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^ Mithridates

oder

allgemeine

Sprachenkunde

mit

dem Vater Unser als Sprachprobe

in beynahe

fünfhundert Sprachen und Mundarten,

Johann Christoph Adelung,

Hofrath und Ober-Bibliothekar zu Dresden, grofsentheils

ius Dessen Papieren fortgesetzt und bearbeitet

vou

Dr. Johann Severin Vater,

Frofessor und Bibliothekar der Universität zu Halle.

Zweyter Theil.

B e r 1 i n,

in der Vossisch eu Buchhan dluus, »809.

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Vorrede.

ochüchtern übergebe ich dem Publikum die Fortsetzung eines vielumfassenden, von einem ehrwürdigen Greise begonne- nen Werks. Dankbar für das Vertrauen, wodurch Er sterbend damit einverstan- den war, clafs mir die Pflege des letzten, Ihm sehr werthen Kindes seiner schatz- baren Muse übertragen werde, und mit inniger Achtung gegen solchen For- schungsgeist habe ich die Materialien er- griffen, die mir aus dem Nachlasse des Verewigten eingehändigt wurden, und mit unermüdlichem Eifer für die Lingui- stik, der ich meine Anstrengungen wid- me, diesen zweyten Theil des Werkes ausgearbeitet. Die Nachsicht der Freun- de desselben, welche leicht dem Nach- folger eines solchen Vorgängers schwer zu bet"riedigende Erwartungen und For- derungen entgegenbringen könnten, hoffe ich durch die Darlegung der Schwierigkeiten zu erlangen, mit wel- chen ich zu kämpfen hatte.

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Die Fortsetzung eines Werks, wel- ches die Resultate einer Ungeheuern Menge von Materiahen enthält, ist weit schwieriger für einen Dritten, als iür den, welcher den Plan desselben selbst anlegte,, ihn be}^ der Sammlung seiner Materialien immer vor Augen hatte, und den Zusammenhang; die Ouellen und die Beurtheilung dieser schon aus blo- fsen Andeutungen hiniänglich übersah. Geläufig konnten sie unmöglich so auch einem Fremden seyn. Hätte ich selbst ein solches Werk unternommen: so wäre es eine gerechte Anforderung an mich , dafs ich mich vorher in den Be- sitz aller nöthigen Materialien gesetzt habe. Itzt aber war diefs ganz unaus- führbar in der kurzen Zeit, welche mir die Verlagshandlung gewähren konnte, wenn sie nicht bey diesem Unterneh- men, das ihr in diesen Jahren schon für sich Ehre macht, den Verzug mit zu gro- fsem Verluste hätte erkaufen sollen. Nicht einmal die nochmahlige Prüfung aller vorgefundenen, z. B. litterärischen Daten war möglich; und doch durften sie dem Publikum eben so wenig vor- enthalten werden, als Adelung's Ur- theile, auch wo die meinigen davon ab- Vv^eichen. Jener Plan , so viel sich da- von aus dem ersten Tlieile, und den noch vor Adelung's Tode gedruckten

lol Bogen des zweyten ersehen liefs, rrulste gleichförmig durchgeführt wer- den ; diefs forderte die Einheit des Werks. Gleichwohl mochte dieser Plan selbst von seinem Urheber schwerlich schon bis in's Detail verfolgt worden seyn. Diefs ist bey einer so Ungeheuern \1enge von Daten, deren Verein hier Zweck ist, erst dann möglich, wenn die M;.ttrialien für jedesFach nichtblofs ge- sammelt, sondein auch schon verarbei- tet, und alle Lücken und alle Verhält- nisse zu andern Fächern bemerklich ge- worden sind. Aber erliegen würde der Geist der Masse dieser Materialien, wenn er nicht einen Theil derselben schon völlig auf die Seite geschafft hat, bevor er die ganze Spannung seiner Aufmerk- samkeit auf den folgenden richtet. Sol- che Schwierigkeiten hat also die Durch- führung eines solchen Werkes selbst für seinen Urheber: bey dem Nachfolger desselben vermehren sie sich vielfach, und er findet sich oft in der Verlegen- heit, nur so weit nachhelfen zu können, als es nocli die Umstände erlauben. So mufste ich es oft selbst bey Abschnitten, bey welchen ich ein in's Reine gearbeite- tes Manuscript vorfand, aber über de- ren Ordnung mich die bald weggestri- chenen, bald nicht zusammen passen- den Zahlen ihrer Folge in Ungewifsheit

lielsen. Sogar bey Hauptabschnitten war diefs der Fall, z. B. bey dem Ger- manischen und l'iiracisch-Pelasgischen Sprachstamme, wo mich aber die S. 4, schon gedruckte Anordnung nöthigte^ gegen meine Überzeugung jenen vor diesem abzuhandeln.

Ein anderes Flindernifs der Gleich- förmigkeit der Durchführung eines sol- chen Werks liegt in der ungleichen Fülle der Nachrichten von einzelnen Spra- chen. Bey manchen sind die Nachrich- ten sehr dürftig, und man darf doch der bloisen Gleichlörmigkeit der Darstellung nicht den Reichthum aufopfern, wel- chen die Ouellen der Nachrichten von andern Sprachen darbieten. Die Natur der Sache verstattet also nicht, dieses Hindernifs der Gleichförmigkeit ganz zu heben: aber bis auf einen gewissen Punct läfst sich das Nöthige über ver- nachläisigte Sprachen zusammen brin- gen, und anderwärts der Reichthum der Nachrichten theils benutzen, theils be- schränken. In dieser Hinsicht ist für mich Vieles zu thun übrig geblieben, indem ich bey manchen von den wichtigsten Sprachen der Sprachprobe kaum einige Seiten Text, als eine kurze Schilderung, vorgesetzt fand, und die Litteratur der Europäischen Sprachen in dem ausgear- beiteten Manuscripte durchgehends aui

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die neuesten Bücher über dieselben be- schränkt war, statt dafs sie im ersten Tlieile , z. B. bey der Hebräischen Spra- che und ihren Schwestern, so vollstän- dig ist. Neben jenem kurzen Manuscript des Textes lagen oft noch eine Menge Notizen auf einzelnen Blättchen, wie sie bey der Lectüre hingeworfen worden waren, die dann, begreiflich der Prü- fung, oft der Berichtigung bedurften, und alle erst verarbeitet werden mufsten. Bey dieser Prüfung, Berichtigung undZusammenstellung des Ganzen habe ich mich immer auf den Gesichtspunkt gestellt, als ob mir Adelung noch wäh- rend seines Fortlebens die Revision und Bearbeitung seiner gesammelten Mate- rialien übertragen hätte, und als ob es meine Pflicht wäre, alles, was ich än- derte, berichtigte, tiefer verfolgte, wei- ter ausführte, vor dem ehrwürdigen Greise selbst zu rechtfertigen. Nach diesem Maalsstal^e habe ich das Ganze behandelt, wenn ich davon die Slawi- schen , die Slawisch - Germanischen Sprachen und die Ungarische ausnehme. Das vöUig in's Reine gearbeitete Manu- script über den ersten dieser Sprach- stämme hatte Adelung dem verehrungs- würdigen Herrn Abbe Dobrowsky ^ das über den zweyten dem kürzlich verstor- benen Herrn Superintendent Hennig,

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und das über die Ungarische Sprache dem gelehrten Herrn Professor Rumi^ damahls in Teschen , zur Durchsicht und Berichtigung mitgetheilt, und von die- sen zurück, erhalten. Von allen Bemer- kungen dieser gelehrten Kenner hatte noch Adelung Gebrauch gemacht, und das Manuscript lag ohne Zweifel in der Gestalt da , in welcher Adelung die Ab- sicht hatte, es vor dem Publikum er- scheinen zu lassen. Ich hielt es für Pflicht, dieser Absicht zu folgen, und habe in diesen Abschnitten blols das Nö- thige von der älteren und neuesten Lit- teratur hinzugetragen , wovon Adelung nach der oben berührten Umänderung seines Plans nur einen Theil erwähnt hatte; und habe übrigens bey den Slawi- schen Sprachen auf meine Ansichten verwiesen, welche die Einleitung zu meiner Russischen Grammatik enthält, und bey der Ungarischen Sprache theils die damals noch unbenutzten Notizen aus Herrn von Engels vortrefflichem Werke, theils einen beurtheilenden Auszug aus Herrn Gyarmathis gelehrten Werke hinzugefügt, der, verglichen mit meiner, wegen jener Rücksicht aus- führlichen Characteristik der Finnischen Sprache und ihrer Schwestern dazubey- Tragen mag, über das Verhältnifs dersel- ben zu der Ungarischen zu iirtheilen.

IX

Ein ehrwürdiger Gelehrter, wie Ade- lung, bringt zu einer solchen Arbeit eine Menge der schätzbarsten Erfahrun- gen, welche dem jüngeren abgehen. Aber ein Wunder wäre es, wenn sich der Greis noch eben so, wie es der Eifer des letzteren vermag, in die Grammatik der unbekannteren Sprachen völlig ein- studiren sollte, um über den Charakter derselben mehr, als zufällig aufgefafste Notizen Anderer zu geben. Ich habe mir diefs überall zum Geschäft gemacht, Charakteristiken aller Sprachen, (wie ich sie ja auch bey den vorhin ge- nannten drey Fächern und bey der all- gemeinen Einleitung zu den Germani- schen Sprachen in dem dort schon in's Heine gearbeiteten Manuscripte vor- fand) zu entw^erfen, und hoffe damit den Freunden der Linguistik einen Dienst erwiesen zu haben, welche nun die Resultate eines mühsamen Studiums vieler Grammatiken zu einer leichten Übersicht der Hauptmomente zusam- mengestellt finden w^erden.

Diefs also habe ich überall, und so vieles andere in einzelnen Abschnitten hinzugearbeitet, eingeschaltet oder nä- her bestimmt. Aber die Leser erhalten diefs alles als zusammenhängendes Gan- zes, ohne dafs unterschieden wäre, was von Adelung's undw^as von mein er Hand

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kommt. Eine solche Unterscheidung würde aus Eitelkeit, die mir fremd ist, imd ciuf Kosten des Publikums gesche- hen seyn, das dann Text und Anmer- kungen ohne Verbindung, und mit da- bey unabwendbaren Wiederhohlungen eriialten hätte. Wem an einer genauen Unterscheidung liegen sollte, dem biete ich gern das aufbewahrte Manuscript dar, das die vielfache Mühe, die mich die meisten Seiten auch des schon gear- beiteten Manuscripts, aufser den weni- gen ganz vollendeten Abschnitten ge- kostet haben, am besten beurkunden würde.

Bis S. 167. fand ich, wie ich vorher erwähnte, schon gedruckt. Zu dem er- sten Abschnitte über das Biscayische würde ich zwar erhebliche Zusätze aus Lariam en dl haben 1 i e f e r n k ö n n e n , w e I- chen ich schon vor der Ansicht dieser Bogen gebraucht habe; aber wichtiger, als diese, ist die erfreuliche Zusage, die ich vom Hrn. Minister von Humboldt zu Rom erhalten habe, künftig die Resul- tate Seiner veilrauten Bekanntschaft mit dieser merkwiü^digen Sprache mit- thcilen zu können.

Für den Germanischen Sprachstamm fand ich das Manuscript bis zu S. 270. so ausgearbeitet, dals ich blofs Zusätze aus einigen neueren Schriften hinzuzufügen

hatte. (Man wird daher finden, dafs Adelung hier häufig in der erstenPerson von sich spricht, so wie denn überhaupt auch in später von ihm beybehaltenen Stücken zc/z sich allemal auf Adelung be- zieht.) Aber von S. 270. an war kein Text von Adelung's Hand vorhanden, sondern MateriaUen, die ich zusammen- gestellt habe. Für die Sprachen des Skandinavischen Stammes war zwar aus- gearbeiteter Text da, aber ein so sehr kurzer, dafs überall weitere Ausführun- gen nöthig wurden.

Bey dem Thracisch-Pelasgisch- Hel- lenisch - Lateinischen Sprachstamme, den ich unter keiner andern Benennung aufstellen konnte, ohne entweder der Sache oder der S. 4. gegebenen Anord- nung zu nahe zu treten, ist das, was über die Thracischen und Pelasgischen Völkerschaften gesagt ist, in Absicht al- ler Ansichten ganz nach Adelung's Rein- schrift abgedruckt. Doch war keine der dort angeführten Stellen der alten Clas- biker anders, als blofs das Buch dersel- ben, citirt, und ihr Inhalt w^ar ohne Zweifel nur aus Übersetzungen ge- schöpft; denn sonst könnte er unmög- lich so sehr oft in Dingen von gröfiserem oder geringerem Belange verfehlt gewe- sen seyn. Die Achtung nicht nur gegen das Publikum, sondein gegen Adt^lung

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selbst, forderte, dafs dies Alles berich- tiget und abgeändert wurde.

Dagegen für die Hellenisch -Griechi- schen Völker und Sprachen habe ich kaum ein Blatt von näherer Vorarbeit, obwohl sehr weitläufige Compilationen über Chronologie und Geschichte der Griechen vorgefunden, in welchen Ade- lung weit aushöhlte, aber nicht bis zu den Vorarbeiten kam , die mich unter- stützt hätten. Dieser Abschnitt ist also blofs von mir, aufser das Stück über das Neu- Griechische, welches einiger Zu- sätze bedurfte, und der Litteratur, die ich, wie überall, zum Theil von Ade- lung's Papieren unterstützt, hinzugear- beitet habe.

Bey dem der Lateinischen Sprache war ich in der Verlegenheit, dafs das ausgearbeitet vorgefundene Manuscript meinen Ansichten in gar vielen wesent- lichen Stücken widersprach. Da es in- dessen offenbar so vor mir lag , wie es nach Adelung's Absicht in seinem Werke seinen Platz erhalten sollte, und die An- nahmen eines solchen Forschers in ei- nem ihm nicht fremden Felde bemer- kenswerth genug sind: so liefs ich die- sen Abschnitt nach jener Absicht ganz unverändert abdrucken, und berichtigte oder ergänzte nur einiges, was auch bey jenen Ansichten gewifs verwerflich oder

xiri

mangelhaft war; verwebte einige Win- ke über die Entstehung der Lateinischen Sprache in meine Charakteristik der La- teinischen Töchtersprachen, und ver- schob, was sich über die Hetrurische Sprache aus dem wenig gebrauchten Lanzi hätte hinzulügen lassen, auf die mit dem nächsten Bande zu vereinigen- den Nachträge zu diesem Werke, indem solche Einschiebungen hier Adekuig's Abhandlung ganz unterbrochen, und viele seiner Behauptungen aufgehoben haben würden.

Bey den übrigen zuschnitten, nämlich den Töchter-Sprachen der Lateinischen, so wie hernach bey der Walachischen und bey der Albanischen, fand ich wie- derum blofs einen äufserst kurzen Text, und daneben mehr oder minder be- trächtliche , mehr oder weniger brauch- bare Materialien auf einzelnen Blättern. Ich habe keine Mühe gespart, sie zu ver- arbeiten, und hinzuzusammeln, was mir möglich war; und die Anwesenheit weder der Spanischen Truppen aus ver- schiedenen Gegenden dieses Landes, in Elamburg, noch Albanisch er Kaufleute zu Leipzig ist unbenutzt geblieben. Diesen Fremden verdanke ich auch ein paar Vater- Unser, obw9hl übrigens alle in diesemBande abgedruckte Formeln von Adelung selbst gesammelt, und nur ein

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paar fehlende, z. B. die Formel aus der sogenannten alten Itala hinzugekommen sind. Bey der Abhandlung über die Französischen Dialecte hoffe ich gelei- stet zu haben, was ich bey einem Gegen- stande, der in Deutschland doch nicht erschöpft werden kann , und über wel- chen Adelung auch wenig mehr als litte- rärische Notizen gesammelt hatte, bey der Schwierigkeit der Begriffe von der Beschaffenheit dieser Mundarten und ihrer Anordnung, zu thun vermochte. Über die Dialecte des Itahänischen fand ich zwar einen in's R.eine gearbeiteten Text, dessen Ordnung im Ganzen bey- behalten w^orden ist. Aber da eben zu rechter Zeit des leider nun auch ver- ewigten Fernow's vortreiiHches Werk über die Dialecte Italiens erschien: so mufste daraus jenes Manuscript überall berichtigt und ergänzt werden. Die Lit- teratur jener Dialecte aus Fernow ganz über zu tragen , würde ich für ein Plagiat gehalten haben. Ich habe daraus zwar einige auffallende Lücken ergänzt, übri- gens aber nur die Schriften über jene Dialecte angeführt, w^elche in Adelung's Papieren genannt oder mir sonst be- kannt waren.

Gerade bey diesen Dialecten waren die Materialien zu ihrer Litteratur in Adelung's Papieren sehr reichhaltig.

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Dafs ich aber übrigens die Litteratur der Sprachkunde in jedem Abschnitte nicht blofs habe zusammensteiien, sondern gröistentheils auch sammeln müssen, ist schon angedeutet worden. *}

Ohne die vortrelFliclie linguistische Bibliothek des Herrn Professors Rudiger und die freundschaftlichste Gefälligi^eit dieses Gelehrten würde ich meinen Le- sern durchaus das nicht haben gewahren können, was ich mir bewufst bin, für dieses Werk gearbeitet zu haben; und ich danke dafür hiermit öffentlich, so wie zugleich allen den gütigen Beförde- rern meiner linguistischen Forschungen, dem Hrn. Professor Ebeliug^ Hrn. Ca- nonicus Lafontaine , Hrn. Hofrath Äde-

*) Zu der Litteratur bitte ich S. /^57: J. A. E. Schmidi''s Neu - Griechische Grauiinatik, Leipzig, 1808, 8- S. 657: (DobroivsWs) Glagoliticon über die ClagoUtischt Litteratur, das Alter der Buckwitza, ihr Muster, nach welchem sie gebiklet worden, den. Ursprung der Römisch - Slawischen Liturgie, die Be- schafFeuheit der Dahnarischen Übersetzung , die man dem Hieronynuis zuschrieb, ein Anhang, zum Sla- win. Prag, ißo?» 8' S. 710: O pocz^tkach narodu i ifcyka Liteivsliego rozprawa przez Xav. Bohusza. Warschau, i8''8> 8' ^^''^^^ bey dem Ungarischen: Sam. Pa^'7«y's iUaijy/ir Literatura Esmerele, B. L, Ves- s])rini, 1808; nachzutragen. Einige Druckveisehen läey den vielen Nahmen und Zahlen würden sehr ver- zeihlich seyn, auch wenn der Druck nicht in so weiter Entfernung von dem Herausgeber besorgt worden wäre. Indessen ist die Correctur zu Berlin eben so sorgfältig als bey dem ersten Bande gewesen , wo ein« eben solche Entfernung Statt fand.

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hing und von Stn/ve zu St. Petersburg, Voizüglich aber den beyden Herren von Humboldt^ deren ausgezeichnetes, edles Wohlwollen mich in den Stand setzt, recht vieles Neue» in dem dritten und letzten Bande dieses Werks: iiöer die Afrikanischen und Afnerikanischen Spra- chen, zu liefern, welchen ich zu Ostern Ig 10 versprechen kann, da ich alle die wichtigsten Vorarbeiten dazu mit einem mir selbst unerwarteten Glücke schon itzt ziemlich vollendet habe. In den Adelungischen Papieren und den Papie- ren zu Hrn. von Alurrs Bibliotheca glot* tica, welche mir derselbe auch überlas- sen hat, habe ich dazu manche schätz- bare litterärische Notiz, aber äufserst wenig mehr vorgefunden.

Bey diesem zweyten Bande niufs ich itzt gerade zuerst mit der Bearbeitung von gröfstentheils so bekannten Spra- chen auftreten, dafs darüber Viele mehr sagen können, als sie hier finden. Aber in einem so unermefslichen Felde wird auch nicht Jeder, der einen einzelnen Theil desselben auf's genaueste kennt, verlangen, dafs der Beobachter des Ganzen und Allgemeinen ihn erreiche oder übertreffe, sondern seine Berich- tigungen lieber dem redlichen Forscher ireundlich zufliefsen lassen.

Man

XVII

Man gewähre mir die Nachsicht, die ich, bey allen Schwierigkeiten meiner Arbeit, zu verdienen mir schmeichle. Man schreibe mir nicht das zu, was von mir nicht ausgeht, am wenigsten diefs, dafs das Vater -Unser nicht die tauglich- ste Sprachprobe sey. Die ganze Anlage und sehr vieles Einzelne mufste so blei- ben , wie ich es fand ; und die Resultate der Forschungen eines Adelung's, ver- webt in so viele seiner herrlichen Ge- danken, waren meiner -vollsten Ach- tung werth.

Und so gehe denn dieser Band auch bey mancherley Mängeln, die sich von einem so umfassenden Werke schwerlich jemals ganz trennen lassen, in das Pu- blikum. Möge dem Vertrauen des ehr- würdigen Adelung's , wie mein Eifer, so der Erfolg entsprechen, und der gegen- wärtige Band auch in dieser Gestalt ein nicht unwürdiges Denkmal seines Nah- mens seyn.

Halle, im November 1808.

XVIII

Einige Yerbesseruiigeii.

S. 202, Mitte, setze man blnzu: Frnz Jos. StaJder's Versuch eines schweizerischen Idiotikons mit etymologischen Anmerkungen und einer Skizze einer Schweizer- Dialectologie, 1. Bd. Arau und Basel, ißoö.

S. 596, lies so statt der Seitenzahl 95(5.

S. 597, 1. Neufchatelisch statt Neufosatellsch.

S. 615 in der Überschrift, 1. Slavischen Sprachen st. Sprache.

S. 665, Note Z. 15, nach hynvc setze man einen Punct.

S. 731, Z. 6 von unten, 1. mehrerley st. manclierley.

Inhalt.

Europäische Sprachen.

Einleitung, S. 3.

I. Cantabrisch oder Baskisch, S. g. IL Keltischer Sprach- und Völker- stamra.

1. Alte Kelten, S. 51.

2. Töchter des Keltischen in Britan-

nien und Ireland, S. 78.

A. Ireländisch, Ersisch, S. 84.

B. Berg- Schottisch, Hochländisch, Ga-

lisch, S. 95.

Anhang.. Über den Ossian, S. 104. b 2

lil. Keltisch- Germanischer oder Klm- brischer Sprachstamm, S. 142.

A. Kimbrisch in Wales und Corn-Wa-

les, S. 145.

B. Kimbriscli in Nieder - Bretagne,

S. 157.

IV. Germanischer Sprach - und Völ- kerstamm, S. 167.

A. Deutscher Hauptstamm, S. igo,

1. Ober- Deutsch ,' S. 180.

2. Nieder- Deutsch, S. 225.

a) Friesisch, S. GGg.

(1) Batavische Friesen, S. 253, (£) Kauchische Friesen, 5.439. (3) Nord -Friesen, S. 24^*

b) Niederländisch oder Holländisch, S. 244«

c) Nieder - Sächsisch oder Platt - Deutsch,

S. 253.

3. Mittel -Deutsch, S. 270.

4. Hoch- Deutsch, S. 282.

B. Scandinavisclier Hauptstamm, S. 294.

a) Dänisch, S. 297.

b) Norwegisch, S. 302,

c) Isländisch, S. 305.

d) Schwedisch, S. 308. Cl Englisch, S. 316.

V.Thracisch-Pelasgisch- Griechischer und Lateinischer Sprach- und Völkerstamm 5 S. 339.

I. Thracisch -Illyrischer Hauptstamm.

A. In Klein- Asien, S. 344.

i) Phrygier, S. $45. . Q.) Thyiiier und Bithynier, S. 546,

3) Heneter und Paphlagonier, S.,347'

4) Mysier uod Tro^r, S. 54''.

5) Lydier, S. 348-

6) Karicr, S, 349.

7) Lycier, S. 550.

B. In Europa.

1) Kinmierier, S. 551.

q) Taurier, S. 553.

5) Thracier im engsten Verstände, 8^554

4) Dacier und Geten, S. 356.

5) Mösier, S. 359.

6) Macedonier, S. 359.

7) Epiroten, S. 561,

8) Abanten, S. 562.

9) Illyrier, S. 563.

10) Veneter, S. 364.

11) Pannonier, S. 565.

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2. Pelasglscher Hauptstanim, S. 566.

1) Lelegev, S. 571.

2) Kixreten, S. 372.

3) Dryoper, S. 575.

4) Thesprotier, S. 573.

5) Lapitben und Ceritauren, S. 574.

6) Perrhebäer, S. 374.

7) Telchiten, S. 375.

8) Ektener, Hyanten und Aeoner , S. 375.

9) Kaukonen, S. 576.

10) Tyrrhener, S, 376.

11) Arkadier, S. 377.

is) Graeci, Oenotiier, S. 373. 15) Cretenser, S. 378.

5. Hellenisch - Griechischer Haupt- stamm, S. 379. Neu- Griechisch, S. 426.

'4. Lateinischer Sprachstamm, S. 448»

A. Lateinische Sprache, S. 458.

B. Töchter des Lateins, S. 47 j.

A. Italiänisch, S. 486-

B. Spanisch und Portugiesisch.

Spanisch, S. 555. rortugiesisch , S. 549.

C. Französisch, S. 557'

D. Romanisch oder Rhätisch, S. 598.

XXIII

VI. Slawischer Sprach- und Völker- stamm, S. 610.

1. Antischer oder östlicher Haiijjtstamm.

A. Russen, S. 617.

a) Siawenisch -Russische oder Slawenlsch-

Servische Kirchensprache , S. 620.

b) Gemein -Russisch, S. 624.

B. Illyrische Slawen, S. 633. 1) Servischer Stamm, S. 639. a) Kroatischer Stamm, S 647.

3) Südliche Wenden oder Winden, S. C54.

2. Westlicher oder Slawischer Haupt-

stamm.

A. Polen. S. 663.

B. Tschechen oder Böhmen, S. 672.

C. Serben, S. 6So.

-D. Nördliche Wenden, S. 688-

VII. Germanisch-Slawischer oder Let- tischer Sprachstamm, S. 6y6.

A. Alt-Preufsisch, S. 700.

B. Preiifsisch-Lithaiüsch, S. 70g.

C. Polnisch - Lithauisch oder Schamai^

tisch, S. 708.

D. Lettisch im engsten Verstände^ S.7 1 1.

XXIV

VIIL Römiscli - Slawisch oder Walla- chisch, S. 723.

IX. Tschudischer Völkerstamm , S. 73g.

A. Fhineii, S. 755.

B. Lappen, S. 761.

C. Estlieu, S. 765.

D. Lieveii, S. 768.

X. Einige gemischte Sprachen im Süd-

Osten von Europa. A. Ungarisch, S. 769. ß. Albanisch, S. 792.

Mithri-

M i t h r i d a t e s.

oder

allgemeine Sprachenkunde.

Z ^v e y t e r Band.

Europäische Sprachen.

Einleitung.

D.

'erjenige Welttheil, welchen wir nach dem Vorgange der Phönicier Europa nennen, i.st eigentlich nur die westliche Fortsetzung von Asien, auch in der Natur durch nichts von dem- selben unterschieden; man müfste denn das Ge- birge Ural für eine solche Grenze annehmen wollen. Es hat daher auch seine Einwohntr diesem Welttheile unmittelbar zu danken, und zwar zunächst dem hohen Mittel -Asien in dem- selben, dieser alten und groß»en Pflanzschule des menschlichen Geschlechtes für das nörd- liche Asien, Europa und Amerika; dennAiiilva scheint seine Bewohner aus dem südwestlichen Asien bekommen zu haben. Mehr als wahi- scheinlich ist, dafs diese Bevölkerung zu Lande geschehen, indem die Natur hier schon selbst die Wege vorgezeichnet hat, die SchirTfahrt aber nur erst spät zu derjenigen Vollkommenheit ge- langen können, welche erfordert wird, wenn beträchtliche Volksstämme mit ihren Familien und Heerden sich einem so gefährlichen Ele- mente anvertrauen sollen.

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4

Denn dafs diese Bevölkerung sehr tief in dem Dunkel der Vorzeit geschehen, erhellet unter andern auch daraus, weil bey dem ersten Anfange der Geschichte bereits das ganze Eu- ropa von dem Don an bis an den Ausflufs des Tage mit Völkern mancher Art inid Zungen an- gefüllet ist, welche zum Theil schon ^rofbe Um- wandlungen und Vermischungen erlitten haben. Besonders finden wir hier sechs an Sprache und Herkunft verschiedene Hauptvölker, welche von W^esten nach Osten in nachstehender Ordnung aufeinanderfolgen: i. Die löerier mit den Can" tabriern in Spanien, einem Theile von Gallien und an den Küsten des mittelländischen Meeres bis nach Italien. 2. Die Kelten in Gallien, den Brittannischen Inseln, zwischen der Donau und den Alpen und in einem Theile von Italien. 3. Die Germanhr zwischen dem Rheine, der Do- nau, und der Weichsel bis in den tiefsten Nor- den. 4. Die Thracier mit den lllyriern im süd- östlichen Europa und dem westlichen Asien. 5. Die Slaven^ jenen in Norden, und 6. die Finnen in dem nordöstlichen Europa.

Ist die erste Bevölkerung familienweise ge- schehen, so wie die Vermehrung, und der darin gegründete Drang von Osten her die vor- liegenden Stämme immer weiter ostwärts ge- trieben, bis mächtige Naturgrenzen ihrem wei- tern Vorrücken Schranken gesetzet: so werden sie ziemlich in der Ordnung eingewandert seyn, in welcher ich sie aufgcführet habe, und in wel-

eher wir ihre rJaclikommen zum Theil noch jetzt finden. Spaniens Bewohner wohnen am west- lichsten, und sind daher in ihren Ahnh.eixen wahrscheinlich auch am frühesten eingewandert. Ob es vor ihnen noch andere Stamme gegeben, welche von ihnen verschlungen oder in das nahe Afrika verdränget worden, ist uns jetzt unbe- kannt. Ihnen im Rücken folgen die Kelten, ein zahheicher Volksstamm, welcher einen beträcht- lichen Theil des mittlem Europa beherrschet. An diese schliefsen sich in Norden die Germa- nen und in Süden die Tliracier an, und die Slaven , die Spätlinge der ausgewanderten Asia- ten machen in Norden den Beschlufs. Welches Glied in dieser grofsen Völkerkette die Finnen einnehmen, läfst sich wohl nicht leicht bestim- men. Sie werden uns erst spät als ein eigener Volksstamm bekannt, und da finden wir sie in dem nördlichsten Europa, in Norden und Osten der Germanen und Slaven; ob aus eigener Vv'^ahl oder von mächtigern Nachbarn gedrängt, wissen wir nicht.

So lange der überall offene Raum die Ver- breitung auf keiner Seite einschränkte, mochte selbige der Natur gemäfs und ohne Gewaltthä- tigkeit geschehen, so wie die innere Fülle sie ei forderte. Aber so bald der Raum erschöpft war, trat auch das in der ganzen Natur so tief gegründete Recht des Stärkern auf den Schau- platz, und nun entstand der Krieg aller widei alle, sein Duseyn a.uf Kosten schwächerer Nach-

ß

barn zu sichern. Dahei* finden wir bey der ersten Dämmerung der Geschichte so viele dem Blute und der Sprache nach vermischte Völker, welche von gevvaltthätigen Unterjochungen und Einverleibungen zeugen. Bekannt sind die Kelt- Jberier in Spanien , die Beigen oder Kimbern in Gallien und Britannien, die Lnt einer ^ Elrusker und andere Volksstämme in Italien, und wer weifs, wie viele andere noch, deren I\'ahme und Andenken mit ihrem Blute und ihrer Spra- clie von mächtigern verschlungen worden. In den spätem Zeiten kommen dazu die Letten, Wallachen, Ungarn und Albanier in dem öst- lichen Europa. Wie viele Völker mancher Art hat nicht allein der mächtige Slavische Stamm sich einverleibt, und ihre Nahmen auf immer vertilgt? Man ist bi&her auf diese vermischten Völker und Sprachen zu wenig aufmerksam ge- wesen, und dadurch zu vielen Mifsgriffen ver- Ifitet worden, welche in der Geschichte von Wichtigkeit werden können, wenn m.an Völker zu Einem Stamme rechnet, welche doch meh- rern zugleich angehören. Die Kimbern in W^a- les lassen sich so wenig zu den reinen Kelten rechnen, als die Breyzads in Nieder -Bretagne, die Ungarn so wenig zu den Finnen, als die Letten zu den Slaven. Besonders wenn die Be- standtheile mehrerer Völker und Sprachen bey- nalie zu gleichen Theiien in einander verschmel- zet werden; denn einzelne durch Handlung, Cultur und Herrschaft aufgenommene W^örter

jnachen noch keine Vermischung in diesem en- gern Verstände aus. Ich habe die auf solche

o

Art vermischten Sprachen , so viel mir möglich war, von denimehr reinen und unvermischten abzusondern und besonders zu stellen gesucht. Aber manche Sprachen , besonders was die aufser Europa betrifft, sind uns ihren Bestand- theilen nach noch zu unbekannt, als dafs man jetzt schon alles erschöpfen könnte, daher der Zukunft hier noch vieles nachzutragen übrig bleibt.

Pafs alle die jetzt gedachten Hauptvölker ihre eigenen von andern verschiedene Sprachen gehabt, lehret der Augenschein, \venn man ihre Überbleibsel unter einander vergleicht. Über- diefs geben es auch Theorie und Erfahrung, dafs jede Sprache sich in einer gewissen Entfer- nung der Zeit und des Raumes so verändert, dafs sich an ihren äufsersten Grenzen neue Spra- chen aus derselben bilden. Läfst sich die Zeit gleich nicht nach Jahrhunderten, und der Raum nicht nach Ouadrat- Meilen angeben, so ist es doch eine Thatsache, welche die Natur auf der ganzen bekannten Erdfläche bestätiget. Ein W^elttheil von mehr als 150000 Quadrat- Meilen kann nicht von einer Sprache allein beherrschet werden. Dafs es sich ehedem anders verhalten habe, wie mehrmahls behauptet worden, ist leicht durch den Augenschein zu widerlegen. Vielmehr gibt es in den altern Zeiten, wo die Völker noch mehr in kleine unabhängige Stämme

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geth eilet sind, die bey ihrer natürlichen Unver- träglichkeit alle Annäherung und Verbindung meiden, der Sprachen und Mundarten mehr und abweicliendere, als in der Verbindung mehrerer zu einem Ganzen. Das beweisen noch jetzt so viele kleine Völkerschaften in Amerika, Afrika und dem nördlichen Asien. Es ist daher leicht zu zeigen, dafs Iberisch, Keltisch, Ger- manisch , Thracisch , Slavisch und Finnisch, ehedem, d. i. bey dem Anfange unserer Ge- schichte eben so verschieden waren, als ihre Töchter jetzt nur seyn können. Dabey verste- het sich von selbst, dafs dieser Verscliiedenheit nn geachtet, unter Sprachen , welche ihrer C)uelle um zwey bis drey tausend Jahren naher sind, noch manche Überreste der ersten Sprach- bildung mehr, als unter ihren spätem und oft so sehr ausgearteten Töchtern sich erhalten ha- ben können und müssen. Nur mufs man selbige

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iiiclit so grofs und so zahlreich annehmen, dafs dadurch aller in der Natur gegründete Unter- schied der Sprachen aufgehoben werde.

9

I.

Cantabrisch oder Baskisch.

Geschichte und Kahme.

Opanien ist uns erst durch die Römer bekannt geworden. Ob die Bewohner eines so beträcht- lichen Landes vor deren Ankunft, die südlichen Küsten etwa ausgenommen, wo sich Phönicier niedergelassen hatten, ins^esammt von Einer Herkunft und Sprache gewesen, ist noch nicht völlig ausgemacht. Ist dem Strabo zu glauben, so waren alle hier wohnende Völker sich an Sit- ten, Lebensart und Waffen gleich; nur in der Sprache und Cultur waren sie verschieden. Da- hin gehörten in Süden bis über die Mitte die Iberier, und in der nördlichen Hälfte die Canta- brier. Allein da die Griechen und Römer Spra- chen und Mundarten selten zu unterscheiden wufsten, so ist darauf nicht viel zubauen. Zu den Iberiern gesellcten sich lange vor Caesar Kelten aus Gallien, und so entstand der ver- mischte Keh- Iberische Stamm, in dem heutigen Arragonien. Ob und wie die einheimische Sprache in dem von ihnen besetzten Theil ver- ändert worden, ist unbekannt *). Dafs in dem

*) Don Luis fosevh Vdasquez erwähnt in seinem Ensa)'o sobra Fos Alfabetos de. las htras desconcidas . . en las mas antiguas MedaUas y Munumenios de Kspafiay Marlrit, 1752, S. 1C5, 128, zweyer Denlanahle mit Keltiberischer Schrift und Ixischriften , deren Sprache er, sonderbar genug, für Grieckisck hält. Das eine

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gröfsten Theile Spaniens ehedem nur Eine Haiiptsprache geherrschet hat, wird auch dar- aus wahrscheinlich , dafs sich die meisten alten und neuen Ortbnahmen ohne grofsen Zwang aus der heutigen Baskischen Sprache ableiten lassen *). Indessen war der Iberische Volks- stamm nicht in Spanien allein eingeschlossen, sondern er hatte sich auch durch Auswanderung verbreitet. Von den Aquitaniern in Gallien ist es gewifs, dafs sie von Iberischen oder Canta- brischen Blute waren. Auch diejenigen Ligu- rier, welche von den Pyrenäen an bis an die Rhone wohnten, und bey dem Scylax Ibero- Ligyes h.G\{sen^ gehörten ihnen an. Lly - Gour ist ein Keltisches Wort, welches einen Küsten- bewohner, ein Küstenland, bedeutet, wie Äqid- tania, Armorica^ Pomerania , daher sich tür die übrigen Ligurier aus dem Nahmen nichts schliefsen läfst. Indessen werden doch auch die Italiänischen Ligyer oder Ligurier, welche von den Alpen an bis an den Arno wohnten, und nach imd nach bis nach Sicilien gedrängt wur- den, zu ihnen gerechnet; ja Gatterer leitete so- gar die Etrusker und Rhätier von ihnen her, so erweislich die letztern auch Kelten sind.

war ein silbernes Gefäfs mit den Worten: Anan^ Tiehsorzphan; das zweyte ein Stein mit der Inschrift: Neonyhns'erienadohmem ; wo mehrere Wörter zusauj- men gezogen sind. Verniuthlich schlofs man ans dem Orte, wo beyde gefanden worden, dafs die Sprache Keltiberisch sey.

*) Auch stammen viele Wörter in der heutigen Spanischen Sprache ans dem Baskischen ab. Arn. Oihenart führet in seiner notltia iiiriusque Vasconiuef S. 4' 54 > deren 156 allein aus den drey ersten Bucii- fitaben des Alphabetes auf.

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Doch alle diese Völker «ind verschwunden, und ilire Sprache ist längst verhallet. Nur in dem heutigen Spanien und Frankreich wohnet zu beyden Seiten der Pyrenäen von dem nörd- lichen Ocean an bis nach Pampelona noch ein ächter Cantabrischer Überrest in den heutigen Basken^ welche Plinius schon unter dem Nah- men der Vascones kannte. Dieses Volk hat die Eihaltung seiner Sprache und seiner Selbstän- digkeit vornehmlich seinem Aufenthalte in den Gebirgen zu danken, wo es weder von den Kö- mern , noch Arabern beunruhiget wurde. Die Römer behandelten es wie einen Freund und Bundesgenossen, und da sie keine Colonien unter ihnen anlegten, so blieb die Sprache im Ganzen unvermischt. Auch die Araber kamen zu ihnen nicht, wohl aber die West-Gothen, welche hier mehrere kleine Staaten errichteten, und behaupteten, und von diesen mögen auch wohl die Germanischen Wörter heiriihren, welche noch in ihrer Sprache leben. Daher glauben auch die Basken, den alten Cantabri- schen Adel acht und rein erhalten zu haben, und der geringste Arbeiter hält sich in Ansehung des Adels dem reichsten Majorats- Heirn gleich.

Die Spanier nennen dieses Volk Basconga- flos, und die Sprache Bascongada imd Bascuence^ letzteres von Ence, Ance, Art und Weise, und Vasco. Bey den Franzosen heifsen die Einwoh- ner Basques und Biscaines. Sie dehnen indessen diesen Nahmen weiter und bis auf die Gascogner aus, welche doch nichts mit ihnen gemein ha- ben, vielmehr auf das heftigste von ihnen ge- haf-it werden. Ein Ba»ke kann jede Beleidigung ertragen, aber wenn man ihn einen Gascogner nennet, *o wird er es rächen, oder doch die

12.

Rache mit ins Grab nehmen. Sie selbst nennen sich EscLialdLinnr und ihre Sprache Euscara. Diese ihre Sprache lebt noch zu beyden Seiten der nördlichen Pyrenäen theils in Spanien, tlieils in Frankreich; dort in der Herrschaft Biscaja, in den Landschaften Guipuzcoa und Alava, und in dem Königreiche Ober-Navarra, hier aber jn Unter-Navarra und in den Landschaften La- bour und Soule, welche zusammen le Basque ge- nannt werden. Indessen wird sie überall nur noch auf dem Lande und in den niedern Klassen gesprochen, denn in den obern Klassen und in dQn Städten herrscht entweder Spanisch oder Französisch.

Sprache,

Da bey dem häufigen Verkehr mancher Art der neuern Völker unter einander, keine Spra- che ganz rein und unvermischt seyn kann, so gilt dieses auch von der Baskischen. Dafs man- ches Germanische in derselben befindh'ch ist, und dieses vermuthlich noch von der ehemahli- gen Herrschaft der W^est-Gothen herrühret, ist bereits gedacht worden. Hier sind einige W^ör- ter zur Probe. Ala, all. Aranoa, Arranca, der Adler, von Arn. Ausa, Auscua^ Asche. Ard'i^ Vieh, Herde. Ats^ Athem. Bantza^ Pantza^ Wanst, vulg. Panzen. Baldra^ Pelz, Betea^ das Fett. Cz^//o , Loch , Nieders. A'w/y/e. OVAö/-, Silber. Dorren^ Thor, Thür. Dantza, tanzen. Estrata^ Strafse. Erri^ Ar, Erde. Estuta, der Husten. Espata, das Schwert, der Spaten. Gordl, bewah- ren, warten. Gcdda,ka.lt. Garmea , HdiVm. Jacayn^ Kleidung, Jacke. Laiida , Feld, Land. Motza, MoztUy verstümmeln, mutzen. Pisye, harnen, pissen. Potzoa, Hündinn, Petze. Sah, See.

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Sendoa, ge-sund, Sendaroa, Gesundheit. 77//- coa , Brustwarze , Zitze , Nied. Titte.

Weit zahlreicher £)ind die aus dem Latein erborgten Wörter, welche zum Theil noch aus der ehemahli^en freundschaftlichen Verbindung mit den Römern herrühren mögen, zum Theil auch mit der Religion und Cultur angenommen worden. Aditua, Kleid, Barb. habiius, franz. habit. Assura, Knochen, von o^ mit der Longo- bardischen Endung -w/-<7. Aiera^ Luft, aer. Ar~ rosa, Rose. Astigo , schlag^en, custigare. Anlma, Arirnüy Seele. Abetoa^ Tanne, abies. Arrapä, Ar- rapatu^ plündern, rapere^ arripere. Amatu, lieben. Altza, Aic/ib, erhaben, a/tus. Arigoestu, die Enge, angiistia. Ansia, Ansi, Sorge, anxius. Abere^ das Vermögen. Arsa, Hart/iza, Bär, ursus. Arhola^ Baum. Antzarra^ Gans. Bisica^ Blase, vesica. Boba^^ohne^ Faba^ die Sprache liebet die Blase- laute nicht. Bortus, st2iTk,forfIs. Baquea, Fiiede^ pax. B'doa^ Haar, pUiis. Boza^ Stimme, vox. Cüllina^ Hügel. Chancrea^ Krebs. Cobrea^ Kupfer. Cantu, singen. Calea^ der Weg, callis Dembora^ die Zeit. I)ea^ der Tag. Estomagoa^ der '^l^gen. Eta^ und. Estanua^ Zinn. Friita ., Frucht. Und so noch viele andere mehr; worunter manche kaum noch kenntlich sind, wie: Banua^ das Bad, balneum. Borondatu^ der Wille, Koluntas. Belra- tea^ Glas, vitrum. Bocha^ der Bissen, bucca^ buc" cella. Bicia, das Leben, vita. Cerua, Sserua, der Himmel, coehim. Eregue^ König, rex^ Eerreina^ Königinn. Gaiiza^ Sache, causa. Gaiztotu, ver- wüsten, vastare. GeTuha^ Volk, gens. Hondo. Grund, fiindus. Hanma, Irina ^ Mehl, farina, Makila^ Stock, baculus. Senara^ Ehemann, senior.

Da es sehr wahrscheinlich ist, dafs Iberische «der Cantabrische Stämme auch in Italien ein-

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gewandert sind, «o könnten deren wohl einige m Latium mit in die Mischung gegangen seyii, Avoraus in der Folge die Lateiner und die Latei- nische Sprache entstanden .sind. Man weife ohnehin schon, dafs diese aus de;: Alt- Griechi- schen, Keltischen und andern alten Italiänischen Volkssprachen zusammen gesetzt ist; und dann könnten manche Wörter der Lateinischen Spra- che wohl noch von diesen ersten Iberiern her- rühren, so wie sich so viele andere Wörter auf das Keltische zurück führen lassen. Doch dar- über wird man es nun wohl schwerlich zu eini- ger Gewifsheit bringen, so zuversichtlich auch der Ex- Jesuit Beovido in des Hervas Catalogo delle Ungue S. 206 folg. von der Sache spricht.

Dem .sey nun oder nicht, so behält diese Sprache, wenn man sie auch von diesem zufälli- gen Zuwachse entkleidet, doch immer noch so vieles Eigenthümliche, dafs man sie für eine eigene Ursprache halten mufs, welche mit kei- ner der bekannten Sprachen verwandt ist. Von der Keltischen, mit welcher manche alte und neue Schriftsteller sie so gern verbinden möch- ten, unterscheidet sie die geringste Verglei- chung *). Dieser Unterschied herrschet sowohl in einzelnen Wörtern, als in dem ganzen gram- matischen Bau. Von einzelnen Wörtern nur einige gleich aus dem ersten Buchstaben: Aba^ Miuid, Gesicht. Abarrza, die Enge. Abaziiza, der Hagel. Aboztua^ die Ernte. Aberca^ Abn'go^

*) Der Jesuit Roubaud wollte in Monboddo's Vrspr. der Sprache, Th. 1 , S. 573, gesehen haben, dafs ein Esqniuiau mit einem Basken ganz vernehmlich ge- sprochen habe. Das konnte der gute Pater wohl nicht anders als im Trauiue geaeiieii haben.

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Vieh, die Herde. Acertadu, snikommen. Acha^ Aitza^ Arcaltza, Arria^ Felsen. Achurria^ Lamm. Adarka, Alboa^ Hörn. Adina^ Jahreszeit, Alter. Adinandia, alt. Adisquidia^ Freund. Agapurva, Keule. Agoandea, Kraft, Muth. Aguevra, Bock, Aguina , Zahn. A/ia/ea , Ante. A'iardi , Snu. Aheria^ Gesang. A/a6a, Tochter, Mädchen. Alarguna, Wittvver, VVittwe. Aldapa^ Hügel. Alporchac^ Sack. Amar ^zqIiw. Anietza^lLXdLnm. Anagea^'BtTw- der, Andi^ Andiay Andicha^ gi'^^fs» breit. Apotea^ Eber. Araguya^ Fleisch. Aran, Thal. Arcanta^ Stein. Arda, Schaf. Arefze, Kalb. Arpeguia, da* Angesicht. Arraia^ Fisch, Arreba, Schwester. Aurra^ Kind. Axea, Wind. Worunter sich manche befinden, welche das iibrige Europa von den Lateinern erborgt hat. Astoa^ EseL Axedresa^ Schachspiel. Alamerea^ Kupfer. Arda^ Wein. Arradaria , Barbier. Schwerlich wird man diese und eine Menge anderer Wörter in einer der bekannten Sprachen wieder finden, obgleich die meisten Wörter des ersten Bedürf- nisses sind.

Ihr Character.

Was den grammatischen Bau dieser Sprach^ betrifit, so haben sowohl einheimische Schrift- steller, als ausländische Halbkenner oft mit den auffallendsten Übertreibungen von ihrem Alter und ihrer Vollkommenheit gesprochen. Alt ist sie allerdings, das beweiset unter andern der Hang zu dem Vocal- Laute, welcher in ilir nicht zu verkennen ist. Ahoa, der Mund, Aoc/ioa, küssen. Aoboa, das Brüllen eines Ochsen, noch dazu eine reine Onomatopöie, Azaoa, die Garbe. loaitea, gehen. Ja in den meisten Wörtern sollen die Consonanten eigentlich starke Aspe-

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rationell seyn, welclie diejenigen, welche diese Sprache zuerst schreiben wollten , und für sel- bige keine Zeichen hatten, durch Consonanten ersetzten, und sie dadurch dem Auge und Ohre verdunkelten.

Sie ist mehrsylbig, und gründet diese Mehrsylbigkeit, wie andere Sprachen, theils auf die Biegung, theils auf die Ableitung, theils aber auch auf die Zusammensetzung. Von der Biegung hernach. Die Ableitung' ist hier sehr reichhaltig, besonders durch Nachsylben. Atidi, grofs; andiagoa, gröfser; Andigoa^ Anditosuna, die Gröfse; andllu^ andiagotu^ ich vergröfsere; Andilzea, die Vergröfserung ; andhzen, wachsend; Andizearia, Andiagotzallea, der vergröfsert; An- diegiäa, von Riesengröfse; Andiguiac, die Grofsen im Reiche; andie?itsua, prächtig. Eben so Ar^ guia, Licht; arguitua^ hell; Arguiera, Helle, Klarheit; argidtu^ ich erleuchte; ArguhzaUcn^ der Erleuchter; Arguitzea, die Erleuchtung; Ar- gusu, der Anblick; Arguiqueta, die Bekannt- machung. Nicht weniger fruchtbar ist die Zu- sammensetzung: Osaguiile, der Arzt, von osatn, heilen, und guille, Macher, von eguin^ machen, der Heilmacher; Jaiina^ Herr, von Jave-ona^ guter Herr; Jaincoa^ Gott, von Jauna^ Herr, wnd goicovn^ die Höhe, Herr der Höhe; Eguz- giiia, die Sonne, von Eguz, Tag, der Tag- macher; Argidizaüa^ der Mond, von Argida^ I.icht; Zaiduna, ein Ritter, von Zaldia-duena, der ein Pferd hat.

In der grammatischen Behandlung dieser Wörter hat die Sprache manches Eigene; allein, da ich des Larramende höchst seltene Sprach- lehre nicht benutzen kann, so kann ich nur einiges davon bemerken. Die Redetheile sind

die

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die gewöhnlichen. Die Sprache erkennet kein Geschlecht der Substantive, daher sind auch alle Bestimmungswörter desselben geschlechtlos. Guicon Oll, guter Mann, Emaste on, gnte Frau, Al^re on^ gutes Thier,

Sie hat den Artikel, der aber dem Nenn- worte allemahl angehänget wird, folglich post- positiv ist. Mau kennet auch nur Einen, der dabey geschlechdos ist. Er lautet im Singular allemahl a und im Plural ac. Egim, Tag, Eguna^ der Tag, Egunac , die Tage. Wenn mehrere Nennwörter zusammen gehören, so wird er nicht dem Substantive, sondern dem letzten Nennworte angehängt: Egiin lena^ der er'-'teTag; Guicon 07ia, der gute Mann. Ja oft wird er wolil bis an das Ejide der ganzen Rede verspart.

Die Declination des Basken ist ziemlich vollständig; ; sie hat die gewöhnlichen sechs Ca- sus, nur dafs der Nominativ in manchen drey- fach, in andern aber nur doppelt ist. Der Accu- sativ und Vocativ werden nicht besonders be- zeichnet, sondern der Nominativ vertritt ihre Stelle. Überhaupt ist die Declination doppelt, ohne Artikel, die inartikulirte , und mit dem Artikel, die artikulirte. Ich habe nicht gefun- den, wie beyde Declinationen im Gebrauche verschieden sind, so wie rnan uns auch das

eigentliche Geschäft des Artikels niclit anciibt. ^ . . . . . . .

Die inartikidirte Declination hat nur Einen

Numerus, der dem Adjective oder Verbo im Singular und Plural ohne Unterschied beygefü- get wird. Der Nominativ ist hier dreyfach, der rectus (vermuthlich wenn das Verbum ein Neu- trum ist), der Nomin. agendi, wenn er das han- delnde Subject ist, und der Nom. negandi. Der Nominativus rectus lafst das Wort unverändert,

Mithricl. IT. ^

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Guicon, Mensch. Der Nom. agendi endigt sicli auf c-, wenn ein Vocal, und auf er, wenh ein Consonant vorher gehet, Guiconec egiiiien^ der Mensch thut, Emnsten egidten^ die Frau thut. ])er Nomin, negandi erstreckt sich nicht allein auf die Verneinung, sondern auch auf alles un- geuisse, bedingende, fragende und zweifelhafte, und lautet nach einem Consonanten ic und nach einem Vocaie /7c, bada Gu'i^onic ^ wenn der Mensch ist, badefa Giiicoyiic? ist der Mensch? Badeia Eniaslenc? ist die Frau? In den Casibus obliquis ist die Declination in allen Fällen des Nominatives gleich, und lautet im Genitive en, im Dative / und im Ablative s. Dei* Accusativ lind Vocativ werden, wie schon gesagt, nicht besonders bezeichnet. Endigt sich der Nominat. rectus auf einen Vocal, so wird dem en und / noch ein r vorgesetzt, endigt er sich aber auf ein s, so wird noch ein e eingeschoben. Nomin. rectus Gia'fon, Mensch, activus Guiconec^ negat. Guiconic; Genit. Guiconen; Dat. Guiconi; Ablat. Guigones,

Die articulirte Declination hingegen hat beyde Zahlen, den Singular und Plural, aber nur zwey Nominative, den rectum und den nctivum, und die übrigen Casus wie die vorige. Der Nominativus rectus lautet mit angehängtem Artikel im Singular a und im Plural ac; der acti- vus im Singular öc, und im Plural aec^ wo aber das a nicht mit gcj^proph'en, und oft auch nicht geschrieben wird. Nom. rectus Guigoria, der Mensch, activus Gu/gonac, Genit. Giiigonaren; Dat. Gui(;onari; Ablat. Giuvonas. Plur. Nomin. rectus Guigonac^ activ. GuigoJiacc; Genit. Gi/i- conaen; Dat. Guiconaer , odeK GuigonaeJ; Ablat. Guiconacs.

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Die Conjugation ist verwickelt und schwer, weil der Babl^e gut gefiuiden, eine Menge Ver- hältnisse und Nebenverhältnisse unmittelbar an dem Verbo zu bezeichnen, welche andere Spra- chen durch Partikeln umschreiben. Don A'-tar- töa, dessen ich sogleich gedenken werde, hält das für den höchsten Gipfel der Sprachphiloso- phie, da es doch ein Beweis der sehr dunkeln Vorstelhmgsart der Baskischen Spracherhnder ist, welche sich diese Nebenbegriffe und Ver- hältnisse nicht klar denken konnten. Da sich diese Conjugation ohne groCse VVeitläuftigkeu nicht deutlicli aus einander setzen läfst (im Oilienhart füllet sie sechs Quart -Blätter, und er- schöpft doch noch nicht alles): so mufs ich es, bey einem allgemeinen Unirisse bewenden lassen.

Überliaupt ist sie doppelt, einfach und zu- sammen g<p-etzt; jene druckt das Verbum rein und für sich, diese aber mit alierley Nebenbe- griffen aus. Beyde sind entweder activ, odtr passiv, oder gemischt. Die Passiva sind wieder theils pura, theils recipientia,- vielleicht reci- proca, und die letztern, wenigstens in der er- sten und zweyten Person entweder urbana oder familiaria, und diese wieder theils männlich theils weiblich. In allen diesen Fällen kann die Conjugation bey manchen Verbis entweder an flem Verbo allein, oder auch mit Zuziehung dei Hülfswörter naiz^ ich bin, und dud^ ich liabe, geschehen.

Modos hat die Sprache so viele, als viel- leicht keine andere. Es sind ihrer eilf: der In- dicativus, Consuetudinarius, Potentialis, Vo- luntarius, Goactus, Necessarius, Imperativui.

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V

Siibjunctivus,' Optatlvus, Poenitudinarlug, und Iniinitivus. Die sechs ersten haben jeder sechs Tempora, zwc-y Praesentia, zwey Praeterita, und zwey Futura, v/ovon das eine perfectum, das andere imperlectum ist; die übrigen haben deren weniger. So hat der Poenitiidinarius deren nur drey, das Praesens, Praeteritum und Futurum. Was man unter diesen Modus ver- stehet, ist mir dunkel; ich finde nur folgen- des Beyspiel: ii-dau, er ist todt; il - ete - dau^ er soll todtseyn; il-cdo-dau^ er ist wahrschein- licli todt.

Die zusammen gesetzte Conjugation verbin- det eine Menge Nebenbegriffe und Verhältnisse mit dem Verbo, welche vorn, in der Mitte oder am Ende mit dem Verbo verbunden werden, und 206 besondere Conjugationen geben, wel- che diesen Theil der Biegung überaus erschwe- ren. So wird z. B. das Factitivum ^lurch Ein- schiebung der Sylbe ra, gleich nach der ersten Sylbe des Verbi gebildet: Icassi\ lernen, Iracassi, lehren; EUll, gehen, Erabi/i, gehen machen. Innige andere Beyspiele sind: Nais, ich bin, Banais, ich bin gevv'ifs, Enais, ich bin nicht, Ainins, wenn ich doch wäre, Esainins^ wenn ich doch nicht wäre. In vielen Fällen wird auch noch das Pronomen des Gegenstandes mit dem Verbo verbunden, welches neue Weitläuftig- keiten macht; Erraten dut ^ ich s^ge, Erraten diat^ ich sage dir; Nais^ ich bin, Izait , du bist mir, Izaio , du bist ihm, Iza:go^ du bist uns, Iznie^ du bist ihnen; wo denn das Geschlecht der Per- son oft wieder besonders bezeichnet wird.

Einige andere Bemerkuniien werden in der folgenden Auflösung des V. U. vorkommen»

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Litterütur.

Von dieser Sprache handeln:

Andres de Po fa de !a antigua l'wgua^ poblacio- nes y co?narcos de las Espanas. Bilbao, 1587, 4.

Arnald Oihenart in seiner Nothia iitiiusque Vasconiae, Paris 1638? 4? ^•35 72-

La antiguedad, i universalldad del Bascuenze en Espana; de su perfeciones ^ i vcfitajas sobre otras muchas lenguas Su autor M. D, L. Salamanca, 17287 8- Der Verfasser ist der Jesuit Manuel de Larramendl , von welchem auch die beyden fol- genden Schriften sind.

El impossible vencido. Arte de la lengua Bas- congada. Su autor el P. Manuel de Larramendi. Salamanca, 1729,8. Ist die erste Sprachlehre, welche demselben sauer genug mag gewor- den seyn.

Eben desselben Dlccionario trilmgue del Ga- st ellane , Bascuenze^ i Latin. San Sebastian, 1745? fol. 2 Voll. Mit einer sehr geharnischten Vor- rede gegen alle diejenigen, welche von dieser Sprache nicht so übertriebene Begrifie haben, als der Verf. und seine Landesleute. Da dieses Wörterbuch in unsern Gegenden sehr selten ist, so verdient der ehemahlige Professor der Theo- logie zu Besanfson, Jean Bapt. Bullet, gewisser Mafsen Dank, dafs er es mit in seinen ßLnioires sur la langue Celtique (wohin auch er das Baski- sche rechnet), Besanfson, 1759» Fol. 3 Bände, verschmolzen hat.

Indessen war Larramendi nicht der erste, welcher ein Wörterbuch heraus gab; dieses schrieb vielmehr Vincent Gar da Ordonnez de Lloris unter dem Baskischen Titel: Tresora Hirour len- guietaqua Francho , Espaiiola cla Hasauara, Bayon-

ne, i6"42, 8; in Französischer, Spanischer und Baskischer Sprache.

M. Harnet Grammatica Escuarez eta Francesez. Dictionnrioa Escuarez Bayonne, 1741, kenne ich nur dem Titel nach, weifs daher nicht, ob es nur Eins oder zwey verschiedene Werke sind.

Apologia de la lengua Bascongada^ 0 Ensnyo rritico ßlosoßco de su perfeccion y anliguedad sobre iodas las que se conocen. Por Don Pablo Pedro de Asfartoa, Presbitero. Madrid, 1803, 4. Gegen Jocqiihn de Tragia ^ der in seinem Diccionario geo- grcifico hlstorico de Espana, 1802, dieser Sprache ihr Aher streitig pemacht hatte. Der Verfasser erhebt sie so sehr, dafs er sie aiicli als das -Muster aufstellt, ^vo^nac]l alle gebildete Natio- nen ihre Sprachen ausbilden müfsten. Er findet .'-ie schon vor der Sündfluth, verspricht auch eine Spraclilehre und ein Wörterbuch, ingleichen ein philosophisches Werk über die Ursprache.

Semana Hispana - Bascongada , la unica de la Europa , y la mas antigua del orbe , por D. Thomas de Sorrcguleta. Pamplona, 1804, gr. 8- Der zweyte Theil hat den Titel: Monwnentos del Bas- cuence^ u. s. f. Mit noch mehr Übertreibung, meist im allgemeinen mit Grillen und Etymolo- gien durchvvürzt. Des Historischen und Gram- matischen ist wenig. Der Verf. ist Pfarrherr zu Tolosä in Guipuzcoa.

In des Lorenzo Hervas Catalogo delle Lingue handelt der Ex-Jesuit Beovide, S. 200 233, fast eben so übertrieben von dieser Sprache.

Mehrere einzelne Wörter befinden sich in dem Vocabul. Petropol. No. 15, wo shev Basque iirig von Bascuenze unterschieden \vird. Die

s5

Zahlwörter mit etymologischen Bemerhunfica hat Hervas in seiner Aritnietica, S. 116.

Aufser einigen Religions - Büchern ist in dieser Sprache wohl nichts gedruckt. Das vor- nehmste, welches zugleich eine Seltenheit dtr ersten Art ist, ist das Neue Testament, unter dem Titel: Jesus Christ gure Jaunaren Testnmc:i- tum berria (Jesu Christi iwisers Herrn neues Testa- ment). Rochelle, 1571 5 8; welches Jffl/z de Licarrague ^ reformirter Prediger zu la Bastide d;' Clarence in Unter- Navarra, auf Befehl und Ko- sten der Jeanne d' Albret, Mutter Heinrich-s I\', aus dem Pranzösischen übersetzte. S. davon Prosp. Morchard Dktionn. Histor. v. Ligarrague, und Jo. Melch. Goezens Bihelsamml. S. 281. In des Hervas Saggio prattico wird S. 210 Anm. durch einen Druckfehler 1552 irrig als das Jahr der Ausgabe angegeben.

Von andern Schriften kann icli wenigstens nennen: Noelas eta herce canla esphJlual berriae por Juan de Echeverri ^ Bayonne, 163G, 16. Eben desselben Elicaria Erabilleco Liburia (Biscayea). PauinBearn, 1666, 24. Der Katechismus des Bfcllarmin von Sylvan Pouvreau^ Paris, 165G, 8- GuiristiiiQen doctrina la burra (kurze cliribiliche Lehre). Bayonne, 1731, 8- Tliomas a Kem- pis, eb. das. 1760, 8- Bayonaco Diocesao Ligar- ren Catechimo ^ eb. das. 1760, 8. Cantlco izspirüu- alac, eb. das. 1763, 8-

Mundarten.

Diese Sprache theilet sich in vier Haupt- mundarten, welche wieder in mehrere Neben- Dialecte zerfallen. 1. Die von Eiscaya, die- Hairptmundrirt, welche Biscaina, ingleiclien y^i/-

24

tTigonlca genannt wird, von ^k^w ehemahligeu Autrigoneji. Hier wird sie um Bilbao, Orduima und Ceduna am reinsten gesprochen. 2. In der Landschaft Guipuzcoa, v/elche auch VardaUca genannt wird, von den Varchdis ^ welche hier ehedem Avohnten. 3. Die in Ober-Navarra und Alave, welche .sich wieder in zwey Mundarten theilen. 4. Die in Unter,- Navarra und den Landschaften Lobour und Soule, welche zusam- men le Basque genannt werden. Hier wird sie :'u S. Jean de Luz am reinsten gesprochen. Da Soule in Gascogne liegt, so heilst der hiesige Dialectauch, obgleich irrig, der Gascogiiische,

S p r a c li p r o h e.

Die Formel aus de? Lifjarrague Neuen Te- )5tamente hatten bereits die altern Sammlungen von dem Bonav. Vulcanius an. Die Leipziger Sammlung hat sie gar zwey Mahl, S. 4 unter dem Nahmen Cantabrica^ und S. 5 unter dem Nahmen Biscaine; wodurch auch von Bergmann No. 78 und 80 verführet worden. In flervas, der sie No. 260 auch hat, weicht die fünfte Bitte sehr ab; woher, weifs ich nicht. Ich entlehne sie aus Gözens Verzeichnifs seiner Bibel- Samm- lung, S. 281 5 der sie wahrscheinlich am richtig- sten abgeschrieben hat. Da die Übersetzung aus der reformirten Französischen gemacht ist, so hat sie auch die Doxologie. Der sonst ^pracligelehrte Andr. Müller machte S. 37 seiner Sammlung, aus dem Testamentwn berria^ d. i. neues Testament, eine eigene Sprache linguam Berriensem ^ und Nov. Test am. Berriense^ welcher Fehler in dem Londoner Nachdrucke beybehal- rfen wurde.

101.

Im Dialect von Guipuscoa,

Aus Hcrvas Saggio prattico , No. 056. Vater iiuser Aev Himmeln in bist welcher,

Aita gurea Ss eruetan Sauden a,

Geheiliget sey dein Nähme dcrj

Ssantüicabedi sure Isena;

Komme dein PLcich das uns zu;

Betör sure Errenjua guganä;

Gem.icht ■werde dein Wille der wie Himmel in

Eginbedi sure Borondateä, nola Sseruan,

so Erde in ;

ala Liurreau;

Heuto gib uns jeden Tages Brot das;

Egun igusu gLure egunoroco Ogüiä;

Und vergib uns imsere Sdiulden, wir unser»!

Ta barcatuegiscutau gure Sorrac, guc gure-

Schuldnern v.ergebende sind wie;

Sordunai barcatsendiefstegun besela;

Und nicht lafs Versuchung in fallen ;

Ta esutsi Tentafsioan erorten;

Sondern bcfreye uns Übel von. So

Banja libragaitsatsu Gaitsatsu. Ala isan

sey es.

de dilla.

Grammatische Anmerkungen, gröfsten Theils nach Hervas. Aita, Vater; ein -sehr vielen Sorachen aller

5 7 X

Welttheile gemeinschaftliches Wort, weil es von dem ersten Lallen des Kindes, folglich von der Natur selbst entlehnet ist.

Gureä, ist mit gure, unser, und dem Arti- kel zusammen gesetzt, welcher im Nominative,

Accusative ur.d Vocative des Singulars a hinter. Dem Vocative wird gerne o vorgesetzt; Jaun^ Herr, Jaiina^ derHeiT, ojauna, o Herr.

Sseruelan, in den Himmeln, von Sseru^ Him- mel, und der Präposition des Ablatives im Plu- ral efan. Sseriia^ der Himmel, Ssemafi, indem Himmel, Sseructan^ in den Himmeln.

Saudrna, der du bist. Saude ^ du bist, ist von dem Verbo cgon^ seyn, stehen. Die Sylbe 77« bestehet aus dem Kelativo ;?, \velcher, und dem Artikel ö, der. Das 71 ist das Relativum Praesentis derjenigen Neutrorum, welche sich auf einen Vocal endigen; endigen sie sich auf einen Consonauten, so heifst er a?i.

Ssanllficobedi^ geheiliget sey. Santifica ist aus dem Lateinischen; bedi bedeutet sey. Die- ses heifst vollständig /^fl/z^efl^z', von/6a/2, sey, und hedi ^ der Partikel des Praesens im Optativo. Hier ist das Verbum isan ausgelassen.

Surc^ dein, wird so wie neure nur gebrauclit, wenn man mit Höflichkeit und Achtung spricht; im vertraulichen und verächtlichen Sinne ge- braucht man hire und eure.

' Iscna, von Isen^ Nähme und dem Artikel. Im Arabischen heifst der Nalmie hin.

Betör j es komme; der Imperativ von f/om, kommen, in der einfachen Conjugation,

Sure Errenjuä^ dein Reich. Errenju^ Reich, ist aus dem Lateinischen Regnum. Die Basken setzen dem r allemahl ein e vor, die Aussprache zu mildern.

Gugana^ zu uns; von gu^ uns, und gana^ der Präposition, zu, welche mit dem Deutschen gen überein kommt. Auf die Frage norganä soas, wollin? antwortet man: sugaua iici ^ oder aitn gana^ zum Vater.

27

Eßlnbedi, es geschehe; von eg'in^ machen, thiin, nnd dies von dem Lateinischen agere^ und der Partikel bedi.

Zure -Borondatea ^ dein Wille, von Boron- date, Wille, und dem Artikel a. Es scheint aus dem Lateinischen Vohintas verderbt zu seyn wie Sseru^ aus Coelum.

Nola Sseruan ala Lurrean^ ^vie im Himmel, so auf der Erde. Lurre, Erde; a/z ist die Präpo- sition des Ablatives im Singular.

Egun^ heute; igusu, gib, von dem Verbo eman, geben; giire, uns.

Egwwroco, von egun^ Tag, heute, und orocoy an jedem. Egunoro , jeder Tag, Egun- croco, an jedem Tage. Im Tatarisclien ist Gim^ der Tag, bu Gun^ dieser Tag, d. i. heute.

^Oguiä, das Brot, von Ogid^ Brot, und dem ArtiKel.

Barcatuegiscutau ^ vergib uns, ist der Impe- rativ der relativen Conjugation in Verbinduno- mit dem Dative der Person. Barcalu^ verge- ben , ist ohne Zweifel aus dem Lateinischen par^ cere gebildet.

Gure Sorrac, unsere Schulden, von Sori\ Schuld, und dem Artikel des Plurals.

Guc gure Sordunai, wir unsern Schuldnern. Gii, guc, bedeuten wir. Sordunai , von Sordun, Schuldner, und dem Artikel, welcher im Dativ des Plurals ai lautet.

Barcatsendiestegun, vergebende sind. Bezela^ gleichwie, welches wie alle Partikeln an das Ende gesetzet wird.

Ta esutsi, und nicht lafs; von es, nicht, und z^/^/, 'lassen. Tcntassioan, in Versuchung, Erorten bedeutet fallen.

28

Banja^ sondern, l.ibragühsnisu^ befreye un??, ist der Imperativ in der relativen Conjugation mit dem Accusative der Person. In andern Dialecten sagt man dafür begiragaitcatsu. Gait- satsu, von dem Übel.

A!a isandfdUkij so sey es; ist das Praesens Optativi von isan^ seyn, dafs es sey. Im Impe- rativo sagt man; isanbis ^ isanden^ isanbedi, isan- tidi, bej,

102. Im Dialect v,on Biscaja.

Aus Hervas No. 257.

Aita gurea, Sseruetau sagosana, Ssantiiicadubedi sure Isena; Betör gugaiia sure Erreiiiua; Eginbedi sure Borondatea, nola Sseruan,

alan Lurrean; Egim igusu gure egunean eguneango Ogiä; Eta parcatueigusu gure Sorrac, guc gure Sor-

dunai parcaetan-deustegusarra leges; Eta itsoxii esseigusuTentassinjoaii chausteii; Baya libradu gagisus Gaitsetic. Amen.

103.

Im Dialect von Unter- Navarra oder Labour.

Aus des Jean de Licarrngue von Briscous übersetzten N. T.Jiochelk, 1571, g.

Gura Aita Ceruetaii aicena, Sanctiiica bedi hirc Icena; Ethor bedi here Resutuä;

29

Effuin bedi hire Vorondatea. Ceruan becala

Liirrean - ere ; Gure eguiieco Oguia iguc egun; Eta quitta ietzaguc gm^e Ssorrac, nola gucere

gure Ssorduney quittazen baitrauegu; Eta etzgaitzäla sar eraci Tentadoiietan ; Baina deliura gaitzac Gaichtotic. Eceii hirca due Piesiimä, eta Puissancä, eta

Gloria secula cotz. Amen.

104. In eben derselben Mundart.

Nach der katlioUschen Übersetzung, aus Hervas No, 253.

Alta gurea, Ceruetan zaudena, Santificabedi zure Izena; Etorribedi zure Ereiijua; Eguinbe zure Borondateä, Ceruan bezelä,

Lurrean ere; Eniandrazäguzu egunoroco Oguiä egun; Eta barcadrazguiguzu* giiri gueuren Zorac,

gue Zorgaituzteni eri barcatzen-diz gui-

oguten bezala; Ez-caitzazula utzi Tentacioan erortzera; Banja libragaitzazu Gaitzetic. Amen.

105.

Im Dialect von S. Jean de Luz

in Labour.

Im Chamberlayne , <S. 44, der ea von einem Inländer

hatte.

Gure Aita, Cerietan cirena, Santificatudela zure Iceaa;

o9

Znre Erresuma hekladila;

Zure Boroiidatia egLÜndadila, Liuian Cerien

bezala; Einanefcagiizu egun egiineco Ogiiiä; Barkhazaguzii gure Bekhatiac , giic gure

Ofensazaler barkhacendugiui bezala; Eta eskiszaceula utci Tentazioiietala er-

rortera ; Bena deliberaguit zazu Gaitcetarik. Alabiz.

106. Noch eine Formel.

Aus Chamberlayne S. 44» f^'o er sie stilo communi nennt *).

Gure Aita, Kernetan careiija, Erabilbedi sainduqui zure Icena; Ethorbedi zure Erressunia; Eguinbedi zure Borondatea Zeruan becala,

Lurrean ere; Emandiezagucu egun gure egunorozco

Oguia; Eta barkhadietcagutzu gure Zorrac, gucere

gure Cordunei barkhatcendiotzaguten

becala; Eta ezgaitzatcu utcTentationetan erortcerat; Aitcitic beguiragaitcatzu gaitc Gucietaric.

Elalabiz.

*) Was er mit clern sülo commiaii "ünpen will, ver- stehe icli nicht ganz. Da diese Formel mit der iai pe- tit Miroir de Devution par Jean Harurnhoure ^ Bourdeaiix, 1655; genau iiberein kommen soll, so scheint sie gleichfalls den Französischen Basken anzugehören.

31

IL Keltischer Sprach- und Völker- stamm. 1. Alte Kelten,

Lage und Geschichte.

Der Nähme der Kelten stammet ron den Griechen her. Da die Römer das Griechische k mit dem c vertauschten , dieses aber in allen Fällen, selbst vor e und /, wie ein k ausspra- chen, so konnten sie mit Recht Cehen sclireiben. Die neuem Europäer behielten die Sfc;hreibart, verfälschten aber die Aussprache. Es ist daher billig, das Wort auf seine wahre Gestalt wieder zurück zu führen. Die altern Griechen wufsten von diesem Vollce wenig mehr, als dafs es ihnen in Westen wohne, und ^vareu unkritisch genug, alle ihnen in Westen wohnende Völker von der Oder bis zu der Mündung des Tago für Kelten, fol-glich für Zweige Eines Stammes zu halten. Den Römern fehlte es nicht an besserer Gele- genheit, alle diese Völker nach Sitten, Her- kunft und Sprache' zu untericheiden; aber sie behielten dessen ungeachtet aus Unwissenheit und Bequemlichkeit nur zu oft den irrigen all- gemeinen Nahmen bey, und rechneten daher die Iberier, Germaner und Thracier mit zu den Kelten. Ganz unverzeihlich ist es, wenn neuere Sprach- und Geschichtforscher, welche unend- lich bessere Hüifsmittel haben, ihnen darin nachfolgen; so sehr es auch schon wider alle Theorie und Analogie ist, dafs ein so j^rofser Erdtheil von Einem Volke und Einer Sprache beiierrschet werden können.

Die wahren, ächten Kelten bewohnten bey dem Anfancrö unserer Geschichte theils Gallien

-5«

und die Brittisclien inseJn, theils manche Ge- genden von Italien und die Länder zwischen den Alpen und der Donau von Gallien an bis Panno- nien. In dem ältesten Italien gehörten wenig- stens die Umbrier und Ausonier zu ihnen; ob noch andere Völker, ist nicht so aus2emacht. Zwischen den Alpen und der Donau können die Taurisker (die nachmaligen Noriker,) die Vin- delicier, die Helvetier und die Rhätier, (erweis- lich keine Etriirier) ihre keltische Abkunft nicht verläugnen. Die Kelten nahmen ihren Weg aus Asien wahrscheinlich in Süden der Donau, so dafs sie die Iberier vor sich, den eben so zahlreichen Stamm der Thrncier im Rücken, die Germaner aber zur Seite hatten. Auf diesem. Wege konnten sie sich auch in Italien und dem heutigen südlichen Deutschlande fest setzen. Sie machten also schon damahls einen beträchtli- chen Volksstamm aus. Allein seit 590 vor Chr. verbreiteten sie sich von Gallien aus noch wei- ter, und ergossen sich zu beyden Seiten der Donau, theils in den Hercynischen Wald, theils in Ober- Italien, Pannonien, lUyrien, Thra- cien bis nach Klein- Asien hin, bis sie von den Römern unterjocht, und mit ihnen zu Einem Volke und zu einer Sprache verbunden wurden. Sie scheinen sich selbst Gael oder Call genannt zu haben, (woraus die Griechen ihre Kelten bil- deten,) unter welchem Nahmen sie den Römerrt. bekannt wurden, und welchen sich ihre Über- bleibsel in Irland und Schottland noch jetzt beylegen.

Sprache,

Dafs sie ihre eigene von allen damahligen Sprachen Europens j beionders aber von der

Germa-

Germanischen, verschieaene Sprache hatten, erhellet theils aus der Natur der Sache, ^veil Völker und Sprachen ihre bestimmten Grenzen haben, wenn sie sich gleich nicht allemahl nach- zeichnen lassen, theils aus den ausdrücklichen Zeugnissen der Schriftsteller, theils aber auch aus der sehr beträchtlichen Anzahl einzelner Wörter, welche uns die Griechischen und Rö- mischen Schriftsteller, die Geschicht^chreiber des mittlem Zeitalters und die Urkunden von dem Untergange gerettet haben. Ein grofser Theil der Wörter in des du Fresne und Carpeniier Glossarien bestehet aus ursprünglich Keltischen Wörtern. Sind darunter manche wirklich Ger- manische, welche aber für Keltisch oder Gal- lisch ausgegeben wer^jlen, so rühret das unter andern auch daher, weil die Schriftsteller die- ser Zeit nur zu oft das Gallische mit dem Belgi- schen oder Kimrischen verwechseln. Dafs aber dieses aus einer Mischung des Gallischen und Germanischen bestanden, wird in dem folo-en- den bewiesen v/erden. Nur Schade, dafs uns von dieser Sprache auch nicht das kleinste Stüc-. im Zusammenhange übrig ist. Wir haben da- von aufser den natürlich sehr ausgearteten Über- resten in der heutigen Irländischen und Hocli- ländischen Sprache nichts, als die eben bedach- ten einzelnen Wörter. Allein diese mufsren in dem Munde des Griechen und Römers immer erst einen Theil ihrer eigenthümlichen Rohheit ablegen , und sich mit ausländischen Endsyiben bekleiden lassen, ehe er es wagte, sie zu spre- chen und zu schreiben, daher ein alter Kelte, wenn er wieder von den Todten erstehen sollte, in ihnen seine Sprache vvohl schwerlich wieder erkennen vv'ürde. Da» o\\z besonders von sol-

Mithrid. 77, G

54

eben Wörtern, welche in die Romanam rusti- cam und mit derselben in die heutigen Voiks- spraclien übergingen. Da diese Selbständig- heit der alten Sprache immer noch ihre Gegner lindet, so wird es wohl keiner grofsen Entschul- di'nmcT bedürfen, wenn ich zu deren Beweise

CO '

ein kleines Wörterbuch entschiedener, obgleich .schon sehr latinisirter Keltischer W^orter bey- füge. Es hätte weit zahlreicher gerathen kön- nen, wenn ich aus den heutigen aus dem Kelti- schen erwachsenen Volkssprachen diejenigen Wörter hätte au.-heben wollen, welche weder den Kömern noch Germanen angehören, folg- lich für die Kelten übrig bleiben. In Ansehung der Französischen Sprache hat das bereits Court de Gebelin obgleich oft se^r freygebig geleistet. Auch die alte Lateinische Sprache enthält noch eine Meng-e Keltischer Wurzeln, weil sie aus einer Vermischung alter Keltischer Dialecte mit dem Griechischen erwachsen ist.

Gallien, ihr Haupt sitz.

Der Hauptsitz der Kelten scheint das von ihnen benannte Gallien gewesen zu seyn. Wahr- scheinlich besetzten sie bey ihrer ersten Einwan- derung das ganze Land zwischen den Pyrenäen und dem Rheine, wurden aber in der Folge auf der westlichen Seite von den Germanen (s. d.QW folgenden Abschnitt,) und auf der östlichen von den Iberiern in dem sogenannten Aquitanien und Ligurien auf die Mitte zwischen der Ga- ronne und Seine eincreschränkt. Ob es «lerade hoy dieser Gelegenheit geschähe, daf^ sie sich in Iberieu als Celtiberier, und auf den Britanni- schen Inseln schadlos zu halten gesucht, läfst sich nicht bestimmen. An den iüdlichen Küsten

55

wurden sie in der Folö;e noch von den zahlrei- chen Griechischen Colonien eingebchränkt, -wel- che sich nach dem Vorgange der Phocäer liier häufig anbaueten, wodurch zugleich manches Griechische in die Volkssprache der südlichen Provinzen kam. Vor den Römern waren sie in Gallien in eine Menge kleiner unabhängiger Völ- kerschaften getheilt, welche sich nach der Art aller solcher ungebildeter Völker unaufhörlich befehdeten tmd einander zu unterjochen such- ten. Sie gaben dabey an Rohheit und Wildheit den Germanen wenig nach, und liatten nach Diodor B. 5 einen schrecklichen Anbhck. Auch die Menschenopfer waren unter ihnen allgemein gangbar, wovon erst die Römer sie entwöhnen mufsten. Eben so rauh und uno;ebildet schil- dem uns die Römischen Schriftsteller ihre Spra- che. Pacatius nennet sie in dem Panegyr. auf den Kaiser Theodosius incuUum Transalpini ser~ monis horrorem. Nach ihrer Eroberung von den Römern bekam nach und nach alles eine ganz andere Gestalt. Durch ihre zahlreichen Krieges- heere, Einnehmer, Beamten und Colonien wur- den nicht nur die Sitten verfeinert, sondern es ward auch die Römische Volkssprache (Romana rustica) eingeführet, anfänglich nur in den Städ- ten, nach und nach aber auch auf dem Lanrle, wo jene noch im 6ten und yten Jahrhundert nicht ganz ausgestorben gewesen zu seyn schei- net*), bis sie nach Einwanderung der Germa- nischen Völkerschaften in das heutige Französi- sche überging.

*) Irenäus, Bischof zu Lyon, schrieb im 2ten Jahrhundert an einen seiner Freunde, als er ihm seine Bücher wider die Ketzereven schickte: „seitdeni ich

C 2

-3Ö . ,

Schriften übe?- die Kelten und Gallier und iJire Sprache.

In des le Long und Fontette Bibliotheque histo- rique de France stellet Th. i , S. 219 ^48? ein zahlreiches Verzeithiiifs von mehr als 200 sol- cher Schriften , obgleich nicht in der besten Ordnung. Ich kann ihnen, besonders in Anse- hung der Sprache, noch folgende beyfiigen, welche daselbst übergangen sind:

Jo. Pcrrionius -de Gallicae Ungiiae originc. Pa- ris, 1555, 8.

J. J. Pontani Ilinerarium Galliae A arbonensis cum ejusdem Glossario prisco Gallico. Leiden^ 1606, 12.

Gerh. Joh. Vossius de vitiis scnnonis et glosse- matls Ltiiinae impjiae, enthält Cap. 2 ein Ver- zeichnifs alter Gallischer Wörter.

Wilh. Camden in Britannia, S. 12 I3.

Fr. Besold de natura populorum^ 163 2, S. 120

bis 128, 339-

Sam. Bochart. de veterum. GaUorum idiomate bey seinem Judicio de Ant. GosscUni hisforia vete- runi Galloruni, Caen, 1638? 12 und in seinen Oper. Th. 1, S. 12885 fii^det nach seiner Art viel Phönicisches und Hebräisches darin.

Alteserra handelt in rerum Aquitan. Ubris^ Toulouse, 1648, 4, S. 127 163 v/eitläuftig von der Sprache, und liefert zugleich ein Ver- ze.ichnifs keltischer Wörter.

,, unter den Galliern lebe, habe ich ihre Sprache erler- „nen müssen.'' Sulpicins Severus im 5ton Jahrhun- dert fi'hrct einen Gallier ein, welclier lan2,e rJciit La- teiniscli sprechen will, da denn rosthuniiTis zu ihm sagt: ,,vvenn du dich fiüxlitest;, Lateinich zu sprc- ,,chen, so sprich Gallisch." Mehr Beweise führet jVlurfftori in Antiquitalu Ital. Th. 2, S. 993 an.

57

Ge, Casp, Kh'chmalen cUsp. de vetenmi Celtarain Celia^ Oelia et Zytlio^ ad Florwn. Wiirenb. 1695, 4.

ParalleUsmus et convenlentia XII iiii- guariim ex matrice Scytho-Cehlca. Ilo. das. iöqt, 4.

Benj. B'ieler von den Gelten und der Ceh'i sehen Sprache^ in Lilienlluds Preiifs. Zehent. l'li. 3, S. 571 576; sehr unbedeutend. Es sey mir dem Gothischen verwandt.

IViil. Baxter Glossarium Autiquitatum Britonni- carum. London, 1733, gr. 8; erklärt die Brit- tischen eigenen Naiimen besonders der Ürtcr aus dem VVallisischen und Bretagnischen, a'jer oft sehr unglücklich und willkiihrüch. Ihm sind Gallier, Britannier, Phrygier, Thracier, Fri- s>en , U.S. f. alles eins. Die Deutschen sind ihm wie bo vielen andern Halb -Historikern Kelto- Scythen.

{JeGn Astruc) Memoires pour VHistoire na- turelle de la Province de I.onguedoc. Paris, 1737, 4; handelt S. 419 sehr kurz von der Keltischen Sprache, liefert aber S. 422 -^— 457 ein alphabe- tisches Verzeichnifs verschiedener alter ürtsnah- men in Languedoc, Avelche er aus der \VallisI- schen und Bretagnisclien Sprache zu erklären, sucht, und S. 4^8 488 z^vey Verzeichnisse Languedocscher Wörter, welche vermuthlich aus der Gallischen Spraclie abstammen.

Ouaire Lettres sur la Question, s! les an- ciens Gaulois parloient Grec, (eine sehr überflüs- sige Frage,) im Mercure de France, 1739, Acut, S. 1773, eben das. Dec. P. 1 , S. 2777; 1740, Avril, S. 640, Acut, S. 1737; v/o M. B. die Frage bejahet, M. K. D. R. aber ihn widerleget.

Gottl. Wernsdorj de repuhlica Galatarurn^ Nürn- berg, 1743, 4, S. 326 338; ^'•o er auch. die noch übrigen Galatischen Wörter gesammelt

38

und (aber gemeiniglich sehr albern) aus dem Germanischen erläutert hat. Man sehe von die- sen Galliern und ihrer Sprache meine älteste Gesch. der Deutschen^ S. 98, f.

J. P. Si'ifsmilch Refiexions siir la convenance de la lansue Celtiqiie avec Celles de V Orient ^ in den Mtmoircs de l'Acad. de Berlin^ '^lAb'> ^- ^ SS- Geschichte des um diese Zeit in Frankreich geführten Streites über den Ursprung der Fran- zö'-ischen Sprache aus derKelti^.chen, in Court de Gebelin Mvide primitif, Th 5, Prelim. S. XXXIII. Memoire sur rintronuction de la langue Latine dnns les Gaules saus la domination des Romains^ par Mr, BoJiamy ; in den Memoires de VAcad. des Beiles- Lettres , Th. 24, S. 582 602.

Sur la langue vulgaire de la Gaule depuis Cesar^ jusqiCau regne de Phil. Aug. par Mr. VEveque de la Ravaliere^ eben. das. Th. 23, S. 244 249; stel- let den sonderbaren Satz auf, die Keltische Sprache habe sich bis jetzt erhalten, und die Lateinische habe keinen Theil an der Franzö- sischen.

Memoires sur la langue Celtique, par Jean Bapt. Bullet. Besanfson, 17545 fol. 3 Bände; eine der sonderbarsten Compilationen der neuern Zeiten, Der erste Theil enthält S. 1 28 eine sehr ober- flächliche Geschichte der Keltischen Sprache, welche sich mit der Sprachenverwirrung von Babylon anfängt. Der gröfste Theil des ersten Bandes bestehet nach einem \veitläuftigen Ge- schwätz von der Veränderung und Verwechse- lung der Buchstaben aus einer etymologischen Erklärung aller Ortsnahmen in dem alten Spa- nien, Gallien, Britannien und Italien. Die zwey übrigen Bände enthalten nicht allein die noch Übrigen für Keltisch gehaltenen Wörter, son-

39

dem auch alle Wörter der heutigen Baskischen, Irländischen, Hoch - Schottischen , Wallisischen und Nieder-Bretagnischen Sprachen; denn alle diese sind ihm Keltisch, aus den bekannten Wörterbüchern derselben in ein einziges Alpha- bet zusammen geschrieben, und mit den gleich- lautenden Wörtern aller Sprachen in der Welt erläutert.

Jo. Gottl. Guil. Dunkel specimen Lexici Graeco- Celtici in den SymboUs l'itter. Bremens. Th. 2, S. 489- Er hinterhefs bey seinem ungiückliclien Tode das gatize Wörterbuch völlig ausgearbeitet in der Handsclirift. Germanisch, Scythisch und Keltisch waren ihm nicht selir verschieden; dar- aus sey das Griechische entstanden.

Dissertation sur la langiie des Celles ou Gaulois^ {par Mr. Jjnr6azan) vor dem Castoiement ou In- struction du Pere ä son ßl? ^ einem alten Französi- schen Gedichte, Lausanne, 1760, gr. 12. Wir kenneten das alte Keltische zu wenig, um dar- über urtheilen zu können. In dem heutifxen Französischen sey aufser einigen wenigen Wör- tern nichts mehr davon übrig, (g^nz walir. ) Das Nieder- Bretagnische stamme nicht daher, sondern sey ein Gemisch verstümmelter Lateini- scher Wörter (nur halb wahr), wovon Bey- spieie, (aber oft sehr unglücklich,) angeführet \verden. Dunwn z. B. sey kein Keltisches Wort, sondern aus dem Lateinischen tumuliis verderbt.

Court de Gehclin handelt in seinem übrigens verunglückten Monde primitif Th. 5, Prelim. S. XII nur kurz, aber gröfsten Tlieils richtig, von der alten Keltischen Sprache, besonders so fern sich noch Überreste davon in der heutigen Französischen erhalten haben; dalier er auch in dem, in diesem Theile befindlichen J)zc//r»/?/?t7//-e

eiymol. de la langiie Francoise bey jedem Buchsta- ben diejenigen Worter, welche ihm zu Folge aus dem Keltischen herstammen, besonders anhihret,

Jo. Clelands seltsame Schriften, ^las alte Kel- tische wieder herzustellen, von 1765 bis 1769 führt /, P. Bamberger in seinen Anecdoten von Grofs - BrilaJinischen Gelehrten , Th. 1 , S. 434» aber nur mit übersetzten Titeln an.

Stanhl. Bürdet ti della lingua de priml Aiitatori deir ItaVia^ Opera postuma. Modena, 1772, 4. Vorher hatte er dei primi Abitatori d'Italia^ 1769, 4 heraus }:jeaeben. Die Urbe\vohner Italiens hät- tQW. Gallisch gesprochen , mit Ausnahme der Taurisker, welche Germanier gewesen, (sie waren vielmehr .ächte Kelten,) S. 36. Germa- nisch und Gallisch sey nahe verwandt gewesen, S. 40. Überbleibsel des Gallischen im Schotti- schen, Bretagnisclien u. s. f. S 42, Verzeich- nifs GalliscJier Wörter mit Erläuterung, S. 58 f. 67 f. , wo aber auch Germanische Wörter mit eingemischt ^verden. Erklärung alter Italiäni- scher Ortsnahmen aus dem Gallischen und Ger- manischen, S. 85 215. Erläuterung beson- ders Umbrischer Ortsnahmen, S. 236 folg.

Celtisdie Alterthümer zur Erläuterung der älle- slcn Geschichte Helvetiens. Bern, 1783} 8.

Kleines Verzeichnifs acht Keltischer Wörter,

aus den alten SchrifLstellern und den Denk- mählern des luittlern Zeitalters

gesamuielc.

Abellio ^ eine Gallische Gottheit auf drey Auf- schriften im Gtuter, S. 37, N. 5, 6, 7. Gruter Reinesius und Martin halten sie für einerley mit dem Belenus,

,4^

Aber ^ in der alten Brittischen Sprache eine Bay, die Mündung eines Flusses. ^^Aber Britannice „dicitur locus omnis, ubi aqua in aquam „cadit," Sylv. Girald. Noch jetzt im VVaili- sischen Aber ^ daher das Französ. Havre^ ein ein Hafen.

Abrana^ ein geschwänzter Affe, eine Meerkatze, nach dem Hesychius. sib ^ Ap bedeutet in vielen alten Sprachen, und noch jetzt im Ir- ländischen einen Affen; Ran aber ist in den neuern Keltischen Sprachen der Schwanz. Im heutigen Wallisischen heifst ein solcher Aife Apranolog.

4c y Acum, ein altes, fast in allen bekannten Sprachen befindliches Wort, welches Was- ser oder einen Flufs bedeutet; Lat. A^qua^ Deutsch y^cÄ, Aha, Aa. Daher die Endung -acum, an so vielen Gallischen Ortsnahmen, Arenacum , Laureocum , Tolbiacum , Stenacum, Albiniacum, u. s. f.

Acaunwnarga ^ eine Art Mär gel in Gallien, nach Plin. B. 16 (al. 17) Kap. 7, und zwar nach Harduins wieder hergestellten Leseart, da es bisher Capnumargos hiefs. Steinmark, Stein- märgel, von Agaiinwn, Stein, Fels. Plinius selbst sagt, dafs diese Art Märgel mit Stein vmtermischt sey.

Agaunum, der ehemahlige Nähme des Klosters S. Moritz in Mieder-Wallis in der Schweiz, welcher so viel als Stein, Fels bedeutet, weil es zwischen zwey Bergen an der Rhone liegt. S. du Fresne. Aus dem Nahmen Albigaunum, Albenga im Genuesischen, scheinet zu erhel- len, dafs das Wort eigentlich Gaiin oder Cawi geheifsen , und dafs das a entweder der Arti- kel oder sonst eine unbekannte Vorsylbe ist.

q2

Im Cnnton Appenzell nennet man noch jetzt gewisse Felsen Gaunor oder Gaundor. Dalicr Aconitum, eine giftiqe Pflanze, weil sie auf Bei'gen wachset. Ovid. Metamorph. B. 3, Fab. 22:

Quae qiiia nascuntiir dura vivacia caute, Agrestes aconita vocant.

Agennwn ^ die Stadt Agen in Gnienne. In dem J.eben des heil. Caprasii heif'st es, dafs sie den Nahmen von einer grofsen Höhle, ah liiatu spclwicae, habe. Agen, im Wallis. Höhlung, Loch.

Ahuda. 1. Die Lärche, bey den Römern Ga/e~ rita oder Cassim. S. du Fresne. Wohl nicht von dem Deutschen Laut ^ sondern von /i/, lioch, grofs, und Aiid, Gesang. Daher das Französ. Alaiiette, und- Ital. Lodola. Im Bre- tagnischen heifst die Lärche Alciteder^ grofs e Sängerinn, von <?/, grois, wnd cueida, singen. 2. Der Nähme einer Legion, welche Caesar in Gallien anseworben hatte; ohne Zweifel von dem Helmschmucke, welcher dem Feder- busche der Haubenlärche gleichen mochte.

Albogon, das Flöhkrant, Lat. Pulegium. Dioscor. Bey dem Interpolator des Dioscor. S. 41^3 irrig Albolon.

Alce, das Elendthier, welches Caesar in Gallien kennen lernte, und Pausan. Boeot. B. 9 di:n Galliern, Plinius aber dem ganzen Norden beylegt.

AUiüigia. „Celtica Nardus nascitnr in Liguriae „alpibus, vernaculo sevmone A/iungia dicta. " Dioscor. B. 1 , Kap. 7.

Aillobroges , s. Broga.

A'pes^ die alte Gallische Benennung eines jeden ' hohen Berges. S. du Fresne. Dnlicr A/lion,

45

England, wegen der hohen Küsten, Srrabo nennt die Schvveizergebirge Alhia. Aus der Keltischen Sprache ist dieses Wort noch in dem südlichen Deutschlande üblich, wo dit^ mittlere mit Gras be^vachsene Gegend der ho- hen Berge die Alp genannt wird. And, bey den Römischen Schriftstellern anti^ eine verstärkende Partikel für sel;r, z. B. Ant'i-^ gal/m, sehr fett. S. du Fresne. Aiidate und Andraste, der Sieg und die Sieges- göttinn bey den Britten , Andarte bey den Gal- liern. Man sehe Bochat, Th. 2, S. 422. An- dras bedeutet im Wallisischen noch jetzt Ge- bieterinn, Frau. Anepsa, GaUis Veratrum albiim. Interpol. Diosc.

c. 732. Ar. 1. Eine Praeposition für an, bey, schon bey den ältesten Römern für ad. Daher Are- latiim, am Morast, Aremorlci, Anwohner des Meeres, u. s, f. 2. Hoch, S. Ernolatia. Arapennis , Arepenms , Arpcnnis , Arpentum, ein Gallisches und Bätisches Feldmafs, welches so viel als ein halber Römischer Morgen war, S. du Fresne. Die erste Hälfte scheint die Gallische Wurzel von arare, Deutsch ähren, pflügen, zu seyn; die zrveyte Hälfte ist noch unbekannt, denn Perm, ein Kopf, pafst hier- her nicht. In den mittlem Zeiten kommen in Frankreich mehrere ähnliche Feldmalse vor, z. B. Arinchada, Argusata, Argcnsata, Artiga, Artigalia, u. s. f., von welchen manche auch noch Gallisch seyn mögen. Ardesia, der Schiefer, Franz. Ardoise. Da Nähme und Sache den Römern »mbekannt war, so scheinet das Wort Gallischen Ursprunges zu leyn. S. du Fresne. Vielleicht von L. Bart.

44

Ardicus^ scIl^varz, verbrannt, alt Vv^xiz. Ar eis ^ und diefs von Ardoir, brennen.

Arelatum, die Stadt Arles, von ^r, an,bcy, und dem Wallis. Llaeth^ Morast, oder l.Iaith^ feucht.

Arinca, eine Getreideart, welche Piin. 13. 1S5 Kap. 10 beschreibt, und hinzusetzt: „Gal- „liarum propria, copiosa et Italiae est." Es ist der Rocken, in Dauphine noch jetzt Riguet. Im du Fresne ist Arinc/iada, ein Feldmafs, Span. Aringada.

Arn?orica, das an der See gelegene Gallien, von Ar^ an, und Mor, Meer, ein. Küstenland. Das Lateinische Aquitajüa ist eine blofse Über- setzung davon.

Asia. Plinius versichert, dafs die Tanriner, ein Volk auf den Cisalpinischen Alpen, den Rocken Asia genannt. Im Baskischen ist Asia^ Samen.

Assandwn^ ein Berg in England. „In monte qni ^^Assandum ^ i. e. mons asini , nominatur. " Florent. Wigorn. S. 678.

Anis ^ Aiys, eine Gottheit, welche, so wie der Belenus, die Sonne vorstellete. „Attidem „cum nominamus, solem significamus," Ar- uob. adv, gentes, B. 5, S. 187. „Sei nomine „Attinis s. Atinis colitur," Macrob. Saturn. B. 1, Kap. 21. Ein Gehölz bey Solothurn heifst noch jetzt das Attisholz , S. Bochat, Th. 2, S. 369.

Aiicd^ Ocüy Occa, eine Gans, und in weiterer Bedeutung ein ieder Voeel. S. du Fresne.

Aiifanae^ Aufaniae mal res ^ Gallische weibliche Gottheiten. S. du Fresne , und Keyslers An-

4 tiquit. S. 429.

Aventia^ eine unbekannte Gallische und beson- ders Helvetische Gottheit, S. Bochat Th. 1, und Th. 2 , S. 496.

^acurdus, eine gleic]} falls unbekannte Gottheit in zwey zu Cöln gefundenen Aufschriften, im Gruter S. 86.

Badhis , nach dem Marcellus Burdegal. de re Med. Kap. 33, eine Pflanze, vvelciie bey den Griechen Nymphaea^ bey den Römern aber Clava Herculis hiefs.

Bagaudae^ Bacaudae, das Landvolk in Gallien, welches sich unter dem Diocletian und Maxi- mian empörte, und langwierige Unruhen er- regte. S, du Fresne. Im Wallisi&chen ist Bagad noch jetzt ein Haufe Menschen oder Thiere.

Bal^ hoch , ein Berg. S. Pil.

Balma. 1. Eine Höhle, nach dem Leben S. Ro- mani und Lupicini im du Fresne. Daher noch jetzt so viele Orte in Frankreich Balme und Baume heifsen. Audi in der Schweiz nennt man die Höhlen in den Felsen noch jetzt Bal- men. S. Bochat Mem. Th. 3, S 82. 2. Ein Fels. „Perti'icus a. 1084 Basilicam sub Balma^ „quae nunc dicitur Alta Petra consecrari „fecit." Hist. monast. Mediani Monast. 3 Ein Fri-igel, besonders ein Grabhügel S. du Fresne.

Baracacac , erklart Hesychius durch r^/i^i ^iZ'-^soc.'.y heilige Felle. Da das keinen Sinn gibt, eo verbessern andere das erste Wort in di^^sici^ Ziegenfeile. S. Aiberti zum Kesych.

Bar becL der eliemahlioe Nah.me eines Cister-

^ o

nieuoer- Klosters, 'welcher so viel als heiliger Hafen bedeutete. „Ecclesia S. Mr,riae de sa- ^,cro Porta ^ quae dicitur Bar beelj" Vincent Bellov. Jet7,t Barheau. Bardus , ein Nähme der Dichter und Sänger bey den Galliern, Im Wallisisclien ist Bardd und im triji^chen Burd^ ein Dichter, Prophet,

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im Wallis, Bnrdas, die Dichtkunst, ingieichen eine Geschichte. S. du Frebne. Die Deiit- sclien kannten &ie unter diesem Nahmen nicht.

£aro, Varo. i. Ein freyer Mann, ein Ehemann. 2. Ein Trofsbube, fig. ein alberner Mensch, ein Thor, ßeydes ursprünglich aus Gallien, S. du Fresne.

Barra ^ Barum. \. Eine Stange, ein Riegel, ein Balken. 2. Eine 'Brücke. Barra Burdini ^ für Font BoLinlin, S. du Fresne.

Bascnuda^ ein geflochtenes Körbchen bey den Britten, nach dem Martial. Im Wallis, ist Basgmvd, Basget , im Irrländ, Bascaid/i , und im Engl. Basket noch jetzt ein solcher Korb.

Basilea. Aufser der bekannten Stadt dieses Nah- mens auch ein Ort in Champagne, jetzt Ambe - Reve. Nach dem Ammian B. 30, S. 417 bedeutet der Nähme im Keltischen eine Eiche.

Bastard ^ ein uneheliches Kind, vom Wallis, bas^ niedrig, und tardd^ hervor kommen, ent- springen. S. du Fresne.

Becco^ Beccus ^ der Schnabel besonders eines Vogels. Sueton. sagt vom Antonio im Vitell. Kap. 18: „Cui Tolosae nato cognomen in „pucritia Becco fuerat; id valet gallinacei „rostrum. "

Bcel^ lieilig, s. Bar deel.

Be/atucadrus , eine unbekannte Brittische Gott- keit, s. Archaiol. ßritann. Th. 1, S. 3io;Th. 3, S, 101; und Th. 10, S. 118.

Be/cnus, BeUiuus^ Bel/'s, eine berühmte Gottheit aller Kelten, welclie die Sonne vorstellte. Im Irländischen Beal und Bealan noch jetzt die Sonne. ^. l'ertull. Apologet. Kap. 24.

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Belinunda^ das Bilsenlcraut, Kyoscvamus' Llnn. nach Auptar. Dioscor. und Apulej. de Herb, Kap. 4. Es war dem Beleniis, so ^vie bey dea Griechen dem Apoll heüig, daher es bey ih- nen auch ApoUinaris hiefs. Indessen scheint nur die erste Hälfte Keltisch zu scyn. ISiach Burchard. Decret. L, 19, Kap. 5 hiefs sie in Frankreicli noch im 1 iten Jahrhundert ^e//At/, BiLe; ihr jetziger Nähme ibl Jusquiame. Im Span, heifbt sie JWe//o ,^ welches ganz das vo- . rige Belenus zu seyn scheint.

Bel'iocanda^ nacli dem Dioscor. die Schafgarbe, das Millefülium; vielleicht von dem Galischen BeleUy Bleiin^ Blume, und Cand^ hundert.

BelUciis SurLiir. Auf dem Framont zwischen El- safs und Lotharingen fand man in den neuern Zeiten Überbleibsel eines alten Tempels, wo unter andern das Bild eines Löv/en und eines wilden Schweines halb ei haben ausgehauen mit den obigen Wörtern darüber zu sehen ist. Waiirscheinlich sind es die Gallischen Nah- men beyderThiere. S. Martin Relig. des Gau- lois, Th. 1 , S- 339,

Benüluc, Bcmiiiicius Deus ^ eine unbekannte Gott- heit in Montfauc. Antiq. explicjuce, Th. 2, S. 427, und Martin, 1. c. Th. 1, S. 29S, des- sen etymologische Auflösung docl'i albern ge- nug ii>t.

Benna, eine Art eines Wagens, ingleichen ein geflochtener Korb, wie man ihn auf einen Wagen zu setzen pflegt. Daher Coml-ennones, m eadem Benna sedcntes ^ nach dem Festus: Franz. Compagnons. S. du Fresne. In dem südlichen Deutschlande, dem ehemaligen Wolmsitze Keltischer Völkerschaften ist Beiine i|och in diesen Bedcutun,g.en iililich.

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Bensozia ^ eine bösartige weibliche Gottheit, wei- che nebst der Herodias die Hexen zu gewissen Zeiten durch die Luft führte, und welche La- teinische Schriftsteller mit der Diana vercrli- chen. S. da Fresne.

Berciohan^ die Wiege. Vita S. Pardulfi in Ma- bill. Act. Ss. P. 1, Saec. 3, S. 573; „Agitato- „rium quod vulgi Berciolum vocant. " Daher das Französ. Berceau.

Beria^ ein ebenes Feld, eine Ebene. S. du Fresne. Daher das bery an vielen Engli- schen ürtsnahmen.

Berniscrist ^ eine Art Mantel von groben Tuche. S. da Fresne.

Betilole^ diejenige Pflanze, \velche die Lateiner Personatia^ die Griechen aber Bacc/iion oder Elephantosiit nannten. Apulej. de Herb. Kap. 36. Jetzt im Französ. Gletcron.

Betula^ die Birke, ein Gallisches Produkt nach Plin. B. 16, Kap. 185 5? 30. Vielleicht von Bett ^ roth, w'egen der rothen Rinde und Blätter,

Bigrius, Brigius, ein Jäger bey den alten Brit- ten. S. da Fresne.

Blut/iagio, der Nähme einer Pflanze, welche an feuchten Ovten wächst.- Marcell. Burdegal. de re Medica, Kap. 9.

Bolus serron, der schwarze Epheu, Apulej. de Herb. Kap. gg.

Bona, eine Endung sehr vieler Ortsnalimen in allen Keltischen Wohnsitzen, welche die Mün- dung eines Flusses, ingleichen eine Quelle be- deuten soll.

Borvo, der Nähme mehrerer warmer Quellen. Borvonis aguae jetzt Bourbon les Bains, inglei- chen Bourbon l'Anci. Im Wallis, und ßretagn,

i^r

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ist Btrw^ das Sieden, Auf\vallen, Berwy ^ sie- den, kochen.

Braca, Bracca^ Braga^ ein Damm, Franz. Braie. S. dn Fresne.

Braccae^ weite Beinkleider, deren sich nicht allein die meisten Gallischen Völkerschafren, (daher GaUia braccata) sondern auch die Deut- schen, Sarmater, Armenier, Perser u. s. f. bedienten, daher auch der Nähme sehr weit verbreitet ist, Deutsch Brüche^ Niederd. Brook^ Engl. BreacheSy Schwed. Brackor^ Irland. Broa- ges, Ft^luz. Brayss. Dafs der Nähme bey den Galliern einheimisch war, erhellet aus dem Diodor.

Brace^ wohl nicht eine besondere Getreideart, woraus die Gallier ihr Bier verfertiget, \vie Plinius B. 18, Kap. 7 versichert, sondern Malz überhaupt, Französ. Brais, Irland. Braich. Da- her Franz. Brasser ^ brauen.

Braciaca^ der Kriegesgott, bey dem Camden, g\e\ch.'62im. Braichiauc . der mächtiae.

Brajum^ Schlamm, Koth, Französ, Bray ^ Bretagn. Bry. S. du Fresne.

Bren^ Brennium^ Kleye, Franz. Bretagn. Bren, Wallis. Brann. S. du Fresne.

Breimus ^ der Nähme mehrerer Gallischer Heer- führer, aber nicht als ein eigener, sondern als ein Amtsnahme, Im Wallis, ist Brenin, der König, Brenhines ^ die Königinn, Brenliinfaince^ der Thron.

Bret^ ein Richter, in Caesars Vergobretus. Im Irland, ist Breit/i^ ein Urtheil, Breitheam^ ein Richter, und Brehbreith, richten. Im Walli- sischen ist Brawdwr ^ ein Richter, und Bradwle, Gerichtshof

Bricumiis, derßeyfufs, Marcell. Burdegal. Kap. 26.

Mithrid. 11. D

so

Bria, Br'igA^ sn dem Nahmen vieler Städte in Spanien, Gallien ii. s. f. Arcobriga, Ar/odriga, Baim'obrira, n. H f. Vielleicht vom Wallis, ^r/^, Brr'ggyn, ein Hügel. Nach dem Stephaniis von ßyzanz bedeutete Brla^ eine Stadt, wel- che Bedeutung es nach dem Stiabo auch bey den Thraciern hatte, vielleicht nur bey den in Thracien eingewanderten Kelten.

Brigantes, Brigaiitii, eine Art leichter 'Truppen, imd dann Käu her, Franz. Brigans. In Bre- taane ist Brigad , eine Versammlung, ein Haufe, Französ. Bngade^ Span. Briga, Ital. Brigata.

Brisa iiva, eine zertretene "Weintraube, Colu- niella, B. 12, Kap. 39. In Breragn. ist Brise^ zerbrechen, zertreten, Franz. ^we/-.

Britti, gemahlre Leute, Wallis. Brith^ bunt, fleckig. Daher der Nähme der Brüten^ weil sie sich mahlten; bey den Römern Pkt',.

Biiva^ eine Brücke. Briva Isarae, Pontoise in Isle de France an der Oise; Briva Curretia^ Brive la Gaillarde, wo eine Brücke über die Coureze ging; Brivodurum^ u. s, i. S, duFresne.

Bro, ein Berg, Hügel. Daher Bromagus der Helvetier. S. Bochat, Th. 1 , S. 74.'

Bro, Broga, Land, Gegend, Feld; Wallis. ^/"O, Bro - Sais , Sachsenland. Daher A/Iodroges, von al, hoch, Hochländer.

Brogihis, ein Thiergarten, Forst, von Brog, ein- geschlossen, und GH, W'ald. Daher das Deut- sche Brü/it- '^Is ein aus dem Gallischen ent- lehntes W^ort. S. du Fresne v. Brolium.

Bruscus, das Heidekraut, Erica, Franz. Brusc^ in der Schweiz Breuscli. S. du Fresne.

Btilga, ein lederner Beutel, Wallis». Bolgan^ Bretagn. Boulc/iet. S. du Fresne.

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Gtiliburne, der Nähme, welchen das Schwert des Brittibcheii Königs Arthur in den alten Hel- dengedichten führet; vielleicht von Cal^ sehr und Murn , Burn , Bl iitb a d .

Callioiriarchus , diejenige Pflanze, welche bey den Lateinern Eqid unsula heifst, Marcell. Burde- gall. von Marc^ Plerd, und Cal, Calus ^ Huf. Im Bretagnischen sind CalUon- March die Ho- den eines Pferdes.

Calocatanos , der Feldmohn. Marcell. Burdig;al.

Camulus^ der Kriegesgött bey dem Gruter S. 40 und 56. S. Martin Relig. des Gaules, Th. 1, S. 486.

Candeium^ ein Grundstück von 100 bis 150 Qua- drat-Fufs nach dem Coliimella. In Bretagne und Wallis ist Cand noch jetzt hundert, und Cantet, hundertfach. ,

Candosoccus , ein Senker im Weinbaue, nach dem Columella, B. 5, Kap. 5. In Languedoc ist Socco , Soucco noch jetzt eine Weinrebe, ein Fächser, Franz. Sep.

Caracalla, eine Art Gallischer Tracht, von wel- cher der Kaiser Aurelius Antoninus den Bey- nahmen bekam. Hatte sie hinten eine Ka- putze, so könnte sie den iNahmen von Car^ Kopf, und Cal, bedecken, haben.

Carbidolupon ^ das grofse Wegerich, die Hunds- zunge. Apulej. de Herb.

Carn^ ein Steinhaufen, ingleichen ein Fels, in allen Keltischen Mundarten. S. John Toland several Pieces, Th. 1, S. 62. Daher Cor/i- - Wallis^ Alpes Carnicae^ Carnii^ Carintliii^ Car- nulum^ u. s. f.

Carrion^ die Trompete bey den Galatern, nach dem Hesychius; verwandt mit Cornu^ Hörn. Vielleicht eben das musicali-xhe Instrument.

D 2

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welches Eustatliiiis Odyss. 6, 1139» 57 unter dem Nahmen Carnyx den Galatern beylegt.

Carrn ^ Carruin, Carrns ^ eine Art vieirädericrer Wagen, welriie Caesar in Gallien kennen, lernte, dagegen der Deutsche iL'<2/-/'e/2 zweyrä- derig ist,

Carrocco, der Nähme eines Fisches bey dem Au- sonius Ep. 4. Vielleicht der Stör, welcher zu Bourdeaux, Toulon und längs der Garonne Creac heilist.

Carruca^ ein bequemer Reise-wagen besonders für vornehme Frauen zu Land-Parthicn, be- quemer als die Rheda. Die Römer nahmen Nähme und Sache von den Galliern an.

Casnar, derjenige, welcher ein Mädchen mit seiner Liebe verfolg;t, nach Ouintil. Institut. 13. 1 , Kap. 5.

Casniis ^ eine Eiche, daher das Franz. CAf^j/ic, iii Gasco2;ne Casse und Cassenat. S. du Fresne.

Cateja, eine Art Wurfspiefse. welche Virgil den Teutonen, Servius aber den Galliern beylegt. Der Nähme ist wenigstens nicht Germanisch. S. du Fresne.

Calerva^ ein Kaufe, war nach dem Vegetius und Isidor eigentlich Gallischen Ursprungs. S, Ges- ners Thes. und du Fresne. Im Erisischen ist Caetharbh , und im Wallis. Catorfa^ und Ca- tyrfa^ ein Haufe Streiter, von Cflü', Streit, und Tyrfa, Haufe, turba.

Caim, ein Fels, s. Agaunum.

Ceniius ^ Cinnitus, ein bitteres Schmähwort, wel- ches in dem Salischen Gesetze mit einer hohen Geldstrafe von 15 Solid, belegt, und in der Malbergischen Glosse durch Onhituo erklait oder vielmehr übersetzt wird. i\\\q Ausleger haben über dieses Wort isclrsam geträumct^

55

weil sie es schlechterdings aus dem Deutschen herleiten wollten. Es ist vielmehr Gallisch ; im Wallis, ist Cynydd (lies Kynydd) noch jetzt ein Hundewärter, Hundsjunge. Es ist also mit unserm Hundsf eineiiey Wort; und dieses kann auch das Malbergische Ouintuo. als der Deutsche Nähme seyn, wenn man mit sehr geringer Veränderung /iw//zr-rof lieset.

Cerevisia^ der Gallische Nähme des Bieres, wel- ches bey den Iberiern Celia^ Ceria^ hiefs. S. du Fresne. im Wallis, heifst das Bier, Cwrw.

Cerniinnos ^ die Über-^chrift eines von den 1711 in der Kathedral- Kirche zu Paris sefundenen Steinen, welcher das Bild eines mit groisen Satyr- Ohren und Hirsch - oder EIendsge\vei- hen versehenen Gottes darstellet, welches ver- muthlich der Gott der Jagd war. S. Leibnitz Collect. Etymol. Th. 1 , S. 80 , Bannier Mythol. Th. 2, S. 701. Martin Reiig. des Gaules, Th. 2, S. 85. Die erste Hälfte des Wortes ist wahr- scheinlich dasBreiagn. und Wallis. C<?//v7, Hörn.

Chrotta^ Crota^ eine Art Flöten der alten Brit- ten, nacli dem Fortunat. B. 7, Kap. 8; im W^allibischen noch jerzt Crowde. Bey den Schotten bedeutet Cruth die Zither. Instru- ment luid Nähme breiteten sich in den mittlem Zeiten auch in Franl;reich und Deutschland aus, und da bedeutet Crotte oft eine Gei^e.

Circius^ Cercius, der Nordwest - oder Südvvest- wind an den siidliclien Kübten Frankreichs; in Lauguedoc noch jetzt Cers ^ in Auvergne Cere, in Provence Cerce. S. Astruc hibt. natur. de Langued. S- 338 und du Fresne. In Nieder- Bretagn. ist Cyrcq ein Sturmwind.

Chipea, ein Fisch in der Saone, die Alose. S. du Fresne.

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CoUbertus^ CoUiarfus, ein freyer Haiisbedienter, von Col, dienen, und Ber, Mann, ein Dienst- niann. S. du Fresne.

Co/n/ja, ein Thal, Bretagn. Comhant ^ bey den al- ten Dritten Kum^ daher das Cumba der Römer. S. du Fresne.

Ccmedovae^ gewisse Gallische Untergottlieiten, S, Martin Relig. des Gaules, Th. 2, S. 194.

Condate, die Mündung eines Flusses in den an- dern, die Vereinigung z^veyer Flüsse. Daher so viele Ortsnahmen dieser Art, jetzt Conde, Cosne^ Caen , Gent , u. s. f. S. du Fresne.

Coma, eine Art geringen Bieres ohne Flonig^ nach dem Athen. B. 4, Kap. 13.

Corna, die Argemone bey dem Dioscorides.

Coviniis, Covi/ums, eine Art Streit- oder Sichel- wagen nach dem Mela B. 3, Kap. 6, §. 60. Im Schüttischen ist Cobliain von allen Seiten nie- derhauen, im Wallis, aber Cowain^ ein Wagen.

Craig^ ein Felsen, Wallis, und Bret. Craig, Car- reg^ in Sovoyen Cr au. Daher Mons Grojus, Saltus Grajus und Alpes Grajae, alles der kleine S. Bernhard.

Croniiun mare^ das Eismeer, bey dem Plinius, im Irländischen noch jetzt Miiir - Chroinn ^ von croinn, Wallis, crunn, gerinnen.

Crota, s. Chrotta.

Crupellarius ^ ein geharnischter Fechter, nach Tacit. Annal B. 3, 1. Vielleicht von Crup^ be- decken, CrupeUar ^ mit Eisen bedeckt.

Culdta^ ein Federbett, welches nach Plinius eine Gallische Erfindung -war; nach Bullet von C///, Feder, und Cytt'ig^ Bett.

Cunoglosus ^ ein Brittischer Fürst bey dem Gildas, der den Nahmen durch Leonem fulvum erklärt.

0^

Curmi, das Bier bey den Kelten nach.Dioscori- des. Noch jetzt nennen die Hochländer ein srofses Fest Curme. Curuca, ein kleines mit Leder überzogenes Fahr- zeug, dergleichen sich die Kelten, Cantabrier, Siliiren und andere alte Völker bedienten. S. du Fresne. Im Schottischen ist Curac.li noch jetzt ein aus Weidenzweigen geflochtener Kahn, Croecbean aber, und im Wallis. Crocken, Leder. Die Kömer theilten in den Wörtern aus fremden Sprachen die Doppel- Consonan- ten gern durch einen eingeschobenen Vocal: daher Curuca für Crucha. Deannach^ ein Ort in Britannien, welcher nach B'eda in der Schottischen und Irländischen Spraclie so' viel als Eichenfeld bedeutet, von dem Wallis. Dem, Eiche, und Mach, Magon, Feld. D'idoron^ ein Ziegel. „Tegulae apud Gallos „Z)/<:/o/-o/7 dictae alongitudine duorum palmo- „rum," Plin. B. 14. Im Bretagnischen ist d'iou dorn, zwey Hände. Dis, die vornehmste Gottheit der Gallier nach Caes. B. 6, Kap. 18. Viel albernes von der- selben hat Pelloutier Th. 6, S..106, wo er den Dis mit Teilt, TciUates, Odin, Dens, &scg, Ho- daji, Gott, u. s, f. für einerley hält. Dhona, der Nähme einer hellen Quelle bey Bordeaux, von welcher Auson. de ciar. urb. v. 156 sincft: Divona Celtarum lingua fons „addite dfvis." Vermuthlich täuschte ihn der Gleichlaut der ersten Sylbe, sie aus dem D/- vus der Römer herzideiten. Im Wallis, isr Difann, hell, rein, und //j'^no/?, eine Quelle, fons.

6^

Dogßi ^in Graben, Canal, $. da Fresne. Zu Montpellier wirci der Stadtgraben noch jetzt Dougo genannt.

Drugiis y JJnmgus ^ die Nase, s. Tascodrugilae.

Dndda^y die einzigen Priester, Wahrbager, Rich- ter, Gelehrten und Ärzte bey di^n Galliern. Da das Wort Ähnlichkeit mit dem Griechi- schen Iqvg^ eine Eiche, hat, dieser Baum auch bcy den Galliern und ihren Priestern in einem vorzüglichen Ansehen stand, so leitete schon Pünius den NaJimen daher, dem nachmahls auch viele neuere gefolget sind; gerade als wenn die Gallier einen Nahmen für eine ihnen so wesentliche Anstalt von einem ihnen so fremden und entfernten Volke hätten entleh- nen müssen. Im Wallis, bedeutet Derw noch jetzt eine Eiche, und Derwyddon, einen W^eisen, Propheten; im Irland, ^her Drid, einen Zau- berer, und Druidheacht^ Zauberey. Die Nahmen Saronides und Semnoihei , welche ihnen auch wohl beygelegt werden , sind nicht Keltisch.

Dryjiemetum j derjenige Ort, \wo sich der Rath der aoo von allen drev Nationen der Gallier in Galatien versammelte, nacli Strabo B. 12, S. 567. ' Die letzte Hälfte ist das Keltische Ne/utr , ein Tempel, die erste vielleicht das Wallis. Derw, die Eiche, einen Eichentempel zu bezeichnen.

Ducone, die Chamaeacte oder der Ebulus, bey dem Interpolat. Dioscor. S. 474 und Apulej. de Herb. Kap. 92. Vielleicht von Duach^ Duch^ schwarz, wegen der schwarzen Beeren.

Dula, ein Blatt, s. Pempcdula.

Dulovius, eine unbekannte Gottheit im Gruter, welche besonders in der heutigen Grafschaft Vcnaisbin in Provence verehret wurde.

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Dun, Dunum. i. Ein Hügel, Berg, ». duFresne; verwandt mit dem Griechischen 0iv, 0<vff, Hügel, Sandhügel. In den Niederlanden wer- den die Sandhügel an der Küste noch jetzt Dünen genannt. Daher so viele Ortsnahmen, wenn die Orte auf Anhöhen liegen. 2. Eine Tiefe, ein Thal, ein in mehrern Sprachen mit der Höhe nahe verwandter Begriff, „^/-o- ^^diina id est loca in vallibus posita," heifst es im Plinius. Bro ist im Bretagnischen ein Land, Gebieth, und Don, tief, Engl. Down, nieder- wärts. Daher Ijjgdunum, und so viele andere Orte, welche in Ebenen, Tiefen und an Flüs- sen liegen.

o

Dur, Durum, Wasser, Flufs, Wallis. i)z/r, Divr und Dwfr, Bretagnisch Dour. Daher so viele Ortsnahmen, welche sich auf dieses W^ort endigen; ingleichen mehrere Flüsse, welche Turrus, die Thur ^ Duria, Durius, Doria^ u. s. f. heifsen.

Dusii, eine Art bösfertiger Untergottheiten, un- gefähr \vas den Deutschen der Alp ist. Au- gustin. de Civit. Dei B. 15, Kap. 23 gedenkt ihrer, wie auch Isidor. Orig. B. 85 Cap. ult. In dem Vocabul. S. Blasii aus dem i2ten Jahr- hundert in Gerberti Itin. heifst es: „Incubi „vel pilosi Latine, quos Romani Faunos sua- „rios vocant, Galli autem Dusios nominant." S, du Fresne.

Etßlecopala , blauer Märgel. „Columbinam ter- „ram Galliae suo nomine Eglecopalam appel- „lant," Plin. B. 17, Kap. 8. Vielleicht von Egle, Lehm, Erde, und Copal, fett. Ver- muthlich hatte eben derselbe B. 6 eben dieses Wort im Siime, wenn er von dem Mergel sagt: Gallis terrae adipem significat."

S8

Jimarntm, eine Art Weintrauben , welche nur mittelniäftiigen \¥ein gaben. Coliimella, B. 3, Kap. 2. Püji. B. 14. Im Iiländiächen ist Ani- harc^ ein Fehler.

Empona. Sabinus, der es um yo mit dem Auf- rührer Julius in Gallien hielt, hatte eine Frair, ISiahmens Empona. Graece Heroidcm dice- „res," setzt Plutarch hinzu. Tacitus nennt sie Epponina^ Xiphilin aber Pepolina.

Endromis, eine Art grober und schwerer Klei- dung der Sequaner, deren Martial gedenkt, welchen aber der Klang des Wortes verleitete, dasselbe für Griechisch , und besonders für Lacedaemonisch zu halten. Es kann wenig- stens gut Kelti&ch seyn, von Tnvm, schwer, und A/uIrwm, sehr schwer.

Eporedicus , ein guter Reiter. Plin. versichert B. 3 die Stadt der Salassier Eporedia in der heutigen Lombardey, „sie Gallica lingua no- „minatani ab optimis Equorum ch)mitoribus. „Equorum domitores Eporcdicos suo appella- „bant idiomate Salassii." Das klingt freylich Griechisch genug, aber auch im Gallischen ist Ep, ein Pferd, Griechisch ehedem iircg, für lirirog , und redya, zurichten, zureiten.

Emolatla^ ein eliemahliger Ort im Norico, nach der Peutingerischen Tafel ; von Ejrn^ Am, lioch, Waliis. Ar, und Lat, die abhängige Seite eines Berges, die Berglehne, in Süden der Donau, dem alten Sitze Keltischer Völ- kerschaften noch jetzt die Laite, wo es noch Achlaiten , Föhralailen, Sonn/aiten, Hoc/ilai/cn, Tenfe/slni/m, ,u. s. f. gibt.

Esseduin, Streitwagen, deren Caesar, Virgil, Servius und Jemandes gedenken. S. du Fresne.

59

Esus^ H^sns, eine Gottheit, welche mit Men- schenblut versöhnet wurde, und welche viele inig für den Mars der Römer gehalten haben. S. Martin Relig. des Gaulois Th, i, S. 252 bis 270, und Bannier Th. 2, S. 'yoi.

Eugubis^ s. ilsubis.

£urises, ein dunkles Wort, welches auf dem dritten der 1711 in der Kathredal- Kirche zu Paris gefundenen Steinen vorkommt. S. Mar- tin 1. c. Th. 2, * 61, Leibnitz Collect. Etym. Th. 1 , S. 78» und Eckhard in der Voit. S, 18.

foli, thöricht, närrisch, unsinnig, Wallis, noch jetzt Ffol, Bretagn. Foll, Eranzös. Fou, Engl. Fool. S. du Fresne.

Fordicen, der Nähme eines Teiches auf der Küste von Languedoc, welcher nach dem Avienus so viel als brausend bedeutete. S. Astruc Hist. natur. de Langued. S. 431.

Gabiae, unbekannte Gottheiten, im Gruter S. gi, welche für die Deae matres anderer Völker gehalten Averden.

Gadalis, eine Hure. In einem Capitular Carls des Großen, im Baluz. Th. 1 , S. 343 heifst es: „Similiter de Gadalibus et meretricibus volu- mus," etc. Keiner von den Auflegern die- ses Gesetzes hat sich in dieses unbekannte Wort finden können. Allein, es ist rein Kel- tisch. Gadaks bedeutet noch jetzt im Bre- ta^nischen eine Hure.

Gaesati^ Gessati , eine Art Krieger, welche um Sold dienten, nach dem Polybius B. 2, und Strabo B. 5; entweder weil sie mit Gaesis be- \vaflnet zu seyn pflegten, oder auch so fern Gwas, Gas in den Gallischen Überresten noch jetzt einen Lohnsüldaten, Söldner, bedeutet.

6o

Gaesum^ Gesimi, eine Art Wurfspiefs, vermuth- lich mit Wiederhaken, s. du Fresne. Bey den. spätem Franzosen \var Gis - arme , Juisarmey Jusarme gleichfalls ein Wurfspiefs, und im Baskischen bedeutet Gesi dasselbe noch jetzt.

Galh, Galba^ fett, ingleichen ein dicker fetter Mensch, nach Sueton. im Galba. Im Bretagn. noch jetzt Galb. Im mittlem Lat. kommt Art' tigalha für sehr fett mehrmahls vor, s. du Fresne. Nach dem Kilian bedeutet Kalf am Nieder- Rheine noch jetzt einen fetten Men- schen.

CaUarius^ ein Trofsbnbe, bey dem Eusebius und Vegetius. S. du Fresne.

Galnape, Gallica tunica, in Testam. S. Caeaarii, a. 542, in Baronii Annal. Th, 6, S. 593.

'Garan, ein Krauich, s. Tarvos Trigarcuius.

Gaun^ Fels, s. Agaunum.

Gauranis, Isidor. Orig. B. 12, Kap, 1, sagt von den Farben der Pferde: „Cervinus est, quem „vulgo Gauranem dicunt." In den Gallischen Überresten bedeutet Gaur einen Hirsch.

Gebennae montes ^ bey dem Caesar, Plinius, u. s. f. bey dem Strabo und Ptolemaeus nicht so rich- tig Kemmeni; jetzt die Sevennen. Im Wallisi- schen ist Kefn^ Gipfel, und Kebenn^ Berg- gipfel. Avien sagt von den Sevennen; „No- „minis porro valor, mons dorsa celsus."

Gelasone^ das Knabenkraut, Lat. Gnaphalium. In- terpol. Dioscor, S. 4f>9.

Gigarus, der Gallische Nähme derjenigen Pflanze, welche bey den Griechen Dracontium hicfs. Marceil. Burdegal. de re med. Kap. 10, S. 290.

G/7, Gilum^ an so vielen Orrsnahineii, /.. ß. Nan- togilum ^ Bonogllum ^ Diogihnn ^ \\. s. f. soll bo viel als Haus, Wohnung, natli Camden

6i

aber einen Bach bedeuten. In den heutigen. Französ. Ortsnahmen ist -euil aaraus gewor- den , Nanteuil, Boneuil, u. s. f.

Gilarus^ Gelarus^ der Feldkümmel. Marceil. Bur- degal.Kap.il, S. 291.

Glastum, der Gallische Nähme des Waid, nach dem Plinius, der es selbst von dem Gall. Glas^ blau, ableitet. Guaisdo, Guastum^ Waisda^ Guat, Guatum, Waid sind spätere Verstümme- lungen davon. S. auch Utrum.

Glyssomarga, eine Art Mergels, nach Plin. B. ly, Kap. 8; gewifs nicht von dem Griechischen ^AucrcTftjv, süfser, wie Harduin will.

Gnabat, der Sohn, nach dem Isidor, im Bretagn. Genaws, Gnaws, womit auch das Lat. Gnatus, und unser Knabe verwandt sind.

Granrdus^ ein Öeynahme des Apoll, in vielen Aufschriften. Im Irländischen ist Grian, die

. Sonne.

Gimia , ein Hebebaum. „Canterium Gallia Gunla^* Isidor. Orig. B. 19, Kap. 19; im Wallis, noch jetzt Gwin.

liafua , eine unbekannte Gottheit in Martin Re- lig. des Gaules, Th. 2, S. * 28 und S. 85? des- sen Erklärung doch äufsert gezwungen ist.

Haliis, der Nähme einer Pfianze bey dem Plin. B. 27, Kap. 7; die Consolida Major ^ Französ. Bügle. Vermuthiich von dem 13retagn. Hai, Geschwür, weil esi wider die Geschwüre ge- braucht wurde. Marcell. Burdegal. erkläret es durch Symphhum.

Herodias, s. Bensozia.

Hociamsani, die Agrimonia, Marcell. Burdegal, Kap. 23, S. 336.

Hys, Hysge, bey den Galliern in Galatien der Nähme desjenigen Gewächses, woran sich der

\

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Kcrmfs oder die Schaiiachwürmer befitiden, die Stechpalme. S. Pausanias Phqc. Kap. 36. In der Folge ward Farbe und Pflanze den Grie- chen und Römern vermathlich durch die Ga- later unter dem Nahmen Hysginum bekannt. Die Franzosen nennen dieses Gewächs noch jetzt HoLix. Was Kühn bey dieser Stelle des Pausanias anmerkt, grenzt an Aberwitz.

Is tilli imd Is poron, zwey Aufschriften auf zwey tljönernen sitzenden weiblichen Figuren mit einem säugenden Kinde auf dem Schoofse, wel- che bey Arles gefunden worden. S. Montfau- con Antiquite expliquee, Suppl. Th. 5, S. 142. und daraus Martin Religion des Gaules, Th. 2, S. 264. Der letztere erklärt sie gezwungen und unwahrscheinlich genug aus dem Griechischen.

Istria, das niedrige am Fufse der Alpen liegende Land. Im Wallis, ist Ist, niedrig, und 77/-, Land. Aus eben dem Grunde hiefs auch die untere Donau Ister.

Jubaros y Jumbarrum^ das Limonium. Interpol. Dioscor. S. 463.

Jupiceüusius, der Wachholder, bey eben dem- selben, S. 442.

I.aharnm, die Fahne, welche Constantin, der in Gallien erzogen war, aufpflanzte, vielleicht vom Bretagn. Lab , erheben. Im Baskischen ist Labarva noch jetzt eine Fahne oder Standarte.

Laginon, die weifse Nie^ewurz. Interpol. Dios- cor. S. 473. * ^

Lait. 1. Morast. Im Wallis, ist IJaith, feucht, flüssig, und Llaid, Koth, Schlamm. Daher Arelatiim^ am Mora.st, jetzt ^4/-/c'.s, weil es in Mo- rästen liegt. 2. Di&Berghänge, s. Ernolat'uim.

Lancea, die Lanze. Diodor erklärt das Wort für Gallisch, Vairo im Geliius für Spanisch, Si-

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sennä Im Nonius für Deutsch. Im Wallis, ist Lla'm^ oder Lla-in^ Gaiisch ie72, eine Art Spiefse,

Lor'ix. 1. Eine Art flüssigen Fichtenharzes, nach dem Dioscor. B. i , Kap. 92. Alt -Franz. La- re.Q^e ^ vielleicht von Lar ^ fett. 2. Der Lär- chenbaum, der in den Alpen einheimisch ist.

Lfheren^ Leherennns ^ eine unbekannte Gottheit im Gruter S. 1174, No. 6, 7.

LeiLca^ Lewa^ Levia^ ein Gallisches Feldmafs von, 1500 Schritt oder ii34Toisen, Franz. Z/ez/e-. S. d'Anville Notice des Gaules, Praef S. 12 folg. und WeSi-eling ad Antonin. S. 2fsi.

Limeiim^ eine Pflanze, womit die Gallier ihre Pfeile auf der Jagd vergifteten, nacii Pliniusi B. 27, Kap. 1 1.

Lucus^ Lug^ ein Thurm. Mela nennt die Stadt Lugo in Spanien, welche bey dem Piin. Zzz- cus August i heifst, Turriin August i. Lugu ibt im Bretagn. noch jetzt ein Thurm.

Marc., ein Pferd, Deutsch Mahre. Pausanias ia Phocias: „unusquisque seit, a Gallis equum „vocari Marcam." In den Bajoarischen Ge- setzen heist es: „si quis aliquem de equo suo „deposuerit, quem 3/a/'c Gaiii vocant." S. auch Trimarkisia.

.)[arga, der Märgel, verwandt mit dem Griecli. fjL-jq_c'J ^ Salbe, mit unserm Mark^ Wallis. Mer^ mit Schmeer., u. s. f. Daher die Ortsnahmen Mama, Marie in Picardie, Albanzarla , Aumale in IMormandie, Margidunitm, Marleborough in England, welche ihres Marcels wegen noch jetzt bekannt sind.

Marunus. Mercurius Marunus auf einer bey Ba- den im Argau gefundenen Inschrift, Mercu- lius der Wegweiser. Die Bewohner der AI-

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pcn, welclie die Fremden durch die be- schneyten Berge bringen, lüefsen Marones oder Maruni.

Mataris^ eine Art Lanzen oder Spiefse, eine Par- tisane, deren Caesar, Livius, Strabo, und andere mehr gedenken. Noch im lyten Jahr- hundert bedeutete im Französ. Matras einen Schufs mit der Armbrust, nndMatrasser^ durcli und durch schieben.

Medu^ ein niedriger Ort, eine Wiese, daher so viele Orte Mediolanum heifsen, welche insge- sammt in niedrigen, fruchtbaren Gegenden liegen, vom Wallis. jCflKvz, viel, schön. Auch ist im Wallis. Mediad, Ärnte.

Merislmorion , das Bienenkraut, Apiastrum. In- terpol. Dioscor. S. 457.

MirmUlo , Myrmillo , eine Art Gallischen Helmes, auf dessen Spitze ein Fisch zu sehen war; in- gleichen ein auf diese Art gerüsteter Klopffech- ter. S. du Fresne.

Muro, das Mauseöhrchen, Gr. Myosotis, nach dem Plin. B. 27 , Kap. 4.

Nagarba^ eine Art verhärteter Erde, s. Martinii Lexic.

Nanty Wasser, Fiufs, ingleichen ein Thal. Da- her so viele Ortsnahmen, Nantuacwn^ NantJie, in Bourgogne, an einem See zwischen Ber- gen, Nantuates, Nanteuil, Nannetcs ^ IMantes, in einer mit vielen Flüssen durchschnittenen Gegend, u. s. f.

Nauso^ eine Art Schüfe, Auson. Ep. 22.

ISehalennla ^ eine weibliche Gottheit, vermuth- lich der Schilffahrt. S. Martin Religion des Gaules Th. 2, S. 789 Bannier Th. 2, S. 721 (Edit. in 4,) deren Erklärungen doch nicht sehr befriedigen.

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Nemet, ein Tempel, nach dem Fortunat, s. Dry- nemetum und Vernemetis. Im Irländischen' ist Naomhta^ Nemhta^ heilig. Daher so viele Orts- nahmen, welche wegen ihrer Tempel berührnt waren, oder durch Tempel veranlasset wor- den. Nemossus , Nemetum od^T Augusto-Nehie^ tiim^ Clermont in Auvergne, wo sich der "be- ruh m te Te m p el Vasa b ef a n d ; Nemetacum , b c y dem Caesar Nemetocenna ^ (letzteres vielleiclit von ^e/?«, heilig, (s. dieses Wort) jetzt An^as. Ein anderes Wort war wahrscheinlich Ncm^ ein Wald, die Wurzel des Lateinischen Ac- mus. Daher die Nemetes um Speyer, die Ae- menturi Txwi den Alpen, u. s. f. Zu diesem ge- hören auch die N'miidae in dem Concil. Lipt. „de sacris sylvarum quas Nvnidas voca.nx.'"

Nnjo, Novo, neii, Wallis, und Bretagn. neves, newydd, das durch so viele alte Sprachen ver- breitete vfof, novits , neu, u. s. f. Daller^so viele Orte Novodumim, Noviodunum , Novonia- gus, u, 6. f. alle so viel wie Neustadt.

Odocos, diejenige Pflanze, welche die Grieclien Chameacte, die Lateiner i^qx Ebulus nannten. Marceil. Burdegal. Kap. y.

Ogmius, der Gott der Beredsamkeit, nach dem Lucian. S. davon John Toiand in Select Pie- ces, Th. 1, S. 33; Martin Relig. des Gaules Th. 1 , S. 304 318 und Frid. Sam. Schmidt in Archaiol. Britt. Th. 1 , S. 33.

Oimava, eine unbekannte Gottheit, welche durch einen geflügelten weiblichen Kopf an einem nur zum Theil sichtbaren Fischkörper abge- bildetwurde. S. Martin Ih. 2, S. 110, der iie doch sehr unj^eschickt mit dem Oen und Oamies der Babylonier für einerley hält.

Mithrid. IT. E

Oualldia^ das Chamaemilon nach dem Apulejus de Herb. Kap. 23.

Pades, eine Fichte, wovon der Po, Lat. Padu? seinen Nahmen haben s-oll , nach Phn. B. 3, Kap. 16. Nach dem Dioscor. ist Ttochs zu- gleich Griechisch.

Passcrriices , eine Art Wetz- oder Schleifsteine. Plin. ß. 36, Kap. 22.

Patcra, ein Nähme, welchen einige Draiden als Priester des Belenus bekamen, und alsdann auf ihr Geschle(*ht fortpflanzten, nach dem Auson. de Professor. Burdi<iae. Carm. 4.

Peuipedula , das Ouinquefolium, welches die (Gallischen) Dacier Propedidam nannten, In- terpol. Dioscor. S. 465, Apulej. de Herb. Kap. 2. Von dem Bretagn. Pem/?, Wallis. Pyw/; , fünf, bev den Aeol. Griechen Trsfj.iTs, und Wallis. Dcilen, Bret. Deleii, ein Blatt. S. auch das Piplas des Avien, in Astruc Hist. natur. de Languedoc, S. 444.

Pen, Penn, das Höchste eines Dinges, ein Berg- gipfel, und ein Berg selbst. Daher Alpis Pen- nina, der grofse S. Bernhards- Berg; inglei- chen die Apenninen. Wallis, ist Pen^ der Kopf, Gipfel.

Petoninm, eine Art vierräderlger Wagen nach dem Varro und Festus, von petor, vier, und Ri't, Ptad. Im Aeolischen ist TrsTo^a freylich auch vier, welches aber nur die nähere Ver- wandtschaft alter Sprachen beweiset. GelHus sagt B. 15 selir wahr; „Petorritum enim est ,,non ex Giaeca dimidiatum sed totum Trans- alpiijus. Nam est vox Gallica."

Petrbin, eine Art Wurfspiefse, nach dem Arrian in Tact. S. 57 edit. Schclieri.

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/*//, PUa, ein Berg. In Lyonnois gibt es einen hohen Berg Piliij auf dessen Gipfel der Fhifs Gien entspringt. Im Canton Lucern ist der Pilatus- Berg, auf dessen Gipfel sich ein See, eijientlich nur eine Pfütze, befindet, von P//, Berg, und lat, Wasser, Teich, Bergteich.

Plannratwn, nicht so richtig Plumarat ^ eine Art Pfluges, nach dem Plin. B. 18, Kap. 18. Die letzte Hälfte ist wohl wieder das vorige Rit, Rat, Rad.

Ploxenms, ein Zaun, eine Hürde, s. Gesners The^aiir.

Pod, mit der Lateinischen Endung Podium, ein Berg oder Hü2el. S. du Fre>.ne. Noch jetzt in den Mundarten Frankreichs Pet , Poet, Puig, Puech, Puy , u. s. f. Daher Podium Laurentii, Piiy Laurens in Languedoc, Podium Cerelano- rwn, Puicerda in Spanien, u. s. f.

Ponem, der Bevfiifs. Interpol. Dioscor. S. 43S; Apulejus de Herb. Kap. 10, der hinzu setzt: alii Ti turnen.

Ponto , eine Art Schiffe. Hirtius de Bellocii. B. 3, Kap. 29. loidori Origg. B. 19, Kap. 1. Noch jetzt im Französ. Ponton.

Pyren, Pyrn, ein hohes Gebirge; daher die Py- renäen, deren Gleichlaut mit dem Griechischen -jrug das alberne Mährchen von den durch einen Blitz in Brand gesteckten Pyrenäen er- zeugte. Wenn Herodot von der Donau sagt, dafs sie im Lande der Kelten bey der Stadt Pyr/zc-w entspringe, so machte er vermuthlich ein Gebirge zu einer Sradt. In Süden der Donau, w-o ehedem Keltische Völkerschaften wohnten, gibt es noch häufige Überbleibsel dieses Wortes. Dahin der Brenner in Tyrol, der Pycrn in Ober-Oesterreich, d^v Birnbau-

E 2

mer- JVahl, chen daselbst, wo es keine Spur Ton Birnbäumen gibt, die Ferner oder Eis- berge inTyrol, u. s. -f.

Rap/iio, s. Rußus.

Ratis, das Farnkraut. Marcell. Butig. Kap, 25. In Irland noch jetzt Rath^ in Wallis R/iedyn, in Nieder - Bretagne Radcne, Raden. Daher Ratis in England, jetzt Leicester, Rcdae, RJie^ dae^ jetzt Kazes in Languedoc, die Rhedones, lim Rennes. In allen diesen Gegenden wach- set noch jetzt das Farnkraut sehr häufig.

Reno ^ eine Art Kleidung, welche nur die Brust und die Schultern bedeckte, und ^vahrschein- lich ursprünglich eine Thicrhaut war. Caesar B. 6, Kap. 21 ; Varro, Isidor und andere. Isi- dor leitet den Nahmen sehr unwahrscheinlich von dem Rlieine her.

Rhaetla^ Graubünden, Rhaetico ^ ein berühmter Berg in Tyrol. Im Wallis, ist Rah noch jetzt eine gebirgige Gegend.

RJieda^ Reda, ein Reisewagen mit vier Rädern, ^vorein man vielerley packen konnte , wel- chen die Römer mit dem Nahmen von den Galliern bekame'i. Ouintil. B. 1, Kap. 5. Den W^agen beschreibt Fortunat. B. 3, Carm. 20. Im Bretagn. und Wallis, ist Rhedeg, Redecq und Rideec , schnell laufen. Daher vielleicht auch der R/iodamis, die Rhone, \vegen ihres schnel- len Stromes.

RJiodoray der Nähme einer Pflanze, welche Plin. B. 24, Kap. 19 besciireibt.

Rit , ein Furt, im VJ aWis. R/nd, in Nieder- Lan- guedoc hu Rit. Daher die Endung -ritwn an vielen Ortsnahmen; Augustoritum, Poitiers, Anderiiwn, Javols, Camboritum^ Cambridge, Darcoriium ^ Vannes etc.

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Ruaua, Ruala, die Zahl, in den Glossen des Kero, im Wallis, i^?//.

RußuSy nach Karduins Verbesserung, in den al- tern Ausgaben nicht so richtig Raphlo, ein Raubthier in Gestalt eines Fuchses, \velches den Hirschen gefährHch war , Plin. B. Kap. ig, ^vorauf er es Cervarium lupuni nennt. Im Wallis, ist Rhaib^ Raubsucht, Fräfsigkeit.

Rwnpotimis^ Rumbolinus, Romöotinus, eine Strauch- art, deren Colum. ß. 5, Kap. 7, und Plin. B. 14, Kap. 1 gedenken. Der letzte setzt hin- zu; „alio nomine Populus," nach andern Le- searten Opidus.

Rusca^ Baumrinde in der Vita S. Lupicini; im Bretagn. noch jetzt Rusk. Daher heifst ein Bienenkorb im Französ. Ruche, weil man sie ehedem aus Baumrinden verfertigte.

Sagun?, ein langes Oherldeid in Gestalt eines Mantels, welches die Römer mit dem Nah- men von den GalHern annahmen. Isidor. Origg. B. 19, Kap. 24.

Salar, eine Art schmackhafter Fische in verschie- denen Flüssen Galliens, deren Ausonius in Moseila, Sidonius und Salvian gedenken. Nach Gesner de aquätil. v. Salmo, ist es ein junger Lachs oder Salm.

Saliunca, Nardus Celtica, Scribon. 25s- Dioscor. Es ist der Lavendel, oder die Spieke, Laven- dula Spica Linn. im südlichen Deutschlande, wo einst Kelten hauseten, noch jetzt 6'e///?ö'.

Samohis, die Küchenschelle, nach Plin. B. 24, Kap. 11. Harduin versichert, dafs mehrere Handscliriften Samosus lesen, welches nach Bullet die wahre Leseart seyn s.oU, von San, heilsam, gesund, und Mach, Mos, ein Schwein, weil die Gallier die Pflanze für heih.am in al- lerley Krankheiten der Schweine hielten.

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Sapana, die Anagallis. Interpol. Dioseor, S. 449.

Lasran, eine Lotharingische Gottlieit, von wel- cher Cälmet nacliziisehen.

Saujiium, eine Art Gallischer Pfeile oder Wurf- spiefse, nach Diodor B. 5.

Scolüs, der Hohlunder. Interpol. Dioseor. S. 474. Im ßietagn, Sawc/i^ im AVallis. Yscaw, Y'scawen,

Scolopidus , der Nähme eines grofsen Fisches in der Arar oder Saone, in der dem Plutarch beygelegten Schrift deFluviis. Stobaeusnennt diesen Fisch CJupea, der aber von der Clupea des Plinius gar sehr verschieden ist.

ScLifmlus^ das Solanum hortense. Interpol. Dios- eor. S. 467. Franz. Morelle.

Segoinon, ein Beynahme des Mars im Gruter S. 58, no. 5.

Sena, eine kleine Insel an der westlichen Küste von Nieder- Bretagne, welche jetzt 6Vz/V? oder des Sains heifst, und ehedem ihres Orakels we- gen berühmt war, ^velches von weibhchen Priestern bedient wurde, die allem Ansehen nach gleichfalls Senae hief-sen. S. Mela B. 3, Kap. 6, wo doch die Leseart noch sehr unge- wii's ist. Martin handelt PceÜg. des Gaul. Th. 2, S. 51 folg* mit ermüdender Weitschweifigkeit von dieser Stelle, ohne doch etwas befriedi- gendes fest zu setzen.

Senani Vei/o , nach Martins Leseart, dagegen äl- tere Herausgeber Scnaniewielom ^ Senani V. EUo lesen; ein Ausdruck, welcher nur ein einzi- ges Mahl auf einer der 1711 in dem Chore der Kathedral- Kirche zu Paris gefimdenen Steine vorkommt. Diese Steine 'gehörten, einer Auf- Schrift zu Folge, zu einem Altare, welchen die Kaufleute zu Paris dem Kaiser Tiberius er- richteten. Man sehe Martin Th. 1, S. 175,

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Jo. Ge. Eckhards Muthmafsung In der Vorrede zu Leibnitzens Collect. Ervmol. S. 16 ist dieses Mnhl glücklicher, al^ seine Erklärungen sonst zu seyn pflegen, indem er unter Senani Veilo die Kaufleute an der Seine verstehet, von dem Wallis, i/wy^, die Reise, ingleichen ein Se'^el, Hwylio llong^ ich segele.

Serra^ ein Berg, Hügel, nach dem ungenann- ten Verfasser der Vita S. Romani, Stifters der Abtey Condat in Bourgogne. Ser , Sar, Sir bedeutet fast in allen noch übrigen Galli- schen Mundarten hoch, erhaben; Sierra^ im Span, ein Ber^, Gebirge.

Sistrameor , diejenige Pflanze, welclie bey den Griechen Hippouuirathruin , und bey den La- teinern Focniculum erraticum hiefs. Interpolat. Dioscor. S. 455.

^olüurii, eine Art Waffenbrüder bev den Gal- liern undSpaniern, welche Caesar B.3, Knp. 22 am vollständigsten beschreibt, andere aber CJientes und Uevofos nennen. Es ist viel üi^er dieselben geschrieben \vorden; fast alle sind durch den Gleichlaut der ersten Sylbe mit dem Deutschen So/d verleitet worden, das V^^ort aus dem Deutschen herzuleiten, und es durch Söldner zu erklären, welches sie doch nicht waren. Die noch übrigen Mundarten der Keltischen Sprache geben uns eine ge- doppelte bessere Ableitung an dierland, ent- weder von Coli, Soll, Verbindung, und /4/\ ein Mann, Sof/cifvr, ergebene Leute, oder von Sold, Gefeclit, Treuen, und ?!>, gleichsam Kriegs mann er.

Spathd, ein zweyschneidiges Schwert zum Hauen ohne Spitze, nacl; Diodor, Polvbius, Liviu» 11. a. im ßaskischen Espaia^ Span. Espada^

Ital. Spada^ Franz. Espadon und Epee^ in Lan- gued. Ksdazc. Das Deutsche 6/7ö/e/?, ein Werk- zeug zum Graben, ist wohl nur sehr entfernt damit verwandt.

Suhites^ der Eplieu, Interpol. Dioscor. S. 4^0.

Su!(*ae^ Suljae ^ eine Art Schutz- und Feldgöt- Ter in. verschiedenen Aufschriften. S. Martin Th. 2, S. 173. Sie Schemen den Grund zu den Sylphen des Grafen von Gabalis abgegeben zu naDen.

Surhw\ s. BeUlcus.

Tülliis^ ein Beclier, in dem von Fischer her- aus gegebenen Gedichte de prima expeditione Attilae, V. 322. Es ist Ausschweifung, wenn der Herausgeber bey diesem Keltischen Worte an theilen und Teller denkt.

7*0;?, Land, ein gemeinschaftliches \Vort vieler alten Sprachen, selbst der Indischen und Per- sischen, Daher Aquitania, Turditani^ Brhan- Tila^ Jacetcmi^ u. s. 1.

Tamacae ^ „pernae, e Gallia Romam apportatae," Varro de re rüst. B. 2, Kap. 4, ^. 10. Gesner wufste nichts dabey zu sagen, Aveil er nicht bedachte, dafs das Wort Gallisch war.

Taranis j eine Gottheit, welcher Menschen ge- opfert wurden, deren blofs Lucan ß. 1, V. 446 gedenkt. Vermutlilich der Donnergott, denn im W^allis. und Bretagn. ist Taran^ der Donner.

Tarbelodadion ^ Tarbidolopion ^ Tharbalodathion ^ die Plantago major. Interpol. Dioscor. S. 44 5. Bey dem Apulej. de Herb. Kap. 1, edit. von 1528 heifit das Arnoglosson oder Cynoglosson bey den GalHern Tardashtios ^ und nacli Humel- bergs Ausgabe von 1537 Tarbidolopion.

Tarwos Trigaranos ^ die Überschrift auf einem von den 1711 in der Kathedral- Kirche zu Paris^

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gefundenen Steinen, welcher das Bild eines Ochsen in einem Gehölze vorstellet, auf wel- chem drey Vögel sitzen. Leibnitz und andere haben diese Worte schon durch den Ochsen mit den drey Kranichen übersetzt, von dem Bretagn. und Wallis. Tarw ^ ein Ochs, //•/, Breragn. drey, Urid Garan^ ein Kranich. . Was die drey Kraniche bedeuten sollen, ist unbe- kannt, bo sehr sich auch Martin Th. 2, S. 70 deshalb martert.

Tascodrugilae ^ Tascodritgi ^ ein Spottnahme, wel- chen man den Montanisten in Galatien gab, weil sie unter dem Bethen den Finger auf den Mund zu legen , oder die Nase auf den Finger als auf einen Pflock zu stützen pflegten, daher die Griechen dieses Wort durch Passaior'in- clntae übersetzten. Das Gallische Wort soll von Tascus. ein Pflock, und Drngiis, die Nase, seyn. S. du Fresne, und W.ernsdorf de Rep. Galatar. S. 330, dessen Ableitung aus dem Deutschen aber, wie in allen übrigen Fällen, in das Abgeschmackte fällt. Tau, der Gallische Nähme eines Kreutzes, nach Quintil. B. 8 und andern; nach Bullet viel- leicht von Taii^ Dan, zwey, weil ein Kreuz aus zwey Stücken Holz bestehet. Taxea. (1) Der Speck, nach Isidor. B. 20, Kap. 2. (2) Ein Nagel, nach Origines, B. 10, Kap. 2; Bretagn. noch jetzt Tack, Portug. Tacha, Span. Tac/mela. Daher vermuthlich das Franz. At- tacher. Teutates^ eine der vornehmsten Gottheiten der alten Gallier, welche mit Menschenblut ver- söhnet wurde. Nach dem Sulpicius war es der Gott des Todes, daher die Ableitungen

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vonTcin, Volk, wndi Atta, Vater, Vater de^j Volk.i, von selbst wegfallen.

T/ieximon, die Aristolochia Clematiti?, oder das Chamaemelon. Interpol. Dioscor. S. /^'^i.

T/ioncr, das gröfsere Schellkraut, Chelidoniä ma- jor, eb. der«. S. 450. Im Griechischen Othonna, nach Dioscor. B. 2.

Thiirei^ Thyrei, eine Art sehr hoher aber schma- ler Schilde, nach Pausan. B. 8, Kap. 20, 21, 22. Bey den Schotten ist Targ, und Tarragad^ im Wallis. Tarian, Tarjan, im Bretagn. 7ji//t;z, im Baskischen Adarga, ein Schild. Daher das mitdere Lat. Targa, und das Alt -Deutsche Tarti^c/ie.

Titimem, derBeyfufs, s. Ponem.

ToIIis , Tolis, der Kropf am Halse, nach Isidor. Orig. B. 11. Von Toi, Erhöhung, Geschwulst. S. Gesners Thesaur.

Tomona, eine Gallische Gottheit. S. Caylns Rec. d'Antiq.Th. 5, S. 336.

Totulegium , ein Gallisches Wurfzeug. S. Arriani ars tact. ed. Schefferi, S. 67.

Trajectwn, eine Stadt. „Ultrajectum quasi Viil- „tarum oppidum; Trajectum Gallis oppidum „dicitur," Sigebert. Gemblac. ad 697. Eben das versichert Beda Hist. eccles. B. 5, Kap. 12. W'^enn diese Zeugnisse nicht wären, so könnte man das Wort leicht für Lateinisch halten, und es durch eine Überfahrt über einen Flufs erklären.

Trimarkisia, bey den Gnlatern und übrigen Gal- liern, in den Gefechten, ein Ritter mit zwey Knechten zu Pferde, zu seiner Unterstützung, Pausan. in PhocJ-iLap. 1 j. Von 7/7, drey, und Mark , ein Pferd.

Ur^ Uris^ bey den Celt-Ibeiiern, eine Stadr, daher Grac/iuris^ die Stadt des Grachus, nach Livias B. 41. Im Wallis, ist Ur, eine Woh- nung, daher vernmthlich das Lateinische Urhs.

Ura^ nach dem Apulej. de Herbis, Kap. 15 bey den Galliern diejenige Pflanze, welche die Griechen SatyrloJi nannten.

Urus^ eine Art wilder Ochsen, der Auerochs. S. Caesar B. 6, Kap. 28- 5,Uri enim Gallica „vox est, qua feri boves significantur," sagt Macrob. B. 6, Kap. 4. Irn Bretagn. ist iirha^ brüllen \v ie ein Ochs.

Usubis ^ al. Usumbis ^ die Chainaedaphne der Grie- chen, Interpol Dioscor. Nach dem Apulej. nannten die Gallier diese Pflanze Euguliin und Usuben. Jetzt heiföt sie la Liseron.

Utriim, der Gallische Nähme des Waidtes, der sonst auch Glaatum hiefs. ,,Herba quam nos ^^Utrum^ Graeci iVariä« vocant, qua infecto- „res utuntur," Marcell. Burdegal. Kap. 23, S. 346. Hat er Recht, so begreift man, warum die Römer diese Pflanze, die sie in Gallien kennen lernten, Vitium nannten. Denn mit dem Glase hat sie doch nicht die geringste Ähnliclikeit.

Valium^ eine Art Wagen, womit die Gallier das Getreide abbracliten. Plin. B. 18? Kap. 30.

Vargus, ein Verbannter, und hernach ein Räu- ber, Bandit, bey den Arvernern. Sidonius, B. 5, Ep. 4. Daher heilst es m den Salischen und Ripuarischen Gesetzen, wo mehrere Gal- lische Wörter vorkommen: „Si quis corpus „jam sepukum effoderit , aut expoliaverit, Wargus sit , hoc est expulsus de eodeni

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Vasa, oder Vasso, der Prahme eines ehemaliligeu Temp'els zu Cleimont in Auvergne , nach Gregor. Tur. bist, Franc. B. i, Kap. 30, der dem Martin reichen Stoff zu etymologischen Thorheiten gegeben hat. Das Wort scheinet eine allgemeine Benennung gewesen zu seyn. In Auvergne nennet man den Ort, wo ehe-, dem die Kirche S. Artemii stand, noch jetzt le Vns S. Ariern^ und in Daüpliine den Ort, wo die Kirche Marceilini stand, le Chanip du Vas.

Vehigelorum , genus fluvialium navium apud „Gallos," Isidor. Gloss.,

VeiiOj S. Senani.

Fe/«, diejenige Pflanze, welche die Griechen Erysimoii nannten, Plin. B. 22, Kap. 25.

Vehnis ^ die WinterkresJ^e, nach Plin. 1. c. in Bretagne und Cornwall noch jetzt Beler oder Veler^ im Baskischen Bilhar, oder Vilhar.

Fer, grofs, s. Vernemeth,

Vernobretus . der oberste Richter bev den Aedu- ern, Caes. B. G. B. 1 , Kap. 16. Das Wort ist rein Irländisch, wo Fergobrether einen Rich- ter bedeutet, eigentlich Fear go freath, ein Mann, der da richtet. Nach Menage liiefi die vornehmste obrigkeitliche Person zu An- tun noch zu seiner Zeit Vierg.

Vercingetorix und Vergosillawuis , z\vey Gallische Amtsnahmen gleichfalls bey dem Caesar. Der erste würde nach dem Irländischen heifsen Fear ein go toir ^ der Mann oder Hauptmann bey der Expedition ; der zwevte Fear go saighlean, der Mann zur Fahne, der Panner- träger.

Ver7i, die Erle nach Isidors Glossen, in Nieder- Bretagne noch jetzt Guern und Vern , in Bour-

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gogne Verne., in Langiiedoc und Gascogne Bcrn^ im Wallis. Gwerne. Vernemetis , Vier JNahme eines berühmten Tem- pels im Gebielh von Bordeaux, welcher nach dem Fortunat;. Carm. g so viel als Fanum in- gens bedeutete, von v^r, grols, und Nemet, ein Tempel.

Vcn'e/us, der Nähme einer Pflanze bey dem Marceil. Burdegal. Kap. 9, der sie doch nicht weiter bestimmet.

Verruca, ein steiler Ort bey den alten Lateinern, nach Cato bey dem Gellius B. 3, Kap. 7, verr muthiich aus dem Gallischen, wo Beruc, Ve^ nie, noch jetzt steil bedeutet. Daher Verriie^ in Piemont, und Verrucula, ein Schloß auf einem steilen Felsen in Modena.

Vertagus, Vertragus , Vertraha, Vellris, der Wind- hund, bey mehrern Schriftstellern, selbst in den Burgundischen, Salischen und Aleman- nischen Gesetzen. Dafs das Wort urspriincr. lieh Gallisch ist, und von der Geschwindio-- keit hergenommen worden, erhellet aus dem Xenophon de Venal. Kap. 3.

Vettomca, der Gallische Nähme der Begonie, wel- cher gleichfalls daher stammet, nach Plin, B. 25, Kap. 8.

Virga, der Purpur, nach Servius zu Virgils Aen. B. 8. ^^ielleicht verwandt mit dem Deutschen Ferch, Bhit.

Visurnarus^ der Klee, nach Marceil, Burdeg. Kap. 2.

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2. Töchter des Keltischen in Britannien und Ireland, Galisch,

Gescliichte.

Das heutige Grors-Brittannieri' ist von Gal- lien aus bevölkert worden; das schlofs schon Caesar aus beyder Sprache, Sitten und Religion, und Tacitus,' Strabo und andere bestätigen es. Die Zeit, wenn selbiges geschehen, läfst sich nicht angeben; wenigstens geschähe es über 500 Jahr vor Chr. und vielleicht zu der Zeit, als die nachmahligen Beigen oder Kimbern von Germa- nien aus die Gallier in Westen und Norden ein- schränkten. Damahls bekamen die über den Ka- nal gefliichteten Gallier den Nahmen der Briiteni M'oher? ist nicht bestimmt bekannt. Sie selbst nannten das Land %vegen seiner hohen Felsenufer Albion, Hochland. Als in der Folge, aber immer noch vor Caesar, die Beigen oder Kimbern ihnen auch liier folgten, und die Britten theils unter- jochten, theils in die nördlichen Gebirge, viel- leicht auch nach Ireland, w^elches damahls sejne ersten Einwohner bekommen haben mag, dräng- ten, so ging bey den Ausländern der Nähme der Britten auch auf sie über, welches denn manche Verwirrungen in der Geschichte verur- sacht hat. Nur die in die Schottläudischen Ge- bircre geflüchteten Galen sind ächte Britten; die eingewanderten Beigen sind Kimbern, und soll- ten nie Britren genannt werden. Die erstem, d. i. die in die nördlichen Gebirge geflüchteten Britten kommen in der Folge unter dem Nah- men der Caledonier vor, von 6V/e/, Gcd, ein Gale, imd Don ^ Dim^ Berg, also Berg -Galen, oder Hochländer, Ireland^ welches in der Geschichte «päter bekannt wird, hat den Nahmen von sei-

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ner westlichen Lage, von //<•, E'ire oder Erie^ Westen, daher dessen Sprache auch von dtii Hochländern, Ersieh^ Hersich, bey ihnen selbst Sibev Caelic-Erinac/i, West-Galisch genannt wird.

Nähme und Sprache.

Denn beyde Völkerschaften nannten sich im Plural Gael, Gai/, Galhel, Gadelians ^ GaoiJ- hiol, d. i. Galen, von dem Singular Ga/, und ihre Sprache Galle, Grelle^ Gaidhilic , und erhal- ten dadurch das Andenken ihres gemeinschaftli- chen Ursprunges aus Gallien. Beyde reden eine und eben dieselbe Spraclie, obgleich in zwey merklich verschiedenen Mundarten. Indessen fehlet viel, dafs diese Sprache ihre alte Reinig- keit und Sell:)srändigkeit sollte eilialten haben. Durch Religion und Cultur sind viele Lateini- sche, und durch die häufigen Einwanderungen und die lange 300jährige Herrschaft der Nor- mannen, hier Ostmannen *) viele Germanische Wörter und Formen in dieselbe eingedrungen.

Beyspiele der aus dem Lateinischen ent- lehnten Wörter sind: yißw, aer. yW/W, aether. Aichear^ krank, aeger. Aingiol, angelus. Airc^ arca.- Airgiott , argentum. Altoir, alter. Anal, Athem, anhelo. Anani, ylnm, anima. Anunibr, numerus. Ard, arduus. Arma, arma. Arrachda, erectus. Arteine, arena. Ascall, axilla. Ast ran- jiach, ein Fremder, extraneus. Asum, Zahl, summa. Bala, v'iWa. Bald, hulbus. ^tz/Zö, Mauer, Valium. Beadhas,Beatha, Yitdi. Blandan, Schmei- cheley, blandiri. 7/o, Ochs, Kuh, bos. Bol~

*) S. des altern Murray Schrift de Colouüs ScaiidU eis in [nsulis l-iritfrniiris et inaocinie in Iliberniaj in den t^i'ov. Coranunt. Gotiiii^. 1771.

^adh. Blase, bulga. Brals^ Brak, brachium. Orda , ordü , ii. s, f.

Noch zahlreicher sind diejenigen Wörter, welche das Germanische und besonders das "Scandinavische zu dem Galischen Sprachschatze hergegeben hat, so dafs vielleicht ein reichli-^ ches Fünftel Germanischen Ursprunges ist. Ich habe deren nur in den sechs ersten Buclistahen 140 gezählt. (Man bemerke dabey, dafs da sie aus dem Scandinavischen sind, sie auch mehr mit der niedern als höhern Mundart überein kommen. Ap , Apa, Afle, Nieders. Ape. - Aöal, Abhlad, Apfel, Aialgort , Baumgarten. Acra, Aeker. Aeii, ein. Aicar, spitzig, von Ecke. yl//7/7/on, Einöde. Albard, HeWthsrte. i)or, grofs, Anöhor, sehr grofs, empor, Nied. baren, he- ben. Angar , ein eingeschlossener Ort, enge. Asul, Esel. Adhah\ Schlange, Nied. Atter. Ay^ .Au, Flufs, Aa. Bacall, backen, Teag Bacala, jßackhaus, B actis , Ofen. Baidheadh, baden. Baighin, der Wagen. Baini, gebären. Bailer, Beailira, Wasser, Nied. Water. Balg, Balg, Bauch, Baigmor, dicker Bauch. Bar, Bord, Rand, Bort. Bar, SoliUy Barn, Kind. Barl- mothre, Wermuth. Barrad, Riegel, Barre, Barr, Haar, Borste. Barrach, Weirig. Bear, Bär. Bearadh, Beirim, tragen, Nied. baren. Beoir, Bier. Biail, Beil. B/ioga, Bogen. Blahh, Blut. Blaoradh, schreyen, plärren. Bocan, Bock. Boir^ Wohnung, Bauer. Bot, Feuer, Nied. böten. Brathair, Bruder. Breagh, Breaghdha, Brcaga, schön, prächtig. Bridcog, Braut, Bul, Ochs, Bulle; und andere mehr. Man würde irren, wenn man diese Erscheinung aus einer andern Ursache, als der bereits gedachten herleiten, oder sie gar zur Unterstützung der so oft irrig

vor-

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vorgegebenen Einheit der Keltischen und Ger- manischen Sprachen mifsbrauchen wollte. Das Germanische erscheinet hier zu sehr als ein Fremdling in seiner ausländischen Tracht, wel- che zu der einheimischen nicht pafst.

Dafs dessen ungeachtet diese Sprache in ih- rem Ursprünge rein Keltisch ist, erhellet unter andern auch daraus, dafs sich die meisten der von den Lateinischen Schriftstellern als Galisch angegebenen Wörter hier ungesucht wieder fin- den. Caesars Vergobrethus in dem Ireläudischen Fear go LretJi , vir ad Judicium, d. i. Richter; Fer- 'cmgetorix, Ivel. Fear ein go toir , Hauptmann bey der Unternehmung, Anführer; Vergosillaunus, Irel. Fear gofaighlean^ der Mann zu der Fahne, Pannerträger. Das Irel. Fear^ ein Mann, möchte wohl schwerlich aus dem Lateinischen Vir ent- lehnet seyn, sondern ist wahrscheinlich als ein altes Keltisches' Wort schon in den frühesten Zeiten mit den Ausoniern in die Sprache des nachmahligen Latium übergegangen. Diese hat mehr Wörter, welche ihre Ahnen in dem heuti- gen Galischen wiederfinden.

Übrigens war diese Spraclie sowohl in Schottland als Ireland noch vor kurzem ihrem. Untergange nahe, weil sie nur noch auf dem Lande und unter dem Volke gesprochen , durch keine Schriften in Übung erhalten und veredelt, selbst nicht einmahl mehr in den Schulen geleh- ret wird. Doch richtet die Hochländische Ge- sellschaft, welche 17(84 errichtet und 1787 be- stätiget wurde, ihre Bemühungen auch auf die Erhaltung ihrer Mundart, daher sie 1792 einen eigenen Lehrer derselben ansetzte. Es wäre zu wünschen, dafs man so etwas auch in Ireland nachahmte.

MUhrid. IL F

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Character der Sprache.

Sie hat nur 17 Buchstaben und darunter 12 Consonanten, indem ihr j , k, g, v, w, x, z fehlen. Dac^egen werden die meisten übrigen Consonanten durch ein nachgesetztes h aspirirt, wofür man aber jetzt den Apostroph schreibt, und zugleich die Aussprache mildert: Tighearna^ jetzt Tigearna, sprich Tiearna-, ^'gh , Rig\ sprich RL Die Sprache hat auch wenig harte Zusam- mensetzungen von Consonanten, und wenn de- ren noch für das Auge vorkommen, so werden sie durch die Aussprache für das Ohr gemildert. tt sprich d, mb und mf wie ;/z, nd^ wie 72, df^ wie d; daher sie in mehrern Fällen anders spricht als schreibt. Im Ganzen ist sie nichts weniger als rauh und hart, sondern sanft und wohl- klingend.

Sie hat noch viele einsylbige Wörter aus der ersten Sprachbihlung, aber dabey fehlt es ihr auch nicht an mehrsylbigen, welche auf die gewöhnliche Art durch die Biegung, Ableitung und Zusammensetzung entstehen.

Sie hat die gewölmlichen Redetheile, und ist in Ansehung der grammatischen Formen ein- fach und leicht. Die Substantiva haben drey Geschlechter, das männliche, weibliche und ge- meinschaftliche.

Sie kennet nur Einen Artikel, den bestimm- ten an, der, welcher gehörig decliniret wird, aber in Ansehung des Geschlechtes unveränder- lich ist, aufser dafs das Substantiv, wenn es ein Fämininum ist, den ersten Consonanten aspi- rirt: Fear, Mann, BeaUy Frau, an Fear ^ der Mann, an Fean^ die Frau.

Der Gale hat fünf Declinationen, und in

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jeder zwey Zahlen, und die im Lateinischen üblichen sechs Endungen. Die Declination ge- schiehet theils durch die Biegung am Ende, theils durch vorgesetzte Praepositionen.

Die Adjectiva werden ihrem Nennworte nachgesetzt, und kommen blofs im Plurale mit demselben überein. Der Comjsarativ setzt nios oder as, und der Superlativ ro oder as dem Po- •itive vor.

Auch die reguläre Conjugation ist im Gan- zen einfach. Das Verbum ist entweder activ, oder passiv, oder ein Neutrum. Das Passivum wird wie im Lateinischen aus dem Verbo selbst gebildet. Modi sind eigentlich nur zwey, der Indicativ und Lmperativ. Der Optativ und Con- junctiv werden durch Hülfswörter umschrieben, der Infinitiv aber von der ersten Person des Praesens vertreten. Der Zeiten sind drey, die gegenwärtige, vergangene und künftige; in je- der gibt es zwey Zahlen und drey Personen.

Der Gale kann seine Verba activa auf dop- pelte Art conjugiren, entweder mit dem hinten angehängten Pronomen, oder ohne dasselbe. Im letztern Falle bekommt das Verbum beson- dere Biegungssylben.

Mit dem Pronomen. Ohne Pronomen.

Sgriob'aid me , ich schreibe. Sgriob'aim.

Sgriob'aid' tu^ du schreibest. Sgriob'air.

Sgriob'aid se, er schreibet. Sgriob'aid.

Sgriob'ald' sinn, wir schreiben. Sgriob'maoid,

Sgriob'aid' sib, ihr schreibet. Sgriob'aig'ese.

Sgriob'aid' siad, sie schreiben. Sgriob'aidsion.

Dagegen gibt es viele irregvüäre Zeitwörter, deren Conjugation leicht den schwersten Theil der Sprachlehre ausmachen mag.

F 2

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A. Ireländisch, Ersisch.

Geschichte.

Ireland ^vard von den Römern erst 82 nach Chr. unter dem Britannischen Statthalter Agrippa zwar entdeckt, aber nicht erobert; es blieb da- her nocli lange unbekannt, und von Römischer Cultur entfernt. Dafs es bey dem Übergange der Beigen oder Kimbern nach Albion von die- ser Insel ans bevölkert worden, läfst sich muth- mafsen, aber nicht beweisen. Doch versichert es Richard von Cirencester, freylich erst ein Schriftsteller aus der Mitte des i4ten Jahrhun- dertes. Eben derselbe setzet hinzu, die ausge- tretenen Britten hätten bey dieser Gelegenheit den Nahmen Scuite ^ Schotten, d. i. Flüchtlinge, bekommen. So viel ist gewifs, dafs sie bis in das zehnte Jahrhundert Schotten genannt wor- den, und dafs alles, was vor dieser Zeit von Schotten gesagt wird, von den Iren verstanden werden mufs; bis nach der Zeit der Nähme mit ihnen auf die ehemaligen Caledonier überging. Der Nähme des Landes, welchen die Einwoh- ner noch jetzt gebrauchen, Eirui, odex En'/i, ist von -£"/>, oder Jar, We.sten, und 7/2, Insel, zu- sammengesetzt, und bedeutet, \vas es ist, West- insel. Daraus bildeten die Römer ihr Juerna, und Hibeniia.

Porphyrius ist im dritten Jahrhundert der erste Schriftsteller, und Ammian der erste La- teiner, der der Schotten (in Ireland) gedenkt. Der letztere läfst sie irrig aus Cantabrien kom- men, und sich in Ireland und von da in Schott- land verbreiten, wowider unter andern auch die Sprache streitet. Symmachus gedenkt im 4ten Jahrhundert sieben Sc]u)ttischer Hunde,

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welche In Käfichen nach Rom geschickt worden. Das sind die noch jetzt bekannten Ireländischen Wolfshunde. Auch Orosius versichert, um 417, dafs Ireland von Schotten bewohnet werde. Prosper, der um 430 schrieb, nennt Ireland eine barbarische von Schotten bewohnte Insel, imd Gildas weils um 564 hier bald Schotten bald Hibernier zu nennen.

Gegen das Ende des 4ten Jahrhunderts plagten sie in Verbindung mit den Picten die Römischen Besitzungen in Britannien. Nach Abzug der Römer aber bemächtigten sie sich des ganzen nördlichen Britanniens oder des ehe- mahligen Caledoniens, welches in der Folge von ihnen Scitottland genannt wurde. Sie waren vor Einführung des Christenthums ein sehr rqhes barbarisclies Volk, und zu Strabo's Zeit noch wilde Menschenfresser. Von 432 an, da der heil. Patrik anfing, das Christenthum zu predi- gen, und ihnen die Kömische Schrift bekannnt machte, fangen sie an .^e^itteter zu werden. Aber das Christenthum breitete sich nur lang- sam aus, in deti westlichen und nördlichen Ge- genden am spätesten. Da um diese Zeit das westliche Europa von barbarischen Völkern um- gewiihlet ward, so flohen eine Menge Geist- liche und Mönche in das ruhigere Ireland, wel- che die gelehrte Cultur, wenigstens in den kirchlichen Wissenschaften beschleunigten, und selbige in der Folge von hier aus wieder über das westlicJie Enropa verbrcitete]i. Aber die weltlichen Stände blieben noch lange rohe Bar- baren. Die Ireländische Geschichte ist nach dem heil. Patrik voll kleiner Fehden, und ewi- ger Aufrühre. Ein und zwanzig kleine König- reiche, worein das Land getheilet war, konnten

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auch wohl kein anderes Bild geben. Da* ver- mehrte denn auch wohl den Drang in die Klö- ster, aber auf der andern Seite auch wieder den Drang aus denselben, denn im jxen Jahrhun- dert wanderten eine Menge ^ eländischer Geist- lichen unter dem Nahmen ler Schotten nach Gallien und Deutschland, wovon in letzterm Co- lumban, Gallus, Kilian, Colomann, Emmeran u. a. m. bekannt sind.

Zu den innern Unruhen kamen die Raub- züge der Normannen, d. i. Norweger und Dä- nen, welche in dieser und den benachbarten Inseln schon frühe schreckliche Verwüstungen anrichteten. Der heil. Findan, welcher 700 in Alemannien ein Mönch ward, war von ihnen in Ireland geraubt worden. Die Jahre 795 und 815 sind vorzüglich wegen ihrer Verwüstungen be- kannt; aber 835 setzten sie sich völlig auf den Küsten fest, gründeten nach und nach verschie- dene Seestädte, und nahmen um die Mitte des iote)i Jahrliunderts das Christenthum an. Auch sie theilten sich in mehrere Ideine Staaten, wel- che sich unaufliörlich befehdeten, daher die we- nige Cultur, welche sie antrafen, wieder verlo- ren ging. Die Herrschaft der Normannen hörte nach Magnus Barvoet Tode um 1102 auf, und es bildeten sich nun wieder kleine einheimische Staaten, welche aber nicht friedlicher lebten. Von 1176 an machten die Könige von England in Ireland Eroberungen; aber erst unter der Eli- sabeth und Wilhelm III. ward es völlig unter- worfen.

Cultur und Sprache.

Vor Einführung des Christenthums hat Ire- land wie andere ähnliche Reiche zwar Mähr-

t1

chen und Fabeln, aber keine Geschichte, und alles was von Irländischer Schrift und Cultur vor die^r Zeit gesaget wird, ist reine Dichtung und weiter nichts. Nach 432 fängt die Ge- schichte an aufzukeimen, aber nur noch spar- sam, und die kirchliche in ihren Mirakeln und Legenden ehe, als die bürgerliche. Dessen un- geachtet iindet sich hier mehr Cultur, als in dem wilden Schottischen Hochlancfe, welches denn auch auf die Sprache seinen Einflufs hatte. Das Ersische ist nicht aliein früher geschrieben, son- dern auch mehr ausgebildet worden, als ihre Schwester im Hochlande, ^vie aus so manchen handschriftlichen Überbleibseln erhellet, welche sich aber mehr im Auslande, als in Ireland seibat befinden. Paris, S. Gallen, Wirzburg und an- dere alte Büchersäle haben deren noch von dem gten Jahrhundert an aufzuweisen, welche ins- gesammt Überbleibsel der ehedem ausgewan- derten Mönche sind.. Ireländische Glossen über einige Briefe Pauli aus S. Kilians Zv^iten befinden sich in Eckhards Francia Orient. Th. 1 , S. 452 und 847. Von Schottischen (Ireländischen) Hand- schriften zu S. Gallen sehe man Geberii Itinerar. S. 96. Vorzüglich ward hier die Dichtkunst aus- gebildet, wie aus einer Menae noch vorhande- ner Gedichte aus den mittlem Zeiten erhellet, deren Alter von der Un- Kritik aber hier eben so sehr übertrieben wird, als in Schottland.

H ü I f s m i t t e L

Dieser gröfoern Cultur wegen ist auch die Ireländische Mundart mit mehr Hülfsmitteln ver- sehen, als die Hochländische. Die vornehm- sten mir bekannt gewordenen sind:

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uin Essay on the Antiquides of the Irish lart" guagCj being'a CoUation of the Irish whJi the Pu- Tiish language. Dublin, 1772, 8. Der Verfas- ser ist der bekannte Sprachschwärmer Charl. Val- lancey , der kein anderes Panisches kannte, als das höchst verderbte Arabische auf der Insel Maltha , und auch dieses nur dürftig. S. Mi'- chaelis neue Orient. Biblioth. Th. 6, S 102.

Eben dess. Chinese and Japanese language col~ lated with the Irish. Dublin, 1782, 8- Auf eben dieselbe Art hätte er auch das Grönlän- dische und Hottentottische damit vergleichen können, und er v\'ürde Ähnlichkeiten gefun- den haben.

Ed. Ledwiclis Antiquities of Ireland. Dublin, 1790, 8; sehr vernünftig wider Vallancey's und anderer Träume.

Will. Beauford JDruidism revived or a Disserta- tion on the Characters and Modes of writing used by (ancients) Irish. Dublin, 1781 j 8- Weit ach- tere Schriftproben aus Irischen Handschriften befinden sich in Astle Origine of Writing.

Ja. 0 Kearnaigh Alphabetum et ratio legendi lin^ guam Hibernicam. I57I9 8-

Alphabetum Hibernicum , Paris bey /. J. Mar- ceil; 1787.

Fr. Franc. 0 Molloy Grammatica Latino-Hi- bernica. Rom, 1G77, 12.

H. Mac-Curtin Elements of the Irish language grammalically explained in English. Lovain, 1 ^28, 8-

Charles Vallanccy Gramniar of the Ilcrno - Cel- tic or Irish language. Dublin, 1773, 4', zweyte \ ermehrte Ausy^abe, 17835 4-

89

Micheul Cleiy^ oder O Clerigh Lexkon Hiber^ nicwn , praesertim pro vocabuUs antiquiorihus et ob^ scuris. Löwen, 1643, 8.

Ed. Lhuyds Archaiologia Britamüca^ or Voca- biilaries and Dictionnaries ofihe ancient British, Cor- nis/i and Iris/i languages. Oxford, 1707, fol.

H. Mac-Curtin English- Iris/i Dictionnarv , io which is added t.'ie Irish Grammar, Paris, 1732, 4.

J. 0 Briens Focaloir Gaoidhdge Sax-bhearla, or an Iris/i- English Dictionary. Paris, 176S? 4; das gründlichste, welches man hat.

S. auch Will. Shaw bey dem Hochländisclien.

Des Bullet grofsen Compilation ist bereits bey dem Keltischen gedacht worden.

Catechismus Hibernicus ., mit einem Ireländi- «chen Titel. Secunda. Aeditio (sie). Rom, 1707,8; ganz in Ireländisciier Sprache.

The Catecinsjn (English and Irish,) to which are added the Elements of the Irish language. Pa- ris, 1742 . .

The Book of Common Praycr (Irelandibch mit Ireländischer Schrift,) with th.e elemcnts of th.e Irish language. London, 1712, 8.

Von Ireländischen Bibeln }:rLndelt Clement in Bibliotheque curieuss^ Th. 4, S. 41 ,^ ^'^^g»

Joseph C. U'alter historical meinoirs of ihe Irish Bards, London, 1786, 4. Frischt die alten Fa- beln von Irischen Königen und Dichtern von 854 an, wieder auf.

Reliques of ancient Irish Poetrv translated into English verscs , by Mifs Brooke. Dublin, 1789"> 4. Die Originale sind am Ende mit Ireländischer Sclirift abgedruckt. Die Gedichte sind aus tehr

90

verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Verfassern. Einige werden noch über den An- fang unserer Zeitrechnung hinaus gesetzt, an- dere sind von neuern Bänkelsängern, deren einer noch 1791 lebte; könnten also wenigstens ZLir Vergleich ung der Sprache dienen.

S p r a c h p r 0 b e.

Man hat verschiedene Formeln des V. U. in der Ersischen Sprache bekannt gemacht, welche oft nur in der Übersetzung, oder gar nur in der Orthographie abweichen. In den altern Samm- lungen befindet sich eine aus des Will. Daniellve- ländischen N. T. Dublin, 1602, 4. Aber da Sprache und Orthographie hier veraltet zu seyn scheinen, so übergehe ich sie, und wähle dafür die Formel aus der von Will. Bedell veranstalteten und von Boyle herausgegebenen Ireländischen Bibel, wo die Sprache wahrscheinlich am rein- sten erscheinet. Da das Ireländische anders ge- lesen als geschrieben wird, so habe ich die Le- sung aus Vallancey's Irischen Sprachlehre, der zweyten Ausgabe von 1782 beygcfügt; denn in der ersten befindet sie sich noch nicht: ob sie gleich mit seinen Vorscliriften nicht allemahl überein hommt, auch bey ihm die Doxologie" feiilt. Die grammatischen Anmerkungen sind von mir aus Vallancey Sprachlehre, und Bullet Compilation zusammen getragen; welche letz- tere aber doch hier sehr unvollständig ist. Diese Formel kommt bis auf einige Kleinigkeiten mit der in der Irisch enZ)of/r//7a christiana^Viün.^ I742, vmd einer andern aus dem zu London 1712 ge- druckten Gebethbuche überein, daher ich diese übergangen habe. Sie befinden sich indessen im Hervas No. 239 und 240. Aber zwey andere

9*

"bey ihm, No. 245 un3 249 weichen sehr ab, und doch scheint der Unterschied blofs in der Über- setzung und Orthographie zu bestehen. Indes- sen liefere ich sie No. 108 und 109.

107. Irisch.

Aus Will. Bedells Irischen Bibel ^ Londorij 1635, 4., und 1690, 8'

Unser Vater welcher im Himmel,

Ar n' At'air ata ar Neam'

Werde geheiliget dessen Nähme;

Naom't'ar Hainm ;

Es komme dein Künicreich;

Tigead' do Riog'chachd;

Es geschehe dein Wille auf der Erde wie

Deuntar do T'oil, ar an Italam', mar

er wird geschehen im Himmel ;

do - nit'ear ar Neaiii' ;

Unser Brot tägliches gib uns heute;

Ar Naran laeat'eam'ail tab'air d'uinn a-iüu;

Und vergib uns unsere Schulden, wie wir ver-

Agus mait' duinn ar B'Hacha, mar malt'-

geben selbst unsern Schuldnern selbst;

mid-ne dar B'feit'eatii'nuib' fein;

Und nicht führe uns in Versuchung ;

Agus na leig sinn a Ccatg'ugad';

Sondern befre\ e uns vom Bösen ;

Ac'd - saor sinn ö 01c ,•

Denn ist deizi Eigenthum das E.eich und die

Oir is leac'd fein an Riog'ac'd, agus ari

Macht, und die Herrlichkeit ewiglich.

Cum' ac'd, agus an*G'loir, go siorruig'e.

Amen.

Amen.

95

Lesung der vorigen Formel nach Vallancey\< Sprachlehre von 1782.

Air n'Alilr, ata air Nau, Nihvhiir Hinm; Tigu do Riaclid; Diuiitiir do Hoil, air a Talii, niiir nihur ar

Nau; Air Naran lehavil toir- yiin a nu; Agus maitli yun ar Viaclia, mur waihmine

dar Vehaviia fein; Agus na leig scliin a Galiii; Ach sihr scliin a 01c'

Grammatische Anmerkungen.

Ar^ unser, der Plural von mo , mein. Athair, At' air, Y Sit tv, auch Tat'air, wie das Germanische Atta, Tatta.- Das stehet blofs um des Wohl- lautes willen, ',vie mehrmahls im Galischen.

Ata, der, \velcher, das Pronomen relati- vum. DasVerbum ta, ata, bist, ta tu, atu tu, du bist, von sani, oder taim, seyn, wird häufig weggelassen, wie auch hier geschehe^.

Ar, air oder dar, die Praeposition in, auf. Neamh, Neam'', der Himmel, mufste nach der Sprachlehre A'e'Cfy, Neau, gelesen werden; aber in der Formel iieset Vallancey Nau. Es kommt in der Aussprache dem Wallisischen Nefvedd nahe. In der folgenden Formel stehet dafür Dtaium, dein Nähme, aus do-t-ainm zusammen gezogen.

Naomhtliar , Naonit'ar ist der Imperativ des Passivi von naomad\ heiligen. Das Passiv um entstehet, wenn zu dem Supino des Activi ar oder r gesetzet wird. Naom\ heilig, naorrii'a, geheiliget, naomCar, werde geliciligt.

93

Hainm, dessen Nähme, d. i. des Himmels, welches ein Famininiim ist; von Ainm, Nähme, im Wallis. Ha7io, im Bretagnischen Heim'.

TigeacT ist der Imperativ des irregulären Verbi ?/g7w, kommen. Do, dein, dieses und ?' werden ohne Unterschied gebraucht, so wie es am besten lautet.

Deuntar ^ der Imperativ im Passivo des irre- gulären Verbi deianam^ maclien, thun; deunta, gemacht, deuntar ^ es werde gemacht, oder es geschehe. Do T'o'd, dein Wille, verwandt mit dem Griechischen QsKcc.

Ar ^ auf. An Italam\ der Erde; c/z, ist der bestimmte Artikel, der, die. Mar, so, wie. Nit'hear ist das f'uturum des irregulären Verbi deianam, machen; do aber ist die Partikel des Futuri.

Ar, unser. Narcn, auch Aran, Brot. Wäre das n nicht, wie es scheinet, blofs um des W^ohl- lautes vorgesetzet, so könnte man es leicht für die Wurzel unsers nähren, Nahrung^ halten. Laeaf eani all , tägliches; von La, Lo , Tag, im Plural Lachte, Tage, und der Ableitungssylbe am\ oder amidl, aniail, welche Adjectiva bildet, wie das Deatsclie lieh. Dafs das Adjectiv seinem Substantive nachgesetzet wird, ist nicht Nach- ahmung des Lateins, sondern im Irischen ge- wöhnlich.

TaiUalr, gib, der Imperativ von tahalrf, ge- ben. Dlndnn, lies yun, uns, i.^t der Dativ des Pronominis .S//7/7, oder/wz, wir; im Singular 772^, ich. A-niu, oder a-ning, -heute. A, an, ist der Artikel, welcher allen Nebenwörtern der Zeit vorgesetzet wird.

Agus, und. Mair, vergib, der Imperativ \on maWiod, vergeben; dd.\\ei: M<:di'eamnas,\i:V~

y4

gebung. D'uin^ uns. Ar Bfiacha^ ufisere Schul- den. Maifmid-ne, wir selbst vergeben. Die erste Person im Plural endigt sich, wenn kein Pronomen dabey ist, zuf -moid, -mid; ne be- deutet alsdann selbst. Efeit'iom^ oder Feit'ioni, Schuldner. Aib"* und /Z>' ist allemahl die Endung des Datives und Accusatives im Plural. ^Dar ^ ist ausf/o, zu, und er, unser zusammengesetzt, und bezeichnet den Dativ, unsern. Es kann hier nach Gefallen gesetzt oder weggelassen werden. Fein^ bedeutet auch so viel als selbst, und wird den persönlichen Pronominibus um des Nach- druckes willen beygefüget, iiufein^ ich selbst.

Agus , und. Na^ nicht; aber nur vor Im- perativen, aufser dem heifst es ni Leig\ der Imperativ, führe. Sinn^ sinne, oder hin, uns. A Cceat'ugad' , in Versuchung. Das Wort be- deutet auch ein Gefecht, Treffen.

Add, ac\ sondern. Saor sinn, befreye uns, von saora, saoram , befreyen; wohl aus dem La- teinischen servare. 0 oder do, die Praeposition von. Olc, Hole, das Übel, das Böse.

Oir, denn. Is leac'd fein, oder s'leatsa fein^ ist dein selbst. LeacW, sprich hat. Go siorru- ig^e, ewiglich. Wenn ^o und ar den Adjectiven vorgesetzet werden, so werden daraus Adverbia. Das Substantiv die Ewigkeit heifst, Siorruig'eac't.

108. Eine andere Formel,

aus Hervas Saggio prattico JSo. 245«

Ar Athairne ta annsa Neamli, Coisreachtha go ro Dtainm; Go thig do Righereacht;

I

95.

Dtaigini go ro deanta ar a Thallamh, mar

ta annsa'Neamli; Cuir dhuinn an x\rran aniu is gach la; Is leia dhuinn ar Lochtana, marata sinn

leig dhoibsean ata dheanadh Lochdan

an aigh sinn; Is ni leigh sinn amisa MüUuidh; A.chd leabhara sinn bhe 01c.

log. Noch eine Formel,

aus eben demselben No. 249, und Küttners Briefen über Irtland f ^. q6Q.

Air n'Arm ata air Neambh, Beannaichear t'Anini; Go ttigea da Päoghacda; Go deantar-do Thoil air Talmhan, mar ta

ar Neambh; Tabhair dhuinn aniugh ar JN"aran laetham-

hail; Agus maith dhuine ar Fiach, amhail mar

maithmhidne ar Fiach a; Na leig sinn Ambhuaribh; Acht saorsa sinn on Olc. Oir is leatsa Rioghacta, Cumhacta, agus

Gloir go'n Siarraidhe. Amen.

B. Berg-Schottisch, Hochländisch, Galisch.

Geschichte.

Nachdem die alten Britten von den kurz vor Caesar eingewanderten Beigen oder Kimbern in

die nördlichen Gegenden von Albion und zum Theil auch nach Ireland gedränget worden, be- kamen diejenigen, welche bich in die höhern westlichen Gebirge des heutigen Schottlandes flüchteten, wie schon im vorigen gedacht wor- den, den Nahmen der Caledoiüer ^ daher die Hochländer ihr Land noch jetzt Caeldoch nen- nen. Caledonien begriff daher den gebirgigen westlichen Theil in Norden der Firths ofForth und des Clvde. Die Bewohner des nicht so ge- birgigen östlichen Theiles kommen seit dem Redner Eumenius, der ihrer Ü97 gedenkt, un- ter dem Nahmen der Picten vor; wohl nicht von dem Lateinischen pictiis, weil sie ihren Körper bemahlet, indem dieses eine allgemeine Sitte aller Dritten war, sondern von dem Galischen Pictich, ein Räuber, weil sie sich durch ihre Raubsucht ihren gebildetem südlichen Brü- dern eben so furchtbar und verhafst machten, als die östlichen Caiedonier. Ihr wahrer Na- tional-Nähme soll Cruiinich gewesen seyn, d. i. Weitzen - oder Kornesser, weil sie bey der gröfsern Ebene ihres Landes einifren Getreide- bau hatten. Der in der alten Geschichte Britan- niens so unzuverläfsige Beda läfst sie aus Scan- dinavien, oder nach ihm Scythien hier einwan- dern ; allein es ist mit mehrern Gründen erweis- lich, dafs sie ächte Galen oder Britten sind *).

; TrBevde gehörten zu den rohesten und unge- bildetsten Völkern ihrer Zeit, welche den Rö- jnern, so lange sie, diese Insel bcsafsen, die Mon- •jsdij :'bgiii. archie

.! OilB -'^ilhliil:.

*) S. Matthias' Christi. Sprengds Geschichte von Grofs- Britannien ^ in der allgemeinen Welt - Historie neuerer-ZeiHn i^Tlü ä^i^S. 66 Mg, i'

9?.

arclile derselben streitig machten. Die Cale- donier lebten mit ihnen in einer unaufhörlichen Fehde, aber auch die Picten thaten in A'erbin- duns mit den Schotten aus Ireland mehrere Ein- fälle in das R.ömische Gebieth. Nach Abzug der Römer besetzten die Schotten im Jahr 503 das ganze Caledonien, welches ihnen desto leichter ward, da die Caledonier in den unaufhörlichen Fehden mit den Römern fast gänzlich aufgerie- ben waren. Nun verlieret sich der Nähme der Caledonier aus der Geschichte, und es treten dafür die Ireländischen Schotten in dem westli- chen Theile, mit den mit ihnen verbundenen östlichem Picten auf den Schauplatz , wo sie sich aber, so wie ihre Vorgänger, blofa durch ihre Raubzüge gegen die verlassenen Britten aus- zeichneten, ungeachtet S. Columba aus der In- sel Jona im Jahr 565 dasChristenthum unter den Schotten einführte. Von diesen aus Ireland ein- gewanderten Schotten bekam in der Folge der ganze nördliche Theil von Albion oder Britan- nien den Nahmen Scotia minor ^ oder nova^ Deutsch Schottland; daher die heutigen Schot- ten irren, wenn sie alles, was vor dieser Erobe- rung von Schotten gesagt wird, auf ihr Land deuten. Da die Irischen Schotten hier als Er- oberer erschienen , so machten sie die alten Ein- wohner zu Leibeigenen, und theilten das Land unter sich nach, den vornehmsten Anführern in gewisse grofse Lehen oder Stämme, welche einen König als Überlehnsherren über sich er- kannten. Kennethz, König der Schotten, über- wältigte 838 die Picten, mit deren Könige Hung der männliche Stamm der Pictischen Regenten abgegangen seyn soll, und vereinigte beyde Staaten unter dem Nahmen Scotland zu einem MUhrid. II. ^

98

einzigen. Die Nordmannen, jetzt die erbliche Plage des westlichen Europa, konnten dem ivestlichen Theile wegen seiner Gebirge wohl wenig anhaben; von ihren Unternehmungen auf den ebenern östlichen meldet die Geschichte, so viel ich weifs, nichts. Aber die sämmtiichen ^sowohl in Norden als Westen gelegene Inseln wurden von 833 an von ihnen erobert, und zum Theil lange besessen. Dagegen wurde Schott- land schon im i2ten Jahrhundert ein Lehen von England, bis es in der Folge völlig mit demsel- ben verbunden ward '^).

Sprache.

Der ebene südliche Theil, und zum Theü auch der östli,che, das ehemahlige Land der Picten, ward dabey frühe von England erobert, imd mit Englischen Colonien besetzt, daher hier auch die Englische Sprache herrschend ward. Allein der gebirgige westliche, Berg-Schotuand, das Hochland, Irisch Alhanich, Bergland, behielt nebst den dazu gehörigen Inseln auch unter der Englischen Herrschaft seine alte Lehnsverfas- sung, Sitten und Sprache, und zum Theil auch seine alte Rohheit, welche in den Räubereyen der Kleinen und in den Fehden der Grofsen ihre Nahrung suchte und fand. Aus dieser ihrer

*) John Macpherson*s , welcher mit dem Heraus^ geber Ossians , Jnmts Macpherson , nicht verweclisell: werden niufs, crilical Dissertations on th& origir.e^ anti- qnitUs^ language of the aucient Cahdonier,s ^ Lon- don, 1763» 4- welches so wie MaitlancTs History of Scotland mehr wahre historische Kritik athinet, ali man von den Geschichtschreihern dieser Inseln ge- wohnt ist, welche gemeiniglich keine andere Quellen als Dichtuns: und Fabeln kennen.

99

Verfassung wird auch ihr Hang zur Dichtung und die Menge ihrer Gedichte begreiflich, worin sie den Iren nichts nachgaben, und wo- von ich in dem folgenden Abschnitte mehr sacken werde. Mit den Schotten aus Ireland ward auch der Irische Dialect des Galischen hier herr- schend, denn unter den alten Caledoniern war wahrscheinlich ein noch mehr abweichender Brittischer Dialect üblich. Indessen hat doch das Hochländische auch sein Eigenes, ob es gleich nicht so weit gehet, dafs sich beyde Völ- ker nicht sollten verstehen können. Da das Hochland in der Cultur gegen Ireland zurück blieb, daher auch die Schrift daselbst weit spä- ter üblich ward, so ist auch die Sprache z.war reiner, aber weniger ausgebildet. Auf der He- bridischen Insel S. Kilda soll sie am reinsten ge- sprochen werden, weil die Einwohner von je her den wenigsten Umgang mit Fremden hatten. Aber diese kleine Insel hatte 1764 auch nur noch 22 männliche Einwohner. Die Einwohner der Orkadischen Irtseln in Norden reden En er- lisch nach dem Schottischen Dialect. Alte Leute sprachen noch vor wenig Jahren Norwegisch. Am meisten weicht das ^lank, d i. die Sprache auf der Insel Man ab; aber diese ist auch ein Gemisch von Galisch, Norwegisch, Englisch Hnd VVallisisch.

H ü l f s m i t t e l.

Hieran ist dieser Dialect nicht so reich als der Ireländische, obgleich die vielen in demselben gedruckten Gedichte derselben wohl bedürften.

Will. Shaw Analysh of ihe Galic language^ Glasgow, 1779, 8; scheint sich auch auf das Ersische zu erstrecken, i*t aber ohne alle Kritik.

G 2

100

Alex. M'Donald Gallk and EngUsh Vocabular^. Kdinburg, 1741, 8-

Des vorigen Will. Shaw Galle and English Dietionary ^ containmg all the words in the Seotclt wid Irish Dialects, London, 1780, 4, 2 Voll, hat kein anderes Verdienst, als des 0 - Brien*s gutes Ireländisches W^örterbuch abgeschrieben zu haben.

Tiornnadh nuadh^ das neue Testament im Hochländischen Dialect, Dun-Eudain, d.i. Edinburg, 1767, 8-

Foirm na ri Urnuidheadh , d. i. Form der Ge- bethe, welches John Carswell^ Bischof der west- lichen Districte von Argyle und Invernefs, 1567 zu Edinburg heraus gab, war das erste, was in dieser Mundart gedruckt wurde.

Ein Katechismus ist zu Glasgow, 1760, 12, sedruckt.

Der vornehmsten in diesem Dialecte ge- druckten Gedichte und ihrer Geschichte werde ich im folgenden gedenken; hier führe ich nur an:

Comh- Chruineoehidh Orannaigh Gaidhealach le Raonuill Maedomhnuill ^ Ann' N Eilean Eigg , Edin- burg, 1776, 8? zwey Bändchen; eine Samm- lung von R. Macdonald heraus gegebener Gali- scher Gedichte. Die meisten im ei'Sten Bänd- chen sind aus den letzten 200 Jahren; im ersten sollen Gedichte aus dem 2ten und 3ten Jahr- hundert seyn.

Galle Poems ^ Songs, etc. never before printcd. Edinburg, 1804, S-

Henry Rowland Mona antiqua restaia'ata, with €n appendix conlaining a comparative table of pri-

101

mitive and derivative words. ate Ausg. London, 1766, 4.

A practical Grammar of the ancient GaeVic or ianguage of the Isle of Man , usually called Mank , by the Rev. John Kelly , London, 1803, 4.

Thom. Wilson Introduction for the better under- sianding of the Lords Supper in English and Mank* Whttehavn, 1777, 8-

Thom. Wilson und Hildesley gaben 1772 auch die Bibel in der Mundart dieser Insel heraus, von welcher ich doch keine nähern Umstände \veifs.

Sprach probe.

Die Formel im Chamberlayne befindet sicli auch in dem 1788 z" Paris bey J. J. Marcel ge- druckten Alphabeto Hibernico. Ich füge dersel- ben eine von einem gelehrten Hochländer, Ja- mes Macdonald mir mitgetheilte Formel bey, worin die Schreibung die richtigere zu seyn scheinet. Die Mundart in dem Flecken Waiden in der Englischen Grafschalt Essex, dessen Ein- wohner ohne Zweifel eine Galische Colonie sind, weicht davon merklich ab. Chamberlayne und andere Herausgeber haben Waiden mit den. Waldensern verwechselt, und dalier diese For- mel nach Italien verpflanzt. Lork erwähnt hi seiner Bibel -Geschichte S. 64 einer Schottischen Mundart an der Grenze des Herzogthums Wallis, und vermuthet, dafs es eine Bibel-Übersetzung in derselben gebe, wovon ich doch sonst nichts gefunden habe; vielleicht meinte er die Mund- art der Insel Man, welche nahe an der Küste von Wallis liegt.

i02

110.

Hochländisch oder Galisch,

aus Chamberlayne S. 49.

Ar Nadiairne ata ar Neamh, Goma beannuigte Hainmsa; Gu deig do Puoghachdsa; D-entar do Iholli air Dtalmhuin mar ata air

Neamh ; Tabhair dhumix anuigli ar Naran laitheam-

liuil ; Agas maith dhuinn ar BhFiaclia , amhuil

mliathmuid dar Bhfeicheamhnuibh; Agas na leig Ambuadhread sinn; Achd saor sinn o Olc. Oir is leatsa an Rioghachd, an Cumhaclid

'A

agas .an Gloir gu Siorraidh. Amen.

111. Dasselbe,

von einem gelehrten HochJänder^ Herrn J. Macdonald miigetheilt.

Ar n'Athair a tha air Neamh, Go m' beannuight t'Ainm; Gun d' ige do Rioghachd; Go n' diantm: do Thoil, air n'Talamh mur

nidiear air Neamh; Thoir dhoinn an diu ar n' Arran laithoil; A'gus maith dhoinn air Fiaehaibh, mur

mathar sinn ghar Fiachanaibh; Agus na ligg sinn a m' Buairridli; Ach saor sinn bho n' Olc. Oir as leats' a Riogliachd, an Cumhachd,

agus a Ghloir go Siorniidh. Amen.

io5

112.

In der Mundart des Fleckens Waiden

in Essex.

Aus Chamberlayne S. 3g.

Our Narme ata air Neambh, Beanich a ta jN'im; Gu diga do Päogda; Gu deiita duHoill, airTalmhin, mar ta air

Neambh ; Tabhar dhiin an miigh ar Naranlimbhail ; i\gus mai dliuine ar Fiach , ambail near

marhmliid ar Fiacha; Na leig sihn Ambharibh; \ch saorsa shin 011 Olc. Ole or sletsa Rioghta, Combta, agus Gloir,'

gnsibhiri. Amen,

113. In der Mundart der Insel Man.

/ius des Bischof Thom. Wilson WorkSf Th. 1, S. i\6o.

Ayr ain t'ayns Nian, Cf^sherick dy rou Dt'ennim; Dy jig dey Rihreaght ; D'taigney dy rou jeant er Tallu, myr te ayns

Nian ; Cur duin jiu nyn Arran gagh laa; As leih duin nyn Loughtin, myr ta shin leili

dau-syn ta janu Loughtin ny noi shin; As ny lihid shin ayns Miolagh; Agh livrey shin veih 01k, Son liats y Rihreaght, y Phuar, as y Gliloiij

sou dy Bragh as dy Bragh. Amen.

io4

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tfnaijc'A n h a n g.

Äiab ni •» i, .

Über den Ossian *).

Jtliin herrliches Denkmahl der alten Keltischen Sprache würden wir allerdings an den Gedichten Ossians und seiner Zeitgenossen haben, wenn sie wirklich so weit in die Vorzeit hinauf reichen sollten, als man behauptet hat, nämlich bis in das dritte Jahrhundert. So zahlreiche Überreste von -einem so hohen Alter, von welchem die .ganze Europäische Litteratur aufser Griechen- land und Rom nichts ähnliches aufzuweisen hat, diese Überreste in das schönste dichterische Ge- wand gekleidet, dessen sich der Tejische Sän- ger nicht schämen dürfte, und alles das von und unter einem Volke, welches eines der rohesren und ungebildetsten seiner Zeit in Europa war, müfsten nothwendig von der gröfsten litterari- schen Wichtigkeit auch für den Sprachforscher seyn, weil sie ihm die Sprache des ältesten, mächtigsten und zahlreiclisten Volkes in Europa in ihrem ganzen Reichthum und in ihrem fest- lichsten Schmucke darstellen würden. Es ist V-daher wohl der Mühe \verth , ein wenig bey den-

^<:v-^< r-iiri[

-" *^ Dieser Aufsatz stand bereits in dem neuen '^pentschen Merkur, igoG, St. 5, 6; aber da er eigent- ^flicli für gegenwärtiges Werk ausgearbeitet war, so -rjainimt er hier seine Stelle billig wieder ein.

3H>5

j»clben stehen zu bleiben, ^lm so vielmehr^ da einheimische Kritik noch bei weitem nicht alles für dieselben gethan hat, was zu ihrer unpar- teyischen Beurtheilung erfordert wird, und die ganze Geschichte des darüber geführten Streits selbst in Grofs-Brittannien noch von Niemand im Zusammenhiange vorgetragen worden.

Es gibt in dem Hochlande, d. i. in dem nördlichen und gebirgigen Theile Schottlandes, und den dazii gehörigen westlichen Inseln, wel- che noch von ächten Abkömmlingen der alten Kelten, unter dem Nahmen der Galen bewohnt "werden, und daher noch ihre eigene Kelti- sche Mundart reden, eine Menge historischer Gedichte aller Art, und von verschiedenem Al- ter, wovon viele einem gewissen Ossian^ Fingais Sohn , zugeschrieben werden , welcher 296 ge- storben seyn soll. Da die wenigsten dieser Ge- dichte geschrieben vorhanden sind, und die meisten blofs in dem Gedächtnisse gemeiner und ungelehrter Leute leben, daher sie seit der 1746 in Schottland aufgehobenen Feudal -Verfassung, welcher sie ihre Erhaltung allein zu verdanken hatten, in Gefahr sind, auf immer verloren zu gehen: so bewegten ihre dichterischen Schön- heiten, ihr historischer Inhalt, und ihr geglaubtes Alter seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts meh- rere, sie zu sammeln, und durch den Druck vor dem Untergänge zu bewahren. Der erste, welcher auf diesen Gedanken kam, Avar Hieron. Stona^ Schullehrer zu Dunkeid, und damals ein junger Mensch von 20 oder 21 Jahren. Er übersetzte einige Gedichte Ossians in Englische Verse, und gab einige Proben davon in demSchottischen Ma- gazine vom Januar 1756 heraus; allein sein früh- zeitiger Tod hinderte ihn an der weitern Ausfuhr

rung. Indes«!en stehen seine Originale mit der Übersetzimg in dtm Report der Hochländischen Gesellschaft, dessen ich im folgenden gedenken werde, in App. Nr. 7. Den niedergelegten Fel- den hob Pope ^ ein Geistlicher inLaithnefs, auf, liefs aber das Vorhaben bald wieder fahren. Man sehe seinen Brief darüber in dem gedach- ten Report Appcnd. Nr. 3.

." Das völlige Verdienst war einem andern, damals noch jungen Schottländer, dem James Macpherson^ aufbehalten. Dieser war damahl* Hofmeister des nnchmalij;cn Obersten Graham, und hatte nicht allein schon Englische Gedichte verfertiget, sondern auch einige Hochländische zu seinem Vergnügen in das Englische übersetzt. Da er die letztern 1759 zu Moffat in Dnnfries- Shire dem John Home^ Verfasser des Trauer- spiels Douglas, und dem Prof. Hugh Blair vor- las, so gefielen ihnen selbige so, dals sie ihn bewo<Ten, 1760 eine kleine Probe derselben un- ter dem Titel: Remains cf ancient Poetry, coUec- ted in the Highlands ofScotland, zu Edinburg in 12 herauszugeben, wozu Blair eine Vorrede schrieb. Diese Probe fand so vielen Beyfall, dafs sich so- gleich mehrere Schottländische Gelehrte, zum

c ,

Beyspiel aufser den bereits genannten, aucti David Hume^ PatriA, Lord Elbiank, D. Robertson^ Adam Ferguson , James Boswell, und andere ver- banden, den Macpherson auf ihre Kosten durch die Hochlande reisen zu lassen, die noch übri- gen Gedichte dieser Art zu sammeln, wozu sich dieser doch erst nach einigem Widerstände be- wegen liefs. Er that die Reis.e noch in dem Jahre 1760, wohey John Home ihn auf einem Theile derselben begleitete. Nach seiner Rückkunft nach Edinburg gab er zuerst den i^/r/?^«/ mit einer

107

kritischen Abhandlung 1762 in 4 heraus, worauf. er nacli London ging , und daselbst alle von ihm gesammelte Gedichte Ossians unter dem Titel: Poems of Ossian 1765, 8 ^«'^V Bände mit seinen zwey kritischen Abhandlungen^ und Hugh Blairs Dis" sertation on the Poems of Ossian drucken liefs, worauf sie mehrmals wieder aufgelegt, und auch zvvey Mahl zu Frankfurt am Main , das erste Mahl T771 und 1774, und das zweyte Mahl 1783 vier Bände in 8 nachgedruckt, und in mehrere Europäische Sprachen übersetzt wurden.

Alle diese und die vorigen Ausgaben ent- hielten blofs die Übersetzung in Englische Pro- sa, aufser dafs Macpherson bey einem Buche von Temora den Galischen Text beyfügte '•').

Eine Erscheinung dieser Art, welche allen bisherigen Erfahrungen geradezu widersprach, hätte nicht anders, als in Begleitung der streng- sten historischen Kritik in die Welt geschickt werden sollen. Macpherson selbst schien so etwas zu fühlen ; er setzte daher seinem Ossian eine so genannte kritische Abhandlung vor, wor- in er das Alter und die Aechtheit seiner Gediciite beweisen wollte, aber dadurch die Blöfsen, Avelche er geben mufste, nur noch vermehrte.

Sein erster Mifsgiiff war, dafs er das, was doch nur Dichtung war und seyn konnte, für wahre Geschichte nahm, und dadurch verleitet wurde, nicht allein der ganzen bisher bekann- ten Schottländischen und Ireländischen Ge- schichte zu widersprechen, sondern auch seinen

*) Die obigen Umstände befinden sich von den theilhabenden Personen Home, Blair und andern aelbst erzählt, In dem schon gedachten\Re/>orr, S. £6 f. und Aiipend. S. 56 f. , '

io8

Ossian um ein Paar historischer Dichtungen willen in das dritte Jahrhundert zu setzen. Da ex nun nicht laugnen konnte, dafs er die mei- sten Gedichte aus dem Gedächtnifse meist ge- meiner und ungelehrter Menschen nachge- schrieben habe: so behauptete er das aufseror- dentliche Wunder, dafs sie auf diese Art fünf- zehn Jahrhunderte hindurchwären erhalten wor- den. HughBIair^ dessen critical Dissertation on the Poems cf Ossian i yöo , in 4 erschien , und dar- auf den vollständigen Ausgaben Ossians bei- gefügt wurde, war geschickter, dichterische Schönheiten zu empfinden und zu zergliedern, als historische Angaben zu untersuchen, ver- tiefte sich daher ganz in die erstem, und jlichlüpfte leise über die letztern hinweg *). ,v.3^ Kein Wunder also, dafs die Aufnahme, welche diese Gedichte bey. ihrer Erscheinung fanden, so verscliieden war. In Schottland, wo sich die National -Ehre durch selbige so sehr geschmeichelt fand, war der Beyfall unbedingt und allgemein, und alles wiederhallte daselbst .von Lobpreisungen. In Ireland empfand man CS übel, dafs die Hochländer sich dasjenige zu- schrieben, was bis in das zehente Jahrhundert ▼on den Schotten gesagt werde, indem dieser Nähme bis dahin nur den Ireländern zukomme. Das bewies zuerst ein Ferdinand Warner in seinen Remarks on Fingal, 1762, 8 worin er zugleich -zeigte, dafs der Fingal kein Hochländisches Ge-

*) Er ist Torzüglich durch, seine Predigten be- riihmt geworden, welche if)00 bereits 22 Ausgaben ausgehaiten hatten. Daniahls arbeitete er in seinem 823ten Jahre noch den 5ten Band deraelben aus: «tarb aber gleich darauf.

i09

dicht aus dem dritten Jahrhunderte, sondern ein Ireländisches aus weit spätem Zeiten sey. Macpherson setzte demselben seinen Fingal rC" claimedi'jQ^, 8, entgegen, veranlafste aber da- durch einen gelehrten Ireländer, der sich ntit mit den Buchstaben M. de C. bezeichnete, mit den triftigsten Gründen zu beweisen , dafs alles, was bis in das zehente Jahrhundert von Schott- land gesagt werde, von Ireland zu verstehen sey. Zugleich hehauptete er, Macpherson habe den Stoff aus Ireländischen Gedichten entlehnt, aber alles übrige selbst erdichtet, die Ansprüche neuerer Schottländischer Geschichtschreiber, besonders des Malcolm auf das hohe Alter ihrer Geschichte zu unterstützen. Er that dieses in einem weitläuftigen Memoire siir les Poemes de M, Macpherson in dem Journal des Savans, 1764, von Mai an bis zum December, worauf selbige« auch einzeln, Cöln, 1765, 8, nachgedruckt, und in den Hamburgischen Unterhalt. B. 1. Deutsch übersetzt wurde. Dieser Schrift setzte Macpher- son seine zweyte Dissertation on Ossian in seiner Ausgabe der sämmtlichen Werke desselben ent- gegen, war aber zu wenig Geschichtskenner, als dafs er hätte Überzeugung wirken können. '

Am ungläubigsten war man in England. Eine so schöne Dichtersprache bey einem So barbarischen Bergvolke aus einem so rohen Jahr- hunderte, der Widerspruch gegen die bekann- ten Sitten der Kaledonier, die vorgegebene mündliche Erhaltung dies,er Gedichte durch. volle fünfzehn Jahrhunderte hindurch, und andere ähnliche Betrachtungen mehr, waren doch Zweifelsknoten, welche dem Englischen Scharf- sinne, nachdem der erste Rausch der Bewunde- rung vorüber gegangen Avar, nicht entgeHfen

1 lO

konnten, und man war sehr geneigt, den Her- ausgeber einer betrüglichen Erdichtung aller dieser' Gedichte zu beschuldigen. Darin ging man nun vvo'il ein wenig zu weit; allein es war Macphersons eigene Schuld, dafs dieser Ver- dacht, selbst bey seinen Freunden, entstand .und ie länger je mehr zunahm. Sein unbiegsa- iner Stolz konnte selbst von seinen Gönnern und Freunden nicht den leisesten Zweifel gegen die Ächtheit seines Ossian's vertragen; er gerieth in Hitze, ward unhöflich und weigerte sich schlechterdings, die geringsten Aufschlüsse zu geben, wenn, wie und wo die vorgegebenen alten Handschriften der Originale seiner Ge- dichte zu finden wären. Darüber klagten selbst Hume und Blair ^ die sich doch so sehr um ihn und seinen Ossian verdient gemacht hatten.

Der letztere, dem endlich auch einige Zweifel aufsteigen mochten, wandte sich an sei- nen Landsmann Hume, dessen Brief vom igten September 1763 in d-^n schon gedachten Report S. 4. ihm Ehre inacht, und gelesen zu werden verdient. Hume gestehet, dafs er geneigt sey, diese Gedichte für acht zu halten, aber doch noch Zweifeibgründe habe, die ihn an der völ- ligen Überzeugung hinderten. Da nun von Macpherson bey seiner unerträglichen Ge- müthsart keine Auflösung derselben zu hoffen «ey, so bitte er den Blair in der Wissenschaften und aller Gelehrten Nahmen, seine Bekannt- schaft unter den Scliottländischen Geistlichen zu benutzen, und durch ihre Zeugnisse auf das ^ bündigste zu beweisen, nicht, dafs diese Ge- dichte wirklich aus dem dritten Jahrhunderte wären , denn di^ müsse auf andere Art bewie- sen werden, sondern nur, dafs es in den Hoch-

III

bnden wirklich solche Gedichte gebe, als Mac- pherson bekannt gemacht habe, und dafs es sie so gebe, als er sie bekannt gemacht habe, damit man überzeugt seyn könne, dafs er sie nicht in den letzten fünf Jahren selbst gedich- tet habe, ■'

Ich weifs ni- ht, in welchem Jahre Blair das Resultat seines in den Hochlanden geführten Briefwechsels heraus gab. Es geschähe selbiges aber in einem Append. zu seiner Dissertation on Ossian. Man sähe daraus, dafs Macpherson wirklich Handschriften benutzt und abgeschrie- ben habje, und dafs er noch mehr nur in dem Gedächtnisse aufbehaltene Gedichte und Frag- mente von Gedichten nachgeschrieben habe und nachschreiben labsen. Wie er aber mit diesem seinem Stoffe umgegangen sey, konnte man nicht sagen, weil nicht allein ein jeder, der ein Gedicht oder ein Stück eines Gedichtes auswen- dig wisse, dasselbe anders wisse, als ein ande- rer, sondern auch alle Abschriften eines und eben desselben Stückes versdiieden seyen, und. man nun nicht sagen könne, .welcher Copie Macpherson gefolgt sey. Es schien also jetzt nur so viel gewifs zu seyn, dafs er nicht den Stoff sei- ner Gedichte erdiciitet habe. Ob und wie fern er denselben verarbeitet und verschönert habe^ blieb unentschieden. y.-

Indessen bekam dieser den furchtbarste» Gegrter an dem berühmten Samuel Johnson , Ver-i fasser des bekannten Englischen Wörterbuches^ dessen Ansehen den wenigen Glauben, der in. England an den Os.'^.ian noch übrig, war, gar «ehr verminderte, und selbst manchen nicht ganz unheilbaren Schotten die Augen öffnete. Johnson hatte von dem ersten Anfange an an

1 lU

der Aeclitheit Osslans gezweifelt, und selbst die dichterischen Schönheiten in dem Fingal nicht so vorzüglich gefunden, als manche andere. Er bereisete in der Fol^e mit dem berühmten James Boswell 1773. die westlichen Inseln Schottlandes, und forschte überall nach Handschriften und Gedicliten von Ossian, und machte dann, was er gefunden, in seiner Journey into the Western Islands of Schottlaitd, London, 1775, 8, nnd Deutsch übersetzt, Leipzig, 1776, bekannt. Er versicherte darin, die Galische Sprache sey erst seit hundert Jahren, und anfänglich auch nur sehr sparsam geschrieben worden ; es gebe in der ganzen Sprache nicht 500 Zeilen, welche so alt wären; es gebe folglich keine alte Galische Handschriften, und ^v•as man dafür ausgebe, seyen Ireländische ; Ossian sey ein Geschöpf Macphersons ; er habe das Original niemahls aufweisen können, es könne es auch kein ande- rer aufweisen; viele dieser Gedichte seyen viel zu lang, als dafs jemand sie im Gedächtnisse auf- behalten könne; es hätten zwar einige Männer gestanden, dafs sie Stücke davon gehöret, aber sie hätten sie als Knaben gehöret, und es habe noch niemand gegeben, der nur sechs Zeilen da- von auswendig gewufst; Macpherson habe Ein Mahl versichert, er habe einen Theil des Ge- dichtes in Sächsischer Sprache bekommen, das sey ungereimt und ein Beweis seiner bösen Sache u. s. f. Da Johnson hier w^ohl ein wenig zu viel 2eläugnet hatte, so hatte Donald M Nicol. in sei- nen Remarhs on D. Samuel Johnson' s Journey to tjie HebrideSy 1780, 8> ein desto leichteres Spiel.

Macpherson gerieth über Johnson's Erklä- rung inWuth, schrieb einen sehr ungesitteten Brief an ihn, und drohete mit Rache und selbst

Gewalt-

i;5

Gewalttlvätigheit, \Yenn* «r nmht .widejjfLv&n würde, womit er nun bey diesem Manne .seJne Absicht wohl am wenigsten eiTeichte *). Des- sen ungeachtet schien ihm doch, dieser Wider* Spruch wichtig genug, da& er die so lan^e ver- weigerten Galisclien Originale nulimei-trr noch im Jahre 1775 bey dem-ßuchhändler ii^^^^. in London auf einige Wochen iiiederlegte.,^ damit sich jedermann durch den Augenschein voniiW'er Ächtheit überzeugen könne. Seine Freunde ■klagten, dafs niemand gekommen .scy^ d^r &ie habe sehen und .sich überzetigcn wollen, ßäs läfst sich nun wohl leicht begreifen. Der Un- glaube hatte bereits zu tiefe Wurzel gefalst. Es war auch wohl niemand in London, dei Galisoh verstand, der folglich die Originale mj.t.;der Übersetzung hatte vergleiche!! tonnen, Klan wufste überdies schon, dafs Macpht: ori-

ginale, statt der anfänglich vorgegebcaen, a^fe Handschriften , aus lauter neuen bestaudent^ i^td da fehlte es nicht an SpötterpL.,^vveicbie Sfigtei^Yei^ habe ja Zeit genug gehabt, seine Gedichtö in dem Lande selb'jt in das Gali^ cli.e üb ersetzen.. .zu lassen. Andere, z.B. C<2/«p^e// in seine^i64f/c- inres, versicherten, als man bei Beket r;achi die- s-en niedergelegten Handschriften gefragt, .sey nichts da zu finden gewesen,. Macphersoii vv.ird nach diesem Vorgange noch unleidlicher, und da er nunmehr auch in andere Verhaltni.sse kajy, so überliefs er den auf den Schauplatz gebr9.cl>r- ten Ossian seinem eigenen Schicksale.

; 8 o^-"- < .i^ni^H ^ *) Man sehe diese Geschichte nebst Jollnson's Antwort an Macpherson m Jarnos Moswe^il LiJe.,oj'^Sam. Johnson , Londgn ^ 79 1 , 4 , Jk^i ; ,, S,:446 '^ 44^ . "

Mif/irkl. ir. H

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Da Macpher-.on selbst keinen Ahtheil mehr an dem Streite naJim, der auf Ivo;>ten seiner RedJichkeit gefiihret wurde, so hub John Smiths Prediger zu Campbletün in Argyle- Sliire den Handöchiih aut, und vertlieidigte die Äclitlieit Oösian's in seiner Dissertation on the autheinicity of Ossiaiis Poems , vvelcliesich bey seinen Galic An- tif/itilies von 1780, deren ich im folgenden ge- denken werde, imd in deren Deutschen Überr Setzung von 1781 befindet. Seine Griinde ."sind zum Thcil sonderbar. Sie sind die Schönheit der Gedichte , welche für das höchste Alterthum zeugen, das Daseyn solcher dem Ossiari beyge- Jegten Gedichte, wenigstens seit ein paar Jahr- hunderten, das Daseyn so vieler Orte in den Hochlanden, welche Nahmen von Ossianscheii Helden führen, die Bekanntschaft alier Hoch- länder mit tiiesen Nahmen, der Glaube so vie- ler Menschen aus allen Ständen, welche alle diese Gedichte für ächte Arbeiten Obsian's hiel- ten, n. s. f. Mit solchen Gründen kann man freylich alles beweisen.

Durch Blairs Untersuchungen war Mac- pherson's Ehre wenigstens zum Theil gerettet -worden; allein nun stand selbst ein gelehrter Schotte auf, welcher sie von neuem wieder in Anspruch nahm. Es war dieses IVilliam S/uiw, welcher, die Galische Sprache zu studiren, eine Reise durch die Hochlande that, und bey die- ser Gelegenheit besonders diejenigen Personen besuchte, welche dem Blair ihren iMahmen ge- liehen hatten. Er fand, dafs Blair getäuscht worden, denn diese Personen waren insge- sammt aufser Stande, etwas von demjenigen zu bestätiaen, was sie auf Blairs Fragen auso;esao;t haben ioUten. Macpherion erschien also vorn

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neuem als der wahre Dichter Ossian's. Soein zweydeutiges Ding ist die historische Wahrheit! Shaw's Bestreitung bt-hndet sich in einem Enqiiiry into the Autlient'lcity of the Poems adscribed to Ossian^ London 1781? 8? verfnehrt; 1783, welchem ein gewisser Jolni Clark Answcr to Mr. S//ai\'''s Eii- quiry^ Edinburg 17S2, 3) entgegen setzte, worauf S/iaw in seinem Rejoiner , London 1784, S-, ant- wortete. Die beyden ersten Schritten stehen auch in der Frankfurter Ausgabe der Works of Ossian von 1 783.

Bald nach Shaw bereisete D. YowTy^ ein ge- lehrter Ireländer, 1784» in gleiclier Absicht die Hochlande, und fand alles wie Shaw. Er brachte zugleich einige Galische Gedichte im Irischen Dialecre mit, aus weichen Macpherson die sei- jiigen entlehnt und zusammen gesetzt liaben sollte. Man sehe die Transaclions of the Irisli Aca- deniy von 1787 und 1788-

DieStarkgläubigen in Schottland liefsen sich durch alle diese Angriile nicht irre machen, die von Macpherson erö.flheten Fundgruben zu be- nutzen, und nun Icamen 0:-sianiiche Gedichte, wie Schwämme nach einem fruchtbaren Regen, zum Vorschein. Der erste, welcher die Dich- terwelt nach dem Vorgange Macpherson's damit beschenkte, war der schon gedachte /0///2 C/ü/-i^, welcher the IVorks of the Caledoninn Bards -trarjsla- ted from the G alle zu Edinburg 1778» 8- heraus- gab; Deutsch übersetzt, Leipzig, 1779, 8- ]\ illiam Shaw \Md.v^ ihm in der oben angeführten Schrift vor, er l;abe ihm bey dieser Geiegenheit aufrichtig gestanden, dafs Ossian's Gedichte ins- gesammt erdichtet wären. Ihm folgte John Smilh, Geistlicher zji Campbleton , dessen Gedichte Oj- sian's und einiger seiner Zcitgenofsen , unter

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dem Titel: GaÜc Anfi'(ju/t!cs, consistlng -— of a CoUection of aucient Poems {raiislaled froin the Gnlic cj Uliin ^ Ossian, Orran cmd others ^ Edinburg 1780, 4, heraus kamen, \vozu er die Originalien in Ga- lischer Sprache, 17875 87 drucken liefs. Eine Deutsche Überbetzung erschien zu Leipzig 1781, 8, zwey Bände. Seine meisten Gedichte tragen den Nahmen Ossian's; wir erfahren aber nicht, wodurch er diese von andern und die ächten von den iinächten unterschieden, indem in allen einerley Sprache herrscht. Er gestehet indes- sen selbst, dafs er sehr vvillkünrlich mit seinen Originalen um^egan'Ten, manches einj^escho- ben, versetzt vnid verändert habe, und hofft, die Kritik werde gutmüthig genug seyn, ihm dieses nachzusehen; er habe dadurch wenig- stens etwas lesbares geliefert. Also darauf kam es dem Herrn nur an! Es sollte nur les- bar seyn, es mochte walir seyn oder nicht. Noch in eben dem Jahre 1780 that Thomas Ford HU! ^ Sohn eines reichen Quäkers, welcher 1798 in Italien starb, eine Reise durch die Hochlande, suchte Ossianische Gediciite auf, und fand der-- oieichen bev einem Grobschmiede IvVNav zu Dalmaly in Argyle-Shire, welche er in der Übersetzung mit dem Galischen Texte erst in dem Gentlemaii's Magazine y Band p>-2 und ^^3^' stückweise, und dann besonders unrer dem Ti- tel-: Aijcient Erse Poems ^ London, 1784? 8, her- ausgab. Von 1774 bis 1783 sammelte auch ein gewisser Diincan Kennedy Ossianische Gedichte, von dessen Scliäizen aber noch nichts bekannt geworden ist, aufser ein Paar Proben in dem Report der Antiquarian Society in Schüttland, des- sen ich sogleich gedenken werde, Appcnd. S. 313 bis 342, wo sich auch S, 273 ein Verzeichnifä

derjenigen Personen findet, welche ihm behülf^ lieh gewesen. Thätiger war Jo/m GiUles ^ ein Buchhändlerin Perth, welcher i'Sß eine Samm- lung alter und neuer Galischer Gedichte heraus- gab, worunter auch Ossianische seyn sollten. Noch mehr aber Edmund^ Freyherr von Harold, Oberster in Churpfälzischen Diensten, ein ge- bührner Schottländer, welcher bereits Tvlacpher- son's Sammlung Deutsch übersetzt zu Düsseldorf lyy^, 8 j Hnd Mannheim, 1782,8? drey Bände, herausgegeben hatte. Damit noch nicht zufrie- ^QW^ liefs er auch durch seine Freunde in Schott- land eine Nachlese Ossianisclier Gedichte anstel- len, und lieferte selbige sowohl Englisch: Poems of Oss'ian lalely discovcred^ 1787? 81 "1'^ auch in. eben demselben Jahre Deutsch, neu entdeckte Ge- dichte Ossiaits, Düsseldorf, 1787? 8- Er geste- het selbst, dafs er nur den Stoff der mündlichen Überlieferung zu danken habe, dafs aber die Einkleidung von ihm herrijhre, daher auch sein Ossian dem Macphersonischen nicht selten w-i- derspriclit. Der von Dr. Young neu entdeckten Gedichte in den Transactions of iJie Irisch Acadenüe von 1787 'ind 17881 habe ich bereits gedacht VVarlich Ossian mül^te der fruchtbarste Dichter alter und neuer Zeiten gewesen seyn, wenn alle ihm beygelegten Gedichte auch nur halb acht seyn sollten, zumal da die Schottländischen Fundgruben noch bei weitem nicht erschöpft, die Ireländischen aber fast noch gar nicht ge- öfinet sind; denn dafs auch hier mehrere Ge- dichte unter Ossian's Nahmen spuken , er- hellet aus verschiedenen Irelandischen Schrift- stellern, luid unter andern auch aus der Mifa Brooke Sammlung alter Gedichte mit dem Ga- lischen Texte, welche sie, Dublin, 1790, 4?

herausgab, und worunter gleichfalls Ossianische seyn sollen.

Macpherson, der indessen Parlaments-Glied geworden \var, trieb sich auf dem Tummelplatze der Politik herum, und übeiliefs seinen Obsian der Bewunderung und Vertheidigung seiner Landsleute und den Pfeilen seiner Gegner. Doch ihat er noch bey seinem Tode etwas fiir ihn, was er billig bey seinem Leben hätte thun sollen. Er starb zu Balville in Nord -Schott- land den lyten Februar 1796 in einem Alter von 59 Jahren. In seinem Testamente hinrerliefs er 1000 Pfund zur Ausgabe der Galischen Originale seines Ossian, und bestimmte den Herrn Henry Alachenzie zum Herausgeber. [)afs dieser den ihm g,eschehenen Auftrag noch nicht vollzogen hat, schreibt man seiner übertriebenen Ängst- lichkeit undSorafalt zu. Indessen gab er den Anfang des Gedichts Carrikthura als eine Probe mit einer buchstäblichen Übersetzung vonfirFi/r' lune und mit Macpherson's verschönerter Über- setz unr^ heraus, welche sicli auch in dessen i?<?- port I\'o. 12. befinden.

Da alle von dem\'erstorbenen hinterlassene Handschriften neu und entweder von ihm selbst oder seinen Freunden theils ab-, theils mündli- chen Erzählungen nachgeschrieben sind, so kön- nen sie zwar fiir Kenner schätzbare Proben der heutigen Galischen Sprache abgeben, aber schlechterdings nichts für die Ächtheit Ossian'^ imd der ihm beygelegten Gedichte beweisen, ja vielleicht nicht ' einmahl Macpherson's Treue oder Untreue entscheiden.

In diesen Umständen befanden sich der alte wieder auf die Oberwelt gerufene Kaledonier und seiü Orpheus Macpherson, als um 1800 selbst

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ein gelehrter Schotte beyde von neuen wieder in das Reich der Schatten zurück &chleaderto. Es ist dieses Malcolm Llaing^ welcher nicht allein in seinen Poems of Ossian ^ containing tiie poetical Works of James Macpherson Esq. in Prosa and Verses with notes and illuslrations, Edinburg, gy zwey Bände, sondern auch in seiner Hisiory of Scott land wii/i a historical and crhical Dissertation on the supposed autlieniicitv of Ossian Poems ^ eben daselbst iSoo, 8? vier Bande, das Daseyn Ossi- änischer Gediclue völlig läugtiete, und den Mac- pherson sehr bestimmt für L\k:n alleinigen Dich- ter derselben ausgab. Da ich keine von bey- den Schriften selbst gelesen habe, so kann ich weder die Jahre der Ausgabe bestimmen, noch Von seinen Gründen Rechenschaft geben. Sie müssen aber wichtig gewesen seyn, weil die Hochländische Gesellschaft zu Edinburg dadurch bewogen ward, unter dem V^orsitze des V^oUzie- hers des Macphersonschen Testamentes, Herrn Henry Mnckenzie , einen A u s ■; c h u fs aus i \\ r er IVl i 1 1 e niederzusetzen, welcher die Beschaflenheit und Ächtheit der Ossianschen Gedichte von neuem und zwar auf das sorgfältigste und genaue.^te wn- tersuchen sollte. Allein es schien auch jetzt blofs auf die Rettung der Ehre Macpherson's ab- gesehen zu seyn; denn die Fragen, welche be- antwortet werden sollten, >varen blofs, ob die von Macpherson übersetzten Gedichte schriftlich aufgesetzt Avorden , ob sie jemahls von den Hoch- ländern sesuncren worden, ob es noch Personen gäbe, die sich deren erinnern könnten , ob sie so, wie Macpherson selbige herausgegeben, vor- handen wären, und was lür mündliche Überlie- ferungen man noch im Lande von Fingal und Gsöian habe. So sehr alles das auch Neben-

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<]i]j-o;e betraf j welche in Ansehung der Ächt- l^ieit Osbian's und seiner Gedichte nichts ent- schGiden konnten, -so hatte das Geschäft doch seine J?chwierigkeiten. Seit der Einschränkung des, Lehns- Systems 17.46 war der Hang zurDich- tiipgjL^nd zum Gesänge erloschen; und der Er- werbfieifa ün dessen Stelle getreten; die Barden . o4er Dichter Avareii abgestorben , auch waren, wellig Personen mehr übrig, welche sich der in ihrer Jugend gehörten Gedichte erinnern konn- ten , und die etwa noch lebten , waren alt und. scii\vächlich,irVon welchen wenig mehr zu erfragen war, zumahl da sie dem gröfstenTheile nach .Kuigelehrte gemeine Leute waren, welche selten iesen und schreiben konnten.

Daindessen der Ausschufs dabey mit einer selterveiö.'Thätigkeit EU Werke ging, und einen weitjäuhigen Briefwechsel durch die sämmtli- cliep Hochlande und die dazu gehörigen Inseln unt^r^i^lt, so gelang es ihm doch, so viele Nacjirichten, ab jetzt noch möglich waren, zu sa.n;imein. l^er Präsident Mackenzie maclite sel- bige in dem Report of the Coinmittee of the High- hvid' So€ie!\> oj Scoihnd, appointed to inqu'ire into tlte natiire and autheruichy of the Poems of Ossian^ Edwbfurg, 1805, gr. 8? mit allen nöthigenßey- lagen bekannt. Der Erfolg war ziemlich so, wie ihn schon Blair's Nachforsch vmgen gegeben hat- ten,f ;Es gebe allerdings noch Handschriften von Ossianschen Gedichten; allein sie Vv'ären spar- sam undgröfstenTheils aus neuern Zeiten. (Ich \verde in- folgenden besonders davon reden,) Es habe seit undenklichen Zeiten,, (das heifst, ei- nige M enschen alter , so weit das Gedächtnis r^iiCht), unter den Hochländern mündlicheÜber- UeferupgeR yoa eiaem.grofsen Helden, Fiofi 7ia

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Gale oder Flngal, und seinem Sohne Oss'ian gege- ben. Auch wären gevviy.->e Gedichte von ihnen der vorziigHchöte Zeitvertreib der Hochländer. Es gebe deren eine grofse Menge von vorzügli- cher Schönheit. Ob sie aber gerade die sind, welche Macpherson übersetzt habe, könne der Ausschufs nicht sao;en. Die Abschriften, welche derselbe erhalten habe, wären unter sich gar sehr verschieden. Allein er habe keine bekom- men, welche mit den Macphersonschen völlig einerley gewesen, Wahrsclieinlich sey derselbe also mit seinem Stolle sehr willkührlich umge- gangen, und habe denselben nach Gutdünken verändert und verschönert. Bey demFingal sey er noch bescheiden gewesen, in der Folge aber dreister geworden.

Ich glaube, dafs man dieses nun wohl für das endliche Resultat aller dieser mühsamen Un- tersuchungen halten könne. Dieses was Mac^ pherson in seinem Leben so hartnäckig läugnete, gestanden John Smith und Edrn. Harold in Anse- hung der von ihnen herausgegebenen Gedichte in reichem Mafte frey willig.

Es ist doch sonderbar, dafs man sich bey der für die Litteratur so wichtigen Frage über das Alter und die Ächtheit der dem Ossian zu- geschriebenen Gedichte ein halbes Jahrhundert lang blofs bey einem Nebenumstande aufhielt, dessen Erörterung gleich von Anfange an in Bit- terkeit luid Schmäi^.una ausarten mulste. Der ganze Streit drehete sich um den Punkt: hat Macpherson die dem- Ossian beygelegten Ge- dichte selbst gedichtet, oder waren sie schon vor ihm unter den Hochländern vorhanden? Konnte das letzte dargethan werden, so scheint man von beydenSeiten auch sogleich das vorgege-

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bene Alter und die Ächtheit für entschieden ge- halten zu haben. Daher suchte man so eifrig das Daseyn auf der einen Seite zu läugnen, und auf der andern zu behaupten. Es ist zugleich ein merkwürdiges Beyspiel,^ was für ein zweydeuti- ges Ding die lüstorische Wahrheit ist, indem eine Thatsache, derenBeweis durch den Augen- schein so leicht zu seyn scheinet, erst nach so inühsamen und langwierigen Anstalten aus^e- mittelt werden konnte. Und \^eT weifs, ob nicht nach einiger Zeit, wenn die Zeugen des Aus- schusses verstorben sind, ein neuer Zweifler ihre Aussagen wieder eben so verdächtig macht, als Shaw und Young die Aussagen der Zeugen Blair's. Gesetzt nun aber auch, das Resultat de$ Hochländischen Ausschusses hat, wie es höchst wahrscheinlich ist, seine entschiedene Richtig- keit. Ich will sogar annehmen, Macpherson habe seine Gedichte nicht umgearbeitet und vör- schönert, sondern habe sich als einen getreuen und gewissenhaften Übersetzer gezeiget: so ist für ihre Ächtheit als Producte des dritten Jahr- hunderts damit noch immer nichts gewonnen. Sie können hundert, zwey hundert, ja drey htmdert Jahre vor ihm vorhanden gewesen seyn, so folget daraus nicht, dafs sie vierzehen Jahr- hundert vor ihm vorhanden waren und gedich- tet worden. Das mußte aus ganz andern Grün- den bewiesen oder bestritten werden, über wel- che man aber von beyden Seiten mit leisen Schritten hinweg schlüpfte, ungeachtet sie so nahe liegen. Hätte man diesen Weg; g;le}ch von Anfange an eingeschlagen, ^o hätte man sich alle diese Seitensprünge über Macphersön^S Ver- dienst und Unverdiensf, wodurch die Sache nur vervviri'er wurde, ersparen können. Das meiste

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hätte man noch von dem unparteyischen und gründlichen Deutschen erwarten können, auf dessen Boden die historische Kritik einheimisch zu sevn scheinet. Allein es ist merkwürdig, dafs auch hier niemanden eine gründliche Un- tersuchung einfiel, sondern dafs fast jeder von dem Reitze der Ossianschen Bilder, welcher dem eigenen derDeutschen Dichtung so nahe kommt, getäuscht und bestochen, diese Gedichte mit gläubiger Bewunderung anstaunte. Selbst die Göttingischen Gelehrten, welche sie in ihren Anzeigen von Zeit zu Zeit ankündigten, äufserten nie den geringsten Zweifel gegen ihre Ächtheit. Nun zu den Hauptgrün- den , unter deren Ausspruch Ossian stehen oder fallen mufs.

Man hat dem Macphersonschen Ossian von Anfange an d^n Vorwurf gemacht, dafs^'es ihm zum Beweise seiner Ächtheit an alten Hand- schriften fehle, und Sam. Johnson behauptete sogar, es gebe gar keine Galische Handschrift welche über hundert Jahr alt sey» indem die Sprache erst seit so langer Zeit geschrieben wor- den. Das war nun wohl zu viel gesagt, indem es in Schottland seit dem yten Jahrhunderte Geistliche und Klöster gab, welche doch wer- den geschrieben haben, obgleich bey der man- gelhaften Cultur des Landes nicht so viel, als in andern Ländern , und dieses v.^enige mehr La- teinisch, als in der Volkssprache, mehr über Gegenstände der Religion als der Volksdichtung. Macpherson berief sich auf alte Handschriften ; bestimmt nannte er nur Eine von 1410, zeigte sie aber niemanden , und nachher war sie, aller Nachforschung ungeachtet, nicht mehr aufzu- finden. Aber auch diese würde, wenli sie vor-

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handen wäre, für einen Dichter des dritten Jaiir- hunderts noch sehr jung seyn. Mackenzie hat in dem vorhin gedachten Report, S. 285 312, ein kritisches Verzeichnifs derjenigen Hand- schriften gegeben, welche die Hochländische Gesellschaft zu Edinbiirg zusammen gebracht hat. Darunter ist eine, welche ein gewisser Firßlm dem Kloster seines Pope (Papa) Murc/uis geschrieben hat. Da Papa in den frühesten Zei- ten einen jeden Abt, Bischof oder Priester be- deutete, bis die Bischöfe zu Rom sich diesen Ti- tel ausschliefslich anmafsten, diese aber erst im gten Jahrhundert in Ireland und Schottland an- erkannt wurden : (nach bessern Nachrichten ge- schähe es in Ireland erst 1 152) so setzt Macken-; zie, blofs um dieses noch sehr mifslichen Um- Standes-willen, die Handschrift in das Ste Jahr- hundei-t. Aus der beigefügten Schriftprobe läfst sich nichts schliefsen , bis man mehrere Galische Handschriften von bestimmtem Zeitalter aus al- len Jahrhunderten hat; ^voran es aber noch gänzlich fehlet. Dem blofsen Anscheine nach würde man sie in das i^te Jahrhundert setzen. Sie enthalt unter andern auch ein Gedicht, (aber kein Ossianisches) welches bereits ^,30 ge- schrieben seyn soll; aus was für Gründen, wird nicht gesagt. Da dessen Geschichte in Ireland vorgehet, so ist es wahrscheinlich auch auf dieser Insel geschrieben, kann also für den Hochländi- schen Ossian nichts beweisen, obgleich Herr Mackenzie selbiges ziemlich willkührlich nach Schottland verpflanzte. Ireland hatte weit frü- her Schrift, Ciiltur und Dichtung, als Schott- land, und es gibt daselbst noch eben so viele für Ossianisch ausgegebene Gedichte , als es in Schottland immer gegeben haben mag, welche

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zum Theil s^hr hoch hinauf gesetzt \verc!en , ob- gleich bessere Kenner versichern, dafs es unter den Ireländischen Handschriften dieser Art keine gebe, welche über das I3te oder i4te Jahrhun- dert hinaus gehe. Indessen ist doch diese Hand- schrift eines andern Umstandes wegen merkwür- dig. Sie enthält unter andern einige historische

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Anecdoten, \vorunter die eine auch Ossian, Fin- gals Sohn, betrilFt. Wäre ihr Alter kritisch be- stimmt, so würde sich daraus wenigstens das Älter der dichterischen Überlieferun aen von einem Ossian bestimmen lassen. Aufser dieser werden noch drey alte Handschriften beschrie- ben, eine angeblich, aus dem gten oder loten, eine aus dem loten oder i iten Jahrhundeit und eine von 1288. Das Alter der beyden ersten wird wieder nach sehr unsichern Gründen be- stimmt, daher es zur Zeit noch für nichts weni- ger als entschieden gehalten werden kann. Die- übrigen sind von 1512, 1527, 1603, 1654 und 1690, also sehr jung. Es iälst sich folglich aüifc Handschriften, so weit man sie jetzt kennt, noch nichts für das hohe Alter der für Ossianisch aus- gegebenen Gedichte etits^chtiden. Dafs * es ih- dessen schon vor 1567, also weit früher als John- son wollte, in Schottland geschriebene Gedich- te, Genealogien imd Geschichten g,egeben, et- hellet aus des Bischofs Carswell zu Edinbur^ in dem gedachten Jahre herausgegebenen Katechis- mus, dem ersten in Galischer Sprache gedruck- ten Buche, Wo er ihrer in der Vorrede, döfcfi' nur überliaupt, gedenkt. Ans einem Umstände, könnte man indessen schliefsen , dafs die^ hinter i-^ sehen Gedichte in Schottland sich nicht über '(fd^.' l6te Jahrhundert erytrecken, sondern erst seit" demselben gedichtet worden: Ddnn Tii^^DapiS'

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Malcolm im I4ten Jahrhundert den Stoff zu sei- ner Schottländischen Geschichte sammelte , durchreisete er das ganze Land, besuchte alle Klöster, und durchsuchte alle Archive. Allein er gedenkt keiner Gedichte dieser Art,, so sehr sie auch, seinen unkritischen Behauptungen zu Statten gekomnien seyn würden. In gleicher Absicht durchsuchte Jo/m Fordun , Priester zu St. Andrä, um 1440, und Bischof JVil/i. Elphin- stoji, Kanzler von Schottland, 1480 alle Biblio- theken und Archive, allein keiner von beyden gedenkt geschriebener historischer Gedichte, daher der letzte seine Leser an die Ireländischen Schriftsteller verweiset. Sollte man daraus nicht schliefsen können, dafs, wenngleich die Schot- tischen Barden schon -damahls, und vielleicht schon lange vorher aus dem Stegreife oder Ge- dächtnisse barbarische Lieder gedichtet, doch vor dem iGten Jahrhunderte nichts davon nie- dergeschrieben worden?

Macpherson scheint die Stärke des Einwur- fes, welchen man aus diesem Umstände gegen das Alter seiner Gedichte machen konnte, gefühlt zu haben, daher stellete er den Ungeheuern Satz von der mündlichen Erhaltung volle vierzehn Jahrhunderte hindurch auf. Zu dessen Unter- stützung dichtete er: die Könige oder- Oberhäup- ter von Nord -Schottland und freland hätten alle Jahre eine grofse Fever angestellet, bey welcher die Barden ihre das Jahr über gedichteten Gesänge wiederhohlet hätten. Diejenigen nun, welcliedet Gebiether für würdig gehalten, seyendenKindern auf das sorgfaltigste beygebracht worden, und so Ivätten sie sich von Geschlecht zu Geschlecht an- derthalb Jahrtausende hindurch erhalten. Um diesem 4iojch l^egreifiliche^ zu nirichen, versicheirtfe

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er, alle diese Gedichte wären durch Sylbenmafs, Reime und Cadanceu so genau verbunden, dafj» wenn man aus einer Srrophe nur Einen Vers ge- merkt, es unmöglich gewesen wäre, die ganze Strophe zu veigessen. Beyde Behauptungen, sind erdichtet, und die letzte ist dazu wider den Augenscliein, indem diese Gedichte in ihrem Baue nichts haben, was sie von andern Gedichten jedes andern Volkes unterscheidet. Ich glaube daher nicht, dafs es nöthig ist, lange bey die- sem Vorgeben zu verweilen» Ein Volk, wel- ches noch keine Schrift hat, gehöret allemahl zu den rohesten und vmgeliildetsten. Der b'e- scheidene Reitz der wahren Gesciiichte, das Ei- genthum höherer Cultur ist ihm ungeniefsbar, weil er sein grobes Nerven ^ebäude kalt- und un- erschüttert läCst. Die kühnere Dichtung ist ihm stärkere Speise, daher es jede Geschichte, wenn es aucli eine Spur davon bekommt, sogleich in Dichtung verwandelt. Man hat auch keinBey- spiel einer reinen historischen Tradition, ^vel- che sich nur mehrere Menschenalter hindurch erhalten hätte. Und nun so weitläuftige Ge- dichte, als Fingal und Temora sind, ersterej von fünf Büchern auf 91 Seiten in gr. 8. Ich habe über dieses Unding, welches man histori- sche Tradition nennet , in Herrn Hofrath Becker* Erhohlungen von dem Jahre 1797, bey Gele- genheit der Nordischen Gedichte, welche auf ähnliche Att sollen seyn erhalten worden, mehr gesagt, und mag mich hier nicht wiederhohlen. Was man von einigen Hochländern versichert, welche noch in den neueren Zeiten weitläuftige Gedichte mehre Tage hindurch aus dem Ge- dächtnisse hersagen können , ist noch nicht hin- länglich bßwiejpien. Und wer weifs denn, ob

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das, wa."3 der Schotte hersagte, die getreue Wle- derhohlung eines altern Gedichtes, und nicht vielmelir Dichtung aus dem Stegreife nach be- kanntem Stolle ist. Dergleichen Improvisatori gibt es in Italien und Spanien noch jetzt häufig, imd hat es in Ireland und Schottland auch gege- ben, wie zum Theil am Ende erliellen wird. Als John Smith einem Hochländer ein dem Os- sian beygelegtes Gedicht nachschrieb, und des- sen Schönlieit bewunderte, gestand derselbe of- fenherzig , er habe es auch selbst gemacht.

Und nun die Spicache, weichein allen die- sen sogenannten Ossianschen Gedichten herrscht Man weifs, wie sehr sich eine Sprache nach den allgemeinen Gesetzen der Natur in einigen Jahr- hunderten verändert, wie grofs mufs also nicht diese V^eränderung in fünfzehn Jahrhunderten seyn! Die Keltische Sprache in Schottland und Ireland hat seit dem dritten Jahrhunderte, so viel man nur weif», zwey grofse Veränderungen erlitten, durch die Einführung des Chiisten- thums im fünften und sechsten Jahrhunderte, im d durch die lange Herrschaft der Normannen wenigstens vom neunten an. Durch die erste ward sie mit Lateinischen , und durch die letz- tere mit Germanischen Wörtern und Formen vermischt, und ich sage nicht zu viel, wenn ich behaupte, dafs ein reichliches Viertel in beyden Dialecten solche Fremdlinge sind. Wie ange- nehm müfste es dem Sprachforscher seyn , be- trächtliche Stücke in der Keltischen Sprache aus dem dritten Jahrhunderte vor ihrer Vermischung mit der Lateinischen und Scandinavischen zu bekommen. Aber er mao; sich diese Freude nur vergehen lassen, er findet in allen dem Ossian beygelegten Gedichten nichts anders, als die

heutige

heutige Sprache der Hochländer, daher auch jeder gemeiner Schotte sie ohne Anstofs verste- hen, behalten und nachsprechen kann. Wie war es möglich, dafs diese Bemerkung den eifri- gen Verehrern Ossian's entgehen: und wenn sie selbige machten, ihnen noch den geringsten Glauben an ein funfzehnhundertjähriges Alter dieser Gedichte übrig lassen konnte? Einige machten sie; aber ihre Aufiösimg war noch abenteuerlicher als die Behauptung selbst. Lord Kayme nahm seine Zuflucht zu nichts geringerm, als zu einem Wunder, und John Smhh behaup- tete, Ossian habe die Sprache des dritten Jafir- hunderts fixiret und unverändert bis zum acht- zehnten erhalten. Keiner von beyden bedachte, dafs die heutige Sprache um. der eben gedachten Ursache wi'len, schlechterdings nicht die Sprache des dritten Jahrhunderts seyn kann. Da.s Erst-* sehe in Ireland und das Galische im nördlichen Schottlande sind nur als nahe venvandte Mund- arten verschieden. Die Ireländische Mundait miifste also zugleich mit seyn fixiret worden , und sich seit dem dritten Jahrhundert unveräii- dert erhalten haben. In der Pariser Biblio- thek befindet sich das Leavre I.ecan aus dem l3ten Jahrhunderte, also schon lange nach den zwey Hauptveränderungen der Sprache geschrieben, da sich folglich die heutige Spra-^ che gebildet hatte; allein der Ausdruck isf in Vergleichimg mit der heutigen schon so verai'- tet, dafs er selbst gelehrten Iren unverständlicH ist. Hätten wir alte Hochländische Handschri^ ten, so vviirden wir eben dieselben Ergehe?^ nungen erblicken. Die ältesten mit Gewifsheit bekannten, sind aus dem I5ten Jahrhundert, und diese -haben eben *o girt ihre Archai^tieAV

Mithrid. n. \

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als die Schriften einer jeden andern Sprache au* diesem Zeiträume.

Ich habe oben aus dem Report der Hoch- ländischen Gesellschaft einiger für weit älter aus- gegebenen Handschriften gedacht. Allein ihr Al- ter ist noch niclit kritisch bestimmt, und dann ist auch nicht ausgemacht, ob sie den Hochlän- dern oder nicht vielmehr den Ireländern an- gehören. In jedem Fall hätte Herr Mackenzie der Ossianischen Kritik einen sehr wichtigen Dienst geleistet, wenn er die Sprache unter- sucht, und mit der heutigen verglichen hätte. Da er aber das nicht gut gefunden hat, so kann ich auch nichts weiter sagen, als dafs eine un- verriickte Erhaltung der Sprache des dritten Jahrhunderts der abenteuerlichste Behelf ist, zu welchem man nur seine Zuflucht nehmen kann.

Wenn nun g;leich sowohl die Handschrif-

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ten als die Sprache die neuesten Zeiten verra- then, so könnte doch wohl der Inhalt ein ^e- treues Bild der Menschen und Sitten des dritten Jalirhunderts seyn, wenn gleich Sprache imd Handschrift von Zeit zu Zeit erneuert Avorden, Unmöglich ist die Sache wenigstens nicht; auch nicht ganz ohne Beispiel, und da die Gedichte bo zahlreich und zum Theil so weitläuflig sind, hO fehlt es nicht an hinlänglichem Spielraum, diesen Gegenstand zu erschöpfen. Die Kaledo- nier, luiter welchen Ossian gelebt und gesun- cren haben soll, waren eines der rohesten, wil- flesten und räuberischsten Bergvölker, welche die Römer, wegen seines Sitzes in unzugängli- chen Gebirgen nicht bezwingen konnten, viel- leicht auch wegen seiner Wildheit und Armuth nicht bezwingen wollten, mit welchen sie aber,

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SO lange sie Britannien besafsen, d. i. von Cä- sars Zeiten an bis in das fünfte Jahrhundert volle vierhundert Jahre lang unaufhörhche Kriege führten. Sie kannten selbiges also sehr crenau, machten auch häufig Gefangene von ihnen, wel- che sie nach ihrer Gewohnheit durch ganz Eu- ropa als Sclaven verkauften. Ihre Schriftsteller haben uns daher manche charakteristische Ziicre

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von ihnen aufbehalten, welche ich hier zusam- menstellen will.

Die Kelten waren sowohl in Gallien als in den Brittischen Inseln vor Ankunft der Römer noch ein sehr wildes und barbarisches Volk, und waren (Mela 14, 6) desto roher, je weiter sie sich von dem festen Lande entfernten, folglich in Kaledonien am ungebildetiten. Die im süd- lichen Britannien bekamen unter den Römern einige Cultur; die im nördlichen Britannien imd Ireland aber, wohin die Römer nicht kamen, blieben wild und ungesittet. Die Iren waren nachStrabo noch Menschenfresser, und der hei- lige Hieronymus, der im vierten Jahrhundert lebte, versichert, er habe in seiner Jugend in Gallien die Attakotten , einen Kaledonischeu Stamm, die Brüste der Mädchen, und die zar- testen Theile der Knaben als Leckerbissen essen sehen. Das nördliche Schottland enthielt unter andern solchen Gebiro;sländern angemessenen \vilden Thieren auch Bäreir. Nuda Caledonia sie pectora praebuit urso, sagt Martial. Die Kale- donier hatten, wie die übrigen Kelten, lichtes und röthliches Haar, und da sich auch die Ger- manen durch diesen Umstand auszeichneten, so möchte Tacitus jene um deswillen lieber für Germanen halten. Sie gingen völlig nackend, und tatowirten und bemahlten den ganzen Kör-

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per unter allen Völkern im westlichen Europa nur noch allein. Dabey hatten sie die Arme und den hohlen Leib mit Ringen gezieret. (Dio. 72, 12, Herodian 3, 14.) Die südlichen Britten färbten nur das Gesicht mit Waid [Utro^ Glaslo), legten diese Gewohnheit aber unter den Römern ab. (Cäsar 5, 14, Mela 3, 6 ) Un- ter den Britten im Innern, folglich auch unter den Kaledoniern , herrschte Vielweiberey und Vielmännerey. (Cäsar 5, 14.) Sie hatten die Weiber gemeinschaftlich, daher die Kinder kei- nem einzelnen Manne, sondern dem ganzen Stamme (Clan) zugehörten. (Dio 72, 12.) Die südlichen Britten liefsen auch diese Sitte fahren, die Kaledonier aber behielten selbige bey. (Dio 1. c. ) Sie kannten kein Getreide, sondern lebten von Baumrinden, Wurzeln und Wild. Panzer und Heime hatten sie nicht. Ein Wurfspiefs, ein kleiner Schild, und ein un- geheueres Schwert ohne Spitze, folglich nur zum Hauen, waren ihre Waffen. (Herodian 3, 14, Dio 72, 12, Taciti Agricola 36.) Sie Icämpften auf Streitwagen (^Esseda), welche an- dere Kelten nicht hatten. (Dio 76, 12.) Ihre Falirzeuge {Currucae) waren aus Weiden gefloch- ten , oder von leichtem Holze und mit Ochsen- häuten überzogen. Sie hatten in der Mitte ei- nen kleinen Mast mit einem Segel, und konnten sowohl segein als rudern. Solcher kleiner Fahr- zeuge bedienten sich damahls auch die Britten, Gallier, Sachsen, Normannen u. s. f. Selbst Cäsar ging auf solchen Fahrzeugen aus Gallien nach Britannien über. Man sehe davon um- ständlich das Journal des Savans, 1764, S. 538 f.

Zu diesen Zügen konnte uns Macpherson's Össian den besten Commentar geben, zumahl

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da er gerade um die Mitte der Hömischen Pe- riode aelebt haben soll. Wir wollen sehen, wie er seine Kaledonier schildert. Sie waren nichts weniger als räuberische Barbaren, sondern die x'olikommensten Helden,. Muster grofsmüihicTer Retter der Unterdrückten, weit freygebiger, be- scheidener und gütiger als Homer's Helden. Sie hafsten die Überfälle im Schlafe, und wurden von dem höchsten Heldenmuthe belebt; immer zwey oder drey nahmen es mit ganzen Heeren auf, und starben gern, wenn es nur auf dem Bette der Ehre w^ar. (Von andern ähnlichen ungebildeten Völkern , und selbst noch von den neuern Hochländern, weifs man, dafs sie ihre Kriege nur durch Überfälle führen, heftig anprallen, aber bey bemerktem V\''iderstande die Flucht nehmen.) Sie jagten Eber, Hir- sche und Rehe, aber keine Bären, zum Be- weise, dafs diese zu der Zeit des Macpherson- schen Ossian's längst ausgerottet waren, sonst würden sie ihm zu einer Reihe schöner Bilder Stoff gegeben haben. Schwarze Haare und blaue Augen hielt man für schön, rothc Haare waren verhafst. Von Tatowiren und Mahlen keine Spur. Blühende Wangen, weifse Arme und Busen, selbst der Männer, kommen häu- fig vor. Auch Kleider, Betten und schöne Ge- wänder, Sie wohnten in Schlössern, Burgen und Pallästen mit Zinnen, Thürmen und Gie- beln von hundert Eichen der Berge. Man speisete in grofsen Sälen, welche mit Wach.5- lichtern erleuchtet waren, und wo man aiis Muscheln trank. Auch Schornsteine kommen vor, (Denis Übersetzung Th. 1, S. 198), die doch, wie bekannt ist, eine Erfindung weit neuerer Zeiten sind. Sie trugen stählerne Hei-

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me und glänzende Harnisdie. Dem Sohne Os- sian's deckt Stahl die trotzige Stirn. Cuchullin im Fingal führte die vollkommene Rüstung zu- erst ein. Die Könige von Ireland hatten einen Adler auf dem Helme. Die Schwerter hatten spitzige Klingen, daher sehr oft gestochen wird. Sie schleppen statt der leichten Wurfspiefse lange Lanzen , bäumen Speere auf wie diej^ichte Slimora's, tragen Dolche und führen Pfeile und Bogen. Streitwagen kommen nicht vor; dage- gen fuhr der König und Heerführer auf einem prächtigen Wagen, und zwar nur er allein. Fingal's Wagen hing^in ledernen Riemen, wie ein Pariser Phaeton, die Seiten waren von po- lirtem Elfenbein, die Gebisse von spiegelndem Stahl, die Zügel mit Edelsteinen besetzt. Von der Liebe hatten sie die feinsten und edelsten Begritfe. Die Ehe war durchaus eingeführt, und jeder hatte nur Eine Gattinn, welche er auf das zärtlicliste liebte. Die Schiffe und Flotten Averden immer sehr prächtig mit hoch sich bäumenden Masten beschrieben, als wenn der Dichter den Hafen von Invernefs des iSteu Jahrhunderts hätte schildern wollen. Ich über- gehe eine Menge anderer Züge, welche mit einem so rauhen Bergvolke, als die Kaledonier der Römer waren, in offenbarem Widerspruche stehen. Alte Dichter pflegen so gern die Reli- gion ihres Landes mit in das Spiel zu mischen; aber da Macpherson's Ossian weder von den Druiden, noch ihrer Religion und Menschen- opfern, welche damahls gewifs noch gangbar waren, etwas mehr wissen konnte; so ist er weise genug, sie ganz zu übergehen. Seine Mythologie ist vielmehr die Mythologie aller Menschen, Zeiten imd Religionen; Geisterund abgeschiedene Seelen, welche ihm denn in der

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That zu den schönsten Bilder]i und Gleichnissen Stoff leihen. Man nehme noch die vielen Nach- ahmuncren Homerischer und selbst biblischer, poetischer Stellen dazu, und sage dann, ob sich nicht alles vereiniget, diese Gedichte für Pro- ducte weit neuerer Zeiten zu erklären. Mac- pherson's Kaledonier sind nicht einroahl die Hochländer der mittlem und neuern Zeiten, sondern glänzende Ritter des i6ten Jahrhun- derts aus dem reichsten und blühendsten Staate Europa's.

Dafs Macpherson dessen ungeachtet selbige in ein so frühes Jahrhundert setzte, geschähe aus eben der L'nkritik, mit welcher er allet übrige behandelte. Dafs es'in so frühen Zeiten einen Dichter, Nahmens Ossian, gegeben, hat keinen historischen Grund , sondern beruhet blofs auf die Dichtung und auf sehr späte Volks- gerüchte. Dafs alle ihm beygelegten Gedichte wirklich von Einem Ossian sind, hat auch nicht cinmahl diese für sich, sondern ward oft von der Willkühr der Sammler und Herausgeber 'bestimmt. Nach dem Verfasser im Journal des Savans ist kein acht Schottisches Gedicht be- kannt, worin seiner gedacht würde; wohl aber gebe es Ireländische Gedichte, wo ein Krieger Oisin, Sohn des Fion, vorkomme, daraus habe Macpherson seinen Ossian und Fingal gebildet. Unter den ihm beygelegten Gedichten sind zwey, woraus Macpherson sein Zeitalter be- stimmen wollte; 1 ) Das Gedicht Comala^ worin Fingal, Ossian's Vater, gegen Caracul, Sohn des Erdenbeherrschers, streitet, und 2) der Krieg mit dem Caros, wo Oscar, Ossian's Sohn focht. Das können Aurelius Antonius, des Kai- sers Severus Sohn, seyn, der in der Folge den Nahmen Caracalla bekam, und im Jahre 211

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•^eaen die Kaiedonier stritt, und Carausius^ vvel- cl'.er sich 287 zum Kaiser aufwarf, und nach Brittannien ging, wo er die Mauer des Agricola gegen die Kaiedonier herstellete. Diese aus der Geschichte bekannten Thatsachen legte der i3ichter zum Grunde, setzte das übrige durch Dichtung hinzu, um aus beyden magern Haupt- besebenheiten vollständige Gedichte zu bilden. Zu diesen zur Ausschmückung hinzu gedichte- ten Umständen gehöret denn auch die Einflecli- tung Oösian's und seiner Familie, und Macpher- son war schwach genug;, das für baare histori- sehe Wahrheit zu halten, und seinen Ossian in die Zeit dieser Begebenlieiten, d. i. in das dritte Jahrhundert zu setzen, ohne zu bedenken, dafs man einen Dichter nicht anders als Dichter be- handeln müsse,, und historische Umstände und Begebenheiten aus ganz andern Quellen, als aus ihm beweisen müsse. Auf eben die Art kann man ihn auch in das neunte und fünfte Jahrhun- dert setzen. Im Fingal thut ein König Swaran auÄ Lochliu, d. i. Dannemark oder JNorwegen, einen Eiafall in Ireland, und in den von Young- entdeckten Gedichten streitet Ossian mit dem heilieeu Patrik über die Wahrheit der christli- cheii, -Religion. Patrik kam 435 nach Ireland, die Einfälle der Normannen in Ireland aber fan- gen nach der Geschichte er^t mit dem Ende des achten Jahrhunderts an. Sind alle solche Dich- tungen historische Wahrheiten, so müssen Os- sian und Fingal, welche in allen wichtige Rollen spielen, an die 600 Jahr alt geworden seyn. Anderer ähnlicher Beyspiele der Dichtung zu eschweigen.

Seyen sie aber auch noch so neu, so sind doch viele derselben ihrer dichterischen Schön- heiten wegen merkwürdig. Sie sind freylich

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nicht alle von gleicher Güte, und ihre eifrig« steil Verelirer bekennen , dafs es schlechte und mirtelmäfsige unter ihnen gibt, und auf der an- dern Seite ist auch erwiesen, dafs die durch den Druck bekannt gewordenen von Macpherson und den übrigen Herausgebern sowohl dem In- halte als der Einkleidung nach gar sehr verschö- nert worden. Allein es s;ibt auch unter den ach-

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ten und unverfälschten Gedichten dieser Art Stücke, welche einer solchen Nachhülfe nicht bedürfen. In des Plerrn Mackenzie Report sind einige derselben in der Original - Sprache mit einer buchstäblichen Übersetzung abgedruckt, welche alles übertreffen, was man von so rohen und ungebildeten Menschen erwarten sollte. Aliein wenn man die ehemahlige Verfassung de* nördlichen Schottlandes kennet, so wird auch dieses begreiflich. Diese war die alte Lehns- Verfassung in ihrer ganzen ehemahligen Härte und Rohheit, so oft sie auch von Unkennern für patriarchalisch ist ausgegeben w'orden. Das ganze Land war und ist noch unter gewisse Stämme oder Familien [Clans) vertheilet. Die jedem Stamme gehörigen Ländereyen sind ein. Fideicommifs oder ungetheiltes Erbgut, welches allemahl 'auf den ältesten Sohn der Hauptiinie forterbt. Da dieser die übrigen der Familie er- nähren mufs, so gibt er ihnen grofse Stücke in Pacht, welcher oft Erbpacht ist, und von ihnen wieder in kleinere Theile an ihre Verwandten verpachtet wird. Ist die Familie oder der Stamm, \vie das gemeiniglich der Fall ist, zahl- reich, so werden die Theüe oft sehr klein, ohne dafs ihre Inhaber dadurch etwas von ihrem ade- ligen Stolze verlichren, sondern ihre Tage in trägem Müfsiggange verleben, und ihre halb nackten Weiber das Feld bestellen lassen. Jeder

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Stamm oder Clan hat seinen Geschlechts -Nah- men. Mac- Donald ht der gröfste und stärkste, dann folgt Mac-Lean, und dann die übrigen, Mac - Pherson , Gordon , Grant , Cameron, Mackenzie, Broad-AIbin, Mac-Gregor, u. s. f. Ihre Unterthanen [Scallags) sind wahre Sclaven, welche ihr Fleckchen Landes gegen Frohnen und Zins auf gewisse Tahre nach der Laune des Obern besitzen, der ihnen oft alle Jahre den Pacht aufsagt, um ein Geschenk oder höheren Paclit zu erpressen. Da sie als Sclaven nicht einmahl einen Geschleqhtsnahmen haben dürfen, fco nennen sie sich nach der herrschenden Fami- lie, welches denn viele verleitet hat, sie als Ver- wandten derselben anzusehen, mit deren Blute sie doch nicht anders verbunden sind, als wenn der, gnädige Herr einmahl einer von ihnen das Schnupftuch zugeworfen hat. Sie scheinen Ab- kömmlinge der alten Kaledonier zu seyn, \velche von den aus Ireland eingewanderten Eroberern bezwungen worden; von Avelcher Zeit an, d. i. vom 5ten oder 6ten Jahrhundert, sich auch diese Verfassung herzuschreiben scheint.

Das Oberhaupt eines solchen Stammes (Laird) hatte über seinen Stamm unumschränkte Gewalt, selbst über Leben und Tod, und ohne alle gerichtliche Form, erhielt auch von jedem, er gehörte zur Familie oder nicht, unbedingten Gehorsam, ohne Rücksicht auf göttliche oder weltliche Gesetze. Die Clans lebten sehr oft in Feindschaft unter sich; diese war immer erb- lich, dauerte oft Jahrhunderte, und war immer höchst grausam. Das Land ward daher unauf- hörlich von solchen Raubkriegen erschüttert, welche sie gemeinijjlich durch nächtliche Über- fälle (ganz anders als Macpherson's Helden) führten. Jeder ^vard als Feind angesehen und

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behandelt, der nicht erklärter Freund war, und der Nachbar ward nach Regeln geplündert. Da der Feldbau in einem so gebirgigen Lande und bey der herrschenden Trägheit des Volkes sie nur kümmerlich ernährte, die Wälder an Wild erschöpft waren, und die ewigen Raubkriege das Land verödeten, Handlung und Manutactu- ren ihnen aber fremd blieben, so lebten sie sehr arm und schmutzig. Dessen ungeachtet unter- hielten die Lairds und die angesehensten ihrer Pachter ein grofses Gefolge von Bedienten, Be- amten und Officianten, welche mit einem Stücke Feldes besoldet wurden, und deren Bedienun- gen gemeiniglich erblich ^varen.

Da die in ihrem Gebiethe unumschränkten Lairds den Königen nur gehorchten, wenn sie mufsten, oder wenn deren Kriege ihnen Hoff- nung zu Raub und Beute machten, so -waren sie immer zu Empörungen geneigt, welche weder Cultur, noch Wohlstand aufkeimen liefsen. Al- lein nachdem sie in der letzten Empörung nach der Schlacht bey CuUoden 1746 gedemüthiget worden, so wurde gar vieles in ihrer Verfassung geändert. Die Lairds behielten zwar ihre Lä'n- dereyen und ihre Stammesverfassung, allein die unumschränkte Ge%valt über Leben und Tod ward ihnen genommen, statt deren königliche Gerichte niedergesetzt wurden; ihre Sclaven wurden für freye Unterthanen erklärt ; man nahm ihnen die Walten, welche auch die Ge- meinen selbst in der Kirche trugen, und daher immer zum Mord und Raube bereit \varen, und legte dafür Freyschulen unter ihnen an, deren man zwey Jahre nach der Unter\^erfung bereits 134 zählte. Seitdem hat sich viel von der alten Barbarey verlohren ; die Häupter und ihre Stnm- mesgenossen sind durch Reisen und durch Wis-

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senschaften gesitteter und gebildeter geworden, Handlung und Fabriken keimen auf, u. s. f. Nur das Schicksal des gemeinen Hochländer» ward bey den willkührliclien Verpcichtungen drückender, weil sich die Bedürfnisse ihrer Her- ren vermehrten , daher die häufigen Auswande- rungen desselben nach Amerika.

Zu dem Hausgesinde dieser Lairds und ihrer angesehensten Pachter gehörten denn auch die Dichter (ßards), Erzähler { Senac//ies ) , Pfeifer und Dudelsackspieler (im Macpherson Harfe- nisten), deren Pflicht es war, ihren Herren in miifsigen Stunden die Zeit zu verkürzen, ja sie wohl in den Schlaf zu plaudern und zu spielen. Sie waren, wie die ganze Nation, rohe unwis- sende Menschen; aber da ihre Herren eben so unwissend waren, so liefen sie nicht Gefahr, be- schämet zu werden. Es kam auch hier nicht auf Geschichte, sondern blofs auf Unterhaltung an, daher ihr vornehmstes Geschäft war, sich des Neuen und der Veränderung zu befleifsigen, in- dem die Zuhörer, wie schon ihr Ahnherr Homer klagt, des Alten gar bald überdrüssig werden. Da sie in der Resel weder lesen noch schreiben konnten, so dichteten sie aus dem Stegereife, oder doch aus dem Gedächtnisse, und da sie ihre Stellen erblich besafsen, und folglich von der frühesten Jugend an an das Dichten ge- wöhnt wurden, und keine andere Beschäftigung hatten, so konnten sie sich darin leicht eine Fer- tigkeit erwerben, welche wir jetzt aus Unkunde dieses Umstandes bewundern. Ward ihnen durch Höreiisagen irgend von einem Mönche oder Geistlichen eine Thatsache aus der wahren Geschichte bekannt, welche ihr Land betraf, so legten sie selbige zum Grunde ihrer Dichtung ©der ihres Mährchens, und da es unter der

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grofsen Menge solcher Dichter nothwencllg auch gute Köpfe geben muffte, so können manche ihrer Producte noch jetzt gefallen, zumahl da der rohe ungebildete Mensch immer ein lebhaf». terer Dichter ist, als der durch Wissenschaften und Cultiir abgeglättete. Da sie immer neu, seyn, wenigstens neu sclieinen mufsten, so war die nächste Folge, dafs, wenn einer einerley Stoff mehrmahls, oder mehrere einerley Stoff bearbeiteten, derselbe in der Darstellung immer verändert werden mafste. Daher stimmen denn mehrere Abschriften oder nachgeschriebene Co- pien einerley Gedichte niemahls überein. So lange die Feudal - Verfassung in ihrer ganzen Härte bestand, mufsten dergleichen Gedichte wenigstens stückweise , und ihren einzelnen Theilen nach, in dem Gedächtnisse vielerleben. Nach 1746 nahmen die Herren andere Sitten an, und kamen in andere Verhältnisse. Die ßarden verloren Ausehen und Brot, und dichteten eine Zeit lang noch fijr das Volk fort, wenn es ihre Muse bezahlen konnte oder wollte, bis sie ab- starben; daher das, was »ich noch unter dem. Volke von ihren Produkten erhalten hat, gewifs aus den neuesten Zeiten ist. Vielleicht war Ossian der Nähme einer solchen Barden -Familie von vorzüglichen Fähigkeiten aus den spätem Zeiten. Nach dem Report, S. 4, lebte noch 1'763 ein Joint Ossian zu Harris, welcher mehr Gedichte au&wendig wufste, als irgend jemand auf der Insel. In Ireland war ehedem eben die-* selbe Verfassung einheimisch, daher auch hi«E die Menge Gedichte dieser Art. iiü

III.

Keltisch- Germanischer oder Kim- brischer Sprachstamm.

Geschichte.

Cäsar erfuhr in Gallien, dafs der gröfste Theil der Beigen dem Ursprünge nach Germa- nier waren, welche bereits vor Alters über den Rhein gegangen ^varen, die Gallier vertrieben, und sich ihres Landes zwischen dem Rheine und der Seine bis nach Helvetien bemächtiget hatten. Diese Vertreibung der alten Einwohner mufs denn nun wohl nicht so allgemein, sondern im Sinne alter ungebildeter Völker, blofs von dem herrschenden Theile, oder wie ^vir jetzt sagen würden, von dem Adel verstanden werden. Ohne Zweifel blieb der gröfste Theil der Gallier als Unterthanen der Sieger zurück, deren Spra- che in der Folge mit der Germanischen zusam- men flofs, und eine dritte vermischte Sprache bildete, deren Unterschied von der reinen Gal- lischen und von der Aquitanischen sowohl Cä- sar als andere alte Schrifrsteller anerkennen. Da diese Vermischung der Sprachen schon zu Cä- sars Zeit vollendet war, so mufs diese Einwan- derung sehr lange vor ihm geschehen seyn, ob sich crleich die Beigen noch zu seiner Zeit durch ihre Germanische Rohheit von den übrigen Gal- liern initerschieden. Es treten daher auch die Gallischen Kimbern schon sehr frühe in der Ge- schichte auf. Bey dem Heere des Sigoves, wel- ches 590 vor Chr. also beynahe 540 Jahr vor Cäsarn in den Hercynischen Wald zog, waren bereits Kimbern, weil diejenigen Gallier, wel-

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che 280 Delphen plünderten, und noch von die- sem Heere waren, von Appian illyr S. '-58- aus- drücklich Kimbern genannt werden Die Gal- lier nannten diese eingewanderten Germanier Wesen der Niedrigkeit ihres Landes am'i\ieder- Rheine Beigen: sie selbst aber nannten i-wh Iü///n\ liünöern, nach Römischer Schreibart C//;7<(;/7. Ich habe in meiner ältesten Geschichte der Deut- schen S. 239 folg. bewiesen, dafs sich der ganze Deutsche Hauptstamm von der niedern Sprache, zum Unterschiede von deUvSueven, Eiiubern ge- nannt. Dafs aber die in Gallien eingewanderten Germanier von diesem Stamme waren, beweiset nicht allein der Nähme, welchen sich ihre IVach- kommen in Wallis noch jetzt beylegen, sondern auch manche Überbleibsel ihrer Sprache. Die Römischen Schriftsteller, welche es mit den fremden Sprachen so genau nicht nalimen, ha- ben manche Wörter für acht Gallisch auscretre- ben, welche eigentlich Belgisch sind, und ihre Herkunft aus dem Nieder- Deutschen nicht ver- läugnen können. Dahin gehöret Cäsars Am." bactus. Alt- Friesisch Ombecht ^ Niedeid. Ambac/it^ Hochd. Amt; Plinii Ganla, Gansa, eine Gans, Niederd. Gff/?/er, der Gänserich; Sapo, die Seife, ein Niederländisches Product, Niederd. Sepe, u. a. m. Ich werde sogleich beweisen , dafs ein gröfser Theil der heutigen Wallisischen und Nie« der- Bretagnischen Sprachen, als ächter Ab- kömmlinge der Belgischen oder Kimbrischen, aus Deutschen, und besonders aus Nieder- Deut- schen Wörtern bestehet; daher an dieser ihrer Abkunft nicht zu zweifeln ist. Aber um dieser Vermischung des Gallischen und Germanischeu willen, kann man sie weder zu den reinen Gal- liern oder Kelten , noQh zu d^n reinen D«ut-

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sehen rechnen, sondern man miifs sie als eine Misclmng beyder ansehen. Gatterers Einfall, diese Kimbern um des schwachen Gleichlaute« •willen von Herodots Thracischen Kimmer'iern ab- zuleiten, war eines Geschichtsforschers und Ge- schichtsgelehrten ganz unwürdig.

Nicht lange vor Cäsarn ging ein Theil die- ser Beigen nach Britannien, vertrieb die alten Einwohner, die Keltischen Britten, so viel ihrer .sich ihnen nicht unterwerfen wollten , nach Schottland und Ireland, und bemächtigte sich vorzüglich' der Küsten. Wie weit sie sich nord- wärts im Lande ausgebreitet haben, ist unbe- kannt. Hier wurden sie in der Folge von den Römern unterjocht, von deren langen vierhun- dertjährigen Herrschaft wohl noch ein Theil der Lateinischen Wörter herrühren mag, welcher sich in ihrer Sprache befindet. Als sie nach Ab- zug der Römer zu schwach waren, sich gegen die Schotten und Picten aus Norden zu verthei- digen, so warfen sie sich den Sachsen und an- dern Nieder- Deutschen Stämmen in die Arme, welche im fünften Jahrhundert hier zwar ein- wanderten, aber auch gar bald den Herrn und Meister zu spielen anfingen, und ilire Kimbri- schen Stiefbrüder nach Wales, Corn - W^ales lind Nieder- Bretagne verdrängten, wo sie sich bis jetzt bald mehr bald \veniger rein erhal- ten haben.

Hier lebt auch die alte Belgische oder Kim- brische Sprache zum Theil noch in den zwey nahe verwandten Dialecten dem Wallisischen und Nieder- Bretagnischen. Beyde haben in ihren grammatischen Formen manches eigene, welches sie von andern Sprachen unterscheidet. Das merkwürdig;ste ist wohl, dafs gewisse An-

fangs-

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fangsbuchstaben der Verben und Nennwörter, nach gewissen flndbuchstaben des vorher cre* henden Wortes in andere Buchstaben verwandelt werden, und zwar nicht allemahl in Buchstaben derselben Klasse, sondern oft in ganz fremde. So werden im Nieder- Bretagnischen in solchen Fällen das 6 m v , das k und c in ^und ch, das d in z, das ??i in v, und das/?;in d undy^venvan- delt. Im Wallisischen sind ähnliche Verände- rungen üblich. Ob diese Erscheinung, welche sich auf einen geglaubten W^ohlklang zu grün- den scheinet, noch aus der alten Sprache her- stammet, ist mir unbekannt; aber sie macht die Erlernung dieser Sprachen sehr schwer. Nach diesem mögeii wohl die Bildung des Plurals, welche sehr abweichend ist, z, B. im Nieder- Bretagnischen, De7i, der Mann, Piur. 77/0?^ Vreg, das Weib, Flur. Groages , und das Ver- bum, welches sehr viel zu vertreten hat, der schwierigste Theil der Sprachen seyn. Das Ver- bum hat zwar nur zwey Modos, den Infinitiv und Indicativ, die übrigen werden durch Parti- keln umschrieben, aber neini Tempora, nehm- lich zwey Praesentia, drey Präterita und vier Futnra, welche insgesammt am Ende des Wor- tes bezeichnet werden. Übrigens ist die Decli- nation leicht, indem das W^ort durch alle Casus unverändert bleibt, und nur der Artikel declini* ret wird. Der Geschlechter sind auch nur zwey^ das männliche und \veibliche.

A, Kimbrisch in Wales und Com- Wales.

Geschichte.

Man irret sehr, so oft es auch von ÄValisi- ichen und Englischen Schriftstellern ge^ghiehet, Mit/iriä. IL K'

wenn man diese nach Vv^ales verdrängte Beigen Briiten^ und ihre Sprache Alt-Briiihdi nennet, indem dieser Nähme nur den frühern von den Beigen nach Schottland und Irelahd vertriebe- nen alten Einwohnern zukommen kann. Die Angel- Sachsen nannten diese verdrängten Bei-: gen Walen ^ Fremde, und ihr Land WaW; sie selbst aber behaupteten ihren alten Nahmen, anid nennen sich Cymri (sprich ij'^wr/), und ihre Sprache Cymreg. Der Nähme soll einen Einge- bornen, Einwohner bedeuten. Er wäre also von der allgemeinern Art, w-elche so viele an- dere Völker führen. S. Alteste Gesch. der Deut- schen^ S. 154'

In Wales und Nord-Wales lebten sie lange Zeit von den Angel- Sachsen und ihren Nach- folgern, den Normannen, unabhängig, obgleich nicht ohne beständige Fehden mit ihnen. Sie ■waren dabey in eine Menge kleiner Herrschätten getheilet, welche sich in der Folge in die drey gröfsern Staaten, Nord- Wales (Gwineth, Vene- dotia), wozu auch die Insel Anglesey gehörte, iSi/tf- Älß/^* (Dehawbart, Demetria), \nid Powis vereinigten, bis Eduard L sie von 1273 an unter- jochte und an England knüpfte. Wälirend ihrer Unabhängigkeit, und noch eine Zeit lang nach derselben, spielten ihre Barden oder Dichter eine eben so große Rolle unter ihnen, als unter den Schotten und Iren. Es sollen von ihnen noch 13000 einzelne Gedichte von dem Qten Jahrhun- dert an biS} an das Ende des i6ten übrig beyn.

Sprache.

In Wales ^st diese Spräche noch am rein- sten, denn in Nieder-Bretagne ist sie \veit mehr mit Lateinischen und Französischen Einflübten

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vermischt. Dafs aber einer ihrer v/esentlichsten Bestaiidtlieile Germanisch, und besonders Nie- der-Deutsch ist, erhellet aus dem Augenscheine: denn beynahe die Hälfte ihrer Wörter i?)t aus dieser Mundart, daher man sie auch für nichts weniger als rein Brittisch oder Keltisch ausgeben kann. A-chrwin^ krumm, das w lautet wie ein gedehntes z/, das a aber ist um des Wohllautes vorgesetzet; Aeth, Schmerz, Niederd. aitcn^ bren- nen, schmerzen; AJ\ ab. Mied, af; Aii-tang^ enge; Angen^ Noth, Armuth; Ap^Kfie; An-fail^ Ruin, Einfall; Afal, Apfel; Af-rided, unzählig, vom Deutschen railen^ Nied. rideriy rechnen, zäh- len; Aih, Knecht, Ehehalt; Baccwn^S\>eck^ Nied. Bake; Bad^ Kahn, Both; Baeddu^ schlagen, Altd. ballen^ ^dim.battre; Barr^ Riegel, Barre; Berth^ schön, glänzend; Bir^ Bier; Boch^ Backe; Bord^ Tisch; Brawd^ Bruder, Nied. Brauder: Breg, Bruch, Nied. Brek; Brithog^ das Braten; Bul^ die Samenkapseln am Flachse, Nied. Bollen; Bivc/i, Bock; BwccI, Buckel; BwirJI, Beil; Bula, Bidle, Ochs; Bwt/i, Hütte, Bude; Bi^ytla, essen, Nied. biten; i?^Y/<7, Bienenstock, Beute; Cöccerz, Kuchen, Nied. Kühen; Clai ^ Koth, Nied. Kley; Clap , ein Schlag; C7//7, Klippe; Cloch^ Glocke; Cogail^ Kunkel; Cath ^ Katze; Ceg^ Kehle, Nied. Kak; Cropp^ Kropf; Crupl ^ lahm, Krüppel; Cnoi ^ na- gen, knauen; Cord^ kurz; Dofs, ein Haufe, Nied. Tafs^ Franz. Tas; Diep^ tief: Grann^ Augenbrann; Gu'v/7/, Wind: ii/b5fl;2, Strümpfe; /fH,sw/, Haus- frau; //«r, der Lohn, Heuer; Imp ^ Pfropfreis; Llathj Stamm, Latte; Lleith^ Koth, Letten; Lly~ gad^ Au;ie, Altd. lugen ^ sehen, tnid Gat^ Oeff- nung; Myr ^ Ameise, Nied. Mire; Pawl , Pfahl, Nied. /*rt^/; i^r/of, Eheweib, Braut, Priodas^He'i- rath; R/iygg, Koggen; Sadel, Sattel; Äere«, Stern ;

K 2

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Sitr, sauer; Troed, Fiifs; Taecl, Pfeil, Nied. Tnchen; Tylwr, Hausvater, Nied. telen, zeugen, zielen; Treiglio, wälzen, Nied. truUen; Toll, Zoll; Uch, hoch; Ych ., Ochs; Yslorm, St;:rm, wenn sich Wörter mit sp^ sg und st anfangen, so wer- den sie mit einem vorgesetzten y gemildert; Ystrat ^ Strafse; Ystol, Stuhl; Ystang\ Stange; Yspeer ^ Speer; Yspardun^ Sporn; y^/r/J, Streit; Ysgn'n, Schrein, und hundert andere mehr. Auch die Niederdeut&che Verkleinerungssylbe ken ist hier in der Endung cyn, sprich kin, noch gangbar, Brymicyn^ Hüg eichen.

Von der zweyren Hälfte ist vielleicht wie- cler die eine Hälfte Lateinischen Üibpriinges, theils noch von der Herrschaft der Römer her; theils von der spätem religiösen Cultur. Ab!^ habiiis, yiZ'WJ, habllitas; ^<5>-;-eo/w5, irregularis; Absennol, absens,» Abseii, absentia; A-bwy^ Aas, von bwy ^ vivere; Ac, und; Accen, accentus; A-c/iar, lieben, von carus; A-chmvs, weil, von causa, Ac/iosiOy verursachen, causare; Achrelttawry creditor; ^c//^//?, occupare; t^c^«?^, Fieber, acces- sus; Adail, Haus, aedes, Adailalii, bauen; Oed Addoed, aetas; Addas , aptus; Addoli^ adorare; Addurno , adornare; Addilisgu, lehren, addiscere; Adfam, ein Fremder, advena; Adferu, afferre; Afais, avis; AU, /dl, alius; Aliwn, ein Fremder, alienus; Allt^ altus;' Almari, armarium; AmiSy amictus-; Anaraud, honoratus; Anival, animal; Awydd, aviditas; Ais, Äsen, asser; Asiel, rssuIsl; Alarch, Schwan, plor; Aradr , aratrum; Arddwr., aratio; Araith , oidiXio ; Arc/i , stcsl ; ^^t, aurum; Aur, hora; Aiwyn, habena; Awyr, aer; Pysg, piscis.

Das letzte Viertel möchte denn wolil noch Keltischen oder Galischen Ursprunges seyn. Aban, Eban, Krieg, Treffen; Ach^ Stamm, Her-

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kunft, Familie; Achor, klein; Achif^ Kand : Aderyn, Vogel; Acl, Augenbraunen; Aelod, Glied; Aer^ Treffen; Afar , Schmeri i ^^i/b/z, Flufs; Jr/' Pfeil; Arddu, schwarz; Ar, über, hoch; Aiifjad , Hand; Arniis, Hengst; Arien^ Thau; Awel, Wind, viel- leicht auch vom Lat. aura; Bac/i, Haken, Angel; Baedd, wildes Schwein; Baged, ein Haufe, daher Bagaudae; Banw, Schwein; Bar^ Zorn; Bcira^ Brot; Bardd, Sänger, Dichter; Barrog, Sporn; Bas^ niedrige Baw ^ Kofh; Bedw , Birke, daher Betula, als ein Gallisches Product; Ben, Pen^ Kopf; Bid, Zaun; Blas, Geschenk; iVa/z, KräJie, Rabe; 7>/-e/Av, Rose ; -ß^z/z, Weib, Jungfrau; Bro^ Land; Caer , Stadt j Cad^ Treffen, Streit j Tud^ Erde, u. s. f.

Hülfsmltte /.

An Hiilfsmitteln zur Erlernung dieser Spra- che fehlt es nicht, indem die Waliser von je her bedacht gewesen sind, ihre Sprache dem Aus- länder leicht und beliebt zu machen. Mir sind folgende bekannt:

Pel. S'w Betcenkninger om det Cimbrishe Sprog. Kopenhagen, 1663, 8; führet Marsden an.

77/0. L!ewel\in''s kistorical and critical Re::2arh on the British or Welsh tongue^ and its connection with other languages, fowided on its State in the Welsh Bible. London, 1769, S-

JoJin Walters Dissertation on the Welsh lan- guage. Cowbridge, 1771, 8-

Eine Sprachlehre in Walisischer Sprache, 1567, 85 führet Marsden an.

Jo. Dav. RJiaesi Cauibro-Britannicae Cyrnrae- caeve linguae institutiones. London, 1592, fgl.

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eb. das. 1621 , fol. Der gröfste Theil von S. 129 bis 303 betrifft die Verskunst.

Henry SaUsbury Latin - Welsh Grammar. Lon- don, 1593^ 12.

Jo. Minshaeus ductor in Unguas , the Guide into tonguts^ viz. Ang/icana, Cambro - Brilannica, etc^ London, 1617, fol.

Jo. Davies anliquae linguae Britannicae ^ seu Cambro - Britannicae rudimenta. London, 1621, 8-

IV. Gambold's Welsh Grammar, C.iermarthen,

* *

V/ill. SaUsbury Dictionary in EngUshe and Welshe^ London, 1547, 4.

Jo. Davies Dictionarium antiqiiae linguae Bri- tannicae {C^Amhr'icze^ et Latinae. London, 1632, fol. \velches auch in Bullefs Memoires de la langue Cellique eingetragen ist,

Marci Zuerii Boxhornii originum GalUcarum Über y cid accedit antiquae linguae Britannicae Lexi-- con Britannico- Latinum, Amstelod. 1654, 4; wo das Wörterbuch ein Auszug aus dem Davies ist.

Thom. Jones Dictionary of Welsh and English. London, 1688 ? 12; eb. das. 1711, 8-

Edw. Lhiyd Archaeologia Britannica , containing cornparative Etymology , comparative Vocabulary of the original languages , or the JVelsh comparated iviih the Greek and Latin by David Parry. Oxford, 1707, fol.

John Roderik English and Welsh Dictionary, Salop, 1725, 8.

Tl'om. Richards antiquae linguae Britannicae thesaurus ^ heing a British or Welsh - English Dictio- nary, to which is preßxed a Welsh Grammar. BristoJ,

151

'753' S5 leicht das beste, nur 'dafs dem Ver- fasser Aii-Brittisch, Kimrisch und Ersioch einer- ley ist.

* *

*

Tho, Llewelyris accoimt of the Wehh vcrsions and editions of the Bible. London, 1768.

Des IVilh. Morgan Übersetzung der Bibel er- schien zuerst London, 15885 ^ol. S. Clement Bibliolh. ciirieuse ^ Th. 4, S. 13; worauf sie mehr^ mahls verbessert und wieder aufgelegt worden. Die Ausgaben London, 1677, und 1689, gr. 8,' besitzt hiesige Churfürstliche Bibliothek; die Ausgabe, Caer-Grawnt, (Cambridge,) 1746, gr. 8, besitze ich selbst.

Viele Religions- Bücher führet Marsden an. Ich gedenke nur des Katechismus, London,

1758, 8.

Die alte Sprache erhellet zum Theil aus: Leges Walliae Hoel'i Boju et aiiorurn IValllae princi- pum Interpret atlone Latiita^ notis et Glossario illu- stratae. London, 1730, fol.

Zum Theil auch aus den gedruckten Ge- dichten, von. welchen mir bekannt sind: Evan's specimens of the poetry of the ancicnt IVehh Bards, London, 1764, 4; /. Wallers translaled specimens of V/elsh Poetry ^ London, 1782, 8; Edw. Jones musical and poetical Relicks of tite IVelsh Bards, Lon- don, 17841 fol. welche bis in das sechste Jalir- hundert gehen sollen. Aber die Kritik schlum- mert hier noch eben so sehr, als in dem Schotti- schen Hochlande. Nach JVill. Owen in der Ar- chaologla, Th. 14, No. 29, soll es in Walis noch an die 2000 Handtchriden, meist von Gedich- ten geben. Die einzelnen Gedichte' berechnet er auf 13000.

15«

Mundarten.

Eine von dem. Walisischen sehr abweichende Mundart war das Corn'ische^ welches noch 1610 allgemein in Corn- Wales (das feki'Je Wales, von Carn^ Fels,) war, 1662 nur noch in dem wesdichen Theile gesprochen wurde, aber seit dem immer mehr ausstarb. 1768 ^^'ar DoUi Pent- raeth, eine Fisjcherfrau, die einzige, welche noch Cornisch schelten und fluchen konnte.

W'iH. Borlase on the Antiquities of Cornwally Vi'ith an Vocabulary. Oxford, 1754» fol- Lon- oon, 1769, fol.

Eb, dess. natural h.istor\; of Cormvall. Oxford, 1758, fol, auch mit Sprachproben.

Will. Price Arcliaiologia Cornu - Bntannica, containing a Cornish Grammar and Vocabulary^ Sherborne, 1790, 4.

Daines Bar rington on the expiration of the Cor-^ nish language; in der Archäologia Britann. Th. 3, S. 279; Th, 5, S. 81.

S p r a c h p r o b e.

Ich lasse eine ältere Formel voraus gehen, welche Gesner in seinem Mithridates zuerst ge- liefert hat. Andere Sammlungen haben die For- mel aus dem N.T. London, 1567, 4, aber aus Unkunde der Sprache sehr verderbt. Ich wähle dafür die Formel aus der Bibel von 1746, wo die Sprache wahrscheinlich am reinsten erscheint,

114. Alt- Wallisisch.

Aus Gesners MitJiridates , S. 13.

Eyn Taad, rhuvn w}t yn y Nefoedd, Santteidier yr Hemvu tau ;

155

Deued y Dyrnas tau;

GvMieler dy WoUys ar y Dclayar, megls ag

yn y Nifl; Eyn Bara beunyddawl dyro inni heddiw; A maddeu ynny eyn Deledion, megis agi

niaddewn in Deled'*vyr iiinau; Ag na thowys ni in Brovedigaeth; Namyn gwared ni rhag Drwg. Amen.

115.

Heutiges Wallisisch.

Aus der Bibeln Caer'Groivnt, (^Cambridge") 1746, Sr- 8- *) Unser Vater, -welcher bist in den Himmeln,

Ein Tad, yr hwn wyt yn y Nefo edd,

Gelieili.jet \vcrde dein Nähme ;

-Sancteiddier dy Enw;

T.S komme dein Reich ;

Deued dy Devrnas;

T.s geschehe dein ~ Wille, wie in den Himmeln , so

Gwneler dy Ewyllys , megis yn y Nef , felly

auf der Erde anch ;

ar y Ddaear hefyd;

Gib uns "heute unser Brot tägliches;

Dyro i ni heddyw ein Bara beunyddiol;

Und vergib uns unsere Schulden, wie verjeljen ,

A maddeu i ni ein Dyledion, felly maddewa

vrir unsern Schuldnern;

ninnau i'n Dyiedwyrj

*) Mit dieser Formel kotiuiit die in dem Llyfr gweddi Gnffredin , oder eeineinen Gebethbnche, wel- ches der Bibel gemeiniglich beygefiiget wird, bis auf einige Wörter überein; nur dafs darin die Doxolo- gie fehlt.

154

Und njclit füTire uns In Versuclmng;

Ac nac arvvain iii i Brofedigaeth;

Somlern befiele uns vom Eö3cn.

iLithr gwared iii rhag Drvvg.

Ocnri dein ist das Reich, ntif^ die Kraft,

Caiinys eiddot ti yw'r Deyrnas, a'r Nerth,

und die Hfrrlicliktit , in Evviglveit der Ewigkeiten.

a'r Gogoriant, yii Oes Oesoedd. Ame^}.

Grammatische Anmerkungen.

Ein Tud , unser Vater. Ein oder Eyn^ un- ser,, durch alle drey Geschlechter.

Yr hwn \Kyt ^ der du bist. Yr hwn (Hes Imn^ denn w lautet wie ein gedehntes w,) ist das Re- lativum welcher. Wyt du bist, die zweyte Per- son des Verbi Lod^ seyn; wyf, ich bin, wyt, du bist , gw iyu) er ist; ytn^yn, wir sind, ych, ywchy ihr seyd, ynt ^ sie sind.

Yn y Nejoedd^ in den Himmeln. Yn^ ist die Praeposition in, wenn sie einen Stand der Ruhe begleitet. Y ist der Artikel vor einem Consonanten; vor einem Vocale lautet er yr. Nejordd ist der Plural von Nrf, Himmel.

Sancteiddler , geheiliget werde; -die dritte Person im Praesenti Conjunct. des Passivi von Sanrtfiddio , heilig machen. Dy Enw (spr. Euu), dein Nähme. Dy ^ auch tau^ dein. Von Emv ist enwi, nennen, e/zwog, 'berühmt.

Deufd, es komme; der Optativ von Dyfod, oder Dyfit, '^y'f^h kommen. Deyrnas, Teyrnas, Rfcich, von Teirn, König; daher teyrnasu , re- gieren.

GwJieler dy Ewvllys, es geschehe dein Wille. Gwneler ist wahrscheinlich von Gwneuthur , icli

mache. Das in der vorigen Formel und in dem Gebethbnche dafür befindliche byddeil, ist voii bod . seyn. Ewy/fy , ^Wille, ibt aus dem Deut- schen; daher c^vyl/ysio , wollen.

Megis yn y Nef, gleichwie in dem Himmel. Megis, gleichwie. Fci'/y, also. Ar y Bdaear Ae- fyd, auf der Erde auch. Ar, auf, über. Y Bdae- ar, der Erde. Daer, Nieder- Bretagnisch Douar, wahrscheinlich mit dem Lateinischen Terra noch aus einer gemeinschaftlichen Keltischen Quelle. Hefyd, auch, stehet zu Ende des Satzes.

Dyro , gib, der Imperativ von Dyrhoddi odev Rhoddi, geben. 1 ni, uns, ist der Dativ von iii, wir. Heddyw, heute, aus dem Deutschen. £/az ^«/-ö, unser Brot. ^cz/zt^yMo/, tägliches; das Adjectiv von dem Adverbio Beunydd, täglich.

A irtaddeu i ni, nnd vergib uns. A und ae bedeuten beyde und. Maddeii, vergib, im In- finitivo gleichfalls nuiddeu, vergeben.

Ein Dyledion, vmsere Schulden. Dyledion ist der Plural von Dyied, Schuld. Felly maddewn nlnnau, wie vergeben wir. Ninnau bedeutet wir, so wie ni. In, unsern. Dyledwyr ^ ist der Dativus Pluralis von Dykdwr, oder Dledwr, Schuldner.

Ac nacarwain ni, und nicht führe uns. Na^ nac, nicht. Arwain, der Imperativ; im Infini- tive gleichfalls önvcm, führen. 7, in, wenn es einen Accusativ erfordert, folglich im Stande der Bewegung. Brofedigaeth , Versuchung, auch Prauf, Prüfung.

Either gwared ni, sondern befteye uns. Gwared, befreyen , von dem Deutschen wahren. PJiag Drwg, von dem Uebel. Rhno ist die Prae- position von. -Drivg, von dem Deutschen Trug,,

15^

Connys^ denn, weil. ^/^WoiT bedeutet dein, so , wie dy . und tau. Ti bedeutet sonst du; was es hier noch sagen \vill, weifs ich nicht. Ywr ist das Verbum jav, ist, mit dem apostro- phirten Artikel yr , der, das.

ylV, und die, von a und, und dem Artikel vr. Nerth, Stärke, Kraft. Go,gor/ü/;^ , Heniich- \t^\t. Oes, Zeitalter, Aevum, im Plural Oesoedd.

116. C o r n i s c h.

'^us der Sammlung London, 1700, und Chamberlaynef S. 50,

3N"y Taz ez yn Neaii, Bonegas jw tha Hanauw; Tha Gvvlakath doaz; Tha Bonogath bog^Yeez en Nore, pocoragen

Neau; Roe thenyei> dytlima gon dvth Bara; Givians ny gan Rabu, vieery cara ny givians

mens ; O cabin ledia ny nara idn Tentation; Buz djlver ny thart Doeg. Amen.

117. Dasselbe,

in einer andern Mundart, aus diamberlayne , 1. c.

Nei Taz, 'ba oz en Nev, Bonegas boez tha Hano; Tlia Glasgarn doaz;

Tha Bonogath bogvveez en Nor pokara en Nev;

iö7.

Dreu cllio nei deithma gen kenevyn Bara; Ha givians nei gen Peliou, kara nei givians

Ha na ledia nei idu Tentation ; Byz dilver nei tliart Droeg. Amen.

B. Eimbrisch in Nieder - Bretagne,

Geschichte.

Das nachmnhliae Bretagne hiefs in den frü-

hern Zeiten Armorica, Küstenland, und ward von Gallischen Venetern, Curiosoliten , Osis- miern, und Diablintsn bewohnt, welche, so ■wie das übrige Gallien, den Römern untenvor- fen v.'aren. Da sie sich unter dem Kaiger Hono- rius noch vor 447 gegen die Römer empörten, und zugleich von den Frani:en inid Alemannen bedrohet wurden , so nahmen sie die von den Angel- Sachsen in Britannien gedrückten Beigen öder Kimbern, als selbige seit 449 zu ihnen flüchteten, willig auf. Es scheinet indessen, dafs hier schon von Alters her Belgische Stäm.me gewohnt, zu welchen die Flüchtlinge als zu ih- ren Verwandten ihre Zuflucht nahmen; denn als der heil, Maglorius mit ihnen hierher kam, fand er daselbst schon popidos cjusdem Unguae^ welchen er predigen konnte. Dem sey indes- sen wie ihm wolle, so vermehrten sie sich hier in kurzen so sehr, dafs ihr Heerführer Riotim, welchen Jornand einen König nennet, 467 dem Kaiser Anthemius mit 12000 Mann zu Hülfe kommen konnte. Sie vermischten sich hier mit den alten Einwohnern, mit welchen sie in der FoK'e zu Einem Volke zusammen schmolzen.

15«

Von dem Lande ihrer Herkunft nennen sie sich Breyzads ^ Britten, so wie Armorica von ihnen, den Nahmen Brhannia minor erhielt. Doch sol- len sie ihren ursprünglichen Nahmen Cytnri noch. nicht ganz vergessen haben.

Sprache.

Um dieser ihrer mehrmahligen Vermischung willen, ist bie nicht mehr so rein, sondern weit mehr verderbt, als ihre Schwester, die Walli- sische. Ein grofser Theil, vielleicht die Hälfte ihrer Wörter, ist von Römern und Franzosen entlehnt, und dabey oft auf eine sonderbare Art entstellet und verunstaltet. AboUssa^ abo- lere; Abyl ^ habiles, Ahylded^ habilitas; Abyd^ Kleid', habitus; Abytha^ kleiden; Ac^ actus, actio; Achiibi^ occupare ; A^cuilhetten^ acus; Aczaign^ Fähndrich, von Signum; Aeig/, aquWa.; Aein, agnus; AJfamyn^ fames; Amiapl^ amabilis; xhie ^ anima; Anefel^ animal; Aour ^ aurum ; Ar^ chant ^ argentum; Asea, sedere, s'asseoir; Bluen^ pluma; De^ dies; Douar^ Erde, terra; £"/, an- gelus; Eur ^ hora, Fr. heure; Go?m/;c5, vespera; Goulm^ columba; Leor ^ liber, Buch; Lenn , le- gere; Marv, mors; Äkz, Nest, nidus; Tarv, Ochs; Vue, vita, u. s. f.

Dafs sie aber ^veiter nichts, als dieses ent- halte, wie Barhazan vor dem Castoiement behaup- tet, ist zu viel gesagt, und wider den Augen- schein. Sie enthält noch viele unverkennbare Beweise ihrer ehemahligen, sowohl Nieder- Deutschen als Gallischen Abkunft. Von den erstem mögen zur Probe dienen: Abraiit ^ Au- genbraun; ÄcqueduSj achtsam; Adret, Schlange, Atter; Anc , enge; Anken, Angst; yl/n-e, Ambofs,

159

¥.ng\. Anvil; Avalj Apfel; j^rc^r, -Bruder; Biery hitr ; Bnm, braun; \Z)ot'/-, TJiür; Ev, Himmel, fiieders. Heve7i; Fa/s5ottrg, Y or st^dr , Pfahlbnrgj G/an, Kohlen; G/-/z,grau; /////ö,- heute, heu er j Hastcl, eilen , hasten ; Jupe7i , lange>r Kleid ; Ii^n^ Klbogen; Kigin^ Küche; Loa, Löffel; Lonha^ bc\i -Imgen y Liihet ^ Blitz, J^'ied. Luc/tien; Man. le.ll, Mantel; Marck, Pferd; Nado, Nadel; Poa;i, Pein; Fried , Fried, Bräutigam, Ehegatte; Raz, Ratze; Rad, Rad; Rev , Frost, Reif; Slereden^ Stein; Trvad., Fufs; Vroeg^ Frau.

Dagegen fehlt es nicht an Wortern , welche ihre eheinahlige Gallische Herkunft l^escheini- genköiuien: Avel , Wind; Ano, Frühling; Ao, Sommer; J5/^/, Jahr; 5/z, Finger; Curuno ,'Dou-r ner; Creh, Höhe; Coiiad, Holz; Doiir , Was- ser, Y^iAx. Durum; jDw, schwarz; Delen , Blatt, Kelt. iJuIa; Pempedula, Fünfblatt; Dairo, Ei- che; i)ß/7t'aö?, Schaf: Dom, Hand; Den, Mannj "Easl, Sonne; Ei, Gerste; Evened, Vogel; Evoe^ der, Lerche; Erch, Schnee; Fri, I\a&e; Goahre^ Wolke; Glav , Regen; Gliz, 7 hau; Gouanv^ Winter; Guenn, weifs ; Glaz, blau, Glasium; Gheno, Mund; Goad, Blut; Huel, hoch; Hig^ Kig, Kie, Fleisch; Jen, kalt; Izel , niedrig; Ity Getreide; Ker, Stadt; Kert, Hafer; Kar, pa- rens; />0(7r, Mond; Lagad, Auge; /,oe/7/z, Thier; Melen, gelb; Mab, Sohn; Äferc//, Tochter; Ouat^ Ante; Ouh, Schwein; Plali, Mädchen; Penn^ Kopf; Pao , Klaue; Scorn, Eis; Tan, Feuer; TWy^e;?, Tropfen; 7o/72,warm; 77, Haus; Teaod^ Zunge; Vran, Rabe; Voa, Gans;' Z^//7, Woche. Wovon sich die meisten zugleich theils durch ihre einfache Einsylbigkeit, theils durch ihren Hang zu Vocalen, wie die meibten alten Spra- chen auszeichnen.

i6(>

H n l f s jn l t t e l.

Diese Keltischen Überi'este reichen inde&- gen doch nicht hin, eine so vermischte Sprache für das ächte reine Keltische zu halten, vue von 6o vielen Bretagnischen^ und Französischen Schriftstellern geschiehet. Indessen haben wir doch diesem Irrthume eine Menge theils guter, tlieils schlechter Hülfsmittel zur Kenntnifs dieser Sprache zu verdanken.

Jacq. rEmpereur Dissertation sur le Bas-Bre" iorij in seinen Dissertations sur divers sitjets de lAntiqidte, Paris, 1706, 12,

Lettre de Mr. Deslaudes sur la langue Celtique^ im Mercure de France^ '^l'^l 1 J'^^i^i? S, 1107 •— .1112. Essey das Nieder -Bretagnische.

Origines Gauloises , Celles des plus anciens peu- ples de l'Europe^ puisees dans leur vraie source par la Tour ü'Auvergne - Corret , premier Grena-' dier de la Republique Frangoise. Paris, Tan V, 8; III"'® Edit. Hambourg, 1801, 8; treibt den ge- wöhnlichen Unfug mit Kelten, Scythen und Kelto-Scyrhen, welche ganz Europa bevölkern; dabey ist ihm das Nieder -Bretagnische das ein- zige wahre Keltische.

Julien Maunoir le sacre College de Jesus cvec un Dicfionnaire , une Grammaire et Syntaxe en langue Armorique. ^ Ouimper Corentin, 1659, 8; die Sprachlehre und das Vocabularium von M. IViUigws in das Englische übersetzt, bey Edw. hhuyd Archaeologla Britanica. Oxford, 1 707, F(^.

Greg, de Rostrenen Grammaire Frangoise -Celli- que^ ou Frangoise- Bretonne. P^ennes, 17385 8.

\ "^61

Le Brigant eUmens de la langue des Celles Go' merites , ou Bretons ^ avec. iin Vocabulaire. Stras- bourg, 1779, 8; sehr kurz und oberflächlich.,

Aia7ii DumouVm Grammatica Lalino - Celtlca doctis ac scientiarum appetentihus viris composita. Pragae, 1800, 8- Der Verfasser ist einer der Ausgewanderten , der von den Bedürrnissen ei- ner nur erträglichen Sprachlehre wohl wenig Begriffe hatte.

Aiiffret Quoatqueveran ^ Chanoine de Tregider^ CathoUcon^ qui contlent trois languages ^ Breton^ Fran^oys et Latin ^ 1499? 4' ^üiiret Schöpjlin iii Alsatia Ulustrata^ Th. 1, S. 89, an.

Jewi Lagadene Glossair e Bas -Breton^ Fran" ^ois , Latin; befindet bich handschriftlich in d.er National -Bibliothek zu Paris.

Yiion Qiiillevere Diciionarium Breton- Arniorica- num. Paris, 1521, . . Marbden.

Guil. Qiiicquer de Koskojf Dictionnaire ^ et Col- loques Francois et Breton. Morlaix, 1626, 8-

Noiweau Dictionnaire Frangois - Breton. Mor- laix, 1717, . . Marsden.

de Chalons Dictionnnire Bas -Breton et Fran- gois. Vannes, 1723, 4; ebendas. 1733» 12.

Jo. Toland catalogus vociim quarumdam Aremo - ricarum qiiae Hibernicae deprehensae sunt ; in 6b/- lection of sei'eral Pieces ^of Toland, London , 1 726, 8., S. 204 228.

Greg, de Rostrenen Dictionnaire Bas -Breton ou Celtiqiie. Rennes, 1732, 4; wo aber das Fran- zösische voran stehet. Es ist auch in des Bullet Memoires de la langue Celtique mit eingetragen.

Dictionnaire Frangois -Breton^ ou Celtique ^ du Dialecte de Vannes. Leiden, 1744>

Milhrid. II. L

l62

jD. Louis le Pelletier Dictionnnire de la hrigiie Brelonne , donne au public par 1). Louis Taillandier. Paris, 1752, Fol.

Dictionnnire Frangois- Breton par Mr. VA. Haag, 1756, 8-

Dictionnaire Roman ^ Walon^ Cchique et Tu- desque. Bouillon, 1777? 4"

Vocabuluirc nouveau ou Colloque Francois et Breton. Quimper, 177S5 8-

Von Keligions- Schriften kann ich nennen; Buez ar Siint (vitae Sanctorum). Quimper, 1752, 80 2 Voll. Thomas a Kenipis. Eb. das. 1756 , 8- Rpßexionon proßtabl (meclitationes utiles circa quätuor novissima). Eb. das. 1754, 8. S.Franc, de Sales inlrnduct. dar vuez devot. MontroiilJes, 1727, 8- Die sieben Seligkeiten, die zehn Ge- bothe, das V.U., der Glaube imd einige andere Stücke stehen in Tolands scveral Pieces, Tli. l, S. 220-226.

M u n d a r t e n.

Diese Spraclie lebt noch in den niedern Ge- genden der ehemahligen Provinz Bretagne, (in den obern ist das Französische gangbar,) und zwar in vier abweichenden Hauptmundarten : 1) T)eT Breton- Bretonnant, oder der Treco/i/iien- ne, im Bisthum Trequier, welche die kürzeste und reinste seyn soll. 2) Der Leonarde, im Bis- thum S. Paul de Leon, welche weitschweifiger ist. 3) Der Cornouaillere , im Bisthum Quim- per-Corentin; und 4) der Vanncteuse, im Bis- thum Vannes, \vt'lche unter allen die verderb- teste ist. In allen wird die Sprache so geichiie- ben, als sie gesprochen wird.

i65 Sprachprobe.

118. In der Mundart S. Paul de Leon,

aus Dumoulin Grammat. CehicCf S. 173. Unser Vater, welclier ihr seyd im Himmel,

Hon Tad, pehini a so eu Eon,

'Euer Nähme werde gelieiliget.

Hoch Ano bezet sanctiflet;

Gebet uns euer Königreich;

Roet deomp ho Ruaiiteles;

Euer Wille werde gemacht auf Erde wie im

Ho Bolonte bezet gret en Duar, evel en

Himmel;

Eon,

Gebet uns unser T?rot täglich;

Ptoet deomp hon Bara pebdeziec;

Und vergebet uns unsere Vergehungen, wie wir

A pardonet deomp hon Oifansu, evel ma

vt^rgeben denen, welclie haben uns

paidonomp dar re pere ho devus hon

beleidiget;

ofianset;

Kicht verstattet nicht, wir fallen in Venu-

Ne bermettet ket e cuessemp e Ten-

chung dafs ;

tation ebet;

Sondern uns befrcyet Tom Bösen. So w^erde

Oguen hon delivret a Zruc. Evelse bezet

geihan.

gret!

Grammatische Anmerkungen.

*

Hon 7W, unser Vater. Hon ist der Plural von ma, mein. Pehini a <so, der ihr seyd. Pe^

L 2

i64

hini ist das Relativiim welcher. A so kann du bist, und ihr seyd bedeuten; aus der Folge er- hellet, dafs es das letzte bedeuten mufs. A so^ von beza, seyn, Nieders. wesen. Me. a so, ich bin, te a so, du bist, eon a so, er ist; ni a 5o, wir sind, chui a so , ihr seyd, bintaso, sie sind, En Eon, im Himmel.

Hoch Ano, euer Nähme. Ho, Jioch, hoz, euer. Ano , Hano, oder Chano , der Nähme. Bezet], sey, werde, woxibeza, seyn. 5ß/zc///7f/, geheiliget.

Roet deomp, gebet uns. Roet ist der Impe- rativus Pluralis von jRe/, geben; roa, gib, roet^ «rebet. Dsomp, auch deomp -ni, uns. Ho Ruan- leles, euer Königreich, von Rue , König; aus dem Franz. RoL

Ho Bolonte, euer Wille, aus dem Franz. Volonte. Bezet gret , werde oemRcht', das letztere von dem irregulären Verbo Ober, machen. En J)uar, auf der Erde; vermuthlich auch aub dem Franz. Terre, Evel, gleicliwie.

Roet deomp, gebet uns. Hon Bara, unser Brot. Febdeziec , oder Pemdeziecq ^ täglich.

A gardonna , und vergebet; der Imperativ yjon prj-dounl , vergeben, um Vannes pardonnein, wovon d?.s folgende pardonomp , ^vir vergeben, die erate Person im Plural ist. Hon OJfansu, un- sere Vergehsmgen. Ar rc pere, diejenigen wel- che, im Dative, dar re pere. Pere, ist der Plu- ral, des Relativ! pcini oder pehini, weicher. Ho devus, lio deus , oder o dus , sie haben, von dem irregulären Verbo canet , haben. Mcamus, ich habe, int ho dus, oder v ho devus , sie haben. Ho7i offanset, uns beleidiget, von offenset^ belei- digen, um Vannes ojfamein.

Ne bermettet ket , verstattet nicliT. Nc-hct, nicht, gehören zusammen. E cnessemp, wir

i65

fallen; die erste Person im Plural, von coiieza^ cueza . fallen-. E Tentation . in Versuchunp'. Ebet ist die Conjunction dafs, welche an das Ende des Satzes gesetzt \rird.

Oguen, sondern. Ho7i delivret , uns befrevet. A^ von. Znic' Drouc , das Böse, das Übel. Vermuthlich das Dentsclie Trug. Evel bezet grer^ so werde gethan, d. i, so geschehe es! d. i. Amen.

iig. In eben derselben Mundart.

Aus des Quiqucr dt F^oskoff JDicihmnaire von 1626, im CJ:ümlieT!ayne j S. 52, uud John Tolands several Pieccs, Th. i, S. 2^5.

Hon Tad peliiny so en Eiiffaou, Hoz Haiio bezet santilict; Devet deomp ho Rovantelez; IIo Yolontez bezei: gret eu.v.1 en Eiiff, hac

eii Dovar; Roit deomp hezieu hon Bara penidedhleh; Hapardonet deomp hon OIFansou, eiiel ina

pardononi da iiep en deves ny offanset; Ha na permetet quet ez couezeni en Ten-

tation; HogLien hon deliuret a Pechet. Amen.

120. In eben derselben Mundart.

Aus dum Katediismus f S. Pcu! , 1691, 12.

Hon Tad peliini so en Elxou, Ho Chano bezet sautüiet;

i6Ä

Devet deomp ho Rouantelez;

Ho Voloiitez bezet gret en Donar evel

en Elf; Roit deomp hizyo hon Bara pemdeziec; Ha pardounit deomp hon OlTansoii, evel

ma pardounomp darre opere en deux

hon Off ans et; Ha na permettit quet e vemp trec'het dre

Tentation ; Mäs hon deiivrit eiix an Drouc. Evelhen

bezet!

121.

In der Mundart Trecorienne.

Aus des Franc, des Rues Description du Royaume dt France^ um i6iO, am Ende^ unter dem Nahmen Breton *).

Hon Tad pehimi (al, pehudij) en Efaou; Da Hanou bezet sanctifiet; Devet aornomp da Piouantelaez; DaEol bezet graet en Donar, eual maz eou

in Euf ; Ro dimp hyziu hon Bara pemdeziec; Pardon dixnp hon Pechedou, eual ma par-

donomp da nep pegant ezomp Of-

fanczet; Ha na dilaesquet a hanomp en Temptation;

*) Sie stehet ancli unter dem Naliiiien Arniori- cana in P. Merulae Cosmogvaphla , S. 45^» "^i^' t)haiu- berlayne, S. 51. "Was des Rnes tiuter dem Nahmen Bas-^ Breton liefert, iat rein Wallisisch.

Hogiien hon diliur dyoiiz Droue.

Rac dit ez aparcliant an Ptouautelaez, an

Gloar, hac an Galhoiit a biz auyquen.

Amen.

122.

In einer andern umbenannten Mundart.

Im Chamberlayne , -S. 51.

Hon Tad, peliin«; son in a Coun, Oth Hano bezet sanctiiiet; Devel deoinpho RoLiantelez; Ha Volonte bezet gret voar an Donar evel

en Coun; Reit dezomp hinon hon Bara bemdezier; Ha pardon nil dezomp hon Ofrancon, evel

ma pardonnomp d'acre odeus hon Of-

fancet; Ha n'hon digacit quet e Tentacion; Hoguen delivrit a Drove. Amen.

IV.

Germanischer Sprach- und Völker stamm -•').

Den Nahmen Germanen lernten die Römer in Gallien kennen. . Er ist also vermutblich Cel- tischen Ursumn^es, daher alle aus dem Deut-

*) Ich habe der vierten Ausgabe meiner Sprach- lehre (Berliri, 18^1 ) eine kurze^Geacliiciite, der Deut- schen S;>rüche auf i| Bogen beygefüget, ans welcher ich hier einiges mit Zusätzen und Verbesserungen wiederhohle.

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sehen und Lateinischen versuchte Ableitungen v/on selbst wegfallen. Icli habe davon in meiner ältesten Geschichte der Deutschen bin zur Volkerwari' derung lunständlich geliandelt, daher ich mich hier döbey nicht weiter aufhalte. Ich nehme das Wort, wie bereits andere vor mh' gethan haben, in seiner weitesten Bedeutung, so daf& es alle an Herkunft, Sitten und Sprache genau verwandte Völker umfafst, welche in den irühe- sten Zeiten von der Donau in Süden, bis in den äufsersten Norden, und von dem Rlieine in Westen bis an und über die Weichsel \vohnten. Sie werden dem gebildetem Ausländer ehe durch eines ihrer Prodiicte, als durch sich selbst bekannt; denn schon zur Zeit des Trojanischen Krieges, wenigstens schon zu Homers Zeit, war der Bernstein eine Kostbarkeit vom ersten Range, ob man gleich das Volk nicht zu nennen wufste, von welchem er kam. Die früheste Nachricht von den Germanen haben wir dem Pytheus, un- gefähr 320 vor Chr. zu danken, und schon zu dessen Zeit wohnten Juten (von dem niedern Stamme) in der heutigen Dänischen Halbinsel, ihnen ostwärts an der Küste Teutonen^ eine all- gemeine Benennung der Deutschen von der hö- hern Sprache, und neben ihnen an der Bern- steinküste die Ostiäer^ (Aestier) imd Kossini, A'o- tinl, oder Gotiien. Was für Völker zu seiner Zeit auf der Norwegischen Küste, bey ihm Thule^ gewohnt, ob Finnen oder Germanen, erfahren wir von ihm lücht.

Betrachten wir alle in i^^n gedachten Gren- zen wohnende Völker als Ein Ganzes, so stellen sie sich uns als ein ursprüngliches und selbstän- diges, von allen seinen Nachbaren völlig verschie- denes Volk dar, welches man nur aus Unkunde

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der Geschichte und Sprachkenntnirs mit Gelten, und Scyrhen verwechseln , oder gar za einem historischen Undinge, Celto-Scythen genannt, umscliajfen konnte. Dafs dieses Volk in seinem Ursprünge mit andern alten nahen und fernen Völkern verwandt ge\vesen, gibt die Natur der Sache, und so viele gemeinschaftliche Überreste in den Sprachen aller bestätigen es *). Allein die Zeit dieser ersten Verwandtschaft liegt so weit aufser den Grenzen aller Geschichte , und fällt noch so tief in die Dunkelheit ihres ersten Stammsitzes in Asien , dafs weder der Sprach- noch der Geschichtforscher einen andern Ge- brauch davon maclienkann, als diesen ^emein- .sohaftlichen Ursprung überhaupt anzuerkennen. Die in den altern Zeiten so häufigen Umwand- lungen und Vermischungen der Völker, wobey liier Sprachen untergehen und dort neue ent- ateheii, haben, so weit die Geschichte leicht, die Germanen, aufser unter sich selbst, nicht betrofien. Davon hndet sich in ihrer Sprache selbbt noch ein merkwürdiger Beweis; ich meine den Sitz des Tones auf der VVurzelsylbe eines jeden mehrsylbigen Wortes, welcher in den Germanischen Sprachen beynahe ohne Aus- nahme ist. Ist dieser Umstand gleich kein allce- meines und nothwendiges Merkmahl einer un- vermischten Ursprache, indem sich mehrere,- Fälle denken lassen, wobey derselbe verloren- gehen kann: so ist er es doch da, wo er sich hndet, indem er bey einer jeden Vermischung

*) Über die Verwandtschaft mit dem Persischen 9. Th. I. S. 277. Übrigens i^t die Übereinkunft mit dem Griechischen in Wörtern und Formen besonders bemerlsenswerth.

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'7\veyer orler mehrerer Sprachen umviederbring- licli verloren geher. Man sehe, \vas in der Ein- leitung beV der Sprachbiiduns; darüber gesagt worden. " Die Germanen haben dieses Siegel ihrer Urspriingliclikeit zu erhalten gewidst, aber aufser' ihnen wüfüre ich kein zweytes Volk nach- ztiweisen, von welchem sich ein gleiches be- haupten licfse; vielleicht oft nur, weil man ifi den Nacin'ichteii von fremden Sprachen den Sitz des Tones nur selten zu bemerken pflegt. '

Allgemeiner CJmrncter^äi'r'^Gerjnhni-''' sehen Sp räche.

1. Da sie die Muttersprache eines so alten, grofsen und durch so vielfache Grade der Culrur gegangenen Volkes ist, welches so mannigfaltige

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Gelegenheit gehabt hat, den Kreis seiner Ideen zii erweitern^ SO hat sie auch den Vorzug, dafs sie nicht allein die reichste in Kuropa ist, von %velcher die meisten üi:?ri gen Völker die meisten Nahmen ihrer' BegriiTe für den Bergbau, die Jagd, das Seewesen, und so viele andere Arten der Gewerbe entlelmen müssen, sondern auch ihren Reichthum aus ilirer Mitte täglich vermeh- ren kann, ^ -^ '■•--■

2. Ihre Svlben und Wörter lösen sich in ungefähr 2" einfache Laute auf, worunter acht und in Norden neun Vocale sind. Unter den Consonanten liebt sie die Säuseier, deren sie ohne den harten Zischer vier von allen Graden der Stärke hat, avozu in denVoIkssprachen noch besondere Abstufungen kommen. Diesen Lau- ten hat sie das entlehnte Lateinische Alphabet so anzupassen gewufst, dafs bis auf wenige Aus- nahmen jeder Laut sein bestimmtes und ihm an-

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gemessene? Zeichen hat. Sie schreibt, wie sie spricht. Daher ist sie zur Machbildung fremder Sprachen geschickter als eine ihrer westlichen und südlichen Schwestern.

3. Ihr Verhältnifs gegen den Wohlklang läfst sich nicht allgemein bestimmen, weil die beyden Hauptsprachen, die höhere und die nie- dere, darin wesentlich verschieden sind. Im Ganzen gehöret sie zu den härtern, weil sie mehr Consonanten als Vocale hat, indem sicli fast alle Sylben, ßiegungs- und Ableitung'-lante auf Consonanten endigen, und unter diesen die härtern die weichern iibertrenen, auch oh mehr harte Consonanten mit einander verbunden wer- den. Doch trifft diefs die höhere Sprache mehr als die niedere vmd Scandinavische, daher ich bey einer jeden noch besonders davon reden werde.

4. Sie ist nicht mehr einsylbig, hat aber noch häuhge Überbleibsel ihrer ehemahligen Einsylbigkeit, welche den Schriftsteller, wenn er nicht auf seiner Hut ist, häufig zu Mif^klän- gen verleiten. Indessen hat sie Mittel, sowohl die harte Einsylbigkeit (Knalle, Bube, enge^ bmige^ als auch den Zusammenstofs mehrerer Conso- nanten wenigstens in einzelnen Fällen zu ver- meiden (^schmerzet es ^ für sc/mierzts) , welche nur mit Verstände angewandt werden dürfen.

5. Ihre Mehrsylbigkeit gründet sich theils auf die Biegung, theils auf die Ableitung, theils auch auf die Zusammensetzung. In Ansehung der beyden letztem ist sie die bildsamste in ganz Europa, luid kann darin mit der Griechinn wetteifern. In der Zusammensetzung ist sie be- stimmter und regelmäfsiger als diese, und ge- winnt dadurch an Deutlichkeit und gestimmt-

heit. Durch beyde Mittel kann sie täglich eine Menge neuer Wörter schaffen, so wie der Zu- wachs neuer Ideen es erfordert.

6. Die Siibstantiva haben die gewöhnlichen drey Geschlechter; blofs der Däne kennet deren nur zwey, das persönliche und sächliche, deren X'ertheiiung aber sehr schwankend und will- kührlich isr.

y. In der Biegung sowohl des Substantives als des Verbi stellet die Germanische Sprache der Griechischen und Römischen weit nach. Zwar den Plural kann sie an den meibten Wör- tern bezeichnen, aber in der Declination kann die Deutsche Sprache im Singular nur drey, und im Plural nur Einen Casum unterscheiden, "lind auch diese bey weitem nicht an allen Wör- tern, la den Scandinavischen Sprachen und der HoUändi-xhen ist die Declination noch man- gelhafter, indem sie nur allein den Genitiv be- zeichnen. Die fehlenden Verhältnisse w3rden theils durch Praepositionen ersetzt, theils an den Bestimmungswörtern des Substantives be- zeichnet.

8. Unter diesen ist der Artikel keines der geringsten. Im Deutschen hat er daher vollstän- dige Casus Zeiclien, um, aufser seiner wesent- lichern Bestimmung, auch das Geschlecht und die dem Substantive fehlende Casus anzudeuten. Daher ist sein Gebrauch sehr bestimmt, be- stimmter als im Griechischen. Nur im Hollän- dischen und Scandinavixchen ist sein GebraucJi freyer. In der letzteren Sprache ist er eine unbiegsame Partikel, welche wenig hilft. Zu- gleich hat sie einen Articulum postpositivum, welchen sie in manchen Fällen dem Substantive anhangt.

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9- Was man in den Sprachen gewöhnlich Adjectiva nennet, theiiet der German in zwey Classen von Wörtern, indem er einen feinen, philosophischen Unterschied nnter dem Worte macht, ob es sich unmittelbar auf dasVerbum. oder auf das Substantiv beziehet. Im ersten Pralle ist es ein unbiegsames Adverbium, im. zvveyten wird es erst durch die Concretion zu einem biegsamen Adjective gemacht.

10. Dieses Adjectiv hat, um auch von sei- ner Seite die mangelhafte Biegung des Substan- tives zu ersetzen, eine vollständige Declination. Aber er hat sich diese ohne Noth sclnverer als irc^end eine andere Sprache gemacht, indem sie doppelt, bestimmt oder unbestimmt ist, und es in jeder an manclierley Abweichungen nicht fehlet.

11. Die Comparation geschiehet an dem Worte selbst, und dieses ist alsdann entweder ein unbiegsam.es Adverbium, oder nach der Concretion ein biegsames Adjectiv. Die übri- gen Bestimmungswörter des Substantives, einige Zalihvörter und die Pronomina (die persönli- chen) ausgenommen, haben ähnliche vollstän- dige Declinationen. An abgeleiteten Zalilwör- tern sind die Germanischen Sprachen , und be- sonders die Deutsche, sehr reich.

12. Bey dem Pronomine der zweyten und zum Theil auch der dritten Person hat die mo- dische Höflichkeit und Achtung, welche nur bey dem Süd -Asiaten ihres gleichen hat, von Zeit zu Zeit sonderbare Abweichungen einge- führet. Die possessiven Pronomina werden ihrem Substantive allemahl vorgesetzet.

13. Sehr unvollständig ist auch die Gonju- gation des Germanen. Der Deutsche kann nur

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Eine Form, nehmlich das Activum , welches die Intransitiva zugleich mit vertritt, der Scandi- nave aber noch das Passivum, an dem Verbo {selbst bezeichnen. Beyde haben zwar die vier gewöhnlichen Modos, aber nur zwey Zeiten, die gegenwartige und vergangene. Alle übrige Verliältnisse werden durch die Hülfbwörter seyn^ haben inid werden umschrieben. Im Deutschen, Scliwedischen und Holländischen werden die Verba nacli den Zahlen und Personen gebeugt, im Dänischen aber nicht, sondern sie bleiben unverändert. Überall werden die Personen vor- an gesetzt. Die grofse Menge irregulärer Zeit- wörter macht die Conjugation verwickelt und schwer.

14. Von dem Mangel an Zeiten rührt auch der Mangel an Participien und deren einge- schränkter Gebrauch her, worin der Germaii dem Römer und Griechen, und selbst dem Sla- ven weit nachstehet. Am wenigsten ist darin der Deutsche, etwas mehr der Holländer be- günstiget.

15. Die Wortfolge des Deutschen und Holländers ist eingeschränkt, und nach der dreyfachen Gemüthsstellung des Sprechenden verschieden. Überhaupt hängt sie von der Stelle des Verbi, und diese von dem Grade der Be- stimmtheit der einzelnen Theile des Satzes her. Doch kann er durch die Inversion seiner Rede Natürlichkeit und Mannigfaltigkeit geben. Der Däne luid Schwede nähert sich der natürlichen Wortfolge der Töchter des Lateins, ist aber da- für in Ansehung der Inversion eingeschränkt. Der Holländer schliefst sich an (Xen Deutschen an, doch mit etwas mehr Freylieit.

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* *

*

Der Sprache nach zerfällt dieser ganze Ger- manische Stamm in zvvey dem Umfange nach sehr iinsleiche Hälften, die von der hohem, imd die von der niedern Spraclie. Zu der er- sten gehöret allein das südliche Deutschland, zu der letztern aber das nördliche nebst den ]Nie- derlanden und dem ganzen Norden. Für die aegenvvärtige Absicht würde diese Eintheilung; minder brauchbar seyn, und nur Verwirrung veranlassen, zumahl da man Sclnveden und Norwegen nicht einmahl mehr füglich zu der reinen niedern Sprache rechnen kann. Ich theile ihn daher lieber in den südlichen oder Deutschen diesseits der Eider und Ostsee, und den nördlichen oder Scandinavischen ienselts.

Grammatische Bearbeitungen der ältesten Zweige bevder Stämme sind:

Geo. Hickes thesaurus Unguarum veterum sep- tentrionalium. üxon. 1705, Vol. I. II. fol., wo- von das erstere die Instituliones grammatic. Ang/o~ saxon., Mösogot/i.j Franco-theotisc. und Isla/idicae enthält.

Linguanim vet. Septentr. thesaurl grammatici critici et ai chaeolog. auct. Geo. Hichesio conspectiis brevis per Gull. Wottomim^ Lond. 1708? 8? ein Auszug daraus mit einigen hinzugekommenen Anmerkungen des Verfassers; dagegen ist der Auszug in C. Michaelis Tabulae parallelae antiquissi- marum Teulouicae linguae dialectorum^ Oenipont. 1776, nicht kritisch und zuverlässig genug.

Schätzbare Beyträge zu Erläuterungen über den ganzen Sprachstamm enthält: /. D. Gräter' s Bragiü\ ein litterarisclies Magazin der deutschen und nordischen Vorzeit^ ß. I VII. Leipz. bis iSo2j wozu K, T. Ileinze ein Repertoriwn geliefert hat.

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Lltterarische Notizen über diesen ganzen Sprachstamm und seine ältere Geschichte giebt Jo. Geo. Eccardi hhtoria studii etymologici litiguae Germanicae^ ubi scripta res plerique recensentiir et dijudkantur ^ qui in origlnes et aniiquitates linguae Teilt onic ae ^ Saxonicae^ Belgicae^ Vanicae, Suecicae, Norwegicac, Islandicae inquisiverunt etc. Hanov. 1711, 8.

A, Deutscher Hauptstamm.

Deut^ Diet, in härtern Mundarten Teuf, Theud, bedeutet Volk, Leute, überhaupt, und ist da- her eben eine solche allgemeine Benennung, dergleichen sich auch viele andere Völker von beträchtlichem Umlange gaben. Man sehe meine älteste Geschichte der Deutschen vor der VöU kerwanderung. Der Nähme ist von je her auf die südlichen Germanen eingeschränket gewesen, wenigstens habe ich nicht gefunden, dafs er von den nördlichen gebraucht worden, welche ohnehin erst spät bekannt werden, und alsdann unter ihren besondern Nahmen vorkommen.

Diese südlichen Germanen waren bereits bey der ersten Dämmerung der Geschichte in zwey Hauptstämme getheiit, den Suevischen in Osten, und den Un- Suevischen oder Kimbri- echen in Westen. Selbst Cäsar, der erste Rö- mer, der die Deutschen aus eigener Erfahrung bannte, theilet sie nicht undeutlich so ein. Manche Überbleibsel von Nahmen und einzel- nen Wörtern, und einige dunkele Winke der Geschichte lassen muthmafsen, dafs alle zum Östlichen oder Suevischen Stamme gehörige Völ- ker von der höhern, so wie die von dem west- lichen oder Kimbrischen Stamme von der nie- der 11

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^ern Sprache gewesen; und so wie es m der

Geschichte heller wird, so bestätiget sich diese Muthmaf&ung immer mehr, bis sie endlich zur Gewifbheit wird. Wenn man den gr(-.(8en Un- terschied erwäget, welcher sich zwischen bey- den Sprachen von der frühesten Zeit an zeiget, so wird man bald überzeuget, dafs derselbe nicht erst in Deutschland entstanden seyn könne, iondern dafs der Grund dazu bereits bey dem ersten Ursprünge des Volkes tief in Asien gele- get worden. So sehr auch beyde HaupTstänjme in früliern und spatern Zeiten bey dem, allen rohen Völkern eig;enen drängen, treiben, im- terjochen und unterjochet werden sich in ein- zelnen Theilen vermischten , und dadurch man- clie Veränderung in der Sprache bewirkten, so blieb doch der Haupt- Charakter einer jeden in den meisten Fällen herrschend, nur mit dem Unterschiede, dafs der örtliche oder Suevische Stamm in der Vöikerwandeiung seinen Sitz in Osten und Norden verliefs, sein Land den Sla- ven Preis gab, und sicli nach Süden wandte, wo, was von ihm noch übrig ist, in dem südlichen Deutschlande und einigen angrenzenden Län- dern noch -wohnet.

Lexicalisc/ieBezTheitunzGn^ welche den gan- zen Deutschen Hauptstamm, wenigstens viele Theile desselben betreffen, sind:

/. Schilieri tliesaurus anthjuilatuin Teulonica- Tum cum notis J. G. Scherz. Ulm, 17^7, f- T. I IV, wovon die ersten beyden schriftliche Überreste der alten Sprache, der letzte das Glossar enthält.

J. G. Waclileri glossarlum Germaniciim. Lip?. 1737, f. T.LII.

MithriJ. IT. M

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C. G. Haltaus glossarlum German'icum medii aevi c. pr. J. G. Böhmcri Lips. 1758? f- T. I. II.

/. G. Seherin glossariwn Gennanicum medii acvi c. J. J. OberVm. Argent. 1781 , f- T. I, IL

F. C. Fulda s Sammlung GerniaiihcJier Wurzel- wörter her aus geg. v. /. G. Meusel. Halle , 1 776 , 4.

Mit grammatischen und lexicalischen Erläu- terungen sind die Proben der alten Sprache iu (7". P. IVillenbücher's) Haupt Veränderungen und Mund- arten der teut sehen Sprache^ Leipz. 17895 ver- sehen. Viele lexicalische, den ganzen Stamm betreiFende Erörterungen befinden sich in den etymologischen Wörterbüchern der einzelnen Sprachen dieses Stammes.

Jeder jener beyden Hauptstämme zerfällt von den friiliesten Zeiten an, wie sich nicht an- ders erwarten lafst, in eine Menge besonderer Mundarten, und es ist für die Beurtheilung des Ganzen wichtig, -sie zu kennen. Allein so viele und schatzbare Schriften wir auch über einzelne Mundarten besitzen, so haben wir doch nichts aufzuweisen, was sie alle oder auch nur den gröfsten Theil derselben in sich vereinigte. Ein Verzeichnifs der mir damahls bekannten Schrif- ten über die Deutschen Mundarten lieferte ich in meinem Magazine Jilr die Deutsche Spr-ache, Th. 1, St. 2, S. 44; wozu PIr. Rüdiger in seinem neuesten Zuwachs der Sprachkunde ^ St. 2, S. 204, St. 3, S. 102 und St. 4, S. 136 einige Nachträge j:^ab. Eine noch unbenutzte Ouelle für unsere Idiotiken - Sammler sind die in jeder Provinz heraus gekommene Schriften aller Art, beson- der>> über die Gewerbe, Künste und Handwerke. So geben die vielen -Wiener Kochbücher und Schauspiele allein schon einen reiclien Beytrag zu üesterreichischen Provinzial - Wörtern und

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Formen. Was wir von allgemeinen Sammlun- gen dieser Art haben, ist Hoch sehr unbefriedi-. gend. Im Jahr 1778 setzte ein ungenannter von Adel bey Gehna, vermuthiich im Mainzibchen,; einen Preis von 1000 Thalern auf die stärkste Sammlung von Deutschen Mundarten, wovon doch kein weiterer Erfolg bekannt geworden. Etwas der Art that JoIl. Siegln, Val. Popowitscli in dem Versuch einer Vereinigung der Teutsclien Mund- arten^ Wien, 1780, 85 ^vo er "die- Provinzial- Nahmen natürlicher Dinge und Gegenstände des gemeinen Lebens unter ihren Hochdeutschen Wahmen sammelte. 1784 kündigte der Profes-- sor zu Salzburg, Lorenz liiibner^ ein allgemeines Lexicon der Deutschen Idiotismen an, welches aber nicht erschienen ist. Frid. Carls Fulda Ver~' such einer aligemeinen Teutsclien Idiotiken - Samm- lung^ Berlin, 17885 8, ist bey der mifsverstan- denen Kürze und andern Mängeln fast ganz un- brauchbar. Etwas zweckmäfsiger i^t Ant. Edlen- vpn. Klein Deutsches Provinzial- Worierhuch , in den ScJiriften der Deutschen Gesellschaft in MannJteim^ Th. 6, 7, auch einzeln Frankf. und Leipzig, 1792, zwey Theile in 8; woran aber die versproche- nen weiteren Ausführungen noch fehlen.

Die heutige Deutsche Sprache bestehet aus den schon gedachten zw^ey Hauptmundarten der höhern oder dem Ober-Deutsch in Süden, und der niedern oder dem Nieder -Deutsch in Morden, aus deren Vermischung in den mittlem Provin- zen sehr frühe ein gewisses Mittel -Deutsch- ent- stund, aus welchem bey der Reformation die heutige Schriftsprache oder das Hoch- Deutsch hervor ging. In diese vier Abschnitte wird sich das folgende am richtigsten und bequemsten theilen lassen. Bey den diev ersten werde ich

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die noch bestehencien Unter- Dlalecte mit auf- führen, mich aber dabey vornelnnlich auf die Litteratur eines jeden einschränken; indem es nicht allein kaum möglich seyn, sondern auch zu weit führen würde, wenn ich die Eigenheitem: einer jeden besondern Mundart zu entwickeln' suchen \vollte.

I. Ober - Deutsch.

Die Völker ron der höhern Mundart, wel- che ehedem den ösdichen Theil der nördlichen Hälfte von Deutschland bewohnten, hiefsen bey den Galliern, Römern und westlichen Deut-; sche-i Sueve?!, vermuthlicli von Sev^ Suev, See, Kiioienwohner, weil sie vornehmlich an der Küste der Ostsee wohnten, und sich von da ^vest- und südwärts verbreiteten. In Norden nannte man sie Teilten, Römisch Teutonen^ von dem im vorigen erwähnten Teut^ Deut^ Dlety Volk, welcher Nähme in der Folge die allge- meine Benennung der ganzen Nation w^ard, ver- muthlich , weil sie unter beyden Stämmen die unruhigsten waren, und das meiste Geräusch machten. Beyde machten sich 113 vor Chr. iin- ter dem Nahmen der Kimbern und Teutonen dem kaum aufgeblüheten Rom furchtbar. Nach- dem vor und in der Völkerwanderung so viele mächtige Haufen desselben nach Osten, Süden luid Westen ausge\vandert sind, und daselbst ent\veder ihr Grab gefunden haben, oder mit andern Völkern zusammen geschmolzen sind, so schränkt er sich jetzt nur noch auf das süd- liche Deutschland und einige Grenzländer des- selben ein. So wie er sich schon in den frühe-

Sten Zeiten, da die. zu ihm gehörigen Völker noch mehr getrennt und unabhängig waren, in mehrere abweichende Mundarten theilte, so zerfällt er noch jetzt in eine Menge derselben, welche doch insgesammt in gewissen Han'it- eiffenheiten überein kommen.

Diese sind eine ihm ganz eigene Fülle des Mundes, welcher bey jedem Worte mit Imiulert Worten schwanger zu seyn scheinet, ein ent- schiedener Hang zu tiefeii Vocalen und l>reiten .und tiefen Diphthongen statt einfacher Vocale. Einer seiner Lieblingslaute ist das «/, welches "bey ihm durcli alleSchattirungen der Aussprache gehet, und allein in Oesterreicli auf fünf ver- schiedene Arten ausgesprochen wird. Alle Sprach - Organe des Ober - Deutschen haben eine entschiedene Harte, daher er imter meh- rern Consonanten immer den härtesten und Stärkesten wählet, denselben oft noch auf man- cherley Art verstärkt, und dann gewaltsam her- vor stöfset. Immer geneigt, zu hauclien, bla- sen und zischen, ist ihm das widrige ch im gan- zen westlichen Europa vorzüglich eip;en, so wie nicht leicht ein anderes Volk das s vor Einern Consonanten so oft und c^ern in ^q\\ Zischlaut verwandelt als er. Alles das macht seine Spra- che in dem Munde des uneebildeten Volkes zur härtesten und rauhcsten in Europa, inid soviel au*h die höhere Umgangssprache davon abge- . schliffen hat, so ist dessen noch immer so viel übrig, dals selbst das daraus hervorgegangene Hochdeutsch dem feinern Olire des Vv^est- und Süd -Europäers rauh und widrig klinget.

Ehe ich zu denbesondern Mundarten fort- gehe, mufs ich noch etwas von der Gebeths- formel überhaupt bemerken, welche mir hitr

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zur Sprnchprobe dienet, i. Die ersten Lehrer des ^ClirisTenthums übersetzten dieses Gebeth sehr buchstäblich, Ulphila aus dem Griechi- schen, die übrigen aber aus dem Lateinischen; so buchsTäblich , dals sie auch das Adjectiv dem Substantive nachsetzten, so oft das in der Ur- sprache der Fall war. Sind dergleichen P'ormen einmahl imter dem Volke gangbar, welches ohnehin nur mechanisch bethet, so läfst es sich schwer wieder davon entwöhnen. Es wahrere daher lano;e, ehe man dein Nähme ^ dein Relchy dein Wille ^ für Nähme dei/i^ u. s. f. berhen lernte. Luther hätte auch gern den Sprachschnitzer Vater unser atisgemerzt, zumahl da auch die Re- forrnirte Kirche sich dessen zu entledigen wulke; daher er in seiner Übersetzung des N.T. beständig unser Vater setzte, so sehr auch Emser und Dietenberger darüber murreten. Allein weil das Volk bereits zu sehr daran gewöhnt war, so mulste er es in dem Katechismus behalten. Das Undeutsche zukomme dein Reich, nach dem Lateinischen advefiiat rcgnum tuum, erhielt sich, einzelner Versuche inigeachtet, bis in die neu- ern Zeiten, und die Katholische Kirche bethet noch so. In das Neu -Griechische kTCioviicg scheint Ulphila sich nicht haben linden zu kön- nen; wenigstens ist sein sinteinan dunkel. Die älteste Lateinische Übersetzung, die so genannte Itcda gab es durch q'uotidianus, und das behiel- ten die Deutschen Übersetzer weislich bey. Hie-, ronymi Grille, der es durch supersubstantialis gab, wobey er vielleicht selbst nichts dachte, ist nie allgemein geworden, obgleich einige ein- zelne Bibel -Übersetzer es annahmen. 2. Da sich bey einem jeden, auch noch so rauhen Volke unter den vornehmen und bessern selir

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bald eine gewisse veredelte Umgangssprache bil- det, welche denn auch zur Schrift- und Kir- chensprache gebraucht wird, so gilt dieses auch von dem \'. U. Es wird in ganz Deutschland in der Kirchensprache, d. i. in der veredelten Schriftsprache gebethet, daher sich die Eigen- heiten des Volks nicht daraus ersehen lassen. Die im folgenden vorkommenden Formeln in den Volkssprachen sind daher absichtlich in die- selben übersetzt. 3. Schriften und Formeln, welche Einmahl für das Volk bestimmt snnd, und in dessen Augen eine Art von Heiligkeit haben, lassen sich nicht so leicht verändern. Sie kön- nen daher dem Fortschritt der Sprache auch nicht anders als sehr von weiten folgen. Folg- lich kann man denselben auch nicht aus derglei- chen Formeln richtig beurtheilen. Wir haben Oberdeutsche V. U. aus allen Jahrhunderten; allein die Sprache erscheinet hier nicht so ver- schieden, als sie \virklich ist.

Unter den altern zu diesem Hauptstamme gehörigen und längst erloschenen Völkerschaften waren die Gothen die östlichste *) und zugleich berühmteste, weil sie eine Menge anderer \'öl- ker sowohl ihres Stammes als auch von fremrlen Zungen und Sprachen sich einverleibten. Zu- gleich sind sie das einzige alte Deutsclie Volk, von dessen Sprache wir in einigen Stücken von des Ulphila Bibel -Übersetzung ein so beträcht- liches .Überbleibsel haben. Die hohe Sprache

*) Einige ihrer 7Aveige waren sogar im tieferen Osten in uer Krim zurückgeblieben oder an den Aiis- fiiilö des Kuban zurückgekehrt. S. über sie: Thwi- mann's Untersudiungeri iibT die G^Hchichle, d&r ösllidinn ^Europäischen Völker ^ Tb. 1, S. 120.

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ersclieint hier m der ganzen Fülle ihrer Harte und Rauhigkeit. Laivcis , hev'i , Pai/rpaurai,'Pur- pur, alrzitin, irren, A/idavaurd, Antwort, lilalijariy lachen, (das h lautet wie c/i,) Hlaibs^ Laib, d, i. Brot, HhiiiSliS , Logs u. s. f. Übt-raÜ scheint die starke Mischung mit der Slavischen, Finnischen und andern jetzt unbekannten Sprachen durch, wozu nach Annahme der christüchen Religion noch Griechische, und nach ihrer Einrückung in daö bis dahin Römische Dacien, Lateinische Wörter und Formen kamen. Auch mufs man den Geist seiner Sprache nicht nach dieser Über- setzung beurtheilen; denn Ulphila. übersetzt so sclavTsch getreu, dafs er, so viel immer möglich ist, nicht allein eben dieselbe Zahl von Wörtern liefert, sondern sie auch in der Ordnung folo;en läfst, wie sie sein Text hat. Bsov elm viog, über- setzt er, Goths im Simus, Gottes bin Sohn; so sprach gewifs kein Gothe. Der nachgeahmten Griechischen Declination und Participial-C'on- strüction nicht zu gedenken.

Ich liefere das V. U. in dieser Mundart nach des Predigers Herrn Zahn Ausgabe, als der neue- sten und besten. Sie weicht indessen in diesem Stücke nur in der Ortliographie von der Zye- schen ab In (^Meisters) Beytragen zur Geschichte der Deutschen Sprache und National- Litteratur^ be- findet sich Th. 1, S. 26 aus dem Tschudi ein so genanntes Gothisch-Scythisches V. U. , welches •kein anderes als das gegenwärtige ist, nur schlecht aelesen; ^ve]ches der Verfasser leicht selbst härte einsehen können, da er des Ulplüla Formel vorher selbst hat.

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123. Gothisch von 360.

Aus dem Ulphila , Matth. 6.

Atta unsar, thu in liiminani. Weihiiai namo theiii. Quimai tliiudinassus tlieins. Wairthai wilja theins, swe in Iiimina, jah

ana airtliai. Hlaif unsarana thana sinteinan gif uns him-

madaga. Jah aflet uns thatei skulans sijaima, swa-

swe jah weis ailetam thaim sivulam

unsaraim, . ,

Ja ni briggais uns in fraistubnjai. Ak lausei uns af thamma ubiiin. Unte theinä ist tliiudangardi. jah mahts.

jah Avulthüs. in aiwins. amen.

Grammatische Anmerkungen.

Ana, Vater. .Ein von der rohen Natur selbst gebildetes Wort, wo die Svlben ad, ac, ta, pa^ am, wa' immer das erste Stammeln des Kindes tind, daher sie auch so oft in dem Vater- und Mutternahmen ganz entlegener Völker wieder- kommen. Bask. Aha, Lat, Aita, Tatar. Atai^ Ungar. Atya, am Mississippi Ota, in Canada Ad- dalliy , Grönl. Atatak.

Unsar. Die Stellung des Pronominis und Adjectives hinter das Substantiv, welche in die- J>er Formel mehrmahls vorkommt, ist sclavische Nachahmung des Griechischen, 00 wie , in allen spätem Formeln des Lateinischen. Eigen ist sie

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der Deutschen Spraclie, ?o lange iincreschickte ÜI:)er.setZGr ihr nicht Fessel anlegten, wohl nie gewesen.

ThiL in Hhninam. Die Auslassung des der und des Verbi bht ist gleichfalls nach dem Grie- chischen. HIminam, nicht Huu'mum, wie die al- tern Ausgaben lesen, ist der Dat. Plur. von Hl- mins, der Himmel: Hinüns, HImrnis, Hininia, Hi- min; Plur. Himinos ^ Himine, Himinam, Himinans. In Hirn ~ ins ist die Ableitungssylbe ///, wofür neuere Mundarten cl haben. Das s ist eine Lieblingsendung der Gorhischen Substantive nnd Adjective, besonders im Plural, worin es sich dem Niederdeutschen nähert.

IVeihnai, sey oder werde heilig. Weihnai^ Ouinmi und Warthai sind die dritte Person des Praesens im Conjunctivo von den Zeitwörtern Wei/ian, heili-^en, Ouiman, kommen, und Wair- tlian^ werden. Von Weihan sollte es eigentlich Weiimi heifsen; das n scheinet um des Wohllau- tes willen eingeschaltet zu seyn. Quemen für kommen ist noch im Miederdeutscheu üblich.

Namo thein^ dein Nähme, nach dem Grie- chischen. Nähme ist ein sehr altes und über mehrere entfernte Sprachen, selbst bis in das Samscrit, verbreitetes Wort.

Thiudinassus i/icins, dein Reich. Für das erste gebraucht Uiphila sonst auch, und auch hier am Schlüsse Thindangardi, von T/iiuda, Volk, und T/iiiidans, Voiksherrscher, Könio;.

» IVi/Jay der Wille; an andern Oiten Gmv/^'<7. Swe ist das Deutsche wie, mit dem vorgesetzten Zischlaute. Himina , der Dat. sino;. von Himins. J7///, imd auch, Alemann. /o//, verwandt mit dem Griechischen '/,m. Ana, an, in, auf.

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Ainhal ist der Dat. Sing, von A'irtha, Erde», €'\n mehrerji Sprachen gemeinschaftliches Worr. Angel - Sachs. ^fi/"</, Eord , Enoi. Eart/i, Schwed. Jord, Taciti Herthus ^ Giiech. g^a, Hebr. Erez^ Chald. Arta, Syr. Arto.

Hlaif unsarana ^ unser Brot, der Accus. Sing. von HIaifs, Brot, nnd unsar. Hlaijs^ Angels, Hlaf, H!af\ Laf^ Alt - Fries. Läf, Slav. Chleb. Wir sagen noch jetzt ein Laib Brot.

T'liana s'inie'inan^ das immer seyende. Thana ist der Accus. Singul. des Artikels thai^ der. S'in- teinan; von Sinteino , allezeit, und dies vielleicht von Sint/ia, Mahl, in Ein Mahl, zvvey Mahl, u. s. f. Das ctoTog siriova-icg des Textes erklären viele Kirchenväter von der Dauer. Die ganze vierte Bitte ist wieder nach dem Griechischen gemodelt.

Gif uns, gib uns; der Imperatif von giban^ geben, welches damahls schon so irregulär ging, als jetzt; Imperf. ^ö/", gab. Himmadaga, heute, für hina Dag^ /lindag , diesen Tag, welches Ul- phila anderwärts gebraucht, und es sogar in /lita zusammen ziehet. Das ist nnsev hint, heute.

Jah aßet uns, und erlafs uns. Aßetan^ Schwed. oßatan, erlassen. An andern Orten bey dem Ulphila fraictan.

Thatei Skulans sijaima, . das oder worin wir Schuldige seyn mögen. Das thatei ist dunkel. Nach Ihre ist es der Artikel sa, so, thata, der, die das, mit anaehängtem c/. Aber woher die- ser Zusatz ? Skulans ist der Plural von Skula , ein Schuldiger, Verbrecher. Sijaima ist die erste Person im Plural des Praes. Conjunct. von dem irregulären Verbo wisan, seyn, wesen. Im Praes. Indicat. Im, is , ist; Plur. Sijum, sijuth^ sijud, odev sind; im Conjunct. .3^'u'/2, sijaiSj sijaiy

.188

Plur. Sijmma^ sijahh, sijnina. Es scheinet) claf« er das o<p^i.Kv\ixoL7o:, in seiner 'Sprache nicht fand, und es dalier auf diese Alt zu umschreiben suchte.

Swa swc^ sowie. S^va^ so, hA.swa^ swas- we ^ Alemann. soso. Jah weis ofletan^ auch wir erlassen. Jf'm, für wir; das Gothisclie zieiiet oft das s den\ r vor. Thatm Skulam unsarahn^ un- gern Schuldigem ; der DativusPluralis mit dem Artikel, thaim, buchstäblich nach dem Grkclü- schen Toig.

JaJij und, auch. A7, nein, nicht. Brifgais, bringe; der Imperativ von bnggan^ welches auch schon irregulär gehet, Imperf. brahta. Da Ulphila die Sehr iftz {.ige, welche sein rohes Volk vorher nicht kannte, aus dem Griccliisclien ent- lehnte, so nahm er auch die Griechische Ortho- graphie an: briggan^ i\ir bringan.

In Fraistubiijai, in Versuchung; von fraisan^ versuchen, weiches noch die Dänen in ihrem frists^ versuchen, und Frislehc^ Versuchimg, haben; Isl. Freist ing , Schwed. ireÄ/e/j^, von dem alten Deutschen Freisa, Freison^ Gefahr. Die Endung -z/Zi.^T/a, scheint unser ung zu seyn.

.^A', sondern, xMemann. o//. I.ausci uns, be- freye tms; der Imperat. von lavsgan, Griech. )\.v(7!Zi, und diese \on laus, frey, los. Af, von, ab, Niederd. noch jetzt fl/! T/ia^nna Ubilin, dem Übel; der Dat. Sing, von dem Adjective Ubi/s, im Comparat. ivairiia, Alemann, wirs, im Superl. v^airzißs.

Unte, denn, Iloiländ. wanta. Thiudangnrdi, das Reich, s. oben. Garcl bedeutet noch jetzt im Schwed. Schlofs, Stadt, Gebieth; Midjun- gords ist daher f^ey dem Ulphila der Erdkreis, die Welt, der mittlere Raum.

■^69

Mahts, Macht. Wulthus ^ Henlldikelt. Im- Angel-Sachs, ist IViicdor, Glanz, verwandt mit' «lern Latein. Fulgor. Man bemerke auch hier den Gothischen Hang zu Zischlauten. Aiwins^i ewig, Ewigkeit, \onAiw^ seculum, Lat. yicrw/n,

Griech. csj^jv.

* *

Grammathehe und lexicalische Bearbeitungen des Mesogothischen sind :

Geo. Hickes'i'i institiuiojics grammaticae Anglo- saxonkae et Mesogothicae. Oxon. iGSQ- (auch im angeführten Thesaurus.)

Lamb. ten Kate Gemeenschap tussen de Gottische Sprache en de Nederduytsche. t'Amsterd, 1710, 4.

Edw. Lve's Grammatica Gothica in Benzers Ausgabe de^^ Ülphilas. Oxon. 1750.

Joan, Ihre D Isser t. de verbis Mösogothorum in seiner Ausgabe der Fragmenta versionis Ulphilanae, \md ebendess. d isser t. de nominibus substantivis et adjcctivis Mösogothorum in seinen Analectis Ulphi- ianis in Biisching's scripta Ihrii versionem Ulphilanam iUustrantia. Berol, 1773, 4.

Golhicwn Glossarium ^ quo argenlei codicis vo- t'-dbüla explicanlur et illustrantur ^ quibus praemittun- inr Gothicum ^ Runicum^ Anghsaxonicum aliaque Alphabeta ^ opera Franc. Junii. Dordr. 1664. Am- fcterd. 1G84.

Glossarium Ulphila GotJdcum^ Unguis ajffinibus per Fr. Junium nunc eliam Sueogothica auctum et illustratum per Geo. Stiernhielm. Holm, 1670, 4.

Joan. Ihre specimina III Glossarii Ulphilani^ Upsal. 1753, luid in Ä/Äc/z/;;^"^ Sammlung.

Diclionarium Saxonico - et Gothico - Latinum aurti, Edw. Lye. Accedunt Fragmenta versionis Ulphi- liduaö nee non opuscula quaedam Anglo - Saxonica, edidit, auxit ^ illustravit et Grammaticam utriusqu^

190

linguae praemlsit Owen Manning. Lond. 1772. T. I. II. fol.

Mösogothische Sprachlehre und Glossar^ ausge- arbeitet von Friedr. K. Fulda ^ das Glossar umgear- beitet von JV. F. II. Reinwald in J. Christi. Za/ufs angeführter Ausgabe des Ulfilas, der eine voll- ständige Ulfilanische Litteratur vorgesetzt ist.

V^on den übrigen ehemahligen Völkern die- ses Stammes, den Markomannen, Quaden, Lon- gobarden, Burgundern, Vandalen, Herulern, u. s. f. haben wir nichts als einzelne Wörter, welche an Härte und Rauhigkeit den Gothischen nichts nacligeben.

Die noch vorhandenen Mundarten dieses Stammes lassen sich nach den alten Völkern, von welchen sie abstammen, in zwey Haupt- Classen theilen, in die Suevisch- Alemannische in Westen, und in die Longobardi&che in üs>ten. Zu jener gehöret die Schweiz, Elsa(s>, Schwa- ben, und der Ober- und Mittel -Rhein; zu die- ser, Baiern, OesteiTeich und dessen einverleibte Länder, nebst dem Deutschen Überrest im Vi- centinischen und Veronesischen. Die Aleman- nen, welche das südöstliche Deutschland am frühesten besetzten, ^varen ursprünglich kein eigenes, für sich bestehendes Volk, sondern Ausflüsse des Jüngern Nachwuchses und der wanderlustigen Glieder mehrerer Stämme von der höhern Sprache, welche sich nach der Sitte der Zeit einen eigenen Herd zu erkämpfen such- ten, und dazu die von den Markomannen ver- lassene Gegend an der obern Donau bequem landen. Zu ihnen geseileten sich bey der Völ- Icerwanderung die Sueven, ein ähnlicher Aus- flufs mehrerer Stämme von der hohem Mundart;, welche sehr bald jene unterjochten, und sich

>

hierauf auf Kosren der Helvetier und anderer Gelten in Süden der Donau ausbreiteten, daher sich noch so manche Celtische Überbleibsel in den Volkssprachen dieser Gegenden finden. Als die Longobarden in Italien einrückten, besetz- ten sie auch den täidöetlichen Theil zwischen der Donau und den Alpen, und besonders die Ge- genden, welche bisher die Gallischen Bojer be- wohnt hatten, daher sie hier den Nahmen Bojoa- rii^ Baiern bekamen, und sich bis in Pannonien und Istrien ausbreiteten. Alle noch jetzt in die- sen Gegenden wohnende Völkerschaften veira- then diese ihre Abkunft durch ihre harten und rauhen Mundarten, weiche zu den härtesten in Deutschland gehören.

Über den gesammten Ober - Deutschen Dialect haben wir noch nichts, welcTies sich mit einiger Zufriedenheit anführen liefse. N. C. Lyn- kers diss. de Idiomate ImperiaU^ Jena, 169g, 4, betrifit blofs die neuere Schriftsprache der Ober- Deutschen Kanzelleyen, und bleibt auch hier bey einigen allgemeinen Eigenheiten stehen. Prof, Schönemanrü s Charakter der Ober^- Deut- schen Urkundensprache in seinem System der D'i- ^plomati/i, Th. I, S. 377 415, betrifft eben die- selbe, gehet aber weit mehr in das einzelne. >^Viele einzelne V^^örter lassen sich aus den im löten und i7ten Jahrhun^lert in dem obern Deutschlande gedruckten Lateinischen Wörter- büchern, z. B. Denzlers, Weifsmanns u. s. f. sammeln.

Desto reicher sind wir an Schriften und Sprachproben aller Art, nur dafs sie uns nicht sowohl die Volkssprache, als gemeiniglich nur die Schriftsprache ihrer Zeit und ihrer Provinz darstellen. Das gilt denn auch von den Gebeths-

49^

formein, deren wir aus allen Jahrhunderten ha- ben, und auf welche ich mich hier allein ein- schränken mufs. Ich liefere deren so viel ich gefunden habe, weil sich der Fortschritt der Sprache doch nach gewissen Zeiträumen einiger Mafsen aus ihnen ersehen läfst. Die Formel von 720 ist nebst des Kero , eines Mönchs zu S. Gal- len übersetzten Regel Benedicts, das älteste Ale- mannische Denkmahl, Freher gab es 1610 mit einigen andern Stücken und Anmerkungen her-

o ^ o

aus, Avorauf Boxhorn in Historia ecclesiastica Hay- 7no?ns, Eckhard in Catechesi Theotisca^ S. 189? und viele andere sie wiederhohlt haben. Im J. 1779 wollte man zu Ortenstein in Graubünden einen Marmor gefunden haben, auf welchem das V. U. mit dem Glaubensbekenntnisse eingehauen sey; allein die ganze Sache war Täuschung, indem. es keine andere als diese von Frehern heraus ge- gebene Stücke sind. Ottfried^ ein Benedictiner zu Weifsenburg in Elsafs um 870, klagt in sei- ner gereimten Harmonie der vier Evangelisten bitterlich über die Härte und Unbiegsamkeit sei- ner Sprc-che. Er nennt sie Fränkisch, entweder weil die niedere Mundart unter der Herrschaft der Franken manche Einflüsse auf sie gehabt hatte, oder auch nur, weil seine Provinz dem Fränkischen Reiche luiterworfen war. Notkers Formel vom J. icoo weicht in den Handschrif- ten nur in der Orthographie ab; aber sie ist mehrmahls andern Verfassern und Gegenden beygelegt worden. Stumpf, Crusius und IValser legten sie dem Canton Appenzell bey. Eckhard möchte sie in Catechesi Theot. S. Sl gern dem Kero zuschreiben, doch lenkt er bald wieder ein. Unter der glänzenden und an Dichtern so rei- chen Regierung derHohenstaufen (1136 1254)

bilde ic

195

bildete sich die Oberdeutsche Schriftsprache vorzüglich aus, wie ihre zum Theil in der Ma- nessenschen , Casparsonschen und MüUerichen Sammhmg herausgegebenen Dichter beweisen, und sich auch mit HüL^e des Glossariums über Iwain , einem Heldengedicht aus dem Zeitalter Fried- richs des Rothharts, herausgegeben vo7i C. Michaeler ^ Wien, 17S6, übersehen läft-t. Aber diese Spra- che behielt bey aller neuen Milde doch immer noch viele gehäufte ConSonanten, tiefe Vocalen und unangenehme Hauch- und Doppellaute. Zugleich wTtr sie immer noch regel- und gesetz- los, sowohl in der grammatischen Form, als in dem Sylbenmarse. Etwas davon erhellet schon aus Reimars von Zweter gereimten Übersetz un^- von 1252. Mehr gewann die Schriftsprache in den folgenden Jahrhurlderten, besonders von dem I4ten an, da in den von den Kaisern be- günstigten Städten Wohlstand, Kenntnisse und Geschmack aufkeimten, und der Stand üever imd aufgeklärter Büi'ger sich zu bilden anfing; welches denn auch auf die Sitten und Sprache i\en gewöhnlichen Einflufs hatte. Unter den 14 vor Luthern gedruckten Ober - Deutschen Bibeln ist die erste, welche, nicht zu Mainz, wie man bisher glaubte, sondern nach Stei^'en- berger und Panzer, zu Strasburg 1462 heraus kam, die merkwürdigste, weil die überaus rauhe und harte Sprache darin ge-vvifs um mehr als 100 Jahr älter ist. Erst in der vierten Ausgabe 1472 i/i74 verbesserte man Text und Spra- che, und dieser Ausgabe folgten mit wenig Ver- änderungen alle spätere. Da das V. U. in allen einerley lautet, aufser dafs zwey Ausgaben in der vierten Bitte überstantJichs Brot haben, so lasse ich es bey der ersten Formel von 1462 be-

Mithrid. IL N

194

^venclen. Die vierte Ausgabe zwischen 1472 und

1474 neigte sich zur Schweizerischen Mundart; allein die Augsburger 1473 1475 folgte wie- der rechter gemeiner Teulsciten Sprache^ welclie doch bald darauf bey der Reformation von der neuejn Hochdeutschen verdunkelt wurde.

124. Alemannisch von ptwa 720.

Von Frehern 1610 heraus gegeben.

Fntter unseer, thu pist in Himele, Vviiu Nainun Jiiian; Chvvenie Rihi diu; \Ye?de Willo din, so in Himile, sosa in

Erdu ; I'iOatli miseer emezhic ^) kip uns hiutu; Oblaz Ulis Sciddi unseero, so wir oblazen

uns Slsuldikem; Enti ni unsih firletti in Khorunka; Uzz eiicsi unsih fona Ubile.

125. Alemannisch von S50.

Aus eines ungenannten Mönchs zu Weifsenburg im

JElsafs Anjangs gründen der ChristUchen Religion, in Eckhaus Cutech. Theot. S. 60.

Fater unser, tliu in Himilon pist, Ghvibit si Namo thin;

*) J£mezzig bedeutet bey dem Kero und seinen Zeirs,eno<Jsen allezeit, immerwährend. Es lebt noch in verwandrer Bedeutung in imserm emsig. Es scbcint, dals der Übersetzer dieser und der folgenden Formel den Ulpbila vor Augen gehabt, weil auch sie das tm<,v<rio{ von der Dauer verstehen.

195

Quaeme Richi thin;

Werdhe Willeo thin, sama so in Himile,

endi in Ertliii; Broot uuseraz emezzigan gib uns hiutu; Endi farlaz uns Sculdhi unsero, samo so wir

farlazzan Scolom unserem; Endi ni giledi unsili in Costunga; Auli arlosi unsih fona Ubile.

126. O t f r i d 870.

yius seiner gereimten Umschreibung der Evangelischen Gtschidite, B. 2, Kap. 21, mit Weglassung der mti^ten Umschreibungen.

Fater unser thu in Himilon bist, AVili si Namo tiiiner; Biqueme uns thinaz Richi; Si VVillo thin hiar nidare, so s'er ist ufan

Hiuiile; Thia dagahchun Zuchti gib hiut uns ; Sculd bilaz uns allen, so wir ouch Juan

w^ollen ; Ni firlaze unsih thin Wara, in tlies Wider-

w^erten Fara; Losi unsih io thanana, thaz wir then We-

wori io biniiden.

127. Ein Ungenannter 890.

Aas dessen Übersetzung der Hannonie Tatians^ nach l'althens Ausgabe, Kap. 54.

Fater unser, thu thar bist in Himile, Si geheiiagot thin Kamo ;

N 2

Qneme fhin Rihhi;

Si thia Willo so her in Himilo isl, so siher

in Erdu; Unsar Brot tagalibhaz gib ims hiiitu; Iiiti farlaz uns unsera Sciildi, so wir furla-

zemes unsaron Sculdigon; Inti ni gileitest unsih in Costunga; Uz OLicIi aiiosi unsih fonUbile.

128.

N o t k e r um i o o o.

Am Ende, seiner Psalmen ~ Übersetzung nach ehr IVie^ ner Handschrift , aus Lambecius, B. 2, Kap. 5, der sU aber inig dem Otjrid zuschrieb,

Vater unsir, du in Himile bist, Diu Namo werde geheihgot; Dill Riciie chome;

Diu Wille gesk ehe in Erda, also in Himile; üri^ir tagelichich Prot gib uns hiuto; Üade unsere Scidde belazh uns, also ouch

wir [ir]azhen unseren Sculdenaren; Uhde in dia Chorunga ne leitist du unsih; Siiütii? iflose unsiii f'ona dem Ubile.

129. Reimar von Zweter, um 1232.

Gereimt, in der Manessischen Sammlung Th.2y S. 136.

Got Vater unser da du bist In dem Himelreiclie gewaltig alles des

dir ist; Geheiiiget so w^erde din Nam; Züo so muesse uns komen das Riclie din;

i;.7

Din Wille werde dem geMcK

Kie iif der Erde als in den Flimcln, d^s

gewer luisih; Nu gib uns uuser tegelich Brot, Und swes wir darnach diurftig sint; Vergib uns allen sament unser Schulde, Als du wilt das wir durh tUne Hulde Vergeben der wir ie genanien, Dekeinen Schaden swie gros er si,-^ Vor Sünden bekor so mache uns vri; Und loese uns ouch von allem Ubele. Amen,

130. Vermuthlich auch aus dieser Zeit.

Aus einer alten Handschrift zu Stra^bur^^^ i'/i Schilters 17/ eÄ^. bey t/cm Kero, S. q6.

Fater ynser, tu in Hlimele,. Din Name urde geheiliget; pin Ricke kome;

Din Uile gskehe in Erdo alz Hümele; Ynser tagolicko Brod kib ynfs hiuto; Undto ynsere Sculdo blaze yns als ^Yij be- iatzen ynser Sculdioe; Unde in Corunga nit leitest du unsich; Nun belose unsich ibne Ubele. Dat ist wahr.

Ein Ungenannter um 1330.

Ans dem fo/i Prof. Oberlin heraus gegebenen ■Bihiebuch j S. i.

Herre Vater unser, du da bist in dem Kimel, Geheiliget werde din Name;

n)8

Zlio kome uns din Rieh;

Dill Wille werde hie ulF der Erde, als in

dem Himel; Du gib uns unser tegelich Brot; Und vergib uns unser Schiulde, als wir

(tiionj luisern Schuldern; Unu \i;neit uns in deheJne Bechorunge; Sunder erlos/ uns von alleme Übel. Amen,

das wahr ist.

132. Vermuthlich auch aus dieser Zeit.

Auif eitler Handschrift alter Predigten ^ in Vadlan de Coile.g. Gennaii. S. 34, und Schilters Thcs. bey dt.ni AiTo , 6' 33-

Gott Vater unser, der bist in denHimelen, Geheiliget werde din Name; Zuchome din Riche; Werde din Wille hie in Erden, also da ze

Himele; Unser tagolich Brot gib uns hiuto; Und vergib uns unser Schulde, als wdr tuon

unsern Schuldigeti; Unri leite i.ns in deheine Bechorunge; Und erlose uns von allem Ubele.

Ein Ungenannter um 1400.

^iis einer handschriftlichen Bibel in Dav. Gottfr. Schöbers Bericht von allen Deutschen Bibeln, S. Ji.

Vatter unser, der du bist in den Hymeln, Geheiliget werde din Name;

199

Zu komme din Riche;

Dill Wille der werde als in dem Hymel, und

in der Erden ; Und unser Brot das über substanzlich gib

uns hüte; Und vergib e uns unser Schulde, alswirver-

gebent unsern Schuklenern; Und enleit uns niclit in kein Bekorunge; Sunder erlöse uns von Übel. Amen.

134. Ungefähr aus eben dieser Zeit.

Aus einer handschriftlichen Auslegung des V. U. in der Churf. ßiblioth. zu. Dresden.

Vater unser der du pist in den Himeln, Geheiligt werd dein Nam; Zu chom uns dein Reich; Dein Will werd inErd, als in dem Kimel; Unser tag! eich Prot gib uns hewt; Und vergib uns unser Schuld, als wir tun

unsern Schuldigern; Und enlaitt uns nicht in Pechörung: Sondern erlöz uns von allem Übel. iVmen.

135.

Aus einer geschriebenen hatechetischen Schrift von 1430 in Jlieoph. Sinceri neuen Samml. i'on raren Biiclieni, Th. 1 , S. 550.

Vater unser, der du pIst in den Kimeln, Geheihget werde dein Name ; Zu chum dein Reiche ;

200

Deine Wille der werde als in Hemel und

in Erden; Unser tei:;lich Prot gib uns hewt; Undt vergib uns unser Scliullde, als wip

v'geben unsern Schuldig ein; Und v'lafs uns nicht an bofser Bethorung; Suader erlose uns von Übel. Amen.

136.

Aus einer Wiener Handschrift von i4;5o ^'^ Denis Codd. Theol. Lau Vol. II, Part. JI, S. 1693.

Vater unser der da bist in den Himelen, Geheiliget werde dein Name; Zu k Linie din Riche; Din Wille werde in der Erden , als in dem

Himel; Unser tegelich Brot gib uns hüte; Und veri^ib uns unser Schiüd als wir tun

unseren Schulderen; Und en leit uns nicht in Bekorunge; Sunder erlöse uns von Übele. Amen.

Aus der ersten gedruckten BiLd, Strasburg, 1462. ,

Vatter unser du do bist in den Himeln, Geheyiiget werd dein Nam; Zuo kum deinPieich; Dein Wil der werd, als im Himehi vnd in

der Erd; Unser teglich Brot gib uns heut;

201

tfiid vergib uns unser Scliuld, als und wir

vergeben unsern Schuldigem; Und für uns nit in Versuchung; Sunder erlöfs uns von den Übeln. Amen.

138.

Aus fo. Adelphi zu ScJiafhausen Übersetzung der Pre» digten Kaiserbergs über das y^. U. Strasburg, i-5»5, fol. im Prolugo. ,

Vatter unser, der du bist in den Hymeln, Geheyliget werd dyn Namm; Zu komm dyn Rych; Dein Will der werde, als in Hymel und aulF

Erde ; Unser übernatiirlich (supersubstantial) ■^)

Brot gib uns heut; Und vergib uns unsere Schulden, als auch

wir vergeben unsern Schuldnern; Und nit her uns in Versuchung; Sunder erlöfs uns von Bösem. Amen es

werd war.

Unter den Oberdeutschen Volks - DIahcten zeichnet sich der Schweizerisc/ie vor allen übrigen aus. Ursprünglich Avard die Schweiz von Celtischen Völkerschaften bewohnt; aber um die Zeit der Völkerwanderung besetzten die Alemannen den nördlichen und östlichen Theil derselben, und verpflanzten zugleich ihre Spra- che dahin, welche seit dem wohl wenig von ihrer ersten Härte und Rauhigkeit verloren hat.

*) In den Predigten selbst heifst es täglich Brot.

20 2

Wenigstens ist sie unter allen Deutschen Mund- arten die abschreckendste , besonders wegen ihrer vielen Giirgellaute und Aspirationen, und was oben von der höhern Spraclie gesagt wor- den, gilt von ihr in seiner ganzen Fülle. Sie theilet sich dabey wieder in mehrere Mund- arten, welche sicii an Miisklang eben so sehr, als ihre ^erge und Gletscher an Furchtbarkeit und Rauhigkeit zu übertreffen suchen. EL Ber~ trand RechercJies sur les Lcmgues anciennes et modern lies de la Siihse , et prlncipalement du Päia de Vaud^ Genf, 1758? 87 4r ß^g. bleibt doch sehr bey dem allgemeinen stehen. In dem j»üc]lichen und westlichen Theile des Landes wird theils Roma- nisch (davon zu seiner Zeit), theils schlecht Französisch gesprochen. Einzelne Bemerkun- gen über den Schweizerischen Dialect finden sich in Sch'inz Beyträgen zur Kenntnifs des Schweizerlandes, St. 1, i'l/ewg/-^ Briefen über die Schweiz, besonders Th. 2, Andreae Briefen über die Schweiz, S. 331, besonders über die Baseler Mundart, imd /. C. II. Dreyers Beyträgen zur Litteratur und Geschichte des Deutschen Rechts, Lübeck, 1783- Viele Schweizerische, beson- ders Zürchische Wörter enthält Josua Manier teilt sehe Spraach, oder Dictionarium Germ. Lat. Zürch, 1561, 4. In dem Canton Bern herr- schen drey sehr von einander abweichende Mundarten, in und um die Stadt, im Obej.iancle imd im Argaw. Muster der alten Bernischen Mundart sind die Statuten der Stadt Bern von 1300 f. die Helvetische Bibliothek, St. 2, S. 5 ff. Nach El. Bertrand S. 13 hatte zu seiner Zeit der Director des Gymnasii, Schmidt^ ein Wörter- buch der Bernischen Mundart gesammelt, wor- in sicli allein 1000 Wörter befanden, welche

2ox

.den Schweizern allein eigen waren. Eine V^er- gleichung der Berni>?chen Mundart mit der OesteiTeichischen und ßaierischen stellet Nicolai in seinen Reisen, Th. 7, Beyl. S. XXV, und XXV'III an. Einige Appenzellische Wörter hat das Journal für Deutschland, 17885 S. 332, und ein Schweizerisches Wiegenlied, A'icolais Alma- nach, Th. 1, S. 145. Die ^'"olkslieder und Ge- dichte von G. 7. Ku/iTi, Bern, 1806, sind theils im gewöhnlichen Hochdeutschen, theils in dem. Scluveizerischen Dialecte. Das folgende V. U. scheinet doch mehr die veredelte Umgangs- üprache, als einen der Volks -Dialecte zu ver- rathen.

139- Schweizerisch.

Aus Conr. Gestiers Mitliridütes f S. 37, und Theod. £ibliandri communi ratioiie Ungiiar. 1548.

V^atter unser, der du bist inii Himmlen, Geheilget werd dijn JX'am; Ziio kumm uns dijn Rijcli; Gschächi dijn Will, wie im Himmel, also

oucli ufF Erden; Geb uns hat unser teglich Brot; Und fergeb uns unser Schulden, als ouch

wir fergend ünsern Schuldneren; Und für uns nit in Fersuocliung, (Versüch-

nifs ; ) Sunder erlöfs uns fomm Übel. Das si.

In Graubünden, wo im X Gerichten- Bunde, und in einio;en Gemeinden des Grauen-

und des Gotteshaus - Bundes Deutsch, in den

204

Übrigen aber entwc^der Italienisch oder Roma- nisch gesprochen wird, breitet sich die Deuf-che Sprache immer mehr aus. Ein Idioticon des Biindner- Deutsch steht in H. L. LeJimanrüs Repu- blik Graiihwiclen , historisch , geographisch , statistisch fiargcstellt , Brandenb. 1799, Th. 11, S. 96 102, luid eben daselbst S. 94 ein Volkslied als Probe des im X Gerichten - Bunde ge^vöhnlichen Deutsch.

Im E Isafs gibt die Sprache an Mifsklang der vorigen wohl wenig nach; aber es ist wenig davon bekannt, aufser was sich an einzelnen Wörtern in Königshoven Chronik, und andern ähnlichen Schriften befindet.

Schwabe?! im I2ten und i3ten Jahrhun- dert der Sitz einer in Deutschland bis dahin un- bekannten Cultur, hat in seiner Volkssprache wenig davon aufzuweisen. Aufser andern Eigen- heiten der hohen Sprache zeichnet es sich be- sonders dadurch aus, dafs es alle st {feist und Obst ausgenommen) wie seht spricht: ischt^ bischt^ moinschta^ meinst du. An unangenehmen Dipli- tongen, Verschiuckung von Consonanten u. s. f. ist auch kein Mangel; / woafs net^ ich weifs nicht, man^ mar eppis gea? magst du mir etwas geben? laun, lassen, daa, du, Sprauch^ Sprache. Der Dialeete sind hier viel, unter welchen der i\\ Ober- Schwaben der unangenciimste ist. Der Würtemberger dehnt die Vocaie zu einer widri- gen Länge, und spricht in in Worten, wie Wink, Winken^ dem Nasallaute der Franzosen ähnlich, aus. Nach der- Schweiz und Elsafy zu werden die Aspirationen luid Gurgellaute häufiger und stärker. Die vornehmsten grammatischen Ei- genheiten nebst vielen Provinzial- Wörtern ent- hält der Teiit&che Sprachforscher, Stuttgard , 1 777,

t«'7785 85 2 Bände; Schwäbische Idiotica aber, das Journal für Deatschland, 1785, S. 50, 1786, S. 21, 325; Hausleiitners Schwäbisches Archiv, St. 3; das Augsbvirger Journal für Freunde der Religion und Litteratur, St. 1 , 2; vorzüglicii aber Ja. Christo. Sclimid V^ersuch eines Schwäbischen Idiotikons, in A^co/c// Reisen, B. 9, auch einzeln, Berlin, ohne Jahr, 8- , Einige Ober - Schwähisclic Wörter zur Erklärüno; Alt- Deutscher Schriften liefern die Beyträge zur krit. Hist. der Deutschen Sprache, B, 5, S. 270. Idiotismen aus dem Würtemherglschen gibt das Journ. für Deutschi. 178S, Th. 2, S. 179, und ein Idiotikon aus der Würtembergischen Baar Hausleiitners Sch\\'±h. Archiv .^ B. 2, St. 2. Etwas weniges über <\t\\ Dialekt in Augsburg bemerkt Nicolai Ke\he ^ Th. 8, S. 171. Die Probe eines Glossarii Augustani aus dem alten Augsburgi- schen Stadtrechte steht in den schon bedachten

o

Icrit. Beytr. Th. 4, S. 585; Beytrag zu einem Augsb. Idiotiko aber im Journ. für Deutschland, 1789, Th. 2, S. 166- Eben dasselbe liefert ein Idiotikon von Heilbrunn^ 1786? Th. 2, S. 430; ein Idiotikon von 67/77., 1787? Th. 1, S. 48; und eins von Sausenher g und Rötteln im Baden -Di ir- lachischen, 1787? Th. 1, S. 363. Wagenseits Verzeichnifs einiger Kauf heuerischer Pro\'inzial- Wörter findet man in Olia Potrida, 1784? St. 2, S. 149? und Gräters Idiotikon von Schwäbisc/i-* Hall, in Rüdigers ZiiwRchs, St. 5, S. 184. Schwä- bische Volkslieder sammelte Nicolai's Almanach, Th. 1, S. 81, 86, Th. 2, S. 94. J. P. Hebels, Professors zu Carlsruh, Alemannische Gedichte, 2te Aufl. Carlsruhe, 1804, 8? und Ignatz Feiners ricue Alemannische Gedichte, Basel, 1803, S, zeichnen sich auch als Dichtung auf eine vor-

3o6

zügliche Art aus. Im Chamherlayne befindet sich bereits S. 64 ein V. U. im Schwäbischen Dialect von Augsburg, welches der damahlige Canzler Pfaff dem Herausgeber mitgetheilet hatte. Ich ]iabe von einem Freunde ein anderes aus eben, der Gegend erhalten, welches sich der Volks- spräche noch näher anschliefst, daher ich dieses initlheile.

140. Augsburgische Mundart.

Von einem Freunde mitgetheih.

Fotlier onser, daelir diili bischt em Hern-

inel, Gehoyügt weard deih Nahm; Ziia ons kunim daili Raich; Daih Will gscha wi ein Hemmel, atz och

auf Earde ; Onsär deklich Broad gib ons heint; Ond vergiab ons onsr Schuld, als wihr ver-

gäba onsärn Schiildigära; Ond fuhar ons nitt md Yersuachong ; Sunderän erlöas ons vom Ibel. Denn dam ischt das Piaich, ond dia KraüFt,

ond dia Harlilvoit in Ewikoit. Am.

Ein Idiotikon der Grafschaft Saarwerden und von Deutsch - Lotharingen liefert das Journ. für Deutschi. 17885 Th. 2, S. 423; eines von Coblenz^ eben dass. 1787» Th. 2, S. 413, und eines von der Unter -Pfalz, eben dass. 1786, Th. 2, S. 235, 178", Th. 2, S. 211. Vieles von dem Dialect der üiirer- Pfalz erlernet man aus Jac. Ilenuncrs

2fQj

Abhandl. über die Deutsche Sprache zum Nutzen der Pfalz, Manheim, 1769, 8? und aus seiner Deutschen Sprachlehre, eb. 1775, 8. Die dar- über gewechselten Streitschriften erzählt i^z/ö'/i^e/- im Zuwachs, St. 4, S, 175. In der Schrift: iiber die Pfalz am Rhein, Brandenburg, I795, ^' hält der Verfass, ein Gespräch mit einem Bauern im Pfälzischen Dialect.

Ein sehr schätzbares Westerwäldhches Idio- tikon haben wir von Herrn Carl Christi. Ludw. Schmidt^ Hadamar und Herborn, 1800, wel- ches zu den besten Arbeiten dieser Art gehöret.

o

Es liefert aber nur die Eigenheiten des mittlem Westerwaldes, oder der Herrschaft Westerburg. Der hohe Wester\vald sollte in einem zweyten Theile nachfolgen, der aber noch nicht erschie- nen ist. Am Ende befindet sich ein Hotzellied, d. i. ein Lied auf die gedörrten Waldbirnen.

Nächst der Schweizerischen und Tyroli- schen Mundart ist die Baierische die un- freundlichste. Der Baier. spricht nicht mit der Fülle des Mundes, wie der Tyroler, sondern ;;emächlicher, will aber doch alles stark aus- drucken, liebt daher die Intenslva, verschluckt viele Vocale und spricht andere wie Doppellaute aus. Doch hat auch seine Sprache ihre Abstu- fungen. In Ober-Baiern, besonders im PfaiTen- winkel spricht man weit rauher, als in Nieder- Baiern, und als selbst im so genannten Walde. Je näher man an die Tyroler Gebirge kommt, desto rauher wird die Sprache, denn hier wer- den sogar Consonanten am Ende verschluckt, gsak, gesagt, gfrak^ gefragt, gchap, gehabt, gsc/ianip, geschämt. Der Ober - Pfäizer dehnt und singt, wie der Rhein- Pfäizer. Baieri^ulie Wörter haben gesammelt: Jo/i. Conr. IVahe ia

Anzeige, wie die Teiitsche Sprache ihren Ur- spnii\g aus dem Ci-ialdäischen habe, und d^s» Baierische vom Syrischen herkomme, Regens- burg, 1713, St von S. 105, an; seltsam genug; Jo. Ludw. Prasc/i bey seiner Diss. ahera de Ger- manica origine hnguae Latiuae, Regensburg, 1689» 4? und daraus in /o/2.//«/;/7ß/7/?'5 Opuscu- iis, S, 674, und mit Popowitschens Berichtigung in seiner Untersuchung vom Meere, S 295, wo S. 3S6 noch andere Baierische Wörter vorkom- men; Westenrieders Beschreibung von München, S. 325; Nicolai Reisen, Th. 6, S. 779, beson- ders über den Unterschied der Mundart von der Oesterreichischen, mit einem kleinen Idiotikon, in Beyl. S. g6. Dieses liegt auch in dem geogr. . Statist, topogr. Lexicon von Baiern, Ulm, 1796, 1797, 3 Bände, zum Grunde, wo im 3ten Bande gleichfalls Idiotismen geliefert werden. Die voll- ständigste Sammlung enthält Andr. Zoupsers \^er- such eines Baierischen imd Ober - Pfälzischen Idiotikons, München, 1789, 8; wozu in dem- selben Jahre noch eine Nachlese auf 31 Seiren erschien. Eine z^veyte Nachlese, \veiche au^i Ur- kunden genommen werden sollte, ward durch den Tpd unterbrochen. Ein Idiotikon der Mundart von Hohen -Schwangau beftudet sich in Franz von Paula Sc/irank's Baierischen Reise, 1786, S. 139 149. Baierische Alpenlieder liefert der General - Landes - Directions - Rath J. Hazzi in seinen statistischen Aufschlüssen von Baiern, Th. 1. Eben diesem Gelehrten habe ich auch nachstehendes V. U. in dem Dialect lim München zu danken; wobey doch zu be- merken, dafs das eingeschaltete // blofs die Deh- nims bezeichnet, dafs das a 2;emeinio1ich ein Mittellaut zwischen a und o ist, wie das Sch^ve-

dische

dftcVie f*, dafs eä, und ue wie Doppellaute in Einer Svlbe gesprochen werden, und dafs /und // sehr gelinde und kaum hörbar lautet, aerade wie das / niouille der Franzosen. Schuldiger klingt fast wie Sc/iuidiger , und alin, fast wie oin,

141.

B a i e r i s c h.

Von Herrn Hazzi in München mitgetheiltt.

Vadä unsä dea du bihst im Himmel, Keiligt werd dein Nam; Zukmiime uns dein Reich; Dein Wihl gschehch wia im Himmel, ahlso

ä ähf Erden ; Gihw' uns lieind unsa taglis Brod; Und vergihw uns unsre Schiüln, abls ach

wiä vergöb'n unsern SchLildichern ; Fihr uns iiöd in YersuecHung; Sondern eiiehs uns von alln Ihblamm.

« < ' «. Der Salzbiirgißche Dialekt ist genau mit dem Baierischen verwandt, doch hat er auch sein Eigenes. Beyträge zu einem Salzburgi- sch eil Idiotikon hat das Journ. für Deutschi. 1784, S. 325, 1785, Th. 1, S. 404. Viele Worter kommen auch in der topographischen Be-chreib. des Ober - Pinzgaues vor, Salzb. 1786, 8- Ein drolliges S rück aus einem Singe- spiele von Adam und Eva im Salzburgischeri Dialekt liefert Gottsched von gleich bffdeutendeti Wörtern in der Vorrede; ein Volkslied aber,

Mithrid. II. O

clie Reise durch Ober - Deutschlatid, Leipzig, 1800, l&tes Bändclien.

Der Oesterreichisclie Dialect ist ein«? Tochter des Baierischen, so wie die Einwohner »elbi'.t ursprünglich eine Baierische Colonie sind. Der Baierische und Oesteixcichische Dialect zu- sammen genommen, werden daher im Lande selbst die Donau- Sprache genannt. Doch ist der Oesterreichisclie weicher, feiner und geschwin- der, besonders in den Städten. Der Hang zu Diminutiven ist dem Oesterreicher nicht a-Ileiii eij^en, sondern mit dem Baier gem.ein. Im Lande ob der Ens ist die Aussprache gedehnt und singend, besonders im Stoder-Thale, aber da stammen auch die Einwohner von Wenden ab. Ältere Überbleibsel dieser Mundart sind die Monseeische Glosse aus dem S^en oder gten Jahr- hundert in Benih. Pezi'i Thesaur. Anecdot. Th. Enenkel, um 1250, liomeck^ 1290, Gregor. Ha- gen^ um 1370, und der JVelfs Kun'ig^ um 1510, Den heutigen Dialect vergleicht mit dem Baieri- schen, Nicolai in Reisen, Th. 7, Beyl. S. XXV; man sehe auch Th. 5, S. 300 31 5 ^ wo in den Beylagen S. 70 145 auch ein Idiotikon befind- lich ist. Die Eigenheiten dieser Mundart, be- sonders in der Aussprache, schildert in gram- inatisclier Ordnung sehr gut: Matthias Hof er s Volkssprache in Oesterreich, vorzüglich ob der Ens, Wien, 1800, 8. Wörtersammlungen lie- fern: Jo. Heurnaniis Opu^cula, S. 692 , sehr ma- ger, daher Verbesserungen dazu in Popowit- schens Untersuchung vom Meere, S. 295, der auch S. 286 von dieser Mundart handelt, \md in seiner Vereinigung der Mundarten mehrere Wörter liefert. /. IL'G. von Justi Anweisung zur Teutschen Schreibart, Leipzig 1755» 8,

311

enthält gleichfalls ein Verzeichnifs Oesterreichi- »eher Provinzial - Wörter. Popowitschem Wör- terbuch der Oesterreichischen Mundart ist nicht gedruckt, sondern befindet sich noch zu Wien in der Hand'schrift. Zv/ey polemische Lieder in der Ober-Oc-sterreichisclien Mundart lieset man in Nicolai's Ileisen, Th. 'j, Beyl. S. i^g, viele Wiener Provinzialismen aber auch m den Brie- fen eines Eipeldauers ^ neue Aufl. Wien, 1795,, imd dem : wieder aufgelebten Eipeldauer," Wien, 1799.

In den dem Erzherzogthum einverleibten Provinzen scheinen sich mehrere Überreste alter. Deutscher Volksstämme erhalten zu haben. -Irr Steyennark hat das Deutsche sechs bis acht ver- schiedene Dialecte. Anders spricht man um Murau, anders um Stadt Krakau, anders ^n^;. Ensthale, anders in der Ramsau, anders um" Lietzen, und wieder anders um Eisenärz Man sehe Bened. Franz Herman's Reisen durch Oester-<- reich u. s. f. Wien, 1783, 8; wo sich auch ei- nige Steyerische W^örter befinden. Etwas von dieser Mundart hat auch Popowitsch in seiner Untersuchung von dem Meere. Einige Kanu thische Provinzial - Ausdrücke befinden sich in der Reise durch einige Thcile vom mittägigen Deutschlande und dem Venetianischen , Erfurt, 1798? 8. In Krain wohnet noch ein verachtetes und moralisch verderbtes Deutsches Völkchen, di6 Gottschewarer ^ welche ein sehr verderbtes^ Deutsch sprechen, und nach Büsching uncH Thunmann von den Gothen abstammen sollen^ nach andern aber aus Franken 2;ekommen sind. '^

Die Tyrolische Mundart ist nach der!^ 5chweizerisGh«ii die rauheste und widrigste iri-^

O 2

i;anz Deutschland. Der Tyroler füllet beyde Backe)!, wenn er reden will, und sein Mund .^^chelrit von hundert Wörtern schwanger, wel- che er auf einmahl heraus stofsen will. Dabey j^ih)t es wieder mehrere Neben -Dialecte, deren in dem südlichen Tyrol allein lünf gezählet werden. ^ Einige Nachricht mit verschiedenen Sprach proben gab de Luca in seinem Leitfaden zum Geschäfts -Style', 17835 8; einer kleinen Schrift von i|^ Bogen, daher ich sie in meinem. " Magazine für die Deutsche Sprache, Th. 2,. St. 1 , S. 100 M'ieder abdrucken liefs. Carl Eh- renbert von MoU versprach, ein Wörterbuch der Tvroler Aelpler in BernouHiS Sammlung von Rei- * sen zu liefern, \velclies aber, so viel ich weifs, nicht .geschehen ist. Ein Duxer - Lied an die Tyrolischen Landesvertheidiger , von dem P. P. Slaudacher ^ Chor-Regent zu Schwatz, 1797, befand sich in den Bareuther politischen Zeitun- gen, 1797» No. 42 und 44. Es fängt sich an;

Wax auf, beym Scblaggai^ar! Auf mit dem Stutz'n! Schoifsts föUä Saggarar Z'ammar beym Putz'n. Maclitigar ist jai kain'r, Sand puröliaitar, Sand lautar tuad'n Baiii'r Schummlat si waitar.

D. i. Frisch auf, beym Sapperment! Auf mit dem Feuergewehr! Schiefst solche verfluchte Kerl zusammen bis auf den letzten Mann. Kei- ner von ihnen hat Kräfte; es sind Bärenhäuter. Es sind tüdte Gebeine. Jagt sie weiter!

ai5

Zu den Deutschen ?,funr!arten gehört aucii die Sprache des Deutschen Völkchens, welches noch in Italien in den nördlichen Gebir'^en an der südöstlichen Grenze Tyrols, im Veronesi- schen in 13, und im V^icentinischen in n Ge- meinden wohnet, und daher den INahmen der Tredccl und Seite Communi führet. Sie haben sich, obwohl der ehemahligen Republik Vene- dig sehr treu, immer bey ihrer alten Verfassuno- erhalten, aber die Armuth ihrer Heimath treibt einen grofsen Theil von ihnen als Hirten, Mau- rer, Krämer, Bergknappen oder Holzhauer aus- wärts, und sie vermindern sich dadurch, und verlieren von ihrer Ursprünglichkeit. S, über sie auch Jo. Costa in den Saggi scientißci e letteratl (klla Acadeiiiia di Padom, Th. III, B. 2. Ohne Zweifel von letzterem Geschäfte finden sich Nah- men, wie Cimuerle und ClmberUni unter ihnen» so wie in der Tyrolischen Mundart zimmern und Zimmermann, wie zimbern und Zimber- mann, das (^jedoch sehr gelinde ausgesprochen, lautet. In Deutschland wurde dieses \''ölkchen zuerst durch Büscking in seiner Erdbeschreibung, seinem historischen Magazin (Th. VI p.nd VIII ) imd seinen Nachrichten (1777, ^^' 39 ""^ 4 0 bekannt gemacht, und es fehlte nun auch hier nicht an Männern, die sich von der zulaUigeii Ähnlichkeit jener Nahmen mit dem der alten Cimbern täuschen liefsen , und jenes Völkchen, gleich dem Panvinius imd Pazzo^ {fiel dnbri Veto- jiesi e Vicenttni^ 3te Ausg. Veron. 1763) als Über- bleibsel jener alten Cimbern betrachteten. Aufher den, in der ältesten Geschklite der Deut- sc/cn bis zur Völkerwanderung S. 125 130 ange- gebenen Gründen, ist es nun durch Joh. von

2l4

Hormayr's GescJüchte der gefürsteten Grafschaft Ty- rol. Tiib. 1806, B. I, Abili. 1, S. 134 IF. aur^cr allen Zweifel gesetzt, dafs jenes Völkchen mit seinen Tyrolistlien Nachbarn von einerley Her- knnft ist. Die Unhaltbarkeit oder völlige Nich- tigkeit der. entgegengesetzten Gründe Pezzos ist nicht nnr gezeigt, sondern es ergiebt sich aus einem langen Glossar S. 146— 182 augenschein- lich die Identität der Sprache der Sette Com- muni mit der Sprache der Bewohner von Pergine^ RoJKOgno^ Lavarone in Tvrol im ehemahligen Bibthum Trient, und eben so gehet aus mehre- ren, dort mitgetheilten alten Sprachproben her- vor, dafs diese Sprache Ober- Deutsch war und ist. AUerdi/ngs ist jene Abkunft von den Cim- bern eine alte Sage unter ihnen, aber sie haben aach eine andere, vielleicht eben so alte, dafs sie hieher aus der Gegend von Colin theils ge- flohen, theils als Bergknappen gekommen seyen. Mögen sie von den Überresten der von Klodo- wio geschlagenen Alemannen herkommen, die Theodorich in Rhätien aufnahm, oder von den Colonien, die Friedrich I im Hohen - Pthätien ansiedelte. Bemerkenswerth ist es, dafs sie die mit Verben zusammengesetzten Präpositionen immer nach denselben stellen, z. B. treiben vor sagen, und statt des Genitivs immer die Präpo- sition von brauchen, z. B. a prueder va Muetter, Das Veronesische nähert sich der Oberdeut- schen Kirchensprache noch mehr als das Vicen- tinische. In die.-em wurde bereits 1632 ein Ka- techismus gedruckt.

148.

Mundart der Sette Commimi in der Gegend von Vizenza.

Von der Itaüäni sehen Orthographie gereiniget in Bäi sching^s Wochenbi Th. 5, -S. 319, und BjörnstvhU Briefen f Th.o.^ 5.269.

Unsar Vatar, dear vume Himmele, Say dorkannet ■*) ear haigar Namen; Kemme eur Ptaich; Schal was jart (ihr) wellt, wia in Himme\

a sho at Erda; Gehbt US heite unsar Proat iifen allen Taghe; Un vorghet us unsare Schulle, wia wiar vor-

gheben den da saint us ßchullek; Un lasset us net fallen in pose Dink; Un boutet (behütet) us vun Sunten, un

vume Teivele. A sa sais!

143.

Mundart der Tredeci Communl in der

Gegend um Verona.

Aus dem Deutschen Museunif 1778, B. 2, S. 134..

Vatter unser, der du pist in Himmelen, Gheheiligh say dain Nam; Und (uns?) zua keme dain Ptaich; Dain Bill geschieghe bie im Himmel, also

auf Erden ; Unser taglich Proat ghib uns haut;

*) Es wenle erkannt.

2.i6

Und vorgliib uns unsere Schiaklen , als auch

hier vorgiiebea unser Schuldighern. Und fuere uns nicht in Versuchung; Sonder uns erlöse von Übel.

An die bisher beschriebenen iichren Ober- Deutschen seh Uefsen sich die vielen Deutschen mir ihr6n Mundarten an, welche in den benach- barten Ländern, Schlesien, Mahren, Ungarn und Siebenbürgen wohnen, und von dem i2ren Jahrhundert zu verschiedenen Zeiten in seibigö eingewandert sind. Sie sind zwar cremeiniülich ein o;emiiichter Haufe, welcher aus mehiern Pro- vinzen sowolil des niedern als obern Deutsch- landes stammet; allein da das hohe in ihrer Sprach6 merklich hervor sticht, so kann ich sie am schicklichsten hier anbrincren.

Schlesien ward in den früliern Zeiten von Quaden und andern Deutschen Völkern be- wohnt. Dafs von diesen noch einige Überreste vorhanden seyn sollten, ist nicht sehr wahr- scheinlich, weim man weifs, wie unduldsam, rohe barbarische Sieger gegen andere Völker lind Sprachen zu seyn pflegen. Als die Slaven hier einrückten, unterjochten und besetzten sie das ganze Land, und veremigten es mit Polen. Als Schlesien eigene Herzoge bekam, und diese des Schutzes der Deutschen bedurften, zogen sie eine Menge Colönisten aus allen Provinzen Deutschlandes in das Land. Da diese bald Ober- bald Nieder Deutsche waren, so, ent- stand aus ilirer V-trbindung eine gemischte Mundart, wobey viel Ilauhes und Hartes der hohen Sprache verloren ging, besonders iii'deh Städten und auf dem Ilachen Lande, dagegen

ai7;

CS in den gebirjri^en Gebenden auch an rauhen

O Co O

widrigen Dialecteji nicht fehlet, vermuthlich \veil diese vorzüglich mit Colonisten aus dem Oherlande besetzt wurden. Jetzt wird in ganz Nieder- Schlesien bis auf einige wenige Gegen- den, und in einem grofsen Theile von 0'~;er- Schlesien Deutsch gesprochen, aber freylich in mancherley abweichenden Mundarten, Die Mischun«; des hohen und niedern besonders in den Städten machre, dafs Schlesien im i6Teii rmd lyten Jahrhundert fiir die im südlichen Ober- Sachsen ausgebildete Schriftsprache em- pfänglicher war, als andere Ober - Deutsche Provinzen, und sich in derselben durch viele gute Schriftsteller auszeichnete. C/in'sti. Meisners Silesia lorjuens, erschien bereits zu Wittenberg, 1703, 4, und im Auszuge in den Greifsuald. kritischen Versuchen, Th. 1, S.'254. Ein Schle- sisches Idiotikon liefert das Journal für Deutsch- land, 1787» Th. 2, S. 133. In eben demselberi Jahre erschien zu Stendal in 8 Versuch zu einem Schlesischen Idiotikon, dessen Verfasser sich am Ende der Vorrede Jo. Ge. Berndt nennet, aber viel fremdartiaes mit einmischt. Eines gev/issen Robinson Schrift von Schlesischen Sprichwörtern, erwähnt Rüdiger Zuwachs, St. 4, S. 136. Von der Sprache der Fürstenthümer Jauer und Schweidnitz wird etwas in Jo/i. Ad. Vai IVeigeh Beschreibung des Herzocrthums Schlesien, Th'. 1 gesagt. Ein Schlesisches Bauernlied lieset mari in A7co/fl/'5 Almanach , Th. 2, S. 72. FüUcborn's Lied im Dialect der Kräuter um Breslau in der: Schlesischen Blumenlese, Heft I, ein Gedicht in der Sprache der Landleute des Glogauischen Kreises von Grohe in: Schlesien ehedem und itzt, 1806, St. 9, S. 711. Wo ich nicht irre, befin-

si8

den sich dergleichen Gedichte im Schlesischen Dialect auch in vStoppen's und Günther's und vielleicht noch anderer Schlesier Gedichten.

Böhmens Einwohner bestehen dem dritten Theile nach aus Deutschen von mancherley zum Theil sehr verderbten und unverständli- chen Mundarten; aber es ist nichts näheres von ihnen bekannt. Unter den Deutschen in Mahren bemerkt man vier verschiedene Mundarten. Die längs der Taja kommen dem Unter- Oesterrei- cher nahe. Im obern Theil des Olmützer Krei- . ses von Zwittau ostwärts b* in den nördlichen Theil des Prerauer Kreises wohnen Deutsche Schlesier. In dem Kuhländchen, worin Neu- titschein der Hauptort ist, herrscht ein grober imd roher Dialect. Ostwärts von Brunn gegen Guntram sind sieben Dörfer, in welchen sich eine beynahe ganz Schwäbische Mundart erhal- ten hat. S. Versuch über die Deutschen Bewoh- ner der Oesterreich. Monarchie, Th. i, S. 32, und Bibliothek der Mährischen Staatskunde, Wien, 1786, 8, B. 1.

In Ungarn gibt es Deutsche in allen Co- mitaten, avo sie theils mit Slaven und Ungarn rmtermischt wohnen, theils eigene Städte und Dörfer haben. Sie scheinen mit den Siebenbüi- gen zu eben derselben Zeit in das Land gekom- men zu seyn. Besonders zahlreich sind sie in der Grafschaft Zips. Sie sollen nach dem Ungar. Magaz. Th. 2, S. 480, aus Meifsen oder Thürin- gen, nach Christi. Genersichs Merkwürdigkeiten der königlichen Freystadt Käsmark, Caschau, 1804, 8 aber, von dem Ober- Rheine stammen, weil die Zipser Kirchen in den ersten Jahrhun- derten der Ungarischen Monarchie ihre Geist- lichen auü Strabbuj."g zu ziehen pflegten. Aber

die Einwohner von Kasmarl: sprechen sehr gut Deutsch in der besten Mundart von Schlesien, und beweisen auch durch ihre Sitten, dafs sie aus Schlesien gekommen sind. Einige Zipser Idiotismen findet man in Sam. Bredeczky Beyn\ zur Topographie des Königreichs Ungarn, Wien, 1803, 8; einige Presburger aber in Korabimky Beschreibung von Presburg, S. 119, und dem Ungar. -Magaz. Th. 4, S. 58, 291. In dem letz- tern wird auch S. 432 etwas von den Deutschen in der Thurotzer Gespanschaft gesagt.

Aus Sclilözers kritischen Sammlung zur Ge- schichte der Deutschen in Siebenbürgen er- hellet, dafs schon seit Stephani Tode 1038 ein- zelne Deutsche Familien in Dacien eingewan- dert sind. Die eigentliche Colonisation fing sich aber erst unter Geysa (1141 1161) an, der das verödete Land ernstlich mit Deutschen wie- der zu bevölkern suchte. Die Hermanstadter Colonie war die erste, und diese bestand größ- ten Theils aus Flamländern oder Nieder- Deut- schen. Ihr folgte die Kronstädter und Bistrizer, welche aus dem südlichen Deutschlande kam. Geysa und seine Nachfolger benutzten dabey die Kreuzziige, und suchten die durchwandern- den Deutschen durch ansehnliche Bedingungea im Lande zu behalten. Kenig Andreas nahm 1211 die Burzelländischen Sachsen auf, welche i\en Nahmen von dem Flusse Bona bekamen. Dergleichen Anpflanzungen dauerten auch in der Folge ays allen Gegenden Deutschlandes fort. Als der kaiserliche Feldherr Castaldi 1553 Siebenbürgen verlieft, blieb der gröfste Theil seiner Truppen im Lande zurück, setzte sich in die DeutscJien Städte und Markte, und nahm das Bürgerrecht an. Eben so kamen such 1664

220

viele Sachsen, Nicclerländer, Malirer, Sclnvs- ben u. s. f. dabin. Schon daraus erhellet, dafs die Siebenbiirgischen Deutschen eine Mischung aus allen Provinzen und nicht hlols Sachsen sind, %velchen Nahmen ihnen vermuthlich die Ungarn von den ersten Ankömmlingen gaben, so wie sie jetzt alle Deutsche Schwaben zu nennen pfle- gen. Sie selbst nennen sich nur selten Sachsen, sondern Detsche, d, i. Deutsche, dagegen sie die Deutschen Muoser nennen sollen, welches Nah- mens Ursprung und Bedeutimg icli zu wissen "wünschte. Diese Mischung des Hohen und Mie- dern, doch mit merklichem Vorblick des Hohen, erheilet auch aus ihrer Sprache, welche, eben so wie Kleidung und Sitten vieler Einwohner, noch ganz so wie bey ihrer Einwanderung ist, in ihren Geschäften unter sich gebraucht werden mufs, wenn man auch Hochdeutsch mit Frem- den spricht, und Hoclideutsch schreibt, und welche sich wieder in viele Mundarten theiler, die sich doch auf vier Haupt - Dialecte zu- rück führen lassen. i. Der Hcrmaiist'ddthchc^ der gebildetste, daher er auch immer mehr ver- altete Wörter ablegt, welche noch in den übri- gen fortleben. 2. Der lironstädtische oder Bar- zellündische ^ welcher vieles Eigenthümliche hat, und den Hermanstädtern oft unverständlich ist. Besonders verwandelt er das w gern in b. Für zwinzig, zwanzig, spricht er sbinzrg, für Sc/nvemk, ein Schwein, Sbeng. 3. Dcx Bistrizisc/ie, wel- cher nur halb Deutsch, und daher den übrigen sehr unverständlich ist. 4. Der Bäuerische m den übrigen Deutsclien Gegenden. Er ist vor- züglich reich an alten Wörtern, \velche der heu- tige Deutsche nicHt mehr kennet. Man sehe das Schreiben über die Siebenbürgische Sprache i?i

Ä2 J

den Wiener gelehrten Zeitungen von 17-75 und daraus in den Braunschweig, gelehrten Anzei- gen, lJ75i St. 93; Jose. Berikö Transylvania, Th. 1, S. 466; Tb/?. 6<?yfe/-/.y Nachricht nebst einl- egen Provinzial-Wörtern im Ungarischen rvlagaz., St. 3, S. 5 und 21^ die Siebenbürgische Quar-- tal- Schrift von 1795. In dem. gedachten, Ungar» Magaz. befindet sich, Th. .4, S. 22, das Hohe- lied im Hermannstädter Dialect, und S. 484 ein Gespräch zwischen einem Blofüsser und Krika- ]iayer Bauer. Die Siebenbiirgischen Zahlen so- wohl im Hermanstädter als Kronstädter Dialect hadet man in dem Orient, und Occident. Sprach- nieister, S. 203. Die folgende Formel wird Sie-^ benbürgisch überhaupt genannt, ohne den Dia-, lect näher zu bestimmen. Ver^iutlilich ist es der H.er;nanstädter.

. ■'■ 144.

Siebenbürgisch.

Aus der Leipziger Sammlung ^ S. 53.

Foater aiiser, dier dau best eni Hemmel, Geheleget verde deing Nunien; Zaiikom aus deing Rehcli; Deing Uell gescliey äff Jerden, als vey ein

Remmel ; Auser daglich Briut gaff aus heigd; Ond vergaff" aus auser Schuld, vey mier

fergieii auseren Schuldigeren; Feir aus net in Fersechung; Saundern erlüs aus von dem Üvv'ell. Demi deing es dat Piehcli, dei Krafft, ont

dei Herrleget von Jeveget zau Jeveget.

Amen.

Ich muß hier nocJt Sc« Jüdisch- Deut schett gedenken , weil das , was darin Deutsch ist, sichtlich aus der höhern Sprache entlehnt wor- den. Es ist ein abenteuerliches Gemisch ver- derbter Deutscher, Hebräischer, Polnischerund Französischer Wörter, wobey die Anfangs- und Endsylben der Hebräischen Wörter seltsam ver- unstaltet worden. Er liot gekinjent ^ gegmift , ge~ achelt ., geschajsjent. Es ist sonderbar, dafs blofs die Deutschen Juden die Landessprache so ver- imstalten, dagegen sie selbige in andern Län- dern sehr rein und richtig sprechen. Dieses Gemengsei entstand von den Polnischen Juden, welche die Deutschen aus Verachtung ihrer eige- nen Gelehrten kommen liefsen, und sie zu Er- ziehung ihrer Kinder und zu Rabbinen ge- brauchten. An deren Kauderwelsch gewöhnten .sich nach und nach auch die Deutschen Juden, und vergafsen darüber ihre eigene Sprache, die Ilabbinische. S. S'im. Hochheimer über Moses Men- dehofins Tod, Wien, 1786. D, Friedländer s Send- schreiben an die Juden über die Jüdisch- Teutsche Sprache, Berlin, 17881 8. An Anweisimgen zur Erlernung dieser Sprache fehlt es nicht, deren Rüdiger im Zuwachs St. 4, S. 144 mehrere an- führt. Dahingehören: Animerbachs Abc- Biic]t, auch Anweisung die Rabbinischen Teutscheu Bücher und Briefe ohne Puncte zu lesen, Mag- deburg, 16897 4; Jo. Christo. IVagensei/'s ]^ele]^- rung der Jüdisch- Deutschen Red- und Schreib- art, Königsberg, 1699, 4, Frankf. a. M. 1715, 4, mit verschiedenen Aufsätzen in dieser Spra- che; /. IV. Jüdischer Sprachmeister oder Erklä- rung derer gewöhnlichen Redensarten der Ju- den, 1702, 8; JO' Mich. Koch brevis manuductio ad lectionem scriptorum Judaeorum Germanico*-

225

mm, Frcf. a. M. 1709; PhUoghtti (nach Rüdiger /. P. Lütke) Anweisung zur Teutsch- Jüdischen Sprache, F'reyberg, 1733, S; Jüdischer Sprach- meister, Frankf. ,1742, 8; Jo. Heim. Calknbergs Anleitung zur Jüdisch - Teutschen Sprache, Halle, 1749» 8; Wilh. C. Just Chrysanders Jü- disch-Teutsche Grammatik, Leipzig, 1750, '4^ Gotifr. Seligs Anleitung zur Erlernung der Jü- disch - Teutschen Sprache, Leipzig, 1767, 8r eben dess. Lehrbuch zur gründlichen Frlernung der Jü-disch- Teutschen Sprache mit einem voll- ständigen Wörterbuche, eben das. 1792, 8; /i //. Calknbergs Jüdisch -Teutsches Wörterbüch- lein, Halle, 1736, 8; Hand-Lexicon der Jü- disch-Teutschen Sprache, Prag, 1776, 81 2te Aufl. Prag, 1782, i&t nur ein neues Titel- blatt vor der vorigen Auflage. Von den Jü- disch-Teutschen Bibel- Übersetzungen handelt Jac. Frid. Reimmann in der Historie der Jüdi- schen'Theologie, S. 132, und S. J. Baumgarten in der Hallischen Biblioth. Th. 3, S. 95 folg. Das Jüdisch -Teut^che V. U. in Christ. Möllers Jü- disch-Teutschen N. T. Frankfurt, 1700, 4, ist xvie die o;anze Übersei zung blofs Luthers Arbeit mit Jüdisch -Deutscher Schrift, und einer klei- nen Veränderung in Ansehung der Aussprache, V. B. mir statt wir ; daher ich sie übergehe. Da- gegen befindet sich im. Chamberlayne S. 65 eine andere, welche Wilkins nach der V^orrede aus- dem Munde eines Deutschen Juden niederge- schrieben hatte. Dort und in der Leipziger Sammlung S. 34 befindet sie sich blofs mit Rab- binischer Schrift ohne Lesung, in des Hervas Snggio prattico S. 18g aber mit Lateinischer Schrift, nur daCs er die letzte Bitte aus Versehen Weggelassen hat.

3S4

145- Jüdisch ~ Deutsch.

Nacli Hervas, S. tgg.

Äunzor Patir, dähar ain Himal iz, Haz ziä gihiligit diuiiin Naman; Haz kiimi diin Kinikrüv ; Haz zam gemaliam din Wilan auip Hardin,

gelik wia aini Himal; Aun gib auiiat liithi aunezereth gezi haltiii

Beiuith; Aun fregib auneth aunzeri Thuldin, geliik

mir aiiik fregehabiii tzu dia aunoz"

thutzuuig zinin; x^un berlianag aunez ain küni Ferzuifeneg;

Unmittelbar an dieses Gemencrsel schliefset bich die Rot/iwelsche I)iebesspTa.che an, von Rot^ in dieser Sprache ein Landstreicher, und Wnlsch^ fremde Sprache. In Schwaben nennen sie bicli Jenischer ^ und ihre Sprache Jenisch. Diese be--^ stehet zum Theil auch aus Jüdisch -Deutschen Wörtern, noch mehr aber theils aiis selbst ge- schaffenen Wörtern , theils aus gangbaren Wör- tern mit neuen ungewöhnlichen Bedeutungen, und deren sich besonders die Ober-Deutsclieii Diebesbanden bedienen. . Man sehe: Abrifs des Jauner- und Bettehvesens in Schwaben, Stntt- gard, 1793, 8, S. 285 299; Liber Vagatc- runi, der Betler ofden, ohne Ort und fahr, aber um 15 10, 2 Bog. in 4, mit einer kleinen Sammlung von Wörtern; von der falschen Bett- lerbüberey und ein Rotwelsch Vocab.nlarius

mit

k

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mit Luthers Vorrede, I531, 8; Conr. Gesners Mithriclateb, Zürch, 1553- 8, wo S 736 770 das Elementale und Voc.ibiilarium des Rot\vel- sehen gegeben, dasselbe aber, wie auch von andern geschehen, irrig mit der Sprache der Zigeimer verwechselt wird; Anleitung und Be- richt der Landfahrer und Bettlersprach, 1590, 8; Bonav. Vulcanius de literis et lingua Getarum, Lugd.Bat. 1597, 87 S. 105, Rothweliiche Gram- matik, d, i vom Barlen der VVanderschart, u. s. f. 1601, Si ^i"d blofs einige Wörter, deren sich auch in Philanders von Shtewakl (Moscherocli ) Strafbchriften, Th. 2, S. 633 655 unter dem Nahmen FeU sprach befinden. W. H. B J. Bey- trag zur Rotwelschen Grammatik oder VVörrer- buch von der Zigeuner (nicht doch) Sprache, Frankf. a. M. 1704, 8 Rotwellsche Gramma- tik oder Sprachkunst, d. i. Anweisung, u, s. f. Frankf. a M. 1755, 8; enthalt sowohl ein Rot- welsch-Deutsches als ein Deutsch -Rotwelsches Wörterverzeichnifs, nebst einigen Aufsätzen in dieser Sprache. Wahrhafte Kntdeckung der Je- nischen Sprache vom Kostanzer Hans, 1790, 8.

2. Nieder - Deutsch.

Ich habe es in meiner ältesten Geschichte der Deutschen bis zur Völkerwanderung wahr- scheinlich zu machen gesucht, dafs der c^anze Nieder -Deutsche Sprachstamm, wenigstens, so viel davon auf Deutschem Grund und Boden gewohnet, den Nahmen der Kimbern geführct, welchen sich ein von ihnen abstammender, abt^: mit Gallischem Blut und Sprache vermischter Zweig in Wales noch jetzt bevleget. Im Walli- sischen bedeutet Cymro (sprich Kymro) nocii Mithrid. II. P

22G

jetzt einen Eingebohrnen, einen Einwohner, so clafs dieser Nähme eine eben so allgemeine Be- nomung seyn würde, als Teut ^ Goth und hun- dert andere.

Die Sprache dieses Stammes ist der gerad* Gegensatz des Ober- Deutschen. Ward diesem Härte der Organe, Fülle des Mundes, und ein ewiges Hauchen, Zischen und Blasen zuTheil; so athmet jene nichts als Weichheit, Schlüpfrig- keit und träge Kürze. Das ch , für welches sie immer so gern ein k hören lälst, kennet sie in um, aufser in einigen, gröfsten Theils aus dem Ii'och - Deutschen entlehnten Wörtern. Dem jf und z schiebet sie immer. gern ein / unter. Den vollen Oberdeutschen Zischer vermeidet sie vor Consonanten ganz, und läfst dafür ein gelindes s hören, und selbst vor Vocalen lautet er ihv in vielen Gegenden nach Art der Griechen ■'.vie s<y. Eben so vermeidet sie, einige gröbere Mundarten ausgenommen, die Oberdeutschen Doppellatite und tiefe Vocale, und ziehet ihnen gern die höhern einfachen vor, pipen, Piper für lijfifcn^ PJeiJer.. Al>> eine erklaite Freundinn aller sanften und leicht fliefsenden Töne sind ihr selbst die weichen Consonanten, besonders das d oft noch zu hart, daher sie selbige in der Aus-n spräche häufig überschlüpfet: lacn^ laden, Bön^ Boden, I.eer^ IVeer, Leder, W^etter. Diese W^eichlichkeit führet sie zugleich, zu einer viel sagenden , aber auch oft unperiodischen Kürze. Da sie erst spät au^^gebildet worden, so ist sie zwar reich an Ausdrücken für das Seewesen, aber arm an Nahmen für unsinnliche und ab- stracte Gegenstände, daher sie in solchen Fäl- len genöthiget ist, bey ihrer reichern Scluveötcr zu borgen.

2:^7

Dieser Stamm theilet sich, die Gallisch ae- wordenen Belgier, von welchen zu seiner Zeit gehandelt worden, abgerechnet, in die eicrent* liehen Germanischen Kimber am Nieder- Rheine und in der Kimbrischen Halbinsel bis an die Ei- der, in die Scandinaven in Jütland, Norwegen und Schweden, und in den Deutschen Überrest in der heutigen Englischen Sprache. Um nicht Gegenstände , welclie unmittelbar zusammen gehören, zu weit von einander zu entfernen, schränke ich mich hier blofs auf die Nieder- Deutschen diesseits der Eider und Ostsee ein, und vcirspare alles übrige bis zuletzt.

Vor der Völkerwand eiTing bewohnte dieser Stamm das nord- westliche Deutschland, und hatte gegen Abend die von ihm ausgeganoenen Belgier, und gegen Morgen die unruhigen Sue- ven, welche ihn nach und nach bis in die Süm- pfe des Nieder- Rheines gedränget hatten. Hier war derselbe in mehrere kleine Völkerschaften getheilt, welche noch Caesar und Tacitns kann- ten, und deren jede sich wahrscheinlich durch ihre Mundart von der andern unterschied. iNach und nach verschwinden die meisten dieser klei- nen Völkerschaften aus der Geschichte, und es treten dafür drey Hauptvölker auf, welche sich alle vorigen einverleibten, die Franken, Frie- sen und Sachsen.

Die Franken^ erweislich ein Ausflufs mehre- rer Völker am Nieder-Rheine diesseits der Elbe, besonders der Si2;ambern, bemächtigten sich des giölsten Theils des westlichen Deutschlan- des, und gingen darauf, nachdem sie uns die mittlere Deutsche Sprache oder das Fränkische hinterlassen hatten, nach Gallien, wo sie m.eh- rere Jahrhunderte lang vieles Geräusch machten,

P 2

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imd darauf für die Deutsche Sprache auf Immer verloren gingen. Das einzige Überbleibsel ihrer altern Sprache, worin dieselbe noch am rein- sten erscheinen mag, sind die Deutfcchen Glos- sen des Salischcn Gesetzes, welches als ein Straf- Tarif zum Behuf ihrer ersten, von den Römern eroberten Provinzen am Nieder- Rheine, folg- lich in Lateinischer Sprache niedergeschrieben, und in der Folge in Gallien unter den Meroväerii mit Deutschen Glossen versehen wurden. Was davon noch erklärbar ist, ist es blofs durch die Überbleibsel der alten Friesischen und Angel- Sächsischen Mundarten. Da ich in der Folge bey der Bildung der Mittel-Deutschen Sprache durch Franken auf sie zurück kommen mufs, so kann ich bie übrigens hier übergehen. Sie dehn- ten bald ihre Eroberungen über ganz Gallien aus, wo sie aber auch für die Deutsche Sprach- j^eschichte verloren gingen. So also blieben hier die Friesen und Sachsen, imd die aus bey- den vermischten Niederländer übrig.

ß) Friesisch.

Friesland lieg-t an der äufsersten Grenze des nördlichen Deutschlandes. An der Seeseite ist es von allen Völkern völlig abgeschnitten, und von der Landseite \var es ehedem durch tiefe Moräste gedeckt. Da nun die Friesen aucli keine Fremden unter sich duldeten, so gelang es ihnen, unter allen Deutschen Völkern Spra- che und Sitten am längsten rein zu erhalten, daher die letztere eine vorzügliche Aufmerksam- keit verdienet.

Zu Plinii, Taciti und Ptolemai Zeit wohn- ten die Friesen von dem mittlem Ausflusse des Rheins. bis zur Emse, und die Kauchen, ihre

i

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nahen Stamms- und Snrachverwandten, von der Emse bis 7Air Elbe. Bald darauf verbanden sie sich mit den Sachsen, ob freyvvillig oder durch Gewalt eines oder des andern Theiles, ist unbe- kannt, und nun breiteten sie sich im 6ten oder 'jten Jahrhundert in Westen bis zur Scheide und Maas, und in Osten über die Elbe bis zur Eider aus. Unter der Fränkischen Herrschaft wurden sie wieder zwischen der Maas und Weser einge- schränkt. Carl und seine Nachkommen liefsen sie durch Grafen tesiieren, welche sich mit der Zeit jenseit des Fiyes erblich machten. Dieses westliche Friesland nannte man daher das erb- liche, und hier ging die alte Friesische Sprache bis auf wenige Gegenden am frühesten verloren. Der östliche Theil 7\vi!»chen dem Fly und der Weser, oder das freye Fneskmd theilte sich in die sieben Seelande, welche alle Jahr ihre ge- meinschaftlichen Landtage zu Upstalsboom bey Aurich in Oit- Friesland hielten, wo vermuth- lich auch die ältesten noch vorhandenen Gesetze entworfen wurden, ob^fleich diese Landtage sich in der Geschichte nicht bis über das I3te Jahr- hundertverfolgen lassen ''). Dieses freye Frieö-' land erhielt sich, mancher Erschütterungen von Innen ungeachtet, bis zu Anfange dr-s i ^^en Jahrhunderts, und bis dahin wurde auch die alte Friesische Sprache geredet. Um. flie Mitte des I5ten Jahrhunderts kam Ost-FrieJand un- ter die grafliche Regierung, und mit den übri- gen Seelanden gingen bald darauf auch man- cherley Veränderungen vor. Nach dieser Tren-

*) S. Tilem Dothia^ IViarda von den Landtagen der Friesen bey üpstalsboor.i, Bremen, i7"7, 8? ^^^'^ häufigen Auszügen aus den alten Gesetzen.

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nung gewöhnten sich die Friesen an den Um- gang mit den Fremden, Sitten und Sprache liör- ten auf, und die Nieder- Sächsische und Nieder- ländische Sprache wurden überall die Schrift- und höhere Umgangssprache, bis sie sich end- lich auch der Zungen des Landvolkes, bis auf wenige Überreste bemächtigten.

Zur Zeit ihres Flores theilte sie sich in sehr viele Mundarten, wie unter andern auch aus den manch eriey Gestalten erhellet, in welchen ein und eben dasselbe Wort in den alten Friesi- sclien Schriften vorkommt. Ac^ aek^ cc, aeck^ ecta^ eta, bedeuten alle auch; Adama, Aiulema^ .Eihimi ^ Onima^ der Atliem; c/Vß, ajla^ echte ^ attc^ äclit; ö/, o/, eUe^ alle^ alle; askem^ ask/'a, äsr/ie/jy wrashcn ^ heischen, fordern; welche wohl nicht alle von der Unbeständigkeit der Schreiber her- rühren.

Was von ihr noch übrig ist, bestehet aus dem Lateinisch gescliriebenen Lege Frisionum, ohne Zweifel aus Carls des Grofsen Zeit, tlieils in Gesetzen und Rechtsbüchern, theils in Ur- kunden, wovon aber nur weniges bis in das I2te Jahrhundert reichen mag. Ich werde die vornehmsten derselben im folgenden uahmhaft machen. Eine so merkwürdige Sprache verdie- net wohl, dafs ich eine kleine Stelle zur Probe hersetze. Sie ist aus dem noch ungedruckten Brokmer Rechte, folglich in der alten Ost- Frie- sischen Mundart, \vahrscheinlich aus dem I3ten Jahrhundert aus Wiarda Gesch. der Ost-Frisi- schen Sprache, S. iS-

Wenn liejiet TocJscTiIag oder Lamuna;,

Hwersa lidsze Daddel ieftha Leiiietlie,

so niiif'^ mau inner Äc-.m ersten von jeder Seite

sa motma uader forma fon evder Sida

iiicbt klagcH, es denn «ey, daf« ilim alle seine

jiaut baria, liit iie se, thet him alle sine

Habe abgebrannt sey, so nicht mag man diesem mit

Ära ofbernet se, sa ne meyma thet mith

keinem Tudiclilag gegen zeugen. Der Ricliier

nanene Daddele aien tya. Thi ReJieva

enisclieii^e seiner Partey Sache. Klager man über

skeppe sinis Hadiiigis Secna. Tiachma oppa

einen GegeHkämpfer weg^n Verwandtschaft, und man streitet,

ene Jen bare umbe Sibba , and ma sziiiie,

so entsclicide der Richter mit dem, der ihm al-

sa skeppe thi Redieiia mith him, ther him al- ler nächst ist. Streiten Äiese rwey wegen der Ver- la nest is. Sziauie hia tueue umbe tha Sib-

■wandtschaft, so entscheide das die gemeine Versammlung,

be, sa skethe thet tili LI mene Acht,

tmd wer so das Unrecht hat, so soll er

and hweder sa thet Unriticht het, so skel hi

eine lialbe Mark rciclien dem Richter.

ene haiue Merc resza tha Redieuen. . . .

Klaget man an zwey Familien oder ihrer anc.er,

Barathma tua Sinnethe, oftha hira other,

so sollen sie allen Hand seyn, es s#y Kämpfer

sa skeiin hia alenHoud wesa, hit se Bare,

oder Gejenkampfer in ihrer zweyer Verwandtschaft.

ieftha Jen bare inna hira tuira Kenne.

D. i. „Wenn Mord oder Lähmung vorgefallen, so mufs man unter dem ersten Grade der V^er- ,wandtschaft nicht auf den Kampf klagen, es -sey denn, dafs dem einen seine ganze Habe abgebrannt sey, alsdann können die Ver- wandte des Erschlagenen den Brand mit dem ,Todbchlage nicht compensiren. Der Richter „setze alsdann den Schaden des in seinem Ge- „richtszwange wohnenden Eingesessenen fest. „Wird wegeJi Verwandt.scliaft des Gegenkäm-

5i$2

5, pfers Einwendung gemacht, und man streitet 3, darüber, .so enr^cheide es der nachbarliche „Richter, mit dem competenten Richter. Kön- „nen diese beyde sich wegen dc> Verwandtschaft „nicht vergleichen, so entscheide es das Voljc, ., und wer denn Unrecht hat, bezahle dem Rich- „ter eine halbe Mark. . . . Klaget man kämpflich „auf zwey Famihen, oder diese unter sich, so „soll aus beyder Verwandtschaft einer fiir alle jjStreiten, er sey Provocant oder Provocat."

Eine kurze, noch sehr unvollständiöe Litte- jatur der alten Ost- Frisischen (rK;hriger Frisi- schen) Sprache entwarf Hr. Diac. Ki/nlerling in der Schrift für Deutsche Sprache, Litteratur und Cultur- Geschichte, S. 162 166. Vor-' trefflicli ist Tilem. Doih.ias Wiarda Geschichte der alten Frisischen Sprache, Aurich, ly 84-) 8? imd dessen Alt-Frisisches Wörterbuch, eb. 1786, 8; nur Schade, dafs sich das letztere blofs über die - alten Gesetze erstrecket, und die Sprache des gemeinen Lebens, da sie imm'er mehr ausstirbt, in Gefahr ist, völlig verloren zu gehen. Sehr brauchbare Nachrichten enthalten auch seine Ost-Frisische Geschichte, und übrigen Schrif- ten, vorzüglich aber des ehemahliuen Regie- rungs-Rathes Matthias von Wicht Ost -Friesisches-' Landrecht, Aurich, 1746, 4, sowohl in der reichlialtigen Vorrede, als in den Armierkungen. in dem Buche selbst. Einige Schriften über ein- zelne Mundarten werde ich noch im folgendexii. anführen.

Das alte Frisische läfst sich nehmlich nach den Gegenden, welche es ehedem beherrschte, in drey Haupt-Dialecte theilen, in das Batavi- sehe Frisische, das Kaue hi sc he Frisische, und das Nord -Frisische, ^vclche wieder mancherley Un-

J

ter-Dialecte hatten. Aus dem ersten Bezirte ist es von dem Niederiändi.^chen , ans den beydeii übrigen aber von dem Nieder- Sächsischen ver- drängt worden."'

o

(i) Batavis che Friesen. Das Batavische Friesland bearifF den nörd- liehen Theil der heutigen Niederlande, nehm- lich Weat-Friedand mit einem Th eile von Nord- Holland, die Provinz Friesiand, Groningen imd Drenthe. Von der ehemahligen Sprache dieser Gegenden sind noch mehrere Gesetze, Landes- rechte und Urkunden vorhanden, welche sich in Christi. Scholani Beschryvinghe van Friesland ^ der zweyten Ausg. ohne Jahr, und in dessen Gesdde- denissen van Friestand^ Franecker, 1653, fol. Am.- sterd. 1660, fol. in Pet. Winshemii Chronique ofte. historische Geschiedenisse van Vriesland^ Franecker, 1622, fol. in des Gabhema Verhael ':an Leuv-'cirdLen^ Franeker, 1701, fol. in Oudhedtn en Gestichten van Groningen^ Groningen, 1724, in des von SchivarzenAerg groot Plccat - en Charter - Boek van Vries/and, Le i i ward e n, 1768 ? fol. in den Ver~ handelingeTi door en Genootschapp pro excolendo Jure patriae^ und andern ähnlichen Schriften befin- den. Die zehn Gebothe aus einem dieser Rechts- hücher liefert von Wicht Vorr. S. 136, und daraus Michaeler in Tnhb. paralleUs Th. 2, 8,394. Joh. Gadovs , Predigers zu Stedesdorf im Harlinger Lande, welcher nachmahls Midier hiefs, unge- drucktes Memoriale linguae Frisicoe antiquae offte the Gehügnijse van de oJde Friska Mems^Tale ^ ge- denkt von Wicht in der Vorrede, S. 40. S. auch Berlrams Parerga- hist. litter. S. 114; und die l'er- gleichung der Westfriesischen mit der Deutschen Spra- che in den Fragmenten aus dem Tagebuche eines

Fremden jnehrehthcUs \\'ährcnd dessen Aiifenthah in einigen Dänisclien Staaten gesammelt ^ Kopenh. i8go, wo sich ein 1748 verfertigtes Gedicht ei- nes Friesen nebst der Deutschen Übersetzuncr

o

befindet. In West - Friesland v/ar diese alte Sprache noch im löteii Jahrhundert gangbar, aber seitdem hat sie überall ilirer Tochter, der Niederländischen, weichen müssen, ausgenom- men in einem Theiie des flachen Landes in dem Belc^ischen Frieslande, besonders in und um den Städten Molkweren und Hindelopen , imd dem Dorfe' Bolswert , wo .sie noch unter dem Land- volke in verschiedenen Mundarten gesprochen -wird, obgleich auch nicht mehr ganz rein , son- dern mit Niederländischen und Französischen IVörtern vermischt. Molkweren hat auch in der Bauart vieles besonders. Jeder bauet, nach Sitte der alten Deutschen, wohin es ihm gefällt, daher der Ort für einen Fremden ein wahres Labyrinth ist. Das andere Geschlecht wäscht nocli alle Woche sein Haar mit Seife imd Pott- asche, um es blond zu machen, wie Plinius und Martial von den alten Deutschen überhaupt sagen. Die Sprache kommt noch sehr mit dem Ano-el - Sächsischen, und durch dasselbe mit dem heutigen Englischen überein. Der Käse heifst HoUändi^ich Käse, EngL Cheese {Tsc/ii/js), zu Molkw. Cheese oder ScJnse; die Kirche Holl. Kicrke^ Nieders. Karke , Engl. C'imrch ^ zu Molkw. Qiureh, oder Tschurch. Man sehe Uffenbachs Rei- sen, Th. 2, S. 326, 341, 346") besonders 352. Dafs sich diese Sjjrache seit einem Jahrhundert beträchtlich verändert hat, erhellet aus dem nachstehenden V. U. Gisbert Japy-r, Rector zu Bolsivert, gab zu Leuuac-rden, 1681? iii 4, ei- nen ganzen Band Gedichte in seiner Landes-

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«praclie unter dem Titel Friesche Rymlene nebst einer kurzen Sprachlehre heraus, wo jemand, welcher auch Deutsch zu verstehen glaubt, seine Kräfte versuchen kann. Umständlich handelt davon von Wicht in dem Ost -Fries. Landr. A'oiT. S. 43, und von Seelen in Memoria Stadeniana, S. 97. Ein Stück aus seinen Gedich.ten mit dem Horländischen verglichen hat ten Kaie in der .177- leidhig Th. 1, S. 699 710. Sein Nachfolger Joh. Hilarides, welchen Uffenbach 1712 kennen lernte, war gleichfalls ein Friesischer Dichter. Ein Gedicht von ihm an Tob. Gutberleth beün- det sich vor des Simon Abbes Gabbema VerJiael van Leuivaerdcn, Franecker, 1701 , 8.

146. Friesisch*).

Aus Bonav. Vulcanliis de Utteris et Ungiia Getariim, LeU den, 1597, S. y8> und daraus ditspäteni Sammler.

Ulis Haita, du derstu biste yne Hyniil, Dyn Name wird heiligt; Dyn Ryk to komme;

Dyn Wille inoet schön opt Yrtrik, as yne Hymil ;

*) Die ersten bevden der folgenclen Fornaeln wer- den zwar nur Friesisch überhar.pt genannt, ohne die INhindart näher zu bestimmen; allein sie |g,eliören ohne Zweifel den Batavischen Friesen zu. Die erste aus dem Vulcanius könnte wohl j:ioc1i West- Friesisch seyn, ■wo die Sprache zu seiner Zeit noch nicht ganz abge- storben war. Überall blickt doch schon viel Nieder- lä'ndisciies vor. Vernmthlich hat die Kircheusprache dessen mehr aufgenommen, alsr^jß g,emeine Um- gangssprache. In Japyx Gedictiten iit sie weit unver- ständlicher.

Ulis deilix Brö jou ulis jued;

In verjoii ulis iihs Schylden, as wy vejoiie

. ulis Schyldnirs,- In lied uhs naet in Versieking; Dyn fry uhs vin. it Quaed. Din dyn is it Ryk, de Macht, in de Hearli- kheit, ynYewicheit. So mötted wese!

147- Gemein Friesisch.

Aus Chamberlayne S. öß» ^^^'' ^^ ^'^" eineTU gelehrten Friesen hatte. JLr nennt es communi stilo.

Oo! uiz ejneHejte, derst uw biste ienue

Hieniniel, Dien Namnie mut holhg wezze; Dien Keuningdom nuit neealije; Dien Wolle mut schien op d'Jerde, alliek

az ienne Fliemniel; Jow uis joed uiz dejz Breea; Scheid uiz uiz Schieiden kwiet, alliek az Avy

uiz Schiel dners kwietscheldje; Bring uiz naat ien Bekooring; Mar ferloz ujz fen it Oucke. Oni dat dienz iz it Keuningdom, de KrelFt,

in de Glaans ien Jewigheit. Amen.

148. Molkwerisch im i6ten Jahrhundert. .

Aus T. D, W tarda Gescliichte der ahen Friesisdien Sprache, S. üQ.

Uis Vaer, dy't jy ynne Hymmelen blnne, jys J>»[ämme vvoarde heylige;

^'37

Jes Kenningkryk komme;

Jes Wille geschaede, hkeii as ymie Hym-

melen, äse oppe Yercle; Üis dagelyks Brae jau lüs Joe; In foarjä iiis uis Schioldeii, lyken as wy

foorjaee uis Schioldners; In bring nis naet yn Voarsiekyng; Maer befrye uis foer de Ouaee; Want jus ist Kenningryk, in de Kraeft, in

de Haerlykheit yn Aeuwiglieit. Amen.

149- M o 1 k w e r i s c h.

So ivle. es Hemsterhuis dem Chamberlayne mitge" theikt halte, S. gß«

Oes Veer, der ün de Hiimlen binne, Jimme I^emme word heil'ge; Jimme Keunimk-rlike kern to; Jimme Wolle geschied op d'jerde alLük as

ün de Hummel; Joeoß oes joe oes dageliiks Broeoe; Ell lorjoeoe oes oes Schiolden, alliik as wi

vorgoeoe oes Schjold'ners; Ende en leide oes naat ein Yorsiekünge; Mar vorlos oes van de Rvvoeoe. Want jimmes iis 'et KeunLink - riike., en

de Kreft, en de Elceiiiikheit, ün der

Jeuvvigheit. Amen.

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150. Heutiges Molkwerisch.

^us Foeke Sjordes algernene. Beschryv. van Friesland, TIi. 1 , S. 308 , in Wiarda Gesch. der Fries. Spr. S.QQ.

Uhs Fauer, der y binne ynne Himmelen, Jen Namme vvorcle heilige; Jen Kenniiigryk komme; ^en Wille geschae, allyk ynne Hymmel,

soa aeak op Jerde; Uhs dägs Brae jouw uhs joed; In forjauw uhs unzze Schielden, clllyk aek

wy forjouwe uhs Schieldeners; In lied uhs naet yn ForSieking; Mar Torlos uhs fen den Quaeden. Want Jens ist Kenningryk, in de Kraft, in

de Haerlykheit ynne Jewigheid. Amen.

H i n d e lo p i s c h.

Aus Chamberlayne, S. 63, der es von einem gelehrten Friesen liatte.

Oo ! Oejz ienne Feer, der jie ienne Hiem*

niel binne, Jiez Nemme mut halFge wezze; Jiez Kooniengdom mut naaikje; Jiez Woalle mut scheen op d'Erde, lieth ax

ienne Hiemmel; Jow aejz joea oejz deiz Bra; Scheid oejz oejz Schiolden kwiet, liek az

wie oejz Schioldners luv iel scheide;

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Brieng oejz naat ien Bekoorieng; Mar los oejz fan its Oeuiick. Om dat jiez it Roonieugdoin, de Kreft, en de Gieanz ien Jewiegiieit. Amen.

(2) Kaue bische Friesen.

*Die Kauchen, ein mit den Friesen an Sit- ten und Sprache nahe verwandtes und jederzeit genau mit ihnen verbundenes Volk, bewohnten das heutige Ost -Friesland, Oldenburg und Del- menhorst nebst Rustringen und dem Budjadin- ger Lande, das Saterland, das Stift Nieder- Münster und die Grafschaften Roya und Diep- holz, In allen diesen Ländern hat die alte Spra- che der Niedersächsischen weichen müssen. Sie lebt nur noch theils in einigen weni^xen Ge'^'"en- den, obgleich sehr vermischt, theils in einzel- nen zurück gelassenen Wörtern und Formen.

Von der ehemahligen Sprache in Ost-Fr'ies- land zeugen die noch vorhandenen alten Land- rechte, das Brokmer Recht, das Emsiger Recht und andere. Man sehe Ennonis Rud. Brewieiseris Ost -Friesische Historie und Landesverfassuncr, Aurich, 1720, fol. vorzüglich d^hev Matth. von Wicht Ost - Friesisches Landrecht, Aurich, 1746, 4, und JViarda von den Richtern des Brokmer Landes, Auricli, 1782, mit Aus- zügen aus den alten Rechten. Renners, ehe- mahligen Ober - Predigers in Canpelen, unge- drucktes Glossarium Frisicum wird häufig in dem Bremisch -Niedersächs. Wörterbuche an- geführet. Noch gehöret hierher Pet. Frid. Reers- hehns Versuch der Erklärung einiger Tauf- und Eigennahmen in O'-t- Friesland, Aurich, ohne Jahr, aber um 1786, in 8- Schon 15 15 klag-

ten die Verfasser des von Wicht jieraus ^eget^e- iien Ost- Friesischen Landrechts über die Dun- kelheit der alten Gesetze; indessen ward doch noch 1539 Friesisch geprediget. Seitdem ist sie nach und nach überall abgestorben, doch soll es noch auf den Inseln Wangeroog, Schicke- roog, Langeroog, Baltrim und Norderneyj ob- .gleich nicht unvermischt, gesprochen werden.

Das alte Rustringen in den heutigen Graf- schaften Oldenburg und DeTmenhorst begriff das Stadt- und, ßudjadinger Land, die vier Marschvogteyen, das Stedinger Land, und die Äniter Varel und Neuenburg. S. von Heilem Ge- schichte von Oldenburg, Th. 1, S. 84- Das Asegn-Book oder Rustringer Landrecht, welches von Halem in das eilfte, Wiarda und von Wicht aber in die erste Hälfte des I3ten Jahrhunderts setzen, befindet sich fast ganz in von VViclits Anmerkungen. S. auch dessen Voit. S. 170,v und IVlarda Geschichte der Fries, Sprache S. 47. Vollständig erschien es, ins Deutsche übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen begleitet, unter folgendem Titel: Asemi-Buch. eiuAlt-Frie- sisches Gesetzbuch der Rustringer. Herausge- £;eben, übersetzt und erläutert von T. D Wiarda, Berlin, 1805, 4. Eine alte Nieder- Sächsische Übersetzung desselben befindet sich in PuJJ'en- dorfs Observatt. Th 3 , S. 46 111.

Das Land Wursten^ eigentlich der Wuurt^ Säten, im Stifte Bremen, hat den Nahmen von IVuurt , Flügel, ward von einer Friesischen Co- lonie angebauet, welche sich auf den Anhiihcii an der Weser anbauete. Die Friesische Spra- che starb hier erst in der ersten Hälfte des iSten Jaliriiunderts ausy luid noch 1740 lebten in Weddewarden einige Personen, welche sie ver- standen.

banden. S. Pr^tje's Altes und Neues von dem Stifte Bremen^ Th. 4, S. 365, der auch ein Wörter- buch dieser Sprache liefern wollte, aber im loten Th. nur ein Teichwörterbuch des Landes Wursten gegeben" hat. Das Landrecht deT Wuurt- Säten befindet sich, aber in Nied^-r- Sächsischer Sprache, in PuJf'endorJ's Obser\'atr. Th. 3 im Anhange.

Das Saterland^ ehedem Sogetel - Land ^ von dem Dürfe Sögein auf dem Hümmelingf;, ist ein Strich von 5 Stunden Lange und 2 Breite, und durch Moräste und Heiden sehr unzugänglich, daher sich die Sprache noch bis jetzt erhalten hat, aber doch, ihrem Untergange nahe zu seyji scheinet, indem die Kinder in der;; Schulen die platte Nieder- Münstersche Sprache lernen müs- sen. Das Ländchen, welches ungefähr 2000 Ein- Avohner in drey Kirchspielen zählet , gehorte eine Zeit lang unter das Stift Osnabrück, und sodann unter das Corveyische Amt Meggen. Das Gericht, wohin sie gehören, wird noch jetzt Friesoyte genannt. S. /. G. Hocke Reise durch Osnabrück und Niedcr-Münster, Bre- men, 1800, 8? S. 229 248, wo sich auch ein kleines Idiotikon befindet Frid. Willi, von Raet versprach in seiner Münsterschen Ge- schichte, Göttingen, 1788. 8, ein Wörterbuch der alten und neuen Saterländischen Sprache, v/elches aber nocii nicht erschienen ist. In Bre- men, Verden und den übrigen genannten Län- dern ist die Sprache bis auf einzelne Wörter völ- lig Niedersächsisch.

(3) Nord - Friesen. Diese sind, und zuTn Theil schon sehr frühe, aus Ost- Friesland hier eingewandert, und ha-

Mithrid. 11. Q

bell den vve$tHc3ieii au der See gelegenen 't'heil 'des Herzogthums Schlebv/ig besetzt und ange- bauet, welcher daher aucli der Nor^strwtd ^' xinS, die Marscli slenannt wird Von dan Gesetzen, vvelche ihnen der Dänische Koni?; Hamid im , J. q84 gegeben haben soll, sehe man ionJVic/it in dem Ost- Fries Landr. Vorr. S. 62 : Dreyers vermischte i\bhandl. Th. 3, Vorr. und Frid. Carl ^on Friccius eben das. S. 1325, Von der Ge- schichte dieser Marochländer sehe man Heim- mV//.9 Nord -Friesische Chronik, Joh. Frid. Came- rers Nachrichten von einigen merkwürdigen Ge- genden der Herzogth. Schleswig nnd Holstein, imd Joh. Frid. Hcmsens Staatsbeschreib. des Her- zogth. Schleswig. Die hier eingewanderten JFriesen unterscheiden sich in Sitten, Tracht und Sprache sowohl von den Danen als Deut- schen, welche beyde von ihnen verachtet wer- den. So sehr auch ihre mitgebrachte alte Spra- che durch das Nieder- Sächsische, und in den 'nördliciiern Gegenden durch das Dänische ver- ändert worden; so hat sie sich doch in vielen Gegenden bald mehr bald weniger rein erhalten. -iMc^n spricht nochFrieoich in den Ämtern Husnm '^mdTondern, in der Landschaft Bredstädt, ih Böcking- und V^'^idingharde', an etlichen Orten 'in Karrhhrde, und auf den Inseln Helgoland, Föhr, Sylt and Amröm. Aber wie es bey ge- mischten Sprachen immer der Fall zu seyn pflegt, so weichen die Mundarten so sehr ab, dafs sie sich oft selbst nicht verstellen. Im Bred- städtischen und in Bockingharde ist Volk und Sprache noch am meisten Friesisch, in der Ton- derschen Marsch aber ist sie sehr mii: dem Däni- schen vermischt. Z^wey Nordfriesische Lieder befinden sich in Heimreichs Nordfries. Chronik, nach der Vorrede, und ein loiG von ilim ge-

^45

i^rchtetes Morgenlied m derselben, welches aber fSflt g'ciivi Niedersächbiscli ist. Ein Hochzeitge- dicht lieset man in Camerers Nachrichten, Th. i, S. 18 1^ wo aber nach den Schlebwig. Provinzial- Berichten, 1790, S. 226, die meisten Wörter felilerhaft ausgedruckt sind. In den letztem be- findet sich S, 227 ein kleines Gespräch. Von der merkwürdigen Insel Helgoland befindet sich viel, obo;leich nicht immer zweckmäßig, in Ca- merers Nachrichten, wo man auch Th. 1 , S. 227 bis 232 ein Gespräch in dieser Mundart lieset. Gründlicher ist die Nachricht in den Schleswig. Holstein. Provinzial- Berichten, 1790, S. 1, 197. Von den Inseln Sylt und Nordmarsch gibt Ca- merer Th. 2, S. 1 , 637, 643 Nachricht. Die Landschaften Eydersredt und Stapelholm wer- den auch von Friesen bewohnt, allein ihre Spra- che ist jetzt völiifj; abgestorben. Man oehe Bol- lens Beschreibung von Stapelholm, S. 74. Die Eyderstädtischen Gesetze von 1428 folg. befin- den sich in Dreyers vermischten Abliandl. Th. 3, S. 1179 und 1455; nnd noch richtiger in den Schleswig. Holstein. Provinz. Berichten, 1790, S. 41, 342.

Nord - Friesisch,

besonders auf der Insel Helgoland aus Camerers Nachr. Th.i, S. 48, T/z. 2, S. in.

OhsemBaabe, de beest ohne Hemniel, Hallig waarde dann Nähme; Thokamme dinu Kenning-iik; Dann Walle schien öfh da Eerde, allick ös

öhn däHemmel; Dülni öS delling ös daasjlicks Bruud;

" 0 2

5.44

Ell verjeef öS ose Scholl, allick äs wie re»"

jeefe ose Sclieliers; 3^11 fehr ÖS eecli hanniun öhn ^^erseeking; Men lielp ös vohnt Eavel en Eerg. Diiram datt clat Keiining-rick dinn is, en

däKrafft, ea daHucheit öhn Iwigkeit.

Amen.

Auf der Insel A m r ö

Aus der Leipziger Samml. S. 2i.

Yes Aajit deer du beest uu Hemmel, Halhgt word daii Nöhin; ;

Tu ves koni diu Rick; Lick so ys un Hemmel, so gesche dan Wall

üebeWroll; Du ys yes dajelcks Broedt; An verjev yes SchieljUck, so üs vie yes

Schieljners; An lehr yes eek in Vershjuckeng; Föll nioos halp ys vaan et Böfs. Denn diu as detllik, dilvraft, an uck die

Herrlichkeit. Amen.

6) Niederländisch oder Holländisch. -

Das heutige Niedeiiändische, welches sich auch durch seine vielen Kelillaute auszeichnet, ist unmittelbar aufßataviscli -Friesischen Boden entsprungen, und zwar aus einer Vermischung des Alt-Friesiscjien mit dem Frankischen, Nie- der - Sachsisclien und Französischen. ^Venn und wie dieses geschehen, ist noch nicht unter- sucht, denn die INhederlandischea Gclchrien ha-

ben jhre Sprache immer noch lieber ans dem. Griechischen, Persischen und Gothisclien, als aus ihren wahren Quellen herzuleiten gesucht. Die ältesten Niederländischen Schriftsteller sind NlcoL Kolyn um 1156, wiid Metis Stoke um 1305. Beyde hinteriicfsen Chroniken in Reimen, und damahls war die Sprache schon gebildet. Die Franken mögen \volil den ersten Grund zu der Vermischung gelegt haben, weil diese Gegen- den eine Ihrer ersten ErobeTuns:en \varen, wel- che nachmahls die Sachsen vollendet haben; wenigstens werden die vielen tausend Sachsen, welche Carl der Grofse in die südlichen Nieder- lande verpflanzen lief?, nicht ohne Einilufs auf die Sprache geblieben seyn, welche in der Folge durch Französische Zusätze noch mehr verän- dert waVd. Sie lebt in den ehemahligen verei- nigten Niederlanden, und in einem Theile der südlichen, doch wieder in mehrere Mundarten vertheiit. Als sich die südlichen Provinzen Bra- bant und Flandern im löten Jahrhundert durch einen i^länzenden Hof und eine lebhalte Hand- lung vorzüglich auszeichneten, ^\''ard ihre in den höhern Classen veredelte Mundart die allge- meine Niederländische Schriftsprache, und hiefs daher Vlärnisch oder Brnhanthch. Über diese Mundart sclirieb Com. KiUan aus Düffle In Bra- bant sein Eiymotogicon Teuton'icae linguae^ doch nicht ohne Vergleichung mit den Seeländischen, Geldernschen, Clevischen, Jülichischen und an- dern benachbarten Mundarten. Es erschien zu- erot 1588, 8, und ist nach dem. mehrmahls auf- gelegt worden. Die neueste von Gerh. Hasselt vermehrte Aufigabe ist in Utrecht,- 1777, 2 Bände in 4 herausgekommen. In der Folge, als sich die nördlichen Provinzen von den übrigen ab- sonderten, und unter diesen die Provinz Hol-

246

land den Vorzug bekam, ging die Schriftsprache in diese über und hiefs nun Holländisch.

Über die Herkunft dieser Sprache sind die Nicdcrländigchen Sprachforscher von Anfange an auf Abwege gerathen. Das beweisen, der Träume Goropii Becani nicht zu gedenken, fol- gende Schriften. Ahrah. Mylii {van der Mylen) lin- guaBelgica, seu de iinguae illius communirate tum cum plerisque aliis, tum praesertim cum Latina, Graeca, Persica, etc. Leiden, 1612, 4, worin man S. 150 ff. Vergleichi.ngen der Sprache aus verschiedenen Zeitaltern findet; VcnK'ey Ge- meenschap tussen de Gottische Spraeke en de Nfcderduytsche, Amsterdam., 1710, 4; Guit. O//0 /^e/zzV Belga Graecissans, Rotterdam, 1730, gr. 8- JN'och in den neuern Zeiten und zuletzt 1779 setzte die Gesellschaft der Niederländi- schen Gelehrsamkeit zu Leiden einen Preis von 150 11. auf die beste Abhandlung iiJ:>er die Ab- stammung des Niederländischen von dem Möso- Gothischen und Angel - Sächsischen. Derglei- chen Preisfi'agen machen der Sprachkenntnifs der Aufaeber wenig Ehre. Das Niederländische ist eine gemischte Sprache; ihre Mutter, die Friesische, und die Möso - Gothische Sprach« waren von zwey entgegen gesetzten Hauptstäm- men, lassen sicli also nicht von einander ablei- ten. Zweckmäfsiger war die Vergleichung mit der Angel - Sächsischen , einer vollbürtigen Schwester des Friesischen , und dabey hätte man es sollen bewenden lassen. Von den be- sondern Mundarten ist wenig bekannt. In dem Aligem. Litterar. Anzeiger werden 1798, No. 76, S. 77S einige Bücher in Flämischer Sprache an- gemerkt, und dabey versichert, dafs es wenige in derselben gebe.

^47

An Hülfsmltteln zur Erlernunrr cl«r Schrift- sprache fehlt es indessen nicht. Um. ScA'e' Ne- derduytsche Spraakkonst, Amsterdam, 1708,8- Lawh. ten Kate Aenleiding tot de Keniiiyse van het verhevene Deel der Nederduitsche Sprake, Amsterdam, 1723, 2 Bände in 4, ist kritisch, und enthält auch Vergleichungen de.s Altfränki- schen, Belgischen, Mösogothischen, Englischen, Franzö-sischen mit dem neuen Niederdeutsch. PhlL Liuh.w Sleph. Müllers Anleitung zur Hollän- dischen Sprache nebst einem kleinen Wörter- buche von /. E. Sialil/nami, Erlangen, 1785) 8- Adam Abrahaim^z van Moerbeck neue vollkommne (richtiger mittelmäfsige , ) Holländische Sprach- lehre, Leipzig, 1791, 8. Zeydelaai'^s Ned.Q:V'' duirsche Spraakkonst, Amsterdam, 1791, 8- Lamh. von Bolhids beknopte Nederduitsche Spraai-konst, Leiden, 1793, 8-

Die vornehmsten Wörterbücher sind: Matth. Kramers nieuw Woordenboek der Nederland- sche en Hoogduitsche Taal, erschien zuerst, Nürnberg, 1719, fol. und ward mehrmahls ver- bessert und vermehrt wieder aufgelegt. Die dritte Auflage von Adam Adr. van Moerbcek^ er- schien Leipzig, 17685 gr. 4, und die vierte von eben demselben, eb. das. 1787? gr. 4, zwey Bände. Franc. Halma Dictionnaire Frangois et Flamand , 3te Ausg. Amsterdam, 1717» 4* 0. R. F. W. IVinckelmann Dictionnaire Frangois- Hollandois et Hollandois - Fran^ois, Utrecht, 1783, gl". 81 zwey Bände. P. JVeiland's Neder- duitsche taalkundise Woordenboek, Amsrer- dam, 1802, folg. 8. Neues Deutsch -Hollän- dische» Handwörterbuch, Ziitphen und Leip- zig, 1803, 8-

24s

154.

Niederländisch in Reimen, 1270.

Aus des Jacob von Maerland noch ungtdruckten gereimteu Bibel in Isaac de Long Bodizael^ S. lOQ ausgezogen,

Onse Vader ... Dyn Naem inoet ghehilicht syn; Dyii Ryke uioet toecomen; A^so moet cp Eertryke dyn Wille geschieiij,

als in dyn Rykß; Gif ous das dageiixsche Broet; Yergif ons al onse Misdaet, als wi heni

doen di duen qaaet; In Becoringhe en leit ons niet; Maer quyt ons van allen Quaden. Amen.

155-

Aus einer ungedruckten Übersetzung des N. T. von 1300,

in Is. le Long , /. c. S. £75.

Vader onse, die biste in den Hemelen, Gheheiiicbt sy dyn Name; Toecomen moet dyn Ryke; Dyn Wdle geschie in der Eerden als in den

Heiüel; Ghif ons hiiden ons daghelycs Broet; Ende ver,t^hil' ojis onse Scliolt, als wi den

gheuen doen, die onse Sclmldeners

syn; Ende e;i l.aet ons niet leiden inBecoringhen; Mer verloes ons van allen Quaden. Amen.

^\9

136. In Reimen von 1374.

Aus einer Hcndsdnift des Dietschen UoctrinaUf in Is. le Long, /. c. i». 297.

Yader onse die in den iT^gpiel es, Glieheyleclit nioet dyii Name syn; Toecome ons dat Piike dyn; Dyn Wille inoet gliew erden In denHemel, alse in der Erden; Gheeft ons lieden ous dagelycs Broet ; Ende vergheeft ons onse Sonden groet, Alsoe ayI S3'n ghewoene, Onsen Scirlderen te doene; Ende leydt ons niet in Coringlicn; Mer loest ons van qiiaden Dingen. Ameir^

157-

Aus einer handschriftUclien Übersetzung der vier Evanm gellsten von 1421 , in Kinderlings Gesch. der Nit* der- Sachs. Spruche y S. 521.

Vader ons, du biste in den Herne), Gheheilicht warde dijn Name; Toe comen moet ons dijn Rijc; Dijn Wille gescie in der Aerden als in der»

Heniel ; Ghif ons huden onse daghelics Broet; Ende vergliif ons onse Seoul, als wi den glie-

nen doen, die ons sculdigh syn; Ende en laet ons niet leiden in Becoringhe; Mar verlos (ons) van allen Quade. Amen,

dat moet vvaer wesen.

^■'3

O

Aus Handschriften von Franc. Biirmnnn initgtlhtUt in Charnberlayae f S. 66.

God, die onse Vader es, Diene Name mote geeücht zyn; pijii Pake moete toe comeii; Also moete up Erdrike diju Wille gescien,

also in Emelrike; Gef uns dat dageiijcse Broet; Yergef ons also onse Mesdaet, alse wi doeii

die ons doeu qaaet; In Coringen ne leet onS niet; Mer quite ons van den Quade. AmeB.

159-

Aus der Niederländischen Bibel, Antwerpen, 1532.

Onse Vader, die in die Hemelen is, Geheyiicht worde uwen JName; Ü Riic toecome; Uwen Wille geschiede op ter Aerden als in

denKemel; Gheeft ons huden onse dagelicx ^ropt; Ende vergheeft ons onse Scidden, geliic wi

onse Sculdenaers verglieven; Ende en leyt ons niet. in Temptacie; Maer verlost ons van den Qiiadeji. Want u is dat Riic , ende die Gracht , eudß

die Heerlicheyt in der Eewieheyt.

Amen.

2^1

i6o.

Aus der Leidener Jßibel von 1659, und Staafan^ Bibel von 1721.

Oiise Vader, die in de Hemelen ziit, Uweii Naem werde gelieylight, Uw' Konijickriicke kome; Uwen Wille geschiede, gelijck in den He-

mel alsoo oock op der Aerden; 0ns' dagelicks Broadt geeft cns heden; Ende vergeeft ons onse Scliidden, geliic!^

oock ^wy vergeven onse Schuldenaren; Ende enleydt ons niet in Versoeckinge; Maer verlost ons van den Boosen. Want uw' is het Konninckriicke, en de

Kracht, ende de Heerlickheyt in der

Eeuwigheyt. Amen,

161. Gelcirische Mundart.

Aus Conr. Gesiiers Mitluidates S. 44., und daraus in den folgenden Sammlung^.

Onse Vayer, die ghey seit in den Hemel, Geheylicht seu uwen Naem; Wu Reyck ons toecoem; Uwen Will geschieh up Erden, als in den

Hemel; Geeft ons heugen ons daghelichs Broot; Ende vergefFt ons onse SciJdt, als wey vej-r

geven onseSculdengers; Ende en leyt ons niet in Becoringhe; Sondern * verlockt ons van allen Quaden.

Amen.

162.

Flandrische Mundart.

Eben dalier f S. 39.

Onse Vader, die ghy syt in den Hemel, Gheheelicht werdet dyn Name ; Toe komme iiüs dynRycke; Dyn Wille geschie iip Erde , ghelyck in den

Hemel; Üäser daglielicks Brood glieift üL'is lieden; Ende vergheft üüs üüse Schulden,^ ghelyck

wy vergheven üLise SciiLildenaren ; Ende leet üüs niet in Becooringhe; Maer verlost üüs van den Quaden. Amen.

163. Mundart der Creolen oder eingebornen Neger- Sclaven auf der Dänischen In- sel S. Croix * ).

Nach der Copenhagcner Ausgabe des A-, T.

Ons Vaeder, ju die bin na binne die

Hernien! Ju Naem wordt geheiligt; Ju Kooningrik koni; Ju Wil geskiedt na Aerde, gUk als na binne

die Hemel;

*) S. von dieser Sprache, welche ein verderbtes Holländisch ist, Ohkndorps ßlissions-Creacfiichte^Th. 1, S. 424; wo S. 434 ^vich der Glaube in derselben vor- koniiut. Auch hat man darin, Psairn- Bock voor die Nf.eger-Gemeenden na S. ThumaSy S. Croix m S. Jeuiiy Barby, 1784, 8; ^i^d das Nzut Testament f Kopenha- gen,'1781, 8; Barby, 180c, 8-

^o5

Giev ons van dag ons daglig Brood;

Kii ven^eev ons ons Skyld, vsoo glik ons ver^

geev ons Skjidenars*. Kn no iei ons na binne ^^ersuking ; jMacr verlos uns vau die Qwaet; Want van ju bin die Kooningrik, en die

Kragt, en die Keeriigheid tee na die

Ewiglieid. Amen.

164. Ebendasselbe.

Nach der Baibyer Ausgabe des N. T.

OnsVader, die ben nabinne die Hemel, Joe Naani vv'ord geheiligt; Joe Kooningrik kom; O dat Joe Will sal geskied op die Aarde,

soo as na die Hemel; Gie ons van Dag ons daglik Brood; En vergie ons onse Sknlden, soo as ons ver-

gie ons SkiJdenaars; En lay ons niet na Yersoeking; Maar verlofs ons van die Qiiaaje. Want van joe ben die Koningrik, en die

Kracht , en die Heerlikheid na Ewig-

heid. Amen.

c) Nieder- Sächsisch oder Platt -Deutsch.

Strabo, Plinius und Tacitus kannten noch keine Sachsen, wohl aber Ptolem aus, z\i dessen Zeit feie doch noch ein kleines unbedeutendes Volk in dem heutigen Herzogthum Holstein wa-

ren. Vermudilidh waren si'e der jüngere Aus- ilulo mehrerer niedern VoLksstämme jenseit der Elbe, wie die Franken diesseit derselben. Nach und nach breiteten sie sich auch diesseit dersel- ben aus. Im dritten Jahrhundert waren sie schon Nachbarn der Franken, und im vierten. !vamen sie schon von der Weser bis an den Rhein, und beunruhigten als kecke Seeräuber die Gallischen und Brittischen Küsten. Von der Mitte des lünften Jahrhunderts an eroberten sie nebst den Angeln und Friesen Britannien, und schritten hier in der Cultur sclnieller fort, als irgend ein anderes Deutsches Volk. Ihre älteste Sprache war mit der Friesischen und alten Frän- kischen nahe verwandt, wie aus zwey kleinen Überbleibseln aus dem yten und 8ten Jahrhun- dert erhellet, deren ich "im folgenden bey den An<7el- Sachsen in England gedenken werde.

Anfänglich gingen die Franken und Sachsen cremeinschaftlich auf Raub und Beute aus. Aber als sich die Franken in Belgien und Gallien aus- breiteten, und sich dadurch in ihren alten Be- sitzungen schwächten, bemächtigten sich die zurück gebliebenen Sachsen derselben, und leg- ten dadurch den Grund zu den nachmahligen blutigen Kriegen zwischen beyden. Die Sach- ^sen ständen dabey im, Bunde mit den Friesen, -welche -sich um diese Zeit gleichfalls ausbreite- ten; aber am Aveitesten trieben doch diese Aus- breitung die Sachsen, besonders in Osten, so wie diese Länder von den Suevischen Stämmen verlassen wurden. Im 6ten Jahrhundert gab es rschon ein Fingern, Westphalen und Ost-Sach- •sen: Unter Carl Pipin um 720 grenzten sie mit •den Ost-Franken, Süd-Thüringern und Hes- sen, und in O-Sten mit den Slaven im lieutigen

<^ Meklenburg, so dafe sie, die von den Slaven iA Osren besessenen Länder aasgenommen, sich. um diese Zeit schon so ziemlich in denselben Grenzen befanden, in weichen ^vi^ sie jetzt sehen. Alle von ihnen bezwimgene Völker hat- ten ihre Mundarten, welche entweder mit der Mundart der Sieger zusammen flössen, oder sich ganz in der ihrigen verloren, sowie sich jedc^ Mahl die Zahl der Sieger zu der Zahl der Be- siegten verhielt. Daraus lälst sich erk^'en-, ivarum- in West- Sachsen, z. B. in We.stphalen, Bremen, Verden die Mundarten von dem heu- tigen Plattdeutschen mehr abw«;ichen, als h\ Ost-Sachsen, weil die Sieger der Zahl nach dort schwächer, hier starker w-aren. So viel ist gewife, daPi durch diese Vermischungen die alte Sächsifcche Sprache schon manche Veränderuii.- gen erUtten haben mnifs, ehe sie in der Folge völlig Plattdeutsch wurde.

Unter Carl dem Grofsen brach der alte ZvVist zwischen Franken und Saclisen mit der aröfsten Heftigkeit aus, bis er sich endlich nach einem drey und drevfsigjährigen blutigen Kam- pfe mit der gewaltsamsten Bekelirung der Sacli- sen zum Christenthiim und mit ihrer völligen Einverleibung in den Fränkischen Staatsköruer endigte. Carl ging während dieses Kampfes sehr hart und grausam mit den Sachsen um, und liefs unter andern zu mehrern Mahlen meh- rere tausend Sachsen mit Weibern und Kindern wegführen, und dagegen die von ihnen beses- senen Länder mit Colonisten aus seinen altera Staaten besetzen. Nach der völlig;en Unter- jochung des Landes kam noch ein Heer Frän- kischer Grafen , Einnehmer, Beamter und Geist- licher dazu, durch deren V^ermischung- mit den

Eingebornen clie einheimische Sprache gar sehr verändert werden muiste, Allem Ansehen nach geschähe das niciit auf ein Mahl, sondern nach und nach. Anlänglich standen die Wörter der verschiedenen Mundarten, welche hier zu einem Ganzen vereiniget werden sollten , schrofi und abgeschnitten da, bis sie sich durch Umgang, Gewohnheit und Länge der Zeit in einander verschmelzten, und diejenige Sprache bildeten, welche wir die Neu- Sächsische nennen könnten, aber gemeiniglich die Nieder - Sächsische odev Plattdeutsche zu nennen pflegen. Da die niedere Sprache zwey Mahl in diese Mischung kam, so blieb sie auch in der Folge in derselben herr- schend. Sprachproben gibt es indessen noch lange nicht, denn Avas man dafür ausgibt, ist imtergreschoben.

Unter den Sächsischen Kaisern , unter wel- chen die Sachsen aus einem unterjochten Volke zu dem herrschenden in Deutschland wurden, salien sie einen vorher nie cfekannten Wohlstand auliveimen. Die Klugheit des ersten Heinrichs, welcher den Grund zu den Städten, und in den- selben zu dem wohlhabenden und aufgeklärten Biirgerstande legte, und der Glanz der Ottoneii verbesserte ihre Lage von innen und . aufsen, und ob sie gleich ihre Sprache nicht zur Schriit- und höhern Gesellschaftssprache erheben konn- ten, so lernten sie doch den Wohlstand, die Künste mid feinern Sitten der Wälschen kennen', und auf ihren bis dahin ratdien Boden verpflan- zen. A^on aufsen breiteten sie sich auf Kosten der cinsedruncrenen Slaven in Osten bis nach Pülilen, und in Süden bis nach Böhmen aus, und da ein crrolser Tlieil der eroberten Provin-

o

zen miu Sachsen, oft auch mit Flandern unik

andern

ii37

andern Niederländern besetzt wurde, so wurde dadurch der Grund zu neuen Mundarten gelegt.

Die auf die Schwaben übertragene KaiseiV würde entzog zwar den Sachsen mir dem Glänze des Hofes manche Aufmunterunsen des Ge- schmackes und der Cultur; allein die ini^'^orii- gen entwickelten Ursachen wiikten doch im Stillen fort, und zeigten nunmehr ihre wohlriia- tigen Folgen. Eine der wichtigsten war, dafs man anfinjz, die Sprache zu schreiben., Die ültesten bekannten Stücke dieser Art sind, ein Vocabularium aus der Mitte des I2te^n Jahrhun- derts in des Denis Codicibus Thcol. Biblioth. Vindobon. Th. i, S. 139, das apostolische Glau- btjnsbekenntnifs in BoxliorrCs historia universali, eine Übersetzung der Bibel auü dem Anfange des i3ten Jahrhunderts, und verschiedene Ge- dichte aus dem Zeitraum der Scliwäbischeii Dichter, welchen eine Menge sowohl gereimter als prosaischer Schriften über alle Arten von Ge- genständen folgten. So ging die Nieder- Säch- sische Mundart auf dem einmahl gebahnten Wege zwar langsam, aber doch, ruhig und sicher fort. An allen denjenigen Umcjtänden, welciie der Cultur des ganzen Deutschländes, ja des ganzen Europa im i^ten Jahrhundert so günstig wurden, nahm Nieder - Sachsen imd dessen Sprache einen ilieils nähern, thei.Is ent{- ferntern Antheil. So wie die 1 e r.z tere- jetzt in?- mer mehr ausgebildet ward, bekam sie auch im.mer mehr Gewalt über die alten noch unge- bildeten Friesischen und Kaukischen Mundart<^j;i, bis sie selbige endlich selbst aus dem Munde de^ \'olks verdrängte.

Unter diesen Umständen war die Nieder- Sächsische Mundart auf dem VVege> eine aos-

Mithriil IL R "

gebildete Schriftsprache ftir das nördliche X}eutschland zu werden, wenn ihr nicht die in tlem südlichen Sachsen entstandene und vollen- dete Reformation in den We^ getreten wäre. Wie weit es Nieder- Sachsen schon jetzt in der Cidtur des Geistes und des Geschmackes ge- bracht hatte, erhellet unter andern auch daraus, dafs die Reformation hier den ersten und «chnel- lesten Fortgang machte. Nur der Landesspra- che ward sie nachtheilig, weil sich mit den neuen Reüo-iün? - Lehrern und Schriften nach und nach auch die Hochdeutsche Mundart ver- breitere, lind die weniger gebildete Platte aus den Schriften, von den Lehrstühlen, und end- lich auch a'us den Gericliten,. Schulen und fei- 'riern Gesellschaften verdrängte, so dafs vSie von d-er mühsam errungenen Höhe wieder- zu der Tiefe einer nied'ern Volkssprache herab sank, in ^velcher jetzt nicht einmahl mehr die Rciigions- Formubre gebetet werden. Von der Mitte des l^öten J-ahrhunderts an horte die Platt- Deutsche Sprache allmählig auf in Urkunden gebraucht zu werden, und ganz aufser Gebrauch dabey ham sie bald nach dem Aiifange des lyten. ' Viel- Teicht hat der lange Aufenthalt der Kriegsvöiker aus Ober - Deutschland im dreyfsigjährigen Kriege dazu beigetragen, die Verdrängung des Platten besonders von allen schriftlichen Ver- liandelungen noch allgemeiner zu machen, we- nigstens rinden wir es vorzüglich von da an da^- von gänzlich ausgeschlossen. Predigren wur- -den in der platten Mundart im Anfange des iSten Jahrhunderts noch gehalten, aber nur hier und da auf dem Lande.

Eine Untersuchung der Frage, wenn man zuerst in Nieder- Sachsen angefangen, die Hoch-

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Deutsche Sprache in den Gerichten und Kirchen zu gebrauchen, befindet sich in dem Hannöv. Magazine, oder den Hannöv. gelehrten Anzei- gen, 1769, S, (^29. Mit dieser Verdränguno- nicht zufrieden, hätten manche diese Sprache lieber vöüig abgeschaffet gesehen, worauf eines Ungenannten Beweis in den Nachrichten und Anmerkungen der Deutschen Gesellschaft zu Leipzig, St. 3, S. 383 abzielte, welchem aber Joh. Heim. Stufs in zweyen Progr. de consilio idiomatis inferioris Saxoniae abrogandi, Gotha, 1751, 4, entgegen arbeitete. Die Abschaffung dieser Sprache in Meklenburg widerrieth ein Ungenannter in dem Wochenblatt für Meklen- burg, 1791, S. 161. Schon Bernh. Raupach klagte über die unbillige Verachtung der Nie- der-Sächsischen Sprache in der Disp. de linguae Saxoniae inferioris contemtu atque neglectu in- iusto, Praes. Franc. Alb. Aepino ^ Rostock, l'"04, 4. Einen Beytrag zur Kenntnifs der Plattdeutschen Sprache lieset man im Journ. für Deutachl. 1791, Th. 2, S 879» und 1790, S 331; und in den Annalen der Braunschweig. Churlande, Jahro-. IV, St. 1; den Charakter der Nieder-Deutschen Ur- kundensprache aber schildert Scliöneniann in dem System der Diplomatik, Th. 1, S. 415 443. Ein allgemeines Wörterbuch dieser Sprache ha- ben wir noch nicht, doch kann das Bremisch- Nieder - Sächsische Wörterbuch, deaseii ich irn folgenden gedenken werde, dafür gelten. Auch befindet sich vieles in Nath. C//;'/rae/ Nomenciator Latino-Saxonicus, Rostock, 1582, 1592, 1625, S- EIrn. Diac. K'mderling^s Grundr'ifs einer Litt erat iir der Nieder -Sächsischen Sprache, in der Schrift/?//' Deutsche Sprache, Litteratur und Cultur- Geschichte S. 87 166 ist noch sehr mangelhaft^ vollsfän-

R 2

cüger isi eben dese.. Geschichte der Nieder - Sac/rsi-' Achen oder so r^eruinnfen Plattdeul sehen Sprache bis iuif I.ujhcrs Zeiten^ Magdeburg, 1800, 8- Ein \''er/eichnif8 von 94 gedruckten Plattdeutschen l'ücliern enthält eiife kleine vSchrifr von drey Bo- j^en, nnter dem Titel: IVit Plattdadsches . . uth der Bibliothek J. VV. F. (Feu-erlirt.) Göttingen, .1752, 8. Einige andere verzeichnet Rüdiger Zuwachs St. 4, S. 137 folg.

Als diese Sprache in ihrem besten Flore v/ar, bildete sich in den obern Gassen der 1>lii-' Jjendsten Provinz von selbst eine veredelte Um- t^angssprache, "vvelclie denn auch nach und nach als 'Schriftsprache für ganz Nieder - Sachsen gangbar Vv'srd, weil sie allen Provinzen gleich verständlich ^var. Welches diejenige Provinz v.ar, welche den StoiT zu dieser Schriftsprache hergab, kann ich nicht mit Gewißheit bestim- men. Der glänzendste Hof war um diese Zeit wolil der Braunschweigische, daher man arif des- bzn gebildete Umc;an5ssprache rathen könnte. Doch, wie gesagt, es fehlen mir .die riöthigen P'c wei%e. Genug es p,ab eine solche alfgemeine Nieder - Sächsische Schriftsprache, in welclw»r iiacli inid nach die meisten Schriften aufgesetzt \vurden, daher auch alle zu und nach Luthers

Zeit heraus «rekommenen Ausgaben der Nieder- em _ ^ . Sachsischen ^BJbel-Ljber.setzung, sie mögen zu

Wittenberg, Lübeck, Magdeburg, Hamburg, Goslar oder Barth gedruckt seyn, bis auf wenige Kleinigkeiten gleichlautend sind.

Aber die Volks-Mundarten nahmen in dem weiten Gebiete dieser platten Sprache, welches sich über die iiördhchen Theile des ehemahli- gen Westphälioclien, Nieder-vund Ober* Säch- sischen Jvreiscj, und West- und Ost-Preufeeii»

etetreckt^ desto freyer ah'onrkrncle Eigenthiim- lichiteiteia an, je mehr .sie von der Schrirt- und selbst von der feineren Umgangssprache ge- trennt, und so des Bandes ihrer Vereinigung beraubt waren. Manclie Data zur Beschreibiing des Charakters dieser Pro\-i;izial- Mundarten fin- den sich in den Vorreden oder in Anhängen mehrerer von den nachlisr anzufiilirenden Idio- tiken, und in Kinderling's erwähnter Geschichte der Nieders. Spr. , besonders S. 142 iT. Von den drey Iviundarten, von weichen die eine für Buch und Died Buk, Die/, die andere Bök, ^^ffy und die dritte mit einer sehr platten Häufung der Dipiithongen Bauk, Z^^?/" spricht, wird a. a. O. die mittlere, welche auch sonst Diphthongen, z. B. Haus in Hüs auflös't, und zwar mit Umlau- ten, aber nicht mit Diphthongen, z. B. Kr.he statt Ku/ie, declinirt, das zischende ^ und ;r in /, den liarten Gaumiaut ch in cy? verwandelt, oder auch letzteren ausläliit, z. B. ick statt ic/i, Fl^ß ^t'dtx! Flachs spricht, die reine Nieder- Sächsische Mundart genannt. Unter den Unterarten der- selben ist die Hülsteimsche und Schleswi-iisrhe rei- ner und unvermischter als andere, und sie ^vird am reinsten und bellen um Kiel gesprochen. Anderwärts i«t sie durch, nach /)'. K. IV'tud's Er- örterungen im i2ten Jahrhundert nach Vv'agrieii gekommene, Friesen und Kolländer verändert, feo besonders in dem Marschland. An den Kü- sten ist das meiste Holländische und Englische eingemischt. Die Mundart in der Prv.bsiey Ha- gen und dem Kremzer Marsch hat viele Eigen- heiten. In Hamburg und Altona iicrrscht ein sehr gemischter platter Dialect, wad, wo die Holländischen und Englischen Schitier vorzüg- lich hinkommen, hat die Sprache weit mehr

Fremdartiges, als in andern Kirchspielen. Be- sonders im Meklenburgischen zeichnet sich die Mimdart von Wismar durch ihre Feinheit aus, im Lüneburgischen die von Celle. Dagegen ge- hören die Götthiger^ Calenberger ^ Braunsclnveiger und Halberstadter Volks - Mundarten unter die rauhesren und schleppendsten, und das Breite nimmt westwärts zu. Doch unterscheiden sich die Harzer Bergleute, die aus Franken kamen, noch durch Sitren und Sprache ♦). Im Götlingi- scheii Vorzug;! ich findet sich an vielen Orten der erwähnte, Diphthongen häufende Dialect, der auch e wie f/, o wie /?//, ö wie äu spricht, und an die einsylbigen Wörter wie z. B. docJi ein e anhängt Sogleich beym Uebertritt über die We5;er bemerkt man das Anstofsen bey dem sch^ welches immer mehr zunimmt, bis es sich wei- ter hin in sh mit starker Aspiration verwandelt.

*) Wie auch ans folgender Formel der Sprache zu Zellerfeld erhellen wird:

165.

Yoder unser, dähr du bist in Himmel, Geheiligt wärde dei Name; Zu uns kumme dei Reich; Dei. Wille kschäh \vi in Himmel, also ach of

der Ard; Unser taglich Brod gah uns heit; Und vergab uns unsre Schuld, als mir vergahn

unsern Schuldisern ; Und fihr uns net in Versuchung; Sondern erlehs uns von den Behsen; Denn dein ist das Reich die Kraft und die Her-

lichkeit. Amen.

is65

In folgenden Sammlungen der Provinzialis- men dieser Volks- Mundarten und ilirenin alten Urkunden oder Liedern bestehenden Proben, zeigen sich mehr oder weniger belehrend und bestimmt ihre Eigenthümlichkeiten. Ein Säch- sisches Bauernlied steht in Aicolai's Almanach vol schönerr echten^ libUcherr Volkslieder. Berlynn vnndt Stettyn, 1777 u. 78, Jahrgang II, 152, ebendas. II, 107 ein Osnaörückisches ; einige Lie- der, anziehend durch sanftfe Sprache und Inhalt haben wir von /. Helnr. Voß. Sammlungen von solchen Liedern der platten Mundart sind C. F. IVeichmanns Poesie der Niedersachsen, Hamb. 1723 385 wo z. B. auch Gedichte in der be- sondern Bremer Mundart, in der Deisler (aus der Gegend von Hannover) und in der Hamburg ger, Th. I, S. 1 , 49, 138, Th. II, S. 10, 27, 1 73 ; C. H. Wolke s Diidsge or Sassische Singedigte^ Gravsgriften ^ Leder un Vcrtelsels, Leipz. 1804? 8. Viele Plattdeutsche Landes - Gesetze seit dem 12ten Jahrhundert, die eben so ^v'ohl wegen ihres Alters, als wegen ihrer provinziellen Sprachunterschiede besondere Aufeerksamkeit verdienen , sind in Jo. Friedr. Es. Pujfendorfii Observat. juris universi T. I IV. Geile u. Ha- nov. 1757 7^' 4- "^ ^^^^ Appendic. , in Erji. Joach. de Westphalen monument. inedit. rerum Germanicar. praecipue Cimbricar. et Megalopol. Lips. 1739 45, fol. T. I IV, in God. Guil. Leibnitii Scriptor. rerum Brunsvicens. T. I III, Hanov. 1707 ll, foL; andere finden sich in den mit Urkunden versehenen Vv'erken über Provinzial - Geschichte, Sie sind in Kin.derling's erwähnter Geschichte der Niedersächs.Spr. S. 241 ff- nachgtwieijcn. Unter den Idiotiken zeichnen

sicli ans das angeführte Bremisch- Niedefsaclishche^ Th I V, Breni. 1767 71, 8- ( ^iessen ei- gentlicher Herausgeber der Pred. Jo. Hehir. TU'mg war), und Jo. Frhedr. Schütze's Holsteinisches Idio- rikon, Hamb. 1800 1806, Th I IV, >velclies sich auch über Schleswig und die be- jiacJibarreu Inseln erstreckt, und Mich. Richey's Idiotikon Hamburgenfee, Hamb. 1753, 8. n>it einem Anhange grammatischer Bemerkungen. lYcsiifhfilische Idiori^men sind gesammelt in Pet. Flor. IVeddigeris Westphollschem Mapazin., Minden und Dessau, 1784 88, St. Xül, XiV, XV, und neuein Magazin.^ Lemgo, 1789 94, '^va St. I, S. 260 f Ckviach- Märkische Idiotismen, lind St. IV, S. 35 Ravenshergische verzeichnet üind. Gerh. de Schueren Theutonista , Colin, 1477 f. (s. darüber: die freyen LJrtheile und Nachrichten des Jahres 1750 S. 391 , und Richeys angeiührtes Hamburg. Idiot. S. 431 fF. ) ist ein CUv'hches Idiotikon. Ein Cleve - Marjiisches Pro- vinzlal - Wörterbuch steht in den Beiträgen zu der Jurist. Litlerat. in den Preufs. Staaten, Samml. V, S. 168 76. IVeddigen's Beschreibung der Grafschaft Ravensherg., Leipz. 1790, enthält ein Idiotikon derselben; Bevträge zu einem West- phälischen Idiotikon für die Rai^ensbergische Ge- gend stehen im Journal v. u.f. Deutschland., 1788» St. V. Jo. Christo. Strodtmann's Osiiahrückisches Idiotiron^ Leipz. 1756, 8- - Westphälische Idiotismen sind auch gesam.melt in den Hambur- ger Hericliten von 1793, dergleichen einige be- sonders aus der Grafschaft Diepliolz in den Han- noverischen Anzeigen^ 1789-» N. 24 u. 143, nnd aus der Grafschaft Hoya^ e])endas. 1788- Gerh. Oelrich''s Glossarium ad statuta Bremensia antiqua^

26^

frft. a. M. 1767, 8. -— Der Stadt ,5//:r?r Staturen jiiit einem Glossar herausgegeben von Herrn j'o/z Grot/iaus, Gott. 1766, 4. Beytrage zu «inem Idiotikon für Hannover stehen im Journal V. u. f. Deutschland, 178Q5 St. II, S. 161, für Grubenhageii und Göttingen ebendas. 1787» St. III, S, 249, für HUdeshcun tbendas. 1789» St. III, S. 257, für das fiaclie Land im Süden des Harzes ebendas. 1790, Sr 7, S. 34; eine Probe des Hannoverischen Dialects in Andreas Briefen aus der Schweiz nach Hannover, Zürich, 1776, S. 334, ff. (auch im Hannoverischen Magazin, 1764 66.) In W. J. Gatterer' s Be^c\\ve\hung des Harzes-, Nürnb. 1792, Th. I, S. 415, ist von der Mundart desselben gehandelt. Einige Gedichte in der Calenbergisc/ien befinden sich in {Meyers) neuer Deutschheit, Gott. 1771, I XII Pröbgen. Ein Gedicht in der Goslarschen Mund- art auf die Gose, und Gedichte in der Braun- schweigischtn auf die Mumme in F. E. Brückmawfs epistolae itinerar. Wolfenbütt. 1728, 4. Cent. I, 38 und 52. Heinr Cliristi. Lenker s Glossarium bey den Lüneburgischen Landes- Ordnungen. Em. Joh. Fried. Manzel Diss. continens Idiotici Meklenburgensis ]uv\d\co -v>v2igvn^nc\ Spec. I. Rost. 1757, 4, wieder abgedruckt und vermehrt in ebendess. Büizoivisc/ien Ruhestunden: Verzeichnifs und Erklärung Meklenburgischer Prövinzial- Wörter. Bemerkuno-en ÜDer die genaue und ausschliefsliche Verwandtschaft der Platt-Deut- schen Meklenburg. Sprache mit der Englischen zur Erläuterung einiger Platt -Deutschen Wör- ter, in der Monatsschrift v. und f. Meklenburg, Jahrg. II, St. XI, Jahrg. III, St. I, und Siemfsen's Beytrag zur Naturkunde Meklenburg's (einVer-

zeiclinifs mit den dasigen Trivial - Nahmen), cbendas. Jahrg. III, S. 625 ff. u. Jahrg. IV, S. 329 ff. Joa. Frommes nomenclatura rerum, quae Brandenburgi sunt, visibilium et memora- bilium in iisum scholasticae juventutis sub forma coUoquii adornata, 1679, ist ein Märkisches Idio- tikon, welches Casp. Goz/^c////;?^ unter dem Titel: Beschreibung der Stadt Alt-Brandenburg, 1727, 8, wieder herausgegeben hat. Wenig unter- richtend ist C. Phil, Moritz über den Märkischen Dialect, Berl. 1781, 2. St. Die in der Schrift: ijhev d\e Ähmark^ Th. I, Stend. iSoo, ange- füb.rten dasigen Provinzialismen treuen fast alle mit Niedersäehsischen Ausdrücken überein. Kinige Provinzial- Wörter der Prie^nitz von Hin- denberg stehen in Bernoulli's Reisen, Th. XII, S.329, und in den Zusätzen S. 127. Jon. Carl Dähnert's Plattdeutsches Wörterbuch nach der alten und neuen Pommerschen und PJ'tgischen Mundart, Strals. 178I5 4. Joh. Ge. Bock's Entwurf eines Prciifsischen Wörterbuchs, Kö- nigsberg, I7fi9, 8. G^' Em. Siegm. Pfenniges Preufsisches Wörterbuch, Königsb. 1785? 8? wo in der Vorrede von den Unterarten dieses D.ialects gehandelt wird. Preufsische Wörter sind auch in den Hamburger Berichten gesam- melt. — G. C. P/WzÄ^^r^ Entwurf einiger Preufsi- scher Sprichwörter, 1760, 4.

In der oben erwähnten Niedersächsischen Schriftsprache sind die drey nächst folgenden Gfcbetsformeln verfafst, wovon die erste dieje- nicre Formel ist, welche der Cardinal de Cusa in den Niedersächsischen Kirchen aufhängen liefs, nach einem Originale in der Lamberti- Kirche zu Hildesheim,

267 i66. Nieder - Sächsisch von 1451.

Aus Calvbrs Nieder- Sachsen, S. 106.

Vader unser, de du bist in den Hym-

meleu, Gehylliget werde dyii Name ; Tokonie dyn Piyke; Dyn Wille de werde also in den Hymmele,

und in der Erde; Unse degelike Brod gif uns hyte; Unde vorgif uns unse Schulde, alse wy ok

vorgeven unsen Schuldeners; Und enleyde uns nicht in Bekoringe; Sonder lose uns van Obele.

167. Dasselbe.

j4us der Lübekschen Bibel von 1494-

Vader unse, de du bist in den Hemmelen, Ghehilghet werde din Name; Tocame uns din Rike; Din Wille de werde also in dem Hemmel^

und in der Erden; Unse dhagelikes Brod gyf uns huden; Unde verghif uns unse Schuld, also und wi

vorgheven unsern Schüldenern; Und enleyde uns nicht in Bedoeringe; Sunder löse uns von Quade. Ajnen.

a68

Dasselbe.

^uS der Wittenbergcr Bibel 1545 > und allen übiigeij Ausgaben.

Unse Vader in dem Hemme], Dyn Name werde geliilliget; Dyn Rike käme; Dyn Wille geschae up Erden, alse im Hern-

mel; Unse daclilike Brod gif uns Lüden; Und vorgyf uns unse Schulde, alse vvy unsen

Scliüldeners vorgeven; Und vöre uns nicht in Versökinge ;

Sunder vorlöse uns van dem Ovel.

»

yVente dyn ys dat Rike, unn de Kraft, unde de Heriicheit in Ewicheit. Amen.

160. Nieder - Rheinisch.

Aus der zivischen i477 w^d 1488 2" Colin gedruckten Bibel *).

Vader unser, dye du byst in den Hem- melen, Gehilliget werde dyn Naem;

*) Die Cöllnische Mundart ist schon sehr mit deai Holländischen gemischt; aber deshalb kann man obise Forjnel doch nicht zn den eigentlich Holländischen rechnen y obgleich Isaac le Lang im Botk-caal der Nedm- duytschr Bibds y S. 400, dies zn beweisen sucht. Auch zu Aachen ist die Mundart ein Geniisch; man

Thokoem uns dynPiyk;

l^yii Wille dye Avercle, als in dem Herne!,

ende in der Erden; TJnse dagelßven Brod gyJ0F uns huyden; Ende vergyit uns unse Schuld, als wy ver-

geven unsen Schuldigern; Ende en leyde uns niet in Bekoringe; Sunder verlose uns van den Quaden. Amen.

170. Halberstädtisch.

MlrgetheUt von Herrn Pred. Zahn.

i ÜnseVader, dei du bist im Himmel,

Gehilleget ^Yee^e dien lYahnjie;

TarJvOome dien Riek;

Dien Wille gesclieihe, wie im Elimmel, alsau 00k op Eeren;

TJnse daeglich Broot gif uns hiete;

Un vorgif uns unse Schuld, as wie wei vor- geben unsen Schiddenärn;

Un foire uns nich in Vorseking;

Sondern erlöse uns vom Oewwel;

Denn dien is datRiek, un de Kraft, un de Herrlichkeit von nu an betz in Ewig- keit. Amen.

Mmlet Hoch- und Platt- Deutsch, bald ein Sächsisches, hald ein Westpliaiisches Wort; doch ist die Aussprache nicht HO breit als zix Colin. S. ArndCa Reisen durch einen Theil Teutschlands, Italiens und Frankreichs in den Jahren 1798 uiul 99. Leipz. 1800 05, Th. lil, %, 290.

5. Mittel -Deutsch.

Mischungen der oberen und niederen Mund- art und Übergano-e der einen in die andere, ha^ ben sich sehr natürlich schon durch das Zusam- menstofsen des Gebietes beyder erzeugt. Aber die Verschmelzung derselben zu der Sprache des mittleren Deutschlandes, woraus sich her- nach die allgemeine Deutsche Schriftsprache, das Hoch-Deutch, bildete, hat nicht bloFs so zufällige Ursachen gehabt. Von Mischungen, jener Mundarten aufser Deutschland durch die, in einander verschmelzenden Colonien aus man- cherley Deutschen Gegenden ist oben gespro- chen worden. Auf ähnliche Weise brachte die Verschmelzung eines Volkes von der obern Mundart, nämlich der Alemannen, mit ihren Besiegern, den Franken, einem Zweige des nie- dern Stammes, die Ost - Fränkische oder Mit tel- Deutsche Mundart hervor. Klodowig eroberte das den Alemannen gehörige Land, und nur ein Theil der letztern begab sich in des Ost-Gothi- schen Königs Theodorich Schutz, vmd trug zur Bevölkerung Tyrols bey. Die Sprachen der Sieo"er und Besiegten vermischen sich zu einer dritten, wenn beyde an Anzahl einander imge- fähr crleich sind. Dies mochte in Ost- Franken

O

luid dem südlichen Thüringen der Fall seyn. Die gemischte Mundart erhielt durch die ferne- ren Eroberungen der Franken in Thünngen und dem oberen Deutschland immer mehr Ausbrei- tung und Festigkeit, obwohl die Franken in an- dern, von ihnen eroberten Provinzen, wo jener Fall nicht statt fand, wenigen oder keinen Ein- llufs auf die Landes-Munaart bekamen, und der Nähme; Fränkische Sprache , oft auch unbc-

stimmt so gebraucht wird, dafs er die Mund- arten aller unterjochten Stämme mit in sich be- greift. Ein anderer, wenn auch nicht so bedeu- tender Anlafs einer ähnhchen Mischung ^var, dafs mit den Longobarden 568 an 20000 Sach- sen nach Italien zojj;en, aber, nachdem Sueven, Hessen und Friesen in ihre verlassenen Wohn- sitze, vielleicht ungefähr im heutigen Mansfel- dischen eingerückt waren, wieder zurück ka- men, und der gemeinschaftliche Besitz dersel- ben das Ende eines blutigen Krieges ward. Spä- terhin verpflanzte Carl der Grofse viele Sachsen in seine älteren Provinzen, von deren Ansiede- lungen wohl in Naiimen, wie Sachsenhausen, Sachsenfurt, Sachsenburg, noch die Spuren erhalten sind.

Auf der ersten Stufe der Mischung erblicken v/ir die Ostfränkische Mundart, mit noch scharf und abgeschnitten neben einander stehenden Unter§ehieden der beyden älteren in dem Frag- ment eines alten prosaischen Romans HUdihrac/it und Haüiubrant in Eccardl Francia Orientalin, T. I, S. 864 901. Die von Lothar und Ludwig 840 gemeinschaftlich erlassenen Gesetze, nnd der Bundeseid Ludwigs und Carls um 842 sind in dieser neuen Ost -Fränkischen Sprache ver- fafst, welche also die Hofsprache der Fränki- schen Könige gewesen seyn mufs. Dafs sich auch in den Capitularien Carls des Grofsien eben so gut eine Menge von Nieder -Deutschen als von Ober- Deutschen Wörtern findet, erklärt sich leicht auf diese Weise. In der Harmonie der vier Evangellsien im Codex Cottonianus zu Ox- ford, von welcher Kerr Gley eine Abschrift zu Bamberg entdeckt hat, erschienen beyde Mund- arten schon mehr abgeschliffen und in einander

verschmoken, wie dies Öurch da8 längefe 2^u- sammenwohnen der gemischten Völkerstamnie> durch Gewohnheit und Gchchmack bewirkt wird. Auch diese dritte Hauptmiindart Dejit^ch- lands erhielt eben so ^ald, als die älteren, man- cherley Abstufungen und Unter mund arten. Ganz besondere Aufmerksamkeit zieht schon früh ein Zweig des Mittel- Deutschen, nämlich •der Meifsnische, auf sich. Meilsen und das Osterland war von Kaiser Heinrich I den Sor- ben abgenommen, und mit Deutschen Einwoh- nern besetzt worden , welclie in den nördlichen Gegenden vorzüglich aus Niedersachsen, in den südlichen aus Thüringern und Franken bestan- den. Und so erfolgte- hier eine neue Mischimg der Ost- Fränkischen Mundart mit der Nieder- sächsischen, und der erste Grund zu der Ober- sächsischen 'Wurde gelegt, indem ein Theii der noch im Ost - Frankischen befindlichen Ober- deutschen Wörter und Aussprachweisen, oder wenigstens der Vorzug des Oberdeutschen ver- wischt, und die Sprache weicher wurde, ohne in das Plattdeutsche überzugehen. Da sich diese Provinz bald durch Wohlstand auszeich- nete: so zog sie unaufhörlich auS allen Gegen- den Deutschlands Bewohner in ihre Städte. So wurde diese Mundart immer mehr ausgebildet, so dafs sie schon zu Markgraf Heinrichs des Präclitigen Zeit für vorzüglich angenehm imcl rein galt, und sich selbst unter den Mitteldeut- schen Mundarten auszeichnete. Sie findet sich so in den Urkunden und andern schriftlichen Denkniählern dieser und der benachbarten Ge- genden im i4ten und i^ten Jahrhundert, wie man z. B. aus der Urkunde desRaths zu Frevberg in {Grimd'g's und Klotsch's) Sammlung verschie- dener

275

dener Nachrichten zur Sächsischen Geschichte, Chemnitz, 1767, ff. Th. III, S 345 » aus dem alten Sächsischen Weichbilde in Siebenkees juristi- schem Mqgazin, B. II, S. 202 IF , aus den Urkun- den \\\ Knauüi s Alt - Zelle , Th. VIII, S. 254, 331 u. a. ersehen kann, woraus erhellet, dafs man dort um 1500 oft besser Deutsch schrieb, als Luther 1520, und Herzog Georg's von Sachsen Verdienste um den Canzeley-Stil deutlich wer- den. Auch die, nicht plattdeutschen, Hand- schriften des Sachsenspiegels, z B. die Leipziger von 1326, gehören unter die ältesten Denkmäh- 1er der Obersächsischen Mundart, an welche sich durch Luther die Hochdeutsche Schrift- sprache anschliefst, wie davon hernach die Rede scyn wird.

Die Obersächsische Mundart zerfällt eben so gut als die Mitteldeutsche überhaupt noch jetzt in mannigfache Provinzial - Dialecte. In dem Gebiete jener hat besonders das Erzgebirge deren mancherley, die vermuthlich aus allerley Deutschen Gegenden herrühren, indem der Ruf der BergNverke, z. B. des Altenberg er 14^,8» Oberpfälzer, Baiern, Böhmen u. a. dahin zog. Im Bayreuthischen giebt es viererley Dialecte ' ),

*) Beyspiele von Ausdrücken des gemeinen Le- bens aiis deni Erzgebirge iini Grünhayn und EUtrhin sind: Wos ^vallCr da bei mer hobn? I nu epper a bissei ßrud für mich im menne Kinner. Wullt^r nett ä a bisset FläscJi? (\V\ns wollt ihr denn bey mir haben? Je nun etwa ein Büschen Brod für mich und meine Kinder. Wollt ihr nicht auch ein Bifschen Fleisch?) . Und (nach der Revision des Deutschen Alphabets, Aiuberg und Sulzbach, 1801 ) aus dem Bayreuthischen um Bay- reuth und Kuhiibach : Master Schneider hatt er merr niei Schnürkibla nit hamacht? mach er merrs doch olsich Mithrid. II. S

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unter welchen sich der WunsiedehcJie dem Baieri- schen, und noch mehr d'em Oberpfälzischen nä- hert, und z. B. die Auslassung des r am Ende der Wörter mit der Bayerisch -Oesterreichischeii Bauernsprache gemein hat. Überhaupt zeich- net sicli der Süden von Mittel - Deutschland durch sein Anschliefsen an die Oberdeutsche Mundart aus, und die Thüringer VVaidsprache durch ihre Härte. Der Dialect der Thüringer von Treffurt ^ die mit unbiegsamen Sinne ent- fernt vom Verkehr der Städte vom Holzfällen und Holzhandel leben, soll als Beyspiel aufge- führt werden. Auch die Einwohner von Ruhia zwischen Gotha und Eisenach haben in ihrer schnarrenden Mundart bemerkenswerdie Eigen- heiten. Überhaupt steht die Tliüringi&che Volks- sprache noch unter der Schwäbischen. Sie hat z. B. auch das Besondere, dafs sie den Verben ge vorsetzt, z. B. gegihn statt gehen sagt. Das Eichsfeld besteht aus zvvey verschiedenen Natio- nen »md Provinzen; das imtere, ehedem die Duderstädter Mark, gehörte zu Sachsen, das obere oder der Heiligenstädter District zu Thü- ringen, daher man dort mehr den Sächsischen, hier mehr den Thüringischen Dialect hört. In der Hessischen Mundart zeichnet sich der sin- gende Ton und / statt u aus.

(eilends); nin Hof : Meister Schneider bot ar mar meA Scliniirleihla neth hornocht? mocli ar niars ßi bohl (fein balfl); lun Wunsieäel : Moista Schnoida hoat engs (ihr, näiier dem OesterreifJiischen enk, euch) o'.? Mieda (das Mjeder) niet homocht? mocht mo's ja boU; im Uiiter- laiide, d. i. in dem District von £lrlüngen: Mäste Schneide hat er mcr mei SdinurUibla net gemacht? mach €r mers doch fix.

275

Sammlungen der Provinzialismen Mittel- Deutschlands sind: Holienlohische Idiotismen im Journal v. u. f. Deutschland, 1788, VII, und 1789, I. Einiges über Fränkische Wörter steht in Nicolais Keisen, Th. I, Beyl. 134; einiae Nurnbergische Provinzialismen im Deutschen Mu- fceum, 1781 9 B. II, S. 457 ff., beurthdlt in Rü- diger^ Zuwachs, St. I, S. 114, auch einige in AVco/ö/'^ Reisen, B. I, Beyl. 137 141, Gri'i- bel's Gedichte in Nürnbergischer Mundart, Th, I. II, neue Aufl. Nürnberg, 1802, Th. III, 1803. Das Lied über das Tod »-Austreiben am Soimtacr

o

Lätare steht in Nürnbergischer Mundart im Journal V. und f. Deutschland, 1787? S. 482. Sammlung einiger Provinziaiwörter in Anspach^ ebendas. 1789? St. IV, V. Einiges über die Provinzialismen im Meiningischen Oberlande (d. i. um Sonneberg) steht im Sachsen -Coburg- Meinungischen Taschenbnche von 1802. Über den Hennebergischen Dialect s. das Verzeich- nifs einiger dortiger Idiotismen im Journal v. und f. DeutHchiand, 1786, St. VI, 1787, St. X, und /F. F. H. Reinwalds sehr schätzbares Henne- Lcr'gisches Idiotikon^ Th. I, II, Berl. 1793, 1801, 8> mit Bemerkungen über Unterarten dieses Dia- lects. Franz Ant. Jäger s Briefe über die hohe Rhone in Franken, Arnst. u. Rudolst., 1803, Th. I III, St in dem Uten steht ein Rhöner Idiotikon, Ein kleines Verzeichnifs Frankfur- tischer Provinzialismen s. in Gerken" s Reisen, Th. 1\\ S. 231. Verzeichnifs einiger in und um Giefsen gewöhnlichen Provinzialismen, im Jour- nal V. n. f Deutschland, 1791 , St. VIII, S. 879. Beyträge zu einem HanauiscJien Idiotikon ste- llen im Journal v. und f. Deutschi, 1785, XI, S. 4-Qj 1788,11.- En veftrulicher Nyjahrsbreef,

S 2

2/6

Hanau, 1783? in der dasigen Mundart. Ver- such eines Hessisc/ien Idiotikons steht in J. Ge. Estor'^s bürgerlicher Rechtsgelehrsamkeit, Marb. ^757' 58? Th. II a. Ende. Proben des alten Thüringischen Dialects sind aus Süd-Thürino;en die Saall'eldisclien Statuten aus dem i2Len Jahr- hundert in Carl Friedr. JValc/i s BeyträgGn zu dem. Deutschen Recht, Jena, 1773, Th. I, i', und aus Nord - Thüringen die von Mühlhamen aus eben demselben Jahrhundert in B. Chto. von Grashof Comment. de originibus atque antiqui- tatibus Mühlhusae Thuringorum, Lips. et Görl. 1749, 4. Ein Thüringisches Bauernlied steht in A'/cülaPs Almanach II, 82, et^vas weniges von der Mundart in Soiidershaiisen in Fabris geogra- phischem Magazin, St. 5, S. 81 ? ein Beytrag zu einem Idiotikon der Grafschaft Hohenstein im Journal v. und f. Deutschland, 1786, VIII, S. 1 15, Anhalt - Köthehsche Provinzial - W^örter in den Hamburger Berichten von 1757; über ein hand- schriftliches Idioticoa Anhaltinum s. die Sclirif- ten der Anhaltibchen Deutschen Gesellschaft, Quedlinb. u. Bernburg, 1766. Ein Obersäch- sisches Idiotikon (zunächst vom Saalkreise) in Rüdiger' s Zuwachs, St. 11, S. 60 ff. S. auch St. III , S. 96 ff. Ein Volksblatt ist der Mtrsehur- gische Bauer in dem Dialect derselben. Über die Mundarten des Meifsnischen und Voigtländi- schen Kreises und des Erzgebirges s. Merkel' s Erd- beschreibung von Kuhr - Sachsen , fortgesetzt von Engelhard^ B. I, S. 151, B. III, S. 90, 181. D. ÄnloJis Abhandlung von der Oberlausitzischen Mundart in den dasigen Provinzial - Blättern, St. IV. Provinzialismen der in Lief- \md Esth- land herrschenden Mundart, welche ganz zu die- ser Abtheilung gehört, fing Gadebusch zu sam-

277

mein an" in den Zusätzen zu Frisch's Deutschem Wörterbuche in den gelehrten Beyträgen zu den Rigaischen Anzeigen, 17G3, N. 14; 1764, N. 4, 11, 15. Das Rigische Recht mit einem vollständigen Glossar von Gerh. Oelnchs ^ Th.I, II, Brem. 1773, 1780, 4. Bergmann" s ^TivaviAww^ iivländischer Provinzialwörter, Salisburg, 1785> 8. HupeVs neue Nordische Miscellaneen, Ri.sa, '795' St, XI, XII. Idiotikon der Deutschen Sprache in Lief- und Esthland, Riga, 1795,

171.

Ost - Fränkisch.

Umsclireibimn aus der Harmonia EvaJWcUstarum

i_> o

von etiva 1020.

1. Nach c?er Oxforder Handschrift in Hickes Tiiesauro, Tii. 1, S. 190.

Fader ist usa Firio barno '*'), thu bist an

thern Iioheu JHimilo Rikie, Giumhid (besser giwihid) si tliin Namo

uuordu gihuilicu; Cume tliin craftiga Riki;

*) Barn, Sohn, Kind, ist bekannt. Das vorher gehende Firio ist dunkel, weil es sonst nicht vor- tonnnt. Aber dafs Firio hämo nichts anders bedeuten könne, als Menschenkinder, erhellet aus diesem Co- dice selbst. Luc. 37 sagt Christus zuPetro; dai hast du nicht von dir selbst, sondern es gab es dir der Herr selbst, Füller allero Firio barno, der Vater aller Men- schenkinder. Und gleich darauf sollen Firio bar i, die Menschen, ihn Petruiu nennen. Ein anderes ist im Eingange Urilio harn, vier Männer, d. i. die vier > Evangelisten.

2-8

Vuerthe thin Willeo obar tlicso Vuerold, alla so sania eii Erdu, so tliar uppe ist an them liohoii Hiniilo -likie; Gib US Dage gihiülices Ilad, Drohtiii thie

guodo, thina helaga Helpu; Endi alat us, Hebanes Viiard, manegaro meiui Sculdio, also uuiodron (besser wi ödfon) Mannon diian; Ni lat US farledean lethi Vuiliti so forth an

iro Vuilleon, so uui uuirdiga siiit; Ac hilp US uuidar allon ubilon Dadeon.

2. Nach der Baniberger Handschrift.

Fadar is usa Firihobamo, die is an them

hohon Hiniila Rikea; Geuuihid si thhi Naino, Vuordo gehuuilico ; Cuma thiii craflig Riki; \uerda thiYuilleo obar thesa Vuerold also

sania an Erdo, so tliar uppa ist an tbem

hojhon Himil Rikea; Get US Dago gehuuilikes Brad (Brod,) Droh-

tin tbe godo, thina helaga Helpa; Endi alat us, Hebenes Vuard, managaro

men Sculdio, also vue odiuni Mannuni

doan; Ne alat us farledean letha *) Vuihti so for-

dan iro Vuilleon, so univurdige (besser

so wi würdige,) sind; Ac help US uuidar allun ubilon Dadiun.

*) In eben demselben Cod. heifst es Luc. i , v. 4:

that sea Hnvan Cimini^ lethas alieü, dais derselbe Him- mels König (ihre) Suaden erlasse.

279

J. Wörtliche übersetznng.

Vater unser (die wir) Menschenkinder (sind,) du bist in dem hohen Himmel- reiche ;

Geheihget sey dein Nähme mit jedem Worte;

Es komme dein mächtiges Reich;

Es geschehe dein Wille Ltber diese Welt, so auf Erden, als er ist in dem hohen Him- melreiche;

Gib uns jeden Tag Brot, gütiger Herr, deine heilige Hülfe ;

Und erfafs uns, Himmels Bewahrer, man- cher Art Schulden, wie v.ir andern Menschen thun;

Lafs uns nicht verleiten schädliche Menschen nach ihrem Willen, wenn wir es wür- dig sind;

Sondern hilf uns wider alle böse Thaten.

172. Ober - Sächsisch.

Aus Luther s Auslegung des V. U. nach seiner eigenen Ausgabe j Leipzig, 1518.

Vater unser, der du bist in dem Himel, Geheiliget werdt dein Name; Czu kum dein Reich ; Dein Wil geschehe alfs ym Himel und in der

Erden ; Unser teglich Brodt gib uns heute; Und verlafs uns unser Schulde, als wir ver» lassen unseren Schuldigem;

zSo

Und füre uns nit yn die Versuchung oder

Anfechtung ; Sündern erlofse uns von dem Übel. Amen.

173- Dasselbe.

Aus Luthers ersten Ausgabe des N. T. Witten- b^:gj 152- » Jol' Matth. 6.

Unser Vater ynn dem liyniel, Deyn Name sey heyhg; Deyn Pteych kerne; Deyn Wille geschehe auff Erden wie ynn

dem Hyniel; Unser teglicli Brott gib unns heutt; Und vergib uns unsere Schulde, wie wyr un-

sernn Schuldigern vergeben; Unnd fiire unns nitt ynn Versuchung; Sondern erlose uns von dem Übel. Denn deyn ist das Reych, vnd die Krafft, lumd die Herlickeyt in Ewickeyt. Amen.

174. Hennebergisch.

Aus der Gegend von Wasungen *), von Herrn Ratli Reinwald mitgetheilt.

Voater unser, der de bist im Himmel, Gehailigt wer die Nome,

*) Der dasige Dialect weicht von dem eben so auffallenden zu .Schuialkalden nur im Accente ab. In MeJningen spricht man ä statt der langen und breiten ai der folgenden Foriuel, und äc/r statt ü/i.

^81

Zu ons komm die Rieh,

Die Well gesclieh, bie im Himmel, alse

ah of Erde, Onser täglich Brued gie ons hüt, Oll vergieh onser Schold, bie wie vergäbe

oiisern Scholdigern (Scholdnern), Oll führ ons net in Versüching, Sonner erlüs ons vom Üebel; Dann die is doas Rieh, dieKroaft, on die

Herrlichkait in Ewigkait. Amen.

175- Thüringisch.

Aus der Gegend von Treffurt , aufgesetzt von Hm, Fred. F. A. Oertel zu Grojs- Welsbach.

Voeter uinse (oinse), dahr de bist (best)

im Himmlj Gehilligt walire dinn Noemen, Dinn Rieh gekohm, Dinn Wille geschieh , wie in Himml, oelsu

au uf Ähren, Uinse tajelich Bruad gep uhis hitt, Un vergepp iiins uinse Schuild (Schoild), wie

mei vergännuinsen Schuildnahrn, Un feür uins nich in Verselichiing, Sonder erlües uins von dan Eübel, Denn dinn is das Rieh, un de Kroaft, un

de Hährlichkeit in Eüwikeit. Oemen.

176. Erzgebirgisch

der Gegend von,Grünhayn. und Elterlein.

Unner Voter, dar de bist in Himinl, Gaheiligt Avaiii dei Nähma, Zeküinin dei Roich, Dei Will' g'scliali, wie in Himml, su a ufF

Ard'ii, Unner täglich Brud gab es lioit, Un vargab es nnner Schuld, wie iner vargabii

unnern SchüUigarn, Führ es nett in Varsuchling, Sunnern erlös es viinn Uibel; Da dei is es Roich, un da Kraft, un da

Harrlichkät in Ewisfkat. Amä.

*o'

4. H o c h - D e u t s c h.

Die Melfsnische oder Obersächsische Mund- art \var, fast gleich entfernt von den Extremen, der Unterschiede der beyden älteren Deutschen Haupt-Mundarten, dadurch allerdings vorzüg- lich geschickt, die Grundlage einer allgemeinen und überall verständlichen, Schrift- und Um- gangs-Sprache zu werden, und den Kampf der Oberdeutschen und der Niederdeutschen Schriftsprache um' den Vorzug, den erstere be- sonders in Gedichten behauptet hatte, durch die Verdrängung beyder von ihrer Anwendung zur Schriftsprache zu endigen. Es entstand eine Prose, die nun Regel und Norm für den schrift- lichen Ausdruck für ganz Deutschland, und da- durch die Sprache des höheren und gebildeteren

285

Umgangs wnrc^e, das so genannte Hoch- Deutsch. Durch die bald allgemeine Geltung erhielten die grammatischen Formen ihre völlige Bestimmt- heit imd Festigkeit. Bey der AuiJassung der La\ite nach dem blofsen Gehör und selbst noch bey einem überwiegenden Gebrauche zur Poesie waren sie schwankend Geblieben.

Das Übergewicht des Ansehens und Eni- iiusses hätte die Obersächsische Mundart nicht ohne Luther s Reformation und Bibel - Übersez- zung erhalten. Daher die Erörterungen der Ent- stehung und Beschafienheit dieser Bibel-Über- setzung, dergleichen Palm, Götze und Teller ge- geben haben, zugleich die Geschichte der Aus- bildung des Hoch -Deutschen aufklären. Luther hatte, seinem eigenen Geständnisse zufolge, kein anderes Verdienst um die Sprache, als dafs er das Beste, Schicklfchste und Edelste aus der Ge- sellschafts-Sprache seinerzeit und seines Ortes aushob , fixirte und fortpflanzte. Aber die Mühe, die er neben den zerstreu endsten Be- schäftigungen darauf venvendete, und die in seinem Autsatze: von dem Dollrnet&chen^ geschil- dert wird, aber auch aus der Vergleichung sei- ner früheren und späteren Schriften erhellet, der dabey bewiesene Geschmack, und der aufserordentliche Erfolg bleiben immer bewun- dernswürdicj. Die Verbreitung der Schriften Luther's war ungelieuer. Aber nicht sie allein bewirkten jene Revolution in der Sprache. Der gröfste Theil der ersten Lehrer des gereinigrea Religionsbegriffes ging von Obersachsen aus, und wenigstens hatten fast alle zu Wittenberg, oder hernach auch auf einer der andern Sächsi- schen Universitäten, studirt. Nicht blofs die ganze Fluth von Religionsschriften, welche da-

0 34

iiiahls und in den nächsten Zeiten erschienen, lind mit warmen Interesse des Streitens und der Religiosität gelesen .wurden, waren in dieser Obersächsischen Sprache verfafst, sondern sie wurde auch, bey der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten der protestantischen Fürsten durch die Kuhri'ürsten von Sachsen, die Sprache ihrer öffentlichen Bekenntnifs- und Reich&tags- Schriften , und so ward ihr Sieg über die Platt- Deutsche Sprache als Schriftsprache selir bald entscheidend.

Auf dieser Grundlage also steht die Deut- sche Schriftsprache: aber sie ist seitdem gar sehr fortgebildet worden; und ist glücklich ge- nug, es noch zu werden. So gewifs aber diese Grundlage Obersächsisch ist: so ist doch nicht alles Obersächsische jener Schriftsprache ge- mäfs; sondern Obersachsen hat, wie schon er- wähntworden, eben so gut, als andere Länder Deutschlands, seine Sprache des niedern Volks und ilire Dialecte. Indessen ist die Sprache Obersachsens und der nächsten Gegenden der Schriftsprache in Absicht der Flexionen der Wörter und wegen der geringeren Anzahl blofs provinzieller Ausdrücke wenigstens angemesse- ner als anderwäits, wenn auch gleich die Aus- sprache selbst dort nicht so rein ist, als in man- chen andern Gegenden, wo die, mit der Schrift- sprache übereinstimmende, höhere Umgangs- sprache mit mehr Sorgfalt und Aufmerksamkeit zum Unterschied von der abweichenderen Lan- des-Mundart hervorgehoben wird, und wo man die Härte oder Weichheit der Consonanten und die Diphthongen durch eine angestrengtere Thä- tigkeit der Organe gehörig ausdrückt. Die, der Schriftsprache nähere Ausdrucksweise ist in

^85

Obersachsen und dem gröfseren Theile von Mit- tel-Deutschland, aufser in einzelnen, besonders gebirgigen Gegenden, wenigstens das Ziel des Sprechens aller auch nur H;ilbgebildeten; wäh- rend in anderen Gegenden Deutschlands der weit unterschiedenere Landes - Dialect nicht blofs der niedersten Volks -Classe und den Land- leuten anheimgefallen ist *).

577- Heutige Form des V. U. **)

Vater unser, der du bist in dem Himmel, Geheiliget werde dein Nähme; Dein Reich komme;

*) S. auch: Über das Verhältnifs der hochteut- fichen Sprache und obersachsischen Mundart in Riiäi» ger^s Zuwachs, St. II, S. i fF.

S. J. JE. Stosdt über den Hochdeutschen Sprachge- brauch in der: Berliner Monatssduift, 1736, St. I.

Auszug und Gedanken über eine (im Magazin für die Deutsche Sprache, Jahrg. I, St. I, S. x fF. befind- liche) Abhandlung: was ist Hoch- Deutsch, im Pfäl- zischen Museum f B. I, H. VIII.

Über das Meklcnburgische Hochdeutsch s. Monats- schrift V. und f. Meklenburg, 1789» St. X, 1790, S. 149, 643.

Von der Nieder - Hochdeutschen Mundart und üen Obersächsischen Sprachfehlern s. Deutsches Museiuii, 1783» St. III, S. £176; und das Magazin für die Deut- sche Sprache, Jahrg. I, St. I, S. 52 £F.

**) Luther selbst hatte in den späteren Ausgaben seiner Bibel- Übersetzung die N. 176 aufgestellte Fonu nur in der zweyten Bitte geändert, wo er geheiliget V^erde statt sey heilig von 1558 an setzte. Das undeut- sche Schuldigern hat sich' auch seitdem von dem bes- sern Schuldnern nicht wollen verdrängen lassen. Auch

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden;

Unser täglich Brot gib uns heute;

Und vergib uns unsere Schuld, wie wir ver- geben uns ein Schuldigern;

Und fLihie uns nicht In Versuchung;

Sondern erlöse uns von dem Uebel.

Denn dein ist das Reich, und die Kraft, und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Litteralur der Hochdeulschen Sprachkunde.

Die Deutsche Grammatik ist die Grammatik dieser Hochdeutschen oder Schrift - Sprache, und ihr gehören die Deutschen Wörterbücher an, wenn sie nicht entweder mit besonderer Rücksicht auf einzelne Gegend-en oder zur Um- fassung aller Zweige der Deutschen Sprache ge- arbeitet sind. Data zur Geschichte der Deut- schen Grammatik und Lexicologie, durch Auf- stellung der bemerkens-vverthesten Schriften bey- der Art, müssen also gerade hier ihren Platz fin- den. Überdemist von grammatischen Bearbei- tungen der Deutschen Sprache vor Luther so gut als keine Spur.

die Reform irte und Katholische Kirchen -Übersetzung (s. die Eiblia Pentapla) haben es, und sie unterschei- den sich von obiger Fonn blols dadurch, dafs sie in der siebenten Eitle beyde: von dem Bösen haben, dal.s letztere die Doxologie wegliifst, und erstere spracli- richiiger niit LTnscr K«/?'' anfängt. Die Katliolische Kirch. Übers, hat a. a. O. ilas undeutsche: zukomme (/.ein Reich; man findet dies aber auch anderwärts. In der dritten Bitte wird so odor also gewöhnlich gesetzt, hier und da 4ber auch weggelassen.

^8'

Teilt sehe Grammat'ica, daraufs alner von im selbs mag lesen lernen, mit allem dem, so zum Teütschen lesen vnnd desselben Orthooraphian mangel vFi überflufs, auch anderm vil mehr-, zu wissen gehört. Auch etwas von der rechten art vnd Etymologia der teütschen sprach vnnd Wör- ter, vnnd wie man die teiitsclien Wörter in jre silben taylen vnd zusamen buchstaben soll. Va- lentin Ickelsamer, 5 Bogen, 8, ohne Jahr u. Ort. (Wird aber schon 1534 erwähnt.) Der Verfas- ser lebte zur Zeit der Reformation.

Teutsch Grammatkk oder Sprachkunst. Cer- tissima ratio discendae linguae Alemanorum sive Germanorum grammaticis regulis et exemplis compreh<^sa per Laur. Alberlum Ostofrancum Augustae vindel. i5-'3, 8-

Vndcr rieht der Hoch -Teilt sehen Spraach. Gram- matica s. Institutio verae germanicae linguae in usum juventutis maxime Gallicae Alb. Oelhi- gero auctore Argentor. 1574, 8-

Grammatica germanicae linguae M. Joan. C/aJi Hertzbergens. ex bibliis Lutheri Germaui- cis et aliis eins libris coUecta. Lips. 157S? 8- Neueste Aufl. Nürnb. 1720, 8-

Weimarische deutsche Gammatick. Wei- mar, 1618.

Mart. Opitzens prosodia germanica, Brieg, 1624, 4. Neueste Aufl. Frankf. 1658, 12.

Christi. Gueintzen deutscher Sprachlehre Ent- wurf, Cöthen, 1641, 8-

Ebendess. deutsehe Reehtschreibung ^ Halle, 1645 u. 1666, 8.

Just. Geo. Sehottelii Einbeccens. Teutsehe Spraehkumt , darinn die allerwortreichste, prach- tigste, reinlichste, vollkommene, uhralte Haupt- Sprache der Teütschen aus ihren Gründen erho-

28S

ben, dero Eigenscliafcen und Kiinststiicke völlig entdeckt, und also in eine richtige Form der Kunst zum ersten Mahle gebracht worden. Braunschw. 1641, 8. 2te Ausg. 1651.

Der Teilt sehen Sprache Einleituvg za richtiger Gewisheit und Q-rundmefsicrem Vero;nügen der Teutschen Hauptsprache samt beigefügten Er- klärungen, ausgefertiget von /. Geo. Schottelio, Lübeck u. Lüneb. 1643 , 8.

AusführlicJie Arbeit von der deutschen Haupt- sprache ^ dero Uhralterthum, Reinlichkeit, Ver- mögen, Grundrichtigkeit, Mundarten, Stamm- wörtern , Sprichwörtern u. s. w. samt beygefüg- ter Sprachkunst und Verskunst ausgefertigt von D. J. Geo. Schottein. Braunschw. 1663, 4.

Ebendess. Kurze und gründliche Anleitung zu- der Rechtschreibung imd zu der W^ortfor- scliung in der deutschen Sprache, für die Ju- gend in den Schulen. Braunschw. 1676, 8-

Phit. von Zessn hoochdeutsche Sprachübuug oder unvorgreifliches Bedenken über die hooch- deutsche Hauptsprache und derselben Schreibe- richtigkeit in Unterredung gestellt und auf Be- gehren und Gutbefinden der hoochlöblichen Deutbchzunft herfürgegeben. Hamb. 1643, 8. Danz. 1645, 12.

Andr. Tsc/ierning's unvorgreifliches Beden- ken über etliche Misbräuche in der deutschen Schreib- und Sprachkunst. Lübeck, 1658? 8.

Dan. Geo. Morhofens Unterruht von der deut- schen Sprache und Poesie, deren Ursprung, Fort- gang und Lehrsätzen, Kiel, 1682, neueste Aufl. 1718.

Joh. Bödihers Grundsätze der deutschen Sprache im Reden und Schrtiben, samt einem auslühr-

lichen

^89

liehen Berichte zum rechten Gebrauch der Vor- wörter. Cöln a. d. Spree, 1690, neueste Aufl. 1719, und mit Anmerkungen von Jo. Leonh. Frisch, Berl. 1723 u. 1729, 8, nnd mit diesen Anmerkungen und neuen Zusätzen von Joh. Jac, WIppei, ßerl. 1746, 8-

Christi. Ern. Sleinbach's kurze und gründliche Anweisung zux Deutschen Sprache. Rost. 1724, 8.

Sah Hentschels Grundregehi der hochdeut- schen Sprache. Naumb. 1729, 8.

Die kaiserliche deutsche Gramatik von Joh. Balth. von Antesperg. Wien, 1747 u. 49, 8-

Jo. Chsto. Gottsched' s Grundlegung einer deut- schen Sprachkunst nach dem Muster der l^esten Schriftsteller des vorigen und itzigen Jahrhun- derts. Leipz. 174S5 neueste Aufi. 1762, und nach des Verf. Tode 1776.

Kern der Gottschedischen Sprachkunst aus der ausführlichen Sprachkunst zum Gebrauch der Jugend. Leipz. X753. ^te Aufl, 1766, 81 und nachher noch bis 1777.

J. M. Heinzens Anmerkungen über Gottscheds deutsche Sprachlehre. Gott. 1759, 8.

Die nothwendigsten Anfangsgründe der teutschen Sprachkunst zum Gebrauch der Oesterreichischen Schulen von J. S. V. Popo- witsch. Wien, 1754, 8-

Versuch einer teutschen Sprachlehre von C. F. Aic hinger. Frkft. u. Leipz. 1754,

Jo, Bernh. BasedovJ's neue Lehrart und Re- gelmäfsigkeit der teutschen Sprache. Kopenhag.

1759 u-7^' 8.

H. Brauns Anleitung zur Deutschten Sprach-

hunst. ?viünch. 1765 u. 1'775, S. Auszug, ^te

Aufl. 1775.

Mithricl. IL T

2r^O

C. Jjodmers Grundsätze der deutschen Sprache oder von den Bestandibeilen derselben und von dem Redesatz. Zürich, 1768, 8-

Ebendcss, elementaribch teutsche Gramma- tik. Leipz. 1775.

Joh. Frieclr. Hcynntz Deulsclie Sprachlehre zum Gebrauch der Schulen, Th.I, Berl. 1770. Th. II, Liegn. 1773, 8, neueste Aufl.

Ebendcss. Anweisung zur Deutschen Spra- che zum Gebraucii beym Unterriclu der ersten Anfänger. BerL 1785, 8- Neueste Aufl.

Ebendess. Neues Lehrgebäude der Deut- schen Sprache. Berlin, 1798-

Franz Joh. Bob's Grundsätze der Deutschen Sprachkunst. Ulm, B. I, II, 1771, 8-

Ebendess. KwszngdäXTiws. Ulm, 1778.

Ebendess. erste Anfangsgründe der Deut- schen Sprache nebst einem orthographischen Worterbuchc. Freyburg, 1780.

Jak. Hemmers Deutsche Sprachlehre zum Ge- brauch der Churpfälzit-chen Lande. Mannh. 1775. Auszug d-axdiUS, Mannh. 1780.

Anleitung zur deutschen Sprachlehre zum Ge- brauch der deutschen Schulen in den K.K. Staa- ten. Wien, 1775 u. 1779.

Kurze Anleitung zur deutsclien Sprachhunsl von G. Fr. Bärmann. Leipz. 1776, 8-

M. Frledr. Carl Fulda Grundregeln der deutschen Sprache. -Stuttg. 1778, 8-

Joh. CIi£to. Adelungs Deutsche Sprachlehre zum Gebrauch der Schulen in den Preufs. Landen, ßerl. 17S1, neueste Aufl. Auszug^ Berlin, 1781-

Ebendess. \xrx\si'd,ndVic:\\e^ Lehrgebäude der deut- schen SpracJdchre ^ zur Erläuterung der deutsclien Sprachlehre für Schulen, B. 1,11, Leipz. 17S2,

Carl Phil. Moritz Deutsche Sprachlehre für die pamen. Berl. 1782, 8

C. G. Schützens neues Elemehtarwerk, III Th. J)eürsc}ies Lesebuch nebst den Anfangsgründen der deutschen Sprachkunst. Halle, 17S2 u. go,

Deutsche Sprachlehre für die Münsterschen Trivialschulen (von J. H. Kistemaker). Münst. 1787.

L. H. S. lehne Anweisung in der hochdeut- schen Sprache für die Jugend in Niederdeutsch- lai^d. Alton. 1790, 8.

Neuer Versuch einer deutschen Sprachlehre nach den bewährtesten Gründen für Schulen und ihre Lehrer von /. P. Snell. Offenb. 1 790,

' 1799' 8.

Deutsche Sprachlehre von JC. E. Stutz. Potsd. 1790, 8. Auszug 1793, 8.

Mich. Ad. Köl Deutsche Sprachlehre Axiv die Mittelschulen an der Universität zu Würzburg.

1791'^ 8.

H. Plartung's Versuch einer kleinen deut- schen Sprachlehre für die heranvyachsende Ju- gend. Berl, 1792, 8- Neueste Aufl.

Klopstock's Grammatische Gespräche. Alton.

1794, 8.

Christi. Kruse Anweisung zur deutschen Sprache für geborne Deutsche, insonderheit für Ünge- lehrte. Hamb. 1796, 8-

Jos. JVismayr's Grundsätze der deutschen Spra- che, Th. I, II. Salzb, 1796, 8- Auszug, 1797 u. 1800, 8.

Deutsche Sprachlehre, besonders zum Ge- brauch in Schulen, von Theod. Hsinsius, Th. I, II. Berl. 1797, 98 und iS<jo , 8-

Chsto.F. Ph.Leutweins neue deutsche Sprach- lehre zum Gebrauch füi' Schulen. Stuttg. 179S>S.

T 2

292

Katechismus der deutschen Sprache zum Ge- brauch in Schulen, von 7". G. Vollbeding. Köthen,

179S, 8.

K. E. SpUttegarb's deutsche Sprachlehre für An- fanger, mit Aufgaben. Berl. 1799, 8-

Versuch einer Deutschen Sprachlehre. Strasb. 1803, 8.

Teutsches Elementarbuch für Lehrer zur Prü- fung. Tübing. 1805, 4.

H. L. PöUtz allgemeine Deutsche Sprach- kunde. Leipz. 1804, 8-

Ebendess. systematische Encyclopaedie der stilistischen Wissenschaften, ein Lehrbuch der Deutschen Sprachkunde in ihrem ganzen Um- fange. Leipz. 1805, 8.

J. S. Vaters Tabellen der Deutschen Gram- matik. Halle, 1807.

Weitere Data und Urtheile über den Gang der Bearbeitung der Deutschen Sprachlehre und ihrer einzelnen Theile findet man in EL Casp. Reichard s Versuch einer Historie der deut selten Sprachhinst, Hamb. 1747, 8? und in/. C. C. Rü- diger's oft erwähnten Neuestem Zuwachs der teut- schen, fremden und allgemeinen Sprachkunde^ Leipz. U.Halle, 1782 93. Viertem Sxxic\: lieber sieht der neueren Litteratur der teutschen Sprachkunde seit Gottscheden als Nachtrag und Fortsetzung zu Rei- nhards GescJnchte; einiges auch in Leonh. Meisters Hauptepochen der Deutschen Sprache seit dem S^en Jahrhundert in den Schriften der Kuhrf. deutsch. Gesellsch. zu Mannheim, B. I, II,

Joan. Diecmaimi Specimen Glossarii Mssti Latino - Theotisci quod RJiabano Mauro inscribitur. Brem. 1721 , 4.

^93

Ge. Henisciiü ihesaiinis Ibiguac et sapienriae Germanicae in quo vocabula omnia Germanica cum synonymis derivatis etc. continentur, Au- gust Vindel. 1616 f.

Des Spaten (d, i. Casp. va?i Stielers) der teut- sclien Sprache Stammbaum und Fortwachs oder teutsdier Sprachschatz^ \vorinnen alle und jede teutsche Wurzel- und Stammwörter mit guter lateinischer Tollmetschung und kun5t2;e2ründe- ten Anmericungen befindlich. Nürnberg, 1691,

Chrsti. Em. Steinbachs deutsches Wörter- buch, B. I, IL Bresl. 17.34, 8-

Joh. Leonh. Frisch /ei//5c/2- lateinisches Wör- terhiich der ursprünglichen, hergeleiteten und zusammengesetzten Wörter, Kunstbenennun- gen, veralteten Wörter und Ausrdrücke, mit beygesetzter Anführung der Stellen, Etymolo- gien und critischen Anmerkungen. Berl. 1741, 4. . Jo. Chrsto. Adelungs grammatisch -kritisclie^ Wörterbuch der hochdeutschen Mundart mit bestan- diger Vergleichung der übrigen Mundarten, be- sonders aber der Oberdeutschen, T. I IV, 4. Leipz. 1773 80. Neue Aufl. 1793 1801. Auszug Th.l, 1793- Th. II, 1796, 8-

Joach. Heinr. Campe Proben einiger -Versuche teut scher SpracJiber eicher ung. Braunschw. 1791. Zw^Z/e/- Versuch od. starkvermelirte Ausgabe des ersten, 1792. Dritter Versuch , 1794.

Q. Phil. Moritz grammatisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berl. 1793, B. I. B. II, 1794, fortges. von J. E. Stutz, B. III, 1797, von Balth. Slenzel, 1797. B. IV von /, Chrsto. Vollbeding^ 1800, 8.

T. G. Voigteis Versuch eines hochdeutschen Handv^'örterbuchs für die Aussprache, Orthogra-

^^94

phie, Biegimg, Ableitung, Bedeutung undA''er- bindung, Th. I III. Halle, 1793 95 ? 8-

Versuch eines deutschen Anlibarbarus oder Verzeichnifs solcher Wörter, deren man sich enthalten mufs, von 7". F. Heynatz. ß. I, II. Berl. 1796, 8-

Beyträge zur Beförderung der fortschreiten- den Ausbildung der deutschen Sprache von einer Gesellschaft von Gelehrten (herausgegeben von J.H. Campe). Braunschw. I IX St. 1705 <}']-)^-

Jo. Aug. Eberhards Versuch einer allgemei- nen deutsche?! Synonymik^ B/ I VI. Halle, 170^ 1S02, 8- Auszug, und ein andrfer vom Verlasset selbst, 1802 u. 1805.

Versuch eines niö5;lichst vollständigen s\mO' nymischeu Wörterbuchs der deutschen Sprache von J. F. Heynatz. Berk 1795 98. B. I. II. 8-

Handwörterbuch der deutschen Sprache zum Ge- brr.uch des Lesens, Sprechens und Schreibens, mit Angabe der nächsten sinnverwandten Wör- ter und einer kleinen Sprachlelire. Leipz. 1798.

(^T.'G.- Voigte/s) Handwörterbuch der Deut- schen Sprache mit besondrer Rücksicht auf die Synonymen derselben. Halle, 1804, 8-

Jcach. H. Campe's- Wörterbuch der Deut- schen Sprache. Th. I. Braun^chw. 1807, 4*

B. Scandinavischer Haupt stamm.

So spät auch Scandinavlen in der Ge- schichte hervor gehet, so ist es doch alier Wahrscheinlichkeit nach schon sehr frühe, und zwar von V-ölkern des niedern Stammes besetzt und bewohnet worden, obgleich die nachmahls eingewanderten Gothen in Schweden, und He- ruler in Norwegen, beyde von dem höhern

2Q5

Stamme, manche Vermischung der Mundarten verursaclit haben mögen; denn dafe Scandina- vien in den altern Zeiten nur Eine und eben dieselbe Mundart gekannt haben sollte, ist wi- der alle Spracli- Analogie, zum Theil auch wi- der die Erfahrung.

Über den Charakter dieses Sprachstammes ist schon oben bey den Bem.erkungen über den allcremeinen Charakter der Germanischen Snra- chen gehandelt worden. Die Zweige des Scan- dinavischen Hauptstammes sind einander in ihrem Baue sehr nahe, und z.B. der Schwede i'ersteht bald das einfachere Dänische, Beyde haben die Bezeichnung des bebtimmten Artikels durch einen Anhang; am Ende der Substantive, die Bildung des Neutrums derAdjective durch ein angehängtes /, des Passivs durch ein ange- hängtes s. Das Dänische aber hat in den End- formen der Declination, Comparation, Conju- gation gewöhnlich e, das Schwedische ß und in einigen Fällen o, das Isländische a oder u. Zu- sammengesetzter als die Dänische ist die Schwe- dische Declination, und noch weit mehr Para- digmen hat die Isländische nöthig. Zwar lauten hier alle Neutra im Nominativ des Plurals wie in dem des Singulars, aber diese Sprache be- schränkt sich auch nicht gleich jenen beyden Schwestern auf charakteristische Endungen des Nominativs und Genitivs, sondern zeichnet auch andere Casus aus. Der Dativ im Singular hat gewöhnlich <?, im Plural immer uni^ wie im Angelsächsischen und ähnlich dem Mösogothi- schen; sie hat eine sehr zusammengesetzte De- clination des Adjectivs und seiner Grade; der Dativ der Adjective im Sinp;ular lautet auch um^ wieder wie im Angelsächiischen und ähnlich

296

dem Müsocjothischen. Der Plural der Verbal- Personen hat im Sclivvedischen und Isländischen dreyerley Formen, im Dänischen nur Eine tür alle drey Personen. Die Schwedische Conjiiga- lion des Passivs ist die einfachste, indem dnrch- sehends immer blofs s an alle Formen des Acrivs angehängt Avird. Das Dänische nnd Isländische hinge_c[en hängen, jenes 5, dieses 5/, nur an die •vmzn&ammengesetzten Formen, und bilden die übrigen durch das Particip ohne s oder st ^ und dieses Isländische Particig hat eine ganz abwei- chende Form. Der Unterachied der Büdung des Imperfectums ist, wie im Deutschen, auch in diesen Sprachen, aber mehr als im Dänischen macht er im Schwedischen und noch mehr im isländischen besondere Paradigmen nöthig. Von Adjectiven abgeleitete Adverbien haben nur im Dänischen eine eigene Endung, statt dafs sie sich sonst auch, wie in den beyden übrigen Sprachen, durcli das Neutrum des Adjectiv.s ausdrücken, das Angelsächsische hat eine ähn- liche Endung der Adverbien, das Mösogothische eine andere. Über den am Ende angeliängten Artikel ist noch zu bemerken, dafs er nicht in den zvvey eben genannten alten Dialecterj, aber im Isländischen da ist, doch in demselben sein Gebrauch noch nicht so bestimmt ist, als im Dänischen und Schwedischen. Bemerkungen über das Dänische vau\ Schwedische findet man in Co. Golth. Lenzs Bemerkungen auf Reisen in Dänemark, Schweden und Frankreich, Th. I, Goth. 1800, und für die ältere Geschichte dieser Sprachen ist gesammelt in 0/. IVorinii Danica litteratura antiquissima Mafn. 165 1, f. Thom. BarthoVmi Antiquitates Danicae ex vetustis codi- cibus digestae Hafn. 1690, 4. il/<///(?/ monumens

de la Mvtholocrie et de la Poesie des Celtes et

O

particiilieiement des.anciens Scandinaves. Co- penh. 1752, 4.

Sehr unschicklich ist es, mit den meisten Nordischen Schriftf^tellern die altern schrift- lichen Scandinavischen Überbl-eihsel und ihre Sprache Runisch zu nennen, weil einige wenige derselben mit Runen, d. i. einer aus der Lateini- schen Capital- Schrift verstümmelten geradlini- gen Schriftart *) , um sie bequem auf Holz, oder Stein bringen zu können, geschrieben worden, wobey es im Dunkeln bleibt, welche Scandina- vische Mundart man meinet; denn eine Runische Sprache hat es nie gegeben. Das heutige Scan- dinavische schränkt sich auf drey Plauptmund- arten ein, die Dänische, die Norwegische und ihre Tochter die Isländische, und die Schwe- dische.

a)

Dänisch.

Der Nähme der Dänen wird im 6ten Jahr- hundert zuerst angetroilen, vorher heifsen sie Jiiten, und am Ende des Qten Jahrhunderts fmt den wir schon die Dänischen Inseln Dänmark genannt, d. i. das Land der Dänen. Das Däni- sche schliefst sich unmittelbar an die alten Nie-» derdeutschen Mundarten, das Friesische und Sächsische an, welchem es unter den Scandina- vischen Mundarten am nächsten verwandt ist^ wie unter andern aus der Vergleichung mit dem ächten Angel- Sächsischen erhellet. Um desto begreiflicher ist die Verschmelzung des letzteren mit dem Dänischen unter den Dänischen Re* genten Englands, und dafs die von Knud dem

*} S. über den Gebrauch derselben J. X'''7€ tle Ru^ narum in Suecia occasu Diss. I, II. Ups. 1775.

a.98

Grofsen aus England nach Dänmark, zur Culti- virung und Bekehrung der Dänen gesendete Geistliche auf diese leicht Einflufs gewinnen konnten. Poetische Monumente des alten Dä- nischen Dialects sind besonders die lüämpe Viiser^ deren Alter freilich noch nicht kritisch bestimmt ist, von denen aber vielleicht einige noch ins 8te Jahrhundert gehören, sie sind von Andr. Sofreenson Vedel, 1519, S 7 dann zu Christiania, 1664, 12, vmd von P. 6yv , Kopenh. 1695, 8> mit Anmerkungen herausgegeben worden- ^S. Proben davon in Gersienljcrg's Briefen über Merk- würdigkeiten der Liiteratur', I. Samml. S. 146, 158- Aus der zweyten Hälfte des i2ten Jahr- hunderts sind Seeländische, und aus dem i3teii Jahrhundert Jütische Gesetze vorhanden,: und in dem Jydske Lowbog mehrmahls gedruckt, die beste Ausgabe ist die von Pet. KofodAncher-^Y^o- penh, 1783? und mit einem. Glossar versehen; s. auch desselben P. iT.y^.' Dansk Low -Historie, Kopenh. 1764, 4, und Jo. Meyeri Jus Jäticurn cum commentario et expücatione vocabulorum Danicorum, auch in V/estphalcn- oben angeführ- ten Moiiumentis inedit. rerum Germanic. prae- eipue Cimbric. T. IV, c. 1715, 1761. Unter den Königen von Deutschem Stamme wurde das Deutsche unter der feineren Welt gewöhnlich, und das Dänische vernachlässigr. Aber beson- ders seit der Mitte des i8ten Jahrhunderts ist für die Cultur desselben vieles g'ethan worden.

Litteratur der Dänischen Sprachhundc,

Frid. Pantoppidan's Grammatica Danica. Hafn.

1668, 8.

Jan. Baden Roma Danica s. harmon'ia Irngtrcre 'Danicae cum Latlna. Kopenh. 1699, 8.

I

Jo. Rentners von Rusenherg Dänisch -Teiit- sohe GrammaTiGa.- K-openh. 1709, 8.

J. H. Schlf-ßcl om det Danske Sprogs fordeele og nmngles. Köpenhv i'-'63, 8^; kis Deutsche übersetzt von G. B. Funk. Schles'w, 17641 8-

J. Baden'' s Forelaesninger orer'de^Dauske Sprog, eller resonneret Dansk Grainmatick; Kopenh. 1767, 179'^» u. 1802,- g. Deutsch Odensee, 1767.

Wesentlicher Unterricht zur Erlernung der Dänischen Sprache. Hamb. 1773, 8-

J. Werfet s Veiledning til at laere det Danske Sprog. N, A. Kopenh., 1708. " '

,F. Ec/iord's philbsopiViscKe'' nhä. .'kijiUchd Sprachlehre der neiiestetj 'pänisfchen MÜnÜarf itir Deutsche. Kopeiih. 1797. ' '

J. C. Tinle's neue Dänische, Grarnrnatik;fLii' Deutsche. Koperdi: 1797. ; /,'',.. ' . /

M. Hagerup pTniclpes genefdüx He'lalan^tie' banoise. KopenhV V79,7- •^lanu;-' :

Forsog til eh Dahijk Spno^jlaere 've'd Dich- man. Kopenh. 1800. (wird vorz;iglich geschätzt.) ; '" i^rundtraek oi" Darihk GrarrtTiiätlck Ved N. LI Nissen'. Kopenh. 180 1. . . --.r

Dänische Sprachlehre flir Deutsche von. N. B. Lange, zweyte ganz neue umgearbeitete Aufl. von IV. H. F. Abralulnuon. Kopenh. 1801, 8.

Joh. Heinr. Sc/ik-yePs Sammlung zur Däni- sehen Geschichte, 'Münzkenhtnifs,' Oekönomie und Spracfie. B. I, Ü. Kopenh. 1771 76.

H. van Alphehn Kongelig Dansk Ord-Bog. Kopenh. 1764, 1772, 4.

Dictionaire f rangois - Danois v,et/ Danois-. Francois. T. I XII. 1772 76^ 4; i

Dansk Ord - Bog under den Kongel. VI- denskabernes Selskabs Bestyrelse udgiven af JElert. T.I, II.

Dansk -Tydsk Haandlexicon of C. G. Deisler, T.I, II. Kopenh. 1799.

Dansk Glossarium. En Ordbog til Forkla- ring over det Dansk Sprogs gamla nye og frem- mede Ord af /. Leth. Kopenh. 1800.

G. H. Müller s neues Dänisch - Deutsches Wörterbuch. Schiesw. Th. I, 11. i(Soi, 8.

Die Dänische Sprache des gemeinen Lebens kennt eben so wie die Dänische Schriftsprache keinen Dialect ^ sondern in den einzelnen Pro- vinzen machen einzelne abweichende Wörter imd Pronunciationen den ganzen Unterschied, z. B. in Jiitland spricht man a sta.tt Jeg (ich). Auf der Insel Seeland ^vird das beste Dänisch gesprochen , in Kopenhagen selbst besonders weichlich, hier hat sich die Schriftsprache weiter ausgebildet; der Fühne und Laländer schleppt mehr, und der Jiitländer spricht am schwerfäl- ligsten ; s. auch BeniouU'Cs Reisen, Th. XV, S. 264. Im Schleswigschen wird auch ein Provinzial- Dänisch gesprochen, welches aber "ein Gemisch vom Dänischen, Platt- und Hoch - Deutschen ist *). Hervas hat ein V. U. in einem so genann- ten Dänischen Dialect, welcher aber von der gewöhnlichen Schriftsprache nicht verschieden ist. Eine Übersetzung des V. U. in Phaleucischen

*) S. auch Fr, Ponioppidani Dissert. de linguae Da- nicae falls et c jnditione cum superiori tum praesenti aevo in Cinibria australi s. Ducatu Slesuicensi, in den Schriften der KopenJiag, Societät^ Th. I, S. 55 fF. , und Deutsch im Hamburgischen Magazin, Tb. XIll, S.451 ^-

501

Versen von einem AquUonius hat Morhof in dem Unterricht von der Teutsc/ien Sprache , S. 536, wel- che aber zu meiner Absicht nichts beytra- gen kann.

178. Dänisch von 1*599.

Aus Hutters Neuem Testament,

Vor Fader i Himmelen, Helligt vorde dit NaiFii; Tiikomme dit Rige; > Vorde din Yillie, paa Jordan sa.m i Him-

melen; Gitt oss i Dag vort daglige Bred; Oc forlad ofs vor Skyld, som wi forlade

vore Skyldener; Oc leed ofs icke i Fristelse; Men frelss oss fra Ont. Thi Rigit er dit, oc Krafit, oc Herlighed

i Ewighed. Amen.

179. Heutiges Dänisch.

Aus der Dänischen Bibel, Kopenh. 1771, 8-

Vor Fader, du som er i Himlene,

Helliget vorde dit Navn;

Komme dit Füge;

Skee din Villie, som i Himmelen, saa og pa Jordeu;

Giv OS i Dag vort daglige. Brod;

Og forlad os vor Skyld, saa som vi og for- lade vore Skyldener;

502

Og leed os'ilvke iiid i FrisL^lse; Meti fiie os fia det Onde. Tili dit er Riget, og Kräften , og lierlighe- den i Eviglied. Amen.

b) . Norwegisch.

Norwegen kommt im gten Jahrhundert unter dem Nahmen Nordmannland, beyAdani von Bremen im i iten Jahrhundert schon uVirer dem heutigen Nahmen vor. Das Norwegische ist als eine eigene für sich bestehende Mundart -mit seinen mehreren Unter - Dialecten aulser aus einigen Bemerkungen von /. A^. IVi/se in Ber- nouUi's Reißen Th. 7, und einigen Wörterbii- cliern und Idiotiken wenig bekannt. Auch ist es nur noch vorzüglich auf dem Lande üblich, denn in den Städten und höhern Ständen ist es von dem Dänischen verdränget worden, und es scheinet, dafs dieses sich auch der Kirchen- sprache bemächtigt hat; daher mir auch keine Übersetzung eines biblischen Buches in die Nor- wegische Sprache bekannt ist. Die einzige For- mel des Norwegischen V.:U. , welche man bisher gehabt hat, schreibt sich nt:)ch von dem Jolu MicriiUus her, dem sie alle folgende Sammler h'is ?^\ii Edw. Fry nachgeschrieben haben; daher die beyfolgende zyveyte desto erwünschter hin- zukömmt. Am verderbtesten ist das Norwegi- sche auf den Orcadischen Inseln, welche von Norwegen aus bevölkert' worden , wenigstens so wie die Färöer,. Hebridischen und Scliettlän- dischen seit dem gten- und loten Jahrhundert längere Zeit den Norwegern und Dänen unter- worfen waren, daher das gemeine Volk, auf welches diese Sprache tingeschränkt ist, sich

0^0

Ahorns zu nennen pflegen. Die von besserer Er- ziehung sprechen Englisch im Schottischen Dia- lect. Auch die Sprache der Färöer Insehi ist Norwegisch, und zwar weichen die Mundarten der südlichen und der nördlichen Inseln von einander ab.

H ü l f s m i t t e l.

.Christ. Jcnssen Norsk Dictionarium eller Glossbog. Kopenh. 1646, 8-

Hans Ström physisk og oeconomislc Beskri- vehe over Söndmör^ mit einem Glossar dieser Ge- gend des Stifts ^^rgc^, Soröe, 1762, 4.

Gr. Jo. Thorhelin analecta, quibus histo- ria etc. regni Norwegii illustrantur , Hafn. 177S5 niit einem Glossar.

/. N. Vvilse Norsk Ordbog fra Egnen ved Spydberg. Christiania, 1780, 8? und auch in Dessen physisk, ökonomisk, og statistisk i>CÄ)^r/- velse over Spydeberg og Eyn i Aggerhuus- Stift.

L. Hailager Norsk Ordsamling eller Pröver of Norske Ord og Talemander tiliigered endeel Viser i det Norske ßondesprog. Kopenh. 1802.

ISO. Norwegisch.

o Alis. Jo. MicraHi alten Pommerland , S. 124«

Wor Fader, du som est y Himmelen, Gehailiget worde dit Nafn; Tilkomma os Riga dit; Dill VV^ilia geskia paa Jorden, som handt

er iidi Himmelen; GÜf OS y Tag wort dagliga Brouta;

3^4

Och forlaet OS wort vSkiolJü, 8om wy forlata

wora Skioldonai ,• Och lad OS ickie komma udi Fristelse ; Mau frais os fra Onet. Thy Rigit er dit, Macht och Kracht fra Evig-

hait tii Evighait. Amen.

181.

Norwegisch,

wie es zu Oslerdalen, z\vischen Chrisliania und Dronthcim gesprochen wird.

Mitgetheilt von Herrn D. Munter.

Faer vaar, du som er i Himleii, Helket vaarde dit Namn; Tilkome os ditRike; Sje di Wöllie her aa Jera, sem den sjer

i Hiimlen; Giv os höer Dak waart daklike Brö ; Og forlat OS vaar Sjuld, som vi forlate vaare

Sjulner; Leet OS ikkie utiFrüstelse; Men frais os fra det One; Ty Riket er dit, aa Makten, aa Aran iEwik-

het. Amen.

182.

Mundart auf den Orkneys.

Aus James WaUace*s account of the Islands of Orkneys, Land. 170©, 8> 5.63.

Fauor i ir i Chimrie, Helleur ir i Nam thite; Gilla Gofduni thite cumma;

Veya

i

yeya tliine mota vara gort o Yurn, sinna

gort i Chimrie; Gav US da on da dalight Brow vora; Firgive uus Sinna iiora sin vee firgive Sindara

mutha uus; Lyv uus ye i Tumtation; Min delivera uus fro oit Ilt. Amen, on sa

nieteth vera.

c) Isländisch.

Bekannter ist die Isländische Mundart, eine Tochte;r der Norwegischen, weil sie von jeher mehr durch Schriften ausgebildet worden. Da die Isländer von Norwegen ausgegangen sind, so brachten sie auch die Norwegische Sprache mit, daher sie die ihrige noch jetzt Norräyiisch zu nennen pflegen *). Da sie wahrscheinlich aus verschiedenen Gegenden Norwegens kanieii, so zerfiel auch ihre Sprache gleich anfänglich in mehrere Mundarten. Von Troii (in seinem irf/", rörende en resa til Island, Ups. 1777» deutsch von Möller, 1779) zählet vier Hauptmundarte*n. In dem östlichen Theile der Insel soll die alte Nor- wegische Sprache noch am reinsten gesprochen werden. An den Küsten ist sie sehr mit dem Dänischen vermischt. Diese Sprache hat noch manche schätzbare Überreste sowohl in Prosa als Poesie aufzuweisen, welche aber nicht über- das

*) Man sehe von dieser Sprache Arngrimi Jonat Cryniogaena s. rerum Islandicanini L. III. Haaab. 1610, 4> ""'^ Egg^n Olajs und Biarn Povdsms Jüdst Th. <2, S. HO folg.

Mithrid. 11. ^

500

I2te und i3te Jahrhundert hinaus gehen, unge- achtet sie von unkritischen Bewunderern für un- gebührlich alt ausgegeben werden. Die schö-* iien poetischen Stücke sind theils in der Edda^ theils einzeln in den, bey der Einleitung ange- führten Sammlungen bekannt geworden; Über- setzungen einiger derselben stehen in von Ger- stcnberLi's Briefen ' über Merkwürdiakeiten der Litteratur, Samml. I, und Fr. D. Gräier's Nordi- ftchen Blumen, Leipz. 1789. Manche einzeln herausgegebene Saga, Tiieil der altern oder Jün- gern Edda,, findet man wegen der beygefügten Glos&are in der folgenden Litteratur: so auch das Jus ecclesiasticum von 1123, welches wo^il das älteste sichere Denkmahl von dieser Spra- che ist.

Littsratur der Isländischen Sprachkunde,

Runolphi Jonae recentissima antiquissimae linguae septentrionalis incunabula i. e. Granima- ticae IsIa7idicaeT\id\ment3i. Hafn. 1651,4. Acces- sit dictionariolum Oxon. 1688) 4? und vermehrt in Hichesli thesaurus-lingu. septentrionaliiim. S. oben die allgem. Einleit. zu den Germanischen Sprachen.

Donatus Latino-Islandicus, Hafn. 1733, 8.

Epiiome grammatices Latino - Isiandicae. Hafn. 1734, 8.

* *

Spccimen Lexici, Runici a Magno Olav'io col- lectum et dh Olau H o/-/7z/b auctum. Hafn. 1651.

Lexicon Islandicum s. Gotliicae Rimae vel linguae septentrionalis dictionarium Gusmundi Andreae. Hafn. 1683 > 4-

307

Arii^ ThorgUsis ßü'i , cognomQnto Fr o da i, e. multiscii vel polyhistoris in Islandia quondam presbyteri, primi in seprentrione hiatorici sehe- dae s. libellus de Islandia, Islendinga-Bok dictus e vcteri Islandica vel, si mavis, Danica antiqua, septentrionalibus olim communi lingua in lad- nam versus, ac praeter necessarias indices, quo- rum unus est lexici instar, brevibus notis et chronologia, praemiisa quoque auctoris vita, illustratus zh Andr, Bussaeo. Hafn. 1733, 4.

Lexidion Latino Islandicum grammaticale. Hafn. 1734, 8.

Kristni-Saga^ accessit index vocum et for- mularum occurrentium. Hafn. 1773, 8-

Islands Landrtamabok s. über originum Islan- diae cum versione Latinr. Joan, Finnaei et glossa- rio Joaji. Olavü. Hafn. 1774, 4.

^agan af Gwmlaugl Oriiistungu etc. acc. in- dex vocum. Hafn. 1775, 4.

Jus ecclesiasticum vetus s. Thorlaco-Ketti- nianum, constitutum anno 1123 edidit, noris et glossario instruxit 7ba/2. Thorkeün. Hafn. 1775, b-

Ejusd. jus ecclesiasticum Islandiae novum c. nott. et gloss. Hafn. 1777, 8-

Vaftlwums mal etc. cum vers. Latina, notis et glossar. edid. /o. Thorhel'm. Hafn. 1779, 4.

Orkneyinga Saga, accessit index vocum loian- dicarum Joiiae Jonaei. Hafn. 1780, 4.

Rymbegla, accessit index vocum, cumpri- m'is -piopTidiTuni Slep/i. JBiörnoms. Hafn. 1780, 4.

Hervarar Saga, accessit index Vücabuloruni rariorum. Hafn. 17S5, 4-

U 2

Isländisch.

Aus der Isländischen Bibel von 1584, un<l so noch jetzt.

Fader vor thu seni ert a Himniim, Helgest thitt Nafa; Tilkome thitt Rijke;

Verde thinn Vilie so a Jordu, seni a Himne; Gief thu ois i Dag vort dageligt Braud; Og firigief ofs vorar Skulider, sosem vier

firergiefun vorum SkuUdunautuni; Oe inleid ofs ecke i Freistne; Heildr frelsa thti ofs iia Illu; Tiiuiat thitt er Riiked, og Maattr, og Dyrd urn Allder Allda. Amen.

d) S c h ^Y e d i s c li.

Schweden bestehet, die Finnen abgerech- net, aus zvvey Germanischen Hauptvölkern, Schweden, welche die südlichen Provinzen be- wohnen, und Gothen, crstere von dem niedern, und letztere von dem höhern Stamme; wenig- -Stens können die Provinzen des ehemahligen Gothischen Reiches den Einfaifs der Gpthischen Sprache als einer höhern Mundart nicht verläng- nen, obgleich noch kein Schwedisciier Sprach- gelehrter denselben zu entwickeln gesucht hat *).

*) Jac. Boethii disp. de niulationibus linguae Siieo-Gothicae, praes. Jo. ab liire^ Upsal, 174.2; des Bischof Rhyzelä Ahhandi. über die Gesch. dtr Schwe- dischen Sprache, im Schwedischen Merkur, 1758» ^^l^^^* Laginan outbcj-g Benierkiingeu dariibcr in Wiiteiliets

0^9

Überhaupt zerfällt die heutige Schwedi^ciie Sprache in sehr viele, zum Theil sehr abwei- chende Mundarten *). Su. Hof iheilt in der unten angeillhrten Schrift 2Vvey Haupt- DiaLecte ab, den Schwedischen und den Göthischen; jener - zerfällt ihm in das Upland'ische , Dakharlischc , und Nortinndische ^ dieser in das Ost- Götliische ^ Wesu Göthisc/ie, wo sich wiederum- IVärme/and und Dalsland unterscheiden, in das Smölandisclis und die Mundart von Schonen, welche manches mit dem Dänischen imd Deutschen gemein habe. In Helsingland, Jämteland und Herjedalen kommt die Sprache mehr mit der Norwegischen als Schwedischen überein, wie sie denn aucli von Norwegen aus sollen seyn bevölkert wor- den **). Selbst in Dalekarlien soll die Spi'aclie ursprünglich Norwegisch seyn, vielleicht alt Sch^vedisch, ehe es mit dem Gothischeu ver- mischt worden. Denn selbst in Dalekarlien gibt es mehrere Dialecte. In den drey Pfarrcsn

academiens Handlingar, 1776, Th. Q.; Jo. Ada. Sdnrim meiers (sehr unkritische) Schicksale, der Schwed. Spr. in seiner Gesch. der Schwed. Bibel-Überaetziuj^, St. 2, S. 1 folg.

*) De diahctis linguae Suio-Gothkae, praes. Jo. IhrZy resp. Siitn Ullgnind etc. Upsal, i753 ^^• Jo. Ilne S-v^'ev.sk Dialect' Lex! corif Upsal, 17G6, 4. Suen Hof dialectus IVestro -Göihküf ad illustiationeni allquani linguae Suecanae veteris et hodiernae et vocn- buloniiuVVestro-Göthicoruui indice explanata. Holui, 1772, 3. und im Auszuge in Lüdeke's Schvv'edisclieiu Gelehrsamkeits- Archiv, Leipz. B. II, S. 19G. Über die Dialecte der Schwedischen Spreche in BraguVf B. 111, S. 514 ff. Tliorberg Utkast tilsen critisk Historia oni Österländsk Spröket, Ups. i78;>» 8'

*') S. Sddotzer's allgemeine Nordische Geschichte, Hall. 1772, S. 469 ff.

5IO

des östlichen Dahllandes, Elfdalen, Mora und Orsa ist das alte Schwedische noch am reinsten, in den übrigen ist es sehr gemischt, und in Westerdalen sehr mit dem iNorwegischen ver- mischt *).

Die jMundart der von Schwedischen Bauern bewohnten Insel Ruun oder Rwiöe , im Rigai- schen Meerbusen, von welcher in (Schlötzer's) neuverändertem Rufsland, Rig. 1772, Th. tl, S. 360 einige Proben vorkommen, ist ein ver- derbtes Schwedisch, und ein Überbleibsei der Schwedischen Herrschaft an der Küste von Lief- und Curland. Bemerkensw^erth ist noch, dafs' die Schwedische Sprache eine bedeutende An- zahl von Wörtern für Fischer- und Haus-Ge- räthe aus dem Finnischen entlehnt hat.

Litteratur der Schwedischen Sprachkunde.

Gabr'ielis A. F, Wallenii project af Swensk Gramraatica, 1682, 8-

Nils Tjallmann Grammatica Suecana, Stockh. i6g6, 8.

En kortt S\vensk Grammatica af D. Jasper S^'edberg. Stockh. 1722, 8-

Albr. Giese's deutscher Sprachmeister. Stockh. 1730.

Andr. Heldmann' s Schwedische Grammatik. Upsal, 1738, 8-

Abrah. Sahlstcdt's Suensk Grammatica. Ups. 17G9. Stockh, 1787» 8. Deutsch: Schwedische Grammatik nach dem Sprachgebrauch unserer Zeiten, von der Königl. Akademie der Wissen- fcchaften genehmigt und auf ihren Befehl heraus-

*) Historiola lingnae Dalecarlicae praea^ Andr. GrömvaU Jletp. lieinli. E. Ntu-imatif Upsal, i753>

.31 *

gegeben von Ahr. SdiUledt^ übersetzt von {J.L.

Bagge). Lüb. 1796, 8.

G. SJöborgs Schwedische Sprachlelirc fiii^ Deutsche. Strals. 1796, 8-

Geo. Stiernhjelmil antfquarius linguae Scan- dia-Gothicae Magog Aramaeo-Gothicus s, de convenientia linguae Hebraicae et Gothicafc; conditorium linguae Saeticae s. lexicon antiqiio- rum vocabulorum Güthicorum. Holm, et Ups. 1643, 4. ^

Ol. Verein Index linguae veteris Scytho- Scandicae s. Gotliicae. ups. 1691, 8-

Giossariiim Sueo-Gothicum Tni Haq. Spegel, Lund. 1712, 4.

Ol. Linds Schwedisch - Deutsches Wörter- buch, Stockh. 1749, 4-

Jo. Ihre Glossarium Suio-Gothicum , Vol. I, II. Ups. 1769 f. (ist etymologisch.)

Abr. Sahlstedt Suensk Ordbok med Latinsk Uttolkning. Holm. 1773, 1793» 4-

EJusd. Observationes in Glossarium Suio- Gothicum Ilirü. Holm. 1773, 8-

H. Sjögren Lexicon Latino-Suecanum ma- nuale. Holm. 1775, 8-

Dähnerfs Deutsch - Schwedisches und Schwedisch -Deutsches Hand -Wörterbuch mit den Französ. Bedeut. Ups. 1784» 4. Strals. 1796, 8.

/. Ge. P. Möllers Teutsch- Schwedisches und Schwedisch -Teutsches Wörterbuch, T. I -s- KL Stockh. u. Leipz. 17S3 90. N. Auli. Leipz. 1807, 8.

Jac. Björhegren's Fransysk och Suensk Lexi- con. Holm. 1784, 86. Vol. L IL 8.

313

Lexicon Latino-Suecanum Ihre-Lindblomia- mim. Ups, 1790, 4,

Suensk Haandordbog for Danske af J. K, Host. Kopenh. 1799.

* ^. *

Aus der alten Schwedischen Sprache findet sich eine Formel in Eridi Jul. Biörner's Schrift de Orthügraphia linguae Suio-Göthicae, Stockh. 1742, 4, S. 113; allein ich zweifele, dafs sie acht ist. Sie scheinet vielmehr, so wie die ganze daselbst befindliche Übersetzung der vier Kapitel aus dem Evangelisten Matthaeus, aus alten Schriften in verschiedenen Schwedischen Mundarten, selbst aus dem Ulphila, zusammen gestoppelt zu seyn, da denn Wörter zusammen treflen, w>elche nie auf diese Art verbunden waren. Er nennt diese Spielerey Specimen ex^ temporale^ scheint sie also dadurch selbst für seine eigene Arbeit zu erklären. Indessen lie- fere ich sie No. 184. Mehr acht scheint die fol- gende aus dem Rudbeck zu seyn. Er sagt zwar nichts von ihrem Alter; allein da sie keine Doxologie hat, so scheint sie wenigstens in die Zeiten vor der Reformation zu gehören.

184. Vorgegebenes Alt -Schwedisch.

In Er. Jul. Biönier de Ortliogr. linguae Suio - Goth. S. 115.

Atin okkar du i Himniim, Vegnast Namni dain; Kueme Dioduisse dain; Varcii V'ilja dain, siia i Hiiiinum ja a Jardi;

Hlaif okkara da sinnis gif iifs hinadege ; Ja aflat ufs dau Skuldar sieu, sua sem ja vier

aflatoin daim Skulldarom okkarom; Ja ne brigda ufs i Fraistne; Helldur lausa ufs af dat UfiUi; Dui daina est Diodangardi, ja Myigt, ja

yalldi, i Aivx.

185- Alt - Schwedisch.

Aus Ol. Rudbeck fil. specimen usus linguae Gothicaef Upsaly 1717, 4, 5.2.

Fadlier war i Himirike, Haelecht hvis thit Namn;, Til kom OS thit Rike; Wardhe thin Will, haer i Jordhriki, tswa

sum han warder i Himiriki; Wair daglict Bröd gif os i Dagh ; Oc firilaat os waroe Misgerniingar, swa

sum wi ßrilaatum them sum brutrlk»

aeru wider os; Oc lait OS oei ledhaes i Frestelse; Ut aen fraelsae os af lUu. Amen.

186. Heutiges Schwedisch.

Fader wor, som äst i Himmelen, Helgadt warde titt Namn; Tillliomme titt Rike;

514

Ske tin Wilje sosomi Himmekrr,' so: ock

po Jorden; Gif ofs i Dag wort dageliga Bröd; (3ch förlot ofs wora Skulder sosom och wi

förlote thein ofs skyldige aro; Och iiiled'ofs icke i Frestelse; Utan frais ofs ifron Ondo. ' Ty Riket är ütt, och Machten, och Härhg-

heten, i Ewighet. Aiiien.

187- Dalekarh'sch im Kiixhspiel Elfdalen.

Aus Amlr. Grönwall historinla linguae Dakcarl. S. 55.

Fad uaer, so ir i Himbiuma, Hieht ir datt Nam; Tilkum dätt Riki;

Ski dän Uilja, so i Himblum so o Jordi; Uott dagli Brod giaf ofs i Dag; Og firilat <>fs uoraer Skulldaer, sofs uir firi-

latum diöm so i ofs nod skilldug; Laed int nofs i non jaeiok Frastilsä; Auto los ofs fro Uondu. Amen.

188. Dalekarlisch im Kirchspiel Mora.

Eben daher.

Fad uaer so ir i Himmelim, Hällit ä dätt Nam; Tillkum dätt Rikiä;

Ske dän Uilli so i Himmelim so o Jordi; Uott dagli Brod giäf huofs i Dag;

3^5

Firilat hiiofs huorar Skulldur, sofs liuir firi-

latum diöm so a huofs no Skilldo ; Led int huofs i non undan Frastilsa; Int' at fraels huofs fro Illu. Amen.

189. Dalekarlisch im Kirchspiel Orsa.

JEben daher.

Falla orn, sa ir i Himblim, Hälgat uaeri datt Chnam; Tilkaemi datt Rikia;

Ski daeina Uilju, so i Himblum, so o Jordi; Ort dagliga Brod gia huofs i Dag; O farlat huofs orar SkuUdaer, ssai sa ui faer-

latum daem huofs skillducaer ira; O inled huofs int i Fraestilse; Maeld fraels huofs fro Uondu. Amen.

190. Gothländisch.

Aus W. Lazius de emigradonibus gentium, S. 548«

Fader war, som er in Hymlum, Fleilegat warde dit ISTanien; Tilkomen dit Rikhe; Ske din Willige, som i Hymlum, so po

Tordene; War taglich Brodh gif os i Tag; Verlach os waren Schiüd, som wi verlatten

wäre Scliuldiger; Och inled os ikhe in Strestilse; Utan lofs os i fro Onda. Amen.

;^i6

C. E n g l i s c h.

Die heutige Englische Sprache ist eine sehr ausgeartete Germanische Tochter, daher -sie hier nach beyden Germanischen Hauptstämmeii ihi'en Platz erhält. Ihre Geschichte *) fängt sich mit den Angel- Sachsen an; denn von ihren Vorgängern, den alten Britten , den Kimbern oder Beip^en, und von den Römern ist wohl nur

*) Da man in England selbst nichts Bedeiitendes über die Geschichte seiner Sprache hatte, denn Ja. JDavhs de lingiiae Britiaiiicae origim, als Vorrede vor seineui DlctioP-arhmi^ Jo. IValhsius de anliqtia liugna Erittanica et hodiernae oriqjne als Vorrede zu dessen Oranimatiky TT7//. Drakt über den Ursprung der Engü- €chen Sprache, Jo. Free's essay towards an history of the EngUsh toiigne, I.ond. 1749, i788» ö> ^"ifl i'^^ Aus/Alge in Golt.schtcrs iieueui Büchersaal d. seh. Wiss. Leipz. seit 1745, B. IX, S. 35Q, selbst Johnsori's Ilistory 6f the Englisii huignage vor seineui IVörterbuclie und V. J. Peyion's history of the English language, deduced froiii its origin, and traced tiiro' ils different Stages and Kcvolndons , in vvhich its excellence and superioriiy over the otber European -longues are evidently deniou- strated, Lond. 1771, 85 sind es nicht: so machle icli in deai (Leipz. 1785) herausgegebenen Vv^'örterbuche einen Versuch einer solchen Geschichte, worin man zugleich Frohen der Sprache aus verschiedenen Zeit- altern ßjidet. Diesen übersetzte nachuiahls ein ge- lehrter Arzt A. F. M. IVillich^ und gab ihn, mit einer Fortsetzung von dem i5ten Jahrhundert an, unter fol- gendem Titel heraus: Three jihilological cssays chiefly translated from the Gernian of J. C. Adehuig^ Lond. ^798 > 85 nämlich die beyden iibrigen Aufsätze sind gröfstcn Theils gleichfalls aus der Vorrede des gedach- ten Wörterbuches entlehnt. Data zur Geschiclite der Englischen Sprache enthält auch F. Holberg's Dänische Reichshistorie, Alton. 1745, Th. I, S. 154 f., und in M. C. SprengfVs Geschichte von England, Th. 47 'l*^'' allgem. Welthistorie, Halle, 1785» S. xßs, s j7 f-

' 3i7

sehr wenig in diese Sprache übergegangen. Als die vereinigten Angeln und Sachsen, nahe Stamm- und Sprach- Verwandte der alten Frie- sen, im Jahr 450 hier einrückten, wurde ihre Sprache nach beyden einander sehr ähnlichen Dialecten die herrschende, jener in den Provin- zen im Norden der Themse, der Sächsische im Süden derselben. Als die sieben kleinen König- reiche vereinigt wurden, bekam die Sächsische Mundart mit den Sächsischen Königen die Ober- hand, und die dem damahligen Dänischen am. nächsten verwandte Mundart der Angeln ver- lohr von ihrem Gebrauche. Zunächst ist der Einflufs der Römisch r Fränkischen Missionäre auch auf die Sprache, wenigstens die Religions- Sprache, und was damit zusammenhängt, be- merkenswerth. Seit 787 setzten sich neue Schwärme Dänen, deren Ausv.'anderung viel- leicht mit Karls des Grofsen Kriegen zusammen- hängt, in England fest, und brachten, beson- ders in den Provinzen Northumberland, Ost- angeln und Mercia, deren sie sich bemäcluig- ten, wieder einen Dänischen Dialect empor, aber einen andern, als die Angeln aus Süd-Jiit- jand eingebracht hätten. Unter Knud dem Grofsen und seinen beyden Nachfolgern wurde die Dänische Sprache Hof- Sprache, und die andern Provinzen, auch die West - Sachsen, mufsten sicli daran crewöhnen. Ais Eduard der

o

Bekenner den Thron bestiegen hatte, wurde zwar die Sächsische Sprache wieder die Haupt- sprache, aber das alte Westsächsische blieb mit dem Dänischen vermischt. Schade, dafs wir von der ersten oder reinen Angel- Sächsischen Periode so wenige Überbleibsel haben. Desto reichhaltiger sind dieselben aus der zweyten

o

18

Dänisch -Sächsischen Periode, aus der Zeit der Mischung mit dem Dänischen, ob man gleich die Schriften aus derselben auch noch immer Angel -Sächsisch zu nennen pflegt*).

Schon unter dem erwähnten Eduard dem Bekenner ^ der aus der Normandie, wo er erzo- gen war, auf den Thron kam, und eine Menge Hofleute bey sich hatte, fing der verderbte Französische Dialect, der in der Normandie herrschte, an, Hof- und höhere Umgangsspra- che zu werden-; und mit Wilhelm dem Eroberer beginnt die Normannisch- Sächsische Periode der Sprache Englisch; die einheimische Sprache wird auf eine barbarische Art mit jener zusam- mengeschmolzen, und das Französische der Normandie in den gerichtlichen Verhandlun-

*) Aufser den, in der allgemeinen Emleitnng zu den Germanischen Sprachen angeführten Hicktsii the- «aurus Linguar. septentrionaliuui, in dessen I Vol. auch eine /ingeZsüt/is/ic/i-Moesogothische Grammatik, und im II Vol. Huinphr. Wantdi libroruni veterum IVIsstoruni Anglo-Saxon., qui in Angliae Jiibliothecis cxtant, catalogus historico-criticus enthalten ist, und Edw. Lye^s Dictionarium Saxoiüco et Gothico Latiniiiu ed. O. Mawiingf sind folgende Hiilfsmittel der Angel- sächsischen Sprachkunde vorhanden :

Gidl. Somneri Dictionarium SöXo77ico-Laiino- An- j2,licum, accedit Ailfrici Abbat. (t~io5i) Grainniatica Latino-Saxonica cum ejusdeniGlossario. Oxon. 1659. f.

T/iom. lienson Vocabularium Anglo - Saxonicum lexico Somneri magna parte auctius. Oxon. 1701, 8-

Jjdw. ThiVüites Graniniatica Anglo - Saxonica ex Hickesii thesauro excerpta. Oxon. 1711,

Elisübethae Eistob Rudiments of Grammar for the English-Saxon tongue. Lond. 1715, 4.

Jfranc. Junii Fr. F. Etymologien m Anglicanum ex autogn:pho descripsit et auxit Eila. Lxe.. rniemittitur Grainniatica Anglo - Scxotiica ^ Oxon. 1743. f.

gen und Schulen eingeführt. Die Kinder der Grofsen wurden in der Normandie erzogen,- und die noch rohe und arme Sächsische Sprache blieb blofs den niedern Classen, und man fand in den Klöstern Anstalten nöthig, um dort ihre Kenntnifs zu erhalten. Gleichwohl siegte sie endlich, obwohl mit dem Verluste vieler ihrer Eigenthiimlichkeiten über die fremde Gebiete- rin, als sich gegen das Ende des i3ten Jahrhun- derts, besonders unter Eduard I, die Städte und mit dem Bürc; erstände seine einheimische Spra- che emporhob , so dafs sie unter Eduard III wieder die Sprache der öffentlichen Verhand- liuigen wurde. In dieselbe hatte nämlich das Französische während seiner langen Herrschaft sehr vieles abgesetzt, tftid durch fortdauernde Vermischung mit dem neueren Französischen, die nach jener Annäherung eine natürliche Folge der politischen Verhältnisse beyder Nationen \var, bildete sie sich zur heutigen Englischen aus. Doch eigentliche Bildung erhielt die Sprache erst durch die Reformation und durch die Strei- tigkeiten zwischen der Nation und Krone; und erst seit der Revolution haben sie ihre Schritt- steiler zu den hohen Vorzügen erhoben, deren t\e bey ihrem grofsen Reichthum und bey der ausgezeichneten Einfachheit ihrer Formenlehre besonders fähig war. Sie ist in dieser Hinsicht die einfachste unter allen Europäischen Spra- chen; ihre Substantive erhalten blofs im Genitiv des Singulars und im Plural eine Veränderung der Endung, die Veränderungen der Vv^urzel in den Verben steigen nicht über sechs oder sieben. Und diese Einfachheit seht zum Theil von ei- ner consequent durchgeführten philosophischen Richtigkeit aus , deren Belege die Unbiegsamkeit

520

der Ad'jective und Participe und der Artikel sind, indem ja allen diesen Redetheilen ihrem Begriffe nach weder Geschlecht, noch Casus, noch Nu- merus zukommt, und die genaue Beschränkung der Geschlcchtsformen auf Gegenstände, welche in der Natur mit Geschlecht gedacht werden. Desto verwickelter ist die Lehre von der Aus- sprache, und besonders daher kömmt es, dafs diese Sprache mehr als andere zn Verstümme- lun<7en fremder Eigennahmen geneigt ist; auch auf die Veränderung ursprünglicher Wurzel- laute hat dies>Einflufs gehabt. V^on den conso- nantenreichen Germanischen Wurzeln sind oft Consonanten weggefallen. Übrigens aber ist die ganze Aussprache des Dritten dumpf, und kommt tief vom Gaumen und zwischen fast ge- schlossenen Lippen durch.

Die Sprache der Hauptstadt wird in ganz En^^land verstanden; die Volksmundarten ein- zelner Provinzen haben indessen ihre Eigen- thümiichkeiten , die zum Theil angegeben sind in : A coUecl'ioji of Engllsh Words not generaUy iised in two alphabetic catalogues, the one of such as are proper to the Northern, the other to the Southern Counties by Ja. Ray. Lond. 1674, S--— (ir. Groses) classicai dictionary of the vulgär iongue. Lond. 1785? 8- Pieces of ancient populär Poetry by Jos. Ritson. Lond. 1791, 8> mit einem Glossar. A provincial Glossary with a coUection of local Proverbes and populär su- perstitions by Fr. Grose. Lond. 1787, 8- ^l''. Kennetfs parochial antiquities of piaces in the Counties of Oxford and Bucks, with a Glossary. 'Oxf. 1695, 4- /. M's. The praise of Yorkshire ale, to which is added a Yorhshire dlalogue in its pure, natural dialect, as now commonly spoken

in

5n

in the North Parts of Yorkshire, with the addi- tion of some observations of the d'mlect and pro- nunciation of words in the Fast - Ryding of York- shiie etc. with an alphabefical Clavis, York, l68,T, 1697- Philosophical Letters etc. List of local {Yorkshlre) Word«, by Jo. Ray. Lond. 1718? 8- Marshall' a Rural economy of Yoik- shire with a copious Glossary and prefatorv ob- servations concerning the Pro^nncial Lunguase of E. YorhsMre. Lond. 1788, Vol. I. IL s' Ebendesselben Rural economy of Norfolk. Lond. 1787. Vol. L II. 8? rnit" dasigen Provinzialismen, Vol. II, S. 576 92, und Dessen Rural econonxy oi Midland Countries, Vol. I. II. Lond. 1790, 8j mit Ackerbaus- Provinzialismen, Vol. II, S. 433 43. CoUicr's View of the Lancashire DIalect by way of Dialogue, with a Glossary. Lond. 1746, 8. An Exmoor Courtship in the Devonshire Dialect , near the forest of Exmoor^ with a Vocabulary or Glossary^ 1746) 8- A miscel- lany of Poems with a Globsany of the Cumberland Dialect hy Jos. Rclph. Glasg. 1747, 8 An account of the Jowring Dialect of Berkshire with a short specimen of provincial Words, in fler Bi- hliotheca typographica Britannica^ 1781 84^ Vol. IV u. V. Some words and expresbionti used in Hawsted [Suffolk) and in neighbourhood. Lond. (1790), 4. A. W's The JVestniore Dia- lect in three familiär dialogues, with a Glossary. Kendal, 1790, 12.

Das Süd -Schottische hat denselben Einflufa des Französischen erfahren. Cumberland ward als ein Lehn von England an Schottland abgetre- ten, und von dort aus gewöhnte man eich in Süd -Schottland an den Nord-Englischen Dia- lect; doch blieben manche Annäherungen au

Mithrid. IL X

5s»

die Germanische Muttersprache mehr als in Eng- land. Glossai'ieii und Bemerkungen über den Schottischen Dialect sind in folgenden Schriften: Vircil's Aeneis translated into Scottish Verse by G. Douglas^ to which is added a Glossary of the cid Scottish language by Tli. Ruddiman^ 2 edin Edinb. i'jio. f. All. Ramsay's Tea- table mis- cellany, or a coUection oi Songs ^ Scots and Eng- lish, to \vhich is added an exphmation of the Scots words. XI edit. Lond. 1750. Vol. I IV. 12. The Evergreen, being a collection o^ Scots Poems wrote by the ingenious before 1600, with a Glossary. Edinb. i^Gi. Vol. I. H. 16. Thom. Percfs Reliques of ancient English Poetry, ^vith a Glossary of obsolete and Scvtlhh words. Lond. 1-765. Vol. I III. 8- Ancient Scottish Poems pnblished from the M?st, of Geo. Bannatyne^ to whlch is added a Glossarv and List of words not imderstood. Edinb. 1770, 12. Ancient and modern Scotish Songs, heroic ballads etc. with a Glossary of the Scotish words hy Dav. Herd, 2 edif. Edinb. 1776. Vol. I. IL 12. Jo. Sinclair' s Ob- servations on the Scottish Dialect. Lond. 1782. 8- (wozu Monthly Review, März 1782. Gothaische gel. Zeit. i''82. N. 82. zu vergleichen sind). Select Scoiish Ballads by Jo. Pinkerton. Lond, 1783. Vol. I. 11. 8- nii^ einem Glossar, und Be- merkungen über die Geschichte der schotti- schen Dichtkunst. Poems chiefly in the Sco- tish Dialect with a Glossary by Rolf. Bums. Edinb. 1787) 8- Ballads und Songs coUected by Th^ Miller. Halle, 1794, 8- mit einem Register der alt -schottischen Wörter. De orygynale Cro- nykil of Scotlandhe Andrew ofWyntown; with a Glossary by Dav. Macpherson. Lond. 1795- Vol. L IL 8.

5^5

Die Insel Man zwi«chen England und Irland ist znerst von Brittanien aus bevölkert \vorcIen, und schon den Römern durch Agricola's Zuo- wohl bekannt. Im loten Jahrhundert wurde sie von dem Dänischen Prinzen Orry nebst den Hebridischen und Orkadischen Inseln erobert, die er von Man aus t^eherrschte. Nach der Mitte des Uten Jahrhunderts bemächtigten sich Noru'eger, hundert Jahre später die Schotten, und in der Mitte des I4ten Jahrliunderts die Engländer der Insel, s. D. Robertson's Reise nach der Insel Man, a. d. Engl. Lei2:)Z. 1705, 8- Ihr Dialect ist begreiflich ein gemischter; darcre- stellt ist er in Kellys practical Grammar of the hwguage of the Isle oj Man, Lond. 1S03, 4. Auch in Irland befindet sich ein kleiner Zweier dieses Sprachstamms in einer Angel-Sächsischen Colonie, welche von den Hiilfsvölkern abstam.mt, die Graf Rieh. Strongboxv 1170 dem König Dar- mot von Leinster gegen seine aufgestandenen Unterthanen zuführte, und die nach Bekäm- }>fung derselben sich dort in der Grafschaft Wexford ansiedelten. Sie haben noch ihre al- ten Sitten und Sprache, wenn auch etwas mit dem Irischen gemischt. S. d^Q jiiiswahl der nütz- lichsten Aufsätze aus A^w. Brlitischen Magazinen^ B. XV. oder der neuen Auswahl^ B. II.

Litteratur der Englischen Spraclikunde.

Zur etymologischen Sprachgeschichte dienen.

Gull. Somneri Historiae Anglicanae scripto- res decem cum Glossario in quo obscuriora quae- que vocabula explicantur et ad suas origines re- vocantur. Land. 1652, f.

Steph. Skinnerl Etymologicum lingaae Angli* canae. Lond. 1671, f.

X 2

5^4

Rol?. Braday introduction to the gld English history with a G/ossary expounding words in our ancient Records, Laus arid Historians. Lond.

1684, f.

The Works of Geoffroy Chaucer by lo. Urry ^vith a Glossary. Lond. 1^21. f. und: The Can- terbury tnles of Chaucer with a Glossary and list of words not unterotod by T. Tyrw/iiit. Lond. 1777, Vol. I— V, 8.

Will. Büxtefs Glossarium antiqultatum Bri- tannicarum. 2 edir. Lond. 1733, 8-

Franc. /wwVEtymologicumAnglicanum edid. Eda. I.ye. Oxon. 1 743, f.

Geo. IVi'I/. Lemon's English Elyjnology or a de- rivative Dictionary of the English language from the Greek, Latin, Saxon and other northern tongues. Lond. 17S3, 4.

H. Hexhams English Grammar vor Dessen English and Netherduytch Dictionarie. Rotterd.

1647» 4-

Joan. WaUisii Grammatica linguae Anglica-

nae. 4 edir. Oxon. 1674, 8- und sehr oft, auch in Deutschland noch Lcipz. 1766.

Ben. JohnsoJi's English Grammar, auch in sei- nen Werken. Vol. VI. Lond. 1716.

John lung's Grammar English and High- German. Lond. 1715. und oft deutsch Königs treuer Wegweiser, z. B. Leipz. 1715, 1768^ 8-

Theod. Arnokts neue Englische Grammatica, Hannov. 1718? 8. tmd oft. 9. Aufl. verbessert von /. B. Rogler. Züilich. 1797, 10. Aufl. (von Seebach) 1800, 8.

Guthrie s English Grammar, oft gedruckt, z. B. Lond. 1^80, 8.

3

r>.

Roh. LoiKt/is English Grammar. Lond, 1 762, 8. und oft.

Ash's introduction ro D. Lowih^s Grammai*. Lond. 1767, 79. deutsch Berl. 17S9, 8-

Pristkfs Rudiments of EngÜsh Grammar. Lond. 1762, 68, 8.

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Fishers Grammar improved by vanous amendments in Orthography and Prosody from Sheridan and othsrs,. and in Etymologie «uid

Syntax? principally Trom Lowth^ by /. WUsorf. Lond. 1793? 8.

Englische Sprachlehre fiir die Deutschen nach ^hendaiis und JValker's Grundsätzen von J. E(?ers. ' hevl. 1792, 1800, 1802, 8.

J. Ch. Fich's practlsche Englische Sprach- lehre nach Meiilingers Methode. Erlang. 1792, 97, 1800, 1806, 8.

Principles of English Grammar with critical remarks and exercises of false construction by JF. Knowles. Liverpool. 3 edit. 1794, 12.

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Eheridess. Neues Hanclwörterbuch der Engli- schen Sprache. H;4lle, 1800 1802, Th. I. II. 8-

Sam H. Wilcorkea new and complete Dictio- nary of'the English and durch Languages with a vocabulary of proper names. Lond. 1798, 8.

Unter den folgenden Gebeths- Formeln ist keine aus der allerersten Periode der Sprache. Denn eine acht Angel-.Sachbi&che hat man nicht; desto mehr in der Dänisch - Sächsischen und Englischen Sprache aus allen Jahrhunderten. Icii liefere nur diejenigen, welche für meine Absicht die angeme.ssensten sind. Die erste und älteste wird dem Könige Alfred zugeschrieben. Ich weifö nicht, mit welchem Grunde; indes- sen liefere ich sie, wie ich sie bey dem John Wil- kins linde.

Die folgende ist aus einer Lateinischen Handschrift dt-r vier Evangelisten in der Cotroni- schen Bibliothek, mit darüber geschriebener Übersetzung. Den Lateinischen Text hat Bi- schof Eadfried zu Lindibfarn, welcher 688 Bi- schof ward, um 700 geschrieben; die Über- setzung aber rühret von einem gewissen Priester Aldred her, welcher nach IVaiiley de litt erat, sep- tentr. S. 253. unter dem Könige Alfred, also etwa 880 lebte. Es irren also diejenigen, wel- che, durch das Alter des Textes verleitet, die Übersetzung eben so alt machen, und sie in 700 setzen. Das V. U. daraus hat Wcmley 1. c. noch richtiger aber Astky on JVrit/ng, Tab. 14. mit dem Lateinischen Texte in Kupfer gestochen.

Will. Camden führet in Remains ^ der 7ten Ausg. von 1674, S. 50. eine Formel an, welche er in 700 «etzt, und für die älteste hält, die er

32fr

finden können. Da sie, ihm zu Folge, von dem Bischöfe Eadfried herrühret, so kann sie heine andere als die vorige seyn; welches auch aus der vierten Bitte zu erhellen scheinet, wo beyde statt täglich Brot, ofet' wittUc haben. Eben die-- ■*^elbe befindet sich auch im Chamberlayne, S. f.n. Da sie etwas abweicht, \md vielleicht aus einer andern Mundart ist, so liefere ich sie No. 193.

Eben daselbst h^t Camden, S. 31. eine an- dere Formel, welche er um 200 Jahr jünger an- gibt, als die vorige. Es ist eben die, welche sich in IVill. tjs/e Saxon Monuments von 1623 ht^ findet, und welche schon vorher Fr eher ^ 1610 in 4 heraus gegeben hatte , ohne ihr Alter zu be- stimmen. Ich gebe sie No. 194. nach dem Hsle^ denn im Camden und Freher weicht die Ortho- graphie etwas ab.

No. 195. ist vermuthlich aus eben derselben Zeit. Sie ist aus einer Lateinischen Handschrift der vier Evangelisten mit einer Dänisch -Sachsi>i? sehen Übersetzung zwischen den Zeilen. Der Lateinische Text, welchen schon Beda besessen haben soll, ist von einem gewissen il/f7>eg-o/ ge- schrieben; die Übersetzung aber rühret von einem Priester Fareman ^ und einem gewissen Ownn her, welche nach IVanleyS. gl- g^gen den Anfang des loten Jahrhunderts lebten. Der er- ste hatte den ganzen Matthaeus, der andere aber das übrige übersetzt. Daher rühret denn wohl der Unterschied zwischen den beyden Formeln Matth. 6. und Luc. 1 1. Ich liefere sie beyde aus Chamberlayne, Da Rushworth ehedem Besitzer der Handschrift war, so nennet Chamberla^'ne sie Codicem Rushworthianum.

Franc. Junius gibt das Alter der Hand- «chrift, woraus No. 197. ist, nicht an/ IVanley

330

in Litterat. septentr. S. 64. saT^t nur, dafs sie \ot dem Einfalle der Normannen geschrieben sev. Vielleicht schlofs er selbiges blofs aus der Spra- che; allein diese ändert sich, wenigstens im ge- sellschaftlichen Umgange, nicht so geschwinde, mid in England dauerte das Dänisch -Sächsische noch lange nach Ankunft der Normannen fort, wie zumTheil schon aus den folgenden Formeln erhellet. Erst in No. 200. wird der Einflufs des Französischen merklich. -RicJi. Versi egaji legi h\ Nederlajilsche Antiquitäten S. 36. diese Formel des Junius irrig dem heil. Willebrord bey, der 6go den Friesen predigte.

Edw. Fry hat in seiner Pantographia S. 264. eine Formel von etwa 1 150 aus einem Psalter im Collegio Trinitatis zu Oxford, welche er aus Martiiis Institiitions ^ S. 14. entlehnet haben will, Bey dem Fry ist sie mangelhaft, indem die zweyte und die erste Hälfte der dritten Bitte fehlt, daher ich sie überg;angen habe.

No. 198. soll Papst x^drian ( 1 154 1159)5 welcher aus England gebürtig war, aus Rom ge- schickt haben. Eine weitschweifige Umschrei- bung in Reimen aus eben demselben Jahrhun* dert befindet sich in ]Varton''s History of English Poetry, Th. 1, S. 20; welclie aber hier von kei- nem Nutzen seyn würde. Eben so übergehe ich zwey andere gereimte Übersetzungen aus dem l3ten Jahrhundert, die eine in Camdens Remains^ S. 32 , und die andere in B. Martinas Instiiutions of I.anguage. Beyde haben indessen Chamber- layne S, 72. und Fry, S. 64, 66. Die übrigen Formeln erläutern sich selbst.

I

igt.

Dänisch-Sächsisch um 875.

Wie es König Alfred übersetzt haben so//, aua John IViU fiins Essay towards a real Character^ S. 7.

Fäder ure, tliu the earth 011 Heofeniun, Si thin Nama gehalgod; To be cume thin Rice; Gewurthe thin Willa on Eorthan swa swa

011 Heofiium; Ume ge daghwanlican Hlaf syle us to dag ; And forgyf us iire Gyltas, swa. swa we l'or-

gyfath urum Gyltendum; And ne geladde thu us on Costnung; Ac alyse us of Yfle.

192. Dänisch - Sächsisch um 88o»

Von dem Priester Aldred übersetzt , aus Wanhy Litterat. septentr. S. £53 und Astley on'lVriting ^ S. 100,

Fader uren, thu arth in Heofnum, Si gehalgud Noma thin; To cymeth Ric thin; Sie Willo thin suae is in Heofne and in

Eortha; Hlaf usenne of wistUc sei us to Dag; And fergef us Scylda usna, sua ue fergefon

Scyldgum usum; And rie inlad usih in Costunge; Uli gefrig usich froiii Yfle.

53?

^93-

Wahrscheinlich die vorige in einer andern Mundart.

Aus Will. C'amden^s JRemainSf S. 30.

Uren Fader thie arth ia Heofnas, Sie gebalgud thiii Noma; To cymeth thin Ptyc; Sie thin Willa siie is in Heofnas, and in

Eordio ; Uren Hlaf ofer witdic sei us to Dag; And forgef us Scylda urna, sue we forgefan

Scyldgum. urum; And no iniäd nsih in Custnung; Ah gefrig usih from Ifle.

194. Dänisch- Sächsisch um 900.

Aus Will. Fish Siixon Monuments und Camdeti's JRemainSf S. 31.

Tim ure Fader, the eart on Heofenum, Si thin Nania gehalgod; Cume thin Rice; Si thin Willa on Eortlia, swa swa on.Heo-

fonum; Syle US to Dag urne daghwanlican HlafjjT :Ahd forgif US ure Gyltas, swa swa-^ve; fo;r-

gifatli thaui the %\ith us agyltath; And ne lad thu na us on Costnunge; Ac alys us f rara Yfele. Sih it swa.

535

195. Aus eben derselben Zeit,

von dem Priester Farman , e Cod. Rushworth. Matih, 6, im Cliambcrlaynt, S. 57.

Fäcler iire, thu the in Heofunum, Beo gehalgud thin Noma; Cume to tliine Rice; Weorthe thin Willa swa swa on Heofune,

swilc on Eorthe; Hlaf userne dagliA amlicu sei us so Dag; And forlete i;s ure Scylda^ swa swa we ec

fo rieten tham the scyldigat witli ns; And ne gelat us geleade in Costnungä; Ah gelese us of YÜe.

Aus eben derselben Handschrift,

Luc. 11, eben das. S. ßQ.

Fäder user se the is on Heofnum, Gihalgod bith Noma thin; To cymeth Rice thin; Sie Willa thin sie swa on Heofne and on

Heordio; Hlaf userne daghwamlice sei us to Dage; And forsgef us Synne use swa fastlice and

ec we forgeofas eghwelce Scylde user; And ne usih on lad thu inOostunge; Ah afria usih from Yfle. ^ -

554

197- Dänisch - Sächsisch, s

Aus den von Franc. Junius und Thom. Marshai zu Utrecht i684 heraus gei^ebenen i^ier Evangelisten f Matth. 6.

Fäder ure, thu the eart oii Heofenunij Si thin Nama gehalgod; To-becume thin Rice; Gewurthe thin Willa on Eorthan swa swa

on Heofenum; Urne daghwamlican Hlaf syle us to Dag; And forgyf us ure Gyltas , swa swa we for-

gyfath urum.Gyltendum ; And ne geladde thu us on Costnunge; Ac alys us of Yfele. SothUke.

198.

Von dem Papst Adrian, in Reimen um 1156.

Aus Camden^s Remains S. 52.

Ure Fadyr in Heavenrich, Thy Name be halyed ever Hch; Thou bring us thy michel Bhfs ; Als hit in Heaven y-do, Evar in Yearth been it also; That holy Bread that lasteth ay Thou sent it us this ilke Day; Forgive us all that we have don, As we forgiveth uch otlier Mon; Ne let ous fall into uo Foundmg; Ac slueld ous fro the foide Thing. Am^n^

.535

199- Englisch um 1160.

ö

Aus einer Handschrift der vier Evangelisten in Wanh^ S. 76 und Chamber!. S. 59.

Ure Fäder, tlm the 011 Heofene eart, Syo thiii Name gelialeged; To c Linie tliin Face; Geworde thiii Wille 011 Heofene and oa

Eorthe ; Syle US to Daig iirne daigbwamliclie Hlaf ; And forgyf us ure (weites , swa we forgyfath

aelcen tliare the \Tit:h us agylteth; And ne lad tlm us on Costnunge; Ac alys us frani Yfele.

200.

Englisch aus dem i3ten Jahrhundert.

In Chamberlayne S. 72.

Oure Fader, that art in Hevenes, Halewid be thi Name; Tby Ringdom come ; To be tili Wille do as in Hevene and in

Ertlie; GyiF to US tbis Day oure Brede over otber

S üb staue e; And forgyve to us oure Dettis, as forgyven

to oure Dettours; And lede us not into Temptatioun ; But dely\'e us fro Yvel. Anien, that is, so

beit.

QOl.

Englisch um 1370.

Aus dem von Wiclef übersetzten N. T. in Camdtn Kemains, S. 33.

Our FadvT, tliat art in Heavenes, Halloed be thy Name; Tiiy Kingdom come to; Be thy Wiii doiie in Eitne as in Hevene; Geve to us tliis Day our Bread, over otlier

Substance; And forgif to lis our Dettis, as we forgeven

to our Detters; And leed us not into Temptation ; But deliver us from Evil. Amen.

202. Englisch um 1430.

Aus eimr Handsdirift zu Oxford in John Wilkins

Oure Fadir, tliat ait in Hevenes, Halewid be thi Name; Tili Kingdom come to thee; Be thi Will don in Eerthe as in Hevene; Give to US this Day oure Breed over othre

Substance ; And forgive to us oure Dettis, as we forgi-

ven oure Dettours; And lede us not into Temptation ; But deliver us from Ivel. Anu^n.

203.

S37

203-

Englisch von 1526,

Aus Tindals Übersetzung.

Oiir Fatlier, whicli art in Heven, Halowed be thy Name; Let thy Ringdom come; Thy Will be fdlniled as well in Earth, as it

is in Heven; Geve US this Daye our dayly Bred; And forgeve as om-eDettis, as Ave forgiven

oure Detters; And leade us not into Temptation ; But deliver us from Evyll. For thyne is the Kingdom, and the Power,

and the Glorye for ever.

204. Heulige Sprache.

Our Father, which art in Heaven, <->^ Hallowed be thy Name; Thy Kingdom cbnie; Thy Will be done in Earth, as it is in

Heaven ; Give US this Däy our daily Bread; And forgive us our Debts, as we forgive

our Debtors; And lead us not into Temptation; But deliver us from Evil. For thine is the Kingdom, the PoAver, and

the Glory for ever. Amen.

Nü/iriä. U. Y

S3Ö

Süd - Schottischer Dialect.

Aus Thtvel Cosmogr. B. 16, Kop. 2, Duret TJiresor, S. 874» ""^ Chamberl. S. 48, überall felilerhaft abgetheilt.

Our Fader vhilk ar in Heviii, Hallo vit be thy Name; Thy Kiiigdom cum;

ThyUil be dorn in Erth, as it is in Hevin; Gif ufs yijs Day our daily Bred ; And forgif us our Sinnis , as we forgif them

tliat sin agains us; And led us not into Tentation; Bot delyver us from Evil. Amen.

206.

Englischer Dialect in einigen Schot- tischen Provinzen.

Aus Franc. Junii Vader ons in XX oiide Talen j S. 52, und Js. h Long Botk-Zaal, S. 70.

Our Father, quhilk art in Heawine, Sanctifeit be thy Name; Thy Kingdom cum; Thy Will be done in Earthe, as it is in

Heawin ; Giw US this Day our daylik Breid; And forgiwe us our Debts, as ve forgiwe

ourDebtours; And lead us nocht in Tentatione; Bot del}'^ver us from« Ewiil. Amen.

539

V.

Thracisch - Pelasgisch - Griechischer

und Lateinischer Sprach- und

Völkerstamm,

Obgleich dieser Stamm längst verblühet, und seine Sprache längst verhallet ist; so ver- dienet er doch, dafs man eine Blume auf sein Grab pflanze, nicht sowohl, weil er der Welt in der Person Alexanders einen der ersten Welt- stürmer, als vielmehr, WiSil er ihr in den Grie- chen das erste gebildete Volk wenigstens in Eu- ropa gegeben hat.

„Die Thracier", sagt noch Herodot B. 5, Kap. 3, zu dessen Zeit sie doch schon fast alles in Norden an die Scythen verlohren hatten, „sind nach den Indiern das gröfste Volk auf dem „Erdboden, und sie würden (müberwindlich „seyn, wenn sie unter der Herrschaft eines ein- zigen ständen, oder unter sich einig wären." Und so ist es auch. Dieser grofse Völkerstamm beherrschte in den frühesten Zeiten das ganze südöstliche Europa dies - und jenseits der Do- nau, hier bis an das Celtlsche Noricum in W^e- sten, und dort in Norden des schwarzen Meeres bis an und über den Dnieper, nebst dem gröfs- ten Theile von Klein-Asien. Obgleich die Be- nennungen Thracien und Thracier im engsten Verstände nur einem kleinen Theile dieser gro- fsen Völkermasse eigen sind, so werden doch alle in den obigen Gränzen befindlichen Völker- schaften von den Griechischen und Römischen Schriftstellern, vom Homer an, häufig genug Thracier genannt, besonders ehe sich di« Grie-

Y 2

54o

chen von ihnen abgesondert hatten, zum Be- weise, dafs sie alle von einerley Sitten, Sprache und Ursprung Waren. Sie waren insgesammt rohe und wilde Völker, welclie so weit sie konn- ten, von Raub und Beute lebten, obgleich ein- zelne Stämme von ihnen sehr frühe eine Art re- ligiöser und sinnlicher Cultur bekamen, so dafs sie darin auch den aufkeimenden Griechen zu ihren ersten Lehrern und Mustern dienen konn- ten. Unter einem allgemeinen Haupte haben sie nicht ehe gestanden, als bis der Macedoni- xsche Alexander auch sie an seinen Triumphwa- ■gen kettete, worauf die Römer den von seinen Naclikommen verlohrnen Faden aufhoben, und sie in Römische Reichs - und Sprachgenossen .iimschufen.

. ' Es ist wohl kein Zweifel, dafs auch dieser Stamm, so wie alle übrige Bewohner Europens und des nördlichen A^siens aus dem hohen Mit- tel-Asien ausgegangen ist. Ist dieses, so mufs er unter den Völkern Europens einer der letzten gewesen seyn, weil wir ihn hier am östlichsten antreffen. So weh auch diese Auswanderung vor den Anfang aller Geschichte fällt, so biethet eich doch ein gedoppelter Weg dazu an , entwe- der in Norden oder in Süden des schwarzen Meeres. Der letzte scheint der nächste und na- türlichste, v^^eil hier nur derHellespont zu über- schreiten ^var. Allein wenn man bedenkt, dafs die Thracischen Völkerschaften in Klein-- Asien, immer nur schwach, in Europa hingegen desto stärker und volkreicher ^varen, die Auswande-^ rungen der letztern nach Asien auch der Zeit nach bekannt sind, und schon Homer mehr- mals der aus Europa angekommenen Thracier» erwähnt, so wird es vvalirscheinlicher , dafs der

s/ff

Hauptzug in Norden des schwarzen Meeres und über die Donau gegangen ist.

Dafs ein so weit verbreitetes Volk seine ei- gene von allen andern verschiedene Sj)rache ge- habt haben müsse, gibt schon die Natur der Sache, indem eine jede Sprache, auch wenn sie ohne alle gewaltthätige Zerrüttungen von aufseii ihrem eigenen Fortschritte überlassen bleibt, ihre bestimmten Gränzen hat, aufser -welchen sie nach und nach in eine andere Sprache überge- het. Eben so gewifs ist, dafs diese ihre Sprache in mehrere Dialecte zerfallen mufste, indem der ganze Stamm aus einer Menge weit verbreiteter bald gröfserer bald kleinerer Völkerschaften be- stand, welche keinen gemeinschaftlichen Mittel- punct hatten, sondern fast immer in getrennter Feindschaft lebten. Nur Schade, dafs wir von dem allen so Avenig Nachricht haben. Ihre Stief- söhne, die gesch\vätzigen Griechen, hätten uns' die beste Auskunft darüber geben können; al- lein sie begnügen sich, ihre Sprache barbarisch,.

d. i. Unariechisch zu nennen, und da die Thra-

. . . .

cier lange Zeit ihre nächsten und einzigen Nach- barn waren, so kann man, ^venn sie von einer barbarischen Sprache reden, fast immer die Thracische verstehen. Indessen blickt aus den vielen eigenen, sowohl Orts- als Personennah- men und aus manchen, uns aufbehaltenen Gat- tunjTSwörtern das eigene dieser Spraclie hinläng- lieh hervor, welches sie von allen übrigen be- kannten Sprachen sehr merklich unterschei- det *). Da sie eine der ältesten bekannten Spra-

*) Ich hatte eine beträchtliche Anzahl Thraci- acher Wörter, sowohl aus dem eigentlichen Thracien, als aus den verwandten Provinzen gesammelt, und

54«

chen ist, so wird sie ohne Zweifel auch eben so häufige Spuren einer altern Stammsprache auf- behalten haben , als die Sprachen ihrer nahen und fernen Nachbarn. In der spätem Griechi- schen Sprache sind die vielen Celtischen , Ger- manischen, Finnischen und Slavischen Wurzcl- wörter nicht zu verkennen. Allein da die Grie- chen nach der Bildung ihres Volkes und ihrer Sprache mit keinem dieser Völker in unmitt-elba- rer Verbindung gestanden haben; so mufs man selbige als Überi'este des Thracischen ansehen, indem die Thracier nicht allein in Europa die nächsten Nachbarn aller dieser Völker waren, sondern auch in ihrem ursprünglichen Sitze in Asien mit ihnen aus einer gemeinschaftlichen Quelle, welche seitdem bis auf den letzten

wollte sie nach der Ordnung der einzelnen Völker- schaften, denen sie angehörten, diesem Abschnitte beyfiigen. Allein da ich überlegte, dafs diejenigen, welche uns die meisten dieser Wörter anfbehalten ha- ben, wie Hesy Chilis, Suidas, Apulejus de Herbis, und der Interpolator Dioscoridis, in spätem Zeite» gelebt haben, da wenigstens nicht alle Stämme mehr rein und unvermischt w^aren, besonders nachdem die Celten aus Gallien so viele Thracische Provinzen über- schwenunt hatten, daher sie leicht ein eingedrungenes fremdes Wort für ein acht Thracisches genommen ha- ben können: so habe ich sie lieber miterdriickt, und begnüge mich, auf die Sammlung der von den Schriftstellern überhaupt für Thracisch erklärten Wör- ter und eigenen Nahmen zu verweisen , welche in der älttfiten Geschichte der Deutschen ^ ihrer Sprache und Lit» teratur S. 284 88« i^ einer andern Beziehung zusam- mengestellt sind. Indessen werde ich doch im folgen- den bey den einzelnen Völkern diejenigen Schriftstel- ler anfiihren, welche einige Wörter aus ihren Spra- chen aufbehalten haben. Dafs bey allen denjenigen Völkern, welche ich zu dem grofsen Tliracisclien

Tropfen versieget Ist, werden gesohöpfet haben>^ Aber auch nach der Zeit, nachdem die Thraci-r sehe Sprache längst gebildet war, konnte sie sich nicht zu allen Zeiten und iiberall rein voi\ fremden Einflüssen erhalten. Scythen, Sarma,- ten und Bastarnen vermischten sich in Norden sehr frühe mit ihr. Die Griechen, welche über- all Colonien anlesiten, und an manchen Höfen mächtig ^vurden, verdrängten sie nach und nach von den Küsten, und endlich aus dem gröfsten Theile von Klein -Asien. 278 vor Chr. verur- sachten die Gelten aus Gallien eine allgemeine Zerrüttung unter den Thracischen Staaten von Pannonien und lUyrien an bis nach Kiein-Asien,, wo sie den Gaiatischen Staat stifteten. Rom und die Römischen Colonien führten überall ihre

Stamme rechne, eine einzige allgemeine Sprache ge- herrscht habe, erhellet schon aus daii eigenen Nah- men. Der männliche Personennahnie Cotys kommt bey den Kininieriern, den Thraciern , den Paphlago- niern, den Lydiern , und Cotiso bey den Getan vor. Personennahnien, welche sich aut' cctes, und im Fäminino anf ceta endigen, finden sich bey den Thraciern, Geten und Bithyniern: Doricetesy Miltoce- tes f Smecithes, Diticeta, Etaztta. Keine Endung kommt bey allen zum Thracischen Stamme gerechne- ten Völkerschaften in Ortsnahmen häufiger vor, als die auf issa , essus , assa. Auch die auf dava finden sich bey den Geten, Mosiern, lllyriern , u. s. f. Im eigentlichen Thracien ist dafiir dama üblich. 'Taba bedeutete im Lydischen ein Berg oder Felsen, Beyläufig bemerke ick hier noch das seltsame Verfah-. ren des Alberti und anderer Ausleger des Hesychius,- welche, wenn sie auf ein Ungriechisches \\ortstofsen, dasselbe so lange recken und martern , bis es einen Griechischen Laut von sich gibt, als wenn alles Grie- chisch seyn müfste, was mit Griechischen Buchstaben geschrieben ist.

344

Sprache ein, wovon sich noch ein sehr gemisch- ter und ärmlicher Überrest in den Wallachi- echen nnd Albanischen Sprachen erhalten hat. Ift allen übrigen Gegenden ward das Thracische von Slavischeti, Germanischen, Ungarischen und Türkischen Völkern und Zungen völlig . verdrängt.

Doch es ist nothwendig, von den vornehm- sten dahin gehörigen einzelnen Völkerschaften noch ein Paar Worte zu sagen ^ allein auch nicht mehr, als zur Behauptung ihres Thracischen Bürgerrechtes erfordert wird. Ich theile diese ganze grofse Völkermasse in zwey Hauptstämme, den Thracischen in engerer Bedeutung, und den Pelasgischen, und jenen wieder in den Klein - Asiatischen und in den Europäischen, Ich nehme den Klein- Asiatischen zuerst, ob er gleich der Zeit nach der spätere ist, um von den Europäischen Thraciern sogleich zu den Pelas- gern, und von diesen zu den Griechen überge- hen zu können,

1. Thracisch- Illyrischer Haupt- stamm,

A. In Klein -Asien.

Klein -Asien ward in den ältesten Zeiten vermuthlich von Semitischen Stämmen bewohnt, welche darauf in der gröisern Avestlichen Hälfte von eingewanderten Thracischen Völkerschaften verdrängt wurden. In der kl einem östlichen Hälfte behaupteten sich theils Semitische Cilicier und Cappadocier, theils wohnten daselbst meh- rere kleinere Völker von verschiedener Herkunft und Sprache, welche so wie die Kaukasischen

Völker Überreste ehemahliger gröfserer Stämme zu seyn scheinen. Wohin die Pamphilier und Pisidier au der südlichen Küste in Westen der Cilicier gehören, ist nicht bestimmt bekannt; v/enn man aber nach den Thracischen Endun- gen mancher Ortsnahmen, Sagalessus, Tcrmes^ £us, Pednelissus , urtlieilen darf, so gehören sie gleichfalls den Thraciern zu. Bereits vor dem Trojanischen Kriege hatten sich auch Pelasger in Klein- Asien eingefunden; allein nach demsel- ben bemächtigten sich Griechische Colonien fast der ganzen Küste, und drängten die alten Ein- wohner immer tiefer in die Gebirge, nöthigteu sie auch wohl zum Auswandern; so dafs 27S vor Chr., als sich die Gelten in der Mitte des Lan- des niederliefsen, und den Galatischen Staat stifteten, der Thracische Stamm schon sehr ge- schwächt war. Was davon noch kümmerlich athmete, ward ^ald darauf von den Römern verschlungen.

1) P h r y g i e r.

Im Innern des Landes. Sie rühmten sich, im Lande selbst entsprungen, und das älteste Volk auf der Erde zu seyn. Allein Herodot und Strabo erklären sie ausdrücklich für Thracier, ^veisen uns auch das Europäische Stammvolk nach, von welchem sie ausgewandert sind, nehmlich die Briger in Thracien. S. Herod. VII, 73, Strab. B. X, S. 471. XII, 550. XIV, S. 680, nach welcher Stelle Xanthus aus Lydien die An- krinft der Phrygier aus Europa seit dem Troja- nischen Kriege berichtete. Nach dem Kbnon bey dem Photius geschähe selbiges 90 Jahr vor Troja's Eroberung. S. auch Stephanus Byz. voc. Aoxc^ös-. Macht und Volksmenge gaben ihnen

546

frühe einige Cultur, besonders im Gottesdienst, der Musik und dem Tanze, wovon denn in der Folge manches zu den Griechen überging. Nach 278 vor Chr. verlohren sie sich unter den Celti- schen Galatern, und mit diesen nachmahls un- ter den Kömern. Einige Phrygische Wörter ha- ben uns Herodot, Plato in Cratylo, Sextus Em- pir. contra Mathemat. 1, 13, §.313., Arhenaeus (XIII, S. 587. XIV, S. 624), Arnobius und Heöychius auf behalten. Man sehe auch von Neuern Boc/wrt Opp. Th. 1, S. 1161 und Rud~ beck's Atlant. Th. 1 , Kap. 36. Es ist darunter das Wort ßsy.sg, welches nach dem Herodot II, 2, im Phrygischen: Brot bedeutete. Bey den Albanern, die vielleicht, obwol sehr ausgeartete Abkömmlinge der Thracier sind, ist Buk noch jetzt Brot.

2) Thynier und Bithynier.

In Norden. Ehe sie hier einwanderten, bewohnten Bebrycer, Askaner, Kaukonen, Dol- lionen und Kimmerier das Land, welche nach Strabo und Xenophon gleichfalls Thracische Stämme waren. Die Kaukonen werden sonst zu den Pelasgern gerechnet, die Kimmerier waren aber ohne Zweifel noch Überreste von den Kim- meriern jenseit des schw^arzen Meeres, welche hier mehrmahls Einfälle thaten. Sie alle wur- den von den Thyniern und Bithyniern unter- jocht, welche von den Thyniern am Strymon in Thracien ausgingen, und von Herodot, Thucy- dides und yVrrian einhällig für Thracische Stäm- me erkläret werden. Die Thynier wohnten an der Küste, die Bithynier aber tiefer im Lande. Zu ihnen gehörten auch die Mariandyner, wel- che nach Strabo gleichfalls Thracier waren.

5'f7

3) Heneter und Paphlagonier.

Gleichfalls In Norden zwischen den vorigen. und den Cappadociern. Ich kenne zwar keinen alten Schriftsteller, der sie für Thracier er- klärte; allein wenn die Heneter die nachmahli- gen Veneter am Adriatischen Meere sind, so ist ihre Thracische Abkunft ohne Z^veifel, Der Nähme Heneter kommt am frühesten vor, denn diesen kennet noch Homer. Da sich derselbe nachmahls ans der Geschichte verliehrt, und da- für der Nähme Paphlagonier auftritt, ohne dafs man die Veranlassung dazu wüfste: so glaubte man, sie seyen an das Adriatische Meer gezo- gen, wo sie Veneter genannt worden. S. indes- sen Strabo L. XII. S. 552 (der Casaubon. Ausg. und am Rande der Almeloveen. ) und B. IV. S. 193. Ein kleines Verzeichnifs Paphla^-oni- scher Wörter hat Strabo XII, S. 553.

4) Mysier und Troer.

Im Westen der Bithynier. Beyde wohnten anfänglich in Thraeien am Strvmon im nach- mahligen ersten Mösien , und gingen von da nach Klein-Asien über, und zwar die Troer und Teukrer am frühesten, indem sie hier den klei- nen aber gebildeten Staat von Troja an der Küste stifteten. Die Mysier, welche in Europa Mösier hiefsen, scheinen erst nach dem Troja- nischen Kriege eingewandert zu seyn, wenig- stens gedenkt Homer ihrer nur so wie anderer Thracier, als Trojanischer Hülf»völker. Von den Europäischen Mösiern ist es bekannt, dafs sie zu dem Thracischen Stamme gehörten. Die Sprache der Mysier war nach Strabo B. XII, S. 572 em Gemisch vom Lydischen und Phrygi-

348

sehen; s. auch B. I, S. 6. VII, S 295. Xlf, S. 541 , 42 , wo des Xanthus, mit Herod, VIT, 75 übereinstimmende Meinung, dafs die Mysier aus Lydien abzuleiten seyen, auch angeführt wird. Von den Troern führt Strabo B. XIII. S. 590 eine Anzahl Eigennahmen an, welche ihnen mit den Thraciern gemein waren, und will dadurch oflenbar den Zusammenhang jener mit diesen darthun. \'on den Teukrern bemerkt er B. XIII, S. 604 die Meinung, dafs sie aus Creta gekommen, aber auch die andere, dafs kein Troer aus Creta, sondern dafs sie aus At- tica gekommen seyen, deren Gewährsmänner Diony.^ius ß. I. c. 61. (Syiburg) nennt. Aus den Troern entstanden in der Folge die Pamphilier, die Mysier aber wurden von den Lydiern unter- jocht. Übrigens erhellet aus dem Homerischea Hymnus auf die ^''enus v. 1 13, dafs die Phrygi- sche und Trojanische Sprache wenigstens als Dialecte verschieden waren.

5 ) .Lyd'ier,

Eines der merkwürdigsten Völker in Kleln- Asien an der westlichen Küste. In den frühe- sten Zeiten und noch bey dem Homer hiefsen sie Mäonier , unter weichem Nahmen Tantalus und Pelops sie berühmt machten. Den spätem Nah- men sollen sie vc«i dem Lydus, einem Sohne des Königes Atys haben, dessen zweyter Sohn T^'rrhenus eine Colonie Lydier unter dem Nah- men der Tyrrhener nach Italien geführt haben soll. Sie für die Ludim im 1 B. Mosis, X zu hal- ten, gründet sich blofs auf den Gleichlaut, und führet zu nichts. Sie aber, nebst den Mysiern und Kariern für Aegypter auszugeben, gehöret zu den groben Auswürfen der Unkritik. Sie

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wohnten, ein friiherhin sehr imbedeiitender Stamm, mitten unter Völkern, deren Thraci- sche Abkunft gewifs oder wahrscheinlich ist, wa- ren nach ahen Sagen mit ihnen verwandt, und gehören mit Recht hieher. Einige Lydische Wörter haben Strabo (z. B. B. Xlf, S. 572), Stephanus von Byzanz, Servius ad Virgil., Aen. X, 179, Athenäus (IV, S. 160. XII, S. 516), Hesychius und Eustathius aufbehalten. Der männliche Nähme Cotys kommt auch bey den Lydiern vor. Ein Neben - Dialect des Lydi- schen war der der TorreM, und davon noch zu des Xanthus Zeit nicht unterschiedener, ah das Ionische vom Dorischen, s. Dionys. ß. I, c. 18.

6) K a r i e T.

Gleichfalls in Westen und in Süden der vo- rigen, für deren und der My^ier Brüder sie sich ausgaben; dagegen die Griechen sie einstimmig von den Pelasgischen Lelegern ableiteten, und sie von den benachbarten Inseln einwandern liefsen, Herod. I, lyi; Thucyd. I, 8; Strabo B. XIV, S. 661 (vergl. MannerVs Geographie der Griechen und Römer, Th. VI, H. III, S. 185). Sie sollen hier die Phönicier vertrieben haben. In beyden Fällen gehörten sie zu dem Thraci- schen Stamme. Nach Sti'abo a. a. ü. waren ihrer Sprache viele Griechische Wörter beyge- mischt, und Strabo erklärt sich weitläufig dar- über, warum Homer (II. II, v. 867) sie unter allen Völkern allein ßa^3^-^<2(pajva$' nenne. Mit der Sprache der Karier kam die der benachbar- ten Kaunier überein, die sich übrigens von den Kariern unterschieden, und aus Kreta gekom- men seyn wollten. Herodotl, 171, 172. Einige Kari&che Wörter haben Stephanus von Byz.

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(y.^vXog, <raxyshcc, Tvrj.v.O'a'og) , Pausaiiias, Pol- lux, Hesychius, Tzetzes ad Lycophron S 106, ed. Bas. und Enstath. II II, S. 279, 34 Von den loniern und Doriern würden sie von Milet, Ephesus und den Küsten hinweg südwestwärts in die Gebiro;e gedrängt, und machten sich von da aus durch Seeräuberey furchtbar.

«7) L y c i e r.

Auf der südlichen Küste. Anfänglich ward diese Gegend von Milvern und Solymern be- wohnt, welche Straho B XIV, S. 667 für einer- ley Volk hält, bis ein Stamm Pelasgischer Lele- ger unter dem Nahmen der Termilen aus Greta hier einrückte, und die Solymer in die Berge drängte. Herod. I, 173, VII, 92; Strabo XII, S. 572; Pausan. VII, 3. Lycus, der Urheber des Namens Lycier, war nach Herodot am er- steren Orte ein Athenienser, nach Diodorus Sicul. B. V, c. 56 mit einem Haufen Telchiner, von denen hernach gehandelt wird, aus Rhodus gekommen. Nach Strabo am letzteren Orte scheinen andere Lycier, bey den Teukrern am Berge Ida, mit jenen in der Nähe von Karien einerley Volk zu seyn. Übrigens sagt auch Pau- saniasVII, 3, dafs die Lycier aus Greta gekom- men wären, und dafs die Pamphylier sich an das Geschlecht der Griechen anschlössen.

B. In Europa.

Hier war ihr erster und vornehmster Sitz, W'O sie einen grofsen Theil des nordöstlichen Europa bis an die Donau, und einen nicht we- niger beträchtlichen des südöstlichen zwischen der Donau, dem Peneus und dem Adriatischen

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Meere bis an die Celtischen Noriker besafsen. Die 211 ihnen gehörigen Völkerschaften sind:

1 ) K i m m e r i e r.

Nach Römischer Schreibart Clmmener^ wo aber das c wie ein k gesprochen werden miife. Sie waren die nördlichsten und zugleich die öst- lichsten der Thracischen Volkerschaften , und bewohnten in Norden des schwarzen und Mäo- tischen Meeres nicht allein die heutige Krimm, von ihnen die Kimmerische Halbinsel genannt, sondern auch die ganze heutige kleine Tatarey zu beyden Seiten des Dniepers bis an das nörd- liche Ufer der Donau. Hier plagten sie nach Art aller wilden und roheu Volker ihre Nach- barn auf allen Seiten mit ihren jährlichen Raub- zügen. Unter andern empfand das ihnen gegen über liegende Klein-Asien mehrmahls ihre wilde Tapferkeit. Kines solchen Einfalles, welcher zu Homers Zeit oder kurz vorher geschehen seyn soll, gedenkt Strabo B. I, S. 6, B. III, S. 149, und von diesem oder einem ähnlichen Raubzuge mögen die vorhin gedachten Kimme- rier in dem nachmahligen Bithynien ein Über- bleibsel gewesen seyn. Als jene 634 vor Chr. von einem dieser Züge inV^esten zurück kamen, fielen die Scythen, ihre östlichen Nachbarn, von Norden her in ihr Land, und da sie sich zum Widerstände zu schwach glaubten, so über- liefsen sie ihnen ihr Land, und flüchteten um die Nordküste des schwarzen Meeres herum nach Klein- Asien, eroberten Sardis, und such- ten sich hier zu behaupten, wurden aber von dem Lydischen Könige Alyattes 613 vertrieben. Herodot erzählt diese Geschichte B. 1 , 16 aus- drücklich. Er wiederholüt mehr als Ein Mahl,

4)Ü

%

dafs die Kimmerier von den Scythen aus Europa vertrieben worden. Man mufs sich daher wun- dern, wie man wider diese ausdrückliche Ver- sicherung des Griechen hat Europäische Kimme-- xier annelrmen, und es als historische Wahrheit behaupten können, ein Theil dieser Kimmerier habe sich nunmehr westwärts gewandt, und tinter dem Nahmen der Cimbern Germanien liebst einem Theile von Gallien und Britannien bevölkert. Germanien brauchte damahls nicht erst bevölkert zu werden, denn es hatte schon längst Einwohner und sogar schon Bernstein- handel. Die Cimbern oder vielmehr Kimbern waren ein acht Germanischer Stamm, und hat- ten sich schon lange in ihrer wilden Kraft ge- zeigt, ehe noch ein Grieche K*immerier und Scythen zu nennen weifs; der so ganz verschie- denen Sprachen nicht zu gedenken.

Als die Kimmerier in Asien nicht festen Fufs fassen konnten , warfen sie sich ihren Überwin- dern, den Scythen, in die Arme, welche sie gegen einen jährlichen Tribut an dem Kanäle, welcher das Mäotische Meer von dem schwarzen scheidet, und von ihnen der Kimmerische Bos- porus genannt wurde, jetzt aber der Kanal von Kaffa heifst, aufnahmen. Hier gründeten sie den Staat des Kimmerischen Bosporus, welcher sich unter mancher! ey Veranden mgen unter dem Mithridat und den Römern acht Jahrhun- derte lang bis auf Constantin den Grofsen er- halten hat *).

Dafs

*) Man sehe Strabo B. 7, S. 508 ed. Casaub. und vorzüglich Cary histoire. des Kols du ßospore CinvnerUn, hey seiner Histoire des liois de Thrace.

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Dafs die Kimmerier ein Tliracischer Stamm, und ihre Sprache nichts weniger als Germanisch ^oder Kimbrisch, sondern ein Thracischer Dia- iect war, läfst sich mit mehreren Gründen be- weisen. Einer ihrer vornehmsten Stämme wa- ren die Treres ^ und diese nennt Strabo an meh- rern Orten, s. B. XIII, S. 586. vgl. B. I, S. 59, 61, und B. XIV, S. 647, ausdrücklich Thraciei ; ja er erklärt sogar das ganze Volk, welches vor den Scythen flöhe, für Thracier. Und das be- stätigen auch mehrere Eigennahmen. Treres waren das Hauptvolk unter den Kimmeriern; aber es gab auch einen Stamm dieses Naliinens in Thracien, s. Steph. Byz. Die männlichen Nahmen Cotys, Seleucus , Rhescuporis , Rli'ömetaU ces, und die Endung sacles in den Nahmen Mäsades, Ben'sades, Medosades kommen sowohl unter den Bosporanern, als ThracischenRegen- ten vor.

2) T a u r i e r.

Als die Kimmerier von den Scythen vertrie- ben wurden, behauptete sich wahrscheinlich cii| Theil von ihnen in den unzugänglichen Gebir- gen der heutigen Krimm, welche daher Tauri genannt wurden. Strabo und Plinius irrejil wenn sie selbige für Scythen ausgeben. Der. besser imterrichtete Herodot sagt IV, 99 aus- drücklich, dafs sie keine Scythen waren. Als ihre flüchtigen Brüder an den Bosporus zurück kehrten, bekamen auch sie mehr Luft, breiteten sich auf der ganzen Halbinsel aus, welche von ihnen Chersonesus Taurica genannt wurde, und machten vermuthlich feinen Theil des Bospori- schen Staates aus, bis sie nach Chr. 62 von den Alanen aufgerieben wurden, Sie w^aren ein Mithrid. 11 Z

354

ji^rausames und wildes Bergvolk, welches alle Fremde, die an ihrer Küste zu stranden daS|Un- <Tliick hatten, seiner Göttnm Om/oc/fC opferte, welche die Grieclien mit der Diana verglichen, Ammian, XXII, 8-

3) Thracier im ejigsten Verstände.

Als unter den vielen kleinen Völkerschaften zwischen der Donau in Norden, und Macedo- Tiien und dem Ägeischen Meere in Süden, dem schwarzen Meere in Osten, und den Geten in Westen, irgend ein glücklicher Eroberer sich dieselben unterwürfig machte, und hier ein klei- nes Reich stiftete, scheinet dasselbe den Nah- nien Thraciens erhalten zu haben, besonders seit dem die Regenten der Odryser diese glück- lichen Eroberer waren. Dieses Reich, weiches das heutige Romanien begriff, erhielt sich unter mancherley Abwechselungen, bis es von seinem Isi achbar, dem Macedonischen, verschlungen wurde *)^ -_In.,diesem engsten Verstände, neh- inen denn wohl die Griechischen undRömischen Schriftsteller das Wort, werm sie von der Thra- cischen Sprache reden, und Thracische Wörter anmerken, dergleichen von Herodot, Xeno- phon, Strabo, Dio, Stephanus von Byzanz, Plutarch^^de flumin. dem Scholiasten des Aristo- phanes, Macrobius, Gellius, Athenaus, Hesy- chius, Poilux, dem Etymol. Magn., Suidas, Plinius, Eustathius, Porphyrius in vita Pythag. imd vielleicht von andern geschehen. Die vor-

*) Man sehe Gary liistoirc des Rois de Thrace. Pa- pa, 1752, 4, vmd Deutsch in den Zusatz, zur AUgem. ll'e.lthist. lli. 4.

iiehmsten der unter diesem Nahmen becfriffe- Jien kleinern Völker sind nach alphabetischer OrdniincT:

Die Besd^ welche den gröfsten Theil des Berges Hämus bewohnten, and zu den Satra gehörten, welche immer, und auch bey dem Zuge des Xerxes ihre Freyheit behaupteten, vgl. Herod. VII, m, und Valkenaer's Anmerk. über ihr Verhältnits zu dem dasigen Orakel des Bacchus. Sie waren ein wildeo und grausames Volk, welches vom Raube lebte, und daher den Zunahmen Lestä^ d. i. Räuber bekam. Sie be- istanden wieder aus mehrern Stämmen.

Die Bistonier in Norden am See Bistonis.

Die Briger nicht weit von Macedonien. Sie Ovaren das Muttervolk der Phryger in Klein- Asien.

Die Ciconer in Norden von Samo-Thrace, Herod. VII, 59, 108. Sie stritten für Troja, da- her ülyfs sie auf der Rückkehr bekriegen wollte.

Die Dersäer in Norden von Abdera. Thu- cyd. II, 101.

Die Krobizier zwischen der Donau und dem Berge Hämus, in Osten der Triballer. Als die Geten über die Donau gingen, näherten sich die Krobizier dem Pontus, und besetzten ihr Land.

Die Nipser oder Tran'ipser in Süden der Ge- ten und in Norden der Skyrmiaden.

Die Odryser, ein mächtiges Volk im südli- chen Thracien, dessen Regenten geraume Zeit ganz Thracien beherrschten , und sich zuni Theil bis auf die Römer behaupteten.

Die Päonier in der westlichen Hälfte des südlichen Thraciens. Sie hiefsen anfänglich wohl Teukrer; wenigstens sollen die Teukrer in KWin- Asien von ihnen abstammen, Sie zei-fie-

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len wiederum in zehn kleinere Völker, die Do- beres, Graäner, Odomanteii, Päopler u. s. f.

Die Pierer in Nordwesten der Saträ. Sie waren ein Zweig der Macedonischen Pierer ^ von welchen sie waren ausgestofsen worden.

Die Samo- Thracier so\vohl auf der Insel, als auf dem festen Lande, wo Herod. VII, 108 ihre Castelle angegeben werden. Von der ältesten Sprache der Samorhracier wurde noch zur Zeit des Diodor. Sic. (B. V, 47) vieles beyni Opfer- dienste beybehahen.

Die Sapaer an der Küste, welche sich von den Odrysern unabhängig erhielten, und ein eigenes kleines Reich stifteten.

Die Satro im südlichen Thracien, beson- ders auf dem Gebirge Rhodope, daher sie auch nie unterjocht werden konnten.

Die Skyrmiaden über Apollonia.

Die Thynier um Salmidessa und Apollonia, auf der Landspitze, welche in das schwarze Meer gehet. Sie gingen hernach mit den My- siern nach Klein -Asien, und wurden daselbst zum Theil Bithynier genannt. Indessen gab es noch zu Srrabo's Zeit in ihrem alten Sitze eine Gegend Thvnias.

Die Trauser im südlichen Thracien am Tra- vus. Heröd. V, 3; Liv. XXXVIII, 41.

Die Triballer^ eines der vornehmsten Völker im nördlichen Thracien, im westlichen 'Th eile der heutigen Bulgarey und in Servien. Ihr Land hiefs nachmahls Unter- Mosien.

4) Dacier und Geten.

Beyde sind ein und eben dasselbe Volk unter zwey verschiedenen Nahmen (s. Strabo B. VII, S. 304), "wovon jener bey den Römern,

OD/

dieser aber bey den Grieclien am Üblichsten war. Herodot gebraucht das Wort Getä in einer weit allgemeinern Bedeutung. Ihm sind Graeco-Getä die vorigen Thracier, vermiithlich wegen der vielen unter ihnen befindlichen Griechischen. Colonien; Tyri- Getä^ die Völker an dem Tyras, Thraco-Gcta^ die Kimmerier am Bosporus. Aber seine Massa - Getä sind kein Thracisches, sondern ein ganz anderes Volk. Dagegen nennt er B. IV, 93, V, 3 die Geten ausdrücklich Thra- cier. Eben dieses versichern Xenophon, Justin, Appian, Zonaras und andere, welche noch lünzu setzen, dafs sie mit den Thraciern einer- ley Sprache hatten. Es konnten daher nur un- wissende Sprach - und Geschichtsforscher von dem Spartian und Jemandes an, um des schwa- chen Gleichlautes willen, die Thracischen Ge- ten mit den Germanischen Gorhen, -welche sich in der Folge ihres Landes bemächtigten, für ein imd eben dasselbe Volk halten.

Ursprünglich wohnten die Geten *) zwi- schen der Donau in Norden, dem Gebirge Hä- mus in Süden,- den Krobyzischen Thraciern in Westen, und dem schwarzen Meere in Osten, in dem heutigen Bulgarien und einem kleineu Theile von Servien. So kannte sie noch Hero- dot a. a. O. Nach seiner Zeit, vermuthlich durch die Eroberungen der Macedonier ge- drängt, gingen sie über die Donau, und noma- disirten in den damahls den Scythen und ver- lier den Kimmeriern gehörigen Steppen zwiJ-- sehen der Donau und dem Tyras oder Dniester, ob mit oder wider Willen der Scythen, ist un-

*) S. auch 'rAiwille snr la Nation des Getes in, den Meuioir. de TAcad. des Inscript. T. XXV, S. 34 £.

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bekannt. Und nun begriffen sie das heutige Bessarabien, Siebenbürgen, die Moldau, Wal- lachey und einen Theil von Ungarn bis an die Theifs. Die jenseitigen Geten in Süden der Do- nau bezwang August, und errichtete aus ihrem Lande die Provinz Mösien; die diesseitigen in Norden der Donau unterjoc]ite Trajan, und nun entstand die Provinz Dacien, welche er mit Römischen Colonisten anfüllete, wodurch die Lateinische Sprache in diesen Gegenden ein- geführet ward. Die andringenden Barbaren nö- thjoten den Aurelian im dritten Jahrhundert, ihnen das jenseitige Dacien Preis zu geben, und die Piömischen Colonisten nach Möbien abzu- führen, w'odurch nun Dacia ripensis entstand. Bald darauf überschwemmten die Gothen und nach ihnen andere Barbaren diese Gegenden so- wohl dies- als jenseits der Donau, die alten Ein- wohner w^urden in die Berge gedrängt, lebten von der Viehzucht, und behielten die einmahl angenommene Lateinische Sprache bey, wel- che sie nuter dem Nahmen der IValiqchen noch sprechen.

Dafs die Sprache der Geten ein Thracischer Dialect war, ist bereits bemerkt worden. Strabo sagt ausdrücklich B. VII, S. 303, dafs Geten und Thracier einerley Sprache redeten. Einige Dacische oder Getische Wörter haben uns' He- rodot und Straho Y.Gebellizin, Jornandes, Apu- lejuü de herbis, und der Interpolator Dioscori- dis aufbehalten. Des zu ihnen nach Tomi ver- bannten Ovid'i» Vorgeben, dafs er Getisch und Sarmatisc h reden gelernt, und sogar ein Buch in Getiseher Sprache geschrieben habe, war ge- wifs nur dichic^rJsche Pralilerey; denn an einem andei'n Orte gestehet er selbst, dafs er und seine

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Griechen «ich den Geten nur durch Geberderx verständlich machen konnten.

^) M ö s i e r.

Das Römische Mösien entstand dadurch, dafs Aelius Cato oder ein anderer Römer 5000Q Geten über die Donau versetzte, s. Strabo a. a. O. , der dabey bemerkt, dafs diese zu sei- ner Zeit noch dort wohnten, und Mysier ge- nannt worden seyen, möge es nun seyn, dafs sie erst in Asien diesen Nahmen erhahen, oder wie besser angenommen werde, ihn schon vor- her in Thracien geführt haben. Nach Dio Cas- sius B. 51, c. 27 hatten Mysier und Geten ehe- mahls alles zwischen dem Hämus und der Donan inne. Die Sprache der Europäischen Mysier fällt demnach mit der der Geten zusammen. Von den Klein-Asiatischen ist vorher gehandelt worden. Den Nahmen Mysier leitete man, s. Strabo B. XII, S. 572, von dem Lydischen My- soSj eine Buche, ab.

6) Macedonier.

Dieser merkwürdige Thracische Stamm ist erst in spätem Zeiten zu seiner Wichtigkeit und Berühmtheit gelangt; wenigstens kennt Homer ihn noch nicht unter diesem Nahmen. Wenn ein rohes halbwildes Volk, wie alle Thracie'r waren, einen mäfsigen Anstrich von Cultur be- kommt, dann wird es geschickt, Welten zu er- obern. Diese Art von Cultur bekamen die Ma- cedonier von den Grieclien, ihren nächsten Nachbarn. Denn der vielen Griechischen Colo- nien an den Küsten zu geschweigen , so setzten sich zu Salmanassars Zeit, 720 vor Chr., die Temeniden aus Argos, Abkömmlinge des Her-

kules, in Nieder- Macedonien fest, und grün- deten in ihren Nachkommen das Macedonische Reich, S. über diesen Griechischen Ursprung des Königsstamms auch Herodot B. V, 22. Phi- lipp führte die armen in Thierfelle gekleideten imd unter Thieren wohnenden Macedonier zu- erst in die Ebenen herab, lehrte sie Städte und Palläste bauen, und machte sie zu Beherrschern aller derjenigen Völker, welchen sie bisher ge- dienet hatten. Das Volk bestand aus mehrern einzelnen Stämmen, deren Plinius 150 angibt, worunter besonders die Pierier und Bisalter be- kannt sind. Jene gaben nicht allein den Thra- eiern, sondern auch den nachmahllgen Grie- chen die ersten Dichter, und diese wurden zu- weilen zu Thracien im engsten Verstände ge- rechnet, indem, wie Strabo B. X, S. 471 sagt, diese Gegenden eheraahls Thracisch waren, und erst nachher den Macedoniern angehörten. Der ^anze Stamm war Thracisch, und seine Sprache eine Thracische Mundart. Strabo B. VII, S. 326, 27 sagt, dafs manche alles bis nach Cor- cyra hin Macedonien nennen, weil man sich bis dahin einer fast eben solchen Kleidung, Spra- che u. s. w. bediene, obwohl einige zweyerley Sprachen brauchen; und B. VII, S. 321 geste- het er, dafs die Thracier noch zu seiner Zeit Macedonien und einen Theil von Thessalien be- wohnten, womit er doch wohl nichts anders sagen wollte, als dafs die Einwohner noch zu seiner Zeit an ihrer Sprache als ächte Thracier kenntlich waren. Wenn andere die Macedonier für Illyrier, und Justin VH, 1 für Pelasger er- klären, so kommt das auf eins hinaus; denn alle diese Völker waren verwandte Zweige eines und eben desselben Stammes. Bekam "leich in der

Folge die Griechische Sprache am Hofe, und vielleicht auch in den obern Klassen die Ober- hand, so blieb doch die Volkssprache Thracisch, und die Messener erkennen die für Lacedämo- iiier gehaltenen Macedonier an den Waffen und der Sprache, s. Pausan. B. IV, 29. Es war da- her kein Wunder, dafs nach Curtius VI, g die Griechen in Alexanders Armee eine in Macedo- liischer Sprache gehaltene Rede nicht verstan- den. Noch jetzt sind die gemeinen Macedonier keine Griechen, und ihre Sprache ist nicht Grie- chisch, sondern Albanisch. Einige Maccdoni- sche Wörter haben aufbehalten Strabo, Athe- näuö, Plinius, Curtius, Stephanus von Byzanz V. ßv^aia"/,cc, Apolionius de Synt. II, j^ Hesy- chius, das Etymol. M. v. Ba^5/«, E/aSo)^, und von Neuern Thanmann Gesch. der östl. Völker, S. 249.

7) Epiroten,

Ich übergehe das nördliche Thessalien, welches bis an den Peneus gleichfalls noch von Thraciern bewohnt ward, weil ich von der Sprache nichts besonderjf zu sagen weifs. Aber von Epirus *), diesem zwischen Macedonien und Thessalien in Osten, und lllyrien in Westen gelegenen Lande, welches den gröfsten Theil des heutigen Albaniens ausmacht, wissen wir aus Theopompus bey Strabo VII, S. 322 f., dafs daselbst vierzehn kleinere Völkerschaften wohn- ten, worunter dieChaoner undMolosser die vor-

*) S. auch dt 1a Nauze siir les rlifferents peuples qui s'establirent en JEpire avant la guerre de Troye in denMciiioires de l'Acad. dealnscript. T. Vil, S. 151 f.

nehmsten waten, well jene zuerst, und diese nach ihnen die Herrschaft über ganz Epirus be- hauptet haben, Aufser ihnen gab es hier aber auch Kassopäer, Tymphäer, Parcräer, Dryo- per, Doloper, u. s. f., von welchen einige zu den Pelasgern, andere zu den benachbarten lUyriern oerechnet werden. So viel ist gewifs, dafs bey den Thesprotiern zu Dodone der älteste Sitz der Pelasgischen Religion war, daher ich im fol^^enden noch einmahl darauf kommen rnufs. Die Chaonen wohnten am nördlichsten, und waren nach dem Aristophanes Oenotrier, d. i. Pelasger, nach seinem Scholiasten aber Thracier. Die Molosser hauseten in dem ge- birgigen Theile, und waren so wild, wie die von ihnen benannten Hunde, welche noch jetzt unter dem Nahmen der Albanischen furchtbar sind. Hin und wieder hatten sich auch Helle- nen eingedrungen, welche ihre Sprache mit- brachten, wohin die Akarnanier, Ampracioten, Leukadler und Anaktorier gehören. Einige Epi- rotische Wörter befinden sich im Athenäus und Hesychius.

8) Alanten.

Das herrschende Volk auf der Insel Euböa, jetzt Negropont, dessen schon Homer gedenkt. Sie waren nach Aristoteles bey Strabo B. X, S. 445 aus Thracien gebürtig, gingen anfänglich nach Phocis, wo sie Abe oder Abes gründeten, und sich hernach nach Euböa wandten, welches von Ihnen Abantls genannt wurde. Unter den in der Folge nach Klein- Asien gehenden loni- ern war ein nicht unbeträchtlicher Theil Aban- ten aus Euböa j' Hcrod. I, 146.

g) Illyrier.

Der allgemeine Nähme aller derjenigen kleinern Völker, welche zwischen den Geteri imd Epiroten in Osten und den Norikern in Westen, längs dem Adriatischen Meere zwi- schen demselben und den Pannoniern an dem. südlichen Abhänge der Gebirgskette wohnten, Strabo dehnt sein lUyrien noch weiter, und so- gar bis an den Bodensee aus, daher er auch die Celtischen Noriker und Vindelicier zu ihnen rechnet. Zu den acht Illyrischen Stämmen ge- hören: die Encheleer, unter welcheh schon Kadmus lebte, die Taulanter, die Albaner, von welchen noch ein Iheil dieser Gegend den Nah- men hat, die Penesten, die Dassorater, die Dalmatier, die Dardanier, die Istrier, die Au- tariaten , u. s. f. Dafs alle diese Völker Thraci- schen Ursprunges sind, hat Thunmann in seiner Gesch. der östlichen Europ. Völker^ S. 252, theils aus den gemeinschaftlichen Ortsnahmen, theils aus dem Umstände bewiesen, dafs wenn der eine Schriftsteller ein Volk Illyrisch nennt, ein anderer es für Thracisch erklärt. Ich setze noch hinzu, dafs der Scholiast den Aristoph. in Avibus die sämmtlichen Illyrier ausdrücklich für Thra- cier hält. Im dritten Jahrhundert vor Chr. drangen hier Celtische Skordisker aus Gallien ein, und verheereten das Land, daher sich die Römer genöthiget sahen, es durch häufige Co- lonien wieder zu bevölkern, welche mit den alten Einwohnern zusammen schmolzen, wo- durch vielleicht in dem östlichen Theile des Landes die Grundlage zu der heutigen Albani- schen Sprache gelegt worden seyii kann: dage- gen in dem gröfsern westlichen Theile die spä-

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terhin hier eingedrungenen Daven alles mit ihrer Sprache überschwemmten. Von der schweren. Aussprache der Illyrischen Nahmen zeugen die bey Plinius, III , 21 angeführten. Einige lily- rische Wörter liefern, Columella, VI, 24, v. €eva oder Keua , welches: eine Kuh, bedeutete (womit vielleicht Plin. H. N. B. X!, S. 97 zu ver- gleichen ist), Festus und Hesychius; einige Do- donäische, Hesychius, der Interpolator Diosco- ridis und Apulejus de Ilerbis, und einige Istri- 6che, Festus.

10) V e 71 e t e r.

Die westlichsten Illyrier an der Spitze des Adriatischen Meeres und schon auf Italiäni- schem Grund und Boden, Das Wort Wend, IVand, Vend bedeutet in mehrern alten Spra- chen, Wasser, Meer, und Veneter ein Küsten- volk; dalier gab es Veneter in Gallien, Veneder^ mit einer andern Ableitungssyibe Vand-alen und IV enden an der Ostsee, und Heneier ^ oder wie Herodot schreibt Enetcr an der Küste des schwarzen Meeres in Klein- Asien, ohne dafs man von diesem gemeinschaftlichen Local- Nah- men auf eine gemeinschaftliche Abstammung »chliefsen dürfe. Indessen hat m.an doch nur zu oft so geschlossen, und unsere Illyrischen Ve- neter bald von den Celtis.chen Venetern in Gal- lien, bald von den Asiatischen Henetern abge- leitet, ohne etwas anders als den Gleichlaut des Nahmens für sich zu haben. Dafs ihre Sprache von der Celtischen verschieden gewesen (folg- lich sie keine Gelten seyn können), versichert Polybius B. II, 17 ausdrücklich. Ihre Abstam- mung von den Klein- Asiatisciien Henetern hat noch das für sich, dafs der Nähme der Heneter

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bald nach dem Trojanischen Kriege in Klein- Asien verschwindet, wie schon bemerkt worden ist. Die Sprache kann hier auch keinen Einwurf machen, weil beyde Völker zu dem Thracischen Hauptstamme gehörten. Sey dem wie ihm wolle, so rechnen Herodpt und Appian unsere Veneter zu den Illyriern. S. über sie auch Lanzi ' Saggio di lingua Etrusca T. 11, S. 634 ff.

11) P a n n 0 n i r.

In Norden der Illyrler zwischen der Donau und der Gebirgskette, von Noricum in Westen an bis nach Macedonien, im heutigen westli- chen Ungarn, so viel davon in Süden der Do- nau lag, Nieder- Oesteneich, Slavonien und S"^Tmien. Es sind Flecken in Büsching's Erdbe- schreibung, wenn er ihren Nahmen von dem Siavischen Pan^ Herr, ableitet, so wie im Dio Cassius B XLIX, 36, wenn er ihn von dem La- teinischen Pannus abstammen lasset. Besser wäre, wie in tausend andern Fällen ohnehin geschehen mufs, seine Unwissenheit zu beken- nen. Ich möchte sie auch um des schwachen Gleichlautes des Nah mens willen nicht mit Hrn. Mannen alte Erdbeschreib. Th. 3 , S. 583 für Päonier halten , welche eigentlich in Thracien wohnten. Wider alle Geschichte ist es, wenu Matth. Pet. Katanskh in seinem Spec. Philologiae et Geographiae Pannoniorum^ Zagrab, 1797» 4 behauptet, die Pannonier seyen von jeher Sla- ven gewesen. Genug, sie sind nach Strabo imd Appian mit den Illyriern Eines Stammes; Daher ist es kein Wimder, dafs Völker, welche Strabo zu den Pannoniern rechnet, bey dem Caesar, Piinius und Pcolemaeus Ill^ier heifsen.

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Nach Hieron. Comrnent. in Jes. c. ig hlefs das Bier, Zython, bey den Dalmatiern und Panno- riiern Sabaium.

2. Pelasgischer Haupt stamm»

Dieses merkwürdige Volk spielte in dem nachmahligen Griechenlande mehrere Jahrhun- derte hindurch die vornehmste Rolle. Die fabelhafte Griechische Geschichte gede^ikt ihrer zuerst in dem Peloponnes, und lälst sie von da nach Thessalien wandern. Wahrscheinlicher ist, dafs Epirus und Thessalien ihre ursprüng- lichen Sitze waren, daher diese Provinzen auch am reichsten an mythischen Wesen sind. Man- cherley Data hierüber hat Strabo B. V, S. 221. Pa sie ein sehr rohes und wildes Volk waren, >velchem bey der geringsten Einschränkung der Boden gleich zu enge ward, so waren sie auch in einer beständigen Wanderung begriffen, und man findet sie bald in Klein- Asien, bald auf den Griechischen Inseln, bald in Italien, wo sie schon sehr frühe Graeci, Griechen, genannt wurden. Noth und Mangel an Raum nöthigten doch endlich viele von ihnen, sich wenigstens zu einiger Cultur zu bequemen, und sich an mehrern Orten den Hellenen zu unterwerfen, mit welchen sie zu den nachmahligen Griechen zusammen schmolzen; daher es zu Herodots \ind Thucydides Zeiten in Asien und Europa nur noch einige wenige sehr ärmliche Überreste von ihnen gab. Ihr Gottesdienst war so roh, wie ihre übrigen Begriffe. Sie opferten meh- rern Göttern , hatten aber lange Zeit keine be- sondere Nahmen für sie, sondern nannten sie Vberhaupt©fKf, Götter. Ihr berühmtes Orakel

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zu Dodona, das älteste in Griechenland, ist be- Icannr. Die ihnen beygelegte Schrift ist ganz wider den Begriff eines so rohen Volkes. Bey ihrer Herkunft und Sprache mufs ich, aufser- dem daft von ihrem Verhältnifs zur Griechischen nachmahls bey dieser die Rede seyn wird, auch hier noch verweilen. Da ^veder Herodot, noch andere alte Schriftsteller etu^as bestimmtes von ihrer Herkunft zu sagen wissen, sondern sich begnügen, sie Barbaren, d. i. Ungriechen, zu nennen; so eröffnete diefs den Neueren ein wei- tes Feld zu Meinungen und Muthmafsungen *). Diejenigen , welchen Mosis \'^lkertafel die höchste und reinste Quelle ist, trugen kein Bedenken, sie um einer schwachen Ähnlichkeit der Nahmen \villen, von seinem Peleg abzulei- ten, ohne dadurch auch nur Einen Schritt wei-

*) Des Abbe Geinoz, Frerety de In Nauzz, Gibert und Belky zum Theil brauchbare Abhandlungen von ihnen stehen in den Memoires de VAcad. des "inscript. Th. i4>. i6j 21, £5, «25 und 31.. Man sehe auch iar- chers Herodote der neuen Ausg. Th. 7, S. 215 277, wo einige Theile ihrer Geschichte sehr gut ausgefiihret -werden. In nichrern Stellen seines treillichen Werkes scheinet er noch ein älteres und von ihnen verschie- denes Volk in Griechenland anzunehmen, z. B. die Arkadier im Peloponnes, die Aoner und Temniker iri Attika und Böotien. Allein das waren wahrsclieinllch gleichfalls Pelasgische oder doch Thracische Stämme. In des Mario GuarnaccA Origine. Iraliclie, Lucca, 1767, fol. handelt das ganze zweyte Buch von den Pelasgern; aber nieist nach willkührlichen Hypothesen. Pelasger, Umbrer, Aborigines, Ausonier, Etrusker, sind ihm alle Ein Volk. Auch läfst er die Pelasger erst aug Italien nach Griechenland wandern. Des Dupuis Ab- handlung von ihnen in den Memoires de VInstitut Nat. de la Litterature et des Beaitx-Arts, Th. 2, S. m ist ganz unkritisch und unhistorisch.

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ter zu kommen ; und da von Ihm auch die P///- lister absrammen sollen, so waren diese und die Pelasger Ihnen ein und eben dasselbe Volk. Das war besonders Fourmonts Fund, worauf er sich in seiner ///^/. des anciens Peuples , Th. 2, S. 249 folg. nicht wenig zu gute thut. D'Ancarville hält sie in seinen verunglückten Recherches sur l'on'gine et les progres des Art s de la Grece, London, 1785, 4 nebst den Hellenen für Abkömmlinge der Tita- nen und mit diesen der Scythen ; Lurcher im He- rodote Th. 1 , S. 56, fol. , und Bouhier in seinen Recherches sur Herodoie für Phönicier, Giiarnacci für Etrusker, anderer zu geschweigen. Pellou- tier, weicher sonst nicht leicht jemanden an seltsamen Meinungen etvv'as nachgibt, hat doch dies Mahl seine gute Stunde, indem er sie für Thi'acier hält, verdirbt aber alles wieder da-" durch, dafs er die Thracier für Gelten ausgibt. Über ihren Nahmen sage ich nichts, weil sich darüber doch nur muthmafsen läfst. Homer, bey welchem derselbe aber noch nicht der all- gemeine Nähme des ganzen Stammes, sondern der der Einwohner von Pelasgiotis in Thessalien ist, spricht von ihnen mit vieler Achtung, in- dem er sie immer mit dem Beyworte ^loi, die göttlichen, beehret, vermuthllch wegen ihres hohen Alters, oder auch wegen Ihres bei^ühmten •Orakels zu Dodona. Von ihrer Sprache hätte uns Herodot die beste Nachricht geben können, wenn nicht jeder Grieche vor allem , \vas barba- rische Sprache heifst, zurück zu beben pflegte. Zu seiner Zeit (B. 1, Kap. 57) lebte noch zu Krestone und Placia ein Pelasgischer Überrest, dessen Sprache mit der Sprache seiner Nachbarn nichts gemein hatte. Krestone lag zwar in Thra-^ cien, Placia aber am Hellespontj indessen um

bey de

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beyde Orte befanden sich Griechische Colonien, auf deren und der benachbarten Thracier Spra- che hier Herodot Rücksicht zu nehmen scheint.

Denn mir scheinet es das wahrscheinhchste, dafs die Pelasger Thracier ^varen, und ihre Spra- che ein Thracischer Dialect war. Meine Gründe sind folgende: i. Sie bewohnten die kleine südliche Spitze des südöstlichen Europa. Nun findet sich keine Spur, daf? sie hier über Meer eingewandert wären, und dergleichen aus dem Nahmen (von TtsKayog, Meer) schliefsen wollen, ist historische Unkritik. 2. Ihnen in Norden wohnten die Thracier in dem gröfsten übrigen Theile des südöstlichen Europa. Solche halb- wilde nomadische Völker, als die Thracier ^va- ren, denen der Raum sogleich zu enge -wird, dehnen sich immer so weit aus, als sie können, bis mächtige Natur- oder politische Gränzen sie aufhalten. Es ist also nicht wahrscheinlich, dafs sie die kleine südliche Spitze ihres Landes sollten unbesetzt gelassen haben. 3. Ihre älte- sten, historisch bekannten Sitze sind Epirus^ Thessalien und Böotien, lauter unmittelbar an Thracien gränzende Provinzen, in welchen >ie zum Theil mit Thracischen Stämmen unter- mischt wohnten. 4. Viele Völker, welche der eine Schriftsteller Pelasger nennt, sind dem an- dern Thracier. Justinus sagt B, '-', Kap. von Macedonien: Populus Pelasgi, regio Päonia dice- batur. Bey'm Virgil Aen. I, v. 627 nennt Dido die Trojaner Pelasger. Die Perhäbeer, v/elche mehrere Schriftsteller für Pelasger erklären, sind dem Appian lUyrier. Strabo nennt die Sintier auf der Insel Le&bos Thracier, der Scho- liast döS ApoUonius Rhodius aber Pelasger. Die Epiro tischen Völker, bey welclien zu Dodona

Mithrid. JI. Aa

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der Hauptsitz der Pelasgischen Religion war, lieifsen bey mehrerfi Thracier und Barbaren. Andere Beyspicle sind bereits im vorigen da ge- •wesen. 5. Mehrere Eigennahmen sind sowohl den Pelasgern als den Thraciern gemein. Ho- mer nennt II. VI, v. 130 einen Thracier Lykur- cus, und wer kennt nicht den Spartaner dieses Nah mens? Ein Alexander ^var König der Pe- lasgirichen Molosser, ein anderer der Macedo- jiier; auch in Troja gab es einen Alexander, imd mehrere dieses Nah mens unter den Grie- chen. Wo es nur Pclasger gab, da gab es auch einLarissa; allein eben dieser Ortsnahme kommt auch bey andern Thracischen Stäm- men vor.

Nur Schade, dafs uns von ihrer Sprache so wenio- mit Gewifsheit bekannt ist, weil die Pe-

O

lasger schon lange aufgehöret hatten, Aufoehen zu machen, als die ersten Schriltsteüer auitraten. Ich alaube, man kann dahin rechnen: 1. Die Nahmen der den Pelasgern zugeschriebenen Gottheiten: Apoll, Here, Hermes, lo , der Mond, Pan. 2. Die ehemahligen Nahmen * mancher Orte, welche in der Folge unter den Hellenen andere bekamen. Cherinea in Bootien hiefs vor- her Arne, Drymen in Phocis hiefs Naubolus ; An- ricyra hiefs Cyparissa; der Berg Arachnee in Ar- <^os hiefs Snpyselaton , welches Ungriechisch ge- nucf klingt. 3. Manche veraltete appellative Wörter. Dauloi oder dauiia hiefsen soviel als nachmalils tcc lci(7V], Strabo B. IX, S. 423; Pau- san. B. X, 4. Italiis bedeutete im Alt- Griechi- schen einen Ochsen, wie VaiTo II, 5 auf Ti- mäus sicli berufend s.igt, und Gell. XI, 1. Ker ist in der ältesten Mvthüloo;ie der schwarzeTod, Sohn der Nacht. {Kara bedeutet im Tatarischen

S7I

rioch jetzt schwarz.) Mene^ der Mond, hernach Selene. Samos, eine Anhöhe, Trito^ der Kopf, u. s. f. Am längsten scheint sich die Pelasgische Sprache in Arkadien erhalten zu. haben, weil dieser rauhe Gebirgsstrich, so viel man weifs, weder von den Herakliden, noch früher von den übrigen Hellenen unterjocht worden. Lar-- cher vermuthet, dafs die Atheniensische Aus- sprache des 0, welche den Lacedämoniern und andern Doriern so unausstehlich war, noch ein Überbleibsel der Pelasger sey, weil diese die ersten Bewohner von Attika v/aren. Die vor- nehmsten einzelnen Stämme, welche zu ihnen gerechnet werden, ehe sie von den Hellenen unterjocht oder vertrieben v/urden, gind fol- gende:

l) L e l e g e r.

Aus ihrem Nahmen, welchen man von Ksygiv ableitet, macht man den c^ewagten Schlufs, dafs sie ein vermischter Häufe mehrerer Stamme ge- wesen. Sie kommen zuerst am Parnafs unter demDoukalion zum Vorscheine, der mit ilinen und den Kiireten, diejenigen Pelasger verjagte, welche sich nicht zur gesellscliaftUchen Ord- unng bequemen wollten (Dionys. B. I, c. 12, Sylb. i8). Sie scheinen an m.ehrern Orten in Griechenland und Klein -Asien zerstreut gewe- sen zu seyn. Wenigstens wohnten ihrer auch zu Megara zwischen Korinth und Athen, aus welcher Gegend sie nach dem Peloponnes gin- gen, und Messenien besetzten, wo Neätor sie beherrschte. Auch sollen sie die ersten Bewoh- ner von Lakonien gewesen seyn, Pausan. III, 1 ; IV, 1. Zur Zeit des Trojanischen Krieges gab deren in Klein -Aäieu zwischen den Staaten

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des Aeneas und der Cilicler, deren Fürst Altes liiefjj. Nachdem Acliill ihre Städte zerstört hatte, ghigen sie nach Karien, wo sie sich v/ie- der anbaueten, und sich eines grofsen Theiles Pisidiens bemächtigten. Nach Herodot I, 171 waren die Karier ursprünglich selbst Leleger. Weniccstens waren diese mit den Kariern immer genau verbunden, schwächten sich aber durch den Beystand, welchen sie ihnen leisteten, so, dafs sie nachmaliis den loniern, als sich diese in Klein - Asien niederliefsen, nicht Widerstand leisten konnten, sondern von ihnen in das nach- mahlige Karien vertrieben wurden; s. Stiabo B. YII, S. 321; Xill, 611; XIV, 632, zu des- sen Zeit sie aber bereits verschwunden waren. Aristoteles zeigte in seinen Republiken, dafs hie den westlichen Tlieil von Akainanien, Böo- tien und andere Gegenden besessen, und nannte die damahligen Locricr: Leleger; s. Strabo a. ersten O. Sie werden bald für Pelasger genom- men, bald davon unterschieden.

2) K u r c t c n.

Man kennet sie sowohl als Volk, als auch als Diener der Phrygischen Göttinn Rhea; aber in beyden Verhältnissen v/eifs nian wenig \on ihnen, und selbst Su'abo, welcher B. X, S. ^52, 74 weitläuftig von ihnen handelt, weifs wenig c^ewisses von ihnen, als dafs ^vahrschenl- lich das nachmahiige Aetolien und Akarnanien ihr Hauptsitz war. Nach Diodor V, 60, 65 kamen Kureten aas Kreta in den Chersones, llliodus gegen über, und vertrieben die Karier. Nach andern gehören sie nach Euböa. Zu Deukalions Zeit lebten iie unter ihm am Parnois

und in Thessalien. In ocr Folge wurden sie von den Ätoliern unterjocht, die nun an ihre Stelle traten.

3) D r y 0 p e r.

Da sie von Dryops, einem Sohn des Arka- dus, abstammen esollen, .••o müssen sie wohl auch Pelasser gewesen seyn. Sie bewohnten eine kleine Gegend am. Cephissus in Süden des Berges Oeta, Eustath. in Hom. S. 278- i^^is Doris das alte Dryopis sey, sagt bestimmt He- rodot Vill, 31; Strab-o B. IX, S. 434; s. auch VIII, 373. Hier wurden sie von dem Herkules lind den Meli er n verjagt, Diod. IV, 375 Strabo VIII, S. 373; da sie denn theils nach Euböa, theils nach Cypern, theils auch in den Pelopon- nes gingen, Diod. a. a. O. ; Herod. VIII, 73; Paiisan. IV, 34. Hier legten sie nach und nach drey Städte Nahmens Asine an, daher sie auch Asiner genannt wurden. Sie waren nach Pau- san. IV, 34 die einzigen Dryoper, welche sich es zur Ehre schätzten, diesen Nahmen zu füh- ren. Als sich dielonier in Xlein- Asien nieder- liefsen, waren auch Dryoper dabey, Herod. I, 146. Eben derselbe versichert VIII, 46, dafs sawohl die Cydnier, als die Styräer auf der Insel Euböa Dryoper gewesen; von letzteren versi- chert es auch Pausanias a. a, O.

4) T h e s p r 0 i i c r.

In Epirus, wo das seines alten Orakels wegen berühmte Dodona ihre Hauptstadt war, und der Achelous ihr Land dmchsa-ömte. Sie sollen aus Thessalien herstammen, wo sie 1726 vor Chr. vertrieben worden, worauf ihr neuer Sitz den Nahmen Pelasgia bekam. Vermuthiich

374

■wohnten schon vorher Pelasgier hier, welclie durch die neuen Ankömmlinge nur verstärkt wurden. Nach Troja's Eroberung ward Ulyi's zu ihnen verschlagen, wo der fx^önig Phidoii ihn gütig aufnahm. Strabo nennt B. VII, S. 322 alle Epirotische Völker Barbaren; nahmentlich die Thesprotier, Kastopäer, Amphiiocher, Mo- losser und Athamanen.

^) Lapithen und Ctntauren.

Zwey wilde Bergvölker im südlichen Thes- salien an der Mündung des Peneus, wo sie die Perrhäbeer verjagten. Ein Theii der Lapithen liefs sich 396 Jahr vor Troja's Eroberung auf der Insel Rhodus nieder. Der Krieg, welchen sie 55 vor dem Trojanischen Kriege unter sich führten, ist wenigstens in der Fabel bekannt. Im Trojanischen Kriege dienten die Lapithen den Griechen. Simonides begreift bey Strabo B. IX, S. 441 die Lapithen und die folgenden Perrhäbeer und alle %e^en Osten wohnenden Völkerschaften , d. i. von Gyston , um die Mün- dungen des Peneus, um den Ossa, Pelion, auf der Ebene um Larissa u. s. w. , und um den Ne- sonidischen und Böbeitischen See , unter dem Nahmen Pelas2:ioten.

o

6) Perrhäbeer,

Sie bewohnten anfänglich die ganze Thes- Salische Küste bis zur Mündung des Peneus und der Stadt Gortone. Strabo B. IX, S. 439 f. Nach demselben wurden sie aber von mehrern Völkern, besonders von den Lapithen gedrängt, und tieter in das Land in die gebirgigen Ge- genden bey dem Olymp und Tempe getrieben, worauf feie so gemengt mit den Lapitlien wohn-

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ten, dafs sie Simonides a. a. O. rait denselben zusammennimmt. Ein Stamm von ihnen waren wohl die Phlegyer, welche hernach Gyrtonier genannt wurden. Strabo a. a. O. Nach Herod. VII, 18*^ waren sie noch zu des Xerxes Zeit vorhanden, indem sie Iiüllstruppen an ihn ga- ben, aber zu Strabo's Zeit \var wenig oder keine Spur von ihnen übrig (B. IX, S. 442).

y ) Teich inen,

Sie waren in dem Peloponnes einheimisch, wo sie aber verjagt wurden, worauf sie erst nach Kreta, dann nach Cypern, und endlich nach Rhodus gingen. Strabo B. XIV, S. 653 f. In der Folge wurden sie auch hier von den He- liaden vertrieben. . Von den aus der Insel Cy- pern kam wahrscheinlich ein Theil nach Boo- tien, wo sie den Tempel der Minerva Telchinia gründeten, Pausan. IX, 19. Nach Diodor. B. V, 55 u. 56 stammen die Heliaden van ihnen ab. Sie werden zuweilen auch Pelasger ge- nannt.

8) Ektener^ Hyanten und Aoner.

Um Theben im nachmahligen Böotien. Strabo B. VII, S. 321. Die Ektener waren hier die ältesten Bewohner, und hatten damahls den Ogyges zum Könige, Pausan. IX, 5. Sie sol- len an der Pest ausgestorben seyn, worauf die Hyanten und Äoner auf sie folgten. Die Hyan- ten wurden von dem Kadmus vertrieben, v.'or- auf sie sich nach Phocis begaben, wo die Stadt Hyantopolis, hernach Hyampolis von ihnen den Nahmen bekam, Pausan! X, 35 Strabo, B. IX, S. 401. Schol. ad 11. U, 521. Die Aoner unter-

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warfen sich dem Kadmus, blieben im Lande, .und schmolzen mit den Kadmäern zusammen, Pausan. a. erstcren O.

g) K au k o n e

Ein unstätes Volk, wie alle Pelasger, daher man sie an mehrern Orten findet, sowohl in Klein -Asien, als dem Peloponnes. Sie sollen in Paplilagonien an dem schwarzen Meere in Westen der Mariandyner und in Osten der He- neter einheimisch seyn, Strabo XII, S. 542. Diese kamen nach Homer d^n Trojanern zu Hülfe. Ein Theil von ihnen hatte sich nach Nieder- Elis gewandt, ein anderer aber besetzte das Gebieth der Lepreaten und Cypariasier und die Stadt Meciste in Triphillien; diese waren Unterthanen des Nestor. Strabo handelt B. VIII, S. 345 umständlich von ihnen, und sagt a. den a. Ö., dafs sie für Pelasger galten. Allein zu seiner Zeit waren sie nirgends mehr vorhanden, ungeachtet sie ehedem viele Länder bewohnten.

10) Ty r r he n er.

Larchcr zum Herodot Th. VIII, S, 592 glaubt, dafs nur diejenigen Pelasger diesen Nahmen be- kommen, welche 1209 vor Chr. von denT^Trhe- rtiern aus Italien vertrieben wurden, imd sich von hier erst nach Attika, daim nach Lemnos, und zuletzt an die Thracische Küste flüchteten, wo Herodot sie noch kannte. Allein es scheinet wohl ein allgemeiner Nähme, ^vo nicht aller, doch der meisten Pelasgischen Stämme gewesen zu seyn. Nacli dem Sophocles bey dem Dionys. B. I, c. 17 hiefsen die Pelasger schon früh Tyiihenier, und nach dem Hellanicus bey eben demselben war das ihr älteater Nähme, und sie

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wurden erst nach ihren Wanderungen nach Italien Pelasger genannt. Nach Thucyd, I, ^, IV, 109 wurden alle auf den Küsten von Klein- Asien und auf den Inseln des Aegeischen Mee- res wohnende Pelasger, welche Seeräuberey •und Sclavenhandel trieben,, Tyrrhener genannt. In diesem Verstände wird nach den Homeri- schen Hymnen der junge Bacchus von Tyn*he- nern geraubt. Zur Zeit des Herkules raubten Tyrrhener auf Anstiften der Argiver das Bild der Juno auf Samos. Athen. XV, 3. Ob die Ita- liänischen Tyrrhenc von den Pelasgischcn ab- stammen, wie die meisten alten Schriftsteller behaupten, oder ob beyde der Sprache und Herkunft nach ganz verschiedene Völker waren, wie Dionysius 1,19 aus der Veischiedenheit der Sprache schliefst, kann hier nicht untersucht Averden. Stammen sie wirklich aus Lydien her, so kann man ihnen den Pelasgischen Ursprung nicht absprechen , wenn man gleich ihren. Stammvater Tyrrhenus als ein Geschöpf der Griechischen Dichtung ansiehet.

11) Ärkadier,

In Arkadien waren nach dem einstimmicren Zeugnifs der alten Geschichte die ursprüngli- ciien Pelasgischen Einwohner geblieben, ge- schützt durch ihr gebirgiges Land vor der Revo- hition im Peloponnes, welche besonders durch die Rückkehr der Herakliden erfolgte. Pausa- nias erzählt B. VIII, c. 5, dafs die Abwendung der damahligen Gefahr besonders Folge der Heyrath gewesen, welche Cypselus, König von Arkadien, zwischen seiner Tochter und dem Cresphon, Sohn des Aristomachus veranlafst habe. Herodot, der ß, II, 171 jsie die einzigen

57 cS

im Peloponnes erhaltenen Pebsgcr nennt, ge- sellt ihnen B, VIII, 73 noch die Kyinirii als eine zweyte Völkerschaft bey, die sich bey ihrer Ur- sprüngliclikeit behauptet habe.

12) Graeci, Oeiiotrier.

Theils von Arkadien, tlieils von Thessalien gingen mehrere Haufen Pelasger nach Italien, von weichen bey der Geschichte der Bildung der Lateinischen Sprache die Rede seyn wird. Die Graeci sind unter dt* selben wegen ihres Nahmens merkwürdig, welches aus dem Nah- men eines einzelnen Haufens aus Thessalien der allgemeine Nähme nicht blofs der nächsten Stammgenossen, sondern der gesammten Be- wohner Griechenlands und aller derer, welche die Griechische Sprache redeten, zunächst in Italien , aber durch die Römer für die damahlige und jetzige Welt geworden ist.

13) Cretenser.

Nach Odyss. I, 175 ff. sollen die ältesten Bewohner von Greta die Eteocretes gewesen, dann Pelasger, dann Dorier, dann Mischungen von Barbaren gekommen seyn, welches Diodor B. V, c. 81 nachsagt. Andere setzen Cureten dahia, wahrscheinlich mit Rücksicht auf die Ähnlichkeit des Nahmens. Nach Strabo B. V, S. 221 und B. X, S. 475 waren die Cretenser Pelasger, und Dionysius läfst B. I, c. 12 einen Theil der vor Deucalicns Völkern aus Thessa- lien weichenden Pelasger nach Greta ziehen. Minos vertreibt den Sarpedon , der nach Lycien geht, Herodot B. I, 7g, und die Cretenser haben, bey ihrer damaliligen Macht zur See,

37f)

auf die Bevölkerung der benachbarten Inseln, .z. B. der Cycladen, bedeutenden Einflufs ge- habt, s. Diodor B. V, c. So.

* 14) Lemnier^ Lesbier.

Lemnos und Imbros hatten Pelasger bis zu der Zeit des Darius inne, s. Herodot B. V, 26, VI, 136 f. In der Nachbarschaft war Antandros in der Geg;end des ehemahligen Troja's eine Pe- lasgische Stadt. Solche Pelasgische Städte waren am Hellespont Piacia und Scylace, s. Herodot I, 57. Lesbos ^var nach Diodor B. V, c. 81 von aus Argolis gekommenen Pelasgern besessen, bis es von den Aeolischen Colonien in Klein- Asien aus besetzt ward.

3. Hellenisch- Griechischer Hauptstamm,

Einleitung zur Geschichte der Griechischea Sprache.

Wie auch immer das Verhältnifs der Sprache des Thracischen und des Pelasgischen Stammes zu der Griechischen gewesen seyn möge (wovon hernach gehandelt werden soll): ausgebildet hat sich diese erst in Hellenischen Staaten; dort zu der glänzenden Höhe erhoben, auf der wir sie bewundern, und von da theils durch eine Menge von Colonien der unternehmenden Na- tion, theils später durch Alexanders des Grofsen Eroberungen über den gröfsten Theil der den Alten bekannten Welt mehr oder weniger ver- breitet. Von den östlichsten Gränzen des Ma- cedoni-üch- Syrischen Reiches bis nach Spanien hin waren Griechische Pflanzstädte. Als Sprache

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der Herrscher verdrängte sie in den östlichen Ländern Klein -Asiens und zum Theil selbst in Syrien und Aeg^rpten die Landes - Sprachen. Ein Zweig dieser Sprache hatte einen Haupt- Einflufs auf das erste Entstehen der Lateinischen, welche wiederum die Mutter so vieler neueren Spraciien geworden ist, und auch seine weitere Ausbildung verdankt das Latein dem Griechi- schen, Dieses blieb, selbst als die Römer die Herren der Welt geworden waren, noch lange Zeit die Sprache der Gebildeten im grofsen Reiche. Die schönsten Blumen der Cultur des menschlichen Geistes, welche dieser jemahls getragen, sind in dieser Spraclie erwachsen. Alle Wissenschaft, aller Geschmack geht von ihrer Pflege aus; sie hat sie dem Menschenge- schlecht gegeben; und sie hat sie ihm erhalten, bis durch die Nacht der Lhiwissenheit, welche das erschlaffte oder rohe Abendland bedeckte, Funken des Lichts, durch Schriften der -Grie- chen am Euphrat angefacht, ihren Schimmer über Spanien nach dem übrigen Europa zurück- warfen 5 und bis von Constantinopel, wo sich unter allen Stürmen, bis zu seiner Eroberung durch die Türken, die Herrschaft der Griechi- schen Sprache erhalten hatte , ihre vertriebenen Kenner die Liebe zu den Griechischen Classikern r.ach Italien brachten, von w^o dann die Wieder- lierstellung der Wissenschaften beginnt, deren herrliche Früchte uns noch beglücken.

Es lohnt sich der Mühe, die Wurzeln einer Sprache zu verfolgen, von der sich ein solches Iiild ihrer Wichtigkeit entwerfen läfst, \vie von keiner andern Sprache der Welt. Ihre Wurzeln verlieren sich wie gewölmlich im Dunkel der Vorzeitj vielleicht dafs sie mit den Wurzeln der

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PersicheiT und Deutschen Sprache einst in einer- ley B(5clen verflochten waren. Hier ist nur ihr Zu- sammentreffen mit den Ursprachen der meisten Völker Klein -Asiens und der über Griechenland liegenden Lander des Thracischen und Pelasgi- schen Stammes zu betrachten, welches bey die- sen beyden Stämmen nicht erörtert werden konnte , weil ilire UrsDrachen uns nicht erhalten sind, und unsere Vorstellungen von dem Unbe- kannten nur durch Be"rühruns;en mit dem Be- kannten Boden gev/innen. Zur Erörterung der frühesten Anfänge der Griechischen Spi^ache und ihres Verhältnisses zur Peiai^ischen sind einige Blicke in die Geschichte des Griechischen Volkes- nöth irr. Aber Ja ein gewisses Detail die- ser Geschichte, ja auch die Haupt- Epochen der Cultur der Nation als allgemein bekannt voraus- gesetzt werden müssen : so reichen ein paar sol- che Blicke auf ihre Anfänge hin, und auf dieje- nigen von ihren Schicksalen , welche einen be- sondern Einflufs auf Sprach - Verhältnisse ge- habt haben.

Hellenisch also^st die Griechische Sprache, und die Gröfse der Nation. Der reae und hohe Geist, welcher sie bald zu kühnen Unternehmun- gen, bald zu den besonnensten bürgerlichen Ein- richtungen leitete, und sich auch ichon früh in dem herrlichen Baue der Griechischen Sprache ausgeprägt hat, gehört Hellenen an, d. i. geht von der Zeit und von (k^n Gegenden aus, wo Nachkommen des Deukalions und Hellens mit ihren Völkern herrschten. Die früheren Besitzer der Gegenden, deren sich jene bemächtigten, d. i. des ganzen Griechenlands, nennen die Griechischen Schriftsteller seit Herodot: Pelas- ger, und man war und ist gewohnt, im Gegen-

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fatz der Hellenischen Staaten alle früheren, und

die wenigen, noch nachhe"^ übrig gehiiefeenen Keste dieser durch jenen Nahmen von den Hel- lenen abzusondern, welcher letztere Nähme auch erst spater eine solche Allgemeinheit erhal- ten hat. Indessen es ist weit natürlicher, zu denken, dafs Deukalions und Hellens Nach- Itommen mit ihren Völkern sich zwar nach und nach fast des ganzen Griechenlands bemächtigt, aber nicht mit Vertreibung aller frühern Ein- wohner es gleichsam von neuem bevölkert ha- ben, so dafs nun diese sogenannten Hellenen mit ihrer Sprache ein neuer Stamm, gänzlich abge- sondert von jenem Pelasgischen wären. Zwar sagen unverwerfliche Nachrichten der alten Ge- schichte, dafs gerade durch die Unternehmun- cren der Familie Deukalions und Hellens eine Anzahl Völkerschaften verdrän;^t aus Thessalien auswanderten. Aber daraus folgt nicht, dafs jene Völker des Deukalions und Hellens ein an- derer Völkersta.mm , wie z. B. die Germanen im Gfccenbatz der Gelten gewesen seyen. Weit glaublicher ist, ^vas sich ol . e Widerspruch mit jenen Nachrichten annehmen läfst, dafs sich die Deukaiioniden wenigstens in vielen Gegenden Griechenlands so mischten , dafs sie zwar Herren derselben waren, aber schwerlich in der Über- zahl der Volksmenge, um einer ganz neuen Sprache das Übergewicht zu verschaffen. Die Unternehmungen der Deukaiioniden aiifser Thessalien shid nicht von der^-^rt, dafs sie die entge'^J'engesetzte Meinung unterstützen konnten.

O O O ^ ITT

Beständige Wanderungen und Züge der Heroen, so wie ihre Heyratheu , verschallen den Ab- kömmlingen des Deukahons und Hellens ail- mähli'4 jene Oberhand über fast ganz Griechen-

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land, nicht der gewaltsame Ergufs eines Völker- Stroms. Wenn Herodot zwischen Pelasgern und Hellenen eine sehr scharfe Gränze zu machen scheint: so wird sich diese in der Folse

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näher bestimmen lassen ; wenigstens dürfen wir nicht blofs jene Ansicht Herodots, sondern wir müssen weit mehr seine Facta und die der an- dern Geschichtschreiber verfolgen, und die wahre Grundlage der Mythen aus dem Zeitalter der Heroen aufbuchen. Hier sehen wir die Nah- men der Fürsten vom Stamme des Deiikalions und Hellens mit den Nahmen Pelasgischer Völ- kerschaften zusammentreffen, z. B. bey Diodor B. V, c. 81 ; dort sollen Pelasger und Aeolier vereinigt Greta besetzt haben, Diodor B. IV, 60. Eine Meng"e von Daten fuhren zu dem lle-

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sultate , dafs die Gränzlinie zwischen Pelasgern und Hellenen nicht zu scharf gezogen werden di'irje; und das stärkste Gewicht geben demselben die nach- denkendsten Geschichtforscher des Alterthums, welche ihre, jenem Resultate ganz ähnliche An- sicht vor unsere Augen niedergelegt haben; ich meine Thficydides ^ Ariscvleles und Diohysius von Halicarnafs.

Der erstere sagt in der Einleitung B. I, c. 3: ,. Als Hellen und seine Nachkommen in Phthiotis mächtig geworden, imd des Vortheils wegen in die Staaten der manclierley, bis dahin nach ihren eigenen Nahmen einzeln benannten, Völker- schaften -Griechenlands eingeführt worden, sey der Nähme Hellenen erst wegen dieser Gemein- schaft gewöhnlicher, aber auch nur nach langer Zeit allgemein geworden. Zeuge dafür sey be- sonders Homer. Lange nach dem Trojanischen Kriege nenne er noch weder Alle Hellenen, noch auch andere, als die Völker des Achilleus

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aus Phthiotis, welche nämMch die ursprüngli- chen Hellenen waren, sondern er bediene sich der Ausdrücke: Danaer, Archiver und Achaeer. Und Homer rede auch nicht von Barbaren, weil (wie es dem Thucydides vorkomme) der Nähme Helle- nen noch nicht für einen gemeinschaftlichen , jenem entgegengesetzten Nohmeii genommen worden sey." Aristoteles redet im I. B. der Meteorolog. c. 14 von der Deucalionischen Fluth, „von welcher besonders das alte Hellas um Dodona und den Achelous getroffen worden, der an vielen Orten seinen Lauf geändert habe. Dort sey der Wohn- platz der Selli gewesen, und der Graeci, welche clamahls so hiefsen, jetzt aber Hellenen heifsen.'" - Dionysius nennt die Pelasger häufig abw^ech- selnd Hellenen; so sagt er B. I, c. 12: Die Pe- lasger in Italien seyen von Hellenischer Abkunft, und aus dem Peloponnes gekommen, wo Pebs- gus geherrscht habe. Achaeus, Phthius und ein zweyter Pelasgus seyen von da mit dortigen Völ- kern in das damahhge Aemonien und nachmah- lige Thessalien gezogen, und habe die dasigen Barbaren" (er gebraucht' dasselbe Wort, wel- ches sonst oft von den Pelasgern im Gegensatz der sie verdrängenden Hellenen gebraucht wird) „vertrieben. Naclidem sie hier fünf Menschen- alter gelebt, und des Ljberfiusses der Thessali- schen Gefilde genossen hätten, seyen sie im sechsten von den Kureten und Lelegern, welche nachmahls Aetolier und Locrier genannt \vor- den, und andern um den Parnafs wohnenden Völkerschaften unter Anführung des Deukalion vertrieben -worden, und theils nach Greta ge- flohen, theils haben sie einige der Cycladen und das Land um den Olymp und Ossa, welches Hestiotis genannt wird, besetzt, theils Böotien,

Phocii

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S:

Phocis und Euboea und in Asien die Küsten des Hellesponts und die dortigen Inseln, z.B. Les- bos, wo sie sich mit den schon früher aus Grie- chenland gekommenen Einwohnern vermischt haben. Die meisten aber seyen zu ihren Stammcrenossen nach Dodona g;ezo2en, welche wegen ihres Heiligthums von Niemand beunru- higt worden."

Mag es die Meynung des Dionys und eini- g;er anderer Alten seyn, daß» der Peloponnes die älteste Besitzung der Pelasger gewesen ; für mehr als Meynung kann sie nicht gelten , die im Grunde nichts mehr sagen soll, als dals man die Herkunft dieser Urbewohner des Peloponneses nicht weiter zu erklären vermöge. Auf jeden Fall müssen sie anderswoher dahin gekommen seyn,. und auch diefs liegt in den alten Sagen, dafs sie den Peloponnes anfangs noch nicht überall bewohnbar, sondern als ein, hier und da erst dem Meere abgewonnenes Land ange- troffen haben sollen. Nun ist es aber das Schwierigere, sie aus Klein - Asien über das Meer dahin kommen zu lassen, und weit natür- licher ist es, dafs sie von oben, also aus Thra- cien zu Lande dahin zogen, worauf auch die schon bey der allgemeinen Einleitung angegebe- nen Gründe führen, und, ungeachtet des schein- baren Gegensatzes, selbst Dionysius, wenn er die Stammgenossen der Peloponnesischen Pe- lasger in Dodona nach seinem richtigen histori- schen Blicke niclit verkennt. Mag die Lage des Peloponneses selbst dazu beygetragen haben, dafs die dahin gezogenen Haufen, durch den Isthmus von beständigem Hin- und Herziehen aus allen Puncten sowohl abgelialten als ge- schützt, dort fe&tere Sitze behalten haben, und

Mithrid. II. w ß ^

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iusammengedrängter zu zahlreicheren und ver- bundenem Volkern amvnchoen, denen der Bo- den zu enge wurde, und von denen daher Hau- fen nach Thessalien und Italien ausgehen; mag diefs schon damahls der Fall der Peloponnesi- schen Pclasger gewesen seyn, während viele ihrer Slammgenossen über das eigentliche Grie- chenland mehr blofs verbreitet, sich noch lange in eben derselben unruhigen luid ungedeihlichen Laa;e befanden, wie nachmahls das den Volks- ziiaen ausgesetzte Thracien im Gegensatz der südlichen Pelasger und Hellenen. Mögen die The§sali!^chen Pelasger, welche hernach Denka- lion und Hellen mit ihren Völkern v^erdrängten, aus dem Peloponnes gekommen seyn und sich dort festn;esetzt haben: es folgt daraus nicht, dafs nicht Deukalions und Hellens Völker , jene sogenannten Pelasger, und die noch früheren Bewohner des Landes, die Aemonier, von einem und eben demselben Stammvolke ausgehen.

Oft ist es ein gewisser, wenn auch verhält- nifsmäfsig nur geringer Vorzug bürgerlicher Cul- tür, welcher einem, sich irgendwo mit oder ohne Gewalt festsetzenden Haufen das Überge- V/iclit in seinem neuen Lande, und seinem An- führer die Herrschaft über dasselbe verschafft. Diefs m.öchte bey den Aegyptischen und Phöni- cischen Ankömmlingen im* Peloponnes und in •Griechenland der Fall gewesen seyn. Auf Men- schen, die über die ersten Erfmdung^en zur Stil- lung des Hungera hinweg waren, und mit ähn- lichen Amerikanischen Völkern, nämlich sol- cheji von der sanfteren Gemüthsart, zu verglei- chen sind, konnten theils solche erfahrnere, ob- wohl schwerlich vorbereitete Fremden, theils auch schon ein, aus einem zahlreich gewordc-

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nen und durch mancherleyLocal- Umstände en- ger verbundenen Volke ausgeschiedener Haufe, der nur einige Fortschritte mehr gemacht hatte, als andere zerstreuter zum Theil in Wäldern wohnende Völkerschaften, wohlthätig \virken. Oft aber gewinnt auch ein blofs kriegerischer, in wohlangebaute Gegenden eingedrungener Haufe dort an bürgerlicher Cultur, bringt jedoch Kraft in sie; und -wönn seine Anführer kluo- CTenug sind, um die aus dieser Verbindung entstehenden Vortheile zu nutzen: so macht doch dann selbst eine solche Übergewait der ro- heren Ankömmlinge eine neue Epoche des Fort- schritts der Civilisation und vielleicht selbst der Künste'. Diefs läfst sich in einiger Hinsicht auf die Züge der Aeolier, lonier und Dorier an die beglücktere Klein -Asiatische Küste anwenden.

Welcher von beyden Fällen bey dem Ein- dringen der Völker Deukalions und Hellens (die man nur uneigentlich schon Hellenen nennen kann) statt gefunden habe, als sie, von den na- hen Gebirgen herab, sich der wohlangebauten Gefilde Thessaliens bemächtigten, ist nicht zu entscheiden. Aber nach allen Spuren der Ge- schichte einer so entfernten Vorzeit fängt mit der Herrschaft des Deukalions und Hellens in den eben genannten Gegenden eine neue Epoche für Griechenland an, welche auf die Lage und Verbindungen der einzelnen Länder, und auf die Vereinigung der ganzen von der Natur durch aufserordentliehe Talente aller Art ausgezeichneten Nation Einfiufs hatte, und wel- che nicht blofs in der Revolution sichtbar ist, die «in halb - mechanisches Fortstofsen der Einwoh- ner von Pelaä!<iotis aus Thessalien in andere Ge^ jjenden erzeugte,

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Allein Deukallons und Hellens Stamm er- langte eben so wenig sogleich und plötzlich seine nachmahlige Verbreitung und Herrschaft üher panr. Griechenland, als nachmahls der des Her- kules im Peloponnese. Deukalion« und Hellens Stamm erscheint bey der ersten grofsen Natio- nal-Unternehmung gegen Troja noch nicht in diesem vollen Einfiuise und dieser Verbindung. Vielmehr hatte jene Unternehmung selbst erst eine Mcnae von Streiiiokeiten in den Henscher- Familien u'nd mancherley Umformungen der Staaten zur Folge, die Hin- und Herziige dauer- ten fort, und es Avähite noch lange, bis die Ruhe kam, durch welche das Ganze der Grie- chischen und Hellenischen Völkerschaften gedei- hen koinite.

Thucydides, der a. a. O. auch dieses sagt^ beschreibt den früheren Zustand Griechenlands ungefähr so, wie Caesar und Tacitus den Zu- stand Germaniens. „Leicht verliefs eine VöU Icerschaft ihre Wohnsitze von einer zahlreiche- ren verdrängt, und bey dieser Unsicherheit des Genusses baute niemand mehr Lebensmittel, als er bedurfte, und war desto mehr bereit fortzu- ziehen. Bedeutende Städte oder andere Anstal- ten zum Schutze gab es noch nicht. Und je besser ein Land war, desto mehr wslv es theils dem Andränge Fremder, theils einheimischen, durch Wohlstand beförderten Spaltungen aus- gesetzt: so Thessalien, Eöotien und der Felo- ponneB, mit Ausnahme Arkadiens, in ^velchem eben so wie in dem ärmeren Attica immer die- selben PLinwolmer blieben, sich fester anbauten, durch andere von dieser Sicherheit Eingeladene verstärkt und mächtig wurdeji." Ein solches ar- mes, kleineb Land, von ßcrgc-n eingeschlossen,

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war auch das eigentliche Doris. Strabo (B. Vii;, S. 333) vergleicht es mit den, eben angegebe- nen Bemerkungen des Tlmcvdides über Attica, luid wendet die Folgen dieser Verhältnisse auf" Absonderung der Sitten und der Sprache auf dieses Doris an, von wo aus, air der Spitze der raulien Bergbewohner, mit denen sich eini'^e andere Haufen vereinigten und amalgamirten, Nachkömmlinge des Herkules in den Pelopon- ncs drangen, sich der meisten Staaten dieser Halb -Insel zu einem dauernden Besitze bemäcli- tigten, und dort die Herrschaft ihrer Mundart gründeten. Über diesen Zug haben wir Nach- richten, und die ganze Begebenheit fallt in eine etwas hellere Zeit. Aber v^ir sehen nicht, dafs die Einwohner der bey der Rückkehr der Hera- kliden besiegten Reiche alle umgekommen oder vertrieben \vorden Wciren. Sie werden gröfsten Theils Unterthanen Heraklidischer Fürsten, ver- schmelzen mit den Doriern, und nehmen so auch ihren Dialect an, statt dafs ihnen vorher der Aeolische Dialect zugeschrieben wird. Nur von denAchaiern lesen wir, dafs sie, von den Herakliden verdrängt, sich damalils anderswo- hin gezogen, und von der Küste dei^ nachmahli- gen Achaia die, dort angesiedelren und aus Attica gekommenen Ionischen Haufen vertrie- ben haben, so dafs gerade beyde vertriebene Völkerschaften nicht Pelasgische sind, sondern solche, die von Nachkommen Hellen's ihren Nahmen führen. Noch offenbai'er ist eine Ver- schmelzung der ursprünglicheren (oder Pelasgi- schen) Einwohner von Attica mit den Deukalio- nidischen loniern. Herodot weifs sich dabey (B. I, c. ^-j) nicht anders zu helfen, als dafs er meint, jene müfsten die Sprache dieser erlernt

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haben. Die Mundarten beyder'mögen dam^hls einander und der Aeolischen sehr ähnlich gewe- sen seyn. Wenigstens trifft selbst manche Eigen- thümlichkeit des späteren Attischen Dialccts mit Eigenthümlichkeiten des Aeolischen zusam- men *). Für Aeolisch, der Mundart und Ab- kunft nach, gelten alle die sogenannten Helle- nen, aufser den genannten ionierr^ in Attica, von denen ein Theil nachmahls nach der Fvüste von Klein -Asien ging, den erwähnten Achaiern und den, erst in ihr kleines Ländchen einge- schlossenen, dann über den gröfsern Theil des Peloponnes verbreiteten Doriern. Als eine Ver- breitung besonders der Völker des Aeolus also erscheint die erste und hauptsächlichste Ver- breitung^ des Deukalions und Hellens mit ihren sogenannten Hellenen, und ihr Einflufs auf die Lage Griechenlands. Aus Mangel an Naclirich- ten ist dieser Einflufs nicht so genau bestimmbar, wie der der Herakliden auf den Peloponnes: aber nichts ht natürlicher, als von diesem auf jenen wenigstens in so weit zu schliefsen, dafs da die Völker des Deukalions und des Hellens nur eines Thciis von Thessalien sich zunächst ge- waltsam bemächtigten, ihr Einflufs auf das übrige Grieclienland weit allmähliger war, als der der Elerakliden auf den Peloponnes, diefs eine Verschmelzung der neuen ^ mit den ur- sprünglicheren Bewohnern Grieclienlands noch weit melir mit sich bringe, als dort, wo sie dem- un geachtet unzweifelhaft ist.

Durch die Unternelimungen cmer, der

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Pvitterzeit des Mittelalters ähnlichen Periode hatten sich die Griechvichen Staaten ausgebildet,

*) Z. B. der Optativ des ersten Aorista auf «<«<.

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und eben durch diese vielfachen Berührungen wurden und blieben diese Völkerschaften und Staaten, so abgesondert sie übrigens waren, docli Eine, durch mancherley Bande vereinigte Nation, wie es die Völkerschaften in der vor- Deukalionisclien oder (wie man sie zu nennen gewohnt ist) Pelasgischen Periode nicht waren. Als jene Staaten ihre festeren Einrichtungen be- kommen hatten, und die dazu nöthige Ruhe in ihnen wohnte; als die Nation sich selbst als ein Ganzes zu übersehen anfing: fielen drey Haupt- abtheilungeu derselben in die Augen, nach drey Hauptmundarten, der Aeolischen, Dorischen und Ionischen. Die Griechen waren demnacli entweder Aeolier oder Dorier oder lonier, Nah- men, welche sich von zwey Söhnen und einen; Enkel des Hellens ableiteten; und so betrachte- ten sich alle als Abkömmlinge oder Stammge- nossen dieses Hellens, so gewifs auch viele Staa- ten und Städte dieses Hellenischen Landes zu ihren Gründern und Herrschern zum Theil Pe^ lasgische, Phönicische, Aegyptische oder Klein* Asiatische Prinzen gehabt hatten. Vohi Helle- nischen Stamme waren doch die meisten, schon früher im obern Griechenland, und später, be- sonders die Dorisch - Heraklidischen im Pelo- ponnes. Die vereinte Nation hiefs Hellenen; von hohem National- Geiste wurden diese Helle- nen beseelt, und wer nicht Sinn dafür hatte, und sich nicht atischlofs an dieses Ganze der civilisirten und emporstrebenden Nation, son- dern durch hartnäckige Anhänglichkeit an der sonstigen Uncultur und Rohheit und an der al- ten Sprache, wie diese schon in der vor-Deu- halionischen Periode geherrsciit hatte: der galt nicht fiir einen Jielienen, sondern als Überrest

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jener Pelasgischen Zelt, für einen Barbaren, (dergleichen damahls nach den ausdrücklichen Worten der Alten alle Bewohner Griechenlands gewesen waren) und ward den Hellenen fremd.

Zu den Vereinigungs-Puncten der Helleni- schen Nation gehörten vorzüglich die Versamm- lungen zu den Olympischen Spielen, das Am- phiktyonen- Gericht Einrichtungen, deren Ursprung sich in der Vorzeit verliert, die aber mit weiser Vorsicht und achtem National- Sinn gemacht, recht eigentlich auf die Erhaltung der Einheit der Nation abzweckten ferner der Princlpatus Graeciae, d. i. das Vorrecht der Lei- tunfT öffentlicher Unternehmuncren, die Verbin- düngen zwischen einzelnen Staaten, ihr ausge- dehnter Handel unter sich und mit den verbrei- teten Colonien des einen oder des andern Staats, und der Wetteifer zwischen diesen Staaten so- wohl als ihren Sängern und Schriftstellern , wel- cher ohne eine gemeinsame Sprache nicht mög- lich gewesen wäre. Die Folgen dieser Vereini- gung waren grofs; sie erhob eine ron der Natur überwiegend begünstigte Nation zu der Höhe, auf welcher wir sie erblicken. Ihre Talente hat- ten gar zeitig' auf den herrlichen Bau hin ge- wirkt, welcher die Griechische Sprache fast vor allen andern auszeichnet, und diese Sprache selbst weckte die mannigfaltigen Talente der Nation wiederum eben so sehr, als. auch sie eine Frucht derselben war.

Durch die unaufhörlichen Mischungen der Völkerschaften und Familien seit den Unterneh- mungen der Abkömmlinge des Deukalions Tuid Hellens hatte sich die Sprache Aller zu einer bleibenden Einheit verflochten. Die verschie- denen Mundarten konnten sich nicht zu beson-

7,

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deren Sprachen von einander entfernen, son- dfern vielmehr die eine Mundart nahm manches aus der andern in sich auf, und die Gesammt- Sprache wurde so durch Mannigfaltigkeit der Biegungen und Ableitungen bereichert. So war auch diefs schon früh Folge der neuen Epoche, «tatt dafs die einzelnen Völkerschaften in dem. vor - Deukalionischen Zustande, von einander getrennter, schärfere Unterschiede der Mund- art haben mochten, und wenn sie hernach nicht,' vereinigt mit den übrigen, gleichen Schritt der Ausbildung der Sprache hielten, zurückbleiben, und sich von den andern Griechen wenigstens eben so sehr durch ihre Sprache unterscheiden mufsten, als der Steyerische Bauer in seinen Alpenthälern von dem Obersächsischen Hoch- deutsch, und wie die Sprache der Pelasgischen Lemnier von der der Athenienser, die doch auch Pelasgischen Ursprungs waren, Herodot B. VI, 137. Diese Ausbildung der Sprache stand in nahem Zusammenhan2;e mit den herr- liehen Sängern der Nation, ohne welche die Sprache schwerlich das geworden wäre, was sie geworden ist, so wie eine Sprache ohne so herr- liche Anlagen schwerlich so früh solche Sänger erzeugt hätte,- wie Homer, dessen Einflufs auf die ganze Nation und ihre steigenden Fort- schritte anerkannt ist. Die vor dem Trojani- schen Kriege angesiedelten Aegypti&chen und Phönicischen Ankömmlinge haben auch Einflufs auf die Sprache ihres neuen Vaterlandes haben, können. Wie weit sich aber derselbe erstreckt haben möge, und in wie fern das Zusammen- treffen Griechischer Wörter mit manchen He- bräischen, Folge dieser frühen Einmischungen, «der der späterhin fortdauernden Handelsver-

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bindungen mit Phönicien gewesen sey, läftt sich nicht genau bestimmen. Im ersteren Falle \vürde ein solcher Einflufs zunächst auf die Pe- iasgische Sprache gewirkt haben, d.i. auf die Sprache, \vie sie schon vor den ^''eT;änderungen des Deukalionisch - Hellenischen Zeitalters in Griechenland heiTschte.

Aber diese Pelasgische Sprache \nid wohl auch die der Alt - T/iracischen Völkerschaften, mufs mit der nachmahligen Hellenisch - Griechi- sche?! in einem nahen Verhältnisse gestanden ha- ben, welches, wenn es auch nicht mehr ganz genau entwickelt werden kann, doch vollkom- men berechtigt, diese und jene von Einem und eben demselben Urstamme abzuleiten.

Dafür sprechen folgende Gründe: i ) Es ist unstreitig, dafs die Sprache Pelasgischcr Co- ionien, der Graeci u.a. eine Haupt -Grundlage^ der Lateinischen geworden ist, und dafs diese Pelasgische Grundlage acht Griechisch war, und zwar dem Aeolisch - Dorischen Dia- lecte am meisten entsprach. Dieser Einflufs ist schon vor -Trojanisch,

2) Wenn der besonnene Historiker. Diony- sius in der angeführten Stelle sagt, dafs „die Pelasger Hellenen seyen" ''): so will er ohne Zweifel beyde als Äste Eines Hauptstammes be- trachtet wissen , und bey diesem Verein kann auf keinen Fall die Sprache ausgeschlossen seyn sollen , vielmelir kann er bey dem späteren For- geher kaum auf etwas anderes mehr als auf die Sprache gegründet gewesen seyn.

3) Es giebt wenigstens keinen Beweis da- für, dafs die Leleger und die Kureten und die

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»nderen Völkerschaften, welche mit dem Deü- kalion und Hellen, von den Thessalischen Ge- birgen herab, die dortigen Pelasger verdräng- ten, einem ganz anderen Stamme angehört, imd eine ganz andere Sprache gehabt hatten, als diese. Vielmehr finden wir die Leleger, z. B. in Klein -Asien bey Homer II. V, 42g, mit an- dern früh dort wohnenden Völkern, die aus- drücklich Pelasgisch genannt werden, so ge- mischt, wie es von Abkömmlingen ganz ver- schiedener Sprachstämme nicht wahrscheinlich ist. Nach Strabo B. XIV, S. 661 „war die Vor- stellung der meisten, dafs die Karier ehemahls dem Minos unterworfen waren, damahls Lele- ges hiefsen , auf den Inseln wohnten , von da- aus nach dem festen Lande gingen, sich vieler Gegenden an der Küste und im Innern bemäch- tigten, und von da die vorherigen Einwohner vertrieben, die auch selbst meisten Theils Lele- ger und pelasger waren." Überall, wie oben gezeigt worden ist, sind Leleger, und wenn dieser Nähme etwas unbestimmt ist: so mufs doch seine Verbreitung in etwas ihren Grund haben, und worin kann sie ihn mehr haben, als in Identität der Sprache? Noch augenschein- licher ist die Mischung vieler, und nahmentlich auch Pelasgischer Völkerschaften in der offenbar für Hellenisch geltenden Colonie, woraus die berühmten lonier auf der Klein - Asiatischen Küste erwuchsen bey Herodot B. I, 146, der doch dieser Begebenheit nahe genug war, um von ihr als Zeuge gelten zu können. Aufser

OD

den eigentlichen loniern bildeten die Colonie Abanten aus Euböa, Minyae aus Orchomenos, Kadmeer, Drvoper, Phoceer, Molosser, Arka- dische Pelasger, Epidauiischc Dorier und noch

viele andere. Zu Zagen, vAe dem der Cim- bern und Teutonen, mögen sich Germanische und Celtische Völkerschaften an einander ange- «chlossen, oder vielmehr einander fortgerissen haben: aber zu ruhiger gebildeten Colonien treten wohl nicht Menschen yon so verschiede- ner Art zusammen, wenn sich dicbe Verbin- dung nicht auf Enierleyheit oder Ähnlichkeit der Sprache stützt, Demungeachtet aber mufs- ten sich diese lonier von den älteren Bewohnern ihres Küsten- Landes, die nacli der Sage aus den Inseln gekommen waren, auch wenn beyde ursprünglich von einem Stamme und einerley Sprache ausgingen, nach einer Trennung von Jahrhunderten so unterscheiden, dafs ihre Spra- chen eben so gut für verschiedene Sprachen gal- ten, als Nieder-Deutsch und Dänisch schon im l2ten Jahrhundert.

4) Früher war jener Unterschied zwischen der Sprache des westlichen Klein -Asiens und Griechenlands vielleicht noch nicht so grofs. Homer läfst die verschiedenen Völker aus Grie- chenland, Klein -Asien und Thracieii nirgends sich eines Dollmetschers bedienen. Man whd Tiicht läugnen können, dafs bey dem Detail aller Schilderungen docli wahrscheinlich ein bevläu- üger W^ink über dieses Verhältnifs der Unterhal- tung bey einem Sänger zu erwarten wäre, wel- cher den Begebenheiten nahe genug lebte, um da\'on eine bestimmte Vorstellung zu haben, und der, selbst wenn er, der Dichtung wegen, sich der Fesseln einer Zwischensprache entschla- gen wollte, doch zu natürlich erscheint, um nicht seine Verschleierung dieses Umstandcs irgendwo zu veiTathen. Auch bey der Dich- tung bat die Natürlichkeit ihre Rechte, und als

397.

Odysseus an die Afrikanische Küste zu den Lo* topiiageii kommt, lesen wir (Odyss. IX, 84 ff.) Nichts von Gesprächen mit ihnen. Auch Aeschy- lus imd Euripides haben keinen Anstand genom- men, ihre Trojanerinnen Griechiscl^ reden zu lassen, und wenn ersterer (Agamemn. v. 1220 ed. Schiitzii 1800) den Zerstöhrer Troja's nicht wissen läfst, \vas Kassandra mit scheinbarer Hei- terkeit spricht; so ist diefa weder bestimmter Ge2;ensatz der obigen Behauptung, noch liegt darin, selbst wenn es Gegensatz seyn soll, ir- gend ein Grund einer solchen Verschiedenheit, \velche Identität der Abstammung und Nähe der Sprachen auch nur unwahrscheinlich machte. Wenn Pelops, ein Phrygier oder Lydier, in den Peloponnes, Bellerophon von Corinth nach Ly- cien kommt, und sie dort aufgenommen , ohne Gewalt der Waffen dort Reiche stiften; wenn Paris zu Lacedämon sich aufhält: so ist diefs Alles, wenn auch nicht einzeln, doch zusam- mengenommen ein Moment, wenigstens für Sprach - Ähnlichkeit. Und dieses Moment wächst, wenn man überhaupt das Hin- und Hertreiben der Griechischen Heroen und einzel- ner Haufen zerstreuter Völker in der mythischen. Vorzeit betrachtet. Zwar die Umstände solcher Sagen verschwinden als Ausschmückung, aber jene Facta eben lassen einen Blick in diese Vor- zeit thun, und gerade in ihr ist das Sprach ver- hältnifs der Völker gegründet.

5) Dieses nähere Verhältnifs der Sprache der Griechen, Thracier und der alten Völker im westlichen Klein -Asien erhält ein starkes Ge- wicht durch die einstimmigen Nachrichten der Alten, dafs die Anfänge der Griechischen Poesie vor Homer von Männe;.n aus letzteren bevden

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benachbarten Ländern herrühren. Homer (II. IT, ^g6) läfst den T/iracier Th3.myvis , der öfters be- stimmt unter die oben erwähnten Edonier ge- setzt wird, mit den Peloponnesischen Musen einen "VVettstreit halten. Nicht blofs nach He- siod (Op. et D. v. i) „sondern nach einer oleichbleibenden Tradition waren die Musen selbst aus Pieria. Unter ein Macedonisches Volk also, das zu Thracien gerechnet Avird, setzt die allo;emeine Volksvorstellung die erste pflege des Gesanges. Orpheus war nach der allsemeinen Vorstellünö- einThracier; den Pam- pus, den Athenienser, stellt Pausanias mit dem Orpheus zusammen, und Musaeus, der auch nach Athen gehören soll, nennt Pausanias einen Nachahmer des Orpheus (B. X, 7). Olympus, der Vater der Griechischen Musik, der als sol- cher bey Plato imd selbst noch zu Pliitarchs Zeit im gröfsten Ansehen stand, war ein Phry- gier. Strabo lehrt B. X, S. 471, wo er von dem hier behandelten Gegenstande spricht, dafs die Musik der Griechen überhaupt Thracisch oder Phrygisch sey: und wie enge Musik und« Gesang im x^lterthum verbunden gewesen, ist bekannt. Herodot erzählt (B. IV, 35), dafs bey der Einführung des Gottesdienstes des Apollo zu Delos Ge;-;änge für ihn von dem Lycier Ölen gesungen worden. Pausanias versichert (B. I, c. 18)5 dafs die Delier die Hymnen des Ölen sangen, und scheint dieselben nach B. V^, c. 7 noch zu kennen. B. IX, 27 nennt er diesen Lycier den ältesten Griechischen Hymnen -Dicli- ter, und es wird bey der Vergleichung jener Stelle des Herodots oflenbar, dafs auch B. X, 5 derselbe Ölen gemeint ist, welcher dort der Erfinder des Hexameter« genannt wird. Zwar

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Icommen diese Nachrichten zum Theil von spä- teren Schriftstellern, aber von denkenden Män- nern; und alle müssen der V^orstellung gewesen seyn, dafs die genannten Sänger Einflufs auf einander hatten; denn sonst könnten sie nicht so sprechen. Mag sich manche Nachricht von jenen Sängern in Mythen verlieren: Plato und Aristoteles hatten wenigstens schon einige von den dem Orpheus und jenen andern Sängern zugeschriebenen Gesängen, Pausanias redet auch von Hymnen des Pampus und Musaeus als vorhanden: ihre Existenz kann nicht zweifelhaft seyn, und eben so wenig jenes Verhältnifs zu einnnder, wie es ohne das Band einer gemein- schaftlichen oder wenigstens ähnlichen Sprache nicht denkbar ist.

6) Die Nachrichten eines Herodots, Strabö U.S.W, über Sprach -Verhältnisse der einzelnen Völkerschaften, welche zum Theil vorher ang;e- führt worden sind , könnten verdächtig gemacht werden, wenn man ein Gewicht auf die Schwie- rigkeiten legt, welche eine solche Vergleichung der Sprachen inid Dialecte hat. Aber da wir die in unsern Tacken mit ciutem Willen und Nach-

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denken in fremden Ländern g-esammelten Be-

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merkungen der Art sorgfältig benutzen: so dür- fen eben so wenig die Urtheile jener alten For- scher vervvorfen \verden. Man könnte sa2;en, dafs ihre Urtheile über Verschiedenheit der Sprachen \md Dialecte wichtiger seyen, als die Behauptungen von ihrer Identität, Allein wenn zuweilen neuere Beobachter von, durch zufäl- lige Umstände erzeugten Ähnlichkeiten ge- täuscht und bewogen worden sind, sie für Be- weise ursprünglicher Verwandtschaft zu halten: iio finden sich dagegen auch unstreitige Bey-

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$piele von Sprachen, die sich, unerachtet ihrer späteren weiten Entfernung und grofsen Ver- schiedenheit, friiherhin recht nahe, als Äste eines Stammes, waren. Nun wächst aber die Autorität des Zeugnisses jener alten Historiker über Ähnlichkeit der Sprachen gerade dadurch, dafs sie es mit den Verschiedenheiten derselben weit genauer zu nehmen scheinen als mit der Ähnlichkeit. Recht deutlich erhellet diefs aus Herodot B. I, 142, wo er den Dialect von Pvlilet mit dem von Ephesus und Lydien vergleicht, dabey von ihnen sagt, dafs beyde letztere mit einander übereinstimmen, mit der Sprache von Milet aber nichts gemein hätten-*), und dioch alle drey, den einen so gut wie den andern, als eine Unterart des Ionischen Dialects aufzählt. Strabo sagt (B. XIII, S. 631) von den Cibyraten, welche für Abkömmlinge der Lydier gehalten wurden, dafs bey ihnen viererley Sprachen im Gebrauche gewesen: die Pisidische, die der Solymer, die Griechische und die Lydische, von welcher letzteren in Lydien selbst auch nicht einmahl mehr eine Spur vorhanden gewe- sen sey. Auch Pausanias unterscheidet bev der Beschreibimg des lieiligtliums der Ceres (B. II, c. 37)» dafs die Inschriften Dorisch, und also nicht vom Argiver philammon und nicht so alt seyen, als man vorgegeben, weil vor der Rück- kehr der Herakliden Argiver und Aihenienser ^Inerley Sprache gehabt, und der Nähme Da- rier nicht einmahl überall in Griechenland be- kannt gewesen sey. So sorgfaltig also unter- schieden diese alten Beobachter die Verschieden- heiten

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heiten der Sprachen und Mundarten; und wenn nun Herodot in der bekannten Stelle B. I, c. 57 von der Pelasgischen Sprache sq redet, dafs man daraus ihre gänzliche Verschiedenheit von der Griechischen so oft gefolgert hat: so läfst man ihn ofienbar mehr sagen, als er sagen will. Er gesteht aufrichtig, dafs er über die Sprache der alten Pelasger nicht bestimmt sprechen könne, dafs sie aber, nach der Sprache der Pe- lasgischen Städte Creston, Piacia und Scylace beurtheilt, ßxpßa^ov yKcüo-crcv gehabt haben müf'sten; denn jene Städte haben einerley Spra- che, zum Beweise, dafs sie die alte Sprache er- halten haben, aber mit der Sprache ihrer Nach- barn haben sie nichts gemein *). Diese Worte, die mit der vorher angeführten Stelle so augen- scheinlich zusammentreffen, lassen beyden Spra- chen eine Menge von Berührungen offen, und der Unter>chied, welchen Herodot gemacht wissen will, darf demnach olfenbar nicht so hoch angeschlagen werden, dafs nicht beyde Sprachen Sprachen eines Stammes seyn können, inid dafs dadurch alle übrige, für ihre Ähnlich- keit schon angeführte Gründe hinweggenom- men würden. Wird denn nicht von Mundarten, wie der der Steyerischen Alpenbewohner im Gegensatz des Hochdeutsch eben so gesprochen ^verden- dürfen, ja würde es nicht verzeihlich seyn, sie für zweierley Sprachen zu halten?

7) Auch kann schon nach dem Obigen die Ähnlichkeit der Alt - Pelasgischen und Helle- nisch-Griechischen Sprache nicht blofi als Folge der Aneignung durch Nachbarschaft und Ver-

*) Ovdctf-ioTri Tut *Uf r^i*f Tri^ibiKtotTeny i'n-i» 6fce'/?iaf «■»(■, Mithrid. II. Cc

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misdiung angesehen werden. Denn auch die- sen Fall unterscheiden unsere alten Historiker ausdiüc'klich. Herodots Stelle von den Athe- niensern ist schon angeführt, dafs diese Pelas- ger zugleich mit der Umv/andelung in Hellenen aucli die Sprache dieäer gelernt haben möchten. Gerade eine solche Uuiwandelung ist nur dann leicht, wenn die Sprachen von eineriey Stamme und einander noch so ähnlich sind, als z. B. das Hebräische der Juden dem Ost - Aramäischen oder Chaldäischen zu Babylon, als jene dahin geführt worden. Eben so mag es bey den Cau- iiiern und Cariein der Fall gewesen seyn, bey welchen Herodot (B. I, c. 172) unentschieden läHst, ob jene von diesen oder diese von jenen iiire Sprache angenommen hätten. Und so war es zu Colonides, dessen Einwolmer nach Pausa- nias (B. IV, c. 34) nicht für Messenier gelten wollten , sondern für eine aus Attica dahin ge- führte Colonie, die dort nach und nach Sitten und Sprache der Dorier, nämlich der Dorisch redenden Mcosenier angenommen hätten. Auch durch diese Unterscheidung steigt das Zutrauen zu den übrigen Nachrichten unorer alten Beob- achter, wenn sie uns nicht i^olche Übergänge, sondern Sprach -Ähnlichkeiten bezeugen.

8) Die Spraclie der ArLadier mufs beson- ders ins Auge gefaf^t werden, da diese, unbe- zwungen von den Heraldiden, nach den Nach- richten Aller von den allen Pelasgern unmittel- bar au5^':Tii-;vgn^ Auch Kerodot sagt diefs an den oben an''feiührten Orten ausdrücklich und wie- derhohlt, ob er wohl nicht ihre Sprache aU Levspiel der Alt-Pcla.sgischen Spraclie anfühlt, sondern die einiger St^idte am Heliespont, ent- weder weil er diese genauer kannte, oder weil

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9ve dorr reiner geblieben war. Strabo B. VIII, S. 333 berichtet uns über die Sprache die: er Arkadier und über die Eher, als er bey seinen Bemerkungen über die Verhältnisse des Aeoli- schen und Dorischen Dialects, die Völksr-cliaf- ten des Peloponnes in zwev Cla.ssen theilt, in die Aeolischen und Dorischen, dafs „Arkadier und Elier, jene als Bewohner einer ganz gebir- gigen Gegend, diese als dem Olympi.clien Zeus geheiligt, in das VVeien der Dorier nicht ver- flochten worden, -bondern lange Zeit abgeson- dert und in Frieden geblieben; da sie nun ja aber von AeoUscIier Abkunft seyen, indessen bey der Rückkehr der Herakliden der Kriegshaufen desOxykis von ihnen sey aufgenommen ^vo^den: so haben bie A^eollsch gcsproditn ^ zum Theii ai:;er auch eine gemischte Mundart, welche dem Aeolischen mehr oder weniger nahe geblie- ben sey."

Und so stehen wir auf eben, demselben Puncte, von welchem wir bey dem ersten der angeführten Gründe ausgingen. Aeolisdi haben nach unverwerflichen ZeufTuissen die Pelasger geredet. Wenn sich auch diesem Aeoiisch von dem Aeolischen, wie es nachmahls die Lesbi- schen Dichter ausgebildet haben, in gar vieler Hinsicht unterschieden haben mag: die Alten könnten nicht das vor den Augen Griechenlands sagen, was sie sagen, und die Lateinicche Spra- che, ein wichtiges Denkmahl zur Entscheidun«^ dieser Frage, könnte nicht die BeschafTenheit haben, die sie allen ihren Römischen Forschern zeigte, und auch uns noch zeigt, wenn nicht die sogenannte Pelasgische Sprache wahres Aeoiisch, wir wollen lieber iagen, wahres z'/,- Aeoiisch gewesen wäre.

Cc 2

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Aeolier heifsen nach den obigen Erörterun- gen alle Völker, die sich mit und nach Deuka- lion und Hellen allmählig fast des ganzen Grie- chenlands bemächtigten, wenn man blof« ein paar anfangs unbedeutende Haufen, die erst weh später verbreiteten Dorier und lonier, und die Achäer ausnimmt. Aeolisch haben dem- nach sowohl die sogenannten Pelasger, als die, sie zum Theil verdrängenden sogenannten Hel- lenen geredet.

Mag diese gemeinschaftliche Alt-Aeolische Sprache bev den mancherley Völkerschaften, die sie sprachen, mancherley Nuancen gehabt haben : Merkmahle davon sind zum Theil selbst noch in Volks -Mundarten des, anerkannt mit dem Aeolibchen ursprünglich fast ganz zusam- mentrelfenden Dorischen erhalten, z, B. wenn in Lakonieji statt Ttciig: lioi^ gesprochen v/urde, woran sich puer leicht anschliefst; aber alle diese verschiedenen Mundarten waren nahe Zweige einer Sprache. Solche Verschiedenhei- ten der Mundarten sind natürlich, so lange die Völkerschaften Griechenlands getrennt, und noch nicht durch National- Interesse zu Einer Nation verbunden waren. Diefs waren sie nicht vor Deukälion und Hellen. Diefs wurden sie eben durch Hellens Nachkommen und durch die Verbindungen der HeiTscher ihrer über ganz Griechenland sich verbreitenden Völker. Und so ward dieser Stamm, und %va]irscheinlich auch seine Mundart die Grundlage der eigentlichen Hellenisch- Griecliisdien S}>rache , welche sich zu der herrlichen Schriftaprache ausgebildet hat, und durch den Verein der ausgezeichneten Na- tion Eine Sprache geblieben ist bey aller Ver- ichiedcnheit der Mundarten (von denen die

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hauptsächlichsten in verschiedenen Gattungen ihre Schriftsteller hatten), nämlich; der Dori- schen^ des Dialects eines erst in das gebirgiae Doris eingeengten Haufens, welcher durch den Zug der Heraltliden der herrschende im Pelo- ponnes und von da in seinen vielen Colonien wurde; der Ionischen^ des Dialects des mit den älteren Einwohnern von Attica sich mischenden Haufens, der, wahrscheinlichst mit der dorti- gen Mundart verschmelzend, das Alt -Attische oder Alt -Ionische war, welches sich durch die Dichter der lonier in Klein -Asien, wo auch das nach diesen Absonderungen unterschiedene AeoUsche auf Lesbos etwas später seine Dichter fand, zu seinem eigenthümlichen Character aus- bildete, so wie nachmahh, von eben jener ge- meinschaftlichen Grundlage aus, unter den Lo- cal- Verhältnissen Attica's dev Attische Dialect. Diefs also ist das Hellenisch -Griecliische. Von diesem, mit dem sogenannten Pelasgischen enge zusammenhängenden Stamme geht es aus *).

ts ist natiirlich, daft dieses, mit dem^Alt- Aeolischen zusammentreffende. Europäische Pe- lasgische, eine und eben dieselbe Grundlage ge- habt habe mit der Sprache der Asiatisclien Pe- lasger, d. i. der vielen Völkerschaften Klein- Asiens, die Pelasger genannt v/ erden. Mag übrigens auch jede von diesen ihren eigenen

*) Die Data ?nr Geschiclite der Griechiäclien Spra- che sind bis jefzt ruir noch zer.streut. Am wenissten suche man sie in W. l^. Ihzet iiber Griechenländ's älteste Geschichte und Sprache, Weifeeiif. 1795? v;o man nur erneuerte Versuche findet, <he iSahnien de» jijythisclien Zeitalters der Griechen mit Mosarsclien Nahmen nnd Wörtern des Hebräischen Spraclwtainme* zusäruwienzufuhren. - . . : . ..,; . . .

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Dialect gehabt Iiabcn, aus welchen nach det Absonderung eben so gut so viele verschiedene Sprachen hervorgehen konnten, als aus der Germanischen Stainaisprache, neben dem Deut- feclien Hauptstamme, in Nebenländern das Dä^ nische. Schwedische imd Hoiiändibche, und, unter Mischung mit fremdartigen Sprachen, das Englische hervorgegangen ist, bey welchen Sprachen man eben so wenig das Pteclit, den Nahmen besonderer Sprachen zu führen, als die Herkunft von der Einen Germanischen. Stammspraclie bezweifeln darf. Sobald man solche Beyspiele^in's Auge fafst: so kann man es gar nicht für etwas Besonderes halten, dafs das Phrygische, Lydische, Eaiische, eben so gut, wie jene Germanischen Töchter, beson- dere Sprachen sind und genannt werden, und doch Töchter der mit dem ältesten Griechischen' '/usammentieuenden Stammsprache seyii kön- nen. Die Gestalt, unter welcher sie als beson- dere Sprachen auftreten, war wahrscheinlich. Folge der Absonderung und Wiederanschlie- fsung der Völker^^chaften' von einerley Abstani- Hiung, bey ihren successiven Niederlassungen in Klein -Asien, die grofsen Theils über den Heilespont, zum Th eil rauch, wie wir von den Kariern bemerkt fanden, von den Inseln aus er- tolfiten.' Die rrenannten Germanischen Töcliter- Sprachen sind durch Schrift. fixirt: jene Ivlein-: Aaiatiäch.en Sprachen waren, es entweder gar nicht, oder so wenig, dafs der-Einflufs eines einzelnen vSehi^iftlichen .Gebrauchs auf.gemein- inme Sprachöildung kaum bemerklicli seyn Jlonnfe. Um desto 'stärker möcliten bey diesem ^eyeren Gange. 3-UQb. die Ainveichungen dieser Spiccheu von einuadc-r werden. . Und wie nun.

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wenn bey dem Zusammentrc:Te!i diese ; Pelai- giscii- Griechischen Sprachstammes mit dem Se- mitischen und vielleicht mit noch anderen nord- östlichen in den östiich'iten Gegenden des Pelas- gischen Sprachgebietes Vermischungen vorgin- oen, deren Fol-'i'en ein der Englischen, zwar sehr gemischten, aber doch Lev.ifä hauptiäciir lieh Germanisch -artigen Sprache ähnliches Pro- duot war? Daf^ das Mysiche, nach den ange- führten Nachrichten der Alten, aus dein Pliry- gischen und Lydiüchen gemischt gewesen, be- weiset eben co wenig die radicale Verschieden- lieit der ]>£yden letzteren Spraclien, als m.m daraus, dafj der Dialect an der Eider aus dem Dänischen und Deutschen, der um Colin aus dem Kolländischen und Deutschen gemischt i.-t, etwas über das ursprüngliche Yerhiiltnife dieser zusammen gemischten Sprachen schlieisen kann. Wir schweben bey diesen Klein -Asiati- schen, Thracisch T Pelasgis.hen Sprachen iiu Dunkehl, zumal da iange Zeit die Nahirien mancher Klein -Asiatisclien Völker unter eiiian^ der gewirrt blieben, und der Begriif vonThracien schwankend blieb; bjeiiondeis aber .fcchv.ebeu wir über den Bau . jener Sprachen uucl. ,-a^.re WorriüUe in einer Dunkelheit, dit- keine -näheie Bestimmung ihrer Verhältnisse eiiaubt. Aber man darf nur die maniiiQ;falti2;eTi Nuancen der

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Ableitunp; der Sprachen und Dialecte anderer grof:cr Sprachstämrae als Anaiop^ien in's Auge iasbCH, um eine Anzahji theii;? maglic+her, theils wahrscheinlicher Verhältnisse der lliein -Asiati- schen Sprachen dieses Stammes vor sich zu sehen. Wir'vermöcren demnach nicht, es wei- ter zu bringen, als biä zu solchen, auf jener Babis allerdmgi k^t genug itehend.en.j übiigen»

aber unbestimmten Möglichkelten, und zu der Wahrscheinlichkeit, dafs unter den Klein- Abia- -^tischen Sprachen dieses Stammes vielleicht die genannten drei, die Phrygische (welche zunächst von dem Thracischen Haupt- Aste ausgeht), die Lydische und die Karischc die verbreitete&ten in Süd- und West- Klein - Asien waren, bis die Griechischen Colonien an der Küste dort die Griechische Sprache herrschend machten, wel- che sich hernach theils von da aus, theils beson- ders durch und nach Alexander auf Kosten ihrer jVachbarinnen ausbreitete. Von der Phrygi- bchen und Lydischen Sprache macht diefs die Wichtigkeit und Macht ihrer Völker wahr- scheinlich, und von der Karischen Sprache liegt in Herodot's Äufserungen (B. I, 171) wenigstens diefs, dafs sie noch bey mehreren Völkern in Gange war, die nicht einerley Religionsdienst mit den Kariern hatten.

Die vordere Nordküste Klein -Asiens war in den Händen von Völkern, die offenbar, so wie also auch ihre Sprachen, ebenfalls von Thraci- scher Abkunft waren. ?vlehrere von den vorher angefülirten Gründen schliefsen das Alt-Tliraci- sche, wie es vor und bey dem Abzüge* dieser Völkerschaften aus Thracien nach Klein-Asien dort geredet wurde, an jenen Pelasgisch- Grie- chischen Hauptstamm an; gesetzt, dafs die Ent- fernung; jener Thracischen Sprachen *) früher

*) Von der Spraclie oder vielmehr den Sprachen ties 6päi:eieii Thracieiis kann hier die Rede nicht scyn. Greifs niui-! die Entfernung dieser von der Sprache der Völker frewoluen seyn, imtet» welchen Thaniyris und Or])heiis gelebt hatten, in einem Lande, welches den grol'sen Völkerziigen so au8ß;esetzt war, wie Thracien. Wi«jr darf iuan in späierer Zeit nicht eine gleichgebiie-

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«rfolgt, und eben deshalb auch bald gröfser ge- worden sey, als die der sogenannten Pelasgi- schen und Hellenischen Mundarten. Die P///-J- gische Sprache, die Sprache eines, nach den einstimmigen Erklärungen der Alten ursprüng- lich Thracischen Volks, schliefst demnach die Sprachen der ebenfalls ge^vifs Alt -Thracischen Völkerschaften an der Nordküste Klein -Asiens an sich, obwohl auch jede von diesen einen eigenthümlichen, sie von einander entfernen- den Charakter gehabt haben mag. Und gerade diese Phryaische Sprache läfst uns durch das, was wir von ihr wissen, so ^venig es auch ist, glücklicher W^eise einen ziemlich tiefen Blick in den Alt- Thracischen Hauprast unseres Sprach- fttammes thun, und gültige Schlüsse machen auf das Band, Avodurch das Phrygische, und ohne Zweifel auch die andern Klein -Asiatischen Spra- chen Thracischer Völkerschaften, mit der Alt-

bene Sprache zu finden hoffen, sontlern entweder niehrerley Sprachen von mehrere« bey den Völkerzü- gen sitzen gebliebenen Völkerhaufen, wie im Kau- kasus, oder ein Gemisch von n:sehreren Sprachen. Wenn wir also bey den Griechen Thracische Wörter angeführt sehen: so ist erst die Frage, ob dam.it die Sprache der Tliracier, welche Thauiyris und Orpheus redeten, gen eint sey, oder die Spraclien der mancher- ley später eingewanderten Völker. V^on diesen, z. B. von der Sprache des Thracischen Königs Seuthes, der bey Xenophons Rückzuge eine ganz andere Sprache redet, als die Griechen, kann kein gültiger Schlufs auf das Alt-Thracische gemacht werden, obwohl der Einflufs desselben auf das spätere Thracische auch nicht ganz auszuschlielsen seyn wird, nur unbestünm- bar ist. Aber z. B. ße,'^-, Sradt^ war ein Alt-Thraci- sches Wort, s. Strabo B. VII, S. 519, der mehrere dar- auf endigende Stadtenahmen anführt. Soll vielleicht auch Thymbria Stadt der Tliyni heifsen?

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Griechischen Sprache enge zusammenhinfjcrj. Nachdem Socrates im Cratylus des Plato (Baöl. Ausg. V. 1556, S. 57, Mitte) eine Anzahl sehr ernstlich und genau genommener Etymologien ■Griechischer Wörter au» Griechischen Stamm- wörtern aufgestellt hat: giebt er &ie von -ttu^ und v^cöP nicht, „weil diere Wörter nicht aus dem Griechischen abzuleiten seyen , sondern , so wie auch 7/JiJV und viele andere bey den Phrygiern «ich finden." Nicht ohne Grund wird bey der Vergleichung der Sprachen, um Data über ihre Verwandtschaft zu erhalten, zunächst auf die Bezeichnung der näch&ten und unentbehrlich- sten Gegenstände des gewöhnlichen Lebens ge- sehen , und gerade in solchen ,, in den Nahmen des Feuers, W^asserä, I-Iundes,' traf nach einem vollgültigen Zeugnisse das Phrvgische mit dem Griechiichen zusammen, und eben diese Phry-r £ii>che Sprache ist es, welche man als die Haupt- i>prache-deö Innern Klein -Asiens zu betrachten gewohnt ist. Vielleicht erstreckte sich ein Zweig dieses Acte? unsers Stammes bis nach Armenien hin. V/enigstens war diefs die Meinung des Eu- doxus, eines Zeitgenossen des Plato, der sich bey seiner Annahme, dafs die Armenier aus Phrygien, gekommen , ausdrücklich darauf be- ruft, „dafb. sie in ilirer Sprache viel von den Phrygiern hatten '' *). Elerodot (B. VII, 73)

"~ ...f< . _ "

*) Auf der andern Seite bat man Äbnliciikeiten zwiscacn demjeniten Arnaenischen , welches wir als »eine noch lebende Sprache kciiiien , und dem Griechi- schen, aber mehr in der Syntaxis bemerkt, welche •sich unter dem Einflüsse des letzteren ausgebildet i;^- ■ben kann. -^ Das Zeugnils des EudoKus.von dem alten ■tÄ.'rnjenlsi:lien «teht bey Step! ia)iusByz. in dem Artikel: Armenia. Ils ist ein blofses Verseilen, wenn in ilrii.

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tiat eben dieselbe Vorstellung ron der Abkunft der Armenier von den Phrygiern,

Heeren's schätzbarer Abhsncilung: de Unguis rcgni Per^ sid (Conunentatt. Soc. Gottir.g. Vol. Xlli) dein Eu- doxus gerade die umgekehrte Behauptung beyg,elegt wird, dafs die Phrygier aus Anuenien ausgegangen «eyeii. Wenn in dieser Abhandlung die Spraciien Klein -Asiens in zwey Ilauptsprachen abgetheilt wei- den, in die Carische, weiche das Lydische, Mysisch* und eigentlich Carisctie als Dialecte unter sich cntlialte, und in die davun ganz verschiedene Piiiygische: so ist allerdings Wahrsciieiiilichkeit genug vorhanden, un4 zur Übersicht recht annehiiiiicli, dals dies Hauptspra- chen unter den mancherley mehr oder weniger Ver- bundenen Mundarten der iibrigen Völkerschaiten bis tegeii Kappadocien hin waren. Aber alle eigentliche Uestinimung darüber liegt blofs in den bisher ange- i'iihrten Stellen, deren docii im Ganzen zu wenig sizid, als dais eine solche Abtheilung als bestimmte Behaup- tung in diesem. Werke zum Grunde gelegt werden könnte.

Die iibrigen Völkej- Klein- Asiens im Osten und zum, Theil auch im Norden der genannten, hatten ihre eige- sien, grofsten Theils mit dem Syrischen, zusaiiiiaeai- liängenden Spraciien. Ob aber noch irgend eine an- (iere, dem Kaukasus nähere Sjuache dort, an der öst- lichen Süd-Kiiste des schwarzen INIeeres, einen Zv/eig gehabt, läfst sich nicht mehr entscheiden. Dafs übri- gens die dortigen, kleinen unabhängigen Völkerschaf- ten i von welchen Xeii-ophon in der Anabasis redet, iiive eigenen Sprachen und. Mundarten ijehabt haben, ist sehen vern:öge dieser ihrer Verhiliiiiisse höchst ■•.vahi scheinlich, und sie sind ohne Zweifel in der, bejr Capj>adocien anzuführenden Stelle des Strabo gemeint.

Die JPaplilagumsche Sprache war eine eigene,, "wie man aus Strabo's Aulserui)^ ersieht (B. Xii., S; 381 ,,dais das Cappadocisclie voni^aphlagonischen Vvörtem voll sey." Da das l'aphlagonische wahrscheijdich mit benachbarten Sprachen zusammenLing : so . spricht schon jenes mehr für Zusanimenhang iriit den west- lichen Völkern von Thracisch-Pelasgischeju Ötamme,

Was die Sprache Pamphlilens betrifft: ^o sagt zwar Arrian (de exped. Alex, B. I, c. 26),

als mit den östlichen Nachbarn. Von den ältesten Pa- phlaÄoniem wenigstens ist dies schon oben wahr- scheinlich gemacht worden. Dafs aber die Gesandten der Paphlagonier (Xenophon's Anabas. B. VI, c. I, vgl. B. V, c. VI) ohne Doilnietscher mit den Griechen reden, läfst bey der Nähe der Griechischen Synoper nichts folgern, bey welchen jene unter dem Nahmen der Barbaren begriffen werden.

Von der Sprache der Galater sagt Hieronymus f Proöm. zum II. B. über d. Brief a. d. Galater), „dafa sie fast dieselbe sey, wie die der Trevirer, niid wenn sie auch etwas daran geändert hätten, so sey ja eben so das Phönicische in Africa einigermafsen geändert worden", kurz er schlägt die Verschiedenheit der Spra- che dieser so getrennten Gallischen Vöilierschaft blols als dialektisch an.

Die Sprache des weit ausgebreiteten Cappadociens war nach einstimmigen, unverwerflichen Zeugnissen der Alten mit dein Syrischen verwandt. Der Nähme Cappadox ist nach Herodot (B. VII, 72) Persisch, die Cappadocier werden Syrer, und &um Unterschied icuÄo- Syrer genannt. Das grofse Gebiet der Cappa- docischcn Sprache erhellet aus Strabo (B. XII gleich beyni Anfange): ,,Cappadocien zerfällt in vieleTheile; die, welche einerley Sprache haben, reichen im Sü- den bis zu dem Cilicischen Taurus , im Osten bis an Armenien und Colchis, und die dazwischen beünd- lichen, sich anderer Sprachen bedienenden Völker, im Norden an das schwarze Meer bis an den Ausllufs des Halys, und im Westen bis an die Paphlagonier, die in '"** Phrygien eingevv'anderten Galater, bis an Lycaonien und das rauhe Ciiicien." Von den, dem Cilicischen Taurus zunächst wohnenden Cataoniern wird hierauf noch ausdrücklich gesagt, dafs sie die Cappadocisclie Sprache hatten. Von einigen wenigen ^erhaheiien Cappadocifichen Wörtern handelt Buchart im Phaleg toi. 535.

Die Cilicier waren nach Herodot (B. VII, 91 ) Ab- kömmünge der Syrer und Phönicier, und hiefsen ur-

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dafs die aus Kumae in Aeolis dahin gekommenen Bewohner der dortigen Stadt Side dort ihre

spriingHch Hypachaei. Sie gehören demnach zu jenetn Sprachstanime. Freilich haben auch Griechen die Ci- licier von einer Colonie der Archiver abgeleitet: aber bis zu Alexanders Zeit findet man kaum ein paar Grie- chische Coloniestädte in diesem Lande, und das kleine Volk der Troischen Kiliker, so wie die benachbarten I,)'kier, mögen vielmehr Ausgewanderte des gröfseren Volks seyn (J. IJT. Vofs alte Weitkunde, Jenaische Allg. Litt. Zeit. 1304. B. IL). Auch von den Solymern sage Choerjlus (bey Josephus contr. Apion. I, c. 522), dafs «ie Phönicisch redeten.

Die Fisidisdie Sprache erscheint in einer oben an- geführten Stelle c\es Strabo als eine besondere Sprache; in welchem Verhältnisse des Unterschiedes von ihren Nachbarinnen sie gestanden habe, bleibt unbestimmt, und bestimmt sich eben so wenig dadurch, dafs Ar- rian (de exped- Alex. B. I, 0.24» ^^j 28) diePisidier Barbaren nennt.

Lycaonienf zwischen Cappadocien, Phrygien und Pisidien , hatte auch seine eigene Sprache, die iiu N. T. Apostelgesch. c. XIV, v. 11 erwähnL ist,* und den Bibelerklärern Veranlassung zu Erörterungen über dieselbe gegeben hat. Paul. Em. Jablonshi hat eine sehr schätzbare: Disquisitio de lingua Lycaonica, Traj. ad Rh. 1724, und eine minder wichtige Jo. Frid. Gull- Ung de lingua Pauli Lycaonica a Pelasgis Graecis orta Vitemb. 1726, herausgegeben, welche beydein Tlieod, J-Jasaei et Conr. Ickenii thesaurus novus thcologico- philologicus P. II f. Sylloge dissertatt. exeget. in N. T. loca. L. B. 1732, fol. col. 656 ff. und 657 ff. abgedruckt sind. Jablonski sucht walirscheinlich zu machen, dafs diese Lycaonische Sprache mit der Cappadocisch«n ver- wandt gewesen sey. Eigentliche Beweise für diese Wahrscheinlichkeit hat auch er nicht. Dagegen hat er alle Data für die viillige Verschiedenheit aUer .bisher erwähnten Klein- Asiatischen Sprachen von der Grie- thiäclien gesanunelt, imd auch sehr brauchbare Ver- zeichnisse der aus jenen Sprachen angeführten Wörter gegeben. Einig.^ Gründe für die Verwandtschaft die-

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Griecluschc Sprache verlernt, und eine barba- rkche Sprache angenommen haben, aber auch nicht die der benachbarten Barbaren, sondern eine eigenthiimUche. Indessen bey Hesychius (*. /ktcV, hdCpvY}, 'AßwßciV u. a.) zeigen sich in den Wörtern der Pamphihsclien Sprache und ihres von ihm unterschiedenen Dialekts von Perga unverkennbare Spuren ihres Ursprunges Tom Pelasgisch- Griechischen Stamme.

Man würde zum voraus entsclieiden, wenn man alle Ähnlichkeiten der aus diesen Klein- Asiatischen Sprachen bey den Alten angefiilirten Wörter für biofse Folge des Einflusses des Grie- chischen auf ganz fremdartige Sprachen erklären wollte. Man %vürde eben so zu v/eit gehen.

ser Sprachen mit dcui Alt- Griechischen hat Gnhling aufgestellt. Salmasius (de Kellenistica S. 275, 5Ö5, 451 ) behauptet eben diese Verwandtschaft, aber ohne Gründe dariir anszufährea, welches einen bedeuten- den Unterschied macht, wenn auch gleich dem Ein- drucke, welchen die vertrauteste Bekanntschaft mit den Alten auf einen solchen Gelehrten gemacht hatte, Anspruch auf Gewicht bleibt. Die Gegens;itze von Jablonski's Gründen sind in dem obigen enthalten. Wenn dieser sich zuletzt auch auf die Nomina propria, z. B. der Phrygier, beruft, denen man es ansehe, dnfs «ie nicht Griechisch seyen: so wird man auf der einen Seite ilicht verkennen, dafs eine Griechische Endung der Nomina propria nicht ihren Griechischen Ur- sprung beweiset, auf der andern aber würde bey den Nahmen vieler von den ältesten Griechischen Nah- 3nen, wie Inachus, wenn sie nicht biols dem Inhalt der daran geknüpften IMyihen entsprechen, Griechi- sche Etymologie auch verunglücken, nnd dagegen z. B. Paris, welches der Phrygische Nähme des be- kannten Sohnes des Prla:iiu3 neben dem Griechischeil Nahmen Alexanthos gewesen seyn soll, ein gar nicht imgricchisches Anaehen haben.

4iJ

wenn nian das abweichende Ansehen anderer, au» jenen Sprachen angeführten Wörter für einen Beweis nähme, dafs solche Sprachen nicht einmahl mit dem ^4/r- Griechischen in einem nä- heren \^erhältnifs gestanden haben könnten, und vergäfse , dafs das Ansehen sehr vieler aus dem ältesten Griechischen aufbehaltenen Wörter eben so abweichend von der Form des nachmahligen Griechischen ist, z. B. -ttJvp für TTaTf, und andere hernach anzuführende Lace- dämonische Formen.

Mundarten der GriechiscJien Sprache,

Die Griechische (oder, wie sie noch ein- mahl zum Unterschied von der Alt - Griechi- schen Stammsprache heifsen mag, die Helle- nisch-Griechische) Sprache ist durch die ge- schilderten en<^en Verbindungen der Hellenen zu Einer Nation auch bev m.ancherley Verschie- denheiten der Mundarten Eine und eben die- selbe Sprache geblieben, statt dafs von den. nächst -verwandten Plauptästen desselben Stam- mes (dem Thracischen und Pelasgischen) in. Europa und besonders in Klein -Asien mehrere abgesonderte Sprachen ausgegangen sind, deren Stammbaum anzuordnen nur der Mangel an Da- ten verbietet. Gerade eben so sind ja aber auv.h sowohl aus dem Niederdeutichen als aus dem Scandinavischen Hauptaste mehrere abgeson- derte Sprachen hervorgegangen, wahrend "der Oberdeutsclie nur in Mundarten zerfiel.

In vier Hauptdialecte theilte sich das Grie- chi:-che, welche sämmtlich jeder für sich, aber nicht jeder in allen Gattungen alo Schriftspraclie ausgebildet waren, und in eine grofse Anzahl provinzieller Volks -Mundaiten, welche die AI-

teil Ji5iÄ?xT8V roTtiKug nennen, und welche man, obwohl jeder derselben sich zu dem Gebiet eines jener Hauptdialecte hinneigte, nicht als Töch- ter, sondern als vernachlässigte Schwestern der- selben ZLi betrachten hat. So wie sich jene Hauptdialecte durch die Fixirung ihrer Formen als Schriftsprache von blofsen Provinzialismen unterschieden, so erscheinen auch diese Haupt- dialecte bey manchem ihrer Schriftsteller mit einer gewissen Abglättung der schärfsten unter- schiede ihres Dialects, so dafs man ihnen dann eine dialectus communis zuschreibt, so wie auch von dem Griechischen überhaupt zuweilen eine dialectus communis "') als ein fünfter Hauptdia- lect genannt wird: eine Ausdrucksweise, wel- che sich zwischen den auffallenden Eigenthüm- lichkeiten jener Dialecte hielt, und besonders aus der späteren Verschmelzung der Griechen hervorging.

Die Übersicht der aufseren Verhältnisse, unter welchen besonders jene vier Haupt- Dia- lecte, der Aeolische, Dorische, Ionische und Attische , allmählig aus ihrer gemeinschaftlichen

Quelle

*) Sahnas'nis de liellenistica S. 561 fF. sucht zu zeigen, tlals dici^e liu^^iKTos koidj das eigentliche Thes- Äalische sey. So gewils aber allen Griechischen Dia- lecten etwas Geineinsaiaes zum Grunde gelegen haben inuls, und die Quelle desselben von den Wohnsitzen Hellen'd und seiner Nachkoninaen in Thessalien aus- zuüehen scheint: so wenig ist gleichwohl anzuneh- aneii, dafs, v/enn es vor der Herrschaft der Macedo- aiior eiiiC, obschon nicht als Schriftsprache ausgebil- dete Griechische Mittel -Tslundart gab, diese zunächst mit dem zusannuengehaugen habe, was daniahls Pro- vinzial- Mundart Thessaliens war.

4i7

Quelle entsprangen, die man wohl diis Alt- Aeolische ') nennen könnte, ist schon ia dem obigen angedeutet worden. Z. B. die \'^erbrei-

*) D. i. Hes AeoUschen, wie es vor der Abfren- nxing des Dorischen und Ionischen war, zum Untev- «chied von deja nachniahligen Aeolisclien, welches eich in spaterer Zeit nicht nur mit den Verändermiiien zeigen iniifs, die es, getrennt von seinen genannten Schwestern, fi'ir sich allein erfahren hatte, sondern welches sicli uns auch in seiner Ausbildung als Schrift- 6pr;H:he zeigt, die es «i Klein- Asien frnher erliielt, als das Dorische im Peloponnes. Daiier erscheint letzteres auch der ursprimglichen gemeinschaitiichen Sprache noch ein wenig näher, als die Sprache der Aeolischen Dichter, und daher sind uns besonders im Dorisiruis Formen des ältesten Griechischen erhalten. Aber die Ähnlichkeit beider Dialecte ist seiir srofs, und sie eben fiihrt zu jenem All- Aeulischen zurück, in die Zeit, wo das Dorische in ein kleines Gebirgs- Ländchen eingeschlossen, das Alt- Aeoii?che aber sa sehr verbreitet war. Bey dieser grofsei) Ähnlichkeit, Tind jenen Verhältnissen Verschiedenart j'j.er Ihiorität ist es begreiflich, wie Juan beyde Diaie. te häufig als einen einzigen, und zwar bald unter dejn INahinen <les Aeolischen, bald des Dorischen befrachtet sieht. Letzteres ist bey Maittaire der Fall, und kann wenie;- stens leicht milsverstanden werden, so wie es iVTils- verstand ist, wenn Maittaire das Zusannuenfallen bey- der Dialecte zu £i]iem auf den 'Worten des Strabo (B. VIII, bald nach iit;:ix Anfange, S. 535) b^griinden

"wiÜ! Ti)'; ft,ev 'la,hx tv}' rrxXot,i£ 'attioi rr,v aury/j 0x,u(v »

T>!» Se Au^i^ec tvT Aiaf^i^e, da ja diese Worte gerade den Eingang zu einer Unterscheidung der Völker des Peio- ponneses in Aeolische und Durische, mit besonderer Hiicksicht auf die Mundarten derselben, machen, und nichts als jen^ grol'se Ähnlichkeit und ursprimgliche Einheit aussagen können und sollen. Auf eben die- ses beschränkt sich also auch das damit zrisamnienae- stellte Zusammentreffen dea Alt- Attischen aiit dexa Ionischen.

Mit.'irid. II D d ,

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tun 2 der Mundart der unbedeutenden Land- Schaft Doris hing von dem Rückzüge der Hera- kliden, die des Attischen von dem ausgebreite- ten Handel und der Übermacht seines kleinen Vaterlandes und dem grofsen Einflüsse seiner Schriftsteller ab , dagegen der eigentlich am weitesten und am tiühesten verbreitete Aeoli- sche Dialect es am ^v"enigsten durch schriftstelle- rischen EinPiiifs war.

Das Gebiet des Aeolischen Dialects er- streckte sich (nach der unten angeführten Stelle Strabo's) über das ganze eigentliche Griechen- land, aufser der Doris tetrapolis und aufser der südöstlichen Küste, ^vo Attica und Megaris eine Ausnahme machten, ferner über Arcadien und. Elis im Peloponnese, über die Aeolischen Colo- nien an der obern Westküste Klein -Asiens, von wo aus diese die nördlichen Inseln des Aegei- schen Meeres, z. B. Lesbos besetzt hatten, und. über viele Colonien in Italien, woraus sich zum Tlieil dortige Völker gebildet haben. Der Aeoli- sche Dialect hatte besonders auch die fixirte Be- zeichnung eines Hülfslautes (welchen die älteren Griechen Vocalen vorzuschlagen pflegten, und welcher den späteihin anderwärts eingeführten, verschiedenen Bezeichnungen durch v, o, z.B. ctvov, t'inum, durch den Spiritus aspcr, s u. s. w. zum Grunde lag), das sogenannte digamma Aeolicum als Eigenthümlichkeit der Gesänge seiner Lyriker. Beyspiel einer Provinzial- Mundart dieses Dialects ist das Thessalische, in welchen tscIo, sfAol'o, gesprochen \vurde. For- men, die auch das Ionische hat, und statt deren andere Aeolier rfo, ijJ.M, sprachen.

Der Dorische Dialect hatte seine Herrschaft aus dem Mutterlande Doris tetrapolis, fast über

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den ganzen Peloponnes (Arcadien und Elis aus- genommen) verbreitet, und sich in Mecraris, wo er den Attischen verdrängt hatte (s. Pausan. B. I, 39), auf der süd\vestlichen Spitze Klein- Abiens , besonders aber in Sicilien festae- setzt, dessen blühendste Pflanzstädte ihn rede- ten, so wie auch einige Griechische Städte in Unter- Italien, z. B. Tarent, Dorische Colonien waren. Am genauesten hatte sich der Dorismus in IVIessenien erhalten (s. Pausanias B. IV, 2^). Andere Provinzial - Mundarten dieses Dialects sind z. B. das Rhodische, Cretische, Mecrarische (s. Aristophan. Acharn. v. yog ffj und das, ^vegen der Wichtigk<<it seiner Nation besonders bemer- kenswerthe Laconische. Dieses sprach statt B: (7, und dagegen statt g am Ende ^, in der Mitte T, z. B. ö-ic^ statt Bsog , cruo^ statt ^slog^ irk'dTisg statt TrAaVijg-, statt o- zwischen zwey Vo- calen die Aspiration, z. B. fACLtzcc statt //.acT/c«; es schob ß zwischen zwey Vocale, e. ß. sßx, statt scCy sagte (ph statt a-(piv (wofür die Syracu- saner '4^lv sprachen), rj statt si, z.B. c^yjcg statt o(^siog; stellte ^ oft mit andern Buchstaben um, z. B. iy.'^ocif.'.iva, statt sly.v.CfjLiv/] *): und Jiatte (wie jede dieser Mundarten) viele eigenthümliche Provinzial- Wörter, welche der Grammatiker Aristophanes in einer eignen Schrift Gesammelt hatte. Beyspiele des Laconischen Dialects sind die Rede des Lichas an die Spartaner bey Thu- cydides^B. V, c. 77), Chöre der Spartaner und Spartanerinnen bey Aristophanes (Lysistrat.

*) S. J. Mtursii Miscellanea Laconica L. III, c. V VIII, auch in Gronovii tliesaur. Graiic. antiquit. T. V, col. 0424 iF.

Dd 2

/|20

V. 1264 fl". 1299 IF.), ein Decret der Spartaner bey Boethius de musica I, 1 *).

Der Aeolisciie und Dorische Dialect sind die eine Haiiptclasse der Dialecte; sie waren bcyde weit härter, als die beyden folgenden, und besonders hatte das Dorische ganz die Rauh- heit und Breite ei'Jier Mundart, welche sich ur- sprünglich unter BergbeAvohnern gebildet hatte, und wovon aucli die Herrschaft der Vocale cc und w ein Beleg ist. Die Aeolischen und Do- rischen Städte zählt Herodot B. I, 144 und 149 auf.

Die andere Hauptclasse der Griechischen Dialecte sind der Ionische undaAttische, die beyde von Arlien ausgehen, und einst in einem sehr nahen Verhältnisse gestanden liaben. Die lonier zogen erst auf die Nordkiiste des Pelo- ponnes,'dann wieder nach Atlien, und von da nach Klein -Asien, \vo sie die blühendsten Städte errichteten, und von da aus eine Menge Colonien, z. B. Massilia in Gallien, besonders auch an der Südküste des schwarzen Meeres

*) Def Anfang stehe des Saliiiasius in Gemelli

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CnilVTXl Teil f4,MXV^ U. 3. W.

hier mit der Übertragung Griechisch (de Hellenist.

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Stifteten. So wie, wie man mit Recht bemerkt hat, die Mundart Attica's seit dem Wegzuge der lonier durch die Nähe Aeolischer imd Dorischer Nachbarn einen unterscheidenden Charakter an- nahm, zum Theil auch wohl blofs behielt; eben so möcren auf das Ionische, welches sich auü der Klein-Asiatischen Küste vollends zu seiner Weichheit ausbildete, auch wohl dortige Nach- barn Einflüsse gehabt haben. A'ielleicht ist das Auseinanderziehen der Vocale, %v'eiches diesen Dialect besonders charakterisirt, Folge davon, oder vom Klima, dessen Einflüsse ajLif die Mund- arten Griechenlands auch Cicero (de Fat, 4) in's Licht setzt. Herodot unterscheidet in der vorher dargelegten Stelle (B. 1, 142) vier Unter- arten des Ionischen Dialects.

Der Attische Dialect stand in der Mitte zwischen der Ionischen Weichheit und der Aeolisch-Dorischen Rauliiekeit, und vereinigte so Anmutli und Stärke. Unterarten dieses Dia- lects mag es auch gegeben haben, ^venn auch bev dem kleinern Raum i*.ur \venige; l>esonders aber >vird successive Verschiedenheit (derglei- chen freilich bev jedem jener Dialecte statt ge- funden hat, so wie z. B. Theocrit eine reine, aber doch etwas weichere, spätere Dorische Mundart zeigt) hier besonders erwähnt, imd zu des Lysias Zeit wurden Solon's Gesetze zu sei- ner Zeit kaum mehr verstanden '").

*) Zur näheren Charakteristik der einzehien Pro- vinzial- Mundarten dienen die Saiuiulungen eigen- thünilicher Wörter einzelner Völkerscbalteii und Städte in Mich. Maktcire Graecae linguae dialectif neu heraus- gegeben von JF. G. Sturz, Leipz. 1807, S. 54S 370» luicl in Regiae bibliothecat Matritensis codicibus Graecis Mss. , herausgegeben von Jo. Jriüite, P. I. Matrit. 1769,

422

Als ScJiriftspracJie betrachtet, gehören jene vier Haupt- Dialecte den Schriftstellern an, die sich derselben bedienten, und deren (mit ihrer Landesmundart in Verbindung stehende) Aus- drucksweise das Muster imd der Dialect der Gattung \vurde, in welcher sie den Ton angege- ben hatten. Die Stifter dieser Ausbildung der Dialecte der Gattiuigen liegen grofsentheils auch noch, zugleich als ihre charakterisirende Beyspiele, vor uns. Auf der Klein- Asiatischen Pviiste begünstio;t vom Wohlstand der dortigen Griechischen Städte loniens, und hernach auch Aeoliens, erfolgte diese Ausbilduno; der Poesie zuerst. Homer's Sprache ist ein Beweis, dafs damahls der nachmahlige Ionische Dialect sich erst zu fixiren anfing, und dafs dort die alte ge- meinschaftliche Sprache noch ihren Einflufs be- hauptete, imd die Absonderung der Dialecte noch nicht so bestimmt statt fand. Diese Spra- che Homers ist der Dialect der epischen Gattung geworden, und, spätere geringe Veränderun- gen abgerechnet, bis in die spätesten Zeiten ge- blieben; sie hat auch auf alle poetische Diction der Griechen überhaupt bedeutenden Einflufs gehabt. Aeolisch - Dorisch blieb die Sprache Aqx Ivrisclien Gattung, theils weil sie die Sprache der Gesänge des Gottesdienstes blieb, tjer von Greta, Delos, Delphi auszugehen scheint, theils wegen ihrer, besonders von Pindar gezeigten

fol. S. 146 ff., mul in Graecis cod'uibus Mss. apud Na- nias assen'ütiSy Borion. 1784» f<'h '^- 5*''> herausgege- ben von Ja. MlngardU, woraus letztere in der genann- ten neuen Ausgabe des Maittaire S. 572 abge- druckt sind. (In diesen Saninilungen findet man auch manche Wörter der oben charakterisirteu Tliraciachen und Pelasgischen Völkerschalten.)

4^5

Xraft. A-lcaeus und Sappho /u Lesbos, und die Böotierinn Corinna *) hatten Aeolisch gesungen, Pindar singt Aeolischen Gelang mit Dorischer Leyer (Olymp. I, 26 nnd 164), er hatte da.s vielen andern Griechen Fremdartige seiner Do- rischen Mundart gemildert, ohne' die Kraft ihrer härteren Aussprache zu verlassen. Dem- nach sind in dieser Dorischen Mundart auch die Chöre der Tragischen Dichtkunst, welche iibri- sens den Attischen Dialect zu ihrer ernsten und durch Aiterthümlichkeiten gelibbenen Dietioa hat, statt daf-5 die Komödie sich der Umgangs- sprache des einen oder andern Dialect* be- diente.

Von der Ionischen Pro-^e sind Herodot ''*) und Hippocrares, ,von der Dorischen : Archytas und mehrere Pythagoräer in Unter-Italien ***) den Alten die Muster oder Canones. Zur Aus-

*) Siibnasins stellt a. a. 0. Verse des Alcaeus und der Corinna mit- seiner Übertragung in Gemein - Grie- chisch (S. 77 f.) zusammen:

Alcaeus. .

Corinna.

*•) Aus Herodot VII, hat Dionys von Hali- carn. T. II, S. 189 Xerxis Rede an die Perser in Atti- schem Dialect, welclies zu einiger Vergleichung des- selben mit dem lonisnius dienen kann.

***) S. Jamblidius de vit. Pythagor. c, 54 im Ein- gänge, der denn avich den Dorischen Dialect als den ältesten von allen aufstellt, welches aber auf die bis- her erklärte Weise zu verstehen ist.

4 "-4

bildung der ältesten ' Form der Attischen Prose soll Gorgias von Leontium beygetragen haben; von der älteren Form gilt Thiicydide.s, von der neueren-Demosthenes als Muster, zwischen wel- chen Plato, Xenophon, Isocrates, Aristgteles ieder sich ihre Dicrion mit Milderuno; mar.cher sehr abstechenden Attischen Eigenthümlichkei- ten gebildet, und so viel dazu beygetragen hat- ten, daTs während der Zeit der schönsten und ausgebreitetsten Blüthe Griechischer Geistes- dtltur d'ie Attische Prose die herrschende, imd je länger, desto allgemeiner zur Behandlung al- ler Arten der Wissenschafren gebraucht wurde, welche den Griechen ihren Ursprung und ihre Pflege verdaTiken, ,

So war der Attische Dialect die eigentliche: Gelehrren- imd prosaische Bücher- Sprache zu' der Zeit, wo durch Philipp und Alexander auch^ die Grieclten zu dem Ganzen der Mac£.donischen. Monarchie zusammen schmolzen, . und wo sich durch- gewaltsamere oder ruhigere Mischungen der Griechischen Völkerschalren, und nicht "olme Einflufs der Macedonischen Mundart, eine gev/isse allgemeine Griechische Spraclie bildete, bey welcher zwar vorzüglichst Attische Formen zum, Grtnide lagen, aber nicht der strenge Atti- i-ismus so beobachtet wurde, dafs nicht auch manche andere Formen und Wendungen, und besonders Wörter anderer Provinzen und des gemeinen Lebens, zumahl je mehr sie allen oder den meisten Griechischen Gegenden ver- ständlich waren, damit vereinigt worden ^vä-' ren *). Alexandrien, durch die Ptölemäer der* <

*} So zei^t sich auch die Biicbersprache seit der Zeit, und wenn sich in den rpäteien Jaluliuiiderten'

4-^-5

Sitz eicrentUcher Gelehrsamkeit und crrofser An- stalten für dieselbe, welche bald den Geist des Sammeins herbeyführten, und zugleich ein Ver- einigungspunet von Griechen von allen Stäm- men, mufste vorzüglich dazu beytragen, eine gemischte Volkssprache zu bilden, in welcher sowohl der Einflufs der Attischen Büchersprache, als auch die folgen jener Volksverschmelzungen sichtbar wurden *).

In Aegypten waren viele Juden, und der erste Hanptsirz des Griechischen Judenthums, welches das Griechische zur Sprache seines Got- tesdienstes und seiner Religions-Bücher machte, und also diesen Gebrauch dieser Sprache über alle die vielen, in den Landern Griechischer Herischaft zerstreuten Jüdischen Gemeinden

Puristen nicht mit diesem Attischen Anstrich begnüg- ten , sondern den reinen Atticismus wieder hervor- suchten, und nach seinen sctiärferen Unterscheidun- gen ausdrückten: so heifsen diese Schriftsteller: Atti- ciäteny so Dio Chrysostonius, Aristides, Libanius, Pliilostratus u. a. Mit mehr Auswahl thaten es an- dere, wie Tbemistius und Luciari.

*) Von. 3en Dialecten s. Joannes Pliiloponus de dialectis in Henr. Stepbani thesaurus Gregorim: Corinthus de dialectis ed, Gisb. Koen, L. B. 1776, Q. Maittaires angeführtes Werk; God. Hermanni Progr. de dialectis linguae Graecae, Lips. 1807; vom Atti- pchen Dialecte die Alten: Fltrynichus ed. C. PauiVy Ultra). 1758, iWoe;/6- Attici.sta eä. Puvson, Lond. 1756, Harpocraiion c. not. Valesii ed. J. Gronoc, L. B. 1696, Thomas Magi.%rer ed. Nie, Blancardus c. not. Lamb. Jßos, Franeq. 1698, Henr. Stephanus de Bialecto Atticz. Viilkenaer ad Eurip. Phoeniss. v. 55, 1422 vi. a^ De Graecis Sicnlorum dialectis , in der Vorrede zu Gabr. Lauzillot Princ. de Torremuzza Iscrizioiii di P.nlenno, Pal. 1762, i7R4> fol. F. W. Sturz de dialecto Alexandrina, Dissert. I iV, Lips. 1786 94.

verbreitete. Die Juden, durcli Religion , Ab- kunft und radicale Singularitäten von der übri- gen Welt abgesondert, mögen begreiflich schon an sich einen gewissen ausgezeichneten Dialect gehabt haben, wenn sie Griechisch sprachen. Die Übersetzer ihrer heiligen Bücher in's Grie- chische kannten die Griechische Sprache nicht genug, und noch weniger die Kunst des Über-. Setzens, hingen wohl auch aus religiösem Vor- urtheil meistens an den Worten ihres Original- Textes kurz ihre Übersetzung ist ein Hebrai- sirendes Griechisch geworden, und dieses ward nun wiederum die Grundlage der gesammten Religions- Sprache der Juden, wenn sich auch einzelne Gelehrte unter ihnen, z.B. Philo und Josephus, zu einem besseren Griechischen er- hoben.

Von dieser hebraisirenden Religions- Spra- che der Griecliischen Juden, welche den ge- mischten, und besonders den Alexandrinischen Dialect zur Basis hatte, geht die Sprache des Neuen Testaments ^ der Apostel und Evangelisten Jesu Christi aus. Es ist also unnöthig., weiter darüber zu streiten, ob das N.T. in einem be- sondern Dialecte abgefafst sey. Es ist ein We- braisirendes Gemein -Griechisch ; und darin ist nun das V. U. abgefafst, welches in diesem W^erke der Veraleichung der Sprachen der Völ- ker zum Grunde gelegt ist.

Neu - Griechisch.

Ein besonderes Schicksal hat über der Grie- chischen Sprache gewaltet. Die erste schrift- stellerisch ausgebildete Sprache hat sich durch alle Stürme politischer Umwälzungen hindurch.

bis zur Eroberung Constanlinopels durcli die Türken lebend erhalten, und bietet dem auf- merksamen Beobachter das interessante Sdiau- spiel einer Reihe von Schriftstellern von Homer bis auf den letzten der Byzantiner *), mit allen Ei^enthiimlichkeiten der Individualität eines ie-

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den und ihrer verschiedenen Zeitalter dar.

Ja eine Abart dieser Griechischen Sprache, die Neu- Griechische, lebt unter den Griechen im Türkischen Reiche noch fort. ^

Die erste eigentliche Ausartung der Griechi- schen Volkssprachen mag schon die Unterwer- fung unter die Römer veranlafst haben, deren Kriegsheere, Beamte und Colonien die Einmi- schuno; fremder Wörter zur Folf^e haben mufs- ten. Noch während der Blüthe ihres schrift- stellerischen Gebrauchs ward sie zwar ^vieder Sprache des Hofs und der Regierung zu Con- stantinopel, und besonders durch die Theilung des- Römischen Reichs: aber auch dadurch mufste sie um desto mehr eine Menge von Aus- drücken aufnehmen , welche das ahe Griechen- land nicht kannte, und desto mehr Einflüsse der Römischen Gesetzgebung in sie übergehen, so wie späterhin der Italienischen und der Türki- .schen Sprache. So ist auf eine wenigstens ähn- liche Weise, wie von der Lateinischen ihue

*) S. Scriptores historiae Byzandnae, Paris, Vol. I XXVII, i685 sq. Venet. Vol. 1 XXVIII, 17^9 sq. Fol. /o. Meuisü Glossarium Graeco - barbarum, L. B. 1610, 4' tör. du Fresne Glossarium ad scrip- tores nieniae et infiiuae Graecitatis, Vol. I. II. Par. iCßs. L. B. i688' Fol. Metrophanis Criiopuli emen- flationes et aiiiiuadv. ad Meursii Glossarium Graeco- barbanim, ex autographo priumni efiid. J. G. F. Fran- zius , Stend. 1787.

noch lebenden Töchter, von dem Alt -Griechi- sche allmählig das Neu -Griechische ausgegan- gen. Aber statt dafs jene Töchter der Lateini- schen Sprache sich aus einer verdorbenen Volks- sprache zu ihrer gegenwärtigen Bildung empor- rrehoben haben: so ist dieses Neu-Griechibche

o

auf der Stufe einer ausgearteten Volkssprache stehen geblieben, zumahl da ihr für die wenig unterstützten Geistesbeschäfrigungen , die unter der gedrückten Nation statt linden, noch immer das, dazu fast ausschliefslich gebrauchte, clas- sische Griechische zur Seite steht, dessen Ver- dränsunfT aus den Verhandlungen derReffieruncf durch die Eroberung Constantinopels das end- liche Signal der längst voibereiteten Catastrophe war, wodurch die Volkssprache, sich selbst überlassen, das wurde, was sie noch ist *). Sie nennt sich die Römische^ so wie sich die Nation noch vom Ost-Römischen Kaiserthum her: Rö- mer nennt. Die allgemeine, höhere Mundart, d. i. die mehr ausgebildete Sclirift- und Kirchen- Sprache, welciie selbst im gebildeten Umgange besonders zu.Constantinopel üblich ist, weicht von dem classischen Griechischen welliger ab,

*) Man vergleiche über das Neu - Griechische : G. Kodrika (aus Athen) Observations de quelques llellenistes touchant le ürec moderne, Paris, iS^o» i^anz vorzüglich aber Corfly's n^o'S^^o^o? ßiß?^io^Ky.Yji "EAA;)- wr.?5, Paris, 1806, und darin die Toy^ua-fioi oc.Cri,c-x.iSK>i wzp'i Tn; 'EAA^jvtÄ«? '■/?^ü(nnjc. Unter den in Deutschland erschienenen Nachrichten über die Litteratur der Neu- (1 riechen sind noch die vorzüglichste Quelle: Alterns Anzeigen ihrer Schriften, die zum Theil auch die S' »räche selbst betreffen, hu AI! i^emeinen Litterarischen Anzeiger. Da dieser kein Register har.: so ist es der IS'iiihe werth, sie hier einzeln anzuführen. Jahrg. ,T99: N. 67,5.657. N. 87, S. 864. N. 157, S. 1557-

4^9

als die mancherley Volks - Dialecte. Simon Cabasilas schreibt an Mart. Crusius (s. dessen Turco-Graecia, Bas. 1584 fol.): die Griechen hätten zu seiner Zeit an biebenzig Mundarten, und gerade zu Athen herrsche jetzt die verderb- teste. In Constantinopel, in der Nähe des Ber- ges Athos, in verschiedenen Theilen von Morea, lind auf den Inseln Faros und Nicaria soll man nocii am besten sprechen, und iu Cypern zwar die Aussprache verdorben seyn, aber sich viel vom Alt - Griechischen erhalten haben. Auf ähnliche Weise äufsert sich eben daselbst Theodos. Zygomala. In Candia finden sich in den Sphachioten noch Abkömmlinge der alten Bewohner von Greta, -welche bis 1770 in den Gebirgen ihre Freyheit behauptet haben, und erst nach ihrem damahligen Einverständnifs mit den Russen zinsbar geworden sind, und deren Mundart also Interesse hat. In Corfu ist das Griechische von dem Venetianischen auf das Land verdrängt \vorden. Ein ganz vorzüglich verdorbenes Griechisch sprechen auch die Mainoten im ehemahligen Sparta, welche nicht Nachkommen der alten Spartaner, sondern der

N. 174, S. 1755. N. 190, S. 1897- Jahrg. 1800: N. 27, S. 262. N. 48, S. 472. N. 55, S. 544. N. 6s, S. 646. N. 119, S. 11G4. N. 159, S. 1568. N. 161, S. 1592. N. 165, S. 1608, besonders N. 165, S. 1622. N. 166, S. 1639. N. 167, S. 1648. N. ifi8> S. 1654. N. 169, S. 16C3. N. 184, S. 1803. Jahrg. 1801: N. 51, S. 289 u. 296. N. 55, S. 513. N. 76, S. 736. N. 82, S. 785- N.83,S. 806. N. 85, S. 824. N. 89»S. 855- N. 100, S. 9Ö0. N. 123, S. 1176. N. 124, S. 1184. N. 130, S. 1241. N. 158, S. 1328. N, iZt4, S. 1379. N. 162, S. 1568. N. 167, S. 1609. N. 169, S. 1629. N. 177, S. 1712. N. 200, S. 1927.

Fremden, welche sich unter Nabis dorr sam- iiielreri, bis das Land dem Achaeischen Bunde wieder zugehörte, und dann mit benachbarten Einwohnern mischten. Von diesen Mainoten hat sich 1676 ein kleiner Haufe nach Corsika bege- ben, wo er sich in der, von den Geiiuesern er- haltenen Landschaft Paomia in der Provinz Vico ausbreitete, bis er im ersten Drittheil des iRteii Jahrhunderts nach Ajazzo gedrängt wurde *).

Litteratur der Griechischen SpracJihunde.

Dionysii Thracis (\\'ahrscheinlich nicht ganz ächte) ars grammatica^ ^velche in Fubric'ii biblio- theca Graeca, Vol. ViL d. alt. Ausg. S. 26 abge- druckt worden ist.

ApoUoTiiiis Dyscolos de Syntaxi L. W. ed. Fr. Sylbiirgü. Frft. 1590, 4.

Fragmenta Herodlani ^ welche sich befinden in den Mortis Adonidls ^ Venet. ap Aid um, 1496, fol. und in dem nachmahls anzuführenden Her- mannischen Werke.

Theodori Gazae grammaticae Institution is L. IV. ApoUoniüs de constructione Graeca, Ven. ap. Aid. 1495. ^^^•

Mamiclis MoschopuU Lib. de ratione exami- nandae orationis. Lutet. 1545, 4.

Urbani institutiones Graecae grammatices, Venet. 1497, ^5^2, 4. Bas. 1561, 8.

Constant. Lascaris de ocro partibus orationis, de constructione, de nomine ac verbo L. IIL et

*) S. Anecdotes historiques de la colonie Grecque etablie a Poauiia en Corse, und die Geschichten von Corsica von i^o.ssfvt//, S. 79; von Cambiagi B. II, S. 287 > von üypörl S. Qo u. 506 ff.

47'

de pronomine opusculum. Graece et Lat. Venet, 1512, 4.

Ejusd. grammaticae compendium. Gr. et Lat. 1537, 8.

Aldi Manutü grammaticae ihstitutiones Grae- cae. Venet. 1515, 8.

Franc. Vigerus de praecipais Graecae dictio- nis idiotismis. Par. 1344 und öfter, ansehnlichst bereichert von Henr, Hoogeveen. L. B. I742, 1766, von Zeime, 1777 u. öfter.

Fr. Vergarae de omnibus Graecae linguae grammaticae partibus, Paris, 1550, 8-

Phil. Melanchthonis libellus Graecae gramma- ticae ^d. Joach. Camerarius. Lips. 1552, 8-

Aug. Caninü hellenismus , in quo quicquid vetustis^imi scriptores de Graecae linguae ra- tione praecipiunt, atque adeo omnia, quae ad dialectos intelligendas et poetas cognoscendos pertinent, facili methodo explicantur. Paris, 1555' 4^ "• ofr. ^

Mich. Neandri Graecae linguae tabulae. Ba- sil. 1558, 8.

Ejusd. Graecae linguae erotemata. Basil. 1559' 1568, 1576, 8.

Nie. Clenardi institutiones linguae Graecae cum scholiis et praxi P. Antesignani. Omnia a Frid. Sylburgio recognita emendata et notis H. Ste- pliani illustrata. Col. 1553, 85 und sehr oft.

Jo. Posselii syntaxis Graeca. Frft. ad V. 1394, 8 > n. sehr oft.

Ger. J. Vossii linguae Graecae rudimenta. Gaesb. 1611 , und öfter, z. B. noch L. B. 1740, 8-

Universa grammatica Graeca ex diversis aiictoribus per Alex.Scot prius (1603) constructa, nunc ejusdem auctoris secunda cura facta com-

432

pletior et locis necessariis non paucis auctlor. Liigd. 1614, 8.

Marl. Crusü Grammatica Graeca. Witeb. 1613, 8j »ii'^d öfter.

Tb/z. Ä/iemV Grammatica Graeca. Lips. 1626, 8, und öfter.

Andr. Reyheri introductio in linguam Grae- cam. Lips. 1629, fol.

Dan. VecJmeri hellenolexia. Argent. 1630, und öfter oum observatt. /. M. HeusingerU Goth. 1734.

Institutio Graecae grammaticae in usum scholae Westmonasteriensis. Lond. 1630, 8> und oft, noch 1778? 8.

Theoph. GoUi grammatica Graeca. Amst. 1644, und öfter.

Jo. Phil. Parei clavis et fundamenta Graecae linguae. Frft. 1643, 8.

Henr. Opitii Graecismus restitutus. Lips.

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Ge. Henr. Ursini grammatica Graeca, acces- serunt electa Graeca ex optimis linguae auctori- bus excerpta. Norib. 1691, 17I4, 8-

B Ji <7 er öi ^ <" w V 0 ? ( Is^sfJLovdxü fjiccy.^i tS i^ 'Icoav-

Tyjg '^Pxy.piCCTu'Yig 7i'xyy\g. 'Neoü^^t ^k Twnoi^ilca, fj.srci mqpa^y\v.Y^q tcov t8 'Ay.fJ!.ovi8 cfJLoioov v.cä ^ixipö^oov Ks- ^i'jDV 'K.T.K. i7Tiy.sKs(c{. za? ho^^^oocsi, 'lucivva If^scof Aß^a[j,i8 T^ K^'/jTog. 'EvgTi/^«,' 1694, 8-

Jac. Welleri grammatica G^raeca. Amst. 1696, S, und sehr oft, am besten herausgegeben von /. Fr. Fischenis. 'Lips. 1750, 56, 8? wozu drey liheUi aniniadvers'ionum^ Lips. 1750 52 kamen, deren Erweiterimg nachmahls angeführt wird. ■■■-'■' Christ. Stockii litterator Graecus. Jen. 1697,

€710, 8.

Jo.

433

Jo. Verv:c'y nova. via docendi Graeca. Gaud, 1702. Ultraj. 1737, S.

Verbesserte und erleichterte Griecliisciie Grammatica in deutlichen Regeln abgcfalst und mit hinlänglichen Exempeln, Aväe auch nöthio-en Registern versehen. Haue, 1705, 8, und eben daselbst sehr oft, noch 1805.

Märkisclre Griechische GrammatiiC. Berl. 1730^ 8.

Christ. Tob. JDammii slg T>fv 'EAXijviJcrjv '^Koüo-- ca.v Ti^Q^u^ov. Berol. 1732,' 8.

X.ii'ja, Twv orcTcJ t5 A07» f/.^'^Mv rcv cx'AjJiCi'Via-iJt.cv xtil

TiV<v, 1734, 8-

LeonJi. Reekenbergeri Collegium fundamen- tale graecum. Jen. 1739, 8.

NouveHe methode pour apprendre la lan- gue Grec'que. Par, 1754, und öfter.

Phil. Cattieri gazophyiaciiim Graecum ed. Fr, L. Abresch. Ultraj. 1757? 8.

©ecScJ^a "^j^ciaij.üTr/.yjc siga.ycti'^^rig twv slg ricra-a,- (lg Tc rha^Tov vT^ofJLViifJLCi ix ttcAAwv (Tvvs^uvii£^h

^fT/w. a->^|/j, (1768) 4-

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Mifhrid. IL

434

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<^n(7a.vqpg T^a.[jt,fJiCirur,g a-vvTsS'Sig sv fisBo^cog irci^d Kov^civriva KccQ^cc'iCocivva vvv tt^wtov rv- TToTf i-Ai^oTCCi fJLSTd '7t^cg&iTK~]g TtoKKcov y.civovcüv d.eyc-

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Vollständige Griechische Sprachlehre. Eine berichtigte und vermehrte Auflage der Marki- schen Grammatik mit Bemerkungen der besten Sprachforscher, herausgegeben von Fr, Hülse- mann. Leipz. B. I. II. 1801, 1S02, 8-

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Hesychii Lexicon Graecum cum notis varior. ex recens. et cum animadvers. Jo. Alberti. T. I. II. L. B. 1746, fol.

Etymologkum magnum cura et cum notis at- que indicibus Fr. Sylburgii. Heidelb. 1594, fol.

Glossaria Graeca minora ex var. Codd. ed. Chr. Fr. Mutthael. Vol. I. IL Mosq. 1774, 8-

Gu. Budaei commentarii linguae Graecae. Par. 15485 fol. und öfter.

Dictionarium Graeco - Latinum G. Budaei^ 'L. Tusani, C, Gesneri, H. Junii, R. Constantini^ J.Hartungi^ M. Hopper i. Basil. 1572, fol. V Ee 2

436

Htnr. Slephani Thesaurus Graecae linguriC." T. I IV, c. append, 'Geiiev. 1572, fol.

Jo. Scapulae lexicon Graeco- Latinum. Bas. \^']<^-, fol. und sehr oft.

Benj. Hederici Graecum Lexicon manunle. Lips. 1722, und öfter, (auch Lond. 1739, 1778,) hernach von Jo. Aug. Ernesti herausgegeben, zu- letzt 1796 erschienen.

Chr. T. Dammil novum lexicon Graecum etymologicum et reale. Berol. 1765, 4.

F. IV. J. DUkiuiis Griechisch -^Deutsclies Wörterbuch. Leipz. 1784? 8- und öfter, zu- letzt 1807.

J. D. Lennepn Etymologicum linguae Grae- cae s. observationes ad sino;ulas verborum nomi- numque stirpes sec. ordinem lexici Scapulae edid. et animadvers. alior. et suas adjecit Eb. SchelcUus. P. l. II. Ultraj. 1790, 8-

J. Fr. Schleusneri novum Lexicon Graeco- Latinum in N. T. T. I. IL Lips. 1791. ed. alt. 1801.

Jo. Gottlob Schneiders kritisches Griechisch- Deutsches Handwörterbuch. Jen. u, Leipz. B. I. II. 1797, 1798, 8. Auszug daraus von F. JV. Riemer, ebendas. 1802, 1804, 8- Zweite, sehr vermehrte Ausgabe des greiseren Werks. B. LH. 1805, 4.

Litteratur der Neu- Griecliischen Sp räche.

Corona pretiosa la quäl insegna la lingüa Grcca vol<jare et literale et la lini^ua Latina et il volgar Italico. Ven. 1543, 8.

Si.'.'h Porta grammatica tJjs' 'Pwjtia:>cj]5- •yXwV-- crag. Par. 1638, 85 auch vor j^t/ iv'ewz^ Glossar, med. et inüoi. Graecit.

457

Jo. Trihbcchovü brevia linguae Graecae vul- garis elementa. Praemissa est diisertatio de orru et natura hujus linguae, accessit conciö Christi montana et epistola Anastasii et syllabus vocam usitatiorum. Jen. 1705, 8-

Jo. Mich. Langn philologia Earbaro-Graec:;. Niirnb. 1707, 17085 4- ( Grammatik und Lexicon.)

P. F. T/iQmas nouvelle methode pour ap- prendre les principes de la kngue Grecque vul- gaire. Par. 1709, 8-

Pet. Mcrcado nova encyclopaedia missionis npostolicae in regno Cypri s. institutiones lin- guae Graecae vulgaris. PvOm. 1732, 4.

Jo. Hcnr. Callenberg grammalica linguae Graecae vulgaris. Hai. 1747, 4.

Änaniac Antiparü Grammatica Graeca vulga- ris. Ven, 1770, 8-

* *

*

Gir. Gernzano vocabulario Italiano e Greco, nel quäle si contiene come le voci Italiane si di- cono in Greco volgare, con algiine regele per l.i grammatica della lingua Grcca volgare. Kom. 1622, 8.

Ae|<)cci' Karivi'/.cv , gxy.ciiyJ-j zzi iKKrjVi'Aov ctv- ' ^€fj.iw ciiro Xißcüvci rov UÖptiov. Fäii;, 16355 4- ' , .

"jXt^cra-ctq i^'yov c-^iyovcv, cItto tov 'Trari^cc 'A K e'^f c v Tov '^.cvy.aßs ^oucv. Paris, 1709, Vol. I. If. 4.

Dizzionario Italiano e Greco volgare. Ven, 1 709. Vol. I. II. 4.

Geo. Consfantil, Joanninensls, Dictionarium quatuor linguarum, Graecae seil, literalis, Grae-

438

cae vulgaris, Latinae atque Italicae. Ven. I786. Vol. I. II. fol.

K. Weigels Neu -Griechisches Teutscli-Ita- lienisclies Wörterbuch. Leipz. 1796, 8-

Charakter der Griechischen Sprache.

Die Darstellung ihres Charakters ist Dar- stellung ihrer Vorzüge. Die einzelnen Formen sind zu bekannt, als dafs es einer Darstellung jenes Charakters von dieser Seite bedürfte. Nur einige allgemeine Blicke auf jene Vorzüge ver- dienen hier einen Platz.

Aufserordentlich war die Bildsamkeit der Griechischen Sprache. Eine Menge zweckmäfsig abgeleiteter Formen gehen von ihren Stamm- wörtern ans, und sind ihr eben so wohl Quelle des Reiclithums als der Bestimmtheit geworden. Ein Hauptbeyspiel dafür ist hinlänglich: die nicht bey Einem Worte, sondern bey vielen Wörtern, mit deutlich unterschiedenen Bedeu- tungen neben einander stehenden Formen, wie QiKiCi, (piXoTvg, (piknTig, (ptMixa^ to (piKs7v, 10

v.o(7yJg^ y,öcrfj.r]fjiciy to xocrfiiov^ ycoa-^iy.cv , y.c^fÄ'/jTiyJv, '/CcTy.ioTrs y xÖTfj.yiTig^ to K0(7y.s7v, y.'^cryraY\g ^ Kc^j-y^- TCDP it^clyfj.o:, Tt^d'^ig, to 'Tr^drrsiv , Tr^ay.TcV, TT^axTix^V, ir^ciyy.ccTixcg, Tv^uyfJiaTo^lYig ^ Tr^si^//.«- TfTiJi, ni^cf.yiJLOt,'iSiU)lr,g^ 7r^547/oiaTcUT:is-, nt{)^rA,yficnsvg^ TrgcixTft)^. Die vielen Participien und Verbal- Adjective, die Benutzung der aus mehreren Verben Einer und eben derselben Wurzel ent- lehnten und verbundenen Verbal- Formen zum Ausdruck verschiedener Zeitverhältnibse, die cien Grad einer .schicklichen Anwendbarkeit nicht übersteiffende Feinheit so vieler anderer Bezeichnungen, und die feste Durchführung

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solcher Analogien fallt jedem Freunde dieser Sprache bey. In der Leichtigkeit der Zusam- mensetzungen, welche ebenfalls sowohl Quelle des Reichthums ist, als'Mittel, Deutlichkeit und Kürze des Ausdrucks zu vereinigen, wird sie von keiner Sprache übertroflen. Und alle diese Formen und Zusammensetzungen tragen in einem bewundernswürdigen Grade ebensowohl das Gepräge der Zweckmäfsigkeit als des Wohl- lautes an sich, welcher durch ein passendes Ver- bältnifs der Vocale und Consonanten, und der verschiedenen Arten der letztern zu einander er- zeugt ward, aber die Sprache nicht auf Kosten der Stärke und des Nachdrucks verweichlicht hatte. Diefs 2;ilt freilich nicht von allen Dia- lecten auf gleiche Weise, wie von den scnön- sten und gebildetsten unter ihnen. Übrigens aber hatten diese Dialecte auf die Art des Baues der Sprache keinen beträchtlichen Eiuflufs. Die Formen Avaren zwar verschieden, aber weniger ihre Anzahl und Bedeutung.

Glückliche Organisation zu bestimmter und sonorer Artikulation, von einem sanften Him- melsstriclie unterstützt, Lebhaftigkeit zum Auf- fassen jeder zuströmenden Vorstellung, Gegen- wart des Geistes, Scharfsinn und Geschmack, um sie zu fixiren und auszudrücken, hoher Na- tional-Sinn, welcher Kunst erweckte, ermun- terte, und in den Versammlungen der Nation, die auch späterhin mehr hörte, als las, mit Ruhm bekrönte, Staatsverfassun::^en, welche Be- redtsamkeit zum Ziele der Bestrebungen Aller erhoben, reger Sinn für philosophische Ab- stracrion alle diese günstigen Umbtände ha- ben vereinigt (rewirkt, um das schönste Ge- bäude seiner Art aufzufühien, an welchem alle

44»

jene Talente schon längst im Verborgenen ge- nrbeitet hatten, elie Dichter, Redner und Phi- losoplien, jede Classe mit ihrer Kunst, das Ihrige dazu beytrug, diese Stufe der \'^ollkoni- menlieit zu erreichen, auf der wir die Griechi- sche Sprache erblicken, ohne dafs einseitige Bearbeitung durch eine einzelne von jenen Clas- sen Spiele der Phantasie und des Witzes, oder Abstraction und Dunkelheit der Speculation, die Oberhand hätte gewinnen la&sen, oder auch nur die Prose blofs auf die vita umbratica der Gelehrten bescliränkt hätte.

Wenn man die Reilie von Jahrhunderten überschaut, während welclier die Sprache der Grieclieri von Homer an, aus dessen Munde sie schon so unnactiahmlich schön fiofs, bis zum Giufel ihrer völlia;en Ausbilduns; für jede Art von Ausdruck unter Plato und Aristoteles und noch nach ihnen Pvluster liefert; so mufs man be- kennen, dafs keine andere Sprache so glücklich war, so lange von solchen Geistern eine so voll- kommene Bearbeitung zu erhalten. Und als der Griechische Geist sank, und unter Sammlungen der Gelehrsamkeit, Spitzfindigkeiten der Specu- lation, und Überladungen der Beredtsamkeit kraftlos erlag: stand die Spraclie so fest, dafs sie nicht mit erliea;en, sondern noch immerfort in ihren herrlichen Mustern angeschaut wer- den konnte.

Den Periodenbau, der ein treffendes Ge- mählde des Zusammenhanges darci;estellter Ge- danken gewährt, verdanken wir blofs dieser Sprache. Geschaffen hat sie ihn, aber auch sie* selbst hat ihn durch die feinsten Andeutungen jeder Schattirung der Gedanken zu einer Höhe gehoben, die nach ihr kaum wieder e^reir]l^

44 1

tvorclen ist. Jedes der vielen Wörterchen, wel- clie diese Verhältnisse der Sätze ausdrücken, ist Beweis der Auffassung und Bestimmung eben so vieler feiner Unterschiede jener Verhältnisse, und bey der Leichtigkeit der Wendungen ver- sdiwindet jedes schwerfällige Ansehen.

Die anerkannten \'orzüge der classischen Werke des Aiterrhums sind die Pflanzungen der Griechischen Sprache und ihrer bewunderns- würdigen Schriftsteller. Denn nach Griechi- schen Mustern haben sich die Genies gebildet, welche einst der Lateinischen Sprache die Zeit ihrer schonen Blüthe brachten, und welche die edle Kunsr poetischer und prosaischer Darstel- lung theils nach der Periode ihres gänzlichen Verfalls wieder erweckt, theils unter dieser oder jener Nation zu einer glänzenden Höhe emporgehoben haben '').

Charakter der Neu- Griechischen Sprache.

Der Neu - Griechischen Sprache mangeln nicht alle Vorzüge ihrer vortrelfiichen Mutter.

*) Schriften über die Vorzüge des classischen Al- terthuiiis enthalten mancherley Belege zu der obigen Darstellnne. Hier können nur einige an2:e<?eben wer- den, welche zusieich Versleic'annsen der Griechischen Sprache mit andern sine!: J. J. Hnttingzr's Versuch einer V^ergleichung der Teutschen Dichter mit den Griechen nnd Küniern in den Schriften d. ]\Iannheim. Gefeilsch. B. V. J. Ge. Trev.delenbtirg's \'era:leichung der Vorzüge der Teutschen Sprache niit den Vorzügen »1er Lateinischen itnd Griechischen , ebendas. B. IV. .7. H. Kisiemakei''s Kritik der Griechischen, Lateim- schen nnd Deutschen Sprache, Münst. 1793, g. J. L>. Hülst von dem künstlichen Naturgange der Grie- chischen Sprache in ihren Hauptwörtevarten in Bück» eicht auf Sprachgeschichte. Hamb. 1724,

442

Man rühmt auch ihre Annelimlichkeit und Deut- lichkeit. Die Veränderungen, welche die Mut- ter in ihr erlitten hat, sind ungefähr von der- selben Art, wie die der Lateinischen in ihren •Töchtern. Sie betreffen theils die Wortlaute, theils die Formenlehre. Im Neu -Griechischen ist oft (7(7 und TT in ^, a in o oder u, cp, auch ß in TT, 3- in T verwandelt, ^ steht bald für Ä, •bald umgekehrt dieses für jenes. Oft sind Buch- staben, besonders 7, v, u eingeschoben, dage- gen von verdoppelten Consonanten oder von zwey neben einander stehenden Vocalen der eine weggelassen worden, so auch oft Anfangs- Vocale, welche im gemeinen Leben auch da verschluckt werden, wo die Sprache eigentlich sie erhalten hat.

Wie bey der, der Bildung der Italienischen Sprache vorhergegangenen Verderbnifs der La- teinischen die Deciinations- und Conjugations- Formen der letztern nicht mehr genau beobach- tet wurden, und dadurch ihre Bedeutung ver- loren, und wie sodann eine von diesen Endun- gen aufgegriffen wurde zur Hauptform des nun niclit mehr durch Casus -Endungen, sondern durch vorgesetzte Praepositionen declinirten Substantivs *) so, auf ganz ähnliche Weise ist es der Griechischen Sprache ergangen. Die Neu - Griechischen Nomina haben zwar Casus behalten, nämlich im Singulare und Plurale (denn des Duals entbehrt diese Sprache überall)

*) Madrc, genitore, genito, possessionc. Der- gleichen Verändevuugen vviinlen zu einer Analogie «!er neuen Sprache, und diese Analogie ging dann iliion Gang für sich fort, ohne dafs sich von jeder ein- zelnen Veränderung weitere Kechenschaft geben lalst.

443

^wey oder drey Casus, den Nominativ, dem der Vocativ und gewöhnlich auch der Accusativ gleich ist, und den Genitiv, der meistens in seiner Form beybehalten ist. Aber eben jene Pviominativ-Form ist gewöhnlich entweder aus dem alten Accusative oder aus dem alten Dative entstanden. Z. B. statt dii^cijv lautet der Nomi- nativ ä/i^^'vi, statt TraTf: ttch^i (Genhiv irciiOia von TFcaihov), statt cli(av: cclxvag, statt (pcivKÖTyjg: (py.v- KcTYjTcx,, Statt •yiyag: 'yiycivTagj der Plural -No- minativ von (piKiü und TriVif ist (piXiccig und 'nigcx.ig. Der Dativ ist dadurch der Neu - Griechischen Sprache verloren gegangen; sie hat ihn gar nicht, und statt desselben gebraucht bey Ver- bal-Constructionen das feste Land Macedoniens und Thessaliens den Accusativ, die andern Ge- genden den Genitiv. Aber alle Praepositionen regieren den Accusativ. Die Adjective haben oft statt der Endung w5r;c: socg, statt og und wv: ä2V]g und iviog', es sind Diminutiv» Adjective mit der Endung T^iv^cg da. Bey einer solchen Um- schaliung erfolgen auch Vereinfachungen und Verwischung der Irregularität (wie beyunsern Kindern, wenn sie Verba irregularia wie regu- laria conjugiren): so hat der Comparativ von '/.dKtg ^ fjLsydXcg: '/.ah.iTs^sg , fJisyoiKi7€^og , (welche Comparative den verglichenen Ge,2;en-stand nicht im Genitive, sondern mir den Praepositionen 'ncc^d oder clirs bey sich haben, luid eben so häufig auch durch TTsQ^ic-crcrs^ov umschrieben wer- den, so wie der Superlativ durch das vorge- setzte //.fyaÄoJTCiTc?,) so kommt von irrv du: ia/ig ihr; aber eben so oft erfolgen überladende Ver- mehrungen: so wird niic// , mir häufig durch tov As7a^.a, uns durch t2 Kcynfj.ctg ausgedrückt, und i^r/.6g (x^'j 'Kcv) fA8 ist mein, meine. Der Artikel

444

ist fast ohne Veränderung beybehalten, aber das Pronomen relativum wird durch das decli- nirte o civolcg, oder durch cttS ausgedruckt. Die Tempora sind das Praesens, das Imperfectum, \velches das alte Praeteritum ohne Reduplica- tion, bey den Contractis aber aus dem Imper- fectum gebildet ist, das Perfectum, welches der alte erste Aorist ist, endlich Plusquamperfectum und Futurum, welche beyde durch Hülfs-Verba und einer aus dem alten Futurum gebildeten Form gebildet werden, jenes mit haben ^ dieses mit wollen^ z, B. slyß, "^^d-^si, S'i?KüD clyci~ra-ti \\. s.w. Ein Infinitiv ist gar nicht da, sondern wird durch die Personal -Formen und die aus 7va abgekürzte Conjunction vx, zuweilen auch dtirch TTcog oder cti ausgedrückt. EsistnurEia Particip yq^dipovrag^ vorhanden, und diefs ist in- declinabel, aufJier dals die Gebildeteren im Plu- ral 'y^ci(povTsg sagen; es Avird auch bey weitem nicht so häufig und geschickt gebraucht, als in der classischen Sprache. Das Verbum substan- tivum hat sich durch das Verbum stehen vervoll- ständigt, z, B. im Praeter. i^xBiT/ioc, welclies wenigstens gebraucht wird, wo von einem Zu- stande oder Aufenthalt die Rede iöt.

Von dem Dialect der fols;enden ersten Grie- ch'isclien Formel des V. U. ist oben gesprochen wor- den. Kritische Bemerkungen über den einge- klammerten Schlufs des V. U. mufs man in der angegebenen Ausgabe nachgehen. Die mit La- teniischen Buchstaben geschriebenen Formeln in Hickes Thes. Praef. S. XIX, und Jos. Mar. Thomasii Codd. Sacramentorum, Rom, i6So,

sind eben dieselben, und zeigen blofs die vei> schicdenen Aussprachen ihrer Zeiten und Ge- genden, durften daher nicht aufgeführet W€r- den. Die letzte ist überdiefs äufserst verderbt. Die aus Dialecten zusammen gesetzte Formel in den altern Sammlungen ist eine zwecklose Spic- lerey, weil eine solche Sprache nie vorhanden war. Auch von den Übersetzungen in Ver>e sieht man keinen ?N^utzen. Wer Gefallen daraii findet, halte sich an eines Ungenannten Oratio Dommica alils atqiie alils carminum generibus et La- tihe et Graece reddlta. Helmstadt, 1610, 8.

Die Neu- Griechische Formel im Megiser imd den fol2"enden Sammlungen zeichnet sicli schon durch den Aiufang Oar?^ v\iJ.cig und durch andere Formen aus den niedern Sprecharteu aus. So sind in der dritten Bitte s^ri fiir vci HÄv'/j, oder a$- fA-3-*?, in der tlinften crvx^cQ^c^.c-^ für a-v^f/j^gr^TS y und in den beyden letzten tt?;- q^cx,<7f/,o und ;c5C-/o für irsi^aa-fjLsv und xciKcv Pligen- heiten des niedern Volkes. Dagegen ist in der ersten ccyiciTB-iTM Hoch -Griechisch und im ge- meinen Griechisch ungewöhnlich. Sie ist hier N. 210. Die beydeh ersten Formeln sind in der heutigen Schrift- und Kirchen -Sprache, aber nach zwey verschiedenen Übersetzungen; die erste nach Dan. Castrisii handschriftlicher Über- setzung des N. T. zuerst in Andr. Müder' s SdirnnrÄ. und die zweyte aus Maximi CalliopoUtae von dem bekannten Cyr. Lucar veranstalteten Übersetzung des N. T. Genf, (nicht Leiden,) iÖ3Si 4; Lon- don, 1703, 12; und die dritte N. 21 1 hat Mül- ler aus Grcunmay's Spec. Litt, et LL. universi or- bis pr 20 entlehnt, der sie vom Biscliof des heU ligen Berges erhalten haben will.

446

207. Alt - Griechisch.

NacJi Matth. ö, nach der Griesbachischen Ausgabe»

Yidrs^ YifjL'üV ^ 0 iv toTs" ou^avcTs-, "^ Ay nx,(7S'riT(i) 70 ovoy.ä. crov,

Yev^Bv]T(a lo SiKyiy.d a-oVy wV iv cv^otvu, Kd; iis)

TV? yng; Tcv ä^Tsv i^fJLiüV Tov iiviov(jiov leg y'//.7v (TY\iiiqpv\ K«< ciCpsg Y\iuv tcj 6(psi7J\}xa.'TCi vifjLZv , wV xai i^ixsi^

d'^iSfAsv Tctg 6(psiKiTCiig ri[j.Zv ; Kui {/.Yj sltTsviyzvjg i^y-ug slg ntei^aafAov; 'AKKa. ^vo-oii rifj.clg dito tou irovr.qpv', ["Ot^ c-ov i^iv ri ßcio-iXsicc, '/.cx.i 'h SuWjtuS', v.cä ^

Ic^ciy elg Tcvg diuvag. Ay.r^v.^

208.

Neu- Griechisch.

Nach Dan. Castrisii JiandscJirif fliehen Übersetzung in Aiidr. Mülleis Samml. S. g.

tlciTSpa fJLCcg, c'-stcv s^ktui slg rovg oü^avcvV, "A$". fTvcii d'yiCi^fJLSvsv to cvoy.d cov\ "Ag sK&ti V ßciG-iKsiU c-cv\ "Af yivv] TO SsK'/iyd cö-j, ojVav <yivsTCii slg rov ov-

^otvov, £7^1 xcil sig Trjv yriv-y Log fJLCtg, a-Yjf/.s^ov to '/,ciS'yiy,sq^ivsv yxg '■poüf/.i', Kai (jVp.Tid^YiTCii yccg rd yj^iy\ ycig, cSa-dv y.a.1 ifis7c

<7Vy,7T Ci^OVfJLSV i'Astvcvg CTiCV fJiCig ;:^^eo?'oü(7< J

Keil yv} fjiug ßdhKsig slg ntsiPcx.Ty.ov', AKKd iKsv^i^ioas yccg d.7:o rov ttovyi^ov] AiCtTi' i^Lzri a-ov slvxt ^ ßciG-iKsia, %al >j ^ui'«jti<f> xoii »j lö^oc slg rsvg aloovag. Ayyjv.

44,7

2og. Neu - Griechisch.

Aus des Maximi Calliopolitä Neuem Testamente, n TlxTe^oc fA,xg^ o irov üa-ai sig rsvg cv^avcvgy

"Ag eK^v\ 'y\ ßcio-iKiin. a-ov;

"Ag yivvi ro ^iKY\fj.ci uov, za^oäg sig tcv ov^ctvcv^

h^i xcti elg Trjv yyjv'j To \p(jüiJLi (xag ro ■KuSrjfJLs^ivov ^cg fiag ro <t^[a,s^:v; Kai o"j7%w'^)i(7£ [xag id X^eVfjuas", xä-S-^V xa/ kyMg

Ka^ \x,v[v /jLoig Cps^sig sig arst^cia-fjiovy 'AKKcc iKsv^s^ooTS fxag duo tov ttowj^ov "Ort i^iXYJ (70V shcci 17 ßcca-iKsiXy xai »j ^vvctf^ig, Kdi »j ho^a, sig Tovg oiiiüvxg. A/^»iv.

210.

Neu - Griechisch.

Aus Megiser (n. 7.).

UuTs^ yjfJLxg, o-noiog ice £f]g TWf 8^«v8f, AyiccSnoo ro ovofjLO, o-s, Na f^Ti V] ßaa-iKsio!. ora. To SsKvy.cc a-a vct •yivsrai ir^a sv rrj yri> ^^ ^'^

rov a^xvov. To '4^(t)iJLt yjfjLxg lo7s r}f/.otg aiys^ov. Kcii <7vyQqciL7s vfJLoig TÖ6' K^ifjLarct, *i/^wv, <T^a KXi

sfjiv]g (Tixo^aa-ofJLsv ttisivag , ottü ycng «^ixav. Kai ysv irrs^vYjg yjpLag eig ro rpcei^acryo. AKKa (Toa-ov 'ii}Lag airo ro Y.sf.v.o. Aym,

44S

211.

Neu- Griechisch aus der Diöces von Thessalonich,

Nach (Müi/er's) versionum orationis Dominica auctariuih N. X.

Pater himo, ho an tos oranos. Agiastita ton ononiaso, * EltheLa hl basihaso. Genithita ton theümaso hos an omno ke

eptes ges. Ton arton himon ton epision dos hemon

simeron. Ke aphes himin ta opihmata himon hos ko

hiuies aphiemam tis opheleres himon, Ke mi iselenkis himas is ph^asmon. AUi rliisa himas apo to poniru. Amiii,

4, Lateinischer Sprachstamm,

Italiens Bevölkerung.

Italien ist eine lange Halbinsel, welche in Norden vermittelst der Alpen, die (.es in Gestalt eines halben Mondes umgeben, mit dem übri- gen Europa verbunden wird. Zwischen diesen Alpen und der Donau ging eine der grofsen Heerstraisen, auf welcher sich die Iberier, Kel- ten und Illyrier in das westliche und südliche Europa fortwälzten, und daher wohl gleich an- fänglich manche Stämme in das seitwärts gele- gene Italien absetzten. Die Alpen bothen au ihren beydcn äufsersten Enden und in dem heu- tigen Tyrol dazu &clbi>t die Hand, indem sich

hier

449

iiier drev Durchgänge finden, welche auch für nomadische Barbaren gangbar sind. Die Zeit dieser ersten Besetzung ist unbekannt, Italien war den Griechen noch zu Homers Zeit ein. dnnkeles Fabelland, und die einheimische Ge- schichte keimet erst mehrere Jahrhunderte spä- ter auf. Aber wahrscheinlich ist diese erste Be- setzung mit der des übrigen Europa zu gleicher Zeit geschehen, Und da den ersten eingewan- derten Stämmen immer neiie folgten, so wur- den jene iitim^er weiter vorwärts gedrängt, bis endlich die Natur selbst ihrem weitern Vordrin- gen in Calabrien und Sicilien Gränzen setzte. Es folgt daraus von selbst, dafs die südlichsten Volksstämme auch am frühesten eingewan- dert sind.

Daher rühret es denn , dafs wir dieses Land bev dem Anfange der Geschichte mit mehrern theils gröfsern, theils kleinern Völkern von ver- schiedenen Sprachen, Mundarten und Graden der Cultur besetzt sehen, welche sich, wie über- all, um Beute und Oljerherrschaf't streiten. Es ist um der Folge willen wichtig, diese Volker^ aus welchen hernach Rom zur Bt herrscherinn der Welt aufstieg, näher kennen zu lernen. Da von vielen andern Schriftstellern, bey aller ihrer Gelehrsamkeit und Weitschweifigkeit we- nig Gründliches zu erlernen ist*), so folge ich

*) Einer der neuesten einheimischen ist Sranisl. Bardetli , dessen Werk dei primi Abiiatnri cCitaha zu Modena> i7Ö9> 4> und nach seinem inzvvi-^chen er- folgten Tode, della lingua de' primi Abitaiori delT Iralia, eb. das. 1772, herauskam. Aber erscheint keine andere Urbewoliner Italiens zu kennen, als Gallier und Germanier, deren Sprachen, ihm zu Folge, nahe verwandt waren.

Mitfvid. IL Ff

dem NkoL Freret ^ der in seinen Rechenhes siir Vorigine et rancienne Hialoirc des diffcrens peuples d'Itdlie^ in den Mtinoircs de tAcad, des Iiiscript. Th. 18 ? Hist. S. 72 diesen Gegenstand am oriindlichsten abgehandelt zu haben scheinet. IMit ihm stimmen im Ga;:ztn aucli die Heynischai Anmerkungen zum Guthrie und Gray, Th. 4, und Excurse zu Virgils Aen. B. t und 8 überein^ mir dais, ^vo die nöthigen Ent&tl.eidungsgründe fehlen, hier weniger bestimmt geurtheilet \vird, als von Freret. Indessen gibt dieser in solchen Fällen auch weiter nichts als Vv'ahrscheinlichkei- ten, mit welchen man sich in der alten 'Ge- schichte ohnehin so oft begnügen muls.

Italiens älteste Bewohner.

Diejenigen Völker, welche diesem Lr.iid6 seine ersten Bewohner gegebfen haben, sind vornehmlich folgende fünf: lUyrier, Ibei'ier oder Cantabrier, Kelten oder Gallier, Pelasgcr oder alte Griechen, und Etrusker. Die drey ersten erhalten sclion aus der obigen Zuglinie der Hauptvölker ihre Begreiflichkeit.

I. I 1 1 y r i e r.

Die Illvrier waren ein Tliracischer Stamm, lind ihre Sprache war eine Tliracische Mundart. "Der Weg aus dem heutigen Krain nach Friaul über den Mom Albius , einem Theile der Karni- schen oder Julischen Alpen, war für sie der leichteste. Sie sollen fünfzehn Jahrhunderte vor Chr. in Italien eingewandert seyn. Freret nimmt drey liiyrische Hauptvölker an, deren jedes die ihm nächsten Gegenden besetzte , aber von den nachrückenden immer weiter vorwärts

40 1

getrleheii wurde, daher man die ältesten ße- woliaer Italiens in Apalieii suchen muls. Diese drey Hauptvölker sind;

1. Die Libiinuer ^ aus Liburnien oder dem lieutigen Kroatien. Sie waren die ersten Ein- \vandcrer, und Üefscn sich anfänghch zwischen i\L\\ Alpen lind -der Etsch nieder, giiio;en hierauf auf die anciere Seite des Po, und breiteten sich längs dem Meere aus, bis sie an das äufserste .i.!;c!e Italiens getrieben wurden. Hier theilten sie sich in Jap\'gier^ oder Ap/f/ier im strenasten Sinne, Piidiculcr ^ bey den Griechen Peuceiier nnd Calnhrer. Alle drey redeten einerlei' Spra- che. In der Folge nahmen sie die Lateinische an, ohne doch der ilirigen zu entsagen, daher Horaz Sat. B. I, lo, 30 die Cänusiner in ÄpuHen bilingues nennt. Auch Flinius bemerkt B I, c. 14 (19), dafs sie Irüherhin weit höher an der Ost- seite Italiens wohnten, und von den Umbriern verdrängt wurden.

2. Sicukr^ ursprüngiicfi von den Gränzen Dalmatiens. Sie kamen nach den Lihurniern, waren zahlreich, und besetzten alles Land von der Tii^er bis an die östliche Küste, das Gebierh der Liburnier ausgenommen, bis sie 80 [ahr vor Troja's Eroberung genöthiget wurden, nach Sicilien zu wandern, Sie sind die einzigen, wel- che ihren alten Nahm.en behielten, und densel* ben auf ihre Inc-el übertrugen. "

3. Die He n et er oder Veneter in Norden des Po, wo sie sich lange* ohne ^^ermischun(T mit andern erhielten. Herodot (B. I, 196) bezeu- get ihren Illyrischen Ursprung. Der :\iahme ist ein allgemeiner Local- Nähme, der Küsrenbe- wohnet bedeutet. rvlaffei in seiner Istoria di Verona S. 12, und Lanzi ni seinem nachher an

Ff 3 .

zuführenden Saggio P. III, S. 6.34 untersclieldeil die Veneter nicht von den Euganei, welche nach andern Sagen von jenen sollen verdrängt '\vorden seyn. llire Sprache war nach Polybius ß. II, c. 17 von der Gallisdren völlig verschie- den. Nach Plinius B. XXVM, c.7 (26) hiefs diejenige Pflanze bey ihnen Colonca^ welche die Gallier Hains nannten. Nach Hesychiiis hiel?i der Po bey ihnen Bebeekcs^ bey den Galliern und Liguriern aber nach dem Polybliis Bcd^'^^cof.

IL I b e r i e r.

Die Iberier bewohnten anfänglich die ganze Küste von den Pyrenäen bis an die Alpen. Durch den ^vestlichen Pafs der Alpen gingen sie beynahe 1500 Jahr vor Chr. nach Italien, und zwar anfänglich in das alte Ligurien, den bis- herigen Staat von Genua. Von da besetzten sie längs den Küsten Toscana, Laiium und Camuania. Da sie in der Folge den Lio"uriern und andern eindrino^enden VölkiSrn nicht wider- stehen konnten; so gingen sie unter dem Nnh- inen Sicani weiter südwärts, bis nacli Rhegium-, und von da nach Sicilien, wo sie den westliclien Theil in Besitz nahmen. Nach Thucydides (B. VI, c. 2) waren sie Iberier, inid wurden durch die Litrures von dem Flusse Sicanns, hernach .^7- com, jetzt Segre in Catalonien vertrieben. Nach dem Philistus bey dem Diodor (B. Y, c. 6) hat- ten sie mit den Iberiern einerlev Sprache. An- dere gingen aus Toscana nach Corsica, wovon noch zu SeneCa's Zeit (s. Consolat. ad Kelv. c. 8) Wörter in der Sprache zeugten. Die Berg-Cor- sen sollen noch jetzt Spuren dieses ihres Ur- sprunges aufbewahren.

'f55

IIL Kelten oder Gallier.

Diese bewohnten olmehin den ganzen Strich in Norden Italiens zwischen den Alpen und der Donau, vermuthlich noch seit ihrer ersten Ein- v/anderung in Enropa. Sie rückten durch Ty- rol und Trident in Italien ein. Die Zeit ist un- bekannt: aber sie fanden schon lUyrier und Ibe- iier vor .':ich, \velche sie immer \veiter südwärts drängten. Die Römischen Schriitsteller nennen feie Omhii, Lmbri^ AmLroneu , ^velches eigentlich eine allgemeine ßenennung aller Keltifcchen Völ- ker in Ooten und Westen der Alpen von dem Hhein an bis an das Meer war, so dafs auch die Helvetier und Ligurier darunter begriüen wur- den. Sie müssen bey ihrer Einwanderung in Italien sehr zahlreich gewesen seyn, indem sie sich des ganzen Landes in Norden und Süden des Po, selbst des nachmalüigen Etruriens und der östlichen Gegenden der Tiber bemächtigten. In Süden des Po wurden sie nachmahls tlieils von den Etrusivern, iheils von des Beliovesus Galliern um Goo vor Chr. vertrieben. In Nor- den dieses Fluhses behaupteten sie sich am läno-^ sten. Die Römer nannten bie Insubrier ^ Poly- bhis (z.B. B. II, c. 52) am richtigsten hombn, die niedern oder untern Ombri^ deren Haupt- stadt M€J/ü/<r//Z/^/?z war. In der Folge besetzten i-ie Corsica. Ein schätzbares Überbleibsel der Sprache der südlichen IJmbrier haben wir in dqn Eugiibinischen Tafeln, welche theils mit Etruscischer, theils müt alter Lateinischer Schrift geschrifcl^en sind, und welche Lanzi in dem nachmahls anzuführenden San^gio della Unpua Etrusca, Th. 3, S. 657 am besten eiklart hat. Sie sind 1444 zu Gubbio oder ügubio im bi,-

4r>4

Ii erigen Herzogthnm Urbino gefunden worden, lind bev weitem nicht so alt, als man wohl ehe- dem glaubte, indem sie sich nicht über 400 vor Chr. erstrecken. Auch erscheinet hier diei>e Spra- che schon .: ehr vermischt, besonders mirLateini». sehen und Jitruscischen Wörtern luid Formen.

IV. Aeltere Griechen oder Pelasger.

Dafs diese lange vorher, ehe sich die spä- tem Griechen in dem untern Italien testseTzten, in zahlreichen Colonien in das mittlere einwan- derten, inid sich mit den \orgef'.rndenen airerji Einwohnern vermischten, bezeugen Sprache, Sitten, Religion und Künste, so^vü}ll in Etru- rien als in Latium, wenn man gleich manche einzelne Nachricliten davon für Dichtung halten mufs. Dionysiiis (H. 1, S. 8- 9- Sylb.) nimmt zwey Griechische X'ölker als Urbewchner von Latium an, Aborigines und Pelasger. IN ach ihm Icamen die erstem unter dem Oenotrus und Peiicetius, siebzehn Generationen, d. i. ^,30 Jahr vor Troja's Eroberung zu Wasser aus Arkadien, welchen nachmahls Pelasger aus Thessalien folg- ten. Bevde setzten sich imter den Umbriern fest, verjagten die Siculer, und ^\•urden die Vorfahren der Lateiner. Aber schon ihre An- kunft zu Wasser ist sehr unwalu-scheinlich. Ar- kadien ist ein kleines Landchen in der Mitte des Peloponues, welche.s noch zu Homer*s Zeit Aveder Hitfen noch Schifie liatte. Auch war die Schifilahrt 1837 ^'^^' Chr. in Griechenland gö- wifs noch nicht so weit gekommen, dafs sich ganze Colonien ihr anvertrauen konnten. Es ist daher wahrscheinlicher, dais die ältesten Pe- la»p,er aus Thessalien und dem nördlichen Grie-

ch'enlande durch das ihnen so nahe Illyrien ein- gewandert sind, und vielleicht gar die Illyri- fcchen Stamme vor sich her gedränget haben. Durch ihre Vermischung mit den Keltischen Umbri, vielleicht auch mit dem, was von Illyri- ^chen Siculern zurück blieb, entstanden die kleinen Staaten der Umbrier, Sabiner, Lateiner, Samniter, Ausojier, Obker, Oönotrier, Liica- nier, 15riittier u. s. f. Diese waren den Grie- ( hen mehr oder weniger ähnlich, nachdem viel oder wenig Pclasger in ilire Mischung kamen, vuid hatten wiederum auf einander mancherley Einflufs, s. Vellejuo L. I, c. 4.

V. E t r LI s k e r.

Es ist sonderbar, dafs man von einem so merkwürdigen Volke, welches in Italien zuerst einige Cultur in Sitten, Verfassung, Kiinaen und Wissenschaften erhielt, zwar viele Dich- tung und Übertreibung, aber so wenig Ge- schichte hat. Das undanivbarc Rom bereicherte sich mit Etrnriens Schätzen und Kenntni;6en, vertilgte aber dessen Denkmähler. Die Griechen nannten. sie 7}','-/-/7<'/;er oder Tyrseiier und Pelasger; die Römer aber Tiisker oder Etriisker^ und ihi Land Etrwicn. Sie selbst nannten sich Rasena s, Dionys. Ital. S. 24. Sie stammten gewifi nicht aiiS Lydien her, wie die Lydier bey dem Hero- <lot (B. I, 94) vorgaben, und ihre Auswande- rimg mit Umständen erzälilten, welche die ganze Geschiclite sogleich als Fabel ankündigen. Sie waren ursprüngliche Keltische Rhati aus dem so nahen Tyrol, und rückten ungefälir 1000 Jahr vor Chr. durch das Tridentinische in ltalien,>nn- teijücliten und verjagten die Umbrier, die sich nun südwärts zogen, und breiteten »ich zu bey*

45Ö

den Seiten des Po durch den giöfsten Theil de» westlichen Italiens aus. Die Beweise des Zu- sammenhangs der Herrusker des mittleren Ita- liens mit den Rhätiern liegen in den ähnlichen Ortsnahmen, und in den Überlrlei-bseln Tuski^ scher Kunst in Tyrol, von wo indessen die mei- sten von Maffei nach Verona gebracht wurden^ S. fo/i. V. Midier s Geschichte der Schweiz B. I, Cap V, imd von Hormayr's Geschichte von Tyrol Th. I, S. 26 u. S. 127 folg. Die frühe Cultur der Hetrusker , welche aber doch bey weitem so alt nicht ist, als oft vorgegeben worderi, hatten sie anfänglich den vielen Pelasgern zu danken, wel- che sie rheils schon vorfanden, theils nachmahls unter sich aufnahmen, wie aus ihrer Sprache, Schrift, Religion und Kimstwerktn erweislich ist "). D-ifs sie selbst alb Rhäti urbpriinglich Kelren waren, lafst sich historisch beweisen;

* ) So viel auch in den neuern Zeiten über die Etrusker nnd ihre Sprache geschrieben worden, so wenig ist doch iladnich entschieden worden, weil ein ieder schon das voraus bestinmite, was er bey seinen Untersuchungen finden wollte. Die Geschichte dieser Bt^'uühungen iindet man in des Gori flijasa delT Alfa-, heto deuli n iichi Tvscani ^ Florenz, 1742, 8, in der Vorrede, in des Peliti Enryclopcdie., Th. 2, B. 2, S. 422, wild in Heyne^s Anmerkungen zum Guthrie und Gray, Th. 4, .S. 17. Das beste unter allen AV'erken über die- fien Gegenstand ist des Liiigi Laiizi Saggio di lingua Et' usra e di nitre anliche ü'Ilalia, Piom, 1739, 2 'l'heile in 5 Bänden in 8 (wo er auch von den Kunstwerken hanlelt, in v/clcher Hinsiclu man aber Hrn. Heyiie's Abhandlungen in den Nnvia Commentat. Göttingens. B. 5 bis 7 damit verbinden mui's). Lanzi fehlt nur darin, dafs er in Etrurien so wie in dem ganzen alten Italien alles für Griechisch hält, und zu wenig Rück- sicht auf die Eigentlüimlichi:eit der Völker nimmt, jnit welchen sich die alten Griechen veruiiachten, S. indessen die Vorrede,

457

die Umbri, von welchen sie einen grofsen Theil unterjochten and sich einverleibten, waren es gleichfalls. Wollte man bey Untersuchung ihrer , Sprrxke von die.sen Sritzen ansgehen, so würd^ tiich vif lleicht alles in derselben, was nicht Grie- cliisch ist, als Keltisch ergeben. Dazu könnte des Hüllet Compilntion mit Nutzen gebraucht Vv« rden Das meiste hatten sie vielleicht in Au- seluing iines Kunstgeschmackes dem Demarat, eintm. der Bacchiaden, zu danken, der, um dtr Herr'üchaft des Kypselus auszuweichen, ß^c^ vor Chr. und zwar nach manchen Nachrichten init einer zahlreichen Colonie, worunter sicli auch viele Kiiubtler befunden haben sollen, aus dem damahls blühenden Korinth nach Etruriea Wanderte, und dessen Sohn Lucumon 615 unr Ter dem Nahmen Tarquinius, König zu Rom ward. Lauzi selbst mufs gestehen, dafs sich die ältesten lüruslcischen Steinschriften nicht über das vierte und dritte Jahrhundert Koms hinaus führen lassen. Als 590 ein zahlreiciier Haufe Gallier unter dem Bellives in Italien ein- fiel, wurden sie in Norden des Po verdrängt, vukI verloren hier alles bi§ auf Mantua, ^vorauf sie sich in Süden auszubreiten suchten, und im,- mer noch einen blühenden Staat ausmachten, welcher Toscana, Mantua und Picenum begriff; aber,, weil er aus mehrern unabhängigen, unter sich nur schwach verbundenen Republiken be- stand, keine Stärke hatte, und daher um 2S0 von dem alles verschlingenden Rom unterjocht wurde. Mit Rom's Heri'schaft verbreitete sich auch dessen Sprache, anfänglich nur in den Städten und obern Klassen, dbiw^ zu Augustus ■und Clavidius Zeit ward die Etiushische Sprache 3ioch gesprochen j bis sie endlich ganz erlosch,

/|^8

und ungeachtet der vielen noch vorhan(^enen Denkmähler mit Sclirift , jetzt ein Räthsel ist, welches noch kein Oedipus völlig gelöset hat, tnigeachtet Lanzi dem Ziele am nächsten ge- kommen ist.

A. Lateinische Sprache.

Bildung der L;i f ei iii sehen Sprache.

Bey diesem Ge\vühlc der Völker unter und >iber einander wav es nun wohl kein Wunder, tlals es in dem ursprünglichen Italien melirere Sprachen, und in jeder derselben mehrere Liundarten gab, \q nach('em die Bestandtlieile v»aren, welche iji einander übergingen. So entstanden die Umbrische, die Etruskische, die Sicanische u. s. f. Spraclien. Eiiie derselben ■war die Ldeimsche, oder die Sprache des alten Latium, welche sie in der Folge alle verdrängte. }Jie ältesten J3e\vohner Latiums waren A/wrigines, d. i. ein \'oIk, dessen Herkunft m.an nicht wufste, und welche zuweilen 3inch Auso?Jier genannt wer- den. Es ist die Frage, von welchem Haupt- stamme sie waren. Nach des Dionysius erwähn- ter Meinung Avaren die Aborigines: Arkadier, d, i. alte Pelasger. Aber da die Art und Weise, Avie er sie hierher versetzt, so wenig W'^ahr- fcheinlichkeit hat; so ist es wohl erlaubt, an ii'rer ganzen Herkunft selbst zu zweifeln. Sie k »nnen nach dem vorigen lUyrier, alte Kelten oder Umbrier, oder eine Mischung von beyden bcyn. Zu diesen geselleten sich sehr füihe zald- iciche Pelasgis.che oder Alt- Griechische Colo- nien, aus deren' Vermischung mit den vorigen 6iG l.a/eincr und die /.(7/f//;/iT//6' Sprache entstan- den. Beyde Hauptsprachen, die Keltische und

4j9-

die Griechische, sind in der Lateinischen nicht zu verkennen. An der letztern hat noch nie- mand gezweifelt, und da die Aeolische niid Do- rische Mundart dem alten Pela&gischen aui näch- sten kamen, so hatten auch diese den meisten Antheil an der Bildung des Lateiniscl^.pn. Man vergleiche die: Prolegomena de lingua Latina cpe linguae Graecae illusa'anda, vor Jo. Daiu a l.ennei) l^tymologiciim liiiguae Graecae, editio- r.em curavit, atque aiiimadversiones cum alio- rum tiuTi suas adjecit Evcrarclus Sc/teidius ^ P. I. II. Trajecti 1790, und den an2,ehängten : Index ctymologiciis praecipuarum \'ocum Latinarum. Auf der andern Seite gibt es aber auch eben so vieles Kehirche ni derselben, 'und man kann be- haupten, dalij alles, was nicht den Griechen an« gehöret, von den Kelten, und besonders den Umbriern entlehnet worden. Zahlreiche Bey- tpiele solcher Lateinischen Wörter, welche aus dem Keltio?chen herstammen, hat Jac. Macpherson m seiner Ge>.cj]ichle von Ireland. Einige an- dere Beweise werde ich sogleich seihst anführen. Diher konnte Diünysius mit Recht sagen, dafs llom's ältesre Sprache weder ganz Griechisch noch ganz barbarisch gewesen sey; DaLatium in den frühesten Zeiten von mehrern kleinen un- abhängigen Völkern bewohnet ward, so gab t$ Iner auch melntre Mundarten, wovon die 0/;/- sche, Oscisc/ie ^ ( in welcher, die Ludi Osci auch zu Rom gesprochen und^'Wrstanden wurden,) Vchchche, Sabinische ^ Sanmitiac/ie u. s. f bekannt iind, welche in der Folge in den Mauern des alles verschlingenden Ptom's zusammen flössen. Man sehe besonders des schon genannten Lanzi Saqg'o delta Ibifun Efrusca, den letzJ^en Band, dessen ludices als Verzeichnisse der Wörter die-

>,er Sprachen dienen können, imd da Überreste jener Sy^rachen vorzüglich auch auf Münzen eich befinden , EckJiePs Doctrina numorum veter lurai Vol. I, S. 85 folg., und besonders: DIst t-jrtat. I de htteris Etruscis, Samniticis, Oscis, i,uid Diss, II de terminatione mom, jio, r, wel- che letzteren Sprachen bevgele[^,f , und bey wel^ chen S. 126 über dieselben übe^haxipt gehanr ciclt wird.

Alte Sprach e.

Wie diese so vermischte Sprache noch meh- j'cre Jahrhunderte nach ihrer Entstellung gestalr tet war, als Rom noch weiter nichts, als eiri Staat roher barl^arischer Krieoer ohne Ge^ jschmack und Wissenschaft war, erhellet aus manchen noch übrig gebliebenen Proben. Die älteste ist wohl ein Lied, welches die Fralres Arvales ^ ein bekanntes Priester- Collegi um , bey ihrer jäJirlichen Opferfeyer sangen, und wel- ches mit den 218 nach Chr. iji Stein gehaue- nen Verhandlungen dieser Priester unter Papsx Pius VI, 1777 bey Gelegenheit des neuen An- baues an der Peterskirche gehmden wurde *), Es wird bis in des Romulus Zeit liinauf gesetzet, inid lautet so:

Nos Lares jiiv.ite

Eiios Lases juvate

r.eve . luem j^Iamers sines incurrere

Keve luerue I^arm^^r Sins incurrere

*) S. Acta Fratnim Arvalium sab Irnp. M. Auf. Antoriino Elagahalo ex mnrniorihus modo in Urb.e rejier- tis desciifta. JRditio altera. Koni, i778> hil. 4'BI. Vollständiger: GH Atti e Mnnurnenti dt* Fratelli Arvulif eb. das. 179^, gr. 4, £ Voll, und daraus Lanzi Th. I, S. 142, - .

46 r

in flores aSor Rcri Mar» Xvy.rj tiiaris

in rieores satur fiifere Mars liiinen sali

si^te Semones Alierni (fort.) advocate

sta Berber. Semiuies Alternei advocapit

Ciinctos. COllCtOS.

Woraus dasselbe noch zwey Malil, aber mit ab- weichender Schreibart v/iederhohlet wird. Daü Berber in der vierten Zeile ist unbekannt. Lanzi vermuthet, dafs es einßeynahme des Mars sey. Marder Berßer kommt auf der zweyten Eugubini- sehen Tafel vor. Ador s. Horat. Sat. B. II, 6, 88^ Bey Sali denkt man leicht an oKoq.

Nicht viel jünger, vielleicht noch älter sind die Gesetze des Numa, \vovon sich 'im Festus einige Fragmente befinden. Hier sind einige derselben.

Si lioraineni fiilmtn Jovis occiderit, ne sit-

Sei henionem fulmiii Jobis ocisit nei siipe»-

pra genua tollito; liomo si fiilmine

ra genua tolitod; henio sei fulmined

occisus est, ei jnsta iiiilla fieri opor-

ocisus escit oloe iousta nidi fieri opor- tet. tetod.

Si qnis hominem liberum dolo sciens

Se cuips hemoneni loebesom dolo sciens

inorti dabit, parricida €3to.

mortei duit pariceidad estod.

Si impriidens se dolo m.-lo occidit.

Sei im impriidens se dolo malod oceisit

pro capiie occisi et nates ejus

pro capited oceisei et nateis eiius

in concione arietem subicito.

tndo concioiied arietem subicitod.

4(u

Man bemerke hier die Ablativ! nr.f r/, wel( he «ine acht Keltische Form sind. Im Gnlit,chi'ri schreibt WÄn noch jetzt CogadJi^ Crcaclmdli^ spricht aber Coga^ Crearha.

Die alten Lieder, Avelche die Salier an c\ex\. Festen des Mars sangen, verstand zu des ('ictro Zeiten kein Römer mehr, hclbs-t die Saii.j^cr nicht, ungeaciitet jene, damahlb schwerlicii ü:)er 500 Jalir alt waren. Einige Bruciistiicke davon hat Varro erhalten. Cosauii^ dolos:; cso ; ondna; cdpatLila red.

Das Gesetz der zwölf Tafeln, v/elches in das Jahr 454 vor Chr. gehöret, foighch kaum 300 Jahre älter ist als Cicero, ist bekannt, daher ich es übergehe. Nicht so bek^mnt vrelleicht sind die Grabschriften der Scipionen, welche lySo entdeckt worden *). Die älteste ist die des L. Cornelius Scipio Barhntns^ welcher 298 vor Chr. starb, und zugleich die älteste Schi ift aus dem alten Rom enthält. Sie lautet so: Corne- lius. Lucius Scipio. Barbatus. Gnm- VOD. (Cnaeo) Patrh prognatus. Fortis. Vir. Sapiens«^. Ouoius forma. V r tu- te i. P A m s u M A ( pari'^sima ) F u i t C o n s o l. Censor. AiDiLis. Otjei. Fujt. Apud. Vos.

TaU.RASIA. CiSAlNA. S A M N' I O C f P t T.

s u b i gl t. o m n e l u c a n a a. o r s f d e s o u £. Abd o uc it.

Etwa dreyfsig Jahre jünger ist di<? Colitmna rostrata oder Diiilischr- Säule ^ welche zum Anden- ken des von dem C. Diulius '261 vor Chr. über die Karthaginenser erfochtenen Siemes errichtet

*) S. Momimenli dcoli Si ipioni pnblicari flal Cav. Franc. Pirane.si nell anno 1785, Rom, lol. In^l. Laazi Sag^io TU. I, S. 150 folg.

4C3

wurde, Un'^eachret sie nun kaum 120 Tahr-e älttr i.bt als Cicero 5 so kommen doch dabelb-^i; noch die Keltibchen AbialivI Pacnandod, PraedatJ, für pugnando , praeda vor. Auch der alte Genitiv der ersten Declination auf <?/, nulal^ penmn^ ist noch jetzt Galiach : Mala!, Fioimai ^ von Malay Fionna. Es scheinet, dafs man bey mehr Ge- schmack die Keltischen Formen als barbari^cli nach und nach modificlrt oder abgeleget, u)ivi sich dafür an die Griechischen gehalten habe. Einzelne Wörter mufste man indessen beyb;> halten, v/eil sie einmahl allgemein verbtandlivli waren.

Classisclie Sprache und Romana rustica.

Von hier an machen Fabius Pictor, Porciuj» Cato, Ennius, Plautus und Terentius die Stufen- leiter bis zur höchsten Ausbildung der Spraclie unter dem Cicero. Diese erreichte sie selii' schnell, besonders weil sie als eine gemischte Sprache nicht gegen alte eigenthümliche Analo- gien zu kämpfen hatte, welche schon in der Mischung verloren gehen, daher sie, so ^veit es der Charakter des Römers gestattete, unter der Leitung des Geschmackes leicht eine jede Farbe annehmen konnte. Aber in diesem geschwin- den Wachsthum des Geschmackes, besonders nach Unterjochung Griechenlandes, lag dtnn auch die Ur-.ache, warum derselbe nicht so weit durch alle Klassen verbreitet seyn könnt«?, als wenn er sich durch günstige Umstände nach und nach ausgebildet hätte. In einem jeden Lande zeiget sich die Sprache in den obern und bessern Klassen am reinsten und ausgebildetsten, weil nur in diesen die dazu nöthigen Kenntnisse und Geschmack erwartet werden können j und

404

die auf solche Art ausgebildete höhere tjm gart gs- spraclie dienet denn auch züglei( h zur Schriit- sprache. Die Zahl derer, welche Kenntni.-he tiiid Geschmack auf die Sprache anwenden, ist in einem jeden Lande selbst in den bessern Klas- sen klein. In Rom, wo nach Unterjochung Griechenlandes und Asiens eine Menge iingebii- deter Menschen sich aus dem S'a.ibe eihoben, scheinet sie kleiner, wie gewöhnlich, gewe-en zu seyn. Cicero kannte zu seiner -Zeit nui* fünf x)der sechs Römische Damen, welche rein und sprachrichtig sprachen, und wenn er seine Schwiegermutter Lälia sprechen horte, so war es, als wenn er den Plautus hörete (de Orat. B. III, c. 12). Selbst die komischeu Dicliivr sündigten auf dem Theater jeden Atigenbück wider die Reinigkeit der Sprache. Daraus kanil man schliefsen, wie die Sprache des \ olks be- schaffen war. Qiiinctilian klagt, dafs dashelde nicht im Stande gewesen, einer freudig« Accia- mation zu sagen, ohne einen Barbarismus mit einzumischen. Schon j^lautus theilte daher die Lateinische Sprache, so wie sie zu Rum ge- sprochen ward, in nobitem et plebejam. tn fier Folge, da dieser Unterschied noch merklicher ward, nannte man die erste c/ri.ssicfc/n , weil sie nur unter <\en Bürgern der eriten Klasse zu suchen war, inoleichen urbanam^ und Urhatiha- tem^ die letztere aber vulgarem und rustirain^ weil sie auf dem Lande am verderbtesten war. Jenes, das classische Latein, war selbst ^ur Zeit seiner schönsten Bliirhe schwerer zu erlernen, als die Muttersprache eines andern Volkes; ich glaube, weil es als eine vermischte Sprache viele schwankende vmd unbestimmte Analogien haben mufste. Quintiliau klagt) dals es seinen Schü- lern

46^5

lern sehr schwer falle, mitten in Rom Lateini-ch zu lernen, und vom Cicero weiis man, dafs ciie Reinigkeit Eines "Wortes oder Einer Form ihn oft mehrere Tage be.-schättigen konnte. Der Volks - pialect mochte in m;mchen Gegenden Italiens ' gewisse , schwerlich aber sehr unter- .^cheidende Eigenthümliclikeiten haben ; und c'.a- hin ist w-ohl auch die Patavinitas zu rechnen, welche man dem Liviu& vorwarf, s. Morhof de Patavinitate Liuii.

Charakter der Sprache.

Da diese Sprache hekaant genug ist, so kann ich ts liier bev einio^en wenitren allgemei-

^ CS C O _

nen Bemerkimgen be\venden lassen. Das Latei- nische hat .sich aus einer barbarischen, wahr- scheinlich aus der Keltischen, =»md der Pelasgi- schen oder Alt- Griecliiochen Sprache gebildet. Der Vorrath ihrer Wörter stammet aus beyden, vielleicht zu gleichen Theilen her. Anfänglich scheinet es aiich seine grammarischen Formen aus beyden entlehnet, aber in der Folge die erstem nach und nach verlassen, und sich hier ganz nach dt-r Griechischen pieb'ldet zu haben, so wie die Pelas^ischen und altera Hellenisch en Coloniep, welche denn insgesammt von der Aeolischen oder Dorischen Muudair waren, sel- bige sprachen. Man weifs, dafs» die Grii-chische Sprache in Ansehung der gramma-i-chen for- men eine der reichsten ist. Ihre Tochter, die Lateinische stallte es ahjo bijlia auch sevn. Allein sie blieb in manchen Stücken weit hinter der'?ei- ben zurück; vielleicht weil die Mutter damahls selbst noch nicht ihre ganze Bildung erhalten hatte, vielleicht auch weil die Tochter noch viele Jahrhunderte hernach sehr roh und unge-

Mithrid. IL ^g

bildet blieb, und cLiher mir wenigem auskom- men zu können glaubte. yVls man in der Folge bey mehr Cultur den begangenen Fehler ein- sah, so war es zu spät, ihm abzuhelfen. Alle Analogien hatten hereit'S ihre Festigkeit erlangt, luid der We^^ zu neuen war versperrt. Am stärk- sten empfand man das, in An&ehung der zusam- men gesetzten Wörter, \voran die Griechische Sprache io reich, die Fateinische aber so arm Avar, und nicht einmahl das Vermögen hatte, reicher zu werden. Knnius und Pacuvius, deren Zeitalter man als eine neue Epoche des Einflus- ses der Griechischen Sprache und Wortstellung auf Formen und Vortrag der Lateinischen be- trachten kann, versuchten es, die Giiechisclien Zusammensetzungen nachzubilden , aber die Sprache sträubte sich dagegen , und die spätem Dichter Virgii und Horaz kehrten wieder zu der hergebrachten Genügsamkeit zurück. In der Biegung gehöret sie nebst ihrer Mutter zu den reichern Sprachen, und in der Declination übertrifft sie selbige sogar, indem sie einen Casum mehr hat, den Ablativ. Da aber die Casus nicht alle Verhältnisse bezeichnen kön;ien, und auch dieser daher deren uichrere vertreten mufs; so mncht das, nebst dem gänzlichen iSIaugel des Artikels, oft Dunkelheit. Dafs sie den Griechen den nnnützen Dual gelassen hat, kann man ihr nicht als Fehler anrechnen, zu- mahl da dessen Gebrauch auch bey diesen nur z^veydeutig war. Weit eingeschränkter ist sie in der Conjugation, selbst in Bildung der Par- ticipien, daher sie den schönen Perioden-Bau des Griechen zwar nachsinnen, aber doch nicht ganz erreichen kann. In Ansehung der Wort- folge ist sie wegen ihrer vollständigen Biegung

4^7

sehr frey, aber tlocli nicht so Lingebunden, als man oft glaubt, indem sie die Begiilie nach dt-r Empfindung stellet, so wie der Sprechende in jedem einzelnen Falle davon gerühret v. ird.

IJitsratur der Laleirctschen Sprach künde.

J. Nie. Funeeii de ons^ing et pueritia Latinae lingnae L. II. edit. 2. Marburg 1735, 4.

Idem de adoleseentia Lat. ling. inde a bello Panico secundo usque ad Ciceronis aetarem de virili aetatc Lat. 1. usque ad Augasti o'oitum de imminenti Lat. 1. senertute usque ad principa- tum Hadriani de vegfta Lat. 1. seiteciute us(jie ad principatum Honorii. Marb. 1723, 1727, 1736, 1744. 4.

Pog^ii Flor. HisToria convivalis, utriim priscis Tvomanis. Leuna Ungua omnibus communis fuelit, an alia quaedam dociorum viroruin^ al'o pleb'is et vulgi, in dessen Opp. Bas. 1538, S, 32. ff.

Jo Dopperti Ohs6. de soIe?ini ling. Rom in cu- ria quondam ohservatione et proniiarun inier plrieia.^ distincto a Ouiritium nirore exeniiio, in dessen MisceUan. Lipsiens T. III. S. 206 II.

Christoph. Aug. Heumanni Frogr. de orationis Lat. idiotismis sive de Laiiniiate pleheia aevi Cice- n^niani, in dessen PöeileT. III. S. 307. ff.

Jo. Gerh. Pagendarm Diss. de Ungua Romano- ritm rusiica. Jen, 17355 4-

Suetonii de iUustrihus Grammatiels über, in dessen Werken, von Grates M(dlotes , zwischen dem zweiten und dritten Pimischen Kriege, an.

Aelius Donntus de lit/eris, syi/adis, parlibns orationis^ baröarismo , soloecismo ., Frlt. I534, 3?

Gg 2

4^3

und M. Aureiii Cassiodcr.' Commeutarius inDonatum in Göre/// Ausg.ihe der Opp. Cassiodori T. II.

Prlsciani Libri y%.\\. de octo pcrtibus orat/'orns und Libri II. de rons'ruciione etc.

Grammaticae Latinae auctores antiqui: C/üt- rhius, jyionwdcs, Priscianus , Produs , Afogno ^ Pau- lus diaconns, P/.ocus\ Äspa\ Donaius ^ ^ervius, Ser^ius , Cledonius , Vlctorinüs , Augmilnus , Cf-/.'- sentius , Alcuinus^ Eutyches^ Fro/ito v. I.of^gus ^ Ca- per, Scaurus ^ Agroet'tns ^ Cassiodorus , Beda, Teren- tianus ^ Victorinus, Plotius, Co.csius^ ßassiis, For- tuna tianus, Ri/ßnus, Censor'uius ^ ßtLicrohius , in- ceiti, quorum aliquot nunquam antehac editi, reliqui ex Mstis Codicibys ita augentur et emen- dantur, ut nunc prlmum prodire videantur op. et stnd. Hei. Pulschii^ Hanov. 1615, .4.

Aldi Manutü institutionum grammaticarum libxilV. V^enet. 1508, 4-5 1559:» 8-

Curii LancUoll de arte grammatica libri \'IIL Argent. 151S»

'Tliom. Linacre de emendata structura Lat. serm. libri VI. Paris 1533, recogniti a Joach. Camerario .) Lips. 1555, 8-

Philipp i Melanclithonis grammatica Lat. cüfti hypomnernntibus Erasnii Schmidtii. Viteb. 1622, 8- , und öfter.

Franc. Priscianese della lincrua latina libri VI, diligeutemente ricoiretti e di nuovo riformati dall'Autore, Vineg. 1550, 4.

Jul. Caes. Scaligeri de caussis ling. Lat. libri XIII. 1540, 1584, 1623, u. öfter.

Franc. Sanctii Minerva s. de caussis Lat. ling. Salaman. 1587» <^. animadvers, Gasp. Scioppii, AmsTld. 1664, c. additamentis G. Scioppii et noüa Jac. Pcrizonii^ Amst. 17x4, u. öfter, neu beur-

4(^9

heilet von K. L, Bauer ^ Lips. 1793, tind von Eherh. Scheidius j Utrecht 1795 , 8-

Aug. Mar. de Monte Älinerva Sanctiaun G. 5c/o,'7y9// impugnata et refutata, vor desieii Lalio rcslhuto. Rom. 1720, 8-

Gasp. Scioppn grammatica philosophica, ac- cessit praefatio de vereris et novae grammaticae L^^iihi. origine et usu. Amst. i62S-, 8, und das Aucrarium dazu 165g.

Ger/i. Jo. ^055« grammatica Lat. Amst. 1635, und öfter.

Nouvclle raethode de Mrs. de Fori royal pour apprendre Irciiement la languc Latine, edit. VIII. Par. 1696, 8> und d. Abrege davon, Par. 1696, u. öfter, z. B. Par. 1714, Amst. 173G, 8-

Gc. Henr. Urshn institiitlones plenissimae ling. Lat. Rati.sb. 1701 , 1727, 8-

Joac/i. Lange' s Lat. Grammatik. Halle I707, 37Ste Ausg. 1-804, 8.

Oa]/brr/ Latin gram mar. 1714, 8-

Grammatica Marchica. Berl. 1718^ 8,11. öfter.

Grammatica Lat. VVestmonasteriensis. Lond. 1734,8.

Jo, Math. Gesncfs neuverfertigte Cellariani^ nische Lat. Grammatil; und Wörterbuch. Gott.

Jak, Tfieod. Frau. Rofubach's volibländige und selvr erleiclircrte Lat. Gramm, nach der Einrich- tung der beliebten Langischen. Giel^eii 1770/ 3te Aufgabe i 7-(S6 , 8-

/. Coledridgcs critical Latin grammar, con- taining clear and distinct ruks for boys just ini* tiated and notes explanatory for youth advan- ced. i77'-i? 12.

Hci/ir. Brauns Anleitiivq, nix Latein. Sprach- kun-t, zum Gebrauche der Gymnas. in Baiern, Miinch. 1778., 8.

47 o

Imm Joh. Gerh. Scliellers ausführliche Latein. Sprachlehre. Leipz. 1779, 1782, 1803, 8, "nd die kiirzgefafste Lat, Sprachl 1780, und öfter.

RIcIl Valpe elements 01 the Latin language. Lond. 17S3: 3te Ausg. 1790, 12.

Les nouveanx rudimens de la langue Latine, par A/<7////Vw. Pnr. 17,^4, 1785.

Discorso sobre varios abusos introducidos en la ensenaza de la lengua Latina y el modo de enseiierla con mas oprovecliiamiento; rudi- mentos de la lengua Lat. por A. MuTioz Aharez.

Stvi41. 1785, 8-

Joh. Heinr. Liidw. Meierotto Lat. Grammatik in Beispielen. Th. I. II. Berl. 1785, 8-

Gottu. .'^chJe^ers Latein, (jramm. nach einer bequemen Ordnung. Königsb. 1787, 8-

/ H. KUieiiiukers Latein. Sprachlehre. Münst.

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Grammaire latnie ä l'usage de Colleges, par

Goijllier. Nouv. edit. 1787, 12.

Christi. Gottlob Brbder^s practische Grammatik der Lateinischen Sprache. Leipzig, 1787, 8; 7te Aufl. 1808, 8-

Helfr. Beruh. IVenclis Lateinische Sprachlehre. Frankfurt 1791, 8; 5re Aufl. 1807.

A. Ferdin. Bernhardt vollständige Lateinische Grammatik; auch unter dem Titel: Neue ver- besserte und vollständige Märkische Gramma- tik. Berl. 1703, Th. L (der II. Th. enthält eine Chrestomathie. )

U. H. Lautes Beyträge zur Würdigung der b'sherigj^n Grammatiken der Latein. Sprache. Tli. I li. Leipz. 1798. 8

R. Gotth. Rothii de grammaticls et rhetoricis elocutionis Romanae praeceptis, Lib. III. P I. Grammatica praecepta coatinens. Hai. 1798,

47 1

E. J. A. Seyjert auf Geschichte und Kritik gegründete Latein. Grammatik. Brandenburg 1798 iSo2, 5 Bändchen, S-

J. Gottlo. Grässe Grammatik der Lat. Sprache. Th. I. II. Leipz. 1798 und 1800, S-

A. Schlosser's Latein. Sprachlehre. Berlin, 1801, 8.

J. C. Koken Latein. Sprachlehre nach einem neuen Plan bearbeitet, ßraunschw. 1804, 8-

* ... *

C/iristi. Becmani M?Aind\ici'io ad Lat. linguam et de originihus Lat, 1. trancoi". et Lips. 1626, 8-

Ger/i. Jo:). Vu.s.sü Etyinologicon linguae Lati- nae. Arasterd. 1662, foJ.

Etvmolo'Msche Untersuchungen Lateinischer Wörter aus dem Griechischen. Leipz. 1785, 8-

Stemmata Latinitaiis or an etymological Latin dictionary by N. Salmon. Lond. 1796.

Vol. LH. 8.

* *

Dissertario de praecipins lexic'is Lalui'is eoriim- que auctoribus, vor einigen Ausgaben des the- saiirus Rob. S!ephani und dem thesaurus J. M Gesneri.

* * *

M. Terentii Varronis opera, de l'mgua Lcdina etc. c. Jos. Scaligeri. Par. 1^73, 8-

Aonius Marcellus de varia verborum significa- tione s. de proprietate scrmonum c. Hadr. Junli. Antw. 1565, 8.

Sexti Poinpni Fesd et M. Verr'ii Flacd de ver- borum signihcatione libri XX.. not. et emendat. illustravit Andr. Darcrius.^ Paris. 1681 ? 4-

Aus diesen Fragmenten" dieser vier alten Spracli torscher und einiger anderer, besteht die Sammlung; Auetores LrJ'niac linguae in unuai

/f 7 -^

redacti corpus, aiaiectis notis Dlon. Gothofredi. Cenev. 1585, 1622, 4.

Nestoris Diortysii\-OQ2khu\-3L£mv:\. Venet. 1488? 1496, fol.

Rob. Stephani thesaiirus lingual Latinae, Paris. 1531, Vol. I. II. fol. 5 1543," Vol; 1 [II; c. Nizolii^ 1557? c- ^-iinof« i^- Stephanü. Lond. 1734. T. I V.

Caclii Seciindi Curlonis thesaurns linguae Lat. s. fonimRomanurum. Basil. 1561. Vol.! lll. folio.

Basil. Fabri thebanrus eradiLionis scholabticae. Witeb. 1587, fol-; c. Buchnen^ Lips. 1668; c. C^'lfirii^ Lip-.. 1686; c^Graevü^ Lips. 1710; c. Stubtlii, Lip-^. 1717; c. J. Math Gesrjeri, Lips. IJ35; und herum emendatus 1749» T. I. II. 1^

Andr Reyheri Icxicou Latino German. Goth. 1681 ■» fol. und öfter.

Er. Wehinawii lexicon Latino - Cermün. Offenb. 1692, 4, und öfter.

Ad. Fr. Kiröclni cornu copiae linguae Lat. et Gertnnn. Norimb. 1714, 8^ nnd öfter.

Pciri Da'icfii m2kgnnm dictionanum Latinum etGallicum ad usum Delphini. Ed. II, auctior Lugd. 1626, 4; und dazu y(7c. i^7rc/o/ß// osserva- zioni sopra il dizionario Latino -Gallico dell' Ab. Danet^ per ordnie d' Alfabete, in den Novelle ddla republlca delle lettere., Jahr}:!;änge 1730 32; und in der Rarcoltn d' oposcoli scientij e ßlolog. cC Anfrelo Calogcrä., Tom. XIX.. Venez. 1 739.

Manuale Lexicon Lat. Germ, et Germ. Lat. opera Geo. Mnithiae, adornatum consilio et cum praefat. Jo. Met ib. Gesneri. Halae 1 748 Vol. I. II, 8-

Jo. Matthias Gesner thesaurns Lalinae linguae et eruditionis Romaiiae. Leipzig, 1747, iol. 4: B>nde.

<f73

M7V. Tnrwq's new Lntin-English diciIonar\-, Lonrl. 1757, 8, und öfter.

A.'nsworl/i s Latin dictionary. Lond. l "^58- ^"ol. I. II. und öiVfefr. < </

Afg'ul. FoncHini totins Latinitatis Lex4con. r.'diia, 1771, fol. 4'Bände. Eine neue "Um- j!i!;eitHng des Lateinischen in Cu'cpini Lexicon uprem IniLTuarnm, edit. per Juc, Fticciolutiar.

Päd. 1-41/' Vo!. I. n.

Btnj. Hcaerici >e>:icpn manuale Lat. -German. Iip^. 1766. \o\. I. II 8-

Jo. Phil de Carracfi r-hesaurns lijiguarum La- tinae et Geimanicae. Wien, 1777,8, 2 Bände.

Juvnan Jo. Ge ScIieUcr's aubführliches und wo niöglich vollständiges Lateinisch- Deutsches und Deutsch- Lateinisches Wöteibuch. Leipz, l'-Sn, 1784, 3 Bände, gr 8; veraiehrt, 1788, 1780, 4 Bände; nenste Ausgabe 1804, 1805, 7 Bände; Mid von eben demselben hat man auch ein imitierte und ein Jd&incs l'Vörterbiich.

L J. G. Schellcri lexicon Latino - Batavum auctoium clabsicoium, cur. Dav. Rulmkenio. Leyden, Amsterdam und. Haag, 1799, 4, zwei Theile, enthalt nur das gute Idassisclie Latein, mit Weglassung aller andern dort aufgenomme- nen Ausdrücke und alles Historischen'^ Geogra- phischen und Mythologischen.

Lexicon cathoUcou. Allgemeines Lateinisch- Deutsches Wörterbuch von einigen gelehrten Freunden. Leipz. 1794, 1796, 2 Theile, gr. 8.

/. Christ. GoüU. Ernesti Versuch einer allge- meinen Lat Sy:iQviymik in einem Handwörter- büche aus dem Französischen d. Gardin Dumcs- nil synonymes laiins (2te Au.^gabe, Paris 1788) bearbfcit. Leipz. 1799 iSoo. Th. I lÜ. ^.

/|74

Jo. Gottfr. Haas volistandiges Lateinisch- Deutsches und Deutsch -Lateinisches Handwör- terbuch. Ronnebiirg und Leipzig, 1802, zwei ]5>üide, gr. 8-

S p r a c Ji p r o b e.

Da:» V. U. nach der Versio antiqua Ital.

Aus Sabatier T. III. Math. G.

Pater noster qui es in coelis. SanctificetLir iiöinen tiiiim. Adveniat regiium tuum. Fiat voluiitas tua in coelo et in terra. Panem nostmm quotidianuni danobishodie. Et dimitte nobis debitanostra, sicut et nos

dimittimus debitoribus nostris. EtnepassLis nosfneris induci intentatioaem. Sed iibera nos a malo.

213. Ebendasselbe nach der Vulgata.

JEbendaher.

Pater noster qui es in coelis, Sanctificetur nomen tunni; Adveniat regnum tuum; Fiat voluntas tua, sicut in coelo, et in terra; Panem nostrum supcrsubstantialem *) da nobis hodie;

*) So säet auch Hicron.mns ausclriicklicli im Com- jr.entar üher'den Malth. zu dieser Stelle: quod aus su- pei-aubstaiiLiaieui expressimus.

47ü

Et dimirte nobis debita nostra, sicut et iios

dimittiiiius debitoribus nostris; Er iie nos inducas in teutationemi 8ed iibera nos a malo.

214. Dasselbe in einer reinern Sprache;

nach Castalionis Übersetzung.

VßXev noster, qui es in coelis, Sancte coiatur nonien tuum; "Veiiiat re^n an tuiini;

Fiat voluntas tua, ul in coelo, sie et in terra; "Victum nostfum alimentariuni da nobis

ho die; Et reuiitte nobis debita nostra, ut et nos

reniittlinus debitorlb. s nostris; Neve nos in teutationeni inducito; Sed a malo tuere. Quoniam tuum est regniim et potentia, ei

gloria in sempiteniLim. Amen.

Verfall der klassischen Sprache.

Diese hatte ihre Bildung und Ausbildung blofs dem Wachsrhum der Kenntnisse und Cul- tur des Ge^^chmackes zu verdanken, und folgte auch dem Verfalle beydc-r. So wie nach dem Zeitalter des August allmählicf das Bestreben nach ernsthafter Gelehrsamkeit abnahm, m)d daliir der Hang zu witzeln und blofs zu glänzen zunahm, .so verlor auch die Sprache ihre ernst- hatte Würde j und^ so wie der gute Geschmack

4-5

bey dem Verderben der Sitten , einer Folge des leicht erworbenen Überflusses, und 1)ey dem Drange ungebildeter Glücksritter aus allen Srän- deri und Landern in die obern Ivlposen, nach 'lind nach erstarb: so stumpfte .sich auch die Empfindung des R-.inen, Richtigen imd Schick- licJien ab, bis die Sprache der obein Klassen und cler Schriftsteller endlich ganz mit der Rö- mischen Volkssprache zusammen flois. Dieser Verfall der Sprache' fängt schon gegen, das Ende des ersten Jahrhundertes an merklich zu werden, bii er nach dem fünften in die tiefefe Barbarey überging. Unter der Herrschaft der einvv.TnT dtrnden rohen Völker verwelkten nlie Keime dt'£ höhern Cu-ltnr, welche Rom gepiiauzt hatte, und nur hier und da sprofst ein Pllänzchen ohne Pflege und Wartung kümmeilich auf. Ein Bey- spiel in Ansehung der Spiache ist Gregor von Tours, doch mehr in manchen Handschriften, ?.l5 in den gedruckten Ausgaben, weil Abschrei- ber und Herausgeber hier viel gebessert haben.

Den Charakter dieses barbarischen Lateins, besonders in den spätem Jalnhiuiderien, entwickelt Carl Traugott Gotiia// Sc/iöne- mann in seinem System der Diploinatik ^ Th. I,

s 329. ü:

Car. diiFresns^ Dom'mi du Ginge Glossarium ad Scriptores mediae et inßinac Lat'miiath. Paris, 16785 loh Neue von den Benedictinern der Congregation S. Mauri sehr vermehrte Ausgabe, Paris, 1733 1736, 6 Bände in fül. Nachgedruckt Venedig, 1736 ,1740, und Basel, 1762, fol.

Hcjir. Carpeutier Glo&sariura novum ad Scriptores medüaevi. Paris, 1766, 4 Bände in fol.

I

■4/ 7

\ Adelungs) Ghssaniiinmanwde ad S&iptores me^ diue et hifimae aeialis. Pia Ue , i -"2 1 7S3» sechs Bände in gr. S; eiii Auszus; aus ^t:w beyden vorigen.

0-- '--' ' ~* """b

B. Töchter des L a t e i n s.

Entstehung derselben.

So wie die Römer ihre Herrschalt ausbreire- ten , so drangen sie anch den iibei^wundeneii Völkern überall ihre Sprache anf, nnd zwar mit solcher S:renge, dafs sie aucli die weit schön.-.re Griechische Sprache in Marseille und Giieclien- land zu vcrrilgen-eaichten, und am erstem Orte st;hr bald wirklich verti];.<ren. Selbst, wenn die Beanuen che Landessprache kannten , so nöthio- ten sie doch dielJ.mwohner Lateinisch mit ihnen zu unterhandeln, wäre es auch nur durch Dol- metscher. Ebttr so machten es sogar die ersten Kaiser zu Constantinopel bis auf den Justinian. Politisch war das nun allerdings, weil die Spra- che eigentlich das ist, was Völker trennet und verbindet. Ein anderer Vurilieil war, dafs Roms Cultur dadurch imterden bezwungenen Völkern desto geschwinder verbreitet ward, weil sie mit der neuen Sprache zugleich alle dazu gehörige Begriffe, Sitten, Tugenden und Laster annah- men. Da diese Einitihrung der neuen Sprache vornehmlich durch Soldaten, Sclaven, Coloni- sten, Kaufieute, Einnehmer und Advocaten ge- schähe, so war es eio;entlich nur die Romana rustica, welche sich unter den Eroberten ver- breitete, luid in ihrem Munde noch mehr ver- derbt wurde. In denjenigen Provinzen, wo die Römischen Ankömmliii'^e zahlreich genuci waren, und wo Roms Herrschaft lange genug

478

dauerte, fiofs diese neue Sprnche in der Foio;^ mit der alten Volkbspr.iche zusammen , und bil- dete eine dritte, welche eben so verschieden war, als die in einander übergehenden Theüe verschieden waren. Dessen Ungeachiet wurde die neue dritte Sprache noch immer die Ronii^ sehe oder Romanz/'sc/ie gtnzmn^ weil diese merk- lich darin vorstach; dagegen sich in den bessern Klassen und in Schriften immer noch ein Schat- ten der reinem Sprache erhielt, welcher zum Unterschiede von jener fortdauernd die Laiei- niscfic genannt ward In solcht n Gegenden hin- gegen, wo die Römischen Ankömmli'ige nur schwach waren, waren es ;)uch die Einfiü se ihrer Sprache, und die alte Volk-^spii^he blieb alsdann, wenigstens auf dem Lande no^h laf^ge herrschend, nud alsdann \var es dem h^nrhrr- zigen Römer gleich;i;ülti!T, in welcher Spriche das bis auf das Blut gedrückte Volk seulAtt- und wehklagte. So also laoen schon in der Zeit del' T'ollen Herrschaft der Römer und ihrtr Sprache die Pleime der daraus späterhin hervorgegatige- nen Sprachen, ob es wohl des F.inbruchs frt m- der roher Völker und ihrer Verbreitun^r be* durfte, um aus jenen älteren und neueren Mi- schungen die Sprachen hervorzui>iingen, wel- che v.'ir als Töchter der Lateinischen nucli beobachten.

Allgemeiner Charakter der Töchter cler Lateini- schen Sprache und Ursachen desselben.

Die von der Lateinischen ausgegangenen Sprachen, die Italienische, Spanische, Porru- oiesische. Französische, bestellen alle aus Wör- tern, die zwar zum gröfsten Theile Lateinischer Abstammung, aber besonders in einigen jener

4/9

sprachen so verändert sind, dziA man die Stammwörter kaum wieder erkennt, und zwar am wenigsten in ihrer mündlichen Aussprache. Sie haben alle auch folgende merkwürdige Un- terschiede von ihrer Mutter. Sie haben alle Artikel, sie drücken die Casus der Nomir.a nicht durch charskteristische Endform.cn, son- dern durch vorgesetzte Praepositionen , diePei'-- sonen der- ^*erba gröfstentheils durch Vcr- ?etzung der Personalpronominen vor die mehr oder \venicrer oder ;7ar nicht charakteristisch unterschiedenen Verbalformen, und die Tem- pora dts VerlDums gröfstentheils durch das Hülfsverbum: haben^ aus. Sie haben eine eigen- thüm.liche Ouelle ihres Reichthums darin, dafs neben Hauptwört^ern, deren Aussprache den Lateinischen Stam^mdaut gänzlich verändert hat, abgeleitete da sind, in welchen der Laut der Lateinischen abgeleiteten Wörter völlig erli al- ten , und nur die Endimg dem neuen Idiom ari- gepaf5t ist, z. B. surjace von superficies und super- ficiel^ pec/io von pecliis, wnd pectoral, plog^i-i von pluvia und phivio^ plovoso. Vorzüglich aber hat das Franzö-iicJie diese Ouelle des Reichthums.

Die Ursachen der \'eranderimg der Laute verdienen, so begreiflich sie ]:>ey der Reihe von Jahrhunderten sind, welche die Lateini- sche Sprache unter den uno;iinsti<Tsten Um>-tän- den durchlaufen hat, eine näheie Erörterung. VVufsten die fremden Völker, deren Herren die Römer \vurden, die Sprache derselben, so un- rein aucii an vielen Orten die Aussprache gewe- sen seyn mag, wenigstens so viel als möglich zu ergreifen; so waren dazu niclit die Völker cre- zwungen, welche die Herren der Römer wur- den. Rohere Völker nehmen es mit dem Unter-

48a

schied ähnlicher Vocale eben nicht genau; ihre Organe haben unter dem Einliiiyse ihres ur- sprünglichen Klima's lind ihrer Gewohnheit, sie zu gebrauchen , gestanden Sie fanden eine vt-r- alrerte Sprache, eine Sprache, bey welcher alle Aufmerksamkeit der Ma.t.se dt-r Sprt-ch-enden auf ihre Reinheit und Ausbildiuig 'vtrchwiuideri war Ein solches Airer einer Sj^rache ist jileich der Periode ihrer Kindheir. Wie tin-t vor der Entstehung der Lateinischen Sprache aus dt in damals auch noch nicht gebildeten Griechischen unter den mancherlei Völkern It;diens erst ein Gemisch, und nur sodann das schöne Latein entstand: so ward auch dieses nacrh 'reiner \ er* nachLi^r9i<2.unö; und unter den mancherlei von Norden herströmenden Völkern er^t wieder ein Gemisch, bevor daraus dann wieder zierl-che und reretielte Töchter des Lateins er wMuhsen,

Sind einmal die iLndformen der Wörtt-r nie ht genau aufgelai'st oder verschluckt, und emc Menge von Lauren umgewandelt worden:' so beginnt gevvi-serma?sen eme neue Sprachbd- düng, welcher die bVeibenden Stammsvhien zwt- Ba>is dienen. Die L'r^achen, würum sich je-ie einzelne neue Endform gerade so bildete., kön- nen unmöglich alle überall verfolgt werden. Nicht o;erade der Lateinii^che Dativ oder Ab;a- tiv, sondern irgend eine der sonsHgt^n Endun- gen -wurde ergriilen, und herrschende Analogie der Endung vieler Substantive für alle ihre Casus, welche nach dieser V^erwischung ihics sonstioen charakteristischen Unterschieds durch

O

ein ige Praepösitionen ausgezeichnet werden mufs- ten. Diese schmolzen nach und nacli mit dem aus dem Pronomen il/e entstandeneu Artikel zu- i^ammen, und bildeten in dieser Vereimg mg

feuie

48 i

öine Art Declination. Eben so ging es nach der Verwischung vieler cliarakreristischer Un- terschiede der Verbaiformen. Es bedurfte neuer Unterscheidungen der Personen durch die Per- sonr^l Pronominen, und die Tempora. Hiills- verben gaben eine weniger künstliche Analoaie, als die Bildung der Lateinischen Tempusformen ist, waren auch wohl schon vorher Aualoöie in den Sprachen der eingednuiöenen Völker. Aber noch ein anderer Umstand erklärt ihr Überhandnehmen. Bey Fremden und Kindtin, die einer Sprache nur halb kundig sind, wer- den wenige ganz allgemeine \'crba die Ausoe- bemiinze jedes Gesprächs: überall wenden .-ie: seyn, haben, machen, an. So mochte es auch den eindringenden Völkern gehen.

Interessant ist es, in Miirattin' Antjquit. Itnl, die Denkmäler der Zeit zu vergleichen, wo in dem Latein allgemach Umgehtaltungen seiner Formen sichtbar werden. Am Ende des sieben- ten Jahrhunderts wurde in öffentlichen Gebeten, zu Kom schon geaprocheii: Redemlur mundi lu lo adjuva Rir: illiun adjiwa. In Urkunden der Zeit heifst es *z. B. : coinpo de Agenoljo dknauni eat in mane et sera ; Sorte da nieridiae lulerunt u. s w. Vallis de lo hornio, via de cerqiia u. s. w , utid im achten Jahrhundert in Spanien Nim Jacinnt suas missas nisi portis cerrofis, sin peiten dicf-rn pesantes argem i. Mcnasleria, quae sunt in eo man- do - - -faciunt Saracenis bona acolhensa sinevexatione neque forcia; vendant sine peclio talipacto qnod no"va- dantforas. de nostras terras *). Neben solche Ein-

*) S. Muratori a. a. O. T. II. S. 1014; Rugati .Ife- morie di S. Cdso^ S. 216; Cartlin. iiorsia <h- cruce VelU ternOf S. 284» !*• -Du-AlesitU o^e'a ddla Dvttrina dtlla

Mithrid, U. Hh

4^2

Schiebungen jfremder und verdorbener Wörter* unter die übrigen Lateinischen lassen sich leicht Phrasen aus dem nocli bestehenden Spanischen, zum Theil auch aus dem Italiänischen stellen, die, bis auf weniges, noch ganz Lateinisch klingen. Nimmt man hierzu, dafs bey dieser Umbildiuig der Sprache diese gar wenig geschrieben wurde, nnd also der Leitung und Fixirung durch Schrift entbehrte, und dals sich um desto freier die Volkssprache der grofsen Länder fortbildete, die zwar zur Zeit der allgemeinen Plerrschaft Roms keine eignen Dialecte hatten, aber deren verdorbene Ausspracharten in der Folge diesen Namen verdienten : so über^^ieht man die Ursa- chen aller angeführten Veränderungen, welche im Französischen nnd besonders im Portugiesi- schen gröfser, als im Italiänischen, und es noch weniger im Spanischen sind. Das eilfte und zwölfte Jahrhundert sind die Zeit der Fixirung des unterschiedenen Character'twdieser verschwi- sterten Sprachen , und also ihrer Abs'onderung von ein?indei:.

i\atürlic!i hatten sich nicht sowohl die, zur Zeit des klassischen Lateins ge\vöhulichsten Wörter und Ausdrücke, als vielmehr die der Jahr- hunderte seines Verfalls in diese ^^olkssp^achell fortgepflanzt. In den Wörtern und Formen dieser J-ihrhunderte besonders müssen wir oft ditr Grundlagen der Veränderungen der Aus- sprache suchen, mit welchen sie in jenen Volks- sprachtn erscheinen. Das sonst poetische ca/ja!- Itts ist die Grundlage des Ausdrucks für Pferd iii' allen jenen Sprachen. Diminutive, mit welchen

Chiesa bey'iu Jahr 74.2, und Htn'üS catalogo delle lin- §u& coiiQuaute,, S. 195.

485

die spätere Zeit der Lateinischen Sprache auch wohl viel gespielt hatte, wurden um desto mehrj ohne den Nebenbegriil der Verkleinerung zu haben, die Basen der Bezeichnung in den neuen Sprachen. So k-Axn femelle üiT fomina. Die Fein- heiten der alten Surache waren verloren geaan- gen, und nur die hervor'itechenden Analogien aufgefafst und erhalten worden. So in den Un- terschieden der Ableitung imd Bieguna dlirch

o o o

characterisirende Formen, wie schon angedeu- tet worden if!t. So ist selbst die Zusamnien- setzung bey den Töchtern de-> Lateins noch sparsamer als in der Muttersprache. So ging der heiTliche Gebrauch der Participien, und nut ihm auch ein grofser Theil des schönen Perio- den-Baues des Römers; ja so. ging selbst Hie ganze kräftige Wortstellung des Lateins verlo- ren. Eine steile und ängstliche W lrt^tellMng, die aber zugleich nach möglichster Deutlichkeit strebt, ist zu natürlich, sobald man den Aus- druck seiner Gedanken nicht ganz in seiner Ge- walt hat, aL dafs der Verlust jener gleicli ftei- n als durch feine Regeln beheirschten VVortstrl- lung nicht begreiflich wäre. In die be^chiän- kendste)! Regeln hat unter allen den genannten Schwestern das Französische sich oefiiot, aber zugleich die gröfste Klarheit erworben. Aber auch in der Itahänischen Sprache konnte selbst der schaffende Geist eines Dante, ihres Homer's, seine Begriffe nicht wieder nach dem Gesetze der jedesmahligen Empfindungen ordnen, Avie Cicero und Tacitus, sondern mufste diesen die durch den Gebrauch schon vorgeschriebenen Fesseln anlegen, wenn er verstanden werden wollte.

Hh 2

484

Schüchtern stand das Latein den Umwan- delungenseiner Gearalt zui Seite, verborgen in Büchern, die nurntnige lasen. Unvermögend den allgemacli, aber nun schon längst über jeden Damm emporgeschvvollenen Strom der Veränderung zu hemmen, konnte es wenigstens noch den ausgearteten Töchtern die mütterliche Hand überall bieten, wo sie dieser bedurften. Ganz aus dem Auge hatten sie die Mutter nicht verloren; die Lateinische Kirch en-iprache, so unrein auch sie seyn mochte, hatte wenigstens das bewirkt, dafs die Lateinischen Formen in allen den genannten Ländern eben so wenig fremd wurden, als z. B.' die Alt-Slawonischen in Rufsland , und immerfort eine ergiebige Quelle der Bereicherung blieben. Der Sub- staniiva abstracta, mancher Adjective für intel- lectuelle ßegriile, imd vieler ähnlicher Derivate hatte die rolle Volkssprache nicht bedurft. Aber als diese gebildeter wurde, inid die scholastische Philosophie den grofsen Umtrieb der Specula- tion erzeugte: wurden-sie alle wieder unmittel- bar aus dem Latein entlehnt, und diese Deri- vate i^tehen so in ftist Lateiinscher Form neben ihren eigentlichen Stämmen, die aber in der Umwandelung der Tochtersprache indessen eine neue Form angezogen hatten und sie behielte^i.

Verdunkelt \\ar bey letzterer durch diese Umwandelung und den Verlust des gröf^ten Theils vom Baue der Wörter die nächste Ab- stammung geworden, und da der grofse Haufe sie nicht kannte: so war sehr wenig übrig ge- blieben, um auch nur einen Rest der ursprüng- lichen Aussprache zu erhalten. Da nun aber in unzähligen Fällen zur leichtern Vertstämllichkeit höchsL dienlich ist, Merkmale der nächsten Ab-

435

stammung zu erhalten, und das Schreiben in den Händen von Leuten ^va^, die noch einige Kenntnifs diesier- Abstammung im Lateini'.chen besafsen : so wurden , nach emem dunkeln Ge- fühle des Schicklichen und NoThivendigen, jene Merkmale wenigstens für das Auge erhalten, \venn sie gleich in der Aussprache verloren ge- gan'^en waren. Daher schreiben fast alle diese Sprachen anders, als sie sprechen *).

Man hat den neuern Sprachen die Entfer- nung von ihrer- Mutter mehr al.^ Ein Mahl zu einem Vorwurfe gemacht. Wahr ist es, an Kürze und Reichthum der Gedanken haben sie verhüten; aber dafür haben sie auch oft an Licht iiud Klarheit gewonnen. Die alten Sprachen behaupten unstreitig ihren Vorzug als Sprachen für die En.pfindung und Eiidiildimgskraft, die neuern sind es für den Verstand: und nuTi ent- scheide man selbst, ob und in wie fern man sie zurücksetzen dürfe.

Diese neuern au-^ dem T a^ein hervorgegan- «^enen Sprachen feind nun die IiaUäinsche^ die Spa/iisc/ie mit ihrer Scliwe>>ter der Portugicsisclieriy die Französiiche , und die Romanuiche oder Ciur-' Wahche.

•) Manche Data für diese Cbaracterisrik der Töch- ter der Lateinischen .Spiacbe nnd die Ui sacken ihrer Unterscheidungen findet man in Hrn. Denitia Clej de Languts, T. 11. S. 111. Art. I - Vil. XV, S. IV. Art. L IL VII. XX; in Lanzi i^aggio di hngua Elrusca, T. L p. 417. ff. ''4.29. ff ; einige auch schon ui J. Aug. Ese» noiß Dis3. dtiiibus LatitniP linguaefli-ilnis s. de orlu ta- tisque linguae Hispan. Gall. Ital. Lips. 1704, 4.

486

A, I t a l i ä TL i s c h,

Bildung desaelb e n.

In Italien bildete sich aus dem Übergange der Romischtn Sprache auf das Volk in den. Provinzen früher, als in andern Landern, eine JVliscIiung der Sprache, vvelclie die Grundlage -derjenigen Spiache wurde, die man in der Folge unter dem Nahmen der Italiäniöchen kennen lernte; weil der nicht Lateinisch redende Theil von Italien am frühesten von den Römern ero- bert ward, und auch am frühesten Roms Sitten iiiid Denkungsart annahm. Man i^elie Muratori AnihitiJtntL Ital. Th. 6, S. 32. Selbst die Grie- chischen Colonien , welche sich des ganzen un- tern Italiens und eines Tlieiles der Insel Sicilien bemächtiget hatten, hatten sich bequemen müs- sen mit Romischer Zunge zu reden, daher das Gnechi-che hier nach und nach völlig ausgestor- ben war. In manchen Gegenden soll es doch wcnigsteus auf dem Lande bis in das sechszehnte Jahrhünder't üblich geblieben seyn. Allein ich fürchte, dafs.man da^ weit später eingewanderte Albanische für eitlen iT[)erre>>t des Griechischen gehalten habe. Wenigstens ist das wasHervasCa- bHritch - Griechisch und Sicilianisch - Griechisch nennt, nichts anders als ein verderbtes Alba- nisch, wie an seinem Orte erhellen wird. In dci Folge liessen die vielen Germanischen Völ- ker-chaiten, welche zum Tlieil selir lange hier herrschten, in dem nördlichen und mittlem 1 Iieile vieles, so wie die Aralier, Normaiuien und Spanier in dem südlichen, auch manches von ih- ren Sprachen zurück. Die Jahrhunderte völliger Ui^\vi8.senheit und Barbarey hatten die Auflösung des aken Sprach^ebäudcs bewirkt. Durch alle

4S7

_jene Mi-clumgen, vvobey docL eile Romana rii- etica ihren herrschenden Einflufs immer fort be- hauptete, entstanden die noch vorhandenen Mundarten, ^velclle in Itahen eben so zahlreich feiiid, al? in irgend einem andern Lande, und von welclien hcrnacli gehandelt %verden wird.

FlorentinhcJ.e ^ Toscanische Schriftspraclie .

, In allen diesen Dialecten hefand sich doch schon seit der Römer Zeit etwas Gemeinschaft- liches, welches sich in di^n be>^sern Kla&sen der gebildetsten Provinzen bildete und erhielt. In Tof-cana, dem alten blühenden Sitz Erruskischer Cultur, hatte sicli auch in den mittlem Zeiten immer noch viel von derselben erhalten, und vorzüglich in dessen Hauptstadt Florenz. Es hatte von den einl^rechenden Völkern v/eniger gelitten, als die nördlichen und auch al« südliche Provinzen; es \var schon durch seine Lage ein vci bindendes Mittelglied zwifcchen beiden, und ^vurde das Mutterland der gebildeten Schrift- sprache des ganzen Italiens. Dadurch rächete feich Etruriens Scliutzgeist an seinem Tyrannen, dem fett>l/:en Romj welches jetzt in der Sprache dessen Gesetze anneimien m\ifste. Die Romisthe Mundait war frÜl-er der Neapolitauischeu oder Puglieri.^chen sehr älmlich, die in ganz Unttr- Italien hen^chte, und am fiiihesten durch Apu- litche iMid Sicilische Dichter kulti^ irt war.

Auch zeip[t sich in dem Character der sich emp( rhebenden Florentinischen Schriftsprache ein entscheidencei Einflufs südlicher Dialecte im Gegensatz des Chai acttrs der nördlichen. Aber gerade damals, als eine gebildete gemeinschaft- liche Schriftsprache Bedürfnifjs der [Nanoji war, hatte sich der Genius der Cultur vorzüglich nach

4«ß

Floreni gewendet , und drey Geister von emi- Iientem Talent, Dame ^ Petrarca und Boccaz^ brachten das Übergewicht ihrer vaterländischen, durch sie ausgebildeten Sprache zu Staude. Wäre diese Ausbildung noch nicht erfolgt gewe- sen: so würde sie seit dem Anfange des se'chs- zehriten Jahrhunderts von Rom ausgegangen seyn, wo die gebildetsten Männer versammelt waren. Aber nun ging die schon vorhandene geliildete Sprache desto mehr in alle diese lireise iib^r, und nur die Pronunciation bildete in Rom. sich noch weiter ;ius. Man darf dabev wohl mit in Anschlag bringen, dafs die drey gelehrt^en und fürWisT^enschaff und Kunst thätigen Pat).ste, welche es seit der gänzlichen Beeudigiuig des kirchlichen Schisma's bis dahin gegeben ha.t, IVicolausV (seit 1447), Pius I! (vorher Aenea» Sylvius PiccolumiJii, seit 1458 n'id Leo K (cMis dem für die schönste Blütue derKünste und Wissenschafren zu Florenz so eitiigem Hau^e iVledicis), alle drey aus Toscana gebürtig waren. Die Entstehuns, der gemeinschaftlichen Spra- che Italiens, die erst später den Namen der Ita- lianischen erhielt, aus den Minidarten, gehört ins zwölfte und dreyzehnte Jahrhundert; denn sie ist älter als Dante, und man bemerkt sie be- sonders seit der Mitte des dreizehnten Jahrhun- derts in historischen Schriften und Urkunden. S. Muratori Anfir/uita/t. Ital. Th. 2, S. 10 78« Dante (f 1321} unterscheidet sie in seiner schätz- baren Schrift de vulgari eloquio durch den Nah- men/0 Vulgare illimire ^ so\vohl von dem Latein, der Sprache der Kirche und der Gelehrten, als den Volkssprachen in den Provinzen. Allein so sehr er auch selbst ein Florentiner war, so ^konnte er sich doch nicht erklären, was sie sey

4S9

und woTifr sie sey. Zwar gesteTiet er, dafs der To-catii'-chf Diaiect (Tubcum) an hich vortreff- lich -ey, züiiiet aber darüber, dafs die Tosca- ner ihie Sprache fiir da.s Volgare illustre hielten, da d(»ch <iie Fh>rentiner, Pisaner, Liiccenber, Siencn>er ihre schlechten Provinz -Dialecte hät- ten. Dem guten D^nte ging es hier gerade so, wie e.*» in den neuem Zeiten mehrern stattlichen Deutschen mit dem Hochdeutschen, der Deut- schen Sci-Titt - und liöfiern Umgangssprache ging, wf un ^ie ihr nicht allein die Mei'snische Volkssprache, .sondern selbst die Figenheit«-n der niedei>5ten Klassen in den gebildefern Städ- ten errtgegfcu !>etzten Indessen war er doch der Wahrht-it sehr nahe, und es bedurfte nur noch eines hellen Blickes, so hatte er sie entdeckt. Ernennet sie S. 29 „Aulicum, qnod si aulam 5, nos Itali haberemus , palatinum ioret. " S. 31. No^irum illustre velut accola peregrinatiir, et „in humilibus hospitatur asilis, cum aula vace- „mjis " Doch be innt er sich gleich darauf wie- der, dafs doch ein Hof gerade hier nicht uneut- btrlirlich sey. Italien habe zwar keinen Fürsten, nnd in diesem Verstände auch keinen Hof; aber es habe doch euien Hof in einem andern Sinne. „Curiam habemus corporaliter dispersam." Sonderbar, dafs ihm dabey nicht Grieclienland einfiel, welches zn-ar auch keinen Hof, aber des- sen ungeachtet die schönste Schriftsprache hatte, welche es je gegeben hat, und deren Geburtsort auch nicht unbekannt war.

Diese Ujigewifsheit, was das Volgare illustre war, tmd woher es war, war denn auch Ursache, dafs es noch zu des Dante Zeit sehr schwankend lind imbestimmt blieb, \veil dessen Analogien noch kein klar erkannies Richtmals hatten. Man

49®

findet in Dante*s Gedichten nicht allein Provin- zial- Wörter, sondern auch Wörter aus der La- teinischen luid andern Sprachen. Aber er selbst ward nun die Regel; die Scheidung der gemein- schaftlichen Schriftsprache wurde durch das An- sehen beiner Gesänge vollständig;, und diese Schrirtbprache erhielt für die Poesie durch Pe- trarca, der auch noch fremde Wörter aufnimmt, und die Prosa durch Boccaz ilne gänzliche Aus- bildung.

Dante's Beyspiel hatte den Eifer für die Mut- ter'.prache erweckt, und nun blieb aucli ihr ur- sprünglicher Sitz nicht lange mehr unbekannt, zumahl da denelbe unter der jj^länzenden Lei- tung der Medici alle übrige Italianische Provin- zen und Städte wen hinter sich z\irück liefg. Schon zu des Boccaz Zeit hiefs sie sehr bestimmt Fiorentinisc/i und Toscani^ch ^ und der rauschende Beyfall, vv eichen sein Decameron, wovon Maz- zuchelli allein 97 Italianische Ausgaben kannte, unter andern auch wegen seiner reinen 1 oscani- schen Spr;iche erhielt, gründete ihr Ansehen auf immer. Wie eifersüciitig die Stadt Florenz auf die Khre war, dem ganzen Italien seine Schrift- nnd höhere Gosellschaftssprache gegeben zuha- ben, erfidir der arme Girolaino (n'gli^ um 1717. Als dieser den Vo-zug der Stadt Florenz in die- sem Stücke angrill, und ihn seiner Vaterstadt Siena zusprach, ward nicht nur sein Buch, ,Vo- caboUirio delle Opere di S. Calarina e dc'tla luigua Sa- nese, verbrannt, sondern er auch aus a,er Aca- demie delta Crusca Verstössen , und auf Verlangen des Groftherzogs auf 40 Ital. Meilen von Rom verbamit. Die widrige Aussprache der Floren- tiner, welche wegen der f^ebiigigen Lajie ilsres Landes merklich durcli die Gurgel sprechen.

brachte dem Kuhme ihrer Schriftsprache keinen iNachiheil. Sie l">ehält ihre Reize für das Auge und den V-^r^Tand, wenn gleich nach dem be- ianiiTeii Spiichwor^e Urigua Toscana eist in hocca Jiimuma auch dem Ohre i.chmeichelt, und je mehr man sich von Tdscana entfernt, deso häu- figer und auffallender werden die IdiotLsnien.

Noch immer wiederholt man es», dari f-echs- zehnte Jahrhundert sey die klassische Periode der Itaiiäni^chen Litteratnr und *^prache, weil damahls diejenigen guten Schriftbteller lebten, welche beiden noch ietzt Ehre maclien, daher sich jed^r Schriftsteller von Geschmack nach diesen Mustern bilden mü^se. Das wird denn wohl nur aus Gewohnheit behauptet, aber von keinem geglai-bt, wtnigstens nicht befolgt, (^e- schmack und Si'ten haben sich seitdem sehr ver- ändert, und ganz nach Franzö«if-chen Mustern gei)ilflet, welches dann auch seine gevvöhnhclien Linflübse auf die Sprache gehabt hat.

H ü I f s m i t t e l.

Über die Geschichte und Quellen dieser Sprache haben gehandelt:

Pier Francesco GiamlntUtiri origine della Ilngua Fii)remina, (dtrimente il Gello. Florenz, I546, 8; 1549, 8. In Form eines Gesprächs, worin Jo. Bapt. Gello die Hauptperson ist. Fr leitet die Sprache aus der Hebräischen, Chaldäischen und Syrischen her. Noah sey selbst nach Italien ge- kommen, und habe Florenz gestiftet.

Angelus Morosinusßos Italicae linguae^ de cnn- gruentid Florentini s. Etrusci sennonis cum Gracco Romcnoque. Venedig, 1604, 4,

Ferd. de Diana Fiiime dell' orif:ine della Ungua ItaliaiUL e Laiina. Venedig, 1G265 8.

49*^

Egid. Mertagio ori^inl deUa Ungua hat Paris, 1669, fol. Genf, 1685, fol.

Oct. Ferrarii or/'/jir.cs llngnae ItaUcoc. Padua, 1676, fol. Beyde kannten die fremden Sprachen rieht, ans welchen doch so vieles in die Italiäni- sche übergegangen ist.

Lud. Ant. Muratorü Diss. de orjgine Unguae fta" licar;, m dessen Antiquitatt. Ital. medii aevi. T. II. p. 989. ff.

* «

Italicae Grawmaticae praecepta ac ratio (von Scipio Lentulus^ Neap.) 1568, 8-

Bened.'Vorchi dialo^o intitolato : THercola- no, nel qnal si ragiona generahnente delle lin- gue et in particnlare della Toscana e deüa Fio- rentina. Fior. 1570, 4.

Eiiphros. Lapvnl iiistitiitt. linguae Florenti- nae, edir. H. Flor, J574, 8.

Bened. Buoinwattei della lingua Toscana libri diie, gleichsam als die Grammatik der Acad. della Crubca anzuseilen, deren Mitglied der Ver- fasser war, luid von der diese Grammatik mehr- mals mit Anmerkungen herausgegeben worden ist, so ist sie Verona 1729, 4, erschienen.

Nouvclle methode de Mrs. de Port- Royal pour apprendre facilement et en peu de tems la langue Italienne, IV. edit. Par. 1696. 8-

Le Maitre Italien de Mr. Veneronl. Amst. 1691 n. sehr oft, auch deutsch, zuletzt von 1?}]. Jidi. Flathe bearbeitet. Frankf. 1800, 8.

Math. Kramer^s gröfsere Italiänische Sprach- lehre.' Nurnb. 1694, 8, und sehr oft, noch Kiirnb. 1799, 8-

Nie. dl Castria nouvelle Grammaire Ital. et Frang. Amst. 1714, 8-

493

Girol G'igll\ez\on\ dilingua Toscana, ed. lif. Venez. 1744. 8.

Joh El. Gre'iffenhahn' s Italläiiische Gramma- tica. Ed. IV. Jen. 1745, 8-

Annib. Antonini Grammatica Italiana, ed. Co:nK Venedig, 1758, 8-

Franc, ioave GrammaUca ragionata dclla Unnua ItaViwm. Parma 1772, 8; da5elb:^t und zu Li- vorno hernach mt-hrmahls; auch Leipzig, 1S04, 8j mit phiiodophischem Geist, aber m^hr blo- {ser Entwurf.

J. de Valenti vollständige Toscanische Sprach- lehre^ vom Prof. Ulrich übersetzt. Dessau, 1782,

85 1783, 8.

Granynatica ragionata della lingua ItaUana. Neapel, 178S, 8-

Galvi nouvelk methode pour apprendre la laugue Italienne. GötTingen, 1788-. 8-

Saggio ^sopra la lingua italiana dell Alb. Cesa- rotti. Vicenz, 1788, 8-

Chr. Jose. Jagevaann Italiänische Sprachlehre. Zweyte Auflage, Leipzig, 1792, 8; eb. das. 1801, 8

Jo. Ludw. IVülli Italiänfsche Sprachlehre. Göt- tingen, 1794, 8-

Versuch einer theoretisch -praktischen Italiänl- schen Sprachlehre , von F. Ph. Sarchi. Leipz,

1795, 8. _

Lidirizzo pel ragionato uso della lengua Ita- liana. Venedig, 1798^ 8-

/. G. Ciinradi vollständiger thieoretisch- pr acti- scher Unterricht in der Itallanischen Sprache. Nürn- berg, 1802, 8.

Ganz vorzüglich aber ist: Carl Ludw. Fer- jww's Italiänische Sprachlehre fiir Deutsche. Th. L IT. Tüb. 1804, 8.) wo man in der Vorrrede auch

/r;4

eine kurze Kritik der genannten neuem Sprach- lehren, und die Vorzüge derer von Biiominatiei und Corticelli (wovon letztere eine, anderwärts fehlende Syntax hat), und demiiäclist derer von Pergajnini ^ Giro/ami-Gig/i^ Beiiedetto Ro^acri , der zweiten Ausgabe von Jägern inn ^ und inaucher

Alllagen in der Morttz^chen findet. * *

11 Vocabokirio riegli Acrndemici deVn Cnisra;. wovon die erste Ausgabe, Venedig, 1612. fol. er- schien, seit dem es öfter anfgePegt vvorden Eine der besten Ausgaben ist Florenz, 1729 *7,'5» 4 Bände, 4. Des G. P. Bergantini Siippl'.m. at erschien, Venedig, 1743, 4. Der er^te V< r- fasser war 5</A'/V/^/; von defi übrigen s.i'o/7/t7/,'./2i deU" Eloquenza Italiana^ S 392.

iV/r. dl CdStilU forit(v;a della Crusra overo DI" ziojiario ItaUano-Ttdesco e Tedesra- Ilfiliano. l ips. 1700, 4. u. öf^er; noch bearbeitet von Ph. J.bui- the^ L.eipz. 1782 i" 4 Bänden.

Nouvenu dirthnr/fiire francors - Italien et Ita- lien-Fran^ois , par Fr. Aiberti , Vol. I. It 1722U.- öfter, noch Vened. 1784; Marseiile 1788.; Niz- za, 1-88, 4-

Ännib. Antonini Dictiomiaire Italien. I atin et Frangois. Paris, 17!^, gr. 4, 2 YoA. Venedig, 1761, 4; Leipzig, 1777, 1793, 8.

Ph. lak. Ilathe nuovo D/zionario mantiale Ifa- liano - Tedesco , e Tedesco-ltaliano. Leipzig, 1785»

g^- S- . . . . .

Christi. Jose. Jagemann Dizionario ItaiianO'

Tedesco e Tedesco-ltaliano. Weirsenlels, 1790, 1791 , 2 Voll., gr. 8.

niiovo Vocabolario Italiano - Tedesco , e

Tedesco-ltaliano^ disposto con ordine etiinvlogico. Leipzig, 1799, 8, 2 Voll,

495

Sprachprobe. •215.

Alt - Italiänisch,

aus der Bibel des Nie, de Mullermit von i^yni.

Patre nostro , el quäl sei in Cielo, Si'a saiictificato il Nome tuo ; Yen£;a il tuo Regno ; Sla fatta la Volonta tua, come in Cielo et

in Terra; A noi da hogi il Pane nostro substanciale; Et perdonaci li nostri Debiti, come eaani

noi perdouiaino a i Debitori nostri; Et non ce inducere ne la Temptatione ; JNla liberace dal Mal.

2 16. Heutiges Italiänisch,

aus des Giov. Diwlati Bibel ^ der Ausgabe von 1757.

Padre nostro, che sei ne' Cieli, Sia santilicato il ttio Nome; II tuo Reguo venga ; La tua Volonta sia fatta in Terra, come ia

Cielo ; Dacci og^i il nostro Pane cjuotidiano ; E rimettici i nostri Debiti, come noi ancora

li rimettiamo a' nostri Debitori; E non c' indurre in Tentatione; Ma liberaci dal Male. Perciocche tuo e il Regno, e la Potenza, «

la Gloria in Sempiteino. Amen.

Rf u n d a r t n.

Zu diesen ward schon von den ersten eln- gewanderren Völkern der Grund gelegt, \a orauf sie von der Kömischen Sprache, alkr iniiern Verschiedenheit ungeachtet, einen gewiboen oe- meinscliaitlichen Anstrich, von den spätem bar-

V barischen \'oJkern aber wieder manche beson- dere Stimmungen erhielten. Da diese Einflüs'-e in dem obern Italien am häufigsten waren, und am längsten dauerten; so sind auch hier die Mundarten am meisten rauh und verniisciit, wie besonders aus dem Genuesischen , Mailaiidi- sehen, Bergamasco, Brescianisdien und Fiiau-- lischen erhellet. Doch wird in den Städten auch reines Toscanisch gesprochen. Jene Lombardi- schen Mundarten sind häiter und abgestofsentr. Verkürzungen der VVör'er und ( onsonantc-n- Endungen sind in ihnen überv/iegend, statt dafs die südlichen Mundarten, zu Avelchen die i\ea-

, politanische gleichsam der Schiüssel ist,vvti- cher, voller, ofi'ener und breitt-r lauten, mel^r dehnen als zusamrilen/iehen , und die m-eisreii Wörter auf V^ocale endigen Der isolirte S ir- dische Dialect scheint der Muttermundait be- sonders ähnlich geblieben zu seyn. Am Irulie- sten machte wohl Dante in seiner schon gedach- ten Schrift de. vulgari Eloquin ( Paris, 15"2, 8 ) aufmerksam auf diesen Unterschied dci Dia- Ißcte, v*'0 er deren vierzehn auizahlt, die Eigen- heiten einer jeden mit wenig W'^urten angibt,' und von einer jeden Ein Wort zur Probe an- führt'. Er theiiet sie in zwey Klassen , zur Rech- ten und zur I.,inken der Apenninen. Zur ersten rechnet er einen Theil von Apidieu, Roai, Toscaiia und Ligurienj zur zweyien die andt-re

Hallte

497

Hälfte von Apulien, die Anconitanische Mark, Romagiia, die Lombaidey^ Tarviser-Mark, Ve- nedig, Friaul und Isrrien. Just. Fontnuini gibt in seinem weitschweifigen Commentar über den . Dante in seinem Werke deHa Ehquenm volgare^ Venedig, 1737, 4, S. 194. ff. darüber nicht \vei- Ter Aufschlufb ; auch ßndet man von den Eigen- schaften einer jeden bey ihm nichts mehr, a)s schon Dante hat. Aber seit Dante's Zeit sind in den von ihm geschilderten Dialecten grofse Veränderungen erfolgt ; manche haben sich durch politiiclie Verhaltnisse einander genähert, andere ihre Rohheit abgelegt; kurz keiner ist mehr das, was Dante ilui seyn läfst, aüfser et- wa der Neapolitanische. Jeder dieser Volks- dialecte hat eine Menge ihm eigenthümlicher Wörter, und jeder derselben hat Varietäten der Bieg-unasformen der Verba, die zum Theil nur einem Dialecte eigen , zum Theil mehreren o-e- mein sind, so hat z. B. die Toscanische Volks- sprache: sarebbamo ^ amarebbamo statt: saremmo , finmremmo ^ die NeneX\:xn\^ch.e: femo ^ ferne ^ feve statt: facclamo, fatem'i^ fatevi. Diese Varietäten der Biegungen, welche aus den Schriftstellern verschiedener Gegenden zum Theil auch in die Schriftsprache, besonders aber in die Poesie übergegangen sind, sind eine Quelle ihres Reich- thums, Avie im Homer, geworden. Der natür- liche Hang des Italiäners zum Niedrig -Komi- schen führte schon früh den Gebrauch der Volkssprachen in Schriften ein. Jeder Dialect erschien auf dem Theater in einer eigenen, ilim bleibenden Rolle. Aber man darf dem Dich- ter nicht immer zutrauen, dafs er jeden dieser Volksdialecte auf gleiche Weise in seiner Gewalt JAithrid. IL I i

49«

gehabt habe. Ang. Beolco war wohl einer deu ersten, welcher in seinen unter dem Nahmen Ruzzante heraus gegebenen sechs Komödien^ Venedig, 15P5, 81 Vicenza, 1598, 8, jeden Schauspieler in seinem eigenen Dialecte spre- chen ließ), daher hier Paduanisch, Venetianisch^ Boloenesisch, Btrgamaski.sch,Toscaniach, und so gar gemeines Griechisch vorkommen. Als die Academie della Crusca gegen 1612 ihr grofses "Wörterbuch heraus geben wellte, fing man an, aui die Mundarten noch aufmerksam.er zu wer- den, und ihr darin vorzuarbeiten. Des Abbare Denma Bemerkungen über die Dialecte, beson- ders über die Italiänitchen in den Memoires de l'Acad. de Berlin^ ijgj , No 16, bleiben bey dem Allgemeinen stehen. Ausführlicher hat Hr. Ue^ nina von diesen in dem Clef de langucs T. II. S.III. Art. VIII Xil. gehandelt, am belehrendsten und speciellsten aber ist die ausführliche Ab- handlung über die Mundarten der Itüllänisclicn Spra- che in C. Ludw. Fernow''s Röinlschen Studien^"! h. III. Zürch, 18081 S. 211 543, und daraus sind fast alle Angaben der Eigenheiten der einzelnen Dialecte in dem Folgenden entlehnt. E/.ia;?. Campolongo hatte unter dem Titel Proteus ein Gedicht auf die Vermählung des Koniges von Neapel in allen Italianischen Mundarten heraus gecreben, welches aber unterdrückt wurde, weil man es für beleidigend hielt, die königliche Würde in den gemeinen Mundarten besingen zu lassen.

Ich ordne die vornehmsten Mundarten nach der geographischen Lage, und bringe von einer jeden die Schriften bey, die mir davon bekannt geworden bind.

499

I. Savoyen.

Dieses Land konnte man, der Sprache nach, 8chon seit langer Zeit kaum noch zu Italien rechnen, weil hier selbst auf dem Lande schon jedermann Französisch spricht. Selbst die Nah- men der Städte und Dörfer sind meist Fran/o- sisf:h. Nur in einigen Gegenden, welche an Danphine grcänzen, ist ein Romanisch üblich, welches dem in Graubiinden nahe kommt.

3. r i e m o 11 1 .

Auch hier ist die Sprache schon sehr mit dem Französisclien vermischt, welches unter den höheren Ständen durchaus gesprochen wird; bey Novalese In dem ehemaligen Marchesate Susa, fängt es selbst imter dem Volke an. Dafs noch viel Keltisches in der eigentlichen Piemon- tesischen Volkssprache seyn sollte, ist möglich; bedarf aber doch sowohl mehrerer als genaue- rer Beweise, als bisher z. B. von Björnstähl gege- ben worden sind. Aus Folgendem ersieht man die Ähnlichkeit des Piemontesischen mit dem Französischen. Es hat die Laute ö und /7, und drückt jenen durch eu^ diesen durch u aus; es hat das n mit dem Nasallaute und das weiche .v; jener Diphtong eu steht häufig statt o, z. B. neuve statt miove, ein statt occhj. Die Mehrheit der Wörter ist Italiänisch, aber viele derselben nä- hern sich dem Französischen durch ihreEiuiung, z. B. ame statt amare. Lidessen sehen diese Pie- montesischen Formen doch Französischer aus, als sie klingen. Immer bleiben wesentliche Un- terschiede der Aussprache. Überdem hat das

li 3

50O

Piemontesische den Diphthong ei statt c, z. B. speis statt speso, s oder 5^ statt z, z. B. affession statt affezione^ es vermeidet die Doppelconso- nanten und sagt /5'e/o statt Z'e/Zo; der Diphtong ai stehtauch in den Verbalendungen statt a^ z. B. andaile ^ stait statt andate ^ siato. Mehrere der angeführten Beispiele zeigen auch 4'^kürzungen der Endsylbe.

Man vergleiche : Maiir. Pipino, Grammalica Piemontese ^ Turin, 17835 85 nach der Mundart von Turin, auch mit Aufsätzen in derselben. Von ebendenselben erschien auch, Turin, 1783, 8, ein Vocabolario Piemontesi , und ein älteres von Mic/i. Vopisco schon 1574 erschienenes ist in jener Grammatik angeführt.

Die Komödien des Gianglorgio Arioni am Ende des sechszehnten Jahrh. sind in der etwas abweichenden Mundart seiner V^aterstadt Asti.

Die Bewohner einiger nordöstlich an den Gränzen von Dauphine gelegenen Thäler heifsen Barbets, von Barbo , Oheim, ^velchen Nahmen bie ihren Priestern und allen verdienten Alten bev- legen, der also nicht durch Barte ^ wie gemei- niglich geschieht, übersetzt werden sollte. Sie sind die Überreste der ehemaligen Waldenser und Albigenser, welche sich zur katholisclien Kirche zu bekennen gezwungen worden. Von ihrer Sprache hat man mehrere schätzbare Über- reste in Leger's Histoire des Vaudois Th. I, S. 2G, welche aus dem Anfange des zwölften Jahihun- derts seyn sollen. Das V. U. ist darunter keiner der geringsten.

50 z

217.

Mundart der Waldenser in Piemont, um 1100.

Aus Leger, T!t. 1, S. 40.

O tu lo noste Payre, local sies en li Gel, Lo tio Noni sia sauctifica; Lo tio Regne venga; Latoa VoiiiiUä sia fayta en ayma Uli es

fayta al Gel, sia fayta en la Terra; Dona 110s la nostre Pan quotidian enchoy; Pardonna ä nos li nostre Debit ö Pecca,

conia nos perdonnen a li nostre D©*

bytor 6 Ofrendadors; Kon nos ainenar en Tentation; Ma desüvra nos del Mal. Amen,

2iS- 11 e u t i g e s P i e m o n t e s i s c h,

^us Hervas , No. 276.

Padre nöst, cli' t' ses in Siel, Santiiica sia Y Nom; Vegna ä noi 1' pj.egn; S' fassa tLia Volontä com in Siel, cosi in

Terra; Dane enciie Y nöst Pan di tut i Di; Perdöna d noi i nöst Dcbit, com noi per*

donoma ai nöst Debitor; Lasne nen casche en t' la Tentasion; Ma librene del Mal. Amen.

502

3- Nizza und Monaco.

In der Grafschaft Nizza und den zunächst am Varo liegenden Theile des Departements spricht man Provenzalisch, doch mit verschie- denen aus dem Italiäniichen entlelinten Wör- tern vermengt. Das nur vier Stunden davon gelegene Monaco hat einen verschiedenen Dia- lect, welcher doch i"on dem zu Menton \vieder abweicht. Heyde sind eine Miscliung von Fro- venzalij»ch, Genuesisch und Piemontesisch, doch so, daCs die beyden letzten Sprachen herrschen. Es sind auch Spanische Wörter mit eingemischt, da Monaco lange Zeit unter Spanischem Schutze stand.

4. G e u u e s i s c h.

Genua, ein T]ieil des alten Liguriens, heifst in der daslgen Volkssprache Zena^ und dessen Dialect Zenehe. Er igt einer der entstelltesten und xvidrig'^ten , und ein Beweis, dafs auf ein- ander uehäufre Vocale eine Spraclie nicht alle- mahl wohlklingend machen. Er zerfällt in man- cherley Uruerabtheihuigen, sowohl in der Stadt selbst, als auf den beiden Küstenarmen des ehe- maligen Genuesischen Gebiets, indem sich der westliche den Volksmundarten des südlichen Frankreich, der südöstliche mehr d^an Italiäni- schen nähert. Er hat ö und z7, und druckt sie durch^oe« und u aus, auch hat 72 den Französi- schen Nasallaut, selbst wenn es doppele steht, doch so, dafs dann das zweite wie ein Toscani- sches gesprochen wird. Sratt pace^ ragione sclireibt der Genuese paxe^ raxon^ und spricht X wie dasFranzösischey mjardin; er hat das wei- che g häufig statt z, z. ]i. pagienga bX2.it pazien^a;

CS hat er statt a in der Mitte tind am Ende, 7. B. fcEt(T und cariics statt faio , can'fä, gg statt gl und r/?, z B. iravaggio, oeu ggio stztt travagUo , occhio^ und häufig r statt /, besonders im Artikel, der hier: ro , ra, ri, re, und aro, dra si^lt dc^/o, deli'a. lautet, welches r aber nicht so stark vibrier >vird, als sonst im Italiänischen. Starke Abkürzungen sind häufig in diesem Dialecte, z. B. ce statt cie/o^ toa für t(ivo!a j Scuo für Scudo. Er ist dalier einem Fremden und seihst vielen Itahänern ganz un- verständlich, besonders in dem Mimde der SchiHer. Dessen ungeachtet ist er in Genua sehr beliebt, und selbst unter den obern Standen gangbar; ja manche kennen kein anderes Italiä- liisch. Ob sich hier wohl noch Überreste der Cantabrischen oder heutigen Biscajischen Spra- che erhalten haben sollten?

In Provence befinden sich die drei Döricr Mons, EstragnoUe und Biot, welche von Genue- sischen ^ Colonisten angebanet ^vol den , die ihre Bauer^prache mit daliin gebracht haben, die den übrigen Provenzalen unverständlich ist. *)

*) Ich füge ans M. P. ( Papon') voyage litlrrüire He Provence (Paris 1780) ein Volkslied im DtaUct vuii Mons und Estragnulh in Provence bey:

Gri^ueur 2;ui£inou, a lapna, Ou Ai che YdiVti de Ion ben a la campagaa. I m' an pilla ou ca mea ; In' ou m' an laschaon pa un choun. Mi soun entra misero, Sa posso me racatero La ca, lou ben et la terro , etc.

Französische Übersetzung. Grigneitr grignon ^ jt suis tiiatei J^avuis du bitn k la c«77i/>tig/i«; ^

iio4

Ein Stück aus einem Gedichte des Rambaut. de Vaqueirns^ eines Provenzal- Dichters, welcher 1226 starb, in dem rauhen Genuesischen üia- lect, hat Ciirne de S. Palaye in den Manoires de FAcad. des hiscript. Tli. 24, S. 677.

Riuie diverse in lingiia Genovese raccolle da Cri~ stoß Zubata, Pavia, 1588, 4, und Turin, 1612, 8.

Gian. Giac. CavaUi Ciltara Zeneize, con alciine- Rime de' piu antic/ii rimatoil Genovesi. Genua,

1745' 8. _

Paolo FogUflta und Viticenzio Dartona digli- teten gleichfalls in dieser Mundart.

219. Genuesisch*

Aus Hervas , No. 275.

Poe nostro , che sei nei Ze , U vostro Noiiie seja santificao ; Yegna u vostro Regno ; Si faza u vostra Voente, come in Ze, cosl

in Terra ; U Pane nostro quotidiano deeme anche; E perdone a nui i noslri Debili, comenui

perdonemo inostri Debitui; E no ci lascie cade ne Tentaziiiin; Ma liberateci da Ma. Amen.

On ni'a pille wa maisun ; On n'y a pas la'isse mi dou^ Je $uis dans la inlsere. Si je [>uis y je rac'ieuvai Lainakoiiy le bien, la terra etc.

5. Mailändisch.

Dieser Dialect ist auch wohl der Lomhardi« sehe in engerer Bedeutung genannt worderu. Gemein mit den übrigen Lombardischen Dialec-. ten hat er die Spuren des Einflusses Germani- scher Völker in den vielen Consonanren -Endun- gen und der abgestorbenen Kürze der sehr oft verbtümmelten Wörter: aber gemein mit dem Piemontesi.schen und Genuesischen sind iiim das Französische u, ocu, J (welches durcli sg be- zeichnet wird, z. B. in leag f:t2XX legge) ^ und der Nasallaut des /z, welches sich aber in der Aus- sprache, besonders am Ende der Wörter, fast vertiert. Der verstümmelnden Abkürzungen. si]id viele, z. B. fam, brac-j hfAXX Janni^ bravo; nass, 00 (lij statt rtascere , lio detto; die meisten zweysylbigen Wörter, auch dreysylbige werden, cinsylbig; benachbarte noch härtere Mundarten mag das Mailändi.tche, aber dennoch durch Wohlklang übertrellen. Der Dialect des Volks in Mailand unterscheidet sich von dem derLaiid-i leute der umliegenden Gegend, welche sich diif ch die häufige Verwandelung des. a in aus- ^'eichnen, und z. B. auch die Infinitiv-r Endung in öfe, welche in Mailand in a abgekürzt wird, in ae ändern. Um den Luganer- und Cojmer-i See, von woher viele Hamlelsleate in Deutsch-». Lind umherwandern , \vird ein diesem Land- Dlalecte ähnlicher aber sehr unverständlicl;er ge- sprochen; so auch um den Lago maggiore, wo er oich aber westlich schon dtu Eigenheiten des Piemontesischen nähert. El^endahin mag auch der Dialect des Thaies Luceinoue oder Ojiser- none in der ehemaligen eido;cnössischen Land- voigtey Locarno oder Luggaris, j^u^iie der west-

5o6

liehen Seite des Lacro mnggiore gehören, von xvelchem Hervas das V. U. antiihrt.

2 20.

Onsernone.

Aus Hervafy , No. 272.

Padri lies, che sei ue' Oieli, Gas sia sant'Ficau tuo Nom; Gas vlegiia 11 tuo R.eg; Gas faghiasi la tita Volontä, com in Ciel,

cosi in Terra; Pagn lies di ogni Di denel iaki; E rinieti a noi i Des Debet, come noi a nes

Debitor fashiüni; E non ce läse cascä niigliia in Tentazion; Ma liberen dal Male. Amen.

Man vergleiche über das Mailändische:

Varon Milaiiese della Lengua da Milan. Mai- land, 1606 u 1750, 8.

C<?rn. Marpjiarini Dirtionnrium Longobardicum. Tuderri, 1670, 8-; gehöre wenigstens zum Theii hieher,

Proben einer Übersetzung des alten Testa- ments in Mailändibdie Ver-e von Pietro da Bes- cape ^ von 1264. s. in P. Vcrri Storia di Milane,

1783V 4.

Des Bernard. Corio S/orla di Milano ^ zuerst

Mailand, 1503, fol , ij^t in diesem Dialecte, aber nur in den alten Ausgaben , denn in der Vene- dig, 1554, 8- itst er geändert.

La. Gerusahmmß liberata travestita in lingua Mi~ lanesi da Dom. Balestrieri^ Miiano, 1772, Vol. I. II. fül.

507

Des Malers Gio. Paolo Lomazzo Gedichte un- ter dem Titel : Rabisch dra Academiglia dor Cowpä Zavargna. Mil. 1589, A-> sind in der Mundart des Landvolks am Lago maggiore, und der Va- lesiani di Bregno, die als Lastträger zu Mailand dienen.

6. Bergamaskisch

zeichnet sich durch barbarische Verstümmelung der Wörter und durch Rohheit vor allen andern Dialecten aus, man spricht: tat^quac^ aidem st a.zt tan.'o , (jiialche^ ajiilatemi ; häufig wird g und gg in z, c in s verwandelt, z. B. za, zet, pas State giä, gente, pare , t in g, gl inj, z. B. kgg, quang, soldag^ travajo stritt letlOy qiianio, so/dato, iravaglio. Der Diphthong ö ist da, das lange o geht oft in ou über, z. B. noii^ amour statt noi^ amore; statt der Artikel //, de/ spricht man : o/, dol.

In diesem Dialecte ist unter andern erschie- nen die Übersetzung der Gerusalemme iiberata unter dem Titel:

// Goffredo del Signor Torquato Tasso trave- stlto alla Rubtica Bergamasca da Carlo Assonica, Veued. 1670 und 1674, in 4; wo man auch un- ter jeder Seite die Erklärungen unverständlicher Wörter und Redensarten findet.

7- Venezianisch.

Dieser Dialect verdienet eine besondre Aus- zeichnimg, besonders wie er zu Venedig in den obern Ständen gesprochen wird; denn auch er hat seine Unterarten, selbst nach den Klassen der Einwohner. Venedia, obwohl von rauhen Dia- lecten umgeben, hat noch die sanfte Spraclie, welche sich unter der kleinen, sich gegen den Strom der eindringenden Barbaren auf ihre In-

'30Ü

sein rettenden, und unter ihren Fischerbeschäf- tigungen lebenden Colonie gebildet, und bey ihrer Isolirtheit erhalten und fixirt hatte, und dann mit der ausgedehnten Macht dieses Staats siüh auf dem festen Lande verbreitete, ■wo ihr Gebiet bis an die Etsch reicht. Dieser Dialect sieht keinem, andern an Reichthum und Bildung nach; ei ist sanft, gefällig und einschmeichelnd, und toset die vielen Zischlaute auch der Tosca- nischen und südlichen Mundarten: sck, dscJi vmd tscli in die sanftem 5, ds und is auf Aber er ist ebendeshalb auch fast zu weich ; die Aussprache ist mehr schleifend und lispelnd als vibrirend, lind durch Ausvverfung der Consonanten treten eine Menge von Diphthongen imd Vocalen zu- sammen. Alle ihre Consonantenveränderungen dienen zur Entfernung harter und breiter Lraite, so wird ausser d^n angeführten cin^, äc in ss, t in d verändert, z. B. amigo, cogr.osse, lornada statt amico, cognosce ^ giomata^ und x in xe statt e oder c'(? wie das weichste s ausgesprochen. Blois die Verwandelung des unbetonten / in e und die Unterlassung der Verdoppelung der Consonanten, z. B. rctrato svdtt riiralto gibt man- chen Wörtern einen breiteren Klang. In keir nem Volks- Dialecte ist so viel für's Theater ge- schrieben woi^den, als in diesem. Goldoni's Ko- xnodie i Rustcghi hl gTinz in demselben. Aufser dem' hat man Gediclite in demselben von Bened, Cornaro , Donicjuco , Luigi und Matleo Paniert, I.ajnd/o Becrajo und Midielangah AngcUco ^ nebst einer Sammlung verschiedener Schriftsteiler un- ter dem Nalimen Qirovaim. S. die Lcttres ecrites de la Suisse, d' Italic , de Sicile et de Molle ^ Amster- d:;m, 1782, 8? im 6ten Theiie. Folgende Schrif- ten sind auch meist Gedichte.

5^9

Nie. Cosmkö Canzoni. Venedig, 1478, 4; Vicenza, 14S1 , 4.

Andr. Calmo R'ime pcscatör'ie ^ nel Venezümo, Venedig, 15395 S; und dessen übrige Schriften.

Vinc. Bclando letlere facete e chirlblzzose in len- gua cuniga Veniiiana. Paris, I5SS) 12.

Anzolo Inzegnieri c d'altri versi nlla Veneziann. Vicenza, 1617 1619, 12. Des Ingcgjiieri Ge- dichte waren s,chon eb. das. 1612, 12. erschienen.

Lc Stringhe sferrellate ^ rime giuocose. Vene- dig, 1664, 12.

Dorio Varitari il Vespajo siuzzicato, Satire Ve- neziane. Venedig, 1671, 8-

Cate Bionda Biriota^ d. i. Catharino Bionda, aus Biri, einem Quartiere in Venedicr, wo ^^e- meines Volk wohnet; ein Gedicht, wo docli die Umstände der Ausgabe mir unbekannt sind.

J. P. Traduzion dal Toscan in Jciigiia Veneziana de Berlhotdo. Padua 1747, III. Volk in 8, niit dem Toscanischen Original der poetischen Be- arbeitung des alten bekannten Romans zur Seite, und einer Spiegazion de le parole efrace Veneziane.

221.

Rein - Venetianisch.

Nach Hervas, No. 271.

Pare nostro, che si nel Zielo, Sia santiFicä el Nome tuo; Vegna el Regiio tiio ; Sia fatta laVolontä tua. siccome in Zielo,

cosi in Terra; El Pane nostro quotidiano dene ozi;

5io

E rimetti a nu i nostri Debiti, siccome nu

li rimettenio ai nostri Debitori; E non ne iiiduci m Tentazioiie; Ma liberene dal Male.

222.

Venetianisch , vielleicht in einer etwas gröbern Mundart.

Aus einer handschrißlidien Formel.

Pare nu, che se in Cielo, Sia sanctilicato el to Nome ; Vegiia el to Regao ; Sia fatta la ta Volonta, si co fa in Cielo,

CLisl anca in Terra; Da gbe nu ancao el nostro Pan cotidiau; E perdona i nostri Debiti, coine anca nu

perdoniamo ai nostri Debitori; E no ghe indiir in Tentazion; Ma libera glie del Cativo. Perclie to se el Pcegno, e la Potenza, e la

Gloria. Amen.

Im Munde des gemeinen Volks ist der Ve- nezianisclie Dialect sehr unverständlich. Aber weit entfernt von ihm sind einige andre Miuid- arten des ehemaligen Venetianischen Gebiets, nämlich :

8. Paduanisch,

in welchem die Entstellung der Wörter so arof-i ist, dafb sie eine der unverständlichsten für den Fremden ist. Sie ist ein Gemisch des Venezia- nischen und des nachmahiü anzuführenden Unter-

5 1 1

Lombardischen, aus welchen beiden man bich die vielen Comödien in dieser lengua rusteca Pa- dovana erklären mufs, die besonders im sechs,:- zehnten Jahrimndert von dem erwähnten Angtlo Beolco mit dem Beynamen // Ruzzanie erschie- nen sind. "

Nach diesem schrieb G. Bapt. Liviora u. a. in dieser Mundart, und Galeazzo Gatieri und Andr. Gatter! verfaisten in derselben die Geschichte ihres Vatertandes. S. auch:

Jac. MoreUo 11 ridlculoso dottoremento di M. Desconzo de Stnisenazzi ed allre operette piacevoVi in liiigua rnstica Padovaria. Vened. I551 1553 5

Bertevello dalle Brondella^ Poesia in Ungua ru- stica Padovana. Vened. i6l2, 4.

Rime di livgiia rustira Padovana di Magagno, Menon et Begetto (lauter angenommene Nahmen, ersterer ^var G. Harn. Maganza., der zweite Agost. Rava, der driue BartoL Rus/icedo , alle drey aus Vicenza). X'^ened. 1620. Vol. 1. II. 8-

Giov. Bnniacci dede anliche origini della lingiiq volgare de Padovani. Vened. 1759, 4.

g. F r i a ü 1 i s c li.

Zu dem ehemaligen Venezianischen Gebiete gehörte auch das nördliche Friaul^ dessen Dia- leer desto gröber, nnd eigentlich ein verderbtem Iraliänisch mit vielen Französischen und einigen Sla vischen Wörtern vermischt ist, wenn er nicht vielmehr zu dem Aste des Romanischen in Graubiinden gehört, doch so dafs der Einflufs des italiänischen auf ihn stärker, als auf jenes, war. Nach /b/?/<?/?:>// soll das Romanische, wie es in Graubiinden gesprochen wird, hier nur mit dem Französischen vermengt seyn. Das letzte sey durch die beyden Patriarchen zu

5ia

Aqnileja im vierzehnten Ji;]irhnndert BertraiK^ deQiitrci, und den Cardinal Pliilipp noch ver- mehret worden, welche eine Menge Provenfsa- len, Caorsiner und Gascogner, besonders Gast- liche, mit sich gebracht. Übrigens sey er von dem in Istiien ganz verschieden. Frang. des Rues nennt diese Mundart Ausiriche ; vermuthlich we- cren der östlichen LaG;e des Landes. Die Stadt Friuli heilst noch jetzt zuweilen Cividad de Austria, In des Franco Sacc/ieiti, der um 1380 lebre, No- velle 92 und 137 kommen einige Stellen in die- sem Dialecte vor. Auch liat man in demselben Gedichre X'^on Jac. Sini^ Abt zu Saccolon^o im Paduanischen, Siati/io PaolmivonOsimo^ Freund des Torquato Tasso, Paolo Canivello , Girol. Mis- seo^ Paolo Fistii'orio , Danicllo Forza, Brunellesco Brnnelleschi ^ Franc, de Zucco, Giairipiero Fabiaro und Plularco Sporeno.

823. Fiiaulisch oder Furlano.

^us Me^lscr , des Rues^ IViJkins und den übrigen Sammlern.

Pari nestri cli' ees in Cijl j See sancliiicaat lii to Nom; Vigna lu to Reain ; See fattalatoo Volontaat, sich' in Cij!, ed

in Tiarra ; Da nus hu ei nestri Pan cotidian; Etperdoni nus glu nestris Debiz, sicunoo

perduiün agl nestris Debetoors; E no nus menaa in Tentatlon; Ma libora nus dal Mal. Amen.

22.4.

513

2 24.

Dasselbe.

Aus Hervas , No. 273.

Nost Pea, cli'a si in Cil, Che si sauctiFicea e vost Non; eil' US vegiia e vost Ptegn; Cil' US fessa ia vostra Vuluntea liiose in Cil,

che in Terra; Dasis incü e nost Pan d' is^na De; Armitis i nost Debit, teal e qiieal nun ai

aimetten ai nost Dcbitür; E fasi ch'an sema Tintae ; Ma Üb eres da e Meal. Amen.

Auch im Norden des ehemahligen Venezia- nischen Gebietes, aber im' sonstigen Bi.bthum Brixen liegen die Thaler i-ii'^ivz, l.wijuilongo^ En- 7iederg und Altey , wo die, durch Wiidni.-sSe der Natur von nachbarlichen Sprachen ganz abgeson- derten und selbst in einzelnen Hütten zerstreu- ten Einwohner ein nur durch Aussprache und Biegung verschiedenes, verdorbenes Iraliänisch reden, wovon man in /Jrrr/i von Hormavr's Ge- schichte von Tyrol, Th. I. S. 13S Nachricht, und S. 146 1S2. ein zahlreiches Wortverzeichnifs findet.

10. Bolognesisch

schliefst sich seiner Beschaffenheit nach an die gröbsten nördlichen Dialecte an, und ist die südlichste Erscheinung ihrer Verstiimmelimo-en, Diese sind stärker und gewaltsamer erfolot, als irgendwo; die Endungen der Wörter sind nicJit Mit/iriU. IL Kk

5i4

blcfs fast durchgehends weggelassen oder zer^ qiietsclit, sondern auch das Wort selbst ist häu- figst so zusammengedrückt, dafs nur noch die Consonanten und der Vocal der betonten Sylbe, tuid in den einsylbigen tonlosen Wörtchen fast nicht einmal ein Vocallaut mehr übrig geblieben ist, z. B. asn, lagrm statt asmo ^ lagriine; dl volty pr, st, bj , statt dcHc volle , per, questo, belli; statt dafs einige andere Wörter auch fast unverändert geblieben sind, z.'B. caminar, muntagna, so sind andere durch die Abkürzung vieldeutig, und dc^ kann date, dato und dado bedeuten. Wenn zu Dante's Zeit dieser Dialect einer der gebildete- ren \var: so mufs der Grund in der damahügen Blütlie der Universität von Bologna gelegen ha- ben. Aus dem sechszehnteu Jahthundert ist eine Comödie Filolauro, Bologna 1520, aus dem sieb- zehnten Jahrhundert die Übersetzung der Geru- salemme liberata von Glo. Franc. Negri, die aber nur bis in den XIII. Gesang gedruckt ist; ferner:

Gemignano Megnani Bologna jubilant. Fer- rara, 1688, 8- ^

Ebendess. VArvhia d Troja over el Brusament de Bar tibi Manzavagh Filatokr, dou in uttava rima con la prosa d Belgrad. FeiT. 16S9, 8-

Giiil. Ccs. Croce l" Dsgrazi d' Berluldin dalla Zena , niijs' in rime da G. M. B. in lingua Bolog7i€se. Bolüg. 1736, 4.

Bertoldo con Bertolditio e Cacasenno in ottava rima aggiiintavi una traduzione in lingua Bolognese con aJcune annotazionenel ßne. Bologna. T. I Ilf. 5te Auflage, 1740.

La C/iiaglira della Banzoln, Opor dir mii Fol di- vers in lengua Bolognese. Bologn. 1742, 4.

Caniillo ScoUggeri della favella naturale dl Bo- logna. Bol. 1726, 8.

515

Ovhl-Mont-Alhan dinhgogia doJla naturnlezza. idel pdi'are e spedahnente del piii antico e p'iu vero di Bologna. Bol. 1657. 4.; ntid ebendess. Vindicie ■del parfar Bohgnese e I.onibardo. Bol. 16 33, 4.

Giov. Ant. Buinaldi VocaboUsta Bologriese. Bol. 1660, 12.; ist aber der vorige Mont-Alban.

225. B o 1 o g n e s i s c h.

Aus HervaSf No. 274.

t*ader noster, cli'siiiiCil, Si pur santilicä al voster Nom; Vegiia 1 voster Regn; Sia fatta vostra Volonta, com in Cil, cosi

in Terra; 'L noster Pan quotidian daz incii; E perdor.az i nosler Debit, sicom noalter i

perdonen ai noster Debitur; E n c' indusi in Tentazion; Ma liberaz da Mal. Amen.

II. Unter - Lombardisch.

Was zwischen der Etsch, dem Bergamaski- sehen und Mailändischen, besonders aber südli- cher unter dem letzleren und zu beyden Seiten des Po von der ehemahligen Lombardei übrig bleibt, hat einen Dialect, der vieles mit den an- geführten Lombardischen gemein, aber auch nicht die besondern Eigenthümlichkeiten dersel- ben, z. B. die Französischen Laute des Mailän- dischen u. s. w. , und an mancherley Puncten seines Gebiets, z. B. zu Cremona, Brescia, Man- tua auf der einen, und zu Piacenza, Parma,

Kk a

5IÖ

Modena Tind Ferrara auf der andern Seite seine Nuancen hat. In IModena sagt man ar statt ra inid re^ z. B. arcomandare ^ ar^fesario statt facco- maVidarc^ awcrsario ^ welches ar der Bolognese auch, aber neben seinen Verstümmelungen und Zusammenziehungen hat. Der Aitikel lautet al imd dal statt il und' del, und Beispiel mancher Abkürzung ist vras statt verace. Der Titel eines in Müdenesisch(£r Volkssprache vorhandenen Gedichts: Rasunament int' cd vras c natural lingunz d' Modna. sovrä al mal dal corp ^ in di:n Rime Inir- lese he di Gio. Franc. Ferrari. Veiied. 1570, cha- racterisirt diese,

D/ario Ferrarcsc (von 1409 1502) im dia* letio urbano von Fcrrara, befindet sich bey Mzr ratori, T. XXlV.

Vocabo'ario Bresciano compilato dal Sign. Paolo Gagliardi. Bresc. 1759,

12. Toscanischer Volks -Dialect.

Man unterscheidet secl/s Abtheilungen des Toscanischen Volks -Dialects, den Florcntini^ ödieti, Siene^'isc/ien ^ Pistojesisclien.^ Piianischen^ Luccliesischen und Arelinischen, Dafb der Florenti- "nisrhe nicht mit der bessern Sprache der öbern Stände , aus vvelclier die Itaiianische Schriftspra- che hervorgegangen ist, verwechselt ^verden. dürfe, ist bereits im vorigen bemerket worden^ Er theilt sich wieder in die Sprache des Stadt- und des Land-Volks. Selir gut ersieht man diese aus des Jüngern Micliel-Angelo Buonaroti, eines Enkels des grofsen Künstlers, Lustspiel Tancia, Es erschien zuerst Florenz, 1615, 8-» ij't aber meliimahts wieder aufgeleget worden. Es -ste* het auch in den Poesie scelle dopo il Petrarca, Ber-

6»7

gamo, 1756. Eben desselben verbundene fünf Lustspiele In Fiera (der Jahrmarkt) steilen ^i.^\\ Stadt- Dialect der Florentiner Handwerker mit ihrer Küiistlersprache dar. Die beste Ausgabe von beyden, sowohl der Tancia 7^^ Fiera ^ ist die mit dem, für die Kenntnils der Italiänischeii Sprache und dieses Dialects insbesondere sehr \vichtJ-gen Comnientar von Ant. Maria Sal{>ini, Flo- renz, 1726, 4. Noch v/eiter gehet des Floren- tiner Mahlers Lorenzo Lippi, unter dem Nahmen Pcrlone Zipoli iieraus gegebenes Malmantile raccui- stato, wo er auch die sprichwörtlichen Ausdrücke der Florentiner mit einwebt. Die beste Aus- gabe, mit dem Commentar des Paolo Minucci, ist Florenz, 1750, II Bände in 4., und ebenda- selbst 1788 wieder erschienen. Noch gehören hierher die Coiile note di Puelcio Lamoni ( Pao/o Minucci,) Florenz, i6S8? 4o ebendas. 1731, 4; und der berühmte Goldschmid, Beneveimn Cel- Uui, welcher sein Leben in diesem Dialecte be- schrieb, Cöln , (Rom) 1730. Der Florentiner zeichnet sicli durch den rauhen Kehllaut, vvomit er statt ca, che, c/ii: ha, he, hi u. s. w. spricht, am meisten aus,* er hat noch andere Idiotismen, z. B. tgghi, oilla, statt egü , voha.

Im Sienesischen Dialect i'-X jener Kehllaut ge- mäfsigter, aber er zeichnet sich besonders durch die Verwandlung des kurzen e in a aus, z. B. in lettara st2il Icllera, vorzüglich aber in Endiormen der Zeitwörter, z. B. essare, amaro, s^^xt essere, amcrb. Er hat manche Vorziii^e der Aussprache vor dem Florentinischen. Im Sienesischen sind erschienen :

Nie. Campani lo Strascinos, Commedia rusticalc, Florenz, 1573, 8-

5»8

Eben dess. il ColleU'mo, Commedia rusticale, Siena, 1608, 8-

// rapimenlo di Proserp'ma di Claudiano , tra- dotio in volgar Toscano Sancse da Ani. Cinuzzi. Ve- nedig, 1608, 12.

Beils. Bulgarini ^ welcher 1616 starb, ver- iruthlich in seinen Streitschriften über den Dante.

Rldolfo MarteUlul II Trhnpella trasjormato^ Commedia riLStuale. Siena, 16 18 5 8-

Der Sienesische Dialect hatte schon um da» Ende des fünfzehnten Jahrhunderts seine Schrift- feteller; die Akademiker, die b'ich g/l J/iiilpldl, gli liurotiatl und la Coiigrega de' Rozzl nannten, be- dienten sich desselben in dem genannten, so ^vie in dem sechszehnten und siebzehnten Jahr- hundert, und eine grofse Menge von Lust7>pie- len und Parcen sind darin, meistens zu Siena selbst, erschienen.

Ein sehr lehrreiches lexikalisches Werk über diesen Dialect, welches aber auch eine grammatische Schilderiuio; der Eisenthiimlich- keiten desselben, und eine Vergleichtnig der verschiedenen Mundarten der Toscanischen Städte ejithalt, ist Vocabiilarlo dclle Opere dl SaiHa Caterlna e della Ilngiia Sanese di Girolamo Glgli überall mit beissenden Bemerkungen gegen die FJorentini-che Spraclityrannei , welclie ihm das erwähnte Schicksal zuzogen. Vollständig ist es gedruckt in^er Odlezlvnc dclle Opern edite ed in- cdite di Glr. Glgll (all' Aja e si vende a Siena), 1797, 8. im II. Bande.

Der Plstojcshche Dialect liat unter den Tos- canisclien am weuigiteu von d(^v gorgh^/lorenilna^ und zeichnet sich dadurcli aus, dafs er die Nenn- wörter auf ere auch öchon im Singular auf eri,

0^9

z. B, cavalieri st Titt cavaliere, ferner dafs er o statt it, z. B. omore statt umore spricht, und mi padrCy il tu frafdio statt /tz/o, tuo. In diesem Dialecte ist geschrieben: Desiderlo e Speranza. ^ Fantasiichi Comoed. tropologica di Desiderio Cinl da Pistoia. Venez. 1607, 12.

Der Piscniischc Dialect hat den Kehllaut ein wenig merklicher; er verwandelt das betonte o der ersten Singnlar-Person im Futurum in ü, z. B. amerii statt amerb ^ z \\\ s , z. B. piassa statt piazza, und oft /in /■, z. B, ?unosine statt Umosinej auch im Artikel ar statt (//.

Der Lucdiesische Dialect hat immer den Ruf vorzüglicher Reinheit gehabt, hat aber die er- wähnten Eigenthümlichkeiten des Pisanitchen (ausgenommen die Verwandlung des / in r) auch, und noch manches Besondere.

Im Diolect von Arezzo ist am auffallendsten che Verwandlung des betonten a in a, z. B, car^ d'mäle^ päne statt cardinale , pane; die Verwand e- iung eines unbetonten e in a, z. B. amarb statt amerb ^ ist wie im Sienesischen; das / des Artikels wird nach den, sonst damit sich verbindenden Praejjositionen nicht verdoppelt, man sa^t co la^ a lo ^ nicht ro//a, allo. Die V^olkssprache von Korlona hat auch jenes ü statt ß, und schliefst sich ebenso, wie die von Pen/gio, A/}g/iia/i (^welche aber jenes ä nicht haben) an die Mundart von Arezzo an. In den Peruginisclien Dialect hatte Cesare Patrizi die ersten beiden Gesänge der Ge- rusalemme liberata des Torquato Tasso über- setzt, sie sind aber nicht gedruckt worden.

15. Römischer Volks - Dialect.-

In Rom, wo die Aussprache unter den ge- bildeten Ständen ganz vorzüglich ist, theilt sich

330

die Volkssprache in «lie der Einwohner der Ge- gend zwisdien dem Esquilinischen, Ouirinali- sclien und Kapitolinisclien Hügel, welche sich i mortig'iani nennen, die in der Gegend des Tho- res del popolo, welclie sich l popolarfli iieuntn, und die der Trasleverbü. Jede dieser Gegenden hat ihre Eigenheiten. Im Ganzen aher spricht das Stadtvolk nirgends in Italieii so verständHch und deutlich als in Rom. Die Sprache des Land- volks hingegen ist so verdorben, dafs man nur durch längere Übung sie verstehen Itrnen kann. Ei,2;enthümlichkeiten der Römi.schen Mundart überhaupt sind vorzüglich die Verwaiidiung des nd in /?/z, desy und gh in gli, des / in r und des s nach einem Consonanten in z, z. B. annanno statt G}id(indo ^ agUuto statt aj/ifo, corpa statt colpa, cnr~ zo statt corso ; ferner die Anhängung der Sylbe ne an einsylbige Wörter oder an solche, deren letzte Sylbe betont ist, z. B. sine statt 5/, giane statt gia ; ferner die Weglassung des re von der Infinitiv-Endung; z. B. amä sxa.tt a/nare, doch wild an diese Verkürzung oft noch jenes ne an- gehängt; endlich häufige Versetzung des r, z. E. cnjpa btdiXt- capra. Das Römische Volk hat auch neben den eigentlichen Benennungen der Ge- genstände oft eine Menge blofs gemeiner Ne-. benbenennungen derselben. Proben der jetzi- gen Volkf-'sp?:ache Rom's findet man in Krn. Fer- fiow's angeführtem Werke , und ebtndaselbst eine Pfobe von dem Römischen Dialect des vier- zehnten Jahrhunderts aus der merkwürdigen Vita dl Cola diRic/izo, der sich zum Tribun des Römischen Volkes aufgeworfen hatte, welche gleichzeitig geschrieben, und 1624 und 16.31 in 12 gedruckr i^jt, letztere Ausgabe mit Erklärun- gen der unbekannten Römischen Ausdrücke.

62 t

Von diesem damahllgen Dialecte, der aber auch gerade in die Zeit dtr Abwesenheit des zu Avi- gmm residirenden Päbstlichen Hofes von Rom fällt, entwirft y>)rt/;/e, de nilgari eloquio ^ S. ig. ein sehr ab-chreckendes Bild, wenn er sagt: „Ro- „manorum non vulgare, sed potius tristilo- „quium, Italorum vulgarium omnium esse tur- „pissimura; nee mirum, cum etiam morum ha- j/oituumqiie deformitate prae cunctis videantur „foetere. " Gedruckt sind aufserdem in dem Römischen Dialecte nur zwei epische Gedichte vom Ende des siebzelinten Jabrhuaderts, näm- lich: •

Giov. Camiilo Peresio il Maggio RomanescOy overo il Paiio tonquistafo, pocina epicogiocoso nsl linguoggio del volgo di Roma. Feirara , 1688? 8.

El Meo-J^atacca ovvero Roma in feste nei trionß di Vienna , poema giocoso nel lingupggio Romaiiesco. di Gius. Bemeri. 1693, 8-

i4- Neapolitanisch.

So sehr auch die Volkssprache in dem Kö- nigreiche Neapolis von dem reinen Iraliänischen abweicht, so ist sie doch dem Ohre weniger an- stöf-iiö-, als manche andere Mundarten. Sie zer- lallt wieder in verschiedene Neben- Di riitcte, wohin der Appulische, der Sabinische, worin Giam Batt. /.«///schrieb, der Caldbri'iche , der der Insel Capri, u. s. f gehören. In der Sfadt Neapel hat sogar jedes Ouarrier seine eigene Mundart. Des iVIatth. Spinelli de Juvenato Nea- politanische Jahrbücher von 1247 an sind in dem Appulischen Dialect geschrieben. Sie ste- hen mit einer Lateini>-chen ITbersetzurg in den Act. Ss. Maii Propyl. in Canisil Biüiioth. Sicula^ Th. 2, S. 1089-} und in Muraiorü Script. Th. 7, S. 1053.

Egloga dl Morel. Treviso, 1613, 12, ist in dei« Bauernsprache von Conegliano.

Die Aussprache des Napolifaners ist stark- betont und singend. Fast alle Wörter endigen aufVocale, und diese bleiben auf vor angehäng- ten Sylben, z. B, in fareme statt far/zii. Das un- betonte /in der Mitte und am Ende der Wolter wird in e verwandelt, so auch die Pluralendung i der Substantive, dagegen aber auch das be- tonte e in /; oft wird oinz^, besonders das be- tonte, zuweilen auch u in o, oft o und e durch Vorsetzung eines 11 und / in Diphthongen ver- wandelt, zwischen zwey Vocale wird gerny ein- geschoben, z. B. spireto statt spirito, cridemi stritt credimij do Iure statt dolore^ \cuortio ^ fraliello statt corno, fratelh, noje statt Jioi. Consonanten in den unbetonten Anfangssylben werden verdop- pelt, ja häufig auch die Anfangsconsonanten selbst, z. B. ammore ^ le Uagreme statt anivre^ le higrime^ f \ov den Diphthongen /a, /o , iu in sc^ p vor eben diesell Diphthongen in cli verwandelt, z.B. scia/nma, cliiano statt ßamma, piano ^ ^vvird häufigst zu V, l vor d^ t ^ z wird in u^ z, B. caudo: btatt caldo, und, wie anderwärts, iid in n, l in r verwandelt. Man hat diesen breiten Dialect mit dem Verhältnifs des Dorischen zu den übrigen Griechischen verglichen, nur dafs dieser einen feierlichen Character hatte, jener immer ins Ko- misclie spielt. Der Calabreshche Dialect macht den Übergang zu dem folgenden Sicilianischen. Die meisten von den angetührte/i Umwandelun- gen hat er mit dem Neapolitanischen, andere mit dem Sicilianischen gemein, u ist fast herr- schend statt t), auch in der Mitte der Wörter. Er hat den Diplithong au auch im PraeterituiH, z. B. Dasaau atatt passb , und verwandelt di\ ß und

5?'

o

gi gern in /, z. Vt.jiime^ jurnu ht2.tt ßwne^ giorno, und manche eicrene Wörter hat er aus dem Grie- chischen. Eine Übersetzung der Gerusalemme Über ata ins Calabre>:ische von Carlo Cosentiriü ist l'y37 zu Cosenza gedruckt.

Dt-r Neapolitanische Dialect hat die reichste Litteratur Man hat eine Samoihmgin 28 Bänden (Neapel 1789^ 12 ), von seit dem Anfange des siebzehnten J;ihrhunderts in diesem Dialecte ge- schriebenen Gedichten, wovon aber der 26ste und 2''ste das Vocabolario napoletano von Ferd. Galiard enthalt, dessen Schrift: del Dialetto l\at politano^ Nap. 1789 tiue vortreffliche Gramma- tik dieses Dialectes ist. Aufserdem sind von demselben erschienen:

Parditio Toaca l'eccellenza della Hngua Napole- tana. Neapel, 1662, 16.

Giac. QistelU delle origiiü della Hngua Napole- tana. Neapel 1754, 4.

Eins der berühmtesten Werke dieses Dia- lects ist das ^'olksmärchenbnch: // Peuiamerone del Cavalier Giainbatlista Basi/e, oder auch /o Cunto de li Cunte. Nap. 1637, 12, und oft gedruckt. Andere sind :

Guil. Ces. Cortese travaglicuse ammure di Chillo e Perna^ opera burlescha^ in Hngua Nupohtana, Neap. 1645, 12.

Eb. dess. Mkco Passaro inamorato^ poema, Eb. 1646, 12.

Eb. dess. la Rosa, Favola boschereccia. Eb. 1666, 12.

Eb. dess. Opere in Ungua Napoletana, \vovon 1664 schon die 1 ^te Ausg. erschien.

Felipp^ Sgrutlendio la Tiorba taccone. Eb. 1646, 8.

Gian Aleslo Ahbatutls Ic Muse Napoletane egro^ ehe. Eb. 1669, 12.

Giov. Batt. Valeuüno la mezacaima ed altre Poe-* sie in ottava riwa^ in Ungua Napolelana, Eb, 1669, 8.

Andr-^ Pcrruccio tJgnano Zeffonato ^ poemma arroizco. Eb. 167S, 12.

Masillo Reppone Posikcheza. in Ungua Napolit^ Eb. 1684» 12.

La Sporchia de lo hene. Eb. 1716, 12.

Hinie scelle di vari illustri Poeti Napolitana. Florenz, 1723, 8, 2 Voll.

Arn. Coloiiibi la Ciucceide , poema arrojeco. Eb. 1726, 8. ^

Biaso Valenlino la fuorfeci. Neapel, 1748, 12.

15. Sicilianisch.

Die von der Natur so reichlich ausgestattete Insel Sicilien, welchö aber von wenigen ihrer wechselnden Beherrscher, den Griechen, Kar- thagern^ Römern, Byzantinern, Arabern, Nor- mannen, Deutschen, Franzosen und Spaniern Aufmunterungen zur Cultur erhalten Jiat, zeif!;t Einilüsse aller dieser Völker auf ihre Spraclie, Avelche auf der ganzen Insel, mancherley kleine örtliche Verschiedenheiten abgerechnet, imWe- .sentlichen einerlev ist, obwohl sich in der Nähe von Afrika mehr Wörter von Arabischer Ab- kinift, anderwärts mehr verstümmelte Griechi- sche oder Provenzale finden. Die Aussprache des gemeinen Sicilianers ist hart und widrig, sin- gend, oft heulend. Am gebildetsten ist die Volkssprache zu Palermo, und in ihr haben die Dichter und Schriftsteller dieses Dialects ge- schrieben. Er ist dererate unter'den Volksdia- lecten Italiens, welcher durch Schriften in sei-

5^5

ner Art cultlvirt worden lät, uiid in <^öfeI'n'die Wiege der neueren Italiänisclien Poesie. Aber auch in dem dreizehnten Jahrhundert legte Kai- ser Friedrich II durch die zu Palermo gestiftete Academia (li volgar Favella sclion den Grund zu seiner Aufnahme. Die Stanze ist dem Sicilianer eben so Lieblirigsform, als den übrigen Italiä- nern das Sonnet, und Schiiderungen dtT Hirten- welt und zärtlicher Liebe der Gegeni^tand , in welchen jene noch itzt eine Anmuth ausdrücken, die von der reizenden Natur eingefiöfat, und un- geachtet der unvollkommenen Eigenthümlich- keiten der Miuldart erreicht wird.

Diese verwandelt am Ende der Wörter durchgehends und in der Mitte derselben häufi'T o in u und e in /, so dafs man die Vocale o und e kaum hört, vor <:, r/, s, /, z verwandelt sich rt/ gewöhnlich mau, ferner// immer in dd^ z.B. beddu, capiddu bX-dll bello , ccpdio , f^linggh, z.B. ßgg/iiu statt y/^/Zo, qu in c//, z. B. cbiddu statt quell o , und au^^erdem, wie das Neapolitanische nd in nn, pia , piii in chia, cliut, ß in sei (welches sc aber in den älteren'Sicilianischen Schriften durch X ausgedruckt wird) säamma [xiamma) stixtrßa/nma; am Aufanie der Wörter wird /vor n weg'^ela8S_en , z. B. nlurmi statt intorno. Mi'mler und Bartels haben in ihren Reisen viel Nützliches über diese Mimdarl gesagt, auch Proben von Gedichten geliefert.

' Ael. Antonü Nebrissens'is Vocabuiarhim Lati.'.o- Hispanicum in sernionem Siciliensem verswn^ aut, L, Christ. Seebar. Venedig, 1525,

Ta^'cla di motti Sicilianl. Palermo, 1663,8»

Vincenz. Loqusi Erbuario Iialo-Siciliano ^ con

due Ind'ici luno Latino e i'aliro Siciäa?io, Palermo,

1743' 4-

MlcJiele del Bojio Dhwnario SlcWaho - hnViano- Latino. Palermo, 1731 1754- 4^ 3 Voll.

Jo, Vinci etymologicum Siculwn. Messma,

1759' 4-

Vocahulario SicUiano etimolog'ico italiano - latino

dell" Ablate Mich. Fasqualini. Palermo , 1 785 93,

4., 5 Voll.

* *

Rime della Accademia degli Accessi di Palermo. Palermo, 1571 , 8-

Rime di diversi eiccellenti autori in Ungiia Sici^ liana. Neapel, 1582, 12.

Giov. Tom. Murana Poesie Siciliane. Paler- mo, 1597, 8.

Tom. Balli Palermo liberalo. Palermo, 1612, 4.

Canli spirituali in liugiia SicilUma. Eb 1^33,8*

Le Muse Siciliane. Eb. 1645 1662, 12, 5 Voll. Voran steht eine kleine Grammatik die- ses Uialects.

Tre Scielte de otta^'e Siciliane da diversi autori moderni. Venedig, 1654, 12.

Carlu Basili Palermitarnt la Musca furmica^ poe^ maeroicu. Palermo, 1663, 8-

Giov. VintimigUa de Potti bucoUci Siciliani. Neapel, 1660, 4.

Teatro delle miserie mondäne^ rime Siciliane, Palermo, 8-

Giov. Batt. Basili la Cuccagna conridstafa, poe- ma heroicu in terza rima Siciliana. Eb. 1674, 12.

Eb. dess. il Battillo poema bucolico in Hngua Si- ciliana. Eb. 1686, 12.

Fr. Baruni martirii di S. Agäta , poema cpico in (ittava rima Siciliana. Eb. 1692, 8-

Componinienti poetici Siciliani di celebri autori^ tradotti in Firenze, da Giov. Piet. Berzeni. I lo- renz, 1728, 4.

527

Scelta di Canzoni S'iciUane ^ coUe versioni Latin« del Viiicenz. de Bhisi e Glamhacorta. Palermo,

1753' 4- ~

OpüscoU di au'iori Siciliani. Catanea, 1738';

Palermo, 1760 64, 4, 8 Voll.

Poesie .Siciliane delt Ahate Giov. Meli. Die zweyte Ausgabe dieser ganz vortrefilichen Ge- dichte in allen Gartungen erschien Palermo, 1787) in 5 Bändchen, 8.

22G.

Sicilianisch.

Ans Hervas Saggio prattico, No. <28ö.

Patrinostru, clii stai in Celu , Sia santificatLi lu to Nornu; Yegna Ki to Repiii; Sia fatta la tiia Volimtd comu in Celn, cussi

in Terra; Dunani ci lu nostru Pani cutidianu; Pirduna a nui li nostri Piccati, come niü

perdunamu li nostri Nimici ; E non ci faii cascari in Tentazioni; Ma liberani da Mali. Amen.

227. Sicilianisch.

Zu Plaza, Aidone, Nicosia und San-Fratello, Eb. das. No. 2.Q1.

Padri nostr ki stai in Celu^ Sia saniiiicat lu to Nom; Vegna lu to Regn;

6^8

Sia fattala tuaYoIuiita, com in Cielii, ciisi

in Terra ; Lu Pang iiostr ciitidianu diinaci ozi; E perdona a iioi li Debiti nostii, com iioi

perdonamo li nostri Debitmi; E noii ci fare cascare in Tentazion; Ma li\ raci da lu Male. Amen,

16. Sardiniscli.

Die Insel Sardinien hat ihre Beherrscher nicht weniger oft verändert. Hier wohnten Iberier, Libyer, Tyrrhener und andere Ungrie- ch.en, Griechen, Karthager, Römer, Vandaien, Byzaminer, O^t-Goihen, Loi^gobarden, Pran- ken,'Araber, Fisaner nnd Anagonitr. Sclion zu den Zeiten der Römer befanden sich hier räu- berisclie h'arl-arirmf aus Airika, welche von ili- nen in die Gebirge getrieben wurden, und wel- che noch Dante unter dem INaJimen Barbagla Jcennet. Die Einwohner machten sicli einmahl frey,indem sieimneunten Jahrhundert die Araber vertrieben; die Insel fiel aber im Jahr 1000 doch wieder ^tn Arabern in die Hände, bis sie 1016 von PJbanern und Genuesern, und 1325 von den A.iragoniern erobert ward, die sie bis 1713 besafsen. S. Azuni Gemnhhle von Sardinien^ und des Franc. Cetti Sforia nafi/ru/e di Sardegna ^ Sas- «ari, 1774. Auf diese Verschiedenheit der Be- sitzer gründetsich dorn auc!) die Verscliiedenheit der Mundarten auf die-er Insel. Man theilet sie in die alte einheimische Sprache, und in die frem- den Sprachen. 1. Dieerstere, oder das eigent- liche SardiscZ/e herrscht auf dem gröfseren Theile der Insel, und auch in deren Hauptstadt Ca-

tlhari

529

gliari, und hat sich aus dem Latein gebilder, enthält aber manche Griechische, Französische und Deutsche, und viele Castilianische Wörter* Es gibt darin zwey Haupt- Dialecte, // Campida^ Jieae im südlichen, und den del Capo di sopra im nördlichen Theile. Die Campidanisc/ie Mundart hat mit der Sicilianischen einiges gemein, auf der andern Seite nähert sie sich demSpanisclien, und viele Wörter sind noch die unveränderten Lateinischen, z. B. tonpus, tres, nos , Sitnt , und in der Conjugation, welche im Präsens also lautet: amii ^ amas ^ ainat ^ aniauSy ama'is ^ amania; der Infinitiv ist amairi oder amai. Auf e und o endi- gen sich kaum ehi paar Wörter, statt derselben herrscht /und w, aber auch häung in der Mitte der W^örter; der Plural in der Declination en- digt immer auf s, Aufser einigen andern Wör- tern oder Formen auf 5, einigen Verbalformen auf/, und einigen abgekürzten auf r, /?, endi- gen fast alle andere auf die Vocale 0, / oder u. Man schiebt zuweilen Consonanten in die Wor- te, oder hängt Vocale vor dieselben, z. B. man spricht arrosa statt rosa, amargu statt amaro; man verwandelt //auch in dd, v\x\.b , gikxw gli oder ^, z. B. gjierra statt giierra. Der Artikel lautet su^ und sa statt //, lo und /a, z. B. su Uburu statt // libro , imPiurale: is liliirus , is riimoris ^ is paraii-' lis statt parole. Der Dialect von Logodoro ist je- nem ungemein ähnlich, und unterscheidet sich nur besonders dadurch, dafsjene Vtrvvandelim- gen nicht so durchgehends erfolgen, und die Endungen o und e zuweilen geblieben sind; der Plural- Artikel hat hier sos und sas ^ z, ß. sos ojos für gli occ/ii, und die Infinitiv -Endung are statt der angeführten. Muratori hsith. Sardisc/ie\Ji:k.\in-

Mithrid. II. LI

530

den aus dem zwölften und dreizehnten Jahrhun- dert. Seit dem sechszehnten Jahrhundert hat man Gedichte darin: mehrere ältere und neuere sind gesammelt in dem Werke: Le anvonie de' Sardl^ Opera del Äbale Mattco Madao ^ Cagliari, 1^87. 4- I^'e Carla del Logii, ein altes Grund- gesetz von Sardinien, i^t i]i der Campidanischen Sprache abgefafbt. Ein Stück daraus befindet sich in Azurd Gcmähkle von Sardinien, Th. 1, S. 320. II. Zii den fremden Spraclien gehören xheWs dÄQ Catalonhche f in der Stadt Alguer, wel- c!ie eine Catalonische Colonie von Barcellona ist, und in der umliegenden Gegend, theils die Toscanische zu Sassari, Castel Sardo, Tempio, Sorso, Agios und Semori, welche ehedem von Pisanern beherräcliet wurden. Der Dialect un- terscheidet sich von dem Toscanischen weniger, als manche andere Italienische Dialecte, und nur darin, dafs man statt des doppelten // ein dd gebraucht ist, Cabadda für Caballo , auch häufig die Wörter statt des e mit einem z, und statt des o mit einem u endigt, Veni, Umani, für Vene Uinane, Sann, Dwmu^ für Sano , Danno^ auch die Plural- Endungen der Nennwörter / und e iii US und as verwandelt.

Sagg/o d'u.'i opera inlitolata, il RipuUmento del- la UngiKi Saräa, da Malt. Madao , Cagliari, 17S2, 4; welches nur die Ankündigung eines gröfsern Welkes über diese Sprache war.

Schade, dafs die folgenden Formeln nicht nacl) den obigen Dialecten ge^vählet sind, we- nio-.stens niciit an^emerket wird, welcher Ge- gend jede angehöret.

55Jf 228. Sardinisch in den Städten.

Aus Megiser, Andr. Müller und Chamberlayne,

Pare nostrii , qiii istas in sos Quelos , Siat saiictiHcacki su Nomen teu; Vengat a nois su Piegnu teu ; Fasase sa Voluntat tua axi comen su Quelu

gasi in Terra; Lo Pa nostru de dogniaDle da.nos hoe; I dexia a nosaltres sos Dej3pitos nostros,

comente iiosateros dexiam als Deppi-

tores nostros ; I no nos indiiescas in sa Tentatio ; Ma livra nos de Male. Amen.

229. Sardinisch in den Städten.

Aus Gesners MithridateSf S. 66., und Duret Thresoff S. giß.

Parenostre, che ses-en los Geis; Sia sanctilicat lo Nom teu ; \'eiiga lo Regne teu; Fasa se la Voluntat tua axicom en lo Gel, i

en la terra ; Lo Pa nostre cotidia dona a nos altres huc; 1 dexia a nos altres los Deutes nostres, axi-

comi nos altres dexiam als Deutois

nostres ; I no nos induescas en la Tentatio ;

LI 2

Mas livra nos del MaI.

Perche teil es lo Regne, la Gloria, i lo Iin- pefij enlos Siglos de leSigles. Ariden.

230. Sardinisch in den Städten.

Aus des Roccha Biblioüieca Vatkana , S. 375»

Padre nostru, qiii istas in sos Quelos,

Siat sanctüicadLi su Nomen tea;

Vengat a nois su Piegno ton;

Siat fatta sa Voliiiitade tua, gasi in Terra, coniente in Quelu;

Su Pane nostru de doguia Die da nos hoc;

Et perdona nos sos Deppitos nostros, co- niente noisateros perdonamus a sos Deppitores nostros;

Et ne nos lasses ruen in sa Tentatione;

Mas hbra nos de Male. Amen.

231. Sardinisch auf dem Lande.

Aus Megiser, Gesner und andern.

Babbu nostru, siighale ses in sos Clielus, Santuliada su Nomine tuo ; Bengiad su RenuLi tuo ; -^

Faciadsi sa Voluntade tua comenti in Chelo,

gasi in Terra; Su Pane nostru de ognie Die da nos lu hoe; Ed lassa a^psateros is Deppidos nosrriis,

gasi comeuie e nosateros lassaos a sos

Deppidores nostros;

E non nos portis in sa Tentassione;

Impero libera nos da su Male.

Poiteo tuo esti su Rennu, sa Gloria e su

Imperiu en sos Seculos de sos Secolos.

Gasi siat !

232. Dasselbe.

Nach dem Roccha , S. 376.

Babbu nostru, qiii ses in sos Quelos, Sautifficadu siat su Nomine tuo; Advengiat su Rennu tuo ; Siat fdtta sa Voluntade tua, comente in su

Quelu, gasi in sa Terra; Su Pane nostru de op.ni Die da nos lu lioe; ]^t perdona nos sos Deppidos nostros, gasi

comenLe noij perdonamus sus Deppi-

dores nostros ; Et non nos lasses ruer in sa Tentassione; Mas libera nos de Male. Gasi siat!

233- Dasselbe.

Aus Chamherlayne f S. 45., (hm es Wanley verschafft hatte.

Babbu nostro , qui estas in sos Clielus, Sanctißcadu sia su Komini tuo ; Begada su Renno tuo ; Fagasi sa Voluntadi tua comenti in Chelo,

e in sa Terra ; Sa Pane nostra d' ognl Die dona a ncsatros ;

5,34

E perdona nostro Debitos comenti nosatrös perdoiiamo nostro Debitores;

E noii nos portis in Tentazione;

Fero libera nos de Male.

Poicov tuo esti sli Pieniiu, sa Gloria, e su Imperiu, in soä Seciilos de sos Secu^ los. Amen.

17. C o r s i s c h.

Auch hier herrscliten ehedem Lisnrier oder Iberier, Karthager, Etriisktr, Römer, Byzan- tiner, Longobarden, Araber, Germeser und Franzosen; aber \vahrscheinlich nur an den Kü* sten, denn die Einwohner im Innern des Landes sind bich immer ziemlich iiberlab&en gebheben. Diese innern Provinzen werden von Fremden auch aar nicht besucht. Das ist denn wohl auch die Ursache, dafs man von ihrer Sprache so we- nig weifs; auch führen selbst die unterrichtet- sten Litteratoren Iralien's keine im Corsischen Dialect gedruckten Schriften auf. Nach Herrn D(:inna6 angeführten Ckf de langues ist er dem Toscanischen, d. i. der Gesammtspraclie der Gebildeten, näher als die Dialecte der übrigen Inseln, da Corsica mit Toscana einerley Clima hat, mit Pisa in Verkehr stand, und an dessen Sprache schon gewöhnt war, bevor die Genue- sen Einfiufs'auf Cor.^ika gewannen. In dem Voyage de Lycomkde en Corse et sa relation historique et plülosophiqiie sur les moeurs (mcienr.es et actiic'des des Corses. Paris, 1806. T. I. Gap. \'III. befin- den sich auch einige Eiörterungen über die Spruche derselben.

650 B. Spanisch und Portugiesisch, Spanisch.

Spanien i-t mit dem nahen und oft dazu ge- hörigen Porlugall von je her von sehr verschie- denen Völkern bewohnt worden. Der ältesten Einwohner, deren die Geschichte erwähnt, der Iberier, Celt-lberier, Cantabrier u. s. f. nicht zu gedenken, so liefsen sich sehr frühe Phöiiicier an den Küsten nieder, und endlich eroberren die Carthaginenser gar einen grofsen Tlieil des Landes, w-elchen es aber die Römer wieder ab- nahmen , unter denen es fast bis zur Zeit des Umsturzes des WeGt-P.ömischen Reiches ver- blieb, und die letzten vierhundert Jahre einer fast ununterbrochenen Ruhe genofs, und deren Cultur und Sprache sich dort melir, als vielleicht in irgend einer Provinz: aufser Italien festsetzte und allgemein ward. Die Einwanderung der Vandalen undAlanen \X2V nur voiikurzerDauer; von längerer die Herrschaft der Sueven über die Nordwestliche Küste, und von noch längerer die der West-Gotlien, welche mit den alten Ein- \vohnern zusammen schmolzen, bis das dadurch entstandene Ganze dem crröfsten Theile nach im

O

Anfange des achten Jahrhunderts von dtu Ara- bern unterjocht wurde, welche sich im südlichen Spanien bis zu Ende desfunfzehntenjahrhunderts behaupteten. Aus so verschiedenen Bestand- theilen entstand der Wortvorrath der heutigen Spanischen Sprache, worin indessen die Ro?nana rustica so sehr die Grundlage geblieben ist, dafs jene dieser Matter unter allen ihren Töchtern am iihnlichsten erscheint. llberb.leibstl des Gotht- »chen sind z, ß. Bareruiar ^ bohren, Bulto^ Haufe,

55ß

Biiqui\ der Bauch eines Scliifl'es, Esqu'iUn, Schelle, Estaca^ Pf:ihl, Staken, Estophdr^ stopfen, Giste^ Bierschaiim, Gä^.cht, G/7/7za, Schauder, Hurto, gehr, Hechizeria^ Hextrey, Lasia, beladen, Masiil^ Masfbaum, Rnerka, Spinnrocken, Z<m- ca, das Schienbein , Island. -Sr//."//,'/', und andere mehr. Des Arabischen: Aza/iar, Ornnge-Blü- then, Avdb. Ez/iar; Azi/cena, Lilie, Ai^b. Susan; Azeiiuna, Ölbeere, Arab. Zeitun; Bel/ota, Eichel, Avctb. Bet'Iut ; Alcalniete , Kuppler, hvAh, Kauwad ; Alcazaha^ ein Schlols, Arx, Arah. Kasba; Alca- Z(u\ ein Palast, Schlofs, Arab. Kasr; Alcaide^ Schlorshauj)tmann, Arab. Kaid; Almohada^ ein Küssen, Arab. Miicbadda; Ahnaden ^ eine Erz- grube, Arab. Müden; Noria^ ein Wasseirad, Arab. Naura , und viele andere, welche sich auch cjurch den vorgesetzten Arabischen Artikel al aiiszeichnen. Die vielen KeJiUaute im Spani- schen leitet rrian aus eben der Quelle ab. Un- lateinische Wörter von jener Art, d. i. solche, welche der Pvömischen Sprache durch den Ein- fluls fremder Völker einverleibt wurden, )iat schon /ivV/or/^Ä von Sevilla in seinem damahligen Latein, z. B. goto^ caniina^ madera \\. a, m. So modiücirt und in der Sprache des taaljchen Le- bens auf mannigfaltige Weise verdorben, war es, als die Periode der Arabischen Herrschaft eintrat. Das Arabische wurde während derselben so herrschend in Spanien, auch unter den vielen geduldeten Chriötlichen Bewohnern, dafs diese sich desselben durchgehends, aufser beim Gottes- dienste, bedienten. Selbst, nachdem die ge- bliebeuen Christlich- Gothischen Reiche an der Nordküste und die aus den Fränkischen Erobe- rungen C;!rl ?v1aiteirs und Carls des Grofsen bis zum Ebro eaiöiaudenen Staaten der Arabischen

r

57

Herrschaft allgemach eine Provinz nach der an- dern wieder entrissen, blieb die yVrabi.sche Spra- che auch bey den dortigen Christen noch lange Zeit die herrschende, und diese sonderten sich um desto standhafter von ihren siegenden Glau- beiisbrüdern ab, je mehr diese die Liturgie, ^velche jene bey dem Übertritte des Gothischen Reichs von der Arianischen zur rechtgläubigen Kirche angenommen hatten, nnd welche nach- mals den Nahmen der Mozarabischen, so wie jene Christen der Mozaraber iührte, abgesch'^flt •wissen wollten. Auch von den Chrisilichen Fürsten wurden Münzen mit Arabischer Auf- schrift geschlagen, und von ihnen luid ihren Beamten Aral)itche Urkunden ausgestellt, noch mehrere aber, die neben dem Lateinischen oder Spanischen das Arabische hatten. Besonders auch die Unterschrift en der Arragoni^^chen Kö- nige finden sich oft Arabisch. Erst mit der spä- ten Vertreibung der Mauren ist das Arabische auch aus dem südlichsten Spanien ganz ver- schwunden. Paul Meriila indessen versichert in seiner Cosmographie, S. 301. , dafs noch zu sei- ner Zeit, am Ende des siebzehnten Jahrliun- derts, in den Gebirgen von Granada und an vie- len Orten von Andalusien, Valentia und Arra- gonien Arabisch gesprochen worden sey. In f\Qn Christlichen Reichen hat die modificirte Ro- m.ana rustica indessen zwischen dem achten und zwölften Jahrhundert den Character angenom- men, welcher dieGrimdlage der Eigenthümlich- keiten des heutigen Spanischen geworden ist, lind fing im zwöHren und der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts schon an, il<n einiger- mafsen auszubilden. Als das vorzüglich.ste Denkmal aus letzterer Zeit wird des Goiizalo Ber-

558

zelo Leben des heil". Domitiicus von Silos angese- hen. Unter Ferdinand III dem Heiligen, und Alphons X dem Weisen vor und nach der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts hob sich dasLeon- Castilische Reich nicht blofs durch neue be- trächtliche Eroberungen gegen die Mauren, son- dern auch durch innern Flor. D.iirch Ferdinand wurde das Spanische die Sprache aller llegie- rungs - Angelegenheiten und öffentlichen Ge- schäfte, und sein Gesetzbuch in Spanischer Sprache: Fuero juzgo, besonders aber Fuero real und Leyes de las siete partidas von Alphons sind Denkmäler der damahhgen, schon etwas gehobenen Sprache. Alphons schrieb und dich- tete in der Landessprache, liefs vieles darin übersetzen, und die Sprache erhielt durch die Verbreitung dieses Eifers vom Hofe aus Leben, Anmuth und Würde. Auch im Arragonischen Reiche findet sich um dieselbe Zeit Eifer für die Landessprache, welche jener ähnlich Avar, aber inner dem Einflüsse der Mundarten des südli- chen Frankreichs gestanden liatte. Der Reichs- tag zu Huesca bringt 1247 eine vaterländische Gesetzsammlung zu Stande, und die Erhebung des Castilischen Prinzen Ferdinand auf den Ar- ragonischen Tlu'on 1412 hinderte die Fortbil- dung der dortigen Landessprache nicht, son- dern beförderte 'ie. Im Castilisciien Reiche wurde gegen das Ende des vierzehnten Jahrhun- derts die Cultur der Sprache wieder besonders lel>haft betrieben, und um die Mitte des fünf- zehnten Jahrhunderts ward sie immer kräftiger und schöner. Um und bald nach cl.",r Zeit der Entdeckung von Amerika, wo ganz Spanien ver- einigt, ,und seine Bewohner durch Macht imd Reichthum die erste Nation der dan^aligcn Welt

1

639

waren, vereinte sich ihre Kraft in der ferneren Cuhiir der Castilischen Sprache durch Ge- schmack, Cörrectheit und Erhabenheit; sie ge- wann an Gröfse und Um/^ng, und für ihren Wohlklang wurde bald darauf durch die Aus- merzung der Doppel- Consonanten, hart zusam- mensfoföender Consonanten und mancher rau- her Wörter, so wie durch die Aussprache vor- her ausgelassener Endvocale, z. B des Artikels, besonders durch Luis de Granada und Luis de Leon, eben so vortheilhaft gewirkt, als Antonio de Nebrixa vorher für grammatische und lexica- libche Vervollkommniu)g gesorgt hatte. Nach der Mitte des sechszehnten und im siebzelmten Jalirhunderr wurde die Sprache mehr vernach- läfsigt, aber wieder emporgehoben wurde sie unter Phihpp V, und die 1714 gestiftete Acade- mie der Wissenschaften zu i\Iadrit ^virkte beson- ders auch thätig für die Sprache.

Diese also gebildete Sprache, eigentlich die seit Carl V zur henschenden Schriftsprache und Umgangssprache der h.öhtrn Stände in ganz Spanien gewordene Castilische Mundart, zeich- net sich in \'ergleichung mit ihrer MtUter von dier.er durch häufige Veränderungen des an in o, des e in /V, des /in e, des o in iie^ des r in p;^ des cl und/?/ in //, des/? in Z», und besonders des / in r/, des // m j aus, y"wird meistens in // verwan- delt, X undy aber, weil x wie ein starkes /" aus- gesprochen wird, häufig verwech.selt. Jenes o; r.btr und //, 7?, sind die einzigen Laute, die an- ders geschrieben als gesprochen \verden. Jeder geschriebene Laut wird vernehmlich gespro- chen, aufser dem ^ in Fndungen der Dccluia-

o _

tion der Nomina des Passiv Particips und soge- nannten Supinums, welclies wenig oder gar

54 o

nicht gehört wird. Wenige Sprachen haben ein so schönes Verhähnifs der Vocale zu den Conso- nanten, und einen so weichen und doch so be- deutungsvollen und- ernsten Ausdruck. Man Jiöre nur die meisten Nahmen Spanischer Pro- vinzen, wie schön sie klinc^en. An Augmentati- ven und Diminutiven ist das Spanische inst eben so reich als das Italiänische.

Über die Geschichte und den Gang dieser Sprachbiidung vergleiche man : Bern. Aldrete fiel origiti dela Icngua CastcUana^ Rom, 1606, 4, und eben desselben AnticjiK-dadcs de Espaii. 1614« Jos. Pel/iccrs poblacio/i y lengua primilka de E.spwia, VaUnt. 1672, 4. Franc. Lopez ecmpei\dio de al~ gimos vocahlos Arcbicos iulroduoidos en lengua Ca- sicllana. Antequera, 1600. Origines de lengua Espanola compueslos por varios autorcs recogidos^ por G. M. i S. ( Greg, de Mayai^s i Siscar) Madr. 17^-7. Vol. I. 11. 8- Data dazu findet man auch in der Paleograßa Espanola por el Eyievan de Ter- reros y Pando. Madr. 1754, 4 ; in der VoiTede vor ebendesselben hernach anzuführenden Wör- terbuclie, sowie in der \'^orrede vor dem Wör- terbuche der Köuigl. Academie, endlich in Elch- honis Geschichte der Cultur und Litteratur des neuern Europa"s, Th. I., in Bouierweclts Ge- scliichte der neueren Poesie, T. III., \n Deninas clef des langues, T. II , in der kurzen Geschichte der Spanischen Spraclie vor Sar,dvoi>'s anzu- führender Grammatik, und in den fragm.entari- schen Bemerkungen über Spanische Sprache und Litteratur in den Nordischen Miscellcn. Febr. i8o8- Proben der älteren Castilischeu Sprache enthält die Coleccion de po'esias Castellanas anterio- riorcs al s'iglo XV, por D. Thom. Ant. Sancliez, Madr. 1779. T. I lil. 8-

54'

Litteratur der Spanischen Sprache.

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Car. Rodrignez compendiiim linguae Hispa- nicae. Hafn. 1662, 8-

M. Ferrus nouvelle granamaire Espagiioie. Amst. 1680, 8.

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Pasqu. Jos. Anlon's Spanish Grammar. , Lond. 171 1, 8.

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Pedr. Pinedds method for the Spanish lan- guage. Lond. 1726, 8-

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542

Ortografia de la lengua Castellana, por la vedX Acadeinia Espanola. Madr. 1763, 8.

Nouvelle methode contenant en abrege tous les piincipes de la langue Espagnole, par M. Bericra. Par. 1764, 8.

/. G. Delpino's nevv Spanish grammar. 1767.

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Crammaire universelle Espagnole et Fran-

^oise, par /]. Galmacer. Laus. 1767. Augmen-

tee des additions du R. P.. Nunez. Par. 1775, 8f

Arre del Romanie Castellano, dispuesta se- gun sus principios geuerales y el uso de los me- joreä autores por el P. Beniro de S. Pedro de la escuele pia. Valent. 1769, T. I. II. 8

Gramatica de la lengua Castellana com- puesta per la Real Academia Espanola. Madr.

177I' 8.

{Fr. G. Barih's) kurzgefafste Spanische Gram- matik. Erf. 1778. 1788- 1797. 8.

Clef de la langue E'-pagnole en 3 cartes, par L. E. BoLichet. 1787 9 fol-

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Jo. JJav. IVageners Spanische Sprachlehre. Leipz. 1793, 8-

Elemeus de la grammaire Espagnole, par "Mx. Josse. Loud. 1799, 8-

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Giamatica Castellana ajustada a la latina por Ag. Manoz Aharez, ed. 2. por Jos. Gare. Perez de Vargas. Madr. i8ou, 8.

545

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Spanische Spraclilehre, nacli den besten Hiilf'i.mirteln bearbeitet von /. F. ■S^uidvos. Beri. 1804, 8.

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SM

; ''-':J-.'G. Z)e//;//;oV~5Spanish and English dictlo- nary.I- 1 763 , fol. >

5".'? iSfibidno aumentado o nuevo diccionario de lasleuguas, Espanola, Franceba y Latina, por hraiic. Comioir. Antw. 1-775, 4. t>'7t>,iB(irciii's Englibh and Spanish dictionary. ty^j fol ^

«.-,," 2>^ p Esieban de Terreros y Pando diccionar rio Castellano con las voces de ciencias y sus correspondientes en las tres lenguas Franc. Lat. y Ital., complctado por D. Mig. de Munucl, Madi\ i786ff. T. I IV. foL

Nouveau dictionnaire E-^pagnol et Frangois, par Mr. Gattcl. Lyon, 1794. \'oI. I iV, 8. 1S02. 1803. Vol. L II. 4.

Ensays de Syapnimos Castellanos. Madr.

»799' 8-. ;^. '-f-' _

Dictionnaire portatif et de prononciation

Fspagnol-Frangois et Fran^ois-Plspagnol, par

J. L.B. Cormoii Lyon, l8oo. Vol. 1. II. 8-

Diccionario de Faltriquera, ö sea portatil

Espauol- Aleman y Aleman-Espanol, por J. D.

■iVagener. T. I. II. Berl. i8o8- 1809. gr. 12.

^.f.,, M u n d a r t e n.

' ßie Theile von Spanien, \velche der Herr- schaft der Araber entweder nicht nnterworleii oder sehr bald entrissen wnrden, hatten nicht eineriev Schicksal niid Reo;ierimo". Die westli- eben bildeten bald die Königreiche Leon und Castilien, die östlichen gehörten aber wohl nur für kurze Zeit zum FräJiklschen Reiche, die süd- lichen blieben lange in dieser Verbindung. Die Sprache Cataloniens, welche wegen ihrer Nähe auf Valentia mit -der Eroberung dieser Provinz uherging, tchlois sich ganz an die Sprache des

südlichen

545

sudlichen Frankreichs an, von der im Folgenden gehandelt werden wird, gehört unter die Mund- arten derselben, und blüht eben so gut als diese in der Periode der sogenannten Proven^alen- Dichter, Seitdem aber die Grafschaft Barcellona nicht blofs mit der Krone Arragonien verbunden worden war, sondern auch später aufser allem Verhältnifs mit Frankreich kam: so wurde diese Catalonische, oder wie sie in Spanien , von der ehemaligen Landschaft Limosin oder Limousin in Guienne, besonders auch heifst: Limosini- sche Sprache zum blofsen Patois, welches, als solches und getrennt, hier eben so seinen eigen- thümlichen Character annahm , als wir dies im südlichen Frankreich sehen werden, als dessen Sprache zum Patois verschiedener Gegenden verfiel. Das Catalonische zeigt zwar seine o;rofse Ähnlichkeit mit dieser, besonders mit der Bear- nischen noch, wird aber nun als eine Spanische Volksmundart betrachtet. Es hat seine Nuancen zu und um Barcellona, und zu Valencia. In er- sterem Dialecte hat man eine Menge kleiner Kachspiele Saynetes , s. C. A. Fisc/iers Reise von Amsterdam über Madrit und Cadix nach Genua, Br. 43. In den Kanzleyen und bey den Vorneh- meren herrscht dasCastilisclie; aber auch in jene Volkssprache werden die Aussprache und die Endungen Spanischer und Französischer Wör- ter oft sehr komisch ciemischt. Das Patois von Valencia nimmt sich, besonders im Munde der Frauenzimmer, äufserst sanft und harmonisch aus, und seine grofse Verwandtschaft mit dem Französischen zeigt sich nicht blofs in den ein- zelnen Wörtern, sondern auch den Wendun- gen der Sätze. Einiges zur Vergleichung ist in C. A, Fischer s Gemähide von Valencia, Th. II. S. 88« Mlrhrid. IL M m

54^i

aiifaestellt. So allgemein dieses Patois hier g©- j-jn'ochtii wird, so versteht man doch fast eben so allgemein, selbst auf dem Lande das Spani- sche. In Mallorca spricht man Catalonisch, aber die Vocale mit grölserer Stärke und Öffnung dos Mundes, und zugleich sehr lieblich aus; a und e lassen sich kaum von einander unterscheiden. Der provinziellen Ausdrücke sind viele. Wör- terbücher des Catalonischen sind:

Lexicon Latino - Catalamun. Barcellona, 1560, fül.

Diccionari de tres lengnas, Castellana, Fran- cesa y Cö/«/^//?ß, poT P. Lacavailtria. Siquese iiiL pequeijo tratado necessario por los que desseaii saber, entender y hablar Frances, Castelian y Catalan. Barcell. 1642, 12.

Petr. Torra Dictionarium s. Thesaurus Cata- /ö/20-Latinus, ed. 4. Bare. 1701, 4.

Joaii. Lacavalleria gazophylacium Catalano- Latinum - Subjicitur iiTegularium verborum elenchus. Bare. 1696, fol.

Ruh. Twhis travels througli Portugal and Spain in 1772 and 1773 Lond. 1773, 4., mit enier Nachriclit von deniDialect zu Valencia und eiuenri kleinen Wörterverzeichniase. S. 209. If.

Car. Ros tratat des Adages y refranys Valc7i- cians Valene. 1736, 8-

Im Catalonischen Dialecte ist das alte See- cresetz zum Theil im zehnten, gröfstentheils aber im dreizehnten Jahi hundert veriafst, welches mit einer Holländischen Übersetzung vov\ Abrah, Wes/cnefn, Leid. 1704, 4. erschienen ist, sich, aber auch in /. L. M. de Caaareg'io diicursus Icgalis dt coniniercio , Flor. 1719, fol. befindet.

Endjich nuifs man auch über das Catalonl- sche vergltichen: Gasp. Scu(j!ano istoria Vale/iz ,

z. B. P, I. L. I. c. 14., nnd Sanchez angeführte Colleccion de poesies Castellanas anteriores al shlo XV., welche übrigens den zweiten, seit Kaiser Carl V. zur allgemeinen Sprache Spaniens em- porgehobenen Hauptdialect, den Cast'dlarnschen^ betrifft, dessen früheste Denkmäler man dort findet, nnter andern auch das alte Poema dcl Cid^ (von den Thaten des Don Rodrigo de Bivar ae- nannt el Cid campeador) T. I. S. 231 ff. Am

reinsten soll das Castilianische um Toledo oe-

o

sprochen werden. Altere Abarten dieser in dem nicht - Arabischen Spanien gebildeten Sprache waren der Arragonische Dialect, und der G(dli- zisch- PoriLigies'ischc. Die Sprache des ylrragnni- sc/ienKtichs war gemischt aus der beschriebenen Catalonischen oder Limosiuischen und der ei- genlich Spanischen. Nicht blofs die Nachbar- schaft Frankreichs, der ehemalige Einßufs des- selben, dessen Dauer unbestimmbar ist, und die Versetzung der Grafen von Barcellon.a auf den Thron von Arragonien machen jene Mi- schung sehr begreiflich , sondern auch die Menge Süd - Französischer Ritter, welche im Mittelalter ihren Ruhm darin suchten, gegen die unglcäubigen Saracenen in den Heeren der Kö- nige von An-agonien zu fechten, und di^» von diesen Königen hernach Besitzungen in diesem Reiche zur Belohnung erhielten, so z. B. die Grafen Gaston imd Rotron von Bearn und Per- che nach der Eroberung von Saragossa 1119. Die Arragonische Sprache bildete sich abgeson- dert von der Castilischen weiter aus, und hatte ihre Schriftsteller, bis sie unter und nach Kaiser Karl V. diesen Einflufs verlor, alle Schriftsteller Castilianisch schrieben, und das Arragonische Patois übrig blieb, von welchem nähere Nach-

Mm 2

o4s

r.

lichten mangeln. Kben so manaeln sie über die VolkscUalelecte anderer Gegenden Spaniens, und ihre Provinzialismen. Doch fällt der Unter- schied des Accents der Aussprache dem Rei- senden in den einzelnen Provinzen eben nicht auf. In Granada und Andalusien soll die Einmi- schung des Arabischen merklicher seyn.

Die dritte Hauptmundart ist die Gallizlsch- Portugiesische. Die augenscheinliche grofse Ähn- lichkeit beyder Mundarten hat ihren Grund wohl zum Theil schon in der Verbindung beyder Pro- vinzen in dem Reiche der Sueven, welches aus denselben bestand. Auch Gallicien ist im eilf- ten und zwölften Jahrhundert mehrmahls von dem Ca5tilischen Reiche getrennt gewesen, und ' diese Absonderung zeigt sich besonders unter der Regierung der Urraka, deren mit Raymund, Grafen von Burg und erzeugtem Sohne, dem nachmahligen Könige Alplions VII. Gallicien ge- hörte. Das Gallizische wurde früh durch Dich- ter ausgebildet, imd melirere Schriftsteller ha- ben selbst den Anfang der Cabtilischcn Poesie aus Portugal und Gallicien ableiten wollen, avo- oegen Sanchez in der angeführten Colleccion be- sonders T. I. S. 192. streitet. König Alphons X der Weise dichtete auch in dieser Mundart, und seine Reimchronik: Cronica eii copias redojulilias por el Rey Don Alonso cl uhimo, bei Sanchez T. I. S. 171. gehören ihr an. Der älteste Gallicische Trovador, wie er auch ausschließlich zubenannt wurde, hiefs Juan Suarez de Pavia, und lebte am Ende des dreizehnten oder Anfang des vier- zehnten Jahrhunderts, s. Mart. Sormiento fnemo- rias para la historia de la po'esia y poetas Espanoles^ Obras posthumas ^ T. I. S. 196.

Der Einüufs des Portugiesischen auf die

649

Spanischen Gränzgegenden i^t auch anderwärts sichtl^ar. Z. B. in und um Badnjoz nähert sich der Spanische Accent mehr dem Portugiesischen, die harten Gutturalbuchstaben werden lispelnd gesprochen, und eine Menge Portugiesischer Redensarten gehraucht. S. C. A. Fischer s ange- fülirte Reise von Amsterdam über Madrid, Br. 33. Aber bey Galiicien ist jene Aimlichkeit weit gröfser und ganz ursprünglich, nur dafs das Gallizische Patois geworden ist, die Portujiiesi- sehe Sprache hingegen als Sprache eines selbst- ständigen, und in gewissen Perioden durch den regsten Unternehmungsgeist emporgeho- benen Volks eine fortdauernde Ausbildung er- halten hat.

Portugiesisch.

Der gröfsere Theil des bisherigen Portugals, bis zum Tajo, aber nicht ganz bis zu dessen Ausflusse, wurde 1109 aus einer Spanischen, den Arabern abgewonnenen Provinz ein eigner Staat, den König Alphons VI. bey seinem Tode dem bisherigen Statthalter desselben , dem Gra- fen Heinrich von Burgund, Gemahl seiner na- türlichen Tochter Theresia überliefs , und der theils von diesen, noch mehr aber von dessen Sohne Alphons I. nach Süden erweitert wurde. Letzterer nahm den königlichen Titel an, und behauptete ihn. Man hat in Anschlag gebracht, dafs jener Burgundische Prinz viele seiner Lands- leute nach Portugal gebracht hat, und diese eine Modification der Sprache verursacht haben; aber wenigstens eine ganz andere, als die Spra- che des südlichen Frankreichs in Catalonien be- wirkt hat. Das Portugiesische hat eine Menc^e Yon Lateinischen Wörtern aller Art unter •--

550

ihren Schwestern allein behalten. Aber dage- gen haben die Lateinischen Wörter in ^kein$^ derselben eine solclie Umgestaltung der Laute erfahren, als im Portugiesischen. Dieses läfot nicht blofs n und /sehr liäufig, sondern auch in sehr vielen Formen andere zwischen Vocalea stehende Consonanten und ganze Syiben aus; so sagt man hier z. B. povo statt populus^ somente statt so/amente, und verlängerte Formen , Avie sie das Spanische so häufig hat, findet man_hier fast nie, /steht statt/-, eh statt des /?/, woraus im Spani- schen // wird, z. B. c/iorar für plorare^ cimo für piemis^ Span. Ueno. S. Hrn. Den'mas Ckf de lan- gues, T. iL P. IV. Sect. L Art. IV. Die Portu- giesische Spraclie hatte sich übrigens weit iiber Ostindien verbreitet, so wie die Spanische iiber Amerika, ''

Die Geschichte der Portugiesischen 'Spra- che stellt D. Nunez de Lcao origeni da Imgoa Portn- guese. Libb. 1606. 4. auf; man vergleiche auch Joco de Soiisa vestigios da lingoa Arablca ein Portu- gal Oll lexicon et\)w.daspalavras e nomes PortuguezeSy que lern origcm Arabica. Lisb. 1787? 4- Von dem Unterschiede zwischen der Spanischen und Por- tugiesischen Sprache s. von Jnng's anzuführende Grammatik' Si 213 ff., wo auch von dem beson- dern Dinierte von Beira gehandelt wird.

Eine Litteratur der Portugiesischen Sprach- lehren und VS;'örTeibücher befindet sicli ui von Murrs Journal, Th. IV. S. 273. Th. VL S. 269.

Litteratur der P ortugiesischen Sprachkunde.

Man. Severin de Far'ia discurso da lingua Por- tuguesa, in dessen discursus politicos. Evora, l;624, 4.

551

Bencd. Pcreira ars gramatica pro lingua Lu- «itana. Liigcl. 1672, 8-

Barth. Rodr. Charro advertencias da boa Grammatica Man. Alvarez en lingoa Portugiieüa. Lisb. 1677, 8-

Grammatica Anglo - Lusitanica. Lisbon.

1705, 8.

Ant. de McUo la Fonseca antidoto da lingua

Portu^ueza. Amst. 1716, 4.

Grammatica Portiigueza, ed. 2. Tranqueb. *733' S- und mehrmahls.

Cotano Gramat. Franceza e Portugueza. Lisb. 1733, 4.

Caetano de Lima Gram. Franceza e Portu^ guoza. Libb. 1756, 4.

Cfl^ren'^ Portugueza Grammar. 1759. 1770. 3.

De la Rue Gram. Frang. e Portug. Lisb. 1766, 8.

^. F/Vjr^V Portuguese grammar, 1768, 8-

Arte da Grammatica da lingua Portugueza por Ant. Jose dos Reis Lobalo. Li^sb. 1771 - ^^

Von Jung's Portugiesische Grammatik. Frankf. a. d. O. 1778, 8-

Aör. Meldola iiova grammatica Portugueza. Hamb. 1785, 8-

Grammaire Frangaise et Portugaise, par L. P. Siret y revuo par le Cit. Cournand. Paiis, 1799, 8.

Aug. Barbosne dictionarum Lusitanico- Lati- num. Brach 1611,4.

Ben. Pereyra thesouro da lingua Portugueza. Lisb. 1670, fol.

Raph. BUiteau Vocabulario Portuguez e La- tino. T. I \ IlT. Lisb. 1712 21, und das Supplemente P. L U. Lisb. 1727. 28- föt

55^

Jos. Marquez nouveau dictionnaire Portugals et Frang. avec Suppl. Lisb. 1756 64. T.1,11. fol.

Dictionnaire Frangois et Portugals, ßar- cell. 1772, 4.

Pedro Jose de Fonseca diccionario Portuguez ^^^B{H?v. |-isb, 1772, 4.

Ant. Vieyras dictionary of the Portuguese andEnglisli language. Lond. 1773. Vol. 1. 11. 4.

Nouveau dictionnaire Fran^ois et Portugals, compose par Em. de Souza, redige et enrichi par Jo. Jos. du Costa et Sd. Liss. 1784- 86. T.I. II. fol,

Diccionario da lenguaPortugueza composto por Raph. Bluteau^ reformado e accrecentado por Aiii. de Moraes Syha. Lisb. 1789. T. I. II. 4.

De la /o/zcAfr<? dictionnaire abrege de lang ues Frang., Lat. , Ital. , Fspagn. et Po/-/z/^ßW. Pa- ris, 1805, 8.

Sprach proben,

234.

Hoch- Castilianisch.

Aus der Dottrina Chrisüana, Manila ^ »593.

Padre nuestro , que estäs en los Cielos, Santiticado sea el tu Nombre; Venga a nos el tu Reino ; Hagase tu Voluntad asi en la Tierra, como

. , en el Cielo; El Pan nuestro de cadaDia da nosse oi; y i^^rdona nos nuestras Deudas, asi como ilosotros las perdonamos a nuestros

-Yrio nos dejes caer en la Tentacion: 1\Ias libra nos de Mal.

5^S 235/ Dasselbe.

Aus des Cipriuno da Vakra Spanischen BikeL - Amsterdam, 1602, foUo.\ caV^-^^X

Padre nnestro, que estas en los Cielos, Sea saiictificado tuNombre: , „,

Venga tu Keyno ; -

Sea heclia tu Yoluntad como en el Cielo,

tambien eu la Tierra; Da nos oy nuestro Pan quotidiano ;

Y sueka nos nuestras Deudas, como tam-

bien nosotros soltamos ä nuestros Deudores;

Y no nos metas en Teutacion; Mas libra nos de Mal.

Porque tuyo es elReyno, ylaPotencia, y la Gloria per todos los Sigloa.

236. Catalonisch.

Aus Bern. Aldrete del Origen de la lengua Castellanä *").

Pare nostro, que estau en lo Gel, Sanctilicat sea el vostre sant Nom; Vinga en nos altres el vostre sant Reine; Fasas la vostra Voluntat, axi en 1^ Terra, como se fa en lo Gel; j'^' ' '^

El Pa nostre de cada Dia da nous lo güi?

*) Die in den altern Sammlungen, und daraus im Hervas befindliche Formel weicht duvon nur we- nig ab.

554

I perdonau nos noslres Ciilpes, axi com nos altres perdoiiam a nostres Deudores;

I HO pepinetaLi, que nos altres caigam en la Tentacio;

Ans desllibra nos de qualsevol Mal. Amen.

' 237. V a 1 e n z a n i s c h.

^us Herv.a5, No. 292.

Pare nostre, que estas en lo Gel, Santüicad siga el teu Nom; Yenga a nos el teu Pi.eine; Fagas la teua Voluntad aicsi en la Terra,

com en el Gel; El Pa nostre de cada Dia daunoste gni;

Y perdonaunos les nostres Deudes, aicsi

come nos atres perdonam a nostres Deudores;

Y no nos deicses caure en la Tentacio; Mes liiuranos de Mal.

n nO

M a 1 1 o 1 k i s c h.

Mitgetluilt durch Herrn Prof. Ebeling.

Pare nostro qui estau en los cels, sia santi- licat lo vostro sant noni, viiigue ä nos- altres el vostro sant regne, fases seuor la Vectra voluntad aixi en la terra com se fa en lo cel.

h /: r,

El nostro pa de cada dia daunolos ßefior eil lo dia de vuy, y perdonaunos iio- stras culpas aixi com nosaltres perdo- namänostros deudors, y delliuraunos seiior de tot mal am^en. Jesus.

239- Gallega oder Gallicisch.

Aus Hervas f No. 295.

Padre nostro '^) que estas no Ceo, Santificado sea o teu Nome; Veiija a iiosoutros o teu Renjo ; Fagase a tua Voluiitade asi na Terra, come

HO Ceo; O Paii nostro de cada Dia danolo oje; E perdoi.ainos as nostras Deudas, asi come

nosoutros perdonaimos aos nostro«

Deudores ; E noii nos deixes cair na Tentazon; Mas libra nos de jMale.

240. Dasselbe.

Eine andere Furmcl, auch aus Htrvas, No. C95.

Padre noso, que estals no Ceo, Santificado sea il tu Numbre;

*) Eine von Hrn. Prof. EhtUng mitgetheilte Far- Miel hat: i^'oso Pay ^ weicht aber übrigens, so wie ilie mitgetheilten Catalonischen nur sehr unli»etiitttfcuil Ton den oben «tehenden ab.

5^6

Venja a nos il tu Pieiijo ;

Hajase tu Voluntade asi na Tierra, come

nel Cielo ; II Pan noso de cadä Dia da noslo oje; K perdonanos as nosas Deudas, asi conio

nosoutros perdonamos a os nosos

Deudores; E non nos deixes cair naTentazpn; Mas librainos de Male,

241. Portugiesisch.

Aus Bern. Aldrete Origen de la kngua Castellana^ S. 259. *)

Padre nosso, que stas nos Ceos, Sanctificado seja o teu Nome ; Venha a nos o teu Reino ; Sea feita a tua A^ontade, assi nos Ceos,

come na Terra; O Paon nosso de cada Dia da nolo oie

nesto Dia; Eperdoaanos, Sennoj, a nossas Diuidas,

assi como nos perdoamos aos nossos

Diuidores ; E naon nos dexes cahir in Tentazäon; Mas libra nos do Mal. Amen. '

*) Etwas abweichende, zimi Tbeil auch fehler- hafte Foriiieln befinden sich im Megiser, Ciianiber- Jayne und andern altern Sammlungen

557

242.

Dasselbe.

^us dem N. T. Amstzrdam, lößi.

Paenosso, qiie estas n'os Ceos, Sanctificado seia o teuNome; Yenha o teu Reyno ; Sejafeita a tua Vontade assi na Terra, como

n'o Ceo ; O Paon nosso de cada Dia nos da hoje; E perdoao nos nossas Dividäs, assi como

nos perdoamos a os nossosDevedores; E naon nos nietas em Tentazaon ; Mas llvra nos de Mal. Porque teu he o Reyno, eaPotencia, ea

Gloria, para todo sempre. Amen.

C. Französisch.

Hat die Spanische Sprache noch manche Reste der Gothischen und viele ähnliche das Ita- liänische aufzuweisen, so hat besonders auch das heutige Französische eine beträchtliche An-

o

zahl derselben von der ' Fränkischen. Gallien bestand vor der Zeit der Römer aus drey ver- schiedenen Völkerschaften und Sprachen, den Aquitaniern im südlichen und westlichen Theile, den Galliern im mittlem, und den Beigen oder Kymri im nördlichen und östlichen. Die Aqui- tanier waren Spanischer Herkunft, aber ihre. Sprache ist unbekannt; die Gallier waren ächte Gelten, und ihre Sprache ein Dialect der Celti- schen; die Beigen aber bestanden aus einem Ge- misch von Niederdeutschen und Galliern, und

558

so war auch ihre Sprache, wie im vori2;en ge- zeigt worden. Daft die Colonie der Griechen in Masöllien vielen Einflufs auf die Sprache ge- habt haben sollte, ist nicht wahrfccheinlich;. vielmehr mufste sie sich sehr bald selbst zur herrschenden Landessprache bequemen. Unter der Herrschaft der Römer flofs die Romana ru- stica mit allen diesen Sprachen zusammen, und •SO entstand daraus eine dritte, welche noch lau'Je hernach Romance oder die Rö/nLche hiefs*), fJic Franken, welche im fünften Jahrhundert den nordöstlichen Theil von Gallien besetzten, und allmählig ihre Herrschaft über ganz Gallien, und selbst über den angränzenden Theil des südlichen Spaniens verbreiteten, waren ein Nier derdeutsches Volk, und behielten ihre Mutter- sprache mehrere Jahrhunderte unter sich bey. Aber so wie Blut und Sitte der Sieger, als der schwächsten der Zahl nach, sich unter den Be- sle<Tten verlor, so ging es auch ihrer Sprache ; sie verlor sich in die Sprach.e dts Landes, doch nicht ohne sie mit vielen Wörtern und Formen von ihrer Art bereichert zu haben. Man sagt ge- wifs nicht zu viel, wenn man behauptet, dafs ein reichliches Fünftel der heutigen Fra)izösi- schen Sprache aus Germanischen und besonders IMiederdeutschen Wörtern bestehet. Hier nur einige zur Probe. Etonnei\ ehedem estonner, staunen, erstaunen; Brin d'Estoc, Spring.stock; Boutefcu^ Rädelsführer, Anstifter, Nieders. Böte- für; Bas, Baissen, Ahaisset\ s'Ajfaiser, Alt- Deutsch beissen; Aller, wallen; Attraper, Nieders. öetmp-

*) Man vergleiche aiich Bonainy sur ri'itroduction de Ja laiigm Latint datis Us Gaules in den Munoirei de l'Acad. des Inscript. T. XXIV. S. 582 if.

559

pen; Jwz-'^er, von Mufse; Graver, graben -y Fai/h'/'y fehlen; Ecrevisse , Krebs; Laisser, lassen; Au- derge, Herberge; Battre, JJalon, Balaiüe\ Ah- DQwXbch. hatten; Brult^ Lärm, Westphäl. ^/-i/^ß; Butin, Beute, Nieders. Büle; Boulerain, Butter- bämme; Ecurie^ ehedem Eseiirie, Scheuer; Gratte- Boesse^ Kratzbiirbte; Seuil^ Schwelle, Nieders. Süll; Ecritr^ Escrier , sciireyen; Lieber^ lecken; und tausend andere mehr. '')

Schon sehr frühe zerfällt die verdorbene Römische Sprache in der Gestalt, welche sie in Gallien angenommen hatte , in zwey Haupt- mundarteu, die südliche: Langue d' Oc ^ und die nördliche: Langue d'Oui (oder dOi)^ welche Nahmen sich schon bey Dante de vulgari eloquio^ L. I. c. '8- , und in einer Verordnung König Phi- lipps des Schönen von 1304 finden. Die langue d'oc (^occitana) ward an den Höfen der Herren des südlichen Frankreichs undCataionieus durch Dichter am frühesten ausgebildet, und die Ur- sachen dieser früheren Bildung liegen sclion in der vorhergehenden Zeit Schon zu der Römer Herr- schaft hatte das südliche am Meere gelegene Gal- lien, weit mehr als das übrige, in lebhaftem Verkehr mit den Römern gestanden, und viele Römiöche Pflanzstädte. Seine östliche Hälfte war Italien nahe, und blieb länger als das übrige

* ) Ein zahlreiches, obvvol noch lange nicht voll- atänchges Verzeich iiifs Französischer Wörter, welche aus dem Deutscliea herkommen, befindet sirh in J. JL. StüscICs kiiiiychen Animrkuugen, S. 517 45^* -^^ ist eine Lust, zu sehen, wie sich iUez/üge, der '^ein Deutsch verstand, in seinem anzuführenden etyjiiolo- gischen Werke geberdet, um jene und andere ähnliche Wörter aus dem Celtischen, Lateinischen und Grie- chischen abzuleiten.

Gallien, d. i. bis zum gänzlichen Umsturz des Römischen Reichs, Römische Provinz, daher sie auszeichnend Provincia und ihre Einwohner Provinciales hiefsen; und dieser Nähme blieb nach dem Umstürze jenes Reichs, und gewann am Umfange theils durcli politische Verhältnisse, durch die Ausdehnung des Arelatischen König- reichs, theils ging der Nähme der Proveri^aJeii^ Sprache auf die ähnliche Sprache des ganzen Sü- dens, Languedoc's, Gascogne's, Cataloniens w. s. vv. über, so wie auf der andern Seite aucli der Nähme CataJan ein allgemeiner Nähme für diese südliche Sprache ward, weil sie am Hofe der Grafen von Barcellona blühete, und dort ihre Ausbildung befördert wurde.

Diese südlichen Provinzen hatten also von Alters her mehr Cultur, als das nördlichere Frankreich, und diese Cultur litt auch nicht so- viel bey der Völkerwanderung durch die einbre- chenden sogenannten Barbaren, als das nörd- liche Frankreicii in dieser Hinsicht gelitten ha- ben mag. Die neuen Beherrscher des Südens, die VVestgothen , hatten schon zu lange in un- mittelbarer Verbindung mit Römischen Ländern gestanden, und dort gelebt, als dafs die Grün- dung ihres Reichs im südwestlichen Gallien einen so zerstörenden Einflufs hätte haben kön- nen. Schon seit dem sechsten Jahrhunderte er- streckt sich das Reich der Westgothen in Spa- nien nur noch über den westlichen Winkel jen-> seits der Pyrenäen, und seine übrigen Besitzun- gen in Frankreich sind imter die Herrschaft der nördlichen Franken gekommen, und nach dem Sturze des Westgothischen Reichs 712 durcli die Araber kam bald durch die Siege der Fränki- schen Heerführer nach und nach ganzCatalonien

zum

i

66i

zum Reiche Karls des Grofsen, ohne dafs diefs einen Einflufs auf die südliche Sprache gehabt zu haben scheint. Die Verbindung entfernterer Provinzen mit dem Hofe war bald hernach zti gering, als dafs jener Einflufs hätte Statt finden können. Diese V^erbindung war noch loser, als unter den schwächeren Königen Frankreichs die mächtigen Vasallen fast unabhängig von der Krone wurden. Die genannten südlichen.- Pro- vinzen waren es, und die westlicheren, das vor- malige Aquitanien, ^velches vorher, gleich dem Süden, das Westgothische Pieich ausgemacht hatte, waren es theils auch, tlieils wurden sie durch ihre Verbindung mit England und die darüber gefülirten Kriege bald noch melir von der Krone getrennt. Diese südwestlichen Theile des damaligen Frankreichs und die Höfe der mächtigen Grafen, welche dort lierrschten, sind gerade zu jener Zeit, zuischen dem eilften und dreizehnten Jahrhunderte, eben so viele Sitze der Ausbildung und ßlüthe der südlichen Spra- che durch ihre Dichter, -die sogenannten Pro- vengalen- Dichter, die Trüubudours geworden, nicht blofs der Hof der Grafen \Qn Provence, unter denen allerdings besonders Raymund Be- rengar III, und V., gebohrne Grafen von ßar- cellona, mit -welcher Grafschaft die Provence durch diese Familienverbindung einigemal ver- einigt regiert wurde, sich durch ihre grofse Liebe zur Dichtkunst und ihre Begünstigung auszeiclnieten; vielmehr sind von 140 Trouba- dours, deren Vaterland man kennt, nur 26 aus der eigentlichen Provence gebürtig gewesen, Bey den ältesten Stücken dieserDichter läfst sicli nicht entscheiden, ob sie aus Cataloinen , Lan.- guedoc, oder der Provence herrülixen.

Mit/uid. IL Nn

562

Die Cultur der, bisher blofs sich selbst ühelriabsenen, rauhen nördlichen Sprache greift noch in die Zeit jener Blütlie der Proven^ali^ sehen Poesie ein. Sie steht im Zusammenhange mit der Bliithe der Schulen im nördlichen Frank- reich nnd besonders in der Normandie, mit der Erweckiuig der Geistesrhätigkeit in der Periode der Scholastiker, von welclien beyden glückli- chenv Veränderungen schon am Schlüsse des ZAvölfren und dreizehnten Jahrhunderts Früchte aut das Ganze der Nation übergehen konnten, ferner besonders mit dem Enthusiasmus, den Kreuzzüg"e und Chevallerie auch in diesem Theile Frankreichs verbreiteten , mit den Ver- bindun^ren der Normannen mit England und der dortigen Sagenpoesie, und endlich mit der Wie- derherstellung des königlichen Ansehens und der \'ereinigung des ganzen Französischen Volks in seinem Centralpnnkre im nördlichen Frankreich. Aus diesem Zeitalter des Anfcinges •der Ausbildung der langue d'oui und ihrer Fixi- rung, wovon die heutige Französische -Sprache ausgeht, gibt es merkwürdige Denkmäler, z.B. den Seniwii de S. Bernhard (der in Boiirgogne ge- boren in seinem berühmten Clairvaux in Cham- pagne lebte) in einer Handschrift, welche sich in der ehemaligen Bibliotlieque des Feuillans zu Paris befand. Besonders bemerkenswerth ist es, dafs der Gebrauch dieser Sprache zu den ältesten crröfseren dichterischen Werken, von welchen, wir Nachrichten haben, von Normannen ausgeht oder unter ihrer Mitwirkung erfolgt ist. Bey Nor- mannen mufste der Enthusiasmus, den Kreuz- züge und Chevallerie anderwärts erweckten, schon längst durch ihre Abentheuer geweckt oder wenigstens vorbereitet seyn. Die frühe-

5^5

steh Denkmäler, die man ans ihren Proben noch beurtheilen kann, und die bald nach der Mitte des zwölften Jahrhunderts verfafst sind, haben die fabelhafte Vorzeit Brittanniens , von der schon sehr viel unter den Britten gesungen sey, und ihren König Arthur, oder die Normannen zum Gegenstand. So le Brut d Atigleterrc von \Vi- stace oder Euslach, grofsentheils aus dem ßritti- schen Roman entlehnt, und der Ron odt^r Raoul von Vi'asse oder Gasse; und der Übergang von jenen Sagen ist am begreiflichsten in einer Zeit, wo auch in England die Sprache der Normandie herrschte, s. oben S. 318- Und diesen Schwung erhielt diese nördliche Poesie kurz vor der Zeit, wo durch die Kreuzziige gegen die Albigenser und durch die fast ununterbrochenen Krieae mit den Engländern in Guienne Zerrüttuncreii im südlichen Frankreich ertolgen, der Hof von Barcellona 1137 nach Arragonien versetzt wird, der Hof von Toulouse ausstirbt, und der Hof der Provence 1265 nach Neapel übergeht, und die Blüthe der Südlichen Dichtkunst nach und nach überall erstirbt. Sie verliert iliren Einflufs auf die höheren Stände, und somit die Vortheile ihres Zusammenhanges in mehreren Provinzen, und ihre Sprache sinkt-um so mehr zum Patois einzelner Gesenden herab, wo sie bev büraer- liehen Festen ihre letzte Bühne hat: statt dafs ihre nun auch gebildetere Schwester, die langue d^oui, jene Vortheile gewinnt, Dichter aus dem Süden in ihrer Mitte sieht, z. B. den berühm- ten König Thibaut von Navarre in seinem väter- lichen Lande Champagne, für Dichtkunst und Bildung gestimmte Höfe findet, z. B. auch in Flandern , bebondiers aber als Sprache des über

Nn 2

6ti4

ganz Frankröich mächtiger al^ sonst wirkenden Hofes, die lierrbchende höhere G eselisch afts- sprache und immer mehr allgemeine Schrift- sprache für ganz Frankreich unter dem schon vorher o-eführten Nahmen 6.ev Französischen wird.

o

Zur Geschichte des Ganges der Sprachbil- dun'^'" in Frankreich dienen folgende Schriften: Duclos siir l'origine et les re<wlutlons de la langue Fran^oise in den Menwires de l'Acad. des Inscript. T. XV. und T. XVIf. De la Curne de S. Palaye (dessen Jnstoire literaire des Troubadours zuni; Theil auch hieher gehört) sur la langue Frangoise des XII et Xlllnie siscies , comparee avec les langues ProveJicale ^ Itallenne et Espagnole ^ in denselben Mcmoires T. XXIV. , wo auch Proben eines Ge- dichts gegeben sind, das Rambaut de Vaqueiras. im dreizehnten Jahrhunderte aus den genannten drey Sprachen und aus derFranzösischen und Gascognischen so zusammensetzte, dafs zwey Zeilen von jeder immer mit einander abwech* sein. Barbazan l'ordene de Chevailerie avec ime dissertation sur Vorigine de la langue Frangoke, Laus. 1759. Ds lo. Rav(dlcre discours sur les revo- lutions de la langue Francolse vor den nachher an- zufiihrenden Poesies du Roi de Aavarre, T. I. Cl. Fanchet essay sur Corigine de la langue Frangoise.. Sablier essais sur les langues en gener al., sur la lan- gue Franeolte en partkuüer ^ et sa progression depuis Charlen'iagne jusquä prtsent. Par. 1777. 8. A\ H. L. Heeren über den Ebyiufs der Normannen auf die Französische Sprache und Lilteratur. Götting. 1789, 8- E.. Cordicr de St. Fermin recherches histo- ri(/ues sur les obslacles quon a eus ä surmonter pour cpurcr la langue Francoise. Par. 1805, 8- Man vergleiche auch einzehie Aufsätze im Journal de la langue Frangoise. Über die Zeit, wo der Hof

6^5

•der Fränkischen Könige aufgehört habe, Deutsch zu seyn, vergl. Journal hehelicjue^ Mars 1741, und das Hamburger Magazin^ Th. X. S. 422. Court de GcbeUn gibt in seinem Monde pr'miii[\ T. V. Prelim. S, 32 Vi. eine Übersicht der Ge- schichte der Französischen Sprache und Littera- tur. In IjC Long et Fevret de Fontelie biLdiolhtque hislorique de la France steht T. IL S, 21. fF. N. 154S4 15512. ein Verzeichnifs von Schrif- ten über die Französische Sprache, von Etymo- logicis und Glossaren des Alt - Französischen. Hill fsmittel für das Alt- Französische findet man auch in Scliönemann's System der Diplomalik ^ Th. I. S. 184. angegeben. Wörterbücher über alte Französische Sprache sind folgende: Guy Micge's Diciionary of barborous Fre7:ch. Lond. 1679, 4. Lacomhe cdctionnalre duvieux langage Frnncois. Par. 1 766. V^ol. I. II. 8. Diclionnaire de la langue Ro- inalne ou du. vieux langage Francois. Par, 1"68? 8- ■Dktionnaire du vieux langage Francois^ contenant ciissi la langue Romance ou Provenrale et la Nor- mande. Par. 1786. Vol. I. II. Les Poesies du Roy de Navcrre avec des notes et un Glossaire. Par. 1742. Vol. I. II. 8. Tableaux ef coiHes des poeus Jran^ois des XII XV si'ecles. Par. l'^56 ^S* Vol. I III. 12. Jehan de Joinville histoire de St. Zoz//^-, avec un Glossaire. Par. 1761, fol. Grand vocabulaire Franco'is ^ par une societe de gens de lettre» [Champf ort ^ Gz/vo/, et quelq. autr, ) Par. 1769 74. Vol. I XXX. 4.

Die also entstandene, und zum Theil schon ausgebildete, heutige Französische Sprache hat, ungeachtet der angeführten "unzweideutigen Spuren des Einflusses des Germanischen Ur- sprunges der Franken, in ihrem Wortvorrathe doch eher weniger als mehr Wörter von nicht

5^6

Lateinischer Abstammung, als ihre Schwestern, ob sich wohl manche Lateinische Wörter, wel- che diese besitzen , in ihr nicht fortgepflanzt ha- ben; und schon im dreizehnten und vierzehnten Jaliihuriderte hat man in ihr nicht mehr JNicht- Lateinische Wörter gefunden, als im neueren Französischen. Die Französische Sprache hat bei ihrer Bildung aus dem verdorbenen Latein und der Vermischung desselben mehr Umände- rungen der Laute nach dtn Organen und mehr Zusammenziehvmgen der Laute erfahren, als ihre nächsten Schwestern. Überall bem.erkt man Abkürzung der Endungen der ursprünglichen Wörter, Sylbenauslassuilgen in mehrsylbigen Wörtern, Verwandlung mancher Vocale in Diphthongen, häufige Verwandlung des / in e, des / mit den vorhergehenden Vocalen a oder o in aa und ow, und den characteristischen Nasal- laut, der, wie wir sehen , zum Theil auch auf das westliche Ober - Italien übergegangen ist. Viele dieser Veränderungen sind in der' gegen- wärtigen Französischen Orthogi\Tphie weit be- merkiicher, als in der etwas älteren. Durch den fast oänzlichen Mancrel der Diminutive zeichnet sich diese Sprache auch unter ihren Schwestern aus.

Einen grofsen Beförderer ihrer weiteren Ausbildung tand sie an Franz I, der sie 1539 in allen gerichtlichen Verhandlungen statt der La- teinischen einführte. Einzelne Schriftsteller, wie Pascal, vorzüglich aber die gleichzeitigen ersten Glieder der durch Riclielieu gestii^teten ' Acacleni/e Jraffcohe reinigten sie von unangeneh- men und utipassenden Ausdrücken, und eben- denselben, z. B. bef^onders dem ( nrneille und Vaugelui,., verdankt bie die Beschränkung auf

o67

unzweideutige Ausdrücke iiml die, vorzüglich auch durcli geistliche Redner beförderte, un- zweideutige, an feste Regeln gebundene Stel- Inner der Wörter, ^velche die Quellen ihrer '^ro- fstn Klarheit und Pracjsion, aber auch einer ee- wissen Steiflieit sind, die ihr manche Arten eines poetischen Gebrauchs verschlierst.

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568

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ÖÖ9

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Nouvelle grammaire lai'öonnee par une so- ciete de gens» de lettres (Mrs. Gingueue, la Harpc

671

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Neue Französisclie Grammatik für die Deut- schen, ein wahres Gegengift wider alle bisher herausgegebene Grammatiken, besonders wider die vdu Meidinger, von S. Dclonah. Hamburg, 1797, 1808, 8-

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Grammatische Aetiolog.ie der Französischen Sprache, als Beylage zu allen alten und neuen französischen Sprachlehren, ein Versuch von IV. F. Hetzet. Leipz. 1798? 8-

Premiers elemens de la langue Francoise ou grammaire usuelle, par Alex. Ccmwadc. Paris,

1799. edit. 2. 1804. Vol. I. II. 8- l'Abrege,

1800, 12,

Le^ons elementaires de la langue Francoise, par A. J. Legat. Par. 1799, 8-

Grammaire de l'adolescence ou exposition des principes j^eneraux de la langue Frangoise, par Y^es Bastiou. Par. 1 799.

Nouvelle grammaire Francoise oder systema- tische Anweisung u. s. w\, mit Erläurerimg durch zweckm.äfsigere ßeys})iele als im Mtidingtr, der Französische Theii bearbeitet von Ak^^ de la

573

Combe, der deutsche von C. L. Scebofs. Lelp?. i8oö, 8- u. mehrmals.

F. Fricke's Anfangsg;riinde der Französischen Sprache, mit vielen Aufgaben, nebst einer Über- sicht der Französichen Litteratur. Glog. 1800, 8.

Praktische Grammatik der Französischen Sprache, von C. A. Fevricr. Leipz. 1800, 8-

J. Lang r\eue praktische " Französische Sprachlehre. B. I. IL iSoo, 8-

Systematische Anweisung zur Erlernung der Französischen Spraclie, von V/. Mila und /. Pli. Coumon. Berl. iSoo. Th. I. IL 8.

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J.B. Castillc grammaire Franc;oise simplifiee. Par. 1802, 1S03, 8.

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H. WmidelaiiKonrt cours d'eüLication, IIL cours. Grammaire du sesond age, Par, 1S02, 12.

G. Laurent grammaire Frangoise. Paris, 1802, 8. _

Französische Sprachlehre in einer neuen und fafslichen Darstellimg der auf die einfach- sten Grundsätze zurückgeführten Regeln, vom hhhü Mölln. Tüi:>. 1802, 8- und mehrmals.

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P, G. Gallmard methode pour apprendre les vrais principes de la langue Fran^oise, ed. 2.

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LardiUon nouv. observations sur la Gram- maire Fran^oise pour ser-vir de complcment ä Celle de Mr. Wailly. Par. 1804, 8-

CL Baron cours abrege de grammaire Fran- ^oise. Par. 1804, 4.

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U. Domer gne manuel des etrangers amateurs de la langue Frangoise, ouvrage uiiie aux Fran- gois eux-niemes. Par. 1805, 8-

Sal. Diij'rcsnoy grammaires comparees des laufiues Francoise et Angloise. Par. 1805. VoLI. IL 8.

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Syntaxe Fran^oise ou nouvelle grammaire simplifiee, par Mr. l'Abbe Fahre. Nouv. ed. Par, 1805, 12.

J. M. Büffet theorie des langues Frangoisö et Latine. Par. 1805, 8-

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Phil. Lahbe etymologies de plusieiirs mots Fran(;ois, Par. 1661, 8-

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J. B. Moria dictionnaire etymclogique des mots FraiK^ois derives du Grec, enrichi des no- tes par Mr. d'Anssede Villoison ^ et revu en ab- sence de l'auteur par Mr. de IVailfy. Par. 1803, 8.

■■:■■ *

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Les mots Fran^ois selon l'ordre des lettres tournez en Latin. Anvers 1575, 8.

Z-fc Hulaii dictionnaire Fran^uis- Allemand et AUemand-Fran^ois. Norib. 1596, 4. Op- penh. 1G14, 8-

Ainiar de Ranconnet thresor de la lan^^ue Frangoyse tout ancienne (}ue moderne, aug- meute par /. A'.Tor. Par. 1606, fol.

Ahr. de Ja Foye thesaurus linguarum Gallicae, Italicae et Gernianicae. Magdeb. iGio. 4.

Franq. Pomey dictionnaire roval Fran^ois- Latin - Allemand , Latin - AUemand - Fran^ois, Aliemand-Frangois- Latin. Francf. 1630,4. Vol. LH. 1715, Vol. I IIL und sehr oft.

Phil. Monet inventaire cie doix languesFraii- golie et Latine. Lyon 1635, fol.

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Dictionnaire Franqois-Latin- Allemand, par N. Diiez. Leid. 1660, 8- «^i- öfter.

P, Delbnin le grand apparat Frangiois avec le Latin, edit. 8- Par. 1669, 4.

Am. Fourretiere dictionnaire universel. A la Haye. T. 1 III. 1690 , augmente par Mr. Bns- nage de Banval. Rotterd. i7o8, "p^r Mr. Bru/el de laRk'iere, T. I IV. Haye, 1725.

Dictionnaire de la lancrue Francoise ancien- ne et moderne, par Pierre Riclielet. Gen. 1680, 4. Amst. 1685. Vol. L II. fol. Par. 1719. Vol. 1 III. fol. und selir oft.

Pierre Dariet dictionnaire Frangois et Latin. Par. 1684, 1685- Vol. I. U. 4. u. mehrmals.

A. Bayerns dictionnaire royal Francois-An- glois et Anglois-Fraugois. Lond. 1702. Vol. 1. 11. 4. und oft.

Dictionnaire nniversel Frangois et Latin, a Trevoux. T. I. IL fol. 1704. und öfter in V. oder VI. Vol. Nouvelle edit. corrigee er considerable- ment augmentee. Par. 1771. Vol. I VIII. fol.

Pierre Rondeau nouveau dictionnaire Fran- gois - Allemand et AUemand - Frangois. Leipz. 1711, 4. u. öfter, auch vermehrt von Jahlonshi^ 1731, \ow A. J. Biixtorf. Bas. 1739, 4.

Nouveau dictionnaire de voyageurs Fran- cois, Allemand et Latin. Geneve, 1708, 8. n. oft.

Dictionnaire imperial Frangois, Latin, Ita- lien et Allemand, par Mr. Veneroni. Francf.

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xylo. Vol. I.- II. 4. Augmente par Ä^ic. CastelH, 1-743, par C. Placardi, Par. 1805.

Dictionnalre nouveau des Passagers Fran- ^bis et'Ällemand, -^dj: J. L. Frisch. Leipz. 1-712, 8. und oft.

Synonymes Frangois, par l'Abbe Girard. Arhst, l''37 u. oft, par A7r. Beauzee^ Par. 1769, Vol. I. II. 12. Par. 1801. Vol. I III.

H. F. Roux nouveau dictionnalre Frangois- Allemand. Halle, 1744. Vol. I. II. 8- u. oft noch.

Dictionnalre nouveau Suibse, Frangois et AUemand. Bas. 1754. T. i. il. 4.

{Sdimidlin's) Catholicon ou dictionnalre uni- veisel de la langue Frangoise, Französi-ch- Deutsclies Univerüalvvörterbuch. Hamb. 1771. Vol. I IX. 4. begreifen die Buchstaben A H.

Dictionnalre nouveau Allemand- Frangois a l'usage des deux Nations. Wien, 1780. Vol. 1. 11. 8-

Chr. Fr. Schwan nouveau dictionnalre de la langue Allemande et Frangoise. Mannh. 1783 bis "1784. T. I. II. 4.

' Dictionnalre etymologlque, grammatlc|ue et critique de ia langue Frangoise. T. I. II. Hal- le, 1784, 4.

Plctionnaire Frangois- Allemand, par Mr. deläVeaux. Berl. 17S4'. T. I. II. 8- ". oft, zu- letzt, revu par /. D. Grandmottet et Th. Bernd. Braunschvv. 1806.

Nouveaux synonymes Frangois, par Mr. \ hhhe RoLibeau. Par. 1785. Vol. I IV. 8- und öfter z. ß. Berl. 1787-

Dictionnalre comlque, satirlque, critique, burlesque, libre et proverblal, par P. J. Leroux. Nouv. edit. Pampeion. 1786? 8.

Dictionnalre

577

Dictionnaire portatif de la langue Frangoise, parRicheler, revu par M. Wailly. Lyon, iy86. T. I. II. 8. 1789. Bas. 1798.

Dictionnaire critique de la langue Fran^aise, par l'Abbe Feraud. Marseille, 1787 88- T. l III. 8.

Dictionnaire des langues Frangoise et AUe- mande, par /. G. Haas. Leipz. 1786 88. T. 1 ill. 8.

Nouveau dictionnaire de la langue Fran^oise et AUemande, par Chr. Fr. Schwan. Mannh.

1787 93- T.I IV. 4.

Nouveau dictionnaire Allemand-Frangois a l'usage des deux nations. Strasb. 1789. T. I. II. 8. und öfter, noch 1803.

Nouveau dictionnaire Frangois, contenant les expressions de nouvelle creation du peuple Franqois, pT^r L. Snetlage. Götting. 1795, 8. mit welchen Ausdrücken auch die neuen Ausgaben der vorhergehenden und die folgenden Lexica vermehrt sind.

Nouveau dictionnaire de poche Fran^ois- Allemand," nouvelle edition; revue par <5V/w. //". Catel. Braunschw. 1796. T. I. lt., auch 1800.

Dictionnaire raisonne des Synonymes Fran- gois, mit Deutschen Anmerkungen von W. L. Steinhrenner. Leipz. Th. I. 1796. Th. H. 1801, 8.

S. Bogarelli nouveau dictionnaire de poche Frangois, Italien et Anglois. Londr. 1797, 8-

Nouveau dictionnaire de poche Frangois- Allemand. Leipz. 1796. T. 1. II. 8- 1802.

Nouveau dictioimaire portatif de la langue FrangoiT.e totalement refondu par C. M. Gattel. Par. 1797/, 1803. Vol. l. II 8.

Ph. Jak. Flathe nouveau dictionnaire Fran- <^ois- Allem and, compose sur les dictionnaires de

MithriJ. IL O O

678

i'Academie Francoise, de l'Abbe Alberti de Ville- neiive <:ic. Leipz. 1798.

^ Dictionnaire de la langue Allemande et Fr'ail^oise, par Chr. Fr. Schwätz extrait de son grand dictionnaire. T. 1 IV. Tüb. 1799, 1800, 8- iite Ausg. 1807.

/. F. Memmert Deutsch -Französisches gram- matisches Wörterbuch. Weimar, 1800. Th. I. li. 8.

Französisch - Deutsches Handwörterbuch für die Schulen von /. F. Memmert ^ vermehrt von J. H. Meynier. Erlang. 1800, 8-

/, L. B. Cormon ( et /. Z. P'iestre) nouveau Vocabulaire ou dictionnaire portatif de la langue Fran^oi^e. Par. 1801, 8.

N. Fr. de Wailly nouveau Vocabulaire Fran- gois. Par. 1801. Ed. 2. augmentee par Mr. ßosquillon, 1803, 8-

J. Martinelli nouveau dictionnaire de poche Fran^ois et Italien. 2. edit, 1802. Vol. I. II. 16.

Pierre Cl. Vict. Boiste dictionnaire universel de la langue Francoise. ed. 2. 1803. Vol. I. II. 8.

J.E. J. F. Boimillier s dictionnaire universel Franc. Latin, par Mrs. Lallemam etc., reyue avec des observations de Mr. l'Abbe Lailemand, Par. 1805, 8.

Mundarten,

Von den älteren beyden Hauptmundarten der langue dotii und der langue doc ist schon gesprochen worden. Letztere ist überall, wo sie herrschte, zur blolsen Volkssprache, zum Patois herabgesunken. In ihrer hohen Ausbil- dung hat sich die langue d'oui über ganz Europa

579

verbreitet*), nachdem sie längst in ganz Frank- reich als die Sprache aller Gebildeten selbst in den südlichen Gegenden geherrscht hatte, wo noch, besonders in den gebirgigen, ihre ältere Schwester als Patois mehr oder weniger fortlebt. Auch die verschiedenen Mundarten jener südli- c?ien Sprache zeigen sich noch in den Nuancen. dieses Patois, weit mehr aber in den vielen vor- handenen Denkmählern ihrer älteren Beschaffen- heit. Auch aus den nördlichen und nordöstli- chen Provinzen sind Denkmähler der Sprache vorhanden, wie sie ehemals war, und manche Reste dieser Beschaffenheit leben noch in der gemeinen Sprache der Provinzen fort, die sich übrigens selbst im Munde des Volks nur durch einzelne eigenthiimliche Ausdrücke und den Ac- cent der Aussprache auszeichnen. Auch in den östlichsten Theilen des eigentlichen Französi- schen Sprachgebietes gibt es noch stärker unter- schiedene Volksmundarten **). Wir betrach- ten die Denkmähler und Nachrichten von den- selben in der Ordnung, dafs wir zuerst die süd- lichen Provinzen am mittelländischen Meere, das Gebiet der ehemaligen langue d'oc, sodann die nördlichen, das Gebiet der ehemaligen lan- gue d'oui, und dann jene östlichen Provinzen durchgehen, wovon sich die südlichsten wieder-

*) Die Schriften, welche die Preis- Frage der Berliner Akademie der Wissenschaften iiber die Uni- versalität der Französischen Sprache 1784 veranlafst hat, enthalten luanche Data zur Charakteristik der- selben.

**) Von den Mundarten Frankreichs handelt auch Court de Gebelin im Monde primitif, T. V. Preliin. S. 65 74., und eine BibUntheque Patoise befindet «ich in V. Murr's Journal, Th. VI. , S. «236 S.

Oo 2

58o

v.m tkr Jiachlier abziilianddnden Rhiitischeir Sprache nähern.

' Von der Sprache der Provence handelt Ihn- che m seiner His/oire de Provence, und Papon in seiner histoire generale de Provence', T. I. Sie steht in einem eben solchen VerhältniCs der Annähe- rnng zum Italianischen, als das Gascognisclie zum Spanischen. Aber die Provence hat (siehe C. A. Fischer'' s Reise micli liieres , Br. XIV.) schon, reit mehr als zweyhundert Jahren ihre eigent- liche Sprache verloren , die nur noch in den Gebirgen fortzuleben scheint. In eben diesem Briefe findet man provengale Wörter und Sprichwörter verzeiclmet und erklärt. Wörter- bücher dieser Mundart sind:

Dictionnaire Provengal et Frangois, par le ¥. Sauveiir- Andre Peilas. Avign. 1723, 4.

La Crusca ProKcnzale, catalogo deile voci Pr'ovenzali usate dagii scrittori Toscani di Ant. Bastei o. Rom, 1724, 8-

Dictionnaire de la Provence et du Comte Ve- naissin, par une societe de gens de lettres. Mar- seille, 17S5. Vol. I. II. 4.

Der Guidon des C/ii-rurgicns des Guy de Chnu- liac hat in seiner Lateinischen Urschrift im vier- zehnten Jahrhundert eine Menge Provengaler VVörter; aber vorzuglich viele poetische Schrif- ten gibt es in diesem Dialecte: ^*''' ßarbovillado e Phantazies journalieros, de Pier. P au. Mars. 1593, 4.

Obros et rimos Prouvensalos et lous passa- tens de l.ovys de la Be/iavdiero, gentilhomm.e Prou- venssau , revioudados par Pier. Paul. Marseille,

1595' 4- - Cl Bnieys Jdirmn deys musosProven^alos di-

visat en quatre partidos. Aix, 16285 12. 2 Voll.

Le Bngarlo Provensalo. Ays, 1649, 12.

Lon Jarclin deys musos pr.ovenqnles, oii re- cneil de plusieurs pessos en vers Provencaus. 1665, 12.

angmentat de ley proverbes Prouven-

^aus. 1666, '12. ;.

Cansones spirituelos en Provengau, ä iMi- snge dei Missiens. Mars. 700, 701, 705, 708« 12.

Recueil de Poue^ies Prouvengalos de ü. Ji G/-05 de MarsiJlo. Mars. 1734, 1763, 8- ^

Lon Novy Para, Coumediou Proiivengalou/ A CracauvioLi, 1743, 8-

Lon trJoumphe de MarsiUo. 756, 4-

Cantiques spirituels ä l'usage des Missions de Provence, en langue vulgaire. Marseille,; 756, 8.

Recueil de Noels Provengaux, par Mr. Pei- rol. Avign. um 760, 8-

Recueil de Noels Provengaux, par le Sr. '^'ic. Laho!y. F.b. 17'72, 12.

La Pate eulevade , poueme coumique. Carpentras, 12. »

Manader de Bersea a Madoumaisello de Dubany. 4.

Apoulongio de la bourrido dei Dioux en formode playdeja per Germain, 4. ,<

Lou Rerous doou Martegaou, paroudio boufFouno. Pes M. Mayer. Mars. 773, 8-

Le fortune Marjeillois, comedie par Mr. Audibert. Mars 775- 8- , i

Dialogue de l'atnbre de feu Mr. l'Abbe de Nant avec son valet Antoine ä i'autre monde.. 776, 12.

Le Troubadour, Poesies Occhaniques du XII Siecle, traduites par Mr. Faire d' OUvei. Par. 1804. Vol. LH. 8.

582

I:i naher Verbindung mit der Provence mufs ■wenigstens zur Zeit des Arelatischen Königreichs die ehemalige D<7///?////2e gestanden haben. Ihre Volkesprache stellt dar:

Pastorale et tragicomedie de Janin, repre- sentee a Grenoble, en vers Grenoblois. Gren. 1642 Lyon, 1738-

Einige Proben der gegenwärtigen Dauphi- neer Volkssprache befinden sich in (Hrn. Fri- drichseifs^ Fragmente eines Briefes eine Bauerfamilie im Dauphine im Freymüthigen^ Jahrg. 1805. N. 214, 16, 17.

Die Volkssprache in Lyormois ist ausge- drückt in den

Recueils des plus excellens Noels vieux. Lyon, 1714, 12.

Noels nouveaux. Lyon, 1760, 12.

Der Dialect in der Landschaft Bressan nä- hert sich dem Italiäni^chen, welches um so be- greiflicher iit, da diese Landschaft bis 160 1 zu Savoyen gehorte. In ihm ist vorhanden:

Guemen don jMivre labory de ßi^issy su la pau eher la de la gerra, per Bern. Uchard^ in Reimen mit der Französischen Erkiarun-g.

Über die Sprache in Langiiedoc vergleiche man i^Astrucs) MemoJres pour l'/iistoire naliirelle de Lw'oncdoe. Par. 17.37, 4, S. 419. ff. und Ch. A. Fiac/iers Rehe nach MorUpellier, S. 247. Die Mundart ist verschieden im östlichen Nismes, im -westlichen Narbonne und um Montpellit-r in der Mitte von beyden, noch mehr aber in den nord- östlichen Gebirgs - Gegenden, den hautes et bassesSavennes, Gevaudan und Velay oder dem liisthumPuy. Besonders in letzterer Gegend und dem benachbarten Auvergne herrschen wohl die gröbsten Mundarten Frankreichs. Court de

68;

Gebelin vergleicht erstere mit der Stimme der Truthähne, und leitet die stark und mit Aspira- tion gesprochenen Laute von dem Celtischen ab. Die Mundart von JNismes ist besonders sanft, und diese südlichen Mundarten sind mehr, als imter sich , von der Ober - Languedocschen, der von Toulouse verschieden. Nur sehr we- nige Reste von Celtischen Wörtern und Orts- nahmen giebt es, die wenigsten in Nieder- Lan- guedoc, wo die Römer viele Colonien hatten; die lange Herrschaft dieser hatte alle Spuren jener Sprache vertilgt. Im Toulousischen Dia- lecte sollen nach Audiberfs Diss. sur les origines de Toidouse, Avign. 1764, 8, noch manche Griechische Worte seyn. Die Gothen, die seit dem Anfange des fünften Jahrhunderts, und die Araber, die seit 720 hier herrschten, haben so gut als keinen Einflufs auf die Spraclie gehabt, die ganz Tochter der Lateinischen blieb, und kaum ein paar Gothische Wörter und ein paar Arabische Pflanzennahmen aufzuweisen hat, Ihrer Mutter näher, braucht sie lue Pronomina zur Unterscheidung der Personen der Verba ; sie hat den unbestimmten Artikel nicht. Sie war im eilften u. zwölften Jahrhundert dem Italiänischen verwandter, näherte sich seitdem mehr dem Französischen, und ist nach Astruc noch itzt wenig verschieden von der Sprache der Trou- badours, und Astruc erklärt den Eid Ludwigs von 842 für Languedokisch, so wie es der Eid ist, welchen Berenoar dem Herrn von Mont- pellier um 1059 oder 60 leistete, und den man in dAigrefeuille histoire de Montpeliiery und daraus im Court de Gebelin, Th. V. Prelim. S. LXXL fin- det. In der Hisloire de Languedoc (Tom. I V.) befindet bich eine Geschichte des Krieges der

584

Albigenser in dieser Mundart. In Menard's HU sioirc de la v'ille de Nismes finden sicli Proben ihrer Mundart, und dazu ein Vocabulaire. I.e Dic-r cioLinari Moiiudi {Moundi ist sovit-l als: Tolosain) ist 16-42, 12, besonders gedruckt, I.es joyeuses recherchcs de la laiigue Tohariifie sind Tolos. 1578? 8, erschienen. Das allgemeinere Wörterbuch isti Dktionnaire Langucdocien - Francois jaar Mr. l'Abbe de S, {Sauvnges). Nismes 1756, 4, nou- velle edit. par L. I) S. Nisn^es 1785 , Vol. I. II. S. Recueil de poetes Gascons, ütwo'w Pierre Gou- delin obras, Jean Mich, de Nimes l'embarras de la fieiro de Beaiicain en vers burlesqnes, les fo~ lies du Sr. /e »5'ß^c de Montpellier. Amst. 1700, Voll. 11. 8, auch 1717.

,; ,L.e Sr. Goudelin le ramelet moundi de tres fiouretos o Iws gentilessos de tres boidados, et le diGciounari Moundi. Toni, 1638? 8, 1644,12.

. Lou crebo-couer d'ini paysan sur la mouert de son ay, eme la souflranso et la miseri dei forcas que son en galero , 1692, 16.

Epitro de Janot ä Madame Baptiste, Toul.

1759, 8.

Ferner gehören hieb er: T Alcimadure Mondon- vilJe , Reniercimen de Janot öu le trhrfle de TouhusOy Bouquet dun Touloiisaln , n. a. m.

Es ist nicht genug bekannt, um wie viel sich die Sprache in Roussillon von der Languedoc- schen unterscheidet; sie ist der heutigen Cata- lonischen am nächsten, und eben so schwer zu verstehen, als diese, s. Barald's liehe S. q^^: er fand zu Perpignan nicht sogleich Personen, die Spanisch oder Französisch reden konnten.

Genau verwandt mit der Ober-Languedoc- schen Sprache ist die von Gascogne, welches schon daraus erhellet, dafs die Dichter im Dia-^

05

lect von Toulouse Gasconische Dichter geliaVint werden, und dafs die meisten der eben anzufüh- renden Denkmäler der Gascognischen Sprache 211 Toidouse erschienen sind. In Ch. A. Fischer's angeiiihrter Rei^e {'on Amsterdam Hier Madrid n. s. w. Br. IX. ist von Bordeaux die Gascognitiche Mundart geschildert, und besonders die starke Aspiration desy, die Verwechselung des 3 und i;, und die Accentuation des stummen e ausgezeich- ner. Die Seegesetze der Insel Oleron ^ von un- gefähr 1194, im Alt - Gascognischen Dialecte, .stehen in Us et coiitiiines delamer^ herausgegeben von Clairac^ Bord. 1661, 4. Ein Stück eines Gedichts des Sainte-Foy d'Agcn befindet sich in FaiicheCs am innls Pottes Fraugcis , L. I. c. y. Diö Wallfahrt der Gräfin Arsinde von Toulouse, in Gascognischen Versen besungen, steht in Cate* iefs histoire de Comies de Toulouse^ S. 104 107.

Lou Gentilome Gascolm per Gidlem Ades, Toulous. 1610, S-

Le Tableou de la partes Crestia en Berse?, fait perle P. A. N. C. Keg. de TOrdre de S. Aug. eme un diccionnari Gascono. Toul. i'"59, 8-

Lou trimfe de la lengua Gascono per /. G, trjÄ/A-o.$deSentCladeLoutnaigns. Toul. 1-62, 12.

Desgrouais les Gascanismes corriges. Toul. 1766, 8.

An der Seite von Gascoc^ne, zum Theil zum eliemaligen Navarra gehörig, ist das gebirgige Jiearnmn geistreichen, sclilanen und lebhaften ijuwohneru; die Volks!?prache ist dem Gas- cognischen- nahe , aber gemischter mit V^''ar- rern der westlicheren Sprachen, Die Aufschrift der Statue Lud^vigs XIV. zu Pau ist in dieser Volksmnndart, Court de Gebelin hat sie Th. Vv Frelnn. S. J3. Aufsei dorn hat man;

586

Los Fors et Costumas den Royaiime de Na- i'(7r/-c decaports (d. i. diesseits der Gebirgspässe- port«) avec l'estil et uranzel deubit Royaume. Pau 1681.

Auf der andern Seite des Gascognischen Sprächgebietes ist das auch gebirgige Rovergne, itzc zum Departement Ober-Garonne gehörig, schon ein Theil des ehemaligen Gi nenne. Ro- versne wurde einst von Ruthenern bevvohnt, daher seifi Volksdialect Rutemca genannt worden ist. Man hat in derselben den Unterricht des Jo. Gerson für die Pfarrer, Rodez 1556, und

Poesies diverses Patoises et Frangoises, par Mr.P. 1774, 8.

Von der Volkssprache in Limosin giebt es ein Wörterbuch von Gr'inel; viele Wörter der- selben gleichen denen von der Franche-CorrJte und den Pays de Vayd.

l.jeder in der Mundart von Perigord u. a. befinden sich im Essai de Miisique T. II. S. 425«

So weit erstreckt der Abbe de Sanvagcs, wie schon angeführt worden ist, das Gebiet der süd/ic/ten Sprache. Aber da die Loire, wenn auch nicht durchaus, ilire Gränze gewesen seyn soll: so gehört zu ihr wohl wenigstens einiger- mafsen das ehemalige Poitoii. Hier dichtete Graf Wilhelm IX von P(^itou und Herzog von Guien- lie, der 1122 gestorben Ist, und mehrere von (\ti\\ angeführten Fabliaux dieser Zeit, welche Gattung jenem grof^en Verehrer der Dichtkunst ihren Ursprung verdanken soll, fjehören hieher. Man hat über die Sprache von Poitou: Lettre de Mr. Dreiix du Railkr'SKW Torigine des langues r>]'^gnoles et Italieimes, ou essai sur le language PoLUv'm im Mercure de France, Fevr. 1758.

J

587

S. auch dessen Bihliotheque historique et crhique de PoitoK, Vol. I V, 1754, 12.

La Genre Poitevin ric amprimi, a Poitiers, 1613 und 1646.

La Genre Poilevin ric avecque le precez de J<irget er de sa visin er chonsons jeousse compo- sie in bea Poitevin. Poit. 1625, 1660, 12.

La Rehantration fate au Rouis pro Gabria le bon vieillard sur le abiis et manuversation de beacop de geonts qui sans espampry pre rout poiiA'S. Poir. 1613.

Rolea divisi in beacor de peces ou l'univer- seou Poitevinea fat pre Dialoge. Poit. 1660.

Etwas über die Volkssprache in der Vendee findet man in P. V. J. Berthre de Bourniseaux (de Thouars) Precis historique de la gueiTe civile de la Vendee. Par, 1802, 4

Benierkensvverth ist le Manceau^ der Volks- dialect von Maine, besonders der von Bas Maine, und der älniliche von Angers in dem ehemaligen Anjou: VAngevir?.

Die höhere Umgangssprache von Orleans ist immer geschätzt worden. Der Grund dieser Vor- züge liegt wohl darin, dafs während der .''\usbil- dung der Spraclie Orleans längere Zeit der Sitz des Hofes war. \

Das gemeine PorisiscJie ist dargestellt in der Efntre du Hau Fy de Pary ^ mit der Ant\vort bey Marot ^ auch gehören die deux Gazettes des Halles liieher, so ^vie das Dictiowmire des Halles extrait du Dictionnaire de l'Academie, Brux. 1676, 12, und die Bauernrollen bey Moliere, z. B. im Me- decin malgre lui , Act. TU. Sc. 8

Von den A'ormandikchen Gesetzen, M-elche Wilhelm der Eroberer 1087 den Engländern gab, steht der. Anfang im Court de Gtbelin,

58y

P. V. Prelim. S. 32. Ganz mit dem Wörterbuch stehen 8ie in

.i')j-Rob.Kelhains dictionary of the old Norman or old Lo^v-French language, to which are added ihe iaws of William the Conqiieror. Lond. 1779, 8-

Gedichte der Normandischen Mundart sind gesammelt in

La Muse Norinande en XXVIII parties. Roueu von 1620 1652, 8-

La L n. ili. partie de la Muse Norraande QU Keciieil de plusieurs ouvrages facetieux en Väagne Purinique on gros Normand. Ronen, 8-

Sermon naifen bon Patois deTourcoing. 8^

Das Picardi'sche weicht nocli itzt in der Aus- sprache beträchtlicher ab, und das ältere ist vom heutigen Französischen ganz verschieden. Man hat es in dem Fragment de la Satyr e d'iin eure Picard sur /es vcrites du tcmps. In den Notices et extraits des Manuscriis "de la Bibliotheque Na- tionale, T. V. n. 36, ist eine handschriftliche gleichzeitige Nachricht von den Factionen unter Karl VUI im Picard- Flämischen Patois beschrie- ben ; sie ist gereimt,

:" Das IValiowsche in den ehemals sogenann- ten Französischen Niederlanden, einem alten Sitze der Frauken, ehe sie in das eigentliche Gallien eindrangen, gehört zu den widrigsten Dialecten, und ist ein Gemisch des Französi- schen, Niederländischen und Deutsclien. Es stellt sich in älrerer Zeit in einigen Urkunden dar, z. B. in Dumont's Corps diplomatique T. X. und daraus \vn OLerlin S. 36, steht eine Declara- tiön de.s Provost , Juret , h.skicvin (prevot, jures, eclievi)is) de ValenrJiifnes von 1256. Das Dic- tionnaiic Ilv/nan IVallon, Celli^ue et Tudc^que,

oS9

Bouill. 1777, 4, ^vird als eine unkritische Com-* pilation aiigefcehen.

Im ehemaligen Lothrbi;;en unterscheidet man /e Messin um Metz, le Vosien am Wasgan, und das eigentliche Patüis /-.or/v/Z/z um Luneville, von welchem wiederum der Dialect in der ehe- maligen kleinen Grafschaft Steinthal oder Ban de hl Roche im Rsafs (wo übrigens die Volksspraciie Deutsch ist) eine Nuance macht. S. dariiber auch die Description de la Lorraine et du Barro'is^ par M. Durival^ Nancy 1778. Man hat von die- sen Mundarten:

Dom. Jean Francols Vocabulaire Austrasien^ pour servir ä i'intelligence des preuves de l'his- roire de Meiz et autres monumens du moyeh äge, ecrits en languc Romance. Metz 1773, 8-

Essai sur le Patois Lorrain des environs du comte du Ban de la Roche d'Alsace^ par le Sr. Oherlin^ Strasb. 1775 » wud darin eine schätz- bare Grammatik uiul ein Glossaire dieses Patois.

La grande Bible de Noels vieux et nou- veaux. Luneviile, 8-

Von dem~Patois in der ehemaligen Franchc' Co/w/e hat man : ■•

Dictionnaire Comtois - Fran^ois par M!r. de Bnm (de Besangon) et par Mr. Petit - Btnohty

1753' 4- .

Recued de Noels anciens, faits par Mr. Bizot^ publies par le Sr. 7v-fi/?c. Gi-zw//?/«', Besang. 1773, Vol. I. IL 8, und über beide Werke s. den Bürgerfreund ., 1776, S. 6S3. 719. 739. ff«

V^^estlich von dieser Gegend ist das ehema- lige Bourgqgne mit seinem Bourguigncn. Nach dem Court de Gebelin hat Abbe Bergier ein Wörterbuch sowohl vom Lorraiu als vom Bour- guignon geliefert. Aber Pratets Burguiidische

69^'

Grammatik ist nicht Grammatik des Bounrui- gnon, sondern des reinen Französischen über- haupt.

In le Long et Fontette angeführter BilAloth. hhtor. de la France^ T. IL S. 484 , steht ein Ver- zeichnifs von 26 Pieces en vers Bourguignons, welche öffentliche Angelegenheiten von 1671 bis 1730 betreffen.

Rescovissance de l'Infanterie Dijonnoise. Dijon 1635. 36, 4.

Noeis BoLirguignons de Gui Barozai (de Bern, de la Moniioye). Dijon 1720,8-, mit einem Glossar.

Auf der östlichen Seite der Franche-Comte endigt das eigentliche Französische Sprachge- biet mit der Französischen Schweiz, dem Pays de Vaiid^ auch Pays Romand genannt. E/ie Ber- trand sur les Idugues ancienues et modernes de la Suisse et principnlement du Pays de Vaiid ., Genf 1758, 8^ zählt y/i/?/' Dialecte, 1) den um den Lac Leman, 2) den in den Gebirgen d'Aigle undValais, 3) den im Canton Frevburg, 4) den in Neufchatel," und 5) den im Bisthum Basel, der schleppend, aber tanft sey.

Sprach proben. 243.

Alt- Französisch aus dem zwölften Jahr- hundert.

Aus einer hnndschriftUdien Predigt zu S. Victor zu Paris

im Sptctacle de la NaturCf Th. 7,, S. 277., und in

der Pariser Samml. S. 56.

Sire Pere, qui es es Ciaux, SaiicLüier soit ü tueiis Noiis ;

Avigne li tuens Regnes;

Soit faite ta Voiante, si comme ele est faite

el Giel, si soit ele faite en Terre; Nostre Pain de cliascun Jor nos done hui; Et pardone nos nos Meffais, si come nos

pardonnons ä cos qui meiFait nos ont; Sire ne soifre, que nos soions tempte par

mauvesse Temptaclon; Mes Sire delivre nos de Mal.

244. Französisch.

Aus der Bibel , Antiverpen^ »55o> /o^

Notre Pere, qui es es Gieulx, Ton Nom soit sanctiFie; Ton Royaunie advienne; Ta Volunte soit faicte ainsy en la Terre,

coninie au Ciel; Donne nous au jourdhuy notre Pain super-

substanciel; Et noLis pardonne noz Debtes, ainsy que

nous pardonnons a ceulx qui nous doi-

vuent ; Et ne nous induis point en Tentation; Mais deliiure nos du Malin. Amen.

' 245.

Heutiges Französisch,

Notre Pere, qui es au Giel, Ton Nom soit sauctifie;

59^

Ton Regne vienne;

Ta Volonte soit faite sur la Terre, comnie

au Ciel ; Donne-nous aujourd'hui notre Pain qiio-

tidien; Et pardoime- nous nos Oilfenses, comme

nous les pardonnons ä ceux qui nous ti ) ont off enses;

Et ne nous induis polnt en Tentation; Mais delivre nous du Mal. (Gar c'est a toi quappartient le Regne, la

Puissance, etlaGloire. Amen.)

246. Alt-Provengalisch in Reimen. -

^iis (les Mütfre. Errmngan JiandschrißUdien VAlbre

d'Amor von 1288» '"^ Bürgerfreiind, (^Strasb.

1777 > 8 ) J<^^^''g. 2, ß.Qy S. 447.

Paire nostre , que iest eis Gels , Ton Nom sla sanctifficat; A nos venga io ten Regnatj En la Terra facha sia Quo el Gel Voluntat tia; Lo Pa nostre cotidia Piuei nos doua Dieiis de ta Ma, (Main;) Reniet so (ce) que nos te deuem, Quo nos als autres remetem; De Tem-; tacio nos deffen ; Ens delivra de Mal. Ainen.

247.

593

247-' Provengalisch,

£x Ms. L. F. Jdiiffietf in der Pariser Sammlung, S. 59.

Nouastre Paire, qiie sias oou Ciele,

Que voiiastre Noum siegue santificat ;

Qiie vouastre PLOuyaoume nous anibe;

Que voustre Voiiloimtä siegue faclio su la TeiTO, coumo din lou Ciele;

Dounas - nou eucui noustre Pan de cade Jou;

Pardounas -nou noustrei Ooufensos, cou- mo lei pardounan a n aqaelei que nous au ooufensas;

E nou leissez pa sucoumba a la Tentatien;

Mai delivra nou doou Maou.

248. Provengalisch zu Aire.

Bürgerfreund /. c.

Nouestre Paire, que Sias au Ciel, Que \ ouestre Noum sieque sanctißcat; Que vouestre Regne anibe; Que vouestre Voulountä sie facha sur la

Tene, coume au Ciel; Douna nou nouestre Pen quoutidien; Pardouna nous nouestreis Offen ses , coume

perdounon en a queleis que nous en

offensa; Nou laisse pas succoumba ä la Tentacien; Et delivra nou dau Mau. Ainsi sie.

MU!uid. IL ^P

Proven galiscli zu Berry.

j^us den altern Sammlungen,

Nouestre Pere, che sias dins Ton Ciel, Voiiestre Nom siet saiitiiia; Voiiestre Pioyame noüs arribe; Vo Liest te Volontä siet fache ä la Terre, com-

me a ou Ciel; Dona nous aujourdhui nouestre -Pan quo-

tidien ; Et perdona nous nouestros Deblts, como

nos outros pardonem a ua quotiesq^^e

iious an ofFeusa; Et ne nous laissa pas tomber dins la Ten-

tacion ; Mai delivra nous d'ou Mal. Amen.

230. La n g u e d o k i s c h.

Mitgetheilt vom Hrn. Prüf. C. A. Fischer.

Nostrepero que ses au ciel, que vostre noiun siegue santihat, que vostra volountat siogue facha, taut sur, la terra , que din lou ciel; douna nous aujourd'i\i nostre pan quotidian,. perdouna nous nostras auffen- cas , couma naoutres las perdounan on d'aquelles, que nous an ouifencat. Nous Icsscs pas si;coumba ä la tentatiou, me deli- vra nous de maou. Insi soit-ii.

595

251.

Gascognisch.

Aus Chamberlaynef S. 59,

NostrePaire, qu'es al Gel, Touii Noii sio sanctifi(^at; Tonil Regne bengo ; Ta Boulontat sio facho en la Terro , coumo

al Gel; Douno nous agouei iiostre Pade quado

JoLin; EperdoLino nous nostros Aiiffensos, coumo

nous - atres perdounan eu d'aquelis,

que nous au oufiFensats,* E noa nous endasuies ques pas en Ten-

tacieou; Mai deliouro -nous del Malin. Gar a tu aperten lou Regue, la Pouisenso, e

la Glorio als Siegles d'als Siegies.

252. Bearnisch.

üitgetheih von Mr. ClaraCj Inspecteur aux revues.

Nouste pay qoi etz au ceou; que hoste noani sla sanctifiat: que bostö boulouutat slälieito sur la teiTÖ coumo au ceoa. Bail- lat nous, oue, nouste pas de toiits lous diös, et perdonnat nous noustos aLiÜensös, coumo nous perdonnam aux qui nous au au- fensats. Nou nous lasciat pas succouniba ä la tentatiou, mes desliourat nous deou maou: ataou slä.

Pp 2

956

253<

Rovergnisch (dialectus Rutenica.)

Ex Mssto. Dni Juntremere., in der Pariser Sammlung.

S. 58.

Kostre Paire, quesesolCel, Que vostre Noun siago sontiFicat; Oiie vostro Reejiio nous aribe; Que vostro Vouluntat siago faclio, tout ou

lo Terro, coumo ol Gel; Donnas -nous ol Jour dhuei nostre Pa de

cado Jour; Pardounas-nous nostros Oufensos, coumo

iiautres los perdounou o noquelles que

no US au oufensats; Et ne nous loisses pas succouniba o lo Ten-

ta»^iou; Mes deiibras - ilous del Mal.

254. Flandrisch.

Ans Pütr. Gordon geographical Grammar , S, 1-27.

Nos Peer, qni et au Cieux, SanctUiesoi te Noni; AJveen ton Rejam ;

Ta Volonte je falt en Terre, comme es ^ Cieus.;

Donne uav ajorliny no Pain quotidien; Et pardonne no Dtet, c >mme non pardon-

noii ä nos Detteux; Et ne no indu en Tenration; Mals dellvre iios des Maux. Anse soit- iL

597 Lüttichisch oder Wallonisch.

Aus Chamherlaynei

Nos Peer, Id es a Cir, Vos sen No seiive santifii; Vos Ptoanie iios adveigne; Vos Volte seiiye faite et Ter, kom a Cir; Diiie HO ajoLirdou nos Pan quotidien ; Pardone iio nos Ofence, kom no le pardcö-

nan a ciki nos on ofence; Ni no dahe nen diven de Tentacion ; Mai diiivre no di to jNla. Ensi seiiye ti.

256. Neufosatelisch.

Aus der Barf^chischfn Samml. in Königsberg,

Nutre Pere, qui es en Ciel, Ton Noni sei santiiia; Ton B egue viene ; Ta Volonta sei faite su la Terre , quemai dai

le Ciel; Ba'lle uo vui nutre Pan quotidien; Paidene nos nutre Offences, queinal no

|:ardonai ä celaLi, que nos an ofteusa; Et ne nos iuduis poinl eu Tentation; Mais, delivra no du Maiin. Car a te e le Piegne, la Puissance, et la

Gioire, es Siecies des Siecles. Azneu.

598

D. Roman I seh oder RJiätisch, (Glmrwälsch.)

GrauLündcn ^ ein Theil der Rhaetia propyia oder prima der Römer am südlichen Abhänge der Alpen (im Gegensatz der Rhaetia secnnda oder Vindelicia am nördlichen Abhänge) hat die früheren Schicksale dieser Gebirgsländer,. seit August unter der Heirschaft der Römer, ge~ tl^.eilr. Dafs Thuscier in Graubünden und dem benachbarten Tyrol wohnten, und entweder erst von da aus zum Theil in's mittlere Itahea zogen, oder aus Italien vertiieben dort sich test- setzten, iü.t oben angefülirt woiden *). Mit den Körnern hatte sich die Romana i'iistica hier eben so verbreitet, wie in den übrigen Ländern, wo ■wir noch Töchter der Lateinischen Spraclie fin- den, und hat sich dorr, aiicli unter dem Ein- flüsse Deutscher Nachbarn, Belieirsclier und Aii- baiier, fas+ unverändert erhalten. Seit die Fran- ken luuer Klodowich die Alemannen, die Ostgo- then unterThtodcrich das obere Italien bezw un- geu harten, und 1 heodobert, König von Austra- sien, ^39 den gröfsten Theil von Graubünden er- oberte, und zu Alemannien schlug: lief die GrJin- 2o ^wischen dem Fränkischen und dem Ostgothi- schen, baid hernach dem Longobardischen Rei- che durch Graubümlen , »md eben so nach der Zerrheiluiig der Monarchie Karls des Grofsen clie Gränze zwisclien dem Deutschen und dem

*) Zn tlen Schriften , welche die Äiailiclikeit der Ortsnabui«n dieser Geoendeii ujii Hetiuskisthen dar- tb'.in, l^ann hier iiocli Altx. Ttchudrs liaitjfr^chluisel zu versilierUiiai Aluiihumein. Coalauz 17O7, S. «290. fF. hinzukommen.

599

Italiänischen Reiche. Unter den Deutschen Kai- sern, welche die Itabänibchen Angelegenheiten und Händel mit den Päb.sten und der Lombar- dei beschäi'tigten, erhielten das Bisthum Chur und die Grafen in Uhätien, so wie auch die Städte, grofse Freiheiten, so dafs jene Grafen unmittelbar un^er dem Kaiser standen, und manche, damals unbewohnte Thäler unter und durch Friedrich I, theils Walliser, theils z. B, Reinwdld, Schwäbische Anbauer erhielten. Die republikanische Verbindung des Gotteshaushun- des kam 1396, 1400 die des obern oder grauen Bundes, 1436 die des Zehngerichts-Bundes, und 1471 der be«chworne Verein der drei Bünde zu Srande; und seit der neuesten Constitution Hel- vetiens machen sie zusammengenommen einen der neimzehnCantone desselben aus. Von jenen und andern Deutschen Ankömmlingen rührt der ausgebreitete Gebrauch der Deutschen Sprache in Graubtinden, wovon oben gehandelt wor- den. Er erstreckt sich über ungefähr y'^ der Eniwohner Graubüudens, y-^ derselben, näm- lich im obern oder grauen Bunde im Hoch- gericht Misox, und im Gotteshausbunde ni Per- gel und Pu'5clav, also den südlichsten Gegen- den, spricht ein verderbtes I[alianii>ch ; und noch etwas mehr als die Hälfte der Graubünder spricht jenes Romanisch^ wovon hier gehandelt wird, und zwar in dem Gotteshausbunde im Domschleg, Obervaz, Oberhulbstein , Bero;ün5 im Ober- und Unter- Enaadin, und im Mün rer- thal , im obern oder grauen Bunde aber in Ems, Bonaduz, Räzüns, Kazis, Heinzeiiberg, Schami)S, Grub (ausgenommen in \'"alendas und Versam), Fiims, Hohen -Trims, Lugnez, Waltenspurg und Disentis, ha Zehngerichtbunde abex bioti>

6oo

in dem Gerichte Bellfort rind zwar daselbst in Lenz, Brienz, Surava und Alvenau. (Von den genannten Örtern und Gegenden sind die ersten vier und letzten drei des obern oder grauen Bundes katliolisch).

Diese Romanische, Rhätische oder Chur- wälsche Sprache zeitallt in zwei Hauptdialecte, und diese in mehrere Unterarten. Die hevden Hauptdialecte sind der (^e'igtntWch) Rumonsche in den Gegenden der Quellen des Rheins, d. i. im obern oder grauen Bunde, und der Ladhii- sehe in den Gegenden der Onellen des Inn, d. i. im Engadin. Von jenem sind die hauptsächlich- sten Unterarten die Mundart der Ebenen, und die der Surseher^ d. i. Oberwäldner, von diesem die Of-er- und die Unter -Engadlnsdie. Sursit in der Mitte spricht vermischt. Der Engadinische Dialect nähert sich dem Italiänischen mehr als der Rumonsche, ist etwas ausgebildeter, als dieser, und hat seine Dichter gehabt. Der Rumonsche wird in der genannten Sufselva ge- nau el'jen so geredet, wie er geschrieben wird, nnd dieser surselvische Dialect ist allem Vermu- then nach der reinste und ächteste. Handschrif- ten , Zins- und Gerechtigkeitsrollen, älter als Karl der Grofse, kann jedes Kind dei Bündner- schen Gemeinden lesen, s. Hrn. v. Hormayr \n der nachher anzuführenden Schrift.

Diese antiquissm /ungaig da P aidta R/iaetia, die urahe Sprache von Hohen-Rhätien, wie sie sich nennt, ist also eine ehrwürdige Trümmer des groCsen Romani.';chen Vereins der sämmtli- chen lateiui.chen Tochtersprachen im früheren Mittelaller, Wir erblicken in ihr eine vergrö- berte Romana rustica uufrefähr i\och auf demsel- ben Puncte, sich dieses schon bey seiner

6'oi

Verbreitung unreine, durch den Einflafs der ein- gedrungenen Völker und die herrschende Un- \vif.S)enheit immer mehr verdorbene Latein vor fa&t tausend Jahren mit mancher örtlichen Ver- schiedenheit als Landessprache der Länder be- fand, in welchen sich daraus das Italiäuische, Französische, Spanische und Portugiesische aus- gebildet haben. Getrennt durch Felsen und Eis von der übrigen Welt und ihren Fortschrirten, blieb diese Rhatiiche Spraclie auf jener Stufe der Unkultur zurück, und ist desto merkwürdi- ger für luis, neben noch manchen andern Ge- bires-Patois in Piemont, Auvergne am Fufse der Pyrenäen und der Fri^udschen Alpen,- die auch fast auf eben derselben Stufe stehen, aber doch mehr äufsere Einflüsse der Regierung und des Verkehrs mit Nachbarn ( z. B. das oben be- schriebene Friaulsche oder Furlanische des Itä- liänischen) erfahren haben, als diese alte Sprache Graubündens *). Sie hat eben solche X'erände-

*) Man vergleiclie darüher Rh'et histoire Utteraire. Touj. VII. S. '22, Feriioiv's Römische SiuJien, Th. III. S. G53. 54, wo das Proveijqale, Furlanische und Ro- juanische verglithen sind, besonders aber Diniitus Chfdts langueSf T. II. P. lil. Art. Xlll. , d'un language intennediaire entre la lanetie italieiine, la francoi-ie et respagnole. Vielleicht gehört auch che Sprac lie des Thaies Grclen (Gardena) im ehemalig. Bisthuuiel rienC an waldigen Hohen zur Linken des Eisacks, die vveder mit der Deutschen der benachbarten sogenannten Zim- merer , noch mit der heutigen Itallänischen eine auf- fallende Ähnlichkeit hat, zu den Triiiumern der alten Kenianischen Sprache, Sie zeichnet sich duri.h ihre kurze und lebhafte Betoniing, ihre iVanier zu accen- tuircn aus, und nähert sich, so wie auch In der Aus- sprache des u, des s vor V^ocalen (]es ISa-allautes .les en, welcher wie ang gesprocheu wird , iler Spiache «.iee

602

rungen des Lateins in Vocalen und Consonan* ten, als die Gc-birgsspiache in Piemoiit und Lan- guedüc, sie sagt r^/77/« liir <7W///«, wie die Trou- badours neben olma ; ilir soinc/n für s^nctus ist Aorn der Franzö8i>>chen Umbildung in saint^ hin- ten der Spanischen in sancho ähnlich, Sie hat begreiflich auch' eingemischte Deutsche Wörter (eben so wie das dorrige Deutsch miit manchen llomanischen vermischt ist), z. B. ci/n F/is, mit Fleifs, BicJier ^ Becher, ilg Cumac/i^ das Gemach,- und im Engadiii: Tapjerda^ Tapferkeit, KlU not, Baur.

Über diese Sprache und ihre Geschichte ver- gleiche man Jos. Pltintas Geschichte der Romanik sehen Sprache, Chiir, 1776, 8-, welche aber so wenig durch den Buchhandel erlangbar ist, dafs man fast noch eher au account oj the Rornanish lan- gifage by Jos. Planta, rcnd at the Royal Scrrjety^ Not. 10. 1775? ^'"i den Phihs. Transact. B. 66. T. [. 1776. vergleichen kann, deutsch im Patrio- tischen Magazin von und Jur Bünden, Bern, 1790, 8., von Herrn. Ludw Lehmann, und des letzteren P^epublik Graubinulen^ 1799' ^^^- ^^'i '^^^ "^^" auch mehrere in die.'^er Sprache gedruckte , fast darchgehends religiöse Schriften angegeben

freuieinen Franzosen. Ein kleines VVortverzeichnifs dsvon, mil. fiiiiji,on Plnralfiexion- n iler Nomina befin- det sich in Hrn. v. I-ionnciyt\^ Gescliichte der ge.fursteten Gvajsi:huji Tyn/, TU. I. S. 159. Biisdi'va in seiner JLrdbeschnibxwgy Tb. V. S. 58ß. leitet die Eigenthinu- liciikeit f'ieser Sprache vorbildlich von der Einnii- schnn«^ des Portutiiesii-clien ab, weil die kunstfieilsiaen "Einwoimer ihre von Zirbclnnf« - Kieferholze verfertig- ten IVibhiureyen bis nach Poniia,.'ill verführen, aber sie handt^ln auch anfierwiirl« hin, und in jenem Worfver- zeicliüin^e und den Floiionen '^ind kainii einige schein- bare Ähnlichkeiten mit dem i orLugieeiechen.

6o5

findet, und Hrn. v. Hormayr's eben angefiilirte Schrift, S. 105 il. Das N. T. in Romanischer Sprache von Lud Gabriel erschien 1648 unter dem Titel: ' Ilg n'ief Testament da Niejs Seiiger Jesu Christ mefsgiu en RiimonscJi de la Ligia Grisc/ia tras IaicI Gabriel^ Survient d'ilg Plaid da Dens a Lgiont (llanz) Squitschau a Ba^el da J. J. Ge- nath, und darnach wieder 1717. fol. zu Chur, wozu 1718 ebendaseibbt das A. T. kam. In die Engadinischc: Sprache übersetzte /o/^. Grüttl \on Zun das N. T. Ba:?. 1640, und Jo. Grafs gab 1683 eine Übersetzung der Psalmen zu Zürch heraus. Üebersetzungen Deutsclier Kirchenge- sänge sind z. B. 1739, 1782, ein Catechismus 1722, 12., Coufesslun de la vera Cardieuscfia ^ a Cuera, 1776, 8 erschienen; ferner: Promtua- Tio di voci volgari e Latine^ Valgrisii, 1565, 4.; eine Deutsch- Itsiiänisch-Romanische i\umen- clatur Scuol, 1744, 8. Flaiuvüs de Säte funda- menti principali della lingua Rfietica o Griggloua^ Disentis, 1729, 4. Hr. Prof. Conradi in Chur wollte, s. /iw Jahrg. 1804, eine Grammatik die- ser merkwiirdigen Mundart, Hr. M. Roesch zu Marschlins Grauuiiatik und Wörterbuch dersel- ben herausgeben. Die ältesten Denkmäler die- ser Sprache, das Testament des Bischofs Telia von Chur, der 720 starb, die alte Übersetzung der vier Evangelien und Biographien, welche der heil. Siegbert um 600 nach Rhatien gebracht haben soll, eine nicht viel spätere Übersetzung der Regel des heil. Benedicts und des Römischen Martyrolbgiums, vmd mehrere solche Schätze wurden zu Disentis, dem Hanptorte des ober- bündnerischen Aufstandes, verwahrt: und gin- gen in dtm Französisch- Österreichischen Knege den 6teii May 1799 im Feuer auf.

6'o4

Unter den folgenden Formeln des V. U. ist die, welche Gefsner in seinem Mithridates aus Jiic. Bij'nms Rhätischem Catechismus, Pusclav, 1^,52 entlehnte, in Franc, des Riics (lescription du Royaume de France, S. 343., unter dem Nahmen Tiissene, also als die Sprache des Fleckens Tusis^ Lat. Tuscia^ Ital. Tuscojm oder Tossana, ange- führt, aber der Flecken Tusis spricht Deutsch, inid jene Formel weicht nur wenig von der For- mel in ebendesselben Bifrun's N. T. ab, und ge- hört zum Ober-Engadiner Dialecte. Eben da- hin mag die Formel gehören, die Megiser, Lü- decken, d. i. Andr. Müller und Chamberlayne, letzterer unter dem Nahmen siUq communi, har bcn. In der Mundart des untem Engadins hat man die Bibel, welche Jo. Ant. Vidpius und Jac^ Tortaa Vu Ip er a übersetzten , und welche zuerst zu Scuol 1679 (nicht 1674 s. Clement btbliotJieque curleiLse, T. IV. S. 20. f) gedruckt, und eben- daselbst 1743 wieder aufgelegt wurde. Von der letzten Auflage gibt Ge. Körner in Weilers Aheniy Th. II. S. 824. einige Nachricht.

S p r a c h p r o b e n.

257. Pvomanisch in Ober- Granbünden,

Aus dtcr Bihely Chur , i'JiQ, fol.

Bab nofs, ilg quäl eis enten Tscliiel, Soing vengig faig tieii Niim ; Tieu Ragliiavel vengig noii tiers; Tia Velgia daventig sco enten Tschied, aschi

er sin Terra ; 'Niofs Paun daniiiicliiagi dai a nus oz.;

6o5

A niis pardimne nofs Piiccaus, sco nus pai-

duiieiii ä nofs Culponts; A nus nianar buc en Prnvament; ]Mo nus spiudre d'ilg Mal. Parcliei ca tieu eis ilg Puaginavel, a la Piis-

sonza, alaGliergia, asemper. Amen.

23s. Ehen dasselbe, im Schamser Dialect.

Mir^ftheilt (so M'/e die folgenden') von Hrn. M.] Rösch,

Bab nos, ilg quäl escli en Tschiell Soing vengig faig tes Num: Tieu Pvaginävel vengig na tiers. Tia Vegila davaintig Sin Teana, Sco un la fa en Tschiel : Nos Pang (Pagn) da minchiagi de a nus oz. A pardürie a nus nos Pnchies, Sco nus pardunäin a nos Culpants. A nus manar bec eilten Pruvamaint, ino nus

spindie dilg Mal. Parche ca tieu es iigPuaginavel, la f^ussanz,

a la gliergi' a saimper. Amen.

259-

Eben dasselbe im Heinzenberger

Dialecte.

Bab nos, ilg quäl eis entenTsclüel! Soing vengig fa-g teil Num. Ten Baginavel vengig neutieurs. Tia \ elgla daventig sin Terra, sco iin la fa en Töchlel:

Nos paign da minchia gi de a nus oz.

A pardetine a nus nos Puchios (Puccaus) aco

nus pardunein a nofs Culpeuntf» ; A nus nianar bec enten Pruvament; nio nus

spindre dilg Mal. Paiclie ca Teu ei ilg Puaginavel, la Pusseunz'

a la giiergi' a semper. Amen.

260.

Eben dasselbe im Domleschger Dialecte.

Bab nos, ilg quäl es enten Tschiel!

Soing veng'a f'aig tieu Nuin:

Tieu Ragiuavel vengia noun tier nufs.

Tia buna velgia daventa en terra, sco la fa en tschiel;

Nofs paan da minchia gi de a nus oz.

Nus pardunanofs Ptchies sco er nus pardu- nein a nofs Csdpauls,

Bichia nus nianar enteu Pruvamaint, nio nus spindra d'ilg mal,

Panchei ca tes ei il Raginavel, la Pussaunza la gliergia a saimper. Amen.

261.

Eben dasselbe, wie es im katholischen Obeiiande gesprochen wird.

Bab nos, il quäl che ti eis en Tschiel. Soing vegni faigs il tieu Num. Tieu Xleginavel \egni tier luis.

6o7

Tia veglia daveuti sin tiarra sco eiiteii

Tscliiel. Niefs peun da da niiitgia di dai a nus oz, E pardun ä nus ils nos puccaus, sco niis

pardunein als nos Ciilpons. A nus meiui buc enten empruamen. Sonder nus spendri dil mal. Amen.

262.

Eben dasselbe im Oberhalbsteiner Dialecte.

Bab nos igl quäl tge te ist anter Ciel^ Soingititgir seyl tis Nom, Igl tis riginavel \ignia tar nos , La ti vigiia davainta an terra scu anten Ciel, To a nox lioz igl nos pang da mintgia de, Pardonga a nox ils nos dabets, scu nox pur-

danaing igls nos dabitadoers, Beigans lascliia crudar anten iin mal ampro-

maintg , Sonder spendra nos da tot mal. Amen.

263.

Eben dasselbe , angeblich nach der Mundart im Flecken Tusis.

^its Gesnery S. 65., und des Rues , S. 343.

Bab nos, quäl tu ist in Cschil, Santifichio saia ilg tes Num ; 11g tes Ariginam vigna ter nus ; La thia Voeglia d' vaiuta in Terra, sco la fd in Cschil;

6o8

Doa niis iios Pauli lioutz et in miinchia Di; PardLina a luis iios Dbits, sco aus fain a nos

Dbitadfiors; Nun eus ineiier iu mel Aproaaiuaint: Dan (diai) persemaiug spendra nus da tuots

Meiö. Auien.

264. Romanisch in Ober- Engadin.

Aus Bijrun's N. T. 1560.

Bab nos, quel clii ista in scliil, SantiHchio saja Tg tes Num, L'g tieu larigiiiam vignatiers nus; La tia voeglia dvaiata in terra sco ella fo in

scljil. Do ä nus nos paun Iiuotz et in miincliiadi. Parduna ä nus nos dbits, sco er nas paidii-

nain ä nos debitaduors. Et nuns inner in appruvaniaint, Dimpeiseniaing spendra uns dalg mel (per

che tieu es Tg ariginam, et la Pus-

saunza, et la glörgia saimper et saim-

perine]. Amen.

'26 S. Eben dasselbe.

j4us Megiser , Lüde]<6n etc.

Pap noafs, tu quel chi esch in ils Tschels, Fatt saiiigk veiinga ilg teis Nuom ; Hg teis Ptaginam veiie: iiaun proa;

La

6o9

La tia Voellga dwaiii taschkoa in Tscliel,

US che hl Terra; Noafs Paun d' miiichia Dy daa a nuo hoatz ; E parduiia a nuo ils noafs Dabitts, schkoa

eir nuo pardunain als noafs Dabitta-

duors ; E nun ns' manar in Prowamaint ; Moa ans spendra da lg Maal. Parchini chia teis als ilg Raginam e la Pus-

saunza, e lg Land, in Etern. Amen.

266. Romanisch im Unter -Engadin.

Aus Campebrs Catechismiis 1562.

Bap noafs, tii quell chi esch in Is tscliels, Fatt saingk venga ilg teis Nuom; Ilg teis raginam venga naun prva; La tia voellga dwainta schkox in tscliöl,

usciie eir in terra; Noafs Paun d'i minchia dy daa a nus hoatz; E parduna a nuo ils noafs dabitts, srhkox

eir nuo pardüain a Is noafs dabitta- duors; E nun ns' manar in provamaint, moa ans

spendra da lg maal; Parchiai chia teis ais ilg raginam e la pus-

sauntza, elglaud, in etern. Amen.

Mithrid. IL

Qq

6'iö

267.

Eben dasselbe.

Aus der Bibel f 1743.

Bap nos clü est n^ils Tschels, Fat. saiict vegna teis Nom; Teis Reginom vegiiia naun pro ; Tia Vöglia dvainta sc' 011 Tschcl, usclie elr

in Terra ; Nos Pauli d'mimincbia Di da a nus lioz ; E perduna '11s iiofs Debits, sco eir nus ils

perdunain a nos Debittadiiors ; E nii 'as maiiar iu Provauiaini;; ]Mo spendra 'ns dal Mal. Perche chia teis ais il Reoinom, e la Vns-

saunza, e la Gioria iu Etenaiui. Auieu.

VI.

Slavischer Sprach- und Völkerstainn].

Die Slaven, eines der wichtigsten Völker der alten lind neuen Welt, hatten gevvifs schon viele lind grofse Veränderungen erlitten und hervor gebracht, als sie unter ihrem wahren Nahmen auftraten. Die Griechen und Römer begriffen sie unter dein scliwankenden und blofs geographischen 1\ ahmen der Sannaten. Sie wohnten in den rrühern Zeiten in Norden der Donau -Miinde und des Schwarzen Meeres, wo sie in der letzten Hälfte des vierten Jahrhunderts von den Gothen unter dem Frmanr'k beherr- schet wurden. Bald darauf wurden beyde von

6ii

den Cliazaren (Tataren) und Hunnen (Mongo- len) gedrängt, und nun breiteten sich die Sla- ven in Westen, Norden und Süden aus, beun- ndiigren durch ihre häufigen und grausamen Streitziige die Römischen Provinzen, und be- setzten nach dem Abzüge der Deutschen von der Weichsel, und nach der Zerstörung des Thü- ringischen Reiches das ganze ö-stliche Deutsch- land bis an die Saale, und das nördliche bis nach Holstein. Prokopius, der ihrer zuerst nahment- lich gedenkt, legt ihnen den allgemeinen Nah- men Sporen bey, und theilet sie in zwey Haupt- srämme, die Amen oder östlichen, und die Sla- wen oder westlichen Die Anten ^ in welchen man- che (mir sehr unwahrscheinlich) die IVenden zu erblicken geglaubt, verlieren sich, wenigstens diesem allgemeinen Nahmen nach, sehr bald aus der Geschichte, indem die zu ihnen gehöri- gen Stämme unter ihren besondern Nahmen be- kannter wurden. Vermuthlich hat er diesen Nahmen aus dem Griechischen selbst crebildet, um eine allgemeine Benennung für die vordem oder östlichen Slaven zu bekommen, daher der- selbe ihnen selbst unbekannt seyn muf:^te. Was Prokop's allgemeinen Nahmen der Sporen be- trifit, so glaube ich, dafs er noch weniger Auf- merksamkeit verdient, wenn man bedenkt, wie sonderbare Nahmenschöpfer und Sprachverder- ber die Griechen waren; zumahl da er sonst nicht weiter vorkommt, Prokop \vuföte ver- muthlich nicht, dafs sich auch die östlichen Stämme Slaven nannten; da er nun sowohl für diese, als für das ganze Hauptvolk Nahmen brauchte, so machte er sie selbst. Dafs S/ai'e/r, Slawinen oder Slawaneyi ihr wahrer und alter all- gemeiner Nähme gewesen, welchen das ganze

Qq 2

6.1.3

Volk sich selbst gegeben, hat mehr als blofce Wahrscheinlichkeit für sich. Noch jetzt legen sich fast alle Slavisclie Völkerschaften, ihrer be- sondern Nahmen ungeachtet, diesen allgemei- nen Nahmen bey. Die Russen, ein Theil von Prokops Anten, hiefsen, ehe sie ihren heutigen Nahmen bekamen nach Nestor Slowetien; eben so nannten sich ehedem auch die Zechen oder Böhmen. Die Servier und alle Illyrische Slaven nennen sich S/owinzi, die Wenden in Zilly Si'o- uf.nzi, die Kassuben , ein Polnischer Stamm, Slowieni u. s. f. Dafs dieser Nähme, welcher so verschieden gedeutet worden, eine blofs allge- meine Benennung ist, und wie loey so vielen andern Völkern , besonders von beträchtlichem. Umfange, wo kein Lücal- Nähme Statt findet, wie selbst bey den Deutschen^ Menschen, Leute, Volk, bedeutet, habeich in der Einleitung zu meinem Directorio für die Süd- Sächsische Ge- schichte v.-ahrscheinlich zu machen gesucht. Durich und Dobrovvsky hingegen leiten den Nahmen von .S/ono, Wort, Rede, Sprache, ab, und erklären ihn durch ein Volk von einerley Sprache.

Die Slaven waren allerdings ein eigener von allen übrigen verschiedener Völkerstamm. Dafs sie indes->en in ihrem Ursprünge mit den Deutschen, welchen sie immer in Osten wohn- ten, luid andern alten benachbarten Völkern nahe verwandt gewesen, zeigen die Wurzeln ihrer meisten Wörter, welche sich in der Deut- schen und andern Sprachen immer wieder fin- den. Aber auch in der Folge können sie Blut wnd Sprache wohl nicht immer unvermischt er- hdien hnhen. So zahlreich sie auch gewesen seyn mögen, so hätten sie doch Europa unmög-

Ol 3

lieh von Dalmatien an bis nn das Eismeer, und von der Elbe an bis an die Wolga besetzen kön- nen, wenn sie nicht eine Menge in diesen Län- dern bereits vorgefundener Völker bez\v"an^en, sich einverkibt inid an ihre" Sprache gewöhnt hätten, welches denn wohl nicht ohne beträcht- liche Einflüsse anf die Sprache wird haben;.fge- fcchehen können; so dafs viele der altern tuid neuern Slaven nicht geborne, sondern nur ein- gepfropfte SlüVen seyn werden.

Dafa ein so zahlreiches Volk in viele beson- dere Stämme und folglich auch Mundaiten zer- fallen müsse , lehret sowohl die Natur der Sache, als auch die Gescliichte Viele dieser Sfamme sind theils völlig ausgegangen, thcils mit andern Stämmen und selbst mit fremden Volkern zu- sammen geschmolzen, theils auch unter andfin Ts^hmen bekanntgeworden. Der gelehrte P Do- browoky theilt die ganze Slavir.che Volkermasie, so wie sie jetzt bestehet, mit dem Prokop der Spraclie na^h, in zwey Hauptstämme, in den AiitischcJi m ObXen^ und den Slavi/iisthe/i in We- sten, tmd da noch niemand die Slavische Spra- che und ihre Dialecte so grüudllcli und kritisch untersucht liat, als er; so trage ich kein Beden- ken, diese Eintheilung im folgenden zum Grun- de zu legen. Das Unterscheidunqsmerkmahl beyderHauprmundarten sind ihm theils die Vor- sylben, \v'elche ein und aus bedeuten, thcihj das Wort VogeL Wenn die östlichen oder Anti- schen Slaven sagen: r^jz (ent), /z-/V (aus), nnd Ptica (lies Pütza, Vogel), so kutet es bey den westlichen raz^ wy ^ Ptak *). Wenn man

*) Siehe über diese Abtheilung luid ihre Grüijle auck jeh. Chrisi. von Mngtl's Gwc/uc/ue von 'SeiVitn und

'6i4

also bey einem Stamme das Wort Rostok findet, so weift man sogleich, clals derselbe zu der zweyten Haupt- Classe gehöret. Zu der öbtli- chen Classe gehören demnach die Russen und die lllvr'ische S/aven, zu der zweyten oder der westlichen aber die Pulen, Bo/i/ne/i, Serben und nördliche Wenden'^).

Jiosnkn (od.Gesrh. d. Ungarischen Reichs u. s. Nehen- läiuier, III. Th.)» Halle, i8(">i > S 147 fF., mit Herrn Dobrowski's daselbst angehängten Amnerkimgen.

*) Eine Geschichte dieser Sprache haben wir noch nicht. Jo. LiCüTih. Frisclien''s sechs Prograuunen ent- halten nur einzelne Bnathstii( ke. Da sie jetzt überaus selten vollständig zu haben sind , so dals auch inantlie Schriftsteller in der Zahl derselben irren, und bald fr.nt, bald gar nur vier derselben kennen, so will ich sie vollständig anzeigen: 1. Origo cliuracleris Slavoiiciy viilgo dicti Cyiulici, deinde Glugolitid generatiin. Ber- lin, 1727) Ih -^'storia linguue Slavortictie quatuor capitibus: a. De origine choracteris Cyrilici speciutim. b. £)e cultura lingiiae Sluvonicae f bemficio liujus cliarac- /eu'.s. c. De typis iiovis Slavunico- Moscavitias. d. De difilecto Riissica, tunquiimflia ünguae Sluvouicoe. Ib. 1727. III. Hi>t()iiue lingiiae Slavor^icae. continuatio secunda^ contiiiens liiaroriani diale.cti Venedicae nieridionalis, s. V^iiii- darum in piuvinciis Ausiriae viciiiis. Ib. 1729 IV. Hi- stariae continuatio lertiOf dedialectis Venedonim in L.u- sinia et in Diicaiu LimeburgiLo. Ib. 1750. V. Ihsto- rioe cotitinuüiio qiiariu, de dialcclo lioliemica. Ib. Vi. Historiae continuatio qinntn , de lingua Pohnica. Ib. 1756.

V^on ^ortun, DuricWs BibUotheca Slavica ist zu Wien 1795 der erste Tlieil in ß. erschienen, welcher kaum noch eine L'btrsicbt des Ganzen gewähret. Abml'. J^/cnzc/'i' Ableitung der Slavischen Sprache von den Se- mitischen in seinen Originihus lingnae Sonibiaie^ des VKveque esaai sur las rappoits dt: lu luiigue. des Sl<i^<^ avcc ceÜe des ancitns habitana df Lulmm , in seiner H'stoire da la Ruaaief eine ähnliche Abhandl. in deiu Jbtilin.

6IS

Icli bemerke noch, dafs» ich im Folgenden S/(n>en und Slavisc/i von der ganzen Nation, S/ß- wüien und Slawinisc/i von dem westlichen Haiipt- ?>rainme, Slawenisch von der Russischen Kirclien- sprache, Slavonicn und Slavoiiisch von der 11 lyri- schen Provinz dieses Nahmens, und Slowaken lind Slowakisch von den in Ungarn beiindlichen Böliinischen Slaven gebrauche.

Grairiwat ischer Character 'der Slnvi- schen SpracJie^ nach D ob rows hy.

Die Slavische Sprache hat sowohl in ihren reinen Wurzeln, als in ausgebildeten Wörtern viele Ähnlichkeit mit der Griechischen, Lateini- schen und Deutschen Sprache.

Sie hat mehr Consonanten als die3e; beson- ders liebt sie die Zischer, und unterscheidet ge- nau den härtern seh von dem weichern s)i (dem Franz. j, z. B. in Jardl/i). Auch drängt sie gern mehrere Consonanten am Anfange einer Sylbe zusammen. Ihr fehlt die Aspiration des Grie- chen und das h des Lateiners; ingleichen dasj^".

Mogaz. der Wissensch. und Künste , B. 1. St. 4; Chri^r, i'iidr. Tcmler iihtr die. Spuren der Hai moni& zwischen der lU'p'ischen und C^-llischen (Germanischen) Sprache^ in c:en Abhandl. der Dänischen Gestll.scfi. der Wiss^nschnf^ te.n y Th. 12, und andere ähnliche, gehören zu den etymologischen Auswüchsen, welche zu nichts füh- ren. Sehr zweckmäfsig ist dagegen DobroivsJ^/s KnU nickelung des allgemeinen gruminutiscJicn Characiers der Slai'isciun Spruche. ^ in seiner Geschichte der JRijJimischtn Sprache^ S. 5 £i , und ehen desselben Abhandlung über den Ursprung und die Bildung der Slaviscfien Spra". f/'e, in Tumsa^s Böhinischern Wörterbuche. Des Piari- sten Maxim. SciiinielCs 1785 angekiindigte Slavische Sprachforsc'.ung in tabellarischer Uaistelluüg der ver- schiedeiieu Slaviöchen Munüarten ist nicUL erscUieneix.

6i6

' ' Die Biegung;s - und Ableitungssylbcn sind eben so mannigfaltig, als in andern ausgebilde- ten Sprachen.

Der Ton ruhet im Böhmischen allezeit auf der ersten Sylbe eines Wortes, es sey nun Wur- zel- oder Ableitungssylbe, im Polnischen mit äufserst wenioen Ausnahmen auf der vorletzten

o

Sylbe, in andern Dialecten, z. B. dem Russi- schen, ist dessen Sitz sehr veränderlich, indem er bald auf der ersten, bald auf der zweyten u. s. i'. ruhet.

Die Substantiva haben die gewöhnlichen drey Geschlechter.

Der Slave kennt keinen Artikel, daher mufste seine Declination vollständiger seyn. Er hat sieben Casus -Zeichen sowohl im Singular als Plural, worunter der Instrum.entalis ihm ganz eigen ist. Aufser gedachten beyden Zahlen hat die Slavische Sprache in mehreren ihrer Töch- ter auch den Dual, aber für denselben nur drey Ca>-H8.

Die Adjectiva werden theils ohne, theils mit der Concretion gebraucht, sind aber auch im er-^ten Falle wahre Adjectiva Für jede Art hat der Slave eine besondere Declination. Über- diefs macht er, wenigstens der Böhme, Pole, Rn^üC, in der DecIiuaTion der männlichen Sub- stantive und Afljective einen Unterschied zwi- schen lebendigen und leblosen Dingen.

DerComparativ ist durch eine cleclinable En- dung ausgezeichnet; der Superlativ nebst dieser auch noch durch eine charakteristische Vorsylbe.

•Die Declination der Pronomina nähert sicii mehr dtn Adjectiven , als dtu Substantiven.

Das Verbum wird sehr einfach conjugirt. Der Characitr des Infinitivs ist //, d^s Praete-

6 17

riti /, des Imperatives /, des Praesens z/, oder

ju^ oder m; die Personen werden durch Eiidsyi*

ben bestimmt. 'iaj?n*i'

Der Slave behilft sich mit dem Indicativ, rind kennet weder Conjunciiv noch Optativ, we- r»igt.tens der Form nach; denn er umschreibt btyde Modos vermittelst der Partikel l>y.

Er hat vier Arten der Bildung der Futura und der Praeterita, in letzteren werden auch die Geschlechter geAvöhnlich unterschieden; und. ganz eigen ist ihm der Unterschied einer schnell vorübergehenden Handlung, einer Handlung von längerer Dauer, und einer solchen, welche öfter wiederhohlt wird, welches er an dem Verbo selbst durch eigene Formen bezeichnet, Asomit jene Arten der Futura und Praeterita zu.-.ammenhängen. Das Paüsivum wird um- schrieben.

Im Gebrauch der Participien kommt er dem Griechen nahe.

Die Verneinung ne jtehet unmittelbi^r vor dem Verbo. Die Adverbien der Beschaffenhei- ten haben eigne Endformen.

Im Syntax hat der Slave viele Freyheit in der Stellung der Begriffe in einem Satze, so wie der Lateiner, ohne doch zügellos aubschweifen zu dürfen.

1. Antischer oder Östlicher Hauptstamm.

A. Russen.

Die Russen, die östlichsten unter den heu- tigen Slaven, bestanden in den ältesten Zeiten aus mehrern unabhängigen Stämmen, welche von dem Ausflüsse der Donau an bis in die nörd- lichen Gegenden, unter und neben T^chudi-

6i8

sehen. Tatarischen und Mongolischen Stämmea ■wohnten, welche sie bald weiter nach Norden drängten, bald unterjochten, bald von ihnen nn-r terjocht wurden. Sehr friiiic entstanden unter ih- nen zwey besondere! Staaten, der nördliche am Ilmen-See um Nowgorod, und der südliche am Dnepr, dessen Sitz Kiew war. Der erste bestand ans den nachmahligen Grafs -Russen^ dem vor- nehmsten und zahlreichsten Stamme, und dax letztere 3.US den Ii7e in- Ri/sse/i, oder dem schw.a- chern Stamme, welche damahls noch von ihren Ebenen PoIj<men genannt wurden. Die ersteren stifteten den Nowgorodschen Staat, vermiscliten sich aber dabey mit Finnen, Innerer Unruhen we-? een unterwarfen sich die NowgoroderSIaven, die Tbchuden, und dieKriwitschen um Polocz um S62 <lemRurik und seinen IVarjaga Russin einem Scan- dinavisciien Stamme, der diesen Nahmen von den Finnen erliielt Rurik gab seinen neuen Untertha- ren die ersten Gesetze, und die erste Cultur, so viel sie deren damahls noch fähig waren, und von dieser Zeit an, wurden die Bewohner die- ses Staates Russen genannt. Daher läfst es sicli aucii erklären, warum einige Griechische Schrift- steller, und selbst Nestor die Russen von den Siaven, und die Russische Sprache von der Sla- vibchen unterscheiden. Die eigentlichen Rus- sen waren Schweden, und ihre Sprache die Schwedische, welche aber als die schwächere gar bald in die Slavische überging, oder doch von ihr verdrängt wurde. Ruriks erster Nach- fulgtr Oleg eroberte 884 Kiew, und vereinigte beyde Staaten, da denn der Nähme der Russen auch auf die südlichen Siaven iii der nachmiah- -ligen Ukraine überging. Wolodimir (980- 1015) iührte die chriotliche Reli'jion nach dem Grie-

t) 1 f)

-chischen LehrbegrilT ein, stiftete Klöster, und legte dadurch den eri?ten Grund zur gelehrten

, und kirchlichen Cultur. Kiew blieb dabey die Hauptstadt des Reichs, und obgleich dieselbe in der Folge nach Susdad, und von da 1157 nach. Wolodimir verlegt wurde; so blieb Kiew (loch der vornehmste Sitz der wenigen kirch- lichen Tuid Avclrlichen Gelehrsamkeit. Um 1236 gerieth der südliche Theil des Russischen Staa- tes unter die Herrschaft des Mongolisch-Tarta- rischen Reiclies, und um die Mitte des vierzehn- ten Jahrhunderts bem.ächtigten sich die Tatarn und Polen fast des ganzen Reiches, bis Iwan. A'Vasiliewisch dasselbe in der letzten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts befreyete, und den Grund zu dessen nachmahligen Gröfse legte. Dafs die frühen V^erbindungen mit Finnen und Schweden *), die 988 nach dem Griechi-schen LehrbegrifFe angenommene christliche Religion, und die lange Herrschaft der Tatarn und Mon- golen nicht ohne Einflüsse auf die Sprache ge- blieben, lehret diese selbst. Denn unter allen Siavischen Mundarten ist sie am meisten mit

*) Diese Vorstclhingen von der Entstehung rles I\Tissi«chen Staats findet man vorziigHcb beaiiindet in vnn Sclilözer's AVs/or- Rtisaischen Annulen ^ Tii. l III. Andere VorsteUungen sind ausgeführt in der Sclirift: Vom Ursprnnge des r.ussisclien Staat?, ein Versuch die Geschidite desselben an> ihren Quellen zu erforschen, von J. P G Fyers , Riga 18^8 » "'"'f^ angegeben in J. S. Vuter''s prakt. Gnimniatik der Russischen Sprache ntbst eiier Einleitung über die Ges-chich.te da Russi.fcJien Sprcclie wil die Anordnung ihrer Grarmnaii^, Leipz. iß^S« In letzterer finden sich auch einige Proben der zu- nächst abgehandelten Slawenisch-Russischen Kirclien- sprache, und die Erklärung der hanptSdchlichsten Eraiumatischeii Formen derselben.

620

fremden, und besonders mit Finnis^chen , Grie- chischen und Tatarischen Wörtern und Formen vermischt, und daher den übrigen Slaven Anti- sehen Stammes weniger, den westlichen aber iioche weniger verständlich. Indessen lafst sie sich nicht mit Nutzen betrachten, wenn man nicht die alte Schrift- und Kirchensprache von der heutigen Russischen absondert.

o

Ci. Slawenisch-Russische oder Slawenisch- Servische Kirchensprache.

Diese, welche man im Lande selbst die Slawenhclie (Russ. Slawenski) nennet, ist diejenige Mundart, welche noch bey dem Gottesdienste gebraucht wird, worin die Bibel übersetzt ist, und welche bis nach dem Anfange des vorigen achtzehnten Jahrhunderts die Schriftsprache für ■j^anz Rufsland war. Sie weiclit von dem semei- nen Russischen ab; doch verstehet jeder unge- lehrte Russe das meiste davon , imd nur bey ver- alteten Wörtern und Formen, und solchen, welche nie Russisch waren, sondern den Ser- viern zugehören, stehet er an. Die gemeinen Russen nennen sie daher ,3/<7/-o-iv//^/./, Alt-Rus- sisch. Über ihre Herkunft drücken sich die Schriftsteller, selbst die Russischen, sehr dun- kel und schwankend, am häufigsten gar nicht aus. Jo. Pet.Kolü, iiir dei^sen I/i.'rod:/c/io in /lislo- riam et rem litterariam Slavorum, Altena, 1729^ 8. dieser Gegenstand eigentlich gehöret hatte, sagt von der Sprache der Russischen Bibel -Über- setzung weiter nichts, als sie sey nicht im Rus- si.^chen Dialecte , sondern omninq S/avonica. Schwerlich hat er selbst gewufst, was er bey die- sem Ausdrucke dachte. Gelehrte, welche eine VcT^Uichung mit andern Mundarten anstellen

(i2J

konnten, waren schon längst der Meinung, dafs diese Russische Kirchensprache mit derAlt-Ser- visclien einerleyist , deren sich alle zur Griechi- schen Kirche gehörigen Slaven bey dem Gottes- dienste und in ihren Büchern bedienen. Die Servier wohnten, wie aus dem Folgenden er- hellen'wird, ursprünglich inGallizien, wo sie unmittelbar an die Klein -Russen in Kiew gränz- ten, und ihnen folglich auch in der Mundart am nächsten kamen. Als sie in der Folge über die Karpathen nach lllyrien zogen, blieben sie durch die Wallachey und Bulgarey immer noch im Verkehr mit den Russen. Noch jetzt verste- hen die Servier und die Russen unter allen Sla- ven sich am besten. Ein Krainer versicherte dem Dobrowski, dafs er einen Russen besser verstehe, als einen Böhmen; der Kroat verste- het ihn noch besser als der Krainer, und der Ser- vier noch besser als der Kroat, besonders den Klein -Russen oder Ukräner. Als die Russen das Christenthum annahmen, war dasselbe be- reits 100 Jahr früher in Uiyrien eingeführt, erst von Gyrill selbst, luid nach dessen Tode von sei- nem Bruder Method, unter Slaven, welche mehr Kroaten al> Servier waren, und dann von andern Griechisch -Slavischen Priestern in Ser- vien, Bosnien, der Bulgarey und Wallachey. Es war daher wohl natürlich, dafs auch die Rus- sen den Kirchendienst, nebst der Bibel-Über- setzunji und den übrigen Kirchenbüchern von ihren nächsten Sprachverwandten in lllyrien an- nahmen. Nesror, der älteste Ru«!sische Schrift- steiler (er starb um 1056), versichert ausdrück- lich, daf-s die Russische Kirchensprache Servisch sey. Zugleich nahmen die Russen das von Gy- rill für die lllyriöche Sprache eingerichtete GriQ^

622.

chische Alphabet unter dem Nahmen des CyrilH.- schen an, heften auch nachmahls von Zeit zu Zeit Handnchriften aus Servien, luid besonders von dem Berge Athos kommen. In der Folge änderten beyde, sowohl die Servier als die Rus- sen ihre Kirchenschrifren, und rückten sie der jedesmahligen Umgangssprache etwas näher, ohne ihr doch den alten Anstrich gänzlich zu be- nehmen. Dafs die Russisclie Kirchensprache etwa seit dem vierzehnten Jahrhimdert in man- chen Wörtern und Flexionen geändert worden, zeigt Dobrowski mGviedhzLcKs Griechischen N T. 1796, S. CXXVII. Seit den gedruckren Kir- chenbüchern ist daher die Russische Kirchen- sprache mit der Servischen völlig einerley. Beyde bedienen sich eben derselben Bibel u. s. f. Diese Kirchensprache ward denn auch in dtn wenigen weltlichen Büchern beybehalren; nur dafs sich die Abschreiber des Nestor und ande- rer Chroniken mehr Frevheiten erlaubten, und manche Alt-Servische Wörter mit Gemein -Rus- sischen vertauschten, z. B. Goroil für das Servi- sche und Slawenisclie Grad^ Wolodimir für Wla- d'iniir.

Litteratur der alten Russisch - Servi- schen Kirchens p räche.

Es fehlt in Rufsland nicht an Hülfsmitteln zur Erlernung dieser S[)rache; aber da sie ge- meiniglich Russisch geschrieben sind, so sind sie dem Ausländer weniger brauchbar. Melirere Sprachleliren erwähnt imd beschreibt Franjz Carl Alter in seinen Miscellaneen ^ S. 114. folg. Ich ge- denke nur füJfTender. Die erste Slawenische

o

Sprachlehre soll ein Grieche, Nahmens Maxi- mus, der auch die Slawenischen Kirchenbücher

6.25

x'crbesserte, zu Anfange des sechszehnten Jahr- liunclerts geschrieben haben. Durich BlbL Slavon. S. 21. feines Ungenannten Grammcdka Slavonica erschien zii Leopol (Lemberg), 1591, 8- Eben ders. S. 23. Einer andern zu Wibia, 1595, 12. gedrückten evwi.hni Alter S. 114. Eben derselbe gedenkt auch einer zu Cremeneca in Volhymeii um 1600, 8- heraus gekommenen Spraclilelire. Die bekannteste und beliebteste ist wohl des Mclitii Smotriski Grammatical Slavopicae reguläre Syntagma, Wilna, 1619, 8; welche mehrmahls wieder aufgelegt worden, unter andern Moskau, 1721, 8-, und Rimnik in der Wallachey, 1753, 12. S. Aller ^ S. 116. Einige Nachricht von dem Verfasser <^\ht.Janotzhi in der Zalubk. BiuUoih. Th. 3, S. 31. Sie ward 1686 Aon einem Unge- nannten in das Lateinische übersetzt. Des Eüae liopiewitz Grcinmatica Latino- Slavonica Uueris Cynt- //m, Amsterdam, 1700,8» Stolzenberg, 1706, welche auf ßefehl Peters des Grofsen erschien, ist nur eine Lateinische Sprachlehre fLir die Rus- sen. Des Theod. Maximns im Alex. Newsk- Klo- ster, 1723, gedruckte Sprachlehre, vvelche .-i/- /f/', S. 119. 5 beschreibt, ist ein Au.szug einer gröfsern von 1651. Des Mrakuvic/i SluK'ejmc/te Grammatik^ Wien, 1794, 80 kam niclit in den Buchhandel.

An Wörterbüchern ist diese Sprache \vcr.i- ger reich. Des Painhi Beryndae 1 exicon Slaveno- llussicum^ Kiow, 1627, 2te Aufl. im Kuteini- schen Kloster 1653, erwähnt Dobrowsky in sei- ner Reise, S. 24., wo er auch einiger noch un- oedruckten Wörterbücher oedenkt. Theod. Po- lycarpi Dictionarium trilingue , /. e. dictionum Stavo- rncanim ^ Graecarum et Latinarum thesaunis ^ Mos- kau, 1704, 4., soll sehr unvollständig seyn.

624

Pet. A/exsiJew Kirchen - Lexicon ^ oder Erklärung aller Slavonischen in der Bibel und andern Kir- chenbüchern vorkommenden Wörter, Peters- burg, 1773, 8-1 soll auch nicht alle Wörter ent- halten, ungeachtet 1776 ein Nachtrag, und 1779 zu Moijkau eine Foit^etzung davon erschien. Um 1793 kam eine neue Auflage heraus. Des Abts Ewghenii kurzes Slavonisches Wörterbuch, Pe- tersburg, 1784-. enthält nur 3800 Wörter, weil er nur die den Russen unverständlichen erklä- ren wollte. Beyde sind in Russischer Sprache. In das grof-e Wörterbuch der Russibchtn Aka- demie, dessen ich im Folgenden gedenken M^erde, sind auch viele Slaweuische Wörter auf- genommen.

Eine Geschichte der Russischen Bibel-Über- setzung und deren Verbesserung aus Russischen Schriftstellern befindet sich in den Götting. gel. Zeit. 1802, Th. 2, S. 1053.

b. Gemein - Russisch.

Aus dem Obigen erhellet, dafs die Rus.sen in den frühem Zeiten aus zwey Haupt-tämtnen bestanden, dem nördlichen oder den Grofs- Rusr;en, und dem südlichen oder den Klein- Russen. Die letztern bekamen am frühesten einige Cultur, zumahl da auch ihre Mundart der aus dem Servischen entlehnten Kirchensprache am nächsten kam. Die er-.tern waren die Zidil- reichsten, und da sie nach Verbindung b( yder Staaten der herrschende Tlieil wurden, so be- kam auch ihre, obgleich an sich 'gröbere Mund- art in dem Umg;anae der obern Classen nach imd nach die Oberhand. Zugleich war bie vcjii der fvirchensprache, welche auch hier die ge- lehrte und ßüchersprache ward, weiter entlcmt,

als

alü die Klein-Russische. Unter Pefern dem Grofsen, da sich Ciiltur und Geschmack Inder bisher ungebildeten Nation zu verbreiten anfin-- öeii, hatte dieses auch die gewöhnliche Wir- kung auf die Sprache, wenigstens der obera uiid gebildtstern Stände. Die UmgangÄsprachT5 veredelte und verfeinerte sich nach und nach, und luin.mehr fing man auch an, von der veral- teten Kirchensprache in Schriften abzugehen, und ihr die in den obern Classen der neuen Hauptstadt veredelte Umgangssprache an die Seite zu setzen, zuerst nur in weltlichen und historischen, nach und nach aber auch in Reli- ligionsschrift-en. Das Leben des Patriarchen Ni/ion^ welches nach dessen 1681 erfolgtem Tode geschrieben ist, ist noch ganz in der alten Slawenischen Sprache. Eben das gilt von des A/>dr. Lüzlow Scythischen Geschichte, welchfe der Verfasser 1692 schrieb, ob sie gleich erst lyyß gedruckt wurde. In dem Thomas n Kempis^ Petersburg, 1780, 8. hält die Schreibart da6 Mittel zwischen der Siawenischen und neuesten Russischen Sprache. In den von einem arleli- een Frauenzimmer übersetzten Oden und Lie- dern GelkrCs kommt nur noch wenig Slaweni- sches vor. Ja des berühmten Erzbischofs Plutty Erbauuugsreden und andere theologische Scb.rif- ten , v/elche zu Moskau von 1780 an in neun Bänden in 8- heraus kamen, sind fast ganz in der gemeinen Umgangssprache abgefafst; selbst in den neuern für das Volk heraus gegebenen Ca- Techismen folgt man ihr, aufser dafs man in dem Glaubensbekenntnisse und dem Vater Unser die alte beybehält. Doch erhalten sich manche Überbleibsel derselben noch jetzt in Schriften, 3t. B. der männliche Ausgang der Adjective in Muhrid. 11, Ri^

Iö»6

vif'//'") anstatt des gemeinen oj (o/), wo-egcn der Jlussisclie Purist immer noch eifert. Selbst auf der Schaubühne spricht man z. B. noch Mlade- nec, Jüngüng, statt des gemeinen Molodenec.

Lit Leratur der Russischen SpracJikunde..

An Hiilfsmitteln zur Erlernung des Rusbi- schen, sowohl für Einheimische als Ausländer ist Icein Mangel; ältere kann es unter den angeführ- ten Umstanden nicht geben.

Heinr. IV'dhelm Ludolß Grammatica Russica, Oxford, 1696, 8, ist nach ihm selbst die erotc Sprachlehre des heutigen Russischen.

Die Anfangsgründe der Russische?! Sprache, Petersburg, 1731,4*, bey Weisimwns Lateinisch- Russischem Wörterbuche sind sehr unvollständig.

Mich. Grönings Russische Sprach/ehre für die Schweden, Stockholm, 1750, 4, ist in Sciiwedi- scher Sprache.

Mic/i. Lomonossow' s Russische Sprachlehre , in Russischer Spraclie, Petersburg, 17553 8? ist mit philosophischen Geiste und grolser Vollstän- digkeit geschrieben, und noch den Russen sehr schätzbar. Sie ist von /. L. Stavenhogen 1764 in das Deutsche, und von einem andern 1769 in das Französische übersetzt worden.

(De Marignan und Charpentier,) elcmens de la langue Russe, ou meihode courte et facile pour ap- prendre cette langue ^ Pctersb. 1768, Sj folgt ganz dem Lomonossow, nur dafs die Anordnung eine leiclitere Übersicht gewährt.

A^. K. [Nico!. Kurgha/iow's) Russische Sprach- lehre in Russischer Sprache, Petersb. 1769, 8; eb. das. unter dem Titel: Lesebuch, 1777, 8? be- stehet dem gröfsten Theile nach aus Sprichwör- tern, Gesprächen und Gedichten.

6.^7

Jac, Rodde Russische Sprachlehre ^ ^iga? ^773» 8, 3te Aufl. eben das. 1784» 8-

Kurze Russische Grammatik , aus verschiedenen Grammatiken zusammen getragen für die Gymnasien des Moskauer Gouvernements ^ Mosk. 1779, 8-

Wasil.Swätowi's Russische Grammatik. Petersb. *795* Beycle in Russischer Sprache.

Joh. Heyins Russische Sprach/ehre für Deutsche, Riga, 1790, 8; eb das. 1794; und mit Benutzung der sogleich anzuführenden Grammat. der Aka- demie der Wissenschaften, i8o'4, 8-

Rossiiskaja Gramtaatika sotschinennaja Impera- torskoju Rossiiskojo Akademieju. Petersb. 1802.

Elemens raisonnes de la langue Russe , ou prin- cipes gintraux de la Grammaire appUques ä la langue Russe, par J. B. Maudru. Par. 1802. Yo\. I. II. 8.

J. S. Vaters Praktische Grammatik der Russi- schen Sprache in Tabellen und Regeln , nedst Übungs- stücken zur grammalischen Analyse^ einer Einleitung über Geschichte der Russischen Sprache und die An- ordnung ilirer Grammatik und Berichtigungen der Heymischen Sprachlehre. Leipz. 18085

* {Erich JVeismann's) Deutsch- Lateinisches mit

dem Russischen vermehrtes Wörterbuch, Peters- burg, 1731, 4, vvar bey allen seinen Mängeln für Deutsche lange Zeit das brauchbarste, weil es das einzige vvar. Die Geschichte desselben erzählet Bacmeister in der Russ. Biblioth. Th. 10, S. 117. Noch 1782 erschien eine neue Auflage, aber wenig verbessert, von A. Protasow und J. Stavenliagen.

Nouveau Dictionnaire Francois-Allemand-Latin, von IVohschkow, Petersburg, 1755, 87 eb. das. 1778? 4? 2 Bände, ist das bekannte Dictiomuiic des Voyageurs mit dem Russischen vermehrt.

Rr 2

6iiS

M. Franz Höüerhofs Russlscli-Latelnisch-Dciu'~ sches Wörterbuch erschien zu Moskau 1778 h'-' zvvey Theilen in 8^ nachdem er 1771 schon ei- nen Russischen Ceilarius heraus gegeben hatte.

Diclionnaire conipkt Francois et Russe composf^ sur Ja derniere edhion de celui de l' Academie Frcincoiss erschien zu Peterbburg 1780 und 1786 in vier TJieih n in 4.

Mallh. Gabnclow neues Den! seit - Franz'nsisch- LctelnisiJi - Ilaliänisch - Russisches Wörterbuch , Mos- kau, 1781 5 8 5 ist nach dem Venerofu.

Von Jo. Nordstedts Russischen Wörterhuche mit der Deutschen und Französischen Über- setzung, Petersburg, 1780, 1782, gr. 4, zvvey Bände gibt Dacmeistefs Russ. Bibl. Th. 85 S. 84» Nachricht.

Jac. Rodde Deutsch- Russisches und Russisch- Deutsches Wörterbuch^ li^ig^? 17845 8.

Die freye Russische Gesellschaft, \y^Ic]ie 1771 entstand, wollte unter andern auch an ei- nem neuen Russischen Wörterbuche arbeiten, hörte aber 1780 wieder auf; dagegen gab die von der Fürstinn Daschkow 1783 errichtete Rus- sische Academie ihr grofses Wörterbuch, Pe- tersburg, 1789 "94 i" sechs Quart-Bänden, 2;anz i«i Russischer Sprache heraus. Man seh.e ddiwon d^ie Götling. gel. Anz. 1801, B. 3, S. 146S.

Joh. Heym's Deutsch - Russisch - Französisch Wörterbuch, Moskau, 1796, 4.

Ebendess.. Nouveau Dictionnaii^ Russe, Fran- gois et Allemand^ composs d' apres le Diclionnaire de l" Academie Russe, T. I III. Mosk. 1799 1802, 4.

Ebendess. Deutsch - Russisches und Russisch- Deutsches Wörterbuch i Th. I. II. Riga 1 798— -1 800* (1801. 1802.) 8.

()2iJ

c. Mundarten.

Von Volks -Dialecten kennt Pallas in dem Vocal). Peiropol. nur zvvey, die Male- Russische und die Sabdalische ; denn, sagt er in der Vor- rede, in dem ganzen übrigen Reiche herrscht auf dem Lande und in den Städten nur Eine Sprache, mit wenigen und geringen Abweicliun- gcn in der Aussprache. Das würde denn die Grofs- Russlsr J:e sevn, von welcher, wie gedacht, die heutige Sclirift- und Umgangssprache aus- gegangen iät. Dieser Mangel an abstechenden Ivlundarten in einem Lande von so beträchtli- chen Umfange, dessen Bewohner aus so fremd- artigen Theilen zusammengesetzt sind, würde eine merkwürdige Ausnahme von der Regel sevn, wenn er wirklich Statt fände; allein wahr- iicheinlich hat man nicht genug auf die Unter- schiede geachtet.

Die .S'//5r/«7/wrÄ^ Mundart, eine Unterart der Grofs- Russischen herrscht in der Provinz Sus- dal, in dem ehemaligen Gouvernem.ent Moskau, welche eine Zeit lang der Hauptsitz des Reiches war. Sie ist vorzüglich unrein und mit fremden Wörtern vermischt. Kinige Wörter befinden sich in dem Vocabul, Petrop. i\o. 12.

Merkwürdiger ist die Malo ~ Russische ^ Kleln- Riisslsche odtv i'kr{mlsc/:e Mnndxft, als die nächste Verwandte der alten Kirchensprache. Im \s'ei- te^ten Verstände begreift Klein- odeT Malo-Reussen den ganzen südlichen Theil von Rufaland und dem ehemahligen Polen von dem Don an bis an die Scblesische Gränze, nebst Galizien (HaliCz) imd Lodimirlen (Wlodimir), oder Rotii-Reus- .'■en; im engern aber nur den östlichen Theil oder die eigentliche Ukräne, worin Kiew der

630

Hauptort ist. In diesem östlichen Theile waren ehedem die Polanier, Derwelier, Tyvverzen, Severn , u, s. f. als besondere Völker bekannt, welches auf mehrere Mundarten schliefsen läist. Da derselbe von 147 1 1654 unter Polen stand; so ist auch die Sprache sehr mit der Polnischen vermischt worden, ^velche Vermischung in dem westlichen, den Polen länger imterworfenen Theile, noch sichtbarer ist. Die Klein- Russi- schen Kosaken^ und die den Polen ehedem nur zu bekannten Saporoger oder Heidamaken , sind in der östlichen Ukräne einheimisch ; dagegen die Do- nischen Kosaken von den Grofs- Russen abstam- men , und mit Tatarn vermischt sind. Klein- Russische Wörter befinden sich in dem. Foc«^. Petrop. rvlo. 11. Im Jahr 1798 erschien zu Peters- burg in 8. Jeneida na Malorossijskij Jazyk pareli- tziovannaja^ eine travestirte Aeneis im gemeinen Klein - Russischen Dialect mit einem Ukränischen Wörterbuche von /. KotUarewskim.

In Galizien machen die Rufsniaken oder Rus- sen den zahlreichsten Theil der Einwohner aus. IMeben ihnen wohnen die Mazeraken^ meist in den Niederungen längs der Weichsel, und die Gorcden (Gebirger, von Gora, Berg), in den Gebirgen. D'xeRufsniaken in der IJukovina, und in den Gebirgen der Ungarischen Gespannschaf- ten Beregh, Scharosch, Ugci-^chn, Ungwar und Zemplirt, diefs- und jenseits der Theils, welche bey den Ungarn Orosz, d. i. Russen, heiGjen, verrathen schon durch ihre Lage ihr Vaterland Roth-Reussen, das jetzige Ost-Galizien.

Die Kriwitzcn in dan ehemahligen Statthal- terschaften Polozk, Smolensk und Minsk, wel- che schon Constantinns Porphyrog. unter dem Nahmen der Kriwctaner kannte , scheinen weder

211 den Grofs- noch Kiein- Russen zu gehören, vielmehr ein von den SLiven versciiiedenes V^olk zu seyn. Sie wohnten anfanglich zwischen den riüssen Pripot und D^vina, breiteten sicli aber nachmahls oberhalb der Flüsse Wolga, Dwina, Oka und Dnepr aus. Später hin kamen sie un- ter Litthauen, und hiefsen nun Litthaulsche Rus-' sc/i, bis sie in den Theilungen von 1773 und 1793 wieder an Rufsland fielen. Sie haben eine eigene, aber noch sehr unbekannte Mundart, welche mit dem Polnischen vermischt seyn boU.

*

Die Formeln des Y. U. in der Russischen Kirchensprache sind in den altern Sammlungen nicht selten: aber cremeiniolich sind sie sehr feh- lerhaft. Manche liefern sie unter verscliiedenen Nahmen meiir als Ein Mahl. Marfan Ulman hat im alieji und neuen Mäliren^ Th. 2, S. 5, 6, eine Kussische und eine Moskowitische Pormel, wel- che aber nur eine luid eben dieselljc nach ver- schiedener Schreibung zu seyn >clieinen. Eben das gilt von den drev Formeln im Hervoa^ No. 129, 130, 131 5 welche er unter den Nahmen Rnssiana, Riitena und Moscovita liefert, aber aucli nur Eine sind. Eine Formel in der gemeinen Sprache gibt es nicht, indem jeder Russe das- selbe nach dem Kirchenstyl bethet.

Valvasor liefert in der Ehre des Herzog- thums Krain, Th. 2, unter andern Slavischen tormein auch eine, welche er Nova-Zemdlaiir/i nennet, unter welcheili Nahmen iv(f.W£i' in />/ä- sertatt. Th. 3, Append. und die spätem Sammler, auch selbst noch die neueste Pariser Sammlung, sie fortgepflanzt haben. Was ihn zu diesen son- derbaren Irrthum verleitet hat, ist unbekannt. NovaZcmbla ibt unbewolint, und wiid nur gele-

63 a-

gentlich von Russen aus der Gegend von Ar- changel besucht, und dann bethen sie ihr V. V, wohl wie zu Hause. Überdiefs ist es ganz die Formel der Griechischen Kroaten, so wie sie mit Gyriläischen Buchstaben geschrieben wird, und kommt völlig mit der Cyrillischen bey dem Bohorizh überein, nur dafs statt if/Wc^/u'o , wie die Katholiken bethen, hier Carstwo {ZsLisiwoy ^«r J^oaten Griechischer Religion stehet.

263.

Slawenisch oder Russische Kirchen- spräche»

<^us d&r Russischen Bibel, Moskau j i784> /o^«j ""«^ Petersburg, 17895 4 "'"^ 8-

Otsche nasch, islie jesi na Nebesiech, Da swjetitsja Imia tr^voje; Da priidet Zarstwije twoje; Da budet Woija twoja, jako na Nebesi, i

naSemli; Chljeb nasch nasuschtschnii daschd kam

dnes ; I ostawl nani Dolgi nasche, jako i niy ostaw-i

lajeni Dolshnikoni naschim; I ne w wedi nas w Ikuschenie ^)\ ISo isbawi nas od Lukawago. Jako twoje jest Zarstwije, i Sila, i Slawa,

■vvo Weki. Amen.

*) Ältere Ausgaben lesen dafür iv' INcpast,

ß33

B. 1 11 y- r i s c h e S 1 a v e n.

Dafs die alten lUyrier Slaven gewesen, wie verschiedene Schiifiselier behauptet haben *), hat nicht mehr als alles wider sich. Die alten Illyrier. gehörten zu dem Thracischeu Völker- stamme, und redeten einen Thracischen Dia- lect. Aber sie wurden sehr frühe. mit Gelten, Hörnern, Deutschen, Hunnen, Bulgaren und Avaren vermischt, so daw von iliyrischem Blut und Illyrischer Sprache in diesen Gegenden schon laiiae keine Spur mehr übrig seyn kann. Unter d.em Kaiser Heraclius um 640 rückteii 31aven in das verödete und verlassene Land ein, •welche es noch jetzt besitzen.

Wenn man dt.'S Kaisers Constantin Stelle von der H^^rkunft diesei: Slaven **) nur flüchtig

*) Dieses behaupten: Muiirus Orbini in Regio de- gU Slavi, S. 175; Seb. iJo/ci, ein ragusanischer Mönch, de Illyiicae linpuae vetustale et amplitudine, Ye- nedig, 17.54? 4^ ^^""^ J^ epist. Zanetti cunjutata, eb. 1754, 4' ^'"^^^ MtHih, Ptt. Kütanisich in Specimine Pliilo- log. et Creogrüphiae Pamioniurum y Zagrab , 1797, 4*

**) Constfintinus de administrando Imperio f Cap.52. ,,Scienduni est, Scrtv'os ( Dalmaticos) , oriundos esse ,,a Serviis non baptizatis, qui etiani AlOi cognoniinan- y,tur, et nkeriora Turciae (Hungariae), incolunt, in loco ab illis Buici nuncupato, cui iinitinia Francia ,,est, ut et M(v.j^na Chrohutia baptisiui expers , quae etiain alba cognoniinatur. lllic igitur iiiitio Servil hi habitabant. " Das Reich kam an zwey Briuler, wovon der eine mit der Hälfte des Volkes zu dem Kai- ser Heraclius fioli, der ihm auch eine Gegend in der Provinz Thessalonich anv.ies, welclie von der Zeit an Tot, '2i^,3?i.x genannt v.'urde. Bald daranf gab er ihnen das lientige daniahls von den Avaren verljeerte Ser- vien, wo sie auch von Römischen Priestern getauft wurden.

«>54

ansiehet, so könnte es scheinen, als wenn er sie aus Böhmen und von der Fränkischen Gränze herleitete; und so verstand auch ich ihn ehedem in meinem Directorio für die Süd -Sachsische Geschichte. Allein bey genauerer Ansicht er- gibt sich die Sache etwas anders. Er nimmt 7wey Hauptstämme dieser in Illyrien eingewan- derten Slaven an. Servier und Krobaten. Beyde waren von gröfsern Stämmen ihres Volkes aus* gewandert, die Servier von nocli lieidnischen Serviern, welche auch die weijsen hleken , und über oder jenseit der Türkev, d. i. nach dem Stvle der Byzantiner, über oder jenseit Ungarns, in einer Gegend, welche sie Boici nannten, und an das Fränkisclie Reich gränzte, wohnten; die Krobaten aber aus dem noch heidnischen Grofs- Krobatien, welches auch das JVeiJse genannt werde. Es kommt nur darauf an, zu bestim- men, wo man dieses Grofs-Servien und Grofs- Krobatien zu suchen habe. Icxi bemerke dabey folgendes :

1. Constantin konnte die bevden Slavischen Wörter Fe//, grofs, und i)W/, weifs, nicht durch die Schrift unterscheiden; er schrieb ßg?\./. Das Mutterland der ausgewanderten Krobaten nen- net er C/:o/$-^/-oZ'<2//e/z (Fe//;), und dieses mufs wolil auch Weifs- Krobatien [ßeli) geheifsen ha- ben. Eben so nannte er kurz verlier Grafs -Ser- i'ien auch Weifs -Servlen. Beyde Arten von Be- nennungen sind in diesen Gegenden in altern und neuern Zeiten nicht selten. 2. Diese gro- i'^en Servier konnten nicht die Lausitzischen Sor- hen oder richtiger Serben sevn (\vie ich wohl selbst eliedem glaubte), ^veil weder ilire Lage nocli Mundart zu den Illyrisch.en Serviern pal&t. Die Übereinkunft des iMahmens ist entweder

^>55

blofs zufällig, oder rühret auch, ^vle so viele an- dere Nahmen, von einem beydenVölkern gemein- schaftlichen localen Umstände her. Wie viele Slavische Völkerschaften gab es z, B. nicht, wel- che von ihren Ebenen Poljänen genannt wurden? 3. Unter diesen grofsen Serviern mufs auch Con- stantins Boici gelegen haben; wenigstens darf' man dabey nicht an Baiern denken, wo niemalüs Slaven gewohnt haben. 4. Grofs-Servien kann also nirgends anders gesuciit werden , als über oder jenseit Ungarn, in dem nachmahligen Klein- oder Roth-Rufsland, an der obern Weichsel, in dem lieutigen Ost-Gallicien. Da- hin setzt es auch im folgenden Kapitel Constan- tin selbst, wenn er den ausgewanderten Servi- »chen Fürsten von der Weichsel her kommen läföt. Eben das bestätiget denn auch die Sprache der lilyrischen Servier, welche mit der Klein- Kussischen näher verwandt ist, als mit der Ser- bischen und Böhmischen. 5. Daher kamen denn auch ihre Stammes- und Sprachverwand- ten, dieKrobaten, nehmlich aus Grofs-Kroba- tien, welches in eben diesen Gegenden gelegen haben mufs. Zwar versichert Cosmas, dafs es noch zu seiner Zeit zwey Völker in Böhmen ge- geben habe, welche Charwaten genannt wurden. Allein der Nähme ist local, und bedeutet Geblr- ger; daher es überall Charwaten.^ Chrobaten und Krobaten o;eben kann, wo es Gebirge oibt. Ver- muthlich wohnten Constantins Krobaten an oder auf dem Karpathischen Gebirge, welches noch jetzt deutliche Spuren dieses Nahmens trägt. 6. Da sich das Fränkische Reich seit der Bezwiii- cruno der Thüringer bis an imd über die Oder ersti-eckte, dasselbe auch nach dem Vordringen der Slaven seine Ansprüche auf die östlichen

Gegenden behauptete, so konnte Cohstantin ganz richtig sagen: cuifinhima Franc'ia est.

Diese nun in Illviic-u eingewanderten Sla- ven bestanden aus zwey Siiimmen, den Serviern nnd den Krobaten, weiche sich nocii jetzt durch Sitten und Mundart meiklich uuterischeid.en, "überhaupt aber unter aiiea Siaveii die wildesten und rohejr-ten sind. Ungefähr zweyhunderr Jahr, nachidem sich diese Siaven zur Taufe bequemet hatten, kamen Cyriil und Method nach Panno- nien, und ricjiteten den Kirchendien^jt für sie förmlich ein. Cy.rill paftte das Gnechische Al- phabet mit ßeyfügung einiger Züge ihrer Spra- che an, und machte wahrscheinlich auch clen Anfano; mit Übersetzuno; einiger biblischen Bü- eher, welclie andere nach ihm vollendeten; Me- thod aber fing an, den Kirchendienst nach mor- geniändischer Sitte m der Volkssprache zu ver- richten, welche auch in der Folcie unter dem Nahmen der S'dwcnhchen , Servischeriy zmveilen auch der lUyiischen beybehaiten wurde, nur dafe man selbige von Zeit zu Zeit der neuern Um- gangssprache näher rückte. Bey denjenigen Siaven, welche sich zur Griechischen Kirche hielten, machte, das keinen Anstofb; allein bey dem kadiolibchen Theile, besonders den Kroa- ten und Palmatiern, fingen die Kirchen -Präla- ten, als der Hafs gegen die Griechen wuchs, an, dawider zu eifern. Auf einer Synode zu Spala- tro wurde Method 1068 als ein Ketzer verdammt, wvA den Slavischen Priestern ihre Kirchen ge- i^]3errt. Da man befürchten muf/ie, dafs das Volk, welclies sehr an diesem Gotte-'-dienst hing, zu den Griechen überti'eten möchte, so vcrän- cjerre, nach Dobrowski, ein sinnreicher Kopf in Kiüatien, «etwa zu Ende de5 zwölfcen Jahrhun-

G57

der'ts', rlie'CyiiiliscIieil Sclirlftzüge, nncl gab sie für eiiie Erfindung des hei!. Hieronymus aus, welchen man i'ür einen gebornen Slavisehefi Dalnnatier .]:ielt , der die I.ateinisch- Siavi^.che Liturgie für seine Landesleute eingerichtet habe. Voll nun an glaubte man in dem Missal und Cie- vier eme Slavische Übersetzung des heil. Hiero- nymus zu lesen, und da man auf dieseni We.^e auch atulere Griechisch gesinnte Slaven mit der L.'iteinibchen Kirche zu vereinigen hoffte, so Avard diese Slavische Liturgie 1248 von Innocen- tius IV gebilliget. Man nennet dieise vorgege- bene Hietönymische Schrift auch die SlaO^'orhrfi- Glagolilisclie ^ oder nnv G/ngo/itisc/ic, weil die Buchstaben Gh/go/y , d. i. Wörter, helfsen *). In dtr Folge machte die Sache wegen der vielen genieinen Kroatischen Wörter und Formen, weiche sich in die Kirchenbücher eingeschlichen, hatten, docli wieder Bedenken, daher die Pro- paganda zu Rom beochlöfs, nicht allein die Kir- cheribüclier nach der Vulgata von neuem verbes^ Sern, sondern si'e auch von gemeinen Ausdrüh- ken reinigen zu lassen. Das letzte ghiubte man am besten zu erreichen, wenn man die Russi- sche Kirchensprache damit vergliche, deren sich auch die unirten Griechen in Polen und Ungarn von jeher bedienet harten. Man schickte daher den Maith. G.r«?/;?^?;?, nachmahiiiren Erzbijchof zu Zara, nach Moskau, hier den Russischen Kir- chen-Dialect zu erlernen, vielleicht auch mit

*) CUm. Gruhissir.liius in origi:iem et historiam AU phabeti Slovanici Glagolitidy Venediir, 17C6, 3, ent- liält blofse Träiaue, ohne Renntnifs und Gelehrsam- keit. — Hrt. /)n/;rou'i/ '6 Clas'olnka siiul im diesjäh- rigen Ostcr- Mefs - Cataloge aui'ggführt.

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Seheimen Aiiftr;ia;en in Rücksiciit der Union. Nach dessen Rückkunft 1741 wurde nicht allein ein neues Missal nach diesem Dialect verfertiser, sondern es wurden auch zu dessen grammati- schen Erlernung in der Folge zwey Seminaria zu Zara und Almissa in Dalmatien errichtet *). Daher rühret es denn nun, dafs auch die heuti- gen Formeln des V. U. im Dalmatisclien und Kroatischen der in der Russischen Kirchenspra- che so nahe kommen.

Übrigens werden di e Wörter ///ynVr und 7//^- risc/i so schwankend gebraucht, dafs man oft nicht weifs, woran man ist. Im kirchlichen Verstände heifsen die Glieder der Lateinischen Kirche in diesen Gegenden, oder die unirtea Slaven I//yrier, die von der Griechischen aber, oder die nicht unirten, Raizeii. In einem an- dern V'^erstande ist Illyriscli die Servische auch Bosnische und Dalmatische Mundart, mit Aus- schlufs der Kroatischen; inid diese mufs man verstellen, wenn von lUyrischen Sprachlehren, Wörterbüchern und Schriften die Rede ist. Aber auch die Kroaten nennen sich gern lllyrier xmd ihre Mundart ///ymr//, doch blofs um anzu- zeigen, dafs sie Slavischen Ursprunges sind, üin wahrer Mifsbrauch ist es, wenn einige Schriftsteller von einer Cyrillischen und Glago- Uiisclien Sprache reden. Das sind blofs Naii- men besonderer Schriftarten, womit mehrere Mundarten der Illyrischen Slaven, besonders

*) Man sehe des von Engel Ungarische Geschichttf Th. 2, S. 472 folg., und den Auszug aus des Caraman ungedruckten Idaitüa ddla Ilugua tiitcrah S'lavUf e ^le- cessita di conseivaiia ne* libri sacri, iiu jten Th., S. 457 folg. .

^9

aber die Servische, Kroatisch« und Dalmati- sche geschrieben wurden, und zum. Theil noch geschrieben werden.

1. Servischer Stamm.

Dieser sonderte sich um 640 von den jetzt unbekannten Serviern in Gallicien ab, und ward in die von Barbaren verheerten südwestlichen Provinzen des Griechischen Reiches aufgenom- men. Sein Dialect liegt zwischen dem Russi- schen, besonders dem Klein - Russischen und dem Kroatischen in der Mitte. Zu diesem Stam- me gehören die Servier, die Bosnier, die Bul- garen, dieUskoken, die Moriachen und Slavi- schen Wallachen, die östlichen Dalmazier nebst der Republik Ragusa; und die in Ungarn und Siebenbürgen zerstreuten Servier.

Servien heifst in der Landessprache Srbska^ und ein Servier SröUn^ Serbün. Die Bewohner des südlichen Theiles werden von dem Flusse Raska, Rascier, verderbt Raizen genannt. Als die Türken 1463 ganz Servien eroberten, flohen viele Einwohner nach Ungarn, Slavonien und Siebenbürgen, wo sie noch wohnen. Viele Ser- vier wurden auch 1690 in Slavonien aufgenom- men. 1754 versetzte der Russische Hof eine be- trächtliche Colonie Servier an den Dnepr, in eine menschenleere Wüste, welche Get!,ead {\2i- her Neu -Servien genannt wurde. Die Servibche Mundart ist nebst der Bosnischen unter allen Illyrischen die feinste und reinste, daher sia auch im engern Verstände Illyrisch genannt wird, so wie auch die meisten Bücher in derselben ge- schrieben werden. Indessen haben sich unter der langen Herrschaft der Osmanen viele Tür- kische Wörter eingeschlichen. Von der Alt-

1§^t\nscherl öcler ICrfclieiispraclie, cfer^n eich die Griechischen nicht iinirten Servier bey ihrem Gottesdienste bedienen, ist schon im vorigen (s. A. a. ) geredet worden. Dobrowsky bemerkt, dafs die heutigen Servier in ihren Schriften sich gefri afi das Rnssische anschmiegen, und iiire Sprache nnch demselben mcdehi; daher konnte aiich von des Jo. Railsch Illyrischen Geschichte^ Wien, 1794? 95, vier Bände in 8? der erste Band in Petersburg nachgedruckt v/erden *).

Bosnien^ von dem Flusse Bosna so genannt^ ward schon im neunten Jahrhundert von dem übrigen Servien getrennt. Ober- Bosnien , d.i. die Herzegovina nebst der Grafschaft Chelm hiefs seit dem zwölften Jahrhundert /Jawa, von

dem

*) Des Seb. Dolci zwei Schriften von der lUyri.^ sehen Sprache sind bereits iui vorigen erwälmt v^or- den. Des Zachar. Orfelin Slavonisch ' Giannuatik mit dem Wörterbuche Cellarii und Schulgesprächen , Ve- nedig, 1767, 8, ist eine Lateinische Grauiiijatik in Servischer Spradie. Hieran. Mfgiserii Dictionarium IV lingiiunim , Germcvi. jLat. Jllyricae (quae vulgo Slavorijca appellaiur) et Iialicae f Italicae gehöret den sndlichen \Vendenzn, daher ich dessen im folgenden gedenken' werde, SlavetKy- Serbskii i Niemetzkii Le.ricon, Deutsch- lllyrisch inid Illyrisch- Deutsch, mit Russisciier Kir- chenschrift, Wien, 1790, 8- 1^2 ^^s'' ^^rf. ein Deutsch- Russisches Wörterbuch zum Grunde legte, so liefs er manche Piussische Wörter stehen. Jon. Siulli Lvxicnn Latino-ItaUco-IIIyricum, Ofen, i8''i> gi"- 4> '^"^ sehr vollständig, aber nicht kritisch. Das Lareinische ste- het voran. lUyrischc und hernach noch besonders Ser- vische Wörter befinden sich in dem Vocab. Petrop. No. 5. und 5. Eine Sammlunj^ alter inid neuer lllyri- echer National - Lieder gab Andr. Cacidi zu V'cne;iig, 1759? heraus. Eine Physik im Servischen Dialect acluieb Alhanas. Slöjkovkz, Ofen, 1801,

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dem Flusse gleiche« Nahmens. In der Mundart weichen die Bosnier nur wenig von den Sei- viern ab *). . -

Die alten Bulgaren waren keine Slavische, sondern nach von Engel eine Tatarische Nation, welche ihren Nahmen von der Wolga, ihrem ältesten Wohnsitze, Tatar, Bolga, hatte,, und daher auch von den Slaven Wlochi. Wolochi se- nannt wurden. Von ihrer ehemaligen Haupt- stadt Bolgari, sind noch Überbleibsel in dem Königreiche Kasan zu sehen. Als sie im fünften Jahrhundert au die Donau rückten, unterjoch- ten sie auch einen Theil der Servier, nahmen aber in der Folge deren Sitten und Sprache an, und flössen mit ihnen zu Einem Volke zusam- men. Daher ist auch ihre Mundart, weil sie viele Bulgarische, d. i. Tatarische, Wörter be- halten hat, unter allen Slavischen die unreinste und gröbste, und wird von andern Slaven nicht so leicht verstanden. Als Boscvwich, ein Ragu- saner, durch die Bulgarey kam, konnte er sich den Einwohnern schon bey seinem kurzen Auf- enthalte doch bis auf einen gewissen Punct ver- ständlich machen, und sie wieder verstehen. S. seine Reise (Lausanne, 1772, 8-) ^ 59- ffein- rich von Reimers] welcher 1 793 mit der Russischen Gesandtschaft durch diese Gegenden kam, konnte sich vermittelst des Russischen sehr gut mit einem alten Butgaren unterhalten. S. dessen

*) Jo. Jac. Micalia Dictionarium Illyricum , Lauretti, 1649» nebst einer Italiänischen aber Illyrisch abge- fafsten Sprachlehre. In der Vorrede sagt er selbst, dafs er sein Wörterbuch nach der Bosnischen Mundart als der reinsten abgefafst habe.

Mii/irid. IL Ss

■Rfets^'Th. 1. S. 145. Ihre Kirchensprache ist mit der Servischen und Russischen eiuerley, inan- deru Schriften aber bedient man sich der Servi- schen oder Bosnischen Mundarten *).

Die Uihoken und Moriachen sind kein für sicli .bestehendes Volk, sondern Flüchtlinge, welches auch der Nähme Uahok^ Überläufer, bedeutet. Nach von Engel stammen sie von den Slavisch Gewordenen Bulgaren oder Wolochen her, wel- che sich loig nach Unterjochung ihres Landes von den Griechen zum Theil nach Dalmatien an die Küste flüchteten, und nun Moro-Wlaclien^ Meer-Wallachen, Morlaclien genannt wurden. Sie selbst nennen sich daher auch J'/ß/zc oder Zö/^r, d. i. Wallachen, müssen aber mit den Römisch- Dacischen Wallachen nicht verwechselt werden. Diejenigen von ihnen, welche sich ganz auf das Rauben legten, imd in Höhlen wohnten, beka- men den Nahmen Heiduchen^ von Hajduk, Räu- berhaupt. Einige dieser Flüchtlinge wurden in den Poseganer Comitat versetzt, welche Gegend nun die kleine Wallachey hiefs. Sie sind noch Halbwilde,, ohne Wissenschaften und Künste, lieben aber den Tanz und die Dichtkunst. Eine ihrer Romanzen von der traurij^eu Art stehet in AU). For/is viaggio inDalmazia^ Venedis, 17741 Sie reden einen groben Slavischen Dialect, der

*) Das von Ge.. Körnern in Weilers AJun aus ollen ThtUen der Geschichte, l'h. 2. S. 80Q, für Bulgarisch aiisgeo;ebene N. T , Moskau, 170(1, ist nicht in der Bulgaii^ichen, sondern in der luissischen Kirchen- S])r;5che. Ihn verleitete die von dem Bulü.ariüchen Bi- scliolu l'heoplivlactus dem Evangelisten Älatthäus vor- gesetzte Vorrede.

643

mit Türkischen und Italiänischen Wörtern ver- mischt ist, besonders an der Küste, und sich wieder in mehrere Mundarten theilet. An der Türkischen und kaiserlichen Gränze ist die Spra- che reiner. Etwas von ihrer Sprache hat auch Pet. Nutriz Grisogono in Notizie per servire alla Slo~ rla naturale di Dahnazia, Trevigi, 178-»

Zu beiden Seiten Bosniens haben Slavornen (welches sonderbar genug den allgemeinen Nah- men des ganzen VöLkerstammes erhalten hat, seit 798 Dalmatier, Kroaten und andere benachbarte Slaven das so sehr entvölkerte Unter-Pannonien besetzten ) und Dalmatien Varietäten der Ser- vi^ch- Bosnischen Sprache *), und gehören ihr mehr als der Kroatischen zu, ob es wohl schwer ist, die GränzHnie zu ziehen, und hier zwey Dialecte zusammen flief-sen. Zwischen Dalma- tisch-Illyrisch und Kroatisch ist besonders der Unterschied bemerkenswerth, dafs die Kroaten das h (für das Cyrillische x) noch immer wie die nördlichen Slaven wie ch aussprechen, jene Illv- rier hingegen am Anfange der Wörter nur /z, und in der Mitte es gar nicht hören lassen , z. B. muha^ Fliege, hodlti^ gehen, liest der Kroatier miicha^ chodiii^ aber nicht der Bosnier, Dalma- tier. Nach von Taube wird das beste Slavoriisch im Herzogthum Syrmien und demnächst in der Stadt Posiga gesprochen. Vor der Herrschaft der Türken soll die Slavonische Mundart nebst

*) Die Sprache Slavoniens ist dargestellt in Math- Ant. Jielkovidi's (Ober Lieut. im Broder Gränzregiia.) nova Slovenska i Nirnacska Grammatika, 5te Aufl. Wien, '789» 8* "^^^^ P' Marion Lanassovich^s Einleitung zur Slavonischen Sprache, ate Auü. Esseck, 17Ö9, g.

Sb 2

(i/,4

der Scr\ isclien unter allen Slavischen die reinste und behte gewesen seyn.

Zum östlichen oder Servischen Dalmaticn gehöret aufser dem Türkischen Antheil dieses Landes, auch der Freystaat Ragusa. Dieser hat sich durch Klugheit und Keichthum an die tau- send Jahre lang mitten unter so vielen barbari- schen Völkern unabhängig zu erhalten gewufst, so Idt.in luid unfruchtbar arich sein Gebieth ist. Die Einwohner sind ursprünglich Griechen und Italiäner; aber der Wohlstand der Stadt zog viele Servische Familien, und besonders den Stamm der Tribunier dahin, so dafs die bisher übliche Griechische und Romanische Spräche iipch und nach v^on der Slavischen verdrängt wurde; doch ist ihre Mundart noch sehr mit La- teini5>c!ien und Italiänischen Wörtern und For- men vermischt. Auch haben sie viel von der Italiänischen Orthographie angenommen, da- her ihre Schrift auf Italiäuische Art gelesen wer- den muß *j.

Br)hor!zh hat in Litt erat. CaniioL S. 8 und eine Slavische F'ormel, unter dem Nahmen Cy- rillisch^ welche spätere Sammler für Servisch

*) Des Jesniten Barthol. Cassin Grammatica 2//y- rica, i\eiii, 1604, 8, ist Servisch- Daliuatisch. Faum Sil Verontil Dictionariurn ViiobilissiTnuruin Europas lin- cuaiutrii, Lat. Gfman. Irol. Dalmat. et Hiing. Vene- cli', 1)95, 4; mit dem Bohniist.ben und rolnischea veriiiehit von Pet. Lndacker, Prag, 1605, lang 4. y^idiiin ilcilo B^lla, eines Raausaners, Dizionariu Ita- ha-io-hüHno- IHyrico ^ mit einer Illyrisch - Dalmati- schen Sprachlehre, Venedig, 1720, 4; Ragusa, 1705» 4-

645

hielten und als solche wiedergaben, da sie doch eigentlich Kroatisch ist. Da das heutige Kir- chen-Servisch mit der Russischen Kirchenspra- che völlig einerley ist, so kann ich die Servische Formel übergehen, weil ich doch nur die obige Russische, wiederhohlen miilste. Diejenige For- mel, welche Vahasor in der Ehre von Krain^ Th. 2, S. 274, und Ulman im alten MäJiren, Th. 2, S. 5, für Bulgarisch ausgeben, ist eigentlich Kroatisch -Dalmatisch, wie es die Katholiken bethen, daher ich sie bis daJiin vercpare. Fry lie- fert in seiner Patilogr. S. 204. aus einer Hand- schrift in der Bodleyischen Bibliothek eine For- mel, welche er den Strvieru m der Moldau bey- iegt;' allein sie ist ganz in der Kirchensprache, nur schlecht gelesen , und noch schlechter nach der Eugli-^chen Orthographie geschrieben, da- her ich sie weglasse. Das Servioch- Dalmatische oder Ragusanische V. U. im Megiser, N. 35., lind der Leipziger Sammlung S. 51. weicht vuu der von mir aus dem Hervas gelieferten nur in der Schreibung ab, welche doch auch hier vcr- bes.!.ert werden müssen.

In Siebenbürgen wohnt in Reufsdorf im Hermanstädter Gerichtsstuhl eine Siavischie Co- lonie von einer sehr verderbten Miuidart, deren in der Siebenbüro;ischen Quartal- Sclirift, B. 3. gedacht wird, und welche Prof. Aher m dem Litter. Anzeiger, 1798, S. 800. für Servisch hält, ihr gehört die letzte Formel; allein sie \^i sehr mangeltiaft, indem die zweyte, dritte, sechste und siebente Bitte fehlen; vielleicht ist sie auch sonst nicht richtig aufgefafst. Das Woit Basia^ welches liier \'atcr bedeuten Soll, kommt m kei- ner bekannten Sprache vor.

646

269. U s k o k i s c h.

Xjnter dem Nahmen WaJIachiscIi in Valvasor's Khre des

Herzo^tli. Krain , Tli. 2, S. 274» vergL mit S. 4go,

und Ulmans altes J^lalniüy Th. 2, i>. 5.

Otsche nasch, islie iessi Nanebesse, Da suetise Lue tnoye; Da pridet Tzarstuo tuoye ; Da bildet Volya tuoya, jako Nanebessi y

na Semli; Hieb nasch nasuschtschni dasch nam danas; I ostavi nam Dolgi nasche., jakoshe y nie

ostavhamo Dolsnikom naschim ; Y ne vavedi nas va Napast ; Naa isbani nas o[ Lükavago.

270. Ragiisanisch.

^us H.zn'üS Saggio pratticOf S. 167.

Ottsche nasch, koi gesi na Nebessem, Svitilose Innne tvoje; Prighi Cragliestuo tvoje; Budi VogUa tvoja, kako na Nebbu, tako i

na Semgh; Kruli nasch svagdanni dai nam ga i danas; lodpiisii nannni Dughe nasche, kako i mi

od jt.sctnyemo Dugnikom naschhn; 1 ne \^ u edi nas n Napas ; Da osiobodi nas oda Sla.

■'> 271.

Servisch in Siebenbürgen.

Aus der Siebenhürgischen Quartul-Schrifty JB. 3 , und dem

Ijilterar. Anzeig. ijgQf S. Qoo.

Nasch Basta, tosi fam Nibe; Toi posimte toi siiite Jurne;

Toi zeme nasch Liab kete deschne deige-

bosche; Nasehti Gi aeze topraschtine naschtiae Gre-

seiü deinseva is peteni ;

sloKodi otza (viell ot Zla) Kosti tseso höre i Sile, i Putaerae idine i Viag Viekuit. Amen.

2. Kroatischer Stamm.

Kroaten, eigentlich Chorwaten, Chrobalen^ bedeutet Dergbewohiier. Wenn jemand bey die- ser Deutung um deswillen Anstofs finden sollte, weil Go/Yz, Berg, wenigstens in den neuern Dialecten niemals Cliora gfschrieben und gespro- chen wird, dem wird vielleicht d'aiS Karpathische GeZ^/Vgc, welches ehedem CAoAvr/^ geheißen haben kann, eine be'asere Ableitung an die Hand geben. Wenigstens kamen die Chorwaten von diesem Gebiige, als sie um 640 mit den Serviern in tlly- rien einrückten, und das heutige Kroatien, Sla- vonien , das westliche Dalmatien und Krain be- setzten. Da sie aus Qallicien oder Roth-Reus- sen herstammen , so kominr auch ihre Mundart der Servischeu und Klein- Russischen am nach-

648

sten. Sie machen mit ihren Verwandten, den Winden in Süden , den Übergang von den öst- lichen Slaven zu den westlichen ; allein nicht so- gleich in das Polnische, sondern erst in das Slo- wakisch-Tschechische, und dann in das Pol- nische.

Das heutige Kroatien wird auch zuweilen Ober-Slavonien genannt. Bald nach der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts war diese Mund- art auf dem Wege, durch Schriften ausgebildet zu werden, indem sich die Reformation auch hier, so wie in Dalmatien und Krain verbreitete. Primus Trüber^ Anton Dalnmla und Stephanus aus Islrien übersetzten viele biblische Bücher und an- dere Religions-Schrifren in die Dalmatisch- Kroatisclie und Krainische Mundarten, und lie- fsen diese mit Lateinischer, jene aber mit Cyril- lischer und Glagolitischer Schrift in einer eige- nen zu Urach bey Tübingen errichteten Drucke- reydrucken *).

Das Avestliche, d, i. das Kroatische und ehe- mahlige Venezianische Z/ßj/z/z^zz/e/i!, hiefs ehedem See - Kroatien. Zu diesen Dalmatiern gehören auch die Isterreicher um Fiume , und die-alten Liburnier, welche theils Dalmatisch, theils schlecht Italiänisch reden. Doch ist die Sprache

*) S. Christ. Fridr. Sciinu!rei''s Slavischer Bucher- druch in l-^'ürfeuberg y Tübingen, 1799, Von der Kroatischen Mundart selbst aber hat man: Kroatische Spiad'lehrejiir D>iiisclie^ ohne Ort und Jahr in 8- Am Ende der Vorrede Steher, Warasdin, i785' l'raiiz .Korniijs Knuiiische Sprachtel:re für X^eut sehe ^ Agrauj, *795> 8' *^*'- ii*'Uostenecz Gilzophylacinm Latino- Ill^ri- ciun, Zagrab, 174»» 4* Eines gewissen Hu/'cie/jc/t JLa- teinisch - Kroatisches Wrlrt^rbur' . Andr. Jambreasich Ltxicon JLaiinum interpietatioitt lllyrica, Cerinanica et

\

i

bev Triest mehr lihTisch ai:- l"iiöuii5c]i.. Die uiii Fiume sind bereits so sehr iralisirt worden, dafs in der Stadt wenig Kroatisch mehr gesprochen wird. Die Geschichte der Slavlychen Sprache bey dem Kirchendienste in Dalmatien erzählt von Engel m der Geschiclitc des Ui^garisclim Reichs, Tli. 2 , S. 472.

Aufser diesen Kroaten gibt es deren auch in Krain an dem Kutz-Fhisse, ingieicheii in Un- garn, niciit nur in den sechs sogenannten Kroa- tischen Comitaten, sondern ai;ch in den Ge- spanschaften diesseit der Donau. In Ungarn werden sie IVasser- Kroaten genannt, vielleicht weil sie von der Seekiiste stammen, daher ^ie selbst sich auch Dalmatler nennen.

«

Von Kroatischen Formeln des V. U. liefere ich folgende: 1. Die Kroaiisclic ^ ans Prim. Tni-^ bers Krocuischen KatecJnsnius , mit Glagolitischer Schrift, 1561, 8- Eben dieselbe Formel hat unter dem Nahmen Cyrillisch Ad. Bohorizh in seiner Litterat. Carnlol. sowohl S. 85 Jils S. 36, nur dafs er in der ersten Zeile statt des verständ- lichem /ii noch das alte is/ie hat. Eben so hat sie «uich ValvGsor Th. 2, S. 274. 2. Eine andere Kroatische , welche in einigen Wörtern ab^veicht,

Hungarica locuples, 1742, 4? mit einem Index IllyriGO sive Croatico-Latinus. Er riahiu auch rein Illyri- sche Wörter auf. icli habe bereits beuierkt, dafs die Kroaten ihre Mundart gern Illyrisch zu nennen pfle- gen. Eine Chronik von Dalmatien, untl besonders von Ragu?a in Kroatischer Sprache gab Paul B.imr un- ter dem Nahmen Paul Vitezovic'i aus einer alten [Hand- schrift zu Zas*ab heraiis, welche daselbst ^744 uftd »762 iuit Fortsetzungen wieder aufgelegt wurde.

6bO

gleichfalls aus BoJiorizh^ S. 22. und 36. Sie be- findet sich auch in Vahasor 1. c. aber ohne Doxo- logie. 3. Die Kramisch -Kroatische aus P. Muhlii Gebetlibuche in Matth. Pet. Katoncsich Spec. Philol. ci Geogr. Parmoniae^ S. 11 7. Der letztere setzt hinzu, man neige sich jetzt schon mehr zur Illy- aischen Mundart und sage jia Nebeszich^ Kra- hcizlvo , na ZemlJyi^ iisj.agclanycffe, danasz , rutshim. Eben dieselbe Formel hat Vahasor, Th.2, S 2"'4, unter dem Nahmen Slavonisch; allein sie neiget sich merklich zum Krainicichen. Denn Krainisch heifst selbst in der zu Wittenberg gedruckTen Bibel Siavonisch. a. Das Kroatisch- Dalmatischs V. U. aus dem Valvasor, 1. c. 6. Dasselbe ni der gemeinen Mundart von F. K. Alter im Litler.

o •. . .

Anzeiger^ 180 1, S. 1583. Eben daselbst liefert er anif-er der vorigen Formel noch vier Kroa- tisch-Dalmatisclie aus Missalen.von verschiede- nen Altern. Da ihre Abweichung geringe ist, so thcile ich davon 6. nur die erste, und 7. die lezte als die jüngste mit. Caraman konnte sich in dem V. U. nicht ganz nach der Russischen Kirchensprache richten, um nicht bey dem Volke zu sehr anzustofsen , daher er mir einzelne Aus- drücke änderte. Alle diese Formeln liefern das V. U. so, wie es die Katholiken nach den Glago- litischen Kirchenbüchern bethen. Die Griechi- schen Kroaten bethen es wieder nach den ihri- gen. Wenn die Lateinischen Formeln in der letzten Bitte haben ot Neprijazni , von dem Bösen, oder od Zla^ so haben die Griechischen nach Hrn. Dobrowsky ot Liihavago, di:o T'd T^cvr.gox). Sie unterscheiden in ihrer Übersetzung also ■aci.v.og von .TTovii^of, welches der Lateiner niclit thun lionnte. Das Wort Napast , Versuchung, fand sich sonst auch in Russischen Kirchenbüchern;

i

651

man vertauschte es aber mit dem verständli- ch er n Iskuschenie.

2-1-2.

Kroatisch.

Am Trubers Krontischem Katechismus 1561, g.

Otsclie nasch, ki jesi na. Nebesih. Posvetise Ime tvoje; Pr.di Krajlestvo tvoje; Budi Volja tvoja, kako v' Nebi, i takoj na

Semlji^ Hlib nasch vsakdanji daj nam danas; I odpusti nainDiiSie nasche, kako i mi od-

piistschamo Dushnikom naschim; I nevavedi nas v' JN'apast; Da isbavi nas od S'a. lako tvoje je Krajlestvo, i Motsch, i Slava,

vavekj. Amen.

273. Dasselbe.

.4us Bohonzh LhUrat. Carniul.f S. 22 und 56.

Otsce nasch, ishe jesi na Nebesih, Svetise Ime tvoe; Pridi Cesaiastvo tvoe; Budi Volja tvoja, iako na Nebesih, i tako

na Semlij ; Hlib nasch vsagdanni daj nam danas ; 1 odpusti nam Dlgi nasche, iako sehe i mi

odp^ishtschamo Dlshnikom naschim; I nevavedi nas v* Napast;

()5a

Na isbavi nas od Nepriasni. lako tvöje je Cesarastvo, i Motsch, i Slava, vaveki. Amen,

274. Krainisch- Kroatisch.

Aas P. Muhlii GebethbucJie.

Otezs iiascli, koi fsi ria Nebefseh, Ssvetil'se Ime Ivoje; Pridi Cesarastvo (Kralyefstvo) tvoje; Budi Volya tvoja, kak na Nebu, tak i na

Semlye ; Kruba nascbega vf^agdenvega daj nam de-

iiefs ; I odpufsti nam Diige nasche, kak i mi od-

puschamo Dushnikom naschem; I ne vpelyaj nafs vu Sskuschavanye ; Neg ofslobodi nals od Sia.

273- Dalmatisch- Kroatisch.

Aus Valvasoi^s Ehre des Herzogthums Kruin, TIu 2, S. 274.

Otsche nasch, koi iefsi na Nebefsib, Ssvetifse Ime tvoye; Pridi Kralyefslvo tvoye; 'Badi Volya tvoya kako na Nanebn, taky

na Semlij; Kruba uasciiegafsakdanyoga day nam danafs ;

«55

I odpustsai-j iiam Diigi naschi, kriko ij mi

oJpustsyanio Dushiiikom naschim; I nevpeliay ua.Cs Wuapafst; Da isbavi nafs od Nepriasni. Amen.

2-6.

Dasselbe m der gemeinen Mundart.

Von Alter in dem Litterar. Anzeig. iS^»!» S. 1585.

Ol sehe nasch , koi jisi na Nebbesich , Swetise Ime twii^ie ; Priidi Kragkestwo t^voigie; Budi Ychja twoij'a kako na Nebbu, Ina

SemgU; HUb nasch Svagdagrii day nam danas; I odpusti nam Dughe nasche, kako i mi od-

piischiamo Dnshnikom naschim; I ne u\Yedi iias u Napest; Da isbavi nas od Sia.

•277. Dasselbe.

Nach dem Glagolitischen Azbul^vidario f vermuthlich Venedig ißzQ; eben daher.

Otsche nafs ishe jesi na Nebjasich', Swetise Ime twoe ; Pridi Cesarastwo twoe; Budi Wola twoja jako na Nebjasich% i na

Semli; Chljab' nasch' wsagdanni dai nam' danas;

b'S4

I odpusti iiam' Dlgi nasche, jakoshe i mi

odpiifsfstamo Dlshiükom' naschim'; I ne wawecU nas' w' Napast ; Na isbawi nas' od Neprijasni. Amen.

258. Dasselbe.

Nach dem Clagolitischen Missal des Maüh. Caramarif 1741. Jiben dalier.

Otsche nasch, ishe na Nebesjech, Swjetisje Imje twoe ; Priidi Sarstwie twoe: Budi Wolja twoja, jako na Nebesi, i na

SemU; Chijeb nasch ^Ysedennii dashd' nam dnes'; I otpusti nam' Dolgi nasche, jakoshe i mi

otpufsfstaem Dolshnikom naschmi; I ne wwedi nas' w' Napast; Na isbawi nas ot Neprijasni.

3. Südliche Wenden oder JVinden.

Wenden ist ein Nalime, welchen blofs die Deutschen einigen Slaviachen Stämmen gegeben haben; kein Slave kennet ilin, so viel ich weifs. Der Nähme bedeutet Küstenbewohner, denn Wand, Wcnd, Wain ist in mehr als Einer alten Sprache Wasser, Meer. Daher gab es Veneier ^ nach Griechischer Art Heneler in Gallien, es gab Vene/er am Adriatischen Meere, es gab Veneter am Schwarzen Meere, es gab endlich Germani- sche Fr/?ftf'6'/', und mit einer Deutsche)i End'svlbe, Wandalen und Slavische Wenden an der Ostsee; ohne dafs man von diesen blofs geographischen

655

Nahmen auf die Einheit oder Verwandtschaft der damit belegten Völker schliefbcn dürfte. Als nach Auswanderung der Wandalen uud anderer Deutschen Völker an der Ostsee, und nach Un- terjochung derCekischen oder Illyrischen Vene- ter am Adriatischen Meere an beiden Orten Sla- vii^che Stämme zum Vorschein kamen, deren Nahmen die Deutschen nicht wiifsten, so behielt man die einmahl gangbaren Nahmen, wie in mehr andern Fällen geschehen ist, für die Be- wohner dieser Gegenden bey, und so hatte -mau nun wieder Slavische Wenden sowohl an der Ostsee als an dem Adriatischen Meere. Alfred nennt Meklenburg und Pomm.ern W'meduuland^ nnd wenn Helmold Kap. 2. diejenigen Slavischen Volker aufzählet, welche zu seiner Zeit Winhh.i oder IVinuli genannt wurden, so sind es lauter au der Ostsee bis tief in Osten wohnende Völ- ker. Da man mm einmahl diesen Nahmen für einige Slavische Völker liatte, so dehnte man denselben auch auf alle übrige aus, deren be^ sondere Benennungen man nicht wufste. Daher wurden die Serben auch häufig Wenden ge- nannt, und noch jetzt führen sie diesen Nah- men; selbst die Tschechen oder Böhmen wur- den damit btiegt, und sogar läfst Jemandes das zahlreiche Volk der Wenden über die Dacische Alpen bis an die Weichsel wohnen. Wahr- scheinlich wurden denn nun auch die südwest- lichsten Slaven Wenden^ oder wie man hier lie- bersagt, ^f/We/? genannt, weil sie an die Stelle der ehemaligen Veneter traten, nnd so wie diese an der Küste wohnten; ohne dafs man nöthig hätte , sie mit Popowiizsch wider alle Wahr- scheinlichkeit von der Ostsee her einwandern zu lassen.

> Denn (juhcr kamen sie gevviA niclit, wenn sich gleich nicht gfcji:iLi angeben laftit, woher sie gekommen sind. Da sie zürn Antischen oder öbthchen Stamme gehören, und der Sprache nach den Kio;:ten am nächsten kommen: so haben sie Wahrsclieinlich auch schon vor Ahers an dei? Ober- Weichsel in ihrer Nähe gewöhnet, und sind vielleicht von den Avaren ans ihrem Mut- terlande gerissen worden. Dals sie dessen un- geaciitec eni von den Kroaten verschiedener Stamm gewe.sen, scheint ans dem tödtlichen Has^e zu erliellen, welchen bevde Völker noch jetzt gegen einander hegen. Sie wurden zuerst 630 unter ihrem Fürsten ^?i/;r:o bekannt, zehn Jahr vorher, ehe die Servier und Kroaten in Illyrien einwanderteji. Übrigens ist ihre Sprache seht unrein, indem sie AVegen ihrer nahen Verbin- dung mit den Deutschen viele Deur;_->c}ie Wörter imd Formen angenommen liaben, und deren täslich noch mehr aufnehmen. Von ihnen lia- ben sie denn auch den Artikel, la, to, tu, wel- chen die ächten Slaven nicht kennen. Ein Stamm von ihnen in Ober- Österreich, die St oderer im Thale Stoder hat seine Sprache bereits ganz ver- gessen, aber Kleidung und Bauart beybehalten. Was von diesen Winden nocli übrig ist, wohnt in Krain, Käruthen und Lntcr - Steyennark mit Deut- schen untermischt, und spricht seinen Slavi- schen Dialect in verschiedenen abweichenden -Mundarten.

In dem heutigen Krain scheinen mehrere Reste alter Völker zusammen gedrängt zu seyn; denn aufser den schon gedachten Uskoken gil>t es hier aucli Dentsclie verschiedener Art, und Slaven oder Winden von mehr als Einem Stam- me. Unter diesen sind die eigentlichen Kramer

der

de'r herrsch enr'e Theil,'we!c]:e auf rlem Lande den ganzen Herzogthjim zer-.rreuet Jiid,. und sich hier wieder in mehrere Miindurttn theitt-n. Die in Unter- Krain werden Dolenze gerunsnt; sie alle aber nennen sich SlfAvenzl Schon VaU vasor klagte, dafs ihre Mundart immer mehr anssrerbe. Im Jahr 1784 1786 ward a'if Vt r- anstaltüng des Bischofs Von Laibach, das nene Testament in das Krainische üher-etzt, und zu Laibach in zwey Bänden in 8. gedruckt *). Von diesen ächten Kraiiiern unteisc^heidea sich so- wohl in der Kleidung als Sprache: 1. Die Wipa- c//er um Wipach, Leytenbtrg und S. \''eit, Avel- che doch in der Aussprache wetdg von den Krai- nern unterschieden sind. 2. Die Karstver , Wind/ Krashanze^ auf dem Karst, welche eine seht grobe Krainische Mundart in mehrein Abwei-

*) Au'ain ßo^onzh arcticfif luf^iilne <^urc!>'vae di L •- tino-i-atnioliina Lttteranira, \Vitienber^ , i',8l, 8- > ^'^^ eine .'Sprachlehre zniil Behuf »ler danifl'.ils vernnstaiiea ten Bibel- Übersetzung, i*. M.nc. a S A'.touio i\ia' e- r">c'ie Grarnmatri, Laibach, i?'^^, 8- In iler Vorredä Ivlagr. er über den i\!ange) einer Sprachlenre; erscheint also seinen Vorgänger nicht gekaniit /u haben. Ei).-5't dess. kkines IVv'.-eiljtich in dny Sinachen ( K.mineriscii, Deutsch und Lateirüsch ). Laibach, i'"8i > DAfil geliöret noch demselben Glossaiiuin Siavicum in Snr)p[f^- TTienHim Dictioiaiü CarnioUti, Wien, 1792, 4- Alter ist Hieron. Megiseti Dictionarium LV li; ß.ianun, L/emx. Lüt VlyritaiL (^quav, vtilur) S!avorii< a ap!>(J'iatii<-) , Itoliaii'^ Grau, 1591, 8. betrifft die Siullichen Wenden in. Sreyerniark, Kram, u. s. f Der Kreis (Vi mnis^.^rius K'iinar iii in Laibach versprach 1791 eine kritische Krai- nisch - Slavisclie Sprachlehre, von welciier ich doch nicht weifä, ob sie erschienen ist. üli>ssarium Slnvi^ ct,m in Suppkmentum. JJictioii'üiii Carniohci kam zu Wien, »792, 4- heraus.

Mithrid. II. Tt

6.58

chniigen reden. 3. Die TscfihscJicn oder Zysche7i zwischen i\euhaus und S. Serf. 4. Die Piuzchcne oder Poyker an der Poyk; und ^. Die schon ge- d;!chten hlrinner und Fiwner in Inner - Krain, \v eiche Dalmatinisch sprechen.

Die Kärnthner sind die Ouarantanl in der Mitte des sechsten Jahrhunderts, welche der heil. Vir^ ojlius bekehret haben soll. Die im Gailthale oder

o

der alten Windischen Mark nennen sich 6e/^/;7z/; die übrigen, so wie die in Ejrain und Steyer, Slowenzi Ihre Mundart weicht von der Kraini- schen nicht sehr ab, weil die im sechszehnten J:ihrh lindert für Krain veranstalteten Heligions- Sclnif'teii für die Kärnthner mit bestimmt waren *).

In Stcyermarh wird der ganze südliche Theil von Winden hewohnt, besonders das Viertel Ziiiy und ein Theil des Viertels Marberg *'').

Nach D. Anton im Lhterar, Anzeiger^ ^797» No 81.5 wohnet in einem Winkel von Ungarn zwischen Kroatien und Steyermark, vorzüglich in deiTi Salager und Schimeker, zum Theil auch im Oedenburaer und Eisenburger Comitate ein Slavisches Völkchen protestantischer Religion, Xvelches sich von dtn übrigen in der Sprache unterscheidet, inid b\c\\ Slawen ^ SlowenernennX. Da die Ungarn sie Wandalen nennen , so scheinen sie vom Krainisch -Windischen Stam-

* ) Osvü Gutsinann IVindiscfie Spraclikhre ( im Kiivnilmi.«cheri Dialctt), Klagenfurt, 1777, 8- ^^' dess. iJtuisch- IVindischefi Woittrbuck, eb. 17Ö9,

**) Gf. Setlenlo Wcnrlhcha S^prachlehrey Zilly, i'Jiji , 8 nach ileiu Steyersciicu Dialect.

659-

me zn seyn, welchem sich auch ihre Sprächet nähert *). ; -r; £ ,:;.[

279. K r a in i s c h.

Aus Prim. Trüber N. T. , Laibach, 1557, g.

Otsche nasch, kirsi utch Nebesih, Posuizhenii bodi tuie Ime ; Pridi tuie Rralestuu; Isidisse tuia Uola^ koker Unebi, takii tudi

naSemli; Dai nom danas nasch usagdani Kruh; Inu nom odpusti nasche Dolge, koker mi

odpustschemö naschim Dolshnikom; Inu nas ne upelai uto Iskuschno; Samutsch nas reschi Odstesja. ; ,..,«:,.!..,,. .f,<,<7 Sakai tuie ie tu Kralestuu, inu ta Muts^;} .;, drill ta Tschast uekoma. Amen. , f

. -280. _

D a s s e 1 b e. .^j

Von Ge. Dalmatin verbessert f in dessen iJiibel, Witten^ berg^ism-**)

Nash Otscha, kirsi v'Nebessih, ..,

Poswitschenu bodi tvoje Ime.; :

*) SlovensH j^beceidqr, Ptesburg, 1786, 8" DlaST

nexue Testaiiieni: übersetzte Sieph. Küßmitsch in'die^fr Mundart, Halle in Sachsen (veriiitithlich Oedenburg)^ 1771» 8' E,in Nuuvi Graduval oder Gesangbuch ^r*'. schien in derselben Oedenburg, i789> . ,.>.

**) So auch xnit serIngen Veränderungen in B^^ horizli S. 57 und gegen das Ende, und , obgleich ohn'^

Tt 2

C6o

rricli tvoje Krajlestvii; r.-K ■;.'•-'. v.-

Isidi se tvoja Uoia, na Semli, kar v' Ne-

bessih; Nasch vsakdagni Kruli daj nam Janas ; Inu odpnsti nam nasche Dulge, kalcor niy

naschim Dulshnikoni otpustschamo ; lau nas nen^pelaj v' Iskuschnjo; Temutsch nas reschi od Slega. ^

Sakai tvoje je Kralestvu, Mutschj imi: ji r- Xschast^ vekonia. Amen.

281.

i) a s s e Ll^ e.

Aus (km Krüinischm: Nj,' T. i784>

Otsche nasch , kir si v' Nebessih^ Posvetschenu bpdi tvoje Ime^ Pridi k'nam tvoje Krajlestvu ; isgodi se tvoja üoia, kakor na Nebi, laku

naSemh; Daj nam danas nasch vsakdajni Knih; Inu odpusti nam nasche Doige, kakor tudi

./ itiy odpuschamo naschim Dolshnikora;

, ' f - Doxolo«£ie irf Vah'asory Th.'lzi' S. '274, und Vlmans altes Mähren , Th. :a , S. 6. Trüber hatte viele DeuNi sehe Wärter ohne Noth init in seine Übersetziingen auFgenoniinen : -DeJ/, Urschuhy Gnade. Auch war ein Kroatischer Kritikus, dessen IJrthfeil in ScJmurrer's Slav. Bücherdnick , S. 5n 34 zu lesen ist, mit der Art, wie er die vSlavischen Töne durch Lateinische Buchstaben ausgedruckt hatte, nicht zufrieden. Des- sen ungcaclitet-pchreiben die Krainer im Ganzen noch immersu , wie Trüber die Orthographie für ihre Sjpra- cj^§ bestiimut hat. . ^ , .

66 1

Inu ne vpeli nafs v' Skiischnjavo; Temutsch reschi nafs od Hadicra. Sakaj tvoje je Krajlestvu, inu Mogotsclinost, inu Tschast na Uekomaj. Amen.

'282.

Kärnthnisch.

V^on Herrn D. Antqn mitgetheiht. Otscha nasch, kir si v Nebessih, Posvitscheau bodi Ime tvoje; Fridi l^rajlestvu tvoje; Se isidi UoJa tvoja kakor v Nebessih, taku

na SemU; Kruh nasch vsagdajni deij nam danas; Inu odpusti nam Dulge nasche, kakor my

odpustschamo Dulshnikom naschim; Inu ne vpelai nas v Iskushnjo ; Temutsch leschi nas od Slega,

283. Steyerisch.

Von eben demselben.

Otsclie nasch ki fsi v Nebefszah,

Posvetscheno budi Ime tvoje;

Pridj h'nam Kralefstvi tvoje;

Sse sgodi Üolja tvoja kako na Nebi, taki na Senile ;

Kruli nasch vfsagdani daj nam danefs ;

OdpLiTsti nam Duge nasche kaki mi odpust- schamo Dushnicom naschim;

JN"o pele nafs ot Sskuschnchu;

Tejmuch odresclu nafs od Slega.

p63

\

2S4-

Steyerisch in der Gegend von

S. Lorenzen.

Aus Katancsich Spec. Geogr. Psnnoma&, S. 117. Otsclie nasch kr fsi v' Nebefsah, Posvestscheiio budi tvojelme; Pridi li-nam tvoje Rialefstvi; SgodifseUo]ja tvoja, kakriiaNebi, takrn^

Semle; Dajnam daiiefs nasch vfsagdani Kruh; jN[ain od;jiifsti nasche Duge, kakr mi Qt-

pufslimo naschim Dushnikom; Nafs napele ot Sskuschnohu; TeniLJtsch nafs odreschi od Slesra.

285.

Ungarische Winden.

Aus dem vorhin gedachten N. T.,.. von Hrn. D, Anton mitgttheikt.

Otscha nasch, kl fsi vu Nebefsay, Ssvei i fse Ime tvoje ; Pridi tvr 'ilefstvo tvoje; Bojdi Uola tvoja, kako je vu Nebi, tak i na

Senili; Krucha iiaschegävfsakdeneschnyegadaj nam

gad.-efs; I odjjLifsti nani Duge nasche, kako i mi od-

piistschamo Dushnikom naschim; I ne V'pe.'aj nafs vu Ssküsic]iavanye; Nego ofsloubodi nafs od Chudoga. Ar je tvoje Kid'efslvo, i Moutsch, i Dika,

iia Veke. Amen.

665

2. Westlicher oder Slawischer Haupt stamm.

Der CTiarakter dieses Hauptstammes der Sprache nach ist bereits zu Arilimge angegeben. Eb gehören dahin die Polen nebst den Kassaben und Schles'ern . die Tschechen oder Bor.inen nebst iliren Stammebverwandten den Mahren und SJq- vaken in Ungarn, d^\Q Serben in den beiden Laii- sirzen und die nördlichen IVenden. Die fcämmrli- clien Sl iven dieses Stammes haben die Lateini- sche Schritt angenommen; denn die Deutsche eckige, zu welcher sicli die Böhmen bequemet haben, war ehedem von der Lateinischen nicht verschieden. Weil diese nicht alle Slavische Töne nachbilden konnte, so such.te man sie auf ver- schiedene Art dazu gescliickt. zu machen. Da die Schreibung zu meiner Absicht nichts bei- tragt, sie vielmehr bey so vielerley Sprachen nur das Lesen erschweret, so habe ich die For- meln und Wörter, wie in den meisten ähnlichen Fällen nach der Aussprache geschrieben.

A. Polen.

Keine Geschichte irgend eines Slavischen Stammes ist in den altern Zeiten so sehr in Dun- kel und Dichtung verhüllet, als die Polnische, weil Polen unter allen am spätesten Gescliiciu- schreibtr gezogen hat. Man weifs nur, dafs hier ehedem mehrere unabhängige Slavische Stämme wohnten, von welchen die Masuren, Wiaian- ter, Wielunzaner und andere wenigstens dem Namennach bekannt sind. Vermuthlich kamen sie mit den Russen zugleich von der niedern Do- nau, und bemächtigten sich nach Abzug der Gothen und anderer Deutscher Völker in Osten lieijenigen Gegenden, welche in der iuige

6f^4

Grofs- und Klein- Polen, Pommern, Preufsea und Schlesien genannt wurden, in l^reufsen iMid Lithai.nrn .sc! moizen sie mir den iibiig-ae- bürbt-nen Dciir eben z isammen, und bildeten viciieicht nur einem dritten noch unbekannten Stamm, ein drittes vcrmibchtes Volk, die Letten, l-)5e ganze Nation lührre den Nahmen dt:i Lechen^ bekam aber von den Pofo/ien, als dem herrschen^ den Stamme, tlt^n Nahmen der Polen. Dies-r Nähme, welcher im Dirmar zuerst vorkommt, ist Von den Kbenen hergenommen, welche die Nation bewohnt. Die Polnische Sprache unter- bciieidet sich behr merklich von ihrer Ö!!>tlicheu Schwester,' der Russischen, unter andern auch in der Zuoammeuytelluns; mehrerer harter Con-» Sonanten, woriiT sie ^ie Böinnische noch über- trüTr, selbige aber in der Aussprache sehr , zu n.'ildern weifs. Auch treibt sie die Vorliebe für die Zischlaute unter allen Slavischen Mundarten am weitesten, S;^ dafs sie auch deren drey ihr ganz eigene hat. Seit der Armahme des Christen- thu-rns nach Lateini^clier Sitte irp Jalir 965, blieb die. Cuitur der S])r3che zurück, weil man ihr so Wühl \h der Kirche als in Geschäften , und selbst im 'Umgangs ein barbarisches Latein vorzog. Wa-;« ihr davon noch ward, hat sie dem Zeitalter der Sigismuncle und des Stanislaus Augustus zu danken, liintr' welchen sich die Mundart der Haupt-tadt zur Schriftsprache ausbildete, und_ zu einer wirklichen Blüthe emporstieg, wie sie bis uzt keine- unter den Sprachen dieses Stam- mes erreicht ha''. Vorzügliche Geisteswerke reichen bis zu der Zeit der Theilung Polens, deren Wirkungen auf die Sprache noch nicht entschieden sind. Als ihr der Unters^^ng zu dro- liea schien; bildete sich 1801 zu Warschau unter

j

665

dem Vorsitze ries gelehrten Bi-clioft Albertranoi eine gelehrte Gesellschaft, deren Zweck unter andern auch ist, die Reinigkeit der Polnihchen Spra- he zu erhalten, und Avelche 1803 den er- sten Band ihrer Schriften heraus gab, und deren Eifer um so mehr forrdauert, seitdem sie von der Rfcgieruiig begünstigt und das Polnische wie- der die Gebchäftäbpxache desHerzogthuips War- schau ist *).

Littcratiir der Polnischen Sprachkunde.

Jer. Roteres Schlüssel zur Pohlischen und Teut>>chen Sprache. Bresl. 1616, 8.

Fr. M. Menwski inAtitutio Polonicae, Italicae et GaUicae liiiguae. Dant. 164g, 8-

M. G />o-6/f7r,(/'i Gramatyka Pulska. l6CS->

St. Joh. Malczowski' s kuizer Begriff der Pol- nischen Sprache, Riga 1687; und eben dess.

*) Eines rler ältesten Überbleibsel der Polnischen Sprache ist vielleicht der zu Wittenberg befindliche Latfii»i5( he P^ülter mit einer lohiischen Ll)ersetznng ^wischen den Zeilen , welcher ans dem zwöllten oder dreizehnten Jahrhundert seyn soll. Mai) sehe Lilitrif ijai's Pikujs. ZtJienteii ,■ Th 2, S. 5^4? wo auch einige Proben daraus abgedruckt sind, z. B. Ps. 1 , i. Bluzerty muz geiiz nt i)u^tui)il po radie ntiny losl'nvich a na czitstit hrziesstiich nt slal. Nach Ps. 15, 5 ist nach der Vul» gata Folgendes eingeriickt» P.uw oti,voizeiiy gest hirtau gich f yazyby siryniv Usinye czynyechu gi^il uspidoivy pom Jerry £icn. Cyihz usta kleJwy a horzkosty pelna ysut birzly nohy gich kprotyi'j kviwe üetrzUnye a iiezbozie rin ciiestuch gich a czitüty pokoine ne poznaly , tuiiye strachn bozUho przied ntzyma gich.

Von dein Character der Sprache, besonders von ilirer Ähnlichkeit mit der Lateinischen , befindet sich einiges in dem Göttirig. Mugaz. 1781, S. 257. Etwas vollsrandiger handelt davon J- S. Kaitijiifs über den GcisL der J:^olnisckai Sprache j Halle, 1804» Q.

666

iiova et methodica instilutio in lingua Polonica, ebendas. i6g6. ^

Neue Polnibche Grammatik. Warschau, 1699, 8.

Barth, Cas. Malitzki tractatus ad compen- diosam cognitionem linguae Polonieae. Crac. 1699, 8. ^

Jo. E. MüUenheim s Polnische Grammatica, Brieg, 1717, 8-

Jo. Monetae enchiridion Poloniciim. Thorn, 1722, 8.

Polnische Grammatik, ^xe Aufl.

Vermehrt herausgegeben von D. Vogel. Bres- lau, 1805, 8-

Jo. Ge. Schlages Polnische Sprachlehre. Bresl. 1734. 4te Aufl. 1768, 8-

C. F Müller' s Polnische Grammatik. Königsb. 1750, 8. _ '

( Onuph. Kopczynskl) Gramatyka dia szkqi narodowych, na klass^ I. Warsch. 1778? n- i^h If. 1780, n. kl. III. 1783. jeder Theil: z przypi- bami, d. i. mit (ausführlichen) Anmerkungen. Neue Aufl. 1784? 8- Das Hauptwerk über diese Sprache, aber ganz Polnisch.

Uklad Grammatyki dia szkot narodowych.j Warsch. 1785, 8-

Alex. Adamowicz praktische Poluische Gram- matik für Deutsche, mit einem Wörterbuche, Berl, 1793; wobei die folgende Grammatik in der Handschrift sclion benutzt wurde.

Jo. Lud. Cassius Lehrgebäude der Polni- schen Sprachlehre, mit aclit Tabellen der De- clinationen und Conjugationen zum Unterricht für Deutsche. Berl. 1797, 8-

Naili. BudPs Anweisung zur leichten Erler- nung der Polnischen Sprache. Berl. 1799, 8.

: •• . /. Kutsch's Polnische Sprachlehre für Schu- len. Bresl. iSoo, S-

Christ. Cöl. Mongrovius Polnische Sprachlehre, für Deutsche, 2te Aufl. König.^b. 1805, 8.

/. Sev. Vaters Grammatik der Polnischen Sprache in Tabellen, Regeln und Beyspielen. Halle, 1807, 8"> auch Französisch.

( Oll. Kopczynshi^ Essai de Grammaire Polo- noise pratique et raisonnee pour les Fran^ais. Varsovie, iSo", 8?

Greg. Cnapii Thesaurus Pdlono - Latino- Graecus. T. I. II. Cracov. 1643, fol. und öfter, z. B. 1726.

Mich. Abr. Trotz Dictionnaire Polonois, Al- lemand et Frangois. Leipzig, 1742 64. Th. 1 III. 8.

Sc/avarz Deutsches imd Polnisches Wörter- buch. Königsb. 1769, 8-

Äir. Kondratowich Polnisch -Russisches Wör- terbuch. Petersb. 1775, 4-

Dan. Vogets (kleines) Polnisch - Deutsches Lexicon. Bresl. 17S6, 8-

(JoA. Vinc. Bandtkes) Neues Taschenwör- terbuch der polnischen, deutsclien und franzö- sischen Sprache. Breslau, 1805, 8? ein Aus- zug aus dem Folgenden.

( Ge. Som. Bandtkes) Vollständiges Polnisch- Deutsches Wörterbuch. Bresl. 180G, 8.

Slownik jezyka Polski ego przez M. Sam. Bog. Linde, T. l. Th. l. A F. Warsch. 1807, 4. Das grofse mit Verlangen erwartete kriti- sche Wörterbuch der altern und neuern Polnir sehen Sprache, worin eine Menge von Stellen der Polnischen Schriftsteller von aller Art zum Belege der Bedeutungen abgedruckt, und bey

66{j .

jedem Worte die entsprechenden Wörter aller übrigen Sprachen des Slavischen Stammes auf- gestellt sind. *)

Unter den Volks - Dialeclen der Polnischen Sprache gehören die der Masureii in einem Theiie des ehemalige» Masoviens und Podlachiens, irad die der Kassuben zu den gröbsten und unfein- sten. Doch unterscheiden sich die Ka!?8n!:)en in Pommern, dem Lauenburcischen und West- Preufben auch in der Mundart, Die eroten, wel- che vielen Umgang mit l^eutschen haben, ha-, ben auch viele Deutsche Wörter mit aufgenom- men, gebrauchen auch viele Poinii-che Worter in ihren oanz eichenen Bedeutuno;en. Die iii

W^est-Preufsen reden, weil sie an Polen srän-

... ^

zen, ziemlich rein Polnisch. Für alle i.bt das Pol- nische die Kirchensprache, daher ihnen auch Polniscli g^prediget wird, doch mit Annäherung an ihren besondern Dialect. Daher mag es denn auch wohl kommen, dafs die Sprache in dem V. U. von dem Polnischen nicht so sehr ab- weicht, als die gemeine Mundart. Von den Kassuben in Pommern sehe man Büschfng's IVo^ chenbl.^ Th, 7, S. 182, 189, nwA Bern ouU'i s Reise durch Brandenb. und Pommern^ B. i. , S. 136.

Schlesien war in den ältesten Zeiten ein Theil von Polen, und ward mit unter dessen

*) Von der Polnischen Bibel - Übersetzung sehe man die Nachricht Sam. Km. Tsdiepü in Lilieiithars I'reufs. Zehenten , Th. 2. 5. , und ^'. Willi. Ringeltau-, ke^s gründliche Nachricht {.on Polnisclien Bibeln , Danz. J744, Diese und Kphr. Olofs Pobiische Lieder - Ge-r schichte wurde ohne Anzeige der Verfasser wieder her- ^iispegebi;n unter dem Titel: Bes'iräge zur Pohiischcn V.'thlichen Kirchen m und Gelehrten- Geschichte. Danzii:', »764, 8.

€6g

Niihmeil begtuTen. Erst um 1163, da es seme eigenen Herzoge bekam, nannten sich diese Du- C€S S/esiac, d. i. nach Dobrovvsky, der hintern, in Rücksicht auf die Böhmen, als der vordem. Die neuen Herzöge hatten meist Deutsche Müt- ter, und waren nach Deutscher Art erzogen, und da Schlesien ihnen nur gezwungen war ab- getreten worden, so hatten sie Deutschen Schutz nöthig. Daher ihre frühe Vorliebe für die Deut- schen, und Begünstigung Deutscher Colonisten, iumahi da die Slaven nur das flache Land zu bauen wuftten, und die Gebirge vernachläfsigten. Alle Städte an und auf dem Gebirge von der Lausitzischen Gränze bis nach Troppau haben Deutsche, die am Fufse der Gebirge und auf den Ebenen aber Slav.ische Nahmen, Die heil. Hed- wig au« dem Hause Meran, Gemahlinn Hein- richs I, hatte vorzüglich viele Verdienste um die Cultur des Landes durch Deutsche. In den Ur- kunden kommen bald Fläminaische, bald Frän- kische Hufen vor, zum Beweise, dafs die Deut- schen aus allen Provinzen waren; denn dafs es in den Gebirgen noch Überbleibsel der alten Ly- gier, Quaden ü. s. f. geben sollte, ist nicht sehr wahrscheinlich. Dadurch ward denn die Polni- sche Sprache nach und nach verdrängt. In Bres- lau war sie schon urti 1300 völlig unbekannt. Indessen gibt es nahe um Breslau mitten unter Deutschen Dörfern noch einen Strich, wo die Polnische Sprache herrschend ist, so dafs in der- telben geprediget werden mufs.

Alles dieses gilt zunächst von Nieder- Schle- sien. In Ober - Schlesien liefsen sich weniger Deutsche..nieder; doch findet man auch hier Flä- mische Hufen und Deutsche Stadtvögte. In der letzten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts brei-

67<>

teten sich die Hiirsiten in Ober- Schlesien 3u<^, und nun verdrängte die Böhmische Sprache die Deutsche und Lateinische ans den Urkunden und Gerichtshöfen, besonders in den Fürsten- thiimern Oppeln und Ratibor. Beyde wutden oft verpfändet, und besonders 1645 1666 an Polen, Avodurch sich das Polnische wieder hob. Die in Ober - Schlesien üblichen Sprachen be- weisen die Vermischung der Völker, ^ In Trop- pau und Jägerndorf spricht man Deutsch^ bis auf einige Gegenden, wo ein mit Polnisch vtr- mischtes Mährisch herrscht; in Oppeln und Ra- tibor aber ein verdorbenes Polnisch, welches ein Pole nur schwer verstehet. Man nimmt Deutche W^örter, im J gibt ihnen Polnische En- dungen und Wortfügungen. Doch bedient man «rieh in den Kirchen Polnischer Gesangbücher. Nur die Medziborische Gemeinde hat ein Ge- sangbuch in ihrer eigenen Mundart, von einem Sam. Cretius ^ 16S2, 12; Brieg, 1725, 12.*)'

Polnisch.

Aus der Bibel f Halle ^ 1726, 8-

Oitsche nasch, ktory jest w Niebiesioch^ Swiets sie Imie twoie;

*) Man sehe Frid. IVilh. Pachnly trefFliche Ge- schichte von Schlesien, Th. 1, und von dem Ober- Scli'esischen Dialecte bseonders: Der Hoch i- und Platt- Pohiiaciie. Reisegefährte ^ nebst dne.ryAimei'- sttng zur Selbsliibuiig dieser Sprache y Breslau, iQo^y Q*, .Ririiler über den Ober - Sch.lcsi^chen I^andufa-in , iiiul Jiandtke's Analecten 'in den Anmerkungen zu Anlvns. Versuch über die Slaven,

Prsydscli Krolestwo t woie ;

Boiidsh Wola twa, jako w Niebie, tak y na

Slemi; Clileba naschego powschedniego day iiam

dschisia;

Y odpusi nam naschi Winy, jako v my od-

pustscUamy naschiiii Winowajtsoin;

Y nie w wodsch nas na Pokussenie; Ale nas sbaw ode Slego.

Abowiem twoje jest Krolestwo, ylMots, y Chwala , na Wieki. Amen.

287- Kassubisch in Pomrnern.

Aus dem Kassuhischen Katechismus , Danzig, »758, 8.

Oytsche nasch, ktory ies w Niebie, Svvietsono badschlmieiv/e; Prsydscli twe ivroiestwo ; Twa sie Wola stani , iako w Nietie , tako y

na Siemi ; Clileb nascli powschedny day nam dschlsja;

Y odpuscli nam nasche Wiuy iako y my od-

pustschamy naschim Winowaytsom; A nie wodsch nas w Pokufsenie ; Ale nas sbaw od Sljego. Bo twe iesta Krolestwo, twoia Moa, y

Potschesnosch ( Chwala j as na Wieki

Wiekow. Amen.

,B. Tschechen oder Böhmen.

Der Nähme Tschechen ist nach des gelehrten t)obrowbky höchst wahr-cheinhchcn Mtithrna- fsung *), wie so viele andere Volkshahmeii, ein Local - Nähme und bedeutet die Vort/ern. S'e erhielten denselben von den östlichem Srärn- men., und zwar sehr früh; denn er kommt schon im Nestor vor, weil sie die westlicli.-iteit ■waren, urti sie von den Sk.sicrn als den hintf-rti zu unterscheiden. Wanderten die Slaven in der Ordnung ein, in welcher sie jetzt wohnen, so waren die Tschechen nebst den Serben die ersten oder vordersten. Den Nahmen Böhwf-ri liaben sie von dem Lande, welches sie besetz- ten, Bojohemum^ dem ehemahügen Wohnsuze der Celtischen Bojer, auf welche Germanische Markomannen, und nun Slavische Tschechtrt folcrten. Öiese, und ihre StammesvervVandte, die Mähren und Slowaken wanderten ungefäf um die Mitte des sechsten Jahrhunderts, naGh Zerstörung des Thüringischen Reiches, welches sich allem Ansehen nach bis über Böhmen er- strecket hatte, in die noch jetzt von ihnen beses- senen Länder ein. Unter und neben ihnen vVoh- nen noch viele Deutsche, selbst der Sprache nach, deren in Böhmen ein Drittel, d. i. Eine Million seyn sollen; welche aber ohne Zwti.el spätere Colonien sind, ungeachtet sie ein grobes verderbtes Deutsch reden, welches im Flllenbo- oener Kreise, welcher ganz von Deutschen be- wohnt wird, kaum verständlich ist.

Durch

: f . ^

') Dobrovvsky Abhandlung über den Nahmen Tschti.h. Prag, 1732, 1 Bog. gr.

6-75

Durch das in der letzten Hälfte des neunten Jahrhunderts angenommene und von Deutschen Priestern eingeführte Christenthtim ward der erste Grund zur fernem Cultur geleot, aber auch die Sprache mit Deutschen und haXehn- sehen Wörtern vermischt, so wie man auch die eckige Deutsche Schrift beybehielt. Das älteste Stück der Böhmischen Sprache ist ein altes. Kir- chenlied des ßischo'i Adelbert etwa von gqoj weiclies in sei-ner alten Mundurt, (wenn sie niclit in der Folge verjüngt worden) noch jetzt in eini- gen Kirchen gesungen wird *}. Der älteste Schriftstcilei in Böhmisclier Sprache aber ist DaJe^nit^ welcher seine Ciironik 1310 in Reimen •schrien. In die-es Jahrhundert fällt auch iiie erste Bölimische ßibel-Übersetzimg, (wovon sich in der Dresdener königlichen Bibliothek eine Hand:^chrÜ't auf Pergament befindet,) und über- haupt der Anfang der Böhmischen Cultur nach Deutschen Mustern. Unter und nach Caiin IV maclite Böhmen sehr starke Fortschritte in der Cultur aller Art, so dafs es darin alle übricre Slavische Siämme übertraf; allein mit der Schlacht am WC i (seil Berge, und der Verlegung; der Residenz nach Wien gingen Cultur und Wohlstand zum Theil verloren. Dafs es in ei- nem Lande von eineni so beträciitlichen Umfange mehrere jM und arten gibt, ist der Natur der SacIiC gemäfs. Die Mundart der Hauptstadt ist auch

*) Es stehet unter andern in des Adauct. Vogt Abhandhiiig von dem Rirchengesange in Böhmen in des COM BüTTi Abliandl. einer Privat- GtftHych. in Böh- men, Th. 1 , S. 2n, und nach der heutigen Sprache, S. 215; richtiger und mit Eiläuteiungen aber in IJu* broi'Vs'y GeidxiJite, dir ßclimisclien Spracne, S. 59, 60. MUhrid. II. ^-^U

674 ^

hier die gebildetste, so sehr ihr auch die Deut- sche und Französische Sprache in deji obern Classen in <\en Wefj treten. Im Schreiben bil- den sich Schriftsteller von Geschmack nach den besten Schriften des sechszehnten Jahrhunderts, besonders nach den unter dem Kaiser Pvudolph (^577' i6iö) "vvelchfes der glänzendste Zeittheil der Böhmischen Sprache war. In Zusammen- stf.'llung mehrerer Consonanten nähert sich der Böhme dem Polen.

Litteratitr der Böhmischen Sprache.

Von der Böhmischen Sprache und ihrer Ge- schichte sehe man vor andern des gelehrten Ex- Jesuiten Jose. Dobrowshy ^ ehemahligen Rectors des Seminarii zu Olmütz Schriften, besonders seine Geschichte der Böhmischen Sprache und Lit- teratur in den neuen Ahhaudl. der k. Böhmisclien Geseilsch. Th. i , S. 31 1; auch einzeln gedruckt, Prag, 1792, 8; ingleichen ebendess. "ferg/e/- chung der Russischen und Böhmischen Sprache nach dem Petersburg. Vccabul. in seiner Reise nach Schr.'e- den und Rußland , Prag, 1796, 8, S. 121. Maxitn. SchimelxS Handbucii der BölimisclienlJi teratur^ Wien, .1785181 enthält S. %^. 78. ein Verzeichnifs der Böhmischen Sprachlehren und Wörterbücher.

Wencesl. Joh. Rosa Grammatica linguae Bchc- 7??/V<7<?y.Prag, (1672), 8y war lange Zeit die be- lit'bresTe, ungeachtet der Verfasser manche Neue- run^ien -.vagte.

Joh. l'Venzel PohVs Böhmische Grammatik ^ Wien, 1756, 1764, 1773, 1776, 1783, 8, ist fast nur eiirj tJbersetzuug der VQrigen>, mit eini- gen Zugaben.

( U'cfices/. J'.'ndit) Grammatica linguae Boh'enii- cae, Pi'''g, 17035 12; mit dem Deutschen ver-

675

mehrt, 1715, 8, 173958, ein blofser Auszug aus dem Ro^a.

Franc. Jo. Tomsa (gute) Böhmische Spraclilehre, Prag, 1782, 8-

Ge. Peter mann' s Böhmische Grammatik ^ PreSr bürg, 1783, 85 is^ keine eigentliche Sprachlehre, sondern handelt nur von der Orthographie und Prosodie.

CarlThauis kurzgefnfste Böhmisclie Sprachlehre, Prag, 1785, 8, und

Franc. Mart. Pelzet s Cruiuhätze der Böhmischen Grammatik, Prag, 1793 und 1798? 8? gehören zu den neuesten.

Jofi. Negedly's Böhmische Grammatik^ Pi'-ig j 1804, Sj ist nun die vollständigste.

*

. Von Wörterbüchern hat man: Casp. JVüssin Dictionarium triam linguarum Gemunncae. , Latinac, Bohcmicae, Prag, 1700 1706, 3 Theile"'in4; neu aufgelegt, 1722 und 1742 1747-

Joh. Carl Rohn Nomenciator triam linguarum Gcrmanicae, Latinae, Bohemicae ^ P^^g , 1764 1768, vier Theile in 4, ist. nach Jen Materien eingerichtet. Des bessern Absatzes wegen ga-i man ihm 1769 den neuen Titel: Dictionarium Lalino - Germanico - Bohemicum.

Carl Tham's Deutsch - Böhmisches National- Lexicon, Prag und Wien, 1788? gi". 8; mit mei- ner Vorrede.

Franc. Joh. Tomsa kleines Deutsch - Böhmisches Wönlerbuch ^ Prag? l'^89? 8? wnd vollständiges Böhmisch - Deutsch - Lateinisc/ics Wörterbuch mit Dobrowsky's Vorrede ^ eb. 1791, gr. 8-

Zur Geschichte der Bibel- Übersetzung die- nen: Joh. Gottl. Elsn^r Versuch einer Böhmischen

. Uu 2

67<5

Bibel- Geschichte, Halle, 1765, 85 und in der Vorrede zur Böhmischen Bibel, Halle, 1766, 8; Fortun. Durich diss. de Slavo - Bohemica S. Codicis versione, Prag, 1777 5 8; Jose, pobrowsky über das Alter der BahmiscJien Bibel - Übersetzung , in von Born Abhandl. B. 5, S. 300, und in den neuen Abhandl. der kön. Böhmischen Geselisch. Th. 3. R. K. Ungars allgemeine Böhmiscfte Biblio- thek in Dobrowsky's litterarischen Magazin, auch besonders, Prag, 1786, 8? enthält blofs Böh- mische Bibeln und biblische Bücher.

Von der Böhmischen Sprache unterscheidet sich die Mahrisch.e n iir als Dialect. Die Mähren (de- ren Nähme vom Flusse Morava herkömmt) selbst nennen sie Morawsky Gazyl\ die Mährische Spra- che, nicht so gern Czesky Gazyk, die Tschechi- sche Sprache, indem der Nähme Tschech den Mähren doch eigentlich nicht zukommt, wenn sie gleich Stammesvcrvvandte sind. Man theilet die Sla vischen Bewohner Mährens in HomiaJien^ Walachen und Slofvaken. Die erstem, welche den Nahmen von dem Flusse Hanna haben, sind die eigentlichen Mährischen Bauern, und be- wohnen den flachen und fruchtbarsten Theil der Provinz. Sie zerfallen nach ihren Wohnsitzen wieder in Hannaken ^ Blatniaken und Sabetschakeir. Man hält sie für die ältesten Ein\vohner, wie sio denn auch manches Besondere in der Mundart haben *). Die Walachen be\vohnen das Gränz- gebirge zwischen Ungarn und Mähren, nähren

*) Bibliothek der MäJinscIien Staatskwide., Wien, 1736, 8, Th. 1, lind von den Hannaken, HacqiicVs neueste Ae/sc/i , Th. 4> S. 214, und Maxim. Schimek^s 3viei in Sclilözcr\s Briefivechsel y Th. 7 , S. (220, wovon aber eigentlich der Abbe Phil. Friebek V^erfasser ist.

^7

«ich von der Viehzucht, rmd reden einen Dia- lect, der schon mehr in das Slowakische fällt, als das Mährisch- Hannakisclie. Doch sprechen üe noch das rauschende rz, d. i. rs/i (etwa wie rg in dem Französischen orgenl) wie die übrigen Mähren, welches die Slowaken nicht thun. Sie heifsen Walachcn^ weil sie die Schafzucht, wie die ächten VValachen treiben , und sich ihnen auch in der Tracht nähern. Walach halfst dort in dem Gebirge überhaupt ein Schafknecht. Zu ümen gehören auch die Kopanit scharen in eben diesem Gebirge, von Kopatikza^ ein Feld, wel- ches mit der Haue bearbeitet werden mufs. Die meisten von ihnen sind Protestanten- Einige Nachricht von ihnen befindet sich in Fabri's ßey- trägen zur Geographie ^ Th. l , S. 358.

Die Slowaken odev Slawaken, d. i. die an den öi;tlichen Granzen Mährens und hin und wieder in Ober-Ungarn wohnende Slaven, sind entwe». der mit den Tschechen zugleich eingewandert, oder auch noch Überbleibsel des Mährischen Reiches, welche nach dessen Verfall von den Ungarn unterjocht und zu Leibeigenen gemacht worden, daher auch Sitten und Sprache in der Cultur zurück geblieben sind. Diese kommt der Böhmischen nahe, nur dafs sie \veniger ausge- bildet ist, und sich wieder in viele Nebenzv/eige theilet, deren einige mit Deutschen, andere mit Ungarischen, und noch andere mit Polnischen Wörtern vermischt sind, je nachdem sie in der Nähe solcher Städte wohnen, von deren Ein- wohnern sie fremde Wörter und Formen ent- lehnen. Das Böhmische ist für sie eine Art Kir- chensprache, in welcher auch geprediget wird. Die katholischen Geistlichen bilden sich seit etwa fünfzehn Jahren nach Bernolah's Sprach-

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lehre: die Protestanten aber haben einen eise- nen Lelirstuhl der reinen Böhmibchen Mundart zu Presburg gestiftet ' ).

Ich vveifs nicht, ob zu diesen Slowaken auch die Sotalien in Ungarn gehören, welche von der Stadt Kassoma an bis nach Ungiiar unter Un- garn, Russen u; s. f. wohnen. Man vermutliet, dafs sie aus Böhmen sind. Sie sind reformirter Religion, haben auch eine reformirte Kirche in Kemenzey, wo aber der Gottc-^henst in Unaari- scher Sprache gehalten wird, und ein geschrie- benes Gesangbuch in Böfimischer Sprache, wel- che aber niemand verstehet. Fabr'Cs neues Ma- gaz., Th. 2, S. 193.

288. Böhmisch zwischen 1390 und 1410.

Aus der handschriftlichen Bibel- Üi^ersetzang in dir Dres- dener Kbnigl. Hibliotheh.

Otsche nasch jensh gsi Wnebesiech, Osniei" sie Gmie twee; Prfsid Kralowslwie twee; Bund Wuole twa, yako Wnebi, }^v Semi;

*) S. Dohraivs]-.y''s Bö! misclies Magazin y St. 2, 5 161. Ijüdisl. Baitolomddis Disp. de Bohemis Kishon- unsibiis, VVirtenberg, i7^';5, bi der Kischhonter Gespannscliiitt sind die meisten Einwohner auf dem Lainie Slowaken. Paul Ddlfsc^'.ulPs Grarntnaiica S'm'o- BoInniirUf riesLnirjg;, i?;^) ist eine Böhmische Sprachlehre mit den hie und da angezeigten Abwei- chungen der Slowakischen iMinulart. Birnoloh''s Grum* nidtiiü Sliivi u, ob. i^QO, 85 ist ganz nach der Slowa- ls.i«<,h»^n erobern Sprechart abgelafst. Von DolescIitiU lint man ancii, Dnnaium iMli.tn- Cermnuico liunga- rico- Bo.'teinicum^ Presburg, ohne Jahr, {j.

079

Chleb nasch pokladny day iiaiii dnes ; AzdpuussLSchi iiam Dkiiiie iiassle, yako vmy odpuusstschjeiny Dlufsnikoiii uassiem,'

Y neuAVLiod nas w' Pokirssenve;

Ale wiswLiobcd nas ote Sleho. Amen.

289- B ö h m i s c h.

Aus der Hussiten- Bibel , Venedig ^ 1506.

Otsclie nasch gensch gsy na Nebesyech, Oswiete' se Gmeno twe; Prsyd' KraloAYStwije t\Ve; Bud' Wiiole twa, yako w Nebi, y w Semi; Chleb nasch nadpodstatny day nani dnes;

Y odpust' nain ii,asche Winy, yakos y my

odpusstijme naschin Wmijkoni;

Y neuwod' nas v Pokiissenije ; Ale sbaw nas od Slceho. Amen.

290. Heutiges Böhmisch.

Aus d.r Bibel von 1730 , ß.

Otsche nasch gensch gsv na Nebesych, Poswet' se Gnieno twe; Prid' Kralo \\ stw j tw e ;

ßiid' Wule tvv'a, jako w Nebi, tak y na Semi; Chleb nas nadpodstatny "*") daj nam dnes;

*) Nadpodstatny ist eine bnclistäbli- he Übersetzung des supersubäfantialis,_ ,D;i es aber sonst.heyoer Messe he'iist pantm Kos;rum"qii6tidiü.r.uni , so bctlien alle Böii- iiien Chkb nasch we^dtysc'ii.

68o

A odpiist^ nam nasche Winy , gakosch y m^

odpaustjme naschim Winujkuin; A ne vvYod' nas w Pokuschenj; Ale sbaw nas od Sleho. Amen.,

291. Slowakisch,

Aus den Evangelien, Tirnauy 1769, 12.

Otsclie nasch, ktery gsy na Nebesach, Poswet' se'^) Gnieno twe; Prigd KralovYStwj twe; Bud' VViiIa twa, gako na Nebi, tak y na

Seini; CWeb nasch wesdeyschij dag nam dnes ; A odpust' uam nasche Wmy, gakosch y mj

otpusstschame naschim W inujkoni; A nevwod nas w Pokuschenj; Ale sbaw nas od Sleho. Amen.

C. Serben.

Nicht so richtig Sorben, ein zahlreicher West- Slavischer Volksstamm , \velcher eiiedem zwischen der Saale und Oder wohnte, und wo- von die heutigen Slaven in den beydenLausitzen nur ein kümmerlicher Überrest sind. Die Sla- ven in der Nieder - Lausitz nennen sich selbst Ssers/ic, die in der Ober -Lausitz Srbie; beydes bedeutet Serben. Den letztern Nahmen geben

*) Acht Slowakisch inufste es sa anstatt s& hei- fsen; allein sie weichen in Schriften nicht gern von »len Böhmen al).

681

die Böhmen beyden , welche auch Meifsen ehe- dem Srö^ko, Serben-Land, nannten. Die Ähn- lichkeit ihres Nah mens mit den Illyrischen Ser~ vieni ist wohl nur biols zufällig, indem beyde zu zwey ganz verschiedenen Hauptstämmen gehö- ren. Auch war es ein ganz unhaltbarer Einfall Schöttgens, dafs unsere Serben aus lU-^Tien ein- gewandert wären, obgleich Ritter und andere denselben nachschrieben. Ob sie oder die lüv- rischen Servier diejeni<i:en Servier sind, welche zu Ptolem.äi Zeit noch an der Wolpa, funfzi-^ Jahr darauf aber, zu Plinii Zeit, schon in der Krimm safsen, wird sich jetzt wohl nicht bestim- men lassen. Dasjenige Land, welches unsere Serben besetzten, ward vor ihnen von den Her- mundurern, oder wie sie in der Folge hielten, Thüringern bewohnt. i\ach Zerstörung ihre© Reichs von den Franken und Sachsen im Jahr 528 rückten die Serben hier ein, machten die vorgefundenen Deutschen zu Leibeigenen, und hatten bald nach ihrer Bekanntwerdung Feldher- ren, Fürsten und selbst Kenige. Sie bewohn- ten das heutige Osterland, Meifsen, die beyden. Lausitzen, das Anhältische, den Churkreis, und den südlichen Theil der Brandenburgi'^chen Marken. Die Deutschen Schriftsteller nannten sie von je her Wenden^ entweder weil sie aus dem alten Wenden -Lande an der Ost- See und Nie- der-Weichsel kamen, oder weil sie ihren wah- ren Nahmen nicht wufsten.

Nach ihrer Bezwingung und der Zerthei- lung ihres Landes in Marken im zehnten Jahr- hundert \vurden sie häufig mit Deutschen Colo- nisten untermischt, besonders in den waldigen imd gebirgigen Gegenden, welche die träfen Slaven unangebauet gelassen hatten, daher man

6S2

in dem Osterlande und Erzgebirge mehr Dörfer mit Deutschen als Slavibchen Nahnjcn antriilt. Die Städte wurden ohnehin mit lauter Deut- üclien besetzt. Dennoch erhielt sich ihre Spra- che in den von ihnen bewohnten Gegenden noch creraume Zeit, bis etwa in das vierzehnte Jalirhundert, da ihr Gebrauch vor Gericht ver- bothen ward, worauf sie nach und nach völlig ausstarb, bis auf wenige Wörter, welche sich noch hin und wieder auf dem Lande erhalten haben. Nur in den beyden Lausitzen haben sich wegen deren langen Verbindung mit Böh- men beträchtliche Überreste von ihnen erh.alten. Auch in Meifsen befinden sich an der Ober-Lau- sitzischen Gränze noch verschiedene mit Wen- den besetzte Dörfer; allein diese haben ehedem insgesammt zur Ober- Lausitz (gehöret.

Lusizi bedeutet im Siavischen eni niedriges und sumpfiges Land, welchen Nahmen die Nie- der-Lausitz, besonders. in ihrem ehemahligen Zus'-ande, mit Kecht führen konnte. Auch hat yie ihn ehedem allein geführet, denn auf die hö- here und gebirgige Ober- Lausitz ist er erst spät libergeo-ancien. Die Sprache theilet sich nach den zvvey Haupt -Provinzen in zwey abweichen- de Haupt- Dialecte, dem Ober - Lausitzischen und Nieder- Lausitzischen, deren jeder wieder in m.ehrere Neben -Dialecte zerfällt. In beyden Lausitzen wohnen die noch übrigen Slaven sehr mit Deutschen vermengt, ^ daher die Sprache auch immer mehr abnimmt, ob man sie gleich durch eine Menge Religiöns Schriften in beyden Haupt- Dialecten aufrecht zu erhalten sucht.

In der Ober- Lausitz bewohnen die Serben den rranzen Bezirk zwischen Kamenz, Bautzen, Löbau, Reichtribach und Muskau, also nur die

^85 .

kleinere Hälfte, und auch hier mit Deutschen untermengt. Man schätzet ihre Anzahl auf 60000 in 72 Kirchen, unter welchen etwa der sechste' Theil katholisch ist. Im siebzehnten Jahrhunderts, besonders nach dem 30jährigen Kriege, da es so schwer hielt, Wendische Pre- diger zu bekommen, suchte man die Sprache völlig auszurotten , daher man überall Deut- sehe Prediger einsetzte, wodurch denn auch wirklich 16 Pfarren Deutsch ge^volden sind. Allein m.it dem Anfange des achtzehnten Jahr- hunderts ward man duldsamer, erriclitete 1716 zu Leipzig, und 1749 zu Wittenberg eigene Anstalten zur Bildung Wendischer Prediger, und bemühete sich , die Wenden in ihrer Spra- che zu uTiterrichten. Durch die vielen Reli- gions- Schriften, welche von allen Seiten er- schienen, ward sie so ausgebildet, dafs auch der ehemahlige Prediger zu iNeschwitz, Ge. Mohn, es wagen konnte, Kh'pstocks Messias in selbige zu übersetzen. Die Spraclie ist liier reiner ge- blieben, als in der Nieder- Lausitz, doch hat auch sie den Deutschen Artikel angenommen. übrigens gibt es auch hier m.ehrere Dialecte, z. B. um Löbau, Kamenz, Muskau, u. s. f., worunter doch der Budissinsche der reinste ist, weil da die meisten Wenden beysammien woh- nen, daher er auch zur Schriftsprache ge- braucht wird, *)

*) Characttr der Ober - Lausitzischen Sprache in der Lausitz. Monatlischrift , 179'?, S. 2ic. , 557. Jac. Ticini S. J. Principia lirrguae ll'endicae , Prag, 1679, i". (S. Dub'rofr-sky Böhm. L'itcratur^ St, 5, S. 87.) yuckar. Jo, Eid ling 'Didiiscalia f d. i. Wtndin'he ScI'.rcib und Le- .selehrt nach dem Budis:ii!ischen Dialecty BucVusiTi-, lögg, i^. G' . Maithai WendhcJieG' nnirr^at VE^liwdii^sin, 1727,3. M. ^lorah. J^renzeJs hb. II dt crigir.c lingaac Sorabicaef

C84

Am meisten und sichtbarsten nimmt die Sla^ viscbe Sprache in der Nieder -Lausiiz a!), wo sie zugl^^ich am meisten mit Deiitsclien Wörtern und Formen vermischt ist. So haben sie unter andern, so wie die Ober -Lausitzer, den Arti- kel /0/2, l(}^ lo, welchen die ächten Slaven nur als Pronomen kennen, den Deutscheu nachge- ahmt. Ehedem gehörten zur Nieder- Lausitz auch die Herrschaften Reeskow und Storkow in der Churmark, und der Cotbussisclie Kreis in der Neumark. M. Christo. Treuer, Vv elcher um 1610 Inspector zu Beeskow und Storkow war, liatte noch 40 Wendische Kirciien in seiner In- spection; aber schon in der ersten Kälfte de» achtzehnten Jahrhunderts gab es keine einzige mehr, und das W'^endi^che ist daselbst valiig un- bekannt. Um Cottbus hingegen ist es noch völ- lig gangbar. Zugleich ist der Cüttbu^siscJie Diar- lect unter den Nieder- Lausitzischen der reinste imd beste, daher auch die Religions- Schriften darin ausgefertiget werden. '•')

Budissin, 1695 i699;> 4> J-t geiuifsbrauchte Ety- jiiologie. Sein Ober- Lausitzischcs IVörterbudi ist in ^ler Hanclschrifi: geblieben. M. Ge. Augitstini Sivolllk Vucabularium Lüiiiio - SerhicujHj Iv.ulisain, 17211, Q. Einige Wörter unter dem Nahmen Wendisch auch in cleni Vociib. Pitiop. No. 6. Ein Verzeichniis der Schrif- ten in dem Ober- Lausif/üchen Dialect befnutct sich' in cieiu kurzen Enniurf einer Ober - Lausitz- IVcndisd'.m Kirchtn.' Historie, S. C117; in Christi. Knauths.Ober- Lau- silzischen Kirdten- Historie , und von Christo. Fubtr in den Actis Historico tccles. Th. 10. S. 519. Mich. Freii- zth Wendisches Js!. T. erscliien zu Zittau, »706, B'.ulisöin, 1756, 174*» 8> und die ganze ij{\''e/ von meh- rern überseizt, Biidissin, )'^28) 4? »74^» 8> verschie- dener einzelner bibliaclier Biicher nicht zu gedenken.

*) M. Jo. Cetil. Haiipunaiiii's Nieder- Lausitzische

^S5

292.

Ober-Lausitzisch, wie es in den Schu* len gelehret wird.

Von Hrn. D. Anton mitgetheilt,

Wotze nasch, kisch fsy w Niebefsach j Sswetschene bydsch twoje Menö ; Pschindsch knam twoje Krolestwo ; Twoja VVohla [so stau, kaisch na Niebin,

tak teisch na Semi; Nasch wschiedny Klieb dai nam dschenfso; A wodai nam nasche Winy, jako niy woda-

waniy naschim V/i]iikani; A newedsch nas do Spyttowania; Ale wumosch nas wot teho Sieho. Pschotosch tvvojo je to Kralest\YO, a ta

Moz; a ta Tschessch wot Wietschnost-

schie. Amen.

IVendisdie Grammatik y Lübben, 1761, 8- Vorher Jiatte man nur Jo. Choinani kurze Granjinatik abschrift- lich, und desto vertlorbener. Ein Wörterbuch hat man nicht, denn Gatil. l'^abiicU und Abrah. Frcnzzls Arbeiten sind nicbt gedruckt worden. Einlc;e Wörter befinden 5ich in dem Vocah. Pctrop. unter cieui Nah- men ^>o.•YI/»/^c// , No. 7; wo aber gar oft Illyrisch -Ser- visch^ Wörter vorkommen. Jl>. Christ. Carl GiiJdts Verzeidiniß der in der NiuUr Luu^tz- Wendis.ckcnSp.ra- ch.e zum D'uck beförderten gds'Jidten Sdiriften befindet sich im Lausitz. Magazin, 17O5, S. i2ii, 250. Gotil, Fabridi N.T. in Deutscher und iSieder-Lausitz- Wen- discher Sprache, nach dem Cotbussischen Dialect er- schien, Kahren, 1709, 3, Cottbus, 1728» i783> 8; das A. T. aber vorl Jn. Frid. Fritze ^ Pfarrer zu Kolk- witz, übersetzt, Cottbus, 1796» 4*

Dasselbe.

Der katholischen Serben ^ von Hin. D. Anton.

Wottze nasch, kisch te fse w Nebefsach, Swatostscheiie bodsch twoje Meiio; Pschinclscliknam twoje Kralestwo; Twoja VVola fso stau, kaiscli ua Nebu, tak

teisch na Zemi; Nasch wschedne Kleb dai nam dschentsch; Ha wodai nam nasche v\ine, hako teisch

nio woda\Yanio naschhn Vv inikam; Ha newedsch nafs do Spotuwana; Haie wuniosch nafs wot Zw oho. Amen.

294. Nieder - Lausitzisch,

Aus JBohorizh Litterat. Carniol. S. 57.

Woscli nasch, kensch sy na Nebebu,

(liesNeöu,) "Wiifsweschone (bushy) Me twoje; Pshish (knam) K^ajlest^YO twojo; So stany VVoli (lies Vola) twoja, takhak na

Nebu, tak lien na Semy; Klib nasch shidni day nam shensa; A woday nam VVyni nashe, ack niy woda^

wamy VV inikam nashim; Neweshi nafs do Spitowana; Ale wimoshi nais wot Sie£;o.

^87

2vJ5.

Dasselbe.

Aus Goal Fabrkii N. T. i'SS-

Woschznas, keusch fsii naNebii, Hufswesclione busclii twojo Me; Twojo Rralejstwo pschi&chi; Twoja Wolila fse stani, ako na Nebii, tak

tesch na Semi; Kasch scliediii Kleb daj nam schinfsa; A wodaj nani nasche VVini ako mii wodawa-

mii naschhn Winikam: A nevsähsch nas do Spiitowana; Ale humosch nas wot togo Slego ; Pscheto twojo jo to Rralejstwo, a ta Moz,

a ta Zestsch, do Nimernostschi. Amen.

296. Dasselbe.

j4iis der Heidegegend *), co.'i Hin. D. Anton,

Woschz nasch , zosch ty fsy na Nebju, Sswjatschone bydsch twojo Meno; Pscliidsch knam twoje Kralejstwo ;

*) Die Heidegegcnd in den Standesherrschafcen Hojerswerda und iVliiska, an der Nieder -Lausitzischen Granze, geht>ret zwar zur Ober - Lausitz , allein der Dialect ist'inehr Nieder- Lausitzisch, wie aus dem wot togo Slego in der 7ten Bitte erhellet; wofür der Ober- Lmsitzer ivot teho Sleho sagt, und «ich darin mehr dem Böhmen nähert. Man nennet die Bewohner der nörd- lichen fleidegegend i/o-.j'/Jo, Heide- Wenden , zum UnierschietleVon den Gefilde- Wenden Po//sy, in den svullichern Gegenden.

088

Twoja'Wola ise stan, kascli na Nebjii, tak

tescli na Senü; Nasch schjeclny Chljeb daj nam dschenfsa; A wödaj nani nasclie Winy, jak iny woda-»

wamy naschim Winikam; K newedsch iias do Spyttowanja; Ale vvumoscli nas wot togo Siego. Amen.

D. Nördliche Wenden.

Diese bewohnten ehedeni das ganze nörd- liche Deutschland von Holstein an bis nacji Kas- siiben, und theiiten sich dabey in zwey grofse Stämme, die Obotriten in Westen, und die Wiizen oder Luitizier in Osten, welche wieder in mehrere kleine Stämme und Mundarten zer- fielen. Allein beyde sind den Sitten und der Sprache nach längst ausgestorben *). In Pom- mern starb der letzte, der noch Wendisch re- den konnte, bereits 1404. Nur in den Lüne- burgischen Amtern Danneberg, Lücho und Wu- stro hatte sich bis auf die neuern Zeiten ein Haufe von dem Obotritischen Hauptstamme er- halten, welcher noch Wendisch redete und dachte,- obgleich sehr mit dem Deutschen ver^ mischt, wie aus den folgenden Formeln erhel- let. Man nannte sie gemeiniglich Polaren, von dem Slavischen/io, an, bey, und Lade, die Elbe; allein mit Unrecht. Die eigentlichen Polaben

wohnten

*) Das V. U. welclies TVoJfg. Lazms de, migrat. gentium y B. 12, S. 787, für ]V]eklenbnl•gisch-^'V'en- disch ausgibt, welches zu seiner Zeit ohxieliin längst abgestorben war, ist rein Lettisch.

6\S9

wohnten um Ratzeburg an der F.lbe, und sind weit früher ausgestorben. Die jetzt gedachten^ hiefsen Z.mo«^/2, von der Leyne^ Slavisch Linac. Sie waren noch in der letzten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts in ihrem Wesen vorhanden: allein da dieBeamten unaufhörlich an dem Untergange ihrer Sprache arbeiteten, so ist sie numuehr völlig abgestorben, und die Einvvohner reden jetzt ein eben so verderbtes Deutsch, als ehe- dem verderbtes Wendisch *). Nach Domeier's imd andern Wörtersammhingen näherte s^cli diese Sprache so wie die Lausitzische dem Pol- nischen, hat aber doch ihre Eigenheiten. Der Polnische Rhiaesmus, z. B. Riinka, H<ind, für Ruka, herrscht durchgängig. Den Vorschlag tv vor einem o haben sie mit den Böhmen und

*) Man sehe von ihnen: Jo. Leonh. Frisch oben angeführtes 4tes Proeraiuni; Jo Gt. Ißchhards histnria sturiii ttymuiugici y S. aög; Lrihnitz\ Ct>llf< lanea tts'moL' Tb. !2, S. 535, die Httm'iurg. vermischte Bihlioih. Th. 2, S. 7')4> wo sich eine Saniiulung von mehr als cireiliuu- dert Wörtern aus den Papieren eins Predigers im vo- rigen Jahrh. in der Grafschaft Danneberg, zusanuijen gesucht von J. G. Domeiei , findet; die Hanncvti. ;;r- le rtm Auz. 1751, S 6ii; 1752, S 1137; des Gräieii Jtan Potocli Foyagedans quelrjut^ puriies de la Bcisse-Sa.Te, wo iiberall auch Sprachproben geliefert werden. Mit dem letztern niufs naan die altgem. Liittrui. Ztit. 179,3, No. 327' verbinden. In dem Vocah. Pttiup. befir..i-3a si. h No, g. auch Po!abi>che Wörter, wo aber von 135 an nac!i Dobrowsky's Bemerkung gröfsten Theils l.'.i\i~ sitzische Wörter für Polabisciie gegeben werden , wel- ches Aher y der diese Wörter in seinen Misctllau. S.'iOj. wiederhohlet, nicht gewahr geworden ist. Auch iia- ben weder er noch <ier S.iniinler des Vocab. Petrop. Pf^ffrigers Wörtersauiuilung im Eckhard gekannt, welche unstreitig die beste und volL^tändigste ist. Miihrid. IT. Xx

(".,0

Lanäirzer Selben. Z.im Anclcnlxen will ich die Formeln, welche man unb von ihnen aufbelial- ten hat, und vveldie nach den besondern Mund- arren sehr abweichen, mirtheiien. Die erste stthet auch, aber selir fehlcrl'.r.rt in der Leipzi- ger Samml. S. 3.J., \voraus sie üuch Airer S. 198. w.iederhohlet, ohne das Fehlerhafte zu bemer- ken. Die Formel in Pvtochi Voyages S. 369. ist aus der neuesten z'-eit, da die Sprache schon er- loschen war, und dalicr nicht allein i'elilerlialt aiifgel'afst, sondern auch mangelhaii; dalser ich sie übergehe. Man sehe indessen Alter s Mhccl- lan. S. 193.

297-

Polabisch, vielmehr I.inoniscli.

'Nach Ge. Fnd. M'ilJiof, Prediger 2u LiidiGii' , 1691, in Ltiibiiitz's Cvllect. etynwh TIk q. , i>. 539.

Noos Wader, tada tu jus ^^a tueni Ni- blsieii, Sioncta ino - wardoot tiii Seimang (lege Jti-

mauß ) ; Tili Rieck cmnma; Tua VViliia mo-isa schiiiiot wa Kibisjeu,

eak ^Aissei soqiioi uoo Ssime, Noossi dagitia Sjeibe dii iiaui uaans; Uli A^iLtodiiman (lege witto-duucnn) iioosse Greichie, cook iiioy v\iti;oc[Lijeiiie 11 o o SS u 111 e Gf eili y 11 ari ! 11 ; Ni farforii iias ^va \ersoikuiig; Eriösii iias wit f gge Goidac. Hamen.

691

2g8.

Dasselbe.

Nach Qiristi. Hpnnigen, Prediger zu Wustrnw, in Kckliard's hist. studii etymol. S. 269,

Nos holya Wader, ta toy chifs wa Ne-

bisgay, Sjunta Avoarda tiigi Geima; Tia Rik komma; Tia Will>"a scliiiigot, koke Nebisgay kok-

kak 110 Sime; NoessiwissedaneisnaSrgciba doy nam dans ; Un wittedoy nom nosse Ggreis, tak (lege

/ia/,') nioy wlLtedogiine nossem Gres-

narim ; Ny bringgoy nos ka Warsikönge; Tay lösvay nös wit Wissokak Chundak.

Amen.

Der Herren D. Anton und Dobroivsh' An- merkungen über die sammtlichen Slawi- schen V. U.

Otsche oder Ot-tsche ist der Vocativ von Ütets^ der Vater. Nur der Pole hat Oytsche, der Serbe mit dem ^''"orschlage iv vor dem o, Woi.se. Diesen Vorschlag liebt auch der Böhme in ckr gemeinen Rede, Hü/o, Auge, aiiStatt Oho. Das Wort Oiets haben die Serben jetzt ganz verloren, und sagen daifür Nan. Nasch., unser, ist der Vocativ, und Otsche nasch das Lateinische Paler noster.

Xx 2

hhe, welcher, der •Pol« /^/orj;, der Russe /^o- toroi. Die übrigen hal:!en nach mancherley Ab- änderungen/^/V/^, ah Bölim.yV/z^c//, Nied. Laus, keusch, Krain. kir , Kroat. koi. Das zosch der Ober- Lausitz. Heidegeq;end ist das Neutrum re- lativum von zo, was, welches hier für dc58 mann- liche Geschlecht stehet. Auch die Böhmen ge- brauchen zo, zosh für alle Geschlechter.

Jesi, verkürzt;?/, ibt die zweyte Person von Jesrm, ich bin. Das fy der Ober -Lausitzischen Heidegegend, und das tay der Polaben ist das Pronomen du.

Na, in, bey den Paissen," Böhmen und Il- lyrischen Siavenj bey^ den Serbischen und Win- dischen aber w.

Nebesach oder Nebu^ oder mit dem schnellen Slavischen /, welches man etwa ein Jota sub- scriptum der Griechen nennen könnte, Nlebu, Niebesacli, ziuch Nebt^sic/i ^ Himmel. A^ebu.ist der Locativus im Singular, Nebesach, Nebesich aber im Plural. Der Plural ist nach dem Lateiiüschen in coelis, der Singular nach dem Deutschen in dem Hi'ivnel.

Da, eine Partikel, welche nur anzeigt, dafs etwas befohlen wird, wie das Neu - Griechi- sche äg.

S\vietit sja, ist das P».eciprocum pro Passivo, es heilige sich. Die Winden und Serben haben den Deutschen Gang angenommen, Swe/sc/iene byt-sch, geheiliget Xverde. Für Swielit hat der höhme poswjet , oswjet ^ mit des Fräpostion /;o, o.

Jnijd tvoje, dein Nähme. Die Serbischen und Windischen Siaven, welche mit den Deut- schen vermischt leben, setzen das Pronomen vor, twoje Imia. Der Böhme liebt jetzt die län- gere Form Gmeiio} g ist hier anstatt / und stumm.

%5

Daher das Ober- Lausitz. Meno. Das Liiioniscbe Seimang ibt wohl Jeimang^ und ohne Rhiiie>.mu6 Jeima zu lesen.

Pridet , Pn'd! , Pn'delsch, es komme. Zarst- wije, Zartham, Krcdieslwo ^ KroUeslwo ^ König- reich. Die an Italien gränzenden Slaven, welche Lateinisclie Buchstaben haben, schreiben nach Italiänischer Aussprache Cragliest^vo ^ Krayliesiwo.

K ?him, zu uns, haben nur die Ober- Lau- sitzischen Serben und die Winden, nach dem Deutschen zukomme uns.

Wolja tvaja^ dein Wille. Geschehe, hier ist viele Abweichung, (i) Die Russen, Böhmen und iUvriscrie Slaven machen es vom Verbo bu- du, ero, fiam , und zwar entweder Ludet als dritte Person des Conjunctives, oder als Impe- rativ, \vie im Böhmihchen /■';Vf//, im Poln. (^o/^zö'.f//. (2) Hingegen haben die Serben in den Lau- sitzen und die Kassuben^ie stan, als Imperativ, von sU7Hi'fsc/i, statiaz, im Ober-Lausitz, mit fso, gescheh.en, werden. (3) Die Vv^inden haben seisgodi, mit Abänderungen. Godin se , gesche^ hen ; is^ die Präposition aus. Im Kärnthischen seisidi, von Z^. aus, nndjidii , gehen, gehe aus, d. i. werde erfüllt.

Ja/:o, wie, hat mancherley Veränderuncren erlitten , /fi//o , kako . kak, kakor^ ako und kaisch.

A/so auch. Die alte Slavvenische Überse- tzung hat blofs z und auch y; andere haben iaki, die Serben in der Lausitz tak ieisch, also auch.

Na Sernli odtv nä'Semi, auf der Erde. Die- ses Wort weiset auf die allgemeine Eintheilung der Slaven. Semlja, Russ. Serv. Kroat. Krain., Semja oder Semje , Bölim Poln. Laus. Erstere lieben das epenthetische '/nach den Lippenbuch- staben, letztere nicht.

6c,4

C/ilJeb, das Broi ; Hie Krönten und Krainer Kruh ^ welches eigentlich ein .Stück bezeichnet. Das Sge'iba des Linonen .scheint das Deutsche ScJieibe nach Wehtphalihchcr Ausspraclie zu seyn, und wie Knih ein Sriick zu bezeichnen. Auch die Böhmen nennen ein aus der Mitte des Leibes geschnittenes Stuf k Brot Slmva oder Skyba.

Tägliches. ( i ) Nasiisc/ilsc/mü^ ist dem Grie- chischen'E7ria(riov nachgebildet, (g) Das Kroa- tische vsagdanni ^ inj Glagoliribchen Missal (v^e- denni^ ist nach dem Latein: chen quotidianus ge- modelt. So auch (3) Wschudny^ mit meinen Ab- änderungen, alltäglich, von wst. alle, und Deir^ der Tag. Andere haben mit Wegwerfung des Wurzelhuchstabens tv, bujfs scJ.edni^ taglich. Aber auch der Linone hat wh^-cdaniiehna ^ alling- lich , aus wse und dan zusammen gesetzt. Die Polen und Kassuben setzen noch diePraepo&ition po hinzu. (4) Das i^chechi.sche jiadpotstadnyy von Podstata, Substantia, druckt das Lateini- sche supersubstantiaUs der Vnlgate ans. Die äl- tere Übersetzung hat pohladny. Aber die Böh- men beth^n gewöhnlich wesdevssj ., tagliches.

Das/id, und auj ^ gib. Nani^ uns, ist der Dativus Plnralis, Dnes, danas, und bey den Serbischen Slaven /^;>t///V, oder dschens , heute,

/od er u' , und. Kr a i n . inu.

Osi~M'/\ von ostTnvit, nachlassen; odpust^ von odpustif, erlassen. Jener Ausdrnck befindet sicii nur in der alten Rnssischen und Servischen Übersetzung, dieser in den übrigen, mit Aus- Lchlufs der Serben in der Lausitz, wo es wört- lich nach d<;m Deutschen lautet, vergib, von dam, ich gebe, Ui'id der Prneposition tvo.

St/iu/d. fi) Dolgit J^lgi, I^hü.v, verderbt DugCy ist nach dem Lateinischen ße<i>//ö. (2) IVi-

^•9J

;//, von Jl'i/j(7, culpa. (3) Grdch^ Linnjiisch Sünde. Es ivt sonderbar, dafs dieses \'ölk.chen das Wort Greich a uf be\val:rT>e, da es gewöhnli- chere \Vör:er, z. ß. kommen, verloren hatte.

Jaho ^ juJ:ori^ ciho ^ kaho ^ /u<J:oi y hakor ^ Vv'ie. Da die Ober- Lausitz. Serben hierj-V^Xo und oben hako haben, so mufs zwischen beyden ein feiner Unterschied seyn. Kako ist eigentlich (his fra- gende Adverbium , wie? Jclio y das beziehende, gleichwie,

ScIiuJducrn ^ hat die Wörter wie oben. i)(j/.>,'- nihom^ verderbt DiisJinihoin^ WinowaUsou? , Wh:l- kvm; Linon. Gresnarhn ^ d. i. Sündern.

IVvvedi ^ vcvcd! , ^voivodZy Kv^od fivedj ^ druckt das Lateinische IihIucos aus. Das er^te i", vay tvo, ist die rraepo-.iriüu in ; «f.Av, ich führe, uo- <////, führen. Die Winden haben /-y//, vi'p(d?, pc- loj , von pelai!7y ich fiihre. Das Linonische far- Jorii, wie es iüv farsorii zu lesen, ist aus dem Deutschen vorfü/iren ^ verfuhren,

Versuclinng. Napasf, buchstäblich, Anfall; Servisch hkiischenie , die Versuchung, Prüfung. Heyde Ausdrücke sind Alt - Slawenisch. Poln. und Böhm. Pohusclicnie^ mit einer andern Praepo- sition. Das Serbische Spyllowanja ist von iipyl- tatsch, spyttowdtsch y versuchen, prüfen, unter- suchen ; das Windische Skushnjavo , Iskuahfjjoy entstand von skuseti^ versuchen, und dieses von /V, aus, und huseti.

SoPtdern , tio und nego ^ vorzüglich aber ^/f ; nur die Winden haben temutsih ^ vielmelir, de- sto mehr.

Erlöse. Sbaw oder isbav/i ; die Serben in der Lausitz wunwsh , von wiiinosLu, ich erlöse, mil- che los 5 die Winden reschi\ von resc/iini, sol-

Gyö

vere, auflösen, befreyen; die lilyrier oslobodij von dlohoda , Freyheit.

Ot, od, in der Lausitz wo^, von, eine Präe- position, welche den Genitiv erfordert.

^ -Lukawago^ nach dem Griechischen Trov/j^ov, maligni. Andere haben Slego , von .57y, auch Sla, von ^'/o, das Böse. Im Krainischen Hud^ Böse. IVi ssohak chundak, im Linonischen, allem Bö'^en. Dieses ist änfserst verderbt, aber doch Slavisch, für wsjakago Chudoga, verkürzt und mit dem Rhiufesmus Chundak. Chud ibt schlimm, schlecht, garotig; wsjak^ omnis.

VII.

Germanisch -Slavisclier oder Letti- scher Sprachstamm,

Da sich zur Zeit der Völkerwanderung an den ösilichenKü.-iten des Baltischen Meeres Deut- sche und Slaven zusammen drängten, so konn- ten zwey bo rohe und streitsüchtige Volker wohl nicht lange ohne gegenseitige JJnterjochung inid Vermischung bleiben. Von dun Deutschen wohnten hier vornehmlich Gothische Stämme; nach deren Abziio au das bchwarze Meer erhiel- ten f^ic h iüer rioch einige Jahrhunderte die Astier, ihre S'annne-.verwand'e. Allein im sechsten J<iliihnndert scheinen sie ihre Selbständigkeit verloien zu haben, und mit Slaven zusamnien geflossen zu seyn, so dafs aus beyden Volkern ein dii'tes vermischtes entstand, welches wir jetz' tuiter dem Nahmen der Lciwa oder Leiten kt'»!ie)i S: idöTzer und Dohrowski nehmen in di(;ä>ci iviibchung auch noch irgend einen eige-

nen Volksstamm an, und beiM^fen >5ich auf da« viele Eigenthümliche der Letti;>chen Sprache. Anfällglich wurden sie von ihren Nachbarn, be- sonders den P(jlen , immer noch Gudas ^ Go-^ then , bald darauf aber Wlten genannt; welcher Nähme nach Thunmann mit Gothen gleich be- deutend ist. Wulfstan ist unter Alfred dem Grofsen, gegen das Ende des neunten Jahrhim- derts der erste, bey welchem der INahme /"fW- la/id von diesen Gegenden vorkommt, welches bey ihm noch ein Theil von Esthland ist. Wenn die Nahmen Letten und Lithauer aufgekommen, ist unbekannt. Sie wurden nach Thunmaun anfänglich nur denen gegeben, welche hinter der Memel safsen, und hiernach auf den ganzen Volkerstamm zwischen . der .Weichsel ausge- dehnt. Thunmann leitet ihn von Lieds ^ LJ/iduiriy Lüta^ Ladä^ eine Pvohdung her, so dafs Lai>,vi^ Laiwetl.. u. s. f Bewohner ausgereuteter Ge<^tn- den bedeuten wüide, weil diese ganze Gegend ehedem mit Wald bedecket war, und er^t durcl» Auireutung urbar gemacht werden mufste, wie von den Einwohnern noch jetzt geschieh et. Aber er kann auch von dem Flusse Laete ^ Lett, ta Latte, im Walkischen Kreise in Liefland stam- men; daher Latwis^ ein Anwohner des Latte, ein Lette.

Diesen gemischten Ursprung des Volkes be- weiset auch die Sprache, und da das Slavische zwey Brittheile derselben ausmacJit; so erhel- let, dafb die Slaven den herrschenden, wenig- stens zahlreichsten Theil ausgemncht. Thun- mann nimmt zwar auch das Finnische als eii)en Bestandtheil des Lettischen an, luid schliefst dar.ius, dafs auch die in Norden benachbarten Finnen mit in diefce Mibcimng gekommen. AI-

lein das Alt- Preufsische tjnd Lirhaiiische haben nichts Finnisches; das eigentliche Lettische hat dessen zwar, aber nicht aii einen ürspiünglichen BestandtheiJ, sondern als eine sparere Beymi- schung. Desto merklicher steclien die Über- bleibsel des Gothisclien hervor, vvoliin die Di- minutiva auf /o und le, die Endsylbe laus (los) die Zahlwörter, die Declinationen und Conju- gationen u. s. f. gehören, welche von den Slavi- schen abweichen, wie Thunmann S. So folg. zei- get, der einzelnen Wörter nicht zu gedenken, wovon er S. 84 folg. ein Verzeichnifs liefert *).

Stender versichert in seiner Lettischen Gram-r matik, S. 18} es habe ihm ein Russischer Oificier tuid gebornerKurländtr, der unter der Kaiserinn Aiuia in der kleinen Tatarey gestanden , versi- cliert, dafs die ßelgorodschen Tatarn in der Step- pe zwischen den Flüssen Bug und Oertsow, dies- seits Oczakow von den übrigen Tatarn in Sitten nnd Sprache ganz verschieden wären, aber eine dem Lettischen so ähnliche Mundart redeten

*) Jü. FA. Hedfrus de lingua ILunJua s. IJiI.uanica et Samogilica ^ tu/n Piussica deinde Ldiica , in den Mi6- itllüii. litrolin. Cont. a, S. 511. Schlö2ii''s Norden^ S. 245, 52<2. Joh. Tlmnmunn's Unifrsiicliurig eiiiigtr lUirdisdter ydler ^ S, i <)2. M. G. A. LiinUr über den Urspiung dtr JLitlischen SpracUty in Huptls nord. J^lis- ctlUn. Csiilteiti^^ v'iiito Ab'.audl. üba.r den Sarmaii^chen Ursprung dtrLetthchen Kc/Zer, in den Comrnttir, Colt ring. Th. 15. Herrn F.nt. Ihnnigs ^ Prediuers 'zu Sclunauch bey Prenfsistli- Holland in Üet rrevifsen, ylhhandl ulur den Ur^iirung und d'u- Veiaandtsdinji dtr Ltitisdien Spiüdie^ in dem Pinß, AtduVj Th. 7, i3» und im Aus/.uge in dem I.iiluar. Anzeiger, i'Jiy). Von diesem ^e.lehrten Manne hat nian n;i< h.^tens ein voll- fctciiiili^es Wt! k über die Leuisthen V'ülko- und Sprach« stannne zu etwailen.

dafs die Lief- tiiul Kurlaricler von ihnen verstan- den würden. Wäre diese ijchaiiotunf^ richrio, so iniibTe die Venni.-.chnng der Gothen und Slaven beieits am Schwarzen Meerr, oder aucli hier eine e'gene und ähnliche Vcrmiochuii'!; vor^e- 'jari'^eu M'vn. Aber da man in den neuem Zei- ten die Taraii^^chen Volker und üue Sprachen zierijljcii gt-:i;in kennt, und nichts von einem 8ul- chen Letri-jch-Tjrari-chen Stamme findet, so ist billig daran zu zweiieln. Veriniithlich stiefs der Offi'^ier auf Lftten , welche die Tatarn auf ihren ehemahiigen Srreifziigen weggefiiliret hatten.

Hanptstämme dieber Letten sind: die slten Preufsen, die Prenr'ii;>chen Lithauer, die Scha- niaiten, nnd die Letten im cngeirj Vcr>;tande.

Schlözcr und Thunmann vermnthen, dafc» auch die Jazygen, weiche die neuem Schriftstel- ler Jalwingen^ und ihr Land 7'<'//ti7/'^r/(7, Jazwinpla jiennen, zu dem Lettischen Stamme gehöret ha-= l:>en. Sie wohnten in den frühem Zeiten auf der Gränze zwischen d^vx Russen imd Ungarn, ne- ben d^i\ Sueven, Ouaden und Markomaimen, späterhin aber in dem heutigen Podlachien, da- her sie bey d&n Polnischen Schriftstellern ancli Poüexlani heifsen. Sie waren ein selir rolies und wildes Volk, welches die Polen mit seinen un- aufiiörlichcn Streifzügen phigle, daher Bolesr- laus V dasselbe im dreyzehnten Jahrhuiidert völ- lig ausrottete, und ihre Überbleibsel nach Po^ lc:n imd Lithauen verpflanzte, .seit welcher Zeit ihr Nähme in der Geschichte verhallet ist. *) Allein ich zweifele an ihrem Leffi-^chen Ur- Sprunge, weil s.ie luistreitig älter sind, als die

*) M^ilhai Praeiorii dbis Guiiiicus^ TIi. I. S. m.

iJ<A

Vermischung der Slaven imdGothen an der 0«it- see, indem schon Tacitus, Srrabo, Plinius und Ptolemäiis sie kennen. Überdiefs hat man von ihrer Sprache niclit.s nls einige Eigennahmen ih- rer Beherrscher, IComatus,' Mestor, Rausimodits^ Ta'ijal und Podiahns; aus welchen sich nichts ma- chen läfst. Die beyden letzten Nahmen bind da- z;u verdächtig; die Taifaten wäre]» ein bekann- ter Gothischer Stamm.

,A. AI t - P r e II fs is c h.

Vor der Ankunft des Deutschen Ordens ward das Lettische, obgleich in mehrern ab>vui- chenden Mundarten, in allen den Ländern ge- redet, v.elche nachmahls initer den Nahmen Ost- und West - Preufsen bekannt gewordea sind. Der Orden suchte z%var die Sprache aus- zurotten; allein sie erhielt sich, vielleicht nicht ohne neue Einilüsye des Deutschen. Zur Zeit der Reformation ward sie daher noch überall o;e- sprochen, besonders in Samiand n.nd Natan- een, und in cinena kleinen Striche des Oberlan-r des. Nach und nach ward sie aber doch von der Deutschen verdrängt, so dals zu Hartknochs Zeit, gegen das Ende des siebzelmten Jahrhun- derts, es nur noch hin tuid wieder einige alte Personen gab, die es verstanden, luid jetzt wird w.ohl lange keine Spur mehr von demsel* ben übrig seyn. Diese Mundart unterschied sich von den übrigen Letti'clien Mundarten da- durch , dafs sie weniger Slavische.s und mehr Deutsches enthielt, eiUweder weil die Gothen den gröfsern Theil zur Misduuig hergegeben hatten, oder auch, weil sich unter der Herr-

70I

»chaft des Ordens manches von dessen Sprache mit eingemischet hatte. *)

Sciioa vor der Reformation übersetzte Si- mon Grunow, ein Dominicaner, 1521 das V. U. in diese Sprache, schrieb auch 89 Wörter in der- selben nieder. Man beschuldigt ihn aber, dafs er sie nicht verstanden habe, indem die Wörter bald imSing;ular, bald im Plural stehen, bald gar flectirt sind. Seine Formel, welche uns so- wohl Hartknoch als Pratorius geliefert haben, weicht bey beyden gar sehr ab. Da ich nicht weifs, was davon auf Rechnung der Abecheiber zu setzen ist, so liefere ich sie bevde; doch

*) T/;u/imann bemerkt S. G17. aua dem Albericus irium Fontium, dafs der piipilllche Legat in vreufseii, Giiil. dt Sübaudia, welcher ab Cardinal 1251 zu Lyon starb, schon um i^2Q eine Sprachlehre über das Alt- Preul'sische verfertigt habe.

Chph. Uartknoch diss. de lingua veteruni Prussonnnf acced. JFiid. Zamelii Carmen de Galindl-'i et Sudiiiis , bey Pet. de Duisburg Clirnn. Pruss. Frankf. 167g, 4. Siehe auch Hanknoch's alt und neues Pruijstn, S. 34, fol.

Matth. Prätorii historisdie Xachrio'ite.n von der alten Preufsischen Sprache in den -^t7/s JBoiuss. B..2, S. 55> 554» 78"» 883' Beyde nicht mit der gehörigen Sprach- xind Völkerlcenntnifs, Dein einen ist sie Gothisch und Dalmatisch, dem andern Scythisch.

Oratio de liaOilUf victu^ lingua y cuUu et indole vete- rum Borussorumy ab. das. S. 797.

Ja. Arn. Pauli kurzer EnHvurf einer weitläuftigen Ausführung einiger Sätze von der alten Preujs. Sprache^ eb. das. B. 5, S. 581-

Joh. Thuntnann' s versudile Erklärung einer alten Preufsischen Aufschrift , in seinen Unttrsuchungen über einige nordische i^ölker, S. 225 folg.

Ursüclizn der von den Deutschen verdrängten alten Preufsischen Sprache, in den Schriften dtr Deutschen Ctieilichajt in Königsb. Th. 1. S. 235.

703

Äclieint des Piätorius Abpclnifr tiie liditicrcro zu seyn. Da Griinow zu Tolkemir leJ-te, so ivinclire seine Mundart wolil die des nrichmahligen Pol-' nischen Pieufsens gewesen seyn.

Nachdem Markgraf Alhreciit die Reformn- tion angenommen hntre, veranstnlrete man einen Katechismus in der Landessprache, welcher zu Königsberg 1545 gedruckt Avnrde. ])a tiie Sprache in viele Mundarien getheilt war, so hatte man den Einfall, aus allen Mundarten eine allgemeine zusammen zu setzen, welche allen gleich verständlich seyn sollte. Abt-r-da sie im Gegentheil allen gle'ch unverstänrlijrh war, f'o arbeitete man ihn noch in eben dem Jahre um, und legte dabey die Sandändische Mundart als die bekannteste zum Grunde. *)

Die richtigste Formel ist die letzte a-is dem höclist seltenen JjwhiruHc.n odtY <^cr Jiirc/;en-A;:e?n!e in Alt-Preufsisclu-r S])iache. Königsberg, 1561, kl. 4, welche der Herr I'iediger Hejinig be- sitzet **). Die.ve und der Katccliismus sind vcr- muthlich die einzigen ächten Überbleibsel die- ser Sprache.

*) Er stehet nach l)ey(len Ausgaben in Tiart- kr.och y S. 92, \na\ Liiuntltah Prtujs. ^eiienten, Tii. -, S. 5' - 65.

**) Vetniuthlich ist dieses RnchirKhon der Alt- Preiifsibche KaLecliisanis voji i5'";i, weiriien i'li unter yil>e}s Nahmen habe angeftihit £refinu]en. iscaJö/.er führt einen Katechismus vun 1551 an.

705

•^99- Alt - Preufsisch.

Nach Sam, Grunow''s Übersetz, im Hartknocli , S, gi.

Nosseii Thewes, cur tu es Delbes, Schwiz gesger thowes Wardes; Peiiag mynys tho^Ye Mystlalstibe; Toppes Pratres giriadi3elbeszisue tade tym-

nes seniles Worsiniiy; Dodi monlmes an nosse igdenas JNfagse; Uiide geitkas pamas iiLiuias miisse Nozegun,

cadenias painetam iiusson Pyrtaine-

kaiis; No wede iiunms paiiain Padoiiium; Svvaloadi mumes iiewiise Layne. Jesus.

Amen.

300. » Dieselbe Übersetzung.

Nach dem Prütorius in Ax:lis lloruss. Th. 52, S. 554.

Thewes iiossen, cur tn es Debbes, Schwiscli gesger tho^Yes Wardes ; Peiia iiiynis thowe Wisr.alstybe; Toppes Patres gir iat De'ibeszisne, tade tyin-

11 es senjiies Worsiniiy; Annosse igdenas Mayse dodi miiins szon

Dien ; Pamutale mums musu Noscliegnn, kademas

pametam iionsson Pyktainekans,* No wede iiumns panani Paadoniam; Swalbadi iinmes ne wüst Tayne.

704

301.

Alt - Preufsisch.

J/i gemischter Mundart ^ aus dem Katediismo von 1545 nach der ernten Ausgabe.

Thawe niison kas thu asse Andangon, Swiiitits \\u8l twais Emmens ; Pergeis twais Laeims; Twais Qaaits audasseisin na Semmey, key

Andangon; Nasan deininan Geittin deis numons schin-

deiisaii; Bha atwerpeis numans nuson Auscliaiitins,

kay nias atwerpimay nuson Auschaut-

nikamans ; Bba ny wedais nians Enperbandan ; Sclait is rankeis mans assa Wargan. Amen.

302.

Dasselbe.

Im Samländischen Diakcr nach der zweyieu Ausgabe, von eben dem Jahre.

Thawe nouson, kas thou asse Andengon, Swintits wdrse t;.vvais Emmens; Parevsev nomnans twayia R} eki; Twais Qjiaits aüdtd?"aysin na Semniiey kay

Andengan ; Nouson devninan Geytiey days noumans sciüaiideynan;

Bha

7o^

Bhä etwerpeis iioumans nousoiiAnschautins, kay mes etwerpimay nouson Anschaii- tinekamans ;

Bhä ni wedeys maus Enperbandasnan ;

Slait isrankeis maus asse VVargan. Emmen.

Dasselbe.

u4us dem Enchiridion , 1561. Vater xinser, der du bist im Himmel,

Tawe nouson, kas tu essei en Dangon,

Geheiligt werde dein Nakme;

Swintits \Yirst twais Eniniens ;

Zugehe dein E.eich;

Pereit twais Rijks ;

Dein Wille geschehe so wie im Himmel , so

Twais Quaits audasin kagi en Dangon, tijt

auch auf Erde ;

deigi no Semien;

Unser tägliclies Brot gib uns

Nouson deinennin Geitien dais nounians

diesen Tag ;

schan Deinan;

Und erlafs ulis unsere Schnliien,

Bhe etwerpeis noumans nousons Auschau-

"wie wir erlassen nnsern

tins , kai mes etwerpimai nousons

Schuldnern ;

Auschautenikamans ;

Und nicht führe uns in Versuchung

Bhe ni weddeis nians en Perbandasnan;

Sondern ausnimm uns von allem Argen.

Schlait isrankeis mans esse wissan Wargan. Amen.

MithriJ. 11. Yy

B. Preufsiscij - Litliauisch.

Unmittelbar an das Alt- Preufsische schliefst sich das Preiifbiscli - Lithauisclie an, welches von der In^ter bis nach Memel geredet wird, "aber wieder in mehrere Neben -Dialecte zerfällt. Der Insterburgisc/ie iot darunter der vornehmste, der Nddrauische aber soll dem Alt-Preufsischen am nächsten kommen, nur dafs er wegen der Nachbarschaft viel Polnisches mit aufgenom- men hat *). Die Litthauische Formel in Hart- knocli's (dt- und neuem Preufsen^ S. 94, ist eben so unrichtig als seine übrigen Formeln. Die fol- gende erste kommt mit der in Qiiafidt's Bibel- Übersetzuncr bis auf einige geringe Abweichun- gen in der Schreibuno; überein.

*) Theod. Leprier^ der Preufsiscfie Lil'iauer oder Vorsteilunii des Nahmens n. s. f. der JLithauer in Preufsen, Danzig, 1690, 1744, 8-

P''/7 Ruhig Betrachtung der L'itJiautschen Spradie, Königsberg, "745» 8> niclit ohne Sprachschwänuerey, incleiii er sie von tieni Griechischen ableitet.

Dan. KUiiiii Grummutica hithuanica. Königsberg, 1655» 8-

Cnmpendium Lithuanico- Germanicumf oder kurze und deutliche Anj'iUirung zur Liihauischen Sprac'it. Eb, das. 1654, Q.

Theopli Schulzen Comnendium Grammaticae Lithua- nicae. Königsb. «673, Q.

P:inl Frid'\ Buhig Anjangsgrüiide der Lithauischen Grammatik. Eb. das. 1747, g.

Ebendes-;. Betrachtwig der Lithauischen Spracht. Eb das. 1745, ö, mit einigen Lithauischen Liedern.

iE' U'. H'iüik Vocubiilarium Liihuanico' Germunim cum Halle, 1750, g, mit angehängter kurier Graiu- luatik.

707 304. Lithauisch - Insterburgischer Dialect.

Von Hrn. Prediger Hennig mitgetheilet. Vater unser, der du bist im Himmel^

Tewemusu, kurs essi Daiigiije,

Es wrerde geheiliget Nähme dein ;

Buk szwenczaiTias Wardas tawo ,

Zugehe dein Königreich ;

Ateik tawo Karalijste ;

Es werde dein Wille, wie im Himmel so auch

Buk tawo Walle kaip Daoguje, taip ir

auf Erde;

an Zemes;

Brot unser tägliches gib uns auch diesen

Duna musu dieniszka dtlk mums ir sze

Tag ;

Diena;

Erlafs uns unsere Schulden ^vie wir erlas-

Atleisk mums musu Kaltes, kaip mes atleid-

sen uusern Schuldnern;

zjam sawo Kaltiems;

Nicht führe uns in Versuchung;

Ne w^esk mus Pagundima;

Sondern hilf uns vom Bösen.

Bet gelbek mius nii Pikto.

Phil. Ruhig's Liihauisdies Deutsches Lexicnn, Königsb. 1747? 8-

Jo. Jac. Qiiaudt Preiifsisch - Lithmiische Bibel. Kö- uigsberg, 1755, ö> wo in der Vorrede von niehrern Religioris- Schriften in dieser Mundart gebändelt wird.

Litliauische Wörter befinden sich in dem Vombnl. Petrnp. No. 42. Lieder und «Sprichwörter in Jo. Arn. von Brand Beise nach Moscovien . Wesel, 1702, g, S. 1055. folg. , die Übersetzung des Liedes : Gott erhutte den Könige in's Lithauische, steht iju Freymüthigen, 1305. No. 2,15.

Yy 2

70S

305- Nadrauischer Dialect.

Nnch Sim. Pruttorius in Act. Boriiss. T,'i. 2, »S*. 554.

Tiewe musii , kurs tu essi Debsissa, Szu ints tiest taws VVards ; Akeik niimis twa V^ alst\ be; Tav.as Praais buk kaip Debbesissa taibanl

wirszu Sjenies; MifSu dieuifsKa May e duk mums ir szeu

Diejia; Atniesk mums musu Griekus, I^aip mes pam-

metam musi Pardokontiemus; Ts^e te wedde mus Baidykle ; Bet (te) pasarge mus mi ^^issa Pikta (Louna.)

C. Polniscli-Lithauiscli oder Schamaitisch.

Dieses herrscht nur noch in Einem Theile Lithauens, nehmlich in Scliamaiten , indem da« übrige Lithauen die Polnii-che Sprache an- genommen hat. Zwar hat sich auch viel Pol- nisches in das Schamaiti.sche eingebchlichen; inde-iSen hat es doch immer noch so viel eio;en- thumliclies, dals es sich als einen eigenen Dia- lect darsti-Uen kann. Die Schamaiten nennen ihn den Scliamahiai Iicji^ die Preiilsen imd Preufsi- schen LitlTaiu-r aber den Polnisch-I.it/iauisclicn. Jo Jac. Qitandt nennt ihn in der Vorrede zu seiner Preufsiscli - Lirhauibchen Bibel //or//- Z/- tlmiusih ^ (Ugegen Hr. Prediger /-/r-/////^ ilui lieber Piait - Lii/iüu!.sc!i nennen will. Fs ist von dem Preursiöch - Luhauischen nur sehr wenig ver-

709

schieden , hat aber mehr Wörter ans dem Pol- nischen als dieses. Wegen dieser Annäherung an das Pohlische liebt es sehr die Zisch er, da- her es fünf besondere s, drev z und zwey c hat. Es setzt z. B. zusammen brizjdze sie, siehe. Die Vocale haben eben so viele und bestimmende Betonungen wie bey dem Polen ; auch das f und virgulirte / hat es von diesem angenommen, nur das h zu Anfange nicht. Alle übrige Eigen- heiten, welche der Preufsische Lithauer hat, sind auch dem Polnischen ei<ien, so dafs diese Sprache nur als ein wenig abweichender Dialect angesehen werden kann'^). Die folgende For- mel kommt mit der aus der Londoner Bibel von 1660 bis auf einige Kleinigkeiten überein, nur dafs sie keine Doxologie har, welche ich aus der letztern hipzu gesetzt habe. In den drey letzten

*) Man hat in diesem Diniert; e>n<; zu Lond.on 1600 gedruckte hiichstselteue Bibel- Üherserzniia , von wel- clier Qiiandt in der Vorrede zu seiner Bibel- Über- setzung einige, Lorh aber in seiner ßihel Gesc'üchle mehrere Nachricht erlheilt. In eben dem Dialecte ga- ben einige Prediger das N. T. zu Königsberg 1701 her- aus, in Hoffnung, dafs es für die Px-eulsischen Lithauer dienen sollte, weh lien es aber unbrauciibai- war. Fol- gendes Verzeichnils anderer in diesem Dialect {lechiick- ter und ins^v--^auimt von den Jesuiten zu Wilna ver- unstalteter Bücher habe ich dem Hrn. Prediger ihn-ng zu danken.

Diciiiiiiaiiiim tiinm linguarum (Poton. Lat. et Sa- mogiticae) am!. Const. Szijnvui: wovon die vierte Aus- gabe schon 1677, 8j Z-" Wilna, und eine neue 1715 erschien.

ihoma adwzrta hg u-iecznasti (die geöffnete Pforte zur Ewigkeit), par Mikola Olsztn'ski, Wilna, i7tjy,i?..

ßdlsa^ sirtl'es jxis Pi>na DiewaszwedauKij Alu^ye Pa-'iia ijr ^z^vetijs parstsiiivs iazdiottiH. (HerzlicheSt:ii>;me bey der Verehrung Gottes , des Herrn , der .Jungfrau' Maria

7IO

der unten genannten Schriften befindet sich auch das V. Ü. und die zehn Gebothe, aber nicht nur die Orthographie, sondern auch die Gestalt der Worte ist in allen dreyen verschieden; ein Beweis, wie sehr diese Bauernsprache bisher vernachlässiget worden, indem sie noch jetzt keine bestimmte Form hat.

3(^6. Scha maitisch.

Aus dem unten ervcähnten geistlichen Altar.

Tiewe musu, kuris esse Daiiguose, Szweskies Wardas tawa; Ateik Karalis te tawa; Buk VVala tawa, kaip Danguij;, teij ir "ant

Zianies; Düoiios niLisu wisaDienu (alle Tage) duok

muiiis siedie;;a; Ir atleijsk nitinis niuso Kaltes, kaijp irmes

atleijdziani sawienis Kaltienis; Ir ne wesk nitis ink pikta (böse) Pagandima; Bet gialbek mus iiuog wisa Pikta. Nes tawo ira Karalijste, ir Galijbe, ir Sslo-

we, ant Amsjiu. Amen.

und der Heiligen, in Liedern heraus gegeben). Wihia, 1301, 12; ist rlas dortige katholische Gesangbuch.

Ahonas du<liawnas (geistlicher Altar). Wilna, 1802, 12; enthalt einen Kalender von igoi bis 1326, Gebethe, Gesänge und dergl.

Moksia^ sUiijiiniu i asita Lietawiszka diet muzu v.nijhi. (Unterricht in Lithauischer Sprache, aufgeschrieben fUr kleine Kinder). VVilna , ißoi, 8^ ein Katechisiinx».

JLwangelie I^olshie ij Litewikie. Mb. 1803.

711

D. Lettisch, im engsten Verstände.

Dieser Dialect heiTScht noch in der Liefiän- dischen Provinz Lettland, in Kurland und Sem- sallen, auf der Kurischen Nehrung in Preufsen, in dem ehemahligen Polnischen Lieflande, wel- clies jetzt unter dem Nahmen der Diinaisclieu Provinz zu Neu-Rufsland gehöret, und im Pol- nischen Lirhauen an den Kurländischen Grän- zen in den zvvey grofsen Lutherischen Gemein- den ßirsen und Schaymen. In KurlaYid pflegt man es gern Kurisch zu nennen, welches doch nicht als eine besondere Mundart ange.selieni werden mufs; die Kurisciien Bauern nennen sich .selbst Lelwiskis, Letten. Der beste und reinste Dialect ist tbeüs der Semgallische um jMitau und Bnu>-ke, theils der Liefländische , um. Riga, Wo'lmar und Wenden. Nach demseli:)en ist auch, die Bibel übersetzt und Srenders Spra cldehre abgefafst. Der schlechteste Dialect ist theils der Polnisch-Lievische bey den so genannten ReJnlcn oder Rehdingen ^ und der Über -Lautzische im. Seelaburgischen und Diinaburgischen bey dew so genannten Pintaanin^ die an der Diina woh- nen, theils der Kurländische im Liebauiscben und Schrundischen , bey den Tahmen odei' Thamueken. A'ufserdem gibt es noch eine Art Letten, \velche man Siiihcn nennt, imd die keinen, eigentlichen District einnehmen, sondern im Ober- Lautzischen zerstreut wohnen, und eine Mischung von Lithauern, Russen vmd Finnen sind. Dieses Lettisch irh eng.sten Verstände ist zugleich die einzige Lettische Mundart, welche etwas Finnisches enthält, welches aber nicht von der eisten Bildung des Volkes heiriihiet, son- dern von iX^n Letten, nachdem sie die alten

712

Ktiren , einen Tschudischen Stamm , unterjocht, angenommen worden. Noch mehr sticht das Gothi.iche hervor: ja es scheint, dafs hier noch manche Wurzehi aufbehalten werden, welche' im Deutschen verloren gegangen, von welchen Hr. Hennig folgende z. B. anmerkt: ra/ims, stille, dalier fromm ; Mehle, Zunge, daher melden j' IiW/ms , Gespenst, Scliattenbild , Schemen j' gehrbt ^ kleiden, daher das alte Gürbekammer, Kleiderkammer; Slakka , Geschlecht, nach- schlachten; Taute^ Volk, Alt - Deutsch Diet^ daher der. Nähme der Deutschen; degt, bren- nen, erleuchten, Tag, Docht; Pee?7S, Milch, dr.her das alte Spänen, saugen und Spanferkel; Wellens, E^dklofs, Wellerwand; Mahja^ Haus, Gem.ach; mcg^ klein, mager; pliks ^ k.ahl, blek- ken, sclicinen; /f/;/^/, spriiigen, lacken , Lackey; Laiiva, Brot, Laib; rur2a/it, reden, raunen; griLLcht ^ wollen, befehlen, Graf, Nieders. Gre- we, der /^/vW der alten Preufsen; Kihts, Pfand, das niedrige verkeylen, verpfänden. In Dialecte läfst sich diese Sprache nicht fii'jlich abtheilen, weil jedes ansehnliche Gut eine andere Mundart, andere Sitten uild Trachten hat. *)

*3. G Dressds ganz kurze Anleitung zur Lettischen Sprache. Biea, 1O35, ^-^

HeiJir. Ädclpid Aiihituvg zur Lettischen Sprache. Mitau, 1635» 8; wozu der Candidal J*'i//"e/;er den er- stenGrund gelegt halle..

GotiJi. Jt'rid. Stmder^s vollständige Lettische Gram- mYT/JÄ; Biaunschweig, 1761, g; venuehrt JVIitau,

»7Ö3, 8-

Cü<ip. Elvers liber memoriülis Letticus , oder Letti- sches J'Vertirbvch. Piiifa, 1748 > 8>

Jar. Lange, General -Sujjcrintendent in Liefland, Deutsch -Lettisches und Lettisch - Deutsches IVöiterbuchi^

7'5

Die soo-enannte Alt-Lettirche Formel in Me- gisers Sammlung von 1603, und Duret Thrcsor, scheint fehlerhaft aufgefaßt zu seyn; die Kuri- sche in Jo. Arn. von Braiid Reisen, S. 74, ist ver- worren und unrichtig. Die folgende ist so, wie sie jetzt in Liefland und Kurland gebethet wird, womit auch die in der Lettischen Bibel, 1739, 8? Hcinr. Adulphl LelLischen Gebelhbuciie ^ ^IT^t ö> übereinkommt. Etwas weicht davon. ab in der Aussprache und Schreibung die aus dem Letti- sclien Handbiiche 1613, 4, in von Bergmannes Samml. S. 3. Ich füge noch eine sogenannte Kurische aus dem Praetorius bey, weil sie in einem abweichenden Dialecte zu seyn scheinet.

307.

Lettisch.

So wie es jetzt in Lief- und Kurland gebethet wird. Unser Vater im Himmel,

Mtilifsu Tehvvs Debbefsis,

Gfclieiliget lafs werden deinen N;ihnien ;

Sswetilits lai tobp tav/s Walirds;

J^afs kommen bei uns dein Reich :

Lai nalik pee miims tavva Walstiba;

h<ick den IJanpt-DiiiJecten in Ltefland wvl Kurland. Ober- Pallien und Tvlitau, 1772, 1775, 2 Theile.

Phil. Riiiüg''s Deutsch. Lettisches und Lettisch- Deutsches Werterbuch. Mitau , 1777, 4.

G. F. Siender's Lettisches Lexicou in aTlieileii in ß; von welchem man auch eine Menge anderer Schriftea in dieser Sprache hat.

Von Lettischen Bibel- Ühersetznnsen sehe man Fischtr's Vorrede vor der Lettischen iiibcl, Königsberg ^759 > 8-

71/K

iJeiiie» Willen lafs geschehen wie im Tlimmcl, so

Taws Pralits lai iioteek ka Debbefsis, ta

ancli tiber der Eide;

arridsan wirfs Semines ;

Unser tägliches Brot gib uns diesen

Muhfsu deenischka Maisi dohd munis scho-

Tag;

deen;

Und vergib uns unsere Siindcn, vrie

ün peedolid miims muhfsu Giehkus, ka

auch wir vergeben nnsern Schnld-

arri melis peedohdani fsa>\ eeiu Parrad-

nern ;

neekeem;

Und nicht eiulühie uns in A'^ersn-

Un ne eevved muhs eeksch Kalirdina-

chur.g;

schanas ;

Sondern befreve uns vom Bösen.

Bet atoesti inuiis iio Launa.

j.

Beim dir gebülirt das Reicii, die Krafr,

Jo tew peederr ta W'alstiba, tas Speliks

und die Eine ewig in Ewigkeit.

un tas Gohds inuschlgi Musclios.

Amen.

308. Lettisch.

Aus dem Lettischen Hündbuche^ 1615, 4> nach von Bergmanri's Sammlung, S. 5.

Müsse Thevvs, exkan to Debbes, Sweettytcz thope tows Wardtcz; Eiiakas mums touwe Walstibe; Tows Prätcz noteke kha exkau Debbes, iha ariidtozan wüiTson Senmies;

716

Müsse deniske Mayse dode mums schoden; Uade paramet niunis müsse Panade, ka

nielis pammettam mussims Parrade-

nekims ; Uiide iihe wedde mums exkan Kardena-

sclieiine; Beth atpesty mums no to Loune. ' Aisto tlioiivva gir tha Walstibe, unde tas

Spe-ex mide tas Goodtcz, tiir Mussige.

K u r i s c h.

Nach Sam. Praetorius in Act. Boruss. Th. 2, S. 554.

Tabbes mus, kas tu es szaii Debbeses, SzvY eilt ticz to WS Waids ; Enaik mums to\YS Walstybe; Tows Praats bus ka eksan Debbes, ta ta

wursaii Sjemmes ; Mus II dieniszka Mayse ducli mums sjon

Dieiia; Pamate mums musu Grieke, kas mes pam-

mat muse Paradoukem; Ne Avedde nuis Badikle; Bet pasarge mums nu wisse Laune.

Herrn Prediger Hennig's Anmerkungen über die sämmtliclien Lettischen Y. U.

Tüivas, Alt-Pr. Vater; Lirh. Tewas ^ Diipi- Dut. Tcth; Lett. Teliws ^ Dimin. Tehtinsch; Pohl. Talus, Väterchen; gemein Deutsch Talia^ Wal- hs. Teijs.

7 i f^

Nouson, unser, Poln. yiasz; Lctt. muJifsu^ unser, me/is, ^vir, niiths^ uns.

Kas ^ Lett. und Lith. wer, was; Lith. /v/r^, Lett. hirsc/i, welclier.

Tu, du. Essei, Lett. und Lith. e^y^/, dabist; Griech. fj?, Lat. e^; Poln. ies/rs.

En, in. Der Lette und Lithauer haben den Ablativum looalem.

Darigon. Nomin. Daiigons , der 'Himmel; Litli. Dangus und Dangaus , gehöret zu Dach, Decl:e. Das Lett. Debhes , Wolke und Himmel, zum Holi. doj ^ Niedere, dujj, trübe; das Poln. Niebo, zu nubes und Nebel.

Swyntus, Infin. Sivintlnai. Swi/ilas, Lith. szv.'cntas, Lett. fsive/i/s, Poln. svvif.'y, heilig, sanctus. Der Infinitiv bedeutet in allen Letti- schen Mundarten nicht nur: heiligen, sondern auch: segnen.

Wirst, oder vvlrse, werde. Der Lithauer hat buk von dem Slaven ; der Lette fnl thop , lafs, (es möge) \verden, \on laischu, L.v\t. /cidz/u^ icii lasse. Tohp von tapt, Pi'cies, !o/ipu, Imperl! /c//?- pu, werden.

Enuneiys, PoIü, Iniie, Gr. 6v:u.:i, nonien. Der Lithauer unclLette liaben dieses Wort nicht, sondern dagegen der Lette lla/irds , Lith. IVadas^ Wort, Nähme.

Pcreh, von der Praeposition /;f/-, Lith. /7ßr, Lett. palir , wieder, zurück,» iiber, und dem Verbo cid, Lett. eed, Poln. ide^ gehen. Praes. Lith. eimu, einu, Lett. eerini. Das Lith. attik kommt von f//, Lat. «r/, herzu, und citi , gehen. LcK. idi nahk , es komme, von Thjbkt, kommen (nahen). Pce, bey, Litli. /><-/, Ah-Pr. /^o.

PJJhs, Reich, Nieders. Riik. Der Lithauer nimnit sein Karalijste aas dem Polnischen Krolcst-

717

tt'o, Königreich. Der Lette hat IValstiha, von waldiln ^ rir liieren, heiTschen, walren.

piui/fs , Wille; Lith. hftu , ich nehme mir vor. \irh. JVafe, Poln. JVak, Wille. Das Lett. Pralits heiLt eigentlich Verstand, Klugheit, über- haupt alles, was zur denkenden und wollenden Kraft gehöret; Lith. Protas^ Vernunft. Eb ist das Lat, prudens, peritus, (p2,y2r,c, Alt-Deutsch fri/r. Noch jetzt sagt man im 1'reufr.ischen Obtr- lande auf gut Alemannisch y>-i// für klug; ein . frutter Mensch.

Audasin^ geschehe, scheint ein GotJüsches Wort zu sevn. Im Lett. ist aiist^ Praes. ciiidu^ ich webe, wirke. Lett. /7o/ff/^, von der pra^epo- sition /7o, von, zu, und tlki ^ geschehen, be- rühren, tangere, Nieders. //rZ'e/z.

Kfigi ^ ka^ heifst gleichwie; wie auch im Lett. Preufs. hagi^ und Lith. kajp.

Tijt ^ Lett. tik^ so, /tf, so, wie Lith. laip, Delgi, auch, Poln. /r/~, desgleichen. Lett. /r, ar , arri ^ (irridsan ^ auch, Lith. /V.

A'o, Lith. ö/z, ani ^ Lett. w^, auf. Das Let- tische wirs heifst eigentHch: über.

Semmie ^ Lett. Semnie, Lith. Zieme ^ Poln. Z'iemia^ Russ. Sem/ja, Land, Erde. Das Wort bedeutet ursprüns;lich ein niedria; lico;endes, sumpßges Land; lett. seniscli^ niedrig. Daher die Provinz -JNl ahmen Samland, Ssamaiien, Sem- Gallen.

Dclneimin ^ deininan^ Nomin. faemin. deinlna^ Lith. dieniszka^ Lett. deeuisclika^ täglich; von Deina, Lith. Diena, Lett. Deena, Poln. Dziertj Tag.

Gei'ta^ Brot, gehöret wahrscheinlich zu ^eÄ- Sen^ Gest ^ Gnsclit^ fermenium; das Lith. Duna^ zum alten ü'i^/2e/2, quellen j so wie das Peutsche

7«.S

Brot ^ Poln. Bcrijs , grob Brot, füglich zu dem Lettischen hrecst ^ Praes. es brcesta^ Imperf. l>rce^ du, quellen, gerechnet werden kann. Das Letr. Muise, Rrot, imd unser M/zze geliören mit dem Lett. Mei-ßa^ Leib, Fleisch, u. a. m. ebenfalls zu dem Begriile der Dicke und des Mäsiens; bo wie das alte Z^/Z», Esthn. Leib ^ Gorh. Hlaif\ und Voln. Chleh , Brot, mit Leib, corpus, zusatnmeii hängt. Übrigens heifst essen im Alt - Pr. isi;^ Praes. ihdu, Lith. walgttl, Praes. walgan^ Lett. ehst^ Praes. efidu.

Dais, gib, Lith. dudu, hetx. do/idu^ ich ge- be, h^oyj. Sc/ia, diese, sc/iis^ dieser, wie im Lett. und Lith.

B/ie^ Lith. bei/ , Lett. 7//z, und.

Etwerpeis ^ erlafs. Lith. aileisk, von at und lekmi, lassen. Lttt. peedoht ^ vergeben, von peCy und. do/it, geben.

Ausc/muti/is, Schulden. Im Lettischen ist K(dte, Schulden, Fehler, Lith. Kalte, (vermuih- lich die Wurzel von dem Deutscheu S-c/iuId.) Lett. Grieks , Alt-Pr. Grika, Lith. Griekas , Poln. Grzec/i^ Sünde.

Kai, /iagi, so wie, Lith. kaip, Lett. ka arri^ wie auch.

Mes, Lith. mes, Lett mehs^ wir. Lith. sawo^ "Lett. JsaiAeem , unsern. Die Lettischen und Li- thauischen Pronomina reciproca J'^ewis , fsaws und fsaweis ^verden , wie in allen Slavischen Mundarten, auch anstatt der ersten und andern Person gebraucht. Der Alt - Preufse hingegen hält sich an das Deutsche.

Lett. Parradneeks ^ ein Schuldner, von Par- rads, die Schuld am Gelde, Getreide, u. s f.

TV/, Lith. und Lett. /le^ nie ht. IVrddeis, fiihre, Lith. wesk, Lett. ecwedd^ einführe; vom Lett. west^

719

Praes. v.'eddu ^ Llth. wesii ^ Praes. wezlu^ führen auf einfm Wagen oder Schlitten, vehi.

En^ Letr. ecksch ^ in. Perbandcsna^ Versu- chung, von der Fraepos. per und dem Verbo bandlti^ Lirh. handljii^ Praes. bandan^ Poln. ba- dani, nachfoi->>chen, versuchen; Letr. baiidiJtt, Praes. bandu ^ prüfen, versuchen, it. kosten, schmecken. Lirh. pagundima, von gunditi^ Praes. giindau, zum Bösen versuchen. Das Lett. ka/ir- dinasrhuna kommt von kahrdmaht ^ reitzen, zu verführen suchen, von kahrs, lecker, lüstern, gierig; dsih er ka/iro/ii , begehren^ und Iialiriba^ Be- gierde, Lüsternheit.

S</dait, odcT s/ait, sondern; Lith. und Lett. sowie Holland. <6e/, Engl, but, sondern, aber.

hrankeis^ ausnimm, vom Alt- Pr. imd Lith. rardm , htxt. robka , Slciwruka^ Hand, wozu un- ser reichen gehöret.

Lith gelbek^ von gelbeli^ Lett. kalpoht ^ hel- fen. Lett. atpesii^ von at nnd pestiht ^ erlösen, befreyen. Es ist aus dem Esthnischen ins Letti- sche gekommen , M/opaanna, erlösen, erretten, Pastja, ein Erretter, pasenia ^ loskommen, ent- kommen, ist.

Wii>i>an^ Lett. wijs/s, alles, ganz.

Warga, Lith. Wargas , Noth, Elend, das Arge. Luh. Pikio ^ der Ablat. localis von piktas^ •heu. pikts , böse. Dd'i Lett. Puh's, ein Drache, Teufel, lautet im Schwed. Niederd. und Holi. Pulte, hext Lai//ia^ von Iaun6\ arg, böse, übel. Daher launa P//sse, die Zinke (böse) Seite, launa Ro/iAa, die linke Hand.

Der Schlufs des Lettischen.

Jo^ denn. Tfw , tibi. Peederr ^ von peeder- reht ^ zugehören, sich ziemen, vonderrelu^ üich

720

verbinden, clinn;en, miethen. Ta Walstlba^ da« Reich, von wa/di/it , xegieiGn, walien. Tas Spehh, physische Kraft. Gohds ^ Ehre, Ansehen. Mu/i- sc/iigi\ ewig, Miihschos^ in Ewigkeit (Ablat. lo- cal. ), \on Aiu/isch, Lebenszeit, Dauer; Ottfr. Muaze, Zeh, iMuJse, Kero, maozzaiij^ Zeit seyn.

Ebendesselben Charakter der Lettischen,

Lithauischen und Alt - Preufsischen

Surache.

1. Die reinen Wurzeln aller drey Sprachen gehören theils den Gothen , theils den Slaven. Das Lettische allein hat noch einige Finnische Wörter. Die Abstracta und die Bezeichnungen aus den Gebiethe derCultur sind von den christ- lichen Religions- Lehrern gebildet worden, und verrathen ihr Nieder- Sächsisches Gepräge nur zu deutlich.

2. Sie häufen die Consonanten weniger, als die Slaven, aber mehr als die Deutschen. Sie lieben besonders viele Zischer und viele Halb- laute. So theilen die Letten die Consonantea /, w, /?, /•, g, ^ und 5. Der Lithauer dehnt die W^örter durch mehr Vocale als der Lette. Die Vocale haben vielfacheBetonungeii. Ihnen fehlt, wie dem Slaven, die Aspiration des Griechen, und das /z des Lateiners; ingleiclien das/', v und ph, wafür sie die Blaselaute o', /?, iv setzen. Das f/z, q und x fehlet ihnen gleicJifalls; denn das q und X des Preufsen ist grammatische Grille.

3. Der Ton ruht allemahl auf der ersten Sylbe; im Preufsischen machen jedoch die lan- gen und zusam.men gesetzten Wörier mehrere Ausnahmen. Die Negation w, /?/, nicht, und das Lettiöcheya, wenn es ein Müssen anzeigt,

ziehen

721

i

ziehen den Ton auf sich von dem folgenden Worte ab.

4. Die Biegungs- und Ableitmigssylben sind eben so mannigfaltig, wie im Slavischea und in andern Sprachen.

5. Der Lette hat zwei Geschlechter für seine Hauptwörter, und daher zwey Artikel, die aber mehr Pronomina als Artikel sind. Der Preufse gebraucht seine beyden Artikel öfter. Der Li- thauer hat, auf gut Slavibch, keinen Artikel. Seine Hauptwörter sind männlich, weiblich und communia; die Adjectiva aber haben die ge- wöhnlichen drey Geschlechter. Er hat aiu h nur allein einen Dual, mit fünf Gas. wovcjii der Nomin. Accus, und V^ocat gleich iind. Die Sub- stantiva aller drey Sprachen endeTi sich entwe- dej;" auf ein s oder auf einen Vocal. Der Lette und Preufse hat die sechs Casus des Deutschen, wovon aber der Ablativus nur allein localis ist. Der Lithauer hat neben dem Ablat. local. auch noch den Siavischen instrumentalem.

6. Die Lettibchen Adjectiva sind zweyer Endungen. Es gibt aber noch besondere discre- tiva. Die Adverbia endigen sich gröfsten Theils auf /und werden comparirt. Das gilt auch von dem Pr'eufsischen, dessen Adverbia sich aber auf Aaij i oder u endigen. Im Gebrauch der Adjective und Adverbien ist der Lithauer eben- falls ganz Slave. Die Comparation des Letten geschiehet durch die Endung aks und akais im Masculino, und aka und akasa im Faminino. Der Superlativ wird am öftersten durch das dem Comparativo vorgesetzte Wörrclien ^^ifffs^ all, gemacht. Der Preufse comparirt durch die Fur düng sis^ im Masculino, und der Snoerlativ wird durch das vorgesetzte /?c/- angedeutet. Der

Uithrid. IL Z Z

Lithauer verändert im Comparativ und Superla- tiv das Worr selbsr,

7. Die Lithaiiiichen Pronomina sind an Be- schaffenheit und im Gebrauch m«-ist wie die Sla- viöchen; nur der Lette und Preuf;ie nähert . «sich darin mehr dem Deutschen. Diese serzen sie nuch den Verbiß vor, der Litliauer aber nicht. Das Pronom. reciproc. sui und suus wird im Let- tischen und Litliauibchen in allen drey Personen gebraucht, im Preufsischen nicht.

8. Die Conjugation der Zeitwörter ist nicht so einfach wie bev dem Slaven. Bey dem Letten ist der Character des Infiiiitives ein /, sammtli- cher Temporum ein 7/, des Imperatives ein /. Bey dem Preufsen hat der Infinitiv gleichfalls t oder tweij; die sämmtlichen Tempora endigen sich auf einen Vocal, und der Im])erativ auch auf/, das aber auch wegfällt. Noch öfter wird er durch die zweyte Person des Praes. ausge- druckt. Der Lithauer endigt den Infinitiv auf //, den Imperat, auf /, welches aber verschluckt wird, und alle Tempora aufw.

9. Alle drey nehmen ihren Conjunctiv vor- züglich aus den Participien, aber einen Optativ haben sie nicht. Ihnen sind mehrere Arten des Praeteriti und Futuri eigen, worin sie auch die Geschlechter unterscheiden.

10. Die Participial - Construction lieben besonders der Lette und Lithauer sehr, daher sie eine grofse Menge bestimmender Participien haben.

11. Das Participium wird überall umschrie- ben. Der Hültswörter haben sie mehrere. Das Slavische bijc, seyn, ist, wiewohl in anderer Form, allen dreyeri gemein. Durch vielfältige Biegungen machen sie aus den Verbis activis

725

eine Menge anderer, als Iterativa , Frequenta- tiva, Reciproca-, ii. s. f.

12. Die Regierung der Praepo&itionen ist in ihnen sich fast gleich. Sehr wenige erfordern den Dativ, die meisten den Accusativ oder Ge- nitiv, oder heyde zugleich. Der Lette hat das eigene, dafi alle seine Praepositionen den Dativ regieren, wenn das Substantiv im Plural stehet.

13. Im Svntax haben Letten und Li^hauer eine Menge Eigenheiren, und viele Griechische Constructionen. Der Preufse folgt darin dem Deutbchen. Bey allen dreyen stehen die Verba gerne zuletzt»

VIIL Röniisch-Slavisch, oder Walachisch.

Vlach bedeutet im Dalmatisch - Slavischen einen Hirten; daraus bildeten die Griechen ihr Whicln\ und andere Sprachen ihre Walachen, Auch Avaren alle mit diesem Nahmen belebte Völker ehedem Hirtenvölker, und sind es gröfs- ten Theils noch ; daher gibt es in Illyrien und den angränzeuden Ländern auch Slavi-che Walachen. Diejenigen, von welchen hier die Rede ist, und welche bey den Albaniern gleichfalls TschuLan^ Tjuban^ d. i. Hirtenvolk, heifsen, bewohnen* theils das ehemahlige Dacien, d. i. die Wala- chey» und einen Theil von Siebenbürgen nebst der Mi^ldau, theils das ehemahlige Thracien, Macedonien und Thessalien. Sie nennen sich selbst Ruma7TJe oder Rwniikje, d. i. Römer ^^ weil sie zum Theil von denjenigen Röm.ischen Colo- nien abstammen, welche die Kaiser von Ztit zu

Zz a

724

Zeit hierher verpflanzten, und welche nebst allen freyeii Unrerthanen des Reichs durch das Gesetz des Kaisers Caracalla 212 das Römische Bürgerrecht harten, daher sie gewisser Mafsen ein Recht auf diesen Nahmen haben. Bis in die Moldau hatte sich das Römische Dacien schwer- lich erstreckt. Vielmehr wurde selbst aus der heiitigen Walachey das Gemisch von Römischen Colouisten und alten Geten, woraus die Einwoh- ner Dacieui. bestanden, wegen der Einfälle der Barbaren, vom Kaiser Aurelian über die Donau gezogen, und diese dieGränze des Reichs; wah- rend nun die Walachey und Siebenbürgen den bald darauf immer mehr erfolgenden- Durchzü- gen der fremden Völker preis gegeben \varen, zo- gen jene alten Emwohner derselben zum Theil bis tief in den Hämus. Der Einilufs der Römer auf sie erhellet noch aus ihrer Sprache, worin die Roiuarm rustica noch jetzt herrschend ist. Tliitnmann fand, dafs die Hälfte der Thräcisch- Walachischen Wörter Lateinisch, die andere Hälfte aber theils Griechisch theils Gothisch, oder Türkisch, besonders af)er Sla\'isch ist. Viele der erstem nähern sich den heutigen Ita- liänischen Formen : noi^ wir, vo/, ihr, im abge»- küizten Dativ und Accusativ v/, euch, lid^ ihm, /or, ihnen, ;w/e/, meine, tuai, du ha5t, noi avem, wir haben, avut, gehabt, trei, drey, Frate, Bru- der, u. s. f. Da die Geschichte keine nähere Verbindung zwischen Walachen und neuem Italiänern nachweiset: so könnte es scheinen, dafs diese Formen aus der finhern Rü?fiana rustica sich eben so gut Iner, als in Italien gebildet ha- ben möchten. Gleichwohl ist jene Übereinstim- mung fast zu grofs, als dafs man sie blofs für zufällig halten sollte, so wie es blolijer Verfall

der Latinitrif seyn mag, dafs dieWalachen sclioa im fiinlten Jaliihunderte torna fratre stören ^ für: kehre (es) um Bruder, eben so wie noch itzr die Itaiiäner. Es ist Pflicht wenigstens, jede mög- liche Uri-ache der nahen Verbindun.g zwischen der Italiänischen und Walachischen Sprache auf- zusuchen, weiche auch im fünfzehnten Jahr- hunderte CZ/^.'/roro/zß'y/c/A- schon bemerkte, der in seiner Ge-.chichte der Türken beym Jahr 1383 von den Walachen spricht, dem Volke, das in der heutigen Walachey, zum Theil aber auch unter einem besondern Fürsten in der Moldau, in Dörfern, aber doch hirteiimäfsig lebe, und eine Sprache spreche, wie die Italianer, aber schon verdorben, und den Italiänern unkennt- lich. (Wie diefs Volk in diese Gegenden ge- kommen, wisse er nicht). Weim die 1249 er- folgte Übergabe eines Tiieils der Walachey und des benachbarten' Siebenbürgens an den Jobanv niter- Ritter- Orden, welchem zur Communica- tion mit seinen Brüdern in Dälmatien, Italien 11. s. w. auch Scardona am Adriatisclien Meere überlassen wurde, völlig zu Stande gekommen oder von Folgen gewesen wäre : so könnte man darin die Ursache jener Verbindung der Wala- chischen und Italiänischen Sprache suchen, Aufserdem aber bleibt nur noch übrig: einiges auf die Minoriten zu rechnen, welche sich, un- ter beständiger Einwirkung; der Päbste, z. B. Gregor's XI, am Ende des vierzehnten Jahrhun- derts und ferner die Bekehrt mg der Walachen und ihrer Fürsten von der Griechischen zur Rö- mischen Kirche mit abwechselndem Erfolge an- gelegen seyn liefsen, und von denen z. B. Anton de Spalato als Bischof nach Miltow gesetzt wur- de, als der Walachischen Landessprache kun-

72ß

dig. Eine Landessprache, die auch eine ver-p wilderte Romana rustica war, zu erlernen, nnochten Italiäner, durch ihre aus eben dieser Quelle entstandene damals auch noch nicht ganz ausgebildete Sprache, geschiclcter seyn, als Ab- kömmlinge anderer Länder und Sprachen, des- halb vielleicht mehrere zu diesem Geschäfte ge^ wählt werden, und Einflufs auf mancherley Mo^ dificationen der ähnlichen Sprache gewinnen.

Der andere Slavische Hauptbestandtheil die- ser Sprache rührt von der Vermischung Slavi- Kcher Stämme mit den Bewohnern jener Gegen- den her. Schon unter Kaiser Hcraclius lielsen sich 7 Slavische Stämme zwischen der Donau und den Hämus Wohnsitze anweisen, und spä- terhin sind Einwirkungen aus der Nachbarschaft sehr begreiflich. Dafs noch viel Dacisches und Thracisches in der Walachischen Sprache seyn sollte, wie Thunniann will, ist sehr zu bezweifeln, wenn man bedenkt, wie viele barbarische Völ- ker hier nach den Römern gehauset haben. Denn in Thracien erhielten 27g viele Bastarn er, Gepiden, Gothen und Vandalen, 334 Jazygen, und nacli Attila's Tode viele Kunne^i und Alane^i Wohnsitze. Lange safsen die Gorhen daselbst; noch in der Mitte des sechsten Jahrhunderts er^ wähnt Jornandes derselben am nördlichen Fufse deb Hämus. Und noch mehreren Abwechselun- gen waren die Moldau und Walachey ausge- setzt. Als sie das Durchzugsland für die Ost- uncl West- Gothen , Hunnen und Anten, Bulga- ren und Avaren gewesen, und vielleicht eben so, wie nachmals nach der Mitte des zwölften Jahr- hunderts, nach ausdrücklichen Berichten derGe- schichtschreiber, bey dem Kriegszuge des Leo Vatages, die Moldau menschenleer geworden

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waren : setzten sich seit dem Ende des siebenten. Jaliihundciis die Bulgaren in den Gegendeu der Walachey fest, und am Anfange des neunten Jahrhunderts lesen wir bestimmt bemerkt, dafs diese Bulgaren auf ihren Streifiziigen nach Thra- cien eine Menge Rumuner \veo;Führren und in der heutigen VValachey und ßulgarey ansiedel- ten. Herr von Engel leitet davon den Nahmen der Walachen her, weil diese Rumuner wegen ihrer Henen der Bidgaren von der Wolga, auch Wolachen genannt worden. Die Ugern oder Ungarn setzen sich gegen das Ende des neunten Jahrhunderts iu der Moldau am Pruth, aber die Petscheneger drängen sie noch weiter fort, und sind Herren die.'ser Gegenden, bis sie von einer andern auch Tatarischen Nation, den Uzen, Po- lovzen oder Cnmanern in der Mitte des eilften Jahrhunderts aufgerieben werden. Diese wur- den abwechselnd von den Ungarischen Königen östlich gedrängt, doch sitzen einzelne Horden z. B. am Anfange des dreyzehnten Jahrhunderts bestimmt auch in der Walachey fest. Dem. Heere Dschingiskhan's unterlagen die Asiati- schen in der Schlacht an der Kalka 1223, und die Europäischen schlössen sich an das benach- barte Ungarn und das Christenthum an. Die Mongolen verheeren gegen die Mitte desselben Jahrhunderts alle diese Gegenden, und setzen ihre Streifzüge in dieselben fortj einzelne Cu- maner- Horden sitzen noch in der Moldau. Ohne besondern Erfolg hatten die Ungarischen Könige den Deutschen Rittern am Anfange des dreyzehuteit Jahrhunderts die Beschützung der Gränzen Siebenbüraens gegen Cumanien über- geben. Indessen unterwerfen sich melirere Wlachen, von der Hen'schaft der Cumaner ftrey

7^8

geworden , m der Nähe der Granzfestnng zum i). Severiri demiUii.aarischen Reiche. 12^4 wei- set Könia Ladislaus den aus Thracien angekom- menen Wiachen , die Marmarosch, an der Tlieis, dem Koros und noch in andern Gegen- den, wohl vornämlich Siebenbürgens, wahr- scheinlich auch im heutigen Fogaras, Wohn- plätzfe nn. Mehrere von diesen mögen sich mit jenen örtlich von jener Gianzferstung wohnen- den WJachen vereinigt haben. Kurz nach der Ermordung des Ladislaus seit 1290 bilden sie dor^, in der fieutigen Walachey, einen eigenen Staat unter Wlachischen Fürsten, deren erster Kad« 1:1 der Schwarze ist, und die zunächst mei- fcteix-s -dem Ungarischen Reiche, hernach aber ;i^)vAechj-e]ud. eleu Türken unterworfen sind. In d^ Moldau dauern die Einfälle der Tataren aus Ct^rri benachbarten Mongolisch - Tartarischen Iveichß in der ersten Hälfte des vierzehnten Jahr- hunderts Torf: aber nach der Mitte desselben v= erdx-n diese Tartarn mehrmals von Polen und Ungarn geschlagen, und so die Moldau freyj und nun,wandern die Wiachen von der Marma- rosch in diese leeren Gegenden, nud bilden dort auch iHiter ihren eingebohrnen Fürsten, deren erster Dragosch ist, ihren eigenen Staat, der ebenfalls bald von dem Ungarisclien Reiche, bald nachlier von dem Türkischen abhängig ist, bis die Schlacht bey Mohacz 1526 die durch diese Wiachen^ auch bey den beständigen Krie- gen jener Gegenden bevölkerte Moldau und Vyalächey völlig inner die Türkische Herrschaft brachte.

Unter allen diesen Abwechselungen hatten sich viele jener Nachkommen Römischer Colo- nifcien in die Gebirge geflüchtet, sich auf die

729

#

Viehzucht eirgeschrÜnlcf , welche sie nachmahls beybehielten, und dadurch einen Theil ihrer Sprache gerettet. Diese theilet sich in zwey plaupt - Dialecte, den Dacisfh- oder Ungarisch- IValachischen diesseits der Donau, in der Mol- dau, Walachey, Siebenbürgen, der Buko- wina, dem Bannate und Ober -Ungarn, und den TJiradsch-lValacIiischeti jenseits dieses Fhis- ses, in Thracien , 'Macedonien und Thessalien, \vo sie den gröfsten Theil der Ein\vohner ausma- chen. Die Thracischen Walaclien werden von den übrigen mit dem Spotinahraen Kutzo- IVala- cJien^ d. i. hinkende Walachen, belegt. Ilire Sprache ist gröber und unreiner, und hat viel Griechibches und Albanisches aufgenommen. Auch der Unterschied zwischen dem Moldaui- schen und Walachischen ist nach Andr. Wolfs Bcyträs^en zu einer statistisch -his,torisc]ien Beschrei- bung der Moldau , (Hermanstadt, 1S05) S. 178. immer betrachtlich genug. Jeder Dialect zer- fällt wieder in mehrere Unterarten. Selbst in Siebenbiiroen ist die im mittlem Siebenbürgen von der reinern um Kronstadt verschieden. Die Vornehmeren in der Moldau und Walachey re- den Griechisch oder Türkisch *).

*) Man sehe über die "Wallacliische Sprache Jo, Timurnann' s Gesch. ehr bhllichen Volker ^ S. 169 f., und S::lzer's Transalpinisches T>acien, Th. 1, S. 151 f. Von dem Geschichtlichen aber besontlers von I'^ngeVs Com- TTitntatio de expeditic^nibus Trujani adDanuhiiim et origine Valachorum f Vien. 1794» und ebendess. Gescliichte des ZJngarischen Reichs und seiner Nebenländer ^ iV Th. 1 u. £ Abth. oder Geschic.lue der Moldau und Walachey , Hal- le, i8o4- S. 15511". S. 95 ff. Von Schlctzeir, kritisclie Siirnmlungen zur Geschichte der Deutschen in Siebenbür- gen, St. I III. Gott. 1795. Jo, Molnar''s Walac!iiscti&

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Character der Walachischcn Sprache,

1. Die Substantive haben keine Abwande- lung ilirer Endung,, aufser dafs von ihnen eine Pluialforrn gebilder wird, und zwar letztere mit &o mancherley \'"erandcTungen der Ilndlconso- nanten, und i;>elbst der vorhergehenden Vocale, dafs diefs einer der zusammengesetztesten Theile der Walachischen Grammatik ist.

2. Die Casus - Verhältnisse werden theils durch die Abwandelung des bestimmenden Ar- tikels, theils auch noch durch vortrettrnde Prae- positionen ausgedrückt, und zwar wird dieser Artikel hinten an die Substantive ansehängt. Hierdurch haben die Subotautive in jedem der 2wey Numeri und der zwey^ Geschlechter, des Mascnlins und Fämmins, zwey Endungen , eine

Sprachlehre, Wien, i-ßS» 8j hetrifTt das reine Sieben» bürgisch - VVylathische. P. Suin. Klein iiad P. Ge. Fabr. Schii-.kai cUmciita linguae Dam- Rowance s, IVa- lachicm, \Vien, i7Öf^, 8) folptn der Mundart in dem jiüttiern Sieben biir-:,«!!. Des Tiuud. Aaistasii linballtoli Piolokiria oder Wolacliisches, Albanisches und Neu- Griechisches Woi ti\.i:;sler, Venedig, 1776, v^eiches Thunmann 1. c. S. 131 25Ö wiecier hat abdrucken lassen, ist Kutio - Vv nllacbisch. Des C/i/aro Wortregi- ster in Grhtlinii Geschichte des Tirritt^ivartr Bannüies, verniuthlich auch, und noch daz.u sein- fehlerhaft. Pruy liefert es verbessert aber sehr verkürzt in seiner Disser- tat. Vil, S. 159. Ein uiinciitliclier Au><druck (\qs Wa-? lachischen, welclies mit Cyrillischen Buchstaben ge- schrieben wird, durch Lafeinische, hindert die Branch- barkeir der Dottrina Chri^tiana daJVob. ßellaruiino tra^ dotta in lingna VaUicha dal i:^. Vito Pilurio, Rom, 1677. Marsden fiihrt Franc. Grisellini Lettere Odoporiche, Mail. x78o, mit einem Walachischeu Wortregister, iS. Q.iG <27, an. In lii'rtuch\^ und Vater''s Archiv fiir Ethnographie und Liriguistik St. I. steht ein Stück ei- ncs VValachischen Gecluhts.

731

flir den Nominativ, Accus'ativ, und nach den Ablativ -Praepositionen, die andere für den Ge- nitiv und Dativ, oft aucli noch eine dritte für den Vocativ, ^velcher andre Male die Form des Dativs hat. Der Genitiv und der Accusativ zeichnen sich überdiefs durch ihre ciiaracteristi- schen Praepositionen aus; indem jener immer g, aufser wenn er nach dem ihn regierenden Sub-

o

stantive steht, dieser aber pre besonders dann vor sich hat, wenn er belebte Gegenstände be- zeichnet, und leicht für das handelnde Sabject gehalten werden könnte. Übrigens stehen die Substantive theils auch, ohne Artikel, theils mit vorgesetztem unbestimmten Artikel an.

3. Wenn Adjectiv und Substantiv neben einander mit dem bestimmten Artikel stehen, so hänot dieser und somit die Casus -Form blofs an dem ersten von beyden, welches es nun sey. Übrigens haben die Adjective nur im Fäminin und im Plurale angehängte Endungen, und ste- hen ohne dieselbe auch adverbialisch. Den Ad- jectiv Endungen isc/i, lieh entspricht die Endung esk oder eask^ welche im Adverbium in easclite verwandelt wird.

4. Für Augmentative ist die Form, ojii, für die Diminutive die Form uz vorhanden. Der Comparativ des Adjectiv Vv^ird durch Vorsetzung von mal, der Superlativ durch, prea (sehr) aus- gedrückt.

5. Die Personal-Pronomina liaben, wie in mehreren Spraciien, mancherley Casusformen, als die Sprache sonst hat, und für den Dativ und Accusativ auch abgekürzte Formen, die sich, zuweilen zwey auf einmal, mit dem Hülfsver- bum zu einem Worte verbinden, z. B. viUiu (vi-l-au) (sie) euch ihn haben. . . Die New-

tra : es, diefs, werden durch das Faminin au»^ gedriickr. Das Pronominal- Adjecriv oder soge- nannte Possessiviim hat immer dtn bestimmen- den Artikel vor si/jh.

6. Die Zahlwörter schiiefsen sich meistens an'?^ Lateinische an; doch ist es auifalend potru 4 lind opt. 8, vnit einer ähnlichen Veränderung des y«, k^ wie umgekehrt iTr-ÄToc, iV,-/cöf, equus, tto-» TcV und quotus^ t^evts , ixkiJ.ie^ %ir/,s und qiiuiqite zusammenhängen. ^ heilst fscZ/intschi^ vorn wie das Italiäuische cinque. Die Zehnerzahlen zwan-r Tiigy fifcyß^g sind alle fast gerade hin aus zwey, drey u\\<\ zehn zusammengesetzt.

7. Die Verba haben ihre Tempora theils durch von ihnen selbst gebildete Formen, theils mit Hülfsverben ; jenes ist der Fall beym Prae^ sens, dessen erste Person meistens mit dem Stammkonsonanten endigt, beym Tmperfectum, weiches ans dem Infinitiv sich bildet, beym er- bten Praeteritum, welches die Endung in mit vorhergehendem characttristischen Vocal der Conjugation zu seiner f^^rm hat, \uu\ bey dem zweyten Plusquamperfectum, ^velc}les in der eisten Person auf ssem endicjt, «Tj-Tsde wie der Conjunctiv des Plusqiiamperfecti im Lateini- schen: Hiilfsverhen aber liaben ein Praeteritum, wo ic/i ha/je, ein Plusquamperfectum , wo ich ha- be gewesen Wie fai itcvov das sogenannte Supi- niim, Avelches imm.er auf / endigt und unveiän- derlich ist, und das Futurum, wo ich will vor demi Infinitiv gesetzt wird. Die Passiva werden durch die Reflexiv- Pronomina ausgedrückt.

8- Die Abwandelung der Personen des Ver- bi hat einige Ähnlichkeit mit dem Slavischen, so wie auch die Verwandelung der F^ndconsonanten k in tsch und s in d Ähnlichkeit mit dem Russi-

755

sehen. Die Pronomiiia werden vor oder nach, den PersoMall^orrnengesetzr. Coiijanctive haben die- üieisreii angefahrten Tempora. Von den. bevden Participien endigt das eine indeclinable axxfnd, das andere declinable, zui iorlu, und ist vielleicht aus den Lateinischen Substantiven auf tor entstanden. Das Gerundium hat die Eigen* thümliclikeit, dafs die Praepositionen, durch, welche es ausgedrückt wird, noch vor die Prae- pcsition a treten, welche der Infinitiv gewöhn- lich vor sich hat. Keine von allen diesen For* mt^n isr so einfach, dafs sie der Bildimg der übri- gen für alle Conjugationen zum Grunde gelegt werden konnte.

Sprach proben.

Die Herausgeber der Vaterunser - Samm- lungen, selb-t die bessern, haben VValachisch, Walii^ch oder Wal!isisc!i,Wallonisch undWälscIi oder Chur- Wälsch (welclies ja auch Romanisch heifst,) hänfig verwechselt, und datlurch viele Verwirnnigen veranlafst. Allein wenn man auch von ihnen ganz absiebet, und sich an bessere Quellen hält, so weichen doch auch hier die Formeln sehr ab, v/elches vetmuthlich daher rühret, weil jeder einer andern Mundart folgt, ohne diese näher zu bezeichnen. Die erste For- mel hat zuerst Ge. Stiern/uelni hinter der V^orrede seines Ulphila bekannt gemacht, ohne weder die Mimdart noch seine Ouelle anzuheben. Aiidr. Midier nahm sie in seine Sammlung S. 58- suf, und da er die Sprache für VVailisisch hielt, so setzte er am Pvande hinzu: Cf, Bibl. Wall. Lond. 158S, 1620, N. T. Wallic. Lond. 1567; und verleitete dadurch mehrere^ die die Sprache als Walachische erkannten , die angezeigten Aus-

734

gaben für Walachisch zu halten, da sie doch Wallisisch sind. Auch Chamberlayne ^ S. 47, der doch das Wnilisische besser kannte, nennt die Sprache dieser Formel IVal/icam, die Sammlung Lond. 1713 aber und Edw. Fiy in Pantographia nennen sie gar Wallonisch. Die folgende ist aus der Walachischen Bil:)el, Bukarest, 1688» fol. eben das. 1714, fol. Von der zweyten Aus- gabe gibt Ge. Körner in Weilers Altes aus allen Tl tei- len der Gescliiclile^ Th. 2, S. 833 einige Nach- richt; sie befindet sich aber auch in der Dresde- ner Koni gl. Bibliothek. Da der Metropolit T/ieo- i^0A7W5 diese Übersetzung auf Befehl des Woiwo- den Jo. Scherban veranstaltete, so ist auch ihr Dialect der reine Rumansche, wie er in der Vor- rede und auf dem Titel heifst, d. i. der Dacisch* Walachische,

310* Walachisch.

Aus Ge. StiernJiielms Ulphila, nach Hervas Fßr* besserung.

Pärmtliele nostru cela ce esti m Tscheri, Svintzaiscäse Nuniele teu; Vie Emperatziä ta; Facese Voje ta, kum en Tscher, ase si pre

Pämentiv; Päne noastre tza satzioace da noaa astezi; Si läse iioaäDatorriile noastre, cum si iioi se

läsem Datornitzilor nostri ; Si nu del dutze peno i la Ispitire ; Tze ne mentueste pre iioi de ViclianuL

Amen.

755 Dacisch - Walachisch.

Ans der Bibel^ Bukarest, i688> «"^ '"^^t fol

Täräl *) nostru, tschel den Tsclierjurij Spliinzieska fse Niimelje teu; Wije Emperetsia ta; Fije vX'o.a ra küniu in Tschierjo, assa schi

prje Pemjante; Pjän u'je iioasträ tschie de toatje Silelje dae-

neo iiüao asLüsi; Schiläsä noao Datoriilje noastre, kum las-

saiii schi noi Datörniczilor, ii6st;ri; Schi nuiije diitsclii prje nöi iii'VV jantujälä; Tsche iije isba Wjeschtsclie prje nöi de

tschel Räu. Käatä jasre Emperetsia, schi Piitierje, schi

Sia-.va intru VViccze. Amen.

312.

Moldauisch - Walachisch.

Aus Hervas, S. 211.

Tatul nostru, kare jest in Tscherul, Stynzaskusi Ntimelealtov; Sa vie Imperazie ta;

Se iia Wo je ta com yn Tscher, ascia pe Pe- myiit ;

*) Täte sowohl als Perintln heifst Vater, und wenn es Tatul ausgedruckt ist, so köiniut diefs von tat, und hat dann ul zum Artikel, so wie l an die Wör- ter auf €, und k an die auf 1 tritt.

736

Püne nostru tschel dem tole Zilite dy nov

asle; Schejart nov Gristschelele nostra, cum schi

noi jaii;ini Grischelor iiostre; Sehe ne nu noi adüca yn Spinty; Jare matujei: pre noi den Ruw.

313- W a 1 a c h i s c h.

Aus Megiscr und Chamherlayne^ nach der Verbesserung im Ungar. Magazine ^ Tii. ^- 125.

Tatel nostru, tzine jescht in Tscheriu, Svinzas käse iNumele teu; Schu vie Imparazia ta; Schu fie Voja ta, cum in Tscherja, a scha

schupre Pemuntu ; Puine noade de tole Zilelle dene noho

astazi ; Schüne jerta Greschalele nostre, cum sclm

noi jertem Greschitzilor nostri; Schüne ne dufsche pre noi inKaledelspitra; Schüne mentujaste pre noi de Reou. Kei ata Emperetzia, schi Putare, schi Slava,

din Vätschi Vatschitor. Amen.

314. W a 1 a c h i s c h.

Aus einem 1773 gedruckten Brevier nach HervaSy S. 211.

Tatel nostru, karele eszczy ia Czelury, Ofnicjekce Numele tu; Wie Japrcia tu^

Fie

757

Fie Wo ja ta prekum ia Czeru, fsy pre Po~

ni anyt; Pianiii noastr czi depurupi dneo noao astzy; Szv ko iart noao hze Sza«iie uoastre, pre

knm szy noy ertniHreszvcylop noszczry ; Szy iiLine ducze pre noi ia Ispit ; Czy iie izbvviszcze de czel Ru.

315-

Vermuthlich Siebenbürgisch - Wa- lathisch.

Aus Chamberlayne S. •j'j , nach Htrvas p'^erhesserung.

Parlnthie nostrii, esela ese jesli in Esseri, Svenczie sze Numelie tac ; Vii Imparaczia ta ; Facse sze Voja ta, cum in Esseri, aslia slii

pe Pamuntul; Punyenostru csaszeschio danoo asztesz; Shi lasza noo Dato.iiye nostre, cum slii noi

leszam Datornicsilor nostri; Shi nu diios pe noi Ia Iszpitira; Slii menjujeste pe noi de Hitlyanul. Amen.

316.

Siebepbürgisch - Walachisch.

Aus dem Ungarischen Magaz., Th. ^- 125,

Tatel nostru, karele jescht in Tscheiiu, Svinzas käse Numele teu; Schu vie Emperetzia ta ; Scliu fie Voja ta cumui en Tscheriu, a .sclia sciui pre Pemuntu;

Mithrid. Ik Aaa.

7M

Puina noilstre tsciia deto?it:aSilele deni noad

astezi; Schi ne jarlerie Grescliälele noastre, prekum

schi iioi jertem Grescliitzilor nostri; Schüne ne dutsche pre nol en IiispiraLa; Schüne izbeveschte de tscliel Keoii. Kei ata Eniperetzia, schi Patare, sein SlavÄ^

den Yatöciü Vatscljilor. Amen.

Vielleicht Kutzo - Walachisch.

Aus einem Griediisch IVulnchischen Brevier mit tllyrU scJitr Seilt , nadi HervaSf S. 211.

TatuUi iiostni, karele esti Jacerio (? ia

Gerio), Sficzjetkzie Numelc tzu; Kie Jepicziataj- Fie Voata ta, pre kuini Jeferio, sei Pim-

cliita ; Pchinje iioastri czje de puruije dixieö noaö

astize; Sei ne iapti noaö Grescalele noastre, pr«

kiuni sei noi jertimi Grestjecziöro

(noastri); Sei nune dufe pre noi je Eipeti; Fene erijijesce de foli Hziu

IX.

Tschadischer Völkerstamm,

Nestor und die heutigen Russen nennen alle mit den Finnen an Sprache und Sitte genau ver- \vandte Völker Tschud^ Tschuden. Nur ein Rud- bek konnte in diesem Nahmen Herodot'ü Scytheii wiederfinden. Weifs man gleich nicht, was der- selbe bedeutet, so gibt er doch einen bequemen, sllaemeinen Nahmen für ^t\\ ganzen Stamm ab, da Finne, welches man auch oft dafür gebraucht, nur Einen Theil desselben bezeichnet und be- zeichnen kann. Es ist möglich, und selbst wahr- scheinlich, dais dieser Stamm ehedem von einem weit gröfsern Umfange gewesen, und sich tief nach Süden verbreitet, aber seinem gröfsten Thejle nach von andern wilden Völkerschaften in diesen weiten Ebenen verschlungen und sich einverleibet worden; woher denn die Übeiv bleibsel der Tschudischen Sprache in den Spra-- chen manclier anderer Völker rühren mögen. Aber diese Völker um der gedachten wenigen Sprachresre ^v•iIlen sogleich unmittelbar zu dem Finnischen Stamme zu rechnen, scheint mir doch zu weit getrieben, daher ich auch die Tscheremissen, Tschuwaschen, Morduinen, Per- mier und Sirjänen, VVotiaken, Wogulen, Osria- ken und Ungarn unmöglich hierher rechnen kann *), indem sie den Tschuden an Körper-:

*) S. über sie Th. I. S. 555 ff. und ihre Classinca- tion unter dem Finnischen Sprachstanime bey St-ah- hnbert^ in Pray Dissertat. in annales veteies Hunnor. Vienn. 1775, S. 20 fF. , und in Krn. v. Schlötzer\<i Nor- den , S. 246 ff. , aber aucli Thunmami's Zweifel in den nürdl. Volk. o. 199 ff.

Aaa 2

74o

bau, Sprache und Sitten Jjo unähnlich sind, ald Völker sich nur seyn können. Es bleiben daher für den ächten Tüchudischen Stamm nur di'e Fin- nen^ Lappen^ Eslhcnxxnd IJcvejiVibv'xg^ gröfsten- theils durch Clima und Druck an Geist und Leib verkrüppelte Völkchen, welche jetzt nur noch den östlichsten Theil des Bothnischen Meerbu- sens und den aufsersten Norden Europa's bewoh- nen. Da dasselbe die wenige Religion und Cid- tur, welche es besitzet, von Scandinavien aus bekommen hat, so sind dadurch eine Menge fremder Wörter in dessen Sprache gekommen. Aber auch diese abgerechnet, so zeiget die grp- fse Übereinkunft achtTschudischerVVurzeln mit Germanischen, dafs beyde Völker in den frühe- sten Zeiten näher verwandt waren, als man jetzt glauben sollte.

Characteristih der Finnischen^ Lappischen und Est hnischen Sprache.

Man hat sogar an der Nähe der Verwandt- schaft der Finnischen und Lappischen Sprache gezweifelt, und ein Finnländischer Sprachge- lehrter Heinr. 'Gabr. Porthani, Professor der Be- redtsamkeit zu Abo, .hat in semen Bemerkungen über die Lage und den Zustand des Finnischen Volks zu der Zeit , wo es zuerst unter die gewisse und be- ständige Herrschaft der Krone Schweden gebracht ward^ inid Untersuchung über die zum Finnischen Volhsstamme gehörenden Nationen., deren in der alten Nordischen Geschichte gedacht wird , in den Kongl. Vitterhets Historie och Antiquitets Academiens Hand- lingen, Th. IV. S. i 51. auseinander gesetzt, wie beyde Nationen, die Finnen und die Lap- pen, zwar von Einem Stamme abstammen möchten , aber was Gebtalt und Sprache be-

74 1

treffe, ganz von einander unterschieden seyen. Einem Lappen sey es unmöglich, ohne DoU- mersclier einen Finnen zu verstehen. In man- cliem Betracht scheine das Lappländische mit den Sprachen verschiedener, in Rnfsiand woh- nender Nationen , ja mit der Ungarischen Spra- che eine nähere Verwandtschaft als mit der Fin- nischen zu haben, wovon auch einige Btyspiele angeführt werden. Es sey weder ^vahrtrchein- lich, dafs die Lappen von den Finnen, welche allem Anschein nach eine weit jüngere Nation in dem Norden, noch dafs diese von jenen ab^. stammen. Eben diese Verschiedenheit des Ur- sprungs und der Sprache beyder Nationen sucht Lindheim in den Nov. Ad. reg. Soc. UpscL B. II., darzQthun-.

Es ist um desto nothwendiger, bey der Cha- racteristik der Sprachen dieser Völker das Ein- zelne genauer zu verfolgen, um zu einiger Über- zeugung von ihrem Verhältnisse unter sich, und zu dem nachmals abzuhandelnden Ungarischen zu gelangen. Wo alle andere Spuren des Ver- eins der Völker der Vorzeit verwischt sind! da liegen sie oft noch in den Sprachen vor uns. Umgeben von der Fülle des Wortschatzes einer Sprache bemerkt man leicht ihr ursprüngliches Zusammentreffen mit einer andern anders klin- fjenden wenigier, als wenn manblofs das ganze grammatische Gebäude in Schriften, deren Rich- tigkeit anerkannt ist, unbefangen überschaut. Dafs Finnen und Lappen sich nur durch Doll- metscher unterhalten können, ist weni;istens kein Hindernifs, sie für nahe verwandt zu hal- ten; verstehet doch den Dänen und seine, be- sonders in der Constructipn sich der Englischen nähernde, Sprache der I-Iolländer oder Platt-

74^"

deutsche nicht, so gewifs diese Nationen voä der nächsten Verwandtschaft der Abstammung 6ind, und 8o gewifs Trennungen der Sprachen um desto gröf'ser sind, je weniger sie durch fcchrittlichen Gebranch geregelt werden , und je getrennter die Individuen durch ihre Lebensari sind. Selbst in Esthland gibt es eine Menge von localen Verschiedenheiten; wie viele derselben mögen in dem ausgedehnten Lappland statt fin- den? In der Einleitung zu der Lindahl-Oehr- lingischen Grammatik der Lappischen Sprache wird die orthographische Verschiedenheit zwi- sclien derselben und der Ganandrischen von der Unbestimmtheit einer solchen ungeregelten Sprache, imd von localen Abweichungen abge- leitet. Wenn aber ebendaselbst die Orthogra- phie des Norwegers Leem nicht angemessen und deutlich genug genannt wird: so mag auch diese Abweichung vielmehr local als unrichtig aufge- fafst seyn. Wir betrachten Lcenis Formen als jVor^vegisch- Lappische Sprache, die Lindahl- Oehrlingischen sowohl, als die Ganandrischen als ScJiwedisch - Lappisch, obwohl die Ganan- drischen sich jenen oft nähern, und gleichsam in der Mitte zwischen beyden stehen.

Eben so steht das Finnische in der Mitte zwischen demLappibclien und dem Esthnischen, und die verschiedene Gestalt vieler Formen würde ihre Identität verschleiern, wenn man nicht im Finnischen gleichsam die Kette zwi- '^chen der einen und andern fände, und auch zwischen jenen beiden Neben - Abweichinigen unerwartet grofse Ahnliclikeit bemerkte. Auch das .Urtheil über das Zusammentreilen dieser Sprachen mit dem Ungarischen und mit den ge-

«annten Asiatischen Sprachen hängt von der folgenden vergleichenden Characteristik ab.

I. Die Declinarions - und Conjugationsfor- men aller dieser Sprachen zeichnen sich durch den Gebrauch die Consonanren b oder /j, /ne- ben d oder r , m und n aus. Nach Ihres Werter- buch lassen sich p von h^ d von /, k von g inl Lappischen kaum unterscheiden, aber er setze am Anfange der Wörter vorzüglich die harten Buchstaben, theils mit Nachahmung der sehr verwandten Finnischen Sprache, theils in Ge- mäfsheit der Aussprache der nördlichen Lappen.

II. Die grofse Anzahl der Casus der Lappi- schen und Finnischen Sprache ist bekannt. Man hat sie oft für blofse Variationen des Ablativs ge- halten, wie 7. B. im Italiänischen das Zusam- menwachsen des Artikels mit mehreren Praepo-" i-itionen das Ansehen verschiedener Casus her- vorbringt. In allen drey Sprachen entsprechen den Praepositionen Wörter oder Sylben , wel- che hinter das Substantiv gesetzt werden, und welche, sobald sie an das Substantiv selbst an- gesprochen werden ^ leicht das Ansehen hlofser Formen und Abwandelungen der Substantive erhalten.

Allein die lo bis 15 Casus der Finnischen nnd Lappischen Sprache sind nicht blofseModi- iicationen des Ablativs, sondern umfassen Modi- ficationen mehrer Casus. *) 1 ), Der Plural- 7v'o- minath endigt im Finnischen auf /, im Lappi- schen bei Lindahl-Oehrling auf /;, bey Ganan- . der auf cy^, bey Leem auf /J. 2) 'Dev Nuncupaii-

*) S. clflriit)er die Dissertat. Es. HUdeen et Georgii Laurell Anbnadversiones de Jeclinatione iwminum inprU mis FAnnkorum, Aboae 1797. P. I. S. 10 ff.

744

V2/S Steht im Finnischen in Fällen wie : als Mann, als. Monarch, für^-etw^s halten (aber auch für ivie und bty Zeitbes»^immungen). Seine Plndung ist na oder im Finnisciien, im Lappischen nach.Oanander ^?. 3) Der Accusanv ist im Fin- nischen entweder totalis oder partialis; letzterer, welcher bev unbestimmten oder nicht zu Stande gebrachten Sachen gebraucht wird, endigt auf ö, <7, ta oder (nämlich je nachdem in den Staram.-.ylben die Vocale a oder ä vorkommen, werden auch ebendieselhven auch in dieser und andern Flexionen gebraucht). Der gewöhnliche Accubativ endigt im Filmischen im Plurale wie der Nominativ, im Singulare entweder wie der Nominativ oder wie der Genitiv. Bey Ganander im Singulare eben so, im Plurale auf dt ^ bey Lindalil-Oehrling im Singulare auf Z», im Plurale 3-uf t. 4) Der Factuivus oder Mutativus, zur Bezeichnung dessen, wozu etwas wird oder ge- macht v/ird, endigt im Finnischen auf o:/; im Lappischen fällt er mit dem Nuncupativus zusam- men, und endigt im Singular und Plural auf//. f^) Der Med'uiihus steht im Finnischen für: mit des Instruments .und der Eigenschaft, z. B. mit Freude, (aber auch örtlich für: über, und für Zeitbestimmung,) und das Verbum Substantl- vum drückt mit der Person in diesem Casus (eben so wie im Lateinischen mit dem Dativ): haben, aus. Er endigt auf IIa oder //ö, und schliefst sich dadurch eben so hier an den Dativ an. Im Lappischen endigt er bey Ganander im Singulare auf /«, im Plurale auf cuoim, nach Lindahl-Oehrling im Plurale auf /. 6) Der De- scripiiviis steht im Finnischen auch für: mit, z. B. mit seinen Händen, mit Freude, mit Erlaub- nifs, mit iinem Male, und endigt auf //;; inf

745

Lappischen im Singular und Plural auf /, nach Gauander theils so, theils im Singular auf loi, im Phirul auf lagai. 7) Der Genitiv endigt im. Finnischen im Singular und Plural auf n^ itii^ I.appiochen im Plural auf /, im Singular bey Lvndahl-Oelirling auf n, bey Ganander, -wenn das Wort mit dem Consonant endigt, auf ij, sonst wie der Nominativ. 8) Der Dativ bezeich- net im Finnischen die Person, der etwas geliört, nützt u. s.w. , aber auch örtlich: auf, und en- digt auf //e. Im Lappischen endigt er im Singu- lar auf i, im Plural bey Ganander auf di oder din ^ nach Lindahl-Oehrling auf/ oder //. 9) Der Penetrativus bedeutet im Finnischen Bewegung an einen Ort oder Versetzung in einen Zustand (z. B. in servitutßm redigi); er endigt auf an oder c/7, nach Vhael auf //e«, im Plural, wo überhaupt der ^''oIcal / gewöhnlich vor den be- zeichneten Consonanten vorhergeht, auf hiij. Im Lappischen endigt er im Singular auf /, im Plural auf di oder diu. 10) Der Locativus be- zeichnet Aufenthaltsort und Zeitbestimmung, und endigt im Finnischen auf ^a oder 5*7, im Lap- pischen im Singular auf «, im Plural auf in. ll) Der Privaiivüs bezeichnet die Person, von welcher man empfängt, bittet, aber auch Ort und Zeit, von wo, und die wirkende Ursache bey Passiven, und endigt im Finnischen auf Ida oder Idä, nach Vhael auf tia. im Lappischen füllt dieser Casus mit einem der folgenden zu- .•-ammen. 12) Der Ablativ bedeutet im Finni- schen: aus, für den Ort oder die Sache, von wo, oder für die Ursache, und endigt auf sta^ im Lappischen auf st,. 13) Der Negativus be- deutet: ohne, imd endigt im Finnischen auf oder lä^ nach Vhael auf tta j im Lappischen en-

7-1 6

tilgt er bey Ganandfer im Singular und Plural auf' taga, nach Lindahl-Oelirling im Sing, auf tak oder taka^ im Plural, wenn er nicht, wie oft, fehlt, auf//a. 14) Der Vocativ ist wie der No- minativ,

Im Norwegisch - Lappischen hat Leem eine einfachere Declination aufgestellt, im Singular haben Genitiv, Accusativ und Vocativ die En- dimg des Nominativs, der Genitiv endigt im Plural auf /, der Dativ im Singular auf /, im Plural auf f//, der Plural-Accusativ auf ?, der Ablativ im Singular aufs; oder 77, im Plural auf 72. Die andern angeführten Casus liegen zum Theil in den, nach den Substantiven gesetz- ten, sogenannten Praeposiiionen, z. B. recht deutlich in taga oder laka^ ohne.

Im Esthnischen findet man auch nur halb so viele Casus aufgestellt, als im Finnischen , aber sie zerfallen theils selbst durcli Unbestimmtheit, Vieldeutiskeit oder Mehrfacliheit der Form, llieils gibt es neben diesen eigentlichen Casibus Endungen, die hier als Postpositionen ange- führt werden , aber sich ganz genau nn die Fin- nischen Casus anschliefsen. So bedeutet ks hin- ten an die Substantive gehängt im Revalschen Dialecte: zu, z. B. es wird zur Sünde, oder; für, bey Schätzen (gerade ^vie dort der Factitiv, im Dörpter und Peruaner Dialect wird oft s statt ks angehängt); das an den Genitiv gehängte ni bedeutet: bis an, das an den Plural-Accusativ gehängte s bedeutet: in (gerade wie dort der Locativus); // oder to am Ende angehängt be- deuten ohne (wie dort der Negativ), der Abla- tiv hat bey vielen Wörtern eine doppelte En- dung, entweder // oder st , und man unterscliei- dct nach Hupel beyde Endungen gewöhnlich so,

dafs^/; von, st: aus, und: von bedeute (gerade nach dem Unterschied des Piivativs und Abla- tivs im Finnischen). Der Gebrauch dts Nomi- nativs und Accusativs ist im Esthnischen so son- derbar oder vielmehr unbestimmt , dafs z. Bl bey dem Imperativ der Nominativ statt des Ac- cusativs, bey Passiven der Accusativ statt des Nominativs stellt; dafs diesem Gebrauche wohl auch eine dem Finnischen und Lappischen ähn- liche Verschiedenheit zum Grunde liegt. Bey manchen dieser Regeln heifst es auch, dafs eine feolche Verwechselung nur in dem einen Nume- rus statt finde. Übrigens endigt hier der Plural-. Nominativ im Dörptischen auf einen blofsen Vo- cal, im Revalschen wird d daran gehängt. Dem Singular-Nominative ist entweder Genitiv und Accusativ gleichlautend , wenn jener auf einen Vücal endist, oder man setzt an den Endconso- nanten im Genitive einen Vocal, und im Accu- sative im Dörpter Dialecte eben so, im Reval- schen aufserdem noch /. Der Dativ endigt auf le. Substantive, welclie /7c zur Ends\'ibe haben, verwandeln diese bey ihrer ganzen Declinatiou in se, und eben diefs ist im Fuinischen der Fall. Der Genitiv steht vor dem Substantive, von dem er regiert wird, wie im Lappischen.

IIL Ableitungsformen der Nennwörter ha- ben diese Spraclien, besonders die Finnische imd Lappische, in betrachtlicher Anzahl. Hier nur die vornehmsten: Diminutive hat das Lappi- sche auf /z, das Finnische auf////?e;z, das Esthni- r., he auf kenne oder he. Von Adjectiven gebil- dete Substantiva abstracta, wie Taub/:r//, Brei/*?, endigen im Lappischen auf «w/o/, bey Leem auf vuot , im Finnischen auf uns, im Esthnischen Siuf US. Substantive von Verbis, wie §cnptor,

74S

entligen im Lappischen auf J^, eije , oder wie Leem sclireibt eZ-ry'/? (welcher letztere aber auch die Endung Ile anführt); Substantive, .wie de- prava//o, endigen auf cm oder om; im Finni- schen jene aufj« oder /ä, dic-e auf^7f;7, os oder US; im Esthnisclien jene auf y*?, diese 3\x( minne oder US. Abgeleitete Adjecrive in der Bedeutung unserer Ableitungssylben r'g, lieh hat das Finni- sche auf l/inen, das Lappische auf z oder ai; in der privativen Bedeutung, wie unser hs^ das Lappi'-iche auf ferne oder tebme^ das Finnische auf /o/Vi, das Esthnische auf /a oder // (welche letztere Endungen von der bey l!. angeführten Praeposition wohl zu unterscheiden sind, da zu jenen auf ta oder // endigenden Nennwörtern die Casusformen wie gewöhnlich hinzutreten. Die Gentilia endigen im Lappischen auf /üö'z, im Finnischen ?i\i^ lainen. *)

IV. Bezeichnung des Genus haben alle diese Sprachen weder bei den Substantiven, noch bey den Adjectiven. Letztere werden in denselben eben so wie die Substantive declinirt. Der Com- parativ hat im Lappischen bey Lindahl-Oehr- ling die angehängte Endiuig sub odtv suhfni ^ der Superlativ ÄW/?7Wjf, bey Adjectiven auf /^ blofs üb oder ubbii^ umus; nach Ganander und Leem 5=iind die Endungen b und luiis^ so dafs bey einer Consonanten- Endung ein Vocd zwischen einge- schoben wird, bey den Austral- Lappen z/. Im Finnischen tritt im Comparativ ntpi (um Abo mbi) hinzu, so dafs, wenn die Adjectiv^e auf /? endi- gen, dieses vor dem m wegfallt. Der SuperL"- ^iv aber endigt auf//?, im Esthnischen tritt bcy'm

*) Z. B. Riiolulzeladz , Riiotzalaincn ist der Schwe- ele, Carjeladz der l\ns3ü y Saxalainen der Deutsche

749

Comparativ im Revalschen Dialecte m, im Dörp- ter nih am Ende hinzu, so d-^k ein vorhergehen- des n gerade wie im Finnischen in c verwandelt wird ; im Superlative aber wird vor die Compa- rativiorm das Wörtchen heige, im Dörpter Dia- lecte kige gesetzt.

V. Die orofoe Ahnliclikeit der Zahlwörter dieser drey Sprachen ist bekannt, blofi lo hat ganz veri^chiedenelMahu'.en: im Lappischen /og/tf (bt-v Leein hinge ^ in der Zusammensetzung mit ad.iirten Zahlen aber lokhm)^ im Finnischen kyiniiip'ien ^ im Esthnischen /7//7z;?7€, vielleicht weil die Nation vor der Trennung dieser Stämme noch nicht diese Zahl hatte. Nicht blofs in die- sen, sondern auch in andern kleineren Abwei- chungen der Zahlbezeichnüng schliefsen sich das Fuini^che und Estimische an einander an.

Vi. Die Pronomina (und demnach auch die Verba) haben im Lappischen einen Dual, in den bevden andern Sprachen nicht. Die Per- sonal-Pronomina: ich, du, sind sich im Finni- schen und Esthnischen im Singulare fast ganz gleich, im Plurale ibt das Esthnische meie , wir, teie^ ihr, dem Lappi-xhen mije , tije bey Lindahl- Oehrling höchst ähnlich (wofür Leem /72/7, dii hat) ; das Finnische hat die kürzeste Form me^ te.

Unsere Pronominal- Adjective oder Prono- mina possessiva werden im Esthnischen durch den Genitiv des Personal - Pronomens ausge- drückt, im Lappischen und Finnischen aber ge- wöhnlich durch abgekürzte Pronomina, welche hinten an die Substantive, eben so wie im He- bräischen , Arabischen , angehängt werden. Diese Pronominal- Anhänge sind im Lappischen nach Lindahl- Oehrlin^ füt mein und meine bey

750

einem Nominativ «;;?, bey den übrigen Casibii* ö7/, für dein: at, für sein oder ihr: s, für un- sere: an oder ne, euere: /<?, ihre ^<?. Doch wird bev Phiral- Substantiven im Nominativ und Vo- cativ meine, vmd im Nominativ und Genitiv deine, nicht' durch einen solchen A'uhanf^, son- dern durch den vorgesetzten Genitiv des Perso- nal-Pronomens ausgedrückt, und eben dieses ist bey unser, euer ^ ihr in den meisten Casibus der Fall, so dafs nr.r oey einigen Casibus der Substantive jene Anhänge gewöhnlich sind. Bey Ganander undLeem wird dieser Unterschied nicht gemacht, sondern jene Pronominal - An- hänge überall gebraucht, nämlich für mein: am, dein: ad oder d, sein und ihr: es oder s, für unsere: G. me oder mi, für euere: G. de oder di, für ihre: G. se oder sa. Bey Leem findet man Dual und Plural unterschieden äme, ädde, esga fürunsrer, eurer, ihrer zwey, aber ö/72e^, äd- dek, äseli für unser, euer, ihr überhaupt. Im Finnischen wird für mein: ;/, im Aboischen Dia- lecte ///, im Sawolaxer mi, angehängt, für dein: s, im BothnisclienDialecte ^//, imSawol. «, für sein und ihr, als Sing. undPlur. : nsa. Aboisch 77^, Sawol. hen, für unser: me, für euer: ne. Aboisch /72, 72, Sawolaxisch /;zfl, na.

Jene Vergleichung dieser Pronominal- An- häncre mit den Hebräischen darf aber nicht so v.'eit ausgedehnt werden, als ob auch die Accu- iative der Pronomina durch solche Anhänge an die Verba ausgedrückt werden könnten, sondern die Pronomina werden auf die gewöhnliche Weise durch alle Casus declinirt. Nur an die Infinitive werden jene Pronominal- Anhänge ge- setzt, um die iNothwendigkeit der Handlung auszudrücken, z. B. ^ehen mein für: ich mufs

76 1

gehen. Man hat von eben diesen Pronominal- Aiiliängen im Finnischen auch die Personal-En- duügen der Verbu abgeleitet, und es ist nicht zu lawgneri, dafs diese Art der Entstehung auf die citrre Singular- und auf die erste Phiral-Per- son fast in allenfdiesen Sprachen, besonders bey dem Verbuni substantivum paßt (nämlich unter der Bemerkung, dafs zuweilen b statt m steht), am genauesten aber im Finnischen pafst, näm- lich selbst so, dafs, da die erste Pluralpersou mit AuhäncTuns des me aebildet wird, aucli liier der Aboische Dialect blofs //i, der Sawolaxer ma anhängt.

VII. Die Verba haben in allen diesen drey Sprachen nur zvvey Tempora durch von ihneii seihst gebildete Formen, nämlich das Präsens und ein Imperfectum; nebst Conjunctiv- For- men für eben diese Tempora. Die übrigen Prae- terita werden durch das Hülfwerbum seyn; das Futurum aber im Lappischen durch hdhab ^ icli soll. Das Ebthnische und Finnische haben ei- gentlich kein Futurum, sondern drücken es durchs Praesens aus, zuweilen durch Umschrei- bungen, im Finnischen mit /7//rt, soll, im Esth- nischen mit 5rt//za, werden, aus. Der Imperativ hat in allen drey Sprachen auch eine erste Plu- ral-Person, Conjugationen werden im Lappi- schen und Finnischen einige, aber fast blofs nach dem vor der anzugebenden Findung vorherge- hendea Vocale unterscliieden, im Esthnischeu finden einige Consonanten - Veränderungen statt.

VIII. Das Verbum substantivum lautet bcy Lindahl- Oehrling: Singul. i. leb ^ 2. /e//, 3, V, Dual: 1. /e/2, 2. lepen^ 3. lepe^ Plur, 1. lepe ^ 1. ie- pet^ ^. liih. Imperf. UJeb ^ lejeh^ leje ^ Dual: /<,/-

752

men^ leiten^ ?eikn, Plur. Iclme, leite ^ lejen. Cou- junctiv des Praes. litjab , des Imperf. lulib ^ Impe- perat. orro. Praeter, compos. leb orrom^ Infin. orrot. Das Activ-Verbum mon et sab ^ ich li^be, lautet also 2. etsah^ 3. etsa^ Dual 1. etseii., 2. eise- beten ^ 3. etseba, Plur. 1. et sehe, 2. etsebet oder ^c/e, 3. e/^i'A, Imperfect. e/.T/Z' n. s.-w. Praeter, /e^ etsam, Conjunct. Praes. etsitjab^ lujperat. etse oder etsoh (auch die erste Person des Singul. ist hier mit er^om angegeben), Infinit, etse t , Supina und Gerundia e/*tf{/e/ , etseman^ etsemin, elseten. Particip. Praes. c/5<?/V, Praet. eisani, Futur, etse- jassa. Passiv. Praes. etsetowab u. s. \w. Die Ver- ba, deren Infinitiv auf 0^ oder ot lautet, werden mit geringer Abweichung eben so conjugirt. Eine bemerkenswerthe Form eines z\veiten Prä- sens und Imperfectum ist in dieser 43^rammatik: angegeben, und besteht aus dem Verbum sub- stantivum und e^5e/72e/2, orromen^ z.'Si. mon leb or- romen in eo sum ut sim, mon lijeb etsemen in eo eram ut amarem.

Bey Leem lautet das Verb, substant. Praes. 1. lern, 2. lekj 3. lä. Dual: 1. lädne, 2. l(-'ppe, 3. läba, Plur. 1. lep, 2. lepped, 3. läk. Imperi". l.leigiim, 'Pluv. i. leimek, ^. leide k, ^. leigie. Con- junctif Praes. ledzhiam ^ Imperf. lifzhim (bey Ga- nander, der in allen diesen Formen nur sehr wenig abweicht, lic/ipzim). Imper. l^ge. Infin. Jet. Praeter, compos. läm lematz/i. Das Verbum activum hat folgende Personalendungen: Praes. 1. am^ 2. ak , 3. 0;, Dual 1. c, 2. abete, 3. aba, plur. l.ap, 2.abetet, 3 eck. Imperf. ///z, /7f, ai, Dual: aime, aide y oiga, Plur. ainick^ aidek, e. Imper. a , Infin. at, Particip. e und ame, in der Zusammensetzung der Tempora composita aber am, Supin. aslijet , bey Ganander adzjet,

Passiv.

755

PassiVi Praes. ujuvam^ bey Gan ander ujuwwif^. Jum u. s. w, ,

Das I'iiinische Verbum Substantiv, lautet im Praes. i. olen^ 2. olet^ 3. o/z, Flur. x. olemmc^ 2. oletle, 3. oivat , und fast durchaus ebenso im Esthnischen im Revalschen Dialecte, nur mit doppeltem /, und mit wenigem Unterschiede auch im Dörpter Dialecte. Das Imperf, ist im Fmnisclfen oli/i, Esthn. ollin oder ü//7; das Parti- cip. Praeter, und Supinum in den Tempor. com^ pos. F. ollat^ E. ohmd; Infin. F. o//a, E. oikina; Conjunct. praes. F. lienen^ E. olles; Imperf F. oll- sin, E. olehsin. Das Particip. olkja im Esthni- schen wird zwar s'elten gebraucht, zeigt aber so unerwartet als deutlich die Ähnlichkeit mit deni gleichbedeutenden Lappischen crr^'ö, welches bey Lindahl-Oehrling aufgestellt ist.

Das Verbum activum hat im Präsens im Finnischen dip Endungen; Sing. 1. c/z, 2. at^ 3. ßfl, Plur, 1. amme^ 2. alte, 3. awad; ganz äha-5 lieh das Fsthnische aufser in der stcu Sinn. Per

O"

■3»

ß/7, im Dörptischen fallen die Endconsonanten der isten Sing, und 3ten Plur. Persoti '>yeg j, Imperf Fi nn. //2, it u. s. w. , Dörpt. /, iV, Reval. asin, anit; Partie. Praet. und Supinum der Temp. Gompos. F. anut^ Esthn. Reval. amid^ DQXpiia;;Mf Particip. Praes. (wofür im Finn. keine Form an- gegeben ist) aw oder aja^ Imper. überall a; Conjunct. Praes. Finn. anen^ Imperfect. F^an. «/- sin, Revcd. aksin, Dörpt. assem; Infin. Finn. aa^ im Sawolaxer Dialecte aak, Esthn. am.a, zwey- ter Infin. ada oder a. Das Passiv Praesens hat im Finnischen die angehängte Form han, hen^ im Esthn. auf Revalisch i^5e, auf Dörptisch .s.

IX. Das Verbum mit der Negation wird im Lappischen und Finnischen so ausgedrückt^

Uiihrid. II, B b b

764

dafs dann die Peirsonal-tndungen /tz, d \i. s. w, von den Verbis hinweg und an die vorgesetzte Negation ( Lappisch /j Finnisch ^/ oder e, Esth- nibch ei) treten, und mit dieser, mit einigen geringen Veränderungen, zu einem Worte wer- den, daher die Lappibchen Grammatiken beson- dere Negativ- Conjugationen aufstellen; im Fin- nischen reicht die eben angegebene Regel hi^u Im Esthniochen bekommt zwar nicht die Nega- tion die Personal- Endung, aber das Verbuin verliert diese doch, und hat deshalb, so wie die Negation vortritt, ganz andere Formen. Das Passiv ist im Finnischen und Esthnischen , so wie die Negation vortritt , gewöhnlich imper- sonel und ohne Personen -Endung.

X. Für Verba derivata haben diese Spra- chen mehrere Endungen, besonders das Lappi- sche und Finnische ; nur einige davon : Inchoative endigen im Lappischen bey Ganander auf kä- dam, bey Leem d.u^ goadum, oder mancherley andere Formen, im Finnischen auf /w// oder Jien; desiderativa auf slowam oder stuvam. Ich lasse z.B. bringen, mache dafs man bringe, wird im Lappischen durch die Endung tani^ im Finni- schen durch tan^ im Esthnischen durch tan oder ta ausg;edriickt. Ganander hat noch für fast den- seibenBegriff die Endungen ?rt;«ß/«, talam^ taita- lam^ t'ei'iicr stattam für imitativa, und estelain ilir omnium minime, z. B. facio, elam für frequeiir- ter sed minus, z. B. amo; letztere Endung (elan) hat das Finnische eben so.

Das ?ienaue Aneinanderschliefsen dieser drey Sprachen leidet also keinen Zweifel. Selbst einerley Benennung geben sich Finnen un^Lap- pen, indem diese sich Saame/adz, die Finnen ^hci Suäma/adz (letztere aber sich selbst Saüma-

755

!amen) nennen, welcher Nähme von Siioma; Sumpf, wegen der vielen Seen und Moräste die-t ses Landes, kommt. Der Germanische Nähme Finne bedeutet auch Sumpf, und mag ihnen von- den Schweden beygelegt worden seyn, so Avie die Norweger ebendaher dieBenenunng Finn/mir^ ken dem Lande der Lappen gegeben haben. 5

A. Finnen.

Die Finnen bewohnen das Grofsherzogthum Finnland. Sie sind unter diesen Tschudischen Volkerschaften noch am meisten ausgebifdet, weil sie von ihren Beherrschern mild behandelt worden sind. Finnland wurde im zAvölften uncl' dreyzehnten Jahrhundert in den Keereszügen; von Erich dem Heiligen und Thorkel Knutson erobert; alle Naclirichten von früheren Zügen sind unsicher. Da die Finnische Sprache keine Wörter für König, Fi-iist, Stadt, Markt, Strafse hat, sondern diese aus dem Schwedischen ent- lehnt: so deutet dies den Zustand der Nation vor jener Eroberung an, nach welcher sie ihrö Abgaben an die Priesterschaft in Getreide ent-' richten mufsten.

Im eigentlichen Finnland unterscheiden sich mehrer Mundarten ; aber bei weitem mehr wei- chen das benachbarte Carelische und Olonetzkhciie im Wiborgischen Gouvernement ab, auch in den Flexionen, und zwar sowohl unter sicli, als von dem Finnischen, wie die folgenden For- meln zeigen. Auch in Ingermannland gibt es im Kattilarschen und einigen angränzenden Kirch- spielen ,< 70 Werste von Narwa, Tschuden, die sich mit den Finnen verstehen , aber z. B. das />, wenn es am Anfange der Finnischen Wörter

Ebb 2

7^^

steht, in /^r/f vcri^ahdcln. Mit den Esthen tref- fen sieauch, aber:doch niclit in dem Grade, wie mit jenen, ztisammen, und iinrei\scheiden bicli von den übrigen Bewohnern Ingermannlands, S. deS'Pred. zu Närwa, Fr. Lud. Trcjurt Nach- richt von ihnen in F. A'. GadebuscHs V^ersiichen in der Liefländischen Geschichte, B. I. St. 3. ß IL St, 1. Einige Wörter des Dialects der Wadtlan- der in Ingermannlcnd ^ind in (\q\\ Geograph. Eplie- meriden, B. XII. S. 688 ff. angegeben. '')

*) Die ältei'^n Erörterungen über die Geschieht« und Verhältnisse dieser Sprache sind im nütze Veralci- chungen derselben mit ileui Hebriiisclien , Griechi- schen u. s. \v. , z. B. Dan. Juskiiü oratio de convenien« tia llnaiiae Fennicae cum Hebraea ac Graeca, s.^elfeU 6/flf//^ Schwed. Biblioth. Th. I. S. 151. fF. C. G. Wen^ nau Diss. de convenieuüa linguaruni Hebr. etFinnicae. Ah.. ,1707. Auch Nils Idman's recherclies sur Tancien. peuple Finois d'apris les japporta de la langue Fini:)ise avec: la langue Grecque, traduit du Suedois par Mr. Genet, Strasb. 1778, 8> haben eine i\lenge gekiinstel- ter x\bleitungen. in ilen Abhandlungen der Schwedi- schen Akademie von 1755 findet sich eine Uniorsii- chuug vom Grzi Bande über den Urspiung dtr Finni- schen Spraclie. Die Geschichte der Finnischen Bibel- übersetzung findet n]an in Lüdeclea Schwed. Gelehr- samkeits -Archive, Th. L S. 269. ._ und Schinmeyer's Geschichte der Schwedischen Bibel-Ühersetzuuj;, St. S. 83' Anweisungen zur Sprache ^sind : /}. Atkill Pe^rüei linguae Fennicae institu^o, Abo, 1^49, M, Marl ijiii h.odez,ns Fennicus, Hohn., 163g, 8- ^^^(^ ebendess. Grammatica linguac Fenn., ebendas. in ebend .Jahr, Barto'di G. Vhuel Grammatica Fen- nica, Abo, »753> 8- Vorzüglich aber: Anvhiüng til Finsiui och Suenska SproUt^ Stockh. 1772 u. 178^» 8- ~* Vocühidunnm Lalinutn cum Suecica et Finnonica inter" pretüiione , Holm., 1664» 8- Vocabulaiiurn Faiirto» Simeico - Gerrnan. Finnicum, Holm., 1695, 8- J^"«. Jüsknii tmianwi Lexici Finnici (Finnisch, Lateinisch

767 Sprachproben. '*

■n.

31s. Finnisch. ;

Aus der. Bibel, Stockh. 164.2, foK, und dem Ni T.

1740, 12.

Vater unser, weicher du bist im Himmel,

Isä meidan, joca ölet Taiwais,

Gclieiligt sey dein Nähme;

ryhitetty olcoii siaunNimes;

KuniuiQ dein Reich;

Läliestykön siiimi Waldakundas;

Sey dein Wille, so aiif Erden wi«

Oicon siiiun Tahtos , kija Maasa cuin

im Himmel;

Taiwais ;

Gib uns dieseu Tag unser jed - tägliches

Anna meiiie tänapan nieidän jocapaiwainen

Brod;

Leipäni;

Und ^ih uns unsier Scliuld Verzeihung,

Ja anna meille meidan Welcam Andexi,

so wie Wir VerZc'hnng geben unscrn

nijnculu mekin Andexi annam meidan

Schuldnern ;

Weluoliisteni;

Und niclu fülire uns in Versuchung;

Ja alä johdata meita Kiusauxceen;

und Schwedisch), Stockh. 1745, 4. Prof. Porthamf der bis 1 778 mehrere Dissert. de paesi Fennica heraus- gegeben hat, die schon früh eigenthüniliche Kraft zeigte, hatte ein Finnisches Wörterbiich versprochen. •— Einige Finnische Lieder wird ninn im II. St. de? Anliivs der Kihnograph'n und Linguistik finden.

758

Sondern befreye uns Tom Bösen.

Mutta päästä meitä Pahasta.

Denn dein ist das Reich nnd Macht unil

Süiä siiiun Oll Waldacunda, ja Woiina, ja

tt)ii Ehre, in Evvigkeit.

Cuiiiiia, ijaricaickisäst. Amen.

Grammatische Anmerkungen.

Isä^ Vater. Meidän ist der Genitiv von, m<?, wir.

Joca^ ist das Relativum der, welcher. Ölet ist die zweyte einfache Person des V^erbi oleiiy ich bin. Die Verba bekommen im Finnischen lct;ine besondera Pronomina.

Taiwais^ im Himmel. Taiwas ^ der Him- mel. Nach Vhael sollte es im Casu locativo hei- f"^en TaiwaJuisa^ oder Ta'iwasa^ (letzteres hat auch Hervas).

Pyhitietty olcon, geheiliget sey. Plhä heifst heilig; PyhUcton^ ich Averde geheiliget. Olcon ist die dritte Person im Imperative des Veihi o//rt, seyn. Okn^ sey du, Olcohon^ contr. 0/-' cojiy sey er oder es.

Sinun Nimes, dein Nähme. Sinun ist der Genitiv von sinä^ du, contr. sä. Nimi, der Nähme; im statu affixo, sinun Nimes ^ dein Nähme.

-Lähest^hön., es komme, der Imperativ von Lallest yn^ ich komme, nahe mich. Waldacunda^ das Reich; von ^fß/r/ön (Deutsch Walt)^ Macht. Im statu affixo, sinun IVa/dacundas ., dein Reich.

'' Olcon sinun Taluos. es werde dein Wille. Nijn^ so also. Maasa^ der Casus locaiivus von Mjcui^ die Erde. C//m, gleichwie. Taiwais oder Taiivasa, im Himmel.

759

Anna, gib, der Imperativ von (innam, ich gebe; an/mt, du gibst, annaa^ ergibt. MciLe, uns, der Dativ des Pronominis j^e, wir. Tanä- pan, heute, eigentlich diesen Tag, zusammen gezogen ^us tänäpiäwjnä , von tämij, dieser, und Päiwä, Tag.

Meidän, unser. Leipä, Brot, in Statu affixo l^eipäm, Leipäme. Jocapähväineyi , täglich, von yorc, jeden, und PcJwä, Tag, Pähvä'men, zum Tage gehörig.

Ja, luid. Anna andexi^ gehören zusammen, gib Verzeihung. Andexi kf)mmt einzeln im Jus- lenius nicht vor; aber im Esthnischen ist Andeks, And es , Verzehung. Meille, uns. Welca^ die Schuld; meidän IVelcam , unsere Schuld.

Nfjcuin, gleichwie. Mekin, auch wir, von me, wir, und hin, gin , auch. Andexi annam^ Verzeihung geben. Meidiin IVeho/Iisfem, unsern Schuldnern. IVelwoHinen, der Schuldner, von IVelca, Schuld, Plur. WelwoUisen, im Dativo af- üxo IVelwoUistem.

Ja, und. Atäjohdata, wolle nicht führen. Alä oder älwäs ist der Imperativ des verneinen- den e/?, ich nicht. JoJidata, führen, der Infini- tiv von Johdatan, ich führe. Meitii, uns, der Accusat. von me , wir. Kiusauxeen^ in Versu- chung, xow liUisans, die Versuchung, und die» von Kiusd, Reizung.

Miuia, sondern. Päästä, befreye, der Im- perativ von Päclstän, ich befreye. Pahasta, von dem Bösen; der Ablativ von Paha, Böse.

Siliii , denn. Sinun o;?, dein ist. 0/?, die dritte Person von olen, ich bin. Siehe oben. IVüima, Macht, von woin , ich kann. Clinnia, Elire. Jjoncaickisest , in Ewigkeit; von Ijän, der Genitiv von Ihä^ die Zeit, und caicki, alle, ganx.

76o

319. Olo netzisch.

Aus des Perejvood moUtw na OJone.tzkoi iasyk, Pi. t&rsb. 1804..

Tatto meijan siiia ölet tajwagal; I kügitäch nimi sinuii ; I tulow zarstwa siniin; I lenow waldu siuuii, kui teiwagal i mal

leiwü ; .jMeijau geitelematoi aana meilenutoi; I jata meile weJgat meijan, kui i mio geitam-

tammio weleunekoin meijan; I jeläwe meidu pagacli; I pasta meidu ownagas.

^ 320. Carelisch,

Aus d. Peieivod moütw na Korelskü iasyli. Pe, tersb, 1804. *)

Tuatto mijan , - kiunbane ölet taiwa^

. gaschscha; Knk güwättietschow nimi schiwnj Ana tulow kunnigasch schiwn ;

*) Der Herausgeber Tcnlankt diese u-nd die vor- hergehende Schrift der Güte des Herrn HolVaths von ütr.mt in Petersburg,

701

Analie niow wallä schiwii, kuin tahvagasch-

scha min imiianamalla; Anna meilä leiwija iogopäiwallista motten;_ I jatä meilä mijan wellat, kuin mLiio jatta-

lemmä mijan welganiekoila; 1 jelä meidä \\ija. muanitiikschech; A pijaschscha meidä pagaschta,

B. Lappen.

Der ausgearteste unter allen Tschtidisclieii Stämmen, welcher bis in den äufsersten Euro- päischen Norden liinaufgedränget worden, wo er von der Fischerey, Rennthierziiclit und Jagd ein unstätes und kümmerliches Leben führet, und theils den Dänen, theils den Schweden, theils den Russen unterworfen ist. Sie neniieri sich, wie schon bemerkt worden, gleicli den Finnen Same, indem es in ihren kalten polari- schen Wüsten an Seen und Morästen auch nicht fehlet. Da so wenig Zusammenhang unter ihnen ist, indem fast jede F'amilie abgesondert liir sich lebt, so ist auch ihr Haupt-Dialect in eine Menge Mimdarten zerrissen, deren manche einander selbst nicht verstehen. Daher hat jede Kirche ihre eigenen Kirchenbücher, und das V. U. wird l.ist auf 20 verschiedene Arten gebethet. Die Tornaische Mundart ist sehr mit Finnischen, die ganze Sprache aber sehr mit Schwedischen imtj Norwegischen Wörtern vermischt *). Diejenige

*) Von älteren Schriften s. Ol. Rndheckii Lnppo- nia illiiPtrata, und daran: Lappo Hebr.nizaES, Ups. 1701, Eb^ndßss, epistola ad Jo. VYaUiaiuiu cuift iascU

7(ii

Formr 1 , welche die altern SamTnliingen fiir Lappländisch ausgeben, und welche sich an- fängt ha ineidhen^ ist nicht Lappländisch, son- dern Finnisch.

321.

Lappländisch.

Aus dem LappJänrlischen Abc- Buche bey Mich. Wexionit Descriptio Sueciae. Abo, 1650,8'

Ackie mijan jocko Je x\lmen, Passen hiedta tuuii Namma ;

c\xlo vocum Lappo-Hebraicaruin, ebendas. 1705» Kimd Leem de Liupponibus Jrininnarcl.im eorumque, lin- giia, Copenh. 1767,4» •*- Liturgische Schriften, Über- setzungen der Bibel und der Psalmen insbesondere (auch kurze Erzählungen Lappisch und Dänisch) sind zu Kopenhagen und Srockholin erschienen. Fiell' sfrcms Schivedisch - Lappländische Grammatik , Stockh. 1758» 8- ^b' tless. Dictiuiiarium Succa - Lnpponicum^ eb. das. »758> 8- Heinr. Ganandcrs Lrippl. Grummalihf cb. »745? nach dem östlichen Dialect. Kiiitd Ltern Lappisk Grammatica , efter den Difllect, sonj bruges of i'7«?/t/-Lapperne udi Pot sanger -fiorden (in West- Finninark), Kopenh. 1748, 8- J£. Lirulohl et Oehrling Ziexicnn . Lapponicnm , Srockh. 1780 > 4' voiziiglich brauchbar. Kmid Lnm''s Lappesh Nomenclatory Dront- heiin, 1756, 85 von Gerh. Sandh-^rg vevhessertf unter deiu'iitel: Luxicon Lapporiico- Daaico- Latin. ^ Nidrns et Hafn. 1768 178' » - Bände. Man sehe von der Sprache auch Pet. Hogstrb)n''s Beschreibung des Schf>.alischen Lapplandes, S, 6g Q,() , und von dem Dänischen: Knud Lum's beskrivelse over Finniarkens Lnp])er, med J. K. Gunncrl Aniucrkningar, Kopenh. 1769, 4, mit der Lateinischen IJbersetzung zur Seite. (In dem Deutschen Aufzuge, Leipz. 1771 , ß, ist alles die Sprache Betreffende weggelassen), und Klingstvd Aleinoires sur lös Samojcdes et Lapponp, Copenb. 1967, 8.

763

Ciiaikepääte tuun Rijke;

Hiedta tuim Willi o , nau kockte Almen, nau

ai Ädnemen alte ; Mijan paiwepäiwen Laipem watte mijn

vdnin; Ja laite miin mijan Suttuäid audagasin , nau-

kochte ai ml läitin mijan Welgola-

giaitan ; Ja äle mijam laidi tocko Kiaggielabma; jNIiitto wall wariele mijam Paliast. Ameir,

322. Dasselbe.

j4us Chamberlaynef S. 55.

Atki mijam juko lee iUmensisne, Ailis ziaddai tu Nam; Zweigubatta tu Ryki; Ziaddus tu Willio naukuclite Almesne, nau

ai edna Mannal ; Wadde mijai udni mijan fart pafwen Lai-

bebm; Jah andagisloite mije mijan Suddoid, nau-

kuclite mije andagisloitebt kudi mije

Welgogas lien ; Jali sissalaidi Mijabni; Äle tocko käckzellebma Pahast, Thee tu lee Ryki, Fabmo, jah Heilige swu-

ota tlian igee naiga. Amen.

^/.

7H

Dasselbe.

Aus dem N. T. , Stockholm^ 17^75, Ö

Attje mijen, jucko le Almisn , , Ailesiii sjaddes to Namme ; PätestoRike; Sjaddes to Wiljo ko Almesn, nau ai Adna-

nie 11 naln; Ml^eufarten peiwenLaipeh wadde Avijiudne; Ja iuite mije mijen Laikoit andayas , nau ko

ai mije laitebe mijen Well^olatjlia; Ja ale sislaide mijeb KäfLjelemai; Wälla warjele mijeb Pahast. Jutte to le Rike, ja Samo, ja Harlogwuot,

ekewen ail^ai. Amen,

324. '" 'ln\ Dialect von Umä- Lappmark,

Aus Ol. Rudbtchii jun. Spectmen usus lir^guac Gothicae, Upsal, 1717, 4, S. 4.

Aekiamen, juelitlie Almensls, Alles liiedde tdu Name; Q uöik p öt e tdu Riikie ; Hie^de telu Sijte, nimpt Almis, koekt ai

Adnamis ; Addele miis ndnalg miieii ferne päive Laip; Ja addeie mlis S3 iiden andix, nimpt koekt

mij addel sijs jueht inüs vöst taeke ; Äle mii laidl.ie tgeke Freste; Walle varile mii Uaddost. Amen.

7S3

C. th eil.

Sie wohnen in dem von rhn'en benannten Esthlande, oder dem Revalschen Gouvernement v'oa. Liefland. Der Nähme, welcher bey den Hörnern Aesiii \d.utete^ ist Deutsch und bedeutet OstJämler, weil die hier eliedem wohnhaften Denr-r sehen vom Gothischen Stamme unter allen die; östlichsten waren, von welclien denn der Naiime auf ihre Tschudischen Nachfolfier überg-egan^eii ist, aber statt dafs der Nähme Oestland' vorher die ganze östliche Küste des I5altischen Meeres begriff, be^^chränkte er sich zuletzt auf den nord- östliche"n Theil von L^efland, so \vie die Nah- men der einzelnen Völker bekannter wurden, nach denen man dann die übrigen Gegenden benannte. Die Sprache der Esthen theilet siph in zwey Haupt- Dialecte, den Reva/sc/ien 'und den Dörpatschen. Der erste herrscht im ganzen Herzogthum Esthland, auf der Insel Oesel, w^o er sehr weich gebproclien ^v'ird, inid sich auch durch manche grammatischeEigenthümlichkeiten auszeichnet, in einem Theile des Pernauischen, und einem Drittel des Dörpatschen Kreises. Eine Unterart von ihm ist der Pernauisc/ic Dia- lect. Der Dörpatsche wnvd in ungefär siebzehn Kirchspielen dieses Kreises und einigen angrän- zenden Gegenden gesprochen ♦). Vermuthlich

*) S. Jo. Lurfw. Börger^s Alterthüiner LiefiaiuVs. Riga 1773. f^o'i (l^ti Esihen und Letten in der: Mo- natsschrift für Teutsche, Leipz. ißoi, St. /^ ixnd g, (Letiteres von Hrn. Pred. Petri in Erfurt;. Bfinr. Stahl Anjülirutig zur £sihnischcn Spiacke, Reval 1C57, 3. Jo. Guislüft ohsen'ulioties grammaticae circn lin^uam JEsifumicamy Dörpt, 1648, 8- Henr. Göseken tuunu- ductio üd linguiim Omihonicam , Reval, 1660,3. J^bwi.

Jfiti

Gehören hierher :(uch die Krew'incn oder Kriwln-

O

ger in Curland an dem MemelsTrome, welche zwar mit andern Lettisch, unter sich aber einen abweichenden Esthnischen Dialect sprechen *). \n Sicgm. Jac. BaiimgarterCs Nachrichten von merkwürdigen Büchern wird Th. 4, S. 305, ein ohne Meldung des Orts, 1740, 12, gedrucktes N. T. beschrieben, und für Esthnisch ausgege-

. . . o c

ben. Allein es ist Finnisch, wie auch aus dem

daselbst mitn;etheilten V. U. Isä meidän erhellet.

GulsJeff Aniv&'isang zur Esthnischen Sprache ^ Halle, 175- > 8- Giitshß' ist nur Hennisgeber, Ant. Thor. Melle aber Verfasser. Alle tliese betretFen nur den Re- valschen Dialect, als deii vornv4imsten. -Aug. IVilh. Hiipers Esihnische Sprachlehre und Wörterbuch , Riga, 1780 > 85 umfafst beyde Haupt -Dialecte nebst den Neben -Dialecten und ist schätzbar. Aufser dein N.T. der Bibel und verschiedenen Religions-SchriFten hat man auch andere Schriften in dieser Sprache ; z. B. Fabeln von Pet. Huhn, Reval, um 1780; D. Pt7. i\r;/. T']''/We niedicinisches Wochenblatt, Ober-Pahlen, i76<), und eben desselben Arzneybuch, eb. 1771, 8- Kin Hoch?eitlied in Esthn. Sprache, aberohneUbersetzuiig, in t'o'i Mu/t's Neuem Journal, Th. 1, S. 204. Die Esth- nische Bibel im Revalschen Dialect, <2te Aufl., Reval, 1775» 4- Erste Au^•g. In der Vorrede eine Geschichte der Bibel- Übersetzung. Der Katechismus im Reval- Dialect. ißteAufl. , 1775, 8-

*) S. Ha'igoUCs (Schh'zers) neu verändertes Rufs- land , wo man auch Th. 11. S. 56";. ein kleines Wörter- buch des Dialects von Oeset findet. Die Crivingo-Llvo- nica in Pallas Vocabul. N. 44. ist eine liCttische Mund- art, welche auf der Knhvi«chen Nehrung gesprochen wird.

I

76; Esthnisch im Revalschen Dialecte.

Aus HiipePs Sprachlehre, S. lox, und mit geringen Ab» Vy'tichungen in der JEsthnischcn Hibel von 1759, ^^ 4*

Issa meie, kes sa olled Taewas, Pülihitsetud sago siiiiii Nimmi; Tulgo meile siiino Riik ; Siuuo Tahtminne sündko kiu Taewas, nenda

ka Ma peal; Meie iggapavvast Leiba anna meile tanna-

päävv; Ja anna meile Andeks meie Wöllad, kulmeie

Andeks anname omma Wölglastele ; Ning ärra sata meid mitte Kiusatusse siss^^; Weid peästa maid arra sest Kurjast. Sest sinno penalt on se Riik , ning se Wag-

gi, ning se Au, iggawest. jVmen.

326. Dasselbe im Dörpatschen Dialecte.

Eben daher und in dem N. T. , RigCt *727,

Issä meie, ke sinna ollet Taiwan, Piihhändetus sago sinno Nimmi; Sinno Riik tnlgo; Siimo Tahtmii-ne sündko kui Taiwan, nida

ka Ma paal ; :

Meije eggapäiwlikko Leiba anna meile

täänibä; Anna meile xVndifs meije Süda, nida kui

meije Andifs anname ommills Süüd-

leiselle ;

Nink ärrä saatko meid mitte Kiusatusse

sisse; Jl^u^e pasta meid arra Kurjast. Sest sijiiio perrält om Kunuingriik , nink

Wäggi, nink Auwustus, iggawatsel

ajal. Amen.

D. Lieven.

Diese li'aben zwar dem Herzogthum Liefland den Nahmen gegeben, allein sie machen nur noch ungefav den dritten Theil der Einwohner aus, indem sie es mit Estlien und Letten theilen. Ächte Lieven wohnen vornehmlich noch um Sa- us in Liefland, welche noch die Sprache erhal- teiy, dagecfen die meisten übrigen Lettisch spre- chen, in welcher Sprache ihnen auch gepredi- get wird, daher das Lievische seinem Unter- gange nahe ist ^). Die bey den Esthen gedach- te ii, ^'7-f«'///t72 in Kurland werden von andern zti den Lieven gerechnet, Der Lievische Dialect ist sehr mit fremden Wörtern und Formen ver- mischt, und scheint kaum noch Tschudisch zu seyn. Eine Lievische Formel hatte man bisher noch nicJit; denn was in den altern Sammlun- gen dafür ausgegeben wird, und sich anfängt Tabes raus oder Miihso Tcwas ist Lettisch. Erst Hr. Gustav von Bergmann hat eine solche Formel bekannt gemacht.

327-

*) S. von den Lieven Borger a. a. O. (Sc/i/ozcr'5) Neu verändertes Rufslantl, l'li. II. S. 555 und 370 und diUi'lbf'.t Wörtersaniinlungen iiieser Mundarten, auch Frie/ßt's Handbucli der Geschichte Lieflands, Estiiland» Tind Curlands.

7%

3.2 7- L i e V i s c h.

Aus Gust. von Bergmanns Vaterunser ~ Sammlung ^ S. 5.

Me d Isatauvvis , jetka lassaug sünn Süiiiia, Lafs tiils; sünn Könik maal; Sünn Meei lassaug pehl Maal, kuid Tauwis ; Anna min Leib jegga pe^^'wa; Peeana reddal Üle tue, minna taa peeamd

ommal Ülnikal ; Alla ^A edda med Mursisall ; Pesta mind Ülast.

Süiuia ohds je Issand, sulir Jautkis , Üggiiks Gohd. Amen.

X.

Einige gemischte Sprachen im Süd- osten von Europa.

A, Ungarisch,

Die Ungarn, ehedem Ugiir, Jugur, Ono- gureii, Huniigari, nennen t>ich selbst von einem ihrer ehemaligen Hauptstämme, Magyar (spricli Miuljar), Sie kommen unter dem Nahmen der Ungarn, welcher Mongolischen Ursprungs seyn, und einen Fremden, Au-.länder, bedeuten soll, zuerst im vierten Jahrhundert im Lande der Baschkiren, zwischen dem Tobol, der Wolga und dem Jaik, im nachmahligeii Orenburgi- schen Gouvernement vor. Sie wurden im sechs- ten Jahrhuuderi von Türkischen Summen un- Mithrid. u. C c c

77 o

tervvorfen ; wir finden sie im siebenten, ächteii und neunten in Lehedias (dem heutigen Katha- rinoslavvischen Departement) in der Nachbar- schaft und Verbindung mit deuChazaren, gleich- falls einer Tatarischen Nation, und sie nähr- ten sich von der Viehzucht und vom Raube. Sie wurden in der Mitte des neunten Jahrhun- ders von dem Mährischen Herzog Ratislaw ge- gen den Deutschen König aus Lebedias zu Hülfe gerufen. Am Ende des Jahrhunderts ziehen sie, von den Petschenegern gedrängt, den Carpa- then näher imd, werden von dem König Ai- nulph gegen die Mähren zu Hülfe gerufen. Als sie von diesem Feldzuge durch Gallizien und Lodomerien zurück kehren wollen, finden sie ihre Sitze verwüstet durch die Bulgaren, wol- len sich nun in Gallizien niederlassen, lassen, sich aber dort bewegen, über die Carpathen nach Munkatsch einzubrechen, und noch vor dem Schlüsse des Jahrhunderts das Bulgarische Reich an der Theifs, und das zum Deutschen Reiche gehörige Pannonien einzunehmen, von wo aus sie nimmehr Deutschland plao;ten. Diese nach Europa gewanderten Ungarn bestanden aus sieben Stämmen, wovon der eine Magyar hiefs, welcher vermuthlich der vornehmste war, daher er dem ganzen X'olke den Nahmen gab. Der zurückgebliebene Theil lebte noch gerau- me Zeit unter den Baschkiren, denn hier fanden sie noch Johann de Piano Carpini 1246, und Rubriuis 1251. Beyde versichern, dafs die Un- garn von den Baschkiren ausgegangen sind, und damahlsnoch einerley Sprache mit ihnen rede- ten In der Folge mögen sich die Asiatischen Ungarn initer den Baschkiren und andern Tata- rischen Stämmen verloren haben j wenigstens

11^

ist von der Ungarischen Sprache in diesen Ge- genden nichts mehr übrig *j. Da die Ungarn, so Weit man sie kennet, immer als ein iinter- geordiietes Volk erscheinen, so hat man gefrac?t, zu welchem Hauptstamme sie gehören. Sie selbst leiteten sich ehedem gern von den Hun- nen ab, worintien ihnen Abulgasi, Pray und andere beypfijchten. Das hat wohl keinen an- dern Grund, als die Ähnlichkeit der Nalunen; denn den Hunnen gehören sie unter allen be- kannten Völkern gewlfs am wenigsten an. Diese waren Mongolen; mm aber hat die Ungarische Sprache von allen Sprachen, die in ihr zusam- mengeflussen bind, von der Mongolischen ge- rade am wenigsten, und der schöne Ungarische Körperbau hat keine Spur von der här>>lichen ]Vl<jngolischen Bildung, welche, wenn sie sich einmal mitgetheilt hat, gewissermafsen unzer- störbai ist. Mehr Glück hat in den neuern Zei- ten die Behauptung gemacht, dafs sie zu den Finnen oder Tschuden gehören, welches man aus der Übereinkunft beyderSprachen hat bewei- sen wollen "*). Diese ist nun nicht zu läugnen,

*) Doch versicherte noch neulich der Russische Hofrath von O'luy^ ein gebnrner Ungar, auf seinen Reisen an tieiii Caiicasischen Gebirge einen Völker- staiuiii angetroffen zu tiaben, der noch heut zu Tage von den Russen Uhritschi oder Ugritschi. d. i. Ungarn genannt wird und eine der Ungarischen Sprache ver- wandte Mundart spricht. Siehe Zeitschrift von und für Untjarn , herausgegeben von Ludwig vm Sciied'Wif 4ter B.iiid . Qtes Heft, i8<i5> M'/c/uWa' neuer Teiitsr.her Merknr, i8'>4. Jul. v Zaches monatliclie Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Hiunuelskunde, >8o4, IViaiheft.

**) Diese Übereinkunft bemerkten bereits Conie- nius, der jüngere Rudbeck, Strahlenberg, Joh. Eberh,

C CG 2

772

reicht aber doch nicht hin, Jen so schön gebau- ten Ungarn voll Geist und Muth von dem gröfs- tentheils verkrüppelten Finnischen Stamme ab-

Fischer in Quaest. Petropol. und andere. Die 1764 nach Lappland geschickten Wiener Asfciononien Hell vmd Joli. Sainovics entdeckten selbige von neuem. Der letztere schrieb: Demonstratio idioma Ungarorum et Xjüpponum idem esse. Koppenhagen, 1770, 4; ver- mehrt Tyrnau, 1772. Aber das idem esse ist viel zu viel gesagt. Ein gleiches ist behauptet in Ihre-Oehr^ Un^ disp. de convenimtia linguae Lapponicae cum Hunga» r/cü, Upsal, 1777; und in Jo/f. Hager''s neuen Beweisen der Venvandtschajt der Ungarn mit den Ijappländern. Wien, 1794, 8.

Am jnühsamsten und umständlichsten beweiset selbige Sam. Cyarmathi qffinilas linguae Hungaricae cum Unguis Finnicae originis grammatice demonstrataj Göttin- gen , 1799, 85 wo der Verf. diese Verwandtschaft nicht blofs iuit dem Lappländischen, sondern mit allen drey Hauptmundarten des Tschudischen, der Finnischen, Esthnischen und Lappländischen, sowohl in einer gro- fsen Menge einzelner Wörter, als den grammatischen Formen zeigt.

Diese Erörterung ist zii gründlich, als dafs sie nicht hier eine Stelle und eine JBeurtheilung verdiente.

Unter den Ableitungs-Endlnigen sind die Lappi- sche Adjectiv- Endung es mit der Ungarischen Endung eSy ixnd die Endung abgeleiteter Substantive wuodt mit der Ungarischen Endung at verglichen. Weim die Endungen es und at mehreren Sprachen zukommen, und also weniger auszeichnend seyn möchten: so ist es doch die dem Lappischen und Ungarischen gemein- schaftliche Endung em, und die Ungarische meny oder miny , und die Esthnische minne für abgeleitete Sub- stantiva der Handlung oder des Leidens, ke ist Endung der Diminutive im Uugarischen wie hn Esthnischen.

Die 15 Casus der Laj)])en werden mit eben 30 vie- len Ungarischen verglichen, und bemerkt, dafs die älteren Ungarischen Grammatiker die auch in dieser Sprache am Ende angellängten Praepositionen als Ca- sus der Substantive behandelt haben. (Nämlich Mol-

775,

stammen zu lassen. Wenn man der Geschichte und Sprache zugleich nachgehet, so wird man Avöhl der Wahrheit am nächsten kommen, wenn

nar hat wenigstens einen Mutativus in die Reihe der gewölmlichen Casus gestellt. ) Sollte jenes mit liecht geschehen können: so bleibt doch der sehr bedeiUende Unterschied , dafs durchaus keine dieser angehängten Endungen der Substantive mit d,en Lappischen, Fin- nischen oder Esthnischen auch nur einigerniaften zu- sammentrifft. Denn die bei dem Ungarischen Ablativ angeführte Endung siöl hat zwar das st des Ablativs der Finnischen Sprachen, entspricht aber diesem i-icht, weilstol: «eiif bedeutet. Dagegen trifft die Ungarische allgemeine Endung des Plural- Nominativs ganz mit dein üialecte der Lappischen Finnmarken zusammen, welches Hrn. G. , der der ier mschen Grammatik ent- behrte, entgieng.

Die Anhängung oder Nachsetzung der Copulativ- Conjunction und des Frage- Adverbiums, so wie der Pofsessiv- Pronomina hat das Ungarische mit dem Lappischen und Finnischen gemein. Indessen der Laut jener angehängten Partikeln hat keine Ähnlich- keit, wohl aber der Laut der angehängten Possessive. Im Ungarischen wird eben so wie im Lappischen, und zunächst wie in der angeführten JL^emischen Gramma- tik, füriaeiu: am oder m, für dein : ad od. d arise- liängt (in Absicht des sei/i, ihr weichen sie von einan- der ab), eure ist im Ungarischen das angehängte /o/r, und in den übrigen Piuralpersonen ist k, wie bey Leem.

Aus der Leemischen Grammatik würde Herr G. noch einige Berührungspunkte mehr zwischen dem Ui)gürischen und Lappischen Verbnm gefunden haben, nämlich besonders das'Ä, welches alle Phxralper&onen im Ungarischen zur Endung haben, und welches im Norvv'egisch- Lappischen in der 5ten Pluralperson des Praes., i^md der isten iind <2ten Phiralperson des Ini- ]»erf€Qt. auch da ist. Übrig.jns hat das Ungarische Ver- bum cletermianatum , (d. i. dasjenige, wie es steht, wenn es seinen Ca«us regiert, denn aufserdem hat es, und so auch alle Verba neutra, andere Flexionen) ini

774

man die Ungarn für einen ursprünglich Tür- kisch-Tatarischen Stamm hält, der Finnen, Sla- ven, Woguln, Wotiaken und andere jetzt un-

Singnlar die Endbuchstaben i. m, 2. d ''wie im Esth- nischen), 5 o, ganz so wie die aljoekiuvien l^rono- juiiia an den Substantiven lanleri, und eben so in der 2ten Phiralperson fnk^ in den iibrigen Ä. Zwi-^cben dem Lappischen Verbnni snbsiaiit. und dem einen Vn- gari'^chen, welclies t"c?7/f;n beilentet , a!>er in manthen Fonuen die Stelle des anderen dcfei tiven vertreten lunis, findet die Ähnlichkeit statt, dal")? auch letzteres h zu seiner Haupisylbc, und im Imjterat. legs' hat, hey Leem isr. er läge. Das Ungarische Verbuiii formirt anlVer dem Präsens zwey Praeierita von sich »^elbst, aber das Plnsqu;imperf. auch niit dem HiilFsverb. seyriy und hat gewöhnlich kein Futurujji, soU'iern braucht statt desselben das Praes. , \vi^- wir es iiu Finnischen und Esthnischen bemerkt haben.

In den Verbis ilerivativis , wofür das Ungarische wie das Lappische Formen hat, die IJerr G. vergleicht, ist eben kein Zusaiuiuee treffen der Laute derselben. Aber das Zusammentreffen manclicr Construcrionen, z. B. des mit den Anhäiige])ronüniinen zusammenge- setiten Infinitivs für ich mufs u. <. w. , die glcichmä- fsige Umschreibung des \ erb. haben, wofiir kein eig- nes Wort '■ta ist, durch mihi est u. ni. a. sinrl nachge- >viesen, bey dem Esthnischen Jiuch das Ztisammentref- fen einer betrachtlicheji Anzahl von >prichwörtern mit Ungari-^ hen.

Es ist nur noch iibrig, das Zusammentreffen der Fragepronomina, Ungar, 'i (wer?), mi (was?). Läpp, (bey Leem) eben so, Finn. fiu'a, mihä, Esthn. ke Ofler *(."., mi» oder /ne.s ? und der Comparativforiii zu bemerken , welche im Pngarischen hb oder ebb ist (im Stiperlativ wird der Com])arat!vfnrm /<g vorge- setzt), lind mancher Forinen der Numeralien , z. ß. dem Läpp. 'n'Hi'e , /wey , und <'em Unaar. f,c>tn, d der Endung derOrdinalien iju Lappischen, und (ier^pTheils- Zrtlileu, z. B. des Viertels im Ungaristhen, vcui wel- chen l( "/tt;ren dann durch eine weifere Endung die Ordinaiieii gebildet werden , statt dals im Lappischen

\

775

bekannte Völker in solcher Men^e unterioclit lind sich einverleibt hat, daß seine ursprüngli- che Sprache dadurch ist verändert worden. Die Ungarn erscheinen von den frühesten Zeiten an auf dem grofsen Tummelplatze barbarischer Vol- ker, an dem schwarzen und Caspischen Meere, wo sich von jeher barbarische Völker, wie vom Sturm gepeitschte Donnerwoiken, bald verjag- ten, bald verschlangen, und wo dergleichen Erscheinungen noch jetzt niclits nnerhörtes sind. Sic lebten, so weit die Geschichte lebt, immer unter und mit Baschkiren, Chazaren, Perscfie- negern und andern Tartarischen Stäminen. Schon Mela kennt Türken in der Nähe des Wer- choturischen Gebirges und der Finnen. Pet. Horvath in Comment. de initüs ac major ibus Jaiygiim et Cumanorurn^ Pest, 1801, 8^ beweiset, dafs die Kumaner und Ungarn zu Einem Stamme ge- hörten. Nun waren aber die Kumaner unläug- bare Türken. Die Bvzantiner nennen die Un- garn am häufigsten Türken, und Kaiser Leo er- klärt sie in Tact. ausdrücklich für CoiluvJem gen- tium. Das beweiset denn auch ihre Sprache.

Man ist bisher vornehmlich bev ihrer Ver- wandtschaft mit dem Finnischen stehen geblie- ben. Allein auch die Siavische, Türkische, Ta- tarische, Germanische, Wogulische, Wotiaki- sche, T>chu\vassische, Ostiakische, die Permi- sche, Sirjanische, Morduanische, T'^cheremis- sische, selbst die Persische und Arabische Spra-

umgekehrt die Theil?zahlen von den Ordinalien durch den Hinzutritt einer Endung entstehen.

Dies wird zureichen, uju den Grad der Nähe der Verwandtschaft des Ungarischen niit jenen Sprachen zu besLiiniuen.

77^

che haben dazu, und mnnche sehr reichlich bey- getragen, wie Gyarmatl.i selbst durch ausführ- liche, nach dem Vocabular Petropol. angestellte Wortvergleichungen mit jenen Nord-Asiatischen Sprachen umständlich bewiesen hat. Die vor der Persischen und Arabischen genannten acht Sprachen weiden zwarvon vielen gleichfalls zum Fimrischen Stamme gerechnet, aber eben so sehr mit Unrecht, als man die Ungarische dahin zählet. Sie sind vielmehr eben so ^ermi8chte Sprachen, als diese, welche sich aber eben we- gen dieser ihrer Vermischung zu keiner aus- schliefslich rechnen lassen. Von dieser Mi- schung rühret es denn auch wohl her, dafs die lUigarische Sprache und Nation, wie so viele an- dere gemischte, so einzeln da stehen, und nicht wie nndere ursprüngliche Völker, eine zahlrei- che Blutsverwandtschaft liaben. Vermischungen dieser Art sind immer einzig, und die Ungari- sche Sprache kennet keine andere Verwandte, als diejenigen , aus deren Trümmern sie zusam- men gesetzet ist *).

*) Man sehe indessen nach: Joh.^ Gott fr. Oertelii harmpnia lingnarnu» orientis et occicientis, speciathu- «jiie Hungaritae cnni Hebraea , Wittenberg, 1746, Q, de. iLülmdr Proclronuis idioiuatis Scytlüco- iVlogorico- Avarici, s. apparatus criricns ad linguaiii Hmigaricain, l^o'ionii, i'"'^o, 8-, zeigt ilire Ubeveinttinunung luit dem Arnieiiiscir^n , Persischen und Türkischen nicht allein in einzelnen Wörrern , sont.'ern auch im grain- juaHscheii Bau. Paul B- r.-'pszaszi über die Aiinlich- Leif fier Ungarischen Sprache jiiit den luorgenländi- sriien, Erlangen, i7^)7> vei irret sich in ein Laby- rinth von. E(}inoIogien Das Hebräische vergleicht jaiif dem Ungarisc hen J. M (^Johann Mohuir') in dein Magyar Könyv - har, (Ungarische Bibliothek) Pest,

Es wäre zu wünschen, dafs em kritischer Kenner alles, was bekannten Sprachen ange- hört, absonderte, da sich dann zeigen mür^ite, ob auch Spuren einer noch nnbekannten Ur- und Stammsprache übrig bleiben würden.

1783, f^h ^' 54 ^^^ Ungarischen befindliche Slavische Wiirter führet Peuzet an in von Murr's nniem JouniaJf B. I. S. 209; wie auch die ßlagyar Grammalika, mel- het y heszitetr Debrezenhenn ngy wagyar tarsasag. (Unga- risclie Graiuiiiatik, welche verfalst hat zu Debretzin eiue Unjiari.^Lhe Gesellschaft.) Wien, 1795, 8> "nd ruehrere 1 iirkische Toppchin de orig. et occasu Tran- sylo, ed. Lugd. S. 69, und von Jei i^ch de fatis linguar. O'ient. S. 76. Fe.rd. TJu.mae. Conjecturae de origine prima sede et -lingua Huiigaroruni, Pesth , i8<>2, 8, leitet sie gar aus Aegypten her. Aber ihm i?t Aethio- pi-ich und Alt - Aegyptisch einerley. Bey einer nur fluchtigen Ansicht habe ich sehr vieles Germanische f,erunden. Z. B. Aj!Ö, die Thiar, in Schwaben Eiter. Xs'//-, Zi'/<, Loch. Haz, Haus. Ver, Blut, ehedem Ven:/' , bey den Jagern Farbe. F/'z, Wasser. ÖAör, Ochs; Liuta, faul, lafs. Kiirta^ kurz. Lada y,V<.\sle. JB.ositly, Bost. £sz(m, ich esse. Lassan, langsam. ßfnny darinnen, binnen, Szamar ^ Esel, Saumer. AyaA, Nacken. Tsets^ Briiste, Zitze. T-ii^tos, kitze- lig. Tsür f Scheuer. Vitorla, Wetterhahn. Isiällöy Stall. Lajtorja, Leiter, Leiz^ Latte. Barfiüy Rinde, B'Tke. Botf Bude. AntaJ, Antheil ; im Ungar, ein V\'einmaafs). Arat^ die Amte. Abruky der Hafer, ( -lavisch 06ro/0- Borbely^ der Barbier. Bat si'i , Bii- f-e. ßorosTnj Bürste. ßcA , Bock. Bodnar^ Biittner, Ih>gnos , Wagner. Barna ^ Braun. Bndian, Baldrian (Valeriana). Durabanr, Trabant. Drot , DratU. DuH' (laiy Standarte. Eszterug, Storch. Ertz, Erz. Eperj, Erdbeere. -E/;e,Egge. Esztrenga, Strenge. Färsungf Faschine. Font, Pfund. Forspontf Vorspann. Fu- /;or, Wucherer. Fuimdnyos, Fuhrmann. Fiivar, Fuhre» Ftrtaly (lies Fertalj), Viertheil. Firnatz, Firnifs. Fnharif, Vorhang. Fölösti ki m uiul Frösiöl;^ Frühstück. Fußt Frisch. Feiloßary Vorreiter. Fcldy Feld. Fil-

77iS

Mundarten.

In Jf/i/ö/zer'* Staarsanzeigen, B. 12, S. 353, behauptet ein Herr Maithias Roi/i, es gebe in dieser Sprache keine Dialecte, auch sey die Bü-

/«r, Heller. Cycmant ^ Diamant. Gottor, Gatter. G/e'f, Glätte (Bleyglätte). Gorom^a, Grob. Hvstct, Vorstadt. Hertzvg^ Herzog. Hamor ^ Hajmner. Ho- her^ (der Henker) Haner. Bever^ Heber. UiiiOf Hütte. Istäp, Stab. Istrang ^ Strang. Ispdn, Ge- span. Kcüya, Kachel. Kiitsi, Kutsche (doch viel- leicht ist das deutsche W ort aus dem Ungaiischen ent- standen, weil die Kutschen in Ungarn erfunden seyn und von dem Marktflecken Kots ihr n Nahmen erhal- ten haben sollen). Krispen ^ Griinspan. Kurhas, Karbattiche. Krumphi (d. i. Kartoffeln), Grundbirn. Kalmar j Krämer. Kuhli, Kugeln. Keluly ^ Kekh. lio^tolnij Kosten. Kartzoini, Kratzen. Kantsuka^ Kant- schuhe. KranilZj Gränze. Kt-ppoly , Köpfel Scliröpf- kopf). Könting, Quinte. Kartißolüy Karviol. Kuk- rabiy Kohlrüben. Komor, Kummer. Lada, Lade. LärmUf Lärm. Li'g Lauge. Leder, liederlich. 7.Ö- gerezni, lagern. Mosor, iMörser. Maitzafanh , ISIar- cipan. Major, Maier. Major- haz^ Maierhof. Mttz- gcr/cni (Fleisch zerhauen), von Metzger. Messer, Mei- ster. Miiy-tra, Muater. Motozni^ juauthen. Ostrom, Sturm- Paszamant, Posament. Pelda, Bild. Pleli, Blech. PUijbasz, Bleiweifs. Pialz, l'latz (italiänisch Piazza). Pantzel, l'antzer. Pviieiy Biniier. Polgary Bi'irger. Peretz ^ Pietzel. Pitsei, Pettschaft, Pet- 3chier. Pres, Presse. Pelhnger , Pranger. Pallos, Pallasch. Pcint, Band. PuszU, Brustlatz. Puszpangy Buch^'baum. Pulton, Butte. Pek, Becker. Piskoltz, Spiesglas. Baspoly, Baspel. liosda, Rost, in der Bedeutung: rubigo. lies, Rifs. Reteh , Rettig. Sa- /"'', Schla(ken. Sinor, Schnur. Spckclnl, spicken. Sattzülni , schätzen. Sold, Sold. Salata, Salat. Szc- ha , Stube. ^Soi^'or. Schwager. Szablya, Säbel. Saiitz, Schi^nze. Sölyu, Sohle. Sindely, Schindel. Samoly, Scliemel. Sröf. Schraube. Sknrldt, Scharlach. .Se« Ujus , Schlechtes. Tasha, Tasche. Täntz , Taiiz.

i

779

chersprache von der gemeinen Volkssprache kei- iitrüwege-. verschieden. Dasselbe beha+ipter der Graf fo/7 Hoffmannsegg in seiner Reise durch Un- garn. Görhtz, 1800, aber mit Unrecht. Das wurde, wenn es gegründet wäre, eine merk- würdige Ausnalime von dtr Analogie aller Spra- chen von eiiiigt-m Umfange machen. In der Ungarischen Sprache giebt es freylich nicht so vifle und bo auffallend von einander verschie- dene DialecTe, als in der Deutschen Sprache; aber dr)ch von einander abweichende Mimdar-

g

Tiiinny, Tlniriii. Tiutn . Dinte. Tegla , Ziegel, te- gnla. Arii,'/f/2, Siiglitz. Ttnhely, Dünkel. fiiezet, Dutzend. Teutly, Tiegel. Tuttrk, Dimrittich. Tzin^ Zinn (sonst im Ungarischen Jcjer on, d. i. weifses Bley). Tzihktly , Artikel. Csaj» , Zapfen. TsuUani, Schlucken. Tsereb, Scherbe. T^eger, Zeiger.. Tze~ diila , Zettel. Tzelf Ziel. Czijra, Ziffer. Ügorka^ Gurke. l a idaitaniy Wandern. Vintzeller, Wintzer. Zdler , Sellerie.

Auch nicht wenig Lateinische finden sich: Szav' vas . cervus. Galltr, collare Ltnl.^e, leris. Len, li- innii. Szent^ sanctns. talu, Dorf, villa. Tsillog, .'•tella. Oiüy hora. Kert , hortus. -f'^i'jt vir. Tegla, tegula. Sogar, socer. Angolna, angnilla. Almärtom, arniariuiii. Ahavita, Aquavitae. Berheis, vervex. Csaszar, Cae?ar. dsaron.a, cisterna. Chereszityc. ce- rasnni. Dtzma^ decinia. JStzet ^ acetuiu. -tige^ licus. Kurta, turtu"^. Kappan, capo. Lator ^ lalro. MäV" vany y nianuor etc.

Auch Französische, z.B. Aezil, acier. Are'^talni^ arrester. Bai'>u, barqiie. Boknia, boiiquef. Baga'^ sia, Bagage, ßordtly , bordel. Basfya , bastion. CscU za, Chaise. Ersek y Archeveque. Iskalulya^ Cha- toulle.

Da aber die Ungarische Sprache selir %-iele Onoma- topoetica hat: so nuifs auch dield bey der Verg,leichung anit in Anschlag kouuuen.

icn. F-S gibt insondcrliclt z\vey 'Ungarische Haupttlialecte, deren einen man den iRaaber, den andern aber den Biliarer oder Debretziner nennt. Diese zwey Hauptdialecte weichen nicht blofö in manchen Stücken in der Ausspra- che von einander ab, sondern jeder djeser Hauptdialecte liat auch eigenthiimliche Wörter lind Redensarten, die sich in dem andern nicht linden. Auch weicht überall die Miuidart des Pöbels und der gebildeten Personen in Ungarn, welche in der Schriftsprache ausgedrückt wird, von einander ab. In dem occidentalischen und orientalischen Sprachmeister befinden sich S. 201. die Zahlwörter in der Ober- und Nieder- Unga- rischen Mundart, Avelchc schon beträchtlich ab- weichen.

Die Szeckler in Siebenbürgen reden eine grobe Ungarische Mundart, und dehnen dabey die Sylben auf eine so widerwärtige Art, als vielleicht keine Nation in Europa. Allein sie sollen auch keine ächten Ungarn, sondern Pd- scheneger seyn, welche die Ungarische Sprache angenommen, aber doch nocli manche Wörter ihrer alten Tatarischen Sprache bt-ybehalten ha- ben. Der Nähme Szeheh bedeutet einen Hüter, weil sie zu Bewahrung der Grai:7:en des gebirgi- gen Striches an der Marosch und der Quelle der Aluta bestimmt waren. Nach der Vorstellung des gelehrten und kritischen Forschers der Un- garischen Geschichte, des Herrn von Engel ^ des- sen Geschidite des Uugarhdicn Ilcic/:s und seiner- Nebenländer, Halle, 1797 ff., und dessen Ab- handl. de or'wine Hnm^arorum '^eniis an der Corni- dess'ischen Abhandl. de religionc Vct. Hungar. Vien. 1791, mit den obigen geschichtlichen Daten überall zu vergleiclitn ist, sind diese Szeckler

781

wahre Unsarn, welche, während der gröfste Theil ihrer Stammgenossen auf dem vomKönige Arnuiph veranlafsten Feldzuge gegen das Mäh- rische Reich begriffen war , indeß als Hüter zurückblieben, aber von den Bulgaren und Uzen angegriffen, geschlagen und genöthigt wurdeil, aus den damahligen Wolinsitzen des ganzen Volks Atelkusu in diese Gebirge, die •Scheidegebirge der Moldau und Walach ey, zu fliehen. S. Th. I. oder Geschichte des alten Parmo" niens oder der Bulgarei , liebst einer allgemeinen Ein^ leilung . in die Ungarische und Illyrische Geschichte^ S. 2S'i. 348.

Litteratur der Ungarischen Sprache k II n d e.

Abhandlung von der Natur und den Eigenthiim- Uchkeiten der Ungarischen Sprache in den Schriften der Gesellschaft zur Beförderung der Ungari- schen Sprachkunde. B. I. Hermanst. 1796, 8.

Eine Geschichte der Ungaribchen Bibel- Übersetzungen befindet sich in Jo. Barth, Riedc- rers Nachrichten. Th. II. S. 1 32.

*

Alb, Molndr Grammatica Hungarica. Hanov. 1610, 8; sehr oi^t aufgelegt und verbessert, un- ter andern noch Wien, 17885 8.

Steph. Gaki Kaiona Magyar Grammatika. Stuhl- Weilsenburg, 1645, 4.

P. Pereszlengi Grammatica linguae Hungar. Tesnar. 1702, 8? und oft.

Meliböi Ungarischer Sprachmeister. Pres- burg, 1737, 8; sechste Auflage, eb. 1787? 8.

Mich. Adami ausführliche und neu erläuterte Ungarische Sprachlehre. W^ien, 1760, 1763} 8-

782

Jos. Farfias gründUche und neu verbesserte Ungarische Sprachlehre. Wien, 1771, dritte Auflage, 1779, 8; ganz umgearbeitet von //*. P. de Kis Szonto^ Presb. 1796, 8; umgearb. von \ Jos. von Mjrton^ Wien, 1805.

Ge. Kalmur Frodromus idiomatis Scythico- Mogorico-Chuno- Avarici, s. apparatus criticiis ad linguam Hungaricam. Presburg, 1770, S; ist nebst manchem fremdartigen eine fornjli- che Sprachlehre.

Fundamenta linguae Hungar. Pesth. 1792.

P, Szenle und Jos. Szokonyai Maoyar. Gram- mat. , beyde in Ungar. Sprache. 1792, 8

Pr. Versegy proludium in institutiones lin- guae Hungar. 1793, 8

Joh. Ge. Nügy Einleitung in die Ungarische philosophische Grammatik, Wien, 1793. 8-

Saiu. Gyar/nal /ii krixiache Gramm^itik der Un- garischen Sprache. Clausenburg, 1794- zwey Theile, gr 8? zur gründhchen Sprachkenntnifs vorzüglich brauch bar.

J. Pazrna/ifli und Ant. Böitlii Magyar Gram- mat. , beyde in Ungarischer Sprache 1794^ 8?

St. Szent-Pdli Grammatica Hungarica latino Sermone concinnata. Hermanst. 1795, 8-

Magyar Grammatica, oder Ungarische Grammatik in Ungari eher Sprache, von einer Gesellschaft in Debiczin. Wien, 1795, 8-

KisdedMc'.o\ 3.1 Gramm. Presb. 1796, 8- Muf//. rV/Zo/Ä/ Ungarische Grammatik. Pres- burg, 1796, 8.

Paul Beregszdszl Versuch einer Magyarischen Sprachlehie mit einiger i<iicksicht auf die Türk. und andere morgenländ. Sprachen. Erlang.

1797» «•

785

Jos. Nie. Ravai e\dhor2XioT Grammatica Hun- garica. Pesth, 1803, 8-

Fr, Versegy neu verfafste Ungarische Sprach- lehre, worin die verschiedenen Mund- und Schreibarten der Magyarischen Sprache ange- zeigt, und die Regehi aus dem morgenländi- schen Bau der Sprache hergeleitet werden. Pesth, 1805, 8.

* *

Dictionarium Ungar. , Dalmat., Lat, , Ital. German. Venet. 1595, 4-

Alb. Molndr Dictionarium Latino - Uno-ari- cum. Nürnberg, 1604, 1606, 8: mit dem Griechischen vermehrt, Heidelberg, 1621; mit dem Deutschen vermehrt von Christo. Beer, Nürnberg, 1700, 1708, gr. 8-

Fr. Paris Papai Dictionarium Latino -Hun- garicum. Leutschaci, 1708, gr. 8. Von Pat. Bod vermehrt und verbessert, Hermanstadt, 1762, 4; 1767, gr. 8 In der letzten Ausgabe wird in der Vorrede die Geschichte der Uncrari- schen Wörterbücher erzählt.

Jos. von Marlon Magyar- Nemet es Nemet- Magyar Lexicon , Deut^ch-^ Ungarisches und Un- garisch - Deutsches Wörterbuch. Wien und Presbiirg, 1799, 1800, 8; zweyte Auflage, 1803, 1804, 4, zwey Bände.

Grammatischer Character der Sprache.

1. Sie bestehet, wie andere mehrsylbige Sprachen , aus Wurzehvörtern, gebogenen, ab-aeleittten und zusammengesetzten Wörtejn. Die Bildungs-und ßiegungssylben sind ebenso mannigfaltig als in andern Spracken.

784

2. Sie bedienet sich des Lateinischen Al- phabetes; hat aber der Figur nach ]<fiii c, q mid X, aiifser itzt in Wörtern fiemder Sprachen. Auch werden einige Buchstaben anders gespro- chen als geschrieben.

3. Der Ungar liebt eben so wenig als der Türk zwey oder mehr Consonanten zu Anfange eine» Wortes. (Ts, tz, sz, ds, dz und zs gel- ten für einfache Consonanten.) Wenn daher dergleichen in fremden W^örtern vorkommen, so werden sie durch einen vorgesetzten oder ein- gescliobenen Vocal fretheilt: Ferentz^ Franz, Gö- rög^ ein Grieche, /^^o/a, das Böhmische Sbkola, Asztal, Stuhl. Doch' gibt es auch besonders fremde Wörter, welche sich mit dr^fr^ gr, kr^ pl , pr und tr anfangen, z. B. Trombita, die Trompete.

4 Der Ton ruhet, wie bey dem Griechen und Römer, nicht immer auf der Wurzel, son- dern eben so häufig auch auf einer Ablei- tungssylbe.

5 Der Ungar hat wie der Deutsche zwey Artikel, und gebraucht den l)estimmten, wel- cher zugleich das Fronomen demonstrativum ist: cz, ez,, selbst alsdann, wenn Pronominal -Ad- jective das Substantiv^ bestimmen.

6. Die Substantiva werden hier nicht nach Geschlechtern unterschieden , die Sprache ist ohne alle Geschlechtsform.

7. Der Ungar declinirt nur allein das Sub- stantiv und das Fronomen demonstrativum «z, ez; alle übrige Bestinimungswörter des Substan- tives bleiben unverändert. Nur ^venn die Zahl- wörter und Adjectiva absolut und für sich allein stehen , werden sie gebogen,

8. Die

7U

8- Di« Adjectiva werden durch Verlänge- rung der Endsylbe gesteigert, z. B. yo, gut,^ jfo(^^5 besser, leg jobb ^ der beste.

g. Der Declinationen sind zvvey, a]:)er auck diese sehr wenig verschieden, der Z^ihlen zwey, Singular und Plural, und in jeder, den Vocatir nicht gereclmet, vier Casus, von denen der Ge- nitiv immer e zu dem Nominative hinzusetze; übrigens herrscht in der einen Declination in den angehängten Casus-Endungen /7-/t, -/, -k^ der V^ocal 0, in der andern der Vocal c.

10. Die Pronomina sind wie in andern aus* gebildeten Sprachen; aber die Possessiva unter-- scheiden sich dadurch, dafs, wenn sie bei Sub- stantiven stehen, das abgekürzte Pronomen wie die Hebräischen sogenannten Sufhxa dem Sub- stantive nach2,esetzet werden. Bei Plural- Sub- stantiven tritt / zwischen diese und den Pronomi- nal-Anhang. Wegen mancher Veränderungen ist der Gebrauch dieser bey der dritten Person nicl'.t ohne Schwierigkeit der Nominativ, Das Personal -Pronomen wird dann dem Substantive oft noch vorgesetzt (wie diefs auch im Hebräi- schen bisweilen der Fall ist). S. die folgendeti grammat. Anmerk,

11. Die Verba sind transitiv oder intransi- tiv, activ, passiv und reciprolc. Aufserdem gibt es noch Formen, das Lassen können und Kön- nen lassen zu bezeichnen, welche also der Be- deutung nacli den sogenannten Conjugationen der Semiten Fielt, Hiphil, gleichen.

12. Der regelmäfsigen Conjugationen sind zwey. Die Conjugation geschieht an dem V^^'orte selbst. Der Ungar hat die gewöhnlichen vier Mödos, fünf Zeiten, imd darunter drey ver- gangene, zwey Zahlen und drey Participia, für

Mi/ Arid. JI. D d d

78Ö

die gegenwärtige, vergangene und künftige Zeit. Das Pronomen wird dem \'crbo nur dann bey- gelligt, wenn ein gewisser Nachdruck es er- fordert.

13. Das Ungarische Activum hat das Besori-i. dere, dafs es auf gedoppelte Art conjuuiret wird, jiachdem es unbestimmt oder bestimmt ge- braucht wird.

, 14. S'.att der Praepositionen hat man hier lauter Postpositionen,

15. Wenn zwey Substantiva mit einander construirt ^verden: so \vird das regierte nicht, wie im Lateinischen und Deutschen, im Genitiv, sondern im Dativ gesetzt.

S p r a c h p r o b e n.

Von den drey folgenden Formeln ist die erste aus Caspar Käroll unter den Protestanten ge- wöhnlichen Bibel -Übersetzung, steht auch so in Alb. Molnars Ungarischen Grammatik, S. 197, und Carl Caspars Neuem Testament. Die bev- den folgenden sind aus Gyarmatlii , scheinen nur in der Übersetzung, nicht aber in der Sprache verschieden zu seyn, und aus welcher Übersee tzung sie entlehnt sind, ist nicht angegeben.

328. Ungarisch.

Au!i der Ungarischen Bibel, 1776,

Mi Atyäiik , ki vagy a! Mennyekbeii , Szenteltessek-niefi; a' te Neved; Jöjjön-f'l a' te Oiszagod; Legyeii - nieg a te Akaratod, mint a' Meu- iiy eb eil , iigy itte' Földön - is ;

787

A* mi mincleit-napl Kenyerünket add-meg

minekiuik ma; Es botsascl-meg minekünk a' mi Vetkeinket,

mikeppen mi is meg-botsatimk azok-

nak, a! kik mi etlenimk Vetkeztenek; Esne vigy niinket a' Kesertetbe; De szabadits-meg miiiket a' GonosztoL Mert tied az Orszäg, es a' Hatalom, es a'

Ditsöseg, mind Orökke. Amen.

Grammatische Anmerkungen.

Ml Atyänk (sprich Atjank) , unser Vater. /l(yfl! helfst Vater, und /nicnk, unser, ist eigent- lich der Genitiv von ;;// oder muik^ wir. Hier ist es gerade, als ob von mienk die eine Hälfte voran gesetzt, die andere aber dem Substantive "angehäno^t wäre: mi Atvn-nk. Allein man sa^t auch bicfs otyank^ so dafs am gewölnilichsteii blofs jene Endconsonanten der Pronominen an die Substantive angehängt sind. Sonst jiflec^t man dem. Pronomini possessivo auch noch gern den bestimmten Artikel der, vor einem Vocale az, und vor einem Co?isonanten a vorzusetzen, a' mi Atyonk ^ deraber hier weggelassen ist. Der Accent über dem a und e bezeichnet allemahi eine lange Sylbe.

Ki, welcher, das^^ronomen relativum, doch nur von Personen , wie melly von Sachen.

Vagy (sprich Vadj), du bist, die zwevte Person von vagyok (spr. vodjo/i), ich bin, und lemiy^ seyn. Mit dem Pronomen würde es hei- fsen : te vagy.

Ä 3iennyekl?e?2 (sprich Mennjekben), In dem Himmel. J' ist der bestimmte Artikel vor einem

Ddd 2

758

Consonanten. Menny, der Hlmtiiel, im Dative Meujiyck. Ben ist die angcliängte Praeposition in.

Szenteiles Sek -meg (spr. SsentelleschscJiek) ^ es werde geheiligt, ist der Impetativus Passivi von Szentelem, ich heilige, weihe ein. Die untrenn- bare Partikel meg, welche: durch, wider, be- deutet, aber im Deutschen oft nicht ausgedrückt wird, wird in den Imperativen allemahl dem. Verbo angehängt, in den übrigen Fällen aber vorgesetzt.

ÄteNeved, dein Nähme, mit dem Artikel. Das Possessivum //cV/, dein, ist hier wieder ge- tlieilt. Nev, Nähme, teNev-ed^ dein Naiime.

Jöggön-el, es komme, die dritte Person des Imperatives von Jovök, icli , komme. Jönni^ kommen. El ist eben so eine untrennbare Par- tikel, wie Jueg^ welche: von, bedeutet, und gleichfalls den Imperativen angehängt wird.

Ä te Orszagod, dein Pteicli; von Orszag, Reich, mit dem Possessivum und dem bestimm- ten Artikel.

Legyen- meg (spr. ledjen), es geschehe; der Imperativ des irregulären Verb i leszek, ich wer- de, mit angehängter Partikel nteg. Im Infinitivo lenny, werden.

Ä te Aharat-od ^ dein Wille.

Mint, gleichwie. Ä Mennvben. in dem Hirn.- mel; mit dem Artikel und der Postposition ben, m.

Ugi (spr. ididj) , so. Itt, hier. E Földönis^ auf der Erde. Föld^ das Deutsche Feld, Erdej Föld-ön, auf der Erde, mit der Postposition im; /^ ist die Conjunction: imd, auch, die am Ende angehängt wird.

Ä mi mindennapi Kenyeriinket , unser täglicli Brot. Kenycr heifst Brot; im Accusative a! Kenye^

ret , das Brot, mit eingeschobenem ünh ^ der der Hälfte von mienk^ unser, a' mi Kenyerünhet^ unser Bror. Mindennapi, täglich, von Nap, Tag, und minden, alle.

Add-meg^ gib; der Imperativ von «r/o>^, 'ich gebe, welcher auch adj lautet, und dem ange- führten meg. Minekünk^ uns, der Dativ von ml odermi/i/i^ wir. Afa, heute.

Es [spr. esch) , und. Botsdsd- meg, erlasse; der Imperativ von ßotsätom, ich lasse los, er- lasse.

Minehünk, uns. Ä mi Vetkeinket^ unsere Ver- gehen, Vetek^ Fehler, Vergehen; im Accusat. riur. Vethty so dafs vor die Accusativ- Endung die Hälfte des Pronom mienk eingesclioben ist.

Mikepen ^ gleichwie. Miis [spv. jjii-isc/i) , wir auch. Meglonaiu/ik, die erste Person des. Plu- rals im Praesenti, von meg-botsntom, ich erlasse.

Azolmak (spr. Asohiak), denjenigen, vom Pronom. demonst. az, Plur, azok, und davon der Dativ. A kik, welche, der Plural des Kelativi ki, mit dem Artikel.

Mi ellenünh,f wider uns;- von. eilen, wider, und mienk, uns. Vetheztenek, sie haben gefehlt, von velkezem , ich fehle , versündige mich.

Es, und. Ne, nicht, vor Imperativen, aufser dem nem. Vigy (spr. vidz)^ füiire, der Imperativ von viszem, führe. Minket , uTis, der Accusativ von mi, mink, wir. Ä Kescrtelbe, \\\ Versuchung; \on Kesertet {spv. Kcschertet)^ Ver- suchung, und der Postposition «J-e, in.

De, sondern. Szabqdits-meg (spv. Sabadiisch)^ der Imperativ von Szabadiiom, ich befieye. Minket, uns. A"* Gonoszlöl, von dem Bösen; ß' Gonosz , das Böse, mit der Postpo-iition /©/, von.

71)0

Mert ^ denn. Tiid, dein; dasVerbum: ist, wird häufig weggelassen. Az Orszag^ das Reich; es a Hatalom, und die Maclit; es a Ditsöscg, und die Herrlichkeit. M/nd, ganz. Orökke^ «^wig- lich, von örök^ ewig.

Dasselbe.

Aas Sam. Cyarmathi Affinitas Ungtiae Hungarkaej S. 98.

Vater unser, der da war fdii bist ) Himmeln in,

Atyaniienk, ki volt (vag}^) Egekbean,

Gekeiligt scy dein Nähme;

Szeiitelt legyen a' te Neved;

Komme dein Pieicli ;

Jöjjöiiel a' te Orszägod;

Scy dein Wille wie Erde auf

Legyeii meg a' te Akaratod, mint Földönii,

so liimaiel in ;

ügy Egbeiin;

Gib uns diesen Tag an imser tägliches

Aunäd iieküiik e' näponn a! mi miadeiinapi

Brot ;

Keiiyerünket;

TJ,nd gib uns unsrer Fehler Verzeihung

Es aJd nekäiik a mi Vetküiik botsanatjät,

Avie ^vir auch Verzeihung geben iinsern

mikeiit iniis botsänatot aiinaiik a mi

Beleidigern ;

Vetöinkuek ;

Und nicht führe uns Ver^nchung in;

Es ne vigy minket Kisiiietbe;

Sondern erlose uns Uebel vom.

De szabadits miiiket Goiiosztcrl.

79^

ir>>

Dean dein (}i$ Reif)! und Macht und Hiili

}tleit tied azOrszäg, esHatalom, esDitsösr-g

in r.wigkeit.

örökke. Amen.

Dasselbe.

JElfen daher j S. 154. O Vater uns, der du bist Himmel in,

0 Sünk iniiiekünk '^), ki te vagy Egben;

Geheiligt sey dein Nalime ;

Szenteltetve legyen a' te Neved;

A^'eiidü sich zu uns dein Reich;

Terjen nnhozzank a' te Orszagod;

Dein Wille sey so Himmel in, wi«

A' te Akaratod Jegyen iigy Egben, mint

auch Erde auf;

is a! Mezönfel;

Unser lagliches Erot gib'

A' mi mindennapi KenyerQnket annäd

uns heute;

n ek Link en n ap o n ;

Und gib Ulis Verzeihung unsrer Fehler

Es annäd nekünk botsänajat a mi Vetküuk-

vvie wir V<;rzeiiinng geben

nek, mikint mi botsanatot aunank

den sesen uns Felileiideu ;

ömiön Vetöinknek ;

Und nicht fiilire uns Versuchung in ;

Es ne viiiv minkct sem Kisirtefs-be;

*) .^u koiiiijit eigentlich in cler Bedeutung: le- vir, vor, rninekünk ist cler D;iliv im Plural. Das fol- gende mezu i>L eigentlich: Feld.

71)3

3>u hht erlöse uns TJebel voiit

Yagv szabadits niiiiket el a' Gonosztöl;

13enii zu dir gehörend ist da» P».eic}i, uiididio

M^rt hozzäd tartozoul van az Orszäg, e$ az

M.Tf lit > und der RuLm , ewigiicli.

Hataioin, es a' Ditsöseg, örökketig. Amen.

B> A t h a 71 i s c h.

Albanien .begreift das ehemahlige östliche illyrien und Epirus. Die Türken nennen die Einwohner Aniaut^ sie selbst nennen sicli Slüpa- tar oder Skiphar ^ ein Nähme unbekannter Be- deutung. Die Albanier, welche sich zur Grie- chischen Kirche bekennen, sind indessen nicht auf diese Gegenden eingeschränkt, sondern, durch alle benachbarte Provinzen, Romelien, Servien, Dalmatien und Bulgarien, bis an die Thore von Constantinopel zerstreut; und nicht blofs über ganz Epirus, sondern auch in allen jenen Gegenden ist ihre Sprache mit ihnen ver- breitet. Wenn man diese von dem Deute-cl^en, Slavischen , Römischen, Griechischen und Tür- kischen entkleidet, so bleibt ein beträchtlicher Grundstofi übrig, der, so viel ich weifs, mit keiner bekannten Sprache verwandt) ist. Das bewog Thwwmnn ^ sie für ächte Nachkommen der Illyrier, und diesen Grundstoff für Illyrisch zu halten, so ^vie die Walachen ihm Abkömm- linge der Dacier und Thracier waren. Unter den 13 bis 14 barbarischen Völkern, welche in diesen Gegenden ihr Wesen gehabt haben, ge- rade auf das erste und älteste zu fallen, scheint mir doch ein wenig Hang zum Wunderbaren zu Ysrrathen 5 und da wir die alte lUyrischeSprache

795

nicht kennen, so bleibt es ohnehin nur Muth- mafsung. Das letzte Volk, welches vor den Türken hier herrschte , und zwar mehrere Jahr-, hunderte herrschte, waren die Bulgaren, ein Tatarischer Stamm. Man könnte denken, dafs die heutigen Albanier ein vermischtes Überbleib- sel dieses Volkes wäi'en. Allein näher liegt noch die Vermuthung eines Zusammenhanges zwi- schen diesen Albaniern und den Albaniern im Osten des Schwarzen Meeres zwischen dem Kau-, kasus und derii Flusse Kyrus, deren Identität mit den Alanen in Europa im südlichen Rufsland und bey den Völkerwanderungen vom Kaukasus her viele Wahrscheinlichkeit hat, zumähl da auch jene Asiatischen schon vor und zuAmmians Zeit (s. bey ihm B. XXIII. c. 5.) Alanen hiefsen. Bemerkenswerth ist, dafs aufser andern Streifzü- gen der Alanen, von welchen ein Völkerstamm in Gebirgen sitzen geblieben seyn kann, noch 1308; Alanen aus Klein-Asien gekommen sind, die TJira- cien verwüsten, und in der ßulgarey einen si- chern Zufluchtsort finden, S, Krn. v. Engels Ge- §chichte des Ungarischen Reichs. Th.I. S.438. *) Nach Prof. Aller in seinen Miscellaneen ha- ben die Albanier aufser ihrer gemeinen Sprache auch eine veredelte Kircliensprache, wovon ich

*) Mao vergleiche übrigens Jo. Thunmann's Ge^ schichte der östlichen Völker, S. 259 l'. Franc. Maria da Lecce (al. Akiii^ Osservazioni grammaticali nella lin- gun Albanese, Kom, 1716, 4. Franc. lUanchi Dictio-^ nar. LatinO'Jipiroiicum, Rom, 1655, g. Ties Tlieod, Anast. KabballiotiW Aachischen und Albanischen Wort- registers ist schon bey der Walacbischen Sprache ge- dacht. Verschiedene Schriften erwähnt Prof. u4her in Miscellan. S. 1.58 f. Im Vocab. Petrop. haben dieWör» ter dieser Sprache No. 45'

79^

doch nichts weiter zvi s.igen weifs. Aber auch die gemeine Sprache hp.t ihre Mundarten, und wenn man des Kaba'lioti und Blanchi Wortregi- ster vergleicht, so findet sich eine merkliche Verschiedenheit, Die Epirotische Formel hatte hl Croze aus des Pet. Budi de Pietra Bianca Über- setzung von Bellannhis Doctrina Christiana, Koni, 1664, iür den C/iamberlayne abgesclirie- hen^ dieser aber nicht ganz richtia abdriic- kcn lassen. Ich konnte eine Absclirift benutzen, die der bekannte C. S. Jordan von dem la Croze bekommen hatte, und sie daher richtiger liefern.

Zu den Albaniern gehören auch die Clemen- //«er in Syrmien , als eine acht Albanische Colo- nie , welche 1737? als die Östreicher bis Uschiza vorgedrungen waren, mit diesen unter dem Metropolit Arsenias Joannowitsch wegging, und ungeachtet der gröfste Theil der Auswan- dernden von den Türken eingeholt und nieder- gehauen wurde, doch zum Theil dorthin ent- kam. In von Taube Beschreib uno; von Sclavo- nien, und in dem Ungar. Magazine, Th. 2, S. 77 f., wird von ihnen gehandelt. In ihrer Foimel fehlt die erste Hälfte der fi.i'nften Bitte,

Als die Türken die Küsten von Albanien er- oberten, flohen viele Albanier 1461 nach Nea- poüs und Sicilien, wo sie ihre eigene Kirchen- verfassuna erhielten. Deroleichen Auswande-

o o

rungen wurden 1532 und 1744 wiederholt. Mau sehe 7e /)Vf/ Magazin , Th. 1^ S, 577, Jo. Heinr. Bartels Briefe über Calabrien und Sicilien , Th. 1, S, 200 f., Th. 3, S, 493; SwinburnesTxdi\'G\is\n the two Sicile's, Lond. 1783» nin^ Giannone's •Geschichte von Neapel, deutsche Übersetz, mit Annicrk. von Lobenschiold und Ic Bret ^ Th. I, Vorrede. Sie wohnen in beyden Calabrien um

.795

Celso "und Reggio , \ind in Sicilien, in Me-b^ina und noch vier Dörfern in der Gegend, und ver- mischen sich nicht mit Italiänern. Hervas hat im Saggio pratlico , S. 187? zwey Formeln, n-elche er Sicilianisch- Griechisch und CalabriscJi - Griechisch nennt. Aber beyde sind Albanisch, obgleich die Sprache schon sehr verderbt ist. Griechisch können diese Leute nur wegen ihrer ursprüngli- chen Kirchenform heif-^en, obgleich die meisten sich jetzt zur Lateinischen Kirche gewandt ha- ben. Von den alten Grieclien , welche in dem imtern Italien herrschten, ist schon seit vielen Jahrhunderten keine Spur mehr vorhanden.

Grammatische Bemerkungen über das Albanische, nach Lecce,

1. Die Declinntion der Substantive unter- scheidet vier Casus; denn der Dativ ist immer dem Genitiv, der Vocativ dem Nominative gleich, der Gepitiv im Singular endigt in der 1. Declin. auf se^ aufserdem auf /, im Plural in der L und IL Decl. auf vet ^ in der JH. auf e/, der Accusativ im Sing, auf 72 oder /?e, im Flur, auf / oder /e, der Plural-Ablativ immer auf^c. Die erste Declin. besteht meistens aus Fömininen, die alle auf einen Vocal endigen, und es herrscht in ihr der A^ocal e oder a; die III. Decl. begreift Wörter, die auf ,v endigen, und in ihren Flexio- nen herrscht der Vocal 11; die II. Decl. enthält die Wörter, die auf andere Consonanten endi- gen, und ihre Flexionen haben den A'ocal /.

2. Als Artikel wird an den Nominativ der Substantive hinten angehän.at bev den Mascuk im Sing. /, im Piur. e, bey den Fömminen im

7'ß

Sing, a oder eja, im Plur. t, bey den Neutm im Sing, und Plur. /.

3. Die Declination der Adjective hat das Eigenthümliche, dafs sie aufser der ebenange- gebeneil das «Gefechlecht unterscheidenden En- duns: noch im Mascul. /, im Föm, e, im Neutr. /e im Nominative, in den übrigen Casibus aber te oder se vorgesetzt haben, z.B. in der ersten Formel sehecJu

4. Die Pronomina haben zum Theil einige Ähnlichkeit mit bekannten Sprachen, une ist ich, na, wir, davon der Accus. ;?<?, der Dativ neve, iin ist unser, tane nostri, tojia nostrae und no- straj üt^ jote oder tat ist dein.

5. Die Verba theilen sich in eine Menge von Conjugationen, die sich besonders durch ihre characteristischen Vocale unterscheiden. DasPraes. , Praeter., Infin. und Imperativ sind die characteristischen Formen. Sie lauten bey der I. Conj. ogn, ova, uem, o. II. egn, eva, Hern, e. III. Pracs. 2g?i^ ^W^y ^^^ 1 ^^ °^' ^^ ' Praeter, ß, cta od.ita; Iniin. ^^7?^ oder d/, ete; Imper. der blofse Endconsonant. IV. Praes. agn ^ ign, as ; Praet. aua^ aava , ava; Infin. aam; Imp. an.^ aae, ae. V. er, ora, crre, erc. y\, e/, ila, ek\ el. \l\. ign^ ina, ihn, ün. VIII. ce , una, uum^ ec. IX. iegn, ieva, ieni, iei. X. das Wort //«, ich esse, hangn^ jigrane, Iia; aber III, IV. X. mit mancherley Ab- weichungen.

6. Im Imperfect. wird ete hinten an's Prae- sens gehängt; ein zweytes Praeter, (propin. quum oder indefinitum) wird mit dem Praes. des Hülfsverbums haben; dasPlusquampcrf. mitdem Praeter, i^emoto desselben, das Futur, auch mit: ich habe, aber der Infinitiv, welcher dem Supi- num (woraus mit dem Verb. Subötant. auch das

797

Pasj.iv gebildet Ist) gleich lautet, hilft das Futu- rum bilden, und hat zu seinem Unterschiede gewöhnlich we wie im Deutschen: zu, vor sich. Ein Futurum conditionale wird gebildet, indem man /?(7'e, wenn, vorsetzt, und fscia an den Im- perativ hängt. Der Optativ und Conjunctiv ha- ben zu ihrem Hauptcharacter auch vorgesetzte Partikeln, jener scei, utinam , dieser c/i/, dafsi Übrigens bilden sie sich, so \vie auch Imperativ und Infinitiv, von mehreren Temporibiis, So ist auch ein Imperfetto imprecatorio aufgeführt, welches mit dem Futut. condit. zusammentrifft, aber ohne dafs /tde vorgesetzt wird, und von jom^ ich bin, je ^ du bist, in der 3ten Pers. kioft^ von arzLine^ ich komme, arscia^ gte Pers. arzt hat.

7. Jede der drey Personen hat im Singulare sowohl als im Plural e eigene Formen, aufber dafs im -Praes. die Pluralpersonen alle oft nur Eine Form haben. Diese Personalformen haben sehr wenig Ähnlichkeit mit denen der Europäischen Sprachen, aufser dafs die erste Pluralperson ge- wöhnlich jne endigt.

8. Aufber der angeführten Passivform gibt es noch eine andere Art, das Passiv zu bilden, welche einigermafsen dem Italiäni^chen Aus- druck desselben durch die Reflexiv -Pronomina, entspricht, Mnn hängt nämlich an die ange- lülirte Imperativ - Form Personen - Endungen^ Welche mit den gewöhnlichen Flexionen dersel- ben Ähnlichkeit haben, aber doch auch davon imterschieden sind, und also eine ^anz eis;ene. Conjugation bilden. Die 3te Pers. des Praes* liat hier die Endung ei ; und eben diese haben auch fast alle Verba Impersonalia, so wie diese sich auch mit der 3ten Person des V'erbi : haben, zusammensetzen. In den übrigen Formeu fol-

798

gen aber die Verba imperson, nicht dieser, son- dern einer der obigen Conjugationen.

Q. Die Endung vieler von Adjectiven gebil- deten i\(Iverbia ist isct ; mos ist: nicht.

10. Die Praepositionen haben zum Theil die Nominativ- Form bey sich, so bedeutet prei mit dem Nomin. verso , mit dem Ablativ: von, so regiert auch wZ»!?; in, zuweilen den Nominativ.

S p r a c h p r o b 71.

Unter den folgenden Formeln ist .über die drey letzten schon voriier gesprochen worden. Was die erste betrifft: so läfst sie sicli aus Zecce und Blandii bis auf wenige Wörter erklären. Die Erkläruno; mehrerer Formen derselben ist in

o

die vorhergehenden Anmerkungen eingefioch- ten worden. Aufserdem möchten etwa hier noch die Verba lane^ lassen, Praes. und Imperat. la^raam^ fallen; Praes. irregul. «/ze Zije, Praeter, remot. r^/e, und /-(jg, König, neigst der Endung abgeleiteter Substantive e//w, die der Lateini- schen: tüs ^ entspricht, zu bemerken seyn. Manche Formen treffen nicht ganz mit Lecce's grammatischen Regeln zusammen, z. B. kechy welches hier ohne alle Flexion steht, bey Blan- chi heifst es: c/iekh, und das Brot: buche ^ statt dafs der Accus, bukun von buk kömmt.

No. ^32. aber ist auf der letzten Messe zu Leipzig aus dem Munde einiger zu Zwickau wohnenden Albanischen Kaufieute anfgefafst worden, %velche die nach der ersten Formel, Blanchi und Lecce, aufgestellten Wörter und Fornjen nicht verstanden. Sie versichern, daf»

799

ihre Sprache viele Mundarten liabe, und nir- gends geschrieben werde, Ihre Aussprache zeichnet sich durch ein dem /;, ä, /, d^ k fast immer vorgesetztes dumpfes m und n aus, wovon intlefs auch die ervSte Formel in dem mbe Spu- ren hat.

33'- Albanisch.

Alis Hertas, S. 137. Vater unser, c!er Hu bist irh Himmel,

-A/tti Liün, clii jee mbe Kielt,

Geheiliget sey dein Knhme;

Sceitniien kioft yotte Emiiii;

Koinme Reich' dein;

Arzt Reggenia yotte;

Ccchefte VVjlle dein, wie im

Ubaft Vidnessa votte , sicunderse mbe

Himmel so ancli auf Erde;

Kieft, ästu ende mbe Zee;

Brbt unser tägliches gib uns heute;

Bukun taaii te-perdicinen epeiia nee sod;

Und ver^^ib uzis Sciiiilden unsere, wie wir

Enda ndeie nee Faiet tona , possi -

vergeben Scliuldnerif unsern ;

ndeieiim Faitoreuet tona;

Und nicht uns lafs fallen in Böses;

E mos na le me raam mbe Kech;

Sondern erlöse von allem Uösen.

Pona rui prei gizz se-Kech.

ßoo

m o o

Albanisch.

^iis der Gegend von Argyrocastro unweit Jonnina. Vater unser der du bist im Himmel ;

Mpampa ina ki je nter kiel;

Geheiligt sey Naliine dein;

Sjeiitaria emrite tat;

Komme Reicli dein;

Kibjen mpreteria jote; .

Geschehe Wille dein wie im Himmel

Umpifta ntasiuia jote sicuatar eiiter kiel

aiick auf Erde ;

ede nter sjes;

. Brot unser nothiges gib uns heute;

Mpukjana tona tipakena ana nebet sot;

Und vergib uns Schuld unsre wie

Ede ntechena nebet nkinaeta tona sicuntar

wir vergeben denen ^velche beleidigen tms ;

nebet nteclieima acta kina feieja na;

Und nicht führe uns in Versuchung;

Ede mos napjere nebet ntankiiiae;

Sondern erlöse uns von %vas Böse.

Vo spjetona nebet nka clia ntjal, amin»

333* Epirotisch.

Aus des Pet. Budi de Fietra Bianca übersetzten BeUdrmii\> O Vater unser, der du bist im Himmel,

O Attijüne, clii yee mbe Kiell,

Geheiliget w^erde Nahifle dein ;

Scietenuom kiofte Emenitetat;

Itommo

Arte

Koi-nme Reich ^ ääiu;

Arte pereiidia yote;

Geschehe Wille dein gleicIiWie im

Ubafte Yullendetia yote Sicundi'e iiibe

Himmel, so aucli auf Eule;

Riellt, asetu end mbe Zeet;

Brot unser tägliches gib heute;.

Biikeiie tane teperdiscimene epiiee sod:

Und vergib uns Schulden unsere, gleich-

E nandeye nee Detöteie tona, posicun-

wie auch wir vergeben Schuldnern

drese ende na ndeyeime Detoresite

unsern ;

tane;

Und' nicht uns lafs fallen in Versuchang:

E mosna le-me-raara maa Ndetekech;

Sondern entferne alles Böse.

Pona largo gizze Nnzekeclüj - seit.

334. Albanisch der Clementiner.

Aus dem Ungar. Magazin, Th. 2, S. 77., und Carl Alters Miscellaneen y S. 158 y.

At ün tsclii ie mb Tschielt, Schentenüii kiofte Enneni tat; Art Ptegenia jote; Ubafte Yolundeschia jote sicuur mbe

Tscliiel, . . . mbe Zee; Buken tank teper ditzimem eppna schode; e' enneana ndiei Fai-

toresi tan; E mos ne le meram mbo ato Ketsch; Prona largo Scliketye. Aszto kiofte.

Miihrid. IL ^ ^ ®

3S5-

Calabrisch - Albanisch.

Aus Hervas , S. ißg. Vater unser, der du bist im Himmel,

Tatta in, cue je nue Kielue,

Sey heilig Nähme dein;

Glot beccuar Embri iti;

Und dein Reich uns komme;

Büe tue Rignueme due parraisiie;

Sey getlian Wille dein, wie im Himmel,

Elot bueriie Sido ti, kue stu due Kielue,

so au eil auf Erde;

si due prue De;

Gib uns Brot unser alle Tage;

Yeniia Buccue nue ga Ditta;

Und vergib un,s wie wir vergeben Fein-

E duelten nue si ne duellennuemue Nue-

den nnsern ;

mickitue tonna;

Und lafs du nicht führen uns in

E bue tue niosue venimi nue dozue tue

Versuchung ;

Palicüdue ;

Und du lafs befreyen Übel. Und sey so.

E tue niosue eil emnii Kueki. E clot astu. Sicilianisch - Albanisch.

Aus Hervas f S. 187. Vater unser, der du bist im Himmeln,

Tata gliine, tsche jee ne Cliiex,

Geheiliget sey Nähme dein ;

Sketruare clost Embri gliit;

8ü5

Komme Reicli 5ein;

Jar Regln ia jote;

Gethan weide Wille dein, wie im Himmel, so

Bure olost Vulema jote, astu ne Chiext si

auf Erde;

ne Dee;

Brot imser gib uns Leute;

BucLie teile te-discmeii emna sot;

Und vergib Schulden unsere, wie ^vir vergeben

E iidiena Mcatete toiia, si na ndicgnemi

SL-Imldiiern iinserii;

Armikete teiie;

Und nicht führe in Versuchung;

Ute nioj bieme eii Pirasnio;

Sondern befreye vom Übel. So sey es.

Ma lirona caa gliiet elega. Astu clost.

R

e g 1 s t e r.

Ä.

^hänfen, 362.

AeoUsch, 418.

Albanisch. Name, 792. Hülfs- niittel, 793. Character der Sprache, 795. Sprachprq- ben , 799. Albanier in Sici- lien, 794.

Alemannisch j IQ4.

Alexandrinische Mundart, 425«

Amröm (Friesische Insel), 244«

Angelsachsen., ;^l6.

Antisch - Slawischer Sprach- stamm, 617.

Ariadier, 377.

Arrogonische Mundai't, 547»

Attisch, 421.

Augsbur^ischf 206.

Ausoner, 455.

B.

Saierisch , 20g.

Ban de la Roche , 58g.

Mashisch ^ ßascuence, ßasque). Geschichte des Volks, 9. Sprache, 11. Character der- selben, 3> Littcratnr, 21. Miindanen, 23. 8.prach-. probe, :j4'

Bearnischy 583 f 595«

BeriiamasAisch , 507.

Bergschotten , a. GaliscTi.

Jiiscaya, 22, s. Baskiscli.

Urlhynier , 34O.

Böhmen. Geschichte y 672.

Litteratur der Sprache, 674.

Sprachprobe , 67S. Bologn esis ch , 513, Bosnisch , 640. Hülfsmittel,

641. Bourguignon , 389. Bressan, 582. Bretagne, s. Kimbern,

c.

Cantahrer , 9.

Carelisch . 760.

Castilianisch , 552.

Catalonisch, 545, 553.

Chnrwälsch . 598-

Cilicier , Ai2-

Cirr,bcrn, s. Kinjbern.

Cimbern um Verona und Vi- cenza , oder Sette und tre- decicommuni, 213.

Clement iner in S)rniien (Al- banier), 794.

Cornisch^ Cornwales, 145, 152, 156.

Corsisch , f,^^.

Cmolisch, 252.

Cretenser, 378.

D.

Dacier, ^''^6. Dänisch^ 297.

Litteratur, 29^.

8o-

Dünisch . Sächsisch in Eng- land, 331.

Dalekarliseh ^ 3 14.

Dalmatisch, 643. Iliilfsiuit- tel, 644.

Dauphi/ie , 532.

DeuMc/jcr Sprachstaram, 176.

Domsch/eg , 60C.

JDorisch, 418-

Dorpatisch - Esthnische Mund- art, 767.

Dryofer, 373.

Engadin, Ober - Eitg, , 608. Unter -Eng., Gog.

Englisch. Geschichte, 31G. Mundarten , 320. Littera- tur, 325,

Epireren , alte, 361. Heuti- ges Epiroiisch , ^00.

Ersisch. Geschichte , 84» Hülfsrnitiel, 87' Sprach- probe, 190.

Esthen. Gesciiichte, 73G. Cha- racter der SpracJie , 741' Hülfsniittel, 766. Sprach- probe , 7G7.

Ecrusfier, /^J^J.

Eugubinische Tafeln/ 455.

Finnen. Geschichte, 755. Cha- racter der Spjache, 740. Hü'ifimittel, 736. Sprach- probe, 757.

Flandern, 252, 596.

Fiorentinische Sciiriftsjorache, 487. Litteratiir, 4gi,

Franchecomce , 589-

Französisch. Geschichte, 557. Litteratur, 567. Mundar- ten, 578.

Friau/isc/i, 51 1.

Friesisch , eaS- Bntavische Friesen, 23g. Kauchi?che Friesen , 239. Nordfrie- sen, 241'

Fi.riano , s. Frianlisclu

Ga/a(er, 412.

Galisch. Geschichte, 95. Hülfs- ■mittel, 09. Sprachprobe, loi.-

Gallega od. Gallicisch, "48. 535.

Gascopnisch, £,85 > 595«

Ge/drissh, 231.

Genuesisch, [,^.?.,

Gernzariiseher S\n-ach- una Völ- kerscamm, 1O7. Allgemei- ner Chnracter der Gtruiani- schen SpracJien, 170.

Germanisch - Slavisch , 9. Let- tischer Sprachstamm.

Gctcn, 356.

Gia,i;oh'rische Schrift, 637.

Gotlüsch. ig.^.

GotiJaiidisäli , 315. '

Graubündten ,' 604.

G/vcT/»'.':r/ze/- Sprachstanun. Ge- schichte, 37?). Ver\vandt- schaft mit dem Pela^gbcl-en und Alt-Tluacischcn, 394'" M'uxl.-.ricn, 415» Littera- tur, 430.

Cuipuscoa, 25.

H.

Tfannaken in Mahren , C76. Harz, •l^'i. Heinzcnberg ^ 60^. Hellenisch-Griechischer S-^r&c}i'.

stamm, 379. Henerer, 347, 431. Htnnebergisch , 230. UerrusAcrs. Eiviisker. Hindelopisch , 238- Bochdeufschy 2^2. ; Littera-

tnr, 2S6. Hochlündisc/i , s. Galiscli. Holländisch, 2i\. Litteratur,

247. HolstüiUf 261. Hyanten, 375.

/.

Jberier , 9.

Jbcricr in Italien, 4')2.

goß

lUyrier. Thraciscli - Illyii- scher Spvachstamm , .344'

Illyrier in ]r.alitn,.45n.

Jiiyrische Slaveu, 633.

Jristerburgi.ch-Lichauisch , 707.

Jncubrier , 455.

Jü'iiich, 420.

Jreländisch, Ersisch.

//•;.rc/; , J

Jitündiscliy^o^. Litteidtur, 306.

Italiens äheste Bewohiu;!-, 4f,o.

Jtaliäiiii-chf 436. Litteratur, 491. Mundarien 49Ü.

Jjiciisch- Deuisch y 224. •■

il".

JKärnthen^ 211, 656.

J{appadocier . 41 2.

Kurier, 349.

Jiassubisc/i . 663.

Kaukomii^ 376.

Kdctn. Geschichte, 31. Haupt- sitz derselben, 34. Scliiit- ten üb^er dieselben, 36. Vcr- zeichiiifs Keltischer \'\ ör- ter, 40. Töchter der Kelti- schen Sprache, 78.

J\e/jeni\\ Italien, 454-

Ji'e/t - Ibtrier , S

Kd.tisch . Germanischer Sprach- stamm , s. Kimbern.

Kimhcrn. Geschichte , 142. .In Wales und Cornwale^, 145. Sprache, 146. liiilt's- mittel, l4y Sprachpv -he, 152. In Nieder. Brct.ii:ne, 157. Sprache, löS- Hülfs- rnittel, iGo. Mundarten, 1G2. Sprachprobe, 163.

Xinuneritr , 331.

Kroatisch, 647. Hülfsmittel, .648. Sprachprobe, 651.

Kurecen, 372.

Kur i seh f 715«

L,

f.abcur^ 2$- '

Langne. d'oui nnd d'oc, •',59.

Lar^'tt:dokiii:'i , 58'^ > ')9+'

Lapithen , 374.

Lajipcn, 701. Sharacter ihrer Sprache, 740. Hülfsmittel, 7Ö2. Sprachprobe, 763.

Latciniscliar öpraclistarnni , 44S' Bilddno; der Lateini- scJicH Sprache, 4'"j8' Älte- ste Sprache , 4^0. Classi- sc!ie und rnstica, 463. Lit- teratur, 4''i3. Verfall der Lateinischen Sprache, 475. Tof.liter derselben , 477. Character dieser , 478.

Z.e/t/^-t/-, 371.

L.einiu(-r Le-bier, 379.

Lettischer :-prachsiamm, ögß. Character desselben, 720.

Lertiich in engerem Vetstan- de, 711. Hiilismittel, 712. Sptachpi-obe, 713.

'Z.ib iiriii'-r . 431.

/hieven , 7G8.

Limosinische Mundart, g/^.^, 586.

Lithauisch. Preufsisch - Li- thauisch, 70G. Sprnchprobe,

707. Polnisch -Lithauisch,

708. I^lilf^mittel, 709. Sprachprobe, 710.

Lombrrdisch. Unter - Lom.

bardisch, 515. Lothringen, 589» Lycaohier . 413. L\cicr^ 350. LyJier , 348. Lyßn^ 58£.

M.

Macctlcnier , 33g. Mai ländisch , ,303. Ma/!orJsiscli , 334. Alan (Insel), 103, 323. Masurisch , 668. Mittel. Deuts ch^y 270. Mund- arten, ■2'J'?.. ^lösitr y 3^(j. Moikwcriscli , 236. Alorlahen, (J42. Moundi, '.84. Mysier , 547.

so

N.-

Navarra. Unter- Navarra, 29. ^t'eapo/t'/anisc'i . 521. j\'eujc/ia.'e/isc/t , 597. Niupriechisch , %'2y. Litter.i-

fiir, 4j6. Cliaracter, 44^-

Sprarhprobe, 446. T^ieder - Dnutschy 225. Niederländisch . 2.J4- Niederrheinirch , 263. TJiedersäc/isisch , 253. Normandie, 5S7. ISorweL-isch , 302. Hülfsmit-

tel, 303.

o.

Ofierdeutsch , i8o.

0'o:rlialbstein\, 607.

Oe?wrrier , 455'

Oestreichisc/i, 210.

Oionef zisch, 760.

Orhadische Inseln, 302, 304.

Oi'^f . 45'», 439-

Ossian, i»4. Rekaiintmachiui^ der OssianiscJien Gesänge, lo';. Sprache der>clbeii, 123.

Ostfranken, 270, 2'^7,

Paduanisch f 510. Pamphylier ^ 412. ' Pannonier , 365. Paphlagcnier , ^47, 411. 7*0).? <ft,' Vaud, 590. Pelasgischzr Spraclistamm, 3Ö6, Pelasger sind Thracier, 369. Pelasger in Italien , 434. Perigord, 536. Perrhäbzer . 374. Phrxgier 34.3, 408, 409. Picardie, 5SS- Piemontesisch, 499. Piiidier , 413. /*/a/; . Deutsch. GescHclite,

233. Mundarten, 2G0. PoitoUf 586.

Polabisch , ggS- Spraclipro- be, 6go.

Polnisch^ fy*,.- Litteramr, 6Ö5. Sprrttliprobc, 670.

Portugiaisch, 549, 356. Lit- teramr, 550.

Preußisch. Alt - Preufsiscli, 700. Hülfsmiitel , 701. Sprachprobe, 703.

Provcngatiscke Sprache, 360,

Rc:gusa,644- Sprachprobe, C46.

Rcvalisch - Eathnisphe Mund- art, 767-

R!'.äri;ch, -93. '

Römischer Volksdialect , 319.

Römisch . Sian'isch, s. Walla- chisch.

Romanisch , 593.

Roiergnc,^S^\ 396.

Rus'.cn, G17. Gemein - I!us- siscJi, 624. Litteratiir der Piussischen Sprache , 626. jMuiiüdrteii, Gig.

Ruthenica dialcccus , 336, 596.

s.

Sahiner, 435.

Sac/iwn in Siebenburgen, 219.

S. Jean de Luy. , sg.

S. Jean du Leon, 1G3.

Sardinisch , 528-

Scandinacisc/icr Sprachstar.im, 29^.. Char.icter desselbtii, 295.

5t/, amai.'is ch . 703.

Sch.ambs . 603.

Schlesien, 216, 663.

Schottisch 323, i^S,

Schwaden, 204-

Schnedischf 303. Litteratur, 310.

Schweizerisch f 203.

Serben Ggo. Hüifsraiftel ih- rer Mundart, GS3. Probe, 633.

Servier, 6.3-;, 639, 647. Hiilfi-

mittel iJirer Mundart, 6-^o, Sici/ian/sch , 524. Siculer, 451.

80S

Siebenhürgisch - Walaclusch^

^ "37- .

S/aionicn, 64,3.

Slaweniscii - Ri4ssisc^e oder Slawenisrli . Servische Kir-' eilen spräche, (5rJo. Littera- tur, (ri-j.. Sprachprobe, 632.

Slawischer Sprach - und Völ- keisiainm, {jio. Character dieser Sprachen, 615,

Slowaken, 677.

Spanisch, 533. Litteratur, 541. Mundarten , 544.

Steiermark^ il\ , G56.

Susdatischy 629.

TyroUsch, 21 J. Tyrrhenier, 376, 455.

Ukraine, 62g.

Umbrier . 455.

Ungarisch, 769. Verwandt- schaft der ungarischen mit den Finnischen Sprachen, 771. Litteratur der Ungari- schen Sprache, 7S1. Charac- ter, 783. Sprachprube, 786.

T,

Taurier^ 353.

Telchiriert y 373.

Tcutscli , s. JJeutsch.

Thesprorier , 373.

Thracier , 339. Iin engsten

Verstände, 354- TJiracisck - Illyrischer Sprach- stanim in Klein - Asien , 344. in Europa, 350. Thüringisch 2S I . Thynie.r 346« Tolosanisch , 584' Toshanische Schriftsprache, 487. Litteratur, 491- Volki- dialect, 51Ö. Tncorienne , 166. Troier , 347. Troubadours , 56 !• Tschechen , s. Böhmen. Tschudischer Völkerstamm, 739. Character seiner Spra- chen, 74o.

r.

Valenciajtisch , 545 > 55A' Veneter y 364. Venetianischy 507.

w,

Waiden in Essex, 103. Waldenser in Piemout, 50I. Wa/ßj, 145, Walachen, ^2;^. Character der

Sprache, 730. HüJfsmittel,

729. Probe, 733. Wallonisch , 588 , 597. Wenden, 634. In der Lautier,

6so. Nördliche, 688- Winden in Krain, Kärnthen,

Steiermark, 656. Hülfsmit-

tel ilirer Mundart , 657.

Probe, 639.

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