phaleron am 3. Juni 1895 geschossen. Uygnus ceygnus (L.). Cygnus musicus Bechst. — Singsehwan. Die Bemerkungen Lindermayers und Graf von der Mühles, daß der Sing- schwan als Standvogel auf verschiedenen Sumpfseen Griechenlands brüte, beruhen natürlich, wie Tobias (Görlitzer Gesellschaft 1544, S. 60) vermutete und Krüper be- stätigte, auf Verwechslung mit dem Höckerschwan. III. Griechenland. 493 Aus diesem Grunde dürften wohl auch die Angaben der Genannten über das Er- scheinen kleiner Flüge im Winter an verschiedenen Örtlichkeiten des Landes (auch auf Euböa) berechtigtem Mißtrauen begegnen, da ihnen die Unterscheidungsmerkmale beider Schwäne offenbar nicht bekannt geworden sind. Jedenfalls ist das Erscheinen von €. eygnus, im Gegensatze zur Ansicht v. Held- reichs, ein seltenes, und zwar nach Lord Lilford bereits im Jonischen Meere, wo Drummond von nur einem einzigen Falle des Erlegens auf Kephalonia zu berichten weiß. Das einzige vorhandene Belegstück ist ein altes Männchen, geschossen im Winter 1861 an der griechischen Ostküste, und befindet sich im Universitätsmuseum zu Athen. Ob es einst möglich sein wird, die Meinung Naumanns zu erhärten, daß dieser Schwan die Zugrichtung vom Schwarzen Meere nach Griechenland einhält, ist sehr zweifelhaft; dagegen verdient die Beobachtung Erhards volle Beachtung, daß der Singschwan im spätesten Herbst regelmäßig in kleinen Trupps von 3—8 Stücken über die Kykladen zieht, aber nur selten auf der einen oder anderen Insel einfällt; es han- delt sich hier offenbar um Wanderer nach Ägypten. Cygnus olor (Gm.) — Höckerschwan. In den letzten Jahrzehnten ist über diesen ehemaligen Brutvogel des Gebietes gar nichts mehr zu berichten. Es wurde, soweit meine Erkundigungen reichen, weder ein Stück beobachtet noch geschossen. Die letzten erbeuteten Höckerschwäne befinden sich im Museum der Universität in Athen. Es sind dies ein altes Männchen und ein junges Weibchen, vom 22. Dezem- ber 1365, beide von der Küste Attikas. Zu den Zeiten Lindermayers und des Grafen von der Mühle war der Höcker- schwan noch Stand- und Brutvogel in nicht geringer Zahl am Kopais-, Likeri- und Paralimnisee, ferner auf jenen Euböas (Dystos) und in den Sümpfen der Thermopylen, wahrscheinlich auch in Akarnanien (Vrachori?); doch haben die Genannten diese Art stets mit Uygnus eygnus verwechselt. Dies stellte Krüper 1874 mit folgenden Worten richtig: „Wenn Schwäne sich auf dem Kopais- und anderen Seen fortpflanzen, woran wohl nicht zu zweifeln ist, so ist es wohl nur der stumme Schwan, der auf den Seen des mittleren Europas brütet, während der Singschwan nur im höchsten Norden sich fortpflanzt.“ Th. v. Heldreich übersetzte diese Richtigstellung einfach ins Französische; da- gegen ist es falsch, wenn Seebohm ©. olor einen Sommerbesucher des Gebietes nennt. Für den Westen von Griechenland besitzen wir nur eine einzige verläßliche Nach- richt, wenn man, wie wohl zu rechtfertigen ist, den C. immutabilis des Lord Lilford auf C. olor bezieht. Nach diesem Autor wurden nämlich auf oder bei Korfu, wo der Höckerschwan in strengen Wintern nicht selten gewesen sein soll, im Jänner 1858 mehrere geschossen. Anser anser (L.), Anser einereus Meyer. — Graugans. Die Frage, ob die Graugans in Griechenland im Winter zu den häufigeren oder selteneren Erscheinungen gehört, wird verschieden beantwortet. Ich halte das letztere für richtiger, da im letzten Jahrzehnt nur ganz einzelne Stücke bemerkt wurden. v. Heldreich dagegen bezeichnet sie als sehr häufig, Krüper als „nicht selten“ und bereits Landerer zählte sie unter dem jagdbaren Wilde des Landes auf. 494 Ornis balcanica. Nach Graf von der Mühle fallen im Winter Scharen von ihr auf bebauten Niede- rungen von Euböa und Phtiotis ein, und nach Fiedler pflegt sie am Zuge für kurze Zeit im Sumpfe am Phaleron zu verweilen, was heute natürlich nicht mehr vorkommt. Bei zwei anderen Beobachtungen Fiedlers (Kopaissee und Skiathos) bleibt es zweifel- haft, ob es sich um diese Art handelt. Ich selbst habe zu später Jahreszeit, nämlich am 21. Mai 1898, sechs deutlich er- kannte Stücke über dem Meere, parallel zur Lagune Muriä bei Pyrgos, von Südost nach Nordwest ziehen gesehen. Lindermayer macht das Erscheinen dieser Gans ausschließlich von dem Ein- tritt strengen Winterwetters abhängig, was im allgemeinen wohl richtig sein dürfte. Seinen handschriftlichen Mitteilungen zufolge kam sie öfters schon Ende November an und war besonders häufig im Jahre 1549, als es in Mitteleuropa sehr kalt, in Griechen- land sehr regnerisch war. Von den übrigen Beobachtungen verdienen die meiste Aufmerksamkeit jene des berühmten Lords Lilford, welcher im Februar 1858 viele Graugänse an der West- küste von Akarnanien, um Petalä und in den Niederungen am Acheloos fand und in der Zeit vom 5. bis 8. Februar in diesen Gegenden drei Stücke erlegte. Sonst ist sie in den übrigen jonischen Gewässern und auf Korfu nach Drum- mond sehr selten. Im Winter 1341/42 wurden dort nur drei Stücke gesehen. Jameson beobachtete sie auf Kythera im Winter und Frühling, Erhard in den Kykladengewässern zur Zeit des allgemeinen Durchzuges. In Sammlungen kenne ich zwei griechische Vertreter: Im Museum der Universität Athen steht eines im Alterskleide, geschossen jedenfalls in Attika am 28. Jänner 1364, und ein mittelaltes Weibchen verdankt unser Museum St. Strimmeneas, welcher es am 17. Jänner 1903, einer Zeit ganz außerordentlicher Kälte in ganz Europa, in Megali vrysis bei Lamia erbeutete. Anser erythropus (L.) (= minutus Naum.) — Zwerggans. Die einzigen, unzweifelhaften Belegstücke für Griechenland und damit für die Balkanhalbinsel überhaupt lieferte St. Strimmeneas. Dieser erlegte am 25. Dezember 1902 ein Männchen und zwei Tage später ein Weibchen in Megali vrysis bei Lamia und sandte die Bälge an unser Museum. Flügellänge: ©’ 364 mm, & 372 mm. Es herrschte damals in ganz Mittel- und Nordeuropa eine sehr ungewöhnliche Kälte. Graf von der Mühle will einst in Griechenland (der Ort ist nicht genannt, doch dürfte nach mündlicher Besprechung mit Dr. Krüper wahrscheinlich die Gegend des Kopaissees gemeint sein) ein altes Weibchen im Juni geschossen haben und glaubt daraufhin sogar an ein Brüten dieser nordischen Gans im Lande. Naumann („Naumannia“ I, 2, 20) hielt dies nicht für unmöglich, indem er die Annahme ausspricht, daß diese in Griechenland brütenden Gänse von ihrer asiatischen Heimat her sich dort festgesetzt hätten. Lindermayer meint, „andere Beobachter“ hätten sie mehrmals auf dem Markte von Athen gesehen. Selbst die diesbezügliche Angabe von Krüper (Cab. Journ. f. Orn. 1862, S. 317) beruht wahrscheinlich ebenso auf .einer Verwechslung mit Anser albifrons wie in dessen Marktberichten in den „Griechischen Jahreszeiten“; denn im Athener Museum fand ich kein Exemplar. Den Worten v. Heldreichs, daß sie zu den häufigsten Wintergästen gehöre, ist wohl kaum eine Bedeutung beizulegen; und wenn schließlich III. Griechenland. 495 Landerer die Zwerggans ein vorzügliches Jagdobjekt der Griechen nennt, so bezieht sich dies wohl sicher mehr auf die häufigere Bläßgans. Anser albifrons (Scop.) — Weißstirnige Gans. Seltsamerweise besucht gerade diese Art von allen Wildgänsen am häufigsten zur Winterszeit die griechischen Gewässer, und zwar, wie schon Graf von der Mühle an- gibt, ebensowohl die großen Sümpfe und deren Umgebung, als auch die hohe See. Jedoch scheint sie nach Krüper nur in strengeren Wintern zu erscheinen. So ließ sich z. B. von Jänner bis Ende März 1897 in den Lagunen von Missolonghi und den Gewässern an der Küste von Akarnanien nordwärts nicht eine einzige blicken, da der Winter wirklich sehr milde war. Lindermayer gibt sie jährlich in geringerer Anzahl für Februar und März, namentlich auch für die Gewässer von Euböa an; Lord Lilford dagegen bezeichnet sie als im Winter gemein auf dem griechischen Festlande. Der Genannte hatte das Glück, vom 5. bis 8. Februar 1858 bei der Insel Petalä und an den flachen Ufern nahe der Acheloosmündung sechs Stücke zu erlegen. Im Museum zu Athen befindet sich ein gut erhaltenes Paar, erlegt und präpariert von G. Guieeiardi am 2. Februar 1859. Als ein weiteres Erlegungsdatum vermerkt Krüper den 28. Jänner 1864 in Attika. Dem hiesigen Museum wurden ebenfalls vier Stücke eingesendet, und zwar: ein Weibchen im Kleide des ersten Winters, geschossen am 1. Februar 1896 am Karlasee in Thessalien, ein Paar alte Vögel mit vielen schwarzen Flecken auf der Brust und 1:5 em breitem weißen Stirnsaume, erlegt in der ersten Hälfte Februar 1395 und am 25. Dezember 1900 in den Lagunen von Missolonghi, und endlich ein jüngeres Männchen von Megali vrysis bei Lamia. Dieses sowie ein Paar alter Bläßgänse erlegte St. Strim- meneas in der Zeit von Mitte Dezember 1902 bis Mitte Jänner 1905. Damals hatten sich überhaupt außergewöhnlich viele Wildgänse in den südlichen Gewässern der Balkanhalbinsel eingestellt. Schließlich sah Baron Schilling am 21. Dezember 1898, einem sehr kalten Tage, einen Schwarm von etwa 50 Stück nach vorgegangenen Flugspielen in die Bucht von Aetolikon einfallen. Aus alledem geht also hervor, daß v. Heldreich Unrecht hat, die Bläßgans als „sehr selten“ zu bezeichnen, und daß sie zu ganz bestimmter Zeit (Ende Jänner oder Anfang Februar), höchstwahrscheinlich aus Nordosten kommend, Griechenland aufsucht. Tadorna tadorna (L.), Tadorna cornuta Gm. — Brandente. Für die Jonischen Inseln im allgemeinen und für Korfu und Kythera im beson- deren geben das Vorkommen der Brandente die Engländer Drummond und Jame- son an, und zwar jener mit dem Vermerk: „sehr gemein“, dieser für die Zeit von Winter bis einschließlich Sommer, wobei also wohl auch an ein Brüten zu denken wäre. Die Angaben beider dürften aber wohl nur zum Teile richtig sein. Ganz zutreffend bemerkt Graf von der Mühle, daß sie im Winter in kleinen Scharen in den Lagunen und selbst auf der hohen See erscheint, sich immer abgeson- dert von den anderen Enten hält und äußerst scheu und vorsichtig ist. Ein einziges Mal erhielt er einen alten Erpel, sonst sah er nur jüngere Vögel. 496 Ornis balcanica. Während Lindermayer zuerst richtig angibt, daß sie im Winter in den Lagunen von Missolonghi und in den Sümpfen von Argos, dann bei Euböa vorkommt, wenn- gleich immer als seltener Gast, macht er später (1859) den unrichtigen Zusatz, er habe sie nie im Winter, sondern nur in den ersten Frühlingstagen beobachtet und sie käme auf den Inseln nicht vor. Ein Stück wurde (laut des II. Jahresberichtes 1858) von ihm dem naturhistorischen Vereine in Passau geschenkt. Von Landerer wird sie als besonders beliebtes Jagdwild der Griechen bezeichnet. Krüper sagt, daß sie nur einzeln im Gebiete erscheint, was auch v. Heldreich mit den Worten wiederholt: „Nur in kleiner Zahl unter anderen Enten oder zufällig.“ Gegenwärtig befindet sich im Museum zu Athen nur ein wohlerhaltenes Brand- entenpaar, geschossen am 8. April 1858, und in Sarajevo ein alter, schön ausgefärbter Erpel, erbeutet von einem griechischen Jäger im Frühling 1394 in den Gewässern bei Levkas (St. Maura), sowie ein Paar jüngerer Vögel, welche ich auf dem Markte von Missolonghi am 13. Februar 1897 kaufte und welche ganz aus der Nähe dieser Stadt eingebracht waren. Schon am 8. Februar gab es auf dem dortigen Markte mehrere Brandenten, allein zu meinem großen Ärger waren sie der dortigen Sitte gemäß durch- wegs auf der Brust zur Hälfte kahl gerupft, um ihre Wohlbeleibtheit und schöne gelb- liehweiße Haut den lüsternen Blicken der Käufer zu zeigen. Zuerst konnten wir einzelne Brandenten sowie auch Flüge von vier bis sechs solcher Enten am 9. Februar während der Fahrt durch die Lagunen nach Skropha beobachten, dann wieder am 15. eine größere Schar zusammen mit Pfeifenten bei Tur- lida, weiters am 22. außerhalb der Lagune auf hoher See gegen Skropha zu, in der Nähe von einzelnen Mittelsägern und zuletzt noch am 25. März zwei Schwärme am öst- lichen Ende der Lagune gegen die Phidarismündung zu. Zu beobachten waren diese großen, grell gefärbten Enten freilich sehr leicht, auf sie zu Schuß zu kommen jedoch für uns wegen ihrer großen Vorsicht ein Ding der Unmöglichkeit. Auch die einheimi- schen Jäger versicherten uns, daß sie die „Huhnente“, wie die Brandente dort allge- mein!) heißt, fast regelmäßig nur zur Nachtzeit vors Rohr bekommen können. Das Brüten der Brandente an den griechischen Küsten halte ich, wenigstens heutzutage, für kaum möglich. Tadorna casarca (L.) — Rostente. Im mittleren und südlichen Griechenland ist sie eine sehr seltene Erscheinung und allem Anscheine nach im Westen noch vereinzelter als im Osten. Baedeker, Chr. L. Brehm und Päßler, Degland und Gerbe, Fritsch, Dubois, Alfr. Brehm und v. Heldreich bezeichnen sie für das Gebiet teils als einen mehr oder minder seltenen, teils sogar regelmäßigen Durchzugsvogel, während Erhard sie wohl fälschlich als im Gebiete der Kykladen überwinternd annimmt. Lindermayer gibt sie 1843 als einzelnes Vorkommnis für die Lagunen von Missolonghi, Gastuni (bei Pyrgos), die Vrachoriseen und Astros an, erwähnt sie 1555 für Euböa und sagt 1859, daß sie auf den Inseln nicht vorkommt. Graf von der Mühle beobachtete die Rostente paarweise im März im Salzwasser, nachdem die anderen Enten schon größtenteils verschwunden waren, lernte ebenfalls, !) Vielleicht wegen ihrer hühnerähnlichen Haut. IIl. Griechenland. 497 wie jeder, der mit ihr zu tun hatte, ihre große Vorsicht und Klugheit kennen und er- hielt bloß ein zu Markt gebrachtes Stück. Durch Lord Lilford erfahren wir, daß diese Ente in den Gewässern der Joni- schen Inseln sehr selten ist. Während seines dortigen Aufenthaltes erhielt er von einem Präparator ein am 17. April 1857 bei Potamö auf Korfu erlegtes prachtvolles Stick und zur selben Zeit wurde ein zweites bei Sta. Maura (Levkas) geschossen. Im Museum von Athen befindet sich ein d’ von Dr. Lindermayer am 26. Jän- ner 1858 und ein 9 von Guiceiardi am 23. Dezember 1853 erlegt, beide an der Küste von Attika. Krüper erwähnt noch eines dritten, am 19. Februar 1867 am Phaleron geschossenen alten Erpels. Vielleicht ist dies dasselbe Tier, welches Konsul C. L. W. Merlin dem British Museum spendete. Mir war es vergönnt, die prachtvolle Ente als Brutvogel des Karlasees in Thessa- lien feststellen zu können. Hier traf ich mehrere Paare am 17. Mai 1894 nahe dem Südrande des Sees und fand andere mit ihren Jungen im Dunenkleide am folgenden Tage westlich von Kanalia am Nordrande. Damals reichte das Wasser des Sees bis an den Fuß kleiner Felspartien, in denen offenbar die Entlein ausgebrütet worden waren; denn wir scheuchten die Alten paarweise von den Felszacken fort und stießen bald darauf auf die kleinen Enten, welche bereits die Größe einer Kriekente hatten, ganz vorzüglich tauchten und beim Schwimmen nur das Köpfchen sehen ließen. Da die Jungen dieser Entenart mehr als alle anderen das offene Wasser aufzusuchen pflegen, war es Knotek vom Boote aus möglich, eines zu erlegen, bevor es das schützende Schilfdickicht erreicht hatte. Unter kläglichem Geschrei umkreisten uns fortwährend die beiden alten Enten, hielten sich aber haargenau außer Schußweite, so daß es unmöglich war, eine davon zu erlangen. Das haarartige Dunenkleid ist längst beschrieben und bekannt. Ein prachtvolles Männchen, welches sich jetzt hier in unserer Sammlung befindet, erlegte St. Strimmeneas am 5. März 1896 ebenfalls am Karlasee. Anas erecca L. — Krickente. Den riesigen Entenschwärmen, welche den Winter in Griechenland zubringen, fehlt natürlich auch die Kriekente nicht. Nach des Grafen von der Mühle Beobachtung sondert sie sich zwar mehr als die anderen Arten von den großen Schwärmen ab und bildet kleine Flüge für sich, doch versicherten mir erfahrene Jäger in Missolonghi, daß sie zuweilen in der Nacht diese Ente mitten aus einer Schar Stock- oder Pfeifenten herausgeschossen hätten. So besonders zahlreich, wie Simpson dies angibt, ist sie jedoch in den Lagunen von Missolonghi wenigstens heutzutage nicht mehr. Es wurde uns bloß am 2. Februar 1597 ein schöner Erpel gebracht und am 21. Februar sah ich zwei Stücke auf dem Markte. Unweit von dort, bei Petalä und an der Acheloosmündung erlegte auch Lord Lilford vom 5. bis 5. Februar 1853 acht Kriekenten. In der Umgebung von Korfu ist sie laut Drummond nicht so häufig wie Anas quergquedula. Auf dem dortigen Markte sah Baron Schilling am 22. November 1898 sechs Stücke; doch ist es sehr leicht möglich, daß diese vom gegenüberliegenden albanesischen Festlande herrührten. Die Angabe Jamesons, daß die Kriekente bei Kythera das ganze Jahr mit Aus- nahme des Herbstes zubringen soll, ist kaum glaubwürdig. Das Überwintern in den Gewässern der Kykladen meldet Erhard. Reiser, Ornis balcaniea. III. 32 498 Ornis balcanica. Bei Lindermayer findet sich die Angabe, daß die Krickente im März und April die Gewässer der Nordprovinzen von Griechenland bewohne, wo dann auch in den nördlichen Sümpfen einzelne Paare brüten sollen. Dies halte ich für unrichtig und führe zur Entkräftung die Worte Dr. Krüpers hier an: „Die Krickente kommt mit den übrigen nordischen Enten zugleich in ziem- licher Anzahl vor und verläßt beim Beginne des Frühlings die hiesigen Gewässer; daß einige Paare hier brüten sollen, ist noch nicht bewiesen und auch nicht anzu- nehmen.“ Im Museum zu Athen befinden sich zwei Erpel von der attischen Küste, erlegt am 15. Jänner 1860 und 23. Jänner 1869, und unsere Anstalt besitzt außer dem oben erwähnten Stück von Missolonghi noch einen zweiten Erpel aus dortiger Gegend vom 12. Dezember 1898 und ein altes Weibehen, welches Chr. Leonis am 15. Jänner 1895 am See von Kumunduros (Attika) erbeutete. Anas querquedula L. — Knäkente. Sie gehört zu den wenigen Entenarten, von welchen man sozusagen als sicher annehmen darf, daß einige Paare auf griechischem Boden zur Fortpflanzung schreiten, obgleich bisher noch keine Beweise hierfür erbracht werden konnten. Als Brutorte werden genannt: die Sümpfe der Thermopylen vom Grafen von der Mühle, welcher übrigens kleine Flüge dieser wenig scheuen Ente, die nicht brüteten, an sandigen, seichten Strandstellen den ganzen Sommer über antraf, dann der Kopais- see und Euböa von Lindermayer, endlich Korfu von Drummond und Lord Lilford. Nach denselben ist sie hier!) außerordentlich häufig von Ende Februar bis April, während zum Brüten nur wenige Paare zurückbleiben. Tatsächlich fand ich am 3. Mai 1597 in einem kleinen, dicht verwachsenen Binnensee nördlich von Govino ein zusammen- haltendes Paar, welches dort allem Anscheine nach sich am Nistplatze befand. Nach Simpson brütet sie möglicherweise auch in Akarnanien, was wohl an den Süßwasserseen im Inneren der Fall sein dürfte. Obwohl das Überwintern außer Frage steht (Krüper unter anderem für das Fest- land und Erhard für die Kykladen), wird doch von Lindermayer sehr richtig be- merkt, daß gerade A. querquedula erst von Ende März bis Mai ungemein häufig auf- tritt. Dasselbe zeigen auch meine Aufzeichnungen für die Umgebung von Missolonghi. Am 9. Februar 1897 sahen wir zum ersten Male einzelne in den Lagunen zwischen Missolonghi und Kap Skropha unter einer Riesenmenge anderer Enten; am 12. Februar schon einen Flug am Unterlaufe des Phidaris; am 8. März begannen die männlichen Knäkenten am Gelände nahe des Strandes östlich von Missolonghi bereits ihren be- kannten Frühjahrsruf hören zu lassen und am 25. März hatte sich am gleichen Platze ihre Zahl sicher verzehnfacht. Manchmal verzögert sie sich auch auf dem Zuge. Einem solchen Schwarm noch nicht gepaarter Enten begegnete ich am 18. Mai 1894 am Karlasee in Thessalien. Das Paar unseres Museums wurde von St. Strimmeneas im März und am 21. April 1595 am Phaleron gesammelt, während die drei Stücke des Museums zu Athen vom Februar und März 1859 herrühren. Es zeigt sich also auch in Griechenland die merkwürdige Tatsache, daß A. quer- quedula so wie auf der ganzen Balkanhalbinsel auf dem Frühjahrszuge eine überall !) Jameson zufolge im Winter und Frühling auch auf Kythera. III. Griechenland. 499 bekannte, häufige Erscheinung ist, daß aber kein Mensch weiß, wann der Herbstzug dieser Ente vor sich geht und wohin er sich bewegt. Anas acuta L. — Spießente. Meine Wahrnehmungen über ihre Häufigkeit während des Winters in Griechen- land stehen in schroffem Widerspruche mit der Angabe Graf von der Mühles, daß sie dort eine der seltensten Enten sei, von der er bloß zwei Männchen, häufiger aber Weibchen habe erlangen können, und auch mit jener von Lindermayer, der sie unter den übrigen Enten nur einzeln überwinternd!) und nie in Scharen beobachtete. Be- sonders auffallend ist es mir, daß auch Simpson sie in den Lagunengewässern Akar- naniens als selten bezeichnet, während ich die Spießente gerade dort so außerordent- lieh zahlreich beobachtet habe, und zwar vom 28. Jänner bis in den März hinein. In dieser Zeit gelangte auch eine riesige Menge von ihnen auf die Märkte in Aectolikon, Missolonghi und Patras, so daß ich dort ein tüchtiges Büschel der verlängerten Schwanz- federn der Erpel, auf welche der Grieche nicht den geringsten Wert legt, auszupfen konnte. Die Spießenten hielten sich am liebsten am Rande der Lagune bei Missolonghi auf; bei Tholi (gegen Kap Skropha zu) gab es gewaltige Massen von ihr; dann bei Petalä und gegen die Acheloosmündung zu, wo diese Ente von Lord Lilford am 6. Februar 1858 geschossen wurde, sah ich mehrmals ganze Flüge ziehen und zuletzt im März ließen sich Scharen beim Leuchtturm Sosti und im Golf von Prokopanisto, gegen Neochori zu, nieder. Bei Korfu fand sie Drummond zeitweilig sehr gemein. Auf Kephalonia sah ich am 21. März 1897 einen Jäger, welcher in dem Sumpfe am Nordende der Bucht von Argostoli des Morgens acht Stücke erlegt hatte. Auf den Kykladen wird sie von Erhard als Durchzügler betrachtet. v. Held- reich zählt sie zu den häufigsten Enten während der Wintermonate und Krüper sagt, daß sie bis April in Griechenland bleibt und dann nordwärts zieht. Im Museum zu Athen befinden sich drei Spießenten, welche an der attischen Küste, und zwar am 15. und 20. März 1859 und am 16. Jänner 1862 erbeutet wurden. Bei dem von mir von Missolonghi mitgebrachten Paare zeigt das Weibchen die bekannte, vielen Enten eigentümliche, akzessorische Rostfärbung der Unterseite. Anas penelope L. — Pfeifente. Meine Wahrnehmungen über diese schöne Ente bestätigen die Angaben derjenigen Forscher, welche sie unter den in Griechenland überwinternden Schwimmvögeln zu- sammen mit der Stockente bezüglich ihrer großen Anzahl an die Spitze stellen. Dies tun: Drummond für Korfu, Graf von der Mühle, v. Heldreich und, nachdem Lindermayer seine ersten, unrichtigen Angaben verbessert hatte, auch dieser für das Festland im allgemeinen, und zwar für die Zeit von Ende November bis Ende März, endlich Simpson für die Lagunen bei Missolonghi im besonderen. Die Gewässer von Kythera beleben Scharen von Pfeifenten nach Jameson im Winter und Frühling, ebenso jene der Kykladen (Erhard) und von Euböa (Lindermayer). 1) Auch auf Euböa. © S 500 Ornis balcanica. Es mag wohl richtig sein, daß umso mehr dahingelangen, je kälter der Winter im Norden ist. In den ersten Monaten des Jahres 1397 konnte ich wiederholt die großen Scharen dieser Ente beobachten, welche im Meere und den Lagunenteilen Aufenthalt genommen hatten. Daher ist die Pfeifente für Griechenland kein Zugvogel, wie Naumann (1842) angab. Zuerst bekam ich viele Hunderte am 20. Jänner an der Westküste von Korfu zu sehen, welche sich in guter Büchsenschußweite vom Strande entfernt, von den Wogen schaukeln ließen. Ab und zu trennte sich ein Flug von ihnen und fiel dann mitten in der Lagune von Korissia ein. Später traf ich in den letzten Jännertagen buchstäblich Tausende im Golf von Prokopanisto wie in den östlich von Missolonghi gelegenen Lagunenteilen und auch auf offener See. Der am 9. Februar in den westlichen Lagunen bis Tholi unternommene Ausflug belehrte mich weiters, daß auch diese Gewässer von unzähligen Pfeifenten, mindestens ebensoviele als Stockenten, bedeckt waren. Auch unweit der Landungsstelle Turlida trieb sich am 15. Februar eine große Schar herum. Es ist dies jene Gegend, wo der sächsische Bergmann Fiedler am 14. November 1836 tausende beobachtete. Aber auch längs der ganzen Westküste gab es zur Zeit meiner Anwesenheit diese Enten in Hülle und Fülle, besonders bei Petalä, wo Lord Lilford am 5. und 7. Februar 1355 sieben Stücke erbeutet hatte. Später verringerte sich ihre Anzahl; aber auch noch am 4. April begegnete Santarius einer großen Schar, aus welcher deutlich der Frühlingspfiff der Erpel zu vernehmen war. Die Stücke unserer Sammlung stammen von Missolonghi, dem Peloponnes und von Attika (Raphina), jene des Museums in Athen ebenfalls von der attischen Küste. Graf von der Mühle hebt die Güte ihres Wildbrets hervor; sie wird daher auch nach Krüper häufig erlegt und zu Markte gebracht. Anas strepera L. — Mittelente. Sie gehört zu den selteneren Enten Griechenlands, wie dies bereits Graf von der Mühle für den Peloponnes und Drummond für Korfu und die Jonischen Inseln aus- drücklich betont haben. In den Gewässern von Akarnanien haben sie weder Simpson noch ich selbst jemals vorgefunden, aber von Lord Lilford wurden zwei Stücke am 6. Februar 1853 an der Acheloosmündung geschossen. Nach Lindermayer kommt die Mittelente bei Euböa vor, verläßt Griechenland noch vor den Aequinoktialstürmen, erscheint aber einzeln während des ganzen Winters, was auch Krüper (bei Mommsen) bestätigt. Keinesfalls ist es aber richtig, wenn sie v. Heldreich den sehr häufigen Enten- arten beizählt. Das Museum von Athen besitzt einen wahrscheinlich aus Attika stammenden Erpel mit dem Datum vom 17. Februar 1859. Schließlich ist es mir möglich, einen neuen Fundort dieser Ente hier anzufügen. Am 17. Mai 1894 flügelte nämlich Freund Knotek am äußersten Ostende des Karla- sees in Thessalien unweit von Kanalia den Erpel eines Paares von A. strepera. In Ermanglung eines Hundes verfolgte ich die fortwährend tauchende und über den Spiegel des zum Glücke weithin seichten Sees dahinzappelnde Ente wohl eine Viertel- III. Griechenland. 501 stunde weit, bis ihr die Kräfte ausgingen und sie lebend meine Beute wurde. Es ist ein jüngeres Tier mit hervorsprossendem Sommergefieder. Da wir aber auch am folgen- den Tage am Karlasee ziemlich viele paarweise beobachteten, so muß man wohl an- nehmen, daß die Mittelente hier Brutvogel ist. Anas boscas L. — Stockente. Wie in anderen europäischen Ländern ist auch in Griechenland die Stockente die verbreitetste und häufigste Wildentenart, und zwar sowohl auf Süß- wie Salzwasser. Dies geht deutlich aus den nachfolgenden Beobachtungen hervor. Auf Korfu, wo sie nach Drummond sehr häufig ist, scheuchte ich am 17. April 1394 aus dem Röhricht im Valle di Ropa mehrere auf und sogar Kythera besucht sie Jameson zufolge im Winter und Frühling. In den Gewässern der Kykladen (Erhard) überwintert sie ebensowohl wie in jenen Euböas (Lindermayer). Obwohl die Stockente auf dem griechischen Festlande zu jeder Jahreszeit gefun- den werden kann, ist sie hier doch, wie wir von Lindermayer und Sperling erfahren, namentlich von Anfang November bis Ende März die häufigste aller Enten, wie man dies schon den in Athen und Patras zu Markte gebrachten entnehmen kann. Jedenfalls bildete sie zur Zeit meiner Anwesenheit in Missolonghi in den dortigen Lagunen im Februar 1897 die Hauptmasse der zu vielen Tausenden angesammelten Entenscharen und ich pflichte gerne der Ansicht A. Brehms bei, daß hier und nicht in Nordafrika ihre Hauptwinterquartiere sich befinden. In dieser Gegend, nämlich bei Petalä und der Acheloosmündung, war es auch, wo Lord Lilford vom 5. bis 8. Februar 13855 53 Stockenten erlegte. Auch im März gibt es an den Gewässern Aetoliens und Akarnaniens ihrer genug auf dem Zuge, so in dem Sumpfgelände bei Naupaktos, in den Wasserarmen bei Bochori geradezu massenhaft, sowie endlich an der Triptolakoslagune, wo ich sie ebensowohl in Masse abends am Strich, als untertags bereits in Paaren beobachtete. In anschaulicher Weise schildert die Jagd zur Winterszeit Lindermayer: „Wenn Ende Oktober die Nordwinde zu wehen beginnen, zieht diese Ente mit ihren Gattungs- verwandten längs der dalmatinischen Küste herab; wenn dann die albanischen Gebirge sich mit Schnee bedecken, fallen Tausende von Enten, wobei diese immer die Mehr- zahl bilden, in unsere Buchten und Binnenseen ein. In solchen Nächten werden auf dem Kopaissee viele hundert Stücke auf einmal gefangen. Dieser See bildet eine Wasserfläche von vielen Meilen, welche durchaus mit Schilf und Binsen bewachsen ist. In dieser undurehdringlichen Wildnis gibt es einige langgestreckte freie Stellen, welche zu tief sind, um einer Vegetation Grund und Boden zu geben. Wenn nun der Winter herannaht, so werden diese freien Stellen durch eigens hierzu verfertigte Netze abge- schlossen und an dem Abend, der durch die Erscheinungen des herannahenden Schnees voraussichtlich die Enten bringt, werden ein paar Barken bemannt und mit einer Laterne und einer Glocke versehen. Beide Barken fahren nun in entgegengesetzter Richtung gegen die abgesteckten Plätze ab. Die Enten flüchten sich vor dem Lichte und dem Schall der Glocke; sie fliehen indessen nicht, sondern rudern emsig vor der Barke her, bis sie endlich den Endpunkt erreicht haben, wo das Netz sie umschlingt. Nicht bloß die Städte Livadia und Theben werden dann im Übermaße mit Wildenten versehen, sondern man sendet diese zu vielen hundert Stücken an einem einzigen Tage nach Athen. So zahlreich finden sie sich aber nur höchstens zweimal bei Beginn des Winters ein.“ 502 Ornis balcanica. Derselbe Forscher sowie auch Graf von der Mühle sind es, welche die ersten Nachrichten über das Brüten der Stockente im Gebiete mit folgenden Worten geben: „Viele bleiben über den Sommer und brüten an den Seen von Mittel- und Nord- griechenland.* Tatsache ist, daß bisher außer von dieser von keiner anderen Ente Eier gefunden wurden. Als vermutliche Brutplätze lernte ich folgende drei kennen: die beiden Vrachori- seen (30. April mehrere Paare), den Karlasee in Thessalien (17. und 18. Mai paarweise ziemlich häufig), wo sowohl zur Brutzeit als auch im Jänner Stücke für unser Museum gesammelt wurden, und den Sumpfsee Mustos bei Astros (17. April ein Erpel und ein Paar). Endlich liegt mir ein eben dem Ei entschlüpftes Entehen im Balge vor, welches St. Strimmeneas in den Sümpfen von Megali vrysis bei Lamia am 24. April 1902 er- halten hatte. Zwei aus der Gegend des Kopaissees im April an Krüper eingelieferte Bier un- serer Sammlung messen und wiegen: 16% 564 555 mm Ir. 41:5 42 mm Gew. 422 462 cg Simpson fand 1860 auch auf den Laguneninseln bei Missolonghi sowohl leere Nester als solche mit Eiern, und Seebohm ebenda am 28. Mai 1873 ein Gelege von zehn Stücken. Spatula elypeata (L.) — Löffelente. Auch die Löftelente ist den ganzen Winter hindurch bis Mitte März, wo sie Grie- chenland wieder verläßt, unstreitig eine der häufigsten Enten. So berichten Graf von der Mühle, Lindermayer (auch für Euböa), Jameson (für Kythera), Drummond (für Korfu), Simpson (für Akarnanien), Krüper und v. Heldreich (für Attika). Nach Erhard ist sie auf den Kykladen ein Durchzügler. Ich konnte die Löffelente nur in der Umgebung von Missolonshi beobachten, und zwar am 28. Jänner 1897 einige in den Lagunen gegen Aetolikon und mehrmals am 0. Jänner im Meere zwischen Missolonghi und der Phidarismündung. Zuletzt sah Santarius Scharen von solchen Enten am 9. März 1897 in den gegen Neochori zu gelegenen Lagunenteilen. Am 14. Februar wurden mehrere Weibchen aus der Um- gebung auf den Markt gebracht, wie dies nach Krüper auch oft in Athen der Fall ist. Weiters erlegte Lord Lilford am 6. und 8.-Februar 1858 vier Löffelenten an der Acheloosmündung, H. J. Elwes ein altes Weibchen im Februar 1869 an der Küste von Euböa (gegenwärtig im British Museum) und Herr Diamantis Soustas mehrere bei Missolonghi, von denen zwei junge Erpel unserem Museum und ein drittes Stück jenem von Athen zukamen. Die letztgenannte Anstalt besitzt auch ein an der attischen Küste am 22. März 1859 erlegtes, noch wohlerhaltenes Paar. Schließlich erlegten je ein altes Weibchen Herr Merlin im Jänner 1895 bei Lamia und Santarius am 29. Jän- ner 1897 unmittelbar bei Missolonghi sowie einen fast ausgefärbten Erpel St. Strim- meneas bei Marathon am 24. Dezember 1894 — beide gegenwärtig im Museum von Sarajevo. Clangula glaueion (L.) — Schellente. Ubereinstimmenden Nachrichten zufolge, denen ich mich anschließe, verbringt die Schellente in ziemlicher Zahl den Winter an allen Küsten des Landes. III. Griechenland, 503 Doch ist sie, z. B. auch bei Missolonghi, wie Simpson treffend bemerkt, weniger zahlreich als manche andere Entenart und hält sich stets mehr an das offene Wasser. So beobachtete ich sie mehrmals am 30, Jänner 1897 im Meere östlich von Missolonghi und am 9. Februar 1897 im Golf von Prokopanisto. Hier namentlich waren sehr viele, aber nie in Scharen beisammen und die alten Erpel überhaupt meistens einzeln. Einen solchen in interessantem Übergang zum Alterskleide erlegte dort an diesem Tage Führer: Auf der ganzen Oberseite mischen sich bereits dunkle, neue Federn unter die alten und am meisten ist dies an den Bauchseiten bemerkbar. Auch das Kopfgefieder zeigt diese Mischung deutlich, die Ohrgegend ist schon fast ganz dunkel- grün und die Begrenzung des weißen Wangenfleckes deutlich sichtbar. Auch im Gebiete der Kykladen und von Euböa sollen Schellenten überwintern, und aus dem Golf von Lamia besitzt das Museum ein kleinwüchsiges, am 29. Oktober 1396 erlegtes Weibehen, während ein anderes von normaler Größe ebenfalls von Herrn Merlin am 23. Jänner 1897 bei Aetolikon geschossen wurde. Bemerkenswert ist folgende Angabe des Grafen von der Mühle: „Sie ist die wenigst scheue unter allen Gattungsverwandten und dringt, unter beständigem Tauchen, bis in das Innere der Häfen; ich habe mehrere von den Festungswerken (von Nauplia!) aus geschossen. Weibchen und Junge kommen zahlreicher als alte Männchen vor.“ FPuligula nyroca (Güld.) — Moorente. Es ist schwer begreiflich, daß Lindermayer diese Ente zu keiner anderen Jahreszeit als von Anfang März bis Mitte April, v. Heldreich hingegen nur im Winter zu sehen bekam, da Graf von der Mühle vollständig das Richtige traf, wenn er sagte, daß sie im Sommer vereinzelter, im Winter häufiger, jedoch das ganze Jahr hindurch in Griechenland vorkommt. Seine Vermutung, daß einzelne Paare im Lande brüten, wird sowohl von Dr. Krüper als auch von mir geteilt und die Bestätigung muß un- bedingt früher oder später erfolgen. Als solche vermutliche Brutplätze nenne ich die Vrachoriseen in Akarnanien, wo ich am 31. März und 1. April 1597 viele Moorenten gepaart antraf und ein Paar auch erleste, die Lagune von Agulinitsa im nördlichen Messenien, wo ich einige Paare am 22. Mai 1893 beobachtete, und schließlich den Karlasee in 'Thhessalien, wo sie scheinbar zwar nur in geringer Zahl anwesend war, ich aber doch am 18. Mai 1394 einen Erpel erlegen konnte. Mit Recht hält es dagegen Simpson für unwahrscheimlich, daß die Moorente in den offenen Lagunen von Missolonghi brütet, wo er sie bloß im Winter in großer Zahl (aber weniger als F. ferina und fuligula) beobachtet hatte. Zur strengen Jahreszeit ist die Moorente nach Drummond in den Gewässern der Jonischen Inseln, nach Lindermayer in jenen von Euböa sehr häufig. Am 22. März 1398 wurden in meiner Gegenwart ihrer viele auf Kephalonia nörd- lich von Lixuri aus Entenschirmen während des Striches vom Meere landeinwärts erlegt. Weitaus die meisten sah ich aber jedenfalls im Winter und Frühling in Akarnanien, und zwar im Markutsasee an der Westküste am 5. März 1897, am Markte von Aeto- likon, in den toten Armen bei Bochori am 25. März geradezu massenhaft und in den Sümpfen bei Naupaktos (28. März 1897). i An der Mündung des Acheloos erlegte diese Ente Lord Lilford am 16. Fe- bruar 1858. Baron Schilling beobachtete am 8. Jänner 1899 in der Meeresbucht bei der Schloßruine von Stamnä Tausende (!), aber am 4. März dort nur mehr drei. 504 Ormis balcanica. Viele sollen auch in den Sümpfen bei Lamia überwintern und nach einem ein- gesendeten Weibehen zu urteilen, verweilen sie dort bis in den April. Die Bälge zweier Paare brachte ich für die hiesige Museumssammlung mit. Fuligula rufina (Pall.) — Kolbenente. Obwohl ich dieser schönen südlichen Entenart besondere Aufmerksamkeit zu schenken stets bemüht war, konnte ich sie in Griechenland weder in der Freiheit, noch auf den akarnanischen Märkten entdecken. Dasselbe bemerkt auch Simpson. Sie sollnach Naumann und Dubois im Herbst regelmäßig im Gebiete erscheinen und nach Erhard Durchzügler der Kykladen sein, obwohl das letztere von Linder- mayer bestritten wird. Dieser bezeichnet die Kolbenente ebenso wie Graf von der Mühle und Dr. Krüper als sehr seltene Erscheinung, fand sie aber bei Euböa und zählt einige Fälle auf, wo sie erlegt wurde: nämlich ein Weibchen im Winter 1840 und zwei Erpel sowie eine Ente am 12. Dezember 1841 bei Marathon. Graf von der Mühle traf sie auf dem Peloponnes seltener als die Tafelente, und dann waren es fast nur Junge und Weibchen. Mir wurde 1898 versichert, daß im Winter in der Lagune von Agulinitsa in Nordmessenien ziemlich viele geschossen wer- den und auch Landerer erwähnt sie als bevorzugtes Jagdwild der Griechen. Im Museum der Universität Athen wird ein fast rein verfärbter Erpel, erlegt von Bonkowski am 14. Februar 1867 in Attika, im Sarajevoer Landesmuseum zwei Weibchen vom 31. Dezember 1896 aus der Umgebung von Lamia und vom 2. Jänner 1398 aufbewahrt. Das letztgenannte Stück kaufte St. Strimmeneas auf dem Markte in Athen; es soll aus der Gegend von Livadhia in Böotien stammen. Fuligula ferina (L.) — Tafelente. Sie scheint nicht jedes Jahr in gleicher Anzahl in den griechischen Gewässern aufzutreten, obgleich sie in Übereinstimmung mit Graf von der Mühle und Krüper „als im Winter ziemlich häufig bezeichnet werden kann. So fand sie beispielsweise Simpson in den Lagunen von Missolonghi 1860 äußerst zahlreich, während ich trotz des langen dortigen Aufenthaltes nur am 9. Februar einige Flüge bemerkte, von denen auch drei Stücke noch in der Nacht durch einen einheimischen Jäger geschossen wur- den, von dem ich ein Weibehen zum Konservieren erstand. Auch Lord Lilford erleste nur eine einzige Tafelente, und zwar am 6. Februar 1355 an der Acheloosmündung. Jameson erwähnt sie für Kythera im Winter und Frühling unter dem Namen Anas rufa. Ein alter Erpel unseres Museums stammt ferner aus der Gegend von Volo und wurde am 22. Jänner 1896 geschossen, während ein Paar des Museums zu Athen vom Phaleron das Datum vom 23. Februar 1860 trägt. Gewiß ist, daß sie am zahlreichsten und in großen Scharen während der Zeit des Durchzuges aus dem Süden sich einfindet, wie ich dies beispielsweise am 5. März 1897 in der Markutsa- und Triptolakoslagune in Akarnanien beobachten konnte. Fuligula fuligula (L.), Fuligula eristata Leach. — Reiherente. Während sie von einigen Autoren während des ganzen Winters bloß als ziemlich häufig bezeichnet wird (Lindermayer, Krüper und v. Heldreich), halten sie u II. Griechenland. 505 Drummond für die Gewässer der Jonischen Inseln, Simpson für die Lagunen von Missolonghi und Graf von der Mühle auf den sämtlichen Gewässern des Landes nicht nur für äußerst zahlreich vorkommend, sondern gerade der Letztgenannte sogar für den an Zahl überwiegenden Bestandteil der gesamten Entenscharen zur Winterszeit, der schon zeitlich eintrifit. Ob sie ebenso häufig im Ägäischen Meere auftritt, ist mir nicht bekannt, da bloß von Erhard das Überwintern in den Gewässern der Kykladen er- wähnt wird. Während der Monate Jänner, Februar und März 1897 beobachtete ich ungeheure Mengen von Reiherenten in den Lagunen von Missolonghi; sogar in der Stadt selbst habe ich sie erlest. Am 6. Februar und 2. März sah ich im nördlichen Teile der Bucht von Aetolikon Tausende in großen Scharen beisammen, während wieder andere Massen, wenngleich nicht so dieht geschart, damals sich das Meer längs der Küste über Tholi hinaus bis zur Acheloosmündung, wo diese Ente am 6. Februar 1858 Lord Lilford erlegt hatte, zum Aufenthalt ausersehen hatten. Natürlich werden zu dieser Zeit von griechischen Jägern sehr viele geschossen und ich habe sie in großer Zahl als Jagdbeute ebensowohl in den Fischerbarken, als „angerupft“ auf den verschiedenen Märkten gesehen. Aus dem tranigen Beigeschmacke ihres Wildbrets machen sich die Griechen durchaus nichts. Von der dortigen Gegend stammen auch die drei Stücke unserer Sammlung, dabei ein Erpel mit 6!/, cm langem Schopfe. Am spätesten, nämlich am 1. April, beobachtete Santarius ein Paar am kleineren Vrachorisee, und das späteste Datum: 25. April 1865, trägt eine Reiherente von der attischen Küste im Museum zu Athen. Erismatura leucocephala (Seop.) — Ruderente. Mein sehnlicher Wunsch, diese merkwürdige Ente im Leben beobachten zu können, ist auch während meines Aufenthaltes in Griechenland nicht in Erfüllung gegangen, obwohl die Gewässer um Missolonghi dieser Ente zur Winterszeit alljährlich zum Aufenthalte dienen. So fand ich am 5. Februar 1897 zwei Stücke auf dem dortigen Markte zum Verkaufe hängen, welche in der vorherigen Nacht unweit Känurion er- legt worden waren. Leider war bei der einen nach griechischer Sitte die Brust kahl gerupft, während die Magerkeit der anderen ihren Balg der Wissenschaft rettete. Die Farbe der Schnabelhaut war im frischen Zustande ein dunkles, ins Graue spielendes Olivengrün. Die Ruder waren grau, ebenfalls mit einem Stich ins Grüne. Die Ruder- ente ist nach Angabe des Präparators die einzige Ente, bei welcher sich sehr leicht die Haut über den Schädel stülpen läßt. Über das Vorkommen in Griechenland findet sich nur wenig Bemerkenswertes in der Literatur. Degland, Dubois, Krüper, v. Heldreich und A. Brehm („Tierleben“) er- klären, daß die Ruderente eine mehr oder minder seltene Erscheinung an den griechi- schen Meeresufern ist, ja Lindermayer bezeichnet sie als die seltenste aller Enten. Auch Graf von der Mühle nennt sie selten; aber aus seiner Darstellung geht unzweideutig hervor, daß diese auf eigenen Erfahrungen beruht. Er sagt: „Ich habe sie immer nur paarweise gesehen, das Männchen gewöhnlich unter beständigem Kopf- nicken das Weibchen verfolgend. Sie schwimmt ebenso tief im Wasser eingesenkt wie ein Kormoran, so daß nur Kopf und Hals herausragt, taucht vortrefflich und kommt oft erst weit von dem Flecke, wo sie untergetaucht, wieder zum Vorschein.“ 506 Ornis balecanica. Das Museum der Universität Athen besitzt ein Paar sehr schön ausgefärbter Ruderenten, welche an der attischen Küste am 14. und 20. Februar 1864 erlegt wurden. Durch eine Reihe von glücklichen Zufällen gelangten an unser Museum außer dem obenerwähnten Stücke noch vier weitere, sämtlich aus der Umgebung von Misso- longhi und Aetolikon von den Herren Merlin jun. und Diamantis Soustas zustande gebracht, darunter ein beinahe und ein vollständig ausgefärbter Erpel von großer Schön- heit. Die Maße dieser Enten mögen am Schlusse folgen, und es sei nur noch erwähnt, daß an ein Brüten der Art wohl kaum an irgend einer Stelle des heutigen freien Griechen- lands gedacht werden kann. ad. g' ad. g" med. g' med. g' Q 2.]M. 1001 2.XI. 18397 A4A.I. 1897 2.1. 1901 °723.12.1897 Ganze Länge . . . AN) 460 440 460 418 Sen ehel j über dem First ER 47 46 46 44 44 | längs der Mundspalte 50 48 43 46 48 Blüselas ce are de 162 160 158 160 159 SChwanzur rer. 101 102 89 95 90 EN ee RER 29 50 29 29 30 Mergus albellus L. — Zwergsäger. Lindermayer, Graf von der Mühle und Krüper kamen zur Überzeugung, daß der Zwergsäger in den Gewässern des Landes manchmal häufiger auftritt (auch bei Euböa!) als die anderen Säger und daß er erst spät gegen Norden zurückzieht. Jedoch hat Lindermayer den Zwergsäger laut seiner eigenen handschriftlichen Mitteilung von Anfang an mit irgend einer Podiceps-Art verwechselt. Nach Aussage von St. Strimmeneas, dem das hiesige Museum zwei alte Weib- chen verdankt, die am Herkynabache bei Livadhiä am 31. Dezember 1897 und bei Megali vrysis nächst Lamia am 19. Jänner 1903 erlegt wurden, gelangt dieser Säger öfters auf den Markt in Athen. Auch das ersterwähnte Stück erstand er dort nebst einem anderen am 4. Jänner 1595. Ein weiteres aus Attika stammendes befindet sich im Museum der Universität in Athen und ein fünftes, offenbar durch Lindermayer beschafftes, wird im groß- herzoglichen Museum in Oldenburg aufbewahrt. Über das Vorkommen in Westgriechenland berichtet Simpson, daß M. albellus in den Lagunen von Akarnanien im Winter bisweilen sehr zahlreich erscheinen soll, doch war er 1860 nur in ganz geringer Anzahl, 1397 während meiner Anwesenheit gar nicht vorhanden. In den Gewässern der Jonischen Inseln verzeichnete ihn Jameson für Kythera im Winter und Frühling, Drummond anfänglich nur für Sta. Maura (Levkas). In seiner drei Jahre später erschienenen Arbeit über Makedonien findet sich jedoch der Beisatz: „Sehr zahlreich bei den Jonischen Inseln.“ Aus all dem scheint sich zu ergeben, daß wir es bei M. albellus mit einem durch- aus nicht regelmäßig erscheinenden Wintergast für das Gebiet zu tun haben. Mergus serrator L. — Mittlerer Säger. Es scheint mir, daß er in den Meeresteilen rings um Griechenland durchaus nicht so selten ist, wie Krüper und v. Heldreich angeben, sondern während der strengen III. Griechenland. 507 Jahreszeit hier alljährlich erscheint. Auf jeden Fall ist er ungleich häufiger als Mergus merganser und nicht umgekehrt, wie Graf von der Mühle meinte und daraufhin Nau- mann wiederholte. Nach Drummond und Lord Lilford ist M. serrator bei Korfu sehr zahlreich. Er kommt dort im November an und verbleibt den Winter über. Ein von Korakianitis in den Gewässern von Sta. Maura (Levkas) im Frühling 1594 erlegtes altes Männchen liegt mir vor. Sehr oft, und zwar von Ende Jänner bis 4. April 1897, beobachteten ich und meine Begleiter diesen auffälligen und prächtigen Säger in den fischreichen Lagunen bei Missolonghi. Einmal tummelten sich zeitlich früh fünf Stücke unweit unserer Wohnung in Missolonghi herum. Oft sah ich sie paarweise, dann aber auch zu vier oder fünf Stücken beisammen, und dann waren es sicher lauter alte Männchen. Auch außerhalb der Lagunen im offenen Meere beobachteten wir sie mehrmals und zum letzten Male Santarius drei Stücke am 4. April. Ein tadellos ausgefärbtes Männchen mit langem Schopfe kaufte ich von einem Fischer am 2. Februar, und Herr Diamantis Soustas lieferte uns im Winter 1897/98 dann noch ein altes Weibchen nach. An den östlichen Küsten ist er vielleicht weniger häufig, da Lindermayer nur hier und da im Winter und einzelne im Frühling auf Salzseen, in Meeresbuchten und Häfen z. B. bei Chalkis (Euböa) antraf. Im Museum der Universität Athen stehen zwei alte Männchen, die an der Küste Attikas am 20. März 1859 und 23. Februar 1860 er- beutet wurden. Mergus merganser L. — broßer Säger. Zweifellos einer der seltensten der in Griechenland erscheinenden Wintergäste. Nur das Universitätsmuseum in Athen hat das Glück, ein Paar wahrschemlich an der Küste von Attika erlegter alter Vögel zu besitzen; das Männchen wurde am 28. Jän- ner 1364, das Weibchen am 10. März 1865 eingeliefert. Krüper und v. Heldreich versichern, daß der große Säger nur selten in den griechischen Gewässern erscheint, und Lindermayer bemerkt, daß dies nur dann erfolgt, wenn die Temperatur im Winter auf den Nullpunkt herabsinkt. Er erlegte einst selbst ein Stück im Hafen bei Chalkis (Euböa). Graf von der Mühle endlich, der ihn zuerst entdeckte, fand ihn hin und wieder auf den Seen und in den Buchten des Landes. In den letzten Jahrzehnten ist er nicht mehr beobachtet worden. Pelecamus crispus Bruch — Krausköpfiger Pelikan. So wie fast in allen Gegenden Europas, wo der mächtige Vogel einst heimisch war, ist auch in Griechenland der Bestand außerordentlich zurückgegangen. Diese Tatsache ergibt sich schon aus der alten Stelle bei Temminck: „Diese Art bildet einen Teil der Fauna von Griechenland und es heißt, daß sie in diesem Lande sehr häufig ist. Wahrscheinlich beziehen sich die Autoren des alten Griechenlands auf diesen Pelikan.“ Die Häufigkeit erfährt ihre Bestätigung zunächst durch den Grafen von der Mühle, welcher weit ausgebreitete Brutkolonien in den Sümpfen bei den Thermopylen feststellte, dann am Kopais-, Likeri- (wo Lindermayer an einem Tage fünf Junge er- legte und der Vogel auch von A. Brehm im Juli 1847 beobachtet wurde) und Para- limnisee, endlich in den Lagunen von Missolonghi. Lindermayer fügte später als Brutplatz noch die Sumpfgegend zwischen dem Kap Glarenza und Gastuni (Unterlauf des Peneios) hinzu. 508 Ornis balcanica. Heutzutage gibt es wohl nur noch jenen Brutplatz in Akarnanien, der weiter unten ausführlich besprochen werden soll; denn obwohl ich selbst am Karlasee in T'hessalien am 17. Mai 1894 zuerst vier, später sechs Pelikane antraf, so machten diese doch dort keineswegs den Eindruck ständiger Bewohner. Sie sind hier ebenso vorübergehende Gäste wie in den sumpfigen Niederungen bei Lamia, wo Herr Merlin im Dezember, also zu einer Zeit, wo P. crispus überhaupt weit umherzieht, vor einigen Jahren ein Weibchen erbeutete, oder wie in den Gewässern von Euböa, wo sie Lindermayer beobachtete. Was nun die Anzahl der brütenden Pelikane in Akarnanien betrifft, so muß diese einstens sehr bedeutend gewesen sein. Die ersten Nachrichten von dort rühren von dem in Missolonghi ansässig gewesenen Dr. Nieder her, welcher bereits 1853 an den zoologisch-mmeralogischen Verein in Regensburg den wahrscheinlich von Schrader sen. präparierten Balg eines alten Weib- chens nebst Eiern des Vogels als Geschenk übersandte und daran interessante Beob- achtungen knüpfte. Auch Chr. L. Brehm scheint von dort ein Stück erhalten zu haben, das er im „Vogelfang“* (S. 361) als P. patagiatus (kleiner als cerispus) beschrieb. In einem einzigen Frühlinge der folgenden Fünfzigerjahre erhielt Lindermayer von den Lagunen unweit Missolonghi über 100 Eier, von welchen drei Stück nebst zwei alten Vögeln (gegenwärtig noch vorhanden!) durch ihn an den naturhistorischen Verein in Passau gelangten (s. II. Jahresbericht, S. 11). Jedenfalls förderten auch die griechischen Fischer, welche in den Pelikanen ihre tatsächlichen Konkurrenten erblicken, das Zerstörungswerk nach Kräften. So kam es, daß Simpson, welcher die Erbeutung der Eier dem Herausgeber des „Ibis“ in einem Briefe vom 29. Februar 1360 anzeigte, 'sich über den augenscheinlichen Rückgang der Brutpaare in dem großen Raume zwischen Aetolikon und den Mündungen des Acheloos und Phidaris in seiner späteren Arbeit zu beklagen hatte. Er traf in den letzten Februartagen auf einer kleinen, niedrigen Laguneninsel nur sieben neuerbaute, in der Gestalt eines Kreuzes gruppierte Noster an, während auf einer benachbarten Insel sich noch die deutlich erkennbaren Iteste von 45 zwei Jahre vorher geplünderten Nestern vorfanden. Obwohl die Pelikane bei Simpsons Besuch sich auf ihren Nestern befanden, waren diese doch leer, da ein Fischer wenige Stunden früher aus jedem ein frisch- gelegtes Ei weggenommen hatte; doch gingen diese sieben Eier später sämtlich in Simpsons Besitz über. Es scheint aber damals doch noch eine andere Brutsiedlung bestanden zu haben, denn der gleichzeitig anwesende Dr. Krüper berichtet ausdrücklich, daß er am 28. Februar 1860 schon elf Eier erhielt und dann im April wieder frische von den gestörten Paaren. Dr. Nieder berichtet, daß solche Nachbruten oft noch später vor- kommen, da sich im Verlaufe des Mai bis in die letzten Tage dieses Monates noch Eier bei Missolongehi vorfanden. Am 3. März 1861 besuchte dann Krüper eine Brut- insel bei Aetolikon, an deren einer Seite die aus Rohr und Schilfstücken 1—2!/, Fuß hohen Nester, 35 an der Zahl, dieht aneinander gereiht standen. Von dieser Gegend erhielt dann Krüper fast alljährlich eine Anzahl Eier, aber er unterschied schon damals (1864) zwei Brutbezirke in dieser Gegend, nämlich die Lagunen bei Missolonghi und die Inseln an der Mündung des Aspropotamos (Acheloos) (Cab. Journ. f. Orn. 1875, S. 284). Nach meinen Beobachtungen kommt heutzutage nur mehr die letztgenannte Örtlichkeit als Brutplatz in Betracht, obwohl es mir nicht gelungen ist, bis zu dieser vorzudringen. De III. Griechenland. 509 Eine vorzügliche, zum Teile auf die Beobachtungen seines Freundes Leutnant Freyberg gestützte Schilderung eines solchen griechischen Brutplatzes gab Graf von der Mühle, welche auch in Brehms „Tierleben“ abgedruckt ist. Während meines Aufenthaltes in Akarnanien von Jänner bis April 1897 konnte ich mir bald die Gewißheit verschaffen, daß von einer vollständigen Ausrottung des Pelikans trotz der unablässigen Verfolgung noch keine Rede ist. Gleich am Tage der Ankunft ruderten dicht neben Missolonghi sieben Stücke umher und später sahen wir östlich von der Stadt dem Fischfange einer Schar von 14 Köpfen zu. So wie ich mich aber mit dem Kahne näherte, bildeten sie in einer Entfernung von etwa 300 Schritten sofort eine schwer zu beschießende Schwarmlinie. Am 9. und 10. Februar beobachtete ich unweit Kap Skropha drei und dann fünf Pelikane, welche durch ihre blutroten Kehlsäcke das Herannahen der Legezeit an- zeigten. Diese sowohl wie auch später beobachtete Pelikane, welche in beträchtlicher Höhe zu fünf und neun über der großen, rohrbewachsenen Bucht östlich von Petalä kreisten, dürften zweifellos ihre Brutstellen in dem schwer zugänglichen Mündungsgebiete des Aspropotamos errichtet haben, da sie stets von dorther angeflogen kamen und später wieder in diese Gegend zurückkehrten. Vor der unmittelbaren Nachstellung durch die Menschen sind sie dort wohl ziem- lich sicher; nicht aber vor der verheerenden Wirkung der absichtlich entfachten Rohr- brände, deren ungeheure Rauchwolken ich öfters am Horizonte entlang ziehen sah. In der Gegend von Turlida bemerkte ich mitten unter anderem Wassergeflügel Mitte Februar ebenfalls zwei Gruppen Pelikane zu 15 und 12, welche dort vom Fisch- fange ausruhten. So träge sie aber auch aussahen, eine schußmäßige Annäherung duldeten sie niemals, obwohl sie einen in nicht allzugroßer Ferne auf Bekassinen ab- gefeuerten Schuß gar nicht beachteten. Nur einmal, am 11. März, gelang es, in der Bucht von Prokopanisto eines Stückes habhaft zu werden, indem Dr. Bake$ und ich im Kahne eine Schar von 15 Pelikanen vorsichtig anfuhren und auf die sich schwerfällig aus der Salzflut erhebenden Sack- träger ein wahres Schnellfeuer eröffneten. Gleich bei Beginn desselben platschte das einzige in diesem Frühling nicht zur Fortpflanzung fähige, etwa einjährige Männchen dieser ganzen Gesellschaft auf den Wasserspiegel der Lagune herab, wo es sogleich verendete. Lange noch kreisten die übrigen 14 mit ihren hochgeröteten Kehlsäcken über ihrem gefallenen Gefährten, ohne daß unsere Schüsse unter ihnen irgendwelchen Schaden anrichteten. Wer von uns beiden den Pelikan geschossen hat, bleibt unentschieden. Das Ge- schoß war oberhalb des rechten Schenkels eingedrungen und in der Mitte des Bauches wieder herausgefahren. Die große Rasanz desselben hatte aber den sofortigen Tod zur Folge gehabt. Einige Maße dieses noch nicht ausgefärbten Vogels, mit schwefelgelbem Sacke sind: Klage . .» „lem | Schnabel „. . . AXem. | Tarsus .;. .. . Illem Nistplätze gab es weder in dieser Gegend, noch in den gegen Neochori zu ge- legenen Lagunenteilen, wohin gerade zu diesem Zwecke eine Rundfahrt unternommen worden war. Man sagte mir, daß seit 10 Jahren in der näheren Umgebung von Misso- longhi kein Pelikan mehr gebrütet habe. Nach der Brutzeit beobachtete ich nur mehr einzelne Stücke; so am 4. April einen über die Dächer der Stadt ziehend und am 4. Mai 1594 aus dem köhricht bei Aetolikon aufsteigend. 510 Ornis baleaniea. Die Eier von P. erispus sind so gut bekannt und so oft beschrieben worden, daß ich mich hier darauf beschränken darf, Maß und Gewicht von fünf Stücken aus Akar- nanien, der Vollständigkeit halber, anzugeben. 2.|V. 1887 20./IV.1860 3./1I1.1868 3./IIL.1861 2./V. 1887 Ib, 90:6 39:6 88:5 37:6 STD mm Bi 61 60 61 612 558 mm Gew. 1993 1995 1909 2068 1594 eg Zu einer gerade in jüngster Zeit aufgerollten Frage, nämlich betreffs der Fähig- keit der Vögel, Tränen hervorzubringen, liefert Dr. med. Nieder einen beachtenswerten Beitrag im Korr.-Blatt des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg 1853, S. 144: „Ich habe den Vogel weinen gesehen. Es ward mir nämlich einmal ein leben- der Pelikan gebracht und um denselben nicht einer weiteren Marter und blutigen Ver- letzung auszusetzen, machte ich mit einem feinen spitzen Skalpell einen Einstich zwischen dem Hinterhaupt und ersten Wirbel in das verlängerte Mark und sah alsbald beide Augen des Pelikans sich mit reichlichen Tränen füllen. Welche die empfindliche Ner- venpartie war, die eine solche Reaktion hervorrief, konnte ich damals leider nicht näher untersuchen, nur so viel weiß ich, daß mir bei mehrmals wiederholten gleichen Ein- stichen ein ähnlicher Erfolg nie wieder begegnete. Ich habe die Tränendrüse eines Auges bei einem jüngst untersuchten Vogel gegen 23 Gran Med.-Gewicht gefunden, während Krause 11 Gran für die obere und 3?/, Gran für die untere, also 14?/, Gran für die des erwachsenen Menschen angibt.“ Hierzu hätte ich zu bemerken, daß ich genau das gleiche Vorkommnis bei einem Weißkopfgeier erlebt habe. Als ich dem Geier ein kleines, schmales Stemmeisen ins Hinterhauptloch trieb, entquollen seinen Augen, deutlich wahrnehmbar, wasserhelle Tränen. Dem Pelikan wird in Griechenland überall und von allen Seiten nachgestellt, und zwar nicht allein, wie oben angedeutet, wegen seines beträchtlichen Fischbedarfes, son- dern weil dem gelben Fette eine große Heilkraft, namentlich gegen Rheumatismus, zu- geschrieben wird und auch die Kehlsäcke zu Tabaksbeuteln Verwendung finden. In Missolonghi wurden während meiner mehr als zweimonatlichen Anwesenheit von den Fischern zwei oder drei Pelikane erlegt und mir zu unverschämten Preisen zum Kaufe angeboten. Am inneren Türpfosten unseres Quartiers hing ein Schnabel samt dem Kehlsack, der mit dem Fette des Vogels angestopft war. Pelecamus onocrotalus L. — Gemeiner Pelikan. Die älteren Nachrichten über das Auftreten dieses Vertreters der pontischen Fauna müssen mit Sorgfalt auf ihre Richtigkeit geprüft werden, da wiederholte Verwechslungen mit P. erispus zweifellos vorkamen. Eine solche ist anzunehmen: beim Berichte der Exped. scient. de Mor., bei Jameson für Kythera (Winter und Frühling), in den Reiseberichten Fiedlers, bei Lindermayer (in seiner ersten Arbeit, worauf Tobias schon ein Jahr später, 1844, die Verwechslung mit erispus andeutet!), bei Drummond für Sta. Maura (Levkas), bei Lord Lilford für Korfu, bei Erhard für die Kykladen,') 1) Dagegen glaubt Droste, vielleicht beeinflußt durch Erhard (Bericht über die XVII. Versamm- lung der Deutschen ormnithologischen Gesellschaft, 8. 80), daß die großen Pelikanschwärme, welche von den Kykladen aus die kleinasiatische Küste entlang das Mittelmeer überfliegen, nicht von P. erispus, sondern von P. onoerotalus gebildet sind. III. Griechenland. 511 bei Kapitän Sperling für Missolonghi und bei Degland und Fritsch im allgemeinen für Griechenland. Ebenso unrichtig ist die Bemerkung bei Naumann (1842), daß in Griechenland onocrotalus häufiger sei als erispus; denn jener ist dort nicht einmal ziemlich häufig, wie v. Heldreich zu entnehmen wäre, sondern den übereinstimmenden Erfahrungen Graf von der Mühles, Lindermayers (in seiner Hauptarbeit), Krüpers und Dubois’ nach, geradezu eine seltene Erscheinung, die sich nur im Winter ab und zu zeigt und mit Eintritt des Frühlings wieder verschwindet. Obwohl Graf von der Mühle unter vielen einst bei Missolonghi im April erlegten P. erispus auch ein altes Weibehen von P. onoerotalus erhielt, welchem ein legereifes Ei aus dem Legedarm geschnitten wurde, glaubt er doch mit Recht nicht an ein Brüten der Art im Lande. Ähnliche Fälle, wo sich ein einzelnes Paar einer anderen Pelikanart den ver- wandten Artgenossen angeschlossen hatte, sind schon öfters nachgewiesen worden, und so läßt sich wohl auch dieses bemerkenswerte Vorkommnis erklären. Im Museum der Universität in Athen befinden sich ein altes Weibehen und zwei junge Stücke von P. onoerotalus, welche im November an der attischen Küste erlegt wurden. Jenes hat 20, die beiden Jungen je 22 Schwanzfedern. Endlich erhielt auch unser Landesmuseum in Sarajevo ein im zweiten Lebens- jahre stehendes Männchen, welches am 1. Dezember 1895 bei Nauplia geschossen wurde. Bei diesem zeigt sich das Gefieder des Alterskleides zuerst am Kopfe, welcher davon schon zu Dreiviertel bedeckt ist. Gegenwärtig zähle ich an diesem Balge 25 Schwanzfedern. Phalacrocorax& pygmaeus (Pall.), Carbo pygmaeus Pall. — Zwergscharbe. Sie ist ein regelmäßiger Wintergast der griechischen Küsten und namentlich der Lagunen Westgriechenlands. Ob sie in früherer Zeit auch an den Binnengewässern wirklich gebrütet hat, läßt sich wohl nicht mehr feststellen. Lindermayer war dieser Ansicht und führte den Likerisee bei T’heben als Brutplatz der Zwergscharbe an, wogegen Krüper niemals etwas über ein solches Brutvorkommnis erfahren hat und heutzutage daran gar. nicht mehr zu denken ist. Am ehesten wäre dies noch in den Sümpfen Thessaliens zu er- warten, aber auch dort fehlt jeder Anhaltspunkt für das Brüten. Umso häufiger bekommt man von Zeit zu Zeit die Zwergscharbe in den griechi- schen Gewässern während der Wintermonate zu sehen. Schon Erhard kannte sie als überwinternd auf den Kykladen und für die Küste von Euböa, namentlich bei Eretria führt sie Lindermayer an. Im Gebiete der Jonischen Inseln stellte sie zuerst Drummond für Kephalonia fest; auf Korfu fand sie Kronprinz Rudolf sehr häufig mit anderen Wasservögeln zu- sammen am 12. Februar 1881 in der Bai von Kalikiopulo und erlegte hier auch eine. Ferner traf ich zehn Stücke am 18. Jänner 1897 in der Bucht von Govino auf Rohrstengeln im seichten Meerwasser an. Weitaus zahlreicher war die Zwergscharbe in den Buchten und Lagunen östlich der Insel Petalä. Hier erschien sie in großer Menge am 3. März 1897 und ein o wurde mit vielen Schüssen zur Strecke gebracht. Dieses trägt bereits zu drei Vierteln das Prachtgefieder. Auch am 4. und 5. März zogen am Triptolakos unweit davon große Scharen von einer Seebucht zur anderen, und am 15. März gab es mehrere an der 512 Ornis balceanica. Küste von Petalä. Die letzten kamen am 31. März am See von Angelokastron zur Beobachtung. In den Lagunen von Missolonghi sah ich keine Zwergscharbe; dagegen gibt sie Krüper für dort an und bemerkt, daß sie im April verschwindet. Im allgemeinen halte ich die Angabe des Grafen von der Mühle für richtig, daß sich diese Scharbe auf dem Meere nur im Winter aufzuhalten pflegt. Zu wiederholten Malen gelangten Vertreter von Phalacrocorax pygmaeus aus Griechenland in europäische Sammlungen; so 1549 in die Regensburger Kollektion, 1858 (Cab. Journ. f. Orn., 8. 237) in jene von E. F.v. Homeyer u.a.m. Das Museum in Athen besitzt zwei im Winter erlegte Stücke aus den attischen Gewässern und unser Landesmuseum außer dem obenerwähnten Q ein bei Stylis am 31. Oktober 1895 er- beutetes junges d'. Phalacrocorax graculus desmaresti Payr. — Mittelmeer-Krähenscharbe. . Seitdem mein leider allzufrüh dahingeschiedener Freund Stephan Freiherr v. Washington die Scharben der istrianischen Gewässer einer eingehenden Prüfung unterzogen hat (Madaräsz, Zeitschr. f. d. gesamte Orn., II. Jahrg. 1885, S. 362—366), obwaltet wohl kein Zweifel mehr, daß der das ganze Mittelmeerbecken bewohnenden Krähenscharbe am richtigsten die in der Überschrift gewählte wissenschaftliche Benen- nung zukommt. In früherer Zeit wurde sie freilich in der Regel mit der äußerst nahestehenden nordischen Krähenscharbe (P’h. graculus) zusammengezogen. Diesen Vorgang Tem- mincks befolgte auch Graf von der Mühle, welcher aus Griechenland ein Stück im Hochzeitsschmucke mit der Haube besessen zu haben scheint, das er anfänglich richtig als desmaresti!) bestimmt hatte. Er hielt sie für viel seltener als Ph. carbo, welche Ansicht später durch Lindermayer richtiggestellt wurde. Dieser Forscher führt die erwähnte Scharbe in allen seinen Arbeiten unter zweifacher Bezeichnung, nämlich als Ph. graculus Keys. u. Blas. sowie als Ph. cristatus Bonap. auf, sandte aber dessenun- geachtet bereits 1847 Eier derselben als Geschenk von Athen an den zoologischen Verein in Regensburg mit vollkommen richtiger Benennung. Er stellte Ph. graculus desmaresti zunächst an den Küsten Euböas und anderer Inseln fest und berichtet, daß am Kap Sunion (Kolönnaes) ein Horst mit Jungen gefunden und die Alten erlegt wur- den. Auch über das Brutgeschäft erfahren wir von ihm folgende zutreffiende Mit- teilungen: „Schon im Jänner und Februar findet man Eier in Felsenaushöhlungen nahe am Meere. Sie legt 2—3 Eier in großer Gesellschaft anderer Weibchen. Die Eier sind länglich, rauhschalig, wie mit einer Kalkkruste überzogen, und schimmern meer- grün durch.“ Erhard kannte diesen Kormoran als Standvogel im Gesamtgebiete der Kykladen, und Krüper erhielt sowohl von dort als auch von den Sporaden wiederholt Eier. Die meisten besonders von Naxos, von wo das Museum in Athen außer zwei Vögeln im Jugendkleide (leucogaster!) auch ein sehr hübsches Dunenjunges bekam. Da diese Art, auch nach Krüpers Erfahrungen, schon im Februar und März legt, erlangte er 1562 auf Naxos nur mehr ein einzelnes unbefruchtetes Ei. !) Chr. L. Brehm gibt 1855 im „Vogelfang“, $. 360 für Griechenland schon Phalacrocorax desma- vesti an und E. F. v. Homeyer tritt in Cab. Journ. f. Orn. 1858, S. 257 nach Prüfung griechischer Vertreter für die Lostrennung des desmaresti von graculus ein. III. Griechenland. 513 Nach einer brieflichen Mitteilung von ihm landete Christos Leonis im Sommer 1897 zum Zwecke des Pflanzensammelns auf einer kleinen Insel unterhalb von Anti- paros (wahrscheinlich Despotikö). Hier fand er alle Sträucher mit alten Nestern besetzt vor, die unzweifelhaft der Mittelmeer-Krähenscharbe angehörten. Während meiner vielen Bootfahrten in den Gewässern der Sporaden und Kykladen 1894 beobachtete ich zuerst mehrere am 22. Mai an der nördlichen Steilküste von Skopelos und an der südlichen von Chelidromia. Weiters war dieser Kormoran außerordentlich häufig auf dem schwarzen Lava- geklippe des kleinen Psathura und den Steilküsten der Insel Xerö. Hier hatten ich und meine Begleiter täglich Gelegenheit zu beobachten, wie die einzelnen Paare ihre 2—-3 diesjährigen Jungen, leicht kenntlich an der schneeweißen Unterseite, von den früheren Brutstellen und jetzigen Übernachtungs- und Rastplätzen an den Gesimsen der muschel- artig geformten, unvermittelt senkrecht aus dem Meere aufsteigenden Uferfelswänden zum Fischfange auf die offene See hinausgeleiteten. Die Zählebigkeit einer solchen angeschossenen Scharbe grenzt an das Fabelhafte. Geflügelte oder nicht völlig tödlich getroffene gehen durch lang anhaltendes Tauchen fast regelmäßig verloren. Nur durch wohlgezielte Schüsse auf den Kopf gelang es Freund Knotek, einige Stücke zu erbeuten, aber jedesmal war die Zahl der nutzlos verpufften Patronen eine lächerlich große. Von den damals Ende Mai beobachteten Scharben hatte keine mehr eine Spur des Federschmuckes im Genicke. An den Steilküsten der Kykladen fand ich dann im Juni mehrmals die zu dieser Zeit vollständig verlassenen Horstbauten des Vogels, welche oft eine bedeutende Größe erreichen. So auf Erimomilos, auf Makaries bei Naxos und auf Evreokastron bei Paros. Hier waren sie entweder zwischen den gewaltigen Felsblöcken oder in den Felswänden angebracht, darunter ein Horst, welcher in Form und Bauart dem ältesten Seeadlerpaare Ehre gemacht hätte. Von diesen Örtlichkeiten sowie namentlich von Naxos selbst stammen alle die von Krüper verschickten Eier und dort ereignete sich auch das schon im allgemeinen Teile erwähnte Unglück mit der Eierausbeute des- selben Jahres, indem durch Umwerfen eines Handkorbes sämtliche Gelege zerbrochen wurden. In den Meeresteilen an der Westküste von Akarnanien, südlich und westlich von Astakos, konnten wir auf zwei Ausflügen (letzte Woche Februar und Mitte März) nur sehr wenige dieser Scharben beobachten und keinen einzigen Nistplatz auf einer der vielen kleinen Inseln auffinden. Es mangeln dort eben die von ihnen bevorzugten felsigen Steilküsten. In eben dieser Gegend, nämlich auf Felsen unweit der Mündung des Aspro-Potamos (Acheloos) war es, wo Dr. Krüper und Dr. Nieder am 25. März 1559 mehrere Alte und drei weißbäuchige Junge sitzen sahen, und vier Wochen später wurde von einer Klippe nördlich der Insel Levkas (Sta. Maura) an Krüper ein Scharbenei überbracht. Schon damals vermutete Krüper Ph. desmaresti, und obwohl er später den Vogel als graculus oder leucogaster bezeichnete, erklärte er sich doch brieflich 1395 mit der ersteren Benennung für vollkommen einverstanden. Schließlich sei noch erwähnt, daß im Jahre 1898 mehrere Mittelmeer-Krähen- scharben von mir am 7. Mai bei Kap Geraki auf Zante, dann sechs Stück Alte und Junge am 20. und 21. Juni im Hafen von Kapsali auf Kythera und endlich zwei Stück ziemlich weit von der Ostküste des Peloponnes entfernt im offenen Meere vom Dampfer aus am 26. Juni beobachtet wurden. Reiser, Ornis balcanica. II. 33 514 Ornis balcanica. Maße und Gewicht von vier Eiern von Naxos, genommen am 2. März 1890 und im Februar 1394, erscheinen mir umso wichtiger mitzuteilen, als der Fundort „Wolga“ des einzigen Stückes im British Museum (Cat. of Birds Eggs, vol. II, p. 201) immerhın etwas fragwürdig erscheint. Aussehen und Schalenbildung entsprechen vollkommen jener der anderen Phalaero- corax-Arten. L. 63 664 65:5 614 mm Br. 36:6 31: 33:2 33 mm Gew. 515 505 503 485 cg Die für Phal. desmaresti wichtigen Hauptunterscheidungsmerkmale: gelbe Schwimm- häute und bräunliche Oberseite sind an den mir vorliegenden sieben Stücken aus Grie- chenland deutlich sichtbar, und zwar das erstere Kennzeichen mehr bei jungen, das letztere mehr bei älteren Vögeln. Die folgenden, im allgemeinen untereinander stark abweichenden Größenverhält- nisse (in Millimetern) passen wohl gleichfalls am besten zu Phal. desmaresti, namentlich bezüglich der Schnabellänge. Zahl der Steuerfedern stets 10 oder 12! Wenngleich ein bronzeartiger Farbenton, wie gesagt, unleugbar ist, bleibt doch die Hauptfärbung das alten Vogels das charakteristische „Flaschengrün“ mit starkem Glanze. | med. g' iuv. g' iuv. iuv. Klippe b. ad.d' Xoro a Birk Planer BE el Ange bei 24.V. 24.V. 15. IX. nächst 1. v1. 15.IX. Kythera 1394 1594 1901 Syra 1894 1901 1 D. (weißbäuchig) 24. VI. 1901 1894 Schnabellänge. . . . 70 62 10 75 66 70 75 Ganze Länge. . . .| 740 675 145 120 690 785 780 Blünelugr mn ee 260 245 246 256 251 260 275 Schwanz re 130 150 130 140 140 160 150 kanal 2 ad Foren o 53 47 53 55 50 56 55 Außenzehe 110 98 100 102 95 100 105 Mittelzehe | samt dem s5 76 s0 80 75 82 33 Innenzehe Nagel 58 50 55 55 50 55 56 Hinterzehe | 33 30 35 36 32 33 36 Phalacrocorax carbo (L.), Carbo cormoranus M. u. W. — Kormoran. Der Fischreichtum der griechischen Gewässer, namentlich der Lagunen, veran- laßt diesen gewaltigen Fischfresser, die Winterszeit hier zuzubringen. Während dieser Zeit wird der Kormoran außerordentlich fett und bildet dann für den griechischen Gaumen ein ebenso leckeres als für den mitteleuropäischen abscheuliches Gericht. In den ersten drei Monaten des Jahres 1897 habe ich den großen Kormoran sehr oft an der Küste von Akarnanien zu beobachten Gelegenheit gehabt und kann nun vollkommen die Richtigkeit der alten Angabe Sperlings bestätigen, welcher am III. Griechenland. 515 Morgen des 6. Dezember 1862 bei Petalä mindestens 2000 Stücke gegen Südost ziehen sah. Im Anfange meines Aufenthaltes waren stets nur einzelne Kormorane sichtbar; so am 27. und 29. Jänner unmittelbar neben Missolonghi fischend und sich sogar in nächster Nähe des Schlachthauses ins Meer geworfene Gedärme holend. Am 6. Februar gab es in der Bucht von Aetolikon schon mehr und gelegentlich eines Ausfluges nach Kap Skropha am 9. Februar zogen lange Linien von vollkommen ausgefärbten alten Scharben zu 30 und mehr Stück gegen Westen. Sie flogen zum Teile so niedrig, daß Santarius dem Anführer eines solchen Trupps deutlich sichtbar die Gabel des Unterkiefers entzweischoß. Weiters zogen am 23. Februar zeitlich morgens zwischen dem Festlande und der Insel Oxiä einzelne sowie Züge bis zu 15 Stück, und am folgenden Tage trafen wir in den Lagunen östlich von Petalä ungeheure Mengen von Kormoranen auf den zum Fischfange hergerichteten Rohrzäunen ausruhen. Endlich verscheuchten wir am 26. Februar von einer kleinen Klippe nördlich von Petalä etwa 15 sehr alte Männchen und beobachteten den ganzen Tag längs der Küste ziehende Scharbenschwärme. Am 1. März waren in den Gewässern beim Leuchtturme Sosti noch ziemlich viele einzelne Stücke anwesend und die letzten sahen wir am 13. März auf einer Klippe un- weit Astakos. Leider wollte es keinem von uns gelingen, eines der schöngefärbten Männchen zu erlegen, sondern Santarius schoß ein altes Weibehen bei Sosti (1. März 1897), und von einem einheimischen Jäger erstanden wir ein mittelaltes Männchen, noch größtenteils im Jugendkleide. Ein zweites Stück hatte er an Ort und Stelle aus- geweidet und bereits zum Braten vorbereitet. E.v.Homeyer erhielt schon vor 1858 viele Kormorane aus Griechenland eingesendet. An den östlichen Gestaden von Griechenland wurde die große Scharbe von Fied- ler am Phaleron (später von demselben auch bei Missolonghi), vom Grafen von der Mühle bei Nauplia beobachtet und dieser sowohl wie Lindermayer bemerkten ganz richtig eine zeitliche Vermehrung durch Zuzug im Winter. In der damaligen Zeit scheint aber sehr oft diese Art mit der Krähenscharbe ver- wechselt worden zu sein; so z. B. sicherlich von Fiedler!) im Kanal zwischen Groß- Delos (Rheneia) und Klein-Delos, wo im Sommer bloß die kleinere Art vorkommt, dann von v. Heldreich, der die Krähenscharbe für Griechenland gar nicht erwähnt und Ph. carbo für einen Standvogel hält. Denn obgleich Drummond dies für Korfu, Graf von der Mühle, Lindermayer und Erhard für das übrige Griechenland und die Kykladen behaupten, ist bisher kein einziges Brutvorkommnis bewiesen, wie Krüper ausdrücklich hervorhebt, und ich kann dies nur bestätigen. Wenn Graf von der Mühle auch die Sümpfe der Thermopylen als Brutplatz be- zeichnet, so würde dies allerdings für ein Brüten von Ph. carbo sprechen, denn die Krähen- scharbe verläßt das Salzwasser niemals. Heutzutage aber kann, eingezogenen Erkundi- gungen zufolge, von Brutkolonien in den obigen Sümpfen überhaupt keine Rede mehr sein. Ein dem Ph. carbo zugeschriebenes Ei aus Griechenland soll sich im Museum von Oldenburg befinden. Bei eingehender Prüfung dürfte sich dasselbe aber wohl auch als der Krähenscharbe zugehörig herausstellen. 1) Vielleicht gab der Bericht Fiedlers kurze Zeit nach dessen Erscheinen Anlaß zu der Bemerkung Naumanns: „Häufig durch den griechischen Archipel.“ 33* 516 Ornis balcanica. Hydrochelidon nigra (L.) — Schwarze Seeschwalbe. Sie durcheilt das griechische Küstengebiet verhältnismäßig spät im Frühling auf dem Zuge nach ihren weiter nördlich gelegenen Brutplätzen. Wenn daher Lindermayer, Krüper und v. Heldreich sagen, daß sie früher als H. leucoptera in Griechenland ankommt, so muß ich dies sehr bezweifeln, da ich genau beobachtet habe, daß beide so nahe verwandte Arten den Zug nach Norden gemeinschaftlich Ende April und im Verlaufe des Mai vollziehen. Falls wirklich ein Stück am 26. März 1864 in Griechenland erlegt worden ist — im Museum zu Athen befand sich zur Zeit meines Aufenthaltes dort überhaupt kein einziges — so muß dies als ein ganz vereinzelter Ausnahmsfall bezeichnet werden. Das Brüten dieser Art ist heute, wie wohl auch vorzeiten im Gebiete kaum an- zunehmen, und es sind in dieser Hinsicht die älteren Angaben richtigzustellen.!) Tat- sächlich ist sie aber auf dem Frühjahrszuge die häufigste aller Seeschwalben (Graf von der Mühle und Lindermayer), während von dem Herbstzuge nur Andeutungen vor- liegen. Auf welche Art und Weise fehlerhafte Angaben entstehen, beweist am besten eine Stelle in der Fauna der Kykladen von Erhard. Dort heißt es 8. 62: „Ich sah einen Flug Anfang Juni zwischen Mykonos und Syra auf offener See; daher als Standvogel für unser Gebiet zu betrachten.“ Das war aber ohne Zweifel nur ein sehr verspäteter Zug, wie ich einen solchen ganz in der Nähe, nämlich unweit Chalkis an der Küste von Euböa (wo auch Lindermayer diese Art angibt) am 5. Juni 1894 ebenfalls beob- achtet habe. Vor Ende April ist sehr selten eine schwarze Seeschwalbe zu sehen; so 1897 am 30. April die ersten im Hafen von Patras, dann am 6. Mai fünf Stücke in den Salz- gärten von Levkimo auf Korfu und am 4. Mai 1898 im Hafen der Hauptstadt scharen- weise, wie dies dort schon Drummond und Lord Lilford beobachtet haben. Ganz ungeheure Züge beobachtete ich aber stundenlang am 21. und 22. Mai 1893 an den Lagunen von Muriä und Agulinitsa, also zur selben Jahreszeit, wo dies vor Jahren in den Lagunen von Missolonghi durch Simpson geschah. Hunderte kamen in kleinen Partien ohne Unterbrechung, gemischt mit wenigen H. leucoptera, vom Meere her und schwenkten ohne Aufenthalt nordwärts. Es ist eigentlich nach dem Gesagten selbstverständlich, daß die drei aus Griechen- land mitgebrachten H. nigra von dem eben genannten Orte sowie vom Hafen von Volo genau den Vögeln unserer Gewässer entsprechen. Anderer Meinung war aber Chr. L. Brehm. Dieser vermutete schon 1845 („Stiftungsfest“ usf.) bei dieser etwas ganz Besonderes, weil er, auf die Mitteilung Lindermayers vertrauend, annahm, daß H. nigra auf Salzwasser an der Küste Griechenlands brüte, während sie sonst Süß- wasserbewohnerin ist. Zunächst fand er (Cab. Journ. f. Orn. 1854, S. 321) an einem griechischen Stück, daß dieses an dem kleinen Gefieder ihren Federwechsel fast vollendet hat, ohne jedoch eine einzige Schwung- oder Steuerfeder zu vermausern, dann aber beschrieb er („Vogel- fang“, 8.350) eine Hydrochelidon pallida aus Ungarn und Griechenland: „Merklich O7 kleiner als die typische Form, das cd’ so hell als das 9 der letzteren, mit sehr aus- 1) Demgegenüber ist zu bemerken, daß St. Strimmeneas noch in den letzten Jahren ihr Brüten in den Sümpfen von Megali vrysis bei Lamia behaupten zu dürfen glaubte. 1902 soll aber keine mehr gebrütet haben, da im Jahre vorher zu große Störungen stattgefunden hätten. Ein durchziehendes Paar erlegte und präparierte er für unsere Anstalt an diesem Orte am 24. April 1902. ne III. Griechenland. 517 geschnittener Schwimmhaut“ also Kennzeichen, welche sich wahrscheinlich bei jeder größeren Serie aus jeder Gegend herausfinden lassen. Hydrochelidon leucoptera (Schinz) — Weißflügelige Seeschwalbe. Als echter Durchzugsvogel findet sie sich in Griechenland zumeist in Gesellschaft von H. nigra. Vor dem 20. April scheint H. leucoptera im Gebiete kaum zu erscheinen, und der Frühjahrsdurchzug dauert, wie meine Beobachtungen zeigen, bis spät in den Mai. Für den Herbstzug besitzen wir leider nur den mehr oder weniger mutmaßlichen Ansatz Lindermayers für Ende August. Auf dem Peloponnes — hier bereits von J. Geoffroy-St. Hilaire erwähnt — beobachtete ich die ersten am 30. April 1897 im Hafen von Patras. Der Hauptzug fand hier 1398, aber erst am 21. und 22. Mai statt, wo ich ihn genau an den Seen von Muria und Agulinitsa bei Pyrgos beobachten konnte. Immer waren ihrer viel weniger als I. nigra, aber trotzdem war es eine ansehnliche Zahl, welche vom Meere kommend ohne Unterbrechung nach Norden weiterzog. Genau dieselbe Wahrnehmung machte auch semerzeit Lindermayer, der die Art auch für Euböa verzeichnet. Zu dieser Zeit, nämlich im April und Mai, erscheinen die weißflügeligen See- schwalben auch häufig auf Korfu, wie Lord Lilford mitteilt. Am 5. und 6. Mai 1897 begegnete ich je zwei Stücken im Sumpfe an der Mündung des Potamo und in den Salzgärten von Levkimo und erlegte je ein Weibchen an beiden Orten. Im folgenden Jahre beobachtete ich, wie im Sumpfe südlich der Stadt Zante drei soleher Seeschwal- ben ununterbrochen einen größeren Schwarm 7! pugnax begleiteten (11. Mai), und eine am 16. Mai am Ufer der größeren Strophadeninsel geschossene derartige Seeschwalbe trag mir das Meer von dannen. Trotz der ganz bestimmten Angaben des Grafen von der Mühle sowie Linder- mayers, daß H. leucoptera in der Mitte der griechischen Sümpfe und in allen Lagunen des Landes brüten soll, leugne ich dies auf das entschiedenste. Auch die als Ge- schenk Lindermayers an das Museum des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg ausgewiesenen Eier aus Griechenland, die angeblich von dieser Art stam- men sollen, beweisen in dieser Hinsicht nichts; denn erstens ist es sehr fraglich, ob deren Bestimmung richtig war, und zweitens ist keines davon gegenwärtig mehr vor- handen. Namentlich für die Lagunen Missolonghis ist der Auspruch Simpsons von Bedeutung, daß sich dort einige noch Mitte Mai zeigen, aber dann doch samt und sonders nach Norden weiterziehen, ohne zu brüten. Außer den beiden von Korfu erwähnten Vögeln befinden sich in unserer Samm- lung noch einer aus der Umgebung von Athen und ebendaher eine ganze Anzahl, welche im Museum der genannten Stadt aufbewahrt werden und welche am 26. April 1864 und 6., 8. und 14. Mai 1570 geschossen wurden. Hydrochelidon hybrida (Pall.) — Weißbärtige Seeschwalbe. Diese Seeschwalbe ist eine in den griechischen Gewässern sehr unregelmäßig auf- tretende Erscheinung und wurde seit vielen Jahren weder beobachtet noch erlest. Das einzige sichere Belegstück aus Griechenland befindet sich noch gegenwärtig in der Sammlung Chr. L. Brehms im Museum Rothschild in Tring und trägt nach brieflicher Mitteilung Herrn Harterts die Etikette „Phalerum 1851*. Es stammt 518 Ornis balcanica. offenbar von Lindermayer her, von dem übrigens auch im großherzoglichen natur- historischen Museum zu Oldenburg ein Stück sowie zwei Eier vorhanden sein sollen. Ich bin aber der Meinung, daß eine genaue Prüfung dieser Eier ergeben würde, daß sie einer anderen Seeschwalbe angehören. Endlich sandte Lindermayer (Korresp.- Blatt 1847) ein drittes Stück sowie Eier an den zoologisch-mineralogischen Verein in Regensburg, wo sich aber heutzutage nichts mehr davon vorfindet. Die erste kurze Angabe Lindermayers (1843) wird wohl die zutreffendste sein, wo er sagt: „Selten, in manchen Jahren gar nicht und nie im Herbst.“ Später nimmt er sie nm den Katalog der Vögel von Euböa auf und gibt an, daß er sie am Phaleron stets erst vom 20. April angefangen beobachtet habe. Indem er weiters sie zusammen mit den anderen Hydrochelidon-Arten bespricht, meint er, daß sie nach kurzem Verweilen sich auf die Brutplätze begebe, welche in allen griechischen Lagunen wären, und mit den Jungen Ende August wegzöge. Auch Graf von der Mühle glaubt, daß sie in Griechenland in ziemlicher Menge brüte, sagt aber selbst, daß er nicht bis zu den Brutplätzen in den großen, schwer zugänglichen Sümpfen vorzudringen vermochte. Krüper und v. Heldreich wiederholen zwar einen Teil der älteren Angaben, ohne eigene Beobachtungen dazufügen zu können; doch erwähnt Krüper ausdrück- lich: „Ob einzelne in den Sümpfen brütend zurückbleiben, ist noch unbekannt; jeden- falls brüten sie nicht auf den Lagunen von Missolonghi.“ Obwohl nun zugegeben werden muß, daß sich das ganze Gepräge der griechischen Sumpflandschaften seit jener fernen Zeit wesentlich geändert hat und viele Brutvögel seither auf immer verschwunden sind, habe ich meine guten Gründe, wenn ich be- haupte, daß mindestens ZH. hybrida niemals in Griechenland gebrütet hat. Heutzutage ist dies ganz bestimmt nicht der Fall. Zu erwähnen wäre noch, daß Chr. L. Brehm die aus Griechenland erhaltene weißbärtige Seeschwalbe wegen etwas geringerer Ausmaße und etwas tiefer nach innen ausgeschnittener Schwimmhäute Z. leucogenys benennen zu müssen glaubte („Vogelfang“, S. 350 u. 351). Sterna minuta L. — Zwergseeschwalbe. In den griechischen Gewässern begegnete ich ihr ausschließlich auf Korfu, auf welcher Insel schon Drummond und Lord Lilford sie mehr oder minder zahlreich im Frühling fanden. Hier traf ich am 6. Mai 1397 ungemein viele in den Salzgärten von Levkimo und nahm von dort ein Q mit. Aber auch mitten im Sommer fand ich die Zwergseeschwalbe auf Korfu, und zwar schwebte laut rufend ein Schwarm von etwa einem Dutzend dieser Seeschwalben am 25. Juli 1894 über dem Spiegel der Lagune von Korissia, von denen ich und Santa- rius ziemlich leicht drei Männchen herabschossen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sich die dazugehörigen Weibchen in der Nähe auf ihrem Brutplatze befanden. Erwähnenswert ist, daß zwei der erlegten Männchen die Spitze des Schnabels gelb und nicht schwarz haben, und daß alle griechischen Vertreter der von Chr. L. Brehm unterschiedenen Sternula meridionalis!) gleichkommen. 1) „Vogelfang“ 1855, $. 349. III. Griechenland. 519 Der bekannteste Aufenthaltsort und Brutplatz dieser kleinsten europäischen See- schwalbe auf dem griechischen Festlande sind die Lagunen von Missolonghi, wie schon Lindermayer angibt. Von hier sandte 1853 der deutsche Arzt Dr. Nieder Eier derselben an den zoologisch-mineralogischen Verein in Regensburg und sammelte auch 1858 wiederum auf den Inselchen nahe der Stadt die Gelege.) Krüper erhielt am nämlichen Platze bereits am 29. April 1859 sechzehn Eier — gewiß eine auffallend frühe Brutzeit! Simpson sagt von der Brutkolonie der Zwergseeschwalbe in demselben Jahre, daß sie sich in völlig anderer Richtung befunden habe als die der anderen Seeschwalben. Ein © aus Missolonghi, geschossen im Juni von H. Seebohm, befindet sich im British Museum. Wenn v. Heldreich sagt, daß St. minuta Anfang April eintrifft, so ist dies für die allgemeine Regel entschieden zu früh. Nach Erhard ist sie für die Kykladen Durch- zugsvogel. Auf dem Herbstzuge, und zwar Ende August, beobachtete sie bloß Linder- mayer, durch welchen wir auch erfahren, daß sie sich im April und Mai häufig an den Ufern und dem Kanal von Euböa zeigt, ja sogar auf dieser Insel brütet, da der Genannte von Gastuni und Eretria Eier von ihr erhielt. Dagegen gelangt sie nur selten in die Buchten und Häfen von Attika. Sterna hirundo L., Sterna fluviatilis Naum. — Flußseeschwalbe. Die einzige Gegend in Griechenland, in welcher die Flußseeschwalbe häufig vor- kommt und brütet, scheinen die Lagunen Akarnaniens zu sein. Obwohl hier einzelne zu überwintern versuchen, indem ich eine am 28. Jänner 1897 zwischen Missolonghi und Aetolikon erkannt habe und Dr. Krüper eine andere am 29. Februar 1360 ebenda beobachtete, bezweifle ich entschieden die Angabe Simpsons, wonach sie an diesen Orten im Februar allgemein zu sehen wäre und folglich regelmäßig überwintern würde. Sie ist nach Lindermayer und Seebohm die erste von den im Frühling nach Griechenland kommenden Seeschwalbenarten, indem sie Anfang oder richtiger gegen Mitte April hier eintrifft. Der Abzug erfolgt wahrscheinlich im September und nur einzelne verweilen dann noch etwas länger. Vom Hafen in Patras haben Baron Schilling und ich folgende Ankunftstage vermerkt: 17. April 1899 drei Stücke, 18. April fünfundzwanzig, 30. April mehrere und 1. Mai noch eine. Graf von der Mühle beobachtete am Durchzuge Flüge von 20—30 Stücken, Lindermayer sogar Hunderte! Die Legezeit in den Lagunen, wo sie nach Simpson in einzelnen Paaren überall, hier und da auch in Gesellschaft von Sterna nilotica, brüten, beginnt Ende April oder Anfang Mai. Am 29. April 1859 erhielt Dr. Krüper dort sieben frische Eier. Um dieselbe Zeit ließ bei Missolonghi auch Dr. Nieder ihre Eier sammeln, was damals sehr leicht sogar auf den unweit der Stadt gelegenen Inseln ausgeführt werden konnte. Mir über- brachte am 4. Mai 1894 ein Knabe ein frisches, in der Nähe von Aetolikon gefundenes Ei und H. Seebohm bekam noch in der letzten Maiwoche 1573 frische Eier bei Missolonshi. 1) Regensburger Korr.-Blatt 1853 und 1859. 520 Ornis balcanica. Von anderen Orten ihres Vorkommens nenne ich zunächst Korfu. Gar so häufig, wie Drummond glaubt, ist sie dort aber selbst am Frühjahrszuge nicht. Lord Lilford sah sie selten und 'nur gelegentlich; auch ich traf bloß ein einziges Paar am 6. Mai 1897 in den Salzgärten von Levkimo, wovon ich das Weibchen erlegte. Mehrere und wahrscheinlich dortige Brutvögel fand ich am 22. Juli 1894 in der Nähe von Paxos. Am 2. Mai 1894 zog eine Schar dieser Seeschwalben das Nordufer des großen Vrachorisees entlang und drei Stück zeigten sich am 18. Mai am Karlasee in Thessalien. Ein Paar erhielt das Museum durch St. Strimmeneas, geschossen am 1. Mai 1902 in den Sümpfen Megali vrysis bei Lamia, wo damals nur wenige Paare brüteten und nur drei Eier gesammelt werden konnten. Obwohl Erhard sie zu den Durchzugsvögeln der Kykladen zählt, mag doch auch dort hier und da ein Paar zum Brüten auf einsamen Klippen zurückbleiben. Ein solches traf Santarius am 24. Juni 1594 auf dem flachen Inselehen neben der Leucht- turminsel Phanari außerhalb des Hafens von Syra und erlegte davon das Männchen. Am See von Muria bei Pyrgos bemerkte unter zahllosen Schwärmen durch- ziehender Hydrochelidon am 21. Mai 1895 Wutte bloß eine einzelne Flußseeschwalbe. Schließlich fand sie Fiedler auch am Phaleron, von wo das Museum in Athen ein Stück bekam, während ein Männchen und zwei Weibchen für das British Museum von H. Seebohm bei Missolonghi und Naupaktos gesammelt wurden. Lindermayer, der St. hirundo auch auf Euböa fand, schreibt ihr Gelege von 3—4 ganz weißen Eiern zu. Mehr als drei Eier wurden aber noch nie in einem Gelege angetroffen, und weiße Eier gehören bei allen Seeschwalben zu den größten Seltenheiten. Deshalb meint Tobias (Bericht der Görlitzer Gesellschaft): „Die griechische Flußseeschwalbe wird wohl von unserer verschieden sein, wenn sie ganz weiße Eier legt, im Falle sich Dr. Lindermayer nicht bloß auf Hörensagen verlassen hat, wie mir an vielen Orten scheint.*€ Auch Chr. L. Brehm („Stiftungsfest* usf.) bezweifelt das Vorkommen von weißen Eiern. Sterna cantiaca Gm. — Brandungsmeerschwalbe. Sie kommt in den griechischen Meeren zur Winterszeit bestimmt häufiger vor, als man nach den Angaben Grafen von der Mühles und Lindermayers erwarten möchte. Graf von der Mühle bekam nämlich nur ein Stück im Oktober im Winterkleide, unterseits rosenrot überhaucht, und Lindermayer auch bloß ein einziges Ende März 1845 vom Phaleron, gibt sie aber auch für Euböa an. Richtiger bezeichnet sie v. Heldreich als „genug häufig“. Von einem Brüten dieser Art in Griechenland kann keine Rede sein. Die 1847 in Korresp.-Blatt des zoologisch-mineralogischen Vereins ausgewiesenen und dem Verein von Lindermayer aus Griechenland zum Geschenk gemachten Eier dürften sicherlich einer anderen Seeschwalbe oder Möwe angehört haben, denn unbestimmte Angaben, wie z. B. die von Baedeker, Brehm und Päßler: „bewohnt die griechischen Inseln“, haben bekanntlich keinen Wert. Vom 28. Jänner bis zum 9. März 1897 beobachteten wir die Brandungsmeer- schwalbe rings um Missolonghi sehr oft; ich finde daher die Bemerkung von Simpson (1560) sehr treffend, daß sie im Februar in den Gewässern bei Missolonghi erscheint und so gleichsam die St. nilotica zu dieser Jahreszeit ersetzt. Meinem Tagebuch entnehme ich: Am 28. Jänner wenige gegen Aetolikon zu, am 6. Februar von vier erschienenen drei Stücke von der Brücke dieser Stadt aus und am III, Griechenland. 521 8. Februar ebenfalls zwei Stücke aus den Badehütten von Missolonghi erlegt, am 9. auf der Fahrt nach Skropha hier und da einzelne, am 18. bei Missolonghi mehrere gesehen und zwei geschossen, am 22. ebenso, am 24. bei Petalä einzelne, am 26. bei Oxid zwei Stücke in Gesellschaft einiger L. melanocephalus, am 1. und 9. März zwischen Misso- longhi und dem Leuchtturm Sosti viele! Am 14. März trieb der starke Sturm sie mehrmals in den sehr geschützten Hafen Hag. Pantelemonos bei Astakos, und am 22. März sah ich die letzte, einen Vogel im Jugendkleide, nördlich von Lixuri auf Kephalonia. Die mir vorliegenden sechs Brandungsmeerschwalben von den oben genannten Orten sind durchwegs Männchen und nur ein einziges darunter hat noch Reste des Jugendgefieders; dagegen tragen dieses scheckige Kleid zwei Stücke des Museums in Athen, erlest am 19. Dezember 1859 und 1. Februar 1362. Dadurch, daß bei all diesen Vögeln das Weiß der Innenfahne der vorderen Schwungfedern bis zur Spitze reicht, würden sie zu dem von Chr. L. Brehm unter- schiedenen Thalasseus Pauli de Württemberg!) gehören, welehe er ausdrücklich von Griechenland beschreibt. Jedoch weist ein mir vorliegendes Stück von Helgoland eben- falls dieses Merkmal auf. Die Größenverhältnisse sind bei den griechischen Vertretern genau dieselben wie bei nordischen. Sterna nilotica Hasselg., Sterna anglica Mont. — Lachmeerschwalbe. Während der rauhen Jahreszeit ist sie den Gewässern Griechenlands fremd und erst im April erscheint sie truppweise aus dem Süden. Über die Zeit des Abzuges im Spätsommer ist nichts bekannt; doch vermutet Lindermayer, daß dies sehr früh statt- finde, da er im Herbste nie eine beobachtete. Als frühestes Erlegungsdatum trägt ein Belegstück des Athener Museums den 15. April 1861, während der Hauptdurchzug wohl in der letzten Aprilwoche erfolgt. So habe ich am 22. April 1897 nahe der Quarantäneinsel Hag. Georgios einen Schwarm von etwa 40 Stücken eben ankommen gesehen und fünf Tage später traf St. Strim- meneas viele am Phaleron, von denen einige erlegt wurden. Ebenso laut Krüper am 26. April 1574 im Scharen ebenda. Euböa ist die einzige Insel östlich von Griechenland, auf welcher sie bisher be- obachtet wurde (Lindermayer). Im Westen erscheint sie ungefähr zur selben Zeit; so auf der Lagune von Korissia (Korfu) zuerst sieben, dann drei Stück am 4. Mai 1897. Vier davon erlegte ich und nahm zwei Bälge mit. Aber auch später treffen noch Nachzügler ein, wie ein Paar beweist, welches sich bei heftigem Sturme zu Mittag und nachmittags am 15. Mai 1898 bei der kleinen Anlegestelle der größeren Strophadeninsel herumtrieb. Das von Lindermayer und Graf von der Mühle vermutete Brüten im Gebiete hat schon seit 1853 seine Bestätigung erfahren. Im Osten des Landes kommt hierfür bloß die Umgebung von Lamia in Betracht, wo diese Seeschwalbe nach den Erkundigungen von St. Strimmeneas bis etwa 1900 alljährlich brütete, dann aber durch wiederholte Störungen vertrieben wurde und sich vielleicht in der Nähe ansiedelte, da der Genannte am 3. Juni 1902 ein zusammen- haltendes Paar erleste und mir einsandte. 1) „Vogelfang“ 1855, 8. 346. Ornis balcanica. a 22 Der weitaus bekannteste, unter anderem auch in Baedekers Eierwerk erwähnte Brutplatz befindet sich aber bei Missolonghi in Akarnanien. Doch scheint sie auch dort nicht gar so zahlreich zu sein, wie man nach v. Heldreichs und Altums Dar- stellung annehmen möchte. Mir selbst blieb der prächtige Anblick der Lachmeer- schwalbe am Brutplatze in Griechenland leider versagt, weil ich die Gegend von Missolonghi zu früh verließ. Von dort berichtet Dr. Nieder (Regensburger Korresp.-Blatt 1859, $. 30), daß gelegentlich eines Ausfluges nach den unweit der Stadt gelegenen Laguneninseln im Sande Eier gefunden wurden. Es handelt sich vielleicht um dieselbe Unternehmung am 29. April, bei welcher Krüper 26 Eier erhielt, von denen mehrere in das Univer- sitätsmuseum in Athen gelangten. Die damalige Legezeit war ungewöhnlich früh, da die regelmäßige vier Wochen später anzusetzen ist und infolge der Störungen durch Eierwegnahme der Fischer nach Krüpers Erfahrungen oft noch viel später, frische Ge- lege gefunden werden. Als erster sandte von dort Dr. Nieder (1853) Eier an den mineralogisch-zoologischen Verein in Regensburg; doch verdienen hier vor allem die treffichen Schilderungen Simpsons und Seebohms (bei Dresser) Beachtung. In höchst anziehender Form erzählt Simpson („Ibis“ 1860, p. 391 und 392), wie er bei Missolonghi nach manchem Mißerfolge endlich am 23. Mai 1860 in die Nähe des Brutplatzes gelangte, einen Strohhut voll Eier von einem Fischerbuben erhandelte, und schließlich zu den brütenden Seeschwalben geführt, auch zwei frische volle Gelege selbst auffand. Die Eier lagen entweder ohne Unterlage in einer seichten Vertiefung im Sande oder auf ein wenig trockenem Grase oder Seetang zu zwei, höchstens drei Stück im Gelege. Die Brutpaare schwebten vereint hoch über dem Nistplatze und stießen nicht so wie andere Seeschwalben auf die störenden Menschen herab. Den Mimikrismus der Eierfärbung bezüglich der Umgebung fand auch Simpson sehr deutlich ausgeprägt. Nach Krüper wird in der Gegend von Missolonghi der Angstruf dieser See- schwalbe am Brutplatze von den Griechen in die Worte gekleidet: „rigz zogen! — nimm das Gewehr! Sterna caspia Pall. — Kaspische Seeschwalbe. In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts konnte man in den besten dama- ligen ornithologischen Werken, wie z. B. in jenen von Temminck, Chr. L. Brehm („Europäische Vögel“), Naumann, Dubois die Angabe finden, daß Sterna caspia eine Bewohnerin des griechischen Archipels sei, und selbst noch etwas später wird sie von Erhard ohne jede Berechtigung und zweifellos fälschlich zu den Standvögeln der Kykladen gerechnet, was leider von Lindermayer nachgedruckt wurde. Auf $. 62 seiner Abhandlung fügt dann Erhard hinzu, daß sie während des Frühlings in kleinen Flügen das Kykladenmeer besucht und den gleichen griechischen Namen hat wie die Sturmvögel. In Wirklichkeit ist sie aber bisher noch nie im Agäischen Meere nach- gewiesen worden, sondern der einzige Platz, wo sie alljährlich während des ganzen Winters zu finden ist, sind die Lagunen an der ganzen Küste von Akarnanien. Hier, und zwar bei Missolonghi, erhielt zunächst Dr. Lindermayer zwei im April 1838 er- legte Stücke. Später nennt er sie in einer handschriftlichen Bemerkung bereits ziem- lich häufig bei Missolonghi und vermutet sogar irrigerweise, daß sie dort brüte. III. Griechenland. 523 Am gleichen Orte wurden im Februar 1859 viele von Simpson, öfters von Krüper, im November und Dezember 1862 von Sperling beobachtet. Gleichwohl muß die Angabe des Letztgenannten, daß Hunderte auf einmal gesehen werden können, wie sie über den Lagunen schwebend der kleinen Fischbrut auflauern, wenigstens für die jetzigen Verhältnisse als stark übertrieben bezeichnet werden. Dr. Krüper ist übrigens der erste und einzige Autor, welcher (1875) ausdrücklich hervorhebt, daß sie in Griechenland nirgends brütet, und überhaupt ist es nicht zutreffend, wenn man sie, wie es v. Heldreich tut, für das ganze Gebiet „ziemlich häufig“ nennt. Dagegen wird es wohl richtig sein, daß hier und da einmal eine St. caspia, von Akarnanien nordwärts streichend, im Winter bis Korfu gelangt, wie Lord Lilford mitteilt. Als ich mich im Jänner 1397 zur Reise nach den griechischen Lagunen rüstete, erwartete ich mit Ungeduld die Stunde, welche mir zum ersten Male den Anblick dieser stattlichen Seeschwalbe in der Freiheit bringen sollte. Es ist nun gar nicht zu wundern, daß wir alle ganz im Anfange die kaspischen Seeschwalben für Möwen hielten; erst durch die seeschwalbenartige Haltung des Kopfes wurden wir eines Richtigeren belehrt. Vollkommen sicher wurde ich meiner Sache, als ich beobachtete, wie sie sich aus ziemlicher Höhe so heftig zum Fischen ins Wasser stürzte, daß es hoch aufspritzte. In dieser Hinsicht gleicht ihr Betragen im vergrößerten Maßstabe genau dem der Sterna minuta. Vom 28. bis 30. Jänner 1397 begegneten wir ihr häufig in den Lagunen rings um das Salzmagazin bei Missolonghi, in der Nähe des Schlachthauses, welches sie stets in gemessener Entfernung zu umfliegen pflegte, und in der Gegend zwischen Känurion und Missolonghi. Einmal beobachtete ich eine, wie sie zwar nur vorübergehend, aber doch deutlich zweimal auf eine von mir aufgescheuchte und auf Schilfrohrwust aufgehakte Sumpfohreule laut kreischend herabstieß. Bezüglich ihrer Stimme konnten wir bald wahrnehmen, daß sie auch zur Winters- zeit sich in zweierlei Weise vernehmen lassen. Während die eine, kürzere Lautäuße- rung nur in der Nähe hörbar ist und nicht unangenehm klingt, ist das heisere, einige Zeit fortgesetzte Gekrächze weithin hörbar und wird von dem Vogel auch stets dann ausgestoßen, wenn man auf ihn einen Schuß abgibt. Am 1. Februar traf ich in der Bucht gegen Aetolikon zu nur wenige Paare. Ein solches kam auf einen einem Entenschwarm nachgesendeten Schuß laut kreischend her- beigeflogen, so daß ich die mir zunächst vorbeifliegende Seeschwalbe schwer anschoß, aber leider doch nicht erlangte. Dagegen lieferten meine beiden Begleiter an diesem Tage aus der Gegend von Känurion die ersten beiden Stücke ein. Am 7. Februar war nach heftigem Sturme und Regen in der ganzen Umgebung von Missolonghi keine einzige kaspische Seeschwalbe sichtbar, aber schon tagsdarauf zeigten sie sich ganz in der Nähe der Stadt, so daß Santarius eine bei den Bade- hütten schießen konnte. Am 9. und 10. Februar machten wir mit mehr oder weniger Erfolg in den weiter westlich gelegenen Lagunen (gegen Skropha zu) auf sie Jagd und am 14. Februar und 25. März wieder in der Gegend von Känurion. Am letztgenannten Tage gab es dort aber nur mehr 7—9 Stück. Endlich war es der „Turlida“ genannte Lagunenteil, die Gegend um den Leucht turm Sosti und der Golf von Prokopanisto, wo wir vom 22. Februar bis zum 4. April auf sechs Ausflügen die dortigen Gewässer als Lieblingsfischplätze der kaspischen See- schwalben kennen lernten. Meistens betrieben dort ihrer 5—8 den Fischfang, aber 524 Ormis baleanica. stets jede für sich getrennt. Nur einmal waren sie in Gruppen beisammen, die sich sehr lärmend verhielten und sich anscheinend zum Wegzuge anschickten. An manchen Tagen ließ sich m den landeinwärts gelegenen Gewässern nicht eine emzige blicken, sondern samt und sonders schwebten sie nahe dem Ufer über dem offenen Meere. Auf dem letzten Ausfluge am 4. April konnte Santarius bloß fünf oder sechs Stücke beobachten, deren grellrote Schnäbel im Sonnenglanze leuchteten, und es ist bedauerlich, daß ich infolge unserer Abreise nicht angeben kann, wie lange eigentlich diese Seeschwalbe in den dortigen Lagunen verweilt. Jedenfalls ist im Mai keine mehr dort. Wir waren alle am Schlusse darüber einig, daß es einen außerordentlich kräftigen Schuß braucht, um diesen Vogel zu Fall zu bringen, und daß der möglichst gedeckte Ansitz bei den Lieblingsfischplätzen noch am ehesten dazu führt, einen erlegen zu können. Wir brachten im ganzen acht Stücke zusammen, worunter sich nur ein Paar ganz alter Vögel befindet, welches Führer erlegte. Dieser lockte das Weibchen da- durch in den Bereich seiner Flinte, daß er zu wiederholten Malen eine tote @elastes hoch in die Luft schleuderte. Die Seeschwalbe hatte damals einen ziemlich großen, stachelisen, C’ottus-ähnlichen Fisch im Schnabel stecken. Die noch nicht einjährigen Tiere sind nicht allein durch die etwas hellere Schnabel- färbung, sondern vor allem durch die schwärzliche Färbung der kleinen Deckfedern der ersten Schwungfedern leicht zu unterscheiden, da die ganze Oberfläche der Schwingen alter Vögel gleich dem Rücken einfärbig lichtgrau erscheint. Die Schwimmhäute einiger Stücke waren im frischen Zustande erdsalamanderartig grell orangegelb und ganz unregelmäßig gefleckt, wobei dann auch immer einge Nägel nicht schwarz, sondern horngelb gefärbt waren. Im übrigen tragen sie alle das ge- wöhnliche Winterkleid, auch noch ein am 25. März erlegtes Stück. Obwohl der schöne Vogel in der dortigen Gegend wenig oder eigentlich gar keinen Verfolgungen ausgesetzt ist, bleibt er doch jederzeit vorsichtig und ist immer schwer zu erbeuten. In den verschiedensten Museen und Sammlungen habe ich bisher griechische Ver- treter noch nie gesehen. Rissa tridactyla (L.) — Dreizehige Möwe. Nach den übereinstimmenden Erfahrungen Lindermayers, Graf von der Mühles, Krüpers und v. Heldreichs gehört die dreizehige Möwe an den griechischen Küsten selbst während des Winters zu den seltensten und nur zufällig erscheinen- den Arten. Erhard rechnet sie zu den im Kykladenmeere überwinternden Möwen und Lindermayer erhielt einst im April ein Stück von der Küste Euböas. Auch Graf von der Mühle bekam einige Vertreter der Dreizehenmöwe, verlor aber leider die Bälge durch unglückliche Zufälle. Vielleicht ist sie in Westgriechenland etwas häufiger, indem Baron Schilling im Hafen von Patras am 17. Februar sowie am 18. März 1899 je eine und am 27. März sogar sechs Stücke beobachtete und auch ich selbst eine verläßliche Mitteilung geben kann. Am Vormittag des 25. Jänner 1397 erschien nämlich über dem Kielwasser unseres von Korfu nach Patras fahrenden Dampfers auf der Höhe von Levkas (Sta. Maura) eine Dreizehenmöwe. Sie folgte dem Schiffe beiläufig eine halbe Stunde lang und u le III. Griechenland. . 525 näherte sich einige Male so sehr, daß ich jede einzelne Feder unterscheiden konnte. Am Nachmittag ließ sich dann für kurze Zeit in der Nähe der Echinadeninseln wieder dieselbe oder eine andere Fissa tridactyla blicken. Das einzige meines Wissens aus Griechenland stammende Belegstück, ein Weib- chen im Winterkleide, erlegte Herr Merlin jun. am 7. Jänner 1895 im Piräus. Der tadellose Balg gelangte in einer größeren Naturaliensendung an die bekannte Firma Schlüter in Halle, wurde von dem genannten Inhaber richtig erkannt, in dankens- werter Weise unserer Anstalt angeboten und von dieser erworben. Gelastes gelastes (Lieht.) — Dünnschnäbelige Möwe. Wenn ich bei dieser Möwenart den obigen, unvermeidlichen Wiederholungsnamen statt des einfachen Larus gelastes gewählt habe, so stütze ich mich dabei auf einen ganz besonderen Grund. Es soll dadurch angedeutet werden, daß diese Möwe von allen europäischen Arten allein eine rein gelbe und nicht grüne Eischalenfärbung bei durchfallendem Lichte besitzt. Was wir bisher über ihr Vorkommen in Griechenland wußten, ist ziemlich dürf- tiger Natur. Erhard war der erste, welcher sie als eine auf den Kykladen und im Ägäischen Meere überhaupt nicht selten überwinternde Art erkannte. Größtenteils dieser Angabe folgend wird sie als Küstenbewohnerin Griechenlands genannt von Lindermayer (1859), Degland, Baedeker, Brehm und Päßler (Eier- werk), Dubois und Th. v. Heldreich (ausdrücklich als Wintergast!). In die Museen gelangten aus unserem Gebiete nur wenige Belegstücke. So ein alter Vogel, von Commr. Mae Farlane im November im Golf von Korinth gesammelt, in die Koll. H. Saunders (jetzt im British Museum), ein anderer, im Dezember 1868 in der Umgebung von Missolonghi geschossen, kam durch Dr. Nieder sen. an das Universitätsmuseum zu Athen und am 8. Februar 1869 wurde diese Möwe von Elwes und Buckley im Golf von Volo erlegt. Schließlich soll nach Krüper („Griechische Jahreszeiten“, S. 305) im November 1573 auch ein Stück an der attischen Küste erbeutet worden sein. Mehr ist der gesamten mir zugänglichen Literatur nicht zu entnehmen, obgleich diese Möwe zur Winterszeit eine bezeichnende Erscheinung gewisser Lagunen, ins- besondere aber jener von Akarnanien genannt werden muß. Bei meiner dortigen Ankunft im Jänner 1897 machte ich es mir zur Aufgabe, nicht nur eine ansehnliche Reihe von Bälgen zusammenzubekommen, sondern auch nach jeder Richtung hin diese Möwe möglichst gründlich zu studieren. Schon beim ersten Ausfluge bei Missolonghi wurde die Art nach und nach mit Sicherheit von uns sowohl im Fluge als namentlich auch beim Schwimmen in den abgeteilten Salinenbecken an ihrer Körperhaltung unterschieden. Anfangs wollte die Jagd auf sie durchaus nicht glücken und zwei gingen uns, selbst mit großer Munitionsverschwendung auf bedeutende Entfernung, verloren, da sie bloß geflügelt waren und mit erstaunlicher Schnelligkeit weit ins Meer hinausruderten. Erst am 30. Jänner erbeuteten wir östlich von Missolonghi, nachdem wieder viel Pulver verpufit worden war, drei alte und drei junge Möwen und zweifellos wurde eine große Zahl anderer angeschossen. Die klugen Vögel wußten sich beim Fischen, wobei sie stets gerne dem Küstensaume entlang zogen, stets genau außerhalb des Schußbereiches zu halten. Ihre Zahl war stets eine recht ansehnliche. 526 Ornis balcanica. Am 1. Februar brachten aus® derselben Gegend Führer und Santarius neun Stücke, welche sie mit Hilfe von ausgestopften Lach- und geflügelten Dünnschnabel- möwen in den Bereich ihrer Flinten gelockt hatten. Am 8. Februar erlegte ich ein Stück bei den Badehütten nahezu innerhalb der Stadt und in den folgenden Wochen hatten wir vielfach Gelegenheit, sie überall in den Lagunen westlich bis Kap Skropha sowie bei Turlida, zu einer großen Schar vereinigt, zu beobachten. Als wir einst eine solche von etwa 50—60 Stücken gegen Abend aufscheuchten, bildeten diese Möwen eine den Ibissen sehr ähnliche Fluglinie. An diesen Orten trieben sich auch noch am 10. und 25. März ansehnliche Gesell- schaften herum, aber ich vermag nicht anzugeben, wie lange sich die Art in den dortigen Gewässern aufhält. Nur so viel steht fest, daß sie beim Beginn der Brutzeit aus sämtlichen Gewässern Griechenlands verschwindet und die Lagunen, welche ihr eine so außerordentlich reichliche und leicht erreichbare Nahrung darbieten, erst im Spätherbst wieder aufsucht. Eine Beschreibung dieser sehr zierlichen Möwenart ist an dieser Stelle wohl über- flüssig. Ich will nur erwähnen, daß das liebliche Rosenrot des Gefieders sich jetzt nach einer Reihe von Jahren noch ziemlich gut bei manchen Stücken erhalten hat. Von allen Dünnschnabelmöwen (sechs 0’ und acht 9), die wir von Akarnanien mitbrachten, ist aber ein am 10. März von Santarius erbeutetes altes Männchen weitaus das schönste. Die Rosenfarbe durchzog alle lichten Gefiederpartien mit einer derartigen Tiefe, daß sie noch heute am alten Balge mit frisch geschossenen Stücken wetteifern kann. In der Regel tritt dagegen diese angenehme Färbung nur auf der Unterseite und namentlich gegen die Unterschwanzdecken zu auf. Das manchmal fingerdicke Fett ist stets grell pomeranzengelb. Die Färbung der Iris ist ebenso wie jene der Ruder und des Schnabels j> nach dem Alter sehr verschieden! Bei jenen Vögeln, die noch Reste des Jugendkleides auf Rücken, Flügel und Schwanz tragen, sind die Ruder lichtgelb, wie bei der alten Larus argentatus micha- hellesi, der Schnabel gelblich fleischfarben und die Iris silbergrau. Später werden Schnabel und Ruder immer mehr rot und bei ganz alten Vögeln spielt der Schnabel ins Schwärzlichbraunrote. Die Iris gewinnt nach und nach ein lichtbraunes Aussehen. Bei genauerer Betrachtung sieht man aber in dieser vorgeschrittenen Altersstufe zu- nächst der Pupille einen etwas dunkler braunen Ring, während den übrigen Iristeil ein merkwürdiges Gemisch von Lichtbraun, Fleischfarbe und Grau ausfüllt. Bei einem der untersuchten Vögel war ein Auge silbergrau, das andere gelb- bräunlich. Die Maße der 14 Stücke sind in Zentimetern: N ae ee Er Ganze Länge. 45 447 445 4 433 42:3 42 417415 41341 41 40 40 Flügel . . . 30530 305 31 30:5 30 29 29 29 30:5 30:5 30 29 28:5 Schwanz 2...,.135,712:521327.13:3/ 125 212:5712:5711:5.125 925 1272137 115212 Laufen: AU 548,5, 454:94,5,0548,5 471, 24:87,4:85 4587 47:5 4:36 Schnabel .......3:8.45 48 42 45.39 38 38 38 4 44 37 42 42 Auch diese Möwe wird von den Griechen leidenschaftlich gerne gegessen und jede sofort nach dem Erlegen von ihnen gerupft. Wir versuchten einstens eine aus den ab- gebalgten Körpern hergestellte Suppe. Jedoch war nur unser echter Jägerhunger Ursache, daß wir sie nicht verschmähten. EEE EEE III. Griechenland. 527 Larus minutus Pall. — Zwergmöwe. Zu den wenigen Vogelarten, welche im Atlas der Exped. scient. de Mor. abge- bildet wurden, gehört die Zwergmöwe. Es ist dort auf Pl. V ein Stück im Hochzeits- kleide in natürlicher Größe recht nett dargestellt, aber es ist aus den Begleitworten nicht ersichtlich, ob das Original tatsächlich vom Peloponnes, unter dessen Vögel eben Larus minutus eingereiht erscheint, herstammt. Nur’ ene kurze Beschreibung des Sommerkleides und einige Verbreitungsangaben (von Griechenland bis Sibirien) stehen dort zu lesen, aber dennoch bezeichnet sie daraufhin Degland als „recht häufig in der Morea*. Vögel mit der schwarzen Kapuze gehören im Bereiche von Griechenland zu den größten Seltenheiten; mir ist nur ein einziges solches Männchen im Museum zu Athen bekannt geworden, welches am 20. Februar 1567 von Bonkowski an der attischen Küste erlegt wurde. Dagegen stellt sich Z. minutus im Jugendgefieder und im reinen Winterkleide während der kalten Jahreszeit ziemlich regelmäßig ein. So beobachtete sie Lord Lilford von Ende Oktober bis Anfang März ziemlich häufig bei Korfu, namentlich im Hafen von Mandrachio (soll offenbar heißen Man- duchio!). Unweit von dort, am Rande der Bucht von Potamo gelang es am 18. Jän- ner 1897 Santarius, ein einzelnes junges Weibchen zu schießen, und im eigentlichen Hafen von Korfu!) bemerkte ich am 1. Mai 1897 einige, die zu meinem Erstaunen sämtlich noch das jugendliche oder winterliche Kleid trugen. Auch Graf von der Mühle sagt, daß die Zwergmöwe nicht selten und in ziem- lich zahlreichen Flügen nach Griechenland kommt, aber nur im Winter. Mit dieser voll- ständig zutreffenden Angabe sowohl, wie auch mit seiner eigenen vom Jahre 1343, setzt sich Lindermayer sehr in Widerspruch, indem er später sagt, daß er diese Möwe nur im Sommer gesehen habe — hier muß ein Irrtum vorliegen! Außer an den Küsten von Attika und auf Euböa (wo sie Lindermayer fest- stellte und ich erst kürzlich ein bei Chalkis am 22. Februar 1900 erlegtes Stück be- kam), ist sie zumeist in Akarnanien beobachtet worden; so wurde bei Aetolikon eine Ende März oder im April 1861 von Mr. Tindall (nach Krüper) erbeutet, eine andere Krüper ebenda am 8. Februar 1869, und zur selben Zeit stellten sie Elwes und Buckley als sehr zahlreich in den griechischen Gewässern fest. Ich sah sie in der Nähe von Missolonghi einige Male, ja schon vorher mehrere bei der Einfahrt in den Hafen von Patras, fand ein totes, altes Stück unweit des Leucht- turmes Hag. Sosti und erlegte ein jüngeres Männchen vom Balkon unseres Wohnhauses in Missolonghi (28. Jänner 1897). Über Größe und Gefieder der sämtlichen von mir untersuchten Zwergmöwen ist gar nichts Bemerkenswertes zu sagen. Larus ridibundus L., Chema ridibundum L. — Lachmöwe. Es gibt wohl keine kürzere und dabei zutreffendere Kennzeichnung dieses typi- schen Wintergastes im Lande als jene des Grafen von der Mühle, weshalb ich sie den ausführlicheren Angaben vorausschicke: „Diese Möwe ist wohl die zahlreichste der Gattung in ganz Griechenland. Den ganzen Winter hindurch liegen ungeheure 1) Ein weiteres Stück gelangte von hier durch Col. Portlock, gleichfalls im Winter gesammelt, an das Britische Museum. 528 Ornis balcanica. Scharen derselben in den Seehäfen, wo sie so wenig scheu sind, daß sie an den Lan- dungsplätzen an den dort ihr lautes Wesen treibenden Schiffern und Fischern beständig auf wenige Schritte vorbeifliegen, werden aber, wenn ein paar Mal unter sie gefeuert worden, vorsichtiger und meiden dann einige Zeit hindurch solche Plätze. Die noch nicht brutfähigen ein- bis zweijährigen Vögel bleiben das ganze Jahr hindurch in der Nähe der Seehäfen.“ Tatsächlich bilden Lach- und Silbermöwen das belebende Element eines jeden griechischen Hafens, nicht nur im Winter, sondern fast zu allen Zeiten des Jahres, wie aus den folgenden Aufzeichnungen zur Genüge hervorgeht. Korfu: In der zweiten Hälfte Jänner 1397 im Hafen bei Manduchio und an der Potamömündung in riesiger Menge; fünf Stück werden von uns geschossen, dann am 23. April 1894 Hunderte im Hafen, wo sie sich etwas weniger zutraulich zeigen als die Silbermöwen; am 3. Mai 1897 an der Potamömündung ein Schwarm mit zwei Nume- nius arcuatus umherstreichend und am 4. Mai 1898 einige im Hafen, wovon die Mehr- zahl, wohl jüngere, noch das Winterkleid trägt. Weiters beobachtet auf: Kephalonia (im Hafen von Argostoli am 23. März 1897 viele!), Kythera (Jameson: im Winter und Frühling), Kykladen (Erhard: überwinternd), Euböa (Lindermayer), dann auf dem Festlande, im Golf von Volo (ein junges Stück erlegten Elwes und Buckley am 8. Februar 1869, jetzt im British Museum, iuv. 0’ St. Strimmeneas am 24. Septem- ber 1895), doch ist das Vorkommen am nahen Karlasee zur Brutzeit dermalen noch sehr fraglich. Auf keinen Fall ist aber irgendwo ein Brüten mit auch nur einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen, obschon sowohl Graf von der Mühle als auch Lindermayer dies bestimmt voraussetzen und der Letztgenannte es daraus folgert, daß er Lachmöwen sehr häufig vom Sommer bis zum folgenden Frühling am Likeri- see in Böotien gesehen habe. Krüper bestreitet das Brüten in Griechenland ebenfalls. Es mögen wohl in früherer Zeit hierbei öfters Verwechslungen mit der nahestehenden Schwarzkopfmöwe vorgekommen sein. Außerordentlich häufig besucht Z. ridibundus auch den Piräus (altes 0’ vom 22. De- zember 1895 vorliegend und iuv. vom 9. Dezember 1869 im Athener Museum), nicht minder dann sowohl die Süßwässer, als die Salzwasserlagunen von Akarnanien. Am 23. Jänner gab es im Golf von Prokopanisto nicht sonderlich viele und noch weniger zwei Tage darauf am Phidarisfluß; doch wurden zwei geschossen (ein ad. Cd’ von hier 10. Februar 1869 durch Krüper in der Koll. Dresser) und am 10. März zeigten sich in der Gegend des Salzmagazins bei Missolonghi sehr viele, teilweise schon mit deut- lich braunen Köpfen, wie ein mir vorliegendes, damals geschossenes Stück beweist. Die braune Kopfpartie hat nur mehr sehr wenige, einzelnstehende weiße Federn. Am 30. März 1897 wurde eine unausgefärbte von einigen anwesenden am See von Vrachori erlegt und am 5. Mai 1894 sah ich bei Missolonghi 14 Stücke, welche neben dem dahinfahrenden Eisenbahnzuge im Fluge die gleiche Geschwindigkeit einhielten. Auch die Häfen des Peloponnes verlocken sie wegen des reichlichen, mühelos zu haschenden Futters zum längeren Aufenthalte; so die Bucht von Navarin-Pylos (9 vom 10. Februar 1858 in Koll. Tristram) und besonders die Hafenanlagen von Patras, wo sich am 25. Jänner 1897 viele herumtummelten und am 30. April 1897 mehrere junge Vögel verweilten. Chr. L. Brehm erwähnt im „Vogelfang“, S. 343 eine längst fallen gelassene Form der Lachmöwe, als C'hroieocephalus capistratus Eyt. mit folgenden Kennzeichen: „Etwas kleiner als ridibundus, mit kürzerem Schnabel und Füßen und anderem Jugendkleide, das jedoch vorn ganz weiß ist.“ Schon die folgende Angabe der Fundstellen zeigt III. Griechenland. 529 deutlich, daß es sich schwerlich um eine geographische Form, sondern um Größen- schwankungen verschiedener Individuen dabei handelt. Chr. capistratus soll nämlich zu finden sein: „Auf Rügen, in Griechenland, Asypten und bei Renthendorf.“ Larus melanocephalus Natt. — Schwarzköpfige Möwe. Obgleich wir über das Vorkommen dieser südlichen, richtiger südöstlichen Möwe sehr viele auf Griechenland und dessen Inseln Bezug nehmende allgemeine Angaben besitzen — so von Thienemann, Temminck, Naumann Nachträge!, Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk!), Degland, Dubois — und sich auch fast alle im Lande selbst tätig gewesenen Ornithologen mit dieser interessanten Art befaßt haben, so ist doch noch so manches in ihrer Lebensweise bis zum heutigen Tage ungelöst geblieben. Dagegen darf ich gegenwärtig die Beschreibung ihrer verschiedenen Kleider als bekannt voraussetzen, ein Gegenstand, der einstens dem Grafen von der Mühle und anderen so viel zu schaften gab. Lindermayer hob in seiner ersten Arbeit aus- drücklich hervor, daß entgegen der Beschreibung Brehms drei ihm vorliegende grie- chische Vertreter einen schneeweißen, halbmondförmigen Fleck am unteren Augenlide zeigten, worauf Brehm („Stiftungsfest“ usf.) bemerkt, daß der weiße Augenfleck aın unteren Lide an nicht sorgfältig behandelten Bälgen leicht übersehen wird. Ich füge hier noch hinzu, daß diese Möwe zwei solche weiße, von einander getrennte Fleckchen über und unter dem Lide im Prachtgefieder besitzt. Wenn Krüper und v. Heldreich von ZL. melanocephalus sagen, daß sie in Griechenland selten ist und nicht alle Jahre vorkommt, so kann ich dies durchaus nicht gelten lassen. Sie entzieht sich dadurch der Beobachtung, daß sie einen großen Teil des Jahres, namentlich den Winter, weitab von den Küsten auf hoher See verlebt. Stets habe ich sowohl in der Adria als in den griechischen Gewässern bemerkt, daß sie den Schiffen nur außerhalb der Hafenplätze folst und in der Nähe des Landes immer der Lach- möwe Platz macht. Niemals habe ich sie im Winter oder im Vorfrühling auf festem Lande angetroffen. Daher kann ich die Angabe des Grafen von der Mühle: „besucht im Frühjahre die sumpfigen, überschwemmten Wiesen mit den Meerschwalben und sticht auf ähnliche Art nach Insekten, die dann ihre Nahrung ausmachen“, entweder nur als höchst seltenen Ausnahmsfall oder eher noch als eine Verwechslung mit einer anderen Möwenart bezeichnen. Ich hätte während meines Aufenthaltes in Griechen- land so manche von Bord der Dampfschiffe aus während der Fahrt schießen können, tat dies aber nicht, weil der Vogel ja nutzlos verloren gegangen wäre. In den Lagunen von Missolonghi habe ich stets vergeblich nach ihr gesucht. Bei Korfu ist sie nach Drummond und Lord Lilford im Winter sehr häufig. Drummond setzt bei, daß gegen Anfang März der Kopf pechschwarz wird, und daß diese Möwe gegen Anfang April verschwindet. Die folgenden Beobachtungen werden zeigen, daß diese Angaben vollständig richtig sind. In der Nähe von Paxos, Levkas, Petalä und Oxiä beobachtete ich im Jänner und Februar 1897 einzelne Stücke dieser Art, und am 26. Februar begannen die Köpfe mehrerer schon deutlich schwarz zu werden. Häufig befand sich in ihrer Gesellschaft Sterna cantiaca. Bei Kephalonia erschienen am 23. März bei der Ausfahrt aus dem Hafen drei Stücke mit bereits gänzlich schwarzen Köpfen, und am 5. April ließen sich zwischen Kryoneri und Patras nur mehr wenige blicken. Reiser, Ornis balcanica. III. 34 530 Ornis baleanica. Den Hafen von Patras besucht Z. melanocephalus, wenngleich nur vorübergehend noch am häufigsten; doch besteht hier strenges Schießverbot. So vermerkte dort Baron Schilling je eine am 17. Februar und 13. März 1599 und am 27. März erschien für kurze Zeit sogar eine Gesellschaft von 25 Stücken. Auch mitten im Sommer kommt dies manchmal vor; so am 1. Juli 18958. Hauptmann Roth beobachtete eine solehe im vollständigen Prachtkleide Ende Juli eine halbe Stunde südlich von Korfu.!) An der Küste von Kythera erscheint sie nach Jameson im Winter und Frühling. Im Osten von Griechenland ist diese Möwe entschieden noch häufiger. Dies be- weisen die zahlreichen dort erlegten Belegstücke in den verschiedenen Sammlungen. Auf meiner Fahrt nach Volo bemerkte ich schon bei Chalkis (16. Mai 1894) sowie an der nördlichen Küste von Euböa (wo sie zuerst Lindermayer feststellte) diese Möwe mehrfach, war aber sehr überrascht, in Volo ganz unglaubliche Mengen von ihr laut rufend und lärmend, genau so wie dies Krüper bei Smyrna beobachtet hatte, in Scharen von 10—40 Stücken, in kurzen Zwischenräumen auf emander folgend, vom Meere über den Hafen und den Bahnhof genau in einer bestimmten Richtung landein- wärts ziehen zu sehen. Es galt nun dieser Richtung folgend, etwa am Karlasee den jedenfalls riesigen Brutplatz dieser Scharen zu suchen. Dies ist uns nun wegen der sehr beschränkten Zeit leider nicht gelungen; wir stellten nur fest, daß vom Ostende des Sees angefangen bis zu dessen Mitte die laut rufenden Möwen immer noch hoch nach Westen landeinwärts weiterflogen, so daß die Brutkolonie sich entweder im äußersten Westen des Sees oder gar in den Sümpfen östlich von Larissa befinden mußte. Es braucht wohl nicht erst besonders hervorgehoben zu werden, daß die Auf- findung dieses Brutplatzes eine dankbare Aufgabe künftig Thessalien besuchender Forscher sein wird; denn die Dobrudscha ist bisher die emzige Gegend der ganzen Balkanhalbinsel, wo diese Möwe brütend nachgewiesen worden ist. Professor Apostolides in Athen, dessen Heimat Volo ist, vermutet, daß die Schwarzkopfmöwe auch bei Trikeri auf Glaronisi (wahrscheinlich die auf den Karten Pitha genannte Insel) in Menge brüte. Ich stimme aber mit Dr. Krüper vollkommen überein, daß dies nicht wahrscheinlich ist, weil auf den Klippen und Inseln im Meere andere Möwenarten brüten. Im großherzoglichen Museum zu Oldenburg soll sich ein aus Griechenland von Dr. Lindermayer gesendetes Ei dieser Möwe befinden. Da aber Lindermayer 1859 ausdrücklich betont, daß er solche nie erhalten habe, liegt entweder eine Ver- wechslung vor, oder das Ei stammt aus emem anderen Lande. St. Strimmeneas behauptete in einem an mich gerichteten Schreiben, daß sie vor 1902 in riesiger Menge in den Sümpfen von Megali vrysis bei Lamia gebrütet hätten. Im Frühling 1901 wären dort eine Menge Rohrweihen (Circus aeruginosus) erschienen und hätten unter den brütenden Schwarzkopfmöwen eine solch schreckliche Verheerung angerichtet, daß der Gestank der verfaulenden Jungen einige Kilometer weit zu verspüren gewesen sei. Daraufhin wäre 1902 keine Möwe und keine Seeschwalbe mehr zum Nisten dort verblieben, sondern nur durchgezogen. Meiner Meinung nach müssen aber doch noch andere Beunruhigungen schwerster Art in der dortigen Kolonie 1) Nebenbei erwähne ich, daß sich ein wohlerhaltenes, noch von Schrader sen. herrührendes Prä- parat von L. melanocephalus im Hochzeitskleide derzeit im Privatbesitz einer Familie in Neochori befindet. III. Griechenland. 531 vorgekommen sein, da nicht anzunehmen ist, daß die Rohrweihe derartig zur Ver- nichtung einer solchen Masse von Möwen beitragen kann. 1903 ist St. Strimmeneas aber doch so glücklich gewesen, am genannten Orte eine große Brutsiedlung ausfindig zu machen. Es wurde von ihm am 24., 25. und 30. Mai eine bedeutende Anzahl von Gelesen gesammelt, von welchen ich die nach- folgenden untersuchen konnte. 1b; 61:9 57:2 58:5 568 57-8 55:6 533 mm Br. 33:3 3:9 39:3 3:3 SZ 335 36:1 mn Gew. 309 N. B. Größtes Ei! 248 301 273 268 266 218 cg L. 57 54:9 56:9 54:4 531 567 542 mm Br. 402 40-4 39-9 39 33:6 46:6 36:9 mm Gew. 313 N.B. Schwerste Schale! 298 279 259 230 256 267 eg VL. 562 55 52-4 561 53:3 56 55:2 52-7 mm Br. 38:2 36:6 35:3 362 srl 318 39:6 5T4 mm Gew. 265 221 247 233 250 235 294 262 cg 16% 55:9 54 558 553 52:2 85:4 515 mm Br. 40 376 35 35:1 dal 41:6 33:2 mm Gew. 274 254 237 241 261 307 263 eg 6% 55:1 531 55 547 55 54 534 mm Br. 332 Salt 39-1 37 3355 336 36:6 mm Gew. 287 256 304 254 247 250 234 cg IC; 546 544 54:6 543 534 54:3 52:3 mm Br. 375 373 332 7 364 39:1 35:2 mm Gew. 254 246 241 250 266 266 236 0g L. 54:3 524 50:5 543 52 49:5 543 50:9 mm Br. 37 35 33:2 37 36 36:6 3718 35:5 mm Gew. 266 PB} 259 238 193 222 23: 245 cg 16% 54 52:5 50:8 53:9 418 53:7 50:5 mm Br. 36:5 36:3 36-9 36:5 372 395 37 mm Gew. 244 232, 241 233 23: 259 234 cg IE, 53:6 93-4 52:9 53:3 51 50:3 53:2 53 mm Br. 387 378 38:9 375 39:3 36-1 35:1 39-4 mm Gew. 252 266 264 237 261 23 227 247 cg im 52:8 52:6 52:5 45:9 45:1 HAT Dl'5 mm Br. 34:9 378 374 372 35:6 354 3TD mm Gew. 210 259 DAT 227 217 239 213. cg 34* 532 Ornis baleanica. L. TE 522° 52 52:2 519 52:2 50:6 495 mm Br. 362 354 39:8 373 37 379 36:6 mm Gew. 251 269 263 227 244 212 19IercH 521 SB A 65T mm Br BE a 3 3 3 Br au au ers Gew.233 19 192 234 MT 27 20 220 248 176 Acht einzelne Eier: L. j 57:9 55:7 551 54:6 541 52:8 51:6 51:5 mm Br. 39 38-8 33:2 aHard 39:2 335 33:6 374 mm Gew. 306 246 249 231 267 243 255 224 eg Abgesehen von den Größenverhältnissen, schwankt auch die Grundfärbung dieser Bier ziemlich beträchtlich zwischen hellrahmgelblich und lehmfarbig. Schon hierdurch unterscheiden sie sich sofort von den ihnen am nächsten stehenden der Lachmöwe (L. ridibundus); denn obwohl sie mit diesen das grün durchfallende Schalenlicht gemein- sam haben, ist an der Außenseite nirgends der eigentümliche grünliche Stich der Grundfarbe bemerkbar. Die hervorstechendste Eigentümlichkeit der Eier von Zarus melanocephalus bilden jedoch die sonst bei anderen Möwenarten nur sehr selten und vereinzelt auftretenden Schnörkel und Haarzüge, die sich am stumpfen Ende zu häufen und mannigfaltig zu durchkreuzen und zu verschlingen pflegen. Nur bei wenigen Eiern fehlt diese merk- würdige und zierliche Zeiehnung vollständig und sie erstreckt sich sowohl auf die violettgrauen Schalen- als die dunkelbraunen Oberflecken der Eioberfläche. Nur bei 3—4 Stücken treten an ihre Stelle Brandflecken, so daß sie das Gepräge der Eier von Sterna cantiaca erlangen. Einige Eier sind sehr licht und tragen nur wenige unbedeutende Flecken; eines ist fast weißlich und ist nur am stumpfen Pol durch einige braune hieroglyphenartige Zeichen geziert. Ein weiteres, ebenfalls lichtes, trägt nur einen schmalen, wie eingebrannt aussehenden, kaffeebraunen Fleckenkranz am stumpfen Pol. Endlich zeigt ein sehr ab- weichendes in Farbe und Zeichnung die. Eigentümlichkeit der Eier von (ursorius. Von in verschiedenen Museen befindlichen Bälgen und aufgestellten Stücken wären zu erwähnen: British Museum: Zwei Exemplare, ad. und med. von Korfu, gesammelt von Portlock. Mn Ein Exemplar ad. Küste bei Athen, gesammelt von Merlin sen. Koll. Lord Lilford: iuv., Korfu, Winter 1857. »„ Saunders: ad. 9, Euböa, 9. Februar 1869, gesammelt von H. Elwes. Museum Athen: ad. d‘, Küste von Attika, 9. März 1866, im vollständigen Prachtkleide. > n e A „ 18. Jänner 1866, gesammelt von Bonkowski. Museum Sarajevo: d’, Bucht von Salamis, 23. Dezember 1895. ” D) Sr n j 24. Jänner 1896. n 5 ad. d', Lamia, 27. Februar 1895, im vollständigen Prachtkleide. H n ad. 9, Phaleron, 25. März 1397, „ 5 1) Kleinstes Ei und leichteste Schale. III. Griechenland. 5353 Museum Sarajevo: 0’, Megali vrysis bei Lamia, 29. April 1902, im Winterkleide und mit Resten des Jugendgefieders. ad. d, Megali vrysis bei Lamia, 9. Mai 1902 n ” ] 7 y t3 , : im vollständigen 1 e dach ran ME 9020 Prachtkleid. E one j rachtkleide. H » adror m: 5; 5 „ 28. Mai 1902 Die letzten acht Exemplare sind gesammelt von St. Strimmeneas. Larus canus L. — Sturmmöwe. v. Heldreich hält von den im Griechenland nur überwinternden Möwen diese nach der Lachmöwe für die häufigste Art und dürfte damit wohl auch das Richtige getroffen haben. Drummond und Lord Lilford fanden die Sturmmöwe auf Korfu und in den Jonischen Gewässern im Winter stets mehr oder weniger häufig; z. B. im Februar 1858 bei Petalä. Ein 1896 im Hafen von Zante erlestes und notdürftis konserviertes Stück habe ich auf dieser Insel gesehen und nach Jameson soll sich diese Möwe im Sommer (?) und Herbst bei Kythera zeigen. Im Kykladenmeere verbringt sie zufolge Erhards Beobachtungen ebenfalls die harte Jahreszeit. Ferner besucht sie nach Lindermayer und Krüper vom Herbst bis zum Früh- ling sämtliche Häfen des griechischen Festlandes und Euböas; doch ist es durchaus unwahrscheinlich, daß L. canus hier zu jeder Jahreszeit zu finden sei. Graf von der Mühle betont, daß sie zwar nicht selten, jedoch nur im Winter vorkommt. Auch erwähnt er ihre geringe Scheuheit und ihren vorübergehenden Auf enthalt ziemlich weit im Binnenlande. Im Februar 1897 lernte ich sie als Besucherin der Lagunen von Missolonghi kennen. Die erste wurde hier am 1. Februar geschossen. Im März zeigten sich dann etwas mehr, und es wurde wieder am 9. und 10. je ein Stück erbeutet. Es gab so- wohl alte, ausgefärbte, als auch einjährige und zur Hälfte verfärbte Vögel (Schnabel und Ruder noch fleischfarbig!). Diese Möwe wird öfters das Opfer ihrer eigenen Neugier. Häufig scheint sie die Küsten von Attika (Piräus und Salamis) aufzusuchen und im Golfe von Volo (Thessalien) beobachteten sie Elwes und Buckley am 8. Februar 1869, während vom gleichen Orte St. Strimmeneas ein am 30. Dezember 1395 er- legtes Weibchen einsandte. Um die Mitte März scheinen sich die meisten bereits auf die Wanderung nach Norden zu begeben. In der Ornithologenversammlung zu Berlin am 12. Juli 1851 legte E. v. Homeyer Sturmmöwen aus Griechenland vor, welche er für verschieden von Z. canus hielt und folglich in „Naumannia“ 1853, S. 129 und 130 ausführlich als eine neue Art Zarus heinei beschrieb. Chr. L. Brehm nannte dieselbe Sturmmöwe mit angeblich längeren Flügeln aus Indien, Griechenland und Dalmatien, Zaroides laerymosus („Vogelfang“, S. 340), obwohl er zehn Jahre früher („Stiftungsfest“, Okens „Isis“) griechische Ver- treter von Brutvögeln der deutschen Ostsee nicht verschieden befunden hatte. Bruch (Cab. Journ. f. Orn. 1555) und der erste Beschreiber v. Homeyer (Cab. Journ. f. Orn. 1859, S. 156) halten nach griechischen und südrussischen Belegstücken noch immer an Larus heinei fest, obzwar bereits 1856 in der „Naumannia“, S. 479—482 534 Ornis baleanica. Blasius die Wesensgleichheit mit Zarus canus nachgewiesen hatte, an welcher heute kein Mensch mehr zweifeln dürfte. Der Text zum Eierwerke von Baedeker und Päßler hält sich an die Auf- fassungen v. Homeyers und Brehms bezüglich dieser Art; aber Degland nahm in sein bekanntes Werk für den griechischen Archipel die var. niveus Pall. (= heinei?!) auf, welchen Vorgang auch Fritsch („Vögel Europas“) befolgte, und zwar mit dem Beisatze: „Es wird dieser Vogel eher als eine konstante größere Varietät als eine selb- ständige Art zu betrachten sein.“ Heutzutage verfügen wir allerdings über einen der- artigen Stoff, daß er uns die Größenschwankungen von Larus canus an jeder Ört- lichkeit beweist. Larus fuscus L. — Häringsmöwe. Nach Graf von der Mühle, Lindermayer, Krüper und v. Heldreich gehört die Häringsmöwe, wie ich übrigens ebenfalls bestätigen kann, zu den selteneren Möwen des Gebietes und alle Vermutungen über ein Brüten in Griechenland oder in nächster Nähe sind bis heute eben nur Mutmaßungen geblieben. Die zur Beobachtung gelangten und die geschossenen Stücke waren durchwegs solche, welche in dem betreffenden Jahre nicht zur Fortpflanzung schritten, und des- halb kann man dieser Möwe auch zu jeder beliebigen Jahreszeit begegnen. So erleste Graf von der Mühle ein altes Männchen im Mai und Junge Anfang September und beobachtete die meisten bei stürmischer Witterung in den Seehäfen und geschützten Golfen. Kronprinz Rudolf traf sie Mitte Februar 1851 im Hafen von. Korfu ziemlich, in jenem von Zante sehr häufig, ebenfalls während argen Sturmes. Ein ausgefärbtes, im Frühling 1894 in den Gewässern von Sta. Maura (Levkas) erbeutetes Stück liegt mir vor, während ich am 23. März 1897 auf der Rhede von Lixuri (Kephalonia) eine einzelne mitten unter Zarus argentatus michahellesi befindliche Härings- möwe leider fehlte. Endlich wurde eine andere von uns allen am 18. Juni 1893 im Hafen von Gythion (Lakonien) genau beobachtet. Die drei im Universitätsmuseum zu Athen aufbewahrten Stücke stammen von der Küste Attikas (20. März 1859 und 22. Mai 1862) und von Naxos (1896). Erhards Beobachtungen zufolge überwintert diese Art auch m den Gewässern der Kykladen. Larus argentatus michahellesi Bruch — Südliche Silbermöwe. Schon seit langem hat die Namengebung bei dieser Möwe besondere Schwierig- keiten ergeben. So viel steht aber jedenfalls fest, daß L. leucophaeus Licht. 1854 aus Arabien identisch mit der griechischen Silbermöwe ist und der in der Überschrift ge- wählten Bezeichnung zu weichen hat. Umständlicher ist es dagegen zu entscheiden, ob sie nicht, wie dies mehrfach geschehen ist, der Pallasschen Z. cachinnans Platz machen muß. Hier würde die Type allein zu entscheiden haben, und es wäre eine dankbare Aufgabe der russischen Ornithologen, die notwendigen Vergleiche anzustellen. Wenn die Type nämlich vom Kaspisee oder von der Wolga stammt, würde meines Erachtens der Name L. cachinnans Geltung behalten, da die dortigen Vertreter voll- kommen denjenigen vom Schwarzen und Mittelländischen Meere gleichen; rührt sie jedoch, wie Bruch (Cab. Journ. f. Orn. 1853, S. 100) ausdrücklich erwähnt, von Nord- „or III. Griechenland. 999 asien her, so dürfte es wohl ein anderer Vogel sein, und es muß dann die südliche Silbermöwe Zarus michahellesi oder, wie ich vorziehe, Larus argentatus michahellesi Bruch (1855) genannt werden. Auffallend ist es weiters, daß Graf von der Mühle bereits 1344 und nach ihm Erhard und Lindermayer angeben, daß der Oberst Feldegg die Bezeichnung Larus michahellesi aufgestellt hat, und es wäre nachzusuchen, ob die diesbezügliche Beschreibung nicht doch in irgend einer wenig gelesenen Zeitschrift enthalten ist. Wie dem auch sei, der zu Ehren des bayrischen Regimentsarztes Dr. Michahelles, welcher leidenschaftlicher Ornithologe war und in Nauplia 1834 starb, gewählte Name paßt, falls ihn nomenklatorische Bedenken nicht etwa unmöglich machen, für diesen Charakter- vogel der griechischen Meere vortrefllich. Die meisten älteren Autoren für Griechenland behandeln diese Möwe als Larus argentatus schlechtweg; so Lindermayer, Drummond, Lord Lilford, Graf von der Mühle, Krüper und v. Heldreich; allein die Mehrzahl knüpft daran wichtige Bemerkungen. Lindermayer stellt zuletzt geradezu die Übereinstimmung von Larus michahellesi und cachinnans fest, Lord Lilford hielt die auf Korfu beobachtete Silber- möwe für eine Spielart von argentatus, worüber im „Ibis“ 1861, p. 108 die Bemerkung steht, daß L. cachinnans vielleicht derselbe Vogel sei, der von ihm für Korfu als Spiel- art von L. argentatus aufgefaßt wurde. Graf von der Mühle äußert sich unzweideutig, daß er die griechischen Vögel zu L. michahellesi vechnet, behält aber dennoch die Überschrift Z. argentatus bei und zieht ein im Juli 1858 erhaltenes altes Stück, gesondert, zu L. cachinnans. Krüper hält merkwürdigerweise ebenfalls bis zur letzten Veröffentlichung an L. argentatus fest, sagt aber 1563 in Cab. Journ. f. Orn., S. 405, daß auf Naxos micha- hellesi oder argentatus vorkommt, und fügt bei: „Diese Art ist noch nicht genau untersucht.“ Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß bloß Erhard, und zwar in der „Naumannia“ 1857, VII, 1, S. 87 sowohl, als auch in semem Katalog sie als echte L. michahellesi aufführt und ausdrücklich von cachinnans trennt, sowie nach ihm als Laroides michahellesiv Baedeker, Brehm und Päßler im Eierwerke. Ich wiederhole an dieser Stelle nochmals, daß die alten Silbermöwen des Mittel- meeres nur durch die gelbe Farbe der Ruder, die jungen degegen überhaupt nicht von jenen der nordischen Silbermöwe zu unterscheiden sind. Der Farbenton des grauen Mantels beider erscheint meinem Auge genau übereinstimmend. Die südliche Silbermöwe ist der Vogel, welcher sich seit der Zeit Homers dem nach Griechenland Reisenden zu allererst zeigt, jedermann durch seine Beweglichkeit und sein unvergleichlich leuchtendes Gefieder erfreuend; denn zu jeder Jahres- wie Tageszeit folgen in größerer oder geringerer Anzahl diese Möwen dem Kielwasser der Schiffe, um so viel als möglich von den über Bord geworfenen Küchenabfällen zu er- haschen. Oft wird ihre Geduld stundenlang auf die Probe gestellt und alles Spähen der mit gleichmäßigem Flügelschlage dem Schiffe nachziehenden weißen Vogelgestalten ist vergeblich; da plötzlich wird ein großer Kübel mit Speiseresten und Abfällen über Backbord entleert und nun, welch Durcheinanderflattern und raubvogelartiges Herab- schießen auf die schäumenden Wogen, welche die Leckerbissen tragen, welch Gejubel und weithin hörbares Gezänke! Die ganze Gesellschaft bleibt weit hinter dem Dampfer zurück, aber eine Möwe nach der anderen erhebt sich von dem heißumstrittenen Platze und erreicht in erstaunlich kurzer Frist den in schnellster Fahrt die Wogen teilenden Dampfer, auf neue Beute lauernd. 536 Ornis baleanica. Wenn die Brutzeit beginnt, verringert sich ihre Zahl, da sie dann nicht so weit herumschwärmen, und man sieht dann meistens nur alte, ausgefärbte Vögel den Schiffen folgen. Auf die Verbreitung in Griechenland übergehend, kann in kurzem gesagt werden, daß die Silbermöwe sämtliche Meeresteile das ganze Jahr über belebt. Auf Korfu ist sie, wie wir seit Drummond wissen, ein sehr häufiger Jahresvogel und die einzige Möwenart, welche auch im Sommer zahlreich zu sehen ist. Daher ist es schwer erklärlich, wieso Lord Lilford hier nur öfters Tiere im Jugendkleide und nur einmal zwei im Alterskleide beobachtete. Ich traf im Hafen von Korfu fast immer hunderte und nur selten, z. B. am 21. Jänner 1897, wenige. Sie waren hier viel zu- traulicher als die gleichzeitig anwesenden Lachmöwen und kamen bis zu zehn Schritten an die Schiffe heran. Von hier verdanken wir ein schönes Stück Herrn Dr. Bakesch, geschossen am 27. Februar 1897. Aber auch an der Nordküste der Insel, bei Potamö, in den Salzgärten von Lev- kimo und namentlich in der Lagune von Korissia kam die Silbermöwe zu den verschie- densten Jahreszeiten zur Beobachtung. Besonders bei argem Sturme und Unwetter auf hoher See sucht sie gerne die genannte Lagune auf. In den Gesimsen der wilden Abstürze des Kap Kethros auf Antipaxos brüten nach Erzherzog Ludwig Salvator Hunderte, was man an den als Wächter auf- gestellten Möwen leicht erkennen kann. Weitere Brutplätze bieten die beiden in der Nähe liegenden, grasbewachsenen Riffe Makri und Daskaliä. Am 29. April 1859 er- hielt Krüper ihre Eier von einer Klippe bei St. Maura. Im Hafen und an der Küste von Zante waren zur Zeit meiner Anwesenheit wenige sichtbar, mehr dagegen in der Bucht von Keri und besonders in den steilen Abstürzen von Kap Marathia. Ganz vereinzelte trieben sich auf den Strophaden herum, wo keine Möwe brütet; aber ein großes, von St.Strimmeneas geschossenes Männchen nahm ich von dort doch mit. Ihre Hauptbrutplätze an der Westseite von Griechenland, von denen später noch ausführlich die Rede sein soll, befinden sich auf den kleinen Inseln an der Küste von Akarnanien. Hier begegneten wir ihr jederzeit bei Oxiä, Petalä usf. sowie auch in den Häfen von Kephalonia, wo z. B. an der Ostküste der heftige Sturm am 16. März 1897 eine große Menge nach Samos zusammengetrieben hatte, das alte Matrosenspriechwort beweisend: „Cocalli in porto fortuna in mare.“ ‘Weiter im Süden lernte ich Brutplätze von ihr auf Cabrera (Schiza), wo es eine große Kolonie geben soll (ein Ei dort gesammelt am 23. Mai 1898), Avgo und Mavro- nisı (Lindo) bei Kythera kennen. Auf dem letztgenannten Felseneilande entliefen den zwischen den scharfkantigen Steinen im spärlichen Grase angelegten Nestern bei un- serem Besuche am 21. Juni 1898 die großen Dunenjungen von etwa emem Dutzend Paaren. Ein Weibchen erlegte ich abseits der Insel. Im Ägäischen Meere tritt die Silbermöwe noch viel zahlreicher auf. Sie nistet nach Erhard auf kleinen Inseln der Kykladen in großen Kolonien und hält sich in den dortigen Gewässern das ganze Jahr hindurch auf. Unrichtig ist freilich Erhards Angabe, daß sie vollkommen die Größe von Zarus marinus erreiche. Nach Erhard war es Krüper, welcher Nistkolonien auf den in der Nachbar- schaft von Naxos liegenden kleinen Inseln feststellte und viele Eier sowie Junge dort bis in die letzten Jahre sammeln ließ. Douglass beobachtete sie im Mai 1892 auch auf Santorin (Thera) und ich viele im Hafen von Syra, am Kap Mutsoma (Naxos), woher ein weiteres Männchen unserer Sammlung herrührt, rings um Erimomilos usw. III. Griechenland. 537 Am eingehendsten konnte ich aber die Lebensweise und das Brutgeschäft dieser Möwe im Frühling 1594 im Gebiete der Sporaden kennen lernen. Hier waren beson- ders viele bei Skopelos, Cheliodromia, Pelagonisi, Jura, Muia und Psathura und anderen noch kleineren Eilanden zu sehen. Von Skopelos brachte ich zwei Junge, die man mir am 3. Juni 1394 einhändigte, lebend nach Sarajevo mit, und sie leben in dem Parke von Ilide im schönsten Kleide noch heutzutage. Es waren dies damals herzige Tierchen im vollen Dunenkleide, welche sich ganz zutraulich zeigten und Fleischstückchen der abgebalgten Vögel vom ersten Tage an aus unseren Händen holten. In den Felsabsätzen unterhalb des Monastirs auf Pelagonisi brütete ein Paar, welches bei unserer Annäherung unter wütendem Gekreisch gegen die Barke her- abstieß. Auf dem kleinen Riffe Likorima erlegte ich das Männchen eines dortigen Paares und am 1. Juni 1394 fand ich auf der Klippe Melissa von zwei dort anwesenden Paaren das eine aus zwei Eiern bestehende Gelege. Die Eier zeigten bereits die Sprünge, welche dem Ausschlüpfen unmittelbar vorhergehen, und um diese Jahreszeit pflegen in ganz Griechenland die meisten Silbermöwen die Eischale zu verlassen. Weitaus die meisten Paare dieser Gegend brüten aber auf Skantsura und dem kleinen, bei Psathura gelegenen Muia, welchem ich am 29. Mai 1894 meinen Besuch abstattete. Auf dieser ganz flachen Insel stehen die Nester zwischen dem schwärz- lichen, lavaähnlichen Gestein. Auf das Angst- und Wehegeschrei der alten Möwen flüchteten sämtliche Junge in das dichte Gras, wo sie sich drückten und sehr schwer ohne Hund zu erspähen waren. In einem Neste lag ein faules Fi und in einem an- deren ein Junges, das eben die Schale durchbrochen hatte, neben zwei bereits ange- sprungenen Eiern im letzten Stadium der Bebrütung. Selbst dieses kleine, hilflose Wesen versuchte bereits das Weite zu suchen. Ich ließ alle unbehellist und holte mir bloß bei der Überfahrt nach Psathura ein Paar der zahlreichen Siedlung. Auf Psathura beobachtete ich, wie die alten Möwen fleißig Laubkäfer zusammen- fingen, vermutlich Anomala solida, die auch den Strand bei Burgas bewohnt. Als Örtlichkeiten an der Küste des griechischen Festlandes, wo mir die südliche Silbermöwe am meisten aufgefallen ist, nenne ich vor allem den Piräus und den Kanal von da bis Salamis, die Bucht von Eleusis, die Meerenge von Chalkis und längs der Küste von Euböa, die Gegend von Astros, den Hafen von Patras, wo am 5. Mai 1898 mehrere im Jugendkleide anwesend waren, den Saum der Düne bei Katakolo sowie bei den daranstoßenden Aalfischereien im See von Agulinitsa, endlich die Lagune Osman Aga bei Pylos. Eine von ihr besonders bevorzugte Gegend bilden natürlich infolge ihres außer- ordentlichen Fischreichtums die Lagunen von Missolonghi. Hier sind sie im Winter überall zu sehen, und zwar im Inneren mehr als am Küstensaume. Falsch ist jedoch die Angabe Graf von der Mühles, daß sie zusammen mit ZL. ridibundus auf den Laguneninseln hier wie bei Lamia brüten; denn obwohl ich selbst zur Brutzeit einzelne bis Aetolikon streichen sah, befinden sich ihre Nistplätze nicht hier, sondern, wie wir durch Seebohm und Krüper bereits wissen, auf felsigen Inseln im Meere. Die interessante Schilderung Seebohms folgt sogleich; aber nach dem Benehmen der Vögel Ende Februar 1897 glaube ich annehmen zu dürfen, daß gegenwärtig außer dem von Seebohm untersuchten Brutplatze auf dem östlich von Makri gelegenen Eiland der Kurtsolari- (Echinades-) Inselgruppe derartige noch auf zwei kleinen, kreisförmigen, mit dichtem Grase bedeckten Inselchen nördlich von Stamothi sich befinden. Es gab oH I [0 ©) Ornis baleanica. damals zu der frühen Jahreszeit auf denselben schon ein unbeschreibliches Getümmel von vielen Hunderten laut kreischender und bellender Silbermöwen, welehe auf diesem einsamen Platze höchstens durch einen dahin verbannten, sichtlich trauernden Esel gestört zu werden schienen. Seebohm teilt in Dressers „Birds of Europe“, vol. VIII, p. 413 ff. über seinen Besuch des obigen Brutplatzes folgendes mit: „Man sagte mir, daß sie in großer Zahl auf Makri brüten, welches einige Meilen von der Küste abseits der Mündung des Aspropotamos (Acheloos) liegt. Glücklicherweise machte ich die Bekanntschaft des Dr. Nieder in Missolonghi und von ihm erfuhr ich, daß Schrader einige Jahre früher die Echinaden besucht und Spuren von brütenden Möwen in großer Zahl auf einer felsigen, etwas östlich von Makri gelegenen Insel gefunden habe. Nach vieler Mühe bekam ich ein Boot, das mich dorthin bringen sollte. Wir hatten zur Abfahrt eine leichte Brise, doch in der Nacht erhob sich ein heftiger Wind, welcher einige Tage anhielt, so daß von unserem Auslaufen in Missolonghi bis zum Landen unter den Möwen 66 Stunden vergangen waren. Kurz bevor wir die Insel erreicht hatten, schienen die Vögel entdeckt zu haben, daß wir zu ihren Brutplätzen vordringen wollten, und sie kreuzten beständig unseren Kurs oder folgten uns im Kielwasser, indem sie durch ihr lautes Geschrei und ihr Hin- und Herfliegen zeigten, daß sie uns als ihre Feinde betrachteten. Wir landeten ohne Schwierigkeiten, denn die Küste der Insel war durch eine Menge zackiger Felsen gegliedert und die Insel selbst war mit Felstrümmern bedeckt, zwischen denen Myrtensträucher, verkrüppelte Erdbeerbäume und eine große Pflanze, halb Strauch, mit gelben und roten Blättern, wuchs. Eine hohe weiße Lilie (wahrscheinlich Asphodelus mierocarpus) in voller Blüte war auch ein auffallendes Gewächs unter dieser marinen Vegetation. Nach der großen Zahl der Vögel auf dieser Insel hoffte ich nach unserer weiten und langweiligen Fahrt eine reichliche Beute an Eiern zu machen; ich war daher etwas enttäuscht, ein leeres Nest nach dem andern zu finden. Die Lage und das Material, aus dem diese gemacht waren, ähnelt genau dem von Larus fuseus und Larus argentatus, die ich gemeinschaftlich auf den Farneinseln an der Küste von Nordeumberland fand. Die Nester lagen in einigen Nischen oder Fels- löchern und waren aus trockenem Grase gerundet. Zuerst kamen wir zu dem Schlusse, daß die Nester durch einige hungrige Fischer ausgenommen worden waren, aber nach und nach kamen wir zu emzelnen Nestern mit Stücken von Eierschalen, die in ihrer Nähe lagen, als wenn die jungen Vögel ausgeschlüpft und fortgeflogen wären; wir mußten annehmen, zu spät gekommen zu sein. Das eine Ende der Insel war höher und steiler als das andere; hier machten die Vögel solch ein Geschrei, daß unsere Hoffnung, Eier zu bekommen, von neuem erwachte. Nach emsigem Suchen fanden wir fünf junge Vögel im Dunenkleide und sechs Eier. Zwei der letzteren waren faul und bei vier anderen waren die Jungen gerade im Begriffe auszufallen. In der Farbe glichen die Eier denen von Larus argentatus oder Larus fuscus und unser halbes Dutzend genügte, um ihre Größenverschiedenheit zu zeigen. Später bemerkte ich ein Paar Möwen von einigen ganz losen Felsen nahe dem Ufer auffliegen und nach kurzem Suchen fand ich einen jungen Vogel, der drei Wochen alt sein konnte. Das war am 1. Juni 1873 (neuen Stiles). Hierdurch war der Beweis erbracht, daß diese Vögel gegen Mitte April Eier haben müssen. „Auf der Heimreise landeten wir in Oxiä, einer anderen der Echinaden, wo uns gesagt wurde, daß die Brütezeit der Möwen Anfang April war, was nach der Differenz von zwölf Tagen zwischen der griechischen Zeit richtig zu sein scheint. Der größere Teil der Vögel scheint am Meere zu sein, zwischen Makri und der Insel, wo sie brüten, III. Griechenland. 559 wahrscheinlich mit ihren Jungen, welche, wie wir schlossen, erst kaum fliegen konnten, da wir nie einen im Fluge sahen. Eine große Menge erwachsener Vögel dagegen flog beständig über dem Teile der Insel, wo wir uns aufhielten, und protestierte durch lautes Geschrei gegen unser Eindringen in ihr Heim. Die Stimme der südlichen Silbermöwe gleicht genau der unserer Möwe, einer Art hä-hä-hä oder genauer hän-hän- hän, das n schwach oder nasal ausgesprochen, wie im Französischen. Aufgeschreckt gleicht ihre Stimme dem Worte kyeok, mit Kehllaut, nach Art eines geborenen Irlän- ders ausgesprochen. Ungewöhnlich aufgeregt, wird dieser Ton schnell wiederholt und gleicht dann den Lauten käk-äk-äk. „Sie sind sämtlich vorsichtige Vögel und es bedurfte längerer Zeit, bevor wir so viele schossen, als wir Bälge brauchten. Von fünf erwachsenen Vögeln erwiesen sich drei als Männchen und zwei als Weibchen. Eines von diesen hatte eine Nadel geschluckt, deren Hälfte aus dem Schnabel herausschaute, als es geschossen wurde. Der Magen- inhalt der anderen Vögel bestand hauptsächlich m Heuschrecken. In der Farbe des Gefieders der Geschlechter scheint ein kleiner oder gar kein Unterschied zu sein, doch haben die Weibehen einen entschieden kleineren Schnabel. Bei unserer Rückkehr nach Missolonghi brachte uns ein Fischer einen jungen Vogel dieser Art, der gegen fünf Wochen alt sem konnte. „Die Farbe der Ruder der jungen im Neste und der drei Wochen alten Vögel war aschgrau. Die fünf Wochen alten Vögel hatten blässer gefärbte Ruder und bei den ganz erwachsenen Vögeln war die Farbe der Ruder strohgelb. In allen Fällen waren die Krallen dunkelgrau, dem Schwarzen sich nähernd. „Beim jungen Vogel ist die Pupille im Auge blau, die Iris kaffeebraun; die älteren jungen Vögel hatten eine dunklere Pupille; die der erwachsenen Vögel war noch dunkler, sozusagen schwarzblau und die Iris sehr blaß strohfarbig, fast lichtgrau. Bei allen jungen Vögeln waren die Schnabelränder fleischfarbig, bei den alten orangegelb. Die Augenränder waren fleischfarbig bei den Jungen und dunkelorange bei den Alten. Der Schnabel der Jungen war dunkler und mehr bläulich als ihre Ruder; er kann als bleifärbig beschrieben werden, mit hornfärbiger Spitze. Im Alter ist der Schnabel stroh- gelb, mit einem dunkelorangefärbigen Fleck im Mundwinkel am Unterkiefer, oft auch bis an den Rand des Oberkiefers ausgedehnt. Die südliche Silbermöwe ist mit unserem argentatus eng verwandt, aber abgesehen vom Unterschiede in der Färbung der Ruder, die im Sommergefieder strohgelb statt fleischfärbig wie bei argentatus sind, kann ich bestätigen, da ich eine Menge von Bälgen genau untersucht habe, daß erstere längere sekundäre Schwungfedern hat, als Z. argentatus, wenn man vom Flügelbuge aus mißt.“ Dieser lebenswahren Schilderung Seebohms, des weitgereisten, scharf beobach- tenden Forschers wäre noch hinzuzufügen, daß wir durch Dresser die Maße von zwei Paaren der auf den Echinaden erlegten Möwen erfahren und daß sich nunmehr der sämtliche Stoff von dort im British Museum befindet. Die Entwicklungsstufen dieser Möwe nach dem Flüggewerden beschreiben die Autoren des Baedekerschen Eierwerkes wie folgt: „Die flüggen Jungen haben einen hornschwarzen Schnabel, horngelbliche (sollte heißen ins Fleischfarbene spielende) Füße, einen weißen, mit mattschwarzen Längsflecken dicht besetzten Kopf und Hinterhals, mit schwarzen und weißen Federrändern besetzten Mantel, schwarzgrau und weiß gesäumte Schwungfedern, einen schwarzen, an der hintern Hälfte weißgefleckten Schwanz, dessen äußerste Steuerfeder vorn eine weiße Kante hat. Im dritten Jahre ist der Schnabel hinten schon gelblich, Kopf und Hinterhals weiß, mit schmalen schwarzgrauen Schaft- strichen; Mantel großenteils schiefergrau und der weiße Unterkörper nur an den Seiten 540 Ornis baleanica. grauschwarz gefleckt. Im vierten Jahre wird diese Möwe ganz ausgefärbt. Sie ist nach ihren verschiedenen Kleidern hier zum ersten Male beschrieben.“ Hierzu bemerke ich, daß diese Übergänge in der angegebenen Zeit tatsächlich bei den halb in Freiheit lebenden Möwen aus Skopelos im Tierparke zu llidze stattgefunden haben. Südliche Silbermöwen gelangten aus Griechenland übrigens schon vor langer Zeit nach dem Deutschen Reiche; so laut Schuch (1849) in die Vereinssammlung zu Regensburg und in das Passauer Museum als Geschenk Lindermayers, welcher bei dieser Möwe so bedeutende Größenunterschiede vorfand. Bezüglich ihrer Eier aus Griechenland bemerke ich, daß sie jenen von Larus argentatus aus dem Norden außerordentlich ähneln. Sie scheinen etwas weniger Nei- gung zur Abweichung in der Grundfärbung zu haben, denn alle, die ich sah, waren lehmfarben mit einem mehr oder minder leisen Stich ins Grünliche. Die aschgrauen Schalenflecke sind so verteilt wie bei Zarus argentatus und nur selten erreichen die schwarzbraunen Oberflecken größere Ausdehnung. Ob die Ansicht von Baedeker und Päßler richtig ist, daß sie dünnschaliger sind als die Eier der nordischen Möwe, muß der Vergleich des Schalengewichtes ergeben. Die Stückzahl eines Ge- leges ist zwei, selten drei und niemals 4—5, wie seinerzeit Lindermayer annahm. Die Eier wurden von Baldamus schon 1858 („Naumannia“) aus Griechenland ange- kündigt und gelangten später durch Krüpers Bemühungen von dort in viele Samm- lungen. Ich gebe im folgenden die Maße und das Gewicht eines Zweiergeleges der Koll. Fournes (Wien), welches mein Begleiter Chr. Leonis auf Melissa am 4. Mai 1596 gesammelt hat, außerdem von einem Dutzend Eiern aus ebensovielen Gelegen von den Klippen bei Naxos, Lamia, den Kurtsolari-Inseln u. a.: Gelege zwei Stück: L. 67:6 66 mm Br. 48:5 47:6 mm Gew. 591 DT4 cg I ee DT? 10:7 697 69:3 675 66:3 646mm 2 Br. 48:3 48:3 512 485 492 51 4716 494 495 452 492 493mm Gew. 662 625 589 557 642 677 560 wnrein 583 540 530 584 cg entleert! Diese Möwen werden hier und da mit Angelhaken, auf denen ein Köder be- festigt ist, gefangen, weil die Fischer ihre Federn beim Fischfange verwenden. Wehe aber jenem unglücklichen Vogel, welcher der griechischen Straßenjugend hierbei in die Hände fällt. Die „Glaros“, wie sie überall im Lande genannt wird, hat dann unbe- dingt furehtbare Quälereien vor ihrem Ende zu bestehen. Ihre Gefräßigkeit ist tatsächlich unglaublich. Durch ewigen Hunger wird der sonst so vorsichtige Vogel bis in die belebtesten Häfen getrieben, wo er allerdings stets und höchst abwechslungsreiches Futter findet. Bei unseren langen Fahrten im Segel- boote stellten sich bei jeder Mahlzeit sofort die Silbermöwen ein, um sich ihren Teil zu holen. Sie sind große Fleischliebhaber, welche jeden derartigen Brocken von der Meeresoberfläche holen, die abgezogenen Leiber ihrer eigenen Sippe verzehrten und eine geschossene Scharbe (Ph. graculus desmaresti) sogar noch m den Federn zer- zupften. Selbst in der Nacht füllen sie manchmal ihre Mägen; Sperling z. B. sah auf Korfu gegen fünfzig Stücke bei Mondschein ganz gemütlich und eifrig Nahrung suchen, als ob es Tag wäre. III. Griechenland. 541 Auch die Neugierde ist bei ihnen stark entwickelt, wie ein Erlebnis am Karlasee beweist. In diesem thessalischen Sumpfsee, wo sich natürlich kein Brutplatz der meer- liebenden Silbermöwe befindet, wo jedoch überall einzelne umherstreiften, nahm ich am 17. Mai 1894 ein erfrischendes Bad, während Freund Knotek am Ufer ausruhte. Plötzlich erschien eine Silbermöwe, offenbar angezogen durch eine flatternde Adler- flaumfeder meines Jagdhutes, umkreiste mich ganz nahe unter betäubendem Geschrei und wollte den Platz durchaus nicht verlassen. Nach geraumer Zeit näherte ich mich über lauten Zuruf Knoteks, natürlich im reinsten Adamskostüm, dem Ufer, ununter- brochen von der kreischenden Möwe verfolgt, so weit, daß sie mir der Genannte ohne Mühe mit einem wohlgezielten Schuß vor die Füße herabwarf. Larus audouini Payr. — Korallenschnabelmöwe. Noch heute unvergessen ist jene genußreiche Stunde, in der es mir vergönnt war, sowohl die seltenste Möwe des Mittelmeeres aus eigener Anschauung kennen zu lernen, als auch einen ihrer so selten von Ormnithologen ausgekundschafteten Brutplätze zu betreten. Schon auf der Segelbootfahrt nach der unbewohnten Sporadeninsel Jura war mir die südlich von der Insel Hagia Panagia gelegene Klippe Melissa!) wegen ihrer eigen- tümlichen Gestaltung aufgefallen und ich hatte beschlossen, ihr gelegentlich der Rück- reise einen Besuch abzustatten. Dies war aber leichter gedacht als ausgeführt, denn die See war am 1. Juni 1894, als wir aus dem kleinen Hafen unterhalb des Monastir auf Hagia Panagia ausliefen, derartig unruhig, daß die Schiffsleute von einem Verweilen bei der besagten Klippe durchaus nichts wissen wollten. Auf unser energisches Ein- schreiten hin ließen sich die Leute herbei, für kurze Zeit die vom Winde pfeilschnell getriebene Segelbarke in der Nähe von Melissa kreuzen zu lassen, während ich nebst Freund Knotek mich in dem kleinen Boote nach der auf einer Seite dicht bewachsenen Klippe hinrudern ließ. Jeder von uns hatte bereits je einen der anwesenden Eleonorenfalken aus dem schwanken Nachen glücklich aus der Luft herabgeholt, und beide Vögel waren in dem dichten Strauchwerke, das sich später als baumartiger Schneckenklee (Medicago ar- borea) herausstellte, verschwunden, als mir eine Schar Möwen auffiel, welche, durch unsere Schüsse aufgescheucht, Melissa ängstlich umflogen. Eine davon warf mein Schuß ebenfalls in den fast undurchdringlichen Wust der mannshohen Kleesträucher, und als dann später nach erfolgter Landung mir eine der Möwen in nächste Nähe kam und ich in ihr mit vollständiger Sicherheit die gelbrudrige Silbermöwe erkannt hatte, kümmerte ich mich nicht weiter um das Möwenvolk und verwendete, ebenso wie Professor Knotek, meinen ganzen Spürsinn auf die Auffindung der beiden angeschossenen und so sehnlichst begehrten Falken. Aber alle Mühe war vergeblich! Obwohl wir mit affenartiger Geschwindigkeit von Busch zu Busch sprangen, jede nur zugängliche Felsspalte durchsuchten, dabei oft bis über die Knöchel in eine Unmasse leerer Schneckengehäuse versinkend — kein einziger der drei Vögel war auf- zufinden! Dabei brüllten uns die Matrosen unaufhörlich zu, die Klippe zu verlassen, weil jede Verzögerung gefahrbringend sei. !) Nach Sonnini, Voyage ete. II, p. 402 heißt sie auch Skangero. 542 Ornis baleanica. Auf der obersten, dachartigen Kante stets suchend angelangt, fand ich hierauf zu- erst einige unbelegte Niststellen von Möwen sowie ein aus zwei Eiern bestehendes Ge- lege der Silbermöwe, aus welchem die Jungen eben im Begriffe standen auszufallen. Für einen Augenblick hielt ich im Suchen inne und betrachtete mir das tosende Meer und das sturmgepeitschte kleine Schiff — da, in einem plötzlich aufwallenden, mir sonst fremden Wutanfall nahm ich die nächstbeste Möwe aufs Korn und gab Feuer. Schwer getroffen flog der Vogel noch ein gutes Stück und fiel dann leblos in die See. Noch einmal wurde die kaum 200 m? große Fläche kreuz und quer vergebens abgesucht, dann aber mußten wir nach etwa halbstündigem Aufenthalte dem ungestümen Drängen der Griechen nachgeben und wieder im kleinen Nachen Platz nehmen. Ich hatte auf die dahintreibende Möwe, das Opfer meines Zornes, fast vergessen, als mich der Bootsmann während des Ruderns nach der Segelbarke aufforderte, sie denn doch aufzunehmen. Wer aber beschreibt meine Überraschung, als ich, in nächster Nähe an- gelangt, in ihr sofort ein prachtvolles Stück von Larus audowini erkenne! Jetzt aber gab es kein Weiterfahren. Ich glaube bestimmt, daß ich damals geradezu Gewalt an- gewendet hätte, wenn schließlich nicht doch die Matrosen, meinem keine Einwendungen duldenden Proteste gehorchend, unter gräßlichen Flüchen nochmals zur verhaßten Klippe, wo sich inzwischen die Möwen, ungefähr em Dutzend an der Zahl, wieder gesammelt hatten, zurückgerudert hätten. Es dauerte nur kurze Zeit, bis sowohl Knotek als ich je eine weitere Korallen- schnabelmöwe erbeutet hatten, und damit gaben wir uns zufrieden. Erwähnenswert ist, daß der Schnabel dieser Möwe im Fluge und aus einiger Ent- fernung betrachtet nicht rot, sondern schwärzlich erscheint, und daß ihr Ruf ganz an- ders, namentlich kürzer abgerissen klingt als der von der Silbermöwe. Im frischen Zustande ist die Iris kastanienbraun und die Tarsen samt den Rudern bleigrau mit deutlichem Stich ins Grünliche, fast genau so wie bei jungen Gallinula chloropus. Beim Abbalgen und Untersuchen der drei erlegten Möwen stellte sich heraus, daß eine davon ein Männchen, die beiden anderen Weibchen waren, und daß diese letzteren erst in ein paar Wochen Eier gelegt hätten. Doch muß ich aus dem Benehmen der Möwen beim ersten Betreten von Melissa schließen, daß doch schon einige von ihnen dort Eier in den Nestern hatten. Aber ist es eigentlich ein Wunder, wenn wir in der kurzen Zeit keines fanden, wenn es uns trotz allen Suchens nicht einmal gelang, weder der ersten herabgeschossenen Möwe noch eines der beiden Falken gewahr zu werden? Auch war weder mir noch überhaupt einem Ornithologen damals bekannt gewesen, daß die Korallenschnabelmöwe, ganz im Gegensatze zu ihren nächsten Verwandten, die Eigentümlichkeit besitzt, unter dem Schutze niederer Büsche ihre Niststelle zu wählen, wozu sie auf Melissa allerdings reichliche Gelegenheit findet. Seither ist dies fast gleichzeitig durch Bonomi (Tschusis Orn. Jahrb. XV, 1904, S.3) und Stenhuse („Ibis“, January 1904, p. 31), welcher den östlichsten Brutplatz von Larus audowini auf dem Eilande Nakl an der syrischen Küste entdeckt hat, mitgeteilt worden. Ks sei mir gestattet, bei dieser Gelegenheit mit wenigen Worten die oben zuerst angeführte Stelle, die in dem Aufsatze über die Eier von Zarus audouini von A. Bau enthalten ist, zu berühren. Mir scheint es fast, als ob die Angaben des Sammlers Bonomi, welche übrigens in italienischer Sprache schon 1901 erschienen sind, den wichtigsten Teil zur Auf- klärung über das Fortpflanzungsgeschäft dieser Möwe ausmachen, obwohl Maß und Gewicht der bisher gefundenen Eier sicherlich ebenfalls das größte Interesse bean- III. Griechenland. 543 spruchen und die vier Abbildungen deren Form und Eigenart, trotz des Schwarz- druckes, ganz treffend wiedergeben. Ungeachtet aller Gegengründe bin ich der Überzeugung, daß die sämtlichen von Bonomi, diesem erprobten und verläßlichen Sammler, als Zarus audouini eingesendeten Eier tatsächlich dieser Möwe und nicht der gelbrudrigen Silbermöwe angehören. Ich verkenne den Wert von Maß und Gewicht als hochwichtige Anhaltspunkte für die Bestimmung durchaus nicht, wie dies ja gerade aus meinen eigenen Arbeiten deutlich hervorgeht; allein gerade bei den Möweneiern kommen, selbst wenn die Herkunft aus Brutsiedelungen, die seit Menschengedenken niemals gestört wurden, zweifellos ist, der- artige Schwankungen vor, daß weder Messen noch Wägen zu einem vollständig ver- läßlichen Ergebnis führt. Dies wurde mir erst wieder in jüngster Zeit klar, als ich eine ganze Lade voll Eier von Larus melanocephalus erhielt, die aus einer Gegend stammen, im welcher überhaupt keine zweite Möwenart vorkommt. Vielleicht kommt noch eine Zeit, wo es möglich ist, fünfzig oder wenigstens halbsoviel sicher echte Larus audouwini mit einer entsprechend großen Zahl von Zarus argentatus michahellesi zu vergleichen; dann wird sich deutlich herausstellen, daß Größe und Form zur sicheren Bestimmung nicht ausreichen, denn schon jetzt kann ich einige Eier der letztgenannten Möwe aus unbehellisten Kolonien vorweisen, welche bei ganz regelrechter Schalen- bildung kleinere Maße besitzen als die von Herrn Bau für authentische Zarus audouini-Eier angegebenen. Weiters muß ich ganz entschieden daran festhalten, daß die Grundfarbe des als Fig. 1 abgebildeten Eies, im Gegensatze zu den übrigen, emen deutlich grünlichen Stich besaß, der im frischen Zustande sicherlich noch deutlicher gewesen sein muß. Dagegen kann ich mir die von Bau angegebene Färbung „Isabellgrau* durchaus nicht vorstellen. Zum Schlusse noch die Bemerkung, daß die Einschaltung der Maßübersicht von Eiern des Zarus gelastes zum Zwecke des Vergleiches mit jenen der Korallenschnabel- möwe vollkommen überflüssig war; denn es ist von vorneherein einleuchtend, daß bei einer solchen Zusammenstellung auf jeden Fall die Eier von Larus audouini in der Mitte zwischen Zarus gelastes und argentatus michahellesi (— cachinnans) liegen müssen. Mit derselben Berechtigung hätte ja auch Zarus ridibundus gewählt werden können; denn weder diese Möwe noch Larus gelastes haben auch nur entfernt solche Brutplätze wie Larus audouint, die ebenso wie die gelbrudrige Silbermöwe auf ein- samen, unbewohnten Klippen und Riffen im Meere, niemals aber auf dem Festlande brütet. Die Maße der drei am 1. Juni 1594 bei Melissa erbeuteten Stücke sind: 3 9 Q Garıze@lrine em EEE 521, 51 53 cm IBlüoel ae a IE EN 438 39 40 ,„ h Ze a BT AL Schnabel | garte „ren IE a Se Hans PR an BAINAaL 2 ERILH IEIR R ER FENER. DENN IS DH DI a Der im frischen Zustande wirklich prächtig gefärbte Schnabel verliert im Laufe der Zeit alles grelle Rot. Er wird schwärzlich und gegen die stark gebogene Spitze zu hornfarbig; doch bleibt dessen dunkle Bindenzeichnung stets deutlich erkennbar. Die Ruder werden fast schwarz mit kaum merklichem Stich ins Olivengrüne. 544 Ornis baleanica. Abgesehen von diesem Vorkommen im Sporadenmeere, ist mir die seltene Möwe aber doch noch zweimal mit Sicherheit begegnet. Zwischen den Eilanden Pontikonisi und Stamothi unweit der Westküste von Akar- nanien folgte unserem Segelboote am 26. Februar 1897 ein deutlich erkannter Korallen- schnabel. Leider kostete die genaue Beobachtung mit dem Feldstecher die voraus- sichtliche Erlegung. Die vielbegehrte Möwe, die mehrmals ein schwaches, katzenartiges Miauen hören ließ, schleppte, bevor ich das Gewehr nur in Anschlag bringen konnte, einen von den Schiffsleuten ausgeworfenen Brocken Brot im Schnabel fort und ließ sich erst in ziemlicher Entfernung auf den Wellen nieder, um die Beute zu verzehren. Endlich kam mir und meinen Begleitern nochmals ein Stück deutlich am 16. März 1597 im Hafen von Samos auf Kephalonia zu Gesicht. Es hatte sich damals am Vor- mittag ein gewaltiger Südsturm mit heftigen Niederschlägen erhoben, welcher viele Möwen in den Hafen trieb. Unter diesen befand sich eben auch ein einzelnes Stück von Larus audouini, und zwar nicht viel außer Schußweite von uns entfernt. Die sonstigen Nachrichten über das Vorkommen in dem in Betracht kommenden Gebiete schrumpfen genau genommen zu einer einzigen zusammen. Nach Erhard erschemt die Korallenschnabelmöwe in den Gewässern der Kykla- den während des Winters, welche Angabe daraufhin Lindermayer einfach zitiert; jedoch äußerte sich Dr. Krüper mir gegenüber öfters, daß Erhard diese Möwe wohl ebensowenig jemals gesehen habe wie er selbst auf seinen vielfachen Fahrten. Auch Th. v. Heldreich beschränkt sich auf die einfache Anführung der Art. Dagegen wurde Lord Lilford zufolge, dessen Mitteilungen Dubois wiederholt, ein prächtiges Stück bei Korfu im Mai 1357 erlegt. Obwohl er kein weiteres beob- achtete, hielt er es nicht für unwahrscheinlich, daß diese Möwe in den dortigen Ge- wässern nicht allzu selten sei, eine Annahme, die erst 40 Jahre später, wie oben mit- geteilt wurde, eine teilweise Bestätigung erfahren hat. Puffinus Ruhli (Boie) — Grauer Tauchersturmvogel. Dem Seereisenden im Mittelmeere, welcher nur einiges Interesse für die gefiederten Bewohner der Salzflut hegt, müssen auf seinen Fahrten früher oder später die großen Puffine auffallen. Anfänglich mögen sie von Unkundigen ja wohl meist für Möwen gehalten werden, aber wenn sie einmal mehr in die Nähe des dahineilenden Dampfers, den sie gar nicht zu scheuen pflegen, gelangt sind, verrät der elegante, ruhige Flug, welchen der Vogel in schönen Bögen knapp über den Wellen vollführt, deutlich den Irrtum. Schon während der Fahrt durch die jonischen Gewässer kann man fast mit Sicherheit darauf rechnen, große Puffine zu Gesicht zu bekommen. Sie sind hier nach Drummond Standvögel; Lord Lilford beobachtete sie von Zeit zu Zeit im Kanal von Korfu und ich dort ebenfalls sowohl bei spiegelglatter als bewegter See, einzeln oder in kleineren Gruppen; so am 16. April 1894, auf der Hin- und Rückfahrt von der Hauptstadt nach Levkimo am 6. Mai 1897 sowie am 2. Juli 1898. Eine ganz beträcht- liche Anzahl, wovon mehrere vor meinen Blicken auf dem Meere einfielen, sah ich am 22. Juli 1394 unweit Paxos, ferner einzeln oder truppweise im März 1897 bei Kepha- lonia, zwischen Patras und Kryoneri (hier auch im Mai!), bei Kap Glarentsa und ganz nahe dem Hafen von Zante. Während meiner letzten griechischen Reise spielte P. kuhli besonders beim Be- suche der Strophaden geradezu die Hauptrolle. III. Griechenland. 545 Bereits bei der Abfahrt von Zante zogen (am 12. und 13. Mai 1595) beim Kap Gerakos und Keri ganze Scharen an unserer Segelbarke vorbei, so daß ohne Mühe zwei Weibchen herabgeholt werden konnten. Sobald das Land mehr und mehr am Horizonte verschwand, erschienen die großen Sturmvögel in immer größerer Anzahl, wohl viele Hunderte, so daß sie mehrmals geradezu Klumpen bildeten, welche sich eifrig mit Fischfang beschäftigten. Hierbei war stets ihre miauende Stimme leise, aber deutlich vernehmbar, und einige ließen sich unweit vom Boote auf dem Meere nieder. Die Geschossenen wurden von ihren Genossen mehrmals umkreist. Gegen Abend gab es eine deutliche Konzentrierung der Puffine nach den beiden Strophadeninseln zu, wo ihre Heim- und Brutstätten sich befinden. Wie ich in meinem Aufsatze „Der Harpyen Wohnsitz“ zu beweisen trachtete, sind diese großen Puffine jene fabelhaften Geschöpfe, welche die Mythe des Altertums hierher versetzte. An einigen Tagen waren über den rollenden Wogen rings um diese zwei von Klippen umgebenen Inseln sicher gegen tausend Sturmvögel sichtbar, und außerdem hockten zur gleichen Zeit Hunderte in den Erd- und Felsklüften der Strophaden. Hier, in den stillen Einschnitten der größeren Insel, wo dichtes Strauchwerk die Felsblöcke überkleidet, waren ausnahmsweise auch untertags vereinzelte, abgerissene Laute der brütenden oder sogar im finsteren Geklüfte streitenden Puffine hörbar, während der unbeschreibliche Höllenlärm ja bekanntlich erst zur Nachtzeit seinen Anfang nimmt. Die Legezeit beginnt hier auffallend früh; am 17. Mai sammelte ich mit Wuttes Hilfe auf der kleineren Insel sechs Stück und auf der größeren Insel nahe dem Leucht- turme ein frisches Ei. Mehr als ein Ei legt kein Weibehen. Von hier aus dürften sich die Streifzüge der leicht beschwingten Vögel wohl sehr weit ausdehnen, namentlich gegen Westen zu; aber auch bei Katakolo waren noch einige sichtbar. Etwas weniger gibt es im Meere um Kythera. Hier flogen uns bei hochgehen- der See diese Vögel 2—3 m hoch über die Köpfe, als wir uns im Boote dem Fels- eilande Avgo näherten, und auf dem klippenartigen Mavronisi (oft fälschlich Lindo genannt!) an der Westküste fanden sich am 21. Juni noch zwei leichtbebrütete Eier vor. In den Gewässern östlich vom griechischen Festlande ist P. kuhli erst recht zu Hause! Erhard vermutete bestimmt in ihm einen Standvogel der Kykladen, doch wurde ihm betreffs des Brutgeschäftes nichts bekannt („Naumannia“ VII, 1857, 1, 87), wie er dies später auch in Syra Krüper mündlich mitteilte. Lindermayer bekam bis 1343 von dem häufigen Vogel nur ein einziges Stück aus der Nähe des Kap Sunion, wo auch ich am 5. Juni 1894 mehrere beobachtete. Er erkannte ihn ebenfalls später als Standvogel an, ohne hierfür Beweise zu besitzen. Unter anderem nennt er die Küste von Euböa als Ort des Vorkommens, wo uns mehrere am 20. Mai und unweit Chalkis ein Schwarm von zehn Stücken begegneten. Endlich sei erwähnt, daß auch Graf von der Mühle, der im Herbst viele, wahr- scheinlich junge Vögel erhielt, keinen Brutplatz auskundschaften konnte. Unbegreiflich erscheint mir sein Vergleich des Fluges dieses Vogels mit jenem von Mieropus melba. Fischer brachten ihm Puffine, die sich an den Angeln von Legschnüren unter Wasser gefangen hatten. Krüper war es vorbehalten, in diese offene Frage Licht zu bringen, und sein dies- bezüglicher Bericht im Cab. Journ. f. Orn. 1863, S. 326— 3539 gehört zu den anziehendsten ornithologischen Schilderungen, die es überhaupt gibt. Aus diesem geht hervor, daß es ihm, freilich mit beträchtlichen Schwierigkeiten, am 31. Mai 1862 gelang, auf der Reiser, Ornis balcanica., III. 39 546 Ornis balcanica. kleinen Insel Evreokastron bei Paros die ersten acht griechischen Eier zu erbeuten. Später entdeckte er noch weitere Brutplätze auf Makaries, Keros, den Turloinseln und anderen kleinen Eilanden. Jedenfalls ist die Zahl der Brutvögel hier eine sehr beträchtliche, da ich auf den Fahrten in diesen Meeresteilen, namentlich bei Sturm, oft ganz erstaunlich viele Puffine sich über den Wogen umhertummeln sah; doch sind die Niststellen eben nicht immer erreichbar. So befinden sich diese beispielsweise auf Makaries unter einem solchen Gewirre tiefklüftiger Felsblöcke, daß dort die Vögel vor Menschenhand völlig sicher sind. Auf dem leichter untersuchbaren Strongylo dagegen fand sich nur ein einziger brütender Vogel auf seinem Ei vor. Den von Krüper so genau geschilderten Brutplatz auf Evreokastron bei Paros besuchte ich am 12. Juni 1894. Er beschränkt sich auf den Nord- und Westabfall der Insel. Die Untersuchung der Nistlöcher ist dort stets eine schwere Arbeit. Große und kleine Puffine brüten hier in engster Nachbarschaft und jene hatten durchwegs frische Eier. Wir ergriffen auf diesen fünf Männchen und drei Weibchen, welche hierbei alle wütend in den vorgehaltenen Stock bissen und beim Herausziehen ihre klägliche Stimme hören ließen. Öfters waren gerade bei P. kuhli deutliche Spuren einer künstlichen Eiunterlage durch Blätter der großen Meerzwiebel (Seilla maritima) wahrnehmbar, die trocken und braun, Tabakblättern sehr ähnlich sehen. Beim Abdrücken ließen sie im Verenden eine scharf riechende, grünliche Flüssigkeit aus dem Schnabel rinnen. Im Sande der Hohlräume waren stets die Fährten der Puffine leicht wahrnehmbar und durchdringen- der Trangeruch verriet meistens die Nähe des brütenden Vogels. Über das wechsel- seitige Verhältnis der vielen hier ansässigen wilden Kaninchen zu den Puffinen konnte ich keine Klarheit gewinnen; doch ist es Tatsache, daß sich die Wohnräume beider Tiere oft in unmittelbarer Nähe befinden. Die gestörten Vögel zeigten große Besorgtheit um ihr Gelege, watschelten in den oft geräumigen Höhlungen sogleich wieder zu dem Ei, wenn ein wenig Ruhe eingetreten war, und schoben es mit dem Schnabel fürsorglich bis unter ihren Brutfleck nach rück- wärts. Doch kamen mir auch einige Fälle von Beschädigungen des Eies durch den scharfen Schnabel des Brutvogels selbst vor. Wir erbeuteten im ganzen vierzehn frische oder ganz leicht bebrütete Eier. Die Jungen, welche Krüper zufolge nach etwa vierwöchentlicher Brutdauer aus- kriechen, wurden von dem Genannten auf Stapodia und anderen kleinen Eilanden mehr- fach eingesammelt und gelangten an verschiedene Museen als selten erhältliche Präpa- rate, so beispielsweise nebst einem alten Männchen ein Dunenjunges vom 20. August 1864 an das Museum in Görlitz, zwei Stücke nach England, gegenwärtig im British Museum, und eines nach dem Universitätsmuseum in Athen, welches ich wiederholt zu sehen Gelegenheit hatte. Dieses erinnert in seiner Kopfform stark an einen jungen Neophron. Es mögen hierüber einige der bemerkenswerten Ausführungen Krüpers Platz finden: „Man wird nicht wenig erstaunen, wenn ich behaupte, daß die Jungen Ende Oktober oder erst im November die Nisthöhle verlassen. Am 4, 6. und 10. Oktober zog ich auf Tragonisi die noch lange nicht flugfähigen Jungen aus den Löchern hervor. Ich brachte deren noch drei Stück lebend nach Athen, wo sie anfingen, Flugübungen zu machen. Von der Schönheit eines beinahe ausgewachsenen noch im Neste sitzenden Sturmvogels hatte ich keine Vorstellung; als ich am 14. Oktober den ersten hervorzog, wurde ich wirk- lich überrascht. Jede Feder des atlasglänzenden, weißen Bauches hatte an der Spitze III. Griechenland. 547 eine Fahne von einer 2 Zoll langen grauen Dune. Nach und nach verschwinden diese Dunen, zuletzt gehen die vom Nacken verloren. Die lebenden Jungen stehen nie auf- recht auf den Füßen wie die Möwen, sondern sie liegen auf dem Bauche; wollen sie fortlaufen, so richten sie sich nur halb auf und watscheln nach Entenmanier weiter, wobei sie in wagrechter Stellung den Kopf und Schnabel fast an die Erde senken.“ Die Stimme der Alten vergleicht Krüper treffend mit jener des Mäusebussards (B. buteo). Außer den auf Evreokastron gesammelten Puffinen besitzt das Museum auch eines von jenen sechs P. kuhli, welche St. Strimmeneas im August 1897 an der Südspitze von Andros (Steno) erbeutete; ich nahm von den sämtlichen folgende Abmessungen in Zentimetern ab: ET A N LE Ganze Länge 503 50 49 49 485 485 485 48 45 Flügel 345 345 35 32 36 345 333 35 34 Schnabel 59256 62 6 a De © 5:2 Lauf 5 DD 5 5 AD 5 4:8 Schwanz . ... 15 14 13 13 145 146 13 14 14 In der Umgebung der nördlichen Sporaden scheint P. kuhli viel seltener aufzu- treten als P. puffinus, denn auf meiner langen Seereise dort sah ich nur am 29. Mai 1594 drei Stücke um Psathura dahineilen und am 2. Juni plünderten Fischer einen bisher unbekannten Brutplatz auf Skantsura. Einige Eier, die von dort nach Skopelos gebracht wurden, überbrachte ich wie die früher erwähnten dem hiesigen Landesmuseum. Maße und Gewicht von 25 Stücken von allen oben angegebenen Fundorten enthält folgende Übersicht: 10% 12:5 Teil 24:5 al 69 69 68:9 68:8 68°4 mm Br. 459 45 466 43:5 45:3 43°8 457 47 46 mm Gew. 598 502 533 468 527 437 508 630 569 eg IE: 68°4 68°3 68:1 675 67:3 67 66:9 66:9 65:9 mm Br. 457 46°7 451 467 46:7 45:5 46:9 44:6 45:3 mm Gew. 525 542 520 525 540 530 558 4856 549 cg 1%, 656 654 65:2 64:9 645 64:3 64:2 mm Br. 52:9 49:5 44-2 45:5 43:5 44:6 454 mm Gew. 449 565 495 521 420 556 D14 eg Puffinus puffinus [yelkouwanus (Acerbi)] — Kleiner Tauchersturmvogel. Bis vor ganz kurzer Zeit war ich der Ansicht, welche übrigens auch v. Chernel (in der „Aquila“) und sehr viele andere Ornithologen vertreten, daß der im Mittel. meere lebende kleine Sturmvogel infolge der Färbung der Unterschwanzdecken und auch wegen seiner verschiedenen Lebensgewohnheiten gesondert von dem der nordi- schen Meere aufgefaßt werden und den Namen yelkouanus behalten müsse. 1) Ein Stück von höcht seltener, gedrungener Form! 35* 548 Ornis balcanica. Zuerst machte mich die Angabe in Bd. XXV des „Cat. of Birds“, daß yelkouanus auch an den Küsten von Devonshire und Cornwall angetroffen werde, stutzig, und als ich unter meiner in Griechenland zusammengebrachten Reihe einzelne Stücke fand, die auffallende Übergänge zur nordischen Form zeigten, bedurfte es nur noch der münd- lichen Versicherung Herrn Dressers, daß in letzter Zeit auch auf den Faroerinseln Sturmvögel mit den Kennzeichen von yelkouanus gesammelt wurden und daß auch die nordischen Puffine jenes nächtliche Konzert zum besten geben, genau so wie die grie- chischen, um in mir die Überzeugung von der Einheitlichkeit beider wachzurufen. Natürlich kommt der so oft für die hier behandelte Gegend angegebene P. obseurus gar nicht in Betracht und es ist gewiß von Interesse, die Ansicht der einzelnen Autoren über diesen Puffin der Reihe nach kennen zu lernen. Lindermayer hielt den Vogel von Anfang an, wahrscheinlich nach einem ein- zigen bei Astros erbeuteten Stück, für P. anglorum (— puffinus), erwähnt aber später Procellaria puffinus und obscura (Gmelin) für die Küsten von Euböa. In seiner letzten, bedeutendsten Arbeit gibt er zwar unter Nectris puffinus eine ganz gute Beschreibung des dortigen Sturmvogels, führt aber auch noch außerdem N. obscura an, welchen er nach Degland!) für identisch mit yelkouanus hält und noch fälschlicher sogar kuhli hereinzieht. Auch Altum erwähnt P. anglorum als Brutvogel in den griechischen Meeren, be- sonders der Kykladen, und Drummond bezeichnet anglorum für die Gewässer der jonischen Inseln als seßhaft. Der erste, welcher den griechischen kleinen Tauchersturmvogel als yelkouanus auffaßte, ist Erhard. Von allem Anfang an erkanute er in ihm einen häufigen Stand- und Brutvogel der Kykladen („Naumannia“ 1857 und 1858), vermutete aber anfangs außerdem noch P. obseura. Zuletzt in der Fauna der Kykladen sagt er aber sehr treffend: „Es scheinen die meisten, wenn nicht alle dortigen Exemplare zu yelkouanus und nicht zu obscurus zu gehören.“ Fritsch und Dubois sind dann der Ansicht, daß P. yelkouanus auf den östlichen Teil des Mittelmeeres beschränkt ist, und Schlegel sagt im „Mus. d’Hist. nat. des Pays- 3as“ (t. V, Juillet 1863, p. 29): „P. anglorum est du reste remplac&e dans l!’Archipel Gree par une autre, quoique excessivement voisine, savoir la Procellaria yelkouan : Excessive- ment semblable & la P. anglorum, mais a pointe des ailes plus allongee, a teinte foncee plus päle et tirant au gris, m@me sur les plumes laterales du bas-ventre et & souscau- dales laterales d’un gris fone& uniforme, tandis que ces plumes ont, dans la P. anglorum, leur barbe exterieure noire, l’interieure blanche.* Schließlich wird von den folgenden Ornithologen unser Vogel als Nectris obscura angegeben: Graf von der Mühle, der seine Stücke in den Dreißigerjahren bei stürmi- schem Wetter auf hoher See im Fluge geschossen erhielt, v. Heldreich mit der un- richtigen Bemerkung: „sehr selten“ und Douglass (erste Woche Mai 1392 bei Santorin). Aber auch der Altmeister der griechischen Ornithologen Dr. Krüper hielt, wie übrigens Dresser schon 1876 hervorhob, bis in die neueste Zeit an der unrichtigen Bezeichnung P. obseurus fest, obwohl er ganz richtig erkannte, daß im dortigen Meere bloß zwei Arten Sturmvögel zu finden sind. Er berichtigte die Annahme Lindermayers im Journ. f. Orn. 1863, S. 338 und 339, zitierte die drei Arten des Conspeetus von Bona- parte und schließt mit den Worten: „Ob diese drei Arten in der Natur begründet sind, mögen die Ornithologen später feststellen.“ !) 1867 wird aber von Degland yelkouanus für den griechischen Archipel gesondert angegeben. 1ll. Griechenland. 549 Bei Untersuchung einer Reihe von 15 Bälgen und ebensovielen Eiern, die ich auf den Reisen zusammenbrachte, ergibt sich folgendes: Die Oberseite von 17 Stücken ist in der Färbung ganz gleich derjenigen von Vögeln aus dem Norden, nur ein einziges ist durchwegs viel lichter, die Federn auf Oberkopf und Nacken mit schmalen, lichteren Säumchen, so daß die Gesamtfärbung sehr an P. kuhli erinnert. Die Verteilung von Weiß und Rußbraun auf den Unterschwanzdecken ist sehr schwankend. Ein Vogel hat eine einzelne „rußbraune* Feder mitten in der weißen Unterseite. Auch der Bau des Schnabels ist nicht gleichmäßig: bei einigen Tieren schmal und gestreckt, bei anderen kräftig und gedrungen. Die Eier gleichen vollständig denen von P. puffinus aus Nordeuropa. Alles übrige zeigt am besten die folgende Übersicht, welche hauptsächlich zum Vergleiche mit Bälgen und Eiern aus dem Norden dienen soll. = go = S Sa nz = = SE g' 39-5 2A, | 44 | 47 8 | 646 | 437 462 & 39 24 44 45 9 | 4 | 412 | 447 ce 39 23 Pr; 8 63 42:2 | 406 q 38:5 23 37 45 Eee REN IE RM 370 q 38 24 4 47 85 | 61 407 409 g 38 23:5 a an 8 | 60 41 445 g' 38 Do 75 | 594 40 367 g 37 Dt 4:5 8 586 ı 414 | 365 ‘ 37 24 4 4 85 | 585 | 411 | 39 c' 37 23 4 47 | 8 57.20, 0242.10 12.2345 Q 37 23 3:8 a ee 42-3 419 9 39 24 4 48 | 95 | 56:9 42 | 418 9 39 24 4 45 8 565 | 41:3 427 9 39 24 4 45 8 55-1 38-2 325 a 539 23 4 45 75 549 | 392 338 or 11783835 23 | 4 4:5 e) 54:3 404 | 325 9 38 2A 48 | 8 51:6 41.9 | 414 e) 38 23 4 | 44 8 50 39-1 316 Betreffs der Verbreitung dieses Sturmvogels kann man wohl behaupten, daß er in allen dortigen Meeresteilen angetroffen werden kann; jedoch scheint die größte Anzahl der Archipel zu beherbergen. An der Westküste von Griechenland ist bisher mit Sicherheit noch kein Brutplatz bekannt geworden, obwohl zu vermuten ist, daß sich ein soleher auf der Insel Prote befindet, wo ich am 31. Mai 1898 auf der Fahrt von Kata- kolo nach Pylos ganze Scharen sich herumtreiben sah. So ist der kleine Sturmvogel auch bei Patras selten. Einer wurde nach Baron Schilling dort am 11. April 1899 gefangen, und am 5. April 1897 sah ich einen toten mitten zwischen Patras und Kryoneri im Meere treiben, zu einer Zeit, als Herr Merlin im Piräus 54 Stück an einem Tage erlegt hatte. 550 Ornis balcanica. Auf der Segelbootfahrt von Zante nach den Strophaden zeigten sich anfangs nur zwei einzelne, und zwar der erste mitten unter den Scharen des großen Sturmvogels und der andere ganz allein. In der Nähe der Strophaden gab es dann mehrere; aber jederzeit blieben sie hier gegen die große Art in der Minderzahl, und nach ihren Eiern suchten wir auf beiden Eilanden vergeblich. Umso zahlreicher begegnete ich ihnen in den östlichen Meeresteilen! So z. B. bei den Inseln Karavi und Kaimeni (26. Juni 1895), dann überhaupt überall zwischen den Kykladeninseln, und zwar die größte Menge, ja Tausende im Juni 1894 zwischen Seriphos und Syra, wo sie in größere und kleinere Scharen verteilt bei sehr hoch- gehender See das Schiff stundenlang umkreisten. Nicht minder viele streichen an den Küsten von Euböa umher (z. B. bei Chalkis und Oreos), und eine Unmasse lebt im Meere der nördlichen Sporaden, wo ich auf der Insel Xerö Gelegenheit hatte, einen großen Brutplatz kennen zu lernen. Nachdem ich nämlich seit dem 16. Mai 1890 fast täglich ihr Flugbild beobachtet und mir eingeprägt hatte, wurden gegen Skopelos und Cheliodromia zu die Schwärme der hin- und herziehenden Vögel stets häufiger und zahlreicher, so daß man wirklich oft versucht ist, die wie nach einer Schnur in gleichmäßigem Tempo knapp über der glatten Meeresfläche sich dahinbewegenden Vogelreihen mit gewissen Exerzitien von Truppenkörpern zu vergleichen. Die Körperhaltung ist eine weitaus aufrechtergestellte als beim großen Sturmvogel, und von dem wiegenden Schwebe- und Bogenfluge des letzteren ist nie etwas zu be- merken, sondern durch rasche, uhrwerkartige Flügelschläge wird der unterseits weit- hin weißglänzende Körper pfeilschnell dahingetrieben. Hauptmann Roth bemerkte daher beim Vergleiche beider Sturmvögel scherzweise, daß der kleinere stets ein Eil- zugzuschlagsbillet gelöst zu haben scheine. In der Nacht vom 22. auf den 23. Mai hörte ich im Hafen von Peristeri auf Xer6 zum ersten Male jenes schreckliche Sturmvogelkonzert, welches Krüper im Journ. f. Orn. 1863 auf S. 327—338 so unübertrefflich beschrieben hat. Doch gab es dort nur wenige Paare. Dies wurde anders, als wir am 23. nach dem weiter östlich gelegenen kleinen, sogenannten Seeräuberhafen übersiedelten. Hier hatte nämlich Chr. Leonis durch Fischer schon in früheren Jahren einen Hauptbrut- platz des kleinen Sturmvogels ausgekundschaftet und der ganze Tag war dessen Unter- suchung gewidmet. Leider war ich durch meine damalige Fußverrenkung gezwungen, der Arbeit meiner Reisegenossen auf dem Rücken liegend von Bord aus zuzusehen. Es war ein interessantes Bild, und weitere Einzelheiten erfuhr ich dann später von Knotek. Die Puffine hatten sich hier eine steile, unmittelbar ins Meer abfallende Lehne, welche mit größeren und kleineren Felstrümmern, oft auch großen Platten bedeckt ist, zum Wohnorte ausersehen. Mit Vorliebe wählten sie solche Blöcke und solches Geröll zum Unterschlupf, welches mit einem fast undurchdringlichen Wust von Pistazien (P. lentiscus) überzogen war. In der ganzen Umgebung einer solehen Örtlichkeit ist es untertags mäuschenstill, und nur weit draußen am Meere sieht man hin und wieder die Sturmvögel auf- und abjagen, während die andere Hälfte, und zwar Männchen mit Weibchen vermischt, ruhig in den Löchern unter dem Gestrüppe und den Blöcken hocken oder brüten. Fährt man in ein solches Loch mit einem Stocke hinein, so pflegt sich der Brut- vogel meistens weiter nach rückwärts zurückzuziehen und man kann das ziemlich fest- schalige einzige Ei behutsam mit dem Haken des Stockes hervorrollen, bis es mit der (bi SH et III. Griechenland. Hand erreichbar wird. Auf die vorgehaltene Hand hackt der Sturmvogel wütend los. Der Brutfleck an den Vögeln, und zwar beim co’ wie beim Q ist genau so groß, als zur Bebrütung des einen Eies nötig ist. Es finden sich stets sehr viele, offenbar durch die ungestümen Vögel selbst an- geschlagene Eier in den Höhlungen. Manchmal brüten in einer Höhlung auch zwei Vögel auf je einem Ei. Die gewaltsam herausgezogenen Puffine blieben unbeweglich sitzen und fielen auch in die Höhe geschleudert ohne Flugversuch in der unbeholfensten Weise wieder zur Erde; nur ein einziger, dem vormittags das Ei genommen wurde und den man hierauf auf einen Felsvorsprung setzte, strich von dort nachmittags plötz- lich sausenden Fluges auf das Meer hinaus. Das Sammeln der Vögel und der Eier war bei der drückenden Sonnenglut eine sehr mühsame Arbeit. Es wurden 27 Eier und etwa ein Dutzend Puffine von vier Personen zusammengebracht. Die meisten Eier waren schon über acht Tage bebrütet, und ich hatte tagelang damit zu tun, sie zu entleeren; nur vier Stücke waren noch frisch. Dagegen wurden von der Insel Skantsura noch am 2. Juni vier frische Eier des kleinen Sturmvogels gebracht. Im allgemeinen ist es aber vollkommen richtig, wenn Krüper (bei Mommsen!) sagt, daß die Brutzeit beim kleinen Sturmvogel um 2—3 Wochen früher beginnt als beim großen. Leonis erfuhr von griechischen Hirten, daß der kleine Sturmvogel nachlegt, wenn ihm das Ei genommen wurde. Als wir auf der Rückreise von Jura am 1. Juni wieder im Hafen Peristeri an- legten, ließ ich es mir nicht entgehen, den vorhin geschilderten Brutplatz nochmals auf- zusuchen, und ließ mich trotz hohen Seeganges dahin rudern. Es dauerte nach erfolgter Landung auch wirklich nicht lange, bis ich einen Brutplatz unter einer dicht ver- wachsenen Pistazie gefunden hatte. Der am Flügel hervorgezogene Vogel rutschte un- beholfen auf den bürstendichten Buschkronen umher, und ich vermochte gerade noch mit der Hand das einem braungrauen Flaumklumpen ähnliche Dunenjunge, das höch- stens einen Tag vorher aus dem Ei gefallen sein mochte, zu erwischen. Die genaue Beschreibung dieses Kleides gab Krüper Journ. f. Orn. XI, S. 333. Über die Beschaffenheit der Brutplätze auf den Kykladen hat ebenfalls Krüper ausführlich und höchst anziehend berichtet, weshalb ich mich über unsere dortigen Er- fahrungen kurz fassen kann. Bei der Suche nach Eiern des großen Sturmvogels auf Evreokastron bei Paros am 12. Juni 1894 stießen wir hier und da auch auf kleine Sturmvögel, ja in einem Falle saßen in einer Höhle in zwei getrennten Abteilungen je ein solcher auf seinem kleinen Jungen, dann ein großer Sturmvogel auf dem frischen Ei und vor ihm lag ein wenige Tage früher getöteter kleiner Puffin. Überhaupt fanden wir sowohl auf Evreo- kastron als auch später auf der Insel Makaries östlich von Naxos eine so große Menge von zerrissenen Sturmvögeln, und zwar gegen 20 Stück, zumeist der kleinen Art, daß hier ein unbekannter Feind ganz gewaltig unter ihnen aufräumen muß. Möglicher- weise unterliegen sie im Kampfe mit ihrem größeren Vetter, oder es wird ihnen vom Uhu oder dem Steinmarder so sehr nachgestellt. Das obenerwähnte Junge nahmen wir lebend nach Naxos mit, wo es unser Wirt mit. Erfolg mit kleingeschnittenen Fischstücken einige Tage lang am Leben erhielt, bis es unser zahmer Steinmarder in der ersten Nacht gleich tötete. Seine langgezogenen Klagetöne läßt dieser Sturmvogel erst bei eingetretener voll- ständiger Finsternis hören; wenn man in der Nähe des Brutplatzes ein Feuer auflodern 552 a R O4 Ornis baleanica. läßt, wird der Lärm, den viele Hunderte hervorbringen, einfach unerträglich. An ein Schlafen ist dann dort gar nicht zu denken. Die Laute wechseln zwischen Kreischen und Miauen und sind wegen ihrer höchst verschiedenen Tonlage sehr merkwürdig. Beim Tagesgrauen verstummen die Puffine und ebenso auch, wie Krüper beob- achtete, bei Mondschein. Dem Feuer pflegen sie schreiend so nahe zu kommen, daß Freund Knotek mit einen Hasardschuß einen in der Nacht herabschießen konnte. Da das Wildbret der Puffine von Dr. Krüper gelobt wird, versuchten auch wir ein paar Stücke am Spieß zu braten. Obwohl nun Knotek diese seltsame Kost eben- falls lobte, vermochte ich dem zähen, tranigen Braten keinen Geschmack abzugewin- nen; möglich ist es aber auch, daß dies deshalb der Fall war, weil wir ja die Haut mit allem Fette vorher sorgfältig abgezogen hatten. Podiceps cristatus L. — Haubensteißfuß. Die Frage, ob er im Gebiete Brutvogel ist oder nicht, kann derzeit nicht leicht beantwortet werden. Wahrscheinlich war dies in früheren Jahrzehnten, wo an stillen Plätzen der Süßwasserbinnenseen noch der Höckerschwan brütete, der Fall, da Graf von der Mühle ausdrücklich betont, daß er den Nestbau beobachtet habe, und auch Lindermayer behauptet, zwar keine Eier gesehen zu haben, aber andere Beweise des Brütens zu besitzen. Obwohl sich nun zu vorgeschrittener Jahreszeit, nämlich am 18. Mai 1894, am Karlasee in Thhessalien ziemlich viele Haubensteißfüße blicken ließen, so muß ich doch auf Grund der Untersuchung der Testikeln eines am genannten Tage von Knotek er- legten Männchens ein dortiges Nisten bezweifeln und anderswo habe ich den Vogel zur Fortpflanzungszeit nicht beobachtet. Möglicherweise ist die unausgesetzte Verfolgung von seiten der Fischer, die auch am Karlasee stattfindet, schuld daran, daß die Taucher sich dort nicht häuslich niederlassen, und es wäre daher an der Zeit, wenn die gegen- teilige Angabe in Brehms „Tierleben“ gestrichen würde. Alle Autoren, besonders Krüper (bei v. Heldreich findet sich nur die französische Übersetzung seiner Worte) stimmen darin überein, daß P. eristatus im Winter sowohl im Süß- als Salzwasser häufig auftritt und dann wegen seines dichten, weißseiden- glänzenden Brust- und Bauchgefieders einen Gegenstand eifriger Nachstellung von seiten der griechischen Jäger bildet. Er zeigt sich dann sogar in den Häfen und natürlich noch mehr im den fisch- reichen Lagunen, wie bespielsweise in Akarnanien, wo ich im Februar 1897 stets ein- zelne in den Gewässern von Aetolikon (hier sogar über die Stadtbrücke streichend), Turlida, Kap Skropha und der Insel Petalä antraf und auch ein Weibchen mitbrachte. Ein anderes, von uns stark angeschossenes Stück entkam leider, was ich umsomehr bedauern muß, als es derartig klein erschien, daß es möglicherweise zu P. griseigena gehörte ein Steißfuß, den seltsamerweise bisher niemand in Griechenland aufgefun- den hat. Nach Drummond ist P. eristatus von etwa 1. November bis Anfang April sehr häufig auf Korfu und den Jonischen Inseln und ein Stück der Koll. Langhadis wurde bei Chalkis (Euböa) am 28. Februar 1900 erbeutet. Ursache der Verfolgung dieses Vogels ist seit jeher das als Pelzwerk gesuchte Gefieder der Unterseite gewesen, und es werden nach Elwes und Buckley große III. Griechenland. 553 Mengen von Bälgen von den griechischen Jägern in den Seehäfen gesammelt und nach Frankreich ausgeführt. 1897 sah ich selbst in einem Fensterladen zu Aetolikon gegen 40 Häute hängen. Bekanntlich schwankt bei P. eristatus die Körpergröße nicht unbedeutend und nach den wenigen von mir untersuchten Exemplaren scheinen die griechischen Hauben- steißfüße zu den kleinwüchsigeren zu gehören. Schnabellänge: 48 und 47 mm. Podiceps nigrieollis (Brehm) — Schwarzhalssteißfuß. Er wird von sämtlichen Autoren, welehe die Ornis von Griechenland behandeln. unter dem Namen Podiceps auritus Lath. oder auch Briss. aufgeführt. Drummond fand ihn auf Korfu im Winter sehr häufig von Ende Oktober bis Anfang April und ich beobachtete dort in einem Süßwassertümpel bei Govino am 18. Jänner 1897 zwei Stück. In der Bucht von Argostoli (Kephalonia) schwamm am 22. März 1897 ein nahezu ausgefärbtes Weibehen umher, welches ich auch erlegte. Bei Kythera vermerkte diesen Steißfuß im Frühling und Herbst Jameson, und Erhard bestätigt das Überwintern im Kykladenmeere. Am häufigsten scheint P. nigricollis während des Winters in den Lagunen und Süßwasserseen Akarnaniens vorzukommen, wo ich ihn mehrfach beobachtete und er- legte: so z. B. bei Aetolikon, von drei anwesenden, zwei Weibchen (1. Februar 1897) beim Leuchtturm Sosti und weiterhin im Golf von Prokopanisto, am großen Vrachori- see (30. März 1897), hier schon im Übergange zum Prachtkleide, und im Markutsasee, wo höchstwahrscheinlich mehrere Paare auch brüten. Ganz bestimmt brütet diese Art aber in der Lagune Agulinitsa bei Pyrgos. Hier ließen die alten Steißfüße ihre Stimme an vielen Plätzen aus dem jungen, dichten Schilf vernehmen und Wutte erlegte und konservierte dort ein Männchen im reinsten Prachtkleide am 22. Mai 1393. Im Osten des Landes trafen Lindermayer und Graf von der Mühle diesen Taucher selten; nur im Winter und junge Vögel, und zwar sowohl auf Süßwasserseen als auch in den Gewässern von Euböa, ja sogar mitten in den belebtesten Häfen, wie z. B. dem Piräus; Krüper und v. Heldreich dagegen fanden ihn ziemlich häufig. Auch sein äußerst traniges Wildbret wird von den griechischen Fischern durch- aus nicht verschmäht. Podiceps flwviatilis Tunst.,. Podiceps minor Gm. — Zwergsteißfuß. Lindermayer vermerkt sein Brüten in den Sümpfen und Seen des Binnenlandes von April bis Juni und will von Mitte Mai an öfters die junge Brut umherschwimmen gesehen haben. Auch Krüper und v. Heldreich zählen ihn zu den Standvögeln, doch hat bisher noch niemand im Lande ein Gelege oder ein Dunenjunges gesammelt. Am ehesten wäre dies vielleicht in den Sümpfen am Unterlaufe des Spercheios mög- lich, da mir von dort ein noch am 19. April 1895 erlegtes Stück zukam. Keinesfalls ist der Zwergsteißfuß aber heutzutage irgendwo in Griechenland so häufig wie zur Zeit des Grafen von der Mühle. In den Lagunen bei Aectolikon erbeuteten wir vom Kahne aus am 1. Februar 1897 vier Stücke und sahen später diese kleinsten Taucher noch mehrfach in den Lagunen westlich von Missolonghi bis zum Triptolakossee. 554 Ornis balcanica, Auf und um Korfu soll er nach Drummond von Oktober bis April häufig sein; ich habe ihn dort nur am 20. Jänner im Binsendickicht der Lache im Valle di Korissia deutlich gehört und am 3. Mai in den Teichen nördlich von Govino zwei oder drei Stücke beobachtet. Außerdem wird er von Jameson für Kythera (Frühling und Herbst) und von Lindermayer für Euböa angegeben. Colymbus arcticus L. — Polarseetaucher. Merkwürdigerweise ist diese Art bisher von keinem einzigen Autor für Griechen- land erwähnt worden, was deshalb auffällig erscheint, weil doch anzunehmen ist, daß auch der Polarseetaucher ab und zu sich zu einer so weiten Reise nach dem Süden entschließt. Als Beweisstück hierfür habe ich ein Männchen im vollen Winterkleide in Händen, welches der unwirsche Fischer Petros in Missolonghi in den dortigen Lagunen in der Nacht vom 1. auf den 2. März 1897 beim nächtlichen Fischfange dadurch erlegte, daß er den Taucher mit seiner Harpune traf und ihm den Hals durchschnitt. Er verkaufte uns den Vogel, hätte aber auf ein Haar den ganzen Handel rückgängig gemacht, als er beim Abbalgen des reichlichen Tranes ansichtig wurde; denn jeder fette Wasser- vogel gilt in Missolonghi als ganz besonderer Leckerbissen. Außerdem habe ich aber auch am 9. April 1897 in Gesellschaft des Herrn Mer- lin jun. und von St. Strimmeneas mit Hilfe des Glases genau und deutlich zwei C. arctieus erkannt, welche sich in der Bucht von Eleusis unweit des Ufers lustig in den blauen Fluten tummelten. Mehrere bis in ihre Nähe reichende Postenschüsse brachten sie nicht zum Aufstehen, sondern hatten nur den Erfolg, daß sie eiligst vom Lande weg- ruderten. Colymbus septentrionalis L. — Nordseetaucher. Es sind nur wenige Nachrichten über das Erscheinen dieses Nordländers in den südlichen Gewässern vorhanden. Das erste Stück erlegte Dr. Lindermayer 1835 im Hafen von Chalkis und er erwähnt später ausdrücklich, daß dieses sowie alle anderen im Winter beobachteten das Jugendkleid trugen. Dasselbe wiederholt Graf von der Mühle, welcher den Nordseetaucher etwas häufiger beobachtete, und zwar in den Lagunen von Euböa und Missolonghi. Diese seine Angaben finden sich auch bei Naumann (1844), und zwar mit dem wohl schwerlich zu beweisenden Zusatze, daß diese Vögel vom Schwarzen Meere herkämen. Eher ist wohl die Annahme Chr. L. Brehms gerechtfertigt, daß die von ihm „O. mierorhynchos“ genannten Taucher durch Deutschland bis Griechenland wandern („Vogelfang“, S. 405). Dr. Krüper und nach ihm v. Heldreich bezeichnen den Nordseetaucher für Griechenland als ziemlich selten und nur zufällig in strengen Wintern vorkommend. Das einzige mir von dort bekannt gewordene Stück erwarb ich von Herrn Strim- meneas sen., welcher es Anfang der Neunzigerjahre vom Phaleron bei Athen erhielt. Es trägt das winterliche Kleid und scheint mir nach allen Anzeichen ebenfalls ein jüngerer Vogel zu sein. Seine Schnabellänge (längs der Mundspalte): 73 mm. LIE FÜR DAS GEBIET ZWEIFELHAFTE ODER FÄLSCHLICH ANGEGEBENE ARTEN. Erithacus philomela (Bechst.), Luscinia philomela Bechst. — Sprosser. Auf seinem Durchzuge im Frühling und Herbst dürfte der Sprosser von einem auf- merksamen Sammler früher oder später für Griechenland wohl nachgewiesen werden. Vorläufig muß ich aber dieser Art mangels eines Belegstückes noch die Aufnahme in die Liste der griechischen Vögel verweigern, obwohl mehrfache Angaben vorliegen, die das Vorkommen im Lande betreffen. Als Durchzugsvogel wird der Sprosser genannt von Krüper (bei Mommsen), Dresser und v. Heldreich. Am 27. Juni 1834 meinte der Geologe Fiedler bei Stura auf Euböa den Schlag von ein paar Sprossern vernommen zu haben, und später nahm ihn Lindermayer so- wohl dort als auf dem Festlande von Griechenland als Standvogel an. Jedenfalls laufen diese Nachrichten auf eine Verwechslung mit der gewöhnlichen Nachtigall hinaus. Doch glaubte Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“ usw. 1845), daß Lindermayer für Griechenland nur den Sprosser verzeichnet habe, und hielt dies für auffallend. Jedenfalls ist die Art im dortigen Gebiete auf dem Zuge nicht leicht festzustellen, da der Vogel sich nur ganz kurze Zeit aufzuhalten und äußerst versteckt herumzu- treiben scheint. Erithacus suecicus (L.), (Oyanecula swecica L.) — Blaukehlchen. Von sämtlichen Autoren wird für Griechenland bloß des rotsternigen Blaukehlchens!) Erwähnung getan; aber wie aus dem Folgenden zu sehen ist, stützt sich nicht eine einzige der betreffenden Angaben auf ein tatsächlich innerhalb der Landesgrenzen er- beutetes Belegstück, weshalb auch eine genauere Bestimmung, ob es sich dabei um diese oder jene Blaukehlehenform handelt, hinfällig wird und die fraglose Feststellung der Art überhaupt am besten der Zukunft überlassen bleibt. Auch mir wollte es trotz aller Aufmerksamkeit nicht gelingen, auch nur eines Blaukehlchens ansichtig zu werden, und obwohl Krüper in den „Griechischen Jahreszeiten“ schreibt: „wird nur einzeln in Griechenland angetroffen und mag an passenden Stellen hier überwintern“, kann der Genannte diese Worte durch kein Belegstück erhärten. So bilden unsere Erfahrungen eine mittelbare Bekräftigung der Ansicht Gaetkes, auf welche dieser seine, allerdings höchst gewagte Theorie der Schnelligkeit des Wanderfluges aufbaut.?) Hierbei ist jedoch Gaetke eine kleine Unrichtigkeit unterlaufen, indem er anführt, daß Graf von der Mühle das Blaukehlehen im Herbste in Griechenland eine „gewöhnliche Erschei- nung“ nennt. Graf von der Mühle sagt aber im Gegenteile ausdrücklich (von Deg- land und v. Heldreich später wiederholt): „Auf dem Herbstzuge einzeln in Baum- wollfeldern“ und in der „Monogr. d. europ. Sylvien“, S. 24: „in Griechenland wohl bloß durchziehend und gewöhnlich nur im Herbste bemerkt“. Möglicherweise entstand diese unrichtige Wiedergabe der Worte des Grafen von der Mühle durch Gaetke dadurch, daß dieser sich an den ebenfalls unrichtigen Satz in den Nachträgen zu Naumann S. 396 hielt, wo es merkwürdigerweise heißt, daß nach Graf von der Mühle in Grie- chenland das schwedische Blaukehlehen zu beiden Zugzeiten häufig angetroffen wird. Hier sei erwähnt, daß die von Schuch (Korresp.-Blatt 1356, S. 50) angeführten drei Stücke aus dem Nachlasse des Grafen von der Mühle in Regensburg, wie ich mich auf Grund der Etiketten überzeugt habe, aus Bayern und nicht aus Griechenland stammen. 1) Die von Grafen von der Mühle angenommene Form ZL. coerulecula Pall. gilt als identisch mit E. suecieus (L.). 2) Die Vogelwarte Helgoland, 2. Aufl., S. 68 u. 281. 555 Ornis baleanica. Lindermayer verfügte betreffs des Blaukehlchens über keine eigene Beobachtungen, sondern gibt nur in seiner letzten Arbeit die Graf von der Mühleschen Angaben kurz wieder. Chr. L. Brehm („Stiftungsfest“ usf.) vermutet nun, daß Linder- mayer das Blaukehlehen in Griechenland bloß wegen seiner versteckten Lebensweise übersehen habe, und glaubt bestimmt, daß es auf dem Zuge vorkommen müsse. Dieser Ansicht werden gewiß sehr viele Ornithologen, welche die außerordentlichen Schwierig- keiten der Beobachtung dieses Vogels kennen, beipflichten und als Gegenbeweis gegen die Meinung Gaetkes ins Treffen führen. Jedenfalls bleibt es höchst auffallend, daß es so vielen und zum Teil sehr sorg- fältig sammelnden Ornithologen bisher nicht gelungen ist, eines griechischen Beleg- stückes habhaft zu werden. Angaben, wie z.B. jene Erhards, daß das Blaukehlchen ein Durchzugsvogel der Kykladen ist, erscheinen, wie schon erwähnt, heutzutage viel zu unbestimmt und beruhen nur zu oft auf einer Vermutung. Dagegen ist die kurze Bemerkung Lord Lilfords, welcher ein einziges Mal, nämlich im April 1857 im Valle di Ropa auf Korfu — eine hierfür sehr geeignete Örtlichkeit! — diese Art beobachtet zu haben glaubt, von sämtlichen vorher erwähnten unbedingt die beachtenswerteste. Es wäre zu wünschen, daß bald Licht in die gegenwö ärtig noch etwas rätselhafte Wanderung der Blaukehlehen gebracht würde. Sasieola leucura (Gm.) — Weißschwänziger Steinschmätzer. „Auch diesen Steinschmätzer traf ich noch nicht an,“ berichtet Krüper; und diese Worte sind ent- schieden von Bedeutung für die Frage des Vorkommens. Demgegenüber besitzen die Angaben von Temminck, Ch. Brehm (1823), Thienemann, Erhard, Linder- mayer, Dubois, v. Heldreich en A. Brehm („Tierleben“), wonach 8. leucura das griechische Festland und die Inseln des Archipels, namentlich die Kykladen, wenn- gleich selten, bewohnen und hier nisten soll, wenig Wert. Die einzige berücksichtigungswürdige Angabe liefert Graf von der Mühle vom Pelo- ponnes: „Äußerst selten; ich ah nur zwei "Stücke, die sehr scheu waren. Mit der größten Mühe, während der drückendsten Julisonne, über unwegsames Geklüft und scharfe Felsenstücke sie verfolgend, gelang es mir, nach mehrstündiger Jagd ein altes Männchen zu schießen.“ In der Sammlung des Grafen n, welche er dem zoologischen Vereine in Regensburg vermachte, befand Sich nach Dr. Schuch (Korresp.-Blatt "1856, S. 50) ein solcher Stein- schmätzer, welchen ich dort 1900. wiederfand und für unser Museum erwarb. Da es den Vermerk „Griechenland“ trägt, würde ich nicht anstehen, es als Belegstück gelten zu lassen, wenn ich eben nicht erfahren hätte, wie vorsichtig gerade diese Stücke aufzunehmen sind. Deshalb sei es der Zukunft anheimgestellt, ob später einmal ein sicherer Nachweis erbracht wird. Sasxicola leucomela Pall. — Scheckiger Steinschmätzer. Wenn ich mich im nachfolgenden befleißige, auch diesen Steinschmätzer aus der Fauna Griechenlands auszumerzen, so drängt sich mir die Überzeugung auf, daß dieses Gebiet trotz der südlichen Lage in Wirklichkeit geradezu arm an Saxicola-Arten ist. Ich will voraus- schicken, daß heute ziemlich allgemein S. leucomela Pall., 8. leucomela Tem. und 8. lu- gens Lichtst. als eine und dieselbe Art angenommen werden, nachdem 1844 Selys Long. in „Rev. zool.“ die unrichtige, Schlegel dagegen in nomenklatorischer Beziehung die richtige Anschauung mitgeteilt hatten. Abgesehen davon, daß Thomson (1842) diesen Steinschmätzer auf hoher See, 40 Seemeilen von Zante wahrgenommen haben will, liegen nur zwei erwähnenswerte Mitteilungen vor. Graf von der Mühle behauptet S. leucomela einmal in der Maina geschossen zu haben; doch befand sich dieses Belegstück niemals in der Sammlung des Genannten, und Erhard zählt diesen mehr asiatischen Vogel zu den Durchzüglern der Kykladen, weil er vermeinte, ihn als Seltenheit im März auf Syra und im Septem- ber auf Mykonos gesehen zu haben. Daraufhin haben viele Autoren in gutem Glauben Saxicola leucomela in ihren Werken als Bürger Griechenlands aufgenommen; so: Lin- dermayer, Baedeker, Brehm und Päßler - (Eierwerk), Degland, Dubois, v. Held- eich usw. Nur der vielerfahrene Krüper bestreitet mit gutem Rechte das Vor- kommen, welches weniger wahrschemlich ist als das anderer 'Steinschmätzerarten von r 59 III. Griechenland. näher liegenden Faunengebieten. Es möge noch erwähnt werden, daß Thienemann in seiner Fortpflanzungsgeschichte ein angeblich dieser Art angehöriges und aus Griechen- land stammendes Nest mit vier Eiern beschreibt. Gerade aus der eingehenden Be- schreibung ergibt sich aber ziemlich deutlich, daß hier eine Verwechslung mit Saxicola albicoliis oder melanoleuca vorliegt. Saxiecola isabellina Rüpp. (= saltator Menetr.) — Tanzender Stein- sehmätzer. Zwar wurde er von Krüper als Brutvogel in Smyrnas Umgebung fest- gestellt, aber für Griechenland fehlt jeder bestimmte Nachweis. Die kurzen Angaben Thienemanns („Rhea“ S. 124), Deglands und Dubois’, wonach er Besucher oder gar Bewohner Griechenlands wäre, sind natürlich leichter abgefertigt als jene der im Lande selbst tätig gewesenen Ornithologen. Da käme in erster Linie Seebohm, der bei Dresser aussprach, daß in den schwülen Ebenen des Gebietes von Steinschmätzern einzig und allein S. isabellina zu finden wäre, denn Krüper habe ihn versichert (1873), daß diese Art gelegentlich hier gefunden würde. Seebohm setzt noch bei, daß er diesen Steinschmätzer nie antraf, weil er die ganze Zeit in den Gebirgen zugebracht habe. Trotzdem scheint hier ein Irrtum obzuwalten, denn Krüper läßt es schon ein Jahr später (bei Mommsen) dahin- gestellt, ob S. isabellina in Griechenland gar nicht oder nur sehr selten vorkommt. Lindermayer und v. Heldreich berufen sich auf Erhard, der S. isabellina sogar zu den Brutvögeln der Kykladen zählt und dann zu der unverständlichen Be- merkung sich versteigt: „Zeigt sich auf den Kykladen vereinzelt, aber nicht selten im Frühjahr.“ 1 Schlegel („Kritische Übersicht“ 65) gibt die ausführliche Beschreibung eines Stückes aus Griechenland; doch paßt diese augenscheinlich viel eher auf S. oenanthe als auf S. isabellina. Altum („Forstzoologie“, S. 255) will diese beiden weit verschiedenen Steinschmätzerarten auf Grund der Verteilung von Weiß und Schwarz an den Steuer- federn durcheinanderwerfen und verrät dabei (unter g), daß mehrere angebliche isa- bellina aus Griechenland eben nichts anderes sind als 8. oenanthe. on) Pyenonotus xanthopygus Hempr. & Ehr. — Gelbsteißige Buschdrossel. Es ist keine leichte aber eine umso wichtigere Aufgabe, durch die folgenden Ausfüh- rungen darzutun, daß auch dieser interessante Vogel vorläufig als griechischer und somit auch als europäischer Bürger gelöscht werden muß. Betreffs seines Namens bemerke ich, daß /xos als Genusbezeichnung gleichbedeutend ist, daß er aber von mehreren Autoren unrichtig Ixos obscurus Tem. genannt wird, welche Art synonym mit Pyen. barbatus (Desf.) ist und daher ebensowenig hierher gehört als der südafri- kanische Pyen. nigricans (Vieill.), der noch öfters mit obiger Art verwechselt wurde. Die erste Nachricht sandte Dr. Erhard an Dr. Baldamus, den Herausgeber der „Nau- mannia“, in welcher sie sich im VIH. Jahrgang 1858 auf 8. 170 abgedruckt findet: „Eine andere Novität für uns ist /xos obscurus, der wahre Bülbül oder die syrische Nachtigall der hiesigen Griechen. Ich erhielt ein Paar lebend, das von Santorin stammen soll. Ehe ich genauere Beweise von hier habe, setzen Sie die Nachricht unter Qua- rantäne, obgleich der in Syrien und Palästina häufige Vogel auch auf Rhodus und Cypern vorkommt.“ Obschon, wie wir sehen, Dr. Erhard sehr vorsichtig bei dieser seiner Mitteilung war und später nie mehr etwas darüber veröffentlicht hat, finden wir doch 1570 in dem bekannten und weitverbreiteten Werke von Fritsch die Angabe: „Neuerer Zeit erhielt Dr. Erhard in Griechenland ein lebendes Paar von Ixos obscurus aus der Ge- gend von Santorin.“ Einen wichtigen Anhaltspunkt erlangte die Meinung über das Vorhandensein dieser asiatisch-nordostafrikanischen Art aber erst durch die folgende Mitteilung Dr. Krüpers in seinen „Brutvögeln von Naxos“ im Journ. f. Orn. 1863, S. 404: „Es wurden mir zwei Gelege Eier gebracht, die mit keinem bekannten Ei der euro- päischen Vögel Ahnlichkeit, jedoch mit der nordamerikanischen Ieteria viridis haben. Ich vermute /xos obscurus, worüber ich in den nächsten Jahren Aufschluß erhalten werde.“ Hierzu sei gleich jetzt bemerkt, daß Dr. Krüper vom 27. März bis 18. Sep- tember 1562 mit unbedeutender Unterbrechung auf Naxos weilte. 560 Ornis balecanica. Schon 1873 brachte Dubois sen.!) daraufhin folgende Bemerkung: „Herr Heuglin berichtet uns, daß laut Herrn Krüper auf den Inseln des griechischen Archipels ein Pyenonotus gefunden wurde, wahrscheinlich P. tristis Mull. (C nigricans, Vieill.)* Als nun gar Krüper in den „Griechischen Jahreszeiten“ von Mommsen 1875 ergänzend veröffentlichte: „Dieser bei Beirut und Damaskus in Syrien ziemlich häufig und auf Cypern und Rhodus vorkommende Vogel scheint jährlich die Kykladen zu besuchen; einige Exemplare wurden dort schon aufgefunden; ;”) ich selbst sah ihn nicht, erhielt jedoch drei Gelege Eier auf Naxos“, da sab es begreiflicherweise in der wissenschaft- lichen Welt keimen Zweifel mehr, "und der Vogel erlangte in den meisten neueren Werken, so bei Heldreich, Brehm („Tierleben“), auch von Kronprinz Rudolf („Orient- reise“ S. 228) erwähnt, und sogar durch Dresser sowie schließlich durch Büttikofer („On the Genus Pyenonotus“, Not. from the Leyden Museum, vol. XVII, p. 237) euro- päisches Bürgerrecht. Als ich 1894 zum ersten Male nach Athen und zu Dr. Krüper kam, war eine meiner brennendsten Fragen die nach dem Verbleib und den näheren Umständen jener wichtigen Eier. Da erfuhr ich leider, daß sich weder in Krüpers noch in der Athener Universitätssammlung eines von diesen befindet. Er hatte alle, unbekannt wohin, ein- zeln verkauft und erinnerte sich nur noch, daß er das dritte der fraglichen Gelege 1863 von einem Koch auf Naxos nachgeliefert erhalten hatte und ihm die Präparation dieser Eier sehr schwer gelungen sei, weil sie sämtlich schon stark bebrütet gewesen seien. Er sagte mir damals wörtlich, daß die Ahnlichkeit mit anderen /xos-Eiern eine große gewesen sei. Darauf machte ich mich mit Kollektor Santarius im Juni 1894 nach Naxos auf und durchstreifte die Obstgärten und die verschiedensten Ortlichkeiten der Insel vollstän- dig vergeblich und ohne jemals den weithin hörbaren Gesang des Bülbüls zu vernehmen. Seit 1894 war es mein ununterbrochenes Bestreben, irgend etwas über den Ver- bleib jener Eier in Erfahrung zu bringen. Anfangs ganz ohne Erfolg. Es war fast zweifellos, daß zwei der Eier, die sich in der Sammlung von Baldamus, als aus Europa stammend, befanden, wichtige Aufklärung hätten bringen können. Allein sie gelangten nach dem Tode Baldamus’ mit einem Teile seiner Sammlung an die Firma Watkins & Doncaster m London (1891 oder 1892) und wurden, wie man mir im April 1898 mitteilte, unbekannt an wen, in England weiterverkauft. Ein paar andere Eier aus bes: agten Gelegen dürften mit der Sammlung Seiden- sachers aus Cilli in Steiermark ebenfalls, und zwar Ende der Sechzigerjahre nach England gewandert sein. Es müßten diesbezüglich Nachforschungen in den Eiersamm- lungen von A. Newton, Lord Lilford, Crowfoot (Becles, Suffolk) und Bree (Col- chester) angestellt werden. Da endlich, kurz vor meiner Abreise (1398) nach Griechen- land, erfuhr ich nicht allem von zweien dieser rätselhaften Eier, sondern erhielt sie durch die bekannte Güte des Besitzers,. Baron Koenig-Warthausen, sogar zur An- sicht auf unbestimmte Dauer anvertraut. Das eine Ei trägt noch den ziemlich verwaschen aussehenden Vermerk Krüpers: „Cyeladen 10./6. 1862“, während das andere von dem 1863 durch den Koch nachträg- lich eingesendeten Gelege herrührt. Ich nahm diese beiden Eier sodann nach Athen mit, wo sie Dr. Krüper mit voller Sicherheit als diejenigen Stücke wiedererkannte, welche er als Ixos obscurus verkauft hatte. Er würde auch 1598 noch diese seine Bestimmung vollkommen auf- recht erhalten haben, wenn ich nicht deren Unmöglichkeit durch ein mitgebrachtes echtes Ei von Pyen. zanthopygus aus Syrien bewiesen hätte. Es mögen nun hier Maße und Beschreibung der zwei nunmehr wieder im Schloß Warthausen aufbewahrten Eier folgen: a) gesammelt auf Naxos 1863: 23:6 mm X 16:5 mm, 17 eg. Ziemlich grobfleckig, Grund fast weiß mit nur geringem rötlichen Stich!, dann violette Unter- und lebhaft zimetbraune Oberflecken! b) gesammelt auf Naxos am 10. Juni 1862: 21:7 mm X 164mm, 18 eg. 1) Rev. et Mag. de Zool. p. 390. ?) Bezieht sich offenbar auf die Angabe Erhards. IIl. Griechenland. 561 Gestalt mehr gedrungen, Fleckung von denselben Tönen, aber durchwegs viel feiner, der Untergrund mit etwas grünlichem Stich. Bei beiden ziemlich viel Schalenglanz. Die Eier wurden zunächst einem gewiegten Praktiker, Herrn Schlüter im Halle, zur Prüfung vorgelegt, da ich im Anfange schwankte, ob es sich nicht am Ende um Gelege von Ammomanes deserti handeln könnte, indem ich an die ziemlich großen Dünen von Naxos dachte. Herr Schlüter sandte mir die fraglichen Stücke mit fol- genden Worten zurück: „Es handelt sich in diesem Falle weder um /«os- noch um Ammomanes-Eier, sondern um die gewöhnliche E. melanocephala! Wie Dr. Krüper diese beiden Eier für /xos halten konnte, verstehe ich nicht, während sie Ähnlichkeit, wenn auch nicht zu groß, mit Ammomanes haben. Das rundliche Exemplar ist fast typisch, dagegen das längliche, rotgefleckte eine seltene Varietät. Diesen zwei Eiern füge ich ein drittes Exemplar meines Vorrates, welches laut Aufschrift auch von Krüper stammt, bei, damit Sie sich überzeugen können, daß es sich lediglich um E. melano- cephala handeln kann. Mein erster Blick auf die zwei Eier genügte, um sie als melano- cephala angehörig zu erkennen. Nun ich glaube, Sie werden jetzt meine Ansicht teilen.“ Hierzu bemerke ich, daß das mitgesandte Schwarzkopfammerei, Attika, 4. Juni 1895, allerdings verblüffende Ahnlichkeit mit den fraglichen Stücken besitzt, daß aber immerhin die letzteren einen Glanz haben, wie er bei E. melanocephala nur sehr selten auftritt und möglicherweise eben ein Zeichen der hohen Bebrütung der Eier ist. Freund Krüper will an die Zugehörigkeit der Eier zu der schwarzköpfigen Ammer bis heute nieht glauben und gibt eher die Möglichkeit des Brütens von Ammo- manes deserti oder einer anderen südlichen Lerchenart zu. Schließlich sandte ich die betreffenden zwei weitgereisten Eier auch noch einem dritten vortrefflichen Kenner, dem hochverdienten Major Alexander v. Homeyer zu und erbat mir sein Urteil über sie. Dieses lautet: „Ich halte die fraglichen Eier für Varianten von Emberiza melanocephala. Gerade die Ammern variieren ungemein selbst in der Untergrundfärbung und ist an den Bülbül gar nicht zu denken, auch nicht an Ammo- manes; eher noch an die Baumnachtigall.“ Dem wäre noch beizufügen, daß sowohl Freund Krüper als auch ich selbst mit unseren Beobachtungen darin übereinstimmen, daß Aödon familiaris auf Naxos zur Brutzeit gar nicht, EZ. melanocephala dagegen außerordentlich häufig vorkommt. Auch der Besitzer der vielgenannten Pseudo-Bülbüleier ist nunmehr der bestimmten Ansicht, daß sie seltene Abweichungen der Schwarzkopfammereier darstellen, und Herr Baron Koenig-Warthausen verfügt über einen überaus reichen Vergleichsstoft. Nach dem Gesagten glaube ich wohl im Sinne aller jener, welche Wert auf die Erkenntnis des Wahren legen, zu handeln, wenn ich beantrage, die gelbsteißige Busch- drossel bis auf weiteres aus dem europäischen Vogelverzeichnisse auszuscheiden. Hypolais polyglotta (Vieill.) — Kurzflügeliger Gartenspötter. Nur bei Dubois (1854), p. 73a (mit Tafel) findet sich die haltlose Angabe: „Bewohnt Griechen- land“, was wenig wahrscheinlich ist, da dies eine zumeist westeuropäische Form ist. Hypolais caligata (Licht.) — Zwergspötter. Die Bemerkung bei Dubois („Ois. d’Europe“, vol. I), daß sich dieser dem fernen Nordosten angehörige Spötter auch in Griechenland zeige, dürfte zweifellos auf einem bloßen Irrtum oder einer Verwechs- lung mit einer verwandten Art beruhen. Acrocephalus aquaticus (km.) — Binsensänger. Jedenfalls ist anzuneh- men, daß er auf dem Zuge das Land berührt, wenngleich er es wohl lieber zu- meist überfliegen mag, um weiter nördlich passendere Rastplätze aufzusuchen. Bis zur Stunde fehlt aber jeder handgreifliche Beweis für das sichere Auftreten in Griechenland, denn die diesbezüglichen Angaben von Lindermayer, Krüper und v. Heldreich haben entweder keinen wirklichen Wert, oder sie sind geradezu falsch, wie jene von Erhard und Baedeker, Brehm und Päßler im Eierwerk, wonach der Binsen- sänger Standvogel der Kykladen wäre und in Griechenland sogar brüten sollte. In Betracht kommen bloß die Bemerkungen des Grafen von der Mühle, der A. aquaticus sehr häufig auf dem Herbstzuge beobachtet haben will, und zwar darunter Tiere mit schön rostgelblichem, fast rosenfarbigem Anfluge auf den Bauchseiten (?), und vor allem Reiser, Ormis balcanica. II. 36 562 Ornis balcanica. jene von Lord Lilford. Dieser sagt: „Diese Art fand ich um Anfang Mai für wenige Tage in bedeutender Anzahl an den Ufern eines schilfigen Teiches bei Govino etwa 7 Meilen von Korfu. Ich vermerkte ihn an keiner anderen Örtlichkeit auf Korfu, doch war er an der bezeichneten Stelle vom 2. und 5. bis zum 8. oder 10. Mai 1857 sowohl wie auch 1858 sehr zahlreich. In keinem der beiden Jahre konnte ich nach dem 10. Mai auch nur ein einziges Stück beobachten und suchte vergeblich sein Nest.“ Alle meine Bemühungen, den Binsensänger im Jahre 1897 an diesem Orte und zur genau gleichen Jahreszeit wiederzufinden, blieben leider ohne jeden Erfolg. Acrocephalus palustris (Bechst.) — Sumpfrohrsänger. Leider ist es bisher noch keinem Sammler in Griechenland gelungen, einen verläßlichen Nachweis für den Durchzug des Sumpfrohrsängers zu erbringen, und als Brutvogel kommt er dort nirgends vor. Krüper glaubt bestimmt einige Male im Frühling seinen ihm wohlbekannten Ge- sang im eigenen Hausgärtchen in Athen vernommen zu haben, aber Belegstück ist keines vorhanden. Noch viel hinfälliger sind die Angaben Jamesons, wonach sich Aer. palustris im Sommer auf Kythera aufhalten soll, und selbst jene Drummonds, welcher diesen Vogel auf Korfu unzweifelhaft mit Hypolais pallida verwechselt hat. Locustella luseinioides (Savi) — Nachtigallrohrsänger. Es findet sich zwar bei Dubois (p. 79a mit Tafel) die Behauptung: „Bewohnt Griechenland“ und auch Lindermayer hat diese Art in seine Liste der Vögel von Euböa aufgenommen; aber ohne Zweifel trifft H. Seebohm in seiner „Hist. of Br. Birds“ das Richtige, indem er sagt: „ist Griechenland vollständig fremd!“ Pyrophthalma conspieillata (La Marm.) — Brillengrasmücke. Wenn wir durch A. Brehm („Tierleben“) erfahren: „Bewohnt Griechenland und bevölkert hier die mit dem niedrigen Gestrüppe, namentlich Rosmarin und Disteln bestandenen dürren Berghänge,“ so ist damit die allgemein verbreitete Meinung wiedergegeben. Dennoch muß ich dieser ganz entschieden entgegentreten, da nicht das geringste Be- weisstück für ein Vorkommen dieser Grasmücke vorhanden ist. Vor allem sei hierbei die Behauptung Lindermayers richtiggestellt, daß Krüper im Jahre 1853 ein Nest mit Eiern in Akarnanien aufgefunden habe. Das ist durchaus unrichtig, wie mir der Ge- nannte persönlich mitgeteilt hat, was übrigens auch schon aus seinen Worten in Momm- sens „Griechische Jahreszeiten“: „ich fand sie noch nicht auf“ deutlich hervorgeht. Lindermayer gibt die Brillengrasmücke übrigens erst 1856 in der Nachtragsliste im „Mon. Greece“ an und wiederholt später bloß die Angaben anderer. Als solche kommen wohl diejenigen von Thienemann (im Eierkataloge am Schlusse „ex Graecia“), Du- bois („wurde in Griechenland angetroffen!“) und Heldreich (Sommervogel!) kaum in Betracht, sondern nur jene von Forschern, die an Ort und Stelle sammelten und be- obachteten. Die beiden Engländer Drummond und Sperling berichten, daß P. conspieillata auf Korfu sehr häufig ist, am 27. März ankommt, im Frühling und Sommer dort ver- bleibt und brütet. Es hat außerordentlich viel Wahrscheinlichkeit für sich, daß hier eine Verwechslung mit P. subalpina vorliegt, da beide Autoren diesen auf Korfu so häufigen Brutvogel in ihrer Aufzählung gar nicht erwähnen. Zu den wichtigsten Angaben über das vermutete Vorkommen im Gebiete gehören diejenigen, welche der unermüdlich tätige Graf von der Mühle hinterlassen hat. In seinem „Beitrag zur Ornithologie Griechenlands“ steht bloß die Bemerkung: „Auf den trockensten Plätzen in dichtem Cisten-(?) Gebüsche.“ In der zwölf Jahre später, nach des Verfassers Tode erschienenen „Monographie der europäischen Sylvien“ findet sich folgendes: „dieser Sänger wurde von uns aus Griechenland mitgebracht. Wir selbst beobachteten ihn im Winter in Gesellschaft und in denselben Lokalitäten mit der S. melanocephala.“ Hierzu muß ich gleich bemerken, daß in den Resten der Sammlung des Grafen von der Mühle sich gegenwärtig nichts von dieser Grasmückenart vorfindet. Da nun der Mehrgenannte die überall in ganz Griechenland häufig brütende Dorngras- mücke in seinem Hauptwerke nur vom Herbstdurchzuge und selbst da „gar nicht häufig“ nennt, 'so erlaube ich mir die etwas kühne Vermutung aufzustellen, daß der III. Griechenland. 563 Verfasser sie mit der Brillen- oder auch einer anderen Grasmückenart verwechselt haben mag. Ebenso beruht wohl auch die Behauptung Erhards, daß die Brillengras- mücke ein Sommervogel der Kykladen sei, auf Verwechslung mit irgend einer anderen Art, zumal in seinem Verzeichnisse mehrere der gewöhnlichsten fehlen. Infolgedessen glaube ich, daß es erst der Zukunft vorbehalten ist, diese südliche Sylvie für das Gebiet der Balkanhalbinsel möglicherweise nachzuweisen. Melizophilus undatus (Bodd.) (= provincialis Gm.) — Provencesänger. Da der Provencesänger auch im östlichen Mittelmeerbecken (Oypern usf.) gefunden worden sein soll, so hätte eigentlich die Vermutung, daß er auch ein Bewohner Griechen- lands sei, Anspruch auf Berechtigung; jedoch bedarf dies dringend einer neueren, ver- läßlichen” Bestätigung. v. Heldr eich, bezeiehnet ihn hier als selten; Dresser meint, daß er sehr selten zu sein scheint, und Seebohm bemerkt richtig: „Er wurde für Griechenland registriert, doch begegnete ihm kein neuerer Ornithologe i in diesem Lande.“ Jedenfalls ist es von Belang, daß Krüper diesen Vogel niemals antraf. Viel zur früheren Annahme des Vorkommens mögen auch die von Lindermayer diesem Vogel fälschlich zugeschriebenen und verschickten Eier, z. B. an Thienemann, Museum Oldenburg (1 Stück), Weller in Kopenhagen (4 Stück, s. Katal. p. 13, Nr. 274) usw., beigetragen haben. Bei genauerer Prüfung mögen sich selbe wohl als der Pyr. subalpina oder melanocephala zugehörig herausstellen. Die übrigen Bemerkungen bei dem Grafen von der Mühle, Thienemann sen., Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Dubois und Rey sind völlig nichts- sagend und belanglos. Wichtiger dagegen ist es, daß jenes von Schuch (Reg. Korresp.-Blatt 1856, S. 50) erwähnte und aus dem Nachlaß des Grafen von der Mühle stammende Exemplar von M. undatus den ausdrücklichen Vermerk „Griechenland“ auf der Etikette trägt und, allerdings schadhaft, noch heute erhalten ist und mir vorliegt. Aus Gründen, die an anderer Stelle erörtert sind, ist mir aber dieses Belegstück vorläufig noch nicht genü- gend, zumal kein Vorkommen aus anderen Teilen der Balkanhalbinsel bekannt ge- worden ist. Ausdrücklich erwähne ich, daß die Art auch für Dalmatien nicht nach- gewiesen wurde und nur angeblich zwei d’C’ am 8. Dezember 1898 auf der istriani- schen Insel Cherso von einem Franziskaner gesammelt worden sein sollen, von denen eines in die Sammlung des Grafen Arrigoni degli Oddi, das andere in das Museum von Agram gelangte. Melizophilus sardus (La Marm.) — Sardischer Sänger. Sämtliche An- gaben über das Vorkommen dieses dem westlichen Mittelmeerbecken eigentümlichen Vogels in Griechenland, wo er laut Krüper „wohl noch nicht gefunden wurde“, sind auf zwei Quellen zurückzuführen. Zunächst auf die gänzlich aus der Luft gegriffene Bemerkung Erhards, der ihn zu den Brut- und Sommervögeln der Kykladen rechnet und auf die Bemerkung des Grafen von der Mühle, er habe ihn auf der südlichsten Spitze der Maina, in Porto qualio öfters bemerkt und ein Stück bei Marathonisi (Gythion) geschossen, sonst aber in ganz Griechenland nie wieder gefunden. Durch Lindermayer erfahren wir später, daß die Bestimmung des fraglichen Stückes von dem früh verstorbenen Dr. Michahelles erfolgte; es muß also der Vogel bald nach der Ankunft des Grafen von der Mühle 1834 erbeutet worden sein. Auf wie schwachen Füßen diese Bestimmung aber ruhte, gesteht Graf von der Mühle in seiner Monographie der europäischen Sylvien auf Seite 75 später mit folgenden Worten selbst zu: „Wenn wir auch selbst in unseren Beiträgen sagten, ein Stück davon an der Süd- spitze Lakoniens in der Maina erlest zu haben, so taten wir es im Vertrauen auf die Autorität des verstorbenen Dr. Michahelles, der das erwähnte Exemplar für eine Sylvia sarda erklärte und solches in Weingeist mit mehreren anderen Tieren aufhob; — was später daraus geworden, wissen wir nicht.“ Da überdies das Vorkommen in Griechenland ziemlich unwahrscheinlich ist, so wären die Stellen mit der Behauptung dieses Vorkommens bei Thienemann (Rhea, S. 107), Dubois, Dresser, Heldreich und Brehm (,„Tierleben“) richtigzustellen. Sylvia nisoria (Bechst.) — Sperbergrasmücke. Da eine Bemerkung Nau- manns über das Vorkommen bis Griechenland kaum in Betracht zu ziehen ist, erübrigt 36* 564 Ornis balcanica. bloß auf die Angaben über den Durchzug im Gebiete näher einzugehen. Solche gibt es drei; nämlich bei Dresser (nach Mitteilung Seebohms) im Cat. of Birds, vol. V, p. 8, und von Krüper bei Mommsen. Wahrscheinlich entstammen alle der letztgenannten Quelle. Nach mündlicher Rücksprache mit Krüper liegen aber keinerlei bestimmte Be- obachtungen vor, wodurch irgendeinmal S. nisoria in Griechenland auf dem Zuge wirk- lich festgestellt worden wäre, vielmehr scheint sich ihre Wanderung weiter östlich an der asiatischen Küste zu vollziehen, welcher Umstand besondere Aufmerksamkeit ver- dienen würde. Parus palustris stagnatilis Brehm — Sumpfmeise. Es läßt sich zur Zeit nicht mit Sicherheit entscheiden, ob überhaupt irgend eine Sumpfmeise, geschweige welche Form in Griechenland vorkommt. Verwechslungen mit der Trauermeise sind gewiß leicht erklärlich! Zwar behauptet Lindermayer, daß diese Meise im Gebüsch und Röhricht der Umgebung des Kopais-, Vrachori- und Tripolias- (wohl gleichbedeutend mit Triptolakos in Akarnanien!) Sees und hier sogar brütend zu finden sei; doch kann ich diese Angabe durchaus nicht für richtig halten, weil sie dort mir und anderen denn doch hätte auf- fallen müssen. Ferner soll sie nach Graf von der Mühle im Winter in den Waldungen Mittel- griechenlands und nach Krüper und v. Heldreich im allgemeinen nur selten ange- troffen werden; jedoch gibt es weder eine einzige verläßliche Feststellung, noch ein griechisches Belegstück in den verschiedenen Sammlungen. Es sei aber hier beigefügt, daß unser Kollektor Santarius, der die Sumpfmeisen sehr wohl im Freien von der Trauermeise zu unterscheiden versteht, steif und fest be- hauptet, im Strauchwerk der Varassovoabstürze in Akarnanien, sowohl am 27. April 1894, als am 3. Februar 1897 solche Meisen genau erkannt zu haben. In beiden Fällen war es ihm jedoch unmöglich, einen Schuß anzubringen. Es sei daher allen Ornithologen, welche künftig diese interessante Gegend besuchen, ans Herz gelegt, dort auf Sumpf- meisen ihr Augenmerk zu richten. Parus eristatus L. — Haubenmeise. Die Haubenmeise wurde, anscheinend ohne jede Berechtigung, von Lindermayer 1856 in die Nachtragsliste der Vögel Griechenlands (im „Moniteur Grec“ usw.) aufgenommen. Krüper (in den „Griechischen Jahreszeiten“) und Seebohm erwähnen aber ausdrücklich, daß sie noch niemals im Lande angetroffen wurde. Dasselbe kann auch ich bestätigen. Daher ist es fehler- haft, wenn es im Tierleben von A. Brehm heißt: „Gehört in Griechenland zu den seltenen Erscheinungen.“ Otocorys ‚bilopha (Lieht.), Phileremos bicornis Brehm — Wüsten- Öhrenlerche. Über ein Vorkommen dieser asiatischen Lerche ist nichts weiter be- kannt als die Bemerkung von Chr. L. Brehm im „Vogelfang“, 3.122: „Phileremos bicor- nis kommt wahrscheinlich aus Syrien nach den griechischen Inseln“ — welche wohl kaum so schnell eine ausreichende Begründung finden dürfte. An eine Andeutung des Vorkommens von Otocorys penicillata in Griechenland ist dabei wohl nicht zu denken. Ammomanes deserti (Licht.) = Alauda isabellina Tem. — Öst- liche Wüstenlerche. Auf die Autorität des Grafen von der Mühle und dessen zwei Belegstücke mit der Bezeichnung „Griechenland“ gestützt, wurde diese Lerchenart zu wiederholtenmalen in die Fauna Griechenlands aufgenommen. Seit Temmincks Angabe: „Ziemlich häufig in Griechenland, wo sie in Ebenen lebt“, wurde sie ohne Bedenken und ohne daß weitere eigene Beobachtungen vorlägen, von Schlegel, Degland, Du- bois, Fritsch und v. Heldreich wiederholt. Drummond sagt, sie sei selten auf Korfu, wo sie Mitte April ankommt, aber nicht verweile. Da aber Drummond die auf Korfu bestimmt vorkommende Calandrella brachydactyla gar nicht erwähnt, so ist eher an eine Verwechslung mit dieser zu denken als an das an und für sich schon unwahrscheinliche Vorkommen der Östlichen Wüstenlerche so weit im Norden. Das- selbe gilt für die Angabe Erhards, daß Alauda isabellina ein Brutvogel der Kykladen sei, was noch in neuester Zeit sich in Brehms „Tierleben“ wiederholt findet. Schon III. Griechenland. 565 Thienemann sagt diesbezüglich folgendes: „Ich habe mehrere Nester und Eier unter ihrem Namen aus Griechenland erhalten. Die beiden abgebildeten Eier passen noch am ehesten zu ihrer Größe, sind aber nicht von sicheren Eiern der A. brachydactyla zu unterscheiden. Sie ist der kurzzehigen Lerche fast zu nahe verwandt. Erst wenn man ihre ganze Lebensweise kennen wird, kann man sicher angeben, ob sie von ihr verschieden sei“ (sic!). Aus der von Thienemann gegebenen Eierabbildung ist mit Bestimmtheit ersicht- lich, daß es sich um zwei größere Stücke von (©. brachydactyla handelt! Endlich wäre zu erwähnen, daß weder Krüper noch Lindermayer diese Lerche jemals beobachtet haben, und daß der Letztgenannte sich bloß auf die Mitteilungen des Grafen von der Mühle und Erhards beruft. Die bestimmte Angabe des Grafen von der Mühle lautet nun wörtlich: „Sehr selten auf den Hochebenen Tripolitsas und anderwärts, aber bei weitem nicht so ge- mein, wie Temminck angibt.“ Laut der Liste jener Vögel, welche 1856 aus dem Nachlaß des Grafen von der Mühle dem zoologisch-mineralogischen Verein in Regensburg zufielen und welche zum größten Teile aus Griechenland stammten, befanden sich darunter zwei Stücke von A. isabellina.*) Im Juli 1900 fand ich diese dort noch vor und erwarb durch Tausch das eine davon für unsere Anstalt, welches, wie erwähnt, nach der Aufschrift des Grafen von der Mühle aus Griechenland mitgebracht wurde und der Färbung nach unbedingt zur östlichen Wüstenlerchenform Amm. deserti (Licht.) gehört, da es noch dunklere Farbentöne zeigt als ein zum Vergleiche herangezogenes aus Palästina (Engeddi, 9. De- zember 1897). Auch ist der Schnabel etwas länger und kräftiger. Abgesehen davon, daß sich für eine so ausgesprochene Wüstenbewohnerin die rauhe Hochebene von Tripolitsa gar nicht zum Aufenthalte eignet, muß infolge der an anderen Stellen dargelesten Unzuverlässigkeit selbst der Belegstücke des Grafen von der Mühle, diese Art für das Gebiet noch für sehr fraglich bezeichnet werden, und man tut besser, sie vorläufig aus der Liste ganz wegzulassen. Certhilauda desertorum (Stanl.) — Bogenschnabellerche. Es ist kaum anzunehmen, daß ein so auffallender Vogel wie diese Lerche von Dr. Krüper oder einem anderen der neueren Forscher übersehen worden wäre, und mit dem einzigen Belegstück, welches mit dem Nachlasse des Grafen von der Mühle an die Sammlung des zoologisch-mineralogischen Vereines in Regensburg und von dort in jene des hiesi- gen Landesmuseums gelangte, ist auch nichts anzufangen, weil Graf von der Mühle bekanntlich eine Reihe der kostbarsten Stücke in Griechenland durch einen Brand verlor und diese nach seiner Erinnerung später durch solche aus anderen Gegenden Europas zu ersetzen trachtete. Ihm zufolge lebt C. desertorum nicht sehr selten auf den dürren Flächen zwischen Megara und Theben, ein Standort, welchem später Lindermayer (1859), unbekannt aus welcher Veranlassung, noch die Gegend von Tripolitsa hinzufügt. Diese, im rauhen Berglande von Arkadien gelegen, paßt für unseren Wüstenbewohner schon gar nicht. Zum Überfluß kommt dann noch Erhard hinzu, welcher sie ohne triftigen Grund den Sommer- und Brutvögeln der Kykladen beizählt. Daraufhin wird (©. desertorum anstandslos von Lindermayer („Mon. Grec“, Nachtrags- liste), Dubois, Rey und v. Heldreich in die Liste der griechischen Vögel aufge- nommen, aus welcher sie heutzutage wohl zweifellos wieder zu entfernen sein wird. Thienemann beschrieb in seiner Fortpflanzungsgeschichte sehr ausführlich Nest und Eier dieser Lerche aus Griechenland. Zum Glück verrät die beigegebene Abbil- dung der Eier deutlich, daß es sich hier einfach um eine gröbliche Verwechslung mit der Kalanderlerche (Mel. calandra) handelt. Erwähnt möge hier noch werden, daß (s. „Naumannia“, VIII, 265 und Dresser) mehrfach, z. B. von Schlegel, @al. eristata var. ferruginea des Grafen von der Mühle fälschlich auf Certhilauda bezogen wurde. Anthus (Corydalla) richardi Vieill. — Spornpieper. Gewiß ist die Mög- lichkeit nicht ausgeschlossen, daß unter der Unmasse der das Gebiet durchwandernden 1) Korrespondenzblatt dieses Vereines, X. Jahrgang, S. 50. 566 Ornis balcanica. Pieper auch diese asiatische Art zu finden wäre; aber bis heute ist ein solcher Fall noch nicht erwiesen. Seit Graf von der Mühle seine anscheinend ganz bestimmten Beobachtungen über Aufenthalt, Zug, Benehmen und sogar die Fortpflanzung des Spornpiepers in Griechen- land veröffentlichte, finden sich ebendahingehende Angaben in der Literatur von Thienemann („Rhea“ II, 175, jedoch schon hier angedeutet, daß die Schilderung des Grafen von der Mühle auch auf campestris paßt!),‘) Zander („Naumannia“, IV, 8. 5), Lindermayer, (zuerst 1556 im „Mon. Grec“, Nachtragsliste, sowie dann in der Haupt arbeit, allein hier mit dem ausdrücklichen "Vermerk: „Ich habe diesen Pieper nie gefunden“), Dubois, Erhard, (Brutvogel der Kykladen!), Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Degland, Krüper („Griechische Jahreszeiten‘, jedoch mit der Bemerkung: „Den Stelzenpieper fand ich bisher noch nicht“) und Th. v. Heldreich. Schließlich finde ich bei E.F. v. Homeyer in „Wanderungen der Vögel“ S. 377 (Note) angegeben: „Sichere Beobachtungen über brütende Stelzenpieper scheinen weder in Spanien noch in Frankreich, Italien oder Griechenland gemacht zu sein.“ Nach dem Gesagten wird es wohl leicht begreiflich sein, daß ich mit sanz besonderer Ge- nugtuung im Kabinette des zoologisch- mineralogischen Vereines in Regensburg feststellte, daß die zwei (nicht eines wie Schuch im Korresp.- -Blatt 1856, S. 50 anführt) aus dem Nachlasse des Grafen von der Mühle aus Griechenland stammenden, als Anthus richardi etikettierten Stücke nicht dieser Art angehören, sondern A. campestris sind. Übrigens wird jeder Ornithologe herausfinden, daß auch die Schilderung des Grafen von der Mühle vortrefflich auf den Brachpieper paßt. Anthus obseurus (Lath.), Anthus rupestris Niels. — Strandpieper. Wenn Lord Lilford schreibt: „Gemein an der Küste von Korfu“ und bei seiner weiteren Aufzählung der dortigen Vögel den Wasserpieper gar nicht erwähnt, so glaube ich mir den Schluß erlauben zu dürfen, daß hier eine Verwechslung. der beiden Pieper stattgefunden hat. Anthus obscurus wurde bisher noch nie aus seiner nordischen Heimat kommend im Süden angetroffen.”) Emberiza eitrinella L. — koldammer. Diese allbekannte Erscheinung in der heimischen Vogelwelt fehlt Griechenland vollständig! Nur Graf von der Mühle gibt eine sehr zweifelhafte, auf Hörensagen beruhende Angabe über ein Wintervorkommnis in Mittelgriechenland (Rumelien). Laut brieflicher Mitteilung von Dr. Krüper (3. Nov. 1898) befindet sich unter einer kleinen Zahl noch von Dr. Lindermayer herrührender ausgestopfter Vögel in Athen (in Privatbesitz) auch eine Goldammer, leider ohne alle Daten. Krüper meint nun, es wäre immerhin möglich, daß dieser Vogel im Winter bei Kephissia, wo Linder- mayer wohnte und sammelte, erlegt wurde. Der Vollständigkeit halber will ich noch erwähnen, daß die von Dresser zitierte Angabe Lindermayers über das Fehlen der Goldammer in Griechenland selbst im Winter, in dessen sämtlichen Schriften nirgends zu finden ist. Emberiza cinerea Strickl. — Gelbkehlige Ammer. Bekanntlich ist dieser Vogel m Kleinasien entdeckt und dort von Dr. Krüper eingehend studiert worden, Chr. L. Brehm?) ist der Meinung: „Lebt bei Smyrna und verirrt sich nach Griechen- land,“ bleibt uns aber den Beweis schuldig. Er nennt ihn E. eineracea und begründet dies in einer Fußnote. Krüper, der beste Kenner der E. cinerea, sagt ausdrücklich:®) „In Griechenland ist bisher noch kein Exemplar entdeckt worden, es wäre jedoch nicht undenkbar, daß sie jährlich sich dort einfindet.“ !) Im Texte zu seiner ausführlichen, aber unvollendeten „Fortpflanzungsgeschichte“, S. 253, sagt er dann: Ich erhielt aus Griechenland Nest und Eier unter seinem Namen. Ersteres stimmt sehr mit A. campestris, 9 Stück der letzteren kommen in Größe und Gestalt mit denen desselben Piepers überein. .... Das Korn ist nicht wesentlich verschieden, weshalb ich nicht wage, ein bestimmtes Urteil zu fällen. ?) Bei Temminck findet sich auch die Bemerkung: „Es ist wahrscheinlich, daß auch Budytes eitreolus im Archipel gefunden werden wird.“ Bisher hat sich jedoch diese Vermutung nicht erfüllt. ®) Vogelfang, 8. 114. *) Cab. Journ. f. Orn. 1875, $. 270 (geschrieben schon 1864!) III. Griechenland. 567 Dieser Ausspruch gilt auch noch heutzutage, doch wird es immer fraglicher, ob man diese Art überhaupt so bald wird in Europa feststellen können. Emberiza lesbia Tem. — Lesbische Ammer. Es ist nicht einmal mit Sicher- heit festzustellen, welchen Vogel Temminck eigentlich vor Augen hatte, über welchen er angibt:!) „Man sagt, daß er in Griechenland häufig ist.“ Manche glauben die Em- beriza rustica Pall. hierunter verstehen zu sollen. Gould aber bildet unter dem Namen E.lesbia die Emb. fucata Pall. mit der Bemerkung „wird auch in Griechenland ge- funden“ ab, und auch Dresser (im Ergänzungsband!) bezieht die Temmincksche, bisher vollständig unbestätigte Angabe auf E. fucata. Aufgegriffen wurde sie seither bloß von Erhard, welcher die E. lesbia für einen Standvogel der Inseln sowie des Festlandes erklärt und sie für die vonı Grafen von der Mühle beschriebene Spielart von E. cia hält. Krüper?) ist sogar der Ansicht, daß Erhard möglicherweise E. lesbia mit der Zaunammer (E. cirlus) verwechselte, weil diese häufige Art allen seinen Listen fehlt, und dürfte damit wohl das Richtige getroffen haben. Emberiza leucocephala 6m. (= pityornus L.) — Föhrenammer. Die Schuld, diese östliche Ammer Asiens ohne vorhandene Belege in die Ornis von Griechenland eingeschleppt zu haben, trifft den Grafen von der Mühle, indem er mitteilt: „Ich habe sie mehrmals aus Rumelien (Mittelgriechenland) im Spätherbste be- kommen, aber bloß Weibchen und Junge; sie gleichen sehr der E. schoeniclus, dürf- ten vielleicht nicht selten sein, aber mit dieser verwechselt werden; ich kann daher nichts Näheres über sie mitteilen.“ Schon im Jahre nach dieser Veröffentlichung wundert sich Brehm („Stiftungsfest“), daß Lindermayer weder diese Ammer noch E. cinerea für Griechenland anführt, worauf sich Lindermayer natürlich beeilt, den scheinbaren Fehler im „Mon. Grec“ (1856) und in seiner letzten Hauptarbeit gutzumachen, und Dubois sich zur Bemerkung veranlaßt fühlt: „Kommt nach Griechenland!“ Selbst Krüper bemerkt vorsichtig: „Der Fichtenammer ist in Griechenland wohl nur selten anzutreffen.“ Nun, ich glaube, sie wurde bisher überhaupt noch nie nachge- wiesen, sondern Graf von der Mühle hat sie selbst mit Emb. schoenielus verwechselt! Emberiza striolata Licht. — Gestreifte Ammer. Der gänzlich haltlose Satz bei Dubois, „Ois. d’Europe“ (vol. I, 1868): „Sie besucht auf ihren Wanderungen den Peloponnes (Morea)“ bedarf keiner besonderen Widerlegung. Euspiza dolichonia (Bp.) — Gestreifte Prachtammer. Unter diesem Namen erwähnt Chr. L. Brehm eine Ammerart von den Jonischen Inseln im „Vogel- fang“, S. 112 folgendermaßen: „Oben olivengrau mit schwarzen Mittellängenstreifen, unten gelblich, an der Brust und den Seiten schwarz gestreift.“ Da in Klammern „Emb. dolochonia Bp.“ beigesetzt ist, so wäre damit Zusp. aureola (Pall.) gemeint, welche unmittelbar vorher beschrieben erscheint, und zwar nur das Männchen, während die obige Beschreibung auf das Weibehen paßt. Jedenfalls bedarf das Auftreten der Weidenammer am genannten Orte dringend der Bestätigung. Losia pityopittacus Borckh. — Kiefernkreuzschnabel. Erhard behauptet, im Winter von 1855 junge Vögel auf dem Markte von Syra gesehen zu haben, worauf er diese nordische Vogelart unter die Wintervögel der Kykladen einreihte. Linder- mayer und Krüper fanden diesen Vogel in Griechenland niemals, und Dresser ver- mutet eine Verwechslung Erhards mit Loxia curvirosta, während Seebohm die Mög- lichkeit des stellenweisen Auftretens nicht geradezu in Abrede stellt. Eine Wiederholung eines solch südlichen Auftretens bliebe jedenfalls abzuwarten, zumal Z. pityopittacus auch in den nördlichen Balkanländern bisher noch niemals fest- gestellt werden konnte. Chrysomiätris citrinella (L.) — Zitronenzeisig. Ich wage zu behaupten, daß die sämtlichen zahlreichen Angaben über sein Vorkommen in Griechenland einfach t) Man. d. Orn. I, p. 317 und III, p. 235. 2) Cab. Journ. f. Orn. 1863, S. 406. 568 Ornis balcanica. auf Verwechslung mit dem Girlitz (8. serinus) zurückzuführen sind. Temminck, Brehm („Europäische Vögel“ und „Handbuch für die Liebhaber der Stuben-, Haus- und aller der Zähmung werten Vögel“), Naumann, Thienemann, Gould und Degland wollen glauben machen, daß der Zitronenzeisig sehr häufig in Griechenland, in den Gebirgen des Landes, ja sogar auf allen Inseln des Archipels seßhaft sei und hier auch niste. Bezüglich Korfus und der Jonischen Inseln liegen zwei einander widersprechende An- gaben vor: Drummond behauptet Chr. eitrinella von der zweiten Hälfte September bis Anfang Februar sehr häufig, im Sommer dagegen niemals gesehen zu haben; Lord Lilford jedoch nur im Sommer zahlreich und im Winter entweder gar nicht oder aber bestimmt weniger häufig. In beiden Fällen ist die Verwechslung mit S. serinus schon deshalb zweifellos, weil dieser Vogel, welcher auf Korfu in Menge brütet nnd auch den Winter dort verbringt, von den beiden genannten Forschern nicht erwähnt wird. Aber auch Lindermayer vermeinte Chr. eitrinella am Festlande wie auf Euböa vom November bis März in höhergelegenen, gebirgigen Gegenden sehr häufig, im Sommer jedoch niemals gesehen zu haben. Graf von der Mühle nennt ihn selten, will aber Stücke von den Bergen von Platana und Malabo, womit offenbar der nördliche Teil des Parnongebirges gemeint ist, erhalten haben. Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, daß nach brieflicher Mitteilung von Dr. Koepert sich im Museum zu Altenburg ein seinerzeit von Lindermayer eingesendeter Girlitz (8. serinus) noch heute befindet, welcher auf der Originaletikette von Lindermayers Hand die falsche Bestimmung Pringilla, ‚eitrinella trägt. In Ubereinstimmung mit Krüper beantrage ich somit die Streichung dieser Art aus der Liste der griechischen Vögel. Acanthis flavirostris (L.) — Berghänfling. Auf die einzige Angabe Drum- monds hin, welcher diesen nordischen Hänfling zu den Vögeln Korfus und der Joni- schen Inseln rechnet, wird ihn wohl niemand als griechischen Vogel betrachten, zumal der Beisatz „sedentary“, also Standvogel, sofort den Irrtum erkennen läßt. Acanthis linaria (L.), Linaria alnorum Chr. L. Brehm — Nordischer Leinfink. Graf von der Mühle behauptet, daß er in strengen Wintern zuweilen bis nach Griechenland kommt, und Erhard zählt ihn gar zu den regelmäßigen Winter- gästen der Kykladen — Angaben, welche später Lindermayer zwar wiederholt, aber ebensowenig beweisen kann als sonst jemand. Da A. linaria selbst in den nördlichen Balkanländern höchst unregelmäßig erscheint, ist es auch kaum anzunehmen, daß dieser nordische Vogel so weit nach Süden hinabzieht. Acanthis rufescens (Vieill.), Linaria rufescens Schl. & Bp. — Südlicher Leinfink. Dubois stellte (1857) ohne Quellenangabe die Behauptung auf, daß diese Leinfinkenart in strengen Wintern nach Griechenland verstreiche. Es ist mir nicht begreiflich, daß trotz des Mangels eines greifbaren Beweises sowohl Dr. Krüper, ob- wohl mit dem Beisatze „nur selten“, als auch v. Heldreich („quelquefois“) dies wiederholten. Passer italiae (Vieill.) — Italienischer Sperling. Die Unterschiede zwischen diesem Sperlinge und Passer hispaniolensis sind im Außern so geringe, daß man in neuester Zeit vorgeschlagen hat, den letztgenannten Vogel Passer italiae hispaniolensis zu benennen.!) Jedoch gerade deshalb, weil sich beide so nahe stehen, ist die Biologie ein nicht zu unterschätzendes Mittel zur Unterscheidung; und wenn die rotköpfigen Sperlinge der Atlasländer sich vorzugsweise an die menschlichen Ansiedlungen beim Nisten halten, so erblicke ich gerade darin einen Beweis, daß sie mehr zu P. italiae als zu hispaniolensis gehören. Darüber allerdings kann kein Zweifel bestehen, daß sich die genannten beiden Sperlinge ungleich näher stehen als jeder derselben zu Passer domesticus, selbst wenn dieser (wie z. B. in Velestino) mitten unter ihnen brütet. Nach dem Gesagten ist es kein Wunder, wenn wir in früherer Zeit für Griechen- land hie und da fälschlich den italienischen Sperling statt Passer hispaniolensis ange- “geben finden. Am häufigsten geschah dies in Okens „Isis“, wo 1842, Heft II, Spalte 91 1!) C. Freiherr v. Erlanger in Cab. Journ. f. Orn. 1899, 8. 478 usw. III. Griechenland. 569 P. italiae sogar als alleiniger Spatz des Landes aufgeführt wird, ein Irrtum, der schon im darauffolgenden Jahre von Lindermayer erkannt wurde. 1845 vermutet Brehm („Stiftungsfest“ usf.) sein Wegwandern aus Griechenland zur Winterszeit. 1859 ver- bessert Lindermayer nochmals die erste Angabe in der „Isis“, führt aber noch immer P. italiae als seltenen Vogel des Gebietes neben hispaniolensis an. Schließlich wird ganz zutreffend im „Ibis“ VI, 1364, p. 396 das Vorkommen von P. eisalpinus (— italiae), welcher auch von Dubois als Bewohner Griechenlands bezeichnet wurde, für dieses sowie für andere Länder bezweifelt, was übrigens schon zwanzig Jahre vorher Graf von der Mühle gleichfalls in Abrede gestellt hatte! Sturnus unicolor (La Marm.) — Einfarbstar. Lord Lilford berichtet, daß er einen auf Korfu im Mai 1857 geschossen habe und daß dies der einzige Fall des von ihm beobachteten Vorkommens gewesen sei. Cap. Sperling betont weiters aus- drücklich, daß er St. unicolor niemals beobachtet habe, und auch sonst liegen keinerlei Nachrichten über ein anderweitiges Auftreten dieses weiter westlich lebenden Stares vor. Immerhin ist es auffallend, daß sich noch im Mai überhaupt ein Sturnus auf Korfu zeigte, und es wäre gewiß interessant zu erfahren, ob sich vielleicht noch gegen- wärtig jenes Stück in irgend einer Sammlung in England befindet. Ohne hierüber Ge- wißheit zu haben, wage ich nicht, den Einfarbstar in die Reihe der griechischen Vögel aufzunehmen. Garrulus krynicki Kaleniez.!) — Türkischer Schwarzkopfheher. Bei Temminck hieß es, daß man diesen Heher auch m ganz Griechenland finde. Dieser falschen Ansicht pflichtete auch Strickland bei, und Chr. L. Brehm wunderte sich (1845) sogar, daß Lindermayer, im Gegensatze zu Temminck, diese Art nicht an- gibt, und macht Lindermayer neuerdings hierauf aufmerksam. Die Annahme Sperlings, daß der Schwarzkopfheher in geringer Zahl auf Syra vorkäme, beruht, wie er selbst zugibt, nur auf einer Vermutung und ist durchaus unbe- gründet. Dagegen stellen folgende Autoren sein Fehlen in allen Teilen Griechenlands fest: Drummond, Graf von der Mühle, Selys Longchamps („Rev. zool.“ 1544, p. 142), Lindermayer, Lord Lilford, Degland & Gerbe u. a. Auch ich kann nur dasselbe sagen. Corvus corone L. — Rabenkrähe. Wie gewöhnlich, wurde auch in Griechen- land diese Krähe durchwegs mit Corv. frugilegus verwechselt. Das geht schon deut- lieh aus den Worten Sonninis hervor: „Die Rabenkrähen (C. corone) sind dagegen Zugvögel und man sieht sie in zahleichen Flügen am Meeresufer, wo sie an den See- tieren, die von den Wellen angespült werden, ihre Nahrung finden. Die Nacht bringen sie in Felslöchern zu, die sie am Abend aufsuchen.“ Diese Darstellung wird ziemlich genau von Lindermayer und dem Grafen von der Mühle wiederholt, und es wird noch ausdrücklich beigefügt, daß C. corone in ganz Griechenland Standvogel sei. Aus den übrigen Ausführungen ergibt sich dann mit vollständiger Sicherheit die Verwechs- lung mit der Saatkrähe. Auch Erhard, v. Heldreich und Degland bezeichnen sie als Standvogel, Erhard für die Kykladen, Degland für den Peloponnes, wo sie an- geblich so häufig sein sollte wie in Deutschland. Dagegen fand Chr. L. Brehm („Stif- tungsfest“ usw.) 1845 ihr dortiges Vorkommen merkwürdig, und 1875 erklärte endlich Krüper („Griechische Jahreszeiten“), daß er C. corone niemals angetroffen habe. Dies wird wohl auch nicht so leicht vorkommen, da es nicht bekannt ist, daß die Raben- krähe so weite Wanderungen nach Süden unternimmt, und sie dem Gesamtgebiete der Balkanhalbinsel fremd ist. Lanius meridionalis Tem. — Hesperiden-Raubwürger. Es ist mir nahezu unfaßbar, daß diese dem Westen Südeuropas eigentümliche Würgerart von fast sämt- lichen Autoren mit zäher Festigkeit den griechischen Landen aufgenötigt wurde. Höchst- wahrscheinlich bot zu diesem Irrtume der verfängliche Name „meridionalis“ die erste Veranlassung. Lanius meridionalis, der bekanntlich L. exeubitor zunächst steht, wurde früher überhaupt dem Lan. minor angereiht oder, wie beispielsweise in den Nachträgen !) Von Temminck und Striekland mit @. melanocephalus Gene verwechselt! HTO Ornis balcanica. zu Naumanns Naturgeschichte, irrtümlich als Sommervogel Griechenlands und voll- ständiges Mittelglied zwischen 2. exeubitor und minor betrachtet. Bezüglich der Ansicht englischer Forscher findet sich zunächst folgender Zusatz zur Arbeit Drummonds von Striekland: „L. meridionalis wird allgemein als selten in Südeuropa betrachtet, Lanius minor dagegen als sehr häufig. Aber auf den Joni- schen Inseln scheint das Gegenteil richtig zu sein, vorausgesetzt, daß kein Irrtum beim Abschreiben oder der Festsellung der Art vorliegt.“ Dementgegen betont aber Lord Lilford ausdrücklich, daß L. meridionalis auf Korfu nichts weniger als häufig sei, daß er nur einen einzigen (am 29. April 1857) geschossen und der Präparator dort noch nie früher einen gesehen habe. Auch Cap. Sperling kennt nur einen einzigen Fall des Vorkommens und Erlegens in Griechenland. Wohin diese beiden Stücke aber gekommen sind und ob sie irgend ein anderer Sachverständiger zu Gesicht bekam, konnte ich nicht in Erfahrung "bringen. Erhard nahm ZL. meridionalis unter die Brutvögel der Kykladen auf und füst (S. 60) folgende unsinnige Behauptung hinzu: „Dieser — um ganz Athen der gemeinste Würger — findet sich auch auf den Cykladen einzeln nicht selten. Nur ausgefärbte Vögel kamen mir zu Gesicht, und zwar während des Sommers, wo man die jungen L. ex- cubitor nie zu Gesicht bekömmt. Dies ein Grund mehr für Verschiedenheit der Arten.“ Es ist sehr wahrscheinlich, daß daraufhin Baedeker, Brehm, und Päßler in das berühmte Eierwerk den Satz aufnahmen: „Der rosenbrüstige, große Würger be- wohnt Griechenland“, und Dubois sich sogar soweit verstieg, zu schreiben: „Er findet sich vornehmlich in Griechenland!“ Auf dem griechischen Festlande erwähnt dieses Würgers zuerst Graf von der Mühle; doch beziehen sich dessen Ausführungen um so sicherer auf L. minor, als das Belegstück seiner Sammlung (von Schuch im Korresp.- Blatt 1856, S. 50 erwähnt) sich noch heute samt der Origimaletikette in Regensburg befindet und nichts anderes ist als ein junger Vogel von 2. minor. Lindermayer hatte L. meridionalis zuerst gar nicht aufgeführt, weshalb Chr. L Brehm im „Stiftungsfest“ usw. die Bemerkung macht, daß er die Frage offen lasse, ob dieser Würger entweder Lindermayer entgangen sei, oder ob er nur den west- lichen und nicht den östlichen Süden Europas bewohne. Später nahm Lindermayer den L. meridionalis in die Nachtragsliste im „Mon. grec.“ auf und bezeichnet ihn als seltenen Sommergast (ebenso tut das auch v. Held- reich), wobei ebenfalls eine Verwechslung mit Z. minor wahrscheinlich ist. Thienemann wiederholt diese Angaben, konnte aber aus Griechenland keine Eier erhalten! Dagegen sandte Lindermayer zwei und vier Stück (aus Athen!) an- gebliche L. meridionalis-Eier an das Museum in Oldenburg, die sich dort, wie ich über- zeugt bin, bei näherer Prüfung sicher als solche von Z. minor oder senator heraus- stellen werden. Schließlich sei richtiggestellt, daß jenes von Schrader sen. am 18. Juni 1860 im Taygetos erlegte und von Dr. Krüper seinerzeit als Z. meridionalis bestimmte Stück jetzt im Museum zu Athen nicht mehr zu finden ist, und daß später (1874) Krüper ausdrücklich sagt: „Ob L. meridionalis wirklich vorkommt, habe ich bisher noch nicht beobachtet.“ Aus dem Vorstehenden ist also leicht ersichtlich, daß L. meridionalis ohneweiters aus der Liste der griechischen Vögel zu löschen ist. Caprimulgus ruficollis Tem. — Rothals-Nachtschwalbe. Die Behauptung, daß diese westmediterrane Art Griechenland bewohne, ist in dem bekannten Werke von Dubois sen. über die Vögel Europas enthalten. Ich kann hierzu nur bemerken, daß ein Nachweis weder vorhanden noch zu gewärtigen ist, und daß dies auch bereits Lindermayer betont hat. Merops viridis L. — brüner Bienenfresser. Robert Tobias sagt in seinen „Kritischen Bemerkungen“ zu Dr. A. Lindermayers Aufsatz: „Die Vögel Griechen- lands“:!) „Merops viridis soll auch vorkommen nach anderen“, setzt aber selbst nach diesen Worten ein Fragezeichen! !) Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz, IV. Bd., 1. Heft, 1844, S. 59. III. Griechenland. Bl Durch Dubois sen. erfahren wir dann 1872 (Tom. II der nicht in Belgien vor- kommenden Arten): „Unter einer in Griechenland gekauften Vogelsendung, welche wir vor einigen Jahren erhielten, fanden wir unter einer großen Zahl Merops apiaster einige Merops persicus und ein Merops aegyptius (= viridis). Wir glauben folgern zu müssen, daß diese Art ebenso wie die eben genannte nach Griechenland kam und folglich zur europäischen Fauna gezählt werden darf.“ Im darauffolgenden Jahre bestätigt obige Angabe Alph. Dubois!) mit den Worten: „Mein verstorbener Vater hat eine Erbeutung dieses Bienenfressers in Griechenland bekannt gemacht.“ Jedoch teilte mir der eben Genannte auf meine Anfrage hin am 2. Dezember 1898 folgendes mit: „Betreffs M. viridis ist mein Vater nicht genug sicher, wie Sie selbst feststellten.. M. Dresser spricht in seinen ‚Birds of Europe‘ nichts Hierher- gehöriges über diesen Vogel und ich habe nirgends etwas verzeichnet gefunden, daß er in Griechenland gefangen worden wäre; das Exemplar, von welchem mein Vater spricht, befindet sich nicht im Museum von Brüssel. Da nun M. viridis in Agypten häufig ist, wäre es nicht unmöglich, daß er im griechischen Archipel ge- schossen wurde, aber die Sache bleibt zweifelhaft.“ Demnach ist M. viridis vorläufig aus der Liste der Vögel Griechenlands zu streichen. Gecinus canus («m.) — Grauspecht. Auffälligerweise gebricht es an jedem gewichtigen Anhaltspunkte für das Vorkommen des Grauspechtes im Gebiete. Zwar wollen ihn Lindermayer von Euböa, Graf von der Mühle von Mittelgriechenland als Seltenheit erhalten haben, es dürfte sich jedoch hierbei, sowie bei den Beobachtungen der Genannten in den Bergwäldern der nördlichen Landesteile, nur um Verwechs- lungen mit dem Grünspecht (@. viridis) handeln. v. Heldreich kommt einfach nicht in Betracht, und Krüper sowohl wie ich selber haben diesen Specht nirgends fest- stellen können. Dendrocopus major (L.) — Großer Buntspecht. Alt eingewurzelte Vor- urteile zu beseitigen ist stets eine schwierige Aufgabe; und so wird es auch nicht leicht sein darzutun, daß unser allbekannter großer Buntspecht in Griechenland überhaupt nicht vorkommt, sondern mit dem mittleren oder mit dem weißrückigen Buntspechte bis- her verwechselt worden ist. Mir selbst ist es ähnlich ergangen, da ich zweimal, nämlich in den Eichenbestän- den des Zygos bei Missolonghi und in den Schwarzkiefernwäldern des Taygetos mit Bestimmtheit vermeinte, den großen Buntspecht vor mir zu haben; aber meine Schüsse hatten im weiteren Verlaufe der Jagd stets den mittleren Specht als Ergebnis. Gewiß veranlaßten Krüper nur die vorhandenen Literaturangaben zur Annahme, daß D. major in Griechenland, wenngleich selten, vorkomme; denn er vermag auf keinen einzigen verbürgten Fall hinzuweisen. Zwar soll nach Drummond einmal ein Stück auf Korfu erlegt worden sein, doch ist über dessen Verbleib nichts bekannt. Unmöglich ist es ja nicht, daß von Zeit zu Zeit einmal ein solcher Specht sich von Albanien dorthin verfliegen könnte. Bemerkenswert sind die Mitteilungen von Lindermayer, wonach D. major höher im Gebirge, in den Kiefern- und Tannenwäldern der Landschaft Agrapha und im Oeta (Berg Kallidromos — Sarödmata und bei Hypati) sowie auf Euböa vorkäme. Später habe er ihn auch in der Niederung am messenischen Ufer des Alpheios angetroffen. Namentlich in diesem letzteren Falle liegt die Verwechslung mit D. medius geradezu auf der Hand. Da v. Heldreich D. leve. lilfordi gar nicht, wohl aber D. major aufführt, so ist hierbei wohl die Annahme eines Irrtums gerechtfertigt. Ich hoffe nach all dem Ge- sagten, daß der Beisatz in Brehms „Tierleben“: „tritt in Griechenland viel vereinzelter auf als bei uns“ in der nächsten Auflage dahin verbessert werde, daß das Vorkommen überhaupt erst der Bestätigung bedarf. Carine passerina (L.). Athene passerina L. — Sperlingskauz. Ein Vogel, welcher entweder in den Wäldern des Nordens oder in den hochgelegenen, dichten 1) Mag. et Rev. de Zool. 1873, p. 392. 572 Ornis baleanica. Nadelholzbeständen der Gebirge mit alpmem Klima daheim ist, findet in Griechenland selbst auf den höchsten Erhebungen nicht die gewohnten Lebensbedingungen, weshalb vorläufig kein Grund vorhanden ist, den Zwerg unter den europäischen Eulen in die Liste der Ornis von Griechenland aufzunehmen. Erhard hat ihn, anscheinend ohne dies irgendwie rechtfertigen zu können, unter den Durchzüglern der Kykladen aufgezählt, wobei eine Verwechslung mit dem Stein- kauz ausgeschlossen ist, da sich dieser bereits vorher als S. noctua bei den Standvögeln genannt findet. Lindermayer weiß dieser Angabe nichts anderes vorauszuschicken als den lakonischen Satz: „Diese Eule ist nur in den höher gelegenen Bezirken des Landes aufzufinden.“ Infolgedessen gelangt Krüper („Griechische Jahreszeiten“) zu folgendem Ergebnis: „Die Sperlingseule ist in der neueren Zeit nicht aufgefunden wor- den; überhaupt bedarf das Vorkommen derselben einer Bestätigung.“ In der 1864 erschienenen „Ootheca Wolleyana“ wird auf p. 150 eines Eies von Glaueidium passerinum mit dem Beisatze „Greece. From Herr L. Schraders Collection, through Herr G. T. Keitel 1861“ Erwähnung getan. Es handelt sich dabei aber jedenfalls nur um ein absonderlich kleines, von Schrader gesammeltes Stück von Pis. scops oder gar C. noctua; denn erst kürzlich schrieb mir Herr Dresser aus London, daß ihm eben der Herausgeber jener bibliographischen Rarität, der „Ootheca Wolleyana“, Alfr. Newton mitteilte, er habe noch niemals ein Ei von @. passerinum zu Gesicht bekommen. Nyetala tengmalmi (&m.) — Rauhfußkauz. Weder Klima noch die Vege- tationsverhältnisse können diesem Käuzchen im Gebiete irgendwie zusagen, und kein neuerer Forscher oder Sammler weiß etwas vom Vorkommen zu berichten, so daß nur die einzige Angabe Lindermayers übrig bleibt, wonach N. tengmalmi sehr selten in den Olivenwäldern des nördlichen Griechenland und Euböas zu finden sei. Daraufhin bat Brehm sen. („Stiftungsfest“) den Genannten, für ihn einen solchen Vogel von dort zurückzulegen, weil er sich kaum denken hönne, daß derselbe mit dem deutschen Rauh- fußkauz identisch sei. Natürlich konnte diese Bitte nie erfüllt werden! Nur Lord Lilford sah später emen Balg dieser Eule auf Korfu, betreffs dessen ihm gesagt wurde, daß das Stück auf der Insel geschossen worden sein soll. Dieses Vorkommnis wird auch von Elwes und Buckley zitiert; aber selbst wenn dabei keine Verwechslung und keine unwahre Angabe der korfiotischen Jäger vorläge, würde es sich wohl zweifellos um ein aus den nahen Gebirgswäldern Albaniens verstrichenes Stück handeln. Bubo ascalaphus Savig. — Ägyptischer Uhu. Der Glaube, daß diese Wüstenform des europäischen Uhus auch in Griechenland zuhause sei, beruht offenbar auf Verwechslung, hat aber bedauerlicherweise in das weitverbreitete „Tierleben“ von Brehm Aufnahme gefunden, Graf von der Mühle teilt mit: „Ich habe ihn ein paar- mal erhalten, hielt ihn aber für das Junge des gewöhnlichen Uhus.“ Wahrscheinlich war dies auch das Richtigere; doch läßt sich deshalb nichts Sicheres nachweisen, weil im Nachlasse des Grafen von der Mühle überhaupt kein Uhu vorhanden ist. Auf Grund der obigen Angabe wurde Lindermayer verleitet, auch seinerseits den Fremdling, den er in der ersten Arbeit nicht erwähnte, später aufzunehmen, und Erhard tat für die Kykladen dasselbe, indem er den Pharaonenuhu als Durchzügler betrachtete. Endlich vermeinte Dr. Krüper diese Art emmal in den früher bestande- nen Sumpfwaldungen an der Phidarismündung gesehen zu haben; doch erklärte er mir mündlich, daß auf diese Beobachtung kein Wert zu legen sei, da es möglicherweise doch ein kleines und lichtgefärbtes Stück des europäischen Uhus gewesen sein könne. Wie schließlich die Worte E.F.v.Homeyers (Naumannia 1852, Il, 2, 74): „Bubo atheniensis ist ein ganz anderer Vogel (der griechische nämlich) als Bubo mazımus (des übrigen Europas); gewiß mit größerem Rechte eine eigene Art als Vultur occiden- talis und Gypaetus oceidentalis“, zu deuten sind, vermag ich nicht zu entscheiden. Cerchneis rupicolus (Daud.) — Afrikanischer Turmfalke. Im Norwich- Museum befindet sich („Ibis“ 1859, p. 84) ein angeblich aus Griechenland stammendes Stück; doch ist der Zusatz von Bedeutung, daß dies für diesen Vogel kein sehr wahr- scheinlicher Fundort sei. i Der afrikanische Falke ist wohl zweifellos als Balg nach Athen und von dort später mit der Bezeichnung „Graecia“ nach England gewandert. III. Griechenland. 573 Falco concolor Tem. — Afrikanischer Graufalke. Wie schon bei Be- sprechung des F. eleonorae mehrfach erwähnt wurde, kamen ehedem wie bis heute noch, vielfache Verwechslungen dieses Afrikaners, der mit Sicherheit noch niemals auf europäischem Gebiete nachgewiesen werden konnte, mit dem Eleonorenfalken vor. Es stehen sich manche Stücke beider Falken im Jugendkleide und im subbuteo-ähnlichen Kleide wirklich sehr nahe, so daß es beispielsweise lange Zeit ungewiß blieb, zu welchen von beiden Falken ein von mir selbst auf den Strophaden erlegtes Stück gehöre. Am meisten trug zur Verwirrung der Ausspruch Temmincks, des Entdeckers von F\ coneolor, bei: „Er ist sehr häufig in Griechenland!“ Darauf erfolgte zweifellos die Konfundierung mit F. eleonorae bei Schlegel und Susemihl, S.43, Graf von der Mühle, S. 14, Lindermayer (und zwar sowohl in seiner Hauptarbeit, als in der Liste der Vögel Euböas und in der Nachtragsliste im „Mon. Grec“ 1856) und vor allem bei Verreaux & des Murs („Rev. et. Mag. de Zool.“ 1862, p. 177—185). Vorsichtiger ist schon Degland, welcher das Erscheinen auf den Inseln des griechischen Archipels immerhin für möglich hält. Rundweg verwerfen jedoch das Vorkommen treffend: Erhard für die Kykladen, Hartlaub (s. Rey, Synonymik) und Dresser (Supplem.-Bd.). Zum Schlusse mögen noch einige aufklärende Worte Krüpers („Cab. Journ. f. Orn.“ 1864, S. 11) hier Platz finden: „Der F. concolor, den der sel. Temminck beschrieb, hat in der Ormnithologie bisher viel Unglück gehabt, da er schon bei seiner Geburt ein Mißgeschick hatte, indem Temminck zu seiner Beschreibung eine andere Falken- art, den #. ardesiacus Vieill., abbilden ließ; letzterer, dessen Vaterland Senegambien ist, hat mit F. concolor nichts gemein, da er der kurzen Flügel wegen zu einer anderen Falkengruppe gehört. F. concolor hingegen ist mit F. Eleonorae nahe verwandt, weshalb auch beide stets verwechselt worden sind.“ Falco lanarius L., Pall. (<= F.sacer) — Würgfalke. Da in den sämt- liehen Abhandlungen über die Ornis von Griechenland an Stelle des dort einheimischen Feldeggsfalken der Name des Würgfalken: F\ lanarius oder auch laniarius (meistens als nomen nudum) gebraucht wird, so genügt es, einfach darauf hinzuweisen, daß unter diesen Bezeichnungen immer der Feldeggsfalke zu verstehen ist. Nur Schlegel in der „Kritischen Übersicht“ S. 10 ist der besonderen Ansicht, daß in Griechenland wahrscheinlich auch der wirkliche, russische Würgfalke (Sakerfalke) in früheren Zeiten für die Falknereien gefangen wurde, weil Pallas ausdrücklich angibt, daß er im Winter aus seiner Heimat südlich fortzieht. Diese Annahme hat aber bis heute keine Bestäti- gung erfahren, denn es wurde meines Wissens bisher der echte Sakerfalke in Griechen- land noch niemals nachgewiesen.!) Aquila vapax Tem. — Raubadler. Vergeblich sucht man nach den Gründen, welche Dubois (1368) zu dem Satze veranlaßten: „Man hat ihn nicht oft in Griechen- land beobachtet, wo er stets selten ist.“ Es ist daher keineswegs überraschend, wenn Dresser (1880) sagt: „Durchaus ist es nicht erwiesen, daß A. rapa® in Griechen- land vorkommt.“ Haliaetus voecifer Vieill. — Singseeadler. H.Schlegel hat in seiner be- rühmten „Kritischen Übersicht“ S. 31 mitgeteilt, daß sich Stücke dieser Art aus Griechen- land im Mainzer Museum befänden. Diese Angabe hat schon frühzeitig Mißtrauen er- weckt. Denn 1855 („Naumannia“ V, S. 482) bezweifelte das Vorkommen der südafrika- nischen Art bereits Blasius sen., und 1859 im „Ibis“ p. 91 wird den Ausführungen Brees Anerkennung gezollt, welche besagen, daß den Etiketten von zwei Stücken des Mainzer Museums mit der Herkunftsangabe „Griechenland“ so wenig Bedeutung bei- zulegen sei, daß die Art aus der Fauna Europas zu streichen sei. Endlich findet sich auch in den „Vögeln Ostafrikas“ von Finsch und Hartlaub auf S. 39 die wichtige Be- 1) Ebensowenig als F. lanarius Pall. ist F. barbarus L.je in Griechenland vorgekommen, obwohl Loche („Rev. et. Mag. de Zool.“ 1867, p. 174) meint, daß ihn seine Gefräßigkeit sicherlich einmal nach Griechenland bringen wird, indem er seinen Abscheu vor dem Meere überwindet und dem Zuge der Wachteln folgt. 574 Ornis baleanica. merkung: „Das angebliche Vorkommen in Griechenland, nach Exemplaren im Mainzer Museum, beruht auf einem Irrtum.“ Melierax gabar (Daud.) — Singsperber. Die Ursache, weshalb der Sing- sperber in die Liste der Vögel Griechenlands und somit Europas überhaupt aufge- nommen wurde, bildete die Bemerkung in Schlegels „Kritische Übersicht“, 8. 21: „Exemplare dieser Art aus Griechenland im niederländischen und Mainzer Museum.“ Im französischen Text heißt es dagegen ausdrücklich: „Sie wurden geschossen in Griechenland.“ Infolgedessen wurde 1846 M. gabar von Thienemann („Rhea“, $. 125) in das Verzeichnis der nach Europa mehr oder minder häufig streichenden oder nur durch Zufall verschlagenen Vögel aufgenommen, von Dubois als mehrmaliger Besucher Griechenlands angegeben und von Fritsch als wiederholt in diesem Lande geschossen bezeichnet. Allein schon 1855 im V. Bd. der „Naumannia“ findet sich der erste Zweifel auf S. 483 in dem Aufsatze von H. Blasius „Über die verdächtigen Arten im Verzeich- nisse der europäischen Vögel“, indem gesagt wird: „Schlegel gibt an, daß das nieder- ländische und Mainzer Museum Exemplare von M. gabar aus Griechenland besitzen. Wenn diese Angabe der Vergessenheit anheimfallen müßte, so dürfte es doch wohl nach so bestimmter Behauptung keine stillschweigende sein.“ 1862 in Mus. d’Hist. nat. de Pays-Bas, Tom. II, Astures, p. 49 findet sich schon folgende viel weniger zu- versichtliche Außerung Schlegels: „Man glaubt sogar, daß er sich einige Male nach Griechenland verirrt hat.“ Daraufhin verbessert Degland seine Angabe in der ersten Auflage und hält dafür, diese Art zu streichen. Schließlich findet sich M. gabar für Griechenland mit dem sehr berechtigten Fragezeichen versehen in der Synonymik von Rey. Zum. Schluß erwähne ich noch die kurze Bemerkung im Supplement zu Dressers Werk: „Man sagt, daß er in Griechenland vorgekommen sei“, und endlich die folgende hierhergehörige Stelle in den „Vögeln Ostafrikas“ von Finsch und Hartlaub, S. 88: „Aus der Liste der euro- päischen Vögel muß M. gabar gestrichen werden; es liegt kein beglaubigter Fall des Erlangens in unserem Weltteile vor. Die Etikettenangaben ‚Griechenland‘ im Mainzer und Leidener Museum, auf welche hin Schlegel die Art als europäisch annahm, sind unzweifelhaft falsch.“ Bei der Wichtigkeit der Sache wandte ich mich nun 1898 unmittelbar an Dr. Finsch in Leiden und erhielt in liebenswürdiger Weise folgende Auskunft: „Bei Schlegel Mus. d’Hist. nat. des Pays-Bas, Astures, 1862, p. 48 (Indiv.), Nr. 12 heißt es: Mäle au premier plumage, obtenu du Musde de Mayence, comme provenant de la Grece.“ Das Exemplar ist auf der Unterseite des Postamentes von Temmincks Hand beschrieben: „Falco gabar iuv. © M. Mayence, Athene, Grece.“ Nachforschungen von Seite des Pfarrers Kleinschmidt im Museum zu Mainz blieben vollständig erfolglos. Es scheint mir aber aus allem hervorzugehen, daß es sich durch- wegs um afrikanische Vertreter handelt, welche vor langer Zeit in irgend eine alte Sammlung nach Athen und aus dieser wieder in jene obengenannten Museen gelang- ten, womit sich jene irreführende Etikettierung erklären ließe. Hoffentlich ist nun jeder Zweifel behoben und NM. gabar verschwindet damit endgültig aus der europäi- schen Fauna. Elanus caeruleus (Desf.) — Gleitaar. Zuerst 1837 von Gould als Be- sucher der griechischen Inseln angegeben, liegt weiters die Angabe des Grafen von der Mühle vor, daß der Gleitaar zeitweilig in Griechenland vorkomme und daß er einst Ende April zwei Stücke, ein ad. C’ und ein med. cd’, an einem Tage erhalten habe. Beide hatten den Kropf mit Mantis und Heuschreekenarten gefüllt. Weiters zählt ihn Erhard zu den Durchzugsvögeln der Kykladen. Auf diese Angaben hin wird E. caeruleus für Griechenland von Dubois, Linder- mayer, dem Autor der „Nachträge“ zu Naumann, v. Heldreich und A. Brehm auf- geführt, was dadurch eine Berechtigung erfährt, daß anscheinend eines der von der Mühle- schen Belegstücke mit Originaletikette im Museum von Regensburg sich befand und ge- genwärtig im hiesigen Museum aufbewahrt wird. Obwohl dieser Afrikaner schon mehrmals noch viel weiter nördlich festgestellt wurde, habe ich mich aus den schon oft genannten III. Griechenland. 575 Gründen vorläufig noch nicht entschließen können, ihn den Vögeln Griechenlands als seltenen Gast beizuzählen. Milvwus aegyptius (&m.) — Schmarotzermilan. Graf von der Mühle erhielt in Griechenland nach seiner Angabe zwei im Juni und August geschossene Stücke, fügte aber leider keine weiteren Angaben hinzu, sondern begnügte sich nur mit einer kurzen Beschreibung derselben, nachdem er die Art nach Susemihls Werk erkannt hatte. Nach seinem Tode gelangte über letztwillige Verfügung ein Stück in die Samm- lung des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg, von wo es das hiesige Mu- seum 1901 erwarb. Es zeigt die vom Grafen von der Mühle erwähnten Merkmale: glänzend wachsgelber Schnabel, schwach gebänderter Schwanz, der stärker gegabelt ist als bei M. migrans, rotbraune Hosen und schwarze Schaftstriche auf der ganzen Unterseite. Als Folge der Bemerkung Graf von der Mühles wird der Schmarotzermilan als Be- sucher Griechenlands aufgeführt von: Schlegel („Kritische Übersicht“ und Mus. d’hist. nat. des a Lindermayer, Naumann (Nachträge), Baedeker, Päßler und Brehm (Eierwerk), Degland, Dubois sen., Fritsch, Rey und im „Cat. of. Birds“ (vol. I, 1574), obwohl durchaus keine neueren Beobachtungen vorliegen. Selbst Erhard dürfte durch des Grafen von der Mühle Angaben beeinflußt worden sein. Er reiht den Schmarotzermilan unsinnigerweise zuerst unter die Sommer- und Brut- vögel der Kykladen ein, spricht sich später (8. 54) mit großer Wärme für die Son- derung von M. migrans aus und wiederholt schließlich (S. 57) die obige Beschreibung mit den Zusätzen, daß Füße und Wachshaut orangerot seien, diese Art viel seltener vorkäme als der schwarze Milan und nur für kurze Zeit einzeln im Sommer erscheine. Meiner Ansicht nach dürfte es am zweckmäßigsten sein, weitere Beobachtungen erst abzuwarten, bevor man M. aegyptius endgültig in die Ornis graeca aufnimmt, trotz des einen Balges aus alter Zeit. Otogyps auricularis Gray — Ohrengeier. Man kann die Autoren, welche das Vorkommen des Ohrengeiers in Griechenland behandeln, in drei Gruppen teilen: solche, welche ihn als Standvogel, andere, die ihn als zufällige Erscheinung oder ver- schlagenen Vogel betrachten, und wieder andere, welche sein Auftreten dort bezweifeln oder gänzlich bestreiten. Die Veranlassung zur ersten zweifellos falschen Ansicht gab 1340 Temminck mit den Worten: „Findet sich in Griechenland, insbesondere in der Umgebung von Athen und auf den hohen Gebirgen.* Ungefähr zur selben Zeit wurde dieser Irrtum durch Schlegel und Susemihl!) dadurch noch verstärkt, daß diese mitteilten: „Dieser Geier wurde erst in den letzten Jahren in der Gegend von Athen beobachtet und von dorther an mehrere Sammlungen geschickt.“ } Ohne Kommentar wird die Angabe Temmincks sogar noch 1563 von Bae- deker, Brehm und Päßler in dem berühmten Eierwerke wiederholt. Mehr Berücksichtigung verdienen jedenfalls die Angaben über den Ohrengeier als zufällige, vereinzelte Erscheinung. Hierüber sind mir drei Angaben bekannt geworden. Rüppell,2) welcher übrigens die Ohrengeier Afrikas in zwei Arten, Vultur (Oto- gyps) aurieularis Le Vaillant für den Süden und Vultur nubieus Griffith für den Norden, teilt, sagt 1345: „Scheint sich auch einmal bis nach Morea verflogen zu haben“. Zehn Jahre darauf lesen wir im „Vogelfang“ des alten Brehm: „Er verirrt sich aus Nordafrika nach Griechenland“ und schließlich 1868 bei Dubois: „Vom Sturm verschlagen, hat er sich manchmal in Griechenland gezeigt.“ Die Mehrzahl der Autoren trifft aber wohl damit das Richtige, daß sie das Vor- kommen überhaupt bezweifelt oder bestreitet. So Graf von der Mühle, Schlegel (1844!), Blasius (in der „Naumannia“ 1855, in der Liste der „verdächtigen Arten“ von Europa), der Herausgeber des „Ibis“ 1859, Krüper (1862, Cab. Journ.), Fritsch und Rey. Graf von der Mühle, dessen Angaben Schlegel wiedergibt, sagt ausdrücklich, daß ein Ohrengeier weder ihm noch seinen Freunden jemals tot oder lebend in Griechen- land untergekommen sei, und stellt darauf ganz richtig die Frage: „Da die Verbin- !) Die europäischen Tag-Raubvögel, Darmstadt, S. 9. 2) Systematische Übersicht der Vögel Nordostafrikas, S. 5. 576 Ornis balcanica. dung mit Ägypten so leicht ist, sollten die erwähnten Bälge nicht vielleicht von dort- her stammen?“ Noch deutlicher äußert sich der Herausgeber des „Ibis“, Bd. I, p. 84 gelegentlich der Besprechung von Brees „Birds of Europe“ (Arten, die nicht in Großbritannien beobachtet wurden) folgendermaßen: „So ein Beispiel ist der Fall, wie wir annehmen, bei Otogyps aurieularis Gray. Weil derselbe den Ruf genießt, in Griechenland vor- zukommen, werden vielleicht häufig Exemplare verkauft, von denen man sagt, daß sie von diesem Lande stammen, und dieser Fundort steht ebenso wie das Datum dann auch auf den Etiketten, wie dies Cadmus in seinen Briefen angibt und übereinstimmend damit Meton in seinem Kalender.“ Auch Krüper streicht den Ohrengeier aus der Liste der Vögel Griechenlands (Cab. Journ. f. Orn., 1862, S. 370), fügt jedoch eine Angabe (ohne Zitat) Alfred Brehms hinzu, wonach dieser den Ohrengeier bei Athen beobachtet habe. Mir ist keine dies- bezügliche Stelle in Alfred Brehms Werken bekannt, und gerade im ersten Bande der „Reiseskizzen aus Nordostafrika“, in welchem die Beobachtungen aus Griechenland enthalten sind, ist hierüber nichts zu finden. Wenn nun Degland in der „Orn. europ.“ I, 8 auf Grund aller obigen Angaben und Ausführungen und mit Rücksicht auf analoge Fälle vereinzelten Vorkommens von Otogyps in Südwesteuropa an der Möglichkeit des Auftretens innerhalb größerer Zeit- perioden in Griechenland dennoch festhält und sich dafür ausführlich einsetzt, so wäre dagegen eigentlich nichts einzuwenden; aber ein tatsächlicher Beweis auch nur eines verbürgten Falles ist bis heute für Griechenland nicht erbracht. Vultur kolbei Cretzsch. = Gyps fulvus rüppelli (Bp.) — Rüppellsgeier. lit großer Wärme trat Erhard in seiner bekannten Arbeit dafür ein, daß die sämt- lichen Weißkopfgeier der Kykladen und namentlich von Mykonos dieser afrikanischen Form angehörten. Seine Ausführungen (S. 54—56) galten aber zweifellos dem Jugend- kleide von @. fulvus, und es dauerte gar nicht lange, bis sie richtiggestellt wurden, obgleich sie doch noch bei Dubois Anklang fanden. Außerordentlich weitschweifig beschäftigte sich Lindermayer mit dieser Ange- legenheit, dessen Ansicht sowohl von den Bearbeitern der „Nachträge“ zu Naumanns Werk (8.6). als auch von Krüper geteilt wird. Die geradezu klassische Ausführung (Cab. Journ. f. Orn. 1862, S. 369) des Letztgenannten mag hier folgen: „Der Kolbesche Geier ist schon oftmals der Zank- und Streitapfel für die europäische Ornithologie ge- wesen; schließlich war er ganz aus Europa vertrieben. Vor zwei Jahren wurde er wiederum, und zwar so kräftig eingeführt, daß niemand an dem Vorkommen dieses Geiers in Europa gezweifelt haben mag; es geschah durch den Dr. Erhard in Syra, in seiner ‚Fauna der Kykladen‘. Dr. Lindermayer in Athen protestiert in seinem neuen Werke gegen den V. Kolbii und bemüht sich darzutun, daß der V. Kolbii der jüngere ein- und zweijährige Vogel von V. fulvus ist, worin er wohl Recht hat.“ Von einem Verfliegen des Rüppellsgeiers auf griechisches Gebiet ist natürlich nie etwas bekannt geworden. Bezüglich des Gyps oceidentalis Bp. möge das bei @. fulvus Gesagte nachgesehen werden. Neophron pileatus (Burch.) — Kappengeier. Die Worte Dubois’ („Ois. d’Europe“, vol. I): „Hat sich zufälligerweise in Griechenland gezeigt“, müssen auf einem Irrtum beruhen, und selbst wenn ein solcher Fall eintreten sollte, könnte man nur an einen aus der Gefangenschaft entkommenen Vogel denken. Tetrao urogallus L. — Auerhuhn. Wer mit der Lebensweise dieses mäch- tigen Vogels vertraut ist, wird von vorneherein erklären, daß Griechenland ihm die notwendigen Daseinsbedingungen ganz und gar nicht bieten kann. Wenn trotzdem gegenteilige Angaben’ bestehen, so sind diese entweder auf Sonnini oder auf jene des x av ero .. .. { re, . . R Grafen von der Mühle zurückzuführen. Sonnini, welchen Temminck kopiert, erzählt vom Auftreten des Auerhuhnes auf einigen Inseln des Archipels. Aus seiner Darstel- lung geht aber ohne Zweifel hervor, daß es sich um eine Verwechslung mit Otis tarda (!) x .. - 2 oO ON 1 handelt, und Naumann hatte vollständig recht, wenn er (1835) bemerkt: „Daß er aber auf einigen Inseln des Archipels noch vorkommen soll, wie auch bemerkt wird, will mir nicht recht wahrscheinlich sein.“ III. Griechenland. 577 Gänzlich unbegründet führt Landerer (Regensb. Korresp.-Blatt 1859, $. 197) das Auerwild unter dem jagdbaren Geflügel Griechenlands an. Dagegen sind die folgenden Worte des Grafen von der Mühle, wenngleieh sie in mehrfacher Hinsicht rätselhaft erscheinen, doch ernster zu erwägen: „Wider mein Erwarten erhielt ich im Winter 1837 einen Auerhahn aus Vrachori, wo er, sowie in Anatolien, nicht selten zu sein scheint; denn alle alten Suliotenkapitäns erkannten ihn auf Vorzeigen, wußten seinen 'Balzruf nachzuahmen und sagten mir, daß er dann blind sei.“ Auf diese Mitteilung hin gibt dann Lindermayer sogleich das Auerwild als ziem- lich häufig und sogar als Brutvogel der Wälder Akarnaniens, natürlich ohne jegliche Berechtigung, an. Für mich gibt es keinen Zweifel, daß der Graf von der Mühle damals von irgend einer Persönlichkeit irregeführt worden ist, denn an eine Verwechs- lung ist gerade bei diesem Huhn wohl kaum zu denken. In der Gegend der Vrachori- seen käme höchstens das Gebirge von Arapokephalae in Betracht, da bloß dort Nadel- holz zu finden ist; aber auch hier blieb alle Nachfrage Dr. Krüpers bei den einheimischen Jägern, die doch den großen Vogel kennen müßten, vergeblich. Eben auf Grund von Krüpers Nachforschungen mit durchaus negativem Ergebnis halten mit vollem Rechte sowohl v. Heldreich, wie Seebohm sein Vorkommen für höchst zweifelhaft. Wenn es in Brehms „Tierleben“ heißt: „Von Griechenland angefangen verbreitet“, so ist auch das unrichtig, denn kein Mensch kennt bis heute die Südgrenze der Ver- breitung sämtlicher Waldhühner auf der Balkanhalbinsel. Tetrao tetrie L. — Birkhuhn. Zu jenen Vögeln, welche in Griechenland gejagt zu werden pflegen, zählt Landerer (Regensb. Korresp.-Blatt 1858, S. 197) auch irrtümlicherweise das Birkwild. Jeder, welcher dieses schöne Waldhuhn kennt und zugleich mit den natürlichen Verhältnissen Griechenlands vertraut ist, wird zugeben müssen, daß diesem Huhne dort keine einzige seiner unentbehrlichen Lebensbedingun- gen geboten wird, und daß daher sein Vorkommen von vorneherein ausgeschlossen ist. Caccabis petrosa (Gm.) — Klippenhuhn. Leider erhält sich bis zur Stunde die meiner Überzeugung nach gänzlich unrichtige Meinung von dem Vorhandensein des Klippenhuhnes auf dem Peloponnes. Viel leichter zu beseitigen ist die Ansicht von seinem angeblichen Vorkommen auf den griechischen Inseln im Agäischen Meere; denn es liegt auf der Hand, daß hier eine einfache Verwechslung mit Cacc. chukar besteht. Woher Temminck seinerzeit die an- geblichen Belegstücke aus Griechenland bezogen hat, läßt sich heute gar nicht mehr fest- stellen; aber es ist offenkundig, daß die aus Griechenland an Thienemann gesandten angeblichen Eier von Cacc. petrosa, deren Maße er veröffentlichte, in Wirklichkeit dem Stein- oder dem Chukarhuhne angehörten. Genau in denselben Irrtum verfielen daraufhin Baedeker, Brehm und Päßler (im Eierwerk) und später noch Dubois. Schwieriger zu entkräften ist allerdings die ganz bestimmte Angabe des Grafen von der Mühle, welche Lindermayer später einfach wiederholte, und die ihrer Wich- tigkeit wegen hier Platz finden möge. Er sagt: „Bewohnt die höchsten Kuppen des Tay- getosgebirges. Ich erhielt nur wenige Exemplare, weil es wohl von unkundigen Jägern mit dem Steinhuhn verwechselt werden mag. In Rumelien (= Mittelgriechenland) scheint es nicht vorzukommen, wenigstens erkannten meine mehrerwähnten Freunde, die viele hundert Steinhühner dort geschossen hatten, auf Vorzeigen des Balges, dieses Huhn nicht.“ Tatsächlich befand sich in der Sammlung des zoologisch-mineralogischen Vereines in Regensburg ein gestopftes Klippenhuhn, aber es bleibt ungewiß, ob dieses aus dem Nachlasse des Grafen von der Mühle herrührt oder mit jenem Vogel unbekannter Her- kunft identisch ist, welehen schon früher Schuch als Eigentum des Vereines erwähnte (Regensb. Korresp.-Blatt 1849, S. 7). i Es ist also gar nicht auffallend, daß daraufhin das Klippenhuhn als griechischer Vogel allgemein aufgenommen wurde; ja Landerer (Regensb. Korresp.-Blatt 1858, S. 197) rechnete es sogar als „Felsenhuhn“ zu dem jagdbaren Federwild des Landes. Dem- entgegen sei nun zunächst hervorgehoben, daß weder Dr. Krüper noch ich im Tay- getos trotz aller Nachfrage auch nur das geringste über irgend ein anderes Huhn als das dort häufige Steinhuhn in Erfahrung bringen konnte. Auch v. Heldreich strich das Klippenhuhn aus dem Verzeichnis der griechischen Vögel. Reiser, Ornis balcanica. III. 37 578 Ornis balcanica. Ich kann mir weiters nicht gut vorstellen, daß vor weniger als einem Jahrhundert im Taygetos ein jetzt verschwundener Rest von Cace. petrosa bestanden haben soll, zumal gerade dieses Huhn der westlichen Mediterranfauna angehört. Schließlich mache ich aber auch noch auf den bereits m Brehms „Tierleben“ berührten Umstand aufmerksam, daß der vom Grafen von der Mühle angegebene Fundort in einer Höhe von 2400 m für das Klippenhuhn durchaus ungeeignet ist; denn die genauen Kenner von dessen gewöhnlichen Aufenthaltsorten Salvadori und Trist- ram betonen, daß es niedrige bügel und die Ebene den höheren Bergen bei weitem vorziehe und in wild zerrissenen Gebirgen, wie das gerade für den Taygetos zutreffen würde, überhaupt nicht zu finden sei. Caccabis rufa (L.), Perdix rubra auet. — Rothuhn. In all jenen Fällen, wo diese Art bei Besprechung der in Griechenland lebenden Wildhühner allein ge- nannt wird ohne des griechischen Steinhuhnes im besonderen zu erwähnen, nehme ich es als ausgemacht an, daß es sich dabei bloß um eine Verwechslung dieser beiden Hühner handelt. Das ist zum Beispiel der Fall im Berichte der Exped. scient. de Mor., wo sowohl im allgemeinen als im speziellen Teile bloß von Perdrix rouges und Perdix rubra Briss. auf dem Peloponnes die Rede ist. Dagegen wird von fünf Schriftstellern das Vorkommen von Caccabis rufa aus- drücklich aufrecht erhalten. Sonnini unterscheidet die „perdrixe rouges“ von den „perdrix greeques ou bartavelles“ und meint, daß beide auf den Inseln des Archipels äußerst häufig wären.!) Wahrscheinlich mit Benützung dieser Quelle findet sich dann im Texte des Baedekerschen Eierwerkes die Bemerkung: „Das Rothuhn wohnt im griechischen Archipel.“ Naumann hielt 1833 es für wahrscheinlich, daß auch €. rufa in Griechenland hin und wieder vorkomme, obwohl er zugibt, daß es sich dabei zumeist um Verwechs- lungen mit C. sax. graeca handle. Unbegreiflich ist es dagegen, wie Fritsch bis in die jüngste Zeit behaupten konnte: „Besonders häufig ist es in Griechenland!“ Schließlich wird das „rote Rebhuhn“ ebenfalls als Gegenstand der Jagd von Seite der heutigen Griechen von Landerer erwähnt. f Als höchst charakteristische Form des westlichen Teiles der europäisch-paläarkti- schen Region gehört das Rothuhn durchaus nicht zur Fauna der Balkanhalbinsel, und meines Wissens sind auch alle Versuche, es im Osten von Europa einzubürgern, bisher gänzlich fehlgeschlagen. Auf ein vom Museum in Regensburg erworbenes, mit der Bezeichnung „Griechen- land“ versehenes Stück aus dem Nachlasse des Grafen von der Mühle lege ich nicht das geringste Gewicht, zumal der Genannte in seinem Hauptwerke über Griechenland das Rothuhn nirgends erwähnt. Franeolinus francolinusL., Francolinus vulgaris Steph. — Frankolin. Wenn dieses Huhn sogar bis in die neuere Zeit hartnäckig für die Fauna von Dalmatien festgehalten wurde, so darf es nicht wundernehmen, daß es umsomehr für Griechen- land und die Inseln des Archipels in Anspruch genommen worden ist. Dies geschah von Temminck, Brehm (1324), Fiedler (namentlich bei Marathon!), Schlegel (1544), Thienemann (1846) und Baedeker-Päßler im bekannten Eierwerke. Krüper und Lindermayer stellten das Vorkommen im Gesamtgebiete des heuti- gen Griechenland in ganz bestimmter Form in Abrede; doch glaubt Lindermayer den Schriften von Aristoteles sowie des Aristophanes mit Bestimmtheit entnehmen zu können, daß der Frankolin das Land im Altertume bewohnt habe. Auch in England war man lange der Ansicht, daß das schöne Huhn noch auf griechischem Boden zu finden sei, doch wurde diese falsche Anschauung endgültig im „Ibis“ 1863, p. 116 durch Bree und Schlegel beseitigt. Endlich sei erwähnt, daß sich im Museum zu Oldenburg ein Frankolinhahn mit dem Vermerk „Griechenland“ befindet; da aber weitere Angaben fehlen, so ist die Herkunft aus Kleinasien oder Cypern wohl mehr als wahrscheinlich. 1) An eine Unterscheidung von, beziehungsweise Verwechslung mit dem Chukarhuhn kann dabei wohl nicht gedacht werden. III. Griechenland. 579 Chrysolophus pietus (L.) — Goldfasan. Die Bemerkung Temmincks, daß der Goldfasan die südlichen Teile von Griechenland bewohne, wirkt heutzutage nahezu komisch. Sr Zunächst schien diese Behauptung Schlegel („Kritische Übersicht“ 88) bestäti- gungsbedürftig, und 1845 gibt Brehm („Stiftungsfest“ usf.) Lindermayer recht, diesen Fasan in seiner ersten Arbeit weggelassen zu haben, da dessen Vorkommen in Griechen- land schwer glaublich erscheint. Heute denkt daran wohl überhaupt niemand mehr. Numida meleagris L. — Perlhuhn. Nach Rey, Synon., S. 91 wäre dieses westafrikanische Huhn verwildert in Griechenland zu finden, aber jeder, der die Meister- schaft der jetzigen dortigen Jäger im Ausrotten auch des scheuesten und vorsichtigsten Flugwildes kennt, wird zugeben müssen, daß selbst in dem Falle, als dies einstens vorgekommen wäre, gegenwärtig nicht die mindeste Spur mehr vorhanden sein könnte. Turnix sylwatica (Desf.) — Laufhuhn. Bei dieser Art zeiet es sich wieder deutlich, wie leicht man es in früherer Zeit mit den Herkunftsangaben nahm. Ein aus dem Nachlasse des Grafen von der Mühle stammendes Stück wurde vom zoologisch-mineralogischen Verein in Regensburg (s. Korresp.-Blatt 1856, S. 50) über- nommen und einfach mit der Angabe „Ortygis andalusica, Griechenland“ versehen, obwohl weder dessen früherer Besitzer, noch sonst jemand diesen westeuropäisch-afri- kanischen Vogel für das Gebiet von Hellas erwähnt hatte. Syrrhaptes paradoxus (Pall.) — Steppenhuhn. Auch ich selbst muß die Zahl der zweifelhaften Vögel Griechenlands um eine vermehren, da mir über das Steppenhuhn nichts weiter bekannt wurde als die folgenden mündlichen Angaben des Professors Langhadis. Dieser erzählte mir nämlich, daß im Jahre 1883 bei Kalamata in einem zur Frühjahrszeit sumpfigen Gelände ungemein viele erschienen sein sollen. Langhadis selbst erlegte einige zum Verspeisen, konservierte aber leider kein ein- ziges Stück. Pteroclurus alchata (L.) — Nadelschwänziges Flughuhn. Chr. L. Brehm bezeichnete 1824 dürre, steinige, öde Gegenden Griechenlands geradezu als Aufent- haltsort dieses Vogels und Jameson will es im Sommer auf Kythera gefunden haben. Später beschränken sich die weiteren Nachrichten auf die Angabe des Grafen von der Mühle, welcher behauptet, daß einst im September auf der Hochebene zwischen Epi- daurus und Nauplia von seinem Hunde dieses in Kleinasien heimische Flughuhn auf- gestöbert worden sei und er später ein auf Euböa geschossenes erhalten habe. Das Belegstück fehlt aber unter den Überresten der Sammlung des Genannten in Regens- burg, und auch Dr. Krüper vermag keinen bestimmten Fall der Erlegung oder Be- obachtung anzuführen. Nur bei Fritsch (S. 274) finde ich die Bemerkung, daß das im Atlas abgebildete Stück aus der Sammlung des Barons Feldegg stammt und aus Griechenland sein soll. Der Beweis für die Richtigkeit ist wohl heutzutage schwerlich zu erbringen, und somit bliebe ein neuerlicher, unanfechtbarer Fall des Vorkommens abzuwarten. Pterocles arenarius Pall. — Sandflughuhn. Das Sandflughuhn erscheint in den üblichen Listen der Vögel Griechenlands auf Grund von zwei Belegstücken, von denen das erste Graf von der Mühle im Spätherbste aus der Gegend zwischen Me- gara und Theben und das andere Lindermayer um dieselbe Zeit aus der Mesögia, hinter dem Hymettos erhalten haben wollen. Da jedoch von diesen zwei Vögeln nirgends eine Spur zu finden ist und auch Krüper niemals etwas von einem anderen Vorkommnis gehört hat, so möge das Auftreten dieses Wüstenvogels einstweilen noch dahingestellt bleiben. Bemerkungen wie die von Fritsch: „bewohnt Griechenland“ oder von Thiene- mann („Fortpflanzungsgeschichte“): „das Vorkommen erstreckt sich bis Griechenland * müssen unbedingt entfallen. In früherer Zeit ging man noch weiter, indem Naumann (1833) sagte: „In Griechenland ist es im Sommer in öden, wüsten Gegenden nicht selten, pflanzt sich dort fort und zieht im Winter weg.“ Diesen Irrtum widerleet Naumann 37# 580 Ornis baleaniea. selbst m der „Naumannia“ (I, 2, S.7) mit den Worten: „selbst in Griechenland ist es nur ein- zeln bemerkt worden“, RenbAr eine Folge der Veröftentlichung des Grafen von der Mühle. Turtur rufidorsalis Brehm (=? T.isabellinus Bp.) — Rostrückige Turtel- taube. Zuerst nannte sie Chr. L. Brehm, „Stiftungsfest“ usf., Spalte 348 T. rufescens und sagt darüber: „Nach einem Stücke, das ich in Berlin sah, weicht sie von der deutschen Turteltaube sehr ab, obgleich sie ihr in Größe und der übrigen Zeichnung ähnlich ist. Sie hat nämlich nicht, wie die deutsche, einen blaugrauen, “sondern einen rostfarbigen Unterrücken und Bürzel.“ Im „Vogelfang“ gedenkt er dieser Taube unter dem Namen Peristera rufidorsalis, dagegen 1857 in der ” ‚Naturgeschichte und Zucht der Tauben“ S. 50 als Turtur ruf dorsalis mit folgenden Worten: „Unsere rostfarbige Turteltaube scheint Asien, und zwar Westasien anzugehören und kommt auch in Griechenland vor. Hier bewohnt sie das niedrige Gebüsch der weiten Ebenen. Wenn ich nicht irre, habe ich eine aus Griechen- land stammende gesehen.“ Die vielen Turteltauben, welche ich in Griechenland untersuchen konnte, waren in nichts von unserer mitteleuropäischen verschieden; nichtsdestoweniger möge die obige Bemerkung Brehms zu sorgfältiger Musterung der unzähligen auf "den dortigen Markt gelangenden künftishin Anlaß geben. Turtur cambayensis (Gm.) — Fahlbraune Senegal-Turteltaube. Ich fand nur im Texte zu dem großen Eierwerke von Baedeker, Brehm und Päßler die An- gabe, daß diese in Konstantinopel tatsächlich einheimisch gewordene Turteltaube auch in Griechenland leben soll. Das ist aber durchaus nicht der Fall, und auch Dresser (Suppl., p. 306, März 1896) sagt: „Es war mir noch nicht möglich, ein Exemplar von Griechenland zu unter- suchen, en nach der vom Grafen von der Mühle gegebenen Beschreibung zu urteilen, kommt diese Art dort nicht vor.“ Turtur senegalensis (L.) (= Columba aegyptiaca Lath.) — Senegal- Turteltaube. Es ist bei mir die feststehende Überzeugung entstanden, daß vom Grafen von der Mühle angefangen bis zum heutigen Tage diese Taube mit der Zurtur risorius decaoeto (Friv.) durchwegs verwechselt wurde, und ich glaube, daß die folgenden Zeilen dazu beitragen werden, diese Annahme zu rechtfertigen. Graf von der Mühle schreibt (S. 83): „Ich habe diese zierliche Taube mehrmals im Sommer mit gewöhnlichen Turteltauben auf der Tränke geschossen, aber nie be- achtet; erst im letzten Jahre (1838) sie als eine besondere Art unterschieden.“ Hierauf folgt eine deutliche Beschreibung von 7. senegalensis, aber zum Schlusse kommt folgende Anmerkung: „Ist vielleicht dieselbe Taube, welche Naumann 1855 aus Ungarn mit- brachte, wo er sie aus Bulgarien und dem "Balkan bekam und mit Lichtenstein für die Stammart unserer Lachtaube hielt.“ “Die letztere Anmerkung wurde dann von de Selys Longcehamps in der „Kritik der Arbeit“ des Grafen von der Mühle ausdrücklich hervorgehoben, allein sie steht mit den vorstehenden Ausführungen ihres Verfassers in geradem Widerspruche; denn die durch Frivaldszky vom Balkan erhaltene Taube ist eben die Turtur ris. decaocto. Offenbar hat sich dann später nach der Rückkehr in die Heimat Graf von der Mühle ein Belegstück von Zurtur senegalensis von unbe- kannter Herkunft verschafft, dieses wurde nach seinem Tode laut Schuch (Korresp.- Blatt 1856, S. 50) dem Regensburger Verein übergeben und schließlich mit der Etikette „Griechenland“ versehen. Unser Museum hat dieses im Tausche erworben, aber es beweist nach dem Gesagten ebensowenig etwas wie jenes von Schlegel im Mus. d’Hist. nat. des Pays-Bas, tome. IV (1873), p. 120 unter Nr. 10: „Mäle adulte Gr&ce“ erwähnte des Reichs- museums zu Leiden. Dieses letztere trägt nach gütiger Mitteilung von Dr. Finsch auf der Unterseite des Postamentes die Aufschrift von Temmincks Hand: „Zurtur sene- galensis L., Columba cambayensis et aegyptiaca Lath., Europe, Grece*: es fehlt also eben- falls ein sicherer Nachweis, daß das Stück tatsächlich in Griechenland erlegt wurde. Nach Schlegel („Kritische Übersicht“, $. 88) soll auch Schinz diese Art aus Griechenland erhalten haben. Immer aber blieben die Angaben des Grafen von der Mühle am meisten maßgebend, und auf diese hin wurde T. senegalensis von folgenden Schriftstellern für Griechenland III. Griechenland. 581 und die Inseln des griechischen Archipels aufgeführt: Thienemann (in der „Rhea“ I, S. 105 sogar nistend!), Lindermayer (1856, im „Mon. Greece“, Nachtragsliste!), De- gland, Fritsch, Dubois, Krüper (in den „Griechischen Jahreszeiten“, S. 259, sehr selten! und fälschlich zusammengeworfen mit Z. cambayensis), v. Heldreich und A.Brehm („Tierleben“: Griechenland nicht selten besuchend! sie). Gerade dadurch, daß Th. v. Heldreich der angeblichen Col. aegyptiaca den neu- griechischen Namen „Dekoktura“ beilegt und zum Schlusse sagt: „On en a quelquefois en domesticite, avec une variete entierement blanche“, läßt er deutlich die Verwechs- lung mit Turtur vis. decaoeto erkennen. Gerade als Gegenbeweis des Vorkommens von 7. senegalensis im griechischen Ge- biete können die Worte gelten, welche Lindermayer (letzte Arbeit 1359) gebraucht. Diese lauten: „Ich selbst habe diese Taube noch nicht erkannt, aber Eier erhalten, welche ich für die des Merops apiaster hielt, die sich aber bei genauerer Untersuchung, vorgenommen durch Herrn Baron Koenig-Warthausen in Württemberg, als Eier von Col. aegyptiaca herausstellten. Ich erhielt dieselben aus dem Umkreise der Provinz Attika. Daraus können nun folgende Schlüsse gezogen werden: Die ägyptische Taube kommt mit der Turteltaube zu gleicher Zeit hier an, brütet an denselben Orten und zieht um dieselbe Zeit wieder weg. Wäre das nicht der Fall, so würde sie durch ihr außergewöhnliches Erscheinen die Aufmerksamkeit der Jäger auf sich gezogen haben, welche sie bis zur Stunde noch nicht kennen.“ Das letztere ist auch heute noch der Fall, denn die vielen Taubenjäger auf Zante, den Strophaden und im westlichen Griechenland überhaupt, welche alljährlich eine Un- masse von durchziehenden Turteltauben erlegen und welche ich eindringlichst befragte, ob nicht auch andersgefärbte und andersgestaltete Turteltauben vorkämen, versicherten mich, daß ihnen nie ein solcher Fall vorgekommen sei. Jedenfalls hat mein hochverehrter Förderer Baron Koenig-Warthausen jene Eier nach Möglichkeit richtig bestimmt, wenn er sie nicht für Merops-Eier, sondern als Turteltaubeneier erkannte; die Speziesbestimmung ist bei den europäischen Arten ein- fach nicht möglich und wahrschemlich handelte es sich in jenem Falle um Eier, welche von gefangen gehaltenen Lachtauben gelegt worden waren. Zum Schlusse ist es noch unerläßlich, des einstigen Vorkommens von Turtur ri- soriws decaocto zu gedenken. Ohne Zweifel war diese den Mohammedanern geradezu heilige Taube zur Zeit der türkischen Herrschaft über ganz Griechenland verbreitet und wurde von Seiten der türkenfeindlichen Bevölkerung später in roher Weise ausgerottet. Möglicherweise bieten einige Orte mit mohammedanischer Bewohnerschaft im nörd- lichen Teile des Landes selbst noch heute der beliebten und harmlosen „kumra“ ein vorübergehendes Asyl, allein es fehlen zur Feststellung alle Anhaltspunkte. Nach Aus- sage des mich begleitenden oftgenannten Dolmetschers und Sammlers Christos Leonis, der einen Teil seiner Militärdienstzeit in Chalkis auf Euböa zubrachte, gab es dort in den alten Festungswerken bis vor kurzem noch eine Menge wild lebender „Deka- oktura“, wie sie die Griechen nennen. Als aber in den Neunzigerjahren alle die alten Werke dort geschleift wurden, verschwanden auch die Lachtauben vollständig. Solehe Lachtauben griechischer Herkunft sind mir aus keiner Sammlung bisher bekannt geworden. Tantalus ibis L. — Nimmersatt. Wenn Dubois (tome. I, 145 et tab.!) be- merkt: „Er kommt zufällig nach Griechenland“, so dürfte das bei diesem Vogel Mittel- afrıkas wohl kaum ernst zu nehmen sein. Ibis aethiopica (Lath.) — Heiliger Ibis. ‚Alle Bemerkungen über das Vor- kommen in Griechenland von Schlegel („Kritische Übersicht“), Thienemann („Rhea“ S.126), Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Fritsch, Dubois und Rey sind auf die unbegründete und unbewiesene Angabe Temmincks zurückzuführen, wonach dieser Afrikaner auf dem Peloponnes beobachtet und geschossen worden sei. Von Degland (II. Bd., p. 327 und 328) wird das Für und Wider dieser obigen Angabe auseinandergesetzt; schließlich hält der Genannte sie für, richtig, da er meint, daß dieser Ibis, der sich nur die Hälfte des Jahres über in Agypten aufhält, wohl 52 Ornis baleanica. 1 einmal auch sich nach den Inseln. des Archipelagus verirren könne. Eine Bestätigung ist aber bisher noch nicht erfolgt. Porphyrio caeruleus (Vand.). Porphyrio hyacinthus Tem. — Europäi- sches Purpurhuhn. Seitdem Temminck in seinem weitverbreiteten Buche die An- gabe veröffentlichte: „Es lebt in großer Zahl an den Seeufern und in den überschwemm- ten Feldern der Jonischen Inseln und im ganzen Archipel“, ging diese gewiß falsche Nachricht leider in die Werke folgender berühmter Autoren über: Brehm („Euro- päische Vögel“), Thienemann, Gould, Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Degland, Fritsch und Dubois. Außer dieser eigentlich gar nicht berücksichtigungswürdigen Bemerkung gibt es nur noch zwei hierhergehörige Mitteilungen. In dem umfangreichen, aber ornithologisch inhaltsarmen Werke der Exped. scient. de Mor. (1332) heißt es nämlich: „Porph. hyac. ist sehr selten. Jedoch haben die Mitglieder der Kommission einige Individuen in den Sümpfen von Osman-Aga am Fuße des Ballen Pylos (Navarin) und in den Niederungen von Helos gesehen.“ Weiters sagt Erhard in der „Fauna der Kykl aden“ S. 61: " „Porph. hyac. Sein Vor- kommen in Griechenland ist sehr beschränkt und mir mit Sicherheit nur vom See Dystos im Binnenlande von Euböa und der Paralimne des Kopaissees bekannt.“ Offenbar auf Grund der ersteren Mitteilung verzeichneten dann Kayserling und Blasius in ihrem bekannten Handbuch das Purpur huhn für den Peloponnes. Bezüglich der obengenannten Standorte muß ich leider sagen, daß mir die Ebene von Helos an der Eur otasmündung, sowie der gewiß sehr interessante Sumpfsee Dystos auf Euböa aus Zeitmangel unbekannt geblieben sind, und ich glaube kaum, daß diese Örtlichkeiten überhaupt jemals von einem Zoologen "besucht. worden sind. Ferner er- wähne ich, daß die Gegend des Kopaissees infolge der großartigen Entwässerungs- arbeiten für Porphyrio heute überhaupt nicht mehr in Betracht kommen kann. Dagegen habe ich die Lagune Osman-Aga bis Pylos aus eigener Anschauung ziemlich genau kennen gelernt nd muß sagen, daß dort für ein derartiges Vor- kommen ein sehr günstiger Platz wäre. Alle Nachfragen blieben vergeblich, "aber vor langer Zeit konnte dort Porphyrio ganz gut vorgekommen sein. Graf von der Mühle sowie Lindermayer, ja selbst v. Heldreich versichern in ausführlicher Weise, daß es nicht den geringsten Beweis für irgend ein Vorkommnis gibt, und die Bemerkung Krüpers: „Über das Vorkommen des Purpurhuhnes ist in neuerer Zeit nichts be- kannt geworden“ wird auch von Dresser anerkannt. Meiner Meinung nach ist die Bemerkung Schlegels (Mus. d’Hist. nat. des Pays- Bas, tome IV, 1865, p. 53): „In Griechenland beinahe ausgestorben“ dahin abzuändern: In Griechenland kommt das Pur purhuhn heute überhaupt” nicht mehr vor! Das Gegen- teil wäre denn doch etwas schwierig zu beweisen. Zum Schlusse sei noch erwähnt, daß sich laut „Katalog der Vogelsammlung im Museum der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft“ von Hartert 8. 211 ein Stück mit der Herkunftsangabe: „Jonische Inseln“ m Frankfurt am Main befindet. Über dieses Exemplar erhielt ich nun durch die Freundlichkeit des Herrn Oberlehrers J. Blum folgende Auskunft am 15. März 1898: „Auf Ihre Anfrage in betreff des Porph. veterum Gm. unseres Museums habe ich die Ehre zu erwidern, daß auf der alten Etikette ‚Jonische Inseln‘ steht; dahinter be- findet sich ein ?, das wohl anzeigen soll, daß man denjenigen, von dem der Vogel geschenkt oder eingetauscht worden ist, nicht kennt. Es scheint, daß die Herkunft von den Jonischen Inseln angezweifelt worden ist, denn in dem älteren, geschriebenen, von dem verstorbenen Kustoden angefertigten Katalog, den Hartert wesentlich benützt hat, steht als Herkunft des P. veterum ‚Europa‘ und nicht ‚Jonische Inseln‘. Hartert hat sich für die Angabe auf der Etikette entschieden.“ Daraus dürfte wohl zur Genüge hervor- gehen, daß auch dieses Stück wohl kaum als Beweis des dortigen Vorkommens gelten kann. Porphyrio porphyrio (L.) — 6rünrückiges Purpurhuhn. Ohne jede Be- gründung bringt Chr. L. Brehm im „Vogelfang“ 8. 332 die durchaus unglaubwürdige Mitteilung: ;B chloronotos ist höchst selten auf griechischen Inseln.“ III. Griechenland. 583 Houbara (Btis) undulata (Jaeqg.) — Afrikanische Kragentrappe. Die leichtfertige Nachricht, daß sie sehr oft auf einigen Inseln des griechischen Archipels beobachtet und erlegt worden sei, wie sie sich bei Temminek, Baedeker, Fritsch u. a. findet, ist schon von Lindermayer als irrtümlich bezeichnet worden. Krüper und A. Brehm („Tierleben“) betrachten sie als nach Griechenland ver- irrten Vogel, und zwar auf Grund der ausführlichen Mitteilung des Grafen von der Mühle. Dieser, welcher sogar an ein Brüten der Kragentrappe dachte, berichtet nach seiner Rückkehr in die Heimat ein späteres Jagderlebnis seines Freundes Leutnant Dillmann, dessen Hund im Juni 1841 in Phtiotis am Ufer des Spercheios eine sich drückende Trappe vorstand, die dann herabgeschossen und als Kragentrappe und große Seltenheit bestimmt wurde. Ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich die Meinung ausspreche, daß hier ledig- lich eine Verwechslung mit einem Männchen der Zwergtrappe im Hochzeitsgewande vorliegt. Tringa canuti L. (= einerea Brün.) — Isländischer Strandläufer. Lindermayer, Krüper und v. Heldreich halten das Auftreten in Gesellschaft von anderen aus dem Norden kommenden Artgenossen am Frühlings- und Herbstdurchzug wenngleich sehr selten für möglich, aber es mangeln dabei Hinweise auf einzelne zwei- fellos festgestellte Vorkommnisse. Nur Graf von der Mühle beruft sich darauf, daß er diesen Strandläufer im reinen Winterkleide als äußerst seltenen Durchzügler Ende September auf Sand- bänken zusammen mit ruhenden Seeschwalben beobachtet und ein Stück auch erlegt habe. Zu anderen Zeiten sei die Art von ihm nie bemerkt worden. Ich würde nun daraufhin nicht anstehen Tr. canuti in das Verzeichnis der in Griechenland festgestellten Vögel aufzunehmen, zumal ich in der Regensburger Sammlung ein gut erhaltenes Exemplar auffand, welches Graf von der Mühle teste Schuch schenkte und die Eti- kettenaufschrift „Griechenland“ besitzt. Allein da dieser nunmehr im Museum zu Sara- jevo befindliche Vogel die nahezu vollständige Sommertracht trägt, ist unschwer zu folgern, daß es sich hier um ein ganz anderes als das oben erwähnte im Herbste er- legte Stück handeln muß. Tringa maritima Brün. — Seestrandläufer. Bei dieser Art zeigt es sich ebenfalls deutlich, wie leicht unrichtige Bestimmungen dauernd falsche Angaben her- vorrufen. Nach Lindermayer erscheint der Seestrandläufer auf dem Frühlingszuge in ziemlicher Anzahl, im Herbste etwas seltener, zusammen mit den übrigen Strandläufern an den griechischen Küsten. Jedoch wies schon 1845 Brehm („Stiftungsfest“ usw.) gelegentlich einer Vogelsendung Lindermayers nach Altenburg nach, daß die als Tr. maritima bezettelten Stücke einjährige, dunkel gezeichnete 7ot. pugnax waren. Trotzdem beharrte Lindermayer (später auch E. v. Homeyer!) in seiner zweiten Arbeit auf diesem Irrtum und wahrscheinlich war auch das von ihm nach Regensburg (Korresp.-Blatt, 1. Jahrg., 1847) geschenkte Stück eine Kampfschnepfe. In Wirklichkeit ist diese nordische Art entweder noch nie in Griechenland vor- gekommen oder sie erscheint nur, wie Baron Droste,?) Krüper und folglich auch v. Heldreich annehmen, als große Seltenheit. Graf von der Mühle ist der letzteren Ansicht, da er den Vogel nur einmal im Juni erlegt zu haben glaubt und zwei Stücke sah, die auf Euböa erbeutet worden sein sollen. In Regensburg fand ich in den Resten seiner Sammlung kein Exemplar vor; doch liegt möglicherweise hier eine Verwechslung mit dem im fast vollständigen Sommer- kleide befindlichen Stück von Tringa canuti (angeblich aus Griechenland!) vor. Auf den Kykladen soll er ebenfalls laut Erhard Durchzügler sein; jedoch liest nur eine einzige neuere Beobachtung durch Douglass vor, der in der ersten Maiwoche 1892 auf Santorin ein Stück beobachtet haben will. !) Homeyers, Orn. Briefe, S. 208, Zeile 2 von unten und namentlich „Wanderungen der Vögel“, S2122. 2) Ebenda $. 208, Zeile 2 von oben. 554 Ornis balcanica. Es ist aber höchst sonderbar, daß die von E. v. Homeyer sehr mit Unrecht be- anständete Stelle bei Palmen überhaupt nicht auffindbar ist. Phalaropus hyperboreus (L.) — Schmalschnäbeliger Wassertreter. Ob- wohl es sehr leicht möglich wäre, daß dieser nordische Vogel namentlich in den Monaten August oder September auf griechischem Boden erbeutet wird, fehlt es doch zur Stunde an einem Beweisstück, weil sich in der Sammlung des zoologisch-mineralogischen Ver- eines in Regensburg jetzt jenes Exemplar nicht mehr vorfindet, welches laut Korresp.- Blatt 1847, 8.130, von Dr. Lindermayer aus Athen dahin geschickt worden war. Selbst wenn das Stück aber noch vorhanden wäre, müsste die Herkunft aus Griechen- land schon deshalb angezweifelt werden, weil weder von Lindermayer noch von sonst einem Autor Ph. hyperboreus für dieses Land erwähnt wird. Phalaropus fulicarius (L.) — Plattschnäbeliger Wassertreter. In der Sammlung des zoologisch-mineralogischen Vereines in Regensburg fand ich zwei Beleg- stücke im vollständigen Winterkleide mit der Aufschrift: „Phalaropus rufescens Hr. (Heinrich) Graf von der Mühlen Griechenland.“ Da aber der Genannte selbst nirgends etwas von dieser Vogelart in Griechenland erwähnt hat und diese auch nicht im Ver- zeichnisse des Nachlasses von Schuch vorkommt, so glaube ich, daß jenen beiden Etikettenaufschriften ebensowenig Wert beizumessen ist als einer Bemerkung bei Nau- mann (1836, Bd. VIII, 5. 264): „Sogar in Griechenland will man Ph. fulicarius schon angetroffen haben.“ Glareola melanoptera (Nordm.) — Nordmanns Brachschwalbe. Den Angaben: „Berührt auf dem Zuge nach Afrika zuweilen Griechenland“, „sie verirrt sich manchmal nach Griechenland“, „kommt auch zuweilen nach Griechenland“, oder „man hat sie schon aus Griechenland erhalten“, wie wir solche bei Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk), Degland, Fritsch und Dubois finden, liegt einzig und allein dasjenige zugrunde, was Schlegel in seiner „Kritischen Übersicht“ S. 92 veröffentlichte: „Das im Mainzer Museum aufbewahrte Exemplar der G@lareola Pallasi wurde in Griechen- land erlegt und ohne Bestimmung des Geschlechtes eingeschickt. Es ist ein Vogel im Winterkleide.“ (Folgt die ausführliche Beschreibung.) Abgesehen davon, daß ohne ander- weitige Angaben die Herkunft sehr wohl angezweifelt werden könnte, ist nach meinen Erkundigungen im Mainzer Museum von diesem Vogel keine Spur zu finden. Cygnus immutabilis Yar. — Unveränderlicher Schwan. Die Bemerkung Lord Lilfords vom häufigen Vorkommen dieses Schwanes, welcher gegenwärtig wohl allgemein als die domestizierte Rasse betrachtet wird, in strengen Wintern auf Korfu, wo im Jänner 1858 einzelne auch erlegt worden sein sollen, wird sich gewiß auf (. olor beziehen. Chen hyperboreus (Pall.) — Schneegans. Nachdem Graf von der Mühle bereits aus Griechenland nach seiner Heimat zurückgekehrt war, wurde von seinen dort zurückgebliebenen Freunden für ihn fleißig weitergesammelt. So soll unter ande- ren Ingenieurleutnant Dillmann im strengen Winter 1841 in den Lagunen von Rmir- bey, zwischen Stilida und den Thermopylen, aus einer Schar „weißer Enten“ drei Stück erlegt und auch konserviert haben. Diese verbrannten ebenso wie auch viele andere Seltenheiten bei dem Brande des ehemaligen Serails von Lamia. Auf Vorzeigen der Abbildung Naumanns erkannte Dillmann sogleich in der Figur 3 die von ihm erlegten Gänse. So weit Graf von der Mühle. Daraufhin erinnerte sich auch Linder- mayer, daß er 1835 in den Sümpfen an der Spercheiosmündung weiße Gänse beob- achtet, aber nicht erlegt habe. Wenn nun auf diese Angaben hin Fritsch schreibt: Ch. hyperboreus soll auch in Griechenland vorkommen, oder Krüper und v. Heldreich diese Gans als zufällige Erscheinung annehmen, so läßt man sich dies noch gefallen; wie aber Dubois dazu kommt mitzuteilen: „Nicht selten zu finden in Griechenland“, ist mir unbegreiflich! Da diese Gans des arktischen Nordamerika viel öfter verwechselt als in ganz Eu- ropa tatsächlich festgestellt wurde, dürfte es wohl angezeigt sein, sie aus der Liste der griechischen Vögel zu streichen. III. Griechenland. 585 Anser segetum (bm.) — Saatgans. Wunderbarerweise gibt es meines Wissens bis jetzt keinerlei Beweisstücke, auf welche hin man berechtigt wäre, diesen weiter im Norden allbekannten Wintergast den Vögeln Griechenlands beizuzählen. Die Saatgans soll nach Krüper zugleich mit der Graugans vorkommen, nach Erhard Durchzugsvogel auf den Kykladen sein und nach Lindermayer ziemlich häufig im nördlichen Griechenland auftreten, wo er sie einzeln und in großen Zügen auf Euböa und auf den Feldern längs des Spercheios gesehen haben will. Wichtiger als alle diese Nachrichten ist die Mitteilung von Lord Lilford, daß die Saatgans häufig an den Küsten Griechenlands und besonders von Petalä erscheine, ja daß sie dort häufiger sei als die übrigen Gänsearten. Der Genannte soll auf Petalä übrigens am 5. und 7. Februar 1853 vier Saatgänse sogar geschossen haben. In neuerer Zeit ist überhaupt bloß Anser albifrons in diesen Gegenden erbeutet worden, und A. segetum bedarf noch dringend des Nachweises ihres Erscheinens. Chenalopex aegyptiacus (L.) — Agyptische Gans. Einerseits die fast krank- hafte Sucht, Vögel des nordöstlichen Afrika auch für Griechenland aufzuzählen, ande- rerseits Verwechslung mit Brandenten mag Veranlassung sein, daß sie von vielen dem Gebiete des südöstlichen Teiles von Europa zugeschrieben wird. Weniger kommt hier die Vermutung in Betracht, daß es sich um entkommene Gänse handele, denn v. Held- reich erwähnt ausdrücklich, daß sie nur selten in Gefangenschaft gehalten wird. Graf von der Mühle behauptet, daß er sie mehrere Male aus den Lagunen von Missolonghi und von Euböa zugeschickt bekommen habe, und weil angeblich stets ein Paar angetroffen wurde, folgert er, daß sie auf dem Frühjahrszuge dorthin gekommen sei. Da sich aber in gar keiner Sammlung ein griechisches Belegstück befindet, auch nicht in jener des zoologisch-mineralogischen Vereines in Regensburg, von welcher Dr. Schuch (Korresp.-Blatt 1849, S. 9) eines solchen Erwähnung tut, und da ferner seit jener Zeit von all den Sammlern und Beobachtern niemand mehr eine ägyptische Gans zu Gesicht bekam, so muß ich irgend eine Verwechslung annehmen und kann vorläufig auch nicht einmal an ein zufälliges Vorkommen im Lande und auf den Inseln des Archipels glauben, wie es bei Temminck, Naumann, Fritsch, Krüper !und im „Tierleben“ von A. Brehm geschrieben steht. Der Ansicht von einem regelmäßigen Erscheinen dort, wie wir sie bei Dubois, Baedeker, Brehm und Päßler sowie bei Degland finden, ist bereits Lindermayer entschieden entgegengetreten. Anas marmorata Tem. (= angustirostris Menetr.) — Marmelente. Ich muß die Angabe Krüpers (bei Mommsen S. 292), wonach sie mehrmals an der Küste von Thessalien angetroffen und erlegt worden sei, deshalb sehr in Zweifel ziehen, weil weder ein Belegstück, noch eine bestimmtere Beobachtung hierüber vorliegt. v. Held- reichs Einreihung dieser Ente unter die seltenen, im Winter erscheinenden Arten verdient keine weitere Berücksichtigung, da er ja bekanntlich Krüper einfach kopierte. Zu wundern ist es freilich, daß die Art, welche in letzterer Zeit wiederholt viel weiter nördlich festgestellt wurde, im eigentlichen Bereiche Griechenlands bisher nirgends zu finden war. Anas (Aex) sponsa (L.) — Brautente. Auf welche Weise diese asiatische Ente regelmäßig im Winter und Frühling nach den Gewässern von Kythera gelangen soll, wie Jameson vermeinte, ist umsoweniger begreiflich, als Tierparks, aus welchen sie entkommen könnte, viel zu weit von dort entfernt sind. Eine grobe Verwechslung ist hier wohl zweifellos. Fuligula marila (L.) — Bergente. Obwohl man ihr Vorkommen auf dem Salzwasser vermuten sollte und hierüber auch eine Reihe von Angaben vorliegen, scheint es mir doch geraten, sie vorläufig noch in die hypothetische Liste für Griechen- land aufzunehmen, weil in früherer Zeit doch auch bei dieser Art Verwechslungen vor- gekommen sein dürften und es an einem Belegstück bisher mangelt. Die klarste An- gabe findet sich bei Lindermayer, welcher sie zu den seltenen Enten des Gebietes nebst Euböa rechnet und sagt, daß sie in den Lagunen von Missolonghi, von wo er auch zwei Stücke erhalten haben will, häufiger vorkommt als anderswo. 536 Ornis balecanica. Simpson jedoch hebt gerade dort ihr Fehlen hervor, und auch ich durehmusterte vergeblich viele hunderte geschossene Wildenten, ohne je eine Bergente dabei zu fin- den. Seit 1897 sucht weiters Herr Diamantis-Soustas in Missolonghi, dem ich die Ente genau beschrieb, ohne Erfolg nach ihr. Auch Graf von der Mühle meint, daß sie nicht häufig erscheine, und zwar nur Weibchen oder Junge. Entschieden unrichtig sind die Ansichten Dr. Krüpers und nach ihm v. Held- reichs, daß die Bergente in Griechenland im Winter nicht selten oder gar sehr häufig sei. Harelda glacialis (L.) — Eisente. In seiner Fauna der Kykladen erwähnt Erhard (S. 65) die Erlegung einer solchen Ente auf Euböa im Winter von 1855, welcher in Griechenland fast milde, im übrigen Europa dagegen sehr strenge war. Schade, daß Erhard weder in diesem noch in anderen Fällen auf den Gedanken kam, eine solche Seltenheit dem Museum in Athen einzuschicken. Oidemia fusca (L.) — Samtente. Sogar aus dem weltbekannten Werke „Brehms Tierleben“ wäre ersichtlich, daß die Vertreter des Genus Oidemia, obschon selten, in Griechenland vorkämen. Leider gibt es bisher hierfür keimerlei greifbare Anhaltspunkte. Simpson leugnet ihr Vorkommen in den Gewässern von Missolonghi, und auch ich habe trotz sorgfältiger Beobachtung dort unter den Tausenden von Enten keine wahrgenommen. Krüper und v. Heldreich bezeichnen sie als selten, konnten aber noch nie ein Belegstück für das Museum in Athen auftreiben. Aus dem gleichen Grunde sind auch die Angaben des Grafen von der Mühle und Lindermayers, wonach sie im Winter selten unter anderen Entenarten erscheine, und endlich jene Erhards, daß sie auf den Kykladen überwintere, geradezu belanglos. Brehm sen. („Stiftungsfest“) hält ihr Auftreten in Griechenland für eher möglich, wundert sich dagegen sehr über jenes der Trauerente. Oidemia nigra (L.) — Trauerente. Für diese gilt genau dasselbe wie für die Samtente, nur daß sie nach Lindermayer angeblich am häufigsten am Unter- laufe des Spercheios bis zu seiner Mündung vorgekommen sei und daß sie von dort an ganz stürmischen Wintertagen bis Attika und nach dem Peloponnes ziehe. Graf von der Mühles Beobachtungen zufolge sei sie noch seltener als die Samtente. Er will bloß Weibchen gesehen haben (vielleicht waren es junge Vögel?). Belegstücke gibt es auch von dieser Ente nicht. Sula bassana (L.) — Baßtölpel. Erhard reiht diese so außerordentlich selten das östliche Mittelmeer besuchende Art unter jene Vögel ein, welche, aus nördlichen Gegenden anlangend, auf den Kykladen überwintern, und gibt hierzu auf S. 61 folgende Erklärung: „Beweis der enormen Verbreitung mancher Palimpeden ist, daß eine Bassan- gans, zweijähriger Vogel, im Mai 1853 mitten unter gemeinen Kormoranen bei Vari auf Syra!) geschossen wurde, obwohl jener Winter mild genannt werden konnte. Ich bekenne aufrichtig, daß ich mich, ohne den Vogel oder vielmehr dessen konservierten Balg gesehen zu haben, auf Seite derjenigen stelle, welche Ursache haben, diesen außer- gewöhnlichen Fall vorderhand zu bezweifeln. Sterna dougalli Mont.. St. paradisea Kays. u. Blas. — Dougalls See- schwalbe. Graf von der Mühle will einen jungen Vogel dieser Art, den er nach- träglich als solchen bestimmte, besessen haben, ohne weitere Angaben hierüber machen zu können. In seinem Nachlasse ist davon nichts zu finden. Unmöglich wäre das Vorkommen gerade nicht; auch Krüper leugnet die Möglichkeit desselben nicht. Vor- läufig ist jedoch die Bemerkung von Dubois sen.: „Man findet sie m Griechenland“ nicht am Platze. Sterna media Horsf. (— affinis COretzsch. bei küpp.) — Hellgraue Seeschwalbe. Temminck veranlaßte durch seime niemals bewiesene Behauptung !) Im Süden der Insel. IlI. Griechenland. 587 (1840): „Jetzt hat man sie im griechischen Archipel gefunden“, daß die folgenden Au- toren ihr Vorkommen im Gebiete annehmen zu sollen glaubten: Schlegel („Kritische Übersicht“, S. CXXIX), Thienemann („Rhea“, S. 127), Baedeker, Brehm und Päßler (Eierwerk 79), Degland, Fritsch, Dubois und Rey. Einzig und allein Dresser bezweifelt das Vorhandensein der Art im griechischen Gebiete, obzwar es immerhin möglich wäre; jedoch bedarf es erst des Nachweises. Anous stolidus (L.) — Tölpelseeschwalbe. Welche Gründe Jameson veran- laßten, diesen Seevogel zu den im Sommer bei Kythera beobachteten Arten zu rechnen, ist wohl kaum zu ermitteln. Er gab ihm den Lessonschen Namen (1831) Stolida vul- garis und setzt noch obendrein die Bemerkung bei: „Obzwar nicht häufig, muß diese Art doch zum Katalog der europäischen Vögel hinzugezählt werden.“ Larus ichthyaetus Pall. — Fischmöwe. Graf von der Mühle gibt sehr genaue Angaben über die Frbeutung eines Paares dieser asiatischen Art an der griechi- schen Küste. Ich weiß nicht, auf welche Weise Dr. Krüper in Erfahrung gebracht hat, daß der Ort jenes bedeutsamen Fundes die Meerenge bei Chalkis gewesen sei; aber erzählt hat er mir dies bestimmt und noch hinzugefügt, daß die Bestimmung seiner Meinung nach glaublich sei. Es war im März in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts, als die großen Möwen am Meeresstrande vom Grafen von der Mühle bemerkt und nach mehrtägiger Verfolgung sowohl zu Wasser als zu Lande mit vieler Mühe erlest wurden. Als die eine geöffnet wurde, zeigte es sich, daß sie den ganzen Schlund hindurch einen großen Schafsknochen, ein Schienbein, wahrscheinlich von einem Aase verschluckt hatte. Obwohl nun die Beschreibung des erlegten Männchens im allgemeinen mit dem Kleide von ZL. ichthyaötus übereinstimmt, so ergeben sich dennoch einige erhebliche Abweichungen. Leider ist das erwähnte Paar entweder schlecht konserviert worden oder ander- weitig zugrunde gegangen; kurz, es ist in dem Nachlasse des Grafen von der Mühle nicht zum Vorschein gekommen. Lindermayer sagt ferner darüber in eigentümlicher Form folgendes: „Die beste Beschreibung dieser Möwe befindet sich in Pallas Werke, woraus auch Graf von der Mühle seine Beweise entlehnt hat, worauf ich verweise.“ Die übrigen Angaben beziehen sich entweder auf das eben erwähnte Vorkommnis wie bei Dubois, v. Heldreich, oder es wird eben festgestellt, daß L. ichthyaötus seither nie mehr beobachtet wurde (Krüper). Temminck, Degland und Fritsch versteigen sich sogar zu der Behauptung, daß sich diese Möwe auf den Jonischen Inseln zeige. Wenn ich es trotz alledem einstweilen dahingestellt lasse, ob die Bestimmung der Art durch den Grafen von der Mühle damals richtig war oder nicht, und die Möwe vorläufig nicht in die Liste der Vögel Griechenlands aufnehme, so ermutigt mich dazu das etwas herbe Urteil Landbecks vom T. September 1844, welches in E. v. Homeyers Ornith. Briefen S. 140 abgedruckt ist und lautet; „Seine (des Grafen von der Mühle) neuen Wasservögel sind nicht neu, auch manches andere nicht; ich habe seine Sammlung genau untersucht, er hat mir auch das meiste zugestanden.“ Larus atrieilla L. — 6rauköpfige Möwe. Verwechslung mit Lach- und Schwarzkopfmöwen ist die Ursache, daß diese amerikanische Art von vielen Autoren für die griechischen Gewässer fälschlich angeführt wird. Das beweist vor allem die genaue Beschreibung des Grafen von der Mühle einer im April 1837 geschossenen Lach- möwe, welche er für Z. atrieilla hielt, ein Fehler, welcher sogleich von Schlegel („Kritische Übersicht“, S. 114) klargelegt wird. Ebenso findet sich die Angabe Lord Lilfords „häufig im Winter bei Korfu“ durch Dresser richtiggestellt, welcher sagt, daß damit zweifellos die Schwarzkopfmöwe gemeint ist. Die übrigen Angaben von Temminck, Lindermayer (zuerst 1856 in der Nach- tragsliste im „Mon. Gree“!), Dubois (als Zarus plumbiceps) und v. Heldreich kommen wohl kaum in Betracht. 588 Ornis balcanica. Larus leucophthalmus Tem. — Weißwimperige Möwe. Wie tief noch jetzt der Irrglaube an das Auftreten dieses Bewohners des Roten Meeres in den griechi- schen Gewässern eingewurzelt ist, beweist am besten die Tatsache, daß 1904 von her- vorragender Seite Dr. Krüper in Athen eine Bestellung auf Eier aus Griechenland erhielt. Nur drei Autoren haben bisher dazu beigetragen, hier Klarheit zu schaffen, näm- lich Krüper, Dresser und Saunders (im Cat. of Birds XXV, p. 220), indem sie ganz richtig bemerken, daß bezüglich der griechischen Gewässer entweder falsche Fund- angaben oder öfters noch Verwechslungen mit Zar. melanocephalus vorliegen. Diese letztere war sicherlich auch die Veranlassung zu Temmincks erster Bemerkung, daß die weißwimperige Möwe in großer Zahl an den Küsten Griechenlands erscheine. Später will Lindermayer im Frühling 1840 ein Stück am Phaleron erlegt und Graf von der Mühle Flüge von ihr an einigen Stellen der griechischen Küste, namentlich bei Chalkis (Euböa) im Frühling durch 8—14 Tage beobachtet haben, was dann von Lindermayer einfach abgeschrieben wurde. Diesen unbelegten Worten folgten dann Schlegel („Kritische Übersicht“), Thienemann („Rhea“), Degland und Fritsch insbesondere für die Jonischen Inseln!, Dubois (der die Angaben des Grafen von der Mühle kurz bespricht), Rey und v. Heldreich! Aber auch zwei einzelne Eier aus Griechenland wurden dieser Möwe zugeschrie- ben, und zwar ein vor Jahrzehnten von Lindermayer unter dieser Bezeichnung an das Museum zu Oldenburg gesendetes und eines in der berühmten Kollektion Weller in Kopenhagen mit den Angaben: Acarnania, Mai 1877 (s. Katal., S. 55, Nr. 15355). In beiden Fällen dürfte es sich um eine Verwechslung mit Lar. arg. michahellesi (= cachinnans) handeln. Nach dem Gesagten dürfte wohl kaum jemand an das Vorkommen im Gebiete ernstlich glauben. Larus marinus L. — Mantelmöwe. Diese Art gelangt nur äußerst selten nach dem Mittelländischen Meere und, wie zu ersehen ist, sind die folgenden Angaben wohl kaum geeignet, einen Fall des Vorkommens in den griechischen Gewässern als sicher gelten zu lassen. Die Anführung von L. marinus auf Kythera für Sommer und Herbst von Jameson trägt nur zu deutlich die Kennzeichen offenbarer Verwechslung mit der dort häufigen südlichen Silbermöwe. Ebensowenig kann man sie als auf den Kykladen überwinternd (Erhard) annehmen. Lindermayer, Graf von der Mühle, Krüper und v. Held- reich bezeichnen die Mantelmöwe als eine vereinzelte und seltene Erscheinung. Von dem alten Prachtstück vom Piräus, welches die beiden erstgenannten Autoren als dem Museum in Athen emverleibt erwähnen, ist weder im Kabinett noch in den alten Ver- zeichnissen eine Spur zu finden, und das von Dr. Schuch erwähnte, aus dem Nach- lasse des Grafen von der Mühle dem zoologisch-mineralogischen Vereine in Regensburg übergebene, noch gegenwärtig dort befindliche Stück trägt den Vermerk „Schweden“. Larus argentatus L. — Nordische Silbermöwe. Dort, wo diese Möwe in der Literatur für Griechenland allein angeführt erscheint und nicht auch nebenbei L. arg. michahellesi oder cachinnans, handelt es sich zweifelsohne um eine Verwechslung mit der südlichen Silbermöwe. So z. B. in dem Berichte der Exped. scient. de Mor. Graf von der Mühle, welchem hierbei Lindermayer Wort für Wort gefolgt ist, führt sowohl L. argentatus als auch L. cachinnans für Griechenland an und läßt es zweifelhaft, ob jene nicht mit Z. michahellesi, diese mit leucophaeus zusammenfalle. Hierzu erwähnt Schlegel („Kritische Übersicht“ S. 113) ganz richtig, daß jene Möwe, welche Graf von der Mühle als Z. argentatus beschreibt, offenbar Lar. cachinnans ist; doch bleibt es ihm zweifelhaft, welche Art unter der letzteren Bezeichnung zu ver- stehen sei. Meiner Meinung nach lagen dem Grafen von der Mühle wie Dr. Lindermayer nur verschiedene Alterskleider der südlichen Silbermöwe und sonst gar keine andere Art vor. v. Heldreich erklärt gar Zar. cachinnans als griechischen Wintervogel und Lar. argentatus als griechischen Standvogel. Auf jeden Fall ist bisher noch kein An- haltspunkt vorhanden, der zu der Annahme berechtigen würde, daß die Silbermöwe des Nordens die griechischen Gewässer besuche. III. Griechenland. 589 Stercorarius pomatorhinus (Tem.) — Breitschwänzige Raubmöwe, Kein geringerer als der auch für die Ornithologie viel zu früh verblichene Kronprinz Rudolf ist es, welcher folgende Bemerkung in seiner „Orientreise“ S. 255 veröffentlichte: „Als interessante Tatsache muß ich auch mitteilen, die Spatelraubmöwe, Lestris pomato- rhina, bei stürmischer See im Hafen von Zante beobachtet zu haben.“ Da die Unterscheidung der einzelnen Raubmöwenarten an und für sich keine leichte ist und auch bezüglich der dunklen Jugendkleider anderer Möwen Verwechs- lungen mit Raubmöwen an der Tagesordnung stehen, dürfte es sich empfehlen, die Er- legung eines Belegstückes abzuwarten und dann erst den Namen endgültig in die Liste der griechischen Vögel einzutragen. Thalassidroma pelagica (L.) — Kleine Sturmschwalbe. In der ganzen Adria ist Th. pelagica nur eine sehr vereinzelte Ausnahmserscheinung, und Drummond erklärt, daß er die kleine Sturmschwalbe auch in den Jonischen Gewässern nur selten gesehen habe. Aus einer hieran geknüpften Bemerkung Strieklands, welche eigentlich der Artberechtigung der damals aufgestellten T’h. meletensis gilt, ist zu entnehmen, daß es einem Briefe Drummonds zufolge nicht gelang, irgend ein griechisches Stück zu er- beuten. Dies ist auch heute noch der Fall, denn das seinerzeit vom Grafen von der Mühle der Sammlung des Regensburger zoologisch-mineralogischen Vereines hinter- lassene Stück hat auf der Originaletikette keine Herkunftsangabe, aber allerdings auf der Kartonvignette die Aufschrift „Griechenland“, die wohl sehr zu bezweifeln ist. Höchstwahrscheinlich stammt das Stück aus den nordischen Meeren. Puffinus obscurus (6m.) — Dunkler Tauchersturmvogel. Mehrfach wurde diese dem tropischen und subtropischen Meere zugehörige Art mit dem kleinen Puffin Griechenlands verwechselt. So von Temminck (Archipel), vom Grafen von der Mühle und Brehm, Päßler und Baedeker im Nachtrage des Eierwerkes. Nur Lindermayer, der bei den Sturmvögeln überhaupt alles durcheinanderwarf, führt außer dem nordischen, kleinen Puffin auch noch P. odbseurus gesondert, und zwar als Standvogel für die griechischen Gewässer und insbesondere jene von Euböa auf — ein Irrtum, welcher später auch von Altum (1880) in dessen Forstzoologie leider wieder- holt wurde. Das zufällige Erscheinen des echten P. obscurus im Gebiete ist wohl kaum anzunehmen. Ö EN oder Ha Bw RR PER mr RR ort ROH are ur et Ar HERE RER ren tanz ee a 2ER ung TER Om erahnen ee kuellssijer Wnlalof Ara 27 ne HERZ er RN rrirhiee N dala. 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TER 5, 6. 17, 18. 1,2. 22, 23, 24. 20, 21. 19. 16. 14. 13, 15. TAFEL II. Hypolais pallida (Hempr.-Ehrb.) — Ölbaumspötter. Pyrophthalma rüppelli (Temm.) — Rüppell’s Grasmücke. Sylvia orphea (Temm.) — Sängergrasmücke. Parus lugubris graecus (Reiser) — Griechische Trauermeise. Melanocorypha calandra (L.) — Kalanderlerche. Emberiza caesia Cretzsehm. — Blaugrauköpfige Ammer. Euspiza melanocephala (Scop.) — Kappenammer. Passer petronius (L.) — Steinsperling. Dendrocopus medius sancti-johannis (Blanf.) — Östlicher Mittelbuntspecht. Dendrocopus leuconotus lilfordi (Sharpe and Dresser) — Hellenenspecht. Buteo ferox (Gm.) — Adlerbussard. Astur brevipes (Severzow) — Zwerghabicht. REISER. Ornis balcanıca. III. Griechenland. Tafel IH. Eier aus Griechenland. Tafel IV. III. Griechenland. Ornis balcanica. REISER. Eier von Falco eleonorce — von den Kykladen. a INGOS (SITHÖNIA) DAS KÖNIGREICH HELLAS. Maßstab 1:1000000 a Kliometer oder nun frichlache Nadien tn minder Geographische Meilen. @STADT m 10.00 00 linmane @ÜrLE rum 5-30.000 Kinwinern © STÄDTE - = mom ec BeAee Fan nanne iiner Kate Ati een Mint 1 ine Die Konpiurte der Kamen wind. dep tin der Kyserchisen einfach unserserschen, din antiken Kassen in Sulkmnachri/t geschrünten (Marauns POLITISCHE EINTHEILUNG: KOMEN: Kpaxchieen‘ SOMEN i ATTIKLEVIOTIA 1 Mlikizalgina A Megerie KThiral Alerndihia (lm nn aa Andtren Tine L EVVIA Disikiwi.Kerokteri Karyatia 0. u 10 Manila 1LTFOKhanda KaYaltom Abvrytania 1. KHK in m razi Meran AKARXANIAA ATTOLIA Krk zu yiea SE-Orom Ua Karrpaktia 14. Fmiltaa a Kersumeren X. KEPRALLENIA 2 Kanal gan MN Tihakl FRTWIOTISA FROKIS Miılotin K.Murnaal Mühorle in Lahrin IM. ZAKTITUOS zu AKIIAIAR ILS SoPatral ZUaiglahla zukalarryia zu Ill am. antı 1. ABKADRIA 2BMantimie Zuynauria 38 Gartnda Zi Mefalepelin LAKONIA Aland mn 2 Dylan zuliynZuRpkare Limirn “Ara arumarka - Abkürzungen: TU. 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