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MEISTERWERKE IpER DEUTSCHEN GOLD || SCHMIEDEKUNST DER R VORGOTISCHEN ZEIT

VON JOS. BRAUN S. ).

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AJMMELBÄNDE ZUR GESCHICHTE DER ÜNST UND DES KUNSTGEWERBES

SAMMELBÄNDE ZUR GESCHICHTE DER KUNST UND DES KUNSTGEWERBES

herausgegeben von ADOLF FEULNER

BAND VIII

JOS. BRAUN S.J.: MEISTERWERKE DER

DEUTSCHEN GOLDS C HMIEDE KUNST

DER VORGOTISCHEN ZEIT

IL TEIL 12. und 13. JAHRHUNDERT

MEISTERWERKE DER DEUTSCHEN GOLD- SCHMIEDEKUNST DER YORGOTISCHEN ZEIT

IL TEIL

12. und 13. JAHRHUNDERT VON

JOS. BRAUN S. J.

MIT 116 ABBILDUNGEN

MÜNCHEN 1922

RIEHN & REUSCH . BUCH- UND KUNSTVERLAG

579131

4..S.54

Alle Rechte vorbehalten

Copyright by Riehri & Reusch, München

1922

ENTWICKLUNGSGANG DER DEUTSCHEN GOLDSCHMIEDEKUNST

IN VORGOTISCHER ZEIT

II.

Außerordentlich fruchtbar erwies sich die dritte, das 1 2. und die erste Hälfte des 1 5. Jahrhunderts umfassende Periode der deutschen Goldschmiede- kunst. Die Führung hatten nun die Kölner Meister und die Goldschmiede des Maasgebietes. In Norddeutschland waren wichtige Zentren des Goldschmiede- betriebes Fritzlar, Paderborn und Hildesheim. Von der Pflege, welche derselbe im Norden fand, legen beredtes Zeugnis ab eine Anzahl einzig dastehender Altarfrontalien und Altarretabeln, die sich teils an Ort und Stelle erhalten haben, teils sich heute im Nationalmuseum zu Kopenhagen und im Historischen Museum zu Stockholm befinden, bisher aber seitens der Kunstforschung noch nicht ge- nügend gewürdigt worden sind. Verhältnismäßig am wenigsten hat sich von den Goldschmiedearbeiten erhalten, die während der dritten Periode im Süden Deutschlands entstanden, woraus indessen nicht geschlossen werden kann, daß die Tätigkeit der Goldschmiede daselbst in jener Zeit nur eine bescheidene war.

Zu den Förderern der Goldschmiedekunst tritt im Lauf der dritten Periode das sich nun verselbständigende, kulturell immer mehr sich entwickelnde und erstarkende Bürgertum hinzu. Es sind nicht mehr bloß die Stifte und Klöster, Bischöfe, Äbte, Kapitel, Fürsten und Adelige, welche sich um ihre Pflege ver- dient machen, auch die städtischen Gemeinwesen und Bürger bringen ihr jetzt warmes Interesse entgegen und lassen manches Werk durch die kunst- fertigen Hände der Goldschmiede, die sich nunmehr zu Zünften zusammen- schließen, anfertigen.

Die Zahl der Goldschmiedearbeiten, die sich aus dem 12. und der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erhalten haben, ist, wenngleich nur ein Bruch- stück dessen, was damals geschaffen wurde, erfreulicherweise recht ansehn- lich. Nicht alle sind von gleichem künstlerischem Wert. Neben unscheinbaren Stücken, die jedoch immer durch ihre Techniken bemerkenswert und wichtig sind, gibt es zahlreiche Werke, die zum Hervorragendsten gehören, was das Mittelalter überhaupt an Goldschmiedearbeit geschaffen hat, wie das herrliche Emailretabel des Nikolaus von Verdun zu Klosterneuburg und die großen Reli-

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quienschreine, in denen sich ganz besonders die Entwicklung der Goldschmiede- kunst des dritten Zeitabschnittes, der Wandel, der mit ihr vorging und der ge- waltige Fortschritt, den sie machte, kundgibt. Sie bilden den Glanzpunkt der vorgotischen Goldschmiedekunst, sind der Inbegriff aller damals gebräuchlichen Techniken, zeigen das technische Können auf seinem Höhepunkt, sind der vollste Ausdruck zugleich des stilistischen Wechsels wie der künstlerischen Gesinnung der Zeit. Leider ist auch von ihnen nur ein Teil auf uns gekommen. So haben sich von den siebenzehn Kölner Prachtschreinen aus vorgotischer Zeit nur fünf erhalten und selbst von diesen fünf ist nur einer, der keine nennenswerte Be- schädigung erlitten hat, der Heribertusschrein zu Deutz. Alle übrigen, der Dreikönigenschrein des Domes nicht ausgenommen, sind mehr oder weniger minenhaft. Was sich sonst noch erhalten hat, besteht hauptsächlich aus Kel- chen, Patenen, Kreuzen, Reliquiaren, Triptychen, Tragaltären, Antependien, Retabeln und Buchdeckeln.

Mit dem 1 2. Jahrhundert beginnt in aller Hinsicht ein tiefgehender Wandel in den Schöpfungen der deutschen Goldschmiedekunst. Vor allem bezüglich des Materials. Gold und Silber waren nicht in einer Menge vorhanden, wie es dem gesteigerten Bedarf an Goldschmiedearbeiten für kirchliche Zwecke und der Nachfrage nach solchen entsprach. Auch Edelsteine und Perlen standen den Goldschmieden nur mehr in beschränktem Maß zur Verfügung. Lehr- reich ist in dieser Hinsicht die Mühe, die Abt Suger von St. Denis nach seiner eigenen Schilderung gegen Ende des zweiten Viertels des 12. Jahrhunderts sich gab, um die Edelsteine zu erlangen, deren er zu den von ihm geplanten Gold- schmiedearbeiten benötigte. Man hatte aber auch inzwischen gelernt, daß es in erster Linie nicht sowohl die Kostbarkeit des Materials ist, was einem Werk der Goldschmiedekunst seinen Wert verleiht, als vielmehr die in ihm verkör- perte künstlerische Arbeit, hatte gelernt, daß ein Stück aus einfacherem, ge- wöhnlichen Stoff infolge seiner künstlerischen Vollendung weit höher stehen kann als ein aus Gold gemachtes, mit Edelsteinen und Perlen bedecktes. So kam es denn, daß man sich nach einem leichter zu beschaffenden und doch wirkungsvollen Material und einem würdigen, unschwer herzustellenden Er- satz für Goldzellenschmelz, Edelsteine und Perlen umsah. Das Material fand man im vergoldeten Kupfer, den Ersatz des Goldzellenschmelzes, der Edel- steine und der Perlen im Grubenschmelz und Firnisbrand auf Kupfergrund. Gold spielt demgemäß bei den Goldschmiedearbeiten der dritten Periode nur eine verhältnismäßig geringe Rolle. Sogar beim Dreikönigenschrein ist es bloß an der vorderen Schmalseite, der Hauptseite, zur Anwendung gekommen. Des Silbers bediente man sich meist nur zu den figürlichen Treibarbeiten, doch

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bestehen selbst diese oft genug aus vergoldetem Kupferblech. Man darf den Wandel im Material als ein Glück bezeichnen, einmal weil er von einschnei- dender Bedeutung für die Einführung neuer Techniken, für die weitere Aus- bildung der vorhandenen und für die Steigerung der künstlerischen Qualität der Arbeiten war, dann aber auch, weil gerade ihm es zu verdanken ist, daß manche Schöpfungen der Goldschmiedekunst des 12. und 13. Jahrhunderts uns erhalten geblieben sind, die sonst wohl ebenfalls zugrunde gegangen wären. Vergoldetes Kupfer, Firnisbrand und Grubenschmelz waren ja nichts, was die Hab- und Raubgier zu reizen vermochte. Gegenstand der Begehrlichkeit waren Gold, Silber, Edelsteine und Perlen.

Der Wandel in technischer Beziehung zeigt sich vor allem im Ersatz des Goldzellenschmelzes durch Grubenschmelz auf Kupferunterlage, bei dem die Glasflüsse in Grübchen, die in die Unterlage eingeschnitten sind, eingeschmolzen werden. Er ist entweder reiner Grubenschmelz oder eine Verbindung von Grubenschmelz mit Zellenschmelz, also Grubenschmelz mit eingesetzten, von feinen Kupferstegen gebildeten Zellen. Die letztere Art, der sogenannte ge- mischte Schmelz erscheint fast nur bei geometrischer Musterung der Schmelz- plättchen angewandt. Der reine Grubenschmelz tritt in mehrfacher Abwand- lung auf. Bald ist bei ihm nur der Grund emailliert, das Ornament und das Figurenwerk aber aus dem vergoldeten Grund ausgespart und entweder nur graviert oder mit emaillierter Innenzeichnung versehen, bald ist umgekehrt bloß das Ornament und Figurenwerk in Schmelz gearbeitet, der Grund aber vergoldet, bald endlich alles, Grund wie Darstellung, in Email ausgeführt. Die glänzendsten und kunstvollsten Arbeiten der Grubenschmelztechnik bilden die mehrfarbigen, abgetönten Schmelzarbeiten, bei denen die verschiedenen Schmelzarbeiten ohne trennende Stege nebeneinandergestellt sind und inein- ander übergehen. Die hervorragendsten Leistungen dieser letztgenannten Gru- benschmelzart, für die namentlich die Kölner und Siegburger Schreine viele vorzügliche Beispiele aufweisen, sind die großartigen Prophetenfiguren am Heribertusschrein zu Deutz und die ihnen zum mindesten ebenbürtigen Engel- figuren am Mauritiusschrein in St. Pantaleon zu Köln.

Von dem Goldzellenschmelz des 10. und 1 1. Jahrhunderts, der seit dem 1 2. nur noch ausnahmsweise, wie z. B. an der vorderen Kopfseite des Kölner Domschreines zur Anwendung kam, unterscheidet sich der Grubenschmelz in allen seinen Abarten nicht nur durch seine Unterlage, sondern auch durch die Undurchsichtigkeit seiner Schmelzfarben. Während die durchsichtigen Glas- flüsse des ersteren den goldenen Emailgrund erkennen lassen und durch das Durchscheinen des Grundes die für sie charakteristische, brillante, an Edel-

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steine erinnernde Wirkung erhalten, sind die Glasflüsse des Grubenschmelzes opak, undurchsichtig, decken darum den Grund völlig ab, lassen ihn nicht zur Geltung kommen. Begreiflich allerdings, da der Kupfergrund für durchsichtige Schmelzfarben nur störend hätte sein können, ihre Brillanz nicht gehoben, sondern vernichtet hätte. Die Wirkung der Grubenschmelze ist darum auch eine wesentlich andere als die der früheren Goldzellenschmelze. Zeichneten sich diese durch ein äußerst feines Kolorit, das Ergebnis des glänzenden Gold- grundes und des durchsichtigen Glasflußauftrages, aus, so eignet den Gruben- schmelzen um so kräftigere vollere Farben Wirkung. Wollen jene in der Nähe betrachtet werden, um genügend gewürdigt werden zu können, so gehen die Grubenschmelze auf Erreichung möglichst großer Fern wirkung aus. Wie hätten sie sonst auch neben den stark plastisch wirkenden Engelfiguren und Reliefs, den mit Edelsteinen besetzten Plättchen und dem reich ausgebildeten Filigran der dritten Periode erfolgreich zur Geltung kommen können.

Der Grubenschmelz war keine neue Erfindung, er ist vielmehr ein Nach- komme des spätrömischen Kupferschmelzes. Ein gutes Beispiel aus der Karo- lingerzeit bietet der ältere Deckel des Evangeliars von Lindau, das freilich bis zum 1 2. Jahrhundert vereinzelt bleibt. Daß er in diesem dann an die erste Stelle rückte, verdankt er dem Wechsel in dem Material der Unterlage, dem Ersatz des Goldes durch Kupfer. Besonders gepflegt wurde er in der Maas- gegend und in Köln. Von Köln, wo er zur höchsten Blüte gedieh, verbreitete er sich weiter nach Niedersachsen und dem Norden, ohne hier jedoch auch nur annähernd die Vollendung zu erreichen, die wir an den Kölner Arbeiten bewundern. Sehr primitive Grubenschmelzarbeiten entstanden im Norden, die zudem durch ein eigentümliches Ornament, aufgesetzte Reihen von Perlen aus vergoldetem Kupfer, charakterisiert werden. Die Herrschaft des Gruben- schmelzes dauert bis wenig über die Mitte des 13. Jahrhunderts. Mit dem Ein- dringen der Gotik in die deutsche Goldschmiedekunst verliert er sich bald.

Niello, das ist mit grau-schwarzem Schwefelsilber ausgeschmolzene Gra- vierung, kam schon im 1 1 . Jahrhundert zur Verwendung, doch, wie es scheint, nur in sehr beschränktem Ausmaß. Häufiger wird es erst im 1 2. Jahrhundert, doch erlangte es nie die Beliebtheit, die der farbige Grubenschmelz gewann. Gute Beispiele bieten das ovale Reliquiar von Xanten, das Rogerusportatile zu Paderborn, das Oswaldreliquiar im Dom zu Hildesheim und das reich mit Niello verzierte Kreuz von St.Trudpert bei Freiburg i.B. Auf den großen rheinischen Schreinen ist von Niello nur sehr spärlich Gebrauch gemacht worden.

Auch Firnisbrand, das ist einem polierten Kupferblech aufgebranntes Leinöl, unzutreffend Firnisemail oder Braunemail (email brun) genannt, war schon den

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Goldschmieden des 1 1 . Jahrhunderts nicht unbekannt, jedoch ebenfalls, wie es scheint, nicht in erheblichem Umfang von ihnen bei ihren Arbeiten benutzt wor- den. Im 1 2. Jahrhundert wird das jedoch anders ; denn nun spielt es auf den Gold- schmiedewerken bis zur Mitte des 1 5. Jahrhunderts eine sehr bedeutende Rolle. Auch sind es nicht nur kleinere Stücke, bei denen es uns begegnet, nament- lich Reliquiare und Portatilien, bei welchen es mit Vorliebe zur Verzierung der Rück- bzw. Unterseite gebraucht wurde, selbst bei den großen Schreinen, wie dem Aachener Karlsschrein, dem Marburger Elisabethschrein, dem Deutzer Heribertusschrein u.a., ja sogar dem Kölner Dreikönigenschrein ist es ausgiebig zur Verwendung gekommen, bei dem letztern z. B. hinter den Säulchen der Arkaden der Langseiten als Bekleidung der Schreinwand. Welch prächtige Wir- kungen sich mit ihm erzielen lassen, zeigen die Rückseite des Fritzlarer Schei- benreliquiars, das Portatile von Fritzlar, das Portatile in St. Walburga zu Eich- stätt und die Unterseite des Augsburger Tafelportatiles. Der Firnisbrand tritt in zwei Arten auf. Bei der am gewöhnlichsten angewandten bildet er den Grund, während die auf ihm angebrachte Musterung vergoldet ist. Bei der vorzüg- licheren, aber seltener, z.B. am Kölner Domschrein, vorkommenden zweiten Art ist umgekehrt die Musterung in Firnisbrand auf Goldgrund ausgeführt. Bildet die erste ein Seitenstück zum Grubenschmelz, das vergoldetes Ornament oder vergoldete Figuren auf farbigem Schmelzgrund zeigt, dann entspricht die zweite dem auf Goldgrund ausgeführten Grubenschmelz.

Eine sehr bemerkenswerte Umbildung vollzog sich gegen Ende des 1 2 . Jahr- hunderts mit dem auch im dritten Abschnitt der deutschen Goldschmiedekunst in reichstem Ausmaß verwandten Filigran. Bis dahin bestand es wie im 10. und 1 1 . Jahrhundert aus Spiralen von feinstem, gekörntem, goldenem oder ver- goldetem Draht, die bald unregelmäßig (Würmchenfiligran), bald in Gestalt regelmäßigen Rankenwerks flach dem Grund fest aufgelötet waren und an den Enden der Windungen gewöhnlich als Belebung, doch auch zur Erleich- terung des Anlötens eine Metallperle umschlossen, aller andern Verzierungen aber entbehrten (Rankenfiligran). Gegen Ende des 1 2. Jahrhunderts jedoch tritt hierin ein Wechsel ein. Zunächst werden den Windungen auch Rosettchen und Blättchen als Verzierung angefügt (Blättchenfiligran). Dann wird es nur mehr an den äußeren Rändern am Boden angelötet, in der Mitte aber löst es sich von demselben ab und steigt hier schneckenhausartig in die Höhe (Schnek- kenfiligran). Zuletzt verliert es die Körnung fast ganz und wird zum luftigen, spitzenartigen, reichlich mit Blättern, Knospen und Blüten besetzten, den Boden frei überspinnenden Rankenwerk. Vortreffliche Belege für diese Umbildung des Filigrans bilden die Kopfseiten des Siegburger Anno- und Benignus-

Schreines, des Dreikönigschreines, des Aachener Marienschreines, des Mar- burger Elisabethschreines, des Kelches und der Patene in St. Godehard zu Hil- desheim sowie des Tournaier Eleutheriusschreines, bei welch letzterem man kaum mehr von eigentlichem Filigran reden kann. Hand in Hand mit die- sem formalen Wandel des Filigrans vollzieht sich aber auch ein Wandel in seiner Bedeutung und in der Art seiner Verwendung. In seiner älteren Form ist es fast immer nur Füllung des Grundes, und Ergänzung der Steine und Perlen, die durch das sie umgebende Filigran wirksam zur Geltung gebracht werden sollen, also ein diesen untergeordneter Schmuck. In seiner späteren Gestalt erscheint es dagegen als selbständiges, den Perlen und Steinen gleich- wertiges Verzierungsmittel, das zuletzt sogar diesen gegenüber so vorherrscht, daß nunmehr die Steine und Perlen umgekehrt als Ergänzung und Schmuck desFiligrans erscheinen. Das Hervorragendste, was an Filigran geschaffen wurde, sind die herrlichen, aus Filigran bestehenden durchbrochenen Knäufe, wie wir solche z. B. am Kelch in St. Aposteln zu Köln, auf dem Dachfirst des Aachener Marienschreins und des Siegburger Annoschreines, sowie zwischen den Gie- beln des Marburger Elisabethenschreines bewundern können.

Auch in der Fassung der Steine und Perlen begegnen uns Neuerungen. Die im 10. und 1 1 . Jahrhundert bei Prachtstücken beliebte, mittels Filigran- bogen, Filigranwänden oder geschlossenen Kästchen erhöhte Fassung wird sel- tene Ausnahme. Ein Beispiel bietet die Schmalseite des Siegburger Mauritius- schreines. Selbst der so großartige Domschrein weist sie nicht auf. Die Kapseln mit den Steinen und Perlen werden nun regelmäßig unmittelbar auf den Boden befestigt. Während dies aber bis zum 1 2. Jahrhundert durch Anlöten zu er- folgen pflegte, geschieht es seit dem 1 2. vornehmlich durch Annieten. Eine weitere, wichtigere Neuerung ist die nun in Übung kommende Lochfassung. Die Steine und Perlen werden bei dieser nicht mehr in besondern Kapseln auf dem Boden angebracht, vielmehr wird in den Boden ein der Größe und Form des Steines und der Perle entsprechendes, mit schräg aufgebogenem Rande ver- sehenes Loch eingeschnitten und in dieses dann der Stein und die Perle von unten her eingefügt. Die Technik der Lochfassung stammt von der Maas her, ging aber auch in die rheinische Goldschmiedekunst und von hier in die nord- deutsche und nordische über und erlangte wegen ihrer Einfachheit große Be- liebtheit.

Stanzarbeiten in Gestalt von Friesen mit stetig wiederkehrenden Relief- mustern, das ist dünne, streifenförmige Metallbleche, die dadurch mit einer in endloser Reihung sich wiederholenden vortretenden Musterung versehen wur- den, daß man sie von der Rückseite her in eine in eine feste Masse einge-

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schnittene Form (Matrize) eintrieb oder eindrückte, kommen schon auf Stücken des 1 o. und 1 1 . Jahrhunderts häufig vor, sind also auf den Goldschmiedearbeiten des 1 2. und 1 3. keine Neuerungen. Neu ist aber die außerordentlich ausgiebige Anwendung, die sie auf diesen finden, neu ferner, daß sie auf ihnen fast aus- schließlich aus vergoldetem Kupfer hergestellt sind. Eine weitere Neuerung in Anwendung der Stanztechnik bestand darin, daß sie nun auch zur Her- stellung von Figurenwerk angewendet wurden. Der Buchdeckel aus Weihen- stephan in der Staatsbibliothek zu München und ein Reliquiar aus Enger bieten gute Beispiele hierfür.

Zur Belebung und Ornamentierung der Bekleidung größerer Flächen be- diente man sich statt der Stanztechnik und der Matrize der Punztechnik, bei der man einen an der Spitze mit eingeschnittenem Muster versehenen Meißel, den sogenannten Punzmeißel, je nachdem von der Vorder- oder Rückseite her in das zur Bekleidung bestimmte Blech eintrieb. Auch zur Belebung des Grundes von graviertem Ranken- oder Figurenwerk sowie zur kräftigen Hervorhebung des letzteren fand die Technik wirkungsvolle Anwendung, wie z. B. die Rück- seite der Essener Kreuze zeigt. Ein bei den Maasgoldschmieden beliebtes, in seiner ausgiebigen Verwendung sie geradezu kennzeichnendes Ornament sind mit dem Punzmeißel eingeschlagene kleine runde, ovale, vierpaßförmige und spitzovale Mulden, die entweder einzeln nebeneinander angebracht, oder in Gruppen zusammengestellt wurden und oft Ersatz für Steine bildeten. In be- sonders reichem Ausmaß sind sie an dem Andreastriptychon im Dom zu Trier, am Triptychon im Kensington-Museum und am Servatiusschrein zu Maastricht zur Verwendung gekommen.

Keine neue Technik, wohl aber eine gewaltige Steigerung des technischen Vermögens offenbart sich in dem getriebenen Figuren werk des 1 2. und 1 3. Jahr- hunderts. Man vergleiche nur die getriebenen figürlichen Darstellungen der Portatiles im Dom zu Paderborn und des Reliquiars zu Xanten mit den Figuren des Heribertusschreins und des Maastrichter Servatiusschreines und diese hin- wiederum mit den Figuren des Aachener Marienschreines, des Marburger Elisabethschreines, des Dreikönigenschreines und des Eleutheriusschreines zu Tournai. Dem künstlerischen Fortschritt, der bei diesen Vergleichen zutage tritt, entspricht naturgemäß ein ebenso großer der technischen Fertigkeit.

Allein nicht bloß in bezug auf Material und Techniken offenbart sich in der Goldschmiedekunst der dritten Periode ein tiefgehender Wandel, auch in stilistischer Hinsicht tritt ein solcher zutage. Er zeigt sich vor allem darin, daß an Stelle der Richtung auf malerische Wirkung in stets wachsendem Maße das Bestreben tritt, kräftige plastische Wirkung zu erzielen. Am klarsten und ent-

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schiedensten äußert sich das in dem Wechsel, der mit dem getriebenen Figuren- werk vor sich geht. Es tritt kräftig vor den Grund vor, verliert den inneren Zusammenhang mit ihm, erscheint ihm wie aufgelegt, erhält stets entschie- dener ein statuarisches Gepräge, löst sich immer mehr auch äußerlich von seinem Hintergrund los und wird zuletzt zur förmlichen Freiplastik. Den An- fang machen bereits die in Treibarbeit ausgeführten Figuren des Domporta- tiles zu Paderborn, die getriebenen Halbfiguren an den Seiten des Xantener Reli- quiars, die Figuren des Antependiums zu Komburg u. a., vollendet erscheint der Wechsel in dem Figurenwerk der großen Schreine des späteren 12. und der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Aber auch in den Schmelzarbeiten des 1 2. und 1 5. Jahrhunderts zeigt sich der Zug ins Plastische. Der Goldzellen- schmelz bleibt völlig im Grund, der zu seiner Vollwirkung unentbehrlich ist. Selbst statuarisch gestaltete und in Goldgrund stehende Figuren im Zellen- schmelz wirken deshalb durchaus flächig. Mit dem neuen Grubenschmelz ver- hielt es sich wesentlich anders. Seine Wirkung hängt in keiner Weise von der Art der Unterlage ab, sondern wird lediglich bestimmt durch den Gegensatz zwischen Darstellung und Umgebung, mag nun jene erstere oder der sie um- gebende Grund in Schmelz ausgeführt sein. Ganz besonders tritt uns die Rich- tung zur plastischen Wirkung bei dem abgetönten und abschattierten Email entgegen, das den Höhepunkt der Grubenschmelztechnik und ihre reifste Frucht bildet, mag es nun Rankenwerk sein, was in ihm ausgeführt erscheint oder Figurenwerk.

Klar offenbart sich der Wandel in der Auffassung auch in dem von den Goldschmieden des 1 2. und 1 5. Jahrhunderts so ausgiebig verwandten Filigran, das aus leichtem, der Fläche anhaftendem und sie lediglich belebendem Gerank zu einem frei, über den Grund sich erhebenden, selbständigen, an kräftiger Licht- und Schattenwirkung reichen Gebilde wird. Besonders aber spricht es sich in den architektonischen Elementen aus, die in stets wachsendem Maß in die Goldschmiedearbeiten ihren Einzug halten, wie Pilaster, Säulchen, Säul- chenbündel, Arkadenreihen, Bogennischen, Rundbögen, runde und spitze Klee- blattbogen, Sockel und Simse, Kammbekrönung und Firstknäufe. Selbst bei kleineren Reliquiaren und bei den Portatilien, die nun die Form eines Miniatur- altares erhalten, ist dieses Eindringen unverkennbar. Ganz besonders aber fällt es bei den großen Reliquienschreinen auf. Der Viktorsschrein zu Xanten, der Heribertusschrein zu Deutz, und der Servatiusschrein zu Maastricht zeigen von architektonischen Elementen nur erst wenig; sie geben sich noch vorwiegend als Sarkophage, als Kasten. Ganz anders aber verhält es sich schon mit den Schreinen des ausgehenden 12. und des beginnenden 15. Jahrhunderts, dem

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Annoschrein zu Siegburg, dem Benignusschrein zu Siegburg, dem Ursulaschrein in St. Ursula, dem Albinusschrein in St. Pantaleon zu Köln, dem Karlsschrein zu Aachen und dem Tournaier Marienschrein. Der Domschrein zu Köln, der Marienschrein zu Aachen, der Elisabethschrein zu Marburg, der Prudentia- schrein zu Beckum und der Eleutheriusschrein zu Tournai aber sind zu förm- lichen Architekturwerken geworden. Alles ist an ihnen in Architektur auf- gelöst, sie sind vollständig und in allen Teilen von konstruktiv-plastischer Ge- sinnung beherrscht. Ein ähnliches Bild der Entwicklung des plastischen Ge- dankens gewähren die nordischen Altarretabeln. Das Retabel im Historischen Museum zu Stockholm besteht nur aus einem niedern Aufsatz, über den sich in der Mitte ein Kreuz erhebt, bei den Retabeln im Museum zu Kopenhagen ist ein großer, Kreuz und Aufsatz überspannender Bogen hinzugekommen, das Retabel zu Sahl aber ist zur förmlichen Architektur mit Torbögen und Tür- men geworden; ein Ausfluß jener architektonisch-plastischen Gesinnung, die in den großartigen romanischen Bauten des 12. und 13. Jahrhunderts so leben- digen und gewaltigen Ausdruck fand und von diesen aus auch in die Schöpfung der Goldschmiedekunst jener Zeit eindrang, ja naturgemäß eindringen mußte.

Der stilistische Wandel, der sich in der dritten Periode mit der Formen- sprache und den Motiven des Ornaments vollzieht, betrifft vornehmlich das Ornament vegetabilischen Charakters. Das die Goldschmiedearbeit des 10. und 1 1 . Jahrhunderts beherrschende dürre byzantinisierende Ranken werk verliert sich. An das vegetabilische Ornament der antiken Kunst erinnert das den Gold- schmieden des 12. und 13. Jahrhunderts geläufige nur noch in seinen Grund- formen (gereihtes, stehendes Blattwerk, aneinander gereihte Palmetten, fort- laufendes Rankenwerk), im übrigen aber ist es so verschieden von ihm wie nur möglich. Sein Leitmotiv bildet in endlos mannigfaltigen Abwandlungen, Umbildungen und Verbindungen weiches, volles, rundlich gezacktes romani- sches Blattwerk. Als Ergänzung gesellen sich zu ihm reich entwickelte Blu- men, Knospen und Beeren, sowie in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts Drachen und anderes fabelhafte Getier, naturalistische Tier- und Menschen- gestalten aber erst seit etwa dem Ausgang des Jahrhunderts. Kennzeichnend für die Kölner Grubenschmelze der zweiten Hälfte des 1 2. Jahrhunderts ist scharf gezahntes, eichenblattähnliches Blattwerk. Mit dem Ornament geome- trischen Charakters, das auf den Goldschmiedearbeiten der dritten Periode namentlich im Email und als Flächenbelebung eine sehr ausgiebige Verwen- dung findet, geht insofern ein Wandel vor sich, als es durch reichliche Auf- nahme vegetabilischer Motive wechselvoller, mannigfaltiger wird.

Sehr bemerkenswert ist die stilistische Wandlung, die mit den figürlichen

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Darstellungen des 12. und 13. Jahrhunderts vor sich geht. Der Fortschritt ist überraschend und gewaltig. Er tritt besonders bei dem getriebenen Figuren- werk zutage, äußert sich aber auch bei den gravierten und emaillierten Bild- werken. An Stelle der malerischen, bewegten Behandlung der Darstellungen tritt zunächst eine steif statuarische. Die Figuren erscheinen noch ungelenk, schematisch, ohne Ausdruck und Charakter in Haltung, Kopf und Gewand- gebung. Beispiele bieten das Domportatile zu Paderborn, das Reliquiar zu Xanten und das Antependium zu Komburg. Lange erhielt sich diese Darstellungsweise auf den Hildesheimer Werken, den Antependien und den Retabeln des Nor- dens, sowie im Süden Deutschlands. Am Rhein und an der Maas weicht sie im dritten Viertel des 12. Jahrhunderts dem dort nun auch die Malerei be- herrschenden weichen, fließenden Stil. In die Haltung und Geste tritt Leben ; die Köpfe werden individualisiert und sprechend; die Gewandung schmiegt sich eng den Gliedern an, umzieht mit ihren wenig tiefen, bald mehr bald weniger dichtgedrängten, parallel verlaufenden Falten in gefälligem Lauf den Körper, dessen Bau und Bewegung sie klar zum Vorschein kommen läßt. Schon bei den Apostelfiguren des Heribertusschreins zu Deutz und des Servatius- schreines zu Maastricht tritt uns diese neue stilistische Auffassung unverkenn- bar, wenn auch erst in ihrem Beginn, entgegen; voll zum Durchbruch ge- kommen ist sie bei dem Figuren werk der Aachener Schreine; in glänzendster Weise verkörpert erscheint sie bei den Prophetenfiguren und einigen der Apostel- figuren des Kölner Domschreines. Von Emaildarstellungen bilden die hervor- ragendsten Beispiele des fließenden Stiles die Schmelzbilder des Klosterneu- burger Altaraufsatzes und die Engelfiguren der Langseiten des Maurinusschreines in St. Pantaleon zu Köln, während die Prophetenfiguren des Heribertusschreines nur erst wenig von der altern schematisch-statuarischen Auffassung sich frei gemacht haben. Entwickelter erscheinen die Emailbilder der großen Scheiben, welche die Dachseiten des Heribertusschreines schmücken, zumal die wohl etwas jüngeren. Vorzüglich gravierte Vertreter des fließenden Stiles sind die Figuren auf der Rückseite des MettlacherTripty chons und desOs waldreliquiars zuHildesheim. Einen neuen Stil zeigt das Figurenwerk des Elisabethschreins zu Mar- burg, des Suitbertusschreins zu Kaiserswerth und des Eleutheriusschreines zu Tournai. Es ist unverkennbar von der Plastik der Kathedrale zu Reims, Amiens und Paris beeinflußt. Das Streben nach Leben, nach Ausdruck und nach In- dividualisierung hält an, die weiche Behandlung der Gewandung aber macht einer herberen, naturalistischen Platz. An Stelle eines leicht und elegant den Körper umziehenden dichtenFaltenflusses treten weniger gehäufte, großzügige, breite, stark vertiefte Falten von kräftiger Licht- und Schattenwirkung.

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Den Fäden der Entwicklung der vorgotischen deutschen Goldschmiede- kunst im einzelnen nachzugehen ist nicht möglich. Wir müssen uns bescheiden, ihren Gang in seinen großen Zügen zu verfolgen. Für ein Mehr, für ein tieferes Eindringen in ihre Zusammenhänge reicht das schriftliche und monumentale Quellenmaterial bei weitem nicht aus. Wohl erhalten wir durch die Chronisten und die Inventare eine Fülle von Angaben über Goldschmiedearbeiten, die in vorgotischer Zeit entstanden, doch sagen sie uns fast nichts über die Meister, die dieselben schufen, nennen nur in sehr wenigen Fällen uns den Namen eines Goldschmiedes, enthalten nichts über Form, Beschaffenheit, Techniken und Eigenarten der Werke, sondern begnügen sich bestenfalls mit kurzen Andeu- tungen ganz allgemeiner Art. Aber auch die Schöpfungen der vorgotischen deutschen Goldschmiedekunst, die auf uns gekommen sind, vermögen uns nur ein recht unvollständiges Bild der Entwicklung zu geben. So zahlreich sie auch sind, bilden sie doch nur einen geringen Bruchteil dessen, was in vor- gotischer Zeit an Goldschmiedearbeit geschaffen wurde. Es fehlt infolgedessen vor allem an Stücken, die als Wendepunkte in der Entwicklung und als Aus- gangspunkt neuer Eigenarten, als die ersten ihrer Art betrachtet werden müßten, wie nicht minder an festdatierten, sichern Zwischengliedern. Nur von einigen wenigen Stücken kennen wir den Namen des Meisters. Bei den übrigen wissen wir nicht einmal die Werkstätte, aus der sie hervorgingen; wissen nicht, ob die Arbeiten, die für uns zuerst bestimmte Eigentümlichkeiten zeigen, überhaupt die ersten ihrer Art waren ; wissen nicht, in welchen Werkstätten gewisse für die Entwicklung bedeutsame Erscheinungen zuerst auftraten; wissen nicht, auf welchen Wegen sich diese Neuerscheinungen verbreiteten; ja wir kennen nicht einmal bei den meisten der uns erhaltenen Arbeiten die genaue Zeit ihrer Ent- stehung, höchstens, daß wir erfahren, wann sie vollendet wurden. Sehr viele Stücke können wir lediglich auf Grund stilkritischer Beobachtung annähernd datieren und nach ihrem Zusammenhang mit andern einigermaßen näher be- stimmen und auch das meist nur mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit. Immer und immer wieder treten daher an den Forscher Fragen heran, bei denen er, wenn er sich nicht in bloßen Vermutungen und Konstruktionen verHeren will, mit einem : Non liquet, ich weiß es nicht, bescheiden muß, und das nicht bloß in Dingen untergeordneter Art, sondern selbst in Fragen von eingreifendster Bedeutung, namentlich in der Frage nach etwaigen führenden Meistern, wenn es überhaupt solche gegeben. Was bedeutet es zuletzt, wenn wir auf einer Arbeit, deren Meister wir kennen, bestimmte stilistische oder technische Eigenarten antreffen, so lange wir nicht wissen, daß eben diese Eigenarten sein eigenstes Eigentum waren, und daß er sie nicht andern Stücken, die nicht mehr

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vorhanden sind, entlehnte, solange es an gut beglaubigten Nachrichten über sein übriges Wirken und seinen tatsächlichen Einfluß auf die Weiterentwicklung der Goldschmiedekunst fehlt? Namen von Goldschmieden, von denen keine beglaubigten Werke vorliegen, sind fast ganz belanglos für die Geschichte der Goldschmiedekunst.

Im 9. bis 1 3. Jahrhundert gab es noch keinen Musterschutz, keine Patente. Neue Techniken, neue Zierformen, neue stilistische und künstlerische Auf- fassungen blieben darum nicht das Sondergut einiger weniger Künstler, die dieselben mit Argusaugen als ihr künstlerisches und geistiges Eigentum hüteten. Infolge des handwerklichen Betriebs erlernte sie der Lehrling vom Meister, kamen sie von einer Werkstätte in die andere, wurden sie durch einen Meister vom andern übernommen und durch wandernde Goldschmiede von einem Ort zum andern getragen. Wie weit diese in die Fremde zogen, lehrt handgreiflich das Beispiel des Nikolaus von Verdun, den wir heute zu Klosterneuburg und dann hart an der entgegengesetzten Grenze des Reiches zu Tournai seine Kunst ausüben sehen, lehrt Godefroid de Ciaire, der auf seinen Wanderungen nach Palästina kam und hier für den Bischof Almerich von Sidon Goldschmiede- arbeiten anfertigte, lehren die lothringischen Meister, die Abt Suger nach St. Denis berief, um durch sie einen mit Schmelzbildern geschmückten Ständer für ein kostbares Goldkreuz anfertigen zu lassen.

Bei dieser Lage der Dinge, infolge deren Techniken und stilistische Eigen- tümlichkeiten auf Wegen, die wir heute nicht mehr im einzelnen zu verfolgen vermögen, bald Gemeingut wurden, geht es nicht an, die so große Zahl der unbenannten vorgotischen Goldschmiedearbeiten lediglich auf Grund einer ge- wissen Übereinstimmung und Verwandtschaft von Einzelheiten, wie der Art der Fassung der Edelsteine, der Motive der Schmelze u. a. einem der wenigen Meister zuzuschreiben, von denen eine sicher beglaubigte Arbeit noch vorliegt, ja nicht einmal, sie einer bestimmten Werkstätte zuzuweisen. Wir haben in ihren technischen, stilistischen und ornamentalen Besonderheiten ein Mittel, sie mit größerer oder geringerer Sicherheit zu datieren und ihnen ihren Platz in der Entwicklung der Goldschmiedekunst anzuweisen, sie, wenngleich mit Vor- sicht und Zurückhaltung, zu Gruppen zusammenzufassen, sie mit gewissen, einen weiteren oder engeren Bereich beherrschenden Schulen in Verbindung zu bringen. Allein damit müssen wir uns beim Mangel urkundlicher Beglau- bigungen fast immer bescheiden. Weiter gehen heißt die Sache nicht klären, sondern im Gegenteil noch mehr verdunkeln und verwirren. Wer hätte es je gewagt, zwei so weit voneinander entfernte und in mancher Hinsicht so verschiedene Meisterwerke der Goldschmiedekunst des ausgehenden 1 2. und

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beginnenden 1 3. Jahrhunderts wie den Altaraufsatz zu Klosterneuburg und den Marienschrein zu Tournai ein und demselben Künstler aus Verdun zuzuweisen, wenn dieselben nicht als seine Schöpfung urkundlich bezeugt wären.

Die vorgotische deutsche Goldschmiedekunst endet um das dritte Viertel des 15. Jahrhunderts. Schon in der ersten Hälfte desselben beginnt die Gotik in sie einzudringen. Es entwickelte sich damals auch in den Goldschmiede- arbeiten eine Art von Übergangsstil. Die Marienschreine zu Aachen und Huy, der Remaklusschrein zu Stavelot, der Elisabethschrein zu Marburg und der Eleutheriusschrein zu Tournai u. a. bekunden das, doch bleibt der Gesamt- charakter aller dieser Arbeiten nach wie vor romanisch. Was das ausgehende 1 5. Jahrhundert schafft, ist dagegen schon ganz von der Gotik beherrscht, zeigt den Geist, die Auffassung, die Formensprache und das Ornament der Gotik. Auch unter der Herrschaft des neuen Stiles entsteht eine unübersehbare Reihe hervorragender Goldschmiedearbeiten. So vollendet diese aber auch sein mögen, so staunenswert die technische Fertigkeit ist, mit der die Goldschmiede nun das Metall gleich Wachs zu verarbeiten wissen und wievielmal lebenswahrer und korrekter das Bildwerk geworden ist, an Ursprünglichkeit, Mannigfaltig- keit, Leben, künstlerischer Gesinnung und glanzvoller Wirkung, Eigen- schaften, welche über manche Unvollkommenheiten der noch in der Entwick- lung begriffenen figürlichen Darstellungen der vorgotischen Goldschmiede- arbeiten wegsehen lassen vermögen die Schöpfungen der Gotik ihre Vor- gänger nicht zu übertreffen, kaum zu erreichen.

Die Illustration zu den vorstehenden Ausführungen bilden die nach- folgenden Wiedergaben der für die Entwicklung der vorgotischen deutschen Goldschmiedekunst wichtigsten Schöpfungen derselben.

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Scheibenförmiges Reliquiar, Vorder- und Rückseite. Fritzlar, Stiftskirche.

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Godehardsschrein, Kopfseite.

a. Reliquiar aus Enger. Berlin, Kunstgewerbemuseum.

b. Reliquienschreinchen. Minden, Dom.

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\ntcpendium und Retabel aus Lisbjerg. Kopenhagen, Nationalmuseum.

Antependium aus Tvenstrup und Retabel aus Odder. Kopenhagen, Nationalmuseum.

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i4. Theophanukreuz, Rückseite nebst Ausschnitten der Rückseite zweier anderer Kreuze.

Essen, Münsterschatz.

Scheibenkreuz. Hildesheim, Domschatz.

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Buchdeckel. Fritzlar, Stiftskirche.

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Buchdeckel. Trier, Domschatz.

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Kasten förmiger TragaJ ta r.

Eichstätt, Stift St. Walburga.

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Rel i quienkästchen . Kopenhagen, Nationalmuseum.

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Dreikönigen schrein.

Köln, Donischatz.

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36- Dreikönigenschrein, Obergeschoß der vorderen Schmalseite.

Dreikönigenschrein, Obergeschoß der hinteren Schmalseite.

58- Dreikönigenschrein, Gruppe der hinteren Schmalseite (Geißelung).

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Dreikönigenschrein. Gruppe der hinteren Schmalseite (Kreuzigung).

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I )reikönigenschrein, Salomon.

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Dreikönigenschrein, Prophet Naum.

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5<>- Suitbertusschrein, vordere Schmalseite.

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Goldene Madonnenstatuette.

Hildesheim, Domschatz.

Madonnenstatuette, Minden, Domschatz.

Thronender Bischof. Osnabrück, St. Johanneskirche.

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\ ortragskreuz, V nrderseite. St. Trudperl (Baden).

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Henkelkelch. Salzburg, St. Peter.

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Henkelkelch mit Patcnc im Kloster Marienstern.

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Reisekelch mit Patene.

Cividale, Dom.

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Patene,

Salzburg, Stift St. Peter.

61.

Patene. Fritzlar, Stiftskirche.

62.

Kelch und Patene. Köln, St. Aposteln.

65-

Kelch und Patene.

Hildesheini, St. Godehard.

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Deckel eines Lektionais.

I [öxter, Nikolaikirche.

Buchdeckel aus Weihenstephan. München, Staatsbibliothek.

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68, Kreuzreliquiar zu Mettlach, Rückseite.

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69.

Prudentiaschrein, Christusfigur und System der Langseiten.

Beckum, Pfarrkirche.

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72.

Marienschrein, vordere Schmalseite.

Marienschrein, hintere Schmalseite.

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80.

Elisabethschrein, Querbau und System der Langseiten.

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Elisabelhschrein, seitlicher Ausschnitt.

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Klisabethschrein, Kopfseite.

Elisabethschrein, Apostel und System der Langseiten.

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86. Elisabethschrein, Kamm, Filigran, Email, Kammabschluß der TIauptgiebel.

«7- Elisabethschrein, Filigran.

88.

A lmreliquiur. Köln, St. Kunibert.

Armreliquiar.

Köln, St. Kunibert.

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Köln, St. Gereon.

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Armreliquiare.

Halberstadt, Donischatz.

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Eleutheriusschrein, Kopfseite mit der Figur des hl. Eleutherius.

LITERATUR

Allgemeine: Bucher, Bruno, Geschichte der technischen Künste, 2. Bd. (Berlin 1886). Falke, Jakob v., Geschichte des deutschen Kunstgewerbes (Berlin 1888). Falke, Otto v., und Frauberger, Heinrich, Deutsche Schmelzarbeiten des Mittelalters (Frankfurt a. M. 1904). Labarte, Jules, Histoire des arts industriels au moyen-äge et ä l'epoque de la renaissance (Paris 1864). Lasteyrie, F. de, Histoire de l'orfevrerie (Paris 1875). Linas, Charles de, Les origines de l'orfevrerie cloisonnee (Paris 1877). Luer, Herrn., und Kreuti, Max, Geschichte der Metallkunst, 2. Bd. (Stuttgart 1909). Luthmer, Ferd., Gold und Silber (Leipzig 1888). Molinier, Emile, Histoire generale des arts appliques ä l'industrie du 5e ä la fin du i8e siecle, v. IV: L'orfevrerie religieuse et civile, premiere partie (Paris o. J.). Rosenberg, Marc, Geschichte der Goldschmiedekunst auf technischer Grundlage. 1. Abt.: Einführung (Frankfurt 1910); 2. Abt.: Niello (ebenda 1908); 3. Abt.: Granulation (ebenda 1918); 4. Abt.: Zellenschmelz I, II (ebenda 1921), III (Darmstadt 1922). G. Lehnert, Illustrierte Geschichte des Kunstgewerbes I (Berlin 1907).

Besondere: Beissel, Steph. S. J., Kunstschätze des Aachener Kaiserdomes (M. -Glad- bach 1904). Bertram, Dr. Adolf, Bischof v. Hildesheim, Hildesheims kostbarste Kunstschätze * (M. -Gladbach o. J.). Bock, Franz, Das heilige Köln (Leipzig 1858). Falke, Otto v., Der Drei- königenschrein des Nikolaus von Verdun im Kölner Domschatz (M. -Gladbach o. J.). Hamann, Rieh., und Kohlhaußen, H., Der Schrein der hl. Elisabeth zu Marburg (Marburg 1922). Heibig, Jules, La sculpture et les arts plastiques au pays de Liege (Bruges 1890). Humann, Georg, Die Kunstwerke der Münsterkirche zu Essen (Düsseldorf 1904). Palustre, L., Le tresor de Treves (Paris o. J.). Sydow, Ekartv., Die Entwicklung des figuralen Schmucks der christlichen Altar- antependia und Retabula (Straßburg 1912). Werth, Ernst aus'm, Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden (Leipzig 1857). Außerdem sei auf die Kunststatistiken Deutsch- lands und Österreichs als wertvolle Hilfsmittel zur Kenntnis der vorgotischen deutschen Gold- schmiedearbeiten hingewiesen.

1. Scheibenförmiges Reliquiar aus Fritzlar; 47cmh., 45 cm br. Seine Vorderseite setzt sich aus einem unteren Rechteckfeld und einem oberen Bogenfeld zusammen. Jenes enthält zwölf rundbogige Arkaden mit den stehenden Figuren der Apostel in Knochen- schnitzerei, dieses die getriebenen Halbfiguren Christi und zweier Engel. Die Platte des Sockels und die Schräge des Rahmens des Bogenfeldes sind mit einem gestanzten ver- goldeten Rankenfries bekleidet, die Schräge des Sockels und die Platte des Bogenrahmens mit farbigen Grubenschmelzplättchen, zwischen die an der Sockelschräge gestanzte Scheibchen mit der Halbfigur eines Engels eingeschaltet sind. Auf dem Scheitel des Bogens sitzt ein aus Palmetten gebildeter, gegossener Kamm mit Aufsatz aus fränkischer Zeit. Die Rückseite des Reliquiars ist mit hervorragend schönem vergoldetem Ranken- werk auf Firnisbrandgrund geschmückt. Arbeit des späteren 12. Jahrhunderts.

Kd. des Rbz. Kassel, Kr. Fritzlar 84. v. Falke 116, 134; Tf. 108.

2. Epiphaniusschrein im Dom zu Hildesheim, mit vergoldetem Silberblech be- kleideter Kasten mit Satteldach von 1,27 m L., 40 cm Br. und 58 cm H. Figürlichen Schmuck zeigt er nur an den Lang- und Kopfseiten. An der einen Langseite stehen die Figuren des Heilandes, der fünf klugen und der fünf törichten Jungfrauen, an der andern Seite ist in acht Figuren die Parabel von den Talenten dargestellt. Die Kopfseiten weisen je drei Figuren auf, den hl. Epiphanius zwischen den hh. Kosmas und Damian und den hl. Kantius mit dem hl. Kantianus und der hl. Kantianilla. Alle Figuren sind in Silber getrieben. Die der Langseiten sind durch ein schmales Bändchen voneinander geschieden, die dereinen Kopfseite in schmucklose rundbogige Nischen, die der zweiten ohne Trennung

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nebeneinandergestellt. Das Rahmenwerk der Langseiten ist oben mit einer Inschrift, an den Seiten und unten mit einem gravierten Fries verziert, das der Kopfseiten heute völlig schmucklos. Die Dachflächen sind mit einem Schindel- und Rautenmuster belebt; den Dachfirst bekrönt eine Folge von Kristallkugeln, die Giebel ein aus lilienförmigem Ge- bilde bestehender Kamm. Der Schrein steht hinter den rheinischen erheblich zurück. Er entstand um 1200 und ist Hildesheimer Arbeit. A. Bertram 12; Tf. 19, 21.

3 4. Schrein des hl. Godehard im Dom zu Hildesheim; 1,22 m 1., 51 cm br., 65 cm h. Abb. 5 gibt eine der Langseiten des mit vergoldetem Silberblech bekleideten Schreines wieder. Die getriebenen Apostelfiguren, mit denen sie geschmückt ist, thronen unter rundbogigen, um den Bogen herum dicht mit Perlen und Steinen besetzten Arkaden. Zahlreiche andere Steine in Kapselfassung mit kleinen Klauen, spätere Zutat, sind der Umrahmung und den Bogenzwickeln aufgesetzt. Die andere Seite ist einfacher. Die Apostelfiguren sitzen hier in rundbogigen Nischen; die Edelsteine aber sind über die ganze, von den Nischen nicht eingenommene Fläche verteilt. Abb. 4 zeigt eine der Kopfseiten, sie ist nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zustand; namentlich fehlt die spitzovale Umrahmung, die die Figur Christi ursprünglich umgab. An der andern Kopf- seite stehen unter rundbogigen Arkaden der hl. Godehard, Papst Innozenz II. und Bischof Bernhard I. Die Dachflächen sind mit viereckigen Schindeln gemustert. Sehr beachtens- wert sind die in Ausschnittarbeit ausgeführten, aus Halbkreisen mit gravierten Halb- figuren von Engeln und Bändern mit graviertem Blätterwerk bestehenden, auf dem Dachfirst von Kristallknäufen und Kristallkugeln bekrönten Kämme des Dachfirstes und der Giebel der Kopfseiten. Hildesheimer Arbeit aus dem dritten Viertel des 1 2. Jahrhunderts.

A. Bertram 12; Tf. 20, 21.

5 a. Reliquienkasten aus Enger im Kunstgewerbemuseum zu Berlin. Das mit teil- weise vergoldetem Silberblech überzogene, 14,5 cm 1., 10 cm br., 15 cm h. Reliquiar zeigt auf der Deckplatte in der Mitte einen großen, in den vier Ecken einen kleineren Kristall, auf dem Sockel und dem Sims einen gestanzten Rankenfries, an den Seiten gestanzte rund- bogige Arkaden mit gleichfalls gestanzten Halbbildern Christi, der Apostel Petrus und Paulus und anderer Heiligen. Arbeit des 13. Jahrhunderts.

Kd. Westf., Kr. Herford 18; Tf. 12, 15.

5 b. Reliquiar im Dom zu Minden. Mit leicht abgewalmtem Satteldach versehenes, mit Goldblech überkleidetes Kästchen von 22 cm L., 21 cm H. und 9 cm Br. An der vor- deren Langseite zeigt es eine getriebene Darstellung der Kreuzigung Petri; an der drei- geteilten hintern im mittleren Feld eine Scheibe mit Büsten und Vögeln in eingesenktem Zellenschmelz, rechts und links Steine, Filigran und getriebene Drachenfiguren; auf der vorderen Dachfläche in Treibarbeit die Sendung des Hl. Geistes; auf der rückwärtigen Steine. Die Schmalseiten sind mit getriebenen Brustbildern geziert. Der die Seiten und Dachflächen einfassende Rahmen ist mit gestanztem Rankenornament überzogen. 2. Hälfte

des 11. Jahrhunderts.

Kd. Westf., Kr. Herford 75; Tf. 52.

6. Altar aus Lisbjerg im Nationalmuseum zu Kopenhagen, bestehend aus Ante- pendium und Retabel. Beide sind mit vergoldetem Kupferblech bekleidet. Das Antepen- dium ist 1 ,58 m 1. und 97 cm h. Sein Rahmen ist oben mit einem reich gestanzten Fries,

an den übrigen Seiten mit einem nicht minder reichen Goldmuster auf Firnisbrandgrund verziert. Die auf den Ecken und in der Mitte der Langseiten des Rahmens angebrachten, mit den Evangelistenzeichen, dem Lamm und Blattwerk gefüllten Scheiben sind getrieben, die Leisten, durch welche die vertiefte Fläche des Antependiums aufgeteilt wird, mit ver- goldeten Friesen auf Firnisbrandgrund geschmückt. Das in den von den Leisten gebil- deten Feldern angebrachte Figurenwerk, Maria, Szenen aus dem Leben Marias, Propheten, Heilige, allegorische Frauengestalten, ist getrieben. Das 1,50 m h. Retabel setzt sich aus einer 1,58 ml., 40 cm h. Tafel und einem 1,10m h. Bogenaufsatz zusammen. Der oben und an den Seiten mit einem gestanzten Fries, unten mit einer Goldmusterung auf Firnis- brandgrund ausgestattete Rahmen der Tafel wird in der Mitte von einem getriebenen Kleeblattbogen unterbrochen, unter dem die getriebene Figur Christi steht; rechts und links umschließt er in Treibarbeit ausgeführte rundbogige Arkaden mit den Figuren der Apostel. Über dem Kleeblattbogen in der Mitte erhebt sich ein Kreuz. Der mit einem ornamentierten Fries in Gold auf Firnisbrandgrund verzierte, von einem vergoldeten Seil- stab und einer Inschrift auf Firnisbrandgrund umrahmte Bogen sitzt auf einem eigen- artigen, aus einem trapezförmigen Fußstück und aus einer großen und vier kleinen, mit getriebenen Darstellungen versehenen Scheiben bestehenden Untersatz. Er wird bekrönt von sieben an Höhe abnehmenden Rundbogenarkaden mit figürlichen Darstellungen, Christus, Maria, Johannnes, Kosmas und Damian sowie zwei Engeln. Nordische Arbeit des früheren 12. Jahrhunderts, v. Sydow 108 f.

7. Antependium aus Tvenstrup und Retabel aus Odder im Nationalmuseum zu Kopenhagen. Das Antependium von Tvenstrup folgt nach Material, Gliederung, Technik und Ausstattung ganz der Art desjenigen von Oelst (Abb. 1 1), ist jedoch etwas kleiner, da es nur 1,65 X 0,94 m mißt. Das Retabel von Odder ist in allem eine Abwandlung des Retabels von Lisbjerg, von dem es nur unwesentlich abweicht. Es ist 1,73 m br. und 1,04 m h., also etwas breiter und höher als sein Vorbild. Arbeiten aus dem späteren 12. Jahrhundert.

v. Sydow 103, 115.

8 9. Altarretabel zu Sahl in Jütland. Es zeigt den Typus der Retabeln von Odder und Lisbjerg, doch in architektonisch entwickelterer Form. Aus der bloßen Tafel, die bei jenen den unteren Teil bildet, sind bei ihm fünf durch Zwischenstücke verbundene Tor- türme geworden, von denen die drei mittleren ein Kreuz mit dem Gekreuzigten, bezw. die Figuren Marias und Johannes tragen, die beiden äußeren aber als Untersatz des den obern Teil des Retabels bildenden, seitlich von einem fialenartigen Türmchen begleiteten, im Scheitel von einem Aufsatz bekrönten Bogens dienen. Das Retabel ist mit vergoldetem Kupferblech bekleidet; das auf den Simsen, dem Sockel und den Bogen angebrachte Ornament (Rankenwerk) ist in Gold auf Firnisbrandgrund ausgeführt. Steine sind bezw. waren nur an wenigen Stellen angebracht. Sie zeigen Lochfassung. In den Toren der Türme und in den Zwischenstücken stehen die getriebenen Figuren Christi und der Apostel. Über den Toren der Türme finden sich in Treibarbeit Halbfiguren von Engeln, auf den den großen Bogen flankierenden Türmchen Darstellungen des Opfers Abrahams und des hl. Michaels, auf der einen Kuppelbau nachahmenden Bekrönung des Bogens die thronenden drei göttlichen Personen. Abb. 8 und 9 bieten Einzelheiten des hoch-

interessanten, ohne Gegenstück dastehenden Retabels, dessen Antependium in Abb. 10 folgt. Nordische Arbeit aus dem späten 12. Jahrhundert, v. Sydow 120 f.

10. Antependium zu Sahl in Jütland, mit vergoldetem Kupferblech bekleidete Tafel von 1,08m L. und 1,02 m H. Es besteht aus drei Abteilungen. Die mittlere enthält in einer Mandorla eine Figur des thronenden Christus, in den Zwickeln der Mandorla Halb- figuren von Engeln. Die in je neun quadratische Felder aufgeteilten seitlichen Abteilungen zeigen in jedem der drei untersten Felder je zwei sitzende Apostelfiguren, in den übrigen Szenen aus dem Leben des Herrn. Alles Bildwerk ist getrieben und vergoldet, sein Hinter- grund mit Firnisbrand gebräunt. Die Einfassung der Mandorla und das die seitlichen Abteilungen aufteilende und von der mittleren scheidende Leisten werk ist mit vergoldeten Ornamenten auf Firnisbrandgrund, die Schräge der Mandorla mit einer in gleicher Technik ausgeführten Inschrift verziert. Der Rahmen des Antependiums setzt sich aus einem breiten, mit Blattwerk und Engelfiguren geschmückten gestanzten Fries, einem vergoldeten Seilstab und einer eine Goldinschrift auf Firnisbrandgrund aufweisenden Leiste zusammen. Auf den Scheiben, die auf ihm angebracht sind, sind, umrahmt von Goldornament auf Firnisbrandgrund, in Treibarbeit die Evangelistensymbole, die Taube, das Lamm und Halbfiguren von Engeln dargestellt. Auf den Kreuzungsstellen der das Antependium aufteilenden Leisten und auf der Umrahmung der Mandorla standen vor- dem Kristalle. Das Figurenornament des Antependiums ist recht handwerksmäßig, schön und sehr wirkungsvoll dagegen der Rahmen. Nordische Arbeit des späten 12. Jahrhunderts.

v. Sydow 117.

1 1. Antependium aus Oelst im Nationalmuseum zu Kopenhagen, mit vergoldetem Kupferblech bekleidete Holztafel von 1,82 m L. und 1,05 m H. Die figürlichen Dar- stellungen der sechzehn Felder, in die es geschieden ist (Szenen aus dem Leben des Herrn), des Vierpasses in der Mitte (thronender Christus) und der Scheiben des Rahmens (Lamm, Lilien, Evangelistensymbole) sind getrieben. Die es aufteilenden und oben sowie unten abschließenden Leisten sind auf der Platte mit gestanztem, auf den Schrägen mit Gold- ornament auf Firnisbrandgrund geschmückt, die seitlichen Abschlußleisten, die Um- rahmung des Vierpasses und die Scheiben des Rahmens mit graviertem Ornament. Die über den Kreuzungen der Leisten angebrachten, mit Goldornament auf Firnisbrandgrund verzierten Scheiben und der Rahmen des Vierpasses waren mit Kristallen besetzt. Der verdoppelte Seilstab des Rahmens ist vergoldet, die den Rahmen nach außen begrenzende Leiste mit einer Goldinschrift bezw. Goldornament auf Firnisbrandgrund belebt. Nor- dische Arbeit des späten 12. Jahrhunderts.

v. Sydow 123 f.

12. Mit vergoldetem Kupfer bekleidetes Antependium aus Quem (Schleswig- Holstein) im Germanischen Museum zu Nürnberg. Es zeigt in der Mitte in einer Man- dorla den thronenden Christus umgeben von den Evangelistensymbolen, rechts und links in zwei Zonen unter rundbogigen, an den Säulchen mit Firnisbrand marmorierten Ar- kaden die Figuren der stehenden Apostel. Die teilende Querleiste des Antependiums und der Rahmen der Mandorla sind mit feinem gestanzten Ornament verziert, die Schräge des Rahmens weist eine vergoldete Inschrift auf Firnisbrandgrund auf. Nordische Arbeit des späten 12. Jahrhunderts.

15- Mit teilweise vergoldetem Silberblech überzogener Bucheinband aus Enger im Kunstgewerbemuseum zu Berlin, 25 cm h., 19 cm br. Sein vorderer Deckel zeigt im ver- tieften Mittelfeld die getriebene Figur des thronenden Christus in langgezogenem Vier- paß, dessen Zwickel mit den Evangelistensymbolen ausgefüllt sind, auf dem Bahmen gestanztes Ornament. Der hintere ist in der Mitte mit getriebenen Banken, auf der Um- rahmung mit getriebenem Flechtwerk verziert. Der vordere Deckel entstand um 1200; der hintere ist älteren Datums und reicht wohl ins 1 1 . Jahrhundert zurück.

Kd. Westf., Kr. Herford 18; Tf. 14.

14. Bückseite des Theophanukreuzes in der Münsterkirche zu Essen und Aus- schnitte der Bückseite der beiden im ersten Band, Abb. 13 und 14 wiedergegebenen Mathildenkreuze. Sie sind auf dem Stamm und den Armen mit schön gezeichnetem hochromanischem Banken- und Blattwerk verziert. Zur Hervorhebung des Ornaments ist der Grund dicht punziert. 12. Jahrhundert.

Kd. der Rheinprov., Kr. Essen 441". G. Humann 139; Tf. 14, 15.

15. Scheibenkreuz im Domschatz zu Hildesheim. Es besteht aus vergoldetem Kupfer, mißt 41,2 cm im Durchmesser und ist umrahmt von einem aus Edelsteinen in gezahnter Fassung und Filigran bestehenden Fries und durchbrochenem Blattkamm. Das auf ihm angebrachte Kreuz zeigt auf den viereckigen Eckstücken und dem Bundmedaillon in der Mitte einen großen Kristall in Kapselfassung mit dreiteiligen Blättern als Haltern, um diese Kristalle herum sowie auf den Armen des Kreuzes zwischen Filigran kleinere Steine und Perlen in einfach gezackter Fassung. Die Zwickel der Arme des Kreuzes füllt durch- brochen gearbeitetes Bankenwerk. Hildesheimer Arbeit des 1 1. bis 12. Jahrhunderts.

E. Bertram 13; Tf. 23.

16. Zwei Scheibenkreuze im Domschatz zu Hildesheim. Sie sind etwas kleiner als das in Abb. 15 wiedergegebene, da ihr Durchmesser nur 33,4 bzw. 33,7 cm beträgt, aber im übrigen ihm gleichartig. Auf einem derselben gehen von der Mitte mit Edel- steinen und Filigran besetzte Strahlen aus.

A. Bertram 15; Tf. 23.

17. Beliquienschreinchen zu Lette (Kr. Wiedenbrück). Mit abgewalmtem Sattel- dach versehenes und mit vergoldetem Kupferblech überzogenes Kästchen von 23CI11L., 20,5 cm H. und i5cmBr. Es wird durch emaillierte Leisten an den Langseiten in je vier, an den Schmalseiten in je zwei Felder aufgeteilt, welche gravierte Apostelfiguren zeigen. Auf den Dachflächen ist es mit Darstellungen aus dem Leben des Herrn verziert, die an den Langseiten nur graviert sind, an den Walmen auf Emailgrund stehen. Auf der Platte des Sockels ist es mit einem geometrisch gemusterten Emailstreifen, auf der des Simses mit gestanztem Palmettenfries bekleidet. Zum Kamm des Dachfirstes kam ursprünglich noch eine Kammbekrönung auf den Kanten der Walme.

Kd. Westf., Kr. Wiedenbrück 43; Tf. 20.

18. Beliquienschrein aus dem Münster zu Aachen im Louvre zu Paris. Das Schreinchen wurde um 1170 für einen Armknochen Karls d. Gr., der 1166 bei der Er- hebung des Leibes zurückbehalten worden war, angefertigt. An seinen Seiten sind unter niedrig gedrückten Bundbögen, deren Zwickel mit schönen farbigen, abgetönten Gruben- schmelzplättchen gefüllt sind, getriebene Halbfiguren, darunter die Friedrichs I. und seiner Gemahlin Beatrix, angebracht. Die Schräge des Sockels und Simses ist mit einem

gestanzten Rosettenfries, die Platte derselben abwechselnd mit schmalen Grubenschmelz- plättchen und kleinen, runde Müldchen aufweisenden vergoldeten Plättchen bekleidet. Vom ehemaligen Schmuck seines Deckels sind hur mehr einige der farbigen abschattierten rechteckigen Grubenschmelzplättchen übrig, mit denen derselbe im Wechsel mit vierpaß- förmigen Plättchen und Perlen um den Rand herum besetzt war. v. Falke 81, 135; Tf. 115.

19. Oberseite eines Tragaltars in der Stiftskirche zu Fritzlar, 27 cm 1., 14 cm br. und 1 2 cm h. Sie ist mit vergoldetem graviertem Rankenwerk, das kreisförmige Medaillons mit den Evangelistensymbolen umschließt, auf Firnisbrandgrund verziert. An den Seiten des Portatiles sind in gleicher Technik Apostelhalbfiguren angebracht. Wie die Rück- seite des Fritzlarer Scheibenreliquiars ist auch der Tragaltar zu Fritzlar ein vorteff liches Beispiel für die dekorative Wirkung und die Verwendbarkeit des Firnisbrandes.

Kd. des Rgb. Kassel, Kr. Fritzlar (Marburg 1909) 82.

20. Mit Grubenschmelzplatten bekleideter Buchdeckel in der Stiftskirche zu Fritzlar, 24cm h., 16cm br. Er ist im vertieften Mittelfeld mit einer Kreuzigungsgruppe in Gold auf blauem, graugewölktem, mit Goldfleckchen belebtem Emailgrund, auf der Schräge des das Feld umgebenden Rahmens mit bunten Grubenschmelzranken im Stil des Kölner Emails, oben auf dem Rahmen mit einer das Mittelfeld ringsum einfassenden gravierten Inschrift und den in Gold auf blauem oder grauem Emailgrund ausgeführten Halbfiguren der Evange- listensymbole (Ecken) und der Apostel (Seiten) verziert. Die Zeichnung des Figurenvverks ist sehr mangelhaft. Hildesheimer(P) Arbeit aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts.

Kd. des Rgb. Kassel, Kr. Fritzlar 85. v. Falke 112, 134; Tf. 105.

21. Buchdeckel im Domschatz zu Trier, 37 cm h., 26 cm br. Er enthält im Mittel- feld eine in drei Zonen geteilte Emailplatte mit den in Gold ausgesparten, gravierten Darstellungen der Kreuzigung, der Maria Magdalena vor dem Auferstandenen und der Frauen am Grabe auf Grubenschmelzgrund. Auf dem Rahmen ist er mit Elfenbeinreliefs, Edelsteinen in gezackter Fassung und Filigran reich und gefällig verziert. Wahrscheinlich Hildesheimer Erzeugnis aus dem späten 12. Jahrhundert.

v. Falke 107, 133; Tf. 103.

22. Tragaltar im Dom zu Xanten, 23,3 cm h., 15 cm br.,9,2 cmh. Er zeigt oben um den heute durch eine Silberplatte ersetzten Altarstein herum in achtzehn weißumrande- ten Medaillons versilberte, auf blauem oder grünem Grund stehende Halbfiguren mit emaillierter Innenzeichnung (Evangelistensymbole und Heilige), in den Zwickeln der Medaillons gezackte, blauweiße Blätter, dazu rechts und links zwischen Altarstein und Umrahmung die versilberten, mit emaillierten Innenlinien versehenen Ganzfiguren Mel- chisedechs und Aarons auf blauem Emailgrund. An seinen Seiten sind, getrennt durch weiß oder grün emaillierte Säulchen, auf hell- oder dunkelblauem Emailgrund vergoldete, auf emailliertenThronen sitzende Figuren des Herrn, Marias und derApostel mit emaillier- ter Innenzeichnung angebracht. Sockel und Sims des Portatiles sind an der Platte mit einem aus gezackten Blättern bestehenden Emailfries, an der Schräge mit einem gestanzten Blatt- fries bekleidet. Alles Email besteht aus reinem Grubenschmelz. Kölner Arbeit von ca. 1 1 75.

Kd. der Rheinprov., Kr. Mors 129, aus'm Werth I. 38; Tf. XVII. v. Falke 29, 30.

23 24. Gregoriustragaltar in der Pfarrkirche zu Siegburg, 37 cm 1., 23 cm br., 17,5 cm h. Abb. 24 gibt den Deckel wieder. Die neben dem Altarstein angebrachten,

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aus dem vergoldeten Grund ausgesparten Szenen aus dem Leben des Herrn haben blauen Emailgrund, die Stein und Szene umgebende Einfassung zeigt vergoldete gravierte Apostel- und Heiligenfiguren zwischen bunt emailliertem Blatt- und Rankenwerk. An den Seiten des Portatiles stehen zwischen vergoldeten Säulchen auf grünem, blau- und weißumran- detem Grund vergoldete, gravierte Prophetenfiguren. Die Schräge des Sockels und des Simses ist mit einem gestanzten palmettenartigen Fries bekleidet, die Platte derselben mit einem in Grubenschmelz ausgeführten, gezacktes Blattwerk aufweisenden Email- streifen. Kölner Arbeit um ca. 1175.

Aus'mWerth III, 29; Tf.XLVIII. Kd. der rVheinprov. Siegkr. 22 f. v. Falke 26, 126; Tf. 27, 28.

25. Oberseite eines altarförmigen Portatiles im Kunstgewerbemuseum zu Berlin, 27 cm 1., 20 cm br. Als Schmuck zeigt sie neben dem Altarstein zwei Cherubim, rings- um sechzehn Halbbilder von Engeln, den Rand entlang eine Inschrift. Die in Gold aus- gesparten und gravierten Figuren stehen auf Grubenschmelzgrund, die Emailinschrift auf Goldgrund. Die Seiten des 14 cm hohen Portatiles weisen zwischen vergoldeten Säulchen gravierte thronende Figuren Christi, der Apostel und dreier Propheten in Gold auf Grubenschmelzgrund auf. Die Schräge seines Simses und Sockels sind mit einem gestanzten Fries, die Platte derselben mit einer Goldinschrift attf Emailgrund bezw. einem in farbigem Grubenschmelz ausgeführten Palmettenfries bekleidet. Kölner Arbeit aus

der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, v. Falke 51, 127; Tf. 53, 35a.

26 27. Tafelförmiges Portatile im Dom zu Augsburg, 53 cm 1., 26 cm br. Oben ist es um den Altarstein herum mit einer reizenden gestanzten Borte aus vergoldetem Kupferblech, an den Ecken mit figürlichen Grubenschmelzplättchen von der Art des Emails der Maasschule verziert. Auf seiner Unterseite sind in einer vergoldetes Rankenwerk auf Firnisbrandgrund enthaltenden Umrahmung gleichfalls in Gold auf Firnisbrandgrund die Kreuzigung mit Kirche und Synagoge und die vier Kardi- naltugenden dargestellt. Die ziselierten Eckplättchen der Unterseite stammen aus

dem Jahre 1371.

v. Falke 73, 131; Tf. 76.

28 29. Kastenförmiger Tragaltar in der Liebfrauenkirche zu Trier, 48cml., 20 cm br., 16,5 cm h. Seine mit vergoldetem Silber bekleidete Oberseite zeigt um den kleinen Altarstein herum sowie den äußeren Rand entlang eine Goldinschrift auf Firnis- brandgrund oberhalb und unterhalb des Altarsteines getriebene Figuren, oben Christus zwischen Petrus und Paulus, unten Maria zwischen zwei Heiligen. Die Beschaffenheit der Langseiten erhellt aus Abb. 29. Die Leisten, von denen sie umrahmt und in drei ver- tiefte Felder aufgeteilt werden, sind mit Kupferblech bekleidet, das auf der Schräge mit gestanztem vergoldetem Blattornament, auf der Platte mit einer goldenen Kreismusterung auf Firnisbrandgrund verziert ist. Wo die Teilungsleisten den Rahmen treffen, sind diesem Silberplättchen mit dem getriebenen Brustbild eines Heiligen aufgesetzt. Die vertieften Felder zwischen dem Leistenwerk sind mit einem Elfenbeinrelief geschmückt, neben dem beiderseits im mittleren in Silber getriebene Ranken, in den seitlichen in Silber getriebene Brustbilder hl. Bischöfe als Füllung angebracht sind. Die Schmalseiten zeigen nicht mehr ihre ursprüngliche Beschaffenheit.

Aus'm Werth III. 94; Tf. LX.

30. Kastenförmiger, mit gebräuntem Kupferblech überzogener Tragaltar in St.Wal- burga zu Eichstätt, 25,5 cm L, 15 cm br., 7 cm h. Er weist oben auf den den Deckel umziehenden und die beiden in ihm eingelassenen byzantinischen Reliefs vom Altar- stein trennenden Bändern eine vergoldete Inschrift, an den Seiten schönes vergoldetes Rankenwerk mit eingefügten Tieren, auf. Arbeit des späteren 12. Jahrhunderts.

51. Emailreliquiar im Nationalmuseum zu Kopenhagen, 19,5 cm 1., 14 cm br., 8,5 cm h. Es ist an allen Seiten mit Grubenschmelzbildern auf Emailgrund bekleidet. Oben sind auf ihm der thronende Christus und die Evangelistensymbole dargestellt, an den Seiten die Kreuzigung, Maria und Heilige. Die Heiligenfiguren stehen an den Lang- seiten unter emaillierten Arkaden, an den Schmalseiten zwischen emaillierten Säulchen. Die Figuren, Arkaden und Säulchen sind äußerst roh gezeichnet; das dunkelblaue, hell- blaue, grüne und weiße Email, in dem dieselben ausgeführt sind, ist sehr unrein. Den Deckel umrahmt eine Folge vergoldeter Kupferperlen; am hintern Rand erhebt sich auf ihm ein jetzt sehr ruinöses Kreuzchen, das auf den Enden noch Reste von Email zeigt. Nordische Arbeit des 12. Jahrhunderts.

Zeitschrift für christl. Kunst, XXIII (1910), 249 f.

52. Altarretabel aus St. Kastor zu Koblenz im Cluny-Museum zu Paris. Es besteht aus einer länglich rechteckigen, in der Mitte rundbogig überhöhten, 2,18 m 1., an den Seiten 58 cm h. Tafel. Sein Rahmen ist mit vergoldetem Kupferblech bekleidet und auf der Platte mit einem gravierten Rankenfries, auf der Schräge mit einem gestanzten Palmettenfries geschmückt. Das in vergoldetem Silber getriebene Figurenwerk des Re- tabels stellt die Aussendung des Hl. Geistes dar. Die Nimben der zwischen Säulchen paar- weise geordneten, sitzenden Apostel bestehen aus vielfarbigen, technisch wie zeichnerisch sehr hervorragenden Grubenschmelzscheiben; die über den Aposteln und Christus an- gebrachte Inschrift ist in Gold auf Firnisbrandgrund ausgeführt. Rheinische Arbeit aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts.

v. Falke 94, 153; Tf. 93.

33 47. Dreikönigenschrein im Dom zu Köln. Der an der vorderen Schmalseite mit Goldblech, an den übrigen teils mit vergoldetem Silber, teils mit vergoldetem Kupfer- blech bekleidete Schrein hat als der einzige seiner Art basilikale Form, d. i. er ahmt im Aufbau eine dreischiffige Kirche mit überhöhtem Mittelschiff nach. Er besteht im Grunde genommen aus zwei übereinandergestellten Schreinen, einem Schrein für die Leiber der hl. drei Könige, dem Untergeschoß, und einem zweiten, kleineren, für die Reliquien der hh. Nabor und Felix, dem Obergeschoß. In seinem heutigen Zustand ist er 1,80 m 1., am Sockel 1,30 m, am Obergeschoß 65 cm br. und 1,70 m h. Ursprünglich war er um ein Siebtel länger. Er mußte 1 794 beim Herannahen der Franzosen geflüchtet und zu dem Zwecke zerlegt werden. Als er 1 804 nach mancherlei Irrfahrten und Fährnissen nach Köln zurückkehrte, fehlte ein erheblicher Teil, so daß er um eines seiner sieben Joche, aus denen seine Langseite vordem bestanden hatte, verkürzt werden mußte. Verloren gingen dabei zwei Prophetenfiguren und zwei den Apostelfiguren entsprechende Engelfiguren, die das mittlere Joch des unteren und des oberen Geschosses eingenommen hatten. Auch war sonst noch vieles zugrunde gegangen, namentlich das ganze getriebene Figurenwerk der oberen und unteren Dachflächen, das Leisten werk der letzteren und die Figuren der Arkadenzwickel der Untergeschosse der Langseiten. Die mittlere, den Dächern der Abseite entsprechende

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Partie der vordem Kopfseite wurde bereits im 18. Jahrhundert in ihre heutige Form und Beschaffenheit gebracht, wie das getriebene Rokokoornament, mit dem ihre Beklei- dung verziert ist und der Stilcharakter ihrer Umrahmung bekundet. Immerhin ist trotz aller dieser Beschädigungen der Dreikönigenschrein, der Höhe- und Glanzpunkt der vor- gotischen deutschen Goldschmiedekunst, ja der vorgotischen überhaupt, mit seiner beispiel- losen Fülle von Edelsteinen und antiken geschnittenen Steinen, seinen Schmelzarbeiten aller Art (Zellenschmelz, Grubenschmelz, gemischter Schmelz) , seinem köstlichen Filigran, seinen Meisterwerken der Treibkunst, seinen vorzüglichen Stanz-, Gravier-, Firnisbrand- und Gußarbeiten das großartigste, vollendetste und prachtvollste Denkmal der Gold- schmiedekunst, das uns das Mittelalter hinterlassen hat, und zugleich der Inbegriff alles technischen Könnens und aller Techniken der Goldschmiedekunst der vorgotischen Zeit. Die Tafeln gewähren vom Schrein nicht nur als Ganzes ein gutes Bild, sondern geben ihn auch in fast allen seinen Einzelheiten wieder und ermöglichen sonach ein ein- dringendes Studium des herrlichen Werkes in allen seinen Teilen. Abb. 33 bietet eine Gesamtansicht des Schreines. Sie gewährt ein Bild des Aufbaues und der Gliederung seiner Lang- und Kopfseiten. Die Bogenstellungen, die sich heute auf den Abseiten be- finden, waren früher auf dem Hauptdach angebracht, die Emailscheiben in den Zwickeln der Kleeblattbögen der Abseiten in den Zwickeln jener Bogenstellungen des Hauptdaches. Abb. 34 36 geben Einzelheiten der Schmalseiten wieder, darunter auch gute Proben seines Filigran-, Zellenschmelz-, Stein- und Gemmenschmuckes, Abb. 37 39 Einzel- heiten der hinteren Kopfseite, Abb. 40 47 Propheten- und Apostelfiguren der Lang- seiten nebst reichlichen Beispielen der hier angebrachten Email-, Filigran- und Edelstein- verzierungen. Die durchaus individualisierten, lebenswahren, in Haltung und Gewand- behandlung gleich vorzüglichen Prophetenfiguren unter den kleeblattförmigen Arkaden der Abseiten sind das hervorragendste, was die vorgotische Goldschmiedekunst an statuarischer Plastik hervorgebracht hat. Zum Teil etwas minder vollendet und wohl von anderer Hand sind die Apostelfiguren unter den Rundbogenarkaden des Obergeschosses. Die Figuren an den Schmalseiten, die ältesten, gehen nicht über die Gebundenheit der sonstigen romanischen Goldschmiedeplastik heraus. Die heute leider verschwundenen getriebenen Reliefs der unteren Dachflächen stellten Begebenheiten aus dem Leben des Herrn dar, die des Hauptdaches Auferstehungs- und Gerichtsszenen. Filigran findet sich an den Kopfseiten in großem Ausmaß, an den Langseiten, an denen Schmelzplättchen als Bekleidung des Sockels, der Bögen und Leisten vorherrschen, in beschränkterem. An der vorderen Kopfseite besteht es aus Gold, an den übrigen aus Silber. Das Filigran der hinteren Kopfseite hat den Charakter von Schneckenfiligran, an der vorderen und der Langseite sind die Ranken, aus denen es sich zusammensetzt, ganz dem Grund auf- gelötet. Die Emails der vorderen Kopfseite sind Zellenschmelze mit Goldstegen, die der anderen Seite teils reine reichfarbige Grubenschmelze, teils in gemischter Technik aus- geführte Schmelze mit vorherrschend geometrischer Musterung. Besonders hervorragend sind eine Anzahl von Emailplatten mit meisterhaft gezeichneten vergoldeten Mustern (Banken werk, Tier- und Menschengestalten) auf blauem Grubenschmelzgrund. Hinter den Säulchen der Arkaden des Unter- und Obergeschosses der Langseiten ist der Schrein mit Kupferblech bekleidet, das prachtvolles Rankenwerk in Firnisbrand auf vergoldetem Grund aufweist. Die Knäufe des auffallend einfachen, auch die Giebel und die Seiten

des Obergeschosses der Kopfsei ten umziehenden gegossenen Palmettenkammes sind mit Grubenschmelz geschmückt. Die vordere Kopfseite entstand um 1200 1206, wie die den drei Königen zugesellte Figur Kaiser Ottos IV. beweist, die übrigen Seiten wurden wohl bis etwa zum zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts vollendet. Der Schrein ist Kölner Arbeit und das Werk mehrerer Meister, deren Namen jedoch unbekannt sind. Ihn der an- geblichen Pantaleonswerkstätte oder Nicolaus von Verdun zuzuschreiben, ist unbegründet. Fr. Bock, Das hl. Köln, Der Dom, 25fr. v. Falke 54, 129; Tf. 61 f. v. Falke, Der Dreikönigen- schrein (M. -Gladbach o. J.), 1 ff.

48 50. Suitbertusschrein in der Pfarrkirche zu Kaiserswerth, 1,60 m 1., 45 cm br., 76 cm h. mit Satteldach versehener und vergoldetem Kupferblech bekleideter Kasten. Er ist, wie die Abbildungen zeigen, dem Annoschrein zu Siegburg und dem Albinusschrein zu Köln (Bd. I, Abb. 77 und 83) nachgebildet. Die in Silber getriebenen Figuren unter den Kleeblattarkaden der Langseiten stellen die thronenden Apostel dar, die der Arkaden- zwickel Halbbilder von Engeln. Die vertieften Felder, in welche die Dachseiten durch Vertikalleisten aufgeteilt sind, je vier auf jeder Seite, enthalten getriebene Darstellungen aus dem Leben des Herrn. Von den beiden Kopfseiten weist eine unter einem gedrückten Kleeblattbogen die getriebenen Figuren des hl. Suitbertus, des Königs Pipin, und der Königin Plektrudis, in den halbkreisförmigen Feldern über dem Bogen aber getriebene Halbfiguren dreier Engel auf. An der andern befinden sich unten die Gottesmutter und die beiden Marien, oben Gott Vater und zwei Engel. Der Sockel und das Sims des Schreines sind an der Schräge mit einem gestanzten Palmettenfries, an der Platte mit Filigran- plättchen und Grubenschmelzplättchen bekleidet. Die Bögen zeigen goldene Inschriften auf hell- oder dunkelblauem Emailgrund ; das Rahmen- und Leistenwerk des Daches ist auf der Platte mit gestanztem, an der Schräge mit graviertem Fries geschmückt. Die Zwickel der Kopfseiten sind mit vergoldetem Rankenornament auf Firnisbrandgrund ausgefüllt. Der den Dachfirst zierende Kamm und die aus diesen aufwachsenden Knäufe haben bereits gotischen Charakter; die heutigen Kämme der Giebel sind spätgotisch. Der Schrein wurde 1264 vollendet.

v. Falke 59, 130; Tf. 65, 66. Kd. der Rheinprov., Kr. Düsseldorf 137. Aus'm Werth II. 44; Tf. XXX.

5 1 . Mit Goldblech bekleidete Muttergottesstatuette im Domschatz zu Hildesheim, 36 cm h. Sie ist an der Krone, den Schuhen und den Gewandsäumen mit Edelsteinen in glatter Kapselfassung und zartem Goldfiligran reich verziert, die Rückseite ihres mit Silberblech überzogenen Thrones mit einer Nielloinschrift versehen. Kopf und Hände Marias und des Kindes sowie die Füße des letzteren sind das Werk einer Erneuerung aus dem Jahre 1664. Hildesheimer(?) Arbeit aus dem 12. bis 13. Jahrhundert.

St. Beissel, Geschichte der Verehrung Marias in Deutschland (Freiburg 1909), 166.

52. Muttergottesbild im Dom zu Minden, mit getriebenem Silber bekleidete Holz- figur von 44 cm H. Bemerkenswert ist die Haltung des sich stark zurücklehnenden Kindes. Die mit Filigran und Steinen gezierte Krone des letzteren ist ursprünglich, die Marias spätgotisch. Arbeit des 13. Jahrhunderts.

Kd. Westf., Kr. Minden 77; Tf. 40.

53. Thronender Bischof in der Johanneskirche zu Osnabrück, 44,5 cm h., mit ge- triebenem Silber überzogene Holzfigur. Der heutige Kopf stammt aus der Barockzeit

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Das Pallium und der Ärmelsaum des linken Armes sind mit Filigran, die Seiten des Thrones mit einer getriebenen Rundbogenarkatur geschmückt. Die Kanten der Sitz- platte und der Sockel des Thrones sind mit gestanztem Ranken- und Palmettenfries beklei- det. 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts.

54. Mit Silber bekleidetes Vortragskreuz in St. Trudpert, 68 cm h., 48 cm br. Es zeigt an der Vorderseite in der Mitte die getriebene Figur des Gekreuzigten, auf dem Eck- stück der Arme und des oberen Ralkens die getriebenen Darstellungen der hh. Matthäus, Markus und Lukas, auf dem Eckstück des unteren Balkens das getriebene Bild des Stifters, neben dem Kreuz auf Voluten in Treibarbeit ausgeführte Figuren, Maria und Johannes. Der mit getriebenem Astwerk belebte Kreuzesstamm, der Grund der Eckstücke, der Lendenschurz Christi und die Gewänder Mariens und Johannes sind mit Niellomustern verziert. Die Rückseite weist in Treibarbeit in der Mitte den thronenden Christus, auf dem unteren Eckstück die Stifterin, auf den übrigen Engelfiguren, auf den Armen des Kreuzes und auf dem Grund der Eckstücke Nielloverzierungen auf. Alemannische Arbeit

von etwa 1200.

Kd. Badens, Kr. Freiburg 44 p. Marc Rosenberg, Schau ins Land XX (1895), 49, und Geschichte der Goldschmiedekunst, Niello (Darmstadt 1907), 16 f., mit guten Abb.

55 56- Kelch im Stift von St. Peter in Salzburg, 23 cm h., an der Kuppa 20 cm, am Fuß 22,5 cm im Durchmesser. Er ist bemerkenswert durch seine aus einem Drachen gebildeten Henkel, zur Entstehungszeit des Kelches schon eine seltene Einrichtung an den Kelchen. Seine Kuppa ist oben mit einer niellierten Inschrift und einem gravierten Fries von der Art des Randfrieses der zugehörigen Patene (Abb. 60), unten mit einer Folge weitvortretender, vorn runder, hinten spitz zulaufender Buckel mit den getriebenen Figuren von zwölf Propheten verziert. Der Knauf des Kelches, zu dem von der Kuppa Vogelköpfe überleiten, besteht aus einer Kristallkugel. Der Fuß (Abb. 56) ist mit Buckeln von der Art der Buckeln des unteren Teiles der Kuppa ausgestattet, die jedoch die um- gekehrte Richtung zeigen und statt mit Prophetendarstellungen mit getriebenen Figuren der Apostel geschmückt sind. Sein Rand ist abwechselnd mit größeren Edelsteinen in gezahnter und kleineren in glatter Fassung besetzt. Der Kelch dürfte um 1200 ent- standen sein.

Mitteil, der k. k. Zentralkommission VIII (1863) 33. Kd. des Österr. Kaiserstaates, Salzburg, St. Peter (Wien 1913), 44 ff.

57 58. Kelch und Patene aus dem Zisterzienserinnenkloster Marienstern bei Kamentz. Der Kelch ist aus Silber gemacht, 19,5 cm h. und wie der Salzburger Kelch mit Henkeln versehen. Der Fuß ist durch ein schmales Band in zwei Zonen aufgeteilt, auf die gegossene und ziselierte kleine Figuren aufgelegt sind, oben der Weltenrichter, die Evangelistensymbole, Engel und Heilige, unten die Apostel und andere Heilige nebst den Stiftern. Der durch einen mit Steinen besetzten Ring in zwei symmetrische Hälften geschiedene, flachkugelförmige, durchbrochene Knauf setzt sich aus Rankenwerk und Tiergestalten zusammen und wird oben wie unten von einem mit Rubinen und Perlen ver- zierten Bändchen begrenzt. Die Kuppa ist in ihrem unteren Teil mit sechs getriebenen Rundmedaillons (Darstellungen aus dem Leben des Herrn) geschmückt, deren Zwickel mit getriebenem Blattwerk gefüllt sind. Die durchbrochen gearbeiteten Henkel zeigen an den Seiten Tiergestalten, oben sind sie mit Steinen besetzt. Die Patene besteht aus Gold,

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mißt 20,9 cm im Durchmesser und ist mit dreifacher Vertiefung versehen. Auf dem Rande ist sie mit gravierten Ranken geschmückt, in den Zwickeln der vierpaßförmigen Vertiefung mit Engelfiguren, in den Pässen dieser Vertiefung mit den Figuren Christi, Melchisedechs, Abels und dem Opfer Abrahams. Kelch wie Patene sind Arbeiten aus der Mitte des 13. Jahrhunderts.

Kd. von Sachsen, Amtshauptm. Kamentz Land 191 ff.

59. Silberner, vergoldeter Reisekelch mit Patene im Dom zu Cividale. Der Kelch ist nur 9,5 cm h. und hat oben an der Kuppa bloß 5,5 cm im Durchmesser. Der Durch- messer der Patene beträgt nur ca. 9 cm. Der Kelch ist am Fuß mit gravierten Figuren der Evangelisten verziert, am gegossenen Knauf mit Blattwerk, an der Kuppa mit einer tief gravierten Inschrift. Den zierlichen, aus romanischem Rankenwerk bestehenden, gegossenen und ziselierten Henkeln sind die Figuren Abels und Melchisedechs eingefügt. Die mit achtpaßförmiger Vertiefung versehene, schüsselartige Patene hat in der Mitte in zwölfpaßförmiger Vertiefung ein graviertes Medaillon mit der Darstellung der Rechten Gottes, um das Medaillon herum eine konturiert gravierte, am Rand eine tief aus- gehobene Inschrift. Kelch und Patene gehören wahrscheinlich zu einem im Museum zu Cividale befindlichen, auf der Umrahmung des Altarsteines mit Nielloranken verzierten Portatile. Deutsche Arbeit des späten 12. Jahrhunderts.

60. Patene im Stift zu St. Peter zu Salzburg. Sie besteht aus vergoldetem Silber, und hat einen Durchmesser von 27 cm. In der Mitte ist sie mit großer dreizehnpaß- förmiger Vertiefung versehen, die im Zentrum in einer von einer Nielloinschrift auf Silbergrund umrahmten Scheibe das Lamm Gottes, um die Scheibe herum aber eine Darstellung des letzten Abendmahles nebst einer zweiten Nielloinschrift auf Silbergrund aufweist. Den Rand entlang ist sie in Gravierung mit einer dritten Inschrift auf silbernem Grund und einem kufische Buchstaben nachahmenden ornamentierten Fries verziert. Sie durfte um 1200 entstanden sein.

Mitteil, der k. k. Zentralkommission VIII (1863), 35 f. Kd. des Österr. Kaiserstaates, Salzburg, Stift St. Peter (Wien 1913), 44f.

6 1 . Patene in der Stiftskirche zu Fritzlar. Sie besteht aus vergoldetem Silber, mißt

25 cm im Durchmesser, ist doppelt vertieft, zuerst rund, dann achtpaßförmig, und durch

die hervorragend schönen Gravierungen ihres Randes wie ihrer Vertiefung ausgezeichnet.

Um 1200.

Kd. des Rgb. Kassel, Kr. Fritzlar 84.

62. Kelch in St. Aposteln zu Köln. Der 21 cm h., aus vergoldetem Silber bestehende Kelch zeigt auf dem Fuß zwischen gravierten Halbfiguren von Engeln vier getriebene Medaillons mit Darstellungen aus dem Leben des Herrn. Der runde, durchbrochene, oben und unten von einem mit Filigran verzierten Ring begrenzte Knauf wird durch ein gepeiltes Bändchen in zwei symmetrische Hälften geschieden, die beide in vier mit Fruchtkolben, Blättchen und zierlichen Filigranranken gefüllte Halbkreise aufgeteilt sind. Die Kuppa umgibt ein breites graviertes, die Apostel unter niedrigem Kleeblattbogen dar- stellendes Band. Die zum Kelch gehörende Patene zeigt im vertieften Mittelfeld einen gravierten Achtpaß mit gravierten Darstellungen Christi und der Evangelistensymbole in runder Einfassung und graviertem Blattwerk in den Zwickeln.

Kd. der Rheinprov., Köln I. 4, 156.

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63. Kelch und Patene in St. Godehard zu Hildesheim. Sie pflegen dem Erbauer der Kirchen, dem Bischof Bernhard (f 1153) zugeschrieben zu werden, stammen aber erst aus dem 13. Jahrhundert. Auf dem Fuß des Kelches sind in Treibarbeit vier alttesta- mentliche Vorbilder dargestellt, an der Kelchkuppa vier entsprechende Begebenheiten aus dem Leben des Herrn, in der Mitte der Patene in Gravierung Christus als Weltenrichter. Der hervorragendste Schmuck des Kelches und der Patene ist das kunstvolle, in der Mitte vom Grund völlig losgelöste, aufs reichste entwickelte Filigran, mit dem dieselben in kaum zu überbietendem Ausmaß verziert sind.

A. Bertram 16; Tf. 25.

64. Deckel eines Lektionars zu Höxter, 32 cm h., 23 cm br. Er ist mit einer ver- goldeten, mit graviertem romanischem Ornament belebten Kupferplatte bekleidet, die in der Mitte in einer kleeblattförmig abschließenden Nische eine gegossene Figur der Gottes- mutter, auf den Ecken gegossene Evangelistensymbole, oben und unten zwischen vier kleinen Steinen eine durchbrochene, von einem Emailfries umzogene Limusiner Scheibe aufweist, an den Seiten aber große Steine als Schmuck erhalten hat. Die Steine zeigen

Lochfassung. 13. Jahrhundert.

Kd. Westf., Kr. Höxter 125; Tf. 67.

65. Buchdeckel aus Weihenstephan in der Staatsbibliothek zu München (Cl. 21585), 20,5 cm h., 14,5 cm br. Er zeigt in der Mitte ein Elfenbeinrelief (hl. Stephan) mit vier Steinen in Kapselfassung an dessen Ecken. Um das Elfenbeintäfelchen herum ist er mit Silberblech bekleidet, das mit prachtvollem gestanzten romanischen Banken- und Blattwerk belebt und mit aufgenieteten gestanzten vergoldeten Figuren der Gottesmutter in einer Mandorla und einer achtmal oben zweimal, an den Seiten einmal, unten dreimal sich wiederholenden, stilistisch schon gotisierenden Frauengestalt besetzt ist. Interessante Arbeit des 13. Jahrhunderts.

66. Beliquienschrein des hl. Crispinian im Dom zu Osnabrück, mit Silberblech bekleideter, 50 cm h., 26 cm br., 53 cm 1., mit Satteldach versehener Kasten. Seine Lang- seiten und Dachflächen werden durch Leisten in je drei Felder zerlegt, welche getriebene Figuren des thronenden Christus, der thronenden Gottesmutter und stehender Apostel enthalten. Die Schmalseiten werden durch das Sims der Langseiten, das sich an ihnen fortsetzt, in ein Bechteck und einen Dreieckgiebel aufgeteilt. In letzterem steht an einer Seite eine große Kamee, an der andern ein großer Halbedelstein, im ersteren sind an der einen Schmalseite getriebene Figuren des Gekreuzigten, Marias und Johannes, an der andern die zweier weiteren Apostel angebracht. Die Bekleidung der Leisten und des Bahmenwerkes weist ein prächtiges gestanztes romanisches Muster auf, ausgenommen an der vorderen Langseite, an der sie mit graviertem Ornament und Steinen geschmückt sind. Der heutige Kamm des Dachfirstes ist späteren Ursprungs. Osnabrücker Arbeit aus dem Beginn des 13. Jahrhunderts.

Schriever, Der Dom zu Osnabrück und seine Kunstschätze (Osnabrück 1901), 66 f.

67 68. Kreuzreliquiar zu Mettlach. Es hat die Form eines Triptychons und ist bei geschlossenen Flügeln 38 cm h. und 29 cm br. Abb. 67 gibt es geöffnet wieder. Platte und Schräge des Bahmenwerkes des Mittelstückes wie der Flügel sind mit einem gestanzten Fries aus vergoldetem Silber bekleidet. Im Mittelstück kommt zu der Umrahmung noch eine von glatten Steinen und Filigran gebildete Einfassung. Der Bahmen der Flügel um-

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schließt die in Silber getriebenen stehenden Figuren des hl. Petrus und des hl. Lidwinus, der des Mittelstückes eine Vertiefung in Form eines Doppelkreuzes mit einem mit Steinen und Filigran geschmückten Doppelkreuz und zwanzig auf fünf Reihen verteilte kleine Reliquienbehälter, die als Verschluß einen mit figürlichen Darstellungen (Apostel, Engel, Heilige) in Gold auf blauem Emailgrund verzierten Deckel aufweisen. Die Rückseite des Mittelstückes und die Außenseite der Flügel enthalten vortreffliches graviertes Bild- werk, letztere die Verkündigung und die Anbetung des Jesuskindes durch die drei Weisen. Das Triptychon, wahrscheinlich Trierer Arbeit, stammt aus dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts.

v. Falke 91, 132; Tf. 91, 92.

6g 70. Prudentiaschrein in der Pfarrkirche zu Beckum, mit vergoldetem Silber bekleideter, 1,02 cm 1., 42 cm br., 69 cm h. Kasten mit Satteldach. Er zeigt an allen Seiten kleeblattförmige Arkaden, je sechs an den Langseiten und je zwei an den Kopf- seiten, mit den getriebenen Figuren Christi, der Gottesmutter, der Apostel und der hh. Fabianus und Sebastianus und getriebenen Halbbildern von Engeln in den Zwickeln. Die gekoppelten Säulchen der Arkaden sind graviert, die Bögen mit reichem, hochent- wickeltem Schneckenfiligran, dem Steine in gezackter Fassung eingefügt sind, bekleidet. Unter und über den Arkaden zieht sich eine gravierte Inschrift hin. Sockel und Sims sind ringsum mit gestanzten Friesen überzogen. Die Giebel der Kopfseiten enthalten unter einem mit Filigran und Steinen geschmückten gedrückten Kleeblattbogen getrie- bene Halbfiguren von Engeln; die Dachflächen des Schreines sind mit einem Schindel- muster belebt; die Schrägen des Giebels und der Dachfries werden von einem aus dichtem Rankenwerk bestehenden gegossenen Kamm bekrönt. Auf der Mitte und den Enden des Firstes stehen Knäufe. Der Schrein, laut Inschrift eine Arbeit der Goldschmiede Ran- fridus, Hermanus und Sifridus, entstand in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

Kd. Westf., Kr. Beckum 21 ; Tf. 16, 17.

71 78. Marienschrein im Münster zu Aachen, mit vergoldetem Silber- und Kupfer- blech bekleideter Kasten mit Satteldach 1 ,84 cm 1., 95 cm h., 54 cm br. Begonnen wurde er bald nach 1215, vollendet erst 1237. Er ist wie der jüngere, so auch der entwickeltere und prächtigere der beiden Aachener Schreine ; denn er gleicht nicht mehr einem Sarko- phag, sondern einer Miniaturkirche mit Querschiff, statt Rundbogenarkaden aber zeigt er an beiden Langseiten neben den Querarmen auf Säulenbündeln sitzende, mit Filigran, Edelsteinen, Emailplättchen und Kämmen reich verzierte Giebel, unter denen in Silber getriebene Statuetten der Apostel thronen. An der Front der Querarme, die von pracht- vollen Kämmen und herrlichem Filigranknauf bekrönt wird, ist unter hohen, mit Fili- gran und Steinen völlig bekleidetem spitzem Kleeblattbögen an der einen Seite die Figur der Gottesmutter, an der andern die Karls d. Gr. angebracht. Die von einem auf der Platte mit Filigran- und Emailplättchen, an der Schräge mit gestanztem Ornament be- kleideten Rahmen eingefaßten Dachseiten werden beiderseits von den Querarmen durch kleeblattförmige, am Bogen mit Filigran und Edelsteinen bedeckte Arkaden, in deren Zwickel Engelbilder angebracht sind, in je vier Abteilungen geschieden, die eine Folge von Darstellungen aus dem Leben des Herrn und Marias umschließen. Auf dem Dachfirst sitzt ein vergoldeter, zur Hälfte gegossener, zur Hälfte gestanzter Kamm, aus dem prachtvolle Filigranknäufe, Meisterwerke der Goldschmiedekunst, aufsteigen. (Bd. I, Abb. 8 1 .) Die Kopf-

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seiten sind der Front der Querarme nachgebildet. An der einen thront die Figur Christi, an der andern die des Papstes Leo III. Der Sockel des Schreines ist an der Platte mit Filigran- und Emailplättchen, an der Schräge mit gestanztem Rankenfries bekleidet. Die Simse der Kopfseiten und die Giebel der Kreuzarme zeigen die gleiche Behandlung wie der Sockel, an der Platte des Langseitensimses sind dem Filigran, mit dem dasselbe über- sponnen ist, runde Emailscheibchen eingefügt. Hochentwickelt ist das mit Blümchen und Knospen reich belebte, vom Grund losgelöste, in Spiralen aufsteigende Schneckenfiligran des Schreines. Die Emailplättchen bestehen teils aus reinem Grubenschmelz, teils aus Grubenschmelz in Verbindung mit Zellenschmelz. Die Edelsteine zeigen gezackte Fassung. Mit dem Aachener Marienschrein zeigen Verwandtschaft der Marburger Elisabethschrein, der Remaclusschrein zu Stavelot und der Marienschrein zu Huy. St. Beissel, 8; Tf. XIX— XXIII. Kd. der Rheinprov., Aachen I, 2i8f.

79 87. Elisabethschrein zu Marburg. Der am Sockel 2,28 ml., 67 cm br., 1,35 m h. Schrein hat den Aachener Marienschrein zum Vorbild. Der Querbau, der ihn in der Mitte der Langseite durchschneidet, zeigt auf der einen seiner Stirnseiten unter einer kleeblatt- förmigen Arkade den thronenden Christus, auf der andern war in gleicher Anordnung eine Kreuzigungsgruppe angebracht, von der sich jedoch nur die Figuren Marias und Johannes erhalten haben. Neben den Stirnseiten der Querarme thronen rechts und links an beiden Langseiten unter einem Kleeblattbogen, über den sich auf drei zu einem Bündel zusammengestellten, mit gravierten Musterungen geschmückten Säulchen ein Giebel er- hebt, je drei Apostel. Die Dachflächen sind auf und hinter den Querarmen mit schindel- förmiger vergoldeter Musterung auf Firnisbrandgrund verziert, oberhalb der Apostel- figuren aber mit je einem rechteckigen, vertieften Feld versehen, dessen Rahmen auf der Platte an einer Seite mit vergoldetem Rankenwerk auf Firnisbrandgrund, an den an- dern mit Grubenschmelz- und Filigranplättchen geschmückt ist, auf der Schräge aber einen gestanzten Fries zeigt. Die Felder enthalten unter rundbogigen mit Grubenschmelz und Filigranplättchen besetzten Arkaden je zwei hervorragende, zum Teil französischen Ein- fluß verratende Reliefs, Szenen aus dem Leben der hl. Elisabeth. Die Kopfseiten des Schreines sind den Stirnseiten der Querarme nachgebildet. An der einen ist die getriebene Figur der Muttergottes, an der andern die der hl. Elisabeth angebracht. Der Sockel des Schreines ist abgetreppt und tritt unterhalb der Figuren der Lang- und Kopfseiten in Form eines Kreisabschnittes vor. Seine Schrägen sind mit einem gestanzten Fries be- kleidet, seine untere Platte an den Vorsprüngen mit Filigran und Edelsteinen in gezackter Fassung, in den Zwischenräumen mit Grubenschmelzplättchen, seine obere Platte ganz mit Filigran, dem Grubenschmelzscheibchen eingefügt sind. Das Sims zeigt auf der Schräge einen gestanzten Fries, auf der Platte an den Langseiten Grubenschmelzstreifen, an den Giebeln der Querarme und Kopfseiten aber Filigranplättchen im Wechsel mit Grubenschmelzplättchen. Die Giebel über den Apostelfiguren und die Zwickelflächen der mit Grubenschmelzstreifen überdeckten Kleeblattbögen der Kopfseiten und Stirn- seiten der Querarme sind mit Filigran, dem Edelsteine eingelassen sind, geschmückt. Der Dachfirst und die Giebelschrägen der Kopfseiten und Querarme werden von einem außer- ordentlich reichen Kamm bekrönt, aus dem prachtvolle, mit Email und Blattwerk reich verzierte Knäufe aufsteigen. Die kleinen Giebel über den Aposteln enden in einem melonenartig gerippten Knauf; zwischen ihnen aber erheben sich über den Säulchen-

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bündeln reiche, durchbrochen gearbeitete Filigranknäufe. Der Elisabethschrein ist be- sonders ausgezeichnet durch seine großartigen Kämme, sein getriebenes Figurenwerk, durch sein beispiellos reich entwickeltes, mit zierlichen Blättchen und Blümchen besetztes, frei dem Grund aufliegendes Schneckenfiligran, das bedeutendste, was an solchem über- haupt geschaffen wurde. Er wurde gegen 1250 begonnen.

Revue de l'art chretien XLI (1892), 377 ff.; besonders aber Rieh. Hamann und H. Kohlhaußen, Der Elisabethschrein zu Marburg, eine vorzügliche, eingehendste Veröffentlichung.

88 89. Zwei Armreliquiare in St. Kunibert zu Köln. Die 40 cm hohen Beliquiare zeigen am Sockel, am untern und seitlichen Band des Ärmels, am Saum desselben sowie um das Handgelenk herum hoch entwickeltes mit vielen größeren und kleineren Steinen durchsetztes, teilweise mit Grubenschmelzplättchen abwechselndes Blümchen- und Schneckenfiligran, das zum reichsten und schönsten seiner Art gehört. Sie sind Kölner Arbeit aus dem zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts.

v. Falke, 60, 130; Tf. 68. Kd. der Rheinprov., Köln II. 4, 305.

90. Zwei Armreliquiare aus St. Gereon zu Köln. Eines der" 54 cm hohen Beli- quiare hat Filigran nur in dem auf dem Ärmel angebrachten Vierpaß, das andere aber auch in den Zwickeln der halbkreisförmigen. Halbfiguren in Gold auf blauem Email- grund enthaltenden Scheibchen, mit denen der Ärmel beider Beliquiare über dem Sockel geschmückt ist, am Handgelenk sowie namentlich am Saum des Ärmels, an der letzt- genannten Stelle in der Form reichen Schneckenfiligrans. Die Platte des Sockels beider Beliquiare ist mit einem getriebenen, seine Schräge mit einem gestanzten Fries aus Gold- blech bekleidet. Den seitlichen Saum des ersten Beliquiars verziert ein gestanzter Banken- fries, den seitlichen und oberen Saum des zweiten eine aus Grubenschmelzplättchen bestehende Einfassung. Die Beliquiare, Kölner Arbeit, sind eine Stiftung des Propstes

Arnold von Born (ca. 1215 1250).

v. Falke 59, 13; Tf. 67. Kd. der Rheinprov., Köln IL 1, 92 f.

91. Armreliquiare im Dom zu Halberstadt. Sie sind 51 cm hoch, mit vergoldetem Silberblech bekleidet und an den Säumen, dem Handgelenk und um die Kristallplatte herum, welche die in ihnen geborgenen Beliquien verschließt, mit einer aus Edelsteinen und Filigran bestehenden, von gekörntem Draht umsäumten Einfassung geschmückt. Eines ruht auf drei Löwenfüßen, das andere auf einem an der Platte mit gestanztem Fries, an der Schräge mit Steinen und Filigran geschmückten Sockel. Die Beliquiare sind Arbeit

des späten 13. Jahrhunderts.

Kd. der Prov. Sachsen, Kr. Halberstadt 273.

92 g6. EleutheriusschreinzuTournai,einerdervollendetstenSchreinedes 15. Jahr- hunderts, wenn auch nicht einer der größten, da er nur etwa die Maße des Tournaier Marien Schreines hat. Besonders hervorragend ist er durch sein herrliches lebenswahres Figurenwerk, das den Propheten und Aposteln des Kölner Domschreines nahekommt, so- wie durch sein hochentwickeltes, reizendes Blättchenfiligran, mit dem er nicht nur am Sockel, an den Bögen der Arkaden und auf der Bahmenleiste der Dachflächen, sondern auch auf. den Wandungen hinter den Säulchen der Arkaden der Langseite auf das aus- giebigste verziert ist. In seinem Aufbau und seiner Gliederung wie auch in manchen Einzelheiten steht der Schrein den großen rheinischen Beliquiarschreinen sehr nahe. An den Langseiten sind ihm je vier steile spitze Kleeblattarkaden vorgelegt, deren Bögen auf

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verkoppelten, mit Gravierungen ornamentierten Säulchen sitzen, an den Leibungen reiches Filigran aufweisen, oben abwechselnd mit Filigran- und Schmelzplättchen verziert sind und einen Blattkamm als Bekrönung zeigen. In den von den Arkaden gebildeten tiefen Nischen thronen ausdrucksvolle, meisterliche Apostelfiguren; ihre Zwickel enthalten Halbfiguren von Engeln. Die Dachflächen, die von einer auf der Platte mit Filigran- und Schmelz- plättchen, an der Schräge mit gestanztem Blattfries bekleideten Leisten umrahmt werden, zeigen ebenfalls vier spitze Kleeblatt arkaden, die jedoch weniger tief, leichter und etwas minder reich verziert sind, da sie an den Leibungen nur einen gestanzten Fries, oben aber bloß Filigran und Steine als Schmuck erhalten haben. Auf der einen Seite des Daches stehen unter den Arkaden die getriebenen Figuren Johannes d. T., Gabriels, Marias und der Kirche, auf der andern drei Apostel und die Synagoge. Die Zwickel der Arkaden des Daches sind mit türmereichen Architekturen gefüllt. Die Kopfseiten enthal- ten im Giebel zwischen türmereichen Architekturen die Halbfigur eines Engels, unten unter hoher, den Arkaden der Langseiten gleichartiger Arkade den thronenden Christus bezw. Eleutherius. Der Sockel des Schreines, der an allen Seiten unter den Figuren ähn- lich wie am Elisabethschrein zu Marburg halbkreisförmig vortritt, ist an der Platte mit Fili- gran und Schmelzplättchen, an der Schräge mit Filigran bekleidet, das Sims der Langseiten mit gestanzten Friesen, das Kranzsims der Giebel mit Filigran- und Schmelzplättchen. Den First des Daches und die Giebel der Kopfseiten bekrönt ein köstlicher, aus stehendem Rankenwerk sich zusammensetzender Kamm, aus dem sich in der Mitte des Firstes und auf der Spitze der Giebel mit Email und Blattwerk verzierte Knäufe erheben. Der Schrein wurde unter Bischof Walter von Marvies (1219 1251) angefertigt und 1248 vollendet. Wer ihn schuf, ist nicht bekannt. Sein Filigran zeigt Verwandtschaft mit dem Filigran des Hugo von Oignies und des Meisters der Kreuzreliquiare von Walcourt.

Annales archeol. XIII (1853) 57, 113.

Die Vorlagen (ältere Aufnahmen) zu Abb. 22, 23, 49, 88, 90 erhielt ich durch die Güte des Herrn Geheimrats Prof. Dr. P. Clemen aus dem Denkmälerarchiv der Rheinprovinz zu Bonn, zu Abb. ai, 32, 67, 68, 89, 91 durch die Güte des Herrn Direktors Prof. Dr. Schäfer aus der Rheinischen Lichtbildzentrale des Kölner Kunstgewerbemuseums, zu Abb. 1, 19, 20, 61, 80, 82—87 durch die freundliche Vermittlung des Herrn Assistenten Boymann von der photographischen Abteilung des kunsthistorischen Seminars zu Marburg, zu Abb. 57, 58 durch die liebenswürdige Vermittlung des Herrn Geheimrats Prof. Dr. C. Gurlitt von dem Landesamt für Denkmalpflege von Sachsen, zu Abb. 18, 65 von dem Landesamt für Denkmalpflege zu München. Die Vorlagen zu Abb. 14, 54 ver- danke ich der Freundlichkeit des Herrn Geheimrats Prof. Dr. Marc Rosenberg zu Karlsruhe, zu Abb. 55, 56, 60 der Güte des Herrn Regierungsrates H. Tietze in Wien, zu Abb. 24, 25, 48, 50 dem freundlichenEntgegenkommen des Herrn Geheimrats Prof. Dr. von Falke in Berlin und des Verlags von Jos. Bär & Co. zu Frankfurt. Die Abb. 34, 62, 72, 96, jj, 78 wurden nach Aufnahmen von Dr. Stödtner in Berlin, die übrigen Abb. teils nach Aufnahmen des Verfassers, teils nach älteren Aufnahmen der Beisselschen Sammlung von Photographien in der Bibliothek der „Stimmen der Zeit" zu München hergestellt, darunter die Abb. 71—75 nach älteren Aufnahmen der Kunstanstalt Kühlen zu M.-Glad- bach, die Abb. 2—4, 15, 16, 51— 63 nach älteren Aufnahmen von F. H. Bödeker zu Hildesheim.

II 17

)

Verlag von Richn & Rcusch * München, Theresicnstr. 12/1

Sammelbände zur Geschichte der Kunst und des Kunstgewerbes:

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Bisher sind erschienen: Bd. I. Münchner Barockskulptur von Adolf Feulner

II.' Schwäbische Skulptur der Spätgotik von Karl Gröber

) )

/ III. Süddeutsche Bronzeskulptur des Frühbarocks von A. E. Brinckmann

) VI. Meisterwerke deutscher Glasmalerei der Gotik und Renaissance : Kabinett -

und Rundscheiben von Hermann Schmitz VII. Gotische Bildteppiche aus Frankreich und Flandern von Betty Kurth , VIII. Meisterwerke der deutschen Goldschmiedekunst der vorgotischen Zeit ) I. Teil 9. 12. Jahrhundert von Jos. Braun

) IX. Meisterwerke der deutschen Goldschmiedekunst der vorgotischen Zeit

S II. Teil 12. und 13. Jahrhundert von Jos. Braun

X. Spanische Barockskulptur von August L. Mayer { Weitere Bände sind in Vorbereitung

Meisterwerke der Plastik Bayerns

herausgegeben von Fritz Burger -j- / 2 Bände m Mappe y

Bd. III. Hans Leinbergers Moosburger Altar von Adolf Feulner (in Vorbereitung) >

DieZick (

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II. Flämischer Kalender (

III. l.und 2. Teil. Turnierbuch Herzog Wilhelms IV. von Bayern /

IV. Drei armenische Miniaturhandschriften V. Perikopenbuch Kaiser Heinrichs IL VI. Evangeliarium aus dem Domschatze zu Bamberg

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) 1!

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D (

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nalen mit Geleitwort und erläuterndem Inhaltsverzeichnis von Prof. Dr. Georg Lei- ?

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) den Valutaverhältnisse wegen für längere Zeit den Preis der angezeigten Werke zu (

\ bestimmen, bitten wir bei eintretendem Interesse die Preise einzufordern. ?

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