En are wer N VW ar # "ge ze Er . Fr > 4 on Ran, u ER Y ER; Fa : En sa - 4 X) FAR Be k u Saged F U RE Ka MEDICINISCH-PHARMACEUTISCHE -_ BOTANIK ZUGLEICH ALS HANDBUCH DER SYSTEMATISCHEN BOTANIK FÜR BOTANIKER, ÄRZTE UND APOTHEKER BEARBEITET VON D* CHR. LUERSSEN, DOCENTEN DER BOTANIK AN DER UNIVERSITÄT LEIPZIG. MIT ZAHLREICHEN VOM VERFASSER AUF HOLZ GEZEICHNETEN ABBIEDUNGEN. I. BAND. LEIPZIG VERLAG VON H. HAESSEL 1879. HANDBUCH SYSTEMATISCHEN BOTANIK “ MIT BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER ARZNEIPFLANZEN - BEARBEITET VON D" CHR. LUERSSEN. I. BAND. KRYPTOGAMEN. MIT ZAHLREICHEN ABBILDUNGEN AUF 181, HOLZSTÖCKEN. LEIPZIG VERLAG WON H- HAESSEE 1579. LIBRARY NEW.YORK BOTANICAL VORWORT. Die vorliegende medieinisch-pharmaceutische Botanik bringt ihren Stoff in etwas weiterem Umfange, als dieses gewöhnlich zu geschehen pflegt. Auf Grundlage der wichtigeren, auf: S. VIII namhaft gemachten Pharmacopöen bearbeitet, soll sie in erster Linie die genauere Kenntniss der Arzneipflanzen anbahnen, nicht nur der betreffenden Arten, sondern auch der Gattungen, Familien und grösseren Gruppen, denen erstere nach ihrer natürlichen Verwandtschaft angehören. Dass hierbei nicht die rein äusserlichen Charaktere allein, sondern überall, wo es geboten ist, auch Anatomie und Entwickelungsgeschichte Berücksichtigung finden, bedarf bei dem jetzigen Standpunkte der Botanik wohl kaum einer Rechtfertigung. Ebenso braucht der Verfasser sich wohl nicht specieller über die Gründe auszusprechen, die ihn bestimmten, das Werk gleich- zeitig zu einem Handbuche der systematischen Botanik auszudehnen. Schon der Umstand, dass Jurch eine solche Bearbeitung die so wie so zu erläuternden Verwandtschaftsverhältnisse der medicinisch wichtigen Familien weit besser hervortreten, dürfte dafür sprechen, abgesehen da- von, dass die Brauchbarkeit des Buches dadurch für Alle erhöht wird, welche über keine grösseren literarischen Hülfsmittel zu gebieten haben und doch etwas mehr lernen möchten, als gesetzlich vorgeschrieben ist. Dabei sind jedoch in Folge der speciellen Bestimmung des Werkes die arzneilich wichtigen Gruppen einer ausführlicheren Schilderung unter- worfen worden, als die übrigen Familien etc., soweit letztere nicht vom allgemeineren Standpunkte aus ein grösseres Interesse beanspruchen. Dass diese beiderlei Rücksichten äusserlich durch den verschiedenen Druck kenntlich gemacht sind, insofern die Arzneipflanzen enthaltenden Ordnungen, Familien und Gattungen, sowie die Beschreibungen der Arzneigewächse der hier in erster Linie berücksichtigten Pharmacopoea sermanica selbst, durch grössere Schrift ausgezeichnet wurden, geschah in Hinsicht auf die raschere Orientirung beim Nachschlagen des Buches. Ein weiteres Augenmerk wurde an den betreffenden Stellen auf die kurze Charakteristik der Drogen gerichtet und hier neben äusseren + Merkmalen in allen wichtigen Fällen der anatomische Bau in den Vordergrund gestellt. Auf diese Weise wird nicht allein die botanische Pharmacognosie als ein Stück Botanik wieder in nähere Verbindung mit der systematischen medicinischen Botanik gebracht; es wird auch Ge- legenheit zu einer schärferen Unterscheidung der Arzneimittel, zur Er- kennung von Fälschungen u. s. w. gegeben. Dass der Verfasser durch ein solches Verfahren nur das Nachschlagen pharmacognostischer Lehr- bücher vermindern, nicht dieselben ersetzen will, geht schon daraus hervor, dass er die wichtigsten derselben stets citirt hat. Leider war es ihm nicht vergönnt, in dem 1. Bande Flückiger’ und Hanbury’s wich- tige Pharmacographia (London 1874) aufführen zu können. Das im Buchhandel vergriffene Werk fehlt unbegreiflicher Weise der hiesigen Universitäts-Bibliothek und war trotz aller Bemühungen des Verfassers bei deutschen und englischen Antiquaren bis jetzt nicht aufzutreiben. Der Leser wird das Buch bei der geringen Anzahl officineller Krypto- gamen wohl nicht vermissen; jedenfalls wird im 2. Bande an seine Stelle Lanessan’s französische Uebersetzung desselben treten. In Bezug auf die Angabe der chemischen Bestandtheile der Drogen dürfte die Be- merkung, dass allgemein verbreitete Stoffe wie Chlorophyll, geringe Mengen von Stärke, fettem Oel etc. in der Regel keine Erwähnung finden, fast überflüssig sein. Dagegen ist die Angabe der wichtigeren botanischen Literatur gewiss denjenigen Lesern willkommen, welche sich mit einzelnen Fragen eingehender beschäftigen möchten. Bemerkens- werthe Abhandlungen, welche während des seit September 1877 dauern- den Druckes erschienen sind, werden in dem allgemeinen Ueberblicke der Gesammtentwickelung des Pflanzenreiches nachträgliche Berücksich- tigung finden. Der Verfasser hat sich entschlossen, diesen am Schlusse des 2. Bandes als „Rückblick“ statt der gebräuchlichen „Einleitung“ zum 1. Bande zu geben, da eine derartige Zusammenfassung doch erst dann mit Vortheil benutzt wird, wenn der Leser vorher wenigstens die Haupt- züge der Entwickelungsgeschichte der einzelnen Gruppen studirt hat. Der 2. Band wird auch das Gesammtregister bringen. Und nun noch ein paar Worte über den jetzt vollendet vorliegen- den 1. Band. Derselbe behandelt die Kryptogamen, die eine Hälfte des Pflanzenreiches, welche allerdings nur wenige officinelle Pflanzen enthält, in den Augen der grossen Mehrzahl der Mediciner und Apotheker daher auch keine Gnade findet, die aber darum noch nicht die minder wich- tige ist. Im Gegentheile, gerade die in den allermeisten botanischen Hand- und Lehrbüchern so sehr vernachlässigten Kryptogamen sind in fast sämmtlichen ihrer Ordnungen für das Studium der Gesammtent- wickelung der Pflanzenwelt, für die klare Erkenntniss zahlreicher Ent- VI Vorwort. “ Vorwort. VII . wickelungsvorgänge in der Reihe der Phanerogamen selbst, wichtiger, als viele der oft sehr zweifelhaften Familien der letzteren, Familien, die aber manche Systematiker um keinen Preis entbehren möchten. Beide Abtheilungen sind in dem vorliegenden Werke, das sich zugleich ein „Handbuch der systematischen Botanik“ nennt, mindestens gleichberech- tigt. Möge also der Arzt und Apotheker bei Benutzung des Buches daran denken, dass dasselbe auch für den Botaniker geschrieben wurde, wie auf der anderen Seite der Botaniker die unter den Arzneipflanzen gegebene Aufzählung der von denselben gewonnenen Präparate, Medi- camente u. s. w. mit Rücksicht auf die zweite Bestimmung des Werkes ebenfalls entschuldigen wird. Letpzig, im December 1878. Der Verfasser. * Unter Abkürzung des Titels wiederholt citirte Werke. Ph. germ. — Pharmacopoea germanica. Berlin 1872. Ph. austr. — Pharmacopoea austriaca. 6. Aufl. Wien 1869. Ph. hung. = Pharmacopoea hungarica. Pest 1871. Ph. ross. — Pharmacopoea rossica. 2. Aufl. Petersburg 1871. Ph. helv. = Pharmacopoea helvetica. 2. Aufl. Schaffhausen 1872. Ph. helv. suppl. = Pharmacopoeae helveticae supplementum. Schaffhausen 1876. Cod. med. — Codex medicamentarius. Pharmacopee frangaise. Paris 1866. Ph. belg. = Pharmacopoea belgica nova. Brüssel 1854. — Die Citate beziehen sich auf den lateinischen Text. Nederl. A. = Nederlandsche Apotheek. 2. Aufl. Haag 1871. Brit. ph. = British pharmacopoeia. 1867. Dritter Abdruck mit den Zusätzen des Jalıres 1874. London 1877. Ph. dan. —= Pharmaecopoea-danica. 2. Aufl. Kopenhagen 1869. Ein paar unbedeutende Nachträge erschienen 1874 und 18376. Ph. suec. = Phıarmacopoea sueeica. 7. Aufl. Stockholm 1871. Ph. U. $S. = The Pharmacopoeia of the United States of America. 5. Aufl. Philadelphia 1877. “ Berg, Waarenk. — 0. Berg, Pharmaceutische Waarenkunde 4. Auflage. Bearbeitet von A. Garcke. Berlin 1869. Atlas zur Waarenk. — O. Berg, Anatomischer Atlas zur pharmaceutischen Waarenkunde in Illustrationen auf 50 lith. Taf. nebst erläuterndem Texte. 4°. Berlin 1865. Flückig. Pharm. — F. A. Flückiger, Lehrbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreiches. Natur- geschichte der wichtigeren Arzneistoffe vegetabilischen Ursprunges. Berlin 1867. Husemann, Pflanzenstoffe — A. und Th. Husemann, Die Pflanzenstoffe in chemischer, phy- siologischer, pharmakologischer und toxikologischer Hinsicht. Berlin 1871. Berg und Schmidt, Office. Gew. — O0. C. Berg und C. F. Schmidt, Darstellung und Be- schreibung sämmtlicher in der Pharmacopoea borussica aufgeführten offieinellen Gewächse oder der Stoffe, welche von ihnen in Anwendung kommen, nach natürlichen Familien. 4°. 4. Bde. mit 204 Taf. — Erschien in schwarzer und colorirter Ausgabe. — Leipzig 1858—1863. Hayne, Arzneigew. = F. G. Hayne, Getreue Darstellung und Beschreibung der in der Arzneikunde gebräuchlichen Gewächse, wie auch soleher, welche mit ihnen verwechselt werden können. Fortgesetzt von J. F. Brandt und J. T. C. Ratze- burg. 4°. 14 Bde. mit 648 col. Taf. Berlin 1805—1846. Nees v. Esenb. Plantae mediein. — Plantae medieinales oder Sammlung offieineller Pflanzen in lithographischen Abbildungen von A. Henry und Beschreibungen von M. #* _F. Weyhe, J. W. Wolter und P. W. Funke, fortgesetzt von Th. Fr. L. Nees von Esenbeck. Fol. 18 Hefte und 5 Supplementhefte mit zusammen 552 col. Taf. Düsseldorf 1821—1833. Die Tafeln des Hauptwerkes sind in der dort im Inhaltsverzeichnisse gegebenen systematischen Reihenfolge eitirt. Von den genannten Pharmacopöen war bei Anlage des Werkes nur ein Theil in Aussicht genommen worden; die Reihe wurde erst später in Folge mehrfach ausgesprochener Wünsche ergänzt. Daraus allein erklärt sich der Umstand, dass die unter den Rubriken „Droge“ und „Präparate“ gegebenen Citate in der ersten Hälfte des Bandes weniger vollständig sind. Berichtigungen. S.8. 2.19 v.u. lies 1. Familie statt 2. Familie. 5.100. Z. 2 der Figurenerklärung (25) lies Querschnitt statt Querschnitte. 5.113. 2.28 v.o. lies ungeschlechtliche statt ungeschlechtlich. 171. 2.24 v.o. lies als Synonym (Hysterium nervisequium Fr.), . 208. Z.24 v.o. lies Lecothecieae statt Leothecieae. 2.32 v.o. lies Brit. ph. 78 statt 73. . 423. Z.1v.o. lies VI. Classe statt IV. Classe. 2.7 v.u. lies nähern statt nähren. INHALT. Seite BErrane. a TRalvphyia va ze 1 I. Classe. Protophyta . . . Sp A A BR ie ER: 1. Reihe. Derek Ühallige Kornan ee 4, 8 1. Oranung. Chlorophqllophyceae m... Smhl. 2. nn B Palmellaceae 8. 2. Ordnung. Oyanophyceae (Phycochromaceae) . » » 2 .2...1% Chroocoecaceae 10. Rivulariaceae 11. Sirosiphoneae 12. Scytonemaceae 12. Nostocaceae 13. Oscillariaceae 14. ereiberschlaropkyällfrei@ Kormen > Ai es 1 SE SChIzommcHtes u ER". en sent. 2 14 Bacteriaceae 14. Fe ürumung Saccharomyceres Wi N 26 Saccharomycetes 26. II. Classe. Zygosporeae . . . NE See 3 1. Reihe. Copulation durch ben datiche Zellen RE ER BeEElsophyilgaliseskormen 2 En a Ne ed Be 5. Ordnung. Zoosporeae . . N Ro a ae Pandorineae 34. Hydrodietyeae 36. Ulotrichaceae 37. Pekiropkrllfreie Kormem te... 1.0020: 0 6. Ordnung. Myxom A BR Pe ne Be TEE BERNER EEE EN 2) Exosporeae .. EEE NE ER RRGERTBENERT RESTE DR HLEIT TE 7 SERESA 41 Ceratiaceae 41. Endosporeae,:... Re lee te ED er ee 2 | Enteridieae 41: ee, 11. — Anemeae 41: Dictyosteliaceae 41. Liceaceae 41. Licaethaltaceae 41. — Heterodermeae 41: Cribra- 2 riaceae 42. Dietydiaethaliaceae 42. — Reticularieae 42: Retienlaria- ceae 42. — Amaurochaeteae 42: Stemonitaceae 42. Echinosteliaceae 42. Enerthenemaceae 42. Amaurochaetaceae 42. Brefeldiaceae 42. — Caleareae 42: Cienkowskiaceae 42. Physaraceae 43. Didymiaceae 43. Spumariaceae 43. — Calonemeae 43: Trichiaceae 43. Areyriaceae 43. Perichaenaceae 43. 2. Reihe. Copulation durch unbewegliche Zellen ..... 44 u ERlGropRullnaluee Wormen ee ne 7. Ordnung. Conjugatae . . ERIRANEEN Ai. Zygnemaceae 44. Mesocarpeae 46. SDesmidiacene 46. Bacillariaceae (Diatomaceae) 49. Eos GnlmepkyliriesBormen@ 70. en 2. 8. Ordnung. Zygomycetes . . . u 5: Mucorineae 59. Chaetocladiaceae 62. Piptocephalideae 62. Mortierelleae 65. Chytridiaceae 63. BEI ElnSsP, SOOSBaRBe nee... 65 3 Oraeae r: 2 .66 Volvocineae 66. 10. Ordwingrsmmzeropleeae". 2... 0 NE 67 Sphaeropleaceae 67. Inhalt. Seite 11: Ordramdg.;Goeloblästeae Kin. u. ve “RR u RE T./Chlorophallnaltige. Formen’ 4, .. .. = one ver en 68. Valonieae 70. Caulerpeae 70. . Codieae 71. 2. Chlorophylifreie Formen . . re a De A El! Saale 71. Peronosporeae 74. 12. Ordnung. Oedogonieae . . ES TE Ber Oedogoniaceae 79. Confervacene 82. Chaetophoraceae 83. Chroolepi- deae 84. Ulvaceae 84. ER EN EE B B ge en A sr al Se En Ran e:) Nitelleae 90. Chareae 91. 14. Ordnung. Fwucoideae . . N RE NT 1. Unterordnung. Phaeosporeae . VE ea Pac Pac BEE Ectocarpeae 95. Sphacelariaceae 96. Chordarieae 96. Dietyoteae 97. Laminarieae 97. Sporochnoideae 103. 2. Humterordnung.- Hueaceaes,, 2 anne Rt en 108 Fucaceae 103. IV. Classe. Carposporeae . . EEE UN Tel. SE ERZARE 1Te) 1. Reihe. Brio op lsetiiee Barmen he 2 he REF IEER FN NED OR UndE FODLEOChBEIEDE EHRE Me Be EN re. AO Coleochaeteae 110. 16. Ordnung. Florideae . . NER al Porphyraceae 118. Lemaneaceae 1 1 9. B\ emalieae (Batrachospermeae) 120. Ceramiaceae 121. Cryptonemeae 122. Gigartineae 122. Dumon- tieae 127. Rhodymenieae 127. : Squamarieae 123. Gelidieae 128. Sphaerocoeeideae 128. Rhodomeleae 129. Corallineae 130. DReihe.ssChlorophylireie Kormen Ari ae, ee el 17 Ordmmg= WAscomaeebes. Cr): ee ee er 12 Ünberordaung- 2 Gymnpascı a. N a ee ee ee Gymnoasei 136. 2. AUnterorinune. U Pefisporiager.. 2.0. a0 Sl Be nahe Erysiphei 159. 3. Unterordnung. Pyrenomycetes, 2.1. ale ae u 14 LE PP. Coprophileae EEE serie rot 2 od Sordarieae 151. 2: Gruppe. Suoplices; Si suhe nn a ee a er Ceratostomeae 151. Sphaerieae 152. Pleosporeae 152. Lophio- stomeae 154. Massarieae 154. 3. Gruppe. Compositi . . ar ri Cucurbitarieae 154. Valseae 154. legs ins. Diatrypeae 155. Xylarieae 155. Nectrieae 156. Dothideaceae 165. A, Dnterordnune.: ; ‚Disgomyestes...ir:.,....0:.8. Sm sahen we ebd Stietideae 170. Phacidiaceae 170. Patellariaceae 171. Bulgariaceae 172., Pezizeae 172. Helvellaceae 174. Helinterordnung. \:Lichenes® Y2,.., 2 2m 7 Be RE TH l-aferuppe. TDichenes Dyssafei. 2. 4.4. ..2 00, Arne ne re 20 Byssacei 209. 2. Gruppe. Lichenes gelatinosi (Collemaceae) . . . . . . .210 Lichinaceae 210. Obryzeae 210. Porocypheae 210. Psorotichieae 210. Omphalarieae 210. Collemaceae 211. Leptogieae 211. Leco- thecieae 211. Saenanne sTichenes Anmidcarpi. 1... nt ve A lt Pertusarieae 211. Verrucarieae 212. Dacampieae 213. Endocar- peae 213. Sphaerophoreae 213. 4. Gruppe. Lichenes gymnocarpi . . : 213 Graphideae 213. Calycieae 214. Baeomyeeae 215. Leeideae 915. Tees. noreae 216. Umbilicarieae 218. Parmeliaceae 219. Peltideaceae 220. Ramalineae 220. Usneaceae 225. Roccelleae 227. Cladoniaceae 227. 6. Unterordnungeknberacer er u. ee ee 228 Tuberacei 228. TH r Inhalt. 18. Ordnung. Basidiomycetes . 1. Unterordnung. Aecidiomycetes 2 RT Uredineae 236. — Ustilagineae 246. Entomophthoreae 256. 2. Unterordnung. Tremellini Tremellini 259. 3. Unterordnung. Gasteromycetes Lycoperdacei 265. Hymenogastrei 267. Selerodermei 268. Pisocarpiacei 269. Podaxinei 270. Geastridei 270, Batarrei 271. Phalloidei 273. Clathrei 275. Nidulariei 275. Carpoboli 278. 4. Unterordnung. Hymenomycetes Een Te SP Clavariei 333. Telephorei (Auricularini) 336. Hydnei 339. Polyporei 341. Agarieini 353. Fossile Thallophyten Gruppe. Muscineae V. Classe. Hepaticae 19. Ordnung. KRicciaceae Riccieae 378. 20. Ordnung. Anthoceroteae Anthoceroteae 383. 21. Ordnung. Marchantiaceae Targionieae 386. Marchantieae ee 386. Lunularieae 395. 22. Ordnung. Jungermanniaceae 1. Jungermanniaceae anakrogynae } Metzgerieae 413. Aneureae 413. Anne 413. ee 414. Codeniene 414. Haplomitrieae 415. 2. Jungermanniaceae akrogynae Jubuleae 415. Platyphylleae 416. Ptilidieae 416. ee: (richoma- noideae) 417. Geocalyceae 417. Jungermannieae 418. Gymnomitrieae 42 VI. Classe. Musei (Musci frondosi) 23. Ordnung. . Schizocarpae Andreaeaceae 423. 24. Ordnung. Sphagna Sphagnaceae 429. 25. Ordnung. Oleistocarpae (Phascoideae) DEN RAR 5 Ephemereae 440. Physcomitrelleae 440. Ephemerelleae 440. Phasceae 441. Voitieae 441. Archidiaceae 441. Pleuridieae 442. Bruchieae 442. 26. Ordnung. Stegocarpae (Bryinae) 1. Musei acrocarpi 1. Unterordnung. Weisiaceae. Weisieae 463. Dicraneae 464. 2. Unterordnung. Leucobryaceae Leucobryaceae 466. 3. Unterordnung. Fissidentaceae Fissidenteae 466. 4. Unterordnung. Seligeriaceae Se Seligerieae 467. Blindieae 467. Brachydonteae 467. 5. Unterordnung. Distichiaceae u 3, Distichieae 467. 6. Unterordnung. Pottiaceae Pottieae 467. Trichostomeae 468. 7. Unterordnung. Grimmiaceae Ba 0.5 Cinelidoteae 470. Grimmieae 471. Hedwigiaceae 472. Ptychomitrieae 472. Zygodonteae 473. Orthotricheae 473. Encalypteae 474. 8. Unterordnung. Tetraphidaceae . 02) EEE Tetraphideae (Georgiaceae) 475. 9. Unterordnung. Schistostegaceae . Schistostegeae 475. XI Inhalt. 10. Unterordnung. Splachnaceae Taylorieae 476. Splachneae 476. 11. Unterordnung. Funariaceae . Discelieae 477. Physcomitrieae 477. 12. Unterordnung. Bryaceae. . Pleurobryeae 478. Bryeae 478. Meeseeae 481. Aulacomnieae 482. Bartramieae 483. Timmieae 483. 13. Unterordnung. Polytrichaceae Polytricheae 484. 14. Unterordnung. Buxbaumiaceae Buxbaumieae 485. 2. Musei pleurocarpi 15. Unterordnung. Fontinalaceae Fontinaleae 486. Dichelymeae 486. 16. Unterordnung. Neckeraceae 2 RTERE Cryphaeae 487. Neckereae 487. Leucodonteae 487. 17. Unterordnung. Hookeriaceae Hookerieae 488. 15. Unterordnung. Fabroniaceae Fabronieae 488. 19. Unterordnung. Leskeaceae ERTL ER Leskeeae 489. Pseudoleskeae 490. Thuidieae 490. 20. Unterordnung. Hypnaceae Pterigynandreae 491. Orthotheeieae 491. Camptothecieae 492. thecieae 493. Hypneae 494. Fossile Museineen III. Gruppe. Cryptogamae vasculares . VII. Classe. Filieinae a fr NE Isospore Filicineen 7. Ordnung. Filices . Brachy- Hymenophyllaccae 553. ers 555. Polypodiaceae 557. Gleiche- niaceae 569. Schizaeaceae 570. Osmundaceae 571.. — Fossile Farne 573 28. Ordnung. Marattiaceae en ee Re: Dun Angjopteridieae 5832. Marattieae 582. Danaeaceae 583. — Fossile Marattiaceen 583. 29. Ordnung. Ophioglossaceae Ophioglosseae 584. 2. Reihe. Heterospore Filicineen 30. Ordnung. Rhizocarpeae B Salviniaceae 591. Marsiliaceae 599. VIII. Classe. Equisetinae 31. Ordnung. Egquisetaceae Equisetaeeae 610. Fossile Equisetineen IX. Classe. Lycopodinae A 1. Reihe. Isospore Lycopodineen 32. Ordnung. Lycopodiaceae Lycopodiaceae 625. 2. Reihe. Heterospore Lycopodineen 33. Ordnung. Isoetaceae Isoötaceae 639. 4. Ordnung. Selaginelleae Selaginelleae 646. Fossile Lyeopodineen Ve I. Abtheilung. Uryptogamae. Kryptogamen. Blüthenlose oder verborgenehige Pflanzen. Die Fortpflanzung der Kryptogamen geschieht durch Sporen (sporae), d. h. durch meist mikroskopisch kleine, einzellige, seltener aus mehreren Zellen zusammengesetzte Organe, denen jede Anlage zu einem Keimling oder Embryo mit Keimblättern oder Cotyledonen fehlt. Der Hauptinhalt der Spore ist vielmehr dasselbe‘ Protoplasma, welches auch den Hauptbestand- theil anderer Pflanzenzellen ‚bildet. Ihre Keimung erfolgt in Folge dessen in einer von der Keimung der Phanerogamen-Samen vollständig abweichenden Weise, ihre Entstehung durch verschiedene Arten der Zellenbildung im Inneren anderer Zellen oder kapselartiger Organe, oder durch Abschnürung (Sprossung) an eigenthümlich gestalteten Zellen an der Oberfläche oder in Höhlungen von Fruchtkörpern. Alle diese Verhältnisse sind ähnlich, wie die äussere und innere Organisation der Kryptogamen so mannigfachen Modi- fiecationen unterworfen, dass ihre Darstellung am besten sofort an die Be- - trachtung der Hauptgruppen geknüpft wird. (8 fi ut 7 I. Gruppe. Thallophyta. Lagerpflanzen oder Laubpflanzen. Mit dem Namen der Laub- oder Lagerpflanzen werden alle Pflanzen bezeichnet, welche keine derartige Differenzirung in Wurzel, Stamm und Blatt erkennen lassen, wie sie bei den Blüthenpflanzen, den Gefässkrypto- gamen und Moosen stattfindet. Ihr gesammter Körper wird als Lager, Laub, Thallus oder Thallom bezeichnet. Die früheren grossen Classen der Algen, Pilze und Flechten bilden diese Gruppe. Wie in ihrer äusseren Gestalt, so zeigen die Thallophyten auch in ihrem inneren Baue eine grosse Mannigfaltigkeit. Auf der niedersten Stufe pflanzlicher Organisation fällt der Begriff der Pflanze mit dem Begriffe der einzelnen Zelle zusammen: die einzelne, frei lebende Zelle ist das vollständige Individuum; in der einzelnen Zelle voll- ziehen sich alle Vorgänge der Ernährung, des Wachsthums und der Ver- Luerssen, Medicin.-pharm, Botanik. 1 LIBRA N EW Y BOTAN) GARD: 2 Thallophyta. # mehrung, die sich bei schon etwas höher stehenden Kryptogamen an ver- schiedene Zellen, bei den meisten Pflanzen an verschiedene Gewebe oder bestimmte Organe des Körpers knüpfen. In vielen Fällen trennen sich die durch die Vermehrung der einzelnen Zelle entstandenen neuen Individuen sofort oder nach kurzer Zeit von ein- ander, um isolirt weiter zu leben. In gewissen Fällen bleiben sie jedoch mit einander in Verbindung, um Familien oder Colonien zu bilden. Findet die Vermehrung der einzelligen Pflanze einfach durch Theilung der Zelle statt, so hängt die Form der Familie davon ab, nach welchen Ge- setzen die Zelltheilung erfolgt. Sie bildet einen Zellenfaden, wenn alle Theilungen nur in einer Richtung, in der Richtung der Linie stattfinden. Eine Zellenfläche oder Scheibe entsteht, wenn die Theilungen in den beiden Richtungen der Fläche mit einander wechseln, ein Zellenkörper dagegen, wenn sie nach allen Richtungen des Raumes erfolgen. Auch in den Fällen, in welchen die Fortpflanzung an die Entstehung von Schwärmzellen oder Schwärmsporen (siehe pag. 5) geknüpft ist, können Familien dadurch gebildet werden, dass sich die Schwärmsporen entweder schon innerhalb ihrer Mutterzelle oder erst ausserhalb derselben in be- stimmter Weise gruppiren und unter einander verwachsen. Ja bei manchen hierher gehörenden Pflanzen sind die Individuen einer Familie sogar wäh- rend der Hauptzeit ihres Lebens stetig Schwärmzellen, deren die Bewegung vermittelnde Wimpern zur gemeinsamen Hülle der Colonie herausragen, wie bei den Pandorineen etc. Bei den bisher ins Auge gefassten Formen erfolgt das Wachsthum der Zelle allseitig symmetrisch zum Centrum derselben; die Zelle vergrössert sich niemals durch Spitzenwachsthum. Allein schon unter den einzelligen Thallophyten zeichnen sich die Schlauchalgen oder Siphoneen durch eine andere Wachsthumsweise aus. Bei ihnen vergrössert sich die Zelle vor- wiegend nur nach einer oder nach zwei entgegengesetzten Richtungen durch Spitzenwachsthum. Ihr eines Ende nimmt meistens wurzelartige Form an und befestigt die Pflanze in der Erde, während das andere Ende frei emporwächst, verschiedene Gestalt zeigt und bei Arten der Gattung Caulerpa sogar kriechende, beblätterte Stengel höherer Pflanzen nachahmt. Treten in solchen durch Spitzenwachsthum charakterisirten Formen Zelltheilungen in der aus der Spore oder Schwärmzelle heranwachsenden jungen Pflanze auf, welche dieselbe vielzellig machen, so ist dadurch ein weiterer Schritt zur grössten Mannigfaltigkeit der Formen gegeben. An der fortwachsenden Spitze der gewöhnlich mit ihrem unteren Ende dem Substrate aufsitzenden Pflanze gliedert sich durch Querwand eine Zelle als Scheitelzelle ab, die sich fort und fort durch weitere Querwände theilt und so stets eine neue Scheitelzelle und eine Gliederzelle erzeugt, wobei sich die Pflanze allmählich zum Faden verlängert, die Gliederzellen sich entweder nicht weiter theilen oder nur durch eine den Theilungen in der Scheitelzelle entsprechende Quertheilung sich vermehren. Treibt dabei eine Gliederzelle eine seitliche Ausstülpung, die in gleicher Weise wie der Haupt- faden fortwächst, so entsteht aus dem einfachen Zellenfaden ein ver- zweigter. Eine weitere Modification in Wachsthum und Gestalt tritt ein, wenn in den von der Scheitelzelle abgeschnittenen Gliederzellen zu den Quer- Thallophyta. 3 theilungen auch Theilungen parallel der Längsachse stattfinden und der Zellenfaden zur Zellenfläche oder zum Zellenkörper wird. Dann sind je nach der Massigkeit der Pflanze, nach der Art und Häufigkeit der Ver- zweigung und der Form, welche die Seitenzweige annehmen, sowie nach dem Umstande, ob das Spitzenwachsthum der letzteren unbegrenzt fortdauert oder bald erlischt u.'s. w., die Bedingungen zu einer fast endlosen Reihe von Formen gegeben, die in den Ordnungen der Florideen und Fucoideen ihren Höhenpunkt erreichen, und hier‘ sogar häufig eine Gliederung des Thallus veranlassen, auf welche die Begriffe von Stamm und Blatt in dem bei den höheren Pflanzen gebrauchten Sinne fast eben so gut anwendbar wären. Mit dieser Gliederung geht dann gewöhnlich eine weitere Differenzirung der Zellen zu einfacheren Gewebeformen Hand in Hand. Eine Sonderung derselben in Haut-, Grund- und Leitbündelgewebe, wie sie bei den Blüthen- pflanzen und Gefässkryptogamen uns entgegentritt, fehlt jedoch immer. Dasselbe ist auch bei denjenigen Pilzen der Fall, bei welchen das Wachs- thum des Thallus nicht durch eine einzelne Scheitelzelle erfolgt, sondern durch zahlreiche dicht neben einander liegende und neben einander fort- wachsende schlauchförmige, durch Spitzenwachsthum sich verlängernde und verzweigende Zellen, deren Verästelungen sich zu einem verschieden gestal- teten Körper verflechten, wie wir dies z. B. bei der Bildung der Frucht- körper unserer bekannten Hutpilze sehen. Die Lagerpflanzen wurden früher (und häufig auch jetzt noch) in die Classen der Algen, Pilze und Flechten getrennt, eine Eintheilung, die jedoch in neuerer Zeit auf Grundlage ausgedehnter Untersuchungen, namentlich über die Fortpflanzung, als unhaltbar von vielen Forschern aufgezeben worden ist. Ueberblicken wir die gewöhnlich. als Unterscheidungsmerkmale der ge- nannten Pflanzen angegebenen Charaktere, so bleibt uns von allen .diesen nur Folgendes. Für die Existenz der Pflanze ist das Chlorophyll dadurch von grösster Bedeutung, dass dieses allein im Stande ist, durch Zerlegung der Kohlen- säure -der Luft in ihre beiden Grundstoffe Kohlenstoff und Sauerstoff den für die Ernährung durchaus nothwendigen Kohlenstoff zu schaffen, der unter gleichzeitiger Gewinnung des Wasserstoffes: durch Zersetzung des in die chlorophyllhaltigen Zellen tretenden Wassers zur Bildung organischer Ver- bindungen, in erster Linie von Kohlehydraten (Stärke, Zucker u. s. w.) ver- wendet wird. Organe, deren Zellen kein Chlorophyll enthalten, vermögen diesen als Assimilation bezeichneten Vorgang der Zerlegung der Kohlensäure und des Wassers. nicht auszuführen; ebenso sind chlorophylifreie ganze Pflanzen nicht im Stande zu assimiliren. Berücksichtigen wir vor der Hand nur die Algen und Pilze, so finden wir bei den ersteren Chlorophyll als wesentlichen Zelleninhalt. Freilich er- scheint uns nur eine verhältnissmässig geringe Zahl von Algen rein chloro- phyligrün; andere treten in blaugrüner, rother, violetter oder brauner Fär- bung in verschiedener Nüancirung auf. Allein in den letzteren Fällen wird das Chlorophyll nur durch einen in grosser Menge neben demselben in der Zelle vorkommenden Farbstoff verdeckt, bei den Florideen durch das rothe Phycoerythrin, bei den Cyanophyceen durch das Phycocyan u. s. w. Werden diese Farbstoffe durch Mittel entfernt, welche nicht gleichzeitig auch den 1*# 4 Thallophyta. Chlorophyllfarbstoff zerstören, so erscheint letzterer in seiner normalen Be- schaffenheit. Daher vermögen auch nicht grün gefärbte Algen zu as- similiren, und niemals sind Algen Parasiten oder Saprophyten. Sitzen kleinere, namentlich viele einzellige Algen anderen Pflanzen, selbst grösseren Algen, auf, so geschieht dies niemals zum Zwecke der Aufnahme von Nähr- stoffen aus diesen Pflanzen, sondern letztere sind nur ein Stützpunkt für die angeheftete Art, welche eben so gut dazu einen Stein, den Kalkpanzer eines Thieres etc. wählen könnte. = Ganz andere Ernährungsverhältnisse finden wir bei den Pilzen. Kein einziger Pilz besitzt Chlorophyll. In dem Körper eines Pilzes, beziehentlich in seinen Zellen, kann daher auch nie der oben kurz charakterisirte Prozess der Assimilation stattfinden, sondern jeder Pilz muss seinen nothwendigen Bedarf an kohlenstoffhaltiger Nahrung aus schon vorbereiteter organischer Substanz beziehen. Jeder Pilz ist entweder Parasit oder Schma- rotzer, d. h. er bewohnt einen lebenden Organismus (gewöhnlich lebende Pflanzen); oder er ist ein Saprophyt oder Fäulnissbewoh- ner, der sich auf in Verwesung begriffenen Substanzen ansiedelt. Die Pilze vegetiren auf der Oberfläche oder im Inneren ihres Sub- strates mit einem Mycelium. Dieses ist in selteneren Fällen eine schlauch- . förmige, reich verzweigte einzelne Zelle. Meistens besteht es aus vielfach verzweigten Zellenreihen, oder bei höheren Formen auch wohl aus bind- fadenartigen oder plattenförmigen, verzweigten Strängen, die aus zahlreichen solchen Zellenreihen zusammengesetzt sind. Im allen normalen Fällen geht das Mycelium aus den keimenden Fortpflanzungsorganen hervor. Wo es in den Intercellularräumen oder auf der Oberfläche einer Nährpflanze wuchert, werden gewöhnlich besondere, als Haustorien oder Saugwarzen bezeichnete Aeste von demselben in die Zellen gesendet, um aus diesen die Nährstoffe aufzunehmen. In andern Fällen werden die Zellen selbst von dem Mycelium durchwachsen und dadurch zerstört. Im Vergleich mit den .Algen und Pilzen zeichnen sich nun die Flechten dadurch aus, dass sie in gewissen als Gonidien bezeichneten Zellen ihres Thallus Chlorophyll besitzen, während andere Elemente des- selben chlorophylllos sind. Gegenüber der alten Annahme, welche die Flechten als selbständige, den Algen und Pilzen gleichwerthige Reihe von Pflanzen betrachtete, hat sich in neuerer Zeit auf Grund zahlreicher Unter- suchungen (siehe den Abschnitt über die Flechten) mehr und mehr die An- schauung Bahn gebrochen, dass die Flechten auf Algen schmarotzende Pilze sind, wobei die chlorophyllhaltigen Algen die sogenannten Gonidien, der parasitische Pilz die chlorophyllfreien Elemente des als Flechte bezeichneten Thallus bilden. Müssen demnach die Flechten als solche aus der Reihe der selbstän- digen Pflanzengruppen gestrichen und den Pilzen eingereiht werden, so bleiben in der Abtheilung der Thallophyten nur noch die Algen und Pilze übrig. Diese aber auf das einzige vorhandene Merkmal hin (Chlorophyll bei den Algen, Chlorophylimangel bei den Pilzen) getrennt zu halten, ist um so weniger gerechtfertigt, als ja auch bei den Phanerogamen die chloro- phylifreien Schmarotzer (Orobanche, Cuscuta etc.) oder die nur Spuren von Chlorophyll enthaltenden Humusbewohner (Corallorrhiza) nicht als besondere Classe von den übrigen Blüthenpflanzen geschieden werden. Wie man hier a Thallophyta. 5 vielmehr nach der Verwandtschaft in der Blüthe und Frucht, also in den Fortpflanzungsorganen, die betreffenden Formen den entsprechenden Fami- lien einreiht, so soll auch in der Reihe der Lagerpflanzen die Art der Fortpflanzung (neben anderen Merkmalen) als wichtig für die Classification in den Vordergrund treten. Allein hier stossen wir zur Zeit noch auf ge- waltige Hindernisse, die ein einigermaassen vollständiges, auf natürlicher Verwandtschaft beruhendes System fast unmöglich machen. Von der Mehr- zahl der Formen, ja von ganzen grossen Familien und Ordnungen der Thallophyten, ist die Entwickelungsgeschichte noch völlig unbekannt; oder wir wissen so wenig aus derselben, dass kaum annähernd der Platz be- stimmt werden kann, den sie in der Reihe pflanzlicher Organismen ein- nehmen. Es geht ja. mit vielen Phanerogamen-Familien auch nicht besser. Ueberblicken wir die verschiedenartigen bis jetzt bekannten Verhält- nisse in der Fortpflanzung der Thallophyten und die auf dieselben gestützten neueren Versuche einer Classification dieser Gruppe, so ergeben sich als vorläufig zu erwähnende Hauptpunkte folgende. Bei den niedersten Formen fällt die ungeschlechtliche Fort- pflanzung als oft einzige Fortpflanzungsweise mit der Zelltheilung zu- sammen (viele Palmellaceen). Bei einer grossen Anzahl von Algen (Pando- rineae, Confervaceae etc.), seltener bei Pilzen (Saprolegniaceae etc.), wird. sie ferner durch Schwärmzellen -(Schwärmsporen oder Zoosporen) ver- mittelt, welche einzeln oder zu mehreren oder vielen aus dem Protoplasma einer vegetativen Zelle entstehen und durch eine in der Zellwand sich bil- dende Oeffnung ausschwärmen. Die Schwärmzellen sind Primordialzellen oder nackte Zellen, d. h. sie entbehren der Zellhaut. Ihr meist birnförmiger oder kugeliger Körper besteht nur aus Protoplasma; bei den Pilzen ist das- selbe farblos, bei den Algen von Chlorophyll grün gefärbt, doch so, dass ein grösserer oder kleinerer Theil auch hier farblos bleibt (vel. Fig. 5, b und e). An dieser farblosen, bei der Bewegung voranschreitenden, daher als Vorderende bezeichneten Stelle, oder an der Grenze derselben sitzen die die Bewegung vermittelnden Wimpern oder Cilien, feine Protoplasma- fäden, die sich in Folge eigenthümlicher sehr rasch erfolgender Ortsver- änderungen der kleinsten sie zusammensetzenden Plasmatheilchen in kurzen Zeiträumen wiederholt schraubenförmig verkürzen und wieder strecken und durch die dadurch hervorgerufene Schwingung der Wimpern den gleichzeitig um seine Achse rotirenden Körper der Schwärmzelle im Wasser vorwärts gleiten lassen. Die Zahl der schwingenden Cilien ist verschieden. Die meisten Schwärmzellen besitzen zwei Wimpern, die dann auf dem Scheitel des Vorderendes stehen (Fig. 5, 5 und e) oder rückwärts von diesem auf einer Seite angeheftet sind, so dass in letzterem Falle eine Wimper nach vorne, die zweite nach hinten gerichtet ist (Fig. 19, d). Eine einzige Wim- per besitzt Euglena; vier Cilien haben die grossen Schwärmer von Ulothrix (Fig. 7, 5), einen ganzen Kranz von Wimpern diejenigen von Oedogonium (Fig. 21, f), während bei Vaucheria eine Unzahl kurzer Wimpern die ganze Oberfläche der Schwärmspore wie mit “einem Pelze bedeckt. Eine andere Eigenthümlichkeit vieler Schwärmzellen der Algen ist das Auftreten eines rothen Pigmentfleckes am farblosen Vorderende, sowie das Vorhandensein von einer oder zwei sogenannten contractilen oder pulsirenden Vacuolen. Letztere sind kleine kugelige, mit Zellsaft erfüllte Hohlräume im Proto- 6 Thallophyta. plasma, die als helle Flecke erscheinen und mit grosser Regelmässigkeit ab- wechselnd verschwinden und wieder auftauchen. Veranlasst wird diese Er- scheinung dadurch, dass das umgebende Protoplasma die Vacuolenflüssigkeit bald aufnimmt, bald wieder ausscheidet. Die Zeit der Bewegung der Schwärmzelle ist in der Regel eine ver- hältnissmässig kurze. Die zur Ruhe kommende Schwärmspore verliert ‚ihre Wimpern, umhüllt sich mit einer festen Zellmembran und keimt darauf zur neuen Pflanze aus. Organe ungeschlechtlicher Fortpflanzung sind ferner die stets unbeweg- lichen Brutzellen, welche bei Algen seltener (Florideae), sehr häufig da- gegen bei Pilzen vorkommen und bei den letzteren fast durchgängig als Conidien bezeichnet werden. Letztere entstehen in der Regel durch Sprossung und Abschnürung an der Spitze von manchmal eigenthümlich ge- stalteten Myceliumästen, den Conidienträgern (Fig. 19, « und %) und wach- sen nach kurzer Zeit zu einem neuen Mycelium und damit zu €iner neuen Pflanze aus oder erzeugen in selteneren Fällen aus ihrem Plasmainhalte Schwärmzellen (Fig. 19, ec). Weit mannigfaltiger gestaltet sich bei den Thallophyten der Vorgang der geschlechtlichen Fortpflanzung, und auf ihn stützt sich auch im : Wesentlichen die namentlich von Sachs! begründete Eintheilung derselben in vier grosse Classen. Wie in anderen Gruppen, so ist aber auch hier das System noch ein sehr unvollkommenes, in manchen Punkten immer noch künstliches. Einerseits ist, wie bereits hervorgehoben wurde, die Entwicke- lungsgeschichte so vieler Formen zur Zeit gänzlich unbekannt, so dass viele Familien ihre Stellung vor der Hand nur annäherungsweise erhalten können. Auf der anderen Seite stossen wir manchmal auf gewissermaassen aus zwei Typen combinirte Befruchtungsvorgänge, welche die Gliederung der Thallo- phyten in grössere Abtheilungen erschweren. Es soll daher hier auch nicht der Versuch gewagt werden, eine neue Anordnung der Lagerpflanzen be- gründen zu wollen, vielmehr das System von Sachs mit geringen Aende- rungen als Grundlage für die Betrachtung der Familien der Thallophyten dienen. Eine kurze vorläufige Uebersicht mag die Charakteristik der vier Classen folgendermaassen geben. I. Classe. Protophyta. Geschlechtsorgane sind nicht vorhanden. Il. Classe. Zygosporeae. Die geschlechtliche Fortpflanzung geschieht durch Copulation (Conjugation) meist zweier (nur bei den Schleimpilzen zahlreicher) beweglicher oder unbeweglicher Geschlechtszellen von gleich- artiger Beschaffenheit. Das Product dieser geschlechtlichen Vereinigung ist die Zygospore, welche nach längerer Ruhe entweder Brutzellen oder Schwärmzellen entwickelt, oder direct zur neuen Pflanze auswächst. Bei den Schleimpilzen wird durch die Conjugation das Plasmodium und aus diesem der Fruchtkörper mit den Sporen erzeugt. | Il. Classe. Oosporeae Die beiden auch äusserlich wesentlich verschieden gestalteten Geschlechtszellen werden als Oogonium (weiblich) und Antheridium (männlich) bezeichnet. In dem Oogonium "entstehen eine ’ Lehrbuch der Botanik, IV. Aufl, $S. 238 und folgende, Protophyta. 7 oder mehrere Eizellen, welche von den im Antheridium entwickelten, frei beweglichen Spermatozoiden oder dadurch befruchtet werden, dass ein Fort- satz des Antheridiums in das Oogonium hineinwächst und hier entweder sich der Eizelle nur anlegt oder seinen befruchtenden Protoplasmainhalt zwischen die Eizellen entleert. Das befruchtete Ei umhüllt sich mit einer Membran und erzeugt (gewöhnlich nach längerer Ruheperiode) entweder Schwärmzellen oder direct eine neue Pflanze. IV. Classe. Carposporeae. Durch die Wechselwirkung der beiden ungleichen ° Geschlechtsorgane entsteht aus dem weiblichen derselben ein mehr oder minder vollkommen ausgebildeter Fruchtkörper (Sporenfrucht — Sporocarpium), in dem oder an welchem erst die Sporen erzeugt werden. Bei der Mehrzahl der Thallophyten ist endlich ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Generationswechsel! vorhanden, der darin besteht, dass Pflanzen mit Geschlechtsorganen (sexuelle Generationen) und solche ohne dieselben (asexuelle oder neutrale Generationen) im Entwickelungs- gange mit einander abwechseln. Da dieser Generationswechsel bei den ver- schiedenen Ordnungen und Familien in verschiedener Weise auftritt, so muss hier auf die specielle Darstellung verwiesen werden. | I. Classe. Protophyta. Thallophyten von sehr einfachem Baue bilden diese Classe. Die niedersten Formen sind einzeln frei lebende Zellen, welche sich durch Theilung vermehren und bei denen die beiden aus der Mutterzelle entstandenen Tochterzellen sich gewöhnlich sehr bald von einander trennen. Bei den vollkommeneren bleiben die Tochterzellen verschiedener Generationen nach der Theilung vereinigt und bilden je nach den auftretenden Theilungsrichtungen Familien in Gestalt von Zellenfäden, von Scheiben oder auch Zellenkörpern, in denen entweder alle Zellen gleich- werthig sind, oder in denen einzelne Zellen von anderer Beschaffenheit als soge- nannte Grenzzellen eingestreut liegen. Ein Spitzenwachsthum ist niemals vor- handen; die Vergrösserung der Zellen findet nach allen Richtungen hin symmetrisch zum Öentrum statt. Die Zellhaut ist sehr häufig gallertartig weich und geschichtet, oft sogar zu einer structurlosen Gallerte aufgequollen, der die Zellen einer Familie eingebettet liegen. Der Zelleninhalt ist farbloses oder grün oder blaugrün ge- färbtes Protoplasma, oft ohne Zellkern. Die Vermehrung findet meistens durch Theilung der Zellen, seltener ausserdem durch Bildung von Schwärmzellen oder unbeweglichen Brutzellen ‚oder bei den höchstorganisirten Formen noch durch Entwickelung sporenartiger Zellen statt. Eine geschlechtliche Fortpflanzung ist unbekannt. Die Protophyten leben im Wasser oder an feuchten Orten, einige auch pseudo- parasitisch in verschiedenen Pflanzen. Die chlorophylifreien Formen kommen auf der Oberfläche organischer Körper oder in Flüssigkeiten vor, welche organische Verbindungen gelöst enthalten, deren Zersetzung sie veranlassen. Die hier zu er- wähnenden Familien lassen sich etwa folgendermaassen zusammenstellen. I. Chlorophyllihaltige Formen (Algen). A. Protoplasma durch reines Chlorophyll grün gefärbt: Chlorophyllophyceae. Einzige Familie: Palmellaceae. B. Protoplasma durch das Zusammenvorkommen von reinem Chlorophyll und Phycocyan blaugrün gefärbt: Cyanophyceae. ' Pringsheim, Ueber Sprossung der Moosfrüchte und den Generationswechsel der Thallophyten. Dessen Jahrbücher für wissensch. Botanik XI. pag. 1—46, g Protophyta. Palmellaceae. 1. Zellen nach zwei oder drei Richtungen, oder auch nach einer Rich- tung sich theilend, im letzteren Falle aber sich verschiebend und so stets verschieden gestaltete flächen- oder körperförmige Familien, nie Fäden bildend: Chroococcaceae. 2. Zellen nur nach einer Richtung sich theilend, zu Fäden aneinander gereiht. a. Fäden am unteren Ende mit einer kugeligen, farblosen Grenzzelle, am oberen Ende lang peitschenförmig zugespizt: Rivulariaceae. b. Grenzzellen meistens interstitiell in den Fäden und letztere gleich- mässig stark und nicht zugespitzt. * Fäden aus cylindrischen oder scheibenförmigen Zellen zu- sammengesetzt, daher cylindrisch. + Fäden mit echter Astbildung: Sirosiphoneae. ++ Fäden ohne Astbildung oder mit falschen dadurch ent- standenen Aesten, dass die wachsenden Fadenstücke an den Grenzzellen sich seitlich an einander vorbeischieben: Sceytonemaceae. *# Fäden aus rundlichen Zellen gebildet, daher perlschnurförmig, stets ohne Aeste: Nostocaceae. c. Fäden ohne Grenzzellen und ohne Aeste, aus scheibenförmigen Zellen gebildet: Oscillariaceae. II. Chlorophyllifreie Formen (Pilze). A. Vermehrung durch gewöhnliche Zelltheilung: Schizomyceetes. Familie: Bacteriaceae. B. Vermehrung durch Sprossung und Brutzellen: Saecharomycetes. Familie: Saecharomycetes. I. Reihe. Chlorophyllhaltige Formen (Algen). 1. Ordnung. Chlorophyllophyceae. Das Protoplasma ist durch Chlorophyll rein grün gefärbt. 32. Familie. Palmellaceae.! Einzellige, mikroskopisch kleine Algen, deren frei lebende oder zu ver- schieden gestalteten, gallertartigen Familien vereinigte Zellen verschiedene Form zeigen, aber nie durch eine Einschnürung in zwei symmetrische Hälften geschieden sind, wie die äusserlich oft ähnlichen Desmidiaceen. Bei einigen Formen ist das Chlorophyll durch einen rothen Farbstoff oder durch ein roth gefärbtes Oel ver- deckt. Ein Zellkern ist vorhanden. Die Familie ist über die ganze Erde verbreitet. Ihre Mitglieder leben meistens in stehenden süssen Gewässern, sind aber oft auch Luftalgen, die an Mauern, Baumstämmen und feuchten Felsen oder auf der Erde gallert- oder krusten- artige Ueberzüge bilden. 1. Palmella Lyngb. Zellen kugelig, nach allen Richtungen des Raumes sich theilend, grün oder orangefarben, in einer structurlosen Gallerte zu mehr- schichtigen, lagerartigen Familien vereinigt. — P. uvaeformis Ktz. Familien traubenartige Polster an im Wasser untergetauchten Gegenständen bildend.. — P. miniata Leibl. Zellen durch ein in ihnen enthaltenes orangegelbes Oel ge- färbt; auf feuchter Erde und an nassen Felsen ziegelrothe, formlose Gallertlager bildend. ’ Nägeli, Gattungen,einzelliger Algen. Zürich 1849, Palmellaceae; i 9 2. Pleurococcus Menegh. Zellen kugelig, oder durch gegenseitigen Druck polyedrisch, sich nach allen Richtungen des Raumes theilend, mit dünnen Mem- branen, nicht in Gallertlager eingebettet, einzeln, oder zu 2—32 in kleinen kuge- lisen oder würfelförmigen Familien, in denen die freien Aussenflächen der Zellen dann Kugelabschnitte sind. Im Wasser oder an der Luft lebend und grüne oder rothe Ueberzüge bildend. — P. vulgaris Menegh. (Fig. 1, «—d in verschiedenen Zuständen der Theilung.) An Mauern, alten Bretterwänden, auf Baumrinden u. s. w. grüne, staubige oder krustenartige Ueberzüge bildend; sehr gemein. — P. minia- tus Näg. Zellinhalt durch orangerothes Oel gefärbt. In Gewächshäusern an Wänden. — Grün gefärbte Zellen, welche früher hierher gerechnet wurden, sind die Ruhezustände der zu den Volvocineen gehörenden Gattung Chlamydomonas. 3. Cystococcus Näg. Zellen kugelig, mit dünner Membran, einzeln oder zu kleinen Familien vereinigt, ihr Inhalt durch wiederholte Zweitheilung in Schwärm- sporen zerfallend. — C. humicola Näg. Grüne Ueberzüge auf feuchter Erde, Baumrinde, feuchten Steinen u. s. w. bildend; sehr gemein. 4. Characium Al. Br. Zellen keulig, birnförmig oder spindelförmig, gerade oder gekrümmt, am oberen Ende stumpf oder zugespitzt, mit der stielartig ver- längerten Basis Wasserpflanzen oder grösseren Algen aufsitzend, ihr Protoplasma durch wiederholte Zweitheilung in eine grössere Anzahl Schwärmsporen mit 2 Wim- pern zerfallend, die durch eine in der Wand der Mutterzelle sich bildende Oeft- nung entleert werden. Nach längerem Schwärmen setzen sie sich mit dem farb- losen Vorderende fest, umhüllen sich mit einer Membran und wachsen zur neuen Pflanze heran. 5. Hydrocytium Al. Br. Wie Characium, aber die Schwärmsporenbildung simultan. An Steinen und Pflanzen im Wasser. 6. Scenedesmus Meyen. Zellen eiförmig oder elliptisch, gerade oder ge- krümmt, an einem oder an beiden Enden stachelspitzig, zu 2—16 in eine einfache Reihe oder zwei alternirende Reihen geordnet. Schwärmsporen durch wiederholte Zweitheilung des Plasmas entstehend, bereits in der Mutterzelle sich zur neuen Familie ordnend. In stehendem Wasser sehr gemein. — 8. obtusus Meyen. Zellen eiförmig, abgestumpft. — S. acutus Meyen. Zellen elliptisch, spitz. — S. quadricauda Dbreb. Zellen ei- oder walzenförmig, die Endzellen mit geradem oder gekrümmtem Stachel. 7. Gloeoeystis Näg. Zellen kugelig oder länglich, mit dicken, gallert- artigen Membranen, sich nach allen drei Richtungen des Raumes theilend, einzeln oder zu kleinen kugelisen Familien verbunden, die aus wiederholt in einander geschachtelten, geschichteten Gallertblasen gebildet sind, ähnlich der Gattung Gloeocapsa unter den Chroococcaceen (vgl. Fig. 1, e—h). Durch wiederholte Zwei- theilung des Inhaltes bilden sich zuletzt mit 2 Wimpern versehene birnförmige Schwärmzellen, welche, wenn sie zur Ruhe kommen, sich kugelig abrunden und mit einer Membran umhüllen. Letztere verdickt sich und lässt die äusseren Schichten gallertartig aufquellen. Durch wiederholte Zweitheilung geht aus der einzelnen Zelle eine neue Familie hervor. 8. Tetraspora Lk. Zellen kugelig, sich in den zwei Richtungen der Fläche theilend, zu einer einschichtigen, lagerartigen, einer structurlosen Gallerte einge- betteten Familie angeordnet, in der die Zellen meist noch zu 4 im Kreuze liegen. In Teichen und Gräben, meist frei schwimmend. — T. gelatinosa Ag. Lager unregelmässig, später frei schwimmend. — T. lubrica Atz. Lager darmartig, wellig, vom Boden aufsteigend, später frei schwimmend. 9. Stichococcus Näg. Zellen eylindrisch, nur in einer Richtung sich thei- lend, einzeln oder zu kurzen Reihen verbunden, mit dünner, nicht gallertartiger Membran. — S. bacillaris Näg. Grüne Ueberzüge auf feuchter Erde, nassem Holze etc. bildend; gemein. 10. Rhaphidium Ktz. Zellen nadelförmig, gerade oder gekrümmt, sich durch schiefe Querwände in je 2 Tochterzellen theilend, die sich gewöhnlich nach und nach zu strahlen- oder garbenförmigen, nicht in Gallerte eingelagerten Bün- deln gegenseitig verschieben. . In Gräben und Teichen gemein, 10 Cyanophyceae. Chrooeoceaceae. 2. Ordnung. Cyanophyceae. (Phycochromaceae. — Nostochineae.)! Einzellige, mikroskopisch kleine Algen, die selten frei’ leben, meistens zu kugeligen, tafelförmigen oder noch häufiger fadenförmigen Familien vereinigt sind. Ein Zellenkern fehlt und das Chlorophyll ist stets durch einen blaugrünen Farb- stoff, das Phycocyan,? verdeckt, mit dem dasselbe spangrüne, blaugrüne oder violette Färbungen des Inhaltes verursacht. Aus getödteten Pflanzen mit Wasser ausgezogen, giebt das Phycocyan eine im durchfallenden Lichte schön blaue Lösung mit kräftiger rother Fluorescenz; das Chlorophyll bleibt ungelöst- zurück, ist erst in starkem Alkohol löslich und wird wahrscheinlich noch von einem besonderen gelben Farbstoffe, dem Phycoxanthin,? begleitet. Die Vermehrung erfolgt nur durch Theilung, oder bei manchen noch durch die Umwandelung einzelner vegeta- tiver Zellen in Sporen. Die Cyanophyceen leben in süssem und salzigem Wasser, zum Theil auch an der Luft an feuchten Orten. Gewisse Formen stimmen mit manchen Formen der Schizomyceten so sehr überein, dass nur das Fehlen der genannten Farbstoffe letztere unterscheidet und beide Gruppen daher jetzt wohl auch zu einer einzigen (Schizophytae Cohn)* vereinigt werden. 3. Familie. Chroococcaceae.” Zellen abwechselnd nach zwei oder drei Raumrichtungen oder auch nur in einer Richtung sich theilend, aber dann sich verschiebend, so dass keine faden- förmigen, sondern scheiben- oder kör- perförmige, gewöhnlich gallertartige Familien gebildet werden. Meistens Süsswasserbewohner oder an feuchten Orten an der Luft lebend. Manche Gattungen sind solchen der Palmella- ceen homolog und unterscheiden sich wesentlich nur durch den Farbstoff. — R 1. Chroococcus Näg. Zellen kugelig, mit dünner oder auch dicker, geschichteter, aber nicht gallertartiger Membran, sich nach allen Richtungen des Raumes theilend, einzeln, oder zu kleinen kugeligen oder würfelförmigen Familien vereinigt. — Chr. minor Näg. An feuchten Orten gemein. 2. Gloeocapsa Kt. Zellen kugelig, sich nach allen Raumrich- a. tungen theilend und Familien bildend, Fig. 1. «—d Pleuroeoceus vulgaris in verschiedenen jn denen die einzelnen Zellen von ge- Zuständen der Theilung. en Fk Eine Gloeooapsa in schichteten, generationsweise in ein- verschiedenen Stadien der Theilung. — i Stück vom ander eeschachtelt Membrane Umfange einer Nostoc-Colonie. — k Rivularia. — 10s- |. z BERG Tag eILEN eniranen AuulE RR roten. 240. hüllt sind (Fig. 1, e—h stellt einen ein-, zwei-, vier- und vielzelligen Zu- stand dar). Bei vielen Arten sind die inneren Hüllmembranen gelbbraun, violett oder blutroth gefärbt und die äusseren dann blasser oder farblos. Bei starkem ! Thuret, Essai de classification des Nostochindes, in Ann. des sc. natur. Bot. VI. ser. vol. 1. pag. 372: ” Cohn, Beiträge zur Physiologie der Phycochromaceen und Florideen; in M. Schultze’s Archiv f. mikrosk. Anatomie III. 5. 1—60. ® Millardet und Kraus, Comptes rendus LXVI. pag. 505. * Cohn, Untersuchungen über Bacterien II., in dessen Beiträgen zur Biologie der Pflanzen I. S. 141—207. ° Nägeli, Gattungen einzelliger Algen. Zürich 1849, Chroococecaceae. Rivulariaceae. el Wachsthum und vielen Theilungen erweicht später die Gallerte stärker und die Familien zerfliessen, oder die Zellen werden durch Bersten der Schichten frei, um neue Familien zu begründen. Einzelne bis jetzt beobachtete Gloeocapsen bilden Sporen dadurch, dass sich jede Zelle mit einer dicken, festen, mit kleinen Warzen oder Stacheln besetzten Haut umgiebt. Werden diese Sporen durch das Reissen der allgemeinen Hülle frei, so theilen sie sich und jede erzeugt eine neue Colonie. — G. polydermatica Ktz. Mit farblosen Gallerthüllen; an feuchten Felsen nicht selten. — G. sanguinea Ätz. Mit blutrothen Gallerthüllen; oft grosse Flächen an Felsen mit einer blutrothen Gallerte überziehend; nördliches Europa und Deutschland, zerstreut. 3. Aphanocapsa Näg. Wie Gloeocapsa, aber die Gallerthüllen ohne Schich- tung. 4. Polyeystis Ktz. Zellen kugelig, nach allen Raumrichtungen sich thei- lend, kleine, innen solide, kugelige Familien bildend, welche wieder zu vielen in gestaltlosen, hautartigen Gallertlagern vereinigt sind. — P. ichthyoblabe Atz. An der Oberfläche stehender Gewässer, wo die Alge periodisch oft massenhaft er- scheint und den ganzen Wasserspiegel überzieht. 5. Coelosphaerium Näg. Zellen kugelig und in kugelförmigen Gallert- familien nahe der Oberfläche derselben zu einer Hohlkugel angeordnet. Theilung nach zwei Richtungen der Oberfläche. An der Oberfläche stehender Gewässer. 6. Merismopedia Meyen. Zellen kugelig oder fast kugelig, sich nach den zwei Richtungen der Fläche theilend und in Gruppen zu 4 zu einschichtigen, tafel- förmigen Familien geordnet, in welcher die Zellenmembranen zu homogener Gal- lerte zusammenfliessen. — M. glauca Näg. In Teichen. 7. Gloeothece Näg. Die ceylindrischen Zellen theilen sich nur in einer Richtung; sonst wie Gloeocapsa. An feuchten Orten. 8. Aphanothece Nüg. Von Gloeothece durch die structurlose, ein gestalt- loses Lager bildende Gallerte verschieden. An feuchten Orten oder im Wasser. 9. Synechococeus Näg. Zellen länglich, mit dünnen Wandungen, einzeln oder in kleine reihenförmige Familien vereinigt, doch nicht in Gallerte eingebettet. — $, aeruginosus Näg. An feuchten Felsen häufig. 3. Familie. Rivulariaceae.! In einer im Wasser frei schwimmenden oder anderen Gegenständen angehef- teten, bis nussgrossen Gallertmasse liegen radienartig geordnete, peitschenförmige, gegliederte Fäden (Fig. 1, k), deren Endzellen sich allmählich verlängern und haarartig verschmälern, während die unterste kugelige Zelle eine sogenannte Grenz- zelle (Basilarzelle) mit wasserhellem oder einige Körnchen führenden farblosem Inhalte und derber, farbloser oder gelblicher Membran ist. Die Fäden verlängern sich durch Quertheilung und Längenwachsthum ihrer Zellen und vermehren sich dadurch, dass eine untere Gliederzelle sich zur neuen Grenzzelle umgestaltet und das unter dieser gelegene Fadenstück sich durch Theilung und Streckung seiner Endzellen in einen neuen Faden verwandelt, der sich neben seinem Schwester- faden hinausschiebt. Die Ueberwinterung geschieht durch Sporen. Die der Grenzzelle zunächst liegende Gliederzelle jedes Fadens wächst zu einer ceylindrischen, derbwandigen Zelle (dem Manubrium) mit dunkelem, körnigem Inhalte aus, welche 10—14mal so lang als breit ist, von einer derben, spindelförmigen, aus fester Gallerte gebil- deten Scheide umhüllt wird und so die allein von dem ganzen Faden während des Winters übrig bleibende Spore darstellt. In dieser theilt sich im nächsten Früh- jahre der Inhalt in zunächst 4—8 ceylindrische, einen Faden bildende Zellen, die sich weiter durch Zweitheilung vermehren, sich dann abrunden und dabei den rosenkranzförmigen Faden um so länger und dünner werden lassen, je mehr sie sich theilen. Gleichzeitig wird die Sporenmembran gestreckt, endlich ein oberes ! De Bary, Beitrag zur Kenntniss der Nostocaceen, insbesondere der Rivu- larieen, Flora 1863. S, 553, Taf. 7; 1024 Rivulariaceae. Sirosiphoneae. Seytonemaceae, » kappenförmiges Stück derselben abgesprengt, der junge, aus 120—150 Zellen be- stehende Keimfaden kriecht heraus und seine beiden Enden spitzen sich haar- förmig zu. Dann zerfällt er in 5—7 Stücke, von denen jedes sich durch Ver- schmälerung seines einen Endes und Bildung der Grenzzelle am anderen in einen Rivulariafaden umgestaltet und so mit den übrigen die erste kleine, bereits mit einer Gallerthülle sich umgebende Colonie bildet. Die Rivulariaceen sind Bewohner des süssen Wassers und des Meeres. Ihre zäh gallertartigen Colonien sind häufig mit Kalk inkrustirt. 1. Rivularia Roth. Fäden in ungleicher Höhe entspringend, in einem runden Gallertlager strahlig angeordnet, besondere Scheiden den Fäden eng anliegend, nicht eingeschnürt, oft in die Gallerte verfliessend. — R. pisum Ag., erbsen- bis kirschengross, in Sümpfen und Gräben an Wasserpflanzen häufig. 2. Gloiotricha Ag. Fäden in gleicher Höhe entspringend, strahlig geordnet in einem runden Gallertlager, ihre Scheiden sehr weit, an der Basis sackförmig und quer eingeschnürt, oben offen und nicht zerschlitzt. — G. Sprengeliana Rbh., in Sümpfen und Gräben. 3. Zonotrichia Ag. Fäden in ungleicher Höhe strahlig in einem halbkuge- ligen Lager, die Scheiden am oberen Ende faserig. 4. Amphithrix Ktz. Fäden aufrecht und parallel neben einander ein krustenartig ausgebreitetes Lager bildend. Scheiden geschichtet und an der Spitze geschlossen, am Grunde von dünnen, haarartigen Fäden umgeben. 5. Mastigothrix Ktz. Fäden einzeln meist in gallertartigen Colonien an- derer Algen (Nostoc, Chaetophora u. s. w.) lebend. 4. Familie. Sirosiphoneae. Fäden ceylindrisch oder nahezu eylindrisch, gleichmässig aus scheibenförmigen oder rundlichen Zellen gebildet, von Gallertscheiden umgeben und mit echter Ast- bildung. Letztere erfolgt so, dass eine Gliederzelle sich parallel der Längsachse des Fadens theilt und die eine der beiden Tochterzellen (bei Sirosiphon die aussen nach dem Fadenumfange zu gelegene) senkrecht zur Längsachse des Fadens weiter wächst, sich über den Umfang desselben hinaus verlängert und in der normalen Weise weiter theilt. Grenzzellen oft zu zweien oder mehreren interstitiell in den Fäden. 1. Sirosiphon Ktz. Fäden aus einer, oder durch Längstheilung der Zellen mehreren Reihen dickwandiger Zellen gebildet, mit dicken, geschichteten, meist gefärbten Gallertscheiden (gewissermassen eine Gloeocapsa in verzweigten Gallert- scheiden). An nassen Felswänden und auf Moor- und Haideboden filzige Ueber- züge bildend. 2. Hapalosiphon Näg. Fäden aus einfacher Zellenreihe gebildet, mit farb- loser, eng anliegender, kaum geschichteter Scheide. An Wasserpflanzen in Teichen und Gräben. 5. Familie. Scytonemaceae. Fäden aus scheibenförmigen oder rundlichen Zellen gebildet, eylindrisch oder schnurförmig, von gallertartigen, oft geschichteten ‚Scheiden umgeben, die Grenz- zellen oft zu zweien oder mehreren interstitiell. Eine falsche Astbildung kommt oft dadurch zu Stande, dass die wachsenden Fadenstücke sich an den Grenzzellen seitlich neben einander vorbeischieben. Bilden schleimige oder filzige Ueberzüge auf nassem Boden oder an Felsen oder im süssen Wasser. 1. Seytonema Ag. An den Grenzzellen gehen beide Fadentheile in paar- weise gestellte falsche Aeste über, welche die Grenzzellen zwischen sich haben und nicht verwachsen sind. Scheiden geschichtet, nach den Enden des Fadens zu langgezogene, in einander geschachtelte Trichter bildend. Filzige Ueberzüge bil- dend. — S. tomentosum XÄtz., auf feuchten Haiden häufig. 2. Symphyosiphon Ktz. Wie Scytonema, aber die Aeste parallel büschelig verwachsen. Auf nassem Boden und an Wasserpflanzen. 12} 3. Tolypothrix Ktz. Wie Scytonema, aber die Fäden-an den Grenzzellen nur einen Ast bildend. In stehenden Gewässern, Seytonemaceae. Nostocaceae. 13 4. Arthrosiphon Ktz. Wie Scytonema, aber die Scheiden sehr weit und kurz triehterförmig in einander geschachtelt. An nassen Felsen. 5. Schizothrix Ktz. Gallertscheiden der Fäden in haarförmige Fetzen ge- spalten. An feuchten Orten. 6. Familie. Nostocaceae.! - In einer im Wasser schwimmenden oder auf feuchter Erde lebenden, ver- schieden gestalteten, meist structurlosen Gallerte liegen gerade oder vielfach ge- wundene Fäden, aus rundlichen, perlschnurartig an einander gereihten Zellen be- stehend, zwischen denen sich in gewissen Abständen etwas grössere Zellen mit diekeren Membranen und gewöhnlich gelblichem Inhalte, die Grenzzellen oder Heterocysten, finden. Die Vermehrung der Zellen findet durch Theilung senkrecht zur Längsaxe des Fadens statt. Die Grenzzellen entstehen aus gewöhnlichen Glie- derzellen durch stärkeres Wachsthum, theilen sich aber nicht. "Andere Glieder- zellen gestalten sich, wenn die Pflanze Gefahr läuft einzutrocknen, zu derbwandigen Sporen um. 1. Nostoc Vauch., Gewundene, perlschnurartige Fäden in einer homogenen Gallertmasse (Fig. 1, ©). Ausser durch Sporen vermehrt sich die Gattung noch dadurch, dass aus der sich verflüssigenden Gallerte die zwischen den Grenzzellen liegenden Fadenstücke in Folge schlängelnder Bewegung herauskriechen, so dass nur die Grenzzellen zurückbleiben. Die Zellen jedes Fadenstückes aber strecken sich in die Breite, theilen sich wiederholt parallel der Längsaxe und die so ent- standenen Fäden lesen sich mit ihren Enden zu einem einzigen gewundenen, nun die Gallerthülle ausscheidenden Faden: an einander, in welchem dann einzelne Zellen zu Grenzzellen werden. — Die Bildung der Sporen beginnt in der Mitte der Fadenstücke und schreitet von hier aus beiderseits gegen die Grenzzellen hin fort. Dabei nehmen die vegetativen Zellen an Grösse zu, ihre Wand verdickt sich und in ihrem Inhalte bilden sich zahlreiche Oeltröpfehen. Die Sporen allein vermögen Frost und Trockenheit zu ertragen. Werden sie nach dem Eintrocknen wieder befeuchtet, so keimen sie in wenigen Tagen dadurch, dass die Aussenschicht der Sporenmembran reisst und der noch einzellige Keimling (der. Inhalt der Spore) von der zu Gallerte aufgequollenen inneren Membranschicht” umgeben heraustritt. Der- selbe theilt sich dann unter lebhaftem Wachsthum wiederholt durch Querwände, der so entstehende Faden krümmt sich, während die Gallerthülle an Masse zu- nimmt, und schliesslich entstehen in der jungen Colonie zuerst an beiden Enden des Fadens und. dann auch in der Mitte die Grenzzellen. Alle jungen Colonien sind durch die ursprüngliche Gallerte der Muttercolonie anfänglich noch verbunden. In anderen Fällen verschwindet die Gallertscheide, wenn die Keimfäden aus 2 bis 4 Zellen bestehen, und haben sich dann letztere bis auf 20—40 Zellen vergrössert, so verlassen sie als bewegliche Fäden ihren Bildungsort, krümmen sich unter fort- währender Theilung der Zellen, bilden die Grenzzellen wie im ersten Falle und gestalten sich nun erst durch Umhüllung mit einer Gallertmasse zur jungen Colonie. — Nostoc-Colonien trifft man häufig pseudoparasitisch in Intercellularräumen und Hohlräumen des Gewebes anderer Pflanzen (Wurzeln von Cycas, Stamm von Gun- nera; im Gewebe von Laub- und Lebermoosen sind sie oft als Brutknospen derselben beschrieben worden). — N. commune Vauch. Lager”unregelmässig ausgebreitet, wellis-faltig, zitternd, später hohl. Auf feuchter Erde gemein. — N. lichenoides Vauch. Lager kugelig, hart, glatt, senfkorn- bis erbsengross, heerdenweise auf feuchtem Boden und an Felsen, häufig. 2. Cylindrospermum Ktz. Fäden gerade oder wenig gewunden, mit end- ständiger Grenzzelle und vor dieser mit einer einzelnen elliptischen oder cylin- drischen Spore. Hautartige Ueberzüge auf feuchtem Boden und im Wasser bildend. 3. Sphaerozyga Ag. Grenzzellen in der Mitte der Fäden paarweise, neben ihnen Fr länglichen Sporen. Im süssen und salzigen Wasser. ! Janczewski, Observations sur la reproduction de quelques Nostocacees. Ann. des sc. natur. ser. V. vol. XIX. — Thuret, Observ. d. l. reprod. d. q. Nosto- chines. Memoir. de la soc. imp. des sc. natur. de Cherbourg, vol. V. 14 Nostocaceae. Oscillariaceae. Bacteriaceae. 4. Limnochlide Ktz. Wie Sphaerozyga, aber Sporen verlängert-eylindrisch. — L. flos aquae Ktz. In stehenden Gewässern die Oberfläche mit einer Haut überziehend und oft sogar bis zu grösserer Tiefe so massenhaft, dass das Wasser breiig erscheint („das Wasser blüht‘). 5. Spermosira KÄtz. Sporen zu dreien oder mehr reihenförmig beisammen, tonnenförmig oder kugelig. Bei der Keimung theilt sich der Inhalt ‚der Spore nach Ausscheidung einer neuen Haut in 2 Zellen, durchbricht dann die Sporen- membran und wächst zu einem aus 15—20 Zellen “yestehenden Keimfaden heran, dessen Endzellen sich zu Grenzzellen umbilden, während durch Bildung weiterer Grenzzellen in der Mitte des wachsenden Fadens dieser später in 10—14 Stücke zerfällt. Die wie bei Nostoc erfolgende Sporenbildung beginnt in der Mitte jedes Fadenstückes und betrifft oft sämmtliche Gliederzellen. Erst beim Herannahen der Sporenreife scheidet jeder Faden eine besondere Gallertscheide aus. 7. Familie. Oscillariaceae. Fäden ohne Grenzzellen, aus lauter gleichen, scheibenförmigen Gliederzellen gebildet, ceylindrisch und ohne Aeste (Fig. 1, D). Zellen sich quer zur Richtung des Fadens theilend. Vermehrung durch Auseinanderfallen des Mutterfadens in Stücke, die zu neuen Fäden durch Theilung der Zellen heranwachsen. Die Fäden vieler Öseillariaceen zeigen eine schwingende Bewegung, verbunden mit einem Vor- und Rückwärtskriechen. Hervorgerufen wird dieselbe durch eine wechselnde Verkür- zung und Verlängerung je zweier gegenüberliegender Seiten der Zellwand, welche successive alle Stellen des Fadens trifit. Lockere, hautartige Schichten auf der Oberfläche von im Wasser befindlichen Gegenständen oder auf der Wasserober- fläche oder feuchter Erde bildend. 1. Oscillaria Bose. Fäden beweglich, meist gerade, ohne oder mit sehr engen Scheiden. Auf Schlamm, in Gräben und Sümpfen, in warmen Quellen. 2. Hypheothrix Ktz. Fäden ohne Bewegung, gerade, mit deutlichen Schei- den, schichten- oder bündelweise verschmolzen. Lebensweise wie Oscillaria. 3. Phormidium Ktz. Wie Oscillaria, aber mit weiten, mehr oder weniger in ein häutiges Lager verwachsenen Scheiden, aus denen die Fäden oft heraus- treten. An nassen Felsen, Ufern, auf feuchter Erde. 4. Spirulina Lk. Fäden in Gallerte eingebettet, spiralig gewunden und spiralig vor- und rückwärts beweglich. Einzeln lebende oder häutige Ueberzüge bildende Algen im süssen und salzigen Wasser. 2. Reihe. Chlorophyllfreie Formen (Pilze). 3 Ordnung. Schizomycetes. Aeusserst kleine, sich durch Zelltheilung (nach Cohn bei Bacillus auch durch Sporen) vermehrende, einzellige Protophyten, die entweder einzeln frei leben und dann gewöhnlich eine lebhafte Bewegung zeigen, oder welche colonienweise in Gallertmassen eingebettet liegen (die früher als selbständige Gattung betrachteten Zoogloea-Formen), die durch Quellung der Membranen entstehen und gewöhnlich schon dem unbewaffneten Auge als schleimige Tropfen, Flocken oder Häute er- kennbar sind. Sie bewohnen Flüssigkeiten oder fäulnissfähige Stoffe, in denen sie Zersetzung und damit Gährung oder Fäulniss bewirken. 8. Familie. Bacteriaceae.! Die Zellen theilen sich bei den meisten Formen nur in einer Richtung, bei wenigen nach mehreren Richtungen. “Die Bacterien sind die kleinsten bekannten pflanzlichen Organismen, welche schon von Leeuwenhoek gegen Ende des 17. Jahrhunderts erkannt, im 18. Jahr- hundert von OÖ. F. Müller bereits in mehreren Formen beschrieben, aber erst mit . Bonn: ‚Untersuchiug En über Bacterien, in dessen Beiträgen zur Biologie der Pflanzen, Band 1 und 2, wo auch weitere Literatur angegeben. Bacteriaceae. 15 den Untersuchungen Ehrenberg’s 1830 als eigene Familie der Vibrionia zusammen- sefasst und der specielleren Betrachtung unterworfen, wenn auch zunächst noch zu den Infusorien gestellt wurden. Von Cohn zuerst 1853 als Pflanzen charakte- risirt, von Nägeli später als Schizomyceten den Pilzen beigeordnet, zeigen viele ihrer Formen eine so grösse Uebereinstimmung mit gewissen Gattungen der Cyano- phyceen, dass beide Ordnungen neuerdings von Cohn zu einer einzigen vereinigt wurden (vel. Seite 10). Die Unterscheidung der Gattungen, namentlich aber der Arten ist insofern eine schwierige, als man ausser Gestalts- und geringen Grössen- unterschieden nur noch die verschiedenartigen Wirkungen der betreffenden, sonst oft in allen Punkten vollkommenen übereinstimmenden Formen auf ihr Substrat als Anhaltspunkte hat, somit „physiologische Arten‘ unterscheidet. Namentlich gilt dies von der niedrigst gestellten Gattung Micrococcus. Was diese Einwir- kungen auf das Substrat betrifft, so ist zunächst zu bemerken, dass bei vielen chemischen Vorgängen und, wie es scheint, auch pathologischen Prozessen be- stimmte Bacterien nicht etwa nur constante Begleiter, sondern die Ursache der- selben sind. Was die Wirkungen selbst anlangt, so pflegt man zwischen chromo- genen, zymogenen und pathogenen Bacterien zu unterscheiden. Chromogene oder Pigment-Bacterien'! nennt man diejenigen, welche unter Zutritt der Luft eigenthümliche Farbstoffe erzeugen, von denen einige mit den gleichartigen Anilinfarben in ihren Reactionen eine auffallende Uebereinstim- mung zeigen. Der Farbstoff selbst entsteht zunächst in den Zellen und in der sie einschliessenden Gallertmasse, zuerst an der Oberfläche der Zoogloea, erst später ins Innere der Colonien fortschreitend und oft sich auch in das Substrat ver- breitend. Ueber die dabei stattfindenden chemischen Vorgänge ist nichts bekannt. Bemerkenswerth ist noch, dass die betreffenden Formen z. B. der Kugelbacterien trotz morphologischer Uebereinstimmung immer nur das gleiche eine Pigment er- zeugen, auch wenn sie unter den verschiedenartigsten Bedingungen cultivirt wer- den, dass also die verschiedenen Pigmente nicht durch die Verschiedenartigkeit des Substrates und anderer äusserer Einflüsse, sondern durch verschiedene physio- logische Lebensprozesse bedingt werden. Zymosene oder Ferment-Bacterien sind alle diejenigen, welche ge- wisse Gährungen veranlassen, deren Ferment sie sind, wie die Hefe das Ferment der Alkoholeährung. Wie bei den Pigmentbacterien, so vermag auch hier jede Form nur die ihm eigenthümliche und keine andere Gährung zu erregen. Nach den Untersuchungen Pasteur’s wirken manche Fermentbacterien bei Ausschluss freien Sauerstoffes, andere nur dann, so lange sie auf der Oberfläche der Flüssigkeit mit der Luft in Berührung stehen oder überhaupt freier Sauerstoff Zutritt zu ihnen hat, den sie auf die zersetzungsfähigen organischen Verbindungen übertragen. Pathogene Bacterien heissen solche, welche als Begleiter pathologischer Prozesse auftreten. Man nimmt von ihnen an, dass sie die Ursache der Krank- keit, oder das Contagium, oder der Träger des letzteren sind, gestützt darauf, dass bei gewissen ansteckenden Krankheiten durch Uebertragung der im erkrankten Organismus vorhandenen Bacterien in einen gesunden Organismus, letzterer den- selben Krankheitserscheinungen unterliegt. Die wirksame Impfung der durch Fil- tration vom Blute, von der Lymphe etc. gesonderten Bacterien und die wirkungs- lose Impfung des bacterienfreien Filtrates unterstützen derartige Ansichten. Kein Gebiet der Kryptogamen ist so mit Literatur überfluthet, wie dasjenige, welches die Infectionskrankheiten und ihre Beziehungen zu Bacterien (und die Bacterien überhaupt) zum Gegenstande hat. Auf keinem der verwandten Gebiete ist aber auch wohl in dem Maasse gefrevelt worden, wie gerade auf diesem, sei es, dass unkundige Beobachter Untersuchungen in die Hand nahmen, denen sie nicht ge- wachsen waren, sei es, dass mit grösster Naivität Dinge behauptet wurden, die mit allen anderen wissenschaftlichen Resultaten in directem Widerspruch standen. Die zahllosen Angaben von Medieinern über Wirkungen von Bacterien auf den menschlichen, beziehungsweise thierischen Organismus müssen daher mit grösster Vorsicht aufgenommen werden und es sind im Folgenden im Wesentlichen daher auch nur solche Untersuchungen specieller aufgeführt, die einer grösseren Glaub- ' Schröter, Ueber einige durch Bacterien gebildete Pigmente: Beiträge zur Biologie der Pflanzen, von Cohn, I. pag. 109 des ersten Heftes (1872). 16 Bacteriaceae. würdigkeit unterliegen. In den meisten Fällen dürfte erst noch festzustellen sein, ob gefundene Bacterien als Saprophyten in den bereits erkrankten Organen leben, oder ob sie wirklich die das Contagium tragenden Parasiten sind. Ebenso müssen die Angaben zurückgewiesen werden, nach denen Bacterien aussergewöhnliche Temperaturen ertragen sollen, ohne getödtet zu werden. Die Bacterien als Protoplasma enthaltende Pflanzenzellen werden darin nichts Wesent- liches vor anderen Zellen voraus haben. Versuche, die von Eidam mit Bacterium Termo in wässeriger Nährstofflösung angestellt wurden, zeigen, dass dasselbe unter +5°C. zwar nicht getödtet wird, aber in den Zustand der Kältestarre verfällt, dass die Vermehrung erst bei + 5,5°C. beginnt, bei 10° noch nicht bedeutend ist, erst bei weiter steigender Temperatur zunimmt und bei 30—35° C. ihren Höhe- punkt erreicht; dann nimmt die Vermehrung wieder ab, bei 40° erfolst Wärme- starre und bei einstündiger Erwärmung auf + 60°C. der Tod. Ein continuirliches Erwärmen in Nährlösung auf 40° tödtet in 25 Stunden noch nicht, Erwärmung auf 45° bei 13—14-stündiger, auf 50° bei dreistündiger Dauer. Dagegen büsste Bac- terium Termo durch Eintrocknen sein Leben nicht ein, auch wenn es 6 Stunden lang einer Temperatur von 56° C. ausgesetzt wurde. Aehnliche Ergebnisse haben Versuche von Cohn. (Vergl. übrigens die Angaben bei Bacillus subtilis!) Die Verbreitung der Bacterienzellen erfolgt zum Theil durch die Luft, wie die Versuche von Pasteur, Cohn u. A. beweisen, nach denen selbst leicht zersetz- bare Substanzen unverändert bleiben, wenn man den Zutritt der Luft zu ihnen verhindert oder die zutretende Luft vorher -durch Filtration von den Bacterien befreit. Sehr häufig kann man aber auch Gefässe mit geeigneten Nährflüssiekeiten tagelang offen an der Luft stehen haben, ohne dass eine Ansiedelung von Bac- terien eintritt, und Cohn leitete Zimmerluft unter Beobachtung aller Vorsichtsmaass- regeln durch Flaschen mit den unter Micrococcus diphthericus erwähnten Nähr- stofflösungen, wobei sich in der Regel Bacterien in letzteren nicht entwickelten. Gewöhnlich scheint daher die Verbreitung von Bacterien durch das Wasser und ‚durch Körper, an deren unreiner Oberfläche Bacterien hängen, stattzufinden, wie aus Versuchen von Burdon-Sanderson und Douglas-Cunningham hervorgeht. Letzterer untersuchte die Luft mikroskopisch, konnte aber in dem in derselben schwebenden Staube kaum deutliche Bacterien finden. Nur in der feuchten Luft der Abzugs- canäle und in vorsichtig gesammeltem Regenwasser traten sie häufig auf. Eine Beziehung zwischen der Anzahl der Bacterien und dem Auftreten von Cholera, Ruhr, Wechselfieber etc. konnte derselbe Beobachter nicht constatiren. Die wichtigsten Gattungen der Bacteriaceen lassen sich folgendermaassen übersichtlich zusammenstellen. I. Zellen nicht zu Fäden verbunden, nach der Theilung sofort aus einander fallend oder paarweise zusammenhängend, frei, oder durch Gallerte zu Colo- nien (Zoogloea) verbunden. A. Zellen nur nach einer Richtung sich theilend. 1. Zellen kugelig: Micrococcus (Fig. 2, a). 2. Zellen elliptisch oder kurz cylindrisch: Bacterium (Fig. 2, b). B. Zellen sich regelmässig über’s Kreuz nach den drei Raumrichtungen theilend und daher kubische, aus 4, 8, 16 oder mehr Zellen bestehende Familien von der Form kreuzweise geschnürter Packete bildend: Sar- cina (Fig. 3). II. Zellen zu eylindrischen Fäden verbunden. A. Fäden gerade, undeutlich gegliedert. 1. Fäden sehr dünn und kurz, stäbchenförmig: Bacillus (Fig. 2, e). 2. Fäden sehr dünn und lang: Leptothrix. 3. Fäden stark und lang: Beggiatoa. B. Fäden wellenförmig oder spiralig. 1. Fäden kurz und starr. a. Fäden schwach wellig gebogen, oft zu grössen Schwärmen. sich verfilzend: Vibrio (Fig. 2, d und e). b. Fäden spiralig, nicht beugsam, nur mit vor- und rückwärts glei- tender Ortsbewegung: Spirillum (Fig. 2, 2. Fäden lang, flexil, wellenförmig über die ganze Länge verlaufende, schnelle, spiralige Biegungen beschreibend und zugleich lebhafte Orts- veränderung zeigend: Spirochaete. Bacteriaceae: Mieroeoceus. 17 1. Miecrococceus Cohn. Zellen farblos oder schwach gefärbt, sehr klein (meist unter 1 Mikromillimeter), kugelig oder oval; durch Quertheilung sich ver- mehrend, oft noch zu rosenkranzförmigen Ketten an einander hängend oder (als Zoogloea) in Schleimmassen zu vielzelligen Familien vereinigt, ohne Bewegung. Durch Gestalt und Grösse sind die Micrococcen oder Kugelbacterien nicht oder nur schwer zu unterscheiden, wohl aber durch ihre physio- logische Thätigkeit, nach welcher sie nach Cohn in drei Gruppen zerfallen. a. Pigmentbacterien. M. prodigiosus Cohn (Mo- nas prodigiosa Ehrbg.). Zellen kugelig oder kurz oval, blass röthlich, durch Schleim zu Colonien vereinigt. Siedelt sich auf gekochten Kartoffeln, Stärkekleister, verschiedenen gekochten Speisen, auf Brod u. s. w. in Form zäher, rosenrother oder purpurner Schleimtröpfchen an, die bis zur Grösse eines Steck- nadelkopfes anwachsen, wie Fischrogen aussehen und schliess- lich zu einem blutrothen Schleime zusammenfliessen. Das an- sebliche Wunder „blutender Hostien“ und „blutenden Brodes“ beruht auf dem Auftreten dieser Bacterienform. Ebenso tritt dieselbe manchmal auf Milch auf, deren Butterkügelchen den Farbstoff lösen und so zuweilen die gesammte Milch roth färben. In Wasser ist der Farbstoff unlöslich, in Alkohol und Aether löst er sich mit brennend orangerother Farbe, reagirt dann neutral und wird durch Alkalien gelb, durch Säure zuerst karminroth und dann violett gefärbt und zuletzt entfärbt. Die alkoholische Lösung färbt Wolle und Seide, doch wird die Farbe durch das Licht in wenigen Tagen zerstört. Der Farb- stoff selbst ist dem Anilinroth verwandt. — M. luteus Cohn. Auf gekochten Kartoffeln und Stärkekleister gelbe Schleim- tropfen bildend, sonst wie vorige Form. — M. aurantiacus Cohn. Zellen oval, einzeln, oder zu 2—4 kettenförmig zu- 5 DM, Fig. 2. a Micrococcus prodigiosus. — b Bac- terium Lineola, einfach und getheilt. — ce Ba- cillus Ulna; ein aus vier Zellen gebildeter Faden. — d und e Vi- brio Rugula, einfach und in Theilung. f Spirillum volutans. — Nach Cohn. — Vergr. 650. sammenhängend. Auf gekochten Kartoffeln und hartgekochtem Hühnereiweiss dottergelbe Schleimtröpfehen oder grössere Flecke bildend. — M. chlorinus Cohn. Gelbgrüne oder saftgrüne Flecken auf gekochtem Hühnerei- weiss; in Berührung mit Wasser dieses in kurzer Zeit grün färbend. — M. cyaneus Cohn. In Form intensiv blau gefärbter Flecken auf gekochten Kartoffeln. In ge- eigneten Nährflüssigkeiten cultivirt diesen in kurzer Zeit die Färbung einer Lösung von Kupfervitriol ertheilend. Farbstoff wie Lackmus durch Säuren roth, durch Alkalien wieder blau gefärbt. b. Zymogene Kugelbacterien. M. ureae Cohn (Harnferment). kugelig oder oval, zu 2—8 rosenkranzartig verbunden. Bewirkt die alkalische Gährung des Harns. Frisch gekochter Harn, vor dem Zutritt der Luft geschützt, reagirt, wie Pasteur zeigte, noch nach Jahren unverändert sauer, ist aber dann auch bacterienfrei. Auf Zusatz des Harnfermentes tritt in wenigen Tagen die Bildung des kohlensauren Ammoniaks ein. — Nach Pasteur gehören wahrscheinlich hierher auch die Bacterienformen, welche die Milchsäuregährung, die Weinsäure- gährung, verschiedene Krankheiten des (gegohrenen) Weines und das Verderben des Bieres veranlassen, die aber stets mit anderen Bacterien, namentlich auch mit Bacterium Termo zusammen auftreten, so dass Untersuchungen sehr schwierig sind. Nach anderen Ansichten gehört das Ferment der Milchsäuregährung der Gattung Bacterium an. c. Pathogene Kugelbacterien. M. vaccinae Cohn.’, Zellen kugelig, von 0,5 Mikromillim. Durchmesser und darunter, einzeln oder paarweise verbunden. In der frischen, völlig reinen Vaccine, sowie in der Lymphe der Variola-Pusteln in grosser Menge, nach Weigert auch an Pockenleichen in den Kanälchen der Pockenhaut. In Folge verschiedener Erfahrungen über die Wirkungslosiekeit des flüssigen, körnchenlosen Bestandtheiles der Lymphe, sowie durch die Resultate der endosmotischen und Verdünnungsversuche von Chauveau und Burdon Sanderson, ist bei den Medieinern die Annahme verbreitet, dass die Bacterienzellen die wirk- ‘ Cohn, Organismen in der Pockenlymphe; Virchow’s Archiv LV, 1872, Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik, 2 Zellen 18 Bacteriaceae: Mierococeus. „ samen Bestandtheile der Lymphe sind. — M. diphthericus Cohn.‘ Eirunde, 0,35—1,1 Mikromillim. im Durchmesser haltende Zellen, einzeln, paarweise, zu 4—6 rosenkranzförmig zusammenhängend, oder bei ungeheurer Vermehrung colo- nienförmig auf der Oberfläche und in den Gewebsinterstitien der erkrankten Or- gane wuchernd und kugelige Ballen oder cylindrische oder streifenförmige Nester bildend. Nach Oertel’s Untersuchungen finden sich diese Bacterien ausnahmslos in allen Fällen diphtheritischer Erkrankung in den Geweben der zunächst er- griffenen Schleimhäute der Luftröhre und des Kehlkopfes, nicht minder aber in den Lymphgefässen und dem dieselben umgebenden Netze, zwischen den Maschen des Bindegewebes und der Fettzellen, ebenso auch in den Nieren, im Muskel- gewebe und im Blute selbst. Durch Impfung der mit Micrococcusballen infieirten Exsudate in subceutane oder offene Wunden der verschiedensten Körpertheile konnte Oertel bei Thieren ausnahmslos Diphtherie erzeugen. Impfversuche Eberth’s, der Kaninchen frisches diphtheritisches Exsudat in einen Stich in die Hornhaut des Auges brachte, führten in 4—5 Tagen den Tod des Versuchsthieres herbei, und die Schlüsse, welche der letztere Beobachter aus seinen Untersuchungen zieht, sind die folgenden:? „Als Resultat dieser Untersuchung hat sich ergeben, dass bei der Diphtherie Pilzvegetationen. zuerst auf dem Epithel der entsprechenden Schleimhäute oder auf Wundflächen sich ansiedeln, und später successive die tie- feren Epithellagen, dann die Schleimhaut und die benachbarten Gewebe durch- dringen, ja selbst sehr feste Theile, wie Knochen und Knorpel, zerstören. Die Wege, auf denen diese Verbreitung erfolgt, sind insbesondere die Lymphgefässe und die Gewebespalten. Von hier gelangen die Pilze durch die Wandungen, selbst der grösseren Blutgefässe, in die Blutbahn, wo sie theils die als Sepsis bekannte Erkrankung bedingen oder, wenn sie in grösseren Massen sich anhäufen, Gerin- nungen und mykotische Capillarembolieen der Nierenglomeruli, der Leber, des Herzens und anderer Organe mit nachträglicher Abscedirung zur Folge haben. Von den Nierenkapseln schwärmen diese Mikrophyten in die Harnkanälchen und die Umgebung aus oder dringen in Folge der Vergrösserung der Colonie (durch Wachsthumsdruck) in diese Theile ein, wo sie sowohl durch ihre active Bewegung sich ausbreiten, wie durch den Lymph- und Blutstrom und den Harn weiter ge- führt werden, oder auch zu neuen Colonien heranwachsen, die vielleicht längere Zeit hindurch als Infectionsheerde sich erhalten. Die Nekrose der von den Micro- coccen attaquirten Organe ist nicht sowohl das Resultat einer zu üppigen Eite- rung, als der Pilzvegetation, denn die Eiterung ist nur in den gefässhaltigen Or- ganen die constante Reaction auf die Pilzinvasion, der gefässlose Knorpel, welcher keinen Eiter producirt, wird schon durch die Pilze allein zerstört. Ohne diese Pilze keine Diphtherie; wir finden sie schon in den allerkleinsten oberflächlichen Plaques, wir treffen sie als massenhafte Ansiedelungen in den Geweben, wir be- gegnen ihnen wieder in Embolieen als Ursache der metastatischen Abscesse. Die leichte Transplanation und die rapide Vermehrung auf neuem Boden machen es im höchsten Grade plausibel, dass das Wesen der Diphtherie eine Mykose ist, und dass die Bacterien Träger des Contagiums sind. Filtrirt man durch Thon- eylinder in Pasteur’scher Flüssigkeit? vertheilte Stücke eines diphtheritischen Belags, dessen Wirksamkeit vorher durch Verimpfung auf die Cornea festgestellt wurde, und bringt dann auf die acupunktirte Hornhaut? wiederholt von dem Fil- trat, so erhält man nicht einmal eine einfache Conjunctivitis und Keratitis. Die ı! Oertel, Experimentelle Untersuchungen über Diphtherie: Deutsches Archiv für klinische Medicin VIII, 1871. — Eberth, Die Diphtherie, in dessen Abhandlung „Zur Kenntniss der bacteritischen Mykosen“, Leipzig 1872. 2 A. a. 0. Seite 14. ® 10 Theile reinster Candiszucker, 1 Theil weinsaures Ammoniak und die Asche von 1 Theile Hefe (deren Gewicht etwa 0,075 der Mischung beträgt) werden in 100 Gewichtstheilen destillirten Wassers gelöst. Diese Lösung wird für Culturen von Bacterien etc. vielfach benutzt. Statt ihrer verwendet Cohn die von A. Mayer (Untersuchungen über die alcoholische Gährung) angegebene Nährflüssigkeit von 0,1 Gramm phosphorsaurem Kali, 0,1 Gramm krystallisirter schwefelsaurer Magne- sia, 0,01 Gramm dreibasisch phosphorsaurem Kalk in 20 Cubikcentim. destillirtem Wasser, in welcher dann noch 0,2 Gramm weinsaures Ammoniak gelöst wurden. * Kaninchen etc. wie oben als Versuchsthiere. Baeteriaceae: Micrococeus. 19 Hornhaut verhält sich wie eine einfach punktirte. Ebenso negativ ist der Erfolg mit der Verimpfung der durch Diffusion mit vegetabilischem Pergament aus den mit Pasteur’scher Lösung versetzten Diphtheriemassen gewonnenen Flüssigkeit. Gleich unwirksam ist die Verimpfung des Filtrates wie der Diffusionsflüssigkeit, wenn auch nach mehrtägigem Stehen zahlreiche Bacterien darin aufgetreten sind.! Diese Bacterien sind übrigens grösser wie die der Diphtherie und leicht oval. Die gleichen Veränderungen wie bei gelungener Verimpfung von Diphtheriebacte- rien finden sich bei der Wunddiphtherie. Das Contagium dieser ist identisch mit dem der gewöhnlichen Rachendiphtherie. Verimpfung eines diphtheritischen Be- lags einer Wunde erzeugte die gleiche diphtheritische Hornhautaffection, wie die Uebertragung diphtheritischer Massen des Pharynx. Darum ist aber auch eine Trennung der bei Pyämie vorkommenden Bacterien von denen der Diphtherie nicht mehr zulässig. Die metastasirende Pyämie meistens ist eine Diphtherie mit vielfachen Localisationen. Wenn durch die mitgetheilten _ Versuche der Beweis geliefert ist, dass mit der Verimpfung diphtheritischer Massen eine Reproduction der dieselben fast ausschliesslich bildenden Bacterien und damit wieder eine diph- theritische Entzündung erzeugt wird, wenn dargethan ist, dass schon kurze Zeit nach der Verimpfung, bevor noch die eigentlichen entzündlichen Veränderungen zu Tage getreten sind, die Mikrophyten bereits ihre Zerstörung begonnen haben und die dieser Krankheit charakteristische Veränderung bedingen, so dürften die folgenden Beobachtungen wenigstens wahrscheinlich machen, dass diese Schma- rotzer der Diphtherie eigenthümlich sind. Wären die Diphtheriepilze nur zufällige Beimengungen der verimpften Massen und vielmehr ein Product der Fäulniss und Umsetzung das wirksame Agens, dann sollte man wohl erwarten, dass ebenso gut wie die in den diphtheritischen Membranen vorhandenen putriden Stoffe sammt den beigemengten und vielleicht unwesentlichen Pilzen überhaupt faulende Körper und die auf ihnen wuchernden niederen Organismen die Diphtherie erzeugen würden. Aber bis heute sind alle in dieser Richtung unternommenen Versuche, wie sehr sie auch variirt wurden, ohne Erfolg geblieben.“ — M. septicus Cohn. Rundliche, 0,5 Mikromillim. grosse Zellen, zu rosenkranzförmigen Ketten vereinigt oder bewegungslos in Haufen dichtgedrängt an einander liegend. Wird von vielen Beobachtern als in putriden Erkrankungsfällen und besonders bei Pyaemie, Septi- caemie und Mycosis intestinalis beim Menschen vorkommend angegeben. Speciell untersucht von Klebs,* nach welchem diese „Bacterien in die Safträume des Bindegewebes eindringen. Sie erregen Entzündung, Eiterung und im Knochenmark traumatische Osteomyelitis; in die Gefässe eindringend, verstopfen sie dieselben, oder sie gerathen in den Blutstrom und werden an Stellen abgesetzt, wo derselbe ruhiger ist; überall erzeugen sie Entzündung, Eiterung und Abscessbildung; sie erregen durch ihre Vegetation oder ein in ihnen enthaltenes Ferment chemische Umsetzungen in den Wundflüssigkeiten oder dem Blute, deren Product die fieber- erzeugende Wirkung, von der eigentlichen Fäulniss durchaus verschieden ist. Durch Thoncylinder abfiltrirt, hat die Wundflüssigkeit ihre Wirkung verloren.“? Cohn fand ferner das Serum einer soeben an epidemischem Puerperalfieber ver- storbenen Patientin ganz und gar erfüllt von Kugelbacterien und nach ihm hat Waldeyer die Bildung von Bacteriencolonien in allen Blut- und Lymphbahnen des Körpers bei Mycosis intestinalis als den wahrscheinlich einzigen Grund des rasch unter choleraähnlichen Symptomen erfolgenden Todes beobachtet. (Vgl. übrigens die unter M. diphtheriticus von Eberth angeführten Schlussbeobachtungen.) — M. bombycis Cohn (Microzyma bombyeis Bech.). Mit diesem Namen bezeichnete Bacterien werden von Pasteur* mit einer in Südfrankreich auftretenden conta- giösen Krankheit der Seidenraupen in Verbindung gebracht, welche von der Mus- cardine und Gattine verschieden ist und als Flaccidezza bezeichnet wird, während man die verstorbenen Thiere Morts flats oder Morts blancs nennt. Die "Bacterien finden sich in grosser Masse vorzüglich im Darme der kranken Raupen, nie in demjenigen der gesunden. ı Vgl. das unter Bacterium Termo Gesagte. ®2 Klebs, Zur pathologischen Anatomie der Schusswunden. Leipzig 1872. ® Nach Cohn a..a. 0. I, Heft 2, Seite 164. * Comptes rendus LXVI. p- 1289, 2# 20 , Bacteriaceae: Bacterium. 2. Bacterium Dujard. Die Stäbchenbacterien sind kurze eylindrische oder elliptische Zellen, welche während der Quertheilung paarweise zusammenhängen, sich nach vollendeter Theilung trennen, wobei sie mitunter noch eine kurze Zeit im Winkel an einander hängen (Fig. 2, b). Selten beginnen die Tochterzellen schon vor der Isolirung eine neue Theilung. Unter günstigen Lebensbedingungen, zu denen ausser hinreichender Nahrung besonders Sauerstoff gehört, sind sie sehr lebhaft spontan beweglich, doch so, dass Zeiten der Ruhe oft plötzlich mit beweg- lichen Zuständen abwechseln. Sie bilden keine Ketten oder Fäden, wohl aber vegetiren sie oft verbunden in Gallertmassen, die sich von den schleimigen Häuten und Ballen der Kugelbacterien in der Regel durch eine viel reichlicher entwickelte und festere Zwischensubstanz unterscheiden und daher auch nicht jenes feinge- körnte Aussehen der Micrococcus-Schleimmassen zeigen. — a. Zymogene Stäbchenbacterien. B. Termo Ehrbg. Cylindrisch, 2 bis 3 Mikromillim. lang, Dicke 1/),—"/, dieser Länge. Die Bewegung, welche die Zellen im freien Zustande zeigen, ist von der anderer Bacterien wenig verschieden. Die Zellen drehen sich um ihre Längsaxe und schwimmen vorwärts, dann wieder ohne umzukehren ein Stück zurück, oder fahren auch in Bogenlinien durchs Wasser, in der Regel nicht sehr schnell, gleichsam zitternd oder wackelnd, doch auch mit plötzlichem Sprunge raketenartig dahinschiessend, bald um die Queraxe gedreht, wie der Griff eines Bohrers, oft blitzschnell wie ein Kreisel, dann wieder längere Zeit ruhend, um plötzlich auf und davon zu fahren. Bacterium Termo findet sich zu Myriaden in allen faulenden Substanzen, namentlich in Wasser, das Fäulnissstoffe enthält. Es ist nicht ein zufälliger Begleiter der Fäulniss, kein Saprophyt, sondern die Fäulniss ist ein von diesen Bacterien erregter chemischer Prozess, der ohne dieselben nicht beginnt und in dem Maasse fortschreitet, als die Vermehrung der Fäulnissbacterien zunimmt, wie umgekehrt diese verschwinden, wenn die Fäulniss beendet ist. Durch die Untersuchungen der verschiedensten Forscher ist nachgewiesen, dass selbst sehr leicht faulende organische Substanzen, wie Fleisch, Eiweiss etc., durch Monate und Jahre hindurch unzersetzt bleiben, sobald sie vor dem Zutritt der Fäulnissbacterien geschützt werden und dass die Fäulniss derselben beginnt, sobald minimale Quantitäten bacterienhaltiger Flüssig- keit mit ihnen in Berührung kommen.! (Vgl. weiter Seite 16.) Zu erwähnen sind hier noch die Versuche von Traube und Gscheidlen,? welche ermitteln sollten, ob und in wie weit die lebenden Thierorganismen in ihrem Leibe Fäulnissbacterien zu vernichten im Stande sind. Die aus ihren Versuchen gewonnenen Schlüsse stellen sie in Folgendem zusammen: 1) Warmblüter vertragen die Infeetion erheb- licher Mengen bacterienhaltiger Flüssigkeiten ins Blut ohne dauernden Nachtheil. Durch diese Thatsache allein schon ist erwiesen, dass lebende Organismen sich gegen Fäulnissbacterien wesentlich anders verhalten als todte, die durch die kleinsten Mengen derselben durch ihre ganze Masse hindurch in Fäulniss versetzt werden. 2) Arterielles Blut, unter Abhaltung von Bacterienkeimen direct einem Kaninchen entnommen, dem 24 oder 48 Stunden vorher 1,5 Cubikcent. bacterien- haltiger Flüssigkeit in die Jugularis injieirt worden war, faulte selbst nach Monaten nicht, ein Beweis, dass die injieirten Bacterien innerhalb der kurzen Zeit bereits vernichtet waren. 3) Die Fähigkeit, Fäulnissbacterien unwirksam zu machen, be- sitzt das eirculirende Blut nur bis zu einem gewissen Grade. Injection sehr grosser Bacterienmengen ins Blut überdauern Kaninchen und Hunde meist kaum 24 bis 48 Stunden. In dem kurz vor dem Tode entnommenen Blute sind Fäulnissbacte- rien nachzuweisen. 4) Welchen Bestandtheilen oder Eigenschaften das lebende Blut die Fähigkeit verdankt, Fäulnissbacterien zu vernichten, gelang den Verfassern nicht zu ermitteln. Vermuthlich ist es der ozonisirte Sauerstoff der Blutkörper- chen, dem die Eigenschaft zukommt. Gewöhnlicher Sauerstoff befördert die Fäul- niss ungemein. 5) Nach den mitgetheilten Versuchen sind die Fäulnissbacterien nicht jene inficirenden Giftstoffe, die man bisher für so gefährlich ansah. Sie sind ihrer Wirkung nach wesentlich verschieden von den contagiösen Bacterien.‘ Die !. Näheres bei Cohn. a. a. O. * Ueber Fäulniss und den Widerstand der lebenden Organismen gegen die- selbe: Sitzungsber. der Schlesischen Gesellsch. f. vaterländ. Qultur, mediein. Section, 13. Febr. 1874, Bacteriaceae: Bacterium, Sareina. 9 Fäulnissbacterien wirken nicht inficirend, sondern, da sie sich im lebenden Orga- nismus nicht vermehren können, nur so weit, als ihre chemische Thätigkeit reicht. Contagiös wirken nur jene Bacterien, die sich im lebenden Organismus vermehren können. Auf dem Umstande, dass die Fäulnissbacterien, wenn sie in nicht zu grosser Menge in den Organismus gelangen, in diesem zu Grunde gehen, beruht der Bestand der organischen Welt. Vermehrten sie sich in den lebenden Thieren eben so leicht, wie in den todten, oder wie die Milzbrandbacterien in den lebenden Warmblütern, so würden die Thiere bei der enormen Verbreitung der Fäulniss- keime der Fäulniss zu keiner Zeit entgehen können. 6) Der Gegensatz der Fäul- nissbacterien gegen die contagiösen zeigt sich auch darin, dass erste die letzteren vernichten. 7) Auch in dem Magensafte besitzen die höheren Thiere ein mäch- tiges Antisepticum. Fäulnissbacterien, seiner Wirkung ausgesetzt, werden getödtet, wie daraus hervorgeht, dass sie sich dann in Pasteur’scher Lösung nicht mehr vermehren. — B. Lineola Cohn (Vibrio lineola Ehbg.). In allen Theilen dem B. Termo ähnlich, aber grösser, die Zellen cylindrisch, 3,5—5,25 Mikromillim. lang, etwa viermal so lang als breit, die Bewegung kräftiger, wie bei B. Termo. Findet sich im Brunnen- und anderem stehenden Wasser und in Aufgüssen aller Art nicht selten. — In diese Gruppe gehört vielleicht auch das Ferment der Essigsäure, die sogenannte Essigmutter, welches von Pasteur als Mycoderma aceti, von Kützing als Ulvina aceti beschrieben wird und nach Cohn’s Mitthei- lungen aus elliptischen Bacterien besteht, dem Bacterium Termo ähnlich, doch etwas grösser als die gewöhnliche Form desselben, und mit derselben Beweglich- keit. Nach Pasteur der stete Begleiter der Essiggährung, welcher den zur Oxy- dation des Alkohols nöthigen Sauerstoff der Luft entzieht und auf die Flüssigkeit überträgt. Ueber reine Hobelspäne läuft der Alkohol unverändert fort; es werden daher bei der Essigbereitung die verwendeten Hobelspäne etc. vorher mit Essig getränkt, mit dem der Pilz eingeführt wird. b. Chromogene Stäbchenbacterien. B. syneyaneum Schroet. Tritt oft in der Milch auf, indem zuerst auf der Oberfläche blaue Flecken wie Inseln erscheinen, und die Färbung von hier aus auf der Fläche wie in die Tiefe fort- schreitet und die ganze Milch färbt. Kleine Quantitäten blauer Milch können grosse Mengen gewöhnlicher Milch bläuen. Der blaue Bacterienfarbstoff stimmt in seinen Reactionen mit einem Anilinblau, dem Triphenylrosanilin, überein. Das Auftreten der Erscheinung wird nicht durch eine Krankheit der Kühe bedingt, sondern die Bacterien gelangen nach dem Melken in die Milch. — B. xanthi- num Schroet. In gekochter Milch auftretend, welche kurz nach der Infection sauer reagirt, mit der Zunahme der die ganze Flüssigkeit gelb färbenden Bacterien aber stark alkalisch wird. Der Farbstoff entspricht dem Anilingelb. — B. aeru- ginosum Schroet. In „grünem Eiter“, in welchem durch bewegliche Bacterien ein spangrüner Farbstoff erzeugt wurde, der in die Fäden der aufgelegten Charpie und Compressen hineinzieht. c. Pathogene Stäbchenbacterien. Hierher gehört wohl Nosema bom- bycis Näg. (Panhistophyton ovale Lebert). Zellen länglich oval, mit einigen Körnchen im Inneren; finden sich im Blute und in den Geweben bei der als Gat- tine oder Pebrine bezeichneten Krankheit der Seidenraupe und wurden anfänglich unter dem Namen der Cornaliaschen Körperchen (1856 von Cornalia entdeckt) als eine Modification der Blutkörperchen oder für Psorospermien gehalten oder mit Eiterzellen verglichen. Die ansteckende Krankheit ist auch erblich, insofern sich nach Pasteur die Bacterien oft schon in den Eiern finden, und durch Blätter, auf denen sich die Ausleerungen kranker Raupen finden, kann dieselbe in den Zuchträumen verbreitet werden. Zucht der Eier, welche gesunde Weibchen abgesondert legten, beschränken die Krankheit. 3. Sareina Goodsir.! Die ziemlich kugeligen Zellen theilen sich abwech- selnd nach den drei Richtungen des Raumes und stellen dann zuletzt kubische 1 Suringar, De Sareine; onderzoek naar de plantaardige natuur, den ligch- namsbouw en de antwikkelingswetten van dit organisme. Leuwarden 1865. Hier auch die bis dahin vorhandene Literatur angegeben. — Suringar, La Sarcine: Archiv Neerland. 1866. — Suringar, Ein Wort über den Zellenbau von Sarcina: Botan. Zeitung 1866, S. 269, DD] Bacteriaceae: Sareina, Bacillus. Familien dar, die über’s Kreuz geschnürten Packeten einer weichen Substanz gleichen (Fig. 3). Zellenkern vorhanden; Inhalt grünlich bis röthlichbraun schim- mernd; Membran mit Jod auf Cellulose reagirend, die oft behauptete Einlagerung von Kieselerde nicht vorhanden. — S. ventriculi Goods. In dem Erbrochenen bei Magenerweiterung, Magen- krebs ete. vorkommend, auch bei höheren Thieren beobachtet. 4. Bacillus Cohn. Die Fadenbacterien be- stehen aus verlängerten cylindrischen Gliedern, welche, wenn sie isolirt vorkommen, dem Bac- terium Lineola ähnlich sind, durch Quertheilung aber vermehrt sich zu längeren oder kürzeren Fäden an einander reihen. Diese Fäden sind je- doch nicht an den Grenzen der Glieder (Zellen) eingeschnürt, wie die Rosenkranzketten der Kugel- bacterien, sondern durchweg walzenrund, den Os- cillarien gleichend. Alle Fadenbacterien der Gat- tung Bacillus bilden kurze, gerade Fäden; sie kommen oft in grossen Schwärmen, doch nur selten Fig. 3. Sareina ventrieuli Goods. Aus (bei Bacillus subtilis) in Gallertmassen (Zoogloea- dem Mageninhalte eines Magenkrebs- Form) eingebettet vor. Bewegliche und unbeweg- kranken. Zellengruppen in verschie- liche Zustände wechseln auch bei ihnen je nach denen Stadien der Theilung. der Anwesenheit oder dem Mangel an Sauer- Vergr. 1150. stoff ete. a. Chromogene Formen. B. ruber Frank. Fäden einzeln oder zu 2 bis 4 an einander hängend. Einmal in Leipzig auf der Oberfläche gekochten und ver- dorbenen Reises beobachtet, auf welcher diese Form eine lebhaft ziegelrothe, gleichmässig verbreitete Färbung veranlasst, die nicht mit derjenigen des Micro- coccus prodigiosus verwechselt werden darf. Die Färbung ist auf unverdorbenen Reis durch geringe Mengen auch hier übertragbar. -b. Zymogene Fadenbacterien. B. subtilis Cohn (Vibrio subtilis Ehrbg.). Fäden sehr dünn und zart, ihre Glieder oft schwer erkennbar, oft bis zu 20 und mehr und dann die Fäden bis zu 132 Mikromillim. lang. Gewöhnlich sind Doppel- glieder (von 12) und solche zu dreien (von 16 Mikromillim. Länge); isolirte Glieder von Bacterium Lineola schwer unterscheidbar. Die Bewegung der Fäden ist in hohem Grade lebhaft, von Ruhepausen unterbrochen, bald vor-, bald rückwärts, gewöhnlich zitternd, mit Drehung um die Längsaxe verbunden, sehr häufig schwin- gend wie ein Pendel. Die von Cohn schon früher bei dieser Art vermuthete Sporenbildung wird von demselben in jüngster Zeit genauer beschrieben. Darnach entwickeln sich in nicht gekochten Heu-Aufgüssen allerlei niedere Organismen, namentlich Bacterium Termo und Micrococcus, während in gekochten Heu-Auf- güssen selbst durch längeres Erwärmen auf 100° C. die Entwickelung von Orga- nismen nicht immer verhindert wird. Doch treten in diesem Falle nur Bacillen auf, die sämmtlich dem Bacillus subtilis angehören und bald an der Oberfläche ein fettglänzendes, irisirendes Häutchen bilden, das aus den in Schleim eingebet- teten Fäden besteht und sich durch Anlegen immer neuer Bacillus-Fäden an die Unterfläche verdickt und in diesem Stadium dann aus wirren Strängen und un- regelmässig dicht verflochtenen Knäueln besteht, die dem blossen Auge als weisse Schüppchen oder Flöckchen erscheinen. Dann treten in dem homogenen Inhalte der Fäden stark lichtbrechende Körperchen auf. „Aus jedem dieser Körperchen entsteht eine oblonge oder kurz cylindrische, stark lichtbrechende, dunkelcontou- rirte Spore; in den Fäden findet man daher die Sporen in einfache Reihen ge- ordnet. Die in Schleim eingebetteten Fadenbündel verhalten sich ebenso, wie die freien Bacillus-Fäden; in Folge dessen besteht das auf dem Aufguss schwimmende Schuppenhäutchen gar bald (schon am 3. oder 4. Tage) aus unzähligen parallelen Sporenreihen und ändert dadurch sein Lichtbrechungsvermögen, indem es von oben an kreideartig weiss erscheint. Sobald die Sporenbildung vollendet, sind die ein- zelnen Fäden in der Regel nicht mehr unterscheidbar,' und es macht den Ein- druck, als ob die Sporen völlig frei im Schleime lägen; doch verräth schon die Bacteriaceae: Bacillus. 23 lineare Anordnung noch immer ihre Entstehung im Inneren der Fäden. Allmählich lösen sich die Fäden wirklich auf, die Bacillenhaut wird zu einem verstäubenden Pulver aufgelöst, die Sporen fallen heraus und sinken auf den Boden der Flüssig- keit, wo sie sich massenhaft absetzen.“ Die Sporen sind 1,5—2,2 Mikromillim. lang und 0,8 dick. Je nachdem der Faden kürzer oder länger, finden sie sich zu zweien bis langen Ketten, durch Zerfallen des Fadens auch wohl einzeln. Wenn die Spore aus dem Faden frei geworden ist, zeigt sie eine zarte, anscheinend gallertartige Umhüllung (Sporenhaut) und stark lichtbrechenden Inhalt. In dem- selben Heuaufgusse scheinen die Sporen nicht zu keimen. Als Cohn jedoch eine kleine Portion in einen frischen Heuaufguss brachte, der durch stundenlanges Kochen völlig sterilisirt worden war, entwickelten sich bald zahlreiche Bacillen. Ihre Keimung wurde von Cohn verfolst, als derselbe eine geringe Menge Sporen, welche schon seit Monaten auf dem Boden eines gekochten Aufgusses abgelagert waren, mit einem frischen Tropfen in die feuchte Kammer des Mikroskop-Object- tisches brachte. „Die Sporen schwollen etwas an und trieben an einem Ende einen kurzen Keimschlauch; sie erscheinen nun als Köpfchenbacterien.?” Der stark lichtbrechende Körper der Spore verschwand bald; der Keimschlauch glich dann einem kurzen Bacillus-Stäbchen, das sich in Bewegung setzte, durch Quertheilung gliederte, dann fadenförmig verlängerte.“® Wenn mit Bacillus-Sporen Bacterium Termo eingeschleppt wurde, so misslangen die Keimungsversuche meistens, da letzteres sich rascher vermehrte und die Bacillen unterdrückte. Cohn schliesst aus seinen Untersuchungen über Bacillus subtilis: In gekochten Flüssigkeiten ent- wickelt sich nicht Bacterium Termo,* noch, so viel bis jetzt bekannt, ein anderer mikroskopischer Organismus, mit Ausnahme der Bacillen. In die benutzten Heu- aufgüsse mussten Sporen der letzteren hineinkommen, welche dem Heu anhafteten und geschrumpft und mit Wasser schwer benetzbar waren. So lange die Sporen nicht mit Wasser imbibirt und gequollen sind, können sie mindestens 15 Minuten, einzelne sogar 1—2 Stunden auf 100° erhitzt werden, ohne ihre Keim- fähigkeit zu verlieren; je länger das Kochen fortgesetzt wird, desto weniger Sporen bleiben keimfähig, desto unsicherer und zufälliger werden die Ergebnisse; bei schnellem Erhitzen über 100° werden alle getödtet. Wenn also Bastian® in seinen Rüben-Käse-Decocten Bacterien auftreten sah und die Entstehung derselben durch Urzeugung annahm, so meint Cohn, dass es in diesem Falle die im Käse einge- schlossenen Dauersporen der Labbacillen (siehe unten!) gewesen seien, welche der Kochhitze widerstanden und die Ansiedelung bedingten. Aus Controlversuchen Eidam’s schliesst Cohn weiter, dass bei einer Temperatur von 47—50° C. sich die Bacillen noch lebhaft vermehren und in normaler Weise zur Haut- und Sporen- bildung gelangen, während die übrigen im Aufguss vorhandenen Schizomyceten bei dieser Temperatur bereits zur Fortentwickelung unfähig wurden. Bei 50—55° hört jedoch alle Entwickelung auf; die Bacillen bilden weder Häute noch Sporen mehr, die vorhandenen Sporen dagegen behalten mindestens 17 Stunden ihre Keim- fähigkeit, einzelne scheinen sogar drei- bis viertägige Erwärmung auf 70—80° zu überdauern, während gewöhnlich die Aufgüsse bei 24stündigem Verweilen in 60° und darüber sterilisirt werden. — Bacillus subtilis ist nach den vorhandenen Untersuchungen von Cohn® auch bei der Käsebildung betheiligt; er findet sich in der Labflüssigkeit und wird mit dieser der Milch zugesetzt. Cohn betrachtet das Reifen des Käse, bei welchem die weisse, fade, süsse Käsemasse ihren pikanten Geschmack und Geruch, die durchscheinende Consistenz und gelbe Farbe erlangt, als einen durch B. subtilis erregten Gährungsprozess. Ferner ist nach Pasteur und Cohn dieselbe Art das Ferment der Buttersäuregährung. — B. Ulna Cohn. Fäden steif und dick, die einzelnen Glieder 10 Mikromillim. lang und 2 dick, ge- rade oder zickzackförmig gebrochene Ketten bildend (Fig. 2, ec), der Inhalt ein ı Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen II. S. 263; Tafel XI, Fig. 9—11. ®2 Cohn a. a. O. I. Heft 2, S. 145; Heft 3, S. 188. ® Cohn a. a. O. II. 265. * Natürlich wohl vorausgesetzt, dass auch ferner Bacterien von diesen Flüs- sigkeiten fern gehalten werden. ® Proceed. of the Royal Soc. 1873, No. 145. B’A. a. 0: LT Hein s. 190. = 24 Bacteriaceae: Bacillus, Leptothrix, Beggiatoa. dichtes Protoplasma mit dunkelen Körnchen. Zwischen anderen Bacterien zerstreut, theils in Aufgüssen (gekochtes Hühnereiweiss) vorherrschend. c. Pathogene Fadenbacterien. B. anthracis Cohn. Von B. subtilis nur durch Bewegungslosigkeit und die physiologische Wirkung verschieden. Von Pollender 1849 (veröffentlicht 1855) im Blute beim Milzbrand der Rinder entdeckt, von Brauell 1857, Davaine 1863, Bollinger 1872 und Anderen, zuletzt von Koch 1576 genauer untersucht.! Die auch auf andere Thiere und den Menschen (als Pustula maligna) übertragbare Krankheit ist im höchsten Grade ansteckend, jedoch nur dann, wenn in dem zur Verimpfung kommenden Blute Bacillen enthalten sind, die, im frischen Milzbrandblute eingetrocknet, einige Tage (unter günstigen Um-: ständen bis zu höchstens 5 Wochen) ihre Entwickelungsfähigkeit behalten. Bacillen- freies Blut, ebenso faules Milzbrandblut, in welchem die Bacillen durch das auf- tretende Baeterium Termo verdrängt worden sind, wirken nicht ansteckend (vgl. S. 20). Die vom Blute isolirten Bacillen bewirken stets Anthrax, während das Filtrat wirkungslos ist. Als physiologischer Filtrirapparat wirkt bei trächtigen milzbrandkranken Kühen nach den Angaben von Brauell, Zürn u. A. die Placenta: in dem Blute des Fötus finden sich keine Bacillen; das fötale Blut ist bei der Impfung stets ohne Wirkung, während das mütterliche Milzbrandblut die Krank- heit wieder erzeugt. Nach den Koch’schen, von Cohn u. A. revidirten Unter- suchungen bilden die Milzbrand-Bacillen Sporen in der bei B. subtilis geschilder- ten Weise und die Sporen keimen auch eben so. Eingeimpft, riefen die Sporen Milzbrand hervor. Wie lange ihre Keimfähigkeit im eingetrockneten Zustande dauert, kann nicht bestimmt angegeben werden; doch erzeugte noch 4 Jahre altes trockenes und Sporen enthaltendes Schafblut ausnahmslos tödtlichen Milzbrand. Hieraus sind nach Koch auch die verschiedenen weit aus einander gehenden Mei- nungen der Experimentatoren über die Wirksamkeit getrockneten Blutes zu er- klären, da der Eine frisch und schnell, der Andere langsam bei Zimmer- oder Sommertemperatur eingetrocknetes Blut verwendete; in dem ersteren konnten sich keine, in dem letzteren dagegen Sporen in den Bacillusfäden bilden. 5. Leptothrix Ktz. Von der Gattung Bacillus nur durch die sehr langen dünnen, undeutlich gegliederten Fäden verschieden. Im Wasser auf anderen Algen und Wasserpflanzen u. s. w., bei gewissen Krankheitsprozessen auch am mensch- lichen Körper beobachtet. — L. buccalis Rob. Auf dem Epithelium der mensch- lichen Mundhöhle, im Zahnbeleg und in hohlen Zähnen. Wird als Hauptursache der Zahncaries betrachtet. 6. Beggiatoa Trevis. Von Bacillus durch die starken, langen, mehr oder minder deutlich gegliederten, mit dunkelen Körnchen erfüllten Fäden verschieden, die sehr an Oseillaria unter den Cyanophyceen erinnern und mit dieser die kräftig schwingende Bewegung theilen, sich überhaupt von jener Gattung hauptsächlich nur durch das Fehlen des Farbstoffes unterscheiden. Finden sich theils in faulen- dem Wasser, stinkenden Gräben und in den Abflusswässern der Fabriken, theils in Mineralquellen, vorzüglich aber in allen schwefelhaltigen Thermen (Alpen- und Pyrenäenbäder, Aachen, Warmbrunn, Baden bei Wien u. s. w.), in denen sie als weisse, schleimige Massen den Boden des Wassers überziehen oder in schleimigen Flocken umherschwimmen. Sie bedingen nach Cohn’s? Ansicht die Entwickelung des Schwefelwasserstoffes in derartigen Thermen, indem sie die Schwefelverbin- dungen derselben zersetzen. Gestützt wird diese Annahme unter anderem darauf, dass das Wasser der Thermen von Landeck in Schlesien nach der Analyse Lothar Meyer’s, wenn es zugleich mit Beggiatoen in verschlossenen Glasflaschen vier Monate lang aufbewahrt wird, über fünfmal mehr freien Schwefelwasserstoff ent- hält (5,07—7,24 Cubikceent. im Liter, das frische nur 0,92—1,65 ie und dass ! Pollender, Mikroskopische und mikrochemische Untersuchungen des Milz- brandblutes: Casper’s Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Mediein XII. p. 103. — Da- vaine, Comptes rendus LVII. LIX. etc. — Brauell in Virchow’s Archiv XI. XIV. XXXVI — Bollinger im Centralblatt f. d. mediein. Wissensch. von Rosen- thal u. Senator 1872. p. 417. — Koch, Die Aectiologie der Milzbrand-Krankheit, begründet auf die Entwickelungsgeschichte des Bacillus Anthraeis: Cohn’s Beitr. z. Biologie der Pflanzen II. 277 — ete. etc. 2-Cohn, a. a. O. I. Heft 8,8. 173. Baeteriaceae: Vibrio, Spirillum, Spirochaete. 25 solches Wasser dann sehr stark riecht, während dasselbe, ohne Algen aufbewahrt, geruchlos und frei von Schwefelwasserstoff ist. Derselbe Untersucher erklärte es für zweifellos, dass die Algen die im Wasser enthaltenen Sulfate (insbesondere schwefelsaures Natron, wovon im Liter 0,0687—0,0822 Gramm) zu Schwefelwasser- stoff, resp. zu Schwefelnatrium zu reduciren vermögen. Nach Cramer bestehen die dunkelen Körnchen in den Fäden der Beggiatoen aus reinem Schwefel. ! 7. Vibrio Ehrbg. Fäden schwach wellig gebogen, entweder ( oder S, nicht in Gallerte vereinigt, aber manchmal zu zahllosen Schwärmen sich verfilzend. — V. Rugula Müll. 8—17,6 Mikromillim. lang, die kleinsten mit schwacher Bogen- krümmung, die langen in Theilung begriffen, die Doppelstäbchen oft im Winkel geknickt (Fig. 2, e), mit selbständiger Bewegung der beiden Hälften. Längere Formen kommen nicht vor, wohl aber kürzere, die sich besonders rasch der Quere nach wie eine Kurbel drehen, oder der Länge nach wie ein behender Aal dahin schwimmen; sie zeigen die Form eines S und eine Welle auf 5 Mikromillimeter Länge, im Ganzen das Glied nur 1 oder 1'/, Biegungen. Im Regenwasser, in Tümpeln, im Zahnschleim ete. — V. serpens Müll. Um die Hälfte dünner, nicht flexil, lockenähnlich, mit mehreren (3—4) flachen, regelmässigen, formbestän- digen Wellenbiegungen, bei der Rotation daher entweder 3—4 scheinbare Undula- tionen, oder bei sehr rascher Drehung eben so viele Anschwellungen zeigend. Länge mancher Fäden 11,5— 25,7, die Distanz zwischen zwei Wellen 5—6 Mikromillim.; die kürzesten Glieder noch in doppelter Welle gebogen. In verschiedenen Aufgüssen. 8. Spirillum Ehrbg. Kurze, schraubenförmige, starre, nicht beugsame Fäden, nur mit vor- und rückwärts schraubenförmiger Ortsbewegung. In faulenden Auf- güssen, zu denen Flusswasser genommen wurde, in dem die Spirillen hauptsächlich verbreitet zu sein scheinen. — 8. tenue Ehrbg. 4—15 Mikromillim. lang, Höhe der Schraubengänge und Durchmesser derselben etwa 2—3 Mikromillim., der Faden mindestens mit 1!/,, meist mit 2—5 Windungen. Bewegung äusserst rasch, oft zu dichten Haufen in einander verfilzt und fast unbewegt. — S. undula Ehrbg. Stär- kere Fäden mit weiteren (4—5 Mikrom.) Windungen, die Glieder gewöhnlich mit nur einer halben oder ganzen Windung, selten mit 11/,—3 Umgängen. — S. vo- lutans Ehrbg. Der Riese unter den Bacterien. Die gewöhnliche Länge ist 25,4 bis 30,0, die Dicke 1,5 oder etwas mehr, die Höhe jeder Spiralwindung 15,2, ihr Durchmesser 6,6 Mikromillimeter. Die Zahl der stets rechts gehenden Schrauben- gänge ist in der Regel 2,—3!/,; selten finden sich doppelte Spiralen von 6—7 Windungen. Die Theilung geschieht in der Mitte und jede der beiden Hälften hat 1Y,,—2 Windungen. Ausgezeichnet ist diese Art ferner dadurch, dass sie an jedem Ende eine lange, die Bewegung vermittelnde, schwingende Wimper besitzt (Fig. 2, f), die nur noch bei Ophidomonas sanguinea Ehrb. und OÖ. jenensis Ehrb. bekannt ist, zweien zu den Monaden gezählten Organismen, von denen sich die erstere wesentlich nur durch ihre rothe, die letztere nur durch olivenbraune Farbe von Spirillum unterscheidet. Ophidomonas sanguinea wurde nur einmal von Ehrenberg, neuerdings jedoch wieder von Cohn? beobachtet. 9. Spirochaete Ehrbg. Zellen zu freien, nicht in Gallerte liegenden, un- deutlich gegliederten, sehr langen, spiraligen, äusserst flexilen, mit rascher Orts- bewegung begabten Fäden vereinigt. — 8. plicatilis Ehrbg. In Sümpfen, doch nicht häufig. — S. Obermeieri Cohn. Im menschlichen Blute bei Febris recur- rens, von Obermeier entdeckt.” Nach Cohn finden sie sich „ausschliesslich im Blute der Recurrenskranken, nie in deren Secreten oder in anderen Organen, aus- nahmslos während der Paroxysmen, nie im fieberfreien Intervall, oder doch nur kurze Zeit nach den Anfällen. Sie werden mitunter erst 24 Stunden und selbst 2—3 Tage nach dem Anfang der Temperatursteigerung wahrgenommen; freilich können sie wegen ihrer Zartheit und raschen Undulation leicht übersehen werden; oft wird man erst durch die Ortsveränderungen der Blutkörperchen, die sie in Be- wegung setzen, auf sie aufmerksam gemacht. In der Leiche sind die Schrauben- fäden nicht zu finden. Die Schraubenwindungen der Fäden sind unveränderlich, ! Chr. Müller, Chemisch-physikalische Beschreibung der Thermen von Baden in der Schweiz. Baden 1870. 2A. a. O: L HBeit3,8.169, Taf. VI. Fig. 15. Cohn, ©’ OalvHett’3,'8. 196, Taf: VI. Fie.N16. 26 Bacteriaceae. Saccharomyecetes. durchaus gleichförmig in den verschiedenen Exemplaren; die Länge der Fäden beträgt bis zu 1'/,—6, nach anderen Angaben bis zu 26 des Durchmessers der Blutkörperchen. In der Höhe des Fiebers erscheinen die Fäden steifer, gerade gestreckt; wird aber gegen das Ende des Paroxysmus ihre Bewegung langsamer, so zeigen sie mehr pendelartigse Schwingungen; sie rollen sich auch ringförmig, oder wie eine 8 zusammen; die Wellenbewegungen dauern am längsten fort, wenn die Ortsveränderung schon aufgehört hat.“ Die Rolle der Sp. Obermeieri bei den pathologischen Vorgängen des Recurrens ist noch eben so dunkel, wie ihr perio- disches Verschwinden und Wiedererscheinen im Blute der Kranken. 4. Ordnung. Saccharomycetes. 9. Familie. Saccharomycetes.! . Die Hefepilze sind stets einzellige Protophyten, ihre Zellen rundlich, oval, schief elliptisch bis spindelförmig, mit zarter Cellulosemembran und mit fein- körnigem, gewöhnlich einzelne grössere Fetttröpfchen und eine oder mehrere Vacuolen zeigen- dem Protoplasma ohne Zellkern (Fig. 4, a). Ihre gewöhnliche Vermehrung findet durch die so- genannte hefeartige Sprossung statt. Durch local stärkeres Wachsthum der Zelle bekommt letztere meistens an einem der beiden Enden eine kleine bla- sige Ausstülpung der Membran, in welche sofort ein Theil des Protoplasmas tritt, die durch einen mehr oder minder engen Canal mit der Mutterzelle in Verbindung bleibt (Fig. 4, b) und allmählich zu grösseren Di- mensionen heranwächst, wobei ihre anfängliche Kugelgestalt nach und nach in die Form der Mutterzelle übergeht. Schliess- lich löst sie sich, vorher durch eine an der Verbindungsstelle auftretende Scheidewand abge- grenzt, früher oder später von ihrer Mutterzelle los, um selb- ständig weiter zu sprossen. Ge- Fig. 4. Saccharomyces cerevisiae Meyen. « Einzelne Bier- wöhnlich treten aber noch wäh- hefezelle. b Eine solche im Anfange der Sprossung. c Zelle, rend die erste Sprosszelle nn welche neben der schon weiter ausgebildeten Sprosszelle be- Wachsthum begriffen ist, neue reits eine zweite entwickelt. d Sprosscolonie. e Hefezelle Sprossungen an dem entgegen- mit vier Brutzellen, welche noch keine Membran besitzen. gesetzten Ende der Hefezelle f Hefezelle mit zwei Brutzellen, deren Membran völlig aus- oder unmittelbar neben der er- gebildet ist. g Eine Brutzellengruppe, deren eine Zelle in sten Tochterzelle auf (Fig. 4, ce) Sprossung begriffen ist. h Ebensolche noch weiter entwickelt. die zur Grösse der Mutterneile e—h nach Reess. h 750fach vergrössert, die übrigen Figuren . ae heranwachsen und noch mit £ dieser in Verbindung bereits weiter sprossen, so dass strauchartig verzweigte „Sprosscolonien“ entstehen (Fig. 4, d), deren Zellen erst später sich von einander trennen. Bei Mangel an Nährstoffen ! Aus der sehr umfangreichen Literatur einige neuere Schriften: De Bary, Ueber Schimmel und Hefe in: Sammlung gemeinverständlicher wissensch. Vorträge von Virchow und Holtzendorf, Heft 87 u. 88. — Reess, Botanische Untersuchungen Saccharomycetes: Alkoholgährung. DM und ergiebigem Luftzutritt findet bei wilder Hefe sehr leicht, bei Culturhefen nur unter besonders günstigen Verhältnissen eine zweite ungeschlechtliche Art der Vermehrung durch Brutzellen statt. Das gesammte Protoplasma der einzelnen Hefezelle zerfällt binnen 24 Stunden simultan in 2—4 kugelige Portionen (Fig. 4, e), welche sich mit einer allmählich dicker werdenden Membran umhüllen (Fig. 4, f) . und im Stande sind, eingetrocknet mehrere Monate hindurch ihre Keimkraft zu ‘ bewahren, während diese bei den gewöhnlichen Sprosszellen der wilden Hefe nach 4 Wochen, bei der Culturhefe schon nach 14 Tagen verloren gegangen ist. Die weitere Entwickelung der Brutzellen findet so statt, dass sie nach Zerstörung der Mutterzellenmembran wie die gewöhnlichen Sprosszellen der Hefe aussprossen (Fig. 4, g und Rh). Eine dritte Art der Vermehrung ist nicht bekannt und die auch jetzt oft noch aufgestellte Behauptung, die Hefe sei nur der unvollkommene Ent- wickelungszustand höherer Pilzformen (Penieillium, Mucor ete.), falsch. Noch nie hat ein sorgfältiger Forscher, der unter Beobachtung aller Vorsichtsmaassregeln völlig reine Hefe ceultivirte, aus dieser ein Penicillium oder einen Mucor hervor- gehen sehen, oder umgekehrt aus diesen Pilzen (vgl. die betreffenden Gattungen) echte Hefe erzogen. Dass bei Massenculturen gewöhnlicher Hefe die genannten Pilze auftreten, hat seinen Grund einzig und allein in dem Umstande, dass der- artige Hefen ausser anderen Dingen (Stärkekörner, Reste verschiedener organischer Substanzen etc.) auch die Sporen der genannten und anderer Schimmelpilze als Verunreinigungen enthalten, wie dies bei der Verbreitung dieser Organismen auch kaum anders zu erwarten ist. Eben so unrichtig ist die Behauptung eines gene- tischen Zusammenhanges zwischen Bacterien und Hefe. Die Hefezellen leben an der Oberfläche organischer Substanzen oder in zuckerhaltigen Flüssigkeiten. Am besten bekannt sind diejenigen Hefepilze, welche in letzteren Substanzen die Alkoholgährung erregen, obgleich gerade die Art und Weise, wie die Hefe bei der Gährung wirkt, zur Zeit durchaus noch nicht klar gelegt ist, vielmehr die widersprechendsten Ansichten einander gegenüber stehen. Nachdem Gay-Lussac 1810 nachgewiesen, dass der Zucker das Material für den Gährungsprozess bilde, indem er in Alkohol und Kohlensäure gespalten. werde, untersuchten die Botaniker Persoon, Desmazieres, Meyen und Kützing den schlam- migen Bodensatz aus vergohrenen Flüssigkeiten und erkannten als Hauptbestand- theil desselben einen einzelligen Organismus, den Desmazieres zuerst für ein In- fusorium hielt, später jedoch als Pilz erklärte und den Persoon als Mycoderma und Meyen als Saccharomyces zu den Pilzen stellten, Kützing als Cryptococcus zu den Algen rechnete. Cagniard de Latour beobachtete dann die Sprossung der Hefezellen und vermuthete den ursächlichen Zusammenhang der Gährung mit dem Vegetationsprozesse der Hefe, der durch Schwann’s Experimente bestätigt wurde. Alle diese Untersuchungen fallen in die Jahre von 1822—1837. Berzelius und Mitscherlich, welche sich 1843 mit der Frage beschäftigten, wie die Hefe die Gäh- rung hervorrufe, fanden keine Erklärung des Vorganges, so dass sie schliesslich die Hefe als Contactsubstanz wirken liessen. Zu derselben Zeit trat Liebig mit einer Theorie der Gährung auf, indem er die Hefe zu den Fermenten stellte, d. h. zu Stoffen eiweissartiger Natur, die bei eigener leichter Zersetzbarkeit auch in anderen Verbindungen Spaltungen hervorrufen. Er verliess dabei die klaren Unter- ‚suchungen seiner Vorgänger, welche die Hefe als lebenden Organismus hingestellt hatten, sprach sich sogar scharf gegen eine derartige Ansicht aus. Erst Pasteur begründete 1857 wieder die von Schwann angestellten Experimente, dass die lebende Hefe die Gährung errege und erklärte die Gährung selbst dadurch, dass er sagte: die Hefe lebt bei Gegenwart von freiem Sauerstoff ohne Gährung zu er- regen wie alle Organismen; findet die Hefe aber den Sauerstoff nicht frei vor, so über die Alkoholgährungspilze. Leipzig 1870. — Brefeld, Untersuchungen über die Alkoholgährung, in: Sitzungsberichte d. physikal.-mediein. Gesellsch. zu Würzburg 1573; Ueber Gährung, in: Landwirthschaftl. Jahrbücher von Nathusius u. Thiel, IH und folgende; Beobachtungen die Biologie der Hefe betreffend, in: Sitzungsber. d. Gesellsch. naturforsch. Freunde zu Berlin 1875. — Pasteur, in Comptes ren- dus seit 1860 und in den Ann. de Chim. et de Phys.; Etudes sur le vin, Paris 1873. — Die neueren Arbeiten von Brefeld, Traube, Ad. Mayer u. A. namentlich in den Sitzungsber. d. deutschen chem. Gesellsch. Neue Folge, Band 7 u. folgende. An den meisten Orten sind die älteren Arbeiten eitirt, 28 Saecharomycetes: Alkoholsgährung. nimmt sie ihn aus ihr zusagenden sauerstoffreichen Verbindungen, hier vom Zucker, dessen Gleichgewichtszustand dadurch gestört wird und der dadurch in Alkohol und Kohlensäure zerfällt (unter gleichzeitiger Bildung von etwas Glycerin und Bernsteinsäure). Trotz späterer Veröffentlichungen Liebig’s wurde Pasteur’s Theorie allgemein bis in die Neuzeit anerkannt. Gestützt auf eine Reihe von Untersuchungen stellte dann Brefeld in den Jahren 1873 und 1874 folgende Sätze auf: „1) Die Alkoholhefe hat, wie alle Pflanzen, zu ihrer vegetativen Entwickelung und Vermehrung die Mitwirkung des freien Sauerstoffs nöthig. 2) Bei Luftabschluss, beim Abschluss vom freien Sauer- stoff kann die Hefe in Nährlösung nicht wachsen. 3) Es ist unrichtig anzunehmen, dass die Hefe statt freien; gebundenen Sauerstoff für ihre Entwickelung und Ver- mehrung aus sauerstoffreichen Verbindungen, wie z. B. Zucker, entnehmen kann. 4) Es ist weiter unrichtig, dass auf dieser der Hefe zuerkannten Eigenthümlich- keit, von gebundenem Sauerstoff zu vegetiren, zu wachsen, der Prozess der Gäh- rung beruht. 5) Die nicht wachsende, vom Zutritt des freien Sauerstoffs abge- schlossene Hefezelle erregt in Zuckerlösung alkoholische Gährung. 6) Die Hefe geht in diesem Falle allmählich in einen eigenthümlichen Zustand über, in welchem sie sich durch gleichmässigen körnchenfreien Inhalt, Mangel an Vacuolen, starkes Lichtbrechungsvermögen und dieke Membranen in höchst charakteristischer Weise’ von der wachsenden sprossenden Hefe auszeichnet. In Wasser quillt die in diesem Zustande noch lebende Hefe von Neuem auf und zeigt nun das bekannte Ansehen der theilweise vergohrenen Zellen, wie sie in den Gährbottichen nach der Gährung und auch im Handel vorkommen. 7) Die Gährung ist der Ausdruck eines abnor- malen unvollkommenen Lebensprozesses, bei welchem die zur Ernährung der Hefe nothwendigen Stoffe: Zucker, stickstoffhaltige und mineralische Bestandtheile und freier Sauerstoff, nicht alle gleichzeitig und harmonisch zusammenwirken zum Wachsthum der Hefe. Der hierzu allein oder im Missverhältnisse zu den übrigen Nährsubstanzen aufgenommene Zucker wird von der Hefezelle in Kohlensäure, Alkohol ete. zersetzt wieder ausgeschieden. 8) Die Hefe vermag diesen abnor- malen Lebensprozess unter langsamer Abschwächung ihrer Lebenskraft wochen- lang fortzusetzen. Allmählich gährt sie sich zu Tode, wenn der Zuckergehalt der Nährlösung weiter reicht als ihre Lebenskraft. Ist dies nicht der Fall, der Zucker der Nährlösung vergohren, die Kraft der Hefe nicht erschöpft, so vermag sie wenigstens 9 Monate lang in dem in 6 geschilderten Zustande lebensfähig auszu- dauern. 9) Die Hefezelle hat in ihrer Nährlösung eine grosse Anziehung zum freien Sauerstoff; sie vermag so in Kohlensäure zu wachsen, welche weniger als "/go0o Volumen freien Sauerstoff enthält, um den Sauerstoff vollständig aufzunehmen. Die Hefe ist durch diese Eigenschaft als ein äusserst feines Reagens auf freien Sauerstoff anzusehen. 10) Diese Anziehung zum freien Sauerstoff ist eine beson- dere Eigenthümlichkeit der Hefe; sie kommt den Schimmelpilzen, mit Ausnahme des Mucor racemosus und seiner nächsten Verwandten! nicht zu. 11) Durch die starke Anziehung der Hefe zum freien Sauerstoff, verbunden mit ihrer Eigenthüm- lichkeit, in Flüssigkeiten zu leben, sich sehr schnell zu vermehren und zu wachsen, tritt in den flüssigen Medien, worin die Hefe wächst, leicht Mangel an freiem Sauerstoff und damit die Erscheinung der Gährung ein, wie z. B. in den Braue- reien, in der Technik; mit andern Worten, die Hefe bringt sich selbst in abnor- , male Lebensverhältnisse. 12) Es lässt sich nachweisen, dass die Hefe unter den geeigneten Umständen bei normaler Ernährung wächst ohne Gährung zu erregen, es lässt sich weiter sicher stellen, dass Gährung ohne Wachsthum der Hefe ein- tritt. 13) In Nährflüssigkeiten, welche mit ihrer Oberfläche der Luft ausgesetzt sind, erfolgt Wachsthum und Gährung an verschiedenen Stellen zugleich, die Gäh- rung dort, wo der freie Sauerstoff verzehrt ist, das Wachsthum dort, wo er noch vorhanden und von Neuem zutreten kann. 14) Da Wachsthum und Gährung nach der Gegenwart und dem Mangel von Sauerstoff in der Nährflüssigkeit sich ab- lösende Erscheinungen sind, so ist vom theoretischen Standpunkte aus die Möglich- keit nicht ausgeschlossen, dass Wachsthum und Gährung eine kurze Zeit in einer Hefezelle zugleich stattfinden können, dass also die wachsende Hefezelle den im lies zum gebotenen freien Sauerstoff aufgenommenen Zucker ver- gähre.‘ ! Vgl. die Familie der Mucorineen. Saecharomyeetes: Alkoholgährung. 29 Diesen Sätzen stellte Traube 1874 folgende Resultate seiner Untersuchungen entgegen: „1) Hefekeime entwickeln sich ohne freien Sauerstoff selbst in dem ihrer Entwickelung günstigen Medium, in Weintraubensaft, nicht. 2) Dagegen ver- mag sich entwickelte Hefe, wie Pasteur richtig behauptet (die entgegengesetzte Behauptung Brefeld’s ist unrichtig) auch ohne Anwesenheit jeder Spur von Sauer- stoff in geeigneten Medien zu vermehren. 3) Die Behauptung Pasteur’s, dass die Hefe bei Ausschluss der Luft den zu ihrer Vermehrung nöthigen Sawerstoff aus dem Zucker entnehmen könne, ist unrichtig, denn ihre Vermehrung hört auf, wenn auch der bei weitem grösste Theil des Zuckers unzersetzt ist. Es sind die beigemensten Eiweisskörper, die die Hefe bei Ausschluss der Luft zu ihrer Ver- mehrung verwendet. 4) In reiner Zuckerlösung verursacht Hefe alkoholische Gäh- rung auch bei Abwesenheit jeder Spur von Sauerstoff und ohne sich hierbei zu vermehren, Die Behauptung Pasteur’s, die Gährung des Zuckers sei an den Pro- zess der Organisation der Hefe geknüpft, ist unrichtig. 5) Während Weintrauben bei Ausschluss der Luft Alkohol aus ihrem Zucker erzeugen, auch wenn sie stark verletzt sind, hat der ausgepresste Saft diese Eigenschaft nicht mehr. 6) Hieraus ist aber nicht mit Nothwendigkeit zu schliessen, dass die alkoholische Gährung ein vitaler, von der Lebensthätigkeit der Zellen abhängiger Prozess sein müsse.“ Auch spätere Untersuchungen halten im Wesentlichen an diesen Sätzen fest, doch führt Traube noch eine Hypothese aus, welche einige experimentelle Widersprüche mit Brefeld beseitigen soll. Die Hefe soll sich bei Ausschluss des Sauerstoffs auf Kosten von Fiweissstoffen vermehren, daher der Gehalt der umgebenden Nähr- lösung an diesen für ein kürzeres oder längeres Fortvegetiren maassgebend sein. Sind die Eiweissstoffe verbraucht, so muss Sauerstoff vorhanden sein, um sie aus den stickstoffhaltigen Spaltungsprodukten und Zucker neu zu erzeugen. Gestützt wird diese Hypothese durch Untersuchungen, nach welchen in luftfreien Gährungs- gemischen um so mehr Hefevermehrung eintritt, je mehr eiweisshaltige Nährlösung zugegen ist. Die Entgegnungen Brefeld’s fussen namentlich auf dem Ausdrucke „Hefekeime“, gegenüber der „entwickelten Hefe“. Da es allein denkbar war, dass die Brutzellen der Hefe als Keime im Gegensatze zu den gewöhnlichen Hefezellen zu deuten sind, so stellte Brefeld auch mit diesen Versuche an, welche zeigten, dass zwischen Brutzellen und Sprosszellen in Bezug auf die Entwickelung kein Unterschied besteht. Die weiteren Streitfragen können hier nicht erörtert werden. Nur die Re- sultate A. Mayer’s mögen noch einen Platz finden. Derselbe sagt: „l) Die Ath- mung von freiem Sauerstoff ist nicht für alle niedrigste Organismengruppen noth- wendig, damit diese die Erscheinungen des Zellenwachsthums und der Zellenver- mehrung zeigen. 2) Beim Bierhefepilz kann, so weit bis jetzt die Untersuchungen reichen, bei Abschluss von Sauerstoff ein weiteres Wachsthum stattfinden; allein dasselbe ist jedenfalls sehr unbedeutend und von Zeit zu Zeit muss wieder Sauer- stoffathmung stattfinden, damit die Entwickelung des Hefepilzes normal verläuft. 3) Dauert der vollständige Abschluss vom Sauerstoff längere Zeit, so hört das Wachsthum des Hefepilzes gänzlich auf; aber dessen Lebensfähigkeit ist noch nicht erloschen. Dieselbe zeigt sich in der Gährungserregung. 4) Dauert der Sauerstoffabschluss noch länger fort, so werden die Veränderungen an den Hefe- zellen grösser und immer mehr äusserlich wahrnehmbar. Schliesslich hören die Zellen auf, Gährung zu erregen und sind, normalen Bedingungen zurückgegeben, unfähig von Neuem zu keimen oder irgend welche Lebenserscheinungen zu zeigen; sie sind ausgegohren und todt. 5) Durch reichliche und gleichmässige Sauerstoff- zufuhr ist es möglich, die Hefepilze vegetiren zu lassen, ohne dass sie gleichzeitig Gährung erregen. Die Regel ist aber, dass sie, und zwar dieselben Individuen, zugleich gähren und eine mässige Sauerstoffathmung unterhalten, wodurch sie zum dauernden Wachsthum befähigt sind. 6) Die Gährung kann als eine Art Stellver- tretung für die Sauerstoffathmung betrachtet werden, insofern sie bei lebenskräf- tigen Zellen um so mehr Platz greift, je vollständiger man die letztere unterdrückt, und insofern die Gährungsbefähigung einem Organismus die Möglichkeit gewährt, längere Zeit beim Abschluss von Sauerstoff sein Leben zu bewahren. Allein die Stellvertretung jener inneren Athmung ist keine ganz vollständige, für alle ein- zelnen Functionen dauernd mögliche.“ Bei der Gährung des Bieres werden bekanntlich bestimmte Mengen von Hefe der Würze zugesetzt, während der Most ohne solchen Zusatz zum Weine vergährt. * 30 Saecharomyeetes. Als Gährungserreger in der Bier- und Branntweinbereitung benutzt man die bei einer vorhergehenden Gährung gewonnenen Hefen, also Culturpflanzen; bei der Mostgährung die wilde, der Oberfläche der Weinbeeren anhaftende Hefe. Die verschiedenen in Cultur befindlichen Hefen sind als verschiedene Culturracen auf- zufassen, welche von der wilden natürlichen Hefe abstammen,! und es bedarf nur geringer Erwägung, wie und wodurch sie zu Culturpflanzen wurden. Die Wein- gährung, ®elche mit der in der Natur vorkommenden Stammpflanze ausgeführt wird, beweist, dass diese die gleiche Gährung erregende Kraft bereits besitzt, wie die Culturhefe. Die Fähigkeit der Hefe, Gährung zu erregen, gegohrene Getränke herzustellen, ist eben das Motiv, durch welches die Hefe zur Culturpflanze wurde. Nichts kann näher liegen, als die Beobachtung beim vergohrenen Weine, dass die Gährung erregende Substanz der aus Hefe bestehende Absatz ist, denn er vermag wieder zuckerhaltige Säfte in Gährung zu versetzen. Indem man diese nach Be- dürfniss künstlich herstellte, wandte man zur Vergährung den Bodensatz an, der sich beim Wein absetzte, und indem man ihn mit Vortheil immer wieder verwen- dete und stets in.rationeller Weise verwendete, wurde die Hefe Culturpflanze weit vor der Zeit, ehe man auch nur eine Ahnung davon hatte, dass sie eine Pflanze sei. Mit fortschreitender Cultur, mit fortschreitendem Bedürfnisse nach verschie- denen geistigen Getränken wurde die Verwendung des Satzes eine verschiedene, und je nach den verschiedenen Lebensverhältnissen haben sich die verschiedenen Racen der Hefe ausgebildet, die wir jetzt in unseren Culturen besitzen. So leicht und naheliegend, wie es einst in weit zurückliegender Vergangenheit war, die wilde Hefe zur Culturpflanze zu machen, ganz eben so leicht ist es, sie jetzt noch jeden Augenblick von Neuem in Cultur zu nehmen, weil sie mit der Eigenschaft ausgerüstet, die ihre Cultur bedingt, nämlich die alkoholische Gährung zu erregen, in der Natur allverbreitet vorkommt. Der gährende Wein liefert hierfür das vor- züglichste Material und es mag dahingestellt bleiben, ob es nicht für viele Fälle der Gährungstechnik vortheilhaft sein könnte, die Culturhefe zu verlassen und zur wilden Stammpflanze zurück zu gehen. „Die Hefe kommt in der Natur allverbreitet vor, sie findet sich in der Luft, im Staube, namentlich auch auf den Blättern und Früchten der Pflanzen, äusser- lich haftend, wohin sie durch die Luft gelangt ist. Ueber der Ermittelung des Vorkommens der Hefe in der Natur hat man aber den eigentlichen Standort, wo sie lebt und wächst, von dem aus eine so allgemeine Verbreitung möglich ist, wie es scheint, ganz vergessen. Von der Luft allein kann die Hefe nicht leben, eben so wenig bieten ihr die Oberflächen der Blätter und Früchte die Hülfsquellen zur weiteren Entwickelung; eindringen in diese Substrate kann sie gleichfalls nicht, zahlreiche Untersuchungen nach dieser Richtung überzeugten mich hiervon, und der zufällig durch Platzen der Zellen aus süssen Früchten austretende Saft ge- stattet nur eine höchst dürftige Vegetation. Der Standort, der eigentliche Bildungs- resp. Entwickelungsheerd 'der Hefe muss nothwendig ein anderer sein, und nach meinen vorläufigen Untersuchungen habe ich Grund anzunehmen, dass sich die Sache folgender Art verhalten dürfte. Es ist das natürliche Schicksal vieler Blätter und Früchte, dass sie von Thieren und Menschen verzehrt werden. Hierdurch wird die Hefe, die an der Oberfläche haftet, in den thierischen Leib eingeführt. In diesem erleidet sie nicht bloss keine schädliche, vielmehr eine günstige Beein- flussung ihrer Entwickelung. Sie entwickelt sich, durch die Wärme begünstigt, dort weiter und findet sich dementsprechend in den Fäces der pflanzenfressenden Thiere in Menge vor. In diesen schreitet die Entwickelung fort, so weit es mög- lich ist, und von diesen geht später die Verbreitung aus, die durch die Luft statt- findet. Gerade im thierischen Leibe walten auch die besonderen Verhältnisse ob, unter denen der Ursprung der besonderen physiologischen Eigenschaften der Hefe, vornehmlich die Erregung der Gährung, allein denkbar ist.“? Saccharomyces Meyen. Kennzeichen wie oben. Reess unterscheidet fol- gende Formen, resp. Arten der Alkoholgährung: S. cerevisiae Meyen (Crypto- cocceus cerevisiae Ktz., Hormiscium cerevisiae Bail, Torula cerevisiae Turpin). Sprosszellen meist rundlich oder oval, ihr grösster Durchmesser 8—9 Mikromillim., ' Brefeld, Sitzungsber. d. Gesellsch. naturforsch. Freunde zu Berlin, 1875. * Brefeld, Sitzungsber. d. Ges. nat. Freunde, Berlin 1875. * Saecharomyeetes. 31 bei langsamer Vegetation bald isolirt, bei rascher verzweigte kurze Zellenreihen bildend; Brutzellen (siehe oben $. 27) meist 3—4, ihr Durchmesser 4—5 Mikro- millimeter. Fermentpilz der Bier- und Branntweinhefe; in grossen Bottichen unter geeigneten Verhältnissen cultivirt, ohne dass er zur Vergährung verwendet wird, liefert er die Kunsthefen (Presshefen). Seine mittlere Vegetationstemperatur liegt. zwischen +8 und 35° C., sie erlischt unter +3°, ohne dass der Pilz getödtet wird; selbst die bis auf —60°, nach anderen Angaben auf —90, ja —113° abge- kühlte Hefe soll noch vegetationsfähig sein. Im Wasser erwärmt, wird die Hefe bei 75° bereits getödtet; trocken soll sie nach einigen Angaben +100° und selbst 130° einige Stunden ertragen können. Die Hefe der Obergährung (Braun- und Weissbiere, Ale, Porter etc.) und Untergährung (bairisches Bier, Lagerbier) sind botanisch nicht verschieden, sondern nur Varietäten, die sich im Laufe der Zeit den üblichen Züchtungsbedingungen (Temperatur der Ober- und Untergährung) so angepasst haben, dass der Pilz der Oberhefe in Untergährung und umgekehrt, der- jenige der Unterhefe in Obergährung schlecht gedeiht und keine technisch tadel- lose Gährung erregt und unterhält. Doch lässt sich durch geeignete Culturen die eine Form in die andere überführen. Die Brit. Pharm. (pag. 77) hat die Hefe als Cerevisiae Fermentum aufgeführt (Präparat: Cataplasma Fermenti, p. 74). — 8. ellipsoideus Reess. Sprosszellen ellipsoidisch, ihr Längsdurchmesser meist 6 Mikromillim. Brutzellen bis 4, am häufigsten zu 2, ihr Durchmesser 3 bis 3'/, Mikromillim. Sonst wie vorige, Form. Hauptsächlichster Alkoholfermentpilz der spontanen Gährungen, zumal der Haupt- und Nachgährung des Weinmostes. — S. conglomeratus Reess. Sprosszellen rund, von 5—6 Mikromillim. Durchmesser, zu Knäueln verbunden, welche dadurch entstehen, dass aus der Achsel zweier älterer Zellen, bevor diese in der Richtung ihrer gemeinsamen Längsaxe zu einer Zellreihe weiter sprossen, meist gleichzeitig mehrere Sprossungen als Verzwei- gungen entstehen. Brutzellen zu 2—4, welche bei der Keimung die Knäuel wieder herstellen. Auf faulenden Trauben und in der Weinhefe zu Anfang der Gährung. — S. exiguus Reess. Sprosszellen kegel- oder kreiselförmig, mit 5 Mikromillim. Längsdurchmesser auf 2,5 grösstem Querdurchmesser. Sprossverbände spärlich ver- zweigt. Brutzellen zu 2—3 in einer Längsreihe. Unter der Nachgährungshefe des Bieres. — S. Pastorianus Reess. Sprosszellen bei langsamer Vegetation gleich- artig, oval. Bei üppiger Vegetation entwickeln sich verzweigte Colonien, welche aus keulenförmigen, 18—22 Mikromillim. langen primären und rundlichen oder ovalen, 5—6 Mikromillim. messenden secundären bestehen. Brutzellen zu 2—4, ihr Durchmesser 2 Mikromillim. In der Nachgährungshefe bei Weinen, Obst- weinen und selbstgährigen Bieren. — S. apiculatus Reess. Sprosszellen eitronen- förmig, an beiden Enden mit kufzem Spitzchen versehen, 6—8 Mikromillim. lang und 2—3 durchschnittlich breit, manchmal sich kurz fadenartig streckend. Neue Sprossungen nur an den Spitzchen der Mutterzellen entstehend, meistens sich so- fort ablösend, selten kaum verzweigte und wenigzellige Sprosscolonien liefernd. Brutzellen nicht bekannt. Häufiger, aber nicht immer vorhandener Alkoholferment- pilz bei der Wein-Hauptgährung, bei der Nachgährung stets zurücktretend; auch bei anderen Selbstgährungen. Von anderen Arten mögen erwähnt sein: S. Mycoderma Reess (Mycoderma vini und M. cerevisiae Desm., Hormiscium vini und H. cerevisiae Bonord., nicht Bail).. Sprosszellen oval, elliptisch oder cylindrisch, durchschnittlich 6—7 Mikro- millim. ‚lang und 2—3 dick, reich verzweigte Colonien bildend, in denen sehr häufig die Zweige wiederholt zu dreien geordnet sind. Nach Cienkowski! treiben die Mycodermazellen auch in einen kurzen, ziemlich dicken Schlauch (Mycelium) aus, der sich durch eine etwa in der Mitte auftretende Querwand in zwei Zellen gliedert, und an dieser Stelle bald darauf knieartig gebrochen wird. Jedes Stück treibt an seinem Ende einen Spross, der abermals zum Schlauche heranwächst, sich theilt u. s. w.' Diese Entwickelung findet vorzüglich in geeigneter Nähr- flüssigkeit (verdünntem Wein), die gewöhnliche Sprossbildung bei dauernder Ein- wirkung der Luft statt. Auf feuchte Scheiben von Möhren übertragen, zerfielen die kleinen, wie auch die grösseren Mycelstücke durch dicht stehende Scheide- ı Cienkowski, Die Pilze der Kahmhaut, in Melanges biologiques tires du Bulletin de l’academie imper. des sciences de St. Petersbourg, Vol. VIII. pag. 566, tab, 1.2, 32 Saccharomycetes. Zygosporeae. wände in kurzgliederige Schläuche, deren Glieder sich vollständig oder theilweise von einander trennten und an ihrem freien Ende einen Spross ansetzten, der aber keiner bedeutenden Entwickelung fähig schien. Brutzellen werden nach De Seynes,! Rees und Cienkowski zu 1—4 in den Gliedern der Mycoderma-Spross- colonien erzeugt. Bildet die sogenannte Kahmhaut auf gegohrenen Flüssigkeiten (besonders auf Wein und Bier), wenn sich diese in halbgefüllten oder offenen Flaschen befinden und tritt auch auf Fruchtsäften, Sauerkraut, sauren Gurken etc. auf. Wirkt als Verwesungspilz, der nach Pasteur’s Untersuchungen Sauerstoff auf sein Substrat überträgt und das Verderben desselben herbeiführt. — S. albicans Reess? wird seit kurzer Zeit der bis jetzt als Oidium albicans Robin bekannte Pilz genannt, welcher sich beim Soor in dem weissen schwammigen Belag der Mundschleimhäute findet und von dem man auf Grund ausgeführter Impfversuche annimmt, dass er die Ursache der Krankheit ist. Er besteht aus schmächtigen Fäden, die in wenige Zellen gegliedert, an den Querwänden meist eingeschnürt und selten verzweigt sind. Die einzelnen Gliederzellen sind manchmal 10—20 mal so lang als breit. An der Spitze und unter den Querwänden, selten auch in der Mitte, treiben sie nach Reess Knäuel hefeartiger Sprossungen, deren Zellen läng- lich, oval oder rundlich und von verschiedener Grösse sind; in Nährflüssigkeit untergetaucht wachsend, werden alle gleichmässig, fast kugelrund, von 4 Mikro- millim. Durchmesser. In Traubenzuckerlösung äusserte die Soorhefe eine sehr geringe Alkoholfermentwirkung (nach 4 Wochen 1,3 Gewichtsprocente Alkohol). Impfung mit Soorhefe erzeugte die charakteristischen, von den gestreckten Glieder- fäden durchwachsenen Soorschorfe, ohne dass das Hervorgehen der Fäden aus der Hefeform entwickelungsgeschichtlich nachgewiesen werden konnte. — 8. glutinis (Cryptococeus glutinis F'res.). Zellen oval, elliptisch oder cylindrisch, einzeln oder zu 2—3 verbunden. Bildet rosenrothe, schleimige Tropfen auf altem Stärkekleister und darf dem äusseren Auftreten nach nicht mit Micrococcus prodigiosus ver- wechselt werden. II. Classe. Zygosporeae. Die in dieser Classe vorläufig vereinigten, meist mikroskopisch kleinen Thallophyten sind einzellige Pflanzen. Ihre Zellen leben entweder einzeln frei, oder sie trennen sich nach der Theilung nicht, sondern bleiben zu verschieden gestalteten Familien verbunden. Letztere entstehen aber manchmal auch dadurch, dass ursprünglich freie Schwärmzellen sich, wenn sie zur Ruhe gelangen, in be- stimmter Weise an einander legen und mit einander verschmelzen (Hydrodictyeae). Die Gestalt der Zelle ist eine äusserst wechselnde, und besonders ist bei den stets einzeln lebenden Mitgliedern der Classe (wie den meisten Diatomaceen und Des- midiaceen) die Form der Zelle, wie die Sculptur der Zellhaut von grosser Wichtig- keit bei Unterscheidung der Gattungen und Arten. Die ungeschlechtliche Fortpflanzung findet in der Regel durch Theilung der Zelle in oft sehr eigenthümlicher Weise statt. Daneben tritt bei manchen Formen noch die Bildung von Brutzellen auf, entweder von beweglichen Schwärmzellen, oder in Form ruhender Zellen, die direct zur neuen Pflanze auskeimen. Einer geschlechtlichen Fortpflanzung begegnen wir hier zum ersten: Male, doch sind die Geschlechtszellen noch wenig differenzirt. In den einfachsten Fällen vollziehen , zwei Schwärmzellen durch Verschmelzung (Copulation oder Conjugation)- mit ein- ander den Geschlechtsact (Pandorineae etc.); in anderen copuliren die gewöhnlichen vegetativen Zellen unter Bildung besonderer Copulationsfortsätze (Conjugatae), oder es werden am Thallus eigene, anders als die gewöhnlichen Aeste gestaltete Zweige zum Zwecke der Conjugation angelegt (Zygomycetes). Dabei lassen die copulirenden Theile gewöhnlich keinerlei äusserlich wahrnehmbare Differenzen erkennen, welche die eine der beiden Geschlechtszellen bestimmt als männliche, die andere bestimmt als weibliche kennzeichneten; die beiderlei Geschlechtszellen sind, abgesehen von manchmal auftretenden Grössenunterschieden, gleich. ! De Seynes in Comptes rendus LXXII. p. 105 und Ann. d. science. natur. Botan. ser. V. vol. X. ? Reess, Ueber den Soorpilz. Sitzungsber. d. physikal.-medie. Societät zu Erlangen 1877, N Zygosporeae. 33 Das Wesen des Geschlechtsactes liegt auch bei den Zygosporeen in der Ver- einigung zweier Protoplasmamassen, aus deren Verschmelzung eine neue, die Fort- pflanzung vermittelnde Zelle, die Zygospore oder Jochspore, hervorgeht, welche als Dauerspore eine längere oder kürzere Ruhezeit hat und dann ent- weder direct zur neuen Pflanze auskeimt, oder erst Schwärmzellen oder unbeweg- liche Brutzellen erzeugt, welche den Anfang der Reihe neuer Generationen bilden. Letztere sind zunächst stets ungeschlechtliche, sich nur durch Theilung oder Brut- zellenbildung fortpflanzende; und erst nach einer längeren Reihe derartiger un- geschlechtlicher Generationen tritt abermals eine sexuelle Generation auf, welche durch die gebildeten Dauersporen die Erhaltung der Art während einer der Ent- wickelung ungünstigen Periode sichert. Die Zygosporeen sind theils Chlorophyll führende, im süssen und salzigen Wasser, oder an feuchten Orten auf dem Lande lebende Algen, theils chlorophyll- freie, saprophytische oder auch parasitische Pilze. Die hierher gehörenden Haupt- gruppen können etwa in folgender Weise übersichtlich zusammengestellt werden. I. Die Copulation wird durch bewegliche Zellen (Schwärmzellen) ausgeführt. A. Chlorophylihaltige Formen. Die ungeschlechtliche wie geschlechtliche Fortpflanzung erfolgt durch Schwärmzellen (Zoosporen), oder die Indivi- duen in den Familien behalten selbst die Gestalt der Schwärmsporen: Zoosporeae. 1. Die Zellen leben einzeln, oder bleiben nach der Theilung zu kuge- ligen oder tafelförmigen Familien durch Gallerthüllen verbunden: Pandorineae. 2. Die Familien sind hohle Netze oder Scheiben, welche aus der nach- träglichen Vereinigung vorher beweglicher Zellen hervorgehen. Gallert- hüllen fehlen: Hydrodictyeae. 3. Die Familien bilden aus der Theilung der einzelnen Zellen hervor- gehende cylindrische, astlose Fäden ohne Gallerthüllen: Ulotricheae. B. Chlorophylifreie Formen. Die Sporen erzeugen bei der Keimung Schwärmzellen (Myxamöben), welche eine Zeit lang frei leben und sich dann in grosser Anzahl zu einem grossen, nackten, frei beweglichen Protoplasmakörper, dem Plasmodium, vereinigen, aus welchem wieder der die Sporen entwickelnde Fruchtkörper hervorgeht: Myxomycetes. II. Die Copulation wird durch unbewegliche Zellen, entweder durch gewöhnliche vegetative, oder durch abweichend gestaltete ausgeführt. A. Chlorophyllhaltige Formen. Schwärmsporenbildung fehlt. Copulation durch die gewöhnlichen vegetativen Zellen: Conjugatae. 1. Zelleninhalt durch reines Chlorophyll grün gefärbt. a. Zellen kürzer oder länger cylindrisch, nicht durch Einschnürung in zwei symmetrische Hälften getheilt, stets zu ceylindrischen, un- verzweigten Fäden vereinigt und in diesem Verbande copulirend. * Der Copulationsraum wird nach Aufnahme des Protoplasmas nicht durch Scheidewände abgegrenzt: Zygnemaceae. ** Der die Zygospore aufnehmende Copulationsraum wird durch Scheidewände von den leer bleibenden Theilen abgegrenzt: Mesocarpeae. b. Zellen von sehr verschiedener Form, durch eine mittlere, mehr oder minder starke Einschnürung in zwei symmetrische Hälften geschieden, die sich bei der Theilung von einander trennen und jede das fehlende Stück durch Neubildung ersetzen. Die Zellen leben einzeln oder bleiben nach der Theilung zu ketten- oder bandförmigen Familien verbunden: Desmidiaceae. 2. Protoplasma durch einen neben dem Chlorophyll vorkommenden braunen oder goldgelben Farbstoff (Diatomin) braun bis goldgelb ge- färbt. Zellen einzeln oder (seltener) in Colonien lebend, ihre sym- metrischen Hälften bei der Theilung sich trennend und die eine durch Neubildung ersetzend: Bacillariaceae (Diatomaceae). Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. B) 34 Zygosporeae. Zoosporeae. Pandorineae. B. Chlorophylifreie Formen. Zygosporenbildung meistens durch anders ge- staltete Aeste: 1. Ungeschlechtliche Fortpflanzung durch unbewegliche Brutzellen (Conidien): Zygomycetes. 2. Ungeschlechtliche Fortpflanzung durch a ls Chytri=- diaceae. I. Reihe. Copulation durch bewegliche Zellen. A. Chlorophyllhaltige Formen (Algen). 5. Ordnung. Zoosporeae. Die ungeschlechtliche Vermehrung erfolgt durch Bildung von Schwärmzellen (Zoosporen), oder die Individuen einer Familie behalten auch im vegetativen Zu- stande die Schwärmsporenform. Die geschlechtliche Fortpflanzung geschieht durch Schwärmzellen, die gewöhnlich kleiner als die ungeschlechtlich erzeugten sind. — Ausser den aufgeführten Familien gehören hierher vielleicht noch einzelne andere, deren Entwickelungsgeschichte aber nicht immer lückenlos vorliegt. So wird Copulation bei Cladophora, Urospora, Enteromorpha etc. angegeben, manche der betreffenden Beobachtungen jedoch von anderer Seite auch bezweifelt. 10. Familie. Pandorineae. Die vegetativen Zellen haben die Form von Schwärmsporen mit zwei Wim- pern und leben entweder einzeln oder sind in kugelige oder tafelförmige Familien geordnet, aus deren gemeinschaftlicher Gallerthülle die Wimpern der einzelnen Zellen nach aussen ragen, um die ganze Familie in eine rollende Bewegung zu versetzen. Leben zwischen anderen Algen im süssen Wasser, erscheinen aber oft auch so massenhaft, dass sie das Wasser grün färben. 1. Pandorina Bory.! Diese Gattung kann unter den Algen als Typus für die eigenthümliche Fortpflanzung durch Paarung von Schwärmzellen dienen. Die kugeligen Colonien (Fig. 5, a) schlies- sen in ihrer Gallertmasse 16 keil- förmige Zellen ein, die mit ihrem spitzeren Ende im Mittelpunkte der Familie zusammenstecken, und von denen jede an ihrem breiteren nach aussen gekehrten Ende einen rothen Pigmentfleck neben der farblosen sogenannten Mundstelle besitzt und an dieser 2 lange Wimpern trägt, welche durch feine, canalartige Oeff- nungen der Gallerthülle nach aussen ragen und die ganze Familie in eine rollende Bewegung versetzen. Die vegetative Vermehrung geschieht da- durch, dass zunächst die Zellen einer Familie ihre Wimpern einziehen, wo- Fig. 5. Pandorina Morum. «& Schwärmende Familie. bei die ganze Familie zur Ruhe kommt. b und ce Schwärmzellen. 4 Zwei in Paarung begriffene Dann rundet sich jede Zelle inner- en: e Behwiueen nach vollendeter halb der gemeinsamen Gallerthülle aarung.: J, Ur: zur Kugel ab und zerfällt durch wiederholte Zweitheilung in 16 kleinere Zellen, welche sich mit einer gemeinsamen Gallerthülle umgeben, ihre Wimpern entwickeln und endlich mit ihren 15 Schwester- ! Pringsheim, Ueber Paarung von Schwärmsporen, die morphologische _ Grundform der Zeugung im Pflanzenreiche; Monatsber. d. kön. Acad. d. Wissensch. zu Berlin, Octbr. 1869. Pandorineae. 35 familien die erweichende Gallertmasse der Muttercolonie verlassen. Bei der später (besonders kurze Zeit vor dem gänzlichen Austrocknen flacher Gewässer und im Herbste) erfolgenden geschlechtlichen Fortpflanzung theilen sich die 16 Zellen einer Familie in gleicher Weise, jede der 16><16 Zellen verlässt aber einzeln als Schwärm- zelle die Mutterfamilie. Abgesehen von ihrer ungleichen Grösse und der bald mehr birnförmigen, bald mehr kugeligen Gestalt (Fig. 5, b und c) sind die einzelnen Schwärmer völlig gleich gebaut. Nach einiger Zeit lebhafter Bewegung nähern sie sich paarweise, bald gleich grosse kleinere und mittlere, bald sehr ungleich grosse Schwärmer; sie berühren einander mit den farblosen Mundstellen, verschmelzen zu-- nächst an diesen bisquitförmig (Fig. 5, d) und dann zu einer grösseren Kugel, an der man die Entstehung aus 2 Schwärmern nur noch aus der grösseren Mundstelle, einem rothen Pigmentflecken rechts und links und den vier schwingenden Wimpern erkennt (Fig. 5, e). Kurz darauf verschwinden die Wimpern und die rothen Pigment- flecke, die Kugel wird gleichmässig grün und umhüllt sich mit einer festen Membran. Der ganze Paarungsact dauert etwa 5 Minuten. Später färbt sich der Inhalt der als Zygospore (Fig. 5, f) zu bezeichnenden und noch um ein Geringes wachsenden Zelle lebhaft roth, so dass zahlreiche auf dem Schlamme ausgetrockneter Tümpel liegende Dauersporen sich dadurch schon dem unbewaffneten Auge verrathen. Werden die Zygosporen wieder angefeuchtet, so beginnt die Keimung bereits nach 24 Stun- den. Eine innere, zu Gallerte aufquellende Schicht der Membran tritt bruchsack- ‚artig zu einem Riss der äusseren, derberen Schicht heraus und mit ihr der gesammte, sich zu einer grossen rothen Schwärmzelle gestaltende Plasmainhalt. Ist dieser Schwärmer ganz frei geworden, so rundet er sich später unter Ein- ziehung seiner Wimpern zur Kugel ab und zerfällt durch wiederholte Zwei- theilung in 16 Zellen, die sich zu einer jungen, anfänglich noch roth gefärbten Pandorinafamilie ordnen, ihre Wimpern erhalten und an ihrer Peripherie die Ge- sammthülle ausscheiden. — P.Morum Bory. In Teichen und Gräben ziemlich häufig. 2. Stephanosphaera Cohn.! Familien kugelig, aus 8 spindelförmigen Zellen bestehend, die kranzförmig im Aequator der Gallertkugel angeordnet liegen und je 2 Wimpern besitzen. Die vegetative Vermehrung findet Nachts und ähn- lich wie bei Pandorina statt; die geschlechtliche wahrscheinlich durch Copulation von Schwärmzellen, die sich aus jeder Zelle einer Familie durch vielfache Thei- lung bilden, und wohl die auf dem Boden des Wasser sich ansammelnden ruhenden Kugeln erzeugen, welche noch in die Grösse wachsen, sich roth färben, lange aus- trocknen können und wieder angefeuchtet aus ihrem Inhalte 2—8 Schwärmer ent- wickeln, aus denen wieder die gewöhnlichen Familien durch Theilung hervor- gehen. — S. pluvialis Cohn. In Gebirgsgegenden in kleinen durch Regenwasser gebildeten Tümpeln in ausgehöhlten Steinen; bis Lappland verbreitet. 3. Gonium Müll. 4 oder 16 rundliche, mit 2 Wimpern versehene Zellen bilden in einfacher Schicht eine viereckige, tafelförmige Familie. Entwickelung noch unvollständig bekannt. — G. pectorale Müll. Familie mit 16 Zellen. In Teichen und Gräben häufig. 4. Chlamydomonas Ehrbg.” Vereinzelt lebende, mit 2 contractilen Va- cuolen und rothem Pigmentfleck versehene, mittelst zweier (selten 4—6) Wimpern schwärmende Zellen, die sich durch Vier- und Zweitheilung vermehren. Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung bilden sich durch wiederholte Zweitheilung des Plasmas einer Zelle 8 kleinere Schwärmzellen mit sehr grossem farblosen Vorderende (statt der 2 contractilen Vacuolen) und 4 Wimpern. Durch seitliche Auflösung der Mutterzellenmembran werden sie frei, um sich nach kurzem Schwärmen zu paaren. Aus den lange wachsenden Zygosporen gehen an feuchten Orten durch wiederholte Theilung Zellenconglomerate hervor, die man früher als Arten der Gattung Pleurococcus beschrieb. e Cohn und Wichura, Ueber Stephanosphaera pluvialis; Nova Acta XXVI. pug. 1. ‘ ® Rostafinski, Beobachtungen über Paarung von Schwärmsporen; Botan. Zeitung 1871. S. 785. — An die Pandorineen und die folgende Familie schliesst sich die erst neuerdings durch Rostafinski und Woronin (Bot. Zeit. 1877. S. 649) genauer untersuchte kleine Familie der Botrydiaceae mit der einzigen Gattung Botrydium Wallr. an. 5# 36 Hydrodietyeae. 11. Familie Hydrodictyeae. Die unbeweglichen Zellen bilden scheiben- oder netzförmige Familien, welche dadurch entstehen, dass die bei der vegetativen Vermehrung gebildeten beweg- lichen Zellen sich nach einiger Zeit in bestimmter Weise an einander legen und mit einander verschmelzen. In Teichen und Gräben. 1. Hydrodictyon Roth.! Das gemeine Wassernetz (H. utriculatum Roth) besteht aus zahlreichen schlauchförmigen Zellen, welche mit ihren Enden zu einem bis oft 30 Centim. langen, ringsum sackartig geschlossenen Netze mit 4—6eckigen Maschen (Fig. 6, A) ver- bunden sind. Jede dieser Zellen er- zeugt bei der vegetativen Vermehrung aus ihrem gesammten wandständigen Protoplasma durch simultane Theilung zahlreiche Schwärmzellen (7000 bis 20000), welche aber nicht austreten, sondern sich nach kurzer Bewegung innerhalb ihrer Mutterzelle zu einem neuen kleinen Netze ordnen und an ihren Enden mit einander verschmel- zen. Jedes dieser kleinen Netze wird später durch Zerstörung der Mutter- zellhaut frei und wächst einzig durch Vergrösserung seiner Zellen (nichtdurch Theilung derselben) heran. Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung bilden sich durch simultane Theilung des Plasmas in jeder Zelle noch zahl- reichere (30000 — 100000) kleinere Schwärmer mit je 2 Wimpern, welche zum Unterschiede von den gewöhn- Fig. 6. A Hydrodietyon utrieulatum: einige Zellen lichen ungeschlechtlichen Schwärm- an Snenı en Netze (araeeetnung NT sporen (Makrozoosporen) auch wohl 240). B Pediastrum Selenaea nach Nägeli (nur in Mikrozoosporen genannt werden. einigen Zellen ist der Inhalt angegeben worden. = { . Y Vergr. 300). € Pediastrum granulatum. Stück vom Diese verlassen ihre Mutterzelle und Rande einer Scheibe: « Zelleninhalt in Theilung be- paaren sich im Wasser zu 2, 3 oder griffen, b 'Tochterzellen bereits abgerundet, c die- auch wohl 6. Aus den gepaarten selben während des Austretens aus der Mutterzelle, Schwärmern gehen grüne kugelige d leere Mutterzelle. Nach A. Braun. Vergr. 400. Zellen hervor, die Monate lang langsam wachsen, dabei ihreMembran verdicken (um so mehr, je öfter sie eintrocknen und wieder feucht werden) und endlich aus ihrem Inhalte 2—5 Schwärmzellen bilden, welche wie bei Pandorina austreten. Gewöhnlich schon nach wenigen Minuten gestalten sie sich zu eigenthümlichen, fast poly@drischen Zellen, deren Ecken in lange hornartige Fortsätze auswachsen. Unter günstigen Umständen theilt sich der Plasmainhalt der sogenannten Polyeder schon nach wenigen Tagen simultan in 200—300 Schwärmzellen. Während diese beginnen, sich langsam und zitternd zu bewegen, quellen die inneren Schichten der stark verdickten Polyöder-Membran gallertartig auf und streifen die äusseren derben Schichten ab. Nach 20—40 Minuten ordnen sich die Schwärmer zu einem kleinen Netze, das auch nur durch Vergrösserung, nicht durch Vermehrung seiner 200—8300 Zellen wächst und endlich die Gallerthülle durchbricht. 2. Pediastrum Meyen. 4, 8, 16, 32 oder 64 Zellen sind zu einer rosetten- artigen, scheibenförmigen, oft durchbrochenen Familie geordnet (Fig. 6, B), deren Randzellen verschiedene Form zeigen und nach dieser die Untergattungen be- stimmen lassen. Die vegetative Vermehrung geschieht durch Schwärmzellen, welche bis zu 64 innerhalb einer Zelle durch wiederholte Zweitheilung des Plasmas ent- ‚.ı Pringsheim, Ueber die Dauerschwärmer des Wassernetzes; Monats- berichte d. kön. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, December 1860. Ulotriehaceae. 37 stehen, und, in eine innere gallertartig quellende Schicht der Mutterzellmembran sackartig eingeschlossen, zu einem Riss der Mutterzelle austreten (Fig. 6 C, bei e). In dieser Blase ordnen sie sich zu einer jungen, allmählich heranwachsenden, aber ihre Zellen nicht durch Theilung vermehrenden Scheibe. Man kennt ferner Mikro- -» zoosporen mit 2 Wimpern, welche in gleicher Weise entstehen und austreten, aber die gemeinsame blasige Hülle verlassen und frei im Wasser schwärmen. Ihre weitere Entwickelung ist noch unbekannt, wahrscheinlich aber der von Hydro- dietyon ähnlich. Vermuthlich gehören die als eigene Gattung unter dem Namen Polyedrium Näg. beschriebenen, drei- bis viereckigen, an den Ecken mit Stacheln versehenen, einzeln lebenden Zellen als Entwickelungszustand hierher. 12. Familie. Ulotrichaceae.! Die sehr kurzen Gliederzellen, welche breiter als lang sind, bilden unver- zweigte, nicht in Gallerte eingehüllte, bisweilen aber seitlich mit einander ver- schmolzene Fäden. Süsswasser-, Meeres- oder Luftalgen, deren bisher als Arten unterschiedene Formen vielfach in einander übergehen. Gut bekannt ist die Ent- wickelungsgeschichte der Gattung Ulothrix Ktz. Die Fäden sind bald cylindrisch, bald in Folge tonnenför- miger Aufbauchung der einzelnen Zellen rosenkranzförmig, bald gestreckt, bald kraus, durch einander gewunden, mit verhältnissmässig dicker, ge- schichteter Membran. Die vege- tative Vermehrung geschieht durch Makrozoosporen, welche zu 1 bis 4 in einer Zelle entstehen, und, in eine hyaline Blase einge- schlossen, zu einer seitlich in der Wand der Mutterzelle sich bilden- den Oeffnung austreten (Fig. 7, a, verschiedene Entwickelungssta- dien). Die Makrozoosporen sind diek-birnförmig und mit 4 Wim- pern, einem rothen Pigmentfleck und einer contractilen Vacuole versehen (Fig. 7, b). Sie keimen, indem sie nach einiger Zeit zur Ruhe kommen, sich mit der Mund- stelle festsetzen, ihre Wimpern verlieren und sich mit einer Mem- bran umhüllen; das festsitzende Ende streckt sich zu einem wurzel- a Stück eines Fadens mit artigen, farblosen Haftorgane, das freie zu einem keuligen Pflänzchen, das sieh durch Querwand in 2 Zellen, diese wieder inje 2 Zellen (Fig. 7, ec) und so fort theilt. Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung entstehen durch wiederholte Zwei- theilung in jeder Zelle 8—32 und mehr kleinere Mikrozoosporen mit nur 2 Wimpern (Fig. 7, d), welche eine Zeit lang frei schwär- Fig. 7. „ Ulothrix zonata Ktz. Makrozoosporen, welche bei x noch in der Zelle liegen, bei xx im Ausschlüpfen begriffen sind. Db Eine Makro- zoospore. C Junges, aus einer Makrozoospore entstandenes Pflänzchen. d Mikrozoospore. e Stück eines Fadens mit Keimpflänzehen, welche in den Zellen aus Mikrozoosporen direct hervorgegangen sind. / Gepaarte Mikrozoospore. y Zygospore im Alter von 8 Monaten und 19 Tagen. h Zygospore mit im Inneren derselben begonnener Schwärm- sporenbildung. Nach Dodel. Vergr. 482, die Figur b noch mehr vergrössert. men, dann durch seitliches Aneinanderlegen copuliren (Fig. 7, f) und eine Zygo- spore (Fig. 7, g) bilden, die sich mit dem den farblosen Mundstellen der Mikro- zoosporen entsprechenden Ende festsetzt, schr langsam wächst und endlich durch ı Dodel, Die Kraushaar-Alge, Ulothrix zonata, ihre geschlechtliche und un- geschlechtliche Fortpflanzung; in Pringsheim’s Jahrb. für wissenschaftl. Botan, x. p. 417, : 538 Ulotrichaceae. Myxomyeetes. simultane Theilung ihres Plasmas 2—14 Schwärmzellen als Anfang der neuen ungeschlechtlichen Generationen erzeugt (Fig. 7, A). Bleiben Mikrozoosporen in ihren Mutterzellen zurück, ohne zü copuliren, so vermögen dieselben unmittelbar zu kleinen Ulothrixpflänzchen zu keimen, die dann einzeln oder in ganzen Gruppen zu den Mutterzellen herauswachsen (Fig. 7, e). — U. zonata Ktz. In Bächen häufig. B. Chlorophyllfreie Formen (Pilze). 6. Ordnung. Myxomycetes.! Die merkwürdige Ordnung der Schleimpilze weicht namentlich durch die auf gewissen Entwickelungsstufen eintretenden eigenthümlichen Bewegungserschei- nungen auf den ersten Blick so sehr von den typischen Pilzen ab, dass ihre Stel- lung in der Reihe dieser vielen Forschern ungerechtfertigt erschien. Sie wurden daher bald als eigene Abtheilung den „echten Pilzen“ nebengeordnet, bald aber auch als Mycetozo@ön ganz aus dem Pflanzenreiche fort und hinüber ins Thier- reich gestellt und noch neuerdings haben sie von Rostafinski ihren Platz als Classe des Häckel’schen Reiches der Protisten neben den Monaden erhalten. Bei der Keimung der mikroskopisch kleinen, in den Fruchtkörpern ein staubartiges Pulver bildenden Sporen wird nicht ein Keimschlauch getrieben, wie dies sonst in der Regel bei den Pilzen zu geschehen pflegt (eine Ausnahme machen z. B. gewisse Peronospora-Arten — siehe dort!), sondern das Sporenplasma tritt als Ganzes, oder durch Theilung in bis acht Portionen zerfallen, durch einen Riss der berstenden Sporenmembran aus, um sofort eine eigenthümliche Bewegung zu beginnen. Es gestaltet sich nämlich zu einer kleinen amöbenartigen Schwärmzelle, die als Myxamöbe bezeichnet wird, einen Zellkern und 1—3 pulsirende Vacuolen besitzt, und welche auf der Oberfläche oder in den Lücken ihres Substrates (faulende Pflanzenreste) umherkriecht. Dieses Kriechen ist mit einer steten Fig. 8. Junge Formänderung des Schwärmers verbunden, mit einem fortwäh- er von renden Ausstrahlen und Wiedereinziehen fadenartiger Lappen muooidee (Scheinfüsse oder Pseudopodien), wodurch eben die Schwärmzelle (Vergr. 200) am Tage nach der Keimung derSpo- ren. NachBrefeld. an Amöben erinnert (Fig. 8). In anderen Fällen gestaltet sich das Sporenplasma zu einer länglichen Schwärmzelle, die an dem spitzeren Vorderende in eine lange schwingende Wimper ausge- zogen ist und entweder wurmförmig nach einer Seite auf dem Substrate fortrückt oder auch, wenn sie in Wasser geräth, schau- kelnd nach Art einer Algen-Schwärmzelle schwimmt, wobei in der Regel das Vorder- ende aufwärts gerichtet ist und der um seine Axe rotirende Körper fortwährend mannigfache wellige Bewegungen seiner Oberfläche, Krümmungen, Zusammen- ziehungen und Wiederausstreckungen zeigt. Die Myxamöben wachsen in Folge von Aufnahme nährender Substanzen aus ihrem Substrate und vermehren sich mehrere Generationen hindurch durch Zwei- theilung. Vor der Theilung wird die Bewegung träger, der Schwärmer zieht sich ı De Bary, Die Mycetozoen; Leipzig 1864. — De Bary, Morphologie und Physiologie der Pilze, Flechten und Myxomyceten; im 2. Bande von Hofmeister’s Handbuch der physiol. Botan. p. 295. — Cienkowski, Zur. Entwickelungsge- schichte der Myxomyceten; in Pringsheim’s Jahrb. f. wissenschaftl. Botan. III. 325. — Cienkowski, Das Plasmodium; ebenda II. 400. — Wigand, Zur Morpho- logie u. Systematik der Gattungen Trichia und Arcyria; ebenda III. 1. — Bre- feld, Ueber Dictyostelium mucoroides; in Abhandl. d. Senkenbergisch. Gesellsch. Frankfurt a. M. VII. — Famintzin u. Woronin, Ueber zwei neue Formen von Schleimpilzen; in M&moires de l’acad. imp. d. science. de St. Pötersbourg, ser. VI. vol. XX. — Rostafinski, Versuch eines Systems der Mycetozoen. Berlin 1873. — Baranetzki, Influence de la lumiere sur les Plasmodia des Myxomycetes; in Memoires de la soc, nation. d, science, natur. de Cherbourg, vol. XIX, Myxomyeetes, 59 zur Kugel zusammen, Wimper, Zellkern und Vacuolen verschwinden und nun ent- steht in der Mitte eine ringförmige Einschnürung, welche rasch tiefer wird, um nach wenigen Minuten den Körper in zwei kugelige Hälften zu theilen, die sofort wieder die Eigenschaften der beweglichen Schwärmer annehmen. Beim Eintritt ungünstiger Lebensverhältnisse gehen ferner die Myxamöben in einen Ruhezustand über. Sie runden sich wie vor der Theilung zur Kugel ab und encystiren sich durch Ausscheidung einer derben Membran, die sie später wieder wie beim Aus- schlüpfen aus der Spore verlassen. Nach kürzerer oder längerer Zeit tritt nun der als Copulation aufzufassende Vorgang der Vereinigung vieler Myxamöben ein. Die Theilung der letzteren hört auf und in ihrem Körper erscheinen einzelne grössere, stark lichtbrechende Körn- chen. Die Schwärmer treten nun zu zwei bis vielen in Gruppen dicht zusammen und wieder aus einander; endlich sieht man zwei oder drei in innige Berührung treten und mit einander zu einem Plasmakörper verschmelzen, der sich vergrössert, indem sich nach und nach neue Schwärmer seiner Oberfläche anlegen und mit ihm vereinigen. So entsteht aus zahlreichen Schwärmzellen eine grössere, als Plasmodium bezeichnete Protoplasmamasse, die bei manchen Arten (z. B. dem als Lohblüthe bezeichneten Aethalium septicum) bedeutende Grösse (bis mehrere Centimeter Durchmesser) erreicht. Dieselbe besteht entweder aus derberen, ver- zweigten, netzförmig verbundenen Adern, oder bandartigen oder siebartig durch- löcherten Platten, welche sich auf der Oberfläche oder in grösseren Lücken des Substrates ausbreiten; oder sie tritt im Inneren faulen Holzes in Form unschein- barer dünner Stränge auf. In dem Plasmodium sind die Zellkerne der Myxamöben verschwunden. Es stellt eine weiche, schmierige Masse mit allen Eigenschaften des pflanzlichen Protoplasmas dar; eine dichtere Hautschicht nimmt die Oberfläche ein, und das Innere ist von kleinen Körnchen durchsäet, die zum Theil kohlen- saurer Kalk sind, und welche oft einen Ueberzug von gelbem oder rothgelbem Farbstoff zeigen, der das ganze Plasmodium gefärbt erscheinen lässt. Vacuolen treten theils als gewöhnliche, theils als pulsirende auf. Die Bewegungen der Schwärmzellen werden vom Plasmodium fortgesetzt. Dasselbe kriecht unter fort- währender Gestaltveränderung umher, oft hoch an Pflanzenstengeln hinauf, bei manchen Arten im Finsteren an die Oberfläche seines Substrates, im Lichte wieder in dasselbe zurück. Dabei findet im Inneren des Plasmodiums eine stete lebhafte Strömung der Körnermasse statt. Feste Körper gerathen bei der Ortsbewegung in das Plasmodium hinein, werden wohl zum Theil verdaut, die grösseren wenig- stens vor der Bildung der Fruchtkörper wieder ausgestossen. Auch Ruhezustände kann das Plasmodium eingehen, indem es unter Verlust des grössten Theiles seines Wassers zu einer wachsartigen Masse erstarrt, welche in eine grosse Anzahl rund- licher oder polyedrischer zelliger Elemente zerklüftet, diese manchmal sogar mit wirklichen Zellhäuten umgiebt und endlich hornartig spröde wird. In diesem Zu- stande wird das Plasmodium als Selerotium bezeichnet, weil es mit den Sclerotien gewisser Pilze (siehe Schlauchpilze, namentlich Mutterkorn — etc.) eine gewisse Achnlichkeit hat. Es kann jetzt 6—8 Monate ausgetrocknet lebensfähig bleiben; wird es in Wasser gebracht, so quillt es auf und seine Zellen fliessen wieder zum Plasmodium zusammen, wobei etwa vorhändene Membranen vorher aufgelöst werden. Aus dem Plasmodium gehen die Früchte oder Sporangien hervor, bald zahlreiche derselben, bald nur ein einziges Sporangium aus einem Plasmodium; oder es verschmelzen auch zahlreiche Sporangien zu grösseren kuchenförmigen, von gemeinsamer Rinde umgebenen, als Aethalien bezeichneten Fruchtkörpern. Die Sporangien sind bei den meisten Schleimpilzen nur wenige Millimeter grosse rundliche oder cylindrische, gestielte oder ungestielte Blasen (Fig. 9, a), welche dem Substrate unmittelbar aufsitzen, indem die die Wand der Sporangien und ihrer Stiele bildende Membran an der Basis zu einem scheibenartigen Rande ausgebreitet ist, der oft mit demjenigen benachbarter Sporangien zusammentliesst. Die Sporangienmembran ist in der Regel dünn, leicht zerbrechlich, gelb, roth oder violett gefärbt, manchmal auch farblos, meistens gleichmässig dick, seltener auf der Innen- oder Aussenfläche durch locale Verdickungen gezeichnet, bei manchen Arten auch mit Ein- oder Auflagerungen von körnigem oder krystallinischem kohlensaurem Kalke versehen. Bei den gestielten Formen setzt sich die Höhlung des Stieles entweder unmittelbar in die des Sporangiums fort, oder sie ist durch 4o vr Myxomyeetes. eine Scheidewand abgegrenzt, die manchmal sogar in Form einer stielartigen Mittelsäule oder Columella durch den Sporangiumraum emporwächst. Die zahl- reichen Sporen erscheinen im Inneren des Sporangiums als ein staubartiges, verschieden gefärbtes Pulver. Die ein- zelne Spore ist rundlich, einzellig, mit glatter oder local verschiedenartig ver- dickter (Fig. 9, d) Membran. Ausser den Sporen finden sich bei den aller- meisten Wleten im Sporangium noch querwandlose, dünn- oder dick- wandige Röhren oder solide Stränge, welche das sogenannte Haargeflecht oder Capillitium bilden. Dieselben sind meistens reich verzweigt und unter sich zu einem Netzwerk verbunden (Fig. 9, b), dessen Maschenstücke auf der Aussen- fläche verschiedenartige Verdiekungen (Fig. 9, e) zeigen, oder die an den Kno- tenstellen des Netzes blasig erweitert und dort mit Kalkkörnchen gefüllt sind (Physarum). Das Capillitiumnetz steht Fig. 9. a—d Arxeyria incarnata: a Geschlossener entweder mit der Sporangienwand, oder und b geöffneter Fruchtkörper mit dem ausge- Mit dieser und der Columella in Ver- dehnten Capillitiumnetze (Vergr. ea. 20). c Eine bindung, oder es ist nur mit einzelnen Masche des Capillitiumnetzes (Vergr. ca. 200. d Fasern der Mündung des Stieles ange- Spore (Vergr. 400). e Capillitiumfaser von Trichia heftet und sonst ganz frei. Im letz- clavata (Vergr. ca. 200). teren Falle quillt dasin dem geschlossenen Sporangium zusammengedrückte Capilli- tium beim Oeffnen zu einem weitmaschigen Geflechte auf (Fig. 9, b). In einzelnen Fällen (Trichia) sind die Capillitiumfasern auch isolirte, spindelförmige, mit Spiral- faserverdickungen versehene Zellen (Fig. 9, e). Die Ausstreuung der Sporen erfolgt dadurch, dass die Wand des reifen Sporangiums entweder unregelmässig zerfällt, oder dass sich ein oberes Stück derselben wie ein ‚Deckel durch einen Ringriss ablöst (Arcyria, Trichia), oder dass verdickte Stellen der Wand wie ein Gitterwerk stehen bleiben, die übrigen zerstört werden (Cribrariä) etc. Die Bildung der Sporangien aus dem Plasmodium erfolgt in der Weise, dass zuerst alle Fortsätze des letzteren eingezogen werden ‘und die Bewegung aufhört. Dann erheben sich an der Oberfläche des Plasmodiums so viele höckerartige An- schwellungen, als Sporangien gebildet werden sollen; diese werden höher und höher und nehmen schliesslich das ganze Protoplasma bis auf eine dünne, dem Substrate um die Basis der einzelnen Sporangien ausgebreitet@ Schicht auf. Die Bildung der Membran des Stieles und Sporangiums beginnt dabei von unten auf und die bereits erhärteten Theile dienen den nachkriechenden Plasmamassen als Stützpunkt. Bei anderen Formen (Dietyostelium, Stemonitis) erhärtet zuerst in der Axe der Sporangienanlage eine Mittelsäule zum Stiel, resp. zum Stiel und zur Columella; an dieser kriecht das Protoplasma empor, und zieht sich, den Stiel entblössend, ganz vom Substrate zurück, um sich jetzt erst an der Spitze des Stieles zum Sporangium zu formen. Die gesammte Sporen- und Capillitiummasse wird durch simultane Theilung des Sporangienplasmas angelegt, wobei zuerst die Zellkerne der zu bildenden Sporen in rasch wachsender Menge im Protoplasma auftreten. Nur bei wenigen Schleimpilzen fehlt dem Sporangium die Membran (Dietyostelium), oder werden die Sporen an der Oberfläche eines eigenthümlich gestalteten Fruchtkörpers auf kurzen Stielen gebildet (Ceratium, Polysticta). Die Schleimpilze leben auf faulenden Pflanzenresten, besonders auf alten Baumstrünken, faulenden Blättern ete. an feuchten Orten, namentlich in Wäldern. Als Myxamöben und Plasmodien halten sie sich meistens in den Zwischenräumen des Substrates auf, kriechen aber zum Zwecke der Fruchtbildung stets an die Oberfläche desselben. Die meisten der nahe an 200 Arten sind aus Europa be- kannt, doch kommen auch in anderen Erdtheilen Myxomyceten vor. Rostafinski unterscheidet folgende Unterordnungen und Familien, “ en % Myxomyeetes. 41 Ya! I. Exosporeae. Sporen auf der Oberfläche der Sporangien durch Theilung entstehend. — Sporeninhalt bei der Keimung durch wiederholte Zweitheilung in 8 Schwärmer übergehend. Plasmodien aus einer glashellen, im Wasser zerfliessen- den Substanz und einem körnigen Plasma bestehend. Das Plasma bei der Frucht- reife dicht unter die Oberfläche der Gallertsubstanz hinwandernd, dort sich in ein- zelne kleine, polygonale Portionen auflösend. Diese sich abrundend, von einem aus Gallertsubstanz gebildeten Stiele getragen, zu Sporen werdend. Ruhezustände unbekannt. 13. Familie. Ceratiaceae. Aethalien von baumartig verzweigten oder aus leistenförmigen, netzartig zusammenfliessenden Sporangien ge- u bildet. Habituell erinnern diese Pilze an höhere Formen, zu denen sie vor der Bekanntschaft mit ihrer Entwickelungsgeschichte auch gerechnet wurden: Ceratium hydnoides an die Conidienformen (Isaria) der Ascomy- cetengattung Cordiceps, C. porioides an die Hymenomycetengattung Polyporus. II. Endosporeae. Sporen durch freie Zellbildung im Inneren der Sporangien entstehend. — Sporeninhalt bei der Keimung in 1—2 Schwärmer übergehend. Schwärmer durch Zweitheilung sich vielfach vermehrend. Sporangiumwand keine Zellstruetur zeigend, häufig mit Kalkabsonderung versehen. Sporangien entweder ausschliesslich mit Sporen erfüllt, oder diese mit Röhren oder soliden Strängen (Capillitium) untermischt. Capillitium aus einzelnen entweder netzförmig anasto- mosirenden, freien oder der Sporangiumwand angewachsenen luft-, seltener kalk- führenden Röhren, oder aus soliden Strängen gebildet. Sporangium bisweilen in der Mittelaxe von einer mächtigen luft- oder kalkführenden Blase (Columella) durch- zogen. Ruhezustände für einzelne Schwärmer (Microcysten), junge Plasmodien (derbwandige Cysten) und alte Plasmodien (als Phlebomorpha früher als besondere Pilzgattung beschrieben) bekannt. 1. Enteridieae. Unregelmässige, verschieden grosse, kalklose, von einer doppelhäutigen Rinde umgebene Aethalien; die einzelnen Sporangien nicht durch Wände von einander getrennt. - Capillitium aus verästelten, immer luft- führenden Röhren bestehend. Columella fehlend. 14. Familie. Lycogalaceae. Der Raum zwischen beiden Rinden- häuten von einem lockeren Geflechte ästiger, hohler, mit einer dicken gallertartigen Scheide umgebener Fasern angefüllt. Einzelne derselben durchbrechen an zahlreichen Stellen die innere Rindenhaut, um sich im Aethaliumkörper als Capillitium zu verzweigen. Capillitium aus cylin- drischen oder schwach plattgedrückten, verästelten, an den Knoten häufig bauchig aufgetriebenen, immer lufthaltigen Röhren bestehend, ihre Zweige dichotomisch oder ordnungslos verästelt, mit einander anastomosirend und in viele einzelne, freie Enden auslaufend. — Gattung: Lycogala Fr. 2. Anemeae. Capillitium und Kalkablagerung fehlen. Sporangiumhaut homogen. Columella fehlend. Sporen olivengrün, schmutzig ockergelb oder hyalin. 15. Familie. Dictyosteliaceae. Sporangien regelmässig kugelig, gestielt; Stiel vielkammerig. — Gattung: Dietyostelium Bref. 16. Familie. Liceaceae. Sporangien unregelmässig oder eylin- drisch, einzeln oder dicht neben einander stehend, stiellos. — Gattungen: Licea Schrad., Tubulina Pers. 17. Familie. Licaethaliaceae. Unregelmässig gestaltete, von gemeinsamer Rinde umgebene Aethalien. — Gattungen: Lindbladia Fr., Lieaethalium KRostaf. 3. Heterodermeae. Capillitium und Kalkablagerungen fehlend. Sporan- giumwand bei der Reife wenigstens zum Theil unvollständig sich in einzelne lebhaft gefärbte, flache Verdickungen auflösend, die der Innenfläche einer zarten, hyalinen, verschwindenden Haut angelagert sind. Sporen und Ver- diekungen der Sporangiumwand in einem und demselben Sporangium immer gleichmässig gefärbt. Columella fehlend, 42 » Myxomyeetes. 18. Familie. Cribrariaceae. Sporangien gestielt, einzeln stehend, Obere Partie der Sporangiumwand sich theilweise in netzartige Ver- dickungen auflösend. — Gattungen: Cribraria Schrad., Heterodictyon Rostaf., Dietydium Schrad. 19. Familie. Dietydiaethaliaceae. Sporangien ungestielt, dicht neben einander auf gemeinsamer Unterlage stehend; ihre Wand oben solid glockenförmig in einzelne parallel vom Scheitel bis zur Basis ver- laufende und mit einander nicht verbundene Stränge BULEPIIET, — Gat- tung: Dietydiaethalium .KRostaf. 4. Reticularieae. Unregelmässige, verschieden grosse, balklose Aethalien, immer von gemeinschaftlicher. Rinde umgeben, die einzelnen Sporangien nicht durch Wände von einander getrennt. Columellen der einzelnen Sporangien mit einander verschmolzen, dadurch baumartig verzweigte, der Basis des Aetha- liumkörpers angewachsene Stöcke bildend, am Scheitel in ein unregelmässiges Gewirr von lufthaltigen Capillitiumröhren übergehend. 20. Familie. Reticulariaceae. Columellen band- bis walzen- förmig, ihre Wand vielfach durchlöchert. — Gattung: Reticeularia Bull. 5. Amaurochaeteae. Sporen, Capillitium und fast immer vorhandene Columella dunkelviolett bis schwarzbraun gefärbt. Keine Ablagerungen von Kalk. Einzelne Sporangien oder Aethalien. 21. Familie. Stemonitaceae. Sporangiumwand äusserst zart, vergänglich. Columella als Stielverlängerung die Mittelaxe des -Sporan- giums durchziehend; von ihr entspringt ein reiches Netzmaschensystem von Capillitiumfasern, deren Zweige letzter Ordnung mit der Sporangien- wand in Verbindung stehen. Immer einzelne Sporangien. — Gattungen: Stemonitis @Gled., Comatricha Preuss, Lamproderma KRostaf. 22. Familie. Echinosteliaceae. Sporangien gestielt; verschmä- lerte Stielspitze ohne Columellabildung direct in einzelne Capillitium- stränge übergehend; Capillitiumstränge nur am Scheitel mit einander ver- bunden. — Gattung: Echinostelium De Bary. 23. Familie. Enerthenemaceae. Sporangien gestielt. Stiel zur Columella verlängert, an der Spitze des Sporangiums scheibenförmig aus- gebreitet. Capillitium nur aus dieser Scheibe entspringend, mit den ent- gegengesetzten Enden frei in die Sporenmasse eindringend. — Gattung: Enerthenema Bowm. 24. Familie. Amaurochaetaceae. Von gemeinschaftlicher Rinde umgebene Aethalien. Einzelne Sporangien nicht durch Wände von ein- ander getrennt. Columellen der einzelnen Sporangien mit einander ver- schmolzen, dadurch baumartig verzweigte, der Basis des Aethaliumkörpers angewachsene Stöcke bildend. Capillitien aller einzelnen Sporangien ein lockeres Netzmaschenwerk von comatrichaartigem Capillitium bildend. — Gattung: Amaurochaete .Rostaf. 25. Familie. Brefeldiaceae. Nackte oder von gemeinschaft- licher Rinde umgebene Aethalien-Sporangien und Columellen wie bei voriger Familie. Capillitium wie bei Didymium. Die Capillitiumstränge der einzelnen Sporangien an der Grenze derselben mit einander ver- schmolzen. — Gattung: Brefeldia Rostaf. 6. Caleareae. Sporen violett bis braunviolett gefärbt. Auf oder in der Sporangiumwand und öfters in dem Capillitium Ablagerungen von Kalk in Form von amorphen Körnchen oder Krystalldrusen. Columella sehr häufig ausgebildet. Einzelne Sporangien, seltener Aethalien. 26. Familie. Cienkowskiaceae. Sporangiumwand einfach. Kalk- ablagerungen nur in Form von amorphen Körnchen. Capillitium aus soliden, dünnen, netzförmig verbundenen, an den Knoten dreieckig ver- Myxomyeetes. i 45 dickten Strängen bestehend. Einzelne Stränge häufig gabelig getheilt und in 1—2 lange, gekrümmte, spitze Enden frei auslaufend. Kalkblasen mächtig entwickelt. Columella fehlend. — Gattung: Cienkowskia. Rostaf. i 27. Familie. Physaraceae. Sporangiumwand einfach oder dop- pelt. Kalkablagerungen nur in Form von amorphen Körnchen. Capilli- tium aus dünnwandigen, hyalinen, farblosen Röhren gebildet; diese meist netzartig verbunden, lufthaltig, nicht selten zum Theil oder vollständig Kalkkörmer führend. Columella meist fehlend oder durch einen mächtig entwickelten Capillitiumknoten vertreten. — Gattungen: Badhamia — Berk., Trichamphora Jungh., Tilmadoche Fr., Physarum Pers., Craterium Trent., Leocarpus Lk., Orateriachea KRostaf., Fuligo Hall. (Aethalium septicum L.). 28. Familie. Didymiaceae. Sporangiumhaut einfach oder doppelt. Ab-, Zwischen- oder Einlagerungen in Form von Krystalldrusen oder amorphen Körnern, die oft zu dicken, spröden Krusten angehäuft werden. Capillitium aus soliden, meist violett gefärbten, seltener hyalinen, immer sehr dünnen Strängen bestehend. Der Columella angewachsen, verlaufen sie nach der Peripherie der Sporangiumwand immer parallel, einzeln, oder durch sparsame, unter sehr spitzem Winkel entspringende Zweige mit einander verbunden, im ganzen Verlaufe gleich dick.- Kalkablagerungen in den Capillitiumsträngen nur ausnahmsweise und dann nur in Form von Krystalldrusen vorhanden. Columella immer vorhanden. — Gattungen: Leangium Lk.,, Didymium Schrad., Lepidoderma De Bary, Chon- drioderma Rostaf. 29. Familie Spumariaceae. Einzelne Sporangien oder Aetha- lien. Von der centralen eylindrischen Columella verläuft nach der Peri- pherie zu ein comatrichaähnliches Capillitium. — Gattungen: Diachea Fr., Spumaria Pers. 7. Calonemeae. Kalklose, oder nur ausnahmsweise in der Haut, nie aber im Capillitium Kalk führende Sporangien. Columella immer fehlend. Sporan- giumwand, Capillitium und Sporen in einem Sporangium meist gleichmässig gefärbt. Sporangien gelb bis braunroth, seltener olivengrün oder grauweiss gefärbt. Capillitium meist mächtig entwickelt, in einzelnen Fäden oder zu- sammenhängenden Netzen, ihre Haut meist mit nach aussen vorspringenden Verdickungen. 350. Familie. Trichiaceae. Kalklose, sitzende oder gestielte, meist unregelmässig aufspringende Sporangien. Wand einfach oder dop- pelt, die innere (wenn vorhanden) die Sporenmasse von der Stielhöhle vollständig abschliessend, immer glatt. Capillitiumröhren dünnwandig, mit spiralförmiger Verdiekung. Sporen meist doppelt dicker als die Breite der Capillitinmröhren. — Gattungen: Trichia Hall., Hemi- trichia Rostaf. 31. Familie. Arcyriaceae. Kalklose, meist gestielte, seltener stiellose Sporangien, die meist ringsumschnitten aufspringen; dann die Stielröhre kelchartig erweitert. Sporangiumwand immer einfach, meist mit verschiedenartigen Verdiekungen auf der Innenfläche. Capillitium- röhren meist diekwandig, eng, netzartig verwachsen, mit ringförmigen, querleistenförmigen, warzigen oder netzförmigen Verdickungen versehen. Sporen meist nicht dicker, als die Breite der Capillitinmröhren. — Gat- tungen: Arcyria Hill., Lachnobolus Fr., Cornuvia KRostaf. 32. Familie. Perichaenaceae. Sporangien sitzend, in der Haut Kalk führend, meist deckelartig aufspringend. Sporangienwand doppelt; äussere dick, spröde, kastanienbraun bis grauweiss, mit Kalkablagerungen ; innere zart, dehnbar, homogen, mit Sporen und Capillitium gleichmässig gefärbt. Capillitiumbildung sehr unterdrückt; Verdickungen nicht vor- handen oder nur nach innen vorspringend. — Gattung: Perichaena Fr, be 44 Conjugatae. Zygnemaceae. II. Reihe. Copulation durch unbewegliche Zellen. A. Chlorophyllhaltige Formen (Algen). 7. Ordnung. Conjugatae. Einzellige, frei lebende oder nach der Zelltheilung zu unverzweigten Fäden verbunden bleibende Algen, deren Chlorophylikörper gewöhnlich in Form von Platten und Bändern auftreten und bei den Diatomaceen durch das neben dem Chlorophyll vorkommende braune bis goldgelbe Diatomin verdeckt werden. Die vegetative Vermehrung geschieht durch Zelltheilung, die bei den in fadenförmigen Familien lebenden Formen noch mit einem Zerfallen des Fadens in einzelne Stücke verbunden ist. Bildung von Schwärmzellen findet nicht statt. Die von den ge- wöhnlichen vegetativen Zellen ausgeführte Copulation liefert eine (bei vielen Dia- tomeen auch zwei) von den .vegetativen Zellen durch die Form wesentlich ver- schiedene Zygospore (Auxospore bei den Diatomeen). 33. Familie. Zygnemaceae.! Zelleninhalt durch. Chlorophylikörper, die in Form verschieden gestalteter Platten und Bänder auftreten, rein grün gefärbt. Zellen länger oder kürzer cy- lindrisch, nicht durch eine mittlere Einschnürung in 2 symmetrische Hälften ge- theilt, stets zu. Fäden vereinigt und in diesem Verbande copulirend. Der Copu- lationsraum, resp. die Zygospore wird nicht durch Scheidewände von den leeren Zellentheilen abgegrenzt. ‚Selten auf feuchtem Boden vorkommende Algen, meist frei im Wasser schwimmend, wo sie einzeln zwischen anderen Algen leben oder lockere, grüne Watten bilden. 1. Spirogyra Lk. Der Chlorophylikörper bildet spiralige, an den Rändern meist unregelmässig 'gezackte Bänder, die zu 1—4 in der Zelle liegen (Fig. 10, «, die unteren beiden Zellen) und einzelne Stärkekörner enthalten. Die Copulation erfolgt leiterförmig zwischen den parallel neben ein- ander liegenden Zellen zweier benachbarter Fäden mittelst eines zwischen beiden entstehenden Copulationsschlauches, und die Zygospore liegt nach Vollendung der Copulation in einer der beiden Zellen. Der ganze Vorgang ver- zelandt; abgesehen von geringen Modificationen, in folgenderWeise. Jede der eopulirenden Zellen treibt gegen die andere einen u kurzen, anfänglich papillenartigen haar, Fortsatz (Fig. 10, a, untere Zellen), a der bald denjenigen der gegen- überliegenden Zelle berührt. Beide a ir Sr en en ur Copulationsfortsätze platten sich dieselbe beginnenden unteren Zellen der Figur « sin ie ; » y itio schrauben es ibanner noch in ihrer a ee en en Lage; in den beiden oberen, weiter vorgeschrittenen Zellen . Bandes EN wurde der Inhalt fortgelassen. In Figur b ist der Inhalt einander, bleiben aber vorläufig der Zellen des einen Fadens bereits mit demjenigen der noch durch die der Berührungs- Zellen des zweiten zur Jochspore (sp) vereinigt; ce sind die stelle entsprechenden Zellwand offenen Copulationscanäle. Vergr. 240. getrennt (Fig. 10, a, obere Zellen). Darauf tritt in beiden Zellen gleichzeitig, oder in der einen etwas früher, der gesammte Protoplasmainhalt unter Ausstossung von Wasser von der Wand zurück und formt sich zu einem ellipso- 1 De Bary, Untersuchungen über die Familie der Conjugaten, Leipzig 1858. — Hofmeister, Ueber die Bewegungen der Fäden der Spirogyra princeps, in: Würtembereg. naturwissensch. Jahreshette 1874. 8. 211. — Pringsheim, Keimung von Spirogyra jugalis; in Flora 1852, Zygnemaceae. 45 idischen bis kugeligen Körper. Dann wird die trennende Zellwand im Copula- tionscanale gelöst, und der eine Plasmaballen drängt sich in den geöffneten Canal und gleitet langsam durch denselben in die andere Zelle hinüber, wo sofort eine Berührung und darauf eine Verschmelzung beider Plasmakörper zur Zygospore stattfindet. Während der Vereinigung wird letztere unter. weiterer Ausstossung von Wasser noch kleiner, so dass sie kaum grösser, als vorher eine der beiden nieht copulirten Plasmamassen allein, ist. Sie umgiebt sich mit einer Membran (Fig. 10, b: sp), welche noch bedeutend in die Dicke wächst und eine Differen- zirung in drei Schichten zeigt: eine äussere und innere farblose, dünnere und eine mittlere gelbbraune, dickere Lamelle. , Bei manchen Spirogyren sind die copu- lirenden Fäden ungleich stark, die Zellen des einen (männlichen?) Fadens dünner und eylindrisch, die des anderen (weiblichen?) dicker und oft tonnenförmig_aufge- trieben. Eine andere Eigenthümlichkeit ist noch die, dass manchmal die Copu- lation seitlich zwischen zwei benachbarten Zellen desselben Fadens in der Weise stattfindet, dass rechts und links neben der Querwand zwei bogenförmig gegen einander wachsende Fortsätze entstehen, die nach ihrer Verschmelzung die beiden copulirenden Zellen wie ein Bügel verbinden. Die Zygospore liegt dann in einer der beiden Zellen. Da sich die beiderlei Copulationsvorgänge an einem und dem- selben Faden gleichzeitig beobachten lassen, so hat man die die zweite Copula- tionsform allein zeigenden Formen mit Unrecht als Gattung Rhynchonema von Spirogyra getrennt. Nach einer längeren, den Winter über dauernden Ruhezeit, während welcher die copulirten Fäden gewöhnlich zu Grunde gehen, keimt die Zygospore, indem die sich dehnende innere Membranschicht die beiden äusseren Lamellen sprengt und sich schlauchförmig streckend zum Riss hervortritt (Fig. 11), wobei der in der Zygospore homogene Inhalt sich wieder in farbloses Plasma und grüne Spiralbänder sondert. Durch Auftreten von Querwänden wird die Keimpflanze zu einem Zellenfaden gegliedert. Die Bildung der Querwände findet bei den Spirogyren bekanntlich succedan statt. Der Plasmainhalt der sich theilenden Zelle bekommt eine anfänglich flache, allmählich tiefer gehende, rinsförmig um die Mitte verlaufende Einschnürung und während diese sich bildet, wird bereits an der betreffenden Stelle der Zellstoff zur Scheidewand ausgeschieden. Letztere setzt sich der Mutterzellwand in Form eines Ringes an, der in die Einfurchung der sich trennenden Plasmakörper hineinragt und in dem Maasse weiter wächst, seine mittlere Oeffnung stetig ver- engend, als die Furchung des Plasmas vorschreitet. Zuletzt werden die beiden Protoplasmakörper der Tochterzellen nur noch durch einen feinen, durch eine enge Oeffnung der Scheidewand gehenden Strang verbunden, welcher endlich reisst und den Schluss der Scheidewandöffnung gestattet. Bei vielen Spirogyren wölben sich in Folge stärkeren Wachsthums die beiden Zellhautlamellen, in welche sich später die Querwand differenzirt, faltenartig in das pie, 11. Kei- Innere der Zelle hinein, dem ganzen Faden ein eigenthümliches wende Zygospore Aussehen gebend. Die Bewegungserscheinungen der Spirogyren, von Spirogyra wobei die Fäden sich krümmen, werden einer ungleichen Längen- jugalis. Nach zunahme verschiedener Längszonen wachsender Fadenstücke zuge- Pringsheim. schrieben. — S. insignis Ktz. Fäden ziemlich dick, Querwände gefaltet, Zelle mit 2—4 Spiralbändern. In Teichen und Gräben gemein. — S. tenuissima Ktz. Fäden sehr zart, Querwände gefaltet, Zellen mit einem Spiralbande. Einzeln unter anderen Algen, häufig. — 8. crassa Ktz. Grösste Art mit sehr dicken Fäden, Querwände nicht gefaltet, 2 oder mehr Chlorophyli- bänder. In Gräben nicht selten. — S. communis Ktz. Fäden mittelstark, mit einem Chlorophylibande in den Zellen, die Querwände nicht gefaltet. In Teichen und Gräben gemein und grosse, lebhaft grüne Watten bildend. 2. Zygnema Ktz. Wie Spirogyra, aber in jeder Zelle 2 sternförmige Chlo- rophylikörper. — Z. eruciatum Ag. In stehenden Gewässern (besonders Torf- mooren) grosse, gelbgrüne Watten bildend. 3. Zygogonium Ktz. Wie Zygnema, aber die Zygospore. sich im Copu- lationscanale bildend. Zellmembran meist sehr dick, geschichtet. Meist auf 46 Zygnemaceae. Mesocarpeae Desmidiaceae. feuchtem Haideboden, doch auch an und in Bächen. — Z. Agardhii Rabenh. Auf Haiden gemein. j 4. Sirogonium Ktz. Die Chlorophylikörper treten zu mehreren in jeder Zelle als perlschnurartige Längsbänder auf. Die Copulation findet zwischen zwei sich knieförmig gegen einander biegenden, im Knie unmittelbar vereinigenden Zellen statt und die Zygospore liegt in einer der beiden Zellen. — 8. sticticum Ktz. In stehenden Gewässern schmutzig grüne Watten bildend. 34. Familie. Mesocarpeae.! Diese Familie unterscheidet sich von voriger durch den als axile Längsplatte auftretenden Chlorophyllkörper und die Art der Copulation, bei welcher der die Zygospore enthaltende Raum der copulirenden Zellen durch Scheidewände von den leeren Stücken derselben abgegrenzt wird. Die früher nach der Zahl der gebildeten Wände und der Form der Zygospore unterschiedenen Gattungen werden von Wittrock nicht anerkannt, da sich nach dessen Beobachtungen an Sphaerosper- mum calcareum die mannigfachste Sporenbildung und häufig die verschiedenen Arten der Copulation an einem.und demselben Faden finden. Er unterscheidet demnach nur die alte Gattung ; Mougeotia Ag., deren Sectionen er in folgender Weise umgrenzt: 1. Mougeotiae mesocarpicae. Zygospore durch Dreitheilung der beiden copulirenden Zellen abgegrenzt. Dieselbe liest in dem die leeren Zellen ver- bindenden Mittelstücke. Hierher die alten Gattungen Mesocarpus Hass., Cra- terospermum Al. Br. und Pleurocarpus Al. Br. 2. Mougeotiae plagiospermicae. Zygospore durch Viertheilung der co- pulirenden Zellen abgegrenzt. Hierher die frühere Gattung Plagiospermum Üleve. 3. Mougeotiae staurospermicae. Zygospore durch Fünftheilung der co- pulirenden Zellen abgegrenzt. Dieselbe hat die Form eines gleicharmigen , Kreuzes. Hierher Staurospermum XKtz. und Sphaerospermum (leve. 4. Mougeotiae polymorphae. Zygosporenbildung der vorhergehenden drei Sectionen an einem und demselben Faden. Hierher Mougeotia.calcarea Wütr. In der Lebensweise stimmen die Mesocarpeen mit den Zygnemaceen überein. 35. Familie. Desmidiaceae.? Zelleninhalt durch Chlorophylikörper, die in Form verschieden geordneter Platten und Bänder auftreten, rein grün gefärbt. Zellen sehr verschieden gestaltet, mit wenigen Ausnahmen durch eine mehr oder weniger tiefe Einschnürung in zwei symmetrische Hälften getheilt, einzeln lebend, oder zu kürzeren oder längeren band- oder kettenförmigen Fäden verbunden, wenn die Zellen sich nach der Theilung nicht trennen. Die durch Zellentheilung erfolgende vegetative Vermeh- rung findet: bei Cosmarium in folgender Weise statt. Die stark von zwei Seiten zusammengedrückten Zellen dieser Gattung sind durch eine tiefe Einschnürung in zwei Hälften getrennt (Fig. 12, d). An dieser Einschnürungsstelle verlängert sich die Zelle etwas, indem die derbere Aussenschicht der Membran ringförmig reisst und die Innenschicht sich streckt, so dass die Zellenhälften durch einen kurzen Canal verbunden sind. In der Mitte dieses Canales entsteht nun eine an- fänglich solide, später sich in zwei Lamellen spaltende Querwand. Beide Lamellen wölben sich dann sofort gegen einander, so dass jede Zellenhälfte eine blasige Ausstülpung erhält (Fig. 12, e), welche allmählich zu einer neuen Zellenhälfte heranwächst und später ihre Membran in der für die betreffende Art charakte- ! De Bary, Untersuchungen über die Familie der Conjugaten. Leipzig 1858. — Wittrock, Om Gotlands och Oelands Sötvattens-Alger, in K. Svenska Vetensk. Akad. Handlingar I. (Mir nur aus dem Refer. Botan. Zeit. 1873, S. 163, bekannt. 2 De Bar y, Untersuchungen über die Familie der Conjugaten. — Ralfs, British Desmidieae. London 1848. — Nägeli, Gattungen einzelliger Algen. Zürich 1849. Desmidiaceae. 47 ristischen Weise ausbildet. Jede Tochterzelle besteht demnach aus einer alten Hälfte ihrer Mutterzelle und dem neu zugewachsenen Stücke. Während dieser Theilung wachsen mit dem in die Ausstülpung eintretenden Plasma auch die strahlig von der Axe nach der Peripherie der Zelle divergirenden Chlorophyll- körper in die neue Zellenhälfte hinüber; ebenso strecken sich die in jeder Zellen- hälfte vorhandenen beiden grossen Amylonkerne (d. h. hohlkugelig gelagerte Stärke- massen, die einen aus Plasma bestehenden zellkernartigen Körper umgeben — vel. De Bary, Conjugaten, S. 2), theilen sich durch Einschnürung, und von den vier Körnern treten zwei in die neue Hälfte hinein. Bei anderen Desmidiaceen verläuft der Theilungsprozess in ähnlicher Weise. Bei der Conjugation legen sich die Zellen paarweise in gekreuzter Stellung mit ihren Breitseiten neben einänder, die zu Fäden vereinigten erst, nachdem sie zuvor in die einzelnen Individuen zerfallen sind. Dabei betten sich die Zellenpaare in weiche Gallerte ein. Bei Cosmarium, das auch hier als Typus gelten mag, er- hält nun jede Zelle an der Einschnürungsstelle einen Ringriss, der gerade so wie bei der Theilung die Aussenschicht der Zellenwand aufreissen lässt, während die Innenschicht unversehrt bleibt. Letztere wächst dann der anderen Zelle in Form eines blasigen Copulationsfortsatzes entgegen (Fig. 12, f), der denjenigen der Nach- Fig. 12. a Closterium moniliferum (Vergr. 200). db Micrasterias papillifera (Vergr. 200). ce Staurastrum paradoxum (Vergr. 300). d Cosmarium margaritiferum, optischer Durchschnitt (Vergr. 300). e Dieselbe Art in Theilung begriffen, Flächenansicht (Vergr. 300). f Cosmarium Botrytis, eine zur Copulation sich anschickende Zelle (Vergr. 390). g Zypospore von Staurastrum spinosum (Vergr. 400). Fig. f nach De Bary. barzelle bald berührt und mit ihm zu einer grossen kugeligen Blase verschmilzt, während die Aussenschichten der Zellhauthälften als leere Schalen abgestreift werden und das trennende Wandstück im Copulationsraume sich löst. In dieser Blase vereinigen sich die beiden Protoplasmakörper der copulirten Zellen zu einer grossen, sich kugelig abrundenden Zygospore, welche sich mit einer Zellhaut um- giebt und diese später in drei Schichten differenzirt: eine innere und äussere farblose und eine mittlere, derbere, braune Schicht. Die Zygosporenhaut wächst ferner in anfänglich hohle, später solid werdende Stacheln aus, deren jeder auf der Spitze noch einige kleine Stacheln trägt (wie bei Staurastrum — Fig. 12, 9); oder sie wird nur warzig und bleibt bei anderen Desmidiaceen auch wohl ganz glatt. In der eine längere Ruhezeit erleidenden Zygospore verwandelt sich die Stärke in Fetttropfen. Bei der in 1—2 Tagen vollendeten Keimung bersten die beiden äusseren Schichten der Sporenhaut und die innere Lamelle tritt als etwas grössere Blase mit dem eingeschlossenen Plasmainhalte heraus. Letzterer, welcher bei Cosmarium schon vor dem Austritte aus der Zygospore zwei getrennte halb- kugelige Chlorophylikörper erkennen lässt, zieht sich nun etwas zusammen und umhüllt sich. mit einer neuen Haut, von welcher sich die Innenlamelle der Spore blasig abhebt. Dann entsteht am Umfange des Protoplasmakörpers zwischen den beiden Chlorophylimassen eine Ringfurche, welche denselben in zwei Hälften trennt, deren jede einen der beiden Chlorophylikörper enthält. Die zunächst noch nackt bleibenden Halbkugeln schnüren sich, unter Aenderung ihrer Form, abermals ein, 48 Desmidiaceae. jedoch nicht bis zur Mitte, so dass diesmal die zwei charakteristischen Zellen erscheinen, die sich nun erst mit einer Membran umgeben. Die zweite unvoll- ständige Furchung erfolgt senkrecht zur ersten Theilungsebene und in den beiden Keimzellen über’s Kreuz, so dass die ersten Cosmariumzellen gekreuzt in der Mutterzelle liegen, aus welcher sie durch Auflösung der Membran der letzteren frei werden. . Die zahlreichen, durchweg schr zierlichen Formen dieser Familie leben in stehenden Gewässern, vorzüglich in Torfsümpfen,' meist einzeln zwischen anderen Algen, selten grössere Massen bildend. 1. Gonatozygon De Bary. Zellen lang eylindrisch, ohne Einschnürung, zu Fäden verbunden, bei der Copulation knieförmie eingeknickt, der Chlorophylikörper als eine in der Axe stehende, wellenförmig gewundene Platte. Zygospore glatt. — G. asperum Rabenh. Zellen von zahlreichen spitzen Wärzchen rauh. In Sümpfen. 2. Bambusina Ktz. Zellen zu Fäden verbunden, kurz oval oder tonnenförmig, im Querschnitt kreisrund, in der Mitte durch eine Ringfurche eingeschnürt, mit vorspringenden Reifen, ‘die an den Enden mit stumpfen Zähnchen vortreten. Chlo- rophylikörper im Querschnitt 5— 6strahlig. Zygospore glatt. — B. Brebissonii Ktz. In Torfsümpfen gemein. 35. Didymoprium Ktz. Wie Bambusina, aber ohne Reifen. Chlorophyli- körper vierstrahlig. — D. Grevillii Ktz. In Torfsümpfen häufig. 4. Desmidium Ag. Zellen zu Fäden verbunden, in der Mitte tief einge- schnürt, im Querschnitt drei-, seltener vierseitig mit dreistrahligem (selten vier- strahligem) Chlorophylikörper, dessen Strahlen in die Zellenkanten gehen. Zygo- spore glatt. — D. Swartzii Ag. Zellen dreiseitig. In Sümpfen gemein. 5. Penium Dreb. Zellen einzeln, walzen- oder spindelförmig, meist ohne Einschnürung in der Mitte, mit abgerundeten Enden. Chlorophyll in mehreren, von der Axe nach der Peripherie hin strahlig gestellten Längsplatten. Zygospore glatt. In Torfsümpfen und an feuchten Mauern. 6. Spirotaenia Breb. Zellen einzeln, walzenförmig, ohne Einschnürung, mit einem oder mehreren wandständigen, spiraligen Chlorophyllbändern. In Sümpfen frei schwimmend; auf feuchten Brettern, Moosen etc. gallertartige Colonien bildend. 7. Closterium Nitsch. Zellen einzeln, spindelförmig, sichelförmig gekrümmt, in der Mitte nicht eingeschnürt, der Chlorophylikörper wie bei Penium (Fig. 12, a). Zygosporen glatt.- Der Zellkern liest hier, wie bei den anderen symmetrisch halbirten Formen, in der farblosen Mitte der Zelle, die Chlorophyliplatten beider Hälften trennend. Die Enden der Zelle enthalten ebenfalls nur farbloses Plasma mit einer grossen Vacuole, in welcher sich kleine, in lebhafter Tanzbewegung be- griffene Krystalle (Gyps?) befinden. Die Vacuolen selbst verkleinern sich, wenn das strömende Protoplasma sich in ihrer Nähe aufstaut und sie vergrössern sich wieder, wenn dasselbe nach der Mitte der Zelle zu abfliesst. — Zahlreiche Arten in stehenden Gewässern. 8. Pleurotaenium Näg. Zellen einzeln, walzen- oder spindelförmig, in der Mitte mit seichter Einschnürung, an den Enden abgestutzt oder abgerundet, das Chlorophyll in Längsbändern. In Gräben und Sümpfen. 9. Tetmemorus Ralfs. Wie Pleurotaenium, aber an den Enden ausgeschnitten. In Torfsümpfen. 10. Cosmarium Corda. Zellen einzeln oder nach der Theilung zu kurzen Fäden verbunden, in der Mitte mit tiefer Einschnürung, die beiden Hälften in der Flächenansicht halbkreisförmig bis elliptisch, stark flachgedrückt, daher auch im Querschnitt elliptisch bis flach, die Membran glatt oder warzig (Fig. 12, d). Zygo- spore warzig oder stachelig. Zahlreiche Arten in stehenden Gewässern. 11. Micrasterias Ag. Zellen einzeln oder in Bändern, in der Mitte tief eingeschnürt, die Hälften strahlig gelappt (Fig. 12, b), stark flachgedrückt. Zyg0- spore stachelig. Viele Arten in Torfsümpfen. 12. Euastrum Ehrbg. Wie vorige Gattung, aber der Endlappen jeder Hälfte wieder tief zweilappig. Zygosporen warzig. In Sümpfen. Baeillariaceae. 49 13. Staurastrum Meyen. Zellen in der Mitte tief eingeschnürt, im Quer- schnitt drei- bis fünfeckig, die Ecken meistens in längere oder kürzere, oft stachelige Strahlen ausgezogen (Fig. 12, ec), oder auch stumpf. Zygosporen stachelig. Zahlreiche Arten in stehenden und langsam fliessenden Gewässern. 36. Familie. Bacillariaceae. (Diatomaceae).! Die Bacillariaceen haben mit den Desmidiaceen den grossen Formenreichthum der höchst zierlichen Zellen und die symmetrisch-zweihälftige Ausbildung derselben gemein, unterscheiden sich von ihnen aber dadurch, dass durch das Auftreten eines eigenthümlichen, als Diatomin bezeichneten Farbstoffes das Chlorophyll ganz verdeckt wird und die betreffenden platten- oder körnerförmigen Chlorophylikörper goldgelb bis braun erscheinen. Das Diatomin ° ist in Wasser nicht, in Alkohol (rascher als das Chlorophyll) mit braungelber Farbe löslich und in dieser Lösung nicht oder nur schwach tluorescirend. Mit concentrirter Schwefelsäure nimmt es eine schön blaugrüne Färbung an, und sterben Diatomeen im Wasser ab, so färbt sich ihr Plasma um so intensiver smaragdgrün, je dunkler die braungelbe Färbung desselben im Leben war. Die Zellen leben entweder isolirt, oder sie bleiben nach der Theilung ver- bunden und bilden bandförmige Familien von verschiedener Gestalt. Noch andere Bacillarien liegen zu vielen in Gallertblasen oder unregelmässig gestalteten Gallert- massen, oder in einfachen oder verzweigten Gallertsträngen von oft bedeutenden Dimensionen. Wieder andere sitzen auf längeren oder kürzeren, einfachen oder verzweigsten Gallertstielen und mit diesen auf anderen Pflanzen. Noch andere heften sich mit einer ganzen Seite flach und fest anderen Wasserpflanzen, nament- lich Fadenalgen an, die sie oft mit dichter Decke überziehen. Die zur Befestigung oder Einhüllung dienenden Gallertmassen sind in allen Fällen Bildungsproducte der einzelnen Zellen. Die Zellhaut besitzt bei sämmtlichen Bacillariaceen so starke Einlagerungen von Kieselerde, dass diese an allen Sculpturverschiedenheiten der Membran sich betheiligt und nach Fäulniss oder Verbrennung der organischen Substanzen als ein die Form der Zelle und die gesammten Zeichnungen der Membran wieder- gebendes Skelet zurückbleibt, das bei systematischer Bestimmung der Arten zur besseren Erkennung des Baues der Zellhaut sogar absichtlich hergestellt wird. Wesentlicher als diese Kieselerde-Einlagerung ist aber der Umstand, dass bei einer ziemlichen Zahl bis jetzt untersuchter Formen (namentlich der Naviculeen) die Membran nicht ein organisches Ganzes bildet, sondern aus zwei symmetrischen Hälften besteht, von denen die grössere ältere mit ihren Rändern über den Rand der etwas kleineren jüngeren übergreift, wie der Deckelrand einer Schachtel über den Rand des Bodens, wie dies in Fig. 13 an einer grösseren Pinnularia erläutert worden ist. Dieselbe zeigt bei A die sogenannte Schalen- oder Hauptseite mit ihrer eigenthümlichen Zeichnung, bei B dieselbe Zelle um 90° um ihre Längsaxe ge- dreht von der sogenannten Gürtelband- oder Nebenseite. Das Uebergreifen des Gürtelbandes der grösseren Schale « über das Gürtelband der kleineren Schale © tritt hier deutlich hervor. Beide Figuren zeigen gleichzeitig die ungleiche Vertheilung der Zeichnungen auf der Haupt- und Nebenseite, von denen die erstere stets die begünstigte ist. Ueber die Natur dieser Zeichnung gehen die Ansichten aus einander. ! Pfitzer, Untersuchungen über Bau und Entwickelung der Bacillariaceen; in Botan. Abhandl. von Hanstein I. Heft 2. — Bors&ow, die Süsswasser-Bacillarien des südwestlichen Russlands. Kiew 1873. — Schmitz, Die Bildung 'der Auxo- sporen von Cocconema Cistula, in Botan. Zeit. 1872. p. 217. — Lüders, bBeobach- tungen über Organisation, Theilung und Copulation der Diatomeen, in Botan. Zeit. 1862. p.. 41. — Smith, Synopsis of British Diatomaceae. 2 Bände. London 1856. — Kützing, Die kieselschaligen Bacillarien. 2. Aufl. Nordhausen 1865. — Rabenhorst, Die Süsswasser-Diatomaceen. Leipzig 1853. — Grunow, die öster- reichischen Diatomaceen. Wien 1862. — Ehrenberg, Microgeologie. Leipzig 1854. — Etc. ete. Die weitere Literatur namentlich bei Pfitzey. ®2 Kraus und Millardet, Comptes rendus LXIl. p. 505. Askenasy, Bot. Zeit. 1867. p. 236. Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 4 50 Bacillariaceae. So sehen einige Beobachter in der bei vielen Diatomaceen auftretenden Mittellinie (Fig. 13, A, m) bei Pinnularia und verwandten Formen einen die Membran durch- setzenden Spalt, andere eine Furche oder nach innen vorspringende Verdickungs- leiste der Membran, welche zwischen dem vertieften Mittelknoten (Fig. 13, A, 9) und den beiden Endknoten (Fig. 13, A, k) der Schalen verläuft. = eb perl ax eu Eb Pe | I 7-2 B FT = r => EB is = > a HI E HD - 1 ua > EB F E27 e= HI > H—T> r HI T> - ın . ITT> g 1a = 2 eH u / I I‘ 7 = I ep + Ep 5 \ im min IN \ h \ \ \ \ E = E = MT I > I i = Ä : =| 8 Em) B> 2 1 => m Ü > 5 = > EB ı— = ei E ums I) m oo PB E ame 99 iS > 4 u IT 2 ;E > ‚ = VS P | I FS = ‘ a ’ kaum. = = k > Fig. 13. Pinnularia viridis. A Schalenan sicht: r Riefen, m Mittellinie, : Endknoten, 9 Mittelknoten. 3 Gürtelbandansicht: a äussere und 2 innere Schale, » Neben- linien. Die Zeichnung Bist aus der Flächen- ansicht und derjenigen des optischen Durch- schnittes combinirt; man sieht daher sowohl die Ränder der Schalen, die Nebenlinien und die Enden der Riefen, welche von der Schalenseite her übergreifen, als auch das Uebereinandergreifen der Gürtelbänder, deren Ansatz an die Schalen und die ein- gesenkten und verdickten Knoten der Mittellinie. Nach Pfitzer. Vergr. 300. Ebenso werden die in Figur 13 A bei r als Riefen bezeichneten Gebilde bald als Furchen auf der Membran, bald als Hohlräume in derselben betrachtet und auch bei anderen Diatomeen solche die Zeich- nung bedingende Hohlräume in der Zellhaut angegeben, welche sich bald nach innen, bald nach aussen mit engeren oder weiteren Canälen oder Löchern öffnen, während bei wieder anderen Bacillarien, die Membran keine Kam- mern, sondern einfache locale Verdickungen besitzt.! Der Zweischaligskeit der Membran ent- sprechend ist auch die Zelltheilung der Dia- tomaceen eine eigenthümliche. Bei den zur - Theilung sich anschickenden Zellen schieben sich die beiden Schalen so aus einander, dass die Ränder der Gürtelbänder nur noch ein wenig über einander greifen. Gleichzeitig wandern die beiden grossen, vorzüglich den Gürtelbandseiten anliegenden Farbstoffplatten auf die Schalenseiten hinüber und der centrale Zellkern theilt sich in die beiden für die neuen Zellen bestimmten Tochterkerne. Darauf be- ginnt in einer mittleren, den beiden Schalen- oder Hauptseiten parallelen Theilungsebene die Einschnürung des Protoplasmas, wodurch dasselbe in zwei den beiden symmetrischen Zellhälften entsprechende Portionen zerfällt. Zwischen diesen beginnt die Zellhautbildung in der Mitte und schreitet von hier aus nach der Peripherie vor, doch so, dass nicht eine einheitliche, sich später in zwei Lamellen spaltende Scheidewand gebildet wird, sondern von Haus aus zwei gesonderte Zelihauthälften entstehen, die mit ihren Gürtelbändern stets in die alten bleibenden Schalen hineingreifen, also kleiner als diese werden. Jede neue Zelle besteht demnach aus einer alten und einer neuen Schale mit den zugehörigen Gürtel- bändern. Schon während der Bildung der neuen Membranhälften theilt sich auch die Farbstofiplatte jeder Tochterzelle, wobei die gebildeten und sich verbreiternden Hälften sich an die Gürtelseiten iegen und von hier aus noch mehr oder minder weit auf die Schalen übergreifen. Die Struetur der Zellwand und die mit ihr in Zusammenhang stehende Theilungsweise bedingt, da die fertigen Tochterzellen nicht oder nur unmerklich wachsen, dass durch wiederholte Theilungen eine Anzahl stets kleiner werdender Zellen gebildet werden, so, dass schliesslich zwischen grössten ‘ Müller, Ueber den Bau der Zellwand von Triceratium Favus Ehrbg. in Sitzungsber. d. Gesellgch. naturforsch. Freunde zu Berlin, Octob. 1871 und Botan. Zeit. 1872. p. 242. — Flögel, Ueber die Structur der Zellwand bei Pleurosigma, in Max Schultze’s Archiv f, mikr. Anatomie VI. p. 472. Bacillariaceae. 51 ” und kleinsten sich alle möglichen Abstufungen und die mittleren Grössen am häufigsten finden. Diese Verkleinerung der Individuen schreitet aber nur bis zu einem gewissen Grade fort, um dann durch die Bildung der Auxosporen abgelöst zu werden, welche die Art wieder auf die normale Grösse zurückführen sollen. Die Entwickelung der Auxosporen zeigt aber verschiedene Typen. Im einfachsten Falle wird von einer Mutterzelle nur eine Auxospore erzeugt, indem die Membran der Mutterzelle sich öffnet und den sich dann vergrössernden und mit Zellhaut umhüllenden Proto- plasmakörper als Auxospore entlässt. Dieser z. B. bei Melosira vorkommende Vorgang wäre dann alsungeschlecht- lich erfolgende Verjüngung zu be- zeichnen. In einem zweiten ver- wandten Falle (Rhabdonema) theilt sich der Protoplasmakörper einer Zelle, ehe er dieselbe verlässt; die beiden neuen Plasmakörper treten dann aus und strecken sich, ohne mit einander in Berührung zu treten, zu zwei Auxosporen. Bei den meisten bis jetzt beobach- teten Formen findet indessen Wech- selwirkung zweier ‘Zellen mit in- directer oder directer Conjugation statt. Bei Frustulia verläuft dieselbe in folgender Weise. Zwei Zellen legen sich mitihren Gürtelbandseiten parallel neben einander und hüllen sich in eine gemeinsame Gallert- masse, während sie an den einander zugekehrten Seiten wie die Deckel eines Buches aufklappen. Die Plasmakörper beider Zellen treten dann zu dem sich immer mehr vergrössernden Spalt hinaus und berühren einander auf kurze Zeit, wobei sie sich an der Berührungs- stelle zwar abplatten, aber nicht mit einanderverschmelzen(Fig.14,A). Darauf umhüllen sich beide Proto- plasmamassen mit einer zarten Fig. 14. Frustulia saxonica in Conjugation. A Be- Membran und strecken sich, ausser rührung der beiden Mutterzellen der Auxosporen zwischen Berührung tretend, zu den zunächst den geöffneten Schalen. B Auxosporen, welche eben diekeylindrischen Auxosporen, deren ihre Kappen abstossen, zwischen ts vier leeren Schalen Hellbastarden stumpfabgerundeten der copulirenden Individuen. C Auxosporen, welche 5 R schon die Schalen der neuen sogenannten Erstlingszelle End lick 1 glatt °d t ; ; rat ‚nden dick und gla wırd, SONS in sich entwickelt haben. s Schalen der in Conjugation aber zart und durch grobe Quer- befindlichen Zellen. m Gallerihülle der sich berührenden striche geringelt ist. Die vierleeren Plasmamassen. c Farbstoffplatten. a Auxosporen und Schalenstücke liegen nun neben den k deren Kappen. In Figur € wurde der Deutlichkeit Auxosporen (Fig. 14, B). Haben die wegen nur in der ee un seraünle Inhalt Auxosporen die in Fig. 14 B ge- gezeichnet. Nach Pfitzer. Vergr. 1200. zeichnete Gestalt erreicht, so wird an jedem Ende an der Grenze der dicken Endkappen eine schmale, ringsherum gehende Zone verflüssigt und die Kappen lösen sich dadurch ab. Das Plasma zieht sich von ihnen zurück und wächst, umgeben von zarter Membran, zu schlankeren, der endgültigen Form der Auxosporen mehr entsprechenden Zellenden heran, die Kappen mit sich emporhebend (Fig. 14, ©). Haben die Auxosporen ihre definitive Länge, aber noch nicht ihre ganze Breite erreicht, so beginnt die Bildung der Schalen, die bei allen Diatomaceen nach einander entstehen. Zuerst ‚zieht sich das Protoplasma in der ganzen Längsausdehnung der Auxospore etwas von der einen Wandseite zurück und scheidet hierauf die erste und grössere Schale aus, deren Bildung auch, wie bei der Zelltheilung, in der Mitte der Zelle beginnt und von hier aus nach den Enden vorschreitet, so dass z. B. die Mitte bereits ihre 4* 59 j Bacillariaceae. charakteristische Zeichnung zeigt, während die Enden noch glatt sind. Nach vollendeter Bildung der ersten Schale sammt Gürtelband tritt das Protoplasma auch von der gegenüberliegenden Wand der Auxospore zurück und scheidet hier die zweite, kleinere, in der älteren steckende Zellhauthälfte in gleicher Weise aus, so dass jetzt die „Erstlingszelle“, d. h. also die erste grosse Zelle der neuen Ge- neration in ihrer charakteristischen Zeichnung durch die Auxosporenmembran durchscheint (Fig. 14, C). Letztere wird dadurch gesprengt, dass die Erstlingszelle die noch zu starke Wölbung ihrer Schalen in Verbindung mit einem geringen Breitenwachsthum derselben ausgleicht. — Die Gattung Coceconema bildet ihre Auxosporen in ähnlicher Weise, doch treten hier die Protoplasmakörper der Mutterzellen niemals mit einander in Berührung, sondern wachsen vollständig isolirt zu den Sporen heran. Dagegen erzeugen Cocconeis, Himantidium, Surirella und Cymatopleura durch vollständige Verschmelzung des Protoplasmas der beiden copulirenden Zellen zu einem einzigen Plasmakörper eine einzige Auxospore. Ebenso findet bei Amphora und Epithemia eine echte Copulation, aber mit Bildung zweier Auxosporen statt. Die austretenden Plasmakörper der copulirenden Zellen treiben nämlich je zwei Fortsätze, die einander bis zur Berührung entgegen- wachsen, worauf die gegenüberliegenden, inzwischen durch Theilung entstandenen Hälften der Mutterzellen sich vereinigen und zu den mit letzteren sich kreuzenden Auxosporen heranwachsen. Nach anderer Angabe geht die Theilung des Plasmas der Copulation voraus. Die Bildung der Auxosporen erfolgt bei den Diatomeen zu allen Jahreszeiten, allerdings in den strengen Wintermonaten selten. Einzelne Formen copuliren mehrere Male im Jahre. Von den übrigen Lebenserscheinungen der Bacillariaceen soll noch der Be- wegung derselben gedacht werden. Ausser einer bei manchen Formen (namentlich der Meeresdiatomeen) beobachteten Strömung des Zellenplasmas! nach Art der Plasmabewegung in anderen pflanzlichen Zellen zeigen nämlich die als isolirte Zellen lebenden. Formen, wie Navicula, Pinnularia, Nitzschia etc., eine durch die Ortsveränderung charakterisirte, langsam schwimmende oder kriechende Bewegung, deren Hauptrichtung mit der Richtung der -Längsaxe der Zelle zu- sammenfällt. Bewegungsorgane sind nicht sichtbar, die Ursache der Bewegung wird verschieden gedeutet. Max Schultze? und dessen Anhänger nehmen die Existenz eines farblosen, im Wasser nicht sichtbaren Plasmafusses an, der zu dem in der Mittellinie befindlichen Spalt (Fig. 13, A, m) oder zu feinen Oeffnungen (z. B. am Schalenrande von Nitzschia) heraustritt und durch seine Contractionen das „Kriechen“ veranlasst. Gestützt werden sie in dieser Ansicht dadurch, dass man kleine im Wasser befindliche Körperchen oft auf der Mittellinie (und nur auf dieser) vor- und wieder rückwärts gleiten sieht. während die Zelle selbst ruht, und dass oft Quarzkörner im Wasser eine kleine Strecke weit hinter der vorwärts gleitenden Diatomee fortrutschen, also durch ein reales, wenn auch mi- kroskopisch nicht wahrnehmbares Band mit der Zelle verknüpft sein müssen. Dieser Annahme steht eine andere, erst neuerdings von Dippel® und Borstow * vertheidigte entgegen, nach welcher starke Diffusionsströme durch die Membran der Diatomeenzelle die Bewegung veranlassen sollen, das Haften derselben Zellen am Glase etc. einer gallertartig aufgequollenen äusseren Zellhautlamelle zuge- schrieben wird. Die in etwa 1500 Arten bekannten Bacillariaceen sind über die ganze Erde verbreitet, manche Formen als wahre Kosmopoliten. Sie leben auf feuchter Erde, an nassen Mauern und Felsen, sowie namentlich in stehenden süssen Gewässern und im Meere, in letzterem in den grössten und schönsten Formen. An Orten, wo sie häufig vorkommen, bilden sie am Grunde der Gewässer oft dichte schlam- mige oder gallertartige Ueberzüge; der Schlamm der Häfen zu Pillau und Wismar besteht nach Ehrenberg’s Untersuchungen zu Y/,—'/, seines Volumens aus Diato- ı Max Schultze, Innere Bewegungserscheinungen bei Diatomaceen der Nordsee, in Müller’s Archiv für Anat. und Physiologie, 1858. S. 330. 2 Max Schultze, Die Bewegungen der Diatomaceen, im Archiv f. mikros- kopische Anatomie I. 8. 385. 3 Dippel, Beiträge zur Kenntniss der in den Soolwässern von Kreuznach lebenden Diatomeen. 1870. = BOTSCoW, a. 2.0, Bacillariaceae. 53 meenschalen. Ebenso überziehen gewisse Formen, besonders Arten von Eunotia, Epithemia und Cocconeis, kleinere Wasserpflanzen, namentlich Algen, bis zur Unkenntlichkeit derselben und die zu Fäden vereinigten bilden wie die Faden- algen oft lange, braune, leicht zerfliessende Watten. Aus diesem massenhaften Vorkommen und der oben erwähnten Unzerstörbarkeit ihrer Kieselskelete ist es auch erklärlich, wesshalb an manchen Orten der Erdoberfläche ziemlich bedeutende Ablagerungen von oft vielen Metern Mächtiskeit gefunden werden, die zum grössten Theile aus den Kieselschalen von Diatomeen bestehen und als Bergmehl, Kiesel- euhr, Tripel oder Polirschiefer bekannt sind. Die genauere Kenntniss der meisten derselben verdanken wir Ehrenberg, welcher 1836 zuerst die Ablagerungen in den Torfmooren von Franzensbad in Böhmen untersuchte. Von den deutschen Fund- orten sind die wichtigsten diejenigen von Bilin in Böhmen (Mächtigkeit 2—15 Fuss), Oberohe bei Ebstorf in der Lüneburger Haide (Mächtigkeit bis 40 Fuss) und Berlin (Mächtigkeit von 5—100 Fuss). Andere bekannte grössere Lager finden sich in Toscana, Lappland, Sibirien, Nordamerika und Mexiko. Die meisten der- selben sind diluvial und alluvial, wenige tertiär, und in den meisten finden sich ganz bestimmte Arten als Hauptmasse vor, so bei Bilin Melosira distans, bei Eb- storf Synedra Ulna, bei Franzensbad Pinnularia major, bei Eger Campylodiscus elypeus u. s. w., so dass man von Melosira-Erden, Pinnularia-, Synedra-, Campy- lodiscus-Erden etc. spricht. Benutzt werden derartige Erden zur Fabrikation von leichten Ziegeln (Fabroni’sche Ziegel) und bei der Bereitung des Dynamit, indem sie hier mit dem Nitroglycerin gemischt werden. An manchen Orten werden sie in Zeiten von Hungersnoth gegessen oder mit Mehl zu Brod verbacken (essbare Erden in Lappland, Sibirien, China ete.). Nach der Vertheilung des Farbstoffes, der Art der Fortpflanzung etc. ent- wirft Pfitzer folgendes System. A. Endochrom an wenige, höchstens 2, selten in der Mitte unterbrochene Plas- maplatten gebunden. Allgemeiner Bau der Schalen bilateral, Streifung nie- mals netzförmig. Sporenbildung aus 2-hautumhüllten Mutterzellen: Placo- ehromaticae. I. Endochromplatten, wenn zu 2 vorhanden, stets den beiden, wenn einzeln fast stets (nicht bei den Cocconeideen) einem Gürtelbande mit den oder der Mediane anliegend. Eine meist in der Mitte durch Knoten unter- brochene Längsspalte auf jeder Schale. Auxosporen zu 2. a. Mit Knoten. «. Asymmetrische Formen. 1. Nach allen 3 oder nach Längs- und Querebene asymmetrisch, dem entsprechend mit 6 oder 5 Knoten und einer dem weniger convexen Gürtelbande anliegenden Farbstoffplatte. Auxosporen den Mutterzellen parallel: Gomphonemeae. 2. Nach der Längsebene allein asymmetrisch, mit 6 Knoten und einer dem stärker convexen Gürtelbande anliegenden Farbstoft- platte. Auxosporen den Mutterzellen parallel: Cymbelleae. 3. Nach der Längsebene allein asymmetrisch, mit 6 oder rudimen- tären Knoten und einer dem weniger convexen Gürtelbande anliegenden Platte. Auxosporen rechtwinkelig zu den Mutter- zellen: Amphoreae. 4. Nach der Theilungsebene asymmetrisch, mit 5 Knoten und 2 Farbstoffplatten: Achnantheae. 5. Wie 4, aber mit einer der convexen Schale anliegenden Platte: Cocconeideae. P. Symmetrische oder diagonal gebaute Formen. 6. Ohne Kielbildung, mit 2 Farbstoffplatten und 6 normalen Knoten: Naviculeae. 7. Mit seitlicher Kielbildung, 2 Farbstoffplatten und 4 normalen und 2 verlängerten (Mittel-) Knoten: Amphipleureae. 8. Mit medianer Kielbildung, 2 Farbstoffplatten und 6 normalen Knoten: Plagiotropideae. 54 Bacillariaceae. 9. Mit medianer und seitlicher Kielbildung, 1 Platte und 6 nor- malen Knoten: Amphitropideae. b. Ohne Knoten. } 10. Mit Kielpunkten, an einem Rande liegender Längsspalte und einer Farbstoffplatte: Nitzschieae. II. Endochromplatten mit ihren Medianen den Schalen anliegend. Längs- spalten fehlend oder an jeder Schale 2 an den Rändern. Knoten fehlen. Auxosporen einzeln durch Copulation entstehend. a. Mit 2 Längsspalten. Farbstoffplatten sich der Länge nach theilend. 11. Schalen mit Längsrippe und je 2 Flügeln, die am Rande die Spalte tragen: Surirayeae. b. Ohne Längsspalten. Platten mit Quertheilung. . 12. Schalen mit glattem Mittelstreifen, meist symmetrisch: Syne- dreae. 13. Schalen quer über gestreift, stets asymmetrisch: Eunotieae. B. Endochrom an zahlreiche Körner gebunden. Allgemeiner Bau der Schalen zygomorph oder centrisch, Streifung oft netzförmig. Sporenbildung aus 1 haut- umhüllten oder 2 dazu durch Theilung entstehenden primodialen Mutter- zellen: Coceochromaticae. I. Bilaterale Formen. 2 Mutterzellen bei der Sporenbildung. a. Nach der Querebene symmetrisch. 14. Ohne innere Diaphragmen: Fragilarieae. 15. Mit inneren Diaphragmen: Meridieae. b. Nach der Querebene asymmetrisch. 16. Ohne innere Diaphragmen: Tabellarieae. 17. Mit inneren Diaphragmen: Licmophoreae. II. Centrische Formen. Eine Mutterzelle bei der Sporenbildung. a. Schalen mit theilweise zygomorpher Gestaltung. 18. Schalen bilateral: Biddulphieae. 19. Schalen polygonal: Anguliferae. 20. Schalen kreisrund, mit in ein Polygon gestellten Anhängseln: Eupodisceae. b. Schalen rein centrisch. 21. Zellen meist frei, mit mittlerem Plasmastrang: Coscino- disceae. 22. Zellen zu Fäden verbunden, ohne mittlere Plasmaanhäufung: ‘ Melosireae. Nach mehr äusseren Merkmalen im Schalenbaue etc. lassen sich nach Kützing, Rabenhorst u. A. Familien und Gattungen in folgender Weise ordnen. I. Zellen ohne Stacheln und Fortsätze, aber manchmal auf Gallertstielen. A. Hauptseiten kreisrund. Nebenseiten meist schmal linealisch oder recht- eckig erscheinend, die Zellen daher cylindrisch oder scheibenförmig. Meist frei schwimmend, manchmal in Gallerte eingehüllt: Melosireae. 1. Zellen zu Fäden verbunden. In süssem und salzigem Wasser, sowie vielfach fossil vorkommend: Melosira Ag. 9. Zellen einzeln lebend. a. Hauptseiten gerade und am Rande mit einem Kranze von Zähnen. Im süssen Wasser: Stephanodiscus Ehrbg. b. Hauptseiten gerade, glatt, oder am Rande gestreift und mit einem Ringe von Knoten. Süsswasser- und Meeresbewohner, auch fossil: Cyclotella Kt. c. Hauptseiten sattelförmig gebogen, mit strahlig verlaufenden Rippen. Vorwiegend Meeresbewohner; auch fossil: Campylodiscus Ehrbg. Bacillariaceae. 55 B. Hauptseiten ungleichhälftig, oder die Zellen selbst gebogen. Nebenseiten elliptisch oder linealisch. 1. Ohne Mittelknoten. Hauptseiten ungleichhälftig, mit einem convexen und einem concaven oder geraden Rande: Eunotieae. a. Zellen zu Bändern vereinigt. Süsswasserbewohner: Himanti- dium Ehrbg. b. Zellen einzeln lebend, meist mit der concaven Seite anderen Wasserpflanzen aufsitzend. «. Hauptseiten mit sehr zarten, feinkörnigen Querstreifen. Im süssen Wasser; auch fossil: Eunotia Ehrbg. 3. Hauptseiten mit starken Querrippen. Süsswasser- und Meeres- bewohner; auch fossil: Epithemia .breb. 2. Mit Mittelknoten. a. Hauptseiten ungleichhälftig, mit einem convexen und einem con- caven oder geraden Rande, auf beiden mit einem dem geraden Rande näher liegenden Mittelknoten. Meist einzeln lebende Algen des süssen und salzigen Wassers: Cymbelleae. «. Zellen auf einfachen oder dichotomen Gallertstielen. Süss- wasserbewohner: Cocconema Ehrbg. ß. Zellen nicht gestielt. * Zellen reihenweise in einer röhrigen Gallertmasse liegend. _ Im süssen Wasser: Encyonema Kfz. ‘ == Zellen einzeln lebend. + Nebenseiten linealisch. Mittelknoten stark buckel- artig vortretend. Zellenenden oft hornartig ausge- zogen. Im süssen Wasser: Ceratoneis Ehrbg. +r Nebenseiten elliptisch. Zellenenden abgerundet. Im süssen Wasser frei schwimmend oder auf grösseren Algen festsitzend: Oymbella Ag. +tr Nebenseiten eiförmig, mit Längsstreifen. Fast nur Meeresbewohner: Amphora Ehrbg. b. Zellen von der Nebenseite gesehen gebogen und auf der concaven Hauptseite mit Mittelknoten. Süsswasser- und Meeresbewohner: Achnantheae. «. Zellen gestielt. * Zellen krumm keilförmig: Rhoicosphenia Grunow. ** Zellen linealisch oder elliptisch: Achnanthes Bory. ß. Zellen ungestielt. * Zellen frei lebend; nur im süssen Wasser: Achnanthi- dium Ktz. == Zellen abgeplattet oder halbkugelig, mit der breit ellip- tischen, flachen oder concaven Bauchseite festsitzend: Cocconeis Ehrbg. ©. Hauptseiten oval, elliptisch, kahnförmig oder fast nadelförmig; Neben- seiten mehr oder minder rechteckig. 1. Hauptseiten ohne Mittelknoten. a. Ohne kielartige Längsrippen. Hauptseiten eiförmig oder elliptisch, mit in der Mitte unterbrochenen Querrippen. Süsswasser- und Meeresbewohner: Surirelleae. «. Nebenseiten am Rande wellenförmig: Cymatopleura Sm. ?. Nebenseiten am Rande nicht wellig: Surirella Turp. 56 Bacillariaceae. b. Ohne kielartige Längsrippen. Hauptseiten linealisch oder kahn- förmig, gegen die Enden verschiedenartig verschmälert, mit voll- ständigen oder unterbrochenen Querrippen. Nebenseiten meist linealisch-rechteckig: Fragilarieae. «. Zellen zu Bändern oder Fächern verbunden. * Bänder ziekzackförmig gebrochen: Diatoma DO. * Bänder-ganz oder in Fächer aufgelöst. 0 Hauptseiten linealisch, mit feinen, unvollständigen Querstreifen. Bänder sehr leicht zerfallend oder die Individuen büschelförmig oder fächerartig anderen Algen aufsitzend. Süsswasser- und Meeresbewohner, oft fossil: Synedra Ehrbg. 00 Hauptseiten elliptisch oder linealisch. 7 Hauptseiten glatt. Süsswasserbewohner, zu lan- gen Bändern verbunden: Fragilaria Ag. ir Hauptseiten mit vollständigen, Nebenseiten mit zahnartigen Querrippen: Odontidium Ktz. P. Zellen einzeln lebend. * Querrippen der Nebenseiten kurz zahnförmig: Denti- cula Ktz. ** Querrippen der -Nebenseiten bis fast zur Mitte bogig- keulenförmig verlaufend. Nur im süssen Wasser: Gom- phogramma Al. Br. e. Mit einer oder mehreren kielartigen Längsrippen auf den Haupt- seiten. «@. Mit einer Längsrippe, die meist dem einen Rande näher liegt, und mit vollständigen oder unvollständigen Querrippen: Nitzschieae. * Zellen stäbchenartig, zu tafelartigen, verschobenen Bän- dern verbunden. Salzwasserbewohner: Bacillaria G@mel. *# Zellen in eine röhren- oder hautartige und zerschlitzte Gallertmasse eingebettet. Salzwasserbewohner: Homoeo- cladia Ag. *#* Zellen einzeln lebend. 0 Querrippen beider Zellenhälften abwechselnd: Gru- nowia Rabenh. 00 Querrippen gegenüberstehend. Längsrippe punktirt. > Enden stumpf oder gestutzt: Nitzschia Hass. >> Zellenenden in eine lange Spitze ausge- zogen: Nitzschiella Rabenh. ir Längsrippe nicht punktirt: Tryblionella @Gru- now. ß. Mit 3 Längsrippen und ohne Querrippen.. Süsswasser- und Meeresalgen: Amphipleureae. * Längsrippen gerade: Amphipleura Ktz. #* Längsrippen gewunden: Cylindrotheca Rabenh. 2. Hauptseiten mit Mittelknoten oder mit einer knotenartigen Quer- binde, mit einer Mittellinie, meist auch an den Enden mit Knoten, kahnförmig, flach oder etwas gewölbt. Nebenseiten mehr oder weniger rechteckig. Grösste Familie, meistens Süsswasserbewohner, auch viele fossile Formen enthaltend: Naviculaceae. a. Zellen zu Bändern verbunden, auf der Mitte der Hauptseite mit breiter Querbinde: Pleurostaurum Rabenh. Bacillariaceae. 57 b. Zellen in Gallerte eingebettet. «. Mit Mittelknoten. * Gallertmasse röhrenförmig, die Zellen in ihr reihenweise liegend. Süsswasseralgen: Colletonema Breb. #* Gallertmasse warzig, mit einer oder mehreren Zellen. Meist Meeresalgen: Mastogloia Thwauit. ** Gallertmasse vielfach ästig getheilt, mit reihenweise an- geordneten Zellen. Meeresbewohner: Schizonema Ag. ?. Ohne Mittelknoten. Zellen ohne Ordnung in gestaltloser Gallerte liegend. Im süssen Wasser; auch fossil: Frustulia Ag. c. Zellen einzeln und frei lebend. «. Zellen geigenförmig in der Mitte eingeschnürt. Meistens Meeresbewohner: Amphiprora Ehrbg. ß. Zellen genau kahnförmig. * Hauptseite in der Mitte mit Querbinde, ohne Mittel- knoten. Süss- und Salzwasserbewohner, theils fossil: Stauroneis Ehrbg._ ** Hauptseite mit Mittelknoten. 0 Zellen S-förmig gebogen, mit Mittellinie und sich kreuzenden feinen Längs-, Quer- und schiefen Strei- fen. Meist im Meeres- und Brackwasser: Pleuro- sigma Sm. 00 Zellen gerade. >< Mittellinie S-förmig, die Zellenhälften daher schief neben einander liegend: Scoliopleura Grunow. > Zygomycetes. Mucorineae, 59 entwickeln. Dasselbe erzeugt zunächst wieder nur ungeschlechtliche Sporangien oder Conidienträger, unter günstigen Umständen aber nach diesen oder gleichzeitig mit ihnen auf demselben oder einem besonderen Mycelium durch Verschmelzung eigenthümlich gestalteter Aeste die geschlechtlichen Zygosporen, welche nach län- gerer Ruhe keimen und ohne Mycelium direet einen Sporangien- oder Conidien- träger hervorbringen, analog denen, die auf dem Mycelium entstehen. 37. Familie. Mucorineae. Die ungeschlechtlich erzeugten Conidien von Mucor Mucedo L. keimen, indem sie zunächst zu dem Mehrfachen ihrer ursprünglichen Grösse anschwellen und dann auf einer Seite oder auf zwei entgegengesetzten Seiten in einen dicken Schlauch auswachsen (Fig. 15, b), welcher sich durch Spitzenwachsthum verlängert und alsbald durch Entwickelung seitlicher, zu Aesten auswach- sender Ausstülpungen sich ver- zweigt (Fig. 15, ce). Das ausge- bildete Mycelium ist ein meist ziemlich dicker, in der Regel viel- fach verästelter und in seinen äussersten Verzweigungen mit feinen wurzelartigen Aesten aus- laufender Schlauch (Fig. 15, d), « der (abgesehen von gewissen, un- x ten zu erwähnenden Vegetations- weisen) bis zur Fructification völlig einzellig ist. Grosse, bei üppiger Ernährung entstandene Mycelien theilen sich schon vor der Fortpflanzung durch Bildung von Querscheidewänden in meh- rere oder viele Zellen, von denen jede einen oder mehrere büschel- förmig beisammen stehende Fruchtäste entwickelt; kleinere Mycelien erzeugen häufig nur einen Fruchtast (Fig. 15, d). Jeder Fruchtzweig entsteht in der Weise, ‚Fig. 15. Mucor Mucedo. optischen 4 Sporangium im dass sich eine kurze, dicke Ast- anlage des Myceliums senkrecht über das Substrat erhebt und als dicker, eylindrischer Schlauch em- porwächst, in welchen nach und nach der grösste Theil oder das Durchschnitte (Vergr. ea. 200). db und c Keimende Sporen (Vergr..250). d Mycelium mit Sporangium, schwach ver- grössert und etwas 'schematisirt. e Copulirende Mycel- äste, deren zur Zygospore werdende Zellen X x bereits durch Scheidewand abgegliedert, aber noch nicht durch Lösung der mittleren Wand verschmolzen sind (Vergr. 80). f Reife Zygospore mit noch anhängenden Suspensoren gesammte Protoplasma des My- (Vergr. ca. 100). e und f nach Brefeld. celiums hineinwandert. Auf der Spitze des Fruchtträgers entsteht dann bald eine kugelige, den grössten Theil des Plasmas aufnehmende Anschwellung, welche von dem stielartig bleibenden Theile durch eine Querwand abgegrenzt und nun als Sporangium bezeichnet wird. Vielfach wächst die Querscheidewand als kugelige oder cylindrische Blase in das Innere des Sporangiums hinein und heisst dann Columella (Fig. 15, a). Die Sporangiumwand bedeckt sich mit einem dichten, pelzartigen Ueberzuge von nadelartigen Krystallen oxalsauren Kalkes (Fig. 15, «) und wird dadurch ziemlich undurchsichtig. — Das im Sporangium eingeschlossene Protoplasma formt sich nur zum Theil in Sporen um. Es sondert sich in zahlreiche ovale, körnige Portionen, die durch eine helle, körnchenfreie Masse, die sogenannte Zwischensubstanz, getrennt bleiben (Fig. 15, a). Die einzelnen Sporenanlagen um- hüllen sich dann mit einer zarten Membran und mit dem Dickenwachsthum der- selben verliert das Sporenplasma seine körnige Beschaffenheit und bekommt das starke Lichtbrechungsvermögen, welches die reifen Sporen auszeichnet. Zur Zeit e 60 Mucorineae: Mueor. der Sporenreife strecken sich die Fruchtträger sehr rasch zu einer bedeutenden (oft 6—8 Centim. betragenden) Länge; wobei sie in Folge der Schwere der Sporangien gewöhnlich rasch umsinken, und die letzteren mit dem gewöhnlich feuchten Substrate in Berührung kommen. Hier nehmen sie rasch Wasser auf; die Sporangienmembran zerfliesst zu einer in Wasser löslichen Substanz, wobei der Ueberzug von Kalk- krystallen zersprengt wird und die nun mächtig quellende Zwischensubstanz der Sporen letztere nach allen Richtungen aus einander fliessen lässt. Die Columella bleibt auf der Spitze des Fruchtträgers stehen und ist am Grunde gewöhnlich noch von einem kragenartigen Reste der Sporangiummembran umgeben. — Die normal unverzweigten Fruchtträger von Mucor verzweigen sich unter ungünstigen Verhältnissen, namentlich, wenn der Pilz von Parasiten befallen wird, verkümmern und tragen an ihren Zweigenden verkümmerte Sporangien (sogenannte Sporan- giolen), welche oft nur wenige und kleinere Sporen enthalten. Diese Formen wurden früher als Gattung Ascophora beschrieben; in guter Cultur liefern ihre Sporen wieder normalen Mucor. Die geschlechtliche Fortpflanzung von Mucor Mucedo erfolgt in der Weise, dass zwei gegen einander wachsende Aeste des Myceliums an ihren Enden keulig anschwellen, mit den Vorderflächen einander berühren und hier verschmelzen. Darauf wird von jedem Ende eine Zelle durch Querscheidewand abgeschnitten’ (Fig. 15, e**), und diese beiden Zellen bilden die Zygospore, indem die sie tren- nende Wand gelöst wird und die Plasmakörper beider sich zu einer Protoplasma- masse vereinigen. Die junge Zygospore wächst nun rasch in die Dicke, so dass die als Suspensoren bezeichneten keuligen Enden der copulirten Aeste im Durch- messer bedeutend hinter ihr zurück bleiben; ihre Membran verdickt sich gleich- zeitig bedeutend, erhält unregelmässig warzige Hervorragungen (Fig. 15, f) und differenzirt sich in zwei Schichten, eine äussere, sehr derbe, schwarze, cuticularisirte Membran (das Exosporium) und eine innere, farblose, aus reiner Cellulose be- stehende (das Endosporium). Bei der nach längerer Ruhezeit erfolgenden Kei- mung wird das Exosporium an einer Stelle des Umfanges gesprengt und hier wächst nun das Endosporium als ein kurzer, dicker Schlauch hervor, der sich so- fort als Fruchtträger gestaltet und an seinem Ende ein Sporangium in der oben angegebenen Weise entwickelt. Die Sporen des letzteren liefern erst das normale Mycelium Die Entwickelungsgeschichte anderer Mucorineen verläuft in ähnlicher Weise. 1. Mucor Mich. Die Sporangien öffnen sich durch Zerfliessen ihrer Mem- bran, wobei eine Columella auf dem Ende des ceylindrischen Fruchtträgers stehen bleibt. Auf allerlei in Zersetzung begriffenen organischen Substanzen lebende Saprophyten, zum Theil die gemeinsten Schimmelpilze, deren oft behaupteter Zu- sammenhang mit Hefe (S. 27) und den später zu besprechenden Saprolegniaceen sich nicht bestätigt hat. Neben den Hefepilzen sind die Mucorineen die einzigen Pilze, welche Alkoholeährung erregen können. PBrefeld! hat das Verhalten des Pilzes bei derselben genauer untersucht und folgende Resultate erhalten. Unter den Mucorineen ist die vergährende Kraft bei dem Mucor racemosus am grössten, wenn auch erheblich geringer, als bei der gewöhnlichen Hefe; sie nimmt von dieser Art nach den höchst verzweigten Formen der Gattung stetig ab, so dass Mucor stolonifer dem M. racemosus am nächsten steht, M. Mucedo sich am weitesten von ihm entfernt. Wird der Pilz auf festem, angefeuchteten, der Luft allseitig ausgesetztem Substrate eultivirt, z. B. auf feuchtem Brode, so verläuft seine Entwickelung normal in der oben beschriebenen Weise; selbst ein reicher Zusatz von Zucker zum Brode vermag dieselbe nicht zu beeinflussen. Säet man nun denselben Pilz, der Hefe gleich, in flüssige zuckerreiche Nährlösung, so tritt zunächst dieselbe Entwickelung ein, wie auf festem Substrate; die Sporen keimen und das normal ausgebildete Mycelium verbreitet. sich reichlich durch die Nähr- lösung, ohne vor der Hand Gährung zu erregen. Nach 3—8 Tagen erscheinen aber zwischen den Myceliumfäden Gasblasen, “die sich bald so ansammeln, dass sie das Mycelium an die Oberfläche treiben. Letzteres zerfällt durch zahlreiche Querwände in eine viel grössere Anzahl kleinerer Abschnitte, wie dies sonst ge- ! Brefeld, Untersuchungen über Alkoholgährung, I. Verhandl. d. Würz- burger physikal.-mediein. Gesellschaft 1874. S. 96. Mucorineae: Mucor. Gährung: 61 schieht, und von letzteren entwickelt jeder an der Oberfläche der Flüssigkeit einen kleinen Fruchtträger. Wie bei der Hefe ist es hier zunächst der in der Nähr- lösung eintretende Sauerstoffmangel, der die Gährung veranlasst; die Gasblasen sind Kohlensäure, in der Flüssigkeit lässt sich Alkohol nachweisen. Wird einer solehen Cultur Sauerstoff (durch Umschütteln der Flüssigkeit, Einbringen in neue Nährlösung) wieder zugeführt, so hört die Gährung auf und neues Wachsthum tritt ein. Dabei treten dann noch andere Eigenthümlichkeiten in der Entwickelung hervor. Die zahlreichen Glieder des in der Flüssigkeit wachsenden Mycels, von denen manche oft nur kurz scheibenförmig, andere kurz cylindrisch sind, schwellen an und dehnen sich in die Breite zur Kugel-, Flaschen- oder Keulenform, wobei sie sich meistens völlig von einander trennen. Jede Zelle vermag nun für sich gesondert auszuwachsen, aber die entstehenden Schläuche ändern allmählich ihre Gestalt erheblich ab. Statt langer mycelialer Sprossarme erscheinen kurze kugelige Sprosse, welche in dieser Form der Bierhefe sehr nahe kommen und nur allein durch ihre Grösse von ihr abweichen. Manche Botaniker, welche diese in gähren- den Flüssigkeiten bei der Verbreitung des Pilzes nicht seltenen Gebilde sahen, haben sie sogar mit der echten Hefe identificirt (und daher die früher erwähnten Behauptungen aufgestellt), andere sie als Mucorhefe, Mucorgemmen oder Chlamydosporen unterschieden. Die kugeligen Sprosse zergliedern sich später zur Fructification an ihren Verbindungsstellen und zerfallen in eine Menge kuge- liger’ Zellen, wie die echte Hefe. Diese veränderte Sprossform des Mucor steht unter dem Einflusse der von der Gährung gebildeten Kohlensäure; sie erscheint mit ihr und verschwindet wieder, wenn man die Zellen in anderen Lösungen cul- tivirt, in denen noch keine Gährung eingetreten und folglich die von dieser massenhaft gebildete Kohlensäure nicht vorhanden ist. Werden die Zellen durch öfteres Umschütteln oder Untertauchen stetig an der Fructification gehindert, so geht die Gährung langsam im Laufe von Wochen fort. Die Zellen verlieren, in neue Nährlösung gebracht, um so mehr ihre Fähigkeit, wieder zum Mycelium aus- zuwachsen und zu fructificiren, je länger sie vorher in der gährenden Flüssigkeit waren und gähren sich schliesslich in dieser zu Tode. In allen diesen Thatsachen „liegt es auf das Klarste und Unzweifelhafteste ausgesprochen, dass die Erschei- nung der Gährung nur ein Hülfsmittel ist, den Pilz in seinen Lebensfunctionen unter ganz bestimmten äusseren Verhältnissen zu unterstützen. Sie fällt in die Kategorie der blossen Anpassungserscheinungen, durch die es hier den Pilzen möglich wird, dann, wenn sie den freien in der Flüssigkeit gelösten Sauerstoff (oder auch die übrigen Nährstoffe) verzehrt haben, an die Oberfläche derselben wieder zu ihm zu gelangen, um dort ihren Lebensabschluss zu vollziehen, mit Hülfe des freien Sauerstoffes fructificiren zu können, oder auch, wenn die Nähr- lösung es gestattet, noch weiter zu wachsen.“ — M. Mucedo L. Mycelium aus reich verzweigten, das Substrat an der Oberfläche nach allen Richtungen hin durchziehenden, zarten, seidenglänzenden Schläuchen gebildet. Fruchtträger bis 6—8 Centim. hoch, eintach, seltener verzweigt und dann auf jedem Zweige die er- wähnten Sporangiolen tragend (diese Form früher als Thamnidium elegans Lk, Ascophora elegans Corda etc. beschrieben). Sporangium 0,9—0,27 Millim. im Durchmesser, braungelb bis fast schwarz, meist mit kurzen Kalknadeln bedeckt oder auch glatt. Columellen stumpf kegelförmig. Sporen oval, wasserhell, zart- wandie. Auf fast allen in Zersetzung begriffenen, namentlich stickstoffreichen Substanzen sich ansiedelnd. — M. racemosus Fr. Mycelium wie bei M. Mucedo, aber zarter. Fruchtträger nur bis 2,5 Centim. hoch. Sporangien 0,03—0,15 Millim. im Durchmesser, gelblich bis hellbraun, glatt oder uneben. Columella meist um- gekehrt eiförmig. Sporen wasserhell, rundlich. An gleichen Orten mit M. Mu- cedo, doch mehr aut reichlicher Kohlehydrate enthaltenden Stoffen. — M. Phy- comyces Berkel (Phycömyces nitens Kze.). Mycelium ziemlich diekwandig und starr. Fruchtträger. bis 10 Centim. hoch, unverzweigt, olivengrün, ölartig glänzend. Sporangien schwarz, uneben, von ca. 0,55 Millim. Durchmesser, mit birnförmiger Columella. Sporen länglich, wasserhell bis gelblich, dickwandig. Grösste, auf Fetten, in Oelmühlen ete. sich findende Art. — M. stolonifer Ehrbg. Mycelium in und auf dem Substrate verbreitet, 1—3 Centim. lange, bogig aufsteigende und sich wieder niedersenkende Ausläufer treibend, die sich mit wurzelhaarartigen, büschelig gestellten, feinen Zweigen am Substrate befestigen. Fruchtträger meist zu 2—5, selten zu 6—12, dicht neben einander entspringend, spitzwinkelig diver- 62 Mueorineae. Chaetoeladiaceae. Piptocephalideae. girend, straff, bräunlich, 2—3 Millim. hoch. Sporangium tief schwarzblau, undurch- sichtig, grobkörnig-warzig, 0,2—0,35 Millim. im Durchmesser, mit hoch kuppel- artig gewölbter Columella, die sich beim Aufreissen des Sporangiums gewöhnlich schirmartig umstülpt. Sporen kugelig oder breit oval. Sehr gemein, namentlich auf allen faulenden fleischigen Pflanzenstoffen. 2. Pilobolus Tode.* Sporangium auf meist blasig oder keulig angeschwol- lenem Fruchtträger, mit derber, cutieularisirter Membran, die nur an der Ver- bindungsstelle mit dem Fruchtträger eine stark quellungsfähige Zone (Quell- schicht) besitzt. Bei der Reife trennt diese durch fortschreitendes umfangreiches Aufquellen und endliches Zerfliessen das Sporangium vom Träger, oder letzterer schleudert das abquellende Sporangium empor, indem er durch bedeutende Wasser- aufnahme aus seinem Substrate gewaltsam platzt. Auf Koth wachsende Pilze. — P. crystallinus Tode. Fruchtträger bis 2 Millim. hoch, gelblich. Sporangien halbkugelig, zuerst gelb, dann schwarz. Auf Koth von Pferden und Rindern bei feuchtem Wetter oft grosse, krystallinisch erscheinende Rasen. bildend. 38. Familie. Chaetocladiaceae. Auf Arten der Gattung Mucor (sowohl auf dem Mycelium, als namentlich auch auf den Fruchtträgern derselben) schmarotzende Pilze, welche mit ihrem Mycelium alle Aeste ihres Wirthes umschlingen und mit letzterem stellenweise in offener Verbindung stehen. Keimschläuche der Conidien, wie Aeste des Myce- liums pressen sich nämlich, wo sie auf Mucormycelium treffen, diesem mit ihren Enden fest an, lassen letztere etwas blasig aufschwellen und verwachsen nun mit ihrer Wirthpflanze vollständig, wobei das beide trennende Membranstück gelöst wird. An den Verbindungsstellen entstehen sofort wieder ganze Knäuel von Aesten, die zu anderen Mucorpflanzen hinüberwachsen. Die Fruchtträger erzeugen keine Sporangien, sondern sie verzweigen sich wiederholt quirlförmig. Von den letzten Aesten wachsen einzelne lang peitschenartig aus, andere bleiben kurz und schwellen blasig an; jede Anschwellung treibt eine Anzahl pfriemenförmiger Aus- stülpungen, sogenannte Sterigmen, die ihr ein morgensternartiges Aussehen geben und auf ihrer Spitze je eine Conidie abschnüren. Letzteres geschieht da- durch, dass die Spitze jedes Sterigma zu einer Blase anschwillt, die in dem Maasse, als sie zur kugeligen Conidie heranwächst, das Protoplasma des Sterigma aufnimmt und von diesem schliesslich durch eine Scheidewand abgegrenzt wird, um dann leicht abzufallen (vgl. den ähnlichen Vorgang bei den Peronosporeen — Fig. 19, «). Die keimende Conidie zeigt ein den keimenden Mucorsporen ähnliches Verhalten. Die Bildung der grossen braungelben, mit starken Warzen bedeckten Zygosporen und deren Keimung verläuft wie bei Mucor; der Keimschlauch ist der erste Coni- dienträger, dessen Conidien erst wieder vegetatives Mycelium erzeugen. Chaetocladium F'res. Charakter der Familie. — Ch. Jonesii Fresen. Auf allen Mucor-Arten. 39. Familie. Piptocephalideae. Wie die vorige Familie auf Mucor schmarotzend, aber das Mycelium tritt mit dem Mucor nicht in offene Verbindung, sondern treibt da, wo es mit ihm in Berührung kommt, feine wurzelartige Saugorgane oder Haustorien in dasselbe hinein. Die Conidienträger sind wiederholt gabelig getheilt, die letzten Aeste alle gleich gestaltet, mit knopfförmiger Anschwellung, aus welcher dicht gedrängt bis 30 kurze, eylindrische Schläuche hervorsprossen, von denen jeder durch Quer- scheidewände in 3—5 kurz-cylindrische Zellen als eben so viele Conidien zerfällt. Die Zygosporen entstehen durch die Copulation zweier Aeste eines Myceliums, die sich vielfach umschlingen, an der Spitze zu gebogenen, zangenartig zusammen ! Klein, Zur Kenntniss des Pilobolus; in Pringsh. Jahrb. f. wissensch. Bot. VIII. 305, Taf. 23—36. — Brefeld, Ueber copulirende Pilze; a. a. O. 8. 11. Piptocephalideae. Mortierelleae. Chytridiaceae. 63 neigenden Keulen anschwellen und mit den Endflächen dieser verwachsen. Unter- halb der Mitte jeder Keule wird dann eine Scheidewand angelegt, an den äusser- sten Berührungspunkten aber entsteht eine blasige Anschwellung und nur hier wird die trennende Scheidewand gelöst. Der Inhalt der keuligen Copulationsäste tritt nach und nach in die allmählich wachsende Anschwellung, die junge Zygo- spore; diese erhält stachelige Membranverdickungen und wird erst mit vollendetem Wachsthum durch je eine Scheidewand von ihren nur noch mit wässerigem In- halte erfüllten Tragästen abgegliedert, denen sie als grosse gelbliche, mit Stacheln bedeckte Kugel aufsitzt. Ihre Keimung erfolgt wie bei Chaetocladium. Piptocephalis Brefeld. Charakter der Familie. — P. Freseniana Bref. Auf allen Arten von Mucor. . 40. Familie. Mortierelleae.! Die kleine, in den Sporangien an Mucor erinnernde Familie ist hauptsächlich durch die Zygosporenbildung ausgezeichnet. Bei dieser neigen die keuligen Enden der copulirenden Aeste zangenartig zusammen, verwachsen mit einander, grenzen die beiden die Zygospore bildenden Zellen durch Scheidewand ab und diese ver- schmelzen nun wie bei Mucor und wachsen zu einer 1 Millim. dicken, weisslich- gelben Zygospore heran, die auf der Oberfläche kleine warzige Fortsätze ent- wickelt. Gleich nach der Copulation sprossen aus dem Fusse der Suspensoren zahlreiche Schläuche hervor, die sich verzweigen und schliesslich ein dichtes gewebeartiges Geflecht um die heranwachsende Zygospore bilden, mit deren Mem- branverdickungen die innersten der als Hyphen bezeichneten Schläuche sogar ver- wachsen. Der ganze Knäuel sammt der Spore bildet schliesslich eine 1,5 Millim. im Durchmesser haltende, dunkelgelb gefärbte Kapsel nach Art der Perithecien mancher Schlauchpilze (vgl. Erysiphe und Eurotium). Die Keimung der Zygospore ist nicht bekannt. Mortierella Coem. Charakter der Familie. — M. Rostafinskii Bref. Auf Pferdemist. 41. Familie. Chytridiaceae.? Die Chytridiaceen leben als Parasiten meist in oder auf anderen Wasser- pflanzen (namentlich auf Algen) oder auch auf Infusorien; seltener siedeln sie sich in den Oberhautzellen von Landpflanzen an. Ihr Bau ist einer der einfachsten unter den Pilzen. Manche Formen bestehen nur aus einem einzelligen, die Schwärmsporen entwickelnden Sporangium, dessen Oeffnung in verschiedener Weise erfolgt; bei anderen verlängert sich die Basis des letzteren wurzelartig, ohne aber durch eine Scheidewand abgegrenzt zu werden. Noch andere sind zweizellig und die eine Zelle bildet sich als Sporangium, die andere als ein wurzelartig ver- zweigtes Haustorium aus, das sich in gewissen Fällen zu einem vielfach verästelten Mycelium entwickelt. Bei wieder anderen Formen entstehen die Sporangien als Anschwellungen im Verlaufe des Myceliums. Die ungeschlechtliche Fortpflanzung ! Brefeld, Weitere Untersuchungen über copulirende Pilze; Sitzungsber. d. Gesellsch. naturforsch. Freunde zu Berlin 1876. ® Al. Braun, Ueber Chytridium, eine Gattung einzelliger Schmarotzerge- wächse auf Alsen und Infusorien; in Abhandl. d. Berliner Akademie 1856. — Schenk, Algologische Mittheilungen; in Verhandl. d. physikal.-medicin. Gesellsch. zu Würzburg 1857. — Schenk, Ueber das Vorkommen contractiler Zellen im Pflanzenreiche. Würzburg 1858. — Nowakowski, Beitrag zur Kenntniss der Chytridiaceen I. II.; in Cohn’s Beitr. z. Biologie d. Pflanzen II. 73. 201. — Soro- kin, Einige neue Wasserpilze; in Botan. Zeitung 1874, S. 305. — De Bary und Woronin, Beitrag z. Kenntniss d. Chytridieen; in Berichte d. naturforsch. Ge- sellsch. zu Freiburg i. Br. 1863. — Woronin, Neuer Beitrag z. Kenntniss d. Chytridieen; in Botan. Zeitung 1860. — Schröter, Die Pflanzenparasiten aus d. Gatt. Synchytrium; in Cohn’s Beitr. zur Biol. d. Pflanzen 1. 64 Chytridiaceae. findet durch Schwärmzellen oder Zoosporen statt, die zu vielen in einem Sporan- gium entstehen. Ihre simultan erfolgende Bildung wird dadurch eingeleitet, dass im Protoplasma zahlreiche stark lichtbrechende Kerne auftreten, um die sich das Protoplasma als eben so viele Portionen sammelt. Bei manchen Formen bleibt ein Theil des Sporangiuminhaltes als Zwischensubstanz (wie bei Mucor — $. 59) zwischen den Schwärmzellen übrig, um erst nach dem Austritt der gesammten Schwärmsporenmasse im Wasser zu quellen, sich zu lösen und die Schwärmer zu entlassen. Letztere zeichnen sich durch ihre blitzschnelle Bewegung aus, bei welcher die einzige lange Wimper nicht immer nach vorne, sondern bei einigen Arten nach hinten gerichtet ist; vielfach zeigen sie auch amöbenartige Bewegungen und der Kern fehlt nur selten. Bei der Keimung setzt sich der Schwärmer auf der ihm zusagenden Pflanze etc. fest, oder bei den im Inneren der Zellen lebenden Arten bohrt er sich mit einer feinen, nadelförmigen Spitze durch die Zellhaut, die offenbar unter seiner Einwirkung an der Berührungsstelle gelöst wird, und schlüpft in die Zelle hinein. Jedenfalls umhüllt sich die Schwärmspore stets mit einer Membran und wächst nun in der der betreffenden Art charakteristischen Weise zum Pflänzchen aus. Manche Chytridiaceen entwickeln auch Dauersporen; von anderen ist eine Copulation bekannt, weshalb die Familie hier vorläufig den Zygomyceten angereiht wird. 1. Chytridium Al. Br. Pflanze einzellig, nur ein Sporangium darstellend, das auf Algenzellen schmarotzt und mit wurzelartigem, manchmal verzweigtem Schlauche in dieselben hineinragt. Das Oeffnen des Sporangiums erfolgt auf dem Scheitel durch Loslösen eines Deckels. 2. Phlyetidium Al. Br. Wie vorige Gattung, aber Sporangium ohne Deckel, mit durch Lösung eines Membranstückes entstehendem Loche sich öffnend. 3. Olpidium Al. Br. Sporangium im Inneren der Nährpflanze und mit röhrenförmiger Mündung, die sich durch ein Loch am Scheitel öffnet, nach aussen ragend. 4. Rhizidium Al. Br. Zweizellig, aus einem durch ein Loch sich öffnenden Sporangium und einem vegetativen, wurzelartig verzweigten Theile bestehend. 5. Obelidium Nowak. Wie vorige Gattung, aber das sich seitlich mit einem Loche öffnende Sporangium mit dickwandigem Stiele und das Mycelium reich dichotom verzweigt. 6. Cladochytrium Nowak. Die Sporangien entstehen an den Astenden des einzelligen, reich verzweigten Myceliums oder als intercalare Anschwellungen des- selben; sie öffnen sich mit Deckel oder Loch. 7. Polyphagus Nowak. Sporangeium mit den Aesten eines verzweigten Haustoriums mehreren Algenzellen (Euglena) aufsitzend. Bei der Bildung der Schwärmsporen tritt das gesammte Protoplasma durch ein Loch zum Sporangium heraus, umhüllt sich vor der Mündung mit Membran und wird durch Scheidewand von letzterer, auf der es festsitzen bleibt, abgegrenzt; erst jetzt bilden sich in diesem secundären, schlauchförmig gestalteten Sporangium die Schwärmsporen. Bei der hier bekannten Copulation zwischen kleineren (männlichen?) und grösseren (weiblichen?) Pflanzen tritt der Protoplasmainhalt aus dem Sporangium der grösse- ren Pflanze durch eine Oeffnung wie bei der Schwärmsporenbildung heraus und vereinigt sich mit dem aus einem Haustorium austretenden Gesammtinhalte einer kleineren Pflanze zu einer grossen ovalen, sich mit Membran umhüllenden Dauer- spore oder Zygospore. Bei der Keimung tritt aus dieser der Inhalt wie aus einem Sporangium heraus und erzeugt wie dort zahlreiche Schwärmer. 8. Zygochytrium Sorok. Zelle mit gelapptem Haustorium auf im Wasser liegenden todten Insekten sitzend, schlauchförmig, zweimal gabelig verzweigt, auf zwei Aesten mit einem kugeligen, durch Scheidewand abgegrenzten Sporangium, das sich durch Deckel öffnet und wie die ganze Pflanze ein goldgelbes Protoplasma mit zinnoberrothen Körnchen enthält. Bei der Bildung der Schwärmzellen tritt das gesammte Protoplasma des Sporangiums aus, formt sich zur Kugel und um- hüllt sich frei vom Sporangium mit einer Membran. Die Schwärmzellen sind gelb mit je einem rothen Körnchen. Eine Copulation zwischen zwei kurzen Aesten der Pflanze findet genau in der Weise statt, wie bei Mucor. Die Zygospore besitzt ein blutrothes, warziges Exosporium und keimt mittelst eines Schlauches wie bei Mucor, Chytridiaceae. Oosporeae. 65 9. Tetrachytrium Sorok. Wie vorige Gattung, aber mit 3 Aesten, 3 Spo- rangien und nur 4 Schwärmzellen aus dem wie bei Zygochytrium austretenden In- halte. Plasma graublau. Copulation von Schwärmsporen beobachtet; die Copu- lationsspore schon nach kurzer Zeit keimend. Auf im Wasser verwesenden Pflanzentheilen. > 10. Synehytrium De Bary et Woron. In den Oberhautzellen phanero- gamer Landpflanzen schmarotzend. Die Schwärmsporen von S. Mercurialis Fckl. bohren sich durch die Membran der Oberhautzellen von Mercurialis perennis und wachsen hier langsam zu grossen Primordialzellen heran, die sich später mit Mem- bran umhüllen und zu grossen braunen Dauersporen mit derber, zweischichtiger Wand werden, wobei die die einzelne Dauerspore enthaltende Epidermiszelle der Wirthpflanze mächtig blasig anschwillt. Nach ihrer Ueberwinterung im faulenden Laube entsteht in dem dicken braunen Exosporium ein enges Loch, durch welches das farblose Endosporium als eine grosse kugelige Blase herauswächst, in die das gesammte Protoplasma hineintritt und sich hier simultan in viele kleine, polyödrische Zellen (Sorus) theilt, welche durch einen Riss der Blase frei werden. Jede dieser Zellen ist ein Sporangium, welches viele kleine Schwärmsporen entwickelt, die sich in die Oberhautzellen von Mercurialis einbohren, um in diesen im Laufe des Sommers wieder zu grossen Dauersporen heranzuwachsen. — S. Anemones Woron., auf Anemone nemorosa schmarotzend, entwickelt sich ähnlich wie vorige Art. — S. Taraxaci De Bary et Woron., in den Blättern von Taraxacum officinale lebend, erzeugt unmittelbar in der Dauerzelle Schwärmsporen, die wiederholt im Laufe des Sommers schwärmsporenbildende Generationen und erst im Herbste die überwinternde Dauerspore liefern. III. Classe. Oosporeae. Die zu den Oosporeen vereinigten Thallophyten sind entweder einzellig und ihre Zelle stellt dann einen mehr oder minder reich verzweigten Schlauch mit Spitzenwachsthum dar (Coeloblasteae), oder zahlreiche Zellen leben in einer Familie (Coenobium) beisammen (Coenobieae) — oder aber der Thallus besteht aus einfachen oder verzweigten Zellenreihen (Oedogoniaceae etc.) oder bei den höchst entwickelten Formen aus einem Gewebekörper, der be- reits wurzel-, stamm- und blattartige Glieder differenzirt (die grösseren Fucoideen). In der Regel findet eine ungeschlechtliche Vermehrung durch Schwärmzellen oder unbewegliche Brutzellen statt; letztere keimen aber in manchen Fällen nicht unmittelbar, sondern erzeugen wieder erst Schwärm- zellen. Die Geschlechtsorgane sind Oogonien und Antheridien, die nur in den seltensten Fällen (Sphaeroplea) in ihrer Form mit den vegetativen Zellen zusammenfallen. Das Oogonium ist gewöhnlich eine durch besondere Form und Grösse ausgezeichnete weibliche Zelle, deren Protoplasma sich unter Contraction zu einem einzigen Ei (Befruchtungskugel, Gonosphäre) umformt, oder durch Theilung in mehrere Eizellen zerfällt. Das Antheridium ist meistens bedeutend kleiner als das Oogonium. Es wächst entweder zum Oogonium hin und mit einem Fortsatze in dasselbe hinein, wenn es keine beweglichen Samenkörper erzeugt; oder es entwickelt durch Theilung seines Protoplasmas (meist zahlreiche) Spermatozoiden, welche entleert werden und sich frei schwimmend zu dem in allen Fällen unbeweglichen Ei bewegen, mit dessen Plasma sie sich zum Zwecke der Befruchtung vermischen. Nach, der Befruchtung umhüllt sich das Ei mit einer meist derben und geschich- teten Membran, und macht dann als Oospore gewöhnlich eine Ruheperiode durch. Nach dieser keimt die Eispore entweder unmittelbar zum neuen Thallus aus, oder sie bildet aus ihrem Inbalte eine oder mehrere Schwärm- Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 5 66 Oosporeae. Coenobieae. Volvocineae. zellen, die ihrerseits erst die neuen Pflanzen erzeugen. Bei vielen Formen ist daher ein deutlich ausgeprägter Generationswechsel vorhanden. Wie in den anderen Classen, so sind auch hier eine Reihe sonst sehr verschiedener Formen nur nach der Beschaffenheit der Geschlechtsorgane zusammengereiht, freilich auch manche, deren nahe Verwandtschaft (wie bei den Coeloblasteen) unverkennbar ist. Von einzelnen Familien sind Ge- schlechtsorgane noch nicht oder nur unvollständig bekannt. Die wichtigsten hier zu betrachtenden Familien lassen sich etwa folgendermassen gruppiren. I. Einzellige, in Familien lebende Formen: Coenobieae. Familie: Volvocineae. II. Einzellige oder mehrzellige, aber keine Coenobien bildende Formen. A. Oogonien und Antheridien den vegetativen Zellen gleich gestaltet, d. h. die Eizellen und Spermatozoiden entstehen in den gewöhnlichen Zellen des cylindrischen, unverzweigten Fadens: Sphaeropleeae. Familie: Sphaeropleaceae. B. Geschlechtsorgane und vegetative Zellen verschieden. 1. Der Thallus bildet einen meist reich verzweigten einzelligen Schlauch: Coeloblasteae. a. Chlorophylihaltige Formen: Vaucheriaceae (Siphoneae). b. Chlorophylifreie Formen. «@. Ungeschlechtliche Vermehrung durch Schwärmzellen. Sapro- x phyten: Saprolegniaceae. . 3. Ungeschlechtliche Vermehrung durch Conidien. Parasiten: Peronosporeae. 2. Der Thallus ist stets mehrzellig. a. Die Befruchtung der Eizelle erfolgt innerhalb des Oogoniums. Chlorophyll nicht durch anderen Farbstoff verdeckt, daher Pflanzen rein grün. «. Thallus unverzweigte Zellenfäden bildend. Oogonium ohne Hülle. Ungeschlechtliche Vermehrung durch Schwärmsporen: Vedogonieae. Familie: Dedogoniaceae. ß. Thallus reich verzweigt. Oogonium (Eiknospe) mit Hülle aus fünf schraubig gewundenen Schläuchen. Keine Schwärmsporen: Characeae. b. Die Eizellen werden zum Zwecke der Befruchtung vom Oogonium ausgestossen. Das Chlorophyll ist durch einen braunen Farbstoff verdeckt, die Pflanze daher heller oder dunkler olivenbraun ge- färbt: Fucoideae. 9. Ordnung. Coenobieae. 42. Familie. Volvocineae.! Die Zellen sind zu hohlkugeligen Familien angeordnet; die zwei beweglichen Wimpern jedes Individuums ragen durch zwei tüpfelartige Durchbohrungen der gemeinsamen Gallerthülle frei ins Wasser und versetzen die ganze Colonie in roti- rende Bewegung. 1. Volvox L. Innerhalb einer grossen, im Inneren mit wässeriger Flüssig- keit gefüllten Familie liegen zahlreiche (bis 12000) Zellen in einer peripherischen, hohlkugeligen Schicht beisammen. Die einzelne, grüne Zelle ist in jungen Familien bei dichtgedrängter Lage spindelförmig, im Alter unregelmässig birnförmig, mit farblosem, die Wimpern tragenden Vorderende und einigen seitlichen Fortsätzen, die ‚“ Cohn, Die Entwickelungsgeschichte der Gattung Volvox, in dessen Beitr. z. Biologie d. Pflanzen I. Heft 3; auch als Festschrift (Breslau 1875) erschienen. Volvocineae. Sphaeropleaceae. 67 in feine correspondirende Tüpfelcanäle der trennenden Gallertschichten hineinragen ; ausserdem besitzt sie zwei contractile Vacuolen und gewöhnlich auch einen rothen Pigmentfleck. Die ungeschlechtliche Vermehrung findet durch gewöhnlich acht regelmässig vertheilte, grössere Zellen statt, die schon in der jungen Familie kenntlich sind und durch wiederholte Zweitheilungen in je eine Tochterfamilie zerfallen. Die acht jungen Familien gelangen unter Durchbrechung ihrer Gallert- hüllen in den Hohlraum der Mutterfamilie, und von hier aus nach Sprengung der letzteren ins Wasser. Die geschlechtliche Fortpflanzung findet nur in Familien statt, die keine Tochtercolonien erzeugen. Die bis zu 40 in einer Familie vorhan- denen weiblichen Zellen (Oogonien) sind anfänglich von den un- geschlechtlichen Fortpflanzungszellen nicht unterscheidbar und doppelt so gross als die vegetativen Zellen. Sie wachsen zu ziemlich grossen, dunkelgrünen Zellen heran, deren Gallerthülle sich blasig in das Innere der Volvoxkugel dehnt, und erscheinen dann dick kugelig-flaschenförmig, mit dem Halse an der Peri- pherie der Familie befestigt. Später runden sie sich zur Kugel, in der das gesammte Protoplasma als ein grosses Ei innerhalh der weiten Gallertmembran liest. Die Antheridien gleichen an- fangs ebenfalls den geschlechtslosen Fortpflanzungszellen, aber ihr Plasma theilt sich, während es sich röthlichgelb färbt und die Antheridienzelle selbst wächst, in 64—128 schlank keulen- förmige Spermatozoiden, die im Antheridium parallel neben ein- ander zu einer Scheibe geordnet liegen und deren langes farb- loses, schnabelartiges und sehr bewegliches Vorderende an seiner Basis zwei nach hinten- gerichtete Wimpern besitzt. Die Sper- matozoiden bewegen sich anfänglich lebhaft in ihrer Mutterzelle, durchbrechen diese dann und schwärmen in der Öentralhöhle der Mutterfamilie umher. Kommen sie mit dem Oogonium in Berührung, so heften sie sich der gallertartig quellenden Hülle desselben an und bohren sich unter lebhafter Krümmung ihres Im nn Halses bis zum Ei, an dessen Oberfläche sie ihre Bewegungen fortsetzen, wobei wohl ein oder mehrere Spermatozoiden mit dem letzteren verschmelzen. Wenigstens bildet die bis dahin nackte Eizelle eine Haut um sich; anfangs glatt, erhebt sich dieselbe später in kegelförmigen Höckern, in welche hinein sich das grüne Plasma erstreckt. Bald aber zieht sich letzteres zur Kugel abgerundet zurück und umhüllt sich mit einer zweiten glatten, noch weiter in die Dieke wachsenden Gallerthaut, während das Fig. 16. Sphaero- plea annulina. Bruchstück zweier Zellen, in der oberen Eier und Spermatozoiden, in der unteren eine reife Eispore. Nach Cohn. — Vergr. 500. Plasma sich unter Verschwinden des Chlorophylis durch einen orangerothen, in Oel gelösten Farbstoff ziegelroth färbt. Die Keimung der Eisporen ist nicht genau bekannt. — V. globator L. Familien einhäusig, d. h. in derselben Familie bilden sich gleichzeitig Oogonien und Antheridien. Familien bis 0,75 Millim. im Durchmesser. In Gräben und Teichen; manchmal in solcher Menge, dass das Wasser grün gefärbt erscheint. — V. minor Stein. Familien kleiner, diöcisch, nur männlich oder nur weiblich. Mit voriger Art. 2. Eudorina Ehrbg. Familien eiförmig, mit 16 oder 32 kugeligen Zellen. — E. elegans Ehrbg. In Teichen, zerstreut. 10. Ordnung. Sphaeropleeae. 43. Familie. Sphaeropleaceae.! Der Thallus ist ein unverzweigter Faden, dessen sehr lange eylindrische Zellen ringförmige Chlorophylibänder enthalten. Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung entwickeln sich in einer Anzahl der gewöhnlichen vegetativen Zellen durch simul- tane Theilung des vorher röthlichgelb gewordenen Protoplasmas zahlreiche schlank : Cohn, in Ann. d. science. natur. ser. IV. Bot. vol. V. und Monatsber. d. Berliner Akademie 1855 5# 65 Sphaeropleaceae. Coeloblasteae. Vaucheriaceae. keulenförmige, an ihrer Spitze mit zwei Wimpern versehene Spermatozoiden. Andere Zellen werden zu Oogonien, indem sich ihr Inhalt zu einer Anzahl kuge- liger, grüner, durch eine farblose Stelle (Empfängnissfleck) ausgezeichneter Eier formt. Antheridien wie Oogonien erhalten dann durch Lösung kleiner Wand- stellen scharf umschriebene, kreisrunde Löcher, durch welche die Spermatozoiden aus- und zu den Oogonien eintreten (Fig. 16, obere Zelle). Die befruchteten Eier umhüllen sich mit einer derben, warzigen Haut (Fig. 16, unteres Zellenstück), färben ihren Inhalt roth und bleiben als Oosporen bis zur nächsten Vegetations- periode liegen. Dann zerfällt ihr Plasma durch wiederholte Zweitheilung in bis zu 8 mit 2 Wimpern versehene Schwärmzellen, von denen jede nach kurzer Zeit der Bewegung und nach Umhüllung mit einer dünnen Membran zum anfangs schlank spindelförmigen Faden auswächst. Nur eine Gattung: Sphaeroplea Ag., deren einzige Art, Sph. annulina Ag., in der Nähe der Flüsse auf überschwemmt gewesenen Stellen (namentlich Aeckern) filzige Ueber- züge bildet. 11. Ordnung. Coeloblasteae. Der Thallus ist ein einzelliger, vielfach verzweigter Schlauch, der erst zum Zwecke der Fortpflanzung die Geschlechtszellen oder ungeschlechtlichen Zellen durch Scheidewände abgliedert. I. Reihe. Chlorophyllhaltige Formen (Algen). 44. Familie. Vaucheriaceae.! Die kleine Familie wird nur von der an feuchten Orten auf der Erde und im süssen Wasser (selten in Brakwasser) auf Steinen oder dem Schlamme wachsen- den Gattung Vaucheria DC. gebildet. Der Thallus derselben ist ein eylindrischer, mit ausgeprägtem Spitzenwachsthum versehener, meist reich verzweigter Schlauch, dessen Aeste als normale Seitenzweige durch Bildung stumpfer Aussackungen entstehen, selten (V. tuberosa Al. Br.) durch echte Gabelung der wachsenden Thallusenden sich bilden. Kurze, regellos verzweigte, farblose, wurzelänliche Aussackungen (Rhi- zoiden) am Hinterende befestigen den Thallus im Boden. Der Inhalt der Zelle ist ein wandständiges Protoplasma ohne Zellkern, mit Chlorophylikörnern und Oel- tröpfehen. Die ungeschlechtliche Vermehrung findet in verschiedener Weise statt. Bei V. tuberosa schwillt das Ende kürzerer keuliger Aeste unter Ansammlung von Plasma, Chlorophyll und Stärkekörnern bedeutend an, schnürt sich an der Basis ab und keimt ohne Weiteres, indem es in einen oder mehrere Schläuche auswächst. Bei V. geminata wird das angeschwollene Ende eines Astes durch Scheidewand ab- gegrenzt und aus seinem gesammten Plasma eine grosse Brutzelle gebildet, die sich mit Membran umhüllt und durch Zersetzung der Wand der Mutterzelle (des Sporangiums) frei wird oder mit letzterer abfällt. Sie keimt nach einigen Tagen durch Bildung von 1—2 Schläuchen. V. hamata verhält sich ähnlich; nur wird die Brutzelle mit einem Ruck zu der an der Spitze reissenden Mutterzelle ausge- stossen und die Keimung erfolgt bereits in der Nacht nach dem Tage ihrer Ent- stehung. Andere Arten (V. sessilis, V. sericea und V. piloboloides) erzeugen je eine bewegliche Schwärmspore in dem als Zoosporangium durch Querwand abge- grenzten, etwas keulig angeschwollenen Ende eines Thalluszweiges und zwar aus seinem gesammten Protoplasma. Die Schwärmzelle ist oval, grün, mit einer farb- ! Pringsheim, Ueber Befruchtung und Keimung der Algen; in Monatsber. d. Berlin. Akademie 1855. — Schenk, Zur Kenntniss d. geschlechtl. Fortpflan- zung d. Gatt. Vaucheria; in Verh. d. physikal.-mediein. Gesellsch. zu Würzburg II. — Walz, Beitrag zur Morphologie u. Systematik d. Gatt. Vaucheria; in Pringsh. Jahrb. f. wissensch. Botan. V’.— Woronin, Beitrag zur Kenntniss der Vaucherien; in Botan. Zeitung 1869. Vaucheriaceae. ; 69 losen Hautschicht versehen und pelzartig mit einem dichten Ueberzuge zahlreicher kurzer Cilien bedeckt; sie schlüpft durch einen Riss auf dem Scheitel des Zoo- sporangiums hervor und bewegt sich nur ,,—1'/, Minuten (V. sericea) oder mehrere Stunden. Dann rundet sie sich unter Verlust ihrer Wimpern zur Kugel ab, um- hüllt sich mit einer Membran und keimt zum neuen Thallus aus. Die Ge- schlechtsorgane entwickeln sich bei allen Vaucherien neben einander auf dem- selben Thallusstücke. Bei der ältesten von Pringsheim genauer untersuchten Art, der V. sessilis, entsteht das Antheridium als eine gebogen-cylindrische Zelle am Ende eines kurzen, haken- oder hornartig gekrümmten Astes (Fig. 17 A, a), indem an der Grenze zwischen dem mit nur wenigen Chlorophyll- körnchen versehenen Plasma der Astspitze und dem grünen Protoplasma der Astbasis eine Scheidewand gebildet wird. Die zahlreich in jedem Antheridium entstehenden Spermato- zoiden sind längliche Protoplasmakörper, die an einem Punkte nahe dem vorderen Ende zwei ungleich lange Wimpern besitzen, von denen eine nach vorne, die andere nach hinten gerichtet ist (Fig. 17 A). Das Oogonium ist bei derselben Art eine kurze, schief eiförmige, dem Thallus unmittelbar aufsitzende, aber von ihm durch Scheidewand getrennte Zelle (Fig. u A, 0), deren papillenartige Spitze der Antheridium (a), Vergr. 250. B Keimende Spitze des Antheridiums zugekehrt ist. In ihr * oospore; Vergr. ca. 100. — Nach Prings- formt sich das gesammte Protoplasma zum fast heim. kugeligen Ei, dessen dem Schnabel des Oogo- niums zugekehrter farbloser Theil den Empfängnissfleck bildet. Zum Zwecke der Befruchtung öffnen sich die beiderlei Geschlechtsorgane an ihrer Spitze (Fig. 17 A) und bei manchen Arten wird dabei aus dem Oogonium ein Tropfen farblosen Pro- toplasmas ausgestossen. Die Befruchtung selbst erfolgt dadurch, dass ein oder zwei der in das Oogonium eintretenden Spermatozoiden in den Empfängnissfleck des Eies eintreten, sich also mit der Eizelle vermischen. Letztere umhüllt sich darauf mit einer Membran, die bei ihrem Diekenwachsthume drei Schichten differenzirt, von denen die mittlere die dickste ist. Gleichzeitig treten im Protoplasma der Oospore dicke farblose und kleinie braune oder rothe Oeltropfen auf. Die reife Eispore fällt sammt dem Oogonium vom Thallus ab und wird durch Verwesung des letzteren frei. Sie keimt nach einer Ruhezeit von 1—3 Monaten, indem ihre sich dehnende Innenhaut die beiden äusseren Hautschichten sprengt und als ein sich oft sofort verästelnder Schlauch zum Riss hinauswächst (Fig. 17 D). In Bezug auf Form und Stellung der Geschlechtsorgane findet man bei anderen Vaucherien mancherlei Eigenthümlichkeiten, die zur Charakteristik der verschie- denen Arten dienen, die man in folgende Gruppen bringen kann. I. Cornieulatae. Antheridien horn- oder hakenartig gekrümmt. A. Antheridien einzeln auf dem Ende kurzer, cylindrischer Seitenäste des Thallus. a. Sessiles. Oogonien auf den Thallusfäden sitzend oder kaum ge- stielt, neben den Antheridien (Fig. 17 A): V. sessilis Lyngb., V. pachyderma Walk. b. Racemosae. Antheridien einen Zweig endigend, der unter dem Antheridium ein oder mehrere Oogonien trägt: V. terrestris Lyngb., V. hamata Lyngb. ete. B. Antheridien zu mehreren auf einem blasenförmigen Aste, der mittelst kurzer, cylindrischer Stielzelle dem Thallus aufsitzt. Im Brakwasser bei Nizza: V. synandra Wor. II. Tubuligerae. Antheridien kaum oder nicht gekrümmt, länglich ceylindrisch oder eitörmig, sich an der Spitze öffnend, neben den stiellosen Oogonien unmittelbar dem Thallus aufsitzend: V. sericea Lyngb., V. aversa Hass. (Süsswasserformen). — V. Thuretii Woron. (Im Meere an der nordfran- zösischen Küste und bei Nizza.) Fig. 17. A Stück des Thallus von Vau- cheria sessilis mit Oogonium (0) und 70 Vaucheriaceae. Valonieae. Caulerpeae. III. Piloboloideae.. Antheridien am Ende kurzer Aeste des Thallus, gerade, lang-cylindrisch, mit seitlichen Papillen, die sich gleichzeitig mit der Spitze des Antheridiums öffnen. Oogonien meist unterhalb eines Antheridiums, mit langer stielförmiger Basis und einer grossen, dick linsenförmigen Oospore im oberen kugelig-blasigen Theile: V. piloboloides Thur. (Im Meere bei Cher- bourg und Nizza.) An die Vaucheriaceen schliessen sich noch einige kleine Familien, die früher mit ersteren unter dem Namen der Siphoneen vereinigt wurden. Auch bei ihnen ist der Thallus einzellig, meist vielfach verzweigt und die Zweige sind oft hoch differenzirt. Bis jetzt ist indessen eine geschlechtliche Fortpflanzung nicht be- kannt, bei einigen dagegen eine Vermehrung durch Schwärmsporen. Es sind dies: 45. Familie. Valonieae. Der Thallus ist eine röhren- oder keulenförmige Zelle, die scheinbar mit eben solchen Zweigen besetzt ist. Diese entstehen jedoch nach Nägeli! dadurch, dass sich im Inneren der Mutterzelle Keimzellen als kleine Plasmaportionen bilden, welche sich mit einer Membran umhüllen und an die Wand des oberen Theiles der Zelle legen. Hier erheben sie sich mit ihrer nach oben gekehrten Fläche, werden halbkugelig, kugelförmig, verkehrt eiförmig und zuletzt keulenförmig. Sie durchbrechen gleich anfangs die Wand der Mutterzelle, die Oeffnung dann mit ihrer Basis fest verstopfend und mit der Mutterzelle in Verbindung bleibend, die nun so viele Tochterzellen auf ihrer Spitze trägt, als Keimzellen gebildet wurden. Die Pflanze ist also in diesem Falle keine verästelte Zelle, sondern eine Colonie oder ein Stock. — Valonia aegagropila Ag. Im adriatischen Meere bei Venedig. 46. Familie. Caulerpeae. Der Thallus ist eine verzweigte Zelle, deren einzelne Theile sich verschie- denartig differenziren und wurzel-, stamm- und blattartige Gebilde nachahmen. 1. Caulerpa Lamour.” Ein kriechender, fadenförmiger Theil der Zelle bildet eine Art Stengel, der sich durch Spitzenwachsthum unbegrenzt verlängert. Wurzelartige, auf der Bauchseite des Stengels entspringende Verzweigungen mit begrenztem Spitzenwachsthum befestigen den Thallus am Boden, während sich auf dem Rücken des Stengels Verzweigungen desselben erheben, die unmittelbar zu blattartigen Gebilden mit begrenztem Spitzenwachsthum werden oder solche erst durch weitere Verästelung erzeugen. Im Inneren der verschiedenen Verzweigungen der Zellen sind dünnere und dickere, verzweigte, solide, geschichtete Cellulose- fäden (Zellstoffbalken) von Wand zu Wand ausgespannt, die alle zusammen ein ge- schlossenes Netz bilden, nie frei im Inneren der Zelle endigen und mit ihren An- heftungspunkten der äusseren Membranschicht der dicken, geschichteten Wand so aufsitzen, dass die inneren Schichten der Zellhaut sich an den Fasern unmittel- bar oder in deren Nähe emporbiegen. Fortpflanzung unbekannt. In den wärmeren Meeren. — C. prolifera Lamour. Blatttheile des Thallus bis 10 und mehr Öentim. lang, lanzettlich, ganzrandig, wiederholt unterhalb der Spitze sprossend. Im atlantischen Ocean (besonders an den Canarischen Inseln) und im Mittelmeere. 2. Bryopsis Lamour.? Auf einem wurzelartig verzweigten, farblosen Theile der Zelle erhebt sich senkrecht ein cylindrischer, in seiner oberen Hälfte ver- zweigter Stamm, dessen letzte fiederförmige Verzweigungen (die sogenannten Fiedern oder Blätter) begrenztes Spitzenwachsthum zeigen und auch vom Stamme abge- stossen werden können, nachdem sie durch eine Scheidewand von ihm abgegrenzt wurden. In den Fiedern bilden sich Schwärmsporen, nachdem auch in diesem Falle durch Verdiekung und Quellung der Wand an der Fiederbasis und dichte ' Nägeli, Die neueren Algensysteme. Zürich 1847. ®? Näseli, in Zeitschrift f. wissenschaftl. Botan. von Schleiden und Nägeli I. 134. ® Pringsheim, Ueber die männlichen Pflanzen und die Schwärmsporen d, Gatt. Bryopsis; in Monatsber. d. Berliner Akad. 1871. Caulerpeae. Codieae. Saprolegniaceae. 2 Plasmamassen, gewöhnlich auch noch durch Scheidewandbildung ein Verschluss gegen den Stamm hin geschaffen worden und die Chlorophylikörner sich gelöst haben. Das Protoplasma zerfällt dann simultan in zahlreiche polyödrische Por- tionen, von denen sich jede zu einer spindelförmigen Schwärmzelle mit farbloser Vorderhälfte, 2 Wimpern und rothem, seitlichen Pigmentfleck formt. Der Austritt der Schwärmer geschieht durch eine nahe unter der Spitze der Fieder sich bildende, mit einem Loche sich öffnende Papille. In Pflanzen, welche keine Schwärmsporen erzeugten, beobachtete Pringsheim in den Fiedern die Bildung kleinerer Schwärm- zellen (Mikrozoosporen) aus dem vorher orangeroth gefärbten Plasma. Dieselben besitzen auch 2 Wimpern, sind mit Ausnahme eines orangefarbigen Fleckes im Hinterende des fast stabförmigen Körpers farblos und sehr contractil. Sie gehen nach ihrem wie bei den gewöhnlichen Schwärmsporen erfolgenden Austritt aus den Fiedern und nach längerer lebhafter Bewegung ohne weitere Entwickelung unter eigenthümlichen Zersetzungserscheinungen zu Grunde, werden daher als Sperma- tozoiden, die betreffenden Pflanzen als männliche gedeutet. Die weiblichen Pflanzen sind unbekannt. Nach anderer Ansicht! wären die männlichen Organe von Bry- opsis vielleicht parasitische, den Chytridieen verwandte Organismen. — Nur Meeres- bewohner. — B. plumosa Huds. Bis 15 Centim. hoch, pyramidal-kammförmig- gefiedert. An fast allen europäischen Küsten. 47. Familie. Codieae. Der Thallus ist eine grosse, mit wurzelartigem Haftorgane befestigte, vielfach verzweigte Zelle, deren Zweige so an einander schliessen oder durch einander ge- filzt sind, dass sie scheinbar einen parenchymatischen Zellenkörper oder eine Zellenfläche bilden. Fortpflanzung in den meisten Fällen unbekannt. 1. Acetabularia Lamour.. Ein stielförmiger Theil der Zelle ist am oberen Ende in radiale Strahlen verzweigt, die seitlich unter einander zu einer im Cen- trum genabelten Scheibe verbunden sind. Bildung von Schwärmsporen in den Schirmstrahlen ist bekannt. Der ganze Thallus gleicht in seiner Form einem Regenschirme oder kleinem Hutpilze. — A. mediterranea Lamour. Bis 8 Cen- tim. hoch. Im Mittelmeere. 2. Anadyomene Lamour. Die zahlreichen Zweige der Zelle sind zu einer gestielten, fächerförmigen, dünnhäutigen Zellenfläche ohne Rinde verbunden. — A. flabellata Lamour. Bis 3 Centim. im Durchmesser. Mittelmeer und atlan- tischer Ocean. 3. Udotea Lamour. Wie Anadyomene, aber der Thallus durch zahlreiche kurze, gelappte, letzte Auszweigungen mit einer Rinde versehen. — U. eyathi- formis Decaisne. Bis 7 Centim. hoch. Mittelmeer. 4. Codium Ag. Thallus in viele feine Fäden verästelt, die zu einem schwam- migen, kugeligen oder walzenförmigen, einfachen oder verzweigten Körper ver- schlungen sind. — C. tomentosum Ag. Walzenförmig, wiederholt gabelig ver- zweigt, bis 30 Centim. lang. In fast allen Meeren. 2. Reihe. Chlorophylifreie Formen (Pilze). 48. Familie. Saprolegniaceae.? Die Mitglieder dieser Familie, von denen als typische Gattungen Saprolegnia und Achlya betrachtet werden sollen, sind Saprophyten auf im Wasser faulenden Thier- und Pflanzenkörpern; selten kommen Saprolegniaceen parasitisch im Inneren " Janczewski u. Rostafinski in Mem. d. l. soc. nation. d. science. natur, d. Cherbourg. XVIII. 404. ” Pringsheim, Entwicklungsgeschichte der Achlya prolifera, in Nova Acta XXI, 1. — Pringsheim, Die Saprolegnieen, in dessen Jahrb. f. wissensch. Bot. I, II und IX. — De Bary, Einige neue Saprolegnieen, in Pringsh. Jahrb. f, 72 Saprolegniaeeae. lebender Pflanzen vor. Ihr Thallus ist eine lange, schlauchförmige, gewöhnlich reich verzweigte Zelle mit wurzelartig im Substrate haftenden Enden und farb- losem, an Oeltropfen reichem Protoplasma ohne Zellkern. Die ungeschlechtliche Vermehrung findet durch Schwärmzellen statt, welche kugelig oder oval s’'nd, und von deren zwei seitlich angehefteten Wimpern die eine nach vorne, die andere nach hinten gerichtet ist. Die Bildung der Schwärmsporen erfolgt stets durch simultane Theilung des Protoplasmas in den gewöhnlich am Ende der Thallusäste durch Querwand abgegliederten keuligen Zoosporangien, zeigt aber nicht nur bei den einzelnen Gattungen verschiedene Abweichungen, sondern tritt selbst an einer und derselben Pflanze oft in so verschiedener Form auf, dass darnach noch weitere Gattungen aufgestellt wurden. Bei Saprolegnia werden die Schwärmsporen gewöhn- lich fertig im Sporangium ausgebildet, und sie verlassen dieses einzeln durch einen auf dem Scheitel sich bildenden Riss, um sich sofort durch das Wasser zu zer- streuen. Bei Achlya dagegen treten die zahlreichen, kugelig abgerundeten Plasma- portionen des Zoosporangiums auf dem durch einen Riss geöffneten Scheitel zu einem kugeligen Köpfchen zusammen, umhüllen sich jedes einzeln mit einer zarten Membran und nun erst formt sich das Protoplasma zum eigentlichen Schwärmer, der seine Hülle durch eine kleine Oeffnung verlässt (sich häutet), so dass zahl- reiche leere Zellhäute vor dem Zoosporangium zurückbleiben. Bei beiden Gat- tungen aber bleiben häufig die Schwärmzellen vorläufig im Sporangium einge- schlossen, ohne sich abzurunden; sie umgeben sich schon jetzt mit einer Zellhaut und entweichen erst später einzeln durch feine Oeffnungen in der Seitenwand ihrer Mutterzelle, in dem Sporangium ein zartes Scheinparenchym leerer Häute zurück- lassend (Zellnetzsporangien der früheren Gattung Dietyuchus Leitg.).. Oder die Schwärmsporen, welche wie bei Saprolegnia austraten, bewegen sich eine Zeit lang frei im Wasser, kommen dann zur Ruhe und umhüllen sich mit einer Mem- bran; sie keimen aber nicht sofort, sondern nach 3—4 Stunden Ruhe schlüpfen sie abermals als Schwärmer aus der leer zurückbleibenden Zellhaut aus, bewegen sich eirca 10 Minuten lang munter im Wasser und keimen erst zur neuen Pflanze, indem sie sich wie in den normalen Fällen der Keimung abrunden, mit einer Membran umgeben und auf einer Seite zum Schlauche auswachsen. Die Gattung Pythium endlich zeichnet sich dadurch aus, dass der gesammte Plasmainhalt eines Zoosporangiums, in eine zarte Membran eingeschlossen, zu letzterem heraustritt, sich vor der Mündung zur Kugel formt und erst innerhalb seiner blasigen Hülle sich in die zahlreichen Schwärmer theilt, welche ihre Mutterzelle durch eine sich bildende Oeffnung verlassen. — Nach Entleerung des einzelnen Zoosporangiums wächst bei Saprolegnia das unter diesem gelegene Thallusstück gewöhnlich durch das leere Sporangium hindurch, um oberhalb seiner Oeffnung ein zweites, drittes ete. Sporangium zu bilden; oder es entsteht tiefer unter dem leeren oder noch in Schwärmsporenbildung begriffenen Sporangium durch Quertheilung des Thallus- schlauches ein zweites, oder eine ganze Sporangienreihe, deren Austrittsöffnungen für die Schwärmzellen dann seitwärts unter der oberen Querwand liegen. Oder es entwickelt sich, wie bei Achlya, unmittelbar unter dem älteren Zoosporangium ein kurzer Seitenzweig als neues Sporangium. Die geschlechtliche Fortpflanzung wird durch Oogonien und Antheridien ver- mittelt, die sich bald auf derselben Pflanze (monöcische Formen), bald auf zwei verschiedenen Pflanzen (diöcische Formen — mit den monöcischen oft bei der- selben Art) finden. Das Oogonium entsteht (in der Regel) als kugelige Anschwel- lung am Ende eines Thalluszweiges und wird, nachdem es eine bedeutende Menge von Protoplasma aufgenommen hat, durch eine höher oder tiefer stehende Scheide- wissensch. Bot. II. — Hildebrand, Ueber einige neue Saprolegnieen, ebenda VI. — Leitgeb, Neue Saprolegnieen, ebenda VII. — Lindstedt, Synopsis der Sapro- legnieen. Berlin 1872. — Cornu, Monographie des Saprolegniees, in Ann. d. scienc. natur. ser. V. vol. XVI. — Hesse, Pythium de Baryanum, ein endophytischer Schmarotzer. Halle a. S. 1874. — Sadebeck, Untersuchungen über Pythium Equiseti n. sp., in Cohn’s Beitr. zur Biol. d. Pflanzen I. — Schenk in Verh. d. physikal.-mediein. Ges. zu Würzburg IX. — Pfitzer, Ancylistes Closterii, ein Alsenparasit aus der Ordnung der Phycomyceten, in Monatsber. der Berliner Akad. 1872. — Walz, Beiträge zur Kenntniss der Saprolegnieen, in Bot. Zeit. 1870, p- 537. Saprolegniaceae, 13 wand von seinem Mutteraste abgegrenzt. Bei Saprolegnia und Achlya sieht man in seinem dunkelen Plasma bald mehr oder minder zahlreiche, peripherisch gelegene, helle Flecken erscheinen, deren Bedeutung erst durch Pringsheim’s neueste Untersuchungen! klar geworden ist. Dieselben sind weder Zellkerne noch Vacuolen, wie man früher vermuthete, sondern einfach vom Protoplasma leer ge- lassene Stellen, welche bei genauer Beobachtung zweifellos die Höhlungen niedriger Warzen bilden, welche von den inneren Wandschichten des Oogoniums erzeugt und als Copulationswarzen bezeichnet werden, da sie mit dem Befruchtungsprozesse in innigem Zusammenhange stehen. Diese Copulationswarzen wachsen bald nur bis zu einer gewissen Grösse heran und bleiben stets von der äusseren Membran- lamelle des Oogoniums bedeckt; oder sie durchbohren diese und treten als stumpfe Papillen (Fig. 18, ec) oder auch als längere Aeste (aber in beiden Fällen geschlossen) an die Oberfläche; oder ihre die äussere Oogoniummembran durchwachsende Spitze wird bald resorbirt, so dass an Stelle der Copula- tionswarzen nun eben so viele Löcher in der Wand des Oogoniums vorhanden sind. Aus dem gesammten Protoplasma des Oogoniums entsteht entweder nur eine Eizelle, oder es bilden sich durch simultane Theilung mehrere kugelige, den Innenraum nie völlig ausfüllende Eizellen (Fig. 18, o, bereits befruchtet). Die Antheridien entstehen meist einzeln (selten zu zweien hinter einander) an der Spitze kürzerer oder längerer sogenannter Nebenäste, welche unter- halb oder oberhalb (Fig. 18, a) der das Oogonium ab- grenzenden Scheidewand oder auch an entfernteren Stellen entspringen, sich aber stets mit ihrer stumpfen Spitze, seltener auch mit breiter Seite, dem Oogonium anlegen. Gewöhnlich erfolgt das Anlegen des Antheri- diums an das Oogonium schon zu einer Zeit, wo die Copulationswarzen die Wand des letzteren noch nicht durchbrochen haben. In allen Fällen wächst die Spitze des Antheridiums nur durch die äussere Mem- branlamelle des Oogoniums. Stösst sie dabei nicht auf eine Copulationswarze, so endet sie stumpf in Fig. 18. Geschlechtsast von der Wand des Oogoniums, ohne einen Befruchtungs- Achlya racemosa (Vergr. 320), schlauch zu treiben. Trifft das Antheridium dagegen nach Pringsheim. a Antheridien. auf eine Copulationswarze, so wird die Membran Bee BR Y Ion DERUBERBETEN. 3 . Biern. e Copulationsfortsätze der derselben gelöst, und durch die entstandene Oefinung nnenhaut des Oogoniums. m My- wird von Seiten des Antheridiums ein Befruchtungs- OlsicRe schlauch getrieben, der eine zarte schlauchförmige Fortsetzung der Innenhaut desselben ist, welche die Aussenhaut durchbricht, und welcher bis zu den Eizellen vordringt und sich hier an seiner Spitze öffnet. Dasselbe Verhalten des Antheridiums tritt ein, wenn es auf eine bereits vorstehende Copu- lationswarze oder gar auf ein Loch in der Oogoniumwand stösst. Die Befruchtung erfolgt nicht durch Spermatozoiden, sondern durch mehrmalige rasch und ruck- weise erfolgende Entleerungen eines kleinen Theiles vom Protoplasma des Anthe- ridiums. Kleine glänzende Körperchen, die dabei zwischen den Eizellen erscheinen und nachweisbar vorher einen Theil des Antheridiuminhaltes bildeten, sind wohl das befruchtende Element. — Die Gattung Pythium zeigt als bemerkenswerthe Abweichung von obigen Vorgängen den Umstand, dass das einzige Ei des Oogo- niums sich erst bildet, wenn das Antheridium sich an letzteres anlegt oder seinen Befruchtungsschlauch in das Oogonium hineinsendet. Auch bei Lucidium zieht sich der Inhalt des Oogoniums erst von der Wand zurück, wenn das schnabel- förmige Ende des Antheridiums in das Oogonium eindringt. Die erfolgte Befruch- tung giebt sich in allen Fällen auch hier dadurch kund, dass das Ei sich mit einer Membran umhüllt, die noch in die Dicke wächst und sich in ein Endo- und Exosporium differenzirt. Die Keimung der so gebildeten Oospore erfolgt erst nach längerer Ruhezeit von mindestens 2—3 Monaten und zwar bei einer und derselben Art in sehr verschiedener Weise. Gewöhnlich wächst die Innenhaut der Vospore zu ı Jahrb. f. wissensch. Bot, IX. p. 203, Saprolesniaeceae. Peronosporeae. 74 proleg p einem die Aussenhaut durchbrechenden Schlauche aus, welcher sich zum Thallus verlängert und später Zoosporangien bildet. In anderen Fällen wird in gleicher Weise ein Keimschlauch entwickelt, der aber sehr kurz bleibt und sofort an seinem Ende ein Zoosporangium erzeugt, oder selbst schon ein solches ist, indem sich der gesammte Plasmainhalt der Eispore in Schwärmzellen umwandelt. Oder es tritt das ganze Protoplasma der Eispore zur berstenden Aussenhaut derselben aus, umhüllt sich ausserhalb, sich zur Kugel rundend, mit einer neuen Zellhaut und keimt jetzt erst durch Bildung von Zoosporen, die oft noch im Inneren ihrer Mutterzelle sofort die weitere Keimung durch Bildung der Thallusschläuche einleiten. Bemerkenswerth für die Entwickelungsgeschichte der Saproleginaceen ist ferner die von Pringsheim! beobachtete parthenogenetische Bildung keimfähiger Eisporen in sonst normalen Oogonien, die niemals mit Antheridien in Berührung kommen. Die Eizellen umhüllen sich in diesem Falle ebenfalls mit einer Mem- bran; sie keimen in der gewöhnlichen Weise, aber stets früher, als die geschlecht- lich erzeugten Oosporen, einzelne sogar oft kurz nach ihrer Entstehung. Ferner beobachtete Pringsheim? manchmal Schwärmsporen, die unmittelbar nach ihrem Austritt oder noch im Zoosporangium mit sehr kurzem Schlauche keimten, der sich an seiner Spitze öffnete und seinen Inhalt in Form kleiner Zellchen entliess. Er wirft dabei die Frage auf, ob diese Zellchen nicht vielleicht die Andro- sporen?® sein könnten, aus denen als selbständige männliche Pflänzchen die An- theridien hervorgehen, die man oft ohne Zusammenhang mit irgend welchen Neben- ästen die Oogonien dicht bedecken sieht. — Die früher oft aufgestellte Behaup- tung, dass Saprolegnia und Achlya nur Entwickelungsformen von Mucor und der später zu erwähnenden Empusa, beziehentlich selbst der echten Hefe seien, ist unrichtig. Einige wichtigere Gattungen, deren Unterschiede oben zum Theil bereits an- gegeben wurden, sind: 1. Saprolegnia Nees v. Esenb. Die Schwärmsporen treten einzeln frei aus den Zoosporangien oder bilden in diesen ein Zellennetz (S. 72). Die entleerten Sporangien werden gewönlich von anderen unter ihnen durchwachsen. 2. Achlya Nees v. Esenb. Die Schwärmsporen treten auf der Spitze des Sporangiums zu einem Köpfchen zusammen, umhüllen sich einzeln mit Membran und verlassen diese später (S. 72). Die neuen Sporangien als Seitenäste unter den entleerten entstehend. 3. Pythium Pringsh. Das Protoplasma des Zoosporangiums tritt als Kugel zu letzterem heraus und bildet erst ausserhalb die Schwärmsporen (S. 72 und 73). Pringsheim vermuthet, dass die Formen dieser Gattung nur Nebenformen der kleineren Achlya- und Saprolegnia-Arten sind. — P. De Baryanum Hesse. Das Mycelium wuchert in den Keimpflanzen von Camelina sativa, Trifolium repens, Spergula arvensis, Panicum miliaceum, Zea Mays und wohl noch anderer Arten und zerstört dieselben vollständig. — P. vexans De Bary. In kranken Kartoffel- pflanzen (S. 78). 4. Leptomitus Ag. Thallusschläuche in regelmässigen Abständen mit Ein- schnürungen versehen, sonst wie Saprolegnia. — L. lacteus Ag. (Saprolegnia lactea Pringsh.) In Gräben und Bächen häufig und manchmal in so grosser Menge, dass der Boden des Wassers vollständig von der Pflanze überzogen wird. 49. Familie. Peronosporeae.* Von voriger Familie unterscheiden sich die Peronosporeen vorzüglich dadurch, dass sie zunächst echte Parasiten sind, welche ihr reich verzweigtes, einzelliges Mycelium im Inneren grüner (selten chlorophylifreier) Theile noch lebender Pflanzen ı Jahrb. f. wissensch. Bot. IX. S. 192. ®2 A. a. O. Seite 220. ° Vgl. die Familie der Oedogoniaceen. De Bary, Recherches sur le developpement de quelques champignons parasites, in Ann. d. science. natur. ser. IV. vol. XX. — De Bary, Zur Kenntniss der Peronosporeen; in De Bary und Woronin, Beiträge zur Morphologie u. Physiol, He Peronosporeae. 75 zur Entwickelung bringen und dadurch gewöhnlich schliesslich den Tod des be- fallenen Organes oder auch der ganzen Pflanze herbeiführen. Manche, wie z. B. die auf Capsella Bursa pastoris und anderen Cruciferen lebenden Cystopus candidus und Peronospora parasitica, verursachen auch Hypertrophie des betreffenden Pflanzen- theiles, d. h. es tritt unter Einwirkung des Parasiten auf seine Nährpflanze eine lebhafte und gewöhnlich massige Vermehrung des parenchymatischen Gewebes des vom Mycelium befallenen Organes ein, die zu mannigfachen Anschwellungen, Ver- krümmungen etc. führt. Das Mycelium selbst wuchert in den Intercellularräumen, sendet aber Haustorien in die benachbarten Zellen. Bei Cystopus sind diese äusserst kurze Aeste, welche die Zellwand durchbohren und im Inneren der Zelle sofort zu einem kugeligen Bläschen anschwellen, so dass es aussieht, als sei das Myce- lium mit kurzen Stecknadeln befestigt (Fig. 19, ©). Bei Peronospora dagegen ver- zweigt sich das Haustoriuminner- halb seiner Nährzelle in mehr oder minder zahlreiche, gewöhn- lich unregelmässig gekrümmte Aeste, die die Zelle oft ganz ausfüllen. Die ungeschlechtliche Vermehrung erfolgt durch Coni- dien, welche in verschiedener, für jede der drei Gattungen charakteristischer Weise auf eigenen Conidienträgern abge- schnürt werden und die ent- weder direct mit einem Schlauche keimen (Fig. 19, b), oder deren Inhalt sich zu einer Anzahl birn- förmiger Schwärmzellen (Fig. 19, e und d) umformt, die nach ei- niger Zeit zur Ruhe kommen, sich zur Kugel abrunden, mit einer Membran umhüllen und nun durch Austreiben eines Schlauches keimen (Fig. 19, f). Den ungeschlechtlichen Genera- tionen, die in Folge der grossen Anzahl von Conidien während des Frühlinges und Sommers in Fig. 19. a Peronospora grisea; Conidienträger, aus der ungeheurer Menge auftreten, Spaltöffnung eines Epidermisstückes vorragend (Vergr. 240). folgt gegen den Herbst, jeden- » bis g Phytophthora infestans (Vergr. 400) nach De Bary: falls vor dem Absterben der b keimende Conidie, esolche in der Entwickelung von Schwärm- Nährpflanze, die Geschlechts- zellen begriffen, d Schwärmzelle, e ontleerte Conidie, f kei- generation. An dem Mycelium en ei e en in a werden (und zwar in den Inter- Bee: vom Kartoftels enge 5 D PER ARDOYA EioBrunNG S Geschlechtsorgane, nach De Bary (Vergr. 350). 2, k Cysto- cellularräumen des Gewebes der pus candidus: © Stück des Myceliums mit Haustorien im Nährptlanze) auf kurzen neben Rindengewebe von Capsella Bursa pastoris (Vergr. ca. 200), einander entspringenden Aesten k Conidien (Vergr. 250). Öogonien und Antheridien wie bei der vorigen Familie erzeugt, die Antheridien immer einzeln am Ende des Astes, die Oogonien meistens so, in seltenen Fällen auch interstitiell. Die Bildung von Copulationswarzen, wie sie bei Achlya und Saprolegnia auftreten (S. 73), ist hier noch nicht beobachtet. Der das Antheridium erzeugende Ast lest sich, bereits lange bevor das Oogonium seine volle Grösse erreicht hat, dem letzteren fest an, sein Ende schwillt gekrümmt-keulig oder oval an und gliedert sich durch eine Quer- wand als Antheridium ab. Selten sieht man zwei Antheridien dem Oogonium anliegen. d. Pilze, Heft 2. — De Bary, Die gegenwärtig herrschende Kartoffelkrankheit. Leipzig 1861. — De Bary, Researches into the nature of the Potato-Fungus, in . Journal of the Royal Agricultural Society of England, vol. XII. — Reess, Einige Mittheilungen über die Kartoffelkrankheit, in Zeitschr. d. landwirthsch. Central- vereins f, d. Prov, Sachsen 1872, 76 Peronosporeae: Perönosporä. Haben beide Geschlechtsorgane ihre definitive Grösse erreicht, so sondert sich das Protoplasma des Oogoniums in eine peripherische, fast homogene, körnchen- arme Lage (das Epiplasma) und in eine die Mitte einnehmende, durch dicht gehäufte Fettkörner undurchsichtige und dunkele, kugelige Masse, das Ei. Sobald dieses gebildet ist, treibt das Antheridium von der Berührungsfläche aus eine, einem dünnen Schnabel gleichende, schlauchförmige Ausstülpung, den Befruchtungsschlauch, welcher die Oogoniumwand durchbohrt und durch das Epiplasma hindurch auf die Eizelle zuwächst. Berührt er die Oberfläche der letzteren, so steht sein Längen- wachsthum still. Er dringt nicht in das Ei ein, öffnet sich auch nicht; die Be- fruchtung findet wohl auf diosmotischem Wege statt. Das befruchtete Ei umhüllt sich mit einer zarten, farblosen Membran (das Endosporium — Fig. 19, Ah), die noch in die Dicke wächst, und um die herum sich aus dem Epiplasma eine zweite Membran, das meist braun gefärbte, dicke, auf der Aussenfläche mit verschieden- artigen localen Verdickungen besetzte Exosporium, bildet. Während das Mycelium mit der Nährpflanze abstirbt und nur bei wenigen, perennirende Pflanzen be- wohnende Peronosporeen (z. B. Phytophthora infestans) auch das Mycelium den Winter überdauert, überwintern die Oosporen und keimen im nächsten Frühjahre entweder direct mit einem Keimschlauche, oder sie erzeugen Schwärmsporen, welche erst Mycelium entwickeln. Die übrigen Eigenthümlichkeiten werden, da sie Gattungsunterschiede bedingen, bei jeder der drei bekannten Gattungen be- sprochen werden. 1. Peronospora Corda. Die die Conidien erzeugenden Myceläste kommen einzeln oder zu mehreren büschelweise durch die Spaltöffnungen an die Oberfläche der befallenen Pflanze (Fig. 19, a), wo sie schimmelartige Rasen und Flecken bilden. Hier verzweigen sie sich baumartig und die letzten Aeste sind dünn, zu- gespitzt und häufig etwas hakenförmig gekrümmt. Jeder dieser Aeste erzeugt auf seiner Spitze nur eine einzige Conidie, indem er blasig anschwillt und die An- schwellung, nachdem Plasma in sie getreten ist, durch eine gewöhnlich etwas unterhalb ihrer Basis fallende Scheidewand abgrenzt, so dass die Conidie kurz ge- stielt erscheint (Fig. 19, b und c). Die Keimung der Conidien erfolgt in verschie- dener Weise; der Keimschlauch bohrt sich aber direct durch die Epidermis der Nährpflanze und die darunter liegenden Zellen durch (Fig. 19, g), bis er in die Intercellularräume des Gewebes gelangt, in denen er dann, Haustorien entwickelnd, weiter wächst. Die Oosporen keimen in den Fällen, wo ihre Weiterentwickelung beobachtet wurde, direct mit einem Keimschlauche, dessen Membran von der innersten Schichte des Endosporiums entspringt, die ausserhalb befindlichen Mem- branschichten durchbricht und zum Mycelium auswächst, dessen Eindringen in die Nährpflanze indessen nicht beobachtet wurde. — Die ziemlich zahlreichen Arten sind ihren Nährpflanzen mehr oder weniger schädlich, so dass die auf Cultur- gewächsenden vorkommenden Arten die Aufmerksamkeit des Landmannes bean- spruchen. Die wichtigsten Arten (welche man früher gewöhnlich mit der Gattung Botrytis vereinigte) lassen sich in folgender Weise übersichtlich zusammenstellen: I. Conidien auf dem Scheitel mit einer Papille (wie in Fig. 19, ec), farblos. A. Die Conidien erzeugen bei der Keimung durch simultane Theilung ihres Plasmas eine Anzahl birnförmiger Schwärmsporen, deren beide Wimpern seitlich so entspringen, dass die eine nach vorn, die andere nach hinten gerichtet ist (Fig. 19; c, d). Die Schwärmsporen werden dadurch frei, dass die Papille der Conidie mittelst eines scharfen, ringförmigen Risses wie ein Deckel abgeworfen wird (Fig, 19, e eine leere Conidie). Die Schwärmer runden sich nach kurzer Zeit der Bewegung zur Kugel, um- hüllen sich mit einer Membran und treiben nun einen die Epidermis der Nährpflanze direet durchbohrenden Keimschlauch (Fig. 19, fJ. — P. ni- vea De Bary. Auf Umbelliferen, namentlich auf Aegopodium podagraria, Anthriscus sylvestris, Pimpinella magna u. s. w.— P. pusilla De Bäry. Auf Arten der Gattung Geranium. B. Die Conidien entleeren aus der wie bei A geöffneten Papille das ge- sammte Protoplasma, welches sich dann zur Kugel abrundet, mit einer Membran umgiebt und dann sofort mit kurzem, dickem Schlauche keimt. — P. pygmaea De Bary. An den Blättern von Anemone. — P. densa Rabenh. Auf Rhinanthus und Euphrasia, Peronosporeae: Peronospora, Phytophthora. ur C. Die Conidien keimen direet mit einem aus der Spitze getriebenen Keim- schlauche (wie Fig. 19, b). — P. gangliiformis Berk. Auf der Blatt- unterseite von Sonchus, Senecio, Cirsium und anderen Compositen, auf Gartensalat (Lactuca sativa) manchmal schädlich. II. Conidien auf dem Scheitel ohne Papille, farblos oder violett, beim Keimen direct einen meist aus der Seite kommenden Keimschlauch entwickelnd. A. Oogonien mit fester, stark verdickter Membran, die Oosporen mit zartem, glattem Exosporium. — P. parasitica Pers. Eine der gemeinsten Arten, auf Cruciferen, namentlich auf Capsella Bursa pastoris häufig; auf Leindotter (Camelina sativa) und Raps (Brassica Napus) manchmal schädlich. B. Oogonien mit zarter, nach der Reife zusammenfallender Membran. ÖOosporen mit einem regelmässig und zierlich warzenförmig, buckelig oder netzartig verdickten Exosporium. — P. Viciae Berk. Auf Erbsen, Linsen und Wicken häufig. — P. calotheca De Bary. Auf Galium, Asperula und Sherardia.— P. Dianthi De Bary. Auf Dianthus, Agro- stemma und Silene. — P. Alsinearum (asp. Auf Stellaria media und anderen Alsineen. — P. Holostei De Bary. Auf Holosteum umbel- latum. C. Wie B, aber das Episporium mit wenigen dicken, unregelmässigen Kämmen besetzt und die Oospore dadurch eckig. — P. Trifoliorum De Bary. Auf verschiedenen Arten von Klee, auf Luzerne und anderen Papilionaceen. — P. effusa De Bary. Auf Atriplex und Chenopodium; auf Spinat manchmal schädlich. — P. Valerianellae Fuck. Auf Ra- pünzchen (Valerianella olitoria). — P. Dipsaci Tul. Auf Dipsacus syl- vestris. — P. grisea De Bary. Auf Arten der Gattung Veronica. — P. obovata Bon. Auf Spergula arvensis, — P. arborescens De Bary. Auf Mohnarten, z. B. Papaver somniferum. — P. radii De Bary und P. leptosperma De Bary auf Anthemis, Matricaria, Chrysanthemum und anderen Compositen. — D. Unbekannt sind die Oosporen von P. Schachtii Fiuckel, einer auf den Blättern der Runkelrübe häufig vorkommenden Art, die in letzterer Zeit oft sehr verderblich auftrat. Das Mycelium überwintert im Kopfe der Samenrübe und tritt daher im nächsten Jahre zuerst hier und in den jungen Blättern auf. — P. Schleideniana De Bary. In den Blättern von Allium Cepa und A. fistulosum. — P. alta Fuck. Auf Plantago major. Unbekannt ist ferner die Keimung der Conidien von P. viticola Berk., deren glatte Oosporen man kennt. Diese Art kommt auf Vitis labrusca und V. aestivalis, aber auch auf V. vinifera vor, verbreitet sich sehr schnell (in England, wie in Ungarn beobachtet) und bewirkt, wenn sie sich in den Beeren ansiedelt, deren Absterben. 2. Phytophthora De Bary. Die Conidienträger brechen, wie bei Perono- spora, aus den Spaltöffnungen hervor und sind baumartig in wenige Aeste ver- zweigt, aber die Entwickelung der Conidien ist eine andere. Zunächst entsteht an der Spitze jedes Astes eine erste Conidie. Ist diese reif, so entwickelt sich unter ihr ein kurzer, papillenartiger Seitenzweig, der aber bald gerade aus wächst und die fertige Conidie zur Seite drängt, so dass es aussieht, als sei letztere auf einem kleinen Seitenaste entstanden und als sei der zweite jüngere Ast die eigentliche Spitze des Hauptzweiges. Jeder neu entstandene Ast erzeugt nun abermals eine Conidie von der in Fig. 19 e gezeichneten Form; diese wird von einem unter ihr sich entwickelnden Seitenzweige abermals auf die Seite geschoben und so fort. Die Conidien keimen manchmal direct mit einem aus der Papille hervorbrechen- den Schlauche (Fig. 19, b), gewöhnlich aber in der Weise, dass ihr Protoplasma in 6—16 zuerst polyödrische (Fig. 19, c), später zu den birnförmigen Schwärm- ’ sporen sich gestaltende Portionen zerfällt, die in der auf S. 76 A angegebenen Weise entleert werden. Sie haben die in Fig. 19 d gezeichnete Form, runden sich nach einiger Zeit der Bewegung zur Kugel ab und keimen nach Umhüllung mit einer Membran sofort mit einem die Oberhaut der Nährpflanze direct durchbohrenden = Peronosporeae: Phytophthora, Rartoffelkrankheit. Keimschlauche (Fig. 19, f und g). Die Bildung der Schwärmer erfolgt in den nächsten 1'/;—5 Stunden, nachdem die reife Conidie in einen Wassertropfen ge- langte; die Bewegung der Schwärmer dauert höchstens eine halbe Stunde. Ge- schlechtsorgane sind nicht bekannt. Die von Worthington Smith! beschriebenen Öosporen gehören nicht dem Kartoffelpilze an, sondern wohl theils zu Pythium vexans De Bary, theils zu Artrotrogus hydnosporus Mont. Da die Conidien ihre Keimkraft bald verlieren, überwintert das Mycelium. Hierher gehört als einzige Art: P. infestans De Bary (Peronospora infestans Casp., Botrytis invastatrix Libert.), der die gefürchtete Kartoffelkrankheit verursachende Kartoffelpilz, den man allein im Auge hat, wenn man schlechthin von Kartoffelkrankheit redet. Letztere macht sich dem unbewaffneten Auge zuerst in Gestalt von Schimmel- räschen (aus den Conidienträgern bestehend) geltend, welche an den grünen Or- ganen der Pflanze, vorzüglich auf der Unterseite der Blätter, erscheinen und an ihrem Entstehungsorte bei mikroskopischer Untersuchung stets auch das Mycelium des Pilzes im Gewebe auffinden lassen. Da letzteres bei seiner Berührung mit dem Gewebe die Zellwände von den Berührungspunkten aus bräunt, so treten bald dem blossen Auge schon aus einiger Entfernung erkennbare braune Flecken auf, die sich mit der weiteren Verbreitung des Myceliums vergrössern, bald zu grösseren Flecken in einander fliessen und unter günstigen Umständen (viel Feuchtigkeit und Wärme) schliesslich jede Spur eines Grün an dem nun abgestorbenen Kraute verschwinden lassen. Die inzwischen zahlreich entwickelten Conidien, die in Thau- und Regentropfen keimen, inficiren stets sowohl neue Stellen der Pflanze, als auch neue Pflanzen und, da sie vom Winde leicht fortgetragen werden, auch entferntere noch gesunde Kartoffeläcker. Schon beim Eindringen des Keimschlauches der Schwärmsporen in die Oberhaut des Stengels oder Blattes zeigt sich da, wo derselbe die Wand durchbohrte, eine kleine Stelle der Wand gebräunt und die Färbung von hier aus über die ganze Wand der Zelle fortschreitend, benachbarte Zellen ergreifend und auch auf den Zelleninhalt übergehend, wobei die ganze Zelle abstirbt. Die dabei stattfindenden chemischen Vorgänge sind unbekannt. Es gelangen ferner zahlreiche Conidien durch abrollende Thau- und Regentropfen auch in den Erdboden und kommen hier mit den jungen Knollen in Berührung. Die Keimschläuche ihrer Schwärmsporen, die in der Erde besonders günstige Ent- wickelungsbedingungen treffen, dringen in derselben Weise in die Knollen, wie in oberirdische Pflanzentheile ein, und das Mycelium verändert das Gewebe der Knolle in gleicher Weise, wie dasjenige des Blattes und Stengels. Je nach dem Grade der Feuchtiekeit verwandelt sich dabei der erkrankte Theil in eine braune, bröckelige Masse (trockene Fäule) oder in eine jauchige, übelriechende Substanz (nasse Fäule), wobei sich gewöhnlich noch verschiedene saprophytische Pilze (Fusi- sporium Solani Mart., Spicaria Solani Hart. ete.) als nun guten Nährboden findende Mitbewohner namentlich auf der kranken Knolle einstellen. Das Mycelium über- wintert in Knollen, die äusserlich oft ein‘ziemlich gutes Aussehen zeigen. Es kann sich im Verlaufe des Winters unter günstigen Umständen in der Knolle weiter verbreiten, kann sogar (namentlich bei Verletzungen der Knollen) von einer Knolle in eine dieselbe eng berührende andere hinüberwachsen, ebenso auch jetzt schon in die Augen oder Knospen der Knolle hineinwachsen und hier schon, wie auch auf wunden Stellen der Knolle selbst, Conidienträger erzeugen, die gesunde Knollen infieiren. Kommt krankes Saatgut im Frühjahre auf den Acker, so wächst das Mycelium, wenn es den jungen Trieben schon nahe genug war, in diese hinein, mit ihnen über die Erde und verbreitet nun die Krankheit aufs Neue. Doch können kranke Knollen auch gesunde Pflanzen liefern, wenn das Mycelium die Triebe erst erreicht, wenn diese bereits zu weit entwickelt, zu alt sind. Mittel gegen die Krankheit, durch welche man den Pilz tödtet, ohne der Pflanze zu schaden, giebt es nicht, da das Mycelium ja im Inneren des Gewebes wuchert. Die Krankheit selbst, die schon in den dreissiger Jahren dieses Jahrhunderts local in Deutschland beobachtet wurde, die seit 1845 durch fast ganz Europa mit schreckenerregender Verheerung auftrat, ist uns mit dem Pilze vielleicht aus dem Heimathlande der Kartoffel zugeschleppt worden. Wenigstens sprechen alte Be- richte aus dem Jahre 1571 schon von einer durch „Brand und Mehlthau“ verursachten Krankheit der Kartoffel in Peru. Ebenso ist noch zu erwähnen, dass der betref- * Journal of the Royal Agricultural Society of England. 1875. Peronosporeae: Cystopus. — Oedogoniaceae. 719 fende Pilz auch auf anderen amerikanischen, unserer Kartoffel zunächst ver- wandten Arten der Gattung Solanum (so auf $. utile KT., S. stoloniferum Schldl., S. etuberosum Lindl. ete.), dagegen nicht auf unseren einheimischen Solaneen, vorkommt. 3. Cystopus Lev. Die Conidien entwickeln sich in dichten Rasen unter der in Folge dessen blasig emporgehobenen Epidermis ihrer Nährpflanze („weisser Blasenrost“). Jeder Conidienträger ist cylindrisch oder keulenförmig und unver- zweigt (Fig. 19, %, zwei Conidienträger). Er erzeugt zuerst auf seinem Scheitel eine kleine breite Anschwellung und gliedert diese durch Querwand als erste Co- nidie ab (Fig. 19, %, links). Unter der ersten, ältesten Conidie entsteht, während sich der Conidienträger verlängert, eine zweite Anschwellung und damit eine zweite Conidie, dann in gleicher Weise eine dritte, vierte und so fort, so dass die Conidien in einer Kette über einander stehen (Fig. 19, k, rechts), in welcher die oberste Conidie die älteste, die unterste die jüngste ist. Ist in Folge der massen- haften Entwickelung der Conidien die Epidermisblase schliesslich zerrissen, so stäuben die Conidien als ein weisses Pulver fort. Die Conidien jeder Kette sind entweder gleich und alle erzeugen dann im Wasser Schwärmsporen wie die ent- sprechenden Peronosporen. Oder die oberste (älteste) Conidie ist diekwandiger, oft gelblich und keimt, wenn sie überhaupt keimfähig ist, mit einem Schlauche, während die unter ihr stehenden Conidien Schwärmer entwickeln. Letztere ver- halten sich wie bei Peronospora und Phytophthora, bohren aber ihren Keim- schlauch nicht direct in die Epidermis ein, sondern keimen überhaupt nur in der Nähe der Spaltöffnungen, in die ihr Keimschlauch sofort hineinwächst und von da unmittelbar in die Intercellularräume gelangt. Die Oosporen keimen im Frühjahre in der Weise, dass die Innenhaut durch einen Riss des Exosporiums als kugelige Blase herausquillt und die schon vorher aus dem gesammten Protoplasma der Ei- spore gebildeten zahlreichen Schwärmzellen aufnimmt. Letztere werden dann durch Aufreissen der Endosporblase frei und keimen wie die von den Conidien erzeugten. — ©. candidus Lev. Auf einer grossen Anzahl von Cruciferen den „weissen Blasenrost“ hervorrufend; gemein auf Capsella Bursa pastoris und hier oft in Gesellschaft mit Peronospora parasitica in demselben Rasen; auf Lepidium sativum, Camelina sativa und Cochlearia Armoracia oft schädlich. — C. eubicus Lev. Auf Scorzonera, Tragopogon und anderen Compositen. — C. Portulacae De Bary. Auf Portulaca oleracea und P. sativa. 12. Ordnung. Vedogonieae. 50. Familie. Oedogoniaceae.! Diese Familie enthält nur die beiden Gattungen Oedogonium und Bulbo- chaete, erstere stets unverzweigte, letztere verzweigte Zellenfäden darstellend, deren Zellen eylindrisch oder schwach keulenförmig sind. Bei Bulbochaete ist die Endzelle jedes Astes zu einer langen, am Grunde zwiebelartig angeschwollenen, sehr inhaltsarmen und daher fast farblosen Borste umgestaltet; eine ähnliche, aber am Grunde nicht zwiebelige Borste tragen manche Oedogonien auf der Spitze des Fadens. Die Zelltheilung erfolgt bei sämmtlichen Mitgliedern der Familie in einer gerade für sie sehr charakteristischen Weise. Sie wird dadurch eingeleitet, dass sich am oberen, d. h. nach der Spitze des Fadens oder Astes zugekehrten Ende der Zelle in Folge lokalen Diekenwachsthums der Membran innerhalb einer schmalen Zone eine Zellstoffmasse in Form eines anfänglich sehr zarten, bald stärker vorspringenden Celluloseringes ablägert, welcher mit der Innenfläche der Membran in fester organischer Verbindung steht, aber sehr bald in seiner Sub- stanz einen sehr schmalen, nicht durchgehenden, ringförmigen Querspalt zeigt ! Pringsheim, Morphologie der Oedogonieen, in dessen Jahrb. f. wissensch. Bot. I. S. 11. — De Bary, Ueber die Algengattungen Oedogonium und Bulbo- chaete. Frankfurt 1854. — Juranyi, Beitrag zur Morphologie der Oedogonien, in Pringsh. Jahrb. f. wissensch. Bot. IX. S. 1. — Wittrock, Prodromus monogra- phiae Oedogoniacearum, in Nov. Act. Reg. soc. Upsal. Vol. IX. (1874). so Oedogoniaceae. (Fig. 20, a,.bei c). Bei der ersten Theilung einer Zelle tritt er nahe unter der Querwand, bei jeder folgenden ein entsprechendes Stück tiefer auf. Nachdem nun etwa in der Mitte der Mutterzelle die Theilung des Protoplasmas in die für die beiden Tochterzellen ‘bestimmten Protoplasmakörper erfolgt ist, entsteht in der Mutterzellenmembran genau über der Mitte des Celluloseringes ein scharfer Quer- riss, der gewöhnlich anfangs nur auf einer Seite be- merkbar wird, bald aber rinsförmig um die Zelle zusammenschliesst und die Zellwand in ein oberes schmales, kappenförmiges und unteres hohes, schei- denartiges Stück spaltet. Zwischen beiden dehnt sich nun der Zellstoffring rasch zu einem cylindrischen Hautstück aus (Fig. 20 b, bei ce), während gleichzeitig zwischen den getrennten Plasmakörpern die junge Scheidewand sich bildet und von der unteren wach- senden Tochterzelle so weit emporgehoben wird, dass sie schliesslich über dem Scheidenstück der alten Membran steht (Fig.. 20 a, untere Zelle). Bei der zweiten Theilung der oberen, an dem Ende die Kappe tragenden Tochterzelle bildet sich der neue Cellu- losering unterhalb der ersten Kappe, so dass dieser beim Aufreissen der Membran eine zweite zugefügt wird. Vor der dritten Theilung wird der Zellstoff- ring unter der zweiten Kappe angelegt und so fort, so dass aus der Zahl der über einander stehenden Kappen die Zahl der stattgefundenen Theilungen (in Fig. 20 deren fünf) hervorgeht. Die vegetative Vermehrung der Oedogoniaceen findet durch Schwärmzellen statt, welche einzeln aus dem gesammten Protoplasma einer Zelle erzeugt „acn eines dee in werden. Letzteres zieht sich dabei zuerst aus den ; hpei c der Cellulosering für Enden, schliesslich auch von den Seitenwänden der die nächste Theilung gebildet: Fig. 20. Stücke aus dem Zellen- Zelle zurück und zugleich tritt seitlich an der Wand, etwa in halber Höhe der Mutterzelle, eine an Um- fang rasch zunehmende farblose Stelle im Protoplasma auf, die sich bald als die künftige farblose Mund- stelle der Schwärmspore zu erkennen giebt, indem schon innerhalb der Mutterzelle an ihrem Umfange der Kranz zahlreicher Wimpern erscheint, welcher über demselben liegen. fünf von früheren Theilungen herrührende Kappen (k in Fig. b). In Figur b ist die Membran der Mutterzelle im Umfange des Celluloseringes gerissen und dieser dehnt sich zum neuen Membranstücke aus. s Scheidenstück der Mutterzell- die Schwärmer dieser Familie charakterisirt und von denen aller anderen verwandten Algen unterscheiden lässt. Die Entleerung der fertigen Schwärmspore erfolgt in der Weise, dass sich die Wand der Mutterzelle durch einen Ringriss ähnlich wie bei der Theilung (aber ohne Bildung eines Zellstoffringes) in zwei Stücke spaltet, von denen das obere kleinere sammt dem darüber befindlichen Fadenstücke wie ein Deckel zurück- klappt oder auch ganz abgeworfen wird. Beim nun erfolgenden Austritt der Schwärmspore hebt sich von ihrem ganzen Umfange eine zarte aber feste (nicht gallertartise) Membran ab, die anfänglich noch enger anliegt, dann aber sich rasch erweitert und in welcher die Schwärmzelle nach ihrem völligen Ausschlüpfen aus der Mutterzelle wie in einer Blase liegt. Die aus dieser ausgetretene Schwärm- spore ist eiförmig und besitzt einen deutlichen Zellenkern. Kommt sie zur Ruhe, so setzt sie sich mit der farblosen Mundstelle in der Regel an Wasserpflanzen fest, die Cilien verschwinden und die Mundstelle wird zu der lappig getheilten oder wurzelartig verzweisten, farblosen Haftscheibe des nun mit Zellhaut um- gebenen einzelligen Pflänzchens, das alsbald den Beginn seiner ersten Theilung durch Bildung eines Zellstoffringes in seinem oberen stumpfen Ende andeutet. Keimt der Schwärmer frei im Wasser, so verlängert sich die Mundstelle zu einem farblosen, einfachen oder verzweigten Haare. Die Antheridien entstehen dadurch, dass eine vegetative Zelle sich in der gewöhnlichen Weise theilt, die Scheidewand aber hoch oben in der Mutterzelle angelegt wird, so dass eine obere sehr kleine und eine untere sehr grosse Tochter- membran. (Vergr. 240.) Oedogoniaceae. s1 zelle entsteht. Letztere theilt sich wiederholt in gleicher Weise, so dass eine Reihe kleiner Zellen gebildet wird, die sich übrigens auch wieder durch Zwei- theilung vermehren können und deren Zahl bei den verschiedenen Arten 1 bis 12 und mehr beträgt (Fig. 21, a). Jede Zelle ist ein Antheridium, das sich nun (ohne Bildung eines Celluloseringes und ohne Aufreissen der Zellwand) durch eine äusserst zarte Wand nochmals in zwei Zellen, die beiden Specialmutterzellen der Spermatozoiden, theilt, die bald über, bald neben einander liegen, je nachdem die Wand horizontal oder senkrecht in dem Antheridium steht. In jeder der Specialmutterzellen entsteht wie bei der Bildung der Schwärmsporen ein Spermatozoid, das auch ganz den Bau der Schwärmzellen zeigt, aber weit kleiner ist und nur wenige schwach gelblich-grüne Chlorophylikörner be- sitzt. Das reife Antheridium klappt wie die Mutterzelle einer Schwärmspore auf (Fig. 21, a). Lagen die Special- mutterzellen über einander, so wird dabei nur die obere geöffnet, und nur das obere Spermatozoid tritt unmittel- bar aus, das untere erst durch eine seitlich in der trennenden Wand ent- - stehende Oeffnung in die obere Special- mutterzelle hinein. Bei senkrecht stehender Scheidewand der Special- mutterzellen dagegen treten beide Samenkörper gleichzeitig aus, wie die Schwärmsporen in eine Blase eingeschlossen (Fig. 20 a, bei x), die sie erst ausserhalb des Antheridiums Fig. 21. « Oedogonium gemelliparum: Stück eines verlassen. Fadens mit Antheridien, von denen eines bei x die Die kugeligen oder ovalen Oogo- Spermatozoiden austreten lässt. — b bis d Oedogo- nien (Fig. af, b und e) bilden sich bei nium eiliatum: b Stück eines Fadens mit Oogonien Oedogonium stets aus der oberen der und Zwergmännchen ; c Oogonium mit Zwergmännchen a 5 x im Augenblicke der Befruchtung; d Reife Oospore beiden Tochterzellen einer eben ge- im Oogonium. — e und / Bulbochaete intermedia: theilten vegetativen Zelle, indem der e Theilung des Protoplasmas in der ausgetretenen zum neuen Wandstücke werdende Innenhaut der Oospore; fSchwärmsporen in letzterer. Cellulosering sofort die entsprechende — Vergr. a, e und d = 350; b, e und f = 250. Form annimmt. Das Oogonium trägt Nach Pringsheim. daher auf seinem Scheitel auch eine oder mehrere Kappen. Bei Bulbochaete ist in Folge der etwas modificirten Zell- bildung das Oogonium stets die untere Zelle eines kurzen Fruchtastes, erscheint daher seitlich an den Hauptästen und trägt bald unmittelbar auf seinem Scheitel die für diese Gattung charakteristische Borste, bald zunächst noch einige ge- wöhnliche vegetative Zellen. Das fertige Oogonium erhält an irgend einer be- stimmten Stelle eine Oeffnung für den Eintritt des Spermatozoids. Bei den meisten Oedogonien und bei Bulbochaete ist dieselbe ein einfaches, scharf umschriebenes, kreisförmiges Loch, das bei allen Arten der letzteren Gattung stets unmittelbar unter dem oberen Deckel, bei Oedogonium Braunii, Oedogon. Rothii und anderen Arten in der Mittellinie des Oogoniums, bei Oedog. tumidulum, Oedog. gemelli- parum u. s. w. oberhalb der Mitte, bei Oedogon. echinospermum etc. in der unte- ren Hälfte des Oogoniums entsteht. Bei anderen: Arten der Gattung Oedogonium ist die Art des Oeffnens eine complicirtere. Hier öffnet sich der obere Theil des Oogoniums in derselben Weise, wie die Mutterzellen der Schwärmsporen und Sper- matozoiden sich öffnen, mit einem etwas zurückklappenden Deckel, und in den Riss tritt eine farblose, schleimige, schon vorher im oberen Theile des Oogoniums angesammelte Masse, deren peripherischer Theil sich zu einem kurzen, festen, von einer farblosen Membran gebildeten „Befruchtungsschlauche“ gestaltet, der auf seiner Spitze eine deutliche Oeffnung besitzt (Fig. 21, b und c). Den nicht zur Bildung dieses Schlauches verbrauchten Theil der Schleimmasse sieht man wieder Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. . 6 32 Oedogoniaceae. Confervaceae. abwärts fliessen und sich mit dem übrigen Inhalte des Oogoniums vereinigen. Letzterer formt sich, indem er etwas von der Wand zurücktritt, unter allen Um- ständen zu der nackten, kugeligen oder eiförmigen Eizelle, deren nach der Oogo- niumöffnung zugekehrte Seite stets einen grossen, farblosen Empfängnissfleck be- sitzt, während der übrige Theil durch Chlorophyll grün gefärbt ist (Fig. 21, e). In Bezug auf: die Vertheilung der Geschlechtsorgane begegnet man bei den Oedogoniaceen monöeischen und diöcischen Arten. Bei der Mehrzahl der Arten der Gattung Oedogonium und bei allen Arten der Gattung Bulbochaete treten jedoch die Antheridien ausschliesslich auf kleinen, auf der weiblichen Pflanze fest- sitzenden Pflänzchen, den Zwergmännchen, auf. Diese Zwergmännchen ent- stehen aus den sogenannten Androsporen, welche sich in kleinen den Antheri- dien ähnlichen Zellen bilden, in jeder dieser Zellen aber einzeln ohne Bildung von Specialmutterzellen erzeugt werden und daher grösser und dunkler gefärbt als die Spermatozoiden, aber bedeutend kleiner als die Schwärmsporen sind, mit denen sie die eigenthümliche Art des Austretens aus der Mutterzelle theilen. Die Androsporen setzen sich auf dem Oogonium oder in unmittelbarer Nähe desselben fest, keimen wie eine Schwärmzelle, aber das Pflänzchen bleibt zwergig und ent- wickelt nur eine vegetative Zelle und ein den Scheitel bildendes Antheridium, das in seinen beiden Specialmutterzellen zwei Samenkörper wie ein gewöhnliches Anthe- ridium erzeugt. Die Figuren 21 b und c zeigen bei : derartige Zwergmännchen mit bereits geöffnetem Antheridium, die Figur 21 e im Augenblicke der Be- fruchtung. Die Befruchtung ist gerade bei dieser Familie und namentlich bei den For- men mit Zwergmännchen recht deutlich zu beobachten. Aus dem Antheridium des Zwergmännchens gelangt ein Samenkörper gewöhnlich unmittelbar in das Oogonium, wo er einen Augenblick mit seiner Spitze an dem Empfängnissfleck hin und her tastet (Fig. 21, c), um sich im nächsten Momente mit dem Plasma des Eies zu vermischen, in dessen farbloser Stelle man noch für kurze Zeit die wenigen Chlorophylikörner des Samenkörpers wahrnimmt. Noch auffallender tritt die Verschmelzung der beiderlei Geschlechtsproducte bei dem von Juranyi ent- deckten Oedogonium diplandrum hervor. Bei diesem erhält das Protoplasma der die Androsporen erzeugenden Zellen eine gelbe Farbe mit eingestreuten rothen Körnern. Es erscheinen daher auch die Androsporen und die aus ihnen hervor- gehenden Zwergmännchen in dieser Färbung. Die stets einzellig bleibenden (nur ein grosses Antheridium darstellenden) Zwergmännchen erzeugen aus ihrem ganzen Protoplasma zwei sich durch amöbenartige Bewegung auszeichnende Spermato- zoiden, die natürlich abermals gelb gefärbt sind und die rothen Körnchen zeigen, daher bei Vereinigung mit dem Ei den Empfängnissfleck des letzteren lebhaft in derselben Weise färben. Das befruchtete Ei umhüllt sich mit einer später stark in die Dicke wach- senden Membran, färbt seinen Inhalt braun oder lebhaft roth und überwintert im Oogonium, während die ganze übrige Pflanze zu Grunde geht. Bei der von Prings- heim bei Bulbochaete beobachteten Keimung durchbricht die innerste Schicht der Oospore wachsend die äusseren Membranschichten der letzteren und ebenso die Oogoniumwand. Diese frei gewordene, den ganzen Inhalt umschliessende Zelle nimmt dann eine länglich-eiförmige Gestalt an und theilt ihren Inhalt zuerst in zwei, dann in vier Portionen (Fig. 21, e), aus denen sich eben so viele Schwärm- sporen bilden (Fig. 21, f), die dann durch die berstende und sich lösende Zell- haut austreten und nach kurzem Schwärmen wie die normalen Schwärmsporen junge Pflänzchen liefern. Während der Schwärmzellenbildung aus dem Inhalte der Eispore färbt sich der letztere vom Rande her wieder grün, doch so langsam, dass die fertigen Schwärmer gewöhnlich noch rothe Körnchen zeigen. ? Die Öedogoniaceen sind ausschliesslich Süsswasserbewohner, von denen die meisten (bis jetzt) aus Nordeuropa bekannt sind. Die Unterschiede der beiden een Gattungen Oedogonium und Bulbochaete sind bereits auf 8. 79 angegeben worden. 51. Familie. Confervaceae. ‚Die Stellung dieser Familie, zu welcher früher auch die Oedogoniaceen, Ulo- trichaceen, Sphaeropleen etc. gerechnet wurden, ist eine zweifelhafte, da Ge- Confervaceae. Chaetophoracene. s3 schlechtsorgane bei derselben zur Zeit unbekannt sind. Habituell schliesst sie sich der vorigen Familie insofern an, als auch hier der Thallus aus einfachen oder verzweigten Reihen meist cylindrischer oder scheibenförmiger Zellen gebildet wird, deren Endzelle jedoch gewöhnliche Form zeigt und nicht als glashelles Haar auftritt. Ausserdem wachsen die Pflanzen stets frei und nicht in Gallertmassen eingebettet, wie die der folgenden Familie. Die Fortpflanzung geschieht durch mit 2 Wimpern versehenen Schwärmsporen, die zu vielen in den Zellen gebildet werden und diese durch seitlich in der Wand entstehende Oeffnungen verlassen. Ausserdem erzeugen manche Formen, wie z. B. Cladophora, noch kleinere Schwär- mer oder Mikrozoosporen, die nach den Angaben von Areschoug! copuliren. Ueber die ganze Erde verbreitete Süsswasser- und Meeres-, seltener Luftalgen, von denen die wichtigsten Gattungen folgende sind. 1. Conferva Lk. Fäden dünn, unverzweigt, frei schwimmend. Schwärm- sporenbildung unbekannt. Vielleicht nur sterile Formen anderer verwandter Algen. Bewohner des süssen Wassers, welche schwimmende, wolkige, schlüpferige Watten von oft grosser Ausdehnung bilden, unter denen namentlich diejenigen der überall in Gräben und Sümpfen gemeinen Conferva bombycina Ag. durch ihre bleiche, gelblich-graue Farbe auffallen. 2. Mierospora Thur. Von voriger Gattung, mit der sie in Habitus und Lebensweise übereinstimmt, nur durch die Bildung von Schwärmsporen unter- schieden. — M. floccosa Thur. und M. vulgaris Rabenh. in stehenden Ge- wässern gemein. 3. Chaetomorpha Ktz. Fäden unverzweigt, mit einem wurzelartig gelappten Fusse festsitzend. Meeresbewohner. 4. Cladophora Ktz. Fäden wiederholt verzweigt, die Aeste oft nur spar- sam, oft auch sehr zahlreich, stets dicht unter der oberen Querwand einer Glieder- zelle durch seitliche Ausstülpung der Membran angelegt, alle Verzweigungen unter einander gleich. Süsswasser- und Meeresbewohner, welche bald zeitlebens anderen Pflanzen, Steinen etc. aufgewachsen sind und dann gestreckte, lockere, fluthende Rasen bilden (C. glomerata Ktz., C. canalicularis Ktz. etc.), bald in grossen wolkigen Watten frei schwimmen, wie Ö. fracta Ktz. und C. insignis Ktz., bald auch zu dichten kugeligen Ballen von schwammartigem Aussehen verfilzt sind (wie C. aegragopila Rabenh.), die anfänglich festsitzen, später oft frei schwimmen. Unter den genannten Arten ist C. fracta Ktz. noch dadurch be- merkenswerth, dass sie oft das sogenannte Meteorpapier, Wiesentuch oder Wiesenleder bildet, eine aus dieser Alge (oft zugleich auch beigemischten anderen Alsen) bestehende wattenartig verwebte, bleiche, papier- bis tuchartige Masse, welche man auf dem Boden ausgetrockneter Teiche oder auch auf längere Zeit überschwemmt gewesenen Wiesen findet, wenn die Algen sehr massig vorhanden waren, das Wasser rasch sank und die Wärme ein rasches Austrocknen der Algen- watten vor ihrer Zersetzung durch Fäulniss gestattete. 52. Familie. Chaetophoracesae. Von den Confervaceen dadurch verschieden, dass die gabelig oder seitlich und büschelig verzweigten, an den Astenden oft in ein farbloses Haar auslaufenden Fäden einer Gallertmasse eingebettet liegen. Fortpflanzung durch Schwärmsporen mit 2 oder 4 Wimpern. Die meisten Arten sind Süsswasserbewohner. 1. Chaetophora Schrank. Thallus ein gallertartiges, vielfach lappig ge- theiltes Lager bildend, dessen Fäden seitlich mehr oder weniger büschelig ver- zweigt sind. Die Hauptäste bestehen aus länglichen, fast farblosen, nur in der Mitte mit einem queren Chlorophylibande versehenen sterilen, die in ein farbloses Haar endenden Seitenästchen aus kurzen, chlorophyllreichen, Schwärmsporen bil- denden Zellen. Süsswasseralgen, an Steinen, Holz und Wasserpflanzen festsitzend. ! Areschoug, Observationes phycologicae; II. de Urospora mirabili et Chlorozoosporarum copulatione, in: Nova Acta reg. soc. sc. Upsal. Ser. III. vol. IX. (Upsala 1874). 6* 34 Chaetophoraceae. Chroolepideae. Ulvaceae. 2. Draparnaldia Ag. Wie vorige Gattung, aber die Fäden nur von weicher Schleimhülle umgeben, so dass sie schlüpferige Räschen im süssen Wasser, vor- züglich in klaren Quellen, sowie in Torf- und Wiesengräben bilden. 3. Stigeoclonium Ktz. Fäden einfach, selten büschelig ästig, die Zellen der Aeste denjenigen des Stammes gleich; sonst wie Draparnaldia. Nach Cien- kowski! gehen die Gliederzellen unter wiederholter Theilung und Abrundung und unter Auflockerung ihrer bis dahin festen Membran zu einer Gallerthülle in einen den Palmellen ($S. 8) ähnlichen Entwickelungszustand über und stellen dann viel- leicht \bei der beobachteten Art) die Palmella parvula Ktz. dar. Der Inhalt dieser Zellen theilt sich dann in 8 oder mehr Schwärmzellen (Mikrozoosporen) mit 2 Wimpern, welche die Gallerthülle durch eine Oeffnung verlassen und nach einiger Zeit zu kleinen Stigeoclonien auskeimen. Bei der gewöhnlichen Schwärmsporen- bildung wird aus dem gesammten Inhalte einer normalen Gliederzelle nur eine Schwärmzelle (Makrozoospore) mit vier Wimpern erzeugt. 53. Familie. Chroolepideae. Unterscheidet sich von den Confervaceen hauptsächlich dadurch, dass der Zelleninhalt durch ein neben dem Chloryphyli reichlich auftretendes rothes Oel gefärbt ist und die Schwärmsporen zu vielen in kugelie oder eiförmig angeschwol- lenen Gliederzellen entstehen. Luftalgen, welche am Fusse von Baumstämmen, an feuchten Felsen, Mauern und Bretterwänden dünne, krustenartige Ueberzüge oder sammetartige Räschen von lebhaft rothbrauner oder oramgerother Farbe bilden, die nach dem Tode in ein schmutziges Graugrün übergeht. Alle Arten riechen nach Veilchen, getrocknete dann, wenn sie wieder angefeuchtet werden. Am stärksten tritt dieser Geruch bei dem auf Steinen in den europäischen Gebirgen häufigen Chroolepus Jolithus Ag. hervor, und hat zur Bezeichnung der von genannter Art bewachsenen Felsen als „Veilchenstein‘“ Veranlassung gegeben. Neben dieser Art ist Chroolepus aureum KÄtz. in ganz Europa gemein. 54. Familie. Ulvaceae. Auch bei dieser Familie ist die Stellung im Systeme noch zweifelhaft; sie ist in mancher Beziehung mit den Confervaceen am nächsten verwandt, unter- scheidet sich aber von ihnen auf den ersten Blick dadurch, dass die Zellen des Thallus stets flächenartig zu einschichtigen Scheiben, blattartigen Gebilden oder hohlen Säcken angeordnet sind. 1. Prasiola Ag. Thallus blattartig, häutig, mehr oder minder kraus, der Erde aufliegend, seine Zellen zu 4 genähert und wieder zu grösseren quadratischen Feldern oder strahlig geordnet. — P. crispa Ktz. Auf schattiger, feuchter Erde gemein und oft grosse grüne, krause Ueberzüge bildend. 2. Ulva L. Thallus ausgebreitet, flach oder wellig, blattartis, am Grunde festgewachsen. Fortpflanzung durch Schwärmsporen mit 4 Wimpern. Meeresalgen von oft ansehnlicher Grösse. — U. latissima L. An den europäischen Küsten, bis über 30 Cmtr. lang und oft eben so breit. — U. lactuca L. (Meerlattich). Kleiner; an den europäischen Küsten gemein und von der Küstenbevölkerung (namentlich Englands) gegessen. 3. Enteromorpha Lk. Thallus darm- oder schlauchartig hohl, manchmal durch seitliche Aussackungen verzweigt, aber die inneren Räume communieiren mit einander. Es sind zweierlei Schwärmzellen bekannt: Makrozoosporen mit 4 und Mikrozoosporen mit 2 Wimpern. Erstere keimen unmittelbar; von letzteren giebt Areschoug? an, dass sie copuliren, was aber von Janczewski und Rostafinski® ' Cienkowski, Ueber Palmellen-Zustand bei Stigeoelonium; Bot. Zeit. 1876. 8: 2175, "Eaf. 3. ” Observationes phycologicae Il. Siehe das Citat auf Seite 83. ” Janczewski et Rostafinski, ÖObservations sur quelques algues posse- dant des zoospores dimorphes, in M&m. de l’acad. de Cherbourg XIX. (1874.) Qu Ulvaceae. Characeae. 8 bestritten wird. Ob die Mikrozoosporen männliche Organe sind, oder ob sie zur Keimung bisher unbekannte Bedingungen erfordern, lassen die letzteren Beob- achter zweifelhaft, halten aber den letzteren Fall für wahrscheinlicher. 13. Ordnung. Characeae.! Die Armleuchtergewächse oder Characeen erinnern in ihrem Aeusseren in mancher Beziehung bereits an die Cormophyten oder Axenpflanzen. Sie be- sitzen einen mit unbegrenztem Spitzenwachsthum begabten sogenannten „Stamm“, an den Knoten desselben wirtelig gestellte „Blätter“ oder „Strahlen“ mit be- grenztem Spitzenwachsthum und in der Achsel der letzteren Aeste, welche in allen Theilen dem Hauptstämmchen gleichen. Der Stamm sämmtlicher Characeen wächst mittelst einer nahezu halbkugeligen Scheitelzelle, welche durch eine horizontale Wand jedesmal in eine neue Scheitelzelle und eine scheibenförmige Segmentzelle zerfällt. Letztere theilt sich noch einmal durch eine Querwand in zwei über ein- ander stehende scheibenförmige Zellen, von denen die untere ohne weitere Thei- lungen sich zu dem langen Internodium streckt, die obere sich zu einem niedrigen Knoten umbildet, der zuerst durch eine senkrechte Wand halbirt und darauf durch weitere peripherische (tangentiale), senkrechte Wände in eine ziemlich complieirt gebaute Zellenscheibe umgewandelt wird. Aus den peripherischen Zellen jedes solchen Knotens entwickeln sich die Blätter (Hauptstrahlen), das erste stets aus der ältesten, das zweite etwas später aus der nächst jüngeren Knotenzelle und so fort, so dass die Glieder eines Blattquirles stets ungleichalterig sind. In den jüngsten Blattwirteln macht sich dieses verschiedene Alter der Blätter noch durch die verschiedene Grösse und Ausbildung der letzteren auffallend bemerkbar; im dritt- oder viertjüngsten Quirle zeigen sich davon nur noch Spuren, die später ganz verwischt werden. Die erste Anlage des Blattes tritt in Form einer Papille auf, zu welcher sich die Aussenwand der betreffenden Knotenzelle emporwölbt. Das junge Blatt erhält sofort eine Scheitelzelle, welche in derselben Weise, wie die des Stammes, Blattknoten und Blattinternodien erzeugt. Das erste sehr kurze Internodium bleibt im Stengelknoten verborgen, jedes Blatt beginnt daher an der Oberfläche des Stammes mit einem Knoten, dem Basilarknoten. Die Blattknoten entwickeln wieder Blättchen oder „Seitenstrahlen“ in der beim Stamme ange- gebenen Weise; ihre Quirle alterniren aber nicht, wie die Blattquirle des Stammes und seiner Aeste. Das Scheitelwachsthum der Blätter und Blättchen ist ferner begrenzt; denn schliesslich stellt die Scheitelzelle derselben ihre Theilungen ein und wächst zu der meist zugespitzten Endzelle des Blattes aus. Das älteste Blatt jedes am Stamme erzeugten Wirtels kann in seiner Achsel aus einer Zelle des Basilarknotens einen Seitenast entwickeln, der alle Verhält- nisse des Stammes genau wiederholt. Die Achselsprosse der auf einander folgen- den, mit einander alternirenden Blattwirtel stehen in einer Spirallinie um den Stamm, der gewöhnlich auch im Sinne dieser Spirale eine nachträgliche Drehung “+ %) Al. Braun, Ueber die Richtungsverhältnisse der Saftströme in den Zellen der Charen: Monatsber. d. Berliner Akad. 1852 und 1853. — Nägeli, Die Rota- tionsströmung der Charen, in dessen Beiträgen zur wissenschaftl. Bot. II. p. 61. — Hanstein, Ueber die Vertheilung der plastischen und assimilirten Substanzen in der Chara; Sitzungsber. d. niederrhein. Ges. f. Natur- u. Heilkunde in Bonn, 1872. — Pringsheim, Ueber die Vorkeime und die nacktfüssigen Zweige der Charen, in dessen Jahrb. f. wissensch. Bot. III. S. 294. — Nordstedt, Nagra jakttagelser öfver Characeernas groning; Lunds Univers. Arsskrift II. (1866.) — Nordstedt u. Wahlstedt, Ueber die Keimung der Characeen; Flora 1875. S. 94. —.De Bary, Ueber den Befruchtungsvorgang bei den Charen; Monatsber. d. Berl. Aka- demie 1871. — De Bary, Zur Keimungsgeschichte der Charen; Bot. Zeit. 1875. — H. v. Leonhardi, Die bisher bekannten österreichischen Armleuchterge- wächse, besprochen vom morphogenetischen Standpunkte; Verhandl. d. naturforsch. Vereins in Brünn, II. 1864. — Al. Braun, Uebersicht der Schweizer Characeen, Zürich 1849; ferner dessen Arbeiten über exotische Characeen in den Monatsber. d. Berliner Akad. 1858 und 1868, sowie über deutsche in Cohn’s Kryptogamen- flora von Schlesien, I. — Wahlstedt, Monografi öfver Sveriges och Norges Characeer. 1875. 86 Characeae. (Torsion) erfährt. Während bei den Arten der Gattung Nitella und bei einigen Chara-Arten die langgestreckten Internodien des Stammes und der Blätter ein- zellig und nackt bleiben, werden dieselben bei den meisten Arten von Chara auf eigenthümliche Weise berindet, so dass sie auf dem Querschnitte eine grosse cen- trale Zelle (die ursprüngliche Internodialzelle) allseitig von einem Kranze kleiner peripherischer Zellen (den Rindenzellen) umgeben zeigen, welche den am Inter- nodium herablaufenden und mit ihm verwachsenen „Rindenlappen‘“ angehören. Letztere nehmen ihren Ursprung aus dem Basilarknoten der Blätter, indem von jedem Blatte ein Rindenlappen aufsteigend an das nächst obere und einer ab- steigend an das nächst untere Internodium sich anlegt. Nur dem ältesten Blatte des Knotens, in dessen Achsel der Seitenzweig entsteht, fehlt der aufsteigende Rindenlappen. Die von einem Knoten absteigenden Rindenlappen verwachsen in der Mitte des unter dem betreffenden Knoten befindlichen Gliedes mit den an diesem Internodium von dem nächst unteren Knoten aufsteigenden Rindenlappen. Jedoch ist dieser ganze Vorgang nicht etwa so zu verstehen, als ob das zuvor ge- streckte und noch nackte Internodium von seinen beiden begrenzenden Knoten aus erst nachträglich mit den Rindenlappen bekleidet würde, sondern die Entstehung der Rinde beginnt stets in einem sehr frühen Entwickelungsstadium, unmittelbar nach der Anlage des Gliedes. Noch bevor dessen Streckung erfolgt, treten aus seinem oberen und unteren Knoten schon die ersten Zellen der Rindenlappen her- vor und greifen, das äusserst kurze Internodium bedeckend, sofort mit ihren Enden kammartig in einander. Letzteres erscheint daher von seiner frühesten Jugend an berindet, und mit der späteren Streckung und Ausdehnung des jungen berin- deten Internodiums hält dann die Ausbildung seiner Rinde, d. h. die auch hier von einer Scheitelzelle ausgehende, doch in ihrem speciellen Verlaufe von uns nicht weiter zu schildernde Zellentheilung in den primären Zellen der einzelnen Rindenlappen gleichen Schritt. Dass das unterste Internodium eines Seitenzweiges stets nur von seinem nächst höheren Knoten aus berindet wird, also nur abstei- gende Rindenlappen besitzt, mag hier noch kurz erwähnt werden und ebenso der Umstand, dass auch noch eigenthümliche, als „Nebenblättchen“ (stipulae) bezeich- nete blattähnliche, kurze oder längere, einzellige Schläuche aus den Basilarknoten der Blätter entspringen und in ihrer Gesammtheit einen einfachen oder doppelten Kranz am Grunde des Quirles bilden, je nachdem sie in einfachen oder in Doppel- Paaren für jedes Blatt auftreten. Die gewöhnlich als „Wurzeln‘‘ bezeichneten Rhizoiden sind Haargebilde, welche aus oberflächlichen Zellen der unteren Stammknoten hervorgehen, , die Pflanze im Boden befestigen und auch sonst die Function der Wurzeln über- nehmen. Sie sind lange Schläuche mit farblosem Protoplasma und durch schief gestellte Querwände in wenige Zellen getheilt, die sich unmittelbar über einer Querwand in der Regel wieder büschelig verästeln. Sämmtliche Characeen zeichnen sich durch die lebhaft rotirende Strömung des Protoplasmas in ihren länger gestreckten Zellen, namentlich in den Inter- nodien, den Rhizoiden etc. aus. In den Internodien ist sie wegen der fehlenden Berindung am besten bei den Nitellen zu sehen. Wie in anderen Fällen, so ist auch hier eine äussere Plasmaschicht nicht an der Rotation betheiligt. Ihr sind, in der Stromrichtung des übrigen ;Protoplasmas entsprechende Längsreihen ge- ordnet, die zahlreichen Chlorophyllkörner angelagert, die nur auf zwei Seiten der Zelle, wo auf- und absteigender Strom in entgegengesetzter Richtung dicht neben einander verlaufen, einen farblosen Streifen lassen. Neben den oben erwähnten normalen Seitenzweigen, die stets in der Achsel des ältesten Blattes eines Quirles entstehen, werden an älteren Pflanzen der Chara fragilis, namentlich wenn sie überwintern, noch andere Seitenzweige aus den Achseln jüngerer Blätter erzeugt, welche zum Theil der ungeschlechtlichen Ver- mehrung dienen. Diese nachgeborenen Zweige erscheinen aber mehr oder weniger abnorm verändert und zwar in zweifacher Weise, als nacktfüssige Zweige und Zweigvorkeime. Die nacktfüssigen Zweige unterscheiden sich am wenigsten von den normalen Aesten. Sie zeichnen sich nur dadurch aus, dass an ihrem untersten Internodium aus dem nächst folgenden Knoten die Rindenlappen zwar in regelrechter Weise angelegt werden, dass diese aber nicht seitlich unter ein- ander verbunden an dem Internodium herabwachsen und mit ihm verschmelzen, sondern dass jeder Rindenlappen getrennt vom anderen frei und unter leichter Characeae. 97 Aufwärtskrümmung weiter wächst, das untere Internodium also unberindet oder nackt erscheint. Die Zweigvorkeime dagegen sind einfache Zellenreihen, welche durch Quergliederung eines aus der Zelle eines Stammknotens entspringen- den Schlauches entstehen, mit dem aus der keimenden Spore hervorgehenden Vor- keime gleichen Bau zeigen und die eigentliche Charenpflanze auch in derselben Weise, wie letzterer, entwickeln. (Vgl. die Keimung der Sporen.) Die Geschlechtsorgane der Characeen zeigen einen so eigenthümlichen Bau, dass sie sich dadurch leicht von denen aller anderen Kryptogamen unterscheiden. Fig. 22. I. Blattstück von Chara fragilis mit Eiknospe sp (k deren Krönchen) und Antheridium a (Vergr. ea. 50). — I. Manubrium mit den Antheridienschläuchen (Vergr. ca. 100). — III. Stück eines Antheridienschlauches mit reifen Spermatozoiden (Vergr. ca. 300). — IV. Spermatozoid (Vergr. 500). — V und VI. Junge Eiknospen von Chara foetida (Vergr. 140) nach De Bary. — VII. Junges Antheridium im optischen Längsschnitt (Vergr. 200). — VIII. Oberer Theil der befruchtungsfähigen Eiknospe von Nitella tenuissima (Vergr. 140) und IX solcher von Chara foetida (Vergr. ca. 70) nach De Bary: s die Spalte zwischen den Rindenschläuchen, k Krönchen, a innere Vorsprünge der Rindenschläuche, e Ei. — X. Keimende Oospore von Chara erinita (Vergr. e. 80) nach De Bary: v Vorkeim, w Primärwurzel. — XI. Oberer Theil des Zweigvor- keimes von Chara fragilis (Vergr. 170) nach Pringsheim: v® Knospe für die junge Pflanze, Wurzelknoten und 1—3 Blätter des Vorkeimes nach der Reihenfolge ihrer Entstehung. Sie sind stets an die „Blätter“ gebunden, wobei die fructificirenden Blätter von den sterilen nicht oder kaum verschieden sind, wie bei den meisten Charen, oder durch geringere Dimensionen und mitunter weiter fortgesetzte Theilung mehr oder weniger von denselben abweichen, wie bei manchen Nitellen. Männliche und weib- liche Organe finden sich entweder auf derselben Pflanze und zugleich auf den- selben Blättern, oder sind auf verschiedene vertheilt. Beide Fälle kommen in allen Gattungen mit Ausnahme von Tolypella vor, die nur monöcische Arten ent- hält. Diöcie ist im Allgemeinen der minder häufige Fall. Manchmal sind nächst verwandte Arten nur durch die Vertheilung der Geschlechter verschieden. Die Antheridien finden sich bei Nitella terminal auf Haupt- und Seiten- strahlen der Blätter, bei den Arten mit einfach getheilten Blättern nur auf der 88 Characeae. Spitze des Hauptstrahles, dicht über der Ursprungsstelle der die Gabel bildenden Seitenstrahlen, bei den Arten mit wiederholter Blatttheilung auch auf den Seiten- strahlen mit Ausnahme derjenigen letzten Grades. Bei Tolypella stehen sie nie terminal auf dem Hauptstrahle des Blattes, sondern auf sehr kurzen einfachen Seitenstrahlen der untersten Blattgelenke, oder auch im Grunde des Quirles auf kurzen accessorischen Strahlen. Bei Chara erscheinen die Antheridien stets seit- lich an den Gelenken des vielgliederigen Blattes, meist je eines, seltener 2—3 neben einander auf der Bauchseite desselben. Sie nehmen hier genau die Stelle von Blättchen ein und zwar das mittlere, meist allein vorhandene Antheridium die Stelle des der Entstehung nach ersten Blättchen des Quirles. — Jedes Antheridium erscheint dem unbewaffneten Auge als kleine rothe Kugel, deren Wand aus 8 flachen Zellen, den Schildzellen, besteht, die mit zackigen Rändern in einander greifen und ausserdem noch in das Innere jeder Zelle vorspringende Falten der Zellen- membran zeigen (Fig. 22, I: a). Vier dreieckige Schildzellen bilden die obere, vier ungleich vierseitige die untere Hälfte der Kugel. Auf der Mitte der Innen- seite jeder Schildzelle sitzt eine stumpf kegelförmige Zelle, das Manubrium (Fig. 22, II: m), das eine grössere kugelige Kopfzelle trägt und auf dieser wieder 4—6 kleinere Köpfchenzellen. Jede der letzteren trägt endlich 3—5 lange cylin- drische Schläuche, die mit den übrigen zu einem wirren Knäuel verfilzt sind und durch Querwände in bis 200 scheibenförmige Zellen getheilt werden (Fig.22, II und III), jede Zelle die Mutterzelle eines schraubig gewundenen Spermatozoides (Fig. 22, IV), das an der Spitze der vorderen seiner 2—4 Windungen 2 lange, sehr zarte schwin- gende Wimpern besitzt und durch seine Form lebhaft an die ganz gleichen Samen- körper der Moose erinnert. Ausserdem ragt aus dem Grunde des Antheridiums bis in die Mitte desselben, und hier die Köpfchenzellen stützend, noch eine stumpf kegelförmige Zelle, die „flaschenförmige Zelle“, vor. Schildzellen und Manubrien (erstere nur auf der Innenwand) enthalten zur Zeit der Reife einen rothen, an Plasmakörner gebundenen Farbstoff. Um diese Zeit fällt auch das Antheridium völlig in seine Zellen aus einander und die Spermatozoiden, deren Zahl in einem einzigen Antheridium bis 40000 betragen kann, treten durch seitlich sich in der Wand ihrer Mutterzellen bildende Oefinungen aus. — Die Entwickelung des An- theridiums beginnt mit einer einzelnen Zelle, die sich zunächst durch eine hori- zontale Wand in eine halbkugelige, später kugelig werdende Terminalzelle und eine scheibenförmige Basalzelle theilt. Letztere wölbt sich während der weiteren Entwickelung allmählich nach oben (Fig. 22, VII) und wird zur flaschenförmigen Zelle. Die Terminalzelle theilt sich dann durch eine auf die erste Wand recht- winkelige in zwei rechts und links stehende halbkugelige Zellen, die durch eine weitere sich mit der vorhergehenden rechtwinkelig kreuzende Längstheilung halbirt werden, worauf sämmtliche Kugelquadranten durch eine Quertheilung in ein oberes und unteres Stockwerk zerfallen. Jeder der Kugeloctanten theilt sich nun durch zwei nach einander auftretende Tangentialwände in drei Zellen (Fig. 22, VII): die äussere wird zur entsprechenden Schildzelle, die mittlere zum Manubrium, die innere zur Kopfzelle. In Folge 'stärkeren Flächenwachsthums der Schildzellen weichen Manubrien und Kopfzellen bald aus einander und nun sprossen aus der Kopfzelle zuerst die Köpfchenzellen und aus diesen die Schlauch- zellen hervor. Letztere wachsen sowohl an der Spitze, als auch intercalar; die Spermatozoidenbildung aus dem gesammten Plasma der scheibenförmigen Mutter- zellen schreitet von der Spitze des Fadens aus rückwärts. Die Eiknospen (auch Sporenknospen genannt) entstehen wie das Antheri- dium am Blatte, aber nie auf der Spitze desselben, sondern stets auf einem sehr verkürzten Seitenstrahle erster oder zweiter Ordnung. Bei Nitella bilden sie sich am Endknoten des Hauptstrahles, bei monöecischen Arten dicht unter dem gipfel- ständigen Antheridium, einzeln oder zu mehreren im Quirle, wobei dann die Zahl der Seitenblättchen in dem Maasse’ bis schliesslich zum völligen Verschwinden abnimmt, als die Zahl der Eiknospen steigt. Bei Chara entspringen die Eiknospen aus den Basilarknoten der Seitenblättchen selbst; sie befinden sich hier stets auf der Oberseite des Strahles, somit bei monöcischen Arten, wo letzterer ein Antheri- dium ist, unmittelbar über diesem oder scheinbar in seiner Achsel (Fig. 22, I: sp). Bei diöcischen Arten, wo diese nachbarlichen Beziehungen wegfallen, bleibt trotzdem der morphologische Werth der Geschlechtsorgane derselbe. — Die junge, noch nicht berindete Eiknospe besteht aus drei über einander liegenden Zellen, Characeae. 89 einer kurzen Stielzelle (das unterste Internodium des Sprosses), einer eben so kurzen Knotenzelle und der Scheitelzelle des Sprosses, die zur künftigen das Ei entwickelnden Centralzelle wird. Aus der Knotenzelle sprossen 5 schlauchförmige Zellen (Rindenschläuche oder Rindenlappen) hervor, welche der Centralstelle dicht angeschmiegt (und später mit ihr verwachsend) endlich über dem Scheitel der- selben zusammenneigen, sie überhaupt lückenlos umgeben. Durch eine in halber Höhe entstehende Querwand werden die Rindenschläuche in ein oberes und unteres Stockwerk getheilt (Fig. 22, V); ersteres, wird von den lebhaft weiter wachsenden und sich spiralig windenden unteren Zellen emporgeschoben (Fig. 22, VI) und steht bald als „Krönchen“ über der Eiknospe. Dieses Krönchen wird bei Chara stets nur aus 5 Zellen gebildet (Fig. 22, IX: k), bei Nitella dagegen aus 10 (Fig. 22, VIII: k), weil bei letzterer Gattung unterhalb der ersten Querwand kurz darauf noch eine zweite angelegt wird. An der Basis der allmählich eiförmig anschwellenden Cen- tralzelle werden während dessen durch schiefe Wände noch 1 (Chara — Fig. 22, VI) bis 3 (Nitella) flache Zellen, die Wendezellen, abgegliedert, deren Bedeutung räthsel- haft ist. Ferner entsteht unmittelbar unter dem Krönchen dadurch, dass sich hier die Rinden- oder Hüllschläuche stärker nach innen vorwölben, ein Intercellular- raum, der unter der Krönchenmitte ziemlich weit, nach unten in einen senkrecht auf den Scheitel der Eizelle verlaufenden, bis zur Unkenntlichkeit engen Canal verschmälert, dicht über dem Scheitel der Centralzelle wieder schmal trichterförmig erweitert ist (Fig. 22, VIII und IX). Er ist mit wasserheller Substanz angefüllt. Kurz vor der Befruchtungsreife strecken sich die oberen, dicht unter dem Krönchen liegenden Enden der fünf Hüllschläuche noch einmal und zerreissen dabei ringförmig ihre äussere ceuticularisirte Schicht (Fig. 22, IX). Dadurch wird der eben erwähnte Intercellularraum erweitert und gleichzeitig entsteht zwischen je zwei benachbarten Schläuchen ein schmaler Spalt, der in den oberen weiteren Theil des Intercellularraumes führt (Fig. 22, VIII, IX: s). Die über dem Scheitel, d. h. über dem hier liegenden helleren Empfängnissfleck des einzigen Eies be- findliche Membranpartie der Centralzelle wird gallertartig erweicht, und nun ist den Spermatozoiden der Zutritt zum Ei ermöglicht. Die Samenkörper findet man später massenhaft von der im Intercellularraume und in den Spalten der Hüll- schläuche befindlichen Gallerte festgehalten; einzelne dringen bis zum Ei vor und jedenfalls in dasselbe ein. Während die nicht zur Eizelle gelangte” Mehrzahl der Spermatozoiden rasch zerfällt und unkenntlich wird, umgiebt sich später das Ei ringsum mit einer derberen, festen Cellulosemembran. Nach der Befruchtung verholzen die Seiten-, sowie namentlich die Innenwände der Hüllschläuche, während die Aussenwände erst gallertartig quellen und dann sich lösen. Die überwinterte keimfähige, mit einer farblosen Zellmembran versehene Eispore ist daher von einer derben, meist braun gefärbten, oft mit Kalk inkrustirten Schale umgeben, die von den Resten der Seitenwände der Rindenschläuche in Form von Spiralleisten ge- ziert wird (Fig. 22, X). Bei beginnender Keimung sammelt sich in der Spitze der Eispore eine hellere Protoplasmamasse und grenzt sich durch Scheidewand von dem übrigen dunkelen, mit grossen Fetttropfen und Stärkekörnern erfüllten Protoplasma als planconvexe erste Knotenzelle ab, welche sich bald durch weiteres Wachsthum ausdehnt und den Scheitel- der Eisporenhülle fünflappig sprengt. Der ganze weitere Aufbau der Pflanze geht nur vön der ersten Knotenzelle aus, welche sich zunächst durch eine in der Längsaxe der Eispore liegende Scheidewand in zwei neben einander liegende Zellen theilt. Beide wölben sich bald papillenartig vor und wachsen zu Schläuchen aus, von denen der eine zur „Primärwurzel“ (Fig. 22, X: w), der andere zum „„Hauptvorkeim“ (Fig. 22, X: v) sich ausbildet. Der bald Chlorophyll entwickelnde Vorkeimschlauch streckt sich und gliedert an seinem Ende eine Zelle ab, die sich noch einige Male zur 3—6zelligen Vorkeimspitze theilt (Fig. 22, X: v — in Fig. XI die vier oberen Zellen). Unter dieser wird noch einmal durch eine Querwand eine Zelle abgegrenzt und diese theilt sich bald darauf in eine untere niedrige Zelle, den Wurzelknoten (Fig. 22, XI: w), eine mittlere längere und eine obere wieder kürzere Zelle. Letztere ist der Stengelknoten; derselbe ist auf einer Seite etwas höher, wölbt sich hier nach aussen und theilt sich durch drei etwas schiefe Längs- wände in vier Zellen. Von diesen bleiben drei Zellen als sogenannte Uebergangs- knoten, die sich weiter theilen und unvollkommene Blätter (Fig. 22, XI: 1—3 in der Reihenfolge ihrer Entstehung) entwickeln, unter der Vorkeimspitze verdeckt 90 Characeae: Nitelleae. liegen. Die vierte Zelle dagegen liegt auf der vorgewölbten Seite des Stengel- knotens ausserhalb der Vorkeimspitze und ist die Scheitelzelle (Fig. 22, XI: ©) der neuen Pflanze, die sich genau in der oben angegebenen Weise (S. 85) theilt und den Hauptstamm aufbaut, während die Vorkeimspitze unverändert bleibt, aus dem Wurzelknoten Rhizoiden entspringen und die unter und über dem Wurzelknoten gelegenen Zellen sich noch um ein Bedeutendes strecken. Eine besondere Beachtung verdient noch die im brakischen Wasser an den Küsten, im Binnenlande in etwas salzigen Seen und Sümpfen (Halle, Stassfurt, Böhmen) vorkommende Chara crinita Wallr. Von dieser sind in Deutschland und Skandinavien nur weibliche Pflanzen bekannt, die aber (wie die Cultur durch viele Generationen hindurch beweist) ihre Eisporen völlig reifen und keimfähig ausbilden, also Parthenogenesis zeigen. Die Characeen, welche man bald als eigene, die Algen und Moose vermittelnde Classe hinstellte, bald zu den Moosen, ja selbst zu den Phanerogamen zählte, die man aber gewöhnlich als zur Abtheilung der Algen gehörend betrachtet, sind ein- oder zweijährige, zarte, zerbrechliche Pflanzen bis zu 0,5 Mtr. Höhe des Stämm- chens. Sie wurzeln im Schlamme der Gewässer und überziehen den Boden der- selben oft gesellig in grossen Massen. Frisch besitzen sie einen eigenthümlichen widerlichen Geruch; ausserdem zeichnen sich die meisten durch starke Kalkin- crustationen aus. Fossil kennt man die Characeen in circa 40 Arten vom Muschel- kalk ab durch die jüngeren Formationen. Meistens sind nur die harten Früchte erhalten, die man früher als Gyrolithen beschrieb. Man unterscheidet zwei Familien. 55. Familie Nitelleae. Stengel und Blätter unberindet, die letzteren zu 5—8 in einem Quirl, oft durch accessorische kleinere vermehrt, mit einem einzigen oder höchstens 2—3 blättchenbildenden Knoten. Blättchen stark entwickelt, 1-, 2- oder mehrgliederig, oft selbst wieder mit einem blättchenbildenden Knoten versehen, was sich mehr- mals wiederholen kann. Eiknospen direct aus den Knoten der Blätter entspringend, oft gesellig, mit kurzem Stiel und eigenem Basilarknoten, ihr Krönchen 10zellig, klein, farblos, bleibend oder hinfällig. Eisporenhülle ohne Kalkschale im Inneren. 1. Nitella (Ag.) Al. Br. Blätter mit 2 oder mehreren Gliedern, aber nur mit einem einzigen blättchenbildenden Knoten. Blättchen der Fortsetzung des Hauptstrahles entweder gleich und ohne weitere Theilung, oder selbst wieder mit einem blättchenbildenden Knoten versehen und den Hauptstrahl übergipfelnd, dar- nach entweder einfach oder wiederholt mehrspitzig gegabelt; die letzten sich nicht weiter theilenden Abschnitte 1- oder 2-, selten mehrgliederig. Antheridien gipfelständig auf dem Hauptstrahl und den sich nochmals theilenden Seitenstrahlen des Blattes, von dem blättchenbildenden Knoten nur durch eine niederige scheiben- förmige Stielzelle getrennt, daher anscheinend gabelständig. Eiknospen seitlich an den Knoten des Blattes, einzeln oder mehrere beisammen, bei monöcischen Arten dicht unter dem Antheridium. — N. syncarpa A. Br., N. capitata Al. Br. N. opaca Ag. und N. flexilis Ag. gehören in die Gruppe mit nur einmal ge- theilten Blättern und zur Zeit der Befruchtung abfallendem Krönchen; die ersten drei sind diöcisch, die letzte Art ist monöcisch. Wiederholt getheilte Blätter und bleibendes Krönchen haben N. mucronata Al. Br., N. flabellata Ktz, N. gracilis Al. Br., N. tenuissima AI. Br. und N. batrachosperma Al. Br., alle ausserdem monöeisch. 2. Tolypella Al. Br. Blätter mit 1—3 blättchenbildenden Knoten und viel- gliederigem Endstück über dem letzten derselben. Blättchen dem Hauptstrahl an Stärke nicht gleichkommend, vielgliederig, zuweilen selbst wieder mit einem blättchenbildenden Knoten. Antheridien einzeln oder mehrere beisammen, seitlich an den Knoten des Blattes und ausserdem im Grunde des Quirles innerhalb der Blätter, meist mit verlängertem Stiele. Eiknospen in grösserer Zahl die Antheri- dien umgebend, an den Knoten des Blattes und im Grunde des Quirles, gleichfalls häufig mit etwas verlängertem Stiele. Krönchen bleibend oder abfallend. Monö- ' eisch. — T. intricata Al. Br. und T. prolifera Al. Br. Chareae. Fucoideae, 91 56. Familie. Chareae. Stengel und Blätter unberindet oder berindet. Quirle aus 6—12 Blättern, am Grunde meist mit einem einfachen oder doppelten Kranze von „Nebenblättern“. Blätter vielgliederig, mit mehr oder weniger zahlreichen blättchenbildenden Knoten, sehr selten mit einem einzigen. Blättchen (vom Basilarknoten abgesehen) stets einzellig, an Länge stets weit hinter dem Hauptstrahle des Blattes zurückbleibend. Antheridien stets seitlich, die Stelle von Blättchen vertretend, auf der Bauchseite des Blattes, meist je eines an einem Blattknoten, selten mehrere. Eiknospen gleichfalls auf der Bauchseite des Blattes, ihr Krönchen stets nur 5zellig, chloro- phyllreich, bleibend. Eisporenhülle oft eine Kalkschale im Inneren ausbildend. 1. Lyehnothamus (Rupr.) Al. Br. Stengel unberindet oder unvollkommen berindet. Blätter unberindet. Nebenblattkranz einfach, sehr entwickelt. Blättchen ringsum gleichmässig entwickelt. Eiknospen einzeln auf der Bauchseite des Blattes, die Stelle eines Blättchens vertretend; Antheridien zu den Seiten desselben und ähnlichen Ursprunges. — L. barbatus Al. Br. 2. Chara (Vaill) Al. Br. Stengel und Blätter bei einigen Arten unberindet, häufiger beide oder doch der erstere berindet. Quirle am Grunde meist mit einem doppelten, seltener mit einfachem Kranze aus Nebenblättern, der nur bei einer Art (Ch. stelligera Bauer) ganz unentwickelt ist. Blättchen ringsum gleich- mässig, oder häufiger auf der Bauchseite des Blattes stärker entwickelt, auf der Rückenseite und an den oberen Knoten oft ringsum verkümmert. Antheridien in der Mittellinie der Bauchseite des Blattes meist je eines, selten 2—3 an einem Blattknoten, die Stelle von Blättchen vertretend. Eiknospe aus der oberen Zelle des Basilarknotens des Antheridiums oder eines entsprechenden Blättchens ent- springend, daher dicht über, scheinbar in der Achsel desselben. — Einfachen Nebenblattkranz haben Ch. coronata Ziz. (Stengel und Blätter unberindet) und Ch. scoparia Bauer (Stengel berindet, Blätter nicht) — doppelten. Stipularkranz besitzen Ch. erinita Wallr. (Rindenröhrchen in gleicher Zahl mit den Blättern), Ch. ceratophylla Wallr., Ch.- contraria Al. Br., Ch. foetida Al. Br., Ch. hispida ZL. (Rindenröhrchen doppelt so viele als Blätter), Ch. aspera Willd. und Ch. fragilis Desv. (Rindenröhrchen in dreifacher Zahl der Blätter). 14. Ordnung. Fucoideae.! Die Ordnung der Fucoideae (Melanophyceae, Melanospermeae) oder Tange, mit wenigen Ausnahmen (Pleurocladia) nur Meeresbewohner enthaltend, umfasst eine Reihe von Algenformen, wie sie mannigfaltiger wohl kaum in einer anderen Ördnung zu finden sind. Während sich die niedersten Formen in Habitus und Bau den Conferyaceen (S. 82) an- schliessen, zeigen die höchst entwickelten eine Differenzirung des Thallus in Organe, die man gewöhnlich als Wurzel, Stamm und Blätter zu bezeichnen pflest. Zwischen beiden Extremen finden sich die mannigfachsten Miittel- glieder in oft ganz allmählich sich erhebender Stufenleiter. Alle aber zeichnen sich durch die eigenthümliche olivengrüne bis lederbraune Färbung des Thallus wie der Fortpflanzungsorgane aus, welche sie einem dem Chloro- phyll beigemengten und dasselbe verdeckenden Farbstoffe, dem braunrothen Phycophaein verdanken. Letzteres wird aus frischen oder rasch getrock- neten Pflanzen durch (namentlich kochendes) Wasser als braune Lösung aus- ! Agardh, Species, genera et ordines Fucoidearum; Lund 1848 (als erster Band von dessen Species, genera et ordines Algarum). — Harvey, Phycologia Britannica, or a history of british sea-weeds; vol. I. Melanospermeae. London 1871 (mit guten, colorirten Habitusbildern). 93 Fneoideae. Phaeosporeae. gezogen. Neben dem Chlorophyll und Phycophaein findet sich dann noch ein dritter Farbstoff, das Phycoxanthin, in den Fucoideen vor.! Nach der Art der Fortpflanzung pflegt man zwei Unterordnungen zu unterscheiden. Bei den Phaeosporeen kennt man ungeschlechtliche Ver- mehrung durch Schwärmsporen und nur bei einigen Gattungen Antheridien, aber keine Oogonien. Die Fucaceen dagegen erzeugen keine Schwärm- zellen; wohl aber besitzen sie eine geschlechtliche Fortpflanzung durch Oogonien und Antheridien. 1. Unterordnung. Phaeosporeae. Die niedersten Formen dieser Gruppe, die Ectocarpeen, besitzen einen fast unverzweigten bis sehr ästigen, aber in allen seinen Verzwei- gungen stets aus nur einer Zellenreihe gebildeten Thallus, dessen Aeste als seitliche Ausstülpungen der Gliederzellen entstehen und in ein langes Haar auslaufen. An der Basis dieses Haares liegt der Vegetationspunkt des Astes, bei Ectocarpus simpliciusculus nach den Angaben Janezewki’s? aus etwa zehn sehr kurzen, plasmareichen Zellen gebildet, in denen lebhafte Quertheilungen stattfinden, wobei sowohl nach oben dem Haare, wie nach unten dem Thallus neue Elemente zugefügt werden. Ausser diesen Theilungen im Vegetations- punkte finden keine weiteren Zelltheilungen statt. Bei anderen Eetocarpeen ist das Wachsthum des Thallus im Wesentlichen das gleiche, und auch bei den zu anderen Familien gehörenden Gattungen Desmarestia und Cut- leria findet sich ein ähnlicher Wachsthumsmodus. In der Familie der Sphacelarieen? entwickelt sich der Thallus be- reits zu ziemlich complieirten Formen. Sämmtliche Aeste desselben wachsen mit einer kuppelförmigen Scheitelzelle, die fortwährend an ihrer Basis durch Querwände cylindrische Gliederzellen abscheidet, welche sich durch Quer- wände und darauf durch senkrecht gekreuzte radiale Längswände und end- lich Tangentialwände weiter theilen, so dass ältere Theile des Thallus schliess- lich einen Gewebekörper mit grosszelligem Marke und kleinzelliger Rinde bilden (so bei Cladostephus). Durch zwei auf einander gesetzte schiefe Wände kann die Scheitelzelle zwei neue neben einander gelegene Scheitel- zellen abgliedern, welche sich dann selbständig weiter entwickeln und den Stamm gabeltheilig machen. In der Entwickelung der aus bereits getheilten Gliederzellen entspringenden Aeste macht sich ein Fortschritt insofern gel- tend, als bei manchen Aesten die Scheitelzelle ihr Wachsthum früher ein- stellt, als an anderen; die ersteren werden dann zu Kurztrieben, die letzteren ! Askenasy, Beiträge zur Kenntniss der Gattung Ecetocarpus; Bot. Zeit. 1869. S. 785. — Millardet, in Comptes rendus 1869. — Rosanoff, in Mem. de la soc. d. sc. nat. de Cherbourg XIII. — Reinke, Beitrag zur Kenntniss des Phycoxanthins; Jahrb. f. wissensch. Bot. X. 399. 2 Janczewski, Observations sur l’acroissement du thalle des Pheosporees; Mem. d. 1. soc. nation. d. sc. nat. de Cherbourg 1875 (nach Just’s Botan. Jahres- ber. III). Auch die weiteren Angaben über das Wachsthum des Phäosporeenthallus sind zum grossen Theile dieser Abhandlung entnommen. ® Pringsheim, Ueber den Gang der morphologischen Differenzirung in der Sphacelarien-Reihe; Abhandl. d. Berliner Akad. 1873. — Magnus, Zur Morpho- logie der Sphacelarieen; Festschrift z. Feier d. 100jähr. Bestehens d. Gesellsch. naturf, Freunde zu Berlin, 18735. — Geyler, Zur Kenntniss der Sphacelarieen; Jahrb. f. wissensch. Botan. IV. 479. Phaeosporeae. 93 zu Langtrieben. Bei beiden Astformen steht indessen, wie bei den Gabel- zweigen, die innere markartige Gewebemasse mit dem gleichen Gewebe des Stämmchens in directer Verbindung. Anders ist das Verhältniss zweigartiger Bildungen, die in Folge ihres sehr begrenzten Spitzenwachsthums hier be- reits als Blätter bezeichnet werden, die aus der kleinzelligen Rinde ent- springen und durch letztere beim weiteren Wachsthum des Stammes an ihrer Basis sogar umwallt werden, so dass sie aus inneren Zellen der Rinde zu entstehen scheinen. Ferner besitzen die Sphacelarieen noch nach unten wachsende Wurzelfäden, die ebenfalls aus Gliederzellen entspringen, schwächer als die Zweige sind und manchmal sich den Stämmen so innig anschmiegen, dass sie dieselben mit einer falschen Rinde überziehen. An die vorige Familie schliessen sich in weiterer Folge die verschieden gestalteten Chordarieen an, deren Thallus nicht gegliedert ist und bei den niedersten Formen oft lebhaft an gewisse Krustenflechten oder an die Coleochaeteen der folgenden Classe erinnert. Eine solche Form ist die auf grösseren Meeresalgen wachsende Gattung Myrionema, deren flacher kreis- förmiger Thallus aus von einem Mittelpunkte radienartig ausstrahlenden, wiederholt verzweigten Fäden besteht, die bald frei, bald eng mit einander verbunden sind. Der ganze Thallus wächst nur am Rande, denn hier wächst jeder Faden mit einer Terminalzelle, die sich nach einer Anzahl von Quer- theilungen wie bei den Sphacelarieen gabelt und mit diesen Gabelästen den Thallusumfang erweitert. Unter den Dictyotaceen soll sich nach Reinke’s Angaben! unter anderen bei Padina das Wachsthum mittelst einer Scheitelzelle schrittweise in ein solches mit einer ganzen Reihe von gleichwerthigen Randzellen um- wandeln, wenn sich an dem Thallus die bekannten breiten, fächerförmigen Aeste entwickeln. Ganz abweichend von diesem auch bei anderen Gattungen auftretenden Marginalwachsthum ist das basale Wachsthum der zu den Laminarieen gehörenden Gattung Chorda. Hier ist bei Chorda filum der eylindrische, - an beiden Enden zugespitzte Thallus am oberen Ende immer im Absterben begriffen. Der Vegetationspunkt liegt an der Basis des Thallus unmittelbar über dem als Haftorgan dienenden, Wurzelhaare entwickelnden Theile des- selben. Hier besteht das Gewebe aus kleinen peripherischen und langge- streckten inneren Zellen. Letztere weichen eine kurze Strecke weiter oben ‘zu dem grossen Intercellularraume aus einander, der den centralen, von Diaphragmen durehzogenen Hohlraum des Thallus bildet. Die Diaphragmen bestehen aus denselben langgestreckten Zellen, welche das centrale Gewebe im Vegetationspunkte bilden und später die Innenwand der Höhlung aus- kleiden. Aehnlich wie Chorda verhält sich die verwandte Gattung Scyto- siphon; auch hier ist der jüngste Theil die Basis, wo weder Sporangien noch Haare entwickelt sind, und der obere Theil des Thallus ist im steten Absterben begriffen. Die riesigsten, hoch entwickelten Formen der Ordnung enthalten in der Familie der Laminarieen die Gattungen Laminaria, Alaria, Ma- cerocystis etc. Hier gliedert sich der Thallus in die Rhizoiden, den Stamm ! Reinke, Ein paar Bemerkungen über Scheitelwachsthum bei Dietyotaceen und Fucaceen; Bot. Zeit. 1877. S. 441. 94 . Phaeosporeae. und das Blatt oder eine grössere Anzahl von Blättern (vgl. die Figur 23 bei Laminaria). Die Rhizoiden sind wiederholt mehr oder minder gabel- artig getheilte, wurzelartige Organe an der Basis des Stieles, welche die Pflanze im Boden oder an Steinen etc. befestigen. Ihr Gewebe besteht aus parallelen Zellenreihen, die sich nach der Peripherie hin vermehren; auf Längsschnitten durch die Rhizoidenspitze sieht man sie regelmässig fächer- artig angeordnet. Der Bau des Stammes oder Stieles soll bei der Gattung Laminaria erläutert werden. Der Vegetationspunkt liegt bei derselben Gat- tung an der Grenze zwischen Stiel und Blatt. Er besteht aus einem peri- pherischen parenchymatischen und einem centralen langgestreckten Gewebe und ist entweder ohne Unterbrechung oder nur im Frühjahre thätig, je nachdem das Blatt sehr allmählich oder ziemlich rasch in kürzerer Zeit er- zeugt wird. Andere eigenthümliche Verhältnisse in dieser Familie sollen bei den betreffenden Gattungen ihre Erledigung finden. Die -vegetative Vermehrung der Phaeosporeen findet, abgesehen von den bei manchen Formen (Sphacelaria) vorkommenden Brutknospen, durch Schwärmsporen statt. Diese sind ei- oder birnförmig, mit schlankem, farb- losem Vorderende und braunem Hintertheile, in dem noch ein grosser, rother, seitlich gelegener Pigmentkörper auffällt; von ihren beiden seitlich ent- springenden Wimpern ist die eine nach vorne, die andere nach hinten ge- richtet. Die Sporangien, in welchen die Schwärmsporen gebildet werden, sind bei den niederen Formen die grossen Endzellen gewöhnlicher, ohne Regel auftretender Thallusäste (Ectocarpus). Bei den höher entwickelten Gattungen sind sie an die Blätter gebunden und gewöhnlich metamorphosirte Haare, die mit gewöhnlichen Haaren zusammen oder mit ihnen wechselnd in bestimmter Weise über das Blatt vertheilt sind, bei Padina z. B. in dem Rande parallelen, zonenartigen Reihen stehen, bei den Laminarieen und anderen Familien zu rundlichen, oberflächlich liegenden Fruchthäufchen ver- einigt sind. Bei Cladostephus sind die Zoosporangien sogar an bestimmte Fruchtblätter gebunden, welche nach bereits vollendetem Dieckenwachsthum der stammartigen Thallustheile aus den äussersten peripherischen Zellen der alten Internodien entspringen, daher an ihrer Basis nicht .überwallt sind, wie die oben erwähnten sterilen Blätter. Sie entstehen an diesen Frucht- blättern aus der Scheitelzelle kurzer oder längerer Aestchen und sind, wie bei anderen Phaeosporeen, bald einzellig, bald durch vielfache Quer- und Längswände vielfächerig. Beiderlei Sporangien sind entweder strenge an verschiedene Individuen gebunden, wie bei Cladostephus; bald finden sie sich auch auf einer und derselben Pflanze, wie bei Ectocarpus simpliciusculus. Die Schwärmsporen treten bei den einzelligen Sporangien von Cladostephus in eine gemeinsame Gallerte eingebettet aus; bei den vielzelligen Zoo- sporangien, in denen jede Zelle eine einzige Schwärmspore entwickelt, ver- lässt letztere auch einzeln unmittelbar die ihr zugehörige Mutterzelle. Uebri- sens stimmen die Zoosporen beiderlei Sporangien sonst ziemlich überein. Nach einer längeren Zeit der Bewegung kommen sie zur Ruhe, umhüllen sich mit einer Membran und entwickeln sich unmittelbar zur neuen Pflanze. Copulation der Schwärmsporen soll nach Areschoug* bei Dictyosiphon hip- ! Areschoug, De phaeozoosporarum Dictyosiphonis hippuroidis copulatione observationes; Botaniska Notiser 1873 (nach Just’s Jahresber. 1874). Phaeosporeae, Eetocarpeae. 95 puroides vorkommen. Janezewski und Rostafinskit konnten bei Untersuchung verschiedener Gattungen eine Schwärmsporencopulation nicht beobachten. Bei einigen Phaeosporeen, wie bei Tilopteris Mertensii (Eetocarpus Mertensii 4g.), Cutleria, Eetocarpus simplieiusculus und E. secundus sind durch Thuret?2 Antheridien bekannt, welche Spermatozoiden ganz ähnlich denen der Fucaceen entwickeln (siehe dort). Dagegen sind die zugehörigen weiblichen Organe bis zur Zeit noch nicht gefunden worden. Die Familien unterscheiden sich durch folgende Merkmale. I. Thallus gegliedert. Sporangien einzeln auf dem Ende oder an Seitenzweigen besonderer Fruchtäste. A. Aeste des Thallus aus einfacher Zellenreihe bestehend: Ectocarpeae. B. Thallus aus mehreren bis vielen Zellenreihen parenchymatisch aufgebaut: Sphacelarieae. II. Thallus nieht gegliedert, haut-, blatt- oder strauchartig. Sporangien in be- grenzten Fruchthäufehen oder zerstreut auf der ganzen Thallusfläche. A. Thallus aus Zellenfäden zusammengesetzt, welche ein lockeres Mark aus langgestreckten Zellen und eine Rinde aus kurz gegliederten Reihen bilden. Sporangien gleichmässig über die Thallusoberfläche zerstreut: Chordarieae. B. Thallus in Mark und Rinde parenchymatisch. a. Sporangien in rundlichen, linien- oder zonenförmigen Fruchthäufchen auf der ganzen Oberfläche des Thallus: Dietyoteae. b. Sporangien unbestimmt geformte Fruchthäufchen bildend oder gleich- mässig über die ganze Thallusfläche zerstreut: Laminarieae. c. Sporangien nur auf besonderen, oft eigenthümlich gestalteten Frucht- ästen: Sporochnoideae. 57. Familie. Ectocarpeae. Thallus, ein gegliederter, mehr oder weniger verästelter, oft fast einfacher Zellenfaden. Sporangien als kurze, keulige Seitenäste auftretend, sitzend oder gestielt, ein- oder mehrfächerig, theils ruhende Sporen (manche mehrfächerige Sporangien), theils Schwärmsporen erzeugend. Der Entleerung der unbeweglichen Sporen geht Quellung der Membranen ihrer Mutterzellen vorauf. Ihre Keimung erfolgt unmittelbar, nachdem sie sich mit Membran umhüllt haben, durch Ent- wickelung eines Schlauches, der sich durch Querwände zum Zellenfaden theilt; manchmal erfolgt Keimung bereits im Sporangium. (Vgl. S. 92.) Den Conferva- ceen ähnliche kleine, mit Ausnahme einer Gattung das Meer bewohnende Algen, welche meistens auf grösseren Tangen kleine büschelige Rasen bilden, seltener Felsen, Steinen etc. aufsitzen. 1. Pleurocladia Al. Br. Thallus einseitig verzweigt. Die mehrfächerigen Zoosporangien schlank, fast eylindrisch, mit in einer Reihe liegenden Schwärm- sporen-Mutterzellen; die einfächerigen Sporangien keulenförmig. — P. lacustris Al. Br. Süsswasseralge, auf Wasserpflanzen und Schneckenschalen im Tegel-See bei Berlin kleine, polsterförmige, schlüpferige Rasen bildend. 2. Elachista Duby. Die zahlreichen, fast unverzweigten Fäden des Thallus sind am Grunde zu einem dem Substrate aufgehefteten polsterartigen, zelligen Fuss oder in eine einfache Zellschicht vereinigt. Auf grösseren Tangen sammetartige Räschen bildend. — E. fuceicola Fr. Die gemeinste und grösste Art, deren bis 2 Cmtr. hohe, büschelige Rasen auf Fucus-Arten an allen nordatlantischen Küsten vorkommen. ı Janczewski et Rostafinski, Observations sur quelques algues possedant des Zoospores dimorphes. Me&m. d. soc. d. sc. nat. de Cherbourg, vol. XIX. 2 Thuret, Recherches sur la fecondation des Fucacdes et les antheridies des Algues. II. Ann. d. sc. nat. ser. IV. vol. III. 6. 96 Eetocarpeae. Sphacelariaceae. Chordarieae. 3. Ectocarpus Lyngb. Fäden mit zahlreichen quirl-, wechsel- oder gegen- ständigen Aesten. — E. littoralis Lyngb. An den Küsten der Nordsee gemein. 58. Familie. Sphacelariaceae. Thallus gegliedert, aus in der Regel zahlreichen, parenchymatisch verbun- denen Zellenreihen gebildet, häufig in Mark- und Rindengewebe differenzirt und oft berindet. Sporangien ein- oder mehrfächerig, meist eiförmig, einzeln auf dem ‘ Ende oder auf Seitenzweigen besonderer Fruchtäste. (Vgl. S. 92.) Die Zweige enden oft mit einer grossen, als sphacela bezeichneten Zelle, in denen Chy- tridien (S. 63) schmarotzen, welche diese Umgestaltung bewirken. Kleinere, in der Regel höchstens 10—15 Centim. hohe Algen, die vorzüglich an den euro- päischen Küsten auf grösseren Tangen und auf Steinen, an Felsen u. s. w. wachsen. 1. Sphacelaria Lyngb. Thallus gleichmässig parenchymatisch, ohne Be- rindungsfasern. Zweige einander gleich, dichotom oder fiederförmig. Ungeschlecht- liche Fortpflanzung neben Schwärmsporen auch durch gestielte, drei- bis vier- strahlige Brutknospen, die sich aus der Scheitelzelle kurzer Zweige entwickeln. — 8. cirrhosa Ag. An den Nordseeküsten, namentlich Englands, häufig. 2. Halopteris Ktz. Thallus gleichförmig parenchymatisch, an der Basis mit wurzelartigen Berindungsfasern, seine Aeste als zweizeilig abwechselnde Kurz- triebe. — H. filicina Ktz. An den atlantischen Küsten Europas, sowie im mittelländischen und adriatischen Meere, 3. Stypocaulon Ktz. Thallus mit Mark- und Rindenzellen; sonst wie vorige Gattung. — St. scoparium Ktz. Europäische Küsten. 4. Chaetopteris Ktz. Wie vorige Gattung, aber die Kurztriebe zweizeilig gegenständig. — Ch. plumosa Ktz. Nord- und Ostsee, nordatlantischer Ocean. 5. Cladostephus Ag. Stengel gabelig verzweigt, mit quirlständigen Blättern, aus grosszelligem Mark- und kleinzelligem Rindengewebe zusammengesetzt; letzteres sich nach aussen verdickend und die Basis der Blätter umwachsend. Fruchtäste aus der Oberfläche der Rinde entspringend. — (. verticillatus Ag. An den europäischen Küsten. (S. 92. 94.) 59. Familie. Chordarieae. Thallus ungegliedert, hautartig, oder halbkugelig bis kugelig, oder cylindrisch und verschiedenartig verzweigt. In den letzteren Fällen besteht er aus einem Marke von langgestreekten Zellen und einer Rinde aus kurzen, gegliederten Zellen- fäden (Rindenfäden), welche radienförmig nach der Peripherie hin ausstrahlen. Sporangien gleichmässig über die Thallusoberfläche vertheilt. Meist kleinere, selten über 30 Centim. grosse Algen, die in der Regel auf grösseren Tangen wachsen. 1. Myrionema Grev. Thallus flach, scheibenförmig, aus radienartig vom Mittelpunkte aus verlaufenden Zellenfäden gebildet, die auf der Oberfläche farb- lose Haare, farbstoffhaltige Paraphysen und " Zoosporangien hervorsprossen lassen. Nur wenige Millimeter im Durchmesser haltende schleimige, auf Steinen und grösseren Algen wachsende Arten. — M. strangulans Grev. Auf Ulvaccen an den Nordseeküsten, vorzüglich Englands, gemein. 2. Leathesia Gray. Thallus halbkugelig oder fast kugelig, im Alter oft hohl. Rindenfäden einfach keulenförmig, perlschnurartig gegliedert, von Gallerte eingehüllt. Gallerartig weiche, auf grösseren Tangen oder auf Steinen wachsende Algen von geringer Grösse. — L. tuberiformis Gray. Atlantische Küsten, vor- züglich Europas. 3. Chordaria Ag. Thallus fadenförmig, eylindrisch, ästig, die Rindenfäden fast unverzweigt, das Mark nicht gallertartig. — Ch. flagelliformis Ag. Thallus ruthenartig verästelt, bis 60 Centim. lang; auf Steinen ‘und an Felsen fast aller Meere. 4. Mesogloia Ag. Mark gallertartig, Rindenfäden büschelig verzweigt und von Schleim eingehüllt; sonst wie Chordaria. — M. vermicularis Ag. Vielfach verzweigt, bis 60 Centim. lang; an den europäischen Küsten nicht selten. Dietyoteae. Laminarieae. 97 60. Familie. Dietyoteae. Thallus nicht gegliedert, ganz oder verzweigt, selten eylindrisch oder röhren- förmig, meist blattartig flach und dünn- -hautartig, aus zwei oder mehr Schichten parenchymatischer Zellen gebildet, meistens ohne Rippen. Sporangien in bestimmt umschriebenen runden, linien- oder zonenförmigen Fruchthaufen auf der ganzen Thallusfläche. Mässig grosse, auf Tangen oder an Steinen und Felsen wachsende Algen, vorzüglich der wärmeren Meere. (8. 93.) 1. Punctaria Grev. Thallus kurz gestielt, unverzweigt, blattartig, ei- ig lanzettförmig, die punktförmigen Fruchthäufchen auf beiden "Seiten zerstreut. P. plantaginea Grev. Europäische Küsten, häufige. 2. Asperococcus Lamour. 'Thallus ganz oder wenig verzweigt, darmartig hohl, mit fleckenförmig über die ganze Fläche zerstreuten Fruchthäufchen. ealechi- natus Grev. Küsten des atlantischen Oceans, häufig. 3. Striaria Grev. Thallus sehr ästig, fadenförmige, röhrig, die Frucht- häufehen zu ringförmigen Querzonen geordnet. — S. attenuata Grev. Oft bis 1 Mtr. lang, die Aeste nur wenige Millim. dick. Atlantischer Ocean, Mittelmeer. 4. Dietyosiphon Grev. Wie vorige Gattung, aber die Sporangien einzeln über den Thallus zerstreut. — D. foenieulae eus Huds. Atlantischer Ocean. 5. Dietyota Ag. Thallus blattartig, ohne Rippen, wiederholt dichotom oder fiederförmig getheilt, die Aeste linealisch, die Fruchthäufchen fleckenartig auf beiden Thallusflächen. — D. diehotoma Ag. Europäische Küsten, meistens sehr häufig. 6. Cutleria Grev. Thallus rippenlos, blattartig, oftmals unregelmässig bis fast dichotom getheilt, mit fleckenartig über beide Thallusflächen zerstreuten Fruchthäufehen. Antheridien cylindrisch, auf besonderen Pflanzen zu mehreren auf kurzen, gegliederten, büschelig gestellten Fäden die Stelle der Zoosporangien einnehmend. — C. multifida Grev. Europäische Küsten. 7. Padina Adans. Thalluszweige rippenlos, blattartig, fächerförmie, am Rande eingerollt; Fruchthäufchen auf der Oberseite des Thallus in dem Rande parallelen, concentrischen Zonen. — P. pavonia Grev. Thalluszweige fast halb- kreisförmig, oft tutenförmig gerollt, olivengrün mit weissen Zonen. In fast allen Meeren. 8. Halyseris Targ. Thallus gestielt, wiederholt dichotom getheilt, die Aeste linealisch, mit starker Mittelrippe, neben welcher die ovalen Fruchthäufchen stehen. — H. polypodioides Ag. Küsten des atlantischen Oceans. 61. Familie. Laminarieae. Thallus nicht gegliedert, selten ceylindrisch, meistens blattartig flach, ganz oder getheilt, in der Regel mit wiederholt verzweigter, wurzelartiger, als Haftorgan dienender Basis, auf welcher ein mehr oder minder langer Stiel entspringt, der das „Blatt“ trägt. Letzteres ist gewöhnlich lederartig, aus mehreren parenchymatischen Zellenschichten zusammengesetzt. _Zo00Sspo- rangien mit einfachen, ungegliederten, keulenförmigen Haaren gemengt, in unbestimmt gestalteten Fruchthäufchen oder gleichmässig über die Oberfläche des Thallus vertheilt. Meist sehr grosse, vorzüglich in den gemässigten und kälteren Meeren lebende Tange, welche gewöhnlich gesellig vorkommen und an ur Standorten oft submarine Wälder bilden. Chorda Lamour. Thallus cylindrisch, unverzweigt, hohl und durch Quer- Ende gefächert. Haftorgan schild- bis kegelförmig. Sporangien über den ganzen Thallus zerstreut. (8. 93.) — Ch. filum Lamour. Bis zu 6, in ruhigem Wasser manchmal bis 12 Meter lang, von der Dicke einer Gänsefeder. Atlantischer und nördlicher stiller Ocean. Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 7 98 Laminarieae. Fig. 23. Laminaria digitata Lamour. L. Cloustoni Edm. unterschiedene Form. a var. stenophylla Harvey (=L. d junge Pflanze der letzteren. licher Grösse. dig. vera). b und ce die als a—c verkleinsrt, d in natür- Laminarieae: Laminaria. 99 2. Laminaria Mont. Thallus mit wurzelartigem Haftorgane, blattartig, ohne Rippe, ungetheilt oder handförmig gespalten, mehr oder minder lang gestielt. Fruchthäufehen auf der Mitte des Blattes unregelmässig vertheilt. Fast alle Arten leben in den kälteren Meeren der nördlichen Halbkugel. L. digitata Zamour. (Fig. 23.) Das Haftorgan oder die „Wurzel“ ist aus zahlreichen, nach der Basis des Stieles kegelförmig zusammenlaufenden, kurzen, verzweigten Aesten gebildet, deren Enden etwas verbreitert und scheibenförmig verflacht sind und die Pflanze auf felsigem Meeresgrunde festhalten. Der 0,90—2 Meter lange Stiel ist an der Basis oft 4 Centim. dick und nimmt nach oben allmählich an Stärke ab; an seinem Ende verliert er die cylindrische Form, wird verflacht und geht in die Basis des „Blattes“ über. Letzteres ist 0,50 —1,50 Meter lang und 0,30 —0,90 Meter breit, hand- förmig bis nahe zur Basis in eine unbestimmte Zahl linearer oder riemenartiger Lappen gespalten, lederartig und hell olivengrün, im Alter dunkler. Die ausdauernde Pflanze erhält jährlich ein neues Blatt, dessen Ent- wickelung eine ganz eigenthümliche ist. Der Vegetationspunkt liegt bei den Laminarien an der Grenze zwischen Stiel und Blatt (vgl. in Betreff der anderen Familien S. 92); er besteht aus einem ceütralen Gewebe lang gestreckter und aus 77 | einem peripherischen parenchymatischer Zellen. A , Seine Thätigkeit beginnt im Frühjahre. Dann 2 entsteht au dem flachen Ende des Stieles und } dicht unter dem Grunde des vorjährigen \ Blattes eine blattartige Anschwellung, die bald an Länge und Breite zunimmt. Diese Neu- bildung ist das junge Blatt, das durch eine tiefe Einschnürung von dem auf seiner Spitze sitzenden alten und nun rascher absterbenden Blatte getrennt ist. Bis dahin ist das neue EIN I ES IT AR [G ==? 9 HINTS DL Blatt noch eiförmig und ungetheilt. Bald aber bilden sich in Folge eines eigenthümlichen Wachsthumsprozesses Längsrisse in der Blatt- fläche, die ersten rechts und links am Rande, die späteren von hier nach der Mitte zu. Anfänglich als feine Spalten erscheinend, er- weitern und verlängern sie sich mit dem Breiten- und Längswachsthume des Blattes, wobei die äussersten bald und zuerst die Basis des alten Blattes erreichen und sich von dieser N =, en, 2) ZONE II De aa Ü OR Fig. 24. Laminaria digitata Lamour. Stück eines Querschvittes aus einem stärkeren Stamme im ungequollenen I | N Zustande. Vergr. 270. ablösen, so dass letzteres schliesslich nur noch mit einigen Mittellappen des jungen Blattes in Verbindung steht, wie es Figur 235 zeigt. Hier ist der dunkel gezeichnete obere Theil der Pflanze der Rest des vorjährigen Blattes, der endlich auch abgestossen wird. Durch späteres ungleichförmiges Wachsthum der Blattlappen geht die anfänglich gewöhnlich sehr regelmässige Gestalt des Blattes oft verloren (Fig. 23 ce). Bei anderen glanzblätterigen Arten, wie z. B. Laminaria saccharina, dauert die Thätig- keit des Vegetationspunktes der Pflanze das ganze Jahr hindurch an, so dass die allmählich absterbende Spitze des Blattes stetig durch den Zuwachs an der Basis desselben ersetzt wird. TH 100 Laminarieae: Laminaria. Unsere Pflanze wächst an Felsen der Küste unterhalb der Fluthmarke bis zur Tiefe von 15 Faden. In den nördlichen Theilen des atlantischen und grossen Oceans und im Eismeere ist sie nicht selten. Man unter- Fig. 25. Laminaria digitata Lamonr. Querschnitte durch den äusseren Theil eines circa zwei Centimeter Durchmesser haltenden Stammes. r Rinde. 9 Gummi- höhlen derselben. p Gewebe, welches die Hauptmasse des Stammes bildet. Vergr. 90. scheidet gewöhnlich zwei Formen, die oft auch als Arten betrachtet werden: Die breitblätterige ist die alte L. digitata Zamour., die jetzt auch als L. Cloustoni Zdm. be- zeichnet wird (Fig. 23, 5 und ec; d eine noch sehr junge Pflanze); von ihr unter- scheidet sich die var. stenophylla Harvey, die jetzt oft allein den Namen der L. digi- tata führt, durch dunkelbraune Farbe, einen namentlich im Verhältniss zur Blattlänge kürzeren Stiel und ein schmaleres, in nur wenige schmale Lappen gespaltenes Blatt (Fig. 23, a). Abbild. Harvey, a. a.: O.,I.. Taf. 223 u. 338. — Postels. u. Ruprecht, Illustra- tiones Algarum Oceani Paeifici, tab. 12.” Droge: Laminaria, Ph. germ. 202. Stipites Laminariae, Ph. ross. 387. Dieselbe wird zu Sonden und kurzen kegelförmigen Voll- und Hohlstiften für chirurgische Zwecke, besonders zur Erweiterung von Oeffnungen und Canälen, verarbeitet. Die im Handel vorkommende Droge besteht aus verschieden langen Stücken des Stieles. Dieser ist getrocknet hornartig, braun, auf der Oberfläche gerunzelt, bald solid (junge Exemplare), bald im Inneren hohl (von alten Pflanzen), auf dem Quer- schnitte für das unbewaffnete Auge mit dunkeler, wenig mächtiger Rinde und licht bräunlich gewellter Hauptmasse des Gewebes, die auf dem Längsschnitte entsprechend bräunlich gestreift erscheint. Im Wasser quillt er bis zum fünffachen seines Durch- messers schleimig auf. Segmente trocken angefertigter, dünner Querschnitte, unter dem Mikroskope in Alkohol oder reinem Glycerin untersucht, zeigen im ungequol- lenen Zustande ein Gewirr durch einander gewundener, spaltenförmiger Höhlungen (Fig. 24): die Höhlungen der einzelnen Zellen. Starker Zusatz von Wasser bewirkt sofortige Quellung der Zellwände und lässt dann den Bau des Stammes deutlich hervortreten. Ein äusserer, als Rinde (oder Aussenrinde) (Fig. 25, r bis r) zu bezeichnender Gewebetheil zeichnet sich durch die bräun- lichgelbe Färbung der Wände und den reichen, intensiv: braunen Plasma- Laminarieae: Laminaria. 101 inhalt seiner Zellen aus. Letzterer nimmt gegen das Innere des Stammes hin gleichzeitig mit der Dicke der Zellwände und der Grösse der Rinden- zellen überhaupt allmählich ab. In einer mittleren Region der Rinde liegen bei älteren Pflanzen (jungen Exemplaren fehlen sie noch) in einer ring- förmigen Zone und gewöhnlich ziemlich dicht neben einander zahlreiche Gummi- oder Schleimhöhlen (Fig. 25, 9), jede im Querschnitte oval bis fast kreisrund, von ein oder zwei Schichten kleinerer Zellen umgeben und von stark quellendem Gummi- schleime erfüllt; im Längsschnitte sind sie etwas mehr gestreckt, doch nicht gangartig ‘in der Richtung der Längsaxe verlängert. Die Hauptmasse des Stammes wird von einem als Innenrinde bezeichneten paren- chymatischen Gewebe (Fig. 25, p) mit farb- losen Zellwänden gebildet, seine Zellen im Querschnitte grösser, als die inneren Rinden- zellen und mit wenig gefärbtem bis fast farblosem Inhalte, daher die äusseren Schichten dieses Parenchyms scharf gegen die Rinde abgesetzt (Fig. 25). Die Zell- wände lassen auf Quer- und Längsschnitten (Fig. 26, 27) deutlich eine dichtere Innen- lamelle (Fig. 26, e) und eine fast gallert- artige, stark entwickelte, stellenweise oft zart geschichtete Intercellularsubstanz (Fig. 26, ©) erkennen. Ebenso treten namentlich auf Längsschnitten kurze Tüpfelcanäle in der Membran hervor (Fig. 26). Die auf anderen Zeichnungen! in concentrischen Zonen in gewissen Abständen angegebenen Schiehten kleinerer, schmalerer Zellen, sie. 26. _ Laminaria digitata Lamour. welche nach Analogie der Jahresringe oft Einige Zellen aus dem Längsschnitte eines mit dem Dicken dee an Beziehung gebracht werden, scheinen nicht Intercellularsubstanz bildenden ver- immer oder oft nur undeutlich vorhanden. °hleimten Aussensehiliten derselben. zu sein, wenigstens konnte ich sie an dem a mir zu Gebote stehenden Untersuchungsmateriale nur stellenweise und auch nur wenig scharf erkennen. Nach dem Centrum des Stammes zu werden die Zellen des Hauptparenchyms dickwandiger (Fig. 27, p) und gehen hier langsam in das aus unregelmässig durch einander gewundenen, schlauch- förmigen Zellen bestehende Mark (Fig. 27, m) über, dessen weiche Mem- branen stellenweise oft mächtig entwickelt sind und das später, wenn der ältere Stamm durch Zerreissung dieses Gewebes hohl geworden, gewöhnlich nur noch in Ueberresten auf der Wand der Stengelhöhlung vorhanden ist.? ı 2. B. in Kützing’s Phycologia generalis, Taf. 31, Fig. 3. ? Vergleiche auch: Reinke, Beiträge zur Kenntniss der Tange; B. Lamina- rieen. Jahrb. für wissensch. Bot. X. 371. 102 Taminarieae. = BETEN N) wa OR 00 088 NE FR NE = = \ 2 N Fig. 27. Laminaria digitata Lamour. Querschnitt durch den centralen Theil des Stammes einer jüngeren Pflanze. p das die Hauptmasse des Stammes bildende Gewebe (= p in Fig. 25). m Mark. Vergr. 270. Hier, wie in Fig. 25, wurde nur in’ einem Theile der Zellen der Inhalt gezeichnet. Von anderen europäischen Arten sind noch erwähnenswerth: Laminaria saccharina La- mour. (Zuckertang). Bis fast 2 Meter lang, mit cylindrischem, fadenförmigem Stiele und jung hautartigem, im Alter lederartigem, lanzettlichem, ungetheiltem Blatte. Verbreitung wie vorige Art. Ist sehr reich an Mannit (bis 12.15 Procent — in L. digitata auch, aber in weit geringerer Menge vorhanden), der beim Trocknen des Thallus als weisses, süsses Pulver auswittert und oft auch zur Darstellung eines Syrupes benutzt wird (Norwegen). Von ärmeren Küstenbewohnern wird die junge Pflanze häufig als Gemüse oder Salat gegessen. — L. bul- bosa Lamour, Stamm flach, am Rande muschelig - wellig, von einer rundlichen, hohlen, auf der Oberfläche warzigen Knolle ent- springend; Blatt in lineale Seg- mente tief getheilt; europäische Küsten. 3. Alaria @Grev. "Thallus gestielt, mitgrossem, lanzettlichem Blatte, das von einer Fortsetzung des Stieles als starke Mittelrippe durchzogen wird, und unterhalb dessen Basis der Stiel noch kleine, schmale, rippenlose Blättchen besitzt, welche die oblongen Fruchthäufehen tragen. — A. esculenta Grev. Thallus bis 6 Meter lang, das Blatt 5— 20 Centim. breit. In den nördlichen Theilen des atlantischen und grossen Oceans häufig und vielfach von den Küstenbewohnern als Gemüse gegessen. 4. Agarum Post. et Rupr. Thallus ungetheilt, blattartig, mit ungetheilter Mittelrippe und in der Blattfläche mit zahlreichen wellig-geränderten Löchern. — A. Turneri Post. et Rupr. Küsten des nördlichen Eismeeres. 5. Lessonia Bory. Thallus strauch- oder baumartig, wieder- holt gabelig verzweigt, mit an den Zweigen endständigen, gabelig getheilten Blättern ohne Lutft- blasen. Fruchthäufchen auf der Mitte des Blattes unregelmässig vertheilt. Die paarweise gestellten oder gabeligen Blätter entstehen Laminarieae. Sporochnoideae. Fueaceae. 103 nach Agardh! durch Zweitheilung eines älteren Blattes, die an dessem Grunde beginnt (vgl. Laminaria, S. 99). — L. fuscescens Bory. Baumartig, 2—3 Meter hoch, mit armdickem Stamme und herabhängenden linealischen, zugespitzten Blättern. An den chilenischen Küsten, Cap Horn und den Kerguelen gesellig lebend und submarine Wälder bildend. 6. Nereocystis Post. et Rupr. 'Thallus mit einem an seinem Ende birn- bis keulenförmigen, hohlen Stengel, der auf seinem Scheitel ein anfänglich ein- faches, später in zahlreiche lineale Zipfel gespaltenes Blatt trägt. — N. Lüt- keana Post. et Rupr. Nördlicher grosser Ocean. Stengel bis 20, Blätter bis 10 Meter lang. 7. Macrocystis Ag. Thallus stengelförmig, mit ursprünglich einseitswen- digen, später durch Torsion des Stengels allseitswendigen, grossen, ungetheilten Blättern, deren stielartige Basis zu einer grossen, birnförmigen Luftblase ange- schwollen ist. Fruchthäufchen unregelmässig vertheilt. Vorzüglich im südlichen grossen Ocean, einige Arten auch im nördlichen Theile desselben heimisch. Die Verzweigung des Thallus ist anfänglich der von Lessonia ähnlich, d. h. eine durch Spaltung des Vegetationspunktes in zwei symmetrische Theile bewirkte Dicho- tomie. Aber die weitere Entwickelung dieser Gabeläste ist verschieden, da hier der eine zum Blatte, der andere zur Fortsetzung des Stengels wird, so dass letz- terer als ein einseitiges Sympodium erscheint.” — M. pyrifera Ag. Thallus mit dem beblätterten Theile an der Meeresoberfläche fluthend, bis über 300 Meter lang, von der Dicke einer Gänsefeder; Blätter bis 1 Meter lang, bis 10 Centim. breit, die Luftblasen bis 5 Centim. lang. 62. Familie. Sporochnoideae. Thallus ungegliedert, eylindrisch oder zusammengedrückt, fiederartig oder unregelmässig verzweigt, aus parenchymatischen Markzellen und kleineren paren- chymatischen Rindenzellen gebildet. Sporangien auf der Oberfläche besonderer kegel- oder schotenförmiger Fruchtäste. Kleine, in allen Meeren verbreitete Familie. 1. Arthrocladia Duby. Thalluszweige cylindrisch, röhrig, durch Quer- scheidewände gefächert (d. h. ihre Axe von einer einzelnen Reihe sehr grosser, eylindrischer Zellen durchzogen), an den Knoten mit Wirteln zarterer, wiederholt fiederig getheilter, blattartiger Aeste. — A. villosa Duby. Europäische Küsten. 2. Desmarestia Grev. Thallus flachgedrückt, fiederig verzweigt, in der Axe mit ähnlicher, aber schmächtigerer Zellenreihe, wie vorige Gattung. — D. acu- leata Lamour. Europäische Küsten. 3. Sporochnus Kütz. Thallus eylindrisch, fiederig verzweigt, seine Axe solid (ohne besonders ausgezeichnete Zellenreihe). — S. pedunculatus Ag. Euro- päische Küsten. 2. Unterordnung. Fucaceae. 63. Familie. Fucaceae. Die Familie der Fucaceen entspricht in ihrem Aeusseren wie im anatomischen Baue im Wesentlichen den grösseren Phaeosporeen, namentlich den Laminarieen. Ihr lederartiger, bald flach gedrückter (Fig. 28), bald eylindrischer Thallus ist ge- wöhnlich wiederholt gabelig oder auch fiederförmig verzweigt und die Verzwei- gungen liegen (namentlich im ersteren Falle und von späteren Verschiebungen ab- gesehen) alle in einer Ebene. Bei manchen Arten werden sie ferner von einer mehr oder minder stark vortretenden, ebenfalls gegabelten Mittelrippe durchzogen ' Agardh, Ueber die Entwickelung des Blattes bei den Algen. Forhand- lingerne ved de skandinaviske Naturforsckeres, Kopenhagen 1873; nach Bot. Zeit, 1874, S. 553. ®? Janczewski, Observations ....... vgl. Note 2.auf S. 92, 104 Fucaceae. (Fig. 28). Adventivsprosse werden bei manchen Fuca- ceen an beliebigen Stellen des alten Laubes, so wie be- sonders auch auf dem Rhi- zome gebildet. Nach Reinke entstehen dieselben im Inne- ren des Gewebes, um später mit weiterem Wachsthum die äusseren Schichten des- selben zu durchbrechen. Auf Quer- wie auf Längsschnitten durch den Thallus unter- scheidet man im Gewebe eine aus kleinzelligem Parenchym gebildete, an dunkelbraun gefärbtem Protoplasma meist sehr reiche Aussenrinde, auf die nach innen eine gross- zellisere, aber ebenfalls parenchymatische Innenrinde folgt, welche ihrerseits wieder das aus schlauchförmigen, oft vielfach durch einander gsewundenen Zellen zusam- mengesetzte, lockere Mark umschliesst. Sämmtliche Zellenwände zeigen auch hier den schon bei Laminaria (S. 101, Fig. 26) erwähnten Bau; eine innere Lamelle der Membran ist dichter und fester, während die Aussen- lamellen zu der mehr oder minder stark entwickelten gallertartigen, meistens struc- turlosen Intercellularsubstanz aufgequollen sind. Am mäch- tigsten ist letztere im Mark- gewebe ausgebildet, welches in Folge dessen besonders schleimig und schlüpferig er- scheint. Wie bei manchen Laminarieen (Nereocystis, Macrocystis), weicht auch bei vielen Fucaceen stellenweise das Gewebe zu grösseren, sich mit Gasen füllenden Luftblasen aus einander (Fig. 28), welche auch hier hauptsächlich als Schwimm- apparat dienen, .Ueber das Wachsthum des Thallus sind namentlich in den letzteren Jahren verschiedene Unter- Fig. 28. Fucus vesiculosus L. Ein Ast der Pflanze in natür- suchungen angestellt worden, licher Grösse. / Lufthöhlen im Gewebe. - s Fructifications- die aber zum Theil einander organe. noch widersprechen.! Bei .. ' Kny, Das Scheitelwachsthum einiger Fucaceen; Sitzungsber. d. botan. Ver- eines für d. Provinz Brandenburg, 1875 (auch in Botan, Zeit 1875. 8. 450). — Fucaceae, 105 Fucus befindet sich der Vegetationspunkt der flachen Thalluszweige im Grunde einer spaltenförmigen, mit Schleim erfüllten Grube, welche den Scheitel des Zweiges parallel dessen Breitseite einnimmt und deren wulstige Ränder wie die Lippen eines Mundes auf einander schliessen. Hier liegt nach Rostafinski’s Darstellung eine Gruppe von Bildungszellen, deren jede die Gestalt einer abgestutzten, vier- seitigen Pyramide mit rechteckiger Basis und sanft convexen Seitenwänden be- sitzt. Jede dieser Bildungszellen gliedert zuerst durch eine Querwand (Tangential- wand) im unteren Theile ein Basalsegment ab und darauf durch vier Vertical- wände (Radialwände) vier verticale Segmente, von denen zwei flächensichtig, zwei randsichtig sind, d. h. die zwei ersteren rechts und links parallel der Breitseite des Zweiges, die zwei letzteren nach den beiden Rändern desselben zu liegen kommen. Das Basalsegment giebt durch weitere Theilungen nur Markzellen den Ursprung; die verticalen Segmente gliedern unterwärts ebenfalls Markzellen ab, nach oben aber entsteht aus ihnen das Gewebe der Innen- und Aussenrinde. Die Gabelung des Zweiges erfolgt nach demselben Beobachter so, dass die centralen Bildungszellen des Vegetationspunktes sich durch häufige Längstheilungen spalten und in Bildung zahlreicher randsichtiger Segmente aufgehen; dadurch werden aber die rechts und links von ihnen gelegenen Bildungszellen des ursprünglichen Vege- tationspunktes in Form zweier neuer, selbständiger Vegetationspunkte getrennt, die nun unabhängig von einander als Vegetationspunkte zweier Gabelzweige func- tioniren. Himanthalia lorea wächst im Vegetationspunkte der Thallusäste mittelst einer einzigen grossen, dreischneidigen Scheitelzelle, deren Segmente nach einander parallel zu den drei Innenwänden abgeschnitten werden. Jedes Segment theilt sich durch Querwände in mehrere Tochterzellen, deren unterste zu einer ersten Bildungszelle des Markes wird, die anderen Innen- und Aussenrinde er- zeugen. Verticale Halbirung der Scheitelzelle in zwei neue Scheitelzellen führt hier wahrscheinlich zur Dichotomie des Thallus. Nach Kny liegt auch bei Pel- vetia canaliculata an der tiefsten Stelle des Vegetationspunktes eine einzige, durch Grösse und Form ausgezeichnete, drei- oder vierseitige Bildungszelle. . Neben eigenthümlichen über den Thallus zerstreuten Fasergrübchen, d.h. tiefen Einsenkungen in das Laub, auf derem Grunde ein Büschel langer, gegliederter, aus einer Zellreihe bestehender Haare entspringt, die aus der Oeffnung des Grüb- chens vorragen, — besitzen die Fucaceen an bestimmten als Fruchtäste zu be- zeichnenden Zweigen des Thallus (Fig. 28, s) tiefe, grubige Höhlungen oder Con- ceptacula, welche die Behälter der Geschlechtsorgane sind und die gewöhnlich mit ihrer Mündung etwas warzig vorragen. Bau und Entwickelung des Concepta- culums, seiner Geschlechtsorgane, Befruchtung und Keimung kennen wir vorzüg- lich durch die Untersuchungen Thuret’s.’ Die Conceptacula werden dadurch gebildet, dass kleine Stellen der Oberfläche des Thallus von dem umliegenden Gewebe wall- artig nach und nach so überwachsen werden, dass nur eine enge Oeffnung übrig bleibt (Fig. 29, a), durch welche später Spermatozoiden und Eier austreten können. Da die die Innenfläche des Conceptaculums auskleidende oberste Zellschicht eine Fortsetzung der äussersten Zellenlage des betreffenden Thalluszweiges ist, so sind Oogonien und Antheridien metamorphosirte Haare (Trichome), zwischen denen noch zahlreiche, als Saftfäden oder Paraphysen bezeichnete gewöhnliche, gegliederte Haare stehen (Fig. 29, « und b), von denen oft die nahe der Mündung des Con- ceptaculums befindlichen lang zu letzterer herausragen (Fucus platycarpus). Oogo- nien und Antheridien werden manchmal in demselben Conceptaculum entwickelt und die Pflanze ist dann monöeisch (Fucus platycarpus); in anderen Fällen ent- hält aber dasselbe nur Oogonien oder nur Antheridien (diöcische Arten), wie bei Fucus vesiculosus (Fig. 29), F. nodosus, Himanthalia lorea ete. Die Entwickelung des Oogoniums beginnt damit, dass eine Wandungszelle des Conceptaculums ihre Aussenwand papillenartig stark vorwölbt und diese Papille dann durch eine Quer- Reinke, Ueber Fucus vesiculosus; Nachrichten v. d. Kgl. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göttingen 1875. S. 230. — Reinke, Beiträge zur Kenntniss der Tange; Jahrb. f. wissensch. Bot. X. 315. — Rostafinski, Beiträge zur Kenntniss der Tange; Heft 1. Leipzig 1876. — Reinke, Ein paar Bemerkungen über Scheitelwachs- thum bei Dietyotaceen und Fucaceen; Botan. Zeit. 1877. S. 441. Ete. ! Thuret, Recherches sur la fecondation des Fucacees. Ann. d, scienc. natur. ser. IV. vol. U. \ 106 Fuceacene. wand abgegliedert wird. Während diese Zelle nun in die Länge wächst, theilt sie sich durch eine Querwand in zwei Zellen; die untere wird zu einem sehr kurzen, eylindrischen, an Plasma armen Stiele, die obere aber schwillt zu dem sehr stark von braun gefärbtem Protoplasma erfüllten Oogonium an (Fig. 29, b), in dem sich die Eizellen bilden. Die Zahl der letzteren ist verschieden; denn während sich bei Cystoseira, Himanthalia, Halidrys und Pyenophycus das gesammte Protoplasma des Oogoniums zu einem einzigen Fi formt, zerfällt es durch Theilung bei Pelvetia in zwei, bei Fucodium in vier, bei Fucus (Fig. 29) in acht sich zur Kugel abrundende Eizellen. Die Antheridien sind länglich-eiförmige, einzellige, dünnwandige Aeste "ig. 29. Fucus vesieulosus L.. a Längsschnitt durch das weibliche Concep- taculum (Vergr. 50). — b Oogonium und Paraphysen, Beginn der Eibildung. — e Sich öffnendes Oogonium. — d Antheridien. — e Ei mit anhängenden Sper- matozoiden. — / Junge Pflanze (D—f: Vergr. 160). — 9 Spermatozoid (Vergr. 350). — Nach Thuret. verzweigter Haare (Fig. 29, d). Ihr Protoplasma zerfällt in zahlreiche kleine Sper- matozoiden (Fig. 29, g), die am Vorderende zugespitzt sind, einen rothen Pigment- fleck besitzen und mittelst zweier Wimpern lebhaft beweglich sind. Zum Zwecke der Befruchtung lösen sich die Geschlechtsorgane zur Zeit der Ebbe im Concepta- culum los und sammeln sich vor der Mündung desselben an, die Antheridien ganz, die Oogonien so, dass eine quellende Innenlamelle der Membran die im Oogonium zurückbleibende Aussenhaut sprengt und die Eier noch wie eine Blase umgiebt. Nach eingetretener Fluth werden die Geschlechtsorgane durch einander gespült, sie öffnen sich und Spermatozoiden wie Eier werden entlassen, letztere in der Weise, dass wieder eine innerste Membranlamelle gallertartig die äussere Hülle durch- bricht (Fig. 29, c). Zahlreiche Samenkörper sammeln sich nun an der Oberfläche Fueaceae. 107 des grossen Eies (Fig. 29, e), haften derselben fest an und versetzen durch ihre eigene Beweglichkeit die Eizelle gewöhnlich in eine rollende Bewegung, während welcher sich wohl einzelne Spermatozoiden vollständig mit dem Protoplasma des Eies mischen. Letzteres kommt nach etwa einer halben Stunde zur Ruhe, um- giebt sich, indem es sich festsetzt, mit einer Membran und keimt unmittelbar zur neuen Pflanze aus. Es wird birnförmig und theilt sich zuerst durch einige parallele Querwände. Dabei verlängert sich der festsitzende Theil des Pflänzchens zu dem sich wurzelartig verzweigenden Haftorgane (Fig. 29, f), während sich die oberste grösste Zelle durch zwei einander rechtwinkelig kreuzende Wände in Quadranten theilt, die durch Querwände in Etagen zerlegt werden und darauf durch Tangential- wände in innere und äussere Zellen sich gliedern. Allmählich streckt sich dann die junge Pflanze zu einem rübenförmigen Zellenkörper, auf dessem sich ein- senkenden Scheitel ein Haarbüschel entsteht. Die weitere Entwickelung, nament- lich die Anlage der oben erwähnten Bildungszellen des Vegetationspunktes, ist nicht genügend bekannt. Sämmtliche Fucaceen sind Meeresbewohner, die vorzüglich die Küsten lieben, wo sie Steinen und Felsen mittelst meistens scheibenförmiger Haftorgane aufge- wachsen sind. Sie gehören der Mehrzahl nach zu den grösseren Tangen und kommen gewöhnlich in Menge gesellig vor. Manche Gattungen sind nur gewissen Meeren eigenthümlich. Da, wo sie sehr häufig sind, werden sie sammt den Phaeo- sporen als vorzüglicher Dünger, besonders aber zur Gewinnung von Soda (Kelp der Schottländer, Varec der Franzosen), sowie zur Darstellung des Jodes aus dieser benutzt. Vorzüglich kommen hierzu an den englischen und französischen Küsten Arten der Gattung Fucus (Fucus vesiculosus) zur Verwendung. Auch als Viehfutter werden sie von den Küstenbewohnern verwendet. 1. Durvillaea Bory. Thallus blattartig flach, handförmig im lange, riemen- artige Segmente gespalten, sein Mark gewöhnlich mit Hohlräumen, seine Frucht- behälter über die ganze Fläche zerstreut. — D. utilis Bory. Gallertartig, bis über 10 Meter lang. Im südlichen grossen Ocean. Wird von den ärmeren Küsten- bewohnern Chile’s gegessen. 2. Himanthalia ZLyngb. Aus einem gestielten, schüssel- oder trichterför- migen, sterilen Theile des Thallus entspringt ein wiederholt gabelig in dick riemen- förmige Aeste getheilter, die Hauptmasse der Pflanze bildender Fruchtkörper, welcher die Conceptacula auf seiner ganzen Oberfläche zerstreut trägt. — H. lorea Lyngb. Ueber 3 Meter lang. Atlantische Küsten Europas und Nordamerikas. 3. Pelvetia Dene. Thallus blattartig, wiederholt gabelig verzweigt, die Aeste linealisch, auf einer Seite mit flacher Furche, ohne Mittelrippe und ohne Luftblasen. Conceptacula in den schwach keulig angeschwollenen, zu Frucht- zweigen (Receptacula) umgestalteten Astenden (wie bei Fucus — Fig. 28). — P. canaliculata Dene. (Fucus canaliculatus L.) 15—20 Centim. hoch. Atlan- tische Küsten Europas und Nordamerikas. 4. Fucodium Ag. Thallus blattartig, wiederholt dichotom verzweigt, die Zweige flach, ohne Mittelrippe, aber mit in der Mittellinie liegenden grossen Luftblasen. Fruchtäste als kleine, gestielte, blasige, einfache Seitenzweige an den grösseren Aesten. — F. nodosum Ag. (Fucus nodosus L.) Bis 2 Meter lang. Atlantische Küsten Europas und Nordamerikas. 5. Fucus L. (Fig. 28.) Thallus flach, blattartig, gabelig verästelt, die Aeste mit Mittelrippe und neben dieser mit paarweise gestellten oder abwechselnden Luftblasen oder ohne solche. Die Fruchtäste sind die verdiekten Enden gewöhn- licher Zweige. — F. vesiculosus L. Bis über 1 Meter lang, mit bis 2 Centim. breiten, ganzrandigen, Luftblasen führenden Zweigen. Gemeinste Art; 'an allen Küsten des nördlichen atlantischen und grossen Oceans, sowie des nördlichen Eis- meeres häufig. (Cod. med. 92.) — F. serratus L. Ohne Luftblasen und die Thallusränder gesägt. Mit voriger Art an den atlantischen Küsten Europas und Grönlands. — F. ceranoides L. Wie vorige Art, aber Zweige ganzrandig und die seitlich stehenden, wiederholt gabeligen, fruchttragenden Zweige schmäler. 6. Cystoseira Ag. Thallus sehr verzweigt, seine Aeste eylindrisch, faden- förmig und nur die unteren oft etwas flach. Luftblasen reihenweise in der Axe ler Zweige, die dadurch kettenförmig-blasig werden. Die Fruchtäste sind ver- 108 Fucaceae. Carposporeae. änderte Thalluszweige. — C. ericoides Ag. Bis 15 Centim. hoch. Aeste mit zahlreichen sehr kurzen, dornartigen Zweigen besetzt und mit sehr kleinen Luft- blasen. Atlantische Küsten Europas; Nordafrika. 7. Halidrys Grev. Wie vorige Gattung, aber die Zweige zusammengedrückt und die die Luftblasen tragenden Aeste sind besonders gestaltet, schotenförmig, im Inneren mit einer Reihe von Fächern (den einzelnen Blasen). — H. siliquosa Lyngb. Bis 1 Meter lang. Atlantische Küsten Europas, häufig. S. Sargassum Ag. Die höchst entwickelte und artenreichste Gattung der Familie, deren ceylindrischer, reich verzweigter Thallus flache, verschieden ge- staltete, kurz gestielte oder sitzende, von einer Mittelrippe durchzogene Blätter mit horizontal, selten vertical gestellter Spreite besitzt, von derem Stiel oder in deren Achsel die gestielten, kugeligen Luftblasen und auf besonderen Zweigen ebenfalls die meistens büschelig gestellten Fruchtstände entspringen. Nach Agardh ! haben die Blätter eine begrenzte Entwickelung und die älteren fallen successive ab. Sowohl Spitze als Zähne des Blattes werden von Zellencomplexen gebildet. Eine Gruppe neuholländischer Arten hat sogar heteromorphe Blätter. Bei einer derselben, dem S. heteromorphum, sind die unteren Blätter breit, eichenblatt- ähnlich, die oberen fast drahtförmig, mehr oder weniger getheilt, mit pfriemen- förmigen Lappen. Alle Arten nur in wärmeren Meeren. — S. vulgare Ag. Blätter lineal- oder eilanzettlich, gesägt, drüsig punktirt, stark gerippt. Luftblasen kugelig, ohne Stachelspitze, mit ziemlich langem, zusammengedrücktem Stiele. Bis über 1 Meter lang. An den tropischen und wärmeren gemässigten Küsten des atlan- tischen Oceans bis Spanien und Portugal. — S. linifolium Ag. Stengel ober- wärts durch zahlreiche, sehr kurze, dornförmige Aestchen stachelig-rauh. Blätter lineal-lanzettlich, ganzrandig oder sehr kurz gezähnt, sehr schwach drüsig-punktirt. Luftblasen an den unteren Theilen des Stengels sehr kurz, oben lang gestielt, ohne Stachelspitze, ihr Stiel verflacht. Bis 60 Centim. lang. Mittelmeer und adriatisches Meer. — S. bacciferum Ag. Blätter lineal-lanzettlich bis linealisch, scharf und oft doppelt gesägt, fast drüsenlos, Luftblasen (wie bei den vorigen etwa von Erbsengrösse) auf cylindrischem, ziemlich langem Stiele, auf dem Scheitel mit schlanker Stachelspitze. Im atlantischen, indischen und grossen Ocean grosse, schwimmende Tang-Inseln (Sargasso- oder Kraut-See) bildend. Die bekannteste derselben und zugleich die grösste ist die im atlantischen Ocean, in der Breite zwischen den canarischen, azorischen und Bermudas-Inseln etwa 60000 Quadrat- meilen bedeckend. IV. Classe. Carposporeae. Auch in dieser Classe begegnen wir einer langen Formenreihe von Thallophyten sehr einfachen Baues bis zu solchen mit hoher Differenzirung ihrer einzelnen Theile. Allen aber ist mit seltenen Ausnahmen das Merk- mal gemeinsam, dass das weibliche Organ nicht unmittelbar die der directen Befruchtung unterliegenden Eier enthält und so unmittelbar die Eisporen erzeugt, sondern dass der gesammte Inhalt der weiblichen Zelle als solcher befruchtet und letztere erst in Folge dessen zu weiterer Entwickelung an- geregt wird, die in der lange nach der Befruchtung erfolgenden Bildung der Sporen gipfelt. Es ist ferner das weibliche, hier als Carpogonium bezeichnete Organ in vielen Fällen schon vor der Befruchtung ein mehr- zelliger Körper und seine Zellen sind dann in so fern von verschiedenem Werthe, als die einen nur den Befruchtungsstoff aufnehmen und an der Entwickelung der Sporen weiterhin nicht theilnehmen, die anderen dagegen den die Sporen erzeugenden Organen den Ursprung geben. Eine weitere Eigenthümlichkeit der Carposporeen giebt sich dann darin zu erkennen, ! Agardh, Ueber die Entwickelung des Blattes bei den Algen; Note 1 auf S. 103. Carposporeae. ; 109 dass sich nach der Befruchtung aus nicht unmittelbar zur weiblichen Zelle gehörenden Theilen des Thallus ein Gewebekörper entwickelt, welcher das Carpogonium und die von ihm erzeugten Sporen einschliesst oder letztere auf seiner Oberfläche entstehen lässt. Die Befruchtung des weiblichen Or- ganes von Seiten des männlichen erfolgt bald durch activ bewegliche oder passiv bewegte Samenkörper, bald durch eine Copulation der beiderlei Ge- schlechtszellen, die dabei entweder in offene Verbindung treten, so dass das Plasma der männlichen Zelle in unmittelbare Berührung mit dem der weib- lichen tritt, oder bei welcher die Befruchtung auf diosmotischem Wege er- folgen muss. In den ersteren Fällen trägt das Carpopon stets, in den letz- teren häufig ein eigenes, meist haarförmiges Empfängnissorgan, das als Trichogyne oder Befruchtungshaar bezeichnet wird. Von manchen der hier aufgeführten Familien sind Geschlechtsorgane nicht bekannt, von anderen die dafür gehaltenen Zellen in letzterer Zeit mehrfach als solche wieder angezweifelt worden. Es können gewisse Gruppen in diese Classe daher nur nach anderweitigen Verwandtschaftsverhältnissen eingereiht werden. Eine kurze, vorläufige Uebersicht der Ordnungen und Familien lässt sich etwa in folgender Weise geben. I. Chlorophyllhaltige Formen. Die Befruchtung erfolgt stets durch Samenkörper und das Carpogonium trägt in allen Fällen eine Trichogyne. A. Die Befruchtung erfolgt durch bewegliche, den Schwärmsporen ähnliche Spermatozoiden. Das Chlorophyll ist nicht durch einen anderen Farb- stoff verdeckt: Coleochaeteae. B. Die Befruchtung erfolgt durch unbewegliche, passiv vom Wasser dem weiblichen Organe zugeführte Samenkörper. Das Chlorophyll ist durch einen rothen Farbstoff verdeckt: Florideae. II. Chlorophylifreie Formen. Spermatozoiden fehlen und eine Trichogyne ist meistens nicht entwickelt. A. Die Sporen werden durch freie Zellbildung im Inneren besonderer, schlauch- förmiger Zellen (Asei) entwickelt: Aseomycetes. 1. Ein die Sporenschläuche einschliessender eigentlicher Fruchtkörper fehlt: Gymnoaseci. 2. Fruchtkörper stets vollkommen entwickelt. a. Die Fruchtkörper sind kugelige oder krugförmige Behälter (Peri- thecien), welche die Sporenschläuche in ihrem Inneren tragen. * Perithecien auch nach der Reife geschlossen, sich durch Fäul- niss öffnend: Perisporiacei. ** Perithecien auf dem Scheitel mit punkt- oder halsförmiger Mündung: Pyrenomycetes. b. Die verschieden gestalteten Fruchtkörper tragen die Sporen- schläuche auf einer von Anfang an oder doch später freiliegenden grösseren Fläche; selten sind “sie nur mit einer lippenartig sich öffnenden Spalte versehen: Discomycetes. c. Fruchtkörper wie :a ** oder b. Auf Algen schmarotzende Pilze, welche die grünen Algenzellen als sogenannte Gonidien in ihren = dichtgeflochtenen Hyphen gebildeten Thallus einschliessen: ichenes. d. Fruchtkörper knollenförmig, geschlossen, das Sporenlager in laby- rinthischen Gängen oder in Kammern desselben: Tuberacei. B. Die Sporen werden auf besonderen Zellen (Basidien) durch Abschnürung erzeugt: Basidiomycetes. 1. Die Sporen entstehen bei den vollkommensten Fruchtformen reihen- weise so, dass jede Basidie nur eine Sporenkette trägt. Parasiten: 110 Carposporeae. Coleochaeteae. Aecidiomycetes. (Im Anhange Ustilagineen und Entomoph- thoreen.) 2. Die Sporen entstehen einzeln auf pfriemenförmisen Ausstülpungen (Sterigmen) der Basidien. a. Die Basidien entspringen auf der Oberfläche eines verschieden gestalteten, meist hautartigen, stets gallertartigen Fruchtkörpers: Tremellini. b. Fruchtkörper nicht gallertartig. * Basidien zahlreiche Kammern im Inneren eines Fruchtkörpers auskleidend: Gasteromycetes. ** Basidien auf der verschieden gestalteten Oberfläche des Frucht- körpers entspringend: Hymenomycetes. I. Reihe, Chlorophyllhaltige Formen (Algen). 15. Ordnung. Coleochaeteae. 64. Familie. Coleochaeteae.! Die Coleochaeteen sind kleine, kaum 2 Millim. im Durchmesser haltende, langsam fliessende und stehende, süsse Gewässer bewohnende Algen, welche auf den untergetauchten Theilen grösserer Wasserpflanzen unregelmässige Lager, Polster oder Scheiben bilden, je nachdem sie aus verästelten Zellenreihen (Fig. 30, D) oder aus einer parenchy- matisch geschlossenen, ein- fachen Zellenscheibe Dbe- stehen. Alle Arten tragen auf einzelnen ihrer Zellen eine aus einer Scheide vor- ragende Borste (Fig. 30, I, bei A), welche bei den grös- seren mehrere Millimeter lang wird. Die unge- schlechtliche Fortpflanzung findet durch Schwärm- sporen statt, welche sich in jeder vegetativen Zelle aus dem gesammten Proto- plasma derselben bilden können und durch eine in der Zellwand entstehende Oeffnung ausschlüpfen. Die- r selben besitzen zwei Wim- Fig. 30. Colevchaete pulvinata. I Stück aus einem fructifieirend 3 FR Ä - ya ann on m. 0" pern, eine grüne und eine Pflänzchen (Vergr. 350). ll Reife Frucht (Vergr. 280). III Frucht i ae h Kr 5 farblose Seite, da der Chlo- in der Schwärmsporenbildung begriffen (Vergr. 250). «a Antheri- x 3 \ dien, 0 Carpogonien, e junge Frucht, 4 Haar, s Spermatozoid. — rophylikörper die eine Nach Pringsheim. Längshälfte einnimmt und hier manchmal bis an die Anheftungsstelle der Wimpern reicht. Das Carpogonium bildet sich bei C. pulvinata und C. divergens aus den Endzellen, bei ©. soluta aus den vorletzten oder noch tieferen Zellen der 'Thallusäste, bei C. scutata aus inneren Zellen der parenchymatisch ge- . Pringsheim, Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen, II. Die Coleochaeteen. Jahrb. f. wissensch. Bot. I. 1. Taf, 1-6. Coleochaeteae. Florideae. +11 schlossenen Scheibe, die in einem Kreise oder in mehreren concentrischen Kreisen liegen. Bei den ersteren Arten ist jedes Carpogon flaschenförmig in einen kürzeren oder längeren Hals, die Trichogyne, verlängert (Fig. 30, I, o), der sich an seiner Spitze öffnet und seinen farblosen Inhalt austreten lässt, während der Bauchtheil des Carpogones sein durch Chlorophyliplatten grün gefärbtes Protoplasma behält. Das Carpogon von C. seutata dagegen ist oval und entbehrt des Halses. Die An- theridien entstehen bei den erstgenannten Arten an demselben Aste oder an be- nachbarten Aesten als kleine, mit farblosem Inhalte erfüllte Papillen, die sich durch Querwand abgliedern, dick flaschenförmig werden (Fig. 30, I, a) und von denen jedes aus seinem gesammten Protoplasma je ein Spermatozoid (Fig. 30, 5) erzeugt, das die Gestalt einer kleinen Schwärmspore besitzt, fast farblos ist und durch eine Oeffnung auf dem Scheitel des Antheridiums entweicht. Bei C. scutata dagegen bilden sich die Antheridien auf besonderen männlichen, in der Nähe der weiblichen Exemplare wachsenden Pflanzen durch in der Ebene der Scheibe er- folgende Viertheilung zahlreicher vegetativer Zellen, und in jeder dieser kleinen Zellen entsteht ein schwach grün gefärbter Samenkörper, der in seiner Gestalt nicht von den Spermatozoiden der übrigen Arten abweicht. Der Befruchtungsakt selbst ist noch nicht beobachtet worden. Nach erfolgter Befruchtung aber um- hüllt sich der im Bauche des Carpogons befindliche Protoplasmakörper (das Ei) mit einer Membran, und nun wachsen von den benachbarten Zellen des Carpogons und von Nachbarästen Zweige aus, welche sich seiner Oberfläche anlegen (Fig. 30, I, e), sich verästeln und, von allen Seiten das Carpogon umwachsend, dieses endlich mit einer lückenlosen, sich später bräunenden Rinde umgeben (Fig. 30, ID, die nur die später übrigens abfallende Trichogyne ausschliesst. Die so gebildete Frucht über- wintert, während die Pflanzen zu Grunde gehen. Im nächsten Frühjahre bildet sich aus ihrer centralen Zelle durch wiederholte Zweitheilung ein aus mehr oder weniger Zellen bestehendes parenchymatisches Gewebe. In jeder Zelle desselben entsteht, während die Rinde der Frucht stückweise abgeworfen wird (Fig. 30, IID, eine Schwärmspore, die ihre Mutterzelle verlässt und keimend den Ausgangspunkt einer'neuen Reihe ungeschlechtlicher Generationen bildet, denen erst im Herbste die Geschlechtsgeneration folgt. Coleochaete Breb. Charakter der Familie. — C. pulvinata Al. br. Thallus ein kreisrundes, erhabenes Polster bildend, dessen nicht verwachsene Fäden regelmässig strahlig vom Centrum ausgehen. — C. divergens Pringsh. Polster aus nicht verwachsenen Fäden unregelmässig, ohne gemeinsames Centrum. — €. soluta Pringsh. Thallus scheibenartig, kreisrund, aus isolirten, aber dicht neben einander hinwachsenden Fäden bestehend. — C. scutata Dreb. Kreisrunde Scheiben, aus einer parenchymatisch zusammenhängenden, einschichtigen Zellenlage gebildet. — Die übrigen Unterschiede, namentlich der letzteren Art, sind oben bereits angegeben worden. 16. Ordnung. Florideae.! Die Florideen sind eine der formenreichsten Gruppen der Algen, gleich ausgezeichnet durch die Pracht ihrer Färbung, wie durch die Mannigfaltig- keit im Aufbau des Thallus, namentlich aber durch die eigenthümliche Art und Weise der geschlechtlichen Fortpflanzung. Alle Mitglieder zeichnen sich durch mehr oder weniger intensiv rothe, braunrothe oder violette Farbentöne aus, die der ganzen Ordnung auch den Namen der Rothtange (Rhodophyceae, Rhodospermeae) verschafft haben und durch das reiche ! Agardh, Speeies, genera et ordines Floridearum, als 2. und 3. Band von dessen Species, genera et ordines Algarum, Leipzig 1851 — 1876. — Harvey, Phycologia Britannica, Band 2 und 3. (Mit guten, colorirten Habitusbildern.) — Nägeli, Die neueren Algensysteme; Zürich 1847. — Nägeli, Wachsthumsge- schichte von Delesseria ete. in Zeitschr. f. wissensch. Bot. von Nägeli u. Schleiden, I. — Nägeli, Wachsthumsgesch. von Pterothamnion ete. in Pflanzenphysiol. Unter- such. von Nägeli u. Cramer, Heft 1. — Weitere Literatur bei einzelnen Familien. 112 Florideae. Auftreten eines eigenthümlichen rothen Farbstoffes neben dem Chlorophyll im Zellenplasma bedingt sind. Dieser Farbstoff, das Phycoerythrint ist aus todten Pflanzen durch kaltes Wasser ausziehbar; seine Lösung erscheint im durchfallenden Lichte karminroth, im auffallenden zeigt sie eine lebhafte Fluoreseenz in Gelb oder Grün (letzteres bei Rytiphlaea?).. Kommen in den Zellen der Florideen Krystalloide des Protoplasma vor, wie z. B. bei Bornetia, so nehmen diese nach dem Tode der Pflanze den Farbstoff be- gierig auf. Aus längere Zeit in Kochsalzlösung aufbewahrten Pflanzen hat sie Cramer früher als Rhodospermin beschrieben und nach der Krystall- form als hexagonales und octaödrisches Rhodospermin unterschieden.” Dem Substrate (Felsen und Steine, Muschelschalen, grössere Algen) ist der Thallus der Rothtange mittelst eigener, oft wurzelähnlicher Haftorgane angeheftet, welche bei etwas höher organisirten Florideen (Plocamium, Cystoclonium ete.) aus zahlreichen parallelen, langgliederigen Zellenreihen gebildet sind. Solche Haftorgane können bei vielen Arten an beliebigen Stellen des Laubes entspringen und oft eigenthümliche Form annehmen, wie z. B. bei Nitophyllum uncinnatum. Hier entspringen von der gelappten Fläche des Thallus schlanke, Ausläufern ähnliche Sprosse, deren Ende schneckenförmig eingerollt und dazu bestimmt ist, benachbarte Algen oder andere fremde Gegenstände zu umklammern. Noch bevor sie dieses thun, entwickeln sie meist zahlreiche platte Haftorgane, und aus der convexen Seite derselben entspringen ein oder mehrere Tochtersprosse gleicher Form, die sich auch ihrerseits einkrümmen und Haftorgane erzeugen. Bis diese Sprosse geeignete Stützen finden, kann sich der gleiche Vorgang mehrere Male wiederholen. Der Thallus selbst beginnt im äusseren wie inneren Baue mit möglichst einfachen Formen. Bei den einfachsten Ceramiaceen besteht er aus faden- förmigen, verzweigten Zellenreihen, denen der. Confervaceen ähnlich: er ist monosiphon. Aber schon bei den etwas vollkommeneren Gliedern dieser Familie, sowie bei der Nemaliaceen-Gattung Batrachospermum, beginnt eine Berindung des Thallus, die oft derjenigen gewisser Characeen ($S. 86) ähnlich ist, manchmal nur den unteren Theil des Thallus betrifft, oft aber auch sich über sämmtliche Theile desselben erstreckt. Sie wird durch einfache oder verzweigste Zellenreihen gebildet, die von den untersten Gliederzellen der Aeste entspringen und an der Oberfläche des Stammes abwärts wachsen, mit ihm wie unter einander fest verschmelzend. Bei den Squamarieen ist der Thallus blattartig oder krustenartig, flach dem Substrate aufliegend und diesem mit.seiner Unterfläche angeheftet. Meistens aber zeigen die Florideen einen stammartig oder blattartig entwickelten, aufrecht wachsenden Theil des Thallus, dem seitlich in oft sehr bestimmter Anordnung ast- oder blattartige Zweige entspringen und der sich auf einem Querschnitte als ein aus vielen Zellenreihen bestehender flacher oder rundlicher Zellenkörper er- ! Rosanoff, Notice sur le pigment rouge des Floridees. Ann. d. sc. nat. ser. V. vol. IV. 320. Cohn, Beiträge zur Physiologie der Phycochromaceen und Florideen; Schultze’s Archiv f. mikrosk. Anat. III. 1. 2 Cramer, Ueber den rothen Farbstoff von Rytiphlaea tinetoria Ag. Viertel- Jahrsschrift d. naturf. Gesellsch. zu Zürich, VII. 365. ® Cramer, Das Rhodospermin, ein krystalloidischer, quellbarer Körper im Zellinhalte verschiedener Florideen; Vierteljahrsschr. d. nat. Ges. zu Zürich, VII. 350. Florideae, 1 13 weist (polysiphon ist). Eine Scheitelzelle bewirkt durch ihre für einzelne Gattungen verschiedenartige Theilungen in den allermeisten Fällen das Wachs- thum des Thallus und seiner Zweige, und nur bei den Squamarieen ist es eine ganze Reihe von Randzellen, welche das Wachsthum vermitteln. Aeste und Blätter werden dabei in der schon früher angedeuteten Weise (8. 93) so unterschieden, dass erstere ein unbegrenztes, letztere ein begrenztes Spitzenwachsthum zeigen. Bei manchen Florideen, wie Chondriopsis und Arten der Gattung Polysiphonia, ist auch Entwickelung von Achselknospen nachgewiesen worden.! Da die besonderen Eigenthümlichkeiten im Baue Merkmale der Familien und Gattungen geben, so sollen sie bei diesen in aller Kürze erläutert werden. Wie bei den meisten Fucaceen, so zeigen auch bei zahlreichen Flori- deen die Zellwände eine charakteristische Differenzirung in Schichten der Art, dass auch hier eine innere Lamelle der Membran derber und fester bleibt, während die Aussenlamellen zu Gallerte mehr oder minder quellen und zu einer oft mächtig entwickelten, schleimigen Intercellularsubstanz ver- schmelzen, die keine oder nur andeutungsweise Structur erkennen lässt: es sieht aus, als ob einer gallertweichen Grundsubstanz verschieden gestaltete Zellen eingebettet lägen (vgl. Fig. 34 B und Fig. 35 bei Chondrus crispus und Fig. 31). Eine eigenthümliche Ausnahme von dieser weichen Beschaffenheit des Gewebes machen die Corallineen, bei welchen die Membranen gewisser Thallustheile oder des ganzen Thallusgewebes so starke Inkrustirungen von kohlensaurem Kalke zeigen, dass die Pflanzen dadurch ihren merkwürdigen korallenartigen Habitus erhalten und steinhart werden. Eine ungeschlechtlich Fortpflanzung findet bei der Mehrzahl der Rothtange durch als Te- trasporen bezeichnete Brutzellen statt. Diese sind lebhaft roth gefärbte Zellen, welche meist zu vieren in ihrer Mutterzelle entstehen, in- dem sich das Protoplasma der letzteren durch zweimalige Zweitheilung (Fig. 31) in Kugel- quadranten, oder durch sofortige Viertheilung in Tetraöder theilt. Selten liegen die Brutzellen einzeln, oder zu zweien oder vieren in einer Reihe, oder zu achten in ihren Mutterzellen. Letztere sind bei den einfach gebauten Flori- Fig. 31. Dumontia filiformis J. Ag. deen äusserlich dem Thallus aufsitzende Zellen; Querschnitt aus der Rindenschicht bei den Ceramiaceen die Scheitelzellen kurzer ri: rasporen. m Mark. Vergr. 300. Zweige, bei Peissonellia zweigliederige Haare auf Nach Kützing. der Oberseite des Thallus. Meistens liegen aber die Tetrasporen-Mutterzellen dem Gewebe eingebettet, gewöhnlich unter der äussersten Zellenschichte desselben (Fig. 31, /). Ist der Thallus einschichtig, so verdicken sich die die Tetrasporen entwickelnden Stellen desselben durch ' Kny, Ueber Axillarknospen bei Florideen; Festschrift d. Gesellsch. natur- forsch. Freunde zu Berlin. 1873. Luerssen, Medicin.-pharm,. Botanik. 8 1 14 ? Florideae. Theilung parallel der Fläche, oder sie finden sich da, wo im blattartigen oder häutigen Thallus ein Mittelnerv vorhanden ist, diesem eingelagert. Nur bei wenigen Gattungen (Porphyra, Bangia) hat man amöbenartige Be- wegungen der Tetrasporen beobachtet. Sonst sind dieselben unbeweglich und ihre Keimung erfolgt unmittelbar oder kurze Zeit nach ihrem Austritt aus der Pflanze. Die geschlechtliche Fortpflanzung der Florideen beginnt nach Reinke’s neuester Mittheilung! bei Bangia wahrscheinlich mit einer direeten Copu- lation eines unbeweglichen Samenkörpers mit dem Ei. In den männlichen Fäden bilden sich durch wiederholte Zweitheilung der Zellen, welche im oberen Fadentheile beginnt und nach unten fortschreitet, zahlreiche kleine Zellen, welche durch Verflüssigung ihrer Mutterzellwände frei werden und als hautlose Zellen austreten, die dann sofort durch noch eine Tetraden- theilung in je vier kleine, farblose, nackte, unbewegliche Samenkörper zerfallen. In den weiblichen Fäden findet ebenfalls Theilung der Zellen durch radien- artig gestellte Längswände statt. Auch hier werden die keilförmigen Zellen durch Quellung der Wände frei; sie schwellen dabei etwas an, sind eben- falls hautlos und bestehen in ihrem vorderen spitzen Theile aus farblosem Plasma, während in ihrem diekeren Hintertheile ein nicht ganz scharf um- schriebener Zellkern von einem rothen Pigmentfleck verhüllt wird. Reinke betrachtet diese bewegungslosen Zellen als die Eier und beobachtete bei manchen von ihnen nach einiger Zeit auf dem schlanken Vorderende eine knopfartige Anschwellung, die er einer Copulation eines Samenkörpers mit einem Ei zuschreiben möchte. Ein Theil (wohl der befruchtete) der Eier hatte sich kugelig zusammengezogen und eine Cellulosemembran ausgeschie- den, sowie nach einiger Zeit farblose, zartwandige, später durch Querwände getheilte Wurzelhaare aussprossen lassen, während in der kleinen kugeligen Zelle Theilungen eintraten, deren weiterer Verlauf indessen nicht verfolgt werden konnte. Ueber die männlichen Organe der verwandten Gattung Porphyra vergleiche diese (S. 118). Der Befruchtungsprozess der einfach gebauten Nemalieen-Gattung Ba- trachospermum ist zuerst durch Solms-Laubach ? genauer bekannt geworden. Hier sind die männlichen Organe Antheridien: kleine, kugelige Zellchen, die völlig von einer farblosen, zahlreiche stark lichtbrechende Körnchen enthaltenden Protoplasmamasse ausgefüllt sind und welche in den Zweig- quirlen der Pflanze einzeln oder zu zweien an der Spitze eigener eiförmiger, dicht mit homogenem, farblosem Plasma erfüllter Trägerzellen sitzen. Zur Reifezeit öffnet sich das einzellige Antheridium ohne weitere Theilung und sein Inhalt schlüpft als ein kugeliger oder birnförmiger, wimpernloser und daher unbeweglicher Samenkörper aus, der in nächster Nähe liegen bleibt. Diese Samenkörper der Florideen, welche man früher Spermatozoiden nannte, hat man in neuerer Zeit wegen ihrer Unbeweglichkeit und wegen eigen- thümlicher, analoger Befruchtungsvorgänge bei den Flechten als Sperma- ! Reinke, Ueber die Geschlechtspflanzen von Bangia fusco-purpurea Lyngb. Jahrb. f. wissensch. Bot. XI. 274. 2 H. Graf zu Solms-Laubach, Ueber die Fruchtentwickelung von Batra- chospermum. Botan. Zeit. 1867. 8. 161. — Sirodot, Observations sur les pheno- menes essentiels de la fecondation chez les algues d’eau douce du genre Batra- chospermum. Comptes rendus, vol. 79. p. 1366. Florideae. 115 tien bezeichnet, um sie von den echten, frei beweglichen Spermatozoiden zu unterscheiden. Während der Bildung der Antheridien entstehen bei dem beobachteten Batrachospermum moniliforme am Ende einzelner Quirlzweige derselben Pflanze die weiblichen Organe. Die betreffenden Zweige hören dabei auf, sich durch Spitzenwachsthum zu verlängern und werden daher in das Innere der Quirle versenkt. Ihre Scheitelzelle selbst wandelt sich in den weiblichen Apparat um, dessen kleine eiförmige Basis (das eigentliche Carpogonium) durch einen kurzen, sehr engen und diekenwandigen Verbin- dungscanal in ein umgekehrt flaschen- oder keulenförmiges Endstück (die Triehogyne) übergeht. Wird ein Samenkörper durch die Bewegung des Wassers dem weiblichen Organe zugeschwemmt, so dass er der zartwandigen Spitze der Trichogyne anhaften bleibt, so findet Befruchtung statt. An der Stelle, wo Spermatium und Trichogyne einander berühren, wird die Mem- bran der letzteren gelöst, während sich um ersteres eine Membran bildet, die mit derjenigen der Trichogyne verschmilzt, so dass der Samenkörper wie ein Knopf letzterer aufsitzt, wobei die Plasmainhalte beider in directe Berührung treten. Samenkörper, welche nicht mit der Trichogyne ver- schmelzen, sterben rasch ab; solche, welche in sehr kurzer Entfernung von ihr liegen bleiben, treiben wohl auch einen kurzen Fortsatz, der mit der Triehogyne copulirt. Erste Folge der Befruchtung ist der völlige Verschluss des Verbindungscanales zwischen Carpogon und Trichogyne durch eine Quer- wand. Das Carpogon vergrössert sich und erhält nebst den beiden zunächst unter ihm gelegenen, sich gleichfalls vergrössernden Zellen seines Tragastes ein körniges, dunkel braungrünes Protoplasma, während aus seiner Ober- fläche zahlreiche kurze, gegliederte, mehrfach verzweigte Aeste hervorsprossen, die sich zu einem dichten, kugeligen Knäuel, Glomerulus genannt, durch einander schieben, und Trichogyne und Samenkörper allmählich verschrumpfen. Die äussersten Zellen des Glomerulus, welcher von einer Anzahl vegetativer Zweige locker umhüllt wird, haben schliesslich die Form gestutzter Kegel mit nach aussen gerichteter convexer Basis. Sie sind die eigentlichen Sporen, denn bei der Reife öffnen sie sich und ihr Inhalt entweicht als eine kugelige, anfänglich membranlose, später sich mit Zellhaut umhüllende Zelle, die so- fort mit einem Schlauche zur jungen Pflanze auskeimt. Da bei Batracho- spermum der Glomerulus mit seiner peripherischen Sporenschicht einer be- sonderen Fruchthülle entbehrt, so werden die Glomeruli in der systematischen Botanik auch als Keimhäufchen (favellae) bezeichnet. Solche nackte Keim- häufchen kommen auch bei den übrigen Nemalieen vor, doch ist bei diesen der weibliche Apparat anders gestaltet. Das auch hier einzellige, bauchige Carpogon (Fig. 32, I: o) geht bei Nemalion! auf seinem Scheitel unmittel- bar in ein langes, farbloses, zartwandiges Befruchtungshaar über (Fig. 32, I: £), dessen äusserster Spitze die bewegungslosen, kugeligen, farblosen Spermato- zoiden (Fig. 32, I: s) anhaften bleiben, um mit ihr ebenso zu verschmelzen, wie bei Batrachospermum. Die Antheridien sind auch hier kleine, kugelige, büschelig den Enden der Thalluszweige aufsitzende Zellen (Fig. 32, I: a), deren ganzer Inhalt als einziger Samenkörper ausgestossen wird. Nach der Befruchtung geht auch bei Nemalion die Trichogyne allmählich zu Grunde, ! Bornet et Thuret, Recherches sur la fecondation des Floridees. Ann. d. sc. nat. ser. V. vol. VH. 137, tab. 11—13. Se 11 6 Florideae. während sich das Carpogon durch Längswände in einem Zellenkörper theilt (Fig. 32, I), dessen Aussenzellen sich vorstülpen (Fig. 32, I, III) und zu kurzen Zweigen aussprossen, die ein knäueliges Köpfchen Bider (Fig. 32, IH, IV: e), das in seinen äussersten Zellen die Sporen repräsentirt. Complieirter wird der Befruchtungsvorgang mit seinen Folgen bei den- jenigen Florideen, bei welchen die Tricho- gyne nicht unmittel- bar den die Sporen erzeugenden Zellen aufsitzt, sondern wo das Carpogon schon vor der Befruchtung einen Zellenkörper (Fig. 32, V: ec) dar- stellt, dessen die Tri- chogyne tragende Zel- lenreihe als Tricho- phor bezeichnet wird. Diese Zellenreihe muss erst den Befruchtungs- stoff den die Sporen Fig. 32. I—-IV. Nemalion multifidum nach Thuret und Bornet: I Zweig Sg . mit Carpogonium und Antheridien; II—IV Verschiedene Stadien der entwickelnden Theilen L Sporenentwickelung. V. Lejolisia mediterranea, nach Bornet, mit An- des Carpogons zulei- theridium, Carpogon und reifer Frucht. « Antheridien, e und o Car- ten.! Bei den nieder- pogon, ti dessen Trichogyne, s Spermatien, / Frucht (halbirt), e Sporen. sten hierher gehören- den Formen wird vom befruchteten Carpogon noch ein Keimhäufchen erzeugt (so bei Herpothamnion), bei den höheren aber eine kapselartige Frucht (Blasenfrucht, Öystocarpium, Keramidium) gebildet, welche die Sporen einschliesst. Gleichzeitig werden hier manchmal die Samenkörper auch nicht mehr einzeln, sondern zu mehreren in den Antheridien erzeugt, wie bei Lejolisia (Fig. 32, V: a). In Bezug auf das Cystocarp selbst begegnen wir hier zwei Typen desselben. An dem einfacher gebauten, eylindrischen Thallus von Lejolisia (Fig. 32, V: f), der Polysiphonien und ähnlicher Formen steht es frei an der Seite der Thallusäste und besteht hier aus einer kapselartigen, parenchymatischen, später auf dem Scheitel offenen Hülle, welche die meist zahlreichen Sporen einschliesst. Letztere entwickeln sich als die Endzellen vieler kurzer, verzweigter Haare, welche einer cen- tralen Zelle des Carpogons entsprossen. Bei den meisten Florideen ist da- gegen das Cystocarp dem Thallusgewebe völlig eingesenkt (vgl. Fig. 34 A und Fig. 37), entweder an beliebigen Stellen oder an besonderen Aesten desselben vorkommend. Gewöhnlich ist es auch äusserlich durch eine an der betreffenden Stelle liegenden Anschwellung des Thallus kenntlich ge- macht, welche die Decke der Cystocarphöhle bildet und auf dem Scheitel eine enge ÖOeffinung besitzt. Die Sporen liegen dabei, je nach ihrer Bil- dungsweise, entweder in einem einzigen, von nur einer Gallerthülle um- ı Bornet et Thuret, 1. c. Florideae. i il 7 gebenen Ballen.oder Kerne, oder sie bilden mehrere solcher Ballen (Kerne), deren jeder von den anderen durch eine besondere Gallerthülle getrennt wird. Den eigenthümlichsten Befruchtungsprozess hat die Gattung Dudresnaya aufzuweisen. Bei dieser steht die an ihrem Grunde korkzieherartig ge- wundene, sehr lange Trichogyne auf ganz anderen Aesten der Pflanze, als die die Keimhäufchen entwickelnden Zellen, welche als kleine, fast kugelige Endzellen kurzer Zweige auftreten. Nach der Verschmelzung der Spermatien mit der Spitze der Trichogyne sprossen unterhalb der letzteren lange Schläuche hervor, die zu den Carpogonen hinwachsen, sich an diese legen und mit ihnen unter Lösung eines Wandstückes an der Berührungsstelle verschmelzen, indessen nicht ein einzelnes Carpogon befruchten, sondern nach Vereinigung mit einem solchen zu einem zweiten, dritten und vierten weiter wachsen, um auch auf diese den befruchtenden Stofi zu übertragen. In Folge der Befruchtung entsteht an der Vereinigungsstelle beider Geschlechtsorgane eine blasige Anschwellung, welche reichlich Plasma aufnimmt, darauf sich durch eine Scheidewand abgrenzt und nun ein Keimhäufchen erzeugt. Was die Vertheilung der Geschlechter bei den Florideen betrifit, so finden wir in dieser Ordnung sowohl monöcische als diöcische Formen, und häufig kommen auch geschlechtslose Formen bei manchen Arten vor, die nur Tetrasporen erzeugen. . Die meisten Rothtange sind Bewohner des salzigen Wassers, die in allen Meeren, wenn auch vorzüglich in denen wärmerer Klimate, verbreitet sind. Im süssen Wasser finden sich die Gattungen Batrachospermum, Thorea und Lemanea, so wie Arten der Gattungen Bangia und Hildenbrandtia. Die wichtigsten der in systematischen Werken unterschiedenen Familien lassen sich in folgender Weise übersichtlich zusammenstellen: I. Ohne Cystocarpien. Thallus fädig oder häutig-blattartig: Porphyraceae. II. Cystocarpien ohne Hülle, nackte Keimhäufchen darstellend. A. Keimhäufchen im Inneren des röhrenförmigen Thallus den Wänden auf- sitzend: Lemaneaceae. B. Keimhäufchen äusserlich. . a. Keimhäufchen aus radiär geordneten Fäden bestehend, einen durch Gallerte zusammengehaltenen Knäuel bildend, dessen peripherische Zellen zu den Sporen werden. Tetrasporen fehlen: Nemalieae. b. Keimhäufchen aus seitlich an den Zweigen stehenden, von Gallerte zusammengehaltenen, ordnungslos zusammengeballten Sporen gebildet. Tetrasporen vorhanden: Ceramiaceae. III. Mit echten Cystocarpien. A. In den Cystocarpien liegen die Sporen ordnungslos in von Gallerte um- gebenen Ballen, die einen einfachen oder zusammengesetzten Kern bilden. a. Cystocarp mit einfachem, von einer einzigen Gallerthülle umgebenen Kern: Cryptonemeae. b. Cystoecarp mit mehreren Sporenkernen, jeder von besonderer Gallert- hülle umgeben. 1. Jeder Kern des Cystocarps geht unmittelbar aus einer einzigen Zelle durch Theilung derselben in eine geringe Anzahl von Sporen hervor: Gigartineae. ’ Bornet et Thuret, 1 c, 118 Florideae. Porphyraceae. 2. Die sporenbildenden Fäden verzweigen sich wiederholt dichotom oder rispenartig und bilden in den Gliederzellen durch mehr- malige Theilung derselben die Sporen. * Thallus röhrenförmig, cylindrisch oder zusammengedrückt: Dumontieae. ** Thallus häutig-blattartig: Rhody menieae. B. In den Cystocarpien stehen die Sporen als einzelne oder reihenförmig ab- geschnürte Zellen an dem Ende büschelig gestellter Zweige. a. Thallus weich, nicht mit Kalk inkrustirt, nicht korallenartig. 1. Cystocarpien eingesenkt, nur zum Theil vorragend, mit rundlichen Sporen. * Thallus flach blattartig dem Substrate aufsitzend, oder kugelig: Squamarieae. ** Thallus aufrecht, eylindrisch, blattartig oder häutig. 0 Sporen einzeln auf den Enden der Fäden, letztere von den Wänden und Scheidewänden des ein- oder zweifäche- rigen Cystocarpes ausstrahlend: Gelidieae. 00 Sporen in perlschnurartigen Ketten auf Fäden im Grunde des Cystocarps stehend: Sphaerococcideae. 2. Cystocarpien äusserlich dem Thallus aufsitzend, mit birn- oder keulenförmigen Sporen: Rhodomeleae. b. Thallus durch starke Kalkeinlagerungen steinartig hart, korallenähn- lich, mit eingesenkten Cystocarpien: Corallineae. 65. Familie. Porphyraceae. Thallus fadenförmig, aus einer oder mehreren Zellenreihen gebildet, oder blattartig-häutig und aus einer Zellenschicht bestehend. Cystocarpien fehlend. Tetrasporen bekannt. Die kleine, Meeres- und Süsswasserformen enthaltende Familie wird von manchen Botanikern in die Nähe der Ulvaceen und Confervaceen gestellt, von denen sie aber durch die Fortpflanzungsorgane wesentlich abweicht. 1. Bangia Lyngb. - Thallus fadenförmig, rund oder platt, einfach oder ästig, aus einer oder (im fructificirenden Zustande) mehreren Zellenreihen gebildet. Fort- pflanzung durch ungeschlechtliche Brutzellen, die eine Zeit lang amöbenartige Bewegung zeigen, und Geschlechtszellen (S. 114). Die meisten Arten im Meere, einige im süssen Wasser, auf Steinen, Holz etc. kleine, lockere Rasen bildend. — B. atropurpurea Ag. Süsswasseralge, vorzüglich in Mühlgräben; Frankreich, Deutschland, Oesterreich; zerstreut. — B. fuscopurpurea Lyngb. Nordsee und Mittelmeer, häufig. 2. Porphyra Ag.! Thallus kurz gestielt, blattartig, häutig, aus einer Zellen- schicht gebildet. Meeresalgen bis zur Länge von 50 Centim. Nach Janczewski ist die gemeinsame Zellhaut der Thallusoberseite und -Unterseite stark verdickt und mit dünner Cuticula versehen; die senkrecht zur Laubfläche stehenden Wände werden von ihm Netz genannt. Bei der Reife wandelt sich bei P. leucosticta Thur. der ganze Laubrand in Sporen und Antheridien um. Die Sporen entstehen aus einer anschwellenden vegetativen Zelle, welche Protoplasma anhäuft und sich durch eine der Laubfläche parallele Wand theilt, worauf jede der beiden Zellen übers Kreuz in vier Zellen, die sogenannten Octosporen, zerfällt. Diese werden durch Verschleimung der Zellwände, von der nur die Cuticula ausgeschlossen bleibt, frei; sie sind hautlos und ohne Wimpern, zeigen aber amöbenartige Bewegung. Die Keimung erfolgt nach einiger Zeit und nach Abrundung der Zellen und Aus- scheidung einer Membran dadurch, dass sie zu einem cylindrischen Schlauche aus- wachsen. Die Entwickelung der Antheridien ist anfänglich die gleiche, wie bei ' Janczewski, Etudes anatomiques sur les Porphyra. Ann. d. sc. nat. ser, V. vol. XVII. 241. Porphyraceae. Lemaneaceae. 119 den Sporen; nur tbeilt sich jede der 8 Zellen noch einmal durch eine der Thallus- fläche paral!cle Wand und darauf nochmals übers Kreuz, so dass 64 Zellen ent- stehen, deren den Samenkörper bildendes Plasma fast farblos wird. Die Samen- körper treten wie die Sporen aus und zeigen keine Spur von Bewegung. Bei P. laciniata Ag. wurde die Keimung der Sporen bis zum Austreiben längerer, 2—3-mal durch Querwände getheilter Schläuche verfolgt. — P. vulgaris Ag. Sehr dünnhäutig, schlüpferig, bis fast 50 Centim. lang, eilanzettlich, ungetheilt, am Rande wellig.. Wird nebst der P. laciniata, deren Laub tief und unregel- mässig getheilt ist, namentlich an vielen westeuropäischen Küsten von den Be- wohnern zu Saucen verwendet. 66. Familie. Lemaneaceae.! Thallus fadenartig, röhrenförmig, in regelmässigen Abständen mit ringförmigen Anschwellungen (Lemanea) oder Wirteln warzenartiger Hervorragungen (Sacheria). Die Entwickelung aus der Spore beginnt mit der Bildung eines fädigen Vorkeimes (protonema), dem der Moose ähnlich, dessen erste Entstehung aus der Spore unbe- kannt ist. Derselbe wird bei Sacheria ciliata Sir. von regellos verästelten Zellenreihen gebildet, deren Glieder nach der Zweigspitze zu allmählich kürzer werden und hier auf kleinen seitlichen Zellen ein- bis dreizellige, zarte Härchen tragen, während aus den unteren Zellen gegliederte Wurzelhaare hervorgehen. Sobald letztere ein zur Anheftung geeignetes Substrat erreicht haben, bilden sie an ihrer fortwachsenden Spitze fortan nur kleine Zellen, die sich gegenseitig pseudoparenchymatisch abplatten. Aus der von ihnen gebildeten gewebartigen Schicht können neue aufrechte Vorkeimfäden abgehen. Bei Lemanea ist der Vorkeim grösser und reicher verzweigt. Jedes Protonema entwickelt in der Regel mehrere fruchttragende, borstenförmige Axen, welche als seitliche Zweige einer Gliederzelle desselben entstehen, durch wiederholte Quertheilung einer Scheitelzelle in die Länge wachsen und von den Zweigen des Vorkeimes durch bedeutendere Dicke der Gliederzellen, sowie durch die in letzteren auftretenden Längswände verschieden sind. Sie bewurzeln sich an ihrer Basis und zeigen einen sehr eigen- thümlichen Bau. Bei Sacheria ist der fruchttragende Thallus eine Röhre, deren Wand aus drei Zellenschichten besteht und durch deren Axe ein Faden geht, dessen Zellen eben so lang sind, wie jedes Thallusglied; an der Vereinigungsstelle ist die jeweilige untere Zelle etwas angeschwollen. Genau in der Mitte zwischen je zwei Wirteln der äusseren Warzen stellen vier horizontale, kreuzweise gestellte Zellen (Stützzellen) die Verbindung zwischen centralem Zellenstrang und Rinde her, auf der Innenfläche der letzteren noch je eine gegliederte Zellenreihe nach oben und unten sendend, die sich gabeln. kann und in der Mitte des Gliedes ihr Ende erreicht. Bei Lemanea ist der Bau noch complieirter. Jede der vier von dem axilen Zellenfaden entspringenden Stützzellen erreicht die Rinde nicht ganz, sondern steht mit letzterer wieder durch eine birnförmige Zelle in Verbindung, von der sich nach oben und unten senkrecht verlaufende peripherische Fäden ab- zweigen, deren Glieder abermals durch je 2—3 birnförmige Zellen an die Innen- wand der Thallusrinde gekettet sind. Ausserdem wird auch der axile Zellenstrang noch durch von den Stützzellen an deren Basis entspringende Zweige mit einer Art Rinde überzogen. Die Antheridien bedecken bei Sacheria die warzenförmigen Erhebungen, bei Lemanea die mittlere Zone der ringförmigen Anschwellungen der Thallusglieder als kleine, eylindrische, einzeln oder zu zweien auf dem Scheitel der Rindenzellen stehende Zellen. Die weiblichen Geschlechtsorgane entstehen bei Lemanea im Inneren des Thallus, in der Regel an der Aussenseite der peri- pherischen Fäden, seltener an einer der Zellen, welche diese mit der Rinde ver- binden. Nachdem ihre Mutterzelle durch eine Querwand abgegrenzt ist, wird sie ! Sirodot, Etude anatomique, organogenique et physiologique sur les algues d’eau douce de la famille des Lemaneacdes. Ann. d. sc. nat. ser. V. vol. XVI. — Sirodot, Ueber die Befruchtung bei der Gattung Lemanea; aus den Sitzungsbe- richten der Pariser Akademie 1870 übersetzt in Botan. Zeit. 1870. S. 354. — Wartmann, Beiträge zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte der Algen- gattung Lemanea; St, Gallen 1554. 120 Lemaneäceae. Nemalieae. durch wiederholte Quertheilung zu einem kurzen weniggliederigen Aestchen, das sich in das im jugendlichen Zustande noch lockere Gewebe der Rinde so ein- drängt, dass die kurze Trichogyne über die Aussenseite der letzteren vorragt, während der Trichophor-Apparat durch seinen eigenthümlich lichtbrechenden In- balt leicht von dem umschliessenden Rindengewebe unterscheidbar ist. Büschel- förmig verzweigte, gegliederte Fäden, die nach erfolgter Befruchtung nach innen aus dem Carpogon hervorsprossen, erzeugen in ihren kugeligen oder ellipsoidischen, von einer Gallerthülle zusammengehaltenen Endzellen die Sporen. Tetrasporen fehlen. — Die Lemaneaceen sind sämmtlich *Süsswasserbewohner, die nur in rasch fliessendem Wasser oder in Wasserfällen vorkommen. — Sacheria fluviatilis Sir., 8. torulosa und Lemanea nodosa Ktz. stellenweise in -Deutschland (z. B. im Harz). 67. Familie. Nemalieae (Batrachospermeae). Thallus fadenförmig, einfach, oder gabelig oder wirtelig verzweigt, selten monosiphon und durch senkrechte Fäden berindet, meistens mit einer aus faden- förmigen Zellen gebildeten Axe und einer aus kurzgliederigen, gabelig verzweigten, radial zur Axe gestellten Zellenreihen bestehenden Rinde. Keimhäufchen aus strahlig geordneten Zellreihen gebildet, die zu einem kugeligen, von Gallerte zusammen- gehaltenen Knäuel (glomerulus) verbunden sind und deren Endzellen zu den Sporen werden. Tetrasporen nur selten vorhanden. (Vgl. S. 114.) Meist gallertartig- schlüpferige Algen, theils im süssen Wasser, theils im Meere lebend; einige bis 60 Centim. Länge erreichend, die meisten jedoch klein. 1. Batrachospermum Roth.! Thallus fadenförmig, stark verzweigt, mono- siphon, durch senkrechte Fäden berindet, mit kugeligen, von Gallerte zusammen- gehaltenen, dichten Zweigquirlen und kugeligen Keimhäufchen an den Zweigen der Quirle. Das Stämmchen wächst durch eine kuppelförmige Scheitelzelle,- die durch Querwände Gliederzellen erzeugt, welche sich nicht weiter theilen, sich strecken und an beiden Enden etwas knochenförmig erweitern und am oberen Ende den Quirlzweigen den Ursprung geben. Letztere erscheinen als kurze, sich bald durch Querwand abgrenzende Papillen, die sich mittelst Spitzenwachsthum verlängern, sich gliedern und durch seitliche Sprossung einzelner ihrer Glieder- zellen sich verzweigen. Die Stammäste entstehen ohne Ordnung als Ausstülpungen von Gliederzellen, die dann durch Scheitelzelle weiter wachsen. Die Berindung des Stammes, an schwachen Exemplaren oft bis auf Spuren reducirt, wird durch nach abwärts gerichtete Auszweigungen der untersten Gliederzellen der Quirläste eingeleitet. Diese Auszweigungen wachsen dicht am Stamme abwärts, sich durch Quertheilung ihrer Scheitelzelle gliedernd und manchmal sich verzweigend; die fertigen Berindungszweige liegen dicht neben einander und bestehen aus langge- streckten, inhaltsarmen Zellen. Nach Sirodot’s Untersuchungen entwickelt sich aus der keimenden Spore wie bei deri Lemaneaceen ein Vorkeim, der bisher als Gattung Chantransia Fr. beschrieben wurde und mehrere Generationen hin- durch durch Sprossung an kurzen Zweigen knäuelig gestellte, einzellige, unge- schlechtliche Brutzellen erzeugen kann. Die keimende Spore theilt sich in zwei Zellen, von denen eine sofort zu einem gegliederten Wurzelhaare auswächst, welches den Vorkeim am Substrate festheftet, die andere durch Sprossung eine sphärische oder ellipsoidische Zelle erzeugt. Aus dieser zweiten Zelle sprosst eine dritte hervor und weiterhin wiederholen sich derartige Sprossungen aus beiden jungen Zellen und der Spore, die so zum Mittelpunkte strahlig ausgehender Zellen- reihen werden. Indem sich die Zwischenräume mit neuen Sprosszellen ausfüllen und die Zellen durch gegenseitigen Druck polyödrisch werden, entsteht ein falsches Zellgewebe, von dessen freier Oberfläche nun Sprossäste mit lang-cylindrischen Zellen entspringen, die Anlagen der jungen Chantransia, deren Zweige mittelst einer durch Querwände sich gliedernden Scheitelzelle wachsen und am Grunde ! Sirodot, Nouvelle classification des algues d’eau douce du genre Batracho- spermum. Comptes rendus, vol. 76. p. 1216. 1835. — Sirodot, Observations sur le developpement des algues d’eau douce comp. le genre Batrachospermum. Bullet. d. 1, soc. bot. de France, XXII. :128. Nemalieae. Ceramiaceae. 121 ; Rhizoiden erzeugen, aus deren Zellen wieder Chantransia-Zweige hervorsprossen können. Das Batrachospermum selbst erscheint schliesslich als ein Zweig solcher Chantransia-Aeste. Am leichtesten ist diese Entwickelung bei einjährigen Arten, schwieriger bei mehrjährigen zu verfolgen, oder dann, wenn die Chantransia sehr klein und leicht zu übersehen ist, oder das Batrachospermum nur auf alten Axen derselben erscheint, nachdem der gesammte obere Theil ihrer Verzweigungen ab- gefallen ist. Nach der verschiedenen Form der Trichogyne werden die Arten von Sirodot in vier Sectionen vertheilt. — B. moniliforme Roth. Violett, grün- lichbraun oder rothbraun. Bis zu 30 Centim. lang. Wie die anderen Arten in schlüpferigen, fluthenden Rasen, deren Zweige durch die Quirle perlschnurförmig erscheinen, in kalten Quellen und Gräben, namentlich aber in rasch fliessenden Gebirgsbächen wachsend. 2. Thorea Bory. Thallus fadenförmig, fiederig verzweigt, durch zahlreiche gabelige Fruchtästehen filzig. — Th. ramosissima Bory. Schwarzgrün, bis 30 Centim. lang. In Flüssen Frankreichs und im Rhein bei Worms und Strassburg. 3. Nemalion Dub. Thallus schlüpferig, wurmförmig, einfach oder spärlich gabelig verzweigt, die Axe aus verlängerten, markartig vereinigten, die Rinde aus kurzen horizontalen, dichotomen, kettenförmig gegliederten Fäden gebildet. Keim- häufchen der Rinde fast eingesenkt. Tetrasporen in äussersten Rindenzellen ent- stehend, tetraödrisch. Meeresbewohner von dunkel purpurrother Farbe. — N. mul- tifidum Ag. Dichotom getheilt, bis 50 Centim. lang. Westeuropäische Küsten, Ostsee. 4. Dudresnaya Bonnem. Thallus schlüpferig, fadenförmig, verzweigt, die Axe aus einem lockeren Netzwerk anastomosirender Fäden aus ceylindrischen Zellen gebildet, mit einer Schicht dicht liegender, longitudinaler Fäden bedeckt, die Rinde aus dichotom und trichotom verzweigten, büscheligen, kettenförmig gegliederten Fäden bestehend. Keimhäufchen peripherisch. Tetrasporen in den äussersten, an- geschwollenen Rindenzellen zu 4 in einer Reihe. (Befruchtung vgl. S. 117.) Meeres- bewohner. — D. coccinea Bonnem. Thallus stark und unregelmässig verzweigt, bis 20 Centim. lang, rosenroth. Atlantische Küsten Frankreichs und des südlichen Englands. 5. Liagora Lamour. Thallus fadenförmig, gabelig verzweigt, seine Rinde in der Jugend weich, später mit Kalk inkrustirt, die Keimhäufchen aus derselben hervorragend. — L. viscida Ag. Bis 7 Centim. hoch. In fast allen Meeren. 68. Familie. Ceramiaceae.! Thallus fadenförmig, gegliedert, monosiphon, nackt oder bis zu grösserer oder geringerer Höhe von unten auf durch fadenförmige Zweige berindet, verschieden- artig verzweigt. Keimhäufchen äusserlich an den Zweigen, ganz nackt oder von kurzen Aestchen locker umhüllt, gallertartige Massen ohne Ordnung zusammenge- häufter Sporen bildend. Tetrasporenbehälter äusserlich als metamorphosirte Seiten- zweige, oder Tetrasporen in Rindenzellen entstehend. Rosenrothe, meist sehr zarte, strauchartig verästelte, kleinere Algen, die nur im Meere auf Steinen oder grösseren Algen wachsen. 1. Ceramium Lyngb. Thallus fadenförmig, gabelig oder fiederartig ver- zweigt, meist nur an den Gelenken durch ohne Ordnung auftretende Zellen be- rindet. Keimhäufchen seitlich an den Aesten sitzend, von einigen Aestchen wie mit einer Art Hülle umgeben, ihre Sporen kantig und von gemeinsamer Gallert- hülle umschlossen. Tetrasporen in einzelnen Rindenzellen entstehend, tetra&drisch geordnet. Meistens kleine, mit haarfeinen bis borstenartigen Aesten versehene, rasenförmig auf Steinen, Muscheln und grösseren Algen wachsende Meeresbe- ı Nägeli, Beiträge zur Morphologie und Systematik der Ceramiaceae. Sitzungs- ber. d. Münchener Akad. 1861, II. 297. — Cramer, Physiol. system. Untersuch. über die Ceramiaceen, in Nägeli u. Cramer, Pflanzenphysiol. Untersuch. Heft 4 (1857). — Pringsheim, Beiträge zur Morphologie der Meeresalgen, S. 15, in Ab- handl. d. Berliner Akad. 1862, x 123 Ceramiaceae. Cryptonemeae. Gigartineae. wohner. — C. rubrum Ag. Eine robustere, bis 30 Centim. grosse, überall be- rindete, schön rosenrothe Art, die in allen Meeren ziemlich häufig ist. 2. Callithamnion Lynyb. Thallus fadenförmig, sehr verästelt, nackt oder nur an der Basis berindet. Keimhäufchen meist paarweise an den Aesten, nackt, oder nur von wenigen kurzen Aestchen hüllenartig gestützt, mit kantigen Sporen. Tetrasporen in einem einzelligen Aestchen oder in der Endzelle eines mehrzelligen Zweiges entstehend, tetraödrisch oder kreuzförmig gelagert. Meistens kleine, pur- purrothe oder rosenrothe, rasenförmig auf Steinen und grösseren Algen wachsende Meeresalgen mit haardünnen Aesten. — C. roseum Ag. Bis 10 Centim. hoch; an den atlantischen Küsten Europas häufig. 3. Ptilota Ag. Thallus flach, überall berindet, seine Zweige linealisch und kammartig gefiedert. Keimhäufchen auf der Spitze der Fiederäste, von einer aus zahlreichen Aestchen gebildeten Hülle umschlossen, mit kantigen Sporen. Tetra- sporen in einer Endzelle der kurzen Fiederästchen entstehend, tetraädrisch ge- lagert. Mittelgrosse, durch das federartige Aussehen ihrer Zweige ausgezeichnete Meeresalgen. — P. plumosa Ag. Sehr ästig, bis 30 Centim. lang; nördliche Meere beider Hemisphären. 4. Griffithsia Ag. Thallus fadenförmig, wiederholt meist dichotom ver- zweigt, ohne Rinde. Keimhäufchen zu mehreren auf der Spitze kurzer Aeste, von zahlreichen, einfachen oder verästelten, gekrümmten und oft über den Fruchthaufen zusammengeneigten Zweigen eingehüllt. Kleinere bis mittelgrosse, rasenförmig wachsende, zarte Meeresalgen. — G. equisetifolia Ag. Atlantische Küsten Europas, Mittelmeer. 69. Familie. Uryptonemeae. Thallus verschieden gestaltet, sein markartiges Innere aus mehr oder minder fadenförmigen Zellen zusammengesetzt, die Rinde aus perlschnurartigen, senkrecht zur Längsaxe verlaufenden Zellenreihen gebildet (wie x in_Fig. 534 B und Fig. 35). Cystocarpien dem Thallus eingesenkt oder etwas hervorragend, aus einem von einer einzigen Gallerthülle umgebenen, einfachen Kerne gebildet, der aus zahl- reichen ohne Ordnung lagernden, abgerundet-kantigen Sporen besteht. Tetra- sporen häufig kreuzförmig gelagert. 1. Schizymenia Ag. Thallus fleischig, flach, ganz oder zerschlitzt, im Inneren mit einem soliden Marke aus dicht verflochtenen, gegliederten Fäden. Cystocarpien völlig eingesenkt. Tetrasporen kreuzförmig gelagert, einer inneren Rindenschicht eingesenkt. — S. edulis Ag. Thallus verkehrt eiförmig, gestielt, später unregelmässig geschlitzt, bis über 30 Centim. lang, dunkel roth. Atlantische Küsten Europas, Ostsee, Mittelmeer. 2. Halymenia Ag. Thallus gallertartig-häutig, zusammengedrückt bis blatt- artig flach, wiederholt gabelig oder fiederig verzweigt, mit grosser Höhlung, die von einem sehr lockeren Netzwerke gegliederter Fäden durchzogen wird. Cysto- carpien und Tetrasporen wie bei Schizymenia. — H. ligulata Ag. Bis 60 Üen- tim. lang. Atlantischer Ocean, Nordsee, Mittelmeer. 3. Furcellaria Lamour. Thallus cylindrisch, wiederholt gabelig verzweigt, mit einem soliden Marke aus dicht verflochtenen, aus cylindrischen Zellen be- stehenden Fäden, einer inneren Rinde aus senkrecht zur Längsaxe gestellten Reihen grösserer, blasenförmiger Zellen und einer äusseren Rinde aus eben solchen Reihen kleinerer, cylindrischer Zellen. Cystocarpien den schotenförmigen Ast- enden völlig eingesenkt, in einer mantelförmigen Schichte zwischen Mark und innerer Rinde in verticale Reihen geordnet, später oft verschmelzend. Tetrasporen der Innenrinde eingesenkt, zu vieren in einer Reihe liegend. — F. fastigiata Lamour. Bis 15 Centim. hoch, rasenförmig auf Steinen und Felsen der nordatlan- tischen Küsten. 70. Familie. Gigartineae. Thallus verschiedenartig gestaltet, mit einem Marke aus rundlichen oder fadenförmigen Zellen und einer Rinde, deren senkrecht zur Längsaxe Gigartineae: Chondrus. 123 gestellte Zellenreihen aus perlschnurartig an einander gereihten, rundlichen bis kugeligen Zellen bestehen (vgl. Fig. 34 B unter Chondrus und Fig. 37 unter Gigartina). Cystocarpien -dem Thallus eingesenkt, aus mehreren von besonderen Gallerthüllen umgebenen Kernen bestehend (vgl. 34 A), von Fig. 33. Chondrus erispus Lyngb. Drei verschiedene Formen der Pflanze in natürlicher Grösse, a mit Früchten. denen jeder aus einer Zelle des Thallus durch Theilung in eine Anzahl ohne Ordnung zusammengehäufter Sporen hervorgeht. Nur Meeresbewohner. 1. Chondrus Atz. Thallus fleischig, flach, wiederholt gabelig getheilt (Fig. 33). Cystocarpien eingesenkt und nicht oder nur wenig buckelig vor- ragend. Tetrasporen kreuzförmig gelagert, in kleine über die Thallusfläche vorragende Häufchen vereinigt. Ch. erispus Zyngb. (Fucus crispus Z., Sphaerococeus cerispus Ag. — 124 Gigartineae: Chondrus. Fig. 53). Von einem flachen, scheibenförmigen Haftorgane entspringen in der Regel mehrere ausdauernde, meist 4—15, seltener bis 30 Centim. hohe Pflanzen mit kurzem, oft fast eylinderischem Stiele und flacher, laubartiger Spreite. Letztere ist wiederholt gabelig getheilt, in Gestalt und Zahl der Lappen aber sehr variabel. Die typischen Formen sind die in Fig. 33 a abgebildeten mit schmalen, linealischen, gespreizten, mit den äussersten Aesten durch einander geschobenen, am Ende abgerundeten, gestutzten oder seicht ausgerandeten Segmenten. Fig. 33 e stellt eine ähnliche, kleinere Form in verschiedenen Alterszuständen dar, bei welcher die unteren Theile des Thallus bereits stärker blattartig verbreitert sind, und in Figur 33 5 wurde eine Varietät mit stark verbreiterten Thalluszweigen gezeichnet, die dann ge- wöhnlich zum Theil einander decken, oft an den Rändern wellig gekräuselt oder gar durch zahlreiche kurze Adventivsprosse unregelmässig gelappt sind. Die Farbe des Thallus wechselt eben so zwischen einem hellen Purpurroth bis tiefem Purpurbraun; getrocknet ist die Pflanze meist ledergelb. Im frischen Zustande ist der Thallus ferner gallertartig, getrocknet knorpelig SSYYyH. Sen A \ DE NZ N a! . 00 = 00% oa0%0n vou0 00% os 00 us Fig. 34. Chondrus erispus Lyngb. A Querschnitt durch einen fructificirenden Lappen des T'hallus, schwach vergrössert. B Stück eines solchen Querschnittes mit einem Theile des Cystokarpes. r Rinde. m Mark. s Sporen im Cystokarp. Vergr. 270. (daher Knorpeltang genannt). Die Cystocarpien sind eingesenkt, äusser- lich durch eine schwache, ovale Erhebung des Thallus angedeutet (Fig. 33 a), die oft nur auf einer Fläche desselben hervortritt und welcher dann auf der entgegengesetzten Seite eine flache Vertiefung entspricht. An sämmtlichen felsigen Küsten Westeuropas bis südwärts nach Gibraltar, ebenso an den Ostküsten Nordamerikas häufig. An den englischen Küsten dient die Alge der ärmeren Bevölkerung als Nahrungsmittel. Abbild. Berg u. Schmidt, Offic. Gew. Taf. XXX a. — Harvey, a. a. 0, IH, Wat’ 068; Gigartineae: Chondrus. 125 Droge: Carrageen (Caragaheen, Caragheen, Carraghen, Perlmoos, irlän- disches Moos), Ph. germ. 58; Ph. austr. 47; Ph. dan. 61; Ph. ross. 65; Ph. helv. 23; Cod. med. 45. — Flückig. Pharm. 140. Berg, Waarenk. 17 u. Atl. zur Waarenk. Taf. I. Fig. 6. — Präparate: Gelatina Carrageen, Ph. germ. 170; Ph. austr. 98; Ph. ross. 192. Pasta Cacao cum Caragheen, Ph. dan. 175. Ptisana, Gelatina et Saccharuretum de Fuco crispo, Cod. med. 349, 511, 521. Die käufliche Droge ist durch . Trocknen an der Sonne gebleicht und besitzt den eigenthümlichen Tanggeruch der meisten Meeresalgen und einen faden, schleimigen Geschmack. In kaltem Wasser quillt sie rasch schleimig auf, beim Kochen wird sie vollständig zu structurloser Gallerte gelöst. Auf dünnen Querschnitten zeigt das Carrageen eine aus radiär gestellten Zellen- reihen gebildete Rinde (Fig. 34 B: r u. Fig. 35, r), deren innere Zellen dick keulig bis birnförmig, deren äussere Zellen kugelig sind und gleichzeitig an Grösse abnehmen. Von der Fläche gesehen erscheint der Thallus bei schwächerer Vergrösserung daher fein punktirt. Das die Hauptmasse des Gewebes bil- dende gallertartige Mark (Fig. 34 B: m u. Fig. 35, m) be- steht im Inneren aus länger gestreckten, nach aussen und in der Umgebung der Cysto- carpien aus kürzeren Zellen, alle Zellen sehr unregelmässig, mit ästig ausgesackter, mit feinkörnigem Plasma dicht er- füllter Höhlung. Sämmtliche Zellwände zeigen eine- den Inhält unmittelbar umschlies- sende etwas derbere, aber dennoch sehr zarte Innenla- melle (Fig. 35) und gallert- artig gequollene Aussenschich- ten, die zu einer structurlosen, an Wasser sehr stark quel- Fig. 35. Chondrus cerispus Lyngh. Querschnitt aus dem lenden, die sogenannte Inter- äussersten Theile einer Kapselfrucht. c Cutieula. r Rinde. eellularsubstanz (Fie. 35. © m Markartiges Gewebe. ; Intercellularsubstanz, aus den 5 i - - ( 5 5 ) schleimigen Aussenschichten der Zellwände gebildet. s Spo- bildende Schleimmasse zusam- ne orgr. 600. mengeflossen sind. An der Oberfläche des Thallus zieht sich eine dünnere, dichtere, eutieulaähnliche Membranlamelle (Fig. 35, e) hin. In den Cystocarpien bemerkt man eine unbestimmte Zahl von Kernen (Fig. 34 A), jeder Kern aus ordnungslos in geringer Anzahl zusammengehäuften, kugeligen bis birnförmigen oder ganz unregelmässigen Sporen gebildet, welche an den Enden kurzer, mehrmals gabelig verzweigter Reihen kleiner Zellen erzeugt werden, die in den die 126 Gigartineae: Chondrus, Gigartina. Kerne scheidenden hellen Zwischenräumen sichtbar sind (Fig. 34 B: s und Fig. 35, s). Die Sporen selbst enthalten dasselbe feinkörnige Plasma der übrigen Zellen. Bestandtheile: Bassorin, die Hauptmasse der Alge bildend; ausserdem geringe Mengen von Jod und Brom, ferner Natronsalze etc. Verunreinigungen: Häufig mit anderen Algen, wie Furcellaria fasti- giata, Arten von Polysiphonia, Ceramium etc. gemengt. Ausserdem oft mit dichten Rasen von Membra- nipora pilosa (zu den Bryozo@n gehörig) überzogen. Ein Hauptbestandtheil ist jedoch fast regelmässig die ähnliche Gigartina mamillosa. 2. Gigartina Ag. Thal- lus gallertartig-fleischig, cy- lindrisch oder flach, verschie- denartig verzweigt, von ähn- lichem anatomischen Baue wie Chondrus. Cystocarpien in kurzen, papillösen oder eiför- migen und gestielten Aus- wüchsen der Thallusoberfläche (Fig. 37), sonst wie bei Chon- drus. Tetrasporen wie bei Chondrus. G. mamillosa 7. 4g. (Sphaerococeus mamillosus Ag. Mastocarpus mamillosus XKtz. — Fig. 36.) Von einem schei- benförmigen, häutigen Haft- organe entspringen in der Regel mehrere bis zu 20 Gen- tim. hohe Pflanzen von Fär- bung und Habitus des Chon- drus crispus, von dieser Art aber durch die nach einer Seite aufwärts gebogenen Ränder der Thalluszweige, welche letztere canalartig ver- tieft erscheinen lassen, sowie durch die in ellipsoidischen, kurz gestielten Papillen des R Laubes sitzenden Cystocarpien a ee Brandl emerasorvansit. (519.37) leicht unterscheidbar, Natürl. Grösse. An den gleichen Stand- orten mit Chondrus crispus wachsend und wie letztere als Carrageen gesammelt, wenn auch nicht immer in überwiegender Menge in der Droge vorhanden. Verwendung, Bau, Be- standtheile etc. sind denen von Chondrus crispus gleich. Gigartineae. Dumontieae. Rhodymenieae. 1237 Abbild. Harvey, a. a. O. III. Taf. 199. — Berg u. Schmidt, Offiein. Gew. Taf. XXX a, Fig. A. 3. Phyllophora Grev. Thallus gestielt, häutig oder knorpelig, blattartig, wiederholt gabelig getheilt, die Lappen oft unterhalb der Spitze aus der Thallus- fläche sprossend, nervenlos oder mit Mittelrippe, aus eckigen, nach aussen all- mählich kleiner werdenden Zellen gebildet. Cystocarpien oberflächlich in sitzen- den oder gestielten, kugeligen oder eiförmigen, oft warzigen Tuberkeln. Tetra- sporen wie bei Chondrus. — P. rubens Gre., P. membranifolia Ag. und P. Brodiaei Ag., bis 20 Centim. hoch, an den europäischen Küsten ziemlich häufig. 71. Familie. Dumontieae. Thallus gallertartig weich, cylindrisch oder flach, oder röhrig, oder von einem lockeren Netzwerk fädiger Zellenreihen durchzogen und dichotom, fiederig oder quirlig verzweigt. Cystocarpien eingesenkt oder wie bei Gigartina frei, mit einfachem Kern, der die Sporen ohne Ordnung zusammen- gehäuft enthält; die sporenbildenden Fäden gegliedert, wiederholt gabelig oder rispenartig verzweigt, in den später verbreiterten Zellen die Sporen durch mehrfache Theilung er- zeugend. Tetrasporen dem Thallus eingesenkt. Kleinere, rasenförmig wachsende Meeresalgen. 1. Chylocladia Grev. Thallus faden- förmig, ästig, ununterbrochen röhrig. Cysto- carpien oberflächlich. Tetrasporen tetraedrisch. — Ch. clavellosa Grev. Europäische Küsten. 2. Catenella Grev. Thallus fadenförmig, ästig, sämmtliche Verzweigungen durch Ein- schnürungen in spindelförmige oder kugelige, kettenartig an einander gereihte Glieder ge- theilt, im Inneren mit einem lockeren Netz- werke langgliederiger Zellenfäden. Cystocar- pien äusserlich in kleinen, kugeligen Aestchen. Tetrasporen reihenförmig gelagert. — C.opun- tia Grev. Etwa 3 Centim. hoch, rasenförmig; Fis. 37. Gigartina mamillosa J. Ag. an felsigen Küsten Europas. RER a A rg Mn = 3. Dumontia Ag. Cystocarpien dem EI Ur ee Thallus vollständig eingesenkt; Tetrasporen kreuzweise gelagert; sonst voriger Gattung ähnlich. — D. filiformis @rev. Bis 60 Centim. hoch. Europäische Küsten. 72. Familie. Rhodymenieae. Thallus blattartig-häutig, selten aufgeblasen-röhrig, gabelig oder fiederartig verzweigt, oder stengelartig und mit blattförmigen Zweigen, die Rinde aus kleineren, eckigen, unregelmässig gelagerten, das Innere aus grösseren, oft verlängerten Zellen gebildet. Cystocarpien äusserlich oder halb eingesenkt, kugelig oder halbkugelig, meistens mit mehreren oft mehr oder weniger zusammenfliessenden Kernen, jeder von einer besonderen Gallerthülle umgeben. Sporenbildende Fäden gegliedert, wiederholt gabelig oder rispenartig verzweigt, aus den oberen Gliederzellen durch Theilung die später ohne Ordnung liegenden Sporen erzeugend. Tetrasporen ohne Ordnung zerstreut oder in besonderen Zweigen, eingesenkt, verschieden getheilt. Kleinere und mittelgrosse Meeresalgen. 1. Rhodymenia Grev. Thallus blattartig-häutig, gestielt, gabelig oder hand- förmig getheilt, rippenlos, oft aus seiner Fläche sprossend. Cystocarpien zerstreut, halbkugelig, mit nur einem Kerne. Tetrasporen in kleinen Häufchen in der ober- flächlichen Zellenschicht, kreuzweise gelagert. — R. palmata Grev. Bis 30 Cen- 128 Rhodymenieae. Squamarieae. Gelidieae. - Sphaerocoecideae. tim. hoch. An den Küsten des atlantischen Oceans und Eismeeres. Wird hie und da gegessen und als Viehfutter benutzt. 2. Plocamium Harv. Thallus knorpelig-häutig, flach, kammartig zweizeilig gefiedert, die inneren Zellen oft eine Mittelrippe bildend. Cystocarpien sitzend und dann einzeln, oder gestielt und in Gruppen vereinigt. Tetrasporen in beson- deren Zweigen zweizeilig geordnet, reihenförmig getheilt. — P. coccineum Lyngb. Bis 30 Centim. hoch, sehr ästig, die Aeste schmal linealisch, rippenlos. Wie die übrigen Arten durch prächtig scharlachrothe Färbung ausgezeichnet. Mittelmeer, nördlicher atlantischer und grosser Ocean. 3. Hydrolapathum Post. et Rupr. 'Thallus blattartig, gestielt, mit Mittel- rippe und fiederförmigen, parallel verlaufenden Seitennerven. Cystocarpien und Tetrasporen in besonderen kleinen, der Mittelrippe entspringenden Blättchen, erstere kugelig und gestielt, letztere tetraödrisch getheilt. — H. sanguineum Stackh. (Delesseria sanguinea Lamour.) Bis 40 Centim. hoch, lanzettlich, am Rande wellig, durchscheinend. Atlantischer Ocean, Nord- und Ostsee. n 73. Familie. Squamarieae. Thallus kugelig, oder meistens krustenförmig oder hautartig und flach aus- gebreitet, gallertartig. Cystocarpien oberflächlich, die Sporen an den sporenbilden- den Fäden perlschnurartig an einander gereiht. Tetrasporen in oberflächlich ge- legenen, warzenartigen Häufchen oder gruppenweise in Höhlungen der Thallus- oberfläche. Kleine, höchstens nur wenige Centim. im Durchmesser haltende, auf Steinen oder grösseren Algen haftende Meeres- und Süsswasserbewohner. 1. Actinococcus Kütz. Thallus kugelig, gallertartig, aus perlschnurartig ge- gliederten Fäden bestehend. Cystocarpien unbekannt. Tetrasporen durch Kreuz- theilung einzelner Gliederzellen entstehend. — A. simplicifilum Ag. Rosen- rothe, senfkorngrosse Gallertkügelchen auf Chondrus cerispus in der Ostsee. 2. Hildenbrandtia Nardo. Thallus krustenartig, horizontal ausgebreitet, mit ganzer Unterfläche dem Substrate angeheftet, aus kleinen, fast cubischen, in verticale und horizontale Reihen geordneten Zellen bestehend. Cystocarpien nicht bekannt. Tetrasporen gruppenweise in Höhlungen der Thallusoberfläche, reihen- weise oder kreuzförmig getheilt. Auf Steinen und Muschelschalen im Meere und süssen Wasser. — H. rosea Ktz. Atlantischer Ocean. — H. rivularis Liebm. (H. rosea var. rivularis BDreb.) In Bächen und Flüssen Europas. 74. Familie. Gelidieae. Thallus eylindrisch, oder mehr oder weniger zusammengedrückt bis blatt- artig, fiederartig und zweizeilig verzweigt. Cystocarpien dem Thallus eingesenkt, halbkugelig vorragend, 1—2 fächerig, die sporenbildenden Fäden an den Wänden oder Scheidewänden, keulenförmig, gegliedert, mit einzeln endständigen, rundlichen Sporen. Tetrasporen kreuzweise getheilt. Gelidium Ag. Thallus eylindrisch oder zusammengedrückt, meistens linea- lisch, fiederförmig verzweigt, die zweifächerigen Cystocarpien beiderseits an den Enden der Fiederäste. — G. corneum Lamour. Bis 30 Centim. hoch, mit zu- sammengedrücktem, linealischem, wiederholt gefiedertem Thallus. In fast allen Meeren. 75. Familie. Sphaerococcideae. Thallus eylindrisch, dick blattartig oder häutig, mit oder ohne Rippe, die äusseren Zellen rundlich, zu verticalen Reihen geordnet, die inneren verlängert, zu längsverlaufenden Fäden vereinigt. Cystocarpien meistens dem Thallus einge- senkt und warzenartig vorragend, mit einfachem Kern, die sporenbildenden Fäden strahlig vom Grunde "des Cystocarps ausgehend, einfach oder wiederholt getheilt, mit perlschnurartig an einander gereihten, runden Sporen. Tetrasporen zerstreut dem Thallus eingesenkt oder in oberflächlichen Häufchen, kreuzförmig oder reihen- weise getheilt. Sphaerocoeeideae. Rhodomeleae. 129 . 1. Delesseria G@rev. Thallus meist blattartig häutig, verschieden verzweigt, mit einfacher oder getheilter Mittelrippe und Seitennerven. Cystocarpien auf der Mittelrippe oder auf kleineren Blättchen, flach warzenförmig vorragend, mit weit ausgedehnter sporenbildender Basis (Placenta), die sporenbildenden Fäden mehr- fach gabelig getheilt. Tetrasporen tetraödrisch. — D. alata Lamour. Atlan- tische Küsten Europas. 2. Nitophyllum Grev. Thallus mit oder ohne Rippe. Cystocarpien über den ganzen Thallus zerstreut, flach warzenförmig, die sporenbildenden Fäden fast kreisförmig ausgebreitet. Sonst wie vorige Gattung. — N. punctatum Harv. Bis über 1 Meter lang, aber meistens viel kleiner, wiederholt gabelig gelappt, sehr zart, rippenlos- Atlantische Küsten. 3. Sphaerococcus Grev. Thallus knorpelig-häutig, unten cylindrisch, nach oben flach, gabelig verzweigt, die Verzweigungen linealisch, am Rande wimperig- gezähnt, die mit einem Spitzchen gekrönten Oystocarpien in den Wimpern. Tetra- sporen reihenartig getheiltl. — 8. coronopifolius Ag. Bis 30 Centim. lang. Atlantischer Ocean und Mittelmeer. 4. Eucheuma Ag. Thallus fleischig-knorpelig, cylindrisch oder zusammen- gedrückt, gabelig oder fiederig verzweigt, mit einem Marke aus dicht verschlungenen, anastomosirenden Fäden, die nach aussen in eine mittlere Schicht runder Zellen verlaufen, welche wieder von einer äusseren Schichte kleiner, senkrecht zur Längs- axe in perlschnurartise Reihen geordneter Zellen überdeckt wird. Cystocarpien papillenartig vorragend, der Kern durch sterile, zwischen den sporenbildenden Fäden verlaufende Zellenreihen fast zusammengesetzt erscheinend. Tetrasporen zerstreut der Rinde eingesenkt, reihenförmig getheilt. In wärmeren Meeren. — E. spinosum Ag. und E. gelatinae Ag. des indischen Oceans werden in der Heimath als Gemüse gegessen und kommen auch unter dem Namen Agar-Agar (Alga spinosa) in den Handel. 5. Gracilaria Ag. Thallus cylindrich oder zusammengedrückt, fleischig, meist gabelig verzweigt. Cystocarpien in vielen Reihen dem Thallus eingesenkt, halbkugelig vorragend, mit fast zusammengesetztem Kerne. Tetrasporen zerstreut in etwas verdickten Zweigen, eingesenkt, kreuzweise getheilt. — G. confervoi- des Grev. Thallus eylindrisch, bis über 1 Meter lang, mit langen, fast unge- theilten Aesten. Fast in allen Meeren. — G. lichenoides Ag. (Sphaerococcus lichenoides Ag., Fucus lichenoides L.) Thallus eylindrisch, bis 10 Centim. lang, wiederholt gabelig getheilt, mit dünn fadenförmigen Aesten. Indischer Ocean. Giebt in kochendem Wasser eine reichliche, nahrhafte Gallerte, die in der Hei- math der Alge von Küstenbewohnern vielfach gegessen wird. Kommt unter dem Namen Fucus amylaceus (Alga ceylanica, Alga amylacea, Ceylonmoos) in den Handel, wird aber bei uns wohl kaum noch benutzt. 76. Familie. Rhodomeleae. Thallus eylindrisch, meist dünn fadenförmig, vielfach gabelig oder fiederig verzweigt, polysiphon oder oft auch bei gewissen Gattungen die Aeste ganz oder theilweise monosiphon, ungegliedert oder (dadurch, dass die peripherischen Zellen gleich lang sind und in gleicher Höhe stehen) gegliedert, nackt oder mit beson- deren Rindenfasern bedeckt. Cystocarpien äusserlich an den Aesten, sich regel- mässig auf dem Scheitel öffnend, die sporenbildenden Fäden einer im Grunde des Cystocarps befindlichen Placenta entspringend, strahlig, auf ihrer Spitze mit einer birn- oder keulenförmigen Spore. Tetrasporen meist in bestimmter Ordnung in den peripherischen Zellen auftretend, oft in besonders umgestalteten, als stichi- dia bezeichneten Aesten. Meist kleinere, rasen- oder strauchartig wachsende, oft den Confervaceen habituell ähnliche Meeresalgen. 1. Chondriopsis Ag. Thallus fadenförmig oder zusammengedrückt, viel- fach fiederig verzweigt, ungegliedert, berindet. Tetrasporen in ringförmig um die Aeste verlaufenden Zonen, tetraödrisch. Meistens in wärmeren Meeren. — Ch. tenuissima Ag. Bis 20 Centim. hoch, pyramidenförmig verästelt. Europäische, nordamerikanische und neuholländische Küsten. 2. Alsidium Ag. Thallus fadenförmig, gabelig oder fiederig verzweigt, alle Luerssen, Medicin.-pharm, Botanik. I 130 Rhodomeleae. Corallineae. Aeste polysiphon, gegliedert, doch die peripherischen Zellen nicht genau gleich lang. Tetrasporen in den Aesten, wechselständig, zu einer Spirallinie geordnet, tetraödrisch. — A. Helminthochorton Ktz. (Helminthochorton officinarum Lk., Sphaerococcus Helminthochortos Ag. — Nees v. Esenbeck, Plantae medicinales, Taf. 6.) Bis 4 Centim. hoch, borstendick, einfach oder wenig gabelig getheilt, frisch pur- purroth, trocken blass bräunlich. Mittelmeer und adriatisches Meer, namentlich an den Küsten Corsikas. Früher offieinell, jetzt wohl meistens nur noch als Volks- mittel im Gebrauch (aufgeführt im Cod. med. 67, 315, 469, 512 — Gigartina Hel- minthochorton Lamour.), als corsikanisches Wurmmoos (Helminthochorton, Alga Helminthochorton, Wurmtang) in den Handel kommend. Gewöhnlich ist aber diese Alge nur in geringerer Menge in der käuflichen Droge, oft gar nicht in der- selben enthalten. Neben ihr und statt ihrer kommt ein buntes Gemisch zahlreicher kleinerer Algen in der Handelswaare vor, von denen bald die eine, bald die andere vorherrscht, so namentlich Arten der Gattung Polysiphonia, ferner Cera- mium rubrum und andere Arten, Corallina officinalis, Furcellaria fastigiata, Gigar- tina acicularis, Rytiphlaea pinastroides, Padina pavonia u. s. w. 3. Rhodomela Ag. Thallus fadenförmig oder zusammengedrückt, fiederig verästelt, mit sehr ungleich langen, peripherischen Zellen und daher nicht ge- gliedert. Tetrasporen in den Aesten zweireihig und paarweise gegenüber stehend, tetraödrisch. — R. subfusca Ag. Bis 15 Centim. hoch. Küsten des nördlichen atlantischen und grossen Oceans. 4. Polysiphonia Grev. Thallus fadenförmig oder schwach zusammenge- drückt, vielfach verzweigt, sämmtliche Aeste polysiphon, aus einer Reihe centraler Zellen und aus gleich langen, regelmässig auf gleicher Höhe stehenden periphe- rischen Zellen bestehend, daher gegliedert: im Alter oft berindet. Tetrasporen in den Aesten wechselständig, zu einer Spirallinie geordnet, tetra@drisch. Artenreiche Gattung, vorzüglich in wärmeren Meeren, meist kleinere, filzige oder büschelige Rasen bildende, aber auch mittelgrosse, strauchartige Formen enthaltend. — P. parasitica Grev., P. obscura Ag.. P. urceolata Grev., P. violacea Grev., P. elongata Harv., P. fruticulosa Spr. ete. sind an europäischen Küsten häu- figere Formen. 5. Rytiphlaea Ag. Thallus ähnlich wie bei Polysiphonia. Tetrasporen in den Aesten paarweise gegenüber stehend, zweireihig, tetraädrisch. — R. tinctoria Ag. 6—8 Centim. hoch, dicht fiederästig, rasenförmig wachsend. Europäische Küsten. 6. Dasya Ag. Thallus fadenförmig oder zusammengedrückt, fiederig ver- zweigt, mit einer centralen Zellenreihe und peripherischen gleich langen und gleich hoch gestellten Zellen, daher gegliedert, nackt oder berindet, seine Aestchen ganz oder an der Spitze monosiphon, deshalb zart und weich und auf den Hauptästen des Thallus wie ein wolliger Ueberzug oder an den Astenden wie Pinsel erschei- nend. Tetrasporen in besonders gestalteten, aus monosiphonen oder polysiphonen Zweigen hervorgehenden, schotenförmigen Aesten (stichidia) meist ringförmigen Zonen eingesenkt, seltener spiralig geordnet, tetra@drisch getheilt. — D. coccinea Ag. Bis 30 Centim. lang, strauchartig. Europäische Küsten. 7. Laurencia Lamour. Thallus fadenförmig oder zusammengedrückt, fiederig verzweigt, mit doppelter Schicht innerer, oblonger, in ungleicher Höhe liegender Zellen ohne centrale Zellenreihe und äusserer einfacher Rindenschicht aus abge- rundet eckigen Zellen. Tetrasporen ohne Ordnung in den Astenden, tetraödrisch. — L. pinnatifida Lamour. Bis 15 Centim. hoch, zusammengedrückt, zweizeilig fiederästig. Europäische Küsten, häufig. Besitzt einen scharfen, pfefferartigen Geschmack und wird an den irischen und schottischen Küsten oft gegessen. 8. Lomentaria Lyngb. Thallus cylindrisch, wiederholt gabelig verzweigt, röhrig, durch zellige Querwände gefächert und dadurch oft auch äusserlich ge- gliedert, oft auch nur die Aeste hohl und der Stamm solid. Tetrasporen ohne Ord- nung in den Aesten liegend, tetraödrisch. — L. kaliformis Ag. Europäische Küsten. 77. Familie. Corallineae. Thallus frisch röthlich, abgestorben kalkartig weiss, in der Jugend weich und biegsam, später durch bedeutende Einlagerung von kohlensaurem Kalk Corallineae. Ascomyeetes. 131 steinartig hart, meist sehr zerbrechlich, korallenartig, selten krustenartig. oder blattartig und horizontal dem Substrate aufgewachsen, meistens aufrecht und faden- förmig, ceylindrisch, zusammengedrückt oder blattartig, in der Regel gegliedert, selten einfach, meistens gabelig oder fiederförmig verzweigt. Anatomischer Bau verschieden. Cystocarpien ganz eingesenkt, oder warzenartig aus dem Thallus vorragend, oder als metamorphosirte Aeste ganz äusserlich, auf dem Scheitel ge- öffnet. Tetrasporen eingesenkt. Vorzüglich in Meeren wärmerer Klimate lebende Algen, die ihres korallenartigen Aussehens wegen früher ins Thierreich zu den Polypen gestellt wurden. i 1. Melobesia Lamour. Thallus krustenförmig oder blattartig, horizontal mit ganzer Unterfläche aufgewachsen, kreisrund oder unregelmässig gelappt, aus zwei Zellenschichten: oberen sehr kleinen, fast cubischen und unteren längeren Zellen, bestehend. Cystocarpien über die Oberfläche des Thallus zerstreut, eingesenkt, warzenartig vorragend. Auf grösseren Algen, Steinen, Muschelschalen etc. wach- sende kleinere Algen. — M. membranacea Lamour. ‚Wenige Millim. im Durch- messer haltende Scheiben auf Fucaceen und Zostera. In fast allen Meeren, vor- züglich an den atlantischen Küsten Europas. 2. Lithothamnion Phi. Thallus krustenförmig, knollenartig oder strauch- förmig, aus einer äusseren Schicht fast hexagonaler und einer inneren lang ob- longer Zellen gebildet. Cystocarpien zerstreut dem Thallus eingesenkt, oder warzig vorragend. Meere wärmerer Klimate. Früher zu der Korallen-Gattung Millepora (Nullipora) gerechnet. — L. polymorphum Aresch. Kalkige, harte, ganz unregel- mässige, häufig gelappte Krusten mit meist warziger Oberfläche bildend. An Felsen im atlantischen Ocean und Mittelmeere. 3. Jania Lamour. Thallus aufrecht, confervenartig, borsten- bis haarförmig, gegliedert, gabelig verzweigt, sehr zerbrechlich. Cystocarpien in angeschwollenen -Gliedern der Aeste. — J. rubens Lamour. 2—5 Centim. hohe Rasen bildend. Europäische Küsten. 4. Corallina Tourn. Thallus aufrecht, strauchartig, seine Aeste ceylindrisch oder etwas zusammengedrückt, gegliedert, fiederig verzweigt. Cystocarpien in an- eeschwollenen Gliedern der Fiederäste. Der anatomische Bau ist ein höchst zier- licher. Die verkalkten Glieder enthalten ein markartiges Gewebe aus fast cylin- drischen, an beiden Enden abgerundeten Zellen, die in Längsreihen geordnet sind und gleichzeitig in Folge gleicher Länge und gleich hoher Lage der Zellen schwach bogig gekrümmte Querzonen bilden. Nach dem Umfange des Gliedes zu biegen die Zellenreihen garbenförmig aus einander und gehen rasch in die aus sehr kurz eylindrischen bis aussen fast elliptischen, kleinen Zellen der Rinde über, die in senkrecht zur Längsaxe des Gliedes gestellte Reihen geordnet sind. An den zwischen den verkalkten Gliedern gelegenen nicht verkalkten, biegsamen, kürzeren, scharf abgesetzten Knoten des Thallus ist die Anordnung der Zellen dieselbe, aber die Zellenwände sind um vieles dicker und fast gallertartig weich, wodurch eben die Biegsamkeit des sonst starren Thallus in diesen Zonen bedingt wird. In fast allen Meeren verbreitete Gattung, nur den höchsten Polarregionen fehlend. — 0. offi- cinalis L. Rasenartig wachsend, bis 6 Centim. hoch, zwei- bis dreifach fieder- förmig verzweigt, die Glieder keulenförmig und etwas zusammengedrückt, die Cystocarpien eiförmige, das Endglied eines Astes bildend, daher gestielt. Sehr gemeine und formenreiche Art; an allen europäischen Küsten. War früher als Korallenmoos (Muscus corallinus, Alga corallina) officinell. II. Reihe. Chlorophylifreie Formen (Pilze). 17. Ordnung. Ascomycetes. Die Ordnung der Ascomyceten oder Schlauchpilze ist bei allen sonstigen Verschiedenheiten ihrer äusserst zahlreichen, mannigfaltig wechselnden For- men dadurch charakterisirt, dass sich ihre Sporen (Schlauchsporen, Asco- sporen oder Thecasporen) in besonderen Zellen ausbilden, die in grösserer 9* 132 Ascomycetes. oder geringerer Zahl im Inneren oder auf der Oberfläche der Fruchtkörper entwickelt werden. Jede solche Zelle heisst Sporenschlauch, Ascus oder Theca; die von den sämmtlichen Sporenschläuchen gebildete Schicht des Fruchtkörpers wird als Hymenium oder Sporenlager bezeichnet, das Ge- webe des Fruchtkörpers, von dem die Schläuche entspringen, als subhyme- niales Gewebe. Häufig stehen im Hymenium zwischen den Sporenschläuchen noch mehr oder minder zahlreiche, ein- oder mehrzellige, einfache, seltener verzweigte Haare (Fig. 38, d), die auch bei anderen Ordnungen bereits (S. 105) erwähnten Saftfäden oder Paraphysen. Fig. 38. Peziza confluens Pers. a—c Drei Schläuche verschiedenen Alters, mit einer Paraphyse (d) von einem Stücke des subhymenialen Gewebes entspringend. e— Er- wachsene Sporenschläuche: e—g die Vermehrung der Zellkerne, h junge Sporen und i reife Sporen zeigend. Vergr. 390. Nach De Bary. Die Asci oder Sporenschläuche sind in den allermeisten Fällen schlank keulenförmig (Fig. 33) und besitzen diese Form bereits in frühester Jugend kurz nach ihrer Entstehung (Fig. 38, a); seltener sind sie breit oval oder selbst kugelig und gestielt. Die Zahl der in ihnen erzeugten Sporen be- trägt in der Regel acht, seltener zwei, vier, sechzehn oder darüber hinaus und ist im letzteren Falle schwankend. Die Sporen selbst entstehen auf dem Wege der freien Zellbildung, bei welcher bekanntlich nur ein Theil des in der Mutterzelle vorhandenen Protoplasmas zur Erzeugung der Tochter- zellen verwendet wird. Nach der von De Bary! gegebenen Darstellung findet bei Peziza confluens Pers., einer zu den Discomyceten oder Scheiben- pilzen gehörenden Gattung, die Sporenbildung in folgender Weise statt. In ! De Bary, Ueber die Fruchtentwiekelung der Ascomyceten, Leipzig 1863; S. 10, Taf. 2. — De Bary, Morphologie und Physiologie der Pilze, Flechten und Ascomyecetes. 133 den kleinsten Schläuchen (Fig. 38, «) besteht der Inhalt aus feinkörnigem Plasma, in dem einige Vacuolen sichtbar sind, aber noch kein Zellkern vor- handen ist. Erst wenn sie ein Drittel bis die Hälfte ihrer definitiven Länge erreicht haben, erscheint der Zellkern als ein durchsichtiger, runder Körper mit stark lichtbrechendem, kugeligen Kernkörperchen (Fig. 38, b: der Körper in der Mitte des Schlauches). Mit dem weiteren Wachsthume des Ascus rückt das Protoplasma immer mehr in den oberen Theil desselben (Fig. 38, e); der untere Theil des Schlauches ist oft bis zu zwei Drittel seiner Länge mit wasserheller Flüssigkeit und einem nur sehr dünnen proto- plasmatischen Wandbeleg erfüllt. Das Protoplasma im oberen Schlauchende ist zunächst unter dem Scheitel des Ascus von zahlreichen kleinen Vacuolen durchsetzt, während seine untere Portion homogen ist und den Zellenkern enthält (Fig. 38, e). Jod färbt in diesem Entwicklungsstadium alles Proto- plasma gelb oder hell gelbbraun. Die Sporenbildung wird nun in dem er- wachsenen Ascus dadurch eingeleitet, dass statt des einen Zellkerns zwei secundäre, kleinere Kerne auftreten (Fig. 38, f); dann findet man vier (Fig. 38, e) und endlich acht Kerne (Fig. 38, g). Ob diese Vermehrung der häufig paarweise neben einander liegenden Zellenkerne durch Theilung erfolgt, oder ob die vorhandenen jedesmal verschwinden und die der höheren Ordnung neu gebildet werden, ist nicht sicher ermittelt. Die acht Kerne letzter Ordnung gruppiren sich in ziemlich gleiche Entfernung von einander und nun sieht man bald um jeden eine runde Plasmaportion angehäuft, die von dem übrigen Protoplasma durch grössere Durchsichtigkeit ausgezeichnet und durch eine sehr zarte Linie abgegrenzt ist (Fig. 38, k). Diese Körper, welche durchaus gleichzeitig entstehen, sind die Anlagen der Sporen. Diese ordnen sich nun in eine Reihe hinter einander, wachsen auf mehr als das Doppelte ihrer ursprünglichen Grösse, nehmen elliptische Gestalt an und umhüllen sich mit einer dünnen, aber festen, farblosen Membran, durch welche der Zellkern noch deutlich sichtbar ist (Fig. 38, ©). Das von der Sporenbildung ausgeschlossene Protoplasma verbreitet sich nach der Anlage der Sporen wieder mehr in den unteren Theil des Schlauches, wird durch zahlreiche Vacuolen schaumig, verschwindet übrigens mit der weiteren Ausbildung der Sporen mehr und mehr, indem es wohl zur Ernährung der letzteren ver- wendet wird, und bleibt schliesslich nur noch in einer dünnen, wandstän- digen Schicht übrig. Gleichzeitig ändert aber die als Epiplasma bezeich- nete Protoplasmamasse nach Entstehung der Sporen ihr Verhalten gegen Jod, indem sie selbst mit sehr verdünnter Lösung des letzteren eine roth- braune oder violettbraune Färbung annimmt. Auch sonst zeichnet sich das Epiplasma vor dem Protoplasma der Sporen durch eigenthümlich homogen- glänzendes Aussehen und stärkere Lichtbrechung aus, Bei anderen Ascomyceten tritt schon vor Beginn der Sporenbildung eine Sonderung des zuerst gleichförmigen Schlauchinhaltes in Protoplasma, welches den Zellkern einschliesst und in die Sporen umgeformt wird, und Epiplasma ein; ersteres sammelt sich in den meisten Fällen im oberen Myxomyceten; als 2. Band von Hofmeister’s Handbuch d. physiologischen Botanik. Leipzig 1866; S. 101. Letzteres Werk ist in Bezug auf Morphologie und Ent- wickelungsgeschichte bei allen folgenden Ordnungen der Carposporeen zu ver- gleichen! © 134 Ascomycetes. Drittel oder Viertel des Schlauches, selten in einer in der Mitte des letz- teren liegenden Querzone an, während das in der Regel zahlreiche Vacuolen enthaltende Epiplasma den unteren Raum des Ascus erfüllt. Bei noch anderen Arten (vielen Discomyceten) unterbleibt eine Sonderung in Proto- plasma und Epiplasma ganz. Auch das Verhalten des Zellkernes ist oft ein anderes, als bei Peziza confluens, da in vielen Fällen statt des primären Kernes sofort acht secundäre Kerne mit den Sporenanlagen gleichzeitig er- scheinen (z. B. bei Ascobolus furfuraceus). Bei einzelnen Schlauchpilzen, wie Exoascus Pruni, ist weder in den Schläuchen, noch in den Sporen ein Zellkern sichtbar. Eine weitere Ausnahme machen noch die Trüffeln oder Tuberaceen, deren Sporen sich nicht gleichzeitig, sondern nach einander und in unbestimmter Zahl im Ascus entwickeln, so dass neben schon beträcht- lich herangewachsenen Sporen noch die jüngsten Anlagen anderer sicht bar sind. Die Membran der Sporenschläuche färbt sich bei vielen Ascomyceten durch wässerige Jodlösung ganz oder zum Theil blau; bei anderen wird sie nur gelb gefärbt oder sie bleibt farblos. Sie ist farblos und durchsichtig, oft zähe und dehnbar, ‘oft auch gallertartig weich, in vielen Fällen einfach und ungeschichtet, in anderen jedoch durch oft scharf ausgeprägte Schich- tung ausgezeichnet, manchmal überall gleich dick, manchmal auch am Scheitel des Ascus stärker verdickt und mit einem longitudinalen, nach aussen ge- schlossenen Tüpfelcanale versehen. Die Sporen werden bei wenigen Schlauchpilzen (Trüffeln) erst durch Zerstörung des Fruchtkörpers frei; bei den meisten werden sie nach der Reife des letzteren in irgend einer Weise aus den Schläuchen entleert. Diese Entleerung erfolgt bei den beobachteten Discomyceten in Folge da- von, dass nur anfangs die dünne und wenig quellbare Schlauchmembran in demselben Maasse wächst, wie sich die Inhaltsflüssigkeit vermehrt, so dass sie später mit weiterer Anhäufung der letzteren um ein Viertel bis ein Drittel ihres Umfanges mechanisch gedehnt wird, dabei aber eine hohe Elasticität behält. Eine in oder nahe dem Scheitel des Schlauches gelegene Stelle, die Rissstelle, ist vor der übrigen Wand durch geringere Dehnbar- keit und Festigkeit ausgezeichnet. Hier giebt schliesslich die dem Drucke des Schlauchinhaltes lange widerstehende Membran nach; sie öffnet sich am Scheitel, die elastische Wand des Ascus zieht sich in demselben Augenblicke kräftig zusammen, die Sporen und ein Theil des übrigen Inhaltes werden in Folge dessen zum Risse hinausgespritzt und die leere Schlauchmembran verschwindet unter der Oberfläche des Hymeniums zwischen den noch ge- füllten Schläuchen. Die Rissstelle des Schlauches ist bald der vorhin er- wähnte Tüpfelcanal, bald öfinet sich der Ascus mit einer unregelmässigen, vorher nicht angedeuteten Spalte, bald mit scharfem, ringförmigem Risse, der ein Stück des Scheitels wie einen Deckel abwirft. Bei der Mehrzahl der Discomyceten entleeren sich die Sporenschläuche sehr vereinzelt nach Maassgabe ihrer Reife. In manchen Fällen öffnen sich aber auch zahlreiche Asci gleichzeitig und stossen eine ganze Wolke von Sporen aus (sie stäuben), wenn man sie bewegt, oder den Behälter öffnet, in dem sie cultivirt wur- den, so dass sie rasch einer trockneren Luft ausgesetzt werden. Die Pyrenomyceten oder Kernpilze streuen ihre Sporen in anderer Weise aus. Hier quillt die reife Schlauchmembran zu einer in Wasser zer- Ascomycetes, 135 fliessenden Gallerte auf oder eine innere Schicht derselben quillt stark und sprengt die Aussenlamelle des Sporenschlauches am Scheitel, um sofort durch den entstandenen Riss als ein langer, schmaler, die Sporen und Inhalts- flüssigkeit aufnehmender Sack vorzutreten. Bei manchen Arten, wie Sphaeria Seirpi,: werden dann die Sporen einzeln zu einer im Scheitel des ausge- tretenen Sackes entstehenden Oeffnung hinausgeschleudert, bei anderen quillt der ganze Sporensack rasch zu einer verschwommenen Gallerte auf. In allen Fällen nun, in denen die reifen Sporenschläuche in eine Gallertmasse zerfliessen, wird diese sammt den ihr eingebetteten Sporen zur Mündung des Fruchtkörpers in Form einer zähen, tropfen- oder wurmartigen Masse hinausgepresst, sobald der Fruchtkörper aus seiner feuchten Umgebung noch Wasser aufnimmt und die Gallerte dadurch noch mehr quillt. In ihren übrigen Charakteren zeigen die Schlauchpilze, wie schon ge- sagt wurde, so vielfache Verschiedenheiten, dass diese bei den einzelnen Unterordnungen, Familien und Gattungen Erwähnung finden sollen; erstere sind bereits in der vorläufigen, auf Seite 109 gegebenen Uebersicht mit ihren wesentlichsten Merkmalen aufgeführt worden. Dagegen soll hier noch kurz auf die als Geschlechtsact gedeuteten Vor- gänge, die bei den einzelnen Familien eine speciellere Berücksichtigung finden, eingegangen werden, da hier in neuerer Zeit zwei verschiedene An- sichten einander gegenüber stehen. Bei einer Anzahl von Schlauchpilzen (Erysiphe, Eurotium, Gymnoascus, Peziza, Ascobolus, Penicillium ete.), die im Verhältniss zur grossen Menge der in dieser Ordnung auftretenden For- men allerdings gering genannt werden muss, wurden von verschiedenen Forschern am vegetativen Theile des Pilzes, am Mycelium, eigenthümliche Zellen nachgewiesen, die in ihrem paarweisen Vorkommen, so wie in der Art und Weise, wie sie mit einander in Verbindung treten, zu der Ver- muthung führen konnten, dass man es in ihnen mit Geschlechtsorganen. zu thun habe. Gestützt wurde eine derartige Ansicht dadurch, dass die als Geschlechtszellen bezeichneten Organe oft eine zweifache Gestalt zeigen, so dass die eine Zelle schon vor der Fruchtentwickelung bestimmt als weib- liche, die andere als männliche angesehen werden durfte, wobei die Ana- logie mit den Befruchtungsvorgängen bei anderen Thallophyten zu Gunsten einer solchen Auffassung sprach, noch mehr aber der Umstand, dass nur an solchen Stellen des Myceliums, welche die Geschlechtszellen zeigen, der Fruchtkörper entsteht. Ja es gelang sogar nachzuweisen, dass nur die eine Zelle, die weibliche, diejenigen Elemente des Fruchtkörpers erzeugt, welche schliesslich als letzte Aeste die oben erwähnten Asci mit den in ihnen ent- stehenden Ascosporen hervorbringen. In wie weit eine derartige Auffassung Berechtigung hat, wird aus den folgenden Abschnitten ersichtlich sein. Sie ist aber kürzlich von Brefeld. gelegentlich seiner Untersuchungen über die Basidiomyceten? angegriffen worden. Derselbe bemerkt, dass die von De Bary bei Eurotium und Erysiphe zuerst beobachteten, in Ascobolus und Penicillium später bestätigten Thatsachen nach nochmaliger genauester Revi- ı Pringsheim, Ueber das Austreten der Sporen von Sphaeria Scirpi aus ihren Schläuchen. Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. I. 189. .” Brefeld, Die Entwickelungsgeschichte der Basidiomyceten; Botan., Zeit. 1876. S. 49. 136 Asceomycetes. Gymnoasci. sion als durchaus richtig bestätigt werden können, sagt aber weiter: „diese Thatsachen, nach der einen Seite geeignet, eine Sexualität aus ihnen abzu- leiten, lassen nach einer anderen und zwar meiner jetzigen Auffassung auch noch eine andere Deutung zu, die nämlich, dass zur Fructification bestimmte Fäden oder Zellen an diesen in dem Aufbau eines Fruchtkörpers als solche in den ersten Anfängen desselben erkennbar werden und auch in dem wei- teren Entwickelungsgange erkennbar bleiben im Gegensatze zu den Ele- menten des Fruchtkörpers, die keine Sporen bilden sollen. - Diese frühe Differenzirung kommt nur in wenigen Fällen vor und ist in diesen zu Gunsten der Sexualität, bei welcher das Pollinodium immer ein bedenklicher Punkt war, gedeutet worden; sie existirt bei den meisten Ascomyceten nicht, z. B. bei Pezizen, die Sclerotien bilden; hier tritt die Differenzirung der fructifieirenden Hyphen als solche erst sehr spät auf, in anderen Fällen ist sie überhaupt nicht zu erkennen. Da hier die directe Beobachtung ihre Grenzen hat, so müssen experimentelle oder sehr kritisch geprüfte Versuche über die Sexualität entscheiden, wie ich sie hier bei Basidiomyceten ! aus- geführt habe. Alle zahlreichen Versuche, die ich bis jetzt gemacht, ent- scheiden gegen die Sexualität der Ascomyceten zu Gunsten der zweiten Deutung. Das Pollinodium kann auch als erster Hüllschlauch angesehen werden; die Untersuchung von Peziza confluens wird hierüber Entscheidung geben.“ 1. Unterordnung. Gymnoasei. 78. Familie. Gymnoasci. n Die Sporenschläuche (asci) sind nicht von einem Fruchtkörper umschlossen, sondern entstehen frei und unmittelbar, in kleinen Gruppen oder in dichten Lagern an Aesten des Myceliums. Es gehören hierher nur wenige, mikroskopisch kleine Formen, welche theils auf Mist, theils parasitisch auf lebenden Pflanzen vorkommen und in letzterem Falle oft eigenthümliche Umgestaltungen der befallenen Organe hervorrufen. 1. Gymnoascus Baran.” Die. einzige bekannte Art, G. Reessii Baran., lebt auf Pferde- und Schafmist, auf denen sie in Gestalt kleiner, rundlicher oder unregelmässiger, polsterartiger, erst schneeweisser, später orangegelber Flocken erscheint. Die sehr kleinen ovalen Sporen keimen mittelst einer blasigen Aus- stülpung der Innenhaut, die an einem, seltener an beiden Enden der Spore zu einem Riss der äusseren, harten Membran derselben hervortritt und sich bald in einen dünnen, zartwandigen Schlauch verlängert. Letzterer gliedert sich durch Querwände in Zellen von ungleicher Länge, verzweigt sich reichlich und seine Aeste schieben sich vielfach über und durch einander, ein filziges oder flockiges Mycelium bildend, dessen einzelne Fäden und Aeste auch hier, wie bei anderen Pilzen, als Hyphen bezeichnet werden. Nach einiger Zeit treten auf dem Myce- lium an einzelnen Stellen, und zwar stets rechts und links neben einer Querwand der betreffenden (hier etwas keulig anschwellenden) Hyphen, paarweise kurze Pa- pillen hervor (Fig. 39 A, a), die sich dicht an einander legen und zu kurzen, keuligen, spiralig einander umwachsenden Aesten verlängern (Fig. 39 A, b). Eine wirkliche Copulation dieser Aeste findet nie statt, da beide immer vollkommen ge- schlossen bleiben. Sie sind mit körnigem Protoplasma dicht erfüllt und erscheinen in diesem Entwickelungsstadium noch ungetheilt; auch sind sie weder jetzt noch später durch eine Scheidewand von der Hyphe abgegrenzt, der sie aufsitzen und ' Siehe die Versuche in dem betreffenden Abschnitte der Basidiomyceten. * Baranetzky, Entwickelungsgeschichte des Gymnoascus Reessii; Botan. Zeit. 1872. S. 145. Taf. DI A. .Gymnoasei. 137 mit welcher sie für immer in offener Communication bleiben. Bis jetzt sind ferner beide Aeste einander vollständig gleich, von nun an befolgt jedoch jeder einen eigenen Entwickelungsgang. Das freie Ende der einen Zelle schwillt an, indem es die Form einer Kugel annimmt, welche sich sogleich durch eine Querwand von dem übrigen Theile abgliedert. Später treibt sie aus ihrem unteren Theile in unbestimmter Zahl kleine, warzige Ausstülpungen, die zu dünnen Fäden heran- wachsen, aber keine besondere Bedeutung haben (Fig. 39 A, e: untere Hälfte des Geschlechtsapparates). Dagegen gehen wichtigere Veränderungen mit der zweiten oder weiblichen Zelle vor sich, die mit der Bildung von Sporenschläuchen enden: sie ist das Carpogon oder Ascogon, die ascogene Zelle, welche von ihrer Schwesterzelle, dem Pollinodium, be- fruchtet wird. Das beweisen nach Bara- netzky solche anomale Zustände, wo an einer Stelle nur eine solche Zelle zur Entwickelung kommt und in solchen Fällen diese Zelle ungehindert dieselbe Ent- wickelungsstufe, dieselbe Form und Grösse erreicht, die sie auch bei normalen Ver- hältnissen im Befruchtungsstadium zu zeigen pflegt, ohne aber einen Schritt darüber hinaus zu gehen. Bei weiterer Ausbildung der ascogenen Zelle treibt diese auf dem Scheitel einen dünnen, cy- ‚lindrischen Schlauch, der sich durch eine Querwand abgrenzt, sich auf das ange- schwollene Ende der anderen Zelle legt und rinsgförmig einmal um diese herum- wächst, ohne aber mit ihr zu verwachsen. Fig. 39. A Gymnoascus Reessi. (Vergr. Gleichzeitig wird er durch Querwände in En 600) nach Baranetzky: a erste Anlage der eine Reihe kurzer, später nicht selten Ren Dee Sumarkölte rn £ eschlechtsorgane; ce Entwickelung des Sporen- nach 5 aussen gewölbter Zellen getheilt lagers; d Stück desselben mit einzelnen Schläu- (Fig. 39 A, e: obere Hälfte des Geschlechts- chen. B Exoascus Pruni (Vergr. 400) nach De apparates). Aus einzelnen dieser Zellen Bary: «a Zwei Epidermiszellen der erkrankten (gewöhnlich nicht über zwei) wachsen Piaume mit Mycelium und Sporenlager; b junge eylindrische, nicht sehr lange Schläuche Schläuche, x Rest der aufgehobenen Cuticula. hervor, die sich reich verzweigen, bald dichte Büschel bilden, welche die ganze Oberfläche des primären Organes bedecken und deren kurze Aeste durch Querwände gegliedert werden. Die Aeste letzter Ordnung bilden auf ihren Spitzen Anschwellungen, auf denen wiederholt Warzen entstehen, so dass eigenthümlich gelappte Körper zum Vorschein kommen, die sich später in allen Theilen strecken, durch Querwände gliedern und in ihren letzten Verästelungen die gewöhnlich paarweise gestellten Sporenschläuche reprä- sentiren. Fig. 39 A, d stellt ein Stück eines solchen Zweiges mit auf verschie- denen Entwickelungsstufen befindlichen Schläuchen Jar. Letztere sind verkehrt eiförmig bis birnförmig und erzeugen in ihrem Inneren acht Sporen in der früher ($S. 132) angegebenen Weise, die später durch Vertrocknen und Zerstörung der Schlauchwand frei werden. Die ganzen Sporenmassen des Pilzes sind dann nur noch von einem Hyphenknäuel zusammengehalten, dessen Zellen schon vorher be- deutende Verdickung, Gelbfärbung und Verholzung der Wand erfuhren. Diese Hyphenknäuel bleiben daher auch erhalten; sie werden durch Zerstörung der Hyphen, welche das fructificirende Mycelium mit dem Substrate verbinden, frei und nun leicht von jedem Luftzuge fortgeweht, wobei die Sporen unvermeidlich und vollkommen durch die Lücken des Hyphengeflechtes ausgesäet werden. 2. Exoascus Fuckel.'“ Die zu dieser Gattung gehörende einzige Art, E. Pruni Fuckel (Taphrina Pruni Tul.), ist ein Parasit, welcher die als Taschen, ı De Bary, Exoaseus Pruni und die Taschen oder Narren der Pflaumen- bäume. Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pilze, I. 33. Taf. 3. (Ab- handl. d, Senkenberg. naturforsch. Gesellsch. zu Frankfurt a. M. V. 1864.) 138 Gymnoasei. Narren, Schoten, Hungerzwetschen etc. bezeichneten Missbildungen der Pflaumenfrüchte erzeugt, übrigens nicht allein in den Früchten von Prunus do- mestica vorkommt, sondern sich auch in denen von Prunus insititia, P. spinosa und P. Padus findet. Die jungen Taschen erscheinen gewöhnlich Anfangs Mai und sind dann von den nicht vom Pilze befallenen Früchtchen durch bleichere Farbe unterscheidbar. Sie wachsen rasch heran, werden bei der Hauspflaume bis 5 Ctm. und darüber lang, mehr oder minder zusammengedrückt und gekrümmt, so dass sie einer Erbsenfrucht verglichen werden können und auf der Oberfläche durch zahlreiche flache, unregelmässige Runzeln und Wärzchen uneben. Anfangs sind sie glänzend; später tritt auf der ganzen Oberfläche ein sehr zarter, glanzloser Ueberzug auf, einem Reif oder sehr feinen, sammetartigen Flaum gleich sehend, erst weiss, dann matt ockergelb. Zuletzt erhält die Oberfläche braune Flecke, Rasen fremder Schimmelpilze erscheinen, die Tasche schrumpft, wird missfarbig und fällt ab, lange bevor die gesunden Früchte auch nur halb ihre Ausbildung erreicht haben, oft schon 14 Tage nach dem Sichtbarwerden. Nie hat die Tasche einen Stein, stets im Inneren eine grosse, lufterfüllte Höhlung. Eine mikroskopische Untersuchung der jüngsten Taschen zeigt in den Gefässbündeln (und zwar im Weichbaste derselben) das Mycelium des Pilzes in Form zarter, durch zahlreiche Querwände gegliederter, verästelter Fäden, die von den Gefässbündeln aus bald in das Parenchym der jungen Frucht treten und hier zwischen den Zellen nach allen Richtungen fortwachsen, bis schliesslich meist das ganze Parenchym bis dicht unter die Epidermis vom Mycelium durchwuchert ist. Zuletzt treiben (ziemlich gleichzeitig an der ganzen Tasche) die unter der Oberhaut verlaufenden Fäden zahlreiche Zweige, welche zwischen die Zellen der Oberhaut und meist senk- recht gegen die Aussenfläche bis unter die Cuticula der Epidermiszellen vordringen (Fig. 89 B, a), hier, die Cuticula emporhebend, rechtwinkelig umbiegen und nun über die Aussenwände der Oberhautzellen hin wachsen. Sie bilden bald ein Netzwerk, das nur die Spaltöffnungen frei lässt, dessen reich gegliederte Fäden sich in einander schieben, aber nie über einander fort wachsen, so dass endlich eine lückenlose Schicht rundlicher Zellen, welche bedeutend kleiner als die Epi- dermiszellen selbst sind, die Oberfläche der Tasche zwischen Epidermis und Ou- ticula überzieht (Fig. 39 B, a: im Querschnitt durch die Tasche). Diese einfache Zellenlage ist die Anlage des Hymeniums des Exoascus. Jede ihrer Zellen streckt sich senkrecht zur Oberfläche zu einem keulenförmigen, auf dem Scheitel ab- gerundeten Schlauche, der die Cuticula durchbricht (Fig. 39 B, b), dichte Plasma- massen aufnimmt und in seinem untersten Ende durch eine Querwand gegliedert wird. Es wird somit aus jeder Zelle des Hymeniyms ein zweizelliger Körper, be- stehend aus dem plasmareichen Sporenschlauche’und einer diesen tragenden kurzen, wasserhellen Stielzelle. Die ganze Masse der dicht gedrängt stehenden Schläuche bildet jetzt den. feinen Flaum der fast reifen Tasche. Im oberen Theile des As- cus erscheinen dann gleichzeitig acht Sporen ohne Zellkern, die durch ihre später gelbliche Färbung auch die Färbung des erwähnten Flaumes verändern. Die rund- lichen oder breit ovalen Sporen werden durch einen unregelmässigen, im Ascus- scheitel entstehenden Riss ausgespritzt (S. 134). Sie treiben (manchmal bereits im Inneren des Schlauches) bei der Keimung hefeartige Sprosse (vgl. S. 26) in oft reichen Verbänden, sowohl dann, wenn sie auf der Oberfläche der Tasche liegen bleiben, als auch in Nährstofflösung; eine weitere Entwickelung, namentlich ihr Eindringen in die Triebe der Bäume, ist nicht bekannt. Dass der Pilz in letzte- ren schon vor dem Beginn der Taschenbildung vorhanden ist, geht daraus hervor, dass sein Mycelium durch die ganze Länge des Fruchtstieles bis häufig in den Bast des vorjährigen Zweiges verfolgt werden kann. Auch aus dem Umstande, dass. derselbe Baum viele Jahre hindurch Taschen erzeugt, lässt sich wohl auf eine Ueberwinterung des Myceliums in den jungen Zweigen schliessen, so dass zur Beseitigung der Krankheit Kinsammeln und Vernichtung der Taschen allein nicht hilft, sondern der Baum auch bis auf das ältere Holz zurückgeschnitten wer- den muss. Mehrere früher ebenfalls zur Gattung Exoascus gerechnete Parasiten werden Jetzt häufig als Ascomyces generisch getrennt. Unter diesen ist A. deformans Berk. dadurch berüchtigt, dass er sich in den Blättern der Pfirsichbäume an- siedelt und die Kräuselkrankheit derselben verursacht. A. Tosquinetii Westend. (Exoascus alni De B.) bildet auf Erlenblättern rundliche, graue Flecken, 139 Perisporiacei. 2. Unterordnung. Perisporiacei. 79. Familie. Perisporiacei (Erysiphei). Sporenschläuche meist dick keulenförmig bis eiförmig, elliptisch oder fast kugelig, meistens nicht mit Paraphysen gemischt, in kleine kugelige, kegelige oder keulige Fruchtkörper oder Perithecien eingeschlossen, die sich zur Reifezeit mit unregelmässigem Spalt, oder durch Auseinanderfallen oder Verwesung der Wand öffnen, nie auf ihrem Scheitel eine porenförmige Mündung besitzen, wie solche für die Mitglieder der folgenden Unterordnung charakteristisch ist. Saprophyten oder Parasiten, die sich ausser durch ihre Ascosporen häufig auch durch in grosser Menge erzeugte Conidien fortpflanzen. 1. Erysiphe Hedw. (Erysibe Rebent.)' Das Mycelium dieser als Mehlthau bekannten Gattung lebt auf der Oberfläche grüner, lebender Pflanzentheile, auf denen es weisse, spinnewebartige, später von den abfallenden Conidien wie mehlig bestäubt aussehende Ueberzüge bildet. Es ist zartwandig, farblos, durch Quer- wände gegliedert und treibt in einzelne Epidermiszellen Saugorgane oder Hausto- rien, die der Wirthpflanze Nahrung ent- ziehen und den Parasiten gleichzeitig an ersterer befestigen. Die Haustorien ent- springen bald direct der Unterseite eines Mycelfadens, bald scheibenförmigen (ein- fachen oder gelappten) Anschwellungen des- selben, dringen als zarte Röhrchen durch die Zellwand und schwellen innerhalb der Zelle dann oft blasig an. Senkrecht sich schon in früher Zeit vom Mycelium erhe- bende Aeste sind die Conidienträger, welche an ihrem Ende selten nur eine einzige, meistens eine ganze Kette von gewöhnlich tonnentörmigen Conidien (in derselben Folge, wie bei Cystopus — S. 79) abschnüren, die sofort keimfähig sind und neues Mycelium mit zahlreichen Conidienträgern erzeugen. Viele dieser Conidienformen von Erysiphe wurden früher, als man den Zusammen- hang mit Perithecien nicht kannte, zur Gattung Oidium gerechnet. Die Frucht- körper entstehen an der Kreuzungsstelle zweier Mycelfäden. Hier entspringen als kleine senkrechte Seitenzweige die Ge- Fig. 40. Eırysiphe Cichoracearum (Vergr. 390) nach De Bary. A Anlage der Geschleehts- organe. B Anlage des Peritheciums. Ü Das schlechtsorgane, das Carpogonium gewöhn- lich von dem unteren, das Pollinodium von dem oberen Faden. Ersteres (Fig. 40 A, ec) ist eine ovale, sich durch Querwand vom Perithecium bereits geschlossen. D Halbreifes Perithecium, welches den Inhalt durchscheinen lässt. p Pollinodium, ce Carpogonium, A Hüll- schläuche des Peritheciums, « Anhängsel des Mycelium abgrenzende Zelle, während der Beritheciums. ihr dieht angeschmiegte Schwesterast (Fig. 40 A, p) sich durch schlankere, eylindrische Form auszeichnet, auch durch Quer- wand vom Tragaste abgegliedert wird, sich aber nahe unter seiner Spitze noch ein- mal quer theilt (Fig. 40 B, p) und damit erst das eigentliche Pollinodium als kleine, stumpfe, terminale Zelle erzeugt, die sich über den Scheitel des Carpogoniums fort- krümmt. Bald nach Bildung des Pollinodiums treten unterhalb des Carpogons aus ‘ Leveille, Organisation et disposition methodique des especes qui com- posent le genre Erysiphe; Ann. d. science. natur. ser. Ill. vol. XV. 109. tab. 6—11. — Tulasne, Selecta Fungorum Carpologia, vol. I (vorzügliche Abbildungen). — De Bary, Ueber die Fruchtentwickelung der Ascomyceten, 8. 3; Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pilze, III. (Abhandl. d. Senkenberg. naturforsch. Gesellsch. zu Frankturt a. M. VII. 1870.) 140 Perisporiacei. dessen Tragfaden 8—9 stumpfe Schläuche hervor (Fig. 40 B, h), welche seitlich fest an einander und an die Stielzelle des Pollinodiums schliessen, sich dem Carpogon dicht anlegen und an diesem emporwachsen, bis sie über seinem Scheitel zusammen- stossen. Sie bilden so eine vollständige Hülle (Fig. 40 C, Rh), die bald durch Quer- theilung der Schläuche vielzellig wird und das Perithecium darstellt. Dieses wächst anfänglich rascher, so dass zwischen ihm und dem Carpogon sich ein Hohlraum bildet, der aber bald von Aesten ausgefüllt wird, die von der Innenfläche der ein- schichtigen Perithecienwand entspringen, sich verzweigen, mit ihren Aesten in ein- ander drängen und schliesslich in Folge des gegenseitigen Druckes ein pseudo- parenchymatisches Füllgewebe bilden, das später wieder zerstört wird. Die während dieser Zeit im Carpogon stattfindenden Vorgänge sind bei den einzelnen Unter- gattungen verschieden. Im einfachsten Falle theilt sich dasselbe durch eine Quer- wand in eine kleine untere Stielzelle und eine grössere obere Zelle, die unmittel- bar zu dem einzigen Sporenschlauche heranwächst (Fig. 40 D, die grosse innere Zelle). In anderen Fällen wächst jedoch das Carpogon zu einem dicken Schlauche fort, welcher sich durch Querwände gliedert und dann aus jeder seiner Zellen mehrere Ausstülpungen treibt, die zu den Sporenschläuchen werden. Die Zahl der in letzteren erzeugten Sporen schwankt zwischen 2 und 8. Mit der weiteren Ausbildung des Fruchtkörpers vergrössern sich die Zellen der Perithecienwand; sie erzeugen an bestimmten Stellen der Aussenfläche der letzteren schlauchförmige, verschieden gestaltete, als Anhängsel oder Appendices (Fig. 40 D, a) bezeichnete Auswüchse und nehmen eine dunkelbraune Färbung an. Manche Arten reifen ihre Perithecien, die im Herbste noch keine Sporenanlagen in den Schläuchen zeigen, erst während des Winters oder im nächsten Frühjahre (E. graminis) auf den verwesenden Pflanzentheilen. Die aus den zerreissenden und verwesenden Perithecien austretenden, platzenden Schläuche schleudern die Sporen weit fort. Letztere treiben (bei E. graminis) an einzelnen Stellen ihrer glatten Membran ein- fache Keimschläuche, von denen einer sofort von seinem anschwellenden Ende aus ein Haustorium in seine Nährpflanze sendet, während von dem zwischen Hausto- rium und Spore liegenden Stücke des Keimschlauches aus ein Mycelium auf der Epidermis weiter wächst, das schon nach 10 Tagen die ersten Conidienträger er- zeugt.! In dem Mycelium der Erysiphen tritt häufig ein parasitischer Pilz aus der Unterordnung der Pyrenomyceten auf, dessen vorzugsweise in den Conidien- trägern zur Reife .gelangende Perithecien man früher für eine besondere Frucht- form (Pyeniden) dieser Gattung hielt: Cicinnobolus Cesatii De Bary.” — Die Mehlthaupilze werden als echte Parasiten ihren Nährpflanzen stets mehr oder minder verderblich, da sie frühzeitiges Absterben der befallenen Organe bewirken; einige von ihnen gehören zu den ärgsten Feinden verschiedener Culturgewächse und ihr Schaden ist um so grösser, als sie in den zahlreich erzeugten Conidien die geeigneten Organe für eine rasche und massenhafte Ausbreitung besitzen. Die wichtigsten Arten und Untergattungen sind folgende: I. Perithecien mit nur einem achtsporigen Schlauche. Conidien kettenförmig: A. Anhängsel wiederholt dichotom verzweigt: Podosphaera Kze. — E. tri- dactyla Rabenh. (Podosphaera Kunzei Lerv.); auf Blättern verschiedener Arten von Prunus, z. B. P. domestica. — E. myrtillina Rabenh., auf Heidelbeeren. — E. clandestina Lk., auf Weissdorn. B. Anhängsel mycelartig, unverzweigt: Sphaerotheea Lev. — E. pannosa Lk., auf Rosen häufig und oft sehr schädlich. — E. Castagnei, auf Taraxacum, Potentilla, Impatiens, Sanguisorba, Hopfen, Kürbis, Gurken etc. II. Perithecien mit mehreren meist zweisporigen Schläuchen. Conidien- einzeln. Anhängsel einfach, nadelförmig, an der Basis zwiebelartig verdickt: Phyl- laetinia Lev. — E. guttata Lk. Auf Blättern von Birnbaum, Weissdorn, Birke, Esche, Eiche, Buche, Haselnuss etc. III. Perithecien mit mehreren 2- bis Ssporigen Schläuchen. Conidien kettenförmig. S ı Woltf, Keimung der Ascosporen von Erysiphe graminis; Botan. Zeit. 1874, . 183. 2 De Bary, Beiträge zur Morphol. u. Physiol. d. Pilze, III. (Abhandl, d. Senkenberg. naturforsch. Gesellschaft zu Frankfurt a. M. VII. 1870.) Perisporiacei. 141 A. Anhängsel unverzweigt oder einmal gabelig getheilt, an der Spitze haken- förmig gekrümmt oder rankenförmig eingerollt, im oberen oder mittleren Theile des Peritheciums stehend: Uneinula Lev. — E. bicornis Lk, auf Ahornblättern. — E. adunca Lk. Auf Blättern von Pappeln und Weiden. B. Anhängsel an der Spitze regelmässig wiederholt gabelig verzweigt: Ca- loeladia Lev. — E. Berberidis DC. Auf den Blättern der Berberitze. — E. Grossulariae, auf Blättern der Stachelbeere. — E. divaricata Lk., auf Rhamnus Frangula. —E. comata Lk., auf Evonymus europaeus. C. Anhängsel einfach und nicht oder nur wenig und unregelmässig ver- zweigt: Erysiphe Lev. — E. lamprocarpa Lk, auf verschiedenen Compositen (z. B. Scorzonera, Cichorium), Plantago, Verbascum, Labiaten. — E. graminis L£ev., auf Gräsern. — E. Martii Lev., auf Umbelli- feren, Kohlrüben, Klee, Luzerne, Lupinen, Erbsen etc. — E. communis Lk. Auf Polygonum aviculare, Rumex, Convolvulus, Dipsacus, Lathyrus, Delphinium, Aquilegia, Ranunculus etc. IV. Perithecien unbekannt. Conidien einzeln: E. Tuckeri Berk. (Oidium Tuckeri Berk.) Traubenpilz.' Befällt alle grünen Theile der Weinstöcke, besonders die jungen Beeren und verursacht dadurch die gefürchtete Traubenkrankheit, welche oft ganze Ernten total vernichtet. Er wurde zuerst 1845 von Tucker in England beobachtet, 1848 auch in Frankreich aufgefunden und seit jener Zeit hat er sich fast über alle Wein bauenden Länder Europas verbreitet. Feuchtere Klimate sind seiner Entwickelung günstiger, als trockene, manche Traubensorten seinen Verheerungen mehr ausgesetzt, als andere. Schwefeln, d.h. Bepudern der Stöcke mit Schwefelblumen, hat sich als das beste Mittel zur Bekämpfung des Schmarotzers erwiesen. Wahrscheinlich wirkt dasselbe nur mechanisch, durch Ersticken der Pilzvegetation, da nach vielfachen Be- obachtungen z. B. auch Chausseestaub, der die Pflanzen dick überzieht, diese vor der Krankheit schützt, beziehentlich den Pilz vernichtet. 2. Apisporium Kze. Perithecien sehr klein, punktförmig, hart, ohne Mün- dung, mit nur einem kugeligen, 8- bis vielsporigen Schlauche, heerdenweise der Oberfläche lebender Pflanzenblätter fest aufgewachsen, aber unter einander nicht verwachsen, von einem schwarzbraunen und filzigen, zahlreiche Conidien erzeugen- den Mycelium umgeben. Sporen einzellig. Feinfädige, russartige Ueberzüge bildend. — A. pinophilum Fückel (die Conidienform als Torula pinophila Chev.). Auf Zweigen und Blättern der Edeltanne oft sehr häufig. 3. Lasiobotrys Kze. Perithecien etwas grösser, gruppenweise unter ein- ander zu höckerigen kleinen Rasen verwachsen, von einem braunen, strahlig- faserigen Mycelium umgeben, mit vielen, büschelweise verbundenen, achtsporigen Schläuchen. Sporen einzellig. — L. Lonicerae Kze. Auf Blättern von Lonicera. 4. Stigmatea Fr. Perithecien sehr klein, kugelig bis kegelförmig, bei der Reife am Scheitel unregelmässig zerfallend, der Oberfläche lebender und absterben- der Blätter aufgewachsen, meist sehr dicht stehend, einem aus schwarzen, strah- Jigen Fäden gebildeten Mycelium aufsitzend, daher schwarze Flecken auf den Blättern hervorrufend. Inhalt bei der Reife nicht gallertartig zerfliessend. Sporen- schläuche länglich, mit 8 ein- oder zweizelligen Sporen. — 8. Potentillae Fr. Auf der Oberseite lebender Blätter von Potentilla. 5. Ascospora Fr. Perithecien nur mit dem Scheitel aus dem Blatte vor- ragend, ihr Inhalt bei der Reife als rankenförmige Gallertmasse aus dem un- regelmässig zerreissenden Scheitel austretend. Sporenschläuche mit 6 bis vielen einzelligen Sporen. — A. carpinea Fr. In abgestorbenen Blättern der Hainbuche. 6. Zasmidium Fr. Das früher als Racodium cellare Pers. beschriebene Mycelium dieser Gattung bildet ‘die unter dem Namen „Kellertuch“ bekannten, sehr häufigen, dunkel olivengrünen, weichen, filzartigen Ueberzüge, welche in ! H. v. Mohl, Die Traubenkrankheit; Botan. Zeit. 1852. S. 9; 1853. 8. 588; 1854. S. 137. 142 Perisporiacei. Kellern altes Holz und Weinfässer oft vollständig bedecken. Fries fand auf diesen gewöhnlich sterilen Mycelien die kleinen, kugeligen, zerbrechlichen, bei der Reife unregelmässig aufreissenden Peritheeien, die er als Z. cellare F'r. beschreibt. 7. Eurotium Lk. Bei dieser Gattung ist durch De Bary die Entwickelung des Peritheciums beobachtet worden." Das Mycelium des E. herbariorum Lk. bewohnt todte organische Körper, namentlich faulende Kräuter, eingekochte Früchte, Stärkekleister etc., als ein flockiger, anfangs weisser Ueberzug zartwandiger, durch Querwände gegliederter Fäden. Von diesen erheben sich die früher als Aspergillus glaucus Lk. beschriebenen Conidienträger als schlanke, senkrechte Aeste, die an ihrem Ende kopfig anschwellen und auf der ganzen Oberfläche dieser Anschwellung durch Sprossung zahl- reiche, dicht gedrängte, wie Spielkegel aussehende Ausstülpungen oder Sterigmen erzeugen (Fig. 41, a). Jedes Sterigma schnürt an seinem Ende nach einander kugelige, grünliche Conidien ab (Fig. 41, b — vgl. bei Cystopus, S. 79), so dass endlich zahlreiche Ketten solcher Conidien das Köpfchen des Conidienträgers bedecken. Die Conidien sind auch hier sofort keim- fähig und bewirken die massige Ausbreitung des Pilzes. Endlich entstehen aber auf demselben Mycelium eigenthümliche, an ihrem Ende korkzieherartig ge- rollte Aeste (Fig. 41, ec), deren Windungen bald in Folge näheren Zusammenrückens eine hohle Schraube bilden: das weibliche Organ oder Ascogon, das sich durch Querwände in eine der Anzahl der Windungen entsprechende Zahl von Zellen theilt. Seine Befruch- tung wird durch das Pollinodium vermittelt, welches als schlanker Ast der untersten Windung des Asco- sons entsprosst, an diesem empor wächst und mit seiner Spitze sich fest der obersten Windung auflest (Fig. 41, d.. An der Berührungsstelle wird ein kleines Wandstück resorbirt und dadurch eine offene Ver- bindung zwischen den beiden Geschlechtszellen er- zeugt, deren Plasmainhalte mit einander in directe Berührung treten. Jetzt entspringen aus dem unteren El ran ragen nt Theile des Ascogons oder Carpogons Hüllschläuche, Sterigmen. b Sterigma mit co- Welche dasselbe umwachsen (Fig.. 41, e), sich ver- nidienkette. c Junges Carpogon. Zweigen, mit ihren Aesten in einander schieben, d und e Weitere Entwickelung-- durch Querwände sich gliedern und wie bei Erysiphe stadien desselben. / Junge Frucht eine vielzellige Hülle bilden, die sich wie dort in mit beginnenderSchlauchbildung; Folge raschen Flächenwachsthums von dem Ascogon optischer Durchschnitt. — Vergr. abhebt. Der dadurch auch hier entstehende Hohl- ee Te raum wird in gleicher Weise durch ein pseudopa- renchymatisches Füllgewebe erfüllt, dessen Elemente sich sogar zwischen die sich wieder lockernden Windungen des Ascogons drängen (Fig. 41, f). Letzteres treibt aus seinen Zellen zahlreiche keulige Ausstülpungen, die sich in das Füllgewebe eindrängen, sich verzweigen und als Aeste letzter Ordnung die dicken, kurz-keuligen Asci mit je 8 Sporen entwickeln, wobei in gleichem Maasse das sich lockernde Füllgewebe zu Gunsten der Schlauch- und Sporenbildung verschwindet. Schliesslich lösst sich auch die Schlauchmembran und nun liegen die dick-linsenförmigen, auf der Kante mit einer Ringfurche ver- sehenen Sporen frei in dem brüchigen, äusserlich von einer schwefelgelben, harz- artigen Masse bedeckten Perithecium. Auch das Mycelium bedeckt sich mit einem ähnlichen, rothgelben Ueberzuge. Die Ascosporen erzeugen bei der Keimung wieder Conidien entwickelndes Mycelium. ; Fig. 41. Eurotium herbariorum. ! De Bary, Ueber die Entwickelung und den Zusammenhang von Asper- gillus glaucus und Eurotium; Botan. Zeit. 1854. S. 425; Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pilze, III. (Abhandl. d. Senkenberg. naturforsch. Gesellsch. zu Frankfurt a. M. VII. 1870.) Pyrenomycetes, 143 3. Unterordnung. Pyrenomycetes,! Neben den Discomyceten bilden die Pyrenomyceten oder Kernpilze die umfangreichste Gruppe der ganzen Ordnung. Sie bewohnen zum Theil als Saprophyten todte Pflanzentheile, auf denen sie sich erst während und nach dem Absterben ansiedeln; oder sie vegetiren, wie die kleine Familie der Coprophileae, auf Mist. Ein grosser Theil tritt aber auch als echte Parasiten auf, selten auf Insekten, vorzüglich auf Pflanzen. Jedoch ist es in diesen Fällen fast durchgängig Regel, dass sie ihre höchst organisirten Fruchtkörper erst dann zur Entwickelung bringen, wenn der von ihrem Mycelium befallene Pflanzentheil lange abgestorben und bereits in Zer- setzung übergegangen ist. Diese Kernpilze sind daher in ihrer ersten Lebensperiode Schmarotzer, in der letzten dagegen Fäulnissbewohner. Das Mycelium ist wenigstens in den ersten Lebensstadien frei fädig und besteht aus zartwandigen farblosen oder auch derben gefärbten, stets durch Querwände in Zellenreihen gegliederten, reich verästelten Hyphen. Bei manchen Formen siedelt sich dasselbe auf der Oberfläche der Nähr- pflanze an; meistens jedoch wuchert es in den oberflächlichen Geweben, vorzüglich in der Rinde und dem Korke. Später verfilzen sich manchmal die Mycelium-Hyphen zu dichten, hautartigen Lagern, oder sie bilden in selteneren Fällen dickere Stränge aus zahlreichen parallelen, oder durch einander geschobenen Hyphen, denen der Rhizomorphen (siehe Basidiomy- ceten) ähnlich, oder grössere Gewebekörper, die als Sclerotien bezeichnet werden. Letztere treten häufiger erst bei den Discomyceten, ferner bei vielen Basidiomyceten auf und stellen verschieden geformte, meist aber knollenartige Körper von fleischiger, knorpeliger oder korkartiger Beschaffen- heit dar, welche früher als besondere Pilzgattung unter dem Namen Sclero- tium Zode bei den Gasteromyceten oder Bauchpilzen aufgeführt wurden. Im Allgemeinen zeigen die Sclerotien bei Untersuchung ihres anatomischen Baues ein inneres, die Hauptmasse bildendes, gewöhnlich weissliches Mark aus dicht verschlungenen, reich verzweigten Pilzfäden, die oft ein pseudo- parenchymatisches Gewebe bilden, und eine äussere, weniger mächtige, oft nur dünne Rinde aus ähnlichen oder anders geformten, meist parenchyma- tischen Elementen mit in der Regel gebräunten, derberen Zellwänden der bald kleiner, bald grösser als im Marke auftretenden Zellen. In den feine- ren Structurverhältnissen treten jedoch oft sogar bei äusserlich sehr ähn- lichen Sclerotien bedeutende Unterschiede hervor. Die specielle Entwicke- lung dieser Körper soll bei einem der interessantesten derselben, dem Mutterkorne, specieller beschrieben werden (vgl. Claviceps purpurea 7ul.). Alle Selerotien gehen nach ihrer völligen Ausbildung in einen verschieden lange andauernden Ruhezustand über: sie sind daher auch als Dauer- mycelien bezeichnet worden. Nach Ablauf dieser Zeit treten aus ihnen, wenn sie den nöthigen Wachsthumsbedingungen und namentlich einer con- stanten Feuchtigkeit ausgesetzt sind, die der betreffenden Species eigen- thümlichen Fruchtkörper oder erst besondere Fruchtträger hervor, wie dieses ebenfalls bei Claviceps beschrieben werden soll. ! Tulasne, Selecta Fungorum Carpologia, vol. 2 et 3. — Nitschke, Py- renomycetes Germanici; Breslau 1867— 1870. — Die zahlreichen Monographien einzelner Gattungen und Arten können hier nicht aufgeführt werden. 144 Pyrenomyeetes. Eine ziemliche Anzahl von Pyrenomyceten besitzt verschiedene, ge- wöhnlich in bestimmter Reihenfolge auftretende Fructificationsorgane: Co- nidien, Spermogonien, Pyeniden und Perithecien, die oft sämmtlich bei einer Species nach einander auf demselben Mycelium erscheinen, von denen “aber die eine oder andere Fruchtform auch fehlen kann und von denen die-die Asci enthaltenden Perithecien stets den Höhenpunkt der Entwickelung be- zeichnen. Früher wurden viele derartige Fruchtformen als eigene Gattungen in verschiedenen Familien beschrieben und von vielen ist die Zusammen- gehörigkeit mit bestimmten Perithecien auch heute noch nicht bekannt, so dass sie anhangsweise unter den Ascomyceten aufgeführt werden müssen. Sie bilden dann eine von Fuckel als Fungi imperfecti bezeichnete Ab- theilung. Die Perithecien der Kernpilze sind kleine, selten über einen Milli- meter im Durchmesser haltende, dem unbewaffneten Auge meistens daher nur als schwarze Punkte erscheinende, krugförmige oder rundliche Behälter. Sie besitzen auf ihrem manchmal halsförmig verlängerten Scheitel stets eine enge Mündung (ostiolum), die bei kugeliger Form des Peritheciums nur als ein enges Loch, bei warzen- oder halsförmigem Scheitel dagegen als ein enger, kürzerer oder längerer Canal auftritt. Bezüglich des Auftretens des Peritheciums auf dem Mycelium unterscheidet man zwei Reihen von Py- renomyceten als Simplices und Compositi. Bei ersteren erhebt sich jedes Peritheecium frei auf einem fädigen, meist unscheinbaren Mycelium, einzeln oder gruppenweise, jedes für sich einen besonderen Fruchtträger darstellend. In der zweiten Reihe jedoch sind mehrere bis zahlreiche Peri- thecien einem gemeinsamen, aus zahlreichen Hyphen verflochtenen Frucht- träger so eingesenkt, dass nur ihre Mündungen frei sind. Dieser gemein- same Fruchtträger, das Stroma, ist meistens flach, ein Lager von un- bestimmtem Umriss bildend, dem die Perithecien in einfacher Schicht eingebettet liegen; oder das Stroma ist polsterförmig bis kegelförmig, seltener aufrecht stiel-, becher- oder strauchartig, Gewöhnlich sind die Stromata fest und wasserarm, ihre Zellenmembranen derb, überall oder nur in der Rindenschicht verholzt und in letzterer meist lebhaft braun bis schwarz ge- färbt. In beiden Fällen aber sitzen die Fruchtorgane bald frei der Ober- fläche der betreffenden Pflanzenorgane auf, bald sind sie dem Gewebe ihres Substrates eingesenkt, so dass nur die Mündungen über dasselbe vorragen. Bei freien Perithecien ist die Wand aus einer verschieden grossen Anzahl concentrisch zur Oberfläche verlaufender, fest verbundener Zellen- schichten eines aus Hyphen bestehenden Pseudoparenchyms zusammengesetzt, die zwei in einander übergehende Lagen erkennen lassen: eine innere, aus gewöhnlich kleineren und zarteren, farblosen Zellen gebildete und eine äussere, rindenartige, aus grösseren, mit derben, verholzten, gefärbten Mem- branen versehenen Zellen bestehende; erstere trägt unmittelbar das Hy- menium, letztere ist aussen oft mit Haaren, Warzen etc. bedeckt. Bei den einem Stroma eingesenkten Perithecien sind sehr häufig auch zwei Wand- schichten unterscheidbar, eine innere wie oben, und eine äussere, gefärbte, verholzte, aus concentrisch verlaufenden Hyphen gebildete, deren enge Zellen zur Reifezeit des Peritheciums oft schwierig unterscheidbar sind; letztere Schicht fehlt übrigens bei einigen Gattungen, z. B. bei Claviceps. Schläuche und Paraphysen, als Inhalt des einzelnen Peritheciums, Pyrenomycetes. 145 pflegt man in der Systematik als den Kern (nucleus) des letzteren zu be- zeichnen. Den Paraphysen ähnliche Haare kleiden gewöhnlich auch die Mündung (namentlich die enge, canalartige) des Peritheeciums aus, in den oberen Theilen derselben schräg aufwärts gerichtet und durch Berührung ihrer Enden in der Mittellinie des Canales letzteren fast vollständig ver- stopfend; an der Grenze zwischen Mündung und Perithecienhöhlung richten sie sich mehr nach letzterer hin und ragen schliesslich fast senkrecht in dieselbe hinein. Die Schläuche sind in der Regel schlank keulenförmig; sie reifen innerhalb eines und desselben Peritheciums meist ungleichzeitig. Die Zahl der in ihnen zur Entwickelung kommenden Sporen beträgt ge- wöhnlich 8. Die Sporen sind äusserst verschieden gestaltet, von fast Kugel- form bis zum schlanken Faden wechselnd, bald einzellig, bald mehrzellig, die Zellen in einer Reihe hinter einander liegend oder mauerförmig in mehreren Reihen auftretend. Eben so verschieden ist die Färbung der Sporenmembran, das Auftreten bestimmt geformter Anhängsel u. s. w. Ueber die Entstehung der Perithecien liegen nur wenige Beobachtungen vor. Nach Woronin! sind bei Sphaeria Lemaneae Cohn, einem in dem untergetauchten Thallus von Sacheria fluviatilis (S. 120) lebenden Parasiten, die Anfänge der Perithecien in kugelig angeschwollenen, dem Ende ein- zelner Myceliumfäden aufsitzenden Zellen zu suchen, an welche alsbald andere, dem gleichen Mycelium entstammende, an der Spitze keulenförmig erweiterte Fäden sich anlegen, die zuletzt die kugelige Zelle umspinnen und, sich reichlich gliedernd, ein Hyphenknäuel erzeugen, in dem sich später eine äussere Schicht regelmässig polyedrischer, braun gefärbter Zellen (die Wand des Peritheciums) und ein zartes, farbloses Kerngewebe (Füllge- webe) differenzirt. Ein Theil des letzteren wird zur Subhymenialschicht und giebt den Sporenschläuchen ihren Ursprung. Bei Sordaria fimiseda De Not. erscheinen nach demselben Beobachter die ersten Perithecienan- lagen am Mycelium 6—7 Tage nach der Sporenaussaat. Ihre ersten Stadien, die kugeligen Mycelanschwellungen, welche von den anderen Fäden um- wachsen werden, entsprechen den gleichen Zuständen von Sphaeria Leima- neae. Eigenthümlich ist dann die Erscheinung, dass das die Perithecien- anlagen tragende primäre, der Sporenkeimung entstammende Mycelium später abstirbt, während aus den Fäden der knäuelartigen jungen Perithecien nach allen Richtungen ein neues, secundäres Mycelium hervorsprosst, durch wel- ches späterhin ausschliesslich die Perithecien auf ihrem Substrate befestigt und aus demselben ernährt werden. Nach Gilkinet,? der ebenfalls Sordaria untersuchte, ist die Perithecienanlage mehr. derjenigen von Eurotium ähn- lich: eine dichte, bis drei Windungen zeigende Schraube als Carpogon oder Ascogon, die sich an ihrem Ursprunge durch eine Querwand vom Mycelium abgrenzt und an welcher, wie bei Eurotium, ein schlanker Ast als Pollinodium emporwächst. Das Carpogon soll sich dann durch Querwände in eine An- zahl Zellen theilen, durch aus dem Mycelium entspringende Zweige mit einer Hülle umgeben werden und die Asci als letzte Zweige von Ausspros- ! Woronin, Ueber Sphaeria Lemaneae und Sordaria fimiseda und S. copro- phila; in De Bary u. Woronin, Beiträge zur Morphol. u. Physiol. d. Pilze, IU. (Abhandl. d. Senkenberg. naturforsch. Gesellsch. zu Frankfurt a. M. VII. 1870.) 2 Gilkinet, Recherches morphologiques sur les Pyrenomycetes. I. Sordariees. Bullet. de l’acad. de Belgique, 1874. Luerssen Medicin.-pharm. Botanik. 10 146 Pyrenomyecetes. sungen des Carpogons entwickeln. Die Entwickelung einer Reihe von Pyre- nomyceten-Perithecien wird ferner von Füisting! und von De Bary? be- schrieben. Nach den Angaben des letzteren Beobachters entstehen z. B. in dem keulenförmigen Stroma von Xylaria polymorpha Corda die ersten An- lagen der Perithecien in Form kleiner, kugeliger Gewebeportionen, welche dieht unter der schwarzen Rinde im Marke liegen und sich von dem Ge- webe des letzteren sofort dadurch unterscheiden, dass sie luftfrei, daher durchsichtig sind. „Sie bestehen aus einem dichten Geflechte zarter Hyphen, welche weit geringere Dicke haben, als die des ursprünglich vorhandenen Markes und daher als Neubildung in diesem entstanden sein müssen; nur in der Mitte der Kugel liegt ein kleiner, unregelmässiger Knäuel von wei- teren Zellen.? Die Kugeln vergrössern sich zunächst unter gleichbleibender Gestalt, Structur und Lage nach dem Marke hin. Dann erhebt sich von ihrer an die Rinde grenzenden Portion ein dichtes, breit- und abgestutzt- kegelförmiges Büschel zarter, gerader Hyphen, welches sich gegen die Rinde hin streckt, diese erst wenig vortreibt und dann allmählich durchbohrt, so dass die Enden seiner Elemente über die -Oberfläche vorragen. Die Peri- theciumanlage hat somit die Gestalt eines Eies erhalten, dessen breiterer Theil im Marke liegt und die Anlage des Grundtheiles des Peritheciums ist, während das schmale, in die Rinde eingekeilte Ende die Anlage des Halses und der Mündung des Peritheciums bildet. Schon früh entsteht in der Mittellinie des letzteren, in nicht genau ermittelter Weise,* der von den convergirenden Härchen ausgekleidete Canal, während die Elemente in seiner Peripherie verholzen, der Hals daher bald mit einer schwarzen, mit der Rinde continuirlich zusammenhängenden Aussenwand umgeben ist. Der Prozess des Verholzens und Schwarzwerdens schreitet gegen den Grund des Peritheciums sehr langsam fort und erreicht hier erst bei der Reife seine Vollendung. Mit der Anlegung des Halses dehnt sich der Grundtheil des Peritheciums weiter in das Mark hinein aus. Sein Umfang wird dabei stets von einer Schichte fest verflochtener, der Oberfläche parallel laufender, dünner Hyphen eingenommen: der später verholzenden und schwarz werden- den äusseren Wandschicht. Diese umschliesst eine verworrene, kugelige und den ganzen Innenraum ausfüllende Fadenmasse, den Kern des Perithe- ciums, deren Hyphen zunächst sehr zart und dünn bleiben, nur in der Mitte einige schon erwähnte weite Zellen umschliessen, und welche in Wasser - stark aufquillt. Später dehnen sich die Zellen des Kernes beträchtlich aus, ihr Protoplasmainhalt verschwindet, die Mitte des Kernes erscheint aus einem Geflecht gewundener, zartwandiger, hyaliner Hyphen mit gestreckt eylin- drischen Zellen gebildet, sein Umfang aus etwa sechs Schichten isodia- metrischer Zellen. Letztere bilden die innere Lage der Perithecienwand, und aus ihnen sprossen zuletzt die Bestandtheile des Hymeniums hervor, die ı Füisting, Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrenomyceten. Botan. Zeit. 1867, S. 177 u. 305; 1868, 8. 369. ?2 De Bary, Morphol. u. Physiol. d. Pilze ete. S. 97. > Füisting (Bot. Zeit. 1867. S. 309) redet von der zu einem Knäuel ge- formten Woronin’schen Hyphe, an Woronin’s Entdeckung des als Scoleeit bezeich- neten Mycelastes bei Ascobolus anknüpfend. Vgl. Discomyceten, Fig. 51, C—E. * Nach Füisting durch Einstellung des Wachsthums und Absterben der axilen Hyphen. Pyrenomyeetes. 147 hyalinen Hyphen der Mitte mehr und mehr verdrängend.“ Die Paraphysen gehen der Entstehung der Sporenschläuche voran. Als neueste Untersuchung mag noch nach der Mittheilung Bauke’s ! diejenige des Peritheciums von Pleospora herbarum Zw. gegeben wer- den. Darnach erscheinen in den Culturen die ersten Perithecienanfänge schon drei Tage nach Aussaat der Sporen, indem eine Reihe neben einander befindlicher Zellen eines Mycelfadens anschwellen und sich unregelmässig schnell zu theilen beginnen. Bald dehnen sich sämmtliche der so entstan- denen Zellen gleichmässig aus und der anfangs unregelmässige Körper nimmt rundliche Gestalt an, während er sich an seiner Oberfläche zu bräunen be- ginnt. Eine Hyphe (selten mehrere), die sich zwar regelmässig dem Primor- dium des Peritheciums anlegt, wird nicht als Pollinodium angesehen, weil sie nur in seltenen Fällen eine von der gewöhnlichen abweichende Form besitzt und der Ort, wo sie sich anlegt, gänzlich unbestimmt ist. Bauke betrachtet es als wahrscheinlich, dass hier „die Befruchtung durch Parthe- nogenesis ersetzt worden ist.“ Die Theilungen in dem jungen Perithecium dauern fort, bis dieses seine definitive Grösse erreicht hat. Dann verdicken sich die Zellwände und nahe der Basis sprosst nun aus einer Anzahl nahezu in gleicher Höhe liegender Parenchymzellen in der Richtung nach oben ein Bündel schmaler, dicht gedrängter Hyphen hervor: die Paraphysen mit reichem Plasmainhalt und dicken, gallertartigen Membranen. Sie lösen während ihres Wachsens das über ihnen gelegene Innengewebe des Peritheciums vollständig auf. Später entstehen die Schläuche mitten unter den Paraphysen als Aus- zweigungen von den Basalzellen der letzteren, wobei mit dem Fortschreiten der Schlauchbildung und der Sporen die Paraphysen langsam an Inhalt ver- lieren, als auch ihre Membran augenscheinlich dünner wird, woraus wohl hervorgeht, dass sie Material für die Schlauchentwickelung hergeben. Den Perithecien am nächsten stehen unter den übrigen Fruchtformen der Kernpilze die Pycniden. Diese sind wie erstere kugelige bis krug- förmige Behälter, oft mit Hals versehen, mit enger Mündung, nur nicht mit Sporenschläuchen im Inneren, sondern mit einem die Innenwand auskleiden- den Hymenium von bald sehr kurzen, bald längeren, fadenförmigen Zellen (Basidien), von denen jede an ihrer Spitze eine einzige, meist mehrzellig werdende Spore, die Stylospore oder Makrostylospore, abschnürt, welche stets keimfähig ist und neues Mycelium erzeugt. Die Pyeniden gehören entschieden, wie schon ihr Auftreten mit Perithecien zusammen auf dem- selben Mycelium beweist, in den Entwicklungsgang der Pyrenomyceten hinein, wenn sie auch nicht allen Kernpilzen eigenthümlich sind. Nach Bauke? ergiebt die Cultur der Ascosporen von Pleospora polytricha, Cucurbitaria elongata und Leptosphaeria Doliolum regelmässig Pycniden und es wurde dabei der direete Zusammenhang zwischen den ausgesäeten Ascosporen und den Pyceniden jedesmal constatirt. Die Cultur der Schlauchsporen von Mela- nomma Pulvis pyrius und Pleospora pellita lieferte zwar regelmässig ein reichliches Mycel, an welchem bei letzterer die Conidien in Masse auf- ! Bauke, Zur Entwickelungsgeschichte der Ascomyceten. Botan. Zeit. 1877. 8. 313. ® Bauke, Zur Kenntniss der Pycniden, I. Nova Acta Leop. Carol. XXXVII (1876). 10* 148 Pyrenomycetes. traten, aber nie Pycniden, wie ja auch keine solchen Körper für diese beiden Pilze bekannt sind. Dasselbe Ergebniss hatte die oft wiederholte Aussaat der Ascosporen von Cucurbitaria Laburni, obgleich in Begleitung dieser Species sich regelmässig eine Mikro- und mehrere Makrostylosporen- formen vorfinden. Auch bei der Pleospora Clematidis, welche ebenfalls in der Natur mit einer bestimmten Pycnide zusammen vorkommt, waren alle Versuche, die letztere aus den Schlauchsporen zu erhalten, vergeblich; es bildete sich immer nur ein kümmerliches Mycel. Es ist daher wahrschein- lich, dass bei den beiden letztgenannten Arten die Pyeniden strenger, als bei den andern erwähnten Sphaeriaceen, an ihre Nährpflanze gebunden sind. Sowohl durch den fertigen Bau, als auch besonders durch die Ent- wickelung treten unter den Pycniden zwei Haupttypen hervor: bei dem einen derselben ist im Inneren des Behälters stets nur eine einfache, mehr oder weniger rundliche Höhlung vorhanden; bei dem anderen dagegen ist das Innere mehr oder weniger vollständig in eine Anzahl Kammern getheilt. Die Entwickelungsgeschichte der Pyceniden ist bis zum Beginne der Stylo- sporenbildung eine wesentlich derjenigen der Perithecien gleiche.’ Nach Eidam kündigt sich die erste Pycnide durch die Anschwellung von einer oder zwei Zellen am Mycelium an, welche sehr bald durch senkrecht zur Längsaxe des Fadens stehende Scheidewände sich gliedern, so dass das Ganze einen meist aus vier Zellen zusammengesetzten spindelförmigen Körper darstellt, dessen Zellen sich nun rasch unregelmässig theilen und endlick einen rundlichen, seine äusseren Zellenlagen bräunenden Gewebekörper bilden, in welchem einzelne Basalzellen sich trichomartig zu den oben erwähnten Basidien verlängern. Die in den Pyceniden erzogenen Stylosporen gaben wieder ein Mycelium mit Pyeniden. Auch Bauke erhielt durch Aussaat von Stylosporen immer nur wieder Pycniden. Perithecien und Pyeniden sind nach ihm als Wechselgenerationen aufzufassen, welche in ihrer Aufeinander- folge keine Regel erkennen lassen, bei welcher aber die Stylosporen trotz- dem einmal Perithecien erzeugen müssen. Die Stylosporen sind echte Sporen, die Conidien nur Propagätionsformen, d. h. sie können nur diejenige Gene- ration fortpflanzen, welcher sie angehören. Die Spermogonien sind in ihrem Baue den Pycniden analog und wie diese in ihrer Höhlung auch bald einfach, bald durch Scheidewände in Kammern getheilt. Jedes Spermogonium besitzt als Auskleidung seiner inneren Wandfläche ein Hymenium von Basidien, welche sehr kleine, ein- zellige Sporen von ovaler, oder meistens stäbchen- oder sichelförmiger Ge- stalt abschnüren: die Spermatien oder Mikrostylosporen, welche in Unzahl in rankenförmige Schleimmässen eingebettet zur engen Mündung aus- treten. Von den Makrostylosporen unterscheiden sich aber die Spermatien durch ihre anscheinende Unfähigkeit zu keimen. Sie werden daher vielfach als männliche Organe angesehen und die Beobachtungen, welche Stahl bei Flechten machte, scheint wenigstens in einigen Fällen hierfür zu sprechen.? Die Conidien werden, wie in den bisher betrachteten Fällen (S. 76, 79, 159, 142 ete.), stets frei an der Oberfläche verschieden geformter Frucht- f ' Bauke, Zur Entwickelungsgesch. d. Ascomyc. a. a. O. S. 321. — Eidam, Ueber Pyeniden. Botan. Zeitung 1877. S. 60. ° Vgl. den Abschnitt „Flechten“ und die dort gegebenen Figuren. Pyrenomyeetes. 1 49 oder Conidienträger durch Abschnürung erzeugt. Dabei treten die Conidien- träger entweder frei und einzeln oder in Gruppen aus unter sich freien Aesten als Zweige am fädigen Mycelium auf, schimmelartige Ueberzüge bil- dend, oder sie entwickeln sich auf einem Stroma als eine die Oberfläche des letzteren überziehende gleichmässige Schicht dicht gedrängter, senkrecht stehender Basidien. In dem ersteren Falle, in welchem die* Conidienträger blosse Fruchthyphen sind, kann die Conidienabschnürung in sehr verschie- dener Form erfolgen, wodurch zum Theil die mannigfachen Gestalten dieser früher die grosse Abtheilung der Fadenpilze oder Hyphomyceten bil- denden Conidienträger bedingt werden. Bald bleiben letztere unverzweigt und die Conidien entstehen einzeln auf der Spitze (Zygodesmus), oder hier zu vielen in ein lockeres oder dichtes Köpfchen zusammengestellt (Cephalothe- cium), oder reihenweise hinter einander, wobei oft die ganze Fruchthyphe in Conidien zerfällt und damit verschwindet (Torula). In anderen Fällen ver- zweigen sich die Conidienträger in sehr verschiedener Weise, unregelmässig, oder traubenförmig oder rispenartig (Fusisporium), oder baumartig-quirlig mit wiederholter Verzweigung der Aeste (Acrostalagmus) u. s. w., wobei die Conidien entweder einzeln oder in Ketten auf der Spitze der Aeste er- scheinen. Die Basidien der Conidien erzeugenden Stromata sind meistens unverzweigt und die Conidien entstehen hier gewöhnlich einzeln. Das Stroma selbst ist ein dünner, lagerartiger oder ein dicker, polsterförmiger Körper von verschiedenem Umriss und korkiger, fleischiger oder selbst gallertartiger Beschaffenheit, aus dicht verflochtenen Hyphen gebildet, die an der Öber- fläche oft zu einem Pseudoparenchym fest verschmolzen sind. Die Conidien fallen bald frei von ihren Basiden ab, bald sind sie zu Tausenden einer Gallerte eingebettet, welche von dem Hymenium des Stromas abgesondert wird und entweder von selbst abtropft oder erst durch reichlichen Zutritt von Wasser zerfliesst. Die Conidien selbst sind in allen Fällen entweder ein- oder mehrzellig. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die hier kurz beschriebenen Fruchtformen auf demselben Mycelium oder gar demselben Fruchtträger auftreten können, in der Regel in der Reihenfolge: Conidien, Spermogonien, Pycniden, Perithecien — dass aber oft auch einzelne dieser Formen fehlen. Die Bildung der relativen Vorformen, mit welcher die Fruchtentwickelung auf dem Mycelium beginnt, dauert in einer Anzahl von Fällen auch wäh- rend der Entwickelung der später auftretenden Organe ungeschwächt oder nur allmählich nachlassend fort, wie bei Pleospora herbarum, Fumago sali- cina und anderen Arten, bei welchen auf demselben Mycelium reifende Co- nidien, Spermogonien, Pyeniden. und Perithecien gefunden werden; ja bei manchen Pleospora-Arten (P. polytricha, P. pellita etc.) wachsen sogar die oberflächlichen Zellen der reifenden Perithecienwand zu conidientragenden Fäden aus. In einer zweiten Reihe von Formen ist es indessen Regel, dass die Entwiekelung der früheren Fruchtform aufhört, sobald die der späteren beginnt. Bei Xylaria, Hypoxylon, Nectria cinnabarina etc. ist der jugendliche Fruchtträger von einem freien, Conidien erzeugenden Hymenium dicht bedeckt und durch die reifen Conidien bestäubt. Die Anlagen der Perithecien entstehen unter der Oberfläche des Stromas (S. 146) und zum Theil unter dem Conidienlager erst dann, wenn dieses den Höhenpunkt seiner Entwickelung erreicht hat. Mit der Ausbildung und Vergrösserung 150 Pyrenomyecetes. der Perithecien verschwindet dieses Conidienlager und auf dem reifen, Peri- thecien tragenden Stroma sind die Reste desselben kaum mehr unter dem Mikroskope nachzuweisen. Aus der langen Formenreihe der Kernpilze können an dieser Stelle natürlich nur einige der wichtigeren Familien mit einzelnen dieselben reprä- sentirenden Gattungen herausgegriffen werden, die dazu dienen mögen, die kurz erwähnten Verhältnisse hier und da noch specieller einzuprägen. Eine kurze tabellarische Uebersicht mag die Stellung dieser Familien zu einander vorab veranschaulichen. I. Gruppe. Coprophileae. Auf Mist lebende Pilze, deren Perithecien unmittel- bar auf oder in dem Substrate, bisweilen auf einem Stroma sitzen und deren meist dunkel gefärbte Sporen von einer farblosen Gallertzone umgeben oder mit schwanzförmigen Anhängseln versehen sind: Sordarieae. II. Gruppe. Simplieces. Auf Pflanzentheilen, selten auf Thieren, niemals auf Mist lebende Pilze, deren Perithecien jedes unmittelbar auf oder in dem Sub- strate, nie auf einem Stroma sitzen. A. Perithecien in einen mehr oder minder langen Hals verlängert, an dessen - Spitze sich die Mündung befindet, nicht gestielt, die Sporen meist farb- los, nie mauerförmig vielzellig: Ceratostomeae. B. Perithecien nicht in einen Hals verlängert, meist kugelig, ohne Haarüber- zug, oder selten mit Conidien tragenden Haaren besetzt. 1. Peritheeieninhalt nicht gallertartig ausfliessend. a. Perithecien stets mit vollkommen runder, porenförmiger Mündung. Sporen meist farblos, einzellig oder mit 1—3 Querwänden: Sphae- rieae. - b. Perithecien mit vollkommen runder, porenförmiger Mündung, auf weichen Pflanzentheilen oberflächlich sitzend oder nur anfangs eingesenkt. Sporen meist gefärbt, mehrzellig, oft mauerförmig: Pleosporeae. e. Perithecien häufig mit lippenförmiger Mündung, auf altem ent- blösstem Holze. Sporen gewöhnlich gefärbt, meist vielzellig, oft mauerförmig: Lophiostomeae. 2. Perithecieninhalt bei der Reife als farblose oder schwarze Gallert- masse ausfliessend: Massarieae. III. Gruppe. Compositi. Auf Pflanzentheilen, selten auf Thieren, nie auf Mist lebende Pilze, deren Perithecien auf oder in einem gemeinsamen Fruchtkörper oder Stroma sitzen. A. Perithecien mit eigener Wandung. 1. Stroma verschieden gestaltet, meist schwarz, korkig oder hornig. a. Perithecien rasenförmig dicht bei einander einem dünnen, krusten- artigen oder filzigen Stroma frei aufsitzend: Cucurbitarieae. b. Perithecien einem dem Gewebe der Nälhrpflanze eingebetteten, polster- oder kegelförmigen Stroma bis auf den Grund einge- senkt und nur mit ihren Hälsen frei mündend. * Stroma ohne conidienbildendes Hymenium, nur bisweilen Co- nidien tragende einzelne Haare auf demselben: Valseae. ** Stroma anfangs mit einem Conidien erzeugenden Hymenium, oder mit Spermogonien oder Pycniden; die Perithecien später im unteren Theile dieses Stromas entstehend: Melanconi- deae. **#* Dem Perithecien entwickelnden Stroma geht ein besonderes, hell gefärbtes, fleischiges, Conidien oder Spermogonien er- zeugendes Stroma voraus: Diatrypeae. Pyrenompgeetes. Sordarieae. Ceratostomeae. 151 c. Perithecien in der Oberfläche eines frei entwickelten, strauch-, stiel-, becher- oder polsterförmigen Stromas, das zuerst von dem Conidien abschnürenden Hymenium bedeckt ist: Xylarieae. 2. Stroma verschieden gestaltet, fleischig-weich, hell gefärbt, meist frei entwickelt: Nectrieae. B. Peritheeien ohne eigene Wand, mit der Substanz des Stromas verschmolzen, in diesem als runde, unmittelbar die Asei führende Höhlungen: Dothi- deaceae. I. Gruppe. Coprophileae. Auf Mist lebende Pilze, deren Perithecien unmittelbar auf oder in dem Sub- strate, manchmal auf einem Stroma sitzen und deren meist dunkel gefärbte Sporen von einer farblosen Gallertzone umgeben oder mit schwanzförmigen Anhängseln versehen sind. 80. Familie. Sordarieae. Charakter wie oben. 1. Sordaria (es. Ohne Stroma. Perithecien eiförmig, mit stumpf-kegel- förmisem Halse, schwarz, behaart. Sporen zu 4—8 in den Schläuchen, an der Basis mit einem schwanzförmigen Anhängsel. — S. coprophila (es. Auf Kuh- mist. (8. 145.) 2. Coprolepa Fuckel. Perithecien einem dicken, ausgebreiteten, aussen filzigen und "schwarzen, innen weissen Stroma eingesenkt, mit dem oberen Theile vorragend, gross, kugelig, mit papillenförmiger Mündung. Sporen von einer farb- losen Gallerthülle umgeben. — C. equorum Fuckel® Auf Pferdemist. II. Gruppe. Simplices. Auf Pflanzentheilen, selten auf Insekten, nie auf Mist lebende Pilze, deren Perithecien jedes unmittelbar auf oder im Substrate, nie auf einem Stroma sitzen. 81. Familie. Üeratostomeae. Perithecien nicht gestielt, in einen kürzeren oder längeren Hals verlängert, auf dessem Scheitel sich die Mündung befindet. Sporen meist farblos, einzellig ' oder quer getheilt, nie mauerförmig-vielzellig. 1. Rhaphidospora Fr. Perithecium mit kurzem, cylindrischem Halse. Sporen farblos oder hellbraun, sehr lang, gewöhnlich von der Länge des Schlauches, faden- oder nadelförmig, mit Querscheidewänden, zuletzt in ihre Zellen zerfallend. Auf dürren Stengeln. — R. rubella Fuckel. Perithecien fast kugelig, mit eylindri- schem Halse, zuerst roth, später schwarz. Häufig und an der Färbung der halbreifen Früchte leicht kenntlich. 7 2. Ceratostoma Fr. Sporen kugelig, eiförmig oder länglich, einzellig, selten mehrzellig, meist farblos. Auf faulendem Holze und auf Rinden, oberflächlich oder mehr oder weniger eingesenkt. — C. piliferum Fr. Perithecien sehr klein, kugelig, mit bis sechs Mäl längeren, haarförmigen Hälsen. Auf Eichen-, Tannen- und Kiefernholz. 3. Gnomonia Rabenh. Sporen farblos, meist lanzettlich, selten eiförmig. In Blättern, durch deren Oberhaut der lange, cylindrische oder nadelförmige Hals des Peritheciums hervorbricht. — G. nervisequa Fuckel. Hals des Peritheciums hin und her gebogen. Sporen lanzettförmig. Auf faulenden Blättern von Corylus, Alnus und Carpinus, dem Verlaufe der Nerven folgend. — G. tubaeformis Fuckel. Perithecium mit gleichförmigem, ziemlich dickem Halse. Sporen eiförmig. ‚Auf faulenden Blättern von Alnus. Discosia Alni Fr. soll die bereits auf dem lebenden Blatte sich einstellende Spermogoniumform sein. Ds ni 152 Sphaerieae. Pleosporeae. 82. Familie. Sphaerieae. Perithecien nicht in einen Hals verlängert, meist kugelig mit vollkommen runder, porenförmiger Mündung, oberflächlich oder nur anfänglich eingesenkt. Sporen meist farblos, einzellig oder mit 1—3 Querwänden, nie mauerförmig- viel- zellig. ‚Auf weichen Pflanzentheilen. 1. Sphaeria Hall. Perithecien mässig gross, meist mit blossem Auge er- kennbar, ungefähr kugelig, anfangs eingesenkt, aber schon früh an die Oberfläche der dürren Stengel, Rinden oder Blätter tretend, auf denen sie leben. Sporen meist farblos, manchmal gelb, selten braun, zweizellig. Die Perithecien entwickeln sich erst auf den abgestorbenen Pflanzentheilen, auf den lebenden treten die Co- nidien, Spermogonien oder Pycniden auf. — S. Fragariae Fuckel. (Stigmatea Fragariae Zul.) Verursacht die Fleckenkrankheit der Erdbeerblätter: runde, braune, vertrocknete, roth gesäumte Flecken_auf lebenden Blättern, in derem In- neren man das dünne, fadenförmige, blasse Mycelium findet. Zuerst erscheinen auf diesem einzeln oder in Ketten die linealen, beiderseits etwas zugespitzten, 1—4zelligen Conidien (früher zur Gattung Graphium gestellt), dann Pyceniden mit geraden oder gekrümmten, vierzelligen Stylosporen (früher Ascochyta Fragariae Lasch) und endlich an den bereits abgestorbenen Blättern die schwarzen Peri- thecien, deren Sporen ungleich-zweizellig sind. Kräftiger aber lockerer Boden soll die Krankheit weniger begünstigen. — 8. pustula Pers. Auf Eichenblättern häufig. — S. Trifolii Fuckel. Auf dürren Stengeln von Rothklee. — (S. 145.) 2. Sphaerella Fr. Perithecien in lebenden oder abgestorbenen Blättern unter der Oberhaut, sehr klein, mit unbewaffnetem Auge kaum erkennbar. Sporen farblos, meist ei- oder keulenförmig, ungleich-zweizellig. Erzeugen häufig ähnliche Flecken, wie Sphaeria Fragariae. Manchmal erscheinen zuerst Conidien, häufiger Spermogonien der früheren Gattungen Septoria und Phyllostieta; die Peritheeien entwickeln sich gewöhnlich erst im folgenden: Winter oder Frühlinge in den auf der Erde faulenden Blättern. — S. Mori Fuckel. (Sphaeria Mori Nitschke.) Ver- ursacht die Fleckenkrankheit der Maulbeerblätter, auf denen zuerst die Sper- mogonien (früher Septoria Mori Ler.) in anfangs hell gelbrothen, später schmutzig braunen Flecken auftreten. Zeigte sich seit 1846, ist aber nach v. Mohl! den Seidenraupen, welche kranke Blätter fressen, nicht schädlich, mindert daher nur die Blatternte und beeinträchtigt das Wachsthum des Baumes. — S. sentina Fehl. In den weissen Blattflecken der Birnbäume, seltener der Apfel- und Pflaumen- bäume oder Quitten; die Spermogonien als Depazea pyrina Riess beschrieben. — S. Vitis Fuckel. Auf noch lebenden Blättern des Weinstockes, eine allzurasche Entblätterung desselben und dadurch Schaden verursachend. Conidien und Peri- thecien bekannt. — S. maculaeformis Fwckel. In dürren Blättern zahlreicher Laubhölzer, die Spermogonien (früher Arten von Septoria und Depazea) schon auf den lebenden Blättern. 83. Familie. Pleosporeae. Von voriger Familie vorzüglich durch die gefärbten, mehrzelligen, oft mauer- förmigen Sporen verschieden. 1. Pleospora 7ul. Mycelium aus gegliederten, braunen Fäden gebildet, meist auf absterbenden oder faulenden Pflanzentheilen, auch in die Oberhaut eindringend und diese schwärzend, aber keinen sich ablösenden Ueberzug bildend. Perithecien fast kugelig. Sporen gelbbraun, durch Längs- und Querwände mauerförmig - viel- zellig. Die Conidiengenerationen (Cladosporium, Stemphylium, Sporidesmium) er- scheinen im Sommer, oft schon an noch lebenden Pflanzentheilen als olivenbraune oder schwärzliche Schimmelrasen (Russthau, Schwärze), die Spermogonien (Phoma) und Perithecien im Herbste oder im folgenden Frühjahre auf den faulenden Theilen. — P. herbarum Tl. An allen trockenen und faulenden Pflanzentheilen einer der gemeinsten Pilze, besonders in seiner als Cladosporium herbarum Lk. (Spo- 'v. Mohl, Ueber die Fleckenkrankheit der Maulbeerblätter und die Sep- toria Mori Lev. Botan, Zeit. 1854. S. 761, Pleosporeae, 155 ridesmium Cladosporii Corda) bezeichneten Conidienform; Pyeniden als Phoma herbarum Westd. ete. — P.pellita Tul. ebenfalls häufig (Conidienträger = Brachy- eladium penieillatum Corda). — P. polytricha Tul. An faulenden Getreide- halmen und Stoppeln. — P. Hyacinthi Sorauer. Perithecien noch unbekannt. Conidienträger denen von P. polytricha ähnlich. In den Zwiebeln der Hyacinthen, wo das Mycelium in den Schalen kleine, rundliche, schwarze, innen weisse Sele- rotien bildet und Fäulniss der befallenen Theile bewirkt (schwarzer Rotz). 2. Fumago Tul. Mycelium auf der Oberfläche lebender Pflanzentheile dünn- krustige oder häutige, schwarze Ueberzüge bildend, die sich leicht ablösen lassen. Peritheeien unregelmässig, länglich, oft verzweigt. Sporen braun, durch wenige Quer- und Längsscheidewände mehrzellig. — F. salicina Tul. (Capnodium sali- einum Mont.) Das reich verzweigte, kurzgliedrige Mycelium bildet anfangs eine weissliche Schicht auf den befallenen Pflanzentheilen, später eine schwarze, dünne Kruste, welche den Blättern etc. ein Aussehen giebt, als seien sie mit Russ überzogen (Russthau). Die Conidien wurden früher als Cladosporium Fumago Lk., Fumago foliorum Pers., Dematium salieinum Alb. et Schwein. etc. beschrieben. Die Perithecien erscheinen erst im Herbste und mit ihnen die gleichgestalteten Spermogonien und Pyeniden. Kommt auf Blättern und Zweigen zahlreicher Pflan- zen, besonders auf Weiden, Pappeln, Birken, Rüstern, Eichen, Pflaumen- und Apfel- bäumen, Linden etc., sowie auf Hopfen vor. Letzterem wird der Pilz, hier als schwarzer Brand bezeichnet, oft sehr schädlich, da er nicht allein Nährstoffe, sondern auch den befallenen Theilen das Licht bis zu gewissem Grade entzieht und Transpiration und Gasaustausch hemmt. 3. Leptosphaeria De Not. Wie Pleospora, aber die Sporen nur mit Quer- scheidewänden. — L. Napi Fwckel. Die Conidienform (Polydesmus exitiosus Kühn) ist auf Rübsen- und Rapsschoten oft häufig und verderblieh. Die Perithecien entwickeln sich an den dürren Stoppeln von Raps und. Rübsen. 4. Dilophospora Desm. Wie Leptosphaeria, aber die Fruchtkörper sind anfänglich Pyeniden, in denen längliche, oft gekrümmte, an beiden Enden mit einer Haarkrone versehene Stylosporen erzeugt werden; in denselben Pyceniden ent- stehen erst im nächsten Frühjahre die Schläuche mit 8 vierzelligen, oblong-cylin- drischen, gekrümmten Sporen. — D. graminis Desm. An Halmen, Blattscheiden und Spelzen der Gräser dunkele, gelb gerandete Flecken bildend. Conidienform = Mastigosporium album Ziess. In Deutschland noch nicht auf Getreidearten be- obachtet, in Frankreich auf Roggen und in England auf Weizen als schädlich erkannt. 5. Byssothecium F'uckel. Das stark entwickelte Mycelium bildet auf leben- den Wurzeln oft weit ausgedehnte, faserige, am Rande strahlige, violette Häute. Die Perithecien entstehen erst auf vollständig zerstörten, faulen Wurzeln. In den vierzelligen, sehr wenig gekrümmten Sporen sind die beiden mittleren Zellen grösser und braunviolett, die Endzellen viel kleiner und farblos. — B. eireinans Fuckel. Auf Luzerne schmarotzend. Nach Fuckel gehört die Rhizoctonia medicaginis DC. (R. violacea Tul.) als Entwickelungsform des Myceliums hier- her, und es zeigt sich der Pilz schon unter dem Schnee auf der Erde und den Pflanzen als ein zartes, spinnewebartiges Mycelium (früher als Schneeschimmel, Lanosa nivalis Fr., beschrieben) dort, wo später auch die Rhizoctonia häufig auftritt. Letztere ist das vorzugsweise schädliche Entwickelungsstadium des Pilzes, in der Erde von Wurzel zu Wurzel wachsend und diese zerstörend, so dass grosse Strecken in Folge Absterbens der Pflanzen entblösst werden. Das Mycelium bildet jetzt jene violetten Häute, dringt aber natürlich auch in die Wurzeln ein. Es zeigt sich reich verzweigt, die Aeste von verschiedener Dicke, durch Querwände gegliedert. Dickere, kugelige, allen Rhizoctonien eigenthümliche Hyphenknäuel, die hier und da auftreten, machen ganz den Eindruck von Sclerotien. Conidien, welche manchmal vorhanden sind, wurden sonst als Helminthosporium rhizoctonon Rabenh. bezeichnet. Später treten nach Fuckel Pyeniden auf, deren Stylosporen den Schlauchsporen ähnlich sind, und im Her’bste die Perithecien auf ganz faulen Wurzeln. Feuchter Boden begünstigt die. Entwickelung des Parasiten ungemein. Tulasne giebt sein Vorkommen auch für Rothklee, Färberröthe, Spargel und ÖOrangenbäume an und nach Kühn zerstört derselbe die Futter- und Zuckerrüben, die Wurzeln der Möhren, des Fenchels und ebenso auch die Stolonen und Knollen 154 Pleosporeae. Lophiostomeae. Massarieae. Cuceurbitarieae. Valseae. der Kartoffel. Auf letzterer kommt noch eine zweite Form, die Rhizoctonia Solani Kühn, vor, welche auf der Schale zuerst weissliche, dann dunkelbraune, bis mehrere Millimeter Durchmesser haltende Pusteln (die Sclerotien) bildet und so die sogenannte Pockenkrankheit der Kartoffel erzeugt, aber die Knollen nicht unbrauchbar macht, wie obige Art. Eine dritte Art, Rhizoctonia Crocorum DC., welche auf Safranfeldern durch Zerstörung der Zwiebelknollen oft grossen Schaden verursacht, wird von Tulasne zu seiner R. violacea gerechnet. 84. Familie. Lophiostomeae. Perithecien meist auf altem, entblösstem Holze oder auf Aesten, häufig in Rasen stehend, meist kugelig, ohne Hals, oft mit lippenförmiger Mündung, mit meist vielzelligen, manchmal mauerförmigen, häufig gefärbten Sporen. 1. Lophiostoma Fr. Mündung der Perithecien lippenförmig; die rüben- förmigen Sporen mit meist vielen Querwänden und gewöhnlich braun gefärbt. — L. compressum Nitschke. Häufig auf faulen Laubhölzern. 2. Melanomma Nitschke. Wie vorige Gattung, aber die drei- bis vierzelligen Sporen farblos oder blass gefärbt. — M. Pulvis pyrius Nitschke. Auf faulen Hölzern und alten Rinden häufig. 85. Familie. Massarieae. Die halslosen reifen Perithecien ergiessen ihren Inhalt an Sporen etc. als eine schwarze oder farblose Gallertmasse. Dadurch von allen anderen Familien der 2. Gruppe unterscheidbar. Massaria De Not. Perithecien auf Holz gesellig wachsend, mit mehrzelligen, schwarzbraun gefärbten Sporen, daher die ausfliessende Gallerte schwarz. Meist auch Pycniden der alten Gattungen Hendersonia, Diplodia, Stegonosporium etc. vorkommend. — M. inquinans Fr. An dürren Aesten verschiedener Laubhölzer. 111. Gruppe. Compositi. Auf Pflanzentheilen, selten auf Insekten, nie auf Mist lebende Pilze, deren Perithecien zu vielen auf oder in einem gemeinsamen Fruchtkörper, dem Stroma, sitzen. 86. Familie. Cucurbitarieae. Perithecien auf Rinde und Holz von Aesten, frei einem dünnen, krusten- artigen oder filzigen Stroma rasenförmig aufsitzend. Conidien, Spermogonien und Pyceniden sind häufig. Cucurbitaria Fr. Stroma sehr dünn, krustig. Sporen mauerförmig- viel- zellig, gelb oder braun. Conidienträger früher als Arten von Sporidesmium, die Pyeniden unter Diplodia, Hendersonia und Phragmotrichum aufgeführt. — C. La- burni Fr. Auf dürren Aesten von Cytisus Laburnum häufig. — C. pithyophila Fuckel. An Kiefern und Fichten. 87. Familie. Valseae. Stroma schwarz, hornartig oder kohlig, meistens in der Rinde von Baum- zweigen, ohne oberflächliches, Conidien entwickelndes Hymenium, nur manchmal conidientragende zerstreute Haare auf demselben. Perithecien bis auf den Grund des Stromas eingesenkt und die Hälse im oberen Theile mündend, zusammen mit vollständig oder unvollständig mehrfächerigen Spermogonien und oft im Kreise um ein Spermogonium stehend, oder die Spermogonien auf besonderem Stroma. 1. Eutypa 7ul. Stroma weit ausgebreitet, dem Holze mehr oder minder eingesenkt, mit regelmässigen und gleichförmig neben ‘einander stehenden Peri- thecien. Sporen in den lang gestielten Schläuchen meist unregelmässig liegend, Valseae. Melaneonideae. Diatrypeae. Xylarieae. 155 kurz cylindrisch, gekrümmt, einzellig, farblos. Stroma oft mit conidientragenden Haaren. — E. lata Tul. Auf Laubhölzern häufig. ; 2. Valsa Fr. Stroma kegel- oder polsterförmig, mit symmetrisch um einen Punkt geordneten Peritheeien. Schläuche sitzend oder gestielt. Sonst wie vorige Gattung. Spermogonien früher in der Gattung Cytispora stehend. — V. Pru- nastri Fr. An dürren Aesten von Schlehen, Aprikosen und Pfirsichen. — V. ambiens Fr. Auf dürren Aesten fast aller Laubbäume — V. nivea Fr. An dürren Aesten von Birken und Pappeln. 3. Diaporthe Nitschke. Stroma wie bei Eutypa oder wie bei Valsa. Sporen in den Schläuchen meist zweireihig, länglich-eiförmig, gerade, zwei- bis vierzellig, farblos. — D. Arctii Nitschke. Auf abgestorbenen Stengeln von Lappa, welche vom Stroma stellenweise oft ganz umgeben und durch die vorstehenden Peritheecien- hälse rauh sind. — D. velata Nitschke. An dürren Lindenästen. — D. Carpini Fwuckel. An dürren Aesten der Hainbuche. 88. Familie. Melanconideae. Stroma polster- oder kegelförmig, vom Periderm bedeckt in der Rinde von Aesten, später nur wenig in Form kleiner Pusteln hervorbrechend, anfänglich mit einem Conidien entwickelnden Hymenium auf der Oberfläche, oder mit Sper- mogonien oder Pycniden; die Perithecien später im unteren Theile desselben Stromas entstehend, mit den Hälsen auf dem Scheitel desselben mündend. Melanconis Tul. Die das ganze Stroma oder einen Theil desselben be- deckenden, schwarzen Conidien wurden als Melanconium, Coryneum und Stilbospora beschrieben. Spermogonien nnd Pyceniden seltener. Sporen zwei- bis vielzellig, dunkel oder farblos. — M. lanceaeformis Tul. (Conidien — Coryneum disci- forme Corda) und M. stilbostoma Tul. (Conidien — Melanconium betulinum Schm. et Kze., Spermogonien — Libertella betulina Desm.) auf dürren Aesten der Birke häufig. 89. Familie. Diatrypeae. Stroma meist in der Rinde von Aesten und vom Periderm bedeckt, später mehr oder minder hervorragend, ausgebreitet, flach kegelförmig oder kissenförmig, schwarz, korkig, hornig oder kohlig, mit bis auf den Grund eingesenkten Peri- thecien, deren Hälse im oberen Theile münden. Diesem Stroma geht ein be- sonderes, hell gefärbtes, fleischiges Stroma mit Conidien bildendem Hymenium oder mit Spermogonien vorauf. 1. Diatrype Fr. Stroma scheibenförmig, mit gleichmässig neben einander stehenden Perithecien. Sporen zu 8 in den Schläuchen, cylindrisch, gekrümmt, einzellig, blass bräunlich. An abgestorbenen Stämmen und Aesten schwarze Krusten bildend. Spermogonien früher zu Naemaspora gerechnet. — D. stigma Fr. An fast allen Laubhölzern unter der Rinde. 2. Quaternaria Tul. Stroma polster- oder stumpf kegelförmig, von der Rinde immer bedeckt, mit symmetrisch um einen Punkt gestellten Perithecien. Sonst wie Diatrype. — Q. Persoonii Tul. Abgestorbene Zweige von Rothbuchen oft ganz schwarz überziehend; vorher an absterbenden Zweigen die goldgelben Spermogonien (Libertella faginea Desm., Naemaspora crocea Pers.). 3. Calosphaeria Tul. Perithecien fast frei in kleinen Rasen beisammen stehend, ihre Schläuche acht- bis vielsporig, die Sporen cylindrisch, gekrümmt, einzellig, farblos. In der Rinde abgestorbener Stämme und Aeste von Laubhölzern. — (. princeps Tul. An Kirsch- und Pflaumenbäumen häufig. 90. Familie. Xylarieae. Stroma meist frei auf der Oberfläche des Substrates, aufrecht stiel- oder strauchartig, oder lager-, polster- oder becherförmig, in der Jugend von einem weisslichen, Conidien entwickelnden Hymenium überzogen, später schwarz, korkig, 156 Xylarieae. Nectrieae: Claviceps. kohlig oder hornig, mit der Rinde eingesenkten Perithecien und einzelligen, schwärzlichen Sporen. Spermogonien und Pyceniden fehlen. 1. Hypoxylon Bull. Stroma lagerartig ausgebreitet oder halbkugelig polster- förmig, die Conidien auf der freien Oberfläche. Röthliche oder schwarzbraune, korkige oder holzige Pilze auf Holz und Rinde. Mycelium perennirend. — H. coccineum Bull. Stroma heerdenweise auf faulenden Buchenästen, seltener auf anderen Laubhölzern, oberflächlich, fast kugelig, erbsengross, durch die mit nabel- artig vertiefter Mündung versehenen Perithecien höckerig, in der Jugend ziegel- roth, später dunkel braunroth. — H. fuscum Fr. Auf der Rinde verschiedener Laubhölzer, mit braunem, halbkugeligem Stroma; sonst wie vorige Art. — H. multiforme Fr. Stroma bis 5 Centim. im Durchmesser, meist dick polsterförmig, anfangs rostfarben, später schwarz, die Perithecien mit papillenförmiger Mündung; an Birken und anderen Laubhölzern. 2. Ustulina Tul. Von voriger Gattung durch ein unregelmässig polster- förmiges, auf der Oberfläche welliges Stroma verschieden. — U. vulgaris 7ul. Stroma bis 8 Centim. breit und 2 Centim. dick, in der Jugend fleischig, weisslich- grau, im Alter kohlig zerbrechlich, schwarz. Am Grunde alter Stämme, besonders der Buchen und Hainbuchen. 3. Xylaria Hiül. Stroma aufrecht, stiel-, keulen- oder strauchförmig, in der Jugend durch die Conidien weiss bestäubt, später meist schwarz und am Grunde oft beharrt. Mit perennirendem Mycelium. Auf faulem Holze (namentlich Baum- stumpfen, alten Bretterzäunen), holzigen Früchten, Erde und Mist wachsende, ziem- lich grosse Pilze. — X. Hypoxylon Fr. Stroma bis 8 Centim. hoch, verzweigt, am Grunde behaart, an der Spitze der oft verbreiterten und flachen Aeste ohne Perithecien. An faulen Stämmen von Laubhölzern. — X. digitata Fr. Stroma bis 6 Centim. hoch, fingerförmig verzweigt, am Grunde kahl; sonst wie vorige Art. Auf feucht liegendem, gezimmertem Holze. — X. polymorpha Tut. Stroma bis 8 Centim. hoch, sehr unregelmässig gestaltet, auch in den Spitzen mit Peritheecien. An alten Baumstumpfen. 91. Familie. Nectrieae. Stroma meist frei entwickelt, von verschiedener Form, fleischig, hell oder lebhaft roth gefärbt, im Alter manchmal schwarzroth, mit eingesenkten oder oberflächlichen Perithecien. Auf Pflanzen oder Insekten lebende Pilze, deren wichtigste Gattung: 1. Claviceps 7Zw.! (Fig. 42—50.) Stroma aus einem Selerotium hervorwachsend (Fig. 46), gestielt, mit endständigem Köpfchen, in dessen Oberfläche die Perithecien eingesenkt sind (Fig. 47 B). Sporen einzellig, fadenförmig (Fig. 49 e). Die zu dieser Gattung gehörenden Schmarotzer leben in den Blüthen der Gräser und Scheingräser, den Fruchtknoten der- selben durch ihr Conidien entwickelndes Mycelium zerstörend. Aus letzterem geht ein hornartiges, schwärzliches Sclerotium hervor, das zu den Grasblüthen herausragt (Fig. 45), überwintert und auf feuchtem Boden im nächsten Früh- jahre die Fruchtkörper erzeugt, deren Sporen wieder in Grasblüthen ge- langen und dort abermals Mycelium entwickeln. Die wichtigste Art ist 6. purpurea 7%. (Sphaeria purpurea Fr., Sphaeria entomorrhiza Schum., Cordyceps purpurea Fr., Kentrosporium mitratum Wallr., Sphae- ropus fungorum Guib.), deren Sclerotium als Mutterkorn oder Hunger- korn bekannt ist. Dieselbe siedelt sich vorzüglich in den Blüthen "des Roggens, seltener in denen der Gerste und des Weizens an, kommt aber auch auf zahlreichen anderen Gräsern vor (Molinia coerulea, Phragmites com- ! Tulasne, Me&moire sur l’ergot des Glumacees. Ann. d. science. natur. ser, Ill. vol. 20. pag. 1. tab. 1—4. Neetrieae: Claviceps. 157 munis, Alopecurus pratensis, Bromus mollis, B. secalinus, Agrostis vulgaris, Dactylis glomerata, Festuca gigantea, Phleum pratense, Triticum repens, Poa compressa, Anthoxanthum odoratum, Lolium perenne, L. temulentum, Glyceria. spectabilis ete.), ferner auf Arten von Carex, Cyperus und Heleo- charis; sie tritt nicht nur in der Ebene auf, sondern findet sich auch noch auf höheren Gebirgen. Kühn sah Mutterkorn massenhaft auf Agrostis vul- garis und Nardus strieta im Mährischen Gesenke in einer Höhe von über 4000 Fuss. Von der Bodenbeschaffenheit ist die Entwickelung des Mutter- kornes nicht abhängig, wie man früher wohl glaubte, wenn auch feuchter Boden dieselbe begünstigt. Gegen seine übermässige Verbreitung auf Ge- treidefeldern werden Einernten vor dem Ausfallen des Mutterkornes aus den Aehren, sorgfältige Reinigung des Saatgutes vom beigemengten Mutter- korne und Zerstörung des letzteren, sowie Abmähen der wilden Gräser auf den Rainen der Getreideäcker vor der Blüthezeit die besten Dienste leisten, Drilleultur, welche ein gleichmässiges Blühen der Getreidepflanzen befördert. wird von Kühn als gleichfalls wichtige Vorbeugungsmassregel angerathen. Nach älteren Ansichten sollte sich das Mutterkorn in Folge einer Verwundung des Fruchtknotens oder der jungen Frucht durch den Stich einer Fliege oder durch den Biss von Käfern, namentlich eines zur Blüthezeit des Roggens auf den Aeckern häufig sicht- baren Weichkäfers (Rhago- nycha melanura Fuabr.) ent- wickeln. Andere sahen ab- norme Vegetationsverhältnisse (Unterbleiben der Befruchtung, fehlerhafte Ernährung u. s. w.) VD NN Nm als Entstehungsursache an. YANG N N Längst widerlegt sind der- a: Br artige aus der Luft gegriffene Behauptungen durch die exac- ten Untersuchungen einer Fig. 42. Claviceps purpurea Eul: KL Sehr junger Frucht- L N 2 knoten des Roggens mit der CGonidienform (Sphacelia) des Reihe von F orschern, unteı Pilzes. 5 Aelterer Fruchtknoten , dessen oberer Theil noch denen namentlich Twulasne ! die Conidiengeneration trägt, während unten die Entwicke- d Kül 2 her zuheb lung des Mutterkornes (Sclerotium) begonnen hat. ce Längs- un unn ‚hervorzuheben schnitt durch den oberen Theil eines Entwickelungsstadiums sind, nach deren Mittheilungen wie b. Nach Tulasne; alle Figuren vergrössert. die Entwickelung des Mutter- kornes in der Roggenblüthe (und entsprechend in den Blüthen anderer Gräser) in folgender Weise vor sich geht. Untersucht man zur Blüthezeit den Fruchtknoten solcher Blüthen, deren N \ 1 Tulasne, a. a. O. ® Kühn, Untersuchungen über die Entwickelung, das künstliche Hervorrufen und die Verhütung des Mutterkornes. Mittheilungen aus dem physiol. Laborato- rium u. d. Versuchsstation d. landwirthschaftl, Institutes d. Univers. Halle. 1. Heft. 1863. 158 8 Nectrieae: Claviceps. Spelzen am Grunde wie mit Oel getränkt aussehen, oder aus welchen gar Tropfen einer kleberigen, gelblichen oder bräunlichen, übelriechenden Flüssig- keit hervorquellen, so findet man zuerst an seinem Grunde, später auch weiter oben ein weisses, zähes Mycelium, das gewöhnlich anfangs streifig (Fig. 42 a), später in zusammenhängender, hautartiger, dünner Schicht den- selben überzieht. Unter dem Mikroskope zeigt sich dasselbe als aus zahl- reichen, eng durch einander geflochtenen Pilzfäden bestehend (Fig. 43 s), die nicht allein von der Aussenfläche des Fruchtknotens Besitz genommen haben, sondern auch seine äussersten Gewebeschichten durchwuchern, das Innere aber vorläufig noch verschonen. Auf der Oberfläche des faltigen Myceliums erheben sich dicht gedrängt zahlreiche kurze Aestchen desselben, die auf Fig. 43. Clavicepes purpurea Tul. Fragment eines Längsschnittes aus Figur 42 c an der Grenze des sich entwickelnden Mutterkornes (m) und der noch fortwährend die Conidien (c) abschnürenden Sphacelia-Form (s) des Pilzes. Nach Tulasne; sehr stark vergrössert. ihrer Spitze durch Abschnürung eiförmige, leicht abfallende Zellchen er- zeugen (Fig. 43 c); es sind dies die Conidienträger des Myceliums. Die oben erwähnte eigenthümliche Flüssigkeit aber ist ein unter dem Namen „Honigthau des Roggens“ bekanntes Ausscheidungsproduct des Myce- liums, dessen Menge mit der Ausbreitung des letzteren zunimmt, das aber nicht. mit dem durch Insekten (namentlich Blattläuse) verursachten Nectrieae: Claviceps. 159 # Honigthaue verwechselt werden darf." In einem Tropfen desselben erblickt man unter dem Mikroskope eine Unzahl Conidien. Insekten, namentlich der erwähnte Weichkäfer, welche dem süsslichen Secrete begierig: nach- stellen, verbreiten daher. leicht in dem an ihrem Körper kleben bleibenden Honigthaue auch die Conidien, die beim Umherkriechen auf und zwischen den Blüthen an diesen abgestreift werden und keimend neues Mycelium im noch nicht vom Pilze befallenen Blüthen erzeugen. Die Keimung findet in der Weise statt, dass die Co- nidie an einem Ende (Fig. 44, b, ec) oder an beiden Enden (Fig. 44 a, d, e) in einen Keimschlauch aus- wächst (dem Anfang des neuen Myceliums), der sich sofort verästelt (Fig. 44, db, ce, d), oft aber auch an seinem Ende (Fig. 44, f*, y*) oder an einem Seiten- aste (Fig. 44, e*) sofort wieder durch Anschwellungen und Abgrenzung derselben durch Scheidewände Se- eundär-Conidien erzeugt, die ihrerseits erst zum My- celium auskeimen. Leveille, welcher den Zusammen- hang des Conidien erzeugenden Myceliums mit dem Mutterkorne noch nicht kannte, bezeichnete dasselbe 1827 als Sphacelia segetum als neuen Fadenpilz. Erst Meyen erblickte im Jahre 1841 in ihm den Vorläufer des Sclerotiums. Mit der weiteren Ausbreitung der Sphacelia über den Fruchtknoten dringt dieselbe auch tiefer in das Innere desselben ein und zerstört nach und nach sein ganzes Gewebe, an dessen Stelle die dicht verflochtene Masse des Myceliums tritt, das nun als ein schmutzig weisser, schmieriger, auf seiner Oberfläche faltig ge- wundener, im Inneren unregelmässig verlaufende Hohl- räume zeigender Körper die Länge der Spelzen er- reicht oder diese noch überragt. Nun beginnt aber vom Grunde dieses Myceliumkörpers aus eine Umbil- F dung seiner Elemente. Die an und für sich schon EB T a dichte Fadenmasse der Sphacelia wird hier durch in verschiedenen Stadien zahlreiche neu entstehende Aeste, die sich zwischen 1er Keimung. ey Ge- 2 r 5 P : keimte Conidien, welche die vorhandenen einschieben, noch dichter; sämmt- (bei x) Secundärconidien liche sich durch zahlreiche Querwände gliedernde erzeugen. Nach Kühn. Br “ . Vergr. 300. Hyphen schwellen stärker an, berühren einander und bilden schliesslich in Folge gegenseitigen Druckes und fester Verschmelzung ein pseudoparenchymatisches Gewebe, den Anfang des Mutterkornes oder Sclerotiums (Fig. 43, m), dessen Entwickelung also von unten auf beginnt. Figur 42 5 zeigt uns einen derartigen Entwickelungs- zustand, in welchem der untere, dunkele Theil bereits zum Sclerotium heran- wächst, in der oberen Hälfte noch die Sphacelia sammt den vertrockneten Narbenresten des Fruchtknotens sichtbar ist. Figur 42 ce giebt den Längs- schnitt eines derartigen Körpers, aus welchem wieder Fig. 43 ein kleines Frag- !' Derartige Ausscheidungen kommen auch bei anderen Pilzmycelien vor, sind also keine Eigenthümlichkeit des Mutterkornes allein. 160 Fig. 45. Roggenähre mit zwei vollständig ausgebildeten Selero- tien des Mutterkornes (Claviceps purpurea Tul.). Natürliche Grösse. Neetriene: Claviceps. Pr ment an der Grenze zwischen jungem Mutterkorne (m) und Sphacelia (s) in sehr starker Vergrösse- rung darstellt. Allmählich greifen diese Verän- derungen weiter nach oben Platz und während so das Mutterkorn durch Umbildung immer neuer Elemente des Myceliums an seinem Scheitel wächst, hören in demselben Maasse die Aus- scheidungen des Honigthaues und die Erzeugung von Conidien auf. Gleichzeitig differenzirt sich eine äussere, aus dicht und parallel gelagerten Fäden gebildete Schicht als sehr dünne Rinde des Mutterkornes, die gewöhnlich schwarzviolett er- scheint, bisweilen aber auch gelblichgrau oder grauweiss gefärbt bleibt. Endlich sitzt in der Regel nur noch ein vertrockneter Rest der Spha- celia der Spitze des fertigen Mutterkornes als Mützchen auf, das später abgeworfen wird. In einzelnen Fällen bleibt auch der oberste Theil \ des Fruchtknotens erhalten und krönt dann den Scheitel des Mutterkornes, oder es sind einzelne Theile des Fruchtknotens unverändert mitten im Mutterkorne eingeschlossen. Solche Fälle treten dann ein, wenn der Fruchtknoten schon zu weit entwickelt war, als die Conidien der Sphacelia auf ihn gelangten, oder wenn später anhaltende trockene Witterung die Verbreitung derselben durch den schon theilweise befallenen Frucht- knoten aufhält. | Das Mutterkorn ist somit das Sclerotium (vgl. S. 143) der Sphacelia, das aber früher als ein selbständiger Pilz betrachtet wurde und den Namen Scelerotium Clavus DC. (Spermoedia Clavus Fr., Clavaria Clavus Schrank, Secale cor- nutum Dald. — noch ältere Namen: Clavi Sili- ginis Zonie:, Secalis mater 7hal., Secale luxurians Bauh. ete.) erhielt. Es stellt im ausgebildeten Zustande einen bis 40 Millim. langen und bis 6 Millim. dicken, stumpf dreikantigen, meist auf jeder Seite mit einer oft tiefen Längsfurche ver- sehenen, gewöhnlich bogen- oder hornartig ge- krümmten Körper (Fig. 45) von der angegebenen Farbe und mit im frischen Zustande schwach be- reifter Oberfläche dar. Trocken ist derselbe spröde, aber schwer zu pulvern. Auf Querschnit- ten zeigt sich die innere, weissliche Hauptmasse als aus zahlreichen, sehr kleinen, rundlich-poly- gonalen Zellen zusammengesetzt; auf Längsschnit- ten erscheinen dieselben mehr gestreckt, stellen- weise bis auf das Zehnfache ihres Querdurchmessers * Nectrieae: Claviceps. "161 unregelmässig schlauchförmig gedehnt. Einzelne der letzteren Zellen sieht man übrigens fast immer auch auf Querschnitten, namentlich in der Mitte des Mutterkornes, da ja in Folge des Durcheinanderschiebens der Hyphen die Zellen die verschiedensten Lagen im fertigen Sclerotium erhalten. Auf der Oberfläche der sehr dünnen gefärbten Rinde findet man in der Regel an ver- schiedenen Stellen noch dicht verfilzte‘ Massen der Sphacelia in verschieden dicker Lage. Der Hauptinhalt der Zellen ist ein fettes, fast farbloses Oel in äusserst zahlreichen Tropfen. Bei längerer Aufbewahrung verdirbt das Mutterkorn rasch; namentlich wird es auch leicht von Milben (Trombidium) zerfressen. Es muss daher jedes Jahr frisch gesammelt und stark getrocknet werden. Bis zu Tulasne’s Veröffentlichungen im Jahre 1853 hielt man das Selerotium für den höchsten Entwickelungszustand des Mutterkornpilzes. Tulasne zeigte, dass sich dasselbe weiter entwickelt, wenn es auf oder in Fig. 46. Claviceps purpurea Tul. Fig. 47. Zwei Sclerotien mit Keulensphärien ; a sehr jung, b völlig entwickelt. Na- türliche Grösse. Claviceps purpurea Tul. A Reifes Köpfchen. BEin solches im Längsschnitte. Beide Figuren schwach vergrössert. feuchten Boden geräth, und zur Zeit der Roggenblüthe zu Ende Mai und Anfang Juni des nächsten Jahres eigenthümliche Fruchtträger (Stromata) aus- treiben lässt, welche erst die Peritheeien mit den Schlauchsporen enthalten. Dieselben sind auch im Zimmer unter Glasglocken zu ziehen, wenn man im Sommer vorher gesammeltes Mutterkorn in einen Topf mit stets nur mässig feucht gehaltener Erde im Januar oder Februar so aussäet, dass man das- selbe entweder mit einer dünnen Erdschicht bedeckt oder die Sclerotien einzeln aufrecht halb in die Erde steckt. Nach etwa 3 Monaten brechen durch die an der betreffenden Stelle spaltenförmig aufreissende Rinde des Sclerotiums kleine, kugelige, weisse Köpfchen hervor (Fig. 46, a), deren Zahl bis 30 und darüber betragen kann. Ihre Anlage erfolgt dicht unter der Rinde, indem Gruppen von den hier gelegenen Zellen neue Zweige bilden, die zu einem dichten Bündel verschmolzen senkrecht gegen die Oberfläche fortwachsen, diese nach aussen treiben und rasch durchstossen. Sehr bald sieht man weiter das Köpfehen des Fruchtträgers auf kurzem, cylindrischem Stiele sich über die Oberfläche des Sclerotiums und über die Erde erheben, und da das Hervortreten der Fruchtträger ungleichzeitig erfolgt, findet man sewöhnlich verschiedene Entwickelungsstadien derselben auf demselben Sclero- Luerssen Mediecin.-pharm. Botanik. 11 162 Nectrieae: Claviceps. x tium (Fig. 46 5). Bald findet auch Streckung des anfangs gelblichen, später röthlichen, endlich purpurnen, bis 3 Centim. langen Stieles statt, aus dessen etwas stärkerer Basis gewöhnlich ein Filz weisser Fäden (secundäres My- celium) hervorwächst. In dem Maasse, wie die Fruchtträger sich ausbilden, verschwindet in dem Sclerotium zuerst in-der Nähe derselben, dann in Fig. 49. Claviceps purpurea Tul. @ Drei Fig. 48. Claviceps purpurea Tul. Ein einzelnes Perithecium Schläuche aus einem aus dem Längsschnitte des reifen Vilzes. A Die Hyphen des reifen Perithecium. lockeren Markes. «a Die Schläuche eines benachbarten zer- b Ein Schlauch, wel- schniitenen Peritheciums. Nach Tulasne; sehr stark ver- cher die Sporen ent- grössert. lässt. ce Zwei Sporen. Vergr. ca. 700. weiterer Entfernung das Oel; die Zellmembranen werden dünner, endlich sehr zart und die einzelnen früher fest verbundenen Zellen trennen sich jetzt leicht von einander. Das fertige Köpfchen des Fruchtträgers, das in seiner Färbung mit dem Stiele gleichen Schritt hält, umschliesst letzteren an seinem Grunde nicht dicht, sondern bildet hier einen etwas abstehenden Ringwulst (Fig. 47 B). Auf seiner Oberfläche zeigt es zahlreiche nicht ganz regelmässig gestellte, stumpfe Wärzehen, von denen jedes den Sitz eines Peritheciums angiebt (Fig. 47 A und B). Die Perithecien liegen ziemlich dieht neben einander in einer etwas diehteren, aus ziemlich radial verlaufenden, gegliederten Hyphen gebildeten Rindenschicht des Köpfchens, die ein aus locker verflochtenen Hyphen be- stehendes Mark umschliesst (Fig. 47 B und Fig. 48, }). Das einzelne Peri- thecium ist schlank birnförmig; es besitzt eine deutlich entwickelte, aus einem dichten Geflechte dünnerer Hyphen gebildete Wand und mündet auf dem Scheitel der Warze mit einem engen Canale (Fig. 48). Vom Grunde Neetrieae: Claviceps. 163 der Perithecienhöhlung erheben sich viele schlank keulenförmige, nach oben wieder verschmälerte Schläuche (Fig. 48, a und Fig. 49, a), deren jeder acht lange, sehr dünne, fadenförmige, farblose Sporen (Fig. 49, ec) enthält. Letztere werden dadurch frei, dass eine unterhalb des verdickten Schlauch- scheitels liegende Zone der Membran gallertartig verflüssigt wird, während Ende und Basis des Schlauches zunächst unverändert bleiben. Sie quellen dann in grossen Massen zu den Mündungen der Perithecien heraus und liegen in wirren Haufen und Flocken auf der Oberfläche des Köpfchens, von welcher sie später leicht fortgestäubt werden. Dass diese Sporen durch Infeetion der Grasblüthen aufs Neue zunächst die Sphacelia und damit wieder Mutterkorn hervorrufen, ist durch Versuche direct nachgewiesen worden. Bei der Keimung treten zunächst an einzelnen Stellen der fadenförmigen Spore knotige Anschwel- lungen in unbestimmter Anzahl auf (Fig. 50) und an diesen Stellen werden bald darauf die zarten Keimschläuche als, Anfänge der Sphacelia getrieben (Fig. 50). Abbild. Tulasne, a. a. OÖ. — Kühn, "ev. 5 a. a. 0. — Borg und Schmidt, Offiein. IE. 50- Clsrisons purpura Tu, Schlauch, Gew. Taf. XXXII, ce. — Nees v. Esenbeck, mung. Nach Kühn. Vergr. 600. Plantae medicin. Supplementband, Taf. 1. Droge: Secale cornutum, Ph. germ. 297; Ph. austr. 178; Ph. dan. 206; Ph. ross. 357; Ph. helv. 116; Cod. med. 52. — Ergota, Brit. ph. 111. — Berg, Waarenk. 5 u. Atlas z. Waarenk. Taf. I. Fig. 1. Flückig. Pharm. 129. Präparate: Extractum Secalis cornuti, Ph. germ. 127; Ph. austr. 88; Ph. dan. 106; Ph. ross. 142; Ph. helv. 47. — Extractum Ergotae liquidum, Brit. ph. 118. — Tinctura Secalis cornuti, Ph. germ. 356; Ph. helv. suppl. 123. — Tinctura Ergotae, Brit. ph. 330. — Infusum Ergotae, Brit. ph. 161. — Pulvis Selerotii Clavi, Cod. med. 316. Bestandtheile: Fettes Oel bis 30 Proe.; zwei Alkaloide: Ergotin und Eebolin (Husemann, Pflanzenstoffe 520), beide an eine flüchtige Säure (Er- gotsäure) gebunden und das letztere vielleicht die medicinische Wirkung bedingend; ausserdem eine dem Rohrzucker und noch mehr der Trehalose nahe stehende Zuckerart, die Mycose (Husemann, Pflanzenstoffe 1071). Die blutstillende und geburtbefördernde Wirkung des Mutterkornes war bereits im Mittelalter bekannt. Lonicer erwähnt das Mutterkorn als Arzneimittel schon im Jahre 1573. Mit schlecht gereinigtem Getreide zu Mehl vermahlen, bewirkt es die sogenannte Kribelkrankheit (Ergotismus, Antonsfeuer, Ignis sacer), welche früher in Hungerjahren bereits epidemisch auftrat (922 in Spanien und Frankreich, 1577 in Hessen, 1588 in Schlesien, 16485 im Voigtlande ete.; vereinzelte Krankheitsfälle hie und da noch in diesem Jahrhundert in Berlin, Pommern, Braunschweig und Nassau be- obachtet). Kühn, 2.2.40. °3.30. 31 Bi 164 Nectrieae: Cordieeps, Epichloe, Neectria. 2. Cordiceps Fr. Stroma keulenförmig, gestielt, mit oberflächlich vor- ragenden Perithecien; die Sporen stabförmig und noch vor der Reife im Ascus in eine grosse Anzahl von in einer Reihe liegenden kurzen Zellen (Theilsporen) ge- theilt (bei C. militaris bis zu 160 aus einer Spore entstehend). Fleischige, braune, gelbe oder orangefarbene, auf Insekten oder grösseren Pilzen Igbende Pilze, deren Fruchtkörper erst auf den Leichen der ersteren erscheinen. Bei manchen Arten sind Conidienträger bekannt. — (. militaris Lk. (Clavaria militaris L.) Bis 6 Centim. hohe, orangegelbe, einzeln oder zu mehreren beisammen auf todten Raupen und Schmetterlingspuppen erscheinende, keulenförmige Fruchtkörper. In Wäldern Europas und Nordamerikas; in Deutschland selten. Die Conidienform als Isaria farinosa Fr. beschrieben. Nach De Bary! werden die Sporen der reifen Fruchtkörper bis auf einige Millimeter Entfernung aus den Perithecien ausge- schleudert. Die Theilsporen trennen sich dann von einander und treiben bei der Keimung auf dem ÖObjectträger einen oder mehrere Keimschläuche, die einfach bleiben oder sich verästeln und an ihren Astenden Reihen von Conidien abschnüren, von denen die älteste (oberste) länglich -cylindrisch ist, die übrigen rundlich oder breit oval sind. Bei Aussaat der Ascosporen auf lebende Raupen des Wolfsmilch- schwärmers konnte das Eindringen der Keimschläuche durch die Haut des Thieres in den Körper nachgewiesen werden. Cylindrische Conidien, welche nach einiger Zeit im Blute des infieirten Thieres auftreten, werden wohl auf den Enden der eingedrungenen, verzweigten Keimschläuche abgeschnürt. (Auf Objectträgern in verdünntem Blute cultivirt, erzeugten sie die charakteristische Conidienform von Cordiceps.) Die Cylinderconidien des Blutes erzeugen, nachdem sie sich oft auf zwei- bis dreifache Länge gestreckt haben, auf ihrem feinen, pfriemenförmig sich zuspitzenden Ende Secundärconidien, die sich in gleicher Weise vermehren und das Blut des Thieres mehr und mehr erfüllen. Mit dieser Vermehrung hält die Erkrankung des Thieres gleichen Schritt. Nach dem Tode der Raupe wachsen die Cylinderconidien zum Mycelium aus, dessen Fäden schliesslich den anfangs er- schlafften Körper prall ausfüllen, alle Organe desselben und namentlich den Fett- körper durchwuchernd und auf ihre Kosten sich ernährend. Endlich treten zahl- reiche Aeste durch die Haut an die Oberfläche des Leichnams, hier einen weissen, flockigen Flaum bildend, welcher an vielen Aesten rundliche Conidien abschnürt. Oder es treten die charakteristischen Isariaformen des Myceliums auf: senkrecht sich erhebende, bis 4 Centim. hohe, oft verzweigte Bündel parallel verlaufender und fest vereinigter Hyphen, die an ihren Enden auf freien Fäden dicke Köpfchen oder Keulen, von zahlreichen Conidienketten gebildet, erzeugen. Andere Bündel solcher Hyphen wachsen dann später zu den Fruchtträgern heran. Der Pilz ist in seiner Conidienform oft als Insektenvertilger, namentlich durch Tödtung zahl- reicher schädlicher Raupen, von Wichtigkeit. — C. ophioglossoides Lk. Bis 10 Centim. hohe, schlank keulenförmige Fruchtträger mit olivenbraunem Stiele und braunschwarzer Keule. Auf abgestorbenen Hutpilzen in Wäldern. 3. Epichlo& Tul. Stroma lagerartig, die Blattscheiden lebender Gräser überziehend oder ringsum einhüllend, anfänglich von einem Conidien entwickelnden Hymenium überzogen, später die halb hervorragenden Perithecien tragend. Sporen einzellig, eylindrisch. — E. typhina 7ul. Stroma bis 2 Centim. lang, anfangs weiss, später ockergelb, durch die röthlichen Perithecien punktirt, die Scheide des ober- sten Blattes junger Grashalme umgebend, so dass in Folge dessen der obere Theil des Halmes nicht zur Entwickelung kommt. Auf verschiedenen Wiesengräsern, namentlich auf Phleum pratense oft schädlich. 4. Nectria Fr. Das warzenförmige Stroma manchmal auf seiner Oberfläche mit Conidien erzeugendem Hymenium versehen (Tubereularia-Formen), später mit den oberflächlichen Perithecien; Sporen meist zweizellig, länglich. — N. cin- nabarina Fr. An trockenen Stämmen verschiedener Laubhölzer oft grosse Flächen bedeckend, namentlich die Conidienform (Tubercularia vulgaris Tode) in zahlreichen, lebhaft rothen Warzen sehr häufig; die Perithecien auf dem Stroma kleine Räschen bildend. ' De Bary, Zur Kenntniss insektentödtender Pilze. Botan. Zeit. 1867. 8. 17. Dothideaceae. Discomycetes. 165 92. Familie. Dothideaceae. Stroma ganz in dem Gewebe der Wirthpflanze verborgen, flach oder etwas convex, schwarze oder rothe Flecken oder Streifen bildend. Perithecium dem Stroma ganz eingesenkt, mit demselben verschmolzen und ohne eigene Wandung, gewissermassen nur eine Höhlung bildend, auf derem Grunde die Sporenschläuche entspringen. Durch letzteres Merkmal von allen Familien der Gruppe leicht unterscheidbar. 1. Polystigma Tul. Stroma roth, fleischig, glänzend rothgelbe bis feuer- rothe Flecken auf lebenden Blättern erzeugend, zunächst nur mit Spermogonien, deren Spermatien hakenförmig gekrümmt sind. Die Perithecien entwickeln sich «erst im Laufe des Winters im abgefallenen, faulenden Laube am Boden, wobei das Stroma eine braune Färbung annimmt. Sporen einzellig. — P. rubrum Tul. Feuerrothe, fleischige, von den zahlreichen Spermogonien-Mündungen dunkel punk- tirte Flecken (,„Lohe‘“) auf Blättern von Schlehen und Pflaumen bildend und da- durch vorzeitige Entblätterung und Schaden verursachend. Sorgfältige Zerstörung des abgefallenen kranken Laubes ist einziges Schutzmittel. 2. Dothidea Tul. Stroma schwarz, hornig oder kohlig, länglichrund bis kreisförmig, polsterförmig, über die Oberfläche des Substrates tretend, mit einer einfachen Schicht von Perithecien im oberen Theile. Sporen ein- oder zweireihig in den Schläuchen liegend, meist ungleich zweizellig, farblos. Oft mit Conidien, Spermogonien und Pyceniden. An dürren Aesten..— D. Sambuci Fr. An Zwei- gen von Sambucus. 3. Phyllachora Nitschke. Stroma unregelmässig ausgebreitet, dünn, im Substrate verborgen, eng begrenzt, mit wenigen, seine ganze Dicke einnehmenden Perithecien. Sporen ein- oder zweizellig, länglich oder eiförmig. Auf lebenden und absterbenden Blättern, die Perithecien meist erst im todten Pflanzentheile reifend. Manchmal Conidien, Spermogonien und Pycniden vorhanden. — P. Tri- folii Fuckel. Auf lebenden und absterbenden Blättern von Klee. Conidienträger — Polythrineium Trifolii Kze. und $permogonien —= Sphaeria Trifolii Pers. 4. Unterordnung. Discomycetes. In Bezug auf die Formenmannigfaltiskeit der ausgebildeten Fruchtkörper stehen die Discomyceten oder Scheibenpilze den Kernpilzen kaum nach. Sie schliessen sich auch in ihren sonstigen Charakteren der letzteren Unterordnung so eng an, dass nur ein einziges Unterscheidungsmerkmal für sie übrig bleibt. Wäh- rend bei den Kernpilzen das Hymenium in der Höhlung eines geschlossenen, nur mit enger Mündung sich öffnenden Fruchtkörpers entwickelt wird (8. 144), finden wir dasselbe bei den Scheiberipilzen auf einer von Anfang an oder doch wenigstens zur Reifezeit frei liegenden grösseren Fläche, der Scheibe (discus), ausgebreitet (Fig. 51 C). Diese Scheibe bildet bei den typischen Formen der Gattungen Peziza, Ascobolus etc. den Boden einer becher- oder schüsselartigen Frucht, des Bechers oder der Cupula (Fig. 51 C), während bei anders gestalteten Fruchtkörpern Um- riss und Lage des Hymeniums sehr wechseln. So ist bei der auf faulenden Pflanzentheilen wohnenden Familie der Stietei der ganze Fruchtkörper fast auf das Hymenium reducirt, das seinem Substrate mehr oder minder eingesenkt ist, wohingegen auf der andern Seite die Fruchtkörper mancher Phacidiaceen mehr an die der Pyrenomyceten und die grossen Fruchtkörper der Helvellaceen an die- jenigen gewisser Basidiomyceten erinnern, wie aus der kurzen Charakteristik der unten folgenden Familien, hervorgeht. Das Hymenium selbst ist in jeder Beziehung demjenigen der Kernpilze ähn- lich. Es besteht auch hier aus zahlreichen senkrecht zur Oberfläche gestellten, meist schlank keulenförmigen Schläuchen (Fig. 51 C), welche in der Regel acht in einer Reihe hinter einander liegende Sporen entwickeln (Fig. 38, ©); diese werden in der bereits früher (8.134) angegebenen Weise entleert, wobei die reifen Schläuche manchmal über die umgebenden Paraphysen hervortreten (Fig. 51 C). Letztere Gebilde fehlen übrigens manchen Fruchtkörpern; wo sie vorkommen, sind sie denjenigen der Pyrenomyceten gleich gebaut, 166 Diseomyeetes. Es sind ferner die Scheibenpilze den Kernpilzen auch darin verwandt, dass sie auf ihrem Mycelium vor den die Sporenschläuche enthaltenden Fruchtkörpern . noch andere Fructificationsorgane entwickeln,! sowie dass das Mycelium häufig auch Sclerotien (S. 143. 159) erzeugt, aus welchen dann später die Fruchtkörper hervorbrechen. Am bekanntesten ist in dieser Beziehung seit längerer Zeit die Peziza Fuckeliana De Bary. Bei dieser bildet sich das früher als Sclerotium echinatum Fuck. beschriebene Dauermycelium im Spätherbste und Winter im Ge- webe absterbender Blätter des Weinstockes in Form kleiner, schwielenartiger, schwarzer Körper. Werden diese nach längerer Zeit der Ruhe auf die Oberfläche feuchten Bodens ausgesäet, so treiben sie schon nach 24 Stunden die unter dem alten Namen der Botrytis cinerea Pers. bekannten Conidienträger, deren Conidien wieder reichlich botrytistragendes Mycelium erzeugen. Bringt man dagegen die, Sclerotien bis zu einem Centimeter Tiefe in die Erde, so unterbleibt die Conidien- entwickelung; dafür treten dann aber aus denselben und über den Boden die ge- stielten, tellerförmigen, die Asci enthaltenden Fruchtbecher hervor, von denen Winter? positiven Heliotropismus nachgewiesen hat. Nach Brefeld® erscheinen auch im Entwickelungsgange der Peziza tuberosa Bull. dieselben Conidienformen, oft zu grossen Nestern verknäuelt, sind aber hier schon nicht mehr keimfähig, so dass sie als Spermatien gedeutet werden könnten; und bei Peziza sclerotiorum Lib. sind sie bereits rudimentär oder kommen gar nicht mehr vor. Dieselben Ge- bilde treten also nach diesem Beobachter bei nahe verwandten Formen als Coni- dien, Spermatien oder nur mehr rudimentär auf, „ein deutlicher Fingerzeig, dass nichtkeimende Conidien nicht den Werth von Spermatien haben“. Bei anderen Scheibenpilzen (Tympanis, Cenangium, Rhytisma, Hysterium etc.) werden von Tulasne Spermogonien mit Spermatien als Vorläufer oder Begleiter der Schlauch- formen beschrieben. Oft entwickeln sich hier (wie bei Rhytisma) die Spermogonien auf der lebenden Pflanze, die die Schläuche tragenden Fruchtkörper erst auf der abgestorbenen. Es sind durch die Tulasne’schen Untersuchungen ferner Fälle der Art bekannt, dass sich in dem die Sporenschläuche enthaltenden Fruchtkörper gleichzeitig „Spermatien (oder Conidien?) abschnürende Organe (Basidien) finden. In den Bechern der Peziza benesuada Tul. sind es dünne, verzweiste, an Stelle der Paraphysen auftretende Fäden, welche eine Unzahl kleiner, stäbchenförmiger Spermatien erzeugen. Dieselben stehen mitten zwischen den Sporenschläuchen, sind aber keineswegs in allen Becherchen dieses Pilzes vorhanden. Bei Cenangium nehmen ebensolche Organe den Rand des Hymeniums ein. Ob die bei manchen Discomyceten beschriebenen Pycniden immer in den Entwickelungskreis der be- treffenden Arten gehören, ist durch Brefelds neueste Untersuchungen* an Peziza sclerotiorum sehr zweifelhaft geworden. Derselbe sah auf den zur Keimung ausgelegten Sclerotien dieser Art in ungeheurer Masse Pyeniden auftreten, welche kleine, den Nestern nicht keimender Conidienträger (Spermogonien — siehe oben) . äusserlich ähnliche Kapseln bildeten und schliesslich das ganze Sclerotium be- deckten. „Niemand — sagt er — der die Bildungen sieht, kann den geringsten Zweifel begen, dass sie als Pyeniden der Peziza angehören, weil äusserlich nicht die Spur eines Myceliums erkennbar ist. Und doch ist nichts falscher als diese Deutung. Culturversuche mit einzelnen Sporen zeigten, dass hier Bildungen selb- ständiger, parasitisch und saprophytisch zugleich lebender Pilze vorliegen, mit durchaus eigenem, typischen Entwickelungsgange“. Als ein eigenthümlicher Fall mag endlich noch der erwähnt werden, dass einzelne Scheibenpilze Fruchtkörper mit zweierlei Sporenschläuchen besitzen: solche mit acht grossen und, in beson- deren Hymenien auftretend, solche mit zahlreichen kleinen Sporen (Stietis eine- rascens Pers.), von denen die letzteren bei Peziza Durieuana Tul. beim Keimen ein Sporidien abschnürendes Promycelium (vgl. die Aecidiomyceten), die ersteren gewöhnliche Keimschläuche entwickeln. ! Vgl. u. a. Tulasne, Nouvelles recherches sur l’appareil reproducteur des champignons. Ann. d. science. natur. ser. III. vol. XX. p. 129, tab. 15. 16. 2 Winter, Heliotropismus bei Peziza Fuckeliana De Bary. Botan. Zeitung 1874. S. 1. Ueber Heliotropismus bei einigen anderen Ascomyceten (Pyrenomy- ceten) vgl. die dort angegebene Literatur. ® Brefeld, Myeologische Untersuchungen. Botan. Zeitung 1877. S. 79, * Vgl. Note 3, Diseomyeetes. 167 Was die erste Anlage des später die Sporenschläuche enthaltenden Frucht- körpers der Discomyceten betrifft, so wurde bereits früher (S. 135) erwähnt, dass man bei einigen derselben (Peziza, Ascobolus) am Mycelium Organe beobachtete, die als Geschlechtsapparat gedeutet werden können.! Zuerst war es Peziza con- fluens Pers., an welcher diese Beobachtungen von De Bary und später von Tulasne gemacht wurden. Das Mycelium dieses Pilzes ist auf feuchtem, lehmigem Boden (namentlich ver- lassener Kohlenmeiler) als ein weisses, zartes, spinnewebartiges Ge- flecht sichtbar, das sich vom Punkte seines .er- sten Auftretens rasch in centrifugaler Richtung ausbreitet und aus ver- zweigten, farblosen, durch Querwände ge- eliederten Fäden be- steht. Auf ihm erschei- nen die Becherchen als anfangs punktförmige Körperchen von kegel- förmiger Gestalt; später sind sie paukenförmig, mit kaum vorragendem, fein gewimpertem Rande und flacher, im Alter etwas convexer Scheibe. Erwachsen sind sie dann etwa 1—1'/, Millim. gross und ihre Farbe ist ein schönes Rosen- roth, im Alter oft ein Orange oder Ziegelroth. Oft treten sie in so grosser Zahl neben ein- ander auf, dass die ein- Fig. ol. j.\ Ba re Dee ER gonfineng Wer 380) nach Tulasne. € bis @ Ascobolus furfuraceus, nach Janezewski. (€ Rei- zelnen Becher kaum fer Fruchtkörper im Längsschnitt (Vergr. 70). D Geschlechtsorgane. dem blossen Auge unter- E Erstes Entwiekelungsstadium der ascogenen Hyphen. Fund # Junge scheidbar sind, diesel- Schläuche. Vergr. von D, F, 4 = 490, E = 330. c Carpogon, p Polli- ben vielmehr zu sleich- nodium, «@ ascogene Hyphen, A sterile Hüllschläucho. förmig ausgebreiteten Lagern verschmolzen erscheinen. Wo solche Lager im Entstehen begriffen sind, stehen die Fruchtkörper zunächst vereinzelt und zwischen den bereits ausgebil- deten sieht man neue in Form rosenrother Pünktchen auf dem Mycelium er- scheinen. Untersucht man derartige ganz jugendliche Anlagen genauer, so zeigt sich der erste deutlich wahrnehmbare Entwickelungszustand eines Becherchens in Form einer Rosette aus kurzen, dicken, vier- bis fünfmal gabelig verzweigten Schläuchen, die sich senkrecht vom Mycelium erheben. Die letzten Schlauchver- zweigungen sind zunächst eylindrisch-keulenförmig, etwas gekrümmt und an den Enden breit abgerundet, mit diehtem, grobkörnigem, rosenrothem Plasma gefüllt und später durch je eine Querwand von ihren sich nur sehr wenig streckenden ı De Bary, Ueber die Fruchtentwicklung der Ascomyceten; Leipzig 1863 (S. 10). — Tulasne, Note sur les ph@nome@nes de copulation que prösentent quel- ques champignons. Ann. d. seiene. natur. ser. V. vol. VI. p. 211. tab. 11. 12. — Woronin, Zur Entwicklungsgeschichte des Ascobolus pulcherrimus Cr. und einiger Pezizen; in De Bary u. Woron. Beitr. zur Morphol. u. Physiol. d. Pilze, II. Ab- handl. d. Senkenberg. naturforsch. Gesellsch. zu Frankfurt a. M. V. (1866). — Janczewski, Morphologische Untersuchungen über Ascobolus furfuraceus. Botan, Zeit. 1871, S. 257. 168 Diseomycetes. Tragästen abgegliedert. Schon in frühester Jugend entwickeln sich nun diese Schläuche zu zweierlei verschieden gestalteten, paarweise gestellten Organen. Der eine Schlauch jedes Paares schwillt stark eiförmig an, gliedert nochmals im untersten Theile durch eine Querwand eine kurze Tragzelle ab und treibt auf dem Scheitel einen in der Regel stark gekrümmten, später auch durch eine Scheidewand abge- grenzten Copulationsfortsatz, der sich mit seinem Ende dem Scheitel des zweiten, schlank keulenförmig bleibenden Schlauches des betreffenden Paares fest anlegt oder diesen hakenartig umwächst. Figur 51 A stellt zwei solcher Paare dar, von denen der schlankere einzellige Schlauch als das männliche Organ, 'das Pollino- dium, das eiförmige Organ mit seinem Copulationsfortsatze als das weibliche, das Carpogon, gedeutet wurde. Unter den Zellenpaaren sprossen nämlich bald nach Vereinigung derselben zahlreiche Hüllschläuche (Fig. 51 B, Rh) von der Dicke der schwächeren Myceläste hervor, welche sich rasch vergrössern, Querwände erhalten, sich verzweigen, bald ein wirres Hyphengeflecht unter und zwischen den Paaren der Rosette bilden und schliesslich sammt diesen zu einem festen Körper, dem später becherförmigen Fruchtkörper werden. Anfänglich lassen sich dabei die so- genannten Geschlechtsorgane der Rosette noch durch das Fadengeflecht hindurch beobachten; später werden sie mit dem Grösserwerden des Fruchtbechers zwischen den übrigen Elementen desselben unsichtbar. Nur einige Male gelang es daher De Bary zu beobachten, dass von den grösseren Zellen (den Carpogonen?) von verschiedenen Punkten ihrer Oberfläche Fäden (ascogene Hyphen?) ausgetrieben wurden, über deren Beziehung zu den Sporenschläuchen indessen nichts gesagt werden konnte. Die späteren Untersuchungen Woronin’s, Tulasne’s und Janezewski’s an Arten der Gattung Ascobolus erweiterten die Kenntniss differenter, als Geschlechtsappa- rat deutbarer Organe am Mycelium der Discomyceten um ein Bedeutendes und namentlich ist durch Janczewski’s Beobachtungen bei Ascobolus furfuraceus Pers. die Entwickelungsgeschichte der ascogenen Hyphen aus denr weiblichen Organe klar dargelegt worden. Woronin entdeckte am Mycelium des Ascobolus pulcher- rimus Ür. jenen eigenthümlichen Mycelast, den er als den „wurmförmigen Kör- per“ beschreibt und den Tulasne später mit dem Namen „Scolecit‘ belegte. Dieser Scoleeit — ein metamorphosirter Zweig des Myceliums und das weibliche Organ — besteht aus einer Reihe von 8—15 kurzen, von feinkörnigem Protoplasma erfüllten Zellen, die bedeutend breiter, als die des Myceliums sind (Fig. 51 D, e). An ihn legt sich als männlicher Theil ein schlanker Mycelast, das Pollinodium (Fig. 51 D, p), an, welches mit einigen Verzweigungen den vorderen Theil des Scoleeits von allen Seiten hakenförmig umklammert, so fest, dass es schwierig, so- gar unmöglich ist, sie wieder loszumachen. Ob dabei eine Copulation durch Re- sorption von Wandstellen zwischen Scoleeit und Pollinodium stattfindet, ist nicht entschieden. Bald darauf wird nun dieser Apparat von vielfach verzweigten, sich nach allen Richtungen durchkreuzenden Hyphen umsponnen, die von dem die Ge- schlechtsorgane tragenden Mycelium entspringen; es entsteht ein farbloser Knäuel, in dessen Mitte sich der Scoleeit befindet, das Pollinodium aber nicht mehr er- kennbar ist. Hat , das Gewebe des Knäuels nur erst wenig an Umfang zugenom- men, so ist der Scoleeit noch leicht zu isoliren; schon durch leichten Druck wird dann das Knäuelgewebe zerrissen und man sieht den Scoleeit durch den Spalt aus- treten. Seine Zellen haben an Umfang zugenommen und sind, wie früher, mit Protoplasma gefüllt. Das faserige Knäuelgewebe ist das Gewebe der künftigen Cupula; es wächst nach allen Richtungen, vorzüglich aber in seinem oberen Theile, ohne indessen die kugelige Form des ganzen Knäuels zu verändern, wobei aber der Scolecit immer mehr in die untere Hälfte hinabrückt. Die peripherischen Schichten der jungen Cupula werden allmählich in die gelbe, pseudoparenchyma- tische Rinde umgewandelt und unter dem Schutze dieser Rinde entsteht das Hy- menium. Da von diesem Augenblicke an der junge Fruchtkörper gelb und un- durchsichtig ist, so muss man Glycerin oder Ammoniak anwenden oder später dünne Längsschnitte fertigen, will man die in seinem Inneren stattfindenden Ver- änderungen kennen lernen. Dann sieht man, wie allmählich auch das innere Ge- webe von der Basis des Knäuels aus pseudoparenchymatisch wird. Sobald diese Metamorphose den grössten Theil der Cupula ergriffen hat, beginnt der obere, bis Jetzt noch faserige Theil Paraphysen zu treiben, indem aus seiner das Rindenge- webe unmittelbar berührenden Oberfläche sich kleine Aestchen erheben, die sich Diseomycetes, 169 etwas verzweigen und in der Richtung nach dem Scheitel des Knäuels strecken. Während diese Paraphysen angelegt werden, finden auch die weiteren Verände- rungen im Scolecit statt, die zunächst darin bestehen, dass mit Ausnahme der dritten oder vierten Zelle (von der Spitze des Scolecits an gerechnet) die übrigen ‚Zellen diekere Membranen erhalten, ihr Protoplasma verlieren und nun stationär bleiben. Die erwähnte dritte oder vierte Zelle aber nimmt an Umfang zu und aus ihrer dem Scheitel der jungen Frucht zugewendeten Oberfläche, später auch aus den übrigen Theilen, sprossen stärkere Hyphen (Fig. 51 E, «), die das ge- sammte Protoplasma der betreffenden Scolecitzelle aufnehmen, sich divergirend nach oben wenden, durch Querwände gliedern, etwas verzweigen und in der die Paraphysen erzeugenden Schichte des Fruchtkörpers mehr oder weniger horizontal zum subhymenialen Gewebe ausbreiten, indem sie sich hier sehr reichlich ver- ästeln. Aus diesen Hyphen entspringen die Sporenschläuche: sie sind die asco- senen Hyphen der Cupula. Ihre Zellen treiben nämlich je eine seitliche Aus- stülpung, welche sich verlängert und sich später durch eine Querwand von ihrer Mutterzelle trennt. Sie enthält das ganze Protoplasma der letzteren, die nur noch mit wässerigem Inhalte gefüllt ist, und wird allmählich zum jungen Schlauche (Fig. 51 F und G; Stücke ascogener Hyphen mit jungen Schläuchen). Die in diesem bei der Sporenbildung stattfindenden Vorgänge wurden schon früher ange- deutet (S. 134 und voraufgehende). Die definitive Entwickelung des Fruchtkörpers besteht darin, dass alle seine Elemente an Grösse und Zahl zunehmen. Das Er- scheinen und das Wachsthum der Schläuche im Hymenium vergrössern zunächst sein Volumen so sehr, dass der das Hymenium .bedeckende Theil der Rinde dem Drucke nicht länger widersteht. Er platzt, so dass das Hymenium bloss gelegt wird, und seine Ueberreste zerfallen in die einzelnen Zellen und verschwinden so vollständig, dass die Cupula ihre endgültige Form annimmt (Fig. 51 ©). In letz- terer ist auch jetzt in dünnen Längsschnitten der Scolecit noch zu finden (Fig. 51 0; die grosse Zelle rechts von der Mitte ist eine Zelle desselben); seine Zellen haben ihre charakteristische Form behalten und die Membranen der ascogenen Zelle und der Basaltheile der aus ihr entsprungenen Hyphen sind dieker geworden, als sie anfänglich waren. Betreffs der Deutung dieser bis jetzt als geschlechtlich aufgefassten Vor- gänge von Seiten Brefeld’s ist schon auf Seite 135 das Nöthige bemerkt worden. Von den vielen Gattungen der Scheibenpilze sollen hier nur die wichtigsten angeführt werden, die sich auf die in folgender Tabelle übersichtlich zusammen- gestellten Familien vertheilen. I. Fruchtkörper auf das Hymenium (Scheibe — discus) redueirt, dem Substrate eingewachsen. Auf faulenden Pflanzentheilen: Stietideae. II. Fruchtkörper kork-, leder- oder hornartig, dauerhaft, meist dunkel gefärbt, das Hymenium in der Regel heller, als der übrige Theil. A. Fruchtkörper hornartig, rundlich und mit Klappen oder Deckel auf- springend, oder länglich und sich mit einer Längsritze öffnend. Auf lebenden und faulenden Pflanzentheilen: Phacidiaceae. B. Fruchtkörper meist kork- oder lederartig, in der Regel von kreisförmigem Umrisse, kopf-, scheiben- oder napfförmig. Auf faulenden Pflanzen- theilen: Patellariaceae. Ill. Fruchtkörper in der Regel wachsartig oder gallertartig weich und leicht ver- gänglich, sein Hymenium meistens dunkler gefärbt, als der übrige Theil. A. Asci bei der Reife über die Paraphysen vortretend (Fig. 51 C). Frucht- körper gallertartig oder fast gallertartig weich, hut-, becher- oder war- zenförmig: Bulgariaceae. B. Asci nicht über die Paraphysen vortretend. F'ruchtkörper wachsartig oder fleischig. 1. Fruchtkörper becher-, napf- oder lagerförmig, das Hymenium auf der vertieften Oberfläche tragend: Pezizeae. 2. Fruchtkörper gestielt, der das Hymenium tragende Theil hut-, kegel- oder keulenförmig, oder ausgebreitet und zurückgeschlagen. Meist grosse, an die Hutpilze erinnernde Formen: Helvellaceae. 176 Stietideae. Phacidiaceae. 93. Familie. Stictideae. Fruchtkörper auf die Scheibe mit dem Hymenium reducirt, dem Substrate (faulenden Pflanzentheilen) eingewachsen. 1. Naevia Fr. Die kleine, punktförmige, rundliche Scheibe ohne Rand, von der zerreissenden Oberhaut der befallenen Pflanzentheile bedeckt. Schläuche läng- lich keulenförmig. — N. laetissima Fuck. Auf trockenen Stengeln von Equi- setum arvense im Frühlinge häufig. 2. Propolis Fr. Die kleine, flache Scheibe ohne Rand, länglich oder rund- lich, aus dem Substrate hervortretend und von diesem umrandet. Schläuche meist erweitert eiförmig. Sporen einzellig, länglich bis eylindrisch. — P. versicolor Fr. Scheibe länglich, anfangs weiss, später schwarz. Gesellig auf abgestorbenem Holze, besonders alter Weidenbäume. EN 3. Stietis Pers. Scheibe anfangs krugförmig geschlossen, später offen, kreisförmig, mit eigenem Rande. Die fadenförmigen, einzelligen Sporen fast so lang als die länglich keulenförmigen Schläuche. — St. radiata Pers. Die winzige Scheibe ist goldgelb, der zurück gerollte, zerschlitzte Rand schmutzig weiss. lm Herbste auf altem Holze häufig. 94. Familie. Phacidiaceae. Fruchtkörper klein, hornartig, dauerhaft, schwarz, anfangs geschlossen, läng- lich und dann mit Längsritze, oder rundlich und in diesem Falle mit Klappen oder Deckel sich öffnend. Scheibe meist heller, als der übrige Theil des Frucht- körpers. 1. Phacidium Fr. Fruchtkörper perithecienartig, fast kreisrund bis läng- lich rund, abgeplattet, dem Substrate eingewachsen, mit dem oberen Theile aus ihm hervorbrechend, vom Scheitel aus radienartig mit Lappen aufreissend. Auf lebenden und abgestorbenen Pflanzentheilen in Form kleiner, krustenartiger, schwarzer Flecke erscheinend; oft den Schlauchfrüchten Spermogonien der alten Gattungen Leptostroma, Depacea etc. voraufgehend. — Ph. coronatum Fr. Auf abgefallenen Blättern von Laubbäumen, vorzüglich auf solchen von Eichen, Buchen und Brombeeren häufig. — Ph. Medicaginis Lasch. Auf lebenden Blättern von Klee und Luzerne. 2. Colpoma Wallr. Fruchtkörper elliptisch oder länglich, mit einfacher Längsspalte sich öffnend, an einem Ende gewöhnlich ein Spermogonium stehend. Die fadenförmigen, einzelligen, farblosen Sporen so lang oder fast so lang als die Schläuche. — ©. querecinum Wallr. Fruchtkörper länglich, oft gebogen, schwärz- lich, weisslich bereift, gesellig unter der Rinde abgestorbener Eichenzweige hervor- brechend; häufig. 3. Lophodermium Ühev. Fruchtkörper sich mit kammartig zerschlitzter Längsspalte öffnend: sonst wie vorige Gattung. — L. arundinaceum Chev. Auf dürren Grasblättern nicht selten. — L. Pinastri Chev. (Hysterium Pinastri Schrad.). Fruchtkörper schwärzlich, elliptisch, einzeln; auf abgefallenen Kiefern- nadeln häufig. Nach Prantl! verursacht dieser Pilz die Schüttekrankheit der Kiefer, welche sich darin äussert, dass die Nadeln (besonders junger Pflanzen) sich im Frühlinge rothbraun färben und abfallen. An weniger intensiv erkrankten Nadeln findet man im Frühjahre isolirte rothbraune Flecken und Bänder; an diesen Stellen wird das chlorophylihaltige Gewebe von den intercellularen Fäden des Myceliums durchwuchert. Zwischen gefleckten und völlig gebräunten Nadeln findet man alle Uebergangsstadien; in letzteren ist im äusseren Parenchym auch jetzt noch das Mycelium zu erkennen, während die dünnwandigen Bastzellen des Nerven (wohl in Folge des weiteren Eindringens des Myceliums) stets abgestorben sind. Auf einzelnen noch an der Pflanze sitzenden, viel reichlicher auf den bereits ab- gefallenen Nadeln erscheinen dann die Schlauchfrüchte. Die Infeetion gesunder Saatstämmehen mit kranken Nadeln rief Erkrankung der ersteren hervor. i Prantl, Hysterium Pinastri Schrad. als Ursache der Schüttekrankheit der Kiefer. Flora 1877, Phacidiaceae. Patellariaceae. %71 4. Hysterium Tode. Fruchtkörper schwarz, länglich oder elliptisch, sich mit Längsspalte öffnend. Sporen ei- oder lanzettförmig, braun, 4- bis 10 zellig. — H. Fraxini Pers. Auf dürren Zweigen der Esche häufig. 5. Hypoderma DC. Sporen lang ceylindrisch, so lang oder fast so Img als der Schlauch, 2- bis 4zellig, farblos; sonst wie vorige Gattung. — H. macro- sporum R. Hartig (Fichten-Ritzenschorf). Sporen so lang als die Schläuche. Dieser Pilz ist nach Hartig! der Erzeuger der Nadelbräune, Nadelröthe oder Nadelschütte der Fichte. Sein durch Querwände gegliedertes Mycelium durchwuchert intercellular das Parenchym der Fichtennadel, dessen Zellen sehr bald nach Berührung mit den Hyphen zusammenschrumpfen. Mit der Ausbreitung des Parasiten durch das Nadelgewebe geht Verfärbung, respective Bräunung der Nadel Hand in Hand. Vor der Bildung der schlauchführenden Fruchtkörper werden meistens erst Spermogonien (oder Conidienlager?) entwickelt, welche einzeln zer- streut besonders auf der Blattunterseite sich zeigen, indem sie die Epidermis der betreffenden Stelle emporheben und sprengen. Die Entwickelung der die Sporen- schläuche enthaltenden Fruchtkörper findet 2 Monate bis ein halbes Jahr nach dem Erkranken und Braunwerden der Nadeln und vorzugsweise auf der Unterseite derselben statt. Die einzelnen Fruchtkörper treten zuerst als zahlreiche kleine, etwas längliche, dunklere Flecken hervor, von denen die nahestehenden allmählich zu längeren, aber fast nie die ganze Länge der Nadel durchziehenden schwarzen Linien zusammenfliessen. Sie ragen anfänglich nur wenig über die Oberfläche vor, wölben sich erst im Spätherbste stärker und öffnen sich meist im April und Mai mit gemeinsamer Längsritze, dadurch das weissliche Hymenium ‚frei legend. — H. nervisequium DC. (H. nervisequium Fr. — Weisstannen-Ritzenschorf). Sporen etwa nur halb so lang als die Schläuche. Erzeuger der Nadelbräune oder Nadelschütte der We isstanne.?” Die Krankheit verläuft ähnlich, wie bei voriger Art; die Fruchtkörper kommen auf der Unterseite der Nadel! längs der Mittelrippe derselben zum Vorschein, oft die ganze Länge der Nadel als schwarze, etwas wellig gebogene Linie durchziehend. 6. Rhytisma Fr. Die wellig gewundenen, mit Längsritze sich öffnenden Fruchtkörper liegen zu vielen in einem flachen, schwarzen, dem Substrate einge- wachsenen Stroma. Sporen fadenförmig. Die Stromata erscheinen in den lebenden Blättern der befallenen Pflanzen als grosse, schwarze, häufig gelb umsäumte Flecke, in denen sich zunächst oft Spermogonien entwickeln, während die Schlauch- früchte erst im Laufe des Winters auf den abgefallenen und verwesenden Blättern reifen. — R. acerinum Fr. Auf Ahornblättern gemein. — R. salicinum 7ul. Auf Weidenblättern häufig. — R. Onobrychis DC. Auf Esparsette und Lathyrus tuberosus häufig. 95. Familie. Patellariaceae. Der kleine, kork- oder lederartige, dauerhafte Fruchtkörper ist scheiben- oder napfförmig mit meistens kreisförmigem Umrisse, sein Hymenium gewöhnlich heller als der übrige Theil gefärbt. Auf faulenden Pflanzentheilen. 1. Cenangium Fr. Der anfänglich krugsförmig geschlossene, später becher- artig offene Fruchtkörper ist fast hornartig und kahl. Sporen länglich eiförmig oder fadenförmig, einzellig. Von einigen Arten werden Pyeniden angegeben. — 6. Ribis Fr. Die sehr kleinen, bräunlich schwarzen Becher haufenweise auf faulen Zweigen von Ribes. — C. Pinastri Fr. Auf dürren Fichtenzweigen. 2. Dermatea Fr. Von voriger Gattung durch die weich lederartige Be- schaffenheit des Fruchtkörpers verschieden. — D. fascicularis Fr. Die schwärz- lichen, runzeligen Becher rasenweise auf faulenden Zweigen, namentlich von Weiden und Pappeln. 3. Lachnella Fr. Fruchtkörper aussen wollig behaart, sonst wie Cenan- gium. — L. corticalis Fr. Röthlichbraun bis aschgrau; auf der Rinde ver- schiedener Laubbäume. 2, "Hark Wichtige Krankheiten der Waldbäume (Berlin 1874), S, 101, 2 Hartig, aMa. 0. Seite 114, I vi} Patellariaceae. Bulgariaceae. Pezizeae. 4. Vibrissea Fr. Fruchtkörper gestielt, kopfig, ohne Rand, seine Schläuche über die Paraphysen vortretend. — V. truncorum Fr. Stiel weiss, später dunkel; Kopf goldgelb. Auf faulem Holze. . 96. Familie. Bulgariäceae. Fruchtkörper gallertartig oder fast gallertartig weich, hut-, becher- oder warzenförmig. Reife Schläuche über die Paraphysen hervortretend (vgl. Fig. 51 ©). 1. Ascobolus Pers. Fruchtkörper sitzend oder kurz gestielt, bei der Reife becher- oder tellerförmig, mit Rand, das Hymenium (die Scheibe) durch die ent- fernt stehenden, dunkelsporigen Schläuche schwarz punktirt. Sehr kleine, fast nur auf Mist wachsende Pilze. — A. furfuraceus Pers. Stiellos, braun oder grün- lich; auf Kuh- und Pferdemist häufig. 2. Bulgaria Fr. Scheibe gleichmässig schwarz; sonst wie Ascobolus. Kleine bis mittelgrosse, auf faulen Stämmen wachsende Pilze. — B. inquinans Fr. Bis 4 Öentim. im Durchmesser, kreiselförmig, braun. An gefällten Stämmen der Buche und Eiche häufig. 3. Calloria Fr. Fruchtkörper warzenförmig, ohne Rand, zuerst kugelig, später oben eingesunken. — C. fusarioides Tul. Lebhaft rothgelb; auf faulen- den Stengeln von Urtica dioica; die Conidienform ist Dacryomyces Urticae Fr. 4. Leotia Hill. Fruchtkörper mässig gross, fleischig, gestielt, convex hut- förmig, mit zurückgeschlagenem Rande. An die Morcheln erinnernd, in deren Familie die Gattung wohl auch gestellt wird. — L. lubrica Pers. Bis 7 Centim. hoch, der Hut aufgeblasen, gelbgrün, schlüpferig; der Stiel gelb, hohl. In feuchten, schattigen Wäldern. 97. Familie Pezizeae. Fruchtkörper wachsartig weich oder fleischig, vergänglich, becher-, napf-, teller- oder polsterförmig; das Hymenium auf der vertieften Oberfläche und meist anders (dunkeler) gefärbt, als der übrige Theil. Asci nicht hervortretend. 1. Helotium Fr. Fruchtkörper gestielt oder stiellos, napf- oder becher- förmig, von anfang an offen, die Scheibe daher stets frei liegend. Kleine, lebhaft gefärbte Pilze auf faulenden Pflanzentheilen. — H. her barum Fr. Sehr kurz ge- stielt, weiss; auf faulenden Stengeln verschiedener Kräuter. — H. eitrinum Fr. Kurz gestielt, orange oder gelb; auf faulenden Zweigen von Laubbäumen. — H. salicinum Fuck. Mit längerem, gebogenem Stiele, ochergelb; auf faulen Weiden- zweigen. 2. Peziza L.! Fruchtkörper gestielt und becherförmig, oder sitzend und napfförmig, anfangs krugartig geschlossen, später offen, das Hymenium daher erst mit der Reife frei liegend. Die meisten der zahlreichen Arten sind sehr klein und verhältnissmässig nur wenige erreichen eine bedeutendere Grösse; von letz- teren sind manche essbar, aber von fadem Geschmacke. Sie kommen in der Regel heerdenweise theils auf faulenden Pflanzentheilen oder auf nackter Erde, theils auch parasitisch auf lebenden Pflanzen vor. Die Gattung wird von manchen neueren Mykologen in zahlreiche kleinere Gattungen gespalten. Hier können nur wenige der hervorragendsten Arten erwähnt werden. — A. Arten mit Sclero- tium: P. ciborioides Fr.” Fruchtkörper aus einem Sclerotium entspringend, lang gestielt (Stiel bis 28 Millim. lang), trichterförmig, der Becher bis zu 10 Milli- meter Durchmesser, seine Scheibe anfangs vertieft, später flach oder convex, hell gelbbraun, die Sporen elliptisch, einzellig und farblos. Auf Rothklee, Weissklee, Bastardklee und Incarnatklee schmarotzend und den Kleekrebs oder die Scle- rotienkrankheit dieser Pflanzen verursachend. Das reich verzweiste, farblose ! Vorzügliche Abbildungen grösserer Arten bei Weberbauer, Die Pilze Norddeutschlands mit besonderer Berücksichtigung Schlesiens. Fol. Breslau 1873— 1875. ® Rehm, Die Entwickelungsgeschichte eines die Kleearten zerstörenden Pilzes (Peziza eiborioides Fr .). Göttingen 1872. Pezizeae. 103 Mycelium durchwuchert in grosser Menge die Intercellularräume aller Theile der befallenen Pflanze. Ueberall bewirkt es Bräunung des gesammten Zelleninhaltes und schliesslich Auflösung des ganzen Parenchyms, an dessen Stelle die Ballen dicht verzweigter und verflochtener Mycelhyphen treten; nur Oberhaut und Ge- fässbündel bleiben von der Zerstörung verschont und ebenso wird die Wurzel nicht angegriffen. In den Monaten November bis April bilden sich nun die Scle- rotien. An verschiedenen Stellen drängt sich ein Büschel dicker Hyphen durch die Oberhaut der abgestorbenen Pflanze. Diese verästeln sich hier sofort reichlich und bilden, indem sie ihre Zweige nach allen Richtungen durch einander schieben, rasch kleine, flockige, rundliche Knäuel, in denen schon nach 3—4 Tagen ein consistenterer, wachsartig aussehender Kern von einem mehr flockigen Ueberzuge zu unterscheiden ist. Weitere Theilungen in den Hyphen des Kernes und Wachs- thum der Zellen geben dem Kerne bald pseudoparenchymatische Structur, wobei die Zellen der äusseren Kernschicht durch dickere Membranen und schwärzlichen, körnigen Inhalt zur schwarzen Rinde werden, die dünnen Hyphen des flockigen Ueberzuges rasch vertrocknen. Die so binnen 14—28 Tagen entstandenen trocke- nen, korkig-holzigen, soliden, aussen schwarzen, innen weissen Sclerotien variiren von kleinen, mohnkorngrossen, auf den Blättern zur Ausbildung kommenden, bis zu grossen, flach kuchenförmigen, von 3 Millim. Dicke und 12 Millim. Länge. Während nun die getödteten Pflanzen völlig verfaulen, bleiben die Sclerotien bis zum Juli oder August auf dem Boden liegen; dann brechen aus ihnen die Frucht- körper hervor, durch deren Sporen (wie experimentell nachgewiesen) die jungen Kleepflanzen wieder inficirt werden. Die Krankheit, ‚welche durch feuchte, ein- geschlossene Lage der Kleefelder begünstigt wird, ist, da die Sclerotien sich nach 2'/,jähriger trockener Aufbewahrung noch keimfähig zeigten, am sichersten wohl nur durch mehrjähriges vollständiges Aussetzen des Kleebaues auf befallenen Fel- dern einzuschränken. — P. Kaufmanniana Tich.! Ursache des bis jetzt aller- dings nur in Russland (Gouvernement Smolensk) beobachteten Hanfkrebses. Das Mycelium erzeugt die sehr verschieden gestalteten, schwarzen, bis 2 Centim. grossen Sclerotien in der Stengelhöhle des Hanfes, dessen Bastfasern durch den Pilz beschädigt werden. Die im Frühjahre aus den Sclerotien hervorbrechenden Fruchtkörper sind hellbraun, bis 5 Millim. im Durchmesser, lang gestielt oder stiellos, die letzteren die grössten; bei den gestielten Formen herrschen die Para- physen im Hymenium vor, während die stiellosen mehr Schläuche entwickeln. — P. Fuckeliana De Bary. Vgl. 8.165. — P. selerotiorum Lib. Das Sclerotium (Selerotium compactum DO., S. varium Pers. etc.) auf. den Wurzeln der Cichorie, Rübe, Möhre u. s. w. (vgl. S. 166). — B. Arten ohne Sclerotium: P. Will- kommii R. Hart. (P. calycina Schum. var. Laricis Chaill.) Becher kurz gestielt, bis 2 Millim. im Durchmesser, aussen weissfilzig, die Scheibe orangeroth. Auf der. Rinde der Lärche, bei welcher sie den Lärchenkrebs? (Lärchenrindenkrebs) er- zeugt. Das Mycelium wuchert in der Rinde des Baumes und veranlasst abnorme Verdickung derselben an den erkrankten Stellen, Aufbersten und starken Harz- ausfluss. Gelbfärbung und Welken der Nadeln der Aeste oberhalb der Krebsstellen, sowie oft des ganzen Gipfels sind die weitere Folge der Erkrankung, die sich namentlich bei jüngeren, bis 15jährigen Bäumen zeigt und diese oft schon im ersten Jahre, manchmal auch erst nach mehreren Jahren vollständig tödtet. Die Fruchtkörper des Parasiten erscheinen auf den Krebsstellen. Durch Mycelinfection an gesunden Lärchen rief Hartig in kurzer Frist den Rindenkrebs hervor. — P. calycina Schum. Der vorigen Art ähnlich, aber Schläuche, Sporen und Para- physen nicht halb so gross. Auf Kiefern. — P. cinerea Batsch. Fruchtkörper sehr klein, weich fleischig, stiellos, dunkelgrau mit weisslichem Rande, die Scheibe heller. Auf faulen Aestchen, Holz ete. gemein. — P. nivea Fr. Fruchtkörper sehr klein, fleischig-lederig, kurz gestielt, aussen behaart, weiss. Auf faulenden Zweigen und Stengeln häufig, — P. anomala Pers. Fruchtkörper sehr klein, ı Tichomiroff: Peziza Kaufmanniana, eine neue, aus Sclerotium stammende und auf Hanf schmarotzende Becherpilz-Species. Bul. soc. natural. de Moscou, 1868. ® R. Hartig, Wichtige Krankheiten der Waldbäume, 8. 98. — Willkomm, Die mikroskopischen Feinde des Waldes, Heft 2, S. 167. — Middeldorpf, Bei- trag zur Lärchenkrankheit und mykologisches Gutachten von De Bary, in: Grunert, Forstliche Blätter, Supplementheft 3 (1874). 174 . Pezizeae, Helvellaceae. wachsartig weich, stiellos, kreiselförmig, fast geschlossen, braunhaarig, mit weiss- licher Scheibe. Heerdenweise auf faulenden Zweigen fast krustenartige Ueberzüge bildend. — P. macropus Pers. Becher fleischig, einzeln, auf langem, oben ver- dünntem Stiele, aschgrau, bis 7 Centim. hoch und 2,5 Centim. breit. In Wäldern auf der Erde. — P. leporina Batsch. Becher einzeln oder zu mehreren bei ein- ander, fleischig, auf dickem, kurzem Stiele, unregelmässig ohrförmig, braun bis gelblich, am Grunde weissfilzie, bis 7 Centim. hoch. Auf dem Boden in Nadel- wäldern. — P. cochleata DC. Bis 10 Centim. hoch, fast schneckenförmig ge- dreht, braun, mit zimmtbrauner Scheibe. In Laubwäldern. — P. aurantia Oeder. Fruchtkörper becher- bis tellerförmig, meist etwas unregelmässig, am Rande oft zerschlitzt, sitzend, bis 3, Centim. hoch und 7 Centim. im Durchmesser, aussen weisslich, die Scheibe schön orangeroth. Auf feuchtem, lehmigem Boden, nament- lich auf Waldblössen. 98. Familie. Helvellaceae.! Fruchtkörper denen der Hutpilze ähnlich, gross, fleischig oder wachsartig weich, vergänglich, vertical gestielt, der das Hymenium tragende, meist dunkeler gefärbte Theil hut-, kegel- oder keulenförmig, oder ausgebreitet und zurückge- schlagen. Asci nicht über die Paraphysen vortretend, die in der Regel einzelligen Sporen elastisch ausschleudernd. Die meisten Arten entwickeln sich im Frühjahre und wachsen auf blosser Erde. 1. Spathulea Fr. (Spathularia Pers) Der das Hymenium tragende Theil des Fruchtkörpers ist eine spatelförmig zusammengedrückte, allmählich in den Stiel herablaufende Keule. Sporen fadenförmig, einzellig. — 8. flavida Fr. Bis 7 Centim. hoch; Keule blassgelb, später rostbraun; Stiel weisslich. Truppweise in schattigen Wäldern zwischen Laub und Moos. 2. Geoglossum Pers. Der das Hymenium tragende Theil des Fruchtkörpers ist eine stumpfe, etwas zusammengedrückte, vom Stiele deutlich abgegrenzte Keule. Sporen fadenförmig, mehrzellig.. — G. viride Pers. 2—3 Centim. hoch, Stiel dünn, Keule zungenförmig, stumpf, glatt; dunkelgelb, spangrün bis schwarzgrün, innen grünlichweiss. Auf schattigen, feuchten Waldplätzen. 3. Verpa Sw. Der das Hymenium tragende Theil des Fruchtkörpers ist ein regelmässig glockenförmiger, mit dem Rande dem Stiele nicht angewachsener Hut mit glatter Oberfläche. Sporen einzellig, ellipsoidisch. Alle Arten essbar, die meisten im Süden Europas wachsend. — V. digitaliformis Pers. Bis 10 Centim. hoch, der bis 2 Centim. im Durchmesser haltende Hut schwarzbraun bis umbra- braun, der Stiel weiss. In Wäldern, vorzüglich Oberitaliens und der Schweiz. 4. Morchella Dill. Der das Hymenium tragende Theil des Fruchtkörpers ist ein kegel- oder eiförmiger, seltener fast kugeliger Hut, dessen Oberfläche durch netzförmige Rippen grubig-zellig ist. Stiel im Inneren mit einfacher Höhlung. Sporen einzellig, ellipsoidisch. Sämmtliche Morcheln (10—12 deutsche Arten) sind essbar, von angenehmem Geschmacke, werden daher sehr häufig auf den Markt gebracht und kommen auch für den Winter getrocknet in den Handel (namentlich M. esculenta). — M. esculenta Pers. Hut der ganzen Länge nach dem Stiele’angewachsen, rundlich-eiförmig, gelbbraun oder gelbgrau, mit unregel- mässigen, gerundeten, unter verschiedenen Winkeln zusammenlaufenden Rippen und tief ausgehöhlten, am Boden gefalteten Feldern. Stiel walzenförmig, hohl, am Grunde gefaltet oder grubig, sonst glatt, weiss. 8—12 Üentim. hoch. Auf sandigem Boden, auf schattigen Triften, auf Wiesen und Grasplätzen, in Wäldern und Gärten; April bis Juni. Beliebteste Art. — M. conica Pers. Hut verlängert kegelförmig, meist dunkler bis schwärzlichbraun, mit stumpfen, der Länge nach verlaufenden Hauptrippen und faltigen Querripp@&n, welche schmale, längliche, tiefe Längsfelder einschliessen; sonst wie vorige Art und wie diese im Aussehen ! Vorzügliche Abbildungen bei: Krombholz, Naturgetreue Abbildungen und Beschreibungen der essbaren, schädlichen und verdächtigen Schwämme. Fol. Prag 1551—1847. — Weberbauer, Die Pilze Norddeutschlands mit besonderer Be- rücksichtigung Schlesiens. Fol. Breslau 1873—1875. % Helvellaceae. Lichenes. 1 75 des Hutes veränderlich. Auf Wiesen und in Gärten; März bis Mai und seltener noch vom August bis October. — M. deliciosa Fr. Hut fast walzenförmig, kurz gespitzt, gelblich-röthlich, mit dieken, gedrängten, hin und her gebogenen Längs- rippen; Stiel zart flaumhaarig, im Alter faltig gerippt; sonst wie die vorigen Arten. Auf schattigen Grasplätzen, in Nadelwäldern; März bis Mai. — M. elata Fr. Hut stumpf, kegelförmig, röthlichbraun bis olivengrün, mit dünnen Längs- rippen, faltisen, gewundenen Querrippen und länglichen, tiefen Feldern. Stiel oben dicker, gelblich oder röthlichweiss, im Alter dunkler, mit tiefen Längs- gruben; sonst wie die vorigen Arten. Wird bald schwärzlich und schmeckt weniger angenehm als die anderen Arten, Feuchte Nadelwälder; Frühling. — M. bohe- mica Krombh. Hut ganz frei, glockenförmig, stumpf, graugelb, am Rande weiss, mit der Länge nach wellenförmig verlaufenden, gabelig getheilten, gegen die Basis parallelen und geraden Rippen und unregelmässigen, sehr schmalen Feldern; Stiel weiss, seidenglänzend, mit lockerem Marke, später hohl. Gärten und Wälder, vor- züglich in Böhmen, der sächsischen Schweiz und in Schlesien; März bis Mai und October, November. — M. patula Pers. Hut bis über die Mitte frei, am Rande abstehend, eiförmig bis fast elockig, gelbbraun, mit dicken, parallel herablaufenden, durch faltige Querrippen verbundenen, stumpfen, schwarz gerandeten Rippen und unregelmässigen, rautenförmigen, tiefen, auf dem Boden elatten Feldern. Stiel walzie, am Grunde dicker, weisslich, später trüb fleischfarbig, eben, mehlartig be- reift, hohl. Besonders in den Berggegenden Süddeutschlands;’ April, Mai. 5. Helvella L. Hut mützen- bis glockenförmig herabgeschlagen, unregel- mässig gelappt und blasig aufgetrieben, mit glatter oder unebener Oberfläche. Stiel meist zellig hohl. Sonst wie vorige Gattung. Die Faltenmorcheln oder Lorcheln wachsen an ähnlichen Standorten, wie die Morcheln und sind fast sämmtlich essbar. — H. Monachella Fr. Bis 10 Centim. hoch. Hut anfänglich oder immer dem Stiele angewachsen, niedergebogen, gelappt, glatt, später wellig kraus, braun, braunschwärzlich oder schwarz; Stiel röhrig hohl, weisslich oder blassröthlich. Auf sandigem Boden in Gebirgswäldern; Frühling. Essbar. — H. esculenta Pers. Bis 11 Centim. hoch. Hut am Grunde stellenweise dem Stiele angewachsen, unförmlich, aufgeblasen, wellig, runzelig oder grubig, braun bis schwarzbraun, selten bräunlich gelb; Stiel zusammengedrückt oder kantig, ungleich dick, schwach weissfilzig, weisslich oder blass röthlich, anfangs markig, später zellig hohl. Vorzüglich in sandigen Nadelwäldern; März bis Mai und August bis October. Essbar und die beste, den Morcheln gleich kommende Art. — H. su- speeta Krombh. Bis 8 Centim. hoch. Der vorigen ähnlich, aber Stiel schmutzig fleischfarben, seltener dunkel violett oder fast blauschwarz, bereift, etwas flach, grubig gefurcht, innen zellig hohl; Hut unregelmässig aufgeblasen, eckig, 2—3lap- pig, die Lappen unregelmässig wellig, rothbraun bis dunkelbraun, mit stumpfen, kastanienbraunen Rippen und tiefen, schmalen, geschlossenen Feldern. Wässerig, erst von süsslichem, dann widerlichem Geschmacke. Nadelwälder; Frühling. Giftig! — H. erispa Fr. Hut anfänglich oder immer dem Stiele angewachsen, drei- bis vierlappig, weisslich oder blassgelb, seltener bräunlich, dünn; Stiel am Grunde bauchig, grubig, mit unregelmässigen Längsrippen, innen zellig. In feuchten Laub- wäldern, unter Gesträuch; Frühling und Herbst. Essbar. 5. Unterordnung. Lichenes.! Die wissenschaftlichen Untersuchungen auf dem Gebiete der Ent- wickelungsgeschichte der niederen Kryptogamen haben im Laufe der letzten Jahre die Lichenen oder Flechten zu einer der interessantesten Gruppen ! De Bary, Morphologie und Physiologie der Pilze, Flechten und Myxomy- ceten, als 2. Band von Hofmeister’s Handbuch d. physiol. Botan. (Leipzig 1866), S. 241—294. — Tulasne, Memoire pour servir a l’histoire organographique et physiologique des Lichens. Ann. d. sc. nat. ser. 3. vol. XVI. 5. 153. Tab. 1—16. — Nylander, Synopsis methodica Lichenum. Paris 1858— 1860. (Nur 1. Band erschienen). — Körber, Systema Lichenum Germaniae (Breslau 1355) und Parerga 176 Lichenes. - r in der Reihe der Thallophyten erhoben. Während nach der früheren, von eingefleischten Lichenologen der älteren Schule auch jetzt noch vertheidigten Ansicht die Flechten „selbständige systematisch individualisirte Vegetabilien“ sind, werden dieselben nach neuerer Anschauung - als Schlauchpilze be- trachtet, welche auf niederen Algen schmarotzen, wobei die chlorophylihal- tigen Algen die sogenannten Gonidien, der parasitische Pilz die chlorophyll- freien Elemente oder Hyphen des als Flechte bezeichneten Thallus bilden (S. 4). Um dieses Verhältniss näher erörtern zu können, müssen wir vorab den anatomischen Bau der Flechten in kurzen Zügen characterisiren. ! Die Figur 52 zeigt uns einen Theil eines dünnen Querschnittes aus dem Thallus der isländischen Flechte (Cetraria islandica Ach.) und zwar durch einen fructificirenden Lappen derselben. Der erste Blick auf ein derartiges Präparat lässt die eben genannten zwei Bestandtheile des Flechtenlagers erkennen. Wir schen in einer mittleren Zone desselben gruppenweise gelagerte, kugelige, hie und da in Theilung begriffene Zellen, welche sich zugleich durch ihren grün gefärbten Plasmainhalt auszeichnen. Sie sind die als Gonidien bezeichneten Elemente des Flechtenkörpers (Fig. 52, g), welche als die einzigen Chlorophyll enthaltenden Organe des letzteren auch die Assimilation (S. 2) besorgen müssen. Alle übrigen Theile des Thallus sind chlorophylifreie, reich verästelte Hyphen, wie wir sie be- reits bei verschiedenen Gelegenheiten als das Pilzgewebe bildend kennen lernten, und die hier auch in verschiedener Weise zum Gewebe des Flech- tenkörpers zusammentreten. In der die Gonidien führenden Schicht sehen wir sie mit ihren Aesten zwar vielfach durch einander geschoben, aber doch immer mehr oder weniger nur locker verfilzt, so dass ihre Zwischenräume Massen von Luft enthalten, die betreffende, als Markschicht des 'Thallus (Fig. 52, m) bezeichnete Gewebepartie daher ohne Entfernung dieser Luft unter dem Mikroskope schwärzlich erscheint. Auf der vom Lichte abge- wendeten blasseren, der Unterseite des in Figur 53 gezeichneten Thallus- querschnittes entsprechenden Fläche unserer Cetraria treten jedoch ziemlich plötzlich die weiteren und reichlicheren Verzweigungen derselben Hyphen dichter zusammen und schieben sich so in einander, dass sie ein Pseudo- parenchym bilden, das die Rinde dieser Thallusfläche giebt, die hier in ihren inneren Schichten (Fig. 52, r’) farblos, in ihren äusseren Schichten (Fig. 52, r) braun oder bräunlich gefärbt ist. Auf der dunkleren, dem Lichte zugekehrten Thallusseite von Cetraria islandica würden wir das Ver- hältniss ähnlich finden, wäre der Querschnitt durch einen sterilen Lappen der Flechte gelegt. So aber treffen wir in unserer Abbildung über der oberen Gonidienzone auf eine dicht verschlungene Hyphenmasse, welcher die zahlreichen Sporenschläuche (Fig. 52, «) und Paraphysen (Fig. 52, p) des Lichenologica (Breslau 1859—1865) als Ergänzungen zu ersterem Werke. — Th. M. Fries, Lichenographia Scandinavica. Upsala 1871—1874. — Krempelhuber, Geschichte und Literatur der Lichenologie von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Jahres 1870. Drei Bände; München 1867—1872. — Weitere neuere Abhand- lungen sollen an betreffender Stelle eitirt werden. Die ältere Literatur findet der Leser in dem genannten Werke Krempelhuber’s. ' Hier ist vorzüglich zu vergleichen: Schwendener, Untersuchungen über den Flechtenthallus, in Nägeli’s Beiträgen zur wissenschaftl. Botanik, Heft II (Strauchflechten) und Heft III und IV (Laub- und Gallertflechten); Leipzig 1860—1868. " Lichenes. Fruchtlagers entspringen, die daher als das subhymeniale Gewebe (Fig. 52, s) bezeichnet werden muss. Aehnliche Verhältnisse treten uns in Figur 53 entgegen, welche den Querschnitt durch den unfruchtbaren Thallus von Cocco- carpia molybdea Pers., einer exotischen Flechte, zeigt, statt welcher wir auch unsere einhei- mische gelbe Wandflechte (Physcia parietina Körb.) oder deren Verwandte hätten nehmen können. Hier sehen wir ebenfalls einer inneren Markschicht locker verwebter Hyphen (Fig. 53, mn) zahlreiche chlorophylihaltige Go- nidien (Fig. 53, 9) eingebettet. Die Oberseite des flach auf seinem Substrate ausgebreiteten Thallus wird von einer aus verschmolzenen Hyphen hervorgegangenen pseudoparenchyma- tischen Rinde (Fig. 53, or) gebildet und auch auf der Unterfläche sehen wir eine Rinde von gleicher anatomischer Beschaffenheit (Fig. 53, ur), von welcher hie und da einzelne Hyphen oder ganze Hyphenbündel entspringen, die als Haftfasern oder Rhizinen in das Substrat eindringen und physiologisch die den Flechten wie den gesammten Thallophyten fehlenden Wurzeln ersetzen. Bei beiden hier betrachteten Flechten finden wir die Gonidien nicht durch das ganze Thallusgewebe zerstreut, sondern einer be- stimmten mittleren Zone desselben eingebettet, während andere Regionen (die Rindenschichten) nur aus Hyphen gebildet werden. Der Thal- lus erscheint in Folge dessen auf dem Quer- schnitte geschichtet und wird als geschich- teter oderheteromerer Thallus bezeichnet. Anders ist die Vertheilung beider Elemente bei einer kleinen Anzahl von Flechten, in derem Thallus die Gonidien gleichmässig ver- theilt auftreten, die daher keine den eben erwähnten Formen entsprechende Schichtung zeigen und als ungeschichtete oder ho- möomere Flechten unterschieden werden. Die später zu erläuternden Figuren 58 und 59 liefern uns für diese Thallusform zwei treffliche Beispiele. Wenden wir uns zunächst der weiteren Betrachtung des heteromeren Flechten- thallus zu, so unterscheiden wir unter aus- schliesslicher Berücksichtigung der ' äusseren Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. Fig. 52. (Cetraria islandica Ach. Senkrechter Durchschnitt aus einem Apothecium mit dem darunter liegen- den Thallus. « Schläuche und p Pa- vaphysen, beide das Hymenium bil- dend. s Subhymeniale Schicht. m Mark, g Gonidien. r‘ Innere farblose und r äussere braune Rinde des 'Thallus. Vergr. ca. 600. 12 178 Lichenes: Heteromerer Thallus. r Formenverhältnisse drei Haupttypen desselben, die zwar nicht scharf von einander geschieden, vielmehr durch Uebergänge mit einander verbunden sind, immerhin aber zur Charakteristik grösserer Gruppen verwendet werden können. Unter den höchst organisirten Flechten begegnen wir dem strauch- artigen Thallus (Thallus fruticulosus, Th. filamentosus oder Th. thamnodes), der sich aus schmaler Basis von seinem Substrate erhebt und meistens strauchartig verästelt, sel- tener einfach ist (z. B. Usnea, Cetraria, Roccella). Der laubartige Thallus (Thallus foliaceus, Th. frondosus oder Th. pla- ‚codes), wie er uns unter anderen Fällen in den Gattungen Parmelia, Phys- cia und Peltigera entgegen tritt, ist in Form eines flachen, blattartigen, meist gelappten und krausen Körpers über die Ober- fläche des Substrates aus- gebreitet, letzterem aber eg u) Be ” = ae nur an einer oder an we- N % \ nigen Stellen durch seine na r) \ P ' ) Haftfasern so angewachsen, Wa N a = rl dass er sich ohne grössere DE - Verletzungen von seiner N Unterlage ablösen lässt. Fig. 5 Coceocarpia molybdea Pers. Querschnitt aus dem Anders ist dies mit dem Thallus (Vergr. 650) nach Bornet. or obere und zer untere Rindenschicht, ınm Markgewebe, 9 Gonidien, r Rhizinen. krustenartigenThallus (Thallus crustaceus oder Th. lepodes), welcher dem vorigen Typus ähnlich sieht, aber dem Substrate mit seiner ganzen Unterfläche überall fest aufgewachsen, daher nicht ohne grosse Zerstörung abtrennbar ist (Lecanora, Lecidea, Verrucaria etc.). Der strauchartige Thallus hat bei einer Reihe von Formen (Us- nea, Bryopogon) einen runden Stamm und eben solche Aeste, während er bei anderen (Cetraria, Evernia) mehr oder minder blattartig abgeplattet ist. In beiden Fällen zeigt er auf dem Querschnitte stets zwei Haupt-Ge- webeschichten: eine relativ dünne, gewöhnlich durchscheinende, dichte, peri- pherische Rinde oder Rindenschicht (Stratum corticale — Fig. 52, r und »’) und ein von dieser umgebenes, meist lockeres, mit lufthaltigen Lücken versehenes Fasergeflecht, das Mark oder die Markschicht (Stratum medullare — Fig. 52, m), beide jedoch nicht von gesonderten, sondern (wie bereits erwähnt) von den Verzweigungen derselben Hyphen gebildet. Gewöhnlich an der Grenze von Mark und Rinde liegen die Go- nidien in einer als Gonidienzone (Stratum gonimon — Fig. 52, g) be- zeichneten Region. Sie bilden hier bald eine zusammenhängende, dichte, grüne Zone von verschiedener Mächtigkeit, welche an einzelnen Punkten verschieden weit in das Mark vorspringt und überall von einzelnen zur Lichenes: Heteromerer strauchförmiger Thallus. 179 Rinde verlaufenden Hyphen des letzteren durchzogen wird; oder sie liegen gruppenweise durch breitere Hyphenmassen des Markes von einander ge- trennt. Selten ist die ganze Menge der Gonidien gleichmässig durch das Mark vertheilt (Bryopogon). Die Hyphen und Hyphenverzweigungen der Rinde sind mit wenigen Ausnahmen lückenlos so durch einander geschoben und mit einander verbunden, dass sie ein Pseudoparenchym bilden. Bei Roccella dagegen verlaufen die büschelig verzweigten Rindenhyphen parallel neben einander senkrecht zur Oberfläche des Thallus; ihre seitliche Ver- einigung ist dabei eine ziemlich lockere, so dass sie sich in dünnen Schnitten durch Druck leicht isoliren lassen. Die Membranen der Hyphen sind von sehr verschiedener Dicke; oft sind sie so stark, dass sie bei ihrer innigen Verschmelzung homogenen Massen gleichen, in denen die Höhlungen der Zellen als enge Canäle verlaufen, in welchen man aber auf dünnen Schnitten durch den Thallus dennoch eine Schichtung mehr oder minder deutlich er- kennen kann (Fig. 52, r). Bei den meisten Strauchflechten ist die Rinde ringsum gleichmässig entwickelt; wo sich Differenzen (zwischen der dem Lichte zu- und abgekehrten Seite, wie bei Arten von Evernia und Cetraria) finden, betreffen diese die Dicke der Rindenschicht und die Grösse, Anord- nung und Färbung der Zellen. . Am deutlichsten ist bei den strauchartigen Flechten die Structur der Hyphen im Marke zu erkennen. Hier erscheinen letztere als ungefähr eylindrische, mehr oder minder reich verzweigte Fäden, welche durch näher oder entfernter stehende Querwände in Zellenreihen gegliedert sind. Auch hier sind die Membranen der Zellen meistens ziemlich dick, farblos und ohne deutliche Schichtung; oder es lässt sich in manchen Fällen auch eine mittlere weichere von einer äusseren und inneren diehteren Membran- lamelle unterscheiden. Manchmal sind Verzweigungen benachbarter Hyphen- äste auch in verschiedener H-förmiger oder netzartiger Weise mit einander verwachsen. Wie schon Eingangs erwähnt wurde, ist ferner das Hyphen- geflecht des Markes ein lockeres, so dass seine Zwischenräume mit Luft erfüllt sind. Die Hyphenäste sind dabei entweder ganz ordnungslos durch einander geschoben (Fig. 52, m), oder sie verlaufen auch nahezu parallel. Bei manchen Strauchflechten (Thamnolia, Cladonia) ist im älteren Thallus das Mark der Länge nach von einer weiten Höhle durchzogen, und bei Usnea durchsetzt ein solider centraler, aus longitudinal verlaufenden und lückenlos verbundenen Hyphen gebildeter Strang einen lockeren, an die Rinde grenzenden Marktheil. Der strauchartige Thallus und seine Aeste wachsen einmal durch Spitzenwachsthum der Hyphen am Scheitel der einzelnen Aeste, ferner aber auch durch Grössenzunahme und Vermehrung der hinter der Spitze gelegenen Theile. Während durch letztere sowohl intercalares Dicken- als Längen- wachsthum ermöglicht wird, hat ersteres Verlängerung der Aeste ausschliess- lich zur Folge. Bei den Formen mit ausgeprägtestem strauchartigem Thallus, wie Usnea und Bryopogon, ist das wachsende Thallusende ein Bündel ästiger, paralleler, oben kuppelförmig zusammenneigender, lückenlos verbundener Hyphen (vgl. Fig. 57), deren jedesmalige End- oder Scheitelzelle sich fort und fort durch Querwände theilt und hierdurch und durch Streckung der Tochterzellen die Verlängerung des ganzen Hyphenbündels bedingt, während die weitere Quertheilung und Streckung der Tochterzellen, verbunden mit 12* 180 Lichenes: Heteromerer strauch- und laubartiger Thallus. späterer Verzweigung der Hyphen, das hinter dem Scheitel auftretende in- tercalare Wachsthum veranlasst. Das Spitzenwachsthum der blattartig ver- flachten Formen schliesst sich mehr demjenigen der Thalluslappen der Laub- flechten an und soll daher bei diesen Berücksichtigung finden. Die Ver- zweigung des strauchartigen Thallus findet zum Theil durch Gabelung oder Dichotomie, zum Theil durch Bildung von Seitenzweigen statt. Bei ersterer hört das Längenwachsthum des Scheitels in der Mittellinie des ‚Astes auf, dauert aber an zwei symmetrisch neben der Scheitelmitte gelegenen Punkten in der Weise fort, dass zwei dem ersten gleiche und das Längenwachsthum in Form zweier Gabeläste fortsetzende Scheitel entstehen. Bei der Bildung der nicht gabeligen Seitenäste oder Adventivzweige erhebt sich an einer beliebigen Stelle ein Bündel von Rindenhyphen über die Thallusoberfläche und erhält die Eigenschaften eines Thallusscheitels. Anfangs sitzt der junge Seitenast der ununterbrochen unter ihm fortziehenden Rinde so auf, dass seine sich bildende‘ Markschicht mit dem Marke des Mutterastes nicht in Berührung steht. Später aber wire durch das Dickenwachsthum des Toch- terzweiges das Rindengewebe des Mutterastes an der Ansatzstelle gelockert, und jetzt treten von dem Marke des ersteren zahlreiche Hyphenzweige in den letzteren hinein, sich mit dessen Markhyphen verflechtend und so die Verbindung der beiderseitigen Markkörper herstellend. Dass ein solcher Vorgang bei der Gabelung eines Thalluszweiges nicht nothwendig ist, ver- steht sich wohl von selbst, da am Orte der Anlage der beiden Gabeläste überhaupt noch keine Differenzirung des Thallusgewebes eingetreten ist, eine solche vielmehr erst eine Strecke tiefer beginnt und gleichmässig in die Gabelung hinein vorschreitet. Die Befestigung des strauchartigen Thallus am oder im Substrate ge- schieht bei den höheren Formen desselben durch dichte, in die Unterlage eindringende oder eingekeilte Faserbündel, welche direet aus dem Marke der unberindeten Basis entspringen (Usnea, Öladonia, Evernia). In anderen Fällen (Anaptychia) findet sie durch ähnliche, dem Substrate sich anschmiegende Wimpern statt, wie sie auch am Rande des Thallus zahlreich auftreten. Ueber eine der eigenthümlich gebauten Ausnahmen ‘vom Typus des strauchartigen Thallus vergleiche man im systematischen Theile die Gattung Cladonia. Der laubartige Thallus ist in seltenen Fällen fast ungetheilt und von ungefähr kreisförmigem Umriss (Umbilicaria, Gyrophora). In der Regel wird er aus von einem gemeinsamen Centrum entspringenden, radial verlaufenden, wiederholt gabelig getheilten oder auch fieder- bis handförmig verzweigten Lappen gebildet, welche sich (dem Substrate dicht angeschmiegt) in einer annähernd kreisförmigen Fläche oder ganz unregelmässig ausbreiten, sich oft dabei vielfach übereinander schieben und selbst gewöhnlich uneben kraus oder wellig sind. Im anatomischen Baue stimmt er mit dem strauch- artigen Thallus zunächst in der Differenzirung in eine deutliche Rinden-, Mark- und Gonidienschicht überein. Die Rinde ist auch hier entweder pseudoparenchymatisch, oder sie wird von senkrecht auf der Oberfläche stehenden, eng verbundenen, parallelen Fasern gebildet. Wie bei vielen Strauchflechten mit blattartig verflachtem Thallus (S. 179) ist ferner auch bei den meisten Laubflechten die Rinde der dem Lichte zugekehrten Ober- seite des Thallus von derjenigen dem Lichte abgewendeten Thallusunterfläche Lichenes: Heteromerer laub- und krustenförmiger Thallus. 181 verschieden gebaut. Bei manchen Formen, wie z. B. bei Peltigera und Solorina, fehlt aber die Rinde der Unterseite des Thallus vollständig, so dass die Markschicht unmittelbar dem Substrate aufliegt. Bei der Gattung Stieta ist die Rindenschicht der Thallusunterfläche stellenweise unterbrochen, so dass grössere, flache, wenig scharf umschriebene Flecke oder auch kreis- runde Grübchen (Cyphellen genannt) entstehen, deren Boden von dem bloss- gelegten Marke, deren Rand von der nach aussen gewölbten Rinde gebildet wird. Sie entwickeln sich in der Weise, dass durch eine Wucherung des Markes an der betreffenden Stelle die Rinde zuerst warzenförmig vorgetrieben wird und dann hier zu wachsen aufhört, während ihr Flächenwachsthum in der Umgebung fortdauert und dadurch schliesslich der Rindenhöcker zer- reist. Das Mark zeigt bei den Laubflechten dieselbe anatomische Be- schaffenheit, wie bei voriger Gruppe. Die Gonidienzone erstreckt sich längs der Grenze zwischen Mark und oberer Rindenschicht, liegt also auf der dem Lichte zugekehrten Seite des Thallus.. Die Rhizinen entspringen als Hy- phenbündel und einzelne Fasern von der Rinde der Unterseite, bei den ganz rindenlosen Formen direct vom Marke, bald nur in der Mitte des Thallus, bald an verschiedenen Stellen der unteren Fläche desselben. Das Wachsthum des laubartigen Thallus ist ein marginales. Die den Rand bildenden Hyphenäste wachsen durch Scheitelzelle, wie bei den Strauch- flechten; wüchsen sie indessen einfach in die Länge, so müssten sie sich mit ihren Enden allmählich von einander immer weiter entfernen. Die Verbindung der Hyphen in dem centrifugal fortwachsenden Rande des Thal- lus ist aber stets eine lückenlose, was dadurch erreicht wird, dass sich fort- während neue, hinter dem wachsenden Scheitel der Hyphen gebildete Ver- zweigungen zwischen die Hyphenendigungen einschieben. Ungleich starkes Wachsthum an verschiedenen Stellen des Randes bedingt die mannigfaltige Lappenbildung des laubigen Thallus, von dem schliesslich noch erwähnt werden mag, dass vielfach mit seinem späteren Diekenwachsthume ein von aussen nach innen fortschreitendes Absterben der älteren Rinde verbunden ist. In manchen Fällen bleibt die todte Rindenschicht auf der lebensfähigen als eine fast structurlose, durchsichtige Masse liegen, während sie in an- deren rasch durch äussere Einflüsse zerstört wird. Der Verlust der äusseren Rindenlagen wird von innen her stetig dadurch ersetzt, dass die in der Gonidienzone verlaufenden Hyphen anfangen sich zu verästeln und zu einem der Rinde gleich werdenden Pseudoparenchym zu verflechten. Dieses se- cundäre Rindengewebe schliesst natürlich stets die äussersten Gonidien in sich ein; letztere sterben aber bald ab und schrumpfen zusammen, während im Inneren des Thallus neue Gonidien gebildet werden. Der krustenförmige Thallus gleicht durch seine äussere Erschei- nung am meisten dem laubförmigen, mit welchem er auch durch Ueber- gangsformen verbunden ist. Denn die Gattungen Pannaria, Placodium und Coccocarpia (Fig. 53) z. B. unterscheiden sich von den typischen Laubflechten, mit denen sie gleichförmige Berindung der Thallusunterfläche theilen, haupt- sächlich nur dadurch, dass sie auf letzterer gleichmässig mit Rhizinen be- deckt, daher an allen Stellen dem Substrate fest angeheftet sind, während die ähnlichen Gattungen Psora, Psoroma und Thalloidima unterseits keine Rinde besitzen, vielmehr die dicht nebeneinander stehenden, sich der Unter- lage dicht anschmiegenden oder tief in dieselbe eindringenden Haftfasern 182 Lichenes: Heteromerer krustenförmiger Thallus. unmittelbar von den Markhyphen entspringen lassen. Ein etwas abweichenderes Aussehen zeigen die Krustenflechten mit gefeldertem oder körnigem Thallus. Bei letzterem besteht der äusserste, auch wohl als Protothallus bezeichnete Rand aus mehreren Lagen von Hyphen, welche in der Richtung der Fläche strahlig divergiren, im radialen senkrechten Durchschnitte dagegen parallel laufen. Die auf dem älteren Theile des Thallus sichtbaren Felder oder Areolen sind hier noch nicht vorhanden und der Protothallus ist auf seiner Unterlage überhaupt oft schwer sichtbar. Durch Spitzenwachsthum und Verzweigung seiner äussersten Hyphenenden wird auch hier der Rand vor- geschoben, der Thallus also vergrössert. In einiger Entfernung vom Rande beginnt dann nach den Angaben De Bary’s „die Bildung von Gonidien und zwar an zerstreuten Punkten und innerhalb der Hyphenlagen, so dass die Gonidiengruppen sowohl seitlich, als auch oben und unten von diesen be- deckt sind. In und um jede Gonidiengruppe findet nun, unter steter Ver- mehrung der Gonidien, eine lebhafte Verästelung der Hyphen und eine immer dichtere, bis zur Verwischung des ursprünglichen radialen Verlaufes fortschreitende Verflechtung der neu entstandenen Aeste statt, besonders auf der dem Substrate abgekehrten Seite. Es entsteht hierdurch an den bezeichneten Punkten ein dicht verflochtenes, zahlreiche Gonidien einschlies- sendes Fadenknäuel, von dem die oberflächlichsten Enden einen vorzugs- weise zur Oberfläche senkrechten Verlauf zeigen, eine meist sehr dünne, die äussersten Gonidien bedeckende Rindenschicht bildend. Die Stellen, in welchen die beschriebenen Bildungen stattfinden, erheben sich auf der Fläche der Marginalzone als gewölbte Hervorragungen, Wärzchen, deren Zahl und Grösse mit der Entfernung vom Rande rasch zunimmt bis zu gegenseitiger Berührung und Zusammenfliessen. Je nach der Gestalt der Hervorragungen, dem Grade ihrer Erhebung und ihres Zusammenfliessens erscheint der aus- gebildete Thallus in verschiedenem Grade uneben, warzig, körnig, gefeldert.“ In anderen Fällen entsteht eine Felderung des Thallus auch dadurch, dass die Rinde in Folge überwiegender Ausdehnung des Markes Risse erhält, was natürlicher Weise unabhängig von der angegebenen ersten Anlage der Felder geschehen kann. Die Rinde des ausgebildeten Thallus ist ver- hältnissmässig dünn, interstitienlos, aus bald pseudoparenchymatisch zusammen- tretenden, bald faserigen Elementen bestehend. Die unter der Rinde lie- gende Gonidienzone springt verschieden weit in das Mark vor, zeigt aber sonst die gleiche Beschaffenheit, wie bei dem vorigen Typus. Das Mark nimmt mit der Bildung der Vorragungen bedeutend an Mächtigkeit zu; bei den Formen: mit dickem Thallus bildet es sogar den überwiegenden Theil des letzteren. Die Haftfasern entspringen der gesammten Unterseite des Thallus, der dadurch fest mit dem Substrate verschmilzt. Bei rindenbewoh- nenden Arten dringen die Rhizinen tief in das Periderm ein, dasselbe nach allen Richtungen durchziehend; aber auch auf festem Gestein wachsende. Krustenflechten senden die Haftfasern so tief in den Fels, dass sie mit letzterem ganz wie verwachsen sind und nur durch Auflösung des Gesteines mit Säuren (bei Granit und ähnlich beschaffenen Felsarten durch Anwen- dung der Flusssäure) unverletzt abgelöst werden. Ehe wir uns der Erläuterung des Baues homöomerer Flechten und der Gonidienfrage zuwenden, werfen wir noch einen kurzen Blick auf die stoff- liche Beschaffenheit des Markes und der Rinde der heteromeren Flechten, Lichenes: Reactionen; homöomerer Thallus. 183 welche bei derartigen Verhältnissen vorwiegend in Betracht kommen. Der Inhalt der Hyphen ist ein schwach körniges, manchmal kleine Oeltröpfchen führendes, farbloses Protoplasma, das durch Jod lebhaft gelb bis braun ge- färbt wird. Stärke und andere organisirte Inhaltsbestandtheile führt dasselbe niemals. Die Membran der Hyphen gehört zu den gallertartigen Cellulose- modificationen. Sie ist im trockenen Zustande spröde, während sie in kaltem Wasser bedeutend quillt und dabei weich und biegsam, bei ge- wissen Flechten (am bekanntesten bei Cetraria islandica Ach.) in kochendem Wasser sogar in eine structurlose Gallerte verwandelt wird. Mit Jod be- feuchtet bleiben die Hyphenmembranen der meisten Flechten farblos und auf späteren Zusatz von Schwefelsäure zerfliessen sie dann, ungefärbt blei- bend, oder vorher sich bräunend oder auch wohl violett (Mark von Evernia furfuracea) färbend. Jod allein bewirkt bei Cetraria islandica eine schöne blaue Färbung der Rinde mit Ausnahme der gefärbten oberflächlichen Lagen derselben. Umgekehrt wird bei Sphaerophoron coralloides das Mark auf Zusatz von Jodlösung allein hellblau gefärbt. Die Membranen des Markes und der inneren Rindenschichten sind fast stets farblos, die der äusseren Rindenlagen dagegen häufig durch Einlagerung verschiedener, die Membran gleichmässig durchdringender Farbstoffe gefärbt, so dass das Grün der Go- nidienzone dadurch verdeckt wird. In anderen Fällen sind farblose oder gefärbte Körnchen organischer Substanz der Oberfläche der Hyphenwände aufgelagert oder der Membran lückenlos verbundener Hyphen eingelagert: farblose bei Arten von Placodium, Imbricaria, Peltigera, Stieta u. a., intensiv gelbe bei Physcia parietina, rothe bei Solorina crocea. Durch Alkalien lassen sie sich unverändert oder unter Entfärbung ausziehen, und chemische Untersuchungen zeigen, dass sie der Sitz der verschiedenen Flechten- säuren sind, deren Menge z. B. bei gefärbten mit der Intensität der Fär- bung steigt. Andere Ein- und Auflagerungen werden von Krystallen oder Körnchen von oxalsaurem Kalke gebildet; erstere finden sich z. B. in oft bedeutender Grösse in den Marklücken von Urceolaria sceruposa und ÖOchro- ' lechia tartarea in grosser Menge, letztere unter anderen Arten im Rinden- gewebe von Psoroma lentigerum in solcher Masse, dass die ganze Rinde vollständig undurchsichtig und im refleetirten Lichte weiss ist. Als eine zweite, durch die Vertheilung der Gonidien bedingte Form “ des Flechtenthallus erwähnten wir auf Seite 177 den homöomeren oder ungeschichteten Thallus, in welchem also die Gonidien durch das ganze Laub verbreitet sind. Die typischen Formen aus dieser Flechtenabtheilung sind die Gallertflechten, die wir zunächst betrachten müssen. Die Gallertflechten! haben der äusseren Form nach einen fast durchweg laubartigen Thallus. Im trockenen Zustande ist derselbe knorpelig- spröde; er saugt aber Wasser begierig ein und quillt dann zu einem zäh- gallertartigen Körper auf, der auf seiner Oberfläche meist faltig-kraus oder gewunden ist. Auf senkrechten Durchschnitten erblickt man in einer homo- genen, durchscheinenden, meist farblosen (Collema, Leptogium, Mallotium) oder in einer geschichteten Gallerte (Synechoblastus- und Omphalaria-Arten) zahlreiche Gonidien entweder gleichmässig durch die ganze Dicke des Thallus ‘zerstreut (Synalissa); oder die Gonidien sind unter der Ober- oder Licht- 1 Schwendener, a. a. O. IV. S. 174. 184 Lichenes: Homöomerer Thallus. fläche reichlicher vorhanden, fehlen jedoch in der Tiefe des Thallus durch- aus nicht (Collema, Mallotium, Omphalaria). In Bezug auf die Anordnung der Gonidien unter einander lassen sich solche Formen unterscheiden, bei denen die Gonidien zu Ketten oder Schnüren vereinigt liegen (vgl. die Fi- guren 58 und 59) und solche, bei denen sie grup- penweise in anderer Lagerung auftreten; für erstere liefern die Gattungen Collema, Mallotium u. a., für letztere Omphalaria, Synalissa etc. Beispiele. Von dem zweiten Elemente des Thallus, den Hyphen, gilt betrefis der Structurverhältnisse, Wachsthum, Verzweigung u. s. w. das vom heteromeren Thallus Gesagte. Sie durchziehen die Gallerte des Flechten- körpers zwischen den Gonidien in der Art, dass sie in der Mittelebene desselben meistens longitudinal, gerade oder wellig verlaufen, während sie nach aussen ein nach allen Richtungen verschlungenes, weitmaschiges Geflecht zwischen den Gonidien bilden (Fig. 58 und 59). Bei der Mehrzahl der Gattungen treten endlich zahlreiche peripherische Zweige senk- recht in die von Gallerte gebildete Oberfläche des Thallus, um hier blind, ohne Bildung irgend welcher Rinde zu endigen. Nur bei wenigen Gattungen (Mallotium, Leptogium, Obryzum) treten die äusser- sten Hyphenendigungen zu einer den ganzen Thal- lus überziehenden, hautartigen Rinde aus einer oder zwei Schichten polyädrisch-tafelförmiger,. lückenlos verbundener Zellen zusammen. Vielzellige, theils vereinzelte und kurze, theils längere und zu Bün- deln vereinigte Haare, welche auf der Unterfläche eines solchen berindeten Thallus entspringen, be- festigen diesen als Rhizinen auf dem Substrate, während bei den unberindeten Gallerttlechten derb- wandigere Aeste der Hyphen als Wurzelhaare aus Fig. 54. Ephebe pubescons der Gallerte hervortreten. Fr. erie.: eines 'Thallus- Eine kleine Gruppe strauchartiger, in ihrem zweiges mı zwei Jungen 2 R n . a: A x F - Seitenästen (s). y Gonidien, Aeusseren mehr gewissen niederen Algen ähnlich h Hyphen. — Vergr. 500. sehender, homöomerer Flechten bilden die oft als Byssaceae zusammengefassten Gattungen Ephebe, Öoenogonium u. a. Aber nicht allein die äussere Form, auch der anato- mische Bau ist ein eigenthümlicher. “Betrachten wir das Ende eines mit Kali aufgehellten Astes von Ephebe pubescens Fr. (Fig. 54),! so erblieken wir innerhalb einer dicken Gallerthülle zunächst die auffallenden, blaugrünen Gonidien dieser Flechte in eine Reihe hinter einander geordnet. An der Spitze des Astes liegt eine einzelne, kuppelförmig gewölbte Gonidienzelle als Scheitelzelle (Fig. 54, g), die durch Quertheilung stetig eine neue Scheitel- zelle und eine scheibenförmige Gliederzelle erzeugt (zweite und dritte Zelle ! Schwendener, Untersuchungen über den Flechtenthallus, a. a. ©. IV. 167 und in Flora 1863. Liehenes: Homöomerer Thallus, Gonidien. 185 der Fig. 54). Letztere theilt sich zunächst wieder durch Querwände, dann aber durch rechtwinkelig sich kreuzende Längswände, und ihre weiteren Nachkommen in den älteren Regionen des Astes vermehren sich durch wech- selnde Theilungen nach drei Raumrichtungen (Fig. 54). Die den zweiten Bestandtheil des Ephebethallus bildenden Hyphen erscheinen als sehr zarte, farblose, durch Querwände gegliederte Fäden (Fig. 54, R). Im äussersten Astende verlaufen sie innerhalb der Gallerthülle einzeln longitudinal rings um die Gonidienreihe und ziemlich gerade; sie erreichen dabei bald den Scheitel der Endgonidie nicht, bald neigen sie bogenförmig nur wenig über dieser zusammen. Unterhalb der Astspitze beginnen die Hyphen sich zu verzweigen, so dass sie ein netzartiges Geflecht um die Gonidienreihe bilden und gleichzeitig auch Queräste ins Innere des Thallus zwischen die Gonidien senden, die sich späterhin hier weiter verzweigen und endlich gewöhnlich die regelmässige Anordnung der Gonidien durch Verschiebung derselben stören. Noch eigenthümlicheren Bau zeigt die in Tropenwäldern auf abgestor- benen Baumästen lebende Gattung Coenogonium, ! deren gelblich bis lebhaft grün gefärbte Arten mehr an die Confervaceen unter den Algen, als an Flechten erinnern. Ihr Thallus besteht aus vielfach verästelten Fäden, welche zu einem lockeren Filze von fächerförmigem Gesammtumriss ver- flochten sind. Jeder Ast besteht aus cylindrischen, eine Zellenreihe bil- denden, durch Chlorophyll rein grün gefärbten Gonidien, deren Zahl sich durch Quertheilung der Scheitelzelle des Astes vermehrt. Eine Gallert- hülle um diese Gonidienreihen fehlt. Sie werden unmittelbar an ihrer Oberfläche von den sehr zarten, farblosen, gegliederten Hyphen umsponnen, die vorwiegend der Länge nach bis unmittelbar zur Wölbung der Gonidien- Scheitelzelle verlaufen, oft seitlich Lücken zwischen sich lassen, durch welche die Gonidien deutlicher zu sehen sind und welche meistens nur eine Lage um letztere bilden, stellenweise aber auch zu vielen Lagen über einander fort kriechen, jedenfalls dort, wo die Früchte dieser Flechte ge- bildet werden. Weitere interessantere Einzelheiten über den Bau gewisser homöomerer Flechten sollen hie und da im systematischen Theile dieser Gruppe mitge- theilt werden. Wir haben uns bis jetzt, die letzten Fälle ausgenommen, vorzugsweise mit dem Aufbau der aus Hyphen zusammengesetzten Thallustheile beschäf- tigt und müssen nun auch die Gonidien specieller ins Auge fassen. Wir wollen hier mit den homöomeren Flechten beginnen, weil bei diesen die zu besprechenden Verhältnisse klarer liegen, als sie in der zweiten Gruppe hervortreten. Sehen wir uns noch einmal die Gonidien der Gattung Collema genauer an, so finden wir dieselben nach dem früher Gesagten als Schnüre oder Ketten blaugrüner Zellen der Gallerte des Thallus eingebettet. Wir finden einzelne dieser Zellen in der Richtung der Längsaxe der Kette ge- streckt und in Theilung begriffen, finden ferner stellenweise in den Goni- dienschnüren einzelne grössere Zellen mit dickerer, zuletzt gelblicher Mem- bran und farblosem, wasserhellem Inhalte. Letztere Zellen lassen in unserer Erinnerung sofort die Algengattung Nostoc (S. 13) auftauchen, mit deren Grenzzellen sie identisch sind, und mit Leichtigkeit können wir bei ge- 1 Schwendener, a. a. O. IV. 172. R 186 Lichenes: Gonidien. nauester Vergleichung constatiren, dass die gewundenen Gonidienketten der Flechtengattung Collema den Nostocschnüren nicht nur ähnlich, sondern in allen Punkten völlig gleich sind. Denken wir uns aus einem Collemathallus (etwa dem in Figur 58 gezeichneten Stücke) alle Hyphen entfernt, so be- halten wir in den in der Gallerte liegen bleibenden Gonidien genau eine Nostoc-Colonie, wie sie der in Figur 1 © (S. 10) gezeichneten entspricht. Eben so auffallende Gleichheit zwischen den Gonidien einer Flechte und einer gewissen Algengattung treffen wir bei Ephebe. Lassen wir aus der Zeichnung des Thallusastes Figur 54 (S. 184) die Hyphen fort, so haben wir ganz entschieden nach Gestalt des Thallus, Form und Inhalt der Goni- dien etc. die Gattung Sirosiphon (S. 12) vor uns. Ja, wer ein Stück des Thallus von Ephebe nur in Wasser untersucht und die Aufhellung der bräun- lichen Gallerte mit Kalilauge unterlässt, wird leicht in Versuchung kommen, die Flechte für Sirosiphon zu erklären, da die Hyphen in derartigen Prä- paraten unsichtbar bleiben. Wer ferner grössere Rasen von Ephebe unter- sucht, wird nicht selten hyphenlose, oft sogar reich verzweigte Aeste von reinem Sirosiphon von entschieden Hyphen führenden Zweigen der Ephebe entspringen sehen. Etwas Aehnliches kann uns leicht bei Coenogonium be- gegnen, indem wir Zweige der Algengattung Cladophora (S. 83) mit Coeno- gonium-Aesten in organischem Zusammenhange treffen, wie denn auch hier nach Entfernung aller Hyphen des Thallus in den Gonidien die verzweigten Reihen cylindrischer Zellen jener Alge übrig bleiben. Diese Thatsachen veranlassten schon frühere Beobachter zur Annahme eines genetischen Zusammenhanges zwischen den genannten Algen und Flechten. Namentlich sprach De Bary! seine darauf bezügliche Ansicht klar mit folgenden Worten aus: „Entweder sind die in Rede stehenden Li- chenen die vollkommen entwickelten fructifieirenden Zustände von Gewächsen, deren unvollständig entwickelte Formen als Nostocaceen und Chroococcaceen bisher unter den Algen standen. Oder die Nostocaceen und Chroococcaceen sind typische Algen; sie nehmen die Form der Collemen, Epheben u. s. w. an, dadurch, dass gewisse parasitische Ascomyceten in sie eindringen, ihr Mycelium in dem fortwachsenden Thallus ausbreiten und an dessen phyco- chromhaltige Zellen öfters befestigen.“ Spätere Untersuchungen, ? welche die Frage nach der Entstehung der Gonidien im Flechtenthallus zu lösen suchten, haben die zweite der oben ausgesprochenen Vermuthungen in jeder Beziehung bestätigt. Es wurde soeben gesagt und lässt sich diese Erscheinung namentlich an jeder heteromeren Flechte mit Leichtigkeit nachweisen, dass Gonidien und Hyphen zum Theil in anatomischem Zusammenhange stehen. Theils ı NAHER ®2 Von den zahlreichen hierher gehörenden Abhandlungen sollen hier nur einige der wichtigeren genannt werden, in denen der sich für die Frage interes- sirende Leser weitere Literatur angegeben findet: Schwendener, Die Algen- typen der Flechtengonidien; Basel 1569. Erörterungen zur Gonidienfrage; Flora 1872. Die Flechten als Parasiten der Algen: Verhandlungen der naturforsch. Ge- sellsch. in Basel 1873. — Bornet, Recherches sur les gonidies des Lichens; Ann. d. science. natur. Bot. ser. V. vol. XVII. Deuxieme note sur les gonidies des Lichens; Ann. d. sc. nat. ser V. vol. XIX. — Kny, Die Entwickelung des Thallus von Lichina pygmea Ag. und deren Beziehung zu Rivularia nitida Ag.; Sitzungsber. d. Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin 1874. Lichenes: Gonidien. 187 werden die Gonidien von den Hyphen von allen Seiten umwachsen, wobei sich oft zahlreiche Aeste an erstere anlegen und mit ihnen so fest ver- schmelzen, dass sie kaum ohne Verletzung entfernt werden können (Fig. 55 C und D — in letzterer Figur sieht man oben und rechts zwei Fäden der Algengattung Scytonema von der Seite, links einen Faden von vorne und an letzterem namentlich sehr deutlich die Umklammerung desselben durch die Hyphen); theils treten kürzere Hyphenäste auch so an die Goni- dien heran, dass nach Verwachsung der beiderseitigen Zellen letztere auf ersteren wie auf einem Stiele sitzen (Fig. 55 B). Diese Stiele aber, welche die Verbindung der Gonidien mit den Hyphen herstellen, beweisen darum noch nicht, dass die Gonidien an den Stielen entstanden sind, wie früher D behauptet wurde. Denn erstens ist, II 27 FRI SÜ wie Schwendener als der erste und REES Hauptvertreter in dieser Richtung in N), , : er O seinen neueren Arbeiten richtig her- vorhebt, die allmähliche Entwickelung der Gonidien durch Anschwellung der Endzelle eines solchen Stieles und spätere Grünfärbung des Inhaltes von Niemandem beobachtet, sondern nur aus fertigen oder zweideutigen Zuständen gefolgert worden. Um- gekehrt wachsen niemals, wie auch manchmal behauptet wurde, Gonidien zu farblosen Hyphen aus. Dagegen hat Schwendener an Gallertflechten, wo dergleichen Stielzellen auch häufig vorkommen, mit vollständiger Sicher- Ra N: iR . . - Fig. 55. Flechten-Gonidien. A Keimende heit nachgewiesen, dass sie durch Ver- Spore von Physeia parietina auf Protococeus wachsung eines Hyphenastes mit einem viridlie; B Synalissa symphorea mit Glosocapen. ausgebildeten Gonidium entstehen cauon samulosum mit Septunema. Nach Bor. und folglich mit der Entwickelung des net. Vergr. von A, B und € = 950, D= 650. letzteren nichts zu thun haben. Man sieht zuweilen zwei und drei solcher Stiele, die von der nämlichen Hyphe abgehen, mit Gliedern einer zusammenhängenden Gonidienkette verbunden (vgl. Fig. 55 D), was offenbar nicht möglich wäre, wenn die Gonidien, etwa wie Kirschen oder Aepfel, mit ihren Stielen in genetischer Beziehung ständen. Die Gonidien im Flechtenthallus müssen also anderer Herkunft sein. Es wurde ferner bereits (S. 185) gesagt, dass die Gonidien von Collema nicht von der Algengattung Nostoc, die von Ephebe nicht von Sirosiphon unterscheidbar seien und dass die Gonidien von Coenogonium völlig mit Cladophora übereinstimmen. Auch von anderen Flechten lässt sich mit gutem Gewissen genau dasselbe behaupten und zwar handelt es sich hier nicht um Dinge, die leicht zu verwechseln wären, sondern um ausgebildete grüne Zellen, die sich durch characteristische Merkmale auszeichnen. Unsere Figur 55 zeigt bei B eine Gonidiengruppe mit anhängenden Hyphen aus dem Thallus von Synalissa symphorea; die Gonidien sind mit den Zellen der Algengattung Gloeocapsa identisch. Ferner entspricht die in Figur 55 © 188 Liehenes: Gonidien. gezeichnete Gonidie aus dem Thallus von Cladonia der Alge Protococeus, stimmen die Gonidienreihen im Thallus von Stereocaulon ramulosum (Fig. 55 D) mit Scytonema überein. “Ueberblickt man die Resultate sämmtlicher oben eitirter Untersuchungen, so kann man folgende Reihe von Algen auf- stellen, welche als Gonidien im Flechtenthallus nachzuweisen sind. I. Algen mit reinem Chlorophyll. iR Palmellaceen (S. 8) in den meisten Laub-, Strauch- und Krusten- flechten. Namentlich ist hier Cystococcus humiecola Näg. (S. 9) in erster Linie als häufigster Gonidienbildner zu erwähnen; in zweiter Linie schliesst sich Pleurococcus vulgaris Menegh. (S. 9) an; dann die Gattung Stichococeus (S. 9), die allerdings nur im Hymenium von Sphaeromphale und Polyblastia vorkommt. . Chroolepideen (S. 84) im Thallus der Graphideen und Verruca- rieen und bei der Gattung Roccella. (In den lichenologischen Schriften wird die hierher gehörende Algengattung Chroolepus häufig auch mit einem anderen Gattungsnamen als Trentepohlia bezeichnet.) . Confervaceen (8. 82) und zwar die Gattung Cladophora (S. 83) bei Coenogonium. . Coleochaeteen (S. 110); die von Coleochaete (S. 111) wohl nicht verschiedene Kützing’sche Gattung Phyllactidium (vgl. Pringsheim’s Bemerkungen in dessen Jahrbüchern I. 30) bei Opegrapha filicina Mont. II. Algen mit Phycocyan (S. 10) neben dem Chlorophyll. bi Chroococcaceen (S. 10); meistens bei Gallertflechten mit kugeligen Gonidiengruppen. Zu erwähnen sind hier als genau bekannte Flech- tengattungen: Omphalaria, Enchylium, Synalissa, Phylliseium, Psoro- tichia, Pyrenopsis, Thelochroa. Hauptsächlich kommt hier die Algen- gattung Gloeocapsa in Betracht, welche nach Bornet ferner noch die Gonidien der Cephalodien mancher Stereocaulon-Arten liefert. . Rivulariaceen ($S. 11) und zwar Rivularia (S. 12) bei der Flech- tengattung Lichina. . Sirosiphoneen (S. 12) bilden in der Gattung Sirosiphon die Go- nidien von Ephebe und Spilonema; ferner bei Polychidium musci- colum und in den Cephalodien von Stereocaulon furcatum. . Scytonemaceen (S. 12) mit der Gattung Scytonema im Thallus von Porocyphus byssoides, Heppia adglutinata, Pannaria flabellosa und einigen anderen Arten der Gattung, bei Ephebella und in den Cephalodien von Stereocaulon ramulosum. . Nostocaceen (8. 13) im Thallus aller Gallertflechten mit perl- schnurförmigen Gonidienketten, also: Collema, Leptogium, Mallotium, Obryzum, Synechoblastus, Lempholemma. Ferner kommen sie im Thallus von Pannaria brunnea und P. lurida, in manchen Cephalodien von Stereocaulon etc. vor. Eine Musterung der eben genannten Algentypen und der zugehörigen Flechten ergiebt mit Rücksicht auf das Verhältniss zwischen Nährpflanze und Parasiten folgende beiden Fälle. Bei einer grossen Anzahl von Flechten (z. B. Lichenes: Gonidien. 189 den meisten Strauchflechten, den Collemen ete.) gehören die Gonidien stets demselben Algentypus an und dieser Fall darf als der herrschende bezeichnet werden. In zweiter Reihe stehen aber diejenigen Flechten, bei welchen entweder bei systematisch nahe verwandten Formen oder gar unter den Individuen einer Art ein Schwanken zwischen verschiedenen Gonidientypen stattfindet. Letzteres bemerken wir z. B. bei den in die Familie der Ephebeen gehörenden Flechten zwischen Sirosiphoneen und Sceytonemeen, bei Pannaria zwischen Nostocaceen und Scytonemeen, bei vielen Gallert- flechten zwischen Nostocaceen und Chroococeaceen, bei den Gephalodien von Stereocaulon gar zwischen Sirosiphoneen, Sceytonemaceen und Nostocaceen und ebenso bei Sticta zwischen Nostocaceen, CUhroococcaceen und Palmellaceen. Prüfen wir ferner die etwaigen Veränderungen, welchen die Gonidien, beziehentlich die Algenzellen im Flechtenthallus gegenüber den normal frei lebenden Individuen derselben Art unterliegen, so lässt sich sagen, dass bei zahlreichen Flechten die Algen im Thallus durchaus keine Umgestaltung erleiden, von frei lebenden nicht unterscheidbar sind, wie namentlich Gat- tungen wie Collema, Ephebe und Coenogonium, aber auch zahlreiche Gat- tungen mit heteromerem Thallus zeigen. In anderen Fällen treten aber gewisse Abänderungen an der im Flechtenthallus lebenden Alge hervor, wie z. B. bei Sirosiphon im Thallus von Stereocaulon und noch mehr in dem- jenigen von Polychidium. Diese Abänderungen lassen aber in keiner Weise gegen die Algennatur der betreffenden Gonidien schliessen und sind keines- wegs bedeutender, wie die oft gewaltigen Umgestaltungen, welche ein para- sitischer Pilz im Gewebe seiner phanerogamen Nährpflanze veranlasst. Gehen wir in der Reihe der vorliegenden Untersuchungen bewährter Forscher einen Schritt weiter, um noch andere Beweise zu finden, dass die im Flechtenthallus vorhandenen Gonidien Algen sind, welche von einem Schmarotzerpilze umsponnen wurden, so stossen wir zunächst auf wiederholt ausgeführte Versuche, die aus einem Flechtenthallus isolirten Gonidien frei weiter zu cultiviren. Dass dieses möglich ist, zeigten Famintzin, Baranetzky, Bornet u. A.! Die im Thallus von Physcia parietina befindlichen Gonidien sind den Zellen der Alge Cystococcus humicola völlig gleich, besitzen wie diese namentlich einen scharf umschriebenen Zellkern und eine seitliche Vacuole. Famintzin und Baranetzky befreiten diese Gonidien aus dem Flechtenthallus durch mehrwöchentliche Maceration desselben im Wasser und cultivirten sie dann weiter. Sie verhielten sich dann genau so wie Cystococeus-Zellen, theilten sich wie diese, nachdem sie gewachsen waren und bildeten namentlich in derselben Weise und genau die gleichen Zoo- sporen, wie Cystococeus. Dieselben Resultate ergaben die Culturen der Gonidien einer Cladonia und derjenigen von Evernia furfuracea. Weitere von Baranetzky allein mitgetheilte Culturversuche mit den Gonidien von Peltigera canina ergaben, dass diese, aus dem Thallus genannter Flechte isolirt, sich genau wie die von Kützing als Polycoccus punctiformis be- schriebene, zur Familie der Chroococcaceen gehörende Alge verhalten. Ferner ! Famintzin und Baranetzky, Zur Entwickelungsgeschichte der Gonidien und Zoosporenbildung der Flechten; M&moir. de l’acad. d. science. d. St. Peters- bourg XI und Botan. Zeitung 1868. — Baranetzky, Beitrag zur Kenntniss des selbständigen Lebens der Flechtengonidien; Jahrb. für wissensch. Botanik VII. 1. — Bornet, a. a. O. der Ann. d. sc. XIX, 190 Lichenes: Gonidien, Culturversuche. zeigte derselbe Beobachter die schon von De Bary hervorgehobene That- sache noch einmal als richtig, dass nämlich auf unzweifelhaftem Collema- Thallus häufig junge Nostoc-Colonien gefunden werden, die nach Baranetzky’s Culturen als Gonidiengruppen aus dem Flechtenthallus austreten. Der Schluss, welcher aus allen diesen Beobachtungen gezogen wurde, ging jedoch dahin, dass diese beiden Forscher die Gonidien nach wie vor als Organe der Flechten betrachteten, denen sie die Fähigkeit zuschrieben, im freien Zustande ein algenähnliches Dasein fristen zu können, wonach folgerichtig alle Algen, welche sich als mit Flechtengonidien identisch erweisen, aus der Reihe selbständiger Pflanzen gestrichen werden müssten. DBornet, welcher die Schwärmsporenbildung aus den mit Chroolepus übereinstimmenden Go- nidien von Opegrapha beobachtete, steht dagegen bereits auf dem freien heutigen Standpunkte der Flechtenfrage, deren Gegner indessen in allen diesen Thatsachen noch nicht genug Beweise für den Parasitismus von Schlauchpilzen auf niederen Algen sahen. Diese letzten Beweise mussten erst dadurch geliefert werden, dass man versuchte, durch Aussaat von Flechtensporen auf die entsprechenden Algen einen unzweifelhaften Flechten- thallus zu erzeugen. Uebergehen wir die älteren Beobachtungen, nach welchen z. B. schon Schwendener Pilzfäden in Algencolonien eingedrungen fand, so haben wir von directen Qulturversuchen hier zuerst die von Reess, Treub und Bornet ! zu erwähnen. Reess säete auf kleine Colonien des Nostoc lichenoides Vauch. (S. 15), die unter dem Mikroskope einzeln auf völlige Hyphenreinheit ge- prüft worden waren, und welche auf Kalkspathplättchen in einer feuchten Culturkammer lagen, frisch entleerte Sporen von Collema glaucescens Hoffm. Die Culturen wurden von Zeit zu Zeit mit Brunnenwasser oder Nährstoff- lösung benetzt, gingen aber der Mehrzahl nach durch ungünstige Regulirung der Feuchtigkeit und Nahrungszufuhr zu Grunde. Bei einer Anzahl aber gelang es, die Keimung der Collemasporen und die Weiterentwickelung ihrer Keimschläuche zu verfolgen und das Eindringen letzterer in die No- stoccolonien zu constatiren. Die Keimung der vielzelligen Spore von Üol- lema erfolgt schon wenige Tage nach der Aussaat; einzelne Zellen treiben je einen ziemlich starken Keimschlauch, der sich verzweigt und durch Querwände gliedert. Die Keimschläuche wachsen so lange, als ihnen Re- servestoffe durch die Spore geboten werden, dann aber gehen sie bei Ab- wesenheit des Nostoc langsam zu Grunde. Treffen sie jedoch auf Nostoc- colonien, so dringen sie in dieselben ein und verzweigen sich in ihnen sofort reichlieh zu förmlichen Hyphenbüscheln, aus denen sich ein reich verästeltes Collemamycelium entwickelt, das Schritt für Schritt das Nostoc gleichmässig durchwächst, dessen Zellenketten vielfach umschlingend und umwindend, in allen seinen Eigenschaften den Hyphen des wild wachsenden CGollemathallus vollständig entsprechend. Die gänzliche Umwandlung des Nostoc in die Flechte schliesst mit dem Auftreten einer peripherischen Hyphenlage ab, aus welcher die ersten Rhizinen durch die Nostocgallerte hervorbrechen. ! Reess, Ueber die Entstehung der Flechte Collema glaucescens Hoffm. ; Monatsber. d. Berliner Akad. 1871. S. 523. — Treub, Licheneneultur; Botan. Zeitung 1873. 8. 721. Onderzoekingen over de Natuur der Lichenen; Neder- landsch Kruidkundig Archiv, 2. ser. I. 336, — Bornet a. a. 0. Lichenes: Culturversuche. 191 Die Sporen sammt ihren auswärts getriebenen Keimschläuchen blieben dabei in ungestörten Öulturen lange Zeit mit den eingedrungenen Hyphen im Zu- sammenhange, so dass sich die Entwickelung der Flechte lückenlos verfolgen lässt. Leider wurden dagegen die so erzeugten kleinen Collemapflänzchen nicht zur Fructification gebracht. Bornet wiederholte die Reess’schen Versuche, indem er die Sporen von Collema pulposum mit jungen Colonien von Nostoc lichenoides zu- sammenbrachte. Er sah ebenfalls die aus den Sporen hervorgewachsenen Keimschläuche die Nostocgallerte durchwuchern. DBornet dehnte ferner seine Versuche auch auf heteromere Flechten aus; er säete die Sporen von Physcia parietina und Biatora muscorum auf die im Freien eingesammelte Alge Protococeus viridis. Die Keimschläuche oder ihre Ver- zweigungen legten sich an die srünen Algenzellen an und um- spannen sie mehr oder weniger (Fig. 55 A). Die Culturen gingen aber bald durch Schim- mel und übermässige Feuchtig- keit zu Grunde. Treub experimentirte mit Sporen von Lecanora subfusca, die er auf Cystococcus humicola (dem Thallus von Ramalina caly- caris entnommen) aussäete, war indessen ebenfalls nicht so glück- . _, _. i lich, einen fortigen heteromeren FiE,5%. ‚Kinds Snor, dp) yon lecanıa sul Flechtenthallus zu erziehen. Er Treub. Vergr. 700. konnte jedoch aus den erhaltenen Stadien folgendes Resultat ziehen: An den Keimschläuchen der Flechten- sporen zeigte sich, selbst bei dreimonatlichen Culturen, niemals eine Spur junger Gonidien. Sobald dagegen ein Keimschlauch oder einer seiner Zweige eine Algenzelle berührt, heften sie sich fest an die Oberfläche des befallenen Algenindividuums und wachsen auf diesem eine kürzere oder längere Strecke fort. Die erste Folge einer solchen Anheftung ist eine Vermehrung der Zweige der Keimschläuche; ein Theil dieser Zweige heftet sich seinerseits wieder an die Oberfläche der Alge und produeirt wieder Seitenzweige, so dass am Ennde die befallene Alge oder Algencolonie ganz von Hyphen umfasst ist (Fig. 56). Sofort leuchtet ein, dass solch eine Hyphenmasse unmöglich von der Reservenahrung der Sporen herkommen kann; eine Vergleichung mit Sporen, die eben so lange und unter denselben Umständen gekeimt sind, ohne sich an Algen heften zu können, zeigt ausserdem am deutlichsten den Einfluss der Algennahrung. Die Gegner der Schwendener’schen Theorie sahen auch in diesen Ergeb- nissen noch keinen Beweis zu Gunsten derselben. Es würde zu weit führen, 192 Lichenes: Culturversuche ete. alle die nichtigen, zum Theil sogar gänzlich unwissenschaftlichen Entgeg- nungen derselben hier heranzuziehen. Körber! ging sogar so weit zu er- klären, dass es Flechten gebe, „deren Sporen keine Hyphen, sondern goni- mische Elemente ? erzeugen“, wie er dies z. B. von Sphaeromphale behauptet, welche Gattung er sogar neben einer Reihe anderer als „hyphenlos“ hin- stellt, so dass er das Gonidium als das eigentlich lichenische Element be- trachtet. Diese Behauptungen sind durch die Untersuchungen Winter’s 3 längst und zwar zum Theil an Originalexemplaren Körber’scher Flechten widerlegt worden. Und dass gerade umgekehrt, wie ja ganz natürlich, die Hyphen der keiner Flechte fehlende Bestandtheil sind, hat neuerdings Frank* an einem eigenthümlichen Beispiele gezeigt. Bei einer Anzahl rindenbewohnender Flechten entwickelt sich der Thallus zwischen den Schichten des Periderms, so dass er von den obersten Lagen des letzteren bedeckt wird: er ist ein unterrindiger oder hypophlöodischer Thallus. Die Graphideen bieten für einen derartigen Thallus das vorzüglichste Beispiel, das auch Frank für seine Untersuchungen benutzte. Die letzteren ergeben, dass bei diesen Flechten (Arthonia vulgaris, Graphis seripta) zwei Lebens- stadien in der Weise auf einander folgen, dass: zuerst ein gonidienloses, rein aus Hyphen bestehendes und darauf ein typisch lichenisches, aus Go- nidien und Hyphen combinirtes unterscheidbar ist. Die hypophlöodischen Graphideen bilden zunächst im gonidienlosen Zustande innerhalb der äusser- sten Korkschicht des Periderms ein zusammenhängendes, ziemlich dichtes Geflecht überaus dünner Hyphen, welche die Zellen dieses Gewebes nach allen Richtungen regellos, gleichwie ein homogenes Substrat durchwuchern und gewisse Veränderungen im Aussehen des Periderms hervorbringen. Dieses Lager breitet sich centrifugal aus und später erst wandern in das- selbe Individuen der Algengattung Chroolepus ein. Chroolepus ist auch gerade eine der wenigen Gonidienformen, welche als Fadenalgen mit Spitzen- wachsthum einem solchen Eindringen in den Flechtenthallus, wozu hier noch die Bewältigung der deckenden Peridermschichten kommt, überhaupt fähig zu sein scheinen. Hat die Colonisirung des Thallus mit Gonidien begonnen, so stellt das ursprüngliche Hyphenlager die fortwachsende Randzone dar. Erst durch diese Einwanderung aber, die sofort eine reichlichere Ent- wickelung der Hyphen zur Folge hat, erhält der Thallus seine typische Be- schaffenheit, nicht allein hinsichtlich der anatomischen Zusammensetzung, sondern auch in Bezug auf das äussere Ansehen. Von den zufälligen Punkten, an welchen die Ansiedler in den gonidienlosen Thallus eindringen, von der Schnelligkeit oder Langsamkeit des Eindringens und der Lebhaftig- keit der Vermehrung und Ausbreitung der eingedrungenen Individuen hängt es ferner ab, ob die zweite, vollkommene Form des Thallus auf der ersten ‘ Körber, Zur Abwehr der Schwendener-Bornet’schen Flechtentheorie. Breslau 1874. ® d. h. Gonidien. ° Winter, Untersuchungen der Flechtengattungen Secoliga, Sarcogyne, Hy- menelia und Naetrocymbe; Sitzungsber. d. naturforsch. Gesellsch. zu Leipzig 1875, 5. 9. Zur Anatomie einiger Krustenflechten; Flora 1875, S. 129. Ueber die Gat-' tung Sphaeromphale und Verwandte, ein Beitrag zur Anatomie der Krustenflechten; Jahrb. f. wissensch. Botanik X. 245. * Frank, Ueber die biologischen Verhältnisse des Thallus einiger Krusten- flechten; in Cohn’s Beiträgen zur Biologie der Pflanzen II. 123. Liehenes: Culturversuche, Hymenialgonidien. 193 regellos sporadisch oder mehr in centrifugalem Fortschreiten auftritt. Die Fructification des Thallus von Arthonia vulgaris Schaer. und Graphis scripta Ach. ist von dem Erscheinen der Gonidien abhängig: die Anlage der Apo- thecien bildet sich immer erst, wenn Gonidien in den Thallus eingewandert sind. Bei der ersteren Flechte geschieht dieses sehr bald, nachdem die Gonidien in den Thallus gelangten, bei Graphis scripta erst dann, wenn die von Gonidien colonisirte Kruste schon einen grösseren Flächenraum einge+ nommen hat. Es verdient dies besonders hervorgehoben zu werden, weil eine zweite Art der Gattung Arthonia, die A. epipasta Körb., sich wesent- lich anders verhält: diese zeigt nach Frank von algenartigen Elementen im Thallus niemals eine Spur, ist zeitlebens eine gonidienlose Flechte, selbst in dem Stadium, in welchem sie Apothecien entwickelt hat. Gerade so ist es mit Arthonia punctiformis 4eh., welche sich von letzterwähnter Art nur durch andere Apotheeien unterscheidet, und mit einigen Arten der zu den Verrucarieen gehörenden Gattung Arthopyrenia. Ziehen wir aus dieser letzteren Thatsache, verglichen mit den früher angeführten Fällen, die möglichen Schlüsse, so gewinnen wir folgende Resultate: 1. Bei der Mehrzahl der Flechten befallen die Hyphen, respective die Keimschläuche der Sporen, gewisse Algen, welche sie von allen Seiten um- wachsen und somit als Gonidien in den Thallus einschliessen. Ohne Algen gehen die betreffenden Flechten zu Grunde; letztere sind zeitlebens Para- siten, welchen durch die assimilirende Thätigkeit der chlorophyllhaltigen Algen gewisse nothwendige Nährstoffe zugeführt werden. 2. Gewisse Flechten, bis jetzt allerdings nur eine kleine Zahl (Arthonia vulgaris, Graphis scripta), sind in ihren ersten Lebensstadien gonidienlose Sa- prophyten, welche mit ihren Hyphen ihr organisches Substrat durchwuchern und aus ihm die erste Nahrung beziehen. Später aber treten in den Thallus Gonidien ein; die Flechte wird jetzt ein Parasit und erst dadurch befähigt, Apothecien als Fruchtorgane zu erzeugen. 3. Einige von den Lichenologen zur Flechtengattung Arthonia gerech- nete Formen (A. epipasta und A. punctiformis), sowie Arten der Gattung Arthopyrenia, besitzen zeitlebens keine Gonidien; sie sind echte saprophy- tische Pilze, welche auch in diesem Zustande fructificiren. Wenn die Gegner der Schwendener’schen Theorie durch die bis jetzt angeführten wissenschaftlichen Ergebnisse noch nicht überzeugt sind, so ist vielleicht die jüngste Untersuchung Stahl’s! geeignet, denselben die letzte Stütze für ihren Widerstand zu rauben. Im Hymenium gewisser Flechten wurden zuerst von Nylander Gonidien nachgewiesen, welche derselbe Hymenialgonidien nannte, und die sich von den gewöhnlichen Thallusgonidien ausser durch die Art ihres Vorkom- mens durch viel geringere Grösse, dünnere Membranen und in einigen Fällen auch durch eine verschiedene, langgestreckte Gestalt unterscheiden. Ihre Entstehung wurde von Füisting und Winter übereinstimmend auf die Gonidien des Thallus zurück geführt. Nach ersterem Beobachter? werden ' Stahl, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Flechten. 2. Heft: Ueber die Bedeutung der Hymenialgonidien. Leipzig 1877. (Hier auch weitere Literatur über diese Organe angegeben.) ® Füisting, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Lichenen; Bot. Zeit. 1868. S. 673. Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 13 194 Liehenes: Hymenialgonidien, Culturversuche. bei Stigmatomma cataleptum in die jungen Peritheciumanlagen zahl- reiche Gonidien eingeschlossen, welche anfänglich von den Thallusgonidien nicht unterscheidbar sind. Aber ihr späteres Verhalten ist ein verschiedenes, „je nachdem sie sich in dem einen oder anderen Theile des Peritheciums befinden. Denn während die in der Aussenschicht in grosser Zahl einge- schlossenen Gonidien frühzeitig zu Grunde gehen und gänzlich verschwinden, sein Umstand, welcher ihre thallodische Herkunft nur bestätigen kann, be- sinnen noch vor der Entwickelung der Anlage die im inneren Theile der- selben befindlichen eine lebhafte Vermehrung durch abwechselnde Theilung in zwei auf einander senkrechten Richtungen, setzen diese aber nach einiger Zeit nur noch indem durch das Auftreten der ersten Periphysen ent- stehenden Hohlraume fort, den sie bald ausfüllen und dessen Zunahme sie durch eine entsprechende Vermehrung bis zum Beginne der Schlauchbildung begleiten, und verschwinden, entsprechend dem Verhalten aller übrigen go- nimischen Einschlüsse, aus dem inneren Theile der Anlage gänzlich. Schon die ersten Theilungsproducte besitzen ein auffallend geringeres Wachsthum, das in Verbindung mit den vielfach wiederholten Theilungen die ausser- ordentliche Kleinheit der gonimischen Einschlüsse hervorruft und unstreitig den abnormen äusseren Umständen, insbesondere den Einwirkungen des Peritheciums, zuzuschreiben ist.“ Das mit Hymenialgonidien der Algengattung Pleurococeus reichlich ver- sehene Endocarpon pusillum Zedw. wurde von Stahl zu Culturversuchen benutzt. Bei dieser Flechte verschwinden die Hymenalgonidien im reifen Perithecium nicht (wie Füisting von Stigmatomma angiebt), sondern sie sind, so lange sich in letzterem Sporen und entwickelungsfähige Asei finden, in lebhafter Theilung begriffen und zahlreich in Längsreihen zwischen den einzelnen Schläuchen angeordnet. Jeder Sporenschlauch enthält in der Regel zwei vielzellige Sporen von ansehnlicher . Grösse, die bei der Reife mit grosser Kraft bis auf oft mehrere Centimeter aus dem platzenden Schlauch- scheitel ausgeschleudert werden (vgl. S. 134), so dass sie sich zum Zwecke der Cultur leicht auf Glasplatten auffangen lassen. Gleichzeitig mit den Sporen wird aber auch eine Anzahl der Hymenialgonidien ausgeschleudert, die zu 20—40 auf der kleberigen Oberfläche jeder Spore haften. Trotzdem ist im Hymenium keine Abnahme dieser Gonidien zu merken; ihre Vege- tation hält also offenbar gleichen Schritt mit der Sporenbildung. Die auf Glas- und Glimmerplättchen aufgefangenen Sporen keimen bei genügender Feuchtigkeit sofort nach ihrer Ausstreuung. Ein Theil der aus den ein- zelnen Sporenfächern austretenden Keimschläuche legt sich sogleich an die blassen, der Spore eng anliegenden Hymenialgonidien, und schon nach we- nigen Tagen zeigen die umwachsenen oder auch nur festgehaltenen Gonidien eine bedeutendere Grösse und gleichmässig sattgrüne Färbung, während die- jenigen nicht gekeimter Sporen klein und bleich bleiben, aber sich leb- haft weiter theilen, die Gonidien keimender Sporen dagegen sich nicht oder kaum durch Theilung vermehren. Ein anderer Theil der Keimschläuche wächst, ohne mit Gonidien in Berührung zu treten, strahlenartig und sich hie und da verzweigend von der Spore aus in gerader Richtung fort: diese Hyphen entsprechen den auf normalem Substrat von der Spore direct in die Unterlage eindringenden Rhizinen, welche den Thallus mit den minera- lischen Nährstoffen versorgen. Liehenes: Culturversuche. 195 Da auf Objeetträgern derartige Culturen bei der Natur der Flechten leicht zu Grunde gehen, wurden andere Culturen auf mit Wasser ausge- kochtem und geschlemmtem Lehm angestellt, indem die ausgeschleuderten Sporen sammt anhaftenden Hymenialgonidien auf getrockneten aber noch feuchten Lehmplatten aufgefangen wurden. Die Keimung ging hier genau so, wie auf den Objectträgern, und die Bildung des jungen Thallus rasch von Statten. Die junge Thallusanlage ist gleich anfangs in einen ober- irdischen gonidienhaltigen und einen unterirdischen Theil gesondert. Ersterer, der eigentliche Thallus der Lichenologen, zeigt zuerst sehr einfachen Bau: das Innere bildet ein fast lückenloses Gemenge von Hyphen und Gonidien, welches nach aussen von einer einfachen, pseudoparenchymatischen Hyphen- lage abgeschlossen wird. Der unterirdische Theil, der Hypothallus der Lichenologen, entspringt zum Theil direct aus den Sporen, zum anderen Theile aus der Unterfläche des jungen Thallus. Er besteht aus farblosen, quergegliederten, vielfach verzweigten und anastomosirenden Hyphen, welche theils vereinzelt verlaufen, theils sich zu Strängen vereinigen, von denen einer schon früh alle anderen an Mächtigkeit zu übertreffen pflegt und sich zu dem starken, Endocarpon charakterisirenden, wurzelartigen Rhizinenstrange entwickelt. In dem oberirdischen, die Gonidien enthaltenden Theile kommt die Sonderung in Rinde, Mark und Gonidienschicht nur allmählich zu Stande. Erstere bildet sich aus der vorhin erwähnten einfachen Hyphenlage, welehe den jungen Thallus umschliesst, dadurch, dass deren Zellen sich ver- _ grössern und theilen, oder dass sie zu senkrecht auf der Thallusoberfläche stehenden Papillen auswachsen, die sich durch Querwände gliedern, durch Breitenzunahme mit einander vereinigen und so ein zusammenhängendes, mehrschiehtiges Gewebe bilden. Während dessen findet in dem Inneren des Thallus die Differenzirung in Mark und Gonidienschicht durch Lockerung des Hyphengeflechtes unter Bildung von Luftlücken statt, wobei die Goni- dien eine mittlere Lage zwischen Rinde und Mark einnehmen. Bald darauf erscheinen (4—6 Wochen nach der Sporenaussaat) im jungen Flechtenlager die ersten eiförmigen Spermogonien, die dem Thallus ganz eingesenkt sind, so dass sie äusserlich nur durch die zahlreichen vor dem Porus angehäuften Spermatien ihre Anwesenheit verrathen. Bald darauf treten auch die ersten Perithecienanlagen auf, zu deren völliger Ausbildung jedoch noch eine geraume Zeit erforderlich ist, so dass die ersten Sporen erst nach 4—5 Monaten heranreifen. Die weiteren Resultate der Culturen müssen in Stahl’s eitirter Abhandlung nachgesehen werden. Hier sei nur noch erwähnt, dass das mit Endocarpon an gleichen Standorten vorkommende Thelidium minutulum Xörb. in ähnlicher Weise aus den Sporen auf den Hymenialgonidien von Endocarpon cultivirt wurde und dass auch Poly- blastia rugulosa Massal. von Stahl aus Sporen mit den gleichzeitig aus- geschleuderten Hymenialgonidien (hier Stichococeus bacillaris Näg. — 8. 9) gezogen worden ist. Die von Stahl aus seinen sorgfältigen und umsichtigen Versuchen gefolgerten Resultate betreffs der Natur der Flechten müssen von jedem denkenden Forscher gebilligt werden und namentlich die an Thelidium „festgestellte Thatsache, dass ein Flechtenpilz mit Hülfe der einer anderen Species entnommenen Gonidien seinen Thallus aufbaut, widerlegt aufs ent- schiedenste die ältere Anschauung, nach welcher die Gonidien die assimiliren- den Organe der als einheitliche Organismen gedachten Flechten sein sollen. 13° 196 Lichenes: Soredien. Bevor wir uns nun der Betrachtung der Fruchtorgane der Flechten zuwenden, wollen wir der als Soredien bezeichneten ungeschlechtlichen Fortpflanzungsorgane derselben gedenken, da auch in diesen die Gonidien eine Hauptrolle spielen. Bei zahlreichen heteromeren Flechten findet man häufig auf der Oberfläche des Thallus, bald regellos zerstreut, bald nur an bestimmten Stellen, pulverige Massen, welche mit obigem Namen bezeichnet werden und die bei übermässigem Auftreten und gleichzeitigem Unterbleiben der Fruchtbildung oft eigenthümliche Formen bedingen, die man früher in der eigenen Gattung Variolaria beschrieb. Die Bildung dieser Soredien findet in der Gonidienzone statt und beginnt mit der Theilung eines Gonidiums und Umspinnung der Gonidien durch eine Hyphenhülle. Sitzt die entstan- dene Gonidiengruppe der ursprünglichen Stielzelle auf (Fig. 57, «), so sendet letztere in das Innere der Gonidiengruppe einen bis zwei Aeste, die sich Fig. 57. Usnea barbata Fr. Entwickelung der Soredien. a Eine Gruppe von acht Gonidien, welcher seitlich ein Hyphenstück anliegt, von welchem ein Seitenzweig zwischen die Gonidien hinein wächst. db Eine ähnliche Gruppe, in welcher die einge- drungene Hyphe sich bereits reich verzweigt hat. ce Ein ausgebildetes Soredium mit einer Gonidie im optischen Durchschnitte. d Ein Soredium, in welehem bereits wieder Theilung der Gonidie stattgefunden hat. e Keimendes Soredium, welches eben den aus bogig zusammenneigenden Hyphen bestehenden Scheitel des künftigen Thallus bildete. . f Keimendes Soredium etwas weiter entwickelt; die in e noch einzelne Go- nidie hat sich getheilt und ihre Tochterzellen rücken in den fortwachsenden Thallus- scheitel vor. Nach Schwendener. Vergr. 500—700. hier reichlich verzweigen, durch Querwände gliedern und ihre Aeste nach allen Richtungen gegen die Oberfläche der Gonidiengruppe senden (Fig. 57, b), auf der sie dann weiter wachsen und von wo aus sie oft wieder Zweige ins Innere treiben. Schliesslich wird jede Theilzelle der Gonidiengruppe von einem dichten, faserigen oder pseudoparenchymatischen Hyphengeflechte umwachsen (Fig. 57, e). Die umsponnenen Gonidien aber theilen sich inner- halb ihrer Hülle weiter (Fig. 57, d) und die Theilzellen erhalten wieder Faserhüllen, welche sie von der allgemeinen aus umwachsen. Durch diesen lange fortdauernden Process werden allmählich so grosse Soredienmassen unter der Rinde des Thallus angehäuft, dass diese dem dadurch ausgeübten Drucke bald nicht mehr widersteht, reisst und nun die Soredienhaufen auf die Oberfläche des Thallus gedrängt werden. Ein lockeres Fasergeflecht, aus einzelnen Hyphen der Soredienhüllen und auch wohl aus Markhyphen gebildet, hält die Massen in dem oft weit klaffenden Risse fest, lässt aber dennoch dieselben leicht in die einzelnen Soredien zerfallen. Auch jetzt noch und selbst nach Trennung und Ausstreuung der Haufen kaun die Ver- mehrung der. Soredien durch Theilung ihrer Gonidien und Bildung neuer Faserhüllen fortschreiten, so dass an feuchten, schattigen Orten oft grosse Mengen als die sogenannten Soredialanflüge angehäuft werden. Unter günstigen äusseren Verhältnissen entwickelt sich das Soredium zu einem Liehenes: Soredien, Apotheecien. 197 neuen Thallus, und manche Flechten, welche nur selten Schlauchfrüchte er- zeugen, vermehren sich bei der grossen Individuenzahl, in der sie auftreten, fast ausschliesslich in dieser Weise. Bei Physcia parietina und anderen Laubflechten entsteht der neue Thallus oft aus vielen neben einander ‘ liegenden und mit einander verschmelzenden Soredien, bei Usnea barbata dagegen aus einem einzelnen Soredium. Letzteres entwickelt auf seiner dem Substrate zugekehrten Seite aus seiner Hyphenhülle zerstreute Aeste, welche die junge Flechte an ihrer Unterlage befestigen. Auf der dem Substrate abgewendeten Seite hingegen erheben sich zahlreiche Hyphen zu einem dicht geschlossenen Bündel (Fig. 57, e), das ganz den Character einer fortwachsenden Astspitze dieser Flechte trägt (vgl. S. 179), in derselben Weise wächst und bald durch Theilung der Gonidien auch eine grössere Anzahl von Nährpflanzen erhält (Fig. 57, f). Letztere stehen zu den Hy- phen der wachsenden Flechte auch in diesem Falle in einem solchen Ver- hältnisse, dass die Hyphen stets über die letzten, vereinzelt liegenden Go- nidien des Thallus noch eine Strecke weit vorragen und das Längenwachs- thum des letzteren, sowie seine innere Differenzirung und die Astbildung (vgl. S. 180) ganz von dem Wachsthume der Hyphen abhängig sind, die sich vermehrenden Gonidien bei dem Wachsthume des Thallus passiv von diesem mitgenommen werden. Flechten wie Ephebe, Coenogonium u. a. zeigen in dieser Beziehung gerade das entgegengesetzte Verhalten; bei ihnen bestimmt die die Gonidien liefernde Alge Form und Wachsthumsweise des Thallus. Bei Ephebe z. B. (vgl. S. 184 und Fig. 54) wächst die äusserste Algenzelle, oder mit anderen Worten also das äusserste Gonidium als Scheitelzelle des Astes und die Hyphen folgen diesem Wachsthume und der Theilung der Gonidien in den allermeisten Fällen erst in geringer Entfernung. Auch die Seitenäste (Fig. 54, s) werden in der früher (S. 12) angegebenen Weise von der Alge gebildet und die Hyphen des Flechtenpilzes wachsen erst kurz nach Anlage dieser Aeste in dieselben vom Mutteraste aus hinein. — Schliesslich sind noch die bei Usnea auftretenden Soredialäste zu erwähnen, die da- durch entstehen, dass ein einzelnes, noch in dem Rindenrisse des Mutter- astes steckendes Soredium zu einem Thallus auswächst, der in der Rinde des Mutterthallus sitzen bleibt, dessen Markhyphen gleich denen der ge- wöhnlichen Aeste in das Mark des ersteren eindringen (S. 180), dessen Rinde aber nicht ununterbrochen in die des Stammes übergeht, sondern sich ihr nur anlegt. In seiner weiteren Ausbildung zeigt aber auch ein solcher Soredialast alle Eigenschaften des normalen Thalluszweiges. Bei den Gallertflechten werden die Soredien durch Auswüchse des Thallus ersetzt, welche Gonidien und Hyphen enthalten, sich vom Thallus loslösen und zu neuen Individuen heranwachsen. Wenden wir uns jetzt den Fruchtorganen der Flechten zu, so ist hier zuerst hervorzuheben, dass diese in allen wesentlichen Merkmalen genau den Fruchtkörpern der Ascomyceten (S. 131) gleichen. Die Sporen werden auch bei den Flechten als Schlauchsporen durch freie Zellbildung in meistens keulenförmigen, mit Paraphysen untermischten Sporenschläuchen (asci) erzeugt, welche in dem als Apothecium bekannten Fruchtbehälter stehen, der in seiner Form bald demjenigen der Scheibenpilze, bald dem der Kernpilze entspricht, und dessen Entstehung (mit Ausnahme der. Gattung Coenogonium) im Inneren des Thallus beginnt. ’ = 198 Liehenes: Apotheeien. Diejenigen Flechten, deren Apothecium dem der Discomyceten gleicht, werden als gymnocarpe Flechten bezeichnet. Das Apothecium ist hier meistens schüsselförmig, wie bei den Pezizen, bei Ascobolus und ähnlichen Gattungen; bei anderen nimmt es eine mehr gewölbte, kissen- und selbst kopfförmige Gestalt an, wie solche Formen auch unter den Scheibenpilzen vorkommen (Vibrissea — S. 172), und bei den Graphideen ist es länglich bis strichförmig, dem Fruchtkörper vieler Phacidiaceen (S. 170) entsprechend. Das reife Apotheeium sitzt bei den Laub- und Krustenflechten auf der Oberfläche des Thallus; bei den Strauchflechten steht es meistens auf den Rändern oder auf den Astspitzen desselben. Nach den älteren Angaben! ist die erste sichtbare Anlage des Apotheciums der gymnocarpen Flechten ein kleines, rundliches Knäuel ordnungslos verflochtener Hyphen, das bei den heteromeren Formen im unteren Theile der Gonidienzone, bei manchen Krustenflechten in dem tiefsten, dem Substrate angrenzenden Theile des Thallus, bei den Gallertflechten eine Strecke weit unter der Oberfläche des letzteren liegt. Von diesem Knäuel erhebt sich schon sehr früh ein dichtes Büsahel nach aussen gerichteter, zarter und verzweigter Fäden, die ersten Paraphysen bildend. Eine äusserste, verschieden dicke, nach oben offene Schicht solcher Fäden, welche in die Oberfläche des primären Knäuels ver- läuft, umgiebt als sogenanntes Excipulum das Paraphysenbüschel. Ein- schiebung neuer Paraphysenäste zwischen die bereits vorhandenen, Ver- grösserung der Oberfläche, respective des Umfanges des Exeipulums und Entstehung neuer Paraphysen auf der Innenfläche desselben, lassen das junge Apothecium im Durchmesser und in der Höhe stetig zunehmen, wobei das Wachsthum in der Mitte desselben früher vollendet ist, als am Um- fange, wo es oft noch lange fortdauert, nachdem das Apothecium bereits an die Oberfläche des Thallus getreten ist. Schon im jugendlichen Hyphen- knäuel und zwischen den ersten Anlagen der Paraphysen bemerkten die genannten Beobachter diekere, protoplasmareiche, querwandlose, aber zahl- reich verzweigte Hyphen, die sich von denen der Paraphysen auch noch dadurch unterscheiden, dass sich ihre Membran nach Einwirkung von Kali durch Jod blau färbt, während die übrigen Hyphen farblos bleiben. Diese als Schlauchfasern oder Schlauchhyphen bezeichneten Hyphen sind später nur in einer schmalen, der Oberfläche des Apotheciums parallelen Schicht, der Subhymenialschicht, sichtbar, in der sie sich mit dem Wachs- thume des Apotheciums centrifugal weiter ausbreiten. Von ihnen entspringen die Sporenschläuche (vgl. Fig. 59 und deren Erklärung), die auch hier, sammt den Paraphysen, das Hymenium bilden, und zwar entstehen die ersten Asci im Centrum des Apotheciums, so dass hier oft schon reife Sporen .vorhanden sind, wenn an seinem Rande noch junge Schläuche sich bilden. Einen genetischen Zusammenhang zwischen den Schlauchfasern und den übrigen Hyphen des Apotheciums konnten Schwendener und Füisting nicht entdecken; beide bildeten gesonderte, nur durch einander geflochtene Systeme. Die unter der Subhymenialschicht liegende Gewebemasse, deren Aeste schliesslich als Paraphysen im Hymenium endigen und welche häufig Schwendener, Ueber die Apothecia primitus aperta und die Entwicke- lungsgeschichte der Apothecien im Allgemeinen; Flora 1864. 8. 320. — Füisting, De nonnullis apothecii lichenum evolvendi rationibus; Dissert. inaugur. Berlin 1865. * “ = . Lichenes: Apothecien, Spermogonien. 199 vom Excipulum kaum unterscheidbar ist, wird von den Systematikern als Hypothecium bezeichnet. Durchbricht endlich das Apothecium die zuerst buckelartig emporgewölbte Rinde des Thallus, so dass das Hymenium frei liegt, so sterben in vielen Fällen die emporgehobenen Rindenlappen ab, werden abgeworfen und das Excipulum bildet den Rand des Apotheciuns, der vom übrigen Thallus verschieden ist, namentlich keine Gonidien besitzt. In der Systematik wird das Excipulum nun als Excipulum proprium be- zeichnet, das Apothecium als ein Apothecium leeidinum, weil derartige Apothecien in der Familie der Lecideaceen allgemein vorkommen. In an- deren Fällen wächst der das durchbrechende Apotheeium umgebende Thal- lusrand in Verbindung mit dem eigentlichen Exeipulum und an letzterem weiter empor, so dass die Aussenfläche des letzteren von einem aus Mark, Gonidienzone und Rinde gebildeten Thallusüberzuge bedeckt bleibt. Ein solches äusseres Exeipulum wird ein Excipulum thallodes genannt, das Apothecium ein Apothecium lecanorinum, weil die Familie der Lecano- reen typische Beispiele für dasselbe liefert. Die Apothecien anderer Flechten gleichen in jeder Beziehung den Perithecien der Kernpilze; sie werden sehr häufig auch direct als Peri- thecien bezeichnet, die betreffenden Flechten als angiocarpe Flechten von der vorigen Gruppe unterschieden. Die Entwickelungsgeschichte dieser Perithecien zeigt nach Füistings Mittheilungen ! eine grosse Aehnlichkeit mit derjenigen der Xylarien unter den Pyrenomyceten (S. 146). Nach vollständiger Ausbildung ragt in der Regel nur die canalartige (auch hier mit paraphysenartigen Haaren, den Periphysen, ausgekleidete) Mündung oder der Porus derselben über die Thallusoberfläche hervor; der ganze, das Hymenium umschliessende Bauchtheil bleibt dem Thallus eingesenkt. Neben den Schlauchfrüchten kommen auf dem Thallus fast sämmtlicher Flechten Spermogonien vor: kleine, kugelige oder flaschenförmige, ein- fächerige oder mehrkammerige Behälter, welche dem Thallus . eingesenkt sind (vgl. die Figuren bei Cetraria), nur mit ihrer papillenartigen Mündung über denselben vorragen, in ihrem Inneren auf dicht stehenden Basidien zahllose Spermatien erzeugen, überhaupt in allen Punkten mit den früher (S. 148) beschriebenen Spermogonien der Ascomyceten übereinstimmen. Sie gehen der Bildung der Apothecien vorauf, fast durchweg auf demselben Thallus; selten werden sie, wie bei Ephebe, auf besonderen apothecienlosen Individuen erzeugt. Bei der grossen Verbreitung dieser Organe unter den Flechten und der Constanz, mit der sie auftreten, sowie in Folge der bald erprobten Keimunfähigkeit, wurden sie seit Tulasne’s genauen Untersuchungen? fast allgemein als männliche Organe betrachtet, ohne dass versucht worden wäre, diese Hypothese experimentell festzustellen. Erst Stahl? hat bei den Collemaceen ihre Beziehung zu den Apothecien ermittelt und die Sperma- tien als die befruchtenden, den Spermatozoiden anderer Krypto- ! Füisting, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Lichenen; Bot. Zei- tung 1868. S. 641. Taf. 10. 2 Note 1 auf S. 175. ® Stahl, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Flechten: vorläufige Mit- theilung in Bot. Zeit. 1874. S. 177. Ueber die geschlechtliche Fortpflanzung der Collemaceen: Die ausführliche Abhandlung als 1. Heft seiner Beiträge zur Ent- wickelungsgesch. d. Flechten; Leipzig 1877. 200 Lichenes: Befruchtung. gamen entsprechenden Zellen erkannt. Aus der eitirten Abhandlung sollen hier nur die speciellen Untersuchungen an Collema microphyllum, so- wie die allgemeinen Resultate mitgetheilt werden. Der winzige, schmutzig, olivengrüne Thallus des an alten Weiden und Pappeln wachsenden Collema microphyllum ist oft so dicht mit Apo- thecien besetzt, dass nur die glatten Thallusränder frei bleiben, auf deren äussersten Lappen die Spermogonien schon unter der Lupe als lichte, röth- liche Punkte erkennbar sind. Von der Mitte des Thallus bis zu dessen Peripherie findet man alle Uebergangsstadien zwischen völlig ausgebildeten Apothecien und solchen, die als junge Anlagen kaum äusserlich erkennbar sind. Letztere treten auf Quer- schnitten des Thallus als eine aus eng ver- filzten Hyphen bestehende Hülle hervor, welche eine An- zahl weithöh- liger «Zellen umgiebt, die mehr oder we- niger deutlich eine spiralige Anordnung er- kennen lassen. Fig. 58. 4A Querschnitt aus dem Thallus von Collema mierophyllum: « Die In ihrer Nähe über die Thallusoberfläche vorragende Endzelle der Trichogyne; 9 Gonidien; > h Hyphen. (Vergr. 350). B Junges Carpogon von Collema pulposum (Vergr. 750). findet an als C Triehogynspitze von Collema mierophyllum mit Spermatien (Vergr. 750). noch Jungere D Trichogynspitze von Collema microphyllum mit einem Spermatium » welches Entwickelungs- bereits mit derselben verschmolzen ist (Vergr. 750). Nach Stahl. (Die Striche a B bei € und D deuten die Thallusoberfläche an. stufen die in . Figur 58 A ge- zeichneten Gebilde. Von einer sonst nicht weiter ausgezeichneten Hyphe des Thallus entspringt eine ziemlich starke, durch ihre gleichmässige Dicke auffallende Hyphe, deren unterster, aus durchschnittlich 12 Zellen gebildeter Theil 2!/,—3 Spiralwindungen zeigt, als deren unmittelbare Fortsetzung das etwa 12zellige Astende bald senkrecht, bald im welligen Verlaufe oder im weiten Bogen bis an die Thallusoberfläche geht und über diese ein Stück emporragt (Fig. 58 A, a). Dieser Apparat ist das weibliche Ge- schlechtsorgan oder Carpogon; der spiralig gewundene Theil des Astes ist das Ascogon, die Fortsetzung desselben das Empfängnissorgan oder die Triehogyne. Das Ende der letzteren ist entweder cylindrisch mit abge- rundeter, etwas verjüngter Spitze, oder dicht über der Austrittsstelle flaschen- förmig angeschwollen; manchmal ist es hier auch in zwei Aeste gespalten (Fig. 58 A, a). Die Bildung der Carpogone scheint sehr rasch zu erfolgen; Junge Anlagen, wie eine derselben in Figur 58 B gezeichnet ist, oder noch jüngere Entwickelungszustände sind nicht häufig, während man die Thallus- ränder manchmal dicht mit den über die Oberfläche vorragenden Tricho- Lichenes: Befruchtung. 201 syueenden besetzt findet. Die Ursprungsstelle der Carpogone ist durch- schnittlich in der Mitte der Thallusdicke zu suchen; die Trichogynäste richten sich stets gegen die Oberfläche des Thallus, und nie sine sie auf der reich mit Haftfasern versehenen Unterseite. des letzteren bemerkbar. Nur Thalluslappen, die senkrecht von der Unterlage abstehen, der Einwir- kung des Lichtes beiderseits gleichmässig ausgesetzt sind und keine Rhizoiden besitzen, zeigen gelegentlich auf beiden Flächen die Trichogyneenden. Anhaltend regnerische Witterung befördert die Carpogonbildung ungemein, und da die zwischen den Carpogonen, manchmal aber auch in anderen Re- sionen des Thallus oder gar auf anderen Lagern vorkommenden Spermo- gonien in Folge der in ihnen enthaltenen Gallerte ihre Spermatien auch nur bei Wasseraufnahme entleeren, so ist es begreiflich, dass durch die Regentropfen die Spermatien nicht nur auf dem erzeugenden Thallus ver- breitet werden, sondern auch auf benachbärte Lager gelangen, mit den unter denselben Umständen ausgewachsenen Trichogynespitzen in Berührung kommen und an deren kleberiger Oberfläche haften bleiben. Stahl fand daher auch nicht selten Triehogyneenden, die mit Spermatien (letztere in den verschiedensten Stellungen) in grösserer Anzahl bedeckt waren (Fig. 58 C), von denen einzelne sich selbst durch kräftige Eingriffe in das Präparat nicht entfernen liessen. Stahl fand ferner Präparate, in denen ein Sper- matium mit der Trichogyne durch einen kurzen Copulationsfortsatz (eine „Brücke“) verbunden war (Fig. 58 D). „Der Inhalt des Spermatiums schien in diesem Falle mit dem der Endzelle der Trichogyne in Verbindung zu stehen, die Brücke, nach der in der Mitte vorhandenen Einschnürung zu folgern, durch Bildung zweier, von beiden Zellen ausgehender Fortsätze zu Stande gekommen zu sein.“ Neben den freien Carpogonen finden sich auch, wie bereits (S. 200) erwähnt, solche, welclie von einem Hyphenknäuel umsponnen sind, dessen Fäden entschieden nicht von dem Ascogon entspringen, bei dessen Bildung vielmehr die dem Ascogon nahe stehenden Thallushyphen ziemlich allgemein betheiligt sind. In dieses Hyphengeflecht werden anfänglich auch einzelne Nostoeschnüre eingeschlossen, die indessen bald verkümmern und absterben. Die ersten Veränderungen, welche das Ascogon erleidet, bestehen in einer Grössenzunahme der Zellen, deren Zahl durch intercalare Querwände ver- mehrt wird. Gleichzeitig wachsen aus dem dichter werdenden Hyphenknäuel die ersten Paraphysen gegen die Thallusoberfläche hervor; ihre Zahl ver- mehrt sich fort und fort durch Einschiebung neuer Sprosse, so dass bald ein zur Thallusoberfläche senkrechtes System parallel verlaufender, querge- gliederter Hyphen entsteht, in dem man die Anlage des Hymeniums erkennt (Fig. 59). Mit der Umfangszunahme des jungen Apotheciums hält das As- cogon durch intercalares Wachsthum gleichen Schritt. Seine Zellenzahl nimmt zu, während Sprossungen vorläufig noch fehlen. Die Spiralwindungen rücken dann weiter auseinander und zwischen sie schieben sich Hyphen des Knäuels, von denen Paraphysen entspringen; beiderlei Hyphensysteme bleiben aber strenge von einander gesondert, was selbst noch in älteren Entwicke- lungszuständen, wie Figur 59 zeigt, leicht erkennbar ist. Hier besteht das Hymenium noch fast ausschliesslich aus Paraphysen, die schon jetzt die charakteristische Vergallertung ihrer Zellmembranen zeigen. Am Umfange dieses Hymeniums ist das pseudoparenchymatische Exipulum proprium (Fig.59, b) 202 Lichenes: Befruchtung. bereits entwickelt (vgl. S. 199) und, da das Apothecium sich schon bis zur Thallusoberfläche erhoben hat, von dem hier durchbrochenen Thallusgewebe (Fig. 59, a) als Excipulum thallodes umgeben. Seine Entstehung aus para- physenähnlichen Fäden ist noch an der reihenweisen Anordnung der Zellen erkennbar, die jedoch bald bei weiterem Wachsthum verwischt wird, wie auch das mehrschichtige Hypotheeium (Fig. 59, ec) vom Excipulum kaum unterscheidbar ist. Zwischen dem vorzugsweise erst aus Paraphysen be- stehenden Hymenium und dem Hypothecium liegt nun die vorwiegend aus ® 6) ©) 8 6) & 52 © © Fig. 59. Junges Apotheeium von Collema microphyllum. Zu äusserst wird dasselbe von dem aus Hyphen (Ak) und Gonidien (y) zusammengesetzten Excipulum thallodes («) umgeben, welches das aus pseudoparenchymatischen Gewehe bestehende Excjpulum proprium (5b) umfasst. Unten wird das Apothecium durch das mehrschichtige Hypothecium (c) abgeschlossen, über welchem man die aus unregelmässigen Zellen bestehenden Schlauchhyphen verlaufen sieht, von denen drei junge Schläuche entspringen. Die dicht gedrängten, gegliederten, das ganze Apothecium erfüllenden Fäden sind die Paraphysen. Vergr. 530. Nach Stahl. den ascogenen Hyphen bestehende Subhymenialschicht. Ihre durch Quer- wände gegliederten, Schlauchfasern zeigen einen geschlängelten Verlauf und sehr ungleiche Weite der einzelnen Zellen (Fig. 59, die hell gelassenen Zellenfäden zwischen den unteren Enden der Paraphysen), deren Inhalt das gleiche homogene, höchstens feinkörnige Protoplasma ist, welches das Asco- son besass, aus dem die Schlauchhyphen hervorgingen. Die charakteristische Blaufärbung der letzteren mit Jod (S. 198) tritt erst mit Bildung der Sporenschläuche auf. Diese entstehen als Aussackungen der ascogenen Hy- phen, denen sie fast unmittelbar aufsitzen oder mit denen sie durch einen längeren Stiel in Verbindung stehen (Fig. 59). Unter der Querwand, welche den einzelnen Ascus von seinem Mutteraste abgrenzt, können von letzterem Seitenzweige entspringen, deren Enden wieder zu Schläuchen werden. „Die Asci sind also Zweige erster und höherer Ordnung des Ascogons und es greift somit die von Schwendener ! nachgewiesene Sonderung von Schläuchen und Paraphysen bildenden Fasern bis in die erste Anlage zurück: Die Asci ı Vgl. 8. 198. Lichenes: Befruchtung. 205 und folglich die Sporen sind Producte der Weiterentwickelung des Ascogons. Die übrigen Bestandtheile des Apotheciums verdanken ihre Entstehung einem Vegetationsprocess, welcher an den dem Ascogon zunächst gelegenen Hyphen stattfindet.“ In den unmittelbar auf die Gopulation folgenden Entwickelungsstadien erleidet die Trichogyne eine Reihe eigenthümlicher Veränderungen. Ihre über die Thallusfläche vorragende Endzelle findet man zunächst verschrumpft und mit abgestorbenem Inhalte, dann nur noch als ein nach der Seite um- sefallenes, formloses Klümpchen als Fortsetzung des im Thallus eingeschlos- senen Fadens. Letzterer verdickt seine Querwände, so dass sie dicken, stark lichtbrechenden Knoten gleichen, die durch dünnere, meist convex Zu- sammengesunkene, den einzelnen Zellen der Trichogyne entsprechende Stellen ° getrennt sind, deren Inhalt durch nun braune Färbung des stark lichtbre- chenden Protoplasmas scharf gegen die Knoten absticht. In Folge dieser eigenthümlichen Umwandlung der Trichogyne ist dieselbe auch im jungen Apothecium stets noch leicht zu erkennen. Die von Stahl an anderen Arten der Gattung Collema, an Synecho- blastus, Leptogium, Physma u. s. w. angestellten Beobachtungen müssen hier übergangen werden. Auch heteromere Flechten (Parmelia und Endocarpon) wurden von demselben untersucht und es ist nach den hier nur kurzen Angaben Stahl’s „gar nicht schwierig — namentlich bei reichlich fructifi- eirenden Lagern der Parmelia stellaris — über den jüngsten Apothecium- anlagen die äusserst zarten Trichogynspitzen zu finden; auch gelang es an einzelnen günstigen Präparaten die Continuität zwischen diesen Fortsätzen und den durch ihren reichlichen Plasmagehalt ausgezeichneten Ascogonen nachzuweisen.“ Es mögen nun noch die von Stahl gezogenen Schlüsse wörtlich mitgetheilt werden: 1. „Schon die Betrachtung des Baues der fertigen Carpogone führt zu der Annahme, dass diese Gebilde Organe sind, die zu ihrer Weiterentwickelung einer von aussen her wirkenden Anregung bedürfen. Die Function des basalen Carpogontheiles, welchen ich Ascogon genannt habe, liegt klar vor Augen: aus ihm bildet sich das System der Schlauchhyphen, welches den Aseis und somit den Sporen den Ursprung giebt. Wenn nun die Weiter- entwickelung des Ascogons zu den Schlauchhyphen ohne eine Einwirkung von aussen zu Stande kommen sollte, so wäre das Vorhandensein des Fa- dens, welcher constant die Fortsetzung des Ascogons bildet und weder bei der Ascus- noch bei der Hüllenbildung betheiligt ist, geradezu unbegreif- lich. In der That ist derselbe nicht etwa als ein rein vegetativer Fortsatz des Ascogons zu betrachten: von den übrigen ihn hie und da kreuzenden Thallusfäden ist er durch charakteristische Merkmale scharf ausgezeichnet. Seine gleichmässige Dicke, der Umstand ferner, dass er nie Verästelungen oder Anastomosen bildet, wie dies so häufig bei den vegetativen Fäden ge- schieht, lassen ihn unmöglich mit diesen verwechseln. Vor Allem aber ist er ausgezeichnet durch seinen Verlauf. DBeständig erreicht er die Thallus- oberfläche, durchbricht sie, um sich über dieselbe als ein kleiner Fortsatz zu erheben. Ist dies geschehen, so stellt er sein Spitzenwachsthum ein. Diese eigenartige Erscheinung weist entschieden darauf hin, dass dieses Organ, das Trichogyn, dazu bestimmt ist, das in die Mitte des Thallus ein- gesenkte Ascogon mit der Aussenwelt in Verbindung zu setzen.“ 204 Liehenes: Befruchtung, - 2. „Durch seine kleberige Oberflächenbeschaffenheit ist das Trichogyne- ende in ganz auffallendem Maasse geeignet, kleine Körperchen festzuhalten, wie denn auch die Spermatien mit grosser Zähigkeit an demselben haften. Die beobachtete Verbindung von Spermatium und Trichogyn durch eine Anastomose kann, nach Analogie der bei den Florideen ! stattfindenden Vor- gänge, als ein. Copulationsact aufgefasst werden.“ 3. „Die Veränderungen im Trichogyn und die Weiterentwickelung des Ascogons sind zwei einander stets begleitende Erscheinungen. Bei Physma compactum wurde beobachtet, dass die . Diekenzunahme der Trichogyn- querwände den weiteren Wachsthumserscheinungen am Ascogon vorangeht. Dieser Process beginnt in der zur Endzelle gehöremden Querwand, um sich - von hier aus successive bis zu dem Ascogon fortzusetzen, welches von diesen Veränderungen zwar unberührt bleibt, wohl aber zu einer erneueten, mit der Ascus- und Sporenbildung abschliessenden Vegetation angeregt wird. Die Aufeinanderfolge dieser Erscheinungen ist eine so beständige, dass wir annehmen können, dieselben seien durch einen Causalnexus verknüpft. — Der Umstand ferner, dass die erwähnten Veränderungen des Trichogyns immer von dessen Endzelle ihren Ausgang nehmen, deutet darauf hin, dass der Anstoss hierzu in Kräften zu suchen ist, welche, von den Spermatien ausgehend, auf das freie Trichogyneende einwirken.“ 4. „Für die Bedeutung der Spermatien als befruchtende Körper spricht ausserdem die Thatsache, dass in den meisten Fällen das Ausbleiben der Weiterentwickelung der Carpogone mit einer mangelhaften Ausbildung der Spermogonien und in Folge dessen mit dem Fehlen der Spermatien zu- sammenfällt.“* „Zu den hier angeführten Gründen, die sich aus den in dieser Ab- handlung mitgetheilten Beobachtungen ergeben, kommen die von Tulasne, Nylander u. a. gemachten Erwägungen über die Bedeutung der Spermatien, welche dieselben aus den gegenseitigen Beziehungen von Apothecien und Spermogonien abgeleitet hatten. Das Verhalten dieser letzteren findet, so- wohl wie die bei der Apothecienanlage stattfindenden Vorgänge eine einfache Erklärung in der Annahme einer Sexualität mit hoch differenzirtem Be- fruchtungsvorgang: „Die in geschlossenen Behältern durch Abschnürung er- zeugten, bewegungslosen, männlichen Zellen, die Spermatien, ge- langen passiv durch Vermittelung des Wassers zu den weiblichen Geschlechtsorganen. Diese letzteren sind in drei nach ihrer Function verschiedene Theile gegliedert: in ein einzelliges Con- ceptionsorgan, welches den männlichen Stoff aufnimmt, in einen mehrzelligen Leitungsschlauch, welcher die befruchtende Ein- wirkung vermittelt und in ebenfalls mehrzelliges Ascogon, wel- ches, auf diesem Wege befruchtet, die Sporenbildung übernimmt.“ Es bleiben uns nur noch einige allgemeine Bemerkungen über das reife Apothecium, sowie dessen Sporen und ihre Keimung übrig. Die Oberfläche des Hymeniums hat meistens eine eigenthümliche, von der Farbe des Thallus ! Vgl. Seite 114; .Batrachospermum ete.; dann S. 119: Lemanea. Vgl. ferner die Abschnitte über Fruchtentwickelung der Pyrenomyceten (8. 139, 142 und 145) und Discomyceten, namentlich Ascobolus (S. 167, 168). Liehenes: Sporen ete., Wachsthum. 205 verschiedene Färbung, die in der Regel von den gefärbten Spitzen der Paraphysen herrührt. Alle Theile des Apotheciums sind lückenlos mit ein- ander verbunden, die Membranen der Hyphen dick und gallertartig, so dass auf Durchschnitten die Höhlungen, namentlich der Paraphysen, oft einer anscheinend structurlosen, massigen, durchscheinenden Gallerte eingebettet erscheinen. Wässerige Jodlösung färbt die Sporenschläuche und die Schlauch- hyphen in der Regel intensiv blau. Auch das Hypothecium nimmt oft an dieser Färbung Antheil, die Paraphysen bleiben jedoch stets farblos. Bil- dung der Sporen, Anzahl und Bau derselben und ihre Entleerung aus den Schläuchen sind in keinem wesentlichen Punkte gegenüber den übrigen As- comyceten verschieden. Die in zahlreichen systematischen Werken verbrei- tete Körber’sche Lehre vom Baue der Sporen ist zum grossen Theile un- richtig, zum anderen Theile überflüssig, überhaupt ist, wie De Bary treffend bemerkt, von den Flechtensporen keine Erscheinung bekannt, welche sich nicht an der Hand der elementarsten Lehrsätze von Zellbildung, Zelltheilung und Membranverdiekung leicht verstehen liesse. Die Keimung der meisten Flechtensporen erfolgt in der auch bei den übrigen Ascomyceten leicht zu beobachtenden, bereits bei verschiedenen Gelegenheiten erwähnten Weise. Nur einige Gattungen (Pertusaria, Ochrolechia und Megalospora) zeigen ab- weichende Erscheinungen, welche uns De Bary! specieller geschildert hat. Die Sporen dieser Flechten sind ungemein gross, einzellig, oval oder ellip- tisch, dicht mit Oeltropfen erfüllt und mit derber, oft vielschichtiger, farb- loser Membran versehen. Jede treibt beim Keimen zahlreiche (bis 100) schlanke Keimschläuche, die bei Pertusaria nur von der dem Substrate zu- gekehrten, bei den anderen beiden Gattungen von der ganzen Oberfläche entspringen. Ihre Entstehung beginnt „mit dem Auftreten eines engen, von dem Innenraume der Spore senkrecht zur Oberfläche gerichteten Porencanales in den inneren Membranschichten (Endosporium); dieser ist, so weit irgend erkennbar, eine Neubildung, nicht etwa eine Erweiterung eines von Anfang an vorhandenen. Innerhalb der äusseren Membranschichten und auf Kosten dieser dehnt sich das Ende des Canales zu einem linsenförmigen oder kuge- ligen Hohlraum aus, in welchem sich homogenes Protoplasma ansammelt und welcher alsbald mit einer eigenen, sehr zarten Membran umgeben erscheint, als ein Bläschen, das sich nach aussen zu dem Keimschlauche verlängert und das Episporium durchbohrt. In dem Maasse, als die Keimschläuche wachsen, vermindert sich der Sporeninhalt.“ Auf das Verhältniss der Keimschläuche zu den Algen als Wirthpflanzen hier noch einmal einzugehen, ist überflüssig. Wir würden doch wieder zu dem Schlusse gezwungen werden, dass die Flechten nur ein Glied in der Gruppe der Aseomyceten sind, durch ihren eigenthümlichen Parasitismus allein als Unterordnung oder Ordnung characterisirt, im Uebrigen aber zum Theil den Discomyceten (gymnocarpe Flechten), zum Theil den Pyreno- imyceten (angiocarpe Flechten) einzureihen. R Mit Ausnahme weniger, auf zeitweise überflutheten Steinen an und in Bächen wachsenden Arten sind die Flechten perennirende Landpflanzen mit sehr langsamem Wachsthum. Nach den Messungen G. F. W. Meyer’s ver- ı De Bary, Ueber die Keimung einiger grosssporiger Flechten; Jahrb. f. ‚ wissenschaftl. Botan. V. 201. Taf. 17—19. 206 Lichenes: Wachsthum, Vorkommen ete. grösserte sich der Thallus der gemeinen gelben Wandflechte (Physcia parie- tina) in 6 Jahren an geschütztem Standorte um 5—6 Linien, an der Wet- terseite um 12—14 Linien Durchmesser, Lecidella sabuletorum auf festem Quarzsandstein in 4!/, Jahren sogar nur um 2 Liniem und Aspieilia cinerea an gleichem Standorte auch nur um 11, —2 Linien, so dass bei der Grösse mancher Flechtenlager diese verhältnissmässig ein sehr hohes Alter haben müssen. Dass während dieses langsamen Wachsthums der Flechtenthallus in der trockenen Jahreszeit bis zur Pulverisirbarkeit wieder- holt austrocknen kann, ohne seine Lebensfähigkeit zu verlieren, ist bekannt; bei Regenwetter und im Herbste saugt derselbe begierig wieder Wasser ein und setzt sein Wachsthum fort. Was die geographische Verbreitung der Flechten, deren Artenzahl von Nylander auf ca. 1400 (darunter 650 europäische, ca. 500 deutsche) ge- schätzt wurde, betrifft, so gehören dieselben zu den wenigen über die ganze Erde verbreiteten Pflanzengruppen, die sowohl noch in der Nähe der Schnee- grenze der Hochgebirge mit den Laubmoosen zusammen die letzten Vorposten pflanzlichen Lebens bilden, als auch in den höchsten arktischen Regionen als characteristischer Bestandtheil der Flora erscheinen. In letzteren treten sie als Erdlichenen oft gesellig in ungeheurer Individuenzahl auf, die Li- chenentundra bildend, die namentlich im arktischen Amerika ihre vorzüg- lichste Ausbildung erhält, aber auch noch auf den alpinen Fjelden Scandi- naviens in der Nähe der Schneelinie wiederkehrt. Nach Grisebach vegetiren in beiden Fällen diese Erdlichenen auf dem sandigen Verwitterungsproduct granitischer Felsmassen, und ihre herrschenden Arten gehören .den drei Gattungen Cetraria, Cladonia und Evernia an, deren Gesammtbild hier nach der mannigfachen aber matten Färbung, dem aufrechten, oft reichlich ver- zweigten Thallus und der Grösse, die 1—2 Zoll zu erreichen pflegt, mit keiner anderen Pflanzenform vergleichbar ist. Die häufigsten Farben der betreffenden Gattungen sind Braun bis in’s Schwarze, Grau oder Gelblich- weiss und der Boden zeigt diese Färbungen schon aus der Ferne. Nach der Art der Verzweigung sind auf den Tundren gleichzeitig mehrere Typen unterscheidbar, die den physiognomischen Character ihrer Standorte bestim- men: die Form der Rennthierflechten, aus vielfach verästelten, starren Fäden gebildet, die an ihren sparrigen Enden sich verschlingen (Cladonia rangi- ferina, grau: — Evernia ochroleuca, gelblich grau — Cetraria aculeata, kastanienbraun — Cetraria tristis, schwarz); die der Cladonien, einfacher und derber gebaut (Cladonia uncialis, weisslich grau) und die der isländi- schen Flechten, die in blattartig erweiterte, am Rande der Fläche leicht gekräuselte Zweige auslaufen (Cetraria islandica, braun — Üetraria nivalis, gelblich weiss). In geringerem Maasse lässt sich ein derartiger Einfluss der Flechten auf den Vegetationscharacter grosser Strecken selbst in unseren Breiten erkennen, wenn wir an das gesellige Auftreten z. B. mancher Cla- donien (Cladonia rangiferina) auf unseren deutschen Haiden denken. Während in der arktischen Zone fast nur auf der Erde und Gestein lebende Flechten auftreten, erscheinen in der gemässigten mit dem Baum- leben auch zahlreiche Rinden bewohnende Formen, und in der heissen Zone sind die letzteren wohl die herrschenden. Manche Arten haben einen ver- hältnissmässig engen Verbreitungsbezirk, andere sind wahre Kosmopoliten (Cladonia rangiferina, Usnea barbata, Lecanora subfusca etc... Von den Lichenes: Vorkommen, Systematik. 207 felsbewohnenden Flechten binden sich viele strenge an eine bestimmte geo- snostische Unterlage, an deren Verwitterungsprocess sie theils durch Feucht- haltung des Gesteines, theils durch das Einwachsen ihrer Haftorgane (S. 182), theils durch stattfindende Ausscheidung von Kohlensäure einen nicht zu unterschätzenden Antheil haben. Manche Arten kommen sowohl auf Steinen, als auch auf Rinde vor (Physcia parietina z. B.); von den auf Rinde wach- senden Formen leben viele auch auf todt&m Holze, während die hypophlö- odischen Flechten (S. 192) nur auf lebenden Bäumen gedeihen. Auf altem Leder, Knochen, Glas, eisernen Gittern u. s. w. lebende Flechten sind nur zufällige Erscheinungen, ! dagegen finden sich einzelne Arten (z. B. Tromera resinae Mass.) constant auf Fichtenharz. Endlich kommt es vor, dass namentlich in alpinen Regionen der alternde Thallus grösserer, der Erde auf- liegender Laubflechten von jüngern Flechten gewissermaassen pseudoparasi- tisch überwuchert wird, weit seltener selbst fremde Apothecien von sonst mit eigenem Thallus versehenen Arten vereinzelt auf dem Thallus steinbe- wohnender Krustenflechten gefunden worden sind. Diese letzteren Fälle dürfen aber nicht mit solchen verwechselt werden, in denen echte, eines eigenen Thallus entbehrende Schmarotzer auf Flechten vorkommen. Solche Parasiten, früher als Pseudolichenen beschrieben, werden jetzt nicht mehr unter den Flechten aufgeführt, sondern den übrigen Unterordnungen der Ascomyceten eingereiht. ? Unter den vielen Flechtensystemen verdient das neuerdings von Fries? auf- gestellte besonders hervorgehoben zu werden. Dasselbe umfasst 6 Gruppen: I. Arehilichenes: gonidiis contento chlorophylloideo (thallochloro) laete viridi repletis, membrana crassiuscula firmulaque einctis, divisione gonidii primarii subirregulari demum in glomerulis subrotundatis junctis. II. Selerolichenes: gonidiis contento luteo-viridi, fulvo vel rufescente (aetate decolorante) refertis, membrana crassiuscula firmulaque praeditis, in series ra- mosas eoncatenatis, nova gonidia progemmatione procreantibus. III. Phyeolichenes: gonidiis normaliter contento glaucescente (phycochromate) tinctis et simpliei serie moniliformiter junctis, membranis fere indistinetis in- structis. IV. Gloeolichenes: gonidiis glaucovirescentibus, membrana crassa subeelatinosa involutis, divisione repetito-dichotoma sese multiplicantibus. V. Nematolichenes: gonidiis elongatis, simplici serie in filamenta confervoidea, contento viridia connatis, divisione cellulae terminalis transversali propagatis, extus hyphis undique circumtextis. VI. Byssolichenes: gonidiis glaucescentibus et membrana gelatinosa crassiuscula circumdatis, omnibus in vagina firmula elongata inclusis, stratose suprapositis, stratis primum (raro persistenter) unicellularibus, dein divisione transversali longitudinalique 2-multicellularibus. Fries stützt also sein Flechtensystem ausschliesslich auf die Gonidien, die sich, die entsprechenden Alsennamen an ihre Stelle” gesetzt, also in folgender Weise vertheilen: Archilichenes: Palmellaceen — Sclerolichenes: Chroole- pideen — Phyceolichenes: Nostocaceen — Gloeolichenes: Chroococcaceen — Nematolichenes: Confervaceen — Byssolichenes: Sirosiphoneen, Scytone- maceen, Rivulariaceen. Vergleiche hier Seite 188. ! Arnold, Die Lichenen des fränkischen Jura. Nachträge; Flora 1875. S. 524. ®? Man vergleiche in Bezug auf die letzteren Vorkommnisse: Arnold, Liche- nologische Fragmente XVI; Flora 1874. S. 81. — Winter, Lichenologische Noti- zen. II. Flora 1877. °> Fries, Lichenographia Scandinavica. I. 208 Lichenes: System. Dass diese Classification viele Schwierigkeiten bieten wird und manchmal na- türliche Verwandtschaften zerreissen, liest nach dem früher Gesagten (8. 189) auf der Hand und ist auch schon von Schwendener (Gonidienfrage, S. 22) hervorgehoben worden. In der folgenden Uebersicht der wichtigsten Familien der Flechten sollen daher vorläufig auch noch die bis jetzt von den Lichenologen benutzten unter- scheidenden Charaktere in erster Linie stehen. I. Thallus nicht gallertartig, homöomer, algenartig-strauchig, d. h. von Hyphen überzogene Fadenalgen darstellend: Liehenes byssacei. Familie Byssacei. II. Thallus gallertartig, homöomer, meistens laubartig, selten strauchartig: Lichenes gelatinosi (Collemaceae). A. Angiocarpe Formen (Pyrenomyceten). 1. Thallus strauchartig: Lichinaceae. 2. Thallus laubartig, mit zelliger Rinde: Obryzeae. 3. Thallus körnig-krustig: Porocypheae. B. Gymnocarpe Formen (Discomyceten). 1. Thallus krustig, ohne Protothallus (S. 182): 2 Gas 2. Thallus laubartig, ohne Protothallus. a. Gonidien einzeln, paarweise oder in kleinen rundlichen Gruppen: Ömphalarieae. b. Gonidien perlschnurförmig an einander gereiht. «. Thallus ohne Rindenschicht: Collemaceae. ß. Thallus mit zelliger Rinde: Leptogieae. 3. Thallus auf einem Protothallus aus korallenähnlichen, faserigen Schüpp- chen gebildet: Leothecieae. III. Thallus nicht gallertartig, heteromer, selten homöomer (bei den hypophlöodi- schen Graphideen und einigen Verrucarieen). A. Angiocarpe Formen (Pyrenomyceten): Liehenes angiocarpi. 1. Thallus krustig. a. Thallus zusammenhängend krustig. a. Apothecien (Perithecien) ohne eigenes Gehäuse, einer Thallus- warze einzeln oder zu mehreren eingesenkt: Pertusarieae. ß. Apothecien mit eigener, meist schwarzer Wand: Verrucarieae. b. Thallus fast laubartig-schuppig, aber mit der ganzen Unterfläche fest aufgewachsen: Dacampieae. 2. Thallus laubartig: Endocarpeae. 3. Thallus strauchig: Sphaerophoreae. B. Gymnocarpe Formen (Discomyceten): Liehenes gymnocarpi. 1. Apothecien meist länglich, gebogen strichförmig oder fast sternförmig. Thallus krustenförmig, homöomer, meistens hypophlöodisch: Graphi- deae. 2. Apothecien schüssel-, schild- oder kopfförmig. Thallus heteromer. a. Thallus krustenförmieg. «. Apothecien gestielt, die Stiele ohne Gonidien. >< Apothecien mit Exeipulum proprium (S. 199); Sporen durch Zerfallen der Schläuche frei werdend: Calycieae. ><> Apothecien ohne Exeipulum proprium. Sporen in ge- wöhnlicher Weise frei werdend: Baeomyceae. ?. Apothecien sitzend oder dem Thallus eingedrückt. > Apotheecien mit Exeipulum proprium, von Anfang an often: Lecideae. ><>x Apothecien mit Excipulum thallodes und durch dieses in der Jugend geschlossen: Lecanoreae. b. Thallus laubartig. Lichenes: System. Byssacei. 209 x. Apothecien schild- oder schüsselförmig, mit der ganzen Unter- Fr seite dem Thallus angewachsen. >< Apothecien mit Exeipulum proprium: Umbilicarieae. ><>< Apothecien mit Exeipulum thallodes: Parmeliaceae. 3. Apothecien einseitig-schildförmig, mit dem äusseren Rande dem Thallus angewachsen: Peltideaceae. c. Thallus strauchartig. «@. Apothecien mit flacher, selten schwach convexer Scheibe. Thallus von Anfang an strauchig. > Thallus bandartig flach: Ramalineae. >>< Thallus ceylindrisch oder wenig zusammengedrückt. 0 Apothecien schildförmig gestielt: Usneaceae. 00 Apothecien auf- oder eingewachsen: Roccelleae. ?. Apothecien mit convexer, fast kopfartiger Scheibe. Thallus zuerst laubartig und kleinschuppig oder fast krustenförmig; a wg erst später entspringen aus ihm die fructificirenden strauch- artigen Aeste (Podetien): Cladoniaceae. I. Gruppe. Lichenes byssacei. 99. Familie. Byssacei. Thallus nicht gallertartig, strauchartig und meist reich verästelt, von algen- artigem oder filzigem Aussehen, homöomer, die Hyphen die die Gonidien bildenden Fadenalgen in oberflächlicher Schicht überziehend oder in deren Gallerthülle wachsend. 1. Coenogonium Ehrbg.‘ Gonidien aus Cladophora-Fäden bestehend, die von den farblosen Flechtenpilzhyphen umsponnen und zu einem flachen, fächer- förmigen Thallus verfilzt sind. Apothecien seitlich an den Fäden an stärker von Hyphen bedeckten Stellen, gymnocarp, schüsselförmig, gelbroth bis hell rothbraun. In schattigen Tropenwäldern an abgestorbenen Baumästen wachsende, conferven- artige, lebhaft bis gelblich grüne Flechten (S. 185). — C. Linkii Ehrbg. Mittel- und Südamerika. 2. Cystocoleus Thwait. Wie vorige Gattung, aber die Hyphen dunkelbraun und zu 5—6 die Gonidienreihen lückenlos umwachsend. Früchte unbekannt. — C. rupestris Thwait. An Felsen dicht polsterförmige, schwarze Räschen bildend. Deutschland. 3. Ephebe Fr.2 Gonidien von Sirosiphon-Fäden gebildet, daher in älteren Theilen mehrreihig; die Pilzhyphen in der geschichteten Gallertscheide derselben über und zwischen den Gonidien wachsend (8. 184, Fig. 54). Apothecien angio- carp, verdiekten Thalluszweigen eingesenkt, ihr eingeschlossener Theil farblos. Sporen ein- oder zweizellig. Spermogonien auf besonderen, apothecienlosen Pflan- zen. — E. pubescens Fr. Thallus sehr ästig, schwarzgrüne, filzige Rasen an feuchten Felsen bildend. Gebirge Deutschlands. 4. Ephebella Itzigs. Gonidien von Scytonema-Fäden ($. 12) gebildet, daher stets einreihig; die farblosen Hyphen nur in der Scheide des Fadens wachsend. Früchte unbekannt. — E. Hegetschweileri Itzigs. Schwarzbraune, weiche Räs- chen bildend. Schweiz. 1 Schwendener, Ueber die Entwickelung der Apothecien von Coenogonium; Flora 1862. Karsten, Das Geschlechtsleben d. Pflanzen u. d. Parthenogenesis. Berlin 1860. S. 42. Taf. 2. 2 Schwendener, Ueber Ephebe pubescens; Flora 1863. — Bornet, Recher- ches sur la structure de l’Ephebe pubescens, suivies de remarques sur la synony- mie de cette plante; Ann. d. sc. nat. ser. 3. vol. XVII. 155. Tab. 7. Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 14 210 Byssacei. Liehenaceae. Obryzeae. Porocypheae. Psorotichieae. Omphalarieae. 5. Thermutis Fr. Von Ephebe durch die sitzenden, gymnocarpen Apothe- cien verschieden. — Th. pannosa Fr. Schwarze, tuchartig verwebte, nieder- liegende Rasen an Felsen. Deutschland, Schweden. % II. Gruppe. Lichenes gelatinosi (Collemaceae). Thallus gallertartig, homöomer, meist laubartig, selten strauch- oder krusten- förmig. 100. Familie Lichinaceae. Thallus strauchartig, mit zelliger Rinde und stark entwickeltem Marke mit äusserer Gonidienzone und zerstreut im Inneren auftretenden Gonidienreihen der Algengattung Rivularia (S. 186). Apothecien angiocarp, endständig, kugelig, mit einem Excipulum thallodes. Sporen zu S in den Schläuchen, einzellig, Spermo- gonien neben den Apothecien. Kleine, dunkelfarbige, nach Art kleiner Seealgen an vom Wasser bespülten Felsen der Meeresküste wachsende Flechten. Lichina Ag. Die beiden europäischen Arten, L. pygmaea Ag. und L. confinis Ag., an fast allen Meeresküsten häufig. 2 101. Familie. Obryzeae. Thallus laubartig, lappig, mit zelliger Rinde und perlschnurartigen Gonidien (Nostoc). Apothecien angiocarp, in Warzen des Thallus eingesenkt, mit punkt- .förmigem Porus. Sporen zu 6—8 in den Schläuchen, kahnförmig, 2zellig. Auf der Erde wachsende Flechten. Obryzum Wallr. — OÖ. corniculatäm Wallr. Thallus bräunlich. Apothe- cien klein, zerstreut. 102. Familie. Porocypheae. Thallus körnig-krustig, ohne Rinde, mit perlschnurförmig geordneten Goni- dien. Apothecien wie bei voriger Familie. Sporen zu 8 in den Schläuchen, ei- förmig, einzellig. Felsbewohnende Flechten. Porocyphus Körb. — P. cataractarum Körb. Thallus schwarz. Auf Stein- blöcken an Flussufern. 103. Familie. Psorotichieae. Thallus krustig. Gonidien einzeln oder perlschnurförmig. Apothecien gym- nocarp. Steinbewohnende Formen. 1. Enchylium Mass. Apothecium mit Excipulum thallodes. Sporen zu vielen in den Schläuchen, ellipsoidisch, einzellig. — E. affine Mass. Graubraun oder schwärzlich. An-Kalk- und Dolomitfelsen. 2. Psorotichia Mass. Apothecium zuerst mit Excipulum thaliodes, später nur mit dem Excipulum proprium. Sporen zu 8 in den Schläuchen, eiförmig, ein- zellig.. An Steinen und Felsen. — Ps. Arnoldiana Hepp. 3. Sarcosagium Mass. Apothecium nur mit Excipulum proprium. Sporen wie bei Enchylium. — 8. biatorellum Mass. Olivenbraun; auf nackter Erde. 4. Micarea Fr. Apothecium halbkugelig oder kugelig, ohne Excipulum. Sporen zu 8 in den Schläuchen. — M. prasina F'r. Schwarzgrün; an faulem Na- delholz im Riesengebirge. 104. Familie. Omphalarieae. Thallus laubig oder krustig, mit zelliger Rinde. Gonidien einzeln, paarweise oder in kleinen Gruppen liegende Chroococcaceenzellen. Apothecium gymnocarp, mit Excipulum thallodes.. An Felsen, namentlich auf Kalk. Omphalarieae. Collemaceae. Leptogieae. Lecothecieae. Pertusarieae. am! 1. Synalissa Fr. Sporen zu vielen in den Schläuchen, eiförmig, einzellig. — 8. ramulosa Körb. Thallus zerschlitzt, kleinblätterig, schwarz; Süddeutschland. 2. Thyrea Mass. (Omphalaria Nyl.) Sporen zu 8 in den Schläuchen, sonst wie vorige Gattung. — Th. pulvinata Körb. 105. Familie. Collemaceae. Thallus meist laub-, seltener strauchartig, ohne Rinde, mit perlschnurförmigen Gonidienketten (Nostoc). Apothecien gymnocarp, mit Excipulum thallodes. Auf der Erde, an Felsen und Baumstämmen wachsende Flechten. 1. Physma Mass. (Lempholemma Körb.) Sporen einzellig, — Ph. com- pactum Körb. Mit dickem, unregelmässig faltig gelapptem, fast nostocartigem, schwarzgrünem Thallus; die kleinen Apothecien fast ganz im Thallus verborgen. An Felsen und auf der Erde in Gebirgsgegenden. 2. Synechoblastus 7revis. Sporen schmal, vierzellig, die Zellen in einer Reihe liegend. — 8. flaceidus Körb. Thallus häutig, kleinblätterig, faltig, schwarz- oder olivengrün. In Gebirgsgegenden, meist an feuchten Felsen. 3. Collema Hoffm. Sporen breit, vielzellig, die Zellen in mehreren Reihen neben einander (S. 190, 200). — C. glaucescens Hoffm. Thallus zarthäutig, klein- blätterig, lappig, dunkel lauchgrün, mit ziemlich grossen, blass braunrothen Apo- thecien; Sporen gross, zu 4 im Schlauche. Auf thonigem Waldboden. — C. pul- posum Ach. Thallus ziemlich dick, lappig, kleinblätterig, mit mittelgrossen, rothbraunen Apotheeien. Auf feuchter Erde, Felsen, Mauern. — C. microphyl- lum Ach. Thallus sehr kleinschuppig, fast krustig. An alten Bäumen. 106. Familie. Leptogieae. Von voriger Familie durch die zellige Rinde des Thallus verschieden. 1. Leptogium Fr. Thallus laubartig, unterseits kahl. Apothecium mit Excipulum proprium und thallodes. Sporen ellipsoidisch, 4- bis vielzellig. — L. lacerum Körb. Thallus hautartig, zerschlitzt, vielblätterig, bleigrau bis bräunlich, mit kleinen, blassbraunen Apothecien. Zwischen Moosen. 2. Mallotium Fw. Thallus laubartig, unterseits behaart. Apothecium mit Excipulum thallodes. Sporen ellipsoidisch, 4- bis vielzellig. — M. tomentosum Körb. In Gebirgsgegenden an alten Bäumen. 3. Polychidium Ach. Thallus strauchartig. Sporen nachenförmig, 2zellig. — P. muscicolum Körb. Dichotom ästig, mit endständigen Apothecien, schwarz- braun. Zwischen Moosen auf der Erde. 107. Familie. Lecothecieae. Von allen Familien durch den schwammig-faserigen Protothallus verschieden, auf dem der aus korallenähnlichen, krustigen Schüppchen gebildete Thallus ent- springt. Apothecien gymnocarp, nur mit Excipulum proprium. Auf Steinen. Lecothecium Trevis. Sporen ellipsoidisch, 2- bis 4zellig, farblos. — L. corallinoides Körb. Thallus schwarzbraun. III. Gruppe. Lichenes angiocarpi. Thallus strauch-, laub- oder krustenförmig und heteromer, selten krustig und homöomer (einige Verrucarieen), nie gallertartig. Apothecien als kugelige, den Perithecien der Kernpilze gleiche Gehäuse mit eingeschlossenem Hymenium und canalartiger Mündung, en Thallus meist eingesenkt, selten oberflächlich. 108. Familie. Pertusarieae. Thallus gleichmässig krustenförmig. Apothecien einzeln oder zu mehreren in Thalluswarzen eingesenkt und ohne deutliches eigenes Excipulum. Baumrinden und Steine bewohnend. 14* 212 ß Pertusarieae. Verrucarieae. 1. Pertusaria DC. Sporen zu 1—2 oder 4—6 in den Schläuchen, sehr gross, ellipsoidisch, einzellig (8. 205). — P. communis DC. Thallus häutig-knor- pelig, grünlichweiss oder grauweiss, warzig, die Warzen kugelig, meist mit meh- reren Apothecien. Auf Rinde von Laubhölzern gemein. Ist an schattigen Orten meist steril und mit Massen von Soredien bedeckt, die dem Thallus ein weiss- mehliges Aussehen geben. Diese Form wurde früher als Variolaria communis Ach., V. orbiculata Ach. und V. amara Ach. beschrieben und sammt der Hauptform gegen Wechselfieber empfohlen. 2. Microglaena Körb. Sporen zu 6—8 in den Schläuchen, mauerförmig- vielzellig. — M. Wallrothiana Körb. An Baumrinden. 3. Belonia Körb. Sporen zu 4—6 in den Schläuchen, sehr lang nadelförmig, vielzellig. — B. russula Körb. An Basaltfelsen, selten. 4. Telomphale Fw. Sporen zahlreich in den Schläuchen, sehr klein, elli- psoidisch, 2zellig. — T. Laureri Fw. Auf feuchten Haiden und Mooren, selten. 109. Familie. Verrucarieae. Thallus gleichmässig krustenförmig. Apothecium mit eigenem, meist schwar- zem Excipulum, in der Regel nur als dunkele Warze aus dem Thallus vorragend, mit punktförmigem Porus, selten sich strahlig sternförmig öffnend. Auf Gestein und auf Baumrinden, im letzteren Falle oft hypophlöodisch. 1. Limboria Ach. Excipulum sich sternförmig öffnend. Sporen vielzellig, cochenilleförmig. — L. ecirrhosa Körb. Auf Granit und Sandstein. 2. Segestrella Fr. Apothecien vereinzelt auf dem Thallus, mit Excipulum thallodes und E. proprium, sich mit punktförmigem Porus öffnend. Sporen zu 8 in den Schläuchen, farblos, spindelförmig, 4—vielzellig. — S. umbonata Körb. An Felsen in Gebirgen, zerstreut. 3. Verrucaria Wigg. Apothecien einzeln im Thallus, eingesenkt oder vor- ragend, nur mit Excipulum proprium, mit punktförmigem Porus und ohne deutliche Paraphysen. Sporen zu 6—8 in den Schläuchen, eiförmig bis elliptisch, einzellig, farblos. Auf Steinen. — V. rupestris Schrad. Thallus weiss oder grau, mar- morartig, mit schwarzem Protothallus. Apothecien flaschenförmig, in Thalluswarzen mehr oder weniger eingesenkt. An Kalk- und Dolomitfelsen häufig. — V. fusco- atra Körb. Thallus schwarzbraun, ritzig gefeldert, die Apothecien ganz eingesenkt. Vorzüglich auf Kalk, aber auch auf Mauern und Ziegeldächern; häufig. — V muralis Ach. Thallus weisslich, ritzig gefeldert, ohne Protothallus, mit halb- kugelig vorragenden, matt schwarzen Apothecien. Auf Kalksteinen, alten Mauern, Ziegeln; häufig. 4. Polyblastia Mass. Sporen ellipsoidisch, mauerförmig vielzellig, blass gefärbt; sonst wie Verrucaria. — P. umbrina Wint. An Felsen, selten. 5. Thrombium Wallr. Von Verrucaria durch deutliche Paraphysen ver- schieden. — Th. epigaeum Wallr. Thallus grünlich, trocken schorfig-staubig, feucht fast gallertartig.. Auf thonigem Boden häufig. 6. Pyrenula Ach. Paraphysen vorhanden. Sporen 4zellig, läuse- oder co- chenilleförmig, braun; sonst wie Verrucaria. — P. nitida Schrad. Thallus grau- grün oder olivenfarbig, glänzend, mit halbkugelig vortretenden Apothecien. An alten Bäumen, namentlich Buchen, häufig. 7. Sagedia Ach. Apothecien oberflächlich; Sporen spindelförmig, 4—8zellig, farblos; Paraphysen vorhanden. Gestein und Baumrinden bewohnende Flechten. — S. macularis Körb. Thallus olivengrün bis braun, sehr dünn. An schattigen Felsen. 8. Acrocordia Mass. Sporen ellipsoidisch, 2zellig, farblos; sonst wie Sa- gedia. Meist auf Baumrinden. — A. gemmata Körb. Thallus weissgrau, mit glänzend schwarzen, halbkugeligen Apothecien. Auf der Rinde alter Laubhölzer, vorzüglich an Eichen und Weiden. 9. Arthopyrenia Mass. Apothecien mit Excipulum proprium, halb einge- senkt, ohne Paraphysen. Sporen keilförmig und 2zellig, oder puppenförmig und % Verruearieae. Dacampieae. Endocarpeae. Sphaerophoreae. Graphideae. 213 4—8zellig, farblos. Glatte Baumrinden bewohnende, hypophlöodische Flechten, die oft nur an den kleinen, schwarzen, punktförmigen Apothecien auf der Rinde erkennbar sind. — A. analepta Körb. mit 2zelligen und A. Persoonii Mass. mit 4—8zelligen Sporen an Laubbäumen gemein. 110. Familie. Dacampieae. Thallus aus schuppigen, fast laubartigen Blättchen gebildet, aber mit der ganzen Unterfläche fest aufgewachsen, daher krustenförmig, meist mit schwarzem Protothallus. Apothecien kugelig, meistens dem Thallus eingesenkt. 1. Dacampia Mass. Apothecien im Thallus. Sporen cochenilleförmig, 4zellig, braun. — D. Hookeri Körb. Auf Kalkstein in den Alpen. 2. Catopyrenium Fw. Apothecien aus dem Protothallus entspringend. Sporen fast eiförmig, einzellig, fast farblos. — C. cinereum Körb. Auf nackter Erde in Gebirgsgegenden. 111. Familie. Endocarpeae. Thallus laubartig, beiderseits berindet, in der Mitte dem Substrate schild- förmig durch einen starken Rhizinenstrang angeheftet, einblätterig oder dach- ziegelig-vielblätterig. Apothecien sehr klein, punktförmig, dem Thallus eingesenkt. Endocarpon Hedw. Charakter der Familie (S. 194). — E. miniatum Ach. Thallus fast einblätterig, manchmal lappig zerschlitzt bis gebuchtet, knorpelig- lederartig, röthlichgrau, unterseits schwärzlich. Trockene Felsen in Gebirgsgegen- den, häufig. i 112. Familie. Sphaerophoreae. Thallus strauchartig, mit etwas zusammengedrückten oder eylindrischen Aesten. Apothecien endständig, dem Thallus eingesenkt, kugelig, durch Zerreissen des Exeipulum thallodes sich öffnend. Sporen kugelig, einzellig, schwarz. Spermo- gonien in den Aesten als schwarze Pünktchen. Sphaerophorus Pers. Charakter der Familie. — S. coralloides Pers. Thallus korallenartig, bis 8 Centim. hoch, weiss oder bräunlich, sehr ästig, die Aeste cylindrisch, gespreizt. In den Gebirgsgegenden Deutschlands oft ganze Felsen mit dichtem Rasen bedeckend, aber sehr häufig nur steril. IV. Gruppe. Lichenes gymnocarpi. Thallus strauch-, laub- oder krustenförmig und heteromer, oder krustig und homöomer (Graphideen), nie gallertartig. Apothecien meistens schild- oder schüs- selförmig, selten convex oder kopfförmig, stets mit frei liegendem Hymenium und in den allermeisten Fällen dem Thallus oberflächlich aufsitzend. Umfangreichste, den Discomyceten entsprechende Gruppe der Flechten, welche zugleich die an- sehnlichsten und für den Menschen wichtigsten Arten enthält. 113. Familie. Graphideae. Thallus krustenförmig, meist hypophlöodisch in den äussersten Periderm- schichten der Rinde lebender Bäume, die dadurch an den betreffenden Stellen gewöhnlich eine andere Färbung erhält, selten auf Gestein, homöomer; die Goni- dien von der Algengattung Chroolepus gebildet, ihr Zelleninhalt entweder gelbgrün und in der Mitte mit einer Anzahl rothgelber oder rothbrauner Oeltropfen, oder letztere die Zellhöhlung fast ganz erfüllend (Chrysogonidien der älteren Systema- tiker). Apothecien dem Thallus eingewachsen, in der Regel länglich strichförmig, gerade oder gebogen, oder auch mehr oder weniger sternförmig, wie schwarze Schriftzüge auf dem meist helleren Thallus erscheinend (Schriftflechten), an die Fruchtkörper mancher Phacidiaceen (S. 170) erinnernd. — (S. 192.) 214 Graphideae. Calyeieae. 1. Graphis Adans. Apotheecien lirellenförmig, gewöhnlich verzweigt, hiero- glyphenähnlich, selten bei geringer Länge mehr oval, mit deutlich entwickeltem, hornartigem, vom Thallus berandeten, über dem IHymenium sich lippenartig öff- nenden Excipulum. Sporen farblos oder schwach gefärbt, vielzellig, lang oder dick spindelförmig (raupenförmig). Die meisten Formen tropisch,. — G. seripta L. Thallus weisslich oder blass grau, ausgebreitet, anfangs hypophlöodisch, später hervortretend, die Apothecien schwarz, mit grau oder bläulich bereifter Scheibe. An den verschiedensten Bäumen, gemein. 2. Opegrapha Humb. Apothecien lirellenförmig bis unregelmässig rundlich, einfach oder verzweigt, mit deutlichem, über der Scheibe sich lippenartig öffnen- dem Excipulum, vom Thallus nicht berandet. Sporen mehrzellig, schlank oder dick spindelförmig. Die meisten Arten tropisch (manche auf offieinellen Rinden). — O. atra Pers. Thallus weisslich oder grau, zuletzt aus der Rinde hervortretend; Apothecien schlank lirellenförmig, oft sternförmig gruppirt, schwarz, fast glänzend. Meistens an Laubbäumen, an Nadelhölzern selten. Gemein. — OÖ. herpetica Ach. Thallus grau, röthlich oder bräunlich; Apothecien meist sehr klein, mehr elliptisch. An den verschiedensten Bäumen, häufig. — O. zonata Körb. Thallus dünn, weinsteinartig, weisslich oder röthlichbraun, oft dicht mit Soredien bedeckt. Apo- thecien rundlich, schwarz, selten erscheinend. An schattigen Felswänden der Ge- birge oft grosse Flächen überziehend. 3. Lecanactis Eschw. Von Opegrapha vorzüglich durch die rundlich-poly- gonalen, stets bereiften Apothecien und die oft mehr nadelförmigen Sporen ver- schieden. — L. biformis Fk. Thallus oberflächlich, milchweiss, rissig. An alten Eichen. 4. Arthonia Ach. Apothecien ohne eigentliches Exeipulum, dem Thallus eingewachsen, flach, die dunkele, von Anfang an frei liegende Scheibe lirellen- förmig und ästig, oder strahlig sternförmig, oder eckig. Sporen puppenförmig, 4zellig (selten 2- oder 6zellig) farblos. Meist auf Rinden, selten auf Steinen. — A. vulgaris Körb. Thallus anfangs hypophlöodisch, später als dünne, weisslich- graue Kruste hervortretend, mit rundlich-eckigen, fast sternförmigen, dichtstehenden, nicht bereiften Apothecien. Sporen 4—6 zellig.. Auf der Rinde der verschieden- sten Bäume gemein. — A. epipasta Ach. Thallus hypophlöodisch, auf der Rinde weissliche, graue oder braune Flecken bildend, mit zerstreuten, linealisch - ver- längerten und gebogenen, nicht bereiften Apothecien. Sporen 2zellig. Auf fast allen glattrindigen Laubbäumen gemein. — (S. 192.) 5. Xylographa Fr. Apothecien ohne Exeipulum, wachsartig weich, dem Thallus eingewachsen, elliptisch, gerade oder lirellenartig gebogen. Sporen eiför- mig, einzellig, farblos. — X. parallela Fr. Apothecien schwarzbraun, meist parallel. An entrindeten Baumstämmen, häufig. < 114. Familie. Calyecieae. Thallus krustenförmig, mit der Unterlage fest verwachsen. Apothecien ge- stielt, selten sitzend, kreiselförmig, birnförmig oder kugelig, meist mit einem deut- lichen, vom oberen, kelchartigen Theile des Stieles (dem verlängerten, nur aus Hyphen bestehenden Hypothecium) gebildeten Exeipulum proprium. Sporen durch Zerfallen der Schläuche frei werdend und sich auf der Oberfläche des Hymeniums zu einer staubigen Masse ansammelnd. Auf Baumrinden, altem Holze und Steinen wachsende Flechten mit meistens staubartigem, oft fast verschwindendem Thallus, so dass sie dann wegen ihrer eigenthümlichen Apothecien an Pilze erinnern (My- cetopsorae oder Pilzflechten Rabenhorst’s — Arten von Mucor bei Linne). 1. Acolium De Not. Apothecien napfförmig bis verkehrt kegelförmig, stiel- los, schwarz, mit schwarzem Excipulum. Sporen bisquitförmig, 2zellig. — A. ti- gillare De Not. Thallus eitronengelb oder grüngelb, körnig gefeldet. An alten Bretterwänden, auf Rinde von Nadelhölzern, verbreitet. 2. Calycium Pers. Apothecien mehr oder weniger kreiselförmig, schwarz oder braun, meist weisslich. oder gelb bereift, mit schwarzem Stiele und gleichem Excipulum. Sonst wie vorige Gattung. — C. pusillum Fk. Thallus grau oder weisslich, verschwindend. Apothecien sehr klein, schwarz, nicht bereift. An Rinden Caiyeieae. Baeomyceae. Lecideae. 215 (Weiden, Pappeln) und alten faulenden Hölzern. — C. adspersum Ach. Thallus weisslichgrau, verschwindend; Apothecien fast linsenförmig, schwarz, in der Jugend grüngelb bereift. Vorzüglich an alten Eichen und Tannen. 3. Cyphelium De Not. Wie vorige Gattung, aber die Schläuche von An- fang an undeutlich und die Sporen einzellig und braun. — CO. chrysocephalum Turn. Thallus eitronengelb oder grünlichgelb, grobkörnig. Apothecien gelbgrün bereift. Namentlich auf Rinde von Nadelhölzern häufig. — C. trichiale Ach. Thallus erünlichgrau, körmnig bis schuppig. Apothecien bleigrau bereift. Auf Baumrinden häufig. 4. Coniocybe Ach. Von voriger Gattung durch die kugeligen Apothecien mit fast fehlendem Exeipulum und durch die gelblichen Sporen verschieden. — C. furfuracea Körb. Thallus feinkörnig, schwefelgelb. Apothecien fast schwarz, anfänglich wie der lange schwarze Stiel schwefelgelb bereift. In Rissen der Baumrinden, auf Baumwurzeln und Erde, an Felswänden, häufig. 115. Familie. Baeomyceae. . Thallus krustenförmig. Apothecien kopfförmig, ohne eigentliches Exeipulum, gestielt, der Stiel (das verlängerte Hypothecium) aus Hyphen ohne Gonidien ge- bildet. Sporen aus den Schläuchen auf gewöhnliche Weise entleert. Auf Steinen und der Erde lebend. 1. Baeomyces Pers. Apothecien hohl, anfangs mit fiockigem, schleierartigem Ueberzuge, mit wachsartigem, fleisch- oder rosenrothem Hymenium. — B. roseus Pers. Mit. warzigem, grauem, trocken weissem Thallus, weisslichem Protothallus und kurzen, dicken Stielen. Auf Haideboden oft in grosser Menge, die gestielten Apo- thecien kleinen Hutpilzen nicht unähnlich. 2. Sphyridium Fw. Der vorigen Gattung habituell ähnlich, aber die Apo- theeien nicht hohl, mit gallertartigem, kopf- bis schildförmigem, röthlichem Hy- menium. — S. byssoides Fr. Auf feuchtem Boden und Gestein, namentlich in Gebirgswäldern. 116. Familie. Lecideae. Thallus krustenförmig, oft mit bleibendem Protothallus. Apothecien von An- fang an offen, schild- oder schüsselförmig, sitzend oder dem Thallus eingedrückt, nur mit Exeipulum proprium. A. Psorinae. Thallus ganz oder nur am Rande aus schuppenartigen Blättchen gebildet. 1. Psora Hall. Thallus ganz aus schuppenartigen Blättchen gebildet. Sporen eiförmig, einzellig, farblos. — P. ostreata Hoffm. Thallus grünlich- oder bläu- lichgrau oder graubraun, mit dachziegeligen, aufsteigenden, fast nierenförmigen, unterseits staubigen Schuppen; Protothallus weiss; Apothecien schwarz. Am Grunde alter Bäume und auf Wurzeln, häufig. 2. Thalloidima Mass. Thallus kleinschuppig, runzelig oder buckelig- bis blasig-faltie. Sporen fast stabförmig, zweizellig, farblos. — T. vesiculare Mass. Thallus aus blasigen Schüppchen gebildet, bläulichgrau, weisslich oder bläulich bereift, mit schwarzem Protothallus. Auf Kalkboden häufig. B. Thallus nicht aus Schüppchen gebildet, gleichmässig krustig oder höchstens ritzig gefeldert. a. Biaforinae. Hymenium meist farbig, selten schwarz. Exei- pulum fehlend, oder heller als das Hymenium. 3. Biatora Fr. Thallus gleichförmig krustig. Apothecien mit wachsartigem oder fleischigem, gefärbtem Fxeipulum, später das gefärbte Hymenium oft halb- kugelig oder kugelig gewölbt und dann fast ungerandet. Sporen zu.6—8 in jedem Schlauche, eiförmig, einzellig, farblos. Zahlreiche Arten an Felsen, auf Baumrinden oder auch auf der Erde. — B. uliginosa Fr. 'Thallus kleinkörnig, braun oder braunischwarz. Apotheeien rothbraun, später dunkeler und unberandet. Auf Moor- boden. — B. rupestris Körb. Thallus sehr dünn, weisslich oder aschgrau; Apo- 216 Leeideae. Lecanoreae. thecien wachsgelb, später bräunlich und randlos. Kalkfelsen. — B. vernalis Körb. Thallus sehr dünn, körnig, weiss oder grauweiss; Apothecien gelb oder röthlichbraun, später ungerandet. Auf nackter Erde und zwischen abgestorbenen Moospolstern. 4. Biatorina Mass. Wie Biatora, aber Sporen oblong bis stabförmig, 2zellig, farblos. Meist weissliche, weissgraue oder grüngraue Arten mit fleischfarbigen, gelben oder bräunlichen Apothecien. — B. cyrtella Körb. Thallus sehr dünn, weissgrau; Apothecien zuerst blass und dann dunkeler röthlichbraun. Auf Rinde von Laubbäumen. 5. Biatorella De Not. Wie Biatora, aber ohne Excipulum und die Sporen zahlreich in jedem Schlauche und sehr klein. Auf der Erde wachsend. — B. germanica Mass. Selten. 6. Bilimbia De Not. Apothecium mit oder ohne Excipulum. Sporen na- chen- bis fingerförmig, einreihig 4- bis vielzellig. Sonst wie Biatora. Meist auf Rinden. — B. sphaeroides Körb. Thallus sehr dünn, körnig, weisslichgrün, mit weissen, gelben oder bräunlichen Apothecien. An alten Bäumen, zwischen Moosen ete. Häufig. 7. Bacidia De Not. Apothecien anfangs vom Thallus umrandet; Sporen stab- bis nadelförmig, gerade oder gekrümmt; sonst wie Bilimbia. — B. rubella Mass. Thallus dünn, körnig, weisslich oder graugrün, mit kleinen, gelbröthlichen, später rothbraunen Apothecien. Auf der Rinde vieler Laubhölzer, häufig. b. Leeidinae. Hymenium schwarz. Excipulum stets vorhanden. 8. Lecidea Ach. Thallus gleichmässig krustig, mit schwarzem Protothallus. Apothecien mit schwarzem Exeipulum und schwarzem Hypothecium. Sporen zu 6—8 im Schlauche, elliptisch oder eiförmig, einzellig, farblos. Auf Steinen. — L. crustulata Körb. Kruste sehr dünn, bisweilen gefeldert, grauweisslich. Apo- thecien klein, sitzend, flach, glänzend, kahl. Häufig. — L. fumosa Körb. Thallus gefeldert, braun oder olivenbraun, glänzend, die Felder flach oder leicht gewölbt. | Apothecien bläulich oder grau bereift, später nackt. Häufig. 9. Lecidella Körb. Hypothecium blass, weich und fleischig; sonst wie Le- cidea. Auf Steinen und Rinden. — L. enteroleuca Körb. Thallus dünn, an- fänglich zusammenhängend, später ritzig-gefeldert, grau, grüngrau oder schmutzig geibgrün; Apothecien flach gewölbt, schwarz, kahl. Auf altem Holze und auf Baumrinden, gemein. — L. pruinosa Körb. Thallus sehr dünn, weisslich, grau- bläulich oder rostbraun; Apothecien oft eckig, mit bläulich bereiftem Hymenium. Auf granitischen Gesteinen häufig. 10. Buällia De Not. Von Lecidea durch die bisquitförmigen, 2zelligen, braunen Sporen verschieden. — B. parasema De Not. Thallus sehr dünn, weiss- lich oder aschgrau, in der Regel vom schwarzen Protothallus mehr oder weniger umrandet. Apothecien gross, flach oder leicht gewölbt, tiefschwarz. Auf Rinden und altem Holze, gemein. — B. punctata Körb. Protothallus weisslich; Apothe- cien sehr klein, dicht gedrängt; sonst wie vorige und eben so gemein an gleichen Standorten. 11. Rhizocarpon Ram. Von Lecidea durch die im reifen Zustande mauer- förmig-vielzelligen, braunen Sporen verschieden. Auf Steinen. — R. geogra- phicum Körb. Thallus gefeldert, grünlichgelb, auf einem schwarzen, zwischen den Feldern durchscheinenden Protothallus, dem zwischen den Feldern die schwar- zen Apothecien (mit flachem, nacktem Hymenium) entspringen. An Felsen und Steinen in Gebirgen oft grosse Flächen überziehend. 117. Familie. Lecanoreae. Thallus gleichmässig krustenförmig oder schuppig-blätterig, manchmal mit bleibendem Protothallus. Apothecien schild-, schüssel- oder krugförmig, sitzend oder dem T'hallus eingedrückt, mit Excipulum thallodes und durch dasselbe in der Jugend geschlossen. A. Urceolarinae. Thallus gleichförmig krustig. Apothecien mehr oder weniger krugförmig. Lecanoreae. DR 1. Urceolaria Ach. Apothecien einzeln dem Thallus eingesenkt, der Mark- schicht aufsitzend, sich kreisförmig öffnend, mit dunkelem Hymenium, vollständigem Exeipulum thallodes und kohligem Excipulum proprium. Sporen cochenilleförmig, mauerförmig-vielzellig, bei der Reife braun. — U. scruposa Ach. Thallus wein- steinartig, warzig, weisslich oder grau, mit weissem Protothallus.. An Felsen, manchmal auch auf Moosen, häufig. 2. Gyalecta Ach. Apothecien einzeln dem Thallus und dessen Gonidien- zone aufsitzend, sich kreisförmig öffnend, mit hellem Hymenium, das Exceipulum thallodes beim Oeffnen verschwindend; sonst wie Urceolaria. — G. cupularis Schaer. Thallus sehr dünn, weisslich oder röthlichgrau; Apothecien röthlich oder gelbroth. Auf Gestein, Holz und Moos. 3. Secoliga Norm. Von Gyalecta vorzüglich durch die spindelförmigen, einreihig 4—8zelligen Sporen verschieden. —,S. abstrusa Körb. Thallus sehr dünn, grünlichgrau; Apothecien mit röthlichem Hymenium. Auf Baumrinde (Hasel, Weide, Linde, Ahorn). 4. Thelotrema Ach. Apothecien mit Exeipulum thallodes und einem am Rande unregelmässig zerschlitzten Excipulum proprium. Hymenium schwarz. Sporen länglich elliptisch, 2—3 reihig vielzellig. — Th. lepadinum Ach. Thallus ziemlich glatt, weisslich, grünlichgrau oder bräunlich, mit kurz kegelförmig vor- ragenden Apothecien. Auf Rinde, besonders von Tanne und Fichte; häufig. 5. Aspieilia Mass. Sporen eiförmig-rundlich, einzellig, fast farblos; sonst wie Urceolaria. — A. calcarea Körb. Thallus feinrissig, weiss, mit weisslichem Protothallus. Auf Kalkgestein; verbreitet. B. Lecanorinae. Thallus gleichförmig krustig. Apothecien schild- \ förmig. 6. Lecanora Ach. Apothecien der Gonidienzone des Thallus aufsitzend, nur mit einem Excipulum thallodes versehen. Sporen eiförmig, klein, einzellig, farblos. — L. subfusca Ach. Thallus dünn, weisslich, mit weisslichem Protothallus. Apotheeien mit ganzem Rande und braunem bis schwarzbraunem, nicht bereiftem Hymenium. Auf Baumrinde, Steinen etc. gemein. — L. Hageni Ach. Vorzüglich (durch die kleineren Apothecien mit gekerbtem Rande und blaugrau bereiftem Hy- menium von voriger Art verschieden. Baumrinde, Steine etc.; gemein. — L. pal- lida Schreb. Apothecien mit blass fleischfarbener, weisslich bereifter Scheibe. Auf Rinden gemein. — L. varia Ach. Thallus warzig-körnig, grüngelb oder stroh- gelb, mit weissem Prötothallus und gelblichen Apothecien. An altem Holze (Bret- terwänden ete.) gemein. — L. esculenta Eversm. (Lichen esculentus Pall., Chlorangium esculentum Lk., Sphaerothallia esculenta N. ab Esenb., Chlorangium Jussufi Müll., Mannaflechte). Thallus knollenartig, auf der Oberfläche uneben, warzig bis korallenartig ausgewachsen, weisslich, grau oder grünlichgrau, mit zahl- reichen, fast netzartigen Rissen; Apothecien krugförmig vertieft, dem Thallus ein- gesenkt, mit 3—4sporigen Schläuchen. Diese in ihrem Habitus von den übrigen Arten der Gattung abweichende, 1769 von Pallas in den Kirgisensteppen entdeckte Art wächst in den Steppengebieten Centralasiens, Kleinasiens, der Krimm und in Nordafrika (Sahara). Ursprünglich auf der Erde festgewachsen, wird sie durch Stürme und Regen losgerissen und in grossen Mengen vom Winde oft weit fort- geführt, wobei sie gewöhnlich in rundliche Stücke von Erbsengrösse bis 2 Centim. Durchmesser zerbricht. Ihre dann oft massenhafte Ansammlung an einzelnen Orten, namentlich in Thälern, gab zur Sage vom „Mannaregen“ Veranlassung. Sie ist essbar, wird von den Tartaren als „Erdbrod‘“ gesammelt und zu Brod ver- backen und lieferte vielleicht zum Theil die Manna der Israeliten. 7. Öchrolechia Mass. Von Lecanora durch die sehr grossen, gelblichen oder grünlichen Sporen verschieden. — O. tartarea Körb. (Lecanora tartarea Ach., Parmelia tartarea Ach., Weinsteinflechte, schwedische Lackmusflechte — Abbild. Nees v. Esenb. Plantae mediein. Taf. 7.) Thallus körnig-warzig, wein- steinartig krustig, auf der Oberfläche oft rissig, weiss oder graulichweiss; Apothe- cien zerstreut, mit zuletzt flachem, bräunlichem Hymenium und dickem, weissem, zuletzt gebogenem Rande. Vorzüglich an Felsen und Steinen, aber auch auf der Erde und an Bäumen. Hauptsächlich im nördlichen Europa heimisch und nament- lich von Schweden aus in grosser Menge nach England und Holland gebracht, 218 Lecanoreae. Umbiliearieae. wo sie zur Darstellung des als Orseille (Orseille de terre) bekannten rothen Farbstoffes (vgl. Husemann, Pflanzenstoffe S. 1058) dient, der als weiche und feuchte Masse unter dem Namen Orseille en päte, getrocknet und gemahlen als Per- sio oder Cudbear in den Handel kommt und in der Wollen- und Seidenfär- berei verwendet wird. Ebenso wird Lackmus aus ihr gewonnen (Husem. Pflanzen- stoffe S. 1058). — O. parella Mass. (Lecanora parella Ach., Parmelia parella Schaer., Ochrolechia pallescens Körb., Parelleflechte.) .Thallus schorfig-warzig, rissig, gefeldert, weisslich oder grünlichgrau; Apothecien gedrängt, mit flachem, blass fleischfarbenem, weisslich bereiftem Hymenium und dickem, wulstigem Rande. An Baumstämmen, Felsen und auf der Erde in ganz Europa, namentlich in Ge- birgsgegenden. Dient in Frankreich zur Gewinnung der Erdorseille oder Or- seille von Auvergne. 8. Zeora Fr; Von Lecanora,durch das dunkelfarbige Excipulum proprium innerhalb des Exeipulum thallodes unterschieden. — Z. sordida Körb. Thallus weinsteinartig, ritzig gefeldert, weisslich oder grauweisslich, mit weissem Proto- thallus; Apothecien mit schmutzig gelbem, braunem oder schwarzem Hymenium. An Felsen, gemein. 9, Haematomma Mass. Apothecien wie bei Zeora. Sporen nadelförmig, einreihig 4- bis 'vielzellig.. — H. ventosum Mass. Thallus weinsteinartig, dick, warzig gefeldert, gelb bis gelbgrün, mit weissem Protothallus; Apothecien blutroth, mit meist verbogenem Rande. An Felsblöcken in Gebirgen häufig. Kann zur Bereitung der Orseille verwendet werden. 10. Lecania Mass. Apothecien nur mit Exeipulum thallodes. Schläuche 8- bis vielsporig, die Sporen 4zellig, farblos. — L. fuscella Mass. An Laubbäumen. 11. Rinodina Mass. Apothecien nur mit Excipulum thallodes oder auch noch mit einem Exeipulum proprium. Sporen bisquitförmig, 2zellig, braun. Auf Baumrinden, altem Holz, Steinen und Erde. — R. sophodes Fr. 12. Callopisma De Not. Von Rinodina durch die tönnchenförmigen, farb- losen, 2zelligen Sporen verschieden. — C. cerinum Mass. Auf Baumrinden und an Felsen gemein. GC. Placodinae. Thallus aus schuppenartigen Blättchen gebildet. Apothecien meist schüsselförmig. 13. Pannaria Delise. Thallus ganz aus schuppenartigen Blättchen zusam- mengesetzt, meist mit schwärzlichem Protothallus.. Apothecien mit Exeipulum proprium und thallodes. Schläuche mit 6—8 einzelligen, eiförmigen Sporen. — P. brunnea Mass. Auf Haideboden, alten Wurzeln, an Felsen; vorzüglich in Ge- birgsgegenden. 14. Acarospora Mass. Apothecien eingesenkt, fast krugförmig; Schläuche mit zahlreichen, kleinen, eiförmigen, einzelligen, farblosen Sporen; sonst wie Pan- naria. — A. cervina Mass. Auf Steinen gemein. 15. Psoroma Ach. Thallus ohne Protothallus, nur am Umfange schuppig- blätterig, in der Mitte mehr zusammenhängend krustig und blasig. Apothecien nur mit Excipulum thallodes. Schläuche mit 8 elliptischen oder eiförmigen, ein- zelligen, farblosen Sporen. — P. crassum Mass. Thallus schmutzig gelb, gelb- braun, grünlich oder weisslich (oft alle Farben bei einander auf demselben Thallus). Auf Kalk- und Gypsboden häufig. 16. Placodium Hill. Wesentlich nur durch den in der Mitte ritzig gefel- derten Thallus von voriger Gattung verschieden. — P. saxicolum Mass. Thallus gelblichgrün; Apotheeien gelbbraun. Auf Steinen gemein. 118. Familie. Umpbilicarieae. Thallus laubartig, beiderseits berindet, ein- oder mehrblätterig, am Rande unregelmässig gelappt oder zerschlitzt, nur in der Mitte nabelartig dem Substrate angeheftet. Apothecium mit Exeipulum proprium, das schwarze Hymenium oft in kreisförmige Falten auswachsend. An nackten Felsen, vorzüglich auf Granit und nicht Kalk führenden Gesteinen wachsende, an der eigenthümlichen Befestigungs- weise leicht erkennbare Flechten; besonders in höheren Gebirgen. Umbilicarieae. Parmeliaceae. 219 1. Umbilicaria Hofm. Thallus einblätterig, auf der Unterseite ohne Fa- sern. Apothecien mit ziemlich ebener Scheibe. Sporen meist einzeln im Schlauche, gross, mauerförmig-vielzellig, braun. — U. pustulata Hoffm. Thallus bis 10 Centim. im Durchmesser, meist eingeschnitten gelappt, blasig, im Alter oft durchlöchert, trocken aschgrau, feucht olivengrün oder bräunlich, häufig mit korallenartigen, schwarzbraunen Auswüchsen. An sonnigen Felsen gemein. 2. Gyrophora Ach. Thallus ein- bis vielblätterig, faltig und beulig, unter- seits meistens mit Fasern. Apotheeien mit lirellenförmig-kreisfaltigem Hymenium. Sporen zu 8 in den Schläuchen, einzellig, fast farblos. — G. eylindrica Ach. Thallus kreisrund, einblätterig, buchtig gelappt, ziemlich glatt, aschgrau oder grau- schwarz, bereift, am Rande und unterseits schwarzborstig. Apothecien fast gestielt, später kugelig gewölbt. In höheren Gebirgen häufig. 119. Familie. Parmeliaceae. Thallus laubartig, meist viellappig, rasenartig centrifugal wachsend, auf der Unterlage durch Haftfasern mehrfach befestigt, lederig oder häutig. Apothecien mit der Mitte schildförmig oder mit der ganzen Unterseite schüsselförmig dem Thallus aufgewachsen und mit Exeipulum thallodes. Auf Baumrinden und Steinen. 1. Stieta Schreb. Thallus auf der faserig-zottigen Unterseite mit weissen, grubenartigen Vertiefungen (Cyphellen — S. 181), blattartig, gelappt; Apothecien schildförmig, meist am Rande der Thalluslappen, mit dem Hypotheeium der Mark- schicht aufsitzend, ihr Hymenium meist braun; Schläuche 8sporig; Sporen spindel- förmig, 2- bis mehrzellig. — St. pulmonacea Ach. (Lobaria pulmonaria Hoffm., Lungenflechte, Lungenmoos. — Abbild. Hayne, Arzneigew. V. Taf. 48.) 'Thallus bis 30 Centim. und darüber im Durchmesser, im Centrum angewachsen, lederartig, tief buchtig gelappt, netzförmig grubig, frisch grün, trocken bräunlich, unterseits rostfarbig, mit weissen Öyphellen. Apothecien klein, rothbraun. Am Fusse alter Eichen und Buchen, besonders in Gebirgswäldern. War früher als Liehen pul- monarius oder Herba Pulmonariae arboreae gegen Lungenkrankheiten ge- bräuchlich und wird noch jetzt im Cod. med. pag. 65 aufgeführt. Enthält eine der Cetrarsäure ähnliche Flechtensäure, die Stietinsäure und besitzt einen bitteren, schleimigen Geschmack. 2. Parmelia Ach. Thallus auf der Unterseite ohne Cyphellen; Apothecien auf der Fläche des Thallus, der Markschicht aufsitzend; Sporen bisquitförmig, 2zellie, braun. Meist Rinden und Holz bewohnende Flechten. — P. obscura Schaer. 'Thallus rosettenförmig ausgebreitet, häutig, feucht grün, trocken schmutzig- braun, nicht bereift, unterseits schwarzfilzig; Apothecien braunschwarz, nicht be- reift. Auf Rinde von Laubbäumen, an Bretterwänden, auf Holzdächern; gemein. — P. pulverulenta Ach. Thallus trocken matt graubraun oder weisslichgrau, bläulich bereift, auf der Unterseite schwarzfilzig, mit schwarzbraunen, bläulich be- reiften Apothecien. Auf Baumrinde, Holz und Mauern gemein. — P. stellaris Ach. Thallus trocken weisslichgrau, nicht bereift, unterseits blasser und weiss-, grau- oder braunfaserig; Apothecien schwarzbraun, anfangs bläulich bereift, später nackt. Auf Rinden und an Zäunen gemein. 3. Imbricaria Schreb. Von Parmelia hauptsächlich durch die der Gonidien- zone aufsitzenden Apothecken und die einzelligen Sporen verschieden. — I. saxa- tilis Körb. (Parmelia saxatilis Ach. — Abbild. Hayne, Arzneigew. V. Taf. 46.) Thallus bis 30 Centim. im Durchmesser, buchtig gelappt, mit ausgerandeten Lappen, häutig, netzig-grubig, grünlich- oder weisslichgrau, manchmal bräunlich, unterseits schwarz und schwarzfaserig; Apothecien braun, mit gekerbtem Rande. Auf Baum- rinden und an Felsen; gemein. Wächst manchmal auch auf alten Knochen und wurde von solchen und ganz besonders von Menschenschädeln als Hirnschädel- moos (Muscus ceranii humani) gesammelt und gegen Blutflüsse, Epilepsie u. 8. w. gebraucht. — I. tiliacea Körb. Thallus derbhäutig, glatt und nackt, mit dachziegelig sich deckenden Lappen, feucht graugrünlich, trocken bläulich- erau, unterseits braun oder braunschwarz und schwarzfaserig; Apothecien kasta- nienbraun, mit seicht gekerbtem Rande. Auf Rinde verschiedener Laubbäume, namentlich der Linde; häufig. — I. conspersa DC. Thallus ziemlich derbhäutig, 220 Parmeliaceae. Peltideaceae. Ramalineae. eingeschnitten gelappt, glatt, hell gelbgrün, unterseits braun- und schwarzfaserig; Apothecien meist zahlreich, kastanienbraun, ganzrandig. An Felsen und Steinen gemein. 4. Physcia Schreb. Von Imbricaria durch die polar-zweikammerigen Sporen, deren Abtheilu@gen in der Mitte durch einen engen Canal verbunden sind, ver- schieden. — Ph. parietina Körb. (Parmelia parietina Ach., Xanthoria parietina Fr.. Wandflechte — Abbild. Hayne, Arzneigew. V. Taf. 47. Nees v. Esenb. Plantae mediein. Taf. 8.) Thallus meist rosettenförmig, dachziegelig-gelappt, gelb oder pomeranzenfarbig, unterseits weisslich oder weiss und mehr oder weniger weissfaserig; Apothecien zahlreich, dem Thallus fast gleichfarbig, mit ganzem Rande. Auf Baumrinde, an Bretterwänden, auf Steinen u. s. w. gemein und fast über die ganze Erde verbreitet. Enthält Chrysophansäure (Husemann, Pflanzen- stoffe S. 982) und war früher als Surrogat der Chinarinde offieinell (Lichen pa- rietinus — Flückig. Pharm. S. 139. Berg, Waarenk. S. 15). 120. Familie Peltideaceae. Thallus laubartig, blattförmig, meist viellappig, auf der Unterfläche rindenlos, durch Haftfasern mehrfach befestigt. Apothecien mit dem äusseren Rande dem Thallus angewachsen, daher einseitig schildförmig, schwach berandet. Gonidien meist blaugrüne Algen aus der Familie der Chroococcaceen. 1. Peltigera Willd. Apothecien mit dem Hypothecium der Markschicht aufsitzend, kreisrund oder länglich, an den Rändern auf der Oberseite der Thal- luslappen, anfänglich mit einem vom Thallus gebildeten Schleier bedeckt, später frei. Sporen nadel- bis schlank spindelförmig, 4- bis mehrzellig, farblos. — P. canina Schaer. (Peltidea canina Ach., Hundsflechte.) Thallus handgross und darüber, häutig-lederartig, grosslappig mit gerundeten Lappen, glatt oder feinfilzig, feucht dunkelgrün, trocken blassbraun, unterseits weisslich, mit gleichfarbigen oder fast gleichfarbigen netzigen Adern und graufaserig; Apothecien kastanienbraun, anfangs kreisrund, später an den Seiten zusammengerollt und dadurch länglich. In Wäldern zwischen Moosen auf der Erde und an Steinen gemein. War früher als Lichen caninus, Herba Musci canini oder Herba Hepaticae terre- stris officinell und galt namentlich auch als Mittel gegen den Biss toller Hunde. — P. aphthosa Hofm. Von voriger Art durch den oberseits apfelgrünen, mit schwarzen Warzen besetzten, unterseits schwärzlich netzförmig geaderten, breiter gelappten Thallus verschieden. An gleichen Standorten und eben so häufig, auch früher als Lichen aphthosus oder Herba Musci cumatilis officinell. 2. Solorina Ach. Apothecien überall auf der Oberfläche des Thallus, mit dem Hypothecium der Gonidienzone aufsitzend, kreisrund, anfänglich von einem Schleier bedeckt, später frei. Sporen bisquitförmig, 2zellig, braun. — P. saccata Ach. Thallus häutig-papierartig, feucht grün, trocken graugrün, unterseits weiss- lich; die reifen Apothecien schwarzbraun, grubig im Thallus liegend. Auf schat- tigem Boden und an schattigen, etwas feuchten Felsen in Gebirgsgegenden. 3. Nephroma Ach. Apothecien auf der Unterseite des aufwärts zurückge- schlagenen Thallusrandes, nierenförmig, ohne Schleier und ohne Excipulum. Sporen fast spindelförmig, 4zellig, farblos. — N. resupinatum Ach. Thallus dünn leder- artig, fast kreisrund, buchtig gelappt, grau oder bräunlich, unterseits kahl oder filzig; Apothecien rothbraun. In Gebirgswäldern an bemoosten Stöcken und Wur- zeln der Laubbäume häufig. I 121. Familie. Ramalineae. Thallus von Anfang an strauchig, blatt- oder bandartig verbreitert, ge- lappt, mit Ausnahme von Anaptychia beiderseits berindet. Apothecien schüssel- oder schildförmig, mit flachem oder concavem Hymenium und Ex- cipulum thallodes. Meist grosse Flechten, welche durch das verflachte Laub an die vorhergehenden Familien erinnern, durch den strauchartigen Wuchs aber den folgenden Gruppen sich anschliessen. Ramalineae: Cetraria. 221 1. Anaptychia Körb. Thallus blattartig-strauchig, aufsteigend, auf der Unterseite nur an den Rändern berindet, in der Mitte die Markschicht als weiss- filzige Rinne frei liegend. Apothecien der Markschicht aufsitzend, mit einge- rolltem, gewimpertem Rande. Sporen meistens bisquitförmig, 2zellig, braun. (S. 180.) — A. ciliaris Körb. (Borrera ciliaris Ach., Hagenia ciliaris Eschw.) Thallus feucht grünlich, trocken grau oder graubraun, die linealischen Lappen am Rande schwarz gewimpert. Apothecien kurz gestielt, mit schwarzem oder schwarz- braunem, meist bläulich bereiftem Hymenium. An Baumstämmen, besonders an Weiden, Pappeln, alten Pflaumenbäumen etc. gemein. Fig. 60. Cetraria islandica Ach. Pflanze in natürlicher Grösse. 2. Cetraria Ach. Thallus aufsteigend, blattartig-strauchig, vielfach gelappt, beiderseits berindet, knorpelig oder häutig, unterseits (auf der dem Lichte abgekehrten Seite) oft hellerfarbig. Apotheeien schildförmig und der Thallusoberfläche nahe dem Vorderrande der Thalluslappen schief aufge- wachsen. Sporen ellipsoidisch bis fast kugelig, einzellig, farblos. C. islandica Ach. (Lichen islandicus Z., Lobaria islandica Hoffm., Physeia islandica DC. — Isländische Flechte — Fig. 60.) Thallus bis 10 Centim. hoch, aufrecht bis aufsteigend, rasenbildend, frisch häutig-lederig und auf der Lichtseite olivengrün, manchmal blutroth gefleckt, auf der dem Lichte abgewendeten Fläche blasser bis grünlichweiss oder weisslich und mit weissen, blasigen oder grubigen, unregelmässigen Fleckchen, trocken knor- pelig und dunkler bis lederbraun gefärbt, wiederholt gabelig bis unregel- mässig gelappt; Lappen nach oben allmählich verbreitert, mit den Rändern (an der Basis des Thallus am stärksten) nach oben zusammengeneigt bis gerollt und dadurch rinnig bis fast röhrenförmig, der Rand mit kurzen, dieken und steifen, braunen Fransen besetzt, in denen die Spermogonien sitzen (Fig. 61, A, B); Apothecien einzeln oder paarweise (Fig. 61, A) am 222 Ramalineae: Cetraria. Ende der Thalluslappen, breit oval bis fast kreisrund, fast flach, mit nie- drigem, dicklichem, hie und da etwas eingeschnittenem (unregelmässig schwach gekerbtem) Rande und anfangs grünbraunem, später kastanienbraunem Hy- menium. Varirt sehr in Grösse, Breite der Thalluslappen, Grad der Auf- zollung der letzteren, Grösse der Apothecien ete. Die beiden auf- fallendsten Varietäten sind: var. crispa Ach. Thalluslap- pen sehr schmal, vielfach getheilt, verbogen-kraus, dieRänder zusam- mengeneigt undsehr dichtgefranst. var. subtubulosa Fr. Thalluslappen sehr schmal und wegen der eingerollten Ränder stellenweise oder durchweg röhrig. Auf der Erde zwischen Moos, Gras und Haidekraut, im Norden in der Ebene, in gemässigten Klimaten vorzüglich in lichten Gebirgswäldern. In ganz Europa, Sibirien, im arktischen Amerika bis südwärts nach Virginien und Nord-Carolina — überall häufig; ebenso auch am Cap Horn. Abbild. Berg und Schmidt, Officin. Gew. Taf. 32, d. Nees v. Esenb., Plantae medicin. Tab. 10. Droge: Lichen islandicus, Ph. germ. 203; Ph. austr. 126; Ph. dan.. 147; Ph. ros.. 245: Ph. helv. 73; Cod. med. 63. — Cetraria, Brit. Ph. 75. Muscus islandicus. — Berg, Waarenk. 13 u. Atlas z. Waarenk. Taf. 2, Fig. 4. Flückig. Pharm. 137. Präparate: Lichen islandicus a ab amaritie liberatus, Ph. germ. FE 3 ke a. ee 203. Lichen islandicus elotus, vom Rande des Thallus mit vier Spermogonien enthal- Ph. ross. 245. Lichen islandicus tenden Wimpern, noch stärker vergrössert. amaritie privatus, Ph. helv. suppl. 56. Gelatina Lichenis islandiei Ph. germ. 171; Ph. ross. 192; Ph. austr. 98; Ph. helv. suppl. 52; Cod. med. 510. Gelatina Lichenis islandiei saccharata sicca, Ph. germ. 171. Gelatina Lichenis islandiei pulverata, Ph. austr. 99. Decoctum Cetrariae, Brit. Pharm. 97. Pasta Cacao cum Lichene islandico, Ph. dan. 175. Chocolata cum Lichene islandico, Cod. med. 499. Ptisana de Lichene islandico, Cod. med. 348. Syrupus de Lichene, Cod. med. 470. Gelatina de Lichene et Cinchona, Cod. med. 511. Massa de Lichene islandico, Cod. med. 516. Saccharuretum de Lichene is- ‚landico, Cod. med. 520. Tabellae cum Lichene islandico, Cod. med. 529. Ramalineae: Cetraria. 2923 Der anatomische Bau der Droge, respective der Flechte, ist uns in seinen Grundzügen bereits bekannt (S. 176, Fig. 52). Die äusseren Lagen der Rinde sind aus weithöhligen, nach allen Richtungen durch einander verflochtenen und pseudoparenchymatisch lückenlos verbundenen Hyphen ge- bildet, deren dicke Wände auf sehr dünnen, glatten Schnitten die ursprüng- lichen Grenzen der einzelnen Hyphen als eine das Licht stärker brechende Linie noch erkennen lassen (Fig. 52, r und »”) und die in den äussersten Schichten licht braun bis graubraun, in den innersten farblos sind. Zwischen letzteren und dem Marke liegt noch eine Innenrinde aus eng und lückenlos verschmolzenen, aber weniger verfloch- tenen und mehr parallel der Oberfläche verlaufenden Hy- phen mit sehr engen Höhlungen und daher verhältniss- mässig äusserst starken Wänden. An den verschiedenen Stellen des Thallus ungleich mächtig entwickelt, an ein- zelnen fast fehlend, erscheint diese Schicht je nach der Schnittrichtung entweder mit ihren lang gestreckten Fasern (Längsschnitt) oder der pseudoparenchymatischen Aussen- rinde ähnlicher (Querschnitt. Auf der Lichtseite des Thallus ist die Rinde in ihren sämmtlichen Schichten ge- wöhnlich, aber nicht überall, mächtiger ausgebildet. Die mittlere Gewebelage des Thallus, das Mark (Fig. 52, m), besteht aus dem characteristischen unregelmässigen, weit- maschigen und lockeren Geflechte dickwandiger Hyphen, wie dasselbe bereits früher (S. 176, 179) beschrieben wurde. Die kugeligen, hie und da in Theilung begriffenen, rein chlorophyligrün gefärbten Gonidien (Oystococcus hu- micola — Fig. 52, g — vgl. S. 188 u. £f.) liegen an der Grenze zwischen Innenrinde und Mark, auf der Lichtseite des Thallus an den meisten Stellen eine zusammenhängende oder fast zusammenhängende Schicht bildend und grup- penweise nach innen vorspringend, auf der Schattenseite gewöhnlich weit weniger zahlreich, häufig nur in zer- streuten Gruppen, stellenweise ganz fehlend.. Dünne Fig. 62. Cetraria is- landica Ach. Schnitte durch die oben erwähnten blasigen oder grubigen, weissen Fleckchen des Thallus zeigen, dass hier luftreiche Wucherungen des Markes vorhanden sind, welche die Rinde blasig emporwölbten und dieselbe zuletzt sprengten, so dass schliesslich das’ Mark in ähnlichen kleinen Grüb- Quer- schnitt durch den Rand des T'hallus mit einem Spermogonium (sp) im Längsschnitt. s Spermatien. Sehr stark vergrössert und chen, wie in den Cyphellen von Stieta (8. 181), zu Tage etwas schematisirt. liegt und das wollig-filzige Aussehen derselben bedingt. Die am Rande der Thalluslappen stehenden, meist einfachen, manchmal auch gabelig oder unregelmässig verzweigten Fransen (Fig. 61, A und B) ent- halten in dem gewöhnlich etwas angeschwollenen, dunkeler braunen Ende ein einzelnes Spermogonium, dessen Mündung auf dem Scheitel der Franse schon unter schwacher Vergrösserung als ein dunkeler, fast schwärzlicher Porus erkennbar ist (Fig. 61, B). Legt man abgeschnittene, aber sonst un- verletzte Thallusränder der frisch gesammelten und trocken aufbewahrten Flechte in einen Tropfen Wasser unters Mikroskop, so sieht man sehr bald in ganzen Schwärmen äusserst kleine, farblose, stäbehenförmige Zellen, in 224 Ramalineae: Cetraria. farblose Gallerte eingebettet, zum Porus austreten: die Spermatien. Längs- schnitte durch Fransen lassen das Spermogonium als ovale Höhlung (Fig. 62, sp) erkennen, ausgekleidet von einer dichten Schicht gegliederter, schwach Fig. 63. Cetraria islandica Ach. Senk- rechter Durchschnitt aus dem Zipfel eines '’halluslappens mit Apothecium, ’ Rindenschicht des Thallus. m Mark- schicht mit den (in der Zeichnung dun- kel punktirten) Gonidiengruppen. h Hy- menium des Apotheciums. Vergr. 30, etwas schematisirt. verästelter, zarter, farbloser Hyphen, we che als Basidien die Spermatien abschnüren (vgl. weiter S. 199). Vertikalschnitte durch das Apotheeium zeigen das mächtig entwickelte Hymenium (Fig. 63, 7), in dem wie gewöhnlich die keulenförmigen Schläuche (Fig. 52, a) von den Paraphysen (Fig. 52, p) überragt werden. Jodlösung (in Jodkalium) färbt die Schläuche des Hymeniums dunkelblau, die Paraphysen gelb bis gelbbraun. Besonders sut tritt dieser Unterschied hervor, wenn man Schnitte aus jungen Apothecien benutzt, in denen die Schläuche erst sparsam zwischen den bereits ausgebildeten Paraphysen er- schienen sind (vgl. S. 202). Stellenweise wird oft auch das Hypothecium violett. Violett bis schön blau färben sich ferner die Schichten der Rinde mit Ausnahme der braunwandigen äusseren Lagen, und das Mark, letzteres manchmal nur in den an die Rinde grenzenden Partieen. Frisch gesam- melte oder nicht gar zu lange aufbewahrte Exemplare der Flechte zeigen diese Reac- tionen ganz sicher; viele Jahre altes Mate- rial lässt ‘dieselben dagegen oft nur noch stellenweise oder undeutlich oder gar nicht hervortreten. Dass die Membranen der Üe- traria in kaltem Wasser quellen, in kochen- dem in eine structurlose Gallerte verwandelt werden, wurde (S. 133) schon erwähnt. Sie bilden die sogenannte Moosstärke, Flech- tenstärke oder das Lichenin der Chemi- ker, werden in der Botanik, da sie sich mit Jod allein blau färben, manchmal auch wohl als Stärkemembranen, ihrer gallertartigen Beschaffenheit wegen am richtigsten wohl als Bassorin bezeichnet und bedingen den schleimigen Geschmack der Flechte. Bestandtheile: Bassorin (Lichenin — Husem. Pflanzenstoffe S. 1068) als Haupt- bestandtheil (bis 70 Procent), dann Cetrarin (Cetrarsäure — Husem. Pflanzenst. S.'1066), welches den bitteren Geschmack bedingt (ca. 3 Procent), ferner Lichenstearinsäure (Husemann a. a. OÖ. S. 1066) und Fu- marsäure etc. Das sogenannte Thallochlor ist nichts anderes als das Chloro- phyll der Gonidien. (Vgl. auch: Wiesner, Rohstoffe des Pflanzenreiches, S. 819.) Ramalineae: Cetraria ete. Usneaceae. 295 Die isländische Flechte ist zur Zeit die einzige wirklich offieinelle Art der ganzen Ordnung. Sie wurde von den Bewohnern der arktischen Zone schon früh als wichtiges Nahrungsmittel benutzt und wird auch jetzt noch von verschiedenen Völkern (Isländern) zu Brod verbacken oder als Gemüse verwendet, besonders aber als wichtiges Futter für die Rennthiere geschätzt. Als Arzneimittel wurde sie zuerst 1673 von Claus Borrichius erwähnt und seit 1737 auf Linn‘’s Empfehlung allgemeiner verwendet. C. nivalis Ach. Thallus aufrecht, knorpelig-häutig, schwefelgelb, an der Basis dunkler, die Lappen rinnenförmig, wellig-kraus und buchtig gezähnt; Apo- thecien fleischfarbig, später bräunlich. In höheren Gebirgen (z. B. Riesengebirge) häufig; arktische Zone ($. 206). — C. glauca Ach. Thallus aufsteigend, schlaffe Rasen bildend, graugrünlich, unterseits schwarzbraun oder braun und glänzend, seine Lappen geschweift-buchtig; Apothecien rothbraun. An Bäumen, Zäunen und Felsen, zumal in Gebirgswäldern gemein. — C. saepincola Ach. Thallus kleine, ziemlich dichte Rasen bildend, oliven- bis kastanienbraun, unterseits blasser; Apo- thecien dunkelbraun. Mit voriger Art meist häufig. 3. Evernia Ach. Thallus strauchig, ästig, büschelig, aufsteigend oder hän- gend, bandartig flach oder kantig, ringsum berindet, auf der Unterseite oft rinnig und andersfarbig. Apothecien schüsselförmig, ziemlich kreisrund, am Rande der Thalluslappen auf kurzen Stielchen, mit andersfarbiger, concaver Scheibe. Sporen eiförmig bis kugelig, einzellig, farblos. Selten fructificirend, aber meist reichlich Soredien tragend. — E. furfuracea Fr. Thallus vielfach gabelig gelappt, die Lappen linealisch, unterseits rinnenförmig und schwarz oder bläulichschwarz, ober- seits aschgrau und oft ganz von Soredien bedeckt; Apothecien mit rothbraunem Hymenium. An Bäumen, alten Bretterwänden und Zäunen gemein. — E. pru- nastri Ach. Thallus gabelig-vieltheilig, die Lappen linealisch, auf der Unterseite rinnig oder grubig und weiss, auf der Oberseite graugrün, häufig mit randständigen Soredienhaufen. Apothecien rothbraun. An gleichen Orten wie vorige Art gemein. War früher als Lichen prunastri, Muscus arboreus, Muscus Acaciae oder Herba Musci Acaciae (weisses Lungenmoos) gegen Lungen- und Darm- krankheiten gebräuchlich. 4. Ramalina Ach. Thallus strauchig, büschelig, aufsteigend oder hängend, verschieden getheilt, die Lappen bandartig flach, ringsum berindet, beiderseits gleichfarbig. Apothecien schüsselförmig, kreisrund, kurz gestielt, beiden Thallus- flächen aufsitzend, mit letzteren gleichfarbig oder heller, das Hymenium oft bereift. Sporen oblong oder bohnenförmig gekrümmt, 2zellig, farblos. Alle Arten enthalten viel Lichenin und liefern einen rothen Farbstoff, der zum Färben von Wolle und Seide benutzt werden kann. — R. calycaris Fr. Thallus bis 18 Centim. hoch, gallertartig-knorpelig, beiderseits mehr oder minder grubig, blass graugrünlich bis gelblich, verschieden lappig getheilt; Apothecien mit ziemlich flachem, blass fleisch- rothem Hymenium, an den Rändern des Thallus (var. fraxinea, mit breiten Thallus- lappen), oder endständig (var. fastigiata); oft der Thallus durch Soredien weiss be- stäubt (var. farinacea). Adı alten Bäumen und Bretterwänden gemein. 122. Familie. Usneaceae. Thallus von Anfang an strauchartig, eylindrisch oder selten etwas zusammen- gedrückt, oft fadenförmig, aufrecht oder hängend, allseitig berindet. Apothecien von Anfang an flach schüssel- oder schildförmig, gestielt, mit Exeipulum thallodes, das oft mit wimperartigen Aestchen besetzt ist. Sporen eiförmig bis rundlich, ein- zellig, farblos. 1. Cornicularia Ach. Thallus aufrecht strauchartig, sehr ästig, stielrund oder wenig zusammengedrückt, knorpelig-hornartig, starr, braun oder schwarz, mit lockerem, gleichmässig faserigem Marke und bleibender Rinde. Apothecien end- ständig, schildförmig, mit meist borstig gewimpertem Rande und gleichfarbigem Hymenium. — C. aculeata Ach. Thallus braun, sehr verworren ästig, die Aeste gespreizt, mit dornigen Zähnen besetzt; Apothecien klein, mit borstig gewimpertem Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 15 226 Usneaceae. Rande. Auf dürrem Haideboden, seltener an Felsen; gemein und oft in dichten Rasen grosse Flächen überziehend. 2. Bryopogon Lk. (Alectoria Ach.) Thallus schlaff, bartartig, hängend, sehr ästig, die Aeste fadenförmig, stielrund, bleibend berindet, mit lockerem, gleich- mässig faserigem Marke. Apothecien schüsselförmig, ihr Rand nicht gewimpert, ihr Hymenium dem Thallus gleich- oder ungleichfarbig. — B. jubatum Körb. (Moosbart). Thallus bis 30 Gentim. lang, dünn fadenförmig, sehr weich und sehr ästig, verwickelt, grünlichgrau, bräunlich oder schwärzlich, meistens hängend, sel- tener starrer und aufsteigend bis aufrecht. Apothecien sehr selten. An Baum- stämmen, vorzüglich in Nadelwäldern, an Bretterwänden und Felsen gemein. 3. Usnea Dill. (Bartflechte). Thallus meistens schlaff, bart- artig, sehr vielästig, die Aeste fadenförmig, ihr Mark der Länge nach von einem cen- tralen, soliden Hy- phenstrange durch- zogen (8. 179) und die Rinde später in mehr oder weniger regelmässiger Entfer- nung ringförmig ber- stend, so dass das Mark frei gelegt wird und der Thallus gegliedert erscheint. Apothecien end- oder seitenstän- dig, flach schildförmig, gestielt, kreisrund, mit blassem Hymenium und oft mit gewim- pertem Rande. Bart- artige, manchmal bis 4 Meter lange, von alten Waldbäumen herabhängende, an- sehnliche Flechten. — “U. longissima Ach. Thallus bis zu 4 Meter lang, hängend, mit fadenförmigen, ein- flachen, gelblichgrauen Aesten, welche ge- wöhnlich der ganzen Länge nach mit recht- ng j Br winkelig abstehenden, Fig. 64. Roccella' tinetoria Ach. Kleinere Pflanze in natürlicher Grösse. bis 3 Centim. langen, haarartigen, einfachen oder getheilten Soredialästen (S. 197) besetzt sind. Apothecien selten, mit gelbem, gewimpertem Rande. In Gebirgswäldern, in Deutschland seltener (Riesengebirge, bairische Alpen ete.). — U. barbata Fr. Thallus bis 30 Centim. und darüber lang, aufrecht oder hängend, verschiedenartig verzweigt, die letzten Aeste haar- dünn. Apothecien ziemlich gross, am Rande haarig gewimpert. Varürt sehr und ist häufig von Soredien staubig oder mit zahlreichen Soredialästchen besetzt. In ganz Europa gemein. Dient oft als Pack- und Polstermaterial und war früher als Lichen arboreus, Herba Musci arborei oder Herba Museci barbati etc. gegen Keuchhusten, Blut- und Schleimflüsse officinell (Berg, anatom. Atlas zur pharm. Waarenk. Taf. 2. Fig. 5). Roccelleae. Cladoniaceae. 227 125. Familie. Roccelleae. Thallus von Anfang an strauchig, einfach oder ästig, die Aeste cylindrisch oder wenig zusammengedrückt, mit gleichmässig faserigem Marke. Apothecien end- oder seitenständig, sitzend oder dem Thallus eingewachsen, nicht schildförmig, mit flachem oder convexem Hymenium und Exeipulum thallodes oder Excipulum proprium. Sporen spindelförmig, vierzellig, farblos. Vorzüglich an Felsen der Meeresküste wachsende, meist weiss gefärbte Flechten, deren Gonidien der Algen- gattung Chroolepus angehören. Roccella DC. Thallusäste cylindrisch oder zusammengedrückt, mit dichtem Marke (Rinde: S. 179). Apothecien seitenständig. Spermatien nadelförmig, ge- bogen. — R. tinctoria DC. (Lichen roccella Be Parmelia roccella Ach.), Lack- musflechte, Orseilleflechte, Färberflechte — -Fig. 64. Thallus bis zu 30 Centim. hoch, weisslich oder gelblich, lederartig, einfach oder ästig, seine Aeste oft zu mehreren von einem Punkte entspringend, meistens aber nur gabelig, ge- wöhnlich nur 1—3 Millim. dick, cylindrisch oder schwach zusammengedrückt, wurmförmig, häufig von Soredien mehlig bestäubt; Apothecien mit schwarzem, weiss bereiftem Hymenium. An den Küstenfelsen der canarischen und azorischen Inseln, der Inseln des grünen Vorgebirges und Senegambiens, des Mittelmeeres und Ostindiens: ferner am Cap der guten Hoffnung und in Mittel- und Südamerika. Diese Flechte ist die echte Lackmusflechte, welche die Orseille de mer und Lackmus liefert, die wie die aus Ochrolechia tartarea (S. 217) etc. bereiteten Farbstoffe gewonnen und benutzt werden (vgl. auch: Wiesner, die Rohstoffe des Pflanzenreiches, S. 812). Die grösste Menge der Flechte liefern die canarischen Inseln (jährlich etwa 130000 Kilo, davon Ferro etwa 40000) aus denen die cana- rische oder Kräuterorseille bereitet wird. — R. phycopsis Ach. Thallus selten über 6 Centim. hoch, reich verzweigt, seine Aeste stielrund oder mehr oder weniger abgeplattet, anfanes weisslich oder licht bräunlich und stellenweise fast schwarz, häufig mit Soredien bestäubt. An den Küsten des Mittelmeeres und häufig mit R. tinctoria gemischt in der Handelswaare; übrigens wie diese verwendet. — R. fuciformis Ach. Thallus bis 20 Centim. hoch, reichlich verästelt, seine Aeste fast riemenförmig, 1—6 Millim. breit, weisslich oder grünlichweiss, durch Soredien oft mehlig bestäubt. An den Küsten des indischen Oceans, mit R. tinc- toria zusammen die namentlich von Aden aus in den Handel kommende Shenneh oder Orseille von Socotora liefernd. 124. Familie. Cladoniaceae. Aus einem blatt- oder laubartigen, schuppigen oder krustigen, nur auf der Oberseite berindeten, horizontalen oder aufsteigenden Thallus erheben sich strauch- artige, als Podetien bezeichnete Aeste. Diese sind bald strauchartig- vielästig, bald einfach oder sparsam verzweigt und dann walzen-, trichter- oder becherförmig und in letzteren Fällen /oft aus den Rändern sprossend, immer ringsum ber indet, solid oder hohl. Apothecien nur auf den Podetien, meist mit kopfförmig gewölb- tem, braunem, gelbem oder lebhaft rothem Hymenium und von kleineren Spermo- gonien begleitet, deren länglich-walzenförmige Spermatien gerade oder leicht ge- krümmt sind. Bilden oft ausgedehnte Rasen auf der Erde, namentlich auf Haide- boden und sind ohne Podetien durchaus nicht bestimmbar. 1. Stereocaulon Schreb. Thallus krustig und oft verschwindend. Podetien mit faserigem Marke, strauchartig verzweigt, aussen meist mit körnigen, verschieden gestalteten Schüppchen besetzt. Apothecien end- oder seitenständig, mit Excipulum proprium, später gewölbt und unberandet. Sporen meist nadelförmig, 4zellig, farblos. — S. tomentosum Fr. Podetien bis 8 Centim. hoch, sehr ästig, stiel- rund, mit grauweisslichen oder graubläulichen, eingeschnitten-gekerbten Schüppchen besetzt; Apothecien klein, braun. Meist in lockeren Rasen auf Haiden und in lichten Nadelwäldern, häufig. — 8. paschale Ach. Podetien etwas zusammen- gedrückt, sehr ästig, mit aschgrauen oder weisslichen, fingerig-eingeschnittenen Schüppchen dicht bedeckt, und dadurch filzig, später jedoch fast nackt; Apothecien anfangs flach und braun, später gewölbt und schwarzbraun. An gleichen Orten wie vorige, aber in Deutschland seltener; in der arktischen Zone gemein. 15* 228 Cladoniaceae. Tuberacei. 2. Thamnolia Ach. Eigentlicher Thallus fehlend. Podetien pfriemen- bis schlank spindelförmig, hohl, einfach oder wenig verzweigt. Apothecien sehr klein, zu 100 und mehr in einem seitenständigen, siebartigen Receptaculum, ohne Exci- pulum. Sporen elliptisch, einzellig, farblos. — Th. vermicularis Ach. Podetien bis 10 Centim. hoch, kreideweiss. Auf der Erde und an Felsen der subalpinen und alpinen Region, kosmopolitisch; in den Alpen häufig. 3. Cladonia Hoffm. (Becherflechte) Podetien selten mit Mark, meist röhrig- hohl. Apothecien einzeln, endständig, kopfförmig, ohne Excipulum. Sporen eiför- mig, einzellig, farblos. Schwierig zu bestimmende, meist sehr variirende, gesellig wachsende Arten, die manchmal durch ihr massenhaftes Auftreten (Rennthierflechte — 8. 206) Charakterpflanzen der Haidegebiete und arktischen Zone sind. — A. Thallus krustig-körnig, bald verschwindend; Podetien strauchartig oder baumartig vielästig. — C. rangiferina Hoffm. (Rennthierflechte) Bis 15 Centim. hoch, weisslichgrau oder bräunlich, die unfruchtbaren Endäste über- gebogen, die fruchtbaren aufrecht, die Apothecien klein und braun. Auf Haide- boden gemein und namentlich in der arktischen Zone ausgedehnte Flächen be- deckend; das Hauptfutter des Rennthieres und in Skandinavien neuerdings auch zur Alkohol-Bereitung benutzt. — B. Thallus schuppig-blattartig; Podetien trichterförmig, ihre Röhre unter der Erweiterung offen. — C. furcata Hoffm. Podetien gabelig verzweigt, glatt oder schuppig, weisslich, graugrün oder bräunlich, mit bräunlichen Apothecien. In Wäldern gemein. — C. pungens Sm. Podetien spreizend-vielästig, nackt oder kleinwarzig, weissgrau oder graubräunlich ; Apothecien braun, einzeln oder doldig gehäuft. Auf dürren, sonnigen Haiden ge- mein. — C. Thallus schuppig-blattartig; Podetien becherförmig, ihr Stiel unter der Erweiterung geschlossen. — C. pyxidata Fr. Thallus- schuppen derbhäutig, gekerbt-gelappt; Podetien kreiselförmig, manchmal walzen- bis pfriemenförmig, oft sprossend, die Oberfläche körnig oder mit kleienartigen Schüppchen bedeckt; Apothecien braun. Auf sterilem Wald- und Haideboden, gemein. War früher als Lichen pyxidatus oder Herba Musci pyxidati gegen Brustleiden und Wechselfieber gebräuchlich. — C. fimbriata Fr. Von voriger Art durch die engen Becher auf walzenförmigen, äusserst feinstaubigen, niemals körnigen Podetien verschieden; Becherrand oft sprossend. Auf sterilem Haideboden gemein und sehr variabel. — C. coccifera Fk. Thallus kleinblätterig; Podetien kreiselförmig, zuweilen sprossend, graugrün, körnig oder warzig oder auch mit kleinen Schüppchen besetzt; Apothecien lebhaft scharlachroth. Auf Haiden und in Nadelwäldern gemein. Früher als Muscus coceiferus, Lichen coceiferus oder Herba ignis bei Wechseltieber etc. gebräuchlich. — C bellidiflora Schaer. Von voriger Art durch die grossen Schuppen der Podetien verschieden. In Ge- birgen häufig. VI. Unterordnung. Tuberacei.! 125. Familie Tuberaäceı. Die Familie der Tuberaceen oder Trüffeln umfasst meistens unterirdisch lebende, grössere, knollenförmige Pilze, deren frei-fädiges Mycelium sich im Boden ausbreitet, meistens in der Nähe der Wurzeln anderer Pflanzen, vorzüglich unter Bäumen. Ob dasselbe parasitisch lebt, ist nicht genau bekannt, wird aber neuer- dings von Boudier? wenigstens für Elaphomyces vermuthet. Derselbe fand die in unmittelbarer Nähe der Fruchtkörper sich findenden Wurzeln zum Theil entartet, aufgedunsen, unregelmässig verzweigt und von einem gelben, dünnfädigen Mycelium überzogen, das zwischen ihnen reicher entwickelt war, als im benachbarten Boden. Das Mycelium schien demnach parasitisch auf den Wurzeln zu leben und an ihnen die abnormen Veränderungen hervor zu rufen; in das Innere der Wurzeln dringt dasselbe indessen nicht ein. _ ! Vittadini, Monographia Tuberacearum. Mailand 1831. — Tulasne, Funsi hypogaei. Paris 1851 (mit zahlreichen, prächtigen Abbildungen). ® Boudier, Du parasitisme probable de quelques especes du genre Elapho- myces et de la recherche de ces Tuberacees. Bulletin de la soc. botan. de France XXIII (1876). Tuberacei. 229 Die knollenförmigen Fruchtkörper der Tuberaceen sitzen dem Mycelium ent- weder mit ihrer Basis auf, oder sie sind im Jugendzustande vollständig von dem- selben eingehüllt, während es später verschwindet und die Trüffel nackt zurück- lässt. An dem reifen Fruchtkörper unterscheidet man zunächst eine mehr oder minder mächtig entwickelte Rinde, die sogenannte Peridie, welche auf der Ober- fläche glatt oder mit Warzen, Stacheln oder Runzeln versehen ist. Sie besteht aus einem Pseudoparenchym dicht verschlungener und verschmolzener Hyphen und lässt nur selten (Stephensia) scharf abgesetzte Schichten im Inneren unterscheiden ; in der Regel gehen die äussersten, durch diekere und braune Wände ausgezeich- neten Zellenlagen allmählich in die inneren über und diese ebenso in die zwischen dem die Sporenschläuche tragenden Gewebe verbreiteten sterilen Adern und Streifen des Fruchtinneren, welche letzteres in die die Sporenschläuche enthaltenden Kammern theilen. Diese Wände zeigen in einzelnen Fällen (Genabea) den pseudo- parenchymatischen Bau der Rinde; meistens bestehen sie jedoch aus lockerer ver- schlungenen, dem Verlaufe der Wände folgenden Hyphen. Die in dem Frucht- körper gehildeten Sporen werden nur durch Zerstörung des ersteren selbst frei. Die Entwickelungsgeschichte des Fruchtkörpers ist, mit Ausnahme derjenigen der hierher zu rechnenden Gattung Penicillium, nicht oder nur zum kleinsten Theile bekannt. A. Elaphomycei. Fruchtkörper unter- oder oberirdisch; Peridie dick und hart oder dünn, ringsum geschlossen bleibend, bei der Reife nur noch die Sporen oder neben diesen eingestreute Fasern (Ca- pillitium) einschliessend, da die Sporenschläuche und die sie er- zeugenden Hyphen zu Grunde gehen. 1. Penieillium Lk.! Der Repräsentant dieser Gattung, P. glaucum Lk. (P. erustaceum F’r., Mucor crustaceus L.) ist der gemeinste Schimmelpilz, der als wahrer Kosmopolit in jeder Jahreszeit auf Brod, Früchten (besonders eingemachten), geräucherten Fleischwaaren u. dgl. in blaugrünen Krusten sich ansiedelt, der alle anderen Schimmelpilze (Mucor, Aspergillus u. s. w.) siegreich überwuchert und den selbstverständlich jeder meint, wenn er schlechthin von Schimmel redet. Seine in ungeheuren Mengen auf zahlreichen Conidienträgern (Fig. 655 A) in Ketten abgeschnürten, fast kugeligen, glatt- und zartwandigen, sehr kleinen (Durchmesser 0,0025 Millim.) Conidien keimen schon kurze Zeit nach ihrer Reife. Sie schwellen zunächst bis zum Dreifachen ihres ursprünglichen Durchmessers an, wobei erst ihr Inhalt deutlich erkennbar wird und wachsen dann bald nur an einer, bald an mehreren Stellen ihres Umfanges zu dünnen, cylindrischen Keimschläuchen aus, welche sich durch Spitzenwachsthum verlängern und hinter ihrem fortwachsenden Ende durch Querwände Gliederzellen abtrennen, die nicht mehr in die Länge wachsen, wohl aber (wie auch die Endzelle) durch seitliche Aussackungen Seiten- zweige erzeugen, deren Wachsthum demjenigen der Keimschläuche gleich verläuft. So entsteht auf geeignetem Nährsubstrate bald ein reich verzweigtes, gegliedertes, zartwandiges Mycelium, dessen Aeste häufig an Berührungsstellen mit einander verschmelzen. Sein Pyotoplasma ist äusserst feinkörnig, von kleinen Vacuolen durchsetzt und stark lichtbrechend. Bereits auf ziemlich jungen Mycelien er- scheinen (zuerst auf den ältesten, im Centrum gelegenen Myceltheilen) die Coni- dienträger als kurze, senkrecht emporwachsende, durch Querwände gegliederte Aeste, deren Endzelle ihr Wachsthum einstellt, nachdem sie durch eine letzte Querwand. eine die Conidien abschnürende Basidie erzeugt hat, welche ihren Scheitel zu einem pfriemenförmigen Sterigma zuspitzt. Auch die letzten beiden Gliederzellen des Fruchtastes bilden durch Sprossung unterhalb ihrer oberen Querwand nach und nach mehrere im Wirtel stehende Aeste, die sich in gleicher Weise verzweigen und deren jedesmalige Endzelle zu einer Basidie wird. Der Conidienträger erhält dadurch das charakteristische pinselartige Aussehen, welches dem Pilze den Namen „Pinselschimmel‘“ eintrug. Die Conidien entstehen auf den Sterigmen der Basidien als jeweilige blasige Anschwellungen succedan unter einander, so dass sie wie bei Cystopus (S. 79) und Eurotium (S. 142) Ketten bilden, ı Brefeld, Die Entwickelungsgeschichte von Penicillium, als 2. Heft von dessen „‚Botan. Untersuch. über die Schimmelpilze.“ Leipzig 1874. Hier auch wei- tere Literatur. 230 Tuberaeei. in denen die oberste Conidie die älteste, die unterste die jüngste ist (Fig. 65, A). Mit der Erzeugung zahlreicher Conidienträger und dem Abfallen der Conidien er- halten die Schimmelrasen das bekannte blaugrüne Aussehen und die staubige Be- schaffenheit. Die bei der leisesten Erschütterung in Wolken aufsteigenden Conidien werden natürlich von jedem Luftzuge überall hin verstäubt und erklären so die ungemeine Verbreitung des Schimmels. Zu erwähnen ist hier noch, dass bei üppiger Ernährung und dichten Mycelien die Conidienträger oft bündelweise verschmelzen und so einen baumartigen Pilz darstellen, dessen Stamm von den verschlungenen und aussergewöhnlich lang gewachsenen Fruchtträgern, dessen Krone von den dicht aneinander gedrängten, zahllosen, Conidienketten erzeugenden Basidien gebildet ist. Diese Form wurde ehedem als Coremium glaucum Lk. beschrieben. Fig. 65. Penieillium glaueum. A Conidienträger. BD Geschlechtsorgane. (€ An- lage des Fruchtkörpers: « das sich weiter entwickelnde Carpogon, b sterile Fäden. D Sehr junger Fruchtkörper im Querschnitt: « ascogene Hyphen, b steriler Theil des Fruchtkörpers, nm Mycelium. E wnd F Ascogene Hyphen (a) mit jungen Schlauchanlagen (s) und sterilen mycelartigen Fäden (m) aus einem weiter ent- wiekelten Fruchtkörper. @ Gruppe von Schläuchen mit Sporen. H Spore. I Kei- mende Sporen. AK Junges Mycelium, bei x die Spore. Nach Brefeld. Vergr. von A—@ =630, H und I= 800, K = 400. Die früher häufig ausgesprochenen leichtsinnigen Behauptungen ' eines Zu- sammenhanges der Conidienformen von Penieillium mit Hefe und Baeterien (8. 27) sind am schlagendsten durch die Darlegung des weiteren Entwickelungsganges durch Brefeld widerlegt worden. Derselbe schloss üppige Culturen von Penieillium auf glatten Scheiben des groben, ungesäuerten Brodes zwischen Glasplatten ein und zog sie so unter möglichstem Abschluss der atmosphärischen Luft weiter. Auf dem Mycelium treten dann nach einiger Zeit paarweise schlauchförmige, diekere Aeste auf, die einander schraubig 1—1’/, Mal umschlingen (Fig. 65, B), von denen es aber unentschieden bleibt, ob sie von einem oder von zwei Mycel- fäden entspringen, ebenso ob eine Copulation beider Aeste eintritt, oder nicht. Da diese Organe auffallend den Geschlechtsorganen von Gymnoaseus gleichen, (S. 137, Fig. 39, b) und nur an dieser Stelle die Fruchtkörper entstehen, da ferner aus einem derselben später die schlauchbildenden Hyphen entspringen, so sprach Brefeld sie damals (a. a. O. S. 46) als den Geschlechtsapparat des Penieillium an, N WERNE PUHHHEENINEENEDNENEEREN DE Tuberaeei. % 231 eine Ansicht, die er allerdings später widerrief (vgl. S. 135). Bald nach der Um- schlingung der Geschlechtsorgane beginnt ein Theil der Schraube (das Ascogon) als Zeichen stattgehabter Befruchtung auszuwachsen und Schläuche zu treiben (Fig. 65 C, a), die an Durchmesser und Inhalt der Mutterzelle durchaus ähnlich sind. Gleichzeitig entwickelt der die Geschlechtsorgane tragende Mycelfaden zahl- reiche sterile Hyphen (Fig. 65 C, b\, welche das Ascogon von allen Seiten um- wachsen (Fig. 65, C) und mit den Schläuchen des letzteren ein flockiges Faden- knäuel bilden, in dessen anfangs noch vorhandenen inneren Lücken die sich ver- längernden Schläuche des Ascogons eindringen (Fig. 65, DJ. Nach und nach werden in Folge weiterer Verzweigung der Hyphen im Inneren des Knäuels dessen Interstitien ganz ausgefüllt; es entsteht dann ein pseudoparenchymatisches Gewebe, dessen Oberfläche noch von einem flockigen Mycelüberzuge bedeckt ist. Die Zellen dieses Gewebes sind in der Nähe der ascogonen Schläuche am kleinsten, nach aussen werden sie in Folge weiteren Wachsthums bedeutend grösser, an der Peri- pherie wieder kleiner und etwas tangential gestreckt. Hat der kleine kugelige Körper sein Gesammtwachsthum eingestellt, so beginnt in den ascogonen Hyphen und in einigen Zellenlagen unter der Peripherie eine Verdickung der Membranen, in letzterer Schicht auch eine Gelbfärbung derselben. Endlich werden die äusser- sten nicht verdickten Zellenlagen sammt der faserigen Mycelhülle abgestossen und der in Grösse und Farbe einem Sandkorne gleichende Fruchtkörper, der in diesem Stadium am passendsten als Sclerotium bezeichnet wird, blossgelegt. Das Sclerotium kann bis drei Monate ausgetrocknet ruhen, ohne seine Fähig- keit zu weiterer Entwickelung zu verlieren. Wird es auf feuchter Unterlage weiter cultivirt, so tritt es in das Stadium ein, welches Penicillium eben den Tuberaceen nahe bringt. Man findet dann nach 6—7 Wochen das Gewebe in der unmittelbaren Umgebung der ascogonen Schläuche getrübt und seine Zellen welk, die ascogonen Schläuche selbst prall gerundet und reich mit feinkörnigem Plasma gefüllt. Von diesem Augenblicke ab datirt die Weiterentwickelung der betreffenden Schläuche. Während ein Auswachsen des sterilen Selerotiumgewebes an keiner Stelle stattfindet, wird jeder ascogone Schlauch durch Querwände in kurze. cylindrische Zellen getheilt (Fig. 65 E, a). Aus einzelnen dieser Glieder- zellen tritt je ein dieker Spross hervor (Fig. 65 E, s), der sich verzweigt (Fig. 65 F, s) und an seiner Spitze sammt den Verzweigungen schneckenartig einrollt. Gleichzeitig mit diesem dieken Spross, oder auch schon vor diesem, ist ein dünner, mycelialer Faden aufgetreten, der neben ihm sitzt, oft dieselbe Ursprungsstelle mit ihm hat und sich schnell verlängert und reich verzweigt (Fig. 65, E und F, m). Seine Aeste wachsen langsam in das umgebende sterile Gewebe des Selerotiums hinein, dasselbe zerstörend und damit als Organe der Nahrungsaufnahme für ihre Schwestersprosse arbeitend, die nun einem Parasiten gleich inmitten des Sclero- tiums leben, ohne mit dessen Gewebe noch in organischem Zusammenhange zu stehen. Letztere verzweigen sich reichlich weiter und die sich krümmenden Aeste schwellen streckenweise zu hinter einander gelegenen birnenförmigen Theilen an, die später in der Einschnürungsstelle auch durch eine Querwand von einander abgegrenzt werden, und so eine Reihe perlschnurartig angeordneter Zellen bilden, von denen jede ein Sporenschlauch ist, der in seinem Protoplasma acht Sporen erzeugt (Fig. 65, @). Letztere erinnern an die Sporen von Eurotium; sie sind dick linsenförmig, auf der breiten Kante mit einer Ringfurche und auf dem Exosporium mit drei bis vier schwachen Rippen versehen (Fig. 65, H, die Spore von der Kante gesehen). Mit ihrer Bildung, die 6—8 Monate nach der ersten Anlage des Sclero- tiums stattfindet, ist das ganze innere Gewebe des Sclerotiums bis auf die dünne tinde vollständig aufgezehrt, die dünnen mycelialen Fäden der ascogonen Schläuche sind verschwunden, die Schlauchmembranen aufgelöst und der ganze, in seiner Masse hellgelbe Haufe unzähliger kleiner Sporen liegt frei neben einzelnen Kry- stallen oder Drusen von oxalsaurem Kalke, der sich während des Entwickelungs- prozesses bildet, in der grossen Höhlung des Sclerotiums. Die Ascosporen zeigen ihre Keimfähigkeit einzeln noch nach zweijähriger trockener Aufbewahrung. Aus- gesäet, springt ihr Exosporium nach 18—24 Stunden in der Randfurche klappen- artie auf und das Endosporium tritt blasig hervor (Fig. 65, D, sich rasch zu einem Keimschlauche verlängernd, der in kurzer Zeit zum normalen, reichlich Conidien- träger entwickelnden Penieillium-Mycelium wird. Lässt man Scelerotien, deren ascogone Schläuche durch irgend welche Um- 232 D } Tuberacei. stände vor Aufzehrung des inneren Sclerotiumgewebes zu Grunde gegangen sind, feucht liegen, so wachsen durch die beim Eintrocknen entstandenen Rindenrisse aus Zellen des letzteren einzelne oder bündelweise als Coremium (S. 230) ver- einigte Conidienträger von Penicillium hervor, ein weiterer Beweis, dass die Sclero- tien in den Entwickelungskreis dieses Pilzes gehören. 2. Onygena Pers. Fruchtkörper oberirdisch, auf thierischen Resten oder Holz wachsend, kopfförmig, gestielt, mit dünner, zuletzt unregelmässig zerfallender Peridie, fast kugeligen, achtsporigen Schläuchen und kugeligen oder länglichen, einzelligen, farblosen Sporen, welche bei der Reife lose zusammengeballt allein von der Peridie umschlossen werden. Die Gattung wird auch wohl als Vertreter der kleinen Familie der Onygenei betrachtet. — O. equina Pers. Fruchtkörper kleiig, schmutzig-weisslich, mit röthlichhrauner Sporenmasse. Auf faulenden Hufen von Pferden, Rindern, Ziegen etc. x 3. Elaphomyces Nees ab Es. (Hirschtrüffel) Peridie dick, hart, holzig oder korkig, geschichtet, reif von der dunklen Sporenmasse erfüllt, welche von einem zarten, flockig-spinnewebartigen Capillitium durchzogen wird. Sporen zu 1—8 in kugeligen, kurzgestielten Schläuchen, kugelig, fast schwarz. Knollenartige, den Trüffeln ähnliche aber ungeniessbare, unterirdische Pilze, deren muthmasslicher Parasitismus bereits (S. 225) erwähnt wurde. Die Peridie besteht aus zwei mehr oder minder scharf hervortretenden, aber stets fest mit einander verbundenen Schichten. Die innere ist ein mächtiges, aus dicht verfilzten, oft sehr derbwan- digen Hyphen bestehendes Gewebe; die äussere Schicht ist dünner und bei den einzelnen Arten von verschiedenem Bau. Bei E. granulatus ist sie hart, spröde und dicht mit Warzem bedeckt. Die Mitte einer jeden Warze besteht aus einer kegelförmigen Gruppe unregelmässiger, sehr dickwandiger, gelber Zellen. Die Basis dieses Zellenkegels sitzt der Innenschicht der Peridie auf und die Kegel selbst berühren hier seitlich einander. Die Zwischenräume und Gipfel der Kegel aber werden von vielen zur Oberfläche concentrischen Lagen lückenlos verbundener, vierseitig-prismatischer Zellen ausgefüllt und bedeckt, und diese Zellen sind inner- halb jeder Lage in Reihen geordnet, die von jedem centralen Zellenkegel aus - strahlig divergiren. Die jüngsten Fruchtkörper derselben Art, welche De Bary' ' fand, waren 1—1'/, Millim. grosse, kugelige Körperchen im Inneren eines dichten, schmutzig gelben Myceliums. Ihre Oberfläche ist mit einer Rinde überzogen, welche Dicke, Farbe und Warzen der erwachsenen Exemplare zeigt und aus einem zartwandigen Pseudoparenchym. besteht, dessen Zellen vielfach mit dem Mycelium im Zusammenhange stehen. Das Innere des Pilzes ist ein aus zarten, dicht verflochtenen Hyphen bestehendes Gewebe, dessen centrale weissliche Masse die sogenannte Gleba bildet (vgl. auch die Gasteromyceten), in der später die schlauchbildenden Elemente auftreten.” — E. granulatus Fr. Von Haselnuss- bis Wallnussgrösse, fast kugelig, anfangs gelblich, später braungelb und auf der Oberfläche durch kleine, stumpfe Warzen rauh. Schläuche 1—8sporig. Sporen- masse schwarz, mit weissem Capillitium. In Wäldern, namentlich der Gebirgs- gegenden, vom Juni bis Oktober nicht selten. Von bitterem Geschmacke und mit einem eigenthümlichen, unangenehmen Geruche. War früher als Boletus cer- vinus officinell und wird hie und da noch jetzt von den Landleuten benutzt, um den Geschlechtstrieb der Zuchtstiere zu erregen. B. Tubereae. Fruchtkörper meist unterirdisch, mehr oder weniger fleischig; die Peridie dick, fleischig oder lederartig, mit dem fleischigen Innengewebe, in welchem die Sporenschläuche liegen, zusammenhängend und sich von demselben nicht ablösend. 4. Genabea Tul. Fruchtkörper mit engen, tief einspringenden, gyrös ge- wundenen Furchen und dadurch von aussen tief zerklüftet. Die Sporenschläuche liegen gruppenweise als Nester in den Buckeln. Sporen eiförmig, glatt, dunkel, bis zu 6 in den Schläuchen. — G. fragilis Tul. Unterirdisch, von der Grösse einer Haselnuss, schwarz, zerbrechlich. Frankreich (Orleans). ! De Bary, Morphologie u. Physiol. d. Pilze. S. 93. .” Entwickelung der Schläuche und Sporen in: De Bary, Ueber die Frucht- entwickelung der Ascomyceten. Leipzig 1863. 8. 31. ‘= Tuberacei. # ” 235 5. Hydnocystis Tul. Fruchtkörper nicht zerklüftet, mit einer einzigen grossen Höhlung, deren Wand von dem weisslichen Hymenium mit cylindrischen Sporenschläuchen ausgekleidet ist. Sporen zu 8 in den Schläuchen, glatt, blass. Unterirdisch. Frankreich. 6. Genea Vittad. Fruchtkörper nicht zerklüftet, mit mehreren labyrinthi- schen, zusammenhängenden Kammern (seltener mit- einer einzigen Höhlung), die auf dem Scheitel mit einer gemeinsamen Oefinung nach aussen münden. Schläuche cylindrisch, mit 8 in einer Reihe liegenden warzigen, farblosen Sporen. — G. fragrans 7ul. Unterirdisch, haselnussgross, etwas warzig, braunschwarz, innen weisslich. In lichten Laubwäldern in Thüringen, selten. 7. Balsamia Vittad. Fruchtkörper nicht zerklüftet, vollständig geschlossen, mit warziger Oberfläche, das Innere durch zahlreiche dicke, von der Peridie ent- springende Gewebeplatten in viele eng gewundene, luftführende, getrennte Kam- mern getheilt. Schläuche länglich-eiförmig, mit 8 ordnungslos liegenden länglich- runden, glatten, farblosen Sporen. — B. vulgaris Vittad. Unterirdisch, bis zur Grösse eines kleinen Apfels, kugelig, buckelig-uneben, mit rostrothen, weichen, leicht trennbaren Warzen besetzt, innen anfangs weisslich und trocken, später gelblich und saftig. Geruch stark und gewürzig. Norditalien und Frankreich. Ess- bar, aber von geringem Werthe. 8. Tuber Mich. (Trüffel). Fruchtkörper unterirdisch, ohne wurzelartige Basis, knollenförmig, mit dünner oder dicker, warziger oder glatter Peridie, innen fleischig, saftig, solid, mit massiven, gewundenen Kammern, welche von dem stark entwickelten, braunen Hymenium erfüllt sind, daher wie braune Adern zwischen dem übrigen, lufthaltigen, weissen Gewebe der Scheidewände erscheinen und das marmorirte Aussehen des inneren Fruchtfleisches bedingen. Sporenschläuche fast kugelig bis eiförmig, mit 1—8 (meist 4) ellipsoidischen bis kugeligen, braunen, ordnungslos liegenden Sporen mit stachelig oder netzförmig verdicktem Exo- sporium. Die Sporen entstehen in dem jungen Ascus nicht gleichzeitig, sondern eine nach der anderen, und einzelne von ihnen scheinen oft unausgebildet zu Grunde zu gehen." Ein Zellenkern ist in den Sporenschläuchen nie vorhanden. — Die Trüffeln gehören seit ältester Zeit zu den feinsten, durch gewürzigen Ge- ruch und Geschmack ausgezeichneten Speisepilzen. Sie leben vorzüglich in einem kalkigen oder aus Kalk mit Thon oder Sand gemischten Boden, oder in humus- reicher aber lockerer und sandiger Erde mit Thon- und Kalkunterlage und stets in lichten Wäldern, aus denen sie mit dem Fällen der Bäume verschwinden, um mit der Aufforstung abermals zu erscheinen. Man hat daher auch für die Trüffeln auf einen Parasitismus des Myceliums auf den Wurzeln der Waldbäume, vorzüglich derjenigen von Eichen und Hainbuchen (dann Kastanien, Haselnuss, Rothbuchen, Birken etc., selbst hie und da Nadelhölzern) geschlossen, was auch dadurch be- stätigt zu werden scheint, dass junge, aus dem Boden gewühlte Trüffeln sich nicht weiter entwickeln, wenn sie wieder in den Boden gebracht werden. Dass das Mycelium perennirend ist, schliesst Chatin aus dem Umstande, dass dasselbe das sanze Jahr hindurch zu finden ist, ferner daraus, dass auf frischen Trüffelplätzen das Mycelium 6—10 Jahre früher auftritt, als das Einsammeln der Pilze beginnen kann. Hauptgebiete für die Trüffeln sind Frankreich und Italien, wo sie besonders mit Hülfe dressirter Hunde (Trüffelhunde) auf den den Jägern bekännten Plätzen sesucht werden und von wo aus sie in verschiedener Weise conservirt in den Handel kommen. Nach der Reifezeit unterscheidet man in Frankreich die Winter- trüffeln, welche Ende Her.s: und in den Wintermonaten vollständig reif sind und die als die besten geschätzt werden (T. brumale Vitit., T. melanosporum Vitt.), von den Maitrüffeln, welche in den ersten Monaten des Jahres noch unreif ange- troffen werden, dann der Art nach schwer bestimmbar sind und die erst im August zur völligen Reife gelangen (T. aestivum Vitt., T. mesentericum Vitt. ete.). — A. Echte Trüffeln mit fleischiger, mehr oder minder warziger Peridie, die mit dem saftigen inneren Fleische zusammenhängt: T. brumale ! Ueber die Entwickelung der Sporen ist zu vergleichen: Hofmeister, Ueber die Entwickelung der Sporen des Tuber aestivum; Jahrb. f. wissenschaftl. Botan. II, 378, Taf. 33—85. — De Bary, Ueber die Fruchtentwickel. d. Ascomy- ceten S. 24. 934 ai s Tuberacei. Basidiomyecetes. Vitt. Nuss- bis faustgross und manchmal bis 1 Kilo schwer, fast kugelig, mit grossen, rauhen, später glatten, eckigen Warzen, aussen schwarz, innen schwarz- grau und von weissen Adern marmorirt. Sporen mit stacheligem Exosporium, schwarzgrau. November bis Februar. Vorzüglich in Frankreich und Italien, in Deutschland (Rheinlande) selten. — T. melanosporum Vitt. (T. ceibarium Pers.) Röthlichschwarz, die Warzen röthlich gefleckt, das Innere violettschwarz oder dunkel braunroth, mit röthlichen Adern. Sonst wie vorige Art. Die vorzüglichste Trüf- fel, die namentlich in Frankreich und Italien, aber auch in Deutschland (Rhein- lande) gefunden wird. — T. aestivum Vitt. Bis 5 Centim. Durchmesser, unregel- mässig kugelig, mit sehr grossen, pyramidalen Warzen, aussen schwarzbraun, innen blassbraun und weisslich marmorirt. Sporen gross, ellipsoidisch, braun, mit netzi- gem Exosporium. Juli bis Oktober. Frankreich, Italien, Deutschland (Thüringen z. B.) England. — T. mesentericum Vitt. Kleiner als vorige Art, innen dunkler braun, mit schwärzlichen und weissen Adern. Meist in Begleitung der vorigen Art. — B. Echte Trüffeln mit glatter, anfangs weisser, später brauner Peridie: T. magnatum Pico. Bis 10 Centim. im Durchmesser, unregelmässig lappig, anfänglich weisslichgelb, später blass ockerbraun, innen locker-schwammig, zuerst weisslich, dann gelblich bis braunroth, manchmal fast rubinroth. Sporen mit netziger Oberfläche. August bis Oktober. Italien, seltener in Deutschland. — C. Ungeniessbare Holztrüffeln (Trifole di legno der Italiener) mit lederartiger, von dem saftlosen Inneren scharf abgegrenzter Peridie: T. excavatum Vit#. Wallnussgross, fast kugelig bis unregelmässig, an der Basis meist ausgehöhlt, kleinwarzig, aussen schmutzig gelbroth, innen gelblich, mit elli- psoidischen, gelbbraunen, netzförmig gezeichneten Sporen. November bis Februar. Frankreich, Italien, in Deutschland selten. — T. rufum Pico. Erbsen- bis wall- nussgross, fast glatt bis warzig, aussen dunkelbraun, innen rothbraun mit weiss- lichen Adern. Sonst wie vorige Art. 9. Pachyphloeus Tul. Von Tuber durch die wurzelartige Basis des Frucht- körpers, die länglichen Sporenschläuche mit 8 Sporen ete. unterschieden. — P. melanoxanthus 7ul. Hasel- bis wallnussgross, kugelig, schwarzgrün, innen grünlich marmorirt. In Eichen- und Buchenwäldern Frankreichs, Englands, Deutschlands (selten). 10. Choiromyces Vitt. Peridie unterirdisch reifend, glatt, kahl, blassbraun, im Inneren fleischig, weiss, reif fast zähe und von den feinen dunkleren Adern des Hymeniums durchzogen, dessen in einer Reihe stehenden Sporenschläuche länglich eiförmig und lang gestielt sind. Sporen zu 8 in den Schläuchen, warzig. — Ch. maeandriformis Vitt. (Tuber album Sow. — Weisse Trüffel). Faust- gross und grösser, unregelmässig knollig, einer Kartoffelknolle nicht unähnlich, blassbraun oder weisslichgelb, innen weiss mit gelblichen, stark gewundenen Adern. Sporen kugelig. Juni bis August. In Deutschland (Böhmen, Schlesien), Russland, Italien und England nicht selten und bis 7 Centim. unter der Oberfläche, oft nur halb bedeckt, in lockerer, etwas sandiger Erde, besonders unter Eichen, Buchen und Birken. Wohlschmeckend und daher viel gesammelt. 11. Terfezia 7ul. Wie vorige Gattung, aber das Innere im reifen Zustande durch weissliche Adern in saftige, weiche, rundliche Partieen getheilt, in denen die elliptischen bis kugeligen Sporenschläuche ordnungslos eingeschlossen liegen. Sporen stachelig. — T. Leonis 7ul. Bis faustgross, kugelis, manchmal gelappt, weisslichgelb bis hellbraun, innen anfangs weiss, später weissaderig mit braunen Flecken. In Eichenwäldern Italiens, Südfrankreichs und vorzüglich in Nordafrika (Algerien). Sehr wohlschmeckend, daher schon bei den alten Römern aus Afrika bezogen und noch jetzt dort massenhaft gesammelt. ” 18. Ordnung. Basidiomyeetes. Pilze mit meist reich entwickeltem, stets durch Querwände gegliedertem, ästigem Mycelium und in der Regel vollkommen entwickelten, mannigfaltig gestalteten Fruchtkörpern, in oder auf denen die Sporen auf zahlreichen Basidien abgeschnürt werden. Letztere sind eylindrische, keulenförmige oder Basidiomycetes. bi 235 eiförmige bis fast kugelige Zellen, deren Ende sich entweder unmittelbar zur Spore abgliedert (Aecidiomyeetes) oder welche erst besondere Ausstülpungen treiben, auf deren Enden die Sporen erscheinen (Tremellini, Gasteromycetes und Hymenomycetes). In jedem Falle aber erscheinen die Sporen bis zu ihrer Loslösung der Mutterzelle als einem Träger, einer Basis aufgesetzt, daher die Bezeichnung Basidie, oder auch Benennungen wie Sporenträger (sporophores) und Stützschläuche (asci suffultorii). Eetosporen Die Sporen selbst werden Basidiosporen, Acrosporen, oder acrogene Sporen genannt. Die Sporenbil- dung ist hier eine von anderen Theilungsvorgängen nur der Form nach unterschiedene echte Zellthei- lung, die Spore strenge genommen die Schwesterzelle ihrer Basidie. Bezüglich der Art der Sporen- bildung lassen sich in dieser Ord- nung zwei Fälle unterscheiden. Bei der ersten, in ihrer Organisation am tiefsten stehenden Unterordnung, den Rostpilzen oder Aecidio- myceten (Uredineen), erinnert der Vorgang lebhaft an die Conidien- abschnürung von Cystopus (S. 79) und ähnlichen Gattungen. Die Sporen werden zu vielen eine nach der anderen (succedan) auf dem Ende der Basidie dadurch erzeugt, dass dieses durch eine Querwand als erste Spore abgegliedert wird, unter dieser ersten Spore nach voraufgegangenem Längenwachsthum der Basidie eine zweite entsteht und so fort, so dass die Basidie schliesslich eine ganze Sporenkette trägt (Fig. 67 A, a), in welcher Fig. 66. Cortieium amorphum Fr. «a Eine fast ausgewachsene Basidie. b Scheitel einer Basidie, die älteste Spore oben, die jüngste unten steht. auf welcher die vier Sterigmen gebildet sind. c Ba- ? 5 sidie, deren Sterigmen eben zu den Sporen an- Aber auch die Sporenbildung schwellen. 4 Aeltere Basidie mit halbreifen, noch der anderen der drei oben ge- RE BESEBLERF ER Au EL a x tel einer Basidie mit reifen Sporen. Vergr. 390, nannten Unterordnungen findet in NR DS Bary. der Entwickelung der Conidien vieler Pilze (z. B. Peronospora — S. 76) ihr Analogon und die oben ge- sebenen Bezeichnungen können daher eben so gut auch für die Conidien und die sie erzeugenden Organe gelten. Hier schnüren die Basidien an einem oder mehreren Punkten gleichzeitig (simultan) je eine Conidie ab und dann keine weiteren. Als Typus gelten hier vor allen die Hymenomy- ceten und Gasteromyceten; die der ersteren Gruppe angehörende Gattung Cortieium mag als Beispiel kurz erläutert werden. Bei dieser Gattung stehen, wie bei allen übrigen Formen, die Basidien dicht gedrängt (oft 236 Basidiomycetes. Aecidiomycetes: Uredineae. zwischen zahlreichen sterilen Zellen — den Paraphysen oder Pallisaden) in grosser Menge in dem die betreffenden Fruchtkörpertheile überziehenden Hymenium, meistens als kurze oder gestreckt keulenförmige Schläuche, die von ihrem Tragaste durch eine Scheidewand abgegrenzt sind (Fig. 66, a). Die meist zarte, farblose Membran der Basidie zeigt zu keiner Zeit be- merkenswerthe Eigenthümlichkeiten. Das Protoplasma ist feinkörnig und gewöhnlich farblos; es füllt wenigstens zuerst den ganzen Innenraum der Zelle aus (Fig. 66, «), oder ist von Vacuolen (gewöhnlich auf älteren Ent- wickelungsstufen) durchsetzt. Bei Corticium und manchen anderen Formen ist in der jugendlichen Basidie ein Zellkern vorhanden; bei vielen Basidio- myceten fehlt derselbe jedoch. Bald beginnt nun der anfänglich abgerun- dete Scheitel der Basidie Ausstülpungen zu treiben, die gewöhnlich die Form pfriemenförmiger Stiele haben, als Sterigmen bezeichnet werden, bei deren Anlage der Zellkern verschwindet und deren Zahl in der Regel 4 beträgt (Fig. 66, 5), die aber auch zu 2 (Calocera, Octaviana) oder zu 8 (Geaster) oder in unbestimmter Zahl erscheinen. Haben die Sterigmen ihre bestimmte Länge erreicht, so schwillt jedes Sterigma an seinem Ende zu einer Blase an (Fig. 66, ec), welche nach und nach die Form und Grösse der fertigen Spore erhält (Fig. 66, d) und in welche in demselben Maasse das Protoplasma der Basidie hineinrückt, so dass letztere von unten nach oben mehr und mehr entleert wird (Fig. 66, ce) und schliesslich nur noch geringe Protoplasmareste enthält. Erst wenn die Sporen ihre volle Grösse erlangt haben und ihre Membran nahezu vollständig ausgebildet ist (Fig. 66, e), werden dieselben durch eine Querwand von den Sterigmen abgegrenzt, und da diese gewöhnlich ein kurzes Stück unterhalb des Ansatzpunktes der An- schwellung liegt, so ist die reife Spore mit einem kurzen Stielchen versehen. Alle Sporen einer Basidie werden zu gleicher Zeit reif; die Basidien eines und desselben Hymeniums fructificiren indessen so ungleichzeitig, dass man in letzterem alle denkbaren Entwickelungsstadien der Sporen neben einander findet. Dass endlich hie und da Abweichungen von dem kurz dargestellten Entwickelungsgange vorkommen, ist wohl nicht auffällig; einzelne derselben werden später bei den betreffenden Gattungen Erwähnung finden. 1. Unterordnung. Aeeidiomycetes. 126. Familie Uredineae.! Die Rostpilze sind Parasiten, deren fädiges, verzweigtes, durch Querwände gegliedertes Mycelium im Inneren lebender Pflanzen und gewöhnlich intercellular wuchert, deren Sporen in kleineren oder grösseren, nackten oder von einer Hülle (Peridie) eingeschlossenen Lagern unter der Epidermis des befallenen Pflanzentheiles entwickelt werden und von dieser locker bedeckt bleiben oder dieselbe sprengen und frei in Form kleiner, meist rostfarbener, staubartiger oder festerer und krus- tiger Fleckchen hervortreten. Die Mehrzahl der Rostpilze besitzt zwei oder mehr ! De Bary, Untersuchungen über die Brandpilze und die durch sie verur- sachten Krankheiten der Pflanzen. Berlin 1853 (mit 8 Tafeln). — Tulasne, Me- moire sur les Ustilagindes compar. aux Uredinees. Ann. d. science. nat. ser. II. vol. VII. (Uredineen: pag. 43) Tab. 2—7. — Tulasne, Second me&moire sur les Uredindes 'et les Ustilagindes. Ann. d. sc. nat. ser. IV. vol. II. 77. tab. 7—12. — De Bary, Recherches sur le developpement de quelques champignons parasites. Ann. d. sc. nat. ser. IV. vol. XX. 5. (Uredineae: pag. 68. tab. 10. 11.) — De Uredineae. 237 wesentlich verschiedene Arten von Sporen, die in bestimmter Reihenfolge und meist auch in verschiedenen Lagern nach einander entwickelt werden (Generations- wechsel) und zu deren Erzeugung manchmal sogar ein Wirthwechsel des Pilzes nothwendig wird, d. h. der Pilz muss, um seinen ganzen Entwickelungskreis voll- enden zu können, zu einer bestimmten Zeit auf eine andere Species von Nähr- pflanze übersiedeln, als auf welcher er bis dahin lebte. Ehe diese Eigenthümlich- keiten bekannt wurden, sah man natürlich die verschiedenen Sporenformen (ähnlich wie bei den Ascomyceten) für eigene Arten und Gattungen an und noch jetzt muss eine Anzahl von Arten, deren Entwickelungsgang und Zugehörigkeit zu anderen nicht festgestellt ist, in solchen Sammelgattungen besonders aufgeführt werden. Die zum Theil gefürchtete Krankheiten (Rost) verschiedener Culturgewächse ver- ursachenden, sämmtlich für die befallenen Nährpflanzen schädlichen Rostpilzformen sollen hier, da ihr Entwickelungsgang innerhalb derselben Gattung sehr verschieden verläuft, gesondert besprochen werden; doch mag zur vorläufigen Orientirung zu- nächst eine Tabelle folgen, in welcher auch die älteren Sammelgattungen Platz gefunden haben. I. Sporen nicht unter einander verwachsen, in staubigen Lagern oder doch leicht einzeln ablösbar. A. Abgefallene Sporen an der Basis mit einem Reste des farblosen Stieles, selten einzellig, meist zwei- bis mehrzellig, meist dunkelbraun gefärbt. 1. Sporen einzellig: Uromyces. 2. Sporen zweizellig, die Zellen über einander stehend. a. Sporen nicht in Gallerte eingebettet: Puccinia. b. Sporen in Gallerte eingebettet: Gymnosporangium. 3. Sporen aus 3 in der Mitte zusammenstossenden Zellen gebildet: Tri- phragmium. 4. Sporen in eine Reihe über einander stehender Zellen (mehr als zwei) getheilt. a. Sporen walzenförmig: Phragmidium. b. Sporen durch Einschnürungen an den Querwänden rosenkranz- förmig: KXenodochus. B. Abgefallene Sporen ohne Stiel, einzellig, gelb, roth oder braun, meist stachelig. 1. Sporenlager von einer Hülle (Peridie) umgeben. Sporen auf den Ba- sidien kettenförmig abgeschnürt. a. Peridie becherförmig, meist mit gezähntem Rande: Aecidium. b. Peridie halbkugelig, auf dem Scheitel mit runder Oeffnung: En- dophyllum. c. Peridie mützen- oder flaschenförmig, durch Auseinanderweichen der Zellenreihen der Länge nach gitterförmig gespalten aber mit ganzem Scheitel, oder an der Spitze pinselförmig: Roestelia. d. Peridie blasenförmig, unregelmässig zerreissend: Peridermium. 2. Sporeulager ohne Peridie, von Spermogonien begleitet. Sporen ketten- förmig abgeschnürt: Caeoma. 3. Sporenlager ohne Peridie. Sporen einzeln auf den Basidien, selten kettenförmig abgeschnürt, aber dann die Sporenlager nicht von Sper- mogonien begleitet: Uredo. Bary, Neue Untersuchungen über Uredineen. Monatsber. d. Berliner Akad. 1865. S. 15. — Reess, Die Rostpilzformen der deutschen Coniferen. Abhandl. d. natur- forsch. Gesellsch. zu Halle a. S. XI. — Schröter, Die Brand- und Rostpilze Schlesiens. Abhandl. d. Schlesisch. Gesellsch. f. vaterländ. Cultur 1869. — Schrö- ter, Entwickelungsgeschichte einiger Rostpilze, in Cohn’s Beiträgen zur Biologie d. Pflanzen I. Heft 3. S. 1. — Weitere, einzelne Gattungen und Arten behandelnde Literatur folgt am betreffenden Orte. > 238 Uredineae: Pueceinia. II. Sporen unter einander und mit dem Substrate zu einem flachen, krusten- förmigen Lager verwachsen. 1. Sporen einfächerig. a. Sporenlager unter der Epidermis (intercellular): Melampsora. b. Sporenlager in den Epidermiszellen selbst gebildet (intracellular): Melampsorella. 2. Sporen mehrfächerig. a. Sporenlager intercellular. «. Sporenlager roth. Sporen keulenförmig: Coleosporium. ß. Sporenlager orangegelb. Sporen fadenförmig: Chrysomyxa. y. Sporenlager schwarzbraun: Phragmopsora. b. Sporenlager intracellular. «. Sporenlager fleckenweise auftretend: Thekapsora. P. Sporenlager die ganze Fläche des angeschwollenen Stengel- theiles überziehend: Calyptospora III. Sporen zu einem aufrechten, säulenförmigen Körper verwachsen: Cronartium. 1. Puccinia Pers. Teleutosporen braun, 2zellig (Fig. 67 B, t — siehe unter P. graminis), die untere Zelle meistens etwas kleiner, als die obere. Der Ent- wickelungsgang der in dieser Gattung vereinigten Rostpilze ist ein nach den einzelnen Arten sehr verschiedener, je nachdem nur eine Sporenform erzeugt wird, oder mehrere Sporenformen nach einander und dann entweder auf derselben Nährpflanze (autöcische Puccinien) oder mit Wirthwechsel (heteröcische Puceinien) auftreten. Unter letzteren Arten charakterisirt P. graminis mit ihren Verwandten die Gattung am vorzüglichsten, mag daher zuerst besprochen werden. P. graminis Pers. (Grasrost, Getreiderost.)! Teleutosporen nicht. von der Epidermis der Nährpflanze bedeckt und nicht von Paraphysen begleitet, länglich, in der Mitte eingeschnürt, am Scheitel verdickt, abgerundet oder zuge- spitzt, der Stiel so lang oder fast so lang als die Spore (Fig. 67 B, db); Stylosporen (Fig. 67 B, w — vgl. unten) lang elliptisch. Die Sporenlager dieses Parasiten treten auf allen grünen Theilen zahlreicher Gräser, vorzüglich auf den unteren Theilen der Halme und auf den Blattscheiden auf, fehlen aber auch den Blatt- spreiten nicht und erscheinen manchmal selbst auf den Spelzen. Auf den Ge- treidegräsern ist der Rost eine häufige Erscheinung und zugleich ein gefürchteter Schmarotzer, der, wenn er die Pflanze sehr zeitig befällt, nicht selten die Weiter- entwickelung der Jungen Aehre hindert, der aber auch in anderen Fällen den Körnerertrag um so mehr herunterdrückt, je zeitiger und massenhafter der Pilz sich ansiedelt und die befallenen Theile zerstört. Die ersten Lager der Stylosporen erscheinen gewöhnlich erst mit Anfang Juli, wodurch sich diese Art von der folgenden ebenfalls unterscheidet. Sie “durchbrechen die weit aufreissende Epi- dermis in Gestalt schmaler, linienförmiger Streifen von rostrother Farbe und bleiben auf der Blattspreite gewöhnlich kürzer, während sie auf Halmen und Blatt- scheiden oft 2 Centim. Länge erreichen. Später färben sich die Sporenlager all- mählich braun bis braunschwarz, indem in ihnen nach und nach die Teleutosporen auftreten, welche zuletzt allein die Rostflecken bilden. Der von De Bary zuerst klar dargelegte Entwickelungsgang des Getreiderostes verläuft in folgender Weise. Die Teleutosporen, die letzte Sporengeneration des Jahres, vermitteln die Ueberwinterung des Schmarotzers und werden daher auch wohl als Wintersporen bezeichnet. Bei der im nächsten Frühjahre erfolgenden Keimung wird das derbe, braune Exosporium einer oder beider Zellen der Winterspore von dem zarten En- dosporium durchbrochen und letzteres wächst zu einem zarten, farblosen Keim- schlauche aus, der indessen nicht sofort neues Mycelium, sondern eigene Fort- pflanzungszellen erzeugt und daher als Promycelium bezeichnet wird (Fig. 67 E, p). Das in der Regel etwas stärkere Ende des Promyceliums gliedert sich nämlich durch mehrere Querwände in 3—4 Zellen, deren jede unter ihrer oberen ! De Bary, Neue Untersuchungen über Uredineen, insbesondere die Ent- wickelung der Puceinia graminis. Monatsber. d. Berl. Akad. 1865. Uredineae: Pucecinia, Scheidewand eine pfriemenförmige Ausstül- pung (Sterigma) treibt, auf deren Spitze durch blasige Anschwellung eine zartwandige, plas- mareiche Zelle, die Sporidie (Fig. 67 E, sp) entsteht, welche sich später durch eine Quer- wand abgrenzt und leicht abfällt. In feuchter Atmosphäre erfolgt die Keimung sehr rasch und gewöhnlich sind schon nach 12—24 Stun- den Sporidien vorhanden. Diese keimen ihrer- seits wieder, indem sie an einem Ende zu einem zarten Keimschlauche auswachsen, der aber (eben so wenig wie das Promycelium) nie in die Epidermis der Gräser eindringt, vielmehr zur Entwickelung neuen Myceliums der Uebersiedelung auf eine andere Nähr- species bedarf. Durch die alte Erfahrung der Landleute geleitet, dass nämlich der Getreiderost in der Nähe von Berberitzen- sträuchern am häufigsten auftrete, wurde De Bary veranlasst, die Teleutosporen auf Blätter der Berberitze (Berberis vulgaris L.) auszusäen. Nach 12—24 Stunden sind die zahlreichen abgefallenen Sporidien schon mit unbewaffneten Augen auf der .Blattfläche sichtbar und nach weiteren 24—48 Stunden findet man zahlreiche gekeimte Sporidien, deren Keimschläuche die Epidermis des Berbe- ritzenblattes direct durchbohrt haben und vielfach bereits innerhalb der Epidermiszellen sich verzweigen. Die Keimschläuche dringen dann rasch weiter in das Blattparenchym vor und erzeugen ein reiches Mycelium, das .an seinen Verbreitungsheerden das Blatt auch äusserlich bald gelbroth gefleckt und etwas verdickt erscheinen lässt und schon am 6.—10. Tage nach der Aussaat die ersten Spermogonien entwickelt: kleine, krug- förmige Behälter (Fig. 67 A, s), die im We- sentlichen mit den gleichen Organen der Ascomyceten übereinstimmen (8. 148), zu deren enger Mündung ein pinselartiges Bü- schel von Haaren hervorragt und die in ihrem Inneren auf zahlreichen Basidien reihenweise kleine, ovale Spermatien abschnüren, welche in Schleimmasse eingehüllt tropfen- oder ranken- artig zur Spermogoniummündung heraus- quellen. Ihre Bedeutung für die Aecidiomy- ceten ist noch nicht sicher festgestellt. In seiner vorläufigen Mittheilung über die Frucht- entwickelung der Flechten sagt indessen Stahl,! dass die von ihm an Uromyces Fabae De B. angestellten Untersuchungen mit der Vermuthung im Einklange stehen, nach wel- cher die Spermatien eine geschlechtliche Einwirkung auf die jungen Aecidiumanlagen ausüben könnten, ohne dass indessen seine Resultate bis dahin zu sicheren Schlüssen berechtigen. Die Spermogonien erscheinen vorzugsweise auf der Blattoberseite, fehlen ! Botan. Zeitung 1874. S. 180. A Stück eines Querschnittes vom Blatte der Berberitze mit Aecidium («, b) und Spermogonien (s), schwach vergrössert und etwas schematisitt. 2 Sommer- (tr) Fig. 67. und Wintersporen (l): Vergr. 390. _C Kei- mende Sommerspore (Vergr. 390). D Winter- sporen auf einem Querschnitte des Quecken- blattes. E Keimende Winterspore: p Pro- mycelium, sp Sporidie (Vergr. ca. 400). A, B, D und E von Puceinia graminis, © von P. straminis. # Winterspore von Puceinia coronata (Vergr. 300). @ Winterspore von Phragmidium incrassatum (Vergr. 300). B—D nach De Bary, E nach Tulasne. 240 Uredineae: Puceinia. indessen auch der Unterfläche nicht. Einige Tage nach ihrem Auftreten finden sich dann auf demselben Mycelium und also in unmittelbarer Nähe der Spermo- gonien eigenthümliche Früchte ein, welche man früher als eigene Gattung unter dem Namen des Aecidium Berberidis Pers. beschrieb, wie denn auch die Spermogonien als vermeintlich selbständige Gebilde den Namen Aecidiolum exanthem en Ung. erhalten hatten. Diese Aecidien sind die vollkommenste Fruchtform eres Rostpilzes. Sie stellen im reifen Zustande becherförmige Be- hälter dar (Fig. 67 A, «), deren Wand oder Peridie aus einer einzigen Schicht reihenweise geordneter, polyödrischer, dickwandiger Zellen besteht. Im Grunde des Bechers erheben sich zahlreiche, dicht neben einander gestellte Basidien, welche auf ihrem Scheitel reihenweise zahlreiche Sporen abschnüren, deren untere jüngere in Folge des gegenseitigen Druckes polyödrisch erscheinen, während die oberen Sporen der Kette sich allmählich kugelig abrunden. Die Sporen selbst sind mit dicker, farbloser Membran und einem durch gelbrothe Oeltropfen ge- färbten Protoplasma versehen. Als erste Anfänge der Aecidien findet man nach De Bary (Morphol. u. Physiol. d. Pilze, S. 185) „in den Intercellularräumen des subepidermalen Parenchyms dichte, aus verfilzten Myceliumfäden gebildete Ge- flechte mit lufthaltigen Interstitien, anfangs kaum grösser als eine Parenchymzelle, allmählich an Umfang zunehmend und die umgebenden Elemente des Parenchyms verdrängend. Von dem Centrum gegen den Umfang hin fortschreitend, nehmen die einzelnen Zellen der anfangs schmal cylindrischen Fäden, aus denen das Ge- flecht besteht, an Umfang derart zu, dass dieses allmählich das Ansehen eines Pseudoparenchyms oder Merenchyms erhält mit runden oder ovalen, zartwandigen, wasserhellen Zellen und engen, lufthaltigen Interstitien. Dieser Merenchymkörper bleibt rings umgeben von einem Geflechte gewöhnlicher und in seine äusseren Elemente continuirlich übergehender Myceliumfäden. Er liegt mit seiner einen Seite (Scheitel) nahe unter der Epidermis des Wirthes, seine entgegengesetzte Seite (Grund) ragt tief in das Parenchym hinein (Fig. 67 A, b). Seine Gestalt ist kugelig oder vom Scheitel nach dem Grunde hin abgeplattet. In dem Grunde des Merenchymkörpers, und zwar in der Fläche, wo dieser an das umgebende Myce- lium grenzt, tritt nun das Hymenium auf; eine kreisförmige, seltener unregelmässig gestaltete, lückenlose Schicht kurz cylindrisch -keulenförmiger, senkrecht gegen den Scheitel gerichteter Basidien, deren jede eine einfache lange Reihe .von Sporen in basipetaler Folge abschnürt.‘“ Auch die Peridie des Aecidiumbechers wird in gleicher Weise erzeugt. Eine den Rand des Hymeniums einnehmende ringförmige ‚Reihe von Bildungszellen, gleichsam Basidien, vermittelt ihr Wachs- thum, indem diese Basidien auch reihenweise in basipetaler Folge Zellen abglie- dern, die in lückenloser Verbindung stehen und deren oberste zusammenneigen und über dem Scheitel der Sporenketten die Peridie schliessen. Die Hülle ist also gewissermassen nur eine peripherische Lage grösserer und steriler Sporen. „Durch die stete Nachschiebung neuer Elemente vom Grunde aus und die Ver- grösserung der angelegten nimmt das Sporenlager mit seiner Hülle an Umfang zu und drängt sich in den Merenchymkörper ein. Sein Wachsthum in die Dicke drückt die Zellen des letzteren oft bis zur Unkemntlichkeit zusammen. In Folge seiner Verlängerung wird erst der Scheitel des Merenchymkörpers durchbohrt, dann die Epidermis der Nährpflanze durchrissen, das Lager tritt über diese hervor und wächst, wenn es vor Verletzung geschützt ist, durch stete Neubildung vom Grunde aus zu einer bis einen Millimeter langen, sporenerfüllten Röhre heran. Nach Durchbrechung der Epidermis trennen sich die Zellen der Hülle im Scheitel von einander, diese wird becherförmig geöffnet (Fig. 67 A, a), die obersten reifen Sporen fallen aus, und dieses Zerfallen der Tiülle und Sporenketten schreitet gegen den Grund des Lagers fort; rascher im Freien und bei wechselnder Feuchtigkeit der Umgebung, als an sorefältig geschützten Culturexemplaren.‘“ Die Sporen des Aecidium sind gleich nach ihrer Reife keimfähig, entwickeln jedoch nur dann ein neues Mycelium, wenn ihre Keimung auf Gräsern stattfindet, durch deren Spalt- öffnungen der Keimschlauch in das Parenchym des Halmes und der Blätter hin- einwächst. Dieses Mycelium erzeugt nun zuerst die rostfarbenen Häufchen der Stylosporen, die man früher als die Sporen einer selbständigen Gattung be- trachtete und als Uredo linearis Pers. beschrieb, welche man daher auch wohl als Uredosporen oder auch als Sommersporen bezeichnet, mit letzterem Na- men desshalb, weil sie es sind, welche die rasche und massenhafte Ausbreitung Uredineae: Pueeinia. 241 des Rostes während des Sommers bedingen. Die Stylosporen des Getreiderostes, welche die Epidermis durchbrechen, werden an der Spitze langer, stielartiger Ba- sidien als lang-ellipsoidische Zellen abgeschnürt, deren ziemlich dicke, farblose Membran auf der Oberfläche mit kurzen, stachelartigen Wärzchen besetzt und deren Inhalt durch ein gelbrothes Oel gefärbt ist (Fig. 67 B, «). Sie sind sofort keimfähig und treiben aus vier quer um die Spore gleichweit von einander ent- fernt liegenden dünneren Stellen (Keimporen) der Membran a (Fig. 67 C, von P. straminis), welche wieder durch die Spaltöffnungen in die Graspflanzen eindringen, hier neues Mycelium und schon nach acht Tagen neue Uredo-Lager erzeugen. In den späteren Sommersporenlagern treten dann beim Herannahen des Herbstes zuerst vereinzelt die Teleutosporen (Fig. 67 B, t) auf demselben Mycelium auf, das bis dahin Stylosporen erzeugte. Auch diese werden an den Enden stiel- artiger Basidien gebildet, welche keulig anschwellen, sich dann durch eine Quer- wand abgrenzen und durch eine zweite Querwand sich noch einmal in zwei Zellen theilen. Die Zahl der Teleutosporen steigert sich in dem Maasse, als die Anzahl der Stylosporen des Lagers abnimmt und schliesslich sind in letzterem nur noch die Wintersporen vorhanden (Fig. 67 D). Uebrigens scheinen ähnlich, wie bei verwandten Grasrosten, auch bei P. graminis vereinzelte Stylosporen den Winter zu überdauern und eine Verbreitung des Rostes bereits zu einer Zeit zu verur- sachen, wo die Aecidien noch nicht entwickelt sind. Dass eine auch bereits überall angestrebte Entfernung der Berberitzensträucher aus der Nähe der Getreidefelder das Hauptmittel zur Einschränkung des Getreiderostes ist, wird nach dem Gesagten begreiflich erscheinen. — P. straminis Fuck. Teleutosporen von der Epidermis bedeckt bleibend, sehr kurz gestielt, am Scheitel abgeflacht oder zugespitzt, mit Paraphysen untermischt; Stylosporen kugelig, mit sechs über die ganze Oberfläche gleichweit vertheilten Keimporen (Fig. 67 C). Diese Art ist nächst voriger der häufigste, ebenfalls sehr schädliche Grasrost, dessen Stylosporen (früher Uredo Rubigo-vera DC.) bereits im zeitigen Frühjahre auftreten und dessen Teleuto- sporen in besonderen Lagern, nicht in denen der Uredo zur Entwickelung kommen. Er ist heteröcisch und entwickelt sein Aecidium (das alte Aecidium Asperi- folii Pers.) auf den grünen Theilen der verschiedensten Asperifoliaceen, nament- lich auf Lycopsis arvensis und Anchusa offieinalis. — P. coronata Corda. Te- leutosporen von der Epidermis bedeckt bleibend, fast stiellos, auf dem Scheitel mit einem Krönchen aus mehreren hornartigen, stumpfen Zacken (Fig. 67 F); Stylosporen kugelig. Die Stylo- und Teleutosporen auf Gräsern (namentlich auf Holcus lanatus) häufig und auch auf Getreide (Hafer) vorkommend; die Aecidien (früher Aecidium Rhamni Pers., Ae. elongatum Lk.) auf Rhamnus Frangula und Rh. cathartica. — P. Caricis DC.! Stylosporen und Teleutosporen auf ver- schiedenen Carex-Arten, Aecidien (Aecidium Urticae Schum.) auf Urtica dioica. — P. sessilis Schneid.? Stylo- und Teleutosporen auf Brachypodium sylvaticum und Phalaris arundinacea, Aecidien (Aecidium Alliatum Kabenh., Ae. Allii ursini Pers.) auf Allium ursinum. — P. arundinacea Hedw.?” Stylosporen und Teleutosporen auf Phragmites communis, Aecidien (Aecidium rubellum Pers.) auf Rumex-Arten. — P. Moliniae 7ul.* Stylo- und Teleutosporen auf Molinia coerulea, Aecidien (Aecidium Orchidearum Desm.) auf Orchis und Listera. — P. Compositarum Schlechtd., auf den verschiedensten Compositen auftretend, ist autöcisch und besitzt Aecidien mit Spermogonien, Stylosporen und Teleutosporen. — P. discoidearum Lk. Vorzüglich auf Arten von Artemisia, Tanacetum etc. und entwickelungsgeschi@htlich der vorigen Art gleich. Die seit 1866 in Südruss- ı Magnus, Ueber die Zusammengehörigkeit d. Aecidium Urticae mit einer Pueceinia auf Carex hirta. Sitzungsber. d. Gesellsch. naturforsch. Freunde zu Berlin 1873. — Schröter, Entwickelungsgeschichte einiger Rostpilze, in Cohn’s Beiträgen zur Biol. der Pflanzen I. Heft 3. 2 Winter, Cultur der Puceinia sessilis und deren Aeeidium. Sitzungsber. d. naturforsch. Gesellsch. zu Leipzig 1874. ® Winter, Puceinia arundinacea und ihr Aecidium. Ebenda 1875. * Rostrup, Ueber eine genetische Verbindung zwischen Puceinia Moliniae Tul. und Aecidium Orchidearum Desm. Botanisk Tidschrift, Kopenhagen 1874. Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 16 ” 242 Uredineae: Püceinia. Uromyees. land epidemisch auftretende P. Helianthi Schw.', welche grossen Schaden auf der als Oelpflanze gebauten Sonnenblume (Helianthus annuus) verursacht, ist nur eine auf letztere Pflanze ausgewanderte Form der P. discoidearum, wie durch Culturversuche bewiesen ist. — P. suaveolens Rosir.” Autöcisch auf Cirsium arvense häufig. Ein Aecidium fehlt. Neben den kugeligen Uredosporen (Uredo suaveolens Pers.) treten in einer ersten Generation Spermogonien und wenige Telentosporen ; in einer zweiten Generation dagegen erscheinen wenige eiför- mige Stylosporen, aber zahlreiche Teleutosporen, deren Mycelium nur fleckenweise in den Blättern und nur auf solchen Exemplaren derselben Nährpflanze auftritt, die von der ersten Generation nicht angegriffen wurden. Das Mycelium über- wintert in der Wurzel und die jungen Schosse derselben tragen dasselbe schon in sich, wenn sie noch im Boden stecken. — P. Anemones Pers. Auf Anemone nemorosa die Teleutosporen und Aecidien (Aecidium leucospermum D(.) vor- kommend, Stylosporen dagegen fehlend. — P. Malvacearum Mont.” Auf Al- thaea rosea, Althaea officinalis, Malva sylvestris etc. vorkommend und nur Teleu- tosporen entwickelnd, welche sofort wieder keimfähig sind. Das auf die Blätter beschränkte Mycelium überwintert nicht, sondern ebenfalls das Teleutosporenlager. Der Pilz, welcher auf den ersteren, zu medicinischen Zwecken cultivirten Pflanzen oft bedeutenden Schaden anrichtet, stammt aus Chili; wurde 1869 zuerst in Spanien beobachtet und trat dann namentlich von 1873 an in Europa epidemisch auf, durch Frankreich nach Holland und England und von dieser Linie an ostwärts vorschreitend. — P. Prunorum Lk. Auf Blättern von Prunus domestica und P. spinosa. Ebenfalls nur Teleutosporen entwickelnd. 2. Uromyces Lev. Wie Puccinia, aber die Teleutosporen einzellig. Auch in dieser Gattung sind neben autöcischen Formen heteröcische bekannt; eine grosse Zahl besitzt ferner die den erstbeschriebenen Puccinien zukommenden Sporenformen, während von anderen einzelne derselben nicht bekannt sind oder auch wohl fehlen. Die Stylosporen sind bei fast allen Arten braun, aber durch die stachelige Aussenhaut und das Fehlen des Stieles von den Teleutosporen stets verschieden. — U. Pisi Schröt. (Erbsenrost.)* Heteröcisch: die Stylo- und Te- leutosporen vorzüglich auf Erbsen (Pisum), dann auf Arten von Lathyrus, Vicia. und auf Cicer; Aecidien (Aecidium Euphorbiae Pers.) auf Wolfsmilcharten (Euphorbia), in deren Wurzelstöcken das Mycelium perennirt. — U. dactylidis Otth.®° Heteröeisch: Stylo- und Teleutosporen auf Dactylis glomerata und Poa nemoralis, Aecidien (Aecidium Ranunculacearum DC.) auf verschiedenen Arten von Ranunculus. — U. Betae Kühn.‘ Autöcisch, auf den grünen Organen von Beta vulgaris den Runkelrübenrost erzeugend. Teleutosporen fast kugelig, dunkelbraun, auf dem Scheitel mit einem kurzen Spitzchen und morphologisch von den auf Rumex-Arten vorkommenden Teleutosporen von Uromyces Rumi- cum Leer. nicht unterscheidbar. Die überwinterten Teleutosporen erzeugen im nächsten Frühjahre auch auf den Runkelrübenblättern die Aecidien. — U. appen- dieulatus Lev. (Teleutosporen glatt, ohne Spitzchen, der Stiel länger als die Spore), U. Phaseolorum Tl. (durch die weissen Aecidiumsporen von voriger Art verschieden), U. apiculatus Lev. (Teleutosporen meist mit kurzer Spitze, ihr Stiel kürzer, als die Spore) und U. striatus Schröt. (Teleutosporen mit ver- schieden langen, gewundenen Längsleisten, sonst wie vorige Art) bilden verschiedene ı Woronin, Untersuchungen über die Entwickelung des Rostpilzes, welcher die Krankheit der Sonnenblume veranlasst. Botan. Zeit. 1872. S. 677, und Ver- handl. d. bot. Sect. d. Petersb. naturforsch. Gesellsch. 1874. ?2 Ausführliches bei Rostrup, Ein eigenthümliches Vegetationsverhältniss bei Pucceinia suaveolens. Forhandlingerne ved de skandinaviske Naturforsckeres. Kopen- hagen 1873. ®° Kellermann, Puceinia Malvacearum. Sitzungsber. d. physikal.-medicin. Societät zu Erlangen 1874. * Schröter, Beobachtungen über die Zusammengehörigkeit von Aecidium Euphorbiae und Uromyces Pisi. Hedwigia 1875. ° Schröter, Entwickelungsgeschichte einiger Rostpilze, in Cohn’s Beiträgen z. Biol. d. Pflanzen I. Heft 3. S. 7. ° Kühn, Der Rost der Runkelrübenblätter. Botan. Zeit. 1869, $. 540. Uredineae: Gymnosporangium. Triphragmium. Phragmidium. 243 Roste der Hülsenfrüchte, die zweite Art auf Gartenbohnen, die dritte auf Klee, die anderen beiden auf verschiedenen Nährpflanzen und von letzterer die Aecidien unbekannt, von den anderen drei Stylosporen (Uredo leguminosarum Lk.), Teleutosporen und Aecidien vorhanden. 3. Gymnosporangium DC.! (Podisoma Lk.) Teleutosporen wie bei Puc- einia, aber in eine Gallertmasse eingebettet, welche durch das Aufquellen der fadenförmigen Sporenstiele erzeugt wird. Sie bilden daher auf den Aesten der von ihnen bewohnten Nadelhölzer bei feuchter Witterung gelbbraune, stumpf kegel- förmige bis halbkugelige, gallertartige Häufchen von einem Centimenter Höhe und darüber, bei trockenem Wetter dagegen schrumpfen sie zu einer fast hornigen Masse zusammen. An den Stellen, wo ihr Mycelium die Rinde durchwuchert, ist der Zweig spindelförmig bis unförmlich verdickt und nach dem gänzlichen Abfallen der Teleutosporen bleiben auf der Rinde unregelmässige Warzen mit weit klaf- fenden Rissen als Zeichen der Durchbruchsstellen der Teleutosporenhaufen zurück. Stylosporen (Uredoform) fehlen. Die Keimung der Teleutosporen erfolgt wie bei Puceinia und Uromyces, und die Sporidien entwickeln ihr Spermogonien und -Aecidien (die alte Gattung Roestelia) erzeugendes Mycelium auf den Blättern, Früchten etc. von Pomaceen; die Arten sind daher sämmtlich heteröcisch. — G. fuscum DOC. (Podisoma fusca Corda). Teleutosporen auf Iuniperus sabina, I. vir- giniana, I. phoenicea, I. Oxycedrus und Pinus halepensis rothbraune, kegelförmige bis cylindrische Gallerthäufchen bildend, eiförmig, sehr lang gestielt. Das im Sommer auf den Blättern des Birnbaumes erscheinende Aecidium (Rostelia can- cellata Rebent.) verursacht den Gitterrost der Birnbäume, der manchmal durch sein massenhaftes Auftreten die Ertragsfähiokeit derselben oft bedeutend herab- drückt. Das Mycelium erzeugt auf den Blättern zunächst leuchtend gelbrothe bis rothe, etwas aufgeschwollene Flecken, in deien zuerst die Spermogonien, später auf warzigen Vortreibungen die Aecidien erscheinen. Letztere sind bis 3 Millim. hohe, mützen- bis spindelförmige Fruchtkörper, deren Peridie auf dem Scheitel geschlossen bleibt, an den Seiten sich aber durch viele Längsspalten gitterartig öffnet. — G. clavariaeforme Oerst. Teleutosporen auf luniperus communis hell- gelbe, cylindrische bis keulenförmige Gallerthäufchen bildend, schlank spindel- förmig, lang gestielt. Aecidien (Roestelia penicillata Oerst.) auf Blättern von Apfelbaum, Weissdorn und Mispel, cylindrisch, sich an der Spitze Öffnend und in einen Kranz von Fäden auflösend. — G. conicum Oerst. Teleutosporen auf Iu- niperus communis gelbbraune bis braune, halbkugelige Häufchen bildend, kurz gestielt. Aecidien (Roestelia cornuta Pers.) auf Arten von Sorbus (S. aucuparia, S. torminalis), lang ceylindrisch, hornförmig gekrümmt, sich an der Spitze unregel- mässig Ööffnend. 4. Triphragmium Lk. Teleutosporen aus drei in der Mitte zusammen- stossenden Zellen gebildet, braun, kurz gestielt. Stylosporen roth, mit vorigen und Spermogonien auf derselben Pflanze. Aecidien fehlen, — T. Ulmariae Lk. Auf der unteren Blattfläche von Spiraea Ulmaria. 5. Phragmidium Lk. Teleutosporen walzenförmig, aus 4—11 in einer Reihe über einander stehenden Zellen gebildet. Stylosporen rothgelb, mit keulenförmigen Paraphysen gemischt. Spermogonien orangeroth. Aecidien unbekannt; nach Schröter gehört jedoch Caeoma miniatum Schlecht. als Aecidiumfrucht hierher. Autö- cische Parasiten auf den Blättern verschiedener Rosaceen. — Ph. obtusum Schm. et Kze. Teleutosporen glatt, meist 4zellig, am Scheitel abgerundet, der Stiel länger als die Spore. Auf Potentilla argentea. — Ph. incrassatum Lk. (Ph. Rosarum Rabenh.) Teleutosporen warzig, meist 6—7zellig, am Scheitel kegelförmig zugespitzt, der Stiel in der Mitte oder am Grunde sehr stark spindelförmig ver- ı Oersted, Ueber Roestelia lacerata, nebst Bemerkungen über die anderen Arten der Gattung Roestelia; Botan. Zeit. 1867. S. 222. Nouvelles observations sur un champignon parasite dont les generations alternantes habitent sur deux plantes hospitalieres differentes; Bull. de la soc. roy. de sc. de Copenhague 1866. Om en saeregen, hidtil ukjendt Udvikling hos visse Snytelsvampe og navnlig om den genetiske Forbindelse mellem Sevenbommens Baevrerust og Paeretraeets Git- terrust; Abhandl. d. Kopenhagener Akademie 1868. — Cramer, Ueber den Gitter- rost der Birnbäume. Schweizerische landwirthsch. Zeitschrift IV (1876). 16* 44 Uredineae:" Xenodochus— Chrysomyxa. dickt. Stylosporen — Uredo Ruborum DC. und U. Rosae Pers. Auf Blättern vo Rubus und Rosa, auf letzteren den Rost der Rosen verursachend. 6. Xenodochus Schlecht. Teleutosporen braun, aus 13—23 rosenkranzförmig verbundenen Zellen bestehend. Stylosporen roth. Aecidien unbekannt. — X. car- bonarius Schlecht. Auf den Blättern von Sanguisorba officinalis, selten. 7. Melampsora Cast." Teleutosporen intercellular unter der Epidermis ge- bildet, einzellig, keilförmig oder prismatisch, in ein flaches, braunes oder schwarzes Lager verschmolzen, das sich erst nach dem Absterben der Blätter vollständig ausbildet. Stylosporen gelbroth, als Rost den lebenden Pflanzen schädlich werdend. . Aecidien und Spermogonien nicht vorhanden. — M. salicina Lev. (Weiden- rost.)®? Auf den Blättern fast aller Weiden-Arten. Die fast kugeligen Stylosporen werden den Pflanzungen oft sehr schädlich, da sie das Absterben der Blätter be- wirken und auf diesen dann unter Schwärzung des Laubes die Teleutosporen ent- wickeln, deren goldgelbe Sporidien im nächsten Frühjahre aufs Neue die Krank- heit verbreiten. — M. populina Lev. Auf Blättern verschiedener Pappeln. — M. betulina Desm. Auf den Blättern von Betula alba. — M. Lini Desm. (Lein- rost, Flachsrost.) Auf den Blättern und Stengeln des Flachses (Linum usita- tissimum) und auf Linum catharticum. Wird durch die massenhafte Verbreitung der Stylosporen (Uredo Lini DC.) den Flachsfeldern oft sehr schädlich; 1869 wurden im »Canton Celles in Belgien von 4000 Morgen Flachsland etwa 1000 Morgen von der Krankheit ergriffen und dadurch ein Schaden von 60000 Mark hervorgerufen. Das Mycelium macht ausserdem die Bastfasern brüchig. 8. Melampsorella Schröt. Von voriger Gattung dadurch verschieden, dass die einzelligen Teleutosporen von dem überwinternden Mycelium im Frühjahre innerhalb der Epidermiszellen (intracellular) der lebenden Blätter gebildet werden. Dieselben sind ferner elliptisch, durch gegenseitigen Druck mehrkantig, zu dichten Lagern zusammengedrängt, mit farbloser Membran und röthlichem Plasma. — M. Caryophyllacearum Schröt. In den Blättern von Alsineen (namentlich Stellaria). 9. Phragmopsora Magnus. Von Melampsora durch die mehrzelligen Te- leutosporen verschieden. Stylosporen ‘gehen vorauf. — Ph. Epilobii Magnus (Melampsora Fwek.) Auf Arten von Epilobium. 10. Thekapsora Magnus. Die mehrzelligen Teleutosporen werden inner- halb der Epidermiszellen gebildet und treten in fleckenartigen Lagern auf. Ihnen gehen Stylosporen vorauf. — Th. areolata Magnus. Auf Blättern von Prunus Padus. 11. Calyptospora Kühn. Die mehrzelligen Teleutosporen entwickeln sich innerhalb der Epidermiszellen und überziehen die ganze Fläche des angeschwol- lenen befallenen Stengeltheiles. Stylosporen fehlen. — C. Goeppertiana Kühn. In den Stengeln der Preisselbeere (Vaccinium Vitis Idaea). 12. Cronartium Fr. Teleutosporen kugelig, einzellig, zu einem säulen- förmigen Körper vereinigt, der sich mitten aus dem Lager der braunen Stylosporen erhebt, denen Spermogonien voraufgehen. Autöcische Formen. — C. asclepia- deum Fr. Auf der Blattunterseite von Cynanchum vincetoxicum. — C. ribicola Rostrup. Auf den Blättern von Ribes aureum und R. nigrum; Dänemark, Nord- deutschland. 13. Chrysomyxa Ung.” Nur die cylindrisch-fadenförmigen, einreihig viel- zelligen Teleutosporen vorhanden, welche in dichten, orangegelben Polstern die Epidermis durchbrechen und in seltenen Fällen im oberen Theile gabelig verzweigt sind. — Ch. Abietis Ung. (Fichtennadelrost). Der Schmarotzer verursacht die „Gelbfleckigkeit“ oder „Gelbsucht“ der Fichtennadeln. Das reich verzweigte, durch Querwände gegliederte Mycelium, dessen Plasma zahlreiche orangerothe Oeltropfen enthält, durchwuchert die Intercellularräume des Blattparenchyms der erkrankten Nadeln bereits im Frühsommer und verursacht so die gelben Flecken ' Magnus, Ueber die Familie der Melampsoreen; Verhandl. d. Botan. Ver. f. d. Prov. Brandenburg, Berlin 1875. ®” R. Hartig, Wichtige Krankheiten der Waldbäume, S. 119. ‚ ” Reess, Chrysomyxa Abietis und die von ihr verursachte Fichtennadelkrank- heit. Botan. Zeitung 1865. S. 385. Taf. 13. — Willkomm, Die mikroskopischen Feinde des Waldes. Heft 2, S. 125. Taf. 9. 10. Uredineae: Coleosporium. Caeoma. Peridermium. 245 und Binden, welche die Krankheit der Nadel auch äusserlich verrathen. Bereits im August drängt es sich unter die Epidermis, wo es in ein reichmaschiges, aus äusserst schmalen Fäden bestehendes Netzwerk übergeht und das Sporenlager an- legt, welches jedoch erst Ende April des nächsten Jahres vollständig entwickelt ist und die Epidermis durchbricht. Die Teleutosporen lösen sich nicht von ihren Lagern los, sondern ihre einzelnen Zellen treiben noch innerhalb desselben ein Promycelium, welches wie bei allen anderen Rostpilzen beschaffen ist und in gleicher Weise seine Sporidien entwickelt (vgl. S. 238). Letztere gelangen dann leicht auf die jungen Nadeln der diesjährigen Triebe, bohren ihre Keimschläuche direct in die. Epidermis derselben ein und erzeugen damit abermals neue Krank- heitsheerde. In Folge häufigen epidemischen Auftretens gehört der Fichtennadel- rost zu den gefürchteten Krankheiten unserer Waldbäume. 14. Coleosporium Lev. Teleutosporen nicht. gestielt, keulenförmig, ein- reihig-mehrzellig, zu einem unter der Epidermis bleibenden flachen, festen, rothen Lager verschmolzen. Stylosporen unmittelbar voraufgehend, kettenförmig abge- schnürt, orangeroth, mit stacheliger Membran. — C. Campanulacearum Fr. An Blättern und Stengeln der verschiedensten Campanulaceen. — C. Rhinan- thacearum Fr. Auf Melampyrum, Rhinanthus und Euphrasia. — C. Composi- tarum Lev.: siehe Peridermium Pini! 15. Caeoma Tul. Die gelben oder orangerothen, einzelligen, auf der Ober- fläche feinstacheligen Sporen werden wie bei den Aecidien (S. 240, Fig, 67 A, «) kettenweise auf Basidien abgeschnürt; den Lagern fehlt aber die Peridie. Bis jetzt ist nur diese eine, von Spermogonien begleitete Sporenform bekannt (vgl. aber Phragmidium — S. 243). — C. pinitorquum Al. Br. (Drehrost der Kie- fer).! Tritt vorzüglich epidemisch auf Sämlingen der Kiefer und in bis 10jährigen Schonungen derselben, seltener auf jungen Trieben 10- bis 30jähriger Bestände, nie in älteren auf. Das Mycelium wuchert intercellular vorzugsweise im grünen Rindenparenchym der jungen Triebe, geht aber auch in den Bastkörper und durch die Markstrahlen in das Mark derselben über; in das Innere der Parenchymzellen sendet es vielfach Haustorien. Da die einmal befallene Pflanze alljährlich in immer stärkerem Maasse wieder erkrankt, überwintert das Mycelium wahrscheinlich. Einseitiges Auftreten des Pilzes und Weiterwachsen der gegenüberliegenden ge- sunden Hälfte der Triebe führen zu S-förmigen Krümmungen derselben, die zur Be- zeichnung des Pilzes Veranlassung gaben. Die schwieligen, bis 2 Centim. langen Sporenlager durchbrechen Anfang bis Mitte Juni die Epidermis. Ihre Sporen sind meist kugelig, mit farbloser Membran und gelbröthlichem Protoplasma. Wie die keimenden Sporen in die jungen Triebe eindringen, ist nicht bekannt. — C. Laricis R. Hart. (Lärchennadelrost).” Die rundlichen oder länglichen, blass- gelben Sporenlager erscheinen Ende Mai und Anfang Juni auf den Nadeln der Lärche (fast ausnahmslos auf deren Unterseite), verursachen nach dem Verstäuben der Sporen das Absterben der Nadeln und damit häufig grossen Schaden. 16. Peridermium Lk. Von den Aecidien (S. 240, Fig. 67 A, a) nur durch die schlauch- oder blasenförmige, unregelmässig zerreissende oder zerfallende Peridie verschieden, daher auch oft als Gattung Aecidium bezeichnet. — P. Pini Wallr. (Aecidium Pini Pers. — Kiefern-Blasenrost)?. Lebt auf Rinde und Nadeln der Kiefer. Die auf der Rinde vorkommende Form (var. corticola) besitzt grössere, oft bis 1 Centim. im Durchmesser haltende, blassgelbe bis fast weisse Peridien; diejenigen der Nadeln bewohnenden var. acicola sind bedeutend kleiner und von Spermogonien begleitet. Am schädlichsten ist die var. corticola, welche ältere als 20- bis 25 jährige Stammtheile nicht mehr neu (d. h. von aussen) zu befallen pflegt. Ihr Mycelium durchwuchert intercellular Rindenparenchym, ‚Bast und Markstrahlen, ist perennirend und kann unter Umständen bis 70 Jahre im Baume ausdauern. Durch Zerstörung der Harzkanäle und durch zahlreiche in alle Paren- chymzellen eindringende Haustorien, welche in diesen Terpenthinbildung veranlassen, ! De Bary, Caeoma pinitorquum, ein neuer der Kiefer verderblicher Pilz. Monatsber. d. Berliner Akad. 1863. — R. Hartig, Wichtige Krankheiten der Waldbäume, S. 83. 2 B, Hartie, 2.208. 9: ® R. Hartig, a. a. O. S. 66, 246 Uredineae. Ustilagineae. verursacht es eine allmähliche Verkienung des Holzes und durch Zerstörung des Cambiums Aufhören des Dickenwachsthums. Haben diese Zerstörungen nach und nach den ganzen Stammumfang ergriffen, so stirbt der darüber liegende Wipfel als „Kienzopf“ ab. Nach den Mittheilungen von Wolff! gehört das Coleospo- rium Compositarum Lev. forma Senecionis als Uredo- oder Stylosporen- form hierher. „Auf infieirten Pflanzen von Senecio sylvaticus erfolgte das Ein- dringen der Sporenkeimschläuche des Peridermium nach 20—30 Stunden. Nach 6—8 Tagen trat die Uredoform des Coleosporium zu Tage.“ 17. Endophyllum Lev. Fruchtkörper den Aecidien (S. 240, Fig. 67 A, a) gleich, mit halbkugeliger, auf dem Scheitel mit runder Oeffnung versehener Peridie und von Spermogonien begleitet. Stylo- und Teleutosporen sind nicht vorhanden. Es werden jedoch von mancher Seite die in den aecidienartigen Peridien ent- wickelten Sporen als Teleutosporen aufgefasst. Dieselben erzeugen nämlich bei der Keimung ein sporidienbildendes Promycelium (vgl. S. 238) und die Keimschläuche der Sporidien dringen sofort direct durch die Zellwände der Epidermis in die Pflanzen ein, in denen sich dann das Mycelium verbreitet und bis zum nächsten Frühjahre überwintert. — E. Sempervivi Lev. In den Blättern von Semper- vivum und Sedum. ? 127. Familie. Ustilagineae.? Die Familie der Ustilagineen oder Brandpilze ist durch ihre Gesammtent- wickelung verschiedenen Familien der Pilze verwandt, ihre Stellung im Reihen- systeme schwierig zu bestimmen; doch dürfte sie sich am engsten den Uredineen anschliessen, denen sie namentlich durch das Verhalten ihrer Sporen bei der Kei- mung sehr nahe kommt. Wie bei vielen anderen Familien, so tritt auch hier der Grundsatz in den Vordergrund, die Zeichen natürlicher Verwandtschaft, sowohl der Familie zu anderen Familien, als der Gattungen der Brandpilze unter sich, nicht einseitig durch morphologische Merkmale zu bestimmen, sondern sie in der Aehnlichkeit der gesammten Entwickelung zu finden. Es ist z. B. ganz unmöglich, von einer Ustilaginee anzugeben, ob sie zur Gattung Tilletia oder Ustilago gehört, wenn man nicht sicher die Art der Sporenbildung und zugleich auch die Keimung kennt. Aus diesem Grunde werden auch die wichtigsten hier aufzuführenden Thatsachen aus der Entwickelungsgeschichte ihren Platz am zweckmässigsten unter den entsprechenden Gattungen erhalten und vorläufig nur ganz allgemeine Merkmale Erläuterung finden. Das Mycelium sämmtlicher Brandpilze lebt im Gewebe lebender Pflanzen, wo es theils in den Intercellularräumen wuchert und Haustorien in die benach- barten Parenchymzellen sendet (Urocystis occeulta — Fig. 68, IV, m), meistens je- doch auch die Parenchymzellen seiner Nährpflanze direct durchbohrt, wobei es ! Botan. Zeitung 1874. S. 184. 2 Tulasne, Memoire sur les Ustilaginees compardes aux Uredindes; Ann. d. se. nat. ser. 3. vol. VII. 12. tab. 2—7. Second memoire sur les Uredindes et sur les Ustilaginees. Ann. d. sc. nat. ser. 4. vol. II. 77 (Keimung der Ustilagineen p. 157. tab. 12). — Fischer v. Waldheim, Beiträge zur Biologie und Entwicke- lungsgeschichte der Ustilagineen; Pringsh. Jahrb. f. wissensch. Botan. VII. 61. Taf. 7—12. Apergu systematique des Ustilaginees, leurs plantes nourricieres et la localisation de leurs spores; Paris 1877. Revue des plantes nourricieres des Usti- lagindes; Moskau 1877. Les Ustilaginees. Warschau 1877. 1878. — De Bary, Unter- suchungen über die Brandpilze und die durch sie verursachten Krankheiten der Pflanzen mit Rücksicht auf das Getreide und andere Nutzpflanzen. Berlin 1853. — Wolff, Der Brand des Getreides, seine Ursachen und seine Verhütung. Mit 5 Tafeln. Halle a. S. 1874. — Winter, Einige Notizen über die Familie der Usti- lagineen. Flora 1876. — Schroeter, Die Brand- und Rostpilze Schlesiens; ‘Ab- handl. d. Schlesisch. Gesellsch. f. vaterl. Cultur 1869. Bemerkungen und Beobach- tungen über einige Ustilagineen; in Cohn’s Beitr. zur Biol. d. Pflanzen II. 349. — Kühn, Ueber die Art des Eindringens der Keimfäden des Getreidebrandes in die Nährpflanze; Sitzungsber. d. Naturforsch. Gesellsch. zu Halle a. S. 1874 und Botan. Zeit. 1874. S. 121. — Weitere Literatur bei einzelnen Gattungen. % Ustilagineae. 247 jedesmal die Innenlamelle der Zellwand vor sich her ausstülpt und von derselben wie von einer Scheide umhüllt' wird, die es erst beim Durchtritt durch die gegen- überliegende Wand durchwächst. Nur die lebhaft vegetirenden Enden der Mycel- äste enthalten körniges, mit vielen kleinen Oeltröpfehen versehenes Protoplasma; dieselben trennen sich bei Verlängerung der Spitze von den hinteren Theilen wiederholt durch Querwände ab, so dass das Mycelium mehr oder weniger häufig gegliedert erscheint (Fig. 68, IV, m). Die älteren, in ihren Zellen vorzugsweise nur wässerige Flüssigkeit enthaltenden Theile des Myceliums wachsen nicht mehr, werden daher in rasch sich streckenden Organen ihrer Nährpflanze vielfach zer- rissen und sind deshalb später in diesen oft schwer oder gar nicht mehr nachweis- bar; nur in den Stengelknoten ist das Mycelium leichter und fast stets in ziem- licher Menge aufzufinden. Die Fructification findet bei den verschiedenen Brandpilzen stets in be- stimmten Organen der Wirthpflanze statt. So entwickelt Ustilago marina die Sporen nur in den Rhizomen von Scirpus parvulus, Urocystis occulta in den Parenchymstreifen der Blattscheiden und Stengel des Roggens; die Sporen der die Sileneen bewohnenden Ustilago antherarum kommen nur in den Antheren dieser Pflan- zen, die von Tilletia Caries nur im Inneren des Fruchtknotens des Weizens, diejenigen der Ustilago Carbo in allen Theilen des Gras- ährchens zur Ausbil- dung. Sie liegen in den betreffenden Or- ganen in ungeheurer Menge als ein staub- oder russartiges, meist schwarzes oder braun- schwarzes Pulver. zwi- Fig. 68. Pr Keimende Spore von Urocystis occulta; s die keimenden Beer Sporidien (Vergr. 600). II Gekeimte Spore von Ustilago receptaculorum schen dem gewöhnlich (Vergr. 390) nach De Bary: s Sporidien. ‘I/II Keimende Spore von Usti- keine Reste des My- lago Carbo (Vergr. 600). /V Mycelium (m) von Urocystis occulta im celiums mehr wahr- Scheidenblatte des Roggens; in der unteren linken Hälfte der Figur nehmbar sind; letzteres laufen die Mycelfäden nicht durch die grosse Zelle, sondern hinter der verschwindet bei der Wand derselben fort (Vergr. 379). VW Sporenbildung von Ustilago 1lz ee Ta 17 Hoc wei. 7 and WE ach Fischer von Waldhein. Regel vollständig. Die | U ea vr Sporen selbst sind meist einzellig und ihre Membran ist in ein dickes, in den meisten Fällen braunes, glattes oder local verdicktes Exosporium und ein zartes, farbloses Endosporium differenzirt. Bei der Keimung wird zunächst ein Promycelium wie bei den Aeci- diomyceten erzeugt und an diesem in verschiedener Weise eine Anzahl Sporidien, deren Keimschläuche die Nährpflanzen aufs Neue inficiren. Das Eindringen der Keimschläuche in die Nährpflanze ist namentlich von Wolff und Kühn genauer untersucht worden. Nach ersterem Beobachter treten die Keimschläuche der Sporidien des Roggenstengelbrandes (Uroeystis occulta) in das Scheidenblatt des keimenden Roggens ein, die Aussenwand der Epidermiszellen desselben (wie bei den Rostpilzen — $. 239) direct durchbohrend. Das Mycelium wächst dann quer durch das Scheidenblatt und in das nächst anliegende grüne Blatt hinüber. Durch dieses gelangt es in gleicher Weise nach einander in die folgenden Blätter und endlich auch in den durch Streckung der einzelnen Inter- nodien in den Blattscheiden höher hinaufsteigenden Halm mit der Inflorescenz- Anlage. Nach Kühn’s Mittheilungen ist jedoch das Scheidenblatt der Keimpflanze nicht der einzige Ort, an dem die Keimschläuche der die Gräser bewohnenden 248 Ustilagineae. Brandpilze in diese gelangen. Seine Beobachtungen an Tilletia Caries und T. laevis, an Urocystis occulta, Ustilago Carbo, U. destruens, U. Maydis u. a. Arten ergaben, dass das Eindringen auch in den ersten Stengelknoten, den Wurzelknoten und in das zwischen beiden liegende erste Internodium der jungen Graspflanze erfolgt und Mycelium in letzterem dann in reicher Menge nachweisbar ist. Be- sonders klar tritt dies bei den Paniceen hervor, weil bei diesen das erste Inter- nodium sich erheblich streckt, während es bei anderen Gräsern sehr kurz bleibt. Von Tilletia laevis sah Kühn Brandkeime selbst in den oberen Theil der Wurzeln eindringen. Eine weitere Frage ist dabei aber die: an welcher Stelle geschieht die Brandinfection am sichersten? Kühn erzog zahlreiche brandige Pflanzen von Roggenkeimlingen, welche mit Urocystis occulta am Scheidenblatte infieirt worden waren. Dagegen brachte eine grosse Zahl Gerstenpflanzen durchaus gesunde Aehren, obgleich bei jeder einzelnen von ihnen massenhaftes Eindringen der Keimfäden von Ustilago Carbo durch Untersuchung eines kleinen, dem Scheiden- blatte entnommenen Oberhautstückchens constatirt worden war. In Nährstofflösung erzogene Pflanzen von Bromus secalinus wurden nicht brandig, obgleich auch bei ihnen massenhafte Infection durch Ustilago bromivora festgestellt werden konnte. Mit demselben Brandpilze inficirte Pflanzen von Bromus mollis, bei denen sämmt- lich das reichliche Eindringen der Keimschläuche am Scheidenblatte erwiesen worden war, brachten nur zum kleineren Theile brandige Rispen. Nach diesen Er- fahrungen wird der Schluss nicht unberechtigt erscheinen, „dass bei allen nicht blattbewohnenden Ustilagineen die Infection durch das Scheidenblatt eine unsichere ist. Dagegen findet man bei dem Eindringen in die Axe der Keimpflanze nach verhältnissmässig kurzer Zeit das Mycelium der Parasiten namentlich in der Nähe der Gefässbündel verbreitet, und zwar so weit verbreitet, als dieselben bereits ge- bildet sind — bis in die Nähe der Knospenanlage des Hauptstengels und der Nebentriebe. Mit der Entwickelung der Knospen vermag das Mycelium somit leicht in alle Stengeltheile zu gelangen. Die Infection ist auf diesem Wege eine ungleich gesichertere; ohne Zweifel führt das Eindringen der Brandfäden in die Axe der keimenden Nährpflanzen am häufigsten zum wirklichen Erkranken der letzteren, es ist dies wahrscheinlich für die meisten Ustilagineen der gewöhnliche, regelmässige Weg erfolgreicher Infection. In welchem Maasse dieselbe unter günstigen Um- ständen zur Neubildung des Brandes führen kann, zeigte eine im Herbste 1873 ge- machte Beobachtung. Von mit Ustilago destruens inficirter Rispenhirse wurden auf 100 Pflanzen durchschnittlich 98 brandige gezählt; es waren also nur 2 Procent der Pflanzen gesund geblieben und zur Samenbildung gelangt.“ Weitere speciellere Verhältnisse sollen hie und da noch unter den betreffenden Arten Erwähnung finden. Brand und Rost, häufig mit einander verwechselt, waren schon alten Natur- forschern wie Plinius, Theophrastus Eresius u. A. als Krankheiten der Pflanzen bekannt, natürlich nur den äusseren, mit unbewaffneten Augen erkennbaren Er- scheinungen nach. Die Ursachen dieser Krankheiten wurden in ungünstigen Boden- und Witterungsverhältnissen, Degeneration durch Insektenstiche u. del. gesucht, Ansichten, welche sich noch bis zu Anfang dieses Jahrhunderts fast allgemeiner Gültigkeit erfreuten, während vorübergehend Andere (selbst noch Linne im Systema naturae) die Sporen der Brandpilze als Infusorieneier oder gar als Thierchen aus- gegeben hatten. Auch dann noch, nachdem 1801 durch Persoon der Platz der Brand- pilze im Pilzsysteme vollständig gesichert worden war, wurden von damals nam- haften Botanikern (Fries, Wallroth, Meyen, Unger) diese Pilze nichts destoweniger als Produkte krankhafter Zustände der befallenen Pflanzen bezeichnet ünd fast stets atmosphärische Einflüsse als Hauptursachen derselben angesehen. Es wurde wohl gar noch die Ansteckungsfähigkeit der Brandsporen geleugnet oder doch gering geschätzt, obgleich schon Prevost 1807 die Keimung von Tilletia Caries und anderen Arten beobachtet und das Eindringen der Keime durch die Wurzel- spitzen für möglich gehalten hatte. Dass Getreidekörner, mit Brandsporen aus- gesäet, wieder theilweise brandiges Getreide liefern, war schon durch Versuche mit dem Weizen-Schmierbrande bekannt, welche bereits 1781 von v. Gleichen in dessen „auserleseuen mikroskopischen Entdeckungen“ mitgetheilt worden waren. Derselbe hatte im Herbste 1777 Haberweizen ausgesäet und erntete von drei Beeten: Den nassen Weizen mit Brandstaub bestreut 178 gute und 176 brandige Aehren, Den nassen Weizen rein ausgesäet . . . . 340 Den Weizen trocken und rein ausgesäet . . 300 FE) ”„ [SUEUU „ ” Ustilagineae: Ustilago. 249 Diese in der Neuzeit mannigfach und stets mit gleichen Resultaten wieder- holten Versuche, zusammen mit den oben mitgetheilten, zuerst 1858 von Kühn an Tilletia Caries gemachten Beobachtungen über das Eindringen der Brandsporen- keime in die Pflanze, dürften genügen, um auch den Ungläubigsten zu bekehren. Als Schutzmittel gegen die Brandkrankheiten unserer Getreidegräser sind ‘zunächst zu empfehlen: Wahl einer trockenen Saatzeit und sorgfältiges Unter- bringen des Saatgutes, weil während ersterer die Brandsporen weniger rasch und vollkommen keimen, daher gewöhnlich die Keimschläuche ihrer Sporidien mit kräftiger entwickelten Pflanzentheilen in Berührung kommen, in welche sie nicht mehr oder doch nur selten noch einzudringen im Stande sind — und weil durch letzteres bereits gekräftigte Theile der Keimpflanze über den Boden gelangen, welche einer Infection durch von aussen nachträglich anlangende Brandsporen nicht mehr zugänglich sind. Da diese Mittel jedoch nur gegen die bereits im Boden vorhandenen oder später anfliegenden Sporen vorzüglich solcher Brandpilze dienen, deren Sporen grösstentheils bald nach ihrer Reife von Wind und Regen verbreitet werden und wohl nur in kleinen Mengen mit dem gesunden Getreide in unsere Scheunen gelangen, so ist in vielen Fällen noch auf weitergehenden Schutz Bedacht zu nehmen. Es gilt dieses namentlich vom Steinbrande des Weizens, dessen Sporen, von der Fruchtschale des Kornes eingeschlossen, stets mit dem ge- sunden Getreide eingeerntet werden und beim Ausdreschen desselben an den Kör- nern (vorzüglich in dem am stumpfen Ende befindlichen Haarbüschel) hängen bleiben. Hier hat sich als sicherstes Mittel Einbeizen des Saatgutes in einer halbprocentigen Lösung von Kupfervitriol (schwefelsaurem Kupferoxyd) erwiesen, in welcher man die Körner nach mehrmaligem Umrühren und von der Lösung vollständig bedeckt 12—14 Stunden stehen lässt, nach welcher Zeit alle Brand- sporen ihre Keimfähigkeit eingebüsst haben. Das eingebeizte Saatgut wird dann nach genügendem Trocknen gesäet. Das brandige Stroh darf erst nach längerem Verweilen im Dünger auf den Acker kommen, da erst hierdurch die in ihm ver- bleibenden Sporen getödtet werden. Ueberhaupt nimmt die Keimfähigkeit der trocken aufbewahrten Sporen nach dem ersten Jahre meist- bedeutend ab; doch sind diejenigen von Tilletia Caries noch nach 2 Jahren, die von Ustilago Carbo noch nach 2°/,, die von Ustilago destruens sogar noch nach 3'/, Jahren keimfähig. Beim Flugbrande ist eine weitere Quelle der Infection auch in einer Anzahl wild- wachsender Gräser zu suchen, die derselbe neben unseren Getreidearten befällt. 1. Ustilago Lk. Sporen einzellig, kugelig bis eiförmig-kugelig oder kugelig- polyödrisch, jede mit einem (oder seltener mehreren) Promycelium keimend, dessen durch Querwände abgegrenzte Gliederzellen sich entweder von einander trennen und keimen (Fig. 68, IID), oder durch seitliche Ausstülpungen Sporidien erzeugen. Charakteristisch für die Gattung ist ferner die Art der Sporenbildung. Dieselbe findet bei U. Carbo und einigen anderen Arten so statt, dass zunächst eine reichere Verzweigung der zartwandigen, protoplasmareichen, an dem Orte der Sporenbildung sich aber nicht mehr durch Querwände gliedernden Mycelfäden eintritt und ihre Aeste sich zu einem dichtem Geflechte durch einander schieben. Dann nimmt der Plasmainhalt ein homogenes, stark glänzendes Aussehen an, die Membranen der Mycelfäden fangen an gallertartig aufzuschwellen und im Lumen der Zelle Ein- schnürungen des Protoplasmas zu verursachen, das in Folge dessen bald in zahl- reiche, mehr oder minder kugelige Portionen zerfallen ist, zwischen denen oft noch verbindende elänzende Inhaltsstreifen verbleiben (Fig. 68, V) Durch weiter fort- schreitende Quellung der Membranen werden die einzelnen Myceläste der dichten, sporenbildenden Knäuel immer schwieriger unterscheidbar und schliesslich ver- schmelzen sie zu einer mehr oder weniger homogenen Gallertmasse, die nur hie und da noch ihren Ursprung durch Andeutung von Schichtung verräth und in welcher die Plasmamassen der ursprünglichen Fäden als zahlreiche kleine, glän- zende Ballen liegen. Letztere werden dadurch zu den Sporen, dass sie sich nun mit einer anfänglich noch zarten Membran umhüllen, welche ‚nach und nach in die Dicke wächst und Differenzirung in Endo- und Exosporium erkennen lässt. Mit der allmählich fortschreitenden Ausbildung der jungen, getrennt in der Gallert- masse der sporenbildenden Fäden liegenden Sporen verschwindet letztere mehr und mehr, da sie zum Zwecke der Ernährung von den Sporen aufgesogen wird. Gleichzeitig erhält der Sporeninhalt wieder die Beschaffenheit des feinkörnigen, von Oeltröpfehen durchsetzten Protoplasmas, und endlich liegen die fertigen, reifen 250 Ustilagineae: Ustilago. Sporen als ein trockenes, schwarzes Pulver beisammen, zwischen dem weder von der Gallertmasse noch von Mycelästen irgend eine Spur bemerkbar ist. In ähn- licher Weise entstehen auch die Sporen von U. Maydis, nur dass hier die Enden der zahlreichen zur Sporenentwickelung schreitenden Aeste traubig anschwellen und ebenso im Verlaufe der stärkeren Mycelfäden beträchtliche seitliche Auf- treibungen sich bilden. Etwas abweichender findet die Sporenbildung bei U. Ischaemi statt, deren Mycelium im Rhizome von Adropogon Ischaemum zu über- wintern scheint. Das überaus dichte Gewirr der in den Blüthenstand des befallenen Grases eintretenden Mycelfäden stimmt anfänglich in Structur und Inhalt seiner Aeste mit demjenigen des vegetativen Myceliums überein. Dann aber beginnt ein nicht unbedeutendes Dickenwachsthum sämmtlicher sporenbildenden Aeste, von dem nur ein Theil auf Rechnung der gleichzeitig stattfindenden Vergallertung der Membranen kommt. In centripetaler Reihenfolge werden ferner zahlreiche, dichtstehende Querwände gebildet, die anfangs sehr zart sind, bald aber sammt den übrigen Wänden auch gallertartig aufquellen und schliesslich mit diesen eine verschwommene Gallerte bilden, in der weder die Umrisse der einzelnen Aeste noch die Contouren der Astglieder mehr erkennbar sind. Die jungen, bald von Membran umhüllten Sporen sind anfangs glänzende, hyaline, sehr unregelmässige Körper; an Stellen, wo ihre Mutteräste nicht zu dicht aneinander lagen, sind sie noch lange zu Reihen geordnet. Erst bei der Reife runden sich die dann braun- und glattwandigen Sporen ab. — A. Exosporium glatt: U. Carbo Zul. (U. se- getum Dittm., Flug-, Russ- oder Staubbrand). Sporen kugelig, 6—8 Mikro- millim. im Durchmesser, braun, in Masse ein schwarzes, russartiges Pulver in den Blüthen verschiedener Gräser bildend, die der Pilz in der Regel bis auf die dünnen Häute der später zerreissenden Spelzen ganz zerstört, so dass nach dem Zerstreuen der Sporen durch Wind und Regen nur die nackte Spindel des Blüthenstandes übrig bleibt. Unter unseren Getreidegräsern wird vorzüglich Avena sativa am häufigsten von ihm befallen, nächstdem Hordeum vulgare und Triticum vulgare; doch kommt er auch auf Hordeum distichum und Triticum turgidum nicht selten vor und auf wildwachsenden Gräsern ist er auf Aira caespitosa, Arrhenatherum elatius, Avena flavescens und A. pubescens, Festuca pratensis, Hordeum murinum, Lolium perenne etc. beobachtet worden. Die bei genügender Feuchtigkeit und Wärme schon nach 41/,—5, reichlich nach 7—8- Stunden keimenden Sporen ent- wickeln ein in der Dicke etwa dem halben Sporendurchmesser gleichkommendes, in der Länge den 3—4fachen Durchmesser der Spore erreichendes Promycelium mit sehr gleichmässigem, glänzendem Protoplasmainhalte. Dasselbe theilt sich durch 2—3 äusserst zarte Querwände in 5—4 Zellen, von denen in vielen Fällen jede in der Nähe der Querwand unmittelbar einen zarten, die Infection bewirkenden Keimschlauch entwickelt, wobei sich die Zellen oft auch von einander trennen. Benachbarte Keimschläuche verwachsen häufig mit einander. In anderen Fällen aber bildet jede der unteren Zellen unterhalb ihrer oberen Querwand, die Endzelle auf ihrem Scheitel durch Auss!ülpung eine sich später abgliedernde Sporidie (vgl. S. 238) von ovaler Gestalt mit zugespitzten Enden und meist ohne Auftreten deut- licher Sterigmen. — U. Tulasnei Kühn (Tilletia Sorghi vulgaris Tul.). Sporen kugelig, 5—7 Mikromillim. im Durchmesser, graubraun, in Masse schwarzbraun. Zerstört bei sonst unveränderter Rispe den Fruchtknoten von Sorghum vulgare und ist in Südeuropa nicht selten. — U. Digitariae Rabenh. Sporen kugelig bis fast oval, 7—8 Mikromillim. im Durchmesser, licht braun, ein dunkelbraunes Pulver in den Rispen von Panicum sanguinale bildend, die durch den Pilz ganz zerstört werden. — U. Crameri Körn. Sporen fast kugelig, “S—9 Mikromillim.) bis eiförmig-oblong oder eitronenförmig, 10—12 Mikromillim. lang und 6—7 breit, hell olivenbraun. In den Fruchtknoten der Setaria italica, die er bis auf die äussere Fruchtwand zerstört. — U. hypodytes Fr. Sporen kugelig oder unregel- mässig gerundet, 4—6 Mikromillim., braun, ein schwarzes Pulver in den Blatt- scheiden und Halmen verschiedener Gräser (Triticum repens und T. vulgare, Phragmites communis, Glyceria fluitans, Calamagrostis Epigeios etc.) bildend. — U. longissima Ler. Sporen kugelig bis oval, 5-6 Mikromillim. im Durchmesser, blass olivenbraun, in Masse olivenbraun. In den Blättern von Glyceria spectabilis und G. fluitans, welche von den Sporenmassen in langen Streifen durchzogen “und in Folge dessen endlich zerschlitzt werden. Die Keimung der Sporen erfolgt in etwas anderer Weise, als bei den übrigen Ustilagineen. Das Promycelium ist sehr Ustilagineae: Ustilago. Sorosporium. >Hl kurz und dünn und’ erzeugt auf seiner Spitze durch Anschwellung eine einzige Sporidie. Nach deren Ablösung wird eine zweite Sporidie auf dem Scheitel des Promyceliums gebildet und dieser Vorgang kann sich mehrere Male wiederholen. — U. typhoides B. et Br. Sporen kugelig bis fast eiförmig, 8 Mikromillim., olivenbraun, ein schwarzes Pulver in den Halmen von Phragmites communis bil- dend, die sich in Folge der Ansiedelung des Pilzes abnorm verdicken. — U. Can- dollei Tul. Sporen kugelig bis fast eiförmig, 11—14 Mikromillim., dunkel violett. In den Fruchtknoten verschiedener Polygonum-Arten. — U. Phoenicis Corda. Sporen kugelig, 4—5 Mikromillim., grauviolett, als schwarz-violettes Pulver in dem inneren Fruchtfleische der Datteln. — U. Ficuum Reichh. Sporen kugelig, 3,3 Mikromillim., grauviolett, ein schwarzes Pulver im Receptaculum der Feigen bildend. — B. Exosporium körnig: U. urceolorum Tul. Sporen rundlich- eckig, 16—24 Mikromillim,, schwarzbraun, ein schwarzes Pulver auf der Oberfläche der Früchte zahlreicher Carex-Arten bildend. — C. Exosporium papillös: U. Vaillantii 7ul. Sporen eiförmig-kugelig, 8—11 Mikromillim., olivenbraun. In den Antheren und Fruchtknoten von Muscari und Scilla. — U. bromivora F\. de Waldh. Sporen rundlich-eckig bis unregelmässig, 6—12 Mikromillim., olivenbraun, ein schwarzbraunes Pulver in den Aehrchen der Bromus-Arten bildend. — U. Rabenhorstiana Kühn. Sporen kugelig bis elliptisch oder eiförmig-länglich, 8,5—14 Mikromillim., lichtbraun, ein schwarzes Pulver in der ganz zerstörten Rispe von Panicum sanguinale bildend. — D. Exosporium stachelig: U. Maydis Lev. (Maisbrand, Beulenbrand). Sporen kugelig bis unregelmässig oval, 9—10 Mikromillim., braun. In allen Theilen der Maispflanze vorkommend, die in Folge dessen verunstaltet werden; vorzüglich aber in den die Kolben tragenden Seitentrieben, die sich dann zu einer oft bis kindskopfgrossen, unförmlichen Beule umsgestalten, die später ganz in schwarzbraunes Sporenpulver zerfällt. Bei reicher Infection vermag dieser in Mais bauenden Ländern oft sehr schädliche Parasit sich schon in der jungen Pflanze in solchem Maasse zu entwickeln, dass der Scheidenblattknoten bereits massenhaft sporenbildende Fäden zeigt. In solchem Falle kommt die Endknospe des Halmes gar nicht zur Ausbildung, sondern es entsteht an Stelle derselben eine oft recht ansehnliche Brandbeule, die 3—5 Wochen nach der Keimung des Kornes schon völliges Absterben der Maispflanze verursacht. — E. Exosporium netzförmig: U. destruens Dub. (Hirsebrand). Sporen kugelig bis oval oder rundlich-eckig, 10—12 Mikromillim., braun. Schwarzes Pulver in der noch von den oberen Blättern eingeschlossenen Rispe von Panicum miliaceum (und anderen Arten‘, die dadurch vollständig zerstört wird. Auf Hirse- feldern oft sehr schädlich. Die Keimung der Sporen findet so statt, dass die 3—4 Zellen des Promyceliums unmittelbar einen Keimschlauch entwickeln; be- nachbarte Keimschläuche verwachsen häufig mit einander (vgl. U. Carbo — 8. 250). — U. Secalis Rabenh. (Roggenkornbrand). Sporen kugelig, sehr selten oval, ca. 12 Mikromillim. stark, braun. In den Körnern der sonst nicht veränderten Roggenähre, doch nur selten auftretend. — U. antherarum Fr. (U. violacea Tul.) Sporen kugelig bis eiförmig, 8—-10 Mikromillim., hellviolett. In den Antheren der Sileneen (Dianthus, Lychnis, Saponaria, Silene etc.), in deren Wurzelstöcken das Mycelium wahrscheinlich perennirt. Der Pilz verursacht oft Abänderungen in den Blüthen; während bei Saponaria Neigung zur Füllung beobachtet wurde, zeigten sich die Kronenblätter von Stellaria-Arten gewöhlich sehr bedeutend ver- kleinert. Die Keimung der Sporen tritt sehr rasch, bei Regenwetter schon inner- halb der Blüthen ein. — U. utriculosa 7ul. Sporen kugelig oder fast so, 10—12 Mikromillim., violett. In den Blüthen der Polygonum-Arten. — U. recep- taculorum Fr. Sporen kugelig bis unregelmässig oval, 10—16 Mikromillim., violett. Schwarzviolettes Pulver im Blüthenboden der noch geschlossenen Blüthen- körbehen von Tragopogon und Scorzonera. — U. floseulorum Fr. Sporen kugelig, 9—10 Mikromillim., fast farblos; in den Antheren von Knautia. 2. Sorosporium Rud. Sporen zu vielen (bis 100 und mehr) zu einem grossen, festen Sporenballen vereinigt. Nur wenige, seltene Arten umfassend, deren Entwickelungsgeschichte noch wenig bekannt ist. Morphologisch kommen die Sporen denen von Ustilago am nächsten und dies gilt auch, soweit untersucht, von der Sporenentwickelung. Die Gattung Thecaphora Fingerh. ist von Soro- sporium kaum verschieden. — S. Saponariae Rud. Bildet ein braunes Pulver in den Blüthen der Sileneen und in den Astspitzen und oberen Blättern der Alsi- 252 Ustilagineae: Sorosporium. Uroeystis. neen; das Mycel überwintert in den Rhizomen. — S. bullatum Sehroet. In den Früchten von Panicum Crus galli. — S. Junci Schroet. In den Blüthenstielen und den Fruchtknoten von Juncus bufonius. — 8. Trientalis Woron. In den Blättern von Trientalis europaea. .3. Urocystis Rabenh. (Polyeystis Ler.) Sporen aus mehreren zu einem Ballen vereinigten Zellen bestehend, von denen die mittleren grösser, dunkler und allein keimfähig, die äusseren (Nebensporen) kleiner, ohne Inhalt und daher steril sind (Fig. 68, I. Die Entwickelungsgeschichte ist vielfach von derjenigen von Ustilago abweichend und soll an der ersterwähnten, wichtigsten Art erläutert werden. — U. occulta Rabenh. (Polyeystis occulta Schlecht. — Roggenstengel- brand).! Sporenballen 10—24 Mikromillim. im Durchmesser, aus 1—4 grossen, dunkelbraunen Sporen bestehend, die nach aussen unregelmässig abgerundet sind, im inneren mit flachen Wänden fest an einander sitzen und auf deren Oberfläche kleinere, in der Regel von einer dünneren und helleren Membran umgebene, sporen- artige Anhängsel in verschiedener Anzahl und Anordnung haften. Findet sich bei uns nur auf dem Roggen (in Australien auch auf Weizen) und fructificirt in langen Streifen in Blattscheide, Blattfläche und Stengel; der obere Theil des letzteren wird dabei in der Regel zu Drehungen und Krümmungen veranlasst und schliess- lich sammt der Aehre vollständig vernichtet. Das Mycelium (Fig. 68, IV) dieses Pilzes, das anfänglich intercellular vegetirt, durchwächst vor der Sporenbildung auch die Zellen der Nährpflanze. Die inhaltreichen Aeste verzweigen sich dann reichlich und sobald die Zweige (mögen sie von demselben Stammfaden oder von verschiedenen ausgegangen sein) zu zweien oder mehreren auf einander treffen, legen sie sich in eigenthümlicher Verschlingung fest aneinander. Ihre Enden schwellen dabei unter stetigem Wachsthum an und der Inhalt des Stammfadens geht in sie über. Sie bilden so knäuelförmige Körper, in denen man eine Zeit lang deutlich die Membran der einzelnen Fäden erkennt, deren vorher sehr gleich- mässiger, gelatinöser Inhalt bald ein stark lichtbrechendes Aussehen analog den ‚Sporenportionen bei Ustilago zeigt. Mit dem fortschreitenden Wachsthum der Knäuel aber werden die Membranen der Fäden und ihrer Anschwellungen in Folge immer stärkerer Vergallertung undeutlich; nur die besonders bei Färbung mit Jod noch deutlich zu erkennenden Inhaltsmassen deuten auf die Entstehung hin. Bald wird dann der Inhalt gleichmässig feinkörnig und es treten kleine Oeltröpfchen in ihm auf; der ganze Knäuel umgiebt sich mit einer Membran, welche ihn, sich nach innen fortsetzend, oft in mehrere, fest aneinander haftende Kammern scheidet, und die Bildung eines jungen Sporenhäufchens ist damit vor- läufig beendet. Dasselbe trennt sich dabei durch eine Membran auch von den Bildungsfäden; seine Zellhaut verdickt sich bei weiterem Wachsthum, nimmt bräunliche Färbung an, und nun beginnt die Bildung der eigenthümlichen sporen- artigen Anhängsel. Es legen sich nämlich in verschiedener Zahl und an beliebigen Stellen des jungen Sporenhäufchens Fäden des umgebenden Myceliums fest an dasselbe an; die Enden derselben schwellen keulenförmig, oft sehr bedeutend auf, trennen sich von dem übrigen Faden durch eine Querwand ab und erhalten eine feine Membran, welche sich verdickt und auch bald bräunliche Färbung erkennen lässt. Doch bleiben diese Anhängsel oder Nebensporen bedeutend kleiner und verlieren bei fortschreitender Ausbildung der Membran ihren Inhalt. Bei der Keimung wird zunächst aus einer oder mehreren Zellen des Sporenknäuels ein kurzes Promycelium entwickelt, das in der Regel nicht länger als der Dicken- durchmesser des Ballens wird und sich nicht durch Querwände theilt (Fig. 68, D). Jedes Promycelium treibt auf seinem Scheitel 2—6 Ausstülpungen, welche ähnlich denen der Figur 69 a pinselförmig beisammen stehen, an Länge schliesslich dem Promycelium nahezu’ gleichkommen, den gesammten Plasmainhalt des letzteren aufnehmen und sich von ihm am unteren Ende durch eine Membran abschliessen. Jede dieser Ausstülpungen ist eine Sporidie, die (ohne sich vom Promycelium zu trennen) bald nach ihrer Ausbildung an ihrem unteren Ende, selten am Scheitel, in einen dünnen Keimschlauch auswächst (Fig. 68 I, s), in welchen das Plasma der Sporidie eintritt und der nun’zur weiteren Entwickelung in die Roggenkeim- ! Wolff, Beitrag zur Kenntniss der Ustilagineen. Der Roggenstengelbrand. Botan. Zeit. 1873. S. 657. Taf. 7. Ustilagineae: Uroeystis. Geminella. 353 pflanze einwandern muss. — U. pomphylogodes Rabenh. Sporenballen bis 40 Mikromillim. im Durchmesser, ein schwarzes Pulver in den Stengeln und Blät- tern von Anemone, Ranunculus und anderen Ranunculaceen bildend. — U. Violae F. de Waldh. In den Blättern von Viola odorata, V. tricolor und V. hirta. — U. Colchieci Rabenh. In den Blättern von Colchicum autumnale, Paris quadri- folia, Seilla bifolia ete. Das Mycelium wuchert in den Intercellularräumen, sendet aber nach allen Seiten längere und kürzere Aeste quer durch die Zellen; es folgt im Allgemeinen dem Verlaufe der Fibrovasalstränge. Die Sporenbildung findet theils in den Intercellularräumen, theils in den Zellen selbst statt und zwar sogar in unterirdischen Theilen des Blattstieles. Es bilden sich dabei am Mycelium zu- nächst zahlreiche kurze, dicke Aeste, die sich bald mehr oder minder deutlich spiralig winden, nur selten einfach krümmen. Theils aus demselben Mycelfaden, theils aus benachbarten Aesten, endlich auch aus den spiraligen sporenbildenden Fäden selbst wachsen andere Aeste heran, die sich jenen fest anlegen und mit ihnen verwachsen, entweder gerade verlaufend, oder den Windungen der ersteren Aeste folgend. Der durch das Anlegen oft vieler Seitenäste an den spiralig ge- wundenen Ast entstehende Knäuel, ist nun so dicht, dass die Beobachtung der weiteren Vorgänge sehr schwierig ist. Zuerst tritt aber bedeutendes Dickenwachs- thum aller Aeste, gleichzeitig Vergallertung des ganzen Knäuels ein, die letztere indessen an dem Spiralaste stärker ausgeprägt, als an den Nebenästen; letztere werden endlich zu den Nebensporen, die Windungen des spiraligen Astes zu den Hauptsporen. 5 4. Geminella Schroet. Sporen regelmässig zu 2 oder 3 verbunden, alle von gleicher Grösse, aber nur die eine keimfähig und auf dem Scheitel des 2- bis 3zelligen Promyceliums die Sporidien wie bei Urocystis erzeugend; Keimung der letzteren unbekannt. — G. Delastrina Schroet. Die einzelnen Sporen breit ellip- tisch oder fast kugelig, an der Verwachsungsstelle wenig abgeflacht, 8,3—10,5 Mi- kromillim. lang und 10,5;—13 breit, ihr Exosporium blauschwarz, mit unregelmässig gestellten, warzigen Erhabenheiten. Bildet ein schwarzgrünes Pulver in den Früchten von Veronica arvensis. Das vegetative Mycelium ist äusserst wenig ver- zweigt und unregelmässig durch Querwände gegliedert. Es wächst hauptsächlich in den Intercellularräumen, durchsetzt aber auch direct die Zellen, erstreckt sich durch das ganze Markparenchym der Axe von der Wurzel bis zur Spitze und tritt seitlich in die Blüthenstiele über. Von diesen aus gelangt es in den Frucht- knoten der Blüthe, geht aber nur durch die Placenta in die Samenknospen, in denen es allein die Sporen entwickelt, so dass alle anderen Theile der Frucht sich normal ausbilden. Diejenigen Myceläste nun, welche in die Orte der Sporen- bildung eintreten, gleichen im Allgemeinen dem übrigen Mycelium, doch sind sie reich verzweigt, vielfach gekrümmt und durch einander geschlungen und durch ziemlich dichtstehende, ungewöhnlich dicke, stark lichtbrechende Querwände ge- gliedert. Sie erfüllen die betreffenden Organe vollständig und zerstören ihr Ge- webe bis auf die Epidermis, die bei der Sporenreife jedoch ebenfalls verschwunden ist. An diesen Mycelfäden entstehen dicht neben einander zahlreiche kurze, zu- erst hakenförmig gekrümmte, endlich aber ein- bis viermal spiralig gewundene Aeste, welche direct zu Sporen werden. Ihre Membran fängt an sich zu verdicken, wird aber in keinem Stadium gallertartig, wodurch sich Geminella wesentlich von den meisten anderen Ustilagineen unterscheidet. Gleichzeitig nimmt der Durch- messer der Spiraläste zu, auf ihrer Wand zeigen sich bald locale, warzenförmige Verdiekungen und in ihrem Inneren entstehen Querwände, welche je eine halbe Spiralwindung abgrenzen, die zur Doppelspore wird und sich noch einmal wieder durch eine in ihrer Mitte auftretende Querwand in die beiden einfachen Sporen theilt. Später lösen sich die den Doppelsporen entsprechenden halben Spiral- windungen von einander, die ursprünglichen Verbindungsstellen runden sich ab und die Bildung der Sporen ist beendet. Das Herantreten anderer Aeste an die Spirale, wie dies bei Urocystis Colchiei etc. stattfindet, ist hier nicht beobachtet worden und die diesen Aesten entsprechenden Nebensporen fehlen daher bei Ge- minella. Neben den Spiralästen entwickeln sich aber auch deren Tragfäden zu Sporen. Dieselben gliedern sich noch während des Wachsthums der Spiraläste durch zahlreiche Querwände in Stücke, deren Längsausdehnung meist dem Längen- durchmesser einer Doppelspore entspricht; nur selten ist derselbe grösser und dann entsteht aus einem derartigen Mycelstücke eine Reihe von drei zusammen- 254 Ustilagineae: Geminella. Entyloma. Tilletia. gehörigen Theilsporen. Die weitere Umbildung der Tragfäden zu Sporen erfolgt erst dann, wenn die gleichen Vorgänge in den davon abgehenden Spiralästen fast beendet sind; sie ist derjenigen der letzteren in allen Punkten gleich. 5. Entyloma De Bary.' Das zuerst von De Bary genau untersuchte E. Ungerianum De Bary (Protomyces miecrosporus Ung.) lebt nur auf Ranunculus repens, in dessen Blättern (seltener in den Blattstielen) es zwischen den stärkeren Nerven schwielige Flecken von grünlichgelber, später röthlichbrauner Färbung er- zeugt. Das Mycelium besteht aus sehr dünnen, farblosen Hyphen mit wenigen zarten Querwänden, ist unregelmässig verzweigt und vegetirt in den Intercellular- räumen, von Strecke zu Strecke der Oberfläche der Zellen fest angedrückt. Von diesen Ansatzstellen aus treiben die Fäden sehr reichlich Zweige, welche durch grössere Zartheit ‘vor ihnen ausgezeichnet sind und theils die Oberfläche der Zellen dieht umspinnen, theils von dieser aus sich in die Intercellularräume er- heben. An diesen zarteren, im frischen Zustande sehr blassen, aber auch nicht gallertartig quellenden Fäden findet die Sporenbildung statt. Ein Zweig schwillt nahe an seinem Ende oval-blasig an und die Anschwellung gliedert sich zur Spore ab, nachdem sie oft einem oder einigen Zweigen zum Ursprungsorte gedient hat. An dem sich verlängernden Ende kann sich derselbe Process viele Male wieder- holen; die Sporen stehen daher intercalar in den Fäden, gewöhnlich durch ein interstitielles, eylindrisches Fadenstück getrennt. Sie haben anfänglich etwa die doppelte Dicke ihrer Tragfäden, zarte Wand und blass-trübes, oft einzelne grössere Fetttröpfehen enthaltendes Plasma,. wachsen aber bald unter sehr bedeutender Verdickung ihrer farblosen oder blass gelbbräunlichen Membran zu einem Durch- messer von 15—24 Mikromillim. heran, sich bei grösserer Menge polyödrisch ab- flachend und zwischen sich ausser geringen Hyphenresten die bis zur Unkennt- lichkeit zusammengepressten Reste des Blattparenchyms einschliessend. Die Keimung der reifen Sporen findet nur in Wassertröpfchen statt, hier aber bei mässig warmer Temperatur schon nach 24 Stunden. Dieselbe ist derjenigen von Tilletia (vgl. Fig. 69) äusserst ähnlich. Jede Spore treibt aus einer engen Perforation der im übrigen nicht aufreissenden Membran ein ziemlich dickes Promycelium von 4—10- facher Länge des Sporendurchmessers, Rund um den stumpf gerundeten Scheitel desselben tritt ein Wirtel von 4—8 (meist 6—7) cylindrisch-spindelförmiger, nach oben verjüngter Aestchen hervor, alle gleichzeitig entstehend und fast das ge- sammte Protoplasma des Promyceliums aufnehmend, gegen letzteres sich schliess- lich durch eine Scheidewand abgrenzend. Je zwei Aeste copuliren dann mit ein- ander, entweder so, dass (ähnlich wie bei Tilletia — Fig. 69, b) dicht über der Insertionsstelle kurze, einander entgegen wachsende Querfortsätze gebildet werden, die mit einander verschmelzen, oder so, dass die oberen Enden sich gegen ein- ander neigen und verwachsen. Nach geschehener Copulation wächst an jedem Paare der eine Wirtelast an seiner Spitze weiter, während das Protoplasma des anderen allmählich vollständig in ihn einwandert. Die wachsende Spitze wird zuerst fein pfriemenförmig verschmälert, dann schwillt das Ende wiederum an und wächst zu einer lang und schmal spindelförmigen, dem Wirtelaste,an Dicke etwa gleichen, meist etwas krummen, schliesslich sich abgliedernden und ab- lösenden Sporidie aus, die sich an ihrem einen Ende sofort in einen sehr dünnen, langen Keimschlauch verlängert, in welchen ihr gesammtes Protoplasma eintritt. Der Keimschlauch tritt durch die Spaltöffnungen in das Innere seiner Nährpflanze; er wird erst in der Athemhöhle etwas stärker im Durchmesser und wächst dann, zunächst der Innenfläche der Epidermis folgend, später in die tiefer gelegenen Intercellularräume tretend, direct zum sporenbildenden Mycelium heran. Ist die Zahl der Wirteläste des Mycels eine ungerade, so dass ein Ast nicht copulirt, so wächst derselbe zwar noch etwas fort, zeigt aber sonst keine Veränderungen, wie die copulirten Aeste. — E. Calendulae De Bary. In den Blättern von Calen- dula offieinalis. — E. Ficariae Thümen. In den Blättern von Ranunculus Ficaria. 6. Tilletia Tul. Diese Gattung schliesst sich Entyloma eng an. Von den plasmareichen Mycelfäden werden an den Orten der Sporenbildung in ihrem ganzen ı De Bary, Protomyces mierosporus und seine Verwandten. Botan. Zeit. 1874. S. 81. Taf. 2. — Fischer v. Waldheim, Zur Kenntniss der Entyloma- Arten Moskau 1877. Ustilagineae: Tilletia. 255 Verlaufe und nach allen Seiten abstehend, manchmal auch einseitig, äusserst zahl- reiche, kurze, dünne, manchmal sich verästelnde Zweiglein getrieben. Das Ende eines jeden derselben schwillt zunächst birnförmig an (Fig. 68, VD). rundet sich aber bald ab, nimmt den ganzen Plasmainhalt des dann wasserhell werdenden Aestchens auf und gliedert sich endlich von. letzterem durch eine Querwand als Spore ab. Diese zeigt bei starker Vergrösserung ein feinkörniges, mit zahlreichen Oeltröpfcehen versehenes Protoplasma und verdickt ihre Membran in verschiedener Weise. Die Membranen der sporenbildenden Fäden quellen bei den verschiedenen Arten der Gattung in sehr ungleichem Grade gallertartig auf, am schwächsten bei Tilletia Caries und T. laevis, wo sie noch zwischen den Massen fertiger Sporen leer und und zusammengetrocknet mit den ihnen oft noch anhaftenden kleinen Stielästen der Sporen zu erkennen sind. Die Keimung der Sporen findet sowohl im Wasser, als auch in feuchter Atmosphäre statt. Zwei bis drei Tage nach der Aussaat wird ‘das Exosporium spaltenförmig gesprengt (Fig. 69, b), und das Endosporium wächst zum kurzen, dicken, später oft durch einzelne zarte Querwände gegliederten Promycelium aus, auf dessen abgerundetem Scheitel bald auch (wie bei En- tyloma und Urocystis) ein Wirtel von meist 8—10 kur- zen, papillenartigen Ausstülpungen entsteht, die sich rasch zu schmal cylindrischen Aesten verlängern (Fig. 69, a) und bald als lange, dünne, pfriemenförmig zu- gespitzte Sporidien dem Promycelium aufsitzen. Ehe sich dieselben aber von letzterem ablösen, copuliren sie gewöhnlich in ihrem unteren Theile durch einen kurzen Verbindungsschlauch zu H-förmigen Doppel- sporidien (Fig. 69, b), bleiben indessen oft auch ein- fach. Die Sporidien, paarweise verbundene wie ein- zelne, keimen bald seitlich, bald an einem Ende mit einem zarten Schlauche, der entweder unmittelbar zum Mycelium weiter wächst, wenn er in die Nähr- pflanze eindringen kann (Fig. 69, c), oder welcher an seinem Ende durch Anschwellung erst eine Secundär- sporidie (Fig. 69, d x) erzeugt, welche ihrerseits den Keimschlauch entwickelt. — T. Caries Tl. (Uredo Caries DC., Ustilago- sitophila Dittm. — Steinbrand, Schmierbrand, Stinkbrand, Kornbrand etc. des Weizens). Sporen kugelig, braun, ihr Exosporium mit netzförmigen Verdickungsleisten — und T. laevis Kühn: Sporen wie bei voriger Art, aber ihr Exospo- rium glatt. Beide Arten, die letztere mehr in Süd- Fig. 69. Tilletia Caries, nach und Mitteldeutschland, aber auch in Ungarn und Nord- Tulasne (Vergr. 460). a und b amerika vorkommend; verursachen den Steinbrand des Keimende Sporen, ce und d kei- . - . & . mende Sporidien. Weizens' und sind wohl die gefürchtetsten Brandpilze, da ihre Sporen im Inneren des von dem Mycelium zerstörten Fruchtknotens reifen, aber von der dünnen Fruchtknotenwand um- schlossen bleiben, daher mit dem gesunden Getreide eingeerntet werden. Die inficirten Pflanzen sind vor dem Schossen auch für das geübte Auge nur schwer von den gesunden unterscheidbar, zeigen aber oft eine dunkelere Färbung der Blätter und Blattscheiden. Später zeichnen sich die kranken Aehren durch kleinere, weniger gedrängt stehende, mehr blaugrüne Aehrchen aus, und bei der Reife des Getreides sind die aufrechten, kürzeren und dürftigeren Brandähren mit ihren stärker gespreizten Spelzen und stärker abstehenden Aehrchen gegenüber den gesunden, unter der Schwere der Körner gebeugten Aehren leicht kenntlich. Ihre Körner sind dann kürzer und dicker, als die gesunden Weizenkörner und durch das durchscheinende Sporenpulver dunkler gefärbt. In dem jungen Frucht- knoten der kranken Blüthen, der sich von demjenigen der gesunden durch bedeu- tendere Grösse und dunkele, blaugrüne Farbe auszeichnet, zeigt sich der Brandpilz ! Kühn, Der Weizensteinbrand, seine Formen und seine specifische Ver- schiedenheit von den Steinbrandarten wildwachsender Gräser. Landwirthschaftl. Zeitung für Westphalen und Lippe 1875. no. 1 u. 2. 256 Ustilagineae: Tilletia. — Entomophthoreae. zuerst als eine weisse Masse eines üppigen vegetativen und zum Theil schon in Sporenbildung begriffenen Myceliums, die nach und nach den ganzen Fruchtknoten erfüllt und mit beginnender Reife eine dunkelbraune bis schwärzliche Färbung, schmierige Beschaffenheit und einen widerlichen Geruch annimmt, mit beendeter Entwickelung aber trocken und hart wird. Nach Kühn’s Untersuchungen kommen die beiden Steinbrandformen des Weizens auf anderen, wildwachsenden Gräsern Mitteleuropas nicht vor, können daher nur durch den Weizen selbst weiter ver- breitet werden. Das wichtigste Schutzmittel gegen die Krankheit ist bereits (S. 249) angegeben worden." — Von den übrigen Tilletia-Arten zeichnen sich durch ein netziges Exosporium aus: T. sphaerococca F. de Waldh. In den Fruchtknoten von Agrostis-Arten. — T. Secalis Kühn. (Roggen-Kornbrand)?’ Im Fruchtknoten des Roggens, aber sehr selten und bis jetzt nur in Schlesien beobachtet. Das die Sporen bildende Mycelium zerstört das Roggenkorn gerade so, wie der Weizensteinbrand dasjenige ‚des Weizens. — T. Lolii Awd. Im Fruchtknoten der Lolium-Arten. — T. contraversa Kühn. Im Fruchtknoten von Triticum repens. — T. endophylla De Bary. In den Blättern von Brachypodium. — T. Calamagrostis Fuckel. In- den Blättern von Calamagrostis Epigeios. — Durch ein stacheliges Exosporium zeichnet sich aus: T. De Baryana F. de Waldh., in den Blättern von Anthoxanthum odoratum, Bromus inermis und Holcus, — durch ein körniges Exosporium: T. bullata Fekl., in den Blättern von Polygonum Bi- storta und P. viviparum. ? 128. Familie. Entomophthoreae.’ Die Mitglieder dieser Familie sind epidemisch auftretende, insektenbewoh- nende Parasiten, deren reich verzweigtes fädiges oder nur aus hefeartig sprossen- den Zellen bestehendes Mycelium im Inneren des lebenden Thieres vegetirt und endlich auf nach aussen durch die Haut des Wirthes hervorbrechenden Basidien je eine Spore abschnürt, welche von der Basidie abgeschleudert wird und sofortige Infection neuer, gesunder Insekten bewirkt. Für die Ueberwinterung entstehen im Inneren des Insektenkörpers diekwandige Dauersporen, deren Keimung aber bis jetzt nicht bekannt ist. Die Kenntniss der Entwickelungsgeschichte der beiden hierher gehörigen Gattungen ist hauptsächlich durch die neueren Untersuchungen Brefeld’s vervollständigt worden. 1. Empusa Cohn. Die am besten bekannte Art dieser Gattung ist E. Mus- cae Cohn, welche im Körper der Stubenfliege lebt und diese alljährlich im Herbste in grossen Massen tödtet. Die Thiere sitzen dann mit geschwollenem, starrem Leibe an Fenstern, Spiegeln ete., um sich herum einen von weisser, körniger Masse gebildeten Hof aus zahllosen abgeschleuderten Sporen mit den- selben anklebenden Plasmaresten. Untersucht man Fliegen, um die herum sich die ersten Spuren des erwähnten Hofes zeigen, so findet man die Oberfläche ihres Körpers mit zahlreichen, dicht neben einander stehenden, nie verzweigten, keulenförmigen bis eylindrischen, plasmareichen Schläuchen, den Basidien, bedeckt. Auf dem Scheitel jeder Basidie erscheint eine Ausstülpung, die sich zur ı Vgl. auch Kühn, Die Anwendung des Küpfervitrioles als Schutzmittel gegen den Steinbrand des Weizens. Botan. Zeit. 1873. S. 502. 2 Kühn, Tilletia Secalis, eine Kornbrandform des Roggens. Botan. Zeit. 1876. S. 470. 3 Cohn, Empusa Muscae und die Krankheit der Stubenfliege. Nova Acta XXV. P. I. 300. — Brefeld, Untersuchungen über die Entwickelung der Empusa Mus- cae und Empusa radicans und die durch sie verursachten Epidemien der Stuben- fliegen und Raupen. Abhandl. der naturforsch. Gesellsch. zu Halle a. S. XIJ (1871). — Brefeld, Ueber Entomophthoreen und ihre Verwandten. Sitzungsber. d. Ge- sellsch. naturforsch. Freunde zu Berlin 1877 (und mit einem Nachtrage dazu abgedruckt in Botan. Zeit. 1877. S. 345). — Nowakowski, Die Copulation bei einigen Entomophthoreen. Botan. Zeit. 1877. S. 217. — Cohn, Ueber eine neue Pilzkrankheit der Erdraupen (Tarichium megaspermum), in dessen Beiträgen zur Biologie d. Pflanzen I. S.58. — Sorokin, Ueber zwei neue Entomophthora-Arten; in Cohn’s Beitr. z. Biol. d. Pflz. II. 387. Entomophthoreae. 2357 x Kugel erweitert, eine kurze, stumpfe Spitze erhält, durch eine zarte Querwand von der Basidie abgegrenzt wird und dieser nun als eine Spore aufsitzt, die sich im völlig ausgebildeten Zustande am passendsten mit einer Spitzkugel vergleichen lässt. Schon mit der Ausstülpung der Spore treten im unteren Theile der Basidie Vacuolen auf, die allmählich von unten nach oben zunehmen, sich schliesslich nahe unter der Scheidewand der Spore zu einer grossen Vacuole gestalten und einen dicken Plasmaklumpen gegen die Spore drängen. Mit zunehmender Span- nung reisst dann die Basidie dicht unter der Sporenansatzstelle ringsum durch, wobei die Spore, umhüllt von dem Plasma des Schlauches, abfliegt. Der entleerte Schlauch verschwindet sofort zwischen den benachbarten, noch in der Sporenent- wickelung begriffenen Basidien; jede Basidie erzeugt nur die eine Spore. Letztere besitzt eine einfache, zarte Membran und körniges Protoplasma mit dicken Fett- tropfen. Sie ist sofort keimfähig und ihre Keimkraft dauert überhaupt nur 1—2 Tage. Die Keimung selbst findet so statt, dass die Spore einen kurzen Fortsatz treibt, der zu einer Secundärspore anschwillt und von der Mutterspore durch eine Scheidewand abgegrenzt wird. Dabei bleibt ein dieker, zur Bildung der neuen Zelle nicht verwendeter Plasmaklumpen in der ursprünglichen Spore zurück. Er drängt sich gegen die Scheidewand der Secundärspore und letztere wird kurz darauf in derselben Weise abgeschleudert, nur nicht mit der Kraft, wie die Primärspore von ihrer Basidie. Die Secundärsporen nun werden den ge- sunden Fliegen an den Unterleib geworfen, wenn sie eine Stätte betreten, wo eine kranke Fliege vorher ihre Sporen abgeschleudert hatte. Der Unterleib ist auch die allein infieirbare Stelle am Thiere und durch das mitausgeworfene Protoplasma der Mutterspore wird die Secundärspore dem Leibe angeklebt. Hier treibt sie sofort einen kurzen, dicken, zartwandigen Keimschlauch, der die Haut des Thieres direet durchbohrt und auf der Innenfläche derselben zu einer grossen Zelle anschwillt, aus der hefeartig nach verschiedenen Seiten kleine Toch- terzellen hervorsprossen. Letztere trennen sich von ihrer Mutterzelle, siedeln sich im Fettkörper des Fliegenleibes an, vermehren sich in diesem durch weitere hefeartige Sprossung und unter sofortiger Trennung der ge- bildeten Zellen zu ungeheuren Mengen und gelangen dabei auch in das Blut des Thieres. Schliesslich hört aber die Vermehrung der Sprosszellen auf und kleine wie grosse Zellen wachsen gleichzeitig zu Schläuchen aus, die stets einzellig bleiben, zuerst die verschiedensten Formen mit wulstigen Aussackungen und kurzen, dicken Fortsätzen zeigen, dabei aber eine erhebliche Länge erreichen und zuletzt an ihrem der äusseren Haut nahe gerückten Ende keulenförmig anschwellen. Jetzt drängt sich das Protoplasma gegen diese Anschwellung, die sich dehnend und verlängernd mit ihrer Spitze die Körperhaut durchbricht. Letztere ist schon vorher in Folge der grossen Anzahl der Sprosszellen, welche die inneren Körper- theile verzehren, zwischen den Leibesringen zum Platzen straff gespannt, die Fliege schon bei Beginn der Schlauchbildung todt. Das frei zum Körper herausragende Schlauchende entwickelt dann die Spore in der oben angegebenen Weise. Dauer- sporen sind bis jetzt bei E. Muscae nicht aufgefunden worden. 2. Entomophthora Fresen. Auch aus dieser Gattung ist die in den Raupen des Kohlweisslings lebende E. radicans Bref. durch Brefelds Untersuchungen genau bekannt geworden. Das durch Querwände gegliederte, reich verzweigte, mächtige Mycelium des Pilzes vegetirt vorzüglich im Fettkörper der Raupe und verzehrt binnen fünf Tagen das ganze Innere derselben bis auf Tracheen und Darminhalt, so dass die straffe Haut des in dieser Zeit getödteten Thieres schliess- lich prall vom Mycelium ausgefüllt ist. Am sechsten Tage nach der Infeetion treten am Unterleibe des Thieres zwischen den Beinen grosse, dicke, aus eng verbundenen, reich gegliederten Fäden bestehende, als Rhizoiden fungirende Hy- phenbündel hervor, die sich mitunter in mehrere Stränge theilen, bis ihre Spitzen die Unterlage erreichen, welcher sie sich, anschwellend und verbreiternd, gleich- sam plastisch und mit grosser Festigkeit anschmiegen. Kaum haben sie das todte Thier und mit ihm den Pilz an seiner Unterlage befestigt, so beginnt die Aus- bildung des Fruchtlagers. Durch die Haut der Raupe brechen gleichzeitig an allen Stellen die Hyphen, welche dasselbe bilden sollen, in grosser Anzahl hervor. Von Anfang an reich gegliedert, verlängern sie sich durch Spitzenwachsthum und verzweigen sich reichlich und in der Weise, dass sie die mit der steigenden Verlängerung immer wachsenden Raumlücken zwischen sich völlig mit ihren R Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 17 258 Entomophthoreae. Aesten ausfüllen. Mitunter sind sie von Anfang an zu gewaltigen Strangmassen verbunden, die sich nach oben mehr und mehr verbreitern, wie die Fruchtkörper der Basidiomyceten. Zum Schlusse des Längenwachsthums wird die Verzweigung so massenhaft, dass sich die letzten Aeste durch seitliche Berührung zu einem grossen, continuirlichen Fruchtkörper schliessen; diese letzten, gleich langen Aeste bleiben kurz, trennen sich durch eine Scheidewand vom Mutterfaden und sind die Basidien des Pilzes, auf denen durch Abschnürung eine spindelförmige Spore er- zeugt und durch Aufplatzen der Basidie wie bei Empusa abgeschleudert wird. Ein unkenntlicher Raupenrest, von einem Sporenwalle umsäumt, ist das Endresultat der in einem Tage beendeten Fructification. Die Sporen keimen sofort und wie bei Empusa, und die Keimschläuche der Secundärsporen dringen auch direct durch die Haut einer infieirten Raupe, ihren Weg durch dieselbe durch Bräunung der an- grenzenden Hautstellen deutlich kennzeichnend. Innerhalb des Raupenkörpers wächst der Keimschlauch wieder zum mächtigen Mycelium heran, an dem durch Abgliederung kurzer Sprosszellen (Conidien) auch eine vegetative Vermehrung stattfinden kann. Gegen den Spätherbst hin nehmen die eben kurz charakterisirten Fructificationen fort und fort ab, die vom Pilze getödteten Raupen sind zum grossen Theile schlaff, zeigen dann in ihrem Inneren aber die charakteristischen Dauersporen. Die Mycelien, an welchen diese auftreten, zeigen dieselben Dimen- sionen wie früher; auch die Rhizoiden werden in gleicher Weise gebildet, hin- gegen treibt das Mycelium kein Fruchtlager, sondern bleibt ganz im Inneren des Thieres. Im Verlaufe seiner Fäden treten an oft sehr nahe gelegenen Stellen kurze Ausstülpungen auf, die allmählich zu grösseren, dem Mycelium ohne Stiel aufsitzenden Kugeln anschwellen und sich mit dem Fadeninhalte füllen. Da die zu den Dauersporen werdenden Kugeln viel zahlreicher entstehen, als Mycelzellen vorhanden sind, so werden zwischen den die einzelnen Dauersporen tragenden Stücken der Fäden zuerst neue Scheidewände gebildet, während noch später nach und nach auftretende Wände das in die Dauerspore einwandernde Plasma nach rückwärts in dem Maasse enger abgrenzen, als es aus dem Mycelium in die Spore entleert wird. Die Bildung der Dauersporen ist eine fast gleichzeitige an allen Fäden. Sie stehen oft weit von einander, noch öfter aber so nahe beisammen, dass ihr Ursprung von den Fäden der Mycelknäuel nur schwer sicher zu erkennen ist, während in noch anderen Fällen die Mycelien nach Anlage von Dauersporen wei- tere kurze Ausstülpungen treiben, um auch an diesen noch Dauersporen zu er- zeugen: Fälle, die von der Menge der gebotenen Nährstoffe abhängig sind. Die Dauersporen selbst sind kugelig und durchschnittlich 0,025 Millim. dick. Durch Auflösung ihrer Tragfäden werden sie frei, und in diesem Entwickelungsstadium wird die Raupe schlaf. In der flüssigen Masse der gelösten Mycelien schwimmend, bilden sich dann die Dauersporen weiter aus: ihre Membran verdickt sich und differenzirt sich in ein Endo- und Exosporium, beide Schichten farblos aber von grosser Mächtigkeit; ihr Plasma sondert Oeltropfen aus, die später zu einem grossen Tropfen verschmelzen, und schliesslich ist die im Laufe von 8—12 Tagen bis zur Mumie eingetrocknete Raupe nur noch von den dichten Massen unzähliger Dauer- sporen angefüllt. In diesen Dauersporen überwintert offenbar der Pilz, doch ist die Keimung derselben bis jetzt nicht bekannt. Die von Cohn beschriebene Gat- tung Tarichium entspricht dem Dauersporenzustande den Entomophthoreen an- gehöriger Pilze. Nach den Beobachtungen von Nowakowski an zwei von ihm entdeckten neuen Arten, E. curvispora Now. und E. ovispora Now., die in ihrer Lebensweise im Inneren des Körpers von Fliegen und Mücken mit Empusa Muscae, in der Entwickelung des Fruchtlagers mit Entomophthora radicans übereinstimmen, soll die Bildung der Dauersporen durch Copulation derjenigen Hyphen erfolgen, welche an ihren Enden die Basidiosporen abschleudern. Dieselben schicken nach seinen Angaben aus ihren einzelnen Zellen je zwei Querausstülpungen einander entgegen, welche bald in zwei Copulationsfortsätze auswachsen, die sich unter Aufnahme des Protoplasmas der copulirenden Zellen wie bei Spirogyra vereinigen und oft auch, wie dort, die Hyphen auf ganze Strecken leiterförmig verbinden (vgl. 8. 44, Fig. 10). „Bald nachher wächst auf einem der Fortsätze der in Copulation begriffenen Zellenpaare ganz nahe an der Stelle ihrer Berührung eine Ausstülpung nach aussen empor, welche zu einer kugeligen Dauerspore sich verändert, indem in dieselbe das gesammte Protoplasma der copulirenden Zellen durch ihre Copulations- Entomophthoreae. Tremellini. 259 fortsätze hineintritt. Hierauf trennt sich die entstandene Zygospore durch eine Querwand von dem entleerten Fortsatze, auf welchem sie unmittelbar entstanden ist. In Folge des oben geschilderten Vorganges stellen die copulirenden Zellen eine H-ähnliche Form dar, welche auf der Aussenseite ihres Querstriches die Zygo- spore trägt. Manchmal kommt es aber vor, dass die Zygospore sich nicht auf dem Fortsatze, sondern auf einer anderen Stelle einer der copulirenden Zellen bildet.“ „Bald nach der Copulation lösen sich die Wände der vom Proto- plasma entleerten Hy- phenzellen auf, so dass in Folge dessen die ent- standen Zygosporen von ihren Mutterzellen gänz- lich getrennt werden.“ Auch E. radicans soll die Dauersporen nach dem- selben Typus bilden. No- wakowski stellt auf Grund dieser Beobachtungen die Entomophthoreen neben die Zygomyceten und zwar zunächst den Pipto- cephalideen (vgl. S. 58 j : y — 63). Brefeld! bemerkt Fig. 70. Tremella mesenterica Retz. Pilz in natürlicher Grösse, zu dieser Auffassung, dass auf einem Aststücke sitzend. Nach Tulasne. er eine derartige Deutung nicht wage, denn: „Erstens ist die Verschmelzung der Mycelfäden bei allen Pilzen mit gegliederten Mycelien (auch schon bei den Mortierellen und Piptocephalideen der niederen Pilze) eine allgemeine, oft überaus häufige Erscheinung; zweitens trägt die bei der Entomophthora radicans vorkommende Verschmelzung der Fäden, die namentlich zur Zeit der Dauersporenbildung häufig ist, weder in der Form, noch in dem Orte ‚der Verschmelzung einen bestimmt ausgeprägten Charakter; drittens ist die Entstehung der Dauersporen keine bestimmt orientirte; viertens bilden sich Dauersporen an solchen Fäden aus, die keine sichtbare Verschmelzung erfahren haben. Es sind dies Thatsachen, die auch Nowakowski zum Theil her- vorhebt.“ Ueber die verwandtschaftlichen Beziehungen der Entomophthoreen und Usti- lagineen zu einander und zu den Basidiomyceten ist der Schluss des allgemeinen Abschnittes über die Hymenomyceten nachzusehen. 2. Unterordnung. Tremellini. 129. Familie. Tremellini.? Die fast ausschliesslich auf abgestorbenem, faulendem Holze, seltener auf nackter Erde lebenden Tremellinen, Zitterpilze oder Gallertpilze besitzen ein im Substrate ausgebreitetes, freifädiges Mycelium. Ihre sehr verschieden grossen, oft sogar ansehnlichen Fruchtkörper sind von sehr wechselnder Form: bald kugelig oder polsterartig bis scheiben-, napf- oder becherförmig, in den ty- pischen, durch die Gattung Tremella repräsentirten Fällen haut- oder blattartig ausgebreitet und gekröseartig gewunden oder gefaltet (Fig. 70), bei anderen Arten ’ Botan. Zeit. 1877. S. 370. ?2 Tulasne, Observations sur l’organisation des Tremellindes. Ann. d. science. natur. ser. 3. vol. XIX. 193. tab. 10—13. — Tulasne, Nouvelles notes sur les Fungi Tremellini et leurs allices. Ann. d. sc. nat. ser. 5. vol. XV. 215. tab. 9—12. — Brefeld, Botanische Untersuchungen über die Schimmelpilze. 3. Heft: Basidio- myceten. S. 181. Leipzig 1877. RX” 260 Tremellini. aber auch keulig oder selbst hutförmig. In allen Fällen besteht der Fruchtkörper aus einer homogenen Gallerte von weicher bis knorpeliger Beschaffenheit und in dieser verlaufen die verzweigten Hyphen desselben (Fig. 71, A). Die Gallerte selbst ist das Produkt der gequollenen und zusammengeflossenen Aussenmem- branschichten der Hyphen des Fruchtkörpers. Die ganze freie Oberfläche des letzteren, bei den keuligen Formen der obere Theil, bei den napf- oder becher- förmigen die glatte Oberseite, wird von dem Hymenium oder Sporenlager einge- nommen, dessen Basidien verschieden gestaltet sind und auch ihre meist einzelligen,, selten vierzelligen (Dacrymitra) Sporen in verschiedener Weise abschnüren. Bei Tremella und Exidia schwellen die Enden der zarten, dünnen, unter der Ober- fläche des Fruchtkörpers endenden Hyphen zu je einer protoplasmareichen, kugeligen oder ovalen Zelle an (Fig. 71, b). Diese ‚„Primärbasidien“ theilen sich darauf über’s Kreuz durch Längswände in vier wie Kugelquadranten geordnete Tochterzellen (Fig. 71, die äusserste Basidie rechts), deren jede als die eigentliche Basidie betrachtet wird. Die vier Ba- sidien bleiben nun in ihrer ursprünglichen Ver- bindung, oder sie lösen sich bis auf ihre gemein- same Traghyphe der Länge nach von einander (Fig. 71). Jede Basidie treibt aber aus ihrem Scheitel ein sehr langes, pfriemenförmiges Sterigma, welches bis über die Oberfläche des Fruchtkörpers emporwächst und hier in der auf Seite 236 angegebenen Weise eine Spore (Fig. 71, s) abschnürt. Etwas anders gestaltet sich der Vorgang bei Hirneola. Hier ist jede Primärbasidie lang cylindrisch und später durch Querwände in eine Reihe von 4—5 Tochterzellen ge- theilt, von denen jede ein langes, pfriemenförmiges, aufrechtes Sterigma treibt, die oberste Zelle aus ihrem Scheitel und zuerst, die anderen unmittelbar seitlich unterhalb ihrer oberen Querwand und von ‘oben nach unten fortschreitend. Jedes Sterigma wächst auch hier bis über die Oberfläche des Fruchtkörpers, wo die Sporenabschnürung in hor- maler Weise erfolgt. Die ganze Basidie mit ihren Sterigmen erinnert lebhaft an das sporidienbildende Promycelium von Puceinia (8. 238, Fig. 67 E, p) und anderen Uredineen. Ob die von Tulasne bei Tremella mesenterica und T. Cerasi abgebil- deten Conidienfructificationen, die er theils zwischen den Basidien, theils in besonderen pezizenartigen Behältern an der Basis der Fruchtkörper beobach- Fig. 71. Exidia spieulosa Sommerf. tete, zu den Tremellen gehören, müssen Qulturver- Stück des Hymeniums im Längs-- suche noch beweisen. Ebenso ist es noch sehr schnitte, sehr stark vergrössert, zweifelhaft, ob die von Sautermeister! im Frucht- nach Tulasne. s Sporen, b Basidien, Körper von Exidia recisa beobachteten, an Flech- nn ea elar. tenapothecien erinnernden Tuberkeln, welche ein aus zahlreichen Paraphysen und achtsporigen Schläu- chen bestehendes Fruchtlager enthielten, wirklich zu Exidia gehören, oder nicht vielmehr die Fruchtkörper eines auf Exidia parasitisch lebenden Ascomyceten sind. Fuckel? betrachtet die Tremellinen ohne Weiteres als die Conidienformen von Schlauchpilzen und vereinigt z. B. Tremella sarcoides mit Coryne sarcoides Tul., Tremella foliacea mit Bulgaria inquinans Fr. (S. 172) ete., während er dem- gemäss andere Tremellini unter seine „Fungi imperfecti“ (vgl. S. 144) versetzt. So lange diese Auffassung sich nur auf das gesellige Vorkommen der betreffenden. Formen und nicht auf Culturversuche stützt, kann dieselbe aber als höchst zweifelhaft bezeichnet und die selbständige Stellung der Tremellinen aufrecht erhalten werden. ! Sautermeister, Zu Exidia recisa. Botan. Zeit. 1876. S. 819. ” Fuckel, Symbolae mycologicae. S. 5. 284. 286. 402. Tremellini. 81 Die keimenden Sporen der .Tremellineen entwickeln entweder direct ein Mycelium, oder sie liefern ein Promycelium, an welchem kleine Sporidien abge- schnürt werden, welche Brefeld im Anschluss an die ähnlichen Erscheinungen bei Hymenomyceten als „Stäbchenfructification“ bezeichnet (vgl. die allgemeine Schilderung der Hymenomyceten und hier die Fig. 82). Nach Brefeld! keimen die frisch abgeworfenen-Sporen von Tremella foliacea leicht und sicher, indem sie bald nach einer Seite, bald nach beiden Seiten Keimschläuche entwickeln, welche oft sofort durch Ausstülpungen dichte Büschel von cylindrischen „Stäb- chen“ (Sporidien) erzeugen, von denen jedes sich durch eine Wand vom Keim- schlauche (Promycelium) abgrenzt und oft noch einmal wieder durch eine Quer- wand theilt. Längere Keimschläuche waren oft ganz mit den Büscheln der Stäb- chenfructifieation bedeckt. Diese fielen als solche von den Keimschläuchen ab, um sich dann erst später durch Zergliederung in einzelne Stäbchen aufzulösen. Während aber bei den Hymenomyceten diese Stäbchen nicht keimen (abgesehen von schwachen, bei Coprinus lagopus beobachteten Andeutungen), treiben sie bei Tremella sogleich dünne Keimschläuche, die allmählich zu grösseren Mycelien heranwachsen, an denen die Stäbehenbildung nicht mehr fortdauert. Diese My- celien kamen in den betreffenden Culturen jedoch nicht zur Bildung von Frucht- körpern, die an eine bestimmte Jahreszeit gebunden zu sein scheint und darum im Wege der Cultur nicht leicht erreichbar sein wird. Nach Brefeld’s Ansicht kann es jedoch nach dem Baue des Fruchtkörpers und der Analogie mit den Fruchtkörpern anderer Basidiomyceten kaum einem Zweifel unterliegen, dass er vegetativ, wie alle übrigen, entsteht (vgl. die Abschnitte über Gasteromyceten und Hymenomyceten). 1. Tremella Fr. Fruchtkörper gallertartig-zitternd, kahl, unregelmässig gehirn- oder gekröseartig vielfach gewunden (Fig. 70), sein Hymenium auf der ganzen Oberfläche; die Basidien kugelig, durch senkrechte Wände (wie in Fig. 71) in 4, manchmal auch nur in 3 Zellen getheilt, von denen jede ein langes Sterigma treibt. — T. mesenterica Retz. Von verschiedener Gestalt und Grösse, orange- gelb, reif durch die Sporen bereift. An faulenden Aesten von Laubbäumen im Winter und Frühjahre nicht selten. — T. albida Huds. Bis 5 Centim. und dar- über breit, weiss, trocken bräunlich; sonst wie vorige Art. — T. frondosa Fr. Mehr blattartig-wellig, lappig getheilt, gelb, nicht bereift, bis 12 Centim. breit. An alten Stämmen von Eichen und Buchen meist rasenförmig. — T. foliacea Pers. Von voriger Art durch weit geringere Grösse und zimmtbraune oder röth- lich-violette Farbe verschieden und namentlich an alten Nadelholzstämmen, aber auch an Laubbäumen, gesellig. 2. Exidia Fr. Fruchtkörper weich gallertartig, horizontal ausgebreitet, flach oder napfförmig vertieft, kurz gestielt oder ungestielt, unterseits behaart, das Hymenium auf der warzigen Oberseite, die Basidien wie bei Tremella (Fig. 71). — E. glandulosa Fr. 5-9 Centim. breit, schwärzlich bis schwarz, ungestielt, meist verflacht, oberseits mit kleinen kegelförmigen Warzen, unterseits aschgrau und fast filzig behaart. An alten Baumstrünken (besonders Erlen) im Winter nicht selten. — E. recisa Fr. 1-2 Centim. breit, braun, warzig, napfförmig vertieft, mit einem kurzen, schiefen, excentrischen Stiele. An faulenden Weiden und Pappeln, truppweise und häufig. Winter und Frühling. 3. Hirneola Fr. Fruchtkörper knorpelig oder lederig gallertartig, schüssel- förmig bis ausgebreitet, unterseits behaart, das Hymenium auf der glatten Ober- seite, die Basidien fadenförmig und durch Querscheidewände gegliedert (S. 260). — H. Auriculae Judae Berk. (Exidia Auriculae Judae Fr., Auricularia sambu- cina Mart., Judasohr). 3—10 Centim. im Durchmesser, concav, schüsselförmig, meist ohrmuschelartig verbogen, beiderseits aderig gefaltet, rothbraun, dunkelbraun bis schwärzlich, oberseits schlüpferig, unterseits grau- oder olivenfarbig-flzig. Rasenweise im Herbste und Winter an alten Stämmen von Sambucus nigra, selten an anderen Laubhölzern; häufig. War früher als Fungus Sambuci oder Hol- lunderschwamm (Abbild. Nees v. Esenb. Plantae mediein. tab. 2. — Berg, Waarenkunde S$. 9) als äusserlich kühlendes Mittel bei Augenentzündungen offi- cinell und wird wohl hie und da auch jetzt noch in der Volksmediein benutzt. A. a. 0. 8. 184. 262 Tremellini. Gasteromycetes. 27 4. Guepinia Fr. Fruchtkörper knorpelig-gallertartig, gestielt, keulen- oder spatelförmig bis trichterig-hutförmig, oberseits papillös kurzhaarig, das Hymenium nur auf der glatten Unterseite tragend. Basidien kugelig, zweitheilig, mit zwei fadenförmigen Sterigmen. — G. helvelloides Fr. Fleischfarbig oder ‚purpurroth, später bräunlich. Stiel allmählich in den 2—4 Centim. breiten Hut übergehend, zusammengedrückt. Heerdenweise auf feuchter Erde und faulenden Baumwurzeln der Gebirgswälder; zerstreut und vorzüglich in Süddeutschland. 3 Unterordnung. Gasteromycetes. Das Mycelium der Bauchpilze, welche mit seltenen Ausnahmen auf blosser Erde auftreten, ist ein freifädiges, durch Querwände gegliedertes, dessen Fäden sich jedoch häufig zu dicken, faserigen Strängen vereinigen. Die sehr verschieden gestalteten, aber meistens grossen und ansehnlichen, nicht gallertartigen Frucht- Fig. 72. A Octaviana asterosperma, halbirt (Vergr. 5). B Crueibulum vulgare, halbirt (Vergr. 4): s Sporangium. (C Phallus impudicus, fast reif, halbirt, in halber natürl. Gr.: a äussere, y mittlere gallertartige und 2 innere: Schicht der Peridie, A Hut und s Stiel des später gestreckten Fruchtkörpers, ım Mycelium. körper tragen das Hymenium nie auf der freien Oberfläche, sondern sets in Kam- mern oder Höhlungen des Inneren, deren Wände es auskleidet. Diese gekammerte, fructificirende Gewebemasse der Bauchpilze wird als Gleba (Fig. 72 A, g), die äussere, die Gleba umschliessende Wand als Peridie bezeichnet. Nur bei der Gattung Gautiera fehlt die Peridie und die peripherischen Kammern der Gleba sind daher nach aussen offen. Die Peridie der Gasteromyceten zeigt bei den einzelnen Familien und Gat- tungen einen sehr verschiedenartigen, in seinen Charakteren für die Systematik verwendbaren Bau.! In den einfachsten Fällen (Hymenogastreen) ist sie eine gleichförmige Gewebeschicht von verschiedener Mächtigkeit, aus fest verflochtenen, vorzugsweise der Oberfläche parallel verlaufenden Hyphen gebildet, auf der Aussen- fläche bald glatt und nackt, bald von einem dichten Haarfilze bedeckt. Bei an- deren Formen (Lycoperdineen etc.) ist die Peridie in zwei concentrische, von ein- ander trennbare Lagen, innere und äussere Peridie, gegliedert, von denen die innere meist papierartig dünn, die äussere dicker und derber ist und häufig wieder in Schichten verschiedener Structur zerfällt, Verhältnisse, welche bei den betref- fenden Formen ihre weitere Erläuterung finden sollen. Die Peridie, beziehentlich der Fruchtkörper, ist ferner bald sitzend, bald an der Basis in einen oft kurzen und dicken, in anderen Fällen jedoch auch bis zu einer bedeutenden Länge ent- ' ! De Bary, Morphologie und Physiol. d. Pilze etc. in Hofmeister’s Handbuch d. physiol. Bot. II. S. 75—90. — Literatur über einzelne Familien und Gattungen ist bei diesen angegeben. Gasteromycetes. 265 wickelten Stiel verlängert. Bei’ den über dem Boden reifenden Formen und auch bei manchen unterirdischen sitzt die Baselportion dem Mycelium allein auf (Fig. 72 C, m), bei einer Anzahl der letzteren jedoch laufen Myceliumstränge in jede be- liebige und oft in sehr zahlreiche Stellen der Peridienoberfläche ein. In den Wänden, welche die einzelnen Kammern der Gleba trennen, unter- scheidet man eine Mittelschicht, die sogenannte Trama, und auf beiden Ober- flächen derselben das Hymenium. Die Trama besteht aus einem Geflechte reich verzweigter Hyphen, die: vorzugsweise der Oberfläche der Kammerwände parallel verlaufen und sowohl von einer Kammerwand in die benachbarten Wände, als auch in das Gewebe der Peridie continuirlich übergehen. Zahlreiche, dicht ge- drängte Zweige der Tramahyphen verlaufen dann bogenförmig gegen den Innen- raum der Kammern, um hier mit ihren letzten Aesten das Hymenium zu bilden. In einer Reihe von Fällen (Lycoperdon, Arten von Geaster, Hymenogastreen etc.) sind letztere verhältnissmässig kurz und gleich hoch pallisadenartig dicht neben einander und senkrecht auf die Tramafläche gestellt; sie bilden dann eine gegen den leeren Innenraum der Kammern scharf abgegrenzte Hymenialschicht, derjenigen der Hymenomyceten ähnlich (vgl. diese und die Figuren 76, 77, 78). Bei anderen Formen (Polysaccum, Scleroderma, Geaster hygrometricus u. 8. w) sind jedoch die Hymenialhyphen verlängert, reich verästelt und alle in eine Kammer eintretenden zu einem diese ausfüllenden Gewebe verschlungen. In dem Fruchtkörper der Hy- menogastreen behält die Gleba ihre Structur von der ersten Anlage bis zur völ- ligen Reife; ihr Gewebe ist aus zartwandigen, saftreichen Zellen gebildet, fleischig und führt in seinen Lücken Luft oder Flüssigkeit (Hymenogaster Klotzschii u. a.), oder es ist als ein zäher Gallertfilz entwickelt (Hysterangium etc). Bei Scleroderma, wo die Gleba vor der Sporenreife ebenfalls die beschriebene Structur zeigt, wird mit dem Anfang der Sporenreife das ganze die Kammern erfüllende Hymenialge- webe aufgelöst und die Trama bleibt als ein trockenes, brüchiges Netzwerk stehen, dessen Maschen von der staubigen Sporenmasse ausgefüllt werden und das später noch weiter zerfällt. Auch bei Crucibulum wird ein Theil des inneren Gewebes des reifen Fruchtkörpers gelöst, aber die ganze hymeniale Gewebemasse jeder u: bleibt von einer besonderen Wand, dem Peridiolum, umschlossen und mit dieser als das die Sporen enthaltende Sporangium in der Höhlung des Frucht- körpers liegen (Fig. 72, B). In den jugendlichen Fruchtkörpern von Lycoperdon, Bovista, Geaster und vielen anderen Gattungen unterscheidet man dagegen in der Trama zweierlei Hyphen: dünne, zartwandige, protoplasmareiche, durch Querwände gegliederte, von denen die Basidien des Hymeniums entspringen — und dickere, schon in der Jugend derbwandige, meist querwandlose Röhren, welche mit ersteren von den- selben Hyphen entspringen, jedoch keine Hymenialbestandtheile tragen. Sie ver- laufen meistens in der Fläche der Trama, senden bei manchen Gattungen (Lyco- perdon z. B.) jedoch auch Zweige quer durch die Kammer von einer Wand in die andere. Mit dem Beginn der Sporenreife werden die zartwandigen Hyphen und die Elemente des Hymeniums gelöst, oder diese lassen doch nur unscheinbare Reste zurück; die dicken Röhren dagegen bleiben erhalten, werden noch grösser und ihre sich bedeutend verdickenden Wände färben sich meist lebhaft gelb bis braun. Sie bilden dann mit einander eine wollige, meist aus einer Unzahl ein- zelner, leicht zu trennender Röhren oder Hyphenstücke bestehende, das Sporen- pulver durchsetzende Masse, das Capillitum oder Haargeflecht, dessen Structur der Systematik oft treffliche Unterscheidungsmerkmale bietet. Die Bildung der Basidiosporen findet bei den Bauchpilzen in der allgemeinen, auf Seite 235 kurz erläuterten Weise statt, doch finden sich hie und da kleine Eigenthümlichkeiten. Bei Bovista geschieht die Abgliederung der fast reifen Spore im unteren Theile des Sterigma und die Basis der Spore ist daher in einen langen, stielartigen Anhang ausgezogen. Bei anderen Gattungen (Scleroderma, Phallus etc.) sind die Sterigmen sehr kurz oder gar nicht entwickelt, die im Uebrigen aber in gleicher Weise durch Ausstülpung angelegten Sporen sitzen daher dem gewölbten ! Vgl. u. A.: De Bary, a. a. 0. — Hesse, Mikroskopische Unterscheidungs- merkmale der typischen Lycoperdaceengenera; Jahrb. f. wissensch. Botan. X. 383. Taf. 28. 29, RR 264 Gasteromycetes. Scheitel der Basidie unmittelbar auf. Die Basidien von Geaster tunicatus sind durch ihre abweichende Gestalt ausgezeichnet; sie sind oval-keulenförmige Blasen, deren Scheitel in einen schmalen, cylindrisch-kegelförmigen Hals verlängert ist, der auf seinem oberen Ende etwa sechs strahlig divergirende Sterigmen treibt. Bei Tulostoma ist jede Basidie cylindrisch oder schwach keulenförmig und am Scheitel abgerundet. Von den 4 auf ihr entstehenden, sehr kurzen Sterigmen wird ein Sterigma in der Nähe des Scheitels, eines etwas über dem Grunde der Basidie ge- bildet und die beiden mittleren stehen in gleicher Entfernung zwischen diesen so, dass es scheint, als ob die Sporen spiralig mit '/, des Umfanges Abstand geordnet sind. Die Zahl der auf einer Basidie entwickelten Sporen ist bei den Gastero- myceten sehr verschieden, in den typischen Fällen 4, bei Hymenogaster, Octaviana u. a. dagegen nur 2 und bei Geaster, Phallus, Rhizopogon etc. 6—9, durchschnitt- lich gewöhnlich 8 , Die Entwickelungsgeschichte des Gasteromyceten-Fruchtkörpers ist mit Aus- nahme derjenigen von Crucibulum (siehe diese Gattung) nur sehr oberflächlich be- Pie AR Schwierigkeiten liegen darin, dass man die Sporen (mit Ausschluss der- jenigen der genannten Gattung) bis jetzt nicht zur Keimung bringen konnte, daher die Bildung des Myceliums und die erste Anlage der Fruchtkörper auf diesem noch nie beobachtet wurde. Nach De Bary ist Hymenogaster Klotzschii in den jüngsten beobachteten Stadien „ein kugeliges Körperchen, das dem Substrate (Erd- und Wurzelstücken) und Mycelium mit einer Seite ansitzt und aus fest ver- flochtenen Hyphen mit engen, zum Theil Luft führenden Interstitien besteht. Bei ‚ganz kleinen, einen Millimeter messenden Exemplaren ist auf dem radialen senk- rechten Längsschnitte eine von der Ansatzstelle ausgehende strahlige Faserung unterscheidbar, ältere zeigen ein ganz ordnungsloses Geflecht. Die Oberfläche wird schon zu Anfang von demselben dichten Filze, wie die reife Peridie, bedeckt. Noch ältere Individuen zeigen im Inneren die Kammern der Gleba als enge, Luft führende, vielfach gewundene Lücken; der an diese grenzende Theil der Kammer- ‚wände ist luftfrei und zeigt die Structur der Hymenialschicht. Die Lücken selbst werden anfangs von einem lockeren Fadengeflechte erfüllt, das von einer Wand zur entgegenstehenden läuft und allmählich verschwindet. Nach diesen Daten ist das Eine wenigstens unzweifelhaft, dass die Anlegung der Theile durch Spaltung und Differenzirung der ursprünglich gleichförmigen Gewebemasse geschieht. So- weit man unterscheiden kann, beginnt diese an der Peripherie und schreitet nach der Basis fort; an letzterer bleibt ein Stück des ursprünglichen Gewebes (Basal- portion) unzerklüfte. Mit der Weiterentwiekelung glätten sich die Falten der Kammerwände mehr und mehr aus, die Kammern werden erweitert. Ausdehnung der Tramazellen hat hieran jedenfalls bedeutenden Antheil.“ Nach demselben Beobachter bestehen erbsengrosse Exemplare von Geaster hygrometricus aus „einem gleichförmigen, weichen, lufthaltigen Geflechte zarter, septirter Hyphen, das im Inneren weisslich, im Umfange braun ist, und mitten in einem, den Boden oft auf 1 Zoll im Umkreise durchsetzenden Myceliumfilze sitzt. Aeltere, bei kräf- tiger Entwickelung des Pilzes etwa haselnussgrosse Exemplare lassen in ihrem Umfange die Faserschicht der Peridie unterscheiden, im Inneren weichen die Hyphen zur Bildung der Glebakammern auseinander, in welche die Hymenialfäden hineinsprossen.“ Auch diese Thatsachen, sowie die noch neuerdings von Sorokin ! über Scleroderma gemachten Mittheilungen, zeigen eine Spaltung und Differenzi- rung eines ursprünglich gleichen Hyphengeflechtes an. Befruchtungsorgane konnte Sorokin am Mycelium der letztgenannten Gattung nicht auffinden; die jüngsten Fruchtkörperanlagen bestanden aus ein Büschel kurzer, dichotomer und ver- schlungener Fäden, welches viel Luft einschloss. Die Reife der Gleba beginnt bei dem Geaster hygrometricus im Scheitel und schreitet von da nach der Basis fort; bei Lycoperdon und Scleroderma dagegen tritt sie zuerst in der Mittellinie ein und schreitet centrifugal weiter. Einige speciellere Notizen über den Bau und die Entwickelung des Fruchtkörpers sollen noch bei den betreffenden Gattungen und Familien gegeben werden. Letztere lassen sich übersichtlich etwa in folgender Weise zusammenstellen: ' Sorokin, Developpement du Scleroderma verrucosum. Ann. d. science. natur. ser. 6. vol. III. S. 30. Taf. 5, 6. Gasteromycetes. Lycoperdacei. 265 I. Peridie ein- oder zweischichtig, in letzterem Falle die Schichten sich nicht von einander lösend; Gleba nicht aus der Peridie hervortretend. A. Peridie ohne Mittelsäule und meistens ungestielt. 1. Peridie nicht gestielt, die Gleba ohne Peridiolen. a. Die Wände der Gleba verschwinden bei der Reife vollständig und die hohle Peridie ist dann von einer stäubenden und flockigen Masse aus Capillitium und Sporen erfüllt: Lycop&erdacei. — b. Die Wände der Gleba verschwinden bei der Reife nicht, sondern der Fruchtkörper bleibt fleischig, gekammert und trägt das Hyme- nium noch auf den Kammerwänden. Capillitium fehlt. Meist unter- irdisch wachsende Pilze von trüffelartigem Aussehen: Hymeno- gastrei. c. Von den Wänden der Gleba verschwindet bei der Reife das Hyme- nium, während die Trama anfangs als ein vertrocknetes, brüchiges Netzwerk in der dicken, lederartigen, korkigen oder holzigen Peridie stehen bleibt, später aber auch zerfällt. Capillitium nur in spär- lichen Resten vorhanden: Sclerodermei. 2. Peridie mehr oder weniger deutlich gestielt. Die Kammern der Gleba lösen sich, von einer besonderen Schicht der Kammerwände umgeben, mit dieser von dem Reste der Trama los und liegen dann als sporen- erfüllte Peridiolen locker in den Höhlungen der Gleba: Pisocarpiacei. B. Peridie auf einem Stiele, der sich als Mittelsäule durch die Gleba hin- durch bis in die Spitze des Fruchtkörpers fortsetzt: Podaxinei. II. Peridie geschichtet; die äussere Peridie wird bei der Reife in bestimmter Weise zerrissen und die Gleba tritt dann, von der inneren Peridie umhüllt ‚oder ohne diese, frei hervor. - A. Die äussere Peridie zerreisst sternförmig in hygroskopische, beim Aus- ° trocknen zurückschlagende Lappen; die innere Peridie öffnet sich auf dem Scheitel in verschiedener Weise und umschliesst bei der Reife neben - den Sporen noch ein Capillitium: Geastridei. B. Die äussere Peridie wird bei der Reife unregelmässig zerrissen und die Gleba auf einem sich bedeutend streckenden Stiele emporgehoben. 1. Die Gleba bleibt als ein vielkammeriger, das Sporenpulver sammt Capillitium einschliessender Körper von der inneren Peridie auch bei der Reife umschlossen: Batarrei. 2. Die Gleba durchbricht auch die innere Peridie und tropft später sammt den Sporen als schleimige Masse von dem hohlen und auch in seiner Wand gekammerten Stiele ab: Phalloidei. 0. Die Peridie zerreisst sternförmig-lappig, und ein Receptaculum dehnt sich als ein fleischiges Gitterwerk aus, durch dessen Maschen die in Schleim zerfliessende Gleba sammt Sporen durchtropfen: Clathrei. III. Das Gewebe der Gleba wird bis auf die oberflächlichen Schichten der Kammer- wände gelöst. In der Peridie liegen dann eine oder mehrere von einander P getrennte, mit Sporen erfüllte Peridiolen. A. Aeüssere und innere Peridie springen mit Zähnen auf, bleiben aber mit den Spitzen der letzteren verbunden; die innere Peridie stülpt sich dann mit einem Ruck nach oben und schleudert das einzige, locker in ihr liegende Peridiolum empor: Carpoboli. B. Die becherförmig geöffnete oder ganz geschlossen bleibende Peridie ent- hält mehrere festsitzende Peridiolen: Nidulariei. Y 130. Familie. Lycoperdacei.! Die kugeligen, eiförmigen oder dick keulenförmigen Fruchtkörper dieser Familie sind meistens von ansehnlicher Grösse. Ihre Peridie ist eine doppelte. ı! Tulasne, De la fructification des Scleroderma, comparee & celle des Lyeo- perdon et des Bovista. Ann. d. sciene. natur. ser. 2. vol. XVII. 1. — Vittadini, Monographia Lycoperdineorum. Memoire delle Acad. Torino. V. (1842). — Bo- 266 Lyeoperdacei. Die innere Peridie ist bei den meisten Arten eine papierartige Haut, aus mehreren Lagen derber, in der Richtung der Oberfläche verlaufender Fäden bestehend, welche fest mit einander verflochten sind, im Allgemeinen Structur und Ansehen von Capillitiumfasern haben, sich von ihnen aber durch hellere Farbe und ge- ringere Dicke unterscheiden und zahlreiche Zweige ins Innere senden, welche, so weit sie frei sind, alle Eigenschaften des Capillitiums zeigen, oder auch nur un- verzweigte, feine, lang ausgezogene Fäden sind, die mit dem Capillitium weder Aehnlichkeit noch Zusammenhang besitzen (Bovista plumbea). Die äussere Peridie ist gewöhnlich aus einem grosszelligen, meist pseudoparenchymatischen Gewebe gebildet, welches manchmal (Bovista plumbea) mehrere Lagen unterscheiden lässt und nach aussen in Form von Stacheln, Warzen u. s. w. vorspringt. In der Jugend liegt es der inneren Peridie dicht an und die Hyphen beider gehen in einander über. Bei der Reife verwandelt sich die innere Lage der äusseren Peridie in eine schmierige oder flüssige Masse, so dass sich die äussere Schicht loslöst und zer- fällt; oder es wird (vielleicht bei den meisten Arten) die ganze äussere Peridie in e solche schmierige Substanz umgewandelt, welche beim Austrocknen zu einer spröden, fast structurlosen Haut wird. Der Bau der Gleba-Wände ist oben ($. 263) bereits angegeben worden. Die reife Peridie umschliesst eine staubig-flockige Masse von Sporen und Capillitiumfasern. 1. Bovista Dill. (Bovist). Peridie ungestielt, kugelig oder eiförmig, die äussere Hülle glatt. Das Innere des Fruchtkörpers durchweg aus der fruchtbaren Gleba gebildet. Sporen lang gestielt (vgl. S. 263). Das Capillitium besteht aus einzelligen, hell- bis dunkelbraun gefärbten Fasern, an denen man immer ein kur- zes, dickes Stammstück unterscheidet, von dem aus nach mehreren Richtungen durchschnittlich drei- bis viermal gabelig getheilte Aeste abgehen, deren Wand bedeutend, aber nie bis zum Verschwinden der Höhlung verdickt ist und nie Tüpfelcanäle besitzt. Manche Capillitiumfasern lassen am Hauptstamm oder an einem der Aeste ihre frühere Ansatzstelle an eine andere Faser in Form eines kurzen Aststumpfes noch deutlich erkennen. Auf Triften, trockenen Wiesen und Rainen oder in Kieferwäldern wachsende Pilze, welche in der Jugend rein weiss, fleischig und dann wohlschmeckend und essbar sind, nach dem Reifen und Aus- fliegen der Sporen durch eine auf dem Scheitel gebildete unregelmässige Oeffnung dagegen nur noch eine hohle, trockene, graue oder schwärzliche Kugel bilden. — B. plumbea Pers. Kugelig, meist nur bis 2 Centim. im Durchm., anfangs weiss, dann bleigrau. Im Sommer und Herbste häufig. — B. nigrescens Pers. Eiförmig bis fast kugelig, 4—6 Centim. im Durchm., weiss, später gelblichgrau, endlich schwärzlich. Ebenfalls häufig. 2. Lycoperdon Tourn. (Stäubling, Bovist). Peridie dick keulig bis kopfig, im unteren Theile stielartig verschmälert, die äussere Haut meist mit Stacheln oder Warzen bedeckt. Gleba nur den oberen, kugeligen Theil des Frucht- körpers ausfüllend; der Stiel im Inneren mit einem lockeren, sterilen Gewebe, und nach dem Zerfallen der äusseren und dem Aufreissen der inneren Peridie und dem Ausstäuben der Sporen allein übrig bleibend. Sporen ungestielt. Capillitium aus hellgelb bis dunkelbraun gefärbten, meist verzweigten, einzelligen oder durch Quer- "wände gegliederten, vielfach gebogenen und gekrümmten Hyphen gebildet, die in keinem Falle einen Hauptstamm erkennen lassen, sondern nur an den Astenden fein auslaufen. Ihre Verzweigung ist unregelmässig, nur an den Endästen manch- mal gabelig; die Wände sind stark verdickt und häufig getüpfelt. Alle Arten sind, wie die der vorigen Gattung, in der Jugend weiss, weich, fleischig und geniessbar. — 1 Die Gleba ist von dem unteren, sterilen Gewebe des Frucht- körpers (resp. des Stieles) durch eine glatte Haut geschieden: L. caelatum Bull. Fruchtkörper 5—12 Centim. im Durchm., verkehrt eiförmig bis kreiselförmig, mit weicher, flockig sich ablösender äusserer Peridie, im Alter olivenbraun und durch lappiges Zerfallen des oberen Wandtheiles mit weiter, kelchartiger Mündung sich öffnend. Vom Frühlinge bis zum Herbste auf Gras- plätzen, mageren Wiesen und Triften ziemlich häufig. War wie L. Bovista und norden, Die Gattungen Lycoperdon, Bovista und ihr Bau. Botan. Zeit. 1857. S. 593. — Krombholz, Naturgetreue Abbildungen und Beschreibungen der ess- baren, schädlichen und verdächtigen Schwämme. Taf. 30. Prag 1831—1846. Lycoperdacei. Hymenogastrei. 267 andere Arten früher unter dem Namen Fungus Bovista, Fungus Chirurgo- rum oder Crepitus Lupi als blutstillendes Mittel officinell und wird vom Volke noch jetzt häufig»als solches angewendet (Berg, Waarenkunde 8. 9. — Abbild. Nees v. Esenb.' Plantae medicin. Taf. 1, obere Figur. — L. pusillum Batsch. Erbsen- bis wallnussgross, kugelig, stiellos, halb in der Erde steckend, im Alter grau oder braun, mit schmaler Oeffnung aufspringend. Im Sommer und Herbste auf Brachäckern und mageren Triften häufig. — U. Gleba gegen den unteren, unfruchtbaren Theil des Fruchtinneren nicht durch eine glatte Haut abgegrenzt: L. Bovista L. (L. giganteum Batsch. Riesenbovist). Frucht- körper von 5—50 Centim. im Durchm., meist kindskopfgross, kugelig oder nieder- gedrückt, im Alter blass russbraun; sonst wie L. caelatum. Im Sommer und Herbste auf Wiesen, Triften und grasigen Hügeln nicht selten. Als Wundschwamm bei Blutungen am besten. — L. pyriforme Schaeff. Fruchtkörper 2—7 Centim. hoch, birnförmig, am Grunde mit weisslichen, wurzelartigen Mycelfasern, ziemlich hart und zähe, mit dünnen, vergänglichen Schüppchen bedeckt, im Alter gelblich, bräun- lich oder braungrau, auf dem Scheitel mit enger Oeffnung. Sporen gelbgrün. Rasenweise in Wäldern und Gebüschen auf der Erde und Baumwurzeln, häufig; Frühling und Herbst. — L. gemmatum Batsch. Bis 12 Centim. hoch, kugelig, mit verlängertem, walzenförmigem Stiele, auf der Oberfläche kleiig oder mit Körn- chen oder kleinen Stacheln bedeckt, im Alter gelblich-rostfarben und auf dem Scheitel mit enger Mündung geöffnet. Sporen olivenbraun. Im Sommer und Herbste auf Triften und Waldwiesen nicht selten. 131. Familie. Hymenogastrei.! Unterirdisch oder halb unterirdisch wachsende, meist kleinere, kugelige, trüffelartig aussehende Pilze, deren Peridie nicht gestielt ist. Dieselbe besteht aus einer einfachen Gewebeschicht von verschiedener Mächtigkeit, aus fest ver- flochtenen, vorzugsweise in der Richtung der Oberfläche verlaufenden Hyphen ge- bildet, und ist auf der Aussenfläche oft mit einem dichten Haarfilze bedeckt. Die Trama der Kammerwände ist von gleicher Beschaffenheit, wie die Peridie, oder zeigt andere Structur und Consistenz, und im letzteren Falle ist die Gleba von der Peridie ablösbar. Die Gleba bleibt aber auch bei der Reife des Fruchtkörpers eine fleischige, mit der Peridie zusammenhängende Masse, die auf den Wänden der Kammern noch das Hymenium trägt. Ein Capillitium fehlt. 1. Gautiera Vitt. Von allen Gattungen der Familie leicht durch das Fehlen der Peridie zu unterscheiden. Die Gleba ist daher nackt und durch die äusseren, offenen Kammern auf der Oberfläche maschig geadert; sie sitzt mit kurzer, stiel- artiger Basis einem faserigen, weit im Boden kriechenden Mycelium auf. Basidien 2sporig, die Sporen länglich ellipsoidisch, längsgestreift. — G. morchellaefor- mis Vitt. Wallnussgross, fast kugelig, halb der Erde eingesenkt, anfangs weiss- lich, später röthlich, die Sporen röthlichbraun. In Eichenwäldern, vorzüglich Italiens, in Deutschland selten. 2. Hymenogaster Vitt. Peridie dünn, nur mit der Basis dem wurzelartig faserigen Mycelium aufsitzend, die Kammern der fleischigen, festen Gleba von An- fang an leer, die Basidien meist 2sporig, die Sporen ei- oder spindelförmig, oder durch eine Spitze oder Warze am oberen Ende citronenförmig, glatt oder runzelig. Unterirdisch wachsende oder nur mit dem Scheitel aus der Erde vorragende Pilze, vorzüglich in Italien, Frankreich und England. — H. Klotzschii Tul. Wallnuss- bis faustgross, anfangs weiss, später rostgelb bis zimmtfarbig, das Fleisch anfäng- lich weiss, später durch die Sporen rothgelb. Sporen schwarz, mit runzeliger Ober- fläche. In lockerer Haideerde, nur in der Jugend unterirdisch. Bei uns häufig in den Blumentöpfen der Gewächshäuser (Kalthäuser), dann meistens nicht sehr gross werdend, aber fast das ganze Jahr zu finden. 3. Hydnangium Wallr. Peridie mit kleiner, einem spärlichen Mycelium aufsitzender Basis, die Kammern der gallertartig-elastischen Gleba von Anfang an ‘ Tulasne, Fungi hypogaei. Paris 1851. — Vittadini, Monographia Tube- racearum. Mailand 1831. 268 Hymenogastrei. _Sclerodermei. leer, die Kammerwände nicht in Schichten spaltbar, die Sporen kugelig oder kugelig-ellipsoidisch, farblos oder blass gefärbt, mit stacheligem Exosporium. — H. carneum Wallr. Hasel- bis wallnussgross, kugelig oder unregelmässig knollig, aussen anfangs blass fleischfarben, später bräunlich, innen auch im Alter fleisch- farbig. In lockerer Haideerde, bedeckt oder halb vorragend, selten; manchmal in den Blumentöpfen der Gewächshäuser. 4. Octaviana Vitt. Von voriger Gattung namentlich durch den stielartig vorgezogenen, unteren, sterilen, nicht gekammerten Theil des Fruchtkörpers (Fig. 72 A), die in Schichten spaltbaren Kammerwände und die dunkel gefärbten Sporen unterscheidbar. — OÖ. asterosperma Vitt. Hasel- bis wallnussgross, rund- lich oder verkehrt eiförmig, anfangs weiss, später braunschwärzlich. In Eichen- a Oberitaliens, Frankreichs und Englands, in Deutschland (Rheinlande) selten. 5. Hysterangium Vitt. Peridie mit dem weissen Mycelium reichlich über- zogen, leicht ablösbar oder sich von selber lösend, die schleimig-knorpelige Gleba. mit rundlichen oder länglichen, von Anfang an leeren Kammern, deren Wände nicht in Schichten spaltbar sind. Basidien meist 2sporig, die Sporen klein, ellip- soidisch bis lanzettlich, glatt, blass gefärbt. — H. clathroides Vitt. Erbsen- bis haselnussgross, kugelig, weiss, innen olivengrün. Im sandigen Boden von Kieferwäldern; Italien und Frankreich, in Deutschland (Rheinlande) selten. ‚ 6. Rhizopogon Tul. Peridie ringsum netzartig von fadenförmigen, wurzel- artigen, zähen Mycelsträngen überzogen, nicht ablösbar; Gleba anfangs fest, mit leeren Kammern, später sammt der Peridie breiig zerfliessend.' Basidien 2—6sporig; Sporen ellipsoidisch, mit glattem Exosporium, farblos oder gefärbt. — Rh. rube- scens Tul. Hasel- bis wallnussgross, länglichrund oder unregelmässig knollen- tförmig, mit dünner, glatter oder undeutlich rissiger Peridie, anfangs unterirdisch und weiss, später oberirdisch und schmutziggelb bis olivenfarbig. Basidien 2sporig. Im sandigen Boden der Nadelwälder, zerstreut; Herbst. Reif mit einem unangenehmen Geruch und Geschmack, doch wird der junge Pilz hie und da (Böhmen, Kärnthen, Schlesien) statt der Trüffeln gegessen. — Rh. luteolus 7ul. Mit dicker, fast lederartiger Peridie und 4—6sporigengBasidien; sonst wie vorige Art. 7. Melanogaster Corda. Peridie dick, lederig, nicht ablösbar, von Mycel- strängen überzogen. Kammern der Gleba von Anfang an mit einer durch die eiförmigen oder ellipsoidischen, glatten Sporen gefärbten, anfangs flockigen, später schleimigen Masse erfüllt. Basidien 3—4sporig. Rundliche bis unregelmässig knollige, haselnuss- bis hühnereigrosse, stark riechende, meist unterirdisch in Wäl- dern wachsende, hauptsächlich in Italien heimische, in Deutschland seltene Pilze. — M.ambiguus Zwl. Länglichrund, „bis wallnussgross, rothbraun, mit rostbraunem Reif und schwarzen Fasern bedeckt. Ziemlich tief unter der Erde, vom Juli bis October selten. ‚ 8. Pompholyx Corda. Von voriger Gattung durch das Fehlen des Mycel- überzuges auf der Peridie und durch die braunen, warzigen Sporen verschieden. — P. sapida Corda. Rundlich-knollig, bis faustgross, fleischig-lederig, anfangs weiss, später aussen braun, innen schwarz-violett. In den Wäldern Böhmens, unter- irdisch. Ist in Geschmack und Geruch den Trüffeln ähnlich, wird auch statt dieser als „weisse Trüffel“ gegessen, darf aber nicht mit der echten weissen Trüffel (S. 234) verwechselt werden. 132. Familie.‘ Sclerodermei.! Peridie ungestielt oder mit undeutlichem Stiele, dick, lederartig, korkig oder holzig. Bei der Reife verschwindet das Hymenium und die Tramaschichten der Glebawände bleiben als ein trockenes, brüchiges Netzwerk stehen, dessen Höh- lungen mit den Sporen und undeutlichen Capillitiumresten erfüllt sind und das später leicht ganz zerfällt. ı Tulasne, De la fructification des Scleroderma. Ann. d. science. natur. ser. 2. vol. XVII. 1. tab. 1.2. — Sorokin, Developpement du Scleroderma verru- cosum. Ann. d. sc. nat. ser. 6. vol. IIl. 30. tab. 5. 6. Selerodermei. Pisocarpiacei. 269 Das Mycelium von Scleroderma verrucosum besteht nach Sorokin aus dichotom verzweigten, mit Scheidewänden versehenen Fäden, die sich da, wo sie in Spalten des Bodens eindringen, oft zu weissen Strängen bis zur Stärke einer Gänsefeder vereinigen und an diesen eine Mark- und Rindenschicht unterscheiden lassen. Geschlechtsorgane sind an demselben nicht aufgefunden worden. Die jüngsten bekannten Zustände der Fruchtkörper bestehen in einem Büschel kurzer, dichotomer und verschlungener Fäden, das viel Luft einschliesst. Etwas später stellt der Fruchtkörper eine kleine Kugel dar, die von vielen Höhlungen durch- setzt und dadurch schwammig ist. Bald nachdem die Höhlungen gebildet sind, werden von ihren Wänden zarte Hyphenzweige in das Innere derselben gesendet. Diese Zweige verästeln sich wiederholt dichotom und bilden schliesslich Knäuel, in deren Mitte sich die Basidien entwickeln. Der Raum zwischen den Knäueln und dem jetzt bräunlich gefärbten Grundgewebe wird von dem Gewebe ausgefüllt, aus dem sich das Capillitium bildet. Dieses besteht anfangs aus zarten, später mit Querscheidewänden versehenen Fäden; bei einzelnen Zellen derselben erhärtet die Membran, bei anderen bleibt sie zart und zerfliesst bei der Fruchtreife, so dass nur die verhärteten, einfachen oder verzweigten Zellen als dann noch weiter schrumpfendes und fast unkenntliches Capillitium zurückbleiben. Die Basidien sind meist oval, seltener kolbenförmig und vor der Sporenbildung mit einem Zellkern versehen; sie erzeugen meist 4 Sporen, seltener eine und dann grössere Spore. Die Sporenreife schreitet nicht immer genau von der Mitte nach der Peripherie fort, sondern beginnt zuweilen am Grunde, oder am Scheitel, oder in einer Schicht zwischen der Peridie und dem Centrum. Sceleroderma Pers. (Hartbovist). Knollige, an der Basis wurzelartigen Mycelsträngen aufsitzende, oberirdische oder halb oberirdische, ziemlich grosse, dauerhafte Pilze. — S. vulgare Fr. (S. citrinum Pers.). Kugelig, oft etwas in die Breite gezogen, 2—6 Centim. im Durchm., meist ganz kurz gestielt; Peridie an- fangs fleischig-korkig, später lederartig bis holzartig, am Grunde eitronengelb, auf dem Scheitel weisslich oder blassgelb, oder auch röthlichgelb bis bräunlich, die Ober- fläche meist fein rissig und warzig gefeldert. Gleba derbfleischig, anfangs weiss, später bläulichschwarz und von feinen, weissen Adern (den vertrockneten Kammer- wänden) durchzogen. Sporen russbraun. Auf Triften, an Wegen und in Wäldern im Sommer und Herbst häufig. Besitzt einen eigenthümlichen Pilzgeruch und ist in Menge genossen schädlich; wird auch wohl in Scheiben geschnitten in betrügerischer Weise als Trüffeln verkauft, von denen der Pilz jedoch durch die dicke, weisse, scharf gegen das nicht marmorirte Innere abgegrenzte Schale leicht unterscheidbar ist. — S. verrucosum Pers. Kugelis bis niedergedrückt, bis 4 Centim. im Durchm., meist gestielt; Peridie warzig, meist braun, dünn, anfangs hart, später zerreiblich. Sporen schwarzblau. Auf sandigem Boden im Spätsommer. — 8. Bovista Fr. Einer Kartoffel ähnlich, fast stiellos, meist kugelig, schmutziggelb bis bräunlich, auf dem Scheitel rissig gefeldert; die Peridie dünn, anfangs weich, später papierartig steif und spröde. Sporen olivenfarben-schwärzlich. Im Herbste auf sandigen Aeckern und Brachen gewöhnlich zu 2—5 aus dem Boden hervor- brechend. 133. Familie. Pisocarpiacei.! Peridie mehr oder minder deutlich gestielt. Die Kammern der Gleba lösen sich, von einer besonderen Schicht der Kammerwände umgeben, mit dieser von dem Reste der Trama los und liegen dann als Peridiolen (S. 263) in den stehen- bleibenden Maschen der Gleba. Polysaceum DC. Peridie fleischig-lederig, nach unten in einen dicken, kurzen Stiel verschmälert, später zerbrechlich und unregelmässig aufspringend. Die Kammerwände der Gleba vertrocknen zu einem blätterigen Maschenwerke, in dessen Höhlungen die mit kugeligen, warzigen, braunen Sporen erfüllten, erbsen- ähnlichen, häutigen Peridiolen liegen. Capillitiumreste wie bei Scleroderma. Meist auf Sandboden wachsende, grosse, anfangs schwammige, später trockene und harte 1 Tulasne, Sur les genres Polysaccum et Geaster. Ann. d. science. natur. ser. 2. vol. XVII. 129. tab. 5. 6. 270 Pisocarpiacei. Podaxinei. Geastridei. Pilze, namentlich Südeuropas und Frankreichs. — P. pisocarpium Fr. Kugelig, kurz gestielt, —6 Centim. hoch, schmutzig grünbraun, dann braun bis schwärz- lichbraun, glatt. Sporenstaub kaffeebraun. Auf sandigen Triften und Aeckern, in Deutschland zerstreut. Herbst. — P. crassipes DC. Keulenförmig, lang gestielt, 10—25 Centim. hoch, ockergelb, später dunkelbraun, kleinhöckerig. Sporenpulver zuerst roth, dann gelblich. An gleichen Orten wie vorige Art, der Stiel meist im Boden verborgen. 134. Familie. Podaxinei.! Die als einfache, dünne, papierartige Haut ausgebildete Peridie ist gestielt und der Stiel setzt sich durch das Centrum des Fruchtkörpers als Mittelsäule bis zum Scheitel fort. Gleba mit von der Mittelsäule ausstrahlenden Kammern, deren Wände vertrocknet stehen bleiben oder sich in ein Capillitium auflösen. Letzteres besteht bei Podaxon aus ungemein langen, vielfach gewundenen, breiten, bandartigen, verzweigten Röhren ohne Querwände, mit kaum auffindbaren Enden; die Wand derselben ist verdickt, deutlich geschichtet, häufig spiralig gestreift und in der Richtung dieser Streifung leicht in ein spiraliges Band zerreissbar. Podaxon Desv. — Secotium Kze. — Vorzüglich exotische Pilze. 135. Familie Geastridei.? Die reife Peridie besteht aus zwei von einander sich lösenden, wieder ge- schichteten Häuten; die äussere Peridie öffnet sich durch über den Scheitel gehende Risse sternartig mit vier oder mehr Lappen, die hygroskopisch sind, sich beim Austrocknen bogenartig nach unten zurückkrümmen und dadurch die innere, meist dünne und papierartig-häutige, gestielte oder ungestielte Peridie entblössen und emporheben; die innere Peridie öffnet sich in verschiedener Weise und ist bei der Reife nur mit dem Sporenpulver und Capillitium angefüllt. Letzteres ist bei Geaster hygrometricus ein aus reich verzweigten, dieckwandigen, querwandlosen Röhren bestehendes, der inneren Peridie angewachsenes Netz; bei den übrigen Arten besteht es aus isolirten, oben spindelförmigen, beiderseits fein zugespitzten, querwandlosen, meist einfachen, schmutzigweissen bis bräunlichen Fasern, deren Wand bis zum Verschwinden der Höhlung verdickt, aber nicht geschichtet und nicht getüpfelt ist. Nach De Bary? stellt Geaster hygrometricus einen bis zur völligen Reife unter der Bodenoberfläche sitzenden rundlichen, bis nussgrossen Körper dar. „Kurz vor der Reife unterscheidet man auf dem senkrechten Längsschnitte an der Peridie sechs Schichten. Zu äusserst einen flockig-faserigen, bräunlichen Ueberzug, der sich einerseits in die den Boden durchwuchernden Myceliumstränge fortsetzt, andererseits in die zweite Schicht übergeht: eine dicke, derbe, den ganzen Körper umziehende, braune Haut. Auf diese folgt nach innen eine weisse Schicht, welche an der Basis des Körpers besonders mächtig entwickelt ist und sich hier in die innere Peridie und Gleba unmittelbar fortsetzt. Die beiden letztgenannten Schichten bestehen aus fest verflochtenen, derben, zumeist in der Richtung der Oberfläche verlaufenden Hyphen: sie mögen unter dem Namen Faserschicht zusammen- gefasst werden. Die weisse Lage derselben ist, mit Ausnahme ihrer in die Gleba übergehenden Basalportion, innen bedeckt von der Collenchymschicht, einer knorpelig-gallertartigen Schicht, bestehend aus gleichhohen, lückenlos mit einander verbundenen Hyphen, welche pallisadenartig senkrecht zur Oberfläche stehen und bogig von den Fäden der Faserschicht entspringen. Die stark verdickten, geschich- teten Zellwände der Collenchymschicht sind in hohem Grade (quellbar. Innen von ! Tulasne, Description d’une espece nouvelle du genre Secotium apparte- nant ä& la flore francaise. Ann. d. scienc. natur. ser. 3. vol. IV. 169. tab. 9. ?2 Tulasne, Sur les genres Polysaccum et Geaster. Ann. d. scienc. natur. ser. 2. vol. XVII. 129. — Hoffmann, Ueber Geaster coliformis. Botan. Zeit. 1873. S. 369. Taf. 4. a Geastridei. Batarrei. 271 dem Collenchym folgt eine weisse Schicht, deren innerste Region die innere Pe- ridie darstellt, während die äussere, die man Spaltschicht nennen kann, aus weichen, locker verwebten, in die innere Peridie vielfach übergehenden Hyphen besteht. Ist der Pilz ganz reif, so reisst, bei Einwirkung von Feuchtigkeit und in Folge der Quellung der Collenchymschicht, die äussere Peridie vom Scheitel aus sternförmig in mehrere Lappen auf, welche sich zurückschlagen, so dass ihre obere Fläche convex wird. Die Spaltschicht wird hierbei derart zerrissen, dass ihre Elemente als vergängliche Flocken theils an dem Collenchym, theils an der inneren Peridie hängen bleiben. Es ist bekannt, dass die Collenchymschicht ihre Hygro- skopieität lange behält und die äussere Peridie lange auf dem Boden liegen bleibt, als ein Stern, der seine Strahlen bei feuchtem Wetter ausbreitet, bei trockenem einwärts krümmt. Bei Geaster fimbriatus und G. fornicatus ist die flockige Um- hüllung der äusseren Peridie oft stärker entwickelt, als bei G. hygrometrieus, bei G. fornicatus aus höchst feinen Fäden zusammengewebt, und beim Aufreissen der Peridie löst sie sich von der Faserschicht los, einen offenen Sack unter jener dar- stellend. Die Faserschicht ist bei genannten und anderen Arten relativ dünner, als bei G. hygrometricus und nicht in zwei Lagen gesondert. Die Collenchym- schicht besteht aus grosszelligem, durchsichtigem Pseudoparenchym, das gleichfalls in Wasser stark aufquillt und durch seine Ausdehnung jedenfalls das Oeffnen der Peridie verursacht. Bei G. fornicatus, G. fimbriatus, G. coliformis u. a. ist es zart- zellig und wird bald nach dem Aufspringen rissig und zur Krümmung der Peridien- strahlen untauglich. Bei G. mammosus und (nach Tulasne) G. rufescens besitzt es dagegen die gleichen dauernden hygroskopischen Eigenschaften, wie bei G. hygro- metricus.“ Ueber die Entwickelungsgeschichte s. S. 264. Geaster Mich. (Erdstern). Charakter wie oben. Auf trockenem Sandboden, namentlich in Nadelwäldern wachsende, anfangs in der Erde verborgene, hasel- bis wallnussgrosse, kugelige bis eiförmige Pilze Europas und Amerikas. — I. In- nere Peridie ungestielt: G. hygrometricus Pers. Aeussere Peridie mit 7—20 Lappen sich öffnend, die innere auf dem Scheitel unregelmässig lappig auf- schlitzend, rothbraun. Wie die übrigen Arten im Spätsommer und Herbste reifend. — G. rufescens Pers. Aeussere Peridie sich mit 5—8 Klappen öffnend, gelblich oder röthlichbraun; innere Peridie auf dem Scheitel mit kurz kegelförmiger, regel- mässig gezähnter Mündung, grau oder graubräunlich. — G. mammosus Fr. Aeussere Peridie mit 5—8 Klappen, innen grau, aussen braun; innere Peridie niedergedrückt, gelblichweiss oder blass strohgelb, mit zahnartig gewimperter, von einem blassen Ringe umsäumter Mündung. — G. fimbriatus Fr. Aeussere Pe- ridie ungefähr bis zur Mitte mit 7—12 regelmässig keilförmigen bis fast eiförmigen Lappen reissend, dunkelbraun, innere Peridie fast kugelig, sonst wie bei voriger Art. — II. Innere Peridie kurz gestielt: G. fornicatus Fr. Aeussere Peri- die braun, in 4, selten 5 Lappen zerreissend, welche sich ganz bis fast zur Be- rührung der Spitzen zurückschlagen und dadurch die kurz gestielte, umbrabraune, mit verlängert-kegelförmiger, faltig gestreifter Mündung versehene innere Peridie hoch emporheben. — G. striatus Fr. Von voriger Art durch die mit 8 Lappen sich öffnende äussere Peridie verschieden. — G. coliformis Fr. Von allen Arten dadurch leicht unterscheidbar, dass die auf mehreren kurzen Stielchen sitzende innere Peridie sich mit 3—22 (im Mittel mit 11) gewimperten, über die ganze obere Hälfte vertheilten Mündungen öffnet. 136. Familie. Batarrei.! Die äussere Peridie wird bei der Reife unregelmässig zerrissen und die viel- kammerige Gleba, von der inneren Peridie umschlossen, auf einem sich an ihrem ! Schroeter, Ueber die Entwickelung und systematische Stellung von Tulo- stoma; in Cohn’s Beiträgen z. Biologie d. Pflanzen Il. 65. — Cesati, Batarraea Guiceiardiana. Atti della R. Academia della Scienze Fisiche et Mat. di Napoli VII. (1875), nach Just’s Botan. Jahresber. III. S. 214. 272 Batarrei. Grunde entwickelnden, faserigen, langen Stiele emporgetragen. Neben dem Sporen- pulver enthalten die Glebakammern noch ein Capillitium. 1. Tulostoma Pers. Stiel massiv. Gleba kugelig-kopfig, auf dem Scheitel mit ganzrandiger, runder Mündung, im Inneren anfänglich mit zahlreichen kleinen Kammern, welche, später ganz aufgelöst werden. Das Capillitium besteht schmutzigweissen bis gelblichen, vielfach gewundenen, hie und da mit Querwändin versehenen, verzweigten Fäden, die vielfach anastomosiren und ein oft schwer in seine Elemente isolirbares Netzwerk bilden, dessen Glieder rechts und links neben den Querwänden häufig knotige Anschwellungen zeigen; seine Wände sind sehr stark, stellenweise bis zum Verschwinden der Höhlung verdickt, aber stets ohne Tüpfel. Nach Schroeter ist das Mycelium von T. pedunculatum aus weissen, reich verzweigten Strängen von der Dicke starker Zwirnsfäden gebildet; an ihnen be- merkt man hie und da spindelförmige Auftreibungen, die allmählich in weisse, glatte Sclerotien (aus einem dichten Geflechte zarter Hyphen und dazwischen ge- legenen dickeren Fäden mit oft tonnenförmig aufgetriebenen Zellen bestehend) übergehen. Auf diesen Sclerotien erscheinen die jungen Fruchtkörper, deren erste Anlage unbekannt ist. Dieselben sind bei ..weiterer Ausbildung als 4 Millim. dicke Kugeln noch aus einem gleichförmigen Hyphengeflechte gebildet. Später spitzen sie sich auf dem Scheitel und an der Basis etwas zu und bei 6—8 Millim. Durch- messer zeigen sie Differenzirung in Gleba und Peridie; ebenso ist jetzt schon im unteren Theile des Fruchtkörpers die centrale Stielanlage sichtbar, welche aus dicht neben einander gelagerten, wenig verzweigten, im Wesentlichen senkrecht verlaufenden Hyphen besteht. Die um die Stielanlage gelegene peripherische Hülle ist ein lockeres Hyphengeflecht, das nach der Sporenreife vertrocknet, so dass zwischen Hülle und Stiel eine kleine Höhlung entsteht; streckt sich dann der letztere, so zerreisst hier die Hülle und ein Theil derselben bleibt an der Stiel- basis sitzen, ein Theil am Grunde der Peridie als ringförmige Scheide hängen. Die eigenthümlichen Basidien fanden bereits auf S. 264 Erwähnung. — T. pedun- culatum Schroet. (T. mammosum F’r.). Peridie weisslich, erbsen- bis haselnuss- gross, auf 2—5 Centim. langem, mehr oder weniger mit Schüppchen bedecktem Stiele und mit warzenförmiger Mündung. Häufigste Art und wie die übrigen gesellig auf sandigem Boden und steinigen Aeckern. 2. Batarrea Pers. Stiel hohl. Gleba hutförmig, mit bleibenden Kammern, deren Wände meist senkrecht von oben nach unten verlaufen. Innere Peridie sich zuletzt unterhalb des Hutrandes ringförmig abtrennend. Das Capillitium besteht aus zweierlei wesentlich verschiedenen Elementen: gedrungenen, spindelförmigen, meist stumpfendigen, mit spiralig oder stellenweise auch ringförmig verdickter Membran versehenen Zellen und in Flocken beisammen liegenden zarten, structur- losen Fasern. Ein halbreifer Fruchtkörper von B. Steveni F'r., welchen De Bary untersuchte, „hat die Gestalt eines polsterförmigen Körpers mit regelmässig convexer obererFläche und einem Durchmesser von gegen 7 Centim. Der senkrechte Durchschnitt zeigt einen Bau, der sich im Groben dem eines fast reifen Geaster vergleichen lässt. Eine innere Peridie von der Form eines planconvexen, durchschnittlich 1 Centim. dicken, stumpfrandigen Agaricushutes umschliesst die fast reife Gleba; diese zeigt einen fast sclerodermaähnlichen Bau, nur dass die stärkeren Kammerwände viel- fach senkrecht von der oberen zur unteren Fläche verlaufen. Zwischen dem Sporen- pulver befinden sich vereinzelte, oben beschriebene Capillitiumfasern von unbekannter Entstehung. Die äussere, der inneren überall eng anliegende Peridie stellt über der Oberseite letzterer eine derbe, etwa 1 Millim. dicke Haut dar; ihre untere Portion ist ein massiger, mitten über 2 Centim. dicker, polsterförmiger Körper. Spätere Entwickelungszustände zeigen, dass sich zuletzt ein axiles, unter dem Cen- trum der inneren Peridie liegendes Stück des basalen Polsters zu einem bis fuss- langen und 1—1’/, Centim. dicken, aufrechten Stiele mit rissig-grobschuppiger Oberfläche entwickelt, welcher die innere Peridie emporhebt. Die Scheitelregion der äusseren wird hierbei über der Basis abgerissen, sie bleibt in Fetzen auf der Oberseite und am Rande der inneren hängen, die Basalportium umgiebt das untere Stielende, der Volva von Amanita ähnlich. Schliesslich trennt sich die Wand der inneren Peridie ringförmig unterhalb des Randes, das obere Stück fällt von dem mit dem Stiele verbunden bleibenden unteren und der Gleba ab und die Sporen verstäuben.‘“ Die besprochene Art findet sich auf Sandboden in den Steppen an der Wolga und am Cap. e Phalloidei. 273 137. Familie. Phalloidei.! Die Peridie des zum Oeffnen reifen, eiförmigen, weissen oder gelblichweissen Fruchtkörpers besteht aus drei Schichten: einer äusseren derben, hautartigen (8. 262, Fig. 72 C, a) und einer mittleren dicken, gallertartigen Schicht (Fig. 72 .C, g), welche zusammen die äussere Peridie bilden, und aus einer inneren, wieder hautartigen Schicht, der inneren Peridie (Fig. 72 C, i). Bei der Reife wird die äussere Peridie unregelmäsig durchbrochen, die innere an bestimmter Stelle ring- förmig zerrissen und der sich streckende, hohle, in seiner Wand gekammerte Stiel (Fig. 72 C, s) trägt die hutförmige Gleba (Fig. 72 C, %) empor, welche später an ihrer Oberfläche schleimig zerfliesst und sammt den Sporen abtropft; der stehen bleibende Rest derselben zeigt dann zellige, den Glebakammern entsprechende Vertiefungen, so dass der Pilz in diesem Zustande an die Morcheln erinnert. Phallus Z. (Gichtmorchel, Giftmorchel). Charakter wie oben. Die beiden deutschen Arten sind: Ph. impudicus L. Der reife, noch nicht geöffnete, weisse Fruchtkörper hat die Grösse eines Hühner- bis Gänseeies (Hexenei, Teufelsei) und zeigt an seiner Basis noch die dicken, wurzelartigen Mycelstränge (Fig. 72 C, m). Der Stiel des geöffneten Fruchtkörpers ist 10—25 Centim. hoch, weiss, an der Spitze durchbohrt. Gleba dem Stiele locker glockig aufsitzend, mit braungrünem Sporenschleime bedeckt. Vom Juni bis Spätherbst in Wäldern, Ge- büschen und Hecken und sich schon von Weitem durch den starken, aasartigen Geruch verrathend. War früher als Mittel gegen die Gicht, sowie als Aphrodi- siacum gebräuchlich. — Ph. caninus Schaeff. In allen Theilen kleiner (5—10 Centim. hoch), geruchlos, der Stiel auf dem Scheitel geschlossen, die Gleba ganz mit dem Stiele verwachsen, blassroth, mit olivenbraunem Sporenschleime. An faulen Baum- stämmen in Gebirgswäldern, seltener. — Die Fruchtkörper dieser beiden Arten entstehen an dem aus dicken, weissen, reich verzweigten, wurzelartigen Strängen be- stehenden Mycelium als kleine, etwa 2 Millim. im Durchmesser haltende, ovale Anschwellungen. Diese bestehen nach De Bary? zuerst „aus einem gleichförmigen, dichten, lufthaltigen Geflechte sehr zarter (primitiver) Hyphen. In grösser gewordenen Exemplaren differenzirt sich dieses zunächst in eine kuppelförmige, vom Insertions- punkte aus sich senkrecht erhebende Mittelsäule, eine die letztere umhüllende, glockenförmige Schicht von Gallertfilz (Gallertschicht) und eine die letztgenannte umgebende, an der Insertionsstelle in die Mittelsäule übergehende, weisse Haut, die äussere Peridienwand. Die beiden letztgenannten Theile bestehen aus dem primitiven Gewebe. Mit der weiteren Vergrösserung, bei welcher der ganze Körper schmalere Eiform erhält, und Aussenwand sowohl wie Gallertschicht unter gleichbleibender Structur an Umfang und Dicke zunehmen, nimmt die Mittelsäule .die Gestalt eines runden, von cylindrischem Stiele getragenen Kopfes an. Ihr zu- nächst gleichförmiges primitives Gewebe differenzirt sich dabei in die Gleba, das den Phalloideen eigenthümliche, im vorliegenden Falle einen einfachen, spindel- förmigen Stiel darstellende Receptaculum dieser, und eine die genannten Theile umziehende weisse Haut. Diese bildet die innerste Schicht der Peridie, welche letztere somit aus drei concentrischen Lagen besteht: der weissen Aussen- und Innenhaut, welche am Grunde in einander übergehen, und der zwischen beiden liegenden, weit mächtigeren Gallertschicht. Die Gleba liegt in dem kopfförmigen oberen Theile der Mittelsäule in Form eines dicken, auf dem senkrechten Durch- schnitte halbkreisförmigen, horizontal stehenden Ringes, welcher aussen von der inneren Peridienhaut umzogen wird und mit seiner Innenfläche einem kegelförmigen, axilen Stücke der Mittelsäule anliegt. Dieses Stück, welches kurz als Kegel be- zeichnet sein mag, geht durch die ganze Gleba hindurch bis zum Scheitel der Mittelsäule. Die Structur der Gleba gleicht der der anderen Gasteromyceten. Ihre Kammern sind sehr zahlreich und eng; die Trama besteht, bei einigermaassen vorgeschrittener Entwickelung, aus weichem Gallertgewebe und ihre Platten ent-, ı De Bary, Beiträge zur Morphol. u. Physiol. d. Pilze I; Abhandl. d. Senken- berg. naturf. Gesellsch. zu Frankfurt a. M. V. (1864). — Rossmann, Beitrag zur Entwickelungsgeschichte des Phallus impudicus. Botan. Zeit. 1853. 8. 185. Taf. 4. — Schlechtendal, Phalloideen; Linnaea XXXI. — Bonorden, Mycologische Beobachtungen. Botan. Zeit. 1851. S. 18. 2 Hofmeister’s Handb. II. 84. Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 18 274 Phalloidei. springen- einerseits von der inneren Peridienwand, andererseits von dem Kegel. Die der Gleba angrenzende äusserste Zone des letzteren spaltet sich bei Ph. impudicus früh als besondere Schicht von dem inneren Kegel ab, um zuletzt den freien, kegelförmigen Hut, welcher die Gleba trägt, darzustellen Bei Ph. caninus unter- bleibt diese Spaltung. Der Stiel ist ein die "Längsaxe der ganzen Mittelsäule von der inneren Peridienwand bis gegen die Basis hin durchziehender, erst sehr schmal, später breit spindelförmiger Körper. Seine erste Anlage erscheint als ein durch- scheinender Streifen und ist von dem weissen, lufthaltigen, primitiven Gewebe nur durch den Mangel der Luft in seinen Interstitien unterschieden. Mit dem weiteren Wachsthum differenzirt sich das Hyphengeflecht in einen axilen Gewebe- strang und eine peripherische Schicht, die Stielwand. Letztere besteht aus Platten eines rundzelligen Pseudoparenchyms (Merenchyms), welche, ähnlich wie die der Gleba, zur Bildung einer (Ph. caninus) oder mehrerer (Ph. impudicus) Schichten ringsum geschlossener Kammern mit einander verbunden sind. Diese sind ge- räumig, aber von oben nach unten so sehr zusammengedrückt, dass die Weite ihres Innenraumes der Dicke ihrer Wände kaum gleichkommt; die Wände selbst sind vielfach gewunden und gefaltet. Die Kammern sind von weichem Gallertfilz ausgefüllt, und das gleiche Gewebe bildet auch den axilen Strang des Stieles. In dem obersten Ende ist die Stielwand nur mit grubig-faltiger Oberfläche versehen, nicht gekammert. Einmal angelegt vergrössert sich der Stiel gewaltig, das Meren- chym von dem Zeitpunkte an, wo es deutlich unterschieden wird, nur durch Aus- dehnung seiner Zellen, die übrigen Theile wohl auch durch Bildung neuer Form- elemente. Mit der gewaltigen Vergrösserung des Stieles hält das Wachsthum der beiden äusseren Schichten und der Innenwand der Peridie, so weit sie die Gleba umgiebt, gleichen Schritt. Das Gewebe des Kegels und des unterhalb der Gleba befindlichen Theiles der Mittelsäule nimmt dagegen in dem Maasse an Mächtigkeit ab, als der Stiel sich ausdehnt. Bei Ph. caninus sellt es zuletzt nur noch eine dünne, weisse Haut dar;' bei Ph. impudicus bleibt es unterhalb der Gleba mäch- tiger, ein napfförmiges, das untere Stielende stützendes Basalstück darstellend; in dem Kegel wird es gleichfalls zu einer dünnen, weissen Haut ausgedehnt. Die Gleba, in welcher mit der Dehnung des Stieles die Sporenbildung ihr Ende er- reicht hat, oder demselben nahe ist, wird bei Ph. caninus zu einer dünnen, den oberen Theil des Stieles dicht unter der äussersten Spitze überziehenden, kegel- förmigen Schicht ausgedehnt; bei Ph. impudicus vermindert sich ihre Dicke im Verhältniss zu der Ausdehnung ihrer Oberfläche weniger, die Fäden der Trama zeigen selbst ein actives Wachsthum durch Ausdehnung ihrer Zellen. In der Structur der den Stiel umgebenden Theile tritt während dieser Vergrösserung ausser einer deutlichen Grössenzunahme der Hyphen keine hier erwähnenswerthe Veränderung ein. Die Merenchymzellen des Stieles bleiben stets zartwandig und von wässeriger Flüssigkeit erfüllt. Zuletzt steht alles Wachsthum durch Ausdeh- nung vorhandener oder Bildung neuer Zellen in allen Theilen still, und nun er- folgt eine plötzliche Längsstreckung des Stieles; dieser drängt die auf seiner Spitze befestigte Gleba gegen den Scheitel der Peridie, durchbricht diesen und hebt die Gleba weit über denselben empor. Die Längenstreckung erfolgt lediglich dadurch, dass die gefalteten Merenchymplatten seiner Wand aufgerichtet und ge- glättet werden, bis die Höhe der Kammern ihrer Breite wenigstens gleich ist. Und zwar geschieht die Aufrichtung der Kammern, indem sie durch Ausscheidung von Luft in ihrem Inneren gleichsam aufgeblasen werden. Der Gallertfilz, welcher sie anfangs erfüllt, zerreisst und verschwindet, und auch der axile Gallertstrang wird zerrissen und durch Luft ersetzt. Bei Ph. impudicus findet dieser Process an allen Punkten gleichzeitig statt, bei Ph. caninus beginnt er oben und schreitet langsam gegen das untere Ende fort. Mit der Streckung des Stieles reisst die innere Peridie von Ph. caninus unter der Gleba ringförmig durch, ihr oberes Stück sammt dem Reste des Kegels wird mit dieser "emporgehoben, das untere bleibt rings um die Stielbasis stehen. Bei Ph. impudicus reisst auch die innere Peridienwand an ihrem Scheitel, die Gleba spaltet sich von ihr ab und tritt aus ihr hervor. Ein ringförmiger Querriss im unteren Theile des Kegels trennt das um die Stielbasis stehen bleidende napfförmige Basalstück von der oberen Portion; diese wird in Fetzen zerrissen, der Hut, welcher die Gleba trägt, hierdurch vom Stiele getrennt, mit Ausnahme seines oberen, der Stielspitze fest angewachsenen Randes. “ Dass die reife Gleba in Folge Zerfliessens ihrer Gallertwände als eine Phalloidei. Clathrei. Nidulariei. 275 die Sporen enthaltende schmierige Masse von ihrem Träger abtropft, wurde bereits oben (S. 273) gesagt. Bei Ph. caninus nehmen der Kegel und der die Gleba überziehende Theil der inneren Peridienwand an diesem Desorganisationsprocesse ebenfalls Antheil; sie werden schon vor dem Zerfliessen jener unkenntlich. 138. Familie Clathrei.! Die kugelige oder eiförmige Peridie wird bei der Reife lappig-sternförmig zerrissen und lässt ein sich bedeutend ausdehnendes, aus dicken, fleischigen Ge- webesträngen bestehendes, gitterartiges Receptaculum hervortreten, durch dessen Maschen die eingeschlossene, mit emporgehobene und zu Schleim zerfliessende Gleba sammt den Sporen abtropft. Seltsam gestaltete, im Receptaculum lebhaft gefärbte Pilze, deren verschiedene, meist exotische Arten auch als fast eben so viele Gattungen betrachtet werden. Clathrus ZL. (Gitterschwamm). Die einzige, schon besonders in Süddeutsch- land im Sommer und Herbste in Laubwäldern vereinzelt auftretende, ausserdem in ganz Südeuropa, in Nordafrika und in Amerika heimische Art dieser Gattung ist C. cancellatus L. Dieselbe gleicht im Jugendzustande dem Phallus, wird 5—10 Centim. hoch, und bei der Reife zerreisst die eiförmige bis kugelige, weisse oder gelbliche, lederartige Peridie gewöhnlich in vier Lappen, zwischen denen das hohlkugelige, gegitterte Receptaculum sich ausdehnend hervortritt. Letzteres ist in der Regel aussen scharlachroth und innen blasser, kommt aber seltener auch gelb (C. flavescens Pers.). oder aussen gelb und innen roth (C. nicaeensis Barla.) vor. Nach den auf die Beobachtungen Tulasne’s gestützen Angaben De Bary’s? beginnt die Entwickelung auch hier „mit einer Sonderung des gleichförmigen Ge- webes des jungen Fruchtkörpers in Mittelsäule, Gallertschicht und äussere Peri- dienwand. Von letzterer gehen netzförmig anastomosirende, plattenförmige Fort- sätze zur Oberfläche der Mittelsäule, die Gallertschicht wie Septa durchsetzend. Die Mittelsäule differenzirt sich zunächst weiter in die innere Peridienwand, die Gleba und einen rundlichen, knorpelig-gelatinösen, axilen Gallertkörper. Letzterer nimmt den unteren, centralen Theil der Mittelsäule ein und entspricht seiner Stellung nach dem Kegel von Phallus; an seinem Grunde sitzt er der Peridie auf und geht in diese über. Seine ganze Oberfläche, mit Ausnahme der Insertions- stelle, wird von der dicken Gleba überzogen; die Tramaplatten dieser entspringen allenthalben von dem Gallertkörper, der Umfang desselben erscheint daher auf dem Durchschnitte mit zahlreichen, in die Gleba strahlig einspringenden, ungleichen Fortsätzen und Zacken versehen. Wo die von der Aussenwand der Peridie aus- gehenden Septa auf die Innenwand treffen, ist das weisse (primitive?) Gewebe dieser in bestimmten, netzförmig anastomosirenden Streifen mächtiger, als in den Zwischenräumen zwischen letzteren. In diesen Streifen entstehen nach Anlegung . der Gleba die Theile des gitterförmigen Receptaculums. Mit der Reife dehnt sich dieses gewaltig aus und tritt aus der aufreissenden Peridie weit hervor. Die Gleba sitzt dabei dem obersten Theile seiner Innenfläche an. Der Bau des fer- tigen Receptaculums gleicht dem von Phallus so sehr, dass eine Uebereinstimmung der Entwickelung seiner Gewebetheile und seines Ausdehnungsmechanismus mit den für letztgenannte Gattung beschriebenen kaum zweifelhaft ist, obgleich directe Beobachtungen hierüber fehlen.“ 139. Familie. Nidulariei.? Die im reifen Zustande becherförmig offene Peridie enthält mehrere (meist 10—12) linsenförmige, mittelst eines Stielehens (Funiculus) an der Innenwand be- festigte oder stiellose, die Sporen einschliessende Peridiolen oder Sporangien (Fig. 72 B, s). i Tulasne, Entwiekelung von Clathrus, in der „Exploration scientif. d’Al- serie“, S. 434, Taf. 23. — E ® Hofmeister’s Handbuch II. S. 86. 3 Tulasne, Recherches sur l’organisation et le mode de fructification des champignons de la tribu des Nidulariees. Ann. d. seiene, natur. ser. 3. vol. T. 41. 18* 276 Nidulariei. Ganz im Gegensatze zu den Sporen der anderen Gasteromyceten (S. 264) keimen diejenigen der Nidularieen bei 15—18° leicht und sicher, gewöhnlich be- reits nach 18—24 Stunden. Die in Mistdecoct ceultivirten Mycelien werden sehr gross und zeigen, sobald sie älter werden, Neigung zur Bildung dickerer Stränge. Sogenannte Schnallen kommen, wie an den Mycelien vieler anderer Pilze, so auch an ihnen vielfach vor. Dieselben entwickeln sich auch hier in der Weise, dass in unmittelbarer Nähe einer Scheidewand ein sehr kurzer Seitenast entsteht, der aber nicht (wie die normalen Aeste) vom Mycelfaden fort wächst, sondern im kurzen Bogen sich demselben auf der anderen Seite der Querwand wieder anlegt, mit ihm verschmilzt und so ein einem Henkel oder dem Bügel einer Schnalle ähnliches Verbindungsstück darstellt. Eine solche Schnalle kann aber auch durch zwei rechts und links von der Querwand angelegte, hakenförmig einander entgegen wachsende und mit ihren Spitzen verschmelzende Aestchen gebildet werden (vgl. S. 45 die abnorme Copulation mancher Spirogyren). Erfahren die Mycelien Stö- rungen durch Bacterien oder werden sie schlecht ernährt, so zerfallen ihre Fäden in Zellen verschiedener Länge, welche wieder keimen und neue Mycelien bilden können. Nach den Angaben der genannten Beobachter, von denen hier besonders die neuesten Untersuchungen Brefeld’s zu Grunde gelegt sind, entsteht der Frucht- körper von Cyathus crucibulum auf dem Mycelium durch reiche vegetative Verzweigungen. Aus diesen bildet sich ein Knäuel dicht verbundener, gleich- förmiger Hyphen, welche aber schon in den nächsten umfangreicher gewordenen Fruchtkörperanlagen drei Schichten verschiedener Art unterscheiden lassen. Eine mittlere hellere Zone von Hyphen grenzt in concaver Wölbung eine untere (cen- trale) Partie von einer oberen inneren ab. Nur im unteren Theile der Frucht- anlage sind die drei Zonen deutlich; nach oben gehen sie, auf der Grenze der mittleren, in einander über. Die äussere, die Fruchtanlage rings umgebende Schicht wird zum Becher der Frucht und zeigt bald zwei secundäre Zonen, die aber auf dem Scheitel in einander und in das innere Hyphengewebe übergehen. Die äussere dieser Zonen der Aussenschicht ist braun und dicht, schliesst aber nach aussen mit losen Hyphen ab, welche die Haarbekleidung des Fruchtkörpers bilden; die innere Zone ist weniger gefärbt und vorzugsweise in ihren äusseren Partien heller. Die Mittelschicht nimmt zunächst bedeutende Dimensionen an; sie erstreckt sich an den Seiten bis zur Kuppel des Fruchtkörpers, wo letztere direct in die äussere Schicht übergeht, und bildet in ihrer Form gleichsam einen Sack, welcher die Innenschicht umschliesst, und dessen Hyphen bald unter Verschwinden der lufterfüllten Interstitien sich in ein Gallertgewebe umwandeln. Das Hyphenge- flecht der Innenschicht verliert schon früh seine,Gleichmässigkeit dadurch, dass mit seiner Massenzunahme einzelne beschränkte Partien dichter werden, während die umgebende Grundmasse sich gradatim aufhellt, da auch hier mit eintretender Vergallertung der Membranen die Luftinterstitien verschwinden. Die dichteren Partien heben sich nesterartig als die jungen Peridiolen oder Sporangien von der Umgebung ab, welche durch die Bildung von Gallertgewebe der Mittelschicht später mehr und mehr gleich wird und schliesslich nur noch durch eine schmale Grenzschicht dichterer Hyphen unterschieden werden kann. Nachdem die Peri- diolen angelegt sind, wächst mit der ganzen Fruchtanlage vorzugsweise die Innen- schicht; die Mittelschicht wird schliesslich zu einer schmalen Zone, einer inneren Bekleidung der Aussenschicht. In der Mitte der Peridiolen giebt sich die erste weitere Differenzirung durch einen lichthellen Streifen zu erkennen: eine Höhlung, die wahrscheinlich durch Auflösung centraler Hyphen zu Gallerte entsteht. Nach Bildung dieser Höhlung werden in der Wand des Peridiolums drei Schichten unterscheidbar: eine äussere, losere Hyphenschicht, welche mit dem Wachsthume der Sporangien dünner wird, weil sie an letzterem keinen Antheil durch Ver- mehrung ihrer Elemente zu nehmen scheint; eine mittlere, sehr mächtige und tab. 3—8. — Sachs, Morphologie des Crucibulum vulgare 7ul. Botan. Zeit. 1855. S. 833. Taf. 18. 14. — Schmitz, Ueber Cyathus. Linnaea XVI (1842). — Hesse, Keimung der Sporen von Cyathus striatus. Jahrb. f. wissenschaftl. Botan. X. 199. — Brefeld, Botanische Untersuchungen über die Schimmelpilze III. S. 175. — Eidam, Die Keimung der Sporen und die Entstehung der Fruchtkörper bei den Nidularieen; in Cohn’s Beitr. z. Biol. d. Pflanzen II. 221. Nidulariei. 21 dichte Zone geht in die innere hellere des Hymeniums über, dessen Hyphen sich pallisadenartig anordnen und von denen ein Theil zu den anschwellenden, sporen- abschnürenden Basidien wird, während andere Hyphen steril zwischen diesen enden. Die Höhlung des Peridiolums wird allmählich mit den abgefallenen Sporen angefüllt und dann geht die ganze Masse der Mittelzone der Sporangienwand, von welcher das Hymenium entsprang, durch Verdiekung der Membranen in einen Dauerzustand über. Die steril gebliebenen Fäden des Hymeniums gehen von ihr aus und verlaufen zwischen den Sporen: Am Umfange der Mittelzone bildet sich dabei zugleich eine dunkele, später euticularisirte Haut aus und damit gleichzeitig werden die Hyphen der äusseren Peridiolenwand auch dunkel, besonders in ihrer Peripherie, die sich ebenso hautartig ausbildet. Während dieser Vorgänge nehmen die sich vergrössernden Peridiolen eine linsenförmige Gestalt an und eine schräge Stellung zur Wand des Bechers ein. Nach einer der Wand des letzteren zugekehrten Seite gehen die beiden äusseren Zonen des Sporangiums in dessen etwas eingesenkt erscheinender Mitte in ein- ander über, und an dieser Stelle erscheint eine Partie der umgebenden Grundmasse besonders auffällig. Dieselbe nimmt an der allgemeinen Vergallertung der Mem- branen keinen Antheil, sieht darum dunkel aus und hat die Form eines runden Ballens, welcher sich nach unten, der Peridie zu, nur wenig verschmälert. Er wird erst recht deutlich, dichter und grösser, wenn die Sporangien sich ihrer Reife nähern. Bei der Reife der Peridiolen geht die äussere braune Haut derselben in Folge ihrer Zerbrechlichkeit meist verloren, so dass nur die innere bleibt, welche die sclerotienähnliche Innenwand umschliesst. Die Peridie bricht dann auf dem Scheitel auf, ihre Ränder schlagen sich um, das Gallertgewebe der Mittel- und Innenschicht trocknet ein und die Peridiolen sinken allmählich auf den Boden des Bechers. Sie besitzen noch ihre linsenförmige Gestalt und tragen an der Aussen- seite ihrer Wand, der Mitte derselben angeheftet, als weissen, zapfenartigen Vor- sprung den vorhin erwähnten Ballen dichterer, nicht zu Gallertgewebe gewordener Hyphen, die in demselben in dichten Schlangenwindungen wie in einem Knäuel Garn zusammengefaltet liegen. Dieser Hyphenballen ist aber nach Brefeld nicht, wie allgemein angenommen wird, als „Nabelstrang oder Funiculus“, der sich mit der Vergrösserung des Fruchtkörpers verlängert und dabei korkzieherartig windet (Fig. 72 C), der Peridienwand angeheftet; er hat nach ihm auch nicht die Gestalt eines langen Stranges, ist vielmehr kurz und stumpf, entwickelt sich aber unter Streckung bis zur 10—20 fachen Länge zu einem strangartigen Bündel von Hyphen, wenn er ins Wasser gebracht wird. Da die geöffneten Becher häufig sehr bald ihre Peridiolen verloren haben, so ist Brefeld zu der Annahme geneigt, dass Thiere die Peridiolen fortschleppen, indem sich deren Beine in dem sich auflösenden Hyphenknäuel verwickeln. Da ferner die Peridiolen sich nur durch Fäulniss zu öffnen vermögen, so hält Brefeld es für nicht unwahrscheinlich, dass sie von Thieren gefressen werden, in deren Leibe die Sporen dann frei werden und, von der Körperwärme begünstigt, keimen, um in den Fäces als geeignetem Nährsub- strate sich weiter zum Mycelium zu entwickeln. 1. Cyathus Hall. Peridie becher- oder korbförmig, auf dem Scheitel an- fänglich (durch die innere Peridienhaut) mit einem trommelfellartigen Schleier geschlossen, welcher später verschwindet, am Rande durch die innere Schicht ge- säumt; die Peridiolen mit einem fadenförmigen Stielchen (Funiculus) an der Peridie befestigt. — C. striatus Hofm. 1—1'/, Centim. hoch, verkehrt kegelförmig, aussen braunfilzig, innen bleigrau, längsgestreift, die Peridiolen bleifarbig-. Ge- sellig am Grunde alter, moosiger Baumstümpfe und zwischen faulendem Laube; häufig. 2. Crucibulum Tul. Peridie am Rande nicht gesäumt; sonst wie die vorige Gattung. — C. vulgare Tul. (Oyathus Crucibulum Pers.) Walzig-glockig, aussen gelbbraun und etwas filzig, innen blassgelb, ungestreift, die Peridiolen weiss. Ge- sellig auf faulendem Holze; häufig. 3. Nidularia Fr. Peridie rundlich, ohne Schleier, auf dem Scheitel un- regelmässig aufreissend und dann becherförmig, die Peridiolen ohne Stielchen. — N. farcta Fr. Verschieden gross, aussen und innen weisslich, die linsenförmigen Peridiolen anfangs weiss, dann braun und gerunzelt. An altem Holze, stellenweise. 278 Carpoboli. Hymenomycetes: Mycelium. 140. Familie. Carpoboli. Die rundliche, lederartige Peridie umschliesst nur ein einziges, kugeliges Pe- ridiolum. Innere und äussere Peridie öffnen sich gleichzeitig auf dem Scheitel mit Zähnen, bleiben aber an den Spitzen derselben verbunden; die innere Peridie schnellt dann, indem sie sich plötzlich nach oben stülpt, das Peridiolum hinaus. Sphaerobolus Tode! — Sph. stellatus Tode (Lycoperdon Carpobolus L.). Kugelig, von der Grösse eines Senfkornes, mit lederiger, orangegelber, später ver- bleichender Peridie. Peridiolum glänzend braun, kleberig, in der Jugend durch feine Fasern mit der Peridie in Verbindung stehend, bei der Reife ganz frei. So lange Feuchtigkeit vorhanden ist, bleibt die regelmässig sternförmig geöffnete Peridie napfförmig und das Peridiolum im Grunde derselben; tritt Trockenheit ein, so löst sich die innere Peridie von der äusseren, stülpt sich plötzlich blasig nach oben und schnellt das Peridiolum elastisch empor. Gesellig auf modernden Pflan- zenresten; im Sommer und Herbste häufig. 4. Unterordnung: Hymenomycetes.? Die Unterordnung der Hymenomyceten oder Hautpilze unterscheidet sich von den übrigen Gruppen der Basidiomyceten dadurch, dass ihr Hy- menium frei auf der glatten Oberfläche oder auf oberflächlich. sitzenden Lamellen, Röhren, Stacheln u. s. w. der Fruchtkörper entwickelt ist, nie- mals innere Höhlungen derselben auskleidet. Sie ist zugleich nicht allein die umfangreichste Abtheilung der ganzen Ordnung, sie umfasst auch die Mehrzahl der grössten und stattlichsten Repräsentanten derselben. Ihr vor- zugsweise in humusreicher Erde oder in altem, faulendem Holze lebendes, selten parasitisch in lebenden Pflanzen vegetirendes Mycelium ist in zahl- reichen Fällen, besonders bei kleinen Formen, ein frei-fädiges, mit ausge- sprochenem Spitzenwachsthum der Aeste, reicher Verzweigung und centri- fugaler Ausbreitung derselben. Wie bei anderen derartigen Mycelien, so treten auch hier häufig Verschmelzungen nahe neben einander fortwachsender Aeste ein, oder die hinter einander gelegenen Zellen eines und desselben Fadens zeigen die früher bereits (S. 276) erwähnten Schnallenfusionen. Bei anderen Hymenomyceten verfilzen sich die nach allen Richtungen unregel- mässig durch und über einander wachsenden Mycelzweige zu festeren Häuten von oft derber, lederartiger oder selbst holziger Consistenz und häufig be- ! Bonorden, Bau des Sphaerobolus stellatus. - Botan. Zeit. 1851. 8. 22. :2 Fries, Hymenomycetes Europaei sive epicriseos systematicis mycologici. 2. Aufl. Upsala 1874. Icones selectae Hymenomycetum nondum delineatorum. Fol. Seit 1867 erscheinend. Monographia Hymenomycetum Sueciae. 2 Bde. 1851—1863. — Krombholz, Naturgetreue Abbildungen und Beschreibungen der essbaren, schädlichen und verdächtigen Schwämme. Fol. Mit 78 Taf. Prag 1831—1846. — Harzer, Naturgetreue Abbildungen der vorzüglichsten essbaren, giftigen und ver- dächtigen Pilze. 4° mit 81 Taf. Dresden 1842. — Bolton, History of fungusses growing about Halifax. 3 Bde. in 4° mit 182 Taf. Huddersfield 1788 — 1791. Deutsch von Willdenow unter dem Titel „Geschichte der merkwürdigsten Pilze“ Berlin 1795—1820. — Schaeffer, Fungorum qui in Bavaria et Palatinatu circa Ratisbonam nascuntur icones. 4 Bde. in 4° mit 530 Taf. Ratisbonae 1762 — 1774. — Sturm, Deutschlands Flora. Pilze, bearbeitet von Corda, Rostkovius u. A. 12° mit 480 Taf. Nürnberg 1813—1853. — Hoffmann, Icones analyticae fungo- rum. Fol. mit 24 Taf. Giessen 1861—1865. — Brefeld, Botanische Untersuchungen über die Schimmelpilze. III. Leipzig 1876. Sitzungsber. d. Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin, 18. April und 16. Mai 1876. Botan. Zeit. 1876. S. 49. — De Bary, Morphologie und Physiologie der Pilze. Leipzig 1866. Hymenomycetes: Mycelium. BRhizomorphen. 279 trächtlicher Ausdehnung, und wie in auderen Gruppen, so sind auch hier diese früher nur steril bekannten Mycelien gewöhnlich unter eigenen Gat- tungsnamen beschrieben worden, bis man erkannte, dass z. B. Athelia die sterilen Zustände von Telephora- und Hypochnus-Arten repräsentirt, die von Xylostroma unter günstigen ‚Umständen die Fruchtkörper von Telephora hirsuta und T. suaveolens, von Polyporus abietinus, Daedalea quereina und verwandten Arten und Gattungen entwickeln. In anderen Fällen vereinigen sich die Hyphen des Myceliums zu grösstentheils aus parallel verlaufenden Fäden gebildeten Strängen verschiedener Dicke, welche äusserlich mit den Wurzelfasern höherer Pflanzen oft grosse Aehnlichkeit haben und früher wenigstens theilweise ebenfalls unter besonderen Namen dem Systeme ein- gereiht wurden. Am interessantesten ist in dieser Beziehung die alte Gat- tung Rhizomorpha Pers., von deren ansehnlichster Art, der Rh. fragilis Roth, man schon früher die Zusammengehörigkeit mit den Fruchtkörpern höherer Pilze vermuthete und dieselbe namentlich mit der Pyrenomyceten- gattung Xylaria (S. 156) wiederholt in Zusammenhang brachte.! Jetzt unterliegt es nach den vortrefilichen Untersuchungen R. Hartig’s? und den später angestellten Culturversuchen Brefeld’s® keinem Zweifel mehr, dass die betreffende Rhizomorpha das Mycelium des Hallimasch oder Agari- cus melleus ZL. ist. Ferner sind durch diese und De Bary’s Arbeiten die älteren Angaben * über den Bau derselben vielfach erweitert und berich- tigt worden. Die Rhizomorpha fragilis ist zugleich ein treffliches Beispiel eines parasitisch vorzüglich in der Kiefer lebenden Mycels. Denn ihr Vorkommen in den Zimmerungen der Bergwerksschachte, in alten Brunnenröhren und an ähnlichen Fundorten ist kein ursprüngliches, sondern sie ist erst mit dem Werkholze an diese Standorte gebracht worden und vegetirt hier unter günstigen Umständen als Saprophyt weiter. Die beiden früher wohl als Arten unterschiedenen Varietäten subterranca und subcorticalis sind durch zahlreiche Mittelformen und ausserdem auch organisch mit einander verbunden. Die var. subterranea tritt in wurzelartigen, vielfach verästelten, schwarzbraunen, im Querschnitte rundlichen Strängen von 0,5—3 Millim. Durchmesser auf (Fig. 73), welche den Boden in der Nähe der Baumwurzeln durchziehen und im Stande sind, in letztere hineinzuwachsen, sowie sie mit ihnen in Berührung kommen. Im Inneren der Wurzeln wachsen sie dann als var. subcorticalis zwischen Holz und Rinde empor, nehmen dabei in Folge der veränderten Vegetationsbedingungen mehr flache, bandartige Ge- stalt oder selbst die Form ausgedehnter Platten an, gehen jedoch wieder in die erstere Form über, wenn Aeste (die Rinde durchbrechend) abermals in den Boden gelangen. Aus den Culturen geht hervor, dass die var. sub- ! Vgl. hierüber und über den Bau der Rhizomorphen die Zusammenstellung bei De Bary, Morph. u. Physiol. d. Pilze, S. 22 und folgende, wo auch Literatur angegeben ist. ; ®? R. Hartig, Wichtige Krankheiten der Waldbäume. Berlin 1874. 8. 12. Taf. 1. 2. ® Brefeld, Botanische Untersuchungen über die Schimmelpilze. III. 8. 136. Ta£ı10: 11. * Schmitz, Ueber den Bau etc. der Rhizomorpha fragilis. Linnaea 1843. S. 478. Taf. 16. 17. 280 Hymenomycetes: Rhizomorphen. My | | N Fig. 73. Agaricus melleus L. Fruchtkörper in verschiedenen Stadien der Entwickelung auf einem verzweigten Strange der Rhizomorpha fragilis Roth, die nach unten in die noch mit einem Holzstücke zusammenhängende bandförmige var. sub- eorticalis übergeht. Nat. Grösse. Nach Hartig. terranea eine secundäre Bil- dung der var. subcorticalis ist, gewissermaassen Ausläu- fer dieser darsellt und von ihr so lange ernährt wird, bis sie selbst einen Baum erreicht und zur Selbständig- keit gelangt. Der anato- mische Bau beider Formen ist im Wesentlichen der gleiche. Der erwachsene Strang besteht nach De Bary’s Untersuchungen aus einer schwarzbraunen, papier- dicken, spröden, meist glatten Rinde aus mindesten 12 bis 15 Lagen von Zellenreihen, welche der Länge des Stranges nach parallel laufen und mit einander fest und ohne Intercellularräume ver- wachsen sind. Die Hyphen der äusseren Lagen sind aus engeren und dickwandigeren Zellen zusammengesetzt, als die inneren, die einzelnen Zellen zwei- bis vielmal so lang als breit, mit derber, brauner, deutlich geschich- teter Membran (Fig. 74, ri). An die Innenseite der Rinde legt sich eine meist dünne, zuweilen jedoch die Rinde selbst an Mächtigkeit über- treffende „Gewebelage an, welche hellbraun, auf dem Querschnitte sehr unregel- mässig engmaschig und aus dünnen, verfilzten Fäden zu- sammengesetzt ist, die einer- seits von den inneren Rin- denelementen entspringen (Fig. 74, ec), nach der an- deren Seite hin allmählich in die farblosen Hyphen des Markes übergehen. Dieses besteht hauptsächlich aus dünnen, etwa /;sgo Millim. starken, der Länge nach ver- Hymenomycetes: Rhizomorphen. laufenden und spitzwinkelig ver- flochtenen Fäden, deren Membran ziemlich derb ist und an denen sich Querwände und Zweige bei erwachsenen Exemplaren nur selten finden. Die Interstitien des Mark- geflechtes enthalten Luft. Von diesen Angaben weichen zunächst diejenigen Hartig’s insofern ab, als letzterer eine der Innenseite der Rinde sich anlegende, von dem Marke verschiedene Gewebe- lage nicht bemerken konnte. In den weiteren Mittheilungen über die Entwickelungsgeschichte der Stränge finden sich namentlich bei Brefeld andere Deutungen. Da Brefeld’s Untersuchungen die voll- ständigsten sind, so mögen sie, bei der Wichtigkeit des betreffen- den Pilzes, hier in Kürze Platz finden. Frische Sporen des Agaricus melleus keimten schon am dritten Tage nach der Aussaat mit einem zarten, sich bald verzweigenden, durch Querwände gliedernden und im Verlaufe von zwei Tagen ein zartes Mycelflöckchen bildenden Schlauche. Auf dem Mycelium entstanden in kurzer Zeit dicke, meist runde Hyphenknäuel, die sich ihrem ganzen Verhalten nach als Sclerotien bezeichnen liessen und welche bei weiterer Cultur innerhalb der Nährlösung zu kur- zen, typischen Rhizomorphasträn- gen der var. subterranea aus- sprossten. Auf Brod übertragen, entwickelten sich diese kleinen, kaum zolllangen Rhizomorphen bald so, dass sie das Substrat nach allen Richtungen durchsetzten und, es bis auf geringe Reste ver- zehrend, dasselbe so zu sagen in eine einzige Mycelmasse verwan- delten. Eben so üppig entwickel- ten sich die Rhizomorphen in Schalen mit reinem Pflaumendecoct. Fig. 74. Agaricus melleus L. Radialschnitt aus dem Holze einer erkrankten aber noch lebenden Kiefer an einer Stelle, an welcher erst seit einigen Tagen das Mycelium sich in den Bast eingedrängt hat, dessen verschrumpfte Reste sammt dem getödteten Cambium bei b liegen. c ist das primäre Mark, v7 die Rinde des hier nur im halben Längsschnitte gezeichneten Rhizomorphenstranges, von dessen Oberfläche (r«) die mycelialen, bei A bereits den Bast senkrecht durch- wachsenden Hyphen entspringen, die in grösserer Menge bei ho einen Markstrahl des Holzkörpers durch- ziehen, Nach Hartig. Vergr. 360. 282 Hymenomycetes: Rhizomorphen. Sie blieben hier aber, so weit sie nicht mit der Luft in Berühruug traten, weiss, und trieben auf ihrer Oberfläche zahlreiche myceliale Aussprossungen, welche einen dichten Hyphenfilz um die Stränge bildeten und die Neigung zeigten, ihre Membran zu vergallerten. Dieser reiche Ueberzug haarartiger Hyphen findet sich auch an allen jüngeren Strängen der im Baume wuchern- den Rhizomorpha, und er ist es namentlich, der ein Ablösen der betreffenden Mycelstränge vom Gewebe der Nährpflanze ohne starke Beschädigung un- möglich macht. Die von der Rinde der im Baume vorzüglich im Cambium und angrenzenden Baste vegetirenden Rhizomorpha entspringenden mycelialen Hyphen (Fig. 74 ra, h) wachsen einerseits in den Bastkörper und die Rinde hinein und gelangen andererseits vorzugsweise durch die Markstrahlen in das Innere des Holzkörpers (Fig. 74 bei ho). Sie werden von Hartig als das vorzüglich die Nahrung aufnehmende eigentliche Mycelium des Pilzes be- trachtet. Nach ihm suchen sie bei den Nadelhölzern „vor Allem die Harz- canäle auf, wachsen in diesen schnell aufwärts, weit höher im Baume em- por, als die Rh. subcorticalis sich im Baste entwickelt hat. Das Stärke- mehl führende Gewebe in der Umgebung der Canäle wird durch die Mycel- fäden zerstört, so dass zuletzt eine grosse Lücke die Stelle anzeigt, wo früher ein Canal sich befunden hat. Eine äusserst wichtige Rolle spielt das fädige Mycelium auch überall da, wo Rhizomorphen an abgestorbenen Bäumen, Laub- und Nadelhölzern, selbst an verbauten Hölzern sich ent- wickeln. Die Fäden dringen in das Holz ein, wachsen besonders in reicher Zahl in den Holzzellen und Gefässen, aber auch in anderen Organen, und veranlassen dadurch die schleunigere Zersetzung des Holzes. Besonders aus den Markstrahllücken, aus den Oeffnungen der Holzzellen und Gefässe treten die Fäden dann oft in Gestalt rostfarbiger Büschel hervor.“ Nach der weiteren Schilderung Brefeld’s verlängern sich die der var. subterranea entsprechenden Mycelstränge durch Spitzenwachsthum. Die äusserste, noch farblose Spitze des einzelnen Stranges ist „von losen oder kaum verbundenen Hyphen eingenommen, welche sich hie und da von dem inneren, eng verbundenen Kern eine kurze Strecke erheben. Auf diese folgen dichter verbundene Hyphen, welche durch Gallertbildung in den Membranen die Spitze des Stranges auch im natürlichen Zustande gelatinös und glänzend erscheinen lassen. Die Masse dieser Hyphen nimmt nach unten etwas zu; sie bilden die eigentliche Oberfläche der Strangspitze und auch der älteren Theile, an welchen sie später zu einem glänzenden Ueber- zuge eintrocknen. Dieser gelatinösen, lose verflochtenen Hyphenzone, welche aus dem inneren, fest verbundenen Kern und zwar nahe an seiner Ober- fläche entspringt, schliesst sich im Inneren an der Spitze der eigentliche Vegetationspunkt an. Derselbe besteht aus lückenlos verbundenen, äusserst kleinen und in den Grenzen des Vegetationspunktes völlig gleichen Zellen“, welche in ihrer Verbindung dem Aussehen nach einem echten Gewebe ent- sprechen, doch aber wohl nur eine Combination von Hyphen sind, „die aufs dichteste mit einander verbunden und namentlich von auftretenden Seitenzweigen durchwachsen sind, die gemeinsam und langsam wachsen, aus deren engem Verbande nur vereinzelte Fäden frei hervortreten, andere da- gegen in der Aussenzone länger auswachsen und dem Strange sich anlegend und weiter verzweigend die Hülle der Rhizomorpha am Gipfel bilden.“ Gleich unterhalb des Bildungsheerdes der jungen Elemente an der Hymenomycetes: Rhizomorphen. 283 Spitze beginnt eine sehr charakeristische Differenzirung der älteren Theile. In der Peripherie dauert zunächst die Neubildung fort, indem Sprossungen der Hyphenelemente auftreten, die sich zwischen die vorhandenen, diese aus einander drängend, einschieben und so den Umfang des Stranges erweitern. In dem centralen Hyphengewebe finden derartige Vorgänge nicht statt; die vorhandenen Zellen werden nicht vermehrt, aber sie wachsen dafür bedeu- tend heran, so dass bald eine kleinzellige Rinde- und ein grosszelliges (pri- märes) Mark unterscheidbar werden. Da das Wachsthum der Zellen des letzteren bald nachlässt, die Rinde dagegen in der Vermehrung ihrer Ele- mente fortwährt, wird schon eine kurze Strecke unterhalb des Vegetations- punktes der Markeylinder in der Längsaxe auseinander gerissen; seine Zellen bilden von da ab die innere Wandbekleidung (Fig. 74, ec) der Rinde (Fig. 74, re), welche einen cylindrischen Hohlraum umgiebt. Umgekehrt erlischt nun das Wachsthum der Rinde des Rhizomorphenstranges und von den Markzellen aus sprossen zarte, myceliale Fäden, denen der Vegetations- spitze und des Ueberzuges jüngerer Strangtheile entsprechend (Fig. 74, ec), in die Markhöhlung hinein, diese nach und nach mit dem vorhin (S. 280) beschriebenen secundären Marke erfüllend. Die Bräunung der Rinde, welche mit dem Stillstande des Dickenwachsthums eintritt, beginnt an der Stelle, wo der Verband der Elemente am dichtesten ist, also in einer nicht ganz aussen gelegenen Rindenzone. Hier sind es 3—5 Zellenlagen, die sich zuerst färben und ihre Membranen etwas verdicken; nachher setzt sich die Bräunung in schwächeren Nüancen nach aussen und innen fort, und sämmt- liche ausserhalb der sich bräunenden Zone gelegenen Partieen der Rinde sterben ab und werden später wohl ganz abgestossen. Von dieser Entwickelung der Rhizomorpha fragilis var. subterranea weicht nach Brefeld die der var. subcorticalis nur in soweit ab, als die Bräunung der Rinde vorläufig unterbleibt, die Vermehrung der Rindenelemente dagegen beliebig fortdauert und die Rhizomorpha dadurch eine bedeutende Dicke und jede Breite erreichen kann. Sie bleibt länger plastisch, sich in der Form an jeder Stelle beliebig verändernd, ganz dem parasitischen Leben adaptirt, wie es der Pilz in den Bäumen führt, die er bewohnt. Die Stränge sind bald dünn wie eine Nadel, bald von enormer Dicke, bald rund, bald flach, bald sogar zu grossen bandartigen Flächen verbreitert, die wie ein Mantel das Holz eines Stammes umkleiden, nachdem das Cambium des letzteren verzehrt worden ist. Verzweigungen durch Bildung neuer Vegetationspunkte in Folge intensiver Neubildung an einer Stelle erfolgen in Masse im Verlaufe des Stranges, bei der var. subterranea dagegen, so lange die Vegetationsspitze wächst, nur in dieser und später nur hie und da an einzelnen Stellen, wo durch eine lokal begrenzte Neubildung die Rinde aufbricht, um die neu erzeugte Vegetationsspitze durchzulassen. Die Ver- zweigungen der var. subcorticalis anastomosiren vielfach unter einander, netzige Platten darstellend; die Markräume sind oft von enormer Weite und bleiben manchmal auf weite Strecken hinter der Spitze leer. Endlich beginnt auch bei dieser Form, nachdem die erwälnten oberflächlichen Hy- phensprossungen stattgefunden haben, die Ausbildung einer braunen Rinde, wenn alles apicale und peripherische Wachsthum still steht, und beide Strangformen, var. subterranea und var. subcorticalis sind nun, abgesehen von der äusseren Gestalt, vollständig einander gleich, Nach Brefeld wird 284 Hymenomycetes: Selerotien. Dauer des Myceliums. „durch diese Vorgänge der Strang völlig in den Dauerzustand, in den Zu- stand eines Sclerotiums übergeführt. Die Rhizomorphen sind nichts weiter wie sclerotiale Bildungen, die an besonderen fortdauernden Vegetations- punkten in die Länge wachsen, sich etwas anders differenziren, wie die Scelerotien sonst, und erst mit dem Erlöschen des Vegetationspunktes den Dauerzustand antreten, der bei den gewöhnlichen Sclerotien deshalb früher liegt, weil sie keine scharf begrenzten Vegetationspunkte ausbilden, sondern an allen Punkten zugleich zu wachsen aufhören. Ursprung und Entwicke- lung sind bei beiden gleich, der Unterschied betreffs letzterer ist nur ein gradueller und unbedeutender.“ Wir werden der Rhizomorphen noch ein- mal bei Betrachtung der Fruchtkörper-Entwickelung gedenken müssen. Als Rhizomorphen bildende Pilze werden neuerdings noch Lenzites betulinus und Polyporus igniarius angeführt. ! Gewöhnliche Sclerotien, welche im gröberen Baue mit den bereits bei den Ascomyceten (S. 143, 159) erwähnten Dauermycelien übereinstim- men, im feineren Baue jedoch vielfache Eigenthümlichkeiten zeigen, bei ver- schiedenen Arten einer Gattung darin einander oft sehr ähnlich, oft aber sehr von einander verschieden sind,? werden auch bei vielen Hymenomy- ceten beobachtet. So kennt man dieselben von Typhula erythropus (aus Sclerotium crustuliforme Desm. entstehend), T. lactea, T. Todei, T. gyrans und anderen Arten dieser Gattung, bei Pistillaria micans (aus Sclerotium laetum Zhrb.), P. placorhiza ete., bei Clavaria complanata (Sclerotium com- planatum Z7ode), C. scutellata (Selerot. scutellatum Alb. et Schw.) und C. minor. Von den Arten der Gattung Agaricus entwickelt sich Ag. arvalis auf Sclerotium vaporariorum Alb. et Schw., Ag. racemosus auf Sel. lacuno- sum, Ag. tuberosus auf Sel. cornutum, Ag. cirrhatus auf Sel. truncorum Fr. u. s. w.; Coprinus stercorarius entsteht auf Sel. stercorarium DC. (Vgl. Fig. 79, G und H und den dortigen Text) etc. Was die Dauer der Hymenomyceten-Mycelien betrifft, so sind die meisten derselben wohl typisch pleocarp, d. h. sie perenniren und erzeugen alljährlich zu bestimmter Zeit neue Fruchtkörper. Für grössere und nament- lich nicht fleischige Schwämme (Polyporus fomentarius, Hydnum coralloides, Agaricus platyphyllus etc. etc.) ist dies längst bekannt, und die Pietra fungaja der Italiener, welche wesentlich aus einem Mycelium besteht, das Erdschollen, Steine und dergleichen umwachsen und zu einer festen Masse zusammengeballt hat, liefert bei Cultur im Keller jahrelang die essbaren, sehr geschätzten Fruchtkörper des Polyporus tuberaster Jaceg. Auch die erwähnten Rhizomorphen sind ausdauernd. Endlich steht mit dem Pe- renniren fädiger oder strangartiger Mycelien die Erscheinung der soge- nannten Hexenringe im Zusammenhange, d. h. die Anordnung zahlreicher gleichartiger Fruchtkörper von Agarieis zu weiten Kreisen oder Halbkreisen. Das perennirende Mycelium breitet sich centrifugal und mehr oder minder gleichmässig in jedem Jahre weiter aus und stirbt in der Nähe seines Ver- breitungscentrums entweder ab, oder erzeugt dort, weil der Boden für den Pilz erschöpft ist, doch keine Fruchtkör per mehr; dagegen entstehen letztere ' Ludwig, Mykologische Beobachtungen. Verhandl. d. botan. Ver. f. d. Prov. Brandenburg 1876. S. 66. ° De Bary, Morphol. d. Pilze, S. 29 und folgende. Hymenomycetes: Aeusserer Bau der Fruchtkörper. 285 alljährlich zu bestimmter Zeit auf den peripherischen Theilen des Myceliums in grosser Menge. Die Fruchtkörper der Hymenomyceten sind bei den niedersten Formen aus der Familie der Auricularineen sehr einfach gestaltet; sie bilden auf ihrem Substrate haut- oder lederartige Ueberzüge, welche auf ihrer Oberfläche das Hymenium tragen (Cortieium, Hypochnus, Arten von Tele- phora); oder ein eigentlicher Fruchtkörper fehlt wohl gänzlich, wie bei der Fig. 75. Agaricus campestris L. Verschiedene Entwickelungsstadien des Pilzes in natürlicher Grösse: a Hut und Stiel eben auch äusserlich differenzirt; b ein etwas älterer Fruchtkörper im Längsschnitte, die Lamellen der Hutunterseite angelegt; ce noch älteres Exemplar, ganz und hal- birt, die Lamellen schon weit entwickelt, aber noch von der Volva bedeckt; d ein Pilz halb von unten gesehen, die Volva bereits zerreissend; e reifer Fruchtkörper. parasitisch lebenden Gattung Exobasidium. Bei den Clavarieen erheben sich die Fruchtkörper als stielartige, keulenförmige oder korallenartig ver- zweigte Gebilde vom Mycelium, während die übrigen Familien, die die Mehr- zahl der Hautpilze umfassenden Agaricinen, Polyporeen und Hydneen, den Fruchtkörper in Gestalt eines gestielten oder sitzenden, allseitig oder nur halbseitig ausgebildeten Hutes entwickeln, daher auch zur Bezeichnung der ganzen Gruppe als Hutpilze Veranlassung gegeben haben. Dieser Hut (pileus) hat in den meisten Fällen nach erreichter vollständiger Entwicke- lung die Gestalt eines Schirmes (Agaricus campestris — Fig. 75, e); bei anderen Formen ist er noch stärker gewölbt und dann hut- bis glocken- förmig (Arten von Coprinus); oder er ist in entgegengesetzten Fällen mehr scheibenartig verflacht, bald ganz eben, bald in der Mitte gebuckelt und 286 Hymenomycetes: Aeusserer und innerer Bau der Fruchtkörper. nimmt endlich bei den extremsten gestielten Hutpilzen durch weiteres Auf- biegen des Randes die Gestalt eines flachen oder tieferen Trichters an (Cantharellus cibarius). Doch zeigen gewisse Arten in verschiedenen Ent- wickelungszuständen oder Varietäten häufig mehrere dieser Hutformen und ebenso ist der den Hut tragende, aufrechte oder aufsteigende Stiel oder Strunk (stipes) von wechselnder Gestalt. Bei halbseitiger Entwickelung ist der Hut gewöhnlich stiellos; er sitzt dann mit mehr oder minder breiter Fläche einseitig dem Substrate an, consolenartig (Fig. 83) oder fächerförmig gestaltet und horizontal abstehend, und bei dichter Stellung zahlreicher Fruchtkörper sind diese dann häufig seitlich oder in Etagen unter einander verwachsen (viele Polyporus-Arten). Gegenüber einer grossen Anzahl von Hymenomyceten, beispielsweise den zahlreichen Agaricinen der Abtheilungen resp. Gattungen Russula, Lac- tarius, Paxillus, Gomphidius, Pleurotus, Cantharellus, Marasmius, Lentinus, Panus, Nyctalis u. s. w., die man als nackte oder gymnocarpe hinstellen kann, zeigen andere (angiocarpe) an bestimmten Stellen der Fruchtkörper noch eigen- thümliche Hautanhänge, die man mit allgemeinem Namen als Schleier (in- volucrum, velum) bezeichnet. Bei dem Fliegenpilze (Agaricus muscarius) hüllt eine solche Haut sackartig anfangs den ganzen jungen Fruchtkörper ein, und sie wird daher als Velum universale oder Volva unterschieden. Durch die Ausbreitung des Hutes wird diese Hülle zerrissen; ein Theil bleibt in Form weisser, häutig-lederiger Warzen auf der rothen Hutober- seite sitzen, ein anderer Theil am Stiele in Gestalt eines häutigen, herab- hängenden Ringes (annulus), der etwa wie der in Figur 75 e gestaltet ist. Zweitens kommt eine derartige Hautbildung in Form eines Ueberzuges vor, der die Hutoberfläche frei lässt, sich aber zwischen dem Hutrande und der Oberfläche des Stieles des jungen Fruchtkörpers ausspannt, also das Hymenium mit einschliesst und als Velum partiale bezeichnet wird (Fig. 75, b und e). Mit der Entfaltung des Hutes wird dieses ebenfalls zerrissen, entweder in unregelmässige, oft sehr vergängliche Lappen, welche am Hutrande hängen bleiben und dann Vorhang (cortina) heissen, oder in Form eines sich vom Hutrande ablösenden, am Stiele sitzenbleibenden, häutigen Ringes (annulus — Fig. 75, d und e). Letzterer hat entweder die Gestalt eines nach unten verbreiterten, herabhängenden (annulus superus, armilla, Manchette), oder eines unten dem Stiele ansitzenden, nach oben erweiterten Trichters (an- nulus inferus — wie bei Agaricus granulosus), Verhältnisse, die mit der Entwickelung des Fruchtkörpers zusammenhängen und bei Erläuterung dieser noch einmal berührt werden sollen. Der anatomische Bau! der beiderlei Fruchtkörper stimmt in den Grundzügen überein. Der Fruchtkörper ist natürlich auch hier aus Hyphen zusammengesetzt, die im erwachsenen Zustande desselben entweder noch deutlich von einander unterscheidbar und trennbar sind, dem ganzen Körper daher faserige Structur verleihen, oder welche sich so in einander schieben und ihre kurzen Zellen durch gegenseitigen Druck abflachen, dass sie ein Pseudoparenchym (Fig. 80, 81) bilden. Intermediäre Bildungen und Combina- ! De Bary, Morphol. S. 49, wo auch weitere Literaturangaben. — Bonor- den, Beobachtungen über den Ban der Agaricinen. Botan. Zeit. 1858. S. 201. Taf. 5.6. — Hymenomycetes: Innerer Bau der Fruchtkörper. 387 tionen beider Structurformen kommen indessen auch vor. Bei fädiger Struc- tur ist die Anordnung und der Verlauf der Hyphen auf der Schnittfläche oft schon dem unbewaffneten Auge als Faserung erkennbar, die zur. Ge- sammtform des Fruchtkörpers in sehr einfacher Beziehung steht. Die Hauptmasse der Hyphen verläuft von der Anheftungsstelle des letzteren gegen seine freien Enden oder Ränder, bei stiel- und strauchartigen Formen also ein parallel-faseriges Bündel bildend, bei schirm- und fächerförmigen fächerartig ausstrahlend, bei mehr kugeligen Fruchtkörpern nach Art von Kugelradien divergirend. Bei gestielten Hüten steigen die Hyphen im Stiele parallel höchst regelmässig schnurgerade oder in ganz flachen Bogenlinien aufwärts, um von seinem oberen Ende aus im Hute entsprechend der Ge- stalt desselben zu divergiren (Fig. 80). Im Hutfleische vieler Agaricinen ver- schlingen sich die wellenförmig verlaufenden Hyphen stärker und zahlreiche Zweige werden nach den verschiedensten Richtungen zwischen ‚die anderen eingeschoben, so dass anscheinend ein ordnungsloses Geflecht vorhanden ist. Dass bei strahligem Verlaufe der Hyphen die Verzweigungen derselben mit der Entfernung von dem Ursprungspunkte an Zahl zunehmen müssen, wenn ein lückenloses Gewebe entstehen soll, braucht kaum erwähnt zu werden. Hy- menomyceten-Fruchtkörper mit rein pseudoparenchymatischer Structur sind seltener, als die soeben erwähnten; pseudoparenchymatisches, mit typischen Hyphen constant combinirtes Gewebe findet sich bei Russula und Lacta- rius. Bei ersterer Gattung sieht man in Hut und Stiel grosse, rundliche, langgezogene oder unregelmässige Gruppen von weiten, wasserhellen, rund- lichen bis polyödrischen Zellen, welche allseitig von dünnfädigen Hyphen- platten und -Strängen derartig umsponnen werden, dass letztere auf Durch- schnitten ein unregelmässiges Netzwerk darstellen, dessen Maschen von dem grosszelligen Gewebe ausgefüllt sind. Die Grösse der letzteren Zellengruppen sowie ihrer einzelnen Zellen nimmt gegen die Oberfläche des Fruchtkörpers hin allmählich ab, die Mächtigkeit des faserigen Hyphengewebes zu. Beide Gewebeformen stehen aber derart mit einander in organischer Verbindung, dass die Zellen der ersteren die Glieder bedeutend erweiterter, rosenkranz- förmiger Zweige der fädigen Hyphen bilden. Im Allgemeinen gleich ist der Bau von Laactarius. Hier zeigen aber nach De Bary! „auf Querschnitten, zumal im Stiele, die Zellen von vielen der grosszelligen Portionen eine ei- oder keilförmige Gestalt und sind in der Regel zu 5—6 um ein kleines Mittelfeld so geordnet, dass ihre schmalen Enden gegen letzteres hin con- vergiren. Sie bilden somit auf dem Querschnitte eine Rosette. Die so geordneten Zellen setzen entweder allein die grosszellige Gruppe zusammen, oder sind von einer bis mehreren unregelmässig concentrischen Schichten rundlicher Zellen umgeben; andere Gruppen zeigen im Querschnitte zwei Rosetten, noch andere endlich von der Rosettenanordnung keine Spur. Das kleine kreisförmige Mittelfeld wird gebildet durch den Querschnitt einer engen, cylindrischen, zartwandigen, wasserhellen Inhalt führenden Hyphe, welche, wie Längsschnitte zeigen, in meist stark geschlängeltem Verlaufe die grosszellige Gewebegruppe der Länge nach durchzieht. In den fein- fädigen Gewebestreifen, sowohl dicht neben den grosszelligen Gruppen, als von diesen getrennt und niemals in dieselben eintretend, verlaufen die für ! Morphol. u. Physiol. d. Pilze, S. 52. 288 Hymenomycetes: Anatomischer Bau. Rhizoiden. Lactarius charackteristischen Milchsaftgefässe. Dieselben stellen Röhren dar, welche einen im Vergleich mit den umgebenden Hyphen grossen Durch- messer, eine sehr weiche, dehnbare Membran besitzen und mit feinkörnigem, trübem, je nach der Species verschieden gefärbtem, aus dem verletzten Pilze in dicken Tropfen hervorquellendem Milchsafte strotzend angefüllt sind.“ Diese Milchsaftgefässe sind verzweigt und ihre Aeste stellen oft eine H-förmige Verbindung zwischen zwei Hauptstämmen her, führen jedoch nicht zu eng- maschiger Netzverbindung; die feineren Zweige enden blind und dringen bis dicht unter die Oberfläche des Fruchtkörpers. Milchsaft führende Röhren sind auch bei Fistulina hepatica vorhanden und ihnen ähnliche Organe, d. h. lange, mit einem dichten, oft glänzenden Inhalte erfüllte Röhren kommen noch bei manchen anderen fleischigen Schwämmen, zumal Agaricinen (Agaricus praecox, A. olearius etc.), vor. In dem Gewebe der meisten Fruchtkörper ordnen sich ausserdem die Hyphenmassen zu besonderen Schichten. Die nicht fruchttragende Ober- fläche wird in der Regel von einer Rinde überzogen, welche von dem unter ihr liegenden Marke entweder nur durch Bau, Grösse und Festigkeit in der Verbindung ihrer Elemente verschieden ist, oder sich auch durch eine andere Anordnung derselben auszeichnet. Im ersteren Falle (bei vielen Agarieinen, Clavarien etc.) sind die Rindenelemente gewöhnlich enger, dichter mit einander verbunden und die ganze Schicht ist somit fester gefügt. Bei vielen Pilzen von derber, lederartiger bis holziger Beschaffenheit sind die Membranen der Rindenhyphen verholzt und gefärbt, diejenigen des Markes nicht. Doch kommen auch Fälle entgegengesetzter Art vor, in denen die Rindenzellen weicher, die Markzellen fester sind, wie dies z. B. bei vielen Agaricinen beobachtet wird, bei denen die Oberfläche theilweise (Hut von Russula integra) oder überall (Agaricus vulgaris, A. stypticus etc.) von einem zäheren oder weicheren, im Wasser bis zum Zerfliessen quellenden Gallert- filze überzogen ist. Andere Anordnung der Rindenelemente gegenüber denen des Markes findet sich bei Fruchtkörpern mit faseriger Structur nicht selten. Von den Hyphen des der Körperform des Fruchtkörpers entsprechend ge- faserten Markes gehen dann zahlreiche Zweige ab, welche sich plötzlich oder im Bogen gegen die Oberfläche wenden, in welcher ihre Enden ent- weder ein ordnungsloses, fädiges oder pseudoparenchymatisches Geflecht bilden (Auricularia mesenterica, holzige Arten der Gattung Polyporus), oder wo sie sich dicht gedrängt, schräg oder senkrecht pallisadenartig neben einander stellen, wie dies z. B. ganz vorzüglich bei dem purpurfarbenen, spiegelblanken Polyporus lucidus der Fall ist. Viele Fruchtkörper sind ferner auf ihrer nicht Hymenium tragenden Oberfläche mit Haaren, Bor- sten oder Schuppen bedeckt. Die Haare sind (namentlich bei den Formen mit deutlich faseriger Structur) Hyphenzweige, welche frei über die Ober- fläche treten; die Borsten und Schuppen sind Hyphenzweige, resp. Haare, welche in geringerer oder grösserer Zahl zu Büscheln fest vereinigt sind (Polyporus hirsutus, P. hispidus, Hydnum auriscalpium, Stereum purpureum, St. hirsutum ete.). An demjenigen Theile des Fruchtkörpers endlich, welcher sich unmittelbar vom Substrate erhebt, bilden sich gewöhnlich Haare oder Haarbüschel besonderer Art und selbst lange, verzweigte, wurzelähnliche Stränge aus zahlreichen bündelweise vereinigten Hyphen, welche man als Rhizoiden oder Wurzelhaare bezeichnet oder auch wohl als secun- Hymenomyeetes: Rhizoiden. Hymenium. 289 däres Mycelium, da sie häufig mit dem echten Mycelium verwechselt werden. Der einzige durchgreifende Unterschied zwischen letzteren Organen und dem echten Mycelium ist der, dass dieses stets nur aus der Spore sich entwickelt, das secundäre Mycelium nur aus dem bereits angelegten Frucht- körper entspringt. Am schärfsten ist dieser Unterschied da ausgeprägt, wo das echte Mycelium zuerst Sclerotien bildet und auf diesen erst die Frucht- körper entstehen lässt (Fig. 79 H). Jedenfalls sind derartige Wurzelhaare aber für den Fruchtkörper nicht ohne Bedeutung. Sie schmiegen sich dem Substrate fest an, oder dringen in dasselbe ein, verbreiten sich in ihm, sich oft reich verzweigend, nach allen Richtungen und führen dem Fruchtkörper ohne Zweifel bedeutende Mengen flüssiger Nahrung zu. Das Hymenium erscheint bei den hautartig ausgebreiteten Auricula- rineen und den stiel- und keulenförmigen oder strauchartig verzweigten Clavarieen als ein glatter, hautartiger Ueber- zug auf der ebenen Oberfläche der Frucht- körper, während es bei den übrigen Familien bestimmte Vorsprünge des Hutes derselben bedeckt, deren Gestalt die charakteristischen Merkmale der betreffenden Familie abgiebt. Bei der grössten Familie, derjenigen der Agaricinen, treten diese Vorsprünge auf der Unterseite des Hutes seltener nur als niedrige, faltenartige, einfache oder verzweigte Leisten auf, die sich noch eine Strecke weit am Stiele hinabziehen (Cantharellus); meistens sind sie als breite, aber sehr dünne, vom Stiele scharf abgesetzte Blättchen oder La- mellen vorhanden, welche radial von dem gis. 76. Coprinus_ stercorarius Fr. Anheftungspunkte nach dem Rande des Hutes Längsschnitt durch das Ende einer La- verlaufen (Fig. 75). In der Familie der un meh, velanleter Bmenillang Hydneen wird das Hymenium von stachel-, sidien mit ihren Sporen. c Cystiden. zahn- oder lappenartigen Vorsprüngen der Nach Brefeld. Vergr. 300. Hutunterseite getragen und bei den Poly- poreen bedeckt es ebendort netzförmig verbundene Leisten, die bald sehr weite Maschen bilden (Daedalea u. s. w.), bald aber sehr engmaschig und zugleich von bedeutender Höhe sind, so dass die Hutunterfläche von zahl- reichen engen, röhrigen Canälen porös erscheint (Boletus, Polyporus — Fig. 83, B und C; Fig. 77 eine solche Röhre im Querschnitte). Was den feineren Bau der das Hymenium tragenden Vorsprünge der Hutpilze betrifft, so unterscheiden wir auch hier, wie bei den Bauchpilzen (S. 263), ein inneres oder mittleres Gewebe derselben als Trama oder Ein- schlag. In den allermeisten Fällen zeigt die Trama eine deutlich fädige Zusammensetzung (Fig. 76, t; Fig. 77 und 78, A). Sie besteht aus einer Hyphenmasse: von der Form des betreffenden Vorsprunges, deren Hyphen längs der ganzen Insertionslinie des letzteren als Zweige von denjenigen der Markschicht entspringen (Fig. 81), bogig oder gerade in die Basis des Vorsprunges eintreten und von hier parallel der Oberfläche desselben bis gegen den freien Rand verlaufen (Fig. 76, £), entweder mehr geradlinig oder wellenförmig verschlungen (Fig. 78, h), seltener in ganz wirrem Geflechte Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 19 390 Hymenomyeetes: Hymenium. (Polyporus hirsutus). Structur, Consistenz, Farbe u. s. w. der Trama ist denen des übrigen Fruchtkörpers entweder gleich oder verschieden. Gegen die Oberfläche der Vorsprünge wenden sich die Trama-Hyphen im Bogen (Fig. 76, 78, 81); ihre Zellen werden hier in der Regel kürzer und schliess- lich häufig fast- isodiametrisch, ein wohl als subhymeniales Gewebe unter- schiedenes, oft pseudoparenchymatisches Gewebe bildend, von dem sich als letzte Hyphenäste, resp. Endzellen der Hyphen, die Elemente des eigent- =) IT Q O9 © rl ©e) Xen AR APIS DREH 13 © LAT, NE SE 1% 5 m ER EP ER in / den ER Se) 9 Dr I Co SA 27 Go @; IR Ze 9 SER RE Ra IE SR ®) ® @ A RG S Be DD ERERR (A 999 EN ey RD DTERSE ‚Ö (e J) N A on 2 RR SE en ee III AR ® ar Tour NE a2 { Fa OR £ el o Dal | a 8 ESON Se AS SD Selle 2 ® Da ae Urea Oo @ ) n o% 2 Dh 5 © KR a Er > oh) SI, (O ON ON ol A u RL ff) N 5 I No ON el ee N N BAR Var On | Foo NO De or 1o Fe SISREROR N I: TRIKE TAI EG Fig. 78. Polyporus igniarius Fr. NA: IE ® Ein kleines Stück aus einem Längs- > schnitte der Hutunterfläche. A Das die Wände zwischen den Röhren bil- 1 - BASIC HE: 5 dende Hyphengeflecht. s Das die m Be runs DR 2 en > I Röhren auskleidende Hymenium. Ee e sn en a ER Br, Üe = Be = b Zwei Basidien mit ihren Sporen. öhren bildende Hyphengeflecht. s Das die Röhren aus- WOyshiden. Verer 000: kleidende Hymenium. Vergr. 270. lichen Hymeniums senkrecht erkeben. Von letzteren sind natürlich die sporenabschnürenden Basidien die wichtigsten. Ihre Gestalt ist meist die keulenförmige (Fig. 76 db, 77, 78 b); die Bildung der Basidiosporen ist be- reits auf S. 235 beschrieben worden. Sie erscheinen stets einzeln oder gruppenweise im Hymenium, oft in weiten Abständen von einander, nie das ganze Hymenium vollständig erfüllend, in der Regel auch den Rand der Lamellen frei lassend (Fig. 76). Zwischen ihnen enden die meisten in das Hymenium verlaufenden Hyphenendigungen steril: blasige, keulige oder pris- matische, an Plasma arme, oft wasserhelle, sonst aber mit Ausnahme der mangelnden Sporenbildung den Basidien ähnliche und wie Pflastersteine den grössten Theil der Hymeniumfläche bedeckende Zellen, welche als Para- physen oder Pallisaden (Fig. 76 p, 77, 78) bezeichnet werden und den Paraphysen der Ascomyceten gleichwerthig sind. Von diesen werden noch die durch bedeutendere Grösse und meistens auch andere Form ausgezeich- neten, theils ordnungslos zwischen den Basidien, theils und vorzugsweise am Hymenomyeetes: Hymenium. Angebliche Sexualorgane. 291 freien Rande der Hymenialfortsätze, aber immer nur in verhältnissmässig geringer Zahl auftretenden Oystiden! unterschieden. Letztere sind bei Coprinus grosse, sackartige, ovale oder längliche, stumpfe Blasen (Fig. 76, e), die weit über das Hymenium vorragen. Bei anderen Hymenomyceten sind sie eylindrisch, keulen- oder flaschenförmig, mit stumpfen (Agaricus viscidus) oder spitzen (Polyporus igniarius — Fig. 78, d) oder knopfförmigen Enden (Lactarius, Russula, Boletus); oder sie sind flaschenförmig und tragen auf ihrem Scheitel mehrere spitze, zurückgekrümmte, Widerhäkchen ähnliche Aussackungen (Agaricus pluteus), oder sie gleichen einfachen (Agaricus fu- mosus) oder verzweigten Haaren (Agaricus laccatus) u. s. w. Ihre Membran ist in den meisten Fällen zart (Fig. 76), bald mehr oder minder verdickt (Fig. 78), ihr Inhalt ein von Vacuolen durchsetztes Protoplasma oder ganz wasserhell. Im halbreifen Hymenium des Coprinus micaceus fand De, Bary in den Cystiden einen centralen, unregelmässig gestalteten Protoplasmakörper, von dem zahlreiche verzweigte und anastomosirende Fortsätze mit erstaun- lich lebhaftem, amöbenartigem Gestaltwechsel zur Wand ausstrahlten; bei Lactarius deliciosus sind die Cystiden mit dichtkörnigem, undurchsichtigem Inhalte erfüllt, so dass sie hierin den Milchsaftgefässen dieses Pilzes gleichen (S. 288), mit denen sie jedoch in keinem Zusammenhange stehen. Die ältere Deutung der Cystiden als männliche Sexualorgane, welche die reifen, abgefallenen, an ihrer feuchten Oberfläche hängen bleibenden Sporen be- fruchten sollten, und die man daher auch direct als Antheridien, Antheren und Pollinarien bezeichnete, mag hier nur der Curiosität wegen erwähnt werden, obgleich noch neuerdings Smith? in äusserst naiver Weise für die- selbe aufgetreten ist. Die Öystiden sind auch nichts anderes, als etwas ab- sonderlich geformte, den Pallisaden morphologisch gleichwerthige Paraphysen. Die Entwickelungsgeschichte des Fruchtkörpers der Hymeno- myceten ist ein noch wenig cultivirtes Gebiet, dessen erfolgreichste Er- forschung wir den Arbeiten De Bary’s, R. Hartig’s und Brefeld’s verdanken.’ Während die ersten beiden Beobachter die bereits in erster Anlage vor- handenen Fruchtkörper in ihrer weiteren Ausbildung verfolgten, hat Brefeld die Aussaat der Sporen als Anfangspunkt seiner Untersuchungen gewählt. Die bei den anderen Pilzen aufgefundenen Sexualorgane und namentlich die Zurückführung der Ascomyceten-Fruchtkörper auf die Wechselwirkung von Geschlechtszellen (vgl. S. 135, 139, 142, 147, 167 ete.), waren Veranlassung, dass auch bei den Hymenomyceten vielfach derartige Gebilde aufgesucht wurden. Abgesehen von der oben erwähnten Annahme einer Geschlechts- funetion der Cystiden und der ältesten Angabe Hedwig’s,* welcher in dem Ringe oder den Streifen und Schuppen am Stiele der Hutpilze die Träger männlicher Geschlechtsorgane gefunden zu haben glaubte, letztere selbst in diesen aufsitzenden Körnchen (wohl an ihnen hängen gebliebenen Sporen) ‘ Hoffmann, Die Pollinarien und Spermatien von Agaricus. Botan. Zeit. 1856. '8.. 137. Taf: 5. 2 Worthington G. Smith, Reproduction in Coprinus radiatus. Grevillea IV. 53. Taf. 54—61 (nach Just’s Botan. Jahresber. III. 211). 3 De Bary, Morphol. d. Pilze, S. 59; hier ältere Literatur. — R. Hartig, Wichtige Krankheiten d. Waldbäume, $. 14. — Brefeld, vgl Note 2 auf S. 278. * Hedwig, Theoria generationis et fructificationis plantarum eryptogamicarum Linnaei retractata et aucta. Lipsiae 1798. (4° mit 42 Taf.) 92 292 Hymenomycetes: Sexualorgane. Stäbehenträger. erblickte, suchten spätere Botaniker die Sexualorgane naturgemäss an dem die Fruchtkörper‘ erzeugenden Mycelium. Karsten! gab zuerst eine der- artige Andeutung und beschrieb dann später? an den Mycelien des Aga- ricus campestris und Ag. vaginatus grössere, gestielte, ovale, inhaltreiche Zellen, die er mit ceylindrischen, neben ihnen hervorgesprossten Aesten in Verbindung traf und nachher von fädigen Schläuchen umwachsen fand, als Geschlechtsorgane. Er konnte sich dabei auf eine kurz zuvor von Oersted’ gemachte Mittheilung stützen. Letzterer sah an dem Mycelium des Agaricus variabilis länglich-nierenförmige Eizellen mit reichem Plasmainhalte, an deren Basis die muthmaasslichen Antheridien als 1—2 schlanke Fäden entsprangen und die später gleichfalls von einem Hyphengeflechte, der Anlage des Fruchtkörpers, umwachsen wurden. Erst im Jahre 1874 wurde die Frage nach der Befruchtung der Basi- diomyceten experimentell wieder aufgenommen. Reess* cultivirte Sporen des auf Pferdemist wachsenden Coprinus stercorarius® in Mistdecoct auf dem Objeetträger des Mikroskopes. Ihre Keimung (das Ausführlichere mag auf S. 296 u. f. nachgesehen werden) lieferte schon nach 3—4 Tagen ein reich entwickeltes Mycelium. Auf diesem traten am 2. oder 3. Tage nach der Aussaat senkrechte, schlank kegelförmige oder lang ceylindrische, straffe, plasmastrotzende Zweige, die sogenannten Stäbchenträger, auf (vgl. Fig. 82), die sich durch Querwände gliederten und selten auch verzweigten. Jede ihrer Zellen trieb am oberen Ende eine Anzahl «kurzer, dünner, gerader Zweige aus, die als Stäbchen bezeichnet werden. Haben diese eine ge- wisse Länge erreicht, so theilen sie sich durch eine Querwand, die obere Hälfte bricht ab, die untere wächst weiter, um sich wieder und noch ein- mal zu theilen. So wird in etwa 2 Tagen sämmtliches Protoplasma des Stäbchenträgers zur Bildung von Stäbchenzellen verbraucht und schliess- lich fallen auch die Stäbchenreste ab. Der Deutung dieser Stäbchenzellen als Conidien trat der Umstand entgegen, dass dieselben keimungsunfähig waren; sie wurden von Reess den Spermatien anderer Pilze gleich geachtet und es musste demgemäss entschieden werden, ob sie bei der Entstehung des Fruchtkörpers unmittelbar betheiligt sind. Die Fruchtkörper konnte derselbe Beobachter auf unregelmässig geformte Knäuelchen aus „wenigen, gedärmartig verschlungenen Hyphen zurückführen. Diese sind ausgezeichnet durch eine gewisse Ueppigkeit der Verzweigung und schwellende, ovale oder tonnenförmige, plasmavolle Zellen.“ Jede Bemühung aber, in dergleichen jüngsten Fruchtanlagen „charakteristische Hyphengruppen zu erkennen, welche etwa als Carpogonium und Pollinodium hätten gedeutet werden können, war ı Karsten, Das Geschlechtsleben der Pflanzen und die Parthenogenesis. Berlin 1860. 8. 50. ?2 Karsten, Botanische Untersuchungen aus d. physiol. Laborator. d. land- wirthschaftl. Lehranstalt in Berlin. I. Heft 2 (1866). S. 160. Taf. 9. Fig. 7—13. 3 Versted, Opdagelser af de hidtil ukjendte Befrugtningsorganer hos Blad- swampene. Oversigt over det kgl. danske Vidensk. Selsk. Forhandl. 1865. S. 11. i Reess, Ueber den Befruchtungsvorgang bei den Basidiomyceten. Sitzungs- ber. d. physikal -medicin. Societät zu Erlangen, 14. December 1874, und Jahrb. f. wissenschaftl. Botan. X. 179. 5 Nach Brefeld’s Angabe (Botan. Untersuch. üb. d. Schimmelpilze. III. S. 14) ist der von Reess untersuchte Pilz nicht ©. stercorarius, welcher gar keine Stäb- chenfructification besitzt, sondern C. lagopus. Hymenomyeetes: Stäbehenträger als angebliche Sexualorgane. 2953 vergeblich.“ Dagegen fand Reess als einfachste Fruchtanfänge wenigzellige Spitzen kurzer Seitenzweige des Myceliums, die durch Dicke und Tonnen- form sowie durch den reichen Plasmainhalt ihrer Zellen auffallend gekenn- zeichnet waren, sich mit den Carpogonen von Ascobolus (S. 168) ver- gleichen liessen und von ihm auch als Carpogonien bezeichnet wurden, da er auf der Spitze derselben in einigen Fällen, 1—2 copulirte Stäbchenzellen oder Spermatien' beobachtete. Dass dieselben keinen jungen Zweig der Frucht- anlage darstellten, wurde daraus geschlossen, dass sie inhaltsleer den dicht mit Protoplasma erfüllten Carpogonen aufsassen, die in einzelnen Fällen auch gleichzeitig Zweigbildung (Folge der Befruchtung?) zeigten. Die Ge- sammtheit der angeführten Thatsachen, mit den an anderen Thallophyten bewiesenen oder wahrscheinlich gemachten Erscheinungen verglichen, drängte die „einzige Deutung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf: Die Spermatien von Coprinus sind männliche Zellen, ihre Träger das Antheridium, ihre Function die Befruchtung des Carpogoniums.. Im Folge der Befruchtung wächst das Carpogonium zum Fruchtkörper aus.“ Reess ist ferner noch der Meinung, dass letzterer „ausschliesslich aus dem Carpogonium herauswachse, ohne Betheiligung mycelentsprossener Hyphen.“ (Vgl. übrigens die Flechten, S. 200.) Ziemlich gleichzeitig mit Reess hatte Kirchner! Sporenaussaaten von Coprinus ephemerus gemacht. An dem einzelligen, keinerlei Anastomosen und Schnallenzellen bildenden Mycelium zeigten sich vom vierten Tage ab am Ende oder im Verlaufe der Myceläste blasige Anschwellungen, an denen kurze Zweige erschienen, deren Enden dünne, stäbchenförmige, durch eine Querwand abgegliederte Ausstülpungen aufsassen. „Sie erschienen meist zu vier auf einem Träger, waren vier bis sechs Mal so lang als dick, meist schwach gekrümmt, am oberen Ende oft köpfchenförmig eingeschnürt. Sie theilten sich noch einmal durch Scheidewand in der Mitte und fielen dann einzeln oder mit einander verbunden ab. Ihr Inhalt war ein bläuliches Plasma, eine Zellhaut liess sich nicht unterscheiden“ (d. h. wohl nur schwer erkennen). Zwei Tage nach Beginn der Spermatienbildung traten an ein- zelnen Mycelien in geringer Anzahl eigenthümliche kurze Aestchen auf, die aus kugeligen, rosenkranzförmig verbundenen Zellen bestanden und eine ge- wisse Aehnlichkeit mit den von Reess beobachteten Carpogonien hatten, deren Copulation mit Spermatien und weitere Entwickelung aber nicht beob- achtet werden konnte. Um so grösseres Aufsehen erregten die Mittheilungen Van Tieghem’s.? Derselbe hatte die Sporen von Coprinus ephemeroides und ©. radiatus cul- tivirt und gefunden, dass ihre Mycelien zweihäusig, resp. die einen Sporen männlich, die anderen weiblich seien. Ein Theil von ihnen bildete nämlich die schon erwähnten Stäbchenträger mit ihren nicht keimenden Stäbehen und keine anderen Organe. Dagegen trugen andere Mycelien nicht Stäbchen, aber auf kurzen Seitenzweigen je eine grosse, plasmareiche, mit 1—2 Ein- schnürungen und auf dem Scheitel mit kurzer Papille versehene Blase: das 7 ! Kirchner, Beobachtungen der Geschlechtsorgane bei der Gattung Copri- nus. Sitzungsber. d. schlesisch. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 11. Febr. 1875. 2 Van Tieshem, Sur la fecondation des Basidiomycetes. Comptes rendus LXXX (Febr. 1875). p. 375, 294 Hymenomycetes: Stäbcehenträger als angebliche Sexualorgane. jüngste Stadium des Carpogons, welches Reess zuerst entgangen war, später aber auch von diesem (Jahrb. f. wissensch. Bot. X. 198) bestätigt wurde. Ueberliess Van Tieghem die Carpogone ihrem Schicksale, so entwickelten sie sich nicht weiter; brachte er sie aber mit Stäbchen zusammen, so copu- lirte ein Stäbchen mit der Scheitelpapille und war bald inhaltsleer. Darauf theilte sich die Blase durch 1—2 Querwände, ihre Glieder schwollen stärker an und aus der unteren sprossten gekrümmte Aeste als Anfang des Frucht- körpers hervor. Van Tieghem betrachtete daher ebenfalls die Stäbchen als Spermatien, ihre Träger als Antheridien, die blasigen Aeste als Carpogonien, ihre Scheitelpapille als Trichogyne. Es gelang ihm nach seinen Angaben sogar eine Wechselbefruchtung beider Arten. Den Van Tieghem’schen Mittheilungen folgten im Jahre 1875 zunächst noch weitere bestätigende. De Seynes! wollte bereits 1873 am Mycelium von Agaricus (Lepiota) cepaestipes Organe gefunden haben, die sich als weiblicher Geschlechtsapparat deuten lassen und Eidam? beschrieb Sexual- organe bei Agaricus coprophilus, A. fascicularis und A. mutabilis. Bei Aga- ricus coprophilus erschienen schon am dritten Tage an den Enden der Haupt- und Nebenäste des Myceliums oft zu 20 und mehr dicht neben einander dünne Ausstülpungen, die sich zu spiralig eingerollten, später durch Querwände gegliederten Aestchen verlängerten und endlich in ihre cylindrischen, geraden oder schwach gekrümmten Zellchen zerfielen, welche nicht keimten, sondern nach einigen Tagen zu Grunde gingen. Auf anderen Mycelien, welche von sehr spät in denselben Culturen gekeimten Sporen abstammten, traten oft schon sehr früh Schläuche von kolbiger Gestalt auf; sie waren mit einer oder mehreren Einschnürungen versehen, mit schwach gelblich schillerndem Plasma angefüllt und hatten auf dem Scheitel eine kurze, papillenartige Ausstülpung. Das Anlegen von Spermatien an diese als Carpogone gedeuteten Aeste konnte nicht festgestellt werden; doch sah Eidam, dass kurz nach der Einsaat der Spermatien die blasigen Zellen unter gleichzeitiger Vergrösserung auf allen Seiten eine Menge von Aus- stülpungen hervorgetrieben hatten, so dass das Ganze eine morgensternförmige Gestalt annahm. Das betreffende Organ war anfangs einzellig; erst als sich die zahlreichen Ausstülpungen immer mehr in Hyphen verlängerten, wurden einzelne derselben von der gemeinsamen Mutterzelle abgegliedert. Die weitere Ausbildung eines Fruchtkörpers wurde nicht verfolgt. Im November 1875 veröffentlichte Van Tieghem® eine zweite Mit- theilung über die Entwickelung des Coprinus, in der er zu ganz anderen Schlüssen gelangte. Er fand, dass die Stäbchen zu keimen vermögen, also keine Spermatien, sondern Conidien sind. Nach Aussaat in Mistdecoct schwellen sie elliptisch an und treiben Keimschläuche, die sich verzweigen und nach zwei Tagen schon neue Stäbchenträger bilden. Säet man Stäbchen ' De Seynes, Note sur l’organe femelle du Lepiota cepaestipes. Bullet. de la soc. botan. de France. 1875. S. 99. ®° Eidam, Zur Kenntniss der Befruchtung bei den Agaricus-Arten. Botan. Zeit. 1875. 8. 649. Taf. 8. Keimung der Sporen von Agaricus coprophilus und Ag. fascicularis. Sitzungsber. d. botan. Sect. d. schlesisch. Gesellsch. f. vaterl. Cultur 1875. 8. 81. ® Van Tieghem, Sur le developpement du fruit des Coprins et la prötendue sexualit€ des Basidiomycetes. Comptes rendus LXXXI (1875). 8. 877. Hymenomycetes: Stäbchenträger als angebliche Sexualorgane. 295 in Culturen aus, die bereits Mycelium des Coprinus enthalten, so anasto- mosiren ihre Keimschläuche mit dem älteren Mycelium und dadurch, dass ihr Plasma in ein solches übertritt, können sie einem durch Mangel an Nahrung erschöpften Mycelium neuen Anstoss zur Entwickelung geben. Auf dieselbe Weise und mit gleichem Erfolge vermögen sie auch mit der ein- zelligen Grundlage des Fruchtkörpers zu copuliren und dieses erscheint dann nur als ein vegetativer Vorgang, nicht als Geschlechtsact. Vollständige Fruchtkörper können auf Mycelien entstehen, die keine Stäbchenbildung gezeigt hatten und nie mit Stäbchen in Berührung gekommen waren. Die Fruchtkörper entstehen also asexuell. Gegen alle Beobachtungen, in denen dem Hymenomyceten-Mycelium Sexualorgane zugesprochen wurden, erhob sich bald die in der neueren Mykologie gewichtige Stimme Brefeld’s.* Derselbe erklärte auf Grund aus- gedehnter, zum Theil bereits älterer aber bis dahin nicht veröffentlichter, unten im Zusammenhange mitzutheilender Untersuchungen die oben kurz dargestellten Ergebnisse der genannten Botaniker als falsch. Er bemerkt ausdrücklich, dass in keinem Falle bei der Cultur von Agaricinen in klaren Nährstofflösungen auf Objectträgern irgend etwas beobachtet werden konnte, was auf eine Sexualität und namentlich auf einen sexuellen Ursprung der Fruchtkörper hindeutete und zwar bei einer lückenlosen Verfolgung der Entwickelung von der Spore bis zur Sporenreife des aus ihr neu gezogenen Fruchtkörpers, dass vielmehr die Beobachtung lehrt, dass die Fruchtkörper- anlagen als einfache Sprossungen am Mycelium entstehen. Ohne für jetzt auf die damals von Brefeld veröffentlichten Sätze einzugehen, mag hier nur noch dessen Angabe mitgetheilt werden, dass er sofort nach Veröffentlichung der ersten Van Tieghem’schen- Arbeit? verschiedenen Botanikern unter De- monstration seiner Präparate die Beobachtungen des letzteren als kritiklose und unrichtige darzulegen versucht, die wesentlichen Thatsachen seiner Untersuchung also de facto, wenn auch nicht de forma, schon damals ver- öffentlicht habe. Zur Beendigung der kurzen Uebersicht des Kampfes für und gegen Sexualität der Hymenomyceten mag hier nur noch der letzten Entgegnungen Van Tieghem’s und Reess’ auf die Angriffe Brefeld’s gedacht werden. Er- sterer® giebt als Resultat der neuen Untersuchungen folgendes: „Die Frucht der Agaricinen, gleichviel ob sie direct aus dem Mycelium oder indirect aus einem Sclerotium oder einer vorhandenen Frucht“ hervorgeht, entsteht immer auf die gleiche Weise, nämlich immer aus einem Faden oder aus einer Gruppe von Fäden durch adventive Sprossung. Je nach der Wachs- thumsweise der Elemente dieser Sprossung und nach ihrer frühzeitig oder später eintretenden Differenzirung erhält man die verschiedenen, nach Form und Entwickelungsweise so mannigfaltigen Fruchttypen dieser Classe. Weder auf dem Mycelium am Grunde der Primärfrucht oder des Selerotiums, noch ! Brefeld, Die Entwickelungsgeschichte der Basidiomyceten. Botan. Zeit. 1876, S. 49. 2 Seite 293, Note 2. ® Van Tieshem, Nouvelles observations sur le developpement du fruit et sur la pretendue sexualit@ des Basidiomycetes et des Ascomycetes. Bullet. de la soc. botan. de France XXIII (1876). S. 99. Botan. Zeit. 1876. S. 161. * Vgl. die unten folgenden Untersuchungen Brefeld’s. 296 Hymenomycetes: Coprinus stereorarius — Keimung. auf diesen am Grunde der Secundärfrüchte ist irgend eine Erscheinung zu beobachten, welcher die Eigenschaften einer Sexualität zuerkannt werden könnten. Es muss daher behauptet werden, dass die Agaricinen und mit ihnen alle Basidiomyceten der Sexualität entbehren.“ Die Bildung stäb- chenförmiger Conidien am Mycelium wird bei verschiedenen Arten der Gattungen Agaricus und Coprinus angegeben. Bei Agaricus tener erscheinen sie, wie in den von Eidam aufgeführten Beispielen, als Glieder spiralig ge- rollter Aeste und ebenso bei Arten der Sectionen der Pratelli und Dermini der Gattung Agaricus, während sie bei Agaricus velutipes und anderen Leu- cospori gerade sind. Alle diese Conidien keimen und sind daher nicht als Spermatien zu betrachten. Eigenthümlich aber erscheint die Bemerkung Van Tiegshem’s: „Ueberall erscheinen diese Conidien simultan und endogen und werden frei durch die Resorption der Membran des Zweiges, welcher sie erzeugt hat“, was besonders klar bei Agaricus velutipes und seinen Ver- wandten zu verfolgen sein soll. Reess! berichtet in seiner Entgegnung hauptsächlich über den Gang seiner Untersuchungen und giebt an, dass sich seine Bestätigung der Van Tieghem’schen Mittheilung (vgl. S. 294) wesent- lich nur auf die „Einzelligkeit jüngster, stäbchentragender Fruchtanlagen“ bezogen habe, die angebliche Diöcie des Myceliums als Regel von ihm nicht habe bestätigt werden können. Es bleibt uns jetzt zunächst die Darstellung der Untersuchungen Bre- feld’s? vorbehalten, die wir an Coprinus stercorarius verfolgen wollen. Brefeld hat die betreffende, vorzüglich aus Scelerotien keimende, von Fries aber als zur genannten Art gehörig erklärte Form als var. noctiflora bezeichnet, da sie erst gegen Abend nach 6 Uhr den Stiel streckt und den Hut auf- spannt und die Sporen nur während der Nacht abwirft. Letztere haben eine ovale Form und 0,0055 Millim. Breite bei 0,015 Länge; ihre dunkel- braune Membran lässt den Inhalt schwer erkennen. Sie keimen sofort, wenn sie in einen Tropfen Mistdecoct gebracht werden und selbst länger ' als ein Jahr trocken aufbewahrte Sporen zeigen schon nach wenigen Stun- den den Anfang der Keimung, die darin besteht, dass die Spore an dem dem Anheftungspunkte an dem Sterigma entgegengesetzten Ende ein helles lichtbrechendes Bläschen zu einem feinen Keimporus hervorwachsen lässt (Fig. 79 A auf S. 300). Das Keimbläschen übertrifft gar bald die Ausdehnung der Spore, hört dann aber auf, am ganzen Umfange sich gleichmässig zu vergrössern, sondern treibt an einer (Fig. 79 B) oder mehreren Stellen durch Spitzenwachsthum Keimschläuche, die im letzteren Falle nach entgegenge- setzten Richtungen auseinander gehen und aussehen, als ob sie gleichzeitig direct aus der Spore entsprungen wären (Fig. 79 C). Die Keimschläuche führen einen dichten, stark lichtbrechenden Inhalt, nehmen mit fortdauerndem Spitzenwachsthum in unregelmässigen, weiten Wellen einen schlangenartigen Verlauf an, verzweigen sich und werden früher oder später durch Quer- wände gegliedert. Dass nur die Endzelle des jungen Myceliums wächst, die Gliederzellen nicht mehr oder nur sehr wenig in die Länge wachsen, ist leicht zu beobachten; doch betheiligen sich letztere durch Sprossbildung vorzugsweise unter ihrer oberen Querwand lebhaft an der reichen Ver- ! Reess, Rechtfertigung. Botan. Zeit. 1876. S. 167. 2 Vol. $. 278, Note 2. Hymenomyecetes: Coprinus stereorarius — Mycelium. Selerotium. IC y ) 2 zweigung des Myceliums, zwischen dessen Fäden überdies schon in frühester Jugend sehr häufig Verschmelzungen durch H-förmige Anastomosen ein- treten und dasselbe oft förmlich netzartig gestalten. Sobald die Mycelien sich weiter in die Peripherie ausdehnen, die Fäden sich dementsprechend seitlich mehr von einander entfernen, treten statt solcher Anastomosen die charakteristischen Schnallenverbindungen (S. 276) zwischen zwei un- mittelbar hinter einander liegenden Zellen auf, der Art, dass die obere Zelle dicht über der trennenden Scheidewand eine Ausstülpung treibt, die im kurzen Haken nach rückwärts umbiegt und unmittelbar hinter der Querwand mit der unteren Zelle verschmilzt, eine offene Verbindung zwi- schen den beiden Zellen in Form einer Schlinge oder Oese herstellend, in der später erst eine Scheidewand erscheint, welche nun die verbundenen Zellen wieder für sich abgrenzt. Bemerkenswerth ist noch, dass die Mycelien mehrerer neben einander keimender Sporen durch Anastomosen gegenseitig so verschmelzen, als ob die Fäden Verzweigungen nur eines Keimschlauches wären. , Die Fäden des Myceliums erheben sich nur hie und da mit kurzen Spitzen in die Luft; selbst über den Culturtropfen hinaus verbreiten sie sich nur wenig und auch bei Massenculturen auf festem Substrate war von einem Luftmycelium nichts zu sehen. Nach Ablauf von 9—12 Tagen be- ginnt an den älteren Mycelfäden die Fructification. In kleinen, wenig ge- nährten Culturen entstehen die Fruchtkörper unmittelbar an einzelnen My- celfäden; in üppigeren Culturen werden gewöhnlich erst Selerotien gebildet, aus denen die Fruchtkörper direct keimen, und vielfach finden sich beide Fälle in einer und derselben Cultur vereinigt. Wir wollen die Bildung der Selerotien zuerst verfolgen. Die Selerotien entwickeln sich an jedem beliebigen Mycelfaden, wel- cher der Oberfläche der Oulturlösung nahe gelegen ist. An ihm beginnt eine adventive Zweigbildung, die in die Luft führt, und bei der entweder mehrere nahe zusammenstehende Sprosse den Anfang machen oder ein einziger Fadenspross den Vorgang einleitet. Die Sprosse selbst können an den Zellen der Haupt- oder Seitenzweige höheren Grades entstehen, nahe an den Scheidewänden oder auch in der Mitte der Zelle. Alle sind durch- aus in allen Theilen übereinstimmend: einfache Fäden, die sich überaus reich verzweigen und dadurch schon früh einen kleinen Knäuel von dicht verflochtenen Hyphen herstellen. In diesem dauert das Wachsthum der Zweigenden in centrifugaler Richtung fort, nimmt die Verzweigung nach der Peripherie hin stetig zu und drängen sich die neuen Zweige stets in die Lücken zwischen den alten so hinein, dass nirgends grössere Zwischen- räume bleiben, überall ein Gewirr dicht verflochtener, gleichmässiger Hyphen vorhanden ist, dessen enge Zwischenräume lufthaltig sind, das aber auf radial und genau axil geführten Längsschnitten die Hyphen im Allgemeinen von der gemeinsamen Ursprungsstelle am Mycelfaden divergirend zeigt. Im Beginn der Bildung und auch in den nächsten Entwickelungsstadien variiren die jungen Selerotien in der Form; erst wenn sie grösser werden, tritt immer die gleiche Gestalt hervor. Die Grösse selbst wechselt je nach dem Grade der Ernährung zwischen der eines Mohnsamens und derjenigen einer grossen Haselnuss und die letzteren Sclerotien kommen natürlich nicht auf dem Objectträger zur Ausbildung, sondern bei Culturen auf ausgekochtem 298 Hymenomycetes: Coprinus stereorarius — Sclerotium. Pferdemiste, wo sie sich vorzugsweise im Inneren kleiner lufterfüllter Hohl- räume entwickeln und bei dichtem Auftreten oft zu mehreren verwachsen, manchmal sogar zu monströsen, kuchenartigen Massen verschmelzen. Von der ersten dichten Verknäuelung an bis zum ausgewachsenen Zu- stande behält das Sclerotium im Inneren die gleiche Struetur aus dichten, vegetativen Hyphenverzweigungen mit lufterfüllten Interstitien, welche das weisse Aussehen des Körpers bedingen. Hört die Grössenzunahme des un- regelmässig kugeligen bis eiförmigen Knäuels auf, so dauert trotzdem die Zufuhr von Nährstoffen in die Hyphenzellen fort, die in Folge dessen an- fangen, zu allen erdenklichen Formen zu schwellen, je nachdem die in Folge dessen nach und nach verschwindenden Zwischenräume des Sclerotiums dies gestatten. Da aber immer noch neue Nährstoffe von den nicht mehr in die Grösse wachsenden Zellen aufgenommen werden {das Selerotium ist ja der Behälter der Reservenährstoffe für den künftigen Fruchtkörper), so wird unter stetiger Concentration des Inhaltes Wasser ausgeschieden, das an grösseren Sclerotien in dicken Tropfen an die Oberfläche tritt, gleichsam ausgepresst wird und abläuft oder allmählich verdunstet. Endlich hört auch die Nährstoffzufuhr auf, die Wasserauscheidung steht still, die vorher weisse Farbe des Sclerotiums bekommt einen grauen Ton, der in allen möglichen Farbennüancen schnell ins tiefste Schwarz übergeht, und damit ist das Sclero- tium völlig reif, nach aussen allseitig glatt abgeschlossen und auch vom Tragfaden getrennt. An dem reifen Sclerotium lassen sich Spitze und Basis, die eng begrenzte Insertionsstelle am Mycelium, deutlich unterscheiden, auf dem Durchschnitte sticht das farblose Mark scharf gegen die schwarze Rinde ab. Das Mark besteht aus einem Pseudoparenchym der oben er- wähnten, mannigfach gestalteten Zellen, die an einzelnen Stellen sich innig berühren, an anderen noch kleine Luftinterstitien zwischen sich haben, die dem Gewebe manchmal ein marmorirtes Aussehen geben. Alle Zellen sind zartwandig, aber mit dichtem, reichem Inhalte versehen; nach der Peripherie zu sind sie nicht allmählich verkleinert, sondern sie stossen jäh an die Rinde. Letztere besteht aus 6—8 Zellenlagen, deren 2—3 äussere aus grösseren, mehr längeren als breiten, die inneren aus kleinen, mehr rund- lich-isodiametrischen Zellen bestehen, alle aber aufs engste verbunden und mit nicht verdickten, aber schwarzen und cuticularisirten Membranen ver- sehen. Dass die Rinde nur ein metamorphosirter peripherischer Theil der Markmasse ist, geht auch daraus hervor, dass man sie wiederholt abschälen kann, wobei sich stets aus dem freigelegten Marke eine neue Rinde differenzirt. Durch längeres Austrocknen wird die anfangs glatte, glänzende Rinde des Sclerotiums runzelig und matt und letzteres schrumpft zu einer.unkenntlichen, hornartigen Warze ein, kann aber in diesem Zustande ein Jahr lang trocken ausdauern, "ohne seine Keimkraft zu verlieren. Das einzige Erforderniss für die Keimung ist genügende Feuchtigkeit und bis zu einem. gewissen Grade auch das Licht. Eben gebildete Sclerotien keimen, wenn man sie auf nassen Sand legt, schon am nächsten Tage. Die Entwickelung eines Fruchtkörpers auf dem keimenden Sclerotium macht sich in ihren ersten Anfängen als ein äusserst zartes, weisses Flöckchen auf der schwarzen Rinde bemerkbar. Dasselbe wird aus einzelnen feinen Hyphen gebildet, welche einer Rindenzelle der Oberfläche entsprossen, den kurzen adventiven Aesten an den Gliederzellen des Myce- Hymenomycetes: Coprinus stercorarius — Selerotium und Fruchtkörper. 299 liums gleichen und sich reich verzweigen, rasch ein Hyphenknäuel bildend, dessen Elemente im Inneren am dichtesten verbunden sind und sich nach aussen in vr % stark verzweigte Hyphen auflösen. Jede beliebige Ober- flächenzelle kann eine solche Fruchtanlage entwickeln, Hunderte von Frucht- anlagen können ein Sclerotium auf einmal bedecken. Ihre Verbindung mit dem letzteren ist anfangs eine ausserordentlich lose; sie lösen sich bei lei- sester Berührung ab und das Sclerotium lässt an der betreffenden Stelle durch kein Merkmal die vorherige Anwesenheit eines jungen Fruchtkörpers erkennen, entwickelt aber bei fortgesetzter Cultur aus wieder oberflächlichen Zellen neue Fruchtanlagen, denen nach abermaligem Entfernen oder Ab- waschen eine dritte Reihe folgt und so fort, so dass man sagen darf: „dass jede Rindenzelle eines Sclerotiums zur Fruchtanlage auskeimt, dass jede Markzelle zur Rindenzelle werden kann, um wie diese auszukeimen, sobald man sie durch einen Schnitt an die Oberfläche bringt.“ Wie bei der Bil- dung der Sclerotien, so ist auch bei der Keimung derselben von einer Sexualität nichts zu sehen; auch die erste Anlage des Fruchtkörpers geht aus vegetativen Sprossungen hervor. Lässt man dem natürlichen Gange der Keimung eines Selerotiums freien Lauf, so entwickelt sich die Masse der Fruchtanlagen, die am Sclerotium auftreten, ihrer Altersfolge nach fort. Dann aber gewinnen einzelne und bei kleineren Sclerotien eine einzige einen Vorsprung und werden allein ausgebildet, während die anderen ver- kümmern. Die specielle Differenzirung des Fruchtkörpers aus dem Hyphen- knäuel soll gelegentlich der Entwickelungsgeschichte desselben nach der zweiten Weise, direct am Mycelium, erläutert werden. Die weiteren Schick- sale der Sclerotien sind einfach und natürlich. Der Zellinhalt der letzteren wandert in dem Maasse, als er im Fruchtkörper Verwendung findet, nach ‚den Verbrauchsstellen, das Scelerotium wird nach und nach leer und selbst die Membranen der Markzellen verschwinden später, die Rinde allein bleibt als ein leeres, welkes Gerüst, welches einsinkt und bei geringster Berührung in Trümmer zerfällt. Der ganze Keimungsprocess von der Fruchtanlage bis zur Reife dauert 7—10 Tage. Der Fruchtkörper selbst ist anfangs von dem weissen Velum universale (S. 286) verhüllt (Fig. 79 G, v). An der Basis seines Stieles beginnt, noch ehe der Hut seine völlige Ausbildung er- langt hat, die Entwickelung der Rhizoiden oder Wurzelhaare (S. 288): Hy- phen und Hyphenstränge, von denen die ersteren ganz an der Stielbasis entstehen und diese mit dem Sclerotium fester verbinden, während die letzteren, die eigentlichen Rhizoiden, höher hinauf dem Stiele entsprossen, als Stränge, die an ihrer Basis oft aus 10 —20 Lagen langgestreckter Zellen bestehen, nach oben dünner werden, oft in mehrere Stränge sich spalten, oder allein mit feinen Spitzen auslaufen. Ihre Zahl ist sehr ver- schieden; je weniger ein Sclerotium den feuchten Boden berührt, je weiter die Fruchtanlage vom feuchten Sande entfernt ist, um so massenhafter treten sie auf, um so länger werden sie, die ganze Stielbasis mit einem diehten Filze umgebend (Fig. 79 H). Dass sie dem Fruchtkörper durch Zuführung von Wasser aus dem Substrate nützlich werden, geht wohl daraus hervor, dass mit ihrer absichtlichen Zerstörung die Entwickelung desselben weniger üppig stattfindet. Uebrigens kommen die Rhizoiden auch an anderen Stellen des Stieles zur Ausbildung, wenn man diesen z. B. auf den Boden niederbiegt oder mit fremden Körpern in Berührung bringt; sie sprossen 300 Hymenomycetes: Coprinus stereorarius — Fruchtkörper. - dann an den Berührungsstellen hervor. Mit dieser kurzen Entwickelungs- geschichte der Sclerotien und ihrer Fruchtkörper mag der Leser das auf GGG EHE AND EEE SD = — RECAGEEGEE Se N N) N N ul es Fig. 79. Coprinus stercorarius Fr. Nach Brefeld, A Keimende Spore. B und C eben- solche Sporen, etwas weiter entwickelt. D Stück eines Myceliums (m) mit fünf jungen Fruchtanlagen: 1 und 2 die jüngste Entwickelungsstufe, 3 etwas älter, 4 noch älter und 5 der am weitesten vorgeschrittene Fruchtkörper, welcher jedoch noch keine innere Diffe- venzirung seiner Hyphensprosse zeigt. E Eine junge Frucht in einem weiteren Stadium der Entwickelung: im Inneren treten die Anlagen des Stieles und des Hutes bereits als dichteres Hyphengeflecht auf, umgeben von der lockeren Hyphenmasse der Volva, deren zum Hute gehöriger Theil sich durch blasige Anschwellung der Endzellen auszeichnet. F Eine schon weiter vorgeschrittene Fruchtanlage, aus der Stiel und Hut des jungen Pilzes schon schärfer hervortreten: die Volva des Hutes ist hier bereits fast ganz in blasige Zellen zerfallen. G Längsschnitt durch ein keimendes Sclerotium (s), in welchem der junge, noch von seiner Volva (v) umgebene Fruchtkörper halbirt wurde. H Erwachsener Pilz, der in der letzten Streckung des Stieles und in der Aufspannung des Hutes begriffen ist: s das Sclerotium, r Rhizoiden des unteren Stielendes, o eine nicht zur Entwickelung gelangte zweite Fruchtanlage. Vergr. von A—C 300, D 200, E 120, F 50, @ und H natürl. Grösse. Seite 157—163 über das Mutterkorn Gesagte, ferner Seite 173 und 231 vergleichen. ‘ Die Entwickelung der Fruchtkörper auf dem mittelbaren Wege mit Hymenomyeetes: Coprinus stereorarius — Fruchtkörper. 301 einem Durchgangsstadium = Selerotium ist die bei weitem häufigere. Es kann aber die Bildung der Sclerotien auch übersprungen, der Frucht- körper unmittelbar auf den Mycelfäden erzeugt werden, was nament- lich in Objeetträgerculturen, auf festem Substrate erst dann eintritt, wenn gegen Ende der Cultur die Nährstoffe der Erschöpfung zuneigen. Je nach den Einflüssen des Jahreszeit, respective der Temperatur, tritt auch hier die junge Fruchtanlage vom 8.—11. Tage nach der Aussaat auf, auch hier, wie bei den Sclerotien, in Form adventiver Sprossungen in der Mitte oder nahe der Scheidewand einer Mycelzelle (Fig. 79 D, 1—5). Mehr als 20 -Fruchtanlagen konnte Brefeld in den üppigsten Culturen nicht beobachten, dagegen konnte er bei vorsichtiger Wegnahme solcher Anlagen wiederholt neue auf demselben Mycelium zur Entstehung bringen. Die Hyphensprosse der jungen Fruchtanlage zeigen überaus grosse Neigung zur Zweigbildung. „Der lebhafte Zudrang von Protoplasma aus dem umgebenden Mycelium nach diesen wachsenden Hyphensprossen ermöglicht diese Zweigbildung, ihre Spitzen bleiben immer aufs reichste und dichteste mit Inhalt gefüllt. Die Ver- zweigungen bilden dann einen kleinen Fadenknäuel, welcher in etwas ge- förderten Bildungsstadien immer das gleiche Ansehen annimmt (Fig. 79 D, 1—5). Macht man den Knäuel durch Austreiben der Luft durchsichtig, entwirrt man ihn mit der Nadel oder durch den Deckglasdruck bei Gegen- wart von viel Flüssigkeit, so lösen sich die Fäden auseinander und sehen sämmtlich gleich aus; sie sind nichts als vegetativ entstehende Sprosse, welche sich durch Zweigbildung verknäueln. Diese an einem Mycelfaden entstehenden jungen Fruchtanlagen stimmen wieder genau überein mit denen, welche aus der Oberfläche eines Sclerotiums nach unserer früheren Beobach- tung hervorsprossen, und wir dürfen nach der Uebereinstimmung und der sicheren Erkenntniss, wie die Anlage am Mycelfaden entsteht, annehmen, dass der einzige Unterschied zwischen den Fruchtanlagen, welche an einem Sclerotium und denen, welche direct an einem Mycelium entstehen, darin besteht, dass in einem Falle die Sprosse an einer Zelle des Sclerotiums, im anderen an einer Zelle des Mycelfadens entstehen; dass jede Zelle sie zu erzeugen vermag, ist sattsam in beiden Fällen eruirt. Demnach dürfen die Selerotien nicht als fructificative Bildungen angesehen werden, welche an einem bestimmten Punkte der Entwickelung den Ruhezustand annehmen und mit dessen Abschluss die sistirte Entwickelung weiterführen, wie es für Penieillum (S. 231) der Fall ist; sie haben nur den morphologischen Werth vegetativer Zustände, * sie sind Mycelien, welche unter Umständen nach be- stimmtem Bildungsgange in die morphologisch klar und scharf ausgeprägte und höher differenzirte Form des Dauerzustandes überzugehen vermögen; die Bildung der Fruchtkörper beginnt auf ihnen vom Anfange wie am My- celfaden.“ Die junge Fruchtanlage vergrössert sich schnell durch fortdauernde Verzweigung der Hyphen. Diese ist im Inneren am stärksten und führt hier bald zu einer seitlichen Berührung der Fäden, die durch Dehnung ihrer Zellen noch befördert wird: in diesem Stadium der Entwickelung sieht die Fruchtanlage äusserlich wie ein Hyphenknäuel aus; der Knäuel besteht im Inneren aus einem Kern von falschem Gewebe, von der Hülle aus Hyphen ı Wie die Scelerotien des Mutterkornes, S. 159. - 302 Hymenomyeetes: Coprinus stereorarius — Fruchtentwiekelung. umgeben und beide gehen unmittelbar in einander über. In dem Gewebe- kerne, der sich nach unten verjüngt, weil hier die Elemente selbst an Menge abnehmen, findet in der mittleren und unteren Partie die weitere Dehnung und Streckung der Zellen zuerst statt. Er erscheint daduth in der Mitte bauchig aufgetrieben, läuft nach unten und oben, wo er in Hyphen über- geht, schmäler aus und bildet die erste Anlage des Stieles (Fig. 79 E). Seine basalen Partien gehen auch später nach beendigter Streckung der Zellen zuerst in den Dauerzustand über; die Anlage und Ausbildung beginnt also an der Basis, um von da nach oben fortzuschreiten. An der Grenze, wo die Stielanlage nach oben in Hyphen ausgeht, findet nun eine äusserst intensive Neubildung von Hyphen statt, doch nur im Inneren, auf dem inneren, mittleren Theile der Stielanlage (Fig. 79 E). Die Hy- phen entstehen in dich- ter Masse durch Aus- zweigung der vorhan- denen; sie wachsen dicht zusammen und breiten sich in die Umgebung so aus, dass die seit- lichen Neubildungen an ihnen vorzugsweise ‘ reiche sind, die in die Verlängerung desStieles fallenden nur bis zu einem gewissen Punkte Fir. 80. Coprinus stercorarius Fr. Längsschnitt aus dem oberen im Gipfel kuppelförmig ‘Theile eines jungen Fruchtkörpers, an welchem der Hut bereits mit eng zusammenschliessen, seiner wachsenden Randzone umgewendet ist. s Stiel. 4 Hut. v Die darüber hinaus in lose inneren Hyphen der Volva. *** Theilungszone im Stiele. Vergr. 300. Nach Brefeld. Hyphen auseinander schen, welche zwischen die vorhandenen hineinwachsen (Fig. 80). Die seitlichen Verzweigyngen werden ferner um so reicher, je mehr die Peripherie zunimmt: sie entstehen ferner vorzugsweise dicht und reich an der inneren und unteren Seite, während die nach aussen gewendeten über eine bestimmte Zone hinaus, welche die des Gipfels nach unten fortsetzt, ebenfalls in lose Hyphen aus- auslaufen. Durch die Verlegung der Vermehrungs- und Wachsthumszone nach der inneren unteren Seite wird das ganze obere Hyphengeflecht, je mehr sie zunimmt, um so ausgeprägter kuppelförmig, bis die Vegetations- zone ganz nach unten gewendet ist und die mehr und mehr sich parallel neben einander ordnenden Hyphenverzweigungen schliesslich in Form dicht geschlossener Hyphenenden die Spitze des Randes einnehmen, als eine Mar- einalwachsthumszone, welche eine Verlängerung senkrecht abwärts über den Stiel hinab vermittelt (Fig. 80 7). Damit ist zugleich die mit der ersten Verzweigung auf der Spitze des Stieles beginnende Anlage des jungen Hutes scharf ausgeprägt (Fig. 79 F, Fig. 80 %). Alle Hyphenelemente, Hymenomyeetes: Coprinus stereorarius — Fruchtentwickelung. 303 welche loser verbunden nun ausserhalb dieser Begrenzung des Hutes liegen, nehmen an seiner Bildung keinen Antheil; sie sind aber gleichen Ursprunges und gehen unmittelbar in ihn über, oder entspringen, wenn man den fertigen Zustand betrachtet, aus seiner Oberfläche. Sie bilden die Volva (Fig. 80 »), die sich nach unten unmittelbar in die bei der Bildung des Stieles nicht verwendeten Hyphenmassen fortsetzt und mit diesen den ganzen jungen Fruchtkörper als Velum universale umhüllt (Fig. 79 F, G). Die ganzen Differenzirungsvorgänge bis zu diesem Stadium sind in 1—2 Tagen vollendet; von Sexualität ist bei ihnen keine Spur zu erkennen. Der Stiel erfährt, nachdem auf seinem Gipfel der Hut angelegt ist, an dieser Stelle keine der ersten entsprechende Verlängerung mehr; sie wird durch intercalare Theilungen bewirkt, welche in den zuerst angelegten Stiel- elementen unmittelbar unter der Hutanlage neu eintreten. Die in solcher Weise neu gebildeten Zellen beginnen sich im unteren Theile des Stieles zu strecken, während sie nach oben in der Theilung fortfahren, so dass man oben eine Theilungszone aus kurzen, fast tafelförmigen Zellen findet, die nach unten allmählich eylindrisch werden (Fig. 80, s ***). In der Aus- bildung der Elemente von innen nach aussen zeigt aber der Stiel eine srosse Verschiedenheit, die für seine spätere Structur entscheidend ist. Schon in der ursprünglichen Anlage ist die Verbindung der Hyphen (Mark- hyphen) im Centrum weit loser, als in den mittleren Partien; sie ist in letzteren eine vorzugsweise innige, um sich nahe dem Umfange wiederum zu lockern. Die Vermehrung der Stielelemente durch Hyphenverzweigung dauert in der Peripherie noch fort, wenn sie im Inneren ganz erloschen scheint und sich hier die Zellen, dem zunehmenden Umfange des Ganzen folgend, seitlich auszudehnen beginnen. Diese Ausdehnung findet aber nur in den mittleren Lagen statt, während die angrenzenden centralen Partien den ursprünglichen Hyphendurchmesser beibehalten. Lässt dann noch später die Vermehrung der Elemente in der Peripherie nach und beginnt auch hier eine Ausdehnung der Zellen in radialer und tangentialer Richtung, schreitet damit die gleichsinnige Ausdehnung in der mittleren Zone fort, so wird die centrale Partie langsam in ihrem Zusammenhange gelockert, schliesslich zerrissen und damit eine centrale Stielhöhlung gebildet, die sich mit dem ferneren Wachsthume des Fruchtkörpers erweitert. Bei kleinen Fruchtkörpern mit schmächtigen Stielen sind dagegen Markhyphen nicht vorhanden, sondern alle Elemente zu einer einheitlichen Gewebemasse ge- schlossen. Die Hutanlage ist bei genügender Beleuchtung in der Entwickelung mehr und schneller gefördert, als der Stiel, wiewohl dieser zuerst angelegt wird. Letzterer bleibt kurz und wird von dem Hute, welcher sich in seiner nach unten gewendeten Randzone (Fig. 80 %) durch Spitzenwachsthum ver- längert, ungefähr in dem Grade überwachsen, als er an Länge zunimmt (vgl. Fig. 79 G). Auf der Innenfläche des Hutes erheben sich nun bereits zu einer Zeit, wo die abwärts wachsende Randzone eben ausgebildet ist, in kleinen aber gleichen Abständen von einander als schmale Vorsprünge die später das Hymenium tragenden Lamellen, welche nach innen concentrisch auf den Stiel zuwachsen und bis in den Hutrand auslaufen. Sie bestehen aus einzelnen Bündeln eng und luftfrei verbundener Hyphen (Fig. 81 2), welche als neue Vegetationsheerde alle gleichzeitig und so nahe neben ein- 304 Hymenomyecetes: Coprinus stercorarius — Fruchtentwickeluns. ander entspringen, dass ihre Elemente an der Basis einander berühren und auch später, wenn die Bündel länger sind, nur schmale, lufterfüllte Zwischen- räume zwischen diesen lassen (Fig. 81). Jedes Bündel wächst für” sich durch Spitzenwachsthum und im ersten Ursprunge beträgt die Zahl seiner durch Querwände sich gliedernden Hyphen in der Breite etwa 7—9 (Fig. 81). Dieselben laufen neben einander geordnet in die Spitze aus, endigen aber nicht in gleicher Höhe, sondern die mittleren Fäden sind die längsten und fallen in die Verlängerung der Axe; die anderen sind kürzer und biegen seitlich ab, um so mehr dem rechten Winkel genähert, je weiter rückwärts sie enden. Wahrscheinlich liegt hier eine sympodiale Verzweigung zu Grunde: die jeweiligen Hyphenenden schwellen keulig an, erzeugen aber vorher etwas rückwärts von ihrem Scheitel einen Seiten- zweig, der das ursprüngliche Hyphenende zur Seite schiebt und über dasselbe hinaus- wächst, den gleichen Vorgang oftmals wiederholend. Die zur Seite geschobenen Hyphenenden ordnen sich pallisadenartig, schwellen allmählich stärker keulig an und grenzen sich durch eine Querwand nach rückwärts ab. Sie enden anfangs auf gleicher Höhe (Fig. 81) und bilden auf beiden Lamellenoberflächen die Palli- sadenzonen (entsprechend p in Fig. 76); die mittleren Hyphen, von denen sie ent- springen, sind die Trama (entsprechend t in Fig. 76). „Beide sind genetisch gleichen Ursprunges, die Pallisaden sind die Enden der Trama der Lamellen, die Lamellen selbst bestehen aus Bündeln gleicher Hyphen, welche von der Fläche Fig. 81. Coprinus stercorarius Fr. Stück- chen eines Querschnittes durch den Hut: v» die blasigen Zellen der Hutvolva; A die des Hutes entspringen; der Hut ist nun, wie wir wissen, aus einem Hyphenelemente gleicher Art und gleichen Ursprunges äussere Hutwand: A‘ die innere Hutwand, von welcher die Lamellen Z entspringen. aufgebaut, an der Spitze der Stielanlage entstanden, welche ihrerseits wiederum als erstes Differenzirungsproduct aus den an einem Mycelfaden vegetativ in gleicher Art und gleicher Form ent- springenden Hyphensprossen hervorging. Bald nach Anlage der ersten Lamellen werden, während der wachsende Hut seinen Umfang vergrössert, neue (secundäre) Lamellen zwischen die ersten eingeschaltet, in gleicher Weise durch Auftreten neuer Vegetations- punkte, wie bei ersteren. Diese secundären Lamellen werden nicht alle auf einmal, sondern nach und nach mit zunehmender Erweiterung des Hutes angelegt und sie erreichen daher nicht, wie die primären, den Gipfel des Hutes, erstrecken sich aber auf der anderen Seite mit ihnen bis an den Rand desselben, mit dem Wachsthume des Hutrandes auch in ihrem Längenwachsthume gleichen Schritt haltend. So lange das letztere aber andauert, bleiben alle Stellen der Lamelle, die doch ihrer Entstehung nach verschiedenen Alters sind, auf derselben Höhe der Entwickelung (derjenigen der Fig. 81) stehen. Vergr. 200. Nach Brefeld. Hymenomyeetes: Coprinus stercorarius — Fruchtentwickelung. 305 Während dieser Vorgänge erleidet auch die Volva, d. h. also der zum Stiele und Hute nicht verwendete äussere Theil der Fruchtanlage, weitere Veränderungen. Eine scharfe Grenze zwischen Hut und Volva, eine soge- nannte Huthaut, wird vorläufig nicht ausgebildet; auf dem Hute ist die Volva dichter, als weiter abwärts in der Region des Stieles. Die Hyphen- enden der Hutvolva hören früh auf in die Länge zu wachsen und ihre Zellen schwellen in centripetaler Folge zu grossen Blasen mit wässerigem Inhalte und zierlichen Membranvorsprüngen an (Fig. 79 E), so dass die Hyphen rosenkranzförmiges Aussehen erhalten und schliesslich ganz in kugelige Zellen zerfallen (Fig. 79 F, Fig. 81 v), von unten her aber stets durch neue Sprosse ersetzt werden, die ein gleiches Schicksal haben. Man findet daher die äussersten Schichten der Hutvolva aus losen, kugeligen Zellen gebildet, die tieferen aus rosenkranzförmigen Hyphen, die innersten aus normalen Hyphen, welche in die Hutoberfläche übergehen. Dieser charakte- ristische Vorgang geht aber nicht über die Hutgrenzen hinaus. Die Hyphen der Stielvolva wachsen, ohne zu zerfallen, von unten nach oben über den Hutrand und zwischen die Kugeln der Hutvolva; ihre Neubildung von innen her ist eine schwache, ihre Anordnung eine losere (Fig. 79 F). Die bis jetzt ‘geschilderten Neubildungen mögen zu ihrer Vollendung 4—5 Tage beanspruchen; von jetzt ab bildet die Differenzirung und Streckung der angelegten Hutelemente ohne weitere Neubildungen, als die der Basidien und Sporen, einen zweiten Abschnitt in der Entwickelung des Fruchtkörpers, der etwa die gleiche Zeit in Anspruch nimmt. An allen Stellen steht der Hut auf dem gleichen Punkte der Entwickelung. Seine Wand besteht aus dieht und luftfrei verbundenen Hyphen, die nicht viel dicker als gewöhn- liche Hyphen sind, auf dem Längsschnitte ihre Natur deutlicher zeigen, auf dem Querschnitte (Fig. 81) wie ein jugendliches Gewebe aus polyödrischen Zellen erscheinen. Die Differenzirung des Hutes erfasst nun alle Theile zugleich. Die Hyphen der Hutwand vergrössern sich durch Dehnung ihrer Zellen nach allen Richtungen; die Wand wird dadurch: dicker, der ganze Hut umfangreicher und länger. Die Lamellen halten damit gleichen Schritt: die Trama und die beiderseitigen Pallisadenzonen strecken sich zugleich und in letzteren kommen die Basidien zur Entwickelung. Von den keulen- förmigen, seitlich in lückenloser Verbindung stehenden Pallisaden wächst eine um die andere (Seite 289, Fig. 76 — nur hie und da tritt selten eine Ausnahme von dieser Regel ein) über die Fläche empor, während die übrigen (die späteren Paraphysen — vgl. S. 290) auf dem früheren Niveau bleiben, dafür aber an Dicke zunehmen, so dass während der ganzen Streeckung der Lamellen vollständig enger Schluss der Pallisadenzone, resp. des aus ihr hervorgehenden Hymeniums, bleibt, die Anordnung der Hyme- niumelemente (von der Fläche gesehen) eine völlige regelmässige wird. Die hervorwachsenden Pallisaden schwellen gleich mit ihrem Heraustreten aus der vorher ebenen Pallisadenfläche an dem vortretenden Scheitel kugelig an; nur wenige, über die ganze Fläche zerstreute, wachsen viel stärker, er- reichen rasch die mehrfachen Dimensionen und werden zu den mächtigen Cystiden (Fig. 76 ec); die übrigen bilden sich zu den Basidien aus. Sie haben in den nächsten Stadien der Entwickelung die Kugelgestalt des freien Theiles verloren und die Form eines Kegels angenommen; später sind sie eylindrisch (Fig. 76) oder in der Mitte etwas taillenartig verengt. Dann Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 20 306 Hymenomycetes: Coprinus stercorarius — Fruchtentwickelung. erscheinen auf ihrem Scheitel die vier kurzen, nadelförmigen Steriginen (vgl. S. 236), deren Spitze sich plötzlich zu einer kleinen Kugel ausdehnt, der sich allmählich zur Eiform erweiternden Spore, deren Membran gelb und schliesslich dunkelbraun wird. Damit sind die Basidien leer, die Palli- saden haben die Gestalt von Pflastersteinen, die Cystiden sind zu grossen Schläuchen geworden, die gegen die benachbarte Lamelle wachsen und sich oft in diese hineindrücken. Man möchte fast glauben, als ob sie dazu dienten, die Lamellen in gemessener Entfernung von einander zu halten, damit sie mit der Streckung, während welcher die Sporenbildung vor sich geht, sich nicht stören und gegenseitig drücken. Auch die Enden der Lamellen schliessen mit Cystiden ab, welche zweireihig von oben nach unten an der Spitze der Lamellen geordnet sind, und zwischen letzteren bilden sich die mittleren axilen Fäden der Lamellenspitze nicht mehr zu hyme- nialen Elementen aus, sondern schwellen einfach kugelig an (Fig. 76). An der Oberfläche‘ des Hutes gehen währenddessen auch Veränderungen in den Gewebezellen vor sich. Letztere verdicken in den 2—3 äussersten, zur Huthaut werdenden Zellenlagen ihre Membranen, die nebenbei etwas dunkeler werden, und damit ist die Volva ausser Verbindung mit der Hut- oberfläche gesetzt, Auch die inneren Theile der Hutvolva zerfallen zu Kugeln; sie wird mit der Dehnung des Hutes mehr und mehr 'zerklüftet und zerfällt zu einem weisslichen Mehle, welches ein kräftiger Hauch bis auf die Huthaut verweht. Die Ausbildung der letzteren und die Reife der Sporen in den Lamellen sind die Vorgänge, welche die Differenzirung der Elemente des Hutes überhaupt abschliessen; es folgt nun als Schlussact der ganzen Entwickelungsgeschichte die Aufspannung des Hutes und seine Sporenentleerung. Der Stiel des Fruchtkörpers (vgl. S. 299, 303) beginnt sich mit solcher Energie zu strecken, dass seine Zellen bis zur Länge von 2—3 Millim. heranwachsen, der Hut in der kurzen Frist eines Tages bis zur Höhe von 10—17 Üentim. emporgehoben wird. Bei warmem Wetter wächst der Stiel in der letzten Hälfte der Streckung bei sehr grossen Fruchtkörpern stündlich über einen Centimeter. Der Hut hängt wie eine Glocke auf der Spitze des Stieles und wird jetzt langsam wie ein Regenschirm aufgespannt. Die Huthaut hat mit der völligen Ausbildung ihrer Zellen ihre active Streckung verloren, die Lamellen der Hutunterseite dagegen, die bis dahin senkrecht standen und ihre Schneide dem Stiele zu- kehrten, fahren in der Streckung fort und heben den Hutrand empor, der damit in seitlicher Richtung sich dehnt. Da an dieser seitlichen Dehnung die ausgebildete Huthaut keinen Antheil nehmen kann, so reisst dieselbe, am Hutrande beginnend, in radiärer Richtung über der Mitte der einzelnen Lamellen auf, das unter der Hutwand liegende, schon vorher collabirte Ge- webe leistet der tiefer gehenden senkrechten Spaltung keinen Widerstand und letztere geht daher weiter durch, auch die einzelne Lamelle in der Mittelebene der Trama in zwei je eine Hymenialfläche tragende Hälften spaltend. Diese beiden Hälften decken die durch die Spaltungen entstan- denen Zwischenflächen des Hutes: die Tramaseite wird zu einem Theile der Oberfläche desselben, das Hymenium zur Innenbekleidung, die Huthaut ver- läuft in einzelnen Streifen sternförmig vom Centrum zum Randes des Hutes; die Membranen ihrer Zellen waren schon in der Anlage stärker verdickt, während die Zwischenpartien für das spätere Zerreissen durch geringere “ Hymenomycetes: Coprinus stercorarius — Fruchtentwickelung. 307 Membranverdickung vorbereitet wurden. Wollte man den ganzen Vorgang durch ein triviales, aber völlig zutreffendes Bild veranschaulichen, so könnte man sagen: die sternförmig ausstrahlenden Leisten der Huthaut gleichen den Stangen eines Regenschirmes, die Lamellen dem Ueberzuge, welcher zwischen ersteren eingefaltet liegt; sobald die Aufspannung beginnt, spalten die Lamellen, gleichsam aus zwei gleichen Hälften zusammengelegt, ausein- ander und füllen, wie der eingefaltete Ueberzug zwischen den Schirmstangen, die immer grösser werdenden Zwischenräume aus. Die letzten Acte der Auf- spannung des Hutes nach Spaltung der Huthaut und der Lamellen vollziehen offenbar die ihren Inhalt am längsten behaltenden Pallisaden durch ihre seitliche Dehnung. . Stehen der Hut horizontal, die Basidien senkrecht und frei nach unten gerichtet, so hört die Streckung des Stieles auf und die Sporen fallen von den Spitzen der Sterigmen, die an ihrem Ende auf- platzen, in dunkelen Wölkchen wie ein feiner Regen herab. Die bereits entleerten Theile rollen sich am Rande nach aussen (oben) um, wodurch auch die basalen innersten Theile der Lamellen gespalten, horizontal gestellt und entleert werden. Endlich ist der Hut unter langsamem Umrollen binnen 2—3 Stunden zu einem aus den Huthauttrümmern, den Resten der Basidien und den Pallisaden bestehenden Knäuelchen zusammengeballt, das durch schnelle Auflösung dieser Elemente zu einem kleinen, von anhängenden Sporen dunkel gefärbten Tröpfchen zerfliesst; auch der Stiel verjaucht dann im Laufe eines Tages vollständig, der Fruchtkörper ist verschwunden. Brefeld hatte bei seinen zwei Jahre lang in allen Variationen ange- stellten Culturen des Coprinus stercorarius auch die Frage ins Auge gefasst, ob denn mit der Hutfrucht der Endpunkt der Entwickelung des Pilzes er- reicht sei. Auf der ganzen Summe der Culturen indessen, von denen einige länger als ein Jahr standen, konnte er nie etwas anderes als Sclerotien und Hutfrüchte sich entwickeln sehen, so dass in letzteren thatsächlich der Höhe- und jetzige Endpunkt der morphologischen Differenzirung des Pilzes zu sehen ist. Ehe wir die wesentlichsten Momente aus der Entwickelungsgeschichte einiger anderer Hymenomyceten-Fruchtkörper kennen lernen, mögen noch ein paar experimentelle Versuche, welche Brefeld mit den Fruchtkörpern des Coprinus anstellte, kurze Erwähnung finden. Dass nach Entfernung junger Fruchtanlagen von den Sclerotien jede an die Oberfläche der letzteren gelangende innere Zelle eine neue Fruchtkörperanlage entwickeln kann (S. 299), dass es gelingt, nach Unterdrückung der ersten Fruchtanlagen beliebig neue an den Fäden des Myceliums entstehen zu lassen (S. 301), wurde bereits erwähnt. Brefeld setzte dergleichen störende Eingriffe an den jungen Fruchtkörpern fort. Er schnitt an solchen auf Selero- tien wachsenden mit einer Scheer den Hut rasch ab, hielt die Culturen feucht und entfernte alle neu neben ihnen entstehenden Anlagen. Am dritten Tage konnten auf der Schnittfläche des Stieles neue Hyphenaus- sprossungen wahrgenommen werden (Fig. 79 H, o), die leicht auf eine oder mehrere Enden der Stielzellen ursprünglich zurückzuführen waren. Diese Aussprossungen, rein vegetativer Natur, waren ganz mit den an den My- celien oder Sclerotien entstehenden jungen Fruchtanlagen identisch. Sie entwickelten sich auch ganz in der beschriebenen Weise zu normalen Frucht- körpern, die sich später durch neue Hyphenaussprossungen am Fusse des 20* 308 Hymenomycetes: Coprinus stereorarius — Fruchtentwickelung. neuen Stieles fester mit der breiten Fläche des alten Stielstumpfes ver- banden (vgl. S. 299) und in 7—9 Tagen, das Sclerotium erschöpfend, zur vollen Reife gelangten. In einer zweiten Versuchsreihe wurden die Schnittflächen des Stieles verklebt. Nun wuchsen beliebige Oberflächen- zellen des Stieles aus und die vegetativen Hyphensprosse normalen Aus- sehens verbanden sich zu jungen Fruchtanlagen, die ihre weitere Entwickelung normal durchliefen. In einer dritten Reihe von Culturen wurde auch die aus der ersten verstümmelten Fruchtanlage hervorsprossende zweite Gene- ration verstümmelt und dadurch das Auftreten einer dritten Generation durch Sprossung oberflächlicher Zellen der zweiten in der bekannten Weise veranlasst, u. s. w. Weiterhin sprossten an abgeschnittenen Hüten, deren Lamellen der Vollendung nahe sein mussten, aber auch nicht älter sein durften, aus dem Stielstumpfe neue Fruchtanlagen hervor, wenn sie auf feuchtem Sande weiter cultivirt wurden. Es entstanden aber dergleichen Anlagen auch auf jeder beliebigen Schnittfläche des Hutes, selbst aus den Lamellen desselben und immer in derselben Weise, wie am Mycelium oder Selerotium. Ganz entgegengesetzt den eben erwähnten Fällen suchte ferner Brefeld in einer zweiten Serie von Culturen umgekehrt die Umlenkung der Fruchtkörper zu Mycelien herbeizuführen. Eben beginnende Frucht- anlagen, von Sclerotien abgehoben und in mässig verdünntes Mistdecoect gebracht, worin sie zum Theil vorsichtig benetzt wurden, zeigten schon am zweiten Tage ein Auswachsen jeder unverletzt gebliebenen oberflächlichen Zelle zu einem neuen Mycelfaden, welcher in der Verzweigung, sowie in der Bildung von Anastomosen und Schnallenfusionen genau dem Sporen- mycelium glich (vgl. S. 296) und nach S—10 Tagen ebenfalls Fruchtanlagen bildete. Aeltere Fruchtkörper, welche bereits Stiel, Hut und Volva unter- scheiden liessen und zerschnitten in Mistdecoct eultivirt wurden, zeigten genau das gleiche Verhalten; Hüte, welche schon die Lamellen angelegt hatten, trieben aus jeder beim Zerschneiden nicht getödteten Zelle einen Mycelfaden, und endlich liessen Hüte, die bereits in der Ausbildung des Hymeniums begriffen waren, Basidien und Pallisaden wie die anderen Hy- phenelemente der Lamellen in derselben Zeit, wie die Sporen, zu normalen Mycelien auswachsen, welche Fruchtkörper wie die Sporenmycelien anlegten. Durch Unterdrückung der Sporenbildung an letzteren konnte Brefeld conse- cutive Mycelgenerationen aus den je vor der Sporenbildung verstümmelten Fruchtkörpern durch vegetative Mycelaussprossungen erziehen. Ebenso giebt derselbe an, dass die Früchte derjenigen Ascomyceten, die (wie viele Pezizen) kein Ascogon erkennen lassen (vgl. S. 135 ete.), in jedem Momente der Entwickelung umlenkbar sind, andere aber, wie Ascobolus, Penicillium, Eurotium etc. ausnahmlos absterben. Es scheint nach ihm aus diesen Ver- suchen hervorzugehen, dass die hier sichtbar bestehende, wahrscheinlich durch die Sexualität herbeigeführte Differenzirung bei denjenigen Pezizen, wo man sie nicht mehr sieht, verloren gegangen ist. ! Auch mit Selerotien lassen sich die Experimente in derselben Weise mit gleichem Resultate ausführen: Aus jeder unverletzten Zelle eines Schnittes wuchsen sofort neue Mycelien aus, die in entsprechender Zeit fructificirten. ! Schimmelpilze, III. S. 83, Note 2. Hymenomycetes: ©. stercorarius, Fruchtentwiekelung. Abnorme Fruchtkörper. 309 „Es gelingt mit sicherer Hand aus diesen Schnitten einzelne Zellen unver- letzt frei zu präpariren und aus jeder beliebigen dieser Zellen, wie aus einer Spore, Mycelien hervorgehen zu sehen.“ Weitere Experimente mit dem Coprinus stercorarius wurden angestellt, um sein Verhalten zum Lichte während der Entwickelung festzustellen. Dieselben ergaben, dass der Lichtmangel auf die Entwickelung der Mycelien und der Sclerotien an ihnen ohne Einfluss ist. Dagegen wird zunächst das Austreiben der Sclerotien vom Lichte wesentlich gefördert. Während aber bei weiterer Einwirkung des Lichtes von den vielen Fruchtkörperanlagen eines Sclerotiums nur eine oder zwei zur vollen Entwickelung gelangen, bilden sich dieselben unter bedeutender Verzögerung der Entwickelung des einzelnen Fruchtkörpers in der Dunkelheit alle gleichmässig aus, und später ins Licht übertragen, reifen die meisten zu kleinen, aber normalen Frucht- körpern heran. Im Lichte ist ferner der Hut, obgleich später angelegt als der Stiel, zuerst mächtig gefördert; der. Stiel bleibt bis zur Vollendung der Sporenreife kurz. Umgekehrt ist es im Dunkeln der Fall: der Hut bleibt zurück, der Stiel wächst in Folge fortdauernder Zelltheilung im Gipfel und Streckung der neugebildeten Zellen unterhalb der Theilungszone (S. 302, Fig. 80, s ***) mächtig heran und vergeilt. Im Verlaufe von Wochen und Monaten sind mehr als zwei Fuss lange Stiele keine Seltenheit. Während aber dabei die Thätigkeit im Gipfel langsam erlischt, beginnen an anderen tieferen Stellen am Stiele Neubildungen durch Aussprossung peripherischer Zellen zu neuen Fruchtanlagen, denen gleich, wie sie durch Verletzungen normaler Fruchtkörper hervorgerufen werden. Auch an diesen Fruchtan- lagen wurde der Stiel bedeutend verlängert und entsprossen dann aus ihm an beliebigen Stellen Fruchtkörper zweiter Generation, welche weiterhin solche dritter bis sechster Generation hervorbrachten, die nach und nach immer schmächtiger wurden und auch in der Zahl ihrer Elemente auf das bescheidenste Maass zurückgingen. In das Licht zurückgebracht, ging mit dem Augenblicke der Beleuchtung die weitere Entwickelung normal vor sich: die Stiele hörten auf sich zu verlängern, die winzig gebliebene Hutanlage erreichte in den nächsten 4—5 Tagen ihre Sporenreife. Endlich können, bei sehr langem Verweilen im Finstern, statt weiterer vergeilender Frucht- körper auch Sclerotien an den vergeilten Stielen sich entwickeln. Alle diese Erscheinungen der Vergeilung kommen nur dann zu Stande, wenn die Tem- peratur zugleich unter 15° beträgt. Eine höhere Temperatur vermag die Function des Lichtes bis zu einem gewissen Grade zu ersetzen; beträgt dieselbe über 15°, so kommt auf stark vergeiltem Stiele auch im Dunkeln der Hut zur Entwickelung, allerdings erst in weit längerer Zeit (20 bis 25 Tagen), wie bei beleuchteten Fruchtkörpern. Schliesslich mag aus den Brefeld’schen einschläglichen Versuchen noch hervorgehoben werden, dass die vergeilenden Stiele der Fruchtkörper gegen die schwächste Lichtquelle empfindlich und positiv heliotropisch sind. Dass stark beleuchtete, normal sich entwickelnde Fruchtkörper keinen Heliotropismus zeigen, wird dadurch erklärlich, dass die lichtempfindliche Wachsthumszone des Stieles bei ihnen von dem Hute bedeckt bleibt. Manchmal findet man in Kellern eigenthümlich monströse Frucht- körper von Agaricinen, welche hutlos sind, dafür aber einen mehr oder minder stark verästelten, in seinen Aesten manchmal keulig angeschwollenen 310 Hymenomycetes: Entwickelung des Coprinus lagopus — Stäbehenträger. Stiel zeigen und dadurch bei reicherer Verzweigung das Aussehen sehr grosser Clavarien erhalten. Höchst wahrscheinlich sind dergleichen Mon- strositäten, von denen noch neuerdings von Caspary! ein-Fall an Lentinus suffrutescens fr. angeführt wurde, auf die oben erwähnte Vergeilung des Stieles unter Bildung von neuen Fruchtanlagen auf seiner Oberfläche zurück- zuführen (vgl. Lentinus). Ein zweiter von Brefeld specieller in seinem Entwickelungsgange ver- folster Coprinus ist der C. lagopus Fr., derselbe, welcher nach genanntem Beobachter den Reess’chen Untersuchungen zu Grunde lag (S. 292). Die auffallendste Abweichung von C. stercorarius bietet das Erscheinen der so- genannten Stäbchenträger auf dem Mycelium. Letzteres ist in seinen frühesten Entwickelungsstadien, obgleich oft schon verzweigt, ebenfalls einzellig; erst später treten Scheidewände in ihm auf und lassen dann eine regelmässigere Verzweigung der an der Spitze wachsenden Endzelle und eine Seitenzweigbildung aus den Gliederzellen unterscheiden. Nach Ab- lauf von 4—5 Tagen werden einzelne My- celfäden durch reiche Seitenzweige, die unregelmässig adventiv auftreten, besonders auffällig, um so mehr, als diese Seiten- zweige früh in die Länge zu wachsen auf- hören, an den Spitzen keulig anschwellen und einen dichten, reichen Inhalt führen. An den einzelligen, keuligen Fadenenden Fig. 82. Coprinus lagopus Fr. « Stäb- werden, sobald sie apical zu wachsen auf- ee en rennen NOTEN, auf dem Ende und an den Seiten, zu zweien verbunden. c Einzelne Stäf- In gemessenen Abständen von einander, chen. Vergr. von a und b 400fach, von dichte Büschel feiner Ausstülpungen sicht- e 600fach. Nach Brefeld. B . = B ” bar, die zu kleinen, cylindrischen Stäbchen heranwachsen. Fast in gleicher Höhe steht das Wachsthum derselben still und sie werden darauf durch Scheidewände vom Tragfaden abgegliedert. Letzterer hat die Hauptmasse seines Inhaltes in die Stäbchen entleert und führt nur noch wässeriges, schaumiges Plasma; Scheidewände, die erst später entstehen, theilen ihn in einzelne Etagen, die je einen Büschel von Stäbchen tragen und an dieser Stelle oft eine consolenartige Ausbuchtung zeigen (Fig. 82 a). Neben den der Regel nach einfachen Stäbchenträgern kommen auch verzweigte vor (Fig. 82); beide werden bald in der Cultur- flüssigkeit gebildet, bald erheben sie sich über die Nährlösung. Die sich noch durch eine Querwand gliedernden Stäbchen lösen sich bald ab und zerfallen in ihre Glieder (Fig. 82 5), während die Träger welken und unter- gehen. Die gegliederten Stäbchen sind nicht viel grösser als grosse Bacte- rien, 6—9 Mikromillim. lang, eylindrisch oder lang oval, mit glatter, farb- loser Membran und einem körnigen Inhalte, der sich an beiden Enden häufig etwas aufhellt und dann hier ein oder mehrere grössere Körnchen a ’ Schriften der Physikal.-oeconom. Gesellsch. zu Königsberg, 1876. Sitzungs- er. 8. 41. Hymenomycetes: Entwickelung des Coprinus lagopus. 311 erkennen lässt (Fig. 82 ce). Sie haben ihrer Bildung nach den Werth von Conidien; ihre Träger können als Fruchtträger aufgefasst werden, die sich gewöhnlich auch schon durch ihre Form von dem sie erzeugenden Mycelium unterscheiden, manchmal aber auch so zurücktreten, dass sie als ausser- ordentlich kurze Ausstülpungen des Myceliums erscheinen, die nur auf dem Scheitel ein Stäbchenbüschel tragen. Eine Keimung der Stäbchen gelang Brefeld nicht, mochte er dieselben sofort nach ihrer Bildung oder später aussäen und die Nährlösung concen- trirt oder in jeglicher Variation verdünnt anwenden. Nie beobachtete der- selbe eine Mycelbildung aus den Stäbchen. Nur wenn die Culturen 8 bis 14 Tage gestanden hatten, während welcher Zeit die Stäbchen äusserlich unverändert blieben, zeigten unter Tausenden ganz vereinzelte eine geringe, bald einseitige gerade, bald beiderseitige schiefe, schlauchförmige Verlänge- rung, über welche die Stäbchen aber nie hinauskamen. Brefeld möchte wohl glauben, dass dies Keimungserscheinungen sind und fasst demnach die Stäbehen als rudimentäre Organe, als nicht mehr keimfähige Coni- dien auf, die hier bald in grosser Menge, bald spärlich, an einzelnen My- celien gar nicht auftreten, die bei Coprinus stercorarius nie beobachtet wurden und bei anderen Coprinus-Arten (C. ephemeroides, ©. ephemerus) seltene Erscheinungen sind. Dass Van Tieghem diese Stäbchen angeblich keimen sah und zwar sofort nach ihrer Bildung, später nie (vgl. S. 294), erklärt Brefeld aus der Verwechselung mit Mycelstücken und Stücken von Fruchtträgern, die nur zu leicht mit in die Aussaaten gerathen und dort allerdings zu neuen Mycelien auswachsen. Erst zu der Zeit, wo die Fruchtkörper mit den rudimentären Conidien erzeugt werden, treten auch hier die bei Coprinus stercorarius erwähnten Verschmelzungen (S. 297) auf. Nach 8—10 Tagen erscheinen die Frucht- körperanlagen, an einem Mycelium unter Umständen über Hundert in allen Stadien der Entwickelung von der ersten Anlage bis zum reifen Hute später übersehbar. Aber zu keiner Zeit fand Brefeld irgend welche Beziehung zwischen ihnen und den Stäbchen. Die erste Anlage des Fruchtkörpers ist ganz wie bei €. stercorarius ein vegetatives Hyphenknäuel, in dem zuerst die Stielanlage ganz wie dort auftritt, der Hut in gleicher Weise an deren Spitze durch reiche Hyphensprossung gebildet wird. Die auch bei €. lagopus anfänglich von der Hutanlage nicht scharf abgegrenzte Hutvolva besteht aber, wie die Stielvolva, aus 6—10zelligen, cylindrischen Haaren, die nicht den: Veränderungen wie bei ©. stercorarius unterliegen, sondern in gleicher ' Form noch bei der endlichen Abstossung der Volva in Gestalt von Schuppen und Streifen (Verbindungen von Schuppen) vorhanden sind. Die Ausbildung der Huthaut begleitet die letzte Reife der Sporen und bildet den Abschluss der Streckung in den Elementen der Hutwand. Die Hyphen in dieser haben sich zu einem grossmaschigen Pseudoparenchym ausgedehnt, welches nach aussen englumiger wird und mit einer Randzone aus flachen, mehr tafelförmigen Zellen abschliesst. Diese peripherische Zellenlage verdickt ihre Membranen beträchtlich, die nächstuntere Zone nimmt schwächer daran Antheil und beide bilden die scharf umschriebene, glatte Huthaut, welche die Volya noch vor Streckung des Stieles abwirft. Alle anderen Vorgänge in der Entwickelung der Fruchtkörper sind im Wesentlichen die gleichen wie bei (©. stercorarius (vgl. daher $S. 301—309). Das Licht hat aber auf 312 Hymenomycetes: Coprinus ephemerus — Fruchtentwickelung. dieselben keinen so wesentlichen Einfluss; die Entwickelung wird zwar im Finstern etwas verzögert, die Stiele, welche dann ausserordentlich positiv heliotropisch sind, werden länger, aber die Hutbildung unterbleibt nicht. Sclerotien werden von Ü. lagopus nicht erzeust. Coprinus ephemerus Fr., der dritte von Brefeld untersuchte Pilz der Gattung,. zeigt bei der Keimung genau wie die beiden voraufgehenden Arten das Hervortreten einer grossen Keimblase aus dem einen Ende der Spore. Aus dieser Keimblase sprossen aber zunächst weitere kugelige Sprosse aus, die sich nicht selten zu Colonien von einem Dutzend solcher Blasen steigern. Erst dann hört die Anschwellung der neuen Sprosse auf und sie wachsen zu gewöhnlichen Mycelien aus. Diese zeigen Anastomosen ihrer Fäden selten und Schnallenfusionen niemals; dagegen besitzen die Fäden älterer Mycelien die Neigung, sich seitlich zu primitiven Strängen zu- sammen zu legen, an denen dann die Verschmelzungen häufiger sind, als an freien Fäden. Stäbchenträger treten häufig nicht auf, aber eben so häufig fructifieiren die Mycelien vor dem Auftreten grosser Fruchtkörper durch solche Bildungen. Die Stäbchen entstehen, wenn sie überhaupt ge- bildet werden, bald nach der Keimung (oft auf der Keimblase selbst) an knorrigen, kurzen Mycelästen büschelweise wie bei C. lagopus (doch nie so massenhaft, wie bei diesem) und zwar auf den angeschwollenen Stellen der Aeste, die auch hier als rudimentäre Fruchtträger gedeutet werden. Oft aber sind gegen Ende der Stäbchenfructification die Anschwellungen so un- bedeutend, dass man sie kaum sehen kann; die Stäbchen entspringen dann scheinbar oder wirklich direct aus den Fäden des Myceliums und stehen in diesen Fällen einzeln oder zu mehreren, aber nie in Büscheln beisammen. In die Stäbchen wird stets nur ein Theil des ‚Inhaltes der Tragfäden ent- leert und letztere vermögen nach dem Abfallen derselben weiter zu Mycelien auszuwachsen oder auch an den neuen Aussprossungen wiederum Stäbchen zu entwickeln. Die Stäbchen selbst sind nach der Zergliederung kurze oder lange, gerade oder gebogene Zellchen wie bei C. lagopus. Ihre Natur als rudimentäre Organe tritt bei ©. ephemerus noch deutlicher hervor, als bei der vorigen Art. Sie keimen niemals, sondern verschwinden auch in frischer Nährlösung nach einiger Zeit durch Auflösung. Nach längstens acht Tagen kommen sie überhaupt nicht mehr zur Entwickelung, die Bildung der Frucht- körper hebt dagegen erst nach 3—4 Wochen an. „Wie sollte es nun möglich sein, dass jene direete geschlechtliche Beziehungen zu dem Ursprunge der Fruchtanlagen haben, da sie ja schon vor derem Auftreten verschwunden sind und da sie auch eben so oft gar nicht auftreten?“ Die Vorgänge bei der Fruchtanlage und der weiteren Ausbildung des Fruchtkörpers sind den gleichen bei C. stercorarius und C. lagopus analog. Auch das Licht ist für die Entwickelung des Pilzes von grosser Bedeutung. Wenn man es ausschliesst, erreichen Hut und Stiel nur etwa die halbe Grösse, dagegen ist die rudimentäre Volva des Pilzes im Dunkeln reichlicher entwickelt; dann wird-der Stiel welk und schlaff und der Hut sinkt ohne Aufspannung um. Ins Licht gebracht, wird der Stiel wieder prall und richtet sich auf; auch der im Finstern bis zur normalen Bildung der Lamellen vorgeschrit- tene Hut wird dann voller und grösser und nimmt seine normale Gestalt an. Es geht aus den hier und auf S. 309, sowie schon früher (S. 166) angedeuteten Thatsachen hervor, dass das Licht einen bedeutend grösseren Hymenomycetes: Coprinus ephemeroides — Fruchtentwickelung. 313 Einfluss auf die Pilze ausübt, als man bis jetzt annahm. Es gilt dies auch für niedere Pilze, denn der Pilobolus microsporus bildet z. B. im Dunkeln niemals Sporangien aus. Nach Brefeld’s Meinung sind die in finsteren Räumen so häufig vorkommenden massenhaften Pilzbildungen, welche man Byssus genannt hat, wahrscheinlich nur sterile, vegetative Zustände höherer Pilze, welche in Folge von Lichtmangel keine Fruchtkörper ausbilden. Die letzte von Brefeld eultivirte Art der Gattung, Coprinus ephe- meroides /r., deren Mycelium im Allgemeinen mit demjenigen des C. ephe- merus übereinstimmt, besitzt nur noch ganz schwache Stäbchenfructi- fieation, die nur an wenigen, kürzer gebliebenen Fäden auftritt und eben so oft ganz unterbleibt. Die Stäbchen werden auf kaum hervortretenden Seitenzweigen in dichten Büscheln angelegt, die einem Krystallbündel täu- schend ähnlich sehen und nur durch Reaction und Verbrennung von einem solchen unterscheidbar sind. Sie fallen niemals völlig ab; auch die Zer- gliederungen unterbleiben oftmals und Keimung konnte nie erreicht werden. Aus der übrigen Entwickelungsgeschichte des Pilzes ist die Bildung der Volva hervorzuheben, weil diese von der gleichen Bildung der vorauf- gehenden Arten wesentlich abweicht. In Bezug auf die Form ihrer Elemente ist sie ein Mittelding zwischen der Volva von Coprinus stercorarius und derjenigen des C. lagopus. Ihre Hyphen sind an den Enden aus länglich- kugeligen Zellen zusammengesetzt, welche nach innen kleiner und kleiner werden und sich beim Uebergange in die Fadenform in den Hut verlieren. Letzterer ist niemals durch eine Huthaut (vgl. S. 306, 311) scharf von der Volva abgegrenzt; der Uebergang zwischen Hut und Volva ist ein so all- mählicher, dass es eine Grenze zwischen beiden gar nicht giebt, und die Masse der Volvaelemente ist eine so grosse, wie sie bei den übrigen Arten nicht auftritt. „An der Wachsthumszone des Hutrandes dauert die fernere Anlage von Elementen des Hutes in der Weise fort, wie sie in den ersten Stadien begonnen. Es differenziren sich aus den am Rande gleichförmigen Hyphen- massen fort und fort nach aussen die peripherische Volva, nach innen der Hutkern, bis schliesslich das Wachsthum, die Neubildung der Hyphen, stille steht. Sobald dies eintritt, hört auch die der Neubildung folgende Differen- zirung der Hyphen auf und es zeigt sich, dass sie nicht bis zur Spitze des Hutrandes fortschreitet, sondern schon eine Strecke weit über diesem er- lischt. Indem so ein Theil der Hyphen, und zwar der äusserste, von der Differenzirung ausgeschlossen bleibt, erhält der Hut eine besondere Rand- one undifferenzirter Hyphen, welche sich unmittelbar dem unteren Ende der Lamellen anschliessen. Man könnte sie als den unteren Theil der Hutvolva auffassen; doch da diese ein Differenzirungsproduet aus den Hut- elementen ist, hier aber gar keine Differenzirung eintritt, ist eine solche Deutung nicht völlig gerechtfertigt, und wir dürfen nur die Grenze als solche ‘bezeichnen, die unmittelbar an die Lamellen stösst. Das besondere Verhalten dieses nicht differenzirten Hutrandes im Vergleich zur Hutvolva ı Man vgl. auch Brefeld, Ueber die Bedeutung des Lichtes für die Pilze (Sitzungsber. d. Gesellsch. naturforsch. Freunde zu Berlin, 17. April 1877), wo derselbe die wesentlichsten an Coprinus und Pilobolus gewonnenen Resultate mit- theilt. ver 314 Hymenomyeetes: Entwickelung von C. ephemeroides und Ag. muscarius. unterstützt diese Auffassung. Die Spitzen nämlich bilden keine Erweiterungen in den Zellen und keine Rosenkranzketten wie die Volva; sie bleiben Hy- phen wie im Anfange. Als solche verwachsen sie mit den Hyphenelementen der Stielvolva zu einem geschlossenen Ganzen, welches generaliter als Volva bezeichnet wird und Stiel und Hut in seinem Inneren birgt, wie wenn der Fruchtkörper sich von innen heraus modellirt hätte.“ Diese Verbindung muss nun nothwendig zerreissen, sobald die Streckung der’ Stielspitze beginnt. Der nicht differenzirte, den Stiel eng und rund umgebende Hutrand wandert dann durch Streckung des Stieles mit dem Hute nach oben. Bei der Auf- spannung des Hutes aber löst sich der nicht differenzirte Rand, dessen der eigentlichen Hutgrenze anliegende Volvaelemente sich durch Abrundung der Zellen lockern, von dem Hute selbst los und bleibt nun, ein morphologisches Gebilde für sich, als ein loser, verschiebbarer Ring (Annulus inferus) am Stiele sitzen. Durch die Wachsthums- und Streckungsvorgänge im eigentlichen Hute wird die Volva zerklüftet und nur durch das damit ver- bundene Zerfallen der Volvaelemente, welches bis zur compacteren Masse des Hutes nach innen allmählich fortschreitet, wird die Grenze des Hutes gegen die Volva schärfer als früher bezeichnet, denn eine Huthaut aus stärker verdickten Zellen einer besonderen Zone wird auch jetzt nicht ge- bildet: was zerfällt, ist Volva und das Uebrige Hut. Die Aufspannung des letzteren erfolgt darum auch mit minderer Energie und ein letztes Einrollen zum Knäuelchen findet nicht mehr statt (S. 307). Alle übrigen Vorgänge spielen in derselben Weise ab, wie bei C. stercorarius und das Gleiche gilt von einer Anzahl anderer Coprinus-Arten. Die Unterschiede drehen sich bei Allen darum, ob eine Volva vorhanden ist oder nicht und welche Form deren Elemente annehmen, ob ein Annulus vorkommt oder fehlt, ob eine Huthaut gebildet wird, ob die Mycelien Stäbchen erzeugen und ob diese direct an den Mycelien oder gleichsam an Fruchtträgern entstehen, ob häufige oder seltene Fusionen der Mycelfäden, ob Schnallenfusionen und Strangbildungen eintreten, ob Sclerotien als Uebergangsstadium vom Myce- lium zum Fruchtträger in den Entwickelungsgang eingeschlossen sind (C. stercorarius) oder nicht (C. lagopus, ©. ephemerus, C©. ephemeroides) etc. Bei den Agaricinen im Allgemeinen (bei gymnocarpen und angiocarpen Formen) hat Brefeld die Haupttypen von Coprinus, so weit er bis jetzt untersuchte, wiedergefunden. Er bemerkt nur, dass die hie und da vor- kommenden Stäbchen, von denen Eidam und Andere einige beschrieben haben (vgl. S. 293—296) niemals keimten, ihre Bildung früher aufhörte, als die ersten Fruchtkörperanlagen gebildet wurden. Nur drei Hauptpunkte be- dürfen nach Brefeld einer eingehenden Besprechung: der Annulus superus, der oben dem Stiele angewachsen ist und die bekannten Manschetten (S. 286) bildet, der dem Stiele etwas tiefer auf ?/, oder 3/, seiner Höhe angewachsene Annulus intermedius und die Bildung der Fruchtkörper an den gewaltigen Strangmassen, welche als Rhizomorphen dem Entwickelungs- gange der Agaricinen angehören. Alle drei Punkte können in der Unter- suchung von Agaricus muscarius und Agaricus melleus ihre Erledigung finden. Das Mycelium des Agaricus (Amanita) muscarius, des bekannten Fliegenpilzes,! ist unterirdisch. Combinationen seiner Hyphen zu Strängen ' Brefeld, a. a. O. S. 123. — De Bary, Morphol. u. Physiol. d. Proie, S. 70. Hymenomyeetes: Entwickelung des Agarieus muscarius. 315 konnte Brefeld nicht auffinden und wo sie sich fanden, waren sie als secun- däre, dem Basaltheile der Fruchtkörper entsprungene Bildungen nachweisbar. Die jüngsten Fruchtanlagen wurden in Form kleiner, rundlicher Knöllchen beobachtet, aus einer dichten Verbindung von Hyphen bestehend, in welcher die Ausdehnung der Hyphenelemente zur Stielanlage eben begonnen hatte. Diese erfolgt nicht in allen Fäden gleichzeitig, sondern hebt in einzelnen unter ihnen an. Als natürliche Folge dieses vereinzelten Auftretens ist dann auch das Primordium des Stieles aus zwei heterogenen Elementen zu- sammengesetzt, aus gewöhnlichen Hyphen mit grossen Gewebezellen unter- mischt, welche letztere aus den einzelnen Hyphen durch Dehnung und Streckung hervorgegangen sind. Bereits bei sehr jugendlichen Anlagen macht sich an der Spitze die Bildung des Hutes bemerkbar, als cine eng begrenzte, äusserst lebhafte Entwickelung neuer, feiner Hyphen, die der Stielanlage ent- sprossen und etwas unter der Oberfläche am dichtesten erscheinen. In den nächsten Stadien sind Hut- und Stielanlage gewachsen; in letzterer haben sich bedeutend mehr der grossen Gewebezellen ausgebildet und zugleich ist sie gegenüber dem Hute so sehr gefördert, dass der Hut förmlich umwallt wird und selbst im Stadium des Fruchtkörpers von der Grösse einer kleinen Wallnuss nur im Centrum des Scheitels äusserlich als schwache Wölbung auf dem knolligen Stiele sichtbar ist. In ihrer Masse sind Hut und eine peripherische Volva in aussergewöhnlicher Mächtigkeit unterscheidbar. Beide bilden nach Brefeld „im Anfange die Grundmasse der Hutanlage, aus welcher erst später durch secundäre Differenzirung aus der gleichförmigen und gleich- entstehenden Hyphenmasse der Hut als innerer Kern im Gegensatze zur Volva als peripherische Umhüllung hervorgeht. Die Elemente beider, gleichen Ursprunges, gehen auch unmittelbar in einander über, die Grenze zwischen ihnen wird nur dadurch schon so früh sichtbar, dass die Vermehrung der Volva, von aussen nach innen fortschreitend, bereits nachlässt, während sie gerade im Hute am energischesten fordauert. Die Hyphen der Volva, die an der Peripherie zuerst zu wachsen aufhören, dehnen sich, um den inneren Wachsthumsvorgängen und der damit verbundenen Vergrösserung des Ganzen zu folgen, in ihren Zellen zu grossen Blasen aus, die aber nicht zerfallen, sondern im losen Verbande mit einander bleibend ein Scheinparenchym bilden, welches ganz identisch mit dem des Coprinus ephemeroides ist. Durch die Fortdauer dieser Veränderungen der Volva in centripetaler Richtung einerseits, durch fortdauerndes Wachsthum des Hutes andererseits, wird die natürliche Verbindung beider Theile, der Volva und des Hutes, naturgemäss von selber gelockert. Eine weitere substantielle Veränderung in den äusseren Hyphen des Hutes trägt dazu bei, sie vollends zu lösen. Die Hyphen der eigentlichen inneren Hutoberfläche bekommen in einer beträchtlichen Zone dicke und quellungsfähige Membranen. Diese Zone erscheint darauf, durch Verdrängung der Luftinterstitien zwischen sich, durchscheinend und ge- schlossen und macht die Abgrenzung von Volva und Hut dem blossen Auge zugänglich. Von nun an ist die Verbindung beider eine so lockere, dass sie durch die weitere Ausdehnung des Hutes von selbst gelöst werden muss. Die Volva vergrössert sich durch elastische Ausdehnung nur wenig, sie zer- reisst in einzelne Theile, welche dann als Warzen der freien, gelatinösen und darum scheinbar glatten Huthaut als die bekannte Volva ankleben.“ In eben dieser Zeit vollzieht sich im Inneren des jungen Fruchtkörpers 316 Hymenomycetes: Entwickelung des Agaricus muscarius. die Bildung der Lamellen und des Hymeniums auf diesen. Aber die Innen- seite des Hutes ist beim Fliegenpilze (im Gegensatze zu Coprinus) niemals frei. Die Hutanlage bleibt seitlich von dem enorm wachsenden Primordium des Stieles eingeschlossen. Der in der Mitte über diesem axil verlaufende Theil wird zur Fortsetzung des Stielprimordiums (der späteren kolbigen Stielbasis) und wächst schliesslich zum eigentlichen Stiele heran. In der zwischen diesem und der Hutwand liegenden Hyphenmasse, also in einem neutralen Hyphenelemente, welches beiden gemeinsam gehört, werden die Lamellen differenzirt und eben dadurch zugleich auch Hut und Stiel. Die Lage des Hutes ist im Anfange eine so flache, dass die Hyphen, welche von den Seiten des centralen Stieles zum Hute verlaufen, nur einen schwachen Bogen machen. An der Stelle, wo sie umbiegen, erzeugen sie aus sich das Hymenium des Pilzes und markiren erst hierdurch die innere Grenze der Hutwand im Gegensatze zu den Lamellen. An einzelnen Partien dieser Hyphen erfolgt eine lebhafte Verzweigung, und aus der regelmässigen Ver- zweigung bildet sich die Basis der Lamellen aus. Diese einzelnen Hyphen- partien treten aber regelmässig und unmittelbar neben einander auf; die ganze Masse erscheint daher in eine Anzahl radienartig neben einander ge- stellter Bündel oder Platten (die einzelnen Lamellen) gesondert, die sich unmittelbar begrenzen, ohne Hyphen zwischen sich zu lassen, welche theil- nahmlos bleiben. Diese Vorgänge heben in einer im Hute kreisförmig tangential gelegenen Zone an und schreiten von hier aus centripetal fort. Die Verzweigungen, welche an den einzelnen Hyphenbündeln erfolgen, sind denen bei Coprinus (S. 304) gleich. Messeıförmige, mit der Schneide nach oben gekehrte, den Lamellen ähnliche, nur schmälere Gewebeplatten zwischen den Lamellen, wie sie De Bary (a. a. O. S. 71) angiebt und welche später verschwinden, konnte Brefeld zu keiner Zeit der Hutentwickelung auffinden. „Weil die Bildung der Lamellen keine ursprünglich freie ist, sondern im Verlaufe von Hyphenbündeln erfolgt, die sich zum Zwecke der Lamellen- bildung von einander sondern, so ist es ferner natürlich, dass auch nach- träglich die Lamellen an der Spitze nicht frei sind, sondern in die neutrale Hyphenmasse. auslaufen, aus welcher sie hervorgingen. Und der Umstand, dass in der äusseren Zone dieser Hyphen die erste Anlage der Lamellen erfolgte, dass sie von dort centripetal fortschreitet, vermittelt es einfach, dass die neutrale Masse am Stiele verbleibt, und dass diese um so weiter vom Hute entfernt wird, je mehr die Lamellen durch centripetales Wachs- thum fortfahren sich zu verlängern, je breiter sie sich zwischen Hut und Stiel gleichsam einschieben.“ Da die Anlage der Lamellen eine ausserordentlich frühe ist, später aber in der ganzen Masse des Hutes noch ein bedeutendes intercalares Wachsthum stattfindet, das auch zur Erweiterung des Hutrandes führt, so werden auch bei Agaricus muscarius weiterhin zwischen die primären secun- däre Lamellen eingeschoben, deren Anlage in dem unteren Vegetationsrande resp. der neutralen Differenzirungszone des Hutes erfolgt und die daher nicht Bis in den Gipfel des Hutes verlaufen. Die weitere Entwickelung des Fruchtkörpers nach Anlage seiner sämmtlichen Elemente ist von derjenigen von Coprinus nicht wesentlich abweichend. Beim Wachsthumsstillstande der Lamellen bleibt eine nicht unbeträchtliche Partie derjenigen neutralen Hy- phenelemente, in welchen die Lamellen ursprünglich entstanden sind, unver- Hymenomycetes: Entwiekelung des Agaricus muscarius. 317 wendet übrig; sie gehen nicht ihrer ganzen Masse nach in die Bildung der Lamellen auf. „Mit der Streckung des centralen Stieles, die im Gipfel wie bei Coprinus vor sich geht, und mit der Streckung und Aufspannung des Hutes naht die Entscheidung über die weiteren Schicksale dieses neutralen Hyphenrestes, der ursprünglich nicht Stiel und Hut war und schliesslich versäumte Lamelle zu werden. Die eigentlichen centralen Elemente des Stieles, mit welchen der in Rede stehende Hyphenrest an der Oberfläche in Verbindung steht, lockern durch Dehnung und Streckung ihrer Zellen diese Verbindung, weil die Hyphen weder wachsen noch sich strecken, also nur eine ihrer Elasticität entsprechende passive Dehnung erfahren können. Durch die Aufspannung des Hutes, die eine Entfernung der Lamellen vom Stiele zur Folge hat, werden sie zugleich in anderer Weise in Mitleiden- schaft gezogen. Sie sind der Stieloberfläche und den Lamellen angewachsen; die Trennung der Lamellen vom Stiele versetzt sie darum in radiale Spannung. Bei den durch di& Aufspannung wachsenden Distanzen zwischen Lamellen und Stiel kann es sich nach Ueberschreitung ihrer Elastieitäts- grenze nur mehr darum handeln, wo ein Abreissen erfolgt. Es muss an der schwächern Stelle geschehen und als solche erweist sich die Verbindung mit dem Stiele.e. Von unten nach oben löst sich mit der Aufspannung die Hyphenmasse vom Stiele ab, nur im höchsten Gipfel des Stieles bleibt die Verbindung erhalten, an einer Stelle des Ueberganges vom Stiele in den Hut, die sich nicht streckt. In diesem Zustande überzieht die Hyphenmasse wie ein Schleier die Innenfläche der Lamellen. Aver auch der Schleier ist unhaltbar. Der Hut streckt sich zugleich in radialer Richtung vom Gipfel nach dem Rande, und wie sein Radius wächst, muss sich die Haut von Neuem und diesmal in tangentialer Richtung dehnen. Sobald hier die Ela- stieitätsgrenze überwunden ist, müsste sie in Stücke zerreissen, wenn sie an allen Stellen gleich befestigt wäre. Dies ist sie nicht. Ihre stärkste Ver- bindung ist im Gipfel des Hutes, ihre losere auf den Lamellen; hier löst sie sich ab und schnellt wie ein gezogener Kautschukfaden zusammen in den Gipfel des Hutes. Die Lamellen sind fortan frei, wie die von anderen Agaricinen, die neutrale Hyphenmasse hängt als eine schwammige Haut aus dem Gipfel des Stieles über diesen hinab, der Lamellenschleier ist zur Manchette geworden, zum Anhulus superus“.! Die grosse Quellungsfähigkeit und Elastieität der überaus mächtigen Huthaut schützt den sich aufspannenden Hut vor Längsrissen und lässt dem- nach auch die Lamellen ganz (vgl. S. 306); die Spannung zwischen der Huthaut und den sich streekenden übrigen Hutelementen ist aber trotzdem eine so bedeutende, dass die geringste Verletzung hinreicht, den Zusammen- hang zu lockern und den Fruchtkörper zu zerbrechen. ı Wie mothwendig es ist, in der Systematik die Entwickelungsgeschichte zu berücksichtigen, erläutert Brefeld in einer Note auf S. 133 in folgender Weise: „Es braucht z. B. nur die neutrale‘ Hyphenzone, worin die Lamellen entstehen, schliesslich ganz in die Bildung der Lamellen aufzugehen, so ist im fertigen Frucht- körper kein Annulus superus vorhanden, und es macht den Eindruck, als ob das Hymenium auf der freien Innenseite des Hutes entstanden wäre. Eine Deutung in diesem Sinne würde aber unrichtig sein, wenn die Entwickelungsgeschichte lehrte, dass die Lamellen nicht frei entstehen. Bei Amanita vaginata (wo die Volva im Gipfel des Hutes aufreisst und als einheitliches Gebilde am Fusse des Stieles sitzen 318 Hymenomyeetes: Verwandtschaftsbeziehungen zu anderen Basidiomyceten. In dem Agaricus muscarius erkennt Brefeld „nach der Differenzirung des Fruchtkörpers, des Hutes und nach Bildung des Hymeniums in diesem ein Zwischenglied zwischen den Agaricinen mit freiem Hymenium auf der unteren Seite und den typischen Gasteromyceten mit angiocarpen Frucht- körpern.“ „Schon in der Differenzirung der äusseren Theile des Hutes in drei Schichten, in eine äussere: Volva, eine mittlere (aus gallertartig ver- dieckten Hyphen): Huthaut und eine innere: die Masse der Hutwand, treten deutliche Anklänge an die Peridie der Gasteromyceten hervor.* Von diesen Differenzirungen verliert sich die äussere, die Volva, in langsamen Abstufungen, wie wir sie z. B. bei den Arten von Coprinus kennen lernten, bei den beiden anderen erlischt oft die scharfe Scheidung der Schichten. Die Bildung des Hymeniums im Inneren des Fruchtkörpers ist ganz analog den Vorgängen bei den Gasteromyceten. Amanita ist gleichsam ein Gaste- romycet, dessen Fruchtkörper sich von unten öffnet, dessen Oeffnung einmal vorbereitet wird durch die Reste de& neutralen Hyphenelementes, worin die Lamellen entstehen, welche aber namentlich mit der Streckung des centralen Stieles unausbleiblich ist, dessen jetzige Differenzirung jüngeren Ursprunges sein dürfte, als die des Hutes, wenn sie auch zur Zeit früher und auffälliger auftritt. Ist demnach in den angeführten Thatsachen die nahe Beziehung der Amanita zu den Gasteromyceten dargethan, so kann weiterhin die Ableitung der Agarieinen von Amanita-ähnlichen Formen nicht zweifelhaft sein. Die Volva und das Velum superum, die Manchette, sind die Rudimente ungiocarper Herkunft, sie gehen verloren, das Hymenium wird frei und entspringt auf der Innenseite des Hutes, die mit der Aufspannung zu seiner Unterseite wird. Die sogenannten gymno- carpen Agaricinen sind aus den noch zum Theil angiocarpen Formen hervorgegangen, welche die Brücke zu den Gasteronomy- ceten bilden, und ohne Zweifel die jüngeren und höchst differenzirten Formen der Agaricinen. Und eben weil sie aus angiocarpen Fruchtkörpern durch Oeffnung von unten entstanden sind, eben deshalb tragen sie das Hymenium auf der unteren Seite: cin Umstand von grosser morphologischer Bedeutung, auf den man auch schon früh einen systematischen Werth ge- legt hat“. „Ob auch die Telephoreen Agaricinen sind, bei welchen die bestimmte Form des Hymeniums erloschen ist, das will ich dahin gestellt sein lassen, es scheint mir wahrscheinlich; jedenfalls aber entsprechen den Agariecinen als gleichwerthige Zweige, welche unabhängig von den Gasteromyceten ausgehen, die Hydneen und Polyporeen, die nur durch eine andere Form des Hymeniums in Stacheln oder Röhren von den Agarieinen verschieden sind. bleibt) ist z. B. keine Manchette vorhanden; ob aber hier die Lamellen, abweichend von Amanita muscaria, frei entstehen, kann aus dem Mangel der Manchette allein nicht erschlossen werden. Hierfür ist die Untersuchung des in der Entwickelung begriffenen Fruchtkörpers entscheidend. Falls in Wirklichkeit die Lamellen frei entstehen, würde Amanita vaginata von der Gattung Amanita abzutrennen sein; denn gerade darin, dass die Lamellen bei dieser nicht frei entstehen, liegt meiner Auffassung nach der wesentlichste natürliche Charakter der Amanita gegenüber anderen beschleierten Formen ausgesprochen, in weit geringerem Grade dagegen in der starken Ausbildung der Volva“. ! Vgl. S. 262 und folgende, namentlich auch Phallus, 8. 273 und Geaster, S. 270. Hymenomycetes: Verwandtschaftsbeziehungen. Agaricus melleus. 319 Der Höhepunkt dieser beiden Familien ist zur Zeit in den Formen gegeben, -bei welchen die Marginalzone des Hutes fortbildungsfähig bleibt.! Auf diesem Wege entstehen die Riesen der Pilzwelt, die zugleich in ihrer wunder- baren Architectur als Endpunkte der Entwickelung und als Höhenpunkte der bis jetzt bei den Pilzen erreichten morphologischen Differenzirung gelten müssen.“ „Wenn es nun richtig ist, dass die verschiedenen Reihen der Typen mit dem Hymenium auf der Unterseite von den angiocarpen Gasteromyceten abstammen (aber wohl schwerlich von den jetzt lebenden, sondern von frü- heren, ausgestorbenen Formen), wenn es weiter richtig ist, dass wesentlich mit in dem Umstande, dass sie das Hymenium auf der Unterseite tragen, dieser angiocarpe Ursprung angedeutet ist, so kann es unmöglich correct sein, diese abgeleiteten Typen als gymnocarpe zu bezeichnen, es kann um so weniger zutreffend sein, als diese Bezeichnung schon für die rein gymno- carpen Formen der Tremellinen? und Clavarieen, die das Hymenium oberflächlich an der Oberseite tragen, verwendet ist. Um hier in einem kurzen Ausdrucke den Unterschied zu betonen, der zwischen diesen .und jenen besteht, nenne ich die erwähnten abgeleiteten Typen semiangiocarpe Hymenomyceten“. Wir lernten früher bereits (S. 279 —283) den eigenthümlichen Bau und die Wachsthumsweise der Rhizomorpha kennen, welche das Mycelium des Agaricus melleus ist. Wir müssen noch einen Blick auf die Zweig- und Fruchtbildung derselben werfen. Cultivirt man nach De Bary? kräftige Rhizomorphen in einem feuchten Raume, so treiben sie oft schon nach acht Tagen neue Zweige. „Zuerst treten an beliebigen Punkten der Oberfläche - kleine (etwa '/,—1 Millim. grosse) weisse Flocken auf, gewöhnlich mehrere zu Gruppen zusammengestellt. Sie bestehen aus verzweigten, geschlängelten, zu einem Büschel vereinigten Hyphen, deren freie Enden farblos und zart- wandig, deren Basis dagegen mit derber, brauner Membran versehen ist. Sie entspringen von den inneren Rindenzellen als Zweige, wachsen von hier aus zu einem eylindrischen Strange vereinigt senkrecht nach aussen, durchbrechen die äussersten Rindenlagen und treten dann strahlig auseinander. Diese Büschelchen sind die Vorläufer der Aeste; mit dem Erscheinen dieser ver- schwinden sie, man findet nur mehr ihre zerfallenden Reste. An denselben Stellen, wo aussen die Büschelchen entstehen, beginnt gleichzeitig eine Neu- bildung auf der Innenfläche der Rinde. Es entsteht hier ein dichtes, pa- renchymähnliches Gewebe, aus ziemlich weiten, unregelmässig-länglichen, sehr zartwandigen, wasserhellen Zellen bestehend, welche theils ganz ordnungslos, theils in senkrecht zur Oberfläche verlaufende Reihen gestellt sind. Soweit ich es bei der grossen Zartheit und festen Verbindung seiner Zellen ent- scheiden konnte, verdankt dieses Gewebe inneren Sprossungen, welche von den innersten Rindenzellen* ausgehen, seinen Ursprung. Seine Elemente vermehren sich rasch und beträchtlich, sie legen sich fest an und zwischen ! Vgl. im systematischen Theile dieses Abschnittes den Polyporus fomentarius und Fig. 83, 84. 2 Seite 259. >. 8. 0. 8228 * D. h. von den Zellen des primären Markes (Fig. 74 c), welche später die innere Bekleidung der Rinde bilden. 320 Hymenomycetes: Entwickelung des Agarieus melleus. die peripherischen Markhyphen, drängen viele oft dergestalt aus ihrer geraden Längsrichtung heraus, dass sie bogig durch das neu gebildete Gewebe ver- laufen, und heben die Rinde, mit der sie stets in festester Verbindung stehen, etwas von dem Marke ab. Unmittelbar unter den Büschelehen ist die Neubildung oft besonders lebhaft, die Rinde wird hier zuweilen in Form eines von dem farblosen jungen Gewebe ausgefüllten Cylinders, der das Büschelchen als kurzer Stiel trägt, nach aussen gehoben. _ Von dem neuge- bildeten Gewebe geht nach wenigen Tagen die Anlage eines oder mehrerer Zweige aus. Eine Portion jenes Gewebes wächst zu der Form einer conischen, mit der Spitze gegen die alte Rinde gewendeten Warze aus, durchbricht jene und tritt aus dem Riss als ein weisser, kegelförmiger Körper, Zweig- anfang, hervor; seine weitere Differenzirung erfolgt in der auf Seite 282 geschilderten Weise. Bis zu diesem Punkte ist nach Hartig’s Beobachtungen die Entstehung von Rhizomorphenästen mit der Entstehung junger Fruchtkörper im Wesent- lichen gleich. Auch Brefeld stimmt dieser Angabe bei und betont aus- drücklich, dass der Ursprung in beiden Fällen nicht auf eine Zelle oder einen Faden zurückzuführen sei, sondern eine Summe von diesen gleich- zeitig die Bildungen einleitet, die hier, wie dort, nur aus vegetativ entstehenden Elementen sich aufbauen. Zuerst wird aus den aussprossenden Hyphen ein dicker Stiel gebildet, an dessen Spitze durch Aussprossungen, welche denen von Coprinus (S. 302) gleich sind, der Hut in wesentlich gleicher Weise wie dort angelegt wird. Die Unterseite der jungen Hutanlage ist aber ur- sprünglich ganz frei; erst etwas später erscheint sie nicht mehr so, da die Hyphenenden des fortwachsenden Hutrandes mit ähnlichen Hyphenausspros- sungen des Stieles in Verbindung treten. An dem Ende des um diese Zeit sich bereits schwach flaschenförmig aufbauchenden Stieles erscheint nämlich eine flache Ringfurche dadurch, dass die Aussenhyphen in einer ringförmigen Zone in ihrer Entwickelung zurückbleiben, während oberhalb und unterhalb derselben die Randhyphen nach aussen sich sehr verlängern. Die Hyphen oberhalb der Ringfurche wachsen zum Hute des Fruchtkörpers aus, indem sie sich wie bei Coprinus (Fig. 80) verzweigen und im Bogen nach abwärts wachsen. Auf diesem Wege treffen sie bald mit den Hyphen- sprossungen unterhalb der Ringfurche, welche sich schräg nach oben wenden, zusammen, und die beiderlei Hyphen kreuzen sich nun der Art, dass die mittlererweile vergrösserte Ringfurche überwachsen und nach aussen geschlossen wird, dass es den Anschein hat, als sei dieselbe im Inneren eines gleich- förmigen Hyphengeflechtes durch Auseinanderweichen der Gewebeelemente entstanden. Letztere Anschauung wurde noch von De Bary! auf Grund der Untersuchung einer Reihe. beschleierter Agarieinen (Agaricus campestris, Ag. praecox, Coprinus micaceus etc.) vertreten, und dieselbe entspricht allerdings den Beobachtungen an etwas weiter vorgeschrittenen Entwickelungsstadien (vgl. Fig. 75 db). Agaricus melleus ist insofern ein günstiges Object, als der Stiel bereits vor der Hutanlage eine bedeutende Grösse erreicht, so dass die Bildung letzterer unabhängig für sich leichter erkennbar wird. Bei den meisten Verwandten ist dieses nicht der Fall. „Hier tritt auf ausserordent- lich kurzem Stiele die Hutbildung ein, der kurze Stiel ist von periphe- 1A. 2.058.268. Hymenomyeetes: Agarieus melleus. Gymnocarpe Formen. 321 rischen Hyphen umgeben, in welchen die Vegetationsspitze, worauf der Hut entsteht, eingebettet liegt. Eben darum kann man den frei entstehenden Hut auf Längsschnitten nicht sehen; er gelangt auch kaum zu einer sicht- baren Freiheit, weil die Randspitzen des jungen Hutes sogleich mit den Hyphen des Stieles in Verbindung treten. De Bary hat gewiss die jugend- lichen Zustände auch richtig gesehen, seine Beobachtungen sind richtig, nur seine Deutung ist eine andere, aber nach den untersuchten Objecten be- rechtigte. Es bestehen hier offenbar stufenweise Abweichungen in der Aus- bildung der Fruchtkörper und gerade diese Variationen sind als die natür- lichen Uebergänge von der Gasteromyceten ähnlichen Amanita zu den semiangiocarpen Agaricus-Formen eben so natürlich, als wichtig. Aber eben weil sie bestehen, ist es nicht wohl möglich, an dieser Stelle Abgrenzungen in grosse Abtheilungen mit ausgesprochenem Charakter vorzunehmen, wie es De Bary zwischen seinen gymnocarpen und angiocarpen Agaricinen hat eintreten lassen;? denn es giebt Mittelformen, für welche weder der Cha- rakter der einen noch der anderen Abtheilung völlig zutrifft. Dies ist auch hier der Fall, und darin liegt der Grund der Controverse trotz richtiger Beobachtungen beider Autoren.“ ? - Die weitere Entwickelung des Fruchtkörpers von Agaricus melleus, von dem Figur 73 (S. 280) verschiedene Stufen der Ausbildung zeigt, ver- läuft der von Coprinus etc. analog. Bei der Aufspannung des Hutes löst sich die aus den durchwachsenen Stiel- und Hutrandhyphen gebildete Volva von dem Hutrande los, während sie mit dem sich an seiner Spitze nicht mehr streckenden Stiele in Verbindung bleibt. Die Volva umgiebt letzteren als der nicht ablösbare Annulus intermedius (Fig. 73 — Fig. 75, e, d, e), der in seiner ersten Entwickelung dem Annulus mobilis nahe steht (S. 314). Werfen wir nun noch einen Blick auf die rein gymnocarpen Formen der Agaricinen, so stellen diese nach den Untersuchungen De Bary’s an Agaricus dryophilus, Ag. vulgaris etc. in der frühesten Jugend dem Myce- lium aufsitzende, cylindrische, ovale, selbst kugelige Körperchen dar, deren oberes Ende etwas zugespitzt ist und welche durchweg aus ungemein zarten, fest verbundenen, longitudinal verlaufenden Hyphen bestehen. Schon sehr früh wachsen die das obere Ende bildenden Spitzen der Hyphen strahlig divergirend und gleichzeitig sich reich verzweigend auseinander, wodurch ein halbkugeliges, von dem unteren Theile durch eine flache Ringfurche abgesetztes Köpfchen, die Hutanlage, entsteht. In den Hyphenenden, welche den sich später mehr oder minder nach innen rollenden Rand derselben bilden, beginnt nun ein lebhaftes Spitzenwachsthum, verbunden mit dem stetigen Einschieben neu entstehender Seitenzweige in die Lücken der diver- girenden Hyphen, während die gegen den Scheitel des Hutes verlaufenden Fäden früh aufhören, sich zu verlängern. Die Hutunterseite, auf der sich das Hymenium in der früher (S. 303) erläuterten Weise bildet, ist hier also von Anfang an frei und bleibt auch frei, da Schleierbildungen, wie sie bei Agaricus melleus auftreten, fehlen. Für die Formen aus den Familien der Polyporeen und Hydneen ist zu erwähnen, dass die verschieden- artigen Hymenialvorsprünge des Hutes (vgl. S. 289) eine ähnliche Entwicke- 2 Vgl. 8. 286. ?2 Brefeld, a. a. O. S. 138. Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 21 322 Hymenomycetes: Holzige Polyporeen. lung haben, wie die Lamellen der Agaricinen. In der Jugend und nächst dem sich vorschiebenden Rande ist die Hymenialfläche, wenn auch nur eine kurze Strecke weit, glatt; sie wird von Hyphenenden gebildet, welche aus bogiger Basis senkrecht gegen sie verlaufen. Gruppen dieser Hyphen, je nach der Species und Gattung von verschiedener Gestalt, treten allmählich über die glatte Fläche als die sofort die Pallisadenzone ausbildende Trama der Hymenialvorsprünge hervor, in ihrer Entwickelung langsam von der Basis gegen den freien. Rand hin vorschreitend. Eine Anzahl hierher gehörender Fruchtkörper von lederiger oder hol- ziger Beschaffenheit (Polyporus igniarius, P. fomentarius und andere Arten der Gattung, Lenzites, Trametes u. s. w.) besitzen die Fähigkeit, ihr Wachs- thum bei Eintritt ungünstiger Lebensbedingungen einzustellen und dasselbe später, wenn Feuchtigkeit und Wärme in genügendem Maasse einwirken, wieder aufzunehmen. Es sind daher bei derartigen Fruchtkörpern abwech- selnde Perioden des Stillstandes und Wachsthums zu unterscheiden, die sich auch äusserlich später am Fruchtkörper kennzeichnen. Während jeder Still- standsperiode nämlich nehmen die in dem Rande und der Oberfläche des Fruchtkörpers liegenden Hyphenenden in vielen Fällen eine andere, meist dunkelere Farbe an, wie das übrige Gewebe, so dass auf Durchschnitten, wie auf der Hutoberfläche, die Zahl dieser Perioden durch eben so viele dunkele, dem Hutrande gleichlaufende Zonen angegeben wird (Fig. 83, 84). Diese werden in vielen Fällen in schärferer Weise gleichzeitig noch dadurch markirt, dass bei Beginn jeder neuen Wachsthumsperiode sich das Gewebe plötzlich in Form eines oft ziemlich starken, um den ganzen Hutrand gehenden Wulstes erhebt, der sich mit dem fortschreitenden Wachsthume wieder gegen den Rand hin abflacht (Fig. 83 B). Bei den meisten der hierher gehörenden Pilze nimmt die Hymenialfläche in jeder Periode mit der Vorschiebung des Randes nur an Umfang zu; bei manchen Polyporus- Arten dagegen (P. fomentarius, P. igniarius u. a.) findet in jeder Wachsthums- periode auch eine beträchtliche Verlängerung der röhrenförmigen Hymenial- vorsprünge gegen die freie Hymenialoberfläche hin statt. Durchschnitte älterer Fruchtkörper zeigen die Substanz der Röhrchen daher auf ähnliche Art, wie das innere Hutgewebe und die Hutoberfläche, in über einander liegende Zonen oder Schichten getheilt (Fig. 83 B); jede derselben ent- spricht einer Zone der Hutsubstanz und bildet die Fortsetzung derselben und die äusserste, unterste Hymenialschicht setzt sich in die äusserste Rand- zone fort. Mit den Jahresringen der Dicotyledonen-Stämme lassen sich aber, wie wohl geschehen, diese Zonen und Schichten nicht zusammenwerfen, da durchaus nicht bestimmt nachgewiesen ist, dass alljährlich nur eine Schicht gebildet wird, vielmehr feststeht, dass sich bei den meisten gezonten Schwämmen jährlich mehrere Zonen entwickeln. Nach Brefeld keimen die Sporen dieser Pilze und bilden ein Mycelium, wie bei den Agaricinen; jedoch wurden Stäbchenträger bis jetzt an ihm nicht beobachtet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Mycelien lange leben und eine grosse Ausdehnung gewinnen, wie auch die Fruchtkörper vieler Formen sich durch ein hohes Alter auszeichnen. Bei Trametes Pini (und wohl vielen anderen grossen Polyporeen) entstehen letztere wohl nicht an einem Faden, sondern auf reichen Mycelbildungen, welche sich an abgehauenen Aststumpfen als Astschwamm gleichsam ansammeln. Ob der Fruchtkörper Hymenomyeetes: Typhula. Verwandtschaftsverhältnisse. 323 dabei während seiner ganzen Existenz mit dem ursprünglichen Mycelium in Verbindung bleibt oder durch Erzeugung secundären Myceliums (S. 288) sich selbst ernährt und damit selbständig wird, konnte vorläufig nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Von der Entwickelung der grossen Clavarieen ist durch Brefeld be- kannt, dass die Sporen keimen und ein Mycelium von fast gleicher Art wie das der semiangiocarpen Agaricinen bilden. Stäbchenfructification trat an diesem einzeln auf, und auch hier keimten die Stäbchen nicht. Fruchtkörper konnten bis jetzt in den Culturen nicht erreicht werden. Günstiger gestal- tete sich das Verhältniss bei den kleinen Arten der ebenfalls zu den Cla- varieen gehörigen Gattung Typhula, von denen Brefeld T. variabilis und T. complanata untersuchte. An den Mycelien dieser Pilze treten zunächst Stäbehenträger in grosser Menge auf, denen von Coprinus ähnlich und ohne Keimung. Lange Zeit nachher werden an einzelnen Mycelfäden Selerotien in ähnlicher Weise wie bei Coprinus stercorarius erzeugt (S. 297). Bei Typhula variabilis besteht das Mark derselben aus dünnwandigen, dicht ver- flochtenen Hyphen, die vielfach Luftinterstitien führen, daher kaum die Structur eines Gewebes angenommen haben. Dagegen ist die oberflächliche Hyphenlage zu einer einschichtigen Rinde (mit nach Art der Epidermiszellen phanerogamer Pflanzen ungemein stark verdickter Aussenwand und wellenförmig gebuchteten Seitenwänden) entwickelt. Bei T. complanata besteht das Scle- rotien-Mark aus dieckwandigen, meist ohne Luftinterstitien verbundenen Ele- menten. Die Keimung der T. variabilis erfolgt aus einer beliebigen Ober- flächenzelle des Sclerotiums, wahrscheinlich aus einer Hyphe, welche unter der cutieularisirten einschichtigen Rinde liest. Gleich auf der Rinde bildet sich durch Verzweigungen, die sich parallel zusammenlegen, ein Hyphen- bündel, welches durch Spitzenwachsthum sich bis zu 10 Gentim. verlängert, an der Basis reichlich Rhizoiden treibt und nur am oberen Ende schwach keulig anschwillt. Auf dieser Anschwellung wird die Entwickelung damit beschlossen, dass die Hyphenenden zu den Basidien, also zum Hymenium werden, das mehrere Tage hindurch Sporen abwirft und ohne Zweifel dabei die verblühten Basidien durch neue ersetzt, die als Seitenzweige an den tieferen Theilen entspringen. — Bei T. complanata erfolgt die Keimung der Fruchtkörper etwas anders. Hier tritt aus dem Inneren des Selerotiuns, dessen Rinde zu einer grossen Oeffnung weit auseinander getrieben wird, gleich ein ganzes Hyphenbündel hervor, das unmittelbar in die Hyphen des Markes übergeht, von dem es entspringt. In beiden Fällen aber ist die Fruchtanlage eine rein vegetative. Schliessen wir damit die Darstellung der Fruchtentwickelung bei den Hymenomyceten, so bleibt noch übrig, die schon früher (S. 259) angedeu- teten Beziehungen zwischen Entomophthoreen, Ustilagineen und Basidio- myceten kurz zu erörtern. Brefeld,! welcher diesen Punkt einer speciellen Betrachtung unterwirft, äussert sich zunächst über Entomophthora radicans in folgender Weise: „Die gegliederten, von Scheidewänden reich durchsetzten Mycelien ent- ! Brefeld, Ueber Entomophthoreen und ihre Verwandten. Sitzungsber. d. Gesellsch. naturforsch. Freunde zu Berlin, 20. März 1877, S. 11 u. folg. d. Sepa- ratabdruckes. Vgl. auch dessen Schimmelpilze III. S. 200. 21* 324 Hymenomycetes: Verwandtschaft mit den Entomophthoreen ete sprechen den vegetativen Zuständen höherer Pilze, die Bildung der Rhi- zoiden, der mächtigen Hyphenbündel aus gegliederten Fäden in Form eines Scheingewebes kommen bei den höheren Pilzen vor; sie sind eine fast all- gemeine Erscheinung bei der Bildung der grossen Fruchtlager dieser Pilze. In den Fruchtlagern selbst, im Ausbau der Fruchtlager, in der Bildung des Hymeniums, der Basidien und der Sporen, dem Sporenentwickelungspro- cesse etc.! entsprechen die Entomophthoreen ganz den Basidiomyceten, am meisten den niederen Formen: Exobasidium, Tremellinen etc.; nur sind hier die Basidien einsporig..... Im der Entomophthora radicans haben wir einen specifischen Basidiomyceten, welcher den niederen Typen dieser grossen Classe angehört, die freie Fruchtlager besitzen; in den Arten der Gattung Empusa führt die Familie der Entomophthoreen zu einzelligen, höchst ein- fachen Formen zurück, welche an den Stellen, wo die Dauersporen auf- hören, in die einfachsten Basidiomyceten auslaufen.“ „Die Entomophthoreen bilden einen von den verschiedenen Ausläufern der höheren oder besser der eigentlichen Pilze, die ich Mycomyceten nennen will. Die Basidiomycetenfruchtform dieser Pilze erreicht in den gewaltigen Fruchtkörpern der specifischen Basidiomyceten -den Höhepunkt dieser Classe, den Höhepunkt nach der Richtung, in welcher keine Dauer- sporen auftreten. Bei diesen Basidiomyceten kommt noch eine Nebenfrucht- . form vor, welche ich als eine höhere Entwickelung der bei den Ento- mophthoreen bereits primitiv ausgebildeten Gemmenbildung? deuten möchte, welche sich, ursprünglich vegetative Bildung, später zur Fructification neben der Basidiosporenfruchtform entwickelt hat, aber in dem Maasse wieder zurücktritt, als letztere sich immer höher entwickelte. Bei den Tremellinen schon sind die Conidien der Entomophthoreen zu einer niederen Fructification geworden, zu derselben Stäbchenfructification, deren Stäbchen bei Coprinus nach Reess und Van Tieghem im Jahre 1874 als männliche Geschlechts- zellen functioniren sollten.” Sie sind bei den Tremellinen noch keimfähig* und dienen (oft in Nestern in Form von „Spermogonien“ nach Tulasne’s Be- obachtungen vereinigt) der Vermehrung dieser Pilze. Im den gleichen Or- ganen bei den Tremellinen und bei den höheren Basidiomyceten, z. B. den Agarieinen, ist die Verwandtschaft dieser Typen als niedere und höhere Glieder einer Classe erwiesen; in dem Umstande, dass dieselbe Fructification bei den Tremellinen noch keimt und regelmässig auftritt, bei den Agari- einen (z. B.) nur mehr unregelmässig auftritt und nicht mehr keimfähig ist, ist das Zurücktreten dieser Fruchtform zu rudimentären Bildungen bei den höheren Basidiomyceten, die sie zum grössten Theile gänzlich verloren haben, und somit die wahre morphologische Deutung dieser Fruchtform in klaren ° Zügen gegeben. Dauersporen giebt es bei allen Basidiomyceten, bei welchen die Basidiomycetenfrucht den Höhepunkt der morphologischen Differenzirung erreicht, nicht, so weit bis jetzt unsere Kenntnisse reichen. Sind sie nicht aufgetreten in der hier eingeschlagenen Entwickelungsrichtung? sind sie früh erloschen zu Gunsten der Basidiomycetenfrucht? — Niemand ist dabei : Vgl. S. 297. 2 Conidien — 8. 258. : Velh8..892: AS Y HE Hymenomycetes: Verwandtschaft mit Ustilagineen und Aeeidiomyceten. 325 gewesen; hier giebt es nur Vermuthungen, ich persönlich bin der ersten Deutung zugeneigt. Nur bei den niederen Formen der Basidiomyceten sind Dauersporen vorhanden und ich vermuthe, dass sich die echten Basidio- myceten, die sie nicht besitzen, eher von diesen abgezweigt haben, als die Dauersporen auftraten. Die mit Dauersporen versehenen Basidiomyceten bilden demnach eine andere und zweite Entwickelungsrichtung gegenüber den ersten typischen Basidiomyceten, in welcher die ursprüngliche Basidio- sporenfructification zu Gunsten der Dauersporenbildung zurücktritt. Die erste Stufe eben dieser zweiten Richtung, die neben den echten Basidio- 'myceten sich von den einfachen Pilzformen, die vielleicht jetzt nicht mehr oder nur in Rudimenten vorhanden sind, erheben dürften, nehmen die oben beschriebenen Entomophthoreen ein: Conidienbildung, in einzelnen Fällen hoch entwickelte Basidiomycetenfruchtform, endlich mit Dauersporen ab- schliessende Entwickelung sind die charakteristischen Merkmale dieser Fa- milie. Auf der zweiten Stufe derselben Richtung stehen ohne Zweifel die Ustilagineen.! Bei diesen ist die Dauersporenbildung bereits die vor- herrschende Fructification geworden, die Conidienbildung und die Basidio- sporenfruchtform existiren nur mehr rudimentär, sie kommen allein noch bei der Keimung der Dauersporen zur Erscheinung. Die Promycelien mit Kranzkörperchen ? und Sporidien sind die homologen Fructificationen. Ich lasse es dahingestellt, ob man die Sporidien als Stäbchenfructification oder als Basidiosporen deuten will; nur das ist sicher, in Tilletia- und Urocystis- Keimungen sind beide vorhanden, sind beide in den kurzen Act der Keimung zusammengedrängt: die Kranzkörperchen sind die Stäbchen der Basidio- myceten, sie erzeugen in kurzer Generation die Basidiosporen, ? — ein Schritt weiter und sie sind erloschen! Und thatsächlich sind bei manchen Usti- lagineen die schon mehr zurückgetretenen Fructificationen keine nothwendigen Glieder der morphologischen Differenzirung mehr, die Keimschläuche dringen direct ein, die Dauersporen werden kleiner, immer reicher gebildet und dürften über kurz oder lang die einzige Fruchtform der Brandpilze sein... Die drei Fruchtformen der Ustilagineen: Die Stäbchenfructification, die Ba- sidiosporen und die zuletzt erzeugten Sporen, die hier als Dauersporen funetioniren, sind sämmtlich bei derjenigen grossen Classe von Pilzen vor- handen, deren systematische Stellung nicht minder unklar geblieben ist, wie die richtige morphologische Deutung ihrer ganz abnorm erscheinenden Frucht- formen, bei den Uredineen oder Aecidiomyceten.* Alle drei Frucht- formen sind aber hier nicht blos erhalten, sie sind alle neben einander in der morphologischen Differenzirung mehr oder minder vorgeschritten gegen- über den Ustilagineen. Schon diese hatten in Urocystis (und wahrschein- lich in Thecaphora und Sorisporium) unverkennbar den Anlauf einer höhe- ren Entwickelung der letzten Sporenfrucht genommen.?® Sie hat sich bei den Aeccidiomyceten vollzogen in der Ausbildung der hoch differenzirten 15. 246 u. folg. 2 Die im Wirtel stehenden Sporidien von Tilletia (S. 255, Fig. 69) wurden von Kühn ursprünglich so genannt. 3 Secundärsporidien — S. 255. * Vol. S. 236 u. folg. 5 Als solche ist die Differenzirung in einen vegetativen (Nebensporen) und fructifieirenden oder keimenden Theil (Hauptsporen) zu deuten — vgl. S. 252. 326 Hymenomycetes: Verwandtschaft mit Aecidiomyceten. Sporenfrucht, in den Aecidienfrüchten; diese sind vom vergleichend mor- phologischen Standpunkte aus die Analoga der Dauersporen der Ustilagineen und Entomophthoreen. Die Spermogonien ! entsprechen den Conidien der letzteren und der Stäbcheufruetification der Tremellinen, resp. der Basidio- myceten. Die Teleutosporenlager sind die echten Basidiomycetenfrüchte, die sich in der Form am meisten (wenigstens in einigen Fällen) den Tremellinen anschliessen. Bei Cronartium ist der continuirliche Entwickelungsgang in der Ausbildung der Basidiosporenfructification bis zu den Basidiosporen bei- behalten, bei Chrysomyxa, Coleosporium und Podisoma ist die spätere Unter- brechung durch die sogenannten Teleutosporen bereits in der Form an- gedeutet, bei Triphragmium, Phragmidium, Puccinia, Uromyces etc. ist sie vollzogen. Bestimmt geformte Theile des Hymeniums (auf deren Formaus- bildung die jetzige systematische Eintheilung der Aecidiomyceten gegründet ist) gehen vor der Bildung der Basidiosporen in den Dauerzustand über und lösen sich als Sporen? ab. Diese in den Grenzen der Classe von Üronar- tium bis Puceinia eingeschaltete gleichsam künstliche Sporenbildung ist jeden- falls aus der Beeinflussung der morphologischen Differenzirung durch äussere Verhältnisse ? hervorgegangen, ist als eine blosse Adaptionserscheinung zu deuten. Nach Ueberwindung der Ruhezeit des Dauerzustandes geht der unterbrochene normale Entwickelungsgang weiter, es werden die Basidio- sporen auf den Promycelien bei der Keimung der Teleutosporen ausgebildet. Die Sporidien sind die wahren Basidiosporen der Aecidiomyceten; es wird mit der Keimung im Frühjahre nachgeholt, was im Herbste versäumt ist. Die Uredosporen sind Propagationsorgane, die vor die Bildung der Basidio- sporen fallen’ und der Vermehrung dienen; bei den echten Basidiomyceten werden sich vielleicht Andeutungen ähnlicher Vorkommnisse finden, wenn die Aufmerksamkeit besonders darauf gerichtet wird. Ich erinnere z. B. an die Chlamydosporen von Nyctalis asterophora, die De Bary in der Morphologie der Pilze S. 191 abbildet und beschreibt.“ (Vgl. übrigens Nyctalis.) „Die Aecidiomyceten sind Basidiomyceten mit Aecidienfrüchten, d. h. zu der ursprünglichen Basidiosporenfructification sind die Aeeidien als nach- trägliche Bildung hinzugekommen, wie bei den Entomophthoreen und Usti- lagineen die Dauersporen. In diesen, in den Dauersporen und Aeeidien, kommt der verschiedene Gang der morphologischen Differenzirung zum Aus- druck, den von den Basidiomyceten ausgehend die Entomophthoreen und Ustilagineen einerseits und die Aecidiomyceten andererseits eingeschlagen haben gegenüber der dritten Richtung, die sich ohne Neubildung von Frucht- formen in der alleinigen Ausbildung der Basidiosporenfructification in den Grenzen .der Basidiomyceten selbst vollzogen hat, die ich als typische echte Basidiomyceten bezeichne. Und dafür, dass bezüglich der Aecidiomyceten ’ Die Spermogonien werden hier von Brefeld als morphologische Bildungen besprochen; jegliche Berücksichtigung functioneller physiologischer Fragen ist von der Betrachtung ausgeschlossen. 2 Teleutosporen. 3 Brefeld versteht diese Beeinflussung so, „dass unter Variationen, Kelche im Gange der morphologischen Differenzirung auftraten, diejenigen erhalten wurden, welche den äusseren Verhältnissen am besten entsprachen; dass die äussegen Ver- hältnisse die Pflanzen nicht bestimmen konnten, überhaupt Teleutosporen zu bilden, dass diese unabhängig von allen Einflüssen bekannter Art im Gange der Diffe- renzirung ursprünglich aufgetreten sind, versteht sich ganz von selbst.“ Hymenomycetes: Brefeld’s Pilzsystem. — Gasausscheidung. 327 diese Deutung richtig ist, dass wir die Accidien als die letzte mor- phologische Bildung der Fruchtformen zu deuten haben, dafür will ich nur noch eine Thatsache von unumstösslicher Sicherheit anführen. Bei Endophyllum! wird nach jetziger Deutung der erste Abschnitt der Ent- wickelung, die Basidiosporenfructification, übersprungen. Ist das richtig, wird sie wirklich übersprungen? — gewiss nicht! Sie ist so gut vorhanden, wie bei den Ustilagineen, aber sie ist auf die bescheidensten Verhältnisse wohl zu Gunsten der Aecidien zurückgesunken: die Basidiosporen werden nur mehr bei der Keimung der Aecidiosporen gebildet; diese Sporen keimen mit Promycelium und Sporidien, beide sind zwar nur das Rudiment, aber das morphologische Analogon des ersten Abschnittes, der bei anderen For- men vorläufig noch in typischem Glanze fortbesteht.“ „Betretfs der Ascomyceten ergeben sich die richtigen Vergleichspunkte von selbst.“ „Die hier erfolgte Mittheilung enthält meine Auffassungen über den Gang der morphologischen Differenzirung und über die Grundzüge der natür- lichen Systematik bei den eigentlichen typischen Pilzen, welche auf die niedersten Formen zurückgehen. Ich bin der Meinung, dass sie in ihrer Gesammtheit eine grosse natürliche Abtheilung des Pflanzenreiches - bilden mit selbständigem Ausgangspunkte und verschiedenen Endpunkten, welche den Anschluss eben so vieler divergirender Entwickelungsrichtungen be- zeichnen; Endpunkte dieser Art sind in den höchsten Basidiomyceten, in den Ustilagineen, den Aecidiomyceten und den Ascomyceten gegeben.“ Betreffs der systematischen Eintheilung der ganzen Classe der Pilze spricht sich Brefeld dahin aus, dass er die Zygomyceten (S. 58) und Oosporeen im weitesten Sinne, also Saprolegniaceen (8. 71) und Pe- ronosporeen (8. 74), als niedere Formen vorläufig von den übrigen Ab- theilungen trennt. Mit Sachs? hält er den Ursprung derselben von den Algen (den Siphoneen ähnlichen Formen) für wahrscheinlich; als Phy- comycetes (Algenpilze) würden sie von den Mycomycetes (echte Pilze) zu sondern sein. Den beiden Abtheilungen würde sich als dritte die der Myxomycetes (Schleimpilze) anschliessen. Alle drei haben zu der vierten Abtheilung, den Schizomycetes (Spaltpilzen), keine erweisbaren genetischen Beziehungen. Dagegen ist es nicht unwahrscheinlich, dass die fünfte Ab- theilung, die Blastomycetes (Sprosspilze, Hefepilze) die Wurzel der höhe- ren Pilze bilden und nicht als selbständige Abtheilung gelten können. In Saecharomyces zeigen sie und zwar in der endogenen Sporenbildung in den Sprossen eine zweifelhafte Annäherung an die niederen Pilze. Von den besonderen Vorgängen beim Ernährungsprocesse, dem Stoft- wechsel ete. der Pilze haben wir bis jetzt nur dürftige Kenntnisse. Dass mit der Aufnahme von Sauerstoff aus der atmosphärischen Luft Aus- scheidung von Kohlensäure verbunden ist, ist eine bekannte Thatsache. Nach A. v. Humboldt’s Angabe,? die später von De Candolle und Marcet bestätigt wurde, sollen die grossen fleischigen Agaricinen (Agaricus cam- pestris, Ag. androsaceus, Ag. ericeus, Ag. leucocephalus etc.), sowie nach 1 8. 246. ?2 Lehrb. d. Botan. IV. Aufl. S. 271. f ® Humboldt, Aphorismen im Anhange zur Flora Fribergensis. 179. 328 Hymenomycetes: Ausscheidung von Gasen und Wasser. Marcet! auch Lycoperdon Bovista und nach De Candolle? auch Xylaria digitata und Bulgaria inquinans, im Sonnenlichte grosse Quantitäten von Wasserstoff ausscheiden, was dagegen von Schlossberger und Döpping ’ entschieden in Abrede gestellt wird. Später giebt Sachs* an, dass ganz frische, in lebhaftem Wachsthume begriffene Hutpilze Ammoniak auszu- hauchen scheinen, da sich die bekannten Nebel bilden, wenn man einen mit Salzsäure befeuchteten Stab über frische, ganze oder zerbrochene Pilze hält. BorS&ow,? welcher in Folge dieser Andeutung die Ammoniakausscheidung einer experimentellen Untersuchung unterwarf, fand, dass Pilze aus sehr verschiedenen Ordnungen (Lactarien, Boleten, Sclerotien von Claviceps pur- purea, Ustilago Maydis) im normalen Zustande wägbare Mengen von Am- moniak ausscheiden, und dass diese Ausscheidung bei den Pilzen ein all- gemein verbreifeter. Vorgang in allen Stadien der Entwickelung zu sein scheine, dass sie eine nothwendige Function sei, welche als solche von äusseren Bedingungen wenig beeinflusst werde. Er giebt an, dass die Men- gen des innerhalb einer gegebenen Zeit ausgeschiedenen Ammoniaks in keiner directen Beziehung zum Gewichte der Pilzsubstanz, ebenso in keinem directen Verhältnisse zu der Menge der ausgehauchten Kohlensäure stehen, ferner, dass bei der Weiterentwickelung des Pilzkörpers, als auch bei dem Ein- treten anormaler Zustände in den Geweben desselben eine Steigerung der Ammoniakseeretion stattfinde. Wolf und Zimmermann widersprechen diesen Angaben auf Grund ihrer Versuche mit Mucor, Agaricus muscarius, Ag. ostreatus, Lactarius piperatus und den Sclerotien von Ülaviceps purpurea. Sie folgern aus denselben: 1. „Bei einer normalen Vegetation von Pilzen tritt als Seeretionsproduct niemals freies Ammoniak auf. Das Ammoniak ist stets nur Fäulnissproduct des Pilzes. 2. Bei den Hutpilzen treten nach Aufhören der Vegetation flüchtige alkalische Secretionsproducte auf; diese Secretionen sind in erster Linie das Trimethylamin, welches als Umbil- dungs- oder Spaltungsproduct gewisser stickstoffhaltiger Gebilde des Pilz- körpers anzusehen ist. Diese Base scheint höchst wahrscheinlich von dem Momente an im Pilzkörper sich abzuspalten, von dem ab der Pilz Wasser aus seinem Gewebe in grösserer Menge verliert, als seiner normalen Vege- tation entspricht. 3. Mutterkorn giebt gleichfalls als Secretionsproduct kein Ammoniak aus; dagegen kann unter noch näher zu erforschenden Verhält- nissen freies Trimethylamin ausgehaucht werden.“ Viele Pilze scheiden tropfbar-flüssiges Wasser in oft bedeutender Quantität aus, sobald sie von einer einigermaassen feuchten Atmosphäre umgeben sind. Die Erscheinung findet sich besonders bei jüngeren Pilzen und hört mit dem Eintritt der Entwickelungshöhe und Reife auf. Sie zeigt sich sowohl bei freien Pilzfäden (Pilobolus, Mucor ete.), als auch bei aus ! Froriep’s Notizen 1835. XLIV. no. 21. ® De Candolle, Physiologie vegetale. Paris 1832. ® Annal. d. Chemie LII. 106. * Experimental-Physiologie der Pflanzen. Leipzig 1865. S. 273, Note 3. ® BorStow, Zur Frage über die Ausscheidung des freien Ammoniaks bei den Pilzen. Melanges biol. tires d. Bullet. d. l’Acad. imp. d. sc. d. St. Petersbourg. VII (1868). 121. ° Wolf und Zimmermann, Scheiden die Pilze Ammoniak aus? Botan. Ztg, 1871. S. 280, Hymenomyeetes: Oxalsaurer Kalk. Wärme- und Lichtentwickelung. 329 grossen Hyphenmassen zusammengesetzten Pilzkörpern (Nyectalis, Hypochnus, Arten von Polyporus, Merulius u. s. w.), vor allen Dingen aber bei Selero- tien, wo sie schon auf S. 298 erwähnt wurde und von welchen das Wasser manchmal, wie von dem reifen Hymenium des Merulius lacrymans, in dicken Tropfen abrinnt. Bei Pilobolus und Mucor zeigen die Wassertröpfchen sauere Reaction; bei der Sphacelia von Claviceps purpurea sind sie von beigemengtem Zucker kleberig und süss (Honigthau, S. 158). Oxalsaurer Kalk findet sich, wie bei den Pilzen überhaupt (S. 59, 183 — ferner bei Phalloideen, .Clathrus, Tremella, Nidularieen, Sphaerobolus, Geaster ete. etc.), so auch bei zahlreichen Hymenomyceten in reichlicher Menge; als Nadeln auf dem Mycelium von Agaricus campestris, A. aeruginosus u. a., in Form von Körnchen oder Octaödern auf und in dem Mycelium von Agaricus nebu- laris, A. praecox, A. dryophilus, Hypochnus centrifugus ete.; in den Frucht- körpern, theils in den Interstitien des Gewebes, theils auf dem Hymenium, findet er sich bei Corticium calceum, das ihm sein kreidiges Aussehen ver- dankt, bei Telephora hirsuta, Agaricus campestris, A. vulgaris, A. dryophilus, A. praecox, Coprinus micaceus, Lenzites, Nycetalis und vielen anderen Arten und Gattungen. Ueber Wärme-Entwickelung, die beim Oxydationsprocesse der Ath- mung jedenfalls stattfinden muss, liegen verschiedene Untersuchungen an grösseren Pilzkörpern vor. Dutrochet! fand bei fünf Schwämmen aus den Gattungen Agaricus, Boletus und Lycoperdon eine Eigenwärme von 0,10 bis 0,45° (letztere bei Boletus aeneus) über der Temperatur der umgebenden Luft. M’Nab? giebt von Lycoperdon giganteum an, dass dessen Temperatur am Morgen 1,2° über der Lufttemperatur stand, von da ab bis Mittag auf 0,2° über Lufttemperatur sank, am nächsten Morgen aber wieder ein Plus von 0,9° zeigte; am dritten Morgen, wo der Pilz schon im Eintrocknen begriffen war, betrug die Differenz zu Gunsten desselben noch 0,2°. Lichtentwiekelung (Phosphorescenz), welche mit der Athmung im Zusammenhange steht, ist von den Fruchtkörpern einiger Agarieinen und von den Rhizomorphen bekannt. Unter ersteren ist die Erscheinung am häufigsten an dem in Südeuropa am Fusse der Oelbäume wachsenden gold- gelben Agaricus olearius untersucht worden.? Sie findet am lebenden Schwamme statt und erlischt mit dem Aufhören der Vegetation; selbst junge Exemplare leuchten schon lebhaft. Das eigenthümliche weisse, ruhige, gleich- artige Leuchten (dem des in Oel gelösten Phosphors ähnlich) zeigt sich an allen Theilen des Pilzes, häufig auch auf Bruchflächen, am intensivsten auf dem Hymenium. Es findet bei jeder Temperatur zwischen 8—10° und 50° C. statt, erlischt bei Erniedrigung auf 3—4° sehr schnell, um mit Steigerung der Temperatur wieder aufzutreten, wird aber bei Erwärmung über 50° ganz vernichtet. Vorherige Insolation und der Feuchtigkeitsgrad der Luft haben keinen wesentlichen Einfluss auf die Stärke des Leuchtens, wohl aber der Sauerstoff der atmosphärischen Luft. In lufthaltiges Wasser ! Ann. d. scienc. nat. ser. 2. XIII. 84. 2 M’Nab, Temperature of Fungi. Gardener’s Chronicle 1871. Journ. of Bot. IX. 336. 3 Tulasne, De la phosphorescence spontande de l’Agaricus olearius, Rhizo- morpha subterranea etc. Ann. d. seienc. nat. ser. 3. IX. 338. — Fabre, in Comptes redus XLI. 1245; Flora 1856, S. 220. 330 Hymenomycetes: Lichtentwickelung ete. getaucht, leuchtet der Pilz eben so stark, wie in der Luft; in ausgekochtem Wasser hört das Leuchten augenblicklich auf, tritt aber an der Luft wieder ein. Die Phosphorescenz erlischt ferner im Vacuum und in einer Atmo- sphäre von Wasserstoff und Kohlensäure sofort und vollständig. Nach mehr- stündigem Verweilen im luftleeren Raume oder in genannten Gasen wieder in Luft gebracht, erhält der Pilz seine Fähigkeit zu leuchten wieder; längerer Aufenthalt in Kohlensäure schadet aber. In reinem Sauerstoffgase wird das Licht nicht lebhafter, im Gegentheile in 36 Stunden geschwächt. Wichtig ist ferner, dass der phosphoreseirende Pilz mehr Kohlensäure bildet, als der nicht leuchtende. Ein Hut sammt Lamellen in reinem Sauerstoff bei 12° C gab in 36 Stunden für 1 Gramm seines Gewichtes 4,41 Cubik- centim. Kohlensäure; 1 Gramm nicht leuchtender Substanz lieferte nur 2,88 CC Kohlensäure. Ein leuchtendes Stück Pilz bei einer niederen, die Phosphorescenz sistirenden Temperatur in gleicher Weise behandelt, lieferte auf 1 Gramm Körpersubstanz in 44 Stunden nur 2,64 CC, ein anderes überhaupt nicht leuchtendes 2,57 CC Kohlensäure. Als andere leuchtende Agaricinen sind zu nennen: Agaricus Gardneri Berk. in Brasilien, Ag. igneus Rumph auf Amboina, Ag. noctilucens Zev. auf Manila. Von Worthington-Smith ? werden ferner noch Polyporus annosus Fr. P. sul- phureus Fr. und Corticium caeruleum Fr. als solche bezeichnet. Bei den Rhizomorphen ist die Phosphorescenz eine lange bekannte und vielfach beschriebene physiologische Eigenthümlichkeit, ganz mit der von Agaricus olearius übereinstimmend.” Hier leuchten die jungen, schlei- migen, wachsenden Enden der Stränge, die alten (mit cuticularisirter Rinde versehenen) Stücke derselben nicht, dagegen wieder die Stellen, wo die jungen Aeste oder die diesen voraufgehenden Hyphenbüschel hervorbrechen (vgl. S. 319). Nach Brefeld leuchten in Nährlösung cultivirte Rhizomorphen (vgl. S. 281, 282) innerhalb der Nährlösung nicht, die über die Oberfläche hervorwachsenden Sprosse aber sofort. Das Licht ‘war dann anfangs nicht besonders lebhaft und hatte einen weissen, ins Bläuliche spielenden Far- benton, nahm aber bald an Intensität erheblich zu, sobald die zahlreichen mycelialen Hyphenaussprossungen auftraten, welche die Fähigkeit des Leuch- tens in hohem Grade besitzen und die ganze Oberfläche der Culturmasse, die gleichmässig mit diesen Hyphen überwachsen war, in wunderbarem Lichte erglänzen lassen. In kalten Räumen von 1—2° erblasste die Erscheinung nicht merklich und steigerte sich in gewöhnlicher Zimmertemperatur eben- falls nicht auffallend. Uebrigens ist nach zu bemerken, dass bei den genannten Pilzen die Phosphorescenz ohne nachweisbare Ursache bei verschiedenen Individuen in sehr ungleichem Grade gefunden und bei manchen oft gänzlich vermisst wird. Von besonderen Eigenthümlichkeiten der Hymenomyceten mag schliess- lich noch der von Hoffmann? auf der Armilla des Fliegenpilzes (Agaricus 1 Journ. of Botany IX (1871), S. 176. ?2 Tulasne, a. a. O. — Nees v. Esenbeck, Nöggerath und Bischoff, Die unterirdischen Rhizomorphen. Nova Acta XI. XII. — Schmitz, in Linnaea 1843. — De Bary, Morphol. u. Physiol. d. Pilze S. 229. — Brefeld, Schimmel- pilz. III. 170. — U. s. w. ® Hoffmann, Ueber contractile Gebilde bei Blätterschwämmen. Botan. Zeit. 1853. S. 857. — Die neueste Abhandlung F. Darwin’s im Quarterly Journal of Microscopical Science (1877) ist mir noch unbekannt. Hymenomycetes: Verbreitung — chemische Bestandtheile ete. 331 muscarius) entdeckten, bei den verwandten Arten fehlenden Schwingfäden gedacht werden. Bei diesem Pilze ist die Aussenfläche des Ringes von einer structurlosen, gelblichen, schmierigen Masse überzogen, welche bald in vereinzelten Wärzchen den Hyphen fester ansitzt, bald in grösseren, locker aufliegenden, zusammengeflossenen Fetzen und Lappen, im Inneren mit zahl- reichen grossen und kleinen Vacuolen von wandelbarer Form, gefunden wird. Bringt man Stückchen der Armilla in einen Tropfen Wasser, so sieht man unter dem Mikroskope aus der anhaftenden Masse sich rasch zahlreiche, fettglänzende, cylindrische, meist in einen Knopf endende Stäbchen (die Hoffmann mit Schnecken-Fühlern vergleicht) erheben, welche eine lebhaft undulirende und zitternde Bewegung und Gestaltsveränderungen wie Streckung und Verkürzung, Schlingenbildung u. s. w. zeigen. Nach 24 Stunden werden sie meist bewegungslos und nelinen oft die Gestalt hohler Kugeln mit fett- glänzenden Wandungen an. Stofflich bestehen die Körper aus fett- oder harzartiger, in Alkohol und Aether löslicher Substanz mit einer geringen Menge eines in den genannten Flüssigkeiten unlöslichen, durch Jod gelb werdenden Stoffes gemischt. Nach De Bary gleichen sie in ihrer Erschei- nung den beweglichen Bildungen, welche man an dem sogenannten Myelin beobachtet. Die Schwingfäden für besondere Organe des Fliegenschwammes zu halten, liegt kein Grund vor. Die Hymenomyceten sind über die ganze Erde verbreitet und in allen Klimaten heimisch; einzelne Arten, namentlich Polyporeen (Polyporus luci- dus, P. hirsutus ete.) sind Kosmopoliten. In der europäischen Flora werden von Fries circa 2700 Arten unterschieden, bei denen die Gattung Agaricus allein mit ca. 1200, die Familie der Agaricinen überhaupt mit etwa 1860 Arten betheiligt, nächstdem die Gattung Polyporus mit 227 Arten die grösste ist. Nächst den Trüffeln und Morcheln enthält die Ordnung der Hautpilze die vorzüglichsten Speiseschwämme, und wie die Trüffeln, so waren auch manche hierher gehörige Arten schon bei den alten Griechen und Römern als Leckerbissen sehr geschätzt, am höchsten wohl der Kaiser- ling oder Kaiserschwamm (Agaricus caesareus Schaeff. — boletus der Römer), von dem Suetonius erzählt, dass Kaiser Tiberius dem Asellius Sabinus 200000 Sesterzien (ca. 10000 Thaler) Honorar für einen Dialog gab, worin der Kaiserschwamm, die Bekkafige (Ficedula), Drossel und Auster um den Vorrang stritten. Der hohe Nährwerth der Schwämme beruht auf dem bedeutenden Stickstoffgehalte derselben, von dem Schlossberger und Döpping angeben, dass die an Stickstoff ärmsten Schwämme sich den stickstoff- reichsten übrigen vegetabilischen Nahrungsmitteln (Bohnen, Erbsen, Linsen) nähern. Sie fanden den höchsten Gehalt an Stickstoff beim Champignon, nämlich 7,56°/,, was einem Proteingehalte von 45,37°/, entspricht. Wicke giebt den Proteingehalt von Boletus edulis, Cantharellus cibarius, Clavaria flava, Morchella eseulenta und Tuber melanosporum zu 22,52 —36,32°/, der Trockensubstanz an (Roggen besitzt 12,82, die Erbse 26,13, die Linse 27,83°/,). Von anderen Bestandtheilen sind hier vorläufig noch der hohe Gehalt an Kali und Phosphorsäure in der Asche, sowie das Vorkommen von Mannit (z. B. bei Agaricus campestris) zu erwähnen. Von ersteren fand Wicke in den oben genannten Pilzen 48—56°/, Kali und 20—37°/, Phosphorsäure. Ueber die giftigen Bestandtheile der schädlichen Schwämme ist äusserst wenig bekannt; doch sind alle wahrscheinlich Alka- 332 Hymenomyeetes: Benutzung ete. loide, wie das Muscarin des Fliegenschwammes, welches bei Thieren ganz wie mehr oder weniger reines Fliegenpilzextract wirkt (vgl. Husemann, Pflanzenstoffe S. 515). Da in vielen Gegenden Pilze ein sehr werthvolles Nahrungsmittel und häufig das Fleisch der ärmeren Bevölkerung sind, so ist die Frage nach sicheren Unterscheidungsmerkmalen der giftigen und verdächtigen von den essbaren Arten häufig aufgeworfen und in verschiedenster Weise beantwortet worden. Alle hierauf bezüglichen Angaben taugen nichts. Das angebliche schwärzliche Anlaufen von Zwiebeln und silbernen Löffeln, die mit Giftpilzen gekocht werden, findet z. B. beim sehr giftigen Fliegenpilze, dem Knollen- Blätterpilze etc. nicht statt. Von Schnecken und Larven angefressene Pilze sind nicht immer unschädlich, da auch giftige ohne Nachtheil gefressen werden. Kleberige Oberfläche des Hutes, hohler Stiel, lebhafte und glän- zende Farben, Milchsaft, scharfer Geschmack u. s. w. kommen bei giftigen wie ungiftigen Schwämmen vor, sind also als unterscheidende Charaktere nicht ımaassgebend. Eben so wenig darf aus dem eigenthümlichen Blauwerden mancher Pilze (z. B. mancher Boletus-Arten, namentlich B. luridus) beim Zerschneiden auf Giftigkeit geschlossen werden. Diese von Schönbein ! ge- nauer untersuchte Erscheinung hat eine ganz andere Ursache; sie wird durch einen mittelst Alkohol ausziehbaren harzartigen Stoff bedingt, dessen alko- holische J,ösung sich an der Luft gerade so bläut, wie eine Lösung von Guajakharz. Da von letzterer nachgewiesen ist, dass ihre Bläuung auf einer Verbindung mit ozonisirtem Sauerstoffe beruht, so schliesst Schönbein für die Bläuung des Pilzfleisches auf eine gleiche Ursache. Da der Alkohol- auszug des Pilzes für sich allein an der Luft nicht blau wird, so muss letzterer noch einen Bestandtheil enthalten, welcher den atmosphärischen Sauerstoff ozonisirt und ihn im Özonzustande an das dann blau werdende Harz abgiebt. Gestützt wird diese Vermuthung dadurch, dass Guajakharz- Lösung sowie der Auszug des Boletus sofort sich bläuen, wenn sie auf das frische Fleisch anderer, sich selbst nicht blau färbender Pilze (namentlich des Agaricus sanguineus) getröpfelt werden. Auch der ausgepresste und filtrirte wässerige Saft des letzteren Pilzes erzeugt in beiden Lösungen so- fort die blaue Färbung. Daraus ist nun zu schliessen, dass eine Anzahl fleischiger Pilze einen im Wasser löslichen Körper enthalten, welcher den Sauerstoff absorbirt und im ozonisirten Zustande an einen neben ihm vor- kommenden harzartigen Körper abgiebt, der dadurch (durch Ozon) blau ge- färbt wird. Es bleibt somit zur Unterscheidung essbarer und giftiger Pilze nur ‚ein Mittel übrig: genaue Kenntniss der wichtigsten in der Heimath vorkommenden essbaren und giftigen und vorzüglich der auf den Markt gebrachten essbaren Arten, eine Kenntniss, welche der Schulunterricht zu erzwingen hat und welche die jetzt in vielen Städten (London, Paris, München, Breslau, Kaiserslautern etc.) oft alljährlich mit bedeutendem Erfolge unternommenen Pilzausstellungen in vorzüglicher Weise ! Schönbein, Ueber die Selbstbläuung einiger Pilze und das Vorkommen von Sauerstofferregern und Sauerstoffträgern in der Pflanzenwelt. Verhandl. d. naturforsch. Gesellsch. zu Basel, 3. Heft (1856), S. 339; im Auszuge in der Botan. Zeit. 1856. S. 819. Hymenomyeetes: Benutzung. System. Clavariei. 333 fördern. Strenge Ueberwachung des nur auf bestimmtem Marktplatze ge- statteten Pilzverkaufes durch geprüfte Beamte, wie dies in Paris, Wien und anderen Städten geschieht, wo grosse Massen von Schwämmen feil geboten werden, ist natürlich ausserdem nothwendig. Wie gross übrigens die zum Verkaufe kommende Menge von Pilzen manchmal ist, geht daraus hervor, dass nach dem Berichte von 1876 z. B. in der Markthalle zu Nantes unter Controle zwischen 30000 und 40000 Kilogramm verkauft wurden, darunter etwa 2000 Kilogramm Champignons, während der Verbrauch letzteren Pilzes in Nantes auf 9—10000 Kilogramm geschätzt wird. Ueber die Zubereitung der Speiseschwämme kann hier keine Belehrung gegeben werden. Im Allgemeinen versteht es sich von selbst, dass man nur gute, nicht überreife, sorgfältig gereinigte Exemplare wählt und nur frisch zubereitete isst, wenn es sich um lebende Pilze handelt. Dass sich gewisse Arten (besonders der Champignon) auch trocken oder in Essig etc. eingemacht für den Winter conserviren lassen, ist bekannt. Eben so be- kannt ist es, dass man verdächtigen und selbst sehr giftigen Schwämmen ihre schädlichen Eigenschaften durch gutes Auskochen in Wasser, besonders nach vorangegangenem mehrstündigem Einweichen in Essig oder Essigwasser nehmen kann. Während z. B. die ausgepresste Flüssigkeit des Fliegenpilzes sehr giftig wirkt, ist der ausgekochte Pilz selbst unschädlich. Pouchet fütterte 2 Monate lang einen Hund nur mit solchen ausgekochten Schwäm- men unter Zusatz von etwas Fleischbrühe, ohne dass sich derselbe unwohl befand. Die zur Zeit angenommenen fünf Familien der Hymenomyceten, zu denen Fries als sechste noch die Tremellineen (S. 259) rechnet, unter- scheiden sich durch folgende Merkmale: k I. Das Hymenium bekleidet einen grösseren oder kleineren Theil der glatten oder runzeligen oder höchstens mit undeutlichen Warzen versehenen Oberfläche des Fruchtkörpers. A. Fruchtkörper aufrecht, stiel- oder keulenförmig, oder strauchartig verästelt, das Hymenium auf dem oberen Theile oder den Aesten ringsum tragend: Clavariei. B. Fruchtkörper gestielt oder sitzend, hutförmig und das Hymenium auf der glatten Unterseite; oder derselbe krustenförmig ausgebreitet und das Hy- menium auf der Oberfläche entwickelnd: Telephorei oder Auricularini. II. Das Hymenium bekleidet bestimmt gestaltete Vorsprünge der ‚Unterfläche des meist hutförmigen Fruchtkörpers. A. Hymenium auf stachel-, zahn-, kamm- oder warzenartigen Vorragungen: Hydnei. B. Hymenium in freien- oder verwachsenen Röhren oder auf netzartig enger oder weiter verbundenen Falten: Polyporei. C. Hymenium auf strahlig gestellten dünnen, blatt- oder leistenförmigen La- mellen: Agaricini. 141. Familie. Clavariei. Der Fruchtkörper der Keulenschwämme ist aufrecht, einfach stiel- oder keulenförmig, oder strauchartig (corallenartig) verästelt, fleischie selten knorpelig- gallertig (Calocera), das Hymenium auf der glatten, höchstens runzeligen oder undeutlich warzigen Oberfläche des oberen Theiles oder der Aeste ringsum ent- wickelt. Meistens auf humosem Boden, seltener auf Holz, abgestorbenen Stengeln und faulenden Blättern wachsende Pilze. 334 Clavariei: Pistillaria. Typhula. Calocera. Clavaria. 1. Pistillaria Fr. Fruchtkörper klein, einfach, verkehrt eiförmig oder keulenförmig, mit kurzem (nicht vom Hymenium bedeckten) Stiele oder ungestielt; Basidien einfach oder verzweigt, einsporig. Kleine, meist nicht über 1 Centim. hohe, weisse oder röthliche, auf faulenden Pflanzenresten wachsende, manchmal aus Sclerotien keimende Pilze. — P. pusilla Fr. 2—3 Millim. hoch, linealisch, kahl, weiss. Im Frühlinge und Spätherbste heerdenweise auf faulenden Birken- blättern. — P. ovata F’r. 4—6 Millim. hoch, verkehrt eiförmig, etwas zusammen- gedrückt, inwendig hohl, weiss, mit kurzem, kahlem, durchsichtigem Stiele. Im Sommer und Winter auf abgefallenem Laube von Ulmen, Brombeeren etc. — P. micans Fr. Kaum 2 Millim. hoch, verkehrt eiförmig, stumpf, rosenroth schim- mernd, mit sehr kurzem, weisslichem Stiele. (S. 284) Im Frühjahre an trockenen Stengeln und Blättern verschiedener Kräuter. 2. Typhula Pers. Fruchtkörper ziemlich klein, einfach !keulig, mit langem, dünnem, fadenförmigem Stiele. Basidien gabelig verzweigt, mit einsporigen Zweigen. Auf faulenden Pflanzentheilen lebende, weisse oder gelbe, häufig aus Sclerotien keimende Pilze (S. 284, 323). — I. Ohne Sclerotium: T. fili- formis Fr. Stiel fast ästig, niederliegend, braunroth; Keule verdickt, kahl, weiss. Auf faulenden Blättern im Herbste. — T. Todei Fr. Bis 2 Centim. hoch; Stiel haardünn, einfach, weiss; Keule fast linealisch, gelb. Im Herbste auf faulenden Stengeln von Pteris aquilina.. — II. Aus einem Sclerotium keimend: T. gyrans Fr. Stiel weiss, sehr dünn, weichhaarig; Keule cylin- drisch, weiss. Im Herbste auf faulenden Blättern, besonders von Populus nigra. — T. placorrhiza Fr. 5—8 Centim. hoch; Stiel bräunlich, nach oben zu blass; Keule cylindrisch. Im Herbste auf abgefallenem Laube in feuchten Wäldern häufig. 3. Calocera Fr. Fruchtkörper knorpelig-gallertig, schlüpferig, trocken hornartig, stiellos (überall vom Hymenium bekleidet), einfach oder verzweigt, die Aeste fast cylindrisch. Basidien gabelig verzweigt, die Zweige einsporig, die Sporen oblong und gekrümmt. Kleine, zwischen den Tremellinen und Clavarieen die Mitte haltende, daher oft auch zu erster Familie gerechnete Pilze vom Ha- bitus der folgenden Gattung, im Sommer und Herbste auf faulem Holze und an alten Stämmen wachsend. — ©. cornea Fr. Bis 1 Centim. hoch, einfach pfriemen- förmig, glatt, orangefarben, die Fruchtkörper gewöhnlich am Grunde zu vielen rasenförmig zusammengewachsen. In den Ritzen von Laubholzstämmen und auf faulem Holze. — C. viscosa Fr. 2 Centim. und mehr hoch, wiederholt gabelig verästelt, die Aeste linealisch, steif und zähe, lebhaft goldgelb. Rasenweise in Nadelwäldern. 4. Clavaria L. (Keulenschwamm). Fruchtkörper fleischig, einfach keulig oder strauchartig verästelt, die Aeste mehr oder weniger gerundet (nie blattartig zusammengedrückt), nach oben verjüngt. Basidien einfach, viersporig. Ziemlich umfangreiche Gattung (73 Europäer) mit meist mittelgrossen, im Sommer und Herbste auf der Erde wachsenden, meistens geniessbaren Arten, von denen (©. Bo- trytis, C. aurea und C. flava am häufigsten bei uns als Speiseschwämme gesammelt werden. I. Fruchtkörper einfach und einzeln wachsend: Holocoryne Fr. A. Farbe unveränderlich, weiss oder weisslich. 1. Bis 7 Centim. hoch, röhrig, später zusammengedrückt, rinnenförmig oder der Länge nach gespalten. Auf Grasplätzen und feuchter Wald- erde: C. canaliculata Fr. 2. Nur 2—3 Centim. hoch, voll, fast sichelförmig gekrümmt; in Wäldern und Gebüschen: C. falcata Pers. B. Färbung veränderlich, gelb, gelbroth, oder bräunlich. 1. Dünn, fadenförmig, hohl, schlaff, zugespitzt, mit kriechender, durch Rhizoiden faseriger Basis, rothbraun, 5—10 Centim. lang. Heerden- weise, besonders in Buchenwäldern zwischen faulendem Laube: C. juncea Fr. r Clavariei: Clavaria. 335 2. Keulenförmig, stumpf. a. Röhrig, steif, gelb oder blass rothbraun, S—10 Centim. hoch. In Wäldern auf faulenden Zweigen: ©. fistulosa Fr. b. Fruchtkörper nicht röhrig. * 4-7 Centim. hoch, dünn-keulig, schwammig-fleischig, anfangs gelblich, später röthlich-braungelb. In Nadelwäldern, meist gesellig: C. ligula Schaeff. ** 5—15 Centim. hoch, ei-keulenförmig, fleischig, am Grunde weisslich, oben gelbroth. Meist vereinzelt in Wäldern, zer- streut: C. pistillaris L. (Herkuleskeule). II. Fruchtkörper einfach, aber mehrere an der Basis rasenartig oder büschelig verbunden: Syncoryne Fr. A. Rauchgrau, 4—7 Centim. hoch, röhrig, oberwärts etwas zusammengedrückt, zerbrechlich. Auf Grasplätzen: C. fumosa Pers. B. Gelb, gelblich oder weiss. 1. Stiel andersfarbig. a. Weisslich oder gelblich, mit weissem Stiele, sehr zerbrechlich, 2—7 Centim. hoch, fast fadenförmig, die Keule hohl. Auf Gras- und Haideplätzen, in Wäldern: C. fragilis Holmsk. b. Blass Ichmfarben, 1—5 Centim. hoch, mit gelbem Stiele, und cy- lindrischer oder etwas zusammengedrückter Keule. ‘Haideplätze und Waldwiesen: C. argillacea Fr. 2. Stiel gleichfarbig, gelb, mit verschieden gestalteter, oft gabelig ge- theilter Keule, 1—2 Centim. hoch. Gebüsche: C. inaequalis Müll. C. Rosenroth, 2—3 Centim. hoch, keulig, am Grunde weisslich, an der Spitze später gelblich. Auf moosigem Boden: C. rosea Fr. III. Fruchtkörper strauch- oder corallenartig ästig: Ramaria Holmsk. A. Sporen ockergelb oder zimmtbraun. 1. Am Grunde alter Stämme und an Baumstrünken wachsend. a. Anfangs leder-, dann ockergelb; Stamm dünn, filzig; Aeste hin- “ und hergebogen, in viele gespreizte Aestchen getheilt. 2—7 Centim. hoch: ©. crispula Fr. b. Blassgelblich. Stamm ziemlich dick, filzig; Aeste und Aestchen steif, angedrückt. 2—7 Centim. hoch: C. strieta Pers. 2. Auf der Erde wachsend. a. Russgrau, später zimmtbraun bestäubt, 7—9 Centim. hoch, sehr ästig, die Aeste verschmälert, etwas runzelig. Begraste Plätze in Laubwäldern: C. grisea Pers. b. Gelb oder bräunlich. * Aestchen spitz. Aufrecht, steif, 5—7 Centim. hoch, dunkel ockergelb, der Stamm weissfilzig, fast knollig. Geschmack bitter. Nadelwälder: C. abietina Pers. ** Aestchen stumpf. «. Stamm weisslich, bis 2 Centim. und darüber dick, sich oft fussweit unter der Erde hinziehend, sehr ästig, die Aeste aufsteigend, orange-rosafarben mit gelblichen Aestchen. Bis 9 Centim. hoch. In Wäldern. Sehr schmackhaft und gern gegessen: C. formosa Pers. ß. Stamm blass, dick, mit steif aufrechten, gabelig-vieltheili- gen, gelben Aesten. Bis 9 Centim. hoch. Nadelwälder. Wohlschmeckend und essbar: (. aurea Schaeff. 336 Clavariei: Clavaria. Sparassis. — Telephorei: Exobasidium. B. Sporen weiss. 1. Weiss oder grau gefärbte Fruchtkörper. a. Innen hohl, ziemlich zerbrechlich, weiss, später grau, bis 10 Cen- tim. hoch, unregelmässig verästelt, die Aeste nach oben erweitert, mit zahlreichen spitzen Aestchen. Feuchte Waldplätze. Essbar: C. coralloides L. (Korallenschwamm). b. Nicht hohl, zähe, weiss, endlich schmutzig bräunlich, bis 5 Centim. hoch, mit oben erweiterten, kamm- oder handförmig getheilten Aestchen.. Feuchte Wälder: C. eristata Pers. 2. Lebhaft gelb, röthlich oder violett (wenigstens die Aestchen). a. Nur 2 Centim. hoch, mit dünnem, zähem Stamme, die kurzen Aeste knieförmig gebogen, ausgespreizt, gelb oder bräunlich. Wiesen und Grasplätze: C. fastigiata L. b. 6—10 Centim. hoch, mit 2 Centim. dickem, weisslichem, sehr ästigem Stamme. * Aeste ungleich hoch, etwas angeschwollen, mehr oder minder uneben; die Aestchen dicht, kurz, abgestutzt gezähnelt, röth- lich oder bräunlich. Wälder. Essbar: C. Botrytis Pers. (Rother Hirschschwamm, Bärentatze). ** Aeste gleich hoch, stielrund, glatt; die Aestehen stumpf, hell- oder dottergelb. Wälder. Essbar: C. flava Schaeff. (Gel- ber Hirschschwamm, Ziegenbart, Bärentatze). 5. Sparassis Fr. Fruchtkörper fleischig, mit sehr kurzem Stamme, stark verästelt, die Aeste blattförmig zusammengedrückt, kraus. Basidien einfach, vier- sporig. — Sp. erispa Fr. (Ziegenbart). Fruchtkörper rundlich-kopfförmig, 5 bis 9 Gentim. hoch und bis 15 (manchmal bis 50) Centim. breit, weisslich, später blassgelb. Stamm kurz, fast knollig, manchmal fast faustdick, voll, weissfleischig. Aeste 1—4 Centim. breit, blattartig, vielseitig gelappt, verworren gekräuselt, an der Spitze zurückgekrümmt, gezähnt, buchtig oder gestutzt. In Nadelwäldern des nördlichen Europas, in Deutschland stellenweise. Essbar. 142. Familie. Telephorei (Auricularini). Der Fruchtkörper der Rindenschwämme ist häutig, wachsartig oder lederig, selten (Auricularia) gallertartig, bald mehr oder minder verflacht und krusten- förmig dem Substrate aufgewachsen, bald becher- bis muschelförmig oder auch trichterig- oder trompetenartig-hutförmig und dann gestielt. In den ersteren Fällen bekleidet das Hymenium die Oberfläche, in letztem Falle die Unterseite als ein gleichförmig glatter, höchstens zunzeliger oder kleinwarziger Ueberzug. In ein- zelnen Fällen (Exobasidium, Corticium, Hypochnus) ist der Fruchtkörper mehr oder weniger auf das Hymenium reducirt. — Auf Holz und Rinden, seltener auf der Erde lebende, kleine bis ziemlich ansehnliche Pilze. 1. Exobasidium Woron.! Mycelium parasitisch im Gewebe lebender Pflanzen, an denen es Hypertrophie (vgl. S. 74) verursacht. Es durchzieht die Intercellularräume, durchwuchert wohl auch die Zellen selbst und wird um so üppiger, je näher es der Epidermis kommt. Unter dieser bildet sich auf dem Mycelium unmittelbar das Hymenium aus zahlreichen Pallisaden und zerstreut da- zwischen stehenden viersporigen Basidien aus; die Epidermis wird dann gehoben, schliesslich zerrissen und das Hymenium liegt als ein schimmelartiger weisser Ueberzug frei. Die Gattung entspricht dem Exoascus unter den Ascomyceten und wird auch wohl als eigene Familie der Exobasidiei betrachtet. — E. Vaccinii Woron. Erzeugt fleischige rothe Anschwellungen auf den Blättern und an den Stengeln von Vaceinium Vitis idaea und V. Myrtillus und ist im Spätsommer und Herbste stellenweise äusserst häufig. — E. Rhododendri Cram. Erzeugt an den ı Woronin, Exobasidium Vaceinii; Berichte d. naturforsch. Gesellsch. zu ln i. Br. IV. (1867). — Geyler, Exobasidium Lauri; Botan. Zeit. 1874. 8. 321. Telephorei: Hypochnus. Corticium. Auricularia. 337 Alpenrosen kugelige, erbsen- bis wallnussgrosse, rothe Auswüchse („Alpenrosen- äpfeli“). — E Lauri Geyl. Auf den Canarischen Inseln, wo der Pilz die früher als Clavaria Lauri Bory beschriebenen, später als Luftwurzeln betrachteten, bis 15 Centim. hohen, unregelmässig verästelten, dem Geweihe eines Elen oder einer Clavaria ähnlichen Auswüchse an den Stämmen von Laurus canariensis verursacht. 2. Hypochnus Fr. Fruchtkörper krustenförmig ausgebreitet, zart, aus locker verfilzten Hyphen gebildet, auf denen das flockig gelockerte oder filzige Hymenium entspringt. — H. serus Fr. Frisch fleischig, krustenförmig weit aus- gebreitet, dünn, weiss, kahl, bereift, endlich trocken und flockig zerfallend. An faulenden Baumstrünken, besonders von Erlen. Winter. — H. ferrugineus Fr. Ausgebreitet krustig, rostbraun, filzig; Hymenium papillös, staubig. Im Herbste an Holz und Rinde verschiedener Laubbäume. 3. Corticium Fr. Fruchtkörper krustenförmig ausgebreitet, flach oder mit aufgebogenem Rande, auf das dem Mycelium aufliegende wachsartig-fleischige, weiche, glatte oder warzige, trocken meist Fissig zertheilte Hymenium redueirt. Basidien in seltenen Fällen einsporige. Umfangreiche Gattung (ca. 60 europäische Arten), deren meist kleine Arten auf altem oder faulendem Holze, Aesten etc. wachsen. I. Ganz krustenförmig ausgebreitet, selten im Alter frei. A. Rand kahl, höchstens in der Jugend etwas flockig. 1. Roth, fleischfarbig oder gelbroth. a. An Aesten von Corylus, anfangs unter der Rinde, später diese ab- werfend,, nackt, erst fleischfarben, später verblasst, mit glattem, kahlem Hymenium: C. comedens Fr. b. An Holz und Rinde verschiedener Laubbäume. * Hymenium fleischroth bereift, mit Wärzchen besetzt, dauernd roth oder gelbroth gefärbt. Der ganze Fruchtkörper wachs- artig: C. incarnatum Fr. ** Hymenium unbereift, fleischroth. Fruchtkörper knorpelig-häutig, anfangs ganz ausgebreitet, später am Rande frei und eingerollt. Vorzüglich an Eichen: C. quercinum Pers. 2. Kreideweiss, später gelblich, weit ausgebreitet, das Hymenium glatt, steif, trocken rissig: C. calceum Fr. (S. 329). B. Rand faserig-fockig oder filzig. 1. Umfang gefärbt. a. Blau, anfangs filzig und kreisrund, später weit ausgebreitet. Ily- menium weich, warzig, erst borstig, dann kahl: ©. coeruleum Fr. b. Schwefelgelb, faserig-flockig, weit ausgebreitet, das wachsartig weiche Hymenium später rissig: C. sulphureum Fr. 2. Umfang weiss. a. Hymenium rosa, bereift, später rissig: C. roseum Pers. b. Hymenium ledergelb, glatt, nicht rissig: C. radiosum Fr. c. Hymenium weiss, glatt, nicht rissig. Besonders an alten Kiefern: C. giganteum Fr. II. Nur in der Mitte angewachsen; der Rand frei, anfangs becherförmig, später ausgebreitet. h A. Hymenium dunkel fleischroth, trocken verblassend und rissig: C. sar- coides Fr. B. Hymenium braun, später verblassend und rissig: C. evolvens Fr. 4. Auricularia Bull. Hymenium im feuchten Zustande gallertartig-zitternd, trocken zusammenfallend, auf der Unterseite eines halbseitig entwickelten, gestiel- ten Hutes. Die Gattung hält die Mitte zwischen den Tremellineen (S. 259) und Telephoreen, wird aber, da sie trocken kaum von Stereum unterscheidbar ist, jetzt wohl meistens neben dieses gestellt. — A. mesenterica Fr. Hut seitlich ange- wachsen, bis 7 Centim. breit, graubraun, filzig, lederartig, mit concentrischen Zonen. Hymenium weitläufig faltig-geadert, braunviolett. Im Herbste und Winter an alten Stämmen verschiedener Laubbäume, besonders der Eichen. Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 22 338 Telephorei: Stereum. Telephora. Cyphella. Craterellus. 5. Stereum Pers. Fruchtkörper hutförmig, halbseitig, meist stiellos; das Hymenium auf der Unterseite desselben, lederig, fest, durch eine faserige Zwischen- schicht von der Hutsubstanz getrennt. Holzige oder lederartige, dauerhafte, ge- zonte, ungetheilte, an Baumstämmen wachsende, früher mit Telephora vereinigte, kleinere und mittelgrosse Pilze. — I. Hymenium bereift: St. rugosum Fr. Hut korkig, ausgebreitet, dick, stumpf gerandet, kahl, kastanienbraun. Hymenium glatt, gelblich, bei Berührung etwas blutroth werdend. An Stämmen verschiede- ner Laubbäume fast das ganze Jahr hindurch nicht selten. — St. frustulosum Fr. Hut holzig, höckerig, später gefeldert-rissig, braunschwärzlich. Hymenium gewölbt, zimmtbraun, später verblassend. An Eichen das ganze Jahr hindurch nicht selten. — II. Hymenium feinborstig oder sammethaarig: St. ta- bacinum Fr. Lederartig, dünn, schlaff, seidenhaarig, später kahl, rostbraun, der Rand und die das Hymenium trennende Zwischenschicht goldgelb. An Aesten von Laubhölzern, besonders Haselsträuchern. — II. Hymenium glatt und nackt: St. hirsutum Fr. Lederig, rauhhaarig, blassbraun, am Rande gelblich. Hy- menium gelblich. An alten Laubholzstämmen das ganze Jahr. — St. purpureum Fr. Lederig-weich, weichzottig oder filzig, weisslich, mit purpurfarbenem Hy- menium. An Laubholzstämmen, dachziegelig-rasenförmig in ganzen Heerden. 6. Telephora Ehrh. Hymenium lederartig, fest, auf der Unterseite eines gestielten oder stiellosen, seitlich angewachsenen, verschieden gestalteten Hutes, selten auf der Oberseite eines krustenartig ausgebreiteten Fruchtkörpers, aber in beiden Fällen von diesem nicht durch eine besondere Zwischenschicht getrennt. Ziemlich grosse, auf der Erde wachsende Schwämme. — I. Fruchtkörper krustenförmig ausgebreitet bis aufsteigend: T. erustacea Schum. Weit ausgebreitet krustenförmig, fast fleischig, wellig-höckerig, umbrabraun; Hymenium oberseits, warzig, borstig. Auf nacktem Erdboden. — T. cristata Fr. Etwas zähe, krustenförmig, in aufsteigende Aeste und Zipfel übergehend, mit pfriemen- förmigen oder gefransten Spitzen, blass bräunlich. Hymenium oberseits, warzig. In Wäldern Moose, Blätter, Zweige etc. überziehend. Herbst. — T. laciniata Pers. Mehr oder weniger hutförmig, die Hüte sitzend, meist über einander ge- lagert und mehr oder weniger verschmolzen, ausgebreitet-zurückgebogen, leder- _ artig weich, am Rande faserig gefranst, zerschlitzt, fast kraus, rostbraun. Hy- menium auf der Unterseite, warzig. An alten Baumstrünken und auf der Erde, besonders in Nadelwäldern. — T. terrestris Ehrh. Bis 5 Centim. breit, kurz seitlich gestielt, faserig-haarig, dunkelbraun bis schwärzlich, das Hymenium unter- seits und strahlig-runzelig. Sonst wie vorige Art. — II. Fruchtkörper auf- recht, hutförmig oder ästig, gestielt: T. palmata Fr. Sehr ästig, am Grunde stielartig zusammengezogen, dunkelbraun-purpurn, weichhaarig, 3 bis 8 Centim. hoch; Aeste handförmig, gegen das Ende verbreitert und verflacht, an der Spitze gefranst, weisslich. Geruch widerlich. Herbst. Feuchte Nadelwälder. — T. earyophyllea Pers. Hutförmig, niedergedräckt oder unregelmässig trich- terig, am Rande faserig zerschlitzt oder in wenige linealische Aeste getheilt, kurz gestielt, 2—8 Centim. hoch, nelkenbraun. Hymenium glatt und kahl. Geruchlos. Herbst. In Wäldern zwischen Gras und Moos. — T. radiata Fr. Hut roth- braun, trichterförmig, ganzrandig, mit kleinhöckerig-schuppiger Scheibe, strahlig gestreift. Hymenium gestreift, fast bereift. Auf der Erde in Nadelwäldern. 7. Cyphella Fr. Fruchtkörper becherförmig, vom Aussehen einer Peziza, selten flach, weich, fast häutig, seitlich gestielt und angewachsen, geneigt oder hängend, das Hymenium .auf der Unterseite. Kleine, bis 1 Centim. grosse, auf Holz und Moosen wachsende Pilze. — C. digitalis Fr. 1 Centim. hoch und 6—8 Millim. breit, fingerhutförmig, papierartig, fast hängend, am Grunde schief, braun, das weisslich-bläuliche Hymenium glatt. An Fichtenstämmen in Nadelholz- wäldern gesellig. Herbst. 8. Craterellus Fr. Fruchtkörper gestielt, keulenförmig voll, oder trom- petenartig hohl, fleischig oder häutig; das wachsartige, glatte oder runzelige bis run- zelig-faltige Hymenium auf der Unterseite. Ziemlich grosse, an die Gattung Cantha- rellus (Agarieini) erinnernde, auf der Erde wachsende Pilze. — C. clavatus Fr. Anfangs keulenförmig bis kreiselförmig und oben abgestutzt, später eingedrückt, fast trichterförmig, voll; bis 7 Centim. hoch, aussen fleischfarben oder bläulich. Hy- menium anfangs glatt, später runzelig. Fleisch weiss. Im Herbste in Wäldern, » Telephorei: Craterellus. — Hydnei: Mueronella — Irpex. 339 besonders Nadelwäldern. Essbar. — C. cornucopioides Pers. (Todtentrompete). Trompetenförmig, der bis 10 Centim. breite Hut nach unten in den bis zum Grunde hohlen, bis 10 Centim. hohen Stiel verengt, schwärzlichbraun, kleinschuppig, mit zurückgeschlagenem, welligem Rande. Hymenium anfangs glatt, dann runzelig- faltig, aschgrau, röthlich oder violett. Fleisch braunschwärzlich. Herbst. In Wäldern häufig. Unschädlich, aber nicht essbar. — C. lutescens Fr. Von voriger Art durch den schmutzig braungelben, flockigen Hut und das von Anfang an faltige, später netzig-runzelige, gelbe oder gelbgraue, bisweilen grauviolett be- reifte Hymenium verschieden. Feuchte Moosplätze in Nadelwäldern. 143. Familie. Hydnei. Die Familie der Stachelschwämme umfasst an Holz oder auf der Erde wachsende Pilze, deren Hymenium unterbrochene Vorsprünge des Fruchtkörpers: Stacheln, Zähne, Kämme, Warzen oder Falten bekleidet. Der Fruchtkörper selbst ist krustenförmig ausgebreitet oder schirm- und, hutförmig und dann in der Regel gestielt, seltener strauchartig verästelt, bald fleischig, bald kork- oder lederartig. Basidien zuweilen einsporig. 1. Mucronella Fr. Fruchtkörper auf die senkrecht abwärts gerichteten, das Hymenium mit einsporigen Basidien tragenden, pfriemenförmigen Stacheln redueirt, die unmittelbar auf dem Mycelium entspringen. —M. calva Fr. Stacheln 2—5 Millim. hoch, weiss, später gelblich, unregelmässig zerstreut stehend. An faulenden Nadelholzstämmen im Herbste nicht selten. 2. Phlebia Fr. Fruchtkörper ausgebreitet, frisch wachsartig, trocken knorpelig, das Hymenium auf der kammartig-faltigen oder runzeligen Oberfläche. Auf Rinde und Holz. — Ph. merismoides Fr. In der Jugend kreisrund, später ausgebreitet, 2—9 Centim. im Durchmesser, zuerst fleischroth, später schmutzig- gelb, unten zottig, weiss, am Rande orangegelb gefasert, oft zertheilt. An be- moosten Baumstümpfen fast das ganze Jahr hindurch. 3. Odontia Fr. Fruchtkörper ausgebreitet, trocken, häutig, das Hymenium auf kamm- oder pinselförmig-vielspaltigen Warzen der Oberseite tragend. — 0. fimbriata Fr. Häutig, von wurzelartigen Rippen durchzogen, blass röthlich, die Warzen rothbräunlich, der strahlig-faserige Rand weiss. Von Frühling bis Spät- herbst an Stämmen von Buchen, Birken etc. 4. Grandinia Fr. Fruchtkörper ausgebreitet, wachsartie, das Hymenium auf der warzigen oder körnigen Oberfläche. — G. crustosa Fr. Flockig-mehlig, weisslich, die Körnchen des Hymeniums flach gewölbt. Auf faulem Holze, be- sonders von Weiden, fast das ganze Jahr nicht selten. — G. granulosa Fr. Wachsartig, ledergelb, die Körnchen des Hymeniums halbkugeli.. An faulen Stämmen im Winter und Frühjahre. 5. Radulum Fr. Fruchtkörper ausgebreitet, meist lederartig, das Hymenium auf der Oberseite mehr oder minder verlängerte, meist cylindrische, stachelartige aber stumpfe Warzen bekleidend, welche einzeln stehen oder büschelweise ver- bunden sind. — R. fagineum Fr. Zuerst unter der Baumrinde sich entwickelnd und diese später abstossend, anfangs kreisrund, später weit ausgebreitet, weiss, die Stacheln fast stielrund. An faulenden Buchen- und Birkenästen fast das ganze Jahr. — R. tomentosum Fr. Von Anfang an entblösst, weisslich oder graulich, die Stacheln eckig. Vorzüglich an Weiden. Sommer und Herbst. — R. orbi- culare Fr. Von Anfang an frei, weisslich-gelb oder röthlich, die Stacheln ziem- lich stielrund. Vorzüglich auf Birkenrinde. Herbst, Winter. 6. Irpex Fr. Hymenium auf der Oberseite eines ausgebreiteten, oder auf der Unterseite eines hutförmigen, meist sitzenden Fruchtkörpers etwas lederartige, spitze, reihenweise oder netzförmig gestellte, am Grunde mehr oder weniger ver- bundene Zähne bekleidend. Lederartige oder häutige, an Holz und Rinden wach- sende Schwämme. — I. obliquus Fr. Ausgebreitet angewachsen, randlos, am Umfange flockig, weiss oder gelblich, die Zähne aus grubigem Grunde vorragend, zusammengedrückt, ungleich, eingeschnitten, schief. An Rinde von Buchen, Birken, Erlen ‚etc. fast das ganze Jahr. — I. paradoxus Fr. Ausgebreitet angewachsen, randlos, am Umfange filzig, erst kreisrund, dann ausgebreitet, schneeweiss, das 22* 340 Hydnei: Irpex. Sistostrema. Hydnum. 2 Hymenium buchtig-faltig, mit divergirenden, fingerförmig eingeschnittenen und ge- fransten Zähnen. An Birken, Kirschbäumen etc. Sommer und Herbst. — I. fusco- violaceus Fr. Fruchtkörper hutartig, horizontal und stiellos angewachsen, ge- randet, weisslichgrau mit dunkelen Zonen, filzig oder seidenhaarig, die Zähne des Hymeniums reihenweise, an der Seite eingeschnitten, violettbraun. Meist in dach- ziegelföürmigen Rasen an abgestorbenen Kiefern- und Fichtenstämmen. Herbst bis Frühjahr. 7. Sistostrema Pers. Hutförmig, in der Mitte oder seitlich gestielt, fleischig. Hymenium auf unterbrochenen, unregelmässig gestellten, gebogenen, gezähnten Lamellen. — 8. confluens Pers. Hut unregelmässig, horizontal, bis 2 Centim. hoch und breit, fleischig, zottig, weiss, später gelblich. Stiel mittel- oder seiten- ständig, bis 2 Centim. lang. Rasenförmig und oft verwachsen; auf feuchter Erde in Wäldern, besonders zwischen Moosen. Sommer und Herbst. 8. Hydnum ZL. (Stachelschwamm). Hymenium auf der Unterseite eines hut- förmigen oder strauchartig verzweigten, oder auf der Oberseite eines ausgebreitet angewachsenen Fruchtkörpers vom fleischiger, lederiger oder korkiger Beschaffen- heit pfriemenförmige, spitze, meist weiche, freie, dicht gedrängte Stacheln be- kleidend. Ziemlich grosse, auf der Erde oder an Holz wachsende Schwämme, von denen manche essbar sind, keiner giftig ist. Umfangreiche Gattung mit ca. 50 deutschen Arten. I. Fruchtkörper krustenförmig ausgebreitet, das Hymeninm auf der Oberseite: Resupinati Fr. A. Stacheln weiss oder im trockenen Zustande gelblich. 1. Stacheln kurz (meist nur 1 Millim. lang), ganzrandig, glatt, spitz und gleichlang. Fruchtkörper dünnhäutig, 5—15 Centim. breit, rein weiss. An Holz, zerstreut: H. niveum Pers. 2. Stacheln lang nadelförmig (über 2 Millim.), schlank, dicht stehend. Fruchtkörper bis 30 Centim. breit, häutig, weich, am Rande und unterseits zottig, weiss. An faulenden Stämmen, besonders von Buchen und Ebereschen, im Herbste nicht selten: H. mucidum Pers. B. Stacheln gelblich, gleichlang (ca. 2 Millim.), etwas schief. Fruchtkörper dünnhäutig, gelblich, am Rande und unterseits filzig, später kahl. Im Sommer und Herbste an alten Kiefernstämmen: H. pinastri Fr. C. Stacheln rostbraun, kegelförmig-pfriemlich. Fruchtkörper 5—7 Centim. ae : 5 8-1 I breit, häutig, filzig, rostbraun. Auf faulendem Holze, besonders unter Rinden, fast das ganze Jahr: H. ferruginosum Pers. II. Fruchtkörper hutförmig, halbirt, seitlich angewachsen, horizontal: Apus Fr. A. Hut lederartig, dünn, ockergelb, gezont, 2—”7 Centim. breit. Stacheln sehr klein, gelbroth. An alten Nadelholzstämmen fast das ganze Jahr: H. ochraceum Pers. B. Hut dick-fleischig, weisslich bis gelblich, verschieden gestaltet und meist zu mehreren dachziegelförmig, oberseits gezähnt-rauh, 2—5 Centim. breit. Stacheln ungleich bis über 1 Centim. lang. An alten Laubholzstämmen, besonders Birken; Herbst; essbar: H. diversidens Fr. III. Fruchtkörper in mehr oder weniger zahlreiche Aeste getheilt oder herzförmig zweilappig, an der Unterseite mit den senkrecht herabhängenden Stacheln be- setzt: Merisma Fr. A. Fruchtkörper ohne Hut, strauchartig büschelig verzweigt (corallenartig), weiss, später gelblich, 10—40 Centim. gross, die Aeste bis 10 Centim. lang, reich getheilt, verworren, mit bis 2 Centim. langen, fleischigen Stacheln. An faulenden Stämmen; Herbst; essbar: H. coralloides Scop. (Corallenschwamm, ästiger Igelschwamm). B. Fruchtkörper herzförmig-zweilappig, seitlich sitzend oder mit kurzem Stiele angewachsen, horizontal oder hängend, 10—20 Centim. im Durch- messer, weiss, später gelb, oberseits faserig zerschlitzt, derbfleischig. Stacheln 2—5 Centim. lang. An alten Stämmen, besonders der Eichen und Buchen; Herbst; essbar: H. erinaceus Bull. (Igelschwamm). Hydnei: Hydnum. Tremellodon. — Polyporei. 341 IV. Fruchtkörper halbirt-hutförmig, seitlich gestielt: Pleuropus Fr. Nierenförmig, 5—7 Centim. breit, lederartig-häutig, dunkelbraun, filzig, mit zähen, braunen Stacheln. An faulenden Tannen- und Fichtenzapfen; Herbst: H. auriscalpium L. V. Fruchtkörper hutförmig, central gestielt, auf der Erde wachsend: Mesopus Fr. A. Hut lederig oder korkig. 1. Stacheln weiss. Hut lederartig, dünn, 1—5 Centim. breit, flach trichter- ‚förmig, gezont, hell-aschgrau, mit filziger Scheibe und glattem, gleich- farbigem Stiele. In Nadelwäldern häufig: H. eyathiforme Schaeff. 2. Stacheln rostbraun. Hut korkig, dick, 8—10 Centim. breit, verkehrt- kegelförmig, dann ausgebreitet und niedergedrückt, anfangs mit weiss- lichem Filze bedeckt, später kahl, aussen und innen rostbraun, mit kurzem, braunem Stiele. Im Herbste in Nadelwäldern nicht selten; H. ferrugineum Fr. B. Hut fleischig. 1. Stacheln unveränderlich blass-fleischfarben. Hut verflacht oder un- regelmässig verbogen, nicht mit Schuppen bedeckt, scharf gerandet, blass-röthlich, gelblich oder weiss, 5—15 Centim. im Durchmesser. Stiel 2—5 Centim. hoch. In Wäldern im Herbste häufig; essbar: H. repandum ZL. (Stoppelschwamm!). . Stacheln anfangs weiss, später sich färbend. Hut oberseits mit Schup- pen bekleidet, braun. a. Hut mit oberflächlichen, dünnen, schmalen, leicht lösbaren Schup- pen, flach gewölbt, etwas genabelt, 6—9 Centim. breit, rostbraun, innen weisslich-gelb. Stiel bräunlich, später dunkler, oben weiss. Stacheln anfangs weiss, dann braun. Im Herbste in Nadelwäldern; essbar: H. subsquamosum Batsch. b. Hut mit derben, bleibenden Schuppen. * Widerlich riechend. Hut unregelmässig, niedergedrückt, mit unregelmässigen Schuppen, 6—9 Centim. breit, rothbraun, innen weiss. Stiel kurz, abwärts verdünnt, weiss. Stacheln graubraun, an der Spitze weisslich. Im Herbste in moosigen Nadelwäldern: H. squamosum Schaeff. ** Fast oder ganz geruchlos. Hut flach-convex, später in der Mitte eingedrückt, mit concentrisch dachziegelförmig gestell- ten, sparrigen, eckigen, braunen, später sich schwärzenden Schuppen, 6—12 Centim. breit, umbrabraun, mit schmutzig- weissem Fleische. Stiel 2—3 Centim. hoch, weisslich bis ins Graubraune gehend. Stacheln weisslich-graubraun, ungleich lang, am Stiele herablaufend. Im Spätsommer und Herbste in Nadelwäldern häufig; essbar und wohlschmeckend: H. imbricatum ZL. (Habichtschwamm, Hirschschwamm, braune Hirschzunge). 9. Tremellodon Pers. Mit Hydnum in der Form des Fruchtkörpers und Hymeniums übereinstimmend, sonst aber gallertartig und ganz von der Structur der Tremellinen (S. 259), daher auch wohl zu diesen gestellt. — T. gelatinosum Pers. Hut halbirt, am Grunde stielartig verschmälert, 2—7 Centim. breit, weiss- lichgrau, später blass- oder graubräunlich. Im Herbste in Nadelwäldern auf der Erde und an faulen Stämmen. N 144. Familie. Polyporei. Das Hymenium bekleidet getrennte oder zu einer festen, porösen Schicht verwachsene Röhren, wabenartige Vertiefungen oder labyrinthisch gewundene Gänge des selten auf die Fruchtschicht redueirten (Solenia), sonst krustenartigen oder huf-, schirm- oder hutförmigen, sitzenden oder gestielten, 342 Polyporei: Solenia— Daedalea. fleischigen, korkigen, lederigen oder holzigen Fruchtkörpers. An Holz und Rinden oder auf der Erde lebende, meist grössere bis schr grosse Schwämme. ö 1. Solenia Hoffm. Der Fruchtkörper ist auf die unmittelbar vom Mycelium entspringenden, von einander getrennten, anfänglich geschlossenen, häutigen, auf- rechten Röhren reducirt. Sehr kleine, auf abgestorbenen und faulenden Aesten etc. lebende Pilze. — S. ochracea Hoffm. Röhren etwa 2 Millim. hoch, kugelig- walzenförmig, filzig, ockergelb oder bräunlichgelb, innen blasser oder weisslich. An faulen Stämmen fast das ganze Jahr. — S. candida Pers. Röhren genau walzenförmig, nackt, weiss. An faulem Buchenholze. 2. Porothelium Fr. Fruchtkörper ausgebreitet, fast häutig; Hymenium aus getrennten oder unvollständig zusammenhängenden, anfangs geschlossenen und warzenförmigen, später auf dem Scheitel geöffneten, röhrenförmig-verlängerten Vorsprüngen gebildet. — P. fimbriatum F’r. Unregelmässig ausgebreitet, dünn- häutig, weiss, am Rande gefranst, die porentragenden Warzen halbkugelig. Im Sommer und Herbste an alten Laubbäumen, besonders an Buchen. 3. Merulius Hall. Fruchtkörper auf dem Substrate weit ausgebreitet, wachsartig-weich, fleischig oder häutig, vielfach feucht oder mit Wassertropfen bedeckt, das Hymenium auf niedrigen, netzförmig verbundenen oder gyrösen Falten der Oberseite. — I. Hymenium von den rostbraunen Sporen staubig: M. lacrymans Fr. (Hausschwamm, Thränenschwamm). Fruchtkörper mehrere Fuss weit ausgebreitet, kuchenförmig, schwammig-fleischig, ockergelb oder rostbraun, unterseits faserig-sammethaarig, violett werdend, der Rand wulstig geschwollen, weiss, filzig. Die Falten des Hymeniums am Rande mehr netzförmig, in der Mitte unregelmässiger, weiter, papillös. Geruch unangenehm. Sondert bei der Reife eine wässerige, anfänglich klare, später milchige, übelschmeckende Flüssigkeit ab. Auf todtem Holze, besonders in feuchten Wohnungen. Das Mycelium durchwuchert das Holz und zerstört auch die festen Theile desselben, macht es daher morsch und bröckelig, so dass der Pilz ein gefürchteter Ansiedler ist. Bei noch nicht weit vorgeschrittener Zerstörung hat sich Durchtränken des das Mycelium bergenden Holzes mit Petroleum als ein rasch und sicher wirkendes Mittel bewährt. — I. Hymenium nackt oder durch die weissen Sporen undeutlich be- stäubt: M. aureus Fr. Fruchtkörper dünn, häutig, zart, lebhaft goldgelb, am Rande dünn und zottig. An faulendem Nadelholze in Gebirgswäldern. — M. Co- rium Fr. Fruchtkörper dünn, papierartig, am Rande später frei und umgeschlagen, unterseits zottig, weiss, das Hymenium blass gelblich oder röthlich. An faulendem Holze von Laubbäumen. — M. tremellosus Schrad. Fruchtkörper fleischig-gallert- artig, anfangs aufsitzend, später frei und umgeschlagen, weiss, filzig, der Rand strahlig-gezähnt, das Hymenium erst lederfarben, dann dunkel fleischroth. An Laubholzstämmen. 4. Favolus Fr. Hymenium auf dicht netzförmig anastomosirenden Lamellen der Unterseite des zäh-fleischigen, halbirten, undeutlich gestielten Hutes. An Baumstämmen wachsende, grössere, fast durchweg tropische Schwämme. — F. europaeus Fr. Südliches Frankreich. 5. Hexagona Fr. Hymenium auf holzigen, regelmässige hexagonale Ma- schen bildenden Lamellen der Unterseite eines halbseitigen, sitzenden, korkig- holzigen, ausdauernden, aber nicht gezonten Hutes. Meist tropische Arten. — H. Mori Poll. An Maulbeerbäumen in Italien. 6. Daedalea Pers. Hymenium labyrinthisch gewundene Gänge des kork- oder lederartigen, halbirten, stiellosen Hutes (selten eines unregelmässig ausge- breiteten Fruchtkörpers) bekleidend, welche mit letzterem von gleicher Consistenz und Farbe sind. — D. quercina Pers. Hut 2—30 Centim. breit, bis 5 Centim. hoch, mit breiter Fläche angewachsen, blass holzfarben, korkig, oberseits runzelig, ohne Zonen. Falten des Hymeniums mit stumpfer Schneide. An alten Eichen- stämmen einzeln oder zu mehreren über einander; im Herbste häufig. Wird oft als Zunder benutzt, ist aber ziemlich werthlos. — D. unicolor Fr. Hüte ge- wöhnlich dachziegelartig gehäuft, manchmal verwachsen, lederig, zottig-behaart, aschgrau, mit gleichfarbigen Zonen, Falten des Hymeniums mit scharfer Schneide. An Laubholzstämmen häufig. Polyporei: Trametes. Polyporus. 343 7. Trametes Fr. Hymenium röhrig, die Röhren rundlich, unter sich und mit der Hutsubstanz fest verwachsen, aber mit letzterer von gleicher Consistenz und Farbe, die Röhren der Hutunterseite gleichsam eingesenkt. Korkige oder holzartige, dauerhafte, nur an Bäumen wachsende Schwämme mit hufförmigem, stielloesem Hute. — I. Hut innen weiss: T. gibbosa Fr. Hut 7—12 Centim. breit, korkig, buckelig, derb-zottig, weisslich, deutlich gezont. Poren linienförmig, gerade. Geruchlos. An Laubholzstämmen, besonders an Buchen, gesellig. — T. suaveolens Fr. (Boletus suaveolens L.) Hut 5—12 Centim. breit, ziemlich weich- korkig, dick kissenförmig, zottig, weiss, ungezont. Poren ziemlich gross, rundlich, weiss, später braun. Geruch stark anisartig. An alten Weidenstämmen häufig. War früher als Fungus suaveolens oder Fungus Salicis (Weidenschwamm, Veilchenschwamm — Abbild. Nees v. Esenb. Plantae medicin. tab. 3. — Berg, Waarenk. S. 10) bei Lungenschwindsucht offieinell. — U. Hut inwendig ge- färbt: T. Pini Fr. (Kiefernschwamm). Hut 7—15 Centim. breit und bis 10 Cen- tim. dick, polsterförmig, korkig-holzig, sehr hart, durch tiefe, concentrische Furchen höckerig-rissig, schmutzig braunschwarz, innen gelbbraun. Poren gross, rundlich oder länglich, röthlichgelb. An Kiefernstämmen häufig und meist dachziegelig über einander. Nach den Untersuchungen R. Hartig’s! verursacht dieser Pilz die Rothfäule oder Ring-, Rinden- oder Kernschäle der Kiefer. Das My- celium vegetirt im Kernholze des Baumes. Im Inneren der Holzzellen, deren Wandungen es vielfach durchlöchert und dadurch nach und nach zerstört, ist es fädig, farblos oder im Alter braun; wächst es in Risse oder Höhlungen des Baumes hinein, so entwickelt es sich zu zarten, lockeren Häuten, dickeren und festeren Lappen oder zu soliden Massen von oft bedeutenden Dimensionen. Mit der durch den Pilz eingeleiteten Fäulniss des Stammes und dem Trockenwerden des Holzes ist gewöhnlich ein Zusammenziehen des letzteren verbunden. Es entstehen Risse in der Richtung der Markstrahlen und meistens löst sich ein innerer Kern von dem äusseren Holzmantel los, so dass sich ein concentrischer, bald wie die Risse vom Mycelium ausgefüllter Hohlraum bildet, schliesslich durch völlige Zerstörung des Kernholzes vollständiges Hohlwerden des Baumes eintritt. Zur Bildung der Fruchtträger muss das Mycelium durch eingewachsene Aststumpfen hinaus- wachsen. Nicht selten sind in derartigen Stumpfen durch die Thätigkeit des Myceliums unter den Fruchtkörpern grosse Höhlungen entstanden, die mit brauner, in der Forstpraxis als „verborgener Astschwamm“ bezeichneter Pilzmasse angefüllt sind. Die Fruchtkörper, deren Entwickelungsgeschichte a. a. O. dargestellt ist, erreichen ein bedeutendes Alter; nach R. Hartig sind solche von 50—60 Jahren sehr oft mit Sicherheit nachzuweisen. Sie entstehen meist an einer Aststelle; werden sie abgebrochen, so entwickeln sich an derselben Stelle in der Regel mehrere neue Fruchtträger, da die zurückgebliebenen Reste zum kräftigen Weiter- wachsen befähigt sind. Die Infection des Baumes findet, da das Mycelium nur im Kernholze gedeiht, erst:bei 40—50jährigen Bäumen statt und nur von abge- brochenen oder abgesägten, kernholzhaltigen Aesten aus, deren Stumpfe das Ein- dringen des Parasiten von aussen durch das Kernholz ermöglichen. Dass die Krankheit leicht übertragbar ist, wurde von Hartig dadurch bewiesen, dass er in Bohrlöcher völlig gesunder Kiefern mycelhaltige Spähne eines kranken Baumes einliess und die Bohrlöcher darauf mit Baumwachs verschloss; innerhalb eines Jahres zeigte sich das infieirte Holz bis auf 10 Centim. Entfernung vom Bohrloche vom Mycelium durchwuchert (8. 322). 8. Polyporus Fr. Hymenialschicht aus langen, engen, runden oder eckigen Röhren gebildet, die unter sich und mit dem Hute fest verwachsen sind, aber durch andere Structur und gewöhnlich auch durch andere Fär- bung sich von letzterem absetzen. Fruchtkörper selten krustenförmig und dann das Hymenium oberseits, meist hutförmig,. gewöhnlich halbirt und seitlich angewachsen, oder der Stiel des Hutes excentrisch. Meist grosse und ansehnliche, seltener fleischige, gewöhnlich zähe, korkige, lederige oder holzige, vorzüglich an lebenden oder todten Baumstämmen wachsende, viel- ! R. Hartig, Wichtige Krankheiten der Waldbäume. Berlin 1874. S. 45. 344 Polyporei: Polyporus. fach perennirende und dann jährlich dem Hute neue Randzonen zufügende (S. 322) Schwämme. Die Gattung, welche in Europa mit über 200 Arten (über 100 deutschen) vertreten ist, lässt sich analog der Gattung Hydnum h ll )) | ” | | Hr mn a N \\ ir | ’ | Fig. 82. Polyporus fomentarius Fr. A Ganzer (kleiner) Pilz von der Oberfläche gesehen, etwas verkleinert. B*Pilz im senkrechten Durchschnitte. € Ein kleines Stückchen der Unterfläche des Hutes, stark vergrössert. ZZ Z— FE c , ZZ — > —— SE EG — (S. 340) in Untergattungen theilen. Der tabellarischen Uebersicht der wichtigsten deutschen Repräsentanten mag die Beschreibung der beiden of- ficinellen Arten voraufgehen. Polyporei: Polyporus fomentarius. 345 P. fomentarius Fr. (Boletus fomentarius Z., Feuersehwamm, Zun- derschwamm — Fig. 83). Der 10—30 Centim. und darüber breite, an der Anheftungsstelle bis 10 Centim. dieke, fast dreiseitig-hufförmige, pe- rennirende Hut ist mit breiter Seite sitzend, oberseits gewölbt, kahl, matt, und mit etwas entfernten, coneentrischen, gewölbten Zonen (vgl. 8. 322) versehen, unterseits flach. Er ist in der Jugend russgrau, später aschgrau, srauweiss oder schmutzigweiss; die anfangs hell-bläulichgrau bereiften, sehr Fig. 54. Polyporus igniarius Fr. Aelterer Fruchtkörper in halber natürlicher Grösse und von der Oberseite gesehen. engen Porenkanäle sind im Alter zimmtbraun. Auf senkrechtem Durch- schnitte zeigt seine Oberseite eine dicke, harte Rinde von dunkel-rothbrauner oder rostbrauner, nach aussen weisslicher Farbe und darunter das mächtig entwickelte, von der Anheftungsstelle des Hutes nach dem Rande hin ab- nehmende Hutgewebe (Fig. 83 B), dessen obere, hell-zimmtfarbene, atlas- glänzende Schicht sich von der unteren, dunkleren, gröber flockigen durch zart-flockige Beschaffenheit auszeichnet, aber nicht scharf von derselben geschieden ist (Fig. 83 B). Die das Hymenium tragende Röhrenschicht der Hutunterseite hat ihre grösste Höhe ebenfalls im hinteren Theile und nimmt von da gegen den Rand hin ab; die schr langen Röhren der Hut- basis übertreffen an Höhe oft sogar die Hutsubstanz. Die ganze Röhren- lage selbst zeigt eine ausgezeichnete, dem Zonenwachsthum des Hutes «ent- sprechende Schichtung (Fig. 88 B — vgl. S. 322); ihr feinerer Bau ist in Bezug auf Trama, Hymenium, Basidien etc. ganz demjenigen von P. igniarius (S. 290, Fig. 77 u. 78) analoge. Der Feuerschwamm wächst an verschiedenen Laubholzstämmen, vorzüg- lich an Buchen. Er ist in den Laubholzwäldern des ganzen nördlichen und mittleren Europas verbreitet, kommt aber hauptsächlich von Böhmen und 346 Polyporei: Polyporus fomentarius, P. igniarius und P. offieinalis. Ungarn aus iu den Handel und liefert in seiner flockigen Hutsubstanz den besten und weichsten Zunder, der für chirurgische Zwecke indessen nicht mit Salpeterlösung getränkt werden darf, wie dieses sonst der leichteren Brennbarkeit wegen geschieht. Abbild. Berg und Schmidt, Oftiein. Gew. Taf. XXXIIa. Droge: Fungus igniarius praeparatus v. Agaricus praeparatus v. Boletus igniarius v. Agaricus Chirurgorum v. Agaricus quercinus praeparatus etc. Ph. germ. 159; Ph. austr. 14; Ph. hung. 31; Ph. ross. 55; Cod. med. 30, 76; Ph. belg. 6; Ph. dan. 42; Ph. suec. 20. — Berg, Waarenk. S.-12; Atlas z. Waarenk. Taf. I. Fig. 3. Einen schlechteren Zunder liefert der im Cod. med. 30, 76 ebenfalls ınit aufgeführte, nächstverwandte P. igniarius Fr. (Boletus igniarius Z., Weidenschwamm, unechter Feuerschwamm — Fig. 84). Derselbe wächst ebenfalls an den verschieden- sten Laubholzstämmen, ist namentlich an alten Weiden gemein und, da er perenmnirt, wie vorige Art das ganze Jahr hindurch zu finden. Der mit breiter Basis sitzende Hut hat in der Jugend fast kugelige oder halb-ei- förmige Gestalt; später wird er hufförmig, bis 20 Centim. breit und am Grunde 7—12 Centim. dick. Er ist im Allgemeinen etwas flacher, wie bei P. fomentarius, gewöhnlich reicher und weniger breit gezont, der Rand etwas wulstiger. Jung besitzt er auf der Oberseite einen angedrückten, grauflockigen Ueberzug, später wird er kahl, bräunlich und endlich braun- schwärzlich und sehr häufig rissig. Die innere Hutsubstanz ist rost- oder zimmtbraun und hart, die geschichtete, nach unten häufig schwach gewölbte Masse der sehr engen Röhren anfangs sraulich bereift, dann zimmtbraun (Fig. 77 u. 78 auf S. 290). P. offieinalis Fr. (Boletus officinalis Y:Z7., Boletus Larieis Jaeg., Bo- letus purgans Pers. — Lärchenschwamm). Der fleischig-korkige, trocken im Inneren mehlig-fockige und zerreibliche Pilz ist im Allgemeinen huf- förmig bis kegelförmig oder halbkugelig, sehr häufig ganz unförmlich, namentlich wenn mehrere Hüte, wie das oft der Fall ist, verwachsen sind. Seine Grösse ist daher eben so verschieden; er wird bis 30 Centim. hoch, 20 Centim. breit und 10 Centim. dick und bis 7 Kilogr. schwer. Die stark gewölbte Oberfläche ist (wie die innere Hutsubstanz) gelblichweiss und con- centrisch breit und unregelmässig dunkler bis bräunlich gezont, im Alter etwas rissig und verwittert. Die geschichtete Masse der sehr feinen Röhren besitzt gelbliche Färbung und zeigt ähnlichen anatomischen Bau, wie P. igniarius (Fig. 77 u. 78, S. 290). Der Geschmack des Pilzes ist zuerst süsslich, dann intensiv und widerlich bitter. Der Lärchenschwamm ist im ganzen subalpinen Südeuropa, ferner in Nordrussland und im südlichen Sibirien bis ostwärts nach Kamtschatka zu Hause. Er wächst an den Stämmen der Lärche (Larix europaea und ihre var. sibirica), soll jedoch nur an kranken Stämmen zu finden sein, so dass er sich möglicherweise zur Lärchentanne ähnlich verhält, wie der Kiefern- schwamm zur Kiefer (vgl. S. 343). Von der Ansatzstelle des Fruchtkörpers werden schwärzliche Canäle in das Innere des Holzes verfolgt und nach dem Wegschneiden eines Exemplares im Frühjahre entsteht an derselben Stelle bis zum Herbste ein neues. Die Hauptausfuhrgebiete sind die Schweiz, Frankreich und das nördliche Russland; in letzterem Gebiete wird er Polyporei: Polyporus offieinalis ete. 347 namentlich in den ausgedehnten Lärchenwäldern des Dorfes Sojena im Kreise Pinega, westlich von Archangel, in grossen Massen gesammelt und von letzterer Stadt aus in den Handel gebracht. Die Griechen erhielten den Lärchenschwamm als Agarikon aus Agaria im Sarmaten-Lande. Der im Mittelalter über Aleppo und Venedig aus Mittel- oder Kleinasien ausgeführte Pilz war wohl eine andere Art. Abbild. Berg u. Schmidt, Offiein. Gew. Taf. XXXIlb. — Nees v. Esenb. Plantae mediein. Taf. 4. Droge: Fungus Larieis v. Boletus Larieis v. Agaricus albus, Ph. germ. 169; Ph. ross. 56; Cod. med. 30; Ph. belg. 6; Ph. helv. suppl. — Berg, Waarenk. 10; Atlas z. Waarenk. Taf. I. 2. Flückig. Pharm. 136. Bestandtheile: Ungefähr 30, nach anderen Angaben 50—60°/, Harz, welches aus der mit dem Lariecin wohl identischen Agaricussäure und aus Agarieusharz (Agaricoresin) besteht (Husemann, Pflanzenstoffe 1070); ferner Fumarsäure (Boletsäure) und wahrscheinlich auch Aepfel- und Citronensäure (Schwammsäure). Präparate: Tinetura Aloös composita, Ph. germ. 339; Ph. belg. 265. Elixir ad longam vitam et Species ad Elixir domesticum, Ph. helv. suppl. 32, 100. Pulvis Agarici albi, Cod. med. 315. Theriaca, Cod. med. 506. Wichtigere, nicht officinelle, deutsche Arten der Gattung sind: I. Hut fehlend; Fruchtkörper krustenartig ausgebreitet, fast nur aus der dem Mycelium unmittelbar aufsitzenden Röhrenschicht bestehend: Resupinati Fr. A. Poren dauernd weiss. 1. Poren napfförmig, von einander entfernt stehend; Fruchtkörper kreis- rund, zart, vergänglich, weiss, am Rande strahlig-flockig. An faulen- dem Nadelholze: P. reticulatus Fr. 2. Poren eckig, ungleich und meist ziemlich gross, selten klein. a. Häutig ausgebreitete, weisse, gelbliche oder schmutzig olivengrüne Fruchtkörper auf flockigem, das Substrat weit durchziehendem Mycelium. Poren gross und weiss oder blass gefärbt. In Gebirgs- wäldern an faulem Nadelholze; auch auf Lohe: P. vaporarius Fr. b. Fruchtkörper zuerst kreisrund, gesellig, dann zu einer weit aus- gebreiteten, weichen, weissen, aber bei Berührung sich blutroth färbenden Kruste zusammenfliessend. Poren ziemlich klein, schon fast rundlich. An faulem Holze in Wäldern: P. sanguinolen- tus Fr. 3. Poren rundlich, klein, gleichgross. Fruchtkörper unbegrenzt ausge- breitet, bis 30 Centim. lang, trocken, häutig-dünn, papierartig, weiss, am Rande anfänglich fein behaart, später kahl. An faulenden Laub- hölzern: P. vulgaris Fr. B. Poren rostbraun, ziemlich und gleich gross, ganzrandig. Fruchtkörper bis 8 Centim. lang und 1 Centim. dick, fest, anfangs zimmtbraun und am Rande zottig, später rostbraun und kahl. An altem Holze häufig: P. contiguus Fr. ©. Poren roth, eckig, am Rande gezähnt. Fruchtkörper zart, weich, blass- fleischroth, am Rande weiss und seidenartig-flockig. An faulenden Laub- hölzern: P. micans Fr. II. Hut einfach, halbirt, stiellog mit breiterer Seitenfläche horizontal sitzend (fächer- bis hufförmig), das Hymenium auf der Unterseite: Apus Fr. A. Hut von Anfang an trocken und lederartig fest, ein- oder zweijährig, mit einer dünnen, faserigen Oberhaut: Inodermei Fr. 348 Polyporei: Polyporus. 1. Hut oberseits zottig oder filzig, concentrisch (und meist auch ver- schiedenfarbig) gezont. a. Poren violett, später verblassend, ungleich, am Rande zerschlitzt. Hut 2—5 Centim. breit, dünn, ausgebreitet-zurückgeschlagen, grau- weiss, mit undeutlichen Zonen. An alten Nadelholzstämmen. P. abietinus Fr. b. Poren weiss, im Alter manchmal bräunlich werdend. * Hut glänzend, bis 12:Centim. breit, halbrund oder nierenförmig, flach, fein sammethaarig mit grauen, blassgelben, gelbgrauen, rostbraunen, rothen, bläulichen und schwarzblauen Zonen. Poren klein, rundlich, am Rande oft zerschlitzt, im Alter gelblich. Meist rasenförmig an alten Stämmen, gemein: P. versicolor Fr. ** Hut glanzlos, einfarbig gezont. «. Hut bis 7 Centim. breit, nierenförmig, gewölbt, nach hinten gebuckelt, zottig-filzig, grau, grüngrau oder ockergelb; Poren weisslich. An alten Laubhölzern gesellig und ge- mein. P. zonatus Ft. pP. Hut bis 5 Centim. breit, nierenförmig, flach, steifhaarig, grauweisslich, mit weissen Poren. Rasenweise an alten Stämmen, häufig: P. hirsutus Fr. 2. Hut nicht gezont, bis 9 Centim. breit und 15 Millim. dick, steif, an- fangs sammethaarig und braungelb, später kahl, dunkler rostfarben, strahlig-runzelig. Poren klein, zuerst silberartig schimmernd, später rostfarben. An alten Laubholzstämmen, namentlich Erlen: P. radi- atus Sow. B. Hut mit derber, krustiger Rinde, holzig oder korkig, hart, ausdauernd, mehr oder minder dick-hufförmig, mit wulstigen, concentrischen Zonen und geschichtetem Hymenium (S. 344, Fig. 83, 84): Placodermei Fr. 1. Hut im Inneren wie die Poren und Sporen braun oder gelb. a. Hut abgeplattet, 10—15 Centim. breit, meist nur wenig über 1 Centim. dick, halbrund, korkig-lederartig, dunkler rostbraun, sammethaarig, mit scharfem Rande. Am Grunde alter Stämme von Johannis- und Stachelbeeren, meist rasenförmig und als Zunder benutzbar: P. Ribis Fr. b. Hut dick-hufförmig, bis 10 Centim. und darüber dick. * Hut sehr hart: P. igniarius Fr. ($. 346). ** Hut innen weich-flockig: P. fomentarius Fr. (8. 345). 2. Hut innen weiss oder doch blass gefärbt. a. Hut flockig-locker, von Anfang an trocken, nicht fleischig oder schwammig, etwas abgeplattet, bis 15 Centim. breit und 8 Centim. dick, röthlichgelb, später schwärzlich und gegen den blasseren, gelblichweissen Rand mit verschiedenfarbigen Zonen. Poren hell- gelb mit weisslicher Mündung. An alten Eichen und Buchen: P. marginatus Fr. b. Hut fleischig oder fleischig-korkieg. * Hut gezont: P. officinalis Fr. (S. 346). ** Hut nicht gezont, erst fleischig und dann korkig, hufförmig, bis 7 Centim. breit, glatt, mit einer leicht abziehbaren, bräun- lichen Haut. Poren ungleich gross, weiss, sich später ab- lösend. An alten Birken: P. betulinus Fr. ©. Hut ohne besondere feste Rinde, die Oberfläche flockig oder faserig auf- gelöst, ohne Zonen, der ganze Pilz einjährig, saftig und weich, später oft derber werdend. Polyporei: Polyporus. 349 . Poren grau oder bräunlich. a. Hut rauhhaarig, schwammig-fleischig, 9—15 Centim. breit, halb- rund-polsterförmig, gelbbraun bis rostbraun. Poren oft gefranst. An alten Laubholzstämmen: P. hispidus Fr. b. Hut seidenhaarig, fleischig-korkig, 4—9 Centim. breit, rauchgrau. Poren aschgrau. An alten Weiden und Buchen, meist rasenförmig und häufig: P. fumogsus Fr. . Poren weiss oder weisslich, am Rande zahnartig-zerschlitzt. Hut ausgebreitet-zurückgeschlagen, wässerig-fleischig, zerbrechlich, ver- schieden gestaltet, runzelig, kahl, bräunlichweiss, inwendig deutlich gezont. In Wälden an Nadelhölzern. Kommt auch am Zimmerholze in feuchten Wohnungen vor und zerstört dasselbe nach Art des Hausschwammes, ist aber nicht so gefährlich, wie letzterer: P. de- structor Fr. (Boletus destructor Schrad.) III. Aus einem gemeinsamen Höcker oder Stiele entspringen mehrere bis zahl- reiche gestielte Hüte: Merisma Fr. A. Poren schön schwefelgelb, später zerrissen. Hüte röthlichgelb, glatt, ohne Zonen, anfangs käseartig-weich, dann trocken und zerreiblich, dachziegelig über einander und meist unter einander verschmolzen. Essbar. Am Grunde alter Eichen, Buchen, Obstbäume ete.: P. sulphureus Fr. B. Poren weiss oder blass-gelblich. r 2. Hüte erst fleischig-zähe, dann lederig, etwas gezont, bis 30 Centim. breit, runzelig-rinnig, faserig-schuppig, kastanienbraun, in grossen Gruppen dachziegelig über einander. Poren blass-gelblich. Am Grunde alter Stämme. Sommer und Herbst: P. giganteus Fr. Hüte fleischig, nicht lederartig, ohne Zonen, meist gestielt. Poren weiss oder weisslich. a. Hüte halbrund, dachziegelig über einander, die kurzen seitlichen Stiele’ verwachsen. * Hüte zu gestaltlosen Massen verwachsend,. glatt, röthlich-gelb (im Alter dunkler), schuppig. Poren weisslich. Bildet im Herbste 30—60 Centim. breite Rasen auf der Erde und am Grunde alter Stämme in Nadelwäldern. Essbar: P. con- fluens Fr. (Boletus confluens Alb et Schw., Semmelpilz). ** Hüte 2—D5 Centim. breit, nicht verwachsend, ausgeschweift, gelappt, runzelig, braungrau, zu zahlreichen (bis 50) in bis 60 Centim. starken Rasen beisammen. Herbst. Am Grunde alter Stämme, vorzüglich von Eichen. Essbar: P. frondo- sus Fr. (Boletus frondosus Schrank, Klapperschwamm). b. Hüte kreisrund, genabelt, 1—3 Centim. breit, blass-bräunlich, auf sehr ästigen, büscheligen, weisslichen Stielen doldenähnlich bis zu 40 Centim. hohen Gruppen vereinigt. Im Herbste in Laubwäldern auf der Erde und am Grunde von Stämmen. Essbar und wohl- schmeckend: P. umbellatus Fr. (Boletus ramosissimus Schaeff., B. polycephalus Pers., Eichhase). IV. Hut seitlich oder excentrisch gestielt und dann der Stiel am Grunde immer schwarz. An Baumstämmen und meist einzeln wachsende, zähfleischige, kor- kige oder holzige Schwämme: Pleuropus Fr. A. Hut seitlich gestielt, fächerförmig, 5—15 Centim. breit, korkig-holzig, runzelig-gefurcht, sammt dem 5—10 Centim. langen Stiele glänzend erst blass, dann dunkel blutroth-braun; die engen Poren erst weiss, dann zimmtbraun. An faulenden Laubholzstämmen: P. lucidus Fr. B. Hut excentrisch gestielt, 7—30 Centim. breit, fächerförmig, zäh-fleischig, blass ockergelb, mit breiten, angedrückten,. bräunlichen Schuppen. Stiel bis 7 Centim. lang, am Grunde schwärzlich. Poren gross, eckig. An alten Stämmen: P. squamosus Fr. 350 Polyporei: Polyporus. Fistulina. Boletus. V. Hut centrisch oder excentrisch gestielt, der Stiel am Grunde gleichfarbig: Mesopus Fr. A. Hut lederartig, flach, bisweilen trichterförmig, gezont, zimmtbraun, fein- haarig, später kahl, 2—5 Centim. breit. Poren klein, zuerst weiss bereift, später nackt und zerrissen. Stiel 2 Centim. hoch, feinhaarig. In trockenen Nadelwäldern häufig: P. perennis Fr. B. Hut fleischig, ungezont, oberseits flockig oder schuppig. 1. Hut brüchie. a. Hut hellbraun, später schwarzbraun, rissig-schuppig, oft halbirt, 3—9 Centim. breit. Poren weit, gelblichweiss. Stiel bauchig, gelb bis braungelb. Meist rasenförmig verwachsen. In Nadel- wäldern des südlichen Europas, in Deutschland (z. B. Thüringen) seltener. Essbar: P. Pes caprae Pers. (Ziegenfuss). b. Hut weisslich, anfangs glatt, doch bald rissig-schuppig, verschieden gestaltet, 2—15 Centim. breit. Poren eng, rund, gleichgross, erst weiss, dann gelblich. Stiel weiss. Meist in dichten Gruppen in Nadelwäldern, häufig; essbar: P. ovinus Fr. (Schafeuter). 2. Hut zähe. a. Hut flach, schuppig-gefeldert, schmutzig-weiss, 5—12 Centim. breit. Poren weiss, ungleich gross, weich. Stiel 3 Centim. hoch, bis 1 Centim. dick, weisslich. In trockenen Nadelwäldern, nament- lich Süddeutschlands, meist einzeln; essbar: P. subsquamo- sus Fr. b. Hut anfangs flach, dann trichterig, zottig-schuppig, gelblich. Poren weisslich, fast eckig, gleichgross, fest. Stiel kurz, derb, zähe. In den italienischen Gebirgen; essbar: P. Tuberaster Fr. (Pietra fungaja der Italiener — S. 284). 9. Fistulina Bull. Hymenium auf der Hutunterseite aus einzeln stehenden, unter sich völlig freien, eylindrischen, an der Spitze offenen Röhren bestehend. — F. hepatica Fr. (Leberpilz, Fleischschwamm, Rindszunge). Hut bis 20 Cen- tim. und darüber im Durchmesser, 1—3 Centim. dick, meist zungen- oder leber- förmig, einer Ochsenzunge oder einem Stücke blutigen Fleisches nicht unähnlich, horizontal sitzend oder an der Seite kurz gestielt, anfangs blutroth, mit weichem, faserigem, roth geflecktem Fleische, später rothbraun und zähe. Röhren zuletzt fast 1 Centim. lang, weisslich oder gelblich. Geruch angenehm. .Geschmack säuerlich. Essbar. Im Herbste oft rasenförmig an alten Laubholzstämmen, Mmentlich Eichen. 10. Boletus Dill. Fruchtkörper stets regelmässig hutförmig, central gestielt, fleischig. Hymenium auf der Unterseite, aus meist engen Röhren gebildet, welche von einander und von der Substanz des Hutes leicht ablösbar sind. Meist grosse, leicht vergängliche Pilze, von denen einige zu den besten Speiseschwämmen ge- hören, mehrere sehr giftig sind. Manche Arten laufen auf Bruch- und Schnitt- flächen blau an (S. 332). I. Röhren anfangs weiss oder grau, nicht mit dem Stiele verwachsen: Tephro- leuei Fr. A. Sporen weiss. Stiel später mehr oder minder hohl, nicht schuppie. 1. Hut zimmtbraun, flach-convex bis eingedrückt, feinhaarig, 5—7 Cen- tim. breit, mit weissem, unveränderlichem Fleische. Stiel 2—4 Öentim. hoch, am Grunde knollig, dem Hute gleichfarbig. Im Herbste in Laub- wäldern; essbar: B. castaneus Bull. 2. Hut strohgelb bis bräunlich, convex, ausgebreitet, filzig, 5—12 Centim. breit, mit weissem, im Bruche schnell blau werdenden Fleische. Stiel 5—7 Centim. hoch, in der Mitte bauehig und dem Hute gleichfarbig- filzig, oben kahl und weisslich. Im Herbste in Laub- und Nadel- wäldern; essbar: B. eyanescens Bull. B. Sporen braun. Stiel voll, schuppig. Polyporei: Boletus. 331 1. Hut mehr oder weniger schmierig, glatt, convex, geschweift, 3—7 Cen- tim.-breit, sehr verschieden gefärbt (roth, orange, grau, weiss, oliven- braun oder schwarzbraun). Fleisch weiss, unveränderlich. In Wäldern und Gebüschen im Sommer und Herbste häufig; essbar: B. seaber Fr. (Kapuzinerpilz, Birkenpilz). 2. Hut trocken, erst schuppig, dann glatt und mehr oder weniger ver- flacht, rothbraun oder orangeroth, 5—12 Centim. breit. Fleisch weiss, im Bruche blau oder violett werdend. Mit voriger Art; essbar: B. rufus Schaeff. (B. versipellis F'r., Espenpilz). II. Röhren lebhaft gefärbt, meist gelb, im Alter oft grünlich, zuweilen an der Mündung roth: Euchroi Fr. A. Stiel knollig oder bauchig aufgetrieben, im Alter oft schlanker. 1. Mündungen der Poren roth, daher die Röhrenschicht oberflächlich roth gefärbt. Röhrenschicht gegen den Stiel gerundet, frei. a. Hut filzig, bei feuchtem Wetter etwas schmierig, oliven- bis um- brabraun, convex, 6—20 Centim. und mehr breit. Stiel bis 12 Cen- tim. hoch, bis 8 Centim. dick, mennigroth, roth genetzt oder punk- tirt. Fleisch gelblich, im Bruche blau. Im Sommer und Herbste in Wäldern; giftig: B. luridus Schaeff. (Hexen-, Schuster-, Donner- oder Judenpilz). b. Hut kahl. * Hut 5—) Oentim. breit, convex, trocken, anfangs bläulichgrün, dann gelblich; Stiel 5—8 Centim. hoch und fast eben so dick, blutroth, undeutlich genetzt; Fleisch gelblich, im Bruche bläu- lich. Im Herbste in Wäldern gesellig; giftig: B. lupinus 8 8 Fr. (B. erythropus Krombh., Rothfuss, Feuerpilz). ** Hut bis 20 Centim. breit, convex, etwas kleberig, weisslich- lederfarben bis gelbbraun; Stiel bis 7 Centim. hoch, dick- bauchig, blutroth, oberwärts erst roth-, dann weisslich-genetzt. Fleisch matt-weiss, auf dem Bruche erst röthlich und dann blau. Im Sommer und Herbste in Wäldern selten; einer der giftigsten Pilze: B. Satanas Lenz. (Satanspilz). 2. Mündungen der Poren nicht roth. - a. Röhrenschicht gegen den Stiel abgerundet, frei. * Hut feinflockig, ”—15 Centim. und mehr breit, zuletzt körnig- rinnig, rothgelb-braun bis ockergelb. Stiel bis 6 Centim. hoch, tlaumhaarig, gelb. Fleisch dick, blassgelb. Im Sommer und Herbste in Laubwäldern; essbar: B. impolitus Fr. ** Hut kahl. «@. Fleisch unveränderlich weiss. Hut bis 20 Centim. und mehr breit, halbkugelig, heller oder dunkeler braun, manchmal etwas kleberig. Stiel 5—15 Centim. hoch, bis S Centim. dick, weisslichbraun, weiss und zart netzig ge- zeichnet. Röhren zuerst weiss, dann gelb, später grünlich, Geruch und Geschmack angenehm. Einer der vorzüglich- sten essbaren Pilze, im Sommer und Herbste in Wäldern häufig: B. edulis Bull. (Steinpilz, Herrenpilz, Edelpilz). . Fleisch weiss, an der Luft gelb werdend. Hut 7—12 Cen- tim. breit, oliven- bis schwarzbraun oder fast schwärzlich. Stiel gelblich, am Grunde bräunlich, im Alter fast walzen- rund. Röhren schwefelgelb. Mit voriger Art, aber seltener und oft mit ihr verwechselt; essbar: B. aeneus Bull. y- Fleisch unveränderlich blassgelb. Hut 10—15 Centim. breit, blutroth oder purpurn. Stiel sehr dick, netzaderig, gelb, am Grunde purpurn oder roth. Röhren goldgelb. Von Mai bis September in schattigen Wäldern (namentlich in Böhmen), selten; essbar: B. regius Krombh. (Königspilz). b. Röhrenschicht mit dem Stiele verwachsen. So Polyporei: Boletus. * Hut 5—15 Centim. breit, zuerst polsterförmig, dann ziemlich flach, olivenbraun, etwas behaart. Stiel 5-7 Centim. hoch und fast eben so dick, gelb- und rothfleckig und netzig-geadert. Röhren gelb, am Stiele etwas kürzer. Fleisch weisslich, auf dem Bruche bläulich werdend. Im Sommer und Herbste in Wäldern; verdächtig: B. pachypus Fr. (Dickfuss). ** Hut bis 10 Centim. breit, convex, olivenbraun, filzig. Stiel bis 9 Centim. hoch, scharlachroth (wenigstens oben), netzig-geadert. Röhren gelb. Fleisch bleich, sich blau färbend. Im Sommer und Herbste in Wäldern; verdächtig: B. calopus Fr. B. Stiel eylindrisch, nie knollig. 1. Hut trocken, in der Jugend filzig, auch später selten kahl. a. b. -Hut 2—12 Centim. breit, gewölbt, gleichmässig filzig, olivenfarben, graubraun oder röthlichbraun; Stiel bis 5 Centim. hoch, fast rippig-gefurcht, rauh punktirt, gelblich, später röthlich. Röhren weit, eckig, gelb. Fleisch weiss. In Wäldern und Gebüschen im Sommer und Herbste häufig, Essbar: B. subtomentosus L. (Ziegenlippe). Hut 5—10 Centim. breit, im Alter mehr oder weniger flach, büschelig- haarig-geschuppt, schmutzig-gelbbraun. Stiel 5 Centim. hoch, glatt, schmutzig-gelb mit dunkleren Fleckehen. Röhren eng, ungleich gross, zimmtbraun. Fleisch gelblich, im Bruche bläulich anlaufend. In sandigen Nadelwäldern im Sommer und Herbste häufig. Essbar: B. variegatus Sw. (Sandpilz). 2. Hut kleberig. a. Stiel ohne Ring. * Stiel glatt. «@. Geschmack. scharf pfefferartig.. Hut 2—7 Centim. breit, flach gewölbt, bräunlichgelb, mit gelblichem, geruchlosem Fleische. Röhren einfach, rostbraun, mit ungleichweiten, eckigen Mündungen. Stiel dem Hute gleichfarbig, bis 3 Centim. hoch. Im Sommer und Herbste in Wäldern, vorzüglich Nadelwäldern, häufig. Verdächtig: B. pipe- ratus Bull. (Pfefferpilz). $. Geschmack angenehm milde. 0 Hut 5—15 Centim. breit, polsterförmig, kastanien- braun, mit gelblichweissem, beim Bruche an den Röhren etwas bläulich anlaufenden Fleische. Röhren blassgelb, weit, eckig. Stiel 5-9 Centim. hoch, schlank, braungelb, meist braun bereift. In Nadel- wäldern im Sommer und Herbste nicht selten. Ess- bar: B. badius F’r. (Maronenpilz). 00 Hut 5—9 Centim. breit, ziemlich flach, bräunlichgelb, in der Jugend mit hellerem, nach unten gerolltem Rande, sein Fleisch weiss, im Bruche unveränderlich. Röhren weit, eckig, zusammengesetzt (d. h. mit einigen kleineren Röhrchen im Inneren), zuerst grau- gelb, später rostfarben. Stiel 2—5 Centim. hoch, dem Hute gleichfarbig. In Nadelwäldern im Sommer und Herbste häufig. Essbar: B. bovinus L. (Kuhpilz). ** Stiel gelblich und besonders im oberen Theile mit gleich- farbigen, später dunkelbraunen Körnchen besetzt. Hut ge- wölbt, braungelb, mit leicht abtrennbarer Oberhaut, 3 —6 Cen- tim. breit. Röhren einfach, gelb, mit gekörnelter Mündung. In Nadelwäldern im Sommer und Herbste häufig; essbar und wohlschmeckend: B. granulatus ZL. (Schmeerling). b. Stiel mit meist vergänglichem Ringe. Polyporei: Boletus. — Agarieini. 353 * Hut bis 9 Centim. breit, anfangs polsterförmig, später ver- flacht, goldgelb oder goldgelb-rostfarben, das Fleisch weisslich, unveränderlich, geruchlos, angenehm schmeckend. Röhren ein- fach, eng, goldgelb, später braun. Stiel 5—9 Centim. hoch, goldgelb, später röthlich, oberhalb des weissen, dann gelb werdenden Ringes punktirt. In Wäldern im Sommer und Herbste. Essbar: B. elegans F’r. (B. flavus Krombh.). #* Hut bis 12 Centim. breit, convex, gebuckelt, braun oder roth- braun, mit weisslichem, unveränderlichem, angenehm säuer- lichem Fleische. Röhren einfach, eng, gelb. Stiel bis 6 Cen- tim. hoch, weisslich, oberhalb des weissen, später braunen Ringes gelblich, rauh und dunkler punktirt. Im Sommer und Herbste in Nadelwäldern häufig; essbar und sehr geschätzter Speiseschwamm: B. luteus L. (B. annulatus Pers.; Butterpilz, Ringpilz, Schmalzling). 145. Familie. Agaricini. Das mit meist viersporigen Basidien versehene Hymenium bekleidet auf der Unterseite eines schirm- oder hutförmigen, meist gestielten, fleischigen, seltener lederigen Fruchtkörpers strahlig gestellte, blatt- oder leistenförmige (messerförmige), meist ganz freie und einfache, seltener gabelig getheilte oder netzig anastomosirende Lamellen, deren freier Rand als „Schneide“, deren am Hutrande befindliches Ende als vorderes, das dem Stiele zugekehrte als hinteres bezeichnet wird (Fig 73 und 75). Für die systematische Bestimmung der zahlreichen, in der Regel auf dem Erd- boden wachsenden Formen ist ausser Anderem die auf Seite 286 etc. erläuterte Beschaffenheit einer etwa vorhandenen Volva und ferner die Farbe der Sporen von Wichtigkeit. Letztere ist von derjenigen der Lamellen manchmal verschieden; man erfährt sie am besten, wenn man einen reifen Hut mit der lamellentragenden Unterseite auf ein Stück weisses oder schwarzes Papier legt, auf welches ge- wöhnlich schon nach kurzer Zeit die Sporen abgeworfen werden. Uebersicht der Gattungen!: I. Fruchtkörper lederig oder korkig, dauerhaft. A. Hut stiellos, oder seitlich (selten central) gestielt, der Stiel mit dem Hute von gleicher Beschaffenheit. 1. Lamellen einfach, oder am hinteren Ende netzig anastomosirend, lederig, mit ganzer Schneide: Lenzites. 2. Lamellen nicht oder nur vereinzelt anastomosirend. a. Lamellen mit der Länge nach gespaltener, an den Rändern um- gerollter Schneide: Schizophyllum. b. Lamellen häutig, mit gesägter oder gezähnter Schneide: Lentinus. c. Lamellen häutig, faltenförmig, mit krauser Schneide: Trogia. d. Lamellen lederig, mit scharfer, ganzrandiger Schneide: Panus. B. Hut central gestielt, der Stiel knorpelig oder hornig und dadurch vom Hute verschieden. Lamellen häutig, trocken, mit ganzer, scharfer Schneide: Marasmius. II. Fruchtkörper fleischig bis häutig, schnell vergänglich. A. Lamellen niedrig, dick, mit stumpfer Schneide. 1. Lamellen fleischig-wachsartig, gabelig-ästig, am Stiele herablaufend: Cantharellus. 2. Lamellen fleischig, saftig, dem Stiele angewachsen, aber nicht herab- laufend: Nyctalis. ı Vgl. Fries, Hymenomycetes Europaei, 8. 1 u. folg.; ferner auch Wor- thington G. Smith, Clavis Agaricinorum. Journ. of Botany. VIII (1870). p. 137 — und Roze, Essai d’une nouvelle classification des Agaricindes. Bullet. de la soc. botan. de France. XXIII (1876). p. 45. Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 23 354 Agarieini: Lenzites— Lentinus. B. Lamellen, dünn, blattartig, mit scharfer Schneide. 1. Lamellen feucht, schmierig, eine durch die Sporen rostfarbene Flüssig- keit abtropfen lassend. Hut nicht zerfliessend: Bolbitius. 2. Lamellen und auch der Hut in eine durch die Sporen schwarz ge- färbte, tintenartige Flüssigkeit zerfliessend: Coprinus. 3. Lamellen nicht zerfliessend. a. Lamellen und oft auch der ganze Fruchtkörper mit Milchsaft: Lactarius. b. Ohne Milchsaft. * Hut mit einer spinnewebartigen Hülle: Cortinarius. ** Hülle, wenn vorhanden, nicht spinnewebartig. «. Lamellen sich leicht vom Hute lösend: Paxillus. ?. Lamellen mit dem Hute fest verbunden. 0 Lamellen steif, zerbrechlich, saftlos: Russula. 00 Lamellen fast wachsartig, saftreich. Sporen kugelig: Hygrophorus. 000 Lamellen zäh-gallertartis.. Sporen spindelförmig: Gomphidius. 0000 Lamellen häutig, weich, leicht spaltbar: Agaricus. 1. Lenzites Fr. Hut trocken, korkig oder lederartig, dauerhaft, halbirt, ungestielt, breit und horizontal sitzend. Lamellen lederig, mit ganzer Schneide, einfach oder meist am hinteren Ende netzig anastomosirend und dadurch kleinere und grössere Zellen bildend. Durch letztere Eigenschaft erinnert die Gattung an Daedalea (S. 342); sie wird daher neuerdings wohl auch zu den Polyporeen ge- stellt. Mittelgrosse, an altem Holze und Stämmen wachsende, ungeniessbare Pilze. — L. betulina Fr. Hut bis 7 Centim. breit, korkig-lederig, undeutlich gezont, filzig, mit schmutzigweissen, anastomosirenden Lamellen. An alten Stämmen, be- sonders Birken, fast das ganze Jahr nicht selten. — L. abietina Fr. Hut 2 bis 5 Centim. breit, lederig, dünn, undeutlich gezont, anfangs schwärzlichbraun und filzig, später grauschwarz und kahl. Lamellen einfach, ungleich, grau bereift. An alten, faulenden Nadelhölzern. 2. Schizophyllum Fr. Hut trocken, lederig, dauerhaft, seitlich ange- wachsen. Lamellen lederig, fächerförmig verzweigt, an der Schneide der Länge nach gespalten und die Spaltränder zurückgerollt. Sporen weiss. — Sch. com- mune Fr. Hut 0,5—2 Centim. im Durchm., am Rande oft gelappt, fächerförmig weiss- oder graufilzig, die Lamellen erst grau, dann braun-purpurn. Heerden- weise an Laubholzstämmen. 3. Trogia Fr. Hut trocken, weich und schlaff-lederig, dauerhaft, stiellos, mit faltenförmigen, auf der Schneide mit Längsfurche versehenen, krausen La- mellen. Sporen weiss. — T. crispa Fr. Hut 1—2 Centim. breit, gelappt, zottig, gelbröthlich, mit dem Rande becherförmig zurückgebogen. Lamellen weisslich oder bläulichgrau. Rasenweise dachziegelig an faulenden Laubholzzweigen. Spät- herbst und Winter. 4. Panus Fr. Hut fleischig-lederig, zähe, dauerhaft, mit excentrischem oder seitlichem, kurzem, dem Hute in Substanz gleichem Stiele oder stiellos seitlich an- gewachsen. Lamellen lederig, fest, mit ganzer Schneide. Sporen weiss. Mittel- grosse, an alten Stämmen wachsende, ungeniessbare Pilze. — P. stipticus Fr. Hut bis 5 Centim. breit, nierenförmig, mit seitlichem, kurzem, nach dem Hute zu verbreitertem Stiele, ledergelb oder bräunlich, kleiig-schuppig. Lamellen dicht, zart, schmal, netzig verbunden. An faulenden Laubholzstämmen häufig. — P. torulosus Fr. Hut 5—9 Centim. im Durchm., meist niedergedrückt, becher- bis trichterförmig, mit kurzem, dickem, schiefem, graufilzigem Stiele, ledergelb-fleisch- farben, kahl. Lamellen gleichfarbig. An alten Laubholzstämmen. 5. Lentinus Fr. Hut fleischig-lederig, zähe, dauerhaft, central gestielt und dann der Stiel mit dem Hute von gleicher Beschaffenheit, oder seitlich sitzend. Lamellen dünn, häutig, ungleich, an der Schneide gesägt oder zerschlitzt-gezähnt. Sporen weiss. Mittelgrosse, vielgestaltige, fast nur an altem Holze wachsende, Agarieini: Lentinus. Marasmius. Nyetalis. 355 ungeniessbare Pilze. Dieselben kommen auch in Kellern vor und zeigen dann die S. 309 erwähnten Monstrositäten, welche sich auf zwei Typen zurückführen lassen. Einmal erreichen die Stiele eine ungewöhnliche Länge und sind oft gekrümmt, während die Hüte klein bleiben und trompetenförmig werden; derartige Formen sind als Agaricus tubaeformis beschrieben worden. Ein ander Mal sind die Stiele gänzlich ohne Hut, hornförmig gestaltet und manchmal verzweigt, so dass sie als Clavarien (Clavaria thermalis Dee.) betrachtet wurden. — L. cochlea- tus Fr. Hut 2—3 Centim. breit, niedergedrückt, unregelmässig gelappt und ge- dreht, weisslich- oder gelblichbraun, mit gesägten, fleischfarbigen Lamellen. Stiel 2—7 Centim. hoch, gefurcht, braunroth. Geruch oft schwach anisartig. Im Som- mer und Herbste meist dachziegelig an alten Laubhölzern. — L. lepideus Fr. Hut 5—9 Centim. breit, gewölbt, später niedergedrückt, blass ockergelb, mit an- liegenden, dunkelbraunen Schuppen und herablaufenden, weissen, bisweilen gelb- lichen, an der Schneide zerschlitzt-gesägten Lamellen. Stiel 1—2 Centim. hoch, dick, filzig-schuppig, bräunlich. Geruch angenehm. An altem Nadelholze; Früh- ling bis Herbst; häufig. 6. Marasmius Fr. Hut zäh-fleischig bis lederig-häutig, nicht vergänglich, meist in der Mitte gestielt, der Stiel durch knorpelige oder hornige Beschaffen- heit von der Hutsubstanz verschieden. Lamellen häutig, trocken, mit ganzer, scharfer Schneide. Sporen weiss. Mittelgrosse bis kleine Pilze, von denen manche als Gewürz verwendet werden, keiner giftig ist. — 1. Collybia Fr. Stiel knor- pelig; Hutrand anfangs eingerollt: M. oreades Fr. (Agaricus caryophyllus Schaeff., Herbstmüusseron, falscher Musseron, Nelkenblätterschwamm). Hut 2—5 Cen- tim. breit, anfangs convex, dann verflacht, etwas gebuckelt, kahl, blass lederfarben, verbleichend. Lamellen dem Stiele nicht angewachsen, breit, entfernt stehend, erst blass fleischfarben, dann weisslich. Stiel 4—7 Centim. hoch, solid, eylindrisch, zottig, nur am Grunde nackt, weisslich. Geruch und Geschmack angenehm ge- würzig. Von Mai bis Spätherbst meist truppweise auf Grasplätzen, Wiesen und Rainen. Essbar und vorzüglich als Suppengewürz verwendet. — M. porreus Fr. Hut 1—2 Centim. breit, lederig-häutig, am Rande gestreift, schmutzig -gelb- lich. Lamellen anfangs gelblich, dann blass. Stiel später hohl, rothbraun, am Grunde wollig. Sonst wie vorige Art. Geruch stark knoblauchartig. In Laub- wäldern zwischen faulenden Blättern. Herbst. Verdächtig. —M. scorodonius Fr. (Lauchschwamm). Hut 1,5 Centim. breit, flach, runzelig-kraus, rothbraun, bald verblasst. Lamellen dem Stiele angewachsen, kraus, weisslich. Stiel 2 bis ‘5 Centim. hoch, sehr schlank, von Anfang an hohl, glänzend rothbraun, kahl. Geruch und Geschmack nach Knoblauch. Im Herbste auf Hügeln, Feldern, Rainen etc. häufig. Essbar und als Gewürz beliebt. — I. Mycena Fr. Stiel hornig. Hut anfangs glockig, mit geradem, dem Stiele anliegenden Rande: M. androsaceus Fr. Hut 0,5 bis kaum 1 Centim. breit, schwach ge- wölbt, fast genabelt, schmutzigweiss bis bräunlich, gestreift. Lamellen dem Stiele angewachsen, weiss. Stiel bis 3 Centim. hoch, fadenförmig, hohl, kahl, schwarz. Heerdenweise auf abgefallenen Blättern und Nadeln in Wäldern, das ganze Jahr hindurch nicht selten. 7. Nyetalis Fr. Hut fleischig, meist central gestielt, kegelig oder halb- kugelig, mit dicken, fleischigen, saftigen, dem Stiele angewachsenen aber nicht herablaufenden Lamellen mit stumpfer Schneide. Schleier flockig, vergänglich. Sporen ockergelb. Kleine, auf faulenden grösseren Pilzen wachsende Pilze. — N. asterophora Fr. Hut 0,5—1,5 Centim. breit, erst kegelförmig, dann halb- kugelig, schmutzigweiss bis bräunlich, flockig-staubig. Lamellen entfernt stehend, schmutzigweiss. Stiel 1—2 Centim. hoch, voll, schmutzigweiss, später bräunlich und weiss bereift. Im Herbste auf faulenden Russula-Arten ete. Der Hut ist oft vollständig mit einem schimmeligen Ueberzuge bedeckt, in dem an gegliederten Hyphen blasige, sternförmige, gelbbraune Sporen, die sogenannten Chlamydo- sporen, erzeugt werden. Letztere werden manchmal für eine besondere Sporen- form von Nyctalis gehalten, dann wieder für die Conidien eines parasitisch auf Nyctalis lebenden Pyrenomyceten, des Hypomyces asterophorus T7ul., erklärt. ! Vgl. De Bary, Morphol. u. Physiol. der Pilze. S. 191, wo auch Literatur angegeben. 23» 356 Agarieini: Cantharellus. Russula. 8. Cantharellus Adans. Hut von verschiedener Gestalt, central oder seit- lich gestielt oder stiellos, fleischig, vergänglich. Lamellen dick, fleischig-wachs- artig, faltenförmig, mit stumpfer Schneide, gabelig ästig und am Stiele herab- laufend. Velum fehlend. . Sporen weiss. Auf der Erde, auf Moosen oder faulem Holze wachsende Pilze. — C. cibarius Fr. (Eierschwamm, Pfifferling, Gelbling, Gehlchen, Gelbmännel). Hut 2—7 Centim. breit, anfangs gewölbt, dann kreisel- oder trichterförmig, am Rande geschweift oder kraus, kahl, dottergelb, mit weissem Fleische. Lamellen dem Hute gleichfarbig, dick, entfernt stehend, namentlich nach dem Hutrande zu durch unregelmässige Querfalten netzig verbunden. Stiel bis über 5 Centim. hoch, allmählich in den Hut erweitert, voll. Im Sommer und Herbste in Wäldern meist häufig. Essbar; Geschmack schwach pfefferartig. — C. aurantiacus Fr. (falscher oder giftiger Eierschwamm). Hut 2—5 Centim. breit, erst gewölbt, dann niedergedrückt, am Rande eingerollt und geschweift, feinfilzig, orangeroth, das Fleisch blass orangefarben. Lamellen dunkler gefärbt. Stiel 2—5 Centim. hoch, feinfilzig, voll, am Grunde im Alter oft schwärzlich. Im Herbste in Nadelwäldern nicht selten. Verdächtig, nach einzelnen Angaben sogar giftig. — C. tubaeformis Fr. Hut bis 5 Centim. breit, trichterförmig, seine Vertiefung sich unmittelbar in den hohlen Stiel fortsetzend, häutig, flockig, am Rande buchtig-wellig, bräunlich. Lamellen vielästig. Stiel oben bräunlich, unten gelb oder orangefarben. Im Sommer und Herbste in Wäldern auf der Erde und faulendem Holze nicht selten. Erinnert an Craterellus lutescens (8. 339) und wird manchmal mit diesem verwechselt. 9. Russula Pers. (Täubling). Hut fleischig. Lamellen steif, zerbrechlich, saftlos, mit blasig-zelliger Trama und scharfer Schneide, wie Hut und Stiei ohne Milchsaft, frei oder dem Stiele angewachsen, aber nicht oder kaum herablaufend. Hülle und Ring fehlend. Sporen kugelig, oft gestachelt, weiss oder gelb. Mittel- grosse bis grössere, fleischige, auf der Erde und meist vereinzelt wachsende Schwämme, von denen einzelne essbar, manche verdächtig oder giftig sind. Die Farbe des Hutes ändert manchmal sehr und ist daher für die systematische Unter- scheidung oft kaum von Bedeutung. I. Hut mit einem dünnen oder hautartigen, bei völliger Reife gestreiften oder ge- furchten Rande, in feuchter Luft kleberig oder schmierig. A. Lamellen fast gleichlang, einfach. Hut zerbrechlich. 1. Lamellen und Sporen (zuerst gelb, dann) ockerfarbig. Hut 8—15 Cen- tim. breit, flach oder eingedrückt, gewöhnlich lebhaft roth, später ver- blassend, oft auch grün, olivenfarben oder gelblich, sein Rand später gestreift und höckerig. Stiel bis 9 Centim. hoch, voll, glatt, weiss oder roth. Fleisch weiss. Geschmack milde. In Wäldern zerstreut. Wird hie und da (z. B. in Prag) gegessen: R. alutacea Fr. 2. Lamellen und Sporen zuerst weiss, dann gelb. Hut bis 9 Centim. breit, zuerst convex, dann ausgebreitet oder eingedrückt, sehr verschieden gefärbt, meist roth oder grüngelb, am Rande später gestreift und warzig. Stiel bis 5 Centim. hoch, voll, weiss. Fleisch weiss. Geschmack milde. Im Sommer und Herbste in Wäldern nicht selten. Essbar: R. integra Fr. 3. Lamellen weiss. a. Hut 5—9 Centim. breit, anfangs gewölbt, dann flach, am Rande gefurcht, gewöhnlich rosenroth oder blutroth, aber auch ockergelb bis ganz weiss, mit weissem, unter der Haut röthlichem Fleische. Lamellen frei, gleich, breit, ziemlich entfernt. Stiel bis 5 Centim. hoch, schwammig-voll, glatt, weiss oder roth. Geschmack scharf. Im Sommer und Herbste in Wäldern, stellenweise. Sehr giftig: R. emetica Fr. (Speiteufel). ’ b. Hut 3—5 Centim. breit, flach, niedergedrückt, unregelmässig, am Rande gestreift-warzig, sehr verschieden gefärbt (blass-blutroth, grün, gelb, weisslich). Lamellen dem Stiele angeheftet, dünn. Stiel erst voll, dann hohl, glänzend. Im Sommer und Herbste in Wäl- dern nicht selten. Wird manchmal (z. B. in Böhmen) gegessen: R. fragilis Fr. Agarieini: Russula. 357 e. Hut 5—7 Centim. breit, flach oder niedergedrückt, mit steif ab- stehendem, undeutlich gestreiftem Rande, gelblich oder bräunlich, nie roth. Lamellen hinten abgerundet. Stiel bis 5 Centim. hoch, voll, netzartig gerunzelt, weiss, später eraulich. In feuchten: Ge- birgswäldern. Verdächtig: R. ochroleuca Fr. B. Lamellen mit viel kürzeren und mit gabelig getheilten gemischt, der Hut fest. 1. Geschmack scharf. Geruch widrig brandartige. Hut bis 12 Centim breit, anfangs gewölbt, später ausgebreitet und niedergedrückt, ocker- gelb oder braungelb. Lamellen dem Stiele angeheftet, netzig-ana- stomosirend, weisslich. Stiel 6—9 Centim. hoch, fast 3 Centim. dick, zuerst voll, später hohl, weisslich. In schattigen Wäldern. Sommer und Herbst. Verdächtig: R. foetens Fr. 2. Geschmack milde. Geruch angenehm oder fehlend. a. Hut 5—10 Centim. breit, flach, aderig-gerunzelt, fleischfarben, in der Mitte dunkler. Lamellen dem Stiele angewachsen, weiss. Stiel bis 3 Centim. hoch, über 2 Centim. dick, voll, netzig-runzelig. weiss. In Laubwäldern zerstreut. Essbar: R. vesca Fr. b. Hut zuerst lila oder purpurn, später olivengrün, mit, blasserer, ofi gelblicher Mitte. Lamellen hinten abgerundet. Stiel glatt. Sonst wie vorige Art und gleichfalls essbar: R. cyanoxantha Fr. II. Hut am Rande glatt, selten schmierig, mit festem Fleische (Lamellen und Sporen weiss). A. Geschmack scharf. 1. Hut 5—10 Centim. breit, anfangs gewölbt, dann flach oder eingedrückt, trocken, geglättet, mit abstehendem, stumpfem Rande, fast zinnoberroth, später verblassend oder fast ledergelb, mit dunklerer Mitte. Fleisch unter der Oberhaut röthlich. Lamellen stumpf angewachsen, ziemlich gedrängt, mit kürzeren und gabelig getheilten gemischt. Stiel bis 5 Centim. hoch, dick, voll, hart, weiss oder rothfleckig. In Wäldern, besonders Nadelwäldern. Giftig: R. rubra Fr. 2. Hut anfangs gebuckelt-verflacht, dann trichterförmig eingedrückt, glatt, stark glänzend, mit scharfem Rande, lebhaft grün oder auch braun oder weisslich. Lamellen dem Stiele angewachsen und herablaufend, gegabelt. Stiel weiss. In schattigen Wäldern. Giftig: R. fur- | cata Fr. B. Geschmack milde. 1. Stiel erst weiss, dann aschgrau. Hut 5—8 Centim. breit, flach, un- regelmässig wellig verbogen, glatt, matt, mit dünner und kleberiger Haut, anfangs roth oder braun, später verblassend oder gelblich. La- mellen dem Stiele angeheftet, gedrängt. Auf moosigen Wiesen und Haiden, zerstreut. Essbar: R. depallens Fr. (R. l#teo-violacea Krombh.) 2. Stiel weiss, weisslich oder rosenroth. a. Hut roth, graugrün oder gelblich. Lamellen gedrängt. * Hut 5—10 Centim. breit, erst gewölbt, dann eingedrückt, seiden- haarig oder rissig-schuppig, mit abstehendem, stumpfem Rande, blutroth-rosafarben, in der Mitte verblassend. Lamellen ge- rundet. Stiel voll, weiss oder rosenroth. In Laubwäldern, zer- streut. Essbar: R. lepida Fr. (Agaricus rosaceus Krombh.) ** Hut anfangs kugelig, dann ausgebreitet und genabelt, mit ge- radem, stumpfem Rande, mit flockiger oder gefeldert-warziger Haut, graugrün, grünlich oder gelblich, Lamellen ungleich. ® Stiel stark, schwammig-voll, weisslich. In Gebüschen und namentlich in Birkenwäldern. Herbst. Essbar: R. virescens Fr. (R. aeruginosa Krombh.) 358 Agarieini: Russula. Lactarius. b. Hut weiss oder weisslichh 8—10 Centim. breit, anfaugs glockig, später flach bis eingedrückt, mit aufrechtem, dünnem, stumpfem Rande. Lamellen frei, entfernt stehend. Stiel derb, voll. Im Frühlinge und Herbste auf feuchtem Boden in Buchenwäldern, selten. Essbar: R. lactea Fr. 10. Lactarius Fr. (Milchschwamm). Von Russula namentlich durch die angewachsenen oder herablaufenden, häutig-wachsartigen, beim Bruche einen Milchsaft entlassenden Lamellen verschieden. Sporen kugelig, weiss, selten gelb- lich. Meist grosse, auf der Erde wachsende, oft im ganzen Fruchtkörper (S. 287) Milchsaft enthaltende Schwämme; der Milchsaft meistens weiss, bei einigen Arten milde und süss, bei der Mehrzahl brennend scharf. Viele Arten sind verdächtig und giftig. I. Lamellen nicht bereift. Milchsaft von Anfang an gefärbt: Dapetes Fr. Hut 2—9 Centim. breit, anfangs gewölbt, dann flach oder trichterförmig, ziegel- oder orangeroth, mit abwechselnd helleren und dunkleren concentrischen Zonen, später verblassend, kahl, bei feuchter Witterung schmierig. Lamellen etwas herablaufend, safrangelb aber verbleichend, bei Verwundung grünlich anlaufend. Stiel später hohl, kahl, dem Hute gleichfarbig, etwas gefleckt, 2—6 Centim. hoch. Fleisch röthlichgelb. Milchsaft dunkel-safrangelb, aro- matisch. Im Sommer und Herbste in trockenen Nadelwäldern häufig. Ess- bar und überall geschätzt: L. deliciosus Fr. (Reizker, Ritschling, Tännling). II. Lamellen anfangs weiss, dann gelblich oder röthlich und durch die Sporen weiss bereift. Milchsaft weiss: Russularia Fr. A. Hut trocken und kahl. 1. Hut 2—5 Centim. breit, dünnfleischig, ungezont. Milchsaft milde. a. Hut wenig über 3 Centim. breit, anfangs convex, dann niederge- drückt, etwas gebuckelt, orangegelb bis goldgelb. Lamellen dem Hute gleichfarbig, aber etwas blasser. Stiel gleichfarbig, erst voll, dann hohl, 2—4 Centim. hoch, zerbrechlich. Geruchlos. Im Herbste in Wäldern häufig. Essbar oder doch unschädlich: L. mitissi- mus Fr. b. Hut 2—5 Centim. breit, zuerst convex, dann niedergedrückt, etwas genabelt, röthlichbraun bis zimmtbraun, die Lamellen etwas blasser. Fleisch röthlich. Sonst wie vorige Art. Essbar: L. subduleis Fr. (Süssling). 2. Hut 5—10 Centim. breit, flach oder eingedrückt bis trichterförmig, derbfleischig, steif, später rissig, bräunlich-goldgelb, die weisslichgelben Lamellen etwas herablaufend, der 2—5 Centim. hohe Stiel voll und dem Hute gleichfarbig, bereift. Fleisch weiss; Milchsaft süss. Im Herbste in Wäldern häufig. Essbar und wohlschmeckend: L. vole- mus Fr. (Brätling — Agaricus helvus Krombh.) B. Hut®trocken und schuppig, flockig oder bereift, ungezont. 1. Hut 6—8 Centim. breit, flach oder eingedrückt, stumpf, anfangs russ- braun bereift, dann nackt und wie der schwammig-volle Stiel aschgrau- lederfarben. Lamellen ziemlich entfernt, angewachsen, erst weiss, dann lederfarben. Fleisch weiss. Milchsaft sich an der Luft safran- gelb färbend. Im Sommer uud Herbste in Wäldern. Verdächtig, von widrigem Geschmacke: L. fuliginosus Fr. 2. Hut 5—10 Centim. breit, flach, in der Mitte gebuckelt, später trich- terig, mit umgebogenem Rande, erst flockig, dann glatt, rothbraun, glänzend. Lamellen etwas herablaufend, gedrängt, ockerfarben, später rothbräunlich. Stiel voll, bereift oder kahl, bräunlich, 3—6 Centim. hoch. Milchsaft sehr scharf. Giftig. Im Sommer und Herbste in Nadelwäldern häufig: L. rufus Fr. , II. Lamellen unveränderlich weiss bis gelblich und nicht bereift. Milchsaft wenigstens anfangs weiss, gewöhnlich scharf: Piperites Fr. Agarieini: Lactarius. Hygrophorus. 359 A. Hut trocken. 1. Hut ungezont. a. Hut 7—15 Centim. breit, anfangs genabelt, dann trichterförmig, kahl, glatt, weiss. Lamellen herablaufend, gedrängt. Stiel 2—5 Cen- tim. hoch, weiss, voll. Geschmack scharf pfefferartig. Im Sommer und Herbste in Wäldern ziemlich häufig. Verdächtig, aber in manchen Gegenden für essbar erklärt: L. piperatus Fr. (Pfiffer- ling, Pfefferschwamm). b. Hut feinfilzig; Lamellen entfernt stehend; sonst wie vorige Art. Verdächtig: L. vellereus Fr. (Wollschwamm). 2. Hut dunkel gezont, 5—10 Centim. breit, ziemlich flach bis eingedrückt oder trichterförmig, kahl, glatt, dünnfleischig, bleigrau. Lamellen dünn, gelblich, ziemlich entfernt. Stiel später hohl, 3 Centim. hoch, nach abwärts verdünnt, blass. Im Sommer und Herbste in Gebüschen, auf Wiesen ete. Giftig: L. pyrogalus Fr. (Brennreizker). B. Hut kleberig oder schmierig. 1. Hut am anfangs eingerollten Rande kahl, 3—5 Centim. breit, zuerst gewölbt, dann flach, braun, ungezont. Lamellen gelblichweiss, bei % Verwundung sich violett färbend. Milchsaft erst weiss, dann violett oder bläulich. Stiel bald hohl, kurz, blass. In feuchten Wäldern. Verdächtig: L. uvidus Fr. 2. Hut am anfangs eingerollten Rande filzig, zottig oder faserig. a. Milchsaft weiss, unveränderlich. * Hut 7—12 Centim. und mehr breit, flach, ungezont, braun, am Rande zuerst gelb-zottig. Lamellen dünn, blass. Stiel bis 5 Centim. hoch, voll, nach abwärts verdünnt, olivenfarben, kleberig. Im Sommer und Herbste in Wäldern. Giftig: L. turpis Fr. (Mordschwamm). ** Hut 3—7 Üentim. breit, flach bis trichterförmig, fleischfarben oder blass ockergelb, mit dunkleren Zonen, am Rande weisszottig. Lamellen dünn, weiss. Stiel 3—5 Centim. hoch, glatt, bald hohl, dem Hute gleichfarbig, selten gefleckt. Im Sommer und Herbste in lichten Wäldern, auf Haiden etc., namentlich unter Birken. Giftig: L.torminosus F’r. (Giftreizker, Birkenreizker). b. Milchsaft erst weiss, bald schwefelgelb werdend, scharf. Hut bis 15 Centim. breit, niedergedrückt, gelb, ohne Zonen. Lamellen weisslich. Stiel hohl, weiss oder gelblich, durch dunklere Gruben gefleckt. Im Sommer und Herbste in feuchten Wäldern. Ver- dächtig: L. scrobiculatus Fr. (Erdschieber). 11. Hygrophorus Fr. Lamellen wachsartig, nicht häutig, mit scharfer Schneide, ohne Milchsaft. Sporen kugelig, weiss. Mittelgrosse, hutförmige, ge- stielte, fleischige, auf der Erde wachsende Schwämme, von deren zahlreichen europäischen Arten einige essbar sind. I. Schleier fehlt. Hut zart, wässerig-saftig, zerbrechlich. Hut in feuchter Luft kleberig, trocken glänzend, selten flockig-schuppig. Stiel hohl, nicht punktirt: Hygrocybe Fr. A. Lamellen nicht herablaufend, dem Stiele angeheftet oder frei. 1. Hut 5-9 Centim. breit, erst glockig, dann flach, verschieden gestaltet, rissig-schuppig, braungrau. Lamellen angewachsen, weiss, .später grau. Stiel ungleich dick, fast zusammengedrückt, grau. Geruch stark und stechend (wie salpetrige Säure). Fleisch sich nicht schwärzend. Im Herbste auf Grasplätzen, Wiesen und Triften: H. nitratus Fr. 2. Hut 2—5 Centim. breit, erst spitz kegelförmig und oft gelappt, später ausgebreitet und am Rande oft rissig, gewöhnlich gelb, seltener roth. Lamellen frei, weiss oder gelblich. Stiel bis 9 Centim. hoch, ceylindrisch, faserig-gestreift, dem Hute fast gleichfarbig. Fleisch durch Druck oder bei nassem Wetter schwärzlich werdend. Im Sommer und Herbste auf Wiesen und Grasplätzen. Als schädlich verdächtig: H. eonicus Fr. 360 Agarieini: Hygrophorus. Paxillus. Gomphidius. Cortinarius. B. Lamellen etwas herablaufend, gelb bis gelblich-mennigroth. Hut 1—5 Cen- tim. breit, erst convex, dann genabelt, mennigroth, später verbleichend. Stiel bis 5 Centim. hoch, cylindrisch, scharlachroth. Im Sommer und Herbste auf Wiesen und Grasplätzen: H. miniatus Fr. II. Schleier fehlt. Hut derb, meistens nicht kleberig. Stiel glatt und meist voll. Lamellen bogig herablaufend: Camarophyllus Fr. A. Hut 2—5 Centim. breit, fleischig, erst gewölbt, dann flach bis eingedrückt, feucht, rissig-gefeldert, trocken flockig, weiss. Lamellen dick, weiss. Stiel 2—3 Centim. hoch, am Grunde dünner, weiss. Im Herbste auf Wiesen, Triften, Grasplätzen etc. häufig. Essbar: H. virgineus Fr. (Jungfernschwamm). B. Hut 2—10 Centim. breit, convex, später flach und kreiselförmig mit buckeliger Scheibe und dünnem Rande, gewöhnlich rothgelb, später ver- blassend. Lamellen weit herablaufend, weiss oder gelblich. Stiel 2—4 Cen- tim. hoch, abwärts verdünnt, weisslich. Im Sommer und Herbste auf Wiesen, Weiden und Rainen. Essbar: H. pratensis Fr. (Wiesen- schwamm). ÄR III. Hut mit schleimigem, später unregelmässig flockigem Schleier, welcher als Ring oder Vorhang zurückbleibt. Stiel schuppig oder rauh punktirt. Lamellen angewachsen-herablaufend: Limacium Fr. A. Stiel nach unten spindelförmig verdünnt und verlängert, rauh punktirt, voll. Hut kahl, glatt, fast trocken, derbfleischig, weiss, glanzlos. Lamellen dick, herablaufend. Geschmack angenehm. Im Herbste in Wäldern. Essbar: H. penarius Fr. B. Stiel nicht spindelförmig verdünnt und verlängert, erst voll, dann hohl, kleberig, am oberen Ende durch schüppchenartige Pünktchen rauh. Hut 2—10 Centim. breit, anfangs convex mit eingerolltem Rande, später flach, weiss, glatt. Lamellen herablaufend. Im Herbste in Wäldern. Essbar: H. eburneus Fr. (Elfenbeinschwamm). 12. Paxillus Fr. Hut anfangs am Rande eingerollt. Lamellen häutig, leicht spaltbar, fast immer etwas ästig und unregelmässig anastomosirend. Sporen ockerfarbig oder rostbraun. Mittelgrosse, fleischige, manchmal excentrisch ge- stielte Pilze. — P. panuoides Fr. Hut fleischig, muschelförmig, in einen sehr kurzen seitlichen Stiel zusammengezogen, oft ganz unregelmässig, zuerst etwas flaumig, dann kahl, schmutziggelb oder weisslich. Lamellen herablaufend, ästig, kraus, gelb. Fast das ganze Jahr an faulendem Nadelholze in Wäldern und auch in feuchten Wohnungen. — P. involutus Fr. Hut 6—12 Centim. breit, zuerst convex, dann trichterförmig eingedrückt, am Rande filzig, ockerfarbig-braunroth, mit gelblichem Fleische. Lamellen nach hinten anastomosirend, blassgelb. Stiel excentrisch, 4—7 Centim. hoch, schmutziggelb. Im Herbste in Wäldern und Ge- büschen. Essbar. 13. Gomphidius Fr. Hut meist kreiselförmig, am Rande scharf und nur etwas eingebogen, mit herablaufenden, zäh-gallertartigen Lamellen und schleimig- flockigem, bald verschwindendem Schleier. Sporen schwarz. Mittelgrosse, fleischige, auf der Erde wachsende, nicht essbare Schwämme; 2 deutsche Arten. — G. glu- tinosus Fr. (Schleimschwamm). Hut 3—12 Centim. breit, flach, schmierig, grau- braun oder purpurbraun bis schwärzlichbraun. Lamellen erst weisslich, dann aschgrau. Stiel voll, weisslich oder blassbräunlich. In Nadelwäldern. 14. Cortinarius Fr. Hut mit spinnewebartigem, von der Huthaut ver- schiedenem Schleier. Lamellen häutig, trocken, blass, durch die ockerfarbenen Sporen bestäubt, frei oder dem Stiele angewachsen. Mittelgrosse, im Wäldern auf der Erde lebende Schwämme; von den 230 europäischen Arten ist keine eigentlich giftig, doch manche werden als verdächtig gemieden, einige gegessen. Agarieini: Cortinarius. 361 I. Hut frisch feucht, am Rande dünn bis oft fast häutig, kahl oder mit weiss- lichen Fasern bedeckt. A. Schleier dünn, faserig, nicht als Ring am Stiele erscheinend: Hydrocybe Fr. — Hut bis 5 Centim. breit, fleischig, glockig, später ausgebreitet und ge- buckelt, glänzend kastanienbraun. Lamellen bauchig, ziemlich gedrängt, angewachsen, erst violett, dann rostfarben. Stiel knorpelig, später hohl, durch den Schleier faserig, violett oder röthlich, später gebleicht. Im Sommer und Herbste heerdenweise auf kahlem Boden fast überall: ©. castaneus Fr. B. Schleier faserig-flockig, als schuppiger Ring am Stiele bleibend: Tela- monia Fr. — Hut 5—10 Centim. breit, anfangs glockig, dann ausge- breitet,-faserig oder schuppig, ziegelroth oder braun. Lamellen dem Stiele angewachsen, entfernt stehend, erst blass, später zimmtbraun. Stiel 7—15 Centim. hoch, am Grunde knollig, voll, faserig, rothbraun mit mehreren zinnoberrothen Gürteln, im Inneren blassroth. Im Spätsommer und Herbste in Wäldern, besonders in Gebirgswäldern, häufig: 0. armil- latus Fr. II. Hut trocken, gleichmässig fleischig, seidenhaarig, später manchmal kahl. . Hut dünnfleischig, Fleisch wässerig oder gefärbt. Stiel eylindrisch oder nach oben verdünnt, nicht knollig, voll oder hohl, elastisch oder zerbrech- lieh: Dermocybe Fr. 1. Hut 2—7 Üentim. breit, ziemlich flach, gebuckelt, fast zimmtbraun, gelblich-faserig oder -schuppig, später kahl. Lamellen dem Stiele angewachsen, gedrängt, gelbbraun, zimmtbraun oder blutroth. Stiel später hohl, dünn, gelblich. Geschmack rettigartig.. Im Sommer und Herbste in Wäldern häufig. Wird in Böhmen gegessen: C. cinna- momeus Fr. 2. Hut dunkel blutroth, mit rothem Fleische. Lamellen gedrängt, breit, braunroth. Stiel später hohl, dem Hute gleichfarbig. Im Herbste in Nadelwäldern häufig. Wird für giftig gehalten: C. sanguineus Fr. B. Hut dickfleischig. Stiel fest, fleischig, am Grunde mehr oder weniger knollis: Inoloma Fr. i 1. Hut 5—7 Centim. breit, stumpf gewölbt, erst violett, dann umbrabraun, durch Schüppchen -punktirt. Lamellen angewachsen, breit, dick, fast entfernt stehend, erst purpurn, dann umbrabraun. Stiel knollig-keulig, trocken, violett, später verblassend, 5—7 Centim. hoch. Im Herbste in Laubwäldern. Wird hie und da gegessen: C. cinereo-violaceus Fr. 2. Hut 7—14 Centim. breit, zottig-schuppig. Lamellen angewachsen, ent- fernt. Stiel schwammig-voll, zottig. Der ganze Pilz dunkel violett Im Sommer und Herbste in Wäldern. Wird hie und da gegessen: C. violaceus Fr. III. Hut kleberig oder schleimig. A. Ban kleberig, kaum knollig: Myxacium Fr. — Hut 2—9 Centim. breit, erst gewölbt, dann flach, stumpf, glatt, röthlichgelb oder braungelb. Lamellen angewachsen, erst schmutziggelb oder bläulichweiss, später zimmtfarben. Stiel eylindrisch, weiss oder bläulich, ringförmig- schuppie. Im Sommer und Herbste in Wäldern und auf Haiden häufig. Essbar: C. collinitus Fr. B. Stiel trocken, ziemlich gleichdick oder am Grunde kreiselförmig verdickt und gerandet: Phlegmacium Fr. 1. Hut 5-8 Centim. breit, flach, am Rande dünn und zuletzt fein ge- streift, graugelb oder graubraun, gefleckt. Lamellen angewachsen, purpurn-olivenbraun. Stiel bis 9 Centim. hoch, am Grunde verdickt, grünlich oder bläulich. Auf feuchten Waldplätzen, namentlich in Gebirgswäldern, häufig: C. scaurus Fr. 2. Hut 5—8 Centim. breit, flach, mit dünnem, eingeknicktem, zuletzt zurückgerolltem und verbogenem Rande, schmutziggelb, später am Rande braun gezont. Lamellen angewachsen, gedrängt, breit, wellig, olivenbraun. Stiel 5—7 Centim. hoch, voll, mit ringförmig vom oberen Theile herabhängendem Schleier, olivenbraun. In schattigen Laub- wäldern: C. infractus Fr. 362 Agarieini: Bolbitius. Coprinus. Agarieus, 15. Bolbitius Fr. Lamellen häutig, weich, feucht, eine durch die braunen Sporen gefärbte Flüssigkeit abtropfen lassend, aber sich nicht ganz auflösend. Schleier fehlend. — B. fragilis Fr. Hut in der Mitte fast genabelt, häutig, kleberig, am Rande gestreift, gelb. Lamellen verschmälert-angewachsen, erst gelblich, dann blass-zimmtbraun. Stiel dünn, kahl, gelb. Auf Feldern an Wegen häufig. 16. Coprinus Pers. Lamellen häutig, später sammt der Hutwand von oben her bis zur Schneide zerschlitzt (S. 306), zuletzt vollständig zu einer durch die schwarzen Sporen gefärbten, tintenartigen Flüssigkeit (häufig sammt Hut und Stiel) sich lösend (S. 307). Schnell vergängliche, mit mehr oder weniger ausgebildetem, flockigem oder schuppigem Schleier (S. 303 u. folg.) versehene, auf Mist oder faulenden Substanzen wachsende Pilze, von denen keine Art essbar ist. — I. Ve- liformes Fr. Hut sehr dünn, durchscheinend-häutig, strahlig-gefal- tet und über dem Rücken der Lamellen zerreissend: ©. ephemerus Fr. Hut erst eiförmig, dann glockig-ausgebreitet, 1—2 Centim. breit, gefurcht-gefaltet, aschgrau, anfangs kleiig-schuppig, mit erhabener, glatter, bräunlicher Scheibe. Lamellen frei, erst weiss, dann braun. Stiel ohne Ring, kahl, durchsichtig. Auf gedüngtem Boden, an Wegen etc. — Ü. stercorarius Fr. Hut breiter, mit dichtem, weissem, kleiigem Schleier. Lamellen angewachsen, bauchig, schwarz. Stiel ohne Ring, anfangs weiss bereift. Sonst wie vorige Art. — C. ephemero- ides Fr. Hut 4—7 Centim. breit, feinflockig-schuppig. Stiel mit sehr zartem, beweglichem Ringe (S. 314). Lamellen frei, erst farblos, dann schwarz. Auf Mist. — I. Pelliculosi Fr. Hut mit dickerer, fleischiger Haut, später vom Rande her umgerollt und zerreissend: C. fimetarius Fr. (Mistschwamm, Krötenschwamm). Hut bis 5 Centim. breit, anfangs walzig-keulig, dann glockig, zuletzt ausgebreitet, anfangs mit flockigen Schuppen besetzt, dann kahl, aschgrau. Lamellen frei, zuletzt linealisch, verbogen, schwarz. Stiel ohne Ring, am Grunde ver- verdickt, kleinschuppig. Auf Mist häufig. — C. atramentarius Fr. (Tinten- schwamm). Hut bis 8 Centim. breit, weisslichgrau, auf dem Scheitel durch bräun- liche Schüppchen gefleckt. Lamellen frei, bauchig, erst weiss, dann pupurbraun, zuletzt schwarz. Stiel mit schnell vergänglichem Ringe, innen gezont. Auf fettem Boden an Wegen, Zäunen ete. — C. comatus Fr. Hut bis 5 Centim. breit und 5—10 Centim. hoch, weisslich, mit breiten, braunen Schuppen bedeckt. Lamellen frei, linealisch, erst weiss, dann purpurn, zuletzt schwarz. Stiel mit beweglichem Ringe, am Grunde knollig. Auf gedüngtem Boden etc. 17. Agaricus L. Lamellen dünn, blattartig, mit scharfer Schneide, bleibend, beim Zerbrechen ohne Milchsaft und leicht in zwei durch die flockige Trama ver- bundene Hälften spaltbar. Schleier (wenn vorhanden) nicht spinnewebartig. Umfang- reichste, etwa 1200 europäische Arten umfassende Gattung, deren Untergattungen häufig auch als selbständige Gattungen betrachtet werden. Letztere folgen (mit Weglassung einiger wenig wichtigen) nach der von Fries gegebenen Umgrenzung zunächst in tabellarischer Uebersicht. I. Coprini. Sporen schwarz (Stiel.ohne Ring). A. Hut häutig, gestreift, der Rand die gleichmässig schwarzen Lamellen nicht überragend: Psathyrella (S. 364). B. Hut dünn-fleischig, nicht gestreift, mit einem die grau und schwarz ge- fleckten Lamellen überragenden Rande: Panaeolus (8. 364). II. Pratelli. Sporen schwarz- oder braunpurpurn, selten braun. A. Stiel ohne Ring. 1. Stiel weiss, zerbrechlich. Hut anfangs glockig, mit geradem, dem Stiele angedrücktem Rande. Schleier fehlend: Psathyra (S. 364). 2, Stiel gefärbt, zähe oder starr. Hut anfangs mit nach innen gebogenem Rande. a. Ohne deutlichen Schleier: Psilocybe (8. 364). b. Mit am Hutrande zurückbleibendem, faserigem Schleier: Hypho- loma (S. 364). Agaricini: Agaricus. 365 B. Stiel mit Ring. 1. Lamellen dem Stiele angewachsen. Stiel in den Hut übergehend: Stropharia (8. 364). 2. Lamellen frei. Stiel vom Hute abgesetzt: Psalliota (S. 364). Ill. Dermini. Sporen rostbraun oder ockerfarben. A. Stiel ohne Ring. 1. Hut seitlich gestielt oder ohne Stiel: Crepidotus (8. 365). 2. Hut centrisch gestielt. a. Stiel knorpelig. Schleier fehlend. * Lamellen am Stiele herablaufend. Stiel röhrig: Tubaria (8. 365). ** Lamellen nicht herablaufend. 0 Hut mit anfangs geradem, dem Stiele anliegendem Rande, häutig, gestreift: Galera (S. 365). -00 Hut anfangs mit eingebogenem Rande, mehr oder weniger fleischig, nicht oder nur am Rande gestreift: Naucoria (S. 365). b. Stiel fleischig oder fleischig-faserig.. Hut mit anfangs einge- krümmtem Rande und oft mit Schleier. * Hut kahl. 0 Lamellen ohne Bucht angewachsen, manchmal herablau- fend. Stiel am oberen Ende nicht mehligs: Flammula (S. 365). 00 Lamellen buchtig-angewachsen oder frei. Hut bei feuchter Witterung kleberig. Stieloben mehlig: Hebeloma (8. 366). ** Hut auf der Oberfläche dicht faserig oder schuppig: Inocybe (S. 366). B. Stiel mit Ring, sammt Hut meist schuppig: Pholiota (S. 366). IV. Hyporhodii. Sporen rosa. A. Stiel excentrisch oder fehlend: Claudopus ($S. 366). B. Stiel central. 1. Lamellen angewachsen. Stiel in den Hut übergehend. a. Stiel knorpelig, stets gefärbt. * Lamellen herablaufend: Eccilia (S. 366). ** Lamellen nicht herablaufend. 0 Hut mit anfangs geradem, dem Stiele anliegendem Rande: Nolanea (S. 366). 00 Hut mit anfangs eingerolltem Rande: Leptonia (8. 367). b. Stiel fleischig-faserig, weiss oder weisslich. Hut mit anfangs ein- gekrümmtem Rande. * Lamellen herablaufend, nicht buchtig: Clitopilus (8. 367). ”* Lamellen nicht herablaufend, dem Stiele buchtig angeheftet: Entoloma (8. 367). 2. Lamellen frei. Hut vom Stiele abgesetzt. a. Schleier fehlend: Pluteus ($. 367). b. Schleier vorhanden und am Grunde des Stieles als häutige Scheide zurückbleibend: Volvaria (8. 367). V. Leucospori. Sporen weiss. A. Der meist muschelförmige Hut seitlich gestielt oder stiellos: Pleurotus (S. 367). -B. Stiel central. 364 Agarieini: Agarieus. 1. Allgemeine Hülle und Ring fehlend. a. Stiel knorpelig. * Lamellen deutlich herablaufend: Omphalia (S. 367). #* Lamellen nicht herablaufend. 0 Hut glockig bis fast kugelig, mit geradem, dem Stiele anliegendem Rande: Mycena (S. 367). 00 Hut flach, mit anfangs eingerolltem Rande: Collybia (S. 368). b. Stiel faserig. Lamellen herablaufend: Clitocybe (S. 368). c. Stiel fleischig.. Lamellen angeheftet, am Stiele ausgebuchtet: Tricholoma ($. 368). 2. Allgemeine Hülle fehlend. Ring vorhanden. Lamellen mehr oder weniger herablaufend: Armillaria (8. 369). 3. Allgemeine Hülle vorhanden. Lamellen frei. a. Hülle schuppig und mit der Hutoberfläche fest verwachsen: Le- piota (S. 369). b. Hülle sich von der Hutoberfläche ablösend: Amanita (S. 370). Psathyrella Fr. (8.362). A. gracilis Pers. Hut 2 Centim. breit, kegelig- glockig, gelbbräunlich, fein gestreift, trocken blasser und ungestreift, oft auch röthlich. Lamellen breit angewachsen, grauschwärzlich. Stiel 7 Centim. hoch, steif, kahl, blass. In Gebüschen und Hecken heerdenweise und häufig. Sommer und Herbst. Panaeolus Fr. (S. 362). A. campanulatus ZL. Hut etwas über 2 Centim. breit, glockig, erst braun, später rothbraun, trocken, etwas glänzend, ungezont. Lamellen grau- und schwarzfleckig. Stiel schlank, rothbräunlich, im oberen Theile schwarz bestäubt und gestreift. Auf misthaltigem Boden häufig. Psathyra Fr. (S. 362). A. corrugis Pers. Hut 1—2 Centim. breit, häutig, glockig, genabelt, etwas gerunzelt, rosenroth, später verblassend, kahl. Lamellen buchtig angeheftet, bauchig, violett-schwärzlich. Stiel 5—9 Centim. hoch, weiss. In Gärten und auf schattigen Plätzen, ziemlich häufig. Psilocybe Fr. (S. 362). A. foenisecii Pers. Hut zuerst glockig, dann lach, bis 2 Centim. breit, trocken, graubraun, später verbleichend und fast fuchs- roth,. Lamellen dem Stiele angeheftet, umbrabraun, wenig gedrängt. Stiel 2—5 Centim. hoch, hohl, glatt, kahl, blasser als der Hut. Vom Mai bis Spätherbst auf Wiesen häufig. — A. bullaceus Bull. Hut bis 2 Centim. breit, halbkugelig, später ausgebreitet und genabelt, in der Mitte gestreift, dunkel rothbraun, trocken fast ledergelb. Lamellen etwas herablaufend, dreieckig, zuerst graugelb, später fast rothbraun. Stiel 2 Centim. hoch, gelblich, hohl, faserig. Heerdenweise auf Düngerhaufen, Triften, Schutt ete. Im Sommer und Herbste häufig. Hypholoma Fr. (S. 362). A. sublateritius Schaeff. (Bitterschwamm). Hut 2—5 Centim. breit, erst gewölbt, dann verflacht, derbfleischig, trocken, kahl, rothgelb-ziegelfarben oder rothbraun oder gelblich, am Rande blasser, mit weiss- lichem Fleische. Lamellen erst weiss, dann olivenfarbig-russig, gedrängt. Stiel 9—12 Centim. hoch, voll, faserig, abwärts verdünnt, gelb oder rothbraun. Ge- schmack bitter. Im Herbste meist in Rasen an alten Baumstöcken. Verdächtige. — A. fascicularis Huds. (Büschelschwamm, Schwefelkopf). Hut etwas genabelt, dünnfleischig, ockergelb, in der Mitte dunkler bis bräunlich; Fleisch gelb. La- mellen anfangs schwefelgelb, dann grünlich, sehr gedrängt. Stiel hohl, ockergelh. Geruch angenehm, fast obstartig; Geschmack widerlich bitter: Sonst wie vorige Art. Giftig. Stropharia (8. 363). A. semiglobatus Batsch. Hut 1 Centim. breit, halbkugelig, gelblich, kleberig. Lamellen schwarzgrau. Stiel schlank, hohl, kleberig, gelblich. Im Sommer und Herbste auf Viehweiden ‚auf Dünger, meist heerdenweise und häufig. Psalliota (8. 363). A. campestris L. (Champignon, Feldschwamm, Brach- pilz, Treutschling, Angerling, Aegertling, Leedling, Weidling, Gugemuke etc. — Fig. 75, S. 285). Hut bis 12 Centim. und oft darüber breit, anfangs halbkugelig, Agarieini: Agaricus. 365 später ausgebreitet bis flach, flockig-seidig oder feinschuppig, mit derbem, weissem, sich röthendem Fleische. Lamellen etwas bauchig, zuerst weiss, dann rosenroth, zuletzt braun und etwas feucht. Stiel bis 14 Centim. hoch, voll, glatt, weiss, mit gleichfarbigem, zerschlitztem Ringe. Variirt sehr (var. alba: Hut fast seidig, weiss; Stiel kurz. — var. praticola: Hut rothbräunlich-schuppig, mit sofort rothbräunlich werdendem Fleische. — var. rufescens: Hut rothbraun, feinschuppig; Stiel lang. — var. umbrina: Hut glatt, umbrabraun; Stiel dick, schuppig — etc.). Im Spät- sommer und Herbste auf Grasplätzen, Wiesen, Triften, Feldern, in Gärten und Wäldern ganz Europas. Essbar, der Geruch angenehm, der Geschmack fast nussartig; daher unter den Hutpilzen neben dem Steinpilze der bekannteste und am meisten verbrauchte Speiseschwamm (S. 333), der auch für den Winter getrocknet und in Essig conservirt wird. Sehr häufig wird er von Gärtnern auch in Mistbeeten gezogen, die im Freien oder in Glashäusern und selbst in Kellern angelest und mit der Champignonbrut oder Schwammbrut, d. h. Erd- ballen mit dem darin befindlichen Mycelium des Pilzes, versehen werden. — A. pratensis Schaeff. (Wiesenschwamm). Hut bis 5 Centim. breit, erst eiförmig, dann ausgebreitet, glatt, oder feinschuppig, weisslich-grau. Lamellen vorne spitz, hinten gerundet, aschgrau, zuletzt braun. Stiel bis 2 Centim. hoch, voll, am Grunde verdickt, nackt, mit hinfälligem Ringe. Auf Wiesen und in Laubwäldern. Ess- bar. — A. arvensis Schaeff. (A. edulis Pers. — Schafchampignon, Gugemuke etc.) Hut bis 12 Centim. breit, zuerst kegelig-glockig, dann verflacht, anfangs flockig- mehlig, zuletzt kahl, glatt oder rinnig, weisslich, mit unveränderlichem Fleische. Lamellen vorne breiter, zuerst weiss-röthlich, später braun, trocken. Stiel bis 12 Centim. hoch, hohl oder mit Resten eines flockigen Markes, mit einem weiten, hängenden Ringe. Im Herbste auf Wiesen, Brachäckern u. s. w. häufig. Ess- bar und im Geschmacke dem Champignon ähnlich, mit dem er oft verwechselt wird; er hat härteres, weniger angenehmes Fleisch und ist schwerer verdaulich. — A. silvaticus Schaeff. (Waldchampignon). Hut bis 7 Centim. breit, erst glockig, dann ausgebreitet, gebuckelt, anfangs braunschuppig, später nackt, weiss- lich, dünnfleischig, das weisse Fleisch sich rasch röthend. Lamellen zart, trocken, beiderseits gleichmässig verschmälert, erst röthlich, dann bräunlich. Stiel ”—12 Cen- tim. hoch, hohl, gleichdick, weisslich, mit abstehendem Ringe. Im Spätsommer und Herbste in Wäldern häufig und oft mit dem Champignon verwechselt; ess- bar wie dieser und ihm unter den verwandten Arten im Wohlgeschmacke am nächsten. Crepidotus (S. 363). A. mollis Schaef. Hut 2—7 Centim. breit, gallert- artig-fleischig, verkehrt eiförmig oder nierenförmig, manchmal gelappt, schlaff, erst blass, dann weisslich-grau, gewöhnlich sitzend, selten in einen kurzen Stiel verschmälert. Lamellen herablaufend, linealisch, erst weisslich, dann zimmtbraun. An alten Laubholzstämmen im Herbste häufig. Tubaria (S. 363). A. furfuraceus Pers. Hut 2—3 Centim. breit, ziemlich fleischig, erst gewölbt, dann flach und genabelt, mit seidig-schuppigem Ueberzuge (besonders am Rande), hell zimmtbraun, später blass lederfarbig. Lamellen ziem- lich entfernt, zimmtbraun. Stiel röhrig, flockig-kleiig, blass. Im Herbste zwischen Laub ete. in Wäldern heerdenweise. Galera (8. 363). A. hypnorum Batsch. Hut 6—12 Millim. breit, glockig, häutig, etwas warzig, ockerfarbig, später verblassend. Lamellen zimmtbraun, dann rothgelb. Stiel bis 5 Centim. hoch, dem Hute gleichfarbig, an der Spitze bereift. Im Sommer und Spätherbste auf feuchter Erde zwischen Moosen gemein. Naucoria (S. 363). A. pediades Fr. Hut 2—3 Centim. breit, flach ge- wölbt, trocken, kahl, erst ockerfarbig, dann ledergelb. Lamellen angewachsen, breit, ziemlich enffernt, erst bräunlich, dann schmutzig-zimmtfarben. Stiel voll, gelblich, seidenglänzend, am Grunde verdickt, 5—7 Centim. hoch. Auf Aeckern, Triften etc. fast das ganze Jahr hindurch häufig. Flammula ($S. 363). A. flavidus Schaef. Hut 2—7 Centim. breit, flach gewölbt, feucht, gelb. Lamellen anfangs weisslich, dann gelb, zuletzt rostbraun. Stiel faserig, erst gelb, dann rostbraun, sehr verschieden lang und nach abwärts bald verdickt, bald verdünnt. Geschmack bitter. Im Sommer und Herbste rasen- förmig an alten Nadelholzstämmen; häufig. Gilt für verdächtig. 366 Agarieini: Agaricus. Hebeloma (8. 363). A. fastibilis Pers. (Ekelschwamm). Hut 5—8 Centim. breit, derbfleischig, flach gewölbt, am Rande ausgeschweift und stumpf, kleberig, kahl, anfangs weisslich, dann lederfarben. Lamellen ausgerandet, ziemlich ent- fernt, anfangs weisslich, später lehmig-zimmtbraun und wässerige Tropfen aus- scheidend. Stiel 4—”7 Centim. hoch, voll, später oft hohl, fast knollig, faserig- schuppig. Mit deutlichem Schleier. Geruch und Geschmack widerig rettigartig. Im Sommer und Herbste in feuchten Wäldern ziemlich häufig. — A. erustuli- niformis Bull. Hut 2—7 Centim. breit, fleischig, fast geschweift, kahl, etwas schmierig, weisslich, blassgelb, schmutzig-graubraun oder lederbraun, oft mit dunklerer Mitte, am Rande wie gewässert, mit blassröthlichem oder schmutzig- weissem Fleische. Lamellen schmal, gedrängt, mit fein gekerbter, hellerer, tro- pfender Schneide, erst weisslich oder gelbgrau, dann wässerig-zimmtfarben. Stiel 7 Centim. hoch, voll oder hohl, am Grunde etwas knollig, flockig-schuppig. Von Anfang an ohne Schleier. Geschmack und Geruch widerig rettigartig.. Vom Früh- linge bis Herbste in schattigen, feuchten Wäldern und Gebüschen häufig. Giftig. Inocybe (8.363). A. rimosus Bull. Hut 2—5 Centim. breit, glockig, dünn- fleischig, ausgebreitet der Länge nach rissig, lederbraun, seidenhaarig-faserig. Lamellen frei, fast bauchig, thonfarben-bräunlich. Stiel 2—5 Centim. hoch, voll, am Grunde fast knollig, weiss, fast kahl, an der Spitze weissmehlig. Geruch erdig. Im Herbste in Wäldern. Giftig. Pholiota (S. 363). I. An Baumstämmen, Aesten etc. lebende Arten: A. mutabilis Schaeff. (Stockschwamm). Hut 2—5 Centim. breit, convex, gebuckelt, kahl, zimmtbraun, später lederfarben, selten etwas schuppig. Lamellen angewachsen- herablaufend, ziemlich breit, erst blass, nachher zimmtbraun. Stiel 2—6 Centim. hoch, anfangs voll, später hohl, steif, sparrig-schuppig, mit zuerst weissem, dann braunem, verschwindendem Ringe und unterhalb desselben rostbraun, oberhalb blass. Im Sommer und Herbste an Stümpfen verschiedener Laubbäume. Essbar. — A. aurivellus Batsch. Hut bis .9 Centim. breit, erst glockig, dann gewölbt, buckelig, fast kleberig, gelbbraun, mit dunkleren und angedrückten Schuppen, jung am Rande flockig. Lamellen buchtig-angeheftet, erst weiss oder strohgelb, zuletzt braun. Stiel bis 9 Centim. hoch, voll, mit angedrückten, rostbraunen, flockigen Schüppchen und abstehendem, dauerndem Ringe. Im Herbste an Laubhölzern. Verdächtig. — I. Auf der Erde wachsende Arten: A. praecox Pers. Hut 5 Centim. breit, weichfleischig, flach-convex, glatt, kahl, weisslichgelb. Lamellen gerundet-angeheftet, gedrängt, erst weiss, dann heller oder dunkler bräunlich. Stiel 5—7 Centim. hoch, später hohl, walzig, mehlig-feinhaarig, später kahl, weiss, mit weissem, oft zerschlitztem und bald verschwindendem Ringe. Im Früh- linge und Sommer an Wegen, auf Wiesen, Grasplätzen u. s. w. häufig. Wird von Krombholz als essbar angegeben. — A. caperatus Pers. (Runzelschwamm). Hut 5—10 Centim. breit, erst eiförmig, dann ausgebreitet, mit weisslichen Flöckchen, gelb, im Alter grubig-runzelig. Lamellen angewachsen, fein gesägt, anfangs weiss- lich, dann thonfarbig. Stiel 9 Centim. hoch, voll, weisslich, oberhalb des zurück- geschlagenen, häutigen Ringes schuppig-fädig. Im Sommer und Herbste in Wäldern. Nach Krombholz ist der Geschmack widerlich; nach Lenz wird der Pilz in Thüringen gegessen. Claudopus (8. 363). A. variabilis Pers. Hut fleischig, erst umgewendet, dann zurückgeschlagen, weiss, filzig. Lamellen breit, entfernt, erst weisslich, dann röthlich. Stiel kurz, gekrümmt, zottig,. Im Herbste besonders an alten Nadel- holzstämmen häufig. Eccilia ($. 363). A. atrides Lasch. Hut fast häutig, flach, tief genabelt, gestreift, schwarz. Lamellen weit herablaufend, ziemlich gedrängt, blass, an der schwarzen Schneide gezähnelt. Stiel fast röhrig, blass, oberwärts schwarz punktirt. Im Spätsommer an feuchten, schattigen Orten. Nolanea ($. 363). A. pascuus Pers. Hut 1—4 Centim. breit, kegelig-aus- gebreitet, fast genabelt, kahl, schwärzlich-rauchgrau, bisweilen gelbgrau oder bräunlich, gestreift, trocken seidig-glänzend. Lamellen gedrängt, fast frei, bauchig, schmutzig- oder röthlichgrau. Stiel 2—7 Centim. hoch, seidig-faserig, gestreift, grau. Sehr zerbrechlich, wässerig. Im Spätsommer und Herbste auf Wiesen, Triften ete. häufig. Agarieini: Agarieus. 567 Leptonia (8. 363). A. chalybaeus Pers. Hut etwa 2 Centim.-breit, ge- wölbt, fast spitz genabelt, schmutzigblau, anfangs flockig, dann schuppig. Lamellen ausgerandet, bläulich, mit blasser Schneide. Stiel voll, glatt, dem Hute gleich- farbig, doch heller. Im Sommer und Herbste auf Wiesen und Triften. Clitopilus ($S. 363). A. prunulus Scop. (Musseron). Hut 2—7 Centim. breit, festfleischig, anfangs gewölbt, später unregelmässig geschweift, trocken, etwas bereift, weisslichgrau. Lamellen etwas entfernt, lang herablaufend, erst weiss, dann fleischroth. Stiel 2—6 Centim. hoch, voll, bauchig, nackt, gestreift. Geruch frisch mehlartig.. Vom Frühlinge bis Herbste in Wäldern häufig. Essbar. — A. Orcella Bull. Etwas kleiner als voriger, der Hut weichfleischig, flach nieder- gedrückt, feucht etwas schmierig, weisslichgelb. Lamellen weisslich-fleischroth. Stiel kurz, flockig, oberwärts verdickt. Truppweise an alten Laubholzstämmen in Wäldern. Wird namentlich in Südeuropa viel gegessen. Entoloma (S. 363). A. sericellus Fr. Hut bis 3 Centim. breit, gewölbt, dann verflacht oder eingedrückt, trocken, seidenhaarig, später schuppig, am Rande flockig. Lamellen ziemlich entfernt, fleischfarbig. Stiel 2—3 Centim. hoch, fast röhrig, faserig, endlich glatt, kahl, weisslich. Im Sommer und Herbste auf Hügeln, Rainen, Triften etc. häufig. Pluteus ($. 363). A. cervinus Schaeff. Hut 5—7 Centim. und mehr breit, anfangs glockig, dann ausgebreitet, glatt, kahl, später faserig oder schuppig, am Rande nackt, rehbraun oder umbrabraun. Lamellen erst weiss, dann fleischroth. Stiel 7—9 Centim. hoch, voll, schmutzigweiss. Von Frühling bis Herbst an faulen- den Stämmen meist häufig. Volvaria (S. 363). A. bombyeinus Schaeff. (Seidenschwamm). Hut 5—20 Centim. breit, anfangs glockig, später etwas ausgebreitet, fast gebuckelt, trocken, weisslich, seidig-faserig. Lamellen fleischfarben, frei. Stiel bis 16 Centim. hoch, voll, schneeweiss, seidenglänzend, am Grunde mit weiter, bauchiger, bräun- licher Scheide. An faulen Laubholzstämmen in Wäldern nicht selten. Essbar. Pleurotus (8. 363). A. ostreatus Jacg. (Buchenpilz, Austernpilz, Dreh- ling). Hut 3—10 Centim. breit, weichfleischig, muschelförmig, fast halbirt, oft un- regelmässig, aufsteigend, zuerst schwärzlich, dann graubraun oder braun, endlich gelblich verbleichend. Lamellen ziemlich entfernt, herablaufend, drüsenlos, hinten meist anastomosirend, weisslich. Stiel excentrisch, fest, elastisch, voll, oberwärts verdickt, am Grunde haarig. Schleier fehlt. Im Herbste an Laubbäumen häufig und fast rasenförmig. Essbar. — A. salignus Pers. Hut 8—16 Centim. breit, anfangs polsterförmig, später mit niedergedrückter, etwas behaarter Scheibe, blass- gelb, braun oder schwarzgrau, derbfleischig. Lamellen am Grunde getrennt, dem Hute fast gleichfarbig, an der Schneide ausgefressen-gezähnelt. Stiel weissfilzig. Sonst wie vorige Art; meist einzeln am Grunde alter Weiden und nach Persoon essbar. — A. olearius DC. Seite 329. Omphalia (S. 364). A. pyxidatus Bull. Hut etwa 1'/, Centim. breit, erst genabelt, dann trichterförmig, kahl, rothbraun, radial gestreift, häutig. Lamellen sehr schmal, zuerst fleischroth, dann isabellfarbig. Stiel kaum bis 2 Centim. hoch, später röhrig, glatt, zähe, blass-rothbräunlich. Auf Brachäckern und Triften fast das ganze Jahr hindurch häufige. Mycena (S. 364). A. capillaris Schum. Aeusserst zart. Hut’ stecknadel- kopfgross bis 2 Millim. breit, glockig, endlich genabelt, weiss, gestreift. Lamellen breit, gewöhnlich nur 6 vorhanden. Stiel bis 2 Centim. hoch, glatt, an der Spitze bräunlich. Zwischen faulenden Blättern in Wäldern nicht selten. — A. vulgaris Pers. Hut kaum bis 1 Centim. breit, erst gewölbt, dann niedergedrückt, fein ge- nabelt, fast häutig, kleberig, braun oder aschgrau. Lamellen etwas herablaufend, zart, weiss. Stiel 2—6 Centim. hoch, zähe, aschgrau, am Grunde faserig. Im Herbste in Nadelwäldern häufig und heerdenweise. — A. purus Pers. Hut 2 bis 7 Centim. breit, ziemlich fleischig, glockig-ausgebreitet, stumpf gebuckelt, kahl, rosenroth, lila oder bläulich, gelb oder weiss, am Rande gestreift. Lamellen buch- tig-angeheftet, sehr breit, etwas netzig-anastomosirend, blasser als der Hut. Stiel bis 10 Centim. hoch, steif, glatt, am Grunde zottig. Geruch nach Rettig. Häufig auf moosigen Plätzen in schattigen Wäldern. 368 Agarieini: Agaricus. Collybia (8.364). A. dryophilus Bull. Hut 3 Centim. breit, flach, nieder- gedrückt, glatt, ziemlich fleischig, braunroth, gelblich, thonfarben oder weisslich. Lamellen buchtig-angeheftet (mit einem Zähnchen fast herablaufend), weisslich oder blass gelblich bis bräunlich. Stiel wenig über 2 Centim. hoch, röhrig, kahl, bräunlich oder gelblich. Von Frühling bis Herbst in Wäldern gemein. Ver- dächtig. — A. tenacellus Pers. Hut bis 1 Centim breit, flach, etwas gebuckelt, bräunlich, verblassend. Lamellen ausgerandet-angeheftet, breit, etwas entfernt, schneeweiss. Stiel 6—10 Centim. hoch, engröhrig, dünn, zähe, kahl, glatt, schmutzig- gelb. Am Grunde alter Stämme in Wäldern fast das ganze Jahr hindurch häufig. — A. esculentus Wulf. (Nagelschwamm, Krösling). Hut kaum über 2 Centim. breit, schmutzig-ockergelb oder bräunlich. Lamellen weisslich. Stiel 2—5 Centim. hoch, thonfarben, dick, hohl. Geschmack etwas bitter. Sonst wie vorige Art. An Wegen und auf Triften etc. vom Frühlinge bis Herbste häufig und meist truppweise. Essbar. — A. fusipes Bull. (Spindelschwamm). Hut 2—12 Centim. breit, zähe, fleischig, zuerst convex, dann flacher und geschweift, glatt oder rissig, mit verschwindendem Buckel, gelblich, röthlich oder braun. Lamellen aderig-ver- bunden, anfangs angeheftet, später frei, weisslich, im Alter etwas gefleckt. Stiel 7—12 Centim. hoch, am Grunde spindelförmig, gefurcht, zuletzt hohl, braunroth oder bräunlich. Am Grunde alter Stämme in Wäldern ziemlich häufig. Wird häufig als essbar bezeichnet. Clitocybe (8. 364). A. odorus Bull. (Anisschwamm). Hut 2—6 Centim. breit, manchmal geschweift, zähe, graugrün oder schmutzig-grün, in der Mitte etwas dunkler, fast bräunlich. Lamellen etwas herablaufend, breit, nicht gedrängt, weisslich oder blassgrünlich. Stiel 2—5 Centim. hoch, voll, elastisch, am Grunde verdickt, blass gelblichweiss. Geruch anisartig.. Im Sommer und Herbste in feuchten Wäldern nicht selten. Essbar. — A. nebularis Batsch. Hut 5 bis 12 Centim. breit, flach, grau oder weisslich, anfangs nebelgrau bereift, dann nackt, derbfleischig. Lamellen etwas herablaufend, gedrängt, weisslich. Stiel bis 7 Cen- tim. hoch, voll, fest, schwammig-elastisch, faserig-gestreift, weissgrau. Geruch schwach süsslich. Im Herbste in Wäldern nicht selten. Wird bald als ver- dächtig, bald als essbar angegeben. Tricholoma (S. 364). I. Hut trocken oder nur feucht, glatt und kahl, höchstens in der Jugend seidenhaarig oder flockig: A. sulphu- reus bull. Hut bis 7 Centim. breit, später flach und etwas genabelt, schmutzig- schwefelgelb oder rothbräunlich und mit gleichfarbigem Fleische, anfangs seiden- haarig. Lamellen bogig-angeheftet, entfernt, schwefelgelb. Stiel 5—9 Centim. hoch, gestrichelt, schwefelgelb, im Alter manchmal hohl. Geruch unangenehm. Namentlich in Laubwäldern heerdenweise, häufig. — A. graveolens Pers. (Mai- schwamm, oft auch als Musseron bezeichnet). Hut 5 Centim. breit, fast halb- kugelig, später ausgebreitet, stumpf, kahl, trocken gerieft, mit glattem Rande, weisslich, grau oder braungelb, nicht gefleckt. Lamellen bogig-angeheftet, erst weisslich, dann grau. Stiel bis 7 Centim. hoch, voll, weisslich, feinfaserig. Geruch mehlartig. Geschmack angenehm. Im Frühlinge in Gebüschen und auf Grasplätzen häufig. Essbar. — A. tigrinus Schaeff. Von vorigem vorzüglich durch den schwarz-gefleckten Hut verschieden. In Nadelwäldern im Frühlinge. Essbar, aber wenig geschätzt. — A. albellus Fr. Hut 5—7 Centim. breit, erst kegel- förmig, dann ausgebreitet, weiss, später graubraun, in der Mitte getropft-schuppig, mit dünnem, nacktem Rande. Lamellen nach hinten verschmälert, weiss, ganz- randig. Stiel eiförmig-knollig, feinfaserig-gestreift. Geruch angenehm. Im Sommer in Laubwäldern. Essbar. — A. gambosus Fr. (A. Pomonae Lenz. Pomona- schwamm). Hut bis 15 Centim. breit, flach gewölbt, stumpf, weissgelblich bis braungelb, gefleckt, am eingerollten Rande anfangs flockig. Lamellen ausgerandet, mit einem Zahne dem Stiele angewachsen, bauchig, weisslich. Stiel 2—7 Centim. hoch, weisslich, an der Spitze flockig,. Im Frühlinge auf Wiesen und begrasten Plätzen meist gesellige. Essbar und sehr wohlschmeckend. — I. Wie vorige Gruppe, aber Hut schuppig, körnig, fädig oder rissig: A. terreus Schaeff. Hut bis über 7 Centim. breit, anfangs glockig, dann ausgebreitet, ge- buckelt, trocken mäusegrau, bräunlich oder bläulich, flockig-schuppig. Lamellen mit einem Zähnchen herablaufend, fein gekerbt, weissgrau. Stiel voll, angedrückt- faserig, weisslich. Im Herbste in schattigen Wäldern. Essbar. — A. Colum- betta Fr. Hut 5—7 Centim. breit, eiförmig, später ausgebreitet und mehr oder Agarieini: Agarleus. 369 weniger verbogen, weiss, oft röthlich gefleckt, später fein seidenhaarig und am eingerollten Rande anfangs filzig, später oft rissig-schuppig. Lamellen gedrängt, dünn, fast fein gesägt, weiss. Stiel bis 5 Centim. hoch, ungleichdick, gestreift, fast kahl. Im Sommer und Herbste auf Haideplätzen und in Laubwäldern. Ess- bar. — A. rutilans Schaef. Hut 2—15 Centim. breit, anfangs glockig, von einem dichten, purpurrothen Filze bedeckt, dann ausgebreitet und mit purpurbraunen Schüppchen, später meist gelb oder bräunlich. Fleisch gelb. Lamellen gelb, an der Schneide verdickt, im Alter fein gesägt. Stiel bis 7 Centim. hoch, meist cy- lindrisch, dem Hute gleichfarbig. Im Spätsommer und Herbste in Wäldern am Grunde alter Stämme nicht selten. Soll essbar sein. — III. Hut kleberig: A. Russula Schaef. Hut 4—7 Centim. breit, gewölbt, später niedergedrückt, dunkelrosa mit gleichfarbigen Körnchen, später gelbflockig. Lamellen ungleichlang, die längsten am Stiele herablaufend, weiss, etwas flockig. Stiel 2—5 Centim. hoch, am Grunde verdickt, voll, weiss, rosa überlaufen, oberwärts feinschuppig. Geruch und Geschmack angenehm. Im Herbste in Wäldern vereinzelt. Essbar. — A. equestris Fr. Hut bis 7 Centim. breit, flach gewölbt, stumpf, verbogen, gelb- röthlich, braun oder rothbraun, am Rande heller, kleinschuppig, derbfleischig. Lamellen frei, schwefelgelb. Stiel bis 5 Centim. hoch, dick, voll, schwefelgelb. Im Herbste in Nadelwäldern. Essbar aber wenig schmackhaft. Armillaria (S. 364). A. melleus ZL. (Hallimasch. Fig. 73, S. 280). Hut bis 10 Centim. breit, erst gewölbt, dann verflacht und in der Mitte gebuckelt, am Rande gestreift, hell braungelb (honigfarbig) bis schmutzigbraun, mit haarigen, dunkelbraunen Schüppchen_ besetzt. Lamellen mit einem Zahne herablaufend, ziemlich entfernt, weisslich, später bräunlich gefleckt. Stiel 5—12 Centim. hoch, schwammig-voll, elastisch, oft gekrümmt, bräunlichgelb, mit flockigem, hängendem Ringe. In Wäldern im Herbste besonders am Grunde von Nadelholzstämmen ge- mein und meist truppweise. Essbar. Die Entwickelung des Fruchtkörpers wurde auf S. 319, die seines Myceliums, der früher als Rhizomorpha fragilis Roth beschriebenen Gebilde, auf S. 279 u. f. geschildert. -Der Pilz ist ferner dadurch wichtig, dass er bei den Nadelhölzern (vorzüglich der Kiefer) die als Harzsticken, Harzüberfülle, Wurzelfäule oder Erdkrebs bezeichnete Krankheit erzeugt, die von etwa fünfjährigem Alter an, bei der Kiefer bis über das hundertste Lebens- jahr hinaus, auftreten kann, ein rasches Absterben des Baumes zur Folge hat und sich gleichzeitig durch reichen Harzausfluss aus Wurzelstock und Wurzeln charak- terisirt. Eingeleitet wird die Krankheit dadurch, dass sich ein Zweig der als var. subterranea bezeichneten Mycelform in eine Wurzel hineinbohrt, bald in den inneren Bast und das Cambium gelangt und nun als var. subcorticalis mit den Verhältnissen angepasster Form (vgl. S. 283) zwischen Holz und Rinde weiter wächst, unter immer weiterer Ausbreitung die auf ihrem Wege liegenden Gewebe zerstörend. Das Mycelium erreicht schliesslich nach aufwärts die Stammbasis und und damit, diese umwachsend, Zugang zu anderen Wurzeln des Baumes, in die es hineinwächst und welche es nach und nach sämmtlich tödtet. Vertrocknen des Stammes, das um so rascher eintritt, je näher der Stammbasis das Mycelium ur- sprünglich eindringt, ist die Folge des Absterbens der Wurzeln. Der aus den zerstörten Harzgängen ausfliessende Terpenthin sammelt sich unter der Rinde oft in grossen Beulen an und ergiesst sich häufig in den benachbarten Boden. In- fection gesunder Bäume durch einen in der Nähe befindlichen kranken Wurzel- stock ist dadurch möglich, dass Mycelstränge von den Wurzeln aus als var. sub- terranea durch den Boden zu anderen Baumwurzeln hinüberwachsen. Uebrigens siedelt sich das Mycelium auch saprophytisch in Stöcken und Wurzeln der Roth- buche, Hainbuche, Birke, Eiche und Vogelbeere an, während es bei Pflaumen und Kirschen vielleicht als Parasit wie bei den Nadelhölzern auftritt. ! Lepiota (8. 364). I. Ring nicht verschiebbar, fest gewachsen, oft vergänglich oder fehlend: A. delicatus Fr. Hut 2—5 Centim. breit, erst gewölbt; dann flach, wenig fleischig, glatt, kleberig, gelblich, hellrosa oder roth- bräunlich. Lamellen gedrängt, frei, weiss. Stiel 5 Centim. hoch, röhrig, trocken, flockig-schuppig, der Ring vergänglich. Im Herbste in Wäldern. Essbar. — A. ! Vgl. weiter R. Hartig, Wichtige Krankheiten der Waldbäume. Berlin 1874.. 8.27. Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 24 370 Agarieini: Agarieus. Vittadini Fr. Hut 7—9 Centim. breit, fleischig, flach gewölbt, weisslich oder bräunlich, dicht mit warzigen, spitzigen Schuppen bedeckt. Lamellen frei, bauchig, dick, weisslichgrün. Stiel 10--25 Centim. hoch, dick, voll, fast eylindrisch, dem Hute gleichfarbig, dieht mit sparrig-schuppigen Zonen versehen, oben mit weitem, fast glockigem, hängendem Ringe. Im Frühjahre und Sommer in Gebüschen und Gärten Mittel- und Südeuropas (Böhmen, Schlesien ete.). Giftig. — A. elypeo- larius Bull. Hut 5 Centim. und mehr breit, gebuckelt, anfangs glatt berindet, weiss, später mit angedrückten, flockigen, rothbraunen, gelblichen oder weissen Schuppen bedeckt. Lamellen frei, genähert, weiss, gelblich oder röthlich. Stiel 5 Centim. und mehr hoch, zerbrechlich, röhrig, wie der vergängliche Ring flockig- schuppig. Im Spätsommer und Herbste in Wäldern und Gebüschen. Verdächtig. — 1I. Ring verschiebbar, häutig, derb: A. excoriatus Schaeff. Hut 5 bis 15 Centim. breit, undeutlich genabelt, weisslich oder bräunlich, weich, mit dünner, kaum in sich trennende Schuppen zerreissender Oberhaut. Lamellen wenig ent- fernt. Stiel 6—12 Centim. hoch, walzig, glatt, weisslich. Im Frühlinge und Herbste auf Wiesen, Rainen, Brachäckern etc. häufig; essbar. — A. procerus Scop. (Parasolschwamm). Hut 7—25 Centim. breit, erst eiförmig, dann flach ausgebreitet und in der Mitte gebuckelt, weichfleischig, weiss oder bräunlichweiss, mit dicker, in zahlreiche, graubraune, dachziegelige Schuppen zerreissender Haut. Lamellen entfernt, meist weiss, seltener gelblich, fleischfarben, oder schwarz gerandet. Stiel bis 30 Centim. hoch, am Grunde knollig, hohl, braunschuppig. Waldränder, Brachäcker, Triften, Gebüsche; von Sommer bis Spätherbst häufig. Essbar und wohlschmeckend. Amanita ($S. 364). Enthält von allen Untergattungen wohl die meisten gif- tigen und verdächtigen Arten. I. Ring fehlend oder undeutlich. Hut 5—15 Centim. breit, erst flockig, dann flach, dünnfleischig, weiss, grau, bleigrau oder braun, am häutigen Rande ge- furcht, anfangs mit Fetzen der weissen Hülle bedeckt. Lamellen weiss. Stiel 8—18 Centim. hoch, hohl, nach oben allmählich verdünnt, zerbrechlich, weiss, flockig-schuppig, am Grunde von einer häutigen, schlaffen Scheide umgeben. Im Frühlinge und Herbste in Wäldern und Gebüschen nicht selten. Soll zwar hie und da gegessen werden, ist aber verdächtig und wird selbst als giftig erklärt: A. vaginatus Bull. (Scheidenschwamm). II. Ring deutlich und vollständig vorhanden. A. Hülle ganz zerreiblich und in Schuppen und Warzen sich lösend, nicht als bleibender Rand den Stielknollen krönend. Hut 7—12 Centim. breit, flach-convex, bräunlich, graubräunlich, schmutzig-röthlich oder fleischfarben bis lederfarben, mit vielen kleinen, ungleichen, weissen, mehligen Warzen besetzt, sein Fleisch sammt dem des Stieles sich früher oder später röthend. Lamellen weiss, nach hinten verschmälert, strichförmig auf den Stiel fortgesetzt. Stiel 5—10 Centim. hoch, voll, kaum knollig, nach oben kegelig verdünnt, weisslich oder röthlich, feinschuppig, der Ring weiss. Im Sommer und Herbste in Wäldern häufig. Giftig: A. rubescens Fr. (Perlenschwamm, grauer Fliegenschwamm). B. Die Hülle reisst ringsum; ein Theil bleibt gewöhnlich als schuppiger Rand des Stielknollens, ein anderer Theil als häutiger Ring und der oberste Theil zerreisst in viele dicke, der Hutoberfläche aufsitzende Warzen. 1. Hut orangeroth oder feuerroth bis orange-blutroth, auf der bei feuch- tem Wetter kleberigen Oberfläche mit zahlreichen dicken, weissen, selten gelblichen Warzen, erst kugelig, dann flach-convex bis ausge- breitet, 7—18 Centim. breit, der Rand fein gestreift, das Fleisch unter der Oberhaut gelblich. Lamellen weiss, manchmal auch gelblich. Stiel am Grunde eiförmig-knollig, erst innen flockig-markig, bald hohl, weiss, selten gelblich, der Ring concentrisch-schuppig-gerandet. Im Sommer und Herbste in Wäldern gemein. Sehr giftig: A. mus- carius L. (Fliegenpilz),. Der Fliegenschwamm war früher bei Wech- selfieber, Krämpfen, Epilepsie, Fistelgeschwüren ete. offieinell (Fungus muscarius — Abbild. Nees v. Esenb. Plantae medie. tab. 5. — Berg, Waarenk. 10). Er enthält Muscarin (S. 332). Von den Bewohnern Östsibiriens und Kamtschatka’s wird er als stark berauschendes Mittel in kleinen Stücken gegessen oder unter Zusatz der Früchte von Vaccinium uliginosum.ete. zur Darstellung eines berauschenden Getränkes benutzt. Agarieini: Agaricus. 371 2. Hut weiss, bräunlich, graulich oder braun. a. b. Hut 7—10 Centim. breit, flach-convex, weiss oder braunröthlich, am Rande undeutlich gefurcht, auf der Oberfläche mit eckigen, ungleichen, zuweilen flockigen, verschwindenden Warzen. Lamellen nach hinten verschmälert. Stiel 12—15 Centim. hoch, voll, unten dachziegelig-schuppig, mit glockig-knolliger, gerandeter, wurzeln- der Basis und zerschlitztem Ringe. Auf humosem Boden im Spät- sommer selten; giftig, jedoch von Anderen auch als essbar be- zeichnet: A. solitarius Bull. Hut 10—15 Centim. breit, flach-convex, weich, zerbrechlich, rauh, faserig, mit mehligen, leicht abtrennbaren Warzen, weisslichgrau oder bräunlich, am Rande nur undeutlich gestreift, bei feuchtem Wetter schmierig. Lamellen gerundet, bauchig. Stiel 10—15 Cen- tim. hoch, flockig-markig, unten schuppig, mit knolligem, unge- randetem Grunde und glockigem, gestreiftem Ringe. Im Herbste in Gebirgswäldern. Giftig: A. excelsus Fr. . Hut 7—12 Centim. breit, ausgebreitet-convex, bräunlich, oft ins Grünliche oder Bläuliche spielend, am Rande gestreift. Lamellen nach hinten verschmälert. Stiel 7—12 Centim. hoch, später hohl, mit einer trennbaren, ockergelben Wulstscheide am Grunde, der Ring schief und unregelmässig. Sonst wie vorige Art. Von August bis October in Laubwäldern. Giftig: A. pantherinus DC. (Pan- therschwamm). C. Die Hülle reisst auf dem Scheitel und bleibt an der Stielbasis als häutige Scheide stehen; der Hut ist kahl oder nur mit einzelnen breiten, warzigen Fetzen der Hülle besetzt. a. Hut braun, bräunlich, braungrau oder bleichpurpurn, 5—7 Centim. breit, erst gewölbt, dann flach, trocken, kahl, oft mit Resten der Hülle, am Rande fast glatt. Lamellen streifig auf den Stiel fort- gesetzt. Stiel 5—10 Centim. hoch, erst voll, dann hohl, seidig, mit eng anliegender Scheide und abstehendem, weisslichem Ringe. Im Sommer und Herbste in Nadelwäldern. Verdächtig: A. re- eutitus Fr. . Hut weiss, weisslich, gelblich oder grünlich, 5—10 Centim. breit. * Hut erst gewölbt, dann flach, trocken, von Resten der Hülle schuppig, mit glattem Rande, weiss, seltener gelb oder grün- lich. Lamellen angeheftet. Stiel erst voll, dann hohl, am Grunde kugelig-knollig. Geruch stark. Im Herbste in Wäl- dern. Giftig: A. Mappa Fr. Hut erst glockig, dann ausgebreitet, bei feuchtem Wetter schmierig, oft nackt, mitglattem, gerundetem Rande, weiss, blass- gelb oder blassgrün, seltener grün, gelb bis olivenfarben. La- mellen gerundet, bauchig. Stiel vom knolligen Grunde aus ver- dünnt, von.oben her hohl werdend, ziemlich kahl, mit zum Theil verwachsener Scheide. Geruch weniger stark. Von August bis Spätherbst in Wäldern. Sehr giftig: A. phalloides Fr. *** Hut spitz, erst kegelförmig, dann ausgebreitet, kleberig, glän- zend, am Rande geschweift-gelappt, glatt, weiss. Lamellen lineal-lanzettlich, an der Schneide flockig. Stiel voll, schup- pig, am Grunde knollig, mit dicker, schlaffer, flockiger Scheide, der Ring flockig. Geruch widrig. Im Herbste in feuchten Wäldern, selten. Giftig: A. virosus Fr. * * . Hut orangeroth oder dunkel goldgelb, mit einzelnen weissen, breiten, hautartig-warzigen Resten der Hülle bedeckt, am Rande gestreift, erst halbkugelig, dann ausgebreitet, 7—15 Centim. breit, sein Fleisch wie Lamellen, Stiel und Ring gelb. Stiel 8-15 Cen- tim. hoch, fast bauchig, flockig, im Inneren flockig-markig, der Ring schlaff, die weisse Scheide bauchig erweitert. Im Sommer und Herbste in Wäldern, auf Haiden und Triften; in Süddeutsch- land selten, in Südeuropa häufig. Essbar und sehr geschätzt (5. 381): A. caesareus Scop. (Kaiserling, Kaiserschwamm). 24* 372 Fossile Thallophyten: Algen. Fossile Thallophyten. ' Dass niedere Formen aus der Gruppe der Thallophyten den Anfang des vegetabilischen Lebens auf der Erde machten, als’ dieses im Entwickelungslaufe derselben überhaupt möglich wurde, unterliegt wohl keinem Zweifel. Es fordert dies nicht allein die Entwickelungsgeschichte als solche; es gehören auch die ersten pflanzlichen Ueberreste, welche uns in der ältesten hier zu berücksichtigen- den geologischen Periode, im Silur, entgegentreten, Lagerpflanzen aus der Abthei- lung der Tange an. Zwar ist die Zahl ihrer uns in silurischen Schichten über- lieferten Formen eine sehr geringe, da zur Zeit kaum 20 Arten (welche 11 Gat- tungen zuertheilt werden) bekannt sind, und auch in jüngeren Perioden bleibt die Zahl der Thallophyten überhaupt immer sehr bedeutend hinter derjenigen der höher organisirten Gewächse zurück. Aber darf uns dies Wunder nehmen? Wir brauchen nur an die Körperbeschaffenheit der grossen Mehrzahl unserer jetzt lebenden Lagerpflanzen zu denken. Wir finden fast durchgängig zarte Gewebe, häufig sogar solche von weicher, selbst gallertartiger Consistenz; es unterliegen daher die allermeisten nach dem Tode einem sehr rasch verlaufenden Verwesungs- processe, der nur bei manchen Formen und dann auch nur unter ganz besonders günstigen Verhältnissen verlangsamt wird. Wenn wir daher schon von grösseren Tangen die Ueberreste aus früheren Perioden oft sehr fragmentarisch erhälten, wie können wir erwarten, dass uns noch zartere, den Confervaceen, Spirogyren und ähn- lichen Formen der heutigen Algenwelt entsprechende Geschlechter oder gar wenig- zellige oder einzellige Organismen erhalten bleiben sollten? Denn die von Göppert als Protococcus adamantinus beschriebenen Algeneinschlüsse im Diamanten, welche der Familie der Palmellaceen (S. 8) angehören würden, sind mehr als zweifelhaft, und viele der als Confervites bezeichneten Pflanzenreste dürften auch etwas anderes als Algen, einzelne vielleicht die feinen Faserwurzeln von höheren Pflanzen sein. Manche der als Algen angesehenen Gebilde sind ferner überhaupt wohl nicht organischen Ursprunges, sondern Concretionen im Gesteine und der- gleichen Dinge mehr. Aehnliche, vielleicht noch ungünstigere Verhältnisse zeigen uns die Pilze. Dieselben sind daher in noch geringerer Artenzahl erhalten worden und fast nur in härteren Fruchtkörpern, die meistens blatt- oder stengelbewohnenden Formen angehören. Ob dabei z. B. manche der als Sphaeria beschriebenen Buckel und Höcker auf fossilen Blättern wirklich Sphaerien, überhaupt Pilzfrüchte sind, mag auch dahingestellt bleiben. Hier, und ebenso bei der Mehrzahl fossiler Tange, können oft nur die allerrohesten äusseren Charaktere als Unter scheidungsmerkmale benutzt werden und die Unterscheidung der beschriebenen Formen ist daher in der Regel auch äusserst schwierig und "problematisch, selbst wenn wir von Vari- ation der Thallusform bei den Algen und von dem denkbaren Vorkommen eines und desselben fossilen Pilzes auf den verschiedenartigsten Pflanzen absehen. Wenden wir uns in Kürze den bis jetzt unterschiedenen Gruppen fossiler Thallophyten zu, so finden wir unter den Algen zuerst die Familie der Nosto- caceen (vgl. S. 15) angegeben, aus welcher nach rein äusseren Merkmalen eine Art, das Nostoc protogaeum Heer, in miocenen Ablagerungen verzeichnet wird. Als Confervaceen (S. 82) werden gewöhnlich die Arten der Gattung Con- fervites Auct. betrachtet, welche in der Kreide und im Tertiär vorkommen und von denen Schimper 10 Formen neben einer Anzahl fraglicher aufführt. Auf ihren oft zweifelhaften Charakter wurde schon hingewiesen. Die Gruppe der Bacillariaceen wurde in ihrer Bedeutung für die Bildung gewisser Erdschichten bereits auf S. 53 erörtert. Hier mag noch bemerkt werden, dass Castracane? in der Asche von Liverpooler Steinkohle, sowie in solcher von Newcastle, St. Etienne und in schottischer Cannelkohle Bacillarienreste gefunden hat, welche sämmtlich lebenden Süsswasserformen angehörten. Das für die Unter- suchung verwendete Material wurde aus dem Inneren der Kohlenstücke genommen. . ." Sehimper, Traite de Paleontologie vegetale. 3 Bände und 1 Bd. Atlas mit 110 Taf. Paris 1869—1874. Die Thallophyten in Bd. I. 127—232. Taf. 1—5. . ‘ Castracane, Die Diatomeen in der Kohlenperiode. Jahrb. f. wissenschattl. otan. X. 1. Fossile Thallophyten: Algen. Pilze. 373 Caulerpeae (8. 70) finden wir mit 6 Arten Caulerpa im Eocen. Auch hier ist nur das Aeussere des Pflanzenrestes maassgebend für die systematische Bestimmung, letztere daher sehr zweifelhaft. Einige andere sehr fragliche Formen aus verschiedenen Schichten werden als Caulerpites Sternbg. beschrieben, dar- unter ©. cactoides Göpp. gar aus dem Silur der Insel Bornholm. Das Vorkommen fossiler Characeen wurde schon auf S. 90 erwähnt. Ihre ersten Spuren zeigen sich im Muschelkalke, doch gehören die meisten der etwa 40 Formen erst dem Tertiär an. Von der Mehrzahl sind nur die harten, früher als Gyrolithen beschriebenen Früchtchen erhalten, selten auch Reste der übrigen Pfianze. In letzter Beziehung sind u. a. Chara helicteres Brongn. und Ch. me- dieaginula Brongn. aus dem Tertiär von Paris zu erwähnen. Von noch lebenden Arten finden sich Ch. hispida und Ch. foetida in den quarternären Travertinen von Cannstadt bei Stuttgart und am Bakie-See in Forfarshire in Schottland. Zahlreicher, mit circa 30 Arten, sind uns die zu den Fucoideen (8.91) ge- rechneten Algenreste bekannt. Dieselben treten schon im Silur auf und wenn sie hier wegen meist schlechten Erhaltungszustandes auch von geringem paläonto- logischem Werthe sind, so haben sie doch dadurch eine gewisse Bedeutung, dass sie in einzelnen Schichten, wie z. B. im Fucoidensandsteine Schwedens und Nord- amerikas, durch massige Anhäufung der Individuen charakteristisch werden und hie und da sogar das Material zur Bildung silurischer Anthraeitlager lieferten. Als eine solche älteste Form ist namentlich Harlania Hallii @oepp. (Arthrophycus Harlanii Hall), zu erwähnen, deren lederartige, vielverzweigte, quergegliederte Thallome ganze Schichtungsflächen nordamerikanischer Sandsteine bedecken. An- dere jüngere, bekanntere Formen sind: Halyseris ($8. 97) erecta Schimp. aus den Oolithen des englischen Jura von Scarborough, — Cystoseira (8. 107) com- munis Ung., C. gracilis Ung., C. affinis Ung. u. a. aus dem Tertiär von Ra- doboj in Kroatien, — Sargassum (8. 108) globiferum Sternbg. im Tertiär des Monte Bolca Italiens, — Himanthalia (S. 107) Amphisylarum Schimp. im Tertiär von Buxweiler im Elsass, — sechs Arten der Gattung Fucus ($. 107) im Eocen Frankreichs u. s. w. Die meisten Formen der augenscheinlich höheren Algen angehörenden Reste werden zu den Florideen (8. 111) gerechnet. 75 Arten, die auf 14 Gattungen vertheilt sind, werden zur Zeit beschrieben. Als niederste, confervenartige Formen, von Schimper auch unter seinen Confervaceen aufgeführt, sind hier drei Thorea- Arten (S. 121) aus dem Tertiär des Monte Bolca zu erwähnen, wo auch mehrere der zu Delesseria (S. 129 und Hydrolapathum, S. 128) gerechneten Algenreste im Eocen reichlich vertreten sind und andere Gattungen, wie Pterigophycus, Ceramites, Melobesites ausschliesslich vorkommen. Die umfangreichsten Gat- tungen sind Chondrites und Sphaerococcites, jede mit etwa 16 Arten und beide im Lias auftretend; die an die lebenden Gattungen Chondrus (S. 123) und ‚Sphaerococeus (S. 129) erinnernde Form der Ueberreste hat ihnen ihre Namen verliehen. Den Corallinen (S. 130) werden ebenfalls mehrere Arten zugezählt, von denen eine (allerdings fragliche Art) als Corallina Reussiana Schimp. be- reits aus dem oberen Silur Böhmens beschrieben wird, einige andere im Jura und in tertiären Schichten vorkommen, wie auch das hierher zu rechnende Litho- thamnion ramosissimum Ung. dem Tertiär bei Wien angehört. Den Algen gegenüber sind Ueberreste von Pilzen in bedeutend geringerer Zahl bekannt. Die meisten derselben (circa 30 Arten) sind kleine Fruchtkörper, die ihrem Aussehen und Auftreten auf Blättern und Stengeln nach den Pyreno- myceten (8. 143) zuzurechnen sind und der alten Sammelgattung Sphaeria (S. 152) eingereiht wurden. Alle angeblichen Arten dieser Gattung sind tertiär, viele derselben von Heer aus den Oeninger Schichten, andere aus den Ligniten von Bovey Tracey in England etc. beschrieben worden. Zwei andere tertiäre Arten werden zur Gattung Dothidea ($. 165) gestellt. Auch die Ordnung der Discomycetes (S. 165) ist hier vertreten. Arten der Gattungen Phacidium (S. 170), Hysterium ($. 171), Rhytisma ($. 171) und Cenangium (S. 171) wer- den aus tertiären Schichten, zum Theil Oeningens und Salzhausens, aufgeführt. Selbst die Gattung Peziza (8. 172) ist mit zwei tertiären Formen vorhanden, von denen die eine (P. candida G@oepp.) im Bernstein, die andere (P. sylvatica Ludwig) in den Ligniten von Salzhausen gefunden wurde. Von Hymenomyceten (S. 278) kennt man zwei Arten von Hydnum, H. antiquum Heer und H. ar- 374 Fossile Pilze und Flechten. — Museineae. gillae Ludwig, dann Polyporus foliatus Ludwig und Lenzites Gastaldi Heer als seltene Vorkommnisse im Tertiär. Rechnet man dazu einige als Slcero- tium (8. 143) beschriebene Gebilde aus tertiären Ablagerungen Oeningens und Salzhausens, sowie ein paar fragliche Schimmelpilze (Hyphomycetes — 8. 149): Sporotrichum heterospermum G@oepp., das auf Insekten im Bernstein gefunden wurde, und ein paar in fossilen Hölzern beobachtete Nyctomyces-Arten, so ist die Reihe der Pilze geschlossen. Von Flechten sind kaum ein Dutzend fossiler Arten bekannt. Die meisten derselben kommen im Bernstein vor und gehören zum Theil noch lebenden Arten an, wie Ramalina calycaris Fr. (S. 225), Usnea barbata Fr. (S. 226), Cor- nicularia aculeata Ach. (8. 225), Sphaerophorus coralloides ($. 213), — theils sind dieselben von solchen specifisch unterschieden worden. Auf Braun- kohlenhölzern hat man Graphis scripta var. succinea @oepp. (8. 214), Ope- grapha Thomasiana Goepp. und Pyrenula nitida Schrad. (8. 212) gefunden. II. Gruppe. Museineae. Moose. ! (Hepaticae et Museci frondosi.) Würden wir nach rein vegetativen Merkmalen die Gruppe der Muscineen von derjenigen der Thallophyten abgrenzen wollen, so würden wir bei den nie- dersten Formen der ersteren auf einige Schwierigkeiten stossen. Denn bei den Anthoceroten ist der Pflanzenkörper noch ein flach der Erde aufliegendes Thallom (S. 1), das selbst nicht einmal Andeutungen irgend welcher Blattbildung zeigt. Die Riccieen und Marchantieen, sowie die niedrigst organisirten Jungermanniaceen entwickeln ein flaches, thallusartiges, dem Substrate dicht angeschmiegtes Stämm- chen, das auf seiner Unterseite schon schuppige Auswüchse trägt, die man als Blätter betrachten kann, während Gattungen wie Blasia den Uebergang zu den beblätterten Jungermannieen machen, indem sie neben schuppenartigen Blättchen der Unterseite auch an den Seitenrändern der bandartigen Axe grössere Blätter tragen, die aber als scheinbar flügelartige Erweiterungen des Stämmchens sich noch wenig von diesem abheben. Erst von den höheren Jungermanniaceen an ist der vegetative Körper der Moose deutlich in ein kriechendes oder aufrechtes, ein- faches oder verzweigtes Stämmchen und von diesem getragene, mit breiter Basis schief oder unter rechtem Winkel zur Längsaxe sitzende Blätter differenzirt, welche sammt Stengel einen sehr einfachen Bau zeigen und namentlich die echten Fibro- vasalbündel der Gefässpflanzen noch vermissen lassen. Hat man aus letzterem Grunde die Muscineen mit den Thallophyten früher als Zellenpflanzen (Cryp- togamae cellulares) vereinigt, so erinnern doch auf der anderen Seite namentlich bei den Laubmoosen gewisse gefässbündelartige Zellenzüge bereits an eine weiter- gehende Gewebebildung, die am betreffenden Orte specieller erläutert werden soll. Wurzeln fehlen den Moosen ebenfalls; sie sind funetionell von Rhizoiden (Wur- zelhaaren) vertreten, die in der Regel in reicher Menge entwickelt werden und bei Laubmoosen häufig gleichzeitig als Organe ungeschlechtlicher Vermehrung dienen helfen. Letztere wird ausserdem bei den allermeisten Moosen noch durch zahlreich erzeugte Brutknospen, sowie dadurch bewirkt, dass die an der Spitze weiter wachsenden, sich unterhalb der Spitze verzweigenden Stämmchen von hinten, respective von unten her beständig absterben und so nach und nach die gleich- falls Rhizoiden entwickelnden Seitensprosse zu selbständigen Pflänzchen werden. Weit höher zeigt sich selbst schon bei den tief stehenden Formen der An- thoceroten, Riccieen und Marchantieen die Differenzirung der Geschlechtsorgane, namentlich aber des aus der befruchteten Eizelle hervorgehenden kapselartigen, sporenerzeugenden Gebildes, des Sporogoniums. Beiderlei Sexualorgane, die Anthe- ‘ Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen der Keimung, Entfaltung und Fruchtbildung höherer Kryptogamen und der Samenbildung der Coniferen. 4° mit 33 Taf. Leipzig 1851. Musecineae. 375 ridien als männliche und die Archegonien als weibliche, sind zwar ihrem mor- phologischen Werthe nach bei den genannten Familien noch Haarbildungen oder Trichome, während sie bei den höheren Muscineen bald als solche, bald auch an derselben Pflanze an Stelle der Blätter auftreten, ja selbst als metamorphosirte Sprosse bezeichnet werden dürften, insofern sie direct aus der Scheitelzelle des Stämmchens oder seiner Seitenzweige ihren Ursprung nehmen. In allen Fällen aber zeigt sich trotz mancher kleinen Verschiedenheiten im Baue eine grosse Uebereinstimmung in demselben und selbst die Entwickelungsgeschichte verläuft innerhalb jeder grossen Classe, der Lebermoose und Laubmoose, nach einem ge- wissen Typus. Im Allgemeinen sind die. Antheridien keulen- bis eiförmige, kurz- oder langgestielte Organe, die mit ihrer aus nur einer Zellenschicht bestehenden Wand das aus zahlreichen kleinen, fast cubischen Zellen gebildete Mutterzellgewebe der Spermatozoiden einschliessen (vgl. Fig. 87, E und F). Letztere werden einzeln in jeder Zelle als ein schraubig gewundener, am Hinterende etwas verdickter, am spitzen Vorderende zwei lange, feine, schwingende Wimpern tragender Plasmakörper (Primordialzelle) entwickelt (Fig. 87 G). Die Samenkörper werden nicht unmit- telbar von dem auf seinem Scheitel sich öffnenden Antheridium entleert; es wird die ganze Masse der bereits während der Spermatozoiden-Bildung abgerundeten Mutterzellen ausgestossen, das einzelne Spermatozoid dann erst durch gänzliche Verflüssigung der schon vorher stark gequollenen Mutterzellmembran frei. Da das Öefinen der reifen Antheridien am frühen Morgen oder in den Nachtstunden, wenn die Pflanzen vom Thau benetzt sind, oder nach einem Regenwetter erfolgt, so finden die ausgetretenen Samenkörper stets eine genügende Wasserschicht auf den Pflanzen, um zu den Archegonien gelangen zu können, deren Eizelle sie befruch- ten sollen. Die Archegonien (vgl. Fig. 89, C und D), welche auch bei den Gefäss- kryptogamen die charakteristischen weiblichen Organe sind und daher beiden Gruppen auch zu dem gemeinsamen Namen der Archegoniaten verholfen haben, sind bei sämmtlichen Muscineen mehr oder minder flaschenförmige, gewöhnlich nur kurz gestielte Behälter mit diekem, in seiner Centralzelle das Ei einschlies- sendem Bauche und langem, oft gekrümmtem Halse, welcher aus einer axilen und 5—6 peripherischen Zellenreihen gebildet wird. Zum Zwecke der Befruchtung wird die axile Reihe der „Canalzellen‘‘ aufgelöst, indem ihre Membranen gallert- artig quellen und die dadurch erzeugte Schleimmasse die auf dem Halsscheitel gelegenen Zellen auseinander weichen lässt, gleichzeitig aber ein schleimerfüllter Canal entsteht, der den Spermatozoiden, welche an die Archegoniummündung ge- langen, den zweckmässigsten Weg zur Eizelle bietet. Die specielleren bei der Befruchtung stattfindenden Vorgänge sollen bei einzelnen Familien, namentlieh den Marchantiaceen, erläutert werden. Das in Folge der Befruchtung sich mit einer Membran umhüllende Ei ver- wandelt sich durch eine Reihe zum Theil sehr gesetzmässiger Theilungen in einen vielzelligen Gewebekörper, dem Sporogonium, dessen obere Hälfte sich zur eigentlichen sporenerzeugenden Kapsel differenzirt, während aus der unteren der oft sehr rudimentäre Stiel und der Sporogoniumfuss hervorgehen. Letzterer (oder, wo derselbe fehlt, der Basaltheil des Stieles) drängt sich in den unteren Theil des Archegoniums ein und oft noch tief in das Gewebe des Stämmchens hinab, von dem er scheidenartig umwachsen wird, ohne jedoch mit ihm zu verwachsen; das feste Aneinanderschmiegen beider Organe genügt schon zur Ernährung des Sporo- goniums seitens des Moospflänzchens. In dem reifenden Sporogonium werden entweder im ganzen Innenraume oder in einem besonderen sackförmigen Behälter, dem Sporensacke, die Sporen durch Viertheilung ihrer schon vorher isolirten Mutterzellen erzeugt. Die Thei- lung selbst ist bei allen Muscineen wesentlich die gleiche. Sie beginnt mit der Furchung des Protoplasmas der Mutterzelle in vier Lappen nach den Ecken eines Tetraöders und der schliesslichen gänzlichen Trennung desselben in vier tetraö- drisch gelegene Portionen, von denen jede nach Umhüllung mit einer neuen Zell- haut die junge Spore darstellt. Letztere wird sammt ihren Schwestersporen da- durch frei, dass die schon vorher gallertartig gequollenen Membranen der Mutter- zellen sich nach und nach ganz verflüssigen, während sich die noch wachsende Sporenhaut in zwei Schichten differenzirt: in eine derbe, cuticularisirte, gewöhnlich 376 Museineae: System. gefärbte und mit localen Verdickungen (Warzen, Stacheln, Leisten) versehene Aussenhaut (das Exosporium) und in eine zarte, farblose, nicht cuticularisirte Innenhaut (das Endosporium). In Folge ihrer Lagerung in der Mutterzelle und des gegenseitig aufeinander ausgeübten Druckes zeigen die Sporen zahlreicher Moose kugeltetraädrische Form, d. h. sie besitzen eine stark in Form einer Kugel- schale gewölbte Grundfläche (die in der Mutterzelle freie Aussenfläche) und dieser aufgesetzt drei mehr oder minder scharf hervortretende Pyramidenflächen (die Berührungsflächen der vier Schwestersporen innerhalb ihrer gemeinsamen Mutter- zelle), an deren Berührungskanten gewöhnlich noch je eine besondere Verdickungs- leiste verläuft, in welcher das Exosporium später bei der Keimung aufzureissen pflegt. In dem Protoplasma der reifen Spore befindet sich häufig neben Stärke oder Fetttropfen noch Chlorophyll. Ausser den Sporen werden bei den allermeisten Lebermoosen noch eigen- thümliche, meist spindelförmige, mit Spiralbandverdickungen versehene Zellen, _die Schleuderer oder Elateren, im Sporogonium erzeugt. Der Archegoniumbauch wächst, während der Hals verschrumpft, nach der Befruchtung noch eine Zeit lang weiter, der Ausdehnung der jungen Kapsel folgend. Bei den Laubmoosen wird er dann aber, wenn das Sporogonium sich streckt, an seiner Basis ringsum abgesprengt und als den Scheitel des Sporo- goniums deckende, verschieden geformte Haube oder Mütze (calyptra), empor- getragen. Bei den Lebermoosen dauert sein Wachsthum länger. Er umhüllt das Sporogonium noch zur Zeit der Sporenbildung und wird erst durchbrochen, wenn die Kapsel unter Streckung ihres Stieles zur Sporenausstreuung hervortritt. Dann bleibt aber das an seinem Scheitel zerrissene Archegonium als eine Art Scheide an der Stielbasis sitzen; die Kapsel selbst ist ohne Haube. Bei der Keimung der Moossporen reisst das Exosporium der Regel nach in den drei Leisten der Pyramidenflächen dreilappig auf und das früher oder später heraustretende Endosporium entwickelt sich zu einem meist kräftig ausgebildeten, seltener rudimentären Vorkeime (protonema), einem verzweigten, fadenförmigen, seltener flächenförmigen Gebilde, das auf ungeschlechtlichem Wege, durch Kuos- penbildung, wieder die junge Moospflanze erzeugt. Es tritt somit im Entwicke- lungsgange der Museineen ein klar ausgeprägter Generationswechsel auf: ein aus der Spore durch Vermittelung eines Vorkeimes gebildetes Pflänzchen mit Sexualorganen — und ein aus der befruchteten Eizelle hervorgegangenes Sporo- gonium, welches mit der Pflanze in keiner organischen Verbindung steht und auf ungeschlechtlichem Wege die Sporen erzeugt. Die Gruppe der Muscineen wird gewöhnlich in zwei Classen getheilt, die sich folgendermaassen charakterisiren lassen: Hepaticae. Lebermoose: Die Spore entwickelt meistens nur einen kleinen oder auch sehr rudimentären Vorkeim. Die Pflanze ist entweder ein blattloser Thallus (Anthoceroteae), oder ein -thallusartiges Stämmchen mit schuppenartigen Blättern (Rieciaceae, Marchantiaceae, Jungermanniaceae frondosae), oder ein nor- mal entwickeltes, fadenförmiges, kriechendes, bilaterales Stämmchen mit zweireihig stehenden, einschichtigen Oberblättern (Seitenblättern) ohne Nerv und schuppen- artigen (oder fehlenden) Unterblättern (Jungermanniaceae foliosae). Das Sporogo- nium besitzt nur in wenigen Fällen eine Columella, d. h. ein centrales, steriles, nicht zur Sporenbildung verwendetes Gewebe (Anthoceroteae); meistens wird das gesammte innere Kapselgewebe zur Entwickelung von Sporen allein (Ricciaceae), oder von Sporen und Elateren (Marchantiaceae, Jungermanniaceae) verbraucht. Das Sporogonium öffnet sich ferner selten mit einem Deckel (einige Marchantia- ceen), meistens mit Zähnen oder Klappen, oder die Fruchtwand wird schon vor der Reife der Sporen zerstört (Ricciaceae); es durchbricht bei der Reife das Archegonium an seinem Scheitel, so dass dieses nicht als Haube emporgetragen wird, sondern als Scheide den Grund des Stieles umgiebt. Musci (Musei frondosi). Laubmoose: Aus der Spore entwickelt sich ein kräftiger, meistens verästelter und fadenförmiger, seltener flächenförmiger Vor- keim. Das in der Regel nicht bilaterale, aufrechte oder kriechende, einfache oder verzweigte Stämmchen erzeugt stets Blätter, die häufig mit einem Mittelnerven aus länger gestreckten, in mehreren Lagen über einander liegenden Zellen ver- sehen sind. Eine centrale Gewebemasse des Sporogoniums bildet sich zur sterilen Columella aus, die selbst da der Anlage nach vorhanden ist, wo sie später fehlt Museineae: System. 377 (Archidiaceae). Ein die Columella hohleylindrisch (Cleistocarpae, Stegocarpae) oder ‘ glockenförmig (Sphagnaceae, Andraeaeaceae) umgebendes Gewebe wird zum Sporen- sacke, der nur Sporen, nie Elateren enthält. . Das Sporogonium wird nur selten durch Verwitterung (Cleistocarpae) oder durch Längsspalten (Andraeaeaceae), meistens durch Abwerfen eines oberen deckelförmigen Theiles (Stegocarpae) ge- öffnet. Es sprengt ferner schon früh das Archegonium an dessen Basis ringförmig ab und trägt dasselbe auf seinem Scheitel als Mütze oder Haube empor (nur bei den Archidiaceen bleibt es seitlich am Grunde der Kapsel sitzen). In neuerer Zeit hat man auf Grund weitergehender entwickelungsgeschicht- licher Untersuchungen die beiden Classen in eine Anzahl gleichwerthiger kleinerer Abtheilungen aufgelöst, beziehentlich die früheren Ordnungen zu solchen erhoben. Wir lassen eine Uebersicht derselben folgen. I.,Der Stamm ist ein flaches, auf der Unterseite mit schuppenartisen, später zerreissenden und undeutlich werdenden Blättern versehenes Laub ohne Spalt- öffnungen. Die Antheridien und Archegonien sind offenen Höhlungen der Lauboberseite eingesenkt. Das Sporogonium beibt stets im Archegoniumbauche eingeschlossen; seine zarte Wand wird später resorbirt, so dass die Sporen frei oder von einer aus den verdiekten Aussenwänden der äussersten Lage der Sporenmutterzellen gebildeten falschen Wand umschlossen im Archegonium liegen. Columella und Elateren fehlen: Ricciaceae. II. Das Pflänzchen ist ein völlig blattloser Thallus, der bei Anthoceros auf der Unterseite Spaltöffnungen besitzt. Die Antheridien entwickeln sich unter der Epidermis der Thallusoberseite, von der sie anfänglich bedeckt bleiben, die aber später lappig aufreisst. Die Archegonien sind der Oberseite des Laubes eingesenkt und (bei Anthoceros) allseitig mit diesen verschmolzen. Das scho- tenartige, mit zwei Klappen aufspringende und mit Columella und Elateren versehene Sporogonium tritt aus dem Archegonium hervor: Anthoceroteae. III. Das Stämmchen ist ein flaches, auf der Unterseite mit schuppenartigen, ver- gänglichen Blättchen, auf der Oberseite mit grossen Spaltöffnungen versehenes Laub. Antheridien und Archegonien werden meistens auf besonders gestal- teten Sprossen entwickelt (nur bei Targionia sitzt das Sporogonium einzeln in der Ausbuchtung des Laubes). Das kapselartige Sporogonium durchbricht bei der Reife den Scheitel des Archegoniums, dieses an seiner Basis als Scheide zurücklassend; es öffnet sich mit Zähnen oder mit einem Deckel, seltener mit 4—8 Klappen und enthält keine Columella, wohl aber Elateren: Marchan- tiaceae. IV. Das Pflänzchen ist ein flaches, thallusartiges, mit schuppigen Blättchen ver- sehenes, spaltöffnungsloses Laub oder ein meistens cylindrischer, selten flacher, zwei- oder dreireihig beblätterter Stengel, aber auch in diesem Falle ohne Spaltöffnungen. Die Sexualorgane sind nur selten eingesenkt. Die vom Scheitel bis zur Basis mit meist vier Klappen aufspringende Kapsel sitzt einzeln auf dem Laube oder auf dem Ende des Stengels oder seiner Zweige und durchbricht bei der Reife den Scheitel des Archegoniums; sie enthält neben den Sporen Elateren, aber keine Columella: Jungermanniaceae. V. Die Pflänzchen entwickeln stets ein cylindrisches und beblättertes, wie die Blätter spaltöffnungsloses Stämmchen. Das Sporogonium enthält stets (wenig- stens der Anlage nach) eine Columella, aber niemals Elateren. A. Das Archegonium bleibt bei der Reife des Sporogoniums als Scheide an dessen Basis zurück (nur selten wird ein geringer Rest mit emporgehoben). Das sich mit einem Deckel öffnende Sporogonium ist äusserst kurz ge- stielt, wird aber von dem stielartig sich verlängernden obersten Stengel- theile (dem Pseudopodium) emporgetragen. Die kurze Columella wird auf ihrem Scheitel von dem glockenförmigen Sporensacke überdeckt: Sphagna. B. Das Archegonium wird schon früh an seiner Basis ringsum durchrissen und auf dem Scheitel des Sporogoniums als Haube (calyptra) emporgehoben. 1. Die Columella wird auf ihrem Scheitel von dem glockenförmigen Sporensacke überdeckt. Das äusserst kurz gestielte Sporogonium steht auf dem Scheitel eines Pseudopodiums und öffnet sich mit vier kreuz- weise gestellten Längsrissen so, dass die sich reifenartig auswärts biegenden vier Klappen an der Basis und auf dem Scheitel verbunden bleiben: Schizocarpae (Andraeaeaceae). 378 Museineae: System. — Riccieae. 2. Die Columella steht oben und unten mit der Kapselwand in Verbindung, der Sporensack ist daher hohleylindrisch. Ein Pseudopodium fehlt. a. Das Sporogonium bleibt geschlossen und die Sporen werden durch Verwesung der Kapselwand frei: Cleistocarpae (Phascaceae). b. Das Sporogonium öffnet sich durch Abwerfen eines Deckels: Ste- gocarpae (Bryaceae). In dieser Uebersicht bilden die ersten vier Gruppen die Classe der Leber- moose, die letzten vier gehören den Laubmoosen an. Ohne damit der älteren Classifieirung den Vorzug geben zu wollen, soll dieselbe hier aus Bequemlichkeits- rücksichten bei Angabe der Literatur noch beibehalten werden; die Gruppirung der einzelnen Ordnungen bleibt ja trotzdem dieselbe. V. Classe. Hepaticae.'! Die kurze Charakteristik der Lebermoose siehe auf 8. 376. - 19. Ordnung. Riceiaceae. 146. Familie. Riccieae (S. 377).? Das auf feuchtem Boden kriechende, seltener auf dem Wasser schwim- mende, laubartig-flache Stämmchen der Riceieen ist wiederholt gabelig in linea- lische oder herzförmige Lappen getheilt und in der Regel rosettenartig ausge- breitet. Auf seiner Unterseite entspringen (namentlich zu beiden Seiten der idealen Längsaxe) lange, schlauchförmige, einzellige, unverzweigte Rhizoiden (Wur- zelhaare, besser als Haarwurzeln bezeichnet), deren innere Wandfläche häufig zapfenartige Verdickungen besitzt, die jedoch erst ziemlich weit hinter der fort- wachsenden Spitze auftreten. Was den anatomischen Bau betrifft, so zeigt die Oberfläche des Laubes bei Riccia? eine deutlich entwickelte, aber spaltöft- nungslose Epidermis, deren wasserhelle Zellen ihre Aussenwand häufig in Form ! Gottsche, Lindenberg et Nees ab Esenbeck, Synopsis Hepaticarum. Hamburg 1844—1847. — Lindenberg, Synopsis Hepaticarım europaearum; Nova Acta Acad. Leopold. XIV (1829), Supplem. — Nees v. Esenbeck, Naturgeschichte der europäischen Lebermoose mit besonderer Beziehung auf Schlesien und die Oertlichkeiten des Riesengebirges. (Auch unter dem Titel „Erinnerungen aus dem Riesengebirge.) 4 Bde. Berlin u. Breslau 1833— 1838. — Huebener, Hepatico- logia germanica oder Beschreibung der deutschen Lebermoose. Mannheim 1834. — Dumortier, Hepaticae Europae; Jungermannideae Europae post semiseculum re- censitae, adjunctus Hepaticis. Bullet. de la soc. roy. de botanique de Belgique 1874 (auch als eigenes Werk erschienen). — Lindberg, Hepaticae in Hibernia mense Julii 1873 lectae. Acta societatis scientiarum fenniae X (1875). Enthält ein neues System der europäischen Lebermoose (vgl. Just’s Botan. Jahresber. III. 298). — Hofmeister, Vergleichende Untersuch. (S. 374, Note 1). — Janczewski, Vergleichende Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte des Archegoniums. Botan. Zeit. 1872. S. 377. — Kienitz-Gerloff, Vergleichende Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte des Lebermoos-Sporogoniums. Botan. Zeit. 1874, S. 161 und 1875, 8. 777. — Leitgeb, Untersuchungen über die Lebermoose, Heft 1—35. Jena 1874—1877. ? Kny, Ueber Bau und Entwickelung der Riccien. Jahrb. f. wissensch. Bo- tan. V. 364. Taf. 44—46. — Bischoff, Bemerkungen über die Lebermoose, vor- züglich aus den Gruppen der Marchantieen und Riccieen. Nova Acta Acad. Leo- pold. XVII. p. 2 (1835). — Lindenberg, Monographie der Riccieen. Nova Acta Acad. Leopold. XVII (1836); mit 19 Tafeln. — Fellner, Ueber die Keimung der Sporen von Riccia glauca. Jahresber. d. akademisch. naturwissensch. Vereines in Graz, 1875 (mit 2 Taf.). 3 Auf diese am besten bekannte Gattung beziehen sich, wenn nicht speciell eine andere Gattung genannt wird, alle folgenden Angaben, Rieeieae: Bau. Scheitelwachsthum. 379 einer stumpf-cylindrischen oder geschweift-kegelförmigen Papille hervorwölben, wo- durch den Pflänzchen wenigstens zum Theil der eigenthümliche Seidenglanz ver- liehen wird. Der Rand des Stämmchens ist bei einigen Arten durch Wimperhaare verziert. Das Innere des Laubes lässt auf der dem Substrate zugekehrten Seite zunächst ein aus nur wenigen Zellschichten gebildetes lockeres, dünnwandiges Parenchym ohne Chlorophyll und Stärke erkennen, von dem die Wurzelhaare so- wie die gleich zu erwähnenden Blattschuppen entspringen. Ueber diesen Zellen liest im mittleren, stärksten Theile der. Laublappen ein centraler Strang prosen- chymatischer, chlorophyllloser, aber Stärke führender Zellen und zwischen diesem und der Epidermis der Oberseite ein durch die vertikal-reihenförmige Anordnung seiner Zellen ausgezeichnetes chlorophyllhaltiges Gewebe, dessen Reihen gegen die Ränder hin in seichten Bogen übergehen und das die verdünnten Seitenränder des Laubes fast ausschliesslich zusammensetzt. In jüngeren Laubtheilen schliessen die Zellen dieses Gewebes noch eng aneinander; später bilden sich zwischen ihnen zahlreiche senkrechte, lufter- füllte Intercellularräume, die sich bei einzelnen Arten der Gattung sogar zu grossen, nur durch einfache Zell- schichten von einander getrennten Luftkammern erweitern. In einer vorderen, herzförmigen Einbuchtung jedes Laublappens liegt bei Riccia eine Reihe einander voll- kommen gleichwerthiger terminaler Randzellen, welche. das Scheitel- wachsthum des Sprosses ver- mitteln. Jede derselben gleicht von der Fläche gesehen einem länglichen Trapez mit zwei gleichgrossen Sei- tenwänden und oft sehr verschmä- lerter freier Aussenwand (Vorder- wand). Auf senkrechten Schnitten durch die Laubmitte zeigen sie eine kreisförmig gewölbte Aussenwand und nach rückwärts zwei ebene oder schwach gekrümmte Wände, von denen die eine der Laubunterseite parallel, die andere derselben fast senkrecht aufgesetzt ist (Fig. 85 s). Die Theilungen in diesen Randzellen erfolgen abwechselnd parallel der einen der beiden letzteren Wände, Fig. 5. Riceia ciliata Hoffm. Vertikaler Längsschnitt so dass eine Reihe rückensichtiger durch die Scheitelregion eines Sprosses. s Terminule und eine Reihe bauchsichtiger Seg- Randzelle. b’—b‘'' Blattschuppen. a und «'' Zwei mente gebildet werden, die im jün- verschieden alte Archegonien. Nach Kny. Vergr. 440. geren Gewebe noch auf lange Zeit in ihrer regelmässigen Anordnung erkennbar sind, und welche sich zunächst weiter durch eine senkrecht auf die erste Segmentwand gestellte Wand in eine Innen- und Aussenzelle theilen (Fig. 85). Da nach und nach die beiderseits äussersten terminalen Randzellen zur Bildung der Seitenränder des Laubes verwendet werden, so wird ihre Zahl dadurch wieder vermehrt, dass in einer zuvor in der Breite vergrösserten Randzelle eine den beiden Seitenwänden parallele Längswand auf- tritt, welche die Zelle in zwei völlig gleiche terminale Randzellen halbirt. Die an jedem Sprosse schon früh eintretende echte Gabelung wird dadurch einge- leitet, dass sich die terminalen Randzellen in der Breite in der eben angedeuteten Weise vermehren und dadurch zu zwei neben einander gelegenen Vegetations- punkten formiren, dass sie nicht nur nach rechts und links gegen die Seitenränder, sondern auch gegen das frühere Centrum hin Randzellen mit begrenztem Spitzen- wachsthum abscheiden. Da die beiden auf diese Weise entstehenden, völlig gleichwerthigen Tochtersprosse auch in ihrer weiteren Ausbildung gleichen Schritt halten und derselbe Gabelungsprocess sich in derselben Vegetationsperiode mehr- 380 Rieeieae: Antheridien und Archegonien. mals wiederholt, so erklärt sich daraus die regelmässige, stern- oder rosettenartige Ausbreitung des Stämmchens leicht. Die auf der Unterseite jüngerer Laubtheile sichtbaren Blattschuppen oder schuppenartigen, zarten, farblosen oder gefärb- ten, aus nur einer Zellschicht gebildeten Blätter (Fig. 85 d’—b””) entstehen in unmittelbarer Nähe des Vegetationspunktes dadurch, dass schon die jüngsten bauch- sichtigen Segmente der terminalen Randzellen gleichzeitig ihre Aussenwand nach vorne wölben (Fig. 85 b’), so dass sie rasch die letzteren überragen. Indem unter fortgesetztem schnellem Längenwachsthume rasch hinter einander in den benach- barten Zellenreihen dem Vorderrande des Sprosses parallele Wände auftreten und auch die Zellen sich noch strecken, werden die einander völlig deckenden und sogar mit den Rändern übergreifenden Schuppen bald definitiv ausgebildet; später reissen sie in Folge stärkeren Laubwachsthumes in der Mitte der Länge nach auseinander und an älteren Sprossen sind sie ganz verschwunden oder nur noch in verschrumpften Fragmenten vorhanden. Die Riccien sind monöcisch oder diöcisch. Die Anlage eines Antheridiums tritt schon in unmittelbarer Nähe der Scheitelregion auf, indem sich eine Epider- miszelle der Sprossoberseite rasch zur eiförmigen Antheridium-Mutterzelle ver- grössert, deren weitere Ausbildung wahrscheinlich genau wie bei Marchantia er- folgt. Wenigstens ist das fertige Antheridium demjenigen der letztgenannten Gat-, tung sehr ähnlich (vel. Fig. 87, E und F); es zeigt wie dieses eine einschichtige, aus grösseren aber dennoch zarten, chlorophyllhaltigen Zellen bestehende Wand, welche ein aus zahlreichen kleinen, würfelförmigen, sehr plasmareichen, farblosen Zellen gebildetes Mutterzellgewebe der Spermatozoiden umschliesst, das nach der Reife der letzteren wie bei Marchantia als ein Schleimtropfen entleert wird. Während seiner Entwickelung wird ferner das Antheridium genau wie bei Mar- chantia dadurch in eine Höhlung der Lauboberseite versenkt, dass die die An- theridienanlage umgebenden Zellen schon früh unter lebhaften Theilungen letztere überwallen, ohne jedoch mit ihr zu verwachsen und nur einen engen Canal über dem Antheridienscheitel lassen (vgl. Fig. 87 D), der später den Spermatozoiden den Austritt gestattet und sich bei den meisten Riccien noch stiftförmig über die Lauboberfläche verlängert. Die jüngsten Archegonien erscheinen wenige (4—5) Zellenreihen vom Vegetationspunkte entfernt als eine sich ausstülpende Oberhautzelle, deren frei vorragender Theil reichlich Plasma ansammelt, kugelig anschwillt und darauf als eigentliche Archegonium-Mutterzelle durch eine horizontale Scheidewand abgegrenzt wird. In dieser Zelle erscheinen zuerst nach einänder drei etwas schiefe Längswände, welche sich gegenseitig unter einem Winkel von 60° treffen und das Archegonium in drei peripherische und eine innere, im Querschnitte dreiseitige Zelle theilen (Fig. 85 a’ im optischen Längsschnitte). Jede der peripherischen Zellen zerfällt darauf durch eine Radialwand in zwei peripherische Zellen, die innere Zelle durch eine Querwand in eine innere (Central-) und eine äussere (Deckel-) Zelle. Nach einer Längsstreckung des jugendlichen Archegoniums wird dasselbe durch Quer- theilung der Centralzelle und jeder der sechs peripherischen Zellen in zwei Stock- werke gegliedert, von denen sich nun das untere zum Bauchtheile, das obere zum Halse des Archegoniums (vgl. S. 375) entwickelt. Der Archegoniumhals theilt sich nach weiterer Längsstreckung durch Querwände in zwei und darauf in vier Stock- werke, während die Deckelzelle durch Kreuztheilung in vier quadrantisch gelegene Zellen zerfällt, die den Halsscheitel schliessen, sich später durch weitere Radial- wände auf 6—10 vermehren und in Folge gleichzeitiger Vergrösserung das letzte Stockwerk des Halses bilden, ohne sich aber vorläufig zu trennen. Die vier über einander liegenden inneren Zellen des Halses bilden nun die Halscanalzellen, die äusseren sechs Reihen von je vier Zellen werden als Halswandzellen bezeichnet. Während erstere ihre Zahl nicht weiter vermehren, theilen sich die untersten Stockwerke der Halswandzellen noch durch Quer- und Radialwände, durch letztere die Zahl ihrer Zellenreihen entsprechend der Umfangszunahme des Archegonium- bauches vermehrend. In letzterem finden auch weitere Theilungen statt. Schon zur Zeit, wenn der Hals noch aus vier Stockwerken besteht, wird von der Centralzelle ein kleinerer oberer Theil durch eine schwach nach unten gewölbte Wand als Bauchcanalzelle abgeschnitten; die untere, eigentliche Centralzelle vergrössert sich unter Abrundung bedeutend und zwingt dadurch auch die Wandzellenschicht des Archegoniumbauches zu weiterer Vermehrung ihrer Zellenreihen durch Radial- Riecieae: Archegonien. Sporogonium. 381 theilungen. Die das Archegonium tragende Zelle des Laubes theilt sich ferner zuerst kreuzweise und dann in zwei Stockwerke, von denen das obere sich der Centralzelle anschliesst und seine Zellen entsprechend der Vergrösserung derselben vermehrt, das untere ganz zum Laube gehört. Lebhafte Wucherung des benach- barten Gewebes schliesst endlich das Archegonium ähnlich den Anthegidien so ‚In eine Laubhöhlung ein, dass zuletzt nur ein Theil des Halses frei vorragt (Fig. 85 a”). Das Oeffnen des Archegoniums zum Zwecke der Befruchtung wird durch einen Verschleimungsprocess bewirkt, ‚an dem sich nicht allein die Querwände der Hals- eanalzellen und Bauchcanalzelle, sondern auch die Innenschichten der inneren Zellwände der Halswandzellen betheiligen und wobei sich die Plasmamassen der Halscanalzelle und Bauchcanalzelle zu einem Strange vereinigen, das zum Ei sich formende Protoplasma der Centralzelle dagegen durch eine Gallertschicht von dem übrigen Plasma getrennt bleibt. Der sich steigernde Druck der immer mehr quellenden Cellulosemassen lässt schliesslich die Deckelzellen des Halsscheitels auseinanderweichen; dieselben runden sich ab und bilden eine trichterförmige Oeffnung, während "das ganze im Halscanale befindliche Protoplasma ausgestossen wird. Letzterer ist daher nur noch von Schleim erfüllt, welcher den Spermato- zoiden einen günstigen Weg zu dem jetzt befruchtungsfähigen, frei in der Central- zelle des Archegoniumbauches liegenden Ei bietet. Dieses ist eine allseitig ab- gerundete Primordialzelle von am Rande homogenem Protoplasma, welches nach der Mitte zu immer körniger und undurchsichtiger wird, trotzdem aber gerade in der Mitte eine hellere Stelle bemerken lässt, welche dem primären Zellkerne der Centralzelle entspricht (vgl. auch Fig. 89 Ö). Die Entwickelung der befruchteten und mit einer Membran umhüllten Eizelle (vgl. die Marchantiaceen) zum Sporogonium beginnt mit dem Auftreten einer gegen die Archegoniumaxe geneigten Wand (vgl. Fig. 89 E), deren Lage sich bald mehr der Horizontalen, bald mehr der Vertikalen nähert. Ihr setzt sich zunächst in der einen, dann in der anderen der beiden so entstandenen Zellen eine neue Wand senkrecht an, so dass ein fast kugeliger, aus vier Quadranten zusammen- gesetzter Zellenkörper entsteht, dessen Trennungswände kurz als Quadrantenwände bezeichnet werden. In jeder Quadrantenzelle bildet sich darauf eine Wand, welche sich einer der Quadrantenwände ansetzt und mit der anderen etwa parallel ver- läuft, so dass der betreffende Quadrant in eine grössere (im optischen Längs- schnitte gesehen) vierseitige und kleingre dreiseitige Zelle zerfällt (Fig. 89 E, wo sich der rechte untere Quadrant eben getheilt hat). Eine weitere (Octanten-) Wand, die sich ziemlich senkrecht auf die Quadrantenwände setzt, halbirt nun annähernd jede der letzteren Zellen und Tangentialwände gliedern dann zunächst in den grösseren Zellen äussere und innere Zellen ab (vgl. Fig. S9 F). Abwech- selnd radiale und tangentiale Theilungen, in derem Auftreten keine bestimmte Regel herrscht, verwandeln nun nach "und nach das junge Sporogonium in einen vielzelligen Gewebekörper, dessen äusserste Zellenlage zur später wieder resorbirten Wand wird, während die inneren Zellen das Mutterzellgewebe der Sporen bilden, das dann frei im Archegoniumbauche liest oder mit seiner äussersten Zellenlage auch eine falsche Kapselwand bildet (Riceia Bischoffii), indem die Aussenwände derselben, fest an einander schliessend, sich verdicken, stark bräunen und eine, wie es scheint, vollkommen geschlossene Hülle um die Sporenmasse bilden, deren unregelmässig nach innen vorspringende, leistenartige Fortsätze auch später noch auf die Entstehung hindeuten. Die Mutterzellen der Sporen runden sich später ab und lockern ihre Membran durch Quellung. In allen erfolet ziemlich gleich- zeitig die Theilung in vier tetraödrische Zellen (Specialmutterzellen), deren Plasma sich ebenfalls gleichzeitig durch Umhüllung mit einer Membran zur jungen Spore formt. Die Sporenhaut zeigt schon früh, wo sie noch ungefärbt ist, leistenförmige locale Verdickungen, die ein Netzwerk aus mehr oder minder regelmässigen, sechs- seitigen Maschen bilden. Mit der weiteren Ausbildung der Spore "geht eine Braunfärbung des Exosporiums Hand in Hand. Elateren oder Schleuderzellen werden bei den Riccieen nicht entwickelt. Der Hals des Archegoniums stirbt, so weit er frei über das Laub vorragt, bald nach der Befruchtung ab und nur sein unterer, sich purpurroth färbender Theil bleibt bis zur Sporenreife erhalten. Der Archegoniumbauch, welcher bei den meisten Riccien die Stelle der Sporogonium- wand zu vertreten hat, wächst, indem sich seine Zellen wiederholt durch Radial- wände theilen, mit der Grössenzunahme des Sporogoniums bedeutend und ist von 382 Riecieae: Sporogonium. Keimung. Riceia. dem benachbarten Laubgewebe durch zahlreiche und sehr grosse Chlorophylikörper leicht unterscheidbar. Für das Gesammtwachsthum des Sporogoniums und seiner Hülle bietet aber die dasselbe umschliessende Höhlung des Laubes nicht ge- nügenden Raum. Es wird daher ein Theil des umgebenden Gewebes resorbirt und in Folge dessen rücken die Früchte einer Pflanze oft sogar nahe zusammen oder berühren einander unmittelbar, wobei das Laub häufig beulenförmig aufge- trieben, oder das im Archegonium eingeschlossene Sporogonium wohl auch durch Vertrocknen oder Bersten des Laubes nach oben blossgelegt wird, bis endlich durch unregelmässiges Aufreissen oder Verwesung der Hülle und des Laubes die Sporen frei werden. Die Keimung der Sporen von Riccia erfolgt, wie die aller übrigen Leber- moose, nur im Lichte von einem bestimmten Minimum von Intensität, wahrschein- lich demjenigen, bei welchem noch ‚Chlorophyllbildung stattfindet." Das Exosporium reisst dabei in den Kanten seiner Pyramidenflächen lappig auf und das Endospo- rium tritt als ein weiter, ungegliederter Schlauch (Keimschlauch) hervor, der in seinem etwas angeschwollenen Ende viel körniges Plasma und zahlreiche Oeltröpf- chen führt und neben dem bei manchen Keimlingen gleichzeitig ein chlorophyll- freies, spitz zulaufendes, aber nicht durch Scheidewand vom Keimschlauche abge- grenztes Rhizoid aus der Spore hervorwächst. Die Keimschläuche wachsen dem Lichte zu und ihre sehr verschiedene Länge hängt wohl auch hier, wie bei den Marchantieen, von der Intensität des einfallenden Lichtes ab. Ihr stärker an- schwellendes Ende wird bald durch eine Querwand als eine halbkugelige Zelle, den Anfang der Keimscheibe, abgeschnitten. Diese theilt sich weiterhin durch eine der ersten parallele Querwand und jede der letztentstandenen Zellen durch zwei übers Kreuz gestellte Längswände,. denen weitere Querwände folgen, so dass die Keimscheibe schliesslich aus zwei bis drei Stockwerken je vier quadrantisch ge- legener Zellen besteht, die von vier wie Kugeloctanten gelegene Endzellen gekrönt werden. Kommt die in diesem Stadium mit dem Keimschlauche noch über das Substrat erhobene, eiförmige Keimscheibe durch Collabiren des Schlauches mit dem Substrate in Berührung, so wachsen einzelne ihrer Zellen zu Rhizoiden aus. In allen Fällen tritt endlich in einem der Scheiteloctanten (wahrscheinlich auch hier in dem am stärksten beleuchteten) eine lebhaftere Zelltheilung ein, als in den übrigen dreien, welche dafür durch stärkeres Längenwachsthum den vierten Oc- tanten überragen und diesen in eine Grube hinabrücken lassen, an deren seichterem Rande die Stelle der raschesten Zellvermehrung und somit der Vegetationspunkt des jungen Pflänzchens liest, dessen terminale Randzellen nun nach dem oben angeführten Gesetze sich theilen. Bald dehnt sich die kleine Pflanze an ihrem Ende in die Breite und wird spatelförmig; die anfangs zusammenneigenden Seg- mente weichen auseinander und die ursprüngliche Grube geht in eine Furche über, in deren tiefster Stelle die Scheitelregion liegt. An älteren Ricecienpflanzen wachsen oft einzelne Zellen zu rhizoidenartigen Schläuchen aus, deren Ende keulig anschwillt, Chlorophyll erzeugt und sich dann weiter genau so verhält, wie der Keimschlauch einer Spore, indem es eine Keimscheibe entwickelt. Da auch bei anderen Lebermoosen (wie bei Laubmoosen) derartige Bildungen bekannt sind, die endlich junge Pflänzchen erzeugen, so ist es wahrscheinlich, dass auch hier aus dem gebildeten Zellenkörper ein Pflänzchen hervorgeht. Aus der Entwickelungsgeschichte der übrigen Riecieen, von denen an seltenen deutschen Gattungen vielleicht nur noch Sphaerocarpus und Oxymitria zu erwähnen wären, ist wenig bekannt. Ueberhaupt umfasst die Familie in 5 Gat- tungen nur 60 Arten, von denen die meisten in Südeuropa vorkommen. Riccia Mich. .Sporogonien ganz dem Laube eingesenkt, ohne eigentliche Wand, die Sporen meist frei im Archegoniumbauche liegend, durch Bersten oder Verwesen des Laubes frei werdend. Kleine, einjährige Moose mit gabelig ge- theiltem, flachem oder rinnig vertieftem, oft durch grosse Lufthöhlen blasig auf- getriebenem, beiderseits gleichfarbigem oder unterseits andersfarbigem Laube, auf ! Leitgeb, Die Keimung der Lebermoossporen in ihrer Beziehung zum Lichte. Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. zu Wien, Bd. 74, Abth. 1 (1876). — Vgl. auch die Marchantiaceen. Rieeieae: Rieecia. — Anthoceroteae: Wachsthum. 383 feuchtem Boden wachsend oder auf dem Wasser schwimmend. — A. Ricciella A. Br. Laub schmal linealisch, wiederholt gabelig getheilt, schwimmend oder nach Zurücktreten des Wassers auf dem Uferschlamme wurzelnd; die Sporogonien auf der Laubunterseite vortretend: R. fluitans L. Laub zart, dünn, fast häutig, fast flach oder die Lappen mit Längsfurche und aufstrebenden Rändern, beider- seits sattgrün. In stehenden, schlammigen Gewässern von ganz Europa; auch in Nordamerika, Brasilien, Ostindien und am Cap. Fructifieirt im Herbste auf dem Schlamme. — B. Hemiseuma Bisch. Laub strahlig verbreitert, halbe Rosetten bildend, die Sporogonien der Oberseite eingesenkt, nicht vortretend und erst nach Bersten des Laubes erkennbar: R. natans L. Laub herzförmig-zwei- bis vier- lappig, durch zahlreiche Lufthöhlen schwammig, am Rande gewimpert, oberseits dunkelgrün, unterseits purpurroth oder braun. Mit voriger Art auf dem Wasser schlammiger Teiche schwimmend und im Herbste auf dem Schlamme fructificirend. -—— C. Rieeia Mich. Laub auf der Erde kriechend, mehr oder minder regel- mässige Rosetten bildend, die Sporogonien später auf der Oberseite vortretend: R. erystallina L. Laub oberseits durch zahlreiche Lufthöhlen blasig aufge- trieben, im Alter tiefgrubig, die gelblichgrünen Lappen herz- bis keilförmig. Auf feuchten, lehmigen Aeckern Europas, Nordasiens, Brasiliens ete. Von Juli bis October fructifieirend. — R. Bischoffii Hueben. Laub fleischig, graugrünlich, ohne Lufthöhlen, mit dünnhäutigem, bräunlichem, kurz und braun gewimpertem Rande. Auf feuchtem, lehmigem Boden der Gebirgsgegenden Europas; zerstreut. September, October. — R. eiliata Hoffm. Laub gelblichgrün, mit weisslich ge- wimpertem Rande; sonst wie vorige Art. Auf feuchtem Sandboden, in ausge- trockneten Teichen etc. häufig. August bis October. — R. glauca L. Bläulich- grün, ohne Lufthöhlen, „der häutige Rand ungewimpert. Auf feuchten Lehmäckern in Europa und Nordamerika häufig. September, October. 20. Ordnung. Anthoceroteae. 147. Familie. Anthoceroteae (S. 377). Das rundlich oder bandartig ausgebreitete, gabelig verzweigte aber durch Ad- ventivsprosse bald unregelmässig gelappte, an den Rändern oft wellig gekräuselte Laub von Anthoceros (auf welche Gattung sich sämmtliche folgenden Angaben be- ziehen) ist ein völlig blattloser Thallus (Fig. 86), dessen Scheitelregionen durch ähnliche Zellen wie bei Riceia (S. 379, Fig. 85) wachsen. Das zarte, saftige Ge- webe zeigt bei A. laevis mit Ausnahme einzelner gleich zu erwähnender Stellen keine Intercellularräume; seine Zellen besitzen einen grossen Zellkern, der von dem einzigen, spindelförmige Stärkekörner enthaltenden Chlorophylikörper einge- hüllt ist. Eine Epidermis ist auf der Lauboberseite nicht differenzirt; auf der Unterseite wird sie jedoch durch die von Janczewski entdeckten Spaltöffnungen angedeutet. Diese bilden sich in unmittelbarer Nähe des Vegetationspunktes durch Theilung einer Zelle durch eine der Axe des Vegetationsrandes meist parallele Wand in zwei halbmondförmige Schliesszellen, deren Auseinanderweichen in der Tiefe beginnt und deren mit wasserheller Flüssigkeit erfüllter Porus sich nach innen trichterartig erweitert. Später theilen sich die Schliesszellen bei ungestörter Ent- wickelung ganz unregelmässig, auch wohl zwei- oder mehrmals parallel zur Ober- fläche; die Spalte wird erweitert und auf älteren Thallustheilen ist die Spaltöffnung nur als eine meist ellipsoidische Vertiefung erkennbar. Anders dagegen verhält sie sich, wenn sich Nostoc (vgl. S. 13) im Thallus ansiedelt. Wenn ein aus den Gallerteolonien dieser Alge auskriechender Faden eine jüngere Spaltöffnung trifft, deren Porus gerade so breit oder ein wenig breiter als sein Querdurchmesser ist, so bohrt er sich allmählich hinein, bis er vollständig in den breiten Theil des ! Leitgeb, Die Entwickelung der Kapsel von Anthoceros. Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. zu Wien. 73. Bd. 1. Abth. (1876). — Waldner, Die Ent- wickelung des Antheridiums von Anthoceros. Ebenda 1877. — Janczewski, Zur parasitischen Lebensweise des Nostoc lichenoides. Botan. Zeit. 1872. S. 74 u. Ann. d. sciene. natur. ser. V. vol. XVI. 306, mit Tafel. 384 Anthoceroteae: Wachsthum. Sexualorgane. Sporogonium. Porus gelangt, wo er sich in Folge seiner Länge wurmförmig krümmt. Dann turgesciren die Schliesszellen und schliessen nach und nach den Porus, so dass der Nostocfaden gefangen bleibt. Letzterer entwickelt sich nun im Thallus zu einer kleinen Colonie, die Fortsätze zwischen die sich abrundender benachbarent Zellen zu treiben beginnt und schliesslich eine gewisse Portion des Thallusgewebes intercellular durchwuchert. Zuerst leiden die betreffenden Zellen wenig, später aber verlieren sie allmählich ihr Chlorophyll und Protoplasma und damit ihre Entwickelungsfähigkeit. Die Nostoccolonien des Anthocerosthallus sind früher viel- fach als Brutknospen beschrieben worden. Die Sexualorgane der monöcischen Pflänzchen entstehen anscheinend regellos in der Oberseite des Thallus und abweichend von denen aller übrigen Lebermoose. Die Antheridien sitzen bis zu 20 auf dem Grunde einer Höhlung unter der blasig emporgehobenen Epidermis; sie sind denen von Marchantia (Fig. 87) ähn- lich, aber länger gestielt und ihre Anlage ist eine völlig endogene. Das dorsale Segment des Thallus, aus welchem das Antheridium seinen Ursprung nimmt, theilt sich durch eine zur Aussenfläche pa- rallele Wand in eine innere und äussere Zelle; letztere wird, indem sie sich horizontal spaltet, zur zweischichtigen Decke, aus ersterer geht durch einen nicht in allen Punkten genau bekannten Theilungsprocess die Mutterzelle des Antheridiums hervor. Die ersten Theilungen in dieser sind stets über’s Kreuz gestellte Längswände; dann erst werden durch Quer- wände mehrere über einander liegende Stockwerke gebildet, von denen meist die drei, seltener nur die zwei oberen zum Antheridienkörper werden, die unteren den Stiel aufbauen. Zugleich mit dem Auftreten der ersten Theilungen beginnt sich das junge Antheridium vom umgebenden Gewebe zu trennen; der so um das Antheridium entstehende, mit wäs- seriger Flüssigkeit sich füllende Hohlraum ist somit keine primäre,! sondern eine secundäre Erscheinung. Kurz vor der Reife der Antheridien reisst die Decke lappig auf, so dass der Austritt der Spermatozoiden-Mutterzellen ungehindert er- folgen kann. Das reife Archegonium ist nicht allein dem Thallus Fig. 86. Anthoceros völlig eingesenkt, sondern auch (entgegen dem aller übrigen laevis L. Pflanze mit Lebermoose) allseitig in allen seinen Theilen mit ihm or- drei Früchten. Dop- ganisch verschmolzen. Es ist indessen nicht ein nur eigen- pain Grosse, thümlich differenzirter, sich mit körnigem Protoplasma fül- lender Zellenstrang,* sondern es entsteht in wesentlich gleicher Weise, wie bei Riccia (S. 380). Seine eigenthümliche Lage im Thallus wird nur dadurch bedingt, dass seine in unmittelbarer Nähe des Vegetationsrandes auf- tretende Mutterzelle niemals über die Thallusoberfläche hervortritt und ihre Thei- lungen mit denen des umgebenden Gewebes gleichen Schritt halten. Die wich- tigeren Unterschiede sind die, dass die Deckelzelle (S. 380) nicht sofort durch eine erste Quertheilung der inneren Zelle angelegt wird, sondern erst spät aus der obersten Halscanalzelle durch Kreuztheilung in vier Zellen hervorgeht. Auch die Halscanalzellen sind in grösserer Anzahl (6—12) vorhanden. Die Bauchcanal- zelle bildet sich am Scheitel der anschwellenden Centralzelle genau wie bei Riccia und das Oeffnen des Archegoniums wird ebenso, wie dort, durch Verschleimung bestimmter Zellwände (vel. S. 381) eingeleitet. Das zum Oeffnen reife Sporogonium ist eine schotenartige Kapsel (Fig. 86), deren unterster, im Thallus (resp. im Archegoniumbauche) steckender Theil fuss- förmig oder polsterartig angeschwollen ist und den sogenannten Sporogoniumfuss bildet. Eine scheidenförmige Wucherung der Thallusoberfläche umgiebt den un- teren Theil der zum Archegoniumhalse herausragenden Kapsel (Fig. 86). Letztere zeigt eine aus 4—5 Zellenschiehten gebildete Wand und einen centralen, sterilen, fast die ganze Kapsellänge durchziehenden, aus 16 Zellenreihen zusammengesetzten Gewebestrang, die Columella. Zwischen beiden liegen die Sporen, zwischen denen ' Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen, S. 4. 2 Hofmeister, 8 2.0.85. Anthoceroteae: Sporogonium. Anthoceros. 385 sich quer von der Columella zur Wand gegliederte Zellenfäden ausspannen, welche als Elateren zu betrachten sind, die aber nicht die schraubigen Verdickungen wie bei anderen Lebermoosen (oder selbst einigen anderen Anthoceroten) zeigen. Die Entwickelung der befruchteten Eizelle zum Sporogonium beginnt mit einer fast senkrechten Längswänd, worauf durch zwei weitere Längswände und zwei Quer- wände das junge Sporogonium in ein oberes grösseres und unteres kleineres, aus je vier quadrantisch gelegenen Zellen gebildetes Stockwerk getheilt wird. Letz- teres entwickelt sich durch weitere Theilungen zum Sporogoniumfusse, dessen peripherische Zellen schon früh papillös auswachsen und sich, unterstützt von einem ähnlichen Wachsthumsvorgange in dem um- und anliegenden Thallusgewebe, mit diesem zu einem dichten, äusserst fest gefügten, kleinzelligen Gewebe ver- flechten, in welchem die Angehörigkeit der einzelnen Zellen nicht mehr erkannt werden kann. Das obere Stockwerk zerfällt zunächst durch eine in allen seinen Zellen auftretende Quertheilung abermals in zwei Stockwerke. Die vier Zellen des oberen Stockwerkes theilen sich darauf durch Tangentialwände in vier innere und vier äussere Zellen, worauf dann auch im mittleren Stockwerke die gleiche Theilung nur mit dem Unterschiede eintritt, dass in jedem Quadranten durch zwei Wände die Bildung einer Innenzelle und zweier Aussenzellen erfolgt. Die vier axil gelegenen Zellen des oberen (und wohl auch des mittleren) Stockwerkes sind die Anlage der Columella; jede derselben theilt sich zunächst noch einmal durch zwei über’s Kreuz gestellte Längswände in vier Zellen, so dass der Querschnitt 16 quadratische zu 4 kleineren Quadraten (die zusammen wieder ein grösseres Quadrat bilden) geordnete Zellen erkennen lässt. Von nun ab vermehrt sich das Columellagewebe des sich streckenden Sporogoniums nur noch durch Quertheilungen. Schon während des Dickenwachsthums der Columella theilen sich die Zellen der sie umschliessenden äusseren Zellenschicht sogleich oder nach vorheriger Radial- theilung einmal tangential. Die auf diese Weise entstandene innere, die Columella umschliessende und deren Scheitel wie bei Sphagnum und Andraeaea (vgl. Fig. 98) glockenförmig überwölbende Zellenschicht erzeugt die Sporen und Elateren und es finden in ihren Zellen mit Ausnahme jener, die zu Elateren werden, keine Tangentialtheilungen mehr statt. Die äussere, an der Peripherie liegende und zur Sporogoniumwand werdende Zellschicht theilt sich nun abermals dreimal hinter einander und in centrifugaler Folge tangential und der damit zusammenhängenden Umfangsvergrösserung entsprechend werden auch Radialtheilungen in jeder so ent- stehenden Schicht um so zahlreicher, je weiter an die Peripherie sie gerückt er- scheint. Am häufigsten wiederholen sie sich in der äussersten (jüngsten) Schicht, die dann durch die Kleinheit ihrer Zellen sich ausgezeichnet und auch durch das Auftreten von Spaltöffnungen (ähnlich denen des Laubes) charakterisirt ist. Kurz vor Isolirung der Sporenmutterzellen tritt dann in der innersten, der sporen- bildenden Schicht anliegenden und ältesten Wandschicht eine nochmalige Tangen- tialtheilung ein, mit welcher die Vollzahl der die Kapselwand bildenden Zellen- schichten erreicht ist. Da das Längenwachsthnm des Sporogoniums durch Zell- vermehrung an seinem Grunde erfolgt, so zeigen Querschnitte aus verschiedenen Höhen desselben den ganzen Entwickelungsgang von der ersten Gewebedifferen- zirung bis zur reifen Spore eben so gut, wie die Untersuchung verschieden alter Kapseln. In der sporenbildenden Gewebeschicht beginnt, entsprechend diesem basipetalen Wachsthume, die Isolirung der Mutterzellen der Sporen ebenfalls im Scheitel des Sporogoniums. Dieselben runden sich unter Quellung ihrer Wände ab und beginnen (während zwischen ihnen gelegene einzelne, mit Columella und Kapselwand in Verbindung bleibende Zellen sich durch weitere Tangentialthei- lungen zu den eigenthümlichen Elateren umgestalten) die tetraödrische Viertheilung in die Specialmutterzellen der Sporen. Bei dieser Theilung tritt als Eigenthüm- lichkeit der Umstand hervor, dass der primäre Zellkern der Sporenmutterzelle erst dann gelöst wird, wenn die vier Zellkerne der Specialmutterzellen sich ge- bildet haben. Das reife Sporogonium öffnet sich schliesslich von der Spitze zur Basis mit zwei Klappen, zwischen denen die fadenförmige Columella stehen bleibt (Fig. 86). Die über die ganze Erde verbreitete Familie der Anthoceroten enthält in 4 Gattungen eirca 30 Arten, von denen nur wenige auch in Deutschland vorkommen. Anthoceros Mich. Sporogonium die aufrecht stehende Hülle durchbrechend und fast der ganzen Länge nach über dieselbe vortretend, schotenförmig, an beiden Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 25 386 Anthoceros. Targionieae. Marchantieae: Bau des Laubes. Enden verschmälert, in zwei oft stark gedrehte Klappen (selten bis zur Basis) aufspringend, seine äusserste Wandschicht mit Spaltöffnungen. Columella bleibend. Elateren 2—4-zellig, oft gekniet oder gabelig, ohne Spiralband. Kleine, einhäusige, einjährige, auf kahlem, feuchtem Boden wachsende Moose mit rosettenartig aus- gebreitetem, mehr oder minder gelapptem, rippenlosem, blattlosem Laube. Zwei Arten in Deutschland: A. punetatus L. Laubrosetten bis 15 Millim. im Durch- messer, hellgrün, am Rande wellig kraus, durch im Gewebe vorkommende Luft- höhlen oberseits unregelmässig warzig und im Alter grubig zerrissen. Sporen schwarz, dicht kleinstachelig. Aecker, feuchte Raine und Waldränder etc., im Herbste fructificirend. — A. laevis L. Etwas grösser, dunkelgrün, oberseits fast glatt und flach, ohne Lufthöhlen. Sporen gelb, dicht gekörnelt. Mit voriger Art. Die mit Anthoceros auch wohl vereinigte Gattung Notothylas unterscheidet sich durch die horizontal liegende Fruchthülle, die nur den Sporogoniumscheitel vortreten lässt, durch die spaltöffnungslosen Klappen des letzteren, die einzelligen, fast cubischen, mit Spiralfasern versehenen Elateren und durch glatte Sporen. N. fertilis Milde. Mit Anthoceros in Schlesien und Böhmen, sehr selten. 21. Ordnung. Marchantiaceae (S. 377). 148. Familie. Targionieae. Das sehr kurz gestielte, kugelige, unregelmässig oder mit (meist 6) Zähnen aufspringende Sporogonium sitzt einzeln endständig unmittelbar auf dem Laube, bis zur Reife vom Archegonium eingeschlossen und von einem röhrigen, zwei- klappigen Schleier umgeben. Nur wenige Arten in 2 Gattungen, davon eine in Deutschland. Targionia Mich. Sporogonium unregelmässig aufspringend. Die Antheri- dien sitzen einer kleinen, sehr kurz gestielten Scheibe eingesenkt. — T. Michelii Corda (T. hypophylla L.). Laub bis 1 Centim. lang, linealisch-keilförmig, fleischig, oberseits grün, unterseits braunroth, die auf der Oberseite vorkommenden Spalt- öffnungen mit 1 oder 2 Ringen von meist je 6 schmalen Schliesszellen. An feuchten Orten auf der Erde, unter Gesträuch. Südeuropa (in Süddeutschland bis Thüringen und Sachsen), Nordamerika. 149. Familie. Marchantieae (Jecorarieae). ! Die Sporogonien stehen zu mehreren auf der Unterseite eines gestielten, scheibenförmigen, kegelförmigen oder halbkugeligen, am Rande gewöhnlich ge- lappten Receptaculums (Fruchtstand), einem metamorphosirten Sprosse des Laubes (Fig. 88); sie öffnen sich mit Zähnen oder Deckel, sehr selten mit Klappen. Das Stämmcehen sämmtlicher Marchantieen erscheint als ein kriechendes, verhältnissmässig grosses, fleischiges, wiederholt gabelig gelapptes Laub mit wel- ligem Rande und auf dem Rücken jedes Lappens gewöhnlich mit seichter Mittel- ! Mirbel, Recherches anatomiques et physiologiques sur le Marchantia po- lymorpha. Mem. de l’acad. d. science. d. l’institut de France 1835. — Bischoff, Bemerkungen über die Lebermoose, vorzüglich aus den Gruppen der Marchantia- ceen und Riccieen. Nova Acta Acad. Leopold. XVII. P. II (1855). — Nägeli, Entwickelung der Brutknospen von Marchantia, in Schleiden u. Nägeli, Zeitschr. f. wissensch. Botan. II. 150. — Leitgeb, Entwickelung der Spaltöffnungen der Marchantiaceen ; Tageblatt der 45. Versamml. deutsch. Naturforsch. u. Aerzte zu Leipzig 1872 u. Botan. Zeit.-1872. S. 747. — Pfeffer, Studien über Symmetrie u. specifische Wachsthumsursachen (Keimung d. Brutknospen von Marchantiä); Arbeiten des botan. Instituts in Würzburg, herausgegeben von Sachs. II. 77. — Strasburger, Die Geschlechtsorgane u. die Befruchtung bei Marchantia poly- morpha. Jahrb. f. wissensch. Botan. VII. 409. Taf. 27. 28. — Leitgeb, Die Kei- mung der Lebermoossporen in ihrer Beziehung zum Lichte. Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. zu Wien. Bd. 74. Abth. I (1876). Marchantieae: Bau des Laubes. Antheridien. 387 furche (Fig. 87 A, 88). Lange, schlauchförmige Rhizoiden, welche auf ihrer Innen- fläche (gewöhnlich im Verlaufe einer spiraligen Einschnürung) zapfenförmige Ver- dickungen tragen, befestigen dasselbe am Boden. Zwei Reihen blattartiger aber sehr vergänglicher Schuppen auf der Unterseite erinnern an die Riccieen ($8. 380), mit denen die Marchantieen im Wesentlichen auch das Scheitelwachsthum der Laublappen theilen (S. 398). Nur liegen nach Janczewski’s Angabe! die Scheitel- zellen nicht am Rande des Thallus, sondern unter demselben unmittelbar neben den jüngsten Schuppen; der Thallus ist also zuerst epinastisch. Der anatomische Bau des Laubes ist ein ganz eigenthümlicher. Die Hauptmasse des Gewebes ist ein farbloses, grosszelliges Parenchym ohne Intercellularräume, welches die ganze Unterseite des Laubes bildet, von dessen unterster Schicht die Rhizoiden und Blattschuppen entspringen und dessen Zellwände manchmal netzige Verdickungen zeigen. In vielen seiner Zellen bemerkt man ferner einen Oelkörper, d. h. einen grossen, fast die ganze Zelle erfüllenden, kugeligen bis ovalen, bräunlichen oder braunrothen Ballen, der aus einem Gemenge von fettem Oel mit beträcht- lichen Mengen von. Wasser und etwas Proteinsubstanzen besteht und an seinem Umfange ein zartes, ebenfalls aus einem eiweissartigen Stoffe gebildetes Häutchen besitzt, das nach Lösung des Fettes zurückbleibt. In einzelnen Fällen ist auch eine Spur Gerbsäure vorhanden (die in den Oelkörpern von Lunularia — siehe folgende Familie — in beträchtlicher Menge auftritt)” Auch bei den Jungerman- niaceen kommen derartige, wenn auch kleinere Oelkörper vor, die in allen Fällen aus der Vereinigung zahlreicher, anfangs im klaren Zellinhalte auftretender Oel- tröpfehen entstehen und als Excrete zu betrachten sind, da sie (wie Oulturversuche beweisen) als Bildungsmaterial nicht verwendet werden.? Eine obere nicht sehr mächtige Schicht des Laubes besteht aus einem sehr lockeren, lufthaltigen Gewebe, welches aus verzweigten, confervenartigen, senkrecht von der eben erwähnten Schicht sich erhebenden, mit einander nicht verschmel- zenden Fäden gebildet wird, deren häufig birn- oder tonnenförmige. Zellen grosse Chlorophylikörner enthalten. Mauerartige, netzig zusammenstossende Zellenplatten sondern dieses Gewebe in rautenförmige Areolen und tragen die die Lauboberseite charakterisirende eigenthümliche Epidermis, welche über die einzelnen, auch schon in der Flächenansicht deutlich durch hellere Linien (die Stellen, wo die erwähnten Zellenplatten die Oberhaut stützen) abgegrenzten Areolen frei in leichter Wöl- bung ausgespannt liegt. Auf der Mitte jedes Epidermisfeldes liegt eine grosse Spaltöffnung, dem unbewaffneten Auge als ein weiss umsäumtes Löchelchen noch eben erkennbar. Jede Spaltöffnung ist von vielen in 4—8 Etagen über einander und in jeder Etage gewöhnlich zu 4 oder mehr ringförmig liegenden Schliesszellen gebildet, welche den weiten Porus als tonnen- oder schlauchförmiger Mantel um- geben. Wie die Form, so ist auch die Entstehung dieser Stomata von derjenigen anderer Spaltöffnungen abweichend. Die Schliesszellen gehen nicht aus der Thei- lung einer Mutterzelle hervor, sind daher keine Schwesterzellen. Es entsteht vielmehr sehr nahe am Vegetationsscheitel, wo die Zellen in der Oberflächenan- sicht mehr oder minder regelmässigen, in Längs- und Querreihen geordneten Vierecken gleichen, an den Berührungskanten von vier solchen Zellen (die sogar verschiedenen Segmenten angehören können) ein gewöhnlicher Intercellularraum, dessen Bildung bei Fegatella von aussen nach innen, bei Marchantia von innen nach aussen fort- schreitet. Tangentialtheilungen in den den Intercellularraum umgebenden Zellen sondern die Schliesszellen ab, Theilungen parallel der Oberfläche gliedern diese in die einzelnen Etagen. Die Mittellinie (die stärkere Mittelrippe) jedes Laubsprosses, sowie der Stiel und die Strahlen des Receptaculums endlich werden von lockeren Bündeln sehr langer, schlauchförmiger, den Rhizoiden ähnlicher und wie diese ebenfalls mit zapfenartigen Verdickungen versehener Zellen durchzogen, welche den gefäss- bündelartigen Strängen der Laubmoose vergleichbar sind. Die Antheridien sind im vollkommen entwickelten Zustande flaschenförmigen Höhlungen an der Oberseite schild- oder scheibenförmiger, sitzender oder gestielter Receptacula eingesenkt, welche metamorphosirte, in der vorderen Einbuchtung ! Botan. Zeit. 1872. S. 388, Anmerkung. ” Vgl. weiter die Abhandlung von Pfeffer, Die Oelkörper der Lebermoose. Flora 1874. S. 2. Taf. 1. 25” 388 Marchantieae: Antheridien. eines Laublappens entspringende Sprosse sind (Fig. 87 A). In systematischen Werken werden dieselben wohl kurzweg als männliche Blüthenstände bezeichnet. Die Anlage des Antheridiums erfolgt bei der am genauesten untersuchten Mar- chantia bereits, wenn der männliche Spross noch als ein äusserst kurz gestieltes Knöpfchen fast dem Laube aufsitzt. Einzelne Zellen der Oberseite der an ihrem Fig. 87. Marchantia polymorpha, An- theridien. A Stück der Pflanze mit zwei männlichen Sprossen, natürl. Gr. B Erste Entwickelungsstufe des Anthe- ridiums. C und D Etwas ältere Anthe- ridien. E Halbreifes und F fast reifes Antheridium. @ Spermatozoid. Vergr. von B—-E und G=500, F=240. B—-D nach Strasburger. Rande noch im Wachsthume begriffenen Anthe- ridienscheibe wölben sich nach aussen und ihr freier Aussentheil wird durch eine Querwand von dem unteren Zellenraume abgeschieden (Fig. 87 B, a). Nach weiterer Grössenzunahme zerfällt die Aussenzelle durch eine Querwand in eine untere kleinere Stielzelle und eine obere grössere Zelle, die Mutterzelle des eigentlichen Antheri- diums. In letzterem tritt bald eine neue Quer- theilung ein (Fig. 87 C) und in der obersten Zelle dann noch eine. Jede der drei über ein- ander liegenden Antheridienzellen theilt sich jetzt kreuzweise durch unter rechten Winkeln schneidende Längswände in vier nach Art von Kreisquadranten gelagerte Zellen, von denen jede wieder durch eine Tangentialwand in eine äussere und innere Zelle gegliedert wird (Fig. 87 D). Aus der äusseren Zellenlage geht durch weitere sehr regelmässige radiale Längs- und Quertheilungen ihrer Zellen die stets einschichtig bleibende Wand des Antheridiums hervor, deren grössere, hellen Inhalt mit Chlorophyllkörnern führende Zellen erst bei ganz ausgewachsenen Antheridien ihre regelmässige Reihenanordnung verlieren (Fig. 87, E und F). Auch die Stielzelle theilt sich in vier bis fünf Etagen von je vier chlorophyllhaltisen Zellen. Aus den Innenzellen des Antheridiums entwickelt sich das Mutter- zellgewebe der Spermatozoiden. Sie enthalten ein feinkörniges, gelbliches Plasma mit nur schwer erkennbarem Zellkerne. Jede dieser Zellen theilt sich zuerst durch eine Querwand in zwei Etagen und darauf in jeder durch übers Kreuz gestellte Längswände in vier (zusammen also acht) Zellen. Derselbe Vorgang wiederholt sich nach Wachsthum der Tochterzellen mehr- mals, so dass schliesslich zahlreiche kleine, plasmareiche, cubische Zellen das Antheridium erfüllen (Fig. 87, E, F). In diesen wird der Plasmainhalt unter Rücktritt an die Wand und Ausscheidung einer centralen, einige Körnchen enthaltenden Vacuole immer stärker lichtbrechend (wasserärmer) und schliesslich gestaltet er sich zu dem kaum eine Windung zeigenden, am vor- deren spitzen Ende zwei lange, peitschenförmige Wimpern tragenden Spermatozoid (Fig. 87 G — vgl. auch die Fig. 99, H u. J bei den Sphagna- ceen). Nach und nach treten dabei die Mutter- zellen unter Abrundung und Quellung ihrer Membran aus dem Verbande, durch den in Folge der Quellung sich steigernden Druck werden die Zellen am Scheitel des Antheridiums auseinander gedrängt und zur gebildeten Öeffnung quillt die ganze Zellmasse als weisses Wölkchen in die gewöhnlich auf der Receptaculumfläche befindliche Wassermenge (vgl. S. 375), wo die Wand der Mutterzellen noch stärker quillt und schliesslich, an einer unbestimmten Stelle reissend, dem schon vorher in der Zelle rotirenden Samenkörper den Austritt ge- Marchantieae: Antheridien. Archegonien. 389 stattet. Das aus der centralen Vacuole entstehende Bläschen, welches vom Sper- matozoid häufig am hinteren Ende mitgeschleppt wird (Fig. 87 G), geht während der weiteren lebhaften Bewegung desselben später gewöhnlich verloren. Während seiner Entwickelung wird das Antheridium wie bei den Riccieen (S. 380) allmäh- lich von dem benachbarten Receptaculumgewebe, das übrigens einen den normalen Laubsprossen ganz analogen Bau zeigt, überwuchert (Fig. 87, B—D), so dass die gebildete Höhlung über dem Scheitel des Antheridiums zuletzt nur noch einen engen Austrittscanal für die Spermatozoiden zeigt. Die Archegonien stehen auf der Unterseite ähnlicher, aber bei den. einzelnen Gattungen verschieden gestalteter Sprosse (weiblicher Blüthenstände), wie die An- theridien (Fig. 88), umhüllt von besonderen schleierartigen, zarthäutigen, am Rande gewöhnlich zierlich gefransten Gebilden, die in der Systematik als Involucra, Hüll- oder Deckblätter bezeichnet werden. Die gewöhnlich mit dem Halse nach abwärts hängenden oder im Bogen schief auswärts gekrümmten Archegonien sind selbst bei Gattungen mit später lang gestielten weiblichen Sprossen schon völlig ent- wickelt und befruchtungsfähig, wenn der kleine Spross dem Thallus noch dicht aufsitzt (Fig. 83 zeigt auf dem linken Lappen einen solchen jugendlichen Spross). Ihre Entwickelung folgt im Wesentlichen dem bei den Riccieen angegebenen Gange (vgl. S. 380). Die über die Oberfläche des Sprosses vortretende und später durch. Querwand abgegrenzte Zelle theilt sich zunächst durch eine weitere Querwand in eine kurze Fusszelle (Stielzelle) und eine grössere Archegoniummutterzelle (Fig. 89 A, «). In letzterer treten die ersten Wände genau wie bei Riccia auf (Fig. 89 B, a), während sich die Fusszelle zuerst einmal in der Richtung der Axe, dann quer in zwei Stockwerke theilt, von denen das untere Archegoniumstiel bleibt, das obere zum Schluss der Archegoniumbauchwand unter (ler Centralzelle dient (Fig. 89 C). Der Reihe nach in den peripherischen Zellen und dann in der inneren Zelle auftretende Querwände gliedern das junge Arche- gonium in die zwei Stockwerke der Hals- und Bauch- anlage, wobei bei sich krümmenden Archegonien (z. B. denen von Preissia) schon jetzt die Anlage zur unsym- metrischen Ausbildung hervortritt. In der weiteren Aus- bildung des auch hier constant nur vier Halscanalzellen ig, 88. Marchantia poly. zeigenden Halses, der Bildung der Bauchcanalzelle (bei worpha L. Stück einer weib- Preissia nach Anlage der vier Halscanalzellen, bei Mar- lichen Pflanze mit einem sehr chantia bereits nach FEntwickelung von zweien auf- jungen und alten Recepta- tretend), der Theilung der Deckelzelle ete. stimmen die culum und Brutbecher. Na- Marchantieen ganz mit Riceia überein; nur ist bei Re- arhcheniin boulia der Bauchtheil in Folge tangentialer Theilung seiner Zellen zweischichtig. Bei Marchantia zeigt ferner die Eizelle auf ihrem dem Archegoniumhalse zugekehrten Scheitel ein helleres Plasma, den Empfäng- nissfleeck. Spermatozoiden, welche an die Mündung des mit Schleim erfüllten Halscanales gelangen und hier festgehalten werden, bohren sich alsbald in die Schleimmasse ein und sind oft weit ins Innere des Canales zu verfolgen. Ihre Klein- heit hindert die Beobachtung des Befruchtungsprocesses sehr, doch werden ohne Zweifel einzelne Samenkörper von dem Empfängnissflecke aufgenommen (vgl. S. 52 und namentlich den betreffenden Abschnitt bei den Polypodiaceen). Wie sich ferner der ganze weibliche Blüthenstand den Befruchtungsverhältnissen anpasst, zeigt die allmähliche Ausbildung des ganzen Trägers. Bei Marchantia stehen die Arche- gonien in 8—10 radialen Doppelreihen auf der Unterseite des Receptaculums und entwickeln sich zunächst am Rande desselben und von dort aus in centripetaler Folge. So lange dasselbe noch dem Laube aufsitzt, wird der Hals der Archegonien stark aufwärts gekrümmt und schaut mit seinem Scheitel um den Rand des Re- ceptaculums nach oben hervor. Fällt jetzt ein Wassertropfen, welcher Spermato- zoiden enthält, auf den Fruchtstand, so kann die Befruchtung leicht erfolgen. Bald aber beginnt der Stiel sich zu strecken und das Receptaculum über das Laub zu erheben; die Befruchtung könnte jetzt nicht mehr stattfinden, wenn nicht Marchantieae: Archegonien. 390 Perianthium. Sporogonium. gleichzeitig sich zwischen den Archegonienreihen am Rande die Deckblätter er- hoben hätten, welche mit ihren Rändern nach den Scheiteln der nun gerade ab- wärts wachsenden Archegonien zusammenneigen. Ein auf das Receptaculum ge- langender Wassertropfen fliesst jetzt zwischen den weiter ausgebreiteten Strahlen hindurch und bleibt an der Unterseite zwischen den Rändern der Deckblätter [7 Fig. 89. A-—Y Marchantia polymorpha. A und B Erste Entwickelungsstufen des Archegoniums. ( Reifes, eben geöffnetes Archegonium. D Archegonium mit zweizel- ligem Embryo. E—H Entwickelung des Sporogoniums. J Embryo von Pellia epiphylla. » Perianthium; e Em- bryo, resp. Ei: b Plasma der Bauchcanalzelle; f Fuss; sf Stiel; s Kapsel. Vergr. von A und B=340, C und D=250, E- G=346, H=266, J=166. Fig. A und B nach Strasburger, E—J nach Kienitz-Gerlof. A—D und F—J im optischen Längsehnitte. hängen; enthält er Spermatozoiden, was während eines Regens, wo die letzteren austreten und die Tropfen nach allen Seiten hin verspritzt werden, leicht vorkommt, so kann auch jetzt die Befruchtung erfolgen. So bleibt das Verhältniss, bis alle Archegonien sich entwickelt haben. Später werden die Strahlen der Fruchtscheibe emporgehoben, die Hüllblätter über die Archegonien hinaus verlängert und herabfallende Tropfen laufen jetzt am Stiele hin- unter, ohne mit Archegonien in’ Berührung zu kommen. Dass selbst- verständlich die Befruchtung nur da erfolgt, wo die männlichen und weiblichen Pflanzen von Marchantia durcheinander wachsen, braucht kaum erwähnt zu werden. Bald nachdem der Halscanal sich ge- öffnet hat sieht man ferner am Fusse des Archegoniums sich eine einschichtige Hülle zuerst als klei- nen Ringwall sich erheben (Fig. 89 C, v), dann als Becher weiter em- porwachsen (Fig. 89 D, ®) und schliesslich nach der Befruchtung und nachdem der Archegoniumhals schon verschrumpft ist, als zarte, farblose, am Scheitel längsfaltige und fest geschlossene Hülle den ganzen Archegoniumbauch sammt eingeschlossenem Sporogonium um- geben. Sie wird als Perianthium bezeichnet und beim Hervortreten des Sporogons aus dem Archegonium 4—5spaltig zerrissen. Das Fehlen oder Vorhandensein eines derartigen Perianthiums, sowie seine Form, geben in der Systematik meist gute Unterscheidungsmerkmale ab. Nach etwa 24 Stunden hat sich das befruchtete Ei von Mar- chantia mit einer Membran um- geben und nach etwa 8 Tagen be- ginnt es seine Theilungen zum Sporogonium. Diese entsprechen zunächst ganz denjenigen von Ric- cia (8. 381 — Fig. 89 E). Die (Juadranten des jungen Sporogoni- ums theilen sich dann auch hier durch Wände, welche jeden in eine scheitel- zellenartige und eine tafelförmige Zelle zerlegen (Fig. 89 E, der Quadrant rechts unten). In sämmtlichen Zellen tritt dann eine Octantenwand auf und darauf in den nicht scheitelzellartig gestalteten, grösseren Zellen eine Tangentialwand (Fig. 89 F). Die durch letztere abgeschnittenen äusseren Stücke bilden im oberen Marchantieae: Sporogonium. Keimung. 391 ursprünglichen, zur eigentlichen Kapsel sich entwickelnden Stockwerke sammt den nicht tangential getheilten Zellen die Sporogoniumwand, deren Zellen nur noch durch radiale Quer- und Längswände sich theilen, während die Innenzellen zum Muttergewebe der Sporen und Elateren werden; aus dem unteren ersten Stock- werke geht der Stiel der späteren Kapsel hervor (Fig. 89 @). Die weiteren Thei- lungen im inneren Raume beider Stockwerke sind keiner bestimmten Regel unter- worfen; das Endresultat ist das, dass die Innenzellen des Stieles mehr isodiame- trische Formen zeigen (Fig. 89 H, sf), das Kapselinnere von einer Masse ganz unregelmässig vertheilter, aber meist prosenchymatisch in einander greifender und in Richtung der Längsaxe der Kapsel später erheblich gestreckter Zellen erfüllt wird (Fig. 89 H, s). Während sich nun die Kapsel nach allen Dimensionen hin ausdehnt, die Zellen des Inneren sich noch weiter in die Länge strecken, beginnen einige von ihnen sich quer zu theilen, “so dass ihre Tochterzellen mehr isodiame- trisch werden (Fig. 89 H, s zeigt bereits nahe der Mitte eine derartig getheilte Zelle). Ihre Nachkommen letzten Grades sind die Mutterzellen der Sporen. An- dere Zellen dagegen bleiben ungetheilt und wachsen zu den Elateren heran. Um diese Zeit ist das Gewebe des Kapselinneren schon so aufgelockert, dass im Wasser eine bedeutende Quellung der weichen Mittellamellen der Zellmembranen eintritt. Gerade diese Weichheit befördert die Streckung der Elaterenzellen un- gemein; sie schieben sich mit ihren sich zuspitzenden Enden zwischen die in ein- fachen oder doppelten Reihen liegenden Sporenmutterzellen ein. Sie verlaufen zuletzt strahlig vom Grunde der Kapsel nach der Peripherie, in der Axe und deren Nähe fast senkrecht und theilweise ausserordentlich lang werdend, nach den Seiten hin schräg strahlend und kürzer, manche sich weder dem Grunde noch der Kapselwand ansetzend, sondern frei zwischen den Sporenmutterzellen liegend. Alle sind mehr oder minder gekrümmt oder etwas wellig gebogen und entwickeln die Spiralfaserverdickung ihrer Wand erst spät. Die Theilung der Sporenmutter- zellen bietet keine besonderen Eigenthümlichkeiten. Das ausgewachsene Sporo- gonium ist kurz ellipsoidisch und zeigt in den Zellen seiner auch jetzt noch ein- schichtigen Wand ringförmige Verdickungen; der Kapselstiel hat sich ziemlich gestreckt und an seiner Basis eine Anschwellung, den Sporogoniumfuss, gebildet. Auch Preissia, Conocephalus etc. zeigen eine ähnliche Anordnung des Kapselin- haltes und der Basis des Stieles zum Fusse, der bei Conocephalus lang gestreckt und abwärts zugespitzt, bei Preissia breit und kuchenförmig ist. Die zum Theil nur bruchstückweise bekannte Entwickelungsgeschichte des Sporogoniums von Preissia und Grimaldia u. A. mag in den eitirten Schriften von Hofmeister und Kienitz-Gerloff verglichen werden. Die Art des Aufspringens der Kapsel wird, da sie Gattungscharaktere bietet, erst später unter den betreffenden Gattungen an- gegeben werden. Die Keimung der Sporen, welche von Leitgeb zunächst bei Preissia, Re- boulia, Duvalia, Grimaldia etc. untersucht wurde,! zeigt, dass bei diesen Leber- moosen schon in der noch unveränderten Spore Chlorophyll auftritt. Das Hervor- brechen des Endospors durch das von ihm gedehnte Exosporium erfolgt nie an der gekrümmten, immer stärker verdickten Sporenwand, sondern an den drei Py- ramidenflächen, wo das Exospor häufig genau nach den drei Kanten, oft aber auch an beliebiger Stelle zerreisst. Das Endospor tritt nun als dicker, stumpfer Höcker hervor, an dessen Spitze sich das Chlorophyll sammelt, und der sich zum Keim- schlauche streckt, während an seiner Basis als Aussackung und oft nicht einmal durch Querwand getrennt, das erste Rhizoid entsteht. Bei Abschluss des Lichtes tritt auch hier (vgl. Riccia — $S. 382) weder Chlorophylibildung in der Spore noch Keimung in derselben ein, und Länge und Wachsthumsrichtung des Keim- schlauches sind von der Intensität des Lichtes abhängig: der Keimschlauch wächst dem Lichte entgegen und wird um so länger, je schwächer (bis zu einer gewissen, die Keimung ganz aufhebenden Minimalgrenze) das Licht ist. Zur Bildung der Keimscheibe ist ebenfalls ein Licht eines bestimmten Minimums von Intensität nothwendig: in einem Lichte, das eben noch zur Einleitung der Keimung hin- reicht, bilden sich keine Keimscheiben, sondern die Keimschläuche gehen zu Grunde. Die Bildung der Keimscheibe erfolgt wie bei Riccia (S. 382), und wenig- ! Vgl. auch Hansel, Keimung von Preissia commutata. Sitzungsber. d. Wiener Akad, 73 (1876). 392 Marchantieae: Keimung. Brutknospen. stens in ihrem oberen Stockwerke werden durch zwei gekreuzte Längswände vier Quadranten erzeugt, während in dem unteren meist nur zwei oder drei neben ein- ander liegende Zellen erscheinen. Zu gleicher Zeit überwiegt das Breitenwachsthum des oberen Stockwerkes bedeutend, wodurch die Keimscheibe die Form eines um- gsekehrten Kegelstutzes erhält, während sie sich mit ihrer oberen, freien, breiteren Fläche senkrecht auf die Richtung des einfallenden Lichtes stellt. Aus einem der hier gelegenen Quadranten, wahrscheinlich aus dem am stärksten beleuchteten, entwickelt sich allein das Pflänzchen, indem sich in ihm durch die weiteren Thei- lungen (wie bei Riceia — S. 382) entweder sofort das typische Spitzenwachsthum der Marchantiaceen geltend ‚macht (Grimaldia, Reboulia, Duvalia), oder zuerst eine zweischneidige Scheitelzelle gebildet wird und später erst jener Wachsthumsvor- gang auftritt (Preissia, Marchantia). Es zeigt ferner die Keimscheibe als solche noch keine Bilateralität, wie das entwickelte Pflänzchen, sondern es hängt ganz von der Beleuchtung ab, welche Seite des bevorzugten Quadranten zur anatomi- schen Oberseite (die dem Lichte zugewendete Seite) des Pflänzchens wird. Abweichend von dieser Art der Keimung verhält sich Fegatella.' In den jungen Kapseln dieser Gattung sind die Sporen noch tetraödrisch; die sphärische Fläche ist mit stärkeren Warzen besetzt, die oberen Flächen sind nur fein granuliri. Später sind die heranwachsenden Sporen chloro- phylihaltig und kugelig geworden und die meisten stellen einen aus cubischen Zellen gebildeten Körper dar. Es haben also schon vor dem Ausstreuen der Sporen Theilungen in ihnen statt- gefunden, die genau in gleicher Weise bei allen Sporen wenige Tage nach der Aussaat beobachtet werden. Nach 4—5 Tagen wachsen dann einige ober- flächlich gelegene Zellen zu Rhizoiden Fig. 90. Lunularia/fvulgaris. Entwickelung der aus, während am oberen Ende der Brutknospen. Vergr. von a—-d=240, e=80. Spore ein lebhaft grüner Zellenhöcker hervortritt, der nachweisbar durch Auswachsen eines Kugeloctanten der wenig getheilten Spore entsteht und zum jungen Pflänzchen heranwächst, während die Zellen der entgegengesetzten Sporen- hälfte sich weder vergrössern, noch theilen. Nach Analogie der Keimungsvorgänge bei anderen Lebermoosen (vgl. auch die Jungermanniaceen) ist der kleine Zellen- körper, den die Spore hier schon meist innerhalb des Sporogons bildet, als Vor- keim zu betrachten. Wir haben jetzt noch der Brutbecher zu gedenken, welche sich auf der Lauboberseite von Marchantia als wallartige, nach oben trichterig erweiterte, am Rande zierlich gezackte Behälter zahlreicher Brutknospen erheben (Fig. 88, auf dem Laublappen rechts). Letztere bilden sich auch bei Lunularia (von der unsere Fig. 90 entlehnt ist) in gleicher Form und Weise aus. Auf dem Grunde des Brutbechers sprossen zahlreiche Zellen zu Papillen aus, die durch eine Quer- wand abgegliedert werden. Eine Anzahl derselben entwickelt sich zu den Brut- knospen, indem sofort Chlorophyll in ihnen auftritt und eine Quertheilung erfolgt, durch welche eine untere, kleine, scheibenförmige Zelle als zarter, auch einzellig bleibender Stiel der Brutknospe abgeschieden wird. Die obere Zelle erleidet zu- nächst noch einige Quertheilungen (Fig. 90 «), denen bald Längstheilungen folgen, welche die Brutknospe in eine Zellenfläche umgestalten (Fig. 90 b, ec), während noch spätere Theilungen in der dritten Raumrichtung, die nur am Rande unter- bleiben, die Brutknospe in einen im Querschnitte linsenförmigen Zellenkörper umwandeln. Dadurch, dass dann bald an zwei einander gegenüberliegenden Punkten der Seitenränder die Zelltheilungen weniger rasch erfolgen, erhält die Brutknospe allmählich zunächst Geigenform (Fig. 90 d) und endlich jederseits am ' Leitgeb, Untersuchungen über die Lebermoose, Heft 3, S, 32, Jam u) A RR DD vun Marchantieae: Brutknospen. Marchantia. Fegatella. 393 Rande zwei grosse, oft sogar einander übergreifende Lappen (Fig. 90 e), zwischen denen in tiefer Einbuchtung die Vegetationsscheitel für die später bei der Keimung hier hervortretenden Laubsprosse der jungen Pflanze liegen. Das ganze Gewebe der morphologisch als metamorphosirtes Trichom zu betrachtenden Brutknospe wird aus lückenlos verbundenem, ziemlich isodiametrischem Parenchym gebildet, in dem hie und da die schon (8. 387) erwähnten Oelkörper liegen. Eine eigentliche Epi- dermis fehlt; die äusserste Zellenlage enthält zahlreiche grosse Chlorophyllkörner und hie und da finden sich in ihr (besonders auf der Mittelregion beider Seiten) etwas grössere, einen stärkefreien, farblosen Inhalt führende Zellen. — Eine An- zahl der auf dem Grunde des Brutbechers erscheinenden Papillen entwickelt sich nicht zu Brutknospen, sondern zu einzelligen, chlorophylllosen, keuligen, als Para- physen zu bezeichnenden Haaren, deren Membran am Scheitel bald stark aufquillt und endlich ganz verschleimt. Die quellenden Schleimmassen zahlreicher Para- physen sind es ohne Zweifel, welche die reifen Brutknospen von ihrem zarten Stiele abreissen und emporheben. — Gelangen die reifen Brutknospen auf feuchte Erde und werden sie vom Lichte getroffen, so erzeugt jede ein neues Pflänzchen, indem die Zellen an den Vegetationsscheiteln in der den Marchantiensprossen charakteristischen Weise sich zu theilen beginnen und bald einen jungen Spross hervorschieben,. der nach und nach die beiderseitigen Lappen der Brutknospe in seine Seitenränder mit aufnimmt. Auf der dem Substrate zugekehrten Seite der Brutknospe wachsen dann die erwähnten farblosen Zellen zu Rhizoiden aus. Trotz der letzteren bleiben aber auch dann noch beide Flächen der Brutknospe gleich- werthig; Bilateralität bildet sich erst an den jungen Sprossen aus, deren beleuch- tete Seite unter allen Umständen, wie auch ibre Lage sein mag, zur spaltöffnung- bildenden Oberseite wird, während die beschattete sich zur Rhizoiden und Blatt- schuppen entwickelnden Unterseite entwickelt. Eine weitere vegetative Vermehrung der Marchantiaceen, wie aller ähnlichen thallusartigen Lebermoose, findet noch dadurch statt, dass durch Absterben des Laubes von den älteren Theilen her die einzelnen Lappen fortwährend zu selb- ständigen Pflänzchen werden und Adventivsprosse aus den Rändern älterer Laub- theile sich in gleicher Weise ablösen. a. Weibliches Receptaculum lang gestielt und bis fast zur Mitte in 8 oder mehr schmale, strahlenförmige Lappen getheilt. 1. Marchantia L. Laub gross, fleischig-lederig, mit breiter, undeutlich begrenzter Mittelrippe und becherförmigen Brutknospenbehältern. Männliches Receptaculum gestielt, scheibenförmig, am Rande gekerbt-gelappt. Zwischen den Strahlen des weiblichen Receptaculums bilden die muschelförmigen, häutigen, am Rande gefransten Deckblätter eben so viele längliche Fächer, welche je 3—6 ein- früchtige, 4—5 spaltige Perianthien einschliessen. Kapsel kurz gestielt, oval, am Scheitel mit mehreren (meist 8) zurückgekrümmten Zähnen sich öffnend, ihre Wand einschichtig, mit ringfaserig verdickten Zellen. Sporen klein, glatt, gelb. Elateren lang, sehr schmal, 2-spirig (d. h. mit 2 Spiralfasern). Nur eine deutsche Art: M. polymorpha L. Ausdauernd. Diöcisch. Laub oberseits grün, mit oft gebräunter Mittelfurche, unterseits bräunlich bis purpurn und von langen Rhi- zoiden dicht filzig, bis über 10 Centim. lang und bis 2 Centim. breit, in rasen- artigen Ueberzügen nasse Felsen, Mauern, Sumpfwiesen, Bach- und Grabenufer oft auf weite Strecken bedeckend und im Juni und Juli mit reifen Kapseln. Spalt- öffnungen vgl. S. 387. Das etwas scharf schmeckende Laub war früher als Herba Hepaticae fontinalis s. Lichenis stellati (Abbild. Nees v. Esenb. Plantae mediein. Taf. 12) bei Leberkrankheiten offieinell und hat hauptsächlich der ganzen Classe zu dem eigenthümlichen Namen „Lebermoose“ verholfen. b. Weibliches Receptaculum lang gestielt, kegelig-mützenförmig, am Rande schwach gelappt oder ungetheilt. 2. Fegatella Raddi. Laub gross, lederartig-fleischig, mit schmaler, deut- licher Mittelrippe und ohne Brutbecher. Männliches Receptaculum oval-scheiben- förmig, ungestielt. Weibliches Receptaculum unterseits mit 5—8 häutigen, röhrigen Deckblättern, welche je ein Sporogonium ohne Perianthium umschliessen. Kapsel gestielt, länglich-birnförmig, durch 4—8 zurückgekrümmte Zähne sich öffnend, ihre einschichtige Wandung mit ringfaserig und spiralig verdickten Zellen. Sporen gross, dicht warzig-gekörnelt, schon in der Kapsel grösstentheils getheilt (S. 392). 394 Marehantieae: Preissia— Reboulia Elateren kurz und dick, meist 3—6-spirig. Nur eine deutsche Art: F. conica Raddi. Diöcisch. In Habitus und Grösse der vorigen Gattung gleich und an ähnlichen Standorten. Vom März bis Mai fructificirend. Das schwach bitterlich schmeckende Laub war früher ebenfalls als Herba Hepaticae fontinalis s. Lichenis stellati gegen Leberkrankheiten gebräuchlich. c. Weibliches Receptaculum halbkugelig oder convex, gewöhnlich seicht 2—5-lappig oder ganzrandig. 3. Preissia Nees v. Es. Laub spärlich gegabelt, mit unterseits stark vor- tretender Mittelrippe. Stiele der Receptacula an den Kanten häutig geflügelt, am oberen Ende ohne niederhängende Schüppchen. Männliches Receptaculum gestielt, schildföürmig, am Rande 4—5-buchtig. Weibliches Receptaculum halbkugelig, meist seicht 4-lappig, die an die Lappen sich ansetzenden Deckblätter jedes 1—5 von einem glockigen, 4—5-theiligen Perianthium umgebene Sporogonien ein- schliessend. Kapsel gestielt, gross, verkehrt eiförmig, mit 4-—-8 unregelmässigen, zurückgekrümmten Zähnen aufspringend, ihre einschichtige Wand mit Ringfasern. Sporen gross, dunkelbraun, unregelmässig höckerig. Elateren kurz, fadenförmig, 2—4-spirig. Nur eine deutsche Art: P. commutata Nees v. Esenb. Monöcisch oder diöcisch. Laub bis 3 Centim. lang und 1 Centim. breit, in flachen, zusammen- hängenden Rasen, am Rande oft wellig und lappig, unterseits meist purpurn. Porus der Spaltöffnungen 3—4-strahlig sternförmig. Auf feuchtem, besonders kal- kigem Boden,. oft gesellig mit den voraufgehenden beiden Arten. Fructificirt im Juli. 4. Fimbriaria Nees v. Es. Laub klein, wenig gegabelt, mit kielartiger Mittelrippe. Männliches Receptaculum sitzend und vor dem weiblichen dem Laube eingesenkt. Weibliches Receptaculum am oberen Stielende oft mit niederhängenden, schmal lanzettlichen Schuppen, halbkugelig, unterseits mit 5 glockenförmigen Deckblättern, jedes mit einem Sporogonium in weit vorragendem, eiförmigem, in 8—12 gefranste Lappen gespaltenem Perianthium. Kapsel fast sitzend, kugelig, etwa die obere Hälfte als Deckel sich ablösend, ihre mehrschichtige Wandung ohne Ringfasern. Sporen olivenfarbig, gross, netzig verdickt. Elateren ziemlich kurz, 3—4-spirig. Vier deutsche, fast nur in den Alpen wachsende Arten. — F. pilosa Tayl. Einhäusig. Laub linealisch-keilförmig, bis 1 Centim. lang, vorne seicht lappig, am Rande klein gekerbt und wie auf der stark convexen Unter- seite dunkelroth, mit bis zum Rande reichenden Blattschuppen. Porus der Spalt- öffnungen sternförmig 6-strahlig. An Felsen der Alpen und Sudeten. Im Juni und Juli fruetificirend. 5. Grimaldia Raddi. Laub starr, mit kielartiger Mittelrippe. Männliches Receptaculum verkehrt ei- oder herzförmig, dem Laube eingesenkt. Weibliches Receptaculum am Ende des Stieles von hängenden Schüppchen bärtig, halbkugelig, 3—4-lappig, am kegeligen Scheitel höckerig, mit 3—4 weitglockigen, am Rande etwas geschweiften Deckblättern mit je einem Sporogonium ohne Perianthium. Kapsel gestielt, kugelig, sich mit Deckel öffnend, die mehrschichtige Wandung ohne Ringfasern. Sporen und Elateren wie bei voriger Gattung. Nur eine deutsche Art: G. barbifrons Bisch. Einhäusig. Laub angenehm duftend, bis 15 Millim. lang, linealisch-keilförmig, rinnig, oberseits blassgrün, am Rande und unterseits purpurn. An sonnigen Stellen in Gebirgen, im April fructificirend. 6. Duvalia Nees v. Es. Von voriger Gattung hauptsächlich durch das fast ganzrandige weibliche Receptaculum, sitzende Kapsel und undeutlich netzige Sporen verschieden. Nur eine deutsche Art: D. rupestris Nees v. Es. Auf kalkhaltigem Gestein in Gebirgsgegenden, im Juni und Juli fructificirend. 7. Reboulia Raddi. Laub fest, mit starker Mittelrippe. Männliches Re- ceptaculum sitzend, scheibenförmig, gegen das Sprossende zu gewöhnlich halb- mondförmig ausgerandet. Weibliches Receptaculum am oberen Stielende- mit langen schmal-linealischen Schuppen, halbkugelig oder abgeflacht, 4- oder 6-lappig, sein kegeliger Scheitel höckerig, unterseits mit 4 oder 6 muschelförmig-2-klappigen Deckblättern mit je einem Sporogonium ohne Perianthium. Kapsel fast sitzend, kugelig, am Scheitel unregelmässig (mit stückweise sich ablösendem Deckel) zer- reissend, die mehrschichtige Wand ohne Ringfasern. Sporen gross, sehr fein ge- körnelt und fast netzig. Elateren mässig lang, meist 4-spirig. Nur eine deutsche Art: R. hemisphaerica Raddi. Monöcisch oder diöcisch. Laub tief herzförmig Lunularieae. Jungermanniaceae: Aeusserer Bau. 395 gelappt, bis 15 Millim. lang und 6 Millim. breit. An sonnigen, grasigen Bergab- hängen, Hohlwegen etc. im Mai und Juni fructificirend. 150. Familie. Lunularieae. Diese kleine Familie unterscheidet sich von der vorhergehenden, mit der sie den ganzen Habitus ihrer Mitglieder theilt, dadurch, dass 4—6 Sporogonien, jedes von einem besonderen, glockig-röhrigen oder blasigen Deckblatte einge- schlossen, frei und strahlig auf der Spitze eines langen Fruchtstieles stehen, der an seinem Grunde von einer Hülle kleiner Blättchen umgeben ist. Das reife Sporogonium springt 4—S-klappig oder unregelmässig auf. In der Entwickelung des Archegoniums stimmt Lunularia mit Preissia (S. 359) überein; nur ist dasselbe vollständig gerade. Plagiochasma besitzt einen aus zwei Zellenschichten gebildeten Archegoniumbauch. Lunularia Mich. Sporogonium lang 'gestielt, aus seinem glockig-röhrigen Deckblatte vorragend, bis zur Basis mit 4 zweitheiligen, rinnigen Klappen auf- springend, seine Wandung mehrschichtig und ohne Ringfasern. Sporen klein, tetra@drisch, glatt, gelb. Elateren sehr lang und dünn, 2-spirig. Männliches Re- ceptaculum scheibenförmig, sitzend. Laub mit 'halbmondförmigen, nach der vor- deren Einbuchtung zu offenen Brutbechern, deren Brutknospen in Bau, Entwickelung und Keimung mit denen von Marchantia ($. 392) übereinstimmen. — L. vulgaris Mich. In Grösse und Habitus des Laubes ganz wie Marchantia (Fig. 88), aber durch die angegebenen Merkmale selbst im sterilen Zustande leicht unterscheid- bar. An feuchten Mauern, Ufern etc. in Südeuropa, namentlich in Italien; bei uns in Gewächshäusern auf Blumentöpfen gemein und kaum ausrottbar, aber nie fruc- tifieirend, sondern nur Brutknospen entwickelnd. 22. Ordnung. Jungermanniaceae (S. 377). ! 97 Die höchst organisirte Ordnung der Lebermoose, die der Jungermanniaceen, schliesst sich, was den rein vegetativen Theil betrifft, in ihren weniger ent- wickelten Formen unmittelbar den letztgenannten Familien an. Gattungen wie Metzgeria, Pellia, Aneura u. a. zeigen ein völlig thallusartiges Stämmchen ohne Blätter. Bei Blasia, einer der Uebergangsformen zu den typischen Jungermannieen, ist das Stämmchen auch noch bandartig flach, aber es besitzt schon zwei Reihen rechts und links stehender Blätter (Oberblätter), deren Insertion der Längsaxe des Sprosses genau parallel ist, die daher als flügelartige Anhängsel des flachen Stengels erscheinen und früher auch nur als solche betrachtet wurden; gleichzeitig deuten schuppenförmige Unterblätter oder Amphigastrien bei genannter Gattung weiter auf die höheren Formen hin. Noch mehr nähert sich Fossombronia durch Ueber Zoopsis; ebenda 1876, mit 1 Taf. — Leitgeb, Ueber die Verzweigung der Lebermoose. Botan. Zeit. 1871. 8. 557. — Leitgeb, Ueber endogene Sprossbildung bei Lebermoosen. Bot. Zeit. 1872. S. 33. — Kny, Beiträge zur Entwickelungsge- schichte der laubigen Lebermoose. Jahrb. f. wissensch. Botan. IV. 64. Taf. 5—7. — Gottsche, Ueber Haplomitrium Hookeri. Nova Acta Acad. Leopold. XX. P. 1. 267—398. Taf. 13—20. — Gottsche, Ueber die Fructification der Jungermannieae geocalyceae. Nova Acta XXI. P. II. — Groenland, Memoire sur la germination de quelques Hepatiques. Ann. d. scienc. natur. ser. IV. vol. I. 5. tab. 1—6. — Ekart, Synopsis Jungermanniarum in germania vicinisque terris hucusque cogni- tarum. 4° mit 13 Taf. Coburg 1832. — Hooker, Britisch Jungermanniae: being a history and description with coloured figures of each species of the genus and microscopical analyses of the parts. Fol. mit 85 Taf. London 1816. 396 Jungermanniaceae: Habitus. Scheitelzelle. Oberblätter. Habitus und Art der Blattbildung den eigentlichen Jungermannieen. Letztere be- sitzen ein scharf differenzirtes, kriechendes Stämmchen, das entweder nur zwei Reihen den Rückenseiten schief inserirter Oberblätter trägt, oder neben diesen auch noch eine die Bauchseite einehmende Reihe von Amphigastrien erzeugt. Nach diesen rein vegetativen Merkmalen gliedert man die Jungermanniaceen ge- wöhnlich in die Jungermahniaceae frondosae und J. foliosae, erstere die thallus- artigen Formen, aber daneben auch noch Gattungen wie Blasia und Fossombronia umfassend, letztere die typisch beblätterten Mitglieder der Ordnung enthaltend. Das Stämmchen sämmtlicher Jungermanniaceen wächst mittelst einer Scheitel- zelle, die aber in verschiedener Form auftritt. Bei der frondosen Pellia epi- phylla, für welche Kny eine Reihe gleichwerthiger terminaler Randzellen (eine Scheitelkante) annimmt, bezeichnet Leitgeb nur eine einzelne Zelle als „pris- matische Scheitelzelle“. Dieselbe ist von vier Flächen begrenzt: einer stark con- vexen freien Aussenfläche, zwei mehr oder weniger parallelen Seitenflächen und einer ebenen oder schwach convexen (nach rückwärts gelegenen) Innenfläche. Die Segmente bilden sich hier nach drei Seiten und zwar durch Theilungen parallel den Seitenflächen nach rechts und links seitenständige und durch solche parallel der Innenfläche basiskope Segmente. Die Laubaxen von Metzgeria, Aneura, Sym- phyogyna etc. und die Stämmchen der Gattung Fossombronia besitzen eine „zwei- schneidige. Scheitelzelle“ mit convexer freier Aussenfläche und zwei gebogenen, rückwärts im spitzen Winkel zusammenstossenden Seitenflächen, denen abwech- selnd parallel der jedesmaligen ältesten Seitenwand die Segmentwände auftreten, so dass zwei Reihen rechts und links liegender Segmente abgeschnitten werden. Eine „keilförmige Scheitelzelle“ vermittelt das Scheitelwachsthum der Laubaxen von Pellia calycina und Mörkia, sowie des flachen Stämmchens von Blasia. Im vertikalen Längsschnitte hat hier die Scheitelzelle die Form eines Dreieckes, dessen eine Spitze nach innen gekehrt ist und in der Oberflächenansicht sieht sie der prismatischen Scheitelzelle ähnlich. Aber sie wird durch fünf Flächen be- grenzt: eine convexe freie Aussenfläche, zwei unter sich parallele Seitenflächen und zwei nach hinten im spitzen Winkel aneinander setzende (nach der Rücken- und Bauchseite des Laubes oder Stämmchens geneigte) Innenflächen. Die Bil- dung der Segmente erfolgt daher nach vier Seiten: abwechselnd parallel den Seitenflächen nach rechts und links und darauf parallel der Rücken und Bauch- seite; die letzteren rücken- und bauchsichtigen Segmente ersetzen die eine Reihe von basiskopen Segmenten der prismatischen Scheitelzelle. Die Mehrzahl der Jungermanniaceen, nämlich alle foliosen Gattungen, besitzt jedoch die charakte- ristische „dreiseitig pyramidale (tetraödrische) Scheitelzelle“, wie sie fast durch- weg auch den Laubmoosen und Gefässkryptogamen eigenthümlich ist. Sie bedingt sammt der keilförmigen Scheitelzelle gegenüber den ersten beiden Formen inso- fern eine höher stehende Modification des Scheitelwachsthums, als hier die Seg- mentirung unmittelbar zur Entstehung von Zellkörpern, bei der prismatischen und zweischneidigen Scheitelzelle nur zur Bildung von Zellflächen führt. In spiraliger Reihenfolge wird jedesmal parallel der ältesten Pyramidenwand (Innenwand) der wachsenden Scheitelzelle ein neues Segment abgeschnitten, so dass also die Seg- mente in drei geraden, unter sich und mit der Wachsthumsaxe des Stammes pa- rallelen Reihen liegen. Dabei ist für die sämmtlichen foliosen Jungermanniaceen die Scheitelzelle so orientirt, dass ihre eine Segmentreihe (bauchsichtige Segmente) parallel der Bauchseite des kriechenden Stämmchens liegt, die beiden anderen Segmentreihen (rückensichtige Segmente) dagegen die nach oben gekehrten Seiten- oder Rückenflächen desselben bilden, wie dies die Figuren 92 und 93 zeigen, in denen die Altersfolge der Segmente durch die Reihenfolge der Ziffern bezeichnet wird. Es gleicht ferner in diesen Fällen die Scheitelzelle im Querschnitte oder in ihrer Scheitelansicht (resp. im Grundrisse der freien Aussenwand) entweder einem gleichseitigen Dreiecke (Fig. 92, 93); oder die bauchsichtige Innenwand verschmälert sich mehr oder minder bedeutend, so dass der Querschnitt der Scheitelzelle nur noch ein gleichschenkeliges Dreieck darstellt, Verhältnisse, welche mit der Blattbildung im Zusammenhange stehen. Die foliosen Jungermanniaceen zeigen nämlich typisch drei Reihen von Blät- tern. Zwei Reihen dieser Blätter sitzen zweizeilig abwechselnd rechts und links an den den rückensichtigen Segmenten entsprechenden Seiten des Stämmchens und werden als Oberblätter bezeichnet. Sie sind stets einschichtig, ohne 397 Jungermanniaceae: Oberblätter. Unterblätter. Blattentwickelung. Mittelrippe, aus parenchymatischen, chlorophyllreichen Zellen gebildet, von denen häufig einzelne die bereits S. 387 erwähnten Oelkörper enthalten. In zahlreichen Fällen sind die ausgebildeten Blätter deutlich zweilappig oder wenigstens am Vorderrande tief ausgebuchtet (der Anlage nach immer); der bauchwärts gekehrte Lappen des schief dem Stengel inserirten Blattes wird dann als Unterlappen, der rückwärts gerichtete als Oberlappen unterschieden, namentlich wenn zugleich eine bedeutende Grössendifferenz, oft verbunden mit abweichender Form oder kieliger Faltung des Blattes eintritt. Die ÖOberblätter decken ferner den Rücken des Stämmchens vollständig, oder sie lassen in selteneren Fällen denselben mehr oder minder frei. Im ersteren Falle ist bei dichter Blattstellung die Deckung der hinter einander stehenden Oberblätter einer Reihe entweder eine sogenannte oberschlächtige oder unterschlächtige. Ober- schlächtige Blätter (folia succuba) sind dann diejenigen, bei denen der vordere Rand schief aufwärts gerichtet ist und den Hinterrand des vor ihm stehenden Blattes bedeckt (z. B. Radula, Fig. 91 A); unterschlächtige Blätter (folia incuba) sind solche, deren Vorderrand schief abwärts steigt und also vom Hinterrande des nächst vorderen Blattes überdeckt wird (Plagiochila, viele Jungermannia-Arten — Fig. 91 B, wo das Stengelstück allerdings von der Unter- seite gesehen wird). Diese verschiedene Blattdeckung, die übrigens in der Systematik nur mit Vorsicht verwendet werden darf, hängt mit Differenzen im Längenwachsthume der Bauch- und Rückenseite des Stämmchens zusammen. Alle Arten mit überwiegendem Längenwachsthume der Rückenseite, bei denen daher die Stengelspitze nach ab- wärts, dem Substrate zu gekrümmt ist, besitzen oberschläch- tige Blätter, während diejenigen mit gefördertem Längen- wachsthume der Bauchseite, also mit aufwärts gekrümmter Sprossspitze, unterschlächtige Blattdeckung zeigen. Im ersten Falle greift der scheitelsichtige (acroskope) Rand der blattbildenden Segmente an der Rückenseite, im zweiten Falle an der Bauchseite des Stämmchens weiter nach der Spitze vor und die hierdurch schon früh bedingte schiefe Anheftung der Blätter wird bei der späteren Streckung des Stengels nicht wieder ausgeglichen, sondern sogar durch Verlängerung der Segmente in Richtung der Sprossaxe noch steiler. Bei vielen Jungermannieen kommt zu diesen Blättern auf der Bauchseite des Stämmchens noch eine Reihe meist quer inserirter, meist viel kleinerer und gewöhnlich auch anders gestalteter Unterblätter oder Amphigastrien (Fig. 91 B) von eben so einfachem Baue. Wo sie deutlich entwickelt sind, ist die Scheitelzelle des Stengels im Quer- schnitte gleichseitig. Je mehr aber die Amphigastrien (bis zum völligen Verschwinden) verkümmern, desto mehr tritt auch das Breitenwachsthum der bauchsichtigen Seg- mente der Scheitelzelle zurück und dieses giebt sich schon dadurch in der äussersten Sprossspitze kund, dass der Fig. 91. Radula eompla- nata Dumort. A Frucht- tragende Pflanze in etwa doppelter Grösse; links eine noch geschlossene, rechts eine aufgesprun- gene und bereits ent- leerte Kapsel. — B Stück des Stengels von Junger- mannia barbata Schreb. von der Unterseite, um die gespaltenen und wim- perig gezähnten Amphi- gastrien zu zeigen. Ver- : grössert. Querschnitt der Scheitelzelle ein gleichschenkeliges Dreieck bildet, dessen Basis ihrer ventralen Seitenwand entspricht. Alle diese Verhältnisse bedingen also auch bei den beblätterten Formen eine gleich ausgezeichnete Bilateralität, wie sie den laubartigen- Mitgliedern der Ordnung eigenthümlich ist. Was das weitere Verhalten der Scheitelsegmente bei den foliosen Junger- mannieen namentlich mit Bezug auf die Anlage der Blätter betrifft, so betheiligen sich zunächst die Segmente am Diekenwachsthume des Sprosses oft in sehr un- gleichem Maasse. Bei Lejeunia calcarea, deren zarte Stämmchen der Amphiga- strien ganz entbehren, geht z. B. aus den bauchständigen Segmenten nur eine einzige Reihe peripherischer Zellen am entwickelten Stämmchen hervor, bei Caly- pogeia hingegen, wo sehr ausgebildete Unterblätter vorkommen, nehmen die aus den bauchständigen Segmenten hervorgehenden Zellen nahezu die Hälfte des 398 Jungermanniaceae: Blattentwickelung. Stengel-Querschnittes ein. Die Theilung der rückensichtigen Segmente findet in sehr übereinstimmender Weise statt. Jedes derselben zerfällt durch eine von der Mitte der freien Aussenfläche ausgehende und im sanften Bogen gegen eine Seiten- wand verlaufende Halbirungswand in zwei ungleiche Längshälften, von denen die grössere (bald rücken-, bald bauchständige) gleich darauf durch eine Tangential- wand in eine innere und äussere Zelle getheilt wird. Das rückensichtige Seg- ment besteht nun aus einer Innen- und zwei Aussenzellen, während ein bauch- sichtiges schon durch eine erste Tangentialwand in eine Innen- und Aussenzelle zerlegt wird. Wie die Innenzellen sich durch weitere Theilungen am Aufbau des Stämmchens betheiligen, so erzeugen die Aussenzellen der Segmente die Blätter. Aus dem ventralen Segmente werden schon bald Anhangsgebilde entwickelt, im einfachsten Falle ein- bis zweizellige Keulenhaare, wie bei Jungermannia bicu- spidata u. a. Bei Jungermannia hyalina kommt die Endpapille eines solchen Haares in Folge weiterer Theilungen ihrer Tragzelle an die Spitze eines blattartigen Schüppchens zu liegen, dessen Randzellen selbst wieder zu Keulenhaaren aus- wachsen können. Bei unseren einheimischen Arten von Plagiochila tritt an Stelle eines Unterblattes eine ganze Gruppe von Haaren .auf, während bei ausländischen Arten derselben Gattung deutliche, wenn auch oft sehr kleine Unterblätter vor- handen sind; und von solchen rudimentären Gebilden aus findet man bei anderen Formen alle Uebergänge zu ausgebildeten Amphigastrien. Wo letztere zwei oder mehr Hauptlappen zeigen, erfolgen erst Radialtheilungen, welche das Segment in neben einander liegende Zellen gliedern (zwei bei Calypogeia, Lophocolea — vier bei Lepidozia, Mastigobryum), die den typischen Lappen entsprechen und zu- erst wieder zu den die letzteren krönenden Keulenpapillen auswachsen. In ähn- licher Weise entsprechen die beiden Aussenzellen der rückenständigen Segmente der Sprossspitze den beiden der Anlage nach stets vorhandenen Blattlappen der Oberblätter. Beide Aussenzellen wachsen zu je einer Papille aus, deren trennende Bucht bei den ganzblätterigen Arten später wieder verschwindet. Die Theilungen in den Blattlappen sind nicht ganz regelmässig. Häufig fungirt an der Spitze derselben eine Scheitelzelle, die sich bei sehr schmalen Lappen durch Querwände, sonst durch schiefe und quere Wände theilt, sehr bald aber ihre Thätigkeit ein- stellt, während die Theilungen am immer weiter sich vorschiebenden Blattgrunde noch lange fortdauern. Uebrigens bleibt bei manchen beblätterten Lebermoosen der Randtheil der rückensichtigen Segmente von der Bildung der freien Blattfläche ausgeschlossen, so die Blätter einen mehr oder minder grossen Theil’ der Stengel- oberfläche frei lassen (S. 397). So wird bei Jungermannia bicuspidata aus jeder rückenständigen Segmenthälfte an ihrem dorsalen Rande eine an der Blattbildung nicht theilnehmende Zelle abgeschnitten und die Blattinsertionen liegen daher auf dem Stengelrücken durch zwei Zellenreihen von einander getrennt. ı Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die zu den frondosen Jungerman- niaceen (von deren typischen, blattlosen Formen wir hier absehen können) ge- hörenden Gattungen Fossombronia und Blasia, welche uns der eigenthümlichen Blattbildung wegen interessiren müssen! Von den bei Fossombronia in der zweischneidigen Scheitelzelle des Stämmchens erzeugten Segmenten (vgl. S. 396) theilt sich jedes bald nach seiner Anlage durch zwei Wände, die schief und ab- wechselnd nach der Bauch- und Rückenseite geneigt sind, wächst also gewisser- maassen auch mit einer zweischneidig segmentirenden Scheitelzelle, welche je- doch in Bezug auf die Orientirung der Segmente gegen die Stammscheitelzelle um 90° gedreht erscheint.’ Das Segment ist also in drei Zellen zerfallen: die bauchständige Zelle theilt sich durch eine ihrer freien Aussenfläche parallele Wand in eine innere und äussere Zelle, welch’ letztere zu einem Keulenhaare auswächst, das später durch Quertheilung seiner Tragzelle und deren Auswachsen ! Denselben Wachsthumstypus findet man auch bei der laubigen Aneura pinguis. Nach Bildung der beiden ersten schiefen Wände im Segmente zerfällt hier aber die mittlere Zelle des letzteren durch eine jenen rechtwinkelig aufge- setzte Wand in zwei neben einander liegende Zellen, in deren jeder sich nun der frühere Theilungsmodus wiederholt. Pellia calycina, sowie die Marchantiaceen und Anthoceroten zeigen nach Leitgeb (Lebermoose III. 41) dasselbe Wachsthum der Segmente. Jungermanniaceae: Blattentwickelung. Verzweigung. » 399 über die Segmentoberfläche emporgehoben wird und häufig in Folge weiterer in der Tragzelle eintretenden Flächentheilungen selbst an die Spitze eines blattartigen Läppchens zu stehen kommt. Die rückenständige Zelle betheiligt sich an vegeta- tiven Sprossen ausschliesslich an der Bildung des Stämmchens; an geschlechtlichen Pflänzchen gehen aus ihren Abkömmlingen aber die Archegonien und zum Theil auch Antheridien hervor. Die mittlere Zelle des dreigetheilten Segmentes aber wächst, parallel den Hauptwänden desselben, zum (unterschlächtigen) Blatte aus, indem sie in zwei, später in mehrere neben einander liegende Zellen zerfällt, die als eben so viele Höcker hervortreten. Gegenüber den foliosen Jungermanniaceen fällt aber bei Fossombronia stets der Mangel der bei ersteren so scharf ausge- sprochenen Halbirung der Blattanlage auf. Auch bei der sonst im Habitus und in der Existenz einer tetraödrischen Scheitelzelle mit den beblätterten Junger- mannieen übereinstimmenden Gattung Haplomitrium fehlt diese Hälftenbildung; dieselbe ist daher nach Leitgeb, zumal’da auch in der Anlage der Geschlechtsorgane wichtige Unterschiede sich geltend machen, von den foliosen Formen zu trennen, überhaupt die Eintheilung der Jungermanniaceen in frondose und foliose natur- gemässer ganz aufzugeben. Die zweite noch zu erwähnende Gattung ist Blasia (S. 395) mit ihrer keil- förmigen Scheitelzelle (S. 396). Hier betheiligen sich die rücken- und bauch- ständigen Segmente vorzüglich am Aufbaue des Stämmehens. Sie erzeugen ausser- dem in grosser Anzahl einzeliige Keulenhaare, die sich auf der Bauchseite oft zu den Amphigastrien ähnlichen Schüppchen, auf der Rückenseite zu Brutknospen (Gemmen und Brutschuppen) und Geschlechtsorganen metamorphosiren. Jedes seitenständige Segment dagegen giebt einem Seitenblatte nebst dem zugehörigen Amphigastrium und einem oder häufiger zwei Blattohren den Ursprung. Letztere sind einschichtige, hohle, kugelige oder eiförmige Körper, welche sich wie die Amphigastrien entwickeln und mit enger Mündung gegen das zugehörige Seiten- blatt öffnen, von dessen Oberfläche ein Keulenhaar in die Blattohrhöhlung eintritt, diese zuweilen vollständig ausfüllend. Die erste Theilungswand im seitenständigen Segmente ist nun eine bauchwärts geneigte und aus der durch sie abgeschnittenen bauchsichtigen Zelle geht das Amphigastrium hervor. Hierauf folgt. eine zweite, rückenwärts ‘geneigte Wand, durch welche eine rückensichtige Zelle abgeschnitten wird, die nicht in die Blattbildung eingeht, sondern zur Verbreiterung des banı- artigen Stengels dient. Die dritte Wand ist wieder bauchwärts geneigt und liefert eine bauchsichtige, ein oder zwei Blattohren produeirende Zelle und die Endzelle (gewissermaassen die Scheitelzelle) des Segmentes, welche das eigentliche Blatt, das Seitenblatt entwickelt. Diese letztere Zelle ist schon zur Zeit ihrer Bildung senkrecht auf die Hauptwände der Segmente verbreitert und wächst auch in dieser Richtung zur freien Blattfläche aus. Diese Art der Entwickelung der freien Blatt- fläche in einer senkrecht auf die Hauptwände des Segmentes” gestellten Ebene, also parallel der Längsaxe des Stämmchens, bedingt die eigenthümliche Stellung der Blätter an ihrer Axe, durch welche sich Blasia von allen anderen bis Jetzt bekannten Lebermoosen unterscheidet. Die Verzweigung des Stämmchens findet bei der frondosen Metzgeria mit zweischneidiger Scheitelzelle in folgender Weise statt. Zuerst wird in den jüng- sten Segmenten durch eine der freien Aussenfläche parallele Wand eine hintere Zelle abgegliedert, welche zur Bildung des mehrschichtigen Mittelnerven des sonst einschichtigen Laubes verwendet wird. In der vorderen Zelle eines der jüngsten Segmente, z. B. des dritten, wird darauf durch entsprechend geneigte Wände eine neue Scheitelzelle erzeugt, welche dann als Scheitelzelle des anzulegenden Sprosses dient, während die alte Scheitelzelle dem Muttersprosse bleibt. Letzterer wird indessen von dem Tochtersprosse zur Seite gedrängt, so dass beide eine falsche Gabelung bilden. Bei Blasia hält Leitgeb es ebenfalls für wahrscheinlich, dass einer der beiden anscheinenden Gabelzweige den Mutterspross fortsetzt, der andere aus einem Segmente der Scheitelzelle durch Bildung einer neuen Scheitelzelle hervorgeht. Bei den beblätterten Jungermannieen tritt die Verzweigung in mannig- faltigerer Weise auf. Zunächst kann hier die Endverzweigung, welche im fort- wachsenden Sprossscheitel stattfindet, von der intercalaren Zweigbildung unter- schieden werden, die erst in grösserer Entfernung vom Sprossscheitel auftritt und dann entweder normal oder adventiv ist. Die beiden von Leitgeb beobachteten Formen der Endverzweigung haben 400 Jungermanniaceae: Verzweigung. das Gemeinsame, dass der Ast in der bauchständigen Hälfte eines seitenständigen Segmentes angelegt wird. Am häufigsten entsteht er aus der ganzen Segment- hälfte (Fig. 92), die nach dem Auftreten der Halbirungswand des, Segmentes halb- kugelig aufgetrieben erscheint. Die erste Theilung in der Astmutterzelle bezweckt stets die Bildung eines bauchständigen Segmentes als erstes Segment des Seiten- sprosses. Die Wand setzt sich an die Halbirungswand des Segmentes an, und verläuft gegen- den bauchständigen Rand seiner acroskopen Hauptwand, an die sie sich auch ansetzt (Fig. 92, Wand 1 in den Segmenten I und III); die zweite Wand ist der acroskopen Hauptwand parallel (Fig. 92, Wand 2 in den Segmenten I und IIND, die dritte schliesst mit diesen beiden Wänden die nun constituirte tetra@drische Scheitelzelle ab (Fig. 92, Wand 3 in den Segmenten I und Ill). Das durch die erste Wand abgeschnittene Segment bildet das erste und bauchständige Blatt des Seitensprosses, und es ist schon aus der Lage dieses Segmentes ersicht- lich, dass auch das erste Amphigastrium des Seitenzweiges nicht genau bauch- ständig sein kann; in der Regel nimmt äber schon das Amphigastrium des zweiten, manchmal auch erst das des dritten Cyclus eine genaue ventrale Lage ein. Die frühe Anlage des Astes in der Segmenthälfte, welche den Unterlappen des Blattes Fig. 93. Mastigobryum trilobatum. Eine Spross- Fig. 92. Schematische Darstellung (Schei- spitze in der Scheitelansicht. s Scheitelzelle des telansicht) der Verzweigung bei Junger- Hauptsprosses, deren Segmente nach der Alters- mannjaceen, deren Seitensprosse an Stelle folge mit I—VI bezeichnet sind. s’ In dem Seg- des Unterlappens der Öberblätter auf- mente J entstandene Scheitelzelle des Gabelzweiges, treten. Nach Leitgeb. welche bereits die Segmente /—4 gebildet hat. Nach Leitgeb. Vergr. 350. (S. 397) entwickeln soll, hat zur Folge, dass dieser nicht zur Ausbildung gelangt; an seine Stelle tritt eben der Seitenspross. Wenn man bei Frullania ein Blatt, an dessem Grunde ein Seitenzweig entspringt, aufmerksam untersucht, so überzeugt man sich leicht von dem Fehlen des Blattohres an dem Ursprungsorte des Astes. Bei Sendtnera sind die Seitenblätter tief dreispaltig und dem Unterlappen gehören die zwei kleineren Zipfel; das Blatt, welches mit dem Aste aus demselben Seg- mente entspringt, ist schmäler und zeigt nur einen Zahn, d. h. es ist einfach zu- gespitzt. Bei Mastigobryum besitzt das neben einem Seitenzweige stehende Blatt nur einen Lappen, während die anderen Seitenblätter meist dreizähnig sind. Von letzterer Gattung zeigt Figur 95 die Scheitelansicht mit der Anlage eines Seiten- zweiges, dessen Scheitelzelle gegenüber der des Hauptsprosses (s) als s’ bezeichnet ist, Der Seitenast ist aus der ganzen unteren Hälfte des Segmentes I hervorge- gangen, dessen obere Hälfte bereits die Theilungen des Blattoberlappens zeigt. Der Ast selber hat vier Segmente gebildet und das bauchsichtige (1 — in der Figur nicht ganz ausgezeichnet) lässt schon die Blatttheilungen erkennen; ebenso sind letztere in den Segmenten II—V der Stammscheitelzelle sichtbar. Die zweite Form der Endverzweigung, die Verzweigung aus dem basiskopen Basilartheile des Segmentes, unterscheidet sich von voriger dadurch, dass die bauchsichtige Segmenthälfte nicht in ihrer ganzen Höhe und vor Auftreten wei- terer Zelltheilungen zur Astanlange verbraucht wird, sondern dass ein Theil ihrer freien Aussenfläche normal den Blattunterlappen bildet und nur ihr basiskoper Jungermanniaceae: Verzweigung. 401 Theil in die Zweigbildung eintritt. ‚Radula, Lejeunia und Scapania zeigen diese Art der Endverzweigung ganz vorzüglich. E Die erst in ‚weiterer Entfernung vom Stammscheitel auftretenden (intercalar gebildeten) Seitenzweige entstehen entweder als normale Seitensprosse in streng -acropetaler Reihenfolge und an morphologisch bestimmten Stellen auf der Bauch- seite des Stämmchens, — oder, sie entwickeln sich auf letzterer als Adventiväste ohne bestimmte Reihenfolge an. beliebigen, morphologisch nicht weiter bestimm- baren Punkten; eine Ausnahme in der Stellung machen nur die Zweige von Frul- lania Hutchinsiae, welche aus seitenständigen Stengelsegmenten endogen hervor- gehen. In beiden Fällen kann. der Ast exogenen oder endogenen Ursprunges sein. In acropetaler Folge und endogen entstehen die intercalaren Flagellenäste von Mastigobryum. Sie entspringen stets in der Achsel eines Amphigastriums, ent- weder an zwei oder mehr unmittelbar auf einander folgenden Blättern oder mit Ueberspringung einer Anzahl derselben. Die Sprossmutterzelle liegt hier als eine durch ihre Grösse ausgezeichnete Zelle unmittelbar unter der äussersten, als Uebergang der freien Blattfläche in das Stengelgewebe erscheinenden Zellenschicht und genau in der Blattmediane. Man erkennt: leicht, dass sie demselben Segmente angehört, welches das weiter spitzenwärts gelegene Amphigastrium producirte und dass sie unmittelbar an die acroskope Hauptwand des grundwärts anliegenden Segmentes grenzt. Durch die drei entsprechenden schiefen Wände (vgl. Fig. 92, 93) werden in dieser Mutterzelle die drei ersten Segmente und die Scheitelzelle des jungen Sprosses angelegt, der schon Blattbildung in einem Stadium zeigen kann, wo er noch von der stark emporzewölbten Epidermis des Muttersprosses bedeckt ist, die später durchbrochen wird und die Zweigbasis als ringförmige Scheide um- giebt. Obgleich jedes Amphigastrium die ihm zugehörige Sprossmutterzelle im Stengelinneren aufweist, entwickeln sich doch nicht alle Anlagen vollständig, so dass die Zahl der Seitenäste später hinter derjenigen der Amphigastrien weit zurückbleibt. In gleicher Weise entstehen wohl auch die Fruchtäste von Masti- gobryum, sicher die Geschlechtsäste von Lepidozia und Calypogeia; nur sind bei letzterer Gattung (und den übrigen Geocalyceen) die Zweige nicht median inserirt, sondern seitlich gestellt und man findet oft sogar zwei Aeste in der Achsel eines Amphigastriums, den einen rechts, den anderen links von der Blattmediane. In gleicher Weise verhalten sich auch viele Jungermannia-Arten. Jungermannia bi- euspidata bildet reichlich Aeste, welche nach rechts und links abbiegen und die Verzweigung fiederig erscheinen lassen, von denen oft aber auch einer an Stelle des aus irgend welchen Gründen sein Längenwachsthum einstellenden Mutterastes tritt, so dass bei nochmaliger Wiederholung dieses Vorganges ein sympodiales Sprosssystem erzeugt wird. Dabei ist an genannter Art die Sprossstellung insofern keine genau bestimmte, als die Sprossanlage einerseits (wie auch bei Calypogeia und Lophocolea) in verschiedenen Höhen eines bauchständigen Segmentes erfolgen kann, andererseits ein Segment auch wohl mehr als einen Spross entwickelt. Ferner zeigt uns J. bicuspidata die Gleichwerthigkeit zwischen endo- und exogener Spross- anlage sehr schön dadurch, dass bei ihr die Seitenzweige sowohl aus Innenzellen, als auch aus oberflächlich gelegenen Stücken des bauchständigen Segmentes, in denen sich die Scheitelzelle constituirt, hervorgehen können. Auch den allmäh- lichen Uebergang von der letzteren Form intercalarer Zweigbildung zu den eigent- lichen Adventivästen lässt J. biscuspidata gut erkennen. Bei dieser Pflanze sah Leitgeb öfters, namentlich an alten Sprossen mit reicher Astbildung, dass da und dort zu vier oder mehr in einer Längsreihe neben einander gelegene Zellen der ventralen Segmente zu weiten Schläuchen auswuchsen, die gerade durch diese Weite sich von den Rhizoiden und ihren Anlagen auf den ersten Blick unter- schieden. An der Spitze einzelner solcher Schläuche hatte sich eine Knospe ent- wickelt, die oft schon zur Bildung deutlicher Blätter vorgeschritten war (vgl. die Ricciaceen, 8.382). Dass diese Form der Sprossbildung von der oben angegebenen exogenen Sprossbildung nicht so sehr weit verschieden ist, leuchtet von selbst ein. Aber nicht allein Zellen der ventralen Segmente, sondern auch solche der seiten- ständigen können direct oder unter Vermittelung eines Schlauches Astknospen an- legen. Ja selbst aus Rand- und Flächenzellen alter Blätter sah Leitgeb Sprosse auf der dem Substrate zugewendeten Seite hervorgehen, öfter bei Lophocolea bi- dentata, seltener bei Jungermannia bicuspidata. Von letzteren Bildungen ist nur ein Schritt zu der so häufigen (aber in der Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 26 402 Jungermanniaceae: Brutkörner und Brutknospen. Rhizoiden. Regel nur an sterilen Sprossen auftretenden) Bildung von Brutkörnern und Brutknospen bei beblätterten Jungermanniaceen.! Dieselbe ist an die Blätter und vorzüglich an die Blattspitzen gebunden, aus deren Zellen die ein- oder auch zweizelligen Brutkörner hefeartig hervorsprossen, oder von denen sich Zellen ein- fach als Brutkörner aus dem Gewebeverbande ablösen. Bei Scapania nemorosa und Jungermannia bicuspidata findet man auf dem Scheitel schlanker Sprosse Brutkörnerköpfchen, deren Blätter alle möglichen Uebergänge in der Brutkörner- Entwickelung zeigen. Während an den weiter abwärts am Sprosse stehenden Blättern nur die Spitzen der Blattoberlappen, etwas höher auch die der Blatt- unterlappen mit Brutkörnern besetzt sind, findet man an noch höher stehenden Blättern auch die zu Zähnen vorgezogenen Randzellen nach der Blattbasis zu zu Brutzellen auswachsend, die sofort hefeartige Sprossung zeigen. Auch die Flächenzellen treten in ihre Bildung ein, indem sie entweder sofort Brutkörner liefern, oder erst zu zwei- und mehrgliederigen Haaren auswachsen, die dann an der Spitze die Körner erzeugen. Je weiter man im brutkörnertragenden Blatt- schopfe vorschreitet, um so kümmerlicher erscheinen die Blattflächen, die schliess- lich an den jüngster Blättern ganz fehlen und in eine Gruppe von das Blatt ver- tretenden Brutkörnern aufgelöst sind. Unter den frondosen Jungermannieen besitzt Blasia flaschenförmige Brut- knospenbehälter, die meist einzeln, seltener zu zweien oder dreien hinter einander auf der Rückenseite der flachen Sprosse nahe deren Vorderende inserirt sind. Sie entstehen dadurch, dass ein kreisrunder Theil der Oberseite des Stämmchens im Dickenwachsthume zurückbleibt und seine äussere Umgrenzung in Folge wei- terer Theilungen sich als Wall emporhebt. Schon frühzeitig bilden sich auf dem Boden und an der Innenseite der Einsenkung keulige Papillen, welche durch eine Querwand in die Stiel- und Mutterzelle der Brutknospe gegliedert werden. Wäh- rend erstere noch weitere Quertheilungen erfährt, wird letztere durch eine Reihe complieirter Theilungen in einen ovalen, vielzelligen, ölreichen, braunen Körper verwandelt. Die neben den Brutknospen im Brutbehälter vorkommenden zahl- reichen, einzelligen Haare lassen ihre Membran später am Scheitel verschleimen und durch Quellung des den Grund des Brutbehälters ausfüllenden Schleimes wird das Loslösen der Brutknospen von ihrem zart bleibenden Stiele, sowie ihr Her- vortreten, wesentlich gefördert, wie denn überhaupt die ganze Entwickelung der Brutbehälter auffallend an diejenige der Marchantiaceen erinnert (vgl. S. 392). Bei der Keimung der Brutknospe geht das Pflänzchen wahrscheinlich aus einer der Randzellen hervor. Ferner entstehen bei Blasia als weitere Organe unge- schlechtlicher Vermehrung amphigastrienartige Brutschüppcehen auf der Ober- seite der Sprosse, besonders solcher, die keine Geschlechtsorgane oder Brutbehälter tragen. Sie entstehen, mit zahlreichen Haaren gemischt (vgl. S. 399), dicht hinter der Scheitelregion, bauen sich durch sehr unregelmässige Theilungen auf und sind ausgewachsen zuweilen zweischichtig und am Rande stets zackig; ihre sprossbil- dende Zelle wird schon früh an der Basis abgesondert. Endlich wollen wir noch der ungeschlechtlichen Vermehrung der Metzgeria gedenken. Hier werden aus beliebigen Randzellen des Laubes Adventivzweige in folgender Weise gebildet. Eine Randzelle gestaltet sich zur Brutzelle, indem sie sich vergrössert, ihre freie Aussenwand etwas hervorwölbt und ihre Chloro- phylikörper löst und das Chlorophyll durch das ganze feinkörnige Plasma fast gleichmässig vertheilt. Dann gliedert sich in ihr durch zwei geneigte Wände eine Scheitelzelle aus (vgl. S. 396), die den Anfang eines jungen Sprosses bildet. Letzterer bleibt nur in den jüngsten Entwickelungsstadien und auch dann nur lose mit dem Mutterlaube in Verbindung; später trennt er sich dadurch von dem- selben, dass der Theil des Laubrandes, auf welchem er sich entwickelte, sowie ein Theil seines eigenen basilaren Gewebes zerstört, damit aber zugleich seine Selbständigkeit erreicht wird. Rhizoiden fehlen nur wenigen foliosen Jungermannieen (Trichocolea, Haplo- mitrium). Sie gehören fast ausschliesslich den bauchsichtigen Segmenten und nur ' Vgl. in Bezug auf Brutzellenbildung auch die Untersuchungen von Nägeli (Zeitschr. f. wissenschaftl. Bot. II. 16%), Reinsch (Linnaea XXIX. 664) und Berggren (Lunds Univ. Arsskrift D). = Jungermanniaceae: Antheridien. 403 Radula scheint solche nur an der Mitte der convexen Seite des Blattunterlappens zu bilden. Aus einer oberflächlich gelegenen Zelle der Stengelunterseite oder häufig in dichten Büscheln am Grunde der Amphigastrien entspringend, sind sie meist unverzweigt, aber an der Spitze gewöhnlich in eine handartige Scheibe verbreitert, mit der sie sich an das Substrat anklammern. Bei den frondosen Formen verhalten sich die Rhizoiden im Wesentlichen wie bei den vorhergehenden Familien. Die Geschlechtsorgane kommen bei deneJungermanniaceen in verschiedener, in der systematischen Uebersicht zu erwähnender Vertheilung vor. Bei den hier von uns zunächst betrachteten beblätterten Formen sind die Antheridien an dem sie erzeugenden Sprosse seitlich stets so inserirt, dass sie nie bis zur Scheitel- zelle desselben vorschreiten, deren weitere Segmentirung also nicht gehemmt wird, so dass der Spross häufig vegetativ weiter wächst oder später zur Bildung von Archegonien schreitet. Die Antheridien gehen ferner nur aus der dorsalen Hälfte seitenständiger Segmente hervor und ihre Anlage ist bis auf 2—5 Segmentumläufe unterhalb der Scheitelzelle sichtbar. Wird nur ein Antheridium in der Blattachsel angelegt, so steht dasselbe nahezu median (Radula, Lophocolea, Jungermannia bicu- spidata); werden mehrere gebildet, so beginnt ihre Entwickelung an derselben Stelle und schreitet von dort nach dem dorsalen Blattrande hin fort (Lejeunia, Plagiochila, Scapania). Die Hüllblätter (das Perichätium) der Antheridien sind häufig von den übrigen Blättern nicht verschieden und wo Veränderungen vorkommen, be- ziehen sich diese vorzugsweise auf den Blatttheil, der die Antheridien zu schützen bestimmt ist, also auf den Blattoberlappen, und die Formänderung (Verbreiterung des ganzen Blattes durch stärkere Entwickelung des oft kleineren Unterlappens, sackartige Aushöhlung des Oberlappens u. s. w.) geht immer darauf hinaus, den durch die frühere Form unvollkommenen Schutz zu erhöhen. Der Aufbau des An- theridiums findet bei allen beblätterten Lebermoosen in wesentlich derselben Weise statt. Gleich die erste Quertheilung in der sich als Papille erhebenden Mutter- zelle trennt den Körper des Antheridiums von seinem Stiele ab. Letzterer zer- fällt durch weitere Quertheilungen in eine sehr verschiedene Anzahl von Stock- werken, so dass der Stiel bei Calypogeia sehr kurz, bei Jungermannia hyalina sehr lang ist; er besteht ferner nur selten aus einer Zellreihe (Lejeunia serpyllifolia), meistens in Folge von Längstheilung der Stockwerke aus zwei Zellenreihen und das oberste, etwas verbreiterte Stockwerk ist immer in vier sich der Antheridium- wand anschliessende Quadrantenzellen getheilt. Die Mutterzelle des eigentlichen Antheridiums zerfällt zuerst durch eine Längswand in zwei nahezu gleiche Hälf- ten, die sich in ihren weiteren Theilungen ganz gleich verhalten, nämlich: Eine Längswand, die sich in einiger Entfernung vom Scheitel und unter ca. 45° an die erste Theilungswand ansetzt, trifft seitlich die Oberfläche der halbkugeligen Zelle in der Mitte ihrer Querausdehnung und erzeugt zwei Zellen von gleicher Höhe und gleicher peripherischer Ausdehnung, aber verschiedener radialer Tiefe. Die grössere dieser Zellen zerfällt nun durch eine Längswand, welche sich den ersten beiden unter gleichen Winkeln, der freien Aussenwand in der Mitte ihrer Höhe ansetzt, in eine peripherische und trichterförmige axile Zelle. Hat sich letztere noch einmal durch eine ihrer freien Aussenfläche parallele Wand in eine Innen- und Aussenzelle getheilt, so besteht das junge Antheridium aus zwei Innenzellen und sechs Aussenzellen, von denen letztere die einschichtige Hülle, erstere die anfangs cubischen Mutterzellen ‘der Spermatozoiden liefern. Dass die Antheridien der beblätterten Lebermoose metamorphosirte Trichome sind, geht aus deren Stel- lung deutlich hervor. Bei Scapania sieht man auch in den Blattachseln steriler Sprosse an (wenigstens anfänglich) gleicher Stelle vor den Blattoberlappen zwei- zellige Haare mit grösserer, keulig aufgetriebener Endzelle und bei Lejeunia findet man häufig tiefer am Zweige Blätter ganz von der Form derjenigen männ- licher Hüllblätter, aber statt mit einem Antheridium mit einem wie bei Scapania gestalteten Haare in der Achsel. Bei den frondosen Jungermanniaceen stehen die Antheridien (wie die Arche- gonien) stets auf der Rückenseite des Laubes. Metzgeria und Aneura entwickeln nur ein Antheridium aus dem betreffenden Segmente und zwar am dorsalen Rande desselben. Bilden sich aus einem Segmente mehrere Antheridien, wie bei Fossom- bronia, so entsteht das erste am dorsalen Segmentrande und die anderen schreiten von dort nach der Mediane hin vor, zeigen also eine Entwickelungsrichtung, die 24* 404 Jungermanniaceae: Antheridien. Archegonien. Perianthium. derjenigen bei den beblätterten Formen herrschenden gerade entgegengesetzt ist. Umhüllungen der Antheridien treten bei den laubigen Jungermannieen in ver- schiedener Form, aber nie als eigentliche Blätter auf. Bei Blasia werden die einzeln stehenden Antheridien durch Ueberwallung von Seiten der benachbarten Stammoberfläche in Höhlungen versenkt, welche den Brutknospenbehältern gleich- werthig sind. Pellia, Aneura und andere Gattungen entwickeln um die Antheri- dien ebenfalls sack- oder kammerartige Laubwucherungen, die oft nur mit engem Spalte oder Porus (Pellia) geöffnet sind. Bei Metzgeria ist das sogenannte „Hüll- blatt“ der Antheridien ein metamorphosirter Thalluszweig; dagegen sind die blatt- artigen Schüppchen, welche die Antheridien von Blyttia, Mörkia, Symphyogyna u. a. decken, nur Thallomwucherungen. Bei der beblättertem Fossombronia stehen die Antheridien ganz frei. In der Art der Entwickelung der männlichen Organe stimmen die laubigen mit den beblätterten Jungermanniaceen völlig überein. Die Archegonien nehmen als „weiblicher Blüthenstand‘“ bei allen beblät- terten Jungermanniaceen stets den Gipfel eines Sprosses ein. Sie werden hier immer in den der.Scheitelzelle zunächst gelegenen Segmenten angelegt und zwar vor Eintritt der Blattbildung in letzteren. Es ist ferner unzweifelhaft, dass in vielen Fällen auch aus der Scheitelzelle ein Archegsonium hervorgeht und schon dadurch dem Längenwachsthume des Sprosses ein Ziel gesetzt wird. Aber auch wenn dies nicht der Fall ist, schliesst der weibliche Spross stets mit dem Auf- treten der Sexualorgane sein Längenwachsthum ab, da die normale Entwickelungs- fähigkeit der Scheitelzelle durch die unmittelbar angrenzenden Archegonien Stö- rungen erfährt. Dies ist aber bei keiner einzigen frondosen Jungermanniacee der Fall. Hier sind die weiblichen Inflorescenzen deutlich rückenständig und wieder- holen sich an demselben Sprosse mehrmals hinter einander (Pellia, Blyttia, Sym- phyogyna u. a.), und selbst da, wo die weiblichen Sprosse oft sehr verkürzt sind (Metzgeria, Aneura, Fossombronia, Blasia), lässt sich direct nachweisen, dass die Scheitelzelle und die jüngsten Segmente nie zur Archegoniumbildung verbraucht werden. Wohl tritt dann hier eine Sistirung des Längenwachsthumes des Sprosses ein, das aber nach völliger Ausbildung des Sporogoniums wieder aufgenommen werden kann (Fossombronia), in anderen Fällen aber auch dann noch unterbleibt (Blasia). Die sonst den Typus der foliosen Jungermaniaceen zeigende Gattung Haplomitrium folgt in Bezug auf diese Verhältnisse ganz den frondosen Formen. Diese und schon früher angedeutete Verhältnisse (S. 399) haben Leitgeb veran- lasst, die Jungermanniaceen in zwei sehr natürliche Gruppen zu theilen, die als Jungermanniaceae akrogynae (scheitelblüthige — die foliosen Formen mit ‚Ausschluss von Haplomitrium) und J. anakrogynae (die frondosen Formen mit Haplomitrium) unterschieden werden. Die Zahl der zu einem Blüthenstande vereinigten Archegonien ist eine sehr verschiedene; ein Archegonium z. B. bei Lejeunia, meist 2 bei Frullania, bis 10 bei Radula und bei Lophocolea sogar bis 100. Wo mehrere vorhanden sind, ent- wickeln sie sich stets ungleichzeitig. Eine Umhüllung der Archegonien wird bei den anakrogynen Formen nie durch Blattgebilde erzeugt. Bei Metzgeria bildet der sich einkrümmende Tragspross die Hülle, bei Aneura sind es die sich auf- stülpenden Seitenränder des Sprosses, der zugleich auf seiner Rückenfläche schmale, bandförmige Schüppchen bildet, und auch bei den Haplolaenen und Diplomitrien sind die Archegoniumhüllen Thalluswucherungen. Bei Petalophyllum bildet sich die die Archegonien umgebende Hülle schon mit der Entwickelung der Ge- schlechtsorgane und wenn sie auch oftmals (nicht immer) seitlich mit den Blatt- lamellen verwächst, so ist sie doch eine von letzteren unabhängige Bildung. Bei Fossombronia dagegen ist die Ausbildung der Hülle, ja selbst ihre Anlage, von der Befruchtung abhängig. Aber auch bei dieser Gattung ist sie ein Product des Stengelgewebes und Leitgeb erachtet es daher für zweckmässig, statt des in syste- matischen Werken gebrauchten Ausdruckes „Perianthium“ den Namen „Hülle“ (involucrum) zu gebrauchen und als „Perianthium‘ nur die von wirklichen Blät- tern gebildeten Umhüllungen der akrogynen Jungermanniaceen zu bezeichnen. In manchen Fällen ist dieses rudimentär oder es fehlt ganz und dann bilden ent- weder die benachbarten, aus sterilen Segmenten hervorgegangenen gewöhnlichen Blätter eine Hülle um die Archegonien (Alicularia, Trichocolea), oder das Stengel- ende selbst bildet sich zu einem flaschenförmigen, die Archegonien einschlies- senden Behälter aus (Geocalyceae). Wo aber das Perianthium gebildet wird, Jungermanniaceae: Archegonium. Sporogonium. 405 wird es immer bald nach Entwickelung der Archegonien angelegt, unabhängig von etwa erfolgender Fruchtbildung. Meistens entsteht das Perianthium aus dem basiskopen Theile des die Archegonien producirenden Segmentes. Je früher daher die Archegonien angelegt werden, einen um so grösseren Theil der noch nicht stark gewachsenen Aussenfläche des Segmentes nehmen sie in Anspruch, um so kümmerlicher entwickelt sich das Perianthium, bis endlich für letzteres nichts mehr übrig bleibt, so dass dann der oben erwähnte Ersatz eintreten muss. In jedem Falle geht aber aus den Leitgeb’schen Untersuchungen hervor, dass die aus den fertilen Segmenten sich entwickelnden Perianthiumtheile ihrem morphologischen Werthe nach Blätter sind, welche in ihren Achseln die Archegonien ganz in der- selben Weise tragen, wie dies für die Antheridien der Fall ist. (Vgl. auch 8. 390). Die Archegonien, zwischen denen sich gewöhnlich noch kurze Haare (Para- physen) befinden, gehen bei den beblätterten Formen, bei denen sie in der Regel auch von andersgestalteten Blättern (Perichätialblättern) umhüllt sind, sowohl aus den dorsalen wie ventralen Segmenten hervor. Wenn sie in Mehrzahl vorhanden sind, wird das erste Archegonium stets in einem der Scheitelzelle zunächst ge- legenen Segmente angelegt, nie erst in Segmenten des zweiten Umlaufes der Spirale; es tritt also immer vor der Blattbildung auf. Von diesem ersten Arche- gonium aus schreitet die Entwickelung der weiteren ausnahmslos in der Segment- spirale vor, so dass das zweite aus dem nächst jüngeren Segmente, das dritte aus dem dritten Segmente des Umlaufes gebildet wird, das vierte aus der Scheitelzelle selbst seinen Ursprung nimmt, während die noch jüngeren Arche- gonien (wie es scheint) regellos an der Basis der älteren hervorsprossen. Wo die Scheitelzelle nach Anlage des ersten Archegoniums noch weitere Segmente abschneidet, erzeugen auch diese wahrscheinlich noch Archegonien. Wird nur ein Archegonium gebildet, so geht dieses ohne Ausnahme aus der Scheitel- zelle hervor. Der Aufbau des einzelnen Archegoniums ist trotz der grossen Formenmannigfaltigkeit in der Ordnung bei allen untersuchten Mitgliedern im Wesentlichen derselbe. Am geeignetsten für das Studium desselben ist Pellia epiphylla. Das papillenartige Aussprossen einer Zelle der oberen Thallusfläche nahe dem Vegetationspunkte, die Abgliederung derselben vom Thallus durch Quer- wand, die Anlage von Stiel- und Archegoniummutterzelle und das Auftreten der drei Längswände in letzterer erfolgt wie bei den vorigen Familien (vgl. S. 350). Nur sind bei den Jungermanniaceen die zwei älteren peripherischen Segmente stets viel grösser, als das dritte, und nur die beiden älteren theilen sich (nach vorher erfolgter Gliederung der mittleren Zelle in Innenzelle und Deckelzelle) durch Rädialwand, so dass die Peripherie (und später besonders der Archegonium- hals) nur fünfreihig wird. In seltenen und daher als abnorm zu betrachtenden Fällen wird auch das dritte schmale Segment der Archegoniumwand radial ge- theilt. Die weitere Entwickelung ist im Wesentlichen die früher bei Riccia ge- schilderte: das Archegonium theilt sich in die zwei Stockwerke des Halses und Bauches und ersterer, der allmählich in den Bauchtheil übergeht, lässt die Zahl der Halscanalzellen bis auf 16, selbst 18, durch wiederholte Zweitheilung steigen, während im Bauche Central- und Bauchcanalzelle sich bilden und die Bauchwand durch Tangentialtheilung ihrer Zellen zweischichtig wird, wie bei einigen Mar- chantieen (S. 389), mit denen die Jungermanniaceen auch in der weiteren Ent- wickelung des Archegoniumstieles übereinstimmen. Dagegen wird die Deckelzelle zuerst über’s Kreuz in vier Zellen getheilt, dann aber nicht mehr radial, so dass von ihren späteren Zellen nur vier in der Axe zusammenstossen. Die übrigen Formen schliessen sich Pellia nahe an. So unterscheiden sich Fossombronia, Ra- dula und Jungermannia excisa wesentlich nur durch den verhältnissmässig kürzeren Hals mit nur 8 Canalzellen. Das Oeffnen des Archegoniums erfolgt in der be- kannten Weise. Die Entwickelungsgeschichte des Sporogoniums der foliosen oder akro- gynen Jungermanniaceen bietet zunächst das Gemeinsame, dass bei allen zu ihnen gehörigen Formen die befruchtete Eizelle durch eine zur Archegoniumaxe senkrechte (Quer-) Wand in zwei anfangs nahezu gleiche Zellen zerfällt, dass die untere dieser Zellen ungetheilt (Fig. 89 J, die unterste Zelle bei f), oder in ver- schiedener Weise getheilt (Fig. 94, das fadenförmige Anhängsel bei A, C und D), als Anhängsel am Grunde des Sporogoniumfusses erscheint und dass Stiel und Kapsel sich aus der oberen, dem Archegoniumhalse näheren Zelle entwickeln, 406 Jungermanniaceae: Entwickelung des Sporogoniums. Nach Leitgeb! führen die in der oberen Zelle vor sich gehenden Theilungen ‚in jedem Falle zu dem Resultate, dass eine Anzahl von Querscheiben aus je vier quadratisch gelegenen Zellen gebildet wird, und dass die gebildeten vier Zell- reihen, in denen aber die Zellen nicht genau aufeinander treffen, am Scheitel durch vier Zellen von der Form von Kugeloctanten gedeckt werden (Fig. 94 A). Die-Quertheilungen wiederholen sich in jedem Falle mehrere Male am Scheitel, zweifellos kommt aber die grösste Zahl der Scheiben durch intercalare Theilungen zu Stande. In Bezug auf den Wechsel der Längs- und Quertheilungen scheint keine Constanz zu herrschen. In der Regel tritt allerdings eine Querwand auf, dann in der Scheitelzelle eine Längswand; nun in den beiden Scheitelzellen wieder Quer- wände und darauf je eine auf der früheren senkrechte Längswand. Aber es können auch die Längswände früher oder später eintreten, die Quertheilungen in den zwei oder vier Scheitelzellen sich öfter wiederholen oder nur ein paar Mal stattfinden; das Resultat — der Aufbau des Embryo bis zum Momente der Differenzirung in Kapsel und Fuss — bleibt sich immer gleich.“ Bis dahin stimmen die Unter- suchungen von Kienitz-Gerloff? und Leitgeb vollkommen überein. Nun giebt aber der erstere Beobachter an, dass bei allen foliosen Jungermannieen die Sporenkapsel sich aus den vier am Scheitel gelegenen Octanten bilde, dass in diesen der freien Aussenfläche parallele Wände auftreten und nun die Sonderung zwischen Kapsel- wand und dem Kapselinneren vollzogen sei; es nehme also die Kapselwand aus vier Zellen, welche die Gestalt von Kugelschalenstücken besitzen, ihren Ursprung, während der Sporenraum durch Theilung der vier inneren Zellen sich ausbilde. Nach Leitgeb’s Untersuchungen ist dies „vollkommen richtig für Frullania und Lejeunia. Die grösste Zahl der foliosen Jungermannieen bildet die Kapsel nicht nach diesem Typus aus. Der Unterschied besteht darin, dass bei ihnen die Sporen- kapsel nicht ausschliesslich aus den vier scheitelständigen Octantenzellen sich bil- det, sondern dass ausser diesen noch eine grössere oder geringere Zahl von ihnen grundwärts anliegenden Querscheiben zu ihrer Bildung mitwirkt.‘“ Auch von Hof- meister? wurde die Kapselentwickelung bereits in dieser Weise beschrieben. Was nun einige specielle Fälle betrifft, so ist bei Frullania dilatata ent- sprechend den oben gemachten Angaben die erste Wand in dem befruchteten Eie eine Horizontalwand. Während die durch sie abgeschnittene obere Zelle sich be- trächtlich vergrössert, zerfällt nach den von Leitgeb im Wesentlichen bestätigten Beobachtungen Kienitz-Gerloff’s die untere durch eine Längswand in zwei neben einander gelegene Zellen, welche, sich jede papillenartig vorwölbend, den unteren Theil des Sporogoniumfusses darstellen. Inzwischen hat sich auch die obere Zelle durch eine Querwand getheilt und das junge Sporogonium, dessen Gestalt aus der Kugelform in die ovale übergegangen ist, besteht aus drei Theilen: zwei unteren papillenförmigen Zellen, einer halbkugeligen Scheitelzelle nnd einer scheiben- förmigen mittleren Zelle, welch’ letztere sich zunächst durch eine senkrechte, von der Scheidewand der beiden Papillen divergirende Wand theilt. Dieselbe Theilung tritt darauf auch in der Scheitelzelle ein; die in ihr erscheinende Längswand setzt sich entweder seitlich neben derjenigen in ihrer Nachbarzelle an und ist ihr un- gefähr parallel, oder sie bildet die Verlängerung, derselben oder endlich sie bildet mit ihr einen Winkel. Nach einer in beiden Fusspapillen aufgetretenen Längs- wand folgt auch eine weitere Längstheilung in dem mittleren und oberen Stock- werke des Embryo. Letzteres zerfällt dadurch in vier Kugeloctanten, ersteres in vier Scheibenquadranten. Von da ab werden von den vier scheitelständigen Octantenzellen durch noch zweimalige Quertheilung zwei weitere scheibenförmige, aus je vier Quadranten bestehende Stockwerke dem ersten mittleren zugefügt, und damit ist das ursprüngliche Scheitelwachsthum vollendet. Inzwischen wölben sich die Zellen der ältesten untersten Querscheibe ebenfalls nach aussen, wodurch sie sich gegen einander mannigfach verschieben, und erfahren vielfache Quer- und Längstheilungen, die eine Gesetzmässigkeit nicht erkennen lassen. Der so sich bildende, später breit kuchenförmige Sporogoniumfuss bohrt sich dabei immer tiefer in das darunter liegende Gewebe des Archegoniums ein. In den von den 1A ra NOWEL53; 2A. 20. 18TE ® Vergl. Untersuch. $. 39. Jungermanniaceae: Entwickelung des Sporogoniums. 407 ! scheitelständigen Kugeloctanten abgeschnittenen weiteren Stockwerken treten auch abwechselnd Quer- und Längstheilungen ein, die letzteren auf Querschnitten am besten verfolgbar und von bestimmter Reihenfolge. An eine der ersten Radial- wände des Scheibenquadranten setzt sich eine Längswand so an, dass sie der anderen Radialwand ungefähr parallel im seichten Bogen zur Peripherie verläuft und den Quadranten in ein dreiseitiges und ein vierseitiges Stück zerlegt. Letzteres zerfällt darauf durch eine Tangentialwand in eine äussere und innere Zelle, letz- tere wieder durch sich schneidende, je einer Hauptwand parallele Scheidewände in mehrere Segmente, während tangentiale und radiale Theilungen in den äusseren Zellen einen Zellenkranz im Umfange des Organes (dem späteren Kapselstiele) entstehen lassen. Intercalare Quertheilungen, andererseits rapide Streckung seiner Jüngsten Tochterzellen, verhelfen diesem Stiele zu seiner vollen Länge. In den bis Jetzt nicht-berücksichtigten vier Scheiteloctanten, aus denen die eigentliche sporen- bildende Kapsel hervorgeht, führen die ersten weiteren Theilungen zur Differen- zirung von Kapselwand und Kapselinnerem, indem als Anlage der ersteren durch eine in jeder Zelle auftretende Tangentialwand im Ganzen vier Kugelschalenzellen von vier inneren, die Anlage des Sporenraumes bildenden Zellen abgeschieden werden. Im Sporenraume erfolgen von jetzt ab Theilungen durch Längswände, welche (sich ungefähr rechtwinkelig schneidend) je einer der Hauptwände parallel sind; auf einem Querschnitte durch die halbreife Frucht ist daher die Anordnung dieser Zellen diejenige der Felder eines Schachbrettes. Von diesen gestreckt- prismatischen Innenzellen wird abwechselnd eine zur Urmutterzelle der Sporen, eine zur Schleuderzelle. Die sie trennenden Wände quellen derartig auf, dass der Durchmesser der zu Elateren werdenden Zellen etwa zwei Drittel von demjenigen der Sporenmutterzellen beträgt. Jede der zur Bildung der Kapselwand bestimmten Zellen wird durch eine Wand, welche auf dem Längschnitte die Verlängerung der ersten im Sporenraume auftretenden bildet, in zwei beinahe gleich grosse Stücke, ein vierseitiges und ein dreiseitiges zerfällt. Die vierseitigen sämmtlicher Octanten berühren sich in der Axe. Tangentiale Wände, in centrifugaler Richtung vom Scheitel abwärts entstehend, lassen die Kapselwand zweischichtig werden. Letztere dehnt sich nun unter fortgesetzter Theilung ihrer Zellen durch einander schnei- dende Radialwände aus; in jeder Tochterzelle treten von Neuem sich kreuzende radiale Wände auf, und die Anordnung dieser Zellen, welche die unter diesen Vorgängen sich kugelig wölbende Kapselwand zusammensetzen, ist daher eben so regelmässig, wie die der Stielzellen: die Wand erscheint, von der Aussenfläche gesehen, aus lauter kleinen Quadraten zusammengesetzt. Gleichzeitig erfährt die dem Sporenraume an seiner Basis unmittelbar angrenzende Querscheibe eine nach unten convexe Wölbung. Ihre Zellen, die sich vor denen des Stieles deutlich durch zartere Membranen auszeichnen, gehen aus ihrer ursprünglichen, auf dem Längsschnitte ursprünglich quadratischen Gestalt in die seitliche verlängerte über, so dass es den Anschein hat, als hätte die sich wölbende Kapselwand auf sie eine Zerrung ausgeübt. Der Sporenraum gewinnt durch die eben geschilderten Vor- gänge erheblich an Umfang und erhält nach und nach kugelige Gestalt. Seine Zellen folgen dem Wachsthume, indem sie (durch einander rechtwinkelig schnei- dende vertikale Wände noch mehrfach getheilt) in die Länge wachsen. Dies ge- schieht bei denjenigen, die auf dem Querschnitte ein engeres Lumen zeigten, durch einfache Streckung, und diese werden, indem sich ihre Wand spiralig verdickt, zu den Elateren; bei denen mit grösserem Querdurchmesser kommen (@uerthei- lungen hinzu, welche in ihnen die Sporenmutterzellen entstehen lassen.“ Die Membranen der Kapselwand beginnen sich jetzt zu verdicken, in den äusseren Zellen nach Art des Collenchyms, indem sie in den Ecken, wo drei zusammen- stossen, besonders starke Membranverdickungen ablagern, in den inneren Zellen dagegen netzförmig. Schliesslich springt die Kapselwand so auf, dass die Riss- stellen der vier:Klappen in die Längsscheidewände der vier Octanten der ur- sprünglichen Kapselanlage fallen. Auch bei Radula complanata beginnt nach Leitgeb die Sporogoniument- wickelung mit Quertheilung. Die untere Zelle bleibt ungetheilt, die obere theilt sich quer und beide so gebildete Zellen zerfallen darauf durch rechtwinkelig sich kreuzende Längswände in je vier Zellen. Die vier octantischen Scheitelzellen sondern andauernd neue Querscheiben ab, die sich wieder intercalar gliedern, und endlich findet das Scheitelwachsthum durch Auftreten der Tangentialwände in den 408 Jungermanniaceae: Entwickelung des Sporogoniums. vier Octanten wie bei Frullania seinen Abschluss, während sich auch die Quer- scheiben wie bei letzterer Gattung theilen. Während nun Kienitz-Gerloff die eigentliche Kapsel wie bei Frullania nur aus den vier Octanten hervorgehen lässt, treten nach Leitgeb noch die nächst unter ihnen gelegenen (wahrscheinlich drei) Querscheiben in die Kapselbildung ein. „In den Innenzellen dieser Querscheiben treten vorerst ziemlich regelmässig verlaufende Längs- und Querwände auf, bald jedoch verliert sich diese Regelmässigkeit; die Wände werden zur Längsaxe schief und wir erhalten endlich jene fächerartige Gruppirung der Schleuderzellen und der Sporenmutterzellen, welche auch von Kienitz-Gerloff erwähnt wird. In den von den vier Scheiteloctanten gebildeten Innenzellen treten allerdings schon an- fangs schiefe Wände auf, die aber natürlich wohl auf die Anordnung der Zellen am Scheitel des Sporen- raumes, nicht aber auf die Gruppi- rung derselben in der ganzen Kapsel von Einfluss sein können. Die Thei- lungen in den Innenzellen zeigen vielfach grosse Unregelmässigkeiten, und wir finden selbst in benach- barten Scheibenquadranten einen ganz verschiedenen Verlauf der Zell- wände.“ Von der Gattung Jungerman- nia untersuchte Leitgeb die J. acuta und J. hyalina, Kienitz-Gerloff J. bi- cuspidata. Hier wird die untere Zelle der ersten Theilung durch Längenwachsthum und mehrmalige Quertheilung zu einem zwei bis vier- gliederigen, fädigen Anhange des aus den späteren untersten Quer- scheiben hervorgehenden, zuletzt kreiselförmigen Sporogoniumfusses (Fig. 94.A, C, D). Die obere Zelle dagegen theilt sich, wie oben be- schrieben und auch hier wiederholt sich die Quertheilung der vier Schei- teloctanten wie bei Radula. Dass in letzteren aber zuletzt nicht aus- schliesslich, wie dort, die Sonderung eines Octanten durch eine Tangen- tialwand in eine Innen- und Aussen- zelle (in Sporenraum und Kapselwand) eintritt, sondern durch eine Combi- nation ähnlicher Längs- und Quer- theilungen, wie bei Marchantia (Fig. 89 F, oberes Stockwerk — vgl. S. 390), die Bildung einer Innenzelle und zweier Aussenzellen erfolst, ist nach Leitgeb eben so unzweifelhaft, wie die Theilnahme noch mehrerer ke een u En R Querscheiben neben den Scheitel- verschiedenen n Wire LUNGeR adıen. , uss; 5 Delta, ocetanten zur Bildung der Sporen- sp Kapsel. Nach Kienitz-Gerloff. Vergr. von A—C Pr ; Se D=80; alle Figuren im a kapsel. ls geht, daher der ‚später sehr zierlich aus vier Reihen grösserer centraler und einer Lage kleinerer peripherischer Zellen aufgebaute Stiel (Fig. 94 B, C und D: s), dessen centrale Zellen bei seiner letzten Streckung zerrissen werden und einer Höhlung Platz machen, nur aus den mittleren Querscheiben des jungen Sporogoniums hervor. Auch bei Jungermannia wird dann später die Wand zweischichtig (Fig. 94, C und D), und das Endresultat der Differenzirung des Kapselinneren ist das, dass O9 5 6) 005 - O A S SO BG rogonium in —n Jungermanniaceae: Entwickelung des Sporogoniums. 409 die Elateren fächerförmig von der idealen Axe der Kapsel nach der Wand aus- strahlen, in der Mitte aber einen Raum frei lassen, der nur von Sporenmutter- zellen erfüllt ist (Fig. 94 D). Die Zahl der zwischen zwei benachbarten Elateren liegenden Reihen von Sporenmutterzellen schwankt zwischen einer bis zu drei (Fig. 94 D). Das Auseinanderweichen der vier Kapselklappen erfolgt auch hier, wie bei allen akrogynen Jungermannieen, in den ursprünglichen Scheidewänden der Octantenzellen und der entsprechenden Wände der unter ihnen liegenden, zur Kapselbildung herangezogenen Querscheiben. Die Entwickelung des Sporogons anakrogyner Jungermannieen hier specieller zu verfolgen, würde zu weit führen. Dieselben stimmen mit den akrogynen Formen in soweit durchaus überein, als Stiel und Kapsel nur aus der oberen, dem Archegoniumhalse näher gelegenen Hälfte der einmal quergetheilten Eizelle ausgebildet werden. Die in dieser oberen Zelle auftretenden Theilungen führen auch hier zu dem Resultate, dass eine Anzahl von Querscheiben aus je vier quadrantisch gelegenen Zellen gebildet wird, welche am Scheitel durch vier die Form von Kugeloctanten zeigende Zellen gedeckt sind. Diese vier Zellen- reihen lassen sich auch hier, wenigstens im oberen Theile der Fruchtanlage, auf zwei Längshälften zurückführen, welche schon in den frühesten Stadien durch die erste Längswand (S. 406) angelest werden. Sind nun diese Längshälften, wie in den bis jetzt beschriebenen Fällen der Sporogonentwickelung, gleich stark ent- wickelt, d. h. stand die erste Längswand genau senkrecht, so werden sie an der Bildung der Kapsel einen gleich grossen Antheil nehmen. Nun kommt es aber, seltener bei akrogynen, häufiger bei anakrogynen Jungermannieen (ganz besonders bei Symphyogyna) vor, dass die erste Längswand eine schiefe, gegen die Längsaxe des Sporogons geneigte ist, so dass dessen Scheitel zum überwiegenden Theile von nur zwei (einer Längshälfte entsprechenden) Octantenzellen eingenommen wird. Findet in solchen Fällen geringes Scheitelwachsthum statt, wird somit die Kapsel schon sehr früh angelegt, so betheiligen sich immer noch alle vier am Scheitel gelegenen Zellen an der Bildung derselben, wenn auch nicht in gleichem Maasse. Tritt dagegen (namentlich bei starker Neigung der ersten Längswand) ein länger dauerndes Spitzenwachsthum ein, wird also die Kapsel mit ihren Theilen erst spät differenzirt, so befindet sich um diese Zeit am Scheitel nur mehr noch die Nachkommenschaft der einen Längshälfte; die Kapsel geht allein aus dieser hervor, während die durch die erste Längswand abgeschnittene kürzere Längs- hälfte nur in die Bildung des Sporogoniumstieles, eventuell auch nur in die des Fusses eintritt. Was endlich noch einmal die Anordnung der Elateren und Sporenmutterzellen in der Kapsel betrifft, so stimmen alle Jungermanniaceen darin überein, als letztere in Längsreihen erscheinen, die in der Richtung mit derjenigen der Elateren über- einstimmen (vgl. S. 391 und auch Fig. 94 D). Die Richtungen dieser Zellenzüge sind aber nicht für alle Jungermannieen gleich. Bei Frullania, Lejeunia, Sym- phyogyna u. a. laufen sie parallel der Längsaxe; bei Pellia strahlen sie garben- förmig vom Grunde der Kapsel aus, bei Metzgeria und Aneura vom Scheitel, während sie bei Jungermannia und Lepidozia (nach Leitgeb) wenigstens anfangs quer gestellt sind. Man war geneigt, diesen verschiedenen Verlauf mit der Rich- tung der ersten Theilungen im Sporenraume in Beziehung zu bringen und für manche Fälle ist dies auch richtig (Frullania — S. 407). Allein für zahlreiche Jungermanniaceen trifft diese Vermuthung nicht zu und es muss daher die end- liche Anordnung der Elateren und Sporenmutterzellen als Folge des ungleichen Verhaltens der Sporogone in Bezug auf ihr Gesammtwachsthum in bestimmten Richtungen angesehen werden, da sich z. B. die Anordnung der Zellen im jungen Sporogon von Pellia von derjenigen gleicher Entwickelungsstadien von Metzgeria und Aneura in Nichts unterscheidet. Mit der Entwickelung des Sporogoniums geht, wie bei den übrigen Leber- moosen, die Umbildung des Archegoniums Hand in Hand, das auch hier trotz seines späteren abweichenden Verhaltens wie bei den Laubmoosen häufig als Calyptra bezeichnet wird. Mit dem Wachsthume des Archegoniumbauches ist aber fast regelmässig auch eine Wucherung des Stengel- oder Thallusgewebes am Grunde desselben verbunden, so dass die spätere Hülle des weiter vorgeschrittenen Sporogoniums aus Archegonium- und Sprossgewebe gebildet wird. Unzweifelhaft wird dieses dort, wo Organe, die früher der Sprossoberfläche inserirt waren, später 410 Jungermanniaceae: Keimung. auf der Sporogonhülle erscheinen. So findet man die nicht befruchteten, abge- storbenen Archegonien bei Pellia.bis fast zu halber Höhe, bei Symphyogyna oft bis an den Scheitel der Calyptra hinaufgerückt und bei Haplomitrium werden so- gar jüngere Blätter auf die Basis derselben emporgehoben. Bei der Keimung der Sporen, in letzter Zeit am genauesten von Leitgeb bei foliosen Formen untersucht, wird stets ein Vorkeim (protonema) gebildet, wenn auch auf sehr verschiedene Weise und in eben so sehr verschiedener Form. Die mit einem braunen, feingekörnten Exosporium versehenen Sporen von Lophocolea und Chiloscyphus wachsen an einer Seite oder .an zwei diametral gegenüber- liegenden Stellen zu einem Schlauche aus, der sich durch Quertheilungen verlängert. Es entsteht ein gegliederter Zellfaden, der die ursprünglichen und nicht gedehnten Wandstücke der Spore an einer Endzelle oder einem Fadengliede erkennen lässt. Eine Verzweigung des etwa sechszelligen Fadens tritt bei Lophocolea seltener, an dem zwölf- und mehrzelligen Vorkeime von Chiloscyphus dagegen häufiger ein. Die Sprossanlage tritt immer in der Endzelle auf, indem durch drei nach einander auftretende und entsprechend geneigte Wände in ihr eine Scheitelzelle constituirt wird, welche nun in der bekannten Weise Segmente abgliedert (S. 396). Schon durch die erste schiefe Wand ist die Bilateralität des künftigen Sprosses angelegt, indem sie aus der Endzelle des Vorkeimes ein bauchsichtiges Segment abschnei- det, das später in zwei zu Rhizoiden auswachsende Zellen zerfällt. Die durch die beiden nachfolgenden schiefen Wände in der betreffenden Vorkeimzelle erzeugten Segmente sind als erste rückensichtige Segmente zu deuten, da jedes zu einer kurzen Zellenreihe auswächst, in welcher Form ja so häufig die ersten Seiten- blätter erscheinen. Letztere sind schon am dritten oder vierten Segmentcyclus durch zwei am Grunde verbundene Zellreihen repräsentirt, in denen die beiden Blattlappen angedeutet sind. Später finden wir die dem Oberlappen entsprechende Zellreihe in ihrer unteren Hälfte verbreitert und längsgetheilt; noch später finden wir auch die den Blattunterlappen vertretende Zellenreihe in gleicher Weise ver- ändert. Erst jetzt tritt auch an den nächsten ventralen Segmenten die Amphiga- strienbildung ein, zuerst in Form einer die ganze Segmentbreite einnehmenden Papille, von welcher aus zu den normal entwickelten Unterblättern zahlreiche Mittelstufen ganz allmählich hinüberleiten. So bei Lophocolea, ähnlich bei Chi- loseyphus, wo aber die Blattbildung in der Regel nicht schon in den ersten drei, sondern erst in späteren Segmenten eintritt. Alicularia zeigt gegenüber den beiden eben genannten Gattungen insofern eine grosse Regellosigkeit, als bald ein fädiges, einfaches oder verzweigtes Proto- nema, gewöhnlich aber ein Zellkörper aus der Spore hervorgeht, an denen aber die Sprossbildung nicht beobachtet werden konnte. Aehnlich verhält sich Tricho- colea, bei welcher aber durch eine tetraödrische Scheitelzelle bald die Sprossan- lage sichtbar wird, an der die ersten Segmente keine Blattanlagen produciren, Amphigastrien auch erst spät auftreten. Da auch bei Lepidozia, Arten von Junger- mannia etc. dieselben Formen wechselnd sich zeigen, so glaubt Leitgeb, dass dieselben wohl durch äussere Ursachen (Feuchtigkeit?) bedingt sein könnten. Die Gattung Blasia ist insofern noch interessanter, als in seltenen Fällen die ungetheilte Spore zu einem Keimschlauche auswächst, welcher an seinem Ende eine Keimscheibe erzeugt. In anderen Fällen treten in der Spore mehrere Theilungen ein und eine der Zellen wächst zum Keimschlauche aus, der die Keimscheibe bildet. Selbst in solchen Fällen endlich, in denen aus der Spore ein vielzelliger Zellkörper hervor- geht, kann immer noch eine seiner Zellen zum Keimschlauche auswachsen, der dann an seiner Spitze neuerdings einen Zellenkörper entwickelt. Dagegen wird bei Radula der Vorkeim in der Weise ausgebildet, dass die Spore nach vorhergegangener Vergrösserung sich in vier Quadranten gliedert, durch deren weitere Theilung stets eine rundliche Zellenscheibe erzeugt wird, die später in zwei Schichten zerfällt. Hat dieselbe eine gewisse Grösse erreicht, so ver- grössert sich eine der dem Substrate zugewendeten Randzellen zur Mutterzelle des Sprosses. In dieser treten zuerst nach einander die zwei die ersten dorsalen Seg- mente abschneidenden schiefen Wände auf und dann erst folgt die das ventrale Segment abgliedernde Wand, mit welcher die tetraödrische Scheitelzelle construirt ist, deren freie Aussenwand dem Rande des Vorkeimes sich zuwendet. Die beiden ersten dorsalen Segmente der Sprossmutterzellen beginnen schon die Anlage rudi- mentärer Blätter. ; Jungermanniaceae: Keimung. Haplomitrium. 411 Unter den frondosen Formen verdienen die grossen, schon im Sporogonium ausnahmslos vielzelligen Sporen von Pellia (welche an Fegatella — 8. 392 — erinnern) noch einer Erwähnung. Der ellipsoidische Zellenkörper ist auch hier offenbar der Vorkeim, in dem bei der Keimung eine ihn nach einer Seite be- grenzende Zelle zum ersten Rhizoid auswächst, während auf dem entgegengesetzten Ende die Sprossbildung eintritt. An dieser betheiligen sich nur die an der Spitze gelegenen Zellen, während der grösste Theil des Vorkeimes unverändert bleibt und auch später noch am Grunde des jungen Pflänzchens als knollige Anschwel- lung mehr oder weniger deutlich ist. Die Sporen der beblätterten Frullania sind bei Beginn der Keimung einzellig. Aber ganz in gleicher Weise, wie bei Fega- tella, bildet sich aus ihnen ein aus acht Kugeloctanten aufgebauter Zellkörper, der später seine Zellen nach allen Richtungen hin gleichmässig vermehrt. Sämmt- liche Zellen haben dann cubische Form und nach Leitgeb’s Angabe wächst nun eine (wahrscheinlich immer einer Octantenwand zunächst gelegene) Zelle zu einem Rhizoid aus, während sich im diametral gegenüber liegenden Octanten die Anlage des Pflänzchens bildet. Was schliesslich noch das Verhalten des Exosporiums bei der Keimung be- trifft, so ist darauf, ob dasselbe gesprengt oder gedehnt wird, kein grosses Gewicht zu legen. Bei Fossombronia (unter den Marchantieen bei Grimaldia, dann bei Anthoceros) und anderen Lebermoosen, wo das Exospor sehr mächtig und nament- lich leisten- und netzförmig verdickt ist, sehen wir dasselbe durchweg aufreissen. Bei nahen Verwandten mit minder stark verdicktem Exospor, wie bei Marchantia und Fegatella, wird dasselbe gedehnt, hie und da aber auch zerrissen. Unter den foliosen Jungermannieen und namentlich bei den in Bezug auf ihre Keimung oben angeführten Pflanzen hängt es ganz von der Art der Keimung ab, ob man das Exospor später an einer Zelle vorfindet oder nicht. Wo das Flächenwachsthum nur einen geringen Theil der Sporenhaut trifft, wie bei Bildung fadenförmigen Protonemas (wo der übrige Theil der Sporenhaut unverändert bleibt), da wird am Vorkeime häufig eine Zelle mit dem Exospor bekleidet aufzufinden sein, während dort, wo der grösste Theil der Sporenhaut in das Wachsthum eingezogen wird, das Exospor auch nicht sichtbar bleibt. Unter allen Jungermanniaceeen ist die Gattung Haplomitrium die einzige bekannte, welche keine Bilateralität zeigt. Die tetraädrische Scheitelzelle des aufrechten, keine Rhizoiden entwickelnden Stämmchens sondert in fortlaufender Spirale gleich grosse Segmente ab und das je vierte Segment liegt wahrscheinlich schon bei seiner Anlage nicht genau über dem ersten, sondern greift in Richtung der Blattspirale um ein Geringes über dasselbe hinaus. Dem entsprechend liegen auch die Blätter nicht in drei geraden Zeilen über einander, sondern zeigen ein complieirteres Stellungsverhältniss; sie stimmen ferner sämmtlich in Form und Grösse überein. In dem zum Blatte auswachsenden Segmente unterbleibt ferner die bei den anderen Jungermanniaceen schon die durch ersten Theilungen aus- gesprochene Trennung der beiden Blattlappen; dasselbe wächst vielmehr (wie die Blatt-Mutterzelle der Laubmoose) am stärksten in seiner Mediane und zeigt an der Spitze eine sich eine Zeit lang durch Querwände theilende Scheitelzelle, deren Segmente sich weiter durch Längswände gliedern. Später treten in der Blattscheitelzelle schiefe Wände auf, die Theilung wird eine regellose, die Scheitel- zelle oft sogar durch eine benachbarte Zelle an die Seite gedrängt, und es zeigen sich daher kaum zwei Blätter des Pflänzchens genau gleich gestaltet. Sämmtliche Zweige sind intercalar und zeigen keine constante Beziehung zu den Blättern. Sie entspringen sogar zum Theil am unterirdischen Stammtheile, sind dann am Grunde blatt- und chlorophyllos und ergrünen später an der sich zu einem nor- malen, beblätterten Sprosse umbildenden Spitze oder behalten auch wohl ganz ihren wurzelartigen Charakter. Die einzeln oder in Gruppen von zwei oder drei ringsum am Stengel inserirten Antheridien nehmen die Stelle eines ganzen Blattes oder Blatttheiles ein; in ihrem Baue gleichen sie denjenigen der übrigen Formen. Ebenso treten die Archegonien an Stelle eines Blattes oder Blatttheiles auf, . schliessen aber nicht das Scheitelwachsthum des weiblichen Sprosses, der sich ganz wie bei den anakrogynen Formen verhält. Die in ca. 1300 Arten über die ganze Erde verbreiteten, mit seltenen Aus- nahmen gesellig wachsenden Jungermanniaceen zerfallen in folgende Familien (vgl. aber die speciellen Diagnosen!): % 412 Jungermanniaceae: System. I. Jungermanniaceae anakrogynae. Die Archegonien (weiblichen Blüthen- stände) sind rückenständig; der Sprossscheitel wird zu ihrer Bildung nicht aufgebraucht, sondern setzt sein Wachsthum fort. A. Pflanze ein blattloser Thallus oder ein thallusartiges, bilaterales Stämm- chen mit flügelartigen, parallel der Längsaxe inserirten Blättern. 1. Völlig blattloser Thallus mit Mittelrippe; monöcisch oder diöcisch, die Blüthenstände auf der Unterseite der Mittelrippe: Metzgerieae. 2. Blattloser Thallus ohne Mittelrippe; diöcisch, die Blüthenstände an oder neben dem Laubrande: Aneureae. 3. Blattloser Thallus oder thallusartiges Stämmchen, mit oder ohne Mittelrippe; mönöcisch oder diöcisch, die Geschlechtsorgane einzeln durch Ueberwallung in die Oberseite des Gewebes versenkt: Haplo- laeneae. 4. Blattloser Thallus; diöcisch, die Blüthenstände auf der Mittelrippe der Lauboberseite, die Antheridien von schuppenartigen Auswüchsen der Mittelrippe, die Archegonien von einer doppelten, röhrigen Hülle umgeben: Diplomitrieae. B. Pflanze ein wenig verflachter, kriechender, bilateraler Stengel mit zwei Reihen schief inserirter Oberblätter. Hülle der Archegonien glocken- förmig: Codonieae. 0. Pflanze ein aufrechtes, nicht bilaterales Stämmchen mit gleich grossen, fast dreireihigen Blättern (vgl. S. 411): Haplomitrieae. I. Jungermanniaceae akrogynae (J. foliosae). Die weiblichen Blüthenstände beschliessen das Wachsthum des Sprosses. Stämmchen bilateral, mit zwei Reihen grösserer Oberblätter und auf der Bauchseite stehenden kleineren oder ganz fehlenden Unterblättern’ (Amphigastrien). A. Blätter oberschlächtig. Weibliche Blüthen frei auf der Spitze ihres Sprosses. 1. Kapsel zart, nur bis zur Mitte oder etwas unter die Mitte vierklappig. Elateren einspirig: Jubuleae. 2. Kapsel lederartig, bis zur Basis vierklappig, selten (Madotheca) nur bis zur Mitte. Elateren zweispirig. a. Stengel ohne Ausläufer. 0 Alle Blätter ganzrandig, mit grossem Ober- und kleinem Unter- lappen: Platyphylleae. 00 Alle Blätter handförmig getheilt, ringsum in einfache oder ästige, gegliederte, haarartige Wimpern aufgelöst: Ptilidieae. b. Stengel mit peitschenförmigen, kleinblätterigen Ausläufern. Blätter handförmig getheilt oder 3- bis 4-zähnig: Lepidozieae. B. Blätter ober- oder unterschlächtig. Sporogonien dem krug- oder flaschen- förmig erweiterten Ende eines unterirdischen, fleischigen, sackartigen Sprosses eingesenkt: Geocalyceae. C. Blätter unterschlächtig. Weiblicher Blüthenstand frei auf dem Sprossgipfel. 1. Perianthium vorhanden, meist von einem Perichätium umgeben und dieses überragend: Jungermannieae. 2. Perianthium fehlend oder wenig entwickelt und mit dem Perichätium verwachsen: Gymnomitrieae. I. Jungermanniaceae anakrogynae. Die Archegonien sind rückenständig und entstehen entfernt vom Spross- scheitel, der zu ihrer Bildung nicht aufgebraucht wird, sondern sein Wachsthum fortsetzt (vgl. S. 404). Die Mehrzahl der hier vereinigten Formen bildet die Gruppe der laubigen Lebermoose oder Jungermanniaceae frondosae. Metzgerieae. Aneureae. Haplolaeneae. 413 151. Familie. Metzgerieae. Metzgeria Raddi. Thallus blattlos, bandförmig, gabelig getheilt, ein- schichtig, die Lappen von einer scharf begrenzten, mehrschichtigen Mittelrippe durchzogen, auf deren Unterfläche seitlich die sehr kurzen Geschlechtssprosse ent- springen, welche sich zugleich zu einer Hülle der auf ihrem Rücken stehenden Sexualorgane umgestalten, indem sie dieselben muschelartig oder helmförmig ganz oder theilweise einschliessen. Die weibliche Hülle ist schon vor der Befruchtung auf ihrer convexen Aussenseite mit zahlreichen Haaren besetzt, die später zahl- reich zu Rhizoiden werden. Antheridien zu 2—4, Archegonien zu 3—8 beisammen. Archegoniumhals sehr kurz, Archegoniumbauch dicht haarig. Perianthium fehlt. Kapsel kurz gestielt, fast kugelig, die Klappen aussen rinnig, die Wand zwei- schichtig, die einspirigen Schleudern zum Theil pinselförmig an den Klappenspitzen hängen bleibend. In dichten, flachen Rasen an Felsen und auf Baumrinden wach- sende Pflänzchen. Zwei deutsche, 4 Arten: M. furcata Nees v. Es. Laub bis 5 Centim. lang und über 1 Millim. breit, nur mit zerstreuten Keulen- und Borsten- haaren. Einhäusig. Im October fructifieirend. — M. pubescens Raddi. Laub beiderseits dicht weichhaarig. Zweihäusig. Nur in Gebirgsgegenden und seltener. 152. Familie. Aneureae. Aneura Dumort. Thallus blattlos, meist hand- oder fiederförmig gelappt, mehrschichtig, ohne Mittelnerv, unterseits in der Nähe des Scheitels mit einzel- lisen Keulenhaaren. Geschlechtsorgane ein- oder zweihäusig auf verkürzten, durch Endverzweigung angelegten Seitensprossen in Gruppen beisammen stehend. An- theridien einzeln mit ihrem ganzen Körper Höhlungen des Laubes eingesenkt, das dadurch häufig vollkommen das Ansehen eines Fachwerkes mit einschichtigen Scheidewänden erhält. Archegonien (3—10) von einer Hülle umgeben, die wesent- lich von den aufgestülpten und ungleich ausgewachsenen Sprossrändern gebildet wird. Zwischen den Archegonien entstehen zahlreiche Trichome als einfache Zell- reihen oder blattartige Schüppchen, von denen die äussersten als Auswüchse der Hülle erscheinen. Perianthium fehlt. Calyptra im unteren Theile haarig. Kapsel lang gestielt, oval oder länglich, die Wand mehrschichtig, die Klappen aussen rinnig, die einspirigen Schleuderer pinselförmig an der Spitze der Klappen hängen bleibend. 5 deutsche, 4 Arten. — A. pinguis Dumort. Zweihäusig. Laub dunkel- grün, fettglänzend, mehr oder minder unregelmässig zerschlitzt, die Lappen linea- lisch, 5—10 Millim. breit, flach, mit gewöhnlich etwas welligen Rändern. Auf feuchtem Boden an Graben- und Teichrändern ete. Fructificirt im März und April. — A. pinnatifida Nees v. Es. Zweihäusig. Laub dunkel- bis schwärzlichgrün, unregelmässig einmal oder doppelt fiederig verzweigt. An Steinen und Holz in Bächen, Quellen u. s. w., oft unter Wasser. Fructificirt Mai, April. 155. Familie. Haplolaeneae. Pflanze ein blattloser Thallus oder ein flaches Stämmchen mit rechts und links sitzenden, horizontal parallel mit der Längsaxe des Stammes inserirten, flügelartigen Seitenblättern. Ein- oder zweihäusige Geschlechtsorgane, auf der Rückenseite durch Ueberwallung einzeln in das Gewebe versenkt. Perianthium fehlt. Kapsel lang gestielt, kugelig oder kurz oval, die Wand zweischichtig, die meist 2-spirigen Elateren im Grunde sitzen bleibend. 1. Pellia Raddi. Thallus blattlos, in flachen, unregelmässigen Rasen, seine Lappen breit verkehrt-eiförmig bis länglich -keilförmig oder linealisch und mit Mittelrippe. Brutknospen fehlen. Antheridien meist einzeln Höhlungen eingesenkt, deren Decke als warzenförmige Auftreibung der Mittelrippe erscheint. Archegonien zu 4—12 in einer am Rande gekerbten oder zerschlitzten Hülle, die entweder becherförmig oder nur nach vorne taschenartig offen ist. 2 24 deutsche Arten. — P. epiphylla Nees v. Es. Einhäusig. Hülle taschenförmig gegen das weiter wachsende Laub geöffnet, das Archegonium zur Zeit der Fruchtreife weit aus ihr 414 Haplolaeneae. Diplomitrieae. Codonieae. hervortretend. An feuchten Orten (Gräben, Quellen, Schluchten, Waldwegen) oft grosse Flächen bedeckend. Fructificirt im April. 2. Blasia Mich. Nur eine 2, zweihäusige Art: B. pusilla L. Stämmchen flach, wiederholt gabelig verzweigt, strahlige Rasen von 3—4 Centim. Durehmesser bildend, in der Mitte mehrschichtig, nach den Seiten allmählich in einschichtige Seitenblätter übergehend, die horizontal parallel der Längsaxe des Sprosses inserirt sind und sich oberschlächtig decken. Die Unterseite des Stämmchens entwickelt - zwei Längsreihen schuppenförmiger Unterblätter (Amphigastrien), von denen jedes einem Seitenblatte entspricht. Ausserdem finden sich unterhalb jedes Seitenblattes meist 2 (seltener nur 1) kugelige, hohle, als Blattohren bezeichnete Gebilde (S. 399), in die gewöhnlich Nostoc-Colonien einwandern.! Die Oberseite der Stämmchen entwickelt zackige Brutschüppchen und ausserdem flaschenförmige Brutknospen- behälter (S. 402) mit gestielten kugeligen Brutknospen und einzelligen Haaren. Antheridien und befruchtete Archegonien einzeln in eine taschenförmig überwölbte Höhlung eingesenkt. Die männlichen Pflanzen kleiner und seltener. Auf feuchtem Lehm- und Sandboden, zerstreut. Fructificirt März, April. 154. Familie. Diplomitrieae. Pflanze ein blattloser, einfacher oder gabeltheiliger, an den Rändern wellig- buchtiger Thallus mit deutlicher Mittelrippe, auf deren Oberseite sich die Ge- schlechtsorgane entwickeln. Die Hülle der Antheridien aus schuppenartigen, am Rande gezähnten oder geschlitzten, dachziegeligen, zweireihigen Thalluswucherungen gebildet. Archegonien von einem röhrenförmigen, an der Mündung gezähnten Perianthium und ausserdem von 4—5 kürzeren, später am Grunde unter sich ver- wachsenen Schuppen oder einem Ringwalle, der nach aussen mit flügelartigen La- mellen besetzt ist, umgeben. Die äussere Hülle wird schon vor dem Perianthium angelegt; die Anlage und Weiterentwickelung des letzteren ist von der Befruch- tung unabhängig, diese aber zur vollen Ausbildung nothwendig. Kapsel lang ge- stielt, gross, länglich oval. 1. Mörkia @ottsche. Laubaxe ohne einen Centralstrang verdickter Zellen. Perianthium länger als Calyptra. Kapselwand 4—6-schichtig. — M. norvegica Gottsche. Zwei- und einhäusig. 4. Auf versumpften Torfwiesen in höheren Ge- birgen; in Deutschland z. B. im Riesengebirge, selten; fruetificirt Juli, August. 2. Blyttia @Gottsche. Laubaxe mit einem Centralstrange langgestreckter, verdickter Zellen. Calyptra so lang als der Kelch. Kapselwand 2-schichtig. — B. Lyellii Gottsche. 4. Auf Sumpfboden, namentlich in Torfmooren; zerstreut, im Frühlinge fructifieirend. 155. Familie. Codonieae. Pflänzchen ein wenig verflachtes, kriechendes, bilaterales Stämmchen, das sich gabelig verzweigt und auf seinem Rücken zwei Reihen schief inserirter Blätter entwickelt, daher habituell an die beblätterten Jungermannieen erinnert. Ge- schlechtsorgane auf der Rückenseite des Stengels. Perianthium trichter- oder glockenförmig, am Rücken mit einem tiefen Einschnitte, an der trichterförmigen Mündung wellig 6—S8-lappige, von einer Hülle aus schmalen, anfänglich freien Schüppchen umgeben, die später durch Wucherung des umgebenden Stengelge- webes sammt dem Perianthium emporgehoben werden und daher mit letzterem verwachsen erscheinen. Fossombronia Raddi. Stengel oberseits flach. Blätter unterschlächtig, flach oder etwas aufgerichtet, quadratisch, am gerundeten Endrande mit 3—5 welligen Buchten. Meist einhäusig, die Antheridien dicht unterhalb der Archegonien. Kapsel kugelig, kurz gestielt, unregelmässig zerreissend oder unregelmässig 4-klap- pie, mit 2-schichtiger Wand. Elateren mit 2—3 (selten 1—5) Spiralfasern. Kleine, ' Janczewski, Zur parasitischen Lebensweise des Nostoc lichenoides. Bot. Zeit. 1872. S. 78. Haplomitrieae. Jubuleae. 415 auf feuchter Erde wachsende Pflänzchen. — F. pusilla Nees v. Es. 4. Kaum 1 Centim. lang. Weit verbreitet, in Deutschland jedoch nur stellenweise; fructi- fieirt October (8. 398). 156. Familie. Haplomitrieae. Haplomitrium Nees v. Es. Vel. S. 411. Stämmchen aufrecht, ohne Rhi- zoiden, fast dreireihig beblättert, die Blätter gleichgross, etwas schräg angeheftet, abstehend bis zurückgebogen, oft mehrfach eingeschnitten. Perichätium aus zwei den Stengelblättern gleichen Blättern gebildet. Perianthium fehlt. Calyptra weit vortretend, eylindrisch, mit seitlicher Spalte geöffnet. Kapsel lang gestielt, eylin- drisch, mit steifen Klappen und einschichtiger Wand. HElateren 2-spirig, pinsel- förmig an der Spitze der Klappen hängen bleibend. — H. Hookeri Nees v. Es. 24. Stämmchen bis 1 Centim. hoch, vereinzelt oder in kleinen Rasen. Auf nassen, kurz begrasten Stellen und zwischen Moosen, gern in Nähe der Torfmoore; sehr zerstreut (Riesengebirge, Hamburg). Fructificirt im Frühsommer und Spätherbste. Il. Jungermanniaceae akrogynae. (J. foliosae excl. Haplomitrium.) Der weibliche Spross beendet mit Entwickelung der Archegonien sein Schei- telwachsthum, indem die Scheitelzelle selbst gewöhnlich ein Archegonium produ- eirt (S. 404). Sämmtliche Mitglieder dieser Gruppe besitzen ein bilaterales, mit zwei Reihen von schief inserirten Oberblättern und häufig auch einer bauchstän- digen Reihe von Amphigastrien besetztes Stämmchen (8. 396). 157. Familie. Jubuleae. Stengel fiederig verzweigt. Oberblätter oberschlächtig, in einen blattartigen Oberlappen, ein Blattohr und einen zwischen letzterem und dem Stengel gelegenen, mehr oder minder deutlichen Basalzahn gesondert. Unterblätter deutlich, breit. Geschlechtsäste gipfelständig angelegt, früh durch Seitensprosse seiten- oder gabel- ständig, sehr kurz. Perianthium stielrund und aufgeblasen, oder 3—5-kantig ge- faltet, an der Mündung zu einem röhrenförmigen Spitzchen zusammengezogen. Kapsel kurz gestielt, bis unter die Mitte vierklappig, ihre zarte Wand 2- bis mehr- schichtig, ohne Ringfasern. Elateren 1-spirig. Rinden- und Felsbewohner. 1. Lejeunia Lib. Blätter schräg inserirt, zarthäutig. Blattunterlappen klein, glatt, an der Basis zum grössten Theile mit dem Öberlappen zusammen- hängend und bei den an der Ursprungsstelle eines Astes stehenden Blättern nicht fehlend (vgl. S. 401). Männliche Sprosse sehr kurz und bleich, mit gleichlappigen, bauchig-rinnig zusammenneigenden Perichätialblättern, die Antheridien zu 1 und 2. Weibliche Aeste sehr kurz, mit nur einem Wirtel von Perichätialblättern. Arche- gonien einzeln. Perianthium oval-länglich, manchmal 5-faltig, an der Mündung später 3—5-lappig und gefranst. Kapsel bleich. Grosse, über die ganze Erde verbreitete Gattung; in Deutschland nur 3 Arten. — L. serpyllifolia Lib. Einhäusig. 4. Stengel bis 2 Centim. lang.. Blätter aus kurz herablaufender Basis eirund, stumpf. An alten bemoosten Baumstämmen, Felsen ete.; fructifieirt Juli bis September. 2. Frullania Raddi. Blätter quer inserirt, derbhäutig, mit kleinem, aus- gehöhltem Unterlappen, der mit dem Oberlappen nur wenig zusammenhängt und den Blättern an der Insertionsstelle der Aeste fehlt (vgl. S. 400). Amphigastrien oval, ausgerandet oder 2-lappig. Männliche Aeste klein, ährenförmig, mit gleich- lappigen Perichätialblättern, die Antheridien zu 1 und 2. Weibliche Aeste ebenso. Archegonien meist zu 2. Perianthium verkehrt herzeiförmig, etwas bauchig, kantig gefaltet, mit ungefranster Mündung. Kapsel hellbraun. Grosse, über die ganze Erde verbreitete Gattung mit 3 deutschen Arten. — F. dilatata Nees v. Es. Zweihäusig. 2}. Stengel bis 3 Centim. lang. Blattoberlappen kreisrund, ganzrandig; 416 -Jubuleae. Platyphylleae. Ptilidieae. ® Unterlappen fast halbkugelig, kappenförmig-hohl, grösser als die kurz eingeschnit- tenen, am Rande flachen Unterblätter. Perichätialblätter mit 2—3 ganzrandigen Lappen. Perianthium knotig-höckerig. Dichte, dunkelgrüne, kupferbraune oder schwärzliche Ueberzüge an Baumstämmen und Felsen bildend; in Deutschland ge- meinste Art. Frutificirt im Frühlinge und Herbste. 158. Familie. Platyphylleae. Stengel unregelmässig fiederästig; Rhizoiden spärlich oder fehlend. Seiten- blätter quer inserirt, oberschlächtig, mit grossem, eiförmigem Oberlappen und einem kleinen Unterlappen, gewöhnlich ganzrandig. Amphigastrien gross oder fehlend. Geschlechtsorgane an Haupt- oder Seitensprossen, oder an eigenen, kur- zen, seitlich aus der Bauchfläche entspringenden Aestchen. Perianthium fast glockenförmig, parallel der Stengelebene mehr oder minder zusammengedrückt, am Rande 2-lippig und quer gestutzt. Kapsel sehr kurz gestielt, lederartig, bis zur Basis 4-klappig oder bis unter die Mitte 4-zähnig, ihre Wände ohne Ring- fasern. Elateren 2-spirig. 1. Radula Dumort. Rhizoiden fehlen. Blattoberlappen gross, rund; Blatt- unterlappen klein, fast quadratisch, längs seiner Basis mit dem Oberlappen zu- sammenhängend, an der Ursprungsstelle eines Astes nicht fehlend. Amphigastrien fehlend. Geschlechtsorgane an Haupt- und Seitensprossen, die Archegonien oft am Gipfel eines männlichen Sprosses. Perianthium sehr stark flachgedrückt, nach der Bauchseite übergeneigt, 2-lippig, die Mündung ganzrandig. Kapsel oval, bis zum Grunde 4-klappig. Rinden und Felsen bewohnend; ca. 40 Arten weit ver- breitet, nur 1 deutsche: R. complanata Dumort. Einhäusig. 4. Stengel 2 bis 5 Centim. lang. Meistens in dichten Rasen an Bäumen, gemein. Fructifieirt Mai, Juni. . 2. Madotheca Dumort. Stengel am Grunde der Unterblätter mit spärlichen Rhizoiden. Blattoberlappen unsymmetrisch rundlich-eiförmig, der Unterlappen kleiner, länglich-eiförmig, mit vorigem nur wenig zusammenhängend. Amphiga- strien gross, ungetheilt. Antheridien einzeln an eigenen, sehr kurzen, oval-läng- lichen Aestchen, mit bauchig-rinnigen, 2-spaltigen, dachziegelig 2-zeiligen Peri- chätialblättern. Fruchtast seitenständig, viel kürzer als das beiderseits convexe, an der Mündung zusammengepresste, tief 2-lippige, wimperig-gezähnte Perianthium, seine Perichätialblätter in 1—2 Wirteln und oft sehr klein. Archegonien meist zahlreich. Kapsel kugelig, bis unter die Mitte 4-zähnig. Meist grössere, kräftige, an Felsen, Stämmen oder auf der Erde wachsende Moose; etwa 50 Arten in allen Welttheilen, doch nur 6 deutsche — M. platyphylla Dumort. Zweihäusig. 2. Stengel bis 10 Centim. lang, sowohl flach als convex. Blätter nicht angedrückt; der Oberlappen an der Basis etwas vertieft, sonst ziemlich flach, schief breit- eirund, stumpf abgerundet, mit etwas zurückgerollten, ganzen Rändern; der Unter- lappen halb so breit als die Unterblätter, eiförmig, stumpflich, an den Rändern zurückgerollt, ganzrandig, an der Basis mit scharfem Zahne. Amphigastrien an- gedrückt, lang herablaufend, gerundet-quadratisch, am Rande stark zurückgerollt, ganzrandig. Gemeinste Art, überall in Laubwäldern an Felsen und Stämmen; fruc- tifieirt Juni— August. 159. Familie. Ptilidieae. Stengel fiederig-ästig, kriechend oder aufsteigend. Blätter quer inserirt, oberschlächtig, der kleinere Unterlappen dem Öberlappen anliegend, an der In- sertionsstelle von Aesten rudimentär. Alle Blätter handförmig getheilt, rings in einfache oder ästige, gegliederte, haarfeine Wimpern aufgelöst. Amphigastrien viel kleiner, doch ähnlich zerschlitzt. Antheridien auf der Rückenseite der Haupt- und Seitensprosse in den Achseln wenig veränderter Blätter. Perianthium fehlend und in Folge einer Wucherung des Stengelgewebes durch einen aufrechten, fleischigen Fruchtsack ersetzt, oder vorhanden und an der Basis von Perichätial- blättern umgeben. Kapsel bis zur Basis 4-klappig. Elateren 2-spirig. Ansehnliche Erd- und Sumpfmoose, die durch ihre durch die Blätter bedingte Tracht leicht auffallen. Ptilidieae. Lepidozieae. Geocalycecae. 417 1. Triehocolea Dumort. Blätter bis fast zur Basis handförmig getheilt, die Lappen vielästig und haarfein zerschnitten; Unterlappen und Amphigastrien 2-theilig und ähnlich zerschlitzt. Perianthium fehlt; der Fruchtast bildet unter schwacher Betheiligung des Archegoniums eine fleischige, sackartige, lang keulen- förmige Hülle, deren Scheitel die nicht befruchteten Archegonien krönen. Locker- rasige, bleichgrüne Lebermoose; von den 3 Arten eine deutsche: T. tomentella Nees v. Es. Zweihäusig. 4. Stengel 4—10 Centim. lang. In feuchten, schattigen Wäldern, an Quellen ete. Fructificirt April, Mai. 2. Ptilidium Nees v. Es. Blätter bis unter die Mitte handförmig getheilt, der Unterlappen 2-lappig, die Amphigastrien undeutlich 3-lappig, alle Ränder wimperig zerschlitzt. Perianthium mehrmals länger, als das Perichätium, drehrund, nach aufwärts aufgeblasen-keulig und faltig, an der zusammengezogenen Mündung gewimpert. Calyptra frei. Dichtrasige, meist gebräunte Moose; von den 4 Arten 1 deutsche: P. ciliare Nees v. Es. Zweihäusig. 4. Stengel 2—6 Centim. lang. Dichte, bräunliche bis mattgrüne Rasen auf der verschiedensten Unterlage bildend, sogar in Sümpfen. Fructificirt Mai, Juni. 160. Familie. Lepidozieae (Trichomanoideae). Stengel unregelmässig ästig oder 2—3-fach gefiedert, aus den Achseln der Unterblätter oft kleinblätterige Ausläufer treibend, die Aeste oft peitschenförmig verlängert. Blätter oberschlächtig, handförmig getheilt oder an der Spitze 3- bis 4-zähnig. Amphigastrien stets deutlich und meist vielzähnig. Geschlechtsorgane an eigenen, kurzen, ventral aus der Achsel der Amphigastrien entspringenden Aesten. Perianthium lang, oben stumpf 3-faltig, die Mündung meist gezähnelt. Kapsel bis zur Basis 4-klappig. Elateren 2-spirig. 1. Lepidozia Nees v. Es. Stengel gefiedert, die Aeste oft peitschenartig verlängert. Alle Blätter breit, 4-lappig bis 4-theilig, das an der Basis eines Astes stehende Blatt ohne Unterlappen. Männliche Aeste kurz röhrenförmig, bleich, mit dicht dachziegeligen, rinnig-hohlen, 2—3-lappigen Perichätialblättern. Weib- liche Aeste mit 2—4-zähnigen Perichätialblättern. Perianthium wasserhell, oben stumpf dreikantig zusammengezogen und an der Mündung klein gezähnt. In Deutschland nur 2 Arten. — L. reptans Nees v. Es. Einhäusig. 4. Stengel bis 3 Centim. lang, sehr zart, fast doppelt fiederästig, die Ausläufer häufig blattlos. Blätter fast quadratisch, handförmig 3—4-theilig, die Lappen etwas ungleich. In Wäldern auf der Erde, an Felsen und auf fauligem Holze gemein. Fructificirt April — Juli. 2. Mastigobryum Nees v. Es. Stengel gabelig oder einseitig verzweigt, aus den Achseln der Unterblätter mit zahlreichen peitschenförmigen, kleinblätte- rigen oder blattlosen Ausläufern. Blätter unsymmetrisch eiförmig, an der Spitze quergestutzt und 3-zähnig, die einen Ast stützenden ohne Unterlappen (d. h. an der Spitze ganz). Amphigastrien breit, 3—5-zähnig, ganzrandig bis eingeschnitten- gesägt. Männliche Aeste kurz ährenförmig, mit rinnig-hohlen, an der Spitze kerbig gezähnten Perichätialblättern. Weibliche Aeste meist kätzchenförmig, mit 2 bis 3 Wirteln kleiner, schmaler Blätter und etwas grösseren, an der Spitze scharf eingeschnittenen Perichätialblättern. Perianthium einerseits tief gespalten. Meist ansehnliche, rasenförmig auf der Erde wachsende Moose, von deren 60 Arten nur 2 deutsche. — M. trilobatum Nees v. Es. Zweihäusig. 4. Stengel bis 3 Centim. lang. Blätter schief eiförmig, an der breiten Spitze mit 3 Zähnen. Amphigastrien breit, fast nierenförmig, 3—5-zähnig. An feuchten, schattigen Orten häufig. Fruc- tifieirt August, September. 161. Familie. Geocalyceae. Blätter 3-reihig, ober- oder unterschlächtig. Männliche Blüthen oberständig in den Achseln der Blätter oder unterständig an eigenen ventralen Aesten. Weib- liche Blüthen (bei unseren Arten) an kurzen, unterirdischen, seitlich aus den Achseln der Unterblätter entspringenden Aesten. Der erwachsene Fruchtzweig ist Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 27 413 Geocalyeeae. Jungermannieae: Chiloseyphus, Harpanthus. in Folge einer Umwucherung des Sporogons durch das Stengelgewebe ein hängen- der, unterirdischer, fleischiger Sack. Die Basis des Kapselstieles wird durch eine häutige Hülle (Involucellum), die endlich mit der Innenwand des Fruchtsackes verwächst, länger oder kürzer umkleidet. Calyptra frei, oder auch mit dem Fruchtsacke verwachsen. Kapsel bis zur Basis 4-klappig. Elateren 2-spirig. 1. Geocalyx Nees v. Es. Blätter unterschlächtig, 2-zähnig. Amphigastrien 2-theilig.. Männliche Blüthen an eigenen, seitlich aus den Achseln der Amphiga- strien entspringenden, sehr kurzen, dicht schuppig beblätterten Aesten. Weibliche Aeste knospenförmig, klein- und armblätterig, mit wenigen Archegonien. Der ent- wickelte Fruchtsack flaschenförmig, hängend, wenig mit Rhizoiden besetzt, sein Scheitel von den Perichätialblättern umstanden. Calyptra zu °/, mit dem Frucht- sacke verwachsen, an der Verwachsungsstelle die unbefruchteten Archegonien stehend. Involucellum kurz, becherförmig. Kapsel und deren Klappen gerade. — G. graveolens Nees v. Es. Einhäusig. 4. Stengel 0,5—1 Centim. lang. Blätter eiförmig-viereckig, bis zu "/, scharf und fast rechtwinkelig ausgebuchtet, mit spitzigen Lappen. Amphigastrien klein, angedrückt, eilänglich, bis gegen die Mitte in 2 lanzettliche, spitzige Lappen gespalten. In feuchten Gebirgsgegenden Europas an Steinen und auf Erde. Riecht eigenthümlich terpenthinartig und fructificirt Mai, Juni. 2. Calypogeia Raddi. Blätter oberschlächtig, rundlich, an der Spitze oft ein- gedrückt. Amphigastrien ausgerandet bis 2-theilig. Männliche Blüthen an eigenen, schuppig-kopftörmig beblätterten Aesten; weibliche wie bei voriger Gattung. Der entwickelte Fruchtast sackförmig, mit reichlichen Rhizoiden und durch diese am Befestigungspunkte fast bärtig; die wenigen, kleinen, rundlichen Perichätialblätter bald verschwindend. Calyptra zu °/, mit der Innenwand des Fruchtsackes ver- wachsen, das Involucellum bis zur Verwachsungsstelle reichend. Kapsel und ihre Klappen spiralig gedreht. Von den 6 zerstreuten Arten 1 deutsche: C. Tricho- manis Corda. Zweihäusig. 4. Stengel 4—5 Centim. lang. Blätter rundlich-ei- förmig, selten mit 2-zähniger Spitze. Auf der verschiedensten Unterlage, am lieb- sten in feuchten Waldwegen wachsend, gemein. Europa, Amerika. Fructifieirt April. 162. Familie. Jungermannieae. Stengel unregelmässig verzweigt, unterschlächtig beblättert, die Amphigastrien klein oder fehlend, die Oberblätter ganz oder lappig, oft Brutkörner tragend (S. 402). Perianthium vollständig, meist von Perichätialblättern umgeben und diese überragend. Kapsel bis zu Basis 4-klappig. Elateren 2-spirig. A. Perianthium drehrund oder 3-kantig, gewöhnlich mit zusammengezogener Mündung. 1. Chiloseyphus Corda. Stengel meist kriechend, sparrig gabelästig, ab- satzweise büschelig-wurzelhaarig. Blätter fast horizontal inserirt, auf dem Rücken (oft flügelig) herablaufend, flach ausgebreitet, fast quadratisch, quer gestutzt bis ausgerandet. Amphigastrien klein aber deutlich, ‚beiderseits etwas herablaufend, oft 2-theilig. Antheridien an den Hauptsprossen meist einzeln in kleinen Dorsal- taschen der wenig veränderten Perichätialblätter. Fruchtast sehr kurz, ventral, gewöhnlich nur 3 schuppenförmige, 2-zähnige Hüllblätter tragend. Perianthium meist becherförmig, tief 3-spaltig oder fast 2-lippig, am Saume fast ganzrandig bis buchtig eingeschnitten-gezähnt. Calyptra frei, meist länger als das Perianthium. Ziemlich ansehnliche Lebermoose mit bleich- bis dunkelgrüner Färbung, in ca. 50 Arten über die ganze Erde verbreitet; 1 deutsche. — Ch. polyanthos Corda. Einhäusig. 4. Stengel 2—5 Centim. lang. Blätter rundlich-quadratisch, mit quer- gestutzter oder seicht eingedrückter Spitze. Amphigastrien bis zur Mitte oder tiefer 2-spaltig.. An feuchten, schattigen Orten, namentlich der Wälder, häufig; Europa, Nordamerika; fructifieirt April, Mai. 2. Harpanthus Nees v. Es. Blätter rundlich-eiförmig, stumpflich ausge- randet bis tiefer eingebuchtet und kurz 2-lappig. Amphigastrien meist ungetheilt. Geschlechtsorgane in knospenförmigen Blüthenständen an eigenen ventral ange- lesten Aesten. Fruchtast armblätterig.. Perianthium spindelförmig, im unteren Theile mehrschichtig, im oberen röhrigen Theile einschichtig, an der gefalteten Jungermannieae: Lophocolea, Sphagnocetis, Jungermannia. 419 Mündung mit 3—5 ungleichen, meist ganzrandigen Lappen. Calyptra mit der Innenwand des Perianthiums zur Hälfte verwachsen. 2 Arten. — H. Flotowia- nus Nees v. Es. Zweihäusig. 4. Stengel 2—6 Centim. lang. Blätter seicht und stumpflich ausgerandet, mit kleinen, stumpflichen Lappen. An moorigen Orten in den höheren Gebirgen (Brocken, Riesengebirge, Alpen). Fructificirt Frühling und Sommer. 3. Lophocolea Nees v. Es. Stengel schlaff, mit wenigen Rhizoiden. Blätter vorne herablaufend, 2-lappig. Unterblätter tief 2-spaltig, mit 2-theiligen oder zer- schlitzten Abschnitten. Antheridien in kopf- oder ährenförmigen Blüthenständen am Ende der gewöhnlichen Sprosse, oder an eigenen, Kurzen, ventralen Aestchen, oder auch dicht unterhalb der Archegonien an der Axe des fertilen Sprosses. Arche- gonien theils an der Spitze gewöhnlicher Sprosse, theils an eigenen, längeren oder verkürzten, ventralen Aesten. Perichätialblätter grösser als die Stengelblätter und meist tiefer getheilt. Perianthium gewöhnlich eylindrich, oben scharf 3-kantig, an der Mündung mit 3 kammartig gezähnten Lappen. Lockerrasige, auf Erde oder an Stämmen wachsende Moose von bleicher oder gelbgrüner Färbung; ‚von den ca. 70 Arten sind 6 deutsche. — L. bidentata Nees v. Es. Zweihäusig. 2. Stengel bis 5 Centim. lang, wenig verzweigt. Blätter eiförmig-dreieckig, durch‘ eine gerundet-stumpfwinkelige Bucht in 2 ungleiche, pfriemliche Lappen getheilt. Amphigastrien viel kleiner als die Blätter, tief gespalten, die Lappen gewöhnlich wieder 2-lappig, ganzrandig oder gezähnt. An schattigen, feuchten Stellen gemein; Europa, Nordamerika, Mexiko, Ostindien, Cap; fructificirt Spätherbst. — L. hete- rophylla Nees v. Es. Einhäusig. 4. Stengel bis 2 Centim. lang. Blätter eirund- quadratisch, vorne stumpf gebuchtet, die Lappen stumpf. Amphigastrien fast so gross als die Blätter, bis unter die Mitte 2-spaltig.. An morschen Stämmen, auf feuchter Erde etc. Häufig; Europa, Nordamerika; fructifieirt Mai— Juli. 4. Sphagnocetis Nees v. Es. Blätter ungetheilt, eirundlich bis elliptisch- kreisrund. Amphigastrien gewöhnlich fehlend, an den Brutzellen tragenden Sprossen und in den Blüthenständen stets vorhanden. Antheridien und Archegonien an eigenen ventralen, kurzen, kleinblätterigen Aestchen. Perichätialblätter der Arche- gonien 2- und 3-lappig. Perianthium länger als der Fruchtast, im oberen Theile 3-kantig, seine Mündung gezähnelt bis fransig gewimpert. 1 deutsche Art: Sph. communis Nees v. Es. Zweihäusig. 4. In Torfsümpfen zwischen Sphagnum; Europa, Nordamerika; fructifieirt Juni, Juli. 5. Jungermannia L. Hauptstengel meist im Boden kriechend. Blätter 2- oder 3-reihig, bald ungetheilt, bald 2- und mehrlappig, selten bis zur Basis ge- theilt. Amphigastrien vorhanden oder fehlend, im letzteren Falle in den Blüthen- ständen noch nachweisbar. Antheridien in den Achseln von meist den Stengel- blättern gleichen, oft am Grunde bauchigen Blättern. Perichätialblätter der Archegonien den Stengelblättern mehr oder weniger ungleich. Perianthium end- ständig, seltener auf eigenen kurzen Aesten, ei-, röhren- oder birnförmig, von der Basis an oder gegen die Spitze mehr oder minder gefaltet, an der verengten Mündung gezähnt, später in 5—6 Lappen zerrissen. Meist kleine, kriechende oder aufsteigende, auf der Erde, an Baumstämmen, Felsen ete. wachsende Moose, in ca. 200 Arten über die ganze Erde verbreitet, 70 Arten in Deutschland. a. Archegonien gipfelständig an der Spitze des Stengels (Jungermannia im engeren Sinne). : &. Oberblätter und Amphigastrien nicht gleich gestaltet, letztere oft fehlend. 1. Blätter scharf gekielt, ungleich 2-lappig. Amphigastrien fehlend. 0 Zweihäusig. 2. Stengel bis 4 Centim. lang, reihenweise aufsteigend, fast ohne Rhizoiden. Blätter fast bis zur Basis 2-spaltig, oft mit weissem Mittelstreifen, der obere Lappen fast nur halb so gross als der untere, beide gegen die Spitze fein gesägt, oft mit stern- förmigen, 5- und 6-eckigen Brutkörnern. An Felsen und auf feuchtem Boden, meist im Gebirge. Europa; in Deutschland häufig. Fructificirt Mai, Juni: J. albicans L. 00 Einhäusig. 4. Stengel bis 1 Centim. lang, bogig aufrecht, dicht mit Rhizoiden besetzt. Blätter bis unter die Mitte getheilt, der obere Lappen dreimal kleiner als der untere, beide ganzrandig oder fein gesägt. Brutkörner? An ähnlichen Standorten, wie vorige Art. Europa, Nordamerika; in Deutschland häufig. Fruc- tifieirt Mai: J. obtusifolia Hook. = 420 Jungermanniaceae: Jungermannia. 2. Blätter rinnenförmig zusammengebogen, der Unterlappen gross, eilanzettlich, bisweilen 2-zähnig, viel grösser als der abstehende, zahnartige Oberlappen, beide ganzrandig. Amphigastrien fehlen. Stengel aufsteigend, bis 2,5 Centim. lang. Brutkörner in endständigen Häufchen. Zweihäusig. 4. Auf feuchtem Boden, an Felsen etc., meist im Gebirge. Europa. Fructificirt April, Mai: J.exsecta Sm. 3. Blätter nicht zusammengebogen, ungetheilt, ganzrandig. 0 Amphigastrien vorhanden. * Perianthium an der Mündung etwas zusammengepresst und 2-lippig. Zweihäusig. 4. Stengel bis 10 Centim. lang. Blätter kreisrund bis ei- länglich, am Grunde etwas ausgehöhlt. Amphigastrien aus breitem Grunde lang pfriemenförmig. Brutkörner sehr gross, oval. An feuchten Orten in Gebirgsgegenden Europas und Nordamerikas. Fructifieirt Juli, August: J. Taylori Hook. ** Perianthium stielrund, aufgeblasen, an der Mündung mehr oder weniger gestutzt. Zweihäusig. 2. Stengel bis 5 Centim. lang. Blätter kreisrund oder länglichrund, concav. Amphigastrien klein, breit pfriemenförmig. In Torfsümpfen Europas und Nordamerikas. Fructificirt September, October: J. Schraderi Mart. 00 Amphigastrien fehlen. Perianthium an der Mündung kuppelförmig gewölbt. * Blätter eiförmig bis eilänglich, am Rücken herablaufend. Perianthium keulig-walzig, rechtwinkelig aufwärts gekrümmt, oben gestutzt und durch die von vielen steifen, zusammenneigenden Wimpern kegelige Mündung fast genabelt. Stengel bis 3 Centim. lang. Einhäusig. 4. Feuchte Steine, Felsen, morsche Baumstümpfe. Europa. Fructifieirt März — Mai: J. lan- ceolata Nees v. Es. (Liochlaena lanceolata Nees. v. Es.) ** Blätter kreisrund. Spitze des Perianthiums anfangs röhrig gewölbt. $ Wurzelhaare weisslich. x Zweihäusig. 4. Stengel 1 Centim. lang, kriechend, an der Spitze aufsteigend. Blätter breit eirund bis halbkreisförmig, am Rande durch eine Reihe quadratischer, dickwandiger, sehr grosser Zellen gesäumt. Auf feuchtem Boden in Hohlwegen, an Wegrändern, in Sümpfen etc. Europas. Fructificirt März, April: J. crenulata Sm. Einhäusig. 2. Stengel selten bis 1 Centim. hoch, aufsteigend oder aufrecht. Blätter kreisrund bis breit eirund, die qua- dratischen Zellen des Randes kleiner als die übrigen Blatt- zellen. Schattige Wälder, Hohlwege etc. Europas. Fructifieirt April — Juni: J. nana Nees v. Es. $$ Wurzelhaare röthlich bis purpurn. Zweihäusig. 4. Stengel bis 1 Cen- tim. lang, kriechend. Blätter dachziegelig, fast kreisrund, etwas ausgeschweift, ihre Zellen gleichgross. Perianthium mit der schnabel- artigen, 5-kantig gefalteten Mündung die Perichätialblätter über- ragend. In Wald- und Hohlwegen auf sandigem Thonboden. Europa. Fructificirt März— Mai: J. hyalina Hook. 4. Blätter nicht rinnig zusammengebogen, 2-lappig oder 2-zähnig. Amphigastrien oft fehlend, nur in den Blüthenständen dann meist deutlich. 0 Blattlappen stumpf. Zweihäusig. 4. Stengel 1—2 Centim. lang, niederliegend bis aufrecht. Blätter meist flach, rundlich, durch eine nicht sehr weite, stumpfliche Einbuchtung zu /;, in 2 stumpflich-eiförmige Lappen getheilt. Perichätialblätter kleiner, sonst gleich gestaltet. An feuchten Orten, in Sümpfen und Torfmooren Europas. Fructifieirt April, Mai: J. inflata Huds. 00 Blattlappen spitz. * Zweihäusig. 4. Stengel 1—3 Centim. lang. Blätter straff, eirund-qua- dratisch, seicht und stumpf ausgerandet, die Lappen eingebogen und ge- wöhnlich spitz. Brutkörner in mennigrothen Häufchen an den Spitzen der oberen Blätter, eckig, 2-zellig. Perianthium länglich, fast glatt, stumpf, oben stumpffaltig und meist 4-zähnig. An Felsen in höheren Gebirgen Europas. Fructifieirt Mai, Juni: J. alpestris Schleich. Jungermanniaceae: Jungermannia. Scapania. 42] ** Einhäusig. 4, Stengel 0,5 Centim. lang. Blätter straff, kurz und spitz 2-lappig. Brutkörner einzellig. Perianthium eiförmig bis eilänglich, an der stumpfen Spitze deutlich faltig, mit feinzähniger Mündung. Auf der Erde in Wäldern häufig. Fructifieirt März, April und September, October: J. biere- nata Lindenbg. 5. Blätter 3- bis 6-lappig oder -zähnig, selten 2-zähnie. 0 Amphigastrien fehlend, nur zuweilen in den Blüthenständen. Zwei- häusig. 4. Stengel 0,5 Centim. lang. Blätter sehr faltig-kraus, an der Spitze schopfig zusammengedrängt, ungleich 3- bis 5-lap- pig, mit spitzigen, am Rande zurückgebogenen, klein gezähnten Lappen, ihr Zellnetz weitmaschig. Perichätialblätter etwas tiefer gespalten und stärker faltig.. Auf feuchtem Boden, an Baum- strünken etc. in Europa und Nordamerika. Fructifieirt Mai: J. incisa Schrad. 00 Amphigastrien vorhanden, meist 2-theilig und gewimpert. Zwei- häusig. 4. Stengel bis über 2 Centim. lang. Blätter rundlich- quadratisch, 2- bis 5-zähnige. Europa. Von der Ebene bis in die alpinen Gebirgsregionen meist häufig und ungemein variirend, die Varietäten häufig als eigene Arten beschrieben. Fructifieirt Mai— Juli: J. barbata Nees v. Es. (J. lycopodioides Wallr., J. attenuata Lindenbg., J. Flörkei Web. et M. etc.) ß. Oberblätter und Amphigastrien gleich gestaltet, der Stengel daher fast gleichmässig 3-reihig beblättert. 1. Zweihäusig. 4. Stengel 1—5 Centim. lang, sehr ästig. Blätter ei- förmig, bis unter die Mitte schmal und scharf in 2 eilanzettliche, oben ungleich kerbig-gezähnte Lappen gespalten. An feuchten Felsen der Gebirge Europas. Fructificirt Juni, Juli: J. julacea Lightf. 2. Einhäusig. 4. Stengel bis 3 Centim. lang. Oberblätter gewöhnlich in 3, Amphigastrien in 4 haarförmige, aus nur einer Zellenreihe gebil- dete, spitzige Lappen bis zum Grunde getheilt. In Wäldern in Eu- ropa, Nordamerika, Peru und Nepal; in Deutschland meist gemein. Fructifieirt Mai: J. trichophylla L. b. Archegonien an sehr kurzen, ventralen Aesten, oder auf Hauptsprossen gipfel- ständig, aber durch stärkeres Auswachsen von Seitenzweigen später seiten- ständig. Perianthium meist durch Faltung prismatisch. Blätter tief 2-lappig; Amphigastrien deutlich oder rudimentär, den Oberblättern nicht gleich ge- staltet (Cephalozia Dumort.). «. Amphigastrien deutlich. Zweihäusig. 4. Stengel 1—2 Centim. lang. Blätter bis unter die Mitte durch eine stumpfwinkelige Bucht in 2 ge- spreizte, spitze oder stumpfliche Lappen getheilt, häufig mit Brutzellen. Auf Sandboden. Europa. Fructifieirt October, November: J. Starkii Nees v. Es. ?. Amphigastrien nur in den weiblichen Blüthenständen, sonst fehlend. Ein- häusig. 4. Stengel bis 2 Centim. lang. Blätter gewöhnlich entfernt und horizontal abstehend, durch stumpfe Bucht bis zur Mitte in 2 lanzettliche, spitze Lappen getheilt. Brutzellen in endständigen Köpfchen an locker beblätterten Sprossen. Variirt sehr und wächst an den verschiedensten Standorten in Europa, Grönland, auf Java, am Cap. Fruetifieirt April, Mai: J. bicuspidata L. B. Perianthium platt zusammengedrückt, an der Mün- dung gestutzt, nicht verengt. 6. Scapania Lindenbg. Stengel gabelig getheilt, wenig ästig. Oberblätter durch eine scharfe Bucht klaffend 2-lappig, die meist ungleich grossen Lappen entweder einfach zusammengebogen oder scharf- (oft flügelartig) kielig. Amphi- gastrien fehlen. Männlicher Blüthenstand ährenförmig, die Antheridien in den Achseln meist kleinerer, sackförmiger Blätter. Die 2 Perichätialblätter den Stengel- blättern gleich. Perianthium parallel der Stengelebene zusammengedrückt. Kapsel ziemlich lang gestielt, oval. Meist kräftige, auf feuchtem Boden und an Felsen 422 Jungermannieae. Gymnomitrieae. wachsende Moose; von ca. 20, besonders in kälteren Klimaten verbreitete Arten 12 deutsche. — S. nemorosa Nees v. Es. Zweihäusig. 4. Stengel bis 8 Centim. lang. Der verkehrt-eirunde, convexe, mit der Spitze niedergebogene Unterlappen der Blätter 2—3mal so gross als der aufliegende, nierenförmige, wenig gewölbte Oberlappen, beide auf kurze Strecke 2-kielig verwachsen, am Rande dicht wim- perig, ungleich gezähnt. Europa, Nordamerika, Java. Fructificirt März— Mai. — Ss. undulata Nees v. Es. Zweihäusig. 4. Stengel bis über 10 Centim. lang. Rhizoiden spärlich. Blätter meist schlaff, trocken zurückgekrümmt und kraus, ge- zähnt oder kraus, kaum bis zur Mitte flügelig gekielt, die Lappen trapezoidisch- rundlich, der untere am Stengel herablaufend, meist doppelt grösser. Europa, Amerika. Fructifieirt Mai— Juli. 7. Plagiochila Nees v. Es. et Mort. Oberblätter ungetheilt, rundlich, schief angeheftet, mit dem Vorderrande am Stengel herablaufend, mit dem Hinterrande zurückgeschlagen. Amphigastrien an der Spitze des Stengels deutlich, klein, faden- förmig, bald verschwindend. Perichätialblätter 2 oder 4, gegenständig, den Stengel- blättern ähnlich. Perianthium fast 2-lippig, senkrecht zur Stengelebene zusam- mengedrückt. Sonst wie vorige Gattung. Ansehnliche Lebermoose, in Wäldern auf der Erde und an feuchten Felsen wachsend; von 190 Arten 2 deutsche. — P. asplenioides N. et M. Zweihäusig. 4. Stengel oft bis 30 Centim. lang, unterbrochen beästet, die Aeste fast ohne Rhizoiden. Blätter meist verkehrt ei- rund, grob gezähnt. Europa, Nordamerika. Gemein. Fructifieirt Mai. — P. in- terrupta Nees v. Es. Einhäusig. 4. In allen Theilen kleiner. Aeste dicht wurzelhaarig. Blätter länglich-rectangulär, stumpf ausgerandet, ganzrandig. Eu- ropa, Grönland; in Deutschland zerstreut. Fructificirt Mai, Juni. 165. Familie. Gymnomitrieae. Kriechende Pflänzchen mit 2-reihig beblättertem Stengel. Blätter unter- schlächtig. Archegonien gipfelständig an Haupt- und Seitensprossen. Perianthium fehlend oder mit den Perichätialblättern verwachsen. 1. Gymnomitrium Nees v. Es. Stengel spärlich mit Rhizoiden besetzt, abwärts fast blattlos.. Blätter dicht dachziegelig, umfassend quer angeheftet, stumpf kielig, an der Spitze regelmässig 2-lappig. Amphigastrien fehlen. Peri- chätium mehrblätterig, frei, seine Blätter grösser als die Stengelblätter, zusammen- gerollt, die ungleichen inneren zarter, stets mehrmals eingeschnitten. Perianthium fehlend. Kapsel sehr kurz gestielt, kugelig, bis fast zum Grunde 4-klappig. Von 14 Arten sind 3 deutsche. — G. concinnatum Corda. Zweihäusig. 4. Stengel bis 5 Centim. lang, die drehrunden Aeste aufwärts keulenförmig. Blätter breit eiförmig, bis zu "/, scharf 2-lappig, am Grunde oft 1- oder 2-zähnig, weiss ge- randet. An feuchten, schattigen Felsen der Gebirge. Fructificirt Juli, August. 2. Sarcosyphus Corda. Stengel nur an den Ausläufern spärlich wurzel- haarig. Blätter quer angeheftet, kahnförmig hohl, gleichmässig 2-lappig. Amphi- gastrien fehlend. Die beiden Perichätialblätter zu einem 2-lippigen Becher unter sich und mit dem Perianthium bis zur Spitze verwachsen; letzteres an der Mün- dung zuletzt 4- bis 6-lappig. Kapsel mässig lang gestielt, fast kugelig, bis fast zum Grunde 4-klappig. Meist aufrecht an Felsen und auf der Erde wachsende, dichtrasige Bergmoose. 10 Arten in Europa, Mexiko, Chili und am Cap; 6 deutsche. — S. Funckii Nees v. Es. Zweihäusig. 4. Stengel sehr zart, die fruchttragenden Aeste 0,2—0,8 Centim. hoch, nach oben dicht- und grossblätterig, die sterilen Aeste und Flagellen 1 Centim. lang, gleichmässig beblättert. Blätter eirundlich, bis fast zur Mitte in 2 meist spitze Lappen getheilt. Auf kiesigem und thonigem Boden häufig. Fructificirt Mai, Juni. 3. Alicularia Corda. Blätter rundlich, ganz oder an der Spitze ausgeran- det. Amphigastrien klein, dreieckig bis pfriemenförmig. Perichätialblätter 2- bis 4-paarig, paarweise gegenständig, mit dem unteren Theile des fleischigen, an der Mündung gezähnelten Perianthium becherförmig verwachsen. Kapsel oval. Rasen- bildende Erdmoose. Von 7 Arten 2 deutsche. — A. scalaris Corda. Zweihäusig. 4. Stengel bis 6 Centim. lang. Blätter fast kreisrund, ganz oder an der Spitze eingedrückt. Auf lehmig-sandigem Boden an Waldrändern, in Hohlwegen etc. Fructifieirt Spätherbst und Frühling. Andreaeaceae: Stamm. Blätter. 423 IV. Classe. Musei (Musei frondosi).! (S. 376.) 23. Ordnung. Schizocarpae (S. 377). 164. Familie. Andreaeaceae.? Die kleine Gruppe der Andreaeaceen, die der bräunlichen oder schwärzlichen Färbung ihrer Mitglieder den deutschen Namen der Mohrenmoose verdankt, umfasst in der einzigen, über alle Erdtheile zerstreuten Gattung Andreaea nur etwa 16 Arten, sämmtlich in niedrigen, dichten Polstern kieselhaltiges Felsgestein höherer Gebirge bewohnend. Das kurze, starre und zerbrechliche, dicht beblät- terte Stämmchen ist gabelig verzweigt (Fig. 95) und wächst mittelst einer tetraö- drischen Scheitelzelle, deren Segmente jedoch in ihrer anodischen Seite breiter als in der kathodischen (im Sinne der Spirale rückwärts gerichteten) sind, so dass die in der Scheitelzelle gegebene !/,-Stellung der Blätter dadurch in eine ?/,-Stel- lung übergeführt wird (vgl. die 26. Ordnung der Stegocarpae). Die Segmentspirale ist bei A. petrophila eine linksläufige. Die Entwickelung der Blätter aus den Segmenten der Scheitelzelle folgt dem bei den übrigen Laubmoosen herrschenden Typus (vgl. Stegocarpae) und das einzelne Blatt wächst auch mittelst einer Schei- telzelle, die in vielen Fällen eine zweischneidige ist und nach rechts und links durch geneigte Wände die Segmente der Blattfläche abgliedert. Daneben finden sich aber auch Blätter, deren Scheitelzelle durch rechtwinkelig zum’ Medianus des des Blattes verlaufende Querwände segmentirt, worauf das Segment durch eine Medianwand halbirt und späterhin durch wechselnde Längs- und Querwände sehr regelmässig weiter getheilt wird. Das ausgewachsene Blatt zeigt sehr einfachen Bau. Es ist einschichtig, bald ohne Mittelrippe (A. petrophila), bald mit einer solchen (A. rupestris), und die im Alter braunwandigen Zellen zeigen oftmals auf der Unterseite über jeder Zelle eine stark ausgeprägte Papille.. Auch der anato- mische Bau des Stämmchens ist sehr einfach. Der axile Strang cambiformähn- licher Zellen, dem Stengel der meisten Laubmoose eigenthümlich (vgl. Fig. 111), fehlt hier; auf Stengelquerschnitten erweitern sich nach und nach die Zellen von . : Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen (S. 374, Note 1). — Lorentz, Moosstudien. 4° mit 5 Taf. Leipzig 1864. — Janczewski, Vergleichende Unter- suchungen über die Entwickelungsgeschichte des Archegoniums. Bot. Zeit. 1872. S. 377. — Kienitz-Gerloff, Ueber den genetischen Zusammenhang der Moose mit den Gefässkryptogamen und Phanerogamen. Bot. Zeit. 1876. 8. 705. — Schimper, Recherches anatomiques et morphologiques sur les Mousses. M&moires de la soc. d’histoire natur. de Strasbourg, IV. (1850); mit 9 Taf. — Schimper, Icones morphologicae atque organographicae introductionem synopsi muscorum eu- ropaeorum praemissam illustrantes. 4° mit 11 Taf. Stuttgart 1860. — Schimper, Synopsis muscorum europaeorum pramemissa introductione de elementis bryologieis tractante. 8°. 2 Bände mit 8 Taf. 2. Aufl. Stuttgart 1876. — Bruch, Schimper, et Gümbel, Bryologia europaea, seu genera muscorum europaeorum monographice illustrata. 4°. 6 Bände mit 640 Taf. und Text in latein., deutsch. und französ. Sprache. Stuttgart 1836—1855. — Schimper, Musci europaei novi vel bryologiae europaeae supplementum. 4°. Stuttgart 1864—1866. — K. Müller, Synopsis mus- corum frondosorum. 2 Bde. Berlin 1849—1851. — K. Müller, Deutschlands Moose, oder Anleitung zur Kenntniss der Laubmoose Deutschlands, der Schweiz, der Nie- derlande und Dänemarks. Halle 1853. — Milde, Bryologia silesiaca. Laubmoos- flora von Nord- und Mitteldeutschland unter besonderer Berücksichtigung Schlesiens und mit Hinzunahme der Floren von Jütland, Holland, der Rheinpfalz, von Baden, Franken, Böhmen, Mähren und der Umgegend von München. Leipzig 1869. — Lorentz, Bryologisches Notizbuch. Stuttgart 1865 (Verzeichniss der europäischen Laubmoose nach Schimper’s Synopsis, zum Catalogisiren des Herbars ete. für Sammler zusammengestellt). ! Kühn, Zur Entwickelungsgeschichte der Andreaeaceen; in Schenk und Luerssen, Mittheilungen aus dem Gesammtgebiete der Botanik I. 1. Taf. 1—10. — Berggren, Entwickelung der Andreaeaceen; Acta Universitatis Lundensis IV. (1867) und Botan. Zeit. 1872. S. 444. 424 Andreaeaceae: Rhizoiden. Antheridium. Archegonium. der Peripherie nach der Mitte hin. Die aus dem unteren Theile des Stämmchens entspringenden Rhizoiden sind nur bei ganz jungen Pflänzchen durch schiefe Querwände wie bei anderen Laubmoosen gegliedert. Die an etwas älteren Pflanzen auftretenden werden auch durch Längswände getheilt und stellen eylindrische oder bandförmige Stränge dar, welche hie und da scheibenförmige Erweiterungen zeigen und sich mit ihren Enden so fest dem Gesteine anschmiegen, dass sie ohne Be- schädigung von letzterem nicht mehr ablösbar sind. Mit dem länger dauernden Protonema bilden diese Rhizoiden. oft dicht verfilzte Rasen, und wie die Rhizoiden der stegocarpen Laubmoose (vgl. diese), so produciren auch hier dieselben durch Knospung und genau wie aus den Vorkeimen neue Pflänzchen, sind daher für die Erhaltung der Art durch Regeneration oft ganzer Rasen von Bedeutung. Die Sexualorgane der ein- oder zweihäusigen Arten sind stets endständig. Die mit fadenförmigen oder oder fast keuligen, quergegliederten Paraphysen gemischten Antheridien sind gross, oval, lang gestielt, ihr Stiel aus zwei Zellenreihen gebildet und ganz unten fussförmig erweitert. Eine einschichtige W’and grösserer, anfangs glasheller und mit einigen grossen Chlorophylikörnern versehener, später braunwandiger, mit dicker Cuticularschicht ausgerüsteter Zellen umschliesst das Mutterzellgewebe der Sper- matozoiden. Das reife Antheridium öffnet sich ähnlich demjenigen der Torfmoose (vgl. Fig. 99 G). Kurz vor der Reife schwellen seine scheitelständigen Zellen in grösserer oder geringerer Zahl kugelig an und lockern sich; es entstehen über den Scheitel kreuzweise verlaufende, unregelmässige Risse und somit mehrere Lappen, die sich ähnlich wie bei Sphagnum, aber bei weitem nicht so tief abwärts biegen und dadurch den Spermatozoiden- Mutterzellen den Austritt gestatten. Wie bei den typischen Laubmoosen (z. B. Fontinalis — vgl. Fig. 113) wird auch bei Andreaea das erste Antheridium von der Scheitelzelle des Sprosses, das zweite vom jüngsten Segmente derselben erzeugt; die späteren sind nicht mehr an die gesetz- liche Reihenfolge der Segmente gebunden. Die für die Anlage des Antheridiums bestimmte Zelle wölbt ihre Aussenwand halb- kugelig hervor und der halbkugelige Theil wird dann in der Scheitelzelle durch eine horizontale, bei den seitenständigen An- File. 95. An- theridien durch eine etwas geneigte Wand abgegrenzt; er streckt Areaeca rupestris Sich eylindrisch und erfährt dann eine zweite Theilung durch Schimp. Pflanze ine meist in gleicher Richtung verlaufende Wand (Fig. 113 D). mit aufgesprun- Das junge Antheridium besteht jetzt aus drei Zellen: aus der gener Kapsel, unteren, schneidig in das Gewebe. eingekeilten Zelle geht der etwa fünfmalver-- Fuss des Stieles, aus der mittleren cylindrischen der Stiel, aus grössert. der oberen (Fig. 113 D, a), hochgewölbten Zelle der Antheridium- körper hervor. In dieser letzteren Zelle constituirt sich wie bei den übrigen Laubmoosen durch zwei geneigte Wände eine zweischneidige Scheitel- zelle, die mit grosser Regelmässigkeit abwechselnd nach rechts und links Seg- mente abgliedert (Fig. 113 B), jedoch nach dem 10. oder 11. Segmente bereits ihre Thätigkeit einstellt. Die Theilungen in den Segmenten erfolgen wie bei Fontinalis (vgl. Fig. 113 und deren Erläuterung im Texte). Die Entwickelung des Stieles hält gleichen Schritt mit derjenigen des Antheridienkörpers. Schon wenn in letzterem die Segmentirung der Scheitelzelle beginnt, wird die cylindrische Stielzelle durch eine Verticalwand halbirt; beide Tochterzellen dehnen sich dann in der Richtung ihrer freien Aussenfläche, so dass der Stiel später abgeplattet erscheint und zerfallen darauf unter Streckung in rascher Folge durch 11—15 genau rechtwinkelig zur Axe gestellte Querwände in die beiden Zellenreihen. Auch die ‚zum Fusse werdende unterste Zelle der Antheridiumanlage theilt sich durch eine axile Wand und durch weitere, namentlich bei nicht gedrängt stehenden Antheridien sehr regelmässige Radialwände in den kegel- oder kragenartigen Fuss. ‚ Das ausgebildete Archegonium ist in seiner äusseren Form mehr dem der übrigen Laubmoose, als demjenigen der Lebermoose ähnlich. Sein ovaler Bauchtheil geht nach abwärts allmählich in den höheren und dickeren Stiel über und nach oben ebenso in den langen, bei der Reife sich trichterartig öffnenden Hals. Die Bauch- Andreaeaceae: Archegonium. Sporogonium. 425 wand selbst ist schon vor der Befruchtung zweischichtig; die sechs Zellenreihen der gewöhnlich etwas spiralig gedrehten Halswand umschliessen eine axile Reihe von Canalzellen. Wie im männlichen Blüthenstande das erste Antheridium, so entsteht im weiblichen auch das erste Archegonium aus der Scheitelzelle, die sich stärker vorwölbt (Fig. 113 A) und dann durch eine horizontale Wand getheilt wird, der bald darauf eine zweite horizontale oder etwas geneigte Wand (Fig. 96 aa’) folgt; die durch beide Wände begrenzte untere Zelle differenzirt sich zum Stiele des künftigen Archegoniums. Jetzt treten in der oberen Zelle drei schiefe Wände in derselben Weise, wie beim Lebermoosarchegonium, auf (Fig. 96 B, 1, 2, 3, die letztere Wand nur in ihrer oberen Ansatzstelle angedeutet; C von oben oder im Querschnitte gesehen) und erzeugen auch hier drei peripherische Zellen und eine innere Zelle, die letztere einer abgestutzten Pyramide mit hoch gewölbter, nach oben gekehrter Grundfläche gleichend (vgl. S. 380). Eine etwas geneigte Querwand gliedert die innere Zelle in eine untere central gelegene und eine obere Zelle; erstere ist die später noch die Bauchcanalzelle abgliedernde Cen- tralzelle und die sie umgebenden drei peri- pherischen Zellen werden in ihrer ganzen Höhe zur Bauchwand, indem sie sich durch Radialwände (Fig. 96 D, erst zwei Zellen ge- theilt) in 6 peripherische Zellen und darauf weiter durch Vertical- und Horfzontalwände theilen und endlich durch Tangentialwände zweischichtig werden. 'Die obere Zelle ist allein die Mutterzelle des Halses, der hier und bei allen anderen Laubmoosen in ganz anderer Weise angelegt wird, als bei den Lebermoosen. Die obere Zelle fungirt näm- lich nun als Scheitelzelle des Archegoniums; nachdem sie sich emporgewölbt, wiederholen sich in ihr durch drei schiefe Längswände und eine Horizontalwand dieselben Theilungen, wie in der ersten Archegonzelle und die cen- trale Zelle ist nun die erste Canalzelle, die peripherischen Zellen sind die ersten Wand- zellen des künftigen Halses, die Scheitelzelle aber wiederholt mehrere Male dieselben Thei- lungen (Fig. 96 E), bis sie durch übers Kreuz auftretende Verticalwände in die vier den Scheitel bildenden Deckelzellen zerfällt. Die ursprünglichen drei Zellenreihen der Halswand 3 werden durch wie im Bauche auftretende Ra- Fis-. %. Andreaca rupestris: A Arche- dialwände in sechs, im unteren an den Bauch $"iumanlage; b Perichätialblätter. 2 Bt- SD . B ne was älteres Archegonium; ( dasselbe in grenzenden Theile in 7—8 Reihen übergeführt; der Scheitelansicht und D dasselbe im Tangentialwände treten nur im unteren, den tieferen Querschnitte. E Oberer Theil Anschluss an den Archegoniumbauch vermit- (Hals) eines alten Archegoniums im op- telnden Theile auf. Während aller dieser tischen Längsschnitte. Nach Kühn. Vergr. Vorgänge wird endlich auch die Stielzelle des 4A=500, B-E=800. jungen Archegoniums durch übers Kreuz an- gelegte Längswände, denen weitere Quer-, Radial- und Tangentialwände folgen, in den vielzelligen Archegoniumstiel umgewandelt. Nach wie bei den Lebermoosen erfolgter Oeffnung des Archegoniumhalses und stattgehabter Befruchtung des in der Centralzelle liegenden Eies beginnt die Umbildung des letzteren zum Sporogonium oder zur Sporenkapsel. Die reife Sporenkapsel ist oval oder oblong, auf dem Scheitel durch ein vierseitiges Spitz- chen gekrönt und von der zarten, ziemlich fest aufsitzenden Haube bedeckt (Fig. 97 A). Sie öffnet sich durch vier diametral gestellte (selten durch sechs) Längsrisse, die aber Scheitel und Basis nicht erreichen, so dass die reifenartig auseinander biegenden, gleichbreiten Klappen auch auf dem Scheitel verbunden bleiben (Fig. 97 B). Diese Art des Oeffnens hat wohl auch Linne veranlasst, Andreaea der Gattung Jungermannia einzureihen. Zwischen den geöffneten Klappen Andreaeaceae: Sporogonium. 426 wird die cylindrische oder fingerförmige, den Scheitel des Sporogoniums jedoch nicht erreichende Columella (Fig. 98 e) sichtbar. Die Basis der Kapsel verjüngt sich ohne merklichen Stiel unmittelbar in den kurzen, zapfenförmigen Fuss (Fig. 98 f), welcher dem ausgehöhlten Axenende, der von dem unteren Theile des Archegoniumbauches (Fig. 98 m) gesäumten Scheide (vaginula — Fig. 97 A und Fig. 98, v) eingesenkt ist. Dass das Sporogonium dennoch gestielt erscheint, hat seinen Grund darin, dass sich kurz vor seiner Reife das obere, unter der Va- ginula, aber oberhalb der Perichätialblätter (Fig. 97 B, pe) gelegene Axenende bedeutend streckt und damit das stielartige Pseu- dopodium bildet, dessen Axennatur noch deut- licher auch daraus erhellt, dass es unbefruchtete, abgestorbene Archegonien oft weit mit empor- trägt (Fig. 97 A). Die Differenzirung dieses eigenthümlichen Sporogoniums aus der befruchteten Eizelle findet in folgender Weise statt. Nachdem letztere sich bedeutend vergrössert hat, theilt sie sich durch eine horizontale, selten etwas geneigte Wand in eine obere und eine untere Zelle. Letztere theilt sich zunächst durch eine verticale oder steil ab- fallende Längswand, sehr selten durch eine Hori- zontalwand und* erfährt dann nur noch wenige, ‚nicht ganz gesetzmässig auftretende weitere Thei- lungen. Die obere Zelle dagegen erhält zuerst eine geneigte Wand, darauf eine zweite genau diametral der ersten entgegengesetzte schiefe Wand und damit also eine zweischneidige Schei- telzelle, welche durch die bekannte Segmentirung zwei Reihen von Segmenten erzeugt (vgl. Fig. 102), endlich aber ihre Theilungen einstellt. Auf einem Querschnitte des Embryo erhalten wir also jedes- mal zwei Segmente, jedes halbkreisförmig und jedes sich bald durch eine Radialwand (Qua- drantenwand) in Scheibenquadranten theilend (vgl. Fig. 103 A, in welcher 00 die Radialwände). Für die weiteren Gliederungen im unteren Theile des Embryo lässt sich ein leitendes Gesetz nicht ent- decken, zumal da die peripherisch gelegenen Zellen sich stark und oft ungleichmässig nach aussen wölben und vielfach verschieben. Nur so viel ist klar zu erkennen, dass die Zahl der Theilungen nach oben zunimmt, so dass der un- tere Theil des Sporogons (der spätere Fuss) eine Mit ausserordent- Fig. 97. TAndreaea petrophila Ehrh. A Reifes, aber noch nicht geöffnetes Sporogonium: ps Pseudopodium; a nicht befruchtetes Archegonium; p Theil des Pseudopodiums, in wel- chem der Fuss der Kapsel steckt = v Vaginula; s Sporogonium; Ah Haube. B Reifes, geöffnetes, über das Peri- kegelförmige Gestalt erkält. licher Regelmässigkeit gehen dagegen die Thei- lungen in der oberen Hälfte des jugendlichen Sporogoniums vor sich. In jedem Scheibenqua- dranten setzt sich eine neue Längswand im rechten Winkel an die steil abfallende Segmentwand, ver- läuft anfangs mit der Radialwand (Quadranten- wand) parallel, geht dann aber im sanften Bogen chätium (pe) emporgehobenes Sporo- gonium. Vergr: 25. Nach Kühn. an die freie Aussenwand (vgl. Fig. 103 A, die Wände g). Darauf erfolgt in allen Zellen eine neue Theilung, die der vorhergehenden mit dem einzigen Unterschiede analog ist, dass die Wände die primären Radialwände kreuzen. Der Querschnitt zeigt jetzt vier im Centrum gelegene quadratische Zellen, welche ein grösseres Quadrat bilden — und zwölf peripherische Zellen: acht paarweise geordnete, nahezu oblonge und in der Richtung der Diagonalen vier grössere, gleichschenkelig dreieckige Zellen. Die sich weiter theilende Zel- lengruppe des Grundquadrates wird, wie bei den Anthoceroten (8. 385), zum Ge- webe der Columella, die auch in weiter vorgeschrittenen Entwickelungsstadien im Andreaeaceae: Sporogonium. Querschnitte immer noch mehr oder weniger vierseitig erscheint. Wechselnd radiale und tangentiale Theilungen in den peripherischen Zellen fördern ebenfalls das Dickenwachsthum des Embryo, der sich gleichzeitig durch inter- calares Wachsthum in die Länge streckt und bald einen cylindrischen, in der Mitte etwas eingeschnürten, unten und oben etwas zuge- spitzten Körper darstellt. Wie bereits er- wähnt, bildet die untere kegelförmige, unregel- mässig sich theilende Hälfte den Fuss des Sporogoniums, der sich in den basalen Theil des Archegoniums einbohrt (Fig. 98 ff). In Folge einer lebhaften Zellvermehrung im Ba- silartheile des Archegoniums, alsTauch in der Scheitelregion des Stämmchens, bildet sich eine den Fuss dicht umschliesende Vaginula (Fig. 98 v). Anfänglich zeigt diese mehrere Zell- schichten, später aber nur zwei, weil die in- neren durch den Druck des Sporogonium- fusses resorbirt werden. Der Archegonium- bauch umgiebt noch lange das fortwachsende Sporogonium als schützende Hülle. Seine zur Zeit der Befruchtung zweischichtige Wand wird durch tangentiale Theilungen zuerst mehrschichtig, dann aber in Folge späterer Resorption der innersten Zellenlagen wieder einschichtig. Dem Wachsthume des Sporogons folgt er in seiner Flächenausdehnung anfäng- lich durch radiale und horizontale Theilungen, dann aber nur noch durch einfache Streckung seiner Zellen, bis er endlich (gewöhnlich zur Zeit der ersten Theilungen in den Urmutter- zellen der Sporen, manchmal auch erst kurz vor Vollendung der Sporenbildung) durch das eingeschlossene Sporogonium so gedehnt wird, dass er an seiner am stärksten gespannten Stelle ringsum unregelmässig durchreisst. Der obere Theil des Archegoniums wird nun als Haube oder Mütze emporgehoben (Fig. 98 a), der untere krönt als zarter Saum die Vagi- nula (Fig. 98 m). Ein besonderer Schutz wird dem heranwachsenden Sporogonium durch die Perichätialblätter (Fig. 97 B) gewährt, die an- fänglich den Archegoniumstand nur muschel- förmig umgeben, später aber sich so vergrös- sern, dass sie mit ihren Rändern mehr und mehr übereinander greifen und scheidenförmig 1—1'/,mal die junge Frucht einhüllen, gleich- zeitig aber auch in Folge bedeutenden Längen- wachsthums dieselbe auf dem Scheitel knos- penartig überdecken. _ Aus der schwach eingeschnürten Region des Embryo entwickelt sich der kurze untere, als Hals bezeichnete Theil des Sporogoniums (Fig. 98 s), dessen Zellen sich durch regel- mässigere, prismatische Gestalt und dünnere, aber derbere Membranen vor denen des Fusses auszeichnen. In dem Sporogonium selbst führen die weiteren Differenzirungen zur Bildung der definitiven Theile der Kapsel. Auf Quer- 427 Andreaea Fig. 98. rupestris. Längs- schnitt eines Sporogoniums zur Zeit der Theilung der Urmutterzellen der Sporen (Vergr. 80). Nach Kühn. p Pseudopodium; v Vaginula; m der auf letzterer als Rand sitzende untere Theil des Archegonium- bauches; «a Haube, f Fuss, s Hals, c Co- lumella, w Wand des Sporogoniums; sps Sporensack; sp Urmutterzellen der Sporen. 428 Andreaeaceae: Sporogonium. Keimung. schnitten sieht man die bereits erwähnte, aus quadratischen Zellen gebildete cen- trale Columella bald von einer einfachen Schicht plasmareicher, grosser, nach aussen gewölbter Zellen umgeben: die Urmutterzellen der Sporen. Diese werden zunächst nach aussen von einer Zellschicht umschlossen, die zwar von der übrigen Kapselwand nicht scharf differenzirt ist, sich aber immerhin durch ihren Reich- thum an Chlorophyll auszeichnet und später eigenthümliche Veränderungen erfährt, daher auch hier, wie bei den übrigen Laubmoosen, als Sporensack bezeichnet werden kann. Durch das Fehlen des die höheren Laubmoose so sehr charakteri- sirenden Hohlraumes zwischen Sporensack und Kapselwand (vgl. Fig. 106) schliessen sich die Andreaeaceen mehr den auch sonst nahe verwandten Torfmoosen, als ers- teren an. In der mehrschichtigen Kapselwand erscheinen auf dem Querschnitte die peripherischen Zellenlagen in Folge zahlreicherer Radialtheilungen aus kleineren Zellen gebildet, als diejenigen in der Nähe der Sporenmutterzellen; auf dem Längsschnitte erscheinen in Folge von innen nach aussen abnehmender Horizon- taltheilungen die äusseren Zellen etwas mehr gestreckt. Ein Längsschnitt durch eine etwas reifere Kapsel zeigt uns die Columella (Fig. 98 ce) auf ihrem Scheitel von der glockenförmigen Schicht der bereits weiter getheilten Sporenmutterzellen (Fig. 98 sp) überwölbt; ihre inneren Zellen sind ungetheilt geblieben, die äusseren durch weitere Theilungen in ein kleinzelliges Gewebe umgewandelt, das in Folge ungleicher Theilung der Sporenmutterzellen und ungleicher Ausdehnung derselben nach innen unregelmässig eingedrückt erscheint. Auch der Sporensack (Fig. 98 sps) überzieht gleichmässig den Scheitel von Columella und Sporenmutterzellen, so dass Kapselwand und Columella nur im unteren, in den Hals übergehenden Kapsel- theile im Gewebeverbande stehen. Auf dem Längsschnitte einer noch älteren Kapsel, wie Figur 98, würden wir die Sporenmutterzellen isolirt und mehr oder weniger abgerundet, später dann in der Sporenbildung (S. 375) begriffen sehen; während die Sporen ihrer Ausbildung entgegengehen, wird dann der Sporensack und zuweilen auch noch die angrenzende Wandschicht resorbirt und ein bräun- liches, dünnes Häutchen kleidet als einzige Andeutung desselben den Sporenraum aus. Die Zellen der Kapselepidermis verdicken während dessen ihre Wände be- deutend, jedoch in voller Stärke nur in einem breiten Gürtel, der etwa vom un- teren Drittel bis zum oberen Fünftel der Kapsel reicht und der Ausdehnung der späteren Längsrisse der Kapselwand entspricht. In diesem Gürtel bleiben ferner in vier den späteren Längsrissen entsprechenden Streifen die Verdickungen eben- falls aus. Schon früh tritt nämlich in vier senkrecht stehenden Zellenreihen der Epidermis eine letzte nochmalige tangentiale oder radiale, seltener eine tangen- tiale und radiale Theilung zugleich ein, so dass hier zwei oder vier Längsreihen kleinerer Zellen gebildet werden. Diese sind gleichweit von einander entfernt und stehen, wenn man sie auf das Grundquadrat bezieht, genau in der Richtung der Diagonalen desselben (mit anderen Worten genau in der Mitte der Aussenwände der ursprünglichen Scheibenquadranten der einmal radial getheilten Segmente). Diese Zellenreihen sind es, welche von der Verdickung der Epidermiszellen aus- geschlossen bleiben, in denen daher in der Kapselwand das Aufreissen beginnt, wenn sich die verdickte Epidermis beim Austrocknen der Kapsel zusammenkrümmt und die peripherische Spannung vermehrt; das unter der Oberhaut gelegene zarte Wandgewebe setzt dem Tiefergehen der Risse dann nur noch geringen Widerstand entgegen. Das nach Ausbildung der Sporen sich rasch streckende Pseudopodium, welches die Kapsel zwischen den Perichätialblättern hindurch nach oben hebt, ist anfangs ein weicher, leicht verletzbarer Stiel, wird aber später durch bedeutende Verdickung der Membranen seiner Zellen starr und hart. Die Sporen von Andreaea petrophila sind meist kugelig, zuweilen auch ei- förmig; ihr gelblichbraunes Exospor ist fein gekörnelt und lässt die wenigen Fetttropfen und die grossen, rundlichen oder spindelförmigen Chlorophylikörner des Inhaltes nur undeutlich durchschimmern. Die Keimung erfolgt bei manchen Sporen schon kurz nach dem Ausstreuen im Herbste, bei den meisten wohl erst im Frühlinge. Sie schliesst sich durch das Auftreten der ersten Theilungen in der noch geschlossenen Spore derjenigen von Fegatella (S. 392), Frullania (S. 411) und anderen Lebermoosen an. Durch nach einander erscheinende Wände wird die Spore nämlich drei- bis vierzellig, oft sogar in Octantenzellen getheilt, die durch weitere unregelmässige Theilungen einen kleinen, kugeligen Zellenkörper erzeugen, der das Exospor unregelmässig absprengt und von dessen peripherischen Andreaeaceae: Vorkeim. Andreaea. — Sphagnaceae. 429 Zellen eine bis drei, seltener mehr zu Fäden auswachsen, die sich sowohl durch rechtwinkelig als schief zur Axe stehende Querwände gliedern, mannigfach ver- zweigen und auf ihrer festen Unterlage fast nur über Gesteinsrissen glashelle, durchgehends schief getheilte Rhizoiden entwickeln. Ein Theil der fädigen Vor- keime aber theilt seine Zellen auch durch parallel der Axe liegende oder schiefe Längswände hd erzeugt so eine zweite Protonemaform in Gestalt einschichtiger, vielfach gelappter, dem Gesteine flach aufliegender Gewebeplatten, welche aus einzelnen Randzellen wieder Zellenfäden treiben und an die Vorkeime der Torf- moose, einzelner Laubmoose (wie Tetraphis) und der Hymenophyllaceen (vgl. Farne) erinnern. In einem dritten Falle verwandeln sich bei anderen Vorkeimen die zuerst zweireihigen Zellenfäden durch dem Substrate parallele Längswände in cy- lindrisch-vierreihige. An die Unebenheiten des Gesteines anstossend, erheben sie sich senkrecht auf demselben, erfahren ein gleichmässiges peripherisches Wachsthum, verzweigen sich, kurz, sie stellen kleine Vorkeimbäumchen dar, deren Zellwände, wie bei den übrigen Formen, später goldbräunliche Färbung annehmen. Endlich entwickeln sich am Vorkeime meist in der Nähe des Stengelursprunges, doch auch dann und wann über das Protonema zerstreut, einzelne blattartige Ge- bilde, die sich sowohl durch die fast reguläre Form und geringere Grösse ihrer Zellen, als auch durch ihre geschlossene Umgrenzung und auf aufrechte Stellung von den Gewebeplatten unterscheiden. Ihren Ursprung nehmen sie immer aus einer sich papillenartig nach aussen wölbenden Vorkeimzelle, aber die weiteren Theilungen dieser Zelle erfolgen bald nach dem einem, bald nach dem zweiten Theilungsmodus der Andreaea-Blattspitze (vgl. S. 423), der diese Gebilde auch in ihrer vollständigen Ausbildung gleichen. Gleichwohl bewahren sie ihre Vorkeim- natur dadurch, dass sie, wenn auch selten, aus den peripherischen Zellen einfache oder mehrreihige Zellenfäden (Vorkeimfäden) entwickeln (vgl. übrigens den Ab- schnitt über Stamm- und Blattvorkeime bei den stegocarpen Moosen). Jede der Hauptformen des Vorkeimes (mit Ausnahme der letzterwähnten blattartigen Gebilde) vermag jungen Andreaea-Pflänzchen den Ursprung zu geben, deren Entwickelung sich derjenigen der übrigen Laubmoose anschliesst, daher bei den stegocarpen Formen specieller besprochen werden soll. In manchen Fällen wird in der Scheitelzelle der kleinen Vorkeim-Stammknospe die gesetzmässige Folge der geneigten Wände gestört und dann kommt es nicht zur Axenbildung, sondern das Knöspchen wächst wieder zum Vorkeimstämmchen aus. Andreaea Ehrh. Einzige Gattung. — A. rupestris Schimp. 4. Räschen bis 1,5 Centim. hoch. Blätter aufrecht abstehend oder einseitswendig, aus eiför- miger Basis lineal-lanzettlich, flach, mit Mittelrippe, beiderseits glatt. Einhäusig. Fructifieirt Juni, Juli. Europa. — A. petrophila Ehrh. 4. Rasen selten über 2 Centim. hoch. Blätter allseits abstehend oder einseitswendig, eirund bis eilan- zettlich, zugespitzt, ohne Mittelrippe, unterseits papillös.. Einhäusig. Fructificirt Juni, Juli. Europa. 24. Ordnung. Sphagna (S. 377). 165. Familie. Sphagnaceae.! Die kleine Familie der Torfmoose, mit der einzigen Gattung Sphagnum, steht durch Habitus, Lebensweise und manche Züge in Bau und Entwickelung so eigenthümlich da, dass die früheren Versuche, ihr eine selbständige Stellung neben ! Schimper, Versuch einer Entwickelungsgeschichte der Torfmoose (Sphag- num) und einer Monographie der in Europa vorkommenden Arten dieser Gattung. Fol. mit 27 Tafeln. Stuttgart 1858. — Leitgeb, Wachsthum des Stämmchens und Entwickelung der Antheridien bei Sphagnum. Sitzungsber. d. Wiener Akad. 59. Bd. 1. Abth. (1869), mit 3 Taf. — Russow, Beiträge zur Kenntniss der Torf- moose. Mit‘5 Taf. Dorpat 1865. — Schliephacke, Beiträge zur Kenntniss der Sphagna. Verhandl. d. k. k. zool.-botan. Gesellsch. in Wien 1865. — Lindberg, Torfmossornas byggnad, utbredning och systematiska uppställing. Oefversigt K. Vetensk. Akad. Förhandl. 1862. — Weitere Literatur in den genannten Schriften angegeben. 430 Sphagnaceae: Stamm. Blätter. den übrigen Moosen zu schaffen, wohl gerechtfertigt erscheinen, so lange die Ent- wickelungsgeschichte der Ordnung und ihrer muthmasslichen nächsten Verwandten nicht genügend erforscht war. Die neueren Untersuchungen haben indessen klar- gelegt, dass sich die Torfmoose in vielen Punkten den voraufgehenden Andreaea- ceen und mit diesen zunächst den Lebermoosen, in anderen jedoch den typischen Laubmoosen anschliessen, im Systeme daher als bindendes Glie® in die ganze Reihe eingeschoben werden müssen. Das stets verzweigte, rhizoidenlose Stämmchen der erwachsenen Pflanze zeigt im Inneren (Fig. 99 D) einen nach den Arten in der Stärke wechselnden axilen Strang cylindrischer, parenchymatischer Zellen mit dünnen, farblosen, weichen Membranen. Dieser Strang wird von einem Mantel langgestreckter, prosenchy- matischer Zellen umhüllt, deren Wände stark (in den äusseren Lagen oft bis fast zum Verschwinden der Höhlung) verdickt, gelb, bräunlich oder braunroth und ver- holzt sind. Die äusserste Gewebeschicht wird aus einer Art schwammiger Rinde von einer bis vier Lagen grosser, dünnwandiger, parenchymatischer, zuletzt inhalt- loser Zellen gebildet, deren zarte Membranen bald geschlossen sind (S. squar- rosum z. B.), bald grosse Poren (resorbirte Tüpfel) besitzen (S. Girgensohnii), bald neben diesen noch ausgezeichnete Spiral- und Ringfaserverdickungen zeigen (8. cymbifolium — Fig. 99 D\. Die Aeste haben im Allgemeinen denselben Bau, nur sind die drei Gewebeschichten entsprechend der geringeren Astdicke weniger stark ausgebildet. In der Rinde kommen aber neben den erwähnten Parenchymzellen noch sehr grosse flaschen- oder retortenförmige Zellen vor, die sich aus bauchigem Grunde nach oben hin allmählich verengern, mehr oder weniger stark nach aussen biegen, an ihrer Spitze eine ziemlich grosse Oeffnung, aber nie Spiralfasern zeigen und besonders stark an den hängenden Aesten und gegen die Spitze der ausge- spreizten Aeste, am schönsten bei S. molluscum entwickelt sind. Die Stellung der Aeste ist bei den Sphagnaceen eine meist sehr regelmässige, da gewöhnlich ‘neben jedem vierten Blatte ein Ast angelegt wird (vgl. S. 432). Einer dieser Aeste, nahe dem Stammgipfel stehend, wächst als Innovationsast jedesmal über ersteren nach der Fruchtreife hervor, wird ihm in seiner Ausbil- dung gleich und später durch allmählich von unten herauf erfolgendes Absterben des Stämmchens als selbständiges Pflänzchen abgetrennt. Die übrigen Aeste ver- zweigen sich nahe über ihrer Ursprungsstelle zu einem Astbüschel, von dem einige Zweige nach auswärts, andere nach abwärts und eine dichte Hülle um den Stengel bildend wachsen (Fig. 99 A), wieder andere zu den weiblichen (Fig. 99 A, b) oder männlichen Aesten (Fig. 99 A, a) sich umgestalten. Die spiralig links- oder rechtsläufig nach ?/,-Stellung angeordneten, gewöhn- lich entfernt stehenden Stengelblätter sind mit breiter Basis sitzend und bestehen aus nur einer Zellschicht ohne Mittelrippe. Diese Zellschicht ist stets aus zweierlei Zellen zusammengesetzt: grossen, weiten, inhalts- und farblosen Zellen, welche in den meisten Fällen auf der Innenfläche ihrer Wand Spiral- und Ringfaserver- dickungen zeigen und an einer oder mehreren Stellen von grossen, porenartigen, von einer Ringleiste umsäumten Löchern (resorbirten Tüpfelmembranen) durch- brochen sind — und schmalen, schlauchartigen, die eben erwähnten Zellen regel- mässig netzig umgebenden, Protoplasma und Chlorophyll führenden Zellen ohne Faserverdickung und mit geschlossener Membran (Fig. 99 B).! Die letzteren Zellen werden häufig mehr oder minder, namentlich auf der Rückenseite des Blattes (Fig. 99 C, wo in der einen Zelle der Schnitt durch ein Loch der Membran geht), von den grossen inhaltfreien Zellen überwölbt, oder dies geschieht sogar auf bei- den Blattflächen (8. eymbifolium). Dieser Umstand, verbunden mit der weit grösseren Fläche der farblosen Zellen, bedingt das vorherrschend bleichgrüne Aus- sehen der Torfmoosblätter, das namentlich dann noch erhöht wird, wenn beim Austrocknen der Rasen Luft in die sonst mit Wasser gefüllten durchlöcherten Zellen tritt. Die Blätter der Büscheläste unterscheiden sich von den Stengel- blättern durch Unbeständigkeit in Form und Grösse, verschiedene Gestalt, nament- lich bedeutende Verschmälerung und dichteres Zellgewebe. Am Grunde des Astes sind sie immer sehr klein und schuppig übereinander gedrängt; dann werden sie allmählich grösser und nehmen an den bogig nach aussen gerichteten Aesten eine t Mohl, Ueber die porösen Zellen von Sphagnum, in dessen „Vermischte botan. Schriften“, S. 294, Sphagnaceae. 431 & / N N) v , 7} in N U \hı 7 ku, \U Ze RUN IM) G \ Wr y W 7 NEN en PN AN 1 = 7 Fig. 99. A Sphagnum acutifolium. Stück der Pflanze vergrössert; a männliche Blüthenkätzchen, b Perichaetialäste mit noch eingehüllten Sporogonien. B Stück eines Astblattes von S. eymbifolium. Vergr. 400. ( Stück eines Querschnittes aus dem Blatte von S. euspidatum. Vergr. ca. 400. D Stück eines Stengelquerschnittes von 8. cymbifolium, sehr stark vergr. E Männliches Blüthenkätzchen von S. acutifolium, mit dem Basaltheile eines sterilen Astes am Grunde. Vergr. 50. F Ein gleiches Kätz- chen zum Theil entblättert, um die Antheridien zu zeigen. Vergr. 50. @ Geöffnetes und entleertes An- theridium von $. acutifolium. Vergr. ca. 350. H Fünf Spermatozoiden-Mutterzellen mit in Entwickelung begriffenen Spermatozoiden. Vergr. 600. J Eine solche der Reife nahe. Vergr. 1200. K Spermatozoid. Vergr. 1200. L Reife Kapsel von $. acutifolium mit den Resten des Archegoniums, dem Perichätium und dem Basaltheile eines hängenden Aestchens am Grunde des letzteren. Stark vergr. Nach Schimper, 432 Sphagnaceae: Stamm und Blätter. Antheridium. bestimmte, der respectiven Art eigene Form und Grösse an, und nachdem sie diese auf eine gewisse Strecke beibehalten, rücken sie immer mehr auseinander, werden kleiner und verhältnissmässig länger und schmäler. In noch höherem Grade finden diese Veränderungen an den abwärts hängenden Aesten statt, an denen die Blätter oft fast fädlich erscheinen. Auch die Anordnung der Blätter ist nicht immer constant, da dieselben oft streckenweise statt nach °/, nach ?/, oder '/,, oder durch Verschiebungen nach °/,, und ®/,, gestellt erscheinen. Das Wachsthum des Stämmchens wird durch eine tetraädrische Scheitelzelle vermittelt, deren Segmente jedoch nicht in drei geraden Reihen im Stamme liegen (nach !/, geordnet sind), sondern mit ihrer anodischen, breiteren Seite weiter vor- greifen, so dass schon dadurch die Stellung der Blätter bedingt wird, deren jedes “ sich aus einem Segmente entwickelt. Die Theilungen in letzterem stimmen sehr mit denen der übrigen Laubmoose überein (vgl. Fig. 112 und den zugehörigen Text). Auch hier gliedert eine erste Tangentialwand, die „Blattwand‘ (Fig. 112 a), das Segment in einen äusseren „Blatttheil‘“ und einen inneren, die Hauptmasse des Stengelgewebes liefernden „Stengeltheil“. Während dann das anfänglich steile Segment in Folge weiteren Stengelwachsthumes allmählich horizontal gelegt wird, scheidet eine zweite Wand, die „Basilarwand‘“ (Fig. 112 b), welche bei Fontinalis die ganze Breite, bei Sphagnum aber nur die kathodische Hälfte des Segmentes trifft, den Blatttheil in zwei Zellen, deren grundwärts liegende als „basiskoper Basilartheil‘‘ bezeichnet wird. Die weiteren Wände sind wieder denen von Fon- tinalis analog. Aus den Achseln der Blätter entwickeln sich nahe deren Mediane schon frühzeitig meist zweizellige Haare mit kopfiger Endzelle, die demselben Segmente wie das Tragblatt angehören. Es stimmt ferner auch in der Anlage der gewöhnlich neben dem anodischen Rande der Blätter stehenden, in der Regel wie erwähnt neben jedem vierten Blatte zur Entwickelung kommenden Aeste Sphag- num mit Fontinalis überein (vel. Fig. 112 und Text). Die Astmutterzelle ist bei Sphagnum der „basiskope Basilartheil‘‘ des Segmentes, der sich in diesem Falle noch vor Eintritt weiterer Theilungen halbkugelig über die Stammoberfläche vor- wölbt, was bei Segmenten, die keinen Ast produciren, nie geschieht. Die Sexualorgane sitzen bei den Torfmoosen gewöhnlich auf derselben (also einhäusigen) Pflanze, doch stets getrennt auf verschiedenen Aesten, nie in zwitterigen Blüthenständen. In anderen Fällen sind die Pflanzen zweihäusig und die männlichen Individuen finden sich in eigenen Rasen von den weiblichen ge- trennt, so dass letztere manchmal unfruchtbar bleiben, namentlich wenn die männ- lichen Rasen in einiger Entfernung von ihnen wachsen. Beiderlei Geschlechtsäste entspringen aus den Büschel bildenden Seitenästen und zwar entwickeln sich zuerst die männlichen, später die weiblichen Aeste oder Perichätialäste. Die männ- lichen Aeste (Fig. 99 A, « und E) sind bogig wagerecht ausgespreizte Büschel- äste, welche unter ihren Deckblättern, die grösser und andersfarbig (karmoisinroth, gelb, dunkelroth, lebhaft grün etc.) sind als die übrigen Astblätter, die Antheri- dien bergen. Die Deckblätter sind ferner dichter dachziegelig und bilden regel- mässige Orthostichen (Fig. 99 A, a) oder zierliche Parastichen (Fig. 99 E), und nur bei S. rigidum und S. Lindbergii streckt sich der Ast so, dass die Deckblätter auseinander rücken und die Antheridien zwischen ihnen sichtbar werden. Der ganze männliche Ast schliesst selten sein Längenwachsthum ab, sondern wächst nach Aufhören der Antheridienentwickelung als grüner Laubast weiter, so dass dann die Inflorescenz in der Mitte liest. Die Stellung der Antheridien zu ihren Deckblättern entspricht genau der Stellung eines vegetativen Astes zu seinem Blatte: jedes Antheridium steht neben dem anodischen Rande des zugehörigen Blattes und entwickelt sich aus dem basiskopen Basilartheile des betreffenden Segmentes. Das reife Antheridium ist kugelig bis kugelig-eiförmig (Fig. 99 F) und wird von einem langen, sehr dünnen und zarten, aus 2—4 Reihen wasserheller Zellen gebildeten Stiele getragen (Fig. 99 G), gleicht somit sehr dem Antheridium der Andreaeaceen und Jungermanniaceen. Die wegen ihres geringen Chlorophyll- gehaltes blassgrüne, einschichtige Antheridienwand öffnet sich wie bei Andreaea (S. 424), nur mit stärker zurückbiegenden Lappen (Fig. 99 G). Die Spermatozoiden entstehen wohl in gleicher Weise, wie bei den Lebermoosen ($. 388 — und hier Fig. 99, H und J); aus ihren Mutterzellen befreit, zeigen sie fast drei Windungen, ein etwas verdicktes, körnig-unebenes Hinterende und die charakteristischen bei- den langen Wimpern (Fig. 99 K). Die zarten, reich verzweigten Paraphysen, Sphagnaceae: Antheridium. Archegonium. Sporogonium. 433 welche nach Schimper das Antheridium umgeben, konnte Leitgeb nie finden. Die Anlage der Antheridien beobachtete Leitgeb nie früher, als im 4. bis 6. Segment- umlaufe von der Scheitelzelle aus grundwärts. Die Mutterzelle, der basiskope Basilartheil eines Segmentes (vgl. S. 432), wölbt sich papillös wie bei Anlage eines Astes nach aussen über die Oberfläche des Aestchens, nimmt Cylindergestalt an und gliedert sich durch eine nahe der Oberfläche des Astes auftretende Quer- wand ab. Die untere Zelle theilt sich in der Regel nur noch durch der Längsaxe des Organes parallele Wände, die obere Zelle aber schneidet mehrmals hinter einander durch Querwände Gliederzellen ab, von denen sich einzelne oft wieder durch Querwände, alle aber meistens durch rechtwinkelig kreuzende Längswände in vier quadrantisch gelegene Zellen theilen. Auf diese Weise erreicht der Stiel eine ziemliche Länge, ohne dass vorläufig in der Endzelle die Anlage des Anthe- ridiumkörpers eingeleitet wäre. Endlich beginnen auch in ihr (meist nach vor- heriger kopfiger Auftreibung) Theilungen durch schiefe Wände, wobei der Ueber- gang von der letzten Querwand zu den schiefen Wänden ein plötzlicher oder allmählicher ist. Die Segmentwände für die zu bildende Scheitelzelle haben aber nach Leitgeb gar nicht oder nur bei den ersten Theilungen die Divergenz '/,, wie bei Andreaea und den folgenden Laubmoosen mit zweischneidiger Scheitelzelle, sondern die Divergenz ist kleiner. Die weiteren, in den Segmenten auftretenden Theikungen sind Leitgeb in ihrer gesetzmässigen Aufeinanderfolge nicht klar ge- worden. Es scheint, dass sich jedes Segment nach seiner Horizontallegung zuerst durch eine Tangentialwand in eine Innen- und Aussenzelle theilt. Sämmtliche Innenzellen bilden das Mutterzellgewebe der Spermatozoiden, die sich unregel- mässig durch Radialwände theilenden Aussenzellen die Wand des Antheridiums. Die weiblichen oder Perichätialäste sind während der sogenannten Blüthezeit sehr kurz und behalten ihre eigenthümliche knospenartige Form auch bis zur Fruchtreife (Fig. 99 A, b). Sie sind zur Zeit der Blüthe seitlich von der grossen Terminalknospe oder in dieser selbst zu suchen und charakterisiren sich unter den zahlreichen aufrechten Astanfängen dann durch ihre langgezogenen, we- niger dicht dachziegeligen Blätter. Letztere sind aber keineswegs schon identisch mit den späterhin die Frucht einschliessenden Perichätialblättern, sondern letztere existiren zur Blüthezeit nur als junge Anlagen, über welche sowohl die Arche- gonien, als auch die von Schimper als weibliche Blüthenhülle oder Perigynium bezeichneten Blätter des Astes hinausragen. Die Archegonien sitzen zu 1—4 (selten 5) auf dem Gipfel des Aestchens und sind von denen der übrigen Laub- moose in ihrer Form nicht wesentlich verschieden. Nach Leitgeb entsteht das erste, genau axil stehende Archegonium aus der Scheitelzelle des Astes, und nach den Angaben Janczewski’s bezieht sich der ganze Unterschied, welcher als charakteristisch angesehen werden kann, auf die Entwickelung und Structur des Bauchtheiles, in welchem die beiden ersten, wie bei den folgenden Laub- moosen schief angelegten Zellen keine so bedeutende Rolle spielen. Die Arche- soniumbauchwand besteht aus vier Zellschichten, und der ganze Bauch geht nach oben und unten allmählich in Hals und Stiel über, so dass er auch hier als die mittlere, stärkste Anschwellung des gesammten Archegoniums erscheint. Der Hals zeigt sechs Wandzellenreihen und schwillt an seiner Spitze in derselben Art und Weise-an, wie wir dieses bei den stegocarpen Laubmoosen (Bryineen) sehen werden (vgl. diese). Die Entwickelung des Sporogoniums ist sehr unvollständig bekannt. Nach Schimper würde dieselbe nur bis zu einem gewissen Grade im Archegoniumbauche stattfinden. „Dann bohrt sich der nach unten gerichtete, allein noch eine Zellver- mehrung zeigende Theil des Embryo in das weiche Zellgewebe des Archegonium- fusses ein, tritt, vermittelst fortwährender nach unten gehender Zellenbildung, durch denselben hindurch und gelangt so in das Innere des Fruchtbodens, wo für den Augenblick sich beinahe alle Vegetationsthätigkeit concentrirt, während der obere, im Archegoniumbauche sich befindende Theil des jungen Fruchtanfanges sich auflöst und resorbirt wird. Nachdem sich der im Fruchtboden eingebettete Fuss des Embryo bedeutend in die Breite gedehnt und so die Spitze des Frucht- astes zu einem halbkugeligen Scheidchen erweitert hat, beginnt derselbe eine rasche Zellvermehrung im Inneren des Archegoniumfusses, der in Folge davon zu einer halbkugeligen Anschwellung anwächst, die sich über das domförmig gewor- dene Receptaculum erhebt und welcher das äusserlich vollständig erhaltene Arche- Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 28 434 Sphagnaceae: Sporogonium. Keimung. Sphagnum. gonium mit seinem leergewordenen Bauchtheile aufsitzt.“ Diese und auch die weiteren eigenthümlichen und unklaren Angaben Schimper’s bedürfen durchaus erst noch der Bestätigung durch sorgfältige, lückenlose Beobachtungen. So viel ist gewiss, dass die Kapsel sich in ihrer gröberen inneren Organisation unmittel- bar den Andreaeaceen anschliesst. Sie besitzt eine centrale, nicht bis in den Scheitel hinaufreichende Columella von fast halbkugeliger Form und einen diese vollständig glockenförmig überwölbenden Sporensack, welcher von der Kapselwand nicht durch Intercellularraum getrennt ist und dessen Sporenentwickelung keine besonderen Eigenthümlichkeiten zeigt. Das später nur noch zarthäutige Archego- nium (nach Schimper werden die inneren Wandschichten resorbirt) wird mit weiterer Grössenzunahme der Kapsel nicht als Haube emporgetragen, sondern unregelmässig zerrissen; nur selten bleibt ein Fetzen desselben auf dem Scheitel der Kapsel sitzen (Fig. 99 L). Der breite, kuchen- oder knollenförmige Sporogoniumfuss sitzt (wie bei Andreaea) in der stark erweiterten Vaginula und das ganze Sporogonium wird endlich von dem sich zum stielartigen, blattlosen Pseudopodium streckenden Gipfel des Fruchtastes über die mittlerweile herangewachsenen Perichätialblätter emporgehoben (Fig. 99 L). Während bei S. acutifolium, S. rigidum u. a. Arten dabei das Perichätium knospenförmig bleibt, strecken sich bei S. cymbifolium, S. squar- rosum etc. auch die Internodien des Perichätialästchens, so dass das Perichätium selbst das Ansehen eines mehr oder weniger entfernt beblätterten Aestchens er- hält. Die reife, in der Regel fast kugelige Kapsel öffnet sich schliesslich dadurch, dass ein kleines, manchmal stärker convexes Stück des Scheitels ringsum als Deckel aus der übrigen Kapselwand losgelöst und ganz abgeworfen wird oder auch wohl an einer Stelle mit dem Kapselrande verbunden bleibt und dann die Kapselmündung beim Feuchtwerden immer wieder schliesst. Neben grossen, als normal zu bezeichnenden, kugeltetraädrischen Sporen, deren Pyramidenflächen sich durch eine scharfe Leiste gegen die kugelschalige Grundfläche absetzen, werden bei den Torfmoosen in derselben Kapsel oder in kleineren Sporogonien noch sphärisch-polyedrische, kleinere Sporen erzeugt, die das Resultat weitergehender Theilungen der Sporenmutterzellen und nicht keim- fähig sind. Die grossen Sporen keimen in der Regel erst nach 2—3 Monaten. Das sich zum Vorkeime dehnende Endosporium tritt aus dem dreilappig aufreissenden Scheitel des Exosporiums, das oft noch lange Zeit am Grunde des Vorkeimes sitzen bleibt, hervor. Findet die Keimung im Wasser statt, so entwickelt sich das Protonema confervenartig, wie bei den folgenden Laubmoosen, und die das Junge Pflänzchen erzeugende Knospe erscheint unmittelbar seitlich, wie bei diesen. Auf schlammigem Boden jedoch bildet sich ein thallusartiger, vielfach gelappter Flächenvorkeim, welcher auf der dem Substrate zugekehrten Seite Rhizoiden er- zeugt und die junge Pflanze am Rande, namentlich nach dem Grunde hin, ent- stehen lässt. Das junge Pflänzchen selbst entwickelt Rhizoiden, die dem alten Stämmchen bekanntlich fehlen; seine ersten 3—4 Blätter besitzen noch gleichge- staltete, rautenförmige, sämmtlich chlorophyllhaltige Zellen, und erst mit dem fünften Blatte, und auch nur an seiner Basis, beginnen die beiderlei charakte- ristischen Zellenformen sich zu zeigen, die dann bei den nächsten Blättern all- mählich die ganze Fläche einnehmen. Die in Europa mit 20 Arten vertretene, über die ganze Erde verbreitete ein- zige Gattung Sphagnum bewohnt in allen Arten nur feuchte Localitäten, nament- lich Torfmoore, morastige Wälder und auch wohl nasse Felsen. Ihre bis 30 Centim. hohen, elastisch-schwammigen Polster überziehen oft weite Flächen und tragen da- durch viel zum Feuchthalten des Bodens bei, dass sie in Folge der eigenthümlichen Structur des einzelnen Pflänzchens das einmal aufgenommene Wasser in den wei- ten, porösen Zellen lange festhalten. In den Mooren sind die Torfmoose zugleich die wichtigsten Erzeuger des Torfes, da sie, von unten her allmählich absterbend, Jährlich eine Menge organischer Substanz liefern, die in Folge der an jenen Lo- calitäten herrschenden eigenthümlichen Bedingungen im Vereine mit den Resten zahlreicher anderer Moorgewächse einem langsamen Verkohlungsprozesse unter- liegt. Die oberen, oft meterhohen Schichten norddeutscher Moore werden, da sie vorzugsweise aus den noch wenig veränderten, zusammengepressten Massen abge- storbener Torfmoose bestehen, gewöhnlich kurzhin als Moostorf bezeichnet. Die gemeineren deutschen, sämmtlich 4 Arten der Gattung sind folgende. I. Sphagna cuspidata: Astblätter schmal lanzettförmig bis breit ei- Sphagnaceae: Sphagnum. — Cleistocarpae. 435 förmig, mit mehr oder weniger lang ausgezogener, gestutzter und ge- zähnter Spitze: S. squarrosum Pers. Einhäusig. Pflanzen 10—20 Centim. hoch, kräftig und etwas starr, meist blaugrün, der Holzkörper des Stämmchens roth, die Rinde nicht porös. Stengelblätter sehr gross, breit zungenförmig, mit breit abgerundeter, oft ein wenig gefranster Spitze, ungesäumt, die grossen Zellen ohne Fasern und Poren. Astblätter sparrig abstehend, länglich lanzettlich, schmal gesäumt, mit 3—4-zähniger Spitze, ihre grossen Zellen sehr weit, mit zahlreichen Fasern und grossen Poren. Namentlich in Wäldern an quelligen Stellen. Fruc- tifieirt Juli, August. — S. fimbriatum Wels. Einhäusig. Lockerrasig, bis über 20 Centim. hoch, blaugrün. Holzkörper des Stengels farblos, die Rinde sehr porös. Stengelblätter gross, breit verkehrt-eiförmig, an den Rändern lang gefranst, die hyalinen Zellen ohne Fasern und Poren. Astblätter eilanzettlich, die hyalinen Zellen schmal, stark gefasert, mit wenigen grossen Poren. In Torfsümpfen. Fruc- tifieirt Juli, August. — S. cuspidatum Ehrh. Einhäusig. Lockerrasig, 10 bis 30 Centim. hoch, grün oder gelblichgrün. Holzkörper meist bleich, Rinde nicht porös. Stengelblätter meist klein, dreieckig, breit gesäumt, an der stumpflichen Spitze 2-zähnig, die hyalinen Zellen faser- und porenlos. Astblätter breit lanzett- lich, breit gerandet, an der Spitze 3-zähnig, die hyalinen Zellen der oberen Hälfte weit schlauchförmig und mit zahlreichen Ring- und Spiralfasern und wenigen Poren, die der unteren Hälfte sehr lang, nur mit Ringfasern. In Torfsümpfen. Fruetifieirt Juli, August. — S. acutifolium Ehrh. Einhäusig. Die 10—30 Cen- tim. hohen Rasen weich, selten rein grün, meist röthlich angehaucht, oft dunkel- roth. Holzkörper grün bis schwarzroth, Rinde meist porenlos. Stengelblätter klein, eilänglich, kurz gespitzt, am Grunde breit und an der 3—6-zähnigen Spitze schmal gesäumt, die oberen hyalinen Zellen gefasert und spärlich porös, die unteren ohne Fasern. Astblätter länglich lanzettlich, sehr schmal gesäumt, mit 3—5-zähniger Spitze, die hyalinen Zellen mit Fasern und Poren. In Wäldern und Torfsümpfen. Fructifieirt Juni, Juli. — IIL._Sphagna rigida: Astblätter länglich bis breit- lanzettlich, schmal gesäumt, am Ende gestutzt und gezähnt: 8. rigi- dum Schimp. Einhäusig. Rasen starr und meist nur bis 10 Centim. hoch, blaugrün. Holzkörper schwärzlich oder rothbraun, Rinde nicht porös. Stengelblätter klein, abgerundet-dreieckig, breit gesäumt, die hyalinen Zellen fast sämmtlich ohne Fasern und Poren. Die hyalinen Zellen der fast kahnförmig-hohlen, breit-lanzett- lichen Astblätter mit zahlreichen Fasern und Poren. Auf feuchten Haiden, in Torfsümpfen. Fructifieirt Juli. — II. Sphagna subsecunda: Astblätter ei- rund, breit gesäumt, stumpflich, an der Spitze gestutzt und klein gezähnt: S. subsecundum Nees et Hornschuch. Zweihäusig. Rasen 10 bis 30 Centim. hoch, gelb- oder braungrün, oft gescheckt. Holzkörper braun, Rinde porenlos. Stengelblätter klein, aus breiter, oft geöhrter Basis fast dreieckig, breit gesäumt, an der Spitze nie gezähnt, die oberen und breiteren hyalinen Zellen mit zahlreichen Fasern und Poren. In Torfsümpfen. Fructifiecirt Juni, Juli. — IV. Sphagna cymbifolia: Astblätter breit eiförmig, von einer Zellreihe sehr schmal gesäumt, nachenförmig hohl, mit stark kappenförmig gerundeter, ungezähnter Spitze: S. cymbifolium Ehrh. Zweihäusig. Rasen tief bläulich, oder röthlich bis violett, oder gelbgrün. Holzkörper roth, Rinde des Stengels meistens, die der Aeste immer mit Spiralfasern und Poren. Hyaline Zellen der schlaffen, breit zungenförmigen Stengelblätter im unteren Blatttheile immer, im oberen häufig ohne Fasern und Poren, die der Astblätter stets mit tingfasern und Poren. Torfsümpfe. Fructificirt Juli, August. 25. Ordnung. Cleistocarpae (Phascoideae). Die durch geringe Grösse ausgezeichneten Angehörigen dieser Laubmoos- Gruppe nähren sich in Habitus, Bau des Stengels und der Blätter, Organisation der Kapsel u. s. w. so sehr der folgenden Ordnung (vgl. Fig. 100 und 101 mit den Fig. 107—110) dass sie in neuerer Zeit vielfach auch als niedriger stehende Mitglieder den Familien derselben eingereiht worden sind. Nur das eine Merk- mal, dass die mit nur einer Ausnahme (Archidiaceae) von einer Haube bedeckte Kapsel sich nicht mit Deckel öffnet, wie bei den Bryineen und den voraufgehen- den Torfmoosen, sondern geschlossen bleibt und die Sporen erst durch Verwesung PRE 436 Cleistocarpae: Entwickelung des Sporogoniums. Fig. 100. Ephemerum serratum Hampe. Fruchttragende Pflanze auf dem Vorkeime, stark vergrössert. Fig. 101. Pleuridium subulatum Br. et Sch. Fruchttragende Pflanze stark ver- grössert £ Fig. 102. Phascum euspidatum. Junge Embryonen: «a und b in der Hauptansicht, e=b um 90% um die Längsaxe gedreht. Vergr. 300. Nach Kienitz-Gerlof. der Kapselwand frei werden lässt, unterschei- det sie von der folgenden Ordnung. Gemein- sam mit ihr hat sie die auch im Scheitel mit der Kapselwand in Verbindung stehende Colu- mella, welche von dem Sporensacke als Hohl- eylinder umgeben, nie wie in den beiden vor- aufgehenden Ordnungen von ihm glockenartig überwölbt wird. Gegenüber den Andreaeaceen und Sphagnaceen zeichnen sich ferner die cleistocarpen und stegocarpen Laubmoose durch das gemeinsame Merkmal aus, dass der Sporen- sack von der Kapselwand schon ziemlich früh durch einen mehr oder minder weiten Inter- cellularraum getrennt wird (Fig. 106), der den erstgenannten Ordnungen fehlt. Selbst bei Archidium, dem der Sporensack mangelt, bei welchem die wenigen Sporen aus einer seitlich gelegenen Zelle der Columella hervorgehen, ist dieser Intercellularraum noch vorhanden. Da auch in der Art der Keimung, dem Baue des bis zur Sporenreife bleibenden Vorkeimes (Fig. 100) und in der Entwickelung der Ge- schlechtsorgane zwischen den cleistocarpen und stegocarpen Moosen eine fast völlige Uebereinstimmung herrscht, so mag auf diese verwiesen, hier nur die Entwickelungsge- schichte des Sporogoniums! gegeben werden. Bei dem zuletzt von Kienitz-Gerloff un- tersuchten Phascum cuspidatum theilt sich die befruchtete Eizelle zunächst durch eine zur Archegoniumaxe senkrechte Wand in zwei Stockwerke, von denen das untere einzellig bleibt, oder sich durch wenige horizontale und verticale Wände theilt (Fig. 102, 104). Die obere Zelle dagegen theilt sich zunächst durch zwei geneigte, einander diametral gegenüber stehende Wände und erzeugt auf diese Weise eine nach unten zweiflächig zugeschärfte Schei- telzelle (Fig. 102 a), welche nun eine Zeit lang durch abwechselnd rechts und links ge- neigte Segmentwände zwei Segmentreihen ab- gliedert (Fig. 102, b und ec, in denen die beiden Stockwerke, wie in den folgenden Figuren auch die ursprünglichen Segmente, durch stärkere Linien markirt sind). Schon früh erfahren die ältesten der neu gebildeten Segmente eine sie halbirende radiale Theilung (Fig. 103 A, die Wände o), die so entstehenden eylinderqua- drantenförmigen Zellen pericline (durch der Oberfläche des Organes parallel gekrümmte Wände) und anticline (durch. der Oberfläche entgegengesetzt gekrümmte Wände) und quere Theilungen abwechselnd mit radialen. Indessen ! Kienitz-Gerloff, Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte der Laubmooskapsel. Sitzungsber. d. Gesellsch. naturforsch. Freunde zu Berlin 1876 und dasselbe specieller und mit Abbild. versehen in Botan. Zeit. 1878. S. 33. Taf. 1—3. — Müller, Die Entwickelungsgeschichte der Kapsel von Ephemerum. Jahrb. f. wissensch. Botan. VI. 237. — Hofmeister, Vergleichende Untersuch- ungen, S. 69. Cleistocarpae: Entwickelung des Sporogoniums. 437 ist die Segmentirung in den untersten, später den Fuss (Fig. 106 f) des Sporo- goniums bildenden Stockwerken eine ziemlich unregelmässige und häufig unter- bleiben in einigen ihrer Zellen Theilungen, welche in den benachbarten stattfinden (Fig. 104). Aber schon im dritten Stockwerke, von der ersten Querwand an ge- rechnet, werden die Theilungen regelmässiger und zunächst ganz denen von An- dreaea (S. 426) entsprechend. Jeder Cylinderquadrant zerfällt zuerst durch die Wand g der Fig. 103 A in eine (im Querschnitte gesehen) vierseitige und eine Fig. 103. Phascum "euspidatum: A Querschnitt durch das zweite und dritte Segment eines 0,65 Millim. langen Embryo (Vergr. 560). B Querschnitt eines etwas älteren Embryo; die vier mittleren Zellen bilden das Grundquadrat (Vergr. 380). Fig. 105. Phascum cuspida- tum. Oberer Theil einer älteren Fruchtanlage, deren Kapsel- theil schon deutlich abge- grenzt ist und in welchem die Zellen des Amphitheciums durch pericline Wände getheilt sind. In der Seta bildet sich der Centralstrang. Optischer Fig. 104. Phascum cuspidatum. Aelterer Embryo: A Haupt- Längsschnitt. Vergr. 200. ansicht, B=4A um 900 um die Längsaxe gedreht. In den De Sporensack. 99 Grenzen Segmenten ist das Grundquadrat gebildet. Vergr. 200. Nach zwischen Amphi- und Endo- Kienitz-Gerloff. theeium. Nach Kienitz-Gerloff.* dreiseitige Zelle, erstere dann durch eine pericline Wand in ein inneres und äusseres Stück, so dass auch hier das auf jedem Querschnitte vierzellige Grund- quadrat, umgeben von acht peripherischen Zellen, gebildet wird. Unter letzteren werden durch das weitere Wachsthum die Formunterschiede zwischen den vier- und dreiseitigen Zellen bald ausgeglichen. Von jetzt ab verhält sich aber Phascum von Andreaea abweichend. Jede der acht peripherischen Zellen wird durch eine pericline Wand in eine innere und äussere Zelle, jede der letzteren durch eine 458 Cleistocarpae: Entwiekelung des Sporogoniums. Radialwand in zwei gespalten (Fig. 103 B, in der durch Buchstaben und Wand- stärke die Wände der Figur A noch angedeutet sind). Von nun an verhalten sich die Anlagen der verschiedenen Theile der ausgebildeten Frucht in ihrer Ent- wickelung etwas verschieden. In allen dem späteren Kapselstiele, der Seta, an- gehörigen Segmenten zeigen sich viele Unregelmässigkeiten: „die jetzt peripherischen Fig. 106. Phascum euspidatum. Längsschnitt einer jungen Frucht nach Bildung des Inter- cellularraumes zwischen Kapselwand und Sporensack sps. sp Sporen - Mutterzellen ; gg die Grenzen zwischen Amphi- und Endo- thecium; c Columella; s Kapselstiel; f Fuss (Vergr. 120). Nach Kienitz-Gerlof. Zellen werden bald zuerst durch radiale, bald durch pericline Wände gespalten, mit- unter wiederholen sich derartige Theilungen noch einmal und diese Unregelmässigkeiten fallen an dem ausgebildeten Organe deut- lich in die Augen, indem die Zahl der peripherischen Zellen hier zwischen 19 und 31 schwankt. Schon früh, und dies hat die Seta mit der Apophyse (dem untersten Theile der Kapsel) gemein, theilen sich hier auch die vier centralen, das Grund- quadrat bildenden Zellen nach demselben Schema, nach welchem sich die Quadranten ursprünglich theilten. Es entsteht so in der Seta der Centralstrang (Fig. 105, untere Hälfte). Im Apophysentheile dagegen folgen den ersten radialen Theilungen in centri- fugaler Richtung zwei pericline; die nun äussersten Zellen werden durch je eine Radialwand gespalten, die sich mitunter in die nächst benachbarte innere fortsetzt.‘“ „Etwas abweichend, aber einem be- stimmten und, so weit die Beobachtungen reichen, ausnahmslosen Gesetze folgend, verlaufen die Theilungen in den später der eigentlichen Kapsel angehörigen Segmenten. Auf die erste Radialwand folgt in den Zellen des Umfanges eine pericline, dieser eine radiale, darauf noch eine pericline und endlich werden die Zellen letzten Grades noch einmal in radialer Richtung gespalten. Alle diese Theilungen geschehen in den gleichalterigen Zellen fast genau gleichzeitig. So kommt es, dass die äussere Umgrenzung der Apophyse fast immer aus 32, die der Kapsel stets aus 64 Zellen im Querschnitte besteht. Während dieser nur auf dem Querschnitte mit Sicherheit er- kennbaren Vorgänge wächst das Organ gleichzeitig in die Länge, indem sofort nach Bildung des Grundquadrates mit den radialen und periclinen Wänden Querwände abwechseln (Fig. 104, 105). Die letzten von ihnen beschränken sich, wie schon Hof- meister angegeben, nur auf die periphe- rischen Zellen und reichen nicht bis in das Grundquadrat, so dass die Zellen des letzteren bei der Streckung des Organes zuletzt in axiler Richtung gedehnt erscheinen - (Fig. 105). Die lebhafteste Zellvermehrung findet in den Segmenten 10—13 und ab- wärts statt, so dass dieser Theil des Embryo besonders dunkel und kleinzellig erscheint, verglichen mit der hellen Spitze und den fast hyalinen untersten Segmenten, in welchen letzteren hauptsächlich die Längsstreckung vor sich geht.“ Die nun folgenden Angaben beziehen sich ausschliesslich auf das Wachsthum Cleistocarpae: Entwickelung des Sporogoniums. 439 des Kapseltheiles. „Die Bildung desselben wird eingeleitet durch die schon be- schriebenen periclinen und radialen Theilungen in den ausserhalb des Grundqua- drates liegenden Zellen und ein dadurch bedingtes Dickenwachsthum der 11—12 obersten Segmente des Embryo. Gleichzeitig treten auch hier Querwände auf und zwar vorzüglich in der vierten Zellreihe von aussen gerechnet, . von dort gegen die Peripherie abnehmend, so dass die Zellen der letzteren, sowie die des Grund- quadrates, auf dem Längsschnitte höher erscheinen, wenigstens in den der eigent- lichen Kapsel und nicht der Spitze der Frucht angehörigen Segmenten (Fig. 105). Die Zellen jener vierten Schicht von aussen (Fig. 105 sps), welche dem Grund- quadrate unmittelbar angrenzen und deren Zahl auf dem Querschnitte ursprüng- lich 8 beträgt (Fig. 103, der mittlere Zellenkranz), verdoppeln sich jetzt durch je eine Radialtheilung und die so gebildeten Zellen werden durch je eine pericline Wand in zwei gespalten. Die so gebildeten zwei Zellenschichten bilden den äusseren Sporensack der Autoren (Fig. 106 sps). Gleichzeitig tritt in jeder Zelle des Grundquadrates eine pericline Wand auf, sämmtliche Theilungen setzen sich nach und nach in acropetaler Folge in die Spitze der Frucht fort, die Zellen der dritten Reihe von aussen schwellen beträchtlich an und erfahren nebst den ihnen von aussen angrenzenden ein gesteigertes Flächenwachsthum in allen drei Richtungen des Raumes. Endlich vermag das Innere diesem Wachsthume nicht mehr zu folgen und von unten nach oben fortschreitend löst sich die dritte Zell- schickt von der vierten in ihrer beiderseitigen Grenze ab: es entsteht der bekannte, für alle echten Laubmooskapseln charakteristische Hohlraum, der nun äusserlich von drei, nach innen bis zu den Zellen des Grundquadrates von zwei Zellschichten begrenzt wird (vgl. Fig. 106). Die im Grundquadrate selbst aber zuletzt ange- legten Zellen, die sich von nun an durch Theilung in radialer Richtung schnell vermehren, sind die Anlage der Sporenschicht (das Mutterzellgewebe der Sporen — Fig. 106 sp), die von ihnen aus nach innen liegende, aus vier Zellreihen ge- bildete Säule ist die Columella (Fig. 106 ec). Es ist somit durch die ersten Längstheilungen in den der Kapsel angehörigen Segmenten, durch die Grundqua- dratwände, sofort Sporenraum und Columella, die ich unter dem Namen Endo- thecium zusammenfassen will, von der schliesslich aus fünf Zellschichten mit dem dazwischen liegenden Hohlraume gebildeten Kapselwand, dem Amphithe- cium, geschieden worden. Diese letztere entspricht somit derjenigen der höheren Lebermoose.“ „In den dem Hohlraume von aussen angrenzenden Zellschichten und nament- lich in der innersten von diesen dauert das starke Flächenwachsthum fort. Sie verdoppelt jetzt die Zahl ihrer Zellen durch Radialwände, die in der ihr aussen benachbarten Schicht in beschränkterer Zahl auftreten. Dagegen dehnen sich diese Zellen nebst denen der peripherischen Schicht in der Richtung der Tangente bedeutend aus. Der cylindrische Hohlraum erweitert sich dadurch, während die Zellen des Sporensackes ebenfalls Radialtheilungen in beschränkter Zahl erfahren, die Zellen der Sporenschicht sich lebhaft durch Radialwände theilen, zugleich in der Richtung des Radius wachsen und dadurch die innere Schicht des Sporensackes zusammenpressen. Zu der Zeit, wo die sporenbildende Schicht aus 8 Zellen im Querschnitte besteht, erfahren nun auch die Zellen der Columella Theilungen. Ihre Reihenfolge entspricht der in den ursprünglichen vier Quadranten ..... Ä so dass die an der Peripherie der Columella liegende Schicht auf Längs- und Quer- schnitten kleinzelliger erscheint, als das Innere. Sie bildet den inneren Sporen- sack der Autoren. Aber auch die Zellen der eigentlichen Columella erfahren später oder gleichzeitig noch einige ziemlich unregelmässige Längstheilungen, da- gegen keine in der Querrichtung.“ „Während dieser Vorgänge, vermöge welcher sich der innerhalb des Hohl- raumes liegende Theil nach allen Richtungen ausdehnt, schreitet die Spaltung zwischen der dritten und vierten Zellschicht von aussen nach oben und unten fort. Es entstehen dadurch die zwei kurzen Zellsäulchen, welche die Verbindung der sporenerzeugenden Stockwerke mit der Spitze und der Apophyse herstellen (Fig. 106). In den Zellen der äussersten, dem Deckel der complicirter gebauten Laubmoos- früchte entsprechenden Spitze haben weniger tangentiale Theilungen stattgefunden, als in den benachbarten unteren Theilen (Fig. 106). Inzwischen wölben sich nun die dem Hohlraume nach aussen angrenzenden Zellen nach innen hervor und treten, namentlich in den unteren, der Apophyse zugehörigen Stockwerken, durch 440 Cleistocarpae: Sporogonium. — Ephemereae. Physcomitrelleae. Ephemerelleae. gegenseitige Abrundung theilweise aus ihrem Verbande, so dass an dieser Stelle Intercellularräume entstehen. In dieser Zone findet die Bildung der Spaltöffnungen statt: Eine der peripherischen Zellen letzten Grades theilt sich durch eine radiale Längswand und während die beiden so entstandenen Tochterzellen sich hervor- wölben, so dass sie schliesslich ihre Nachbarn theilweise überdecken, spaltet sich die sie trennende Wand in ihrer Mitte, so dass ein mit den erwähnten Intercellu- larräumen communiecirender Gang nach innen gebildet wird.“ ! Unter allen übrigen Mitgliedern dieser Ordnung weicht Archidium am meisten in Bau und Entwickelung der Kapsel ab. Diese erinnert in ihrer äusseren Gestalt durch den knolligen, der Vaginula eingesenkten Fuss und den fehlenden Stiel an das Sporogonium der Torfmoose. Das Archegonium, welches von den Verwandten bei beginnender Streckung der Kapsel unten ringsum abgerissen und als Haube emporgehoben wird, wird hier seitwärts durchbrochen und bleibt der Vaginula schief anhängen. Als Sporenmutterzelle fungirt aber nur eine einzige, excentrisch in der Columella gelegene Zelle, die unter Verdrängung des übrigen Columella- gewebes sich beträchtlich vergrössert, bis sie frei im Kapselinneren liegt, dann sich in vier Zellen theilt und aus jeder der letzteren 4, im Ganzen also 16 grosse Sporen liefert, die den ganzen Innenraum der schliesslich nur noch aus einer Zellschicht bestehenden Kapselwand erfüllen. Die Ordnung ist von Schimper in die unten folgenden Familien getheilt worden, von denen jedoch die ersten drei häufig auch als eine Familie aufgefasst werden; alle enthalten nur eine oder wenige Gattungen mit gewöhnlich auch nur wenigen Arten. ı 166. Familie. Ephemereae. Winzige, knospenförmige, ®, heerdenweise auf nackter Erde wachsende Moose mit sehr kurzem, einfachem Stengel, der noch zur Zeit der Fruchtreife dem blei- benden Vorkeime aufsitzt (Fig. 100). Haube zart, mützenförmig, am Rande un- regelmässig eingeschnitten. Kapsel eiförmig oder kugelig, mit kurzem Spitzchen, fast sitzend, die in der Anlage vorhandene Columella bei der Fruchtreife ver- schwunden. Sporen gross, warzig. Ephemerum Hampe. Blätter zart und schlaff, eilanzettlich bis lanzett- zungenförmig, mit oder ohne Mittelrippe, am Rande gross gesägt bis eingeschnit- ten-gewimpert, ihre Zellen gross und mehr. oder minder rhombisch-hexagonal. Männliche und weibliche Pflanzen auf demselben Vorkeime, die ersteren kleiner. 5 deutsche Arten. — E. serratum Hampe. Blätter eilanzettlich, ohne Mittel- rippe, am ganzen Rande sehr grob und unregelmässig gesägt. Kapsel rothbraun. Sporen kleinwarzig. Auf thonigem Boden auf feuchten Aeckern, an Teichufern ete. sehr zarte, grüne Ueberzüge bildend. Fructificirt Spätherbst bis April. 167. Familie. Physcomitrelleae. Von voriger Familie durch den bald verschwindenden Vorkeim, die breiteren Blätter, die mehr blasige, fast ganzrandige Haube, länger gestielte Kapsel und bleibende Columella verschieden. Einhäusig und zwitterig. Physcomitrella Schimp. Kennzeichen der Familie. Nur eine europäische Art: Ph. patens Schimp. Stengel bis 5 Millim. hoch. Blätter verkehrt eilänglich, mit vor der Spitze verschwindender Mittelrippe, am hande stumpf gezähnt. Fruc- tificirt September, October. 168. Familie. Ephemerelleae. . Moose vom Habitus der Ephemereen, von diesen aber durch die an einer Seite aufgeschlitzte und daher kappen- oder kapuzenförmige Haube, sowie durch das Fehlen des Sporensackes verschieden ' Kienitz-Gerloff, a. a, O, 8. 35—4l, Ephemerelleae. Phasceae. Voitieae. Archidiaceae. 441 Ephemerella ©. Müll. Nur 2 europäische Arten. — E. recurvifolia Schimp. ©. Blätter lineal-lanzettlich, die oberen zurückgekrümmt, mit sehr starker Mittelrippe, gegen die Spitze hin ausgefressen-gezähnelt. Auf thonigen Wiesen und Feldern. Fructificirt October, November. 169. Familie. Phascesae. @® oder 2, einhäusige, kurzstengelige, nicht verzweigte Moose. Blätter mehr oder weniger eilanzettlich, gewöhnlich ganzrandig, alle oder wenigstens die oberen durch die auslaufende Mittelrippe stachelspitzig, die Zellen des Blattgrundes grösser, heller, sechsseitig-reetangulär, die übrigen sechsseitig-quadratisch, chlorophyllreich, mehr oder weniger papillös. Haube kappen- oder mützenförmig (d. h. im letz- teren Falle ringsum geschlossen, wenn auch oft am Rande gelappt). Kapsel kurz oder sehr kurz gestielt, aufrecht oder seitwärts gebogen, eiförmig bis kugelig, oft zugespitzt oder schief geschnäbelt, mit bleibender Columella. 1. Mierobryum Schimp. Pflänzchen knospenförmig. Blätter deutlich papillös. Haube kegelig-mützenförmig, bis zur Kapselmitte reichend, gelappt, an einer Seite tiefer eingeschnitten. Kapsel rundlich-eiförmig, mit kurzer, stumpfer Spitze. Nur 1 deutsche Art: M. Floerkeanum Schimp. ©. Kaum 1 Millim. hoch. Auf feuchten Aeckern, an Gräben. Fructificirt Spätherbst bis Frühling. 2. Sphaerangium Schimp. Pflänzchen knospenförmig. Blätter kaum pa- pillös, Haube mützenförmig, sehr kurz, nur den Scheitel der kugeligen, unge- spitzten Kapsel deckend. 2 Arten. — S. muticum Schimp. ©. Etwa 3 Millim. hoch, dick knospenförmig. Obere Blätter grösser, sehr hohl, eiförmig, gegen die Spitze ausgeschweift-gezähnt. Kapsel aufrecht, Sporen eirundlich, gelb, fast glatt. Heerdenweise auf Aeckern, Triften, Waideplätzen etc. Fructificirt Spätherbst bis Mai. 3. Phascum ZL. Pflänzchen meist kurzstengelig. Zellen der Blattspitze mehr oder minder papillös oder warzig. Haube kappenförmig, gross, aber kürzer als die oft etwas zwischen den Blättern vortretende, kugelige bis eiförmige, gespitzte Kapsel. 4 deutsche Arten. — P. cuspidatum Schreb. ©. Bis ca. 5 Millim. hoch, manchmal in den oberen Blattachseln mit peitschenförmigen Aesten. Untere Blät- ter eilanzettlich, obere verlängert lanzettlich, durch die auslaufende Rippe stachel- oder haarartig gespitzt, unmerklich papillös. Kapsel kugelig-eiförmig, kurz gestielt, sehr stumpf gespitzt, manchmal auf etwas gekrümmtem Stielchen seitlich zwischen den Blättern etwas vortretend. Sporen dicht feinstachelig. Heerdenweise oder in dichten Rasen auf Aeckern und an grasigen Stellen, gemein. Fructificirt Spät- herbst bis Frühling. 170. Familie. Voitieae. Dicht rasig wachsende, ziemlich hochstengelige, 4, einhäusige Pflänzchen. Blätter eilanzettlich oder breit lanzettlich, mit Mittelrippe, die unteren Zellen sechseitig-rectangulär, die der oberen Blatthälfte rhombisch-sechsseitig. Haube kappenförmig, gross, bis unter die Kapsel hinabreichend. Kapsel lang gestielt, eiförmig, geschnäbelt, mit bleibender Columella. Voitia Hornsch. Charakter der Familie. 1 deutsche Art: V. nivalis Hornsch. 2—5 Centim. In den Alpen (7000—8500°) und auf Spitzbergen. 171. Familie. Archidiaceae. Gesellig oder rasenartig wachsende kleine, 24, einhäusige Moose mit am oberen Theile des Stämmchens sich entwickelnden flagellenartigen Aesten und lanzett-pfriemenförmigen Blättern mit auslaufender Mittelrippe und weitem, rhom- bisch-sechsseitigem Zellnetze. Archegonium seitlich gesprengt, die Haube daher am Grunde der ungestielten, kugeligen Kapsel sitzend. Kapselwand einschichtig. Sporensack und Columella fehlen. Sporen gross, höchstens zu 20, in der Membran ihrer Urmutterzelle eingeschlossen, den ganzen Kapselraum ausfüllend (S. 440). 442 Archidiaceae. Pleuridieae. Bruchieae. — Stegocarpae. Archidium Brid. Charakter der Familie. 1 deutsche Art: A. alterni- folium Schimp. Pflänzchen zuerst einfach, 2—3 Millim. hoch, später niederliegend und mit aufrechten, über 1 Centim. langen, fadenförmigen Sprossen. Blätter ent- fernt stehend. Auf Aeckern und Haiden, zerstreut. Fructificirt März— Juni. 172. Familie. Pleuridieae. Kleinere © oder &4, einhäusige oder zwitterige Moose, deren anfangs ein- facher und aufrechter Stengel im letzteren Falle nach der Fruchtreife sich nieder- legt und unter dem Gipfel peitschenförmige Aeste treibt. Blätter aus eilanzett- licher Basis pfriemenförmig zugespitzt, glatt, glänzend, an der Spitze entfernt und stumpf gesägt. Haube kappenförmig, klein. Kapsel kurz gestielt, ei-kugelig, stumpf oder kurz gespitzt. Sporen gross, gekörnt (Fig. 101). Pleuridium Brid. Charakter der Familie. 3 deutsche, auf feuchter Erde gesellig wachsende Arten. — P. subulatum Bruch et Schimp. © und (+). Zwit- terig. Stengel meist einfach, selten unter der Erde sprossend. Blätter allmählich in eine haar-pfriemenförmige Spitze verschmälert, in welche die Mittelrippe voll- ständig ausläuft. Kapsel sehr kurz und aufrecht gespitzt. Auf feuchtem Sand- boden an Waldrändern, Grabenböschungen ete. Fructifieirt März, April. 173. Familie. Bruchieae. Kleine, ®, selten 2%, einhäusige, auf der Erde gesellig wachsende Moose, die sich von voriger Familie hauptsächlich durch die mützenförmige, am Rande zer- schlitzte oder gelappte Haube unterscheiden. 1. Sporledera Hampe. Blätter mit halbrunder Mittelrippe. Haube regel- mässig gelappt. Kapsel mit kurzem, dickem Stiele eingesenkt, eiförmig, mit gerader Spitze und ohne Hals. — S. palustris Hampe. ©, bis 5 Millim. hoch. Auf Sumpfwiesen, Torfmooren etc. Fructificirt Mai, Juni. 2. Bruchia Schwaegr. Blätter mit flacher Rippe. Haube unregelmässig vielfach gelappt. Kapsel am Grunde in den langen Hals ausgezogen. — B. vo- gesiaca Schwaegr. 4, 2—6 Millim. hoch. Vogesen, Oberpfalz, Salzburg, sehr selten. Fructifieirt Juli— October. 26. Ordnung. Stegocarpae (Bryinae).! Die deckelfrüchtigen Laubmoose, deren Kapsel sich bei der Reife durch Ab- lösung eines oberen, deckelartigen Wandstückes öffnet, um die Sporen zu entlassen, umfassen nicht allein die grösste Artenzahl (weit über 3000) der ganzen (lasse, 1 Unger, Ueber den anatomischen Bau des Moosstammes. Sitzungsber. d. Wiener Akad.; 43. Bd. 2. Abth. (1861). — Lorentz, Grundlinien zu einer ver- gleichenden Anatomie der Laubmoose. Jahrb. f. wissensch. Botan. VI. 363. Taf. 21—28. — Lorentz, Studien über Bau und Entwickelungsgeschichte d. Laub- moose; Moosstudien, Leipzig 1864, mit Tafeln. — Lorentz, Zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte von Timmia austriaca. Bot. Zeit. 1867. S. 369. Taf. 10. — Lorentz, Zur Anatomie von Bartramia itiphylla und Philonotis caespitosa. Botan. Zeit. 1868. S. 465. Taf. 8. — Leitgeb, Wachsthum des Stämmchens von Fontinalis antipyretica. Sitzungsber. d. Wiener Akad. 57. Bd. 1. Abth. (1868), mit 4 Taf. — Leitgeb, Zur Kenntniss des Wachsthums von Fissidens. Ebenda 69. Bd. 1. Abth. (1874), mit 2 Taf. — Leitgeb, Das Wachsthum von Schistostega. Mitth. d. naturwissensch. Ver. f. Steiermark 1874, mit 1 Taf. — Leitgeb, Rau- ter’s Studien über Hypnum. Ebenda 1874, mit 1 Taf. — Leitgeb, Entwickelung d. Antheridien bei Fontinalis antipyretica. Sitzungsber. d. Wiener Akad. 58. Bd. 1. Abth. (1868), mit 3 Taf. — Janczewski, Entwickelungsgeschichte d. Arche- goniums. Bot. Zeit. 1872. S. 403. — Arnell, Eine Beobachtung der Befruchtung bei den Laubmoosen. Botaniska Notiser af Nordstedt, 1875. S. 33. — Ruthe, Stegocarpae: Rhizoiden Stiimmehen. 443 sondern sie zeigen auch den grössten Formenreichthum und die stattlichsten Moose derselben. Von den winzigen, oft nur 1—2 Millim. hohen Pflänzchen der Seli- eeriaceen und Pottiaceen bis zu den manchmal 50 Centim. hohen Moosriesen des Polytrichum commune (Fig. 109), die von den polynesischen Spiridens-Arten noch übertroffen werden, begegnen wir einer langen Reihe der ver- schiedenartigsten Gestalten, die durch Grösse, Habitus, Art der Verzweigung, Form und Bau des Blattes, der Kapsel und ihrer Theile u. s. w. die mannigfaltigste Abwechselung bieten (Fig. 107—110). Die Rhizoiden oder Haarwurzeln der Laubmoose sind, wie wir später sehen werden, morphologisch von dem Protonema nicht unterscheidbar und können sogar zu Vorkeimfäden werden und durch Knospenbildung neue Pflänzchen liefern, wenn sie über die Bodenoberfläche hinauswachsen und unter dem Einflusse des Lichtes Chlorophyll erzeugen. Sie entstehen wenigstens am unteren Theile des Stämmchens, oft aber auch weit nach oben hinauf, sind oft nur spärlich entwickelt, umhüllen aber meistens den betreffenden Stengeltheil mit einem dichten Filze. Jedes einzelne Rhizoid wird als papillöse Ausstülpung einer oberfläch- lich gelegenen Zelle des Stammes angelegt, die sich durch Spitzen- wachsthum zum Schlauche verlängert, durch schief gestellte Quer- wände in eine Zellenreihe gliedert und dadurch zerzweigt, dass dicht unterhalb der Querwände Seitenäste ebenfalls zuerst als Papillen am Hauptstamme des Rhizoides hervortreten (Fig. 116). Namentlich im Boden, oder an feuchteren Standorten selbst auf der Bodenoberfläche, findet die Verästelung oft so reich statt, Fig. 107. Teotra- phis pelluceida dass unentwirrbare Rasen von Haarwurzeln gebildet werden. Bei manchen Moosen, wie Atrichum undulatum und anderen Polytrichaceen, schlingen sich sogar die stärkeren Rhizoiden und Rhizoidenzweige wie die Fäden eines Strickes um einander, so dass nur die feineren Aeste letzter Ordnung frei verlaufen. Die anfänglich zarte, farblose und durchsichtige Wand der mit reichem Plasma und Oeltropfen versehenen Zellen wird später mehr oder minder verdickt, braun und bis zu einem gewissen Grade undurchsichtig. Das Stämmchen der meisten Moose ist stielrund, selten dreikantig (einige Polytrichaceen) oder etwas flach gedrückt Hedw. Pflanze mit reifer Kapsel, links eine solche mit einem Köpfchen von Brutknospen ; beide schwach vergrös- sert. In der Mitte eine reife geöffnete und eine junge, noch von der Haube bedeckte Kapsel, stärker vergrössert. (Hypnum Crista castrensis), seine Oberfläche glatt und häufig glänzend. Bei den meisten einjährigen Arten bleibt es weich, saftig und bleich, während es bei ausdauernden Moosen durch Verholzung seiner peripherischen Zellenlagen gewöhnlich fest wird und gleichzeitig durch Einlagerung von Farb- stoffen in die Wände derselben auch gefärbt erscheint. In der Differenzirung Beobachtung zweier durch Bastardbefruchtung entstandener Laubmoosfrüchte zwi- schen Orthotrichum anomalum u. O. stramineum. Hedwigia 1873. 8. 9. — Phili- bert, Öbservation sur l’hybridation des mousses. Ann. d. science. natur. ser. 5. XVII, mit Taf. — Kienitz-Gerloff, Ueber d. genetischen Zusammenhang d. Moose mit d. Gefässkryptogamen u. Phanerogamen. Bot. Zeit. 1876. S. 705. — Vouk, Die Entwickelung des Sporogoniums von Orthotrichum. Sitzungsber. d. Wiener Akad. 73. Bd. 1. Abth. (1876), mit 2 Taf. — Leitgeb, Ueber verzweigte Moossporo- gonien. Mittheil. d. naturw. Ver. f. Steiermark 1876, mit 1 Taf. — Lantzius Beninga, Beiträge zur Kenntniss d. inneren Baues der Mooskapsel, insbesondere des Peristoms. Botan. Zeit. 1847. S. 17, mit 1 Taf. und Nova Acta 1850, mit 11 col. Taf. — Pringsheim, Ueber vegetative Sprossung d. Moosfrüchte. Sitzungsber. d. Berliner Akad. Juli 1876, mit 1 Taf. und Jahrb. f. wissensch, Bot. XI. 1. Saf. 1. 2. — Stahl, Ueber künstlich hervorgerufene Protonemabildung an dem Tporogonium d. Laubmoose. Bot. Zeit. 1876. S. 689. — Berggren, Ueber Ent- wickelung u. Bau d. Proembryo bei d. Gattungen Diphyscium u. Oedopodium. Bo- taniska Notiser af Nordstedt 1873. S. 109, mit 1 Taf. — H. Müller, Die Sporen- vorkeime u. Zweigvorkeime d. Laubmoose. Arbeiten d. bot. Instituts zu Würzburg, I. 475. 444 Stegocarpae: Bau des Stammes und Blattes. seiner Gewebe steht der Laubmoosstengel noch auf sehr tiefer Stufe. Eine Spalt- öffnungen führende Epidermis fehlt ganz. Gewöhnlich haben die Zellen der äussersten Gewebeschichten mehr oder minder stark verdickte, oft verholzte und’ gelb, gelbbraun, braun oder rothbraun gefärbte Wände, die nach dem Centrum des Stammes hin diese Eigenschaften allmählich verlieren und hier entweder eben so allmählich in ein dünnwandiges Gewebe übergehen oder sich mehr oder minder scharf gegen einen axilen Strang eigenthümlicher, sehr dünnwandiger und enger, lang gestreckter Zellen, den Öentralstrang, absetzen (Fig. 111). Dieser Central- strang, dessen Zellen auffallend an die Cambiformzellen wirklicher, monokotyle- doner Gefässbündel erinnern, der daher vielleicht als erste Andeutung von Bildung eines einfachen Fibrovasalstranges betrachtet werden kann, ist bei den Bryaceen, Funariaceen, Polytrichaceen und Splachnaceen, den Arten der Gattungen Mnium, Campylopus, Trichostomum und Fissidens, bei Pottia latifolia (Fig. 111), Dieranum undulatum, Encalypta ciliata, Tetraphis pellucida, Hypnum commutatum und vielen anderen Arten stets vorhanden, allerdings in sehr verschiedener Ausbildung: bald besteht er aus nur 2—3 Zellenreihen und verschwindet in schwächeren Aesten des Mooses ganz, bald bildet er einen Complex von auf dem Querschnitte mehreren hun- dert Zellen. Am eigenthümlichsten ist er bei den Po- / lytrichaceen entwickelt. Hier besteht er aus zweierlei Elementen: viele Stränge dünnwandiger Zellen liegen zerstreut und von einander getrennt in einem aus dick- wandigen Zellen gebildeten, starken Üentralstrange, neben dem bei Polytrichum commune sogar ausser den gleich zu erwähnenden Blattspuren noch schmächtigere, aber ähnlich gebaute Stränge im peripherischen Stengel- gewebe auftreten. Die sitzenden, meist spiralig, selten (Fissidens) zweizeilig gestellten, in der Regel quer (horizontal), selten schief, sehr selten (Schistostega — Fig. 108) ver- tical inserirten Blätter sind stets einfach, aber am Rande durch das Vortreten einzelner Zellen manchmal sezähnt oder gesägt und, wenn ein stärkeres Wachsthum dieser Zellen verbunden mit Theilung derselben statt- findet, selbst gewimpert. Manchmal ist das ganze Blatt aus nur einer Zellenschicht gebildet (Fontinalis), meistens wird es aber von einer mehrschichtigen, im Querschnitte verschieden gestalteten Mittelrippe durchzogen, die zu- weilen so verbreitert ist, dass sie den grössten Theil Fig. 108. Schistostega os- der Blattspreite einnimmt (Polytrichum). Die Zellen mundacea Web. et M. Pflanze dieser Mittelrippe sind in der Regel länger gestreckt, mit reifen Sporogonien, stark als die übrigen Blattzellen, diekwandiger und oft sehr vergrössert. enghöhlig. Doch findet sich im Nerven gewöhnlich auch eine parallel der Oberfläche verlaufende Schicht weit- höhliger Zellen, die von Lorentz als „Deuter“ bezeichnet werden und ausserdem (namentlich bei sehr dicken Mittelrippen) oft ein dem Üentralstrange des Stämm- chens ähnlich gebautes Zellenbündel, das sich als „Blattspurstrang“ von der Blatt- basis aus durch das peripherische Stengelgewebe fortsetzt und an den Centralstrang anlegt, eine Erscheinung, die wieder auffallend an die Fibrovasalstränge der Ge- fässpflanzen erinnert und ganz besonders’ schön bei Splachnum luteum und S. sphae- ricum auftritt. Mit diesen echten Blattspuren nicht zu verwechseln sind die „falschen Blattspuren“, die dadurch entstehen, dass der Üentralstrang des Nerven bei weitergehender Verwachsung des Blattes mit dem Stämmchen noch eine Strecke weit in letzteres hineinragt, ohne mit dem Centralstrange desselben in Verbindung zu treten. . Die Zellen der übrigen Blattspreite bieten nach Form, Wanddicke u. s. w. mancherlei Merkmale für die Systematik der Laubmoose. Als parenchymatös werden sie bezeichnet, wenn sie wenig länger als breit und an den Enden abge- stutzt sind, als prosenchymatös, wenn sie von der Mitte an nach beiden Enden hin sich allmählich verschmälern, endlich zuspitzen und dabei die Länge die Breite mehrfach übertrifft. Bei vielen Arten sind die Zellen der Blattbasis grösser Stegocarpae: Bau des Blattes. und chlorophyllärmer (oder auch chlorophylifrei), als die übrigen Zellen, daher hyalin. Oft sind die Randzellen lang gestreckt, so dass ein charakteristischer Blattsaum entsteht; oder es wird ein solcher auch von einem mehrschichtigen, oft mittelrippenartigen Zellgewebe gebildet (Cynodontium virens, Mnium punctatum etc... Die Oberfläche ist ent- weder glatt, oder es erheben sich auf der Zellwand kleine, papillenartige, glashelle Warzen als locale, oft zweitheilige Verdiekungen. In anderen Fällen stülpt sich die Aussen- wand selbst mamillenartig vor, oder die Blattoberseite ist mit gegliederten Köpfchenhaaren besetzt (manche Barbula- Arten), oder auf der Oberseite der Mittelrippe stehen dicht neben einander mauerartige, aus nur einer Zellschicht ge- bildete Lamellen, die sich von der Blattbasis bis zur Spitze ausdehnen (Polytrichaceen). Durch einen ganz besonderen, an die Torfmoose erinnernden Bau zeichnen sich die Blätter der Leucobryaceen aus. Endlich mag noch erwähnt werden, dass an der Basis mancher Moosstämmchen oder an Ausläufern der letzteren die Blätter auch als Niederblätter erscheinen und dass bei den exotischen Gattungen Hypopterygium und Cyatophorum sogar zweierlei Blätter in der Weise auftreten, dass zwei Reihen kleinerer auf der einen, zwei Reihen grösserer auf der anderen Seite des Stengels stehen, diese Moose daher an die Selaginellen unter den Gefässkryptogamen erinnern. Auch bei einheimischen, besonders pleurocarpischen Moosen finden sich ausser den normalen Blättern am Stengel häufig noch sogenannte Nebenblätter oder Paraphyllien (pa- raphyllia), die sich durch ihre sehr geringe Grösse und handförmige oder gabelige Theilung auszeichnen. Das Wachsthum des Stämmchens wird durch eine Scheitelzelle vermittelt, welche bei den allermeisten Moosen eine tetraödrische ist, also nach drei Seiten die Stengel- segmente abgliedert. Fällt dabei die jedesmal Jüngste Wand der Scheitelzelle der viertletzten, welche mit ihr ein Segment bildet, parallel, so liegen alle Segmente in drei geraden Reihen im Stamme unter einander, wie dies bei Fontinalis, der Fall ist (Fig. 112). Greift aber, wie es viel- fach geschieht, jedes Segment auf seiner anodischen Seite in der Spirale weiter vor, so liegt schon das vierte Segment nicht mehr dem ersten genau parallel, die Segmente ordnen sich ohne Mitwirkung einer Torsion des Stengels schon von Anfang an zu drei Spiralen (Polytrichum, Hypnum, Schisto- stega). Da aus dem äusseren Theile jedes Segmentes ein Blatt hervorgeht, so ist natürlich diese doppelte Art der Sesmentirung der tetraödrischen Scheitelzelle auch von Einfluss auf die Blattstellung. Während bei Fontinalis die Blätter nach der Divergenz !/, in drei Orthostichen am Stengel erscheinen, muss bei Polytrichum und anderen Moo- sen die Divergenz grösser sein, die Blattstellung ?/;, *?/s; 5/,, etc. betragen, müssen statt der Orthostichen Parastichen auftreten. Ein eigenthümliches Verhalten der Scheitelzelle zeist Fissidens. Hier ist dieselbe an den unterirdischen Sprossen tetraödrisch; sobald letztere aber über den Boden an’s Licht treten, geht sie aus dieser Form allmählich in die zweischneidige (vgl. auch $S. 396) über, welche nach rechts und links je eine Segmentreihe abschneidet und die Blätter daher auch zweizeilig anlegt. Dagegen sind die zweizeilig vertical gestellten Blätter der sterilen Sprosse von Schistostega nicht, wie bisher angenommen, auf die- selbe Ursache zurück zu führen. Es wachsen vielmehr die links Wachsthum des Stammes. Fig. 109. commune L. Rechts eine männliche Pflanze; in der Mitte eine solche, deren Kapsel noch von der fil- zigen Haube bedeckt ist; eine Pflanze mit freier Kapsel. Natürl. Gr. NN N == —E — = SS N GG N IS 7 IB TA IN N GR GLEZ SID —Z = DB N _ ZZ TT II: _ Polytrichum 446 Stegocarpae: Wachsthum des Stammes und Blattes. Sprosse dieses Mooses von ihrer ersten Anlage an mit tetraödrischer Scheitelzelle, gleichviel ob ihre endliche Ausbildung zu fertilen (mit spiralig gestellten, schief oder horizontal inserirten Blättern) oder sterilen Sprossen (mit zweizeiliger und mehr oder weniger verticaler Blattinsertion) erfolgt. Der Uebergang aus der hori- zontalen Insertion und der spiraligen Stellung in die vertical-zweizeilige ist hier Folge der Streckung der Segmente, bei welcher der kathodische Rand stark ge- hoben wird, die anodische Seite nach abwärts rückt. Daher sind an den Schisto- stega-Sprossen mit zweizeiliger Blattstellung die dem Beschauer zugekehrten Blatt- seiten auch morphologisch ungleichwerthig: die Blätter der einen Längszeile wenden ihm die ursprüngliche Oberseite, die der anderen die Unterseite zu. Die in den Segmenten stattfindenden Theilungen sind bei beiden Formen der Scheitel- zelle wesentlich gleich. Bei Fontinalis sind die Segmente anfangs unter einem Winkel von etwa 70° gegen einander geneigt (Fig. 112, Segmente 1—3); im Laufe ihrer weiteren Entwickelung ändern sie aber, wie in allen derartigen Fällen, ihre gegenseitige Neigung so, dass die Hauptwände später wenigstens in ihren inneren Fig. 110. Brachythecium populeum Br. et Sch. Natürliche Theilen auf die Längsaxe des Grösse. Stämmchens senkrecht zu stehen kommen, das zickzackförmige Ineinandergreifen ausgeglichen wird (Fig. 112, Segmente 6—9). Eine erste Wand, die Blatt- wand (Fig. 112 a), welche ziem- lich parallel der Längsaxe ver- läuft und in den auf einander stehenden Segmenten einer Längsreihe ziemlich correspon- dirt (Fig. 112), zerlegt das Seg- ment in einen äusseren Blatt- theil und inneren Stengel- theil. Während letzterer in Folge des Stammwachsthumes allmählich horizontal gelegt wird und sich durch Längs- und Querwände in die Haupt- masse des Stengelgewebes um- bildet, geht aus ersterem der Hauptsache nach ein Blatt her- vor. Der Blatttheil wird näm- lich zunächst durch eine auf Fig. 111. Pottia latifolia C. Müll. Querschnitt durch den Üe Blattwand senkrechte Quer- Stengel, nach Lorentz. Vergr. 320. wand, die Basilarwand (Fig. 112 b), in zwei Zellen geglie- dert, die, weil sie als die mit dem Stengelgewebe verbunden bleibende Blattbasis zu betrachten sind, als basi- skoper (grundsichtiger) undakroskoper (scheitelsichtiger) Basilartheil bezeich- net werden. Aus gewissen Verhältnissen, namentlich dem Umstande, dass in älteren Segmenten die Basilarwand immer an die Peripherie des Stammes reicht, schliesst Leitgeb, dass bis zu einer gewissen Tiefe eine Trennung der Segmente einer Reihe, d. h. ein Auseinanderweichen ihrer Hauptwände stattgefunden hat, wie es ja auch aus der Betrachtung der Längsschnitte a priori geschlossen werden muss (Fig. 112). In Bezug auf die Entwickelung des akroskopen, zur freien Blattfläche auswachsenden Theiles ist es ungewiss, ob nicht sogleich durch Bildung einer schiefen, auf den Stegocarpae: Wachsthum des Stammes und Blattes. 447 Flächen der Blattanlage senkrecht stehenden Wand, der dann eine nach der ent- gegengesetzten Seite geneigte folgt, die zweischneidige Blattscheitelzelle gebildet wird. Diese Wände können nur gesehen werden, wenn man die Blattanlage von der Fläche betrachtet, was wegen der starken Wölbung der Blattfläche, der Deckung der einzelnen Blätter und der Zartheit der betreffenden Wände sehr schwierig ist. Dass das Moosblatt anfangs durch eine zweischneidige, rechts und links segmen- tirende Scheitelzelle wächst, ist sicher. Die Zahl ihrer Segmente, und damit das Spitzenwachsthum des Blattes, ist aber begrenzt und das Wachsthum des letzteren schreitet dann basipetal fort, um am Grunde zuletzt aufzuhören. Auf Längs- schnitten sieht man dann ferner den die Verbindung der freien Blattfläche mit dem Stengel vermittelnden Blatt- grund durch die Wand e, Fig. 112, 1 abgeschieden, letzteren durch die er = Wand d zweischichtig werden und DRIN IR durch die Wand e mittlere Zellen 5. ) N S gebildet, von denen die der Me- 2 / N diane des Blattes zunächst ge- 6 \ a / \ legenen zu Haaren (Fig. 112 A) SS auswachsen. z Ü Die Entwickelung des ba- \ u $ sr siskopen Basilartheiles zeigt we- a / / nig Bemerkenswerthes, insofern \ N I. er am Aufbaue des Stämmchens I a ER theilnimmt. Wie im Stengeltheile 8 7 des ganzen Segmentes, so gehen N auch hier die radialen Theilungen l den tangentialen voraus und man \ / beobachtet sie zu gleicher Zeit 1 mit den ihnen entsprechenden (H \ RS im akroskopen Basilartheile. Da E e aber die Zweige des Stammes \ Ä %4 im basiskopen Basilartheile an- 9 i | gelest werden, so werden in die- | u v’ sem die Theilungen ganz andere, / sobald die Entwickelung eines Seitensprosses beginnt. Dann / wölbt sich seine freie Aussen- 2 / wand allmählich über die Stengel- / oberfläche empor und durch drei | einander schneidende, geneigte Wände wird in ihm eıne tetra- Fig. 112. Längsschnitt durch das Stammende von Fonti- edrische Zelle, die Scheitelzelle nalis antipyretica (Vergr. 250) nach Leitgeb. v Scheitel- des Jungen Zweiges, ausgeschnit- zelle; 2—9 die von derselben abgeschnittenen, in einer ten (Fig. 112 v‘ im rechten un- Längsreihe im Stamme liegenden Segmente, die auch durch teren Segmente), die sofort durch stärkere Linien markirt sind; « Blattwand; D Basilarwand; die bekannte Theilung die ersten c,d und e die aa Wände des oberen, äusseren Seg- blattbildenden Segmente erzeugt. en Rt Haar; v Eteniplzelie: eines SER äusseren Der bei Fontinalis unter der Me- elle angelegten jungen Seitenzweiges. diane des Blattes stehende, später häufig genau in der Mitte zwischen zwei Blättern gelegene Seitenspross gehört also mit dem über ihm stehenden Blatte demselben Segmente an, unterscheidet sich also, abgesehen von gewissen, durch das Wachsthum der Segmente bedingten Stellungsverhältnissen, von demjenigen der Sphagnaceen durchaus nicht (vgl. S. 432), und wir dürfen daher eine gleiche Beziehung wohl für alle übrigen Laubmoose annehmen. Haben, wie dies oft der Fall ist, die Seitenzweige ein begrenztes Wachsthum, so kommt es zuweilen zur Bildung bestimmt geformter, fiederartiger Sprosssysteme (Thuidium). Bei den gipfelfrüchtigen Moosen, deren Scheitel mit Bildung der Archegonien sein Längenwachsthum einstellt, treten zur Verjüngung (Innovation) bestimmte Seitentriebe dicht unter dem Gipfel oder am Fusse desselben, seltener gegen die Mitte auf; dieselben erstarken, gleichen zuletzt ganz der Mutterpflanze 448 Stegocarpae: Geschleehtsorgane. und ernähren sich mittelst eigener Rhizoiden, die aus ihrem Grunde hervortreten. Bei den astfrüchtigen Moosen verzweigen sich die Innovationen wieder und jeder Zweig verhält sich wie eine Hauptaxe. Bei den männlichen Pflanzen der Poly- trichen sprosst der Stengel mitten durch den ‚Antheridienstand weiter. Manche Moose entwickeln die Seitenzweige auch als Ausläufer, die als nackte oder klein- blätterige Sprosse auf oder in dem Boden fortwachsen und sich später an ihrer Spitze zu aufrechten, normal beblätterten Stämmchen erheben. Die Geschlechtsorgane der Laubmoose, welche in der Regel noch mit Paraphysen gemischt sind, werden von gewöhnlich anders als die Laubblätter ge- stalteten Hüllblättern umgeben und sammt diesen kurzweg als Blüthe bezeichnet, als männliche, wenn sie nur Antheridien, als weibliche, wenn sie nur Archegonien einschliesst, als zwitterige Blüthe dagegen, wenn sie beiderlei Geschlechtsorgane zugleich umfasst. Die Gesammtheit =, der Hüllblätter selbst heisst bei der SE männlichen Blüthe: Perigonium, e = bei der weiblichen: Perigynium, bei der zwitterigen: Perigamium; stehen die Antheridien nackt in den Blattachseln unterhalb der weiblichen Blüthe, so nennt Schimper sie: An- theridia hypogyna. Das Peri- chaetinm oder die Fruchthülle, welche das unentwickelte Sporogo- nium und später die Basis des Kap- selstieles umgiebt, entsteht erst im Laufe der Fruchtentwickelung und geht grösstentheils aus zur Zeit der Blüthe noch unausgebildeten kleinen, & inneren Blättern des Perigyniums oder Perigamiums hervor. Nach der Fig. 113. A—C Antheridienentwickelung von Fonti- Vertheilung der Blüthen sind die nalis antipyretiea (Vergr. 400) nach Leitgeb. v Vege- allermeisten Laubmosse ein- oder tationskegel, zum Anthertdium auswachsend; b Blätter; zweihäusig, die wenigsten zwitterig s jüngstes, auch zur Antheridienbildung bestimmtes und polygam, und zwar kommen Segment. D Junges Antheridium von Andreaea pe- Zwitterblüthen häufiger bei den acro- trophila (Vergr. 500) nach Kühn. carpen, als bei den pleurocarpen Moosen vor. Die letztgenannten Hauptgruppen haben ihre Namen nach der Stellung der Frucht, die wieder von der Stellung der weiblichen und Zwitterblüthen bedingt wird. Bei den end- früchtigen oder acrocarpen Moosen schliessen die weiblichen oder bisexuellen Blüthen stets den Gipfel der Hauptaxe ab, die damit ihr Längenwachsthum ein- stellt, während die männlichen Blüthen sowohl end-, als auch seitenständig sein können. Die Blüthen der seitenfrüchtigen oder pleurocarpen Moose da- gegen treten stets am Ende einer Seitenaxe auf, während die Hauptaxe ihr Scheitelwachsthum unbegrenzt fortsetzt. Auch die durch Grösse, Form und Stel- lung der Hüllblätter bedingte Gestalt der Blüthe ist eine verschiedene. „Die weib- lichen und zwitterigen Blüthen sind stets verlängert knospenförmig, von kleinen, den Laubblättern ähnlichen, dachziegeligen Hüllblättern gebildet. Die männliche Blüthe hat, wenn sie_seitenständig ist, auch die Form einer dicken Knospe, der- jenigen der weiblichen Blüthen ähnlich gebaut; sonst aber tritt sie kopf-, köpf- chen- oder scheibenförmig auf. Bei der fast kugeligen, zahlreiche Antheridien einschliessenden kopfförmigen Blüthe neigen die breiten Hüllblätter nach dem Scheitel zusammen, lassen diesen selbst aber fast offen. Die köpfchenförmigen Blüthen, welche auf einer blattlosen Verlängerung des Stengels stehen und am ausgezeichnetsten bei Splachnum auftreten, vermitteln den Uebergang zwischen der vorigen Form und den Scheibenblüthen; ihre äusseren Hüllblätter sind in ihrem oberen Theile zurückgekrümmt, die Antheridien weniger zahlreich, die Pa- raphysen an der Spitze verdickt. Bei den scheibenförmigen Blüthen endlich sind die äusseren Hüllblätter durch Grösse und Form von den Laubblättern wesentlich verschieden, die inneren werden allmählich kleiner; alle tragen die Antheridien in ihren Achseln, sind an der Basis breit scheidig und mit dem oberen Theile Stegoearpae: Antheridium. Archegonium. 449 nach aussen horizontal zurückgebogen, so dass die Blüthe scheibenartig erscheint (Bryum, Mnium, Philonotis ete.); sind sie gleichzeitig auffallend (roth, orange, pur- purn) gefärbt, so dass sie ein blumenkronenartiges Ansehen erlangen (Polytrichum), so werden sie wohl als Perigonium anthoideum bezeichnet. Die Antheridien sind gewöhnlich schlank keulenförmig und kurz und dick gestielt, in ihrem Baue dabei denjenigen der bisher besprochenen Moose wesentlich gleich, sofern es sich um Wand und Mutterzellgewebe der Spermatozoiden, Form der letzteren u. s. w. handelt. Da ihre Entwickelung bei den verschiedensten bis jetzt untersuchten Laubmoosen eine gleiche ist, so kann man annehmen, dass sie in der ganzen Abtheilung nach dem von Leitgeb bei Fontinalis genau studirten Typus erfolgt. Während bei Sphagnum jedes Antheridium morphologisch einem Sprosse entspricht (S. 432), sind die Antheridien der Laubmoose wie bei Andreaea (S. 424) morphologisch ungleichwerthig. Das zuerst entstehende Antheridium ist die unmittelbare Verlängerung der Sprossaxe, da die Scheitelzelle selbst aufhört, blatt- bildende Segmente zu produciren, sich vorwölbt (Fig. 113 A, v) und zur Antheri- dium-Mutterzelle wird. Die nächsten, durch Auswachsen der wahrscheinlich um diese Zeit noch ungetheilten Segmente entstandenen Antheridien erinnern ihrer Anlage und Stellung nach an Blätter, die noch später vom Scheitel rückwärts auftretenden zeigen den Charakter von Trichomen, sowohl in der veränder- lichen Zahl ihres Auftretens und in ihrer Entwicke- lung aus Oberhautzellen, als auch in Bezug auf die Unbestimmtheit des morphologischen Ortes ihrer Entstehung. Jedes Antheridium aber wächst eine Zeit lang durch eine zweischneidige Scheitelzelle, welche zwei Reihen von Segmenten erzeugt (Fig. 113 B); in der bis zum Auftreten des Antheridiums mit der Divergenz !/, segmentirenden Scheitelzelle gehen der Anlage der beiden ersten diametral gegenüber ge- stellten, schiefen Wände einige vorbereitende Thei- lungen vorauf, welche die tetraödrische Scheitelzelle S allmählich in die zweischneidige überführen. In der Angabe der weiteren Theilungen der Segmente weicht my. Fire F . 2: B reilungen in den Segmenten des Leitgeb von Hofmeister ab. Während Letzterer! die Antheridiums. Querschnitt. s Sog- Segmente sich durch eine radiale Längswand theilen, er die Zellen der so entstandenen vier Reihen durch eine Tangentialwand in Innenzellen und Aussenzellen (letztere die einschichtige Wand bildend) zerfallen lässt, ist nach Leitgeb die erste Wand in jedem Segmente eine Längswand, welche die freie Aussenwand desselben ungefähr in der Mitte trifft, dann aber nicht in der Richtung des Ra- dius, sondern schief nach innen verläuft, um sich nahe der Oberfläche unter ca. 45° an die das gegenüberliegende Segment berührende Wand (Fig. 113 E, s) anzusetzen (Fig. 113 E, a). Die zweite Wand, von der erstgebildeten nahe der Oberfläche ausgehend, verläuft nach der anderen Seite und setzt sich in gleicher Weise an die Trennungswand an (Fig. 113 E, b). Durch diese beiden Längswände zerfällt das Segment in eine innere, im Querschnitte dreieckige Zelle und in zwei Aussenzellen. Jene ist die Urmutterzelle der Spermatozoiden, diese bilden den auf das Segment entfallenden Theil der sackartigen Antheridiumwand. Innen- und Aussenzellen entwickeln sich nun in verschiedener Weise (vgl. Fig. 113, © und E). Jede der letzteren wird zuerst durch eine Längswand halbirt, dann folgt in jeder so entstandenen Zelle eine Querwand und dann treten wieder Längswände auf; die Theilungen der Innenzellen ergeben sich aus Figur 113 E leicht. Zu er- wähnen ist aber noch, dass das oberste der 9—10 Segmente des Antheridiums keine Innenzelle bildet, sondern sich nur durch Radialwand, die Scheitelzelle sich zuerst durch eine senkrecht auf ihren Seitenwänden stehende Wand theilt. Zur Bildung des kurzen Stieles dürften kaum mehr als zwei Segmente verwendet werden. Die Entwickelung des Archegoniums ist in der ganzen Gruppe der stego- earpen (und cleistocarpen — $. 435) Laubmoose ebenfalls eine sehr gleichförmige und mit derjenigen der Andreaeaceen (S. 424) wesentlich übereinstimmende. Wo ı Vergl. Untersuch. S. 67. Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 29 Fig. 113, E. Schema für die 450 Stegocarpae: Archegonium. Befruchtung. nur ein Archegonium entsteht (bei Schistostega z. B. häufiger Fall), geht dieses aus der Scheitelzelle des weiblichen Sprosses hervor; sonst wird das erste von der Scheitelzelle, werden die folgenden von deren jüngsten Segmenten erzeugt (vgl. S. 424 und Fig. 96). Nach Janczewski’s Untersuchungen wird die durch Ausstülp- ung entstehende Archegoniumanlage auch durch eine Querwand zunächst in eine untere platte Zelle (das Stielchen der Lebermoose, vgl. S. 390, Fig. 89 A) und eine obere Zelle getheilt. In der oberen Zelle entsteht zuerst eine schiefe, auf die voraufgehende Querwand angesetzte Wand und dann eine zweite schiefe in genau entgegengesetzter Richtung, welche sich an die erste setzt. In diesem Stadium ist ein junges Archegonium von einem jungen Antheridium fast nicht unterscheid- bar. Bald aber wird die Differenz zwischen beiden deutlich; denn während letz- teres sich in gleicher Weise weiter theilt, zerfällt die oberste Archegoniumzelle zunächst durch drei successive Längswände in eine mittlere trichterförmige ‚und drei peripherische Zellen. Letztere werden bald durch radiale Längswände hal- birt, während die mittlere in eine innere und eine Kappenzelle zerfällt. Dann erfolgt in sämmtlichen peripherischen und in der inneren Zelle eine Quertheilung, welche diese Archegoniumpartie in zwei Stockwerke zerlegt, von denen das untere zum Aufbau des Bauchtheiles, das obere zu dem des Halses künftig beiträgt. Wollen wir jetzt dieses Stadium mit dem entsprechenden bei den Lebermoosen vergleichen, so finden wir den ganzen Unterschied nur in den antheridienartigen ersten Theilungen, im späteren Stiele.e. Von nun ab entwickelt sich aber das Archegonium der Laubmoose in ganz anderer Weise, als das der Lebermoose. Bei jenen geht die Kappenzelle nicht in den Dauerzustand über (vgl. S. 380, 389 ete.), sondern trägt wie bei Andreaea (S. 424, Fig. 96, E) zur Verlängerung des Archegoniumhalses insofern noch bei, als von ihr successive neue peripherische Segmente und innere Zellen (Canalinitialen) erzeugt werden. Doch fand Jan- czewski diese adventiven Segmente nie so zahlreich, wie sie bei Andreaea auf- treten, sondern nur zu 5—6. Jedes adventive Segment erzeugt gerade wie jedes primäre zwei peripherische Zellstränge (Halswandzellen — im Ganzen also sechs Reihen) dadurch, dass es sich zuerst der Länge nach, dann aber ausschliesslich durch Querwände theilt. Jedes adventive Segment divergirt mit dem nächst unteren um etwa 30° Zwischen Bildung der adventiven peripherischen Segmente und ad- ventiven Canalinitialen besteht kein constantes Verhältniss. Es kann die erste ad- ventive Canalinitiale schon nach dem ersten peripherischen adventiven Segmente, aber auch erst nach dem zweiten oder dritten abgeschnitten werden, was mit der sehr ungleichen Höhe der letzteren zusammenhängt. Die Thätigkeit der Kappen- zelle im Aufbau des Halses erlischt schliesslich ziemlich spät mit einer Kreuz- theilung, welche sie in eine den Halsscheitel deckende Deckelzellsruppe zu ver- wandeln pflegt. Bei den Lebermoosen verdankt der Bauchtheil seinen Ursprung ausschliesslich dem unteren der zwei primären Stockwerke des Archegoniums nebst einer kleinen Vervollständigung seiner Peripherie von unten durch das obere Stockwerk des Stielchens (S. 381, 389). Bei den Laubmoosen ist der schon vor der Befruchtung zweischichtige Bauchtheil viel stärker entwickelt. In seiner oberen. breiteren, aber kürzeren Hälfte sitzt die angeschwollene Üentralzelle; die untere Hälfte ist länger und keilförmig gegen den Ansatzpunkt verschmälert. Der Hauptmasse nach verdankt letztere ihren Ursprung den beiden antheridienartig angelegten Zellen; die untere cylindrische nimmt einen viel geringeren Antheil daran. Die sich nach allen Richtungen vergrössernde, kugelige Centralzelle gliedert, erst spät die Bauch- canalzelle ab. Der in den Bauchtheil allmählich übergehende Hals erleidet kurz vor der Reife des Archegoniums eine Drehung um seine Axe, so dass die Hals- wandreihen einen spiraligen Verlauf zeigen. Später fangen die Querwände der Canalzellen an, sich zu verflüssigen; ihr Protoplasma schmilzt’ zusammen und rückt . grösstentheils in die keulig angeschwollene Spitze hinein, wo der Halscanal am geräumigsten ist. Diese Erweiterung des Archegoniumscheitels kommt durch tan- gentiale Dehnung der dort befindlichen peripherischen Zellen zu Stande, von denen manche sogar noch eine nachträgliche Längstheilung erfahren. Die Oefinung des Halsscheitels erfolgt wie bei den übrigen Museineen, die Befruchtung auch hier durch Eintreten von Spermatozoiden in das Ei. Letzteres wurde von Arnell bei Discelium nudum beobachtet und es wird zugleich von diesem angegeben, dass das Ei von den Spermatozoiden in eine starke, wiegende Stegocarpae: Befruchtung. Bastardirung. Reifes Sporogonium. 451 Bewegung versetzt wird und von den noch nicht absorbirten Samenkörpern ein papillöses Aussehen bekommt. Diese Beobachtung erinnert, wenn richtig, an die von Thuret bei Fucaceen constatirten Erscheinungen (S. 106). Auf Bastardirung bei Moosen wird aus dem (allerdings seltenen) Vorkommen von Mittelformen zwi- schen den Sporogonen verschiedener Arten geschlossen. Ruthe fand in einem von Örthotrichum anomalum und OO. stramineum gebildeten Moospolster auf einem Zweige der ersteren Art eine Kapsel, die er als Mittelform zwischen beiden be- trachtet und die sich ihren Eigenschaften mehr dem Sporogonium des O. strami- neum näherte. Auf einem Zweige letzterer Art wurde dagegen eine sich mehr dem Sporogonium von OÖ. anomalum nähernde Mittelform gefunden. Zwischen der monöcischen Grimmia orbicularis und der diöcischen G. tergestina beobachtete Philibert eine Bastardform. Die Laubpflanze war die normale G. tergestina; das Sporogonium war aber steril, von wandelbarer Gestalt und in seinen Charakteren zwischen demjenigen der Mutterpflanze und der G. orbicularis schwankend. Vor Besprechung der Embryoentwickelung, respective der Ausbildung des Sporogoniums, wird die Betrachtung des Baues der reifen Kapsel nothwendig werden. Diese ist sehr selten fast ungestielt; meistens sitzt sie auf einem oft sehr langen, gewöhnlich röthlichen, glatten oder rauhen, geraden oder an der Spitze überneigenden, straffen oder gedrehten Stiele: der Seta. Diese wird am Grunde von dem Scheidchen (vaginula) umgeben, einer Wucherung des Stengelgipfels, welche noch von dem unteren Theile des Archegoniumbauches saumartig gekrönt wird (vgl. S. 427, Fig. 98 und S. 431, Fig. 99, L); seine Form, Oberflächenbe- schaffenheit ete. kann unter Umständen für die Systematik verwendbar werden. Der wie bei Andreaea (S. 425) und den cleistocarpen Laubmoosen (S. 435) als Haube oder Mütze (calyptra) von der reifenden Kapsel emporgetragene obere Theil des Archegoniums ist auch hier von verschiedener Form. Die Haube ist entweder ringsum geschlossen, so dass sie die Kapsel allseitig umhüllt (mützen- förmige Haube, calyptra mitraeformis); oder sie ist einseitig weit aufgeschlitzt und bedeckt daher auch die Kapsel nur auf einer Seite (kapuzen- oder kappenförmige Haube, calyptra cucullata, ce. dimidiata), Differenzen die auch hier, wie bei den Gleistocarpen, generische Unterschiede bedingen. Die Haube ist ferner manchmal so klein, dass sie kaum den Scheitel der Kapsel bedeckt, während sie im ent- gegengesetzten Falle über die ganze Kapsel hinabgezogen ist; sie erscheint bald kahl, bald behaart, bald ganzrandig oder am Rande verschiedenartig zerschlitzt bis lang gewimpert. Die eigentliche Kapsel oder Büchse (capsula, theca) ist sehr verschieden gestaltet und bald aufrecht der Spitze der Seta aufgesetzt, bald horizontal bis hängend. Ihr unterer, in die Seta übergehender Theil ist der Kapselhals (col- lum, apophysis), dessen Form sehr wechselt und der oft in sehr charakteristischer Gestalt auftritt (Polytrichum, Splachnum etc.), in einzelnen Fällen den sporen- bergenden Theil der Theca sogar an Grösse übertrifft (z. B. Splachnum ampulla- ceum). Der obere Theil der Kapsel wird bei sämmtlichen Moosen dieser Ordnung als Deckel (operculum) abgeworfen und damit die Oeffnung der Büchse bewirkt. Seine verschiedene Form giebt gute specifische Merkmale ab und manchmal ist sogar sein mikroskopischer Bau von Wichtigkeit; Funaria und Barbula unterschei- den sich von Entosthodon und Trichostomum z. B. vorzüglich durch die spiralig angeordneten Deckelzellen. Zwischen Deckel und Kapselwand ist sehr häufig noch ein aus einer oder mehreren Reihen etwas keilförmiger Zellen gebildeter Ring (an- nulus) eingeschaltet (Fig. 114 A, r; Fig. 115 A, «), der durch Elastieität und Hy- groskopicität seiner dicken Zellwände, hervorgerufen durch theilweise Quellung der- selben, hauptsächlich das Abstossen des Deckels veranlasst, wobei er gleichzeitig stückweise oder als Ganzes sich mit ablöst. In anderen Fällen wird das Abwerfen des Deckels durch eine ringförmige Zone dünnwandig bleibender Epidermiszellen bewirkt, die beim Austrocknen der reifen Frucht zerreissen. Der Mund, d.h. der nach Abfallen des Deckels freie Rand des die Sporen enthaltenden Kapseltheiles, ist bei einzelnen Gattungen ganz glatt, bei den meisten jedoch mit sehr charakteri- stischen zahn-, wimper- oder fadenförmigen Fortsätzen besetzt, welche in Form, Farbe und Structur bei denselben Arten die grösste Regelmässigkeit, bei den verschiedenen Gattungen und Familien dagegen grosse Mannigfaltigkeit zeigen (Fig. 115), daher für die Classification von Wichtigkeit sind. Sie werden in ihrer Gesammtheit als Mundbesatz (Peristomium) bezeichnet; kommen sie in zwei concentrischen Kreisen 29* 4593 Stegocarpae: Bau des reifen Sporogoniums. vor, so ist der Mundbesatz doppelt und es wird ein äusseres und inneres Pe- ristom unterschieden (Fig. 114 B; Fig. 115 C, D und F). Die Fortsätze oder Zähne (dentes) des äusseren Peristomes sind nur selten in der Zahl 4, häufiger zu 8, 16, 32 oder 64 vorhanden. Sie sind meist gelb oder rothbraun gefärbt, selten kurz oder breit, häufig lanzettförmig (Fig. 115, D und F) oder fadenförmig, ganz glatt oder dicht papillös (Fig. 115 F), vertical oder schief oder quer gestreift oder gerippt (Fig. 115, D, E und F), einfach (Fig. 115 D) oder gespalten (Fig. 115 E) oder in der Mitte zerschlitzt und durchlöchert (Fig. 115 B). Manchmal sind sie im unteren Theile auch durch ein Gitterwerk (Fig. 115 B) oder durch eine ver- schieden gestaltete Membran (Fig. 115 A) verbunden und erst oberwärts frei. Die Entwickelungsgeschichte des Sporogoniums zeigt, dass sie in der Regel aus partiell verdickten und euticularisirten Stellen der Mem- branen gewisser unter dem Deckel gelegener Zell- reihen des Kap- selinneren her- vorgehen, nach erfolgter Lösung der nicht ver- dickten Wand- stellen also die Ueberreste dieser Zellenreihen bil- den. Nur selten spaltet sich das gesammte unter dem Deckel ge- legene Gewebe in vier dann aus zahlreichen Zel- len gebildete Zähne (Tetraphis — Fig. 107), oder werden die Zähne aus Bündeln dick- wandiger Faser- zellen gebildet, wobei dann die Bündel hufeisen- Fig. 114. Funaria hygrometriea. A Längsschnitt einer nicht ganz reifen Kapsel förmig sind und (Vergr. 30). 3 Längsschnitt aus der unteren, äusseren Region des Deckels die aufsteigenden derselben. C Stück eines Querschnittes aus dem Inneren von B. i Intereellu- Schenkel je larraum zwischen Wand und Sporensack s. c Columella. d Deckel. r Ring. zweier benach- p Peristom. e Epidermis der Kapselwand. w die innere Gewebeschicht der letz- barter Bündel teren. ? diekwandige Zellen zwischen Wand und Peristom. gemeinsam einen Zahn zusammen- setzen (Polytrichaceen — Fig. 115 G). Hier bleibt dann auch eine die Spitzen der Zähne verbindende Zellschicht nach dem Abfallen des Deckels und der Vertrocknung der benachbarten Zellen als Paukenhaut oder Epiphragma zurück (Fig. 115 6, 2). Das innere, meist kürzere Peristom besteht aus zahnartigen Fortsätzen (processus), die entweder bis zur Basis frei sind (Fig. 115 F, i), oder durch eine hohe, kielfaltige Haut verbunden werden (Fig. 115 D, z), oder in Folge des Auf- tretens von Querleisten ein zierliches Gitterwerk bilden (Fig. 115 C, ö) u. s. w. Zwischen je zweien solcher Fortsätze stehen häufig noch 2 oder 3 fädige Wim- pern (cilia), die bald kürzer (Fig. 115 D, 2), bald von gleicher Länge mit ersteren sind und oft noch fädige, horizontal gestellte Anhängsel (appendiculae) besitzen. Die Fortsätze des inneren Peristomes wechseln in der Regel mit den Zähnen des äusseren ab (Fig. 115 D, F\). Un 7 AH & = Wi en a a \@ g 12) [E 1 9 Stegocarpae: Bau des reifen Sporogoniums. 453 \s IWANCTEN DE = = D 4 = 0- Ds y \) r *. Mi nn I N) mm = IN ABSTTENESLEHNLN N Ce. c Aanannannal AN = Fig. 115. Peristombildungen bei Laubmoosen, A—@ in der Flächenansicht, H und J im Querschnitte. A Barbula canescens. B Cinelidotus riparius. C Fontinalis antipyretica. D Mnium hornum; (in der rechten unteren Hälfte ist die Kapselepidermis, unten links eine tiefere, dem inneren Peristom ent- sprechende Zellenschicht der Kapselwand gezeichnet). E Fissidens adiantoides. F Orthotrichum stra- mineum. @ Atrichum undulatum. H Barbula reflexa. J Weisia recurvirostra. a Ring. d Peristom- zähne. e Aeusseres Peristom. z Inneres Peristom. ? Epiphragma. ep Epidermis. c Columella. Nach Schimper und Lantzius-Beninga. Vergr. von H=500, J=250, die übrigen Figuren alle stark vergrössert. 454 Stegoearpae: Bau und Entwickelung des Sporogoniums. Die Kapselwand, deren gut entwickelte Epidermis im unteren Theile (dem Halse) meistens, äusserst selten auch in der oberen Region Spaltöffnungen besitzt, besteht aus mehreren Zellschichten (Fig. 114 A, B) und wird gegen die centralen Gewebe durch den schon bei den cleistocarpen Moosen (S. 439) auftretenden, von einfachen oder verzweigten Zellenfäden durchsetzten Intercellularraum abgesetzt (Fig. 114 A, ö). Das centrale Gewebe ist auch hier die Columella (Fig. 114 A, c), die sich bis unter den Deckel, respeciive bis unter die peristombildenden Zell- schichten fortsetzt, meistens nach Oeffnen der Kapsel sofort verschrumpft, in ein- zelnen Fällen jedoch noch eine Zeit lang über die Kapselmündung vorragt (Disso- don, Climacium). Ihre äussere, an das sporenbildende Gewebe grenzende Schicht wird häufig als innerer Sporensack differenzirt (vgl. S. 428 und 439), während der äussere Sporensack, wie bei den voraufgehenden Moosen (S. 428, 434, 439), durch die beiden die Sporenmutterzellen nach den Intercellularraum zu bedecken- den Zellschichten gebildet wird (Fig. 114 A, s). Die Entwickelungsgeschichte des Sporogoniums zeigt in ihren Hauptzügen viele Uebereinstimmung mit derjenigen der cleistocarpen Laubmoose (vgl. S. 436 und Fig. 102—106). Nach Kienitz-Gerloff theilt „der Embryo von Ceratodon purpureus mit dem von Phascum das Wachsthum durch Theilung einer Scheitelzelle mittelst wechselnd nach zwei Seiten geneigter Wände, nachdem die Eizelle zuvor durch eine oder zwei transversale getheilt worden ist. Nur ist bei dieser Pflanze das ganze Organ von Anfang an schlanker gestaltet. Auch hier verlaufen die Theilungen in den untersten Stockwerken sehr unregelmässig und folgen nur in so weit einem Gesetze, als jedes Segment durch eine radiale Wand (secundäre Hauptwände) in zwei Quadranten gespalten wird. Nach einigen darauf folgenden unregelmässigen Theilungen wölben sich die letztgebildeten Zellen ein wenig hervor und bilden den spindelförmigen Fuss. In der Seta erfolgt die Bildung der Quadranten und des Grundquadrates in der bei Phascum (S. 436) be- schriebenen Weise, in den nun äusseren Zellen wechseln 3—4 pericline mit eben so vielen radialen Längswänden ab, so zwar, dass die zuerst entstehende Wand stets eine pericline ist, während auch hier in den ferneren Theilungen manche Unregelmässigkeit statt hat. Gleichzeitig beginnen sich die Zellen des Grund- quadrates in nicht streng gesetzmässiger Reihenfolge durch zu einander meist ungefähr senkrechte Längswände zu spalten; ihre letzten Nachkommen zeigen einen geringen Querdurchmesser, aber um so grössere Länge, weil sie an den Quertheilungen, welche mit den Längstheilungen abwechseln, nicht in gleichem Maasse wie die peripherischen Zellen theilnehmen. Das Spitzenwachsthum der Frucht dauert indessen nur kurze Zeit fort; es hat bereits abgeschlossen, wenn der junge Embryo eine Länge von ca. 1,80 Millim. erreicht hat. Untersucht man den Scheitel etwas älterer Fruchtanlagen, so gewahrt man, dass sich die zwei- schneidige Scheitelzelle durch eine die beiden Segmentwände unter spitzem Winkel schneidende Längswand getheilt hat, wodurch häufig der Anschein entsteht, als wandele sich die zweischneidige in eine dreischneidige Scheitelzelle um. Auf diese erste folgt später eine zweite ihr ungefähr parallele Längswand. Dennoch lassen sich, falls nicht eine zu starke Verschiebung der Zellen stattgefunden hat, die Segmente der zweischneidigen Zelle noch in viel vorgerückteren Stadien, wo der Embryo bereits eine Länge von 5 oder mehr Millim. erreicht hat, auf der Schei- telansicht erkennen. Die ausgewachsene Frucht von Ceratodon hat einschliesslich der Seta eine Länge von ungefähr 20 Millim.; es wird demnach ein Längenzu- wachs von ca. 18,20 Millim. ausschliesslich durch intercalare Zelltheilungen und nachfolgende Streckung vermittelt, ein Vorgang, der an das Wachsthum der Frucht von Pellia und vieler anderer Jungermannieen erinnert (S. 407). „Eine weitgehende Regelmässigkeit der Theilungsfolge waltet bei Ceratodon nur in den dem Kapsel- und Peristomtheile angehörigen Stockwerken und zwar entspricht dieselbe aufs genaueste der für den Kapseltheil von Phascum beschrie- benen (S. 438), nur dass bei Ceratodon in allen oder wenigstens den meisten der zuletzt gebildeten peripherischen Zellen noch einmal eine pericline Wand auf- tritt. Es liegen demnach um die 4 Zellen des Grundquadrates 8, um diese 16, um diese 32 Zellen herum, die beiden äussersten Schichten werden von je 64 Zellen gebildet. Auch in den Zellen des Grundquadrates erfolgt die Differenzirung der Sporenschicht, des inneren Sporensackes und der Columella ebenso, wie bei Phas- cum. Der Kapseltheil ist deutlich abgegrenzt, wenn der Embryo 10 Millim. lang Stegocarpae: Entwickelung des Sporogoniums. 455 ist, der Deckeltheil, wenn er eine Länge von 13 Millim. erreicht hat. Beide Ab- grenzungen werden zuerst kenntlich durch leichte Einschnürungen und kleinzel- liges Gewebe an diesen Stellen, ausserdem dadurch, dass die Zellen des Grund- quadrates in den zugehörigen Stockwerken längere Zeit ungetheilt verharren, bis endlich die Abscheidung der Sporenschicht eintritt. Die Bildung des Hohlraumes erfolgt ebenso, wie bei Phascum, durch Trennung der vierten und fünften Zellschicht von aussen.“ „Je mehr sich der obere Theil verjüngt, desto geringer an Zahl und in der äussersten Spitze unregelmässiger werden die Theilungen der äusseren und inneren Schichten. Vor allen zeichnen sich die Zellen in der Grenze zwischen Kapsel- theil und Deckel, in der Ringzone aus. Während die Theilungen innerhalb des Grundquadrates in derselben Weise verlaufen, wie ober- und unterhalb dieser Zone, unterbleibt hier die letzte pericline Theilung in den peripherischen Zellen, dagegen erscheinen in ihnen vier bis fünf Mal so viele radiale Wände, als in den angrenzenden Stockwerken; sie sind daher in radialer Richtung lang gestreckt, in tangentialer dagegen ausserordentlich schmal (vgl. Fig. 114 B, r). Gleichzeitig theilen sich die Zellen namentlich der dritten Schicht von aussen durch zahlreiche Transversale, indem sie sich gleichzeitig in die Breite dehnen. In der äussersten bleibt eine einzige Zelle in der Querrichtung ungetheilt und zeichnet sich daher auf Längsschnitten durch ihre Grösse von den übrigen aus. Vermöge des Unter- bleibens der letzten periclinen Theilung in dieser Zone gehört die Basis der Zähne der dritten und vierten Zellschicht, von aussen gerechnet, an. Die Grenz- wand zwischen diesen beiden verdickt sich und färbt sich braungelb, so dass hier ein zusammenhängender Verdickungsring entsteht. Im oberen Theile ist es dagegen die Grenze zwischen der vierten und fünften Zellschicht, welche den Zähnen ihren Ursprung giebt (vgl, Fig. 114 B, p). Die äussere besteht vermöge der regel- mässigen Theilung stets aus 16 Zellen, die innere schwankt in der Zahl ihrer Zellen, welche nachträglichen Theilungen ihren Ursprung verdankt, zwischen 20 und 24; die Anordnung ist derartig, dass je 2 Zellen der letzteren einer der äusseren Schicht angrenzen. Es finden sich daher in jeder äusseren Zelle zwei, in der inneren bald zwei, bald nur ein Verdickungsstrang.“ Nach den weiteren Erörterungen gehört das Peristom ausschliesslich dem Amphithecium (S. 439) der Kapsel an. Die eigenthümlichen Zellwandverdickungen (siehe S. 452 und weiter unten), aus denen die Zähne hervorgehen, finden ein Analogon in den Verdickungen, durch welche sich bei den Jungermannieen ebenfalls namentlich die innere Schicht der Kapselwand auszeichnet. Gleichzeitig mit der Entstehung des Hohlraumes bilden sich die denselben durch- ziehenden confervenartigen Zellfäden, die bei Ceratodon in geringer Anzahl, bei Funaria hygrometrica reichlicher vorhanden und auch complieirter gestaltet sind (Fig. 114 A). Indem die Zellen der innersten Wandschicht aufquellen und sich ab- runden, lösen sie sich von den sie axil und peripherisch begrenzenden Schichten ab. Nur an einzelnen Stellen bleibt eine Zelle mit ihren Nachbarn in Verbindung und trennt sich statt dessen von der über und unter ihr liegenden, derselben Schicht zugehörigen. So bilden sich 2- bis 5-zellige Fäden, welche Kapselwand und Sporen- sack verbinden und anfänglich in der Richtung von innen oben nach aussen unten, später mit der zunehmenden Erweiterung des Hohlraumes diesen fast wagerecht durchziehen (Fig. 114 A). Bei der immer fortschreitenden Ausdehnung der Kapsel- wand werden auch die Zellen ihrer sechsten Schicht von ihren peripherischen Nachbarn abgerissen und da einer jeden Zelle des Amphitheciums von aussen zwei andere angrenzen, so erscheinen die Zellfäden an ihrem centrifugalen Ende oft gabelig getheilt. In derselben Weise lösen sich bei Funaria die Zellreihen zwischen Columella und Kapselstiel, so dass erstere gleichsam auf mehreren Säul- chen steht (Fig. 114 A). Bezüglich der Entwickelung des Sporogoniums von Or- thotrichum, Bryum, Ulota, Barbula ete., die im Wesentlichen die bei Phascum und Ceratodon beschriebenen Theilungsvorgänge wiederholen, muss auf die Arbeiten von Kienitz-Gerloff und Vouk verwiesen werden. Dagegen wollen wir hier noch einmal auf die Bildung des normalen Peristomes zurückkommen. Dasselbe wird also durch ganz locale Wandverdiekungen erzeugt, welche aber in den betreffenden Zellenschichten in der ganzen Reihe über einander stehender Zellen, sich nach oben verjüngend, auftreten (Fig. 114 B). Diese anfänglich schwachen und farb- losen, nach und nach stärker werdenden und sich färbenden Verdickungen treffen 456 Stegocarpae: Entwickelung des Sporogoniums. Keimung. oft nur leistenartig die Wandflächen der Zellreihen (Fig. 115 H, p), oft dagegen auch die Kanten derselben (Fig. 115 J, p), je nachdem die Zellreihen der benach- barten, peristombildenden Schichten gelagert sind. Durch Uebergreifen der Ver- dickungen von den verticalen Zellwänden auf die Querwände werden die mancherlei. später die Zähne zierenden (Querleisten erzeugt (Fig. 114 B, p). Werden peri- stombildende Verdickungen auf den Grenzwänden dreier Zellenschichten angelegt, so entsteht ein doppeltes Peristom (Fig. 114 B, C); treten zwischen den Längs- leisten quer über die Wand oder in den Querkanten verlaufende horizontale wei- tere Verdickungen auf, so werden durch diese die Peristomzähne netz- oder gitter- artig in ihrem unteren Theile oder in der ganzen Höhe verbunden (Fig. 115 B, GC, D). Sind schliesslich die gesammten Zellwandverdickungen fertig ausgebildet, so werden die zwischen ihnen liegenden, nicht verdickten Stellen der Membranen resorbirt und die Verdickungen der betreffenden Zellenschichten allein bleiben als das Peristom übrig, dessen Zähne und Fortsätze nach Abfallen des Deckels dann frei um die Kapselmündung herum stehen bleiben und vermöge ihrer Hygroskopi- cität letztere bei feuchtem Wetter zu schliessen vermögen, bei trockenem durch Zurückrollen dieselbe wieder frei legen. Dass die Peristombildungen in Verbin- dung mit der Richtung der Kapsel, der Hygroskopicität der Seta u. s. w. zur Aus- streuung der Sporen in Beziehung stehen, liegt auf der Hand.! Mehrfach sind bei verschiedenen Moosen (Anomodon attenuatus, Arten von Bryum und Hypnum, Camptothecium lutescens, Mnium serratum etc.) Doppel- früchte gefunden worden, d. h. es standen zwei Kapseln auf gemeinsamer, aber mehr oder minder tief einmal gabelig verzweigter Seta; es wird bei Bryum pal- lens sogar der Fall beschrieben, dass auf der Spitze einer einfachen Seta sich drei Kapseln ausgebildet hatten. Während man früher zur Anwesenheit zweier Eizellen in einem Archegonium die Zuflucht nahm, um durch Verwachsung der Embryonen die Bildung derartiger Abnormitäten zu erklären, sogar die jungen Sporogone zweier benachbarter Archegonien verwachsen liess, hat Pfeffer die von Leitgeb? unterstützte Annahme als die naturgemässe geltend gemacht, dass an einem in der Entwickelung begriffenen Sporogonium durch äussere Einflüsse (z.B. durch Frost) der Vegetationspunkt beschädigt wird und dann laterale Zellen die Rollen von Vegetationspunkten übernehmen, die Doppelfrucht also aus einer ein- zigen Eizelle hervorgeht. Leitgeb hat sogar derartige verzweigte junge Sporo- gonien bei Lebermoosen (Pellia epiphylla, Symphyogyna rhizoloba, Umbraculum Mülleri) beobachtet, bei denen sie bis dahin nicht bekannt waren. Die für die Entwickelung des Sporogoniums nöthige Zeit ist bei den Laub- moosen eine sehr verschieden lange. Die im Sommer blühenden Arten der Gat- tung Pottia reifen ihre Sporen im Winter. Funaria braucht wahrscheinlich nur 1—2 Monate und blüht und reift die Kapseln zu allen Jahreszeiten. Hypnum cuspidatum, H. giganteum und andere Hypneen blühen im August und September und haben im Juli des nächsten Jahres reife Sporen; H. cupressiforme hat sogar im Herbste gleichzeitig Blüthen und reife Kapseln und ähnlich verhalten sich manche Arten von Bryum, Philonotis und Polytrichum. Die Keimung der Sporen, welche bei genügender Feuchtigkeit oft schon wenige Tage nach deren Ausstreuung eintritt, führt stets zur Bildung eines Vor- keimes (Protonema). Das in der Spore anfangs amorphe Chlorophyll sondert sich in Körner, das Endosporium schwillt beträchtlich an, das Exospor wird gesprengt und entweder sofort ganz abgestreift oder es bleibt noch längere Zeit am Endo- sporium haften. Letzteres treibt an den zuerst aus dem Exospor vortretenden Stellen schlauchförmige Vorstülpungen, die sich durch Spitzenwachsthum verlängern und durch Querwand vom Innenraume der Spore trennen (Fig. 116 B). Weitere schiefe Querwände verwandeln den wachsenden Schlauch in einen Zellenfaden, dessen Gliederzellen sich indessen nicht weiter theilen, bei dem die gesammten Theilungen nur in der Scheitelzelle stattfinden (Fig. 116 C). Dagegen sind die Gliederzellen befähigt, durch eine unter ihrer oberen (resp. vorderen) Querwand auftretende Ausstülpung sich zu verzweigen (Fig. 116 D), und der wie die Hauptaxe ! Vel. auch Hutton, Observations on the different modifications in the capsules of mosses, with reference to the dispersion of their spores. Transact. and Proceed. of the New-Zealand Institute 1874. p. 342. Botan. Jahresber. III. 324. ® Literatur hier angegeben. Stegocarpae: Keimung und Bau des Vorkeimes. 457 wachsende Ast kann in gleicher Weise Seitenaxen zweiter und höherer Ordnung erzeugen. Es entsteht so ein confervenartiges Gebilde, das oft zu ausgedehnten, freudig grünen Rasen heranwuchert und später die Moospflänzchen entwickelt. Einzelne in die Erde dringende und den Vorkeim an dieser befestigende Aeste desselben werden zu chlorophylllosen, nach und nach ihre Wände bräunenden Rhizoiden, welche physiologisch als Wurzeln functioniren; häufig entwickelt sich schon eine der ersten beiden Ausstülpungen einer keimenden Spore zum Rhizoid. Die den Wachsthumstypus der oberirdischen Vorkeimzweige genau wiederholenden Rhizoiden der Vorkeime können aber unter günstigen Verhältnissen wieder über den Boden emporwachsen und dann sogleich wieder die Eigenschaften chlorophyll- haltiger Protonemazweige annehmen. Fig. 116. A Unterer Theil eines Moosstengels mit Rhizoiden (r), auf denen bei b eine Brutknospe entstanden ist; einzelne von ihnen sind über die durch die punktirte Linie angedeutete Bodenober- fläche hervorgewachsen und in Folge dessen in Vorkeimfäden (p) umgewandelt, von denen einer bereits eine junge Moosknospe (k) trägt (schwach vergr.). B Keimende Spore von Funaria hygrometrica mit noch anhängendem Exosporium; C etwas älterer und D noch weiter entwickelter junger Vorkeim des- selben Mooses (Vergr. 300). Es können aber auch die von den Rhizoiden der Vorkeime morphologisch und physiologisch nicht unterschiedenen Rhizoiden beblätterter Moospflänzchen über die Bodenoberfläche hervorwachsen und ausserhalb der Erde sich zu normalen Vorkeimaxen oder Zweigvorkeimen weiter entwickeln (Fig. 116 A, bei p): sie passen sich also, wie die Protonemarhizoiden, den veränderten Lebensbedingungen (Licht) an. Manche scheinbar einjährige Arten perenniren sogar in dieser Weise, indem nach Verschwinden der Pflänzchen der Wurzelfilz neues Protonema und auf diesem neue Pflanzen erzeugt (Funaria, Pottia, Polytrichum, Schistostega ete.). Schimper giebt als eigenthümlichsten derartigen Fall an, dass die kleineren männ- lichen Pflanzen mehrerer Dieranum-Arten von solchen Zweigvorkeimen aus dem Wurzelhaarrasen der weiblichen Pflanzen entspringen. Dreht man ferner ganze Moosrasen so um, dass ihr Wurzelfilz nach oben, dem Lichte zu, gewendet wird, so entstehen an letzterem bei mässiger Feuchtigkeit zahlreiche junge Pflänzchen. Die auf diese Weise sehr ergiebige vegetative Vermehrung wird weiter noch durch den Umstand gesteigert, dass auch Blattzellen im Stande sind, zu Protonemafäden 458 Stegocarpae: Bau des Vorkeimes, auszuwachsen. Bei Orthotrichum und Ulota, namentlich solchen Arten, die selten oder nie Früchte tragen, treten entweder aus der Fläche oder aus der Spitze der Blätter, namentlich aus der Spitze der Mittelrippe, feste, kurzgliederige Fäden hervor, die sich zu Vorkeimen verlängern. Oncophorus glaucus entwickelt auf dem blühenden Stammgipfel einen dichten Protonemafilz, der ihn am Weiterwachsen verhindert, aber zahlreiche junge Pflanzen erzeugt. Auch abgeschnittene und feucht gehaltene Blätter sind zur Protonemabildung befähigt. Endlich ist es Pringsheim gelungen, Vorkeime auch aus der Seta zexschnittener und auf feuchtem Sande liegender Moosfrüchte (Bryum caespitosum, Hypnum cupressiforme und H. serpens) zu erziehen. Sie entsprangen aus den mehr nach Innen gelegenen, an Reserve- stoffen reichen, mit weiterem Lumen und dünneren Wänden versehenen Zellen der Querschnittflächen und entwickelten in manchen Fällen unmittelbar nach ihrem Hervortreten junge Pflänzchen in der normalen, unten zu besprechenden Weise. Stahl konnte an den zerschnittenen Früchten von Ceratodon purpureus die Beobachtung Pringsheim’s bestätigen, gleichzeitig aber nachweisen, dass Vorkeime auch aus den inneren Zellen der zerschnit- tenen Sporogonwand hervorgehen können. Es ist also der Uebergang der Sporen bil- denden Generation (Sporogonium) zur ge- schlechtlichen (Moospflanze) bei den Moosen nicht nothwendig an die Sporenbildung ge- knüpft, sondern unter die Sporenbildung beein- trächtigenden Bedingungen sind verschiedene 5 Zellen sowohl des Fruchtstieles als der Kapsel fähig, neue Vorkeime zu erzeugen. Es spricht diese Erfahrung gegen den von Brefeld'! 4 gelegentlich seiner Untersuchungen über die Sexualität der Basidiomyceten (und Ascomy- ceten) aufgestellten Satz: „In einer dem Ex- perimente leicht zugänglichen Form des Versuches haben wir darum ein Kriterium über Sexualität, über die Frage, ob ein im Entwickelungsgange einer niederen Pflanze auftretender Fruchtkörper das Product einer Sexualität ist. Ist er es, so kann er nur in den Sporen zum sexuellen Abschnitte umge- Fig. 117. AD Zweigvorkeimpapillen von |eukt werden; wird er ohne sie auf ihn Barbula ruralis. « Papillarwand; b Basilar- zurückgeführt, so trägt er den Charakter einer wand; & acrıskope Papillarzelle; Pbasiskope ungeschlechtlichen Vermehrung.“ Seine Ver- Papillarzelle; f der aus « hervorgehende suche mit den zum Mycelium austreibenden Blattvertreter. (Nach Müller.) Agaricus-Fruchtkörpern etc. (vgl. S. 308) sollten die Beweise hierfür liefern. Eine interessante Deutung bezüglich ihres Verhaltens zum beblätterten Stämmchen haben die Vorkeime der Moose durch die Untersuchungen H. Müller’s erfahren. Der Sporenvorkeim bereitet den complieirten Bau des Moosstammes vor und die ausgebildete Pflanze kann wieder zur Bildung eines solchen vorberei- tenden Gebildes zurückgreifen und Zweigvorkeime erzeugen. Sporenvorkeim und Zweigvorkeim sind morphologisch und physiologisch gleichwerthig und zeigen so- wohl in ihrem anatomischen Baue, als auch in ihrem Verzweigungsverhältnisse wesentliche Uebereinstimmung mit dem Moosstamme. Die Scheitelzelle des Vor- keimes entspricht der Scheitelzelle des Moosstengels, eine Gliederzelle der Vor- keim-Hauptaxe einem Segmente des Moosstammes. Wie die Scheitelzelle des Stämmchens in spiraliger Folge die charakteristischen Segmente abschneidet (vgl. S. 445, Fig. 112), so erzeugt die Scheitelzelle der Vorkeim-Hauptaxe in spiraliger Folge schiefe Wände, die aber einander nicht (wie im typischen Stämmchen) schneiden, da das jedesmalige Segment (Fadenglied des Vorkeimes) sehr lang wird. Das Segment der Stammscheitelzelle wölbt sich nach aussen zur Blattanlage vor (S. 446); dasselbe thut auch das gestreckte Segment des Vorkeimes in seinem t Botan. Zeit. 1876, S. 56, Satz 21. ER Stegoearpae: Bau des Vorkeimes. Brutknollen. 459 oberen Theile (Fig. 116 D) und bildet so die papillenartige Anlage eines Vorkeim- zweiges. Wie im blattbildenden Segmente des Moosstengels die Blattwand (a in Fig. 112), so tritt hier die „Papillarwand“ (Fig. 117 A, a) auf, welche die Segmentwand bald schneidet (Fig. 117 A) und dann die Aehnlichkeit mit dem Stämmchen noch grösser werden lässt, bald dieselbe nicht mehr trifft (Fig. 117 B). Eine zweite, gegen die Papillarwand mehr oder minder genau rechtwinkelig ge- richtete Wand b in Fig. 117 B, © und D) gliedert dann die Vorkeimpapille in eine akroskope (Fig. 117 B und C, «) und basiskope Zelle (Fig. 117 B und C, ); sie entspricht der Basilarwand des Stammsegmentes, wird auch hier als Basilar- wand bezeichnet und trifft bald auf die Papillarwand (Fig. 117 B), bald nicht (Fig 117 C). Aus der akroskopen Zelle « geht ein gewöhnlicher, sich oft wieder verzweigender Vorkeimast als sogenannter „Blattvertreter“ hervor (Fig. 117 D, f), der begrenztes Spitzenwachsthum wie das analoge Moosblatt zeigt. Die basiskope Zelle 8 entwickelt sich bald nicht weiter (Fig. 117 D), bald erzeugt sie einen normalen Vorkeimzweig, bald aber auch an Stelle dieses die zum jungen Moospflänzchen heranwachsende Knospe (Fig. 116 A, bei %), ein Vorgang, der noch mehr die Analogie zwischen Vorkeim und Moosstamm bestätigt. Entwickelt die Zelle % eine Moosknospe, so wölbt sie sich zuerst nach aussen schlauchförmig vor und folgt nun einem besonderen Wachsthumsmodus. Bald nach ihrer Streckung wird sie durch eine zu ihrer Längsaxe geneigte Wand in zwei Zellen getheilt und dann treten in der unbegrenzt weiter wachsenden Scheitelzelle weitere geneigte Wände auf, die gewöhnlich sofort einander in der Weise schneiden, dass drei im Laufe der Spirale auf einander folgende Wände die Scheitelzelle des künftigen Stämmchens constituiren, dessen sofort sich entwickelnde Blätter sich so’ stellen, dass der aus der Zelle « entspringende Blattvertreter als erstes Blatt i” «er fort- laufenden Spirale aufgefasst werden könnte. / Als weitere Stütze der hier kurz erläuterten neueren Auffassung der morpho- logischen Gleichwerthigkeit von Vorkeimaxen und typischen Moosstämmchen kann noch angeführt werden, dass auch Vorkeimaxen, die direct aus der Spore ent- springen, an ihrer Spitze in eine Moosknospe übergehen können. Ferner beob- achtete Leitgeb bei Fissidens Fälle, dass die für die Anlage eines Astes am Stämmchen bestimmte Zelle weiter papillenartig nach aussen vorwuchs, als dies bei der Zweiganlage normal stattfindet, so dass die erste Wand in derselben ganz ausserhalb der Stengeloberfläche auftrat, dann abermals eine Querwand sich bil- dete und nun erst durch Auftreten schiefer Wände die Sprossbildung eingeleitet wurde. Es wuchs also die Papille einige Zeit mit dem Charakter eines Proto- nemafadens, in dessen Spitze endlich der Spross entstand. Dass auch bei Leber- moosen ähnliche Ausnahmen eintreten, wurde früher bereits erwähnt (vgl. S. 382 und 401) und schliesslich können die Zweigvorkeime der Characeen ($. 86) hier als entsprechende Bildungen genannt werden, die auch als vereinfachte Nachbil- dungen des Charenstammes aus diesem hervorgehen. Brutknollen oder Brutknospen sind am Moosvorkeime keine ungewöhn- liche Erscheinung. Sie treten als mit unbewaffnetem Auge sichtbare, kugelige, kurzgestielte Zellenkörper (Fig. 116 A, bei b) ausschliesslich an den braunwan- digen Axen auf, ihre Zellen sind durchaus gleichartig, polyödrisch, die Zellwände verdickt, der Inhalt ohne Chlorophyll, aber reich an Reservenahrung (fettes Oel im Plasma). Diese Brutknollen gehen aus Vorkeimpapillen hervor, in denen die Differenzirung in die beiden Zellen « und % (Fig. 117 B und C) unterbleibt. Eine solche Papille wölbt sich stark in einer zur Papillarwand senkrechten Richtung vor, schwillt blasig an und theilt sich innerhalb dieser Anschwellung durch eine schiefe Wand, der bald darauf eine zweite, entgegengesetzt geneigte Wand folgt. In der so entstandenen zweischneidigen Scheitelzelle können nun noch eine oder zwei mit den ersten parallele Segmentwände auftreten; dann aber hört die Seg- mentbildung auf und in allen Zellen treten sehr unregelmässige Theilungen ein, die zuletzt zur vielzelligen Brutknolle führen. Diese kann nach einer Ruheperiode keimen. Im Lichte tritt dann meistens in einem Theile, der Zellen Chlorophyll auf; in allen Fällen treten aber aus einzelnen besonders protoplasmareichen, je- doch nicht regelmässig gelagerten Zellen der Oberfläche Protonemafäden hervor, die sich wie die normalen Vorkeimaxen verhalten und wie diese Moosknospen erzeugen. Unter Umständen kann eine solche Vorkeimaxe sich auch sehr ver- kürzen, indem eine Zelle der Brutknolle durch die entsprechenden in ihr auf- 460 Stegoearpae: Brutknospen. Verbreitung. tretenden schiefen Wände direct zur Scheitelzelle des Moosstämmchens wird, letz- teres also unmittelbar der Brutknolle aufsitzt. Brutknospen werden aber auch am beblätterten Stamm@ entwickelt. Bei Bryum annotinum! treten sie zu 1—3 in den Blattachseln der männlichen Pflanzen auf, am zahlreichsten in der Mitte des Stengels, nach dessen Basis und Scheitel abnehmend. _ Sie sind eiförmige, vielzellige, auf einem verschieden langen, zwei- bis dreizelligen Stiele sitzende Körper, deren dick- und braunwandige Zellen viele Oeltröpfehen enthalten. Ihre Entwickelung beginnt mit der Vorwölbung einer Zelle der Stammoberfläche und ist derjenigen der Vorkeimbrutknollen ähnlich. Nach erfolgter Aussaat treiben sie aus einer ihrer unteren Zellen einen Proto- nemafaden. Auch an den aus den Blattachseln entspringenden Rhizoiden entstehen genau die gleichen Brutknospen. Bei Aulacomnion androgynum sitzt eine ganze Gruppe citronenförmiger Brutknospen auf dem Gipfel einer blattlosen Stengelver- längerung, und ebenso entwickeln sich zahlreiche linsenförmige, lang gestielte Brutknospen auf dem Stammscheitel von Tetraphis pellucida, wo sie von einer zierlichen, kelchartigen Hülle von Blättern umgeben werden (Fig. 107). Fallen die Brutknospen von Tetraphis ab, so tritt eine ähnliche Keimung wie bei den oben beschriebenen Vorkeimbrutknollen und denen von Bryum annotinum ein. Aus beliebigen Zellen sprossen Protonemafäden hervor, an denen Blattvertreter entstehen, die hier aber Zellenflächen (Flächenvorkeime) und keine Zellenfäden sind.” Aus der Basis solcher Flächenvorkeime kann entweder eine weitere Vor- keimaxe entspringen, oder eine Blätter erzeugende Moosknospe hervorgehen. Auch bei “Tetrodontium Brownianum und T. repandum, sowie neuerdings bei Diphyseium und Oedopodium, sind durch Berggren Flächenvorkeime nachgewiesen worden, an deren Bas‘ die Moosknospe entspringt. Bei Tetrodontium und Diphyscium ent- stehen sie ax: Ende von Protonemafäden, bei Oedopodium entwickeln sie sich ohne voraufgehende Fadenbildung an ähnlichen Brutknospen, wie bei Tetraphis. Es stimmen somit manche stegocarpe Laubmoose in der Vorkeimbildung mit den Andreaeaceen (S. 429) und Sphagnaceen (S. 434) überein. Die stegocarpen Laubmoose bilden die grösste Ordnung der Muscineen mit bis jetzt bekannten ca. 3000 Arten. Sie sind über die gesammte der Vegetation zugängliche Erdoberfläche verbreitet, viele als gesellig in oft ausgedehnten Rasen wachsende Pflanzen, zahlreiche als Kosmopoliten, die nicht allein in allen Breiten gedeihen, sondern unter den Tropen oft auch von der Ebene bis in die höchsten Regionen emporsteigen. Unter den letzteren Formen werden von A. v. Humboldt für die Orinokoländer Südamerikas Neckera crispa und N. pennata, Polytrichum juniperinum, sowie Bryum roseum, B. turbinatum und B. nutans erwähnt. Auch in unseren Breiten gehen manche Arten von der Ebene bis in die höchsten Ge- birgsregionen, in welch’ letzteren z. B. Molendo am Grossglockner noch bei 10600‘ die letzten Moose fand. Andere Formen sind jedoch auf ganz bestimmte Re- gionen beschränkt oder dehnen ihren Verbreitungsbezirk in Vertikalrichtung nicht zu sehr aus,?® oder sie kommen in horizontaler Verbreitung nur engeren Vege- tationsgebieten zu. Wo gewisse Arten gesellig auftreten, bedingen sie, ähnlich wie Flechten und Torfmoose, oft die Physiognomie grösserer Flächen. Namentlich ist dies im nördlichen Polargebiete mit der weit ausgedehnten Moostundra, be- sonders Sibiriens, der Fall, die abgesehen von Torfmoosen vorzüglich Polytrichen beherbergt. . Letztere (z. B. Polytrichum commune) treten auch auf unseren Torf- mooren oft in grosser Individuenzahl auf und tragen dann nicht unwesentlich zur Torfbildung bei, an der sich unter günstigen Verhältnissen auch manche ı Hildebrand, Ueber die Brutkörper von Bryum annotinum. Flora 1874. S. 513. TaR 9. ® Vgl. auch Berggren in Botan. Zeit. 1872. S. 444 und dessen Beobach- tungen über die ungeschlechtliche Propagation der Muscineen durch Brutknospen; Acta Univers. Lundensis I (1864), mit. 4 Taf. — und VII (1870). j ® Vgl. in dieser Beziehung: Molendo, Moosstudien aus den Algäuer Alpen. Beiträge zur Phytogeographie; im VIII. Jahresber. d. naturf. Vereins in Augsburg, 1865. — Walther und Molendo, Die Laubmoose Oberfrankens. 8°. Leipzig 1868. — Lorentz und Molendo, Beiträge zur Biologie und Geographie der Laubmoose, in eh Moosstudien. Leipzig 1864. — Schimper, Synopsis Muscorum. 1. S. XLVI. Stegocarpae: Systematik. 461 Arten der Gattung Hypnum (H. ceuspidatum, H. trifarium, H. fluitans, H. revol- vens etc.), Paludella squarrosa, Philonotis fontana, Bryum turbinatum u. a. Arten der Gattung, Dieranum Schraderi u. s. w. betheiligen. Sonst sind Nutzen und Schaden der Laubmoose gering; die wenigen früher officinellen Arten sind als solche längst aufgegeben worden. Eine tabellarische Uebersicht der wichtigsten Unterordnungen mag den spe- ciellen Diagnosen derselben voraufgehen, doch müssen hier die ausführlichen Be- schreibungen verglichen werden. I. Sporenkapsel mit seltenen Ausnahmen gipfelständig an der Hauptaxe: Musei acrocarpi (S. 448). A. Stengel (wenigstens der sterile) 2-reihig beblättert. 1. Blätter der sterilen Stengel vertical angeheftet, herablaufend, unter einander verschmolzen, der Stengel daher farnblattähnlich; frucht- bare Stengel mit mehrreihigen, quer angehefteten Blättern: Schisto- stegaceae. 2. Blätter an allen Stengeln quer angeheftet. a. Blätter aus scheidiger Basis durch die austretende Mittelrippe plötzlich lang pfriemenförmig: Distichiaceae. b. Blätter schwertförmig reitend, indem die verlängerte Mittelrippe nach vorne und hinten breit blattartig geflügelt ist (Blatt an das- jenige von Iris erinnernd): Fissidentaceae. B. Stengel stets mehrreihig beblättert. 1. Blätter weisslich, wie bei den Torfmoosen aus zweierlei, in 2—3 Schichten liegenden Zellen gebildet: schlauchförmigen, Chlorophyll führenden und grossen, lufthaltigen, porösen Zellen: Leucobryaceae. 2. Blätter normal gebaut. a. Peristom aus 16, 32 oder 64 ungegliederten, zungenförmigen Zäh- nen, aus dickwandigen Faserzellen bestehend (S. 452), gebildet, die Zähne an der Spitze unter einander durch ein Epiphragma verbunden (S. 452 und Fig. 115 G). Blätter auf der Oberseite der Mittelrippe mit Längslamellen: Polytrichaceae. b. Peristom 4-zähnig, die Zähne aus dem kreuzweise gespaltenen, vielzelligen Gewebe des Deckelinneren gebildet (S. 452): Tetra- phidaceae. c. Peristom einfach oder doppelt, aus Membranverdickungen in Form einfacher oder gespaltener Zähne gebildet, oder rudimentär oder fehlend. 0 Inneres Peristom von einer kegelförmigen, mit 16 oder 32 Längsfalten versehenen Haut gebildet, das äussere aus sehr kleinen Zähnen bestehend: Buxbaumiaceae. 00 Inneres Peristom, wenn vorhanden, nur aus Zähnen gebildet. «. Zellnetz der Blätter überall sehr grossmaschig. Blätter nie mit Papillen. i Apophyse nicht oder doch nur unbedeutend vortre- tend: Funariaceae. jr Apophyse sehr stark, kugelig, birnförmig, eiförmig oder schirmartig-häutig: Splachnaceae. P. Zellnetz der Blätter gegen die Spitze enger, die chloro- phyllreichen Zellen dickwandiger, parenchymatisch oder prosenchymatisch; Zellen der Blattbasis ein weiteres, durchsichtigeres Netz bildend. Blätter oft papillös. Peristom meist doppelt, sehr selten einfach oder feh- lend. Haube kappenförmig. Blätter meist breit, selten papillös. Kapsel meist lang gestielt, oft übergeneigt, meist hängend, selten aufrecht: Bryaceae. ir Peristom meist einfach, bisweilen doppelt, selten feh- lend. Blätter meist schmal, 462 Stegocarpae: Systematik. Weisiaceae. * Blätter oft papillös, ihre Zellen in der Spitze klein und Fr FRE rundlich. Kapsel auf sehr verkürztem Stiele zwischen den Blättern eingesenkt sitzend oder auf etwas ver- längertem Stiele wenig emporgehoben, fast stets sym- metrisch. Peristom einfach, bisweilen doppelt, selten fehlend, die Zähne desselben meist papillös. Haube meist mützenförmig: Grimmiaceae. Blätter papillös oder glatt. Kapsel meist lang gestielt, aufrecht, fast immer symmetrisch. Peristom einfach, selten fehlend, mit 16 bis fast zur Basis getheilten oder 32 ungetheilten, schmalen, papillösen Zähnen. Haube meist kappenförmig: Pottiaceae. Blätter schmal, ganz glatt. Kapsel verlängert gestielt, aufrecht, symmetrisch. Peristom aus 16 ungetheilten, glatten Zähnen bestehend, bisweilen fehlend. Haube kappenförmig, oder mützenförmig und dann gelappt: Seligeriaceae. *##* Blätter papillös oder glatt. Kapsel oft verlängert ge- stielt (bei Systegium eingesenkt), symmetrisch oder un- symmetrisch. Peristom einfach, aus 16 meist bis unter die Mitte 2-schenkeligen Zähnen gebildet, selten feh- lend oder die Kapsel durch @Querhaut geschlossen. Haube kappenförmig: Weisiaceae. II. Sporenkapseln seitenständig: Musei pleurocarpi (S. 448). I. 1; A. Grosse, lang fluthende Wassermoose; die dreireihigen Blätter ohne Pa- pillen und ihre Zellen überall prosenchymatisch. Inneres Peristom überal. oder oben zu einer offenen, gitterartigen Kuppel vereinigt: Fontinalaceae. B. Erd-, Stein-, Baum- oder Sumpfmoose. 1. Blätter an dem verflachten Stengel meist scheinbar 2-reihig, glatt. a. Haube mützenförmig. Blattzellen prosenchymatisch: Hookeria- b. Haube meist kappenförmig. Inneres Peristom mit basilarer Haut und wie das äussere 16-zähnig: Neckeraceae. 2. Blätter mehrreihig. a. Blätter papillös oder warzig; Zellen der Blattmitte verdickt, pa- renchymatisch. Haube kappenförmig: Leskeaceae. b. Blätter glatt. 0 Peristom einfach oder doppelt, S- oder 16-zähnig. Haube kappenförmig: Fabroniaceae. 00 Peristom doppelt. Inneres Peristom mit 16-kielig-faltiger Basilarhaut und 16 gekielten Fortsätzen, zwischen denen je meist 2—4 knotig-gegliederte Wimpern stehen. Haube kap- penförmig: Hypnaceae. Musei acrocarpi (S. 461). Unterordnung. Weisiaceae. Meist 4, rasenbildende, bald zarte und zwergige, bald grössere Erdmoose, unter der blühenden Spitze Innovationsäste entwickelnd, welche die Axe wiederholt (dichotom verzweigt erscheinen lassen. Blätter 3-, 5-, bis S-reihige, aus aufrechter Basis abstehend, sparrig, zettlich, mit Mittelrippe, papillös oder glatt, das Zellnetz parenchymatisch, am Grunde locker und durchsichtig, nach der Spitze dichter und chlorophyllreich. Blüthen monöecisch oder diöcisch, selten bisexuell, die männlichen knospenförmig. Kapsel mehr oder weniger verlängert-gestielt, selten zwi- Haube kappenförmig. meist verlängert- oder lineal-lanzettlich, selten eilan- Weisieae. 463 schen die Blätter eingesenkt (Systegium), aufrecht oder übergeneigt bis hängend, symmetrisch oder unsymmetrisch, ihr Deckel geschnäbelt. Peristom einfach, 16- zähnig, selten fehlend oder die Kapselmündung durch eine Querhaut geschlossen. 174. Familie. Weisieae, Meist niedrige Moose mit allseitig abstehenden, trocken oft krausen, fast linealischen, glanzlosen, im oberen Theile meist papillösen oder warzigen Blättern. Kapseln klein, eiförmig, elliptisch oder cylindrisch, aufrecht oder ein wenig über- geneigt, symmetrisch. Peristom fehlend oder aus 16 lanzettlichen oder abgestutzten, ungetheilten oder unregelmässig gespaltenen und durchlöcherten Zähnen gebildet; oder die Kapselmündung durch eine Querhaut geschlossen. 1. Systegium Schimp. Sehr kleine, einhäusige Erdmoose mit eingesenkter, kugeliger Kapsel ohne Peristom und mit kleinem, kegeligem, meist nicht ab- fallendem Deckel. 3 Europäer, 1 deutsche Art. — S. crispum Schimp. A. Lockere, selten bis 1 Centim. hohe Rasen bildend. Obere Blätter sehr lang lanzettlich- linealisch, schopfig, trocken kraus, am Rande rinnig eingerollt, durch die aus- laufende Rippe stachelspitzig. Auf Aeckern, an Gräben ete. häufig. Fruetifieirt October — April. 2. Hymenostomum RBr. Einhäusige, kleine Erdmoose; die Kapsel ohne Peristom, aber nach Abfallen des geschnäbelten Deckels durch eine von der Co- lumella getragene Haut verschlossen. 7 Europäer, 3 deutsche Arten. — H. mi- crostomum RBr. 4. Kaum 5 Millim. hoch. Blätter verlängert lanzettlich, mit eingekrümmten Rändern, stachelspitzige. Kapsel bis 5 Millim. lang gestielt, ellip- tisch, meist etwas unsymmetrisch, engmündig, mit schmalem Ringe. An Wald- rändern, Grabenböschungen, auf Lehmmauern etc. gemein. Fructifieirt Frühling. 3. Gymnostomum Hedw. Ein- oder zweihäusige, rasenbildende Felsen- moose mit länglich-ovaler, peristomloser Kapsel und offener Kapselmündung. 3 deut- sche Arten. — G. rupestre Schwaegr. 4. Dichtrasig, bis 3 Centim. hoch, braun- grün, unten rostfilzig. Blätter lineal-lanzettlich, kurz gespitzt oder stumpflich, am Rande flach. Kapsel eiförmig, ohne Ring. Auf feuchten Felsen und in Felsspalten der Gebirge, namentlich der subalpinen und alpinen Region. Fructifieirt Juni, Juli. 4. Anoectangium Schwaegr. Von voriger Gattung hauptsächlich durch die achselständigen, zweihäusigen Blüthen verschieden, weshalb die Kapsel auf kurzen Zweigen seitenständig erscheint und das Moos den Typus der Musci pleurocarpi erhält, zu denen es strenge genommen gestellt werden müsste. 3 deutsche Arten, welche an Felsen hohe, schwellende Rasen bilden. — A. compactum Schwaegr. 4. Rasen bis 10 Centim. hoch, meist freudig grün, unten rostroth filzig. Blätter etwas abstehend, trocken sich spiralig um den Stengel drehend oder unregelmässig gekrümmt und die Spitze gedreht, lanzettlich oder lineal-lanzettlich, spitz, am Rande durch die vortretenden 2-spitzigen Warzen zierlich gekerbt. Kapsel auf 1 Centim. langem, bleichem Stiele aufrecht, länglich-oval, bleichbraun, mit rother Mündung und schmalem, sich stückweise lösendem Ringe. An feuchten Felsen der Hochgebirge. Fructifieirt Juli, August. 5. Weisia Hedw. Niedrige oder wenig hohe, rasen- oder kissenförmig wachsende Erd- und Felsenmoose. Blätter allseitig abstehend, lanzettlich bis pfriemenförmig, weich, trocken gedreht, ihre Zellen an der Basis 6-seitig, wasser- hell, oben rundlich-quadratisch und sehr chlorophyllreich, warzig oder papillös. Blüthen monöecisch, selten zwitterig. Kapsel lang gestielt, aufrecht, ungerippt. Peristomzähne mehr oder minder vollständig, lanzettlich oder gestutzt, papillös. 3 deutsche Arten. — W. viridula Brid. ©. Meist dichtrasig, 5 Millim. hoch, hellgrün. Blätter aus lanzettlicher Basis lineal-pfriemenförmig, oben am Rande eingerollt, durch die austretende dicke Rippe stachelspitzig, dicht warzig. Kapsel oval oder länglich. Deckel lang geschnäbelt. Ring schmal, bleibend. Peristom- zähne sehr veränderlich, oft fast fehlend. Auf der Erde, an Steinen, Mauern etc. gemein. Fructifieirt April, Mai. 6. Dieranoweisia Schimp. Blätter nicht oder spärlich papillös. Kapsel glatt, Peristomzähne lanzettlich, theilweise an der Spitze 2-spaltig, glatt oder an 464 Weisieae. Dicraneae. der Spitze klein-papillös, auf der Innenfläche mit vortretenden Querleisten. 4 deut- sche, einhäusige Arten. — D. cirrhata Schimp. 24, bis 2 Centim. hoch. Blätter aus lanzettlicher Basis allmählich linealisch verschmälert, kaum papillös, am Rande zurückgerollt, mehrfach verbogen, trocken kraus. Kapsel schmal-länglich, mit breitem Ringe, die Peristomzähne nicht längsstreifig. Auf Baumwurzeln, Bretter- zäunen, Dächern etc. gemein. Fruetifieirt Ende Winters. — D. crispula Hedw. Kapsel ohne Ring und mit längsgestreiften Peristomzähnen. An Felsen der Ge- birgsgegenden häufig. Fructificirt Mai, Juni. 7. Oreoweisia Schimp. Blätter dicht und lang papillös. Kapsel glatt. Ring fehlt. Peristomzähne mit innen vorspringenden (Querleisten, ohne Streifen und ohne Papillen. 1 deutsche, einhäusige Art. — O. serrulata Schimp. 4. Blätter unten breit, nach oben schmal lanzettlich. Alpen von Tirol, Salzburg und Kärnthen. Fructifieirt August. 8. Rhabdoweisia Schimp. Kapsel 8-rippig. Peristomzähne mit innen vor- springenden Querleisten, ohne Papillen, aber mit schräg sich kreuzenden Streifen. 2 deutsche, einhäusige Arten. — Rh. fugax Schimp. 4, selten bis 2 Centim. hoch. Blätter schmal lineal-lanzettlich, ganzrandig oder entfernt klein gezähnt, kaum merklich papillös. Peristomzähne aus sehr niedriger, breiter Basis plötzlich haarfein, bald verschwindend. An Felsen. Fructifieirt Juni, Juli. 175. Familie. Dicraneae. Niedrige bis hohe Moose mit oft einseitswendigen und sichelförmigen, breit lanzettlichen bis pfriemenförmigen, meist glatten Blättern und durch Innovations- äste wiederholt gabeligen Stengeln. Kapsel lang gestielt, fast stets übergeneigt, oft unsymmetrisch und gekrümmt. Peristomzähne lanzettlich, kräftig, stets mit vortretenden Querleisten, papillös und längsstreifig, bis unter die Mitte oder manch- mal bis fast zur Basis 2-schenkelig, sehr selten ungetheilt. 1. Cynodontium Schimp. Rasenbildende, weiche Felsenmoose mit ab- stehenden, lineal-lanzettlichen, am Rande gegen die Spitze‘ gekerbten oder ent- fernt gezähnten, trocken krausen, mehr oder minder papillösen Blättern, deren Zellen oben quadratisch, in der Mitte rectangulär, an der Basis verlängert, rectan- gulär und wasserhell sind. Blüthen einhäusig. Haube am Grunde ganzrandig. Kapsel auf verlängertem Stiele übergeneigt oder aufrecht, meist etwas gekrümmt, gefurcht und mit kurzem oder kropfigem Halse. Peristomzähne bis unter die Mitte ungleich 2-schenkelig, purpurn. 4 deutsche Arten. — (. polycarpum Schimp. 4. Ausgedehnte, lockere, bis 5 Centim. hohe, meist dunkelgrüne Rasen bildend. Blätter gedrängt, selten einseitswendig, aus länglicher Basis allmählich lineal-lanzettlich-pfriemenförmig, beiderseits wenig papillös. Kapsel mehr oder minder kropfig, etwas buckelig, tief gefurcht, der Deckelrand gekerbt, der Ring breit. An Felsen und erratischen Blöcken. Fructificirt Juni— August. 2. Diehodontium Schimp. Von voriger Gattung namentlich durch die glatte Kapsel verschieden. 1 deutsche, zweihäusige Art: D. pellucidum Schimp. 2. 3—4, selten bis 8 Centim. hoch. Kapsel ohne Ring. An Felsen der Gebirge. Fructifieirt Spätherbst und Winter. 3. Trematodon Mich. Niedrige, einhäusige Erd- und Torfmoose mit glatten Blättern nnd langhalsiger, etwas gekrümmter, fast cylindrischer oder schmal birn- förmiger Kapsel. Peristomzähne ganz oder ungleich 2-spaltig, die Schenkel an der Spitze theilweise verwachsen, mit nach aussen vorspringenden Querleisten. Haube ganzrandig. 2 deutsche Arten. — T. ambiguus Hornsch. 4. Gesellig, bis 5 Millim. hoch. Blätter aus eiförmiger Basis plötzlich lang pfriemenförmig. Hals länger als der übrige Kapseltheil. Zähne des Peristoms in der Mitte oder bis zur Spitze gespalten. Auf feuchtem, namentlich moorigem Boden. Fructifieirt Juni, Juli. . 4. Dieranum Hedw. Grosse, ein- oder 2-häusige Moose mit einseitswen- digen oder allseitig abstehenden, glatten, sehr selten papillösen Blättern, welche an den Flügeln der Basis grössere, bauchige, braune Zellen besitzen. Haube ganz- randig. Kapselstiel gerade; Kapsel fast symmetrisch und aufrecht oder unsym- metrisch und übergeneigt, mit oder ohne Ring, glatt oder gestreift. Peristomzähne bis zur Mitte 2-schenkelig. Circa 20 deutsche Arten. Dieraneae. 465 A. Kapsel aufrecht und gerade. Blätter nicht querrunzelig. Zweihäusig. 1. Zellen der Blattspitze rundlich-quadratisch. 4. Blätter allseitig abstehend, aus lanzettlicher Basis allmählich pfriemenförmig, rinnig-hohl, am Rande weit hinab gesägt. Kapsel später gefurcht. In weichen, ausgedehnten, bis 4 Centim. hohen Rasen an morschen Baumstümpfen häufig. Fructi- fieirt Juni— August: D. montanum Hedw. 2. Zellen der Blattspitze linealisch. 4. Blätter gewöhnlich einseitswendig und stark sichelförmig, sehr lang und haarfein-pfriemenförmig, bis fast zur Basis gesägt, die breite Rippe die ganze Blattspitze ausfüllend. Kapsel ungestreift. In lockeren, bis 8 Centim. hohen Rasen an Felsen und Baumstämmen in Gebirgsgegenden nicht selten. Fructificirt Juli, August: D. longifolium Ehrh. B. Kapsel übergeneigt und gekrümmt. 1. Blätter nicht querrunzelig.. Einhäusig. 4. Blätter unregelmässig ein- seitswendig-sichelförmig. Kapsel unregelmässig gefurcht. Deckel am Rande ausgefressen. Auf der Erde und an Felsen der Gebirge häufig. Fructificirt Juni, Juli: D. Starkii Web. et M. 2. Blätter nicht querrunzelig. Zweihäusig. 4. Blätter einseitswendig, mehr oder weniger sichelförmig. Kapselstiele einzeln, roth, meist 4 Centim. hoch. Kapsel ungestreift. Ring fehlend. In Wäldern, auf Triften, Haiden, Stämmen, Felsen und Dächern in ausgebreiteten, lockeren, bis 10 Centim. hohen Rasen gemein. Fructifieirt Mai— August: D. scoparium Hedw. 3. Blätter quer gerunzelt. Zweihäusig, die männlichen Blüthen auf meist kleineren Pflanzen (S. 457). 4. Blätter sichelförmig-einseitswendig, bis gegen die Basis sehr stark querwellig. Kapselstiele zu 3 und mehr ge- häuft. Ring schmal, anklebend. In lockeren, ausgedehnten, bis über 10 Centim. hohen Rasen auf der Erde, Felsen etc. gemein: D. undula- tum Hedw. 5. Dieranella Schimp. Meist kleine, gesellig wachsende, der vorigen Gat- tung ähnliche Moose, die Blattflügel ohne besondere Zellengruppe. Sonst wie Dieranum. 10 deutsche Arten. — A. Blätter einseitswendig. Zweihäusig: D. heteromalla Schimp. 4. Dichtrasig, bis 3 Centim. hoch. Blätter aus schmal lanzettlicher Basis allmählich rinnig-borstig, ziemlich weit herab klein gezähnt. Kapsel auf gelblichem Stiele geneigt, verkehrt eiförmig, buckelig, gekrümmt, ge- furcht. Ring sehr schmal. Deckel lang geschnäbelt. Auf der Erde und an Felsen nicht selten. Fructificirt Spätherbst— Frühling. — D. varia Schimp. 4. 0,5, selten bis 2 Centim. hoch. Blätter oben meist schwach gezähnelt. Kapsel auf rothem Stiele übergeneigt, nicht gestreift. Ring fehlt. Deckel kurz geschnäbelt. Auf nackter Erde gemein. Fructificirt Spätherbst und Winter. — B. Blätter sparrig oder allseits abstehend: D. cerviculata Schimp. Zweihäusig. 4. Bis 2 Cen- tim. hoch. Blätter meist fast ganzrandig. Kapsel auf gelbem Stiele geneigt, rundlich-eiförmig, kropfig, entleert stark gefaltet. Ring schmal. Deckel lang ge- schnäbelt. Auf feuchtem Torfboden häufig. Fructifieirt Juni, Juli. — D. crispa Schimp. Einhäusig. 4. Blätter plötziich haarfein pfriemenförmig ausgezogen, meist ganzrandig. Kapsel ohne Kropf, gefurcht. Ring schmal. Deckel lang geschnäbelt. Feuchte Stellen der Gebirge. Fructificirt Spätherbst und Winter. 6. Dieranodontium Br. et Schimp. Von Dieranum namentlich durch die bis fast zur Basis 2-theiligen Peristomzähne unterschieden. 2 deutsche, 2-häusige Arten. — D..longirostre Br. et Schimp. 4. Meist ausgedehnt dichtrasig, bis 5 Centim. und darüber hoch. Blätter allseits abstehend bis stark sichelförmig, glänzend, nur an der Spitze klein gesägt, die Rippe auf dem Rücken meist glatt. Auf Waldboden, faulen Baumstämmen und an Sandsteinfelsen. Fructificirt Spät- herbst bis Frühjahr. 7. Campylopus Brid. Namentlich durch die am Grunde schön gewimperte Haube von Dieranum unterschieden. Kapselstiel schwanenhalsartig niedergebogen. Zweihäusig. 5 deutsche Arten. — C. flexuosus Brid. 4. In dunkelgrünen, glän- zenden, 1—6 Centim. hohen Rasen. Stengel bis zur Spitze rothfilzig. Blätter meist aufrecht abstehend, aus lanzettlicher Basis plötzlich pfriemenförmig. An Sandsteinfelsen, manchmal auch auf Torfboden. Fructifieirt Winter und Frühling. Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 30 466 Leuceobryaceae. Fissidentaceae. Seligeriaceae. 2. Unterordnung. Leucobryaceae. 176. Familie. Leucobryeae. 2 Pflanzen in weisslich-blaugrünen, sphagnumartigen Polstern. Stengel mehr- reihig beblättert, trocken zerbrechlich. Blätter rippenlos, weisslich, aus 2—3 Schich- ten grosser, farbloser, poröser, lufthaltiger Zellen bestehend, zwischen denen schlauchförmige, chlorophyllhaltige Zellen eingeklemmt liegen. Blüthen diöcisch. Haube kappenförmig. Kapsel verlängert gestielt, oblong bis eiförmig, übergeneigt, trocken gefurcht. Deckel geschnäbelt. Ring fehlt. Peristom einfach, mit 16 bis unter die Mitte 2-schenkeligen, dichtgegliederten, längsstreifigen, papillösen Zähnen. Leucobryum Hampe. Charakter der Familie. 1 deutsche Art: L. glau- cum Schimp. 4. Rasen polsterförmig, oft halbkugelig, 3—20 Centim. hoch, blass blaugrün, trocken weiss. Stengel schopfig-gabelig verzweigt. Blätter aus eiför- migem Grunde lanzettlich, ganzrandig, röhrig zusammengerollt. Auf feuchtem Waldboden gemein. Fructificirt Winter und Frühling. 3. Unterordnung. Fissidentaceae. 177. Familie. Fissidenteae. Blätter 2-zeilig, halbstengelumfassend, die verlängerte Rippe auf dem Rücken vertical breit geflügelt, das Blatt daher schwertförmig wie bei Iris, sein Zellnetz dicht parenchymatisch, die rundlich-6-eckigen Zellen sehr chlorophyllreich. Haube kappen- oder mützenförmig. Kapsel gipfel- oder seitenständig, aufrecht und sym- metrisch oder gekrümmt. Deckel geschnäbelt. Peristom einfach, mit 16 mehr oder minder papillösen, schmal lanzettlichen, meist bis zur Mitte ungleich 2-schenke- ligen oder unregelmässig gespaltenen und durchlöcherten Zähnen (Fig. 115 E). 1. Conomitrium Mont. Kapsel sehr kurz gestielt, seitenständig in den Blattachseln. Haube mützenförmig. Peristomzähne sehr kurz und breit, stumpf, unregelmässig gespalten oder durchlöchert. Einhäusige, fluthende Wassermoose. 1 deutsche Art: Ö©. Julianum Mont. 4. In Brunnentrögen, an Steinen, Baum- wurzeln etc. in Quellen, Bächen und an Wehren. Fructifieirt Juni, Juli. 2. Fissidens Hedw. Kapsel lang gestielt, theils gipfel-, theils seitenstän- dig. Haube meist kappenförmig. Peristomzähne bis zur Mitte ungleich 2-schen- kelig, meist vertical gestreift, trocken einwärts gekrümmt. Stein- und Erdmoose mit einfachem oder wenig verzweigtem Stengel. 12 deutsche Arten. — F. adian- toides Hedw. 4. Zwei-, selten einhäusig und alle Blüthen seitenständig. Stengel 3—8 Centim. hoch. Blätter mit Stachelspitze, an der Spitze scharf gesägt, sonst kerbig gezähnt, die Rippe unter der Spitze verschwindend. Kapselstiel aus der Stengelmitte entspringend. Ring fehlt. Peristomzähne gestreift. Auf feuchtem, schattigem Boden, auf Torfwiesen, meist gemein. Fructifieirt Spätherbst— Früh- ling. — F. osmundoides Hedw. 4. Zweihäusig, die weiblichen Blüthen und Kapseln gipfelständig. Stengel bis 6 Centim. hoch. Haube 'pyramidal-mützenförmig. Auf feuchten, besonders torfigen Wiesen. Fructificirt Juli—October. — F. bryo- ides Hedw. 4. Einhäusig. Haube kappenförmig; sonst wie vorige Art. Auf schattigem, thonigem Boden, meist häufig. Fructificirt October— April. 4. Unterordnung. Seligeriaceae. Meist zwergige, 4 Felsenmoose mit mehrreihigen, abstehenden, schmalen, glatten, gerippten Blättern, deren chlorophyllreiche Zellen oben klein quadratisch, unten rectangulär sind. Blüthen monöcisch oder diöcisch., Haube kappenförmig oder mützenförmig. Kapsel verlängert, gestielt, aufrecht, symmetrisch, nacktmündig oder mit 16 ungetheilten, lanzettlichen, spitzen, stumpfen oder gestutzten Peri- stomzähnen. Seligerieae. Blindieae. Brachydonteae. Distichieae. Pottieae. 467 178. Familie. Seligerieae. Pflanzen zwergig, einhäusig. Blattflügelzellen von den übrigen Zellen: des Blattgrundes nicht verschieden. Haube kappenförmig. Kapsel mit deutlichem Halse. Peristomzähne breit, glatt, selten fehlend. Ring fehlt. 1. Seligeria Br. et Schimp. Mit Peristom. 4 deutsche Arten. — S. re- curvata Br. et Schimp. 4. Kapsel auf übergeneigtem Stiele. An Felsen der Gebirge, stellenweise häufig. Fructifieirt Juni, Juli. 2. Anodus Br. et Schimp. Ohne Peristom. © 1 deutsche Art: A. Donianus Br. et Schimp. 4. Zerstreut. Fructifieirt Juli, August. 179. Familie. Blindieae. Pflanzen höher wie bei voriger Familie, rasenbildend, zweihäusig oder ein- häusig. Blattflügel der Basis aus grösseren, braunen, quadratischen Zellen gebil- det. Haube kappenförmig. Kapsel mit starkem Halse. Ring fehlt. Peristomzähne glatt, bisweilen durchlöchert, selten fehlend. Blindia Br. et Schimp. Mit Peristom. 1 deutsche Art: B. acuta Br. et Schimp. 4. An feuchten Felsen der Gebirge. Fructifieirt Juni, Juli. 180. Familie. Brachydonteae. Wie die Seligeriaceen, aber Kapsel ohne deutlichen Hals. Peristomzähne papillös, sehr kurz. Haube mützenförmig, am Rande gelappt. Brachyodus Nees et Hornsch. Peristomzähne meist kürzer als der sehr breite Ring. 1 deutsche Art: B. trichodes Nees et Hornsch. 4. Nur 1 Millim. hoch. Auf feuchten, schattigen Steinen in Gebirgsgegenden. Fructifieirt October. ! 5. Unterordnung. Distichiaceae. 181. Familie. Distichieae. Ausdauernde, dichtrasige Felsenmoose mit 2-zeiligen, glänzenden, aus schei- diger Basis durch die austretende Rippe plötzlich lang pfriemenförmigen Blättern ; die Zellen des Blattgrundes glatt, schmal linealisch bis verlängert 6-seitig, oben viel kürzer und papillös. Blüthen einhäusig. Kapsel verlängert gestielt, aufrecht oder geneigt. Haube kappenförmig. Peristom mit 16 meist 2-schenkeligen Zähnen. Distichium Br. et Schimp. 2 deutsche Arten. — D. capillaceum Br. et Schimp. 4. Kapsel aufrecht, eylindrisch. An schattigen Felsen häufig in dichten, oft bis 8 Centim. hohen Rasen. Fructificirt Juni, Juli. 6. Unterordnung. Pottiaceae. Meist 4, ziemlich kleine, einfache oder ästige Moose. Blätter mehrreihig, theils warzig oder papillös, theils glatt; die Blattzellen parenchymatisch, im oberen Theile dicht und chlorophyllreich, im unteren locker und wasserhell. Haube kap- penförmig, sehr selten mützenförmig und dann gelappt. Kapsel meist lang ge- stielt, gewöhnlich aufrecht, fast immer symmetrisch. Peristom nur selten fehlend, einfach, entweder mit 16 bis fast zur Basis 2-theiligen, oder mit 32 ungetheilten, schmalen, papillösen Zähnen. 182. Familie. Pottieae. © oder 4 Erdmoose. Peristom fehlend oder mit 16 breiten und kurzen Zähnen. Künstliche Familie. 30* 468 Pottieae. Triehostomeae. 1. Pottia Ehrh. Kleine © oder (-) Erdmoose mit breiten, etwas warzigen Blättern, die Blattzellen oben kurz 6-seitig, unten sehr verlängert. Blüthen meist monöcisch. Haube kappenförmig. Kapsel aufrecht, oval oder verkehrt eiförmig. Peristom fehlend oder mit 16 wenig gegliederten, ganzen .oder unregelmässig ge- spaltenen oder durchlöcherten Zähnen. 9 deutsche Arten. — P. cavifolia Ehrh. ©. Lockerrasig oder heerdenweise, bis 5 Millim. hoch. Blätter meist knospen- förmig zusammenschliessend, löffelförmig hohl, eilänglich, ganzrandig, die Mittel- rippe in ein weisses, glattes Haar auslaufend und oberseits mit grünen Lamellen besetzt. Kapsel 2-3 Millim. lang gestielt, eiförmig bis länglich, ohne Peristom und ohne Ring. Auf Aeckern, Mauern etc. gemein. Fructificirt October — April. — P. lanceolata ©. Müll. ©. Lockerrasig, 0,5—1 Centim. hoch. Blätter länglich bis breit lanzettlich, durch die auslaufende Rippe lang stachelspitzig, die Rippe ohne Lamellen. Kapsel meist 5 Millim. lang gestielt, eiförmig, mit einfachem Ringe und röthlichen, ganzen oder durchlöcherten, auf deutlicher basilärer Haut sitzenden Peristomzähnen. Auf Feldern, Wiesen, Mauern etc. gemein. Fructificirt März, April. — P. truncata Schimp. ©, lockerrasig, bis 1 Centim. hoch. Blätter 'länglich, sehr kurz gespitzt, die Rippe ohne Lamellen. Kapsel verkehrt eiförmig, nach Abwerfen des Deckels fast halbkugelig, ohne Peristom. Auf Aeckern, Gras- plätzen etc. gemein. Fructifieirt October — April. 2. Didymodon Hedw. Blätter meist gewunden und kraus. Kapsel länglich bis eylindrisch, ihr Peristom aus 16 ungetheilten oder bald mehr, bald weniger 2-schenkeligen, aufrechten, haarähnlichen Zähnen gebildet. Künstliche Gattung, welche die Tracht von Trichostomum (S. 469) besitzt, daher oft auch mit diesem vereinigt wird. Nur wenige deutsche Arten. — D. rubellus Br. et Sch. 2. Meist dichtrasig, 0,5—3 Centim. hoch, rothbraun, die unteren Blätter feuerroth. Blätter lineal-lanzettlich, trocken kraus, mit- kurzer Stachelspitze, am Rande umgerollt. Kapsel meist 1 Centim. lang gestielt, länglich-cylindrisch, mit kürzer oder länger geschnäbeltem Deckel, breitem Ringe und fast ungetheilten Peristomzähnen. An Felsen und Mauern, auf Dächern und selbst auf der Erde; gemein. Fructificirt August— November. 3. Eucladium Dr. et Sch. 4, zweihäusige, dichtrasige Kalkmoose, welche den Uebergang zu den Weisieen (S. 463) vermitteln. Stengel mehrfach gabelig. Blätter schmal, mit dicker Rippe, deutlich warzig, an der Spitze aus kleinen, dick- wandigen, rundlich-quadratischen Zellen gebildet. Kapsel eilänglich. Die 16 etwas schief stehenden Peristomzähne lanzettlich, ohne Querleisten, an der Spitze 2- bis 3-spaltig oder durchlöchert. Eine deutsche Art: E. vertieillatum Br. et Sch. 1—5 Centim. hoch. Blätter schmal-lanzettlich, am unteren Rande gezähnt. Kapsel braun, auf röthlichem, 0,5—1,5 Centim. langem Stiele aufrecht. Deckel trocken pfriemenförmig, seine Zellen spiralig geordnet. An feuchten Kalkfelsen und Mauern der Gebirgsgegenden zerstreut. Fructifieirt Juni, Juli. 183. Familie. Trichostomeae. Rasenbildende oder polsterförmig wachsende Erd- oder Felsen-, selten Baum- moose. Blätter meist allseitswendig, mehr oder minder warzig. Kapsel meist sym- metrisch und aufrecht. Peristom aus 32 haarfeinen, papillösen Zähnen bestehend, die an der Basis mittelst einer deutlichen, manchmal sehr hohen Haut zusammen- hängen (Fig. 115 A). 1. Barbula Web. et M. Meist 4, dicht polsterförmige oder lockerrasige, selten ®@ und dann truppweise wachsende, Mauern, Felsen oder Erde bewohnende Moose mit verlängertem oder knospenförmigem Stengel. Blätter glanzlos, meist gekielt, mehr oder minder warzig, ihre Zellen an der Spitze rundlich oder kurz sechsseitig. Kapsel länglich oder cylindrisch, manchmal etwas gekrümmt. Peristom mit 32 lang fadenförmigen, spiralig (meist rechts) gewundenen Zähnen auf einer niedrigen oder hohen, schrägzelligen Haut (Fig. 115 A). Zellen des Deckels spi- ralig geordnet. Ca. 30 deutsche Arten. Triehostomeae. 469 A. ©, truppweise wachsende Erdmoose mit knospenförmigem Stengel. Blätter starr, breit, dick, oberseits auf der Rippe mit Lamellen oder gegliederten, chlorophyllreichen Haaren besetzt. Zweihäusie. a. Peristomzähne mehrere Male gewunden. Ring breit. Haube die halbe Kapsel bedeckend. Blätter elliptisch oder länglich, stumpf oder mit kurzer Spitze. Auf kalkig-lehmigem Boden, an Mauern, Kalkfelsen; fructifieirt October— April: B. rigida Schultz. b. Peristomzähne nur einmal gewunden. Ring schmal. Haube nur den Deckel bedeckend. Blätter fast sternförmig ausgebreitet, aus eiförmiger Basis länglich, mit stumpfer, hakig einwärts gekrümmter Spitze. Auf Kalkboden zerstreut. Fructificirt Oetober—April: B. ambigua Pr. et Sch. B. 2A, rasenwüchsige Moose, deren Blattmittelrippe ohne Lamellen und Glieder- haare. Zweihäusig. a. Blätter schmal. Peristomzähne auf niedriger Basilarhaut. * Blätter trocken gekräuselt, lineal-lanzettlich, allmählich schmal zuge- spitzt, die Rippe als kurzer Endstachel auslaufend. Peristomzähne mehrmals gewunden. An Felsen, besonders Kalkfelsen; fructifieirt Juni, Juli: B. tortuosa Web. et M. ** Blätter nicht gekräuselt. 0 Zellen des Blattgrundes nicht verdickt, zart. Blätter eilänglich und länglich-lanzettlich, an der Spitze abgerundet und durch die austretende Rippe kurz stachelspitzig, am Rande umgerollt. Ring fehlt. Peristomzähne mehrmals gewunden. Auf feuchter Erde, an Mauern etc. gemein; fructificirt October—April: B. unguicu- lata Hedw. 00 Zellen des Blattgrundes verdickt. Blätter lanzettlich, am Rande zurückgerollt. Peristomzähne mehrmals gewunden. Auf Erde, an Mauern und Felsen; fructifieirt October—April: B. fallax Hedw. b. Blätter zungenförmig, am Rande straff umgerollt, an der stumpflichen Spitze mit einem glatten Haare. Peristomzähne mehrmals gewunden. Ein- häusig. An Mauern und Felsen, auf Dächern gemein; fructifieirt April bis October: B. muralis Timm. c. Blätter breit lanzettlich. Peristomzähne auf hoher Basilarhaut. * Zweihäusie. Meist 5 Centim. hoch. Blätter aus scheidiger Basis sparrig und niedergebogen, mit langer, stark gesägter Haarspitze und stacheliger Mittelrippe. Auf Mauern, Felsen, Strohdächern, Baum- rinde; gemein; fructifieirt Mai—Juli: B. ruralis Hedw. ** Zweihäusig. Meist nur 5 Millim. hoch. Blätter kurz gespitzt, stark papillös.. Frucht unbekannt. Auf Baumrinde (Pappeln, Weiden): B. papillosa ©. Müll. *»** Kinhäusig, zuweilen zwitterig. 0,5—1 Centim. hoch. Blätter mit kurzer Stachelspitze, von mehreren Reihen gelblicher, längerer Zellen schmal gesäumt. Auf Erde, Mauern und Felsen; fructificirt Mai, Juni: B. subulata Drid. 2. Trichostomum Hedw. Künstliche Gattung vom Habitus der vorigen, aber die Deckelzellen gerade verlaufend und die 16 oder 32 Peristomzähne auf niedriger Haut straff aufrecht. Ca. 10 deutsche Arten. — T. tophaceum Brid. 2, dichtrasig, meist nur 2—10 Millim. hoch, zweihäusig. Blätter kielig-hohl, lan- zettlich, stumpflich bis stumpf gerundet, am Rande zurückgerollt, mit kräftiger, wenig unter der Spitze verschwindender Rippe. Ring fehlt. An quelligen, kalk- haltigen Stellen. Fructifieirt November — April. — T. rigidulum Sm. 2, dicht- rasig, meist 1—2 Centim. hoch, zweihäusig. Blätter gekielt, lanzettlich, lang zu- gespitzt, die Rippe in der Spitze verschwindend. Ring schmal. Auf Mauern, Steinen, Felsen. Fructifieirt October—April. 3. Desmatodon Brid. Künstliche, theils an Pottia, theils an Barbula erin- nernde Gattung mit 4 Berg- und Hochgebirgsmoosen. Blätter trocken spiralig gedreht, meist kahnförmig hohl, eilänglich, stumpf, mit oder ohne Spitze, die Blatt- zellen weit 6-seitig, sehr warzig, nur am Grunde glatt und wasserhell. Deckel- 470 Trichostomeae. Grimmiaceae. Cinclidoteae. = zellen geradreihig; Peristom mit deutlicher Basilarhaut und 32 gepaarten, auf- rechten oder schwach gewundenen Zähnen. Einhäusig. 5 deutsche Arten. — D. latifolius Brid. Rasen locker, meist 5 Millim. hoch. Blätter mit gewöhnlich haarähnlicher, gezähnter Spitze, am Rande zurückgerollt. Kapsel aufrecht, sym- metrisch, länglich. Auf humösem Boden und in erdigen Felsspalten der subal- pinen und alpinen Region (Alpen, Riesengebirge, Vogesen etc.). Fruectificirt Juli, August. 4. Leptotrichum Hampe. © oder 4, ein- oder zweihäusige Moose, welche im Baue der Kapsel und des Peristoms mit Trichostomum übereinstimmen, durch ihren Habitus die Trichostomeen mit Dicranella verbinden. Blätter glänzend, glatt, lanzett-pfriemlich bis borstenförmig, die Rippe den oberen Theil ganz aus- füllend, das Zellnetz im oberen Theile kleine quadratische, rectanguläre bis rhom- bische Maschen bildend. 7 deutsche Arten. — L. tortile Hampe. ©, zweihäusig, locker rasenförmig oder truppweise, 2—5 Millim. hoch. Blätter aus weisslicher, lanzettlicher Basis allmählich pfriemenförmig, der Rand in der Mitte umgeschlagen, die Rippe auslaufend, bis hoch hinauf von der vorgezogenen Blattfläche gesäumt, oben spärlich gezähnt. Perichätialblätter wenig verschieden. Kapsel schmal cy- lindrisch, auf röthlichem Stiele.e Ring schmal. Peristomzähne auf breiter Haut. Auf feuchtem Sandboden nicht selten. Fructificirt October— März. — L. palli- dum Hampe. ©. Einhäusig, bis 5 Millim. hoch. Blätter aus schmal-eiförmiger, bleicher Basis plötzlich lang pfriemenförmig, oben gesägt, die Rippe in der Spitze verschwindend. Kapsel eilänglich, auf bleichgelbem Stiele. Ring schmal. Peristom- zähne auf schmaler Haut paarig, oft theilweise verwachsen. Auf thonigen Wald- plätzen zerstreut. Fructifieirt Mai, Juni. 5. Trichodon Schimp. ©, zweihäusige, in der Tracht an Leptotrichum tortile erinnernde Erdmoose mit sehr schmalen, glatten Blättern, deren Zellen oben sehr lang und schmal linealisch bis rectangulär sind. Kapsel etwas geneigt, sehr schmal cylindrisch, wenig gekrümmt, im Alter kaum gefurcht. Die 16 unten dicht gegliederten, meist bis zur Basis 2-spaltigen Peristomzähne nicht gesäumt. 1 deut- sche Art: T. cylindricus Schimp. Lockerrasig, bis 5 Millim. hoch. Blätter sparrig verbogen, trocken gekräuselt. Ring breit. Kapselstiel haarfein, gelblich. Auf Sandboden. Fructificirt Juni. 6. Ceratodon Drid. 4, zweihäusige, an Trichostomum erinnernde Erdmoose mit schmalen, schwach papillösen Blättern, deren Zellen oben rundlich-quadratisch und verdickt sind, Kapsel geneigt, länglich, etwas gekrümmt, gefurcht. Peristom- zähne wie bei Trichodon, aber sehr genähert, die Schenkel gesäumt und am Grunde oft durch Querglieder verbunden. 1 deutsche Art: C. purpureus Brid. Lockerrasig, 2—3 Centim. hoch, dunkelgrün bis rothbraun. Blätter lanzettlich, zugespitzt, am Rande zurückgeschlagen, an der Spitze spärlich gezähnt. Perichä- tialblätter stumpflich. Kapselstiel steif, glänzend purpurroth. Kapsel kantig, im Alter stark gefurcht. Ring breit. An den verschiedensten Standorten, gemein. Fructifieirt April, Mai. 7. Unterordnung. Grimmiaceae. In Rasen und Polstern wachsende, 4, gewöhnlich ästige Fels- und Rinden- moose. Blätter mehrreihig, die Zellen im oberen Theile parenchymatisch, klein, sechsseitig-rundlich, chlorophyllreich, oftmals papillös, unten sechsseitig bis linea- lisch und oft gebuchtet, meist zartwandig und durchsichtig. Blüthen knospenför- mig. Kapsel auf sehr verkürztem Stiele eingesenkt oder auf verlängertem Stiele emporgehoben, meistens symmetrisch. Haube, mützen- oder kegelförmig, selten kappenförmig. Peristom meist einfach, bisweilen doppelt (einige Orthotricha), selten fehlend, die Zähne meist papillös. 184. Familie. Cinclidoteae. .. Ansehnliche, unregelmässig verzweigte, an Fontinalis erinnernde Wassermoose. Blätter wenig papillös, mit sehr dicker Rippe und verdicktem Rande, die Zellen auch am Grunde rundlich-6-seitig, dickwandig und chlorophyllreich. Kapsel an Cinclidoteae. Grimmieae. 471 der Spitze des Stengels und der Aeste auf kurzem Stiele. Haube kegelkappen- förmig, nicht behaart. Ring fehlt. Peristom einfach, aus 16 2—3-spaltigen, am Grunde durch ein Häutchen und unter sich im unteren Theile netzartig verbun- denen Zähnen gebildet (Fig. 115 B). \ Cinelidotus Pal. Beauv. Charakter der Familie. 3 deutsche Arten. — C. fontinaloides Pal. Beawv. 4. Zweihäusig., Rasen schwarz, an den Spitzen schwarzgrün, durch zahlreiche geknäuelte, männliche Aeste struppig. Stengel bis über 10 Centim. lang, fluthend oder ausserhalb des Wassers herabhängend, dicht beblättert. Blätter lanzettlich, zugespitzt, scharf gekielt, am flachen Rande durch 2—3 Reihen 2- und 3-schichtiger Zellen stark verdickt. Kapsel fast ganz einge- senkt, eirund oder länglich-eiförmig, braun, trocken gefrucht. Deckel lang ge- schnäbelt. Peristomzähne sehr papillös. An Steinen in Gebirgsbächen und Flüssen. Fructifieirt Mai, Juni. 185. Familie. Grimmieae. Polster- oder rasenförmig wachsende Stein- und Felsenmoose von dunkel- grüner, bräunlicher oder schwärzlicher Farbe. Blätter gedrängt, gerippt, meist haar- spitzig, nie gesäumt, winzig papillös, ihre Zellen an der Spitze sehr verdickt und meist trübe bis fast undurchsichtig. Blüthen ein- und zweihäusig. Kapsel auf deutlichem, oft gekrümmtem Stiele, fast stets symmetrisch, ihr Ring selten fehlend. Peristom selten fehlend, sonst einfach, 16-zähnig, die Zähne purpurn, papillös, meist gespalten, mit oder ohne Theilungslinie, mit leistenartig vortretenden Quer- rippen. Haube nicht behaart, zuweilen papillös, kegelförmig und gelappt, oder mützen- oder kappenförmig. 1. Grimmia Ehrh. Meist dicht und gewölbt polsterförmig. Zellen des Blattgrundes quadratisch bis rectangulär, gerad- oder glattwandig, die Zellen der Blattmitte oft mit buchtigen Wänden. Kapsel gewöhnlich eiförmig. Haube mützen- förmig, seltener kappenförmig, glatt, nie weit hinabreichend. Peristom einfach, selten fehlend, seine Zähne breit lanzettlich, flach, meist mit Mittellinie, unge- theilt, oder 2—-4-spaltig, oder unregelmässig durchlöchert. Etwa 30 deutsche Arten, die in 4 Untergattungen zerfallen. A. Schistidium Brid. Kapsel ein- gesenkt, symmetrisch. Deckel und Columella verwachsen. Peristom- zähne ohne Theilungslinie, siebartig durchbrochen. Haube sehr klein, mützenförmig, gelappt. Einhäusig: G. sphaerica Schmp. Peristom nur in Bruchstücken vorhanden oder fehlend. Ring schmal. 5 Millim. hoch, schwarz- grün. Blätter eilanzettlich, ihr Rand oben zurückgerollt, die oberen grösser, mit langem, breitem, fast glattem Haare. Deckel schildförmig, mit Warze. An Felsen in Gebirgsgegenden, selten. Fructificirt April, Mai. — G. apocarpa Sm. Peri- stom vollständig. Ring fehlt. Obere Blätter mit kurzem, rauhem Haare. Deckel gewölbt, kurz und meist schief geschnäbelt. An Steinen, besonders in Gebirgs- gegenden, häufig. Fructifieirt März, April. — B. Gasterogrimmia Br. et Sch. Kapsel eingesenkt, am Grunde unsymmetrisch, bauchig. Columella und Deckel nicht verwachsen, letzterer mit Warze. Ring vorhanden. Einhäusig: G. anodon Schimp. Peristom fehlt. Haube 5-lappig. Bis 1 Centim. hoch, grauschimmernd, die unteren Blätter eiförmig, haarlos, die oberen länglich, mit langem, fast glattem Haare. An Kalkfelsen, selten. Fructifieirt April, Mai. — 6. plagiopodia Hedw. Peristom vorhanden, seine Zähne mehrfach gespalten oder durchbrochen, fast glatt. Haube kegelig, tief gelappt. Blätter eilänglich, die oberen durch ein breites, stumpf gezähntes Haar zugespitzt. An Buntsandstein- felsen bei Jena und Naumburg a. S., und auf Quadersandstein bei Quedlinburg. Fructificirt März, April. — ©. Grimmia Schimp. Kapselsymmetrisch, auf ge- radem oder hakenförmig oder schwanenhalsartig gekrümmtem Stiele emporgehoben und hängend. Peristom stets vorhanden. Haube meist mützenförmig. Ein- oder zweihäusig: G. orbicularis Br. et Sch. Haube kappenförmig. Peristomzähne rothgelb, breit, meist 3- und 4-spaltig. Deckel roth- gelb, flach gewölbt, mit Warze. Sonst wie folgende Art. An dürren Kalkfelsen und Mauern, zerstreut. Fructifieirt April, Mai. — G. pulvinata Sm. Polster dicht, halbkugelig, blaugrün oder schwärzlich, weissgrau schimmernd. Einhäusig. Blätter länglich, die oberen an der stumpfen Spitze mit einem langen, kleinge- 472 Grimmieae. Hedwigiaceae. Ptychomitrieae. sägten Haare, alle am Rande schwach umgerollt, die Zellen des Grundes rectan- gulär und gelblich. Kapsel ellipsoidisch oder eiförmig, rothbraun, gestreift, trocken stark gefurcht. Peristomzähne purpurn, schmal, 2- bis 3-spaltig, selten ganz. Deckel braun, kegelförmig geschnäbelt. Ring breit. Haube mützenförmig. An Felsen, auf Dächern und Mauern gemein. Fructificirt April, Mai. Wurde früher wohl zu Umschlägen bei Blutungen benutzt. — G. contorta Schimp. Zweihäusig. Polster kreisrund bis oval, fast halbkugelig, weich, schwarzgrün bis schwarz. Blätter trocken gekräuselt, aus lanzettlicher Basis allmählich linealisch-pfriemen- förmig, gekielt, mit breiter, gefurchter Rippe, das Haar fehlend oder sehr kurz. Kapsel bleichgelb. Deckel kegelig, stumpflich. Ring breit. An Felsen der sub- alpinen Regionen. Fructifieirt Juli, August. — D. Gümbelia Hampe. Kapsel symmetrisch, glatt, auf geradem Stieleemporgehoben. Haube mützen- oder kappenförmig. Peristom vorhanden: G. ovata Web. et M. Ein- häusig. Haube mützenförmig, gelappt. Polster kreisrund, meist sehr klein und niedrig, schmutzig- bis schwärzlichgrün, weissgrau schimmernd. Obere Blätter länglich-lanzettlich, mit langem, dünnem, gezähntem Haare, am Rande flach, die Blattgrundzellen rectangulär. Kapsel dünnhäutig, eiförmig-länglich, bleichgelb. Deckel abgestumpft. Ring breit. Peristomzähne ungetheilt oder hin und wieder durchbrochen. An Felsen der höheren Gebirge. Fructificirt Juli. — G. commu- tata Hüben. Zweihäusig. Haube kappenförmig. Rasen breit hingestreckt. Obere Blätter lanzett-pfriemenförmig, flachrandig, mit mässig langem, gezähntem Haare. Kapsel derbhäutig, braun. Deckel schief geschnäbelt. Peristomzähne bis zur Mitte 2- und 3-spaltig. Auf Basalt und quarzhaltigem Gestein. Fructificirt März bis- Mai. 2. Racomitrium Drid. Höhere, ausgedehnte, lockere Rasen bildende, zwei- häusige Moose. Zellen des Blattgrundes eng, linealisch, mit stark gebuchteten Seitenwänden. Kapsel emporgehoben gestielt. Haube mützenförmig, gelappt, lang geschnäbelt. Deckel nadelförmig. Ring breit. Peristomzähne am Grunde durch ein Häutchen verbunden, 2- bis 3-spaltig, die Schenkel fadenförmig und meist rauh. 9 deutsche Arten. — R. canescens Brid. Rasen gelb, gelbgrün oder grau- grün. Stengel meist aufrecht, mit sehr verkürzten Aesten. Blätter feucht sparrig, beiderseits stark papillös, lanzett-pfriemenförmig, mit farbloser Spitze und lanzett- lichem Haar, die Blattzellen auch oben verlängert. Kapselstiel glatt. Haube bis zum Grunde sehr warzig. Auf Sandboden gemein, oft grosse Flächen überziehend. Fructifieirt März, April. — R. aciculare Brid. Rasen dunkelgrün, braun bis schwarz. Stengel meist aufrecht und 3 Centim. hoch, gabelig, seine Aeste gleich- hoch, selten fluthend und dann länger. Blätter fast eiförmig, mit breit abge- stumpfter, kurz gezähnter Spitze. Kapselstiel dick, glatt. Haube glatt. An über- rieselten Gesteinen der höheren Gebirge. Fructificirt Winter und Frühling. 186. Familie. Hedwigiaceae. Felsen bewohnende, ästige, Rasen bildende Moose. Blätter ziemlich breit, papillös, rippenlos. Blattgrundzellen linealisch, mit gebuchteten Seitenwänden. Blüthen knospenförmig, monöcisch oder polygam. Kapsel meist kugelig oder ellip- tisch, eingesenkt oder emporgehoben gestielt. Peristom und Ring fehlend. Haube sehr klein, kegelig-mützeniörmig, kahl oder behaart, ganzrandig oder 2- bis 3-lap- pig, manchmal auch grösser und kappenförmieg. Hedwigia Ehrh. Kapsel von den Perichätialblättern bedeckt, kugelig, mit kurzem Halse. Haube mützenförmig. 1 deutsche Art: H. ciliata Hedw. 4. Ein- häusig, 3—8 Centim. hoch. Blätter dachziegelig oder einseitswendig, lanzettlich, mit langer, wasserheller, gezähnter oder gewimperter Haarspitze. An trockenen, sonnigen Steinen und Felsen. Fructifieirt April, Mai. 187. Familie. Ptychomitrieae. Rasenwüchsige, ästige Felsenmoose. Blätter mit Rippe, nicht papillös. Zellen der Blattspitze klein, dickwandig, die der Mitte rectangulär und nicht verdickt, Ptychomitrieae. Zygodonteae. Orthotricheae. 473 die des Grundes verlängert, gelblich oder wasserhell und glattwandig. Kapsel länger oder kürzer gestielt. Peristom einfach, die 16 Zähne 2-theilig oder gitter- artig durchbrochen. Haube mützenförmig, längsfaltig, nackt. 1. Ptychomitrium Fürnrohr. 2. Einhäusig. Blätter haarlos. Kapsel lang gestielt. Deckel nadelförmig. Haube nur bis zur Kapselmitte reichend. Peristom- zähne 2-schenkelig, sehr lang und dünn, stark papillös, ohne vortretende Quer- leisten. 1 deutsche Art: P. polyphyllum Fürnr. 1—4 Centim. hoch. Blätter trocken kraus, lineal-lanzettlich, gekielt, gegen die Spitze scharf gesägt, am Rande umgerollt. An Felsen, zerstreut. Fructificirt Mai-- Juli. 2. Coscinodon Spreng. 4. Zweihäusig. Blätter mit Haarspitze. Kapsel sehr kurz gestielt, fast eingesenkt. Deckel kegelförmig, geschnäbelt. Peristom- zähne eitterartig durchbrochen. Haube fast die ganze Kapsel einhüllend. 1 deutsche Art: ©. pulvinatus Spreng. Stengel meist kaum 1 Centim. hoch. Blätter lan- zettlich, beiderseits neben der starken Rippe tief gefurcht. Kapsel kaum gestielt. An sonnigen Felsen und Mauern. Fructifieirt April, Mai. 188. Familie. Zygodonteae. In Polstern wachsende, ästige, 4, ein- oder zweihäusige Baum- und Felsen- moose. Blätter mit Rippe, ihre Zellen glatt und nicht verdickt oder papillös und dickwandig. Haube kappenförmig, klein, nackt, glatt. Sonst wie folgende Familie. 1. Zygodon Hook. et Tayl. Tracht und Vorkommen wie bei Orthotrichum (S. 474), die Stengel am Grunde durch Rhizoiden verfilzt. Kapsel lang gestielt, eilänglich, entleert nicht urnenförmig, etwas gestreift und gefurcht. Peristom fehlend oder vorhanden. 3 deutsche Arten. — Z. viridissimus Drid. Zwei- häusig, bis 2 Centim. hoch, hellgrün. Blätter trocken fast kraus, länglich-lanzett- lich, gekielt, scharf gespitzt. Peristom fehlend. An alten Waldbäumen. Fructi- fieirt März, April. 2. Amphoridium Schimp. Polsterförmig in Felsenspalten wachsende Moose, habituell an Gymnostomum (S. 463) erinnernd. Stengel bis zum Gipfel durch Rhi- zoiden verfilzt. Kapsel kurz gestielt, birnförmig, gestreift, entleert urnenförmig, stark gefurcht. Peristom fehlend. 2 deutsche Arten. — A. Mougeotii Schimp. Zweihäusig, 3—8 Centim. hoch, unten rostroth, oben lebhaft- oder gelbgrün. Blätter lineal-lanzettlich, trocken eingekrümmt aber nicht kraus, am Rande unten zurückgeschlagen. Deckel schief geschnäbelt. In feuchten Felsspalten verbreitet. Fructificirt Mai, Juni. 189. Familie. Orthotricheae. Meist polsterförmig, seltener rasenartig wachsende, ästige, 2, ein- oder zwei- häusige Baum- und Felsenmoose. Blätter mit Rippe; die Zellen oben klein, dicht, chlorophyllreich, papillös oder warzig, am Grunde lockerer, rectangulär, glatt- wandig und wasserhell. Kapsel kurz gestielt oder stiellos, gewöhnlich längsstreifig, trocken meist gefurcht. Peristom einfach oder doppelt, selten fehlend (Orthotrichum gymnostomum): das äussere aus 16 paarweise genäherten oder verbundenen Zähnen mit Theilungslinie, aber ohne vorstehende Querleisten bestehend (Fig. 115 F). Ring fehlt. Haube gross, mützenförmig, längsfaltig, meist behaart. 1. Ulota Mohr. Baummoose mit verlängert-lanzettlichen, fast stets gekräu- selten Blättern. Blattgrundzellen neben der Rippe linealisch, gelblich, chlorophyll- haltig, am Rande wenige Reihen fast quadratisch und wasserhell. Kapsel gestielt, vortretend, der Länge nach oder nur an der Mündung gestreift und faltig. Haube mit zahlreichen stumpfen Falten, dicht mit gelblichen, krausen, an der Basis er- weiterten Haaren besetzt. 8 deutsche, meist einhäusige Arten. — U. Drum- mondii Brid. Ausgedehnt polsterförmig, bis 3 Centim. hoch. Blätter trocken ge- kräuselt. Peristom einfach, die Zähne frei. Zerstreut. Fructificirt August, Sep- tember. — U. Bruchii Hornsch. Wie vorige Art, doch Peristom doppelt, die Zähne des äusseren paarweise verbunden, die Wimpern zu 8, selten 16. An Wald- bäumen, besonders der Bergregion. Fructificirt August— October. — U. crispa 474 Orthotricheae. Encalypteae. Brid. Von voriger Art hauptsächlich durch sehr krause Blätter und die unter der weiten Mündung eingeschnürte Kapsel verschieden. An Waldbäumen gemein. Fructifieirt Juli, August. — U. crispula Bruch. Mit voriger Art, von der sie durch kleinere Rasen, breitere und kürzere Blätter, kürzere und dickere, bleiche, dünnhäutige, am dünnen Halse plötzlich abgeschnürte Kapsel verschieden ist. Fructifieirt Mai — August. 2. Orthotrichum Hedw. Blätter trocken fast aufrecht. Blattgrundzellen rectangulär, wasserhell, oder am Rande wenige Reihen quadratisch und chloro- phylihaltig. Haube mit scharfen Falten und geraden, aufrechten, fadenförmigen Haaren oder kahl. Ca. 30 deutsche Arten. A. Peristom fehlend oder sehr rudimentär. Zweihäusig. Blätter länglich-eiförmig, stumpf, am Rande bis zur Spitze eingerollt. Kapsel ganz zwischen den Peri- chätialblättern versteckt. Haube kurz kegelig, spärlich behaart. An alten Zitterpappeln. Fructifieirt April, Mai: O. gymnostomum Bruch. B. Peristom einfach, das innere fehlend oder rudimentär. a. Kapsel von den Perichätialblättern bedeckt, kugelig-eiförmig, kurzhalsig, 16-streifig, trocken urnenförmig, stark 16-furchig. Peristomzähne nie pa- pillös, trocken strahlig ausgebreitet. Blätter länglich-lanzettlich, fast glatt. An Granit- und Kalkfelsen. Fructifieirt April— Juni: OÖ. cupulatum Hoffin. b. Kapsel bis 5 Millim. lang gestielt, emporgehoben, länglich-ellipsoidisch, ohne deutlichen Hals, mit 16 oder 8 Streifen, trocken in der Mitte einge- schnürt, stark 8- ‘oder 16-furchig. Peristomzähne mehr oder minder papil- lös. Blätter lanzettlich, schwach papillös. An Felsen, Mauern, auf Dächern; fructificirt April, Mai: O. anomalum Hedw. C. Peristom doppelt, das äussere mit paarweise verbundenen Zähnen. a. Inneres Peristom aus 8 Wimpern gebildet. * Zweihäusig. 1 Centim. hoch. Stengel drehrund. Blätter lanzettlich oder eiförmig, stumpf abgerundet, sehr papillös. Haube kahl. An Baum- stämmen gemein. Fructificirt April, Mai: OÖ. obtusifolium Schrad. ** Einhäusig. Blätter zugespitzt. 0 Kapsel eiförmig, kurzhalsig, dünnhäutig, bleichgelb, schmal gestreift. Blätter lanzettlich, mehr oder minder deutlich papillös.. An Baum- stämmen gemein. Fructificirt Mai: O. patens Bruch. 00 Kapsel elliptisch bis cylindrisch, mit längerem Halse. Bis 5 Millim. hoch. Blätter lanzettlich. Haube kegelig, ?/, der Kapsel deckend, gelbbraun gespitzt, kahl. An Bäumen, besonders Pappeln und Weiden, gemein; fructificirt Mai, Juni: OÖ. pumilum Sw. b. Inneres Peristom aus 16 abwechselnd längeren und kürzeren Wimpern ge- bildet. Einhäusig. 1—2 Centim. hoch. Blätter lanzettlich, scharf gekielt. Kapsel mit 8 breiten, orangefarbenen Streifen. Haube glockig, strohfarbig, braun gespitzt, spärlich behaart, ?/; der Kapsel deckend. An Bäumen ge- mein; fructifieirt Mai— Juli: OÖ. stramineum Hornsch. D. Peristom doppelt, die Zähne des äusseren ziemlich gleichweit entfernt, das innere aus 16 haarförmigen Wimpern gebildet. Einhäusig, bis 1 Centim. hoch. Blätter länglich-lanzettlich, mit gezähnter, wasserheller Haarspitze.. Haube kegelförmig, kahl oder spärlich behaart. An Bäumen nicht selten; fructificirt März, April: OÖ. diaphanum Schrad. 190. Familie. Encalypteae. Dichotom verzweigte, rasenwüchsige, meist einhäusige, 4 Erd- und Felsen- moose. Blätter zungenförmig, mit kräftiger Rippe, ihre Zellen oben klein, 6-eckig, chlorophyllreich, derb aber nicht verdickt, sehr warzig, am Blattgrunde plötzlich gross, 6-eckig oder rectangulär, glatt und wasserhell. Kapsel auf langem, geradem Stiele aufrecht, cylindrisch. Peristom einfach oder doppelt, selten fehlend, die 16 Zähne papillös. Deckel nadelförmig. Haube glockig-walzenförmig, die Kapsel ganz einhüllend, nie längsfaltig, kahl, an der lang geschnäbelten Spitze meist mehr oder weniger papillös oder rauh, am Rande meist gelappt oder gewimpert. t Encalypteae. Tetraphideae. Schistostegeae. 475 Encalypta Schreb. Charakter der Familie. 8 deutsche Arten. — E. ciliata Hoffm. Rasen bis 2 Centim. hoch, bleichgrün, einhäusig. Blätter gefurcht, trocken kraus. Rippe gelb, oft in eine scharfe Spitze auslaufend. Kapselstiel 1 Centim. hoch, gelblich, glatt, die Kapsel ohne Apophyse, zuletzt röthlich und zart längs- streifig. Peristom einfach, die Zähne verlängert dreieckig, roth. Haube weit, am Grunde mit langen, bleibenden, einwärts geschlagenen Wimpern. An Mauern und Felsen, auf thonigen Hohlwegen; fructifieirt Juni, Juli. — E. vulgaris Hedw. Rasen meist 1 Centim. hoch. Blätter meist stumpflich, die rothe Rippe in oder unter der Spitze verschwindend. Kapsel auf rothem Stiele, eylindrisch, ohne Apo- physe, glatt, selten etwas gestreift. Peristom fehlend oder unvollständig und hin- fällie. Haube am Saume ganz oder etwas gelappt. Mit voriger Art; fruetifieirt April — Juni. S. Unterordnung. Tetraphidaceae. 191. Familie Tetraphideae (Georgiacceae). Kleine, kurzstengelige, rasenbildende oder vereinzelt wachsende, @ oder 2, einhäusige Erd- und Felsmoose mit knospenförmigen Blüthen. Blätter 3—5-reihig, ohne Papillen und Lamellen, mit dünner oder fehlender Rippe, die parenchyma- tischen Zellen kurz und rundlich-sechsseitig oder länger sechsseitig-rectangulär, alle von gleicher Beschaffenheit, chlorophyllarm, oder die am Grunde lockerer. Haube mützenförmig, längsfaltig.. Kapsel lang .gestielt, aufrecht, symmetrisch. Peristom aus 4 dreiseitig-pyramidalen, ungegliederten, mehrschichtigen Zähnen gebildet, welche durch kreuzweise Spaltung des unter dem Deckel liegenden Kapselgewebes entstehen (Fig. 107, S. 443). 1. Tetraphis Hedw. Ziemlich dichtrasige Pflanzen mit deutlich verlänger- tem, später verästeltem Stengel, der an der Spitze seiner Aeste häufig von becher- förmig gestellten, breiteren Hüllblättern umgebene Brutknospen trägt (S. 460). Blattzellnetz am Grunde lockerer. Kapsel länger (bis 2 Centim.) gestielt, cylin- drisch. Haube bis zur Kapselmitte reichend, an der Basis unregelmässig zer- schlitzt. 1 deutsche Art: T. pellucida Hedw. 4. Rasen weich, hellgrün, unten rostroth, bis 3 Centim. hoch. Stengel sehr ästig, unten fast blattlos. Untere Blätter eiförmig, spitz, die oberen lanzettlich, mit vor der Spitze verschwindender Rippe. Haube weiss, oben röthlich. Kapsel im Alter röthlich. An alten, faulen Stämmen, feuchten Felsen, auf moorigem Boden, häufig; fructifieirt Mai — Juli. 2. Tetrodontium Schwaegr. Truppweise oder vereinzelt in feuchten, dun- kelen Felsenspalten wachsende, kurzstengelige, knospenförmige Pflänzchen. Alle Blattzellen gleichartige. Kapsel kürzer (bis 8 Millim.) gestielt, oval. Haube bis zum Kapselgrunde reichend, am Rande zerschlitzt. 2 deutsche Arten. — T. Brownia- num Schwaegr. 4. Ohne sterile Aeste. Blätter verlängert-keilförmig, am Grunde stielrund. Kapselmündung fast gar nicht ausgerandet. In Gebirgsgegenden nicht selten; fructifieirt Juli. — T. repandum Funck. 2. Mit peitschenförmigen, dicht beblätterten, sterilen Aesten. Perichätialblätter eiförmig bis länglich, hohl. Mün- dung der Kapsel zwischen den Zähnen mehr oder weniger ausgerandet. Sonst wie vorige Art. 9. Unterordnung. Schistostegacenae. 192. Familie. Schistostegeae. Sehr kleine, zarte, ®@, aus einem bleibenden Vorkeime hervorsprossende, in Erdhöhlen und Felsenspalten wachsende, zweihäusige Moose. Stengel zweigestaltig: die unfruchtbaren farnblattartig, mit 2-zeilig gestellten, vertical angehefteten, herab- laufenden und mit einander verschmolzenen Blättern (S. 445 — Fig. 408); die fruchtbaren an der Spitze mit spiralig mehrreihig gestellten Blättern. Alle Blätter rippenlos, mit breiten, rhomboidischen, wenig Chlorophyll führenden Zellen. Männliche Blätter knospenförmig. Haube sehr klein, kegelförmig. Kapsel sehr klein, kugelig, lang gestielt, ohne Peristom und Ring. Nur eine Gattung mit einer Art. 476 Schistostegeae. Taylorieae. Splachneae. Schistostega Web. et M. — Sch. osmundacea Web. et M. Stengel ein- fach, meist 1 Centim. hoch, unten blattlos. Die vertical stehenden Blätter rhom- bisch, die übrigen lanzettlich; alle zugespitzt, ganzrandig. Die grossen, kugeligen Zellen des Vorkeimes reflectiren das Licht in mattem, smaragdgrünem Glanze und verursachen dadurch das sogenannte Leuchten des Mooses. In engen Felsenhöhlen besonders der Sandsteingebirge; fructificirt Mai, Juni. 10. Unterordnung. Splachnaceae. Mehr oder weniger dichtrasige, verfilzte, © oder 4, ansehnliche, vorzüglich auf thierischen Excrementen wachsende Sumpf- und Bergmoose mit gabelig ver- zweigtem, mehr oder minder verlängertem Stengel. Blattzellen sechsseitig-rhom- bisch, nie verdickt, nie papillös.. Männliche Blüthen köpfchenförmig auf dem Gipfel eines Sprosses. Haube klein, mützen- oder kegelförmig, selten kappen- förmig. Kapsel oft sehr lang gestielt, langhalsig oder mit verschieden gestalteter, grosser, farbiger Apophyse. Peristom einfach, 16-zähnig, die Zähne lanzettlich, flach, quer gegliedert, klein punktirt, sehr hygroskopisch. Ring fehlt. 193. Familie. Taylorieae. Haube kappen- oder fast mützenförmig. Kapsel mit langem, gleichfarbigem Halse, aufrecht oder etwas geneigt. Einhäusig. 4. 1. Dissodon Grev. Blätter eiförmig oder ei-spatelförmig, concav, stumpf. Peristomzähne auf dem Rande der Kapselmündung aufrecht. Deckel abfallend oder auf der Columella bleibend. 3 deutsche, alpine Arten. — D. splachnoides Grev. Deckel abfallend. Peristomzähne spitzig, gleichweit von einander entfernt. Hals vom Stiele abgesetzt. Fructificirt August. 2. Tayloria Hook. Blätter spatelig oder verlängert spatelförmig, zugespitzt, gekielt. Peristomzähne ganz, oder bis zur Basis gespalten und dann 32 paarweise genäherte Zähne, alle unter dem Rande der Mündung eingefügt und trocken aus- wärts niedergebogen. Einhäusig. 3 deutsche Arten in den Alpen und höheren Gebirgen. — T. serrata Schimp. In lockeren, bis 2 Centim. hohen Rasen. Blätter plötzlich in eine kurze, schmale Spitze auslaufend, gegen die Spitze gesägt. Deckel hoch gewölbt, stumpf. Columella nicht oder nur kurz emporgehoben. Peristom- zähne ganz. Meist auf Kuhdünger: Alpen, Riesengebirge, Böhmer Wald, Thüringen, Harz; fructificirt Juni, Juli. 194. Familie. Splachneae. Haube kegel-kappenförmig oder kegelförmig. Kapsel mit grosser, verschieden gestalteter, meist andersfarbiger Apophyse. Ein- oder zweihäusig. 1. Tetraplodon Br. et Sch. 4 Hochgebirgsmoose, auf Excrementen von Fleischfressern und auf dem Gewölle von Raubvögeln wachsend. Haube kegel- kappenförmig. Apophyse birnförmig oder verkehrt eiförmig, wenig weiter als die Kapsel. Peristomzähne meist zu 4 genähert. Einhäusig. 3 deutsche Arten. — T. angustatus Schimp. Rasen meist polsterförmig, 3 Centim. bis zuweilen 10 Centim. hoch, dicht rothbraun verfilzt. Blätter lanzettlich, mit sehr langer, pfriemenförmiger Spitze, mehr oder weniger gesägt. Kapselstiel sehr kurz. Apo- physe birnförmig, lichtbraun. Alpen und Riesengebirge. Fructifieirt Juli. 2. Splachnum ZL. Meist ®, selten 4, auf faulenden Excrementen wachsende Sumpfmoose. Haube sehr klein, mützenförmig. Apophyse mehrmals weiter als die Kapsel, verschieden gestaltet. Peristomzähne paarweise genähert. 2 deutsche Arten. — S. ampullaceum L. ©. Zwei- oder einhäusig. Rasen 1—5 Üentim. hoch, gelblichgrün. Untere Blätter fast lanzettlich, obere verkehrt eilanzettlich, an der Spitze entfernt und grob gesägt. Kapsel bis 8 Centim. hoch gestielt, klein, cylindrisch, zuletzt roth. Apophyse gross, aufgeblasen-birnförmig, mit lang ver- schmälertem Halse, jung hell-gelbroth, alt purpurroth. Peristom gelb. Auf Rinder- Splachneae. Discelieae. Physcomitrieae. AT « excrementen auf nassen Wiesen und Mooren. Fructificirt Juli, August. — S. sphae- ricum L. fil. ©. “Zweihäusig. Blätter verkehrt eirund, ganzrandig oder undeut- lich gesägt, plötzlich lang und schmal zugespitzt. Apophyse kugelig oder verkürzt birnförmig, zuletzt schwarzroth. Peristom rothgelb. In höheren Gebirgen. Fructi- fieirt Juli, August. — Von den übrigen europäischen Arten zeichnet sich das scandinavische S. rubrum L. durch prachtvoll. purpurne, glockig-schirmförmige, sehr weite, das ebenfalls scandinavische S. luteum L. durch citronengelbe, weite und fast flach-schirmförmige Apophyse aus. 11. Unterordnung. Funariaceae. Meist kleine, ©, selten (+) Erdmoose, welche (wie die Mehrzahl der © Moose) nur durch ihren Wurzelfilz ausdauern (vgl. S. 457). Stengel meist einfach und niedrig. Blätter breit, nie papillös, ihre Zellen parenchymatisch, gross, sechsseitig- rhomboidisch, mit nicht verdickten Wänden und spärlichem Chlorophyll. Haube in der Jugend blasig die ganze Kapsel bedeckend, später meist halbirt, selten schmal kappenförmig. Kapsel mässig lang gestielt, regelmässig oder unsymmetrisch- birnförmig, mit deutlichem Halse. Peristom einfach, doppelt oder fehlend. 195. Familie. Discelieae. Vereinzelt wachsende Erdmoose. Blätter rippenlos. Kapsel fast kugelig, ge- neigt. Peristom einfach, mit 16 langen, zugespitzten, in der Mitte klaffenden, durch starke Querleisten gegliederten Zähnen. Haube schmal, fast der ganzen Länge nach gespalten, oft bleibend und das obere Ende der Seta umwickelnd. Zweihäusieg. Discelium Brid. — D. nudum Drid. Stengel 1 Centim. hoch. Blätter knospenförmig zusammengeneigt, eilänglich, stumpf gespitzt. Kapsel auf 1—2 Cen- tim. langem, stark gedrehtem Stiele horizontal, rundlich eiförmig, mit breitem Ringe und niedrigem, kegelförmigem Deckel. Heerdenweise auf feuchtem Thon- boden. Fructificirt April, Mai. 196. Familie. Physcomitrieae. Rasenbildende, trupp- oder heerdenweise wachsende Moose. Blätter mit Rippe. Kapsel fast birnförmig, gewöhnlich aufrecht. Peristom doppelt oder feh- lend. Haube wenigstens in der Jugend blasig-vierkantig, später einseitig. Blüthen einhäusig oder zwitterig, die männlichen scheibenförmig. 1. Funaria Schreb. Haube kappenförmig, nicht über die Kapselmitte hinab- reichend. Kapsel auf verlängertem Stiele mehr oder weniger geneigt, dick, birn- förmig, engmündig, entweder unsymmetrisch und das Peristom doppelt, das innere dem äusseren gegenüber stehend und seine Fortsätze nur wenig kürzer als die lanzettförmigen Zähne des äusseren, welche wenigstens auf der Innenfläche leisten- artig vortretende Querrippen besitzen, vertical gestreift und an der Spitze pa- pillös sind; oder die Kapsel symmetrisch und das Peristom undeutlich in Bruch- stücken entwickelt und scheinbar fehlend. Zellen des Deckels spiralig angeordnet. Einhäusig. 6 deutsche Arten. — F. hygrometrica Hedw. Rasen 0,5—2 Centim. hoch. Obere Blätter meist knospenförmig zusammenneigend, eilänglich, kurz ge- spitzt, hohl, ganzrandig. Rippe verschwindend. Kapsel auf bis 5 Centim. hohem, trocken stark spiralig gedrehtem Stiele geneigt, zuletzt fast hängend, unsymme- trisch-birnförmig, rothbraun, trocken tief gefurcht, mit breitem Ringe und dop- peltem Peristom, dessen Zähne bogig gedreht sind. Auf Aeckern, in Gärten, auf Mauern etc. gemein; fructificirt März — November. 2. Entosthodon Schwaegr. Haube kappenförmig. Kapsel aufrecht, lang- halsig, birnförmig. Peristom vollständig, 16-zähnig, oder rudimentär. Zellen des Deckels geradreihig. Einhäusig. 1 deutsche Art: E. ericetorum (0. Müll. Heer- denweise, etwa 5 Millim. hoch. Untere Blätter entfernt, lanzettlich, obere ge- 478 Physcomitrieae. Pleurobryeae. Bryeae. drängter, verkehrt-eiförmig oder spatelig-lanzettförmig, zugespitzt, mit gelbem Saume. Kapsel roth. Auf feuchten Haiden. Fructificirt Mai, Juni. 3. Physcomitrium Brid. Kleine, schlammliebende Moose. Haube mützen- förmig, 5-lappig, nicht über die Kapselmitte hinabreichend. Kapsel auf kurzem, dickem Stiele aufrecht, kurzhalsig, regelmässig birnförmig, ohne Peristom. Ein- häusig, zuweilen zwitterig. 4 deutsche Arten. — Ph. pyriforme Brid. Heerden- weise oder fast rasig wachsend, bis 1 Centim. hoch. Schopfblätter aufrecht ab- stehend, breit lanzett-zungenförmig, spitz, oberhalb der Mitte stark gesägt. Kapsel dick birnförmig, trocken unter der Mündung eingeschnürt, rothbraun. Deckel ge- wölbt, mit mässig langer, stumpfer Spitze. Ring doppelt, ablösbar. Auf Aeckern, an schlammigen Gräben, gemein. Fructificirt Mai. 4. Pyramidula Brid. Haube gross, blasig gedunsen, mützenförmig, vier- kantig, mit einem seitlichen Spalt geöffnet, die ganze Kapsel bedeckend. Peristom fehlend. Einhäusig. 1 deutsche Art: P. tetragona Brid. Heerdenweise, kaum bis 5 Millim. hoch. Blätter hohl, verkehrt eilänglich, ganzrandig, mit langer, pfriemenförmiger Spitze. Auf Aeckern, zerstreut; fructifieirt April. 12. Unterordnung. Bryaceae. Meist ziemlich grosse, oft rasenwüchsige, acrocarpe, selten pleurocarpe Moose, deren reich wurzelhaariger Stengel vom Grunde auf oder nur unter dem Gipfel sprosst. Blätter mehrreihig, gerippt, meist am Rande gesäumt und gezähnt, in der Regel glatt, selten papillös; ihre Zellen überall parenchymatisch oder im oberen Theile prosenchymatisch. Blüthen knospen- oder scheibenförmig. Haube kappenförmig, glatt, meist schnell verschwindend. Kapsel lang gestielt, kugelig, ei- bis birnförmig, meist hängend, selten aufrecht. Deckel mit Warze oder Schnabel. Peristom selten fehlend oder einfach, meist doppelt, gross. 197. Familie. Pleurobryeae. Rasenbildende, 24, zweihäusige, an Felsen höherer Gebirge wachsende Moose. Stengel aus dem Gipfel sprossend, die Kapseln daher seitlich. Peristom einfach. Sonst der folgenden Familie ähnlich. Mielichhoferia Nees et Hornsch. Nur 1 deutsche Art: M. nitida Nees et Hornsch. 24. Gelbgrüne, bis 8 Centim. hohe, polsterförmige Rasen bildend. Blätter klein, lanzettlich, an der Spitze scharf gesägt. Kapsel oval, langhalsig, fast oder ganz aufrecht. In Felsenritzen der Alpen und scandinavischen Gebirge. Fruetifieirt August, September. 198. Familie. Bryeae. Rasenbildende, 2, acrocarpe Sumpf- und Erdmoose, selten Steine bewohnend. Blätter stets glatt, ihr Zellnetz oben schmal rhombisch-sechsseitig-prosenchymatös. Blüthen zwitterig, ein- oder zweihäusig, die männlichen knospen- oder scheiben- förmig. Kapsel lang gestielt, geneigt oder hängend, symmetrisch, selten unsym- metrisch, glatt. Peristom doppelt: Zähne des äusseren lanzettförmig, aussen glatt und mit Theilungslinie, innen papillös, ungestreift und mit Querleisten; inneres Peristom aus einer kielig-gefalteten Haut gebildet, in kielig-faltige, papillöse Fort- sätze ausgehend und zwischen diesen mit längeren oder kürzeren, glatten oder knotigen oder mit Anhängseln versehenen Wimpern (Fig. 115 D). 1. Leptobryum Schimp. Zwitterige, stark seidenglänzende Pflänzchen mit aus dem Grunde sprossendem Stengel. Blätter borstenförmig, sehr breitrippig, ihr Zellnetz sehr schmal, fast überall linealisch-6-seitig, bald mit geraden, bald init schiefen Querwänden. Kapsel dünnhäutig, klein, birnförmig, nickend. Fort- sätze des inneren Peristoms kürzer als die dicht gegliederten Zähne des äusseren ; Wimpern mit Anhängseln. Nur 1 deutsche Art: L. pyriforme Schimp. Bis 2 Centim. hoch. Blattrippe in eine borstenförmige, weit herab gesägte Spitze aus- Bryeae: Webera. Bryunı. 479 laufend. An feuchten, schattigen Orten auf Torfboden, an Mauern und Felsen; fructificirt Mai, Juni. 2. Webera Hedw. Lockerrasige, mehr oder minder niedrige, meist glän- zende Moose vom Habitus der folgenden Gattung. Stengel aus dem Grunde spros- send. Blätter lanzettlich, selten breiter, ihre Zellen oben wie bei Leptobryum, unten verlängert-sechsseitig, weiter, mit schmälerer Rippe. Blüthen ein- oder zweihäusig, selten zwitterig. Kapsel niedergebogen oder geneigt, birnförmig bis fast eylindrisch. Fortsätze des inneren Peristoms nicht länger als die dicht ge- gliederten Zähne des äusseren, auf kielig-faltiger Haut; Wimpern fehlend, oder rudimentär, oder vorhanden und dann ohne Anhängsel. 12 deutsche Arten. — A. Pohlia Schimp. Obere Stengelblätter schopfig, viel länger als die unteren. Kapsel langhalsig, cylindrisch oder keulig. Wimpern des inneren Peristoms fehlend oder höchstens halb so lang als die Fort- sätze. Antheridien in den Blattwinkeln am Grunde der weiblichen Blüthen: W. polymorpha Schimp. Dicht- bis lockerrasig. Stengel meist ein- fach, 1 Centim. hoch. Schopfblätter länglich-lanzettlich, der Rand unten umge- rollt. Wimpern fehlend. In Felsspalten in Hochgebirgen (Alpen, Riesengebirge etc.); fructifieirt August, September. — B. Webera Schimp. Stengel mehr gleich- mässig beblättert, die Schopfblätter weniger plötzlich verlängert. Kapsel mit kürzerem Halse, birnförmig. Wimpern des inneren Peri- stomes meist so lang als die Fortsätze. Blüthen ein- und zweihäusig: W. nutans Hedw. Einhäusig, die Antheridien in den Winkeln der Schopfblätter am Grunde der weiblichen Blüthe. 1—2 Centim. hoch, hellgrün, glänzend. Untere Blätter eilanzettlich, obere lineallanzettlich, zugespitzt; Rand flach, gegen die Spitze gesägt, die Rippe nie austretend. Sehr veränderliche Art. Auf Wald- und Torfboden, Baumwurzeln, Felsen etc. gemein; fructificirt Mai— Juli. — W. anno- tina Schwaegr. (Bryum annotinum Hedw. — Brutknospen, 8. 460). Zweihäusig. Lockerrasig oder heerdenweise, bis 1 Centim. hoch. Blätter länglich- und lineal- lanzettlich, scharf gespitzt, der Rand wenig umgerollt. Kapsel ziemlich langhalsig, zuletzt unter der Mündung und am Halse zusammengeschnürt. Auf feuchtem Sandboden, zerstreut und oft steril; fructifieirt Mai, Juni. 3. Bryum L. Grössere und kleinere, mehr oder weniger dichtrasige, unter dem Gipfel sprossende Moose mit fast immer abstehenden, 5—8-reihigen, halb- stengelumfassenden, breiten, gewöhnlich eiförmigen oder eilanzettlichen Blättern. Blattzellen oben 6-seitig-rhombisch, am Grunde verlängert 6-seitig bis fast qua- dratisch. Blüthen ein- und zweihäusig oder zwitterig, die männlichen mit faden- förmigen Paraphysen. Kapsel meist hängend, keulen- oder birnförmig, selten fast kugelig.. Beide Peristome gleichlang oder das innere kürzer, die Wimpern des inneren vollständig, mit scharfen Anhängseln oder in den Gelenken knotig, selten sehr verkürzt bis ganz fehlend. 40 deutsche Arten. A. Cladodium Schimp. Inneres Peristom dem äusseren dicht anklebend (Ptycho- stomum Hornsch), oder beide Peristome frei und die Wimpern des inneren ohne Anhängsel oder ganz fehlend (Cladodium). a. Blüthen zwitterig (oder polygam). * Inneres Peristom dem äusseren fest anhängend. Dichtrasig, meist 1 Centim. hoch, der kurze Stengel mit dicht schopfigen Aesten. Blätter hohl, länglich-eiförmig, an der Spitze klein gesägt, mit sehr lang gran- nenartig austretender, gezähnter Rippe, am Rande schmal gesäumt und umgerollt. Blüthen zwitterig und polygam. Auf feuchtem, san- digem Boden, an Mauern und Felsen; fructificirt Mai, Juni: B. pen- dulum Schimp. ** Inneres Peristom frei. 0 Rippe vor der Blattspitze verschwindend oder als kurzes Spitzchen austretend. Lockerrasig und heerdenweise. Stengel 5 Millim. hoch, durch schopfig beblätterte Sprosse höher. Schopfblätter hohl, ei- förmig, fast stachelspitzig, ihr Rand ganz, zurückgeschlagen und schmal gesäumt bis ungesäumt. Kapsel klein, kurz birnförmig. Wimpern fast fehlend. Auf feuchtem Sandboden; fructifieirt Juni bis October: B. lacustre Bland. 480 Bryeae: Bryum. 00 Rippe als lange Stachelspitze austretend. Dichtrasig, meist 1 Cen- tim. hoch. Blätter lanzettlich, der Rand gesäumt und schon vom Grunde an umgerollt. Kapsel grösser, schmal birnförmig. Fort- sätze des inneren Peristomes in der Mitte klaffend. Wimpern sehr klein. An feuchten, sandigen Stellen, Mauern und Felsen; fructi- fieirt Mai, Juni: B. incelinatum Bland. b. Blüthen einhäusig. Dicht- bis lockerasig, bis 2 Centim. hoch. Blätter länglich-lanzettlich, schmal gespitzt, ziemlich breit gesäumt, an der Spitze stumpf gesägt, die Rippe als Stachelspitze auslaufend. Kapsel gross, keu- lig-birnförmig, etwas gekrümmt. Fortsätze des inneren Peristomes klaffend. Wimpern fast fehlend. Auf feuchten Wiesen; fructificirt August, September: B. uliginosum Br. et Sch. B. Bryum (im engeren Sinne). Inneres Peristom ganz frei, seine Fortsätze gleich- lang, mit dazwischen stehenden gleichlangen, mit meist langen Anhängseln ver- sehenen Wimpern. Stengel gewöhnlich mit 2 Sprossen unter dem Gipfel, überall fast gleichmässig beblättert. a. Blüthen zwitterig, selten polygam. * Rand der verlängert-lanzettlichen Blätter gesäumt, die Rippe dick, röthlich und in eine gezähnte, kurze Spitze auslaufend. Kapsel hängend, länglich-birnförmig, trocken unter der Mündung leicht eingeschnürt. Wimpern mit langen Anhängseln. In ausgedehnten, dicht verfilzten, 1—5 Centim. hohen Rasen auf feuchtem Sandboden und in Sümpfen; fructificirt Juni, Juli: B. bimum Schreb. *#* Blattrand ungesäumt. Rippe lang austretend und kaum gezähnt. Kapsel horizontal oder nickend, länglich-birn- bis keulenförmig, lang- halsig, unter der Mündung trocken kaum oder nicht verengt. Wim- pern mit kurzen Anhängseln. Meist nur 1 Centim. hoch, sonst - wie vorige Art. Auf feuchtem Boden, an Mauern, Steinen ete.; fructificirt Juni—December: B. intermedium BDrid. > b. Blüthen einhäusig. Rasen schwellend, bis 3 Centim. hoch, grün, unten roth und dicht filzig. Blätter verlängert lanzettlich, der Rand gesäumt, um- gerollt, die Rippe als lange, entfernt gezähnte Spitze austretend. Kapsel keulig-birnförmig, langhalsig, trocken unter der Mündung eingeschnürt. An Wasserfällen und nassen Mauern und Felsen; fructifieirt Juni, Juli: B. pallescens Schleich. c. Blüthen zweihäusig. * Männliche Blüthen knospenförmig. 0 Blattrippe als lange Haarspitze austretend. $ Kapsel lang keulenförmig bis fast eylindrisch, rothbraun, horizon- tal bis nickend, trocken unter der Mündung zusammengezogen. Rasen bis 3 Centim. hoch. Blätter verkehrt ei- oder spatelförmig, der Rand gesäumt. In Waldgegenden an Mauern, Steinen, faulen Stämmen etc.; fructifieirt Mai— August: B. capillare L. s$ Kapsel birnförmig, dunkelbraun, nickend bis hängend, trocken unter der Mündung etwas verengt. Blätter schmal eilanzettlich, undeutlich gesäumt. An Mauern, auf Dächern und auf der Erde; fructifieirt Mai, Juni: B. caespiticium L. 00 Blattrippe in eine dicke, kurze, gezähnte Stachelspitze auslaufend. Räschen dicht, meist 5 Millim. hoch. Blätter schmal lanzettlich, an der Spitze entfernt gezähnt, selten deutlich gesäumt. Kapsel länglich- keulen- oder birnförmig, zuletzt blutroth, niedergebogen bis hängend, geöffnet unter der Mündung etwas verengt. Auf feuchten Haiden und Sandplätzen; fructificirt Mai, Juni: B. erythrocarpum Schwaegr. 000 Blattrippe unter der Spitze verschwindend. Rasen bis 1 Centim. hoch, silber- oder grünlichweiss. Stengel mit zahlreichen schlanken, dicht dachziegelig beblätterten, daher kätzchenartigen Sprossen. Blätter hohl, breit eirund, plötzlich in eine schmale, wasserhelle Spitze zu- sammengezogen, der Rand ungesäumt, flach. Kapsel klein, hängend, länglich-eiförmig, blutroth. Auf Dächern, Mauern, auf Brachäckern etc.; fructificirt fast das ganze Jahr: B. argenteum L. Bryeae: Bryum, Mnium. — Meeseeae. 481 **= Männliche Blüthen fast scheibenförmieg. 0 Rippe vor der Blattspitze verschwindend. Lockerrasig, bis 5 Centim. hoch, im Alter röthlich. Blätter sehr weit flügelartig herablaufend, eilanzettlich, ungesäumt. Kapsel hängend, verlängert birnförmig, sehr lanshalsig.. An quelligen Orten, in Sümpfen ete.; fructifieirt Juni, Juli: B. Duvalii Votit. 00 Rippe vollständig oder als Stachelspitze austretend. Sehr kräftig, dichtrasig, bis über 10 Centim. hoch, bis oben stark wurzelfilzig. Blätter aus herablaufendem Grunde länglich eiförmig oder elliptisch- lanzettlich, deutlich gesäumt. Kapsel niedergebogen bis hängend, verlängert keulenförmig, langhalsig. Auf Sumpf- und Torfwiesen, an Bachufern, nassen Felsen; fructifieirt Juni— August: B. pseudotri- quetrum Schwaegr. 6. Rhodobryum Schimp. Blätter der Stammspitze plötzlich um Vieles grösser, in eine offene Rosette ausgebreitet. Stengel aus unterirdischen Ausläufern und vereinzelt unter dem Gipfel sprossend. Blüthen zweihäusig, die männlichen scheibenförmig. Peristom wie bei B. Einzige Art: B. roseum Schreb. Locker- rasig, an die Arten der Gattung Mnium erinnernd, meist 5 Centim. hoch, dicht wurzelfilzis, mit sehr entfernt stehenden, schuppigen Stengelblättern. Schopf- blätter breit spatelförmig, zugespitzt, ungesäumt, am Grunde am Rande zurück- geschlagen, von der Mitte ab stark gesägt, die dicke, röthliche Rippe bis zur Blattspitze gehend. Kapsel auf dickem, purpurrothem Stiele, mit purpurothem Deckel, niedergebogen, länglich-kegelförmig. In schattigen Wäldern. Fructi- fieirt Spätherbst. 4. Mnium L. Ansehnliche, rasige, mehr oder minder dicht verfilzte Wald- und Sumpfmoose, deren Stengel sich am Grunde durch aufrechte oder ausläufer- artig kriechende Sprosse verjüngt. Blätter breit, glatt, ihre Zellen oben rundlich- 6-seitig, parenchymatisch, derb, unten lockerer und verlängert 6-seitig. Männliche Blüthen scheibenförmig, mit keuligen Paraphysen. Kapsel nickend oder hängend, regelmässig, glatt, mit undeutlichem Halse. Peristom ähnlich wie bei Bryum (Fig. 115D), die Wimpern zu 2.und 3 und ohne Anhängsel. 16 deutsche Arten. — A. Blätter gesäumt. Blattsaum ganzrandig, die Rippe am Rücken glatt. Sprosse aufrecht: M. punctatum L. Zweihäusig, lockerrasig, 2—4 Centim. hoch. Blätter entfernt, die oberen rosettenförmig, alle gross, verkehrt eirund, abgerundet, meist mit kurzem Spitzchen, ihr Saum röthlich, verdickt, 3- bis 4-reihig. Kapsel länglich eiförmig, der Deckel mit dünnem Schnabel. An Waldquellen, nassen Felsen etc. gemein; fructificirt Spätherbst— Frühling. — B. Blattsaum mit einfachen Zähnen; Sprosse oft kriechend; sonst wie A: M. cuspidatum Hedw. Zwitterig, dichtrasig, bis 3 Centim. hoch. Sprosse kriechend und fast aufrecht. Blätter aus herablaufendem Grunde verkehrt eirund, die Schopfblätter länger und schmäler, alle zugespitzt, 3-reihig gelb gesäumt und von der Mitte an scharf gesägt. Kapsel dick oval, mit rundlich abgestumpftem Deckel. In Wäldern gemein; fructifieirt April, Mai. — M. affine Bland. Zwei- häusig, bis 5 Centim. hoch, mit zahlreichen, bogig niedergekrümmten, wurzelnden Sprossen. Untere Blätter rundlich -verkehrt-eiförmig; Schopfblätter nicht herab- laufend, verkehrt eiförmig bis zungenförmig, am ganzen Rande scharf gesägt. Deckel mit Warze. In feuchten Wäldern und auf feuchten Wiesen häufig; fructi- fieirt Mai. — M. undulatum Hedw. Zweihäusig, die fruchttragenden Stengel bis 10 Centim. hoch, palmenartig, unter dem Gipfel mit herabgekrümmten, peitschen- förmigen Aesten. Alle Blätter auswärts gebogen, verlängert zungenförmig, kurz gespitzt, herablaufend, weile Deckel warzig-gespitzt. In feuchten Wäldern ge- mein und eines der schönsten Moose; fructificirt Mai, Juni. — C. Blattsaum mit Doppelzähnen. Rippe am Rücken gesägt. Sprosse aufrecht: M. hornum Hedw. Zweihäusig, 2—8 Centim. hoch; Sprosse grundständig. Blätter eiförmig bis schmal lanzettlich, der Saum braunroth, dicht und scharf gesägt. Deckel warzig-gespitzt. In Wäldern an Bächen und Gräben häufig; fructificirt April, Mai. 199. Familie. Meeseeae. Rasenbildende, 2, ein- oder zweihäusige, zwitterige oder polygame, meist grosse Sumpfmoose. Blätter meist schmal, mit Rippe, die Zellen parenchymatisch, Luerssen, Mediecin.-pharm. Botanik. ol 482 Meeseeae. Aulacomnieae. oben meist ziemlich derb, rectangulär, am Grunde viel weiter und sechsseitig. Kapsel in der Regel lang gestielt, langhalsig, glatt, mit kleinem, schiefem, kege- ligem Deckel. Peristom doppelt und wie bei Webera (S. 479), oder das äussere sehr kurz und das innere scheinbar ganz fehlend (Catoscopium), oder das innere weit länger als das äussere (Amblyodon, Meesea). Wimpern fehlend oder sehr verkümmert. 1. Amblyodon Pal. Beauv. Peristom doppelt; das äussere aus 16 stumpfen, kurzen Zähnen gebildet, das innere mit doppelt längeren, spitzen Fortsätzen ohne Wimpern. Blätter glatt, mit grossen, sehr lockeren, oben rhombischen, unten ver- längert 6-seitigen Zellen. Polygam. 1 deutsche Art: A. dealbatus P. Beawv. 1 Centim. hoch, lichtgrün, später weisslich. Blätter länglich bis lanzett-zungen- förmig, kurz gespitzt, an der Spitze scharf gesägt, die Rippe unter der Spitze ver- schwindend. Kapsel schief-birnförmig. Auf Torfwiesen zerstreut; fructifieirt Juni. 2. Meesea Hedw. Peristom wie bei voriger Gattung, aber mit zu 3—4 stehenden Wimpern. Blätter glatt, oben mit derben, fast rectangulären, unten mit verlängert 6-seitigen Zellen. Zwei- und einhäusig, zwitterig oder polygam. 4 deutsche Arten. — M. uliginosa Hedw. Polygam. Rasen 2—3 Centim. hoch. grün, unten braun und verfilzt. Blätter 8-reihig, aufrecht oder etwas abstehend, untere lanzettlich, obere linealisch, alle abgerundet, ganzrandig, der Rand zurück- gerollt, die dicke Rippe in der Spitze verschwindend. Kapsel schief- birnförmig. Auf Torfwiesen und an feuchten Felsen; fructifieirt Juni. 3. Paludella Zhrh. Stattliche, dicht verfilzte, durch die sparrig zurück- gebogenen, papillösen Blätter auffallende, zweihäusige Sumpfmoose. Peristom dop- pelt, die Zähne des äusseren zugespitzt und den Fortsätzen des inneren gleich- lang. Wimpern kaum angedeutet. 1 deutsche Art: P. squarrosa Ehrh. Rasen über 10 Centim. tief, gelblichgrün, bis oben dicht rothbraun wurzelfilzig. Blätter gleichgross, allseits sparrig, mit herabgekrümmter Spitze, aus herablaufender, breit dreieckiger Basis eilanzettlich, zugespitzt, scharf gekielt, unregelmässig gesägt, die Rippe unter der Spitze verschwindend. Kapsel lang gestielt, länglich. In Torf- sümpfen; fructifieirt Juni, Juli. 4. Catoscopium Brid. Kapsel sehr klein, fast kugelig und über dem ver- dünnten Halse umgekrümmt. Aeusseres Peristom sehr kurz, mit breiten, stumpfen Zähnen, das innere kaum angedeutet. 1 deutsche Art: C. nigritum Brid. Zwei- häusig. Bis 20 Centim. tiefe, weiche Rasen bildend. Stengel lang, fadenförmig. Blätter dicht, aufrecht abstehend, lanzettlich, zugespitzt, am Rande zurückge- schlagen. Kapselstiel röthlich, gedreht. Auf nassen Felsen und Sumpfwiesen sehr zerstreut (Alpen, München, Münster). 200. Familie Aulacomnieae. Rasenbildende, 2, zweihäusige, unter dem Gipfel sprossende Sumpf- oder Erdmoose. Blätter papillös, überall oder nur im oberen Theile derb- und rund- zellig.. Kapsel lang gestielt, länglich oder ceylindrisch, unsymmetrisch, gestreift, trocken gefurcht. Inneres Peristom wie bei Mnium. Die beiden Gattungen werden auch als Typen zweier Familien betrachtet. 1. Aulacomnium Schwaegr. Dichtrasige Moose mit mniumartigem Habitus. Blattzellen überall gleichartig derb, klein, rundlich, chlorophyllreich und papillös. Männliche Blüthen knospenförmig. Paraphysen fadenförmig. 1 deutsche Art: A. androgynum Schwaegr. Rasen dicht polsterförmig, bis 5 Centim. hoch, leb- haft grün, unten rostroth verfilzt. Blätter abstehend, trocken etwas kraus, kurz lineal-lanzettlich, Rand zurückgeschlagen, an der Spitze ausgefressen -gezähnt, Rippe verschwindend. Kapsel horizontal. Häufig finden sich endständige, gestielte Köpfchen von Brutknospen. In feuchten Laubwäldern, besonders auf Sandstein; fructifieirt Juni— August. 2. Gymnocybe Fr. Schwammiges Sumpfmoos vom Habitus des Dieranum Schraderi. Blattzellen an der Basis 2- bis 3-schichtig, nicht verdickt, rectangulär, bauchig aufgetrieben, glatt; die Zellen des übrigen Blattes derbwandig, viel klei- ner, rundlich, papillös. Männliche Blüthen scheibenförmig. Paraphysen keulig. 1 deutsche Art: G. palustris Fr. Ausgedehnte, über 10 Centim. tiefe, gelblich- Bartramieae. Timmieae. 483 grüne, dicht und rothbraun verfilzte Rasen bildend. Untere Blätter breit-, obere schmal-lanzettlich, an der kurzen Spitze ausgefressen-gezähnt, die Rippe ver- schwindend. Kapsel geneigt. Auf Sumpfwiesen; fructificirt Mai, Juni. 201. Familie. Bartramieae. In dichten, polsterförmigen Rasen wachsende, 2, ein- oder zweihäusige, unter dem Gipfel sprossende Stein-, Erd- oder Sumpfmoose. Blätter 5- bis 8-reihig, schmal, gerippt, meist beiderseits papillös (sehr selten glatt); ihre Zellen im oberen Theile diekwandig, linealisch bis fast quadratisch, am Blattgrunde weiter, ver- längert 6-seitig, hyalin. Kapsel meist lang gestielt, meist kugelig und gestreift. Deckel sehr klein. Peristom einfach, doppelt oder fehlend; das äussere wie bei Bryum (S. 478), die Zähne mit Theilungslinie; die Fortsätze des inneren in zwei divergirende, papillöse Schenkel gespalten, die Wimpern sehr kurz. 1. Bartramia Hedw. Weiche, lockerrasige Stein- und Erdmoose. Stengel meist gabelig verzweigt, mit gleichhohen Aesten. Blätter borsten- oder lang pfrie- menförmig, nicht gefurcht. Männliche Blüthen knospenförmig. Kapsel meist über- geneigt. Peristom meist doppelt, das innere bisweilen undeutlich, seine Wimpern undeutlich oder einzeln stehend. 5 deutsche Arten. — B. pomiformis Hedw. Einhäusig, die männlichen Blüthen von den weiblichen nur durch Hüllblätter ge- trennt. Rasen bläulich- oder gelblichgrün, hoch hinauf braunfilzig, bis 5 Centim. hoch. Blätter abstehend, trocken mehr oder weniger kraus, nicht scheidig, lan- zett-pfriemenförmig, papillös, der grob gesägte Rand unten eingerollt, die auslau- fende Rippe oben am Rücken gesägt. Kapsel gipfelständig, kugelige. An Hohl- wegen, erdigen Abhängen etc. häufig; fructificirt Juni— August. 2. Philonöotis Brid. An quelligen und sumpfigen Orten lebende, dichte und schwammige Rasen bildende, unter dem Gipfel büschelig-ästige Moose. Blätter eilanzettlich, ungefurcht oder an der Basis 2-furchig. Männliche Blüthen scheiben- förmig. Kapsel aufrecht oder übergebogen. Peristom doppelt; äusseres mit 16 freien, pfriemenförmigen Zähnen; die Fortsätze des inneren länger und 2-schenkelig, die Wimpern zu 2—3 beisammen. Zweihäusig. 4 deutsche Arten. — Ph. fontana Brid. Ausgebreite, bis 10 Centim. hohe, gelbgrüne Rasen bildend. Blätter theils angedrückt, klein, eirund und stumpflich, theils grösser, aufrecht abstehend oder einseitswendig, schmal gespitzt und am Grunde 2-furchig, alle fein gesägt und mit auslaufender Rippe. Fortsätze des inneren Peristoms kaum länger als die Wimpern. In kalkhaltigen Quellen und Sümpfen verbreitet; fructificirt Juni, Juli. 202. Familie. Timmieae. Einhäusige, 4 Erdmoose von mniumartigem Aussehen. Zellen des lanzett- lichen Blattes zum grössten Theile klein, fast quadratisch, derbwandig, sehr chlorophyllreich, auf der oberen Blattfläche papillös, die des scheidigen Blatt- grundes ohne Chlorophyll, sehr lang und schmal, fast rectangulär, dünnwandig. Kapsel lang gestielt, oval bis länglich. Peristom doppelt; Zähne des äusseren im trockenen Zustande in der Mitte knieartig nach einwärts gebogen, lanzettlich, durch vortretende Querleisten dicht gegliedert, überall dicht papillös und im oberen Theile mit starken, verticalen Streifen; inneres Peristom aus einer 16-kie- lig-faltigen Haut gebildet, von deren Rande gruppenförmig, im ganzen etwa 64- knotig-gegliederte, papillöse, mit dem äusseren Peristome gleichlange Wimpern entspringen, welche gruppenweise zu 4—5 mit ihren Spitzen zusammenhängen. Männliche Blüthen knospenförmig. Paraphysen fadenförmig. Timmia Hedw. Charakter der Familie. 2 deutsche Arten. — T. mega- politana Hedw. 2—5 Centim. hoch. Blätter schmal lanzettlich, nach oben länger werdend, stumpflich, gesägt, die Rippe am Rücken glatt. Deckel in der Mitte eingedrückt und genabelt. Ring bleibend. Wimpern mit stacheligen Anhängseln. Auf Torfwiesen in Norddeutschland und in den Alpen; fructifieirt Juni— September. 31? 484 Polytricheae. 15. Unterordnung. Polytrichaceae. 203. Familie. Polytricheae. Ansehnliche, 24, meist zweihäusige, gewöhnlich rasenbildende Sumpf- und Erdmoose mit einfachem, aus der Basis, selten unter dem Gipfel, bei den männ- lichen Pflanzen aus der scheibenförmigen Blüthe sprossendem Stengel (Fig. 109). Blätter meistens derb und sehr derb, auf der Rippe oberseits mit Längslamellen besetzt, ihr Zellnetz parenchymatisch, die Zellen oben fast quadratisch, mehr oder weniger undurchsichtig, unten verlängert-6-seitig und heller. Männliche Blüthen scheibenförmig. Haube breit kappenförmig (scheinbar mützenförmig), kahl oder behaart, die ganze Kapsel einhüllend oder einseitig. Kapsel auf langem Stiele aufrecht oder geneigt, rund oder kantig, oft mit Apophyse. Peristom einfach, aus 16, 32 oder 64 meist kurzen, ungegliederten, zungenförmigen, aus diekwandigen Faserzellen bestehenden Zähnen gebildet, welche an ihren Spitzen durch eine die Mündung verschliessende zellige, vom oberen Theile der Columella gebildete Haut (Epiphragma) verbunden sind (S. 452, Fig. 115 @). . 1. Atrichum Pal. Beauv. Meist niedrige und weniger starre, lockerrasige und truppweise wachsende, ein- und zweihäusige Moose von fast mniumartigem Ansehen. Blätter dünn, am Grunde nicht scheidig, zungenförmig, gewellt, trocken kraus, die Rippe schmal und spärlich mit Lamellen besetzt. Kapsel länglich, drehrund. Deckel lang geschnäbelt. Peristom mit 32 Zähnen. Haube schmal kappenförmig, nur an der Spitze rauh oder kurzhaarig. 3 deutsche Arten. — A. undulatum Pal. Beawv. Einhäusig, grün, 1—8 Centim. hoch, die oberen Blätter sehr lang, schmal zungenförmig, stark wellig, unterseits durch in schiefen Reihen geordnete Zähnchen rauh, der Rand schmal gesäumt und fast bis zur Basis scharf gesägt. Kapsel rothbraun, Schnabel des Deckels von Kapsellänge. Auf feuchter, schattiger Erde gemein; fructificirt Herbst— Frühling. 2. Oligotrichum DC. Lockerrasige, zweihäusige Moose höherer Gebirge, deren Stengel mit unterirdischen Ausläufern sprosst. Blätter am Grunde nicht deutlich scheidig, derb, lanzettlich, die Rippe breiter und mit mehr Lamellen be- setzt, wie bei voriger Gattung. Kapsel länglich, länglich-eiförmig. Deckel kurz oder lang geschnäbelt. Haube halbseitig kappenförmig, kahl oder mit wenigen aufrechten Haaren. Sonst wie vorige Gattung. 1 deutsche Art: OÖ. hereynicum DC. Bis 2 Centim. hoch. Blätter einwärts gekrümmt, die Rippe am Rücken ge- sägt. Deckel meist stumpf gespitzt. Auf steinigem Boden; fructifieirt Juni, Juli. 3. Pogonatum Pal. Beaw. Sehr niedrige und einfache oder höhere und ästige Moose, welche sich von folgender Gattung durch die fehlende Apophyse, cylindrische Kapsel und stets nur 32 Peristomzähne unterscheiden. 4 deutsche Arten. — P. urnigerum Schimp. Sehr lockerrasig, bis 8 Centim. hoch, oben verästelt. Kapsel aufrecht, regelmässig und schmal cylindrisch oder länglich-ei- förmig. Auf feuchtem Wald- und Haideboden; fructifieirt Winter. — P. nanum P. Beawv. Heerdenweise, kaum 1 Centim. hoch, einfach. Kapsel geneigt, rund- lich-eiförmig, glatt. An Hohlwegen, sandigen Abhängen ete.; fructificirt Winter und Frühling. 4. Polytrichum L. Grosse, kräftige, zweihäusige, einfache oder ästige Moose. Blätter dick und steif (Wachholdernadeln ähnlich), die unteren schuppen- förmig, die oberen aus scheidiger Basis lineal-lanzettlich bis lineal-pfriemlich, mit breiter Rippe, die ganze Oberseite dicht mit zahlreichen Längslamellen be- Setzt. Zellen im oberen Blatttheile sehr derbwandig, sehr kurz, 4—6-kantig, im Blattgrunde sehr lang, schmal, fast recetangulär, weniger derb. Haube breit kap- penförmig, mit ihrem langen und dichten Filzüberzuge die Kapsel ganz einhüllend und daher scheinbar mützenförmig. Kapsel 4- bis 6-kantig, mit Apophyse. Peri- stom mit 32 oder 64 Zähnen. .7 deutsche Arten. — A. Pterygodon Lindb. Kapsel4-kantig, mitscharfabgegrenzter, scheibenförmiger Apophyse; Peristomzähne auf der Innenseite mit flügelartigen Anhängseln; Sporen sehr klein, grün: P. commune L. Lockerrasig, sehr kräftig, bis 50 Centim. hoch, dunkelgrün. Blätter meist zurückgebogen, lineal-pfriemlich, lang borstig zugespitzt, am Rande flach und bis zur Scheide scharf gesägt. Deckel schildförmig, meist stumpf gespitzt. Ring fehlt. Peristom mit 64 Zähnen. In Polytricheae. Buxbaumiaceae. Fontinalaceae. 485 feuchten Wäldern, auf Torfwiesen, nassen Haiden etc. gemein; fruetifieirt April bis September. War früher nebst anderen Arten der Gattung (P. juniperinum Willd. zu dieser Abtheilung gehörend, P. formosum Hedw. ete.) als Herba Adi- anti aurei bei Menstruationsbeschwerden, Unterleibsleiden u. s. w. offieinell (Abbild. Nees v. Esenb. Plantae medicin. Tab. 11); trägt oft bedeutend zur Torf- bildung bei. — B. Leiodon Lindb. Kapsel stumpflich 6—4-kantig, die Apo- physe nichtscharf abgegrenzt. Peristomzähne ohne Anhängsel. Sporen gross, braun: P. formosum Hedw. Grösse und Wachsthum von P. commune. Blätter lineal-lanzettlich, allmählich pfriemlich verlängert, mit borstiger Spitze, der Rand flach, weit hinab grob gesägt. Kapsel trocken zuletzt horizontal, gelb- grün. Peristom mit 64 Zähnen. Ring einfach, sich stückweise lösend. Auf moo- rigem Boden in Wäldern etc. häufig; fructifieirt Mai, Juni. 14. Unterordnung. Buxbaumiaceae. 204. Familie. Buxbaumieae. Niedrige, fast stengellose, @, zweihäusige Erdmoose. Blätter ohne Lamellen, theils dick und fest, theils (Perichätialblätter) dünn und durchscheinend. Haube äusserst klein, kegelig, glatt. Kapsel gestielt oder ungestielt, gross, schief eiför- mig, bauchig, engmündig. Peristom doppelt: inneres von einer gestutzt-kegel- förmigen, 16- oder 52-mal gefalteten Haut, äusseres aus 16 sehr kurzen, in einer Reihe oder 3- bis 4-reihig stehenden Zähnen gebildet. 1. Diphyscium Mohr. Kleine, knospenförmige, im fructifieirenden Zustande an Phascum erinnernde Moose mit bleibenden, lineal-zungenförmigen, an der Spitze abgerundeten, gerippten Blättern, deren Zellen oben doppelschichtig, pa- pillös und sehr klein, derbwandig, rundlich 4- bis 6-kantig sind. Perichätialblätter doppelt grösser, lockerzellig, häutig, mit lang austretender, gesägter, grannenför- miger Rippe, an deren Basis das Blatt in wimperartige Fetzen zerspalten ist. Kapsel sitzend, schief ei-kegelförmig, dünnhäutig. Aeusseres Peristom sehr kurz, aus 16 dreieckigen, mehr oder minder gesonderten, deutlichen Zähnen gebildet, das innere weit höher, 16-mal gefaltet. 1 deutsche Art: D. foliosum Mohr. Selten bis 5 Millim. ‚hoch, flach- und dichtrasig, dunkelgrün oder röthlichbraun. In Wäldern in Hohlwegen, Schluchten etc. häufig; fructifieirt Juli, August. 2. Buxbaumia Hall. Sehr kleine, einzeln oder truppweise wachsende Wald- moose mit sehr verkürztem, knollig verdicktem Stengel. Blätter ei- und länglich- lanzettlich, fransig gezähnt, ohne Rippe, mit lockerem Zellnetz, bei Entwickelung der Frucht verschwindend. Kapsel auf langem, dickem, papillösem Stiele schief aufrecht, verkehrt hufartig, unregelmässig, unterseits buckelig. Inneres Peristom 32-mal gefaltet; äusseres sehr kurz, mit dem inneren verklebt oder frei und aus einer 5—4-fachen Reihe gegliederter, rauher Zähne gebildet. 2 deutsche Arten. — B. aphylla Hall. Kapsel und Stiel braunroth, die Kapsel mit bleibender ÖOberhaut. Auf feuchtem, schattigem Waldboden, zerstreut; fructificirt April—Juli. B. indusiata Brid. Kapselstiel rothbraun; Kapsel olivengrün, mit vor der Frucht- reife in Fetzen sich ablösender Oberhaut. In dunkelen Wäldern meistens auf faulenden Baumstümpfen, zerstreut; fructifieirt Juni, Juli. II. Museci pleurocarpi. (S. 462.) 15. Unterordnung. Fontinalaceae. Grosse, meist glänzende, fluthende Wassermoose mit dünnen, reich (oft büschelig) verzweigten, dreireihig beblätterten Stengeln. Blätter glatt, ihr Zell- netz aus prosenchymatischen, dünnwandigen, chlorophyllarmen Zellen gebildet. Blüthen knospenförmig. Haube mützen- oder kappenförmig. Kapsel fast unge- stielt und dem Perichätium eingesenkt, oder gestielt. Peristom doppelt, beide ohne Basilarhaut, das innere meist länger und überall oder oben zu einer gitterartigen, offenen Kuppel gestaltet (Fig. 115 0). 486 Fontinaleae. Dichelymeae. Neckeraceae. 205. Familie. Fontinaleae. Blätter rippenlos. Kapsel den dachziegelig gelagerten Perichätialblättern eingesenkt. Haube kegel-mützenförmig. Fontinalis Dill. Stattliche, lang fluthende, meist unter Wasser wachsende, meist zweihäusige Moose mit sehr ästigem, unten meist nacktem, oben 3-zeilig be- blättertem Stengel und schlaffen, sehr langen, zugespitzten Aesten. Blätter theils gekielt und scharf zusammengefaltet, theils rinnenförmig mit rundem Rücken oder fast flach, stets ganzrandig, in den herablaufenden Blattflügeln mit einer Gruppe grosser, rectangulärer Zellen. Kapseln meist am Grunde der Hauptäste auf der Spitze kurzer, seitlicher Aestchen. Aeusseres Peristom mit 16 rothbraunen, langen, lanzettlichen, durch Theilungslinie gezeichneten und auf der Innenfläche mit Querleisten versehenen, papillösen, durch sich kreuzende Verdickungsstreifen aus- gezeichneten, hygroskopischen Zähnen. Inneres Peristom mit 16 abwechselnden, linealen, rothbraunen, papillösen, einen Kegel bildenden Fortsätzen, welche durch horizontale, mit oder ohne Anhängsel versehene Leisten unter einander zu einem gitterartigen, das äussere Peristom überragenden Gewölbe vereinigt sind. Deckel kegelig. Haube wenig unter den Deckel herabreichend. 5 deutsche Arten. — F. antipyretica L. 4. Bis 30 Centim. lang, schwarzgrün bis röthlich. Stengel und Aeste fast bis zur Basis scharf 3-kantig beblättert, nicht bewurzelt. Blätter eiförmig, fast stumpflich, nachenförmig gekrümmt, längs des Kieles scharf zusam- mengefaltet. Kapsel regelmässig eiförmig oder länglich. Inneres Peristom mit Anhängseln. An Steinen und Baumwurzeln in fliessenden und stehenden Gewäs- sern, Brunnentrögen etc. häufig; fructificirt Juli, August. War früher als Herba Fontinalis antipyreticae bei Brustleiden offieinell, wurde auch Fussbädern zugesetzt und, als gegen Feuersgefahr schützend, in die Dächer und Wände gestopft. 206. Familie. Dichelymeae. Blätter lang gerippt. Kapsel deutlich gestielt. Haube kappenförmig. Dichelyma Myrin. Fluthende Moose mit zerstreut 'verästeltem Stengel. Blätter lanzett-pfriemenförmig, sichelförmig gekrümmt, die Zellen des Blattgrundes kaum von den übrigen verschieden. Blüthen 2-häusig. Kapsel oblong, mit kege- ligem, mehr oder minder geschnäbeltem Deckel. Aeusseres Peristom mit 16 lineal- länglichen, stumpflichen, rothbraunen, stark quergegliederten Zähnen, welche zwischen den Gliedern klaffen oder bis fast zum Grunde in 2 Schenkel gespalten sind. Inneres Peristom in ganzer Höhe oder nur an der Spitze durch Queräste gitterförmig. 2 deutsche Arten. — D. falcatum Myrin. Bis 10 Centim. lang, schwarzgrün bis goldglänzend, mit an der Spitze hakenförmigen Aesten. Blätter sichelförmig-einseitswendig, an der Spitze gesägt, die Rippe nicht oder nur kurz austretend. Kapselstiel 1 Centim. lang. Inneres Peristom vollständig gitterförmig. Im Wasser oder an periodisch überflutheten Steinen und Baumwurzeln (Scandina- vien, Riesen- und Isergebirge, Löbau in Preussen); fructificirt Herbst. 16. Unterordnung. Neckeraceae. Ziemlich grosse, flach polsterförmige, glänzende Fels- und Rindenmoose mit kriechendem, nie die Früchte tragenden Hauptstengel und verflacht beblätterten, fiederig oder zerstreut beästeten Zweigen. Blätter 5—8-reihig, sehr häufig schein-. bar 2-zeilig, glatt, nie längsfaltig; Zellen der Blattspitze stets rhombisch, die des Grundes linealisch, die der Blattflügel quadratisch aber nie aufgeblasen. Perichä- tialäste nie mit Rhizoiden. Kapsel aufrecht, dem Perichätium eingesenkt oder über dasselbe emporgehoben. Haube kappen- oder kegelförmig. Peristom einfach oder (meist) doppelt, sehr selten fehlend, die 16 Zähne des äusseren Peristoms lineal-lanzettlich, die 16 Fortsätze des inneren auf einer Basilarhaut, ohne oder mit kurzen Wimpern. Cryphaeae. Neckereae. Leucodonteae. 487 207. Familie. Cryphaeae. Blätter allseitig abstehend, mit kleinen, derbwandigen Zellen. Haube kegel- mützenförmig, an der Spitze rauh oder behaart. Kapsel eingesenkt. Peristom (bei der einzigen europäischen Gattung) doppelt: Zähne des äusseren entfernt ge- gliedert, papillös, mit Trennungslinie und auf der Innenfläche mit schwach vor- springenden Querleisten; Fortsätze des inneren der ganzen Länge nach frei, lang, zwischen den Gelenken klaffend, papillös; Wimpern fehlen. Die exotischen Gat- tungen auch ohne oder mit einfachem Peristom. Cryphaea Mohr. Secundäre Zweige fiederästig, Blätter eiförmig, mit Rippe. Ring breit und bleibend. Einhäusig. — C. heteromalla Mohr. 4. 1—3 Centim. lang, aufsteigend. Blätter dachziegelig, kurz gespitzt, am Rande unten umgeschlagen, die Rippe verschwindend. Kapseln zahlreich, gedrängt, nach einer Seite hin ge- richtet, eilänglich. Beide Peristome gleich lang. An Baumstämmen in Südeuropa häufig, sonst zerstreut (Westphalen, Ostfriesland, Baden, Holland); fructificirt März — Mai. 208. Familie. Neckereae. Blätter 2-zeilig abstehend, glänzend, trockenhäutig, rippenlos oder mit schwacher Rippe. Haube kappenförmig oder kegelförmig und am Grunde gespal- ten, nackt oder behaart. Peristom einfach oder doppelt. 1. Neckera Hedw. Ansehnliche, in grossen, flachen Rasen wachsende, ein- oder meist zweihäusige Moose mit regelmässig und 2-zeilig-fiederartig verzweigten Hauptästen. Blätter eilänglich bis zungenförmig, glänzend, durchsichtig, häufig wellig, ihre Zellen nur an der Spitze rhombisch, an den Blattflügeln wenige qua- dratische Zellen. Kapseln nach abwärts gerichtet. Haube kappenförmig, nackt oder spärlich behaart. Zähne des äusseren Peristomes ganz oder in der Theilungs- linie durchlöchert; Fortsätze des inneren kürzer, fadenförmig, auf schmaler oder sehr schmaler Basilarhaut. Wimpern und Ring fehlen. Deckel geschnäbelt. 6 deutsche Arten. — N. pennata Hedw. 4. Einhäusig, bleichgrün, die Hauptäste bis 10 Centim. lang. Blätter eilanzettlich, querwellig, ohne Rippe. Kapsel ganz oder zur Hälfte dem Perichätium eingesenkt, ellipsoidisch. Inneres Peristom rudi- mentär. An Bäumen in schattigen Wäldern, besonders an Buchen, häufig; fructi- fieirt März, April. — N. complanata Hüben. 2. Zweihäusig, seidenglänzend, die Aeste manchmal peitschenförmig verlängert. Blätter länglich oder zungenförmig, nicht gewellt, ohne Rippe. Kapsel auf 1 Centim. langem Stiele emporgehoben, oval. Inneres Peristom vollständig. An Baumstämmen, seltener an Felsen, gemein; fructifieirt Mai. 2. Homalia Brid. Wie Neckera, aber die secundären Aeste unregelmässig verzweigt, die Blätter mit Rippe, der Ring vorhanden, die Fortsätze des inneren Peristomes länger, als die Zähne des äusseren, gekielt, auf breiter, kielfaltiger Basilarhaut. Wimpern kurz oder fehlend. Kapsel fast aufrecht oder nickend. Ein- häusig. 1 deutsche Art: H. trichomanoides Br. et Sch. 4. Stengel bis 6 Cen- tim. lang, niedergedrückt, lockere, dunkelgrüne Rasen bildend. Blätter länglich, messerförmig und fast sichelartig gebogen, kurz und stumpf gespitzt, fast am ganzen Rande klein gesägt. Kapsel 1—2 Centim. lang gestielt. An Bäumen und Felsen, verbreitet; fructifieirt August, September. 209. Familie. Leucodonteae. Secundäräste aufrecht oder aufsteigend, unregelmässig oder fast fiederig ver- zweigt. Blätter dachziegelig, allseitig abstehend oder einseitswendig, mit einfacher oder doppelter Rippe oder rippenlos, oft gefaltet. Zellen an der Spitze rhombisch, im Blattgrunde in der Mitte wurmförmig-linealisch, an den Rändern und den fast herablaufenden Flügeln rundlich-quadratisch bis rundlich 6-seitig. Haube gross, kappenförmig. Kapsel aufrecht. Peristom einfach oder doppelt. Zweihäusig. 1. Leucodon Schwaegr. Ansehnliche, lockerrasige Moose mit bogig-auf- steigenden, gleichhohen, kätzchenartigen Hauptästen. Blätter allseitig abstehend, Br 488 Leucodonteae. Hookeriaceae. Fabroniaceae. rippenlos, gefaltet, ganzrandig. Perichätium sehr lang, nicht wurzelnd. Haube bis unter die Kapsel hinabreichend. Kapsel astständig, länglich, gestielt. Peristom einfach, die Zähne bleich, entfernt und schwach gegliedert, ganz oder in der Theilungslinie durchlöchert, sehr papillös. 1 deutsche Art: L.seciuroides Schwaegr. 4. Stengel bis 10 Centim. lang. Blätter herzeiförmig, zugespitzt, hohl, tief ge- furcht. Haube weisslich. An Feld- und Waldbäumen, Felsen und Mauern, ge- mein; fructificirt März, April. 2. Pterogonium Sw. Hauptäste büschelig verzweigt, einseitsrets herab- gekrümmt, die Früchte tragend. Blätter am Rücken papillös. Peristom doppelt; Zähne des äusseren breiter lanzettlich, blass gelblich, fast glatt, mit schwach auf beiden Flächen vortretenden Querleisten und Theilungslinie; Fortsätze des inneren sehr schmal, fadenförmig, flach, bis zur Mitte des äusseren Peristomes reichend, auf deutlicher, basilärer Membran. Haube sparsam behaart. 1 deutsche Art: P. gracile Sw. 4. Secundäräste stark baumartig verzweigt. Blätter breit eiför- mig, mit Doppelrippe, am Rücken mit zerstreuten, langen, spitzen Papillen. An Bäumen und Felsen schattiger Gebirgswälder, zerstreut; fructificirt Winter. 3. Antitrichia Brid. Kräftige, sehr lockerrasige, zweihäusige Moose mit unregelmässig verzweigten Aesten und Ausläufern. Blätter gefaltet, mit Rippe. Haube kürzer als die Kapsel. Peristom doppelt: Zähne des äusseren bleich, dicht gegliedert, oben fast glatt, unten schief gestreift; Fortsätze des inneren pfriemen- förmig, am Grunde gekielt, ohne basiläre Haut. 1 deutsche Art: A. curtipen- dula Brid. 4. Schmutzig grün oder bräunlich.. Blätter eilanzettlich, am Grunde herablaufend, Rippe unter der Spitze verschwindend, der Rand umgerollt. In Wäldern an alten Stämmen und an Felsen, häufig; fructificirt März, April. 17. Unterordnung. Hookeriaceae. 210. Familie. Hookerieae. Ansehnliche, lockerrasige, einhäusige, 24, stark glänzende Moose mit durch verflacht beblätterte Aeste unregelmässig verzweigtem Stengel. Blätter scheinbar 2-reihig, breit, rippenlos, ohne Papillen, ihre Zellen weit, prosenchymatisch, rhom- bisch-6-seitig. Perichätialäste mit Rhizoiden. Haube kegelförmig, an der Basis mehr oder minder’ gelappt. Kapsel glatt oder rauh gestielt, unsymmetrisch, stark geneigt. Peristom doppelt, die Wimpern des inneren fehlend. . Deckel lang ge- schnäbelt. Pterygophyllum Drid. Blätter ungesäumt. Haube kaum bis über den Deckel hinabgehend, am Grunde kurzlappig. Zähne des äusseren Peristomes un- getheilt, dicht gegliedert, röthlich; Fortsätze des inneren in den Gelenken klaffend. 1 deutsche Art: P. lucens Brid. Aeste bis 10 Centim. lang. Blätter horizontal abstehend, breit eiförmig, stumpflich, flach- und ganzrandig, sehr chlorophyllreich, durchsichtig. Kapsel oval, schwarzbraun. An quelligen Waldstellen, an Bächen; zerstreut. Fructificirt Spätherbst und Winter. 18. Unterordnung. Fabroniaceae. 211. Familie. Fabronieae. Zwergige, dichtrasige, unregelmässig verzweigte Moose mit allseitig ab- stehenden Blättern. Blätter eilanzettlich, mit kurzer Rippe oder rippenlos, ohne Papillen, der Rand meistens gezähnt oder gewimpert, ihre Zellen chlorophyllreich, - weit, rhombisch-6-seitig, am Blattgrunde und an den Blattflügeln quadratisch bis rectangulär. Perichätialäste mit Rhizoiden. Haube kappenförmig. Kapsel gestielt, aufrecht, symmetrisch oder leicht gekrümmt, der Deckel stumpf oder geschnäbelt. Peristom einfach oder doppelt, 8- oder 16-zähnig. 1. Anacamptodon Brid. Blätter ganzrandig, mit Rippe. Haube über den Deckel herabgezogen. Peristom doppelt: die 16 Zähne des äusseren paarweise Fabroniaceae. Leskeeae. 489 genähert, ganz flach, breit lanzettlich, weitläufig gegliedert, dicht und fein papil- lös, ohne Querleisten aber mit Theilungslinie; Fortsätze des inneren wenig kürzer, lanzett-pfriemenförmig, kielig gefaltet, auf der Innenfläche mit Querleisten, ohne Basilarhaut. Ring fehlt. Einhäusig. 1 deutsche Art: A. splachnoides Brid. 2. Kleine, lebhaft grüne Räschen bildend. Blätter aus schmälerem Grunde eilan- zettlich, breit zugespitzt, die kräftige Rippe oberhalb der Mitte verschwindend. An Baumstämmen, zerstreut; fructifieirt Juni. 2. Anisodon Schimp. Blätter an der Spitze klein gesägt, gerippt. Haube bis zur Kapselmitte reichend. Peristom doppelt: die 16 Zähne des äusseren ohne Theilungslinie, schmal, wimperartig; das innere nur als eine schmale, am Rande in kurze Fetzen gespaltene Haut angedeutet. Einhäusig. 1 deutsche Art: A. Ber- trami Schimp. 4. Stengel kaum 1 Centim. lang. Blätter aus wenig schmälerem Grunde eiförmig-zugespitzt, Rippe in der Mitte verschwindend. An Kiefernstäm- men in der Haide bei Düben in Sachsen; fructificirt Winter. 3. Fabronia Raddi. Blätter am Rande wimperig-gezähnt, rippenlos oder undeutlich gerippt. Kapsel zarthäutig. Peristom einfach, aus 16 paarweise ge- näherten, der Länge nach wurmartig gestreiften Zähnen gebildet. — F. pusilla Raddi. 4. Blätter eilanzettlich, rippenlos. An Baumstämmen in Südeuropa, Schweiz, Triest; fructifieirt Juni, Juli. 19. Unterordnung. Leskeaceae. Glanzlose, ein- oder zweihäusige, 4 Stein-, Erd- und Sumpfmoose mit meist kriechendem, unregelmässig oder ein- bis dreifach-fiederig verzweigtem Stengel mit zahlreichen Paraphyllien (S. 445). Blätter allseitig abstehend oder einseits- wendig, mehr oder weniger deutlich gerippt, papillös oder warzig, ihr Zellnetz in der Mitte parenchymatisch, dickwandig, die Zellen rundlich oder kurz 6-seitig bis oval und rhombisch, chlorophyllreich, die Zellen des Blattgrundes weiter und durchsichtig. Haube kappenförmig. Kapsel glatt gestielt, aufrecht und symmetrisch oder übergeneigt und unsymmetrisch. Peristom doppelt. 212. Eamilie: - Leskeese,; Stengel zerstreut verzweigt. Stengel und Astblätter gleich gestaltet. Kapsel aufrecht, länglich cylindrisch. Inneres Peristom mehr oder minder vollständig, auf schmaler, basilärer Haut. \ 1. Myurella Schimp. Stengel aufrecht, durch dünne, kätzchenartige Aeste büschelig verzweigt. Blätter sehr klein, hohl, kurz 2-rippig, ihre Zellen oben rhombisch und derbwandig, unten länger, am Rücken mit zitzenförmigen Papillen. Zähne des äusseren Peristomes auf der Innenfläche mit Querleisten, mit Theilungs- linie, schwach papillös; Fortsätze des inneren eben so lang und breit, kielfaltig, zwischen den Gelenken mit schmaler Spalte klaffend, bleich. Wimpern kurz. Zweihäusig. 2 deutsche Arten. — M. julacea Br. et Sch. Dichtrasig, 2—3 Cen- tim. hoch, blaugrün. Blätter dicht dachziegelig, eirundlich, stumpf, seltener kurz gespitzt. In Felsenspalten, zerstreut (Alpen, Riesengebirge); fructificirt Juli. 2. Leskea Hedw. Stengel weit kriechend, ohne Ausläufer, mit niederliegen- den oder aufsteigenden Aesten, verworrene Rasen bildend. Blätter derb, abstehend oder einseitswendig, mit kräftiger, einfacher Rippe, ihre Zellen oben rundlich und oval, unten fast quadratisch, derbwandig, beiderseits papillö. Kapsel cylindrisch, gerade oder etwas gekrümmt. Beide Peristome gleichlang, die Wimpern sehr kurz oder fehlend. Ein- und zweihäusig. 3 deutsche Arten. — L. polycarpa Hedw. Einhäusig. Stengel zerstreut fiederästig. Blätter gewöhnlich einseitswendig, eilan- zettlich, breit und kurz gespitzt, unten am Rande wenig umgerollt. An alten Stämmen, Steinen etc., verbreitet; fructificirt Mai, Juni. "3. Anomodon Hook. et Tayl. Stengel lang kriechend, starr, mit Ausläufern und zahlreichen aufrechten, gebüschelten Aesten. Blätter derb, herablaufend, mit kräftiger, einfacher Rippe; ihre Zellen oben rundlich, chlorophyllreich, beiderseits mit abgestumpft-2-spitzigen Warzen, in der Mitte des Blattgrundes länglich bis 490 ° Leskeeae. Pseudoleskeae. Thuidieae. linealisch, alle sehr derbwandig. Kapseln an den Secundärästen, cylindrisch. Inneres Peristom lang oder kurz, mit 16 haarfeinen, aus 2 parallelen Zellreihen bestehenden Fortsätzen, theils mit, theils ohne Wimpern. Zweihäusig. 5 deutsche Arten. — A. viticulosus Hook. et Tayl. In dunkelgrünen, kräftigen, schwel- lenden Rasen, die Aeste bis 6 Centim. lang. Blätter einseitswendig, aus schmal eiförmiger Basis verlängert-lanzettlich, stumpflich, ganzrandig, an der Spitze mit wenigen Zähnen, der Rand wellig und am Grunde umgerollt. In Wäldern an feuchten, schattigen Stellen auf der Erde, an Stämmen, Steinen etc.; fructificirt März, April. 213. Familie. Pseudoleskeae. Stengel unregelmässig verzweigt. Stengel- und Astblätter gleich gestaltet. Kapsel fast eiförmig, derbhäutig, übergeneigt oder horizontal. Aeusseres Peristom mit 16 breit lanzettförmigen, langen, rothbraunen, fein papillösen Zähnen mit Theilungslinie und auf der Innenfläche mit vortretenden Querleisten. Fortsätze des inneren Peristomes eben so breit und fast so lang als die Zähne, gekielt, mit Theilungslinie, dicht papillös, in den Gelenken nicht oder nur schwach klaffend, auf einer basilären Haut von einem Drittel der Zahnhöhe sitzend. Wimpern feh- lend oder sehr verkürzt. Zweihäusig. Pseudoleskea Br. et Sch. 3 deutsche Arten. — P. catenulata Br. et Sch. 4. Dichtrasig, starr, bräunlich- bis olivengrün. Blätter trocken allseits dach- ziegelig, sehr klein, aus breit-eiförmiger, hohler Basis kurz lanzettlich, spitz, ganzrandig, mit heller Rippe. Deckel kurz geschnäbelt; Ring breit. Fast nur an Kalkfelsen in Gebirgsgegenden, zerstreut; fructifieirt Juli, August. 214. Familie. Thuidieae. Stengel blattartig einfach bis 3-fach gefiedert. Stengelblätter von den Ast- blättern verschieden gestaltet, doch beide papillös; Stengelblätter oben und an den Rändern mit rundlichen und derbwandigen, längs der Mitte mit schmalen, langgestreckten Zellen; die Astblätter fast nur von derbwandigen, rundlichen Zellen gebildet. Kapsel übergeneist und einwärts gekrümmt, oval oder cylindrisch. Zähne des äusseren Peristomes dicht gegliedert, ungetheilt. Basiläre Haut des inneren Peristomes hoch, mit langen Fortsätzen und gleichlangen Wimpern. 1. Thuidium Schimp. Ansehnliche, etwas starre, gelbgrüne oder bräunliche Moose von zierlich thuja-artiger Tracht, mit sehr regelmässig ein- bis 3-fach fiederästigem, durch verschieden gestaltete Paraphyllien filzigem Stengel. Stengel- blätter verkehrt-herzförmig-lanzettlich, lang herablaufend, gefurcht; Astblätter kleiner, eilanzettlich und nicht gefurcht; beide mit einfacher, kräftiger Rippe. Ein- und zweihäusig. 6 deutsche Arten. — Th. tamariscinum Br. et Sch. Zweihäusig. Stengel lang hingestreckt, kriechend, ein- bis 3-fach fiederästig, die Sprosse bis 4 Centim. breit, im Umrisse fast dreieckig. Stengelblätter hohl, aus breit herzförmig-dreieckiger Basis plötzlich schmal lanzettlich, mit in der gesägten Spitze verschwindender Rippe. Perichätialblätter in ein langes Haar auslaufend, am Rande mit langen, fadenförmigen, einfachen oder ästigen Wimpern. Deckel lang und schief geschnäbelt. Ring fehlend. In schattigen Wäldern auf der Erde, an Stämmen etc., ziemlich häufig; fructifieirt August, September. — Th. abieti- num Br. et Sch. Zweihäusig. Stengel aufsteigend, einfach gefiedert, die Aeste fast gleichlang. Stengelblätter breit eiförmig, lanzettlich zugespitzt, tief gefurcht, beiderseits dicht papillös.. Deckel spitz kegelige. Ring breit. Auf trockenem Boden an sonnigen Abhängen gemein; fructificirt Mai, Juni. 2. Heterocladium Br. et Sch. Stengel fadendünn, kriechend, mehr oder ' minder unregelmässig gefiedert, mit spärlichen Paraphyllien. Stengelblätter breit herzeiförmig, schwach ein- bis 2-rippig; Astblätter kleiner. Ein- und zweihäusig. 2 deutsche Arten. — H. dimorphum Br. et Sch. Zweihäusig. Rasen starr, gelb- grün. Stengelblätter mit breit herzförmiger Basis halbstengelumtassend, schmal und lang zugespitzt, rings klein gesägt. Deckel stumpf kegelig. In schattigen Gebirgswäldern zerstreut; fructifieirt Herbst— Frühling. Hypnaceae. Pterigynandreae. Orthotheeieae. 491 20. Unterordnung. Hypnaceae. In Grösse, Habitus und Standort in hohem Grade wechselnd. Blätter viel- reihig, allseitswendig oder scheinbar 2-zeilig, oder einseitswendig, gerippt oder ungerippt, fast immer glatt, ihr Zellnetz prosenchymatisch, die Zellen häufig sehr verschmälert, linealisch, die der Blattflügel meist quadratisch und oft blasig er- weitert. Blüthen ein- oder zweihäusig, selten zwitterig.. Haube kappenförmig, kahl, sehr selten wenig behaart. Kapsel lang gestielt, selten aufrecht und regel- mässig, meistens nickend oder horizontal und mehr oder weniger gekrümmt. Peri- stom doppelt; äusseres mit 16 lanzett-pfriemenförmigen, quergerippten, mit Thei- lungslinie und auf der Innenfläche mit Lamellen oder Querleisten versehenen Zähnen; inneres aus einer 16-kielig-faltigen, dünnen Haut gebildet, mit 16 gekielten und in den Gelenken meist klaffenden Fortsätzen, zwischen denen meist je 2—4 haarartige, knotig gegliederte Wimpern mit oder ohne Anhängsel stehen. Die gewöhnlich angenommenen Familien meist schlecht unterscheidbar. 215. Familie. Pterigynandreae. Niedergedrückte, breite, dichte Rasen bildende Moose mit fadenförmigen Stengeln und Hauptästen, Ausläufern und langen, meist bogig niederliegenden Aestchen. Blätter am Rücken dicht papillös, mit einfacher, halber, bisweilen un- deutlicher Rippe. Haube die Kapsel fast einhüllend. Kapsel stengelständig, mit kleinem Peristom. Zähne des äusseren Peristomes bleich; basiläre Haut des inneren sehr niedrig, durchlöchert, die Fortsätze kurz und unvollständig, die Wimpern fehlend. Zweihäusig. Pterigynandrum Hedw. — 1 deutsche Art: P. filiforme Hedw. 4. Bleich bis gelbgrün, glänzend. Blätter dicht dachziegelig, oft einseitswendig, hohl, ver- kehrt-eiförmig, kurz gespitzt, an der Spitze gesägt. An Bäumen, Felsen, Mauern etc. häufig; fructifieirt Mai— Juli. 216. Familie. Orthothecieae. Blätter allseitig abstehend, selten 2-zeilig, glatt. Kapsel oval bis ceylindrisch, regelmässig, nicht oder äusserst schwach gekrümmt, aufrecht. 1. Lescuraea Schimp. Lebhaft glänzende Hochgebirgsmoose mit kriechen- dem, mehr oder minder regelmässig fiederigem Stengel und zahlreichen Paraphyl- lien. Blätter gefaltet, gerippt, ihre Zellen ziemlich lang und schmal, in den Flügeln quadratisch. Haube lang und schmal, die Hälfte der stengelständigen, ovalen bis länglichen Kapsel bedeckend. ‚Beide Peristome auf schmaler Basilar- haut, die Fortsätze des inneren fadenförmig und kürzer als die Zähne des äusseren. Ring schmal. Zweihäusig. 1 deutsche Art: L. striata Br. et Sch. 4. Verwirrt- lockerrasig. Blätter breit lanzettlich, lang zugespitzt, hohl, 2-faltig, ganzrandig oder schwach gezähnt. An Stämmen, seltener an Felsen in Gebirgswäldern, zer- streut; fructifieirt Mai— Juni. 2. Platygyrium Br. et Sch. Lockerrasige, zweihäusige, goldgelbe bis bräun- liche Holz- und Rindenmoose mit stengelständigen Früchten und fiederig gestell- ten, kurzen, kätzchenartigen Aesten. Blätter nicht gefaltet, rippenlos, die Zellen der Spitze rhomboidisch. Kapsel länglich bis fast eylindrisch. Haube bis über die Kapselmitte hinabreichend. Ring sehr breit. Beide Peristome gleich lang, das äussere ohne Basilarhaut, seine Zähne breit häutig gerandet, die Fortsätze des inneren fast bis zur Basis frei, in den Gelenken klaffend; Wimpern fehlen. Deckel geschnäbelt. 1 deutsche Art: P. repens Br. et Sch. 4. Blätter schmal eiförmig, in eine kurze Spitze ausgezogen, ganzrandig. An Baumstämmen, Zäunen, auf Stroh- und Schindeldächern, seltener an Steinen, zerstreut; fructificirt Mai, Juni. 3. Pylaisia Schimp. Von voriger Gattung durch die die Zähne überragen- den Fortsätze des inneren Peristomes, sehr kurze oder fast fehlende Wimpern, sehr schmalen Ring, ungeschnäbelten Deckel und nicht bis zur Kapselmitte rei- chende Haube verschieden. 1 deutsche Art: P. polyantha Schimp. 4. Blätter 492 ; Orthotheceieae. Camptotheeieae. - eilanzettlich, lang und schief zugespitzt, ganzrandig. An Baumstämmen gemein; fructifieirt October — März. 4. Cylindrothecium Schimp. Früchte an Stengel und Hauptästen. Blätter ohne Rippe, nicht gefaltet. Zellen in den Blattflügeln blasig aufgetrieben. Haube über die ganze Kapsel hinabgezogen. Fortsätze des inneren Peristomes auf sehr schmaler Basilarhaut oder ganz frei, aus 2 parallelen, in der Theilungslinie oft unterbrochenen Zellreihen gebildet. 2 deutsche, ein- oder zweihäusige Arten. — C. coneinnum Schimp. 4. Zweihäusig. Blätter breit eiförmig oder eilänglich, stumpf, hohl, ganzrandig, unten am Rande etwas zurückgeschlagen. Auf Kalk- und Thonboden zerstreut; fructificirt Herbst. 5. Climacium Web. et Mohr. Stattliche, zweihäusige Sumpfmoose mit krie- chendem, reich wurzelhaarigem Hauptstengel und aufrechten, oben büschelig-baum- artig verzweigten Schösslingen. Blätter zweigestaltig, die des kriechenden Stengels und des unteren Theiles der Schösslinge schuppenartig, ganzrandig; die übrigen Blätter grösser, 2-faltig, mit Rippe, ihre Zellen oben rhombisch-6-seitig, unten sehr schmal verlängert-6-seitig, in den Blattflügeln einige rundlich-6-seitige Zellen. Kapsel astständig, fast cylindrisch, von der Haube ganz eingehüllt. Inneres Peri- stom auf sehr schmaler Basilarhaut, so lang als das äussere, die Fortsätze längs der Mitte klaffend, im Alter fast der ganzen Länge nach gespalten. Wimpern fehlen. 1 deutsche Art: C. dendroides Web. et Mohr. 4. Schösslinge bis 15 Cen- tim. hoch, die grösseren Blätter gedrängt, aufrecht abstehend, eiförmig bis läng- lich-eiförmig, hohl, breit gespitzt, an der Spitze grob gesägt. Auf nassen Wiesen, an Gräben, Sümpfen etc. häufig; frutificirt October, November. 6. Isothecium Brid. Ausgedehnt lockerrasige, zweihäusige Stein- und Rindenmoose mit büscheligen, bogig gekrümmten Aesten. Blätter nicht gefaltet, mit über der Mitte verschwindender Rippe, ihre Zellen mehr oder minder linea- lisch, ziemlich diekwandig, die rundlich-6-seitigen Zellen der ausgehöhlten Blatt- flügel noch derbwandiger. Kapseln an den Hauptästen, die Haube bis zur Kapsel- mitte reichend, der Deckel lang geschnäbelt, der Ring breit, 3-reihig. Peristome gleichlang, die Wimpern oft ziemlich lang. 1 deutsche Art: I. myurum Brid. 4. Stengel mit bis 10 Centim. langen Hauptästen. Blätter kahnförmig, eilänglich, kurz gespitzt, an der Spitze ‚gesägt. In Wäldern auf Baumwurzeln, Steinen, Felsen ete., gemein; fructificirt März, April. 7. Orthothecium Schimp. Breitrasige, weiche, spärlich ästige, zweihäusige, stengelfrüchtige, lebhaft glänzende Felsenmoose höherer Gebirge, mit gefalteten, kurz 2-rippigen oder rippenlosen Blättern ohne erweiterte Blattflügelzellen, alle Zellen schmal, lang linealisch. Haube bis zur Kapselmitte reichend. Beide Peri- stome gleichlang oder inneres länger, das innere ohne oder mit kurzen Wimpern. Ring breit, 2-reihig. 3 deutsche Arten. — O. intricatum Br. et Sch. A. Gelb- lich- oder röthlichgrün. Blätter einseitswendig, ganzrandig, hohl, lanzett-pfriemen- förmig. Basilarhaut des inneren Peristomes sehr kurz, die Fortsätze länger als die Zähne, die Wimpern sehr kurz. Fructifieirt August. 8. Homalothecium Schimp. Breit polsterförmige, gelbgrüne, lebhaft glän- zende, zweihäusige Stein- und Rindenmoose. Blätter stark gefaltet, mit in der Spitze verschwindender, einfacher Rippe; Zellen lineal, nur in den nicht ausge- höhlten Blattflügeln Gruppen von quadratischen Zellen. Früchte am Hauptstengel. Haube gross und bis zur Kapselmitte reichend, das innere Peristom weit kürzer als das äussere, die Wimpern fehlend, der Ring breit und 3-reihig. 2 deutsche Arten. — H. sericeum Br. et Sch. 4. Aeste 2-zeilig gestellt, trocken einge- krümmt. Blätter länglich-lanzettlich, mit 2—4 tiefen Falten. Perichätialblätter kaum gefurcht, allmählich lang pfriemenförmig zugespitzt. Kapselstiel rauh. Haube am Grunde oft kurzhaarig. An Felsen, Mauern und Stämmen gemein; fructifieirt November — März. 217. Familie. Camptothecieae, Habitus, Blattform und Zellnetz von Homalothecium, aber die auf glattem oder rauhem Stiele sitzende Kapsel länglich-eylindrisch, nickend und einwärts ge- krümmt. Ring vorhanden. Peristom von Hypnum ($. 495). Zweihäusig. Camptothecieae. Brachytheeieae. 493 Camptothecium Schimp. Kräftige, gelblichgrüne, ausgedehnt lockerrasige Moose. 2 deutsche Arten. — C. lutescens Br. et Sch. A. Stengel nicht wurzel- haarig, niederliegend. Blätter verlängert-lanzettlich. Deckel kegelig, fast geschnä- belt. Auf Grasplätzen, Triften, an Mauern u. s. w., gemein; fructificirt April, Mai. 218. Familie. Brachythecieae. Unregelmässig, zerstreut oder 2-zeilig bis fast fiederig verzweigte Moose mit allseitig abstehenden, selten einseitswendigen, fast häutigen oder weichen, zart gerippten Blättern, deren Zellnetz mehr oder minder lang und schmal rhombisch, in den fast ausgehöhlten Blattflügeln klein-quadratisch ist. Haube klein. Kapsel dick, meist eiförmig (bis fast kugelig), auf häufig rauhem Stiele nickend. 1. Brachythecium Br. et Sch. Ausgedehnte, niedergestreckte, mehr oder minder glänzende Rasen bildende, 4 Moose mit büschelig bewurzeltem, durch runde Aeste unregelmässig gefiedertem Stengel, meist ohne Paraphyllien (Fig. 110). Blätter allseitig abstehend oder angedrückt, selten schwach einseitswendig, fast stets eiförmig, gerippt, glatt, mit mässig weiten, rhombisch-6-seitigen Zellen und quadratischen Blattflügelzellen. Kapseln auf rauhem oder glattem Stiele meist auf dem Hauptstengel sitzend, meist eiförmig, ihr Deckel nie lang geschnäbelt. Peristom wie bei Hypnum ($. 495). Ca. 20 deutsche Arten. — A. Kapselstiel warzig-rauh: B. rivulare Br. et Sch. Zweihäusig. Rein grüne, lockere, schwel- lende Rasen bildend, mit sehr kräftigen, aufsteigenden, büschelig verzweigten Hauptästen und gekrümmten Aestchen. Blätter abstehend, sehr gross, aus schmö- lerer, herablaufender Basis breit eiförmig, plötzlich kurz gespitzt, mit mehreren unregelmässigen Länesfalten, die Rippe über der Mitte verschwindend, der Rand klein gesägt. An Quellen und auf Steinen in Bächen, zerstreut; fructificirt October, November. — B. populeum Br. et Sch. Einhäusig. Dichtrasig, dunkelgrün bis gelblich, der Stengel fast fiederästig. Blätter eilanzettlich und länglich-lanzettlich, allmählich lang zugespitzt, hohl, am Rande flach und oben gesägt, die Rippe in die Spitze auslaufend. Kapselstiel unten fast glatt. Ring schmal. Wimpern mit Anhängseln. An Baumstämmen und Felsen, gemein; fructificirt Herbst und Früh- ling. — B. velutinum Br. et Sch. Einhäusig. Lockerrasig, sammetartig weich, hell- bis gelblichgrün, fast seidenglänzend, durch kurze Aeste unregelmässig ge- fiedert. Blätter abstehend bis schwach einseitswendig, aus schmälerem Grunde schnell eilanzettlich, lang und dünn zugespitzt, am ganzen Rande gesägt, die Rippe über der Mitte verschwindend. Ring breit. Wimpern knotig oder mit An- hängseln. Auf der Erde, an Bäumen, Steinen und Mauern gemein; fructifieirt April, Mai. — B. Kapselstiel ganz glatt: B. albicans Br. et Sch. Zwei- häusig. Rasen sehr locker, weich, gelblichgrün bis strohfarben. Stengel meist schwach mit aufrechten, meist einfachen, kätzchenartigen Aesten besetzt. Blätter anliegend, dicht gedrängt, eilanzettlich, mit langer, pfriemenförmiger, meist un- deutlich gesägter Spitze und halber Rippe. Ring schmal. Wimpern ohne An- hängsel. Auf “trockenem, sandigem und grasigem Boden gemein; fructificirt Früh- ling. — B. salebrosum Schimp. Einhäusig. Dichtrasig, gelblich, seidenglänzend. Blätter abstehend, eilanzettlich, lang und breit gespitzt, gefurcht, am Rande ge- sägt, die Rippe über der Mitte verschwindend. Ring schmal. Peristomzähne rost- braun. Wimpern mit dicken Knoten. Auf der Erde, an Steinen, Baumwurzeln, auf Dar Rb gemein; fructifieirt Spätherbst und Winter. 2. Hyocomium Schimp. Stengel gestreckt, fiederästig, mit Ausläufern. Para- phyllien sparsam. Blätter deltoidisch- eiförmig, zugespitzt, kurz 2-rippig, die Zellen oben lineal, lang und schmal, unten weiter und kürzer. Perichätium lang, wur- zelnd. Kapselstiel rauh. Kapsel oval. Deckel hoch kegelförmig, gespitzt. Ring und Peristom wie bei Eurhynchium. 1 deutsche Art: H. flagellare Schimp. Fruchtbare Stengel kürzer, bogig aufsteigend; unfruchtbare sehr lang, unterbrochen einfach gefiedert und peitschenförmig verlängert. Stengelblätter deltoidisch-eiför- mig, lanzettlich zugespitzt, herablaufend, scharf gesägt. Astblätter eilanzettlich. An nassen Felsen am Geroldsauer Wasserfalle im Schwarzwalde; fructificirt Octo- ber, November. 3. Eurhynchium Schimp. Stengel kriechend, zerstreut oder unterbrochen 494 Brachytheeieae. Hypneae: Plagiotheeium. fiederig beästet, büschel-wurzelhaarig, meist ohne Paraphyllien, oft Ausläufer treibend. Blätter aufrecht abstehend, eiförmig oder länglich, meist mit Rippe, ihre Zellen lang und schmal rhomboidisch-6-seitig bis linealisch, in den Blatt- flügeln länglich oder quadratisch. Kapsel auf glattem oder rauhem Stiele, oval oder länglich, mit lang geschnäbeltem Deckel. Ring meist breit, selten fehlend. Peristom wie Hypnum, die Fortsätze des inneren zwischen den Gliedern gespalten. 9 deutsche Arten. — E. striatum Br. et Sch. 4. Stengel kräftig, bis 10 Centim. lang, bogig-kriechend, büschelig verzweigt. Blätter sparrig, herzeiförmig, hohl, kurz gespitzt, etwas gesägt, mehr oder weniger stark längsfaltig, bis weit über die Mitte gerippt. Blüthen zweihäusig. Kapselstiel glatt. Wimpern mit Anhäng- seln. In Wäldern gemein; fructifieirt Spätherbst— Frühling. — E. piliferum Schimp. Stengel mit fast fiederigen Aesten. Blätter breit eirund, stumpflich, mit langem, verbogenem, haarartigem Fortsatze, weit herablaufend, etwas gezähnt. Rippe halb. Blüthen zweihäusig. Kapselstiel rauh. Wimpern ohne Anhängsel. In Wäldern gemein; fructificirt März — Mai. 4. Rhyncehostegium Schimp. Fortsätze des inneren Peristomes zwischen den Gliedern nicht gespalten; sonst wie vorige Gattung und mit derselben häufig vereinigt. 10 deutsche Arten. — R. murale Schimp. 4. Einhäusig. Rasen schmutzig- oder gelblichgrün, mehr oder weniger goldglänzend. Aeste mit ge- drängten, aufrechten, stumpflichen Aestchen. Blätter meist dicht dachziegelig, sehr hohl, eilänglich, plötzlich kurz gespitzt bis stumpflich, fast ganzrandig, die Rippe über der Mitte verschwindend. Kapselstiel glatt. An Steinen, Mauern etc. verbreitet; fructificirt März, April. — R. rusciforme Schimp. 4. Einhäusig. Rasen starr, dunkelgrün bis schwärzlich mit gelbgrünen Spitzen. Blätter allseitig abstehend oder etwas 2-zeilig, aus schmälerem, etwas herablaufendem Grunde eilänglich, breit gespitzt bis stumpflich, fast flach, ringsum gesägt, die Rippe fast vollständig. Kapselstiel glatt. Auf Steinen in fliessenden Gewässern, in Brunnen, Wassertrögen etc. häufig; fructificirt October, November. 5. Thamnium Schimp. Hauptstengel kriechend, zum Theil unterirdisch, braunfilzig, mit Ausläufern, seine fruchtbaren Aeste aufrecht, unten einfach, oben baumartig verzweigt, die Aeste fast genau 2-reihig. Blätter des Hauptstengels und am unteren Theile der Schösslinge schuppenartig, trockenhäutig, fast drei- eckig-länglich, meist ganzrandig; Astblätter grösser, eirund, kurz gespitzt, grob gesägt; alle Blätter glatt, mit einfacher Rippe. Zellnetz der Stengelblätter durch- weg prosenchymatisch, die Astblätter fast nur aus kleinen parenchymatischen, quadratischen Zellen gebildet, die in der Blattmitte am kleinsten sind. Kapsel eiförmig, auf glattem Stiele, mit lang geschnäbeltem Deckel. Ring breit. Wimpern mit langen Anhängseln. Peristom wie bei Hypnum (S. 495). 1 deutsche Art: Th. alopecurum Br. et Sch. 4. Zweihäusig. An Quellen, Bächen, Wasserfällen etc. ziemlich häufig; fructificirt September—April. 219. Familie. Hypneae. Blätter allseitig abstehend oder einseitswendig, selten dachziegelig, glatt, ihr Zellnetz fast durchweg schmal prosenschymatisch. Kapselstiel glatt. Kapsel über- geneigt, gekrümmt, ihr Deckel convex-konisch, sehr selten kurz geschnäbelt. 1. Plagiothecium Schimp. Stengel niedergestreckt, wurzelhaarig, ohne Paraphyllien, zerstreut beästet und verflacht beblättert, die Aeste meist kurz und einfach, an ihrem Grunde die Früchte tragend. Blätter scheinbar 2-zeilig, ei- und länglich-lanzettlich, glänzend, mit doppelter, meist kurzer Rippe, ihre Zellen zart- wandig, schmal rhomboidisch, chlorophyllreich. Ring vorhanden. Deckel hoch- gewölbt-kegelig, stumpf oder kaum geschnäbelt. Fortsätze des inneren Peristomes sehr lang und klaffend, sonst Peristom wie bei Hypnum. 15 deutsche Arten. — A. Einhäusig; die knospenförmigen männlichen Blüthen sitzen neben den Fruchtästen am Hauptstengel: P. Mühlenbeckii Schimp. 4. Ziemlich flach und dichtrasig, grün oder gelblich. Blätter dicht gedrängt, mit einseits- wendig gebogenen Spitzen, eilanzettlich, lang gespitzt, bis weit herab entfernt ge- sägt, die Zellen in den weit herablaufenden Blattflügeln sehr gross, fast quadra- tisch und stark aufgeblasen. Ring breit. Wimpern lang. In Felsspalten, Erd- Hypneae: Amblystegium, Hypnum. 495 löchern, zwischen Wurzeln etc. verbreitet; fructifieirt Juli. — P. denticulatum Br. et Sch. 4. Blätter eilanzettlich, kurz gespitzt, ungleichseitig, herablaufend, ganzrandig. Ring breit. Wimpern lang. An faulen Baumstöcken in Wäldern, meist verbreitet; fructificirtt Mai—August. — B. Zweihäusig; die knospen- förmigen männlichen Blüthen sitzen auf besonderen Individuen: P. undulatum Br. et Sch. 4. Die grösste und stattlichste Art, in ausgedehnten, lockeren, weisslich grünen Rasen mit fast einfachen, niederliegenden Aesten. Blätter eilänglich, plötzlich kurz zugespitzt, nur an der Spitze wenig gezähnt, die Zellen der Ränder viel enger als in der Mitte. Ring breit. Wimpern lang. Auf feuchtem Waldboden verbreitet, namentlich in Gebirgsgegenden; fructifieirt Juli, August. 2. Amblystegium Schimp. Pflanzen meist zart, grün, glanzlos, 4, der Stengel kriechend, büschelig-wurzelhaarig, ohne Paraphyllien, unregelmässig ver- zweigt. Blätter allseitig abstehend, selten einseitswendig, einrippig oder rippenlos, ihr Zellnetz locker, unten stets, in der Spitze oft parenchymatisch. Kapselstiel stets glatt. Deckel stumpf kegeligs. Wimpern und Ring selten fehlend. 15 deut- sche Arten. A. Blattzellen überallparenchymatisch. Einhäusig: A. irri- guum Schimp. Blätter abstehend oder etwas einseitswendig, aus herablaufender, eiförmiger Basis lanzettlich, lang zugespitzt, fast ganzrandig, mit starker, bis in die Blattspitze reichender Rippe. An nassen Stellen, Bächen, Wehren u. s. w. ver- breitet; fructifieirt Mai. — A. serpens Br. et Sch. Zart, weichrasig, mit faden- förmigem Stengel. Stengelblätter entfernt stehend, abstehend, eilanzettlich, die Ast- blätter gedrängter und schmäler, alle lang zugespitzt, ganzrandig, die Rippe kaum bis zur Blattmitte reichend. Auf Erde, Holz, Steinen und Mauern gemein; fructificirt Mai. — B. Zellen nur in der Blattbasis parenchymatisch, sonst schmal und spitz-6-seitig-prosenchymatisch. Einhäusig: A. riparium Br. et Sch. Lockerrasig, mit verlängert kriechenden, oft fluthenden Stengeln. Blätter entfernt, in der Form veränderlich, meist verlängert-lanzettlich, lang zugespitzt, sanzrandig, die Rippe bis über die Mitte reichend. An Holz und Steinen an und in Gewässern häufig; fructifieirt Juni, Juli. 3. Hypnum L. Sehr verschieden im Habitus, der Stengel kriechend bis aufrecht, meist mehrfach getheilt und zerstreut bis fiederig verästelt, selten mit Wurzelfilz, bisweilen spärlich mit Paraphyllien. Blätter all- oder einseitswendig, nie saftig grün, mit oder ohne Rippe, aus sehr langen, schmalen, linealischen, gebogenen Zellen gebildet, in den ausgehöhlten Blattflügeln mit grösseren quadra- tischen Zellen und nur in diesen zuweilen körniges Chlorophyll. Haube schmal. Kapselstiel stets glatt. Kapsel oval bis cylindrisch. Zähne des äusseren Peristomes 16, lanzett-pfriemenförmig, am Grunde zusammenfliessend, auf der Innenfläche mit Lamellen oder Querleisten. Inneres Peristom mit basilärer, bis zur halben Höhe der Zähne reichender, 16-kielig-faltiger Haut, mit gekielten, dünnhäutigen, in den Gelenken klaffenden Fortsätzen von der Länge der Zähne; zwischen je 2 Fort- sätzen 3—4 eben so lange, fädige, knotig gegliederte Wimpern mit oder ohne An- hängsel. Deckel gewölbt-kegelig oder mit Warze. Ca. 40 deutsche, 4 Arten. — A. Campylium Sulliw. Blätter sparrig, meist ohne Rippe, die Blatt- zellen eng linealisch, in den Flügeln quadratisch und goldgelb, die Paraphyllien fehlend: H. Sommerfeltii Myrin. Einhäusig. Rasen zierlich, flach, locker, gelblichgrün. Blätter sparrig, aus fast herzförmiger, klein gesägter Basis plötzlich schmal pfriementörmig, rippenlos oder statt der Rippe mit 2 gelb- lichen Streifen. Kapsel länglich, bogig gekrümmt. An Kalkfelsen, Mauern, Steinen und auf der Erde, verbreitet; fructificirt Juli, August. — H. elodes Spruce. Zweihäusig. Rasen weich, olivengrün. Blätter sparrig, lanzettlich, allmählich lang zugespitzt, mit kräftiger, fast auslaufender Rippe, am Grunde nur undeutlich gezähnt. Kapsel cylindrisch, einwärts gekrümmt. Auf Sumpfwiesen zerstreut; fructifieirt Mai. — B. Harpidium Sulliv. Stengel unregelmässig fieder- ästig, nicht bewurzelt, ohne Paraphyllien. Blätter wenigstens an der Astspitze sichelförmig, mit Rippe; Zellen eng linealisch, in den Blattflügeln weiter und meist quadratisch: H. fluitans L. Einhäusig, weich, meist bräunlichgrün. Stengel über 20 Centim. lang, oft fluthend, entfernt fiederig beästet. Blätter meist locker gestellt, einseitswendig, schlaff, lanzettlich, länger oder kürzer gespitzt, meist ganzrandig, ungefurcht, die Rippe vor der Spitze verschwindend. Blattflügelzellen quadratisch, stark aufgeblasen, meist goldgelb. 496 Hypneae: Hypnum. In Sümpfen und auf sumpfigen Wiesen gemein; fructificirt Mai, Juni. — H. Kneiffii Schimp. Zweihäusig, grün bis gelblichgrün. Stengel bis 40 Centim. lang, mit dün- nen, schlaffen Aesten. Blätter ziemlich entfernt, aus breiter, kurz herablaufender, fast herzförmiger Basis lanzettlich, mehr oder minder lang zugespitzt, ganzrandig, ungefurcht, die Rippe über der Mitte oder unter der Spitze verschwindend, die Blattflügelzellen gross, quadratisch, wasserhell. In Sümpfen, auf feuchten Wiesen, gemein; fructificirt Mai, Juni. — H. intermedium Lindb. Zweihäusig. Blätter stark sichelförmig, aus kaum herablaufender, breit eirunder Basis lanzettlich, ganzrandig, ungefaltet, die Rippe bis über die Mitte gehend, die Zellen sehr eng und gewunden, die der Blattflügel nicht verschieden. In Sümpfen gemein; fructi- fieirt Mai, Juni. — C. Rhytidium Sulliv. Stengel unregelmässig fieder- ästig, nicht bewurzelt, mit Paraphyllien. Blätter wellig-runzelig, in den Blattflügeln mit je einer dreieckigen Gruppe rundlicher, dickwandiger, dunkeler Zellen. Zweihäusig: H. rugosum L. Goldglän- zend. Stengel bis 10 Centim. lang, kräftig, dicht beblättert. Blätter dachziegelig, einseitswendig, eilanzettlich, hohl, mehrfach gefaltet, am Rücken papillös, der Rand umgeschlagen, die Spitze klein gesägt, die Rippe dünn und bis über die Blattmitte gehend. Deckel schief geschnäbelt. Auf trockenen, grasigen Plätzen, an Felsen, verbreitet; fructifieirt Juli. — D. Homomallium Schimp. Stengel kriechend, mehr oder minder regelmässig fiederästig, bewurzelt, fast stets mit Paraphyllien; Blätter einseitswendig, sichelförmig, mit oder ohne Rippe, die Zellen eng lineal oder rhombisch: H. cu- pressiforme L. Zweihäusig. Meist ausgebreitet- und dichtrasig, bräunlich oder gelblich. Stengel mit wenigen schmalen Paraphyllien. Blätter 2-seitig-dachziegelig, hohl, ei- bis länglich-lanzettlich, sehr schmal gespitzt, ganzrandig oder an der haarförmigen Spitze schwach gesägt, rippenlos oder mit sehr kurzer, undeutlicher Doppelrippe. Auf Erde, an Bäumen, Felsen etc. gemein; fructifieirt November bis April. — H. pratense Br. et Sch. Zweihäusig. Selten in ausgedehnten Rasen, bleichgrün bis gelblich. Stengel schlaff, aufrecht, flach zusammengedrückt, fast ohne Paraphyllien. Blätter scheinbar 2-reihig, fast ganz flach und kaum an der äussersten Spitze gesägt, fast rippenlos, trocken querwelligs. Auf Sumpfwiesen, zerstreut; fructifieirt Juli. — E. Ctenidium Schimp. Stengel und Hauptäste verflacht und dicht baumartig gefiedert, mit zahlreichen Paraphyl- lien. Blätter schneckenförmig eingerollt, einseitswendig, rippenlos oder mit undeutlicher Doppelrippe Zweihäusig: H. molluscum L. Stengel weich. Blätter aus herablaufender, breit-eiförmiger Basis plötzlich lan- zettlich, lang zugespitzt, ungerippt, ungefaltet, am ganzen Rande gesägt; Paraphyl- lien eiförmig. Kapsel gedunsen-eiförmig. Auf feuchten Kalkfelsen und kalkhal- tigem Boden gemein; fructifieirt Mai—August. — H.Crista castrensis L. Stengel starr. Blätter aus breiter Basis allmählich lanzettlich, von der Mitte aufwärts fein gesägt, fast rippenlos, mehrfach tief gefurcht. Paraphyllien schmal. Kapsel länglich cylindrisch. In Wäldern häufig; fructifieirt Juni— September. — F. Hyp- num Schimp. (im engeren Sinne). Pflanzen kräftig, meist aufrecht, sparsam verästelt, ohne oder mit sparsamen Rhizoiden, die Aeste fast einfach oder fiederästig. Blätter gross, eilänglich, stumpf, meist allseitig abstehend oder dachziegelig. Blüthen (mit Ausnahme des einhäusigen H. cor- difoium Hedw.) zweihäusig: H. cuspidatum L. Starr, gelbgrün, glänzend. Stengel fast regelmässig gefiedert, mit 2-reihig gestellten, kleinen, von den zu- sammengerollten Blättern stechend spitzen Aesten. Blätter breit eiförmig, hohl, ungefaltet, ganzrandig, mit sehr kurzer Doppelrippe und grossen, quadratischen, wasserhellen Blattflügelzellen. Ring breit. In Sümpfen gemein; fructifieirt Mai, Juni. — H. Schreberi Wild. Lebhaft grün, minder glänzend,. fast regelmässig fiederästig. Blätter fast flach, oval bis breit eirund, etwas gefurcht, kurz 2-rippig, an den Flügeln herablaufend, mit grossen, goldgelben Blattflügelzellen. Ring fehlt. In Wäldern gemein; fructificirt Spätherbst und Winter. — H. purum L: Bleichgrün, weich, glänzend, mehr oder minder unregelmässig-fiederästig. Blätter herablaufend, sehr hohl, breit eiförmig, breit gefurcht, am Rande klein gesägt, die einfache (selten doppelte) Rippe bis zur Blattmitte reichend, in. den Blattflügeln mit wenigen quadratischen, bleichen Zellen. Ring vorhanden. In Wäldern, auf Grasplätzen etc. häufig; fruetifieirt August — November. — G. Limnobium Schmp. Pflanzen niederliegend, unregelmässig verästelt, spärlich wurzelnd, Hypneae. Fossile Muscineen. 497 Blätter fast stets einseitswendig, eiförmig bis lanzettlich, stumpf oder wenig gespitzt. Zellen in den Blattflügeln wenig verschieden. Rippe einfach oder doppelt: H. palustre L. Einhäusig. Sehr veränderlich, meist ausgebreitet, auch fluthend, gelblich- bis schmutziggrün. Blätter gedrängt, kahnförmig-hohl, eilanzettlich, gespitzt, ganzrandig, mit,einfacher, schwacher, bis zur Spitze reichender Rippe oder kürzerer Doppelrippe. Blattflügelzellen goldgelb. Innere Perichätialblätter mehrfach gefurcht. Ring fehlt. Auf nassen Steinen und Felsen häufig; fructifieirt Mai, Juni. 4. Hylocomium Schimp. Kräftige, lockerrasige, meist massig wachsende, zweihäusige, 2 Waldmoose, mit fast regelmässig fiederig verzweigtem Stengel und oft zahlreichen Paraphyllien. Blätter häutig, rauschend, glänzend, gefurcht, 2-rip- pig, an der Rippe oft sehr deutlich gezähnt, die Blattflügel nie ausgehöhlt. Kap- selstiel glatt; Kapsel eiförmig; Deckel kegelig oder kurz geschnäbelt. Peristom wie bei Hypnum, von dem die Gattung kaum verschieden. 7 deutsche Arten. — A. Ohne Paraphyllien: H. triquetrum Br. et Sch. Gelbgrün, sehr kräftig, starr. Stengelblätter sparrig, aus breit herzeiförmiger, mehrfach gefurchter, 2-rip- piger, fast scheidiger Basis lanzettlich, stark gesägt, auf dem Rücken durch zahl- reiche spitze Zähnchen sehr rauh; Astblätter kleiner. In Wäldern gemein; fruc- tifieirt Mai— September. Früher als Mittel gegen Keuchhusten, jetzt vorzüglich gefärbt zur Herstellung von Kränzen, als Packmaterial etc. benutzt. — H. squar- rosum L. Weich, lockerrasig, bleichgrün oder gelblich. Blätter sparrig, aus breit eiförmiger Basis sehr lang und schmal lanzettförmig zugespitzt, ohne Rippe oder sehr kurz doppelrippig, am Grunde nicht gefurcht, auf dem Rücken fast ganz glatt. Auf feuchten Grasplätzen und in Wäldern häufig; fructifieirt Mai—Sep- tember. — B. Mit grossen Paraphyllien: H. splendens Br. et Sch. Gelb- lich-olivengrün, schön glänzend, regelmässig doppelt-fiederästig. Blätter locker dachziegelig, eilänglich, plötzlich in eine lange, geschlängelte Spitze verlängert, kurz 2-rippig, klein gesägt. Ring schmal. Deckel dick geschnäbelt. In Wäldern gemein; fructificirt April — Juni. Fossile Museineen. ! Fossile Muscineen sind selten; man kennt im Ganzen kaum 50 Arten, von denen 15 auf die Lebermoose fallen. Alle gehören tertiären Schichten, manche noch lebenden Arten an. Von Marchantia werden 3 von lebenden verschiedene Arten von französischen Fundstätten (Paris, Marseille) beschrieben. Aneura p’al- mata, Lejeunia serpyllifolia (Jungermannites contortus G@oepp. et Ber.), Ra- dula complanata und Frullania dilatata (Jungermannites transversus @oepp. et Ber.) werden im Bernstein gefunden, in dem auch 7 zum grössten Theile noch lebende Jungermannien (Jungermannia bicuspidata, J. incisa, J. in- flata, J. cordifolia etc.) vorkommen, während die ausgestorbene Plagiochila Saportana Schimp. aus tertiären Kalksteinen von Manosque aufgeführt wird. Von Laubmoosen finden sich Phascum cuspidatum, 5 wahrscheinlich sämmtlich mit noch lebenden «Arten identische Arten von Dieranum (D. sub- flagellare, D. subscoparium, D. subpellucidum, D. fuscescens ete.), Weisia conferta Schimp. (ausgestorben), Polytrichum suburnigerum Goepp. und P. subseptentrionale Goepp., Atrichum subundulatum Schimp. und eine unbestimmte Art (Muscites serratus @oepp.) im Bernstein, die übrigen Arten in anderen Tertiärablagerungen. Unter letzteren ist Hypnum mit 12 sämmt- lich nicht mehr lebenden Arten am stärksten vertreten (H. Saportanum Schimp., H. Heerii Schimp., H. carbonarium Ludw, H. Weberianum Schimp. — die beiden letzten Arten in Braunkohlen), während Fontinalis 2 ausgestorbene Arten (F. Sismondana Schimp., F. Tournalii Schimp.) zählt und von Torfmoosen nur das Sphagnum Ludwigii Schimp. von Dernbach im Nassauischen bekannt ist. 1 Schimper, Pal&ontologie vegetale I. 232— 254. Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 32 498 Cryptogamae vasculares. Ill. Gruppe. Cryptogamae vasculares. Gefässkryptogamen.' Die höchste Stufe-in der langen Formenreihe der Sporenpflanzen neh- men die Gefässkryptogamen ein. Wie sie auf der einen Seite sich in ihren niedrigst organisirten Mitgliedern aus der Ordnung der Hymenophyllaceen den Muscineen anschliessen, so vermitteln sie auf der anderen in den Se- laginelleen in ausgezeichneter Weise den Uebergang zu den tiefst stehenden Phanerogamen, den Gymnospermen. Schon die Differenzirung der Gewebe zeigt zum ersten Male einen hohen Grad der Ausbildung: wir unterscheiden in allen Fällen drei deutlich entwickelte Gewebesysteme als Epidermis, Grundgewebe und Fibrovasalstränge. Letztere, bei den höheren Moosen als Centralstrang genannte Zellengruppe nur unvollkommen angedeutet (S. 444), besitzen hier schon den typischen Bau der Leitbündel der Gefässpflanzen, als deren niederste Entwickelungsreihe nach älteren systematischen Ein- theilungen die Gefässkryptogamen zu betrachten sind (vgl. S. 374). Nach der Art der Ausbildung und der Lagerung von Xylem und Phloöm gehören die Fibrovasalstränge fast sämmtlicher in Rede stehender Pflanzen zu den geschlossenen concentrischen Strängen: ihnen fehlt, wie den Monocotyledonen, das Cambium, so dass sie, einmal ausgebildet, nicht in die Dicke zu wachsen vermögen, wie die Gefässbündelmassen der Dicotyledonen — und das Xylem wird als centrale, hauptsächlich aus Gefässen bestehende Gewebegruppe all- seitig ringförmig vom Phloöm umschlossen (Fig. 118). In Folge der ers- ı Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen (Note 1, S. 374), 8. 78. — Russow, Vergleichende Untersuchungen, betreffend die Histiologie (Histiographie und Histiogenie) der vegetativen und sporenbildenden Organe und die Entwicke- lung der Sporen der Leitbündel-Kryptogamen mit Berücksichtigung der Histiologie der Phanerogamen, ausgehend von der Betrachtung der Marsiliaceen. M&moires de l’acad. imp. d. scienc. d. St. Pötersbourg, ser. VII. vol. XIX. no. 1. 4° mit 11 Taf. — Braun, Bericht über vorstehende Abhandlung in M&ianges biologi- ques tires du Bullet. de l’acad. imp. d. science. d. St. Petersbourg IX. 77. (Kritik und Auszug der Russow’schen Arbeit.) — Russow, Betrachtungen über das Leit- bündel- und Grundgewebe aus vergleichend morphologischem und phylogenetischem Gesichtspunkt. 4°. Dorpat 1875. — De Bary, Vergleichende Anatomie der Vege- tationsorgane der Phanerogamen und Farne. Leipzig 1877 (als 3. Bd. von Hof- meister’s Handbuch d. physiol. Botanik). — Mettenius, Filices horti botanici Lipsiensis. Fol. mit 30 Taf. Leipzig 1856. — W. J. Hooker, Genera Filicum or illustrations of the Ferns and other allied genera. 8° mit 110 col. Taf. London 1842. — Milde, Filices Europaeae et Atlantidis, Asiae minoris et Sibiriae. 8°. Leipzig 1867. — Milde, Die höheren Sporenpflanzen Deutschlands und der Schweiz. 8°. Leipzig 1565. — Milde, Die Gefässkryptogamen in Schlesien, preus- sischen und österreichischen Antheils. 4° mit 25 Taf. Nova Acta Acad. Leopold. XXVI. P. II. 371—767. — Kienitz-Gerloff, Ueber den genetischen Zusammen- hang der Moose mit den Gefässkryptogamen und Phanerogamen. Bot. Zeit. 1876. S. 705. — Prantl, Bemerkungen über die Verwandtschaftsverhältnisse der Gefäss- kryptogamen und den Ursprung der Phanerogamen. Verhandl. d. physikal.-mediein. Gesellsch. zu Würzburg X. — Ueber Systematik der Gefässkryptogamen vgl. ferner: Sachs, Lehrb. der Botanik. 4 Aufl. S. 3832—389. — Luerssen, Die Farne d. Samoa-Inseln; in Schenk und Luerssen, Mittheil. aus d. Gesammtgebiete d. Botan. I. 345. — Strasburger, Einige Bemerkungen über Lycopodiaceen. Bot. Zeit. 1873. S. 81. — Kny, Die Entwickelung der Parkeriaceen. Nova Acta Acad. Leopold. XXXVI. no. 4. S. 58. — Prantl, Untersuchungen zur Morphologie der Gefässkryptogamen. I. 4°. Leipzig 1875. — Ete. etc. Cryptogamae vasculares. 499 teren Eigenschaft geht ferner den Gefässkryptogamen, wenn wir vorläufig von den Isoötaceen absehen, das Dickenwachsthum des bis zu einem ge- wissen Grade ausgebildeten Stammes ab, wie dies ja auch bei der grossen Mehrzahl der Monocotyledonen der Fall ist. Mit letzteren haben sie endlich noch das gemein, dass die Fibrovasalstränge dem Grundgewebe zerstreut eingebettet sind, wenn nicht ein einzelner centraler Strang die Axe durch- zieht. In beiden Fällen aber pflegt das Grundgewebe der Masse nach be- deutend zu überwiegen. Fehlten den Muscineen als gefässbündellosen Pflanzen noch die echten Wurzeln (S. 374), so sehen wir diese bei den Gefässkryptogamen eben- falls zum ersten Male auftreten. Nur in seltenen Fällen, wie bei manchen Hymenophyllaceen, bei Psilotum und Salvinia, sind sie nicht vorhanden. Die am Embryo angelegte Hauptwurzel entwickeltsich jedoch nie zur dauernden Pfahlwurzel, wie bei zahl- reichen Dicotyledonen; sie 4 geht vielmehr, wie bei den EL VE Monocotyledonen, früher N oder später zu Grunde und wird durch Nebenwurzeln ersetzt, welche in acrope- taler Folge im Stamme ent- springen und in ihrer Funetion gewöhnlich noch durch (häufig auch in den Blattstielbasen zur Ent- wickelung gelangende) Ad- ventivwurzeln unterstützt werden. Während bei den Phanerogamen die Wurzeln und ihre Zweige in der Zellschicht des Pericam- biums ihren Ursprung neh- Fig. 1185. Querschnitt eines Fibrovasalstranges von Polypodium men, entspringen sie bei leiorhizum Wall. (Vergr. ca. 200). p Parenchym des Grundge- den Gefässkryptogamen in webes, $ ann SE, b Bast- und 4 Holzkörper der’ Strangscheide des Ge- fässbündels, deren für die Wurzelanlage bestimmte Zellen sich schon von vornherein durch bedeutendere Grösse und zartere Wände auszeichnen. In dem Entwickelungsgange sämmtlicher Gefässkryptogamen treten zwei Abschnitte scharf hervor, die wir als ungeschlechtliche, sporenbildende oder neutrale und geschlechtliche Generation unterscheiden, erstere durch die oft mächtig entwickelte Pflanze, letztere durch den meist winzigen, thallusartigen Vorkeim oder das Prothallium repräsentirt. Die ungeschlechtliche Ge- neration producirt in allen Fällen Sporangien als sporenerzeugende Or- gane. Die Entwickelung derselben ist meistens an die in der ganzen Gruppe so mannigfaltig gestalteten Blätter gebunden, entweder an die gewöhnlichen Formen der letzteren, oder an metamorphosirte Blätter oder Blatttheile, die sogar in gewissen Ordnungen als fruchtartige Organe oder Sporocarpien 32* 500 Cryptogamae vasculares. auftreten (Rhizocarpeae). Nur bei den hochentwickelten Selaginellen erscheint das Sporangium nach Art eines Axillarsprosses in der Achsel des zugehörigen Blattes am Umfange des Stammes, rückt aber später häufig auf die Blattbasis hinüber. Ihrer Anlage nach sind die Sporangien der Gefässkryptogamen Tri- chome im weitesten Sinne des Wortes, entweder echte Trichome, wenn sie aus einer einzigen Epidermiszelle hervorgehen (Filices, Rhizocarpeae), oder sogenannte Emergenzen, wenn sie einer ganzen Zellengruppe ihren Ursprung verdanken (Marattiaceae, Lycopodiaceae u. s. w.). Im ersteren Falle lässt sich das Mutterzellgewebe der Sporen auf eine einzige „Centralzelle“, im letzteren nur auf eine ganze Zellengruppe zurückführen. Form, Bau und Entwicke- lung des Sporangiums bieten in den einzelnen Ordnungen und Familien mancherlei Unterschiede, welche systematisch gut verwendbar sind. Mit der Keimung der im Sporangium erzeugten Sporen beginnt die Entwickelung der zweiten, geschechtlichen Generation in Form eines immer sehr kleinen und zarten, oft sogar rudimentären Thallus, des Vor- keimes oder Prothallium. Dasselbe vegetirt in den meisten Fällen ober- irdisch (oder im Wasser) und enthält dann Chlorophyll, während bei den Lycopodiaceen und Ophioglossaceen das unterirdische Prothallium chloro- phylllos ist. Auf ihm oder in ihm entstehen nach verschieden langer Zeit die Geschlechtsorgane als Antheridien und Archegonien. Bei den eigent- lichen Farnen, den Marattiaceen, Ophioglossaceen und Lycopodiaceen treten die beiderlei Geschlechtsorgane entweder stets auf demselben Prothallium neben einander auf, oder die Vorkeime sind doch vorwiegend monöecisch, wäh- rend bei den Equiseten Monöcie die Ausnahme, Diöcie die Regel bildet, in allen genannten Ordnungen aber die Prothallien aus gleich grossen und gleich gestalteten Sporen hervorgehen (vgl. jedoch die Marattiaceen). Anders zeigt sich das Verhältniss bei den Rhizocarpeen, Isoötaceen und Selaginellen, bei welchen der eine Vorkeim stets nur Antheridien, respective Spermatozoiden, der andere nur Archegonien producirt und diese Geschlechtervertheilung sogar auf die Sporen zurückgreift. Während nämlich bei letztgenannten Ordnungen in gewissen als Mikrosporangien bezeichneten Sporangien zahlreiche kleine Sporen oder Mikrosporen erzeugt werden, welche nur männliche Geschlechts- organe liefern, entstehen in anderen als Makrosporangien unterschiedenen eine oder wenige grössere und oft auch anders gestaltete Makrosporen, deren Keimungsprodukt das mit Archegonien versehene weibliche Prothallium ist. Die Antheridien sind bei den Farnkräutern kugelige bis halbkugelige Gewebekörper, welche frei über die Prothalliumoberfläche hervortreten. Bei den Marattiaceen, Lycopodiaceen und Ophioglossaceen sind sie dem Vor- keimgewebe vollständig eingesenkt. Bei den Salviniaceen ist das Antheri- ridium ein zweizelliger Körper am Ende eines kurzen, schlauchförmigen Prothallium, und bei den Isoötaceen, Marsiliaceen und Selaginelleen ist dasselbe, wie das männliche Prothallium, noch mehr reducirt. Auch die Entwickelungsgeschichte des Antheridiums, sowie der Bau der Spermato- zoiden, lässt in den einzelnen Ordnungen vielfach Unterschiede erkennen. Einförmiger sind dagegen Bau und Entwickelung des Archegoniums, die bei den Farnkräutern specieller geschildert werden sollen. Wie bei den Muscineen (S. 375), so unterscheiden wir auch hier einen Bauch- und Hals- theil. Ersterer, das Ei umschliessend, ragt aber nicht frei hervor, sondern ist dem Vorkeimgewebe eingesenkt, so dass nur der aus vier Reihen von Cryptogamae vasculares. 501 Halswandzellen und einer einzigen langen Halscanalzelle gebildete, kürzere oder längere Hals über die Oberfläche des Prothalliums tritt. Zwischen der Halscanalzelle und der Eizelle liegt auch hier noch die kleine Bauchcanal- zelle, und wie bei den Muscineen, so wird auch bei den Gefässkrypto- gamen die Oefinung des Archegoniums durch Verschleimung der Canalzellen bewerkstelligt, spielt auch hier endlich der den Canal erfüllende Schleim eine wichtige Rolle beim Eintritt der Spermatozoiden in den Archegoniumhals. Das befruchtete Ei lässt gleich in seinen ersten Theilungen die An- lage der späteren Organe der entwickelten Pflanze erkennen. Von den vier Quadranten des jugendlichen Embryo entwickelt sich meistens (vgl. Farne) der eine zum künftigen Stammscheitel, der zweite zur ersten Wurzel, der dritte zum ersten Blatte, während aus dem vierten ein eigenthümliches, wulstartig vortretendes Gewebe, der Fuss, hervorgeht, welcher sich dem Grunde des Archegoniumbauches, respective dem Prothalliumgewebe innig anschmiegt und so dem Embryo die erste Nahrung aus letzterem zuführt, bis die junge Pflanze im Stande ist, selbständig durch Wurzel und durch die assimilirende Tbätigkeit der Blätter sich zu ernähren. Erst dann geht das nun über- flüssig gewordene Prothallium zu Grunde. Die Systematik der Gefässkryptogamen auf Grund der Entwickelungs- geschichte, der Zusammenhang dieser Pflanzengruppe mit den Moosen einer- seits und den Phanerogamen andererseits, ist in neuerer Zeit vielfach Gegenstand der Untersuchung gewesen (vgl. die S. 498 angegebene Litera- tur). Die wichtigsten Ergebnisse in dieser Richtung werden bei der spe- ciellen Schilderung der einzelnen Ordnungen, die allgemeineren Gesichts- punkte in der Einleitung zu diesem Buche hervorgehoben werden. Wir lassen hier nur eine kurze vergleichende Zusammenstellung der angenom- menen drei Classen voraufgehen. VI. Classe. Filicinae. Die Blätter sind im Verhältniss zum spär- lich oder garnicht verzweigten Stamme in der Regel mächtig entwickelt. Die Sporangien werden als echte Trichome mit Centralzelle für die Sporen- mutterzellen, oder als Emergenzen ohne solche zahlreich auf der Unterseite oder am Rande oder im Inneren gewöhnlicher oder metamorphosirter Blätter oder Blattabschnitte entwickelt, die nicht auf bestimmte Regionen des Stammes beschränkt sind. Die Sporen sind von einerlei Grösse und Form und erzeugen selbständig vegetirende, monöcische Prothallien; oder sie sind Mikro- und Makrosporen, deren Prothallien mehr oder minder rudimentär und mit der Spore in steter Verbindung bleiben. VIII. Classe. Equisetinae. Die Blätter sind im Verhältniss zum gewöhnlich reich und quirlig verzweigten Stamme klein, scheidenförmig ge- schlossen und am Rande gezähnt. Die Sporangien werden zu mehreren als Emergenzen auf der Unterseite quirlig gestellter metamorphosirter, schild- förmiger und gestielter Blätter entwickelt, die am Ende des Stammes oder seiner Zweige eine dichte Fruchtähre bilden; ihre Sporenmutterzellen sind nicht auf eine einzige Centralzelle zurückführbar. Sie erzeugen nur eine Art von Sporen, die sich von denjenigen aller übrigen Gefässkryptogamen durch zwei mit der Sporenhaut verbundene, in Folge grosser Hygroskopi- eität auf- und abrollbare Spiralbänder oder Schleuderer auszeichnen. Aus den Sporen entstehen selbständig vegetirende, in der Regel diöcische (klei- nere männliche und grössere weibliche) Prothallien. 502 Cryptogamae vasculares. Filieinae: Systematische Uebersicht. IX. Classe. Lycopodinae. Die Sporangien entstehen einzeln auf der Basis oder in der Achsel meist wenig entwickelter, häufig am Ende der Sprosse besondere Fruchtstände bildender Blätter und sind ihrer Anlage nach Emergenzen ohne einzelne Centralzelle für die Sporenmutterzellen. Die Sporen sind entweder von gleicher Grösse und Form und erzeugen dann ein unterirdisch vegetirendes, chlorophyllloses, monöcisches Prothallium; oder sie sind als Mikro- und Makrosporen ausgebildet, deren kleine oder rudi- mentäre Prothallien in der Sporenhaut eingeschlossen bleiben. VII. Classe. Filieinae (S. 501). Die in dieser Classe vereinigten und im Folgenden gesondert specieller zu schildernden Ordnungen und Familien sind: I. Isospore Filicinen. Nur einerlei Sporangien mit einerlei Sporen vorhan- den, welche meistens monöcische, grosse Prothallien entwickeln. Wo, wie bei ‘ manchen Marattiaceen, in demselben Sporangium radiäre und bilaterale Sporen zur Ausbildung kommen, werden dennoch nicht die zweierlei Prothallien der heterosporen Filicinen erzeugt. A. Die Sporangien entstehen frei auf der Oberfläche gewöhnlicher oder ver- hältnissmässig nur wenig metamorphosirter Blätter. Das chlorophyllreiche Prothallium ist oberirdisch. 1. Filiees. Ohne Nebenblätter. Blätter im Knospenzustande schnecken- förmig nach vorne eingerollt. Sporangien (so weit bekannt) sich aus nur einer Epidermiszelle entwickelnd, stets einfächerig und mit Cen- tralzelle für die Sporenmutterzellen, dünnwandig, fast immer mit einem Ringe (annulus) eigenthümlich gestalteter Zellen versehen, nur selten der Ring rudimentär, das Aufreissen der Sporangiumwand zum Zwecke der Sporenausstreuung durch Quer- oder Längsriss erfolgend. Anthe- ridien frei über das Prothalliumgewebe vorragend. a. Hymenophyllaceae. Sporangien sitzend, mit einem vollstän- digen, schiefen oder horizontalen Ringe (Fig. 141), sich durch Längsriss Ööffnend, auf einem über den Blattrand als Columella vorragenden Nervenende sitzend und von einem zweiklappigen oder röhren- bis trichterförmigen Schleier (Fig. 141) umgeben. Blätter (mit Ausnahme der Nerven) fast stets einschichtig und ohne Spaltöffnungen. Die ersten Zelltheilungen des Prothalliums finden schon in der noch geschlossenen Spore statt. b. Cyatheaceae. Sporangien sitzend oder kurz gestielt, mit einem vollständigen, schiefen, aber nahe dem Scheitel und der Anhef- tungsstelle des dicken Stieles verlaufenden Ringe (Fig. 142), durch einen Querriss sich Ööffnend; Schleier vorhanden oder fehlend. c. Polypodiaceae. Sporangien meist lang gestielt, mit einem senk- recht über den Scheitel laufenden, unvollständigen Ringe, sich durch einen Querriss öffnend (Fig. 127), mit oder ohne Schleier, ihre Stellung verschieden. d. Gleicheniaceae. Sporangien sitzend, mit einem vollständigen, horizontal etwas oberhalb der Mitte verlaufenden Ringe (Fig. 145), sich durch Längsriss öffnend, gewöhnlich nur zu wenigen beisammen und ohne Schleier auf der Blattunterseite den Nerven aufsitzend. e. Schizaeaceae. Sporangien sitzend oder kaum gestielt, mit voll- ständigem, horizoytal dicht unterhalb des Scheitels verlaufendem, turbanartigem Ringe, sich durch Längsriss öffnend, meist ohne Schleier (Fig. 146). f. Osmundaceae. Sporangien sehr kurz und dick gestielt, mit einem rudimentären Ringe, der nur aus einer kleinen Gruppe eigenthüm- licher, nahe dem Scheitel auf dem Rücken des Sporangiums gelegener Zellen gebildet wird, an der diesem Ringe gegenüber liegenden Seite mit einem Längsrisse aufspringend (Fig. 147). Schleier fehlt, Filieinae: Systematische Uebersicht. Filices. 503 2. Marattiaceae. Mit Nebenblättern. Blätter in der Knospe spiralig ein- gerollt. Sporangien sich aus einer ganzen Gruppe von Epidermiszellen entwickelnd. Antheridien dem Prothalliumgewebe eingesenkt. a. Angiopteridieae. Sporangien einfächerig, dickwandig, sitzend, mit einem nach Art der Osmundaceen rudimentären Ringe und wie bei letztgenannter Familie sich öffnend, ohne Centralzelle für die Sporenmutterzellen, stets zu mehreren auf den Nerven der Blatt- unterseite einen Fruchthaufen oder Sorus bildend, wie bei den folgenden beiden Familien ohne Schleier. b. Marattieae. Sporangien dickwandig, sitzend oder gestielt, ohne Ring, mehrfächerig, die Fächer ohne Centralzelle, sich mit je einem Längsrisse in eine napförmige Vertiefung des Sporangien- scheitels öffnend (Kaulfussia), oder das Sporangium muschelförmig- zweiklappig aufspringend und die Fächer durch je einen Längs- riss auf der Trennungsfläche mündend (Marattia — Fig. 149). c. Danaeaceae. Wie vorige Familie, aber jedes Sporangiumfach sich auf seinem Scheitel mit einem Porus öffnend. B. Ophioglossaceae. Mit Nebenblättern. Blätter in der Knospe aufrecht. Die Sporangien sind rundliche Zellengruppen im Inneren metamorpho- sirter Blattabschnitte, welche auf der Vorderseite des Blattes entspringen; sie werden von der gewöhnlichen Blattepidermis überzogen, besitzen keinen Ring und öffnen sich mittelst eines Längs- oder Querrisses. Das chlorophyllose Prothallium ist unterirdisch und hat die Antheridien im Gewebe eingesenkt. II. Heterospore Filicinen oder Rhizocarpeae. Zweierlei Sporen in verschie- denen Sporangien: zahlreiche Mikrosporen in den Mikrosporangien und eine einzige Makrospore in jedem Makrosporangium entwickelnd. Beiderlei Spo- rangien ohne Ring, frei im Inneren metamorphosirter, geschlossener, frucht- artiger, bohnenförmiger oder kugeliger Blatttheile, den Sporocarpien. Mikro- sporen bei der Keimung ein sehr rudimentäres Prothallium mit Antheridium oder direct die Spermatozoiden erzeugend. Makrosporen das kleine, mit der Spore in Verbindung bleibende, chlorophyllhaltige, weibliche Prothallium ent- wickelnd. A. Marsiliaceae. Makro- und Mikrosporangien in derselben Sporenfrucht. Blätter im Knospenzustande schneckenförmig nach vorne gerollt. B. Salviniaceae. Makro- und Mikrosporangien getrennt in verschiedenen Sporenfrüchten, aber auf derselben Pflanze. Blätter in der Knospenlage einfach gefaltet. I. Reihe. Isospore Filieinen (S. 502). 27. Ordnung. Filices.! Zierlichkeit und Mannigfaltigkeit der Formen haben seit langer Zeit die Farne oder Farnkräuter, wohl die prächtigsten Gewächse unter den kryptogamischen Landpflanzen, zu erklärten Lieblingen vieler Botaniker und ! Ausser den auf $. 498 eitirten allgemeineren Werken sind hier zu erwäh- nen: J. Smith, Historia Filieum; an exposition of the nature, number and orga- nography of Ferns, and review of the principles upon which genera are founded, and the Systems of Classification of the principal authors. 3° mit 30 Taf. London 1877. — Fe&e, Memoires sur la famille des Fougeres 1—12. Fol. u. 4° mit zahlr. Tafeln. Strassburg 1844—1869 (namentlich die 5. Abhandlung — Exposition des genres de la famille des Polypodiacdes — zu berücksichtigen). — Bommer, Mo- nographie de la classe des Fougeres; Classification. Bullet. de la societe roy. de Botanique de Belgique V (1866). — Mettenius, Ueber einige Farngattungen, 504 Filices: Habitus. Verzweigung des Stammes. unserer Gewächshäuser erhoben. Von den winzigsten, epiphytisch zwischen den Moosrasen tropischer Baumstämme wachsenden Hymenophyllaceen mit einfachen, moosartigen, kaum einen Centimeter langen Blättern, bis zu der mächtigen, palmenähnlichen Alsophila australis &Dr. mit ihren durchschnitt- lich bis 25 Meter hohen, säulenförmigen Stämmen dehnt sich eine reiche Kette, deren Glieder um den Rang der Schönheit wetteifern. Nach ihrem Habitus lassen sich diese allerdings auf wenige Typen zurückführen. Be- rücksichtigen wir zunächst die Formenverhältnisse der Axe, so sehen wir die eine Reihe der Farne mit einem gestreckten, oberirdisch oder unter- irdisch kriechenden Rhizome vegetiren, das in mehr oder minder weiten Abständen auf seinem Rücken zwei Zeilen von alternirenden Blättern ent- wickelt, ‚während die Wurzeln vorzüglich der Bauchseite entspringen (unter unseren einheimischen Farnen: Polypodium vulgare, Cystopteris montana, Pteris aquilina, die Phegopteris-Arten). Da die jüngsten Blätter hier dem blossen Auge sichtbar erst in ziemlicher Entfernung hinter dem Stamm- scheitel auftreten, so erscheint letzterer, von den ihn gewöhnlich dicht be- deckenden Spreuschuppen abgesehen, nackt. Bei anderen Farnen (z. B. Aspidium Filix mas und A. spinulosum, Asplenium Filix femina u. s. w.) erhebt sich ein schief aufsteigendes, kurzes, verhältnissmässig dickes Rhizom nur wenig über die’ Bodenoberfläche; seine Internodien sind äusserst kurz, die spiralig gestellten Blätter äusserst dicht an einander gerückt, so dass die jüngsten gleichzeitig den Stammscheitel bedecken und mit diesem die Endknospe der Axe bilden. Von diesem zweiten Typus unterscheidet sich der dritte, derjenige der vorzüglich unter den (Cyatheaceen vertretenen Baumfarne, durch den senkrecht und schlank säulenartig sich erhebenden, gewöhnlich unverzweigten Stamm, der nur auf seinem Gipfel eine Krone dicht spiralig angeordneter Blätter trägt. Ueberhaupt zeichnet der Stamm der Farne sich durch meist sehr spär- liche Verzweigung aus, wenn diese ja stattfindet.? Von Hofmeister und Stenzel wurde sie als unabhängig von den Blättern, als dichotomisch betrachtet; wo die Zweige axillär erscheinen, wurde angenommen, dass die Gabelung un- mittelbar vor dem jüngsten Blatte stattfand und der vor dem Blatte stehende Gabelzweig sich weniger stark entwickelte, die scheinbar axilläre . Ver- 1—6. Abhandl. d. Senkenberg. naturf. Gesellsch. zu Frankfurt a. M. II, III. — Presl, Tentamen Pteridographiae. 8%. Prag 1836. — Hooker, Species Filicum. 8°. 5 Bde. mit 304 Taf. London 1846—1864. — Hooker and Baker, Synopsis Filicum. 2. Aufl. 8° mit 9 Taf. Gattungscharakt. London 1874. — Moore, Index Filicum. 8° mit 84 Taf. Gattungscharakt. London 1857 — 1863; unvollendet. — Schkuhr, Die Farnkräuter. 4° mit 222 col. Taf. Wittenberg 1809. — Kunze, Die Farnkräuter in col. Abbild. Supplem. zu Schkuhr. 4° mit 140 Taf. Leipzig 1840—1854. — Hooker et Greville, Icones Filicum. 2 Bde. fol. mit 240 Taf. London 1829—1831. — Hooker, Filices exoticae. 4° mit 100 col. Taf. London 1859. — Hooker, Century of Ferns and Second Century of Ferns. 8%. 2 Bde. mit 200 Taf. London 1854—1864. — Keyserling, Polypodiacea et Cyatheacea Herbarii Bungeani. 4°. Leipzig 1873. — Die Specialliteratur folgt unten; die unter den einzelnen Familien angegebenen Abhandlungen sind stets zu vergleichen. ı Hofmeister, Ueber Entwickelung und Bau der Vegetationsorgane der Farne. Abhandl. d. kgl. sächsisch. Gesellsch. d. Wissensch. V. 603. — Mette- nius, Ueber Seitenknospen bei Farnen. Ebenda VII. 611. — Prantl, Die Ver- zweigung des Stammes bei einigen Farnen. Flora 1875. S. 537. — Stenzel, SnteranebABERR über Bau und Wachsthum der Farne: Nova Acta Acad. Leopold. VIII — Filices: Verzweigung des Stammes. Scheitelzelle. 505 zweigung also eine sympodiale Ausbildung dichotomer Verzweigung sei. Met- tenius und neuerdings Prantl stellen dagegen die Seitensprosse der Axe in Beziehung zu den Blättern. Nach Prantl ist z. B. bei Cystopteris montana an dem weithin kriechenden Rhizome die Divergenz der ziemlich entfernt stehenden Blätter meist ?, und die Spirale der Blattstellung leicht auf- findbar, da der Blattstiel an der kathodischen Seite tiefer unten mit dem Stamme verschmilzt, als an der anodischen, die Blattinsertion also nicht quer, sondern schief in Richtung der Grundspirale verläuft. Hier finden sich nun sehr häufig zweifellos Seitensprosse des Rhizomes an der Blatt- basis und zwar bisweilen je zwei Sprosse an der Blattinsertion, der eine auf der kathodischen, der andere auf der anodischen Seite der Blattachsel, ein Fall, der unwiderleglich gegen eine Dichotomie spricht. Sehr häufig findet man aber nur einen dieser beiden Achselsprosse, und an vielen Blatt- basen fehlen die Seitenzweige vollständig. Die Zweige selbst sind stets, wenigstens an der Basis, schwächer, als der Hauptstamm und tragen dement- sprechend die Blätter hie und da nach der Divergenz !/,; gewöhnlich ist auch das erste Internodium bedeutend verlängert, während die folgenden Blätter oft viel dichter gedrängt sind, als am Hauptstamme. Mit Sicherheit konnte an Seitenzweigen mit kürzerem ersten Internodium constatirt werden, dass ihr erstes Blatt um ?/, des Umfanges vom Tragblatte entfernt war, so dass sich letzteres der mit der Spirale des Hauptstammes bald homodrom, bald antidrom auftretenden Spirale des Seitensprosses unmittelbar anschliesst, respective als das unterste Blatt des Zweiges aufgefasst werden kann. Aehn- liche Resultate erhielt Prantl bei Untersuchung der gleichstark scheinbar gegabelten Rhizome unserer einheimischen Phegopteris-Arten, und bei dem kriechenden Aspidium Thelypteris, sowie er auch bei den Hymenophylla- ceen die Angaben von Mettenius über Axillarverzweigung bestätigen konnte. Dass schwächere Seitensprosse als Adventivbildungen angesehen werden könnten, wie dies wohl geschah, wird durch den anatomischen Befund widerlegt. Der Stammscheitel der Farne wächst stets mittelst einer Scheitel- zelle. Zweischneidig keilförmig, die Segmente in zwei Reihen nach rechts und links abschneidend, ist dieselbe bei Pteris aquilina, Polypodium aureum, P. punctulatum, P. rupestre, Platycerium aleicorne, überhaupt vielleicht bei den meisten Arten mit kriechendem, bilateralem Stamme und zweizeiligen Blättern, von denen jedoch unser Polypodium vulgare und Phegopteris Dryopteris nach Hofmeister bald eine zweischneidige, bald eine tetraödrische Scheitelzelle besitzen. Letztere Form der Scheitelzelle findet sich bei Aspi- dium Filix mas, A. spinulosum, Asplenium Filix femina u. a., vielleicht allen Farnen mit aufsteigender oder aufrechter Axe und spiralig dicht gedrängten Blättern; dass sie drei Segmente in jedem Spiralumlaufe erzeugt, versteht sich von selbst, doch möchte auch hier bei vielreihiger Blattstellung manch- mal vielleicht ein ähnliches Vorgreifen des anodischen Segmentrandes vor- kommen, wie bei den entsprechenden Typen der Moose (vgl. S. 445). Der anatomische Bau des Stammes! bietet namentlich hinsichtlich 1 Mohl, De structura caudicis filicum arborearum. In Martius’ Icones selec- tae plantarum cryptogamicarum Brasiliae. 4° mit 6 Taf. München 1833. — Met- tenius, Ueber den Bau von Angiopteris. Abhandl. d. kgl. sächsisch. Gesellsch. d. Wissensch. VI. 501, mit 10 Taf. — Trecul, Remarques sur la position des 506 Filices: Bau der Fibrovasalstränge. der Fibrovasalstränge manche Eigenthümlichkeiten. Der Querschnitt der Gefässbündel zeigt uns dieselben bald kreisförmig oder elliptisch bis band- oder plattenartig, in letzteren Fällen oft mit rinnig eingebogenen Rändern oder welliger Faltung, eigenthümliche Figuren bildend, die einem V oder W u. s. w. gleichen. Nur die Osmundaceen und einige Hymenophyllaceen (nach Prantl die Gattung Hemiphlebium) besitzen im Stamme collaterale Stränge, deren Gefässtheil innen direct an das Markparenchym grenzt. Sonst sind die Leitbündel der Farne, wie die der meisten Gefässkryptogamen, con- centrische mit central gelegenem Xylem (S. 499, Fig. 118), das in seiner Gesammtheit entweder die Form des ganzen Bündels besitzt, oder (wie dies namentlich in den hier gleichzeitig zu berücksichtigenden Blattstielen der Fall ist) andere Gestalt oder selbst Spaltung in zwei symmetrische Gruppen zeigt. Der Xylemtheil wird der Hauptmasse nach aus weiten, langen, pris- matisch-spindelförmigen Treppen-Tracheiden mit behöften Tüpfeln gebildet, nur in seltenen Fällen (Pteris aquilina) aus Treppengefässen mit leiterför- mig durchbrochenen Querwänden. Zwischen, oder seltener aussen an diesen liegen an bestimmten Punkten einige enge Spiral- und enge Treppentra- cheiden, die Erstlinge bei der Entstehung des Gefässtheiles, von denen aus die Ausbildung der weiten Tracheiden anhebt und in Bezug auf jeden Aus- gangspunkt centrifugal, in Bezug auf das ganze Bündel eventuell centripetal fortschreitet. Die Tracheiden setzen den Gefässtheil des Fibrovasalstranges entweder allein zusammen (Polypodium vulgare u. a. Arten der Gattung — Fig. 118 A —, Davallia pyxidata, Blattstiele von Scolopendrium ete.), oder zwischen ihnen kommen noch Gruppen und Reihen von Stärke führenden Parenchymzellen vor (Pteris aquilina, Trichomanes radicans, Gleichenia, Ly- godium, Alsophila- und Cyathea-Arten, Blattstiele von Aspidium Filix mas u. Ss. w.); in dem axilen Bündel der Schizaeaceen bilden solche Parenchym- zellen sogar eine starke, centrale, markartige Gewebegruppe. In den Blatt- stielen von Trichomanes-, Gleichenia-, Schizaea- und Aneimia-Arten finden sich neben den Tracheiden dann noch sehr dickwandige, verholzte, meist gelb gefärbte Fasersclerenchymzellen. Das Xylem wird bei den concentrischen Bündeln überall von dem viel- schichtigen Basttheile oder Phloöm (Fig. 118 5) umgeben. Eine bis wenige Lagen stärkeführender, denen des Gefässtheiles gleicher Parenchymzellen grenzen dem Xylem zunächst an. Auf sie folgt nach aussen eine ringför- mige Zone, welche die (in kleineren Bündeln nicht immer deutlich unter- scheidbaren) Siebröhren enthält (die weitzellige Zone im Baste 5 der Fig. 118), und an diese grenzt wieder nach aussen eine ebenfalls ringförmige Zone jener langgestreckten, faserförmigen, durch dickere, weiche, glänzende Wände ausgezeichneten, enghöhligen Zellen (Fig. 118), welche man den Bastfasern anderer Gefässbündel vergleichen kann und die Russow, weil sie die ersten sich differenzirenden Elemente des Basttheiles sind, als Protophloöm be- trachees dans les fougeres. Ann. d. scienc. natur. ser. V. vol. X. 344, XI. 219. — Conwentz, Beitrag zur Kenntniss des Stammskeletes einheimischer Farne. Sitzungs- ber. d. kgl. Gesellsch. d. Wiss. zu Göttingen 1875; Botan. Zeit. 1875. S. 654. — De Bary a. a. O. S. 294, 355 u. f. — Reichardt, Ueber die Gefässbündel-Ver- theilung im Stamme und Stipes der Farne. 4° mit 5 Taf. Wien 1859. — Presl, Die Gefässbündel im: Stipes der Farne. 4° mit 7 Taf. Prag 1847. — Duval- Jouve, Etudes sur le petiole des fougeres. 8° mit 3 Taf. Hagenau 1856—1861. Filices: Bau und Vertheilung der Fibrovasalstränge. 507 zeichnet. Eine ein- bis wenigschichtige Scheide stärkehaltiger, oft ziemlich weiter Parenchymzellen umgiebt dann nicht selten aufs Neue die erwähnten Bastzonen (sie wird von Russow als Phloömscheide bezeichnet und schon — mit der Schutzscheide — zum Grundgewebe gerechnet), und der ganze Strang wird endlich durch eine einschichtige Schutzscheide aus prismiatischen, meist unscheinbaren, stark tangential zusammengedrückten Zellen mit mässig dicken, früh verkorkenden, meist bräunlichen Membranen, welche in den Radialwänden leicht zerreissen, nach aussen abgegrenzt (Fig. 118, die Schicht un- mittelbar innerhalb der Zellenzone s). Häufig schliesst an die Schutzscheide noch eine Schicht sclerenchymatischer, braun- wandiger Zellen des Grundgewebes, deren Wände ungleich, bald stärker auf der dem Strange zugekehrten (Fig. 118 s), bald stärker auf der abgekehrten Seite, ver- dickt sind; in anderen Fällen sind es zahlreiche Lagen starker und dann ge- wöhnlich allseitig gleichmässig dickwan- diger Sclerenchymzellen, die solche man- telförmige Hüllen um die zarteren Ge- fässbündel bilden. Die Vertheilung der Gefäss- bündel im Stamme lässt sich auf meh- rere Typen zurückführen. Bei den Hy- menophyllaceen, Gleichenia, Lygodium, sowie den blattlosen Ausläufern von Ne- phrolepis besitzt die Axe ein einziges centrales Bündel von meist kreisförmigem Querschnitte.e. Bei zahlreichen Farnen aber mit dünnem, kriechendem Rhizome und alternirend zweizeiligen Blättern er- weitert sich der ursprünglich axile Strang Fig. 119. A Halbe Stammoberfläche von Aspidium Filix mas, in welcher das Ge- fässbündelnetz durch Abschälen der Rinde zu einer Röhre, welche ringsum grössten-- theils geschlossen ist und nur an jedem Knoten unter der Blattinsertion eine relativ kleine Spalte oder Blattlücke hat, durch welche das Markparenchym mit der Rinde in Verbindung steht, und von derem Rande ein oder mehrere Fibro- blossgelegt ist. B Eine Masche dieses Netzes mit den Ansätzen der in die Blatt- stiele gehenden Gefässbündel. C Querschnitt des Rhizomes von Aspidium coriaceum, schwach vergrössert. D Gefässbündelsystem desselben in der eben gelegten Cylinder- fläche; der Unterstrang « ist der Länge nach gespalten, der Oberstrang 0 unversehrt, b sind die Blattinsertiunsstellen, & die Ur- sprungsstellen von Seitensprossen. Nach vasalsträinge in das Blatt abgehen (die a . meisten Arten der Gattung Dennstaedtia, ferner Microlepia, Hypolepis, manche Phegopteris-, Pteris- und Polypodium- Arten). Von diesem Typus unterscheiden sich die meisten Farne mit auf- steigender oder aufrechter Axe, vielzeiligen Blättern und kurzen Internodien wesentlich nur dadurch, dass die enger stehenden Blattlücken relativ gross, die sie trennenden Gefässbündelstreifen relativ schmal sind, das Gefäss- bündelrohr also einem eylindrischen, das Grundgewebe in Mark und Rinde scheidenden Netze gleicht, dessen Maschen die Blattlücken sind (zahlreiche 508 Filices: Vertheilung der Fibrovasalstränge. Polypodiaceen, z. B. Aspidium Filix mas — Fig. 119 A, B — viele Cya- theaceen, von den Schizaeaceen die Gattung Aneimia). Von den Maschen- rändern zweigen sich die Gefässbündel für die Blätter ab (Fig. 119 B), um durch die Rinde schräg aufwärts zur Blattinsertion zu laufen. Breite und Form der Stränge, Weite und Form der Maschen u. s. w. sind äusserst verschieden; ebenso wechselt die Zahl der in das Blatt eintretenden Bündel nach den Arten zwischen einem bis vielen, ist aber für jedes Blatt und für die erwachsene Pflanze der einzelnen Species innerhalb enger Grenzen be- ständig. Dem eben beschriebenen Typus schliesst sich ein vierter als weitere Modification für eine Anzahl kriechender Stämme mit alternirend zwei- zeiliger Blattstellung an (Polypodium tenellum, Asplenium resectum, Acro- stium Lingua, Nephrolepis ramosa, Aspidium coriaceum etec.). Sie zeigen zweizeilig rechts und links alternirende Blattlücken, begrenzt durch einen im Stamme median oben (Oberstrang — Fig. 119 C und D, 0) und einen median unten (Unterstrang — Fig. 119 C und D, «) laufenden mächtigen, bandförmigen Strang. Beide Stränge werden in regelmässigen, den Blatt- distanzen entsprechenden Entfernungen durch nach oben convex gekrümmte oder winkelig geknickte Querstränge zu einem Netze verbunden, dessen Maschen eben wieder die Blattlücken sind. Von dem Rande dieser ent- springen neben den Bündeln für die Seitensprosse (Fig. 119 D, x) die gegen die meist relativ kleine Blattinsertionstelle convergirenden, bis zu dieser im Stamme ziemlich radial und senkrecht laufenden Blattbündel (Fig. 119 D, b), welche unter einander und mit Ober- und Unterstrang durch einzelne dünne Querstränge anastomosiren können und auf dem Querschnitte als die den Gefässbündelkranz beiderseits schliessenden, schwachen Stränge erscheinen (Fig. 119 C). Eine Abweichung von diesem Typus tritt dadurch ein, dass die Blattlücke von einem Bündelnetze übersponnen wird und statt des ein- zelnen Unterstranges deren zwei oder mehrere, netzförmig anastomosirende vorhanden sind. Bedeutend starke Ausbildung der Hauptstränge lässt in diesem Falle den Bau einfach auf den Grundtypus zurückführen (Polypo- dium aurisetum, P. piloselloides, Platycerium aleicorne); sind aber Ober- und Unterstrang und alle Anastomosen fast gleich stark und die verschiedenen Maschen sehr unregelmässig, so tritt in den extremsten Fällen (Polypodium vulgare u. a. Arten) an Stelle des regelmässig von Blattlücken unterbrochenen Rohres ein reichmaschiges, unregelmässiges Netzwerk, dessen Beziehung zu dem Grundtypus nur noch andeutungsweise an den regelmässig alternirenden Blattmaschen erkannt wird. Eine weitere Modification der Gefässbündelvertheilung wird dadurch hervorgerufen, dass bei einer Anzahl vielzeilig beblätterter Stämme (Arten von Pteris und Saccoloma, Ceratopteris) auf dem Querschnitte mehrere con- centrische Ringe einander an Form und Stärke ähnlicher Bündel erscheinen, _ die Mitte des Stammes von einem schmalen, ein enges Mark umgebenden Bündelrohre durchzogen wird. „Von diesen innersten Bündeln entspringen in regelmässigen, mit der Blattordnung in nächster Beziehung stehenden Abständen plattenförmige oder schmale, aber alsbald zu breiten Netzschichten ausgezweigte Bündel, welche nicht direct in ein ihrer Ursprungsstelle nahes Blatt austreten, sondern eine Anzahl von Internodien hindurch auf- und gegen die Stammoberfläche steigen, um schliesslich in Blätter auszutreten, Filiees: Vertheilung der Fibrovasalstränge. Grundgewebe. 509 respective sich in successive austretende Zweige zu spalten. Jede dieser Bündelschichten hat die Gestalt des Längsabschnittes eines nach oben er- weiterten Kegelmantels; jede ist von einem ähnlichen Mantel (und einer sie von diesem trennenden parenchmatischen Rindenzone) umgeben und ent- springt mit ihrem untersten Ende von den inneren Bündeln. In den Blatt- insertionsstellen finden Anastomosen zwischen den successiven Zonen, d. h. der austretenden und der nächst inneren, weiter laufenden statt. Die auf dem Querschnitte auftretenden Ringe sind die Durchschnitte der Kegel- zonen: ihre Zahl in einem bestimmten Querschnitte richtet sich nach dem speciellen Verlaufe, zumal dem mit der Streckung der Internodien in naher Beziehung stehenden Grade der Neigung der Kegelflächen.“ ! Endlich besitzen die palmenartigen Stämme vieler Cyatheaceen (viel- leicht die meisten Arten von Alsophila und Cyathea) neben dem oben (S. 507) beschriebenen und in Fig. 119 A gezeichneten Netze starker Gefässbündel noch mehr oder minder zahlreiche dünnere, accessorische, im Marke ver- laufende Fibrovasalstränge, deren Zweige vielfach unter einander anastomo- siren und von denen eine bestimmte Anzahl von Aesten durch die Blatt- lücken des Hauptnetzes in die Blattstiele eintritt, wobei sie in den Blatt- lücken mit dem Rande der Netzmaschen anastomosiren. Bei manchen Arten finden sich neben solchen markständigen auch accessorisch die Rinde durch- ziehende Bündel. Sie entspringen (z. B. bei Cyathea Imrayana) von ins Blatt tretenden Strängen dicht über deren Abgangsstelle von der Blattlücke und verlaufen steil bogig nach abwärts, um entweder in der Nähe nächst seitlicher unterer Blattlücken sich an hier entspringende anzusetzen oder blind zu enden. Auch unsere heimische Pteris aquilina besitzt neben dem nach dem Ober- und Unterstrangtypus entwickelten Gefässbündelrohre noch ein reich gegliedertes, rindenständiges Bündelsystem, das von ersterem durch zwei starke, braune Sclerenchymplatten (einer rücken- und bauchständigen) getrennt wird, die stellenweise sogar zu einer mehr oder minder vollständig geschlossenen Röhre verschmelzen und durch deren Lücken beide Gefäss- bündelsysteme durch einzelne Querstränge anastomosiren. Das die Fibrovasalstränge umschliessende Grundgewebe ist theils ein verhältnissmässig weiches, häufig sehr zartes und saftreiches Parenchym, das oft allein neben den Gefässbündeln die Stammmasse bildet (Polypodium vul- gare, Aspidium Filix mas), theils ein prosenchymatisch (oder parenchyma- tisch) entwickeltes, hartes, gewöhnlich gefärbtes Sclerenchym. Letzteres bildet bei vielen Farnen die schon erwähnten Scheiden um die Leitbündel. Es tritt aber auch in oft mächtigen Schichten als besondere Rindenzone unter der Epidermis auf, nach aussen gewöhnlich scharf absetzend, nach innen häufig allmählich in das zartwandige Grundgewebe verlaufend. An einzelnen Stellen, bei Pteris aquilina z. B. an den beiden Seitenlinien des Stammes, zeigt eine solche sclerenchymatische Rindenzone Unterbrechungen, durch welche das Parenchym bis an die Oberfläche tritt. Bei den festen Stämmen der Baumfarne sind es Grübchen in den Blattkissen, in welchen das Sclerenchym durch ein lockeres, pulveriges Gewebe unterbrochen ist, das an die Lenticellen anderer Pflanzen erinnert, jedenfalls physiologisch wohl die gleiche Rolle wie diese spielt, indem es die Communication der ! De Bary, a. a. O. S. 300. — Vgl. die Osmundaceen, 510 Filices: Grundgewebe. Wurzeln. inneren Gewebe mit der atmosphärischen Luft vermittelt. Wirkliche Lenti- cellen finden sich in Form streifenförmiger Erhabenheiten an den Blattstielen mancher Farne (Cyatheaceen). Als eine Eigenthümlichkeit des parenchy- matischen (namentlich des in der Nähe der Gefässbündel befindlichen) Grund- gewebes zahlreicher Cyatheaceen und Polypodiaceen ist noch das Vorkommen von intercellularen Wandverdickungen in Form von Warzen, Stacheln, Zapfen oder die Intercellu- larräume von. Zelle zu Zelle durchspan- nenden Fäden zu er- wähnen. ! Die Wurzeln? scheinen manchen (namentlich Baum- rinde bewohnenden) Hymenophyllaceen gänzlich zu fehlen, bei anderen nur spär- lich vorzukommen. Sie werden in diesen Fällen durch blatt- lose Sprosse und den dichten Haarfılz die- ser wie der übrigen Stammtheile physio- logisch ersetzt. Sonst Fig. 120. Längsschnitt durch die Wurzelspitze von Polypodium dimor- treten Nebenwurzeln DE N meer, Ks ee a N (die Hauptwurzel des wurden. » Scheitelzelle.. #4 5, 7 und 8 Segmente derselben, die das Embryo geht früh Gewebe der Wurzelspitze bilden. In den beiden Jüngsten sichtbaren, zu Grunde) bei den nieht weiter bezeichneten Segmenten ist c die Cambiumwand, e die Epi- = dermiswand; in Segment & ist f die die Epidermis in zwei Schichten Farnen mit der Ver- theilende Lungeyanl. AER Zaevichtier dernie IS Rune. längerung des Stam- a a ae Due Lurl.t dep: Ion. sehichten wurden durch stärkere Grenzlinien noch mehr markirt, wachsenden Scheitel gewöhnlich auch in reichlicher Anzahl auf, bei manchen, namentlich bei Baumfarnen in solcher Masse, dass sie den Stamm mit einer dichten Hülle umkleiden, die z. B. bei Dicksonia antarctia eine Stärke von 10 Centim. und darüber erreicht. Bei Axen mit sehr gedrängt gestellten Blättern entspringen die Wurzeln nur aus den Blattstielbasen (Aspidium Filix mas). Während ferner bei man- chen Farnen die Zahl der Wurzeln in keiner Beziehung zu den Blättern steht, ist dies bei anderen der Fall. So zeigen nach Conwentz u. A. unter unseren einheimischen Farnen sich mehrere Wurzeln als zu jedem Blatte gehörig bei Aspidium Filix mas, A. cristatum und A. lobatum; zwei Wur- Ze 1 Luerssen, Ueber Intercellularverdickungen im parenchymatischen Grund- gewebe der Farne. Sitzungsber. d. naturforsch. Gesellsch. zu Leipzig 1875. S. 16. 2 Nägeli u. Leitgeb, Entstehung und Wachsthum der Wurzeln; Nägeli’s Beiträge zur wissenschaftl. Botanik, 4. Heft. Filices: Wurzeln. Blätter und deren Wachsthum. 511 zeln kommen auf jedes Blatt bei Osmunda regalis, nur eine bei Cystopteris fragilis, Asplenium Trichomanes und A. Ruta muraria, Onoclea, Blechnum und Scolopendrium; von anderen Farnen zeigt nach Kny auch Ceratopteris nur eine primäre Wurzel unter jedem Blatte entspringend. Die Wurzeln sind selbst ‘bei mächtigen Farnen nie von bedeutender Dicke, selten über 2 Millim. stark, cylindrisch, sehr dunkel braun gefärbt und gewöhnlich mit einem dichten, braunen Haarfilze bekleidet. Sie wachsen mittelst einer tetraödrischen Scheitelzelle (Fig. 120 v), welche durch Theilungen parallel der freien Aussenfläche Segmente oder Kappen für die Wurzelhaube abschneidet (Fig. 120 %, Z, m, n), die sich zunächst in je vier kreuzweise gestellte, in den einzelnen Kappen aber um 45° alternirende Quadranten, dann durch weitere Wände in centrale und peripherische Zellen theilen u. s. w. Nach innen gliedert die Scheitelzelle in drei Reihen in spiraliger Folge die Segmente für die Wurzelspitze ab (Fig. 120 4, 5, 7, 8), wobei jedoch nicht immer auf je drei nach dem Wurzelkörper hin abgetrennte Segmente genau eine primäre Kappenzelle folgt. Insbesondere bei den ersten Theilungen der Scheitelzelle ist z. B. nach Kny bei Ceratopteris die Zahl der nach innen abgetrennten Segmente erheblich grösser, als eine solche Regel gestatten würde. Die Verzweigung der Farnwurzeln ist eine monopodiale. Die Wur- zelzweige treten schon nahe hinter dem Scheitel in streng acropetaler Folge und meist zwei-, seltener drei und vierreihig auf; adventive Wurzelzweige werden nie gebildet. Die Blätter der Farnkräuter zeigen einen so mannigfachen Wechsel in Grösse und Gestalt, wie keine andere Pflanzenordnung. Vom einfachen, lanzettlichen bis eiförmigen, kaum 1 ÜCentim. langen Blatte der niedrigst organisirten Hymenophyllaceen (z. B. des Trichomanes Vitiense Dak.), bis zu dem fast 5 Meter langen und 1!/, Meter breiten, doppelt gefiederten einer Alsophila australis und anderer Cyatheaceen, die von den zwar kleineren aber noch feiner bis fast fünffach getheilten Blättern mancher Asplenien, Davallien u. a. Arten noch übertreffen werden, — welche fast unendliche Reihe von Formen. Und überall sind selbst bei den kleinsten Farnen die Blätter im Verhältniss zur Axe, besonders zum Dickendurchmesser derselben, gross zu nennen, bei allen zeichnen sie sich durch die im Knospenzustande spiralig nach vorne eingerollte Spitze nicht allein des Hauptblattes, sondern auch der einzelnen Fiedern aus. Da sich das Farnblatt durch ein sehr lange dauerndes, streng basifugales Spitzenwachsthum charakterisirt, so zeigt die Spitze oft noch diesen Knospenzustand, während die unteren Theile des Blattes schon definitiv ausgebildet sind, und bei manchen Farnen erfordert die völlige Ausbildung desselben mehrere Jahre. Bei Aspidium Filix mas z. B. sind die sämmtlichen Blätter einer Rosette schon zwei Jahre vor ihrer Ent- faltung, die dann im dritten Jahre ziemlich rasch erfolgt, angelegt; ebenso ist es bei Pteris aquilina, bei welcher erst im Laufe des zweiten Sommers nach der Anlage des Blattes die Spreite desselben als ein kleines, nach ab- wärts gebogenes Plättchen an der Spitze des stabförmigen Blattstieles er- scheint. Noch auffallender prägt sich dieses Spitzenwachsthum bei gewissen tropischen Farnen aus, bei denen es Jahre lang nach dem Hervortreten der Blätter über den Boden anhalten kann und periodisch unterbrochen wird, wie bei den regelmässig gegabelten Blättern von Gleichenia (bei denen es aber erst in einem gewissen Alter der Pflanze eintritt), bei den einen win- 512 Filices: Wachsthum des Blattes. denden Stengel nachahmenden Blättern von Lygodium, den gefiederten Blät- tern vieler Hymenophyllaceen und von Nephrolepis. Bei letzterer Gattung haben z. B. die unteren Fiedern schon fructificirt oder sie sind oft schon längst abgefallen, wenn die Blattspitze noch schneckenförmig eingerollt ist, und bei ihr, wie bei gewissen Hymenophyllen (Hymenophyllum interruptum, H. plumosum) werden die einzelnen Vegetationsperioden des unbegrenzt fort- wachsenden Blattes häufig durch kürzere Fiedern zwischen den normal aus- gebildeten markirt. i ’ Das erste Scheitelwachsthum! des jugendlichen Blattes wird stets durch eine keilförmige Scheitelzelle vermittelt, welche durch rechts und links fallende geneigte Wände Segmente abgliedert, die als Randzellen ersten Grades bezeichnet wer- den. Diese theilen sich zuerst durch eine Tan- gentialwand in eine innere Zelle, die Schichtzelle, und eine äussere, die Randzelle zweiten Grades, die sehr bald durch eine Radialwand in zwei neue Randzellen zwei- ten Grades und zwei- Z ER SI & INT @, (2) ci : ter Generation zer- \ 4 Sr jur we ( fällt. Eine dieser | 7 iw5 Randzellen wird zur e. Mutterzelle eines Drü- u senhaares (Fig. 121, ET In. in welcher die noch e nicht haarartig ent- Fig. 121. Asplenium Serpentini. Theil des Scheitels eines jungen wickelten Marginal- Blattes in der Flächenansicht. Nach Sadebeck. Vergr. 285. I, I R ra und //I die Schichtzellen, welche die Bildung der Nerven einleiten. zellen durch die Zeich nung des Inhaltes an- gedeutet wurden), und auch fernerhin theilt sich immer nur eine, und zwar immer abwechselnd nur die rechts oder links von der jüngsten Radial- wand gelegene Randzelle in der angegebenen Weise weiter; diese wird als Marginal-Scheitelzelle bezeichnet, um so mehr, als nach etwa der achten in der ursprünglichen Blattscheitelzelle stattfindenden Theilung letztere durch eine Tangentialwand und bald darauf in der vorderen Zelle folgende Ra- dialwand ebenfalls in zwei Randzellen zweiten Grades zerfällt, von denen auch nur die eine die beschriebene Theilung als Marginal-Scheitelzelle fort- setzt. Auf die Thätigkeit der Marginal-Scheitelzellen ist aber auch allein die Anlage und der Verlauf der Blattnerven und bei gefiederten Blättern meistens die mit letzterem in Beziehung stehende Zweigbildung des Blattes zurück zu führen. Da mit der Bildung einer jeden neuen Marginal-Scheitel- 1 Sadebeck, Zur Wachsthumsgeschichte des Farnwedels. Verhandl. d. bot. Ver. für d. Prov. Brandenburg, XV. 116. Taf. 3, 4. Ueber die Entwickelung des Farnblattes. 4° mit 1 Taf. Berlin 1874. Filiees: Wachsthum und Nervation des Blattes. 513 zelle auch die einer Schichtzelle verbunden ist, so sieht man sehr bald eine Reihe von Schichtzellen entstehen, die besonders bei der Vergleichung mit späteren Entwickelungszuständen unschwer als die Nervenanlage zu erkennen ist (Fig. 121). Man sieht aber auch, dass der beschriebene Zellbildungs- process nicht ununterbrochen fortgeht, in welchem Falle keine Verzweigung der Nerven eintreten würde, sondern dass von Zeit zu Zeit die aus einer Marginal-Scheitelzelle entstandenen zwei Randzellen beide zu Marginal- Scheitelzellen werden, die nachher freilich wieder die ursprüngliche Thei- lung aufnehmen. Die Verzweigung der Nerven ist also eine echte Dicho- tomie (Fig. 121, in welcher die betreffenden Schichtzellen durch stärkere Linien umgrenzt und mit gleichen Ziffern bezeichnet sind), die weitere Aus- bildung dagegen findet sympodial statt. Für Ceratopteris ist noch die von Kny angegebene Thatsache zu erwähnen, dass das erste Blatt der Keim- pflanze von Anfang an keine Scheitelzelle besitzt, eine solche erst beim folgenden Blatte auftritt. Ceratopteris folgt ferner nach Kny! in Bezug auf die Theilung der Randzellen ganz dem von Sadebeck bei Asplenium adul- terinum und A. Serpentini so eben geschilderten Typus, während bei zahl- reichen von demselben untersuchten Polypodiaceen (Cystopteris sudetica, Adiantum pedatum, Onoclea sensibilis und O. Struthiopteris, Polypodium vul- gare, Asplenium angustifolium und Blechnum Spicant) und ebenso bei Os- munda regalis von den Randzellen durch schiefe, abwechselnd gegen die Öber- und Unterseite der Blattspreite gerichtete Wände zwei über einander liegende Schichten von Aussenzellen erzeugt werden. Auch Prantl? hebt diese schrägen Theilungen der Randzellen ausdrücklich hervor. Die weitere Differenzirung der Nerven ist besonders an den einfach gebildeten Blättern der Hymenophyllaceen leicht verfolgbar. Nach Prantl geht dieser das Auftreten einer genau median verlaufenden Wand vorauf, welche die Sonderung der Ober- und Unterseite des Blattes bedingt und nach welcher parallel dieser Wand verlaufende weitere Wände eine innere Zellschicht (die erste Anlage des Fibrovasalstranges) von einer äusseren abscheiden. Die Zellen der letzteren Schicht werden darauf durch Tangen- tialwände in die Epidermis- und Rindenschicht getheilt. In der inneren Zellschicht wird ebenfalls durch tangentiale Theilungen eine innere Schicht von einer äusseren abgeschieden, von denen die äussere sich zur Scheide des Fibrovasalstranges umbildet und durch Tangentialwände oft noch in Schutzscheide und Cambiformscheide (die Phloömscheide Russow’s — vgl. S. 507) gegliedert wird. Die innerste Schicht entwickelt sich zum Fibro- vasalstrange so, dass das Xylem der Blattoberseite, das Phloöm der Blatt- unterseite zugekehrt liegt, der Strang also ein collateraler ist (S. 506), in dem die Ausbildung des Xylems gegen die Mitte zu vorschreitet. Für die Systematik der Farne ist die specielle Vertheilung der Nerven im Blatte? von grosser Wichtigkeit; namentlich bei den fossilen Farnen ist man bei Umgrenzung der Gattungen häufig auf diese allein an- ! Kny, Die Entwickelung der Parkeriaceen. Nova Acta XXXVII. ®2 Prantl, Verwandtschaftsverhältnisse (S. 498, Note 1). ® Mettenius, Fil. Hort. Lips. $.1. — Fe&e, Memoires sur la fam. d. foug. 1. — Presl, Tentamen. (S. 504, Note). — Ettingshausen, Beiträge zur Kenntniss der Flächen-Skelete der Farnkräuter. Denkschriften d. kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien, math.-naturw. Cl. XXII, XXIII, mit 42 Taf. — Ettingshausen, Die Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 35 Nm — 192 / N RZ = WAZ 1% / \ as SU NZ ZT DIES rs G 24 WEB I \ UNS III We NS 8 IA 5 N vl I ER ERBE, SER ae SS EA RER? ERSTER ES SEN Ne RT EEE KEN | Filiees: Nervation des Blattes. ISIS IL STE IL QITEÜRI Fig. 122. Nervationstypen von Farnen. a Nervatio Caenopteridis (Acrostichum peltatum). N. Cte- nopteridis (Acrostichum villosum). c N. Pecopteridis (Polybotrya pubens). d N. Taeniopteridis (Ole- andra pilosa). eN. Sphenopteridis (Asplenium falcatum). f N. Eupteridis (Asplenium heterodon). 9 N. Neuropteridis (Gymnogramme tomentosa). 4 N. Cyclopteridis (Adiantum reniforme). © N. Gonio- pteridis (Aspleninm e mitelia grandifolia). o N. Sageniae (Onoelc podium quereifolium). seulentum). %k N. Goniopteridis (Meniscium retieulatum). Z N. Pleocnemiae (He- m N. Marginarias (Polypodium serpens). » N. Doodyae (Woodwardia radicans). a sensibilis). p N. Phlebodii (Polypodium sporodocarpum). q N. Drynariae (Poly- » N. Anaxeti (Polypodium erassifolium). — Alle Figuren (mit Ausnahme des “ vergr. p) in natürlicher Grösse. Filices: Nervation des Blattes. 515 gewiesen. Es sind daher für die Haupttypen der Nervation, welche aller- dings häufig durch Zwischenformen verbunden werden, bestimmte Bezeich- nungen eingeführt, die wir hier nach den am allgemeinsten gebräuchlichen von Mettenius kurz erläutern. Der einfachste Fall ist der, in welchem das ungetheilte Blatt von einer ungetheilten Mittelrippe durchzogen wird (Mono- gramme) oder die einmal oder wiederholt gabelig oder fiederig getheilten Blätter in jedem Abschnitte nur einen Nervenast aufweisen (Acrostichum peltatum, Asplenium bulbiferum ete.); man bezeichnet diese Nervation als Nervatio Caenopteridis (Fig. 122 a). An sie schliessen sich diejenigen Farne an, bei welchen aus der Mittelrippe des Blattabschnittes ungetheilt bleibende oder höchstens einmal gegabelte, in gerader Richtung gegen den Rand verlaufende Secundärnerven fiederartig entspringen: N. Ctenopteridis (Acrostichum villosum — Fig. 122 5). Treten diese unter rechtem oder fast rechtem Winkel aus der Mittelrippe aus und setzen sie in gerader Rich- tung ihren Lauf gegen den Rand fort, ziehen ferner die durch Gabelung etwa zur Ausbildung kommenden Tertiärnerven den Secundärnerven parallel, so redet man von einer N. Taeniopteridis (Oleandra, Scolopendrium — Fig. 122 d); treten sie unter sehr spitzem Winkel aus der Mittelrippe, geben sie unter sehr spitzen Winkeln den Tertiärnerven den Ursprung und ver- laufen sie sammt diesen geradlinig, von N. Sphenopteridis (Asplenium faleatum — Fig. 122 e — A. septentrionale); hält dagegen der Winkel, welchen die Secundärnerven mit der Mittelrippe bilden, die Mitte zwischen den beiden angeführten Extremen und verlaufen dieselben geradlinig gegen den Rand, wie es meistens bei einmal gabelnden Nerven der Fall ist, so ist die Nervation eine N. Eupteridis (Todea, Asplenium Trichomanes, A. viride, A. heterodon — Fig. 122 f). Bei der N. Neuropteridis ver- lassen die Secundärnerven die Mittelrippe unter sehr spitzen Winkeln, wie bei N. Sphenopteridis, wenden sich dann aber in einem gegen die Mittelrippe convexen Bogen dem Blattrande zu und erreichen diesen sammt den ihnen parallel verlaufenden Tertiärnerven häufig wie bei der N. Taeniopteridis, der sich dieser Typus eng anschliesst, wenn der Bogen der Secundärnerven ein sehr kurzer und der Mittelrippe angedrückter ist (Allosorus, Gymnogramme tomentosa — Fig. 122 g). Die Stärke der secundären Nerven steht in den bis jetzt angegebenen Typen hinter derjenigen der Mittelrippe zurück und nimmt wie diese mit der weiteren Abgabe von Zweigen ab. Erlischt da- gegen die Mittelrippe an der Basis der Blattfläche und strahlen von ihrem Ende die gewöhnlich wiederholt gegabelten Secundärnerven regelmässig fächerförmig aus, so wird die Nervation als N. Cyclopteridis bezeichnet (Trichomanes reniforme, Adiantum reniforme —- Fig. 122 A — oder bei mehr keilförmiger Blattbasis schwächer entwickelt: Adiantum Capillus Veneris u. a. Arten der Gattung — Fig. 125 a). Von den einfacheren Nervations- typen ist endlich noch die N. Pecopteridis zu erwähnen, bei welcher die Secundärnerven einfachen oder gegabelten Tertiärnerven in fiederartiger Anordnung den Ursprung geben (Phegopteris vulgaris, P. Dryopteris, Aspidium Farnkräuter der Jetztwelt zur Untersuchung und Bestimmung der in den Forma- tionen der Erdrinde eingeschlossenen Ueberreste von vorweltlichen Arten dieser Ordnung. 4° mit 180 Taf. Wien 1864. — Smith, An arrangement and definition x the genera of Ferns. Hooker’s Journ. of Botany IV and London Journ. of ot. I, II. 33* 516 Filices: Nervation des Blattes. Lonchitis, A. lobatum, A. Filix mas — Fig. 122 ec, 143 a). Es ist ferner bei der fiederartigen Auszweigung der secundären Nerven und dem Auftreten tertiärer sowie der Nerven höherer Ordnung zu berücksichtigen, ob der 1., 3., 5. u. s. w. Tertiärnerv auf der oberen, der Blattspitze zugekehrten, der 2., 4., 6. u. s. w. auf der unteren, der Blattbasis zugewendeten Seite der Secundärnerven hervortritt (anadrome Nerven), oder ob umgekehrt der 1., 3., 5. tertiäre Nerv auf der unteren, der 2., 4., 6. u. s. w. auf der oberen Seite der Secundärnerven entspringt (katadrome Nerven). Anastomosen zwischen den Zweigen secundärer und tertiärer Nerven bedingen eine Reihe weiterer Nervationstypen, deren Gepräge im Allge- meinen abhängt: von der Art und Weise der Verzweigung dieser Nerven, der Richtung ihres Verlaufes, der Zahl der anastomosirenden Zweige, ihrer Stellung und endlich ihrer Fortbildung, nachdem sie bereits Maschen abge- schlossen haben. Geben die secundären Nerven in fiederartiger Anordnung __ einfachen tertiären Nerven den Ursprung, so anastomo- DEN siren entweder die entsprechenden tertiären Zweige der AN vorderen und hinteren Seite zweier benachbarter Secun- därnerven: N. Goniopteridis (Asplenium esculentum, Aspidium javanicum, A. molle, Meniseium ete. — Fig. 122 k, ) — oder es endet der erste obere Tertiärnerv des unteren Secundärnerven frei und wird in der durch Ana- stomose des zweiten oberen Astes des unteren Secundär- nerven mit dem ersten unteren Aste des oberen Secun- därnerven gebildeten Masche eingeschlossen, die zweite Fig. 123. Nervatio@-- Masche wird gebildet von dem dritten oberen und dem a rasunae zweiten unteren Tertiärnerven der aufeinanderfolgenden Secundärnerven u. s. w.: N. Goniophlebii (Polypodium neriifolium — Fig. 123). Geben die secundären Nerven in fiederartiger An- ordnung gabelnden oder wiederholt gabelnden Tertiärnerven den Ursprung und fliessen die der Mittelrippe zugekehrten hinteren, in Folge dieser Gabelung gebildeten Zweige zweier tertiärer Nerven zusammen, so entstehen anasto- motische Bogen, aus deren Kanten die vorderen Zweige der gabelnden ter- tiären Nerven als zwei oder mehr Strahlen hervortreten; werden diese Ana- stomosen von den Zweigen zweier entsprechenden Tertiärnerven gebildet, so entsteht die N. Pleocnemiae (Hemitelia Karsteniana, H. grandifolia, Aspidium Leuzeanum — Fig. 122 2); endet dagegen der erste obere Tertiärnerv frei (wie bei der N. Goniophlebii) in der Masche zwischen dem zweiten oberen und ersten unteren zweier auf einander folgender Secundärnerven u. Ss. w., so kommt die N. Cyrtophlebii zu Stande (Aspidium falcatum, Polypodium Lingua, P. Phyllitidis, P. repens), die sich also zur N. Pleocnemiae verhält, wie die N. Goniophlebii zur N. Goniopteridis, während alle die nächste Ver- wandtschaft zur N. Pecopteridis zeigen. Theilen sich die secundären Nerven nach ihrem Austritt aus der Mittelrippe durch Dichotomie in zwei Zweige, von denen der vordere ungetheilt bleibt und frei endet, der hintere aber von Neuem oder wiederholt gabelt, und kommt eine Anastomose zwischen dem vorderen Zweige dieser zweiten Gabelung und dem hinteren Zweige der entsprechenden Gabelung des nächst oberen Secundärnerven zu Stande, so entsteht die N. Marginariae (Polypodium serpens, P. vacceiniifoium — Fig. 122 m); nimmt dagegen der obere erste Gabelzweig der Secundärnerven Filices: Nervation und Ablösung des Blattes vom Stamme. 517 Antheil an der Bildung der Rippenmaschen, die N. Doodyae (Woodwardia — Fig. 122 »). Variationen beider Typen werden dadurch veranlasst, dass bald nur eine Maschenreihe rechts und links der Mittelrippe gebildet wird, bald in Folge wiederholter Gabelung der Secundär- und Anastomose der Tertiärnerven mehrere Reihen von Rippenmaschen entstehen. Anastomosiren bei einer Nervenbildung, wie die N. Pleocnemiae (Fig. 122 2), sämmtliche Strahlen der Rippenmaschen und werden von ihren und den Verzweigungen der oberen Tertiärnerven zwei oder mehrere Reihen von Doodya-Maschen längs der stark oder in anderen Fällen kaum vortretenden Secundärnerven gebildet, so wird die Aderung N. Sageniae genannt (Onoclea sensibilis, Aspidium hippocrepis, Phegopteris difformis — Fig. 122 0); enden dagegen die Strahlen der Rippenmaschen frei in den doodyaartigen Maschen der zweiten Reihe, so heisst sie N. Phlebodii (Polypodium sporodocarpum, P. aureum — Fig. 122 p). Von den bis jetzt mehrfach erwähnten, in Netzmaschen mündenden Strahlen, die sich stets von der Mittelrippe abwenden, werden als Anhänge solche in die Maschen hineinragende Nervenendigungen unterschieden, welche sich von dem vorderen Bogen und den Seitenwänden der Masche nach innen gegen die Mittelrippe hin in den Raum der nächst inneren Masche erstrecken. Diese Anhänge können einfach bleiben oder sich verzweigen, die geraden oder hakig gekrümmten Zweige frei bleiben oder wieder Ana- stomosen unter sich oder mit den Hauptnerven eingehen, wodurch oft inner- halb der primären Maschen des Adernetzes zartere Secundärnetze entstehen. Man bezeichnet dann diese Nervation nach dem entsprechenden Haupttypus als N. Doodyae appendiculata, N. Phlebodii appendiculata, N. Sageniae appendiculata, N. Goniopteridis appendiculata und N. Pleocnemiae appendi- culata. Von letzterer unterscheidet man noch zwei besondere Nervations- typen: die N. Anaxeti, ausgezeichnet durch die rippenartig vorspringenden Secundärnerven und die beinahe gleichstarke Ausbildung aller Zweige der- selben, der Art, dass die primären Maschen kaum deutlicher als die secun- dären und tertiären hervortreten (Polypodium crassifolium — Fig. 122 r) — und die N. Drynariae, charakterisirt durch die bedeutende Stärke der rippenförmig vorspringenden Seeundär- und Tertiärnerven, durch das deut- liche Hervortreten der primären und. die regelmässige Bildung der secun- dären und tertiären Maschen (Polypodium quereifolium, Fig. 122 9). Das Ablösen der abgestorbenen Blätter von der Axe findet in zweifacher Weise statt. Entweder geht das Blatt allmählich zu Grunde und die Blattstielbasis bleibt als kürzerer oder längerer, am Ende unregelmässig zerrissener oder gespaltener, langsam mit den älteren Theilen des Stammes verfaulender Stumpf an der Axe stehen (Aspidium, Asplenium, Phegopteris etc.); oder das Blatt gliedert sich wie bei unseren Laubhölzern dicht über seiner Insertionsstelle oder in dieser selbst mit einem Male ab. In diesem Falle bleibt eine nicht oder nur unbedeutend über den Stamm vortretende (viele Cyathea- und Alsophila-Arten) oder auf der kurzen, stehen bleibenden Blatt- stielbasis sitzende (Polypodium vulgare) Blattnarbe, entsprechend derjenigen unserer Laubhölzer, zurück. Diese zeigt dann auf ihrer Oberfläche eine Anzahl von Gefässbündelspuren, der Zahl der aus dem Stamme in den Blattstiel eintretenden Stränge entsprechend. Für die Umgrenzung ver- wandter Gattungen ist die verschiedene Art des Blattabfalles oft von Wichtig- 518 Filiees: Anatomischer Bau des Blattes. Spaltöffnungen. keit und ebenso die Zahl und Anordnung'der in den Blattstiel eintretenden Gefässbündel (vgl. z. B. Aspidium). ' Was den anatomischen Bau des Blattes betrifft, so ist letzteres bei der Mehrzahl der Hymenophyllaceen (vgl. diese), von den Nerven abgesehen, einschichtig und ohne Spaltöffnungen, gerade wie bei der Mehrzahl der Moose, mit denen erstere auch das Fehlen der Intercellularräume in allen vegetativen Organen theilen. Diesem Blatttypus schliessen sich einzelne Arten der genannten Familie, sowie die Gattung Leptopteris unter den Osmunda- ceen dadurch an, dass das Mesophyll aus 2—4 Zellenlagen gebildet wird, jedoch auch noch keine Intercellularräume und Stomata entwickelt. Bei der Mehrzahl der Farne aber weicht das Blatt in seinem Baue von dem all- gemeinen Baue anderer Blätter nicht ab. Eine scharf differenzirte Epider- mis der Ober- und Unterseite schliessen zwischen sich ein meist aus un- regelmässig verzweigten Parenchymzellen bestehendes, an Intercellularräumen reiches, daher schwammiges Mesophyll ein, in welchem die Gefässbündel ver- laufen. Die Epidermiszellen zeigen in der Regel wellig gebuchtete Seiten- wände; selten sind sie lang gestreckt, an beiden Enden prosenchymatisch zugespitzt und keilförmig in einander geschoben (Schizaea dichotoma). Bei einigen Gattungen (Vaginularia, Vittaria, Antrophyum) liegen zwischen den gewöhnlichen Oberhautzellen lang gestreckte, in ihrer Aussenwand äusserst stark verdickte, von der Fläche gesehen bastfaserartige Zellen eingestreut, die z. B. bei Antrophyum wegen ihrer bedeutenden Einlagerung von Kiesel- säure nach dem Glühen der Epidermis als Kieselnadeln zurückbleiben, wäh- rend die wie bei manchen anderen Farnen schwächer verkieselten Wände der übrigen Zellen nur schwer im Zusammenhange erhalten werden. Eine besondere Erwähnung verdienen noch die Spaltöffnungen vieler Farn- kräuter, insofern dieselben sich durch abweichende Entstehung und Lagerung auszeichnen. Wie bei einigen Phanerogamen (Sileneen, Plantagineen, Oeno- thereen), so wird auch hier aus der betreffenden Epidermiszelle ein kleines Stück durch eine U-förmig gebogene Wand ausgeschnitten, deren Ränder sich an eine Seitenwand ansetzen, deren Convexität der Zellmitte zugekehrt ist. Die so entstandene Zelle erzeugt entweder unmittelbar durch Längs- theilung die beiden Schliesszellen, oder die Mutterzelle dieser wird erst durch eine innere, parallele U-Wand in der ersten Zelle gebildet (Asple- nium bulbiferum, Pteris longifolia, P. cretica). Die beiden Schliesszellen hängen somit nur mit den schmalen Enden an der Seitenwand einer Ober- hautzelle, während ihr grösster Theil frei in diese hineingewölbt ist. Bei Aneimia villosa ist die Krümmung der U-Wand sogar so stark, dass die beiden Schenkel die Seitenwand der Epidermiszelle in einem Punkte be- rühren, oder der eine Schenkel sogar mit dem anderen vor dessen Ansatz- punkt zusammentrifft, eine Form, welche den Uebergang zu den Spaltöff- nungen der Aneimia Phyllitidis Sw. (A. fraxinifolia Raddi) macht. Bei dieser liegen nämlich die Schliesszellen mitten in einer sie ringförmig umgebenden ı Rauter, Entwickelungsgeschichte der Spaltöffnungen von Aneimia und Niphobolus. Mittheil. d. naturw. Ver. für Steiermark II. 188, mit 1 Taf. — Hil- debrandt, Ueber die Entwickelung der Farnkrautspaltöffnungen. Bot. Zeit. 1866. S. 245. Taf. 10. — Strasburger, Ein Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Spa Könungen, Pringsh. Jahrb. f. wissensch. Bot. V. 297. Taf. 35—42; VII. 395, ote 1. - Filices: Spaltöffnungen. Brutknospen und Ausläufer. 519 Oberhautzelle, deren Seitenwand ‘also in keinem Punkte von ihnen berührt wird, und ihre Mutterzelle entsteht so, dass eine in sich geschlossene, nach unten etwas trichterig verengerte Ringwand dieselbe aus der jungen Epi- dermiszelle etwa in der Weise herausschneidet, wie ein Korkbohrer einen Korkstöpsel aus einer grösseren Platte. Den erst beschriebenen Typus von Pteris u. A. und den letzten der Aneimia Phyllitidis verbinden die Spalt- öffnungen von Polypodium (Niphobolus) Lingua, bei deren Anlage zuerst eine U-Wand die Urmutterzelle wie bei Pteris, dann innerhalb dieser eine Ringwand die Specialmutterzelle wie bei Aneimia entstehen lässt. Eine eigenthümliche Erscheinung bei vielen, namentlich tropischen Farnen ist das Auftreten von der ungeschlechtlichen Vermehrung dienenden Brutknospen auf den verschiedensten Theilen der Blätter. Dieselben entstehen nach Hofmeister aus ober- flächlich gelegenen Zellen, bei Pteris aquilina sogar aus einer einzelnen Zelle des jungen Blattstieles vor Anlage seiner Gefässbündel, so dass hier die manchmal sich nur langsam entwickelnde Knospe von dem um- gebenden Rindengewebe fast vollständig überwallt wird und Jahre lang ruht. Auf der Blattspreite bilden sich die Brutknospen an verschiedenen Stellen, bald auf der Mittelrippe an der Gesammtbasis, oder an den Ur- sprungsstellen der einzelnen Fiedern (Asplenium decus- satum), oder auf den Mittelnerven der letzteren (Asple- nium bulbiferum), oder eine einzelne und dann sehr grosse, das Blatt sehr häufig auf den Boden nieder- biegende Knospe an der Spitze des Blattes (Wood- wardia radicans, Aspidium proliferum, Asplenium pro- longatum, Scolopendrium rhizophyllum). Sie entwickeln gewöhnlich noch während ihrer Verbindung mit dem Mutterblatte einige Wurzeln und werden, wenn sie sich mit Fäulniss des Blattes oder schon früher von diesem —.. 124. Aspiaiun Pilix ablösen, zu selbständigen Pflänzchen. . Die auf dem Aue ae ut Fr Blattstiele entstehenden Brutknospen entspringen ge- Blattstielbasis, nat. Gr. wöhnlich am untersten Theile desselben (Fig. 124), oft sogar nahe an der Insertionsstelle und meistens auf dem Rücken. Diejenigen von Pteris aquilina wurden bereits erwähnt; bei Aspidium Filix mas bilden kräftige Individuen fruchtbarer Standorte gewöhnlich an jedem zwölften Blatte, in dürren Lagen wachsende noch häufiger eine Brutknospe aus und hier, wie in anderen Fällen, bleibt die die Knospe tragende Blattstielbasis noch lange frisch und mit Nährstoffen gefüllt, wenn das übrige Blatt schon abgestorben ist. Man findet sogar häufig erstarkte, viele Blätter tragende Pflanzen dieses Farnkrautes mit dem Hinterende der Axe noch mit der Blattstielbasis eines älteren Stammes in Verbindung. Aehnlich verhält sich Aspidium spinulosum. Eine eigenthümliche Ausbildung erfahren die Brut- knospen von Onoclea Struthiopteris. Dieselben entstehen so tief an der Blattstielbasis, dass sie scheinbar dem Stamme angehören; sie werden schon vor Differenzirung der Blattspreite angelegt und wachsen zu langen, fadenför- migen, mit Schuppenblättern besetzten, unterirdischen Ausläufern heran, die erst in weiterer Entfernung von ihrer Mutterpflanze mit dem Scheitel als 520 Filices: Ausläufer. Spreuschuppen. Sporangien. neue, nun Laubblätter erzeugende Pflänzchen über den Boden treten. Aehn- ‘ lich verhält sich die tropische Gattung Nephrolepis; bei N. undulata und N. tuberosa schwillt das Ende der Ausläufer sogar zu einer eiförmigen, etwa 2 Centim. langen Knolle an, in welcher sich das bis dahin einfache, centrale Gefässbündel zu einem Kreise von peripherischen Strängen verästelt und welche später an ihren Seitenflächen neue Brutknospen als Anfänge neuer Pflänzchen entwickelt, um dann ganz abzusterben. Zu den am meisten in die Augen fallenden Trichombildungen gehören die bei den allermeisten Farnen an den Axen sowohl, als auch an den Blättern, besonders an der Blattstielbasis auftretenden Spreuschuppen (paleae), welche man längere Zeit mit Hofmeister! sogar für die eigent- lichen Blätter hielt, so das man die als Zweige mit begrenztem Längen- wachsthume betrachteten wirklichen Blätter mit dem abweichenden Namen „Wedel“ bezeichnete, eine Ansicht, die namentlich von Al. Braun? be- kämpft, später auch von Hofmeister? wieder aufgegeben wurde. Diese Spreuschuppen oder Spreublättchen sind meist bräunlich bis tief schwarz- braun gefärbte, schmal lanzettliche bis breit eiförmige, ganzrandige oder gezähnte oder gewimperte, ein- oder mehrschichtige, trocken rauschende und leicht zerbrechliche, oft in ein langes Haar auslaufende oder mit einer Drüse endende, schuppenartige Haare. Ihre Wände sind in manchen Fällen überall gleich zart (paleae cystopteroideae); häufig sind aber auch die Seiten- wände mehr oder minder stark verdickt und tief gefärbt, die oberen und unteren, in der Fläche, der Schuppe liegenden Wände zart und durchsichtig bis farblos, die Schuppen von der Fläche gesehen daher gitterförmig (paleae clathratae), Verhältnisse, welche man in der Systematik verwendet, sogar mit zur Trennung von Gattungen, respective Familien benutzt hat (Asple- nieae und Athyrieae in der Gruppe der Aspleniaceen). Gewöhnliche Haare treten bei Farnen in mannigfachen Formen vielfach auf; sie sind häufig, wie dies auch von den Spreuschuppen gilt, sehr vergänglich, fehlen daher den älteren Organen. Bei manchen Arten der Gattung Gymnogramme (G. chrysophylla, G. tartarea, G. calomelanos etc.) sind kurze, aus einer cylindri- schen Stiel- und einer kugeligen Kopfzelle bestehende Haare die Organe, welche den eigenthümlichen goldgelben oder weissen, mehlartigen Ueberzug der Blattunterseite ausscheiden, der in Form langer, nadelförmiger Krystalle strahlig die Oberfläche der Kopfzelle bedeckt und chemisch aus in kaltem Alkohol grösstentheils leicht löslichen, harzartigen Körpern zusammengesetzt ist. Stacheln als Trichombildungen finden sich an den Blattstielen und Blattrippen mancher Cyatheaceen (Alsophila aspera, A. armata); im jugend- lichen Zustande tragen sie eine Spreuschuppe auf ihrer Spitze, welche zuerst aus einer Dermatogenzelle sich entwickelt und dann durch starke Wucherung des Periblem’s auf einem zum Stachel sich umbildenden Gewebepolster empor- gehoben wird. Die ausgiebigste Vermehrung der Farne ist, wenn wir von dem vorhin geschilderten Vorkommen von Brutknospen absehen, an die Sporangien gebunden: Kapseln, welche in ihrem Inneren eine grössere Anzahl von ı Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen S. 85. u. folg. ® Al. Braun, Betrachtungen über die Erscheinungen der Verjüngung in der Natur, S. 123. ® Hofmeister in Abhandl. d. sächsisch. Gesellsch. d. Wissensch. V. 647. Filiees: Fertile und sterile Blätter. 521 Sporen entwickeln (Fig. 127), morphologisch als metamorphosirte Trichome zu betrachten und in ihrer Entwickelung stets an die Blätter gebunden sind. Fertile (d. h. Sporangien erzeugende) und sterile Blätter oder Blatt- abschnitte sind einander entweder gleich gestaltet oder in geringerem oder höherem Grade verschieden. Diese Verhältnisse, welche in der Systematik eine Rolle spielen, sollen bei den einzelnen Gattungen specieller angegeben, hier nur an einigen Beispielen angedeutet werden. So zeichnen sich bei Blechnum Spicant die fertilen Blätter durch bedeutendere Länge, schmälere Fiedern und aufrechte Haltung vor den kürzeren, breiter gefiederten, dem Boden aufliegenden sterilen Blättern aus; bei Onoclea Struthiopteris stehen die kleineren fertilen, schmal gefiederten Blätter inmitten des von den grossen, sterilen, breitfiederigen Blättern gebildeten Laubtrichters, und ebenso weichen die fructificirenden Blätter mancher Arten der Gattungen Acrostichum, Pteris, Allosorus u. A. durch geringere Breite oder schmälere Fiedern und Segmente von den sterilen ab. Bei Aglaomorpha, Dryostachium und ähn- liehen Gattungen, bei denen der obere Theil des einzelnen Blattes fertil, der untere steril ist, treten die eben genannten Unterschiede an einem und demselben Blatte auf, das aber in der Sporangien tragenden oberen Hälfte immer noch mehr oder weniger an die normale Blattbeschaffenheit erinnert. Anders ist dies bei manchen Arten von Osmunda und Polybotrya, bei denen an dem fertilen Blatttheile die Lamina bis fast auf die Nerven reduecirt ist und die betreffenden Blattspitzen dicht mit Sporangien bedeckten Rispen gleichen, oder wo solche reducirte fructificirende Fiedern in der Mitte des Blattes auftreten (Osmunda Claytoniana). Dieselben Verhältnisse finden sich bei Aneimia mit der Modification, dass das untere Fiederpaar des Blattes in zwei Sporangienrispen umgewandelt ist, bei Schizaea dichotoma und ver- wandten Arten so, dass eine einzelne gefiederte Sporangienrispe die Spitze jedes Blattlappens krönt. Osmunda cinnamomea und die meisten Polybotryen zeigen uns ganze Blätter in der angedeuteten Weise zu fertilen Blättern umgewandelt, andere normal steril, und einer noch auffallenderen Metamor- phose begegnen wir bei Polypodium rigidulum, P. quereifolium, P. Fortunei und verwandten Polypodien. Die genannten Arten entwickeln abwechselnd mit den grossen, gefiederten oder fiedertheiligen, fructificirenden Laubblät- tern kleine, eichenblattartige, bald braun werdende, sterile Niederblätter mit dickrippigem Adernetze und stark schwammigem Mesophyll. Derselbe Wechsel tritt bei Platycerium alcicorne hervor. Auf 6—8 streng zweizeilig am kriechenden Rhizome aufrecht stehende, wiederholt hirschgeweihartig ge- gabelte, mit den Gabelästen zierlich überhängende Blätter, welche Sporangien entwickeln können, folgt hier ein Paar einfacher, dicker, rundlicher bis nierenförmiger, abwärts sich krümmender und der Unterlage dicht anschmie- gender Niederblätter von ganz abweichendem Baue. Ihre Gefässbündel bil- den zwei vielmaschige Netze, von denen das eine der Oberseite, das andere der Unterseite genähert liegt und die beide durch zahlreiche Anastomosen verbunden sind, welche das schwammige, in den todten Blättern wie Zunder erscheinende Mesophyll quer durchsetzen. Nach Prantl entwickelt endlich auch Osmunda Niederblätter, welche nur aus dem Scheidentheile der nor- malen Laubblätter bestehen und hie und da eine rudimentäre, schnecken- förmig eingerollte Spreite tragen; sie sind die letzten Blattgebilde jedes Jahres und bedecken während des Winters die Terminalknospe. 522 Filices: Sorus- und Schleierformen. Die Nervatur der fertilen Blätter ist oft von derjenigen der sterilen abweichend. Als bekanntestes Beispiel mag hier nur das einheimische Blech- Fig. 125. Sorus- und Schleierformen verschiedener Polypodiaceen; die meisten Figuren vergrössert. a Adiantum; Db dasselbe, Stück des Sorus auf der Unterseite des zurückgeschlagenen Fiederlappens. c Lindsaya. d Blechnum; e dasselbe, Stück einer Fieder mit theilweise entfernten Indusien. f Cysto- pteris; y dieselbe, einzelner Sorus. Ah, i Davallia. % Cheilanthes; 2 dieselbe, Stück des Fiederrandes mit zwei Sori, von dem einen der Schleier zurückgeklappt. m Pteris; » dieselbe, ein Stück der Fieder stärker vergr. o Woodwardia; p dieselbe, Stück der Fieder stärker vergr. g Scolopendrium. 7, s Asple- nium. 2 Aspidium. w Woodsia; v dieselbe, einzelner Sorus. w Gymnogramme. = Polypodium; z dasselbe, Stück der Fieder. num Spicant angeführt sein, bei welchem in den fertilen Fiedern eine parallel der Mittelrippe verlaufende, den Sorus tragende Anastomose sämmt- liche Nerven verbindet (Fig. 125 e), während dieselbe den sterilen Fiedern fehlt. Filices: Sorus- und, Schleierformen. 523 Farne, welche normal ihre Sporangien auf der Ober- und Unterseite des Blattes entwickeln, sind selten (Polybotrya cervina). Als abnormer Aus- nahmefall ist eine derartige Stellung bei Polypodium lepidotum und Phego- pteris (Polypodium) prolifera beobachtet worden.! In allen anderen Fällen ist es die Unterseite oder der Blattrand allein, welche die Sporangien tragen. Treten dieselben auf der gesammten Blaftunterseite sowohl über den Nerven, als auch zwischen denselben über dem Mesophyll auf, so er- scheint die ganze Fläche mit Ausnahme des Mittelnerven und eines schmalen Blattrandes von ihnen gleichmässig bedeckt, ein nur in der Abtheilung der Acrostichaceen eintretender Fall. Bei allen übrigen Farnen werden die Sporangien nur auf den Nerven entwickelt, auf einer mehr oder minder starken, als Receptaculum bezeichneten Anschwellung des Blattes und ge- wöhnlich mehr oder weniger zahlreich beisammen in je einer charakteri- stisch gestalteten Gruppe (sorus), selten einzeln. In letzterem Falle kann aber das einzeln stehende Sporangium als Vertreter eines ganzen Frucht- häufehens betrachtet werden; man unterscheidet dann mit Prantl polyan- gische Sori mit zahlreichen Sporangien und monangische Sori mit je einem einzelnen Sporangium, letztere bei Lygodium (Fig. 136) und Cerato- pteris, bei denen die Entwickelung der Sori eine acropetale ist. Auch bei Aneimia betrachtet Prantl jedes Sporangium als Repräsentanten eines Sorus, da die Sporangien in acropetaler Reihenfolge aus bestimmten Randzellen entstehen, die als die Enden von Seitenlacinien aufgefasst werden müssen, welche, aufs Aeusserste verkürzt, nicht einmal mehr einen Fibrovasalstrang ausbilden. Nach der weiteren Stellung der Sori unterscheidet dann Prantl? in seiner Abtheilung der Pteridinae (den vereinigten Hymenophyllaceen, Polypodiaceen und Cyatheaceen) folgende Gruppen: A. Cypellosoreae. Sori randständig, einzeln; das Receptaculum ist die Fortsetzung des eigentlichen Blattrandes und von zwei, einen Becher bildenden Indusienlappen (siehe unten) umgeben. Hierher gehören die Hy- menophyllaceen (Fig. 141), von Cyatheaceen die Gattungen Cibotium und Dicksonia (mit Balantium — Fig. 142), von Polypodiaceen Davallia (mit Microlepia — Fig. 125 A, ?). « B. Coenosoreae. Sori nahe unter dem Rande meist mit einander zu einer continuirlichen Reihe verschmelzend, vom umgeschlagenen Blattrande bedeckt, meist ohne unterseitiges Indusium, oder mit solchem. Hierhin werden gerechnet: Pteris (worunter P. aquilina durch den wirklich randständigen Sorus und zwei Indusienlappen eine Ausnahme macht — Fig. 125 m, n), Cheilanthes (Fig. 125 %, 7), Allosorus, Gymnogramme (die Sori ziehen sich auf die Nerven herab — Fig. 125 w), Lindsaya (mit nicht immer verschmol- zenen Soris, Fig. 125 c), Adiantum (mit getrennten Soris, Fig. 125 a, b), Gymnopteris (mit wirklich randständigen, verschmolzenen, ganz nackten Soris). C. Dialysoreae. Sori aufgelöst und die Sporangien über die ganze Unterfläche verbreitet (die oben erwähnten Acrostichaceen). D. Notosoreae. Sori auf dem Rücken oder Ende der Nerven vom Blattrande entfernt. ! Kunze, Ueber abnorme Fruchtbildung auf der Oberseitefder Wedel von Farrn aus den Polypodiaceen. Bot. Zeit. 1848. S. 687. ®? Prantl, Vorläufige Mittheil. über d. Verwandtschaftsverhältnisse d. Farne. Verhandl. d. physikal. -medic. Gesellsch. zu Würzburg IX (1874). 524 Filices: Sorus- und Schleierformen. 1. Aspidiaceae. Sorus rundlich: Onoclea, Cystopteris (Fig. 125 f, 9), Woodsia (Fig. 125 «, v), Cyathea (aus der Familie der Cyatheaceen — Fig. 142 — und an diese anschliessend Alsophila ohne Indusium), Aspi- dium (Fig. 125 2), Nephrolepis, Phegopteris, Polypodium (Fig. 125 , 2). 2. Aspleniaceae. Sorus der Länge nach seitlich am Nerven verlaufend: Asplenium (Fig. 125 r, s), Blechnum (Fig. 125 d, e), Woodwardia (Fig. 125 o, 9), Scolopendrium (Fig. 125 9). Es soll hier auf den Werth einer derartigen Gliederung nicht näher eingegangen werden. Wir fügen zur Erledigung des Zusammenhanges von Sorus und Nery nur noch hinzu, dass Prantl? weiterhin in Beziehung auf die sympodiale Ausbildung der Nerven bei den Hymenophyllaceen noch sori paratacti, sori epitacti und sori pantotacti unterscheidet. Sori paratacti entstehen, wenn der geförderte Gabelast des Nerven stets steril bleibt und die Scheinaxe fortsetzt, während der andere, geminderte sofort oder nach einer Gabelung mit einem Sorus abschliesst. Dieser Fall steht hier mit dem anadromen Nervenverlaufe (S. 516) in Verbindung. Endet umgekehrt der geförderte, die Scheinaxe bildende Nervenast mit einem gleichzeitig das Wachsthum desselben abschliessenden Sorus, so wird dieser als epitact be- zeichnet. Der Nervenverlauf ist dann ein katadromer und die untersten geminderten Nervenäste bringen niemals Sori hervor, sondern die Vermeh- rung dieser auf einem Blatte findet von oben herab statt, indem die dem Ende der Scheinaxe zunächst stehenden Seitenzweige fertil werden. Sori pantotacti endlich sind solche, welche auf jedem beliebigen Nerven zur Entwickelung kommen. Der Sorus der Farne steht entweder nackt und frei auf dem Blatte (Phegopteris, Polypodium, Alsophila, Osmunda, Aneimia u. s. w.), oder er wird von einer eigenthümlichen Hülle bedeckt oder eingeschlossen, die man als Schleier oder Indusium bezeichnet. Je nach seiner Stellung unter- scheidet man das Indusium laterale, wenn dasselbe dem fructificirenden Nerven mit einem Rande seitlich ansitzt und von dort her den ebenfalls seitlichen Fruchthaufen bedeckt (Asplenium, Fig. 125 r), oder das Indusium superum, wenn es dem Rücken des Nerven mit verhältnissmässig wenig umfangreicher Insertionsstelle als eine schild-, nieren- oder halbkreisförmige Schuppe aufsitzt, die den Sorus wie im vorigen Falle von oben verhüllt (Aspidium, Fig. 125 £, Fig. 143 a; Nephrolepis), oder das Indusium in- ferum, wenn es unter dem Sorus entspringt und diesen dann entweder von einer Seite her als muschelförmige Schuppe umfasst und bedeckt (Cystopteris, Fig. 125 f, g), oder ihn als einen Becher einschliesst (Cyathea, Fig. 142; Hymenophyllaceen, Fig. 141), dessen Rand oft mehr oder minder tief zer- schlitzt ist (Woodsia, Fig. 125 «, v). Das Extrem der letzten Schleierform wird bei der Gattung Diacalpe erreicht, bei welcher sich das unterständige Indusium über dem Sorus vollständig zu einem kugeligen Hautsacke schliesst, der mit der Reife des Fruchthaufens unregelmässig zerreisst. Die Entwickelung des Indusiums,? welche mit derjenigen des ' Prantl, Untersuchungen z. Morphologie d. Gefässkryptogamen I. 8.7. u. folg. 2 Burck, Over de ontwikkelingsgeschiedenis en den aard van het indusium der varens. 8° mit 2 Taf. Haarlem 1874. — Prantl, Verwandtschaftsverhältnisse (S. 523, Note 2) u. Untersuch. zur Morphol. (S. 498, Note 1). Filiees: Entwickelung des Indusiums. 525 ganzen Sorus Hand in Hand geht, ist am klarsten bei den Hymenophylla- ceen zu verfolgen, bei denen sie von Prantl an Trichomanes speciosum untersucht wurde. Bei der genannten Familie steht der Sorus am Blatt- rande (S. 523 und Fig. 141) auf einem oft sehr verlängerten, kopfi- gen, säulen- oder fadenförmigen, als Columella bezeichneten Receptacu- lum (der unmittelbaren Verlängerung des fertilen Nerven), umgeben vom becher- oder röhrenförmigen, am Saume häufig zweilippigen Schleier. - Die erste Anlage des Sorus auf dem Nervenende macht sich da- durch bemerkbar, dass die dasselbe einnehmenden Randzellen durch eine mit der Blattfläche parallele Wand getheilt werden (Fig. 126 A), ein Theilungsvorgang, der in den Rand- zellen steriler Nerven niemals ein- tritt. Auf diese Wand folgen als- bald zwei weitere mit ihr parallele Wände (Fig. 126 B), je eine ober- und unterseits. Dabei erscheinen alle diese Wände nicht nur in der- selben Reihenfolge, wie bei der Aus- bildung der sterilen Nerven in den tiefer gelegenen Zellen, sondern sie schliessen auch unmittelbar an die in den unteren Gliederzellen auf- tretenden Wände, welche die Son- derung des Nervengewebes in Rinde und Strang einleiten (S. 513). Mit der Dickenzunahme des Nervenendes folgen noch mehrere den ersten pa- rallele Theilungen (Fig. 126 C) und bald erheben sich auf diesem unge- fähr gleichzeitig das Receptaculum und beiderseits das Indusium (Fig. 126 D). Auf der Scheitelansicht (Fig. 126 E) lassen sich noch die ursprünglichen, neben einander lie- genden Zellreihen mit derselben Fig. 126. A—E. Entwiekelung des Indusiums von Leichtigkeit verfolgen. Das in ähn- Zridhomanes sueimum, mad Prantt. Veren 10 licher Weise wie der Blattrand durch heterodon, nach Burck; F 270-fach, @ 155-fach vergr. abwechselnd auftretende Quer- und E Scheitelansicht,, die a re Figuren im Längs- schnitte; © Indusium; r Receptaculum. Längswände wachsende Indusium bleibt stets einschichtig, vergrössert sich übrigens wahrscheinlich nicht nur durch Vermehrung der Randzellen, sondern auch durch zahlreiche inter- calare Theilungen. Das Vorwölben des Receptaculums wird ebenfalls da- 526 Filiees: Entwickelung des Indusiums. durch vermittelt, dass der Blattfläche parallele Längswände mit Querwänden wechseln. Sehr bald erfährt jedoch der Scheitel des Receptaculums keine Veränderung mehr, sondern es wird derselbe durch intercalares Wachsthum an der Basis emporgehoben, wobei das ganze Receptaculum auch an Dicke zunimmt, da durch tangentiale Theilungen aus den oberflächlichen Zellen stets Binnenzellen und neue Öberflächenzellen abgeschnitten werden, von denen letztere sich häufig wieder quer theilen. Die anatomische Differen- zirung im Receptaculum beginnt kurz nach Anlage der ersten Sporangien mit Auftreten eines Spiralgefässes in der Längsaxe, dem sich bald in nächster Nähe einige andere Spiralgefässe und zu äusserst Treppengefässe anschliessen, während die übrigen Zellen des Receptaculums in ihrer Beschaffenheit voll- kommen dem Cambiform der übrigen Stränge gleichen. Aus den ersten Theilungen bei Anlage des Sorus und aus dem fertigen anatomischen Baue folgert Prantl endlich, dass das Indusium hier geradezu als Fortsetzung der Rinde, das Receptaculum als Fortsetzung des Fibrovasalstranges aufzufassen ist, die oberflächliche, die Sporangien erzeugende Zellschicht des letzteren somit nicht mit der Epidermis des Nerven bei anderen Farnen verglichen werden kann, die Sporangien der Hymenophyllaceen daher keine Trichome (S. 529), sondern endogene Bildungen sind. Mit den Hymenophyllaceen stimmen (abgesehen von den durch den complieirteren Blattbau bedingten Differenzen) nach den bis jetzt vorliegen- den Untersuchungen in der Entwickelung des Sorus und Indusiums zunächst überein: Davallia, Microlepia, Cibotium und Dicksonia. Auch hier ist der Sorus randständig; das Indusium. ist zweiklappig und die eine Hälfte entspricht in ihrem Baue dem Blattrande, als welcher sie auch gewöhnlich bezeichnet wird, während die andere Hälfte mehr oder minder abweicht, aber bis auf den äussersten Rand mehrschichtig ist. Dennoch ist aber auch die blattartige Indusienklappe nicht der ursprüngliche Blattrand, sondern dem Charakter des Schleiers entsprechend eine seitliche Neubildung des- selben, da der ursprüngliche Blattrand sich wie bei den Hymenophyllaceen zum Receptaculum entwickelt, über und unter dem sich ein neuer Lappen bildet, die beide bei Dicksonia und Cibotium (nach Burck auch bei Micro- lepia) wie der übrige Blattrand durch schräge Theilung der Randzellen wachsen (vgl. S. 513). Davallia dagegen, die im fertigen Zustande von den drei letztgenannten Gattungen wenig abweicht, unterscheidet sich nach Prantl entwickelungsgeschichtlich wesentlich dadurch, dass der unterseitige Lappen des Indusiums durch Quertheilungen zu einer anfangs einschichtigen Lamelle sich ausbildet, die erst durch nachträgliche Theilungen an der Basis (nach meinen Untersuchungen an Dayallia pyxidata bis fast zum äussersten Rande) mehrschichtig wird. An die genannten Gattungen schliesst sich dann noch ein im Systeme sehr entfernt stehender Farn, die Pteris aquilina, an. Der sogenannte umgeschlagene Blattrand dieser Pflanze entwickelt sich auch seit- lich aus dem Blatte heraus, während andererseits ein noch viel kleinerer Lappen als zweites Indusium hervorsprosst. Der Unterschied gegenüber Davallia liegt nur darin, dass bei Pteris die Sori nicht mehr von einander isolirt sind, sondern in Folge einer Nervenanastomose seitlich zu einer con- tinuirlichen Reihe mit einander verschmelzen. Ferner würde hier die Gat- tung Lygodium zu erwähnen sein, bei welcher nach Prantl zunächst die Sporangien aus den Randzellen des Blattes entstehen. Erst später erhebt Filices: Entwickelung des Indusiums und der Sporangien. 5927 sich an der Basis jedes einzelnen Sporangiums ein Ringwall, der sich durch intercalares Wachsthum nach oben und innen vorschiebt und so die Bil- dung von Taschen veranlasst (Fig. 146), von denen jede einem Sorus von Triehomanes (S. 525) entspricht, in dem das Receptaculum durch ein ein- ziges terminales Sporangium ersetzt ist. Rücken, wie dies bei zahlreichen Gattungen (Asplenium, Aspidium, Ne- phrolepis, Oleandra, Cystopteris, Onoclea, Cyathea u. s. w.) der Fall ist, die Sori vom Rande fort, sprossen die Receptacula auf der Blattunterseite über dem Ende oder auf dem Rücken der Nerven hervor, so entwickelt sich der ursprüngliche Blattrand ungestört weiter und es bleibt zur Deckung des Sorus nur der unterseitige Indusiumlappen der vorigen Gattungen als einziges, eigentliches Indusium übrig, das charakteristisch fast immer auf der dem Blattrande gegenüberliegenden Seite des Receptaculums diesem ein- gefügt ist. Es ist ferner dieses unterseitige Indusium stets ein grössten- theils einschichtiges Triehomgebilde, das wie bei Asplenium mit dem Her- vorwölben einer einzigen, parallel dem Nerven verlaufenden Reihe von Zellen beginnt (Fig. 126 F), die sich durch entsprechende Theilung zu einer ein- schichtigen Zellenplatte (Fig. 126 G) über die Blattfläche hervorschiebt. Rückt ein solches Indusium allmählich um den grössten Theil des basalen Umfanges des freier sich erhebenden Receptaculums herum, so gelangen wir zu Formen wie Cystopteris und endlich zu solchen, wo es vollständig becher- förmig das Receptaculum umschliesst, wie bei Woodsia und Cyathea. An- dererseits rückt bei Aspidium, Nephrolepis, Didymochlaena u. s. w.) der Schleier auf den Scheitel des Receptaculums und wird dadurch zur kurz gestielten, schild- oder nierenförmigen Schuppe (Fig. 127 A), etc. In allen Fällen ist von diesem echten Indusium (indusium verum), welches immer eine Neubildung des Blattes ist, das falsche Indusium (indusium spurium) zu unterscheiden, welches durch den über den Sorus umgeschlagenen Blattrand gebildet wird (Cheilanthes, Allosorus, Adiantum, Ceratopteris, die meisten Pteris-Arten etc... Hier geht das echte Indusium ganz verloren, der Sorus entsteht seitlich neben dem Blattrande, häufig im Winkel desselben, bei Adiantum sogar auf dem umgeschlagenen Theile selbst (Fig. 125 a, b), und das Receptaculum wird oft immer mehr redueirt oder verschwindet gar als über die Blattfläche vortretendes Gewebepolster. Da- bei kann in manchen Fällen der äusserste Theil des umgeschlagenen Blatt- randes durch seine einschichtige, trichomartige Ausbildung an das echte In- dusium erinnern (Adiantum). Die Entwickelung der Sporangien! beginnt bei Ceratopteris, wie bei manchen anderen Farnen, schon zu einer Zeit, wo das fertile Blatt sich noch im Knospenzustande befindet. Bei genannter Gattung (vgl. S. 523) ist sie nach Kny ferner eine vorwiegend acropetale, so dass man unter der ! Reess, Zur Entwickelungsgeschichte des Polypodiaceen-Sporangiums. Jahrb. f. wissensch. Bot. V. S. 217. Taf. 20—22 (ältere Literatur hier angegeben). — Reess, Bemerkungen zu vorstehendem Aufsatze. Bot. Zeit. 1867. S.198. — Tehi- stiakoff, Materiaux pour servir & l’histoire de la cellule vegetale. Nuovo Giorn. bot. ital. VI. 70. Taf. 1. — Tehistiakoff, Beiträge z. Physiologie der Pflanzen- zelle. Bot. Zeit. 1875. S. 1. — Russow, Einige Bemerkungen zu vorigem Auf- satze. Ebenda S. 329. — Fischer v. Waldheim, Ueber die Entwickelung der Farnsporen. Jahrb. f. wissensch. Bot. IV. 349. Taf. 24—37. 528 Filices: Entwickelung der Sporangien. Y\ SL EDER 7 i DSL WAT TOOL > ; SAY RTL U N N =, = _ DB u ae I NY ae 7 ER Ss \\ RR \ or | Es ; x) IN X Fig. 127. A Querschnitt durch eine Fieder mit Sorus von Aspidium Filix mas Sw.; der Zelleninhalt wurde nur theilweise angedeutet. Vgr. ca. 100. B—J Entwickelung des Sporangiums von Aspidium trifoliatum. Vergr. 350. K Junges Sporangium von Nephrolepis exaltata, in der Anlegung des Ringes begriffen. Vergr. 350 (nach Reess). 2 Halbreifes Sporangium von Blechnum oceidentale, vom Rücken gesehen. Vergr. 350 (nach Reess). M In der Ausbildung der Sporen begriffenes und N reifes und ent- leertes Sporangium von Aspidium Filix mas. Vergr. ca. 120. O0 Gruppe von Sporenmutterzellen. Vergr. 350. P—R Einzelne Sporenmutterzellen in verschiedenen Theilungsstadien. Vergr. 425. S, T Junge Tetraden bilateraler Sporen von Aspidium Filix mas. U Reife Spore von Aspidium Filix mas Vergr. 500. V Tetrade radiärer Sporen. c Centralzelle, = innere Wandzellen, « Wandzellen, « Ring, st Stomium, d Drüsenhaar des Sporangiums. r Receptaculum. z Indusium des Sorus. Filices: Entwickelung der Sporangien. 529 fortwachsenden Fiederspitze die jüngsten Zustände findet; doch kommen auch zwischen den weiter vorgeschrittenen später neue Anlagen zum Vor- schein. Bei den Hymenophyllaceen entstehen die Sporangien an dem lang- gestreckten Receptaculum in basipetaler Folge, die nach Prantl auch bei allen anderen Farnen mit erhabenen Receptaculis die gesetzliche ist. Die Mehrzahl der Polypodiaceen, die hier zuerst kurz betrachtet werden mögen, zeigt die Zellen der Receptaculumoberfläche noch in Thei- lung begriffen, wenn die übrigen Epidermiszellen diese bereits eingestellt haben. Als Sporangiumanlage wölbt eine Oberhautzelle des Receptaculums ihre Aussenwand blasig empor, eine horizontale Querwand gliedert die Aus- stülpung von der Mutterzelle ab und eine zweite parallele Querwand (Basal- wand) zerlegt sie in die scheibenförmige Mutterzelle des künftigen Sporan- giumstieles und die ziemlich halbkugelige Mutterzelle der Sporenkapsel. Das Sporangium ist also seinem morphologischen Werthe nach Trichom. Während die Stielzelle in die Höhe wächst, sich durch eine Reihe von Querwänden theilt und dann durch in den einzelnen Etagen auftretende Längswände die zwei oder drei Zellenreihen des definitiven Stieles entstehen lässt, erscheint in der oberen Zelle eine schiefe, mit der Basalwand einen Winkel von etwa 60° bildende Wand (Fig. 127 B, 2). Dieser setzt sich unter gleichem Neigungswinkel und ein zweites Drittel des Umfanges ab- schneidend, eine zweite Wand an (Fig. 127 C, 2; in E die beiden Wände in der Scheitelansicht) und zwischen beide in gleicher Weise eine dritte (Fig. 127 F, 3 in der Scheitelansicht), so dass jetzt drei basale Wandzellen eine kugeltetraödrische Scheitelzelle an ihrer Basis umgeben. Letztere wird nun durch eine dem Scheitel parallel verlaufende Wand (Fig. 127 D, in eine die Sporangiumwand vervollständigende Zelle und eine tetraödrische Centralzelle (Fig. 127 D, e) zerlegt und damit das Sporangium in seinen Haupttheilen hergestellt. In den ersten vier Wandzellen erfolgen nun, wäh- rend das ganze Sporangium langsam wächst, weitere Theilungen durch Ra- dialwände (Fig. 127 G und K), die sich in einer von der Ansatzstelle des Stieles aus genau vertical über den Scheitel verlaufenden Zellenreihe (Fig. 127 K, a) in Form zahlreicher unter sich parallel und senkrecht zur Mittel- linie dieser Reihe verlaufender Wände wiederholen. Durch letztere wird ein das Sporangium in zwei gleiche Längshälften theilender Zellengürtel erzeugt (Fig. 127 K und L, a; W), dessen auf dem Rücken und Scheitel bis zu etwa einem Drittel der Bauchseite hinab liegende Zellen sich mehr oder weniger über die Sporangiumfläche vorwölben und Seiten- und Innen- wände stark verdicken und später goldgelb bis dunkelbraun färben (Fig. 127 N und M, a). Er bildet den Ring (annulus, gyrus) des Sporangiums und geht auf der Bauchseite des letzteren in die allmählich breiter werdenden und dann nach dem Stiele hin sich wieder verschmälernden, niedrigen, ver- hältnissmässig dünnwandigen Zellen des Mundes (stomium — Fig. 127 M und N, st) über. Die übrigen, gewöhnlich nur in geringer Zahl vorhandenen, dünnwandigen Zellen der Sporangium-Seitenwände besitzen bald gerade (Fig. 127 M und N), bald wellig gebogene Seitenwände. Neben den Zelltheilungen in der Sporangiumwand finden aber auch solche in der ursprünglichen Centralzelle statt. Zunächst treten in gleicher Weise und Reihenfolge, wie in der Sporenkapselanlage, vier Wände auf, welche von der Centralzelle vier innere Wandzellen oder sogenannte Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 34 530 Filices: Entwickelung der Sporangien. Mantelzellen abschneiden (Fig. 127 H, :w), die sich durch Radialwände weiter theilen und bei manchen Polypodiaceen durch eine Tangentialwand zweischichtig werden (Fig. 127 J, @w). Diese Mantelzellen werden später wieder resorbirt und zur Ernährung der jungen Sporen verbraucht, so dass die eigentliche Sporangiumwand immer einschichtig bleibt. Der Rest der plasmareichen Centralzelle (Fig. 127 H, e) ist die Urmutterzelle der Sporen. Dieselbe zerfällt durch wiederholte, nicht immer ganz regelmässige Zwei- theilung (Fig. 127 J, e) in meist 16 Sporenmutterzellen, seltener in 12 (Aspidium Filix mas) oder 8 (Pteris cretica) oder noch weniger. Da die Resorption der Mantelzellen ziemlich früh erfolgt, so schwimmt bald der ganze, sich abrundende Ballen der Sporenmutterzellen (Fig. 127 O) frei im Sporangium, umgeben vom Protoplasma der aufgelösten Mantelzellen, das von Fischer v. Waldheim als Epiplasma, von Tchistiakoff als Pseudoepiplasma bezeichnet wird und nicht mit dem auf $. 76 und 133 erwähnten Epiplasma De Bary’s verwechselt werden darf. Mit dem Eintritt weiterer Verände- rungen in den Sporenmutterzellen trennen sich diese unter Abrundung von einander. Sie lassen dann eine zarte Membran und im Protoplasma einen grossen, excentrisch gelegenen, fein granulirten Kern erkennen, der von dem übrigen Plasma durch einen hellen Hof getrennt ist (Fig. 127 P). Die eigentliche Sporenbildung verläuft nun nach zwei Haupttypen.* In dem einen Falle verschwindet der Zellkern bald und es treten zwei secundäre Kerne auf, zwischen denen im Plasma eine trennende Körnerplatte sichtbar wird (Fig. 127 Q), in deren Mittellinie die erste, die Mutterzelle in zwei halbkugelige Tochterzellen theilende Wand erscheint. In jeder Tochterzelle werden abermals zwei neue Kerne gebildet, zwischen denen eine Theilung in Kugelquadranten erfolgt. Treffen bei dieser die zweiten Wände aufein- ander, so liegen die Längsaxen der vier jetzt als Specialmutterzellen be- zeichneten Zellen und auch die späteren Sporen parallel (Fig. 127 S). Fallen dagegen bei der zweiten Theilung die neugebildeten Wände in zwei ein- ander rechtwickelig schneidende Ebenen (Fig. 127 R, in welcher die Wand der rechten Hälfte in der Papierfläche liegt), so liegen die Specialmutter- zellen- und Sporenpaare gekreuzt (Fig. 127 T). Die Sporen selbst entstehen in den Specialmutterzellen erst dadurch, dass sich der Plasmainhalt der letzteren mit einer neuen, anfänglich zarten Zellhaut umgiebt, die während der nun noch erfolgenden beträchtlichen Grössenzunahme der Sporen all- mählich in die Dicke wächst und sich dabei in Endo- und Exosporium differenzirt, von denen das letztere meistens verschieden gestaltete locale Verdickungen erhält (Fig. 127 U, bei der sie in Form zahlreicher flügel- artiger Leisten vorhanden sind). In Folge ihrer gegenseitigen Lagerung in der Mutterzelle sind ferner die Sporen des eben besprochenen Typus bila- terale Sporen von nieren- oder bohnenförmiger Gestalt; die der Berüh- rungsstelle in der Mutterzelle entsprechende Bauchseite ist mehr oder min- der concay und mit einer Längsleiste versehen, in welcher bei der Keimung das Aufreissen des Exospors mit einer einzigen Längsspalte erfolgt. Bei dem zweiten Typus der Sporenentwickelung treten in der Mutter- zelle an Stelle des einen Kernes auch zunächst zwei, dann vier neue Kerne 5 ' Die speciellen Vorgänge mögen in den citirten Abhandlungen, sowie in Strasburger’s Zellbildung und Zelltheilung (2. Aufl. Jena 1876) nachgesehen werden. Filiees: Entwiekelung der Sporangien. 531 auf, die sich nach den Ecken eines Tetraöders lagern. Dann erscheinen zwischen den Kernen sechs Körnerplatten, jede von der Form eines Kreis- sectors, und theilen die Mutterzelle in vier Kugeltetraöder, die auch nach erfolgter Ausbildung der vier simultan angelegten Specialmutterzellen Lage- rung und Form beibehalten. Die Sporen bilden sich aus dem Plasma der Specialmutterzellen in der oben angegebenen Weise, sind aber kugelte- traödrische oder radiäre Sporen mit drei ihrer Lagerung entsprechen- den, mehr oder minder scharf ausgeprägten Pyramidenflächen und stark ge- wölbter Grundfläche, deren Wölbung noch dadurch verstärkt wird, dass sich die Wände der Specialmutterzellen nach aussen am stärksten verdicken (Fig. 127 V). Auf den drei Kanten des Scheitels (der Pyramidenflächen) bildet sich je eine Verdickungsleiste aus (Fig. 127 V), so dass das Exospor bei der Keimung dreilappig aufreisst. Die beiden Sporenformen sind für die meisten Gattungen constant, in anderen wechselnd. So besitzen Aspi- dium, Asplenium, Nephrolepis, Polypodium, Phegopteris, Cystopteris, Woodsia, Onoclea u. a. bilaterale, Cyathea, Alsophila, Pteris, Adiantum, die Hymeno- phyllaceen u. s. w. radiäre Sporen, während sie z. B. bei Lindsaya nach den Arten verschieden sind. Während der endgültigen Ausbildung der Sporen quellen die Mem- branen der Specialmutterzellen allmählich und werden endlich gelöst und sammt dem sogenannten Pseudoepiplasma resorbirt, so dass die Sporen schliesslich trocken im Sporangium liegen. Letzteres öffnet sich jetzt da- durch, dass in Folge der Streckung des Ringes zwei der Stomiumzellen auseinander weichen (Fig. 127 N) und der so entstandene Riss sich ge- wöhnlich unregelmässig durch die Seitenwandzellen bis zum rückenläufigen Theile des Ringes fortsetzt. In Folge der verticalen Stellung des letzteren bei den Polypodiaceen liegt der Riss hier horizontal. Endlich mag noch erwähnt werden, dass einzelne Polypodiaceen auf den seitlichen Wandzellen des eigentlichen Sporangiums oder am Stiele (Fig. 127 M, d) Haare ent- wickeln. Abweichend vom Haupttypus der Polypodiaceen entwickelt sich nach Kny das auch sonst eigenthümlich gebaute Sporangium von Ceratopteris.! Seine MutterzeHe wölbt sich in Richtung des Fiederendes über die benach- barten Oberhautzellen hervor und theilt sich durch eine von oben und hinten nach vorne und unten steil geneigte Wand in eine hintere kleinere und vordere (d. h. dem Fiederende zugekehrte) grössere Zelle In der vorderen Zelle erfolgt nun ein ähnlicher Umlauf von drei Theilungen, wie bei den übrigen Polypodiaceen und auch hier in bald rechts-, bald links- läufiger Spirale; eine vierte Wand scheidet eine Deckenzelle von einer Centralzelle und letztere theilt sich in der oben beschriebenen Weise weiter. „In der ersten von der Mutterzelle in der Richtung der Basis des Fieder- chens abgetrennten Zelle tritt zunächst eine Wand auf, welche derjenigen, der sie ihren Ursprung verdankt, nahezu parallel gerichtet ist, sie also in zwei über einander liegende Zellen theilt. In gleicher Weise theilen sich auch die drei nach der ersten in seitlichen Richtungen von der Mutterzelle ab- getrennten Zellen des ersten Cyelus, jedoch mit der Maassgabe, dass die obere ihrer beiden Tochterzellen höher, als die untere ist und der gleiche 1.8. 498, Note 1. 34* 532 Filices: Entwickelung der Sporangien. Prothallium. Theilungsprocess in derjenigen, welche dem zweiten Segmente der Sporan- gium-Mutterzelle, also dem ersten Segmente des ersten Theilungs-Cyelus an- gehört, sich noch einmal wiederholt, wobei die obere Zelle wieder die höhere ist. Die auf solche Weise gebildeten 2—3 Stockwerke niederer Zellen am Grunde des Sporangiums stellen in ihrer Gesammtheit einen kurzen Stiel dar.“ Aus den oberen Zellen der drei seitlichen Segmente zusammen mit der ganzen Deckelzelle geht die Sporangiumwand hervor. Die Sporangienentwickelung der Cyatheaceen fand Russow wie bei den Polypodiaceen; nur konnte nicht constatirt werden, ob die erste in der papillenartigen Anlage auftretende Wand geneigt oder rechtwinkelig zur Längsaxe der Zelle verläuft. Die Familie unterscheidet sich von den Poly- podiaceen überhaupt nur durch den schief gestellten Ring des kurz ge- stielten oder sitzenden Sporangiums, und dies Merkmal soll nach neueren Angaben von Bommer (vgl. Cyatheaceen) nicht einmal constant sein. Bei den Hymenophyllaceen tritt nach Prantl die erste Wand in der Sporan- gium-Mutterzelle ähnlich wie bei Ceratopteris sehr schräg auf. An sie schliessen in links- oder rechtsläufiger Spirale zwei weitere schiefe Wände, welche den ersten Cyclus vollenden. Dann entsteht eine vierte schiefe Wand parallel der ersten und jetzt erst wird durch eine fünfte die Decken- zelle von der Centralzelle abgegliedert. Die übrigen Theilungen verlaufen denen des Polypodiaceen-Sporangiums analog. Die Sporangien der Schi- zaeaceen zeigen in ihrem Baue (Fig. 146) wie in der Entwickelung manche Abweichung; gleich bei der Anlage macht sich am Blatte die Eigenthüm- lichkeit geltend, dass sich die Zellen der äussersten Lage des fertilen Blatt- theiles noch längere Zeit theilen, was bei den Polypodiaceen nicht der Fall ist (S. 529). Bei Aneimia entstehen sie in acropetaler Folge aus Rand- zellen, die als die Enden von Seitenlacinien aufgefasst werden müssen (vgl. S. 523), durch geneigte Wände wie alle mit Centralzelle versehenen Sporangien. Ihre Wandzellen sind verhältnissmässig klein und häufig sechs- seitig-tafelförmig; der Ring, ist ein horizontal turbanartig um den engen, kleinzelligen Scheitel verlaufender und das Aufreissen erfolgt von hier aus vertical (Fig. 146 B); die Zahl der Sporenmutterzellen beträgt 32. Die Os- mundaceen zeichnen sich durch ähnlichen Wandbau aus, nar ist der Ring ganz rudimentär (Fig. 147) und die Sporenmutterzellen werden in noch srösserer Anzahl (nach Russow bis 128) gebildet. Zwischen den. Sporangien werden in zahlreichen Fällen noch ver- schieden gestaltete, gegliederte Haare entwickelt, welche man als Para- physen bezeichnet und die sich bei ihrem ersten Sichtbarwerden von den jüngsten Sporangienanlagen nicht, später aber durch ganz andere Differen- zirung bedeutend unterscheiden. Aus der keimenden Spore geht bei den Farnen das die Geschlechts- organe tragende Prothallium hervor.! Die Zeit, nach welcher die Keimung t Leszezyc-Suminski, Zur Entwickelungsgeschichte der Farnkräuter. 4° mit 6 Taf. Berlin 1848. — Mercklin, Beobachtungen am Prothallium der Farn- kräuter. 4° mit 7 Taf. Petersburg 1850. — Wigand, Zur Entwickelungsgeschichte der Farnkräuter. Bot. Zeit. 1849. S.17. Taf. 1 und dessen „Botanische Untersuch- ungen“ S. 36 (Braunschweig 1854). — Schacht, Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Farnkräuter. Linnaea XXII. 753. Taf. 5. — Kny, Entwickelungsgeschichte des Vorkeimes der Polypodiaceen und Schizaeaceen. Sitzungsber. d. Gesellsch. naturf. Filices: Prothalium der Polypodiaceen. 533 nach der Ausstreuung der Sporen beginnen kann, ist verschieden: eine sehr kurze (nur wenige, oft 2—3 Tage) bei solchen Sporen, deren Protoplasma schon bei der Reife Chlorophyll enthält (Osmundaceen), eine längere, oft viele Wochen dauernde bei chlorophylifreien Sporen, bei denen dann Chlo- rophylibildung der Keimung unmittelbar voraufgeht. In Betracht kommt dabei noch, ob den ausgestreuten Sporen sofort anhaltend Feuchtigkeit zu- geführt wird, oder nicht; vorsichtig getrocknete und trocken aufbewahrte chlorophyllfreie Sporen bewahren ihre Keimfähigkeit oft viele Jahre. — Die Entwickelung des Prothalliums soll hier zuerst an den am häufigsten unter- suchten typischen Polypodiaceen kurz dargestellt und dann der bei ein- zelnen Gattungen derselben und bei anderen Familien eintretenden Ab- weichungen gedacht werden. Die auf feuchtem Boden liegende Spore quillt gewöhnlich unter Wasser- aufnahme mehr oder minder stark auf, ehe das Endosporium das Exospor je nach der Sporenform in der auf S. 530 und 531 angegebenen Weise sprengt. Ersteres allein entwickelt sich hier, wie bei den Muscineen (8. 376), zum Prothallium, dem das Exosporium kürzere oder längere Zeit anhängen bleibt. Es tritt, wie bei den nächstverwandten Cyatheaceen, mit seinem dem Sporenscheitel zugewendeten Theile als eine dicke, stumpfe Papille zum Exo- sporrisse heraus (Fig. 128 «) und sammelt, indem es sich zum Schlauche ver- längert, in seinem Ende die Hauptmasse des Plasmas sammt dem Zellenkerne an. Letzterer ist oft ganz von Chlorophylikörnern eingehüllt und von ihm aus strahlen gewöhnlich allseitig Chlorophylikörner führende Plasmastränge nach der Wand aus (Fig. 128 a). Hat der Prothalliumschlauch eine ge- wisse Länge erreicht, so theilt er sich durch eine Querwand in eine erste Gliederzelle, die sich meistens nicht weiter theilt, und eine als Scheitelzelle funetionirende, wiederholt durch weitere Querwände neue Gliederzellen ab- schneidende Endzelle (Fig. 128 5). So entsteht ein fadenförmiges, aus einer Zellenreihe bestehendes Prothallium, dessen Länge bei dichter Aussaat der Sporen oder bei Keimung derselben im mit ausgesäeten Sporangium sehr beträchtlich werden kann. Ein erstes Rhizoid oder Wurzelhaar tritt dabei bald schon als seitliche, schwache, wenig oder kein Chlorophyll führende, Freunde zu Berlin 1868. — Kny, Ueber den Bau und die Entwickelung des Farn- Antheridiums. Monatsber. d. Berliner Akad. 1869, mit Taf. — Kny, Die Ent- wickelung der Parkeriaceen. Nova Acta XXXVII. — Kny, Beiträge zur Ent- wickelungsgeschichte der Farnkräuter. 1. Osmunda regalis. Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. VIH. 1. Taf. 1—3. — Luerssen, Zur Keimungsgeschichte der Osmundaceen, vorzüglich der Gattung Todea. Mittheil. a. d. Gesammtgeb. d. Botanik v. Schenk u. Luerssen I. 460. Taf. 23, 24. — Pedersen, Beitrag zur Entwickelungsgeschichte des Vorkeimes der Polypodiaceen. Ebenda I. 130. Taf. 8. — Strasburger, Die Befruchtung bei den Farnkräutern. Me&moires de l’acad. imp. d. science. de St. Petersbourg, ser. 7. vol. XIl, und Jahrb. f. wissensch. Bot. VII. 390. Taf. 25, 26. — Bauke, Beiträge zur Keimungsgeschichte der Schizaeaceen. Jahrb. f. wissen- schaftl. Bot. XI. — Burck, Sur le developpement du prothalle des Aneimia. Archives N6erlandaises X. — Bauke, Entwickelungsgeschichte des Prothalliums bei den Cyatheaceen. Jahrb. f. wissensch. Bot. X. 49. Taf. 6-10. — Goebel, Entwickelungsgeschichte des Prothalliums von Gymnogramme leptophylla. Bot. Zeit. 1877. S. 671. Taf. 12. — Janczewski et Rostafinski, Note sur le pro- thalle de ’Hymenophyllum Tunbridgense. Möm. de la soc. nation. de sc. natur. de Cherbourg, XIX. — Prantl, Hymenophyllaceae 8. 41. — Die ältere und zer- streute Literatur ist in den eitirten Abhandlungen angegeben. 534 Filices: Prothallium der Polypodiaceen. sich rasch schlauchförmig verlängernde Ausstülpung an der Basis der ersten Gliederzelle oder sogar des noch ungetheilten Prothalliums auf (Fig. 128 a, b), oder dasselbe erscheint erst (und dann häufig aus einer vorderen Glie- derzelle) nach längerem Wachsthume des Vorkeimes oder selbst erst dann, nachdem bereits Längstheilungen in ihm stattgefunden haben. Sehr bald tritt nämlich in der sich ver- breiternden Endzelle des fadenförmi- gen Prothal- liums eine diese halbi- rende Längs- wand auf, manchmal eine solche auch in der anstossen- den Glieder- zelle, so dass durch sie das Prothallium- ende in eine Zellenfläche übergeführt wird. Die beiden vor- deren Zellen theilen sich nun durch abwechselnd auftretende Quer- und Längswände weiter (Fig. 128 ec), oder eine dieser Zellen wird zu einer zwei- schneidigen Fig. 1285. a und b Junge Prothallien von Dicksonia antaretica (Vergr. 240). Seheitelzell ec Jüngeres und d älteres Prothallium von Aspidium Filix mas (Vergr. 120). Bei r = e, allen hängt das Exospor dem Hinterende des Vorkeimes noch an. ı oder eıne ; solche bildet sich dadurch, dass gleich in der ursprünglichen Endzelle oder in einer der späteren Zellen des Vorderrandes eine auf das Substrat senkrecht stehende, aber zur Längsaxe des Prothalliums schiefe Wand auftritt, der eine ent- gegengesetzt schiefe Wand folgt. In jedem Falle theilt sich die Scheitel- zelle dann durch abwechselnd rechts und links geneigte Wände (Fig. 129), (\\ NUN Filices: Prothallium der Polypodiaceen. 535 hat aber begrenzte Dauer, indem sie nach einer Reihe von Theilungen durch eine dem Vorderrande parallele Wand in eine von der Fläche gesehen drei- seitige Flächenzelle und eine vierseitige gewöhnliche Marginalzelle zerfällt, die wie die übrigen Marginalzellen durch eine Tangentialwand eine neue Flächenzelle abschneidet und darauf durch eine Radialwand zwei neue Mar- ginalzellen höheren Grades erzeugt, die denselben Theilungsmodus fortsetzen, während die Theilungen der Flächenzellen unregelmässig erfolgen. Bis dahin ist die kleine Prothalliumfläche noch spatel- oder zungen- förmig. Durch stärkeres Wachsthum der an beiden Seiten des Vorderrandes gelegenen, später auch ihre regelmässigen Theilungen aufgebenden und wie die Flächenzellen allmählich in Dauerzellen übergehenden Randzellen in Richtung der Prothalliumfläche, sowie durch gleiches Verhalten der angrenzen- den Flächenzellen, wird der mittlere Theil des Vorderrandes nach und nach in eine herzförmige Einbuchtung ver- senkt, in welcher die das weitere Wachs- thum vermittelnden Marginalzellen liegen _ (Fig. 128 d). Es treten ferner um diese Zeit oder später in den Zellen einer schmäleren oder breiteren, der Längsaxe entsprechenden Zone wiederholt Thei- lungen parallel der Prothalliumfläche ein, die in den weiter aussen gelegenen Zellen unterbleiben und schon eine kurze Strecke hinter der vorderen Einbuch- tung beginnen. Dadurch wird der mitt- lere Längsstreifen des Prothalliums in ein Gewebepolster umgewandelt, das oft N mittelrippenartig auf der Unterseite vor- springt, auf der Oberseite häufig durch eine leicht muldenförmige Vertiefung angedeutet ist und rechts und links ı \e # 11° . NE NO: Fig. 129. Aspidium Filix mas Sw. Vordere allmählich in die beiden so abgegrenzten, yiifte eines schr jungen Vorkeimes mit Schei- fast durchweg einschichtig bleibenden telzelle. Vergr. 240. Flügel des Vorkeimes übergeht. Auf der Unterseite dieses Gewebes entspringen später vorzugsweise die oft dicht filzig beisammen stehenden Rhizoiden, die wie die ersten einzellige, selten verzweigte, anfangs farblose und zartwandige, im Alter dicker- und braun- wandige Schläuche sind, welche das Prothallium am Boden befestigen. Auf dem vorderen Theile der Unterseite dieses Gewebepolsters entstehen ferner die Archegonien, während die Antheridien sich auch auf der Unterfläche der einschichtigen Prothalliumflügel oder selbst an deren Rändern entwickeln können und häufig nur den hinteren Theil des Prothalliums einnehmen (Fig. 130). In seiner definitiven Grösse wechselt das letztere bis zu einem Centimeter Durchmesser und wenig darüber; immer aber bleibt es zart, saftig grün und gegen Trockenheit äusserst empfindlich. Abweichungen von dem bis jetzt beschriebenen Baue des Prothalliums kommen nun schon innerhalb der Familie der Polypodiaceen nicht selten 536 Filices: Prothallium der Polypodiaceen. und häufig bei den Aussaaten einer und derselben Art vor. Eine der ge- wöhnlichsten ist die, dass bei sehr dichter Aussaat der Sporen die dicht gedrängt und oft.senkrecht empor wachsenden, also in Raum und Licht be- schränkten, zugleich aus dem durch sie geschützten Boden viel Wasser Fig. 130. Vorkeim eines Farnkrautes mit Antheridien und Archegonien. Stark vergrössert und von der Unterseite gesehen. empfangenden Prothallien eine lange Zeit hindurch fadenförmig bleiben und sich in diesem Zustande häufig verästeln, indem eine Gliederzelle- eine seit- liche, zu einem Faden heranwachsende Ausstülpung treibt. Oft tritt sogar eine solche Verzweigung bereits beim Hervortreten des Endospors aus dem Exosporium ein. Auf Wasser zur Keimung gebrachte Sporen zeigen die- selben Erscheinungen. Eine andere Abweichung von der Normalform be- Filices: Prothallium verschiedener Familien. 537 steht darin, dass sich in ähnlicher Weise, wie die eben erwähnten Zweige junger, an älteren Prothallien aus bereits in den Dauerzustand überge- gangenen Zellen des Randes oder auch der Fläche Adventivsprosse bilden und später, wie die erwähnten Zweige auch, als selbständige Vorkeime ablösen können. Weiterhin ist Ceratopteris dadurch bemerkenswerth, dass ein bis zwei seitliche Haarwurzeln aus dem klaffenden Risse des Exospors bereits hervortreten, ehe sich das Endospor am Scheitel in Form eines conischen Wärzchens als Andeutung des späteren Prothalliums erhebt; dass die ersten Theilungen des letzteren durch mehrere Querwände noch innerhalb des Exospors erfolgen und dass diese Gliederzellen sich sofort durch mehrere Längswände theilen, während sich auch hier am Scheitel der Regel nach eine zweischneidige Scheitelzelle constituirt. Auch Adventivsprosse werden am Prothallium von Ceratopteris entwickelt. Die unter Wasser wachsenden Prothallien dieses Sumpffarn sind ferner schmächtiger und auch weniger reich mit Sexualorganen ausgestattet, als die Landprothallien. Als ein letztes auf- fallendes Beispiel abweichender Prothalliumbildung bei Polypodiaceen mag noch Gymnogramme leptophylla erwähnt werden. Bei ihr behält das zu keiner Zeit eine Scheitelzelle zeigende Prothallium gestreckt-spatelför- mige Gestalt, erzeugt aber in der Nähe seines Vorderrandes normale Seiten- sprosse, indem in Folge eines gesteigerten Wachsthumes eine Gruppe von Randzellen unter lebhafter Theilung als halbkreisförmiger Lappen vortritt, dessen Flächenzellen sich ebenfalls häufig theilen und erst nach namhafter Streckung sich in Dauerzellen umwandeln. Das unverzweigte Prothallium kann in diesem Falle als primäre Axe bezeichnet werden. Tritt ein Seiten- spross nur auf einer Seite des Randes auf, so wird die weitere Verzweigung aus diesem eine Schraubel, da jeder neue Spross aus dem anderen nur aus der von der primären Axe abgewendeten Seite hervortritt. Werden dagegen zwei Sprosse angelegt, je einer rechts und einer links vom Scheitel des Prothalliums, so ist die Verzweigung dichasial, geht dann in den weiteren Auszweigungen aber gewöhnlich in eine schraubelige über. Ausser diesen normalen Seitensprossen erzeugt das Prothallium auch rand- und flächen- bürtige Adventivsprosse, von denen letztere sich zu einem knollenförmigen Zellenkörper gestalten, der mit schmaler Basis dem Prothallium aufsitzt. Die Prothallien der Cyatheaceen (Fig. 128, a, 5) schliessen sich den- jenigen der Polypodiaceen in der ganzen Entwickelung eng an, dagegen weichen die der Osmundaceen in mancher Beziehung ab. Die nach dem Aufreissen des Exospors aus dem dreilappigen Scheitel hervortretende Endo- sporpapille bleibt schlank und wird sofort nach ihrem Sichtbarwerden durch eine Querwand als erste, lang schlauchförmig sich verlängernde Haarwurzel abgetrennt, während die grössere, hintere, vorläufig noch vom Exosporium umhüllte Zelle zum Prothallium wird. In diesem führen gewöhnlich schon die ersten beiden Theilungen zur Zellenfläche mit vier quadrantisch ge- legenen Zellen, oft sogar zum Zellenkörper, wenn bereits die ersten Wände in sich kreuzenden Ebenen auftreten. Die weiteren Wachsthumsverhältnisse sind denen der Polypodiaceenprothallien analog, das Gewebepolster tritt aber schärfer hervor und das ganze Prothallium ist gewöhnlich länger, fast bandartig gestreckt. Die ersten Keimungsstadien der radiären Sporen der Schizaeaceen verlaufen ähnlich denen der Polypodiaceen. Später werden jedoch auffallende Unterschiede bemerkbar. Nach den die Angaben von Burck 538 Filices: Prothallium der Schizaeaceen und Hymenophyllaceen. corrigirenden Untersuchungen Bauke’s theilt sich zunächst in der Regel eine Anzahl von Gliederzellen gleichzeitig mit der Endzelle oder früher als diese durch Längswände. Die Endzelle selbst theilt sich in zwei mehr oder minder ungleiche Längshälften, von denen die eine zu einem sich durch Marginal- wachsthum vergrössernden Zellencomplex wird, die andere sich für kurze Zeit als Scheitelzelle verhält oder sich sofort durch mehrere parallele, zur Halbirungswand der Endzelle senkrechte Querwände theilt. In jedem Falle geht aus der untersten späteren Zelle der betreffenden Längshälfte der Endzelle eine charakteristisch gestaltete Marginalzelle hervor, welche in der Richtung parallel zum Rande des Prothalliums in die Länge wächst und sich von Zeit zu Zeit durch Querwände gliedert; sie ist also die Scheitel- zelle einer seitlichen Zellenreihe, aus der sich später das Gewebepolster entwickelt, indem dieselbe durch pericline und anticline Wände mehrreihig und darauf durch der Pro- thalliumfläche parallele Wände mehrschichtig wird. Das die Geschlechtsorgane und vor- zugsweise auch die Haar- wurzeln tragende Gewebe- polster liegt also bei den Schizaeaceen an der einen Kante, die durch länger an- dauerndes Wachsthum der gegenüber liegenden Hälfte zur concaven des im Allge- meinen mehr oder weniger ausgeprägt nierenförmigen Prothalliums wird. Was endlich die Hy- menophyllaceen betrifft, so zeigen sie von den bis jetzt Fig. 131. Hymenophyllum eiliatum Sw. A Keimende Spore, bekannten Farnkeimlingen die ne a che ie dc grössten Abweichungen, Bo Spore entsprechenden Stelle); Vergr. 120. IHymenophyllum treten die ersten Theilungen schon inner- halb der noch geschlossenen Spore und häufig noch innerhalb des Sporan- giums auf, eine Thatsache, welche in auffallender Weise an das Verhalten mancher Moose, besonders Lebermoose (S. 382, 411), erinnert. Wir finden das Endospor als das künftige Prothallium durch drei unter den Scheitel- kanten liegende, in der Längsaxe der Spore zusammenstossende Wände in drei Zellen getheilt, deren Längenwachsthum senkrecht zu den Scheitelflächen stattfindet. Nach Sprengung des Exospors (Fig. 131 A) entwickeln eine oder zwei dieser Zellen gewöhnlich ein durch Querwand abgegliedertes Rhizoid, und nur die eine erzeugt die eigentliche Prothalliumaxe (Fig. 131 B); oder es wachsen auch wohl zwei Zellen zu Vorkeimfäden aus (Fig. 131 C und D), von denen dann der eine meistens rudimentär bleibt. Das Pro- thallium ist auch hier zunächst ein langer, quergegliederter, stellenweise (Fig. 131 D) oft durch Längswände zweireihiger Faden, der häufig mehr an den Vorkeim der Muscineen, als an den der übrigen Farne erinnert, Filices: Geschleehtsorgane. Antheridien. 539 der sich verzweigen kann, schliesslich aber an seinem Ende in eine ein- schichtig bleibende Zellenfläche ohne Scheitelzelle sich umwandelt, deren dickere Zellmembranen in den Seitenwänden sogar getüpfelt sind und die aus Randzellen der Vermehrung dienende Adventivsprosse entwickelt. Bei Trichomanes reniforme, T. ampliatum und T. crispum erfolgt nach Mettenius die Keimung wie bei Hymenophyllum; bei den übrigen untersuchten Arten dagegen treten die die drei ursprünglichen Endosporpapillen abtrennenden Wände so spät auf, dass dieselben einander nicht mehr treffen, ausser den drei ausstrahlenden Fäden auch eine im Centrum dieser Strahlen liegende Zelle an den Keimlingen vorhanden ist. Die Prothallien der Farne zeigen sehr häufig Neigung zum Dioecismus (Osmundaceen, Ceratopteris, Cyatheaceen). Manchmal werden sogar neben monöcischen Prothallien auch ausschliesslich Antheridien tragende entwickelt, während in anderen Fällen die Archegonien noch nachträglich und spärlich an einem Prothallium erscheinen, das bis dahin nur Antheridien trug; da letztere dann um diese Zeit häufig bereits entleert sind, müssen die Arche- gonien von den Antheridien jüngerer Prothallien befruchtet werden. Die Entwickelung der Antheridien geht derjenigen der Archegonien vorauf. Sie tritt oft schon an noch sehr jugendlichen Prothallien ein, in einzelnen Fällen sogar (terminal) an dem noch fädigen Vorkeime, wie z. B. bei Osmundaceen und Aspidium Filix mas, und bei letzterer Pflanze fand Cornu! ein Antheridium einige Male schon am zweizelligen Prothallium. Von den verschiedenen Entwickelungstypen können hier unter Hinweisung auf die S. 532 angegebene Literatur nur die wichtigsten erwähnt werden. Durch Einfachheit des Baues sind diejenigen von Aneimia ausgezeichnet. Sie sind, wie die aller Farne, metamorphosirte Trichome, ihrer ‘ersten An- lage nach also von den an manchen Prothallien auftretenden kurzen, einzel- ligen Haaren nur insofern verschieden, als sie mit breiterer Fläche diesen aufsitzen. Zunächst wölbt eine Prothalliumzelle ihre Aussenwand halbkugelig vor und grenzt die Ausstülpung als Mutterzelle des Antheridiums durch eine Querwand ab. Eine zweite, tief unten auftretende Querwand trennt ‘ eine flach scheibenförmige Stielzelle von dem übrigen Antheridium und dieser Wand setzt sich nun eine uhrglasförmige Wand so auf, dass eine halblinsenförmige Centralzelle von einer flach glockenförmigen Zelle ab- geschnitten wird. Diese letzteren beiden Zellen wölben sich jetzt gemein- schaftlich stärker nach aussen (Fig. 132 a und a‘) und dann erscheint in der glockenförmigen Zelle eine nach oben sich erweiternde, trichterförmige, si- multan sich bildende Scheidewand, welche sich der Innen- und Aussenwand in geschlossenem Kreise aufsetzt und eine kreisförmige Deckelzelle von einer hohleylindrischen Ringzelle abtrennt (Fig. 132 5 und 5). Central- und Ringzelle wachsen nun überwiegend in die Länge, weniger im Umfange. Während ferner die die Antheridienwand bildende Ring- und Deckelzelle sich nicht weiter theilen, zerfällt die Centralzelle durch wiederholte Zweitheilung in eine verhältnissmässig geringe Anzahl von Spermatozoiden-Mutterzellen, deren zarte Scheidewände wegen des dichten Plasmagehaltes der Üentral- zelle und des Chlorophylis der Antheridienwand oft erst nach Behandlung mit aufhellenden Reagentien sichtbar sind (Fig. 132 5 und ec, d’ und «‘). 1 Bull. de la soc. botan. de France XXI. 161. Filices: Antheridien. 540 Aehnlich wie bei Aneimia verhalten sich die Antheridien von Ceratopteris, nur Fig. 132. a—f Antheridien von Aneimia hirta (Vergr. 325) nach Kny: a sehr jung, mit Inhalt gezeichnet, «' dasselbe Antheridium nach Behandlung mit Kalilauge; b et- was älter, b’ dasselbe Antheridium nach Behandlung mit Kali; ce noch älteres Anthe- ridium mit Zelleninhalt und c‘ dasselbe mit Kalilauge behandelt; d Antheridium mit den Mutterzellen der Spermatozoiden; e geöffnetes Antheridium, in dessen Ringzelle links der Zellkern sichtbar ist -— die Spermatozoidenmutterzellen sind entleert; f ge- öffnetes und entleertes Antheridium von oben gesehen. g—i Antheridien von Os- munda regalis (Vergr. 240): g nach den ersten beiden Theilungen, A mit der Glocken- wand, 2 fertig und von aussen gesehen. k—n Antheridien von Asplenium alatum (Vergr. 325) nach Kny: %k sehr jung, Z und m ältere Entwickelungsstadien mit Weg- lassung des Inhaltes; » reifes Antheridium mit drei Ringzellen und den Mutterzellen der Spermatozoiden. Die Figuren a—ec, e, 9, h, 2 und »n sind im optischen Durch- schnitte gezeichnet. dass hier die erste trennende Wandmeist unsymme- trisch und stark ge- krümmt ist und sich einerseits an die freie Aussen- wand der Mutter- zelle, 'an- dererseits an eine der Seiten- wände an- setzt, so dass bei fehlender Stielzelle das Anthe- ridium nur wenig über die Prothal- liumfläche vorragt. In weiterer Folge schliessen sich dann die Ös- munda- ceen an. Hier treten jedoch in der durch eine Quer- wand von der Pro- thallium- zelle abge- schnittenen Mutterzelle des Antheridiums successive zunächst zwei diametral gegenüberstehende oder drei spiralig geordnete, sehr stark geneigte Wände auf, welche 2—3 flach Filices: Antheridien. Spermatozoiden. 541 keilförmige Stielzellen abtrennen (Fig. 132 g), ehe die glockenförmige Wand erscheint (Fig. 152 %). Ferner wird die äussere Glockenzelle der Osmun- daceen durch nahezu parallel senkrecht über den Scheitel verlaufende Wände in meist vier, selten mehr Zellen getheilt, deren Seitenwände durch un- gleiches Flächenwachsthum später wellig gebogen werden (Fig. 132 ©), oder die sich gar spiralig krümmen. Die Antheridien des Hymenophyllum Tunbridgense stimmen in ihrer äusseren Form mit denjenigen der Os- mundaceen überein. Wesentlich anders verläuft die Antheridienbildung bei Asplenium alatum und anderen Polypodiaceen. Die erste Wand in der halbkugeligen An- theridium-Mutterzelle besitzt die Form eines Trichters; sie setzt sich der ebenen Basalfläche mit einem engen, mit ihrer peripherischen Begrenzung concentrischen Kreise auf und erweitert sich nach oben, um sich etwa in der Mitte der kugelig gewölbten Aussenwand, ebenfalls in geschlossenem Kreise, anzulegen (Fig. 132 %). Die mittlere, trichterförmige Zelle wächst nun in ihrer oberen Hälfte nach aussen; sie wird dann durch eine uhr- glasförmige Wand, welche sich der erstentstandenen Trichterwand im oberen Theile allseitig aufsetzt, in eine Centralzelle und eine flach glockenförmige Aussenzelle getheilt und letztere theilt sich dann durch eine Ringwand wie bei Aneimia. Das Antheridium besteht also in diesem Zustande (Fig. 132 2) aus einer Centralzelle (der Mutterzelle der auch hier durch wiederholte Zweitheilung entstehenden Spermatozoiden-Mutterzellen — Fig. 132 m), zwei über einander stehenden Ringzellen und einer den Scheitel einnehmenden Deckelzelle. Die Cyatheaceen schliessen sich in der Form und Entstehung des Antheridiums den Polypodiaceen näher, als den übrigen Familien, an. Nach Bauke ist indessen die untere Ringzelle an einer Stelle stets von einer Membran quer durchschnitten, woraus derselbe folgert, dass hier die betreffende Zelle nicht durch eine simultan entstehende Trichterwand von der Antheridium-Mutterzelle abgeschnitten wird, sondern dass die Bildung der in Rede stehenden Wand von der seitlichen Ansatzstelle an der Aussen- wand aus allmählich im Kreise fortschreitend erfolgt, bis sie nahe an ihrem Ausgangspunkte sich selbst wieder trifft. In einzelnen Fällen setzen sich sogar beide Enden der Ringwand U-förmig an die Aussenwand, so dass eine Zwischenmembran fehlt. Eine weitere Abweichung zeigen die Oyatheaceen dagegen in dem Verhalten der Deckelzelle, die bei den Polypodiaceen ein- fach bleibt, hier jedoch durch eine senkrecht stehende, bogenförmige Wand in eine grössere halbmondförmige und kleine elliptische, an beiden Enden zugespitzte Zelle zerfällt, von denen letztere häufig noch einmal durch eine auf der letztentstandenen senkrechte Wand halbirt oder durch eine entgegengesetzt gebogene getheilt wird. Die in der Centralzelle entstehenden Mutterzellen der Spermatozoiden sind entsprechend ihrer Bildung durch wiederholte Zweitheilung anfänglich cubisch bis polyödrisch. Jede enthält zuerst, wie alle Zellen des Antheridiums, einen deutlichen Zellkern (Fig. 132 e), der aber bei Beginn der Abrundung verschwindet, so dass die Zelle von einem gleichmässig körnigen Plasma er- füllt ist (Fig. 132 d, n), in dem nun eine mittlere Vacuole auftritt. Jetzt wird der protoplasmatische Inhalt immer wasserärmer und lichtbrechender und zieht sich nach der Wand zurück, während sich in demselben Maasse die Vacuole vergrössert und sich in ihr einige kleine Körnchen (zum Theil 542 Filices: Spermatozoiden. Archegonien. oft kleine Stärkekörner) suspendirt zeigen. Das wandständige Protoplasma aber spaltet sich zu einem Spiralbande, welches an einem Punkte beginnend immer weitere Windungen um die Vacuole beschreibt. Während dessen treten die Mutterzellen unter Spaltung ihrer Scheidewände mehr und mehr aus dem Verbande und runden sich unter Quellung ihrer Membran ab. Bei den Cyatheaceen liegen sie nach Bauke dann einem körnigen Schleime ein- gebettet, welcher der Hauptmasse nach von den’ aufquellenden Innenwänden der Antheridienwand, zu einem Theile von den Mittellamellen der getrennten Spermatozoiden-Mutterzellen herrührt, so dass die in diesem Zustande noch sichtbare Membran der letzteren nur die Innenlamelle der ursprünglichen Wände wäre. In Folge weiterer Wasseraufnahme und dadurch gesteigerter Quellung der Membranen üben die Mutterzellen einen immer grösseren Druck auf die Antheridiumwand aus, deren Zellen oft bis zur Unkenntlich- keit zusammengedrückt werden. Endlich wird die Deckelzelle durch einen unregelmässig sternförmigen Riss gesprengt (Fig. 132 f) oder auch wohl ganz aus der Antheridienwand aus- gestossen (Cyatheaceen) und die Spermato- zoiden-Mutterzellen treten durch die Oefinung aus, unterstützt durch den Druck der nun wieder nach Innen aufschwellenden Wand- zellen (Fig. 132 e entleert, Fig. 133 in Ent- leerung begriffen). Vor der Oeffnung liegen sie eine kurze Zeit lang ruhig; dann beginnt in der Regel das eng zusammengerollte Sperma- tozoid noch in seiner Mutterzelle eine krei- sende Bewegung, die Mutterzellwand wird mehr und mehr erweicht und endlich durch a2 > die Spannkraft des Samenkörpers von diesem 2% mit einem Rucke zerrissen. Nur selten bleibt Y ein Rest der Mutterzellmembran zurück; ge- wöhnlich wird diese vollständig gelöst in dem Fig. 133. Ptoris serrulata L. Reifes, Augenblicke, in welchem das Spermatozoid 2 Entleerung beerifsnenäintkoridinn, davoneil Fis. 183). Die ie eh h Ein Theil der Spermatozoiden hat sich eilt ag ) 16568 eigt seinen Mur bereits entfernt. Vergr. 350. aus Plasma bestehenden, eine bandförmige, kernlose Primordialzelle ohne Höhlung dar- stellenden Körper 11/),—4-mal flacher oder steiler spiralig gewunden und an der ersten Windung eine Reihe nach allen Seiten starrender, sehr be- weglicher Plasmawimpern, welche ohne alle markirte Anheftungspunkte un- mittelbar von der Oberfläche entspringen. Zwischen den hinteren weiteren Windungen trägt der während der Bewegung rasch um seine Axe rotirende Samenkörper ein farbloses Bläschen mit einigen Körnchen als Inhalt: die Vacuole seiner Mutterzelle, um welche herum es sich bildete, die aber kein integrirender, für die Befruchtung wesentlicher Bestandtheil ist, da sie häufig schon früh abgestreift, jedenfalls aber beim Eindringen des Spermatozoides in den Archegoniumhals vor diesem zurückgelassen wird. Bevor wir uns nach dem weiteren Schicksale der Spermatozoiden um- schauen, müssen wir uns die Archegonien näher betrachten. Dieselben stehen immer auf der Unterseite des Gewebepolsters, dem ihr Bauchtheil D SSTz Ä x Filiees: Archegonien. 543 ganz eingesenkt ist. Bei Gymnogramme leptophylla werden sie nach Goebel auf einem eigenthümlichen „Fruchtsprosse“ des ja auch sonst abweichenden Vorkeimes (vgl. 8. 537) entwickelt, dessen Bildung dadurch eingeleitet wird, dass eine Gruppe von Zellen, welehe hinter der Einbuchtung zwischen zwei Sprossen (meist zwischen dem jüngsten und zweitjüngsten) auf der Unter- seite des Prothalliums liegt, sich senkrecht zur Prothalliumfläche streckt und die einzelnen Zellen derselben sich nach den drei Raumrichtungen theilen. So ent- steht ein scharf abgesetztes, ko- nisches Zäpf- chen, das schief gegen den Bo- den und schliess- lich in diesen hinein wächst. Seine inneren, am frühesten in den Dauerzu- standübergehen- den Zellen spei- chern bald Fett und Stärke als Reservenahrung auf, und nach und nach ver- lieren auch die peripherischen \, N EL ihr Chlorophyll ME > se X } . U BES u in dem Maasse, zo & 77 @ Va } als der Spross \ weiter in den Boden eindringt 2 und dabei all- Fig. 134. Entwickelung des Archegoniums von Osmunda. A Erste Anlage che z von der Fläche gesehen, B dieselbe im senkrechten Durchschnitte. C—-E Wei- mählich die Ge- tere Entwickelungsstufen. F Geschlossener und H geöffneter Hals. @ Hals stalt eines ei- im Querschnitte. J Zur Befruchtung reifes Archegonium. a Archegonium, ce . >11_ h Hals desselben, ce Centralzelle, e Ei, be Bauchecanalzelle, hc Halscanalzelle. förmigen Knöll Vergr. von B—-J—=240, A schwächer vergr' chens annimmt, dessen Unterseite zahlreiche Rhizoiden entwickelt, dessen dem Prothallium zugekehrte und etwas abgeplattete Oberseite die Archegonien erzeugt. Haben wir in der Entwickelungsgeschichte des Farnantheridiums meh- rere Typen besprechen müssen, so ist im Gegensatze diejenige der Arche- gonien um so einfacher, da sie bei allen Farnen nur nach einem Schema erfolgt, das sich in seinen Grundzügen auch bei den übrigen Gefässkrypto- gamen wiederholt.! Die Mutterzelle des Archegoniums ist eine oberfläch- 1 Ausser der auf S. 532 aufgezählten Literatur ist zu vergleichen: Jan- ezewski, Vergleichende Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte des Archegoniums. Bot. Zeit. 1872. S. 418. 544 Filiees: Archegonien. liche Zelle des Gewebepolsters, die sich zunächst durch zwei zur Prothal- liumoberfläche parallele Wände in drei Zellen theilt (selten durch drei solcher Wände in vier). Die unterste (innerste — in dem Ausnahmefalle die zwei innersten) Zelle ist die Basalzelle des Archegoniums, welche bei der Entwickelung desselben keine weitere Rolle spielt; sie ist vorläufig eben so inhaltsreich, wie die mittlere Zelle, verliert aber später den gröss- ten Theil ihres Protoplasmas und theilt sich wie die benachbarten Prothal- liumzellen, von denen sie dann nicht mehr unterscheidbar ist (vgl. Fig. 134 B und D mit E und J). Mittlere und obere Zelle allein bauen das Arche- gonium auf, die mittlere als Mutterzelle der. Centralzelle und Canalzellen, die obere als diejenige der Halswand. Letztere Zelle zerfällt durch auf der Prothalliumfläche senkrecht stehende, sich rechtwinkelig kreuzende Wände in vier quadrantisch gelegene Zellen, jede die Mutterzelle einer der vier Halswand-Zellenreihen (Fig. 134 A, a und B, A); die erste Theilwand ist bei solchen Archegonien, welche in der Mediane des Prothalliums stehen, gewöhnlich parallel der Längsaxe gerichtet, während sie bei seitlich auftre- tenden vielfach von dieser Richtung abweicht. Die vier Halszellen wölben sich nun gemeinschaftlich über die Prothalliumfläche empor (Fig. 134 B, A) und theilen sich durch je eine zur Richtung des intensivsten Längenwachs- thums senkrechte Querwand, die also zur Längsaxe des jungen Archegoniums geneigt ist (Fig. 134 C, %h). Indem sich diese Theilung in der je oberen Zelle der vier Reihen mehrmals wiederholt, entsteht die Halswand des Archegoniums, 'deren Zellenzahl in jeder Reihe bei den einzelnen Farnen verschieden ist, jedoch 8 selten übersteigt, meistens 4—6 beträgt. Bereits beim ersten Emporwölben des Halses wächst der obere, sich zuspitzende Theil der mittleren Zelle der ursprünglichen Archegoniumanlage zwischen die vier Halswandreihen hinein (Fig. 134 C, ec), sich allmählich zu einem schlauchförmigen Fortsatze verlängernd, der durch eine nach unten schwach convexe Querwand vom unteren, weiteren Theile abgegrenzt und dadurch zu der einzigen Halscanalzelle wird (Fig. 134 D, Ace), die sich mit dem weiteren Wachsthume des Halses verlängert und diesen lückenlos ausfüllt, wobei sie sich nach oben häufig keulig erweitert (Fig. 134 G im Quer- schnitte. Aus der Centralzelle (Fig. 134 D, c) wird später noch eine kleine obere Zelle als Bauchcanalzelle (Fig. 134 E, be) abgeschnitten; in selteneren Fällen entsteht dieselbe durch eine tief unten in der Halscanal- zelle stattfindende Theilung. Der ausgebildete Hals, dessen vier Wandzellen- reihen auf dem Scheitel kuppelförmig zusammenneigen, ist selten gerade (Osmundaceen — Fig. 134 F), meistens in Folge stärkeren Längenwachs- thums der einen Seite nach rückwärts gekrümmt, wobei dann die concave Seite weniger Zellen als die convexe in jeder Reihe zählt (Fig. 135). Sämmtliche Zellen des Archegoniums besitzen einen deutlichen Zellkern, die Centralzelle und Canalzellen ein dichtes, körniges Plasma, das oft noch be- trächtliche Mengen von Stärke enthält (bei den Osmundaceen — wie es scheint — immer, bei Polypodiaceen und Cyatheaceen in Ausnahmefällen). Ist das Archegonium reif, so sieht man die beiden Querwände der Hals- und Bauchcanalzelle gallertartig quellen und den ganzen Halscanal sich mit Schleim füllen, der durch Chlorzinkjod blau gefärbt wird, also modificirte Cellulose sein muss. Nach Janezewski’s, Kny’s und eigenen Beobachtungen verdankt dieser Schleim den quellenden Querwänden und Innenlamellen der Filices: Archegonium. Befruchtung. 545 Seitenwände des Halscanales seine Entstehung (wozu die Osmundaceen wohl noch durch die von oben her sich lösende Stärke einen Beitrag liefern), während Bauke ihn als ein nachträgliches Ausscheidungsproduct aus dem Plasma der beiden Canalzellen betrachtet. In jedem Falle ist es sicher, dass dieser Schleim in Folge weiterer Quellung einen stetig sich steigernden Druck auf den Halsscheitel ausübt und diesen schliesslich in seinen Wandzellenreihen sprengt, wobei die obersten Halswandzellen sich gewöhnlich abrunden und schliesslich abgestossen werden (Fig. 134 H). Ein Theil des Schleimes tritt in demselben Augenblicke rasch zur Hals- öffnung hinaus, sich vor dieser im umgebenden Wasser radial ausbreitend und das theilweise mit vortretende Plasma (Fig. 135) umhüllend. Der Halscanal selbst ist ganz von Schleim und einem dünnen Strange des ver- einigten Plasmas beider Canalzellen erfüllt, der Plasmainhalt der Central- zelle rundet sich in demselben Augen- blicke zum befruchtungsfähigen Ei ab, dass auf seinem dem Canale zugekehrten Scheitel in günstigen Fällen eine hellere Stelle, den Em- pfängniss- oder Befruchtungsfleck, er- kennen lässt (Fig. 134 J, e und 135). Gelangen jetzt Spermatozoiden an den Scheitel des Archegoniumhalses, so werden sie bei Berührung mit dem Schleime von diesem festgehalten, und ihr weiterer, durch den radial ergossenen Schleim vorgezeichneter Weg führt sie durch diesen auf die Halsmündung zu und endlich in den Canal hinein. Sie drehen sich dabei unaufhörlich um ihre Axe, ihre Be- wegungen werden aber langsamer und die Windungen des Körpers dehnen sich stark auseinander, so lange sie sich im Canale befinden. Erst inner- halb dor Centralzeile Verden ee ln narechiee wegungen wieder freier und die Win- entleerung. Nach Strasburger. Vergr. 350. dungen ziehen sich wieder zusammen. Die meisten Spermatozoiden bleiben im Halscanale und vor der Mündung desselben stecken, sich mit ihren Windungen ineinander schraubend und oft dichte Büschel bildend; nur wenige, höchstens 4—5, gelangen in die Cen- tralzelle. Von diesen stösst das erste gewöhnlich sofort oder nach kurzem Schwärmen mit seinem Vorderende an den Empfängnissfleck des Eies, bleibt an ihm haften und sinkt, sich schnell um seine Axe drehend, langsam in das Eiplasma ein, in dem es nach 3—-4 Minuten verschwindet. Mehr als ein Samenkörper wird von dem Eie nicht aufgenommen. Letzteres zeigt als erste Folge der Befruchtung eine innerhalb der ersten 20—30 Minuten eintretende Trübung bis zur Undurchsichtigkeit und gleichzeitig erhält es eine feste Membran. Der Halscanal wird durch quere Erweiterung seiner unteren Zellen bis zur Berührung derselben geschlossen, der Hals beginnt Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 35 546 Filices: Entwickelung des Embryo. sich zu bräunen und das befruchtete Ei sich zum Embryo, respective zum jungen Farnkraute zu entwickeln. Für die Entwickelung des Embryo! der Farne waren lange Zeit die Beobachtungen Hofmeister’s die einzigen maassgebenden. Erst in jüngster Zeit sind einige weitere Untersuchungen in gleicher Richtung, freilich fast ausschliesslich an Polypodiaceen unternommen worden. Nach Hofmeister ? steht „die erste den Embryo theilende Wand zur Längsaxe des Prothalliums rechtwinkelig, zur Fläche desselben fast senk- recht, von einem auf derselben errichteten Perpendickel divergirt sie nach unten? und vorne, der Einbuchtung des Prothalliums zu. Bald nachher entsteht eine schräge Scheide- wand in jeder der zwei Zellen, in welche der Embryo sich theilte, in der hinteren eine ab- und rückwärts, in der vorderen eine auf- und vorwärts geneigte. Der junge Embryo besteht jetzt aus vier Zellen von Form von Kugelaus- schnitten, die in eine durch die Längsaxe des Prothalliums gelegte Verticalebene fallen (Fig. 136 A). In den Neigungswinkeln der neu ge- bildeten Wände zeigen unsere beiden Arten (d. h. Aspidium Filix mas und Pteris aquilina) eine specifische Differenz. Der obere Winkel, unter welchem die in der vorderen Zelle neu entstandene Wand mit der älteren zusammen- triftt, ist bei Aspidium Filix mas weit geöffnet, fast ein rechter; der untere Winkel der Thei- lungswand in der hinteren Zelle ist sehr spitz. Bei Pteris aquilina ist dieses Verhältniss gerade umgekehrt. Damit steht ein Unterschied der Fig. 136. Pteris aquilina. Embryo- entwickelung nach Hofmeister. A Archegonium mit vierzelligem Em- bryo. B Etwas älterer Embryo. C Junge Pflanze, welche eben das Archegonium durchbrochen hat. A und B 300-fach, € schwächer ver- weiteren Entwickelung im Zusammenhange. Bei- den Arten ist gemeinsam, dass aus einer der vier Zellen — der unteren der vorderen zwei — die Stammknospe und das erste Blatt sich bilden (Fig. 136 B, 5), dass aus der Vermeh- rung einer zweiten jener vier Zellen die erste grössert. p Prothallium, f Fuss, £ er, ı Wurzel, b Blatt, v Stammscheitel. Wurzel hervorgeht. Aber bei Aspidium Filix mas liegt die Mutterzelle der Wurzel der des Stammes gegenüber, bei Pteris aquilina zur Seite (Fig. 136 B, w). Aus fortgesetzten Theilungen der der Archegoniummündung fernsten der vier ı Ausser den mehrfach eitirten Schriften: Kienitz-Gerloff, Ueber den genetischen Zusammenhang der Moose mit den Gefässkryptogamen und Phanero- gamen. Bot. Zeit. 1876. S. 705. — Kienitz-Gerloff, Entwickelung des Embryo bei Pteris serrulata u. s. w. Bot. Zeit. 1878. S. 50. — Vouk, Die Entwickelung des Embryo bei Asplenium Sheperdi. Sitzungsber. d. Wiener Akad. Bd. 76. 1. (1877). — Leitgeb, Zur Embryologie der Farne. Ebenda Bd. 77. I (1878). ®2 Abhandl. d. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. V. 607. . .° Das Prothallium ist hier, entgegengesetzt den neueren Untersuchungen Kienitz-Gerloff’s, in seiner natürlichen Lage gedacht, der Archegoniumhals also nach unten, dem Substrate zu, gerichtet. Filiees: Entwickelung des Embryo. E 547 Zellen entwickelt sich bei Aspidium Filix mas die primäre, abortirende Axe des Embryo fast ausschliesslich: der fussförmige Anhang, mittelst dessen die junge Farnpflanze im Prothal- lium festsitzt (nur einige we- nige Zellen der Wurzelanlage nehmen Theil am Aufbau dieses „Fusses“). Bei Pteris ist es die Nachkommenschaft der beiden der Archegonium- öffnung fernsten Zellen, welche dieses hier weitumfangreichere Organ (Fig. 136 B, f) zusam- mensetzt. Die vierte, unter der Einmündung des Arche- goniums gelegene Zelle des jungen Embryo vermehrt auch bei Aspidium sich noch ferner, doch nur schwach. Ihre Nach- kommenschaft tritt nicht als sesonderter Theil der Keim- pflanze hervor, sondern geht ein in die Bildung der Rin- denstelle zwischen der Rück- seite des ersten Blattes und der ersten Wurzel.“ Fügen wir zu diesen Angaben zunächst die jüng- sten Beobachtungen von Kie- nitz-Gerloff, welche derselbe an Pteris serrulata, Adiantum cuneatum, Gymnogramme chry- 'sophylla und einem unbe- stimmten Aspidium machte. „Die erste Wand (Halbirungs- wand) in der befruchteten Eizelle liegt bei allen in der Ueberschrift aufgeführten Farnkräutern annähernd in der Archegoniumaxe, so je- doch, dass sie meist von oben vorn nach unten hinten ver- läuft, wenn wir, entgegen dem gewöhnlichen Gebrauche, die Archegonienmündung als oben bezeichnen (Fig. 137 A und in den übrigen Figuren die Wand I). Innerhalb ziemlich Fig. 137. Pteris serrulata.. Embryoentwickelung nach Kienitz-Gerloff. Vergr. 285. In allen Figuren sind die Wände nach der Reihenfolge ihres Auftretens beziffert, die Quadrantenwände I und 1/ stärker markirt. Der senkrechte Pfeil zwischen E und F bezeichnet die Archegoniumaxe. Die wagerechten Pfeile über einigen Figuren geben die Richtung der Prothalliumaxe an und diese Figuren sind optische Durchschnitte parallel letzterer und der Archegoniumaxe. Die Figuren C und @ sind Durchschnitte senkrecht zur Prothal- liumaxe und Prothalliumfläiche und Figur D ist ein Schnitt parallel der letzteren. w Wurzel, b Blatt, s Stammscheitel, f Fuss. enger Grenzen schwankt indessen ihre Neigung bei einer und derselbeu Species: mitunter völlig senkrecht zur Prothalliumfläche, nimmt sie selbst 35% [02 548 Filiees: Entwickelung des Embryo. eine der erstbeschriebenen fast entgegengesetzt geneigte Lage an. In jedem - Falle wird durch sie eine vordere Längshälfte, welche Blatt und Stamm producirt, von einer hinteren, Wurzel und Fuss erzeugenden geschieden. Jede Hälfte theilt sich nun durch eine zur ersten senkrechte Wand (Qua- drantenwand — die Wand II in allen Embryonen der Fig. 137) in zwei Quadranten: die beiden oberen bilden Blatt und Wurzel, die beiden unteren Stamm und Fuss. Alle vier Quadranten entwickeln sich anfänglich im Wesentlichen gleichmässig. Zur Erleichterung der Beschreibung bezeichnen wir den Schnitt parallel der Prothalliumaxe als Hauptansicht, den dazu senkrechten als Nebenansicht. Nachdem sich jeder Quadrant durch eine zu den beiden ersten senkrechte Wand (Octantenwand) in zwei Octanten ge- spalten hat (Fig. 137 6, Wand III), theilt sich jeder der letzteren durch eine Wand, welche auf der Hauptansicht in den oberen Öctanten sich vor- zugsweise der Quadranten-, in den unteren häufig der Halbirungswand an- setzend in seichtem Bogen zur Peripherie verläuft (Fig. 137 B und folgende, Wand 4), in eine dreiseitige und vierseitige Zelle; letztere wird durch eine zur vorigen senkrechte Theilung (welche auf der Nebenansicht dieselbe Lage, wie die vorhergehende auf der Hauptansicht besitzt) wiederum in eine drei- seitige und eine vierseitige Zelle zerlegt (Fig. 137 G, Wand 5). Jede theilt sich nun durch eine pericline Wand in eine Innen- und eine Aussenzelle (Fig. 137 E—G, Wand 6 und 5). Am Ende dieser Theilungen besteht jeder Octant aus zwei Innen- und drei Aussenzellen. Indem die letzteren sich durch Wände spalten, welche der Halbirungs-, der Quadranten- oder Octantenwand parallel laufen, entsteht innerhalb jedes Quadranten in der Mitte zwischen Halbirungs- und Quadrantenwand eine Zelle, welche auf der Hauptansicht die Gestalt einer zweischneidigen Scheitelzelle hat (Fig. 137 E). In dem oberen vorderen Quadranten ist dies die Scheitelzelle des ersten Blattes (Fig. 137 H und J, 5), welche sich von nun an durch wechselnd nach oben und unten geneigte Wände theilt. Im oberen hinteren Qua- dranten dagegen theilt sich die entsprechende Zelle durch eine pericline Wand in eine äussere und eine innere Zelle; letztere, von dreiseitiger (te- traödrischer) Gestalt, ist die Scheitelzelle der ersten Wurzel (Fig. 137 H und J, w); sie verjüngt sich durch nach drei, bald nach vier Richtungen geneiste Wände, deren letzte, eine pericline, die Kappenzelle abscheidet (Fig. 137 J). Die Zellen der beiden unteren Quadranten, sowie die Innen- zellen des Embryo, vermehren sich dagegen durch zu einander senkrechte Theilungen nach drei Richtungen. Eine der aus diesen Theilungen im unteren vorderen Quadranten hervorgegangene peripherische Zelle (Fig. 137 J, s) wird zur Scheitelzelle des Stammes; sie tritt indessen erst dann deut- lich hervor, wenn das junge Blatt in Folge mehrerer Segmentirungen seiner Scheitelzelle sich bedeutend hervorgewölbt hat. Die Entwickelung des Em- bryo der vier Farne entspricht daher aufs genaueste derjenigen bei Marsilia und Pilularia und, abgesehen von unwesentlichen Abweichungen, auch der bei Salvinia.“ (Vgl. die Rhizocarpeen.) Aus den von Kny an Ceratopteris angestellten Untersuchungen geht hervor, dass aber der junge Embryo seine Theilungen auch in anderer Reihenfolge erfahren kann. Die erste Wand steht auch hier auf der Ebene des Prothalliums nahezu senkrecht und ist zu seiner Längsaxe entweder genau oder fast rechtwinkelig gestellt. Auf diese erste Wand folgt in jeder Filices: Entwickelung des Embryo. « 549 der beiden Zellen eine zweite. Die der vorderen Zelle angehörige zweite Wand ist rechtwinkelig zur ersten Wand gestellt und liegt in der Längsaxe des eiförmigen Embryo; die der hinteren dagegen schien von der Längsaxe mitunter um ein Geringes abzuweichen und auch nicht genau vertical zu sein, so dass eine der beiden Tochterzellen etwas grösser ausfiel, als die andere. Der junge Embryo besteht jetzt also aus vier Quadranten, die je- doch nicht, wie in den bis jetzt beschriebenen Fällen, in jeder Hälfte über einander (in einer zur Prothalliumfläche senkrechten Ebene), sondern alle vier neben einander in einer mit der Prothalliumfläche parallelen Ebene liegen. Die vorderen beiden Quadranten produciren das erste Blatt und die Anlage der Stammknospe; aus dem einen der beiden hinteren (wo sie ungleich sind, wahrscheinlich aus dem grösseren) geht nach einigen Thei- lungen die Scheitelzelle der ersten Wurzel hervor, aus dem anderen baut sich der bei Ceratopteris im Ganzen nur schwach entwickelte Fuss auf. In den beiden vorderen Quadranten, der Anlage des ersten Blattes, finden die Theilungen im Wesentlichen durchaus übereinstimmend statt. Die beiden scheitelzellenartigen Zellen, welche an den Flanken der jungen Blattspreite entstehen, gehen durch eine pericline Wand wieder verloren, und der Aus- sonderung einer Scheitelzelle ist schon durch die zweite, genau in der Blattmediane liegende Wand des Embryo vorgebeugt (S. 513). Erst zur Zeit, wo die Theilungen im ersten Blatte ihrem Abschlusse nahen und dieses sich anschickt, aus der Archegoniumhöhlung hervorzubrechen, ver- grössert sich eine der beiden peripherischen Zellen, welche die untere und innere Ecke der Oberseite der zwei vorderen Quadranten einnehmen, stärker als ihre Nachbarinnen und wird zur primären Scheitelzelle der Stamm- knospe. Die von Vouk an Asplenium Sheperdi gewonnenen Resultate bestätigen zunächst die früheren Beobachtungen, dass die befruchtete Eizelle noch vor ihrer ersten Theilung eiförmige Gestalt annimmt und die Längsaxe des Eies mit jener des Prothalliums in der Mehrzahl der Fälle annähernd zusammen- fällt. Die erste Wand, auf der Längsaxe des Eies senkrecht stehend, theilt den Embryo in eine (in Bezug auf das Prothallium) vordere und hintere Hälfte; jene kann als der Stamm- oder epibasale, diese als die Wurzel- oder hypobasale Hälfte, die trennende Wand als Basalwand bezeichnet werden. Diese Basalwand liegt häufig in der Archegoniumaxe, tritt aber eben so häufig aus dieser heraus, doch immer so, dass ihr nach dem Archegonhalse ge- richteter Rand nach der Spitze des Prothalliums ausweicht (vgl. die Fig. 157 und die dort gegebenen Pfeilrichtungen). Jede der beiden Em- bryohälften wird nun durch zwei zu einander und auf der Basalwand recht- winkelig stehende Wände in Octanten getheilt; die Aufeinanderfolge dieser Wände kann.aber wechseln. In der Regel ist die die Embryohälften wie bei Ceratopteris in rechts und links liegende Quadranten theilende Wand, die Medianwand (Quadrantenwand Kienitz-Gerloff’s), die frühere; die der Ar- chegoniumaxe mehr oder minder senkrecht aufgesetzte, der Prothalliumfläche parallele, die Transversalwand (Octantenwand Kienitz-Gerloff’s), ist die spätere. Tritt die umgekehrte Folge ein, so lagern die Quadranten wie in den Figuren 136 und 137. DBelegt man also dieselben Wände ohne Rücksicht auf ihr verschiedenes Alter mit gleichen Namen, so sind die von Vouk angewendeten vorzuziehen. Für die spätere Differenzirung der beiden Embryohälften in 550 Filices: Entwickelung des Embryo. Organe von verschiedenem morphologischen Werthe ist nur die Transversal- wand in so weit von Bedeutung, als durch sie in der epibasalen Hälfte die stamm- von den blattbildenden Octanten, in der hypobasalen die fuss- von den wurzelbildenden geschieden werden. Vor dieser Differenzirung gliedert aber jede Hälfte eine an die Basalwand beiderseits sich anlegende Segment- scheibe, das hypo- und epibasale Glied, ab (die in Fig. 137 B durch die Wände 4 nach I hin abgetrennten Zellen). Darauf tritt eine Wachsthums- divergenz in jedem durch die Transversalwand getrennten Zellenpaare ein: das unter ihr gelegene (dem Archegoniumhalse zugekehrte) tritt in gleichem Maasse in die Bildung des ersten Blattes ein, das also seiner Anlage nach nicht auf eine Zelle zurückgeführt werden kann (siehe auch Ceratopteris); in welcher Weise sich aus dem oberen, dem Archegoniumhalse abgewendeten Zellenpaare der Stammscheitel ausbildet, bleibt ungewiss. In der hypoba- salen (hinteren) Embryohälfte trennt die Transversalwand den dem Arche- goniumhalse abgewende- ten, zur Bildung des Fusses bestimmten Qua- dranten von dem zuge- wendeten, in welch’ letz- terem eine Zelle des der Transversalwand anlie- genden Zellenpaares zur Wurzel wird. Die den Embryo als zweiter oder dritter Theilungsschritt durchsetzende Median- wand ist also nur die Mediane für das erste Blatt und den Fuss, wäh- rend die erste Wurzel (und wahrscheinlich auch der Stammscheitel) seit- lich von derselben ange- Fee ER u Fig. 135. Pteris aquilina L. Junge Pflanze, die vor Kurzem das legt werden. Archegonium gesprengt hat, im Längschnitte. p Theil des Pro- Aus allen diesen Un- thalliums, s Stammscheitel, b Blatt, w Wurzel, f Fuss. Stark tersuchungen und seinen vergr. Nach Hofmeister. eigenen anden verwandten Rhizocarpeen (siehe diese) zieht nun Leitgeb den Schluss, „dass die zweiten Theilungswände im Embryo der Polypodiaceen nicht in allen Fällen die gleiche morphologische Bedeutung haben, und dass es daher zweckmässiger ist, die Anlage der Organe nicht bis zur Bildung von Quadranten zurück zu verlegen, sondern den Embryo vielmehr bis zur Octantenbildung als Thallom aufzufassen, an dem erst, nachdem diese Stufe erreicht, sich die Organanlage vollziehe. Welchen Sinn hätte es z. B. bei Ceratopteris und den ähnlichen Fällen von Asplenium, von der Sonderung der Organe nach Quadranten zu sprechen, man müsste denn zu der Annahme greifen, dass das Blatt vor seiner Differenzirung vom Stamme, also eigentlich bevor es noch angelegt sei, schon durch eine Medianwand getheilt werde. Der Em- bryo der Farne ist bis zur Bildung der Octanten dem Embryo der Leber- Filiees: Entwiekelung des Embryo. Apogamie. 551 moose gleichwerthig; die Differenzirung tritt erst ein, wenn diese Stufe er- reicht ist.“ (Vgl. S. 390, 405 u. folg.) Wenden wir uns noch einmal, ohne speciell auf Gewebebildung einzu- gehen, dem Farnembryo zu, an dem eben die deutliche Differenzirung der Haupttheile vollendet ist, so sehen wir den mehr oder minder entwickelten Fuss (Fig. 137 und 138 f) bald dem Prothalliumgewebe im Grunde des mächtig mitwachsenden Archegoniumbauches sich innig anschmiegen, ohne jedoch mit diesem zu verwachsen. Erst später tritt eine festere Verschmel- zung ein und nur bei Gymnogramme leptophylla soll nach Goebel schon der wenigzellige Embryo fest mit dem umgebenden Gewebe verwachsen. In jedem Falle dient der Fuss als ein wirksames Saugorgan, welches dem er- starkenden Pflänzchen Mengen von Nahrung aus dem Prothallium zuführt, dessen Zellen in der Umgebung der schon kräftigeren Pflanze später oft ganz entleert sind. Sobald die erste Wurzel (Fig. 138 w) eine bedeuten- dere Länge erreicht, durchbricht sie nach rückwärts den Archegoniumbauch und steigt im Bogen abwärts in die Erde, sich verzweigend, aber nur kurze Zeit als Pfahlwurzel dauernd (S. 510). Das wachsende erste Blatt (Fig. 138 5) durchstösst in entgegengesetzter Rich- tung das Archegonium und kommt im Bogen nach oben in der Einbuchtung zwischen den Lappen des Prothalliums zum Vorschein, die Oberseite dem Prothallium zugekehrt. An seiner Basis zeigt es den noch kurzen Stammscheitel (Fig.138 s), der bald ein zweites Blatt produeirt (Fig. 139 5), während gleich- zeitig unter diesem im Inneren der Axe die erste Nebenwurzel (Fig. 139 w) angelest wird. Während ‚ferner das Fig. 139. Asplenium Sheperdi. Längsschnitt erste, häufig auch als Koimblatt oder ur 1a Air Anna Wral ad a Cotyledo bezeichnete Blatt noch eine legt. s Stammscheitel. Vergr. 350. Nach Vouk. geringe Grösse und sehr einfache Form besitzt, werden die nachfolgenden Blätter mit jeder weiteren Erstarkung des Farnpflänzchens grösser entwickelt und der definitiven Blattform der betref- fenden Art näher gebracht. Ebenso nimmt die Axe mit fortschreitendem Längenwachsthume am Scheitel (nicht in den fertig ausgebildeten embryo- analen oder älteren Theilen) stetig und allmählich an Umfang zu, so dass sie bei aufrechter Stellung einem auf der Spitze stehenden Kegel gleicht, dessen Basis von dem wenig vortretenden oder ganz flachen Stammscheitel gebildet wird. Erst von einem gewissen Zeitpunkte an wird der Scheitelumfang nicht mehr vergrössert und der Stamm wächst nun in gleicher Stärke und jetzt gewöhnlich auch seine normalen Blätter entwickelnd weiter (S. 493). Schliesslich muss hier noch der von De Bary als Apogamie! (Zeugungs- ! Farlow, Ueber ungeschlechtliche Erzeugung von Keimpflänzchen an Farn- prothallien. Bot. Zeit. 1874. S.180. — Farlow, On asexual growth from the pro- thallus of Pteris eretica. Quarterly Journ. of mieroscop. science, new ser. XIV. 267. tab. 10, 11. — De Bary, Ueber apogame Farne und die Erscheinung der Apo- gamie im Allgemeinen. Bot. Zeit. 1878. S. 449. Taf. 14. 552 Filices: Apogamie. verlust) bezeichneten Eigenschaft gedacht werden. Abgesehen von verein- zelten älteren Angaben hatte zuerst Farlow beobachtet, dass an Prothallien von Pteris eretica ohne Mitwirkung von Geschlechtsorganen Laubknospen auftreten und sich zu beblätterten Pflanzen entwickeln können. Nach den genaueren Untersuchungen De Bary’s beginnt bei der genannten Art (sowie bei den die gleiche Erscheinung zeigenden Aspidium Filix mas var. cristata und A. falcatum) zur Zeit, wenn die herzförmigen Prothallien etwa 2 Millim. Durchmesser erreicht haben und an regulär sich entwickelnden die ersten Archegonien aufzutreten pflegen, eine von ihm als primäre normale Spros- sung bezeichnete Knospenbildung, an demselben Orte, wo die Archegonien regulärer Vorkeime sich ent- wickeln, nämlich auf der Un- terseite des Prothalliums an dem gegen die Herzbucht ge- kehrten Rande des Gewebe- polsters. Hier (in der dritten und vierten Querreihe von Zellen) wölbt sich eine Gruppe von 3—4 Zellen nach aussen und rasch wiederholt nach allen Raumrichtungen wechselnde Theilungen verwandeln dieselbe in ein relativ kleinzelliges, plasmareiches Meristem. Nach- dem der Höcker etwas stärker hervorgetreten, bemerkt man in seinem Gipfel eine durch Grösse ausgezeichnete Zelle, welche alle Eigenschaften der Scheitelzelle einer gewöhnlichen Farnblattanlage erhält und unter deren charakterischen Theilungen (S. 512) die Spitze j aahe I 3 des Höckers zu einem gestielten a en paokaner Spies auf der Blatte heranwächst (Fig. 1402), Spitze gegliederte Haare trägt; hinter demselben sieht auf dem schon früh mehrzellige, Se Brdllnsalan de Anare du anım _ Kurzgliederige Haare auftreten, endogenen Wurzel w. Vergr. 80. Nach De Bary. deren Basis sich später oft zur Spreuschuppe verbreitert. Die Orientirung dieses ersten Blattes des ungeschlechtlichen Sprosses ist dieselbe, wie beim Embryo, das Gewebe des Prothallium-Gewebepolsters geht allmäh- lich abgedacht in das der Blattstielbasis über. In dem abgerundeten Winkel zwischen Blattoberseite und Prothallium tritt meist schon bevor die Länge der Blattanlage die Breite ihrer Basis überschreitet ein flacher Zellenhöcker (Fig, 140 v) hervor, welcher sich fernerhin als der bald mit Haaren oder Schuppen dicht bedeckte, successive neue Blätter bildende Stammscheitel er- weist. In der Mittellinie des Blattstieles bildet sich ein zarter Fibroyasal- strang, der sich nach abwärts bis in die Mitte des Gewebepolsters des Pro- thalliums erstreckt, um hier im einfachsten Falle scharf abgeschnitten zu endigen Filices: Apogamie. Verbreitung. Hymenophyllaceae. 553 oder eine kurze Abzweigung aufwärts gegen die Mitte der Herzbucht oder abwärts in die Mittellinie des Prothalliums zu senden. An der der Rücken- fläche des Blattes zugekehrten Seite des Gefässbündels entsteht im Inneren des Gewebes nahe der Blattinsertion eine Wurzelanlage (Fig. 140 w), meistens in der Blattbasis selbst, doch auch im Prothallium, wenn ein Gefässbündel- zweig in dieses abwärts reicht. In ihrem ganzen Verhalten weicht diese Wurzelanlage von einer normalen nicht ab; die weitere Ausbildung des Pflänzchens folgt nun dem bekannten Entwickelungsgange und vom zweiten oder dritten Lebensjahre an erzeugten die so entstandenen Exemplare Spo- rangien und Sporen in durchaus normaler Weise. Bei den in Rede stehen- den Prothallien waren Antheridien bald garnicht oder nur vereinzelt, bald zahlreich vorhanden, dagegen unterblieb nicht allein die Ausbildung, sondern - so zu sagen auch jeglicher Versuch der Anlegung von Archegonien; in den sieben von De Bary beobachteten Fällen, in welchen Archegonien vorhanden waren, konnte man in Folge des Abortes dieser die Prothallien nur männ- lich oder geschlechtslos nennen. Von der eben betrachteten normalen Sprossung kommen an dem pri- mären, einfach herzförmigen Prothallium Abweichungen vor, anomale primäre Sprosse, welche das gemeinsam haben, dass sie zwar gleich oder ähnlich den normalen zu beblätterten Stöcken heranwachsen, aber von diesen theils in ihrer Stellung und Orientirung, theils in ihrer anfänglichen Gliederung verschieden sind. ; Die in eirca 3500 Arten bekannten Farne sind fast über die ge- sammte, der Pflanzenwelt zugängliche Erdoberfläche verbreitet,! finden sich jedoch in der grössten Artenzahl (über 2500) in den Tropen, wo sie nament- lich die Inseln und Küstenländer bewohnen und häufig einen wesentlichen Hauptbestandtheil der Flora derselben bilden, in Westindien z. B. 8°/, der gesammten Gefässpflanzen ausmachen. In den trockenen Binnenländern treten die Farne sehr zurück, und ebenso nehmen sie ausserhalb der Wendekreise rasch an Artenzahl ab. Nur wenige Arten sind kosmopolitisch (Pteris aqui- lina). Fast alle lieben den humosen, lockeren, feuchten Boden schattiger Wälder und verhältnissmässig nur wenige Formen gedeihen an durchaus trockenen, sonnigen Standorten. In den Tropenwäldern wachsen zahlreiche Arten epiphytisch auf modernden oder moosüberzogenen Baumstämmen. Ein- jährige Farne sind äusserst selten (Gymnogramme leptophylla, Ceratopteris thalictroides); die Mehrzahl ist ausdauernd. 220. Familie. Hymenophyllaceae.? Sori einzeln randständig, ihr Receptaculum (Columella) von dem über den Blattrand hinaus verlängerten, intercalar wachsenden, keuligen, kopfigen oder fadenförmigen Nervenende gebildet, an welchem die Sporangien in basipetaler ! Baker, Transact. of the Linn. Soc. London. XXVI. — Lyell, A geogra- phical Handbook of all the known Ferns. 8°. London 1870. ® Mettenius, Ueber die Hymenophyllaceae. Abhandl. d. kgl. sächsisch. Gesellsch. d. Wissensch. XI. 403, mit 5 Taf. — Prantl, Untersuchungen zur Morphologie der Gefässkryptogamen. 1. Die Hymenophyllaceen. 4° mit 6 Taf. Leipzig 1875. — Presl, Hymenophyllaceae. Abhandl. der k. böhm. Gesellsch. d. Wissensch., 5. Folge, 3. Bd. Mit 12 Taf. — Van den Bosch, Synopsis Hyme- nophyllacearum. Neederlandsch kruidkundig Archief IV. 341. — V. d. Bosch, Hy- menophyllaceae Javanicae. Natuurk. Verhandl. der koninkl. Akad. IX, mit 52 Taf. 554 Hymenophyllaceae. Folge entstehen. Indusium unterständig, becher-, trichter- oder röhrenförmig, mit ganzem, 2-lippigem oder muschelförmig-2-lappigem Saume (Fig. 141 A, B), frei über den Blattrand vorragend oder von letzterem umsäumt (ihm eingesenkt Fig. 141 B, C). Sporangien sitzend, mit einem vollständigen, schiefen oder horizontalen Ringe (Fig. 141 D), sich durch einen Längsriss öffnend. Sporen radiär. — Die Hymenophyllaceen, etwa 200 fast ausschliesslich tropische, grösstentheils epiphy- tisch wachsende Arten zählend, zeichnen sich habituell noch durch das zarte Blatt aus, welches bei der Mehrzahl der Arten mit Ausschluss der Nerven einschichtig und ohne Spaltöffnungen ist und dadurch an die Muscineen erinnert (Bryopte- rides nannte daher Van den Bosch die Familie). Nur wenige Arten (Trichomanes reniforme, Hymenophyllum dilatatum, H. scabrum) haben durchweg mehrschichtige, aus 3—4 Zellenlagen bestehende Blätter (Diploeophyllaceae V. d. Bosch) und zu diesen machen solche Formen den Uebergang, bei welchen das Mesophyll des Blattes stellenweise mehrschichtig wird (Hymenophyllum demissum, Trichomanes cuspidatum). — Ueber die angeblich wurzel- losen Arten siehe S. 510, Ge- fässbündel S. 506 u. 507, Ent- wickelung des Blattes S. 512, 513, des Indusiums S. 525, der Sporangien S. 532 und des Prothalliums S. 558. — Nur 2 Gattungen (die aber häufig in kleinere Gattungen gespal- ten werden) mit 2 europäischen Arten. 1. Hymenophyllum Sm. Indusium mit tief 2-lap- pigsem Saume und kurzem, becherförmigem Grunde oder fast muschelförmig-2-klappig (Fig. 141 A), häufig unregel- mässig gezähnt oder gewim- pert, das Receptaculum in der Regel völlig einschliessend. — H. Tunbridgense Sm. 2. Rhizom fadenförmig, sehr dünn, kriechend. Blätter bis 7 Cen- tim. lang, dunkel grün, mit Fig. 141. A Hymenophyllum Tunbridgense Sm., Fiederstück langem Stiele, geflügelter Blatt- mit Sorus. B Trichomanes alatum Sw., Fiederstück mit Sorus. spindel und eiförmiger, fieder- C Ein Sorus von B der Länge nach durchschnitten. D Tri- theiliger Spreite, deren halb- chomanes crispım Sw., Sporangium. Alle Figuren stark, seitig tief fiederspaltige oder D=200 Mal vergr. gegabelte Segmente linealisch, abgestutzt und am Rande ent- fernt stark gesägt sind. Sori einzeln am Grunde und oberen Rande der Segmente 1. Ordnung, selten paarweise. Indusium 2-klappig, ganzrandig oder mit ungleich gezähntem Rande. An feuchten Felsen und moosbewachsenen Baumstämmen. In Deutschland nur im Uttewalder Grunde der sächsischen Schweiz, sehr selten; dann in Belgien und Luxemburg, häufiger in den europäischen Küstengebieten (Gross- britannien, Nordfrankreich), auf den canarischen Inseln, am Cap, in Australien etc. 2. Tricehomanes ZL. Indusium becher-, oder röhrenförmig, mit ganzem oder seicht 2-lippigem Rande, frei über den Blattrand vorragend oder demselben ein- gesenkt, das meist fadenförmige Receptaculum oft nur an seiner Basis von ihm umschlossen. — T. speciosum Wild. (T. radicans Aut., nec Sw.) 4. Rhizom kriechend. Blätter bis 30 Centim. lang, lang gestielt, der Blattstiel im oberen Theile schwach geflügelt. Spreite eiförmig bis eilanzettlich, zugespitzt, 2- bis 4- fach fiederschnittig; die unteren Segmente 1. Ordnung eiförmig, zugespitzt, die - Hymenophyllaceae. Cyatheaceae. 555 Segmente letzter Ordnung aus keilförmiger Basis schief eiförmig und tief kerbig- gelappt, die Läppchen oft wieder gegabelt. An feuchten Felsen und in humosen, schattigen Bergwäldern: Süd-England, Süd-Irland, canarische Inseln, Westindien etc. Die früher zu den Hymenophyllaceen gerechnete Gattung Loxsoma RbBr., welche nur eine neuseeländische Art (L. Cunnighami RBr.) zählt, kann als Typus einer eigenen kleinen Familie der Loxsomaceae betrachtet werden, die im Baue des lederigen, mehrschichtigen, Spaltöffnungen führenden Blattes sich den Cyatheaceen anschliesst, mit denen sie auch die sehr schiefe Stellung des Ringes und die lederige Beschaffenheit des becherförmigen Indusiums theilt, welch’ letz- teres aber in seiner Gestalt mehr an Trichomanes erinnert, sowie auch Stellung der Sori, die Form des weit aus dem Indusium vorragenden und bis an den Scheitel mit Sporangien bedeckten Receptaculums und verticale Dehiscenz der birnför- migen, kurz und dick gestielten Sporangien die Gattung den Hymenophyllaceen nähern. Was den Ring des Sporangiums betrifft, so wird derselbe bald als voll- ständig, bald als unvollständig bezeichnet. Gut entwickelte, reife Sporangien zeigen ihn vollständig geschlossen, allerdings, so weit ich untersuchen konnte, seine Zellen in der Nähe des Stieles gewöhnlich in verticaler Richtung gestreckt und mit etwas dünneren, helleren Wänden versehen, aber nicht eigentlich stomiumartig ausgebildet. 221. Familie. Cyatheaceae.! Sporangien sitzend oder äusserst kurz und dick gestielt, mit einem vollstän- digen, schief nahe dem Scheitel und unmittelbar neben dem Anheftungspunkte verlaufenden Ringe (Fig. 142 a«—d), sich durch einen Querriss öffnend und die Stelle desselben im Ringe durch etwas dünnwandigere, stärker quer gestreckte, niedrigere, stomiumartige Zellen markirt (Fig. 142 b, d). Nach den Angaben Bom- mer’s soll der Ring bei einer und derselben Art bald vertical, bald schief ver- laufen, und der genannte Beobachter glaubt dies durch den ungleichmässigen Druck erklären zu können, den die Sporangien im Sorus erleiden. Sicher ist, dass z. B. die Partie zarterer Zellen desselben, die auch hier schlechthin als Stomium bezeichnet werden können, bei den Sporangien eines und desselben Sorus ver- schieden gestaltet, bald breiter, bald schmäler ist, bald etwas tiefer, bald noch höher liest, als in Fig. 142 gezeichnet wurde. Sporen radiär. Sori am Blattrande oder auf der Blattunterseite sitzend, mit oder ohne Schleier. Circa 200 meist zerstreut, selten gesellig wachsende Arten, die meisten den Tropen und der wärmeren gemässigten Zone der südlichen Halbkugel angehörend. Die grosse Mehrzahl der Arten ist baumartie, palmenähnlich, mit säulenförmigem, nur selten verzweigtem Stamme, der bei einzelnen die Höhe von bis 15 Metern und darüber erreicht, bald die dicht und regelmässig gestellten, charakteristisch ge- formten Narben abgefallener Blätter zeigt, bald mit den Blattstielresten bedeckt (S. 527), bei manchen Arten mit Luftwurzeln (S. 510) dicht überzogen ist, und welcher auf seinem Gipfel eine Krone meist sehr grosser und mehrfach gefiederter Blätter trägt. 1. Cibotium Kaulf. Sori am Blattrande (S. 526), wo das Nervenende das freie, halbkugelige Receptaculum bildet. Indusium unterständig, napfförmig, tief muschelförmig-2-klappig, in der Richtung der Blattfläche zusammengedrückt, nach der Blattunterseite zu umgebogen und daher vertical dem Rande der letzteren aufsitzend; beide Klappen derb lederartig, die äussere quer gestutzt, sehr breit, mit den beiden Seitenrändern nach innen gebogen, so dass die innere, schmale, zungen- bis eiförmige Klappe wie ein Deckel auf die Oeffnung schliesst (Fig. 142 9, h). Stamm meist verkürzt, wurzelstockartig, selten aufrecht-baumartig. Nur wenige Arten, von denen die meisten (3) auf den Sandwichinseln vorkommen. — C. Barometz J. Sm. (C. glaucescens Kze., C. Cumingii Kze., C. assamicum Hook., C. djambianum Hassk.). 4. Stamm niederliegend, mehr oder minder rhizomartig, bis 30 Centim. lang und 5 Centim. dick, dicht mit goldgelben oder goldbraunen, seidenglänzenden, bis 5 Centim. langen Haaren namentlich am Scheitel bedeckt. ! Bommer, Revue et classification des Cyatheacees. Bull. de la soc. botan. de France XX. 2 556 | Cyatheaceae. Blätter mit Stiel bis fast 3 Mtr. lang, und 1,30 Mtr. breit, der bis 1 Mtr. lange Stiel am Grunde ebenfalls die Behaarung des Stammes zeigend; die Spreite eiförmig, — IT a ———Z ZZ — Zn ——— — — DE Fig. 142. a—d Alsophila australis RBr. Sporangien in verschiedener Lage und zwar a=b um 1800 gedreht, c=d um 1800 gedreht, c=«a um 90° nach links gedreht ete. Vergr. 120. e Cyathea elegans Hew., fructifieirende Fieder 5-fach vergr.; f Sorus halbirt, mit dem von Sporangien befreiten Receptaculum. 9, h Sori von Cibotium Schiedei Schlecht., eirca 20-fach vergr.: g reif und im Oeffnen des Indusiums begriffen, % vollständig geöffnet. zugespitzt, dop- pelt gefiedert, die unteren Fie- dern eilanzett- lich, die Fie- derchen linea- lisch, zuge- spitzt, bis ganz oder fast zur Mittelrippe in lineal-oblonge, zugespitze, et- was sichelför- miegekrümmte, ganzrandige oder (besonders an der Spitze) klein gesägte, unterseits blau- graue und sel- ten auf den Nerven mit zerstreuten Haaren besetzte Segmente ge- spalten. Sori beiderseits zu 1—6 im unteren Theile des Segmentes. Sundainseln, Philippinen, Marianen, For- mosa, Südchina, Hinterindien, Assam. Der Stamm dieses Farn kam der als blutstillen- des Mittel ver- wendetenHaare halber schon im Mittelalter als Fruiex tar- tareus in den Handel oder, wenn einige an ihm gelassene Blattstiele dem- selben die Ge- stalt eines vier- beinigen, ge- schwänzten Thieres gaben, alsAgnusscy- thicus oder scythisches Lamm. Nach dem Reiche Djambi auf Ost-Sumatra, dem Haupt- orte seiner späteren Ausfuhr, hiess die Waare bei den Malayen Penghawar Djambi (d. h. Heilmittel aus Djambi). Auch jetzt noch kommen die Haare als % Cyatheaceae. Polypodiaceae. 557 Pili Cibotii s. Paleae Cibotii in Anwendung und werden von der Pharm. ross. pag. 314 vorgeschrieben (Flückig. Pharm. S. 142; Berg, Waarenk. 486). Die ein- zelnen Haare der Droge sind einfach, dünnwandig, durch entfernt stehende Quer- wände gegliedert und zwischen diesen bandartig und alternirend zusammengesunken. Uebrigens werden auch die gleichen Haare anderer Arten zu demselben Zwecke benutzt, so die von ©. Schiedei Schlecht. in Mexiko und die von C. Chamissoi Kaulf., C. Menziesii Hook. und C. glaucum Hook. et Arn. auf den Sandwich- inseln, von woher sie unter dem Namen Pulu namentlich nach Australien und Californien in den Handel gebracht und vielfach zum Stopfen von Kissen und Matratzen verwendet werden. Als Paku s. Palkoe Kidang (Baum- und Strauch- farne, welche dem javanischen Reh — Kidang — zum Aufenthaltsorte dienen) auch die Haare verschiedener anderer javanischer Cyatheaceen statt Penghawar Djambi offieinell. 2. Dieksonia ZL’Herit. Von Cibotium durch die gleich oder fast gleich grossen Klappen des Indusiums verschieden, von denen die untere sich durch zar- tere Textur auszeichnet und anfänglich von der oberen an den Rändern um- schlossen wird. Receptaculum als Anschwellung auf dem Grunde der inneren In- dusiumklappe. — D. Culcita L’Herit. Mit nur 6—9 Centim. hohem Stamme. Canarische Inseln und Azoren. — D. antarctica Labil. Der Stamm wird bis 13 Meter hoch und einschliesslich seiner dicken Wurzelhülle oft bis 60 Centim. im Durchmesser dick. Blätter bis über 4 Meter lang und 1'/, Meter breit. Neu- holland, Tasmanien, Neuseeland. — D. Blumei Moore (Balantium chrysotrichum Hassk.). Java. Liefert Paku Kidang (siehe Cibotium). 3. Cyathea Sm. Sori auf der Blattunterseite in der Gabelung oder auf dem - Rücken der Nerven sitzend, mit kopf-, säulen- oder keulenförmigem Receptaculum und unterständigem, becher- oder napfförmigem bis fast kugelig geschlossenem Schleier mit ganzer oder zerschlitzter Mündung (Fig. 142 e, f). Circa 60 fast durch- weg grössere, baumartige Arten, von denen die Mehrzahl der östlichen Hemisphäre angehört. — C. medullaris Sw. (Neuseeland), C. spinulosa Wall. (Ostindien) u. a. Arten liefern in dem Marke ihres Stammes den Eingeborenen ein stärke- reiches Nahrungsmittel; der Stamm von C. arborea Sm. (Westindien) dient als Baumaterial und die jungen Blätter werden als Gemüse gegessen. 4. Hemitelia RBr. Sori auf der Blattunterseite dem Rücken der Nerven aufsitzend, mit unterständigem, schuppenförmigem, halbseitigem Schleier, der oft kaum unter den Sporangien vorragt. Baumfarne (etwa 20 Arten), von denen die meisten dem warmen Amerika angehören. 5. Alsophila RBr. Wie Hemitelia, aber ohne Schleier. Etwa 70, oft schwierig unterscheidbare Baumfarne, die meisten im tropischen Amerika und Asien heimisch. — A. lurida Hook. und A. tomentosa Hook. auf Java liefern, wie noch andere Arten der Gattung, Paku Kidang (siehe Cibotium). 222. Familie. Polypodiaceae.! Sporangien mit vom Ansatzpunkte des meist langen, dünnen Stieles vertical über den Rücken und Scheitel verlaufendem, unvollständigem, auf der Bauchseite in die schmalen, quer gestreckten Zellen des Stomium über- gehenden Ringe, sich durch eine Querspalte öffnend (Fig. 127 M, N). Sori von verschiedener Form und Stellung, mit oder ohne Indusium. Die grösste, circa 2800 krautartige, selten baumförmige Arten umfassende Familie, deren Gliederung in Unterfamilien ähnlich, wie oft die Trennung der Gattungen, grosse Schwierigkeiten bietet. Am naturgemässesten in seinen Grundzügen erscheint zur Zeit das auf $. 523 kurz gegebene Prantl’sche System, wenn wir aus diesem die Hymenophyllaceen und Cyatheaceen streichen und vor- läufig von nicht genau untersuchten Gattungen absehen. ı Literatur: Note 1, S. 503. 558 Polypodiaceae: Davallia. Pteris. Allosorus. 1. Unterfamilie. Cypellosoreae. Sori einzeln randständig, das Receptaculum vom Nervenende gebildet (S. 526), das Indusium unterständig, becherförmig, aus einem blatt- und einem schleier- artigen Lappen gebildet, eine gegen den Blattrand offene Tasche darstellend (Fig. 125 Ah, ©). 1. Davallia Sm. Sporen bilateral. Zahlreiche tropische Arten. In Süd- europa (spanische Halbinsel) und auf den canarischen Inseln nur D. canariensis Sm. 2. Unterfamilie. Coenosoreae. Sori nahe unter dem Blattrande, meist mit einander zu einer continuirlichen Reihe verschmolzen (seltener getrennt), von dem umgeschlagenen Blattrande als falschem Schleier bedeckt, selten ausserdem noch mit einem echten, unterständigen Indusium. 2. Pteris L.! Sorus in langer Linie auf einer vor dem Rande herlaufen- den Nervenanastomose, welche den sterilen Blättern fehlt, von dem umgeschlagenen Blattrande bedeckt (Fig. 125 m, n). Nur bei P. aquilina und einigen anderen Arten, welche zusammen die Untergattung Ornithopteris bilden, ist dieser um- geschlagene Rand ein echtes Indusium, zu dem sich noch ein unterständiges zweites gesellt (S. 526). Sporen meistens radiär, selten bilateral. (P. aurita und Verwandte). Umfangreiche, ca. 100 Arten -zählende Gattung, in Europa 4 Arten, in Deutschland nur: P. aquilina L. (Adlerfarn). 4. Rhizom unterirdisch weit kriechend, verzweigt, mit 2-zeilig entfernt stehenden Blättern, die incl. Stiel oft eine Länge von 4 Metern erreichen. Blattstiel halbstielrund, zähe, kahl, nur am Grunde braunhaarig. Ein schiefer Durchschnitt der Blattstielbasis zeigt die Ge- fässbündel und Sclerenchymmassen bei einiger Phantasie als Doppeladler gruppirt — daher Adlerfarn — oder als JC — daher Jesus-Christus-Wurzel genannt. Spreite bis derb lederartig, fast horizontal zurückgebrochen, im Umrisse delta-ei- förmig, 2- bis 3-fach fiederschnittig; Segmente 1. Ordnung gestielt, eiförmig, zu- gespitzt; Segmente 2. Ordnung länglich-lanzettlich, die 3. Ordnung meist mit breitem Grunde zusammenfliessend, länglich- oder lineal-lanzettlich, stumpf, ganz- randig, oft gebuchtet, selten die untersten gelappt, unterseits mehr (var. lanugi- nosa) oder weniger behaart, mit Nervatio Neuropteridis. Fructificirt Juli, August. Kosmopolit. An den verschiedensten Standorten in der Ebene und im Gebirge bis 5500‘, am liebsten auf Haideboden in lichten Wäldern, oft in ausgedehnten Beständen und dann schwer auszurottendes Unkraut. Auf den canarischen Inseln, wo der Adlerfarn Helecho genannt wird, liefert der gemahlene Wurzelstock allein, oder mit etwas Mehl oder Kleien gemischt, ein grobes, schwarzes, schwer verdau- liches, doch von der ärmeren Bevölkerung viel gegessenes Brod und ebenso wird die als var. esculenta bezeichnete Form auf den polynesischen Inseln benutzt. Das Rhizom war früher als Radix Pteridis aquilinae gegen Diarrhöen und Würmer gebräuchlich. (S. 509.) 3. Allosorus Bernh. Die linealischen, intramarginalen, zuletzt zusammen- fliessenden Sori sitzen auf den Enden der unveränderten oder kaum veränderten, einfachen oder gegabelten, nicht verdickten Seitennerven, bedeckt vom umge- schlagenen, zuletzt mit der Reife des Sorus zurückklappenden Blattrande. Sporen radiär. Ca. 45 Arten, von denen die meisten in Amerika leben. In Europa nur: A. crispus Bernh. 4. Rhizom schief, ästig, federkieldick, dunkelbraun, mit dich- tem Büschel bis 25 Centim. langer, hellgrüner, kahler, lang gestielter, zweigestal- tiger Blätter, die sterilen eiförmig, stumpflich, 2- bis 4-fach fiederschnittig, die Segmente letzter Ordnung mit keilförmiger Basis, vorne gestutzt, 3—4-mal einge- schnitten gezähnt, die fruchtbaren ebenso und mit länglichen, ganzrandigen, durch den eingerollten Rand halbwalzenförmigen Segmenten letzter Ordnung. ' Nervatio Neuropteridis. Fructificirt August, September. An Felsen und zwischen Geröll bis 6000‘, in niederen Gebirgen (Harz, Riesengebirge, Vogesen, Schwarzwald etc.) selten, in den Alpen häufig; Nordamerika, Himalaya, Nordasien. ! Agardh, Recensio.specierum generis Pteridis. 8°. Lund 1839. Polypodiaceae: Cheilanthes. Adiantum. Ceratopteris. 559 4. Cheilanthes Sw.! Sori auf dem verdickten Nervenende und sich auf den unveränderten Theil des Nerven herabziehend, vom zusammenhängenden oder lappigen Blattrande schleierartig bedeckt (Fig. 125 k, 7). Sporen radiär. Circa 90, meistens kleinere, vorzüglich in Amerika heimische Farne, in Südeuropa 3 Arten, von denen die häufigste: Ch. fragrans Hook. 4. Rhizom kriechend, rasig, dicht mit schmalen, braunen Spreuschuppen besetzt. Blätter bis 20 (meistens 8—10) Centim. lang; Blattstiel lang, starr, kastanienbraun, reich mit Spreuschuppen be- setzt. Spreite dunkelgrün, wohlriechend, überwinternd, starr, leicht zerbrechlich, eiförmig oder länglich, stumpf, 2- bis 3-fach fiedertheilig oder -fiederspaltig, die Segmente 3. Ordnung oval oder länglich, mässig spreuhaarig und drüsig, der schleierartige Blattrand gewimpert, zuerst weiss, später bräunlich. Nervatio Neu- ropteridis. An Felsen in der Schweiz, Croatien, Dalmatien, Italien etc. 5. Adiantum Z.? Sori auf dem obersten Theile der Nerven auf der Unter- seite umgeschlagener, schleierartiger Blattläppchen sitzend (Fig. 125 a, b). Sporen radiär. Etwa 70, zum Theil schwierig unterscheidbare, vorzüglich in Südamerika hei- mische Arten von äusserst zierlichem Habitus; in Europa nur: A. Capillus Vene- ris L. 4. Rhizom kriechend, dicht mit schmalen, schwärzlichen Spreuschuppen bedeckt. Blätter bis 30 Centim. lang. Blattstiel röthlich-schwarzbraun, glänzend, dreikantig, kahl, zerbrechlich. Spreite eiförmig oder länglich, unten 2- bis 3-fach, oben einfach gefiedert, die Fiederchen (Fig. 125 a) aus schief keilförmiger Basis verkehrt eiförmig bis halbkreisförmig, am Rande gekerbt-lappig-eingeschnitten bis gezähnt, mit Nervatio Cyclopteridis. Fructifieirt Mai— September. An feuchten Felsen und Mauern: Schweiz, Tirol, Istrien; Grossbritannien, Italien, Spanien, Griechenland, Nordafrika, Cap, Südasien, Amerika etc. Die nicht überwinternden, schwach aromatisch riechenden, süsslich-bitterlich schmeckenden Blätter sind als Herba Capillorum Veneriss. Folia Capilli officinell (Ph. austr. 46; Ph. hung. 95; Ph. ross. 203; Ph. helv. 56; Ph. belg. 20. — Berg Waarenk. 281. Flückig. Pharm. 449. — Abbild. Nees v. Esenb. Plant. medicin. tab. 17) und werden zu Syrup, Thee etc. verwendet (Syrupus Üapillorum Veneris: Ph. austr. 196; Ph. hung. 433; Ph. helv. 131; Ph. belg. 244. — Species pectorales: Ph. helv. 119 et suppl. 101. — Mixtura Balsami Copaivae: Ph. ross. 260). — A. pedatum L. 2. Fast doppelt so gross als vorige Art. Rhizom kriechend. Blattstiel röthlich- schwarz, glänzend. Spreite viel breiter als lang, daher nierenförmig im Umrisse, fussförmig in zwei Gabeläste gespalten, welche schraubelartig jeder 6—7 lanzett- liche, einfach gefiederte Fiedern tragen. Fiederchen fast dreiseitig-sichelförmig, mit gerundetem, die Sori tragenden Vorderrande, sonst wie bei voriger Art. In Nordamerika häufig; Nordost-Asien, Japan, Himalaya. Wird statt der vorigen Art in Frankreich unter dem Namen Capillaire du Canada (Herba Adianti ca- nadensis — Berg, Waarenk. S. 282) benutzt und wegen seiner stärker aroma- tischen Eigenschaften derselben vorgezogen (Codex med. 44. — Tisane de feuilles Capill. d. Can. Cod. med. 347. Syrupus, Cod. med. 469. — Abbild. Nees v. Esenb. Plant. mediein. tab. 18). — A. trapeziforme ZL. (tropisches Amerika), A. cri- statum L. (Westindien), A. villosumZL. (tropisches Amerika) u.a. Arten werden in ihrer Heimath zu gleichen Zwecken verwendet. In diese Unterfamilie würde auch die eigenthümliche, vielfach (S. 511, 513, 523, 531, 540, 548) erwähnte Gattung Ceratopteris Brongn. gehören, wenn man dieselbe nach alter Sitte zu den Polypodiaceen rechnet und nicht als Typus der eigenen kleinen Familie der Parkeriaceen? betrachtet, wie vielfach geschieht. Die einzige Art ist ©. thalictroides Brongn. (C. Parkeri J. Sm.), ein ®@, krau- tiger, saftreicher Sumpffarn der Tropen, dessen grosse, kugelige Sporangien äusserst kurz gestielt, fast sitzend sind und sich durch einen sehr breiten, aus 50—70 und mehr Zellen bestehenden, verticalen Ring auszeichnen, der indessen selten vollkommen entwickelt, sehr häufig mehr oder minder rudimentär, manch- mal bis auf vier Zellen reducirt ist. Fiederrand nach Art von Pteris umgeschlagen. Sporen radiär. , ı Mettenius, Ueber einige Farngattungen. V. Cheilanthes (S. 503, Note 1). ®2 Keyserling, Adiantum. Me&m. de l’acad. imp. d. scienc. d. St. Peters- bourg. 7. ser. XXI. ® Kny, Parkeriaceen (S. 498, Note 1). 560 Polypodiaceae: Onoelea. Cystopteris. Woodsia. Aspidium. 3. Unterfamilie. Notosoreae. Sori auf dem Rücken oder Ende oder an der Seite der Nerven vom Blatt- rände entfernt, nackt oder mit echtem Indusium. 6. Onoclea Sw. Sori rundlich, auf eylindrischem Receptaculum dem Rücken der Nerven aufsitzend, mit unterständigem, schuppenförmigem, halbseitigem, am äusseren Rande freien Indusium und ausserdem noch durch den umgerollten Blatt- rand bedeckt. Sporen bilateral. Blätter zweigestaltig.. 3 Arten. — O0. Struthio- pteris Hofm. (Struthiopteris germanica Willd.) 4. Rhizom bis 20 Centim. hoch, auf- recht, mit Blattstielresten bedeckt, zum Theil unterirdisch und Ausläufer (8. 519) treibend. Blätter spiralig gestellt, einen regelmässigen Trichter bildend, die sterilen bis 1'/, Meter lang, weich, schlaff, aus sehr verschmälertem Grunde breit lanzettlich, plötzlich zugespitzt, gefiedert-fiederspaltig; die untersten Fiedern ab- wärts gerichtet, eiförmig oder eilänglich, kaum 1 Centim. lang, die mittleren fast rechtwinkelig abstehend, lineal-lanzettlich, zugespitzt, ihre Segmente sehr genähert, an der Basis zusammenfliessend, länglich, stumpflich oder abgerundet, ganzrandig oder selten gekerbt oder gezähnt, mit Nervatio Pecopteridis. Fruchtbare Blätter zu 3—6 genau in der Mitte des Trichters stehend, straff aufrecht, viel kleiner, mit lineal-lanzettlicher Spreite, nach dem Grunde hin mit allmählich kleineren Segmenten, diese genähert, fast stielrund zusammengerollt, knotig verunebnet, nach Ausstreuung der Sporen flach ausgebreitet und lappig gespalten. Sori in 2 Reihen die ganze Unterseite der Segmente bedeckend, die einzelnen Häufchen durch die zarten Indusien getrennt. Fructificirt Juni— August; die fruchtbaren Blätter über- wintern. An Flussufern und auf feuchten Wiesen zwischen Gebüsch: Europa, Nordasien, Nordamerika. 7. Cystopteris Bernh. Sorus dem Rücken des Nerven aufsitzend, rundlich, mit unterständigem, schuppenförmigem, halbseitigem, anfänglich den Sorus decken- dem, später zurückgeschlagenem Indusium (Fig. 125 f, g), der Blattrand flach. Sporen bilateral. 7 kleine, zart krautige, den gemässigten Klimaten, vorzüglich der nördlichen Erdhälfte angehörende Arten; unter ihnen 3 deutsche, deren ge- meinste: ©. fragilis Bernh. 4. Rhizom fast wagerecht, dicht mit Blattstielresten und Wurzeln bedeckt. Blätter büschelig stehend, zart, meist hellgrün, ihr zer- brechlicher, gelblicher bis kastanienbrauner Stiel meist kürzer als die Spreite; letztere länglich-eiförmig oder -lanzettlich, zugespitzt, 1- bis 3-fach fiederschnittig, die Segmente letzter Ordnung eiförmig bis länglich, stumpf, mit kurzen, stumpfen oder spitzen Zähnen. Sori oft zusammenfliessend. Sehr veränderliche Art. Fruc- tifieirt Juni— August. An schattigen, feuchten Orten in Fels- und Mauerritzen: Europa, Nord- und Mittelasien, Nord- und Südafrika, Nordamerika, Grönland, Sandwichinseln, Tasmanien, Neuseeland. — C. montana Bernh. (Scandinavien, Alpen, Karpathen etc.) und C. sudetica Al. Br. et Milde (Sudeten) zeichnen sich durch ein fadenförmiges, kriechendes Rhizom (S. 505) und erstere durch delta-, letztere durch breit eiförmige Blätter aus. 8. Woodsia RBr. Sorus dem Rücken des Nerven aufsitzend, rundlich, mit unterständigem, vollständig geschlossenem, kelch- oder napfförmigem, am Rande vielfach zerschlitztem Indusium (Fig. 125 «, ©). Sporen bilateral. Ca. 12 kleine, den gemässigten Klimaten angehörige Arten; 2 europäische. — W. hyperborea Koch. (W. ilvensis RBr.). 2. Rhizom vielköpfig, reich bewurzelt und mit Blatt- stielresten bedeckt. Blätter bis 16 Centim. lang, mit kurzem Stiele, länglich oder lanzettlich, einfach-fiederschnittig-federtheilig, die Segmente oblong bis eidelta- förmig, stumpf, fiederspaltig, mit abgerundeten, ganzrandigen oder gekerbten Läpp- chen, ihre Unterseite sammt Blattstiel und Spindeln mehr oder weniger mit gelb- lichbraunen Spreuschuppen und Haaren besetzt. Nervatio Pecopteridis. Fructi- fieirt Mai— August und die Blätter überwintern nicht. An Felsen (doch nicht auf Kalk) der Hochgebirge Europas von 2000—7000‘, in Deutschland zerstreut (Riesen- gebirge, böhmisches "Mittelgebirge, Lausitz, Rhön etc.). 9. Aspidium Sw.! Sori rundlich, dem Rücken, selten dem Ende der ! Mettenius, Ueber einige Farngattungen IV. Phegopteris und Aspidium (S. 503, Note 1). Polypodiaceae: Aspidium. 561 Nerven aufsitzend. Indusium oberständig, nierenförmig oder herznierenför- mig und in der Einbuchtung, oder schildförmig und in der Mitte ange- heftet (Fig. 125 £, 143 a). Sporen bilateral. Umfangreiche, etwa 250 meist tropische Arten umfassende Gattung; in Deutschland 8 Arten, von denen " offieinell: A. Filix mas Sw. (Lastrea Pres/, Nephrodium Stremp., Polystichum Roth, Polypodium Z. — Wurmfarn. — Fig. 143). 2. Rhizom horizontal oder meistens aufsteigend, bis über 30 Centim. lang, meist nur 2—2!/, Cen- tim. dick, aber durch die zahlreichen Blattstielbasen abgestorbener Blätter im Ganzen bis 6 Centim. im Durchmesser stark, namentlich im hinteren Theile mit zahlreichen aus den Blattstielbasen vorbrechenden, verästelten Nebenwurzeln und auf ersteren manchmal mit Brutknospen (S. 519, Fig. 124); ausser den in voller Vegetation stehenden Blättern birgt die Endknospe noch eine Rosette junger, schneckenförmig eingerollter, ganz von Spreu- schuppen bedeckter Blätter (S. 511). Blätter an Keimpflanzen mit '/, Di- vergenz beginnend, später in °/,, noch später in °/,,; Stellung, die an sehr kräftigen Exemplaren wohl in °/,, übergeht; das erwachsene Blatt bis 1,20 Meter lang und 25 Centim. breit, meist etwas schlaff, seltener straff und derb, kurz gestielt, der Stiel beiderseits mit Längskante (Fig. 144 a), dicht mit grossen, zarten, lanzettlichen, am Rande gezähnten, meist hell- braunen bis rostbraunen, glänzenden Spreuschuppen bedeckt, zwischen denen kleinere, schmal-lanzettliche bis haarartige stehen, die auch die Blattspindel und Mittelrippe der Fiedern bekleiden, an letzteren später aber zum gröss- ten Theile verschwinden. Spreite lanzettlich oder oblong-lanzettlich, nach abwärts sich nur wenig verschmälernd, fiederschnittig-fiedertheilig; Segmente 1. Ordnung sehr kurz gestielt, aus breiter Basis lineal-lanzettlich, horizontal bis schräg abstehend; Segmente 2. Ordnung (Fig. 143 a) am Grunde mit breiter Basis mit einander verschmelzend, meist dicht und senkrecht stehend oder etwas nach vorne geneigt, länglich, stumpf gespitzt, abgerundet oder abgestutzt, kerbig- oder eingeschnitten gesägt, ohne Stachelspitzen, unter- seits spärlich mit bräunlichen, haarartigen Spreuschuppen; die unteren Seg- mente 2. Ordnung häufig grösser, mit schmaler Basis sitzend und fiederig eingeschnitten oder gelappt. Nervatio Pecopteridis, die meisten Nerven nur einmal gegabelt.e. In der Regel nur der mittlere und obere Theil des Blattes fructificirend, die Sori 2-reihig in der unteren Hälfte der Segmente 2. Ordnung, selten bis fast zur Spitze derselben reichend, auf dem vorderen Gabelaste näher der Mittelrippe als dem Rande sitzend, später sich berüh- rend. Indusium herz-nierenförmig, kahl, selten drüsig, bleifarben, zuletzt bräunlich und die grossen schwarzbraunen Fruchthaufen nicht mehr deckend. Durschnitt des Sorus und Sporangien: S. 528, Fig. 127. Sporen dunkel- braun, mit unregelmässigen, gewundenen, manchmal muschelförmigen Leisten (Fig. 127 U). Fructifieirt Juni— September; die Blätter überwintern nicht. In ganz Europa in schattigen Wäldern und Schluchten, wie an sonnigen Abhängen, von der Ebene bis ins Hochgebirge (6000‘) sehr verbreitet und einer der gemeinsten Farne; ausserdem in Nordasien, Caucasus, Himalaya, Algerien, Amerika von den Vereinigten Staaten südwärts bis Peru und je nach Standort mehr oder minder variirend. Abbild. Berg u. Schmidt, Offic. Gew. Taf. XXXIU e und f. Nees v. Esenb. Plant. mediein. tab. 19. Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 36 562 Polypodiaceae: Aspidium. Droge: Rhizoma s. Radix Filicis maris s. Rhizoma Filicis, Ph. germ. >= BEN WM a Au But KUNA, 4, Fig. 143. Aspidium Filix mas Sw. Fruetifieirendes Blatt in ca. Y/, nat. Gr., die untere Hälfte von der Rückseite gesehen. «a Einzelnes fructifieirendes Segment einer oberen Fieder etwa 10-fach vergr. 288; Ph. austr. 95; Ph. hung. 205; Ph. ross. 346; Ph. helv. 112; Cod, med. 53; Ph. belg. 38; Nederl. A. 147; Brit. ph. 143; Ph. dan. 200; Ph. ee Polypodiaceae: Aspidium. 563 suec. 176; Ph. U. S. 31. — Berg, Waarenk. 96 und Atlas zur Waarenk. Taf. XVII. Fig. 43. Flückig. Pharm. 151. Bestandtheile: Ausser 5—6°/, fettem, grünem Oele, Spuren von äthe- rischem Oele, Harz und Gerbstoff noch eine aus dem offieinellen Aether- extracte sich abscheidende farblose, körnig-krystallinische, als Filixsäure bezeichnete Substanz (Husemann, Pflanzenstoffe S. 1050). — Geschmack der Droge schwach süsslich adstringirend, dann widerlich kratzend. Präparate: Extractum Filicis maris s. Filicis liquidum s. aethereum, Ph. germ. 119; Ph. austr. 84; Ph. hung. 185; Ph. ross. 132; Ph. helv. 44; Cod. med. 448; Ph. belg. 172; Nederl. A. 133; Brit. ph. 118; Ph. suec. 75. Pulvis Filieis maris, Cod. med. 302. Oleoresina Filieis, Ph. U. S. 239. Zu medicinischem Gebrauche eignet sich nur die jüngere, im Spätsommer jährlich frisch gesam- melte, vordere Hälfte des Rhizomes, das geschält hellgrün ist, dann aber selbst bei sorgfältigem Schutze bald braun wird. Die Hauptmasse des Ge- webes ist ein dünnwandiges, stärkehaltiges Paren- chym, das hie und da erweiterte Intercellularräume zeigt. In diese hinein ragen ein bis wenige kurze, einzellige Kopfhaare, die einzeln den benachbarten Parenchymzellen ansitzen, als deren Tochterzellen sie durch Ausstülpung entstehen. Ihr kurzer, dünner, eylindrischer Stiel erweitert sich in einen grossen, kugeligen bis birnförmigen Kopf, der auf seiner Oberfläche eine dicke Schicht eines festen, grün- lichen, glänzenden Harzes (wahrscheinlich der arz- neilich wirksame Stoff des Rhizomes) absondert. Die gleichen Drüsen sind auch in der Blattstielbasis vorhanden. Durch das schon erwähnte (S. 507, Fig. 119 A und B) cylindrische Gefässbündelnetz wird das parenchymatische Grundgewebe in ein Fig. 144. «a Querschnitt der starkes Mark und eine mehr oder minder mächtige aeg (GR an Rinde getheilt. Letztere, deren äusserster Theil aus _Asplenium Filix femina Bernh. 6—8 Schichten sehr dickwandiger, braungelber Zellen Dee. auiesieles © etzterer Art dicht unter der besteht, wird von den, von den Netzmaschen des Ge- Tamina "Sekwabh, vergr. fässbündelrohres aus in die Blattstiele tretenden schwächeren Fibrovasalsträngen durchzogen, so dass auf dem Querschnitte des Rhizomes um die 8—12 querdurchschnittenen, kreisförmig gruppirten Stränge des Rohres viele schmächtige Gefässbündelquerschnitte in verschie- dener Anordnung sichtbar sind. Die Zahl der in den Blattstiel eintretenden Stränge beträgt bei erwachsenen, kräftigen Stöcken regelmässig 7 (selten 8 — Fig. 144 a). Das wegen der Aehnlichkeit der Blätter mit A. Filix mas verwechselte A. montanum (siehe unten!) besitzt bedeutend schwächere Rhizome und nur 2 Gefässbündel in der Blattstielbasis, das kräftige A. spi- nulosum deren 5. Das in seinem Wurzelstocke ebenfalls mit unserer Pflanze manchmal verwechselte Asplenium Filix femina zeigt in der Blatt- stielbasis 2 rechts und links stehende, bandförmige Gefässbündel (Quer- schnitt Fig. 144 5), die sich weiter oben zu einem rinnenförmigen, im Querschnitte fast hufeisenförmigen Strange vereinigen (Fig. 144 e — in 36* w 564 Polypodiaceae: Aspidium. allen 3 Figuren liegt die Ober- oder Vorderseite des Blattstieles oben). Ausserdem fehlen den letztgenannten Arten die oben erwähnten Drüsen des Grundgewebes. t Die Wirkung des Wurmfarn als Bandwurmmittel war schon den Alten bekannt (erwähnt von Dioskorides, Plinius). A. athamanticum Kze. (Abbild. Hooker, Species Filicum IV. tab. 258.) 2. Rhizom schief aufsteigend, sammt den Blattstielbasen mit grossen, lanzettlichen, am Rande gewimperten, häutisen, dunkelbraunen Spreuschuppen besetzt. Blatt- stiel bis 20 Centim. lang, unterseits spreuhaarig. Blattspreite bis 50 Centim. lang und 20 breit, oblong-lanzettlich, kahl, 3-fach fiederschnittig. Segmente 1. Ordnung gestielt, eilanzettlich, sich dachziegelig theilweise deckend; Segmente 2. Ordnung aus keilförmiger Basis eilanzettlich, zugespitzt, die untersten gestielt, die oberen sitzend; Segmente 3. Ordnung sitzend, aus keilförmiger Basis oblong, fiederig- kerbig-eingeschnitten, die unteren grösseren Lappen wieder stumpf gezähnt. Sori auf der oberen Blatthälfte, ähnlich wie bei A. Filix mas gestellt; Indusium nieren- förmig. In Natal, am Cap und in Angola heimisch. Der als Radix Pannae =. Uncomocomo mit oder ohne Blattstielbasen seit 1851 in den Handel kommende Wurzelstock wirkt ähnlich, aber kräftiger, als der von A. Filix mas. Die deutschen, sämmtlich Nervatio Pecopteridis zeigenden, in Form des Rhi- zomes meist mit A. Filix mas übereinstimmenden Aspidien sind: I. Euaspidium. Schleier schildförmig, in der Mitte angeheftet. 4 Gefässbündel im Blattstiele: A. aculeatum Döll. (A. lobatum Sm.). 4. Blätter bis 60 Centim. lang, mehr oder minder lederig, länglich-lanzettförmig, doppelt gefiedert, Spindel und Blattstiel reich mit Spreuschuppen bedeckt. Fiederchen trapezisch-eiförmig, stachel- spitzig gesägt. In Gebirgswäldern Europas, Asiens und Nordafrikas ete. Fructifieirt Juli, August. — A. Lonchitis Sw. 2. Kleiner. Blätter einfach gefiedert; Fiedern kurz deltaförmig bis breit lanzettlich, am Grunde der oberen Hälfte mit drei- eckigem, abstehendem Oehrchen, der Rand scharf stachelig gesägt. An felsigen Orten im Hochgebirge (3000—6000‘) Europas; Sibirien, Nordamerika. — II. Ne- phrodium. Schleier herznierenförmig, in der Einbuchtung angehef- tet; a) 5 Gefässbündel im Blattstiele: A. rigidum Sw. 2. Blätter oblong- lanzettlich, 2-, seltener 3-fach fiederschnittig, unterseits drüsig. Segmente letzter Ordnung oval oder länglich, eingeschnitten gesägt. die Zähne kurz stachelspitzig. In den höheren Gebirgen Europas, in Deutschland in den Alpen. Fructifieirt Juni— August. — A. cristatum Sw. 2A. Blätter verlängert lanzettförmig, fieder- schnittig-fiedertheilig, am Grunde nicht verschmälert. Fiedern aus breit eiförmiger Basis kurz deltaförmig, stumpflich; Segmente 2. Ordnung länglich, stumpf, stachel- spitzig gesägt, kahl. Fruchtbare Blätter länger gestielt, schmäler und straff auf- recht. In Torfsümpfen, auf Mooren; fructifieirt Juli, August. — A. spinulosum Sw. 4. Grösser als vorige Arten und Blattstiel mit starken, dunkelbraunen Spreu- schuppen dichter besetzt. Blätter sehr variabel, mit eiförmiger bis fast delta-eiför- miger Spreite, unten 3-fach fiederschnittig, die Segmente letzter Ordnung länglich, stumpf, mit nach vorne gekrümmten, stachelspitzigen Sägezähnen. Fructifieirt Juni bis August. In schattigen Wäldern besonders in Gebirgsgegenden gemein. Zwischen A. spinulosum und A. eristatum ist eine als A. Bootii Tuckerm. beschriebene Bastard- form bekannt. — b) 7 Gefässbündel im Blattstiele: A. Filix mas Sw. (8. 561). — A. remotum Al. Br., sehr selten bei Aachen, in Baden und Schlesien beob- achtet, wird bald als Varietät des A. Filix mas, bald als Bastard zwischen diesem und A. spinulosum betrachtet. — c) 2 Gefässbündel im Blattstiele: A. mon- tanum Vogl. (A. Oreopteris Sw.). 4. Blätter denen von A. Filix mas ähnlich, aber die unteren Fıedern äusserst kurz, die Segmente letzter Ordnung ganzrandig oder schwach gekerbt, unterseits mit zahlreichen gelben Drüsen, die kleinen Sori dicht am Rande der Segmente und mit sehr hinfälligem, drüsigem Schleier, daher oft scheinbar nackt. Fructifieirt Juli, August. In feuchten Bergwäldern häufig, in der Ebene seltener. — A. Thelypteris Sw. 4. Durch das dünne, verästelte, weit kriechende Rhizom und die entfernten, zweizeilig gestellten Blätter (S.. 505) von allen anderen Arten verschieden. Von voriger Art unterscheidet sie sich hauptsächlich durch zierlichere Formen, Drüsenlosigkeit der Segmente und durch die grösseren unteren Fiedern, die fast so lang als die übrigen sind. In Torf- sümpfen. Fructifieirt Juli— September. Polypodiaceae: Phegopteris. Polypodium. Gymnogramme. 565 10. Phegopteris Fee! Von Aspidium durch das Fehlen des Schleiers, von Polypodium durch die sich vom Rhizome nicht abgliedernden Blattstiele verschie- den. Sori rundlich. Sporen bilateral. Ca. 70 Arten, darunter 3 deutsche. — Ph. polypodioides Fee (Ph. vulgaris Mett., Polypodium Phegopteris L). 4. Rhizom dünn, kriechend, verzweigt (S. 505), mit hinfälligen Spreuschuppen bedeckt. Blätter 2-zeilig, zerstreut stehend, bis 30 Centim. lang, behaart, die Spreite delta- förmig, fiederschnittig-fiederspaltig, die Segmente 1. Ordnung lineal-lanzettlich, genähert, sitzend, die beiden untersten nach abwärts gerichtet, die Segmente 2. Ordnung länglich, stumpf, ganzrandig oder gekerbt. Nervatio Pecopteridis. In feuchten, schattigen Wäldern der Ebene und des Gebirges gemein. Fructifieirt Juni— September. — Ph. Dryopteris Fee (Polypodium L.).. 2. Blätter kahl, breit, deltaförmig, 2- bis 3-fach fiederschnittig, die Segmente 1. Ordnung eiförmig, die beiden unteren gestielt, alle fast horizontal abstehend, die Segmente letzter Ordnung länglich, stumpflich, ganzrandig, gekerbt oder fiederspaltig. Sonst wie vorige Art, mit der sie gewöhnlich gesellig vorkommt. — Ph. Robertiana Al. Br. (Ph. calcarea Fee). Von voriger Art hauptsächlich durch etwas feinere Thei- lung und die zahlreichen, kurzen, blassen Drüsen des Blattes verschieden. Auf Kalkboden namentlich in Gebirgen, aber seltener als die anderen Arten. 11. Polypodium L.?* Sori dem Rücken oder dem angeschwollenen Ende der Nerven aufsitzend, rund, oval bis linienförmig, stets ohne Schleier (Fig. 125 x, 2). Sporen bilateral. Blätter sich vom Rhizome unter Rücklassung einer Narbe glatt abgliedernd (vgl. Phegopteris und Gymnogramme). Umfangreiche Gattung, fast 300 Arten zählend, von denen nur 1 europäische: P. vulgare L. 2. Rhizom bei etwa 7 Millim. Dicke bis 20 Centim. und darüber lang, dicht unter der Erd- oberfläche oder oberirdisch kriechend, von oben her etwas flach gedrückt, mit braunen Spreuschuppen dicht bedeckt, auf der Bauchseite mit dünnen, ästigen, braunfilzigen Wurzeln. Blätter 2-zeilig, nach dem Abfallen kreisrunde, etwas aus- gehöhlte, häufig auf kurzem Blattstielstumpfe befindliche Narben zurücklassend, bis 30 Centim. lang, kahl, lederartig, meist dunkelgrün, die Spreite länglich-lan- zettlich, fiedertheilig; die Segmente abwechselnd, mit breiter Basis sitzend bis herablaufend, lineal-lanzettlich, abgerundet oder spitz, ganzrandig oder gesägt oder selten fiederspaltig, mit Nervatio Eupteridis. Sori in 2 Reihen, jeder Sorus auf dem durchscheinenden Ende des vorderen, untersten Astes der Seitennerven (Fig. 125 &, 2), kreisrund. An alten Mauern, Felsen, Baumstrünken, auf der Erde, von der Ebene bis ins Hochgebirge (7000°) in ganz Europa, Nord- und Mittelasien, Japan, Sandwichinseln, Nordamerika, canarische und azorische Inseln, Algerien, Cap. Fructifieirt bei uns Mai—September. Das Rhizom ist als Rhlizoma s. Radix Polypodii s. Radix Filiculae duleis (Engelsüss) officinell (Ph. helv. suppl. 100; Ph. belg. 69; Cod. med. 76. — Präparate: Species laxantes, Ph. helv. suppl. 100; Electuarium de Rheo compositum, Cod. med. 503; Elect. de Senna compos. Cod. med. 505 ete. — Berg, Waarenk. S. 98. Flückig. Pharm. S. 154. — Abbild. Nees v. Esenb. Plantae medicin. tab. 15). Sein Geschmack ist unangenehm süss, später bitterlich kratzend; es enthält neben fettem Oel, Harz, Gerbstoff und Aepfelsäure 5°, Zucker. Auf dem dichten, wachsglänzenden, frisch grünlichen, später braunen Querschnitte zeigt es eine sehr dünne, braune Aussenrinde und in dem massigen, parenchymatischen Grundgewebe in einen weiten Kreis gestellt 10—12 kleine, weisse Gefässbündel, deren Verlauf schon auf 8. 508 angegeben wurde. Dem Wurzelstocke von Polypodium ähnliche Rhizome sind in Peru und Chile als Rhizoma s. Radix Calahualae s. Calagualae officinell. Die echte Droge stammt von Polypodium Calaguala Ruiz, und mit dieser werden oft die Rhizome von Acrostichum Huacsaro Ruiz und Polypodium crassifo- lium L. vermischt. Aus dem europäischen Handel ist die Droge jetzt verschwunden. 12. Gymnogramme Desv. Sori linealisch, auf dem Rücken der unverän- derten secundären Nerven fast in deren ganzer Länge sitzend, ohne Schleier (Fig. 125 w), bei der Reife fast die ganze Unterseite bedeckend. Sporangien meistens sehr kurz gestielt. Sporen radiär. Blattstiel sich nicht vom Rhizome abgliedernd. Ueber 70 Arten, von denen 2 deutsche. — G@. Marantae Met. 2. 1 Mettenius, Ueber einige Farngattungen. IV. (8. 560, Note 1). ®? Mettenius, Ueber einige Farngattungen. I. Polypodium (8. 503, Note 1). 566 Polypodiaceae: Gymnogramme. Platycerium. Ceterach. Asplenium. Rhizom kriechend, dicht mit Anfangs weissen, später rostbraunen Spreuschuppen bedeckt. Blätter in seltenen Fällen bis 50 Centim. lang, ihr Stiel starr und hol- zig, kastanienbraun, wie die Spindeln der Spreite mit schmalen, langen Spreu- schuppen. Blattspreite starr lederartig, schmal länglich oder oblong-lanzettlich, oberseits fast kahl, unterseits dicht mit breit lanzettlichen bis eiförmigen, braunen Spreuschuppen dachziegelig bedeckt, doppelt fiederschnittig, die Segmente 2. Ord- nung oblong oder lineal-oblong, stumpf, ganzrandig, mit verbreiterter Basis sitzend. Nervatio Neuropteridis. An heissen, dürren Abhängen nur im Süden, der nörd- lichste, vereinzelte Standort in Mähren, sonst in Südtirol, Schweiz. Fructificirt August — October. — G. leptophylla Desv. Ein kleines, ®, sehr selten (*) Pflänzchen mit dünnhäutigen, kahlen, 1- bis 3-fach fiedertheiligen Blättern; sein nördlichster Standort in kleinen Höhlen bei Meran in Südtirol. — G. chryso- phylla Desv. (Goldfarn), G. calomelanos Kaulf., G. tartarea Desv. (Silber- farne) werden häufig in unseren Glashäusern eultivirt (8. 520). Hier würde sich neben anderen tropischen Gattungen, wie Antrophyum Kaulf., Taenitis Sw. ete., die auf S. 521 des eigenthümlichen Blattwechsels wegen er- wähnte Gattung Platycerium Desv. anschliessen, deren bekannteste, in unseren Glashäusern häufigst cultivirte Art das im tropischen Ostafrika, Asien, Australien und Polynesien heimische P. aleicorne Desv. ist. Die Sporangien erscheinen hier zwar dem unbewaffneten Auge wie bei den Dialysoreen über weite Strecken des fertilen Blattes ausgedehnt, entspringen aber wirklich nur in Reihen über den dicht netzartig anastomosirenden Nerven; die zwischen letzteren auf dem Mesophyll der Maschen zur massenhaften Entwickelung kommenden Sternhaare, welche die Lücken zwischen den Sporangien ausfüllen, bedingen das acrostichumartige Aus- sehen der Sori. 13. Ceterach Willd. Sori linealisch, wie bei Asplenium den Nerven in einem grossen Theile ihres Verlaufes seitlich ansitzend (dadurch von Gymno- gramme verschieden), aber ohne Indusium. Sporen bilateral. Blattstiel nicht ge- gliedert. Nur wenige Arten, davon 1 deutsche: C. officinarum Willd. (Asple- nium Ceterach L.). 2. Rhizom schief aufsteigend, gewöhnlich mehrköpfig. Blätter büschelig, meist nur 4—8 Centim., selten über 12 Centim. lang, der kurze Stiel mit fast schwarzen, lanzettlichen Spreuschuppen, die lederartige Spreite lanzett- lich, fiedertheilig, oberseits nur auf der Mittelrippe feinschuppig, unterseits dicht mit zuerst silberweissen, später rothbraunen Spreuschuppen dachziegelig bedeckt, ihre Segmente eiförmig, stumpf, bogig herablaufend und mit breitem Grunde zu- sammenfliessend, ganzrandig, seltener breit gekerbt. Nervatio Neuropteridis, aber an den Enden der Gabeläste oft Anastomosen. In Mauerritzen und an heissen, dürren Abhängen in Felsenspalten, im Norden sehr vereinzelt auftretend (Meiss- ner, Rhön, Nahethal, Taunus, Heidelberg ete.). Fructifieirt Juni— September. Das Kraut war früher vielfach bei Milz- und Blasenkrankheiten als Folia s. Herba CGeterach offieinell und wird auch jetzt noch im Cod. med. 46 aufgeführt (Abbild. Hayne, Arzneigew. VIII. Taf. 48. — Berg, Waarenk. $S. 282). 14. Asplenium ZL.! Sori linealisch, den Nerven in einem grossen Theile ihres Verlaufes seitlich ansitzend, mit linealischem, ebenfalls seitlichem Indusium (Fig. 125 r), selten Sorus und Schleier kurz (Fig. 125 s). Bei vielen tropischen Arten sitzt dem fructificirenden Nerven jederseits ein Sorus an, so dass der eine Schleier nach dem Blattrande hin, der andere der Mittelrippe zu sich öffnet (Diplazium). Sporen bilateral. Grosse Gattung mit ca. 300 Arten, von denen nur 15 deutsche. Wie bei allen anderen grossen Farngattungen, so hat man auch hier systematische Theilungsversuche unternommen, von denen die letzten Mil- de’schen Spreuschuppen und Gefässbündel des Blattstieles als Ausgangspunkte nehmen. In Bezug auf erstere besitzt die alte Gattung Athyrium Roth Paleae cystopteroideae, die eigentliche Gattung Asplenium (mit den verwandten Gattungen Scolopendrium und Ceterach) Paleae clathratae (vgl. S. 520). Die Blattstiele der Mehrzahl der Arten sind ungegliedert und, nur bei wenigen, von Mettenius als ! Mettenius, Ueber einige Farngattungen. VI. Asplenium (S. 503, Note 1). — Milde, Ueber Athyrium, Asplenium und Verwandte. Bot. Zeit. 1870. S. 329. — Milde, Das Genus Athyrium. Bot. Zeit. 1866. S. 371. — Heufler, Asplenii Species Europaeae. Verhandl. d. zool,-botan. Gesellsch. in Wien VI. 235—354. Polypodiaceae: Asplenium. 567 Micropodium zusammengefassten Arten gliedern sie sich mit Narbe von der Axe ab. — I. Athyrium Roth. Paleae cystopteroideae. Sori sehr kurz, oval und hufeisenförmig gekrümmt, mit eben solchem Indusium (Fig. 125 s), bis selten fast rund: A. Filix femina Bernh. &. Rhizom aufrecht oder aufsteigend, dicht mit schwarzen Blattstielresten bedeckt. Blätter fast einen Trichter bildend, bis über 1 Meter lang und 25 Centim. breit, weich, schlaff,. der kurze Stiel mit Spreuschuppen, die Spreite länglich-lanzettlich, zugespitzt, 2- bis 3-fach fiederschnittig. Segmente 1. Ordnung fast ungestielt, lineal- bis länglich- lanzettlich, allmählich fein gespitzt, die untersten herabgebogen; Segmente 2. Ord- nung eiförmig oder oblong bis länglich-lanzettlich, das erste obere länger als das folgende; Segmente 3. Ordnung eiförmig bis länglich, spitz oder stumpf, ringsum oder nur an der Spitze gezähnt, die Zähne meist kurz und spitz. Nervatio Peco- pteridis. Indusium hufeisenförmig (Fig. 125 s). In schattigen Wäldern der Ebene und Gebirge gemein. Fructificirt Juni—August. Das Rhizom wird manchmal mit dem officinellen des Aspidium Filix mas verwechselt (vgl. S. 563 u. Fig. 144 b, ce). — A. alpestre Mett. 4. Der vorigen Art sehr ähnlich, aber durch die runden Sori mit sehr kleinem, scheinbar fehlenden Indusium und die meist kleineren (als die folgenden) ersten Segmente 2. Ordnung leicht unterscheidbar. Nur in höheren Gebirgen (Brocken, Iser- und Riesengebirge, mährisches Gesenke, Böhmerwald, Alpen). Fructificirt Juli, August. — II. Asplenium. Paleae clathratae. Sori und Schleier lang linealisch. a) Blätter mehrfach fiederschnittig, das untere Segmentpaar kürzer als die folgenden. Nervatio Pecopte- ridis: A. Halleri DC. (A. fontanım Sm.) 24. Rhizom kurz, kriechend bis fast aufrecht. Blätter büschelig, bis 10 Centim. lang, der kurze Blattstiel grün, unten braun, die Spreite lineal-lanzettlich, 2-fach fiederschnittig, die Segmente 2. Ord- nung meist sehr dicht stehend, aus keilförmiger Basis rundlich oder verkehrt ei- förmig, mit wenigen, breiten, starken, fein dornigen Zähnen. An feuchten Felsen in den Alpen. Fructificirt Juli, August. — Hierher auch das im Süden und in Westfrankreich und Südengland heimische A. lanceolatum Huds., das in Deutsch- land nur in den Vogesen zwischen Bitsch und Weissenburg vorkommt. — b) Blät- ter mehrfach, selten nur einfach fiederschnittig, das untere Segment- paar das grösste. Nervatio Sphenopteridis: A. Adiantum nigrum L. 24. Rhizom schief, mit Blattstielresten bedeckt. Blätter büschelig, S—30 Centim. lang, ihr Stiel dunkel-kastanienbraun und zerbrechlich, die Spreite dunkelgrün, lederig, oblong bis eiförmig, 2- bis 3-fach fiederschnittig; Segmente 1. Ordnung eiförmig bis eilanzettlich, gestielt; Segmente 3. Ordnung aus keiligem Grunde ei- förmig oder oblong, stumpf oder spitz, kurz und spitz gesägt bis fiederig einge- schnitten mit gesägten Lappen. Sehr variabele Art. An Felsen und Mauern in Mittel- und Südeuropa (in Deutschland bis zum Harze), Persien, Caucasus, Abys- sinien, canarische Inseln, Azoren ete. Fructificirt Juli— Oktober, und die Blätter mancher Formen überwintern gut, die der zarteren, auf Serpentin vorkommenden var. Serpentini meist nicht. War früher als Folia s. Herba Adianti nigri officinell (Abbild. Nees v. Esenb. Plantae offiecin. tab. 16). — A. Ruta muraria L. 4. Rhizom kurz. Blätter büschelig, 4-12 Centim. lang, etwas derb bis krau- tig, ihr Stiel so lang oder länger als die Spreite, grün, am Grunde kastanienbraun und mit Spreuschuppen. Spreite eiförmig, delta-eiförmig oder länglich-lanzettlich, 2- bis 3-fach fiederschnittig, die Segmente letzter Ordnung aus keilförmiger Basis, eiförmig bis oblong, vorne abgestutzt, abgerundet oder rhombisch, gekerbt oder gezähnt, selten ganzrandig. Schleier gewimpert. In Mauerritzen und Felsspalten häufig (Europa, Nord- und Westasien). Fructifieirt Mai—September. War früher als Herba s. Folia Adianti albi s. Rutae murariae offieinell (Abbild. Nees v. Esenb. Plantae offiein. tab. 16). — A. germanicum Weiss. 4. Blätter büsche- lig, 6—16 Centim. lang, etwas derb, lanzettlich, am Grunde doppelt fiederschnittig, die Segmente sparsam (4—10), locker gestellt, alle kurz gestielt, schmal keilför- mig, nach innen bogig, vorne stumpf eingeschnitten-gezähnt, nur die untersten 2- bis 3-theilig. In Mauer- und Felsspalten, in der Ebene seltener. Fructifieirt Juli, August. — A. septentrionale Sw. A. Blätter zahlreich büschelig, bis 10 Centim. lang, ihre schmale Spreite aus 2—5 abwechselnden, schmal und lang keilförmigen, fein zugespitzten Segmenten gebildet, die oben 2—3 schmale, abstehende, abwech- selnd unter einander stehende, langspitzige Zähne tragen. In Mauer- und Fels- spalten häufig. Fructificirt Juli, August. — c) Blätter einfach gefiedert, die 568 Polypodiaceae: Asplenium. _Scolopendrium. Blechnum, Fiedern rundlich., Nervatio Eupteridis: A. Trichomanes L. A. Blätter zahlreich büschelig, bis 30 Centim. lang, lineal-lanzettlich, derb, straff, dunkel- grün, ihr kurzer Stiel und die schmal geflügelte Spindel glänzend rothbraun, die Fiedern oval oder oblong bis rundlich, gekerbt. An Mauern, Felsen, auf Baum- wurzeln, namentlich in Gebirgsgegenden häufig und kosmopolitisch. Fruetifieirt Juni— October. War als Herba s. Folia Adianti rubri s. Trichomanes (rother Widerthon) offieineil (Abbild. Nees v. Esenb. Plantae mediecin. tab. 16). — A. viride Huds. 4. Der vorigen Art ähnlich, doch krautig, hellgrün bis gelb- lichgrün, der Blattstiel rothbraun, die Spindel grün, die fast kreisrunden Fiedern einfach oder doppelt stumpf-kerbig-gezähnt. An Felsen (vorzüglich auf Kalk) in den Gebirgen ganz Europas; Westasien, Nordamerika. — A. adulterinum Milde. 4. Durch die oben grüne, unten braune Spindel etc. die Mitte zwischen den vorigen beiden Arten haltend, als deren Bastard die Pflanze gewöhnlich betrachtet wird. Auf Serpentin in Schlesien, Mähren und Nordböhmen, im sächsischen Erz- gebirge und in Steiermark, aber überall nur an einzelnen Standorten. 15. Scolopendrium L. Sori lineal und seitenständig wie bei Asplenium, aber je zwei Sori immer einander genähert, der eine auf dem vorderen Aste eines Seitennerven, der andere auf dem hinteren Aste des folgenden sitzend, die Indu- sien an den einander zugekehrten Rändern frei, in der Jugend sich gegenseitig deckend (Fig. 125 q). Sporen bilateral. Von 8 Arten 1 deutsche: S. vulgare Sym. (S. offieinarum Sw.) 4. Rhizom fast aufrecht, bis 6 Centim. lang, mit Blattstiel- resten bedeckt. Blätter büschelig, kurz gestielt, bis 50 Centim. lang und 5 Cen- tim. breit, aus herzförmiger Basis lanzett-zungenförmig, ungetheilt, meist ganz- randig, hellgrün, oberseits etwas glänzend, Stiel und die Unterseite der Spindel mit Spreuschuppen. Nervatio Taeniopteridis. Schleier zuerst weiss, dann bräun- lich und zurückgeschlagen. An schattigen, feuchten Felsen und Mauern, in Brunnen; fast durch ganz Europa, Westasien, Japan, Nordamerika, canarische Inseln und Azoren. Fructifieirt Juli, August. In Gärten werden häufig Monstro- sitäten mit krausrandigen oder gabeligen oder an der Spitze kammartig vielthei- ligen und gekräuselten Blättern cultivirt. Die schwach süsslich adstringirend schmeckenden Blätter waren früher allgemeiner als Folia Scolopendrii s. Phyllitidis s. Linguae Cervinae (Hirschzunge — Flückig. Pharm. S. 450, Berg, Waarenk. S. 282) bei Milz- und Blasenleiden, Lungenkrankheiten und auch äusserlich als Wundmittel offieinell und werden noch im Cod. med. 86 aufgeführt (Syrupus Cichorii cum Rheo s. Syrupus Rhei compositus, Cod. med. 484; Ph. helv. suppl. 110. Electuarium de Rheo compositum, Cod. med. 503. Electuar. de Senna compos. Cod. med. 505. Ete.) 16. Blechnum L. Sorus lang linienförmig, selten unterbrochen, auf einer Nervenanastomose sitzend, welche die Seitennerven der fructificirenden Fiedern zu doodyaartigen Maschen verbindet, der Mittelrippe der Fieder parallel laufend und‘ dieser angedrückt oder auf der Mitte der Fieder oder näher dem Rande. Indusium lang linealisch, auf der Aussenseite des Nerven angeheftet, nach der Mittelrippe zu frei (Fig. 125 d, e). Sporen bilateral. Blätter ein- oder zweige- staltig (die letzteren Formen auch als Gattung Lomaria zusammengefasst) und der Blattstiel nicht gegliedert. Circa 50 Arten, von denen 1 deutsche: B. Spi- cant Roth. (B. boreale Sw.) 4. Rhizom schief aufsteigend, meist ästig, an der Spitze mit dunkelbraunen Spreuschuppen bedeckt. Blätter büschelig, 2-gestaltig, alle einfach fiedertheilig, dunkelgrün, kahl, die sterilen auf dem Boden liegend, kurz gestielt, bis 30 Centim. und darüber lang, verlängert lanzettlich, mit ein wenig aufwärts gekrümmten, lineal-lanzettlichen, ganzrandigen, mit breiter Basis angewachsenen Segmenten, die nach abwärts sich zu rundlichen verkürzen. Ner- vatio Neuropteridis oder N. Eupteridis. Fruchtbare Blätter länger, straff aufrecht, lang gestielt, ihre Segmente schmal-linealisch, mit Ausnahme der Spitze von den beiden Fruchthäufchen bedeckt, die untersten Segmente sehr klein. Meist trupp- weise an Abhängen in feuchten Wäldern, vorzüglich der Gebirge, häufig. Fructi- fieirt Juli, August und die sterilen Blätter überwintern. Von ausserdeutschen Arten mag hier kurz noch das Blechnum (Lomaria) punctulatum Sw. vom Cap erwähnt werden, weil eine Varietät desselben, var. scolopendrioides Mett., alle Uebergänge von den normalen Fruchthäufchen der Gattung zu denen von Scolopendrium zeigt, so dass die am schärfsten ausgeprägte, ee De Polypodiaceae: Dialysoreae. — Gleicheniaceae. 569 häufig allein in den Sammlungen vorhandene Form früher als Scolopendrium Krebsii Kze. beschrieben wurde. 4. Unterfamilie. Dialysoreae (Acrostichaceae). 1 Sporangien sich sowohl über dem Mesophyll, als über den Nerven des Blattes entwickelnd, daher mit Ausnahme der Mittelrippe und gewöhnlich eines schmalen Blattrandes über die ganze Unterseite verbreitet, in seltenem Falle (Polybotrya cervina Kaulf.) sogar normal auf beiden Blattflächen entstehend. Hierher gehören durchweg tropische und subtropische Farne der Gattungen Acrostichum L., Chrysodium Fee, Dryostachyum J. Sm., Polybotrya HBK. etc., aus denen das Acrostichum squamosum Sw. als das uns auf den canarischen Inseln zu- nächst vorkommende Mitglied erwähnt werden mag. Das Rhizom des peruanischen Acrostichum Huacsaro Ruiz (A. Calaguala Kl.) wird mit dem Radix Cala- gualae (S. 565) liefernden Rhizome von Polypodium Calaguala verwechselt. 223. Familie. Gleicheniaceae. Sporangien sitzend, mit einem vollständigen, in der Mitte oder nahe über der Mitte verlaufenden Ringe, sich durch Längsriss öffnend. Sporen bilateral. Sori immer ohne Indusium, fast immer nur aus wenigen (2—4), selten auch aus einem einzelnen oder aus mehr (bis 15) Sporangien gebildet, einer kraterartigen Vertiefung der Blattsubstanz eingesenkt (Fig. 145) oder oberflächlich. 3 Gat- tungen (Platyzoma RBr., Gleichenia Sm. und Stromatopteris Mett.) mit ca. 30, vorzüglich den Tropen und wärmeren Klimaten der südlichen Hemisphäre an- gehörenden Arten, unter denen Glei- chenia dichotoma Hook. die verbreitetste und am weitesten nach Norden (Japan) gehende. 1. Platyzoma Rbr. Sori auf dem Ende eines Nerven, vom eingerollten Fiederrande bedeckt. — P.microphyl- Fig. 145. Gleichenia polypodioides Sm. Blatt- lum RBr. 2. Blatt bis 30 Centim. lang, segment mit Sorus aus drei bereits geöffneten einfach gefiedert, die Fiedern sehr klein, Sporangien. Vergr. 20. Die Blattnerven wurden rundlich, durch die eingerollten Ränder stärker gezeichnet, als sie in Wirklichkeit vor- ei-kappenförmig. Aüstralien. BL nn. 2. Gleichenia Sm. Sori rückenständig. Die wiederholt gabelig getheilten, in den Gabelästen einfach oder doppelt fiederschnittigen Blätter zeichnen sich durch ein sehr lange anhaltendes, so zu sagen unbegrenztes Spitzenwachsthum (8.511) aus, das durch eine in der Gabelungsstelle jeder Dichotomie sitzende, ent- wickelungsfähige, spiralig eingerollte Knospe vermittelt wird, welche nach einer Ruhepause in der nächsten Vegetationsperiode Wachsthum und Verzweigung des Blattes fortsetzt, jedoch den ersten Blättern von Keimpflanzen noch fehlt. — I. Eugleichenia. Sori einzeln an der Basis der oberen Hälfte der sehr kurzen, aus breitem, sitzendem Grunde ovalen bis fast halbkreisrunden Segmente (Fig: 145): G. polypodioides Sw. Südafrika. — G. eircinata Sw. Hinterindieu, Neu- holland, Neuseeland ete. — II. Mertensia Willd. Sori zu beiden Seiten der Mit- telrippe der oblongen bis linealen Segmente: G. dichotoma Hook. Tropen beider Erdhälften. Die Blätter erreichen 3 Meter Länge und darüber. Das kriechende Rhizom wird hie und da geröstet gegessen. ı F&e, M6moires sur la famille des Fougeres II. Histoire des Acrostichacees, Fol. mit 64 Taf. Strassburg 1844—1845, 570 Schizaeaceae. 224. Familie. Schizaeaceae. Sporangien sitzend oder sehr kurz gestielt, mit einem vollständigen, horizon- talen, turbanartig dicht unter dem aus einer kleinen Gruppe sehr kleiner, zart- wandiger Zellen gebildeten Scheitel sitzenden Ringe aus schmalen, vertical ge- streckten Zellen, sich durch einen Längsriss öffnend (Fig. 146). Sporen radiär. 4 Gattungen mit zusammen etwa 70 Arten, von denen die meisten dem tropischen Amerika angehören. 1. Lygodium Sw. Sporangien auf der Unterseite ährenförmiger, gezähnter Lappen am Rande der Fiederchen, jeder Zahn mit einem einzigen Sporangium (S. 523), welches auf der Unterseite des Blattes von einem In- dusium verdeckt wird, das mit dem Blatt- zahne zu einer Tasche verschmolzen ist. Nach Mettenius wäre das auf beiden Flächen seines Grundes mit Spaltöffnungen ver- sehene Indusium nur eine Wucherung der unteren Blattfläche, nach Prantl (S. 526) sammt dem sogenann- ten Blattzahne ein echter, wie bei den Hymenophyllaceen (S. 525) sich ent- wickelnder Schleier, der „mit hoher Wahr- scheinlichkeit als die erste Integumentbil- dung um die Samen- knospe aufgefasst wer- 2 “ - Fig. 146 A. Fertiler Blatt- Fig. 146 B. Aneimia Phyllitidis Sw. en rg lappen von Lygodium volu- a Sporangium von der Seite gesehen rs en 5 bile Sw., von den unteren (Vergr. 120) und 5b dessen Scheitel zelne Sporangium (Fig. Sporangien die Indusien ent- stärker vergrössert und halb von oben 146 A) ist länglich- fernt. Vergr. 15. gesehen. eiförmig, sitzt auf kur- zem, seitlichem Stiele im Grunde der Tasche dem Nervenrücken auf, kehrt seinen Scheitel nach Basis und Mittelrippe des fertilen Lappens und reisst auf der dem Indusium zugekehrten Seite auf. Die von dem unterirdisch kriechenden Rhizome sich nicht abgliedern- den Blätter besitzen eine unbegrenzt wachsende Spindel (S. 512), welche dem Blatte das Aussehen eines bei derselben Art bald rechts, bald links windenden, bei manchen Arten bis 10 Meter und darüber langen Stengels giebt, an dem die primären Fiedern die Blätter vorstellen. Die primären Fiedern ihrerseits sind gabelig in zwei wieder einfach oder doppelt gefiederte Secundärfiedern getheilt, und in der Gabelung sitzt eine spiralig eingerollte Endknospe, die unverändert im Knospenzustande bleibt, oder den Aufbau des Blattes in der angegebenen Weise in den Secundärfiedern unbegrenzt wiederholt. Etwa 20 Arten, von denen L. japonicum Sw., L. eircinatum Sw. und L. scandens Sw., alle drei in Ost- und Südasien, letzteres auch in Neuholland, Polynesien und Afrika heimisch, . in ihrem Vaterlande medicinisch wie bei uns Adiantum Capillus Veneris (S. 559) gebraucht werden. Manche Arten in unseren Glashäusern als Decorationspflanzen eultivirt. Y 2. Schizaea Sm. Blätter einfach, oder wiederholt gabelig in schmale, lan- zettliche bis bandartige Lappen getheilt, oder fächerförmig mehr oder minder tief gespalten bis nur am Rande gesägt, auf der Spitze, oder auf der Spitze jedes Schizaeaceae. Osmundaceae. 571 Segmentes oder Zahnes mit einem handförmig oder fiederig getheilten fertilen Lappen, auf dem die Sporangien jederseits der Mittelrippe der Abschnitte in 1 oder 2 Reihen entwickelt werden. Indusium fehlt. Sporangien eiförmig, fast sitzend, aufrecht. Die am weitesten nordwärts (Sch. pusilla Pursh. — New Jersey, Vereinigte Staaten) und südlich (Sch. australis Gaud. — Falkland- und Auckland- Inseln) gehende Gattung der Familie, mit ca. 16 Arten. 3. Aneimia Sw. Blätter dreitheilig, der mittlere Abschnitt steril, verschie- denartig bis doppelt fiederschnittig getheilt, die beiden seitlichen Abschnitte die sitzenden, eiförmigen, aufrechten, schleierlosen Sporangien tragend (8. 523, 532). Die fertilen Abschnitte sind entweder von dem sterilen in der Form weniger ab- weichende, seitlich abstehende Fiedern (Trochopteris Gardn.), oder sie sind in Folge gänzlichen Schwindens des Mesophylis zu dicht mit den Sporangien be- deckten Rispen umgewandelt, die auf die Vorderseite der Basis des sterilen mitt- leren Abschnittes gerückt sind (Aneimia im engeren Sinne und Anemidictyon J. Sm.), oder die so tief unten auf der Blattstielbasis entspringen, dass sie wie von einem sterilen Blatte völlig getrennte Sporangienrispen erscheinen (Copto- phyllum Gardn.). In allen Fällen aber kann ähnlich, wie bei den Ophioglosseen (siehe diese), von einer Verwachsung ursprünglich getrennter steriler und fertiler Blätter, wie man sie früher annahm, nicht die Rede sein. (Prothallium S. 537, Antheridien S. 539, Spaltöffnungen S. 518.) Circa 30 meist kleinere Arten, von denen die meisten Amerikaner. — A. Phyllitidis Sw. (A. fraxinifolia Raddi) aus dem tropischen Amerika wird am häufigsten in unseren Glashäusern eultivirt; in ihrer Heimath wird sie bei Brustleiden verwendet. — A. tomentosa Sw. (tro- pisches Amerika) enthält ein wie Myrrhe riechendes Harz. 4. Mohria Sw. Sporangien sitzend, fast kugelig, ohne Indusium einzeln oder zu 2 auf den verdickten Nervenenden und auf der Unterseite nach unten schleier- artig umgebogener Zähne sonst unveränderter Blätter entspringend. Nur 1 Art: M. thurifraga Sw. am Cap, auf Madasgascar und den Mascarenen; Blätter bis 30 Centim. lang, lanzettlich, 2- bis 3-fach fiederschnittig. 225. Familie Osmundaceae.! Sporangien schief ei- bis birnförmig, kurz und dick gestielt, auf dem Rücken gebuckelt und hier mit einem rudimentären, im leichten Bogen horizontal verlau- fenden Ringe, welcher aus meist 2 über einander stehenden Reihen vertical ge- streckter, dickwandiger, hell- bis goldgelber Zellen besteht, an die sich oberwärts noch eine Gruppe kleiner diekwandiger Zellen anschliesst. Von hier aus öffnet sich das Sporangium mit einem vertical über den Scheitel und die ganze Bauch- seite sich erstreckenden Längsrisse, dessen Lage am noch geschlossenen Sporan- gium schon durch 2—3 Reihen zartwandiger, sehr schmaler Zellen angedeutet ist, zwischen denen das Aufreissen der Sporangiumwand erfolgt (Fig. 147). Durch die Form des Sporangiums und des Ringes schliessen sich die Osmundaceen den An- giopteridieen unter den Marattiaceen an, von denen sie sich aber durch die ein- schichtige Wand, die vorhandene Centralzelle für die Sporenmutterzellen und die ganze Entwickelung der indusiumlosen Sporangien unterscheiden, während sie an- dererseits dadurch wieder den Schizaeaceen etc. sich anschliessen, mit denen sie auch die radiären Sporen theilen. Bemerkenswerth ist ferner der Verlauf der Ge- fässbündel im Stamme, der von demjenigen der übrigen Filicinen (S. 507) bedeutend abweicht und sich nach De Bary?* ganz dem Dicotylentypus unterordnen lässt, speciell an die Coniferen (Juniperus, Widdringtonia) anschliesst. Das erwachsene Rhizom der Osmunda regalis hat nach °/,, Divergenz angeordnete Blätter und kurze Internodien. Ein Gefässbündeleylinder (mit 13 Strängen) trennt das Mark [2 ! Milde, Index Osmundarum; Bot. Zeit. 1868. S. 49. Die Fructification der Ösmunden; Bot. Zeit. 1868. S. 65. Monographia generis Osmundae; Verhandl. d. zool.-botan. Gesellsch. in Wien 1869. Ueber Todea und Leptopteris; Sitzungsber. d. schlesisch. Gesellsch. f. vaterl. Cultur 1869; Bot. Zeit. 1870. S. 470. — Ueber Prothallien S. 533, Note 1. ®2 De Bary, Vergleich. Anatomie S. 290 (S. 498, Note 1). 572 Osmundaceae. von der schwarzbraunen, sclerotischen Rinde, durch welche die Stränge schräg aufwärts in die Blätter laufen, in jedes Blatt ein Bündel. „Aus einem Blatte n tritt ein Bündel in den Cylinder ein und läuft ziemlich genau senkrecht, in der Regel durch 13 Internodien, abwärts, um sich dann, neben dem senkrecht unteren Blatte n—13 ausbiegend an die anodische Seite des zum Blatte n—8 gehörigen Bündels anzulegen und mit diesem zu ver- schmelzen (Fig. 148, in welcher die Häkchen rechts und links an der Austrittstelle in den Blattstiel zwei Wurzelansätze bedeuten). Die Bündel sind an ihrer Austrittstelle aus dem Cylinder am stärksten, im Querschnitte huf- eisenförmig; im Blattstiele behalten sie diese oder wenigstens Halbmondform bei. Im Stamm- cylinder nehmen sie nach abwärts zuerst all- mählich, zuletzt rasch an Dicke ab und er- halten keilförmigen Querschnitt. Sie werden hier durch schmale Parenchymstreifen (Mark- strahlen) von einander getrennt.“ Todea und Leptopteris verhalten sich ähnlich. Prantl! betrachtet wegen der so vielfach abweichenden Eigenschaften (vgl. u. A. auch noch S. 521, Niederblätter) der Osmundaceen diese als Typus einer eigenen, seinen Pteridinen (8. 525) gegenüberstehenden Ordnung, der Os- mundinae, „d. h. Osmundaceen, Gleiche- niaceen, Schizaeaceen, wozu noch die Marat- tiaceen und Marsiliaceen, vielleicht auch die Ophioglosseen gerechnet werden müssen“, die aber „erhebliche Schwierigkeiten darbietet, da die einzelnen Typen einander nicht so nahe stehen, wie unter den Pteridinen, sowie die verschiedenen Charaktere in sehr ungleichem Maasse combinirt sind, Umstände, die auf eine bereits sehr frühe eingetretene Sonderung der Reihen deuten.“ (Vgl. die genannten Ord- nungen.) x 11 Arten in 2 Gattungen. 1. Todea Willd. Fertile und sterile Blätter gleich gestaltet, die Sporangien auf der Unterseite der Segmente auf dem Rücken der Nerven linienförmige Sori bildend und meistens nur der mittlere Theil des Blattes fructificirend. 4 Arten, welche auf die Süd- hälfte der östlichen Hemisphäre beschränkt sind. — I. Eutodea. Das lederige, viel- schichtige Blatt zeigt normalen Bau: T. barbara Moore. 24. Baumfarn mit bis 5 Meter hohem, bis 60 Centim. im Durchmesser Fig. 147. Todea barbara Moore. Sporan- haltenden Stamme und 2— 2"), Meter langen, Sim An sder, Seitenanniche Erna 30 Gentim.- ‚breiten, doppelt fiederschnittigen schlossen; B vom Rücken und C von der Blättern. Südafrika, gemässigtes Neuholland SUN Bauchseite gesehen und beide geöffnet; (wo er namentlich in Victoria in schönster die dunkel gezeichneten Zellen bilden den Fülle vorkommt), Neuseeland. — II. L epto- rudimentären Ring. Vergr. 80. pteris Pr. Blätter zart, hymenophyl- lumartig, das Mesophyll aus nur 2-3 Zellenlagen bestehend, ohne Spaltöffnungen: T. hymenophylloides Rich. Mit kurzem, stammartigem Rhizome und bis 60 Centim. langen, dreifach fiederschnittigen Blättern. Neuseeland. — T. Fraseri Hook. et Grev. In allen ! Prantl, Verwandtschaftsverhältnisse (8. 498, Note 1), Ösmundaeeae. Fossile Farne. 573 Theilen grösser, mit bis 60 Centim. hohem Stamme. Südaustralien, Neucaledonien, Schiffer- und Fidschiinseln. 2. Osmunda ZL. Sterile und fertile Blattabschnitte oder Blätter verschie- den, die fertilen ohne Mesophyll, die Sporangien das Ende fiederig angeordneter Nerven einnehmend. Bei O. regalis sind am Grunde des fertilen Blatttheiles häufig Abnormitäten als Uebergangsformen vorhanden, bei denen an den Fiedern das Mesophyll mehr oder minder breit \ 15 entwickelt wird, die Sporangien dann mehr vereinzelt am Fiederrande sitzen, bei bedeutender Breite der abnormen Fieder sogar den Rand frei lassen und auf die Unterseite rücken. 7 Arten, von denen 1 deutsche. — I. Spitze des Blattes fertil: O. regalis L. (Königsfarn). 2. Rhizom schief, verzweigt, mit den zahlreichen Blattstiel- resten und Wurzeln eine bis kopfgrosse, knollige Masse bildend. Blätter bis 2 Meter lang, eiförmig bis oblong, mittellang gestielt, der Stiel am Grunde scheidig-flügel- artig erweitert (S. 521), in der Jugend mit wolligen, weichen Spreuschuppen bedeckt, die sich später gewöhn- lich nur noch an der Insertion der Fiedern erhalten. Spreite kahl, doppelt gefiedert, die Fiedern 1. Ordnung fast gegenständig, kurz gestielt, die Fiederchen sehr kurz gestielt bis sitzend, aus schiefer, oben abgestutzter, unten gerun- deter bis fast geöhrter Basis länglich bis lanzettlich, stumpflich, selten gespitzt, ganzrandig oder unregelmässig gekerbt, mit Nervatio Neuropteridis. Sporangienrispe mit aufrecht abstehenden, meist walzigen, braunen Aesten, die Sporangien bei stark zusammengezogenen Fiedern auf beiden Seiten derselben sitzend, bei weniger reducirten die untere Fläche ausschliesslich oder beinahe ausschliess- lich einnehmend. In seltenen Fällen auch die mittleren Fiedern fertil, Spitze und Basis des Blattes steril (var. interrupta). An Gräben auf Moorwiesen, in moorigen Wäldern, auf Torfmooren in ganz Europa; Nord- und Süd- pie. 148. Osmunda regalis afrika, ostafrikanische Inseln, Westasien, Indien, China, NL. Schema des Gefässbün- Japan, Nord- und Südamerika. Fructificirt Juni, Juli. delverlaufes im Stamme in Der Wurzelstock war früher als Radix Osmundae re- der eben gelegten Cylinder- galis (Berg, Waarenk. S. 98), die von Wurzeln und Blatt- ovberfläche. Nach De Bary. stielresten befreite Axe als Medulla radicis Osmundae, gegen Rachitis und Scrofeln im Gebrauche; ebenso wurden die Fruchtrispen als Juli Ösmundae regalis benutzt. Wurde auch gegen Schwindsucht angewendet, wobei man gleichzeitig den Kranken auf einem Lager des Krautes schlafen liess. — II. Mittlere (selten untere) Fiedern fertil: O. Claytoniana L. Nord- amerika. — II. Sterile und fertile Blätter ganz getrennt: O. cinnamo- mea L. Nordamerika. 14 I Fossile Farne.! Weit günstiger, wie bei den Thallophyten (S. 372) und Muscineen (S. 497) gestalteten sich die Verhältnisse, wenn es sich um Erhaltung von Farnen aus früheren Perioden der Erdentwickelung handelte. Das relativ festere Gewebe dieser Pflan- zen, welchem durch die fast durchweg von derbem Sclerenchym begleiteten Fibro- vasalstränge noch dazu grösserer Halt verliehen wurde, fiel nicht so leicht der raschen Zerstörung anheim, wie dasjenige der erstgenannten Gewächse, konnte auch schärfer ausgeprägte Abdrücke oder besser verkohlte, in vielen Fällen-auch verkieselte Reste hinterlassen. Freilich ging auch hier manches zartere Organ für uns verloren und namentlich ist es zu beklagen, dass nur bei einer verhält- nissmässig sehr kleinen Zahl von Farnen die Sori oder gar die deutlichen Sporan- gien uns erhalten wurden, so dass bei Bestimmung fossiler Formen, wenn es sich ! Schimper, Paleontologie vegetale I. 351— 730. 574 Fossile Farne. um Blätter oder Blattfragmente handelt, vorzugsweise die Nervatur die Familien- und Gattungsmerkmale abgeben muss. Dazu kommt ferner, dass Stämme und so- gar Blattstiele in getrennten Gattungen beschrieben werden müssen, weil ihre Zu- gehörigkeit zu bestimmten Blattresten unbekannt ist und endlich der missliche Umstand, dass die Blätter denn doch oft gar zu fragmentarisch erhalten sind. Wer aber die Noth kennt, die der Botaniker häufig mit ihm zur Bestimmung ge- gebenen Blattfetzen lebender Farne hat und wer weiss, welchem Gestaltenwechsel das grössere Blatt lebender Farne in seinen verschiedenen Regionen gar häufig unterworfen ist, der wird begreifen, dass auch bei fossilen Farnen wohl nur zu häufig noch verschiedenen Theilen eines Blattes angehörige Ueberreste als ver- schiedene Arten bezeichnet werden mögen. Mit wenigen rühmlichen Ausnahmen sind endlich die Phytopaläontologen viel zu wenig Botaniker, als dass sie, nament- lich in schwierigen Fällen, wirklich Genügendes auf diesem Gebiete leisten könnten. Die Zahl der bekannten Farnreste beträgt inclusive der unter besonderen Namen aufgeführten Stämme, Blattstiele ete. etwa 900. Rechnen wir nur die Blätter, so dürften dieselben sich auf wenig über 750 Arten in dem angedeuteten Sinne vertheilen. Die ältesten Reste treffen wir im Devon, die zahlreichsten (ca. 300 Arten) und zugleich umfangreichen Gattungen angehörigen in carbonischen Schichten, wie den überhaupt die Gefässkryptogamen in der Steinkohlenperiode zur massigsten Entwickelung gelangten. Nehmen wir zuerst jene fossilen Farne, die sich mit Bestimmtheit oder an- nähernder Sicherheit einer der noch jetzt lebenden Familien zuertheilen lassen, so ist deren Zahl eine sehr geringe. Als eine der ältesten Formen stossen wir hier auf das in guten fructificirenden Exemplaren bekannte Hymenophyllum Weissii Schimp. aus dem Carbon von Saarbrücken, das also schon früh die am tiefsten stehende Familie der Hymenophyllaceen ($. 553) repräsentiren würde, freilich als die einzige sicher unterzubringende Art, wenn auch vielleicht noch Mitglieder der grossen Sammelgattung Sphenopteris (aus den von Schimper als Sphenopteris-Hymenophyllides und Sphenopteris-Trichomanides be- zeichneten Untergattungen) hierher gehören mögen. Von Cyatheaceen (S. 555) werden 7 Arten aus dem Eocen von Sezanne in Frankreich aufgeführt, von denen 3 der Gattung Alsophila angehören, 2 zu Cyathea und 2 zu Hemitelia gerechnet werden, aber wohl in Betreff ihrer Stellung noch genauerer Untersuchung bedürfen. Zu den Cyatheaceen dürfte ferner Matonidium Göpperti Schenk aus dem Wealden gehören, ein ausgezeichneter Farn, der habituell durch die handförmige Theilung des Blattes und die fieder- schnittigen Segmente auffallend an die lebende Matonia pectinata J. Sm. (eine Cyatheacee des Mount Ophir in Hinterindien) erinnert. Circa 59 Arten fossiler Farne gehören der grossen Familie der Polypodia- ceen ($. 557) an und alle finden sich nur in tertiären Schichten. Am häufigsten ist in diesen die Gattung Pteris (26 Arten) vertreten, der sich Asplenium (mit 12 Arten) zunächst anschliesst, während die übrigen Gattungen: Cheilanthes, Polypodium, Adiantum, Blechnum, Aspidium, Cystopteris, Onocleaete. meistens nur in je einer Art vorhanden sind. Auch hier dürften jedoch weitere Untersuchungen bei einigen Arten erst die sichere systematische Stellung ent- scheiden. Aus der Familie der Gleicheniaceen (8. 569) erwähnt Schimper 10 Arten, die den beiden Gattungen Gleichenia und Didymosorus Deb. et Ettingsh. (nur fossil bekannt) angehören. Sie finden sich im Jura und in der Kreide. Theilung des Blattes und Stellung und Form der bei einigen (Gleichenia protogaea Deb. et Ettingsh., G. Giesekiana Heer etc.) bekannten Sori sind hier die ent- scheidenden Merkmale für die Einreihung in das System der lebenden Farne ge- wesen, nach welchen übrigens auch die fossilen Gattungen Hawlea (H. pulcher- rima Corda in der Steinkohle) und Laccopteris (L. Münsteri Schenk und L. elegans Pr. im Rhät, L. Dunkeri Schenk im Wealden, etc.) auf denselben Platz Anspruch machen könnten. (Vgl. Marattiaceen.) Die Gattung Lygodium (8 Arten) vertritt die Familie der Schizaeaceen (8. 570) schon in der Kreide (L. eretaceum Deb. et Ettingsh., fructificirend be- kannt) und findet sich auch im Tertiär. Zu ihr gesellt sich die ebenfalls in Spo- rangien tragenden Exemplaren bekannte Senftenbergia elegans Corda aus dem Carbon von Nachod in Böhmen. (Vgl. Marattiaceen.) Fossile Fame. 575 OÖsmundaceen ($S. 571) treten mit drei an O. regalis erinnernden Osmunda- Arten im Tertiär auf. Nach Prantl gehört wohl auch die im fränkischen Keuper häufige Sphenopteris princeps Goepp. in dieselbe Familie, in der sie dann unter den fossilen Arten den Typus der lebenden Gattung Todea vertreten würde. Die nicht mit Sicherheit einer der erwähnten Familien einzuordnenden Blatt- reste fossiler Farne werden zur Zeit nach den oft sehr unsicheren, weil variabelen Merkmalen der Nervatur gewöhnlich in fünf Familien gebracht, deren Diagnosen nach Schimper (der übrigens in der Bezeichnung der Nervationstypen von den S. 515 gegebenen vielfach abweicht — vgl. dessen Pal. veget. I. 365— 370) wört- lich lauten: I. Sphenopterideae. Plantae herbaceae. Frons petiolata, simplex vel divisa, pinnata, bi- v. tripinnatifida; pinnulis cuneatis vel lobatis, lobis dentatis vel subdivisis, nervo primario tenui, saepius sub apice bifido vel soluto, nervis secundi ordinis divergentibus ad apicem vel ad sinum loborum vel dentium pro- ductis, tertii ordinis nunc indistinctis nunc solum e nervis secundaris inferioribus egredientibus. — Die ca. 150 Arten der Gattung Sphenopteris werden von Schimper in Sphenopolypodiaceae, welche den Typen der lebenden Polypodia- ceen-Gattungen Gymnogramme, Cheilanthes, Davallia etc. entsprechen, und Sphe- nohymenophylleae, an die lebenden Hymenophyllaceen erinnernd (vgl. S. 574), gruppirt. An letztere werden dann die Gattungen Eremopteris, Coniopteris und Steffensia gereiht, welche zusammen nur wenige Arten zählen. Auch Hy- menophyllum erhält hier noch seinen Platz. U. Neuropterideae. Frons simplex, semel vel pluries pinnata. Pinnae vel pinnulae foliaceae pro more majusculae, integrae, nervis numerosissimis tenui- bus pluries dichotomis arcuato-divergentibus marginemque limbi attingentibus, e nervo primario brevi vel directe e rachi egredientibus. — Circa 180 Arten, die sich auf die Gattungen Cyelopteris, Adiantites, Neuropteris (55 Arten, meist in der Steinkohle), Odontopteris (25 Arten, meist im Carbon), Calli- pteris etc. vertheilen. III. Pecopterideae. Frons haud divisa, simpliciter vel pluries pinnata, haud raro speciosissima. Pinnulae plerumque integrae, hic illie subdivisae vel margine dentatae, tota basi rarius angustata adnatae, haud raro confluentes; nervo medio ad apicem usque percursae, pinnato-ramoso, ramis angulo plus minus aperto marginem versus divergentibus dichotomis, ramulis simplicibus vel bi-trifurcatis, liberis, raro anastomosantibus. Sori, ubi adsunt, marginales vel versus mediam paginam pinnularum dispositae, punctiformes, ovales et lineares. — Die grösste, etwa 250 Arten umfassende Familie, deren wichtigste Gattungen: Pecopteris (mit eirca 120 Arten vom Carbon bis Tertiär, darunter P. arborescens Brongn. einer der gemeinsten Baumfarne der Steinkohle), Goniopteris Pr. (18 Arten vom Carbon bis Tertiär) und Alethopteris (49 Arten in primären und secundären Schichten). IV. Taeniopterideae. Frondes stipitatae simplices oblongo-lanceolatae et late elongatae, integerrimae, vel pinnatae, pinnis linealibus vel lingulatis plus minus acuminatis, brevi-pedicellatis vel sessilibus. Rachis et nervi primarii valida, nervi secundarii sub angulo acuto egredientes, subito fere horizontales vel obliqui, simplices et dichotomi. Sori transverse oblongi submarginales, vel rotundati in que tota pagina inferiore sparsi vel secus nervulos seriati. — Etwa 30 Arten, den Gattungen Taeniopteris (Dyas), O)leandridium (Rhät bis Eocen), Macrotaenio-, pteris (Jura) etc. angehörend. Die von Schimper u. A. noch hierher gerechnete Gattung Angiopteridium erhält ihren Platz, soweit es sich um fructificirende Blät- ter handelt, besser unter den Marattiaceen. V. Dietyopterideae. Frondes pluries pinnatae et pinnatifidae. Folio- - rum nervatio reticulata. — Ca. 60 Arten der Gattungen Dietyopteris (Carbon), Lonchopteris (Carbon und Kreide), Phlebopteris (Rhät und Jura), Clathro- pteris (Rhät und Lias), Thaumatopteris (Rhät und Lias), Dietyophyllum (Rhät bis Wealden) etc. - Unter den Blattresten sind endlich noch die in verschiedenen Schichten vor- kommenden jungen, spiralig eingerollten Blätter, die man wohl als Gattung Spi- ropteris zusammenfasst, erwähnenswerth, unter den Stämmen Protopteris (Car- bon und Wealden), Caulopteris (Devon bis Kreide), Stemmatopteris (Carbon) und namentlich Psaronius (Dyas, mit ca. 30 Arten). 576 Marattiaceae: Stamm, Blätter, Wurzeln. 28. Ordnung. Marattiaceae.! Die früher mit den eigentlichen Farnen vereinigten Marattiaceen sind neuer- dings auf Grund vieler Eigenthümlichkeiten in Structur. und Entwickelungsge- schichte wohl von den meisten Botanikern als eigene Ordnung abgetrennt worden. Sachs (Lehrb. d. Bot. 4. Aufl. S. 411) bringt sie z. B. mit den nächstverwandten Ophioglosseen in seine Ordnung der Stipulatae, welche sich den Farnen (im engeren Sinne) gegenüber durch das Auftreten charakteristischer Nebenblätter auszeichnet. Die Axe ist nur bei der Gattung Kaulfussia ein kriechendes Rhizom mit auf dem Rücken zweizeilig und etwas entfernt stehenden Blättern und auf der Bauchseite entspringenden Wurzeln; an dem im Leipziger Garten cultivirten, allerdings noch verhältnissmässig jungen Exemplare ist sie unverzweigt. Bei Da- naea entwickelt sich das einfache (nach Holle bei D. trifoliata verzweigte) Stämm- chen aufrecht oder schief aufsteigend, ohne jedoch bedeutende Dimensionen anzu- nehmen; seine Internodien sind äusserst verkürzt, die spiralig geordneten Blätter dicht aneinander gerückt. Ihre mächtigste Ausbildung erreicht die Axe bei den habituell sich am nächsten stehenden Gattungen Angiopteris und Marattia. Hier wird sie zu einem knolligen, wie es scheint sich nie verzweigenden Stamme, der bei Angiopteris einschliesslich der ihn bedeckenden Blattstielbasen und Neben- blätter bis 80 Centim. und darüber Durchmesser bei fast gleicher Höhe erreicht, bei Marattia etwas schwächer ausgebildet ist. Bei beiden letztgenannten Gat- tungen sind die Internodien ebenfalls sehr kurz. Die Blätter stehen dicht ge- drängt und besitzen ähnlich, wie an der Stielbasis der Fiedern und Fiederchen, so auch an der Blattstielbasis ein dickes Gelenkpolster, in welchem die Ablösung vom Stamme so stattfindet, dass die Blattstielbasis mit ihrer grossen, glatten Narbenfläche und dem zugehörigen Nebenblattpaare stehen bleibt. Letzteres ist bei den schwächeren Axen von Kaulfussia und Danaea weniger auffallend ent- wickelt, bei Angiopteris und Marattia dagegen bildet es entsprechend den bedeu- tenderen Dimensionen dieser Farne zwei mächtige, dickfleischige Schuppen, welche durch eine querstehende Gewebeplatte so verbunden sind, dass die zwei hinteren Flügel die Basis des zugehörigen Blattstieles umfassen, während sie in der End- knospe des Stammes in Folge der raschen Entwickelung der Nebenblätter das ganze junge, wie bei den Farnen spiralig nach vorne eingerollte Blatt einhüllen, die beiden vorderen Flügel die jüngeren Blätter der Knospe bedecken. Nach dem Abfallen des Blattes vom Stamme bleiben die Nebenblätter noch viele Jahre lang in gleicher Frische an diesem stehen; sie dienen dann gleichzeitig der Vermeh- rung, indem sich aus ihnen Adventivknospen entwickeln, am Stamme selbst sel- tener, zahlreich dagegen selbst aus kleinen Stücken abgeschnittener Stipeln bei Cultur auf nassem Sande in feuchtem Raume. Die relativ wenig zahlreichen Wurzeln von Angiopteris und Marattia ent- stehen schon nahe der Stammspitze und wachsen durch das Stammgewebe auf ı De Vriese et Harting, Monographie des Marattiacdes; fol. mit 9 Taf. Leiden u. Düsseldorf 1853. — Mettenius, Ueber den Bau von Angiopteris. Ab- handl. d. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. VI. 501. — Luerssen, Ueber die Spalt- öffnungen von Kaulfussia und über centrifugales locales Dickenwachsthum innerer Parenchymzellen der Marattiaceen. Bot. Zeit. 1873. S. 625, Taf. 6. — Holle, Ueber die Vegetationsorgane der Marattiaceen. Sitzung d. kgl. Gesellschaft d. Wissensch. zu Göttingen, 8. Jan. 1876; Bot. Zeit. 1876. S. 215. — De Bary, Vergl. Anatomie (Note 1, S. 498). — Russow, Vergleich. Untersuch. S. 105 (Note 1, S. 498). — Luerssen, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Farnsporangien. I. Das Sporangium der Marattiaceen; in Schenk u. Luerssen, Mittheil. a. d. Gesammt- geb. d. Botan. I. 313, Taf. 20—22 u. II. 1. Taf. 1-4. — Tehistiakoff, Mate- riaux pour servir a l’histoire de la cellule vegetale. 1. Les Sporanges des Marat- tiacdes (Angiopteris evecta). Ann. d. scienc. natur. ser. V. vol. XIX. 219. tab. 11 bis 14. — Luerssen, Ueber die Entwickelungsgeschichte des Marattiaceen -Vor- keims. Sitzungsber. d. naturforsch. Gesellsch. zu Leipzig 1875. S. 46 (Bot. Zeit. 1875. S. 535). — Jonkmann, Ueber die Entwickelungsgeschichte des Prothalliums der Marattiaceen. Bot. Zeit. 1878. S. 129, Taf. 5. 6. Marattiaceae: Wurzeln. Gewebe. Sporangien. 577 weite Strecken schräg abwärts, um meist tief unter ihrem Ursprungsorte die Rinde zu durchbrechen. An ihrem Scheitel zeigen sie statt einer Scheitelzelle eine ganze Gruppe sehr grosser prismatischer oder gestutzt-pyramidaler Zellen, welche ge- meinsam das Spitzenwachsthum vermitteln. Nach Holle sollen jedoch die schwä- cheren Wurzeln eine vierseitige Scheitelzelle besitzen, bei stärkeren Wurzeln der Theilungsmodus derselben complieirter, die Segmente selbständiger werden. Da- gegen wächst der Stamm von Marattia nach Hofmeister mit einer tetra&drischen, nach Holle mit einer prismatisch-vierseitigen Scheitelzelle. In dem Gewebe der bei Angiopteris und Marattia genauer untersuchten Axe herrscht das dünnwan- dige, von zahlreichen Gerbstoffschläuchen und Gummigängen durchzogene Grund- gewebe vor, das in gleicher Weise auch die Hauptmasse des mächtigen Blatt- stieles bildet. Seine Wände besitzen, wie bei zahlreichen Farnen (S. 510), in die Intercellularräume vorragende locale Verdickungen in Form von Warzen, Stacheln, Fäden etc. (am stärksten ausgeprägt im Blattparenchym von Kaulfussia). Sceleren- chymschichten finden sich im Gewebe des Blattstieles und der Blattrippen, jedoch ohne die Härte und dunkele Färbung, in der sie bei den typischen Farnen meistens auftreten; in den Gelenkpolstern wird das Sclerenchym durch Collenchym ersetzt, im Stamme fehlt es ganz, und nur Danaea zeichnet sich nach Holle durch den festen, braunen Selerenchymmantel der Axe aus. Die verhältnissmässig schwachen, im Allgemeinen wie bei den Farnen gebauten Gefässbündel des Stam- mes entbehren der Schutzscheide (welche in den Wurzeln vorhanden ist — nach Holle besitzen die Fibrovasalstränge von Danaea trifoliata auch in Stamm und Blattstielen eine Strangscheide); in ihrer Vertheilung schliessen sie sich am meisten denjenigen von Saccoloma ete. an ($. 508). Unter den Spaltöffnungen des Blattes sind diejenigen von Kaulfussia zu erwähnen, die sich zwar nach dem Typus der gewöhnlichen Stomata entwickeln, deren beide Schliesszellen jedoch zu einem mächtigen, kreisrunden, mit unbewaffnetem Auge als Epidermislücke sichtbaren Porus auseinanderweichen. Die Sporangien sämmtlicher Marattiaceen zeichnen sich vor denjenigen der vorigen Ordnung dadurch aus, dass sie auch im reifen Zustande stets eine mehrschichtige Wand besitzen, deren äusserste Lage, die Epidermis, aus dick- und mehr oder minder braun- wandigen Zellen besteht, während die inneren Wand- zellen zartwandig, die innersten gewöhnlich zusammen- gepresst und zum Theile zerstört sind. Seiner äusseren Form, Stellung etc. nach schliesst sich das Sporangium von Angiopteris am nächsten demjenigen der Osmunda- ceen, speciell dem der Gattung Todea an (S. 571), so dass diese Gattung den Uebergang zwischen der letzt- genannten Familie und den übrigen Marattiaceen ver- mittelt. Bei Angiopteris sitzen noch mehrere (durch- schnittlich 8—20) einfächerige, dick birnförmige, stiel- lose Sporangien zweireihig zu einem Sorus geordnet kurz vor dem Nervenende am Rande der Blattunter- fläche. Jedes Sporangium besitzt auf seinem Scheitel eine kleine, nach der Bauchseite scharf abgegrenzte, Fig. 149. Sporangium von auf dem Rücken mehr allmählich verlaufende Gruppe Marattia eieutaefolia, « von besonders dickwandiger und dunkeler gefärbter Epider- der Seite (Vergr. 5), b geöffnet miszellen, welche um so mehr als ein Analogon des und halbirt. rudimentären Ringes der Osmundaceen betrachtet wer- den darf, als von hier aus auf der (der gegenüberstehenden Sporangienreihe zu- gekehrten) Bauchseite ein 2—3 Reihen breiter Streifen zartwandiger Zellen nach abwärts verläuft, zwischen denen sich das Sporangium mit einem Längsrisse öffnet, genau, wie bei den Osmundaceen. Mehrschichtigkeit der Wand, Fehlen der Cen- tralzelle und der ganze Entwickelungsgang, Merkmale, die das Angiopteris-Spo- rangium mit demjenigen der übrigen Marattiaceen gemein hat, unterscheiden es jedoch von dem der Osmundaceen. Bei den übrigen Gattungen steht das stets mehrfächerige bis vielfächerige Sporangium immer einzeln (monangischer Sorus). Bei Marattia (Fig. 149) sitzt es auf einem leistenförmigen, niedrigen, nur bei M. Kaulfussii sich stielartig erhebenden Receptaculum, parallel dem Verlaufe des fertilen Nerven. Seine Fächer liegen in zwei schon äusserlich angedeuteten Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. “31 578 Marattiaceae: Entwiekelung der Sporangien. Längsreihen einander gegenüber; bei der Reife öffnen sich seine beiden Hälften muschelartig und die einzelnen Fächer mit je einem Längsrisse auf der Innen- seite. Aehnliche Stellung und Form und analogen Bau besitzen die Sporangien von Danaea, nur bleiben hier die beiden Hälften zur Reifezeit vereinigt und jedes Sporenfach öffnet sich auf seinem Scheitel mit einem Loche. Kaulfussia weicht durch die Form seines Sporangiums von beiden vorhergehenden Gattungen ab, indem dieses kreisrunden Umfang und auf dem Scheitel eine bedeutende gru- bige Vertiefung besitzt, so dass es napfförmig erscheint, die Sporenfächer ring- förmig um die centrale Grube geordnet sind und sich nach dieser hin mit einem Längsrisse wie bei Marattia öffnen. . Die Entwickelung der Sporangien beginnt bei Angiopteris erst sehr spät, wenn das Blatt schon fast vollständig aufgerollt ist. Die Stelle des fertilen Nerven, wo sie stattfinden soll, zeigt eine längliche oder ovale, muldenförmige Vertiefung, deren Rand reichlich mit (sonst an allen Theilen der Pflanze nur spar- sam auftretenden) Spreuschuppen besetzt ist, wodurch diese Stelle sich schon dem blossen Auge verräth. Die gesammten Oberhautzellen auf dem Grunde der Mulde fangen an, sich vertical zu strecken, sich durch Radialwände übers Kreuz zu theilen und durch Tangentialwände wiederholt innere Zellen abzuscheiden. So erhebt sich nach und nach das Zellgewebe des künftigen, lang-ovalen Recepta- culums in das Niveau und später über die Fläche des benachbarten Blattgewebes, wobei die Epider- miszellen sich fort und fort regel- mässig in der an- gegebenen Weise, die inneren Zellen unregelmässig wei- ter theilen. Nach einiger Zeit strecken sich kleine rundliche Gruppen von Epidermiszel- len des Recepta- culums als flache Höcker über die Oberfläche desletz- Fig. 150. Angiopteris evecta Hoflm. Verticallängsschnitt durch den jungen teren, in zwei Sorus mit der einen Reihe von vier Sporangienanlagen sp. 9 Gefässbündel. Längsreihen paral- Vergr. 240. lel dem Nerven ge- ordnet, die beiden Längsreihen durch ein langes Thal (der künftigen freien Receptaculumfläche), die Gruppen jeder Reihe durch kurze Seitenthälchen getrennt (Fig. 150). Jeder Höcker ist die Anlage eines Sporangiums, dessen Zellen sich gerade so theilen, wie die der Receptaculumanlage. Das einzelne Sporangium wird rasch halbkugelig noch später durch Zurückbleiben seines untersten Theiles birnförmig; seine durch die regelmässigen Theilungen der äusseren Zellschicht nach Innen abgeschiedenen, sich durch unregelmässige Theilung vermehrenden Zellen werden zum Gewebe der inneren 3—4 Wandschichten, deren Zellen sich stärker tangential strecken, sowie eine mittlere, nie auf eine einzelne Öentralzelle zurückführbare Zellengruppe zum Mutterzellgewebe der Sporen. Meine, später von Strasburger bestätigten Untersuchungen, welche noch durch das ganz gleiche Verhalten von Marattia ge- stützt werden (vgl. Fig. 151 CO), weichen darin von denen Tchistiakoff’s ab, der die gesammten Sporenmutterzellen von einer Centralzelle ableitet. Die äusserste Zellenlage bildet sich nach Aufhören der Theilungen zur Epidermis des Sporan- giums aus, welche die für das Aufreissen bestimmten Zellen in ihren Wänden nicht oder kaum, die übrigen Zellen stark, die des rudimentären Ringes am stärksten verdickt. Die in den Innenzellen stattfindenden Vorgänge sind im Wesentlichen dieselben, wie in den Sporangiumfächern von Marattia; ein Indusium wird, wie bei den folgenden Gattungen, auch hier zu keiner Zeit entwickelt, son- dern in den Jugendzuständen durch die schon erwähnten und oft damit verwech- selten Spreuschuppen vertreten. IRRRLRRRNS a NNÜNN NV Marattiaceae: Entwickelung der Sporangien. 579 Bei Marattia be- ginnt die erste Differen- zirung des Sporangiums bereits zur Zeit, wo das junge Blatt noch zusammengerollt zwi- schen seinen Nebenblät- tern in der Endknospe sitzt. Das Gewebe über dem fertilen Nerven ist hier stärker entwickelt, wie das benachbarte Parenchym und tritt in einer länglichen Gruppe seiner Epidermiszellen und unter gleicher Streckung und Theilung derselben, wie bei An- : giopteris, als Recepta- culum hervor (Fig. 151 A). Statt der zwei Reihen von Zellen- höckern, wie bei An- giopteris, erscheinen aber hier zwei Längs- wülste in Folge von Streckung und Theilung der betreffenden Ober- hautzellen: die Anlage der beiden Sporangium- Längshälften (Fig. 151 B), deren weiteres Wachsthum wie im ein- zelnen Sporangium von Angiopteris vermittelt wird. Allmählich heben sich die Sporangien- hälften weiter empor und wölben sich mit dem Rücken stark nach aussen, während sie sich mit dem Rande ihrer zugewendeten Bauch- flächen aneinander legen und hier ver- schmelzen, im Inneren dagegen durch eine Längsfurche getrennt bleiben (Fig. 151 C und D). Etwa um diese Zeit beginnt nun die Sonderung der Sporan- gienhälften in die je nach den Arten 4—10 Sporenfächer. Es be- ginnt nämlich in dem bis dahin noch ganz gleichförmigen Binnen- gewebe von Strecke zu Strecke, jedesmal in einer verticalen Quer- aaa, Kekey Fig. 151. Marattia eicutaefolia Kaulf. A Anlage des Sporangiums. 5b Sporangium (sp) in weiter vorgeschrittenem Alter. € Noch älteres Spo- rangium, in dem aber die Sporenmutterzellen (ce) noch nicht differenzirt sind. D und E Reifes Sporangium. A—D sind Verticalquerschnitte, E ist ein Horizontalschnitt. « Gefässbündel.e. A—C= 240-fach ver- grössert, D 14-fach, E 9-fach vergrössert. 37% 580 Marattiaceae: Entwickelung der Sporangien und des Prothalliums. schicht von 3—5 Zellenlagen Breite, eine radiäre Streckung der betreffenden Zellen zu.den künftigen Scheidewänden, die eine Anzahl rundlicher Gewebegrup- pen, die Sporenfächer, von einander trennen (Fig. 151 E). Die Zellen dieser Scheidewände verdicken später ihre getüpfelten Wände mehr oder minder stark, und eine ähnliche Längsplatte dickwandiger Zellen differenzirt sich auch in dem sich noch stärker erhebenden Gewebe unter der Längsfurche. Jede zwischen zwei Querscheidewänden gelegene Gewebegruppe verhält sich nun wie das Innengewebe des einfächerigen Angiopteris-Sporangiums. Ein paar Schichten peripherischer Zellen strecken auch hier die einzelnen Zellen stark tangential und werden zur Innenwand des Faches, während das auch hier nie von einer Centralzelle abstam- mende mittlere Gewebe die Sporenmutterzellen liefert, deren letzte Generation durch simultane Viertheilung radiäre und durch zweimalige Zweitheilung bilaterale Sporen sogar in demselben Fache nebeneinander producirt, ein Fall, der auch bei Culturexemplaren der Angiopteris (bei welcher indessen die radiären Sporen be- deutend überwiegen) beobachtet wird. Nach erfolgter Ausbildung der Sporen, während welcher eine theil- weise Resorption der innersten Wandschichten stattfindet, und nachdem sich der Verdickungs- prozess in der Aussenwand und den Scheidewänden des Sporangiums vollzogen hat, im Durchschnitte etwa 6 Monate nach der Anlage, öffnet sich das nun reife Sporangium, wobei constatirt werden kann, dass das Aufreissen der ein- zelnen Fächer auch hier durch zartwandigere Zellen der be- treffenden Stelle erleichtert wird. Für eine ähnliche Ent- wickelung der Sporangien von Kaulfussia und Danaea spricht der ganze Bau derselben. Das Speciellere über beide Gat- tungen findet ‚der Leser in meiner S. 576 eitirten Ab- handlung. Die Entwickelung des Prothalliums, die hier in- dessen nicht in allen ihren Einzelheiten verfolgt werden soll, geht auch bei den Marat- tiaceen von dem Endosporium Fig. 152. Marattia eicutaefolia Klf. A Antheridium von oben: aus, welches das doppelt- die schraffirten Zellen sind die Zellen der äusseren Antheri- schichtige Exospor in gün- dienwand. B Dasselbe im verticalen Durehschnitte ; die Mut- stigen Fällen schon 8 Tage nn Te Verne ee ande nach der Aussaat, gewöhnlich & . E ® "#0 aber viel später sprengt, nach- dem zuvor Chlorophylibildung im Sporenplasma stattfand. Das noch einzellige, oberirdische Prothallium wächst gewöhnlich erst langsam zur 6—12-fachen Grösse der Spore und mehr heran, ehe die ersten Theilungen in ihm eintreten, die entweder zur Bildung einer Zellen- fläche oder auch sofort zum Zellenkörper führen. Bei Angiopteris wird gewöhn- lich das erste Rhizoid schon sehr früh aus der ersten Zelle gebildet, während Wurzelhaare bei Marattia meistens erst spät am schon vielzelligen Prothallium auftreten. Beiderlei Sporen, radiäre und bilaterale, verhalten sich bei der Kei- mung gleich; die früher von mir angegebenen Unterschiede möchte ich jetzt mit Jonkmann dem Einflusse des Lichtes ete. bei dichter Aussaat zuschreiben (vel. S. 536). Eine Scheitelzelle wird manchmal, aber nicht immer, gebildet, und es Marattiaceae: Prothallium, -Antheridien. 58] verschwindet dieselbe später wieder (vgl. S. 53%. Der weiter entwickelte, dunkel grüne, etwas fleischige Vorkeim zeigt eine ähnliche Herzform, wie der- jenige der meisten eigentlichen Farne (S. 586, Fig. 130), doch machen ihn Adventivsprosse häufig sehr unregel- mässig. Die Längsaxe des älteren Prothalliums wird von einem oft bis 20-schichtigen Gewebepolster gebil- det, dem die Rhizoiden entspringen. Die beiden Flügel sind oft nur zu einem kleinen Theile einschichtig, sehr häufig bis zum Rande oder fast zum Rande ganz oder stellenweise mehrschichtig. Die Aussenwand sämmtlicher oberflächlich gelegener Zellen zeichnet sich schon am jugend- lichen Prothallium durch verhältniss- mässig bedeutende Dicke und scharf ausgebildete Cuticula aus. Die ganze Entwickelung erfolgt sehr langsam. In den günstigsten Fällen treten die ersten Antheridien nach Jonkmann bei Marattia erst nach etwa 5, bei Angiopteris in etwa 4 Monaten auf; ich fand sie bei Marattia cicutaefolia erst nach über Jahresfrist nach der Aussaat,. während die ersten Arche- gonien in meinen Aussaaten erst nach fast 1'/, Jahren, von Jonkmann an kräftig entwickelten Prothallien nach etwa 10 Monaten beobachtet wurden. Die Antheridien werden sowohl auf der Unter-, als auch auf der Oberseite des Vorkeimes, nie (so weit bis jetzt beobachtet) am Rande entwickelt. Sie entstehen meistens im Gewebepolster, seltener auch auf den Flügeln des Prothal- liums,. sind stets dem Gewebe voll- ständig eingesenkt, treten nie, wie bei den eigentlichen Farnen, über die Oberfläche hervor. Ihre Bildung erfolet in der Weise, dass eine Öberflächenzelle sich durch eine schwach gewölbte Wänd in eine sehr niedrige, aussen gelegene Deckel- zelle und eine grosse innere Urmut- terzelle der Spermatozoiden theilt, welch’ letztere durch wiederholte Zweitheilung die Spermatozoiden- Mutterzellen liefert (Fig. 152 B). Die Deckelzelle zerfällt durch eine häufig sanft gebogene Verticalwand in zwei ungleich grosse Tochterzellen, von denen die kleinere sich wieder so theilt, dass eine kleine Zelle in Form eines gleichschenkeligen Drei- eckes mit sanft gebogenen Seiten- wänden erzeugt wird, aus der end- Fig. 155. Marattia eieutaefolia Klf. Längsschnitt durch ein Archegonium. uw Halswand, hc Halscanal- zelle, be Bauchcanalzelle, ce Centralzelle. Vergr. 500. AN N \ N N \\ ÄRA N \\\ N, N \\ SS \ \ N Fig. 154. Marattia cieutaefolia Klf. Junge Pflanze, welehe das Prothallium p durchbrochen hat, im Längs- sehnitte; f erstes Blatt, w erste und w‘ zweite Wurzel. Vergr. ca. 15. lich durch eine dritte Wand die Spitze als kleineres Dreieck sich ausscheidet 582 Marattiaceae: Antheridien, Archegonien, Embryo. — Angiopteridieae. Marattieae. (Fig. 152 A). Von den vier so entstandenen Deckelzellen wird die jüngste (mitt- lere) beim Austritt der Spermatozoiden durchbrochen, während die anderen drei oft noch weitere, unregelmässige Theilungen erfahren. Liegt die Antheridium- Mutterzelle in dem einschichtigen Theile der Prothalliumflügel, wie das hie und da einmal vorkommt, so werden zwei Deckelzellen gebildet, die eine an der Ober-, die andere an der Unterseite des Vorkeimes. Die der Spermatozoiden-Mutterzelle angrenzenden inneren Vorkeimzellen theilen sich gewöhnlich so, dass eine Hülle schmal tafelförmiger Zellen die erste Zelle mehr oder minder vollständig um- giebt. Die Vorgänge bei der Spermatozoidenbildung, die Form der Samenkörper selbst, weichen von den entsprechenden Verhältnissen der eigentlichen Farne nicht ab (vgl. S. 541). Die Archegonien entwickeln sich genau, wie bei der vorher- gehenden Ordnung (8. 543, Fig. 134). Jede ihrer 4 Halszellenreihen besteht aber nur aus 3—4 Zellen und von dem ganzen Halse ragen höchstens die beiden ober- sten Stockwerke über die Prothalliumfläche hervor (Fig. 153). Die Halscanalzelle zeichnet sich durch meist bedeutende Weite, die das Ei bergende Centralzelle durch ihre gewöhnlich lang gestreckte Form aus. Bei einzelnen Prothallien fand ich nur auf der Oberseite Antheridien, auf der Unterseite Archegonien; da ferner andere nur Antheridien entwickeln, so zeigen die Marattiaceen Hinneigung zum Dioecismus. Die Befruchtung findet wie bei den Farnen statt. Einzellige Embryonen sah ich einige Male, die weitere Entwickelung konnte jedoch nicht verfolgt wer- den, da mir die Culturen durch unvernünftige gärtnerische Behandlung zu Grunde gerichtet wurden. Dass aber die ältesten Zustände wie bei den Farnen gegliedert sind, zeigten mir ein paar das Prothallium eben durchbrechende Pflänzchen an den wenigen geretteten Vorkeimen. Das erste junge Blatt hatte’ das Prothallium senkrecht nach oben, die erste Wurzel dasselbe senkrecht nach unten durch- wachsen (Fig. 154), beide Organe hatten also eine von derjenigen anderer Farn- embryonen abweichende Richtung (vgl. S. 551, Fig. 138). 226. Familie. Angiopteridieae. Sporangien zu 5—20 einen zweireihigen, schleierlosen Sorus bildend, welcher kurze Strecke vor dem Ende eines Nerven dem Rücken desselben auf einem schmalen, kammartigen Receptaculum aufsitzt. Jedes Sporangium gross, dick birn- bis eiförmig, sitzend, einfächerig, mit mehrschichtiger Wand, welche auf dem Scheitel einen rudimentären, aus einer kleinen Gruppe dickwandiger Zellen be- stehenden Ring erkennen lässt und von hier aus zwischen schmalen, vertical ge- streckten, dünnwandigen Zellen auf der der gegenüberliegenden Sporangienreihe zugekehrten Bauchseite mit einem Längsrisse sich öffnet (vgl. das Ausführlichere S. 577 und 578). Angiopteris Hoffm. Einzige Gattung mit nur einer, allerdings ziemlich variabelen Art, die daher oft in viele Species gespalten wird. — A. evecta Hoffm. 2. Stamm S.576. Blätter mit bis 1,70 Meter langem, an der Basis oft bis 40 Cen- tim. Umfang messenden Blattstiele und bis 4,50 Meter langer und 3,70 Meter breiter, doppelt (unten oft dreifach) gefiedeter Spreite, deren gestielte, weich lederige, kahle, an der Basis oft geöhrte bis fiederig gelappte Fiederchen bis 25 Centim. Länge und 5 Centim. Breite und darüber erreichen, linealisch, lineal- lanzettlich bis breit lanzettlich, am Rande gekerbt-gesägt und unterseits häufig blaugrün gefärbt sind (S. 576). Nervatio Neuropteridis v. Sub-Taeniopteridis. Ost- afrikanische Inseln, Südasien, hinterasiatische Inseln, Queensland, Polynesien. Der Stamm dient hie und da den Eingeborenen zur Nahrung. 227. Familie. Marattieae. Sporangien gross, einzeln stehend (monangische Sori bildend), mehrfächerig, jedes Fach sich durch einen Längsriss Öffnend, die mehrschichtige Wand ohne Andeutung eines Ringrudimentes. 1. Marattia Sm. Sporangium einzeln auf dem Rücken eines freien Nerven nahe dem Ende desselben, auf leisten- oder kammartigem, niedrigem Receptacu- lum, selten (M. Kaulfusii J. Sm.) durch bedeutendere Erhebung des letzteren Marattieae. Danaeaceae. Fossile Marattiaceen. 583 gestielt, schleierlos, nierenförmig bis oblong, seine Längsaxe dem Receptaculum parallel, seine Fächer zu je 4—10 in 2 Längsreihen (Fig. 149). Bei der Reife weichen die beiden Längshälften des Sporangiums muschelförmig-2-klappig aus- einander und jedes Fach öffnet sich auf der Innenfläche der Klappe durch einen Längsriss. Ausführliches siehe S. 577 und 579. Etwa 10 Arten, die nur tropischen und subtropischen Gebieten angehören und habituell mit Angiopteris .übereinstim- men (8.576). Nervatio Neuropteridis, Pecopteridis v. Sub-Taeniopteridis. — M. ci- ceutaefolia Kaulf. (Brasilien, Venezuela) und M. laxa Kze. (Mexiko) werden am häufigsten in unseren Glashäusern cultivirt. 2. Kaulfussia Bl. Sporangien einzeln, schleierlos, auf dem Rücken der anastomosirenden Nerven (Nervatio Drynariae, subirregularis) auf niedrigem, eylindrischem Receptaculum, im Umfange kreisrund, etwas niedergedrückt und durch eine mehr oder minder weite, tiefe (fast durch die ganze Höhe gehende) Grube des Scheitels napfförmig, die Sporenfächer im Kreise um diese Grube grup- pirt und sich am Rande oder auf der Innenfläche derselben mit einem grossen, ovalen, senkrecht stehenden Loche oder mit einem Längsrisse öffnend. Rhizom kriechend, auf dem Rücken mit 2-zeilig gestellten, handförmig 3—5-zähligen, den Blättern der Rosskastanie ähnlichen Blättern (S. 576 u. folge... Kleine Farne in Assam und auf den hinterasiatischen Inseln; nur eine genauer bekannte Art: K. aesculifolia Bl. 4. Blätter incl. Stiel bis 60 Centim. lang, die Fiedern 20 Centim. lang und 9 Centim. breit, lanzettlich bis lanzett-spatelförmig, die seitlichen beiden an der Basis am Aussenrande gewöhnlich geöhrt. 228. Familie. Danaeaccae. Sporangien sehr gross, jedes die ganze Breite des Blattes zwischen Mittel- rippe und Rand bis nahe zum Nervenende einnehmend, auf lang-linienförmigem Receptaculum dem Nerven parallel, fast stielrund, vielfächerig, die Fächer 2-reihig, jedes Fach sich auf seinem Scheitel mit einem Porus öffnend. Da bei den fructi- fieirenden Blättern jeder Nerv (Nervatio Sub-Taeniopteridis v. Taeniopteridis) ein Sporangium trägt, so wird die ganze Blattunterseite von den Sporangien dicht be- deckt. Zwischen je zwei benachbarten Sporangien ragt jedesmal eine diese tren- nende Lamelle als Wucherung der Blattunterseite hinauf; an ihrem oberen Rande verbreitert sie sich nach jeder Seite, so dass sie die Form einer Eisenbahnschiene erhält und den Scheitel des Sporangiums der ganzen Länge nach etwas deckt. Kleinere bis mittelgrosse, 4 Farne mit einfachen oder einfach gefiederten Blättern und oft in der Mitte noch bis dreimal knotig-gegliederten Blattstielen, die meisten der ca. 12 Arten der einzigen Gattung Danaea Sm. im warmen Südamerika, einige in Westindien und Mexiko heimisch. — D. nodosa Sm. Grösste Art mit bis über 1 Meter langen, fast halb so breiten, sterilen Blättern. Mexiko bis Brasilien. Fossile Marattiaceen sind, wenn es sich um sicher ermittelte Reste handelt, äusserst selten, denn die als Angiopteridium (Keuper bis Miocen), Marattiopsis (Tertiär), Danae- opsis (Lettenkohle) etc. beschriebenen, von Schimper! u. A. in die Familie der Taeniopterideen gerechneten Reste erinnern meistens nur habituell an die lebenden Marattiaceen und sind der grössten Zahl nach steril. Auch in den Fällen, in welchen man Fructificationen kennt, ist es durchaus nicht immer ausgemacht, ob dieselben wirklich den eigenthümlichen Bau der Sporangien dieser Familie zeigen oder in schlechtem Erhaltungszustande nur äusserlich ihnen ähnlich sind. Bis jetzt sind nur in einem einzigen Falle genaue mikroskopische Untersuchungen so weit ausgedehnt worden, dass das Resultat ein erfreulich sicheres genannt werden darf: bei Scolecopteris elegans Zenk.,? einem in Chalcedon (der Dyas von ! Schimper, Paleont. veget. I. 602. ? Strasburger, Ueber Scolecopteris elegans Zenk., einen fossilen Farn aus der Gruppe der Marattiaceen. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. VIII. 81. Taf. 2. 3. 584 Fossile Marattiaceen. — Ophioglosseae: Axe und deren Bau. Sachsen) eingeschlossenen Reste, dessen Sporangienwände ihr Gewebe im schönsten Erhaltungszustande zeigten. In der Gestalt der Sporangien und der Lage der 4—5 Fächer derselben schliesst sich diese fossile Marattiacee an Marattia an, da- durch, dass-die Fächer in ihrem oberen Theile völlig frei werden, nähert sie sich Angiopteris; die Art des Aufspringens des einzelnen Faches durch einen Längs- riss auf der Innenseite desselben theilt sie wieder mit Marattia. Sind weiter die mir allein bekannten Abbildungen der Fructificationen von Angiopteridium Münsteri Schimp. aus dem Rhät und Lias genau, so ist der an Angiopteris erinnernde Name ein unglücklich gewählter, da man die Pflanze direct als eine Marattia bezeichnen darf. Von anderen fossilen und fructificirenden Farnresten werden häufig noch Hawlea Corda (vgl. übrigens S. 574), Senftenbergia Corda (vgl. S. 574), Aste- rocarpus Goepp., Oligocarpia Goepp., Asterotheca Pr. etc. auch zu den Marattiaceen gezählt, wobei zu bemerken ist, dass nach der meist allein hier ins Auge gefassten Stellung der Sporangien im Sorus, Angiopteridieen und Gleichenia- ceen nicht unterscheidbar sind. Das Fehlen des Ringes bei einzelnen von Stur* untersuchten Formen, z. B. der Gattung Senftenbergia, dürfte für diese allerdings zu Gunsten der Angiopteridieen sprechen. 29. Ordnung. Ophioglossaceae.? 229. Familie. Ophioglosseae. Die Familie der Natterzungen, in 3 Gattungen kaum 20 allerdings meistens sehr polymorphe Arten zählend, weicht noch weiter, als die voraufgehende Ordnung, von den eigentlichen Farnen ab. Die äusserst kurz gegliederte Axe, deren Blattinsertionen dicht aneinander gerückt sind, ist nur bei der entwicke- lungsgeschichtlich garnicht bekannten Helminthostachys ein dickes, fleischiges, äusserst selten verzweigtes, unterirdisch kriechendes Rhizom, das an Herbarexemp- laren selten bis zu 10 Centim. Länge vorhanden ist. Ophioglossum und Botrychium besitzen ein im Verhältniss zur Grösse der Pflanzen ziemlich tief unterirdisches, aufrechtes Stämmchen, das äusserst langsam in die Länge wächst und sich auch nur in einzelnen Fällen (gabelig?) verzweigt. Auch die dicken, fleischigen Wur- zeln sind bei Ophioglossum nicht verästelt, entwickeln dagegen häufig Adventiv- knospen, welche durch Erzeugung neuer Individuen eine Hauptrolle bei der Ver- mehrung dieser Pflanzen spielen. Botrychium zeigt an kräftigen Exemplaren viel- fach seitlich entstehende Wurzelzweige, dagegen ‘keine Adventivknospen. Stamm- wie Wurzelspitze wachsen mittelst tetraädrischer Scheitelzelle. Unter den Geweben der Axe, wie in Wurzel und Blatt, ist das Grundgewebe am massigsten vertreten. Dasselbe ist überall parenchymatisch, nie sclerenchymatisch entwickelt. In der Wurzel bildet es bei Ophioglossum und Botrychium, im Stamme nur bei letzterer Gattung und nur an der Aussenseite des Centralcylinders eine Strangscheide aus; im Blatte (und bei Ophioglossum auch im Stämmchen) geht es allmählich in den ! Stur, Die Culm-Flora der Ostrauer und Waldenburger Schichten. Abhandl. d. k. k. geolog. Reichsanstalt in Wien VIII. 291—319. Hier sind die vom Verf. als Marattiaceen betrachteten Reste des Culm und Carbon speciell erläutert. ?2 Stenzel, Untersuchungen über Bau und Wachsthum der Farne. I. Stamm und Wurzel von Ophioglossum. Nova Acta XXVI. P. II. 771. Taf. 57, 58. — Holle, Ueber Bau und Entwickelung der Vegetationsorgane der Ophioglosseen. Bot. Zeit. 1875. S. 241. Taf. 3. 4 — Russow, Vergl. Untersuch. S. 117 (Note 1, S. 498). — Hofmeister, Keimung und Entwickelung des Botrychium Lunaria. Abhandl. d. k. sächsisch. Gesellsch. d. Wissensch. V. 657. Taf. 12. — Mettenius, Filices Horti Lipsiensis S. 119. Taf. 30 (Prothallien von Ophioglossum). — Milde, Monographia Botrychiorum. Verhandl. d. zool.-botan. Gesellsch. zu Wien 1869. Ss. 59—190, Taf. 7—9. Nachträge ebenda 1870. S. 999. — Milde, Index Botry- chiorum. Ebenda 1868. S. 507. — Luerssen, Zur Systematik etc. von Ophioglos- sum; siehe die Abhandl. „Zur Flora von Queensland“. Journ. d. Museum Godeffroy in Hamburg. II. 255. Taf. 12—18. en ee ee Ophioglosseae: Bau der Axe; Bau und Entwickelung des Blattes. 585 Bast der Fibrovasalstränge über. Letztere sind collateral, doch tritt im Blattstiele von Botrychium Lunaria (nach Holle dagegen nicht bei B. rutaefolium) auch auf der Innenseite der Stränge Bast auf. Im Stamme ist bei Ophioglossum und Bo- trychium der Gefässbündelverlauf wie bei den meisten Farnen auf ein hohlcylin- drisches Netzwerk zurückführbar, in dem je eine Masche einem Blatte entspricht (8. 507). Die Stränge des Blattes laufen nach Holle schon „in der Basis des Blatt- stieles in einen einzigen Strang zusammen, welcher als Blatt- spur im Centralcylinder des Stammes bis beinahe zur Eintritts- stelle der fünftälteren, wieder in derselben Geradzeile verlau- fenden Blattspur absteigt und die seitliche Begrenzung der Skeletmaschen übernimmt. Die Blattspuren sind seitlich mit einander verschmolzen. Bei ÖOphioglossum werden sie durch Commissuren verbunden, welche eine in der Richtung der gene- tischen Spirale aufsteigende Schraubenlinie bilden.“ Die Axe ist ferner durch ein gut ausgebildetes Korkgewebe ausgezeichnet, das durch Tangentialtheilung der äusserlich gelegenen Zellen des Grundgewebes erzeugt wird. Von den Wurzeln gehört je eine zu einem Blatte. Bei der Mehrzahl der Ophioglosseen tritt normal jährlich nur ein Blatt über die Erde hervor. An ganz jungen Pflanzen ist dieses steril; erst von einem gewissen Alter an entwickelt es einen Sporangienstand, der auf seiner Vorderseite hervor- sprosst, so dass das Blatt einen hinteren sterilen und vorderen fertilen Abschnitt besitzt, deren sonstige Stellung zu einander verschieden sein kann und neben der wenig wechselnden Form den sehr monotonen Habitus der Arten bedingt. Der sterile Blatttheil ist manchmal ungestielt und steht dann gewöhnlich auf halber Höhe des gemeinsamen Blattstieles oder wohl noch höher (Botrychium Lunaria, Fig. 155 — Ophioglossum vulga- | tum); oder der sterile Blattabschnitt ist länger oder kürzer ge- il N stielt und entspringt dann in weniger weiter Entfernung vom Rhizome dem Stiele des Sporangiumstandes (Botr. ternatum); oder der gemeinsame Blattstiel beider Abschnitte ist so kurz, | dass er zwischen den Blattresten vorhergehender Vegetations- perioden steckt und bei flüchtiger Betrachtung der Anschein | entsteht, als seien sterile und fertile Blätter getrennt vorhanden I (Ophiogl. Bergianum vom Cap). In Ausnahmefällen werden wohl auch zwei fructificirende oder zwei unfruchtbare Blatttheile auf dem gemeinsamen Blattstiele erzeugt und nur bei dem südameri- kanischen Ophiogl. palmatum erscheinen normal zwei und mehr Sporangienähren an der Basis der handförmig gelappten Spreite. Dass es sich dabei in keinem Falle um nachträgliche Verwach- sung ursprünglich getrennt angelegter Blätter handelt — eine früher vielfach verbreitete Ansicht — wurde bereits angedeutet und ist an der Hand der Entwickelungsgeschichte leicht zu con- NN) statiren, besonders, da sich in Folge der langsamen Ausbildung des Blattes bei Ophioglossum sowohl, als bei Botrychium, ausser —. #_ dem in Fructification stehenden Blatte in allen normalen Zu- >>. ständen stets noch vier jüngere Blätter in der Endknospe befin- Kam den, von denen jedes einer anderen und früheren Vegetations- periode angehört und erst im jedesmal fünften Jahre zur Ent- faltung gelangt. Besonders kräftige Exemplare, welche in einem Fig. 155. Botry- Jahre auch wohl zwei (oder mehr) Blätter über die Erde senden thium Lunaria Sw. (ein fast regelmässiger Fall bei Botr. ternatum var. rutaefolium) NR: besitzen ausser diesen auch bereits mehr jüngere Blattanlagen. Das jüngste Blatt ist bei den beiden allein genauer bekannten einheimischen Gattungen ein kleiner, halbkugeliger Zellhöcker, der jederzeit ohne Scheitelzelle wächst und bei Ophiogl. vulgatum ganz allmählich kegelförmige Gestalt annimmt. Frühestens gegen Ende der zweiten Vegetationsperiode macht sich auf halber Höhe seiner Vorderseite ein kleinerer Höcker bemerkbar, die Anlage der künftigen Sporangienähre, die sich langsam in Form eines schlanken Kegels erhebt und 586 Ophioglosseae: Entwickelung des Blattes. später Stiel und Fruchtähre erkennen lässt, von denen letztere etwas in die Breite wächst und dann vorne und hinten abgeflacht erscheint. Gleichzeitig entwickelt sich der obere hintere Abschnitt der ursprünglichen Blattanlage zur sterilen, eiförmigen Spreite, welche in der Knospe mit den nach vorne eingerollten Rän- dern den Sporangienstand umfasst und sammt diesem von der unteren Hälfte der Blattanlage als dem gemeinsamen Stiele emporgehoben wird. Aehnlich verläuft die Entwickelung des Botrychium- -Blattes; nur verzweigen sich hier beide Blatt- abschnitte, die bei Botr. Lunaria im dritten Jahre als gesonderte Höcker er- kennbar sind, in parallelen Ebenen und in acropetaler Folge, und im Sommer des vierten Jahres sind alle Fiedern angelegt, die der fertilen Spreite als kuge- lige Höcker, die der sterilen als schon grössere, fleischige, die junge Frucht- rispe zum Theil umfassende Lappen. Dabei treten aber noch andere, eigen- thümliche Verhältnisse während der Blattentwickelung hervor. Bei Botrychium verbreitert sich im Sommer des zweiten Jahres die Basis des jungen Blattes, respective des künftigen Blattstieles, seitlich und nach vorne bald so, dass sie nicht allein deckelartig die Stammspitze und jüngste Blattanlage ohne Bildung eines Hohlraumes überwölbt, sondern sich mit dem freien Rande auch so auf die freie Stammoberfläche legt, dass der ganze höhere Theil des Vegetationskegels bis auf die hier gebildete Querspalte allseitig abgeschlossen erscheint. Letztere be- ginnt im vierten Jahre sogar vollständig zu verwachsen, so dass sie sich im fünften Jahre, in welchem das Blatt das Gewebe des dann bereits abgestorbenen vorjäh- rigen Blattes durchbricht, nur noch dadurch verräth, dass die Zellen hier nicht in einander greifen. Das jedesmal älteste Blatt hüllt also alle jüngeren Blätter in seiner scheidenförmigen, ganz geschlossenen Blattstielbasis vollständig ein. Noch complieirter gestaltet sich das Verhältniss bei Ophioglossum. Hier liegen die Blätter einzeln in Höhlungen eingeschlossen, die jedoch nicht ganz von einander getrennt, sondern oberwärts durch einen engen, cylindrischen Canal verbunden sind. Auch die Hülle des ältesten Blattes der Knospe ist unter der Spitze auf der Innenseite von diesem Canale durchsetzt, der unterhalb eines mehr oder weniger ausgebildeten Vorsprunges, eines Restes der durchbrochenen Hülle des ausgewachsenen Blattes, in der Richtung gegen letzteres ins Freie mündet. Hof- meister, welcher diese eigenthümliche Einschachtelung der Blätter zuerst richtig erkannte, giebt an, dass auf der Vorderseite der Blattanlage „zeitig ein fleischiger flacher Auswuchs, ein Stipulargebilde wie bei Marattia (S. 576) hervorspriesst. Diese Zellenmasse entwickelt sich stärker in die Breite, als der Theil des Blattes oberhalb ihrer Ansatzstelle. Indem nun das achselständige Nebenblatt mit seinem Vorderrande der Vorderfläche desjenigen des schräg gegenüberstehenden, nächst älteren Blattes sich anlegt, an seinen Seitenrändern aber sofort mit den (unter sich bereits verwachsenen, das Jüngste Blatt, hinter dem sie stehen, beträchtlich überragenden) Stipulen der rechts und links benachbarten älteren Blätter ver- wächst, wird der Hohlraum gebildet, welcher das junge Blatt umschliesst. Die Wandungen der Höhlung sind viererlei verschiedener Abstammung: die der Vor- derfläche des eingeschlossenen Blattes zugekehrte Wand besteht im unteren Theile aus der Rückseite der ihm selbst angehörigen Stipula, im oberen Theile aus der Vorderfläche des Nebenblattes des nächst älteren Blattes; die gegen die Rücken- seite des Blattes gekehrte Wand des Hohlraumes ist zusammengesetzt zum klei- neren Theile aus der Vorderfläche des Nebenblattes des zweitjüngeren, zum grösseren aus derjenigen der Stipula des drittjüngeren Blattes. Die verschiedenen Nebenblätter verwachsen an allen Berührungsstellen mit Ausnahme derjenigen, welche in eine auf der Scheitelzelle des Stammes errichtete lothrechte Linie fallen. Somit bleibt ein auf die Stammspitze zuführender, sehr enger Canal offen, in welchen die verschiedenen, Blätter einschliessenden Hohlräume mit kleiner Öeffnung münden.“ Nach Holle verhält sich die Sache anders. Von der jüngsten Blattanlage setzt sich der Canal noch eine kurze Strecke schräg abwärts bis auf den Gipfel des Vegetationspunktes fort, ohne sich hier wesentlich zu erweitern. „Die Blätter entstehen aus einer Gruppe von wenigen Zellen dicht über der ein- gesenkten Stammspitze an der Seitenwand des C Canales. In dem Maasse nun, wie sich das junge Blatt in den Canal vorwölbt, wächst allseitig das benachbarte Hüll- gewebe mit, so dass nur die Spitze des Blattes frei im Canale liegen bleibt. Zu gleicher Zeit und in entsprechender Weise werden die Basen der Blätter durch die Streckung des Stammes weiter nach aussen gerückt, wodurch die Blätter Raum Ophioglosseae: Entwickelung des Blattes und der Sporangien. 587 gewinnen, an Länge und an Umfang zunehmen, ohne dass der Canal durch das Hineinwachsen der Blätter und Mitwachsen des Hüllgewebes verengert würde. Dieses Hüllgewebe, in welches nirgends eine Spur von Skelet- strängen eintritt, ist ein von Anfang an in der Umgebung der Blätter allseitig zusammenhängendes Gebilde und entsteht nicht durch Verwachsung ursprünglich gesonderter, zu je einem Blatte gehöriger Blasteme, wie Hofmeister angiebt“. „Wenn also“, meint Holle weiter, „die Stipularbildungen bei den Marattiaceen eine Analogie zu den Ophioglosseen begründen sollten, obwohl wir hier von eigentlichen Stipulis nicht wohl reden können, so bezieht sich diese Analogie zunächst nicht auf Ophioglossum, sondern auf Bo- trychium, wo die Wucherung des Blattgrundes in ähnlicher Weise den jüngeren Theil der Stammknospe überdeckt, wie der vordere Theil einer Stipula bei den Marattiaceen.“ Um die Richtigkeit der einen oder anderen Angabe festzustellen, dürfte also eine neue Untersuchung der Wachsthumsverhältnisse des Ophioglossum- Stämmchens durchaus nicht überflüssig sein. Im Baue der Sporangien schliessen sich die Ophioglosseen am nächsten den Marattiaceen an, entfernen sich aber in jeder Beziehung noch weiter von den eigentlichen Farnen, als letztere. Bei Botrychium besteht die derbe, lederartige Wand des freien, kuge- ligen Sporangiums (Fig. 156) aus 4—5 Zellenlagen, von denen die äusserste, unmittelbar in die Epidermis des sporangientragenden Zweiges sich fortsetzende aus derbwandigen, nach aussen am stärksten verdickten Zellen besteht und an der Basis des Sporan- giums mit Spaltöffnungen versehen ist. Die Zellen zweier an einander grenzender, im Aequator des Sporangiums gelegener Reihen der Epidermis sind jedoch vor den übrigen durch zarte Wände und in der Richtung des Aequators stark gestreckte Ge- stalt ausgezeichnet und zwischen diesen Zellenreihen findet zur Reifezeit die Bildung des das Sporangium Ööffnenden Querspaltes statt. Das Gefässbündel des sporangientragenden Zweiges sendet in jedes Sporangium einen Ast, der in die Basis desselben pinsel- artig ausstrahlt. Ihrer Entwickelung nach sind die Botrychium- Sporangien nicht mehr Trichome (resp. Emergenzen), wie bei den Marattiaceen ($. 578), sondern Blattzipfel, die sich in ihrer ersten Anlage von den Fiedern des sterilen Blattabschnittes durchaus nicht unterscheiden. Eine für die Ausbildung des Sporen-Mutter- zellgewebes bestimmte, durch Grösse und Form ausgezeichnete, sich gesetzmässig theilende Centralzelle ist zu keiner Zeit in ihnen nachweisbar. Als Mutterzellen der Sporen treten um die Zeit, wo das Sporangium die Form einer kurz und dick gestielten Halbkugel besitzt, einige innere, sich künftig ganz unregelmässig theilende Zellen durch sehr reichen Gehalt an feinkörnigem, farb- farblosem oder blass gelblichem Protoplasma vor den umgebenden, weniger durchsichtigen, einen körnigen, grünlichen Inhalt führen- den Zellen deutlich hervor. Von der Anlage bis zur Reife be- dürfen die Sporangien eines vollen Jahres und gleich lange Zeit erfordern diejenigen von Ophioglossum. Bei letzterer Gattung kann man kaum noch von Sporangien reden. Die Sporen liegen in kugeligen Höhlungen, welche in zwei Reihen der fast reifen Sporangienähre so eingesenkt liegen, dass sie äusserlich nur durch schwach buckelige Vorwölbungen angedeutet werden. Ein medianer Längsschnitt parallel der Breitseite der Aehre trifft beide Fach- reihen und zeigt die Axe des fertilen Blattabschnittes von drei in langen Netzmaschen anastomosirenden Fibrovasalsträngen durch- zogen, von denen die beiden seitlichen je einen kurzen, horizon- talen Ast zwischen zwei Sporenfächer senden (Fig. 157). Letztere Fig. 156. Botry- chium Lunaria Sw. Fruetifiei- rende Fieder mit geöffneten Spo- rangien, Vorgr. Fig. 157. Längs- schnitt aus der Spitze der Spo- rangienähre von Ophioglossum vulgatum, wenig vergrössert. 9 Gefässbündel, s die noch ge- schlossenen Spo- renfächer. sind ringsum von dem Blattparenchym umgeben (Fig. 158 B), dessen innere, die Sporenmutterzellen unmittelbar umschliessende Lagen später resorbirt, respective bis zur Unkenntlichkeit zusammengepresst werden (Fig. 158 B, «). Im Aequator Prothallium. 588 Ophioglosseae: Entwickelung der Sporangien. des Sporenfaches liegt eine doppelte Lage kleinerer, zartwandiger, von aussen bis zur Höhlung reichender Zellen (Fig. 158 B, m), zwischen denen sich der das Fach öffnende Querspalt bildet. Eine normale, überall mit grossen Spaltöffnungen ver- sehene Epidermis überzieht die ganze Aehre (Fig. 158 B, ep). Untersucht man diese etwa in der zweiten Hälfte des Juli im Jahre vor ihrem Vortreten über die Erde, so sieht man in dem Längsschnitte hellgelbliche, durchscheinende, aus. plas- mareichen Zellen bestehende Gewebegruppen (Fig. 158 A, spm) sich scharf gegen das umgebende undurchsichtige, fett- und stärkereiche Paren- chym absetzen, und zwar in gleicher Zahl und Lagerung, wie die späteren Sporen- fächer. Es sind dieses die Urmutterzellen der Sporen, die sich auch hier nicht auf eine einzige Centralzelle zurückführen lassen. Ferner kann hier eben so wenig von einer sogenannten Ver- wachsung von Sporangien die Rede sein, wie bei Marattia, deren Sporangiumfächer am meisten den Sporenfächern der Ophioglossum-Aehre ent- sprechen (8. 580); lassen wir doch andererseits die An- therenfächer der Phanero- gamen, auf welche der Bau der Sporenähre von Ophio- glossum so evident hinweist, auch nicht durch Verwach- sung ursprünglich getrennter Antheren entstehen. — Die die Sporenbildung einlei- tende letzte Theilung der Sporenmutterzellen in die vier Specialmutterzellen er- folgt nach den Ecken des Tetraöders, so dass also die chlorophylllosen Sporen ra- diär sind. Das nur im weiter ent- wickelten Zustande bekannte Prothallium ist stets ein Fig. 158: Ophioglossum vulgatum L. A Theil eines Längs- unterirdischer, chlorophyli- sehnittes aus einer schr jungen Sporangienähre, nach Russow. freier parenchymatischer Vergr. 300. B Längsschnitt durch ein Sporenfach einer älteren, G h kö R Ber Bohr. 8 Millim. langen Achre, kurz vor Trennung des Gewebes der EewebeKkörper. el oLry Sporenmutterzellen in seine einzelnen Zellen. Vergr. 120. spm Sporenmutterzellen, ep Epidermis, m Zellenreihen, zwischen denen das Aufreissen des Sporenfaches erfolgt, « in Resorption begriffene Wandschicht des Sporenfaches, g Gefässbündel. chium Lunaria ist er nach Hofmeister eiförmig und im grössten Durchmesser nicht über 1 Millim. lang, aussen lichtbraun, innen .gelblich- weiss und an der Oberfläche allseitig spärlich mit mässig langen Wurzelhaaren besetzt (Fig. 159). Seine Zellen nehmen vom Mittelpunkte nach der Peripherie an Grösse ab.. Auf der der Erdoberfläche zugekehrten Fläche trägt das Prothal- lium vorzugsweise Antheridien, auf der entgegengesetzten Archegonien. Die ersteren sind dem Vorkeimgewebe als mit enger Mündung nach aussen sich öffnende Höh- Ophioglosseae: Prothallium. Embryo. Ophioglossum. 589 lungen eingesenkt und nach aussen von zwei Zellenlagen bedeckt (Fig. 159); die Spermatozoiden unterscheiden sich von denen der Farne kaum anders, als durch etwa um die Hälfte beträchtlichere Grösse. Die dem Prothallium ebenfalls ein- gesenkten Archegonien gleichen denen der Farne. Eine Entwickelungsgeschichte des Embryo liegt nicht vor; von weiter vorgeschrittenen Stadien sagt Hofmeister, dass sein Vegetationspunkt nahe dem Scheitelpunkte der Centralzelle des Arche- goniums liege, die ersten Wurzeln unter ihm, nach dem Grunde des Archegoniums hin, entstehen, weshalb in Folge der gewöhnlichen Lage des Archegoniums mit der Mündung nach unten der Embryo zu einer halben Wendung genöthigt werde, um seine Knospe aufwärts kehren zu können. Die drei ersten Blätter sind nieder- blattartig, doch trägt das dritte, bisweilen auch schon das zweite, ein grünliches Spitzchen als erste Andeutung der Spreite. Am vierten Blatte wird dieser grüne Theil weiter ausgebildet, indem er jederseits 2—3 Fiederlappen und zwischen den beiden untersten derselben einen winzigen fertilen Blatttheil mit nur wenigen, meist 2 einfachen Verzweigungen entwickelt. Das Prothallium von Ophioglossum pedunculosum Desv., einer tropischen, jährlich oft bis vier Blätter entwickelnden Varietät unseres Ophiogl. vulgatum, ist nach Mettenius im jüngsten von ihm beobachteten Entwickelungsstadium ein an- nähernd kugeliges, 1—3 Millim. Durchmesser haltendes Knöllchen, auf dem sich ein konischer Höcker erhebt, welcher mittelst einer sich durch schräge Wände gliedernden (an einigen Vorkeimen tetraödrischen) Scheitelzelle wächst und sich zu einem cylindrischen, 4—48 Millim. langen Fortsatze verlängert. Tritt das Ende dieses Fortsatzes über den Boden, so ergrünt es, stellt aber sein Wachsthum ein, indem es abstirbt, oder sich abplattet, oder in 2—3 Läppchen spaltet; im Uebrigen wird eine Verzweigung des Prothalliums nur selten beobachtet. An kräftigen Exem- plaren sondert sich das Gewebe des Fort- satzes in einen axilen Strang längsgestreck- ter Zellen und eine Rinde kürzerer Paren- chymzellen; das Gewebe des Knöllchens wird von letzteren allein gebildet. Beiderlei Geschlechtsorgane werden auf demselben Prothallium und zwar fast ausschliesslich auf dem Fortsatze desselben erzeugt, doch Fig. 159%. Botrychium Lunaria Sw. Längs- herrschen auf schmächtigen Vorkeimen im schnitt durch das Prothallium, nach lHof- Allgemeinen die Antheridien, auf kräftigen meister. Vergr. 50. die Archegonien vor. Die Antheridien sind wie bei Botrychium ausgebildet und gelegen; sie nehmen von einer oder wenigen Zellen des Vorkeiminneren ihren Ursprung. Die Archegonien entstehen wie bei den Farnen und erinnern am meisten an diejenigen von Marattia (S. 582). Sie besitzen eine tief eingesenkte Centralzelle und einen aus 3—5 Etagen gebildeten, wenig vorragenden Hals. Die vollständige Entwickelung des Embryo ist unbe- kannt. Nach Mettenius entsteht an dem der Prothalliumspitze zugekehrten Ende das erste Blatt, an dem entgegengesetzten die erste Wurzel, auf der dem Grunde der Archegoniumhöhle zugewendeten Seite die Stammanlage; das erste Blatt soll, abweichend von dem der Farne, die concave Oberseite dem Halse, die convexe Unterseite dem Grunde des Archegoniums zukehren. 1. Ophioglossum L. Stämmchen aufrecht. Steriler Blatttheil linealisch, lan- zettlich, eiförmig bis herzförmig, selten handförmig gelappt (0. palmatum, S. 585), stets netzaderig. Fertiler Blatttheil gestielt, einfach, ährenförmig, von vorne nach hinten zusammengedrückt, mit 2 Reihen völlig eingesenkter Sporenfächer, deren jedes sich durch einen Querriss halb-zweiklappig öffnet. Nur wenige (6—7), zum Theil aber sehr polymorphe Arten. — O0. vulgatum L. 4. Bis 50 Centim. hoch. Blättstiel lang. Steriler Blattabschnitt der typischen Form meist eiförmig oder ei- förmig-länglich, mit verschmälerter Basis in einen kurzen, breiten Stiel verlaufend, stumpflich, ohne Mittelrippe, fleischig, gelblichgrün, leicht welkend. Auf etwas feuchten Wiesen und auch in Laubwäldern, seltener an sonnigen Abhängen, durch ganz Europa und in vielen, zum Theil sehr abweichenden Formen kosmopolitisch. Fructifieirt Mai— Juli. War früher als Herba Ophioglossi bei Geschwüren ete. officinell (Berg, Waarenk. S. 222. — Abbild. Hayne, Arzneigew. VI. Taf. 48). 590 Öphioglosseae: Botrychium, Helminthostachys. — Rhizocarpeae. 2. Botrychium Sw. Stämmchen aufrecht. Steriler Blatttheil ein- bis vier- fach fiederschnittig, selten ungetheilt, seine Nerven nie anastomosirend. Fertiler Blatttheil rispig in einer Ebene verzweigt, 2- bis 3-fach fiederschnittig, die Spo- rangien 2-reihig an den Aesten, fast kugelig, durch einen Querriss 2-klappig auf- springend (Fig. 156). 10 Arten, die meisten dem mittleren und nördlichen Europa, Asien und Nordamerika angehörend. — B. Lunaria Sw. (Mondraute). 2%. Bis 30 Centim. hoch, kahl, gelblichgrün, fleischig. Steriler Blatttheil ungestielt, in der Mitte des Blattstieles entspringend, kaum den Grund der Fruchtrispe er- reichend, einfach fiederschnittig, die Segmente aus breit keilförmiger Basis halb- mondförmig, ganz, oder mehr oder minder fächerförmig eingeschnitten, mit Ner- vatio Cyclopteridis. Auf Wiesen, an grasigen Abhängen, auf Haideplätzen ete. durch ganz Europa, in Asien, Nordamerika und Australien. Fructificirt Juni bis August. War früher als Herba Lunariae s. Lunariae botrytidos bei Ge- schwüren und Wunden offieinell und als Zaubermittel berühmt (Berg, Waarenk. S. 222. — Abbild. Nees v. Esenb. Plant. mediein. tab. 14). — B. matricariae- folium Al. br. 4. Steriler Blatttheil dicht unter der Rispe entspringend, meist gestielt, eiförmig oder länglich, doppelt fiedertheilig, die Segmente 2. Ordnung linealisch, schmal, mit 2—3 stumpfen Zähnen oder ganzrandig, kahl. Auf dürren Haiden, am Rande von Kiefernwäldern im nördlichen und mittleren Europa. Fruc- tifieirt Juni, Juli. — B. ternatum Thunbg. 2. Behaart. Steriler Blatttheil dicht über dem Grunde des gemeinsamen Blattstieles entspringend, lang gestielt, kurz deltaförmig, meist doppelt fiederschnittig, die Segmente 1. Ordnung gestielt, die 2. Ordnung herzeiförmig oder rundlich, gekerbt oder mit rundlichen, an der Basis zusammengezogenen Lappen. Am Rande von Kiefernwäldern, an sonnigen Ab- hängen im nördlichen und mittleren Europa, in Asien, Nordamerika, Australien. Fructifieirt August. 3. Helminthostachys Kaulf. Rhizom kriechend. Steriler Blatttheil hand- förmig-gedreit, der mittlere Abschnitt beiderseits, die seitlichen einseitig fieder- schnittig, mit lanzettlichen Segmenten und Nervatio Sub-Taeniopteridis. Fertiler Blatttheil an der Basis des sterilen entspringend, lang gestielt, eine eylindrische Rispe mit zahlreichen, dicht gedrängten, schildförmigen, gestielten Schuppen bil- deyd, denen die sich auf der Aussenseite mit einem Längsrisse öffnenden eiför- migen Sporangien zu 3—4 der Unterseite des Schildchens oder zu 1—2 dem Stiele ansitzen. Nur 1 Art: H. zeylanica Hook. 4. Bis 50 Centim. hoch. Tropisches Asien, Queensland, Neucaledonien. Wird von den Malayen als Gemüse gegessen und ist auch officinell. Fossile Ophioglosseen. Man kennt nur eine Art, das Ophioglossum aeocenum Schimp. aus dem Tertiär von Verona. II. Reihe. Heterospore Filicinen (8. 503). | 30. Ordnung. Rhizocarpeae.! Den Namen der Rhizocarpeen oder Wurzelfrüchtler verdankt die einzige Ordnung der heterosporen Filicinen der Stellung der Sporenfrüchte bei Salvinia, bei welcher dieselben als metamorphosirte Zipfel eines eigenthümlich gestalteten, einer büschelig verzweigten Wurzel gleichenden und früher auch für eine Wurzel gehaltenen Blattes, des sogenannten Wasserblattes, auftreten. Sämmtliche Mit- glieder der in 4 Gattungen kaum 60 Arten zählenden, in Europa nur durch 5 Arten (davon 3 deutsche) vertretenen Ordnung lieben feuchte Standorte oder die Ober- 1. Abth. (1878), mit 1 Taf. — Millardet, Le prothallium male des eryptogames vasculaires. 4°. Strassburg 1869. — Arcangeli, Sulla Pilularia globulifera et sulla Salvinia natans. Nuovo Giorn. botan. italiano VIII. Rhizoearpeae. Salviniaceae. Salvinia: Habitus. 591 gewöhnlich verhältnissmässig reicher verzweigt. Mit Ausnahme der völlig wurzel- losen Salvinia trägt er auf seiner Bauchseite die wesentlich nach dem Typus der Wurzeln echter Farne wachsenden Wurzeln, während die Rückenseite die zwei- zeilig gestellten Blätter entwickelt; nur bei Salvinia stehen letztere im dreigliede- rigen Wirtel. Die Sporangien, deren Entwickelung im Allgemeinen wie bei den echten Farnen verläuft, entstehen frei im Inneren eigenthümlich metamorphosirter Blatttheile, die, völlig geschlossen, der Kürze wegen Sporangienfrüchte oder Sporocarpien genannt werden können. Die Sporangien selbst sind zarte, kugelige, ei- oder keulenförmige Säcke mit einschichtiger Wand ohne Ring. Sie erzeugen verschiedene Sporen: die als Makrosporangien bezeichneten enthalten nur eine grosse Spore, die Makrospore, welche bei der Keimung das kleine, chlorophyll- haltige, mit der Spore in Verbindung bleibende, weibliche Prothallium liefert, nie Antheridien produeirt; die Mikrosporangien dagegen schliessen zahlreiche kleinere Mikrosporen ein, aus denen ein rudimentäres männliches Prothallium hervorgeht, oder deren Inhalt unmittelbar in die Spermatozoiden-Mutterzellen zer- fällt. Die Ordnung lässt sich in zwei scharf charakterisirte Familien, die der Sal- viniaceen und Marsiliaceen, gliedern, von denen erstere den echten Farnen am nächsten steht. 230. Familie. Salviniaceae.! Die Salviniaceen sind kleine, horizontal auf dem Wasser schwimmende, © Pflänzchen mit zartem, aber mit deutlichen Internodien versehenen Stämmchen, das mittelst einer rechts und links segmentirenden, nach innen zweiflächig zuge- schärften Scheitelzelle wächst und nur bei Azolla Wurzeln entwickelt, bei Sal- vinia wurzellos ist. Die schwimmenden Blätter sind in der Knospenlage einfach gefaltet. Makro- und Mikrosporangien sitzen getrennt in verschiedenen, ein- fächerigen Sporocarpien, die jedoch auf derselben Pflanze entwickelt werden und die Sporangien durch Fäulniss ihres Gewebes entlassen. Die Sporen selbst sind von schaumig erhärteten Plasmamassen eingehüllt (Fig. 162 ep). Von den beiden schon genannten Gattungen dieser Familie ist besonders die zuerst zu besprechende Salvinia namentlich durch Pringsheim’s Untersuchungen vorzüglich bekannt. 1. Salvinia Mich. Die wenigen (ca. 7) Arten dieser Gattung werden des sehr übereinstimmenden Habitus und Baues wegen leicht durch die einzige deut- sche, auch im übrigen Europa, in West- und Nordasien, sowie in Nordamerika verbreitete Art, S. natans Wild. (Fig. 160 A), veranschaulicht. An dem zarten, schwimmenden, von einem centralen, schwachen, concentrisch gebauten Fibrovasal- strange durchzogenen, in der Rinde weite Luftcanäle zeigenden Stengel, über dessen Scheitelwachsthum die eitirte Abhandlung Pringsheim’s genauen Aufschluss giebt, werden die Blätter stets zu dreien in einem Wirtel angelegt. Je zwei Blätter des Quirles stehen auf dem Rücken des Stämmchens und schwimmen als sogenannte Luftblätter auf der Wasserfläche. Sie sind also horizontal ausgebreitet, kurz gestielt, oval mit schwach herzförmigem Grunde und stumpf mit etwas ein- gedrückter Spitze (Fig. 160 A, B). Ihre Oberfläche trägt zahlreiche, in schiefen Reihen vom Mittelnerven ausstrahlende Wärzchen mit einem Büschel Haare auf dem Gipfel, die Unterseite ziemlich dicht unregelmässig gestellte Haare. Das Innere des Blattes zeigt zahlreiche weite, in zwei Etagen abwechselnd gelegene Luftkammern, getrennt durch zarte, einschichtige Zellenplatten. Das dritte, der Bauchseite des Stämmchens entspringende, vertical ins Wasser hinabhängende Blatt des Wirtels ist das Wasserblatt. Dasselbe ist büschelig in viele faden- förmige, mit langen, zarten Haaren dicht besetzte Zipfel gespalten (Fig. 160 B) und erhält dadurch ein wurzelartiges Aussehen; physiologisch vertritt es auch die fehlende Wurzel. Da die Blätter je zweier auf einander folgender Quirle al- ! Bischoff, Zur Naturgeschichte der Salvinia natans. Nova Acta Acad. Leop. Carol. XIV. P. I. 47. Taf. 4—6. — Hofmeister, Ueber die Keimung der Salvinia natans. Abhandl. d. sächs. Akad. d. Wissensch. V. 665. Taf. 13. — Pringsheim, Zur Morphologie der Salvinia natans. Jahrb. f. wissensch. Bot. III. 484. Taf. 24 bis 29. — Juränyi, Ueber die Entwickelung der Sporangien und Sporen der Sal- vinia natans. 8° mit 2 Taf. Berlin 1873. 592 Salvinia: Blätter, Knospen, Sporocarpien. terniren, so bilden natürlich sämmtliche Luftblätter 4, die Wasserblätter 2 Ortho- stichen am Stengel. Der Knoten, welcher einen Blattwirtel erzeugt, wird aus einer Zellenscheibe (Knotenscheibe) ungleichalteriger Zellen gebildet, welche in ihrer Höhe einem halben Segmente der Scheitelzelle entspricht, während jedes Interno- dium eine ganze Segmenthöhe einnimmt; er wird auf der einen Seite aus der oberen Hälfte eines älteren Segmentes und auf der anderen aus der unteren Hälfte eines jüngeren Segmentes aufgebaut. Das eine Luftblatt (inneres Luftblatt Pringsheim’s) wird aus der jüngeren, das andere (äussere) Luftblatt und das Wasser- blatt werden aus der älteren Hälfte der Knotenscheibe erzeugt; das Wasserblatt ist das älteste, das ihm fernere Luftblatt das zweite, das ihm nähere Luftblatt das jüngste Blatt des Wirtels, und jedes Blatt entspringt aus einer Zelle von be- stimmter Lage, die sich über die Oberfläche der Knotenscheibe hervorwölbt und durch zwei geneigte, diametral gegenüber gestellte Wände sofort die Scheitelzelle des jungen Blattes bildet. — Eine Endverzweigung des Stämmchens tritt nach EN Du Po MD NN ÄNN N N N N N Fig. 160. Salvinia natans L. A Schwimmende Pflanze in nat. Grösse. B Stück des Stengels mit zwei Luftblättern und dem zugehörigen, fruetificirenden Wasserblatte, nat. Gr. C Zwei Sporocarpien im Längsschnitte, das obere mit Makrosporangien, das rechts untere mit Mikrosporangien; schwach vergr. und etwas schematisirt. D Querdurchschnittenes Sporocarpium, entleert; schwach vergr. Pringsheim bei Salvinia nie ein; jeder Zweig entsteht zwischen dem Wasserblatte und dem äusseren Luftblatte, erstreckt sich aber bis vor die Basis des Wasser- blattes und rückt wohl gar ein Stück auf diese hinauf, so dass er von Pringsheim als ein Adventivspross des Wasserblattes betrachtet wird, obgleich sein Gefäss- bündel direct vom Gefässbündel des Stammes ausgeht. Strasburger möchte die Knospen als Seitenknospen des Stammes selbst ansehen. Die Sporocarpien sitzen bei Salvinia büschelig zu 4—8 stets am Wasser- blatte (Fig. 160 B). Sie sind kugelige, von oben und unten etwas flach gedrückte, aussen behaarte und mit 9—14 rundlich vorspringenden Rippen versehene, ein- fächerige, vollständig geschlossene Behälter. Den Rippen entsprechen eben so viele meridianartig in der zweischichtigen Wand verlaufende, durch einschichtige Zellenplatten von einander getrennte Luftcanäle (Fig. 160 C, D). Die innere Wand- schicht besitzt Spaltöffnungen. Im Grunde der Frucht erhebt sich die säulen- oder keulenförmige, kaum bis zur Mitte der Höhlung reichende Columella als das die Sporangien tragende Receptaculum. In 1—2 der obersten Sporocarpien eines Salvinia: Sporocarpien, Sporangien. 595 Wasserblattes entwickelt dieselbe je 10 und mehr Makrosporangien, während die übrigen Früchte desselben Blattes viel zahlreichere Mikrosporangien enthalten (Fig. 160 C). Die Makrosporangien sind sehr kurz gestielt und eiförmig, die Mi- krosporangien bedeutend kleiner, kugelig und lang gestielt, die Wand beider be- steht aus tafelförmig-polygonalen, im Alter braunen Zellen. Die 64 kugeltetraö- drischen Mikrosporen eines Sporangiums werden gemeinsam von einer erhärteten schaumigen Protoplasmamasse eingeschlossen, die sie auch bei der Keimung nicht verlassen, und auch die grosse ovale Makrospore ist von einer solchen Masse, dem sogenannten Episporium (Fig. 162 ep), bedeckt. Die Entwickelung des einzelnen Sporocarpiums beginnt bereits an sehr jungen Wasserblättern nahe am Vegetationskegel. Einzelne eben angelegte Blatt- zipfel, mit zweiflächig zugeschärfter Scheitelzelle wie die anderen, schwellen ein wenig an und werden zum Receptaculum der künftigen Frucht. Von unten her erhebt sich aber aus der Basis des Blattzipfels durch rasche Theilung der Der- matogenzellen desselben ein Ringwall, die Anlage der Fruchtwand, welche alsbald den Blattzipfel becherförmig umgiebt und durch weitere rasche Theilung ihrer Randzellen durch abwechselnd nach aussen und innen geneigte Wände schnell emporwächst, sich verengernd über der Columella zusammenneigend und endlich vollständig zur kugeligen Hülle schliessend. Die Analogie in der Entwickelung der Salviniafrucht mit derjenigen des Sorus gewisser Farne liegt auf der Hand. Die Columella von Salvinia entspricht z. B. derjenigen der Hymenophyllaceen (S. 525, Fig. 126 und S. 554, Fig. 141) und die Fruchtwand ersterer Gattung ist dem Indusium der genannten Familie zu vergleichen. Dieselbe Parallele lässt sich zwischen Cyathea (8. 557, Fig. 142 e), Woodsia und anderen Farnen mit unter- ständigem Indusium einerseits und Salvinia andererseits ziehen, ja noch mehr er- innert diese Gattung an die Gattung Diacalpe (S. 524) mit ihrem allseitig kugelig geschlossenen Schleier. Das Sporocarpium von Salvinia ist also ein Sorus, in welchem die Fruchtwand das hier nur kräftiger ausgebildete Indusium, die Colu- mella das Receptaculum ist. Noch ehe die Fruchtwand die halbe Höhe des Receptaculums erreicht hat, entstehen auf letzterem die Anlagen der Sporangien. Die Oberfläche des Re- ceptaculums ist zunächst mit einer Schicht zartwandiger, säulenförmiger Zellen überzogen, welche sich lebhaft theilen. Die durch die letzten Theilungen entstan- denen Tochterzellen strecken sich senkrecht zur Oberfläche des Receptaculums und gliedern sich dann durch eine Querwand in die Mutterzelle der Sporenkapsel und eine untere, eylindrische Zelle, welche durch wiederholte Quertheilung zum längeren oder kürzeren Sporangiumstiele wird und deren Tochterzellen sich nur bei den Makrosporangien auch durch Längswände theilen. Erst wenn die Theilungen im Stiele fast beendet sind, beginnt nach Juränyi die sich nun fast kugelig ausdeh- nende obere Zelle ihre Entwickelung zum Sporangium, indem in ihr zunächst durch eine Querwand (Basalwand) eine untere, niedrige, scheibenförmige Zelle als erste Wandzelle abgegrenzt wird, worauf sich in der oberen, grossen Zelle durch eine fast senkrechte Wand ein Dritttheil des Umfanges als zweite Wandzelle ab- gliedert. In der grösseren der beiden oberen Sporangiumzellen entsteht dann eine dritte Wand, welche von der Basalwand ausgehend und mit der gewölbten Wand der Sporangiummutterzelle parallel laufend, sich an die zweite Wand ansetzt, eine dritte Wandzelle abschneidend, wozu endlich durch eine vierte, nahezu senk- rechte, die drei vorhergehenden Wände treffende Wand die vierte Wandzelle sich gesellt. Aus der Mutterzelle des Sporangiums ist somit ein kleiner Zellenkörper entstanden, welcher eine von vier Wandzellen allseitig umschlossene grosse innere Zelle besitzt. Die Wandzellen theilen sich weiterhin nur durch auf der Oberfläche des Organes senkrecht stehende Wände, die Wand bleibt stets ein- schichtig. Die innere plasmareiche Zelle dagegen zerfällt durch eine ähnliche Theilung, wie die eben beschriebene, in eine tetraödrische Centralzelle als Ur- mutterzelle der Sporen und in eine Mantelschicht; letztere wird nach mehrfachen radialen Theilungen ihrer Zellen durch eine auf diese in jeder Zelle folgende Tangentialtheilung zweischichtig, doch unterbleibt auch wohl hie und da das Auf- treten der Tangentialwand (in den Mikrosporangien |manchmal in allen Zellen), oder die Mantelschichten vermehren sich stellenweise (bei den Makrosporangien über dem Stiele) durch weitere Theilungen. Die Centralzelle zerfällt durch wie- derholte Zweitheilung nach drei Raumrichtungen in 16 Sporenmutterzellen und Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 38 594 Salvinia: Sporen, männliches Prothallium. jede dieser erzeugt vier tetraädrisch gelagerte Specialmutterzellen, respective Junge Sporen. Abgesehen von der Reihenfolge und Lage der Theilwände gleicht also das junge Salvinia-Sporangium am meisten demjenigen der echten Farne, speciell dem der Polypodiaceen, und Makro- und Mikrosporangien verhalten sich bis zu diesem Stadium ebenfalls völlig gleich, während von jetzt ab ein Unter- schied, nicht in der Entwickelung ihrer Wand, wohl aber in der ihres Inhaltes eintritt. In denjenigen Sporocarpien, die später nur Makrosporangien enthalten, beginnt in jedem Sporangium eine der jungen Sporen mächtig zu wachsen und kugelig zu werden; sie ist die künftige Makrospore, die sich nun von ihren Schwestersporen deutlich unterscheidet. Ihr Plasma ist bald nur noch als ein dünner Wandbeleg vorhanden, ihre anfänglich zarte Wand nimmt eine lichtgelbe, später bräunlichgelbe und endlich unter weiterer Verdickung hellbraune Färbung an (diese Wand ist die Wand e der Fig. 162). Gegen Ende der Entwickelung sammelt sich das Plasma an der dem Scheitel des Sporangiums zugekehrten Seite am stärksten an, hier den Zellkern in sich einschliessend. Während des Wachs- thumes der Makrospore dehnen sich die Mantelzellen theils in hohem Grade aus, theils theilen sie sich tangential weiter, wobei sie ihren reichen Plasmainhalt be- halten. Dann beginnt die äusserste Mantelschicht zuerst, später die inneren Schichten zu zerfallen, indem die Scheidewände gelöst werden und die Inhalte aller Zellen zusammenfliessen, um mit den bald ebenfalls zerfallenden Schwester- zellen der Makrospore gemeinsam die Makrospore als eine dichte Plasmamasse zu umhüllen, die auf dem Scheitel der Spore stärker kegelförmig angehäuft ist und hier mit ihrer Spitze gleichzeitig den Sporangiumscheitel berührt. Später vermehrt sich die plasmatische Hülle der Makrospore, in der Dicke zunehmend; es treten in ihr nach und nach zahlreiche kleine Vacuolen auf, welche ihr ein schaumiges Aussehen geben, sie gewissermassen als ein aus kleinen Zellen be- stehendes Gewebe erscheinen lassen, das man als Episporium bezeichnet (Fig. 162 ep). In ihm treten über dem Sporenscheitel schon früh drei unter Winkeln von 120° zusammenstossende, körnerlose, stark lichtbrechende Plasmaplatten auf, in denen sich später das erhärtete Episporium dreilappig spaltet. Noch bevor indessen diese Spaltung stattfindet, tritt eine bedeutende Vermehrung des Plasmainhaltes der Makrospore ein, und schliesslich in diesem die Bildung zahlreicher Fett- tropfen und Stärkekörner. Die nun reife Spore füllt den Innenraum des Makro- sporangiums (Fig. 162 sp) vollständig aus. In den übrigen Sporocarpien entwickeln sämmtliche Sporangien nur Mikro- sporen, indem alle 64 Sporen sich gleichmässig ausbilden, anfänglich noch in gemeinsamer Gruppe zusammenhängend, später sich in Tetraden, noch später gänzlich trennend. Die Mantelzellen des Mikrosporangiums beginnen noch vor der endlichen Trennung der Mikrosporen in genau derselben Weise, wie in den Makrosporangien, zu zerfallen. Ihr Plasma schliesst die Mikrosporen vollständig ein und bildet bald eine schaumige, erhärtende Masse, in welcher die Sporen ordnungslos sich zerstreuen, und welche mit Ausnahme der (hier fehlenden) Lap- penbildung dem Episporium der Makrosporen völlig gleicht. Die fructificirende Pflanze geht im Herbste zu Grunde und die überwintern- den Sporangien werden nach und nach durch Fäulniss der Sporocarpiumwand frei, um im folgenden Frühjahre aus ihren Sporen die Geschlechtsgeneration zu er- zeugen. Die keimenden Mikrosporen bleiben sammt der sie umschliessenden Schaummasse im Mikrosporangium eingeschlossen. Jede lässt ihr Endosporium zu einem cylindrischen Schlauche auswachsen, welcher Schaummasse und Sporangium- wand durchbricht, ausserhalb der letzteren sich etwas krümmt und ein rudimen- täres männliches Prothallium ist. Das vortretende Ende desselben bleibt stets kurz und gliedert bald seinen plasmareichen Scheitel durch eine Querwand als Antheridium ab (Fig. 161 a), während der untere Theil fast ohne Inhalt ist. Das Antheridium zerfällt durch eine schiefe Wand in zwei Zellen (Fig. 161 b) und in jeder derselben sondert sich das Protoplasma in zwei Portionen: in eine grosse, welche durch zweimalige übers Kreuz erfolgende Zweitheilung in vier Spermatozoiden-Mutterzellen zerfällt und eine kleine, unthätig im Antheridium liegen bleibende (Fig. 161 b). Jede Antheridienzelle klappt dann in Folge der Bildung eines auf der convexen Seite beginnenden, aber nicht vollständig ring- orale schliessenden Querrisses deckelartig auf, um die Spermatozoiden zu ent- Assen. Salvinia: Weibliches Prothallium. 595 Wesentlich anders gestalten sich die Vorgänge bei Bildung des weiblichen Prothalliums, dessen Entwickelung jedoch nicht lückenlos bekannt ist. Nach Juränyi ist noch zur Reifezeit der Makrospore das den Zellkern einschliessende, den Sporenscheitel meniskenartig ausfüllende Plasma von dem übrigen Inhalte unterscheidbar, wenn auch nicht scharf getrennt. Diese Plasmamasse bleibt nun bis nahe an das Ende der Ruheperiode der Makrospore scheinbar unverändert, wenigstens ist während dieses Zeitraumes an derselben weder eine Massenzunahme, noch irgend eine andere Veränderung unmittelbar wahrnehmbar. Wenn aber der Zeitpunkt der Vorkeimbildung herangekommen ist, vermehrt sie sich ziemlich stark und man sieht dieselbe sich in kugelige Portionen sondern, welche, obgleich zunächst noch nicht durch scharfe Umrisse begrenzt, sich dennoch als die ersten Zellen des Prothalliums erweisen, indem sie sich bald mit einer Membran um- kleiden, sich rasch vergrössern, in Folge dessen immer enger an einander schliessen, bis sie mit einander völlig verschmelzen und so ein zuerst noch wenigzelliges Ge- webe, das junge Prothallium, bilden, das durch Theilung seiner Zellen und auf Kosten jenes Inhaltes der Makrospore wächst, der nicht zur Bildung der ersten freien Zellen verwendet wurde. Nach Pringsheim’s vorzüglichen Untersuchungen ist später das den Scheitel der Makrospore ausfüllende Prothallium gegen den unteren Raum der Spore durch eine glashelle Membran (Fig. 162 d) abgegrenzt, das Episporium (Fig. 162 ep) reisst auf dem Scheitel mit drei Lappen (S. 594) auf und zersprengt an dieser Stelle gleichzeitig das Spo- rangium (Fig. 162 sp), der Vorkeim durchbricht die innere braune Spo- renmenbran (Fig. 162 e) und tritt frei durch den Riss hervor, bleibt aber der Membran d (Fig. 162) fest aufsitzen und dadurch mit der Spore verbunden. Das chlorophyll- haltige Prothallium hat im Grund- risse dreieckige Form. Von seinen drei Flächen entwickelt die eine als Vorderfläche bezeichnete später ihre Kanten zu den beiden flügel- artigen Lappen, welche an den Fig. 161. Salvinia natans L. a Stück vom Umfange Seiten der Makrospore herabhängen eines Mikrosporangiums mit den hervorgetretenen Mikro- (Fig. 163). Die beiden hinteren, sporenschläuchen (Vergr. 250). b Spitze eines Mikrosporen- gemeinsam die Hinterfläiche oder schlauches mit zweizelligem Antheridium (Vergr. 580). den Rücken des Prothalliums bil- ce Archegonium (Vergr. 300). Nach Pringsheim. denden Seiten gehen allmählich sich krümmend in einander über; eine Linie, von der Mitte der Vorderseite der Grund- fläche über den Rücken fort nach der Mitte der Hinterfläche gezogen, ist die Mittellinie des Vorkeimes. Nur in seltenen Ausnahmen entwickeln sich Arche- sonien auf der Vorderfläche; sie entstehen auf dem Rücken, das erste in der Mittellinie unmittelbar vor der Vorderfläche, also auf dem nahezu höchsten Punkte des Prothalliums, die beiden folgenden rechts und links von ihm auf den beiden abfallenden Seiten des Rückens. Diese drei Archegonien treten ohne Ausnahme auf; wird eines von ihnen befruchtet, was der gewöhnlichste Fall ist, so unter- bleibt die Entwickelung weiterer Archegonien; im anderen Falle aber wächst das zwischen der ersten Archegoniumreihe und der Vorderfläche gelegene Prothallium- stück noch bedeutend und auf ihm bilden sich dann noch mehrere mit der ersten und unter sich parallele Reihen von je 3—”7 Archegonien aus, von denen das je älteste ebenfalls immer die höchste Stelle des Rückens einnimmt. Jedes Arche- gonium liegt schief im Prothalliumgewebe, so dass das obere Ende der Oentral- zelle nach hinten, das tiefere der Vorderfläche zugekehrt ist. Im Baue und in der Entwickelung stimmt das Archegonium (Fig. 161 ec) mit dem der Farne (8. 543, Fig. 134), vorzüglich aber mit dem der Marattiaceen (S. 582, Fig. 153) überein. Die Bauchcanalzelle (in Fig. 161 e noch nicht vorhanden) wird von der Central- zelle abgegliedert. Die vier untersten, grössten Zellen der vier Halswand-Zell- reihen werden von Pringsheim als Schlusszellen, die über ihnen liegenden 2—3 Zellen 38* 596 Salvinia: Embryo. jeder Reihe als eigentlicher Halstheil bezeichnet; letzterer, nur wenig über die Prothalliumfläche vorragend, wird nach der wie bei den Farnen (S. 544) erfolgen- den Oeffnung des Archegoniums und noch vor dem Eintritt der Spermatozoiden Fig. 162. Salvinia natans L. Mediansehnitt durch Makrospore, Prothallium - und Embryo zur Zeit des Durchbruches des letzteren durch das Prothallium. Nach Pringsheim. Vergr. 150. v Stammspitze, s Schildehen, b’ und b‘ erstes und zweites Blatt des Embryo; p Prothallium, @ Archegonium; sp Sporangium- wand; e Sporenhaut, ep Episporium und d Diaphragma der Makrospore. vollständig abge- worfen, während nach geschehener Befruchtung die Schlusszellen durch ihre Aus- dehnung nach Innen die Cen- tralzelle mit dem Embryo ab- schliessen. Das befruch- tete Ei oder der junge Embryo füllt die Central- zelle ganz aus. Die erste Theil- wand des Embryo ist nach Prings- heim auf die Mittellinie und die Basis des Embryo senk- recht gestellt und scheidet densel- ben als erste Seg- mentwand in eine vordere meist grössere und hin- tere kleinere Zelle; über letz- terer, dem ersten Segmente der als Scheitelzelle auf- gefassten Em- bryonalzelle,liegt die Archego- niummündung. Die vordere Zelle theilt sich darauf durch eine auf die erste Wand senkrechte, der Basis des Embryo etwa parallele Wand in eine untere Zelle, welche als die Scheitelzelle des Stämmchens wei- ter functionirt, und in eine obere, das zweite Seg- ment der Schei- telzelle als die Mutterzelle des ersten, abweichend gestalteten, als Schildchen (Fig. 162 und 163 s) bezeichneten Blattes, Aus der ganzen hinteren Zelle (dem ersten Segmente) des noch zweizelligen Embryo geht der Fuss (die fersenartig nach rechts vorspringende Gewebepartie der Figur 162) hervor, der aber später Salvinia: Embryo. 597 bei bedeutender Streckung eine vom Fusse der Farnembryonen abweichende, stiel- artige Gestalt annimmt und daher als Stielchen (Fig. 163 «) bezeichnet wurde. Eine Wurzelanlage geht schon dem jugendlichen Salvinia-Pflänzchen völlig ab. Die Stammscheitelzelle theilt sich von ihrer Bildung an sofort durch abwechselnd nach oben unten geneigte Wände, der ganze Embryo nimmt rasch an Umfang zu, durchbricht den Vorkeim und tritt als eine gestielte, auf dem Wasser schwim- mende Scheibe zu Tage (Fig. 162). Auf diesem Entwickelungsstadium lässt das Pflänzchen drei Theile unterscheiden. Mit dem von der Spore aus in die Höhe strebenden, bald sich cylindrisch streckenden Fusse oder Stielchen (Fig. 162, 163 a) ist dasselbe im Prothallium befestigt. Das erste Blatt ist eine auf dem Wasser schwimmende, vorne tief ausgerandete, daher zweilappige bis pfeilförmige Scheibe, das Schildehen (Cotyledo oder Keimblatt — Fig. 162 und 163 s), in welches das Stielchen auf der Unterseite unmittelbar vor der tiefsten Stelle der Ausbuchtung mündet. In dem vorderen Winkel, welche beide mit einander bilden, liegt die junge Stammknospe, welche in Figur 162 neben dem Vegetationskegel » schon die beiden weiteren Blätter erkennen lässt, und die an- fänglich in der Ansicht von oben noch von dem Schildehen verdeckt wird. Mit weiterer Er- starkung des Keimpflänzchens und Streckung der Stammspitze erfährt letztere eine Drehung um 90°, so dass die im Anfange nach oben und unten segmentirende Scheitelzelle wie im älteren Stämmchen jetzt rechts und links Segmente ab- gliedert. Die beiden auf das median dorsal ge- stellte Schildchen folgenden Blätter sind etwas länger gestielte, breitere- Luftblätter (Fig. 163, I und IT), welche jedoch noch links und rechts alterniren. Erst auf das dritte Blatt folgt der erste normale Quirl mit zwei Luftblättern und einem Wasserblatte (Fig. 163 /‘, ! und w); letz- teres ist jedoch noch einzipfelig und erreicht erst in den folgenden Wirteln ganz allmählich seine normale Ausbildung, indem es in jedem Wirtel mehr Zipfel entwickelt. Leitgeb kommt nach seinen neueren Unter- suchungen zu einem etwas abweichenden Resul- tate. Die erste Wand fand Leitgeb überein- stimmend mit Pringsheim als Verticalwand den Salvinia natans L. Pflanze noch in Verbindung mit Pro- Fig. 165. Junge Embryo in eine vordere und hintere Hälfte zer- legend und auch bezüglich der nächsten, beide Hälften in Quadranten zerlegenden Theilung bestätigt er Pringsheim’s Angaben. Jetzt aber zerfällt jeder Quadrant in Octanten und der thallium (p) und Makrospore (sp); a deren Stielchen; s Schildchen; I und II die beiden ersten, einzeln stehenden Blät- ter; 1’ und /!” die beiden Luftblätter und w das zugehörige Wasserblatt des Embryo gleicht bis dahin vollkommen demje- nigen der Polypodiaceen (S. 546) und auch dem von Marsilia (siehe die folgende Familie): er ist bis zu diesem Stadium ein Thallom, an dem sich jetzt erst die Anlage der Organe ‘vollzieht. Zunächst wird von den Octanten der Vorderhälfte auch hier das epibasale Glied (S. 550) abgeschieden und nun entwickeln sich die beiden vorderen und oberen Octanten zum Schildchen, das also ganz in derselben Weise das Wachsthum beginnt, wie der Cotyledo von Marsilia und Ceratopteris, und sich vorzüglich in der Ebene des ihm anliegenden epibasalen Gliedes durch Rand- wachsthum vergrössert. Die Bildung der Octanten macht selbstverständlich auch die Constituirung der Stamm-Scheitelzelle in der Mediane des Embryo unmöglich. Es entwickelt sich der Stamm aus einem der vorderen unteren Öctanten, liegt . daher schon von Anfang an seitlich und entspricht in dieser Lage also vollkommen dem Stammscheitel von Marsilia und dem der Polypodiaceen. Er zeigt anfänglich c Stammspitze. Nach Vergr. 20. ersten Quirles; Pringsheim. 598 j Salvinia: Embryo. — Azolla. dieselben Theilungen, wie der neben ihm liegende und wie die beiden zum Schild- chen werdenden: es treten successive Theilwände auf, die seinen Seitenwänden parallel sind. An seiner Spitze liegt also eine dreiseitig pyramidale Zelle, in welcher sich (und zwar nach der dritten oder vierten Theilung) die zweischneidige Scheitelzelle so bildet, dass sie unmittelbar nach ihrer Entstehung ihre beiden Seitenwände rechts und links wie im Stammscheitel des erwachsenen Pflänzchens liegen hat. Der sterile vordere Octant entwickelt sich zunächst dem stammbil- denden gleich; in dem Maasse aber, als er in seinem Wachsthume zurückbleibt, werden die Theilungen unregelmässig und aus den peripherischen Zellen sprossen endlich Haare hervor, die später auch an anderen Stellen des sich bildenden Stammes auftreten. Während ferner Pringsheim angiebt, dass das Stielchen (der Fuss) aus der hinteren (hypobasalen) Embryohälfte hervorgehe, glaubt Leit- geb, dass diese Hälfte fast ganz verkümmert und auf einen wenigzelligen Complex reducirt bleibt, wogegen das Stielchen vorzüglich durch Streckung des epibasalen Gliedes ausgebildet wird. 2. Azolla Lam.* Die 4 Arten dieser Gattung, von denen 2 in Amerika, 1 in Australien und Afrika, 1 in Afrika allein vorkommen, sind kleine, habituell an Jungermannien, Frullanien und ähnliche Lebermoose erinnernde Pflänzchen mit vielfach verzweigtem Stämmchen, dessen Vegetationskegel hakenförmig aufwärts gekrümmt ist und wie bei Salvinia mit zweiflächig zugeschärfter, rechts und links segmentirender Scheitelzelle wächst. Die Blätter werden alternirend in zwei ge- raden, auf der Rückenseite des Stengels einander genäherten Reihen aus den rückenständigen Theilen der Segmente entwickelt, während aus den bauchständigen Segmentstücken die später als das zugehörige Blatt erscheinenden, extraaxillären Seitenknospen entspringen und mit diesen in gleicher Höhe die einzeln oder in Büscheln stehenden, senkrecht abwärts wachsenden Wurzeln erst dann, wenn die benachbarte Seitenknospe ihr erstes Blatt anlegt. Die Wurzeln entwickeln von ihrer tetraödrischen Scheitelzelle nur eine Wurzelhaubenkappe und stecken in einer vollständig geschlossenen Scheide, welche von den über der Wurzel-Mutter- zelle liegenden Zellen des Stammes gebildet wird und bei A. nilotica sogar immer ein ganzes Bündel von 6—20 dicht neben einander stehenden Wurzeln gemeinsam umgiebt, hier aber später zerrissen wird. Die Blätter sind stets bis zu ihrer Basis tief 2-lappig; die oberen Lappen schwimmen auf der Wasseroberfläche und decken sich dachziegelig und gleichzeitig den Rücken des Stämmchens, während die sich nur wenig an ihrer Basis deckenden unteren Lappen untergetaucht sind. Der Oberlappen zeichnet sich ferner durch eine grosse, auf der Unterseite mündende Höhlung aus, welche einer Wucherung der Epidermis ihre Entstehung verdankt und ausnahmslos von Nostoccolonien bewohnt wird. Die Sporocarpien werden zu 2 oder 4 stets nur an dem untersten Blatte der Sprosse angelegt und von dem muschel- oder helmförmig metamorphosirten unteren Blattlappen gedeckt, respective umschlossen. Ihre Entwickelung erfolgt wie bei Salvinia; auch sie entsprechen je einem Sorus der Farne (S. 593). Die Mikrosporangien enthaltenden Sporocarpien sind fast kugelige, kurz gestielte Kapseln mit 2-schichtiger Wand (Indusium); sie umschliessen zahlreiche (bis 40) gedrängt stehende, kugelige Mikrosporangien mit einschichtiger Wand und langem, 2-reihigem Stiele. Die Mikrosporen sind wie bei Salvinia (S. 594) in schaumig erhärtetes Protoplasma eingebettet, das aber hier in je nach der Art 3—8 nach aussen abgerundete, nach innen mehrkantige Ballen (massulae) getrennt ist. Von der Oberfläche jeder Massula entspringen bei A. filiculoides und A. caroliniana regelmässige, haarartige, einfache oder septirte, an der Spitze 2 ankerartig ge- stellte Widerhaken tragende Gebilde, die sogenannten Glochiden, bei A. pinnata und A. nilotica dagegen unregelmässige, annähernd haarartig gestaltete, zugespitzte Fortsätze. Die Sporocarpien der Makrosporangien sind kleiner und zugespitzt- eiförmig. Sie enthalten (ob auch im ersten Entwickelungsstadium?) je nur ein einziges, scheitelständig der Columella entspringendes Sporangium, dessen ein- 1 Strasburger, Ueber Azolla. 8° mit 7 Taf. Jena 1873 (hier die ältere Literatur angegeben). — Berggren, Förengjende meddelande om utvecklingen af prothalliet och embryot hos Azolla, Botanika Notiser 1876. pag. 177 (Botani- scher Jahresber, IV. 329). Azolla. Marsiliaceae. } 599 schichtige Wand sogar später resorbirt wird, so dass die Makrospore frei in der unteren Hälfte des Sporocarpiums liegt. Die Makrospore selbst zeigt um ihre innere, bräunlichgelbe Membran ein stellenweise grubig vertieftes, um den oberen Sporenrand ringartig angeschwollenes, schaumig erhärtetes Episporium, analog demjenigen von Salvinia (doch bei den verschiedenen Arten Differenzen im Baue zeigend) und an der ganzen Aussenfläche desselben eine in den Gruben bedeutend entwickelte, an ihrer Innenfläche fein poröse, membranartige Schicht, von welcher an den Rändern der Vorsprünge lange, peitschenförmige, farblose, homogene, äusserst feine Fäden ausstrahlen.! Dem Sporenscheitel ist ein eigenthümlicher Schwimmapparat aufgesetzt, der auch aus schaumig erhärtetem Protoplasma be- steht und entweder in 3 einfache, birnförmige Körper getheilt ist (A. filiculoides und A. caroliniana), oder jeden dieser Schwimmkörper wieder aus 3 Stücken zu- sammengesetzt zeigt. Von dem oberen Rande des Ringes steigt endlich noch eine aus feinen, verflochtenen, soliden Fäden bestehende Zwischenmasse schräg nach innen und oben säulenartig zwischen den Schwimmkörpern empor, breitet sich schirmförmig über den Scheitel derselben als eine allmählich schwächer werdende Faserschicht aus und verschmilzt an ihrem Rande mit der Innenfläche der Sporo- carpienwand etwa da, wo die verholzte, rothbraune, obere Hälfte der letzteren gegen die untere, lichtere, nicht verholzte absetzt. Die Keimung der eigenthümlichen Makrospore ist bis jetzt nur durch Berggren’s Mittheilung bekannt (und zwar von A. filiculoides und A. caroliniana). Die Resultate dieser Untersuchung folgen hier, da mir das Original nicht zu Ge- bote steht, nach dem etwas dunkelen Referate im botanischen Jahresberichte. Nachdem der untere, nicht verholzte Theil der Makrospore durch Fäulniss zerstört worden ist, bildet der obere einen braunen, kegelförmigen Deckel, der durch Aus- einanderspreitzen der Schwimmkörper gehoben wird. Die Massulae der Mikrospo- rangien hängen sich mittelst ihrer Glochiden an die peitschenförmigen Fäden der Makrospore und bedecken letztere oft vollständig. Die Art der Entwickelung der Antheridien wird nicht mitgetheilt. Die Bildung des weiblichen Prothalliums findet in der Weise statt, dass im oberen Theile der Makrospore zahlreiche Zellen ent- stehen, welche sich bald zu einem rundlichen Körper, dem Prothallium, vereinigen, das oben undeutlich dreilappig ist, an den Seiten bis etwa in die Mitte der Spore hinabreicht und etwa die Form eines Pferdehufes annimmt. Die Sporenmembran reisst nun dreilappig auf, das Prothallium liest frei im Scheitel der Makrospore und entwickelt in der Nähe der Ecken der Klappen meist je ein Archegonium, von denen jedoch nur eines zur völligen Entwickelung gelangt. Nach der Be- fruchtung erhebt sich das Prothallium nur wenig über die Oberfläche der Spore und umgiebt den Embryo anfangs wie eine Scheide, bis dieser nach weiterem Wachsthume mit seiner durch die Stammknospe mit den ersten Blättern gebildeten Spitze den Deckel hebt und endlich in Folge seiner nach unten zugespitzten Kegelgestalt aus dem Archegoniumhalse heraus schlüpft und auf die Wasserober- fläche gelangt, noch ehe das Prothallium zerstört ist. Seine Längsaxe bleibt dabei vertical gerichtet, indem der bisher zu einer Scheide zusammengefaltete obere Theil des Embryo, welcher die Stengelspitze einschliesst und dem Schildchen von Salvinia verglichen wird, sich immer mehr fächerförmig ausbreitet, der kegelför- mige Theil (die Wurzel) nach unten gerichtet bleibt. Die erste Wurzel stellt ihr Wachsthum sehr bald ein; ein Fuss (das Stielchen bei Salvinia) fehlt dem Embryo im entwickelten Zustande. Von fossilen Salviniaceen unterscheidet man 5 Arten der Gattung Salvinia, welche sämmtlich dem Tertiär angehören und an der eigenthümlichen Structur ihrer allein erhaltenen Luftblätter kenntlich sind. 231. Familie. Marsiliaceae.? Von den Salviniaceen unterscheidet sich die Familie der Marsiliaceen, wenn es sich vorläufig nur um gröbere systematische Merkmale handelt, vorzüglich durch ! Vgl. weiter Strasburger’s Studien über Protoplasma (Jena 1878), S. 45, Taf. 2. 2 Russow, Vergleichende Untersuchungen (Note 1, 8. 498), 8. 1-78. — Hanstein, Pilulariae globuliferae generatio cum Marsilia comparata. 4°. Bonn 1866. 600 Marsiliaceae: Habitus, Stamm, in der Knospenlage spiralig nach vorne gerollte Blätter und mehrfächerige, in jedem Fache einen Sorus mit Mikro- und Makrosporangien tragende Sporocarpien, welche beider Reife kapsel- artig mit Klappen auf- springen (Fig. 166). Auch hier haben wir es nur mit 2 Gat- tungen, Mar- silia und Pilu- laria, zu thun, beide in Deutschland mit je einer Art. vertreten (Fig. 164 und 2li69), und beide sum- pfige, zeit- weise über- schwemmte Localitäten liebend. Das im Verhältnisse zur Grösse der Pflanzen schwache, walzenrunde, kriechende und meist reichlich ver- zweigte Stämmchen wächst mit- telst tetraö- drischer Scheitelzelle, welche eine Reihe ventra- ler und zwei Reihen dor- saler Seg- Fig. 164. Marsilia quadrifolia L. Stück des Fig. 165. Pilularia globulifera L. mente abglie- kriechenden Stengels mit zwei fructifieirenden Stück der fructificirenden Pflanze dert. Einhohl- Blättern in nat. Grösse und Frucht vergrössert. in natürl. Grösse. ceylindrischer Fibrovasal- strang, dem der Farne ähnlich zusammengesetzt (S. 506) und wie bei der Mehrzahl Erläuterung des Nardoo genannten Nahrungsmittels der Urbewohner Australiens, einer Marsilia-Frucht, nebst Bemerkungen zur Eintwickelung dieser Gattung. Mo- natsber. d. Berlin. Akad. 1862, S. 103, mit Taf. Die Befruchtung und Entwicke- lung der Gattung Marsilia. Jahrb. f. wissensch. Bot. IV. 197. Taf. 10—14. — Al. Braun, Ueber die Marsiliaceen-Gattungen Marsilia und Pilularia. Monatsber. d. Berlin. Akad. 1863. S. 413. Neuere Untersuchungen über die Gattung Marsilia u. Pilularia. Ebenda 1870. S. 653. Nachträgliche Mittheilungen über die Gattung Marsilia u. Pilularia. Ebenda 1872. S. 635. — Arcangeli, Sulla Pilularia globu- lifera. Nuovo giorn. botan. ital. VII. 320. Marsiliaceae: Stamıf, Wurzeln, Blätter, Sporocarpien von Pilularia. 601 derselben concentrisch, scheidet das Grundgewebe in Rinde und Mark, die nur an den Insertionsstellen der Blätter über der Abgangsstelle des Blattleitbündels durch eine enge Lücke im Gefässbündelrohre in Verbindung treten. Eine wohl ausge- bildete Strangscheide grenzt letzteres sowohl gegen das Mark, als auch gegen die Rinde ab. Die Rinde lässt eine Aussenrinde mit weiten, durch radiale, einschich- tige Längscheidewände getrennten Luftcanälen und eine Innenrinde unterscheiden, letztere eine äussere Zone sehr diekwandiger Sclerenchymzellen und eiye innere diekwandiger, im Winter Stärke führender Parenchymzellen. Das Mark besteht der Hauptmasse nach aus äusserst diekwandigem Sclerenchym. Im Stammende beginnt nach Russow die Differenzirung des Holzkörpers im Procambiumringe gewöhnlich mit dem Auftreten von zwei ventralen, einander genäherten Gefäss- gruppen (Radicalstränge Nägeli’s), denen nach einander drei wiederum einander genäherte (Foliarstränge Nägeli’s) auf der Dorsalseite des Stammes folgen, ein Umstand, der Nägeli veranlasst haben mag, das Gefässbündelrohr als ein aus fünf Strängen verschmolzenes anzusehen. Die Wurzeln der Marsiliaceen entspringen in acropetaler Folge aus der ventralen Segmentreihe der Scheitelzelle, die jüngsten bereits nahe hinter dem Vegetationskegel. Im Wachsthum und in der monopodialen Verzweigung stimmen sie im Wesentlichen mit denen der Farne überein. Die Blätter werden in zwei alternirenden Reihen aus dorsalen Segmenten der Axe entwickelt. Bei Pilularia (Fig. 165) sind sämmtliche Blätter spreitenlos, fadenförmig und zugespitzt; bei Marsilia ist nur das Keimblatt so einfach gebaut, während die Blätter der älteren Pflanze eine zweijochig gefiederte Spreite mit keilförmigen Fiedern tragen, deren Nerven wiederholt regelmässig gabeln und die am Tage flach ausgebreitet (Fig. 164), während der Nacht aufwärts so gegen einander gelegt sind, dass das obere Fie- derpaar auf jeder Seite von einer unteren Fieder gedeckt wird. Das jugendliche Blatt von Marsilia wächst mittelst einer rechts und links segmentirenden Scheitel- zelle, welche ihre Function bei Anlage der Spreite einstellt. Im Entwickelungs- gange der Marsilien treten ferner, so lange die jüngeren Pflanzen noch im Wasser wachsen, von den gewöhnlichen (Land-) Blättern abweichende Schwimmblätter auf, mit dünneren und längeren Stielen, mit grösserer Spreite, verhältnissmässig breiteren und in der Regel ganzrandigen Fiedern, welche auf der Wasseroberfläche schwim- mend ausgebreitet sind, dementsprechend nur auf der Oberseite Spaltöffnungen tragen, denen die eigenthümliche Schlafstellung während der Nacht abgeht u. s. w. Die Verzweigung des Stammes ist stets eine seitliche. Hanstein bezeichnet die Knospen als wahre Achselknospen, obgleich sie ursprünglich schon am unteren Rande der Blattachsel auftreten; Sachs nennt sie passender analog den Seiten- sprossen von Azolla extraaxillär. Bemerkenswerth sind endlich die Knollen der Marsilia hirsuta, knollenartig anschwellende, bis 15 Millim. Durchmesser haltende, fleischige Seitensprosse von kugeliger, birnförmiger oder zweilappiger bis fast corallenartig viellappiger Gestalt, mit kleinen, plattconischen Niederblättern, ohne die Lufthöhlen des normalen Stämmchens, doch mit stark entwickeltem, ausser- ordentlich stärkereichem Rindenparenchym. Sie sind zu einer langen Ruheperiode befähigt und dienen so der Erhaltung der Art während langer Dürre. Die Sporocarpien sind bei den Marsiliaceen viel complieirter gebaut, als bei den Salviniaceen, da sie nicht einem einzelnen Sorus der Farne entsprechen, wie in letzterer Familie, sondern als metamorphosirte ganze Blätter oder Blattab- schnitte zwei bis zahlreiche Sori‘einschliessen. Das Sporocarpium von Pilularia ist eine sehr kurz oder länger gestielte, kugelige, aussen stark behaarte Kapsel, welche mitten vor dem Blatte, anscheinend in der Achsel desselben steht (Fig. 165). Ihre Entwickelungsgeschichte ist sehr ungenügend bekannt; doch zeigt schon der ganze Bau der dicken Fruchtwand und die Stellung der Sori zu den Gefässbün- deln so entschieden auf Marsilia, es stimmt ferner Pilularia in der Anlage der sogenannten Indusien und der Sori und in der Bildung der Soruscanäle nach Rus- sow so sehr mit Marsilia überein, dass wir auch für das Sporocarpium dieser Gattung die Blattnatur annehmen dürfen. Im Inneren besitzt das Sporocarpium 2 (P. minuta), 3 (P. americana) oder 4 (P. globulifera, P. Novae Hollandiae) mit der Längsaxe parallel laufende Fächer, welche durch die entsprechende Zahl dicker, aus weichem Gallertgewebe bestehender Scheidewände getrennt werden. Ein in jedem Fache auf der Innenfläche der Fruchtwand vertical verlaufendes, leistenförmiges Receptaculum trägt den Sorus und unter jedem Receptaculum zieht 602 Marsiliaceae: Sporocarpien von Marsilia. ein Ast des schon beim Eintritte in die Frucht sich in zwei Theile spaltenden Gefässbündels empor. Die Zahl der Makrosporangien in einem Sporocarpium be- trägt nach Al. Braun bei P. minuta 2, bei P. americana (nach einer Zählung) 39, bei P. globulifera 50—100, bei P. Novae Hollandiae über 100. Bei der Reife öffnet sich das Sporocarp nach der Zahl der Fächer vom Scheitel aus 2—4-klap- pig, Makro- und Mikrosporangien treten in dem zu Schleim zerfliessenden Gewebe der Scheidewände (Indusien) aus und lassen ihre Sporen in diesem Schleime keimen. Die länger oder kürzer gestielte Sporenfrucht von Marsilia entspringt auf der Bauchseite des Blattstieles, am Grunde desselben oder höher hinauf, einzeln oder zu mehreren (bis 20 und mehr bei M. polycarpa) und im letzteren Falle oft auf verzweigtem Stiele (Fig. 164). Sie ist ein bilaterales, bohnenförmiges Gebilde (Fig. 164) mit unterschiedener Rücken- und Bauchseite (entsprechend der Rücken- und Bauchseite des Blattstieles) und zwei gleichgebauten Seitenwänden. Der Fruchtstiel tritt gewöhnlich schief an die Basis des Sporocarps heran, eine Strecke weit unterscheidbar an dieser hinlaufend und die sogenannte Raphe (das Noto- basalstück Russow’s) bildend, ehe er an der Grenze der Rückenseite der Frucht mit einem vorspringenden Zahne endet. Dem ersten Zahne folgt meist ein zweiter (Fig. 164), welcher die Stelle bezeichnet, vor welcher der Fibrovasalstrang des Stieles sich abwärts biegt und unter eigenthümlicher Verdoppelung der Pallisaden- schicht in das Gewebe der Innenseite der Frucht eintritt. Hier verläuft der Strang den ganzen Rücken entlang und giebt beiderseits einfach gabelig sich theilende, in die Seitenwänden hinabsteigende Zweige ab, um sich endlich im letzten Drittel oder Viertel der Frucht in zwei Schenkel zu spalten, welche nach Abgabe einiger weiterer Zweige auf ihrer Aussenseite zuletzt selbst Seitenzweigen ähnlich in die Fruchtwand abwärts steigen. Die Zweige erreichen die Bauchkante, ohne sich jedoch hier mit denen der gegenüberliegenden Seite zu verbinden. Bei der Mehr- zahl der Arten bilden ferner die Seitennerven in ihrem Verlaufe keine Anasto- mosen; erst dicht an der Bauchkante verbinden sich gewöhnlich die Schenkel- spitzen der angrenzenden Gabeläste zweier Nerven. Bei M. polycarpa und einigen anderen Arten dagegen kommt etwas über der Mitte der Seitenwand eine dem Rücken parallele, zickzackförmige Anastomose zwischen sämmtlichen Seitennerven zu Stande. Was den anatomischen Bau betrifft, in dem die Sporocarpiumwände von Marsilia und Pilularia im: Wesentlichen übereinstimmen, so finden wir bei Marsilia zunächst eine namentlich im Jugendzustande stark behaarte, in Folge ungleicher Zellenhöhe hügelige Epidermis mit zweierlei Spaltöffnungen, meist grösseren, welche über einer Athemhöhle liegen und solchen, welche der äusseren Prismenschicht direct aufsitzen. Unter der Oberhaut liegen zwei Schichten prismatischer, senkrecht zur Oberfläche gestellter, sehr dickwandiger, unverholzter Zellen, von denen die innere die äussere an Mächtigkeit bedeutend (1'/,—3-mal) übertrifft, die innere aus zum Theil (selten durchgäng) parallel der Oberfläche getheilten Zellen," die äussere aus einer einfachen Zellenlage besteht, die letztere ausserdem die sogenannte Lichtlinie zeigt, einen etwa durch die Mitte sämmtlicher Zellen continuirlich verlaufenden, ziemlich scharf contu- rirten, hellen, farblosen Streifen. Unter jeder der erwähnten grösseren Spaltöff- nungen sind die Prismenschichten von einer langgestreckten Athemhöhle unter- brochen. Eine vierte Schicht der Fruchtschale besteht aus einer Lage radial ge- streckter, schnürleibartiger Zellen, eine fünfte, in welcher das Fibrovasalsystem verläuft, aus 2—4 oder mehr Lagen dünnwandiger, tangential gestreckter Paren- chymzellen. Im Notobasalstücke treten zu diesen Schichten noch andere, die hier den Bau complicirter erscheinen lassen. In der Rücken- und Bauchfurche, im ganzen Umfange der Frucht im Inneren verlaufend und an der betreffenden Stelle mit der innersten Parenchymschicht in Verbindung stehend, finden wir einen ring- artigen Gewebewulst (Gallertring), der im trockenen Zustande der Frucht horn- artig und bis zur Unkenntlichkeit seiner Zellen zusammengepresst erscheint (Fig. 166 A, g und g‘), in Berührung mit Wasser jedoch ungemein quillt. Ursache dieser Quellung ist ein den Inhalt der Zellen bildender Schleim. Dem Gallert- ringe sitzen nun die Sori (Fig. 166 A, s) in der Weise an, dass das basale Ende dem stärker entwickelten rückenläufigen, das entgegengesetzte dem schwächeren bauchläufigen Theile des Gallertringes angewachsen ist und sämmtliche Sori als eben so viele in zwei Reihen über einander gestellte Fächer erscheinen, die in ihrer Lage den in den Seitenwänden abwärts steigenden Nerven entsprechen, aber Marsiliaceae: Sporocarpien von Marsilia. 603 in geringerer Zahl als letztere vorhanden sind, da die äussersten Nerven des hin- teren und vorderen Sporocarpendes keine Sori tragen. Ihre Zahl schwankt je nach den Arten jederseits zwischen 2—12, ist aber bei keiner Art ganz beständig. Die einschichtige, aus sehr zartwandigen Zellen bestehende Hülle jedes Sorus ist das sogenannte Indusium (Fig. 166 D, ids). Dasselbe zeigt im Inneren auf seiner der Fruchtwand anliegenden Aussenseite eine festere, aus engen, langen Zellen bestehende Leiste (Receptaculum), auf deren Rücken die weniger zahlreichen (in einer Frucht je nach der Art 12—280) Makrosporangien (Fig. 166 2 Bo eiehor. während die Mikrosporangien (Fig. 166 D, mik) die Flanken bedecken. Die Form des einzelnen Sporangiums ist die eines keuligen Sackes mit einfacher, sehr zart- zelliger, im Wasser schnell zerfallender Wand. Wird eine reife Frucht ins Wasser gelegt, so quillt das Gewebe des Gallert- ringes, indem die Wasser aufnehmenden Zellen zu turgesciren anfangen. In Folge des dadurch entstehenden Druckes wird die Fruchtwand zweiklappig geöffnet und der sich mehr und mehr streckende Gal- lertring tritt sofort mit seinem Bauch- theile vor, die Spitzen der Sori mit aus der Frucht herausziehend (Fig. 166 B). Das Wasser dringt jetzt rascher in die Frucht ein, bringt das Rückenstück des Ringes zum stärkeren Quellen und dieses zieht nun die vom Bauchtheile sich los- reissenden Sori vollständig mit nach aussen. Letztere sitzen jetzt wie Fiedern dem Gallertringe an und lassen auf der Vor- derhälfte desselben ihre früheren Anhef- tungsstellen noch als eben so viele spitze Höcker erkennen (Fig. 166 C). Die von Russow ausführlich geschil- derte Entwickelung der Frucht von M. elata, M. Drummondi und M. salvatrix kann hier nur in den Hauptzügen darge- stellt werden. Der in dem frühesten ge- sehenen Stadium etwa einem Gemshorne gleichende, dann fast 1 Millim. lange fertile Blatttheil ist ganz von den Haaren des Blattstieles verdeckt; er krümmt sich später stärker, bis sein oberes frucht- bares, gegen den künftigen Stiel durch einen deutlichen Vorsprung abgesetztes Ende mit der Spitze den Fruchtstiel be- B Gequollene und geöffnete Frucht mit austre- rührt. Um diese Zeit treten auf der con- tendem Gallertringe (Vergr. g-fach). C Voll- vexen Bauchfläche in zwei alternirenden ständig entleerte Frucht, nat. Gr. D Sorus Reihen und in acropetaler Folge so viele (Vergr. 6). s Sorus, g Gallertring, y‘ dessen trichterartige Grübchen (Fig. 167 A, srk) Bauchstück, ids Indusium, mak Makrosporangien, auf, als Sori angelegt werden sollen. Jetzt mik Mikrosporangien. Nach Hanstein. stellt die Blattscheitelzelle ihre Theilungen ein, der Fruchtstiel beginnt sich zu strecken und vom rückenläufigen Leitbündel zweigen sich in acropetaler Folge die Seitennerven als Procambiumstränge ab. Fast gleichzeitig mit dem Auftreten dieser Procambiumstränge findet aber auf der Innenseite derselben die Anlage der Sori statt, indem je 6—8 (selten 9—10) in einer Längsreihe gelegene Zellen (die sich vor den benachbarten durch ihre Grösse und besonders durch ihre ganz nach Art einer Scheitelzelle durch radial schiefe Wände stattfindenden Theilungen auszeichnen) ihre nach innen gelegenen Wände abrunden und sich von den angrenzenden Zellen trennen. Die oberste, dem Rücken zugewendete Zelle jeder Reihe wölbt ihre Wand auch nach oben, die unterste auch nach unten und von letzterer aus bildet sich durch Auseinander- Fig. 166. Marsilia salvatrix Hanst. A Quer- schnitt der reifen, geschlossenen Frucht, vergr. 604 Marsiliaceae: Sporocarpien von Marsilia, Sporangien, Makrospore. weichen der Zellen bis zu den erwähnten Grübchen der Bauchfläche ein enger Canal, der Soruscanal (Fig. 167 B, C: srk). Jeder Sorus ist vom benachbarten seiner Reihe, sowie von der gegenüber liegenden Reihe durch 4 Zellenschichten getrennt, und diese Zellenschichten spalten sich später so, dass je 2 im Zusammen- Anl. = ah Fig. 167. Marsilia elata A. Br. Entwickelung der Frucht, nach Russow. 4A Längsschnitt durch die ganz junge und B Längsschnitt durch eine etwas ältere Frucht; C Querschnitt durch ein Sta- dium wie A. D Stück eines Querschnittes durch die zwei Sorusreihen eines Stadiums wie B, 9 Ge- fässbündel, srk Soruscanal, s Sorus, mk Makro- sporangium, ik Mikrosporangium, ds Indusium, i Intercellularräume. Vergr. A=65, B=30, 0 =50, D=40. hange eine tonnenförmig gewölbte Hülle (das spätere Indusium) über ihm bilden (Fig. 168 B, :ds). Die 6—8 nach Art einer tetraödrischen Scheitelzelle sich theilenden Zellen der Sorusanlage wer- den nach Abscheidung einer Anzahl Seg- mente (Fig. 168 A, s) zu den Mutterzellen eben so vieler Makrosporangien (Fig. 168 B, v), während die Mikrosporangien aus den Aussenzellen (Fig. 168 B, m) der weiter getheilten Segmente hervorgehen, also seitlich unterhalb der Makrospo- rangien erscheinen (Fig. 167 D). Wenn diese Zellen sich vorgewölbt und durch drei den Wänden der Makrosporangien entsprechende schiefe Wände getheilt haben, verläuft die Entwickelung der beiderlei Sporangien bis zu einem ge- wissen Zeitpunkte durchaus gleichartig. Nach wiederholten schiefen Theilungen, die zur Bildung des kurzen, später sich durch Längswände weiter theilenden Stieles führen, tritt eine der Aussen- fläche der Scheitelzelle parallel gewölbte Wand auf, welche ein grosses inneres Stück der Scheitelzelle als tetraödrische, plasmareiche Centralzelle abscheidet, von der noch einmal durch vier den letzten Wänden parallele Wände eine Schicht von vier Mantelzellen abge- trennt wird. Während die Wandzellen sich durch radiale, die Mantelzellen durch radiale und tangentiale Wände wie bei den Farnen (S. 529) weiter thei- len und die Mantelzellen später allmäh- lich desorganisirt werden, zerfällt die Centralzelle durch wiederholte Zwei- theilung in die 16 Grossmutterzellen der Sporen, deren jede durch nochma- lige simultane Viertheilung die vier Mutterzellen (Specialmutterzellen) lie- fert, deren Plasma durch Umhüllung mit einer Membran zur Spore wird. In den Mikrosporangien kommen alle 16 Sporentetraden als 64 Mikrosporen zu vollkommener Ausbildung. In den Ma- krosporangien entwickelt sich zunächst eine Spore jeder Tetrade stärker, als die drei Schwestersporen. Dann gehen alle Tetraden bis auf eine zu Grunde und in dieser einen wächst die schon vor- her bevorzugte Spore zur Makrospore heran, während die anderen drei Sporen allmählich verkümmern. Sie wird von einer aus den Specialmutterzellen hervorgegangenen, dünnflüssigen Hülle umgeben, um welche sich alsbald feinkörniges, bräunlich tingirtes Protoplasma (aus dem Plasma der desorganisirten Mantelzellen etc.) zu einer Blase ansammelt, welche Ellipsoid- form annimmt. Dann tritt an der ganzen inneren Peripherie dieser Plasmablase Marsiliaceae: Makrospore, männliches Prothallium. 605 plötzlich eine in zwei Schichten differenzirte, verhältnissmässig äusserst dicke, hellbraun tingirte Haut auf, deren innere Schicht structurlos und von geringer Mächtiskeit ist, während die äussere, aus sechseckigen, radial gestellten, dünn- wandigen und mit granulirter Flüssigkeit erfüllten Prismen zusammengesetzte (der Schicht e in Fig. 169 entsprechende) eine Dicke zeigt, welche dem dritten Theile der definitiven Mächtigkeit dieser Schicht gleichkommt. Wird um diese Zeit die Makrospore in Wasser gelegt, so wird die Haut nach einigen Minuten’ in eine farblose, vacuolige Plasmamasse umwandelt, ein Beweis, dass dieselbe unzweifelhaft aus dem Protoplasma gebildet wird. Hat sie dagegen die halbe Mächtigkeit ihres definitiven Zustandes erlangt, so wird sie vom Wasser nicht mehr angegriffen. Das die Haut umgebende Protoplasma bildet noch eine hyaline dünne Schicht an ihrer Oberfläche. Dann verschwindet die die Spore umgebende Flüssigkeit und ihre Membran lest sich der aus Protoplasma gebildeten Haut, dem jetzigen Episporium, an, um mit ihm fest zu verwachsen. In der Makrospore treten nun kleine Stärkekörner auf und die der Prismenschicht aufgelagerte hyaline Schicht schwillt zu der concentrisch geschichteten Gallerthülle der Spore auf (der Schicht d der Fig. 169 entsprechend), welche sammt der inneren und mittleren Schicht des Episporiums die Scheitelpapille frei lässt, um diese herun® einen Trichter bildend (vgl. Fig. 169). Die ganze Entwickelung der Marsilia- Makrospore dauert 4—5 Wochen. Während des noch eben so viele Monate dauernden Reifens der Frucht wird der Inhalt der Prismen der mitt- leren Episporschicht durch Luft er- setzt, wodurch die Spore das atlas- artige, weisse Aussehen erhält und zum Schwimmen auf dem Wasser befähigt wird. Auch bei der Makro- spore von Pilularia (Fig. 169) wird nach Sachs die braune Sporenhaut (Fig. 169 a) zunächst von einer Schleimhülle umgeben, die oft faltig erscheint und später über dem Scheitel eine Papille bildet, die bei der Reife kegelig zusammenfällt (Fig. 169 D. Fig. 168. Marsilia elata A. Br. nach Russow. A Längs- Auf dieser Schleimhülle erscheint schnitt durch einen jungen Sorus s, B Querschnitt dann eine Schicht weicher Substanz durch einen älteren. ids Indusium, 9 Gefässbündel, von deutlich prismatischer Structur " o die für den Fibrovasalstrang des Receptaculums be- (Fig. 169 ce), auf welche sich noch stimmten Zellen, »2 Mutterzellen der Mikrosporangien, später eine noch dickere, minder v» Mutterzelle eines Makrosporangiums. Vergr. 330. deutlich organisirte Hülle auflagert (Fig. 169 d). Auch hier bleibt die Scheitelpapille von den beiden äusseren Epi- sporschichten frei. Ferner zeigen auch die stets frei im Sporangium liegenden Mikrosporen beider Gattungen ähnliche, wenn auch nicht so auffallende Hüllmem- branen von analoger Entstehungsweise. Zur Zeit, wenn die Theilungen in den Makrosporen-Mutterzellen beginnen, hat die Frucht etwa °/, ihrer definitiven Grösse erreicht. Das die Schale zu- sammensetzende Gewebe hat schon kurz zuvor die beiden Prismenschichten angelegt und damit gleichzeitig trat Schliessung der Soruscanäle ein. Jetzt beginnt die weitere Ausbildung der Prismenschichten; die Zellen der äusseren Lage der bis dahin zweischichtigen Indusien collabiren und die Wände der Innenschicht derselben erlangen die Eigenschaft, im Wasser zu quellen u. s. w. Schliesslich erhält die ausgewachsene Frucht, welche bis dahin noch grün und saftig war, unter Bräunung der Schale mit völliger Ausbildung der inneren Prismenschicht ihre Festigkeit. Während bei den Salviniaceen noch ein wenn auch rudimentäres, so doch deutlich ausgebildetes männliches Prothallium entwickelt wird, kommt ein solches bei den Marsiliaceen kaum noch zur Andeutung. In der keimenden Mikro- spore contrahirt sich das Protoplasma zu einem excentrisch gelegenen, kugeligen Ballen, der durch nach drei Raumrichtungen erfolgende dreimalige Zweitheilung 606 Marsiliaceae: Männliches und weibliches Prothallium. in Octanten zerfällt, von denen sich jeder in vier kleinere, tetra@ädrisch gelagerte Fig. 169. Pilularia globulifera L. Makrospore im Längsschnitte (Vergr. 80). «a Sporenhaut. D, c, d die drei Schichten des Episporiums. Fig. 170. A Bereits Marsilia salvatrix Hanst. befruchtetes Prothallium im geöffneten Scheitel der Makrospore (Vergr. 230). B Prothallium im Längsschnitte mit bereits befruchtetem Ei (Vergr. 230). C Spermatozoid (Vergr. 690). Nach Hanstein. liegende Plasmaportionen theilt. Darauf Mutterzellen der Spermatozoiden theilt. Die 32, sich nun mit dünnen Membranen umhüllenden Zellen betrachtet Millardet als Antheridium, den safterfüllten, an- fänglich zahlreiche Stärkekörner ent- haltenden Raum zwischen letzteren und der Sporenhaut als letzte Andeutung eines rudimentären Vorkeimes, eine Ansicht, welche durch die Vorgänge in den Mi- krosporen der Isoöten und Selaginellen gestützt wird (siehe diese Familien!). Nach Arcangeli’s (mir nur aus Bot. Jahresber. IV. 331 bekannten) neueren Untersuchungen theilt sich bei Pilularia die Mikrospore in drei Zellen, von denen die untere das rudimentäre Prothallium ist, die beiden oberen das in jeder Zelle 16 Spermtatozoiden entwickelnde An- theridium bilden. — 10—11 Stunden nach der Aussaat sind die schliesslich kugelig abgerundeten Spermatozoiden- Mutterzellen fertig ausgebildet und nun entwickelt sich in jeder das Spermatozoid in der Peripherie der Zelle um einen central gelegenen, rundlichen, stärke- haltigen Plasmaballen, der sich während der Ausbildung des Samenkörpers immer mehr aufhellt und beim Austritt des letzteren in der Mutterzelle stecken bleibt (Pilularia) oder eine Zeit lang als Blase mitgeschleppt, später aber abge- streift wird (vel. Farne S. 541, 542). Der Austritt der Spermatozoiden-Mutter- zellen erfolgt dadurch, dass der Scheitel der kugeltetraädrischen Mikrospore drei- lappig aufreisst und eine innere zarte, farblose Schicht der Sporenhaut (das Endosporium?) als Blase hervortritt, welche dann die Mutterzellen durch einen Riss entlässt. Die Spermatozoiden von Marsilia (Fig. 170 C) besitzen 12—13, die von Pilularia nur 4—5 Windungen. Das weibliche Prothallium ist strenge genommen auf ein einziges grosses Archegonium reducirt (Fig. 170 A, B), seine Anlage nach Hanstein im Wesent- lichen eine ähnliche, wie bei Salvinia (vgl. S. 595). Es entsteht auch hier aus einer Ansammlung von dichtem Proto- plasma, welche meniskenförmig den Sporenscheitel ausfüllt. Dieses Plasma sondert nach Hansteins Mittheilungen zuerst ein grosse Centralmasse (die künftige Centralzelle des Archegoniums) aus, welche also von einer peripheri- schen, oben stärkeren, unten schwäche- ren Plasmaschicht umgeben ist, die sich darauf zuerst in grössere, dann all- mählich in kleinere, in einer Schicht umhüllt sich zuerst die Centralzelle Marsiliaceae: Weibliches Prothallium, Embryo. 607 mit einer Membran; dann folgen in gleicher Weise die peripherischen Zellen, deren seitliche sich nach erfolgter Befruchtung durch Tangentialwände in zwei Schichten theilen (Fig 170 B; Fig. 171 B, p). Der Archegoniumhals entsteht dadurch, dass sich vier auf dem Archegoniumscheitel gelegene Zellen gemeinsam hügelartig emporwölben (Fig. 170 A) und sich durch je eine geneigte” Wand in zwei Etagen theilen (Fig. 170 B); die vier oberen, bei Pilularia ziemliche Höhe erreichenden Halszellen verlieren ihr Plasma bis auf wenige im klaren Zellsafte schwimmende Körner. Hals- und Bauchcanalzelle, welche wie bei den Farnen angelegt werden, sind im Verhältnisse zur grossen Centralzelle äusserst klein, doch stets deutlich vorhanden. 16—18 Stunden nach der Aussaat ist der weibliche Vor- keim äusserlich völlig erwachsen; er hat in Folge mehrfacher Volumenzunahme den Sporenscheitel durchbrochen und die Scheitelpapille des Episporiums lappig gesprengt (Fig. 170 A). Gegen den inneren, stärke- und fetthaltigen Sporenraum ist er durch ein aus seinen sämmtlichen unteren Zellwänden gebildetes Diaphragma abgegrenzt, das sich später stark blasig nach aussen vorwölbt und das Prothallium ganz zum Sporenscheitel hinausdrängt (Fig. 171 B). 20—24 Stunden nach der Aussaat pflegt die Befruchtung einzutreten. Gegenüber der Hanstein’schen Angabe über die Anlage des weiblichen Prothalliums mag noch erwähnt werden, dass Ar- cangeli dasselbe „durch Zelltheilung, respective Segmentirung‘“ entstehen lässt. Die Entwickelung des Embryo ist von Hanstein und neuerdings von Leit- geb genau verfolgt worden. Letzterer weicht wesentlich nur in der Deutung der einzelnen Theile des Keimlinges von den Angaben Hanstein’s ab, der sich bezüg- lich Marsilia den Pringsheim’schen Deutungen am Salvinia-Embryo (S. 596) an- schliesst und nach dessen Beobachtungen sich das befruchtete Ei zuerst durch eine nahezu senkrechte Wand in eine vordere grössere Stamm- und hintere klei- nere Wurzel-Mutterzelle theilt. Die Stammzelle trennt zuerst durch eine Hori- zontalwand nach oben die Anfangszelle des ersten oder Keimblattes ab; die Wur- zelle scheidet zuerst nach unten die Mutterzelle des hinteren Fussantheiles aus, so dass nun der Embryo rechtwinkelig und symmetrisch gegen seine Medianebene in vier ungleiche Zeilen getheilt ist. Der vordere obere Keimquadrant (Fig. 171 A, b‘) entwickelt sich zuerst und zwar durch wechselnd geneigte Wände seiner Scheitel- zelle zu dem spreitenlosen, fadenförmigen Keimblatte. Die Scheitelzelle desselben erhält sich nur durch wenige Grade, dann fährt die Zellvermehrung nur noch an der Basis lebhaft fort. Der hintere obere Keimquadrant (die Wurzelzelle zweiten Grades — Fig. 171 A, w‘) „theilt nach drei Seiten geneigte Abschnitts- zellen in stets gleichen Cyclen ab, die eine nahezu tetraödische Scheitelzelle zwi- schen sich lassen“. Diese scheidet nach dem ersten dreigliederigen Oyclus die erste Wurzelhaubenzelle ab (Fig. 171 A). ,„Der vordere untere Keimquadrant (Fig. 171 A, v) theilt durch seine zweite Theilungswand nach unten zu die Mutter- zelle des vorderen Fussantheiles ab (vgl. Fig. 171 B, welche man sich nur um 180° um die Längsaxe gedreht zu denken braucht, um die Embryolage von A zu erhalten; die Gewebegruppe f unter ® ist der bezeichnete Fusstheil), durch seine dritte seitlich das zweite Blatt (erste Laubblatt). Darauf folgt ein dreigliederiger ebenso gelagerter Cyclus von Internodialabschnitten, dann durch die siebente Wand dem zweiten gegenüber das dritte Blatt. Die hierdurch gegebene Entwickelungsrich- tung der Stammknospe lässt die Lage der Keimaxe als fast horizontal (etwas nach vorne geneigt) erkennen. Die erste Wurzel liegt — wie eine phanerogame Hauptwurzel — genau in ihrer Rückwärtsverlängerung (Fig. 171 B, v—w‘). Der Fuss entwickelt sich aus einer vorderen Abschnittszelle (f unter v in Fig. 171 B) und einer hin- teren erster Ordnung (f unter w’‘ in ders. Fig.), die gemeinsam eine parenchyma- tische, saugnapfartige Zellmasse ausbilden, welche als seitliche Ausbreitung des para- und hypokotylen Theiles der liegenden Axe betrachtet werden kann und der Nahrungsaufnahme dient. Die Stammknospe fährt fort, dreigliederige Cyclen von Abschnittszellen von '/, Divergenz zu erzeugen, die zwei dorsale und eine ventrale Reihe bilden. Aus jenen stammen von Zeit zu Zeit (bei noch nicht ermitteltem Zahlenverhältniss der Internodialzellen) die zweireihig gestellten Blätter, aus dieser die Wurzeln unter rechten Winkeln gegen die Blätter (S. 600). Nach Leitgeb ist es gewiss, dass nach Bildung der Horizontalwände (Trans- versalwände) in jeder Embryohälfte sogleich die verticalen Medianwände auftreten, so dass der Embryo wie bei Salvinia“ (S. 597) und den Polypodiaceen (S. 547) in Octanten zerfällt; ja es kann die Medianwand auch vor der Transversalwand er- Marsiliaceae: Embryo. 608 scheinen (vgl. 8.549). Bis zu diesem Stadium ist auch hier der Embryo ein Thallom. Nun erst erfolgen die Theilungen in den vier vorderen Octanten, welche zur Bil- Fig. 171. Marsilia. Medianschnitte (Vergr. 230). thallium eingeschlossen auf der Spitze der Spore; A Embryo, 34 Stunden alt, im B Längsschnitt eines 31,—4 Tage alten Embryo, im Pro- der Embryo selbst (wie die übrigen Figuren) nach Hanstein (Vergr. 230 und die Lücke zwi- schen Embryo und Prothallium der grösseren Deutlichkeit wegen schat- tirt).. € Neun Tage alter Embryo, von Prothallium und Spore gelöst (Vergr. 7). D Ein rascher gewachsenes Keimpflänzchen, 7 Tage alt, noch in Verbindung mit Prothallium und Spore (Vergr. 14). sp Spore, p Pro- thallium, « Arehegoniumhals, s Schleimhülle, / Fuss, v Stammscheitel, w’ erste und «0 zweite Wurzel, b’ erstes, in Figur D nur zur Hälfte ge- zeichnetes, b‘‘ zweites Blatt. dung des epibasalen Gliedes (nach Hanstein und Pringsheim des dritten Segmentes und der ersten Theilung im Cotyledo) führen. „Die ersten Theilun- gen im Cotyledo stim- men vollkommen mit denen im Schildchen von Salvinia überein; im weiteren Wachs- thume findet aber der wesentliche Unter- schied statt, dass bei Marsilia das Wachs- thum zu beiden Seiten der Medianwand am stärksten ist und der Cotyledo somit eine kegelförmige Gestalt annimmt. Das epiba- sale Glied in seinem dem Cotyledo ange- hörigen Theile be- theiligt sich sehr stark an diesem Längen- wachsthume; sein An- theil an der Bildung des Cotyledo lässt sich auch an vorgerück- teren Embryonen noch deutlich erkennen (z. B. in Fig. 171, B) und es scheint, dass jener nur an jenen Gewebetheilen Spalt- öffnungen ausbildet, welche vor diesen, aus dem epibasalen Gliede gebildeten Par- tieen (nach der Spitze hin) gelesen sind. Einer der beiden unter dem Cotyledo gelegenen vorderen ÖOctanten bildet, wie bei Salvinia, den Stammscheitel, in wel- chem sogleich die dreiseitige Segmenti- rung Platz greift. Der andere Octant bildet das zweite Blatt. Hierin liest nun ein wesentlicher Unter- schied von Salvinia, wo sich derselbe in der Bildung einiger Trichome er- schöpft (8. 598).“ Was die weiteren Erörterungen Leitgeb’s betrifft, so mag hier nur noch her- Marsiliaceae: Embryo. Marsilia. Pilularia. Fossile Formen. 609 vorgehoben werden, dass die beiden Quadranten der hypobasalen Hälfte sich längere Zeit hindurch vollkommen gleich verhalten, dass derselbe mit Nägeli die Coty- ledonen als „Thallomlappen‘“ bezeichnet und auch dem „zweiten Blatte‘“ Hanstein’s eine andere Deutung geben möchte. Gegenüber dem stammbildenden verhält sich der das „zweite Blatt“ entwickelnde Octant vollkommen gleich, „wie beide zu- sammen gegenüber den beiden zum Cotyledo werdenden. Diese gleiche anfängliche Entwickelung des „zweiten Blattes‘ und des Stammscheitels ist wohl zu beachten. Schon wenn beide Gebilde als Höcker über die Oberfläche hervorgetreten sind, sind sie nicht von einander zu unterscheiden. Aber nicht bloss in der Ober- flächenansicht, sondern auch wenn man den Verlauf der Gefässbündelanlage studirt, bekommt man ganz den Eindruck einer Dichotomie, und es ist, ohne sich selbst Gewalt anzuthun, ganz unmöglich, das eine Gebilde als Seitensprossung des anderen aufzufassen. Ich möchte also auch das zweite Blatt von Marsilia von den späteren Blättern unterscheiden. Es hat vielleicht in dem zweiten Samen- lappen der Dicotylen sein Analogon.“ Der sich entwickelnde Embryo streckt anfänglich, namentlich in Folge des raschen Wachsthums des Cotyledo, das ihn sackartig umhüllende und seinem Wachsthume folgende, im unteren Theile Rhizoiden entwickelnde Prothallium in die Länge, so dass der abgestorbene Archegoniumhals seitwärts zu sitzen kommt (Fig. 171 B, a). Eine von den äusseren quellenden Episporschichten herrührende Sehleimschicht umschliesst beide. Endlich wird durch die sich verlängernde Wurzel und das Keimblatt das Prothallium nach entgegengesetzten Richtungen durchbrochen (Fig. 171 C) und schliesslich mit der weiteren Erstarkung des Pflänzchens ganz zerstört. Die auf das Keimblatt folgenden Blätter sind bei Pilu- laria nicht wesentlich verschieden gestaltet, bei Marsilia jedoch charakterisiren sie sich durch das Auftreten einer kleinen Spreite, welche von Blatt zu Blatt an Breite zunimmt und sich bei den letzten Primordialblättern in zwei oder vier, selten in drei Lappen theilt, die indessen aufrecht stehen, der Gliederung am Grunde entbehren und keine periodische Bewegung besitzen. Die Nervatur beginnt schon mit den ersten Primordialblättern ihre dichotome Theilung, welche von Blatt zu Blatt weiter fortschreitet; doch fehlen in der Regel die bei den späteren Blättern auftretenden Anastomosen, die Verbindung der Nerven am Rande der Spreite ausgenommen. Der Blattstiel ist im Vergleiche zu dem der folgenden Blätter kurz und dick und die Spreite bleibt unter gewöhnlichen Verhältnissen unter Wasser, besitzt jedoch auf der Oberfläche Spaltöffnungen. Den Primordial- blättern folgen dann, meist mit sprungweisem Schritte, die schon erwähnten Schwimmblätter und endlich die Landblätter (S. 601). 1. Pilularia L. Blätter fadenförmig, zugespitzt, ohne Spreite. Sori 2—4, mit ihren Indusien eben so viele Längsfächer des kugeligen, 2—4-klappig auf- springenden Sporocarpiums bildend und nach dem Oefinen des letzteren zu einer die Sporen enthaltenden Gallerte zerfliessend. 5 Arten, von denen nur 1 deutsche: P. globulifera L. (Fig. 165). 4. Sporocarpium 4-fächerig, sein Stiel sehr kurz, aufrecht und auf die Fruchtbasis senkrecht. An Seen und Gräben, besonders auf Torfboden, in fast ganz Europa nicht selten. Fructificirt Herbst. 2. Marsilia L. Blätter mit 2-jochig gefiederter Spreite. Sori horizontal, in dem bilateralen, meist bohnenförmigen Sporocarpium jederseits zu 2—12, mit ihren Indusien eben so viele rechts und links in einer Reihe über einander liegende Fächer bildend, welche als häutige Säckchen fiederartig an einem quellenden Gallertstrange befestigt sind und mit diesem aus dem reifen, durch einen Längsriss auf der Bauchseite sich muschelartig-2-klappig öffnenden Sporocarpium austreten (Ausführliches auf S. 602). 51 Arten, von denen 1 deutsche: M. quadrifolia L. (Fig. 164). 4. Blätter gewöhnlich nicht über 10 Centimeter lang gestielt, ihre Fiedern breit keilförmig, vorne abgerundet, kahl, mattgrün oder bräunlichgrün. Sporocarpien zu 2—3 oberhalb der Blattstielbasis entspringend, mit ihren Stielen /,—\/, verwachsen, letztere 2—3-mal so lang als die 2-zähnige, bei der Reife kahle Frucht. Sori jederseits 7—9. In Sümpfen und Gräben im gemässigten Europa, Asien und Nordamerika; in Deutschland nur im Süden (Schlesien, Baden, Rheinpfalz, Oberbaiern, Oesterreich). Fructificirt Herbst. Fossile Marsiliaceen sind äusserst selten. Eine Pilularia pedunculata Heer findet sich in dem Tertiär Oeningens. Von einer Marsilia, der M. Mari- Luerssen, Medicin.-pharm. Botanik. 39 610 Fossile Marsiliaceen. — Equisetaceae: Rhizom. oni Al. Br. (Ronzoncarpon hians Marion) in den tertiären Kalkmergeln von Ronzon in Frankreich, kennt man das aufgesprungene und entleerte Sporocarp. Marsilidium speciosum Schenk im Hastingssandsteine des Wealden des Osterwaldes wird der habituellen Aehnlichkeit der 6-fiederigen Blätter wegen hierher gerechnet. Gehören ferner die fruchtartigen Körper, welche man neuer- dings als die Sporocarpien der in der rhätischen Formation vorkommenden Jeanpaulia Münsteriana Ung. betrachtet, wirklich zu der genannten Pflanze, so dürfte auch diese als eine Marsiliacee zu betrachten sein, obgleich die wieder- holt dichotom-fächerartig gelappten Blätter ihr ein ganz abweichendes Aussehen geben und eher an gewisse lebende Arten der Gattung Schizaea (Sch. dichotoma etc.) erinnern. Endlich wird von Prantl (Verwandtschaftsverhältnisse ete. — Note 1 auf S. 498) die Sagenopteris rhoifolia Pr. des Keupers hierher gezogen; linsenförmige Gebilde auf den die marsilia-ähnlichen Blätter dieser Pflanze zeigen- den Platten werden auch hier als deren Früchte angesehen. VIII. Classe. Equisetinae (S. 501). 31. Ordnung. Equisetaceae. 232. Familie. Equisetaceae.! Die Familie der Schachtelhalme umfasst nur die eine, in allen Erdtheilen mit Ausnahme Neuhollands verbreitete Gattung Equisetum L., deren 25 lebende Arten sich durch einen so eigenthümlichen und unter den Gefässkryptogamen ver- einzelt dastehenden Habitus auszeichnen, dass sie leicht von allen übrigen Mit- gliedern dieser Pflanzengruppe unterschieden werden (Fig. 172 A). Sämmtliche Equiseten perenniren durch ein unterirdisch kriechendes Rhizom, das schlammigen oder nassen kiesigen und lehmigen Boden liebt, gewöhnlich erst in einer Tiefe von 0,60—1,00 Meter, häufig noch tiefer angetroffen wird und sich bei manchen Arten über weite Flächen (bis 15 Meter und darüber im Durchmesser) verbreitet. In seiner Gliederung und im Baue stimmt es im Wesentlichen mit den über die Erde tretenden Axen überein; seine Oberfläche ist bei im Schlamme der Ge- wässer wachsenden Arten, wie E. palustre und E. limosum, kahl, oft glänzend, ı Bischoff, Die kryptogamischen Gewächse mit besonderer Berücksichtigung der Flora Deutschlands und der Schweiz. 1. Heft. 4°. Mit 6 Tafeln. Nürnberg 1828. — Duval-Jouve, Histoire naturelle des Equisetum de France. 4°. Mit 10 Tafeln. Paris 1864. — Milde, Monographia Equisetorum. 4°. Mit 35 Tafeln. Nova Acta Acad. Leopold. Carol. XXXIL. P. II. (Hier die gesammte ältere Literatur über Systematik angegeben.) — Cramer, Ueber Equisetum arvense u. E. sylvaticum: Längenwachsthum, Gewebebildung, Gefässbündel. Pflanzenphysiol. Unters. von Nägeli und Cramer. III. Heft. S. 21. Tafel 33, 34. — Pfitzer, Ueber die Schutzscheide der deutschen Equiseten. Jahrb. f. wissensch. Bot. VI. 297. Tafel 18—20. — Reess, Zur Entwickelungsgeschichte der Stammspitze von Equisetum. Ebenda VI. 209. Tafel 10, 11. — Janczewski, Recherches sur le developpement des bourgeons dans les Pröles. Mem. de ]. soc. nation. d. scienc. natur. d. Cherbourg XX (1876); mit 2 Tafeln. — Famintzin, Ueber Knospen- bildung bei Equiseten. Melanges biolog. tires du Bullet. de l’acad. imp. d. scienc. de St. Petersbourg IX. 573, mit 1 Tafel. — Sanio, Untersuchungen über die Epidermis und die Spaltöffnungszellen der Equiseten. Linnaea XXIX, mit 1 Tafel. — Russow, Vergl. Untersuch. (N. 1, S. 498). — Hofmeister, Ueber die Keimung der Equisetaceen. Abhandl. d. sächs. Akad. d. Wissensch. IV. 168. Tafel 17, 18. — Sadebeck, Ueber die Entwickelungsgeschichte der Prothallien und die Embry- onologie der Schachtelhalme. Bot. Zeit. 1877. S. 45. — Sadebeck, Die Ent- wickelung des Keimes der Schachtelhalme. Jahrb. f. wissensch. Bot. XI. Tafel 35—37. — Hofmeister, Deber die Entwickelung der Sporen von Equisetum. Jahrb. f. wissensch. Bot. III. 283. — Sadebeck, Ueber die Antheridien-Entwickelung der Dchachtelhalme. Sitzungsber. d. Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin 1875. — Equisetaceae: Rhizom. Knollen. Wurzeln. Stengel. Hal bei im festen Boden gedeihenden Arten gewöhnlich mit einem mehr oder minder dichten, braunen Haarfilze überzogen (Fig. 172 C), der sich auch auf seinen Blättern, sowie an den unterirdischen Theilen der oberirdischen Sprosse entwickelt. Die an den oberirdischen Axen auftretenden Rillen und Riefen sind am Rhizome meist schwächer, oft gar nicht entwickelt; ebenso fehlt manchmal die centrale Lufthöhle der Internodien des oberirdischen Stengels, während Carinal- und Valecularhöhlen stets entwickelt sind und in ihrer Verbindung mit den oberirdischen Organen auch den tiefliegenden Rhizomen den nöthigen Gasaustausch gestatten. Bei manchen Ärten (E. arvense, E. sylvaticum, E. Telmateja, E. palustre und E. litorale, nach Milde auch E. hiemale und sehr selten E. limosum) schwellen vereinzelte oder ganze Reihen von Rhizominternodien zu ei- (E. arvense — Fig. 172 C, a und b — E. palustre) oder birnförmigen (E. Telmateja) Knollen an,.die auf ihrem Gipfel jede das zuge- hörige Scheidenblatt tragen, ein äusserst stärkereiches Gewebe besitzen und wahr- scheinlich im Stande sind, lange zu ruhen, um dann durch Entwickelung von Sprossen neue Pflanzen zu erzeugen. Auch kleine vom Rhizome abgetrennte Stücke und selbst einzelne noch mit einem Knoten versehene Internodien können durch Pro- duction neuer Stöcke der Vermehrung dienen, wie dies namentlich bei dem als fast unausrottbares Ackerunkraut berüchtigten E. arvense zur Genüge bekannt ist. Wie die Seitensprosse, so werden auch die Wurzeln an den Knoten der unterirdischen Axen in Wirteln so angelegt, dass je eine Wurzel unter einer Knospe entsteht. Selbst an den oberirdischen Axentheilen lassen sie sich bei Einwirkung von Dunkelheit und Feuchtigkeit hervorrufen. Wie indessen nicht immer sämmtliche Knospenanlagen zur Entwickelung gelangen, so auch häufig die Wurzeln, von denen jede mittelst einer tetraädrischen Scheitelzelle wächst und sich bezüglich der Theilungen derselben im Wesentlichen wie bei den Farnen ver- hält (vel. S. 510 und die dort eitirte Abhandl.). Der anatomische Bau der Wurzel ist ein einfacher und bei allen deutschen Arten sehr übereinstimmender. Unter der braunen, Wurzelhaare entwickelnden Epidermis liegen eine bis mehrere Lagen mehr oder weniger stark verdickter, getüpfelter, dunkelbrauner Rindenzellen, die allmählich in hellere dünnerwandige Zellen übergehen und eine mit zahlreichen grossen Intercellularräumen versehene Innenrinde umschliessen, die ihrerseits mit der Schutz- oder Strangscheide nur stellenweise in Verbindung steht. Innerhalb der nur in ihren Aussenwänden schwach verdickten Schutzscheide, welche unter allen Gefässpflanzen nur bei den Equiseten aus der zweitinnersten Rindenschicht hervorgeht, liegt noch eine zweite, das hier fehlende Pericambium ersetzende Lage dünnwandiger Zellen, je eine Zelle genau radial vor einer Scheidenzelle. In dieser, das centrale Gefässbündel unmittelbar umgebenden innersten Rindenschicht ent- springen die Wurzelzweige dicht an den äussersten Gefässen des Fibrovasalstranges. Die jährlich zur Entwickelung gelangenden oberirdischen Axen werden bereits im Vorjahre so weit ausgebildet, dass sie im Herbste in allen wesentlichen Theilen fertig sind und im nächsten Frühjahre durch Streckung ihrer Internodien, zu welcher bei vielen Arten noch andauerndes intercalares Wachsthum der in dem scheidenförmigen Blatte steckenden Internodienbasis kommt, über den Boden hervortreten. Durch die lange im Jugendzustande verharrenden, zart bleibenden Gewebe der Basis jedes Internodiums wird es auch erklärlich, weshalb letzteres namentlich bei den langsamer wachsenden sterilen Sprossen mancher Arten (E. hiemale etc.) so leicht über seinem Knoten abreisst. Auch die Sporangienstände vieler Arten (E. arvense, E. sylvaticum, E. Telmateja u. a.) sind im Herbste so. weit entwickelt, dass bei ihnen sofort nach dem Hervortreten aus der obersten Blattscheide Oeffnung und Entleerung der Sporangien stattfindet, während bei anderen Arten (E. limosum, E. hiemale) die Sporangienähre nach erfolgter Streckung des Stengels noch einiger Zeit zur Reife bedarf. Bei der Mehrzahl der Equiseten gehen die oberirdischen Schosse mit dem Ende einer Vegetationsperiode zu Grunde und nur bei einigen (E. hiemale, E. variegatum) bleiben sie mehrere Jahre er- halten. Dabei treten noch andere Eigenthümlichkeiten zu Tage. Fertile und sterile Stengel sind in Bau, Färbung und Verzweigung entweder einander ganz gleich (Equiseta homophyadica Al. Br. — dahin E. limosum, E. palustre, E. hiemale ete.), oder sie sind sehr verschieden gestaltet (Equiseta heterophy- adica Al. Br.). Im letzteren Falle zeichnen sich die fruchtbaren Schosse wenigstens im Anfange durch bleiche, meist röthliche (oder bräunliche) Färbung, weiche Be- schaffenheit, Fehlen der Aeste und Spaltöffnungen aus, während die sterilen Chloro- 39% 612 Equisetaceae: Bau des Stengels; Epidermis. phyll führen, derb und hart sind, Spaltöffnungen besitzen und sofort Aeste ent- wickeln. Dabei erscheinen dann die fertilen Stengel entweder vor den sterilen und sterben bald nach dem Ausstreuen der Sporen ab (Equiseta ametabola s. vernalia Al. Br., wie E. arvense und E. Telmataja); oder die fruchtbaren Stengel erscheinen mit den unfruchtbaren gleichzeitig, sind von letzteren nur an- fänglich in der angegebenen Weise verschieden, entwickeln aber bald Chlorophyl), Spaltöffnungen und an den oberen Knoten Aeste, so dass sie den sterilen Schossen nach Abwelken der Sporangienähre sehr ähnlich werden (Equiseta metabola s. subvernalia Al. Br.; dahin E. sylvaticum, E. pratense — Fig. 172 A). Im Uebrigen ist die Gliederung des Stengels eine bei beiderlei Sprossen überein- stimmende und äusserst regelmässige. Jedes der mit seltenen Ausnahmen von einer weiten centralen Lufthöhle (Fig. 172 D, ce) durchzogenen Internodien trägt an seinem oberen Ende das ihm zugehörige scheidenförmige, ceylindrische oder aufgebauchte, gezähnte oder in längere Zipfel gespaltene Blatt. Aus jedem Blattzahne oder -Zipfel läuft ein Fibrovasalstrang durch das Blatt senkrecht in das zugehörige Internodium und durch dieses parallel mit den anderen bis zum nächst älteren Internodium hinab. Hier spaltet er sich in zwei kurze Gabeläste, die mit den zunächst rechts und links stehenden, alternirenden Bündeln des nächst unteren Internodiums da ana- stomosiren, wo diese aus dem Blatte austreten. Sämmtliche Anastomosen bilden daher in dem Knoten eine kreisförmig geschlossene Zickzacklinie; im Internodium treten keine Anastomosen auf. Ihrem Baue nach sind die bei allen Equiseten sehr schmächtigen und im Xylem wenig verholzten Gefässbündel collateral. Jeder Strang umschliesst einen Luftgang, die Carinalhöhle (Fig. 172 D, c), welche nach De Bary an der von den Erstlingsgefässen eingenommenen Innenseite des Bündels durch peripherische Dehnung der umgebenden Zellen, also schizogen gebildet wird. Die Trennung des ursprünglichen Gewebes geht an der Wand der Gefässe her; diese sitzen der Wand des Ganges an, können bei beträchtlicher Erweiterung desselben seitlich von einander entfernt werden, und da die Trennung meist vor vollendeter Streckung der Gefässbündelelemente erfolgt, werden sie zugleich in der Längsrichtung gezerrt und bis auf die der Gangwand anhaftenden Verdickungs- fasern zerstört. Die die Gefässbündel jedes einzeln oder alle insgesammt umgebende Schutzscheide giebt in Folge ihrer bei den verschiedenen Arten constanten Lage nach Pfitzer charakterische Unterscheidungsmerkmale ab. Equiseta univaginata mit äusserer Gesammtschutzscheide im Stamme sind: E. arvense, E. Telmateja, E. sylvaticum, E. pratense, E. palustre und E. seirpoides, Equiseta singuliva- ginata mit Einzelschutzscheiden im Stamme: E. limosum L. und E. litorale, Equiseta bivaginata mit doppelter Gesammtscheide im Stamme: E. hiemale, E. ramosissimum und E. trachyodon (die wieder Einzelschutzscheiden im Rhizome besitzen) und E. variegatum (das auch im Rhizome doppelte Gesammtschutzscheide zeigt). Ein zweiter, mit den Gefässbündeln alternirender Kreis von weiten, bei den verschiedenen Arten im Querschnitte verschieden gestalteten, selten fehlenden Luftcanälen (Valecularhöhlen — Fig. 172 D, v) liegt in der äusseren Rinde. Ihm entsprechen an der Stengeloberfläche eben so viele gewöhnlich deutlich markirte Rillen oder Thälchen, die mit den auf denselben Radien mit den Gefässbündeln liegenden Rippen oder Riefen abwechseln. Das unter der Epidermis als bastfaser- artiges Sclerenchym auftretende Hypoderm, welches neben der stark entwickelten Epidermis hauptsächlich die Festigkeit des Equisetenstengels bedingt, pflegt unter den Riefen gewöhnlich stärker entwickelt zu sein (Fig. 172 D, s), als unter den Rillen, und nur da, wo die Stengeloberfläche eben oder fast eben wird, ist das Hypoderm im ganzen Umfange vollständig oder nahezu gleich stark ausgebildet (z. B. im sterilen Stengel von E. Telmateja). Das die Hauptmasse des Interno- diums bildende dünnwandige Parenchym besteht in den Stengeln zum grössten Theile, in den Rhizomen, den rasch absterbenden Fruchtschossen der Equiseta ametabola und dem sterilen Stengel von E. Telmateja sogar ganz aus chlorophyll- losen Zellen. Die Chlorophyll führenden Rindenzellen liegen in verschieden mäch- tigen Lagen und in auf dem Querschnitte charakteristisch gestalteten Gruppen (Fig. 172 D, r) in regelmässiger Weise vertheilt und meistens unter den Rillen. Die Epidermis des Equisetenstengels ist durch ihre reichliche Einlagerung von Kieselerde ausgezeichnet, die nach Zerstörung der organischen Substanz in Equisetaceae. 613 —r Fig. 172. A Equisetum pratense Ehrh. nat. Gr.; «a fertiler Spross, b ein solcher in Asthbildung be- griffen, c junger steriler Spross. B Equis. Telmateja Ehrh. nat. Gr. Oberes Internodium der Blatt- region des fertilen Sprosses; b Blatt: r Ring und über demselben der unterste Fruchtblattquirl. C Equis. arvense L. Stück des Rhizomes mit Knollen (a, b), nat. Gr. D Equis. palustre L. Schematisirter Querschnitt des Stengelinternodiums, vergr.; ce centrale Luftlücke, e Varinallücken, v Valeeularlücken, r chlorophylihaltiges Parenchym, s Selerenehymbündel. E Equis. arvense, Spaltöffnung (Vergr. 670); ep Epidermiszellwände, « äusseres und 7 inneres Schliesszellenpaar. F# Equis. arvense L. Längsschnitt der halb entwickelten Fruchtähre (Vergr. 50): b oberstes Blatt, r Ring, s Fruchtblatt. @ Equis. arvense L. Sporangienträger mit reifen, geöffneten Sporangien, von unten gesehen, schwach vergr. H Equis. arvense L. Halber junger Sporangienträger im Längsschnitte, nach Russow (Vergr. 300); s junges Sporangium. J Equis. palustre L. Spore (Vergr. 480). K—M Equis. limosum L. Junge Vorkeime (Vergr. 300, M schwächer). N Equis. Telmateja Ehrh. Spermatozoid, nach Schacht, sehr stark vergr. 614 Equisetaceae: Spaltöffnungen, Blätter, Scheitelwachsthum, Form eines alle Structurverhältnisse wiedergebenden Kieselsceletes zurückbleibt. Als grösste Eigenthümlichkeit der Oberhaut ist jedoch der Bau der Spaltöff- nungen zu bezeichnen, der, so gut sich dies in einer Flächenansicht darstellen lässt, durch Figur 172 E erläutert werden soll. Die dickwandigen, getüpfelten, parallel der Längsaxe des Stengels gestreckten Epidermiszellen (ep) sind hier nur in ihren unmittelbar, an die Spaltöffnung grenzenden und letztere wenig über- ragenden Wandstücken gezeichnet. Ihre Oberfläche zeichnet sich durch besonders stark verkieselte Knoten aus, wie sie bei den Equiseten neben anderen localen Verdickungen in Form von Buckeln, Zähnen, Stacheln, Ringen, Querbändern, Ro- setten und gefächerten Lappen sehr häufig vorkommen. Bei bestimmter Einstellung des Mikroskopes erblicken wir dann ein grosses Schliesszellenpaar (a), dessen nach oben gekehrte Wand senkrecht zum Porus verlaufende, rippenartige, zum Theil gegabelte Verdickungsleisten besitzt und unter diesem kommt dann bei noch tie- ferer Einstellung ein zweites, kleineres, glattwandiges Schliesszellenpaar ( zum Vorschein. Diese beiden Schliesszellenpaare, welche in zwei Etagen den Porus des Spaltöffnungsapparates umgeben, entstehen in der Weise, dass aus der Spalt- öffnungs-Mutterzelle zuerst durch eine rechts von der Mediane liegende, schief von links oben nach rechts unten gerichtete Längswand eine kleinere Zelle abge- schnitten wird, darauf durch eine links liegende, entgegengesetzt geneigte Längs- wand eine zweite, worauf sich die mittlere der drei Zellen durch eine senkrecht stehende mediane Längswand theilt. Von den jetzt in einer Querreihe parallel neben einander liegenden vier Schliesszellen wölben sich in Folge raschen Wachs- thumes die beiden seitlichen nach oben und der Mitte zu stärker vor, so dass die beiden mittleren Schliesszellen nach abwärts, dem Stengelinneren zu, gedrängt werden, bis sie schliesslich als inneres oder unteres den Porus in normaler Weise ausbildendes Schliesszellenpaar ganz von dem äusseren, nun oberen Paare über- lagert werden. Diese Spaltöffnungen, welche den Rhizomen fast immer und ge- wissen fruchtbaren Stengeln ganz oder zeitweise fehlen (S. 611), auch an den chlorophylllosen Stengeln von E. Telmateja vermisst werden, liegen stets nur in den Rillen und in verschiedener für die Systematik verwendbarer Weise zu Längs- reihen geordnet. Sie liegen ferner mit ihrem oberen Spaltöffnungspaare entweder im Niveau der benachbarten Oberhautzellen (Equiseta phaneropora — dahin E. palustre, E. limosum, E. litorale und sämmtliche Equiseta heterophyadica), oder sie liegen in einer tiefen Senkung der Epidermis unter dem Niveau der umgeben- den Zellen derselben (Equiseta cryptopora — hierher E. hiemale, E. ramosis- simum, E. variegatum, etc.). Die scheidenförmigen Blätter entsprechen in ihrem Baue, wenigstens in den unteren und mittleren Theilen, im Allgemeinen dem Baue des Internodiums. Auch sie besitzen Rillen und Riefen, die in ihrer Stellung genau dem unter dem Blatte stehenden zugehörigen Internodium entsprechen, respective sich in die Rillen und Riefen des letzteren unmittelbar fortsetzen. Spaltöffnungen sind auf der Aussenfläche des Blattes wie am Stengel vorhanden, während sie seiner Innen- seite fehlen oder auf ihr doch sehr selten sind. Die Zähne oder Zipfel der Blätter sind häutig oder krautig, oft am Rande häutig gesäumt, bleibend oder abfallend und in letzterem Falle gehen sie entweder in unregelmässigen Fetzen verloren, oder sie lösen sich quer über ihrer Basis glatt ab. Das Scheitelwachsthum des Stengels wird in äusserst regelmässiger Weise durch eine sehr grosse, tetra@drische Scheitelzelle vermittelt, welche durch spiralig mit "/; Divergenz aufeinander folgende, den fast planen Hauptwänden parallele Segmentwände dreiseitig tafelförmige Segmente abgliedert, die sich zu- nächst wieder durch je eine der Hauptwand parallele Wand in eine obere und untere Hälfte theilen. Darauf zerlegt eine Sextantenwand, welche sich der ano- dischen Seitenwand des Segmentes nahe dem Innenwinkel desselben ansetzt und im seichten Bogen zur Mitte der Aussenwand verläuft, jede Segmenthälfte in eine grössere vierseitige und kleinere dreiseitige Sextantenzelle.. Tangentialwände schneiden aus den Sextantenzellen innere kleinere Zellen ab, welche das Mark der Stammspitze liefern, während sich die Tochterzellen der äusseren Sextanten- stücke in Gefässbündel und Grundgewebe der Rinde differenziren. Ersteres wird, da es fast durchgängig sein Längenwachsthum bereits einstellt, wenn die peri- pherischen Gewebe noch im lebhaften Wachsthum begriffen sind, schon in kurzer Entfernung unter der Stammspitze zerrissen, so dass es nur in Resten auf den Equisetaceae: Scheitelwachsthum, Verzweigung. 615 Flächen der in den Knoten gebildeten kleinzelligen Diaphragmen erhalten bleibt, an seine Stelle die weite centrale Luftlücke tritt, die wie schon angedeutet, nur selten fehlt. Eine kurze Strecke unterhalb der Stammspitze treten die Blattan- lagen auf, jedes Blatt als ein einheitlicher, nach Reess auf die Aussenzellen dreier rasch hinter einander entstandener Segmente eines Cyclus zurückführbarer, nach den Angaben Janczewski’s jedoch nicht so gesetzmässig angelegter Ringwulst, dessen auf seiner Scheitelkante liegende Zellen sich als Scheitelzellen durch ab- wechselnd der Stammaxe ab- und zugeneigte Wände theilen. Der Rand dieses das Stammende allmählich scheidenförmig umhüllenden Ringwulstes ist anfänglich ganz eben; bald aber treten auf ihm an bestimmten Stellen und zu einem ein- fachen Kreise geordnet kleine Zellenhöcker hervor, von denen jeder die Anlage eines primären Blattzahnes ist und durch einmalige oder wiederholte Gabelung schliesslich die normale Zahl derselben producirt, an den Aesten gewisser Equi- seten (E. sylvaticum) jedoch direct zum künftigen Blattzahne heranwächst. Von einer Verwachsung ursprünglich getrennt angelegter Blätter, wie die Systematik gewöhnlich das Verhältniss auffasst, kann also im Sinne der Entwickelungsge- schichte durchaus nicht die Rede sein; jede der sogenannten „Scheiden“ der Systematiker ist vielmehr ein stengelumfassendes, scheidenförmig geschlossenes, am Rande gezähntes Blatt (Fig. 172 B, b). Untersucht man die Art der Verzweigung der Equiseten am ausgebildeten Stengel derselben, so findet man, dass die wirtelig gestellten und wie alle anderen Organe alternirenden Aeste jedes Knotens bei regelmässig erfolgter Entwickelung der Zahl nach den Rillen des Blattes entsprechen, und dass sie ferner, mit den Blattzähnen alternirend, nur in den Rillen an der Basis des Blattes auftreten, und zwar aus dem Stengelinneren hervorbrechen. Aus letzterem Umstande und auf unvollständige Beobachtungen der ersten Entwickelungsstadien gestützt, glaubte man bisher die Aeste der Equiseten als endogen angelegte betrachten zu müssen, besonders, da sie in einem etwas weiter vorgerückten Stadium in der That von dem Gewebe der Blattbasis vollständig eingeschlossen werden. Die neueren, an E. arvense angestellten Untersuchungen Famintzin’s, welche von denjenigen Jan- czewski’s bestätigt und erweitert wurden, haben jedoch gezeigt, dass die Aeste exogenen Ursprunges sind. Die Seitenknospen entwickeln sich stets in den Blatt- achseln, stets aus einer äusseren Zelle dicht oberhalb der ringförmigen Blattanlage- und nur aus einer solchen, welche einer Furche des künftigen Blattes gegenüber liegt. Sie erscheinen nach Famintzin oft bereits über der jüngsten, nach Jan- ezewski unterhalb der jüngsten Blattanlage.e In ihrer Mutterzelle constituiren gleich die ersten Theilungen die charakteristische tetraädrische Scheitelzelle. Nach einer Reihe von Theilungen krümmt sich in Folge von Hyponastie die kleine Knospe im Winkel von etwa 45° nach aufwärts und erhält die erste Blattanlage und bald darauf unter derselben die erste Adventivwurzel. Während dieser Vor- gänge bleibt indessen das Blatt, welches in seiner Achsel die Knospen entwickelte, nicht zurück; es wächst im Gegentheile schneller und dehnt sich verhältnissmässig mehr aus, als die Knospen, so dass diese bald von dem oberen und unteren Blatte völlig umgeben sind. Die beiden unmittelbar über einander stehenden Blätter ver- wachsen nun noch mit ihren Basen mit einander und schliessen somit die Achsel- sprosse in ihr Gewebe ein, so dass in diesem Entwickelungsstadium die Knospen allerdings den Eindruck machen, als seien sie endogen angelegt. Erst nach wei- terer Ausbildung der jungen Zweige treten diese, die Blattbasis durchbohrend, nach aussen, während an oberirdischen Stengeltheilen die zugehörige Wurzel im Ruhe- zustande eingeschlossen bleibt und erst unter günstigen Verhältnissen sich weiter entwickelt (S. 611). Nur bei einzelnen Arten, wie z. B. E. hiemale, treten die Seiten- knospen an den oberirdischen Zweigen für gewöhnlich nicht zu Tage, sondern nur dann, wenn der Gipfel des Stengels verletzt wird und auch dann nur an den ober- sten Knoten und spärlich. Umgekehrt gelangt in dem Knospenwirtel eines unter- irdischen Internodiums gewöhnlich nur eine Knospe, die im nächsten Frühlinge als Stengel an’s Licht wächst, zur vollen Ausbildung und die übrigen entwickeln sich unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht weiter, während die zugehörigen Wurzeln zur vollständigen Entwickelung kommen und die Blattbasis durchwachsen. Bei E. palustre und an den mittleren Theilen der oberirdischen Stengel von E. limosum fand Janczewski die Verhältnisse ganz wie bei E. arvense; dagegen ent- deckte er im untersten Theile der Stengel von E. limosum, sowie in den unter- 616 Equisetaceae: Verzweigung. Sporangien. irdischen Organen dieser Art noch die von ihm als rhizogene Knospen bezeich- nete Modification, welche eines Vegetationskegels entbehren, dafür aber stets mehrere (bis sechs) Wurzeln entwickeln. — In den übrigen Verhältnissen stimmen die Aeste im Wesentlichen mit dem Stengel überein. Sie sind aber bedeutend zarter, als der Stengel, oft fast haarförmig, daher auch mit weniger Furchen und Riefen versehen, im Querschnitte häufig fast flügelig-kantig. Ihr Chlorophyll füh- rendes Parenchym ist verhältnissmässig reicher entwickelt, als das des Stengels. Die Centralhöhle fehlt den Aesten der meisten phaneroporen Equiseten, kommt aber in den stärkeren auch hier oft zur Ausbildung; ebenso sind bei ihnen häufig die Valecularhöhlen nicht vorhanden, während bei den eryptoporen Equiseten gar nicht selten die Carinalhöhlen unentwickelt bleiben. Die Astblätter besitzen we- niger Zähne und das unterste Blatt, die sogenannte Asthülle (ochreola), zeichnet sich durch abweichende Beschaffenheit aus, die in der Systematik manchmal gute Artmerkmale abgiebt. Die Sporangien sind bei den Equiseten stets auf eine bestimmte Region des Stengels beschränkt. Die sie erzeugenden Blätter bilden eine ei- bis walzen- förmige, stumpfe oder zugespitzte Aehre (Fig. 172 A), welche auf dem Gipfel ge- wöhnlicher Stengel (Equiseta homophyadica — S. 611), seltener auf der Spitze ihrer Aeste erscheint, oder welche von abweichend gestalteten Trieben erzeugt wird (Equiseta heterophyadica, S. 611). Der Aehrenstiel ist gewöhnlich sehr weich, weiss, grünlich oder röthlich und häufig ohne Centralhöhle und Valecularhöhlen. Die Aehrenspindel ist bald voll, bald hohl, doch fehlen im letzten Falle stets die Diaphragmen des Stengels. Am Grunde der Aehre sitzt in geringer Entfernung unter dem ersten Fruchtblattwirtel ein (manchmal zwei) eigenthümliches Mittel- gebilde zwischen Blatt und Fruchtblatt, der sogenannte Ring (annulus), der im normalen Zustande eine niedrige, blasse, am Rande wellig gekerbte Scheide bildet (Fig. 172 B und F: vr). Dass dieser Ring ein metamorphosirtes Blatt ist, lehrt. uns seine Entwickelungsgeschichte und der Umstand, dass an seiner Stelle ein ge- wöhnliches Blatt erscheinen kann, dass er oft zur Hälfte als normales Blatt, zur anderen Hälfte als Ring ausgebildet ist, sowie dass er in manchen Fällen auf ein- zelnen oder auch auf allen Lappen seines Randes, aber stets auf der Innenfläche derselben, Sporangien entwickelt. Die eigentliche Sporangienähre besteht aus meh- reren bis zahlreichen Wirteln gestielter Schildchen (Fig. 172 A, B), deren Stiel- basen innerhalb jedes Wirtels durch eine schmale aber deutliche Ringhaut ver- bunden sind. Jedes Schildchen ist tafelförmig 5- bis 7-seitig; es besitzt auf seiner der Aehrenspindel abgewendeten Oberseite Spaltöffnungen und eine seichte cen- trale, der Anheftungsstelle des Stielchens auf der Unterseite entsprechende Ver- tiefung. Die Unterseite trägt im Kreise gestellt die zarten, sackartigen Sporangien, deren Zahl jedoch nicht immer der Seitenzahl des Schildehens entspricht (Fig. 172 G). Jedes Sporangium zeigt im reifen Zustande eine einschichtige Wand, deren dem Stielchen abgekehrte Rückenzellen wie die an den Seiten gelegenen Zellen spiralige Verdickungen zeigen, während die Zellen der dem Stielchen zu- gewendeten Bauchseite, auf welcher das Aufreissen mittelst eines Längsrisses er- folgt, Ringfasern besitzen, die nach Duval-Jouve ausserordentlich schnell erst kurz vor der Dehiscenz des Sporangiums entstehen. Ein dem Ringe der Farne analoger Zellengürtel ist am Sporangium nicht vorhanden. Die Anlage der Fruchtblätter findet genau in derselben Weise statt, wie die- jenige der gewöhnlichen Blätter. Auf dem sich erhebenden Ringwulste entsteht auch hier ein Kranz von Protuberanzen, die sich vielleicht auch in ähnlicher Weise durch Gabelung vermehren, da manchmal gabelig getheilte Stiele mit zwei Schildchen beobachtet werden. Jeder Blatthöcker entspricht einem Sporangien- träger, der nun, während der alle verbindende Ringwulst als Basaltheil des meta- morphosirten Blattes sehr niedrig bleibt, bald halbkugelige Gestalt annimmt (Fig. 172 F, obere Wirtel) und sich durch seine sehr regelmässig radienartig divergi- renden Zellenreihen auszeichnet. In Folge stärkeren Wachsthums seiner Scheitel- region wird jeder Sporangienträger bald rübenförmig und noch später erhält sein oberer, dicker Theil in Folge des gegenseitigen Druckes, den alle Sporangienträger einer Aehre auf einander ausüben, polygonalen (meist 6-seitigen) Umfang; er wird zum Schildchen, während der untere Theil des Blatthöckers sich streckt und das Stielchen bildet (vgl. die auf einander folgenden Wirtel der Fig. 172 F). Etwa um diese Zeit treten nun an dem unteren, der Aehrenspindel zugekehrten Rande Equisetaceae: Sporangien und Sporen. 617 des Schildchens zitzenförmige Zellhöcker auf, welche schräg nach unten, d. h. der Stammoberfläche zu wachsen. Es sind dieses die Anlagen eben so vieler Sporan- gien, die sich nie auf eine einzelne Mutterzelle zurückführen lassen (wie dies Hofmeister angiebt).. Vielmehr erscheint nach Russow das Sporangium schon im jüngsten Entwickelungsstadium als ein Hügel, der im Inneren aus unregelmässig angeordneten Zellen zusammengesetzt, aussen von einer Zellenschicht überzogen ist, die sich als die unmittelbare Fortsetzung der äusseren Zellenlage des Schild- chens und Stielchens erweist. Die inneren Zellen, welche sich ohne Grenze dem Gewebe des Schildchens anschliessen (Fig. 172H, s), lassen durchaus keine Regel- mässigkeit in Richtung und Folge der auftretenden Theilungswände erkennen, nie sich von einer einzigen Centralzelle ableiten. Sie zeichnen sich bald vor den Zellen der 3—4 peripherischen Lagen durch bedeutendere Grösse, reicheren Plasma- gehalt und grössere Durchsichtigkeit aus und ihre Vermehrung, welche zur Bil- dung der Sporenmutterzellen führt, hält mit der Vergrösserung des Sporangiums gleichen Schritt. Die sie umhüllenden inneren peripherischen Zellenschichten werden später resorbirt, so dass nur die äusserste Zellenlage als Sporangiumwand erhalten bleibt und die in Gruppen von 4 oder 8 zusammenhängenden Sporen- mutterzellen frei in einer die Sporangiumhöhlung erfüllenden, zerstreute Körnchen enthaltenden Flüssigkeit schwimmen. Die Sporenmutterzellen, welche nach Sachs entschieden hautlos sind, nach Hofmeister und Russow dagegen eine dünne Mem- bran besitzen, theilen sich (unter eigenthümlichem, hier nicht näher zu beschrei- benden Auftreten von Körnerplatten im Plasma) simultan in vier tetraödrische Specialmutterzellen, die sich unter Annahme kugeliger Form sehr bald trennen, ohne Zweifel durch Verflüssigung der peripherischen Schichten ihrer sehr dünnen Wände. Wenig ältere Specialmutterzellen zeigen nach Hofmeister eine doppelte, aus zwei dicht auf einander gelagerten Lamellen bestehende, hautartige Umhüllung des Protoplasmas, von denen die innere, elastische, stärker lichtbrechende eine Neubildung, die äusserste Schicht (Exosporium) der Sporenwand ist, während die äussere Hülle aus der Specialmutterzellwand besteht. Letztere quillt im Wasser jetzt noch zu einer dicken Schicht durchsichtiger, sehr weicher Gallerte auf, an deren Oberfläche am ganzen Umfange oder stellenweise farblose, aus den resor- birten inneren Wandzellen des Sporangiums stammende Plasmamassen haften, und die bei längerem Liegen im Wasser sich vollständig in diesem vertheilt. In diesem Zustande der Weichheit und Elastieitätslosigkeit verbleibt die Specialmutterzell- haut bis zur Zeit der Auflagerang einer zweiten Membranschicht auf die Innen- fläche der zuvor angelegten äusseren, bleibenden Sporenmembran. Von da ab er- scheint sie als eine beiderseits scharf und glatt begrenzte, elastische Membran, die sich im Wasser zwar noch ausdehnt, doch nur in Richtung der Oberfläche, daher sich wie ein weiter Sack von den beiden Sporenhäuten abhebt. Während dieses Abhebens beobachtet man auch deutlich, dass sie in Form von Spiralbändern verlaufende, verdiekte Stellen besitzt, die nach der Angabe Hofmeisters nach innen, nach den Zeichnungen von Sachs (Lehrbuch d. Bot. 4. Aufl. S. 399) nach aussen vorspringen, die aber später jedenfalls durch Verschwinden der dünnen Spiralstreifen sich zu den Elateren gestalten. Diese sind an beiden Enden spatelförmig verbreiterte, mit dünner Cuticula versehene Bänder (Fig. 172T), welche in ihrer Mitte dicht neben einander der Sporenwand an einer kleinen Stelle so angeheftet bleiben, dass sie von hier aus mit ihren Armen die Spore nach beiden Seiten spiralig umrollen, wobei die spatelförmigen Enden die Pole derselben be- decken (Fig. 172 D. In Folge ihrer bedeutenden Hygroskopieität bleiben sie in feuchter Luft um die Spore gerollt, während sie sich beim Austrocknen rasch strecken und abrollen. Haucht man einen Sporenhaufen wiederholt leicht an, so geräth derselbe daher durch die rasch wechselnden Krümmungen der Elateren in tanzende Bewegung, und bei Verstreuung der Sporen aus den geöffneten und aus- trocknenden Sporangien leisten die Flateren jedenfalls gute Dienste. Ueberblicken wir noch einmal den Gang der Sporenbildung, so wäre nach den Untersuchungen von Sachs die die Elateren bildende Membran die erste, durch die Thätigkeit der primordialen Sporenzellen, respective des Sporenplasmas ausgeschiedene Haut, nach Hofmeister und Russow hingegen, welche mit Membran umhüllte Speeialmutterzellen annehmen, die umgewandelte Wand der letzteren. Namentlich spricht sich Russow ganz entschieden dahin aus, „dass die in!Elateren zerreissende Membran ihrer Entstehung nach durchaus verschieden von dem Exo- 618 Equisetaeae: Sporen. Prothallium. Antheridien. sporium der Farn-, Ophioglosseen- oder Lycopodiumsporen ist.“ Im Hinblick auf die gleiche Genesis und Beschaffenheit der Gallerthülle der Equisetum- und Mar- silia-Sporen (vgl. S. 604) scheint ihm „die Annahme gerechtfertigt, dass die Ela- terenmembran ersterer, wenn nicht wie das Episporium der Marsilia-Sporen der hyalinen Hülle der Sporen um- und aufgelagert, so doch aus der Gallerthülle (der umgewandelten Specialmutterzellhaut) unter Einfluss des umgebenden Proto- plasmas gebildet werde, denn ein Wachsthum der besagten Membran durch Ver- mittelung des in der Spore befindlichen Protoplasmas ist hier, ebenso wie bei Marsilia, ausgeschlossen.“ Die reifen, schon vor der Ausstreuung Chlorophyll enthaltenden Sporen von Equisetum bleiben nur wenige Tage keimfähig. Mit beginnender Keimung schwellen sie an, die Elateren und das aufreissende Exosporium werden abgestreift, und das Endosporium treibt auf einer Seite eine kleine Papille, welche wie bei den Ösmundaceen (S. 537) durch eine Querwand als erstes, sich schlauchförmig verlängerndes, farbloses Plasma enthaltendes Wurzelhaar abgetrennt wird (Fig. 172 k). Das kleine Prothallium theilt sich darauf meist durch eine auf die Querwand senkrechte Wand in zwei Zellen (Fig. 172L), deren weitere Theilungen sich durch- aus nicht auf ein bestimmtes Gesetz zurückführen lassen; meistens wechseln in den jedesmal vorderen, das Längenwachsthum vermittelnden Vorkeimzellen einfach Längswände mit Querwänden ab (Fig. 172 M), und eine einzelne, auffallend ge- staltete Scheitelzelle ist zu keiner Zeit vorhanden. Bald ist das Prothallium ein kleiner, spatelförmiger, einschichtiger Thallus (Fig. 172 M), bald auch wird jede der beiden ersten Prothalliumzellen sofort zur Mutterzelle eines selbständigen Sprosses. Jedenfalls findet später Bildung von vertical wie das ganze Prothallium sich erhebenden Zweigen statt, indem eine der vorderen Zellen sich durch eine der Prothalliumfläche parallele Wand theilt und die eine Tochterzelle mit den übrigen Vorkeimzellen in Verbindung die alten Theilungen fortsetzt, die andere zur Mutterzelle eines Sprosses wird, dessen Fläche sich senkrecht zu der des Muttersprosses stellt. Ausser diesen Sprossen und mit ihnen wechselnd kommen auch solche zur Ausbildung, welche mit ihrer Fläche der des Muttersprosses parallel bleiben, wenn die die Mutterzelle des Tochtersprosses abgliedernde Wand senkrecht zur Prothalliumebene steht. Ob sich die in den normalen Fällen strenge durchgeführte Dioecie der Equiseten-Prothallien, wie neuerdings von Sadebeck vermuthet wird, schon auf die ersten Theilungen in diesen zurückführen lässt, derart, dass die zahlreicheren männlichen Vorkeime zunächst nur die Neigung zur Theilung in einer Ebene zeigen, während bei den weiblichen schon die erste Zelle durch rechtwinkelig auf einander und auf die Wurzelhaar-Querwand gestellte Längswände den Anfang zum Zellenkörper macht, müssen weitere Untersuchungen erst bestätigen. Jedenfalls treten schliesslich früher oder später Theilungen parallel der Vorkeimfläche ein, welche ein dem Gewebepolster der Farnprothallien analoges Zellgewebe erzeugen, in dem die Archegonienbildung stattfindet. Die männlichen Prothallien sind stets kleiner, nur wenige Millimeter lang, die weib- lichen grösser, bis zu einem Centimeter Durchmesser, durch reichere Sprossbildung krauser; an den ersteren treten indessen nach Hofmeister in Ausnahmefällen auf spät erscheinenden Sprossen Archegonien, nach Sadebeck auf letzteren, wenn sie unbefruchtet bleiben, Antheridien auf. Die Antheridien entstehen auf dem Scheitel oder am Rande der Lappen des männlichen Prothalliums aus einer Aussenzelle, in welcher sich körniges, zum Theil grün gefärbtes Plasma ansammelt. Nachdem sich dasselbe ganz besonders an der Aussenwand angehäuft hat, trennt nach Sadebeck eine der Aussenwand parallele Wand den äusseren, plasmareichen Theil der Zelle als Mutterzelle des Antheridiums von der nach innen gelegenen Basalzelle ab. In der Antheridien- Mutterzelle treten darauf simultan zwei senkrecht auf die erste Wand gesetzte Wände auf, die, rechts und links vom Centrum der Zelle gelegen, zwei tafel- förmige Wandzellen abschneiden und denen (vorne und hinten gelegen) zwei weitere auf die Basalwand und die beiden ersten Seitenwände senkrechte Wände in ganz gleicher Weise folgen. Jetzt trennt in der von den vier Wandzellen umschlossenen mittleren Zelle eine der Aussenwand parallele Wand die flache Deckelzelle von der Centralzelle ab und während letztere sich durch in nicht ganz gesetzmässiger Reihe folgende Wände in die Spermatozoiden- Mutterzellen theilt, strecken sich die seitlichen Wandzellen unter Theilung durch Längs- und Querwände, so dass Le Equisetaceae: Antheridien. Archegonien. Embryo, 619 das ganze Antheridium bedeutend über die Prothalliumfläche hervortritt. Auch die Deckelzelle zerfällt noch durch rechtwinklig sich schneidende, den Seitenwänden parallele Verticalwände in vier Quandrantenzellen, die bei der Reife des eiförmigen Organes wie bei den Lebermoosen und Sphagnaceen auseinander weichen und da- durch den 100—150 Spermatozoiden-Mutterzellen den‘ Austritt gestatten. Die Spermatozoiden der Schach- telhalme (Fig. 172 N) sind die grössten im Pflanzen- reiche. Der hintere Theil ihres bandförmigen Körpers ist im Verhältniss zum vor- dern, die Wimpern tragen- den sehr dick und seine Windung sehr steil; ihmklebt auch die Blase an, welcher hier die gleiche morpholo- gische Bedeutung wie bei den Farnen (8. 542) zukommt, die aber bei der Streckung des Spermatozoids stark ge- dehnt wird und daher wie ein flossenartiger Saum er- scheint, als solcher von äl- teren Beobachtern auch be- trachtet wurde. Gegen das Ende der Schwärmzeit er- scheint ferner auch bei den Equiseten-Spermatozoiden (wie bei den Farnen) die Blase in Folge von Wasser- aufnahme oft um das Viel- fache ihres ursprünglichen Volumens ausgedehnt. Die reifen Archego- nien der Schachtelhalme unterscheiden sich von denen der Farne (S. 543) wesentlich nur dadurch, dass die vier oberen Halswandzellen sehr lang sind und sich beim Oeffnen des Halses haken- förmignach aussen umbiegen, so dass der ganze Hals einem vierarmigen Anker ähnlich ist. Es durchzieht ferner die nach oben allmählich zuge- spitzte Halscanalzelle nur etwa die untere Hälfte des Halses. In Bezug auf ihre Entwickelungsgeschichte stimmen Equiseten- und Farn- archegonien völlig bis auf den einzigen unwesentlichen Punkt überein, dass ersteren die Basalzelle fehlt. Da die Wachsthumsrichtung des Prothalliums sowohl, als des Fig. 173. Equisetum arvense L. A Vierzelliger Embryo im Archegoniumbauche. B Optischer Längsschnitt eines etwas älteren Embryo. C und D Längsschnitte noch älterer Embryonen. Alle Figuren in gleicher Lage gezeichnet. v Stammscheitel, b Blatt, w Wurzel, f Fuss, I erste und II zweite Wand. Nach Sadebeck. Vergr. A und B=270, 0=360, D= 346. die Archegonien tragenden Gewebepolsters, eine genau verticale (negativ geotrope) ist, so steht auch die Archegoniumaxe genau senkrecht, derart, dass der Hals- scheitel nach oben gerichtet ist. Ueber die Entwickelung des Embryo besitzen wir ausser den älteren Be- 620 Equisetaceae: Embryo. 4‘ obachtungen von Hofmeister und Duval-Jouve die neueren Untersuchungen Sade- beck’s, dessen Resultate in Bezug auf die ersten Theilungen des Eies mit denen Hofmeister’s übereinstimmen, der aber den einzelnen Quadranten eine andere Deutung giebt, die unter Berücksichtigung der embryonalen Entwickelung der übrigen Gefässkryptogamen die einzig natürliche ist, ganz besonders noch gegenüber der Behauptung Duval-Jouve’s, welcher der vermeintlichen endogenen Anlage der Seitensprosse zu Liebe sogar die erste beblätterte Axe seitlich im Inneren des schon vielzelligen Embryo entstehen lässt. Sadebeck fasst seine Untersuchungen mit folgenden Worten zu- sammen: „Die erste in der befruchteten Eizelle auftretende Scheidewand (Fig. 173 A, I) bildet mit der Archego- niumaxe einen Winkel von etwa 70 Grad und theilt die Eizelle in eine obere, dem Archegoniumhalse zu- gewendete und eine untere, demselben abgewendete Hälfte. Die obere Hälfte des noch zweizelligen Embryo (Fig. 173 A, bv) stellt ganz unmittelbar, mittelbar also die Eizelle selbst, die primäre Axe dar, welche bereits in den ersten Segmentirungen das Wachsthum der Stamm- knospe der erwachsenen Pflanze zeigt und aus welcher also auch in gleicher Weise wie bei der Stammknospe der erwachsenen Pflanze der erste Ringwall hervor- geht. Die Theilung der oberen Embryohälfte in zwei Quadranten hat daher hier zugleich auch die Bedeu- tung des Beginnens der Segmentirung der primären Axe oder Stammknospe, wodurch die erste (Fig. 173 A,b) der drei den ersten Ringwall ausbildenden Blatt- anlagen abgeschieden wird. Nach Vollendung dieser ersten drei Segmentirungen zeigt die Stammknospe die äussere Gestalt der Stammscheitelzelle der erwachsenen Pflanze, nämlich die einer verkehrt dreiseitigen Pyra- mide, deren Basis sphäroidisch convex ist (Fig. 173 B—D, »).“ „Die untere Hälfte des noch zweizelligen Embryo (Fig. 173 A, wf) stellt den Wurzeltheil dar, in welchem ebenfalls sehr bald eine weitere Segmentirung (Fig. 173 A, Wand II) und demzufolge zunächst eine Qua- drantentheilung erfolgt. Diese Quadranten haben die- selbe physiologische Aufgabe, zeigen jedoch sehr bald ein sehr verschiedenes Wachsthum. In dem unteren derselben (Fig. 173 A, w) findet zunächst eine ähn- liche Segmentirung statt, wie in der ganzen oberen Embryohälfte. Das Resultat ist demnach auch die Bildung einer dreiseitigen Pyramide, deren Basis durch einen Theil der Oberfläche der jungen Embryokugel gebildet 14 Bulbeyo im Bee wird. Es ist dies die erste Scheitelzelle der Wurzel, von er dasArcheronium durchbricht:; Welcher sich durch eine-.zur Basis dieser.-Pyramide nach Sadebeck: Vergr. 98. parallele Wand, zugleich auch die erste im Embryo B Stück des Prothalliums mit überhaupt auftretende Pericline, die erste Wurzelhaube etwas älterer Keimpflanze; nach absondert (Fig. 173 B, w). Diese erste Wurzel, bei Hofmeister; Vergr.10. Wurzel. ihrer Bildung bereits denselben Gesetzen folgend, wie die Wurzel der erwachsenen Pflanze, zeigt natürlich auch im Weiteren ein diesen Gesetzen folgendes Wachsthum. Der zweite Qua- drant der unteren Embryohälfte (Fig. 173 A, fi geht keine solchen Differen- zirungen ein; es tritt in ihm der sehr einfache Wachsthumsmodus rechtwinkelig an einander ansetzender anticliner und pericliner Zellwände auf (Fig. 173 B, C f). Es ist dies der sogenannte Fuss, das erste Segment der in der Differenzirung begriffenen Wurzel, welches für den jungen Embryo aber dieselbe physiologische Bedeutung hat, wie die Wurzel für die erwachsene Pflanze.“ „Die beiden in der oberen und unteren Embryohälfte auftretenden ersten Theilungen, durch welche die junge Embryokugel gleichsam in vier Quadranten Fig. 174. Equisetum arvense Equisetaceae: Embryo, Verbreitung. Systematik. 621 getheilt wird, liegen nahezu in einer Ebene. Diese ideale Ebene steht senkrecht zur Prothalliumfläche. Die Orientirung innerhalb des Embryo ist folgende: dass das erste Segment der Stammknospe (d. h. die erste Blattanlage) mit dem Wur- zelquadranten, die Stammknospe aber mit dem Fusse correspondiren.“ „Nachdem in der Embryokugel die eben bezeichneten Differenzirungen vor sich gegangen sind, bildet sich von der die Wurzelhaube absondernden ersten Pericline aus eine zusammenhängende Reihe gleicher Periclinen (Fig. 173 C). Diese grenzen an der ersten Theilungswand des Embryo, welche in dieser Zeit noch sehr deutlich erkennbar ist (Fig. 173 C, I), an den ersten in der Ausbildung begriffenen Ringwall (Fig. 173 C, b) und stellen mit diesem zusammen eine ge- meinsame Hülle dar. Der obere Theil dieser Hülle, der erste Ringwall (d. h. das erste Blatt) des Embryo, verfolgt von Anfang an dasselbe Wachsthum, wie bei der erwachsenen Pflanze und überholt daher auch sehr bald die nur langsamer wach- sende Stammknospe des Embryo, so dass die letztere endlich vollständig von dem- selben umgeben erscheint (Fig. 173 D, b). Es geschieht dies meist in der Zeit, wo die Anlage zur Bildung eines zweiten Ringwalles an der Stammknospe erfolgt. Die Anlage und Ausbildung des zweiten Ringwalles folgt ebenfalls derselben Regel, wie die eines jeden Ringwalles der erwachsenen Pflanze. Meist erst nach Anlage des dritten Ringwalles durchbohrt der Embryo das Archegonium, den Hals des- selben zur Seite schiebend, während die Wurzel ihr ursprünglich geotropes Wachs- thum, welches durch das Prothallium behindert war, unter der nothwendigen Krüm- mungserscheinung sofort wieder aufnimmt (Fig. 174 B).“ Der erste junge Equisetenstengel bildet nur 10—15 gestreckte Internodien mit dreizähnigen Blättern (Fig. 174). Ein an seiner Basis entwickelter, schon kräftiger Spross trägt bereits vierzähnige. Blätter und jede folgende Sprossgenera- tion entwickelt eine stärkere Axe und immer mehr Blattzähne bis zur Erreichung der die Art charakterisirenden Normalzahl. Bisweilen schon der dritte, jedenfalls einer der folgenden Sprosse, wendet sich seitwärts, manchmal steil abwärts, dringt in den Boden und bildet so das erste der unterirdisch verlaufenden, horizontalen Rhizome. Die Entwickelung der jungen Equiseten ist eine ungemein rasche. An- fangs Mai ausgesäete Sporen des E. arvense zeigten nach Hofmeister bereits Mitte Juni die ersten beblätterten Pflanzen, welche bis Anfang August sieben Spross- generationen gebildet hatten, die letzte bereits fusshoch und von 3 Millim. Durch- messer, aber noch mit vierzähnigen Blättern. Die starken Seitensprossen unter- irdischer Rhizome wurden gegen Ende August sichtbar. Dass das neuholländische Festland keine Equiseten besitzt, wurde bereits erwähnt. Afrika hat nur 3 Arten, von denen das bekannte E. arvense zu den grössten Seltenheiten gehört, Asien 14, Europa 12 Arten, die fast alle auch in Nordamerika und Nordasien vorkommen. Den grössten Reichthum zeigt Amerika, von dessen 21 Arten 9 dort ausschliesslich heimisch sind. Die folgende Anordnung der wichtigsten deutschen Arten ist Milde’s Monographie der Gattung entlehnt. I. Equiseta phaneropora M. (Equisetum L. exp.) Spaltöffnungen im Niveau der Epidermiszellen liegend. Stengel nicht überwinternd, glatt oder weniger rauh. Aehre meist stumpf. A. Equiseta heterophyadica Al. br. Fertile Schosse wenigstens im An- fange von den sterilen sehr verschieden, bleich oder röthlich, astlos, die erst später über die Erde tretenden sterilen grün und verzweigt, ihre Aeste ohne Centralhöhle. 1. Equiseta anomopora M. (E. ametabola Al. Br. S. 612). Fertile Stengel vor den sterilen erscheinend, nach der Fruchtreife absterbend, ohne Aeste zu entwickeln. Sterile Stengel entweder nur auf den Aesten mit Spaltöffnungen oder diese auch in den Stengelrillen un- regelmässig angeordnet. Aehrenaxe voll oder hohl. E. arvense L. Fruchtbare Stengel fleischroth oder röthlichbraun, saftig, meist hinfällig, glatt, die Blätter fast glockig, mit lanzettlichen, zugespitzten, oft zusammenklebenden, schmutzigbraunen, eine Carinal- furche zeigenden Zähnen. Sterile Stengel etwas rauh, mit 4—18 Furchen, ihre Blätter am Rande sich meist etwas erweiternd, die Zähne derselben lanzettlich, convex, ohne oder mit Carinalfurche, schwärzlich, mit weisslichem Hautrande; Aeste 4—5-kantig, selten 622 Equisetaceae: Systematik. 3-kantig, das erste Internodium länger als das Blatt des Stengels. An Wegrändern, auf Wiesen und Aeckern gemein und oft eines der lästigsten Unkräuter (Duwock in Norddeutschland), das seiner bis 6 Meter tief gehenden Rhizome wegen äusserst schwer ausrottbar ist. In ganz Europa, Asien und Nordamerika. Fructifieirt April, Mai. War früher als Herba Equiseti minoris als Diureticum oftieinell (Berg, Waarenk. 223. — Abbild. Nees v. Esenb., Plantae medicin. Supplem. 2, tab. 10, 11. Hayne, Arzneigew. VIII. Taf. 46). E. Telmateja Ehrh. (E. fluviatile Auct., n. L.). Fruchtbarer Stengel weisslich, schwach gefurcht, mit genäherten, bauchigen, unten hell-, oben dunkelbraunen Blättern mit 20—30 dunkelbraunen, pfriemen- förmigen, an der Spitze borstenartigen Zähnen mit tiefer Carinal- furche. Steriler Stengel weiss, ungefurcht, glatt, ohne Spaltöffnungen, mit sehr weiter Centralhöhle; seine Blätter kurz cylindrisch, mit 20—40 pfriemlichen Zähnen; seine Aeste im dichten Quirle, dünn, rauh, durch die tiefe Carinalfurche der Riefen scheinbar 8-kantig, das erste Internodium kürzer als das Stengelblatt, die Blätter 4-zähnig. Die grösste und schönste deutsche Art, auf feuchtem Boden, nament- lich nach dem Süden hin häufiger; kommt auch in Nordafrika, Nord- asien und Nordamerika vor. Fructificirt April. Mit E. hiemale unter dem Namen Herba Equiseti majoris früher ebenfalls als Diureticum gebräuchlich und noch jetzt im Cod. med. 77 aufgeführt. 2. Equiseta stichopora M. (E. metabola Al. Br. S. 612). Im nor- malen Entwickelungsgange brechen die fruchtbaren Stengel astlos, bleich und ohne Spaltöffnungen hervor, entwickeln aber nach Aus- streuung der Sporen im oberen Theile Aeste, sowie Chlorophyll und Spaltöffnungen. Letztere stehen meist in je einer Linie in den Rillen. Sterile Stengel gleichzeitig oder wenig später. Aehrenspindel voll. E. pratense Ehrh. Fruchtbarer Stengel zuerst bräunlich, seine Blätter trichterförmig oder lang cylindrisch, locker anliegend, bläulich- grün, am Grunde der Zähne mit welliger, brauner oder schwarzer Querlinie, die 10—20 Zähne breit lanzettlich, mit roth- oder schwarz- braunem Hautrande. Steriler Stengel graugrün, gefurcht, rauh, mit 8—20 schwach convexen Riefen und walzig-becherförmigen Blättern mit lanzettlichen, braun gestrichelten, mit Carinalfurche versehenen Zähnen. Aeste meist unverzweigt und bogig herabgekrümmt, 3-, selten 4—5-kantig, ohne Centralhöhle. In schattigen Gebüschen und Laubwäldern, an Gebirgsbächen etc.; auch in Nordasien und Nord- amerika. Fructificirt April. E. sylvaticum L. Fertiler Stengel anfänglich rothbraun, mit grossen, an ihrer Basis cylindrischen, in ihrer oberen Hälfte aufge- blasenen und trockenhäutigen Blättern mit 3—6, aus je 2—4 ver- schmolzenen Zähnen bestehenden lanzettlichen, stumpflichen Zipfeln. Steriler Stengel meist etwas überhängend, grün, gefurcht, rauh, mit 12—15 flachen Riefen; die Blätter fast glockig, trockenhäutig, sonst wie bei den fertilen Stengeln. Aeste zahlreich, fein (oft haardünn), bogenförmig herabhängend, 4—5-kantig, verzweigt, ohne Centralhöhle. In schattigen Wäldern und Gebüschen (auch in Nordasien und Nord- amerika). Fructificirt Mai, Juni. B. Equiseta homophyadica Al. Br. Sterile und fertile Stengel gleich ge- bildet und gleichzeitig erscheinend. Spaltöffnungen in unregelmässigen, mehrfachen Linien in den Rillen. Aeste unserer Arten mit Centralhöhle. Aehrenspindel hohl. E. palustre L. Stengel 9—12-kantig, wenig rauh, mit stark vor- tretenden, stumpfen, querrunzeligen Riefen; Centralhöhle sehr eng, enger als die Valecularhöhlen. Blätter sich glockig erweiternd, ihre Zähne convex und mit Carinalfurche, breit lanzettlich, mit breitem, 2-riefigem Hautrande. Aeste stumpf 5—6-kantig, ihr erstes Internodium viel kürzer als das Stengelblatt, die Asthülle glänzend schwarz. Variirt mit Aehren tragenden Aesten (var. polystachya Vill.). Gräben, Sumpfwiesen, feuchte Aecker etc. Fructificirt Mai, Juni. Equisetaceae: Systematik. Fossile Formen. 623 E. limosum L. Stengel. glatt, durch die kaum vortretenden Riefen nur gestreift; Centralhöhle sehr weit. Blätter cylindrisch und sammt den pfriemenförmigen Zähnen angedrückt, die Zähne ohne Carinalfurche, mit schmalem, weissem Hautrande. Aeste stumpf 4—8-kantig, ihr erstes In- ternodium kürzer als das Stengelblatt, die Asthülle kastanienbraun oder blassbraun. Variürt ganz ohne Aeste (var. Linnaeanum Döll) und mit Aehren tragenden Aesten ‚(var. polystachya Lejeune). In Sümpfen und Gräben. Fructifieirt Juni, Juli. E. litorale Kwehlewein (E. arvensi x limosum Lasch). Bastardform zwi- schen E. arvense und E. limosum. Auf feuchtem Sandboden, aber auch auf grasigen Dämmen, auf Aeckern etc. Fructifieirt Juni. I. Equiseta eryptopora M. (Hippochaete M.). Spaltöffnungen im Grunde einer Grube oder Spalte der Oberhaut unter dem Niveau der benachbarten Epider- miszellen. Stengel sehr hart und rauh, oft überwinternd, die fruchtbaren den unfruchtbaren gleich. Aehre stachelspitzig. A. Equiseta ambigua M. Spaltöffnungen in einer oder mehreren Linien stehend. Riefen der Stengel und Aeste convex. E. ramosissimum Desf. Auf sandigem Boden, an Dämmen zwischen Gebüsch, selbst in Sümpfen; in Nord- und Mitteldeutschland seltener, im Süden gemein. Fructificirt je nach Standort Mai— Juli. B. Equiseta monosticha M. Spaltöffnungsreihen stets nur von einer Linie gebildet. Riefen der Stengel und Aeste spitz zweikantig. E. hiemale L. Stengel meist astlos, grün, rauh und hart; Centralhöhle- weit. Blätter cylindrisch, selten am Rande sich etwas erweiternd, die obersten und untersten meist schwarz, die mittleren weisslich, oben und unten mit schwarzem Ringe, die Zähne linealisch-pfriemenförmig, leicht abfallend, durch ihre stehen bleibenden, 4-riefigen Basaltheile den Blatt- rand kerbig machend, später das Blatt unregelmässig in den Commissural- furchen zerschlitzend. Wälder, schattige Abhänge. Die überwinterten Stengel fructificiren im Mai und Juni, die diesjährigen im Juli und August. Die Stengel werden zum Poliren von Zinn- und Holzwaaren benutzt; sie waren früher als Herba Equiseti majoris s. mechanici (vgl. E. Tel- mateja) als Diureticum gebräuchlich und sind noch im Cod. med. 77 auf- geführt (Berg, Waarenk. 223). E. variegatum Schleich. Durch den am Grunde ästigen Stengel und die glockigen Blätter mit bleibenden Zähnen von voriger Art leicht unterscheidbar. In feuchten Wäldern, an Gebirgsbächen, namentlich im Süden. Fructifiecirt April— Juli. Fossile Equisetineen.! Die ersten Equisetineen treten bereits im Devon Nordamerikas auf. Wäh- rend sie aber (nach den wenigen Resten zu schliessen) in dieser Periode nur spär- lich vertreten waren, kamen sie in der Steinkohlenperiode schon zu massiger Ent- wickelung. Aus dem Carbon sind zunächst 5 Arten der Gattung Equisetites Schimp. bekannt, von denen der E. lingulatus Germ. von Wettin, Zwickau in Sachsen und Saarbrücken deshalb besondere Beachtung verdient, weil man mit ihm neuer- dings die in bedeutender Menge in carbonischen Gesteinen vorkommenden Frucht- ähren von Annularia Brongn. in Beziehung bringt. Diese Fruchtähren sind gestielt und mit einer gegliederten, längsgerippten Spindel versehen, deren Inter- nodien“ nach der Basis und Spitze im Durchmesser abnehmen. Die Spindel ist ferner hohl und ohne Scheidewände (wie letztere auch den lebenden Equiseten mit hohler Fruchtstandaxe fehlen). Jedes Internodium trägt an seinem Ende einen Wirtel bis 32 steriler, linealer, ganzrandiger, zugespitzter, einnerviger, mit dem unteren Theile horizontal abstehender, dann aber rasch aufwärts gekrümmter und “4 1 Schim’per, Paleont. vöget. I. 255. — Schenk, Ueber die Fruchtstände fossiler Equisetineen. Bot. Zeit. 1876, S. 529. 625. 624 Equisetaceae: Fossile Formen. mit der Spitze einwärts gebogener, an der Basis nicht verwachsener Blätter. Die Spitze der Aehre wird von einem Blattschopfe gebildet, der wohl nur aus sterilen Wirteln besteht; sonst aber findet sich zwischen je zwei Wirteln steriler Blätter ein solcher mit fertilen, respective Sporangienträgern, welche horizontal von der Axe abstehen und den Rippen des Internodiums in deren Mitte oder oberhalb derselben inserirt sind. Jeder Sporangienträger ist an seiner Basis vertical ver- breitert; er war wahrscheinlich schildtförmig, da er an seinem Ende mit einer kleinen Erhöhung versehen ist, unter welcher mehrere, jedenfalls vier eiförmige Sporangien mit (bei gutem Erhaltungszustande) netzig gezeichneter Wand sitzen. Dass die Annularia-Aehren Equisetineen angehörten, unterliegt wohl keinem Zweifel; von den Fruchtständen der lebenden Equiseten unterscheiden sie sich wesentlich nur durch die Einschaltung steriler Blattquirle zwischen die fertilen, ein Fall, der indessen auch noch bei anderen unzweifelhaft hierher gehörenden fossilen Pflanzen in gleicher Weise und in abnormen Fällen (wenn auch nicht so regelmässig, wie bei Annularia) auch bei lebenden Equiseten vorkommt. Bei diesen findet man nämlich manchmal Sprossungen der Aehre, so dass über dem ersten Fruchtstande noch ein zweiter, wohl auch ein dritter oder vierter sitzt, die oft nur auf wenige, sogar auf einen einzigen Fruchtblattwirtel reducirt sind. In ein- zelnen Fällen sind dann die über einander stehenden Aehren nur durch den metamorphosirten Blattwirtel des Ringes (S. 616) getrennt; in anderen erweitert sich dieser scheidenartig, in noch anderen Fällen tritt zwischen den Aehren ausserdem ein normales grünes Blatt hinzu, oder es schieben sich zwischen die Aehren mehrere gestreckte, normal beblätterte Internodien ein. Die Vereinigung der Annularia-Aehren mit den als Annularia longifolia Brongn. bezeichneten beblätterten Zweigen gründet sich nur auf das häufige ge- sellige Vorkommen beider. Die Annularia-Zweige sind im Ganzen wie die Equi- seten gegliedert, tragen jedoch Wirtel von im Allgemeinen lanzettlichen, nur mit Mittelnerven versehenen Blättern. Mit ihnen und den Aehren kommen häufig noch Stammreste und Diaphragmen gegliederter Stämme vor, die kaum einer anderen Pflanze, als dem erwähnten Equisetites lingulatus angehören können. In zwei Fällen wurden auch .Annularia-Aehren mit solchen Stammresten (an deren Knoten sie stehen) in Verbindung gefunden. Die mit Annularia früher als zunächst verwandt betrachtete Gattung Sphe- nophyllum gehört nach neueren Untersuchungen entschieden in die Gruppe der Lycopodinen. Dagegen kehrt der eigenthümliche Bau der Annularien-Fruchtstände bei den Arten der Gattung Calamites Suckow wieder, welche einen wesentlichen Bestandtheil der Wälder der Carbonperiode bildeten und auch noch in der Dyas auftraten. Diese baumartigen, bedeutende Dimensionen erreichenden Pflanzen be- sitzen wie bei den Equiseten gegliederte Stämme mit eikegeltörmigem Basalende. Die unten sehr kurzen, nach oben allmählich sich verlängernden und verjüngenden Internodien trugen in der oberen Region des Stammes quirlig gestellte Aeste, deren dünne Zweige Wirtel von lineal-pfriemenförmigen bis schmal linealischen, zugespitzten Blättern trugen, die höchstens mit schmalem Basalsaume unter ein- ander verbunden waren. Diese beblätterten Aeste werden unter dem Namen Calamocladus Schimp. (Asterophyllites Brongn.) besonders aufgeführt, da man die Zusammengehörigkeit der verschiedenen Formen zu bestimmten Stämmen nicht sicher nachzuweisen vermag. Ebenso werden die Fruchtähren getrennt als Calamostachys Schimp. beschrieben. Diese Fruchtähren, welche wahrscheinlich wirtelig den Zweigenden entsprangen, sind im Verhältniss zur Grösse der Pflanzen klein, oblong bis ceylindrisch und besitzen in alternirende Wirtel gestellte lanzett- liche, an der Basis zusammenhängende Bracteen. Zwischen je zwei Wirteln der- selben steht auch hier ein fertiler Wirtel, aus horizontal von der Aehrenspindel abstehenden, stielrunden, an der Spitze (schildförmig?) erweiterten Fruchtblättern gebildet, die je vier Sporangien mit kugeligen Sporen tragen. Von den übrigen fossilen Gattungen ist Phyllotheca Brongn. zu erwähnen, deren 6 von der Steinkohlen- bis zur jurassischen Periode lebende Arten den Ha- bitus der heutigen kleineren Equiseten zeigen, aber durch die bis weit zur Basis in linealische oder lineal-lanzettliche, bogig einwärts gekrümmte Zipfel gespaltenen Blätter ausgezeichnet sind. Die Gattung Schizoneura Schimp., 4 vom Buntsand- stein bis zum Jura auftretende Arten umfassend, besass Blätter, welche wahr- scheinlich zuerst eine lange, geschlossene, am Rande kurz gezähnte Scheide bil- Equisetaceae: Fossile Formen. — Lycopodinae Lycopodiaceae. 625 deten, dann aber in den Commissuralfurchen (wie z. B. Equisetum hiemale) spal- teten und sich zu einem anfänglich aufrechten, später abstehenden und zurück- schlagenden Wirtel auflösten und endlich abfielen. Am reichsten an fossilen Arten ist die Gattung Equisetum selbst, von welcher ca. 40 Arten von der Trias ab bekannt sind, unter denen einzelne, wie z. B. das E. arenaceum Bronn des Keupers, bedeutende Grösse erreichten. Man hat von letzterer Art Stengelstücke von 12 Fuss Länge bei 3—5 Zoll Durchmesser gefunden, welche also die grösste unserer jetzt lebenden Asten weit übertrafen. Letztere, das E. giganteum L. des tropischen Südamerika’s, hat bei selten bis 36 Fuss Höhe meistens nur kaum ®/, Zoll Stengeldurchmesser, wächst daher zwischen Bäumen und Sträuchern, die ihm als Stütze dienen. Von den fossilen Equisetum-Arten sind ausser gut erhal- tenen Stämmen, Stammspitzen und Fruchtständen auch Rhizome mit den eigen- thümlichen Knollen (S. 611) bekannt. IX. Classe. Lycopodinae (S. 502). Die Classe der Lycopodineen, von Sachs (Lehrb. d. Bot. 4. Aufl. S. 452) wegen der vorwiegend dichotomen Verzweigung auch als die der Dicho- tomeen bezeichnet, umfasst drei Ordnungen mit je einer Familie, die sich durch folgende Charactere unterscheiden. I. Isosporeae. Nur eine Art von auf der Blattbasis oder in der Blattachsel zur Entwickelung gelangenden ein-, zwei- oder dreifächerigen, klappig aufspringen- den Sporangien mit einerlei Sporen. Prothallium gross, selbständig, unter- irdisch, chlorophylllos, monöcisch. Blätter verhältnissmässig klein, ohne Ligula. 32. Ordnung. Lycopodiaceae. II. Heterosporeae. Makro- und Mikrosporangien vorhanden. Weibliche Pro- thallien klein, chlorophyllhaltig, sich nicht von der Makrospore trennend, ober- irdisch, resp. im Wasser sich entwickelnd. Blätter mit Ligula. 33. Ordnung. Isoötaceae. Wasser-, Sumpf- oder Landpflanzen von bin- senartigem Habitus, mit kurzem, knolligem, unverzweigtem Stamme und langen, stielrunden, an der Basis scheidigen Blättern. Sporangien in einer Grube der Blattbasis sitzend, durch Gewebestränge unvollständig gekammert, beiderlei Sporangien mit zahlreichen Sporen, die durch Verwesung der Sporangien- wand frei werden. 34. Ordnung. Selaginelleae. Landpflanzen mit schlanker, meist wieder- holt dichotom verzweigter Axe und kleinen, flachen Blättern. Sporangien in der Blattachsel entspringend, später auf die Blattbasis rückend, einfächerig, kurz und dick gestielt; die Mikrosporangien die grössere obere Hälfte der Fruchtähren einnehmend, mit zahlreichen Mikrosporen; Makrosporangien am Grunde der Fruchtähre, mit nur 4 (selten mit mehr oder weniger) Makro- sporen, wie die Mikrosporangien sich klappig öffnend. I. Reihe. Isospore Lycopodineen. 32. Ordnung. Lycopodiaceae. 233. Familie. Lycopodiaceae.! Die Lycopodiaceen zählen circa 100 Arten in vier Gattungen, von denen die in Europa allein vorkommende Gattung Lycopodium die grosse ! Bischoff, Die Rhizocarpeen u. Lycopodeen. 4° mit 7 Taf. Nürnberg 1828. — Spring, Monographie de la famille des Lycopodiacees. M&moires de l’acad. roy. de Belgique XV. XXIV (1842 u. 1849). — Kunze, Phylloglossum, genus no- vum .... Bot. Zeit. 1843. 8. 721. — Mettenius, Ueber Phylloglossum. Bot. Zeit. 1867. S. 97. — Hegelmaier, Zur Morphologie der Gattung Lycopodium. Bot. Zeit. 1872. S. 773. Taf. 10—12. — Strasburger, Einige Bemerkungen über Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 40 626 Lyceopodiaceae: Lycopodium; Axe, Verzweigung. Mehrzahl enthält, Psilotum nur 3 Arten, Tmesipteris und Phylloglossum je - nur eine Art aufzuweisen haben. Die letzteren Gattungen zeigen zudem so mancherlei Eigenthümlichkeiten, dass sie mit manchem Rechte als Typen zweier selbständiger Familien betrachtet werden könnten und hier auch einer ge- sonderten Betrachtung unterworfen werden sollen. 1. Lycopodium Z. Sporangien einfächerig, auf der Basis oder in der Achsel nicht wesentlich umgestalteter Blätter der oberen Stengelregion sitzend, oder am Ende der Sprosse mit verbreiterten und sonst veränderten Blättern einen ährenförmigen Fruchtstand bildend. Axe der ganzen Länge nach be- blättert und ohne Knollen. Die entweder aufrechte, aufsteigende oder weithin kriechende, bei tropi- schen epiphytischen Arten auch lang herabhängende Axe wächst nicht mittelst einer Scheitelzelle, sondern besitzt in dem bald flachen (L. Selago), bald kuppel- artig gewölbten Scheitel (L. clavatum, L. annotinum, L. complanatum etc.) ein kleinzelliges Urmeristem, das eine Sonderung in nur zwei Gewebeschichten erkennen lässt. Von diesen entspricht die innere dem sich selbständig weiterbildenden und die Grundlage der procambialen Anlage des Gefäss- bündeleylinders liefernden Plerom, die äussere Zellenlage vertritt Periblem und Dermatogen und ist nicht als Dermatogen allein zu bezeichnen, da sie in fortwährender centrifugaler Theilung ihrer Zellen begriffen ist. Die Ver- zweigung ist bei manchen Arten eine echte Dichotomie (L. Selago, L. com- planatum, L. alpinum, in Ausnahmefällen auch L. inundatum). Bei dieser wird der Vegetationskegel durch auf zwei Seiten neben seiner Spitze auf- tretende Zellenhöcker verbreitert, und (indem die Spitze selbst ihre Weiter- entwickelung aufgiebt) weiterhin sanft ausgerandet und endlich in zwei von der bisherigen Axenrichtung gleichmässig abweichende Sprosse gegabelt, wobei die Fortbildung des Procambiumeylinders in der anfänglichen Richtung eben- falls sistirt wird und dafür zwei unter spitzem Winkel divergirende Procam- biumeylinder sich in die beiden Zweige hinein entwickeln. Die flachen, vierzeilig beblätterten Sprosse der heterophyllen Lycopodien gabeln nur in einer Ebene, so dass die Lage der Gabeläste derjenigen der Seitenblätter entspricht, ohne dass aber Blatt und Spross in nothwendiger Beziehung zu einander stehen. Bei den übrigen Arten kreuzen die auf einander folgenden Gabelungsebenen unter verschiedenen Winkeln, nicht regelmässig. Andere Arten (L. clavatum, L. annotinum, L. inundatum) zeigen monopodiale Verzweigung, die aber von der gleichen bei den Phanerogamen üblichen Verzweigung dadurch abweicht, dass sie bereits oberhalb der jüngsten Blätter Lycopodiaceen. Bot. Zeit. 1873. S. 81. — Cramer, Ueber Lycopodium Selago; in Nägeli u. Cramer, Pflanzenphysiol. Untersuch. Heft III. S. 10. Taf. 29— 32. — Bruchmann, Ueber Anlage u. Wachsthum der Wurzeln von Lycopodium u. Isoötes. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. VIII. 522. Taf. 22—24. — Russow, Vergl. Unter- such. (Note 1, S. 498) S. 128. — Al. Braun, Ueber die Blattstellung und Ver- zweigung der Lycopodiaceen. Sitzungsber. d. bot. Ver. für d. Prov. Brandenburg 1874. — Juränyi, Ueber den Bau und die Entwickelung des Sporangiums von Psilotum triquetrum. Bot. Zeit. 1871. 8. 177. — Hegelmaier, Zur Genese der Sporensäcke von Lycopodium .... . Bot. Zeit. 1874. S. 513. — De Bary, Ueber die Keimung der Lycopodien. Sitzungsber. d. naturf. Gesellsch. zu Freiburg i. Br. 1858 (Ann. d. sc. nat. ser. IV. vol. IX. 30. tab. 4 A). — Fankhauser, Ueber den Vorkeim von Lycopodium. Bot. Zeit. 1873. S. 1. Taf. 1. — Arcangeli, Studi sul Lycopodium Selago; mit 2 Taf. Livorno 1874. (Just, Bot. Jahresber. III. 1007.) Lyeopodium: Pseudo-Adventivknospen. “Brutknospen. 627 auftritt und zu diesen in keiner ersichtlichen gesetzlichen Beziehung steht. Hier bildet sich seitlich unterhalb des in gleicher Richtung ungeschwächt fortwachsenden Vegetationskegels eine sanfte Protuberanz, die den letzteren anfänglich nur schief abdacht, bald aber mit allseitiger selbständiger Wölbung sich von ihm abhebt. Die an den kriechenden Axen des L. inundatum von Bruchmann entdeckten Pseudo-Adventivknospen entstehen wie die nor- malen Seitensprosse oberhalb der jüngsten Blattanlagen und meist rechts und links an den Flanken des Stengels, bleiben aber nach Anlage einiger Blatthöcker oder selbst ohne solche, von den Blättern des sich weiter ent- wickelnden Muttersprosses eingeschlossen, ruhen, bis sie sich bei günstiger Gelegenheit zum Aste oder zur neuen Pflanze weiter entwickeln, nachdem zuvor eine an der Basis der Knospe entstandene Wurzel den ganzen Spross am Boden befestigte. Vielleicht haben die von Strasburger bei L. aloifo- lium, L. verticillatum, L. taxifolium und L. reflexum beobachteten Adventiv- knospen einen ähnlichen Ursprung. Diese zeigen sich in der untersten Stengelregion (scheinbar) in den Blattachseln.. An ihrer Basis entwickeln sie dicht an der Mutteraxe eine erste Wurzel; oft entspringt diese sogar innerhalb der Mutterpflanze und wächst im Rindenkörper derselben eine Strecke weit abwärts, um erst tief unter der Insertionsstelle der Knospe nach aussen zu treten. Nach Verwesung des betreffenden Stengeltheiles werden diese Adventivknospen frei und zu selbständigen Pflanzen; sie dienen also wie die Pseudo-Adventivknospen des L. inundatum der vegeta- tiven Vermehrung. Denselben Zweck haben auch die zuerst bei L. Selago, später noch bei einigen Verwandten desselben (L. erubescens, L. reflexum etc.) beobachteten, bei erstgenannter Art an manchen Standorten reichlich zur Entwickelung kommenden Bulbillen oder Brutknospen. Jede dieser Brutknospen entsteht nach Hegelmaier stets an Stelle eines Blattes, nie in der Achsel eines präexistirenden Tragblattes, wie man früher glaubte. Der kleine Zellenhöcker, welcher ihre Anlage bildet, ist sogar in seinen ersten Entwickelungsstadien von dem einer Blattanlage nicht unterscheidbar (vgl. jedoch Strasburger, Bot. Zeit. 1873); erst nachdem er stärker als die benach- barten Blätter geworden ist und querovale Gestalt angenommen hat, tritt er als junge Bulbille den gleichalten Blättern gegenüber deutlich hervor. Jetzt entstehen an ihm die beiden ersten, lateral gestellten Blätter der künftigen Brutknospe im echten Wirtel; dann beginnt der Vegetationskegel sich in zur Stammaxe radialer Richtung zu verbreitern und gleichzeitig mit dem Hervortreten jener ersten Blätter seine nach Aussen gekehrte Partie stärker zu entwickeln, so dass die Blättchen dadurch gegen die Mutteraxe verschoben erscheinen. Während diese Blätter nun heranwachsen und sich über den Vegetationskegel krümmen, entsprossen diesem die zwei ersten median gestellten Blätter, etwas früher das sich auch in der Folge mächtiger entwickelnde sogenannte Stützblatt aus dem breiten Rückentheile des Vege- tationskegels und sodann, durch ein kleines Zeitintervall von ihm getrennt, das ihm opponirte kleinere. Auf diese Blätter folgen wieder zwei seitlich gestellte, welche keine Verschiebung mehr erfahren. Bei weiterer Entwicke- lung der Bulbille bleibt: das Internodium zwischen dem 3. und 4. Blattpaare sehr dünn und hier findet bei gehöriger Reife der Brutknospe die Ablösung derselben von der Mutterpflanze statt. Schon vor der Trennung lässt sich aber im Inneren der Axe oberhalb dieser Stelle die Anlage einer ersten 40* 628 Lycopodium: Winterknospen. Gewebe des Stengels. Wurzel nachweisen, die an abgefallenen Knospen unter günstigen Umständen bald auch äusserlich sichtbar wird, während sich das Stengelchen auf Kosten der in der Knospe vorhandenen Reservenahrung in die Länge dehnt und weitere Blätter erzeugt. An L. clavatum treten ‚endlich noch eigenthümliche, von Hegelmaier als Winterknospen bezeichnete Knospen als metamorpho- sirte Enden gewisser begrenzter Sprosse auf. Man findet in diesen schon in der zweiten Hälfte des August die unter dem Vegetationskegel gebildeten jüngeren Blätter sehr klein, die weiter folgenden in der Ausdehnung von 2—5 Umläufen der Blattstellung mit ihren basalen Theilen zu einem dicken Ringwulste vereinigt, der eine ziemliche Höhe erreicht und von Gefäss- strängen in mehrfacher Schicht durchzogen ist. Dieser Wulst umhüllt als eine solide Scheide die jungen Theile der Knospe, die oft zur angegebenen Zeit schon den ganzen künftigen Jahrestrieb einschliessen. Das Gewebe des Wulstes und der verdickten freien Blatttheile ist stets sehr dünnwandig und durch völligen Mangel an Stärke und anderen geformten Inhaltskörpern ausgezeichnet. Die gewöhnlichen Endknospen der Hauptaxen haben zu jener Zeit ihren Ruhestand noch nicht angetreten. Das Gewebe der fertigen Axe zeigt einen mächtigen axilen, stamm- eigenen Fibrovasalstrang, der sich bis in den Pleromeylinder des Vege- tationskegels verfolgen lässt, meist runden Querschnitt und immer eine Anzahl von Xylemkörpern zeigt, die in Form von Platten oder Bändern durch Phloöm getrennt sind. In den nicht bilateralen Stengeln des L. Selago sind die 4—6 Primordialstränge des Xylems bald durch radiale Verbindungen zu einem eben so vielstrahligen Sterne zusammengetreten, als sie in anderen Fällen auch unregelmässig verschlungen oder in Gruppen getheilt angetroffen werden. In den dicken kriechenden Hauptaxen von L. clavatum, L. annoti- num etc. ist dagegen die Anordnung der der Rücken- und Bauchseite parallel über einander gelagerten Xylemplatten eine mehr oder weniger deutlich zygomorphe der Art, dass ein den Fibrovasalstrang von der Rücken- zur Bauchseite halbirender Längsschnitt Holzmassen von gleichem Umfange und annähernd gleicher Gestalt trennt, dagegen zwischen Oben und Unten ein entschiedener Gegensatz waltet, wobei die Xylemmasse in der Bauch- hälfte im Allgemeinen stärker entwickelt ist. In kräftigen Hauptaxen von L. clavatum und L. annotinum steigt die Zahl der Xylemplatten auf 17, beträgt gewöhnlich (wie auch bei L. complanatum) 11—13 und sinkt in den Seitenaxen mit dem Schwächerwerden derselben gradweise bis auf 3—4. Ferner ist auf in verschiedenen Höhen geführten Querschnitten das Gesammt- bild der Holztheile in Folge der seitlich stattfindenden Anastomosen ein ver- schiedenes. Jede Xylemplatte führt an ihren beiden Kanten enge Spiral- gefässe, sonst der grösseren Ausdehnung nach weite Treppentracheiden. In dem die Holzkörper einschliessenden engzelligen Phloöm liegt zwischen je zwei Holzplatten eine Reihe weiterer Zellen, welche als Repräsentanten der Siebröhren gelten, nach Hegelmaier’s Untersuchungen jedoch keine Siebplatten besitzen. Zwischen den Kanten je zweier benachbarter Xylemplatten liegt ferner eine kleine. Gruppe bastfaserartiger Zellen. Die Peripherie des ge- sammten Stranges nehmen weitlichtige, wohl der Phlöömscheide der Farn- Gefässbündel (S. 507) entsprechende Zellen ein, die von einer kräftig ent- wickelten Schutzscheide umschlossen werden. Das Grundgewebe ist im Stamme in Form einer meist mächtig entwickelten Rinde vorhanden, die Lycopodium: Gewebe des Stengels. Wurzeln. 629 einen bei den einzelnen Arten abweichenden Bau zeigt. Bei L. inundatum sind die Rindenzellen am schwächsten verdickt und durch den ganzen Rinden- körper von fast gleicher Beschaffenheit und locker verbunden; ausserdem wird die Rinde noch von strahlig gestellten Luftcanälen durchzogen. Etwas dickwandiger und durchgängig unter Bildung unregelmässiger Lücken sehr locker verbunden sind die Rindenzellen des L. Selago. Ganz im Gegen- satze zu diesen beiden repräsentirt sich L. annotinym, welches fast in der ganzen Dicke seiner Rinde eine Art von Scleremchym aus prosenchymatischen Zellen mit dicken, deutlich geschichteten, getüpfelten, in den äussersten Rindenlagen allmählich dünner werdenden Wänden entwickelt, in welchem nur enge Intercellularräume auftreten. Die Mitte zwischen diesen Extremen halten die unter sich aber wieder verschiedenen L. clavatum, L. complana- tum und L. alpinum, bei denen die inneren Rindenschichten sclerenchyma- tisch, die äusseren parenchymatisch ausgebildet sind. Es lassen sich also die einheimischen Lycopodien auch nach dem Baue ihrer Rinde sicher unter- scheiden. Als besonders erwähnenswerth mögen noch die Schleimgänge hervorgehobäön werden, welche in der Rinde und in den Blättern von L. inundatum ‘und L. alopecuroides, sowie in der Aehre von L. annotinum auftreten. Sie sind bei ersterer Art Canäle, welche, durch 1—2 Parenchym- schichten vom Nerven getrennt, das Blatt in der Mediane seines Rücken- theiles der Länge nach durchziehen, in der Spitze blind endigen, aus der Basis aber mit einem unteren weiteren Theile, die Blattspur begleitend, eine kleine Strecke weit in den Stengel treten, um auch hier blind zu enden. Jeder Canal zeigt fast kreisförmigen Querschnitt und von seiner Wand zahlreiche schlauch- oder asymmetrisch blasenförmige, dünnwandige, anfänglich mit feinkörnigem Plasma gefüllte, später inhaltsleere und colla- birende Zellchen in die Höhlung hineinragend. Letztere ist von einem im - Wasser sich schnell lösenden Gummischleime erfüllt, der seine Entstehung vielleicht den Wänden der erwähnten Zellchen verdankt, da eine andere, von dem Blattparenchyme durch Form und Inhalt verschiedene Zellschicht den Canal nicht auskleidet. Die Wurzeln der Lycopodien zeichnen sich durch eine streng dicho- tome, vom Plerom eingeleitete, in gekreuzten Ebenen stattfindende Verzwei- gung aus. Sie treten in acropetaler Folge ohne gesetzliche Beziehung zu den übrigen Organen auf und nur bei L. inundatum wurden von Bruchmann Adventivwurzeln beobachtet. Bei dieser Art entstehen die Wurzeln auch schon am Scheitel vor der jüngsten Blattanlage, selten später, wie bei den übrigen Lycopodien. Die Wurzeln wachsen ferner ohne Scheitelzelle, anfangs durch drei, später durch vier gesonderte Histogene; die Wurzelhaube wird zuerst vom Dermatogen, später aber von einer an das Dermatogen an- grenzenden Calyptrogenschicht regenerirt. Das intercalare Wachsthum der Wurzel übertrifft das Spitzenwachsthum um das Vielfache; doch hört letzteres nie ganz auf und tritt hauptsächlich bei der Gabelung hervor. Während bei den Lycopodien mit kriechender Axe die Wurzeln einzeln sofort die Rinde durchbrechen und in den Boden dringen, wachsen bei Arten mit aufrechtem Stengel (L. Selago, L. aloifolium, L. mandioccanum, L. Saururus, L. Phleg- maria etc.) die weiter aufwärts endogen im Stämmchen angelegten Wurzeln senkrecht oft 5 Centim. weit in der Rinde abwärts, um erst tief unter ihrem Ursprungsorte mit anderen im Büschel nach aussen zu treten, was 630 Lycopodium: Wurzeln. Blätter. Sporangien. überhaupt nur dicht über oder in der Erde stattfindet. Erreichen die Wurzeln diese Stelle nicht, so enden sie noch innerhalb der Rinde, in welcher in beiden Fällen oft schon eine Gabelung eintritt. Mit der Stamm- rinde sind diese inneren Wurzeln nicht verwachsen; sie lassen sich vielmehr leicht und ohne Verletzung aus den sie umgebenden Rindenscheiden heraus- lösen. Ein ähnliches Verhalten der Wurzeln wurde schon bei den Marattia- ceen (S. 576) erwähnt. Die Blätter zeigen sowohl in der Laub- als in der Sporangienregion einen sehr mannigfachen Wechsel von theils wirteliger, theils spiraliger An- ordnung, letztere mit der Eigenthümlichkeit sehr kleiner Divergenzen. So hat nach Al. Braun L. clavatum 4—8-gliederige Quirle und Spiral- stellung mit ?g, ®h1> "hs "Ah, und 2, Divergenz, L. Selago 4—5-gliede- rige Wirtel und Spiralstellung mit ®/g, ?]r, *Jo, ”ıı Divergenz u. s. w. Die Wirtel sind echte, mit simultan auf gleicher Höhe angelegten Blättern; die spiralig geordneten Blätter sind auch bei der Anlage schon schraubig gestellt und erleiden später keine auffallenden Verschiebungen in ihren Divergenzen. Bei sämmtlichen Arten der Gattung sind die Blätter im Verhältniss zur Grösse der Pflanze klein, einfach, linealisch, lanzettlich, nadelförmig, schuppenförmig u. s. w.; sie sind mit mehr oder minder brei- ter Basis sitzend und nur von einem Mittelnerven durchzogen, der stets in einiger Entfernung von der Blattspitze endigt. Die Blätter sind ferner in der Laubregion entweder sämmtlich gleich gestaltet (L. clavatum, L. inundatum, L. Selago) und besitzen dann gleichmässig auf beiden Flächen Spaltöffnungen; oder sie sind bei vierzeiliger Stellung in zweigliederigen, decussirten Wirteln ungleich gross und von verschiedener Form (L. com- planatum, L. alpinum), in welchem Falle die Innenfläche gleichmässig spalt- öffnungführend ist, die Aussenfläche nur auf dem angewachsenen Theile (den beiden durch das Herablaufen gebildeten Flügelleisten) und auch hier nur auf der erdwärts gekehrten Hälfte Stomata aufweist. Die Anlage der basipetales Wachthum zeigenden, keine Scheitelzelle besitzenden Blätter erfolgt in der äusseren Zellenlage des Vegetationskegels allein, ohne Mitwirkung des unter dieser gelegenen Gewebes. Durch radiale Streckung treten hier einzelne Zellen über die Oberfläche hervor und gliedern durch Tangentialwände Aussenzellen ab. Indem letztere sich noch weiter vorwölben, werden abermals die Aussentheile parallel der Oberfläche des kleinen Blatthöckers abgeschnitten, so dass letzterer aus einigen Innenzellen und einer Schicht von Aussenzellen besteht. Kurze Zeit zeigt dieser Zellen- höcker noch terminales Wachsthum; bald aber tritt dann das intercalare basi- petale ein, welches den Aufbau des allergrössten Theiles des Blattes übernimmt. Die Sporangien von Lycopodium sind bald der Basis, resp. in der Achsel gewöhnlicher Blätter inserirt (L. Selago), bald werden sie auf der Basis bracteenartiger, verbreiterter Hochblätter entwickelt, mit denen sie einen ährigen Fruchtstand bilden (L. clavatum, L. annotinum u. a. A.). Im reifen Zustande sind sie einfächerige, sehr kurz und breit gestielte, nieren- förmige, quer zur Mediane des Fruchtblattes verbreiterte Kapseln, welche sich durch einen in letzterer Richtung über den Scheitel laufenden Spalt mit zwei Klappen muschelartig (Fig. 176 5) und nur:bei L. inundatum durch einen auf der Vorderfläche über der Basis liegenden Querspalt öffnen; die Lage des Spaltes ist schon am nicht ganz reifen Sporangium durch zwei Lyeopodium: Sporangien und deren Entwickelung. 631 Reihen kleinerer, zarterer Zellen vorgeschrieben. Die Anlage dieser Sporan- gien geht nach den übereinstimmenden Angaben von Sachs, Russow und Hegelmaier stets auf eine ganze Zellengruppe zurück. Die Untersuchungen an L. clavatum, L. annotinum, L. alpinum und L. Chamaecyparissus zeigen die erste Anlage des Sporangiums als eine flache, breite Protuberanz der Innenfläche des sie tragenden, um diese Zeit noch sehr jugendlichen, zwar der Schichtenzahl nach angelegten, aber noch im intercalaren Längenwachs- thume begriffenen Blattes. Es sind „Aussenzellen, die sich gemeinschaftlich in der Richtung der Dicke des Blattes erweitern und der Oberfläche parallel abtheilen. Die so abgeschiedenen Innenzellen vermehren sich nun, während die Vortreibung zunächst noch auf eine grössere Fläche übergreift, durch Theilung in sehr regellosen Richtungen. Aber auch die Aussenzellen folgen der Volumenzunahme der sich polsterförmig vorwölbenden Sporangiumanlage nicht blos durch zur Oberfläche senkrechte Wände, sondern bald hier bald dort erscheint eine von ihnen, offenbar noch lange ehe es sich um die definitive Bildung der mehrschichtigen Wand des Sporensackes handelt, durch Spalttheilung in zwei Zellen geschieden, von denen die innere an den Complex der Innenzellen abgegeben wird. Diese letzteren fahren fort, sich durch äusserst mannigfaltig gerichtete, oft spitzwinkelig gegen einander geneigte Scheidewände zu mehren und das die Urmutterzellen der Sporen dar- stellende Gewebe zu bilden. So entwickelt sich der Höcker zu zunächst halbkugeliger Form, welche die ältesten beobachteten Jugendzustände haben; in der zweiten Hälfte des August sind die Sporensäcke schon fertig gebildet, springreif, mit ihrem jetzt vorhandenen soliden Stiele deutlich dem Aehren- blatte eine messbare Strecke oberhalb seiner Achsel inserirt. Ein auffallen- des Resultat giebt nun aber die vergleichende Untersuchung der entsprechen- den Entwickelungsvorgänge bei L. Selago. Auch hier geht die Entwickelung von einer kleinen Gruppe von Aussenzellen aus und verläuft in den Haupt- zügen, soweit es sich um die Art der Zellvermehrung handelt, wie bei den vorhin besprochenen Arten. Dagegen ist der Ort des Auftretens der Sporan- giumanlage ein derartiger, dass, falls es sich um die Entwickelung einer Knospe bei einer phanerogamen Pflanze handeln würde, vielleicht kein Be- denken getragen würde, diesselbe als eine axilläre anzusprechen. Es sind nur 2—3 Aussenzellen der untersten Basis der inneren Blattfläche, die der mediane Längsschnitt als an der Anlage des Sporangiums betheiligt zeigt; statt seine Basis nach der Fläche auszubreiten, entwickelt es sich rasch im Höhendurchmesser und sitzt schon bei einer Höhe von 0,08 Mm. mit leicht verschmälertem Grunde auf. Auch in diesem Falle lässt sich übrigens ‘ohne den mindesten Zwang das Sporangium als Blatttheil ansprechen. Eine eigentliche Achselfläche existirt um die Zeit seines ersten Auftretens über- haupt nicht, sondern die Blätter liegen einander mit ihren Flächen ange- presst; es muss somit das Sporangium, da es dem Rücken des nächstoberen Blattes nicht angehört, nothwendig der Innenfläche seines Tragblattes ange- hören. Nach kurzer Zeit freilich verschiebt sich die Insertionsfläche der Sporangiumbasis aus einer zur Stengelrichtung schiefen in eine fast quere Richtung, wodurch die Achsel erweitert wird; noch sehr jugendliche und ohnehin die erwachsenen Sporangien von L. Selago sind daher völlig axillär.“ ! i Hegelmaier, Bot. Zeit. 1872. 'S. 824. 632 Lycopodium: Entwiekelung der Sporangien. Das im reifen Zustande seiner Stellung nach rein axilläre Sporangium von L. inundatum vermittelt in seiner Anlage den Uebergang zwischen L. Selago und den anderen Arten, schliesst sich aber ersterem näher an. Es wird nämlich nach späteren Mittheilungen Hegelmaier’s (Bot. Zeit. 1874. S. 515) eine nur kleine, doch etwas grössere Gruppe (als bei L. Selago) von Zellen an der Blattbasis für den Aufbau des Sporangiums abgegeben, dessen Entwickelung im Uebrigen, in der geschilderten Weise erfolgt. In der Zeit der Entwickelung der Sporangien gleicht L. inundatum den anderen Arten. „Bei L. Selago dagegen geht die Bildung von solchen Hand in Hand mit der Entwickelung des kurzen und träg wachsenden Jahrestriebes des Sprosses; die Anlegung neuer Sporangien findet in der ganzen Vege- tationsperiode statt, daher nicht blos zu Anfang, sondern auch noch am Ende des Sommers die Anfänge von solchen gefunden werden. Ob diese letzt- gebildeten noch zu völliger Reife gedeihen, oder im unfertigen Zustande überwintern, vermag ich nicht zu sagen. Die Gestalt der Sporangien von L. Selago ist auch von jener bei L. clavatum, L. annotinum und L. inun- datum verschieden; in der Flächenansicht wie jene nierenförmig, zeigt es einen verkehrt-eiförmigen Medianschnitt mit allmählicher Verschmälerung in die solide, von Parenchymzellen erfüllte, stielförmige Basis, während sich bei jenen anderen Arten der Sporensack von seinem Stiele schroff abhebt und überdies bei L. inundatum auf seinem Scheitel von dem höckerförmigen Vor- sprunge der Basis des Rückens des nächstoberen Aehrenblattes eingedrückt wird. Die Entwickelung des Stieles scheint in allen Fällen durch spätes intercalares Wachsthum der Basis des Sporangiums zu erfolgen; die An- ordnung der zarten, inhaltslosen, locker verbundenen, ausschliesslich paren- chymatösen Zellen, welche ihn zusammensetzen, in (namentlich bei L. inun- datum sehr scharf ausgeprägten) Längsreihen lässt dies fast mit Sicherheit annehmen. Die Bildung der mehrschichtigen Wand des Sporensackes erfolgt lange, ehe derselbe seine definitive Ausdehnung erreicht hat, durch von seiner Scheitelgegend aus beginnende, in den inneren Tochterzellen sich wiederholende Spalttheilung der um jene Zeit seine Oberfläche bildenden Zellenschicht; doch wird die Zusammengehörigkeit der Zellen der so ge- bildeten Lagen schnell wieder grossentheils verwischt durch nachher noch eintretende Theilungen senkrecht zur Fläche und ungleichmässige Ausdehnung. So bildet sich eine Hülle, welche bei L. Selago am äussersten Scheitel nur 2-, neben, demselben 3-, und an den Seiten 4-schichtig wird; weiter nach ab- wärts nehmen die Schichten noch weiter zu unter allmählichem Uebergange in das zarte parenchymatöse Innengewebe der verschmälerten Sporangium- basis. Während die inneren Zellenschichten des Sackes zart bleiben, ver- dicken sich die Zellen der äussersten unter tief wellenförmiger Kräuselung ihrer Seiten beträchtlich, doch viel stärker an ihren Innen-, als an den Aussen- und Seitenwandungen, welches Verhalten sicherlich bei der Dehis- cenz dieser Säcke eine leicht ersichtliche Rolle spielt. Auch bei L. inun- datum, L. clavatum und L. annotinum folgen in der Wand des Sporensackes auf die derbere Aussenlage von Zellen, welche hier an ihrem inneren und seitlichen Umfange Faserverdickungen bekommen, zu oberst eine, nach ab- wärts 2 und zu unterst noch mehr (bei L. inundatum 4—5) zartwandige Innenschichten. In den Grund des Sporensackes ragt wenigstens bei L. clava- tum — nicht bei L. Selago — eine mittelsäulenartige, aus zur Reifezeit Lyeopodium: Prothallium. 633 geschrumpften Parenchymzellen gebildete Leiste von der Ansatzgegend des Stieles aus hinein; sie dürfte, was freilich die Entwickelungsgeschichte zu prüfen haben wird, auf eine rudimentäre Scheidewandbildung, welche an die Fächerung des Sporangiums bei einigen verwandten Gattungen erinnern würde (S. 638, 639), zu beziehen sein.“ Die Entwickelung des Prothalliums der Lycopodien ist leider nur sehr unvollständig bekannt. Die Keimung, der Sporen‘ erfolgt unterirdisch, doch wohl unter eigenthümlichen Bedingungen, da zahlreiche Aussaatversuche ohne Resultat bleiben. Ich selber fand in dem aufgerissenen Exospor von fast zwei Jahren in der Erde gelegenen Sporen des L. clavatum nur vereinzelt kleine bis 3-zellige Vorkeime, während die Aussaat später sich garnicht weiter entwickelte. Glücklicher war De Bary, welcher die ersten Entwicke- Fig. 175. Lycopodium inundatum L. Junge Prothallien, zum Theil noch mit anhängendem Exospo- rium. e ist der Vorkeim d um 900 um seine Längsaxe gedreht. Nach De Bary. Vergr. 375. lungsstadien des Vorkeimes von L. inundatum beobachtete. Das Exospor der hier wie bei allen anderen Arten radiären Sporen riss in seinen Scheitel- kanten dreilappig auf und das als ungefähr kugelige Blase hervortretende Endosporium theilte sich durch eine Querwand in eine sich nicht weiter verändernde innere Basalzelle und eine äussere, sich vergrössernde Scheitel- zelle, welche durch abwechselnd rechts und links geneigte Wände zwei Segmentreihen bildete (Fig. 175 a—d). Jedes Segment wurde durch eine Tangentialwand in eine innere und äussere Zelle zerlegt. — Erst im Jahre 1872 fand Fankhauser bei Langenau im Emmenthale (Schweiz) zwischen Torf- und Astmoosen einige unzweifelhafte Keimpflänzchen von L. annotinum in Verbindung mit dem ausgewachsenen Prothallium. Dieses ist ein knolliger, wulstig-lappiger, chlorophyllloser Gewebekörper (Fig. 176 2), der sofort an das Prothallium der Ophioglosseen (S. 588) erinnert; die Unterseite ist mehr gleichmässig gewölbt, die Oberseite erhält durch die vielen Rinnen, Falten, Lappen und Wülste ein eigenthümliches Ansehen. Längs- und Querschnitte zeigen das Prothalliumgewebe in vier Schichten differenzirt. In der obersten Schicht liegen die ovalen, relativ grossen Antheridien in grosser Zahl. Sie sind nach Aussen nur von einer Zellenlage bedeckt, ihre inneren Wandzellen vom übrigen Gewebe nicht scharf abgegrenzt. Unter der Antheridienschicht liegt ein Gewebe aus weiteren, zartwandigen, inhalt- ı Hegelmaier a. a. 0. 8. 830. 634 Lyeopodium: Prothallium. Lyeopodium elavatum. armen Zellen; unter diesen folgen Lagen kleinerer, fettreicher Zellen und die Prothallium-Unterseite besteht wieder aus der Oberfläche etwas parallel gestreckten Zellen mit milchig-trübem Inhalte, aus deren äusserster Lage hie und da derbwandige Wurzelhaare entspringen. Die Antheridien ent- hielten zahlreiche Spermatozoiden-Mutterzellen, die in zwei Fällen unreife Samenkörper erkennen liessen. Archegonien wurden zwar nicht gefunden; da aber dieselben Vorkeime neben den Antheridien auch Keimpflänzchen trugen, sind die Prothallien unzweifelhaft monöcisch. Damit ist denn auch die zuerst von Spring aufgestellte Hypothese gegenstandslos geworden, nach welcher die Lycopodien aus früheren Perioden ihrer geologischen Entwicke- lung nur die Mikrosporen in die Jetztzeit hinübergenommen hätten, deren Keimungsprodukt später nach De Bary’s Entdeckung als ein rudimentärer männlicher Vorkeim, als ein rudimentäres Antheridium betrachtet wurde. Die Keimpflänzchen liessen noch den Fuss, mit dem sie im Prothallium eingesenkt sassen, als ein kleines Knöllchen erkennen. An zwei Prothallien wurde ferner neben einer älteren Pflanze noch eine junge gefunden. Von den 6 in Deutschland heimischen Arten der Gattung werden die offieinellen Sporen fast ausschliesslich von L. clavatum gesammelt. Nächst dieser Art könnte nur L. annotinum noch eine lohnende Ausbeute liefern; die übrigen Arten sind theils weit seltener, als die genannten beiden, theils zu klein (L. inundatum), theils zu arm an Sporangien (L. Selago), um bei ‚, Gewinnung der Sporen Berücksichtigung zu finden. Es mag daher die erst- genannte Art zunächst beschrieben werden. L. clavatum Z. (Bärlapp, Blitzkraut, Krähenfuss, Drudenfuss, Schlangen- moos etc. etc. — Fig. 176). 4. Stengel weithin kriechend, oft bis über 1 Meter lang, reich verzweigt, die längeren Hauptäste kriechend und wie die Haupt- axe auf der Bauchseite in weiten Entfernungen wiederholt gabelig verzweigte Wurzeln entwickelnd, die zahlreicheren kürzeren (gewöhnlich nicht über 5 Centim. langen) Aeste gleichförmig aufsteigend, einfach oder mit unregel- mässig gestellten, ungleich hohen, kurzen Zweigen; alle Aeste wie der Stengel stielrund, dicht beblättert, die Blätter an denselben Zweigen spiralig oder in Wirteln (S. 630), die Endknospe einzelner Aeste zu einer eigenthümlichen Win- terknospe (S. 628) metamorphosirt. Blätter (Fig. 176 a) klein, linealisch oder lineal-lanzettlich, in eine lange, weisse, stumpfgezähnte Haarspitze auslaufend, einnervig, in der oberen Hälfte bogig aufwärts gekrümmt, am Rande ganz oder fein und unregelmässig gezähnt. Fruchtbare Aeste in einen bis 10 Centim. langen, cylindrischen, in kurzen Abständen wirtelig, schraubig oder unregel- mässig mit den Stengelblättern ähnlichen, gelblichen Hochblättern besetzten, einfachen, oder bis in 4 (meist 2) Gabeläste getheilten Aehrenstiel ver- längert. Sporangienähren meist zu 2 beisammen, bis 5 Centim. lang, eylin- drisch, kurz gespitzt, dicht und dachziegelig mit den grünlichgelben, breit eiförmigen, in eine lange, weisse Haarspitze verlängerten, an ihrem breit- trockenhäutigen, weisslichen, nur aus einer einzigen Schicht schmaler, ge- bogener Zellen bestehenden Rande durch ungleichweites Vortreten der Rand- zellen unregelmässig und sehr fein gezähnelten Tragblättern der Sporangien besetzt. Sporangien (S. 630) eine kurze Strecke oberhalb der Basis der Bractee entspringend, in der Flächenansicht breit nierenförmig, mit einer über den ganzen Scheitel und die Seiten parallel der Tragblattfläche ver- laufenden Spalte zweiklappig aufspringend (Fig. 176 D). Lycopodium celavatum, 635 L, —/ ID GG; My) za) : 4 ) Yin) FF \ KON) er 1% / Fig. 176. A und a—e Lycopodium clavatum L. A Ast in nat. Gr. «a Blatt vergr. b Fruchtblatt mit geöffnetem Sporangium, vergr. c—e Sporen in 900-facher Vergr.; c Scheitelansicht, 7 Ansicht der Grundfläche, e halb von der Seite gesehen, in allen drei Figuren der Rand im optischen Durchschnitte. B Prothallium mit jungem Pflänzchen von Lycopodium annotinum L. Nach Fankhauser, schwach vergr. .. 656 Lycopodium elavatum. Auf Haiden, Torfmooren und in Nadelwäldern durch ganz Europa, Nordasien und Amerika, im Gebirge bei uns bis 6000‘ verbreitet. Frueti- fieirt Juli, August. Abbild. Berg u. Schmidt, Offic. Gew. Taf. XXVIII a. Nees v. Esenb. Plantae medicin. tab. 13. Hayne, Arzneigew. VIII. Taf. 47. Droge: Lycopodium s. Semen Lycopodii s. Sporae Lycopodii (Bärlapp- samen, Hexenmehl, Streupulver, Blitzpulver etec.), Ph. germ. 231; Ph. austr. 129; Ph. hung. 273; Ph. ross. 254; Ph. helv. 79; Cod. med. 64; Ph. belg. 53; Nederl. A. 189; Ph. dan. 154; Ph. suec. 127. Ph. U. S. 36. — Berg, Waa- renk. 482 und Atlas z. Waarenk. Taf. XLIX. Fig 132. Flückig. Pharm. 121. Die Sporen des Lycopodium (Fig. 176 c—e) sind radiär (kugeltetraö- drisch), mit stark gewölbter Basalfläche und verhältnissmässig flachem Scheitel aus drei Pyramidenflächen, deren Kanten drei strahlig vom Mittelpunkte des Scheitels aus nach dem Sporenrande verlaufende Leisten entsprechen, in denen das derbe Exosporium bei der Keimung aufreisst. Die Basalfläche ist vollständig, jede der Pyramidenflächen bis mehr oder weniger nahe an die Kanten von localen Verdickungen in Form netzartig anastomosirender Leisten bedeckt, welche sich in der Nähe der Scheitelkanten meist unregel- mässig auflösen, stellenweise hier ganz unterbrochen sind (Fig 176 e und e). Bei undeutlicher Einstellung auf den optischen Durchschnitt der Spore lassen sie den Saum derselben stachelig erscheinen; an den Vereinigungsstellen springen sie in Form eines stärker lichtbrechenden Buckels hervor. Der Sporenbau der übrigen Lycopodium-Arten ist im Allgemeinen ein ähnlicher. Der Inhalt der Spore ist gewöhnliches, farbloses, an Fetttröpfchen reiches Plasma; ausserdem sollen die Sporen nach Buchholz und Rebling noch 11,—3°|, Zucker enthalten. Die unter dem Mikroskope einzeln farblosen Sporen bilden in Masse ein blassgelbes, sehr feines, bewegliches, geruch- und geschmack- loses Pulver, das vom Wasser nicht benetzt wird, erst nach dem Kochen in Wasser in diesem untersinkt. Langsam erhitzt verbrennt es ruhig, durch die Flamme geblasen wie alle derartige Zellenmassen blitzartig mit Explosion. Fälschungen des Sporenpulvers lassen sich unter dem Mikroskope mit Leichtig- keit erkennen. Pulver anorganischen Ursprunges, wie Gyps, Kalk, Schwefel, würden sich schon durch unregelmässige Form und Structurlosigkeit ver- rathen; ausserdem sinken diese in Chloroform, auf dem Lycopodium schwimmt, zu Boden und Schwefel giebt sich bei Verbrennung leicht durch die ent- wickelte schwefelige Säure zu erkennen. Beimischung von gepulvertem Colo- phonium verräth sich durch Lösung desselben in Alkohol und nach dem Verdunsten des letzteren leicht, Stärke durch ihren eigenthümlich geschichteten Bau, ihre Reaction gegen Jod und Kleisterbildung im Wasser. Die Bei- mischung des massig zu erhaltenden Blüthenstaubes verschiedener Pflanzen (Pinus, Typha, Corylus) verräth sich makroskopisch bei genügender Menge schon durch die dann dunkelere Färbung des Pulvers, unter dem Mikroskope durch den ganz abweichenden Bau sämmtlichen Pollens. Das Pollenkorn von Pinus ist quer-oval und seine Aussenhaut beiderseits zu einem grossen, halbkugeligen, blasigen, netzig gezeichneten Sacke aufgetrieben; das von Corylus ist kugelig, glatt und im Aequator an drei gleichweit entfernten Stellen mit je einer breiten, stumpfen Papille versehen, auf deren Scheitel ! Siehe den 2. Band des Werkes unter „Sago“. Lycopodium. 657 die Aussenhaut ein Loch besitzt; der Blüthenstaub von Typha besteht aus Gruppen zu vieren an einander hängender Körner u. s. w. — Verwendung findet das Lycopodium vorzüglich zum Bestreuen von Pillen und als Puder auf wunde, nässende Hautstellen bei Säuglingen. — Das Kraut (Herba Lyeopodii s. Musci clavati) war früher allgemeiner und ist noch jetzt in Polen als Volksmittel gebräuchlich. Zur Unterscheidung der übrigen, sämmtlich 2 deutschen Arten mag ausser dem bereits im Texte Mitgetheilten noch folgende tabellarische Uebersicht der- selben dienen. I. Selago Dill. Sporangien in den Achseln unveränderter Blätter des aufrechten oder aufsteigenden Stengels, keine besonderen Aehren bildend. (Entwickelung S. 631, Brutknospen S. 627, Wurzeln S. 629.) L. Selago L. Stengel aufsteigend, mehrmals gabelig verzweigt, die Aeste gleichhoch, oft dichte Büsche bildend. Blätter alle gleich, lineal-lanzettlich, stachelspitzig, derb, mehr oder minder aufrecht, bei der var. recurvum Kit. horizontal abstehend bis rückwärts gerichtet. Feuchte, steinige Wälder der Ebene und Gebirge. Fructificirt August— November. War früher als Herba Selaginis s. Musci erecti s. cathartici als Drasticum offieinell und soll noch jetzt in Scandinavien als Hausmittel, sowie ein Absud als Mittel gegen das Ungeziefer der Hausthiere verwendet werden. II. Lycopodia amentacea Spring (Lepidotis P. Beaur.). Sporangien in der Achsel oder auf der Basis besonders gestalteter, zu Aehren vereinigter Trag- blätter. Stengel kriechend. A. Homoeophylla Spring. Alle Laubblätter an Stengel und Aesten gleich- gestaltet und meist spiralig gestellt (vgl. jedoch S. 630). l. Sporangien sich mit einem über Scheitel und Seiten parallel der Trag- blattfläche verlaufenden Spalte öffnend. Tragblätter kürzer als die Laubblätter. L. annotinum L. Blätter 5-reihig, horizontal abstehend oder abwärts gerichtet. Aehren einzeln, sitzend. In schattigen, feuchten Wäldern, namentlich in Gebirgen. Fructificirt August, September. L. clavatum ZL. (S. 634). Blätter vielreihig, aufwärts gekrümmt. Aehren meist zu 2, seltener bis zu 4, lang gestielt. 2. Sporangien vorne über dem Grunde mit einer Querspalte aufspringend. Tragblätter den gewöhnlichen Blättern ähnlicher, so lang oder etwas länger, als diese. L. inundatum ZL. Blätter lineal-pfriemlich, stumpflich, am Rande durchsichtig-häutig. Stengel wenig verzweigt, mit vielen Wurzeln am Boden befestigt, mit nur einer dicken Aehre. Kleinste Art; auf Torf- mooren und feuchten Haiden. Fructifieirt August, September. B. Heterophylla Spring. Laubblätter verschieden gestaltet, an den Stämm- chen, Hauptästen und Aehrenstielen lanzettlich, spiralig, abstehend, an den Nebenästen in decussirten zweigliederigen Wirteln, diejenigen zweier gegen- überstehender Zeilen scharf gekielt und weit herab frei, die der anderen beiden Reihen nicht gekielt, fast bis zur Spitze angewachsen; Zweige daher flach, an die der Lebensbäume (Thuja) erinnernd. L. complanatum L. Hauptzweige stielrund. Blätter der flachen Nebenzweige angedrückt. Aehren zu 2—6, selten einzeln, gemeinsam lang gestielt. Auf Haideboden, vorzüglich in Gebirgsgegenden. Fructi- fieirt August, September. Variirt mit sterilem Mitteltriebe jedes Astes und fächerartig ausgebreiteten, grasgrünen Aesten (var. anceps Wallr.) und mit fructifieirendem Mitteltriebe und büschelig gestellten, gleichhohen, meist bläulichgrünen sterilen Aesten (var. Chamaecyparissus Al. Br.). L. alpinum L. Hauptzweige 4-kantig. Blätter der Nebenzweige locker. Aehren einzeln, ungestielt. Nur in höheren Gebirgen (Alpen, Riesenge- birge, Erzgebirge, Harz, Schwarzwald ete.). Fructificirt August, September, 638 Lyeopodiaceae: Lycopodium. Phylloglossum. Psilotum. Von ausländischen Lycopodien wird das im tropischen Asien, Neuholland und Polynesien heimische L. Phlegmaria ZL. als Diureticum und Aphrodisiacum, das durch die ganzen Tropen verbreitete L. cernuum ZL. ebenfalls als Diureticum benutzt. 2. Phylloglossum Kze. Diese eigenthümliche Gattung enthält nur eine Art, das in Neuholland, Tasmanien und Neuseeland heimische, wenig über 4 Centim. hohe Ph. Drummondi Kze., welches habituell einer kleinen Orchis ähnlich sieht. Das Pflänzchen besitzt an seiner Basis zwei kleine, spindelförmige Knollen, von denen die eine, vorjährige wie bei unseren Orchis- Arten den diesjährigen Spross trägt, die andere, in der laufenden Vegetationsperiode als Seitenspross erzeugte auf dem Gipfel in einer Höhlung ihres stielartigen oberen Theiles eine kleine Knospe birgt, welche den Spross der nächsten Vegetationsperiode entwickelt. An der Basis des in voller Vegetation stehenden Sprosses entspringen ausser 1—4 Ad- ventivwurzeln 2—11 sehr schmal linealische, fast stielrunde Blätter von etwa 15 Millim. Länge und kaum 1 Millim. Breite; an armblätterigen Exemplaren sind alle zu einem Wirtel geordnet, an reichblätterigen stehen 1—2 oberhalb dieses Wirtels. Zwischen ihnen erhebt sich die fructificirende Axe als ein blattloser, die Blätter stets überragender Schaft, der zuweilen in geringer Enfernung unter der Achre ein steriles Deckblatt trägt. Die höchstens 6 Millim. lange, eiförmige, endständige Sporangienähre erinnert an die ährentragenden Lycopodien; sie trägt die einfächerigen, nierenförmigen, 2-klappig aufspringenden, radiäre Sporen er- zeugenden Sporangien nur auf den unteren Bracteen, während die oberen steril sind. Wegen der Uebereinstimmung in den Sporangien vereinigte Spring die Gattung mit Lycopodium. Die Entwickelungsgeschichte ist unbekannt, der ana- tomische Bau durch Mettenius (Note 1, S. 635) erläutert worden. 3. Psilotum Sw. ist eine in den Tropen beider Hemisphären weit verbrei- tete Gattung mit nur 3 Arten, die vorzugsweise epiphytisch zu wachsen scheinen, aber auch im Boden gedeihen und alle drei als ein kleiner, wiederholt dichotomisch verzweigter Strauch mit mehrkantigen (P. nudum Griseb. = P. triquetrum Sw.) oder bandartig flachen Aesten (P. complanatum Sw. und besonders P. flaccidum Wall.) sich entwickeln. Wurzeln fehlen demselben; sie werden durch wurzelartige, unterirdische Sprosse ersetzt, welche sich von echten Wurzeln durch den Mangel der Wurzelhaube unterscheiden, ausserdem noch winzige, nur unter dem Mikro- skope erkennbare Blattrudimente besitzen, welche aus 2—5 Zellen in der den jungen Blattanlagen charakteristischen Anordnung bestehen und nicht über die Sprossoberfläche vorragen. An näher unter der Bodenoberfläche hinlaufenden Sprossen sind solche Blattrudimente als winzige, weissliche Schüppchen schon unter der Lupe 'sichtbar, und derartige Sprosse entwickeln sich auch, wenn sie über die Bodenoberfläche gelangen, zu normalen oberirdischen Zweigen. Sämmt- liche Sprosse, über deren anatomischen Bau Russow’s Angaben (Vgl. Untersuch. S. 131, 132) nachgelesen werden mögen, wachsen mit einer grossen, tetraödrischen Scheitelzelle. Die sehr zerstreut stehenden sterilen Blätter sind äusserst klein, lanzettlich-schuppenförmig und ohne Gefässbündel, während die fertilen Blätter der oberen Zweigregion bis zur Hälfte oder tiefer gabelig-zweispaltig sind, respective als ein winziges, ein Sporangium tragendes Aestchen mit zwei Tragblättern er- scheinen. Das verhältnissmässig grosse Sporangium ist normal dreiköpfig und drei- fächerig, in seltenen Fällen auch wohl sehr regelmässig zwei- und selbst einfächerig; es springt im ersteren Falle dreiklappig-fachspaltig auf und in seiner mehrschich- tigen, mit einer derben Epidermis versehenen Wand zeigt sich jede Rissstelle schon vorher durch 2—5 genau in einem mittleren Meridiane der Fachaussenwand verlaufende Reihen niedrigerer, etwas einspringender, schmälerer Zellen an. Die in der Axe auseinander reissenden, aus dünnwandigem Parenchym gebildeten Scheidewände bleiben auf der Mittellinie der Klappen sitzen. Die Sporen sind bilateral. Nach der von Juränyi zuerst mitgetheilten Entwickelungsgeschichte des Sporangiums (vgl. Note auf S. 626) soll dasselbe wie eine Astpapille am Vegetations- kegel entstehen, auch wie diese mit einer Scheitelzelle wachsen und einen Gefäss- bündelzweig des Muttersprosses aufnehmen, der jedoch die halbe Sporangiumhöhe nicht überschreitet. Jeder Zipfel des sogenannten zweispaltigen Tragblattes soll ferner als ein selbständiges Blatt ziemlich tief unter der Spitze der Sporangiumanlage entstehen und zwar sollen beide nicht gleichzeitig und nicht in gleicher Höhe auftreten; sie sollen sich ferner beim weiteren raschen Wachsthum an ihren Rän- Lyceopodiaeeae: Psilotum. Tmesipteris. — Isoötaceae. 639 dern berühren und sich vereinigend das zweispaltige Tragblatt darstellen. Was die weitere Ausbildung der Sporangiumanlage betrifft, so soll die Scheitelzelle ihre Function einstellen, sollen die centralen Abschnitte der Segmente derselben den Cambialstrang für das Gefässbündel, die mittleren und äusseren die übrigen Gewebe des Sporangiums liefern, das bis zur Erreichung von Y/,—!/, seiner mitt- leren Höhe aus vollkommen gleich gestalteten und gleich grossen Zellen besteht. Dann soll eine Differenzirung des Gewebes ähnlich wie in den Antheren der Phanerogamen zur Bildung der drei Gruppen der Sporenmutterzellen, ihrer Scheide- wände und der gesammten Kapselwand führen. Strasburger bestätigt diese An- gaben mit Ausnahme des einen Punktes, wonach das Sporangium nicht mit Scheitelzelle wächst. Er fasst ferner mit Sachs das dreifächerige Sporangium als ein der ganzen Lycopodium-Aehre homologes Gebilde auf, das mit 2 Blättern be- ginnt, dessen übriger Theil aber auf drei zum Theil sogar schon in die Axe ein- gesenkte Sporangien („Sporocysten“ — die 3 Sporangienfächer) reducirt worden ist. Ich muss gestehen, dass eigene, allerdings wegen des spärlichen lebenden Ma- teriales sehr lückenhafte Untersuchungen, mich nicht zu einer solchen Ansicht führten. Wie ich bereits früher an anderer Stelle (Schenk u. Luerssen, Mittheil. I, 401) mittheilte, fand auch ich in Uebereinstimmung mit Strasburger keine Scheitelzelle am Sporangium; im Uebrigen aber sehe ich dasselbe als ein Product der Basis des schon weiter entwickelten Blattes, ganz in dem Sinne wie bei Lycopodium (S. 631), ferner dasselbe im jugendlichen Zustande (als schief halbkugeligen, eine Strecke oberhalb der Blattbasis stehenden Höcker) nicht aus einem Gewebe gleicher Zellen gebildet, wie Juränyi will, sondern von einer in die Epidermis des Blattes verlaufenden Schicht von radial gestreckten Zellen überzogen, die (unter voran- gehender Längstheilung über’s Kreuz) durch Tangentialwände innere Zellen ab- scheiden. Später sehe ich das Sporangium kugelig und kurz und dick gestielt und dann durch stärkere Zellvermehrung an drei Seiten dasselbe dreiköpfig werden. Genug, die von mir gesehenen Entwickelungsstadien erinnern theils an Lycopodium, theils an die Marattiaceen, in Betreff der Fachbildung ganz an Marattia (S. 578). Die Keimung der Sporen ist unbekannt; wiederholt von mir gemachte Aussaaten waren ohne Resultat. 4. Tmesipteris Bernh. schliesst sich Psilotum nahe an und die einzige, in Neuholland und Neuseeland heimische Art wird auch wohl mit letzterer Gattung vereinigt (T. truncata Bernh. = Psilotum truncatum RBr.). Die selten über 30 Centim. hohe, meist kleinere Pflanze besitzt eine (einfache?) Wurzel, einen stets einfachen Stengel und gut entwickelte, locker bis ziemlich dicht spiralig gestellte, lineal-lanzettliche, einnervige, am Ende gestutzte und plötzlich stachel- spitzig vorgezogene sterile Blätter. Die fertilen Blätter sind in zwei den sterilen ähnliche Hälften gespalten, auf deren gemeinsamer stielartiger Basis das stiellose, grosse, parallel der Blattaxe gestreckte, von beiden Seiten zusammengedrückte, in der Mitte etwas eingeschnürte und an beiden Enden schwach hornartig vorgezogene, durch eine Querwand zweifächerige Sporangium sitzt, dessen Fächer sich durch einen gemeinsamen, parallel der Längsaxe über den Scheitel verlaufenden Spalt zweiklappig öffnen. Sporen bilateral. Die Deutung, welche Strasburger auch hier dem Sporangium analog jenem von Psilotum giebt, bedarf der Bestätigung durch die Entwickelungsgeschichte. ll. Reihe. Heterospore Lycopodineen (8. 625). 353. Ordnung. Iso&taceae (S. 625). 234. Familie. Isoötaceae.! Die kleine, nur die eine Gattung Isoötes enthaltende Familie ist über die ganze Erde verbreitet, entfaltet ihren grössten Artenreichthum jedoch in den ! Mohl, Ueber den Bau des Stammes von Isoetes lacustris; dessen Verm. botan. Schriften S. 122. — Hofmeister, Die Entwickelungsgeschichte der Isoetes lacustris. Abhandl. d. sächs. Akad. d. Wissensch. IV. 123. Taf. 2—16. — Bruch- mann, Ueber Anlage und Wachsthum der Wurzeln von Lycopodium und Iso6tes,. 640 Isoötaceae: Stamm. Dickenwachsthum. Mittelmeerländern, in welchen auch alle drei Gruppen der Gattung, die Wasser-, Land- und amphibischen Isoöten vertreten sind. Sämmtliche Mitglieder zeichnen sich durch ihren eigenthümlichen, binsenartigen Habitus aus (Fig. 177 A). Der knollenartig gestauchte bis kuchen- oder scheibenförmige, ganz oder grossentheils unterirdische, äusserst langsam wachsende Stamm ist bei allen Arten der Länge nach von 2 oder 3 auf der Unterseite desselben sich vereinigenden Furchen durch- zogen, welche ihm im Querschnitte eine mit zunehmendem Alter immer schärfer ausgesprochene 2- oder 3-lappige Gestalt geben; ausnahmsweise kommen bei 2-lap- pigen Arten wohl 3, bei 3-lappigen 4 Lappen vor. Internodien lassen sich eben so wenig unterscheiden, als eine Verzweigung beobachtet wird. Entgegengesetzt der früheren Angabe Hofmeister’s betonen alle neueren Untersucher das Fehlen der Stammscheitelzelle, wie denn überhaupt keines der Organe von Isoötes eine Scheitelzelle besitzt. Der kleine Vegetationskegel, welcher die Mitte eines flachen, von den Blättern der oberen Stammregion besetzten Trichters einnimmt, lässt nach Hegelmaier mehr oder weniger gesonderte Systeme von Meristem erkennen, von denen jedoch die äusserste, den Scheitel bedeckende Lage von Theilungszellen nicht die Bedeutung eines Dermatogens beanspruchen kann, da aus ihr die Blatt- anlagen hervorgehen. Der den Stamm axil durchziehende, marklose Fibrovasalstrang ist nach Ansicht von Sachs u. A. kein stammeigener, sondern wird durch Vereini- gung der unteren Enden der Blattspurstränge sympodial aufgebaut; ebenso besteht der basale kuchenförmige Xylemkörper nach Sachs wohl nur aus den dicht ge- drängten Anfängen der Wurzelstränge. Nach Hegelmaier reichen dagegen die Initialen des Pleroms, welches in die Bildung des Holzkörpers aufgeht, bis unmit- telbar zur Scheitelschicht der Vegetationsspitze. Nach ihm ist der centrale Holz- körper daher von mindestens so frühzeitiger, ja noch etwas früherer Anlage, als die Blattspurstränge, also wohl ein stammeigener. In seiner anatomischen Zusam- mensetzung ist der axile Fibrovasalstrang durch das Ueberwiegen des Xylems aus- gezeichnet, welches nach Hegelmaier das Umwandlungsprodukt des gesammten Pleroms ist; eine Scheidung des letzteren in Xylem und Phlo@öm tritt bei Isoötes, soweit die directe Beobachtung reicht, überhaupt nicht ein, wenn man nicht als das Aequivalent eines Phloöms eine einfache oder doppelte Schicht parenchyma- tös geformter Zellen betrachten will, welche an der Peripherie des Holzes sich erhalten, ohne gefässartige Verdickungen abzulagern. Die den Holzkörper zu- nächst umlagernde mantelförmige Schicht eigenthümlicher tafelförmiger, heller, zartwandiger, inhaltsarmer Dauerzellen, welche Russow als Phloöm betrachtet, haben eine vom gleichnamigen Gewebe der meisten Phanerogamen abweichende Herkunft, insofern sie nicht mit dem Xylem gleichzeitig aus dem Plerom hervor- gehen. An sie grenzt nämlich nach aussen ein Mantel gleich tafelförmiger, aber plasmareicher Meristemzellen, welche sich bis wenig über die jüngste Blattanlage bis in unmittelbare Nähe des Stammscheitels verfolgen lassen und das dem Stamme von Isoötes eigene Dickenwachsthum vermitteln. Diese letzterwähnten Zellen er- zeugen fort und fort nach aussen neue Lagen der dicken, vorzüglich die Lappen des Stammes bildenden Rinde, welche die durch allmähliche Verwitterung verloren gehenden äusseren Rindenpartien von innen her ersetzen. Dieselben Meristem- zellen erzeugen aber auch gleichzeitig, wenngleich in viel geringerer Ausdehnung, das den Holzkörper umgebende phloämartige Dauergewebe, das nach Hegelmaier’s Beobachtungen sogar eine eigenthümliche Schichtung derart zeigt, dass auf 3—5 Lagen inhaltsloser Zellen in radialer Richtung je eine Lage Zellen mit feinkör- niger Stärke als Inhalt folgt. Ob diese Schichtung Jahreslagen repräsentirt, lässt sich bis jetzt höchstens vermuthen; der Zahl nach entsprechen die Schichten unge- fähr dem übrigens schwer zu bestimmenden Alter des Stammes. Nach Russow und Hegelmaier werden in Ausnahmefällen selbst isolirte Xylemgruppen von dem Meristeme gebildet, welche von dem centralen Xylemkörper durch die erwähnten Jenaische Zeitschr. f. Naturw. VIII. 522. Taf. 22—24. — Hegelmaier, Zur Kenntniss einiger Lycopodinen. Bot. Zeit. 1874. S. 481. — Tehistiakoff, Notice preliminaire sur l’histoire du developpement des sporanges et des spores de l’Isoetes Duriaei Bory. Nuovo giorn. bot. ital. V. 207. — Millardet, Le prothallium male des eryptogames vasculaires. Strassburg 1869. — Al. Braun, Zwei deutsche Isoötes-Arten. Verhandl. d. bot. Ver. f. d. Prov. Brandenburg 1862. Ueber die Isoötes-Arten der Insel Sardinien. Monatsber. d. Berlin. Akad. 1863. S. 554. Isoätaceae: Diekenwachsthum. Wurzeln. Blätter. 641 Dauerzellen getrennt sind und mit Blattspursträngen nicht in Verbindung stehen. Der betreffende Meristemmantel kann also am besten dem ähnlichen Meristeme jener baumartigen Liliaceen (Dracaena, Yucca, Alo& etc.) verglichen werden, welche sich abweichend von allen anderen Monocotylen auch durch ein lange andauerndes Dickenwachsthum auszeichnen, nicht (wie häufig geschieht) dem Cambium der Gymnospermen und Dicotylen, das jährlich nach innen Xylem, nach aussen Phloöm erzeugt. Die in ziemlich bedeutender Zahl in acropetaler Anordnung erzeugten Wur- zeln treten in den Furchen des Stammes hervor. Sie zeigen an ihrer Spitze von Anfang an drei gesonderte Histogene, von denen das Calyptro-Dermatogen sowohl Epidermis als Wurzelhaube erzeugt. Ferner ist den Wurzeln eine echte, wie bei Lycopodium vom Plerom eingeleitete Dichotomie eigen. Die kurze Strecke unter dem Stammscheitel zur Anlage kommenden Blätter sind je nach dem Alter in geringerer oder grösserer Zahl vorhanden, die an kräftigen Stöcken von I. lacustris bis zu 70 betragen kann. Sie stehen dicht gedrängt in Spirallinie mit Divergen- zen von °/, °/ıs, °/sı etc. und treten an jeder Pflanze in drei Formenkreisen auf: Blätter mit Makrosporangien bilden den ersten (äusseren) Theil der Jahresgenera- tion, solche mit Mikrosporangien den zweiten, weiter nach innen stehenden, un- fruchtbare Blätter vermitteln den Uebergang von einem Jahrescyclus zum anderen. Während die fertilen Blätter sich im Uebrigen nicht weiter unterscheiden und in ungefähr gleicher Zahl (die Mikrosporangien tragenden bilden die grössere Hälfte) entwickelt werden, weichen die in geringerer Anzahl erzeugten sterilen Grenz- blätter mehr oder minder von ersteren ab.. Bei den im Wasser wachsenden Arten mit ununterbrochener Vegetationsperiode (z. B. I. lacustris in Fig. 177) giebt sich die Abweichung ausser in dem Mangel des Sporangiums nur durch geringere Länge des Blattes und Verkürzung des Scheidentheiles kund. Bei den landbewohnenden Arten mit lange unterbrochener Vegetation, besonders bei I. Hytrix und I. Duriaei, verschwindet die Blattspitze fast ganz, der fast allein vorhandene Scheidentheil erhärtet zu einer anfänglich weissen, später glänzend schwarzbraun gefärbten Schuppe von knorpelartiger Consistenz und die Blätter erscheinen als wahre Nieder- blätter (Phylladen), bestimmt, den Vegetationspunkt mit den jüngeren Blattanlagen während der lange dauernden trockenen Jahresperiode zu schützen. Etwas weniger, doch immer noch auffällig genug entwickelt sind die Niederblätter bei I. Tegu- lensis und I. baetica. Die fertilen Blätter lassen unter der pfriemenförmigen Spreite stets eine schuppenartige, dreieckig-eiförmige Scheide (vagina) erkennen; sämmtliche Blatt- scheiden veranlassen in Folge der starken Wölbung ihres Rückens (Fig. 177 C, D) das zwiebelartige Aussehen der Blattbüschelbasis.. Die flache oder leicht concave Bauchseite der Scheide zeigt eine länglichrunde Grube (fovea), in welcher das Sporangium sitzt (Fig. 177 B—D). Die Ränder dieser Grube sind entweder stumpf und abgerundet (I. Malinverniana) oder scharf vorspringend (I. setacea), oder sie erweitern sich allseitig zu einer dünnen Haut, dem Segel (velum), welches sich mehr oder minder weit über das Sporangium fortzieht und dieses deckt, bei I. lacustris ungefähr schon ein Drittel der Grube (Fig. 177 B—D), bei I. velata die Hälfte oder noch mehr, bei I. tenuissima u. a. A. fast die ganze Grube schliesst, was endlich bei I. Duriaei und I. Hystrix vollständig eintritt, so dass bei diesen eine geschlossene Höhle gebildet wird, an deren unterem Ende man die Stelle des Verschlusses nur noch undeutlich als ein mikropyleartiges Grübchen erkennt. Auf dem oberen Theile der Blattscheide, mitten über der grossen, das Sporangium ber- genden Grube befindet sich in Form eines engen Querspaltes ein kleineres Grüb- chen (foveola), aus dem ein zartes, häutiges Blättchen, die Zunge (lingula) hervor- ragt, deren unterer, angeschwollener, gegen das Blattgewebe sich deutlich absetzen- der Theil als Zungenfuss (glossopodium) bezeichnet wird (Fig 177 B und G, )). Der untere Rand des Grübchens stellt deutlich eine aufwärts anliegende Gewebe- platte, Lippe (labium — Fig. 177 C) dar, während der obere Rand sich ohne scharfe Grenze in die Blattfläche verliert. Das zwischen Grube und Grübchen liegende, beide trennende Blattgewebe wird Sattel (sella) genannt. In der Syste- matik der Isoöten spielen alle diese Theile der Blattscheide durch wechselnde Form, Grössenverhältnisse ete. eine oft bedeutsame Rolle. Ausserdem werden an der Blattscheide noch unterschieden: der Hof (area), eine die Fovea umziehende, wegen des hier liegenden schwammigen, stark lufthaltigen Blattparenchymes weiss- Luerssen, Mediein.-pharm. Botanik. 41 642 Isoetaceae. Fig. 177. Isoötes lacustris Dur. A Pflanze in nat. Gr. B Basis des fructificirenden Blattes von der Innenfläche gesehen, vergr. © Medianer Längsschnitt der fructifieirenden Blattbasis, vergr. D Quer- schnitt der Basis eines fructifieirenden Blattes, vergr. E Weibliches Prothallium im Längsschnitte, vier Wochen nach der Aussaat; Vergr. 40. F, @ Mikrospore in Antheridienbildung (#F von der Seite, @ von der Bauchseite gesehen und ohne Exospor gezeichnet; « die Rücken-, b die Bauchzellen des Antheri- diums, v rudimentäres männliches Prothallium). A, J Mikrosporen in Spermatozoidenbildung begriffen (H von der Bauchseite, J von der Seite ohne Exospor gezeichnet). A—M Allmähliche Ausbildung eines Spermatozoides. N Reifes Spermat®zoid. sp Sporangium, Ligula.. Z nach Hofmeister, F—N nach Millardet (in Sachs’ Lehrb. d. Botan). Vergr. von F—L 580, M und N 700. Isoötaceae: Blätter. Sporangium. 643 lich erscheinende Zone — und der den dünnhäutigen Saum der Scheide bildende Flügelrand (margo membranaceus). Bei den amphibischen, besonders aber den landbewohnenden Isoöten treten ferner während des weiteren Wachsthumes des Blattes eigenthümliche, mit der Differenzirung besonderer Gewebetheile zusammen- hängende, hier nicht weiter zu verfolgende Veränderungen in der Blattscheide ein (vgl. Al. Braun, Monatsber. d. Berl. Akad. 1863. S. 576 u. £.), die schliesslich zur Bildung des sogenannten Blattfusses (phyllopodium) führen, welcher nach dem Ab- lösen aller weicheren Theile der Blattscheide als ein erhärtetes, schwarzes Gerüst allein stehen bleibt und erst spät mit dem Abstossungsprocesse der betreffenden Rindentheile des Stammes von diesem entfernt wird. Was den Bau der pfriemenförmigen Blattspreite anbelangt, so finden wir die- selbe zunächst vom oberen Rande des Hofes aus bis zur Spitze von 4, zu 2 und 2 vor einander liegenden, von Strecke zu Strecke durch Diaphragmen unterbrochenen Luftcanälen durchzogen, die bei den Wasser bewohnenden Arten am stärksten, bei den Land-Isoöten am schwächsten entwickelt sind und zwischen denen in der Axe des Blattes der schwache Fibrovasalstrang desselben verläuft. Die Epider- mis der Wasser-Isoöten besitzt mit seltenen Ausnahmen (I. Malinverniana, 1. tenuissima etc.) keine Spaltöffnungen, die den amphibischen und landbewohnenden Arten nie fehlen und stets über den Luftcanälen liegen. Bei den Spaltöffnungen führenden Isoöten finden sich ferner unter der Epidermis Bündel bastfaserartiger Zellen von kreisrundem bis plattenförmigem Querschnitte; 4 oder 6 dieser hypo- dermalen Faserbündel liegen als Hauptbündel an bestimmten Stellen, andere schwache Nebenbündel treten bis zu 28 zwischen ihnen auf. Das Sporangium der Isoöten entwickelt sich stets einzeln in der Grube der Blattscheide. Seine Gesammtanlage lässt sich eben so wenig, wie diejenige seiner Sporenmutterzellen, auf eine einzige Zelle der Blattbasis zurückführen, wie Hofmeister angiebt. Vielmehr wird nach den Untersuchungen Tchistiakoff’s und Hegelmaier’s auch hier, wie bei den übrigen Lycopodineen, den Marattiaceen und Equiseten, eine Gewebegruppe der Ausgangspunkt der Sporangien-Entwickelung. Nach Hegelmaier „sondern sich gleich bei der ersten Anlegung der Blätter derma- togenartige, sich wenigstens in der Norm nicht mehr der Fläche parallel theilende Aussenzellen von den Mutterzellen des inneren Blattgewebes. Doch nimmt die Ligula (lingula Al. Braun’s) ihren Ursprung von Zellen der Oberfläche nahe über der Basis des Blattes; sie wird bekanntlich sehr frühzeitig angelegt. Die Art ihrer Entwickelung habe ich im Wesentlichen mit Hofmeister übereinstimmend gefunden; die Zellen, aus welchen sie erwächst, theilen sich durch quere ab- wechselnd mit zur Fläche senkrechten Wänden und endlich solchen, welche, der Fläche parallel, das der ersten Anlage nach einschichtige Gebilde in seinem grössten Theile zweischichtig machen; diese letzteren Theilungen beginnen in der Mitte und schreiten von hier gegen Basis und Spitze vor. Die intercalar wach- sende, von ihrer Epidermisschicht bedeckte basale Partie des Blattes, welche später den Sporensack trägt, ist flach und in medianen Längsschnitten wenigstens 5—6 Zellen lang, ehe sich an ihr charakteristische Veränderungen erkennen lassen. Nun beginnt die unter der Epidermis liegende Schicht von Zellen, welche sich besonders dicht mit stark lichtbrechendem Protoplasma gefüllt hat, sich beträcht- lich in der Richtung des Diekendurchmessers des Blattes zu strecken; zwischen ihr und der schon als ein Strang sehr zarter Zellen erkennbaren Anlage des Fibro- vasalbündels liegen noch einige Schichten von Meristem, welche sich noch in der Richtung der Dicke vermehren. Die Anlage des Sporenbehälters erscheint demzu- folge bei Isoötes in ihren ersten erkennbaren Anfängen schon viel mehr ins Innere des Blattes aufgenommen, als bei den verwandten Gattungen, zu welchen sich in dieser Hinsicht, wenn ein entfernter Vergleich erlaubt ist, Isoötes etwa in ähnlicher Weise verhält, wie den vorhandenen Nachrichten zufolge die Ophio- glosseen (S. 507) zu den Marattiaceen (S. 578). Die oberflächliche Zellenschicht des jungen Blattes, aus deren Verdoppelung da, wo sie den Sporenbehälter deckt, dessen Wandung sich entwickelt, scheidet nicht wie bei Lycopodium (8. 631) durch tangentiale Theilung die ersten Mutterzellen des Innengewebes ab, sondern diese sind, wofern man nicht auf die allerersten Zellen des Blattes zurückgehen will, schon von den Mutterzellen der Wandung gesondert. Während durch die erwähnte Zellen- streckung sich die Gegend des werdenden Sporensackes leicht wölbt, nimmt jetzt an der Streckung auch die nächstunterliegende Zellenlage Antheil, weiterhin in 41* 644 Isoötaceae: Sporangium. Sporen. Prothallium. geringerem Grade eine dritte; da und dort erscheinen auch in einzelneh der ge- streckten Zellen, zumal der zunächst unter der Oberfläche liegenden Schicht, ein- zelne tangentiale Theilungen, welche allmählich zahlreicher werden und mit sol- chen in anderen Richtungen, namentlich auch schief zum Längs- und Querdurch- messer verlaufenden abwechseln. In den vorgerücktesten Jugendzuständen war die auf diese Weise sich entwickelnde Sporensack-Protuberanz mit breitester Basis auf dem Blatte aufsitzend; ihrer Ueberwucherung durch die Anlage des Velum geht stets voraus die Bildung des sogenannten Labium; des die Basis der Ligula von unten her umsäumenden Vorsprunges.“ Auf weiter vorgeschrittener Entwickelungsstufe sondert sich das Innengewebe des jungen Sporangiums in Gruppen von Sporenmutterzellen und zwischen diesen stehen bleibende Gewebeplatten, welche, von der Bauch- zur Rückenseite aus- gespannt (Fig. 177 C,D), als sogenannte Trabeculae das Sporangium in eine An- zahl von unter einander in Verbindung bleibenden Kammern theilen. Die reifen Makro- und Mikrosporangien sind einander äusserlich ziemlich gleiche, etwa eiförmige, weisse Kapseln mit mehrschichtiger Wand, durch deren Verwesung erst die Sporen befreit werden; die reifen Makrosporangien erscheinen” durch das An- drängen der Makrosporen an die Wand mit etwas höckeriger Oberfläche, die Mikrosporangien durch viele kleine, längliche, den Ansatzstellen der Trabeculae entsprechende Vertiefungen punktirt oder fast labyrinthartig gezeichnet. Specifische Unterschiede treten an den Sporangien kaum hervor. Ebenso sind die Mikro- sporen einförmiger gebaut und bei allen Arten fast gleich gross.” Ihre Form geht am besten aus den Figuren 177 F und H (von der hier bereits stattgefun- denen Antheridienbildung abgesehen) hervor; im Querschnitte sind sie dreikantig mit stark gewölbtem Rücken. Ihre Oberfläche ist glatt oder nur unmerklich punktirt bei I. lacustris, I. echinospora, mit feinen Höckerchen bis kleinen, abge- stutzten Stachelchen besetzt bei I. Duriaei, I. Hystrix, länger und dichter, ‚be- stachelt bei. I. velata, längs des Rückens und der Seiten (in Folge theilweiser oder gänzlicher blasig-höckeriger Auflockerung der Aussenhaut) kammartig geflügelt bei I. adspersa u. a. A. Grössere, für die Systematik verwendbare Verschiedenheiten zeigen die kugeltetraödrischen, zwischen 0,34 — 0,92 Millim. im Durchmesser schwankenden, meist mattweissen oder weissgrauen, selten braunen!oder schwarz- grauen Makrosporen auch bezüglich der Exosporverdickungen, sowohl der schwächer oder stärker bis fast flügelartig vortretenden Leisten auf den Pyramiden- kanten und an der Grenze zwischen Basalfläche und Scheitelflächen, als auch der auf den Flächen selbst auftretenden sehr verschieden grossen und gestalteten Höcker, Warzen und netzig anastomosirenden Vorsprüngen. Bei der im Frühjahre erfolgenden Keimung der Mikrospore von I. lacustris wird nach Millardet von dem einen Ende derselben durch eine feste Querwand eine kleine sterile Zelle (Fig. 177 F—J, v) abgeschnitten, die das rudimentäre männliche Prothallium darstellt. Die grosse, den Hauptinhalt der Spore führende Zelle zerfällt darauf in vier hautlose Primordialzellen, 'von denen zwei bauchständig (Fig. 177 F u. G: b), zwei rückenständig (Fig. 177 F u. G: a) sind und von denen die bauchständigen je zwei Spermatozoiden- Mutterzellen erzeugen (Fig. 177 H, J). Die Entwickelung der Spermatozoiden erfolgt in ganz ähnlicher Weise, wie bei den Farnen ($. 541), für die also im Allgemeinen auch die hier mitgetheilten Figuren 177 K—M als Illustration gelten können. Das Spermatozoid selbst aber unterscheidet sich wesentlich dadurch, dass beide zugespitzte Enden einen Pinsel langer Cilien tragen (Fig. 177 N), von denen diejenigen des einen Endes zuerst gebildet werden. Die Bewegung der durch Aufreissen des Mikro- sporen-Exospors frei werdenden Spermatozoiden dauert nur etwa 5 Minuten. Die Bildung des weiblichen Prothalliums beginnt nach Hofmeister we- nige Wochen nach dem Freiwerden der Makrospore aus dem Sporangium mit der Bildung hautloser, primordialer Zellen aus dem Sporenplasma, die wahrscheinlich in der Scheitelwölbung des Sporenraumes zuerst anhebt (vgl. Marsiliaceen, S. 606 — Salviniaceen, S. 595 u. 599 — sowie die folgenden Selaginelleen). Erst wenn die ganze Spore von ihnen erfüllt ist, erhalten sie feste Zellhäute und dann ver- schmelzen sie zu dem fast kugeligen, die Spore vollständig ausfüllenden Prothal- lium, dessen Scheitel aus kleineren Zellen gebildet wird (Fig. 177 E). Während dieser Zeit nimmt das Endosporium an Dicke zu; es lässt mehrere Schichten und in der Flächenansicht feine Körnelung erkennen. Wird durch den Druck des sein Isoötaceae: Prothallium. Embryo. Systematik. 645 Volumen noch etwas vergrössernden Prothalliums der Makrosporenscheitel in seinen Kanten dreilappig gesprengt, so bedeckt das Endosporium anfänglich noch den vortretenden Theil des Vorkeimes, dann aber quillt es und blättert allmählich ab. Das weibliche Prothallium bleibt ganz im Exosporium der Spore eingeschlossen. Sein erstes Archegonium entsteht genau auf seinem Scheitel (Fig. 177 E) und erst wenn dieses unbefruchtet bleibt, entwickeln sich weitere (bis 8) in absteigender Folge. Die Entstehung der Archegonien entspricht genau derjenigen der Farne (S. 543) und übrigen Gefässkryptogamen; von ihrem aus 3—4 Stockwerken be- stehenden Halse tritt nur das oberste über die Prothalliumfläche vor. Die Entwickelung des Embryo wurde nur von Hofmeister ausführlich ge- geben, doch bedürfen dessen Angaben vielfach noch weiterer Bestätigung und, nach den wenigen von Bruchmann gemachten Andeutungen, der Berichtigung. Die erste Wand ist nach beiden Beobachtern eine auf die Archegonaxe fast senk- recht gerichtete Horizontalwand (wie bei Selaginella — vgl. diese), die den Em- bryo in eine obere und untere, dann zunächst in Quadranten zerfallende Hälfte zerlegt. Die obere, dem Archegoniumhalse zugekehrte, stärker wachsende Hälfte des mehrzelligen Embryo wird nach Bruchmann zum Cotyledo. „Die andere, untere, wächst nur schwach dem Inneren der Spore zu; sie bildet den hypocotylen Theil des Keimes. Alle diese Theile liegen in der Richtung seiner primären Axe, die am hypocotylen Keimtheile mit der Stelle abschliesst, wo die erste Wurzel ihre spätere Entstehung findet. Auf diesem Entwickelungszustande hat der Embryo die grösste Aehnlichkeit mit einem monocotylen Keime und als solcher steht er auch mit seinem einen Keimblatte den dicotylen Selaginellen (vgl. Fig. 180, 181) scharf gegenüber. Der cotyle und hypocotyle Keimtheil werden schon sehr frühe durch das Hervortreten des Ligulargebildes (in Gestalt einer sich trichomartig hervorwölbenden Zelle) gegen einander abgegrenzt. Unter der Basis der Ligula findet der Vegetationskegel seine Entstehung. Schon früher tritt aus der primären Axe an der dem zukünftigen Stammscheitel entgegengesetzten Seite der Fuss hervor. Derselbe ist auch hier weiter nichts, als eine seitliche Protuberanz, ent- standen aus der Auftreibung dieses Stammtheiles durch Vergrösserung und theil- weise auch unregelmässige Theilung seiner Zellen (vgl. Selaginella und Fig. 181). Es ist dieses eben nur ein Auswuchs dieses Theiles der Axe, der dem Keime die ausserhalb desselben aufgespeicherten Nährstoffe zuführt. Das Hervortreten des Fusses hat eine leichte Verschiebung des hypocotylen Cauloms gegen den coty- lischen Phyllom zur Folge. Von dem Wachsthume des Cotyledo durch eine Scheitelzelle konnte ich nichts bemerken; sein Wachsthum schliesst an das der späteren Blätter an. Obgleich er das schwächste aller späteren Blätter ist, so übertrifft er doch in seiner Länge den hypocotylen Keimtheil um ein Vielfaches, tritt aus dem Archegonium nach aussen hervor, ergrünt und ist befähigt, dem Keime die erste selbständige Nahrung zu bereiten. Der Cotyledo schwillt oft nicht unbedeutend unmittelbar über seiner Basis, dicht über der Ligula, an. Dieses im Vereine mit der vorhin erwähnten Verschiebung des Cotyledo gegen das hypoco- tyle Glied verursacht eine Einbuchtung an der Grenze beider, die der jungen Pflanze eine noch grössere Aehnlichkeit mit einem monocotylen Keime verleiht. In dieser Einbuchtung die von der Cotyledonarbasis scheidenartig umfasst wird, liegt der $tammsche tel und hier entsteht bald das erste Stengelblatt. Alles in- teressante Analogien mit dem Monocotylen. Ungefähr gleichzeitig mit der Ent- stehung des ersten Stengelblattes beginnt auch die Entwickelung der ersten Wurzel. Diese ist nicht, wie bei Selaginella, eine seitlich aus der Axe entstan- dene, sondern eine axile, oder eine Haupt- oder Pfahlwurzel im Sinne wie die der Phanerogamen, nur unterschieden von diesen durch ihre exogene Entstehung. Eingeleitet wird letztere durch eine tangentiale Theilung in der äussersten Zell- schicht des dem Stammscheitel gegenüber liegenden äussersten Keimendes, in der Nähe des Fusses, der bei seiner weiteren Ausbildung die sich entwickelnde Wurzel aus ihrer ursprünglichen Lage in der Richtung des Medianschnittes aller übrigen Organe verdrängt.“ (Vgl. die Embryoentwickelung von Selaginella.) Die von Al. Braun gegebene Eintheilung der Isoöten in drei Gruppen ist zur Zeit die natürlichste. Derselbe unterscheidet: 1. Wasser-Isoöten (aquaticae). Blätter mit geräumigen Luftcanälen, deren Aussenwand mit Einschluss der Oberhaut aus 2—3 Zellenlagen gebildet ist, ohne Spaltöffnungen, ohne hypodermale Faserbündel. Keine Blattfüsse. Segel unent- 646 Isoetaceae: Systematik. — Selaginelleae. wickelt oder entwickelt, im letzteren Falle das Sporangium unvollständig oder voll- ständig bedeckend. Hof breit, hinten zusammenhängend. Rücken der Blattscheide glatt. Keine Niederhlätter. Vegdtation der stets im Wasser untergetaucht wach- senden Pflanzen ununterbrochen. — In diese Abtheilung gehören die einzigen beiden deutschen Arten: I. lacustris Durieu. Blätter bis 15 Centim. lang, steif, dunkelgrün, nach oben weniger verschmälert. Makrosporen mit niedrigen, leistenartig verlänger- ten, gebogenen, hie und da anastomosirenden Höckern besetzt. Auf dem Grunde von Teichen und Seen mit sandigem, steinigem Boden; durch ganz Nord- und Mitteleuropa. I. echinospora Dwurieuw. Blätter etwa nur halb so lang, minder steif, freudig grün, durchscheinend, feiner zugespitzt. Makrosporen sehr dicht mit hohen, dünnen, sehr zerbrechlichen Stacheln besetzt. Auf dem Grunde von Seen und Teichen mit mehr weichem, schwarzem Boden. In Deutschland in den Schwarzwaldseen. 2. Amphibische Isoöten (amphibiae). Blätter mit geräumigen Luftcanälen, deren Aussenwand wie bei 1 beschaffen, mit Spaltöffnungen, ohne Ausnahme mit 6 hypodermalen Faserbündeln, denen sich noch schwächere Zwischenbündel zu- gesellen. Keine Blattfüsse. Segel wie bei 1. Hof breiter oder schmäler, hinten zusammenhängend. Rücken der Blattscheide glatt oder nur wenig rauh. Meist keine oder nur wenig entwickelte Niederblätter. Vegetation unterbrochen oder ununterbrochen, je nach dem Vorkommen an periodisch austrocknenden Orten oder in bleibendem Wasser. Hierher die südeuropäischen I. velata Al. Br., I. seta- cea Del., I. Boryana Durieu etc. 3. Land-Isoöten (terrestres). Blätter mit engen Lufthöhlen, deren Aussen- wand nur von der zahlreiche Spaltöffnungen führenden Oberhaut gebildet wird, meist nur mit 4 starken hypodermalen Faserbündeln. Blattfüsse vorhanden, ohne oder mit hornartigen Verlängerungen. Segel das Sporangium vollkommen deckend, geschlossen, am Grunde mit an der Bildung des Blattfusses theilnehmend. Hof schmal, nach hinten nicht zusammenhängend. Rücken der Blattscheide mit war- zigem, breitem Längsstreif. Schuppenförmige Niederblätter. Vegetation unter- brochen, Aufenthalt auf dem Lande an periodisch nassen oder auch stets trockenen Orten. Hierher von Südeuropäern nur I. Duriaei Bory und I. Hystrix Durieu. 34. Ordnung. Selaginelleae (S. 625). 235. Familie. Selaginelleae.! Die Gattung Selaginella Spring, die einzige der Familie und früher sogar mit Lycopodium vereinigt, bewohnt mit ihren über 200, grösstentheils schwierig zu unterscheidenden Arten, der zarten Structur derselben angemessen, fast aus- schliesslich die feuchten Waldgebiete der Tropen. Nur wenige und dann habituell auffallende Formen, wie z. B. S. rupestris, gedeihen an trockenen sonnigen, felsigen Standorten. Deutschland besitzt nur 2 Arten, zu denen sich für den Süden Europa’s noch 2 weitere gesellen. Die Zierlichkeit des gesammten Habitus hat die verschiedensten Arten längst zu bekannten Decorationspflanzen unserer- Glas- " Treub, Recherches sur les organes de la vegetation du Selaginella Mar- tensii. Musde botanique de Leide II. — Strasburger, Einige Bemerkungen über Lycopodiaceen. Bot. Zeit. 1873. S. 831. — Hegelmaier, Zur Kenntniss einiger Lycopodinen. Bot. Zeit. 1874. S. 513. — Russow, Vergl. Untersuch. S. 134. — Al. Braun, Ueber die Blattstellung u. Verzweigung der Lycopodiaceen, insbesondere der Gattung Selaginella. Verh. d. Bot. Ver. f. d. Prov. Brandenburg 1874. — Pfeffer, Die Entwickelung des Keimes der Gattung Selaginella. Botan. Abhandlungen, herausgegeb. v. Hanstein, I. — Millardet, Le prothallium male. Strassburg 1869. — Spring, Monographie (Note 1, S. 625). — Al. Braun, Ueber die Gattung Selaginella (Selaginellae articulatae). Monatsber. d. Berliner Akad. 1865. — Al. Braun et Bouch&, Selaginellarum quae in hortis aut coluntur, aut colebantur, nomenclator reformatus. Ann. d. sc. natur. ser. V. vol. X. 370. — Al. Braun, Index Seminum hort. botan. Berol. 1857, appendix p. 11; et 1859, appendix p. 21. Selaginella: Stengel. Verzweigung. Pseudo-Bulbillen. 647 häuser erhoben, trotzdem in der ganzen Formenreihe, von den kleinen lebermoos- artigen Gestalten einer S. apus angefangen, bis zu den schlingenden, oft 3 Meter hohen Riesen der S. Wildenowii, kein geräde auffallender Gestaltenwechsel herrscht. Der zierliche, dünne, oft sehr zerbrechliche, deutliche Internodien entwickelnde Stengel endet mit schlankem Vegetationskegel, der bei manchen Arten (8. spinu- losa, S. Pervillei, S. Lyalli, S. arborescens) ohne Scheitezelle, bei anderen (S. Mar- tensii, S. hortensis, S. serpens, S. viticulosa) mit einer solchen wächst; S. Wallichii besitzt nach Strasburger sogar zwei neben einander liegende, gleiche, keilförmige Scheitelzellen. Treub giebt von S. Martensii an, dass die Seitenzweige dieser Art zuerst keine Scheitelzelle haben, dann eine vierseitige Scheitelzelle erhalten, die später ohne Regel in eine zwei- oder dreiseitige (jedesmal im Grundriss ge- dacht) übergeht. Nach Pfeffer wächst der junge Embryo von S. Martensii mittelst einer zweischneidigen Scheitelzelle, die nach Anlage der beiden Keimblätter in eine vierseitige übergeführt wird, während die älteren Zweige*wieder mit zwei- schneidiger Scheitelzelle wachsen. Es finden also in dieser Gattung, bei welcher wir die Scheitelzelle in der Reihe der Pflanzengruppen zum letzten Male auftreten sehen, nicht unbeträchtliche Schwankungen im Scheitel- wachsthum der Axe statt, das sich nach Treub bei 8. Martensii selbst auf Unregelmässigkeiten in der Aufein- anderfolge der Segmente erstreckt. (Vgl. weiter S. 654.) Die Verzweigung des Stammscheitels ist bei S. Mar- tensii nach Treub eine monopodiale; nach den vorwiegen- den übrigen Angaben findet sie dagegen bei den unter- suchten Selaginellen mit Scheitelzelle, nach’Pfeffer auch bei S. Martensii, durch Gabelung statt. Hier wird nach letzterem Beobachter die Dichotomie dadurch eingeleitet, dass in einem der jüngeren Segmente des ‚Vegetations- kegels (in Fig. 178 im zweitjüngsten Segmente s°) durch eine gegen die ursprüngliche Scheitelzelle convexe, die grundsichtige Hauptwand des Segmentes schneidende Wand eine zweite Scheitelzelle gebildet wird (Fig. 178, v! in A und B). Dabei verbreitert sich der Scheitel Fig. 178. Selaginella Mar- tensii. Dichotomirender Vege- spatelförmig, auch die primäre Scheitelzelle erscheint seitlich gerückt, keine der beiden Scheitelzellen setzt aber das Wachsthum in der ursprünglichen Richtung fort, sondern beide wölben sich gleichmässig hervor und divergiren unter gleichen Graden von dem sie trennenden tationskegel, A im medianen Längsschnitte, B in der Schei- telansicht. Nach Pfeffer. Vergr. 310. v und vl Schei- telzellen. sI—s* Die jüngsten Segmente in ihrer Altersfolge. Segmentstücke, das rasch eine Anzahl radialer und tangen- tialer Theilungen erleidet und bald in eine Einbuchtung zwischen den wachsenden Gabelsprossen zu liegen kommt. Alle folgenden Gabe- lungen liegen in derselben Ebene; bei S. Martensii, wie bei vielen anderen Arten, wird aber die regelmässige Gabelung durch abwechselnd stärkere Entwickelung des einen Gabelzweiges in ein sympodiales, wickelartiges Zweigsystem übergeführt, dass sich oft in grösster Regelmässigkeit ausbildet und den betreffenden Sprossen das Aussehen mehrfach gefiederter Blätter ertheilt. Dazu kommt bei diesen Arten noch die eigenthümliche Blattstellung, welche die schon im Vegetationskegel aus- gesprochene, in der Ausbildung der Gabelzweige stärker ausgeprägte Bilateralität der Pflanze noch mehr erhöht. Bei S. bulbillifera kommen eigenthümlich metamorphosirte Zweige vor, die als Pseudo-Bulbillen bezeichnet werden können und an den Enden fadenförmig gestreckter aber auch gewöhnlicher Aeste entstehen. Das Rinden- parenchym und die Blattbasen schwellen hier zwiebelig an und füllen sich mit Stärke; der kleine, über der Anschwellung liegende Axentheil ist bereits gegabelt und die Gabelungen haben kaum die ersten Blätter angelegt. In diesem Zustande verharren die sehr an die Winterknospen von Lycopodium clavatum (S. 628) er- innernden, mit dem Absterben der diesjährigen Stengel frei werdenden Bulbillen während des Winters, um im nächsten Frühjahre ihre Entwickelung aus dem Axentheile fortzusetzen. Bemerkenswerth sind ferner als abnorm gestaltete Zweige die bei 8. pentagona beobachteten, von einer Dipteren-Larve bewohnten spindel- ” 648 Selaginella: Gallen. Wurzelträger. Wurzeln. Adventivsprosse. Blätter. förmigen, in einen kurzen Stiel verschmälerten Gallen, die sich durch tetra&- drische Scheitelzelle, vor allem aber dadurch auszeichnen, dass sie 6 Zeilen gleicheckig ausgebildeter Blätter in alternirenden 3-gliederigen Wirteln tragen, welche Stellung in der Gattung sonst nie, ‘weder normal noch abnorm beobachtet wurde. Eigenthümlich metamorphosirte, blattlose Zweige sind dann die Wurzel- träger einer Anzahl von Selaginellen, welche bald auf der Oberseite, bald auf der Unterseite, bald auf beiden Seiten des Stengels entspringen. Bei S. Martensii entstehen sie zu zweien an jeder Gabelung, der eine Wurzelträger, welcher ge- wöhnlich rudimentär bleibt, auf der Oberseite, der andere, sich mächtig entwickelnde auf der Unterseite des Stengels. In allen Fällen werden die Wurzelträger exogen schon in der Nähe des Vegetationskegels, wahrscheinlich gleichzeitig mit den Gabelsprossen angelegt. Sie besitzen zunächst eine zweischneidige Scheitelzelle, gabeln sich, wachsen aber bald nur noch intercalar, während die Enden an- schwellen und in der Anschwellung die Anlage einer echten Wurzel ausbilden. Diese durchbricht aber das Gewebe des Wurzelträgers erst dann, wenn letzterer in Folge ergiebigen intercalaren Wachsthumes in den Boden eingedrungen ist, wo dann die Zellen der die Wurzel bergenden Enden desorganisirt werden und zu Schleim zerfliessen. Pfeffer hat bei S. laevigata, S. Martensii und S. inaequalifolia die Umwandlung solcher Wurzelträger in beblätterte Sprosse beobachtet, welche nach einigen abnormen Blättern normale Blattpaare erzeugten und in einzelnen Fällen ohne voraufgehende Verzweigung mit einem Sporangienstande abschlossen, in anderen Fällen aber gabelten (in einer Ebene wie die Zweige, oder in sich kreuzenden Ebenen, wie die Wurzeln) und an allen oder einzelnen Sprossen Sporangien entwickelten. Adventivsprosse, welche sich zu neuen Pflänzchen ausbilden, entstehen nach Hofmeister dann, wenn Stengelstücke auf lockerem Boden feucht und warm gehalten werden. Sie treten endogen in den Winkeln auf, welche die in die Blätter sich abzweigenden Gefässbündel mit den Gefässbündeln des Stengels bilden, und durchbrechen später die Rinde des letzteren. Bei den keine Wurzelträger besitzenden Selaginellen werden die Wurzeln vom normalen Zweige erzeust. Sämmtliche Wurzeln aber wachsen mittelst einer Scheitelzelle, über deren Gestalt Zweifel herrschen, die aber nach Treub bei S. Martensii tetraädrisch ist. Sie stellt ihre Thätigkeit später ganz ein. Die Gabelungen der Wurzeln, welche rasch auf einander folgen und daher am Ende der Mutterwurzel dicht gedrängt auftreten, kreuzen einander. Die Blätter sind bei sämmtlichen Selaginellen klein, sitzend, einfach und einnervig. Nur wenige Arten zeigen complicirtere Blattstellungen, während solche bei den Lycopodien die gewöhnlichen sind (8. 630). $. rupestris zeigt an den vegetativen Sprossen °/,; oder °/,, Stellung, in den Aehren dagegen das gewöhn- liche vierzeilige Verhalten; S. spinulosa besitzt dagegen an allen Theilen com- plicirte Spiralstellungen oder complicirte Abwechselung von Quirlen und bewegt sich dabei in einem nicht minder weiten Spielraume, wie manche Lycopodien. Bei den meisten Arten sind aber die Blätter in sich schief kreuzenden, 2-gliederigen Wirteln geordnet und zwar so, dass jeder Wirtel ein kleines und ein grosses Blatt besitzt, und dass bei geneigtem oder niederliegendem Stengel die beiden Reihen der kleineren Blätter auf die Oberseite fallen und nach der Mitte derselben zu- sammengerückt sind (Oberblätter; „Mittelblätter‘“ Spring’s), die beiden Reihen der grösseren» und anders gestalteten Blätter dagegen auf der Unterseite und mehr nach den Seiten dieser ausgebreitet stehen (Unterblätter; Spring’s „‚Seitenblätter“). Bei manchen Arten dieser Selaginellae heterophyllae Spring’s sind die Blätter aller 4 Reihen an den unteren, aufrechten Stengeltheilen oder an klein- blätterigen, ober- oder unterirdisch kriechenden Ausläufern von gleicher Gestalt und Grösse; nur bei wenigen Arten, wie 8. uliginosa und 8. sanguinolenta, findet dieses an der ganzen Pflanze statt (Selaginellae homoeophyllae Spring). In den Sporangienähren sind auch bei den ungleichblätterigen Arten die Blätter meistens wieder gleich gestaltet und von gleicher Grösse (Selaginellae hetero- phyllae tetragonostachyae Spring); in einzelnen Fällen kehrt sich aber in den Aehren das Verhältniss um, indem dieselben 2 Reihen oberer grösserer und 2 Reihen unterer kleinerer Blätter besitzen (Selaginellae platystachyae re- supinatae Spring). Sämmtliche Blätter der Selaginellen entwickeln an der Basis ihrer Oberseite eine häutige, mehr oder minder kräftig ausgebildete, gewöhnlich aber frühzeitig Selaginella: Ligula. Bau des Blattes und des Stengels. 649 wieder verloren gehende Ligula. An den fruchtbaren Blättern entsteht sie, im Gegensatze zu Isoötes (S. 643), erst nach Anlage des Sporangiums. Ihr Wachs- thum erfolgt auch unter etwas anderen Erscheinungen, wie bei letztgenannter Gattung, nämlich durch alternirend schiefe Wände in einer marginalen Zellreihe, intercalare Vermehrung der Zellen der so-entstandenen Doppelschicht durch auf der Fläche senkrechte Quer- und Längswände und später auch Vermehrung der Schichten an der Basis durch Theilungen parallel der Fläche. Jedenfalls aber zeigen nach Hegelmaier Isoetes und Selaginella in Bezug auf die Basis der Ligula einen gemeinsamen anatomischen Charakter, eine Einrichtung, welche wohl mit dem frühen Untergange dieser Gebilde zusammenhängt und den Nutzen haben dürfte, das Gewebe des übrigen Blattes nach Verlust der Ligula gegen zerstörende äussere Einflüsse sicher zu stellen. Der im Blattgewebe haftende Grundtheil der Ligula, das Glossopodium, welches bei Isoötes stärker entwickelt und tiefer einge- senkt ist, wird durch eine Art Schutzscheidenbildung von dem übrigen Blattge- webe abgegrenzt, indem die ihm unmittelbar anliegende Schicht des Blattgewebes sich zu einer einfachen Lage tafelförmiger Zellen mit wellig gebuchteten Seiten- wänden gestaltet und in ihren sämmtlichen Membranen leicht verholzt. Der anatomische Bau des Blattes zeigt in Bezug auf Form und Grösse der Epidermiszellen und der unter ihnen gelegenen Parenchymzellen, Vertheilung der Spaltöffnungen etc. vielerlei Verschiedenheiten, die sich in manchen Fällen vielleicht systematisch verwerthen liessen und daher noch weiterer Untersuchung werth sind, als dieses schon von Russow geschehen ist. Ausgezeichnet sind die Parenchymzellen durch ihre wenigen (2—3) aber sehr grossen Chlorophyllkörner. Segmentfolge in der Scheitelzelle und Entstehungsort der Blattanlagen stehen in keiner Beziehung zu einander, wie dies schon aus dem Falle hervorgeht, in wel- chem nach Treub trotz aller Veränderungen in Scheitelzelle und Segmentirung die Blätter dennoch in decussirten Paaren auftreten. Bei der Anlage des Blattes wölben sich nach Pfeffer bei der S. Martensii zwei opponirte Zonen von Zellen, jede etwa ein Viertel des Stengelumfanges einnehmend, nach aussen und werden dann in jeder Zelle durch eine schiefe Wand getheilt. Die so entstehende Schei- telzellreihe arbeitet darauf durch abwechselnd nach aussen und innen geneigte Wände weiter, während durch zu diesen senkrechte Theilungen die Zahl der Blattscheitelzellen vermehrt wird. (Vgl. weiter S. 650 die Blattentwickelung von S. spinulosa ohne Scheitelzelle im Vegetationskegel.) Eine grosse Zahl von Selaginellen (S. Martensii, S. helvetica, S. rupestris, S. pubescens, vielleicht die meisten Arten) zeigt im Stengel ein axiles, band- oder plattenförmiges Gefässbündel, dessen Flächen in Beziehung auf den Boden nach oben und unten gekehrt sind. Das kleine, den Mittelnerven des Blattes bildende Bündel legt sich dem Seitenrande des Stammbündels an, bei den heterophyllen Arten so, dass die Stränge des entsprechenden Zeilenpaares, also je eines Mittel- und Seitenblattes, an den entsprechenden Rand treten, bei S. rupestris mit viel- zeiligen Blättern so, dass die Bündel mehrerer Blattzeilen sich dem Rande an- legen. S. Kraussiana, S. Galeottii und andere Arten aus der Gruppe der Selagi- nellae articulatae haben 2 neben der Mittellinie je einer Blatt-Doppelzeile ver- laufende Stammstränge, von denen jeder die Blattstränge seiner Seite an seinem äusseren Rande aufnimmt. Andere Arten besitzen 3 mediane, 3 ein Dreieck bil- dende oder zahlreiche zerstreute Fibrovasalbündel. So zeigt S. inaequalifolia 3 mediane Stränge; S. Lyallii führt in den starken über den Boden tretenden Haupttrieben 10 oder 12, die im Querschnitte in 3 parallele, aequidistante Reihen auf eine ungefähr quadratische Fläche vertheilt sind, bei der Zahl 10 derart, dass je 3 rundliche zwei gegenüberliegende Seiten des Quadrates bilden, je ein quer- gestrecktes die Mitte der zwei anderen Seiten einnimmt, 2 andere rundliche in der Mitte des Quadrates liegen und mit den 2 quergestreckten eine vierzählige, den dreizähligen parallele Reihe bilden; andere Stellen desselben Sprosses zeigen an Stelle eines der quergestreckten 2 sich berührende runde, ohne Zweifel Thei- lungsproducte jener. Bei der mit vielzelligen, oleichgestalteten Blättern versehenen S. spinulosa ist ein einfacher axiler Strang von rundlichem Querschnitte vorhanden, dem sich die Blattbündel ringsum anlegen. — Die stammeigenen, im procambialen Zustande bis über die Anlage der jüngsten Blätter hinaus verfolgbaren Fibrovasal- bündel sind concentrisch und ähnlich wie bei den Farnen gebaut. Das Grundge- webe besitzt keine der gewöhnlichen kleinen Intercellularräume; dafür ist aber & 650 Selaginella: Sporangien und deren Entwickelung. jeder Fibrovasalstrang allseitig von einem weiten Luftgange umgeben, der von radialen Zellenreihen durchsetzt wird, welche die Verbindung zwischen der Phloöm- scheide des Stranges und der Aussenwand des Ganges herstellen. Die Sporangien sitzen bei sämmtlichen Selaginellen in der Achsel, resp. auf der Basis von Blättern, welche am Ende der fructificirenden Sprosse Aehren bilden. Letztere sind bei der Mehrzahl der Arten prismatisch - vierseitig, indem die gekielten Tragblätter in rechtwinkelig gekreuzten Paaren stehen; die Tragblätter selbst sind fast durchweg von anderer Gestalt, wie die Laubblätter und mit Aus- nahme der schon erwähnten Selaginellae platystachyae resupinatae (S. 648) unter einander von gleicher Form und Grösse. Das Verhältniss der Makrosporangien zu den Mikrosporangien derselben Fruchtähre wechselt. Manchmal ist nur ein einziges Makrosporangium in der Achsel eines der untersten Blätter vorhanden (Selaginellae articulatae); in anderen Fällen finden sich mehrere Makrosporangien im unteren Aehrentheile gleichmässig ringsum gestellt oder sehr häufig einseitig über einander, so dass die gegenüberliegende Seite nur Mikrosporangien trägt; bisweilen kommen bei einzelnen Arten in manchen Aehren auch gar keine Makrosporangien zur Ent- wickelung. Die völlig reifen Makrosporangien sind schon mit unbewaffnetem Auge als solche zu erkennen: sie sind grösser als die Mikrosporangien und dreiköpfig mit flachem oder selbst etwas vertieftem Scheitel, da von ihren vier grossen, tetra- edrisch gelagerten Makrosporen die drei oben liegenden die Wände des Sporangiums nach drei Seiten hin mehr oder minder stark ausbauchen, während die vierte im Grunde des Sporangiums über dem Stiele desselben liegt. In seltenen Fällen sind nur 2 oder auch mehr als 4 (8) Makrosporen im Sporangium vorhanden. Dem entgegen sind die zahlreiche kleine Mikrosporen enthaltenden Mikrosporangien mehr oder weniger eiförmig bis ellipsoidisch, etwas kleiner und durch die vor- herrschend röthlichbraune Farbe der Mikrosporen röthlich gefärbt, während die Makrosporangien gewöhnlich eine mehr gelbbraune bis schmutzig weissbraune Färbung zeigen. Die Mikrosporen sind gewöhnlich kleinwarzig oder kleinstachelig, die Makrosporen netzig gerunzelt oder mit kammartigen Verdickungsleisten ver- sehen, beide kugeltetraädrisch. Der kurze, dicke Stiel der beidertei Sporangien ist vielzellig, die Sporangienwand zweischichtig; die Zellen der inneren Wand- schicht sind äusserst flach tafelförmig und zartwandig, die der äusseren gross und mit derben Wänden versehen. Bei der Reife öffnen sich die Sporangien durch einen über den Scheitel laufenden Riss. In Bezug auf den Ort der Sporangiumanlage machte zuerst Strasburger auf die belangreiche Erscheinung aufmerksam, dass zwischen den verschiedenen Arten der Gattung eine Abstufung der Art bemerkbar ist, dass bei den meisten Sela- ginellen das Sporangium über dem Blatte aus der Axe angelegt wird, in der kleinen Gruppe der homomorphen Selaginellen (S. rupestris, S. spinulosa) dagegen dasselbe in der Blattachsel in einer Stellung auftritt, in welcher es in jeder Be- ziehung an die Sporangiumanlage von Lycopodium Selago (S. 631) erinnert. Hegel- maier glaubt nach seinen an S. spinulosa gemachten Untersuchungen, welche die- jenigen Strasburger’s bestätigen, noch einen Schritt weitergehen und zeigen zu können, dass den Vorgängen der Entwickelung gemäss sich das Sporangium dieser Art als ein Theil des zugehörigen Blattes auffassen lässt, sofern seine erste Entstehung nichts als eine Ausdehnung der Emergenz darstellt, welche das Blatt anlegt. Die Sprossen von $S. spinulosa besitzen nämlich eine abgerundet kuppen- förmige Vegetationsspitze und „diese ist mit einer sehr scharf abgegrenzten der- matogenähnlichen Lage von Zellen, die sich durchaus nur durch Scheidewände senkrecht zur Oberfläche theilen, bedeckt. Die unterliegenden, die Initialen des ganzen Innengewebes des Stengels darstellenden Meristemmassen zeigen dagegen keine deutliche Schichtenbildung und überhaupt keine erkennbare Ordnung. Thei- lungen in der Oberflächenschicht parallel der Oberfläche erfolgen erst da, wo die jüngste Blattanlage sich entwickelt. Die hier in einer kleinen Zellengruppe er- folgenden Spaltüngen trennen Innenzellen von Aussenzellen ab, von denen die ersteren sich reihenweise weiter abtheilen, während die letzteren sich nur in der Flächenrichtung vermehren und die Oberhaut des Blattes aufbauen. Die Blätter werden somit nur von der den Scheitel überziehenden Zellenlage entwickelt. Kurz nachdem nun ein Blatt unter den angegebenen Wachsthumsvorgängen eine kleine Protuberanz zu bilden angefangen hat, greift derselbe Wachsthumsprocess, der seine erste Anlegung begleitete, etwas nach aufwärts über das Gebiet des ur- Selaginella: Sporangien-Entwickelung. Antheridium. 651 sprünglichen Blatthöckers hinaus und auf die zunächst an seinen oberen Umfang grenzenden Aussenzellen der Scheitelkuppe über; auch sie theilen sich unter leichter Vortreibung in Aussen- und Innenzellen ab, und so finden sich an der sich eben als sanfter Höcker erhebenden Sporensackanlage bereits die nur in be- stimmten Richtungen theilungsfähigeu Mutterzellen der Wandung von den sich in allen Raumrichtungen vermehrenden des Innengewebes differenzirt.“ Dass diese Trennung bei den Selaginellen schon sehr frühzeitig vollzogen ist, ist auch aus den Untersuchungen Strasburger’s bekannt; ebenso geht aus den Untersuchungen der Mangel einer Centralzelle für das Sporen -Mutterzellgewebe hervor. Das sich über der Blattanlage aus der oberflächlich gelegenen Zellschicht der Axe allein entwickelnde Sporangium zeigt dieselbe Art der Anlage. Auch hier streckt sich eine kleine Gruppe von Zellen zunächst radial und theilt ihre Zellen durch Tan- gentialwände; auch hier wird schon durch die erste Theilung die Wand von dem Innengewebe geschieden. Mit der weiteren Entwickelung des jugendlichen, bald als halbkugeliger Höcker erscheinenden, später in Folge stärkeren Wachthumes des oberen Theiles zu einer kurz und dick gestielten Kugel sich gestaltenden Sporangiums tritt in dieser sich durch Radialtheilungen vergrössernden Wand nur einmal noch eine Tangentialtheilung der Zellen ein, welche zur Anlage der zwei Wandschichten führt, von denen sich die äussere an dem künftigen Stiele des Sporangiumis epidermisartig hinabzieht, die innere in die mehrfachen Schichten des Stielinneren sich fortsetzt. Dies geschieht etwa zur Zeit, da das Sporangium sich an seiner Basis zum Stiel zu verengen beginnt, und wo die Innenzellen des- selben bereits reich mit Plasma gefüllt sind. Anfänglich sind beide Wandschichten gleich, dann aber werden die Zellen der äusseren höher, die der inneren flacher. Die äussere, an die innere Wandschicht grenzende Zellenlage hat sich gleichzeitig der letzteren parallel geordnet; ihre Zellen beginnen sich etwas radial zu strecken und betheiligen sich nicht an der Sporenbildung, stellen vielmehr die eigenthüm- liche „Grenzschicht“ dar, die sich später (oft erst nach Reife der Sporen) wieder auflöst und die bisher stets als ein Bestandtheil der Wand angesehen wurde. Bis dahin verhalten sich alle Sporangien gleich. Während nun in den Mikrosporangien die innerhalb der sterilen Grenzschicht liegenden Sporenmutterzellen sämmtlich in bekannter Weise die Tetraden der Mikrosporen erzeugen, welche bis zur Reife ihre charakteristische Lage behalten, entwickelt sich in jedem Makrosporangium eine Mutterzelle zu bedeutenderer Grösse und bildet die vier tetraädrisch. ge- legenen Makrosporen aus, während die übrigen, sich nicht theilenden, oft noch lange Zeit neben den jungen Sporen sichtbaren Mutterzellen später resorbirt werden. Wie bei Isoötes (S. 644; Fig. 177 F, v), so wird auch bei Selaginella in der zur Bildung des Antheridiums sich anschickenden Mikrospore durch eine derbe Wand eine kleine, linsenförmige, sterile Zelle als rudimentäres männliches Pro- thallium abgeschnitten (Fig. 179 A—F, v). Wie aus der in Figur 179 A gezeich- neten Mikrospore von S. Martensii hervorgeht, bei welcher das aus drei verschieden lichtbrechenden Lamellen bestehende Exosporium durch Behandlung mit verdünn- ter Chromsäure durchsichtig gemacht (wie in den Figuren B—F völlig gelöst) wurde, liegt diese Zelle in einer der Ecken, welche durch Zusammentreffen zweier Ringkanten und einer Scheitelkante der kugeltetraödrischen Spore gebildet werden. Die andere grosse, die sterile Zelle dem Volumen nach um mehr als das Hundert- fache übertreffende Zelle ist das Antheridium, in dem wir parallel mit der Wand der sterilen Zelle zwei Primordialzellen liegen sehen (Fig. 179 A—C und zwar B= A um W° aus der Papierfläche gedreht). Weiterhin erscheint die obere Antheridienzelle der Länge nach (Fig. 179 c) und noch später jede dieser Zellen durch eine kugelschalige Grenzlinie getheilt (Fig. 179 A, B, D), so dass das An- theridium aus 6 hautlosen Primordialzellen besteht, deren Zahl in anderen Fällen auch nur 4, im Maximum 11 beträgt. Diese Theilungen finden noch innerhalb des Sporangiums statt; die sterile Zelle ist nach Pfeffer schon sichtbar, wenn die Mikrospore noch nicht drei Viertel ihrer definitiven Grösse erreicht hat. Nach Mil- lardet ist die Anordnung der Primordialzellen der Mikrospore von 8. Kraussiana eine etwas andere. Ferner sollen nach diesem Beobachter die Spermatozoiden- Mutterzellen bei genannter Art nur aus zwei inneren Primordialzellen hervorgehen, die während ihrer Theilung die übrigen verdrängen, respective resorbiren. Pfeffer giebt dagegen für S. Martensii und S. caulescens gleiche succedane Theilung aller 6532 Selaginella: Antheridium. Weibliches Prothallium. Primordialzellen nach Aussaat der Sporen an (Fig. 179 D—F). In den Angaben bezüglich der Bildung der Spermatozoiden stimmen beide Forscher überein. Die Spermatozoiden-Mutterzellen trennen sich unter Abrundung von einander und um- hüllen sich mit einer festen Membran, nachdem der Zellkern verschwunden ist und ein oder einige Stärkekörnchen gebildet worden sind. Die Differenzirung des Spermatozoids aus dem wandständig werdenden Plasma erfolgt im Wesentlichen wie bei den Farnen, Isoötes (Fig. 177) etc., doch zeichnet sich das Spermatozoid durch nur zwei Cilien an seinem spitzen Vorder- ende aus (Fig. 179 G). Noch wäh- rend der Entwickelung der Samen- körper reisst das Exosporium in seinen Scheitelkanten, später zum Zwecke der Entleerung der reifen Spermatozoiden-Mutterzellen auch das schon vorgestülpte Exospo- rium. Die Entwickelung des weib- lichen Prothalliums beginnt völlig endogen schon in der noch nicht reifen Makrospore. Bei S. pilifera sieht man nach Pfeffer in Sporen, die kaum ein Viertel ihrer endlichen Grösse erreicht haben, der inneren Sporenhaut eine sehr dicke Schicht von Pro- toplasma aufgelagert, die einen inneren, wasserhellen Inhalt mit grossem Zellkern umschliesst. Unterhalb des Sporenscheitels, dem Wandprotoplasma angelagert, doch nicht scharf von ihm ge- schieden, sammelt sich nun eine meniskenförmige Schicht von Pro- toplasma, welche das Licht allem Anscheine nach schwächer als jenes bricht. Aus dieser Plasma- ansammlung geht ohne Zweifel in ähnlicher Weise wie bei Mar- silia (S. 606) und mehr noch bei Salvinia (S. 595) das Prothal- lium hervor, das schon bevor die Makrospore das Sporangium ver- Fig. 179. Selaginella caulescens Spr. und $. Martensii lässt, den Scheitel derselben als Spring. A—F Mikrosporen in verschiedenen Stadien der ein meniskenförmiges Gewebe aus- Antheridienbildung. Vergr. 650. @ Spermatozoid. Vergr. 1400. ‘füllt und bei S. Martensii um H Axiler Längsschnitt einer Makrospore 6 Wochen nach diese Zeit.in der Mitte aus drei der Aussaat, aber vor dem Aufspringen. Vergr. 165. v Ru- Zellschichten besteht, die nach ea re en ® In Pro- den Rändern hin auf eine Zellen- allıum mit x rchegoniıen. en ndosperm. & XOSPO- > ® rium. Ale Figuren nach Pfeffer. ; lage redueirt werden. Die dem plasmaerfüllten übrigen Sporen- raume angrenzenden Zellwände desselben sind ein wenig verdickt und schliessen gleichsam zu einem Diaphragma zusammen. Nach der Sporenaussaat vermehrt sich die Zellenzahl des Prothalliums (Fig. 179 H, p) durch wiederholte Radial- und Tangentialtheilung der -einzelnen Zellen und noch ehe 6—7 Wochen nach der Aussaat die Sporenhaut in Folge einer Volumenzunahme des Inhaltes in ihren Scheitelkanten gesprengt wird, be- ginnt bereits die Anlage einiger Archegonien, von denen das erste genau unter dem Sporenscheitel, also auf der höchsten Stelle des Prothalliums entsteht (Fig. 179, H). Ihre Entwickelungsgeschichte ist derjenigen anderer Gefässkryptogamen analog; hd Selaginella: Weibliches Prothallium. 653 Endosperm. ihr nur aus zwei Stockwerken bestehender Hals tritt in Folge sanfter Wölbung der Aussenwände der oberen Zellenetage nur wenig über die Prothalliumfläche hervor. ‘Das einen deutlichen Empfängniss- fleck zeigende Ei füllt die Central- zelle des geöffneten Archegoniums fast vollständig aus. Etwa 14 Tage vor dem Auf- springen der Spore und zur Zeit, wenn die erste Archegonien-Diffe- renzirung eintritt, beginnt in dem nicht zur Prothalliumbildung ver- wendeten Protoplasma ein Zellen- bildungsprocess, welcher einzig un- ter den Gefässkryptogamen bei Se- laginella beobachtet wird und diese Gattung den Phanerogamen um einen bedeutenden Schritt nahe bringt: die Entwickelung eines Endosperms. Zuerst bilden sich unter dem das Prothallium abgren- zenden Diaphragma im Protoplasma sphärische Ballen (Primordialzel- len), die sich dem Diaphragma anlegen und unter Umhüllung mit einer Cellulosemembran und An- nahme polyedrischer Gestalt (eine Folge des gegenseitigen Druckes) mit diesem in feste Verbindung treten (Fig. 179 H, end). Von der ersten dem Diaphragma aufgelager- ten Zellschicht aus rückt die Neu- bildung primodialer Zellen sowohl, als auch deren jedesmalige Um- hüllung mit fester Membran, in manchen Fällen an allen Punkten mit gleicher Geschwindigkeit nach der Basis der Spore hin vor (Fig. 179 H), so dass vor der völligen Ausfüllung dieser ein linsenförmiger Raum allein frei von Zellen ist. In anderen Fällen werden die Zel- len längs der Sporenwand schneller gebildet, so dass zunächst ein in- nerer Raum frei bleibt. Wenn die Spore sich öffnet, ist gewöhnlich schon die Hälfte des Sporenraumes unter dem Prothallium mit Endo- sperm erfüllt; von da ab findet aber der Process langsamer statt, so dass oft schon der Embryo in das Endosperm eingedrungen ist, wenn im Sporengrunde noch ein Raum vom Gewebe desselben frei ist, der in einzelnen Fällen auch wohl als solcher erhalten bleibt. Da ferner die dem Diaphragma zunächst liegenden Endosperm- Fig. 180. Selaginella Martensii. Embryo-Entwickelung, nach Pfeffer. A Längsschnitt durch Makrospore, Pro- thallium und Endosperm (Vergr. 165). B Embryo, der eben die Stammscheitelzelle angelegt hat (Vergr. 240). C Embryo, in dem neben der Stammscheitelzelle die Seheitelzellen der beiden Keimblätter differenzirt wurden (Vergr. ca. 300). D Weiter entwickelter Embryo (Vergr. 510). » Prothallium; « unbefruchtetes Archegonium; end En- dosperm, dem Prothallium gegenüber durch eine stär- kere Linie markirt; s Sporenhaut; e Embryoträger; v Stammscheitelzelle; b’ und d‘' Keimblattanlagen; w Ort der Wurzelanlage; f Fuss des Embryo. zellen Theilungen erfahren, während diese in den weiter entfernten nicht statt- finden oder auf ein Minimum beschränkt sind, so nehmen die Zellen nach der Sporenbasis hin an Grösse zu (Fig. 180 A, end). Dass aber das in Rede stehende Gewebe dem Endosperm der Phanerogamen aequivalent ist und daher seinen 654 \ Selaginella: Embryo. Namen mit Recht verdient, unterliegt keinem Zweifel und wird im 2. Bande weitere Bestätigung finden. Seine physiologische Bedeutung ist dieselbe, wie die des Pro- _ thalliums, nämlich die, dem sich entwickelnden Embryo Nährstoffe zuzuführen. Noch bedeutender aber, als in der Endospermbildung, ist der Anschluss der Selaginellen an die Phanerogamen in der Entwickelung des Embryo, dessen Haupt- theile wir schon mit den bei jener Gruppe gebräuchlichen Namen belegen können. Die genaue Kenntniss der interessanten Embryobildung verdanken wir der vor- züglichen Untersuchung Pfeffer’s. Das befruchtete, mit einer Membran umhüllte Ei theilt sich durch eine zur Archegonaxe senkrechte oder wenig geneigte Wand in zwei gleich grosse Zellen. Von diesen geht aus der oberen, dem Archegonium- halse zugekehrten in Folge bedeutender Streckung der schlauchförmige Embryo- träger hervor, der aber selten eine einfache Zelle bleibt, sondern meist im un- teren Theile einzelne oder zahlreiche, nicht regelmässige Theilungen erfährt (Fig. 180 A—D, e). Nur die untere Zelle ist die Mutterzelle des Embryo, die rasch durch Streckung des Embryoträgers unter Compression und Resorption der betref- fenden Zellen in das Endosporen geführt wird, in welchem sich der Embryo weiter entwickelt. Die ersten Theilungen in der Mut- terzelle treten aber schon vor der Streckung des Trägers auf. Durch zwei zur Längsaxe und gegen einander geneigte Wände werden in ihr zwei Seg- mente abgeschnitten; aus Jedem Segmente gehen ein Keimblatt und eine Hälfte des hypocotylen Gliedes hervor, aus dem älteren ausserdem Fuss und Wur- zel; zwischen beiden liegt die zweischneidige Schei- telzelle des Embryo (Fig. 180 B, v). Die ersten Theilungen sind in beiden Segmenten die gleichen, finden aber in dem älteren Segmente früher statt. Fig. 181. Selaginella.. Ein noch nicht aus der Spore hervorge- Das Segment zerfällt Zu brochener Embryo im medianen Längsschnitte, nach Pfeffer. Vergr. 165. erst durch eine zu den s Stammscheitel, db Cotyledonen, 2! Ligula, hy hypocotyles Glied, Hauptwänden senkrechte w Wurzel, f Fuss, e Embryoträger. Wand in 'zwei gleiche Längshälften, in welchen dann durch gleichsinnige Theilungen ein zweizelliger, der Seitenwand der Stamm- scheitelzelle angrenzender Complex abgetrennt wird. Dieser, die Anlage je eines Keimblattes (Fig. 180 C, b’ und b” im Längsschnitte), wird durch zwei Thei- lungen zu vier in einer Reihe parallel der Stammscheitelzelle angeordneten Zellen, und jetzt, oder nachdem die Zahl der Zellen in jeder Reihe auf 5—-6 vermehrt worden ist, tritt in den mittleren Zellen eine schiefe, gegen die Stammscheitel- zelle convexe Wand auf. Durch wechselnd auf- und abwärts geneigte Wände (Fig. 180 D, 2‘ und b‘, Längsschnitt) und Theilungen senkrecht zu diesen, durch welche die Zahl der marginalen Scheitelzellen vermehrt wird, wächst jedes Keim- blatt wie ein Stengelblatt (S. 649) weiter. Der übrige Theil jedes ersten Seg- mentes des Embryo zerfällt zunächst durch Längswände in 4 äussere und 2 innere Zellen. Die letzteren sind die Mutterzellen des Procambiums für den Fibrovasal- strang des Keimlinges, die sich zuerst durch quere, dann durch longitudinale Wände weiter theilen (Fig. 180 D und Fig. 181, der mittlere Zellenstrang). Von den das Procambium umgebenden äusseren, sich weiter theilenden Zellen des sich allmählich streckenden Embryo liefern in dem älteren primären Segmente die den Keimblättern nächsten die eine Hälfte vom Rindengewebe des hypocotylen Gliedes (Fig. 181 hg), die dem Embryoträger angrenzenden dienen der Wurzel u 0a a 2 * Inn ee - Be Selaginella: Embryo. Systematik. 655 als Bildungsstätte (Fig. 180 D, w; Fig. 181, w) und die zwischenliegenden Zellen bilden den Fuss (Fig. 181, fJ. Aus den entsprechenden Zellen des jüngeren Seg- mentes entsteht nur das Rindengewebe der anderen Hälfte des hypocotylen Gliedes. Die zum Fusse werdenden Zellen zerfallen durch Tangentialtheilungen der inneren Zellen in 3—4 Schichten und durch die allseitige gewaltige Ausdehnung dieser Zellen (Fig. 181, f) wird das sich selbst nicht krümmende hypocotyle Glied zur Seite gedrängt (vgl. Fig. 180 D mit Fig. 181); der Winkel, welchen die Längs- axe des Embryoträgers und des Embryo in Folge dessen mit einander bilden, wird nach und nach kleiner, endlich ein rechter oder gar ein spitzer, in den meisten Fällen ist aber die Verschiebung eine solche, dass alle Organe, auch die sich bildende Wurzel, eine gemeinsame Medianebene besitzen (Fig. 181). Die Wurzel entspringt aus den schon näher bezeichneten Zellen des älteren Segmentes der Embryo-Mutterzelle (Fig. 180 D, w). Aus oberflächlich gelegenen Zellen geht durch Tangentialtheilung die erste Wurzelhaubenkappe hervor, aus einer der nächst inneren Schicht angehörigen, zuvor durch nichts ausgezeichneten Zelle ent- steht durch entsprechend geneigte Wände die Scheitelzelle und aus einigen zwischen dieser und dem Cambium des hypocotylen Gliedes liegenden Zellen wird ein Verbindungs-Cambium gebildet (Fig. 181). Kehren wir noch einmal zur Stammscheitelzelle des jugendlichen Embryo zurück, so sehen wir, dass dieselbe gleich nach Anlage der beiden Keimblätter durch entsprechend gegen einander geneigte Wände in eine vierseitige Scheitel- zelle übergeführt wird, deren Segmente decussirt, nicht spiralig folgen. In dem 5. oder 6. Segmente wird durch eine gegen die erste Scheitelzelle convexe Wand eine zweite vierseitige Scheitelzelle formirt; eine die beiden Scheitelzellen schnei- dende Längsebene steht senkrecht auf der gemeinsamen Mediane der Keimblätter und der ursprünglichen zweischneidigen Scheitelzelle. Keine der beiden Scheitel- zellen setzt aber die ursprüngliche Wachsthumsrichtung fort; es ist die erste Dichotomie eingeleitet worden. Nach einigen Theilungen in beiden vierseitigen Scheitelzellen werden diese in nicht näher bekannter Weise in zweischneidige ver- wandelt, deren Seitenwände den Seitenwänden der primären Stammscheitelzelle parallel fallen; diese relative Lage wird aber später in Folge einer in den Inter- nodien der Gabelsprosse eintretenden Drehung verändert. Die ersten 3—4 Blätter der Gabelsprosse entspringen in ungleicher Höhe. Das erste Blatt ist ein Unter- blatt, das zweite ein dieses zu einem Paare ergänzendes Oberblatt; dann kommt wieder ein Unterblatt, auf welches entweder nochmals ein Oberblatt folgt oder sofort decussirte Blattpaare folgen. Alle Blätter sind übrigens so gestellt, dass die Medianebenen der Paare, respective der Unterblätter, rechtwinkelig zu einander stehen und die Winkel halbiren, welche grosse und kleine Axe des elliptischen Querschnittes mit einander bilden. Die Anlage aller Organe, die Gabelung des Stengels und die Ergrünung der Cotyledonen findet immer vor dem Hervorbrechen des Embryo statt, welcher zu allen Zeiten lose in dem die Spore erfüllenden Gewebe liegt. Das Hervortreten des Embryo nach rechts und links wird durch bedeutende Streckung des hypoco- tylen Gliedes und der Wurzel veranlasst. Erstes tritt zuerst nach Aussen, um darauf nach 2—3 Tagen die Cotyledonen zu entfalten. Diese sind fast kreisförmig, mit herzförmiger Basis sitzend und anders gestaltet, wie die Stengelblätter, von denen sie den Unterblättern noch am nächsten kommen; wie alle übrigen Blätter, besitzen auch sie eine Ligula. Der Fuss bleibt in dem Endosperm immer ein- geschlossen: er führt dem Embryo die in letzterem aufgespeicherten Reservestoffe (besonders Fett) zu; Stärke wird dabei nicht gebildet. Die beiden deutschen Selaginellen gehören zu den kleinsten Arten der Gat- tung und repräsentiren die beiden Hauptabtheilungen derselben, deren Gliederung hier folgt: I. Homotropae Al. Br. (Selaginellae homoeophyllae Spring). Blätter gleich gestaltet, allseitig abstehend. Habitus lycopodienartig. A. Polystichae Al. Br. Blätter vielreihig geordnet. 1. Cylindrostachyae Al.Br. Tragblätter der ceylindrischen Sporangien- ähren vielreihie. S. spinulosa Al. Br. 24. Stengel kriechend, bis 4 Centim. lang, ein- fach oder zerstreut beästet. Blätter breit eilanzettlich, zugespitzt, entfernt sägezähnig. Fruchttragender Zweig sammt Aehre ca. 8 Centim. 656 Selaginella: Systematik. — Fossile Lycopodineen. hoch, gelblich. Aehre 2 Centim. lang, sitzend, einzeln; Tragblätter blasser und fast doppelt so gross als die Stengelblätter, lang gezähnt. Auf Wiesen der höheren europäischen Gebirge; Sibirien, Nordamerika. Fructifieirt Sommer. 2. Tetragonostachyae Al. Br. Aehre 4seitig. S. rupestris Spring (Amerika, Afrika, Asien). B. Tetrastichae Al. Br. Blätter vierzeilig geordnet. S. sanguinolenta Spring (Nordasien). II. Dichotropae Al. Br. (Selaginellae heterophyllae Spring). Blätter von zweierlei Grösse und Form, 4zeilig, die 2 Reihen kleinerer Blätter auf der Oberseite des Stengels (Oberblätter), die 2 Reihen grösserer Unterblätter seitlich abstehend, die Zweige daher flach erscheinend. r h A. Continuae Al. Br. Stengel nicht gegliedert, Wurzeln auf der Unterseite entspringend. 1. Repentes Al. Br. Stengel unregelmässig kriechend, überall wurzelnd. S. helvetica Spring. 4. Unterblätter eilänglich, stumpflich. Ober- blätter .eiförmig. Aehre verlängert, fadenförmig, auf seitlichen, auf- rechten, locker beblätterten Aesten, einfach oder gabelig, die Trag- blätter etwas entfernt, eiförmig, zugespitzt. Auf Mauern, an Strassen, Gräben, Felsen, oft grosse Rasen bildend.. Am Fusse der Alpen, nord- wärts bis München. Fructificirt Sommer. S. denticulata Lk. Südeuropa. 2. Rosulatae Al. Br. Zweige des Stengels rosettenförmig ausgebreitet, meist nur an der Basis wurzelnd, beim Trocknen sich gewöhnlich spiralig einwärts rollend. S. involvens Spring (Ostasien). P 3. Caulescentes Al. Br. Stengel aufrecht, an der Basis wurzelnd, ober- oder unterirdische Ausläufer treibend, erst oben verzweigt, unten meist mit gleichgestalteten Blättern. S. caulescens Spring (Tropisches Asien). B. Articulatae Spring. Stengel unterhalb jedes Zweiges durch eine ge- lenkartige Anschwellung gegliedert. Wurzeln auf der Oberseite entspringend. S. Kraussiana Kze. (Afrika). Fossile Lyeopodineen.! Fossile Lycopodineen, von denen im Ganzen in 27 Gattungen etwa 270 Arten beschrieben worden sind, treten zum ersten Male im Devon auf, aus dem ausser einigen Arten von Lycopodites Brongn. namentlich das eigenthümliche, aber sehr zweifelhafte, habituell an Psilotum erinnernde Psilophyton Daws. zu er- wähnen ist. Ihre Hauptentwickelung erreicht die Gruppe im Carbon. Hier be- gegnen wir von kleineren Formen der Gattung Lycopodium, deren Arten bis zum Jura verfolgt werden, von grösseren vorzüglich den Gattungen Lepidoden- dron Sternb. und Sigillaria Drongn., beide als Typen der ausgestorbenen Fa- milien der Lepidodendreae und Sigillarieae betrachtet und offenbar den Selaginelleen am nächsten verwandt. Die Sigillarien oder Siegelbäume besassen auf kräftiger, weit verzweigter Wurzel, die lange Zeit unter dem Namen Stig- maria als eigene Pflanzengattung beschrieben wurde, schlanke, säulenförmige, 20—25 Meter hohe, 0,30—1,50 Meter dicke Stämme, welche nur im oberen Theile schwach verzweigt waren und mit ihren steifen, schilfartigen Blättern riesigen Besen gleich in die Luft ragten. Durch parallele, von der Wurzel bis zur Krone verlaufende Furchen, zwischen denen sich reihenweise stark vortretende, mit Siegel- abdrücken verglichene Blattnarben erheben, erhielt die Rinde ein sehr charakte- ristisches Aussehen. Kleine Wärzchen auf den Narben deuten den Austritt der Gefässbündel in das zugehörige Blatt an. Nach Form und Grösse der Blattnarben u. s. w. sind ca. 80 Arten von Stämmen unterschieden worden. Die Fruchtstände (Sigillariaestrobus Schimp.) waren grosse, gestielte, zapfenförmige, meist ceylin- drische Aehren mit zahlreichen Bracteen, auf deren Basis je ein Sporangium mit ! Schimper, Paleont. veget. II. — Schenk, Ueber Fruchtzustände der fos- silen Equisetineen. Bot. Zeit. 1876. S. 625. EFFETERRE Fossile Lycopodineen. 657 grossen (Makrosporen?) oder kleineren (Mikrosporen?) Sporen als Inhalt stand. Mit den Sigillarien bildeten die Arten der Gattung Lepidodendron (Schuppenbäume), von denen man 65 Stämme unterscheidet und deren Blätter als Lepidophyllum Brongn., deren Fruchtähren als Lepidostrobus Brongn. (33 Arten) beschrieben werden, den Hauptbestandtheil der Wälder zur Steinkohlenzeit, in denen die Cala- miten (S. 624) einen dritten Baumtypus vertraten. Auch ihre Wurzeln sind unter den Stigmarien vertreten. Ihre Stämme erreichten in manchen Arten bei 3,50 Meter Umfang eine Höhe bis über 30 Meter; sie waren ebenfalls wenig, aber sparrig- gabelig verzweigt und sind sammt den entblätterten Aesten mit zahlreichen, dicht stehenden, rhombischen bis elliptischen Blattpolstern wie mit Schuppen bedeckt, jedes Polster mit der Narbe des abgefallenen, meist linealischen und zugespitzten Blattes versehen. Die dicht stehenden Blätter gaben den schlankeren Aesten un- gefähr das Aussehen von Tannenzweigen. Die mächtigen, cylindrischen bis eiför- migen, manchmal an Nadelholzzapfen erinnernden (Lepidostrobus Dabadianus Schimp.) Aehren besitzen zahlreiche Bracteen, deren oberer steriler, oft nadelförmig verlängerter Theil gegen den unteren, das Sporangium tragenden, horizontal von der Aehrenaxe abstehenden knieförmig abgesetzt ist. Makro- und Mikrosporen werden hier deutlich unterschieden. Die anatomische Structur ist bei manchen gut conservirten Stämmen der Sigillarien wie Lepidodendren vorzüglich erhalten und zeigt viele schon an die Gymnospermen erinnernde Eigenthümlichkeiten, deren Be- ‚schreibung hier zu weit führen würde. Nur der eine Umstand mag erwähnt sein, dass bei den Lepidodendren ein beträchtliches Dickenwachsthum des Stammes nachgewiesen worden ist. In der Dyas gehören beide Gattungen schon zu den seltenen Erscheinungen, um von da ab nicht mehr aufzutreten. Aus der Familie der Isoöten sind 2 Arten im Miocen gefunden worden. Endlich gehört auch die früher zu den Equisetineen gerechnete, für die carbonische Periode charakteristische Gattung Sphenophyllum Brongn. zu den Lycopodinen, wenn auch der gegliederte Stengel der krautartigen Pflanzen, die wirtelige Stellung der keilförmigen, am Vorderrande gekerbten bis lappig eingeschnittenen Blätter zunächst an Equisetum erinnern mag. Die Sporangienähre zeigt nach Schenk ent- schiedenen Lycopodientypus, namentlich in der Stellung des einzelnen Sporangiums auf der Blattbasis.. Ebenso deutet der centrale Fibrovasalstrang gut erhaltener Sphenophyllum-Stengel nicht auf Equiseten, sondern auf Lycopodiaceen, der feinere anatomische Bau der Axe ebenfalls auf letztere Familie hin. Eine gleiche Ein- reihung in die Lycopodineen dürften nach neueren Untersuchungen endlich manche der als Asterophyllites beschriebenen angeblichen Equisetineen-Reste erfahren. Br e BEL a Fu aDN .* eu Bi Fre ar u; RR | ig 4 u : e Druck von Pöschel & Trepte in Leipzig I u B——W | © x e—m u ——_ & e——ın 5 — J Er E | — 5 So GEzZEE ji zus | H s——p 358 R pe = | m 0; u? je) 30< De soo © "Se [9] 90 \ a Yu——m xz3 °o3