nina NN 9088 01299 526 =» = Sn l Mitteilungen der Geoeraphischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums LÜBECK. Herausgegeben Redaktions-Ausschuss. Zweite Reihe. Heft 22. Lübeek 1908. In Kommission bei R. Friedländer & Sohn-Berlin. Mitteilungen Geographischen Gesellschaft Naturhistorischen Museums EUBHCK Herausgegeben Redaktions-Ausschuss. Zweite Reihe. Heft 22. Lübeck 1908. In Kommission bei R. Friedländer & Sohn -Berlin. Inhaltsverzeichnis. Hans Spethmann. Glaziale Stillstandslagen im Gebiet «der mittteren Weser. Mit einer Karte . Dr. Karutz. Die Lübecker Mpangwe-Expedition. (Vorläufige Mitteilung.) Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1907 Ih (laziale Stillstandslagen im Gebiet der mittleren Weser. Von Hans Spethmann in Berlin. Mit einer Karte. Der Begriff Endmoräne für Norddeutschland. In der Literatur über die Vergletscherung Norddeutschlands ist seit ungefähr einem Jahrzehnt oft der Begriff »Endmoräne« diskutiert worden, In diesem Zeitraum haben mancherlei Wandlungen in der Auffassung jenes Gebildes Platz gegriffen, ohne daß es bis jetzt zu einer endgültigen Klärung der Randerscheinung des nordischen Inlandeises gekommen wäre. Hierzu wird man auch wohl nicht früher gelangen, ehe nicht neue Forschungsresultate und Gesichtspunkte aus anderen Gegenden gewonnen sind, aus Gebieten, die rezent die Zustände verkörpern, die zur Diluvial- zeit im norddeutschen Tieflande herrschten. Denn Norddeutschland läßt sieh nicht aus Norddeutschland erklären, wie die Geschichte der Erforschung dieses Landes beredt bekundet. Allein, es leidet die Entzifferung unter der großen Schwierigkeit, daß die Gegenwart für unser diluviales Inlandeis kein gleichwertiges Analogon als Studienobjekt bietet. Das so oft als Seitenstück angeführte Eis Grönlands entwickelt sich gerade an den maßgebenden Randpartien fast durchgängig unter ganz anderen Bedingungen als wie wir sie uns in Norddeutschland zu denken haben. Die Konfiguration der Insel führt weithin zu einer marginalen Talvergletscherung, die eher der alpinen Eiszeit als der Norddeutschlands entspricht. In dem letzten bot das Gelände mit seinen weichen und reifen Formen des Pliozäns dem Eis auch am Rande Raum zur freien Entfaltung seiner Masse bei den verschiedenen Phasen des Vorrückens und Weichens, wovon nur die Zone maximaler Ausbreitung auszunehmen ist. Fast immer gestaltete das Eis gemäß seiner eigenen Plastizität sich selbst den Rand, nicht wurde ihm vom Bodenrelief Form und Begrenzung aufgeprägt. Es sind das Existenzfaktoren, wie sie am ähnlichsten heutzutage, wenn man von der Antarktis absieht, der Vatnajökull auf Island bietet. An seinem Nordrand sah ich ganz schwach gekrümmte Gletscherloben sowohl in der Horizontalen wie in der Vertikalen, Kurven, die man überhaupt erst aus größerer Entfernung scharf wahrnahm. Ein eingehendes topogra- phisches wie morphologisches Studium vom Nordrand dieser inlandeis- artigen Vergletscherung wird sicherlich auf manches der vielen Rätsel Licht werfen, die Norddeutschland noch immer in prinzipiellen Problemen besitzt, und wird dazu beitragen, Fragen wie die hier behandelte End- moränenfrage einer definitiven Entscheidung näher zu bringen oder gar für immer zu beantworten. !) In Norddeutschland waren für Endmoränen zuerst eine bestimmte äußere Form und eine bestimmte innere Struktur maßgebend; es galten Blockpackungen in einem wall- und zugartigen Auftreten als ausschlaggebendes Kennzeichen. Bei weiteren Untersuchungen änderte sich indessen die Definition insofern, daß man immer mehr Gewicht auf den inneren Aufbau denn auf die äußere Erscheinung leste In den folgenden Ausführungen ist hingegen gemäß der ursprünglichen Deutung der Begriff Endmoräne morphologisch gefaßt in Gestalt von Rücken, Wällen und Kuppen, die sich mehr .oder minder in Bogen- oder Zugsystemen anordnen. Erst in zweiter Linie kam der Inhalt der Erhebungen in Betracht, und zwar als Kennzeichen auch nur insofern, als daß es sich um erra- tisches Material handeln muß. Es bietet diese Beschränkung den einen großen Vorteil, daß dadurch unter Endmoränen morphologisch gleichwertige Gebilde verstanden werden. Die folgenden Darlegungen basieren auf Beobachtungen, die in den Frühjahren und Herbsten 1906 und 1907 von mir angestellt wurden. Bei ihnen konnte ieh mich mancherlei Anregungen und Unterstützungen von seiten des Herrn Gymnasialdirektor A. Rohrmann in Hannover erfreuen, für die auch an dieser Stelle herzlichst gedankt sei. Das untersuchte Gelände umfaßt das Areal zwischen Hameln, Vlotho, Nienburg a. d Weser und Mellendorf nördlich von Hannover. Nur hin und wieder wurde diese Fläche überschritten, anderseits konnten auch gewisse Partien, wie aus der Darstellung erhellt, nicht mehr in das Studium einbezogen werden; ebenso ist auf das Lößphänomen nicht eingegangen. Die Portazunge. Der südlichsten Stillstandslage unseres Gebietes begegnen wir in enger Verknüpfung mit dem Wesergebirge. Wer die Westfälische Pforte von Norden her durchwandert hat, erblickt zu seiner Rechten nach Westen zu ein weites flaches Tal, während sich zur Linken zwar auch eine Talflucht hinzieht, auf ihrem Boden sich aber ein unruhiges und ') Eine detailliertere Würdigung dieser Probleme habe ich in dem Aufsatz zu geben versucht: Der Nordrand des isländischen Inlandeises Vatnajökull, Zeitschrift f. Gletscherkunde, Bd. 3, Heft 1, S. 36. Berlin 1908. 5 hügeliges Terrain breit macht. Bereits F. Römer‘) sah in ihm — im Sinne seiner Zeit — diluviale Ablagerungen, welche Angabe E. Koken?) 1901 mit der Eiszeit in Zusammenhang brachte; zugleich wies der letzte auch noch auf die Existenz eines Stausees östlich des Hügellandes hin. Unabhängig hiervon gelangte 1904 R. Struck?) zu den gleichen Resul- taten wie Koken, denen sich 1906 R. Bielefeld) anschloß. Es handelt sich in der Tat um eine Endmoränenlandschaft. Ich habe ihre Grenzen im Frühjahr 1907 festgelegt. Der äußerste Wall setzt sich am östlichen Ende vom Dorfe Hainholz an das Wesergebirge an und läuft zunächst ungefähr südlich bis nahe zur Landstraße Vlotho- Hameln. Dort biegt er in die west-östliche Richtung um und zieht sich am Fuße des Buhnberges bis zur Ortschaft Holtrup fort. Von hier aus begrenzt eine gerade, nordöstlich orientierte Linie die Moränenlandschaft gegen Westen. Das umschlossene Gelände läßt sich nicht in einzelne Wälle auf- lösen, sondern das Terrain ist bald flach und eben, bald aber auch kuppen- und schluchtenreich. Das Gesamtareal, das die Landschaft bedeckt, stellt den Inhalt einer ovalen Bogenlinie dar, die noch eine feinere Detailgliederung in Zungen zweiter Ordnung aufweist, Einker- bungen, in die rinnenartige Depressionen senkrecht zur Peripherie des Eisrandes laufen. Ebenso macht sich, wenn man großzügig betrachtet und von Einzelheiten absieht, eine gewisse radiale Rückenanordnung bemerkbar, die von der Porta aus ausstrahlt und vertikal zum Rand der Zunge steht. Im gleichen Sinne, in Radialfurchen, eilen die Gerinne, so daß eine zentritugale Entwässerung herrscht. Nur bei der Westbegrenzung fehlt der bogenförmige Umriß, aber auch dort wird sich die Moränenlandschaft erstreckt haben, die, wie schon F. Römer bemerkt, der alluvialen Erosion der Weser zum Opfer gefallen ist. Gerade das lockere diluviale Material unterliegt sehr leicht den Angriffen mäandrierender Flüsse, während das festere jurassische Gestein der Weserkette kräftigeren Widerstand bietet. Daher zwischen dem Wiehen- und Wesergebirge die enge Durchbruchspforte, im Norden und Süden hingegen breite Talauen. Das Material der Endmoräne, das nordischer und heimischer Her- kunft ist, besteht nur hin und wieder aus Geschieben, vielmehr vor- !) F. Römer, Die jurassische Weserkette. Zeitschr. deutsch. geol. Ges. Jg. 1857, S. 293. Berlin 1857. ) E. Koken, Beiträge zur Kenntnis des schwäbischen Diluviums. Neues Jahr buch f. Min., Geol. u. Pal. 14. Beilageband. Stuttgart 1901. S. 123. °) R. Struck, Der baltische Höhenrücken in Holstein. Mitt. d.Geogr. Ges. u. d. Naturh. Museums in Lübeck. 2. Reihe. Heft 19. S. 89. Lübeck 1904. *) R. Bielefeld, Die Geest Ostfrieslands. Forschungen zur deutsch. Landeskunde. Bd. 16. Heft 4. Leipzig 1906. [e7) wiegend aus gewaschenem Geröll; der petrographischen Zusammensetzung nach stellt sie sohin eine Schottermoräne dar. Wie aus den im vorstehenden niedergelegten Beobachtungen erhellen dürfte, haben wir in der Moränenlandschaft die Reste einer Gletscher- zunge vor uns, der wir den Namen »Portazunge« beilegen. Zu einer gewissen Stillstandsphase hat das Eis die Weserkette nicht mehr zu überschreiten vermocht, sondern war nur noch imstande, durch den Einschnitt der Weserscharte Eingang in die Niederungen südlich des Gebirgszuges bis nach Holtrup hin zu gewinnen. Es zwängte sich durch die Porta, um sich alsdann gemäß seiner Plastizität in einem Eisfächer auszubreiten, der von den Höhen südlich der Talflucht einen stauenden Einfluß erhielt, wie aus der beigegebenen Karte zu ersehen ist. Gegen- wärtig werden von seinen Ablagerungen noch ungefähr 34 qkm bedeckt, ergänzt man die durch Erosion nachträglich zerstörten Teile, etwa bis zum Dorfe Dehme, so bedeckte die Portazunge 45 qkm. Koken ist freilich der Ansicht, daß die Zunge noch bis Herford drang. Ich kann Kokens Angabe nur bestätigen, daß sich dort End- moränen vorfinden; auch bei Löhne und Oeynhausen treten solche auf, wie ich konstatieren konnte, doch dürften sie einer anderen, älteren Still- standsphase des Eises angehören, da sich kein direkter Zusammenhang mit den Ablagerungen unmittelbar südlich der Porta nachweisen läßt. Die Zungen von Kleinenbremen und Steinbergen. Östlich der Portazunge wiederholt sich die Erscheinung des Durch- brechens des Eises durch das Wesergebirge und einer fächerförmigen Ausbreitung nach Art einer Vorlandvergletscherung; zunächst bei der Einsattelung zwischen Kleinenbremen und Fülme. Auch dort macht sich halbbogenförmig eine Moränenlandschaft an der Südöffnung des Passes mit radial ausstrahlenden Rinnen breit, im Osten sich bis Toden- mann ausdehnend, im Westen bis gegen Ahmserort. Südlich hat sich diese Eiszunge nicht ganz bis nach Eisbergen erstreckt. Das von ihr bedeckte Areal mißt 7 qkm. Wie aus der Begrenzung durch die Moränenwälle hervorgeht, hat seitlich nicht ein Kontakt mit der Portazunge bestanden. Wohl aber geht das Fluvioglazial ineinander über. Die Schmelzwasser der einander genäherten Partien der beiden Loben flossen in der Mitte des eisfreien Raumes ab und schufen so die markante Rinne, die jetzt vom Troisbache benutzt wird. Die Hinterlassenschaft der Zunge besteht vorwaltend aus nordischen Sanden und Schottern, die oft horizontal und parallel struiert sind, mit- unter aber auch südwärts schuttkegelartig einfallen. Größtenteils sind sie von 2—3 m Blockpackung oder von Geschiebemergel überlagert, doch ist die Art des Aufbaues, wie die Arbeit in den Aufschlüssen zeigt, meistens einem raschen Wechsel unterworfen. Im Quertale selbst ist die sich durchdrängende Eismasse nicht unwesentlich für die letzte Gestaltung des Passes gewesen, indem sie ihm die charakteristische U-form verlieh und an seinen Flanken lang- gezogene Moränenwälle, die sich an das Anstehende anschmiegen, absetzte. Freilich ist in der Tiefe das Tal infolge postglazialer Erosion etwas zu- gespitzt worden. Eine dritte Zunge zwang sich durch die beiden einander eng benachbarten Quertäler von Steinbergen durch das Wesergebirge, vor dem sie sich mit einem Areal von etwa 4 qkm ausbreitete, so daß sich auch hier südlich vor die Paßmündung eine wallartige Landschaft, die am Rande von kleinen, meist toten Tälern zerfurcht wird, in das sonst so ebene Wesertal schiebt. Gesteine nordischer Herkunft geben im Verein mit heimischem Material in Gestalt von Tonen und Granden auch hier die“ Randlage des Eises kund. In einem Aufschluß nahe der Kirche von Steinbergen beobachtete ich z. B. von unten nach oben: 3 m Kies ınit Deltastruktur, 2 m steinfreier Lehm, darüber 2 dm Kies, die ganze Kuppe bedeckend. Andere Kuppen waren nur aus Sand mit tonigen Beimengungen geformt. Im Süden reichte der Lobus nicht bis an die heutige Eisenbahnlinie, seitlich trat er nicht in Fühlung mit der Zunge von Eisbergen, sondern erstreckte sich lediglich bis unterhalb der Luhdener Klippen, während er im Osten bei Westendorf seine Begrenzung fand. Die Quertäler der Weserkette. Mustern wir die drei Eiszungen, so ist, wie schon hervorgehoben, ihre Position jedesmal an Querpässe in der Weserkette geknüpft. Zu- gleich besteht auch eine Beziehung zwischen der Größe der einzelnen Eisfächer und der Tiefe der Pässe. 45 qkm Eis lagerten sich südlich der — heute — ca. 45 m über dem Meeresspiegel gelegenen Porta West- falica. Vor der 149 m hohen Einsattelung von Kleinenbremen machten sich nur 7 qkm breit. Nicht ganz harmonieren mit dieser Abstufung die Quertäler von Steinbergen, denn, obwohl in einer Höhe von nur 120 m befindlich, ließen sie doch nur 4-qkm Eis vor sich ausdehnen. Aber hier wird wohl noch ein zweiter Faktor in Ansatz zu bringen sein. Frei und offen liegen nach Norden die Weserscharte wie der Paß von Kleinenbremen, hingegen schieben sich vor die Steinbergener Einkerbungen die zwischen 200 bis fast 400 m hohen Bückeberge, die dem Zutritt des Eises hindernd im Wege standen. Aus der innigen Correlation zwischen Pässen und Eiszungen geht hervor, daß schon vor der Stillstandsphase an diesen Stellen relative Vertiefungen, Lücken in Gestalt von Einsattelungen oder Pässen in dem sonst so geschlossenen Gebirgszuge gerade so wie heute bestanden haben müssen, die dem Eis einen besonders leichten Durchtritt gewährten. Lepsius') führt die Quertäler lediglich auf die Erosion der Gletscherbäche zurück, wohingegen R. Struck schon darauf aufmerksam macht, daß auch in der Eiserosion ein Faktor in der Schaffung der betreffenden Einschnitte zu suchen sein dürfte. Aber jedenfalls kommt beiden Agen- tien nur eine sekundäre Gestaltung zu; die primäre Anlage muß älter sein, worauf neben Struck schon Penck°), Lepsius und Koken hin- wiesen. Die Einsattelungen werden Reste eines vorquartären Reliefs darstellen, dem das Eis sich auf das engste anschmiegte, wie die ver- schiedenen Zungen dartun. Für letztere vermag ich nicht den scharfen stratigraphischen Beweis zu erbringen, «daß ihre Ausbreitung gleichzeitig geschah. Ps erscheint aber als sehr wahrscheinlich wegen der nahen Wechselbeziehungen, die zwischen der Tiefe der Querpässe und dem Areale der Eisfächer südlich derselben existieren. Diese Unsicherheit übt aber keinerlei Einfluß auf die nunmehr folgende Darlegung der spätglazialen Geschichte des Weserflusses aus. Der Rintelner Stausee und sein Abfluß. Der Weser war es bei der Ausbreitung der Portazunge unmöglich gemacht, sich in dem weiten, scharf ausgeprägten Tal, das sie von Hameln stromabwärts einnimmt, zu bewegen, da die Portazunge die ganze Talbreite ausfüllte und riegelartig absperrte. Die Konsequenz der 'Tal- verbauung war, daß das Flußwasser zunächst seeartig aufgestaut wurde, und zwar bis zu einer Höhe, in der anderweitig der tiefste Abfluß des Wassers von statten gehen konnte. Diesen Abfluß gewann der Stausee, dem wir nach der heutigen größeren Ortschaft auf dem alten Seeboden den Namen Rintelner Stausee beilegen wollen, durch den Weser- durehbruch bei Vlotho, wie das Durchbruchstal bezeichnet sei, das von Erder über Vlotho nach Vössen-Holtrup läuft. Daß dieses Tal genetisch mit der Portazunge zusammenhängt, ist erstens daraus zu folgern, daß es räumlich aufs innigste mit der Portazunge verknüpft ist. Es setzt dort ein, wo der Moränenbogen an die Südseite der großen Talflucht stößt. Zweitens weist seine morphologische Ausprägung auch zeitlich darauf hin, daß es erst zur Existenz des Stausees, in der Abschmelzperiode, geschaffen worden ist. Wäre es älter, so würden sich infolge größerer ') R. Lepsius, Geologie von Deutschland. II. Teil. ?) A. Penck, Das deutsche Reich. Länderkunde von Europa, Bd. 2, Teil 1. Leipzig 1887 9 Eisausdehnung unzweifelhaft andere Formen als lediglich die eines scharf eingeschnittenen V-tales entwickelt haben. Anderseits muß es aber für die Postglazialzeit von hohem Alter sein, wie das Ausmaß der Erosionstiefe, 50 m, bezeugt. Es ist somit seine Entstehung auch von diesem Gesichts- punkt aus kurz nach der Zeit anzusetzen, in der das Eis das Gelände noch nicht lange verlassen hatte. Die Höhe der Abflußschwelle läßt sich infolge Einsetzens späterer Flußerosion nicht mehr direkt dem Gelände entnehmen. Doch können wir auf anderem Wege, einer Art Annäherungsverfahren, die Höhe vom Wasserspiegel des Stausees festlegen, indem wir die übrigen Abfluß- möglichkeiten in den Kreis unserer Betrachtung rücken. Die Weser fließt heute bei Berührung der alten Portazunge ca. 50 m ü. M. Im Norden erstreckt sich als ziemlich geschlossener Kamm die Weserkette, deren tiefste Einsattelung zwischen Hirschkuppe und Messingsberg bei Steinbergen den Meeresspiegel um 120 m übersteigt, die zur Existenz des Stausees aber, wie schon ausgeführt, wahrscheinlich von einer Gletscherzunge mit einer unbekannten Mächtigkeit durchmessen wurde, so daß ihre Höhe 120 + ?m ausmachte. Weiter im Osten liegen im Zersen und Süntel die tiefsten Einkerbungen der Höhenzüge beträcht- lich höher, und erst in der Deisterpforte begegnet uns mit 127 m ein ähnlich niedriger Paß, der aber auch von Inlandeis bedeckt wurde und sohin als Abflußmöglichkeit für das Stauseewasser ausscheidet. Im Süden breitet sich «as unruhige Gelände des Lippischen Hügel- landes, in dem kein Einschnitt unter den soeben genannten Höhen anzutreffen ist. Betrachten wir schließlich die Hausbergener Moränen- landschaft, so liegt ihr niedrigster Überflußpunkt ca. 70 m hoch. Eine wie mächtige Eisdecke während der Existenz des Stausees über ihm lag, ist naturgemäß auch bei ihr nicht bekannt; jedenfalls erreichte sie eine solche Höhe, daß das angesammelte Wasser keinen Abfluß über ihn gewinnen konnte, denn sonst wäre in irgend einem Taltorso sicherlich noch ein Zeugnis dieses Vorganges erhalten geblieben. Sohin bekommen wir das Ergebnis, daß zwischen 120 + ? m und 50 m ü. N. N. die Überlaufschwelle in dem Durchbruchstal von Vlotho gelegen haben muß. Betrachtet man die Konfiguration des letzteren, so mündet in dasselbe von links her zwischen Erder und Vlotho die Kalle. Vor dem Weserdurchbruch wird sie über Vlotho selbstständig ihren Weg in einem eigenen Tale genommen haben. Daher war zwischen Borlefzen, dem heutigen Mündungspunkt der Kalle, und Holtrup bereits eine rinnen- artige Depression vorhanden. Die Überflußschwelle des Stausees befand sich also weiter östlich zwischen Borlefzen und Erder. Die randlichen Höhen dieses Talstückes liegen an der niedrigsten Stelle, etwa an den Westabhängen des Kalldorfer Holzes, 90-125 m hoch, so daß ein Riegel in dieser Höhenlage von der aufgestauten Weser zu durchschneiden 10 war. Auch das Niveau des Stauseespiegels ist zwischen den beiden Zahlen anzusetzen. Eine Bestätigung dieser Schlußfolgerung und zugleich auch eine noch präzisere Fixierung der Höhe der Wasseroberfläche liefern die Terrassen, die sich in der Uferzone des Stauseegebietes vorfinden. Bei Varenhorst, östlich des Vlothoer Durchbruches, sind die Gehänge in ca. 100 m breit und scharf terrassiert. In ungefähr gleichem Niveau, zwischen 100 und 105 m, erstrecken sich zwischen Friedrichshagen und Helpensen am Südufer des alten Sees Strandlinien. Auch die Terrassen bei Afferde unweit Hameln zwischen 90 und 100 m dürften Produkte des Stausees sein. An seinem Nordufer liegen bei der Niederlassung Hessisch-Oldendorf um 105 m gleichfalls Terrassenreste, ebenso sind weiter im N\. Über- bleibsel ehemaliger Uferlinien zu treffen. Aus den vorstehenden Höhen- angaben dürfte hervorgehen, daß in der Tat in ca. 100 m ü. M. der Wasserspiegel des Rintelner Stausees anzusetzen ist, Damit gewinnen wir eine relative Zeitangabe über die Dauer des Stausees. Beim Schwinden des Eises im Gebiet der Portazunge mußte die Schwelle im Vlothoer Durehbruchstale (100 m) unter den tiefsten Überflußpunkt der Moränenlandschaft (70 ın) erniedrigt worden sein, d. h. die Weser mußte bereits eine Arbeit von 30 Erosionsmetern geleistet haben, ehe die Portazunge abgeschmolzen war. Denn sonst wäre das Wasser der alten Talflucht, die unmittelbar südlich des Weser- gebirges läuft, gefolgt. Es muß die Stillstandsphase also von einer gewissen längeren Dauer gewesen sein. Anderseits ist aus der Höhe der Über- tlußschwelle zu folgern, daß die Eismächtigkeit der Portazunge mindestens 35 m gemessen haben muß; denn sonst wäre ein Aufstau und Abfließen des Wassers durch das Vlothoer Durchbruchstal nicht möglich gewesen. In dem See wird eine, wenn vielleicht auch nur schwache Strömung existiert haben, die das nordische Material verschleppte und flächenhaft ausbreitete. Das Eis stieß ja direkt an den See, und es ist anzunehmen, daß kleine Eisschollen auf dem Wasser schwammen und Gesteinsschutt verdrifteten. Die Verhältnisse erinnern unter anderm lebhaft an den Hvitärvatn auf Island, einem rezenten Stausee, auf dem Blöcke des kalbenden Inlandeises herumtreiben. Der Spiegel ddes Sees scheint sich ruckweise gesenkt zu haben, in- dem in der Schwelle Zeiten der Erosion und solche des Stillstandes einander abwechselten, die teils auf der Wasserführung, teils aber auch in Gesteins- härteunterschieden beruht haben mögen. Auf das ungleichmäßige Sinken des Wassers weisen niedrigere Terrassen im Stauseeareal hin, so in ca. 90 m Höhe bei Westendorf, welche Strandlinie, transversal etwas fallend, sich bis zur Landstraße ausbreitet. Eine Detailuntersuchung würde zweifellos wesentliche Beiträge zu den einzelnen Stauseephasen liefern. tal Naturgemäß vermochte der Abfluß des Stausees seinen Weg nicht durch die Weserscharte zu nehmen, da die Portazunge diesen Weg ver- baute. Daher floß die Weser zu jener Zeit durch das Tal der Werre und Else zur Hase Schon Fr. Hoffmann!) vermutete in dieser Tal- flucht einen alten Wasserlauf, was aber erst durch Koken und Struck schärfer begründet und als Folge der Eisausbreitung abgeleitet wurde. Die Paßhöhe zwischen dem Stromgebiet der Ems und Weser mißt gesen- wärtig nur 77 m ü. N. N. so daß also von der Überflußschwelle des Rintelner Stausees (100 m) abwärts ein genügendes Gefälle zum Ems- gebiet vorhanden war. Als die Portazunge dann abgeschmolzen war, muß die Tiefenlage der Weserscharte dem Fluß ein größeres, günstigeres Gefälle geboten haben als ins Emsgebiet, so daß er den neuen Weg durch die Porta einschlug. Zugleich muß in jener Zeit die Werre rück- läufig geworden sein; ein Relikt ihres früheren Laufes ist die Lage ihres heutigen Mündungspunktes bei dem Kirchdorf Rehme. Die Endmoränen bei Hameln. Außer an den genannten drei Zungen stellen sich im Wesertal erst weiter östlich bei Hessisch-Oldendorf wieder Endmoränen ein. In dem dazwischen liegenden Paß von Rosental (230 m) ist das Inlandeis nicht durch das Gebirge gedrungen. Dann verlassen die Spuren der Eisrand- lage das Wesertal. Die Höhen zwischen Fischbeck und der Stadt Hameln sind zwar von nordischem Material recht dicht bedeckt; es kommt aber nicht zur Ausbildung von Endmoränenwällen. Vielleicht sind solche der späteren Seitenerosion der Weser zum Opfer gefallen, vielleicht ist es aber auf dieser Strecke überhaupt nicht zu einem markanten Stillstandsstadium des Eises gekommen, da der relativ hohe Süntel in der Fortsetzung der Weserkette zur Zeit der Phase der Portazunge dem Eis nicht mehr ein so weites südliches Vordringen gestattete. Dagegen war solches in der breiten talartigen Depression angängig, die sich von Hameln nordöstlich zur Deisterpforte hinzieht. Ist sohin schon theoretisch analog den Verhältnissen an den beschriebenen Zungen zu erwarten, daß in der Nähe von Hameln Endmoränen anzutreffen sind, so wird diese Vermutung durch die Beobachtung im Felde vollkommen bestätigt. Bereits Struck (l. ce.) gibt von Afferde nordöstlich von Hameln Endmoränen an. Die Dütberge nördlich dieses Ortes repräsentieren in großer Mächtigkeit nordisches Material in der typischen Form eines kuppenreichen Rückens. Jenseits der Hamel verkörpert der Morgen- stern weitere Endmoränen gleicher Art. Mutmaßlich werden sich bei fortgeführten Forschungen derartige Spuren noch mehren. ') Fr. Hoffmann, Übersicht der geogr. und geognost. Verhältnisse im nordwest- lichen Deutschland. S. 203. Leipzig 1830. 12 Die Weserläufe. Vergegenwärtigt man sich die Verhältnisse zur damaligen Zeit, so drängt sich die Frage auf, wohin das Weserwasser abfloß; es ist anzu- nehmen, daß das Eis dem Wasser genügend Raum ließ, bei Hameln den Weg in die breite Talniederung nach Rinteln einzuschlagen. Bei einer noch größeren, älteren Ausdehnungsphase des Eises wird freilich solches nicht möglich gewesen sein, und das Problem: Wo blieb das Wasser? ist alsdann im Prinzip das gleiche bei allen jenen Flußtälern, deren Unterlauf bei der maximalen Eisausdehnung von Gletschern bedeckt war, wie bei der Elbe und ihren Nebenflüssen im Mittellauf, wie bei der Leine, Weser usw. Überall mußte, falls nicht ein seitliches Ausweichen des Wassers im Bereich der Möglichkeit lag, ein Aufstau eintreten und damit teilweise eine Rückläufigkeit der Gerinne Dieser Meinung gab bereits Penck!) 1879 Ausdruck; neuerdings hat R. Struck die Ansicht wieder aufgenommen und weiter ausgebaut. Und in der Tat hat für ein beschränktes, detailliert aufgenommenes Gebiet die Annahme innerhalb gewisser Grenzen ihre Bestätigung erfahren, nämlich für die Umgebung von Gandersheim ?). Ich vermag das Problem für die Weser nicht zu lösen, da die entscheidenden Punkte bereits weit außerhalb meines Arbeitsgebietes liegen. Fassen wir kurz die Geschichte des Wesertales zwischen Hameln und der Weserscharte zusammen, so ergibt sich folgendes. Die Porta- zunge verbaute die Talflucht südlich des Weserkammes und staute den Strom zu einem See auf, der seinen Abfluß in den Unterlauf der Kalle und weiterhin durch das Werre- Elsetal ins Stromgebiet der Ems nahm. Als die Portazunge abseschmolzen war, war die Überlaufschwelle des Sees bereits zu einem permanenten Flußstück geworden, so daß die Weser das Vlothoer Durchbruchstal nicht mehr verließ, an seinem Westende aber den Weg zur Porta einschlug. Das Herausdrängen der Weser aus ihrem breiten Tal bei Erder weist darauf hin, daß die Portazunge das Ergebnis einer Vorstoßphase ist. Ob es sich um ein relativ kleines Vorrücken bei dem allgemeinen Rückzuge des Eises handelt oder ob es der Rand einer selbstständigen Vergletscherung ist, muß eine offene Frage bleiben, deren Lösung nur von einer von Süden nach Norden fortschreitenden Schotter- und Moränen- untersuchung zu erwarten ist. ') A, Penck, Die Geschiebeformation Norddeutschlands. Zeitschr. deutsch. geol. Ges. Bd. 31. S. 151. Berlin 1879. °) O. Grupe, Über glaziale und präglaziale Bildlungen im nordwestlichen Vor- lande des Harzes. Jahrb. preuß. geol. Landesanstalt, 28. Jahrg. 8. 507. Berlin 1907. 13 Der Schneerener Bogen. Erst ca. 35 km nördlich der bisher besprochenen Stillstandsphase zieht sich wiederum ein. größerer Endmoränenzug zusammenhängend hin. Nach dem einzigen größeren Ort, den er berührt, sei er als Scehneerener Bogen bezeichnet. Seine Hauptpartie läuft vom Leiersberg nördlich von Rehburg in annähernd nordöstlicher Richtung bis in die Naclıbarschaft von Mandelsloh im Leinetal. Im Osten und Westen schließen sich an dieses Stück mutmaßlich weitere Bogenteile an. Der soeben genannte Leiersberg repräsentiert im Verein mit dem Nordende des Rehburger Forstes den Beginn unseres Zuges östlich des Weser- tales. Dort ist seine äußere Gestalt, wenn die der ganzen Erstreckung berücksichtigt wird, nur schwach entwickelt. Er tritt in der Form eines unruhigen Geländes auf, das nur hin und wieder mit steilen Abhängen und vereinzelten Kuppen markantere Züge annimmt. Immerhin flächt der Zug sich gegen Süden in eine, wenn auch kleine Sandurebene!) ein, während er im Norden scharf gegen das horizontale, fast tischplatte Hütten- und Rehburger Moor absetzt. Schon wenige Kilometer östlich geht der Bogen in die Erscheinungs- form langgezogener Moränenwälle über, die sich bis zur Ortschaft Schneeren dehnen. Aus ihnen ragen der Schopersberg (70 m) und Engelkenberg hervor. Hinter dem letzten ist nach Norden zu ein tiefes Trockental ausgefurcht, an das sich wiederum ein langgedehnter Rücken, der mit 60 m gipfelt, anschließt. Östlich von Schneeren setzt die Wallform zunächst aus. Es folgt das senkrecht zum Verlauf der Moräne gerichtete Trockental des Eilveser Grundes, das wohl eine Abflußrinne der Schmelzwasser darstellt. Erst östlich von ihm kommt in der Landschaft die Endmoränennatur in den Eckbergen (91,10 m) und den benachbarten, teilweise unbenannten Erhe- bungen wieder zum Ausdruck. Die Eckberge bilden den Abschluß in der scharfen Ausprägung der kontinuierlichen Wallform. Es ist zwar nicht schwer, den Moränen- bogen weiter gen Osten zu verfolgen, aber es sind mehr einzelne, isolierte Rücken, die die Stillstandslage darstellen. Zunächst sind hierher die Erhebungen zu rechnen, die zwischen Hagen und Mariensee gelegen sind, z. B. das Birkhorn. Jenseits der Rinne des Hagener Baches schließt sich der elliptische Lohberg an, und weiterhin in derselben Richtung der Hahnenberg. Dann stößt der Zug an die breiten Tal- !) Der Isländer sagt »der sandur«. 14 terrassen der Leine, deren Erosion fernere Moränenreste zum Opfer gefallen sind. Auf der anderen Seite des Leinetales treten in der Fortsetzung zunächst keine Endmoränen auf, dagegen sind südlicher in den Abbenser (90 m) und Brelinger Bergen (92 m) Wallstücke zu erkennen. Die letzten überragen um mehr denn 50 m ihr Hinterland, teilweise ebenso sehr auch das Vorland, also für die flachen Gelände des nordwestdeutschen Tieflandes beträchtliche Niveaudifferenzen. Durch eine Lücke getrennt, verkörpert der Simonsberg (35 m) einen ferneren Teil des Zuges, während weiter östlich alsdann bereits die breite Talebene der Wietze, die um 40 m tiefer liegt, einsetzt. Vielleicht stellt die Strecke zwischen Abbenser- und Simonsberg, die Fortsetzung des Schneerener Bogens dar. Es läßt sich dieses infolge der breiten und ausgedehnten Aufschüttungs- und Abtragungsarbeiten des Leineflusses nicht eindeutig dem heutigen Relief entnehmen. Sollte es der Fall gewesen sein, so wäre gerade in der Rinne des Leinetales der Scheitelpunkt der Bogen zweier Gletscherloben gelegen gewesen. Ganz außerhalb dieses Bogens entstand jedenfalls die Moränenkuppe der Lindenburg, eine Erhebung nördlich von Scharrel, die rings von Moor- und Heideflächen eingefaßt wird. Nach Westen hin findet jenseits der Weser der Schneerener Zug in einem Endmoränenwall, der vom Steyerberg aus in nördlicher Rich- tung streicht, eıne Fortsetzung. Er baut die Hümme- und Heisterberge auf, die gänzlich aus Kies bestehen. Auch hier läßt sich ein direkter Konnex mit dem Bogenstück östlich des Wesertales infolge postglazialer Erosion nicht erweisen, doch ist aus dem allgemeinen Verlauf der Stillstandsphase ein solcher sehr wahrscheinlich. Beiläufig sei bemerkt, dal weiter westlich, der Karte nach zu urteilen — ich betone, daß ich hier nicht an Ort und Stelle war —, der langgedehnte Zug der Böhrde gleichfalls eine Endmoräne anzudeuten scheint. Es würde zu weit führen, über den Aufbau der beschriebenen Bogenpartie die zahlreichen Detailbeobachtungen in den Aufschlüssen hier eingehend mitzuteilen. Nur das Gesamtergebnis ist von Wert, da bei jedem neuen Abbau in den Gruben sich auch die Profilwand in den einzelnen Lagerungsverhältnissen ständig ändert; lediglich der generelle Charakter bleibt gewahrt. Zusammengesetzt wird der Zug fast ausschließlich von nordischen Sanden und Kiesen in allen Abstufungen untereinander. Oft liegen vereinzelt in feinen Sanden kantengerundete Blöcke, bald sind Ton- oder Grandstreifen in sandige Produkte eingefügt. Grekritzte Geschiebe sind vergleichsweise selten; Gerölle wiegen fast ständig vor, so daß das Material wie seine Lagerung der Ausdruck der stetig wechselnden Wasser- führung des Eisrandes ist. 15 In das nordische Material sind mehrfach Buntsandsteingerölle in besonderer Anhäufung eingestreut, so in der Nähe von Hagen und in den Erhebungen östlich der Leine. Es sind Lokalmoränen des Grund- gebirges in der Tiefe. Der Buntsandstein, der in der Nähe von Schneeren oberflächlich ansteht, wie W. Hoyer vor einigen Jahren konstatierte !), dürfte sich wohl noch an mehreren Stellen als fester Fels in dieser Gegend auffinden lassen. Die Vorstaffel. Ehe die Abflußverhältnisse der Eisrandlage, der heute der Schneerener Bogen entspricht, besprochen werden, sei noch einer Staffel gedacht, die sich vor das südliche Ende der Zunge legt. Es verläuft nämlich eine ältere Stillstandslage vom Orte Rehburg über Mardorf nach Schneeren, woselbst sie an den Hauptbogen stößt. Die Höhen nördlich vom Nehrenbruch des Meerbaches, des Ausflusses des Steinhuder Meeres, verkörpern den Beginn dieser Vorstaffel. Dort tritt sie zunächst in flachwelligen, breiten Formen in die Erscheinung ; alsbald aber nimmt sie einen geschlossenen und gedrungenen Charakter an, um bei Mardorf wieder einer flachkuppigen Moränenlandschaft Raum zu geben, die zum Steinhuder Meer recht steil abfällt, während sie sich nach Norden sanfter abdacht. Von Mardorf aus setzt sie sich zum Bannsee fort, wo die Diepholzberge wie der Piepenberg ihre letzten Ausläufer sind. Eine scharfe unmittelbare Vereinigung mit dem Hauptbogen findet nicht statt. Auch das Material der Staffel besteht fast ausschließlich in Kiesen und Schottern. Im Hinterlande stellt sich hingegen des öfteren, wie z. B. am Östende, Geschiebemergel ein. Die Lagerung ist stellenweise derart, daß das sandige Material auf dem Mergel ruht. Vergegenwörtigt man sich die Abschmelzzustände, so ist klar, daß die Schmelzwasser der Vorstaffel eine Konzentrationsfläche in der Niederung des Steinhuder Meeres besaßen. Letzteres war bedeutend größer als der augenblicklich im Stadium hochgradiger Vermoorung befindliche See und reichte ungefähr von Moordorf im Osten bis Ort Rehburg im Westen wie von Eilvese im Norden bis Hagenburg im Süden. In seinem flachen Becken sammelten sich die Wassermengen, um nach Westen hin in die Senke des Wesertales einen langsamen Abfluß zu gewinnen. Ich nehme diese Strömungsrichtung an, weil das Tal des Meerbaches mit dem Nehrenbruch eine alte, scharf begrenzte Abflußrinne darstellt, während sich nach Osten hin ein derartiger Talrumpf mit ausgesprochenem Charakter nicht vorfindet. ») W. Hoyer, Ein neuer Aufschluß anstehenden Buntsandsteins im norddeutschen Flachlande. Jahrb. preuß. geol. Landesanstalt für 1903. Berlin 1907. Die Abflußverhältnisse des Hauptbogens. Als das Eis sich nun zu der Linie zurückzog, die heute vom Schneerener Bogen markiert wird, füllte das Wasser das kleine Bassin, das zwischen der Vorstaffel und dem Hauptbogenstück eingesenkt ist und gegenwärtig von dem Wilden- und Öhlhagener Moor nebst einer größeren Zahl halbvermoorter Seen eingenommen wird. Infolge der ‘Senke kam es nicht zum regionalen Ausbau eines Sandur, wie an anderen Teilen des Hauptbogens, sondern im Banne vom Relief des Landes mußten die Schmelzwasser ihre Schuttprodukte in den kleinen Stausee abladen. Dann standen ihnen zwei Wege zur Verfügung, entweder die nicht allzu ausgedehnte Vorstaffel seitlich zu umgehen oder ihre nicht zu große Höhe zu durchbrechen. Die letzte Bahn wurde eingeschlagen ; unmittelbar im Nordwesten des Ortes Rehburg kreuzt ein Durchbruchstal die Vorstaffel, das jetzt von dem Wilden Moor zur Abflußrinne des Steinhuder Meeres führt, woselbst die Schmelzwasser zu dem Hauptstrom stießen. Im vorliegenden Falle war die Entstehung eines Sandur nach Süden hin also nicht abhängig von glazialen Faktoren, von der Quantität des Gletscherwassers und der Menge des verfrachteten Schuttmaterials, sondern in erster Reihe von (der Konfiguration des Geländes. Die Erscheinung des Staubeckens ist also eine Art Seitenstück, gewissermaßen ein Stellvertreter des Sandur. Von Schneeren aus in östlicher Richtung ist es fast durchgängig zur freien Entfaltung von Sandurflächen gekommen, die sich über Eilvese nach Mariensee ziehen. Ebenso dehnen sie sich vor den Abbenser und Brelinger Bergen, wo sie teilweise von weiten moorigen Heideflächen okkupiert werden. Bei der Mehrzahl («lieser Sandurflächen ist schön das Ausklingen der Endmoränenlandschaft wahrzunehmen: ein allmähliches Austönen von wellig-hügeligen Geländeformen bis zur tischebenen Sandur- platte. Schritt für Schritt ist damit die Abnahme der Korngröße, vom gröbsten Schotter bis zum feinsten Schlamm, überall kar zu erkennen. Wie die Position des Sandur bezeugt, haben die Schmelzwasser den Weg nach Süden eingeschlagen und sich dort, entsprechend der gegen- wärtigen Bodenkonfiguration, zu einer see- oder stromartigen Wasser- ansammlung vereint. Soviel kann mit Sicherheit konstatiert werden, während die weitere Strömungsrichtung sich nicht definitiv entscheiden läßt, da zu wenig maßgebende Beobachtungen aus den Nachbargebieten vor- liegen. Sollte die Fließkraft nach Westen gerichtet gewesen sein, so würden sich in dieses breite Tal von Osten her die Schmelzwasser ergossen haben, die sich von Bitterfeld über Oschersleben nach dem Okertal bewegten, !) ebenso würde das Leinewasser darin seinen Abfluß nach Westen genommen haben. ') Siehe v. Linstow, Über die Ausdehnung der letzten Vereisung in Mitteldeutsch. land. Jahrb. preuß. geol. Landesanstalt für 1905. Berlin 1907. Aber man bewegt sich mit (diesen Schlüssen auf einem recht unsicheren Boden, indem die Folgerungen aus den gegenwärtigen Höhen- verhältnissen in den Tälern gezogen werden. Doch ist für Norddeutsch- land der Beweis erbracht, daß in der Postglazialzeit tektonische Störungen und Verbiegungen aufgetreten sind, wie z. B. in dem deutschen Küsten- gebiet, und zwar dort von recht erheblichem Ausmaß. Bei dem minimalen Gefälle weiter Talstrecken können ganz geringe Verschiebungen in der Vertikalen schon zu bedeutenden Strömungsänderungen führen. Es ist noch nicht versucht worden, diese Krustenbewegungen für den Lauf der Flüsse in den Urstromtälern mit zu verrechnen, wodurch möglicherweise für gewisse Perioden der Nacheiszeit sich nicht ein allgemeines Abfließen der Gewässer nach Westen, wie es jetzt analog den rezenten Zuständen angenommen wird, ergeben würde.!) Daher wollen wir die Frage offen lassen, wohin sich die Wassermasse des Schneerener Endmoränenbogens gewandt hat. Die Hinterstaffel. Nördlich des Hauptbogens liegt unweit Schneeren noch eine kleine Rückzugsstaffel, die von Husum über den Österfeldsberg zum Hüttenberge läuft. Die Staffel ist nach Süden zu deutlich entwickelt und nimmt nach Osten hin an Höhe zu, bis sie in den Hüttenbergen mit 100,8 m gipfelt. Dort stößt sie an den Hauptbogen, und beide bedingen vereinigt daselbst jenen Komplex Hügellandes, der von dem Grindener und Schnee- rener Walde besetzt wird und (essen Verständnis Schwieriekeiten bereitet, wenn die Forschung in ihm einsetzt. Erst wenn man sich von außen hier ihm nähert, löst sich das unruhige Gelände in morphologische Ein- heiten auf. In petrographischem und strukturellem Aufbau stellt die Hinterstaffel Schotter, Grande und Sande dar mit vielfachen kleinen Stauchungsphänomenen. Das Wasser fand bei dieser Stillstandslage in der rinnenartigen Depression, in der sich das Schneerener und Rehburger Moor ausbreitet, seinen Abfluß. Berlin, im Juli 1908. —— —_ u. + !) Vgl. H. Spethmann, Die Lübecker Mulde und ihre Terrassen. Centralblatt für Min., Geol. u. Paläontologie. Jahrg. 1907, Nr. 4, S. 103. A Si Her au ‚ou LTE j ss23 ano int RE, hink f heder Aay} II Irö atelay IL IN Oulsworten von OS uckline amn. nee net ee Sırnnche Bergland Pelle Danzer et A 6 sfächen ag a ech Hldkandelage nit Unger Nerfsstah h: 500 000 ur u Denn In men Die Lübecker Mpangwe-Expedition. (Vorläufige Mitteilung.) Die Völkerkunde geht besseren Tagen entgegen. Vor 10 Jahren durfte sie noch über das mangelhafte Verständnis klagen, das man ihr entgegenbrachte, mußte sie noch bitter sich darüber beschweren, daß für zoologische Expeditionen zur Entdeckung einiger unbekannter Varie- täten Geld stets und reichlich zur Verfügung stand, nicht aber für ethnologische Forschungen, die es sich zum Zweck setzten, rasch und unwiederbringlich verschwindende Rassen- und Kulturtypen des Menschen für die wissenschaftliche Erkenntnis zu retten. Heute muß diese Klage verstummen. Das ethnographische Material ist unseren Museen in Hülle und Fülle zugeströmt, in alle Weltteile sind von Museen, Akademien, Stiftungen, Reichsbehörden und Privaten Expeditionen ausgeschickt worden, die an der Erforschung primitiver Kulturen arbeiten sollen. Freilich ist dieser Umschwung nur zum Teil den Erfoleen der völker- kundlichen Wissenschaft zu verdanken, er wäre deren unablässig veı- kündeten Mahnungen wohl noch nicht gefolgt ohne die bitteren Erleb- nisse einer unerfahrenen Kolonialpolitik, aber er verliert dadurch nicht an Wert, denn auch die rein wissenschaftlichen Aufgaben der Völker- kunde können bei ihm nur gewinnen. Im vorigen Jahre hat auch das Lübecker Museum einen tüchtigen Schritt vorwärts getan, indem es seine Arbeit an der Ethnologie durch Entsendung einer eigenen Expedition erweitern konnte, deren Ziel das Hinterland von Bata an der westafrikanischen Küste war, der von der deutschen und französischen Grenzlinie eingefaßte Nordostwinkel des spanischen Territoriums, und deren Plan in der möglichst vollständigen Untersuchung der dortigen Mpangwe-Neger bestand. Entsprechend den in Lübeck zu Gebote stehenden oder aufzubringenden Mitteln kann bei unserer Expedition nicht von einer extensiven Erforschung weiter Land- strecken noch von einem Stab von Gelehrten die Rede sein, wir haben uns auf ein verhältnismäßig kleines Gebiet beschränkt, das von einer Station aus intensiv zu durchforschen war, unbeschadet natürlich kürzerer Excursionen und eventuell eines weiter ausgreifenden Vorstoßes nach Östen oder Süden am Schlusse, und uns damit zwei Vorzüge gesichert: einmal bot jene Beschränkung an sich die Gewähr eines größeren realen Erfolges, das wird jeder zugeben, der die Entwicklung der Ethnographie verfolgt hat und deren Bedürfnisse im diesem Augenblicke kennt; ande- rerseits nutzen wir voll den großen Vorsprung aus, den wir in den Orts- und Sprachkenntnissen des Expeditionsleiters besaßen. Als solchen gewannen wir nämlich Herrn Günther Tessmann, einen Lübecker, der kurz zuvor aus eben jenem spanischen Kolonialgebiet zurückgekehrt, mit Land, Leuten und namentlich der Sprache völlig vertraut war und sich als zoologischer und ethnographischer Sammler bewährt hatte. In letzterer Beziehung ist er auch in weiteren Kreisen durch einige Veröffentlichungen im »Globus« und in den Verhandlungen der Berliner Anthropologischen Gesellschaft bekannt geworden. Der Schwerpunkt lag für uns aber in der Kenntnis der Fang-Sprache, denn was die Völker- kunde braucht, und was wir mit unserer Expedition bezwecken, ist nicht so sehr der Erwerb ethnographischer Objekte auf dem Durchmarsch durch fremde Länder, als vielmehr die reife Erkenntnis des Volkslebens in allen seinen Äußerungen, und die ist nur bei langem Aufenthalte unter denselben Menschen und nur bei freiem dolmetscherlosem Verkehr in deren eigenen Sprache zu gewinnen. Vereinzelte Resultate wird gewiß auch der mit Dolmetscher reisende geschulte Beobachter nach Hause bringen, ein Gesamtbild nicht, und ganz besonders nicht von Natur- völkern, die so ganz anders denken als wir und so scheu sind wie — wir es ihnen im Grunde nicht verdenken können. Ganze Abschnitte des Folklore werden ihm verschlossen bleiben, z. B. die wichtigen sexuellen Anschauungen und Sitten. Konnte doch z. B. Tessmann selbst nach vielen Monaten persönlicher Bekanntschaft von den jungen Leuten nur etwas erfahren, wenn er sie sich einzeln zu harmlosem Plaudergespräch bei Seite nahm. Sobald nur sein Jaunde-Junge dabei war, konnte er nichts aus ihnen herausbringen. Tessmann’s Kenntnis der Sprache und Bekanntschaft mit den Eingeborenen gab also der Expedition einen grossen Vorsprung. Da wir ferner deren Dauer auf etwa 2!/, Jahre veranschlagten, so erfüllten wir sicherlich die für erfolgreiche ethnologische Arbeit aufzustellende Bedingung eines längeren ununterbrochenen Aufenthaltes im Lande. Waren die mit der persönlichen Erfahrung Tessmann’s gegebenen Chancen in erster Linie entscheidend für die Wahl des Expeditionszieles, so trug dieses letztere andererseits selbst zur Förderung des Planes bei. Die afrikanische Westküste und von ihr wiederum Kamerun und Gabun- gebiet sind von je in unserem Museum dank der Mitarbeit Lübeckischer Kaufleute besonders gut vertreten gewesen, Reihen etlinographischer Objekte mit der Sammelbezeichnung »Mpangwe« sind seit 50 Jahren in unserem Besitz und harren hier, wie anderswo, der einwandfreien Sichtung nach ihrer Herkunft und der danach möglichen wissenschaftlichen Bear- beitung. Das allgemeine Interesse an dem Mpangwe-Problem, dem Weule auf dem 2. Kolonialkongresse Ausdruck verlieh (»eine Aufgabe 23 großen Stils ist die Erforschung der Fan-Völker im Süden unserer Kolonie Kamerun«, auch hier steht Fan für Mpangwe!), wurde von uns seit langem lebhaft geteilt, ich empfand es, seitdem ich vor 12 Jahren in die Verwaltung unseres Museums eintrat, und besonders seitdem ich begonnen hatte, mich mit den afrikanischen Hörnermasken zu beschäftigen. Und zur Lösung dieses Problems mußte es von größtem Reiz sein, die Untersuchung da anzusetzen, wo ethnographische Forschungen bisher nicht unternommen worden sind und in Zukunft auch nicht unter- nommen werden dürften, d. h. die Lücke zu schließen zwischen den französischen Forschungen im Süden und den deutschen im Norden, und zwar solange europäischer Einfluß noch nicht tiefer gedrungen. Wir hatten somit allgemeines wie speziell lübeckisches Interesse gerade an der ethnographischen Provinz, aus der Tessmann jetzt zurückkehrte, deren Sprache er beherrschte, deren Eingeborene er kannte, und die sich ihm bei einem zweiten Aufenthalte in wissenschaftlicher Beziehung völlig zu erschließen versprach. Aus diesem Grunde gelang es uns auch, das Unternehmen zu sichern und aus Mitteln der Gemein- nützigen Gesellschaft, des Museumfonds, der Geographischen Gesellschaft und zahlreicher Privatleute die Expedition auszurüsten. Einen weiteren Beitrag hat das Kgl. Zooloeische Museum in Berlin geleistet. Am 23. Ausust 1907 fand die Ausreise statt. Die Expedition sah sich auf ihrem Arbeitsfelde einer langen Reihe von Aufgaben und Pro- blemen gegenüber, ich führe nur folgende an, um die Richtungslinien unserer Arbeit zu zeichnen: 1. Eine vollständige museale Erschließung des Gebietes mit mög- lichst lückenloser Erwerbung aller der Dinge des materiellen Kulturbesitzes, die zu einem abgeschlossenen Bilde der Mpangwe- Kultur im Museum und als Grundlage der völkerkundlichen Bewertung aller erkennbaren Lebenserscheinungen dieser Kultur erforderlich sind. 2. Eine auf Sammlung, Beobachtung und Erkundung gegründete Feststellung gegenwärtiger oder früherer ethnographischer Vor- kommnisse, um Beiträge zu liefern zu der bisher bekannten Ver- teilung einzelner Objekte und den aus ihr gezogenen Schlüssen aul Kulturbeziehungen. 3. Versuch einer Festlegung und Abgrenzung verschiedener Schichten, die möglicher — oder besser wahrscheinlicherweise sich zu dem heutigen Kulturbilde vereinigt haben. 4. Photographien, die in den Typen eine Ergänzung zu der in 3. oO Dr I o- fe) angedeuteten Frage, im übrigen die notwendigen Erläuterungen zur Volks- und Landeskunde geben. [by I 10. 11. Genaue Erforschung der geistigen Kultur mit besonderer Berück- sichtigung der gerade hier breit klaffenden Lücken unserer Kenntnisse von den Geheimbünden, von Totemismus, von Schädelkult, Seelenglaube, Totenbehandlung, Zauberei etc. Versuch, von der Mpangwe-Kultur aus die schwebenden Fragen des sogenannten westafrikanischen Kulturkreises und der Her- kunft der Bantu zu fördern. Klarstellung der in Literatur und Museen durcheinander- gebrauchten Bezeichnungen Fan, Mpangwe, Pongwe, Pahouins. Umschau nach Resten früherer Bevölkerungen (Pygmäen, Stein- zeit). . Phonographische Aufnahmen. Sprachliche Forschungen. Zooloeische Sammlungen, unter besonderer Berücksichtigung ethnologischer Beziehungen. Was die bisherigen Resultate unserer Expedition betrifft, so ist vor allem hervorzuheben, daß sie noch mitten in der Arbeit steht. Das sagt alles, die Beurteilung des bisher eingetroffenen Materials ist weder mög- lich noch nützlich. Etwas Ausführlicheres, obgleich auch dann nicht Endgültiges hoffe ich dem nächstjährigen Geographentage, der in Lübeck stattfinden wird, bringen zu können, hier will ich nur folgende Hinweise geben: ad 1. ad 2. Das Museum hat bisher eine ethnographische Sammlung von rund 700 Nummern erhalten. Darunter befinden sich Serien zur liöftelschnitzerei, Korbflechterei, Seilerei, Rindenstoffbear- beitung; von Kleidung, Schmuck, Eisengeld; eine grosse Samm- lung von Spielzeug, eine andere besonders umfangreiche von Medizinen und Amuletten; Musikinstrumente, Hausrat, Gerät zu Jagd und Fischfang und anderes mehr. Hier dürften wesentliche Modifikationen der bisherigen Annahmen eintreten. Die Schleuder ist als Kinderspielzeug nachgewiesen und dürfte demnach früher als Waffe bestanden haben. Die Entstehung des Schwertes in diesem Kulturkreise aus der Speer- spitze, wie sie von Frobenius angenommen wird, dem Anker- mann folgt, findet vielleicht ihre Bestätigung durch Zwischen- stufen, die ich in Speerspitzen mit kurzem Schaft erblickte, die bei Feindseligkeiten in den Boden der Waldwege als »spanische Reiter« gesteckt werden. Die Marimba ist in eisentümlicher Primitivform festgestellt und scheint alteinheimisch, da sie die Funktion des Schwirrholzes als weiberscheuchende Warnung der Männer übernimmt. Das Schwirrholz selbst existiert als Spiel- zeug. Nachgewiesen ist ferner das Penisfutteral. Das Wurf- ad 3. ad +. ad 5. ad 6. “25 messer kommt nicht mehr vor. Die Stühle zeigen die kreisrunde Form von Hockern mit massivem Fuß, die Kämme sowohl den Typ aus einem Stück wie den aus Stäbchen und Geflecht, was in Bezug auf die Hypothese Ankermann'’'s und die Verwendung der Kammform für sein Kulturkreis-Schema von Belang sein dürfte. Doch will ich auf diese Frage hier nicht eingehen, ich denke das an anderer Stelle zu tun und dann ausführlicher meine, durch die Ergebnisse unserer Expedition fester gestützte Ansicht von der Unhaltbarkeit jenes Schemas zu begründen. Die Abgrenzung kann erst bei vollständig vorliegendem Material versucht werden, wird sich aber, wie ich glaube, durchführen lassen. Eine regionale oder soziale Häufung des hellfarbigen Typs konnte bisher nicht beobachtet werden, es scheint sich in unserem Gebiete nicht mehr um Wanderungen geschlossener Stämme zu handeln, die die Ureinwohner unterworfen, sondern um eine Transsudation in süd-nördlicher Richtung. Dafür spricht auch der Kulturbesitz (z. B. Fehlen «les Wurfmessers) und die negativen Resultate der Fragen nach Wanderungstraditionen. Totemismus als Grundlage von Geheimbünden neben sexuell- pädagogischer Bedeutung in deren Festen ist nachgewiesen. Die Zauberei ist durch eine besonders umfangreiche Sammlung von Medizinen und Amuletten belegt, deren Charakter z. I. real therapeutisch, meist aber symbolisch zu sein scheint. Über Schädel- kult ete. wurden eingehende Studien gemacht. Die Tatauierung wurde nach Herkunft, Zweck und Bedeu- tung «der Muster behandelt. Stammes- oder Familienmarken bestehen nicht, bei den Fang scheint die Sitte erst eingeführt und Anhalt für meine Ansicht ‘gefunden zu sein, daß Narben- zeichnen älter ist als Tatauierung. Die Muster wurden erklärt. Die Zierkunst übt sich sonst an den gravierten Messing- Halsringen, an den geschnitzten Schemeln, Trommeln, Haus- pfeilern und Löffen, sowie an eigentümlichen Schmuckleisten aus Rinde, die man an Häusern anbringt, bemalt und in hübscher aus aufgenähten Rohrleisten hergestellter Felderung gliedert. Die Muster sind sämtlich erklärt. Außerdem liegt ein Dutzend bemalter Rindenplatten mit scenischen Darstellungen vor. An den Pfosten der Palaverhäuser kommen geschnitzte Janusköpfe vor, wie in Nord-Kamerun und an der Guinea-Küste. Hier gilt das ad 2 und 3 Gesagte, ich hoffe zu einer befrie- digenden Kultureinteilung in Afrika zu kommen. adız. ad 8. ad 9. ad 10. ad 11. 26 Die endgültige Antwort muß gleichfalls bis zur Beendigung der Expedition zurückgestellt werden. Jedenfalls ist Fang Stammes- name neben Ntum, Bule, Bane, Jaunde, die man alle zusammen unter »Mpangwe« fassen kann, und die sich wieder in Familien spalten. Resultat bisher negativ. Mehrfache Aufnahmen befinden sich bereits im Phonogramm- archiv des psychologischen Instituts der Universität Berlin behufs Bearbeitung. resultat wird sich erst am Schluß übersehen lassen. Die zoologischen Sammlungen gehen zunächst an das Kgl. Zoolo- gische Museum in Berlin. Ich betone noch einmal, daß diese Mitteilung nur eine provisorische sein will und sich spätere Berichtigungen vorbehält; sie sollte nur die Arbeiten und die Aussichten unserer Lübecker Mpangwe-Expedition einem weiteren Kreise bekanntgeben und die ethnographischen Fachgenossen von dem neuen wissenschaftlichen Material in Kenntnis setzen, das bald aus einem der für uns wichtigsten Teile Afrikas zur Verfügung stehen wird. Dr. Karutz. [SS] [1 Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1907. Das verflossene Berichtsjahr brachte dem Museum wiederum von alten und neugewonnenen Freunden im Auslande und der Heimat um- fangreiche und wertvolle Zusendungen: unter Verweisung auf das dem Berichte angehängte Verzeichnis mag hier nur auf einige derselben hin- gewiesen werden. Aus Ostafrika sind es wiederum die Herren Richard Groth-Nossibe, Fuchs-Förster und insbesondere Ernst Wache, welche ihre Mußezeit benutzten, um für unser Museum zu sammeln. Zusammen mit früheren Sendungen und insbesondere der außerordentlich reichen Ausbeute des Herrn Max Hase an Insekten in Deutsch-Ostafrika lieferten sie ein wichtiges, wissenschaftliches Material zur Kenntnis der Tierwelt Ostafrikas. Die im vorigjährigen Berichte bereits erwähnte Bearbeitung unseres umfänglichen Spinnenmaterials aus Südafrika, insbesondere dem nörd- lichen Teil des Kaplandes durch Embr. Strandt wurde beendet, und sind die Ergebnisse in einer längeren Arbeit im 25. Bande der Zoologischen Jahrbücher, Abteilung System., 1907 niedergelegt. Die länger als 40 Jahre fortdauernd bestandenen Beziehungen unseres Museums zu Westafrika sind durch die, von seiten der Gesell- schaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit unterstützte, Expedition eines jungen Lübeckers Günther Telsmann in das südliche Kamerun und die angrenzenden spanischen Gebiete in ein neues Stadium getreten. Unser Naturhistorisches Museum handelt hier gemeinsam mit der Abtei- lung Völkerkunde unseres Museums und dem Zoologischen Museum in Berlin. Das getroffene Uebereinkommen läßt nicht nur für die Wissen- schaft eine Förderung, sondern auch für unser Lübecker Museum eine umfängliche und wertvolle Bereicherung seiner Sammlungen aus den genannten Gegenden mit Zuversicht erhoffen. Vor seiner Abreise hat Günther Tefsmann seine mit vielem Fleiße gesammelten und sehr sorgfältig präparierten Schmetterlinge aus der Umgegend Lübecks, aus Mecklenbnrg und anderen Teilen des nordwest- lichen Deutchlands, Belegstücke zu seinen Arbeiten im Archiv der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg 56, (1902), p. 127—187, dem Museum zum Geschenk gemacht. Aus Brasilien sandten die Herren Zerrenner ein auffallend großes Wespennest (Polybia sp) und Konsul L. Jauckens eine hübsche Sammlung von Land- und Meereskonchylien. Unser korrespondierendes Mitglied Herr Biedermann-Imhoof in Eutin vermehrte die Sammlung von Gehörnen und Geweihen durch bislang nicht vertretene prächtige Schaustücke aus Ostafrika und verschiedenen Teilen des sibirischen Altai. Wie in früheren Jahren verdankt das Museum der Achtsamkeit und Fürsorge des Lehrers Blohm und Präparators Röhr manche Seltenheit aus den in der Umgegend als Gäste sich zeigenden Vögeln. Auch der Lübecker Brieftaubenklub von 1902 machte dem Museum eine Reihe von Rassetauben zum Geschenk. Durch Verfügung des Reichskanzlers wurde unserm Naturhistorischen Museum aus den von der Deutschen Südpolar- Expedition gemachten Sammlungen ein Anteil der zur Verteilung gelangten Doubletten über- wiesen. Dem Herbar wurde als Gegengabe für leihweise überlassenes Material aus verschiedenen Familien vom Kew-Garten in London und Professor Dr. Schinz-Zürich eine Anzahl, bisher fehlender Arten zum Geschenk gemacht. Herr Oberstabsarzt Dr. Prahl fügte eine größere Zahl von ihm selbst gesammelter und bestimmter Moose und anderer Pflanzen ein. Die Sammlung von Pflanzengallen und sonstigen, durch Insekten veranlaßten, Mißbildungen konnte gleichfalls, insbesondere auch durch Ankauf der vom Rheinischen Bauernverein herausgegebenen Sammlungen vermehrt werden. Die Schausammlung wurde um eine große Krokodilgruppe vermehrt, in welcher die von den Herren Kurt Harms, Link und Kapitän A, Storm geschenkten Tiere gemeinsam auf einer künstlichen Sandbank veremist wurden. Die Baukunst der Vögel wurde durch Gruppen veranschaulicht, in denen verschiedene Arten von Webervögeln, Beutelstaren, Spechten, der Schneider- und Töpfervögel und andere vertreten sind. Die Zusammen- stellung wird erweitert werden, 29 Die große Mannigfaltigkeit des Gefieders und die Ausgestaltung wie das Schwinden der Zeichnungen zeigt eine Anordnung der verschiedenen Federn, wie sie bei dem Pfau vorkommen. In der Insektensammlung wurde neu eingegangenes und älteres Material aufgearbeitet, zahlreiche Schmetterlinge gespannt und nach Familien und Ländern geordnet. Die bereits erwähnte, sehr umfang- reiche Sammlung des Herın Max Hase war für längere Zeit in den Schaukasten des großen Saales für die Besucher ausgestellt. Eine venaue Ueberarbeitung und sorgfältige Reinigung erfuhren die biologischen Insektengruppen. Dieselben wurden außer den bereits früher erwähnten Geschenken durch Ankäufe von brasilischen Termiten- und Ameisennestern ergänzt. Von eingehenderen Arbeiten, Neuordnungen des wissenschaftlichen Teiles der Insektensammlung mußte des sehr beschränkten Raumes wegen leider abgesehen werden. Besserungen durch Entfernung einzelner Teile des Naturhistorischen Museums aus dem jetzigen Museumsgebäude stehen in Aussicht und werden sich hoffentlich in kurzer Zeit verwirklichen lassen. Das wertvollste Geschenk im Laufe des Jahres ward dem Museum von Frau Rechtsanwalt Dr. Ad. Brehmer und Kindern gemacht, indem dieselben die vom Bürgermeister Dr. Heinrich Brehmer um die Mitte des vorigen Jahrhunderts mit außerordentlichem Fleiße und großer Sach- kenntnis gesammelten Mineralien, welche in drei Schränken mit zusammen 84 Schubladen untergebracht sind, zum Eigentum überwiesen. Die Samm- lung ist um so wertvoller, als sie nicht nur durchgehend gute Stufen, sondern auch viele von solchen Fundorten enthält, welche heute erschöpft sind. Dem Namen Brehmer, der mit unserem Museum bereits durch mehrere Generationen verbunden war, ist ein neues Gedenkblatt hinzu- gefügt worden. Dem bereits im vorigjährigen Bericht erwähnten Riesenammoniten (Pachidiscus seppenradensis) wurden andere Ammoniten und verwandte Formen, teils in Originalen, teils in guten Abgüssen angegliedert, um Mannigfaltigkeit und Größenunterschiede zu zeigen. Der Riesenammonit hat einen Durchmesser von 1,80 Meter, der kleinste der Reihe einen solchen von 5 Millimeter. Die geologisch -paläontologische Sammlung erfuhr Bereicherungen dureh den Landesgeologen Herrn Prof. Dr. Gagel, der uns im Austausch Proben des bei Schwarzenbeck im Lauenburgischen vorkommenden paläo- zänen Tones überließ. Herr stud. geogr. Spethmann schenkte von ihm auf Island gesammelte vulkanische Gesteine. Herr Dr. Struck überwies dem Museum eine größere Anzahl Gesteinproben und Versteinerungen von 30 verschiedenen Fundorten Holsteins und Lauenburgs, Belegstücke zu seiner Arbeit: Neue Beobachtungspunkte tertiärer und fossilienführender dilu- vialer Schichten in Schleswig -Holstein- Lauenburg in: Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums II, 23. Heft, 1908. Diese, für die Geologie der näheren und ferneren Umgegend Lübecks so wichtigen, Sammlungen fanden in neu, unter den geolo- gischen Schaupulten der Lübeckischen Abteilung, eingebauten Schub- laden Aufnahme. Die geologischen Sammlungen, insbesondere die auf die Verhältnisse der eimbrischen Halbinsel sich beziehenden Teile, wurden vielfach von auswärtigen Gelehrten zu Studienzwecken besichtigt; auch konnte den- selben Material zu gleichem Zwecke teils leihweise, teils in Tausch überlassen werden. Herrn Professor Dr. Stolley-Braunschweig ist das Museum zu Dank verpflichtet für eine Revision, bezw. Neubearbeitung eines Teiles der Senator Brehmerschen Sammlung. Die Untersuchungen sind zurzeit noch nicht zum Abschluß gelangt. Herr stud. Spethmann lieh in freundlicher Weise seine Hilfe bei der Einordnung und Etikettierung der Eingänge. Die Primaner Fr. Meier und H. Hirsch wandten auch in diesem Jahre ihre Aufmerksamkeit den durch die Baggerarbeiten in der Untertrave zutage geförderten Fundstücken zu und vervollständigten die vorigjährigen Sammlungen. Die Schaffung neuer Räume hat auch im letzten Jahre die Vor- steherschaft wiederholt beschäftigt und ist ihr Vertreter nach Möglichkeit für die Förderung der Angelegenheit im Museums-Verwaltungsausschuß tätig gewesen. Zum Abschluß konnte die Frage leider noch nicht gebracht werden, jedoch ist gegründete Aussicht vorhanden, daß dieses im Laufe des kommenden Jahres geschehen wird. Allen Förderern, Freunden und Mitarbeitern an den Aufgaben unseres Museums, im Auslande wie in der Heimat, sei hier nochmals der auf- richtige Dank der Vorsteherschaft ausgesprochen. An den Sonntagsvorträgen beteiligte sich die Naturhistorische Abtei- lung mit drei Vorträgen. Herr Seminarlehrer Benick: »Aus dem Leben der Ameisen«, Professor Dr. Lenz an zwei Sonntagen über » Versteine- rungen aus der Umgegend Lübecks«. Der Besuch des Museums seitens hiesiger und auswärtiger Schulen unter Führung ihrer Lehrer hat sich im letzten Jahre bedeutend gehoben, so daß namentlich gegen den Schluß der Halbjahre zuweilen mehrere Klassen verschiedener Anstalten gleichzeitig im Museum anwesend waren. Hauptsächlich galten die Besuche dem Naturhistorischen Museum, auch fanden hier Unterrichtserteilungen statt. al Die laufenden Einnahmen stellten sich wie folgt: Von der Gesellschaft zur Beförderung gem. Tätigkeit NM 5450,— Sonsulaeg Einnahmen sg re Eee: e 82,57 M 5532,57 Ausgaben bare Fehlbetrag M 14,21 An Stelle des, zum großen Bedauern des Vorstandes, wegen Fortzuges nach Hamburg aus der Vorsteherschaft ausgetreteneu Herrn Dr. G. Duncker wurde Herr Oberlehrer Dr. Steyer gewählt. Herr Seminardirektor Dr. Möbusz behielt den Vorsitz. Wir dürfen jedoch unsern Bericht nicht schließen, ohne noch eines Mannes zu gedenken, der in unermüdlicher, stiller Arbeit insbesondere unserer Naturhistorischen Abteilung viele Jahre lang eine kaum zu ersetzende Hilfe war. Als Fr. Jürgens wegen hohen Alters und Schwin- dens seiner Kräfte schweren Herzens eine Wiederwahl in die Vorsteher- schaft, der er so lange angehört hatte, ablehnte, war sein Interesse den- noch stets bei unsern Sammlungen; er schaffte, was er konnte, bis ein sanfter Tod in den Morgenstunden des 8. Juni 1907 dem müden Manne die Augen für immer schloß. Das Naturhistorische Museum wird dem aus seiner Mitte Geschiedenen ein treues Andenken bewahren. Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von 32 Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Herrn Pastor Lang-Heinrich, Bonga, Deutsch-Ostafrika: Eine Meer- katze (Cercopithecus rufoviridis). Herrn Fuchs-Förster: Von der Delagvabai, Durban und aus Kap- stadt: Krebse, Seeigel, Bryozoen und Kalkalgen. Herrn Richard Groth-Nossibe: Eine größere Anzahl Reptilien, Am- phibien, Insekten, Tausendfüßer und Spinnen. Herrn Hans Godtknecht-Kamerun: Schlangen und Insekten, Balg mit Schädel und Skeletteilen eines erwachsenen Chimpansen. Herrn Günther Telsmann: Eine große Sammlung nordwestdeutscher Schmetterlinge in Schubladen mit Schrank. Herrn G. Landau: Ein Meerneunauge (Petromyzon marinus), gefangen im Aalkorb bei der Berkentiner Schleuse. Herrn H. ©. Ulrich-hier: Ein Wespennest. Lübecker Brieftaubenklub von 1902: 13 verschiedene Rassen von Haustauben. der Südpolar-Expedition: Spongien, Oligochaeten, Asseln, Salpen, Leptostraken, Pteropoden, Moose und Flechten. Herrn stud. geogr. H. Spethmann: Vulkanische und andere Gesteine von Island. Herrn G. Keßler-hier: Einige angeschliffene Proben technisch ver- wandter Gesteine. Herrn G. Diederichs-Butin: Eine Anzahl Photographien naturhisto- rischer Gegenstände und Gruppen aus dem hiesigen Museum. Herrn Konsul L. Jauckens-Santos: Eine Sammlung von Land- und Meereskonchylien, meist aus der Provinz San Paulo (Brasilien). Herrn Zerrenner-Santos: Ein riesiges brasilianisches -Wespennest (Polybia sp.). Herrn Dr. Hartmann: Retortenförmiges Nest eines Webervogels aus Kamerun. Herrn Dr. R. Biedermann -Jmhoof, Eutin: Eudyptes pachyrhynchus von Neuseeland; Schädel von Ovis ammon 5 ad. Capra sibirica Meyer form. fasciata Noack; Geweih von Üervus eustephanus aus dem Altai (Tscholerman-Fluß); Schädel von Capra Ihbex X, Gehörne von Aepyceros melampus, Redunca Wardi, Damaliscus jimela, Bubalis cokei, Gazella Thomsoni vom Viktoria Nyanza. Gazella granti 7 und 2 vom Kilimandjaro, Cervicapra arundium aus Damaraland, Oreas canna vom Rovuma. 33 Von der Schlutuper Jagdgesellschaft: Ein auffallend großes, schwarzes (zahmes ?) Kaninchen. Von Herrn Wesendanck: Zwei Zahnplatten eines Riesenrochen (Rhinobatis sp.) aus den westindischen Gewässern. Für das Herbarium. Von Herrn Professor Dr. Schinz-Zürich: 150 afrikanische Pflanzen. Vom Herbar des Royal Garden-Kew (London) 20 dem Museum bisher fehlende Asclepiadeen-Arten. Für die mineralogische Abteilung. Von Herrn Tiefhauunternehmer L. Meyn: Stück eines Stoßzahnes vom Mammut aus den Kiesgruben bei Kl. Disnack. Von Frau Dr. A. Brehmer und Kindern: Eine in 3 Schränken und 84 Schubladen enthaltene Mineraliensammlung. Die Sammlung von Bohrproben wurde vermehrt durch Herrn Brunnenmacher Vogeley-Lübeck aus Lübeck, Schwartau, Padelügge, Westerau und Schlutup. Herrn Leon-Kiel aus Siems und mit Genehmigung des Herrn Direktor Dr. Neumark vom Hochofenwerk, Herrn Direktor Hase: Drei Bohrungen auf den Vogelsangwiesen, Herrn Hoffmann-Berlin aus Oldesloe und der Internationalen Bohrgesell- schaft aus einer bis 672 Meter reichenden Tiefbohrung bei Dissau, B. In Tausch erworben: Vom National-Museum in Washington (Ver. St. v. Am.): 85 Arten Krebse. C. Angekauft wurden: Von Herrn Ernst Wache-Hamburg: Krebse aus dem Roten Meer (Djibuti, Massaua). Von Herrn H. Schulz-Hamburg: Cecropia-Stamm mit Nest von Azteka Mülleri, einige Ameisen- und Wespennester aus Joinville (St. Katharina) Brasilien. Von Herrn Lehrer W. Blohm: Eine Pracht-Eiderente (Somateria spectabilis) aus der Travemünder Bucht, Februar 1907. Von Herrn Umlauff-Hamburg: Gehörne von Ovis tragelaphus aus Tripolis und ©. vignei aus Turkestan. Von Herrn Wildhändler Hümpel-hier: Eine abnorme, weiß und schwarz gefleckte Abart des Birkhahns aus der Nähe von Christiansand (8. Norwegen). 100 Kamerunpflanzen, gesammelt von Zenker-Jaap. Fungi selecti exsice. Gallen der Rheinprovinz, herausgegeben vom Rheinischen Bauernverein, Köln. er Der Bibliothek gingen zu: Il. Durch Sehriftenaustausch: Bautzen, Naturwiss. Gesellschaft Isis: Sitzungsberichte 1902—1909. Berlin, Gesellschaft naturforschender Freunde. Berlin, Zoologisches Museum: Mitteilungen Band III, Heft 3. Bericht 1906. Bonn, Naturhistorischer Verein für das Rheinland und Westfalen: Verh., Jahrgang 1907. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- berichte 1907. Bremen, Naturwissenschaftlicher Verein, Band 19, Heft 1, 1907. Breslau, Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur: 64. Jahresbericht. Colmar ı. Els., Naturforschende Gesellschaft. Cassel, Verein für Naturkunde: Abhandlungen und Bericht 51. Danzig, Naturforschende Gesellschaft: Schriften, 12. Band, 1. Heft. Dresden, Naturwissenschaftliche Gesellschaft „Isis“: Sitzungsberichte und Abhandlungen, Januar—Juli 1907. Frankfurt a. M., Senekenbergische naturforschende Gesellschaft: Bericht 1907. Frankfurt a. d. Oder, Naturwissenschaftlicher Verein des Reg.-Bez. Frank- furt: Helios. Fulda,%Verein für Naturkunde: II. Reihe, Heft 16. Gießen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Bericht (1904—1906) Band 1 und 2. Greifswald, Naturwissenschaftlicher Verein für Vorpommern und Rügen: Mitteilung 1907, 38. Jahrgang. Güstrow, Verein der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg: Archiv, 61. Jahrg. (1907), 1. Abt. Hamburg, Naturwissenschaftlicher Verein: Beiträge XIX, Band 2. Hamburg, Naturhistorisches Museum: Mitteilungen, Jahrgang 24 (1907). jamburg, Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung: Band 13 (1905 —1907). Hannover, Naturhistorische Gesellschaft: Heft 19. Hildesheim, Römermuseum: Bericht und Mitteilung 21 und 22. Kassel, Verein für Naturkunde: Bericht 48, Jahrgang 1903. Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein: Schriften, Band 13. Königsberg, Physikalisch -ökonomische Gesellschaft: Schriften, 47. Jahrg. (1906). Magdeburg, Museum - für Natur- und Heimatkunde: Abhandlungen und Berichte. 35 München, Ornithologischer Verein: 1905, Band 6. Nürnberg, Naturhistorische Gesellschaft: Abhandlungen, Band 16, Jahres- bericht. Regensburg, Naturwissenschaftliche Vereinigung. Stuttgart, Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg: Jahres- heite, 62. Jahrgang, Jahıreshefte 1907 nebst Beilage. Wiesbaden, Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrbuch 60, 1907. Zwickau, Verein für Naturkunde. Wien, K. K. naturhistorisches Hofmuseum: Annalen, XXI. Heft 1—2. Wien, K. K. zoologisch- botanische Gesellschaft: Verhandlungen Bd. 57, 1907. Prag, Deutscher naturwissenschaftlich - medizinischer Verein »Lotos« Band XXVI, 1906. Budapest, K. ungarisches Nationalmuseum: Annalen Bd. IV, Part. 2, Bd. V, Part 1 und 2, 1907, Hermannstadt, Siebenbürgischer Verein für Naturwissenschaften: Verhand- lungen und Mitteilungen Band 55 und 56. Basel, Naturforschende Gesellschaft: Schriften, Bd. XIX, 1 und 2, 1907. Bern, Naturforschende Gesellschaft: Mitteilungen aus dem Jahre 1907, Nr. 1609—1628. Zürich, Naturforschende Gesellschaft: Neujahrsblatt für 1906, Vierteljahrs- schrift, Jahre. 52, 1 und 2, 1907. Winterthur, Naturwissenschaftliche Gesellschaft: Mitteilung, Heft 6, 1906. St. Gallen, Naturforschende Gesellschaft: Jahresbericht 1906. Genf, Societe Helvetique des Sciences naturelles: Compte rendu des Tra- vaux 1904, 1905, 1906. Amsterdam, K. Akademie von Wetenschapten: Verslagen van de Gewone Vergaderingen des Wisen Natuurkundige Afdeling, Deel XV, 1-2. Haarlem, Musee Teyler: Archives, Ser. II, Vol. X, 4 und XI, 1. Bergen, Museum: Aarbog 1907, Heft 1—2. Aarberetning, J. 1906. Stockholm, K. schwedische Akademie der Wissenschaften: Arsbok for 1907; Arkiv for Botanik Bd. VI, 3—4. Arkiv for Zoologie Bd. III, 3—4. Arkiv for Kemi, Mineral. u. Geol. Bd. II, 4—6. Les Prix Nobel en 1904 Stockholm, Zootomisches Institut: Bd. 4—6. Upsala, Universität: Arct. Invertebrat Bd. 41, 4. Stavanger, Museum: Aarshefte for 1906. Tromsö, Museum: Aarsberetning for 1905, 1906. 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Valparaiso, Museo de Valparaiso. Montevideo, Museo nacional. Anales. Vol. VI, 1-2. io de Janeiro, Museo nacional. Para (Brasil.), Museo Paraense. Caleutta, Indian Museum. Nat. Hist. Sect. Records Vol. l, 1. 2. 3. Memoirs Vol. I, pt. 12. Sapporo, Japan. Transactions Vol. 1, 1—2. Batavia, Kon. Natuurkundige Vereenigung in Nederlandsch Indie: Tjid- schrift Deel 46. Singapore, Raffles Museum: Journal Nr. 48. Sidney, Australian Museum: Records. Vol. VI, 4 5. Memoirs IV, 10. al Brisbane, Queenslanud-Museum: Annals Nr. 7. Kapstadt, South African Museum Annals. Vol. V. Marine Investig. Report for 1906. Natal, Government Museum, Report 1905, Annals Vol, I, 2. Grahamstown, Albany Museum, Report f. 1906 Records II, 1, 2. I. Angekauft wurden: Nobili, Decapodes et Stomatopodes de la mer rouge. Schmiedeknecht, Hymenopteren. Seitz, Großschmetterlinge der Erde. Abt. Exot. Jourdan, Les Ophidiens de Madagascar. Calwer, Käferbuch. Ziegler, Zoolog. Wörterbuch. 1. Teil. Kükenthal, Zoolog. Praktikum. Ray Lankester, Extinct animals. Dotlein, Ostasienfahrt. Seeley, Dragons ol the air. Die Fortsetzungen von; Das Tierreich. Bronn’s Klassen und Ordnungen des Tierreichs. Zoologische Jahrbücher. Zoologischer Anzeiger. Bibliotheka Zoologica. Zoological Record. Vol. 43. 1906. Notes from the Leyden Museum. Martini und Chemnitz: Konchylien-Kabinett. Nachrichtsblatt der deutschen malakozoologischen Gesellschaft. Entomologische Literaturblätter. Zeitschrift für wissenschattliche Insektenbiologie. Schmiedeknecht, Ichneumologica. Reitter, Bestimmungstabellen europ. Käfer. Heyne, Die exotischen Käfer. Spuler, Die Schmetterlinge ‚Europas. Berliner entomologische Zeitschrift. Deutsche entomologische Zeitschrift. Stettiner entomologische Zeitschrift. —: III, j Fan er f: BEZ hr leaiımy ek on SE NORA ur DR Io 2 - I oe r or to un N Hi ioltrasslf Nero od . EITRR: nd 1% DR eh / F ’ Fr: Aa ] 7 L } ‚gar al Endergln nt Ba na al jo EI opsetll urihsttendon si Nirtalian sea 07 ea ne nr HkcHLDOLT ME 13835 LI IGE35X \ NH Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums LÜBECK. Herausgegeben vom Redaktions-Ausschuss. Zweite Reihe. Heft 23. Lübeck 1908. In Kommission bei R. Friedländer & Sohn- Berlin. Mitteilungen d Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums ISENEHIC.K. Herausgegeben vom Redaktions-Ausschuss. Zweite Reihe. Heft 23. [—r —— Lübeck 1908. In Kommission bei R. Friedländer & Sohn-Berlin. BB: r r eö Fr Adurdı ı we or E j ji . x BEE ap ä - D: - j R Pr Eh dat hl Den! in PR rn (dan ur Mi Inhaltsverzeichnis. Franz Oskar RKarstedt. Die südfinnische Skärenküste von Wiborg bis Hangö. Ein Beitrag zur Geographie der Ostseeküsten . Dr. Rudolf Struck. Neue Beobachtungspunkte tertiärer und fossilführender diluvialer Schichten in Schleswig-Holstein und Lauenburg . Prof. Dr. P. Friedrich. Über neue Bohrungen in der Umgegend von Oldesloe in Holstein. (Interglazial, Miocän und Eocän.) Mit 2 Tafeln Gesellschafts- Angelegenheiten . Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1906 . u eb Die südfinnische Skärenküste von Wiborg bis Hangö. Ein Beitrag zur Geographie der Ostseeküsten. Von Franz Oskar Karstedt. uLII 5 Im großen hat jeder Teil der Erde die Küsten, die seinem Bau entsprechen. Ratzel, Studien. Vorwort. Lange sind die Zeiten vorüber, wo ein so abgeschlossenes Meer, wie die Ost- und Nordsee, den Mittelpunkt des Handels und Verkehrs des größeren Teiles der Kulturwelt bildeten, wo diese zentrale Lage an ihren Küsten Städte wie Lübeck, Stettin, Danzig entstehen sehen konnte. Die Entdeckung Amerikas, des Seewegs nach Östindien ete. hat den Schwerpunkt des Handels und Verkehrs in andere Zonen verlegt, und heute ist die Ostsee nichts weiter als ein bloßes Anhängsel des gewaltigen, verkehrsreichen Atlantik: ziemlich wichtig für die anwohnenden Völker, bedeutungslos aber für den großen weltumspannenden Verkehr. Was sind heute noch Inseln wie Gotland und Bornholm, einst wegen ihrer günstigen Lage so wertvolle, viel umstrittene Plätze? Fast ganz ‚herabgesunken in das Reich der Vergangenheit. Mit der Verminderung der politischen Bedeutung der Ostsee nahm auch das geographische Interesse für sie ab, und das ging soweit, daß wir in hydrographischer und morphologischer Hinsicht jetzt über viele Teile des atlantischen Oceans besser unterrichtet sind, als über die Ostsee. Ganz besonders läßt unsere Kenntnis der Küsten noch zu wünschen übrig, was um so mehr zu bedauern ist, als wir gerade an der Ostsee ausgezeichnete, wenn auch größtenteils nicht charakteristische Typen besitzen und gerade die Einheitlichkeit in der Genesis dieser Typen als Schollenküsten macht die ganze Ostseeküste wohl einer eingehenden vergleichenden Bearbeitung würdig. Allerdings .ist zunächst noch viel Detailarbeit zu tun; denn, außer von der kimbrischen, der mecklenburgisch-pommerschen und einem Teil der schwedischen Küste, liegen fast noch gar keine Bearbeitungen vor. Deshalb hoffe ich, mit der vorliegenden Arbeit einmal eine teil- weise Ausfüllung der vorhandenen Lücke zu erreichen, zum andern aber denke ich der modernen Auffassung, »die Küste ein Saum«, einige, hoffentlich nicht unbedeutende Beiträge liefern zu können. Die Arbeit verdankt ihre Entstehung einerseits meinen eigenen Reisen, Wanderungen und Studien in Finland, Lappland und Skandinavien, andrerseits der Anregung meines unvergeßlichen Lehrers und väterlichen Freundes Friedrich Ratzel. Für wirksame Unterstützung bei ihrer Abfassung bin ich ferner zu Dank verpflichtet den Herren Geheimräten Partsch, Credner in Leipzig, Karstedt und Prof. Friedrich in Lübeck, H. Karstedt in Wiborg, Prof. W. Ramsay und vor Allem meinem Freunde J. E. Rosberg, Professor der Geographie an der Alexanderuniversität in Helsingfors. Allgemeines. Wohl keine geographische Erscheinung muß so sehr als das Produkt einer seit langem fortschreitenden Entwickelung aufgefaßt werden, wie die Küsten. Wenn ich als Geograph unter dem Begriff »Küste« den langen Streifen der Erdoberfläche verstehe, in dem sich Festes und Flüssiges, Gestein und Wasser berühren, wenn ich diesen Streifen — in übrigens vollkommener Verkennung der natürlichen Tatsachen — auf der Karte als Linie, als Größe von nur einer Dimension darstelle, so darf ich doch nicht übersehen, daß dieser Streifen als Grenze nur etwas Vorübergehendes, ja im erdgeschichtlichen Sinne nur etwas Momentanes ist. Wo vor einem Menschenalter noch festes Land war, wogt jetzt das Meer, und umgekehrt gräbt der Pflug jetzt seine Furchen dort, wo vor einem Jahrhundert der Fischer seine Netze auswarf. Was bedeuten denn 100 oder 1000 Jahre in der Geschichte der Erde und ihrer Entwickelung, wo wir gewohnt sind, das Alter der Erde und ihre Bildungen nach Millionen von Jahren zu schätzen? So ver- dienstvoll die Arbeiten eines v. Hoff und anderer sind, die uns über die natürlichen Veränderungen der Erdoberfläche in historischer Zeit Auf- schluß geben, im Grunde zeigen sie uns doch immer nur neben der Dürftigkeit unseres Beobachtungsmaterials die Notwendigkeit, jede Erscheinung nicht als eine vereinzelte, abgeschlossene zu betrachten, sondern als eine unter vielen, die alle ihre Vorbedingungen in .früheren Erscheinungen haben, aufzufassen. Kleine fortdauernde Veränderungen in großen Zeiträumen: dieser Satz ist allen physikalisch-geographischen Betrachtungen vorauszüstellen. Einen Stillstand in der Natur gibt es nicht; das lehrt am besten die Geschichte des Meeres und seiner Grenzen, der Küsten. Denken wir nur an eines der kleinsten und zugleich jüngsten Meere, die Ostsee. Welche Unsumme von Kräften mußte zur Anwendung kommen, wieviele Jahrtausende mußten verfließen, um das Meeresbecken zu schaffen, das wir Ostsee nennen. Und noch gehen andauernd Ver- änderungen vor; im Norden, in Nordschweden und Finland, rückt das Land gegen das Meer vor, im Süden, an den deutschen und süd- schwedischen Küsten, scheint umgekehrt das Meer gegen das Land vor- zurücken, ungeachtet der anderen Kräfte, die abradierend, anschwemmend usw. die Küste ewig umgestalten. »Der heutige Strand ist nur eine Strandlinie unter vielen, die über und unter ihr liegen«, sagt Ratzel in seinen »Studien über den Küstensaum« (Leipzig 1904). Wie recht er mit diesen Worten hat, in denen kurz das Unbeständige, das Fluktuierende des Meeres und seiner Grenzen ausgedrückt liegt, weiß jeder, der die nordeuropäischen Küsten besucht hat. Welche Fülle von Anzeichen eines einst höher stehenden Meeres (streng genommen ist ja dieser Ausdruck falsch) bieten die Fjordküsten Norwegens, die Skärenküsten Schwedens und Finlands, Meer und Zeit haben hier autographisch ihre Anzeichen in Strandlinien, Strandwällen (Blockpackungen) und marinen Ablagerungen eingegraben. Klippen und Inseln, wie wir sie von derselben Form schon als Berge auf dem Festlande kennen gelernt haben, beweisen, daß auch unter der jetzigen Strandlinie noch tiefere gelegen sind. Überall lernen wir so die Küste als einen Übergang des Landes ins Meer kennen, mehr oder weniger allmählich, je nach dem orographischen Aufbau des betreffenden Gebiets. — Am typischsten für diese Auffassung der Küsten sind natürlich die- jenigen, bei denen Land und Wasser in einem möglichst breiten Streifen möglichst innig in einander greifen, bis seewärts das Meer, landwärts der Kontinent dominiert: d. h. also bei den Küsten, wo das Land in Halbinseln und halbinselartigen Bildungen mit Inselketten als Fortsetzung gleichsam ins Meer hinabgleitet, während das bewegliche Element, das Wasser, in tief einschneidenden Buchten, die ihrerseits in Tälern, Binnen- seen etc. ihre Fortsetzung finden, in das starre Element hinübergreift. Es sind die Küstentypen, die wir in Nordeuropa als Fjord-, Skären-, Föhrden- und Boddenküsten, in West- und Südeuropa als Riasküsten, Küsten vom Dalmatinischen Typus etc. kennen. Durch annähernd 7 Längengrade (Hangö ca. 23° ö. L., — Raivolä 30° ö. L.) zieht sich die südfinnische Küste. Bei einer Betrachtung der Skärenküste scheidet allerdings ein Teil dieser Strecke aus, nämlich die sandige flache Küste der Karelischen Nase, jenes Quartärgebildes, das sich isthmusartig zwischen den Ladogasee und den finnischen Meerbusen legt. Die eigentliche Skärenküste, in WSW — ONO Richtung streichend, hat in glatter Linie gemessen von Hangö (59° 46° n. Br.) bis Wiborg (60° 43° n. Br.) eine Länge von 389 km. Allerdings — diese Zahl sagt ebensowenig, als wenn ich sage, das Ergebnis der polarkurvimetrischen Messungen ergibt für den Umriß der gesamten Küste mit Einschluß sämtlicher Inseln nach meinen Messungen annähernd 35000 km; denn die Vielgestaltiskeit und die zierliche Entwickelung dieser komplizierten Küstenform läßt sich eben nicht durch Zahlen wiedergeben. Zunächst ist einmal die Frage zu beantworten, was überhaupt in unserem Fall zur Küste gehört. Die Pencksche Definition der Küste als des Abfalls des Landes zum Meer läßt sich in Bezug auf die südfinnische Küste noch verschärfen. Bekanntlich stellt doch Finland als Teil der Fennoskandia ein Plateau von 100 m durchschnittlicher Höhe dar. —ı Geographisch ist dieses Plateau durch seinen Reichtum an Seen, geologisch durch das Überwiegen des Moränenmaterials charakterisiert. Vor diese Seenlandschaft legt sich in einem Streifen, der bis 100 km breit wird, der Küstenteil des Festlandes, der durch den Mangel fast jeden Moränen- materials und durch seine Armut an größeren Seen gekennzeichnet ist. Die südfinnische Küstenlandschaft wird außerdem noch besonders von der Seenplatte getrennt durch den Salpausselkä, jene Endmoräne, die eingehend G. de Geer beschrieben hat. Diese Endmoräne läuft von dem südwestlichsten Punkt Südfinlands, Tulludden, zunächst in nordöstlicher Richtung bis zum Südpunkt des Päjenneseensystems bei Lahti, um sich dann ost- und später in Karelien nordwärts zu wenden. Der Salpausselkä grenzt somit auch noch gegen den Ladogasee eine von glazialen und postglazial-marinen Ablagerungen erfüllte Küstenlandschaft ab. Die Nord- küste des Ladogasees ist im übrigen auch Skärenküste, wie ja überhaupt dieses Seebecken alle die charakteristischen Züge eines erst seit kurzem von der Ostsee abgeschnürten Meeresteils zeigt. Von ausgeprägten Flußsystemen durchfurcht, steht also die süd- finnische Küstenlandschaft streng geschieden der Seen- und Moränen- landschaft jenseits des Salpausselkä gegenüber. Wo dagegen ist die Grenze der Küste seewärts zu suchen? Um es vorweg zu nehmen, so haben wir doch in dem Skärgärd — und um den handelt es sich doch bei der Bestimmung der Außengrenze — eine er- trunkene Abrasions- und Erosionsebene. »Man würde bei untergetauchten Tälern, die sich bis auf den Meeresboden fortsetzen, überhaupt keine Grenze gegen diesen finden,« sagt Friedrich Ratzel. Dieser Satz ist m. E. aber doch nur bedingt aufzunehmen. Das, was die Täler bildet, die Tal- wände, die parallel laufenden Bergzüge, das ist es ja, was das Land ins Meer hinein fortsetzt. Die Täler sind doch immer nur das sekundäre. Und da, wo die letzten Ausläufer des Festlandes sich noch bemerkbar machen, sei es submarin als gefährliche Untiefen, oder supramarin als Inseln, Klippen oder Skären, dahin ist meiner Meinung nach die äußere Grenze des Küstensaumes zu legen, vorausgesetzt natürlich, daß diese Ausläufer auch wirklich Merkmale des festen Landes sind. An der süd- finnischen Küste nun glaube ich diese Grenze in der 40 m Isobathe ge- funden zu haben. Betrachten wir auf der deutschen Seekarte des finnischen Meerbusens in 1: 600000 die 40 m Tiefenlinie. Diese Isobathe zeigt einen auffallenden Parallelismus mit dem Verlauf der Festlandsküste, wenn sie auch im einzelnen stark modifiziert erscheint. So entspricht der 5 See- meilen langen Pikkalawik eine 4 Seemeilen lange, in derselben Richtung ziehende Einbuchtung der 40 m Linie. Auch die lange in nordwestlicher Richtung ziehende Stor Pernäwik findet in ihr ihre Wiederholung. Ja sogar die senkrecht zu ihren Nachbarn ziehende Esbowik, die wahr- scheinlich durch eine Verwerfung entstanden ist, spiegelt sich in ihr wieder. Ferner umschließt diese Linie außer dem ganzen übermeerischen Skärgärd auch den gesamten untermeerischen, d. h. alle Untiefen. Aus allen diesen Gründen glaube ich mit gutem Recht die äußere Grenze der Küste in die 40 m Isobathe legen zu können. Aus noch einem anderen Grund halte ich die 40 m Isobathe für wichtig: ich glaube nämlich in ihr die Abbruchslinie zu sehen, an der der finnische Meerbusen zusammen mit dem Mälartal absank. Die Breite des Saumes zwischen Salpausselkä und der 40 m Isobathe variiert sehr stark. So beträgt sie bei Hangö 16 km, im Meridian von Lahti 104 km, in der Länge von Kotka 76 km. Wenn wir also eine durchschnittliche Breite von 65 km annehmen, so macht das ungefähr !/, der Breite des Teils von Finland aus, der zum finnischen Meerbusen entwässert. — Auch wenn wir die Innengrenze der Küste durch die Punkte legen, in denen das Meer am tiefsten ins Land schneidet, haben wir noch eine breite Küste. Bei Ekenäs hätte darnach noch die Küste eine Breite von 46 km, bei Strömsby wäre sie 24 km breit, bei Pernä 35 km, bei Fredriks- hamm 33 km und bei Verolaks 90 km: im Durchschnitt wäre sie also 3l km breit. Das Verhältnis wäre also in diesem Fall 1:15. Ihre charakteristischen Züge erhält die Küste einmal durch die bis ins Äußerste gehende Zerlappt- und Zerschlitztheit und zum andern durch die zierliche Auflösung des Landes in Tausende von Klippen und Inseln nach der See zu. Von der See kommend, können wir also 3 hintereinander liegende Streifen erkennen: 1. den Skärgärd '), d.h. die Summe der vor der Küste liegenden Inseln und Klippen, 2. den Saum, der sein zerrissenes Gepräge durch die mehr oder weniger tief einschneidenden Fjärde erhält, und 3. den Landstreifen, der, im Norden vom Salpausselkä begrenzt, seinem morphologischen Aufbau nach noch unmittelbar zur Küste gehört. Der Skärgärd, Ununterbrochen begleitet ein anscheinend regellos geordnetes Ge- wirre von Inseln und Klippen die Küste von Wiborg bis Hangö, das in seiner Breite i. A. von Westen nach Osten abnimmt. Das ist der Skärenhof, der zusammen mit der bis ins Äußerste gehenden Entwickelung des Seensystems Finland seinen landschaftlichen und geographischen Charakter verleiht. Weit draußen im Meer bereits fühlt man gleichsam seine Nähe, wenn man die grünbraunen Wogen über den »blinden«, d. h. submarinen Klippen branden sieht. Doch schon bald tauchen die ersten Skären aus dem Wasser empor, wie die Rücken von Riesentieren. Von Eis und Wasser poliert, glatt und eckenlos auf der Nordseite, zerblockt und von Rissen durchsetzt auf der Südseite, so tauchen diese Klippen empor. Häufig fast kreisrund, erheben sie sich bei Normalwasserstand meistens nur wenige Fuß über den Meeresspiegel. Ununterbrochen nagen Wetter und Wasser an dem Gestein, das deshalb auch nur selten Gletscherspuren, häufiger aber dafür Treibeisspuren aufweist. Eine unendliche, grause Starrheit liest über diesen Skären, die namentlich dort, wo sie in großer Zahl auftreten, bei ruhiger See den Eindruck eines in leichter Dünung plötzlich erstarrten Meeres machen. — Landschaftlich ein ganz anderes Bild bietet der innere Skärgärd. Herrschten bisher die kahlen, immerhin niedrigen Gesteinsrücken vor, denen fast jede Vegetation fehlte, gestattete die Landschaft vorher einen freien Rundblick, so reiht sich jetzt eine mit dichtem Nadel- oder Birkenwald bedeckte Insel an die andere, ein wahres Insellabyrinth von einer strengen unberührten Schönheit, in dem den Weg zu finden, nur dem Kundigen möglich ist. Gleichzeitig sind diese Inseln auch schon bedeutend höher und größer. Wenn im äußeren Skärgärd Inseln von !/, qkm Oberfläche und 10—20 m Höhe doch immer- hin zu den Seltenheiten gehörten, kommen hier solche von 5 und mehr qkm Oberfläche und 20—40 m Höhe doch schon häufig vor, weshalb sie vom Volk und auf den Karten mit Vorliebe mit der Bezeichnung »Land« belegt werden (z. B. Bergölandet bei Helsingfors, Kjefsalölandet bei Pernä etc... Auch bei diesen Inseln läßt sich immer in den Konturen des sie bedeckenden Waldes die weniger steile und ebene Nord- (Stoß-) seite von der zerrissenen und zerblockten Süd- (Lee-) seite deutlich unter- scheiden. — Ich erwähnte schon, daß die Breite des Skärgärds i. A. von West nach Ost abnimmt. Ausgehend von der mehr oder weniger reichen Gliederung der Festlandslinie und der Dichte des Skärgärds kann man vielleicht folgende 6 Abschnitte in der Richtung von West nach Ost unterscheiden: 1. Hangöudd— Twärminne, ca. 20 km. Dieser Abschnitt der Küste ist sehr wenig gegliedert. Teilweise ist die Küste von Dünen begleitet, die bei Twärminne 2!/, m tiefe Dünenseen ein- schließen. Nehrungen ziehen sich parallel dem Ufer entlang. Der Skär- gärd besteht hier nur aus wenigen kleineren Klippen. Anstehendes Ge- stein (Granit) tritt außer in den Klippen nur in vereinzelten Punkten am Festland auf, wo es sich kuppenförmig über den Sand und Torf der Halbinsel Hangö erhebt. 2. Twärminne-Porkkala, ca. 65 km. Die Festlandslinie ist äußerst stark gegliedert. Mehrere Fjärde schneiden tief ins Land ein. Der Skärgärd erreicht seine Maximal-Entwickelung an der ganzen Küste überhaupt. In der Nähe der Küste finden sich mehrere Inseln, die zu den größten im finnischen Meerbusen überhaupt gehören (Degerö, Gullö). Ein ausgesprochenes versunkenes Längstal stellt der Barösund dar. Im östlichen Teil dieses Abschnitts läßt sich ein ausge- sprochenes Vorherrschen der Richtung NO—-SW im Streichen der Fjärde und Täler und zum Teil auch der Skären nachweisen. Als anstehendes Gestein herrscht im Skärgärd der Gneiß vor, dessen einzelne Kuppen durch den »Kroßtensgrus« der Grundmoräne und den Eismeerthon sowie Torf und rezenten Schlamm zu größeren Inseln zusammengekittet sind. 10 3. Porkkala-Sibbofjärd, ca. 60 km. Die Küste wird von einigen kleineren Fjärden durchschnitten, die von einander in der Richtung stark divergieren. Der Skärgärd ist nicht sehr stark entwickelt. Kleine Inseln herrschen vor. Fluviatiler Sand und Granit herrschen als Inselbildner vor. 4. Sibbo-Pernä, ca. 36 km. Die Küste ist stark gegliedert. Die größten Fjärde der Südküste schneiden tief ins Land ein (Pernäwik etc.). Der Skärgärd erreicht noch einmal eine reiche Entwickelung. An der Verschmelzung der Inselkerne nimmt i. A. der »Rullstensgrus« der Äsar teil. Im Streichen der Fjärde und Täler sowie in der Gliederung des breiten Skärgärds zeigt sich deutlich ein Überwiegen der Richtung NW-—SO. 5. Pernä-Wirolahti, ca. 60 km. Die Uferlinie ist reich ge- gliedert. Als anstehendes Gestein tritt zuerst der leicht verwitternde Rapakiwi auf, der der ganzen Landschaft seinen Stempel aufprägt. Der westliche Teil dieses Abschnitts weist fast gar kein anstehendes Gestein auf. Nur an wenigen Stellen ragen aus den weiten Kroßtensgrus und Sandrücken die runden flachen Kuppen des Rapakiwi hervor. 6. Wiro- lahti-Wiborg. Die kurzen breiten Buchten streichen NW—SÖ. Eigentliche Skären kommen fast gar nicht mehr vor. Nur in der Nähe des Fest- landes haben sich einige Reste der Grundmoräne als Inseln erhalten. Weite Sand und Grundmoränenstrecken charakterisieren diesen Abschnitt der Küste. — Unter den Skären lassen sich wieder einzelne Gruppen von solchen unterscheiden. Der kleinen runden Klippen des äußeren Skär- gärds ist schon kurz oben Erwähnung getan worden. Sie stellen die fast unverändert erhaltenen Rundhöcker dar, wie wir sie in derselben Form aus allen Gebieten einstmaliger starker Vergletscherung kennen. Die Überdeckung durch glaziale und postglaziale Produkte, wie die Gletscher- geschiebe, den Eismeerthon, die Schlammmassen des Ancylusmeeres usw. sowie durch das Wasser hat diesen Rundhöckern die Gestalt bewahrt, die sie hatten, als das diluviale Gletschereis sie aus der ursprünglich eckigen und unregelmäßigen Bergspitze herausmodelte. Anders die Gruppe der Klippen, die, sei es durch ihre Höhe, sei es durch ihre nähere Lage zum Festland, schon längere Zeit den litoralen Agentien, besonders der Brandung, und dem Einfluß der Atmosphärilien ausgesetzt waren. Hier ist der Charakter des Rundhöckers häufig bis zur Unkenntlichkeit ver- wischt, und nur einige, der Insel aufliegende Sekundärrundhöcker stellen vielleicht den Übergang zur ersten Gruppe her. Bei Twärmineudd liest die aus porphyrischem Granit bestehende Insel Längskär. Diese Insel erreicht bei einer Länge von 6—700 m und einer Maximalbreite von 300 m eine Höhe von ca. 20 m. Schroff und ungegliedert erhebt sie sich steil- wandig aus dem Meer, nur an einigen kleinen Stellen eine schwierige Landung gestattend. Auf der der offenen See zugewandten Südseite stellt der Steilabfall das deutliche Produkt der Abrasion des Meeres dar. Man beobachtet hier in dem harten Gestein eine Aneinanderreihung von ‚halbkreisförmigen Nischen, die wahrscheinlich durch die Abrasionswirkung nl der schräg auf die Wand der Klippe stoßenden Wellen gebildet sein dürften. An ihrem Fuß haben sich in Gestalt von großen Blöcken, Geröll und grobem Sand die Abrasionsprodukte angesammelt, die auf diese Weise einen breiten Vorstrand bilden und so den Steilabfall teil- weise vor der weiteren zerstörenden Arbeit der Brandung schützen. Der Steilabfall selbst ist durch und durch von Spalten durchsetzt, an denen einige Felspartien abgesunken sind. Andere haben wieder Anlaß zu kleineren Höhlen- und Kluftbildungen gegeben, die nun ihrerseits als Ausgangspunkte neuer Spaltenbildungen im Verein mit dem Spaltenfrost die Felsmasse zu zerkleinern suchen. Die Oberfläche der Klippe ist ein wildes Chaos von Spalten, Einbrüchen, stehen gebliebenen Horsten etc. Dazwischen hat sich in einer vom Eis auspolierten Wanne ein kleiner Brackwassertümpel angesammelt, der seinerseits wieder zum Tummelplatz einer reichhaltigen niedern Tierwelt geworden ist. — Unter den Ver- werfungen läßt sich deutlich eine der Richtung der Insel von Ost nach West folgende Hauptverwerfung erkennen. Unter den größeren Spalten tritt besonders eine hervor, die, ein bis zwei Meter breit, schroff von der Mitte der Insel zum Meer hinabläuft, ähnlich den »Kaminen« der Hoch- gebirge. Merkwürdigerweise sind ihre Wände im Gegensatz zu den anderen Spalten auf Längskär um 30° geneigt. Das Oberflächenbild dieser Klippe wird noch verwirrter durch die Strandlinien, die zusammen mit dem Strandgerölle in 10—12 m Höhe auch diesem Stück Erde die Zeichen der säkularen Hebung der Fennoskandia aufgeprägt haben. Diese relativ hohe Klippe ist auch nicht ohne Bewohner. Auf der dem Lande zugekehrten Seite fristet zwischen Strandgeröll und erratischen Blöcken eine krüpplige Birken- und Kiefernkolonie ihr dürftiges Dasein, die pfropfenzieherartig gewundenen Äste möglichst im Schutz irgend eines größeren Blockes bergend. Mit Ausnahme der von der Brandung be- spülten Teile ist außerdem die ganze Klippe mit einer manchmal halb- meterdicken Schicht einer hochwachsenden Flechtenart bedeckt, deren Ästehen in diesem rauhen Klima spröde wie Glas sind. Das Tierleben ist außer durch eine Anzahl meist flügelloser Insekten durch mehrere Seevögel, wie Eiderenten, Möwen usw., sowie einige Schlangen vertreten. Zur selben Gruppe kann man auch die Insel Högholm bei Hangö rechnen. Man meint in einem Krater zu stehen, wenn man sich auf den höchsten Punkt dieser ca. ®/, km im Umfang messenden Klippe begeben hat. Eine einige Fuß tiefe runde Wanne von 6—7 m Durchmesser, nach Süden geöffnet, die analog den von der Brandung gebildeten Strudel- löchern entstanden sein dürfte, schickt ein Gewirre von V-förmigen Miniaturtälern zum Meeresspiegel hinab. Diese kleinen Täler, die durch Erosion und Spaltenfrost gebildet sind, dienten kleinen Gletschern als Bett. Als ich Högholm im April 1904, zurzeit der Schneeschmelze be- suchte, war die Wanne mit Schnee und Firn erfüllt und deshalb nicht näher zu untersuchen. Die dritte Gruppe von Skären umfaßt vor allem die größeren Inseln des inneren Skärgärds. Bisher hatten wir es doch mit immerhin recht kleinen Felsklippen zu tun, an deren Aufbau eben nur der Fels und seine Trümmer beteiligt waren. Bei der Gruppe, die wir jetzt zu besprechen haben, sind es gerade die an ihrem Aufbau beteiligten litoralen Agentien, die sie von anderen unterscheiden. Besonders fluviatile Sande und Schwemmsand, sowie das Moränenmaterial der Eiszeit sind es, die hier die einzelnen Felskerne umlagern und zu einer größeren Insel zusammen- schmelzen oder einzelne kleine Inseln durch Ausfüllung ihrer Buchten vergrößern und abrunden. Diese Bedeckung mit humosen Stoffen hat natürlich Anlaß zu einer reichen Vegetation gegeben. Alte Kiefern nehmen die Spitze des Berges ein, grüne Fichten und weißstämmige Birken be- schatten die Täler, und eine manchmal meterdieke Schicht von Moos gleicht alle Unebenheiten des Bodens aus, besonders am Süd- (Lee-) abhang der Berge, der mit Geschiebe und grobem Geröll häufig gleich- sam gepflastert erscheint. Zwischen den größeren Felsblöcken gedeihen üppig die Beerensträucher, und eine bunte Blumenpracht gibt dem sonst schweren Bilde einen fast heitern Anstrich. Der Zugang zur Nordseite der Inseln pflegt meistens von einem dichten Gewirre von Schilf und Binsen eingenommen zu sein. Eine Tatsache möge hier noch erwähnt werden: während das Innere Finlands nur 420 Arten von Gefäßpflanzen aufzuweisen hat, hat der innere Skärgärd deren 750. Wie stark die Verschmelzung wirkt, mögen hier einige Beispiele lehren. Ausführlicher werde ich später bei der Behandlung der Frage der natürlichen Landvermehrung an der südfinnischen Küste von dieser Tatsache sprechen. Die große Insel Degerö besteht aus mehr als einem Dutzend kleiner Granit- und Gneißkerne, die durch Schwemmsand, Äker- lera und das Material der Grundmoräne zu einer Insel von 103 km Um- fang zusammengekittet sind. — Auf der Insel Kjefsalö bei Perna haben sich zwischen 3 kleine Rapakiwikerne in weiter Ausdehnung die Mate- rialien der Grundmoräne abgelagert, die auf diese Weise mit etwas Torf das 25fache Areal des Rapakiwi einnehmen. Häufig findet man auf den Inseln des inneren Skärgärds, einge- lagert in Sand oder Thon, kleine Seen und Teiche, die vielleicht sogar noch kleine Bäche nach jeder Seite abschicken: Zeugen der natürlichen Landvermehrung. — Bei dieser Gelegenheit mögen auch die Rapakiwi- inseln des östlichen Skärgärds Erwähnung finden. Über die Verbreitung des Rapakiwi schreibt Holmberg in seinem Werk: »Material till Finlands Geognosi« Seite 15 und 16: »Der durch seine Verwitterung für Finland charakteristische Rapakiwi, der in geologischer Beziehung einen Übergang vom Granit zum‘ Porphyr bildet, nimmt in Südfinland ein Gebiet ein, dessen Grenzen sich ziemlich genau festlegen lassen. Es beginnt zwischen der Kirche von Pernä und der Stadt Lovisa und zieht sich nach Osten 13 bis zum Wuoksen (jenem gewaltigen Fluß, der vom Saima zum Ladoga fließt und u. a. die bekannten Imatrafälle bildet. Im Norden kann es begrenzt werden durch den Hügelzug des Maanselkä, der durch die Kirchspiele Walkiala und Luumäki zieht. Der Rapakiwi kommt auch in anderen Teilen Finlands vor, aber ist hier noch nicht so genau unter- sucht, als daß man bestimmt seine Grenzen angeben könnte. So besteht z. B. ein Teil des sogenannten Äländischen Festlandes (soll heißen der Hauptinsel des Äländischen Archipels) aus diesem Gestein; im Län Äbo bildet er das überwiegende Gestein in den Kirchspielen Letala, Sastmola, Eura und Euraäminne. ?) Endlich tritt er auch als untergeordnetes Gestein auf im Kirchspiel Rautalampi (Kuopio Län) und Pieksämäki (St. Michel Län)«. (Kuopio und St. Michel Län bilden den größeren Teil der finnischen Seenplatte). Die leichte Verwitterbarkeit des Rapakiwi, die soweit geht, daß z. B. im östlichen Finland kleinere Blöcke schon bei Berührung mit der Stockspitze zerfallen (das finnische Wort Rapakiwi bedeutet »fauler Stein«), ist wesentlich eine Folge der Verschiedenheit der Ausdehnungskonflizienten von Orthoklas und Plagioklas, welch letzterer den ersteren kugelförmig einhüllt. Wenn man sich vorstellt, welche Vergrößerung der Angriffsfläche für Wind und Wetter entsteht, wenn ein Orthoklasindividuum von 27 cm Länge, wie es B. Frosterus bei Säkkijärvi maß (s. Text zum Blatt Säkkijärvi der Finnischen - Geolo- gischen Landesaufnahme), herauswittert, dann wird man ein ungefähres Bild von der Bedeutung der Verwitterung für diesen Teil der finnischen Küste erhalten. Frosterus hat in seiner Arbeit über die natürlichen Landschaften Finlands (Fennia Bd. 18) deshalb das ostfinnische Rapakiwi- gebiet direkt als Denudationslandschaft bezeichnet. — Daraus erklärt es sich wahrscheinlich, daß im Rapakiwigebiet der Skärgärd so äußerst dürftig ist. Offen ist freilich noch die Frage, ob an dieser Inselarmut nicht auch eine Verwerfung schuld ist. ; Die Rapakiwiinseln zeigen alle eine flache, stark abgerundete Form. Steile Schroffen finden sich nur da, wo vor kurzem ein größerer Block oder eine Platte ausgebrochen ist. Aber nach nicht langer Zeit hat die ausgleichende Wirkung der Atmosphärilien auch diese Unebenheit beseitigt. Die Rapakiwiinseln zeichnen sich besonders durch üppige Vegetation aus. Als vierte Gruppe von Inseln des Skärgärds können wir endlich die Blockakkumulationen auffassen. Häufig begegnet man bereits im äußeren Skärgärd inselartig hervorragenden, meist lang gestreckten Block- anhäufungen, die von der Brandung nicht mehr versetzt werden können. Liegen sie im Lee irgend einer größeren Klippe, so siedelt sich bald zwischen ihnen eine kräftige Vegetation von Wasserpflanzen an; nach einigen. Jahren gibt es hier vielleicht schon eine kleine Schwemmsänd- insel, deren Boden bald von einem leichten Birkengestrüpp überzogen ist. Das sind die untermeerischen und emporgetauchten Fortsetzungen der Asar. 14 Die Tiefenverhältnisse entsprechen dem Aufbau des ganzen Landes, und seines untergetauchten Teiles, des Skärgärds.?) Nirgends größere Erstreckungen gleichbleibender Tiefe. Wenn z. B. der Obbnässkärgärd auf 11 qkm 150 Klippen und Inseln zählt, der Kyrkslättskärgärd deren sogar 900 umfaßt, so erheben sich diese nicht etwa von einem submarinen Felsplateau als gemeinschaftlicher Grundlage empor, sondern unabhängig von einander erhebt sich jede Klippe aus einer anderen Tiefe.*) Man könnte das Relief des Meeresbodens im Skärgärd mit einem welligen und hügeligen Feld vergleichen, das über und über mit Maulwurfs- hügeln übersäet ist. Im Allgemeinen läßt sich ja in der Anordnung der Skären und Klippen keine Spur irgend welcher Gesetzmäßigkeit erkennen. Nur an einer Stelle im Skärgärd läßt sich vielleicht ein bestimmtes Streichen von Skärenketten erkennen: im Porkkalaskärgärd, westlich von Helsingfors. Hier springen zwei 10 km lange Halbinseln in südwestlicher tichtung ins Meer vor, die zwischen sich den Tavastfjärd einschließen. Namentlich die östliche dieser beiden Halbinseln wird von Längstälern durchzogen, die sich orographisch freilich kaum bemerkbar machen, da sie größtenteils von Grundmoränenmaterial und der jungen Äkerlera ausgefüllt werden. Deutlich aber lassen sich mehrere Reihen von weit ins Meer sich erstreckenden Skären unterscheiden, die in ihrer parallelen Anordnung und ihrem nordöstlich-südwestlichen Streichen vermuten lassen, daß sie die Fortsetzung der taleinschließenden Höhenzüge sind. Auch die Tiefenverhältnisse deuten darauf hin; ein schmales, untermeerisches Tal von 11-13 m. Tiefe verläuft zwischen Svartö und Porkkala. Östlich von Svartö läuft dann ein zweites, ebenfalls sehr schmales Tal, dessen Tiefe sich zwischen 13 und 22 m hält, und das an seiner Einmündung ins offene Meer, also da, wo es beiderseitig nicht mehr von Inselreihen begleitet ist, eine Tiefe von 29 ın aufzuweisen hat. Ähnliche Talfurchen, die man wohl mit Recht als alte ertrunkene Längstäler auffassen darf, finden sich sehr häufig in westlichen Teilen des südfinnischen Skärgärds. So z. B. der durch seine landschaftliche Schönheit bekannte Barösund. Der Barösund ist eine schmale Meeresstraße, die, ziemlich scharf und gradlinig von Nordost nach Südwest verlaufend, zwischen den Inseln Barö- und Orsölandet eingeschnitten ist. An einigen Stellen ist er kaum 50 m breit, aber gerade an der schmalsten Stelle erreicht er mit 18 m seine größte Tiefe, die sich zwischen 9 und 15 m hält. Hier ist die direkt gemessene Entfernung vom Festland nur 3,5 km. Durchgängig halten sich die Tiefen im innern Skärgärd auf Höhen bis zu 30 m. Im äußern Skärgärd läßt sich eine Zunahme der mittleren Tiefe nicht konstatieren, eher eine Abnahme. Denn hier ist eine große Anzahl von Klippen noch nicht über die Meeresoberfläche gehoben, und so kann es vorkommen, daß das Lot von 33 und 26 m bis auf 12 und 3,7 m steigt, um dann plötzlich wieder auf 35 und 37 m zu fallen, und das auf einer Linie von nur 1,5 km Länge. 15 Beachtenswert sind die Tiefenverhältnisse in unmittelbarer Nähe der Skären. Nur ein Beispiel: in der Stor Pernäwik lotete ich in einem konstanten Abstand von 20 m um eine Klippe von nur wenigen Dutzend Quadratmetern herum. Die geringsten Tiefen lotete ich mit 270—300 cm im Süden und Südosten. Im Nordwesten, an der Stoßseite des Gletschers, fand ich eine Tiefe von 470 cm. Hier lag auf dem glattgeschliffenen Fels unmittelbar eine Schicht Schlamm, während die Südseite auf weite Strecken mit Geschiebe bedeckt war. (Die größte Tiefe in diesem Fall fand ich mit 520 cm sonderbarerweise im Osten.) Ein Unterschied in den Tiefen des Skärgärds zwischen seinem östlichen und westlichen Teil scheint insofern zu bestehen, als der Zugang zu den Skären im Osten flacher ansteigt als im Westen. So schmale und doch so tiefe Sunde zwischen den Inseln, wie ihn der Barö- sund darstellt, dürfte es östlich von Pernä kaum geben. Die lange schmale Insel Längwiran z. B. erhebt sich von einem Plateau, über dem 90 cm Wasser stehen. Die Oberfläche dieses Plateaus beträgt ungefähr das Dreifache von dem der Insel. Unvermittelt und steil fällt es dann zu 16—33 m Tiefe ab. Der festländische Teil der Küste. Ganz mit Recht hat man Fjärd- und Skärenküsten unterschieden und dadurch dem Vorherrschen der Wasser- oder der Landformen in der Küste Rechnung getragen. So würde ich die schwedische Küste des Bottnischen Meerbusens z. B. zu den reinen Fjärdküsten rechnen. Denn die langgestreckten, südöstlich-nordwestlich verlaufenden Fjärde, die sich manchmal 50 km tief ins Land erstrecken und scharf in die Quartär- ablagerungen eingeschnitten sind, sind tatsächlich ertrunkene Täler, die in präglazialer Zeit wahrscheinlich denselben Anblick boten, wie die zu Fjorden gewordenen Täler der Westseite Skandinaviens. Bekanntlich tritt ja auch an den Küsten von Helsingland und Ängermanland, die beide orographisch stark gegliedert sind, die Skärenbildung entschieden zurück, zu Gunsten der stärkeren Gliederung der Festlandsküste. Erst an der Küste der Lappmark, im Västerbotten, tritt die Skärenbildung wieder mehr hervor. Und diese Küste liegt wohlgemerkt vor dem Streifen Land, von dem Leopold v. Buch sagt, daß man auf ihm vom Eismeer zur Ostsee kommen könne, ohne ein Gebirge zu überschreiten. Je mehr man sich nun der flachen finnischen Seenplatte und ihrer Küste nähert, desto ausgesprochener tritt die Fjärdbildung vom Ängermantypus zurück. Nur auf Äland und ferner am Nordufer des Ladogasees treten noch einmal die Fjärde hervor. Hier zeigen sie aber schon sehr stark alle Anzeichen der Fjorde: lange, schmale und steilwandige Buchten, die, namentlich äm Ladogasee, gesellig auftreten, einen ausgeprägten 16 Parallelismus zeigen und senkrecht oder in einem großen Winkel zur Küstenlinie ins Land schneiden. Die Nordküste des finnischen Meerbusens zeigt in ihrer Konfiguration alle Anzeichen eines ertrunkenen flachen Schollenlandes, das sich langsam wieder aus einem flachen Meere erhebt: also eine Gliederung der Küste durch Hunderte von kleinen Buchten, die nur da sich zu größerer Länge entfalten, wo ein größeres Flußtal ihnen entgegen kommt und so seiner- seits die Fortsetzung des Meeres ins Land übernimmt. Ich habe oben die Länge der Linie, die man erhält, wenn man Wiborg und Hangö über die innersten Punkte der größeren Buchten mit einander verbindet, zu 385 km angegeben. Durch Umfahrung der ganzen Küstenlinie von Wiborg bis Hangö mit dem Polarkurvimeter habe ich eine Küstenlänge von 1760 km erhalten. Die Messung geschah für den östlichen Teil der Küste auf den ausgezeichneten russischen Seekarten im durchschnittlichen Maßstab 1:50000, für den westlichen auf der deutschen Seekarte des finnischen Meerbusens in 1: 150000. Vollkommen gleichmäßig fällt die küstenbildende Halbebene unter dem Meeresspiegel ab. Betrachtet man nämlich z. B. die 100 Fuß Isobypse, so zeigt sich auch hier ebenso wie im Verlauf der oben geschilderten 40 m Isobathe ein vollkommen treues Spiegelbild des Küstenverlaufs. Diese Symmetrie zwischen ober- und untermeerischem Teil der Küste hat zunächst einmal eine wichtige Folge: Finland ist ohne seinen Skärgärd physikalisch-geographisch einfach undenkbar. Selbst wenn durch eine plötzliche Senkung des Landes dieses und der jetzige Skärgärd um 50 m sinken würden, so würde doch die Küste dasselbe Bild bieten wie heute. Tatsächlich hatte, wie wir später sehen werden, Finland schon zur Yoldiazeit, als es stellenweise 150 m tiefer als jetzt lag, einen Skärgärd, der den heutigen noch an Größe übertraf. Daß die: morphologischen Verhältnisse im jetzigen Küstengebiet und in den Teilen des Landes, die zur Yoldia- oder Aneyluszeit die Küste bildeten, dieselben sind, wird sich gleichfalls zeigen. Größte Größte Länge Ei ; Name en Mia AN Bemerkungen. Pojowik 21 5 16 Ziemlich viele Inseln. Fagerwik 7 1,4 15 Ohne Inseln. Tavastfjärd ) 2,D*) 13 Viele Inseln. Esbowik 9 2,1 11 Wenig „, Gammelstadsfjärd 4,5 3 4,6 en e Sibbofjärd 3,3 0,5 6 Keine ,, Borgäfjärd 3 5,5 4,9 Einige große Inseln. *) bedeutet, daß die angegebene größte Breite an der Mündung der Bucht ins offene Meer liegt. 17 Größte Größte Name Lange Breite Tiefe Bemerkungen. inkm in km in m Lill Pernäwik 10,5 2,5*) 11 Einige kleine Inseln. Stor Pernäwik 22 4,9 26 Viele Klipp. u. Inseln. Eigentl. St. Pernavik 10,5 3 82 ir LABATR NAT Lovisabucht 8,3 3 11 Wenig: Inseln. Abborforswik ) 6*) ) Viele Klippen. Kalwiärwilahti 6,5 4,5 8,3 Viele Klipp. u. Inseln. Wirolahti 6,5 4 4,5 Submarine Klippen. Urpalahti Se 345) 1.D Satamalahti 3 32 3, Keine Inseln. Obige Tabelle gibt eine schematische Darstellung der wichtigsten Daten für die hauptsächlich in Betracht kommenden Buchten. Es zeigt sich also auch hier wieder ein eklatanter Unterschied zwischen Osten und Westen. Im Westen lange und schmale fjordähnliche Gebilde, im Osten breite, kurze und flache Buchten, die häufig die Gestalt eines gleich- seitigen Dreiecks haben. Wie verhält sich zunächst die Küste morphologisch und orographisch zum übrigen Finland? Um es gleich vorwegzunehmen, so sind Küste und übriges Finland genetisch vollkommen einheitlich. Der heutige Boden Finlands erscheint wie ein riesiges Ackerfeld, in dem der Pflug seine Furchen von Nordwesten nach Südosten gezogen hat. In seiner Geographie Finlands (Helsinsfors 1891) sagt Ignatius u. a.: »Die geologische Geschichte Finlands enthält nur das erste und das letzte Blatt«. Gesteine des Präkambriums und des Quartärs bauen bekanntlich den größten Teil Nordeuropas auf, dadurch schon dies Gebiet zu einem Gebiet geschlossener Einheit machend. Und mögen die orographischen Verhältnisse der ein- zelnen Teile der Fennoskandia noch so sehr differenziert erscheinen, die- selben Kräfte haben doch hier wie dort ihre Zeichen in den Boden ge- graben. Soviel wir wissen, ist Skandinavien seit dem Devon nur 2 mal von Meerestransgressionen berührt worden: einmal im Lias und Rhät (Sehonen) und zum andern im Dogger (Andö-Lofoten). Dagegen haben kambrische und silurische Gesteine bekanntlich eine große Verbreitung in Schweden-Norwegen. Finlands Boden hat keine präquartären Ab- lagerungen aufzuweisen. In letzter Zeit hat man allerdings der Vermutung Ausdruck gegeben, daß auch Finland seine paläozoische und mesozoische Meeresbedeckung gehabt habe. Man stützt sich dabei besonders auf zwei Argumente. Einmal auf das Vorhandensein ausgedehnter kambrischer und silurischer Schichten auf der Südseite des finnischen Meerbusens im Klint der Küsten von Esthland und Ingermanland und zweitens auf den Nachweis ter- *) bedeutet, daß die angegebene größte Breite an der Mündung der Bucht ins offene Meer liegt. 18 tiärer Gesteine auf dem Boden des Bottnischen Meerbusens nördlich der Äland-Inseln. — Allerdings sieht man nicht recht ein, weshalb nicht die geringste Spur dieser Gesteine im geologischen Bilde Finlands erhalten worden ist, wo doch die silurischen Schiefer von Jemtland etc, der Ver- witterung und dem Gletschereis erfolgreich Widerstand geleistet haben. — Die Faltung der Granite und Gneiße und ihre Zusammenschiebung zu Gebirgszügen ging sicher schon lange vor Beginn des Mesozoikums vor sich. Wenn heute Finland im Gegensatz zu Norwegen und Schweden sich nicht mehr im Besitz irgend welcher nennenswerter Gebirgszüge be- findet, so verdankt es dies größtenteils denselben Ursachen, die seinen Bodenaufbau geologisch in so engen Grenzen gehalten haben. Seit seinem Aufbau in keinem seiner Teile durch das einhüllende Wasser geschützt, ist seine Oberfläche beständig der Einwirkung der ununterbrochen arbeitenden Atmosphärilien ausgesetzt gewesen. Mehr und mehr erhielt das Land auf diese Weise den Charakter der Peneplain, deren Gliederung einzig durch die flachen, rückenförmigen Aufwölbungen zwischen den Tälern gebildet wurde und die Höhen, welche, aus Quarzit und ähnlichen schwer verwitternden Gesteinen bestehend, der Zerstörung durch Ver- witterung widerstehen konnten. Teils wurden die Denudationsprodukte durch die fließenden Gewässer fortgeführt, teils blieben sie an Ort und Stelle liegen. So dürfte Finland vor Beginn der Eiszeit wohl eine einzige große Schuttlandschaft gebildet haben. Jetzt rückt der diluviale Gletscher gegen diese Schuttmasse, die sich auf dem Boden der Fennoskandia auf annähernd 200000 cbkm belaufen haben dürfte, vor. Zunächst spülen seine Schmelzwässer das leichtere Material fort, während er selbst den Transport der groben Verwitterungsmasse übernimmt. Gleichzeitig geht neben dieser Ausräumung der Talbecken eine Aushobelung derselben und eine Abschleifung und Abglättung der festen Kernfelsmasse vor sich. Der Gletscher schafft somit die typischen kalottenförmigen Rundhöcker- formen, die im Innern Finlands in zusammenhängenden Ketten die Waaralandschaft bilden, deren Gipfel und Spitzen in dem marinen Anteil der Küste den Skärgärd bilden. Die Täler sind jetzt zu flachen, sanft gewölbten Wannen geworden, die, nachdem sie einen See in sich auf- genommen haben, fast unmerklich in einander übergehen. So entstanden die großen Seensysteme des Näsijärvi, des Päjänne, des Saima und jene Hunderttausende von mehr oder minder großen Seebecken, die die finnische Platte gleichsam durchsieben. Eine charakteristische Eigentümlichkeit namentlich der größeren Seen ist ihre große Längsstreckung bei geringer Breite. So ist die größte Breite des 150 km langen Päjänne nur 25 km. Durchschnittlich ist er nur 6—7 km breit. Der ca. 130 km lange Näsijärvi bietet bei einer durchschnittlichen Breite von 2—4 km eher den Anblick eines großen Stromtals als den einer Reihe von Seebecken. Die Tiefe der finnischen Seen ist, der flachwelligen Oberfläche des Landes entsprechend, nur sehr 19 gering. So beträgt die größte Tiefe des Saima nur 57 m, des Keitele nur 30 m. Eigentümlicherweise sind die Seen in Finland, je weiter nach Norden desto flacher. Der Uleäträsk ist an seiner tiefsten Stelle nur 15 m tief, und der Enaresee soll selten tiefer als 5 m sein. Da, wo die Seen breit genug sind, sind sie ihrerseits wieder von einem kräftig entwickelten Skärgärd durchsetzt, der dem der Küste voll- kommen gleich ist. Eine Fahrt auf dem südlichen Teil des Saima z. B. mit seinen Hunderten von Klippen und Inseln unterscheidet sich land- schaftlich von einer solchen im südfinnischen Skärgärd nur dadurch, daß im Seengebiet die Skären naturgemäß höher sind. Ein Profil durch die Seenplatte Finlands, etwa im 62. Parallel, läßt das Land tatsächlich als eine ewig auf- und absteigende Linie erscheinen, deren Synklinalen von den Seenquerschnitten ausgefüllt werden. Wenn es nach diesen Aus- führungen wohl verständlich ist, daß der südfinnische Skärgärd nur ein ertrunkenes, untergetauchtes Stück Finlands ist, einen integrierenden Bestandteil des ganzen bildend, wie verhält es sich dann mit den Fjärden der Küste? Genetisch und morphologisch sind sie im Bilde der Küste ebenso aufzufassen, wie die Seen im Gesamtaspekt des Binnenlandes. Es sind gleichfalls alte, ihrer Entstehung nach noch nicht vollkommen sicher klargestellte Rinnen und langgestreckte Becken. Ob sie direkt die äußersten Ausläufer präglazialer Seebecken sind, oder aber ob sie nur die Erosionstäler präglazialer Flüsse sind, läßt sich hier natürlich nicht entscheiden. An einer Tatsache aber muß man m. E. entschieden fest- halten: die Fjärdtäler sind präglazialen Ursprungs; ausgefüllt mit Eiszeit- material, sind sie teilweise später wieder durch die Flüsse und das ein- dringende Meer ausgeräumt worden. — Zunächst noch einige Worte über den Unterschied zwischen Küstenland und finnischer Seenplatte. Beide trennt bekanntlich die große Erdmoräne des Salpausselkä scharf von einander. Seinen Nordabhang bespülen die Wellen der großen Seen, und an seinem Süd- abhang haben die meisten der zum finnischen Meerbusen fließenden Flüsse ihre Quelle. Als der Rand des Gletschers beim Rückzug längere Zeit beim Salpausselkä lag, war das Küstenland schon unter das Niveau des eindrin- genden Eismeeres gesunken. Das feinere Sand- und Schlammmaterial des Gletschers konnte also, von den Schmelzwässern fortgeführt, direkt in dem salzreichen Wasser des Yoldiameeres abgesetzt werden. Da die späteren großen Küstenschwankungen im Wesentlichen nur das Gebiet südlich des Salpausselkä beeinflußten, so ergibt sich schon aus dem Fehlen postgla- zialer Schichten im Binnenland und dem Überfluß an diesen im Küsten- land eine geologische Grenze zwischen beiden. Nach Rosberg ist die Auf- einanderfolge der Schichten im Küstenland im Allgemeinen die folgende: Schichten. Zeitlich. tezente Alluvial- und Deltabildungen Jetzt. Oberer Heidesand \ Mittelwarmes Meer. Oberer grauer Ton (Grälera) J Litorinazeit. 20 Schichten. Zeitlich. Mittlerer Heidesand Unterer grauer Ton Unterer Heidesand Oberer Eismeersand Süßwassersee. Ancyluszeit. — u 7 Eismeer. Bänderton ET = F Yoldiazeit. Unterer Eismeersand Moräne Inlandeis. Ton und Sand Eisfrei ? Bodenmoräne Inlandeis. Alle diese Sedimente fehlen im Gebiet der Seenplatte vollkommen. In ihm überwiegen die Moränen und Äsar durchaus. Für die finnische Seenplatte können wir im Mittel eine Höhe von 125—150 m annehmen. Die Höhen des Küstenlandes halten sich im allgemeinen auf 0 bis 50 m. Nur der der Südseite des Salpausselkä an- liegende Streifen umschließt Höhen von 50—100 m. Aus dieser Land- schaft heraus hebt sich der Salpausselkä 20—30 m hervor, stellenweise sogar eine relative Höhe von 50 m erreichend. Dies an sich einfache orographische Bild wird kompliziert durch die einzelnen Bergkuppen, die in großer Zahl anscheinend regellos dahingestreut sind, um das Küstenbild zu beleben. Selbst in unmittelbarer Nähe des Meeres erreichen sie manch- m mal Höhen von 75 m. — Wenn man häufig, selbst auf guten Seekarten, die Bezeichnungen Fjord und Fjärd mit einander verwechselt oder sie gar als synonym be- handelt, so liest diesem Irrtum ein wesentlicher Fehler in der morphologisch- genetischen Auffassung dieser Erscheinungsformen zu Grunde Wie wir in Deutschland unter dem Begriff »Föhrden« nur jene langgestreckten Buchten zusammenfassen, die ihrem Vorkommen nach an flaches Hügel- land gebunden sind, das langsam zur Flachsee abfällt, wie wir sie scharf trennen von den Fjorden, unter denen wir tiefe, schmale, meist von steilen Wänden eingefaßte, gesellig auftretende Buchten verstehen, die geographisch an bestimmte Breiten und das Vorhandensein eines Gebirgslandes ge- bunden sind, so müssen wir auch den Fjärden die Stellung eines be- sonderen Küstentypus in der Geographie der Küsten einräumen. Wenn wir auch noch nicht genügend über das Wesen und die Morphologie der Fjärde unterrichtet sind, so dürfte doch wohl die Definition ungefähr das Richtige treffen, die sie als präglaziale, gesellig und mit einem gewissen Parallelismus auftretende ertrunkene Täler auffaßt. Meistens ziemlich schmal und kurz mit sanft ansteigenden Rändern, treten sie ausschließlich an den Küsten alter Schollenländer auf. Den tektonischen Aufbau Südfinlands kann man gleichsam nur in punktierten Linien erkennen. Die feinen Züge im Relief sind, wie ich schon ausführte, durch spät- und postglaziale Sedimente bis zur Unkennt- 2] lichkeit verdeckt. Zwei Hauptrichtungen läßt indessen der Aufbau des Bodens erkennen: eine Nord-Südrichtung, die freilieh vielfach variiert ist, und eine ÖOst-Westrichtung. Beide Streichrichtungen haben wir bereits bei der Behandlung des Skärgärds und seiner Tiefenverhältnisse kennen gelernt. Die Täler, die in der ersten Richtung ziehen, dürfen wir wohl als Quertäler, die der zweiten Richtung wohl mit Rosberg als Längstäler auffassen. Man darf sich diese Täler aber nicht als tiefe Einfurchungen im Boden vorstellen, die zusammenhängend auf beiden Seiten von steilen Wänden eingefaßt sind. Diese flachen Einsenkungen im Boden tragen nur selten ausgesprochenen Talcharakter. Die Wände sind meistens in eine Reihe von einzelnen Felskuppen aufgelöst, die kalottenförmig aus dem sie umgebenden quartären Material hervorragen. Zwischen zwei solchen Reihen von Kuppen erstreckt sich ein langer schmaler Streifen von Quartärprodukten, in die sich dann seinerseits ein Fluß oder ein Bach sein flaches, schmales Bett gegraben hat. Der östliche Teil der Küste, in dem eigentliche Skärenbildung nicht mehr vorkommt, ist in seiner ganzen Breite durch das Vorwalten ausgedelinter Sandfelder aus- gezeichnet. Stundenlang kann man hier gehen, ohne auf anstehenden Fels zu stoßen. Die Flußtäler sind hier von beträchtlicher Breite, da keine Felswand den Fluß an seiner horizontalen Ausdehnung hindert. Auf beiden Seiten pflegen die flachen Bäche und Flüsse von einem breiten Streifen Flußgeröll begleitet zu werden. Aus diesen Umständen erklärt sich dann auch die Breite und Kürze der Buchten, in denen das Meer ins Land greift. Anders liegen die Verhältnisse im westlichen Teil der südfinnischen Küste. Hier ist die Landschaft in der Hauptsache ein Ab- wechseln von Bergplateau und Sandebene. Wenn auch die Bergplateaus sich im Durchschnitt nur bis zu einer relativen Höhe von 50 m erheben, so ist doch dieser kleine Höhenunterschied, zusammen mit der Ab- wechselung von Fels und Sand im Stande, die Landschaft stark koupiert erscheinen zu lassen. Und diese Koupierung des Geländes wird noch gebirgshafter infolge der starken Zerrissenheit der Kämme und Spitzen der Felsrücken und Kuppen. Meistens pflegt die Länge dieser Felsrücken 5 km nicht zu übersteigen, bei einer Maximalbreite von 2—3 km. Ihrer- seits sind sie gewöhnlich, namentlich an ihrem Fuß, mit einer äußerst dünnen Schicht Humus oder mit Moos bedeckt. Überhaupt beruht die Form der südfinnischen »Berge« in nicht geringem Maße auf der mehr oder weniger großen Intensität der Spaltenzerklüftung, die freilich auch die verschiedenen Gesteine in verschiedenem Maße beeinflußt. Die zu den Graniten gehörenden Gesteine treten in wilden, phantastischen Massen auf, während die Gneisse langgestreckte, mehr oder weniger abgerundete Gestalt aufweisen. Da die Bergwände zugleich auch Talwände sind, so ist es klar, daß die Zerklüftung einen gewissen Anteil an dem Ausbau der Täler gehabt hat. Bekanntlich hat ja A. G. Nathorst in seiner Verwitterungstheorie die Hypothese aufgestellt, daß das jetzige Relief 22 Skandinaviens seine Entstehung zum großen Teil dem ungleichmäßigen Eindringen der Witterung in ein Abrasionsplateau verdankt. In Finland hat R. Hult den anscheinend gelungenen Versuch gemacht, das Becken des großen Lojosees als Verwitterungsprodukt zu erklären. Die süd- finnischen Täler lassen sich aber keineswegs ausschließlich aus dieser Verwitterung erklären. Dem widerspricht schon der Umstand, daß ein- zelne Täler, ohne sich dadurch in ihrer Richtung beeinflussen zu lassen, von einem Gestein ins andere übergehen. Das große Esbotal z. B. hält sich im allgemeinen in seinem oberen Verlauf auf der Grenze zwischen Granit im Osten und Gmeiß im Westen. Im Unterlauf durchschneidet es das Obbnäs-Granitmassiv, ist bei Esbo auf beiden Seiten von Gneiß flankiert und tritt bei Helsinge schließlich in den Granit ein. Von der Pikkalawik, in die es mündet, verläuft es in seiner ganzen Länge von 30 km bis Helsinge vollkommen gradlinig. Orographisch läßt sich dieses Tal sogar noch weiter nach Nordosten verfolgen, wo es den Flußsystemen des Vanda etc. als Bett dient. Senkrecht auf dieses Tal stößt östlich von Kyrkslätt eine breite, tiefe Meeresbucht, die augenscheinlich in genetischem Zusammenhang mit dem ersten Tal steht, die Esbowik. Beide Täler scheinen ihre Entstehung einer Anzahl von Verwerfungen zu verdanken. Im Gegensatz zu der eben geschilderten Gruppe von Tälern steht die Gruppe derjenigen, die augenscheinlich ein Produkt der Erosion des Wassers sind. Im Gegensatz zu den vorigen, folgen diese Täler der Zerklüftungsrichtung überhaupt nicht, oder doch nur auf kurze Strecken. Ihr Querschnitt ist flach Vförmig. Im Längsprofil zeigen sie einen ständigen gleichmäßigen Abfall zum Meer, wenn auch gelegentliche Unebenheiten Anlaß zur Bildung von Wasserfällen und Stromschnellen geben. — Tiefe und Breite beider Arten von Tälern ist gering. Das Esbotal ist bei Strömsby nur 130 m breit und erreicht seine Maximal- breite überhaupt mit 1050 m. Die Breite der Erosionstäler schwankt zwischen 20 und 500 m. Die Wände dieser Täler zeigen häufig ein Gefälle von 25 — 55°. Das Flußsystem des südfinnischen Küstenstreifens ist sehr stark entwickelt, wenn auch die Zahl der größeren Flüsse äußerst gering ist. Der einzige größere Fluß, einer von den wenigen, die ihre Quelle nörd- lich des Salpausselkä haben, ist der Kymmene, dessen Stromgebiet nach Ignatius 40500 qkm umfaßt. Er entwässert vor allem das Gebiet des Päjännesees und mündet in einem stark verzweigten Delta bei Kotka in den finnischen Meerbusen. Neben dem Kymmene kommt besonders noch der bei Helsingfors mündende Vandaä in Betracht, der haupt- sächlich wegen seiner bedeutenden Wassermassen merkwürdig ist. Trotz seines Charakters als Küstenfluß ist er doch an manchen Stellen bis 7 m tief und seine Mittelbreite beträgt im Unterlauf 16—20 m. Die Breite des Kymmene variiert im Unterlauf zwischen 70 und 185 m. 23 Neben diesen größeren Flüssen verschwindet die große Anzahl der kleineren Flüsse und Bäche, die zum Teil im Sommer entweder voll- kommen austrocknen, oder sich in eine Reihe von Tümpeln auflösen, fast ganz. Dabei sind aber die einzelnen Flußsysteme bis ins Hundertste gegliedert. Nicht selten ist es, daß ein System, welches vielleicht nur 3— 400 qkm umfaßt, aus hundert und mehr Bächen und Flüssen zusammengesetzt ist. Wasserscheiden zwischen den einzelnen Fluß- systemen existieren auch nicht immer, und es kommt vor, daß ein See seine Wässer zugleich nach zwei Seiten abschickt. Überhaupt ist nament- lich der westliche Teil der südfinnischen Küstenlandschaft äußerst reich an kleinen Seen, die die Landschaft gleichsam durchsieben So finden sich im westlichen Nyland auf der geologischen Karte, die einen Fest- landsraum von ca. 24 Quadratmeilen umfaßt, auf dem Festland nicht weniger als 220 Seen aller Größe eingetragen, von den kleinsten, die nur einen Flächenraum von '/;, qkm umfassen an bis zu dem 110 qkm großen Lojosee. Mehr wie die Hälfte dieser Seen liegt im eigentlichen Küstengebiet. Die meisten dieser Seen stehen in direkter Verbindung mit einander und dienen den Flüssen als Klärungsbecken. Die äußere Form der Seen ist verschieden in der Nähe der Küste und am Fuß des Salpausselkäl. Während sie hier sich selbständig als Sammelbecken der herabrinnenden Wässer entwickelt und infolge davon mehr abgerundete Form angenommen haben, sind sie in der Nähe der Küste meistens lang gestreckt: wahrscheinlich eine Folge des Einflusses des fließenden Wassers, Da nämlich die Seen doch gewöhnlich nur sehr kurz sind, selten aber länger als 2 km, so hat das durchfließende Wasser der Flüsse nicht Zeit, sich seitwärts auszubreiten. Man wird also in dem See einen Mittelstreifen vorwärts bewegten Flußwassers erkennen, an dessen beiden Seiten das Seenwasser aber ruhig bleibt. In dem ruhigen Wasser wird bald die Wasservegetation ihre vertorfende Arbeit beginnen und wird mit dieser nicht eher aufhören, als bis aus dem ehemaligen See ein Stück Flußlauf geworden ist. Nur dort wird der schmale See sich in eine Bucht erweitern, wo die Stoßkraft eines einmündenden Flusses den Ansatz der Wasservegetation unmöglich macht. Nebenbei wirken auch noch die Bodenverhältnisse insofern mit, als die Täler in ihrem untern Verlauf größtenteils ausgeprägter sind und somit der Breitenausdehnung der Seen bald natürliche Schranken setzen. Viele dieser Seen waren auch in historischer Zeit noch Buchten und Fjärde. Die Tiefe dieser Seen ist meistens sehr gering. So hält sich die Maximaltiefe der Seen in Kyrkslätt nach Rosberg in der Nähe von 5 m. Der größte See in Kyrkslätt, der Hvitträsk, augenscheinlich ein Stausee, hat allerdings eine Tiefe von 20,2 m aufzuweisen und reicht damit mit seinem Boden noch 1,2 m unter den Meeresspiegel. Nicht unerwähnt möge der Pyhäjärvi in Pernä bleiben, der bei einer Höhe von 35 m über Meeresspiegel eine Maximaltiefe von 80 m aufweist. Dieser See 24 scheint mir, im Gegensatz zu den übrigen Seen des Küstenlandes, die ich meistens als Stauseen auffasse, seine Entstehung ähnlich wie der Lojosee Verwitterungskräften zu verdanken. Er liegt übrigens teilweise schon im Rapakiwigebiet. Man darf nun nicht annehmen, daß der Mündung eines jeden Flusses ein Fjärd entspricht. Die größten Flüsse gerade münden in Meeresbuchten, die sehr wenig dem üblichen Begriff »Fjärd« entsprechen. Der Gammelstadsfjärd bei Helsingfors z. B., in den der Wandaä mündet, ist eine flache, breite, fast kreisrunde Bucht. Dagegen sind es unbedeu- tende Flüsse, die in die große und kleine Pernäwik münden, von denen namentlich die letztere ein ausgeprägter Fjärd ist. Anders liegen die Verhältnisse im Osten, wo der Mündung fast jedes Flusses ein durch die morphologischen Verhältnisse in der Form freilich stark modifizierter Fjärd entspricht. Überhaupt liegt in dem ganzen Verlauf der Uferlinie an der südfinnischen Küste etwas sozusagen Willkürliches, Zufälliges. Es muß schon bei Betrachtung der Fjärdtabelle auffallen, daß bei so wenigen der ins Land schneidenden Buchten die größte Breite an oder in der Nähe der Mündung ins offene Meer liegt. Bei der Stor Pernäwik z. B., deren Länge ich mit 22 km angegeben habe, liest die größte Breite von 4,9 km 5 km von der Mündung ins offene Meer. Ursprüng- lich dürfte die Mündung auch an der breitesten Stelle gelegen haben, dann aber machte die säkulare Hebung einige an ihr gelegene größere Inseln landfest und verlegte sie somit weiter seewärts. Die große Halb- insel, die auf der Westseite des Fjärds auf diese Weise entstand, hängt nur mit einer schmalen Wurzel am Festland und ist im übrigen durch einen breiten Sund von ihm getrennt. Daß auch die Fjärde im Innern schon bei geringer Hebung mit einer Verkürzung reagieren, die nach Hunderten von Metern zu messen ist, wird der Abschnitt über die Hebung des Landes zeigen. Daneben verdanken manche der kleinen, mehr oder weniger fjärdartigen Buchten ihr kurzes Dasein einzig dem Landfestwerden einer Reihe von Inseln. Morphologische Bedingungen kommen dabei garnicht in Betracht. Und wie in der ganzen äußeren Form der Fjärde sich keine feste Norm erkennen läßt, nach dem Aufbau des ganzen Landes auch kaum erkennen lassen kann, so sind auch ihre Tiefenverhältnisse durchaus den morphologischen Verhältnissen des Küstenlandes entsprechend. Ein über die Meeresoberfläche gehobener Fjärdboden würde dasselbe Bild bieten, wie die schwachmarkierten Täler des Festlandes, die landwärts seine Fortsetzung bilden. Gleichmäßig fällt auch er zum Meere ab, ohne daß deshalb Unebenheiten fehlen. Hier hat eine Klippe der Zerstörung widerstanden und hebt sich jetzt kalotten- förmig aus ihrer Umgebung ab, dort ist der Boden wannenförmig aus- getieft: ein altes Seebecken, vielleicht auch eine lokale Verwerfung oder Auswitterung. Im allgemeinen aber ein gleichmäßiger, ungehinderter Abfall zur See. Der Querschnitt zeigt bei schmalen Fjärden abgerundete 25 Vform, bei breiteren flache Muldenform. Das Gesamtrelief des Fjärd- saumes macht einerseits einen etwas schwerfälligen Eindruck. Das Meer ist eben nur da gegen das Land vorgedrungen, wo ihm eine Einwölbung des Bodens, sei es ein Tal, oder eine lokalbegrenzte Mulde Gelegenheit dazu gegeben hat. Eigene Arbeit, indem es mit Hülfe der Brandung oder der Abrasion sich seinen Weg ins Land gesucht hat, kann es nach den natürlichen Bedingungen nicht verrichten. Andererseits aber liegt gerade in der Passivität des Meeres der Hauptgrund für die zierliche Entwickelung der Festlandslinie. Denn sicher konnte die andauernde Variation dieser Linie durch Angliederung landfest werdender Festland- stücke u. s. w. nur bei dem Fehlen jeglichen zerstörenden Faktors vor sich gehen. Für die Frage, inwieweit das diluviale Gletschereis an der Bildung resp. Ausarbeitung der Buchten tätig gewesen ist, ist vielleicht Folgendes wichtig: die große Pernäwik zieht von Nordwest noch Südost. “Die Gletscherschrammen ziehen schon in der übermeerischen Verlängerung des Fjärds, im Tal des Forsbyä, in derselben Richtung. In der Nähe des Gutes Sjögärd, auf der westlichen Seite der Bucht, fällt in einer scharf vorspringenden Halbinsel das felsige Ufer steil zum Wasser ab. Auf diesen Punkt lotete ich in einer Richtung zu, die senkrecht zur Streichrichtung des Gletschers und der Bucht stand. Die geloteten Tiefen bewegten sich bis auf ca. 160 m vom Endpunkt der Lotungslinie bei Sjögärd zwischen 70 und 370 cm. 60 m von diesem Punkt lotete ich bereits 470 cm, eine Tiefe, die bei 15 m Entfernung noch auf 500 cm stieg. Selbst nur noch 6 m vom Lande entfernt stieß das Lot erst in 450 cm Tiefe auf Grund. Das sind Verhältnisse, wie man ihnen sonst selten im Skärgärd begegnet. Diese plötzliche Zunahme der Tiefe und die relative Konstanz so großer Tiefen in der Nähe des Landes, läßt sich, da ero- dierende Kräfte des Wassers oder eine Verwerfung nicht in Betracht kommen, wohl so erklären, daß, als der Gletscher sich durch die Perna- bucht schob und wälzte, was ungehindert geschehen konnte, da Richtung der Bucht und der Gletscherbewegung zusammenäielen, sich ihm plötzlich in Gestalt der kleinen Halbinsel ein starres, nicht abzuschleifendes Hin- dernis entgegenstellte. Dadurch trat eine momentane Stauung des Eis- flusses ein, die eine Auskolkung nach unten und eine Absteilung zur Seite zur Folge hatte. Tatsächlich war, wie ich mich überzeugen konnte, der Boden auf weitere Erstreckung vollkommen glatt und eben geschliffen. Ähnlich legen die Verhältnisse da, wo ein Fjärd plötzlich in eine andere Richtung übergeht. Regelmäßig ist dann die Außenseite der Biegung flachrund ausgekerbt. Im Allgemeinen aber darf man wohl annehmen, daß das Bodenrelief wesentlich nicht vom Gletschereis beeinflußt ist. Nach den Untersuchungen der finnischen Kolaexpedition ist z. B. auch das Becken des langgestreckten Imandrasees, wo die Verhältnisse doch ähnlich wie in Südfinland liegen, über den das Eis in der Richtung 26 seiner kürzeren Achse hinwegging, absolut nicht von diesem beeinflußt worden. Wichtiger als die Eiszeitgletscher ist für die Erhaltung. und Aus- bildung der Fjärde der Schutz des vor ihnen liegenden Skärgärds gewesen, der sie vor der zerstörenden Tätigkeit der Meeresbrandung geschützt hat. Wenn z. B. die die einzelnen Fjärde an ihren Wurzeln verbindenden Sunde fehlen, die wir in Fjordgebieten als Eyde kennen, so ist das an sich in dem flachen Küstensaum eine auffällige Erscheinung. Wenn man aber erwägt, daß die Kraft der Brandung, die doch nötig ist, um diese Verbindungen vor Versandung zu schützen und sie offen zu halten, hier vollkommen fehlt, so wird man diesen Mangel verstehen. Einst war, um nur ein Beispiel zu erwähnen, die Fagerwik mit der Pojowik durch einen solchen Sund verbunden. Heute stellt dieser Sund ein gut ausgeprägtes ca. 10 km langes, ostwestlich verlaufendes Tal dar, das in seiner ganzen Länge von einem kleinen Bach, der Königsader, durchzogen wird. Natürlich hat an dieser Veränderung in starkem Maße auch die säkulare Hebung teil genommen. Als dies Gebiet noch Skärgärd war, dürfte dieses Tal dieselbe Rolle gespielt haben, wie heute der schon häufig er- wähnte Barösund. Auch das Vorkommen von Deltas an den Mündungen der Flüsse dürfte nicht zum mindesten aus dem Schutz des schützenden Skärgärds zu erklären sein. Denn manche Umstände sind es, die eine Deltabildung hier zu verhindern im Stande sind. Daß an der finnischen Küste des Bottnischen Meerbusens die Deltas so zahlreich vorkommen, nimmt nicht weiter Wunder. Der 100—150 km breite ebene Abfall der Seenplatte zur Küste wird von Flüssen durchzogen, die nur geringes Gefälle haben und, ohne Klärungsbecken zu durchfließen, ungehindert ihren Schutt zum Meere befördern. Anders aber im südfinnischen Küstengebiet. Einmal ist hier das Gefälle infolge der geringeren Breite des Küstenabfalls be- deutend größer, zum andern haben aber sämtliche Flüsse ein oder mehrere Klärungsbecken zu passieren. Endlich ist auch die säkulare Hebung in diesem Gebiet nur '/, bis !/, so stark, als im Gebiet des Bottnischen Meerbusens. Wenn trotzdem eine deutliche, wenn auch häufig submarine Deltabildung an den meisten Flußmündungen nachzuweisen ist, so dürfte das vor allem in zwei Umständen begründet liegen: in dem Schutz des Skärgärds in Bezug auf das Festland und in den vorherrschenden Strö- mungen an der Küste. Namentlich für den Teil der Küste, der westlich vom Meridian von Hochland liegt, läßt sich eine deutliche west-östliche resp. ost-westliche Strömung nachweisen, die ziemlich unabhängig von den herrschenden Winden ist. Bei Rönnskär im Porkkalaskärgärd war die Strömungsrichtung in der ersten Hälfte des Jahres 1900 folgendermaßen : im Januar 20 Tage östlich (d. h. von Osten kommend), 11 Tage westlich ; Februar 20 östlich, 5 Tage westlich; März 10 östlich, 13 Tage westlich ; April 11 Tage östlich, 16 Tage westlich; Mai 6 Tage östlich, 21 Tage 27 westlich; Juni 20 Tage östlich, 10 Tage westlich. Der Unterschied im Vorherrschen der östlichen Strömung im Januar, Februar und Juni und das umgekehrte Verhältnis in den übrigen Monaten ist mit Sicherheit noch nicht zu erklären, da eine längere Reihe von Beobachtungsdaten noch nicht vorliegt. Doch dürfte er mit dem Austausch von Salz- und Süßwasser zwischen dem finnischen Meerbusen und der offenen Ostsee im Zusammenhang stehen. Herrscht ein der jeweiligen Strömung ent- gegengesetzter Wind, so schlägt sie wohl für einige Tage um, kehrt aber bald in die erste Richtung zurück. Wenn diese Strömungen auch nicht stark sind, so ist ihre Kraft doch von bedeutendem bodenaufbauenden Einfluß gewesen, insofern, als sie die Geschiebe und den Schlamm der Flüsse nicht ins Meer hat gelangen lassen, sondern sie an der Küste entlang geführt und an ihr abgesetzt hat. Die Masse der von den Flüssen mitgeführten Schlammmassen ist aus verschiedenen Gründen nur sehr gering. Deshalb befinden sich die meisten der südfinnischen Deltas, trotzdem ihrer Bildung doch die säkulare Hebung entgegenkommt, in einem halb fertigen, embryonalen Zustand. So mündet z. B. der Wandaä nach Mitteilungen des Herrn Magister Helle in einem durch Lotungen nachgewiesenen submarinen Delta. An den Mündungen anderer Flüsse, wie des Vehkajoki und Summajoki, ist schon der Anfang zur Deltabildung mit der teilweisen Ausfüllung der Meeres- buchten des Bamböleträsk und des Itälahti gemacht. Sehr merkwürdig ist das Delta des Kymmene. Ca. 15 km vom Meere entfernt, teilt sich dieser Fluß in zwei Arme. Der östliche Arm fließt in einer breiten Mündung, die durch eine Insel in zwei Teile geteilt wird, bei Kotka in den finnischen Meerbusen. 30 km westlich münden bei Pyttis und Abborfors die beiden Sekundärarme des zweiten Arms, Dieser westliche Arm fließt kurz nach der Trennung in den großen Tammisee, der mit dem Teutjärvi in Verbindung steht. Früher hatte nun der Tammisee eine fingerförmige Fortsetzung nach Nord-Osten. Diese Fortsetzung ist aber jetzt durch mehrere Schwemminseln fast ganz ausgefüllt. Der eigentliche Tammisee ist in seinem nördlichen Teil voll- kommen offen. Dagegen ist der südliche Teil fast ganz ausgefüllt durch einige Rapakiwiinseln, die der Schwemmsand derart vergrößert hat, daß anstelle des einstigen Sees jetzt nur noch ein Gewirre von schmalen Wasserrinnen ist. 2'g km vom Meer entfernt vereinigen sich diese \Wasserläufe wieder, um dann in einem größeren und einem kleineren Arm ihre Wässer zum finnischen Meerbusen zu schicken. — Im östlichen Teil der Küste hat noch der kleine Santajoki ein wenn auch kleines, so doch ausgeprägtes übermeerisches Delta. — Besonders häufig an der finnischen Küste des Bottnischen Meerbusens kommen deltaähnliche Bil- dungen vor, die aber nur sehr wenig mit einem wirklichen Delta gemein haben: das sind die falschen Deltainseln, wie sie Rosberg bezeichnet, also Skären, auf und um die sich fluviatiler Schlamm gelagert hat. In größerer 28 Zahl, also daß sie wirklich Skärendeltas bilden, kommen sie an der süd- finnischen Küste meines Wissens nicht vor. — Oben ist auf die an- schwemmende Tätigkeit des Treibeises hingewiesen worden. Ich möchte hier zur Erläuterung und um darzulegen, wie der Skären- gürtel auch verkehrsgeographisch, wenn auch negativ, auf die Küste wirkt, einige Daten geben in bezug auf die Eisbildung innerhalb und außerhalb des Skärgärds. Im Jahre 1891 löste sich die Eisdecke in der Fasarbywik (Lill Per. nawik) in der Zeit vom 25. April bis zum 2. Mai. Die Leitfeuer zwischen Wiborg und Trängsund wurden im selben Jahre am 5. Mai wieder an- gezündet. Das Feuer auf der Nordspitze Hochlands ist schon am 17. Februar augezündet worden. Im Jahre vorher wurden die Wiborg-Trängsunder Leuchtfeuer schon am 13. April in Betrieb gesetzt, das Feuer des freiliegenden Grähara- Feuerschiffs schon am 5. März. Während in diesem Winter der Hafen von Wiborg vom 19. November bis 13. April von Eis blockiert ist, ist das Leitfeuer auf der Insel Sommarö im finnischen Meerbusen, die nur s5 km von Wiborg und 30 km vom Festland entfernt ist, noch nicht 2 Monate, von Anfang Februar bis Ende März, gelöscht. Im Mittel von 3 Jahren war die Abborforswik 142 Tage eisbedeckt und 223 Tage eis- frei; in der inneren Bucht von Borgä stellte sich dies Verhältnis im Mittel von 6 Jahren wie 121 zu 244, im Sibbofjärd im Zeitraum von 5 Jahren auf 146 zu 219. Der Hafen von Helsingfors ging in 35 Jahren im Mittel am 2. Mai auf und schloß sich am 5. Dezember. Dagegen ging das Eis in den äußeren Skären von Borgä im Laufe von 6 Jahren durchschnittlich schon am 19. April auf. Bei Hochland trat der Zugang des Eises in 10 Jahren (1872—82) erst am 16. Januar ein und der Auf- gang schon am 24. März. Die Mittelzeiten für Hangö stellen sich nach 16jährigen Beobachtungen folgendermaßen: Innere Rhede: Zugang am 7. Januar, Aufgang am 19. April; Äußere Rhede: Zugang 10. Januar, Aufgang 13. April; Meer: Zugang 13. Januar, Aufgang 31. März. Vor Hangö ist der Skärgärd äußerst locker und nur aus kleinen Klippen be- stehend; das Eis kann sich also an der ziemlich glatt verlaufenden Küste hier nicht festsetzen und lange halten, um so mehr, als Hangö, das auf einer Halbinsel weit ins Meer vorgeschoben liegt, auch klimatisch schon günstiger gestellt ist.‘) Auf diesem Umstand beruht auch die Bedeutung Hangös als einziger Winterhafen Finlands und als Umladeplatz für den Verkehr von Rußland nach Schweden. Daß es tatsächlich der Skärgärd ist, der die lange Fisbedeckung verursacht, indem er durch seinen Schutz ein Brechen und Abtreiben der Eisdecke verhindert, und nicht, wie man vielleicht annehmen könnte, der geringere Salzgehalt des inneren Skärgärds, das beweisen die Daten über die Auf- und Zugangszeiten des Eises auf den Alandinseln. 29 Die natürliche Landzunahme im südfinnischen Küstengebiet. Unter den natürlichen Faktoren, die Finland seewärts zu vergrößern suchen, kommen neben der säkularen Hebung vor Allem die Wasser- vegetation und die rezente Landanschwemmung in Betracht. Wenn man, wie dies noch häufig geschieht, jede Landvermehrung mit einer Hebung des Landes begründet, so kommt man dabei zu ganz einseitigen über- triebenen Vorstellungen über deren Größe. Es ist das Verdienst I. E. Rosbergs, in seiner Arbeit über die natürlichen Landveränderungen an der nyländischen Küste (Geogr. Fören. Tidskrift, 1889.) wohl zum ersten Male auf diesen Punkt hingewiesen zu haben. So fand er, daß bei Strömsby in Kyrkslätt das Land in 45 Jahren 60 cm höher geworden sei, am Prestholmen in 60 Jahren 75 cm. Die säkulare Hebung beträgt in diesem Gebiet nach den Untersuchungen von A. Bonsdorff 55,2 cm. Man ersieht also schon aus diesen Zahlen, daß es nicht die säkulare Hebung allein ist, die das Land vergrößert. Bei der Schilderung des Skärgärds habe ich schon kurz auf die Be- deutung der Wasservegetation hingewiesen. Der Salzgehalt des Seewassers im äußeren Skärgärd beträgt selten mehr als 5 %oo. Im inneren Skärgärd beträgt er für gewöhnlich nicht mehr als 21/,—4 oo. Im diesem fast süben Wasser gedeihen natürlich auf dem schlammig-schliekigen Boden die Wasserpflanzen, besonders Phragmites Communis ausgezeichnet. Nun herrscht im Skärgärd und m den Fjärden häufig eine relativ starke Strömung, die immer eine Menge Schlamm suspendiert mit sich führt. Ich fand z. B. in 1 It. Wasser der Stor Pernäwik fast 2,; cem, größten- teils organischen Schlamms. Auf diese Schlammteile wirken die Binsen- gestrüppe ähnlich den Mangrovendickichten der Tropen wie ein fein- maschiges Sieb, in dem sieh das meiste der entgegentreibenden Schlamm- massen festsetzt. Schließlich ersticken die fluviatilen Ablagerungen die Vegetation, die ihnen bis dahin Halt gewährte, steigen über die Wasser- oberfläche empor und füllen auf diese Weise Buchten, Sunde und kleinere Seen aus. Diesen knapp skizzierten Vorgang kann man überall im süd- finnischen Küstengebiet beobachten. Wenn z. B. so große Inseln wie Degerö-Gullö auf der Nordseite einen so außerordentlich gleichmäßigen und auf lange Strecken geradlinigen Verlauf des Strandes aufzuweisen haben, während die Südseite auf das bizarrste zerschlitzt und zergliedert ist, so dürfte der Grund in der Anschwemmung von Schlammmassen und deren ausgleichender Wirkung liegen. Degerö ist übrigens schon im Begriff, landfest zu werden; denn der schmale Sund, der es vom Festland trennt, ist schon vollkommen überwachsen. — Zuerst werden in den Fjärden die Buchten ausgefüllt, die nach Norden geöffnet sind, also direkt 30 einen Sandfang darstellen. Die Tendenz geht also dahin, die Ufer möglichst abzugleichen, und das geht soweit, daß die Ufer einiger Fjärde jetzt schon einen direkt geradlinigen Verlauf haben. In einer nach Nord- westen geöffneten Bucht der Stor Pernävik gibt eine Karte aus dem Jahre 1882 einen kleinen Holm vor der Gästgifveri noch als vollkommen selbständig an. Im Sommer 1904 war die Ausfüllung der Bucht schon soweit vorgeschritten, daß man bei niedrigem Wasserstand schon zu Fuß nach dieser Insel gelangen konnte. Als ein Beispiel für die Ausfüllung der Seen möge der Saltsjö bei Kyırkslätt erwähnt sein. Dieser See stellte ursprünglich den Scheitel des Tavastfjärd dar. Dann wurde er von diesem abgetrennt und blieb nur noch durch einen kleinen Bach mit ihm verbunden. Vor 50 Jahren noch ein See von 1 km Durchmesser, ist er heute bereits vollkommen zugewachsen. Im Osten ist die Wasservegetation und zugleich die säkulare Hebung weniger kräftig. Das scheint darauf hinzudeuten, daß die Wirkung der Wasservegetation in dem geschilderten Sinn und säkulare Hebung in einem teilweisen kausalen Zusammenhang stehen, ähnlich, wie nach R. Credner die Deltabildung zum Mindestens sehr stark durch säkulare Hebung gefördert wird. — Bevor ich zur Behandlung der Hebungs- erscheinung übergehe, möge noch ein Faktor der natürlichen Land- vermehrung Erwähnung finden: das Treibeis. An der finnischen Küste kann man es häufig beobachten, daß die kreisrund gescheuerten Treib- eisplatten schwarz sind von den in ihnen eingeschlossenen Sand- und Schlammmassen. Als Residuum eines 6 kg schweren Eisstückes von der Nähe des Strandes z. B. erhielt ich nach dem Schmelzen etwas über 200 g Schlamm und Sand. Daß die Treibeismassen auch größere Fels- blöcke aus weiterer Ferne mit sich führen, und so den Strand vergrößern helfen, ist den Fischern der Skären eine bekannte Tatsache. Im Kyrkslätt- skärgärd hat man z. B. Blöcke von 1—2 cbm antreiben sehen (1898), ja, man kennt hier sogar Felstrümmer, die von der Insel Hogland, also aus einer Entfernung von 150 km hierher geführt sind. Im Jahre 1743 veröffentlichte Andreas Celsius seine Theorie über das allmähliche Fortschreiten der Wasserabnahme an der schwedischen und finnischen Küste in den Abhandlungen der Kgl. Schwed. Akademie, Wie es häufig vorkommt, war die Tatsache, die dem Volke schon lange bekannt und vertraut war, der Wissenschaft bis dahin vollkommen fremd geblieben. Erst die natürlich stark übertriebenen Überlieferungen, die Celsius gelegentlich emer Reise längs der Küste erfuhr, veranlaßten diesen exakten Beobachter zur Verfolgung dieses Problems. Einen starken Anhänger hatte seine Theorie der Wasserabnahme in Carl Linne, »weil sie in seine eigene Idee vom Paradiese und von der Ver- breitung der Tiere auf der Erde paßte«. (v. Hoff: Veränderungen der 31 Erdoberfläche, Bd. I, 5.) Celsius hatte eine säkulare Abnahme des Wassers um 44—45 Zoll angenommen. Und diese Entdeckung benutzten die Zeitgenossen, so besonders der Historiker ©. Dalin in semer »Geschichte des Reiches Schweden«, um die Wahrheit der unglaublichsten Sagen und Überlieferungen zu belegen. So ist es z. B. noch heute eine beim schwedischen Volke sehr verbreitete Ansicht, daß Schweden noch vor nicht allzulanger Zeit aus mehreren Inseln bestanden habe. Die Wahrheit dieser und ähnlicher Anschauungen suchte man jetzt mit dem Celsius’schen Gesetz des allmählichen Fortschreitens der Wasserabnahme zu beweisen. Aber solange man an der Celsius’schen Auffassung des Zurückweichens des Meeres fest hielt, mußte jeder neue Beweis hierfür den Gegnern Material gegen die Theorie liefern. Denn natürlich war das Maß, in dem das Meer zurückwich, nach den unzulänglichen Beob- achtungen in jedem Fall ein verschiedenes. Stellenweise, so in Süd- schweden, war ja auch ein Vorrücken des Meeres zu beobachten. Die Gegner führten daher mit Recht an, daß, wenn das Meer überhaupt zurückwiche, es dann mindestens überall gleichmäßig zurückweichen müsse. — Zu welchen Übertreibungen man auch auf gegnerischer Seite (Runeberg, Browallius, Vargas Bedemar) kam, lehrt die Behauptung Bedemar’s: Von Celsius und seinen Anhängern waren bekanntlich mit Vorliebe die Überlieferungen über das Höherwerden der Skären und ihre Bedeutung als Fangplatz der »Seekälber« angeführt worden. Um sich nun aus dem Dilemma zu retten, in welches das doch nicht mehr zu leugnende »Wachsen: der Skären die Gegner gebracht hatte, versuchte man die Skären als losgerissene und herabgestürzte Fels- blöcke, als loses Geschiebe zu erklären. Der erste, der die Verschiebung der Strandlinie richtig als eine Hebung des Landes erkannt hat, scheint der Däne Jessen gewesen zu sein (Kongeriget Norge, fremstillet efter dets naturlige och borgerlige Tillstand, Kopenhagen 1763). Er gibt die Möglichkeit eines »inneren Wachstums und Zunehmens der Gesteine« zu, erklärt aber zuletzt die Hebung des Landes aus Erdbeben. Obgleich, sagt er, gleich nach dem Erdbeben von Egersund keine solche Erhebung bemerkt worden ist, so könnte doch dadurch anderen Ursachen die Gelegenheit dazu eröffnet worden sein (vgl. auch Humboldt, Kosmos Bd. I, Anm. 20). Unter dem Erdbeben von Egersund dürfte wohl das vom Dezember 1753 ver- standen sein, über das die Abhandlungen der Kgl. Schwed Akademie berichten. Auch der Finländer Runeberg erwähnt schon 1865 die Vermutung, daß es die Berge seien, die sich höben. Klarer hat dann Playfair die Erkenntnis von der Hebung des Landes ausgesprochen. Er erklärt sich in seinen »Illustrations of the Huttonian Theory« schon 1802 mit aller Entschiedenheit dafür, daß es das Land ist, dessen vertikale Bewegungen die Küstenschwankungen ver- ursachen. »Die Vorstellung empfindet es als weniger schwierig, das bewegliche und unstete Fludium eine Depression erleiden zu lassen, als sich für das Land, die terra firma selbst, eine solehe Elevation vor- zustellen« (Note XXI, 393). Endgültig aber ist es erst Leopold von Buch in seiner klassischen Schilderung seiner Reise durch Norwegen und Lappland gelungen, die alte Celsius’sche Ansicht von dem Sinken des Meeresspiegels zu beseitigen und aus der Wissenschaft verschwinden zu machen. Ihm waren die Jessen ’schen und Playfair’schen Ansichten nicht bekannt, und so kann er wohl mit Recht als der Reformator der Lehre von den Küstenschwankungen betrachtet werden. »Gewiß ist es, daß der Meeres- spiegel nicht sinken kann; das erlaubte das Gleichgewicht der Meere schlechterdings nicht. Da nun aber das Phänomen der Abnahme sich nicht leugnen läßt, so bleibt, soviel wir jetzt sehen, kein anderer Ausweg, als die Überzeugung, daß ganz Schweden sich langsam in die Höhe erhebe, von Fredrikshall bis gegen Abo und vielleicht bis Petersburg hin« (Reise, 2. Bd. 291). Wenn auch wichtige Autoritäten, wie Lyell und v. Hoff sich zunächst noch mit allen Kräften gegen diese Erkenntnis sträubten, so rang sich doch die Auf- fassung, daß es das Land ist, welches sich hebt, sehr bald durch und dürfte ernsthaften Zweifel jetzt wohl kaum noch begegnen. Nach dieser kurzen historischen Exkursion kehren wir zu der Schilderung der Küstenschwankungen im Gebiet der Fennoskandia zurück. Die Arbeiten finnischer Geologen, wie W. Ramsay, V. Hackmann, H. Berghell etc. (alle abgedruckt in der Fennia) haben uns darüber aufgeklärt, welch ungeheure Dimensionen die Küstenschwankungen, sowohl Hebung als auch Senkung, in dem relativ doch kurzen Zeitraum seit Schluß der Eiszeit gehabt haben. Wir dürfen mit de Geer annehmen, daß das gesamte Ursprungsgebiet der diluvialen Gletscher, also in der Hauptsache die Fennoskandia, vor Beginn der Eiszeit bedeutend höher gelegen haben muß. Zwei Gründe sind es vor allem, die hierfür sprechen. G. de Geer sagt darüber in seiner Arbeit: Skandinaviens -geografiska Utveckling efter Istiden: »Daß dies Gebiet beim Beginn der Eiszeit höher als heute lag, läßt sich auch aus folgendem Grund schließen: der Ge- steinsgrund, der unter den Eiszeitablagerungen liegt, und der vor dem Beginn der Eiszeit entblößt lag, wird jetzt auf weite Strecken sowohl in Schonen und Dänemark, als auch in den Niederlanden und in Deutschland, hier sogar noch über Berlin hinaus, in einer Tiefe bis zu mehr als 100 m unter Meeresspiegel gefunden. Dessen ungeachtet sind die Bildungen, die in diesen Gebieten beim Beginn der Eiszeit abgelagert wurden, keines- wegs Meeresablagerungen, sondern deutliche Niederschläge aus Süßwasser. Hieraus scheint hervorzugehen, daß die in Betracht kommenden Gebiete also auch die angrenzenden Teile der Ost- und Nordsee beim Beginn der Eiszeit höher als jetzt lagen«e. — Noch einen anderen Grund, mehr ver- gleichender Art, führt de Geer an. Zu diesem Zwecke weist er auf die 33 Neigung des heutigen Inlandeises in Grönland von der Eisscheide bis zum Meer hin. »Denkt man sich«, so schreibt er, »Nansens Weg von der Eisscheide bis zum westlichen Rand des Eises in 3 gleiche Teile zer- legt, jeder ungefähr 10 Meilen lang, so ergibt sich als mittlere Neigung für den ganzen westlichen niedrigsten Teil eine Neigung von 1:50 (die höchste Stelle, die Nansen 1888 erreichte, lag bekanntlich 2700 m hoch). In dem nächsten Abschnitt seines Weges war die Steigung noch geringer: sie betrug nur 1:150. Und im dritten Teil belief sie sich nur auf 1:250. Während der Eiszeit im nördlichen Europa erstreckte sich das Eis, gerechnet von der Eisscheide in Nordskandinavien bis zum Eisrand im südöstlichen Rußland über eine Länge von nicht weniger als 220 Meilen.) — Das Eis mußte also eine bestimmte Neigung haben. Wenn man nun annimmt, daß diese Fallhöhe in der Nähe des Eisrandes un- gefähr der glich, die jetzt an der grönländischen Eisdecke beobachtet ist, so würde man, vom Eisrand kommend, bereits nach 30 Meilen sich in einer Höhe von 3000 m befinden. Selbst wenn wir voraussetzen, daß in den zentralen Teilen des Gletschers die Steigung nicht größer als 1: 400 war, so müßte darnach die Oberfläche des Gletschers an der skandi- navischen Eisscheide in 8000 m Höhe gelegen haben«. Auch unabhängig von der inzwischen eingetretenen großen Senkung läßt sich doch für den supramarinen Teil der Fennoskandia vor der Eis- zeit eine größere Masse annehmen. Nehmen wir das Ablagerungsgebiet der Geschiebe, die vom Boden der Fennoskandia stammen, mit 2200000 qkm an (F. H. Hahn berechnet das Gebiet auf 2040000 qkm), und setzen wir die durchschnittliche Mächtigkeit der Ablagerungen mit 50 m in Rechnung, so würde die Masse von 110 Millionen cbkm im Stande sein, Schweden und Finland um rund 130 m zu erhöhen. Der Schluß der Eiszeit sieht die Fennoskandia schon bedeutend ge- sunken. lm selben Maße, wie das Eis zurückweicht, dringt das Meer vor und nimmt alle Hohlräume des Landes ein. Aus der beigefügten Tabelle, die nach den Aufnahmen der finnischen Geologen hergestellt ist, ergibt sich die Höhenlage der verschiedenen Punkte, an denen mit Sicherheit Spuren des Eiszeitmeeres, des salzreichen Yoldiameeres nach- zuweisen sind.°) Höhe über Ort. Meeresspiegel Beobachter. in m Tarkkala, Karelische Nase 81,590 H. Bergshell. Pöhkösenmäki ,, if ca. 79,5 n 'Wihmala e: N ls ns Mesterjärvi 5 ); tl R. Raivola & e „il N Rapamäki . e ti) r Röykkylä Era. „ 65 34 Höhe über Ort. Meeresspiegel Beobachter. in m. Neuvola, Karelische Nase ca. 70 de Geer. Langila 5 R . WW “ Valkeasaari ,, nn u 0) n Messilä, Tavasteh. Län 152 r Maavehmais ,, 1, 153,4 H Ikkola 2 E 155 W. Ramsay Sikovuori u '* 154 5 Soitinkallio ke K- 166 BE Wirmala Me ei 170 " Korospoja % R 182 n Waatermääki , % 190 o, Ronninmääki ,, n 194 & Multamääki _, 195 " Illaamääki r r 196 r Pujo, Kuopio Län 180 (?) N Kollivaara N u 208 V.Hackmann. Koränkää a x 194—209 1 Sumukkavyaara ,, PR 200 « Konnanvaara L 2 220 r Löökinvaara el 2 198 r Vuokatti, Uleäborg Län 215 5 Pöllyvaara “ u 197 en Kivesvaara e 186 od. 223 ia Lehtovaara K 7. 246 (?) nn Pohjoiskorkia, Insel Hochld. 87 H. Berghell. (Am Pöllyvaara war es mir im August 1903 möglich, die Höhe von Y. G. mit 203—205 m zu bestimmen.) Vor 200 Jahren fand man in Västergötland in einer Höhe von 100 m, mehr als 10 Meilen von der Küste entfernt, Skeletteile eines Wals, die nur durch das Meer dahin geführt sein konnten. Dieser Zeit- punkt bedeutet eigentlich den Beginn unserer modernen Postglazialgeologie. Seitdem sind wir ja Dank der Arbeiten der schwedischen Eismeer- expeditionen und der nordischen Geologen in den Stand gesetzt, die geographische Ausbreitung des Yoldiameeres mit ziemlicher Sicherheit festzulegen. Für Finland finden sich die Stellen, an denen, sei es in Strandlinien, sei es in Blockpackungen oder Fundstellen von Schalen der Yoldia aretiea das Einwirken des Yoldiameeres nachzuweisen ist, in Höhen von wenigen bis zu 246 m. Das beweist also eine verschiedene Hebungsintensität unter gleichen Begleiterscheinungen, und zwar scheint die Intensität von der Gegend des heutigen Petersburg, wo sie gleich O0 war, ziemlich schnell gegen Nordosten zuzunehmen, bis sie in der Gegend 35 von Kajana im Uleäborg Län ihr bisher bekanntes Maximum erreicht. Wahrscheinlich ist es allerdings, daß das reelle Maximum mit 250—300 m erst in den zentralen Teilen Skandinaviens erreicht wird. Die Grenzen des Meeres verliefen kurz skizziert folgendermaßen: Schonen, die südliche Halbinsel Schwedens, die schon von der letzten großen Vergletscherung nicht mehr bedeckt war, war mit dem dänischen Festland über Seeland und Fünen verbunden. Mit Ausnahme der Ufer der Hanöbucht scheint die schwedische Küste bis Norrköping unverändert dieselbe Lage wie heutzutage gehabt zu haben. Über die Gebiete von Upland, Nerrike, Södermanland und die großen Täler des Mälar-, des Wener- und des nördlichen Wettersees breitete sich die Verbindung des Yoldiameeres mit dem Skagerrak aus, in die von Norden her große, als solche jetzt nicht mehr existierende Fjorde einmünden. Ein reich entwickelter Skärgärd mag diesem Sund denselben Anblick verliehen haben, wie wir ihn heute vom Mälarsee kennen. Im nördlichen Schweden war nur ein verhältnismäßig schmaler Festlandstreifen vom Meer über- deckt. Den nördlichsten Teil des Bottnischen Meerbusens, sowie Lapp- land und das zentrale Schweden läßt de Geer während dieser Zeit überhaupt noch von dem Gletscher bedeckt sein. ®) Zwischen der Wasserscheide im Westen und dem Eisrand im Osten nimmt er außer- dem eine große Anzahl fjordartiger Seen an. (Bekanntlich lag schon während der großen Vereisung die Eisscheide in Skandinavien bedeutend östlicher, als die Wasserscheide.) Finland war zum größten Teil in eine Unzahl von Inseln aufgelöst, die einen Skärgärd bildeten, der den heutigen an Größe wahrscheinlich noch bedeutend übertraf. Der Peipussee stand in breiter, offener Verbindung mit dem Meer und bildete so einen Fjord von annähernd 200 km Länge. Die deutsche Ostseeküste lag noch bedeutend höher als jetzt, und das große Weichsel-Netzetal mündete noch bei Havelberg in die Elbe. Die Verbindung mit dem Eismeer geschah bekanntlich durch einen breiten Sund, der den finnischen Meerbusen über den Ladoga- und Onegasee mit dem Weißen Meer verband. Mit dem atlantischen Ozean bezw. der Nordsee scheint das Yoldiameer in der ersten Zeit außer durch den schon erwähnten schwedischen Sund auch durch einige Kanäle, die die Vorläufer des heutigen dänischen Sundes und des großen Beltes darstellen, verbunden gewesen zu sein. Lange Zeit scheint diese Meerestransgression nicht gedauert zu haben. Wahrscheinlich dürfte es sein, daß zunächst die Hebung des Landes im Osten .und Süden eine Abtrennung vom Ocean bewirkte. Hier genügte schon eine Hebung von vielleicht 25 m, um die Landbrücke herzustellen. Doch nicht spurlos ist die Transgression des Eismeeres über den Ladoga hinüber zum finnischen Meerbusen für die Ostsee und die nördlichen Ostseeländer geblieben. Unter der großen Anzahl arktischer Tier- und Pflanzenformen, die uns das Eismeer zurückgelassen hat, sei nur an den Seehund erinnert. Der Seehund kommt heute noch im Ladogasee vor, 36 und wie man mir in Finland erzählte, findet er sich sogar noch in den finnischen Seen, z. B. im Saima. — Das salzreiche Yoldiameer wird von einem Binnensee abgelöst. Durch fortschreitende Hebung, die das gesamte Ostseegebiet von Lübeck bis Haparanda und von St. Petersburg bis Stockholm in Mitleidenschaft zieht, ist das Ostseebecken vollkommen vom Ocean abgeführt worden. Für das Vorhandensein eines Süßwasserbeckens haben wir ja außer den verschiedenen fossilen Resten von Ancylus fluviatilis, Neritina fluviatilis und ähnlichen Organismen den sichersten Beweis in der deckenartigen Ausbreitung grauen Süßwassertons in ganz Südfinland. An der südlichen Ostseeküste sind ja die submarinen Torflager sprechende Beweise für die einstmalige Süßwasserbedeckung. Vorige Höhengabe Absolute Höhe ausgedrückt in % OrE über Meeresspiegel der entsprechenden ee Yoldiagrenze. Messilä, Tayastehus Län 135 —134 ca. 86 % Kivikallio, “ is 132 M80cR, Insel Hochland 61 Tl 5 Tarkkala, Karelische Nase 56 68: Elinälä 2 u 50 . .. Inonkylä £ e 42 a dam Röykkylä r ef 40 AL )gen Rapamäki 2 & 44 nr Die vorstehende Tabelle, die ich einer Arbeit von H. Berghell entnehme, gibt eine Übersicht über die Höhe der Orte in Finland, an denen Spuren des Ancylusmeeres mit Sicherheit nachzuweisen waren. Verhältnismässig am stärksten hat sich seit der Yoldiazeit also das Gebiet der Karelischen Nase zwischen Wiborg und Petersburg gehoben, während die angeführten Gebiete des Tavastehus Län, die nach dem Rückzug des Gletschers doch zu den meist herabgedrückten Südfinlands gehörten, sich nur sehr wenig erhoben haben. Finland hat somit schon im Wesent- lichen seine heutige Gestalt erhalten, wenn auch die derzeitigen Küsten noch ca. 100 km landeinwärts im Verhältnis zu heute liegen. Saima- und Päjännesee schneiden als gewaltige Fjorde, größer noch ‚als die größten uns jetzt bekannten, hunderte von Kilometern weit tief ins Land ein. Die Verbindung zwischen dem finnischen Meerbusen und dem Ladogasee ist noch offen, wenn auch die Halbinsel, die sich von Süden her in den Sund geschoben hat, diesen Sund schon bis zur Hälfte abge- sperrt hat. de Geer weist mit Recht darauf hin, daß mit der Aus- füllung des Ostseebeckens mit Süßwasser zugleich eine Trockenlegung einer Anzahl von Binnenseen und bei anderen eine Verschiebung ihres Abflusses vor sich gehen mußte. Wenn nämlich in einem Teil der Fennoskandia die Hebungsintensität eine größere war als in einem andern, 37 wenn, mit anderen Worten, eine schiefe Ebene durch die ungleichmäßige Hebung entstand, so mußte doch das Wasser, dem Gesetz der Schwere folgend, von den höheren Lagen zu den tiefer gelegenen abfließen. Im allgemeinen hat sich seit der Eiszeit die Hebung derartig gestaltet, daß sie im westlichen Finland intensiver war, als im östlichen, also im Gebiet der Karelischen Nase. Das Wasser der Binnenseen wurde immer weiter nach Osten gewälzt; man weiß, daß aus diesem Grund eine Anzahl Flüsse Südfinlands Quelle und Lauf weiter nach Osten gelegen haben, so z. B. fließt der Wuoksen jetzt in den Ladogasee, während er früher bedeutend weiter westlich in den finnischen Meerbusen mündete. Ich persönlich bin geneigt, die im östlichen Teil der südfinnischen Küste deutlich ausgeprägte nordwestlich-südöstliche Streichrichtung der Flüsse in kausalen Zusammenhang mit der Verschiedenheit der Hebungsinten- sität im Osten und Westen zu bringen. — Den weiteren Verlauf der Aneyluszeit schildert de Geer folgendermaßen: wenn nun der große baltische Binnensee seinen ersten Ablauf im Westen hatte, also ungefähr da, wo die Küste der stärksten Hebung ausgesetzt war, so kann man erwarten, daß eine entsprechende Verschiebung der Wassermassen in diesem gewaltigen Becken stattfinden mußte. Das Niveau des Sees mußte sich immer in gleicher Höhe mit dem Abfluß halten, und in dem Maße, wie das Land sich am Ausflußkanal hob, mußte das Wasser über- all da steigen, wo die Hebung der Küste nicht mit der im Westen Sehritt hielt. So muß das Steigen des Wassers und das allmähliche Überschwemmen des Landes, nach dem Verlauf der Isobasen zu schließen, am $tärksten im Süden und Südwesten gewesen sein. Im Norden und Nordwesten aber, wo die Hebung noch intensiver als am Ablauf war, wird dagegen der Seeboden bald trocken gelegt sein, sodaß die gesamte Wassermasse mehr und mehr gegen Süden gedrängt wurde. So erklärt es sich auch, daß im südlichen Schweden einige Tortlager, die auf festem Lande entstanden sind und Reste des Ur enthalten, von Ablagerungen des Ancylusmeeres überdeckt sind. Die Hebung des Wasserspiegels im Südwesten scheint vor sich gegangen zu sein, bis die alten Talrinnen des Sundes und der beiden Belte überflutet wurden, so- daß hier ein neuer Ablauf geschaffen und ein weiteres Steigen des See- spiegels unmöglich gemacht wurde. Da die Hebung an der ersten Abflußstelle fortschritt, das Wasser sich aber nicht mehr hob, sondern im Gegenteil sich doch wahrscheinlich bald senkte, so muß sie bald trocken gelegt sein. Während der Aneyluszeit (spätglaziale Hebung) sind endlich auch die letzten Reste des diluvialen Inlandeises verschwunden, sodaß auch der jährliche sommerliche Zufluß großer Massen von Schmelz wässern aufhört. Am Schluß dieser Periode erscheint auch der Mensch zuerst in Dänemark und im südlichen Schweden. — Über den Anschwemmungen und Absätzen der Ancyluszeit finden sich an vielen Orten Südfinlands in Muschelschalenlagern, Strandwällen 38 und Strandlinien die Anzeichen einer neuen Küstenverschiebung. Nach dem Hauptleitfossil dieser Periode, der Litorina litorea, hat man diese bekanntlich mit dem Namen Litorinameer belegt. Da diese Muschel heute nur noch in den Teilen der Ostsee lebt, deren Wasser mindestens 0,79 °/ Salze enthält, also mit anderen Worten nur in dem südwestlichen Ostseegebiet, sie auch nicht die Fähigkeit hat, sich den Lebensbedingungen eines salzärmeren Meeres anzu- passen, so hat man mit Recht vermutet, daß durch eine Senkung nach der Ancyluszeit dem Salzwasser des Ozeans wieder Zutritt verschafft wurde und die Ostsee dadurch zu einem Brackwassermeer gemacht wurde. Im Übrigen ist die Litorina litorea nur bis in die Breite der Quarken nachgewiesen worden. Höhe in m Ort. über dem Beobachter. Meeresspiegel. Wernitsa, Karelische Nase 23 Berghell Parikansuo " nn 21,3 Ax Hiiva ” > 21,9 ni Mäkipää a = 22,1 5 Jeraske en " 23,2 “ Lysinvaara Y N 24,2 Berghell Pellotsalo “ “ 25,8 ar Läskelä A & 24,6 “ Kirjavalaks r e ar " Tervus = nn 26,5 2% Multamäki a x 258 = Wuohensalo ei M 24,6 en Taipale N r 20,1 ER Jaamankylä r a 18,8 en Kottila & r\ 22,8 ., Afanası =; 2 13 ei Terijoki 2 = 14,5 ie Seivistö = “ 18,5 R Muunla ee ” D24D = Humaljoenlahti ,, A 27,9 i% Jaakkola en ” 28,2 = Tiurinsaarı £ er 23,2 Br Pönni n 5 29,4 en Waahtola se Mn 28 (?) 5: Himottula Er er TA de Geer Karjalainen = Y 21 Ä Kähärile, n. ö. v. Wiborg 32 % Patakahia „ ‚„ ,, En 33 8 Iljinsk, Karelische Nase 22,5 Sederholm Pitkäranta, NO.-Ufer d. Ladoga 23,1 Trüstedt Insel Hochland 33 Berghell Jomala, Aland 50 . 39 Die vorstehende Tabelle gibt die Höhe der Orte an, wo Spuren der Einwirkung des Litorinameeres nachzuweisen waren. Darnach war also die Verteilung von Land und Wasser in Südfinland folgende: Die Ver- bindung zwischen dem finnischen Meerbusen und dem Ladogasee ist jetzt fast ganz geschlossen. Nur zwei Sunde, die vom nordöstlichsten Teil des finnischen Meerbusens ausgehen, und von denen der eine in der Gegend des heutigen Kexholm, der andere ca. 40 km südlich davon in den Ladogasee münden, unterbrechen die vollständige Landverbindung noch. Am Nordufer des Ladogasees ist noch ein breiter Küstenstreifen unter- getaucht und bildet einen ausgedehnten Skärgärd. Die südlichsten Teile des Ladogasees, also die Gebiete nordöstlich von Schlüsselburg, werden von der 5 m Isobase geschnitten, dürften also zur Litorinazeit noch supramarin gewesen sein. Somit wird auch die Newa sich ihr Bett erst gegraben haben, als die nördlichen Sunde geschlossen waren. Die große Zahl der Seen im nördlichen Teil der Karelischen Nase dürfte ihren Ursprung auch aus dieser Zeit herleiten. Durch die fortschreitende Hebung dieser Gebiete würden die Sunde zwischen finnischem Meer- busen und Ladogasee wahrscheinlich sehr bald trocken gelegen haben, wenn nicht die Erosionskraft der ungeheuren Wassermassen, die der Wuoksen und andere Flüsse vom Saima zum Ladogasee führen, dem entgegewirkt hätte Das ganze Flußsystem des Wuoksen z. B. ist tat- sächlich eher ein Seensystem zu nennen. — Bekanntlich war es eine Senkung des südlichen Ostseegebiets, die dem salzigen Nordseewasser den Eintritt in das Ancylusseebecken durch die gesenkten Flutrinnen des Öresunds und der beiden Belte gestattete. Fossile Litorinafunde in dem Gebiet der südlichen Ostsee beweisen, daß das Meer zu dieser Zeit größere Partien des südlichen Schwedens und des norddeutschen Küstengebiets überschwemmt hatte. Auch der Umstand, daß das Östseewasser zur Litorinazeit salziger war als heute, daß also salzreichere, schwerere, d. h. also tiefere Wassermassen durch Sund und Belte eindrangen, läßt keine andere Deutung zu, als daß eben die südlichen Ostseeländer derzeit tiefer gelegen sein müssen. Während die Ancyluszeit nicht von sehr langer Dauer gewesen sein dürfte, wie man aus der geringen Mächtigkeit der Sandablagerungen dieser Periode schließen kann, mul man eine ziemlich lange Zeit annehmen, um die stellenweise recht mächtigen Ablagerungen von Litorina litorea erklären zu können. So lernte ich auf einer Reise im Älandarchipel bei Bolstaholm auf der Hauptinsel eine Litormafund- stelle kennen, die eine Mächtigkeit von 1'/, m hatte. Das Liegende be- stand hier aus tonhaltigem Sand. — Historisch sind wir jetzt der Neuzeit schon sehr nahe gekommen. Aus der Litorinazeit haben wir eine große Anzahl von prähistorischen Funden vom Ladogasee, aus Esthland, Liv- land ete., die beweisen, daß Steinzeit und ältere Bronzezeit einerseits und Litorinazeit andererseits zeitlich annähernd zusammenfallen. De Geer nennt deshalb auch das Litorinameer das Steinzeitmeer. 40 Im Allgemeinen nimmt man wohl an, daß die jetzige Hebung der nördlichen Küsten der Ostsee ein Ausklingen einer Hebung sei, die bereits seit Ende der Litorinazeit andauert. Dem scheint aber nicht so zu sein. Auch für die südfinnische Küste nimmt man teilweise eine Senkung an, die der Ancyluszeit gefolgt sein soll. Im Gebiet der Karelischen Nase will man sogar bei Björkö submarme Terrassen aus dieser Zeit gefunden haben. Aus der Jetztzeit der Ostsee, die wir nach ihrem charakteristischen Lebewesen, der Mya arenia als Myazeit bezeichnen können, liegen ja für die finnischen Küsten zahllose Beweise für das Vorhanden- sein einer landhebenden Kraft vor. Für die finnische Küste des Bott- nischen Meerbusens, wo die Hebung am stärksten ist, haben Celsius, Hallsten, Fr. Hahn ete. genügend Beispiele gegeben. Ich werde mich also nur auf die Küste des finnischen Meerbusens beschränken. Wie die Wasservegetation, ist auch die säkulare Hebung am stärksten im Westen zu spüren. Überall erzählt man hier von Sunden, die jetzt so seicht sind, daß kaum ein Segelboot passieren kann, während noch vor 50 Jahren hier größere Segelschiffe durchfuhren. So z. B. überschreitet man auf dem Wege vom Schloß Raseborg zur Fisenbahnstation einen Bach, der 1--2 m breit und '/, m tief, Pujo- und Fagerwik mit einander verbindet. Noch zu einer Zeit, aus der wir urkundliches Material haben, sind hier Kauffahrteischiffe durchgefahren. Das Schloß Raseborg selbst war, als es ca. 1350 von Grip errichtet wurde, von einem Meeresarm als Wall- graben umgeben. Jetzt liegt es ungefähr 750 m vom Meer entfernt. Kräftiger als auf dem festen Land noch wird die Hebung im Skärgärd. So führt K. Ad. Moberg im Text zu Blatt 14 und 15 der geologischen Karte von Finland an, daß sich seit Aufnahme der Kataster- karten, also von der Mitte des 18. Jahrhunderts an, bis zum Jahre 1887 die Inseln Kalfholm, Kyrkö und Kyrkland im Hangö—Jussarödistrikt zu einer einzigen Insel vereinigt hätten. Hier dürfte allerdings auch die Wasservegetation eine große Rolle gespielt haben. Eine Wasserstands- marke, die 1839 von russischen Offizieren hier eingeschlagen war, befand sich nach 47 Jahren 32 cm über Mittelwasser. Auf Tullholmen, südwestlich von Tulludden auf Porkkala, finden sich nicht weniger als 3 Wasserstandsmarken eingeschlagen. Die älteste wurde im Jahre 1754 von A. Ehrensvärd, dem Erbauer der Festung Sveaborg, in den Fels eingehauen. 1886 lag sie 76 em über Mittel- wasser. Die zweite Marke, aus dem Jahre 1821, befand sich 1886 nur 10 cm über Mittelwasser, muß also wohl bei niedrigem Wasserstand angebracht sein. Die dritte Marke, von 1839, war 18856 30 cm über Mittelwasser. Für Tullholmen läßt sich darnach eine mittlere säkulare Hebung von 62 cm annehmen. Eine Marke auf Gäddtarmsholmen von 1800 läßt für diese Insel auf eine säkulare Hebung von 56 em schließen. An eimigen Stellen Südfinlands sollen sich, ein und mehr km vom Meer entfernt, eiserne Ringe in den Fels eingeschlagen finden, die 41 früher zum Befestigen der Schiffe gedient haben. Das ist schon möglich, wenn man bedenkt, daß nach J. E. Rosberg eine Bucht in Kyrkslätt in 50 Jahren 400 m kürzer geworden ist. Nach Osten nimmt die säkulare Hebung immer mehr ab. Bei Fredrikshamn beträgt sie z. B. nur noch 20 cm, und in der Nähe der finnisch-russischen Grenze scheint die Hebung gleich Null zu sein. Ob die Hebung in der Nähe von Petersburg gar in eine Senkung des Landes übergeht, muß zunächst noch zweifelhaft bleiben. Diesen Beobachtungen, die sich immer nur auf eine nicht sehr weit zurückgehende Zeit erstrecken, stehen aber andere gegenüber, die darauf hindeuten, daß die jetzige Hebung höchstens 2—3 Jahrhunderte andauern kann. Im 16. Jahrhundert gab der Holländer Lukas Waghenaer eine Seekarte von Südfinland mit einem Segelhandbuch unter dem Titel: Thresoor der Zee-Vaert, 3. Aufl. 1598 heraus. In diesem Buch schildert er eingehend u. a. den Weg von Jussarö durch den Skärgärd von Elsenvos (Helsingfors), Pellinge und Pyttis. Dieser Weg wird heute noch von den an der Küste entlang fahrenden Schiffen benutzt. Es ist doch auch kaum anzunehmen, daß eine so auffällige Erscheinung wie das » Wachsen« des Landes von den Seefahrern des Mittelalters übersehen sein sollte. — In der Königl. Bibliothek in Stockholm befindet sich ein kleiner Pergament- kodex, der vor allem die Zeit Waldemars II. von Dänemark behandelt. Darin ist, wahrscheinlich am Ende des 13. Jahrhunderts, eine Segel- beschreibung für die Fahrt nach Revälburg, dem heutigen Reval in Esth- land, gegeben. Die Fahrt hierher, die in der Zeit des Fehlens des Kompasses sich natürlich immer an den Küsten hielt, ging längs der schwedischen Küste bis zum Nortelge Skärgärd. Dann fuhr man über Lynäbötä (Lemböte), Thiyckäkär (Kökar), Fygelde (Föglö) und Aspösund, also durch den Älandarchipel nach Hampete (Hangö). Auf Kökar befand sich schon ein Franziskaner-Kloster, dessen hoher Turm den Ankommenden als Ansegelungsmarke diente Von Hampete segelte man dann weiter nach Juxarö (Jussarö), und von hier quer über den finnischen Meerbusen nach Reval. Wenn die Hebung des Landes also seit der Litorinazeit konstant vor sich gegangen wäre, wenn also mit anderen Worten der Älandarchipel sich seit dem 13. Jahrhundert um 450 em gehoben hätte (die säkulare Hebung dieser Gebiete beträgt ca. 65 cm), so könnten nach dern heutigen Wasserstande bei Kökar, Föglö u. s. w. zu schließen, der- zeit kaum Siedelungen wie das erwähnte Kloster angelegt worden sein. Wenn ich recht unterrichtet bin, so liegt die Klosterruine von Kökar nur 5 m über dem jetzigen Meeresspiegel. Sie müßte also bei der Erbauung fast direkt in Meeresniveau angelegt worden sein: eine Unmöglichkeit in diesem sturm- und brandungsreichen Gebiet. Übrigens stimmen noch andere Gründe dafür, daß die jetzige Hebung noch nicht lange andauern kann: Schon Browallius, einer der hartnäckigsten Gegner Celsius’, erzählt nach v, Hoff, daß in seinem Beisein an der finnischen Küste in 42 unmittelbarer Nähe des Ufers stehende Fichten von 3—400 Jahren gefällt seien. Da sie doch nicht unter dem Wasser keimen konnten, so muß das Land also derzeit schon in annähernd derselben Höhe sich befunden haben, als zur Zeit der Fällung der Bäume. — Noch ein anderes Beispiel: bei dem Ort Pargas auf der gleichnamigen Insel im südwestfinnischen Skärgärd steht auf einer kleinen Halbinsel ein kleiner Eichenbestand. Die Halbinsel war noch bis vor kurzer Zeit von der Hauptinsel abgetrennt und ist erst kürzlich landfest geworden. 60 Schritt vom Wasser steht in einer Höhe von ca. 1'/„s—2 m eine nach meiner Schätzung mindestens 3—400 jährige Eiche. Die säkulare Hebung dieser Gebiete beträgt ca. 65 cm., in 3—400 Jahren müßte sich das Land, konstante Hebung vor- ausgesetzt, also 2—3 m gehoben haben. Die Eiche müßte somit unter Wasser gekeimt haben. Es kann hier nicht der Ort sein, die Gründe der Hebungserscheinung zu diskutieren. Wenn man aber bedenkt, daß seit der Eiszeit neben mehrfachen Hebungen auch eine Senkung (Litorinazeit) vor sich gegangen ist, daß ferner die Isobasen in ihrem Verlauf absolut unabhängig von den Isohypsen sind, daß auch die Hebungs-, resp. Senkungsursache in keinem sichtbaren Zusammenhang mit dem Gesteinsuntergrund stehen, so muß man meines Erachtens zu der Erkenntnis eines vollkommenen Bankerotts aller der Erklärungsversuche kommen, die Küstenschwankungen und Eiszeit in kausalen Zusammenhang bringen wollen, ob sie nun wie die Pencks die Anziehungskraft des Inlandeises auf das Wasser oder wie die Jamiesons die Abkühlung durch den Gletscher und die daraus resul- tierende Kontraktion der Erdrinde zur Erklärung heranziehen. Ob nicht doch, wie das schon mehrfach angedeutet ist, Vorgänge im Erdinnern die endliche Ursache der Küstenschwankungen sind? Denn daß der Boden der Fennoskandia noch nicht zur Ruhe gekommen ist, das beweisen die garnicht so seltenen Erdbeben (das letzte Mitte Oktober 1904 im südlichen Finland). Ferner lassen doch auch die Stauchung und Faltung glazialer und postglazialer Schichten und die Veränderung der Gesteinshülle durch inter- und vielleicht postglaziale Einbrüche die Be- rechtigung einer solchen Deutung zu. Ob dann nicht auch die vielverspottete Schaukeltheorie wieder zu ihrem Recht kommt?! Auf eine Tatsache möchte ich noch hinweisen: wie wir schon bei der Behandlung der Ancyluszeit gesehen haben, braucht nicht immer ein Vordringen des Meeres gegen das Land auch eine Senkung des Landes als Vorbedingung zu haben. Die Überschwemmung der südlichen Teile des Ladogaseebeckens nach der Litorinazeit konnte so vor sich gehen, daß die stärkere Hebung im Norden das Wasser des Sees allmählich immer weiter nach Süden drängte, wo die Hebung entweder schwächer oder gleich Null war. 43 Ich habe früher für die Annahme einer Senkung der pommerschen, mecklenburgischen und eines Teils der holsteinischen Küste plädiert, indem ich annahm, daß der andauernde Abbruch des Klints, der amı Brodtener Ufer bei Lübeck z. B. in neunzig Jahren einen Betrag von 120 m erreicht hat, nur durch eine positive Verschiebung der Strand- linie zu erklären war. Wenn man aber bedenkt, daß die Ostsee doch ein ziemlich abgeschlossenes Becken darstellt, daß außerdem jährlich an ihren nördlichen Küsten Tausende von Quadratmetern durch die negative Strandlinienverschiebung trocken gelegt werden, so kann man sich viel- leicht vorstellen, daß die Senkung an der deutschen Ostseeküste nur eine scheinbare ist, insofern, als sie nur auf einer Stauung des Wassers beruht. Die Küste selbst kann vollkommen in Ruhe sein, kann sich sogar um einen geringen Betrag heben. Die beiden Belte und der Sund können als Abflußrinnen wegen ihrer Flachheit nicht sehr in Betracht kommen, auch dürfte die Strömung in ihnen allzusehr von den herrschenden Winden abhängig sein. — Anhangsweise mag hier einer Arbeit des Generalmajor A. Bons- dorff Erwähnung getan werden, die versucht, eine Chronologie der Spät- und Postglazialzeit zu geben.'') Bonsdorff nimmt zunächst an, daß die Bewegung, die die Hebung resp. Senkung veranlaßte, ein gleich- förmig accelerierte gewesen sei, von dem Anfang der Hebung, wo die Bewegung gleich Null war, bis in unsere Zeit, wo die maximale Geschwindigkeit erreicht ist. Unter dieser Bedingung wird die Zeitdauer der Hebung für zwei Fälle berechnet, wobei in einem Fall vorausgesetzt wird, daß die heutige Hebung der Maximalwert für die Geschwindigkeit der spätglazialen (Höhepunkt — Ancyluszeit), in dem andern, daß sie der der postglazialen wäre. Mit anderen Worten: im ersten Fall wird angenommen, daß die Hebung ununterbrochen stattgefunden habe, vom Maximum der der Eiszeit folgenden Senkung an bis jetzt, im andern Falle hingegen, daß der spätglazialen Hebung eine postglaziale Senkung (Litorinazeit) folgte, auf die die heutige postglaziale Hebung folgt, welche in unseren Tagen ihren Maximalwert erreicht. Die Berechnungen be- ziehen sich auf den größten Teil der schwedischen Nord- und Ostseeküste, die finnische Küste und Kronstadt. Zu Grunde gelegt werden die Be- rechnungen für die säkulare Hebung und die Höhe der Isobasen. Aus diesen Werten wird für jeden einzelnen Beobachtungspunkt die Erhebungs- zeit berechnet und aus den einzelnen Berechnungen das Mittel gezogen. Für die Küste des Bottnischen Meerbusens, für die auf schwedischer Seite keine zuverlässigen Zahlen für die Höhe der postglazialen Isobasen vorliegen, werden diese aus der Höhe der spätglazialen abgeleitet durch Multiplikation mit de Geers Reduktionszahl 0,34. — Im zweiten Fall, wo eine postglaziale Senkung angenommen wird, wird die spätglaziale Hebungszeit unter der Voraussetzung berechnet, daß die Acceleration während beider Erhebungen dieselbe war. Indem man die postglaziale 44 Hebungszeit dann mit 0,34 dividiert, erhält man die spätglaziale. Für die postglaziale Hebungszeit bekommt Bonsdorff folgende Werte: Nordseeküste Schwedens . . 9649 Jahre + 732 Ostseeküste * AR el) Bottnische Küste ,, en ae A Küsten Eınlandsss a DD E66 Die Berechnung für die spätglaziale Erhebungszeit, deren Maximum durch den Ancylussee gekennzeichnet ist, ergibt folgende Resultate: Nordseeküste Schwedens . . 33096 Jahre + 1775 Ostseeküste R ...48886 „ + 4462 Bottnische Küste ,, re ne. Küste Finlands B sa ae Bonsdorff nimmt nun an, daß die postglaziale Senkungszeit doppelt so lange gedauert habe, wie die jetzige postglaziale Hebungszeit. Somit erhält er als Ergebnis für die Zeit, die seit dem Maximum der spätglazialen Senkung (Yoldiameer) verflossen ist, folgendes Resultat: Nordseeküste Schwedens . . . . .. ..62043 Jahre Ostseeküste bi BER U Mor DEAN Bottnische Küste ,, EEE ROLSNORSEOT Fire Küster Hınlandswe I Soweit Bonsdorff. Meines Erachtens hat diese Berechnung gar keinen oder nur sehr geringen Wert. Allenfalls könnte man vielleicht dem Ergebnis für die jetzige postglaziale Hebungszeit einen Schein von Richtigkeit zugestehen. Aber schon die Differenz von 6000 Jahren zwischen der Nordseeküste und der Bottnischen Küste Schwedens, also nahezu + 60 %, muß stutzig machen. Doch der Versuch, aus diesem Ergebnis allgemein auf die Zeit der spätglazialen Hebung zu schließen, muß wohl als etwas verwegen betrachtet werden. Auch für die Annahme einer seit Jahrtausenden sich gleichbleibenden Acceleration liegen keine genügenden Gründe vor. Weshalb soll endlich eine eventuelle postglaziale Senkung gerade doppelt solange gedauert haben, wie die doch jetzt noch nicht abgeschlossene postglaziale Hebungszeit ? 45 Anmerkungen und Nachträge. 1) Das Wort Skärgärd bedeutet im Schwedischen Klippenhof. Übrigens hat keine Sprache ein Wort, das den Begriff Skär vollkommen wiedergibt. Im Finnischen übersetzt man Skärgärd mit Saaristo. (Saari — Insel.) 2) Der Rapakiwi auf den Älandinseln weicht, soweit ich ihn kenne, in der Art seiner Struktur und seiner Verwitterung sehr stark von dem ostfinnischen ab. Zunächst ist er viel feinkörniger und deshalb auch nicht so leicht zerstörbar. Des Weiteren neigt er sehr zur Quader- und Höhlenbildung. Bei der Verwitterung wittern die Plagioklasteilchen, die den Orthoklas umgeben, flach ringförmig heraus. 3) Die hier eitierten Tiefenangaben beziehen sich teils auf die Angaben der deutschen und russischen Seekarten und des deutschen Segel- handbuchs für die Ostsee, Teil IV, 3. Aufl., Berlin 1903, teils auf meine eigenen Lotungen, die mit einem selbstkonstruierten Hand- lotapparat vorgenommen wurden. Leider machten mir die politischen Umstände des Jahres 1904 bald die Lotungen unmöglich. 4) Die Zahl der Küsteninseln, die so groß sind, daß sie auf der schwedischen Seekarte in 1:200000 nicht zu einem Punkt ver- schwinden, beträgt 2900. Die Gesamtzahl der Inseln und Klippen an der südfinnischen Küste glaube ich auf annähernd 75000 schätzen zu können. 5) Bei dieser Gelegenheit möge auch ein »Flyttblock« am Strand von Bredholm im Pellingeskärgärd Erwähnung finden, der, bei einer Länge von ca. 30 m und einer Breite von 9 m, sowie einer Höhe von 5!/, m, wohl der größte an der südfinnischen Küste ist. Eigen- tümlich ist es, daß die erratischen Blöcke gerade im Skärgärd sich in ihrer überhängenden Lage meist an der Grenze ihrer Stabilität zu finden pflegen. 46 6) Als Beleg für den klimatischen Unterschied zwischen Helsingfors z. B. und Hangö möge folgendes Beispiel dienen: Als ich Ende Dezember 1903 an einem Nachmittag Helsingfors auf dem Dampfer verließ, zeigte das Themometer hier — 15°C. Vier Stunden darauf, auf See, zeigte das Thermometer nur noch — 2°C. an, und in Hangö regnete es gar bei +3°C. 7) Gemeint ist hier die schwedische Neumeile — 10680 m. 8) Welche mächtigen Dimensionen diese spätglazialen Blockpackungen haben, dafür kann ich aus eigener Anschauung ein Beispiel geben: Am Getaberg auf Äland befindet sich ein aus der Yoldiazeit stam- mender Strandwall von 736 Schritt Länge und mehreren Dutzend Meter Breite. Es lassen sich noch deutliche Wellen in der mäch- tigen Steinpackung erkennen. Eine ungefähre barometrische Be- stimmung ergab 35 m über Meeresspiegel als Höhe für diesen Wall. 9) Nach Ansicht Hedströms ist das Land sogar noch während des Zurückziehens des Gletschers gesunken, so z. B. am Wettersee noch ca. 10 m. (S. Geol. Fören. Förhandlingar, Bd. 23, S. 17.) 10) Die Arbeit ist abgedruckt unter dem Titel: Om Landhöjningen vid Kusterna af Östersjen och Kattegatt in Bd. 18 der Fennia. wm jet 19. . Verhandlungen der finnischen Gesellschaft der Wissenschaften. . Mitteilungen des finnischen geographischen Vereins. . Verhandlungen des geologischen Vereins in Stockholm. 23. Ymer, Zeitschrift der schwed. Gesellschaft für Geographie etc. . Deutsches Segelhandbuch für die Ostsee, Teil 1 und 4. sSsow-anaR w 47 Literatur. . Credner: Elemente der Geologie. . Frech: Lethaea geognostica, Bd. 4, Das Quartär. . Ratzel: Die Erde und das Leben. Hi Studien über den Küstensaum. 1904. . Penek: Morphologie der Erdoberfläche. . Suess: Das Antlitz der Erde. . Supan: Grundzüge der physischen Erdkunde. . Dana: Manual of Geology. . Geikie: The great Ice-Age. . v. Hoff: Geschichte der durch Überlieferung nachgewiesenen natür- lichen Veränderungen der Erdoberfläche. 1822. . Rein: Finland. (In Kirchhoffs »Wissen von der Erde«). . Cocehi: La Finlandia, Riceordi e Studi, Florenz 1902. . Ignatius: Finlands Geografie, Bd. 1, Helsingfors 1881. . Rosberg: Kyrkslätt Socken, dess Natur, Utveckling och Historie, Teil 1, Helsingfors 1900. . De Geer: Skandinaviens geograf. Utveckling efter Istiden. Stock- holm 1896. . Ramsay: Finlands Geologiska Utveckling efter Istiden. Helsingfors 1898. . Piecard: Beiträge zur physisch. Geogr. des Finnischen Meerhusens. Kiel 1903. . Karstedt: Die südfinnische Skärenküste von Wiborg bis Hangö. Deutsche geograph. Blätter 1904. Fennia, Bulletien de la Societe de Geographie de Finlande. Bd. 1—18. 48 Kartenmaterial. 1) Die deutsche Seekarte des finnischen Meerbusens in 1: 600000. 2) Die deutsche Seekarte des finnischen Meerbusens in 1: 150000. 3) Die schwedische Seekarte des finnischen Seebusens in 1: 200000. 4) Russische Seekarten des finnischen Meerbusens in 1 : 50000 bis 1: 60000. 5) Geologische Karte Finlands in 1:200000, Blatt 1, 2, 3, 4, 7, 14, 15, 27, 28, mit Text. 6) Atlas de Finlande mit Text. Helsingfors 1899. Neue Beobachtungspunkte tertiärer und fossilführender ddiluvialer Schichten Schleswig-Holstein und Lauenburg. Von Dr. Rudolf Struck in Lübeck. In der zwischen der Hügellandschaft des Ostens und den Marschen belegenen Zone Holsteins, welche von L. Meyn als Gebiet des unfrucht- baren Haiderücken und neuerdings gewöhnlich als Sandrgebiet oder Geschiebesandgebiet betrachtet und bezeichnet wird, findet sich, wie ich bereits an anderer Stelle ') angegeben habe, eine Reihe von horstartig über ihre Umgebung aufragenden Gebieten, welche sich hinsichtlich der Ausbildung ihrer Oberflächenformen und hinsichtlich ihres geologischen Aufbaues nicht von der Hügellandschaft des Ostens unterscheiden und deren Entstehung ebenso wie die jener mit Stillstandslagen des Eisrandes während der Abschmelzperiode der letzten (dritten) Vereisung in Beziehung zu setzen ist. Als solche Gegenden nannte ich den, von Altona bis in die Nähe von Wedel am Elbufer sich erstreckenden Hügelzug, das höhen- zugartige Gebiet des Kisdorfer Wohldes, die Hügelgruppe der Bostedter Berge, die nähere Umgebung von Itzehoe und endlich bestimmte Teile des sich nordwärts an letztere anschließenden und zwischen der Eider- senke im Norden, dem Störtale im Süden, den Marschen Dithmarschens im Westen und der Stör und ihren Zuflüssen im Osten belegenen Landstriches. Die Hügel und Rücken dieser Teile Westholsteins sind nun, wie an verschiedenen Orten, z. B. bei Itzehoe und in der Blankeneser End- moräne zu konstatieren ist, nicht nur ein Produkt glazialer und fluvio- glazialer Akkumulation, sondern es haben auch durch Eisdruck aufge- stauchte, sowohl ältere diluviale als auch prädiluviale, inbesondere ter- tiäre Schichten hervorragenden Anteil an ihrer Zusammensetzung. Auch an dem Aufbau der Erhebungen des Kisdorfer Wohldes sind, wie ich in dem letzten Jahre feststellen konnte, prädiluviale Gesteine beteiligt. 1. Durch die am Nordabhange dieses Höhenzuges in etwa 20—25 m Meereshöhe befindliche Ziegeleigrube einer unweit des Dorfes Schmalfeld belegenen Ziegelei ist typischer miocäner Glimmerton aufgeschlossen. Der Ton geht teils zu Tage aus, teils wird er von einem, etwa einen Meter mächtigen Geschiebelehm oder von ein bis zwei Meter Decksand bedeckt. Im nördlichen Teile der Grube finden sich Schollen desselben ») »Der baltische Höhenrücken in Holstein«, Mitteilungen der geographischen Gesellschaft in Lübeck. 2. Reihe. Heft 19. 1904. 52 teils verstaucht mit, teils überlagert von fluvioglazialen Sedimenten. Außer den nachstehend verzeichneten Konchylien — für deren Bestim- mung ich, ebenso wie für die meisten der im folgenden noch anzuführenden Petrefakten Herrn Professor Dr. Gottsche in Hamburg herzlichen Dank schulde — sowie von Fragmenten von Zetazeenwirbeln, Haifischzähnen, Ötolithen und kleinen Knollen von Schwefelkies enthielt der Ton in der Nordostecke der Grube eine bankartige Einlagerung eines gelblich-grauen tonigen Kalksteins mit spärlichen, unbestimmbaren Fossilresten. Auch ein anderer größerer Block eines, miocäne Konchylien, sowie eine in Schwefelkies verwandelte Schuppe eines, vermutlich zur Familie der Elopidae gehörenden Fisches enthaltenden, tonigen Kalksteins von asch- grauer Farbe, der sich im Abraum der Grube vorfand, erwies sich als eine aus dem Tone stammende Konkretion. Von Konchylien konnten folgende Arten gesammelt werden: 1. Murex spinicosta Br. 2. Cancellaria lyrata Broc. 3. Fusus erispus Bors. 4. Fusus eximius Beyr. 5. Fusus distinetus Beyr. 6. Cassis saburon Brug. 1. Cassidaria echinophora L. 8. Ancillaria obsoleta Broc. 9. Conus antediluvianus Brug. 10. Pleurotoma cataphracta Broc. 11. Pleurotoma rotata Broc. 12. Pleurotoma turricola Broc. 13. Pleurotoma intorta Broc. 14. Natica spec. 15. Aporrhais alata Eichw. 16. Turritella subangulata Broc. 17. Dentalium badense Pa. 18. Spirialis rostralis Eyd. & Soul. 19. Nucula cf. Georgiana Sep. 20. Astarte spec. 2. Ebenfalls miocäner Glimmerton findet sich in der Ziegelei- grube der 3!/,; Kilometer südöstlich von dem Schmalfelder Aufschlusse belegenen Struvenhüttener Ziegelei. Hier lagert derselbe unter mit tertiärem Materiale stark vermengtem Geschiebelehm, der augenblick- lich abgebaut wird und ist nur in einem Abzugsgraben mangelhaft auf- geschlossen zu beobachten. 3. Eine dritte, in diesem Gebiete befindliche, etwa 2 Kilometer südlich von Struvenhütten an der Chaussee zwischen Sievershütten und Kattendorf belegene und zu letzterem Orte gehörige Ziegelei bear- 53 beitet keinen miocänen Glimmerton, sondern andere eigenartige Tone, nämlich einen plastischen, im frischen Zustande dunkelbraunen, die Wände der Grube bildenden und einen ihn unterteufenden, an der Sohle der Grube auftretenden, mageren, schwärzlichen Ton. In trockenem Zustande erweisen sich diese Tone, welche beide kalkhaltig sind, aus zweierlei verschiedenen, äußerst fein geschichteten Varietäten, einer mageren schiefergrauen und einer fetteren dunkelbraunen, zusammen- gesetzt. Beide Varietäten befinden sich nicht in ungestörter Lagerung, sondern sind — wie dieses besonders der schwärzliche Ton, bei welchem die plastischeren Bestandteile in Gestalt von dünnplattigen, schieferartigen Brocken in den sandigeren, glimmerreichen, grauen Bestandteilen ordnungs- los verteilt sind, deutlich erkennen läßt — durch mechanische Kräfte in sehr unregelmäßiger Weise durcheinander gemengt! 4. Gleichartige Tone bezw. Tonmergel, welche ebenso wie die eben erwähnten vermutlich aus einer Umlagerung tertiärer, besonders miocäner Tone und einer Vermengung solcher mit diluvialem Material durch die Schmelzwasser des Inlandeises hervorgegangen sind, kommen auch noch an anderen Orten Schleswig-Holsteins vor, so z. B. bei dem, im Geschiebesandgebiete Schleswigs, nördlich von Lügumkloster belegenen Orte Tornschau (Tornskow) (Meßtischblatt Lügumkloster 73) und zwar unweit der Stelle, wo das von Semper beschriebene Miocän-Vorkommen sich befand, im Verbande mit miocänem Glimmertone und mit Limonit- sandstein, ferner eine Meile nördlich von diesem Orte in der Ziegelei- grube von Arrild (Meßtischblatt Arrild 53) und endlich bei Wiemersdorf, einem 10—12 Kilometer nordwestlich von Schmalfeld und 5 Kilometer nördlich von Bramstedt im Geschiebesandgebiete Holsteins befindlichen Dorfe (Meßtischblatt Bramstedt 656). An letzterem Orte tritt auch noch ein anderer eigenartiger, kalkfreier, nicht sehr fetter Ton von gelbbrauner Farbe, der dünne Schichten und kleine und größere Schieferstückchen ähnliche Bröckel eines fetteren, dunkelbraunen Tones, aber sonst keine Einschlüsse enthält, auf. !) !) Die obigen Angaben über die eigenartigen Tone von Kattendorf, Arrild, Tornschau und Wiemersdorf schrieb ich bereits vor Jahresfrist nieder. Erst vor ganz kurzer Zeit sind mir nun von zwei anderen Orten, nämlich von Sande bei Bergedorf (Vollmer'sche Ziegelei) und vonBuchhorstbeiLauen- burg (Sandt’sche Ziegelei) hinsichtlich ihrer petrographischen Zusammensetzung ähnliche bezw. völlig gleiche Tone bekannt geworden, die, wenngleich sie sich auch hier nicht in ungestörter Lagerung befinden, sondern durch Eisdruck dislociert und in zahlreiche Trümmer zerbrochen sind, doch die normale Lagerung ihrer, sie in gleicher Weise wie jene zusammensetzenden fetteren (dunkleren) und mageren (helleren) Bestandteile erkennen lassen und damit zugleich auch ein Bild von der ursprünglichen Beschaffenheit der oben geschilderten Tone gewähren. Ich werde auf diese, sowie auf die Buchhorster Bändertone noch an anderer Stelle zurückkommen. 54 5. Ein weiterer, bisher nicht bekannter Beobachtungspunkt von mio- cänem Glimmerton, welchen ich im Anschlusse an die oben genannten . Lokalitäten gleich an dieser Stelle erwähnen möchte, befindet sich in der Geschiebesandzone Schleswigs auf einer, über die flachere Umgebung — im Westen über die Marsch — sich relativ hoch emporhebenden, Südost- Nordwest streichenden Schwelle bei dem, einige Kilometer südöstlich von Bredstedt belegenen Orte Breeklum (Meßtischblatt Drelsdorf 204). Hier tritt der Ton in einer Mächtigkeit von 1—2 Meter in einer nur flachen Ziegeleigrube unter 1—1'/, Meter Geschiebelehm und !/s Meter unge- schichtetem Decksand auf. Außer Bruchstücken eines festeren, schiefer- artigen, dunkelgrauen, glimmerhaltigen Gesteins — vermutlich Fragmenten von Septarienartigen Konkretionen — sowie Bruchstücken eines löche- rigen, braungelben, tonigen Kalksteins, welche beide miocäne Fossilien enthalten, sowie außer Toneisensteinkonkretionen und Tonkonkretionen mit Krebsresten (Brachyuren) und endlich Haifischzähnen kommen folgende Konchylien in dem Tone vor: 1. Murex spinicosta. Br. 2. Trophon Semperi v. Koen. 3. Tiphys fistulosus Broc. 4. Cancellaria subangulosa Wood. d)- >» Iyrata Broc. 6. Fusus crispus Bors. 7. » eximius Beyr. 8. » Meyni Semp. 9. » distinetus Beyr. 10. » Puggardi Beyr. 11. Nassa holsatica Beyr. 12. » limata Chem. 13. Cassis saburon Brug, 14. Cassidaria echinophora L. 15. Conus antediluvianus Brug. 16. Pleurotoma cataphracta Broc. 17, > rotata Broc. 18. » turricola Broc. 19. » intorta Broc. 20. » modiola Jan. 21. » obeliscus Des. 22% » cf. crispata Jan. 23. Defrancia Luisae Semp. 24. Mangelia obtusangula Broc. 25. Mitra Borsoni Bell. 26. Voluta Bolli Koch. 6. 55 27. Natica helieina Broc. 28. Aporrhais alata Eichw. 29. Turritella tricarinata Broc. 30. Xenophora testigera Br. 31. Dentalium badense Pa. 32. Ringieula auriculata Men. 33. Pecten septemradiatus Mü. — (pes lutrae L.) 34. Nucula Georgiana Semp. 35. Yoldia Philippiana Nyst. 36. Astarte cf. vetula Phil. a7. >» radiata Nyst. 38. Cardita bella Semp. 39. Isocardia Olearei Semp. Vier bis fünf Kilometer nordwestlich von dieser Ziegelei und etwa zwei Kilometer nördlich vom Bahnhofe Bredstedt durchschneidet die Marschbahn in einem gegen acht Meter tiefen Einschnitte das hier bis auf 40 Meter über dem nahen Meeresspiegel sich erhebende Gelände. Durch zwecks Verbreiterung dieses Einschnittes während dieses Sommers (1907) vorgenommene Erdarbeiten waren an der westlichen Wand des- selben folgende Gesteine auf eine Erstreckung von über einen Kilometer, an einer Stelle in einer‘ Mächtigkeit von 2—3 Meter, meist jedoch nur in einer Mächtigkeit von etwa 1—1'/, Meter, vom Bahnplanum aus- gerechnet, A) bloßgelegt: ein im feuchten Zustande dunkelgrauer, trocken lichtgrauer, glimmerhaltiger, in eckige Trümmer zerbrochener und zer- brechender und auf den Bruchflächen rostfarbener und häufig mit einem Überzuge von Vivianit versehener, magerer, sehr fein geschichteter Ton, der Reste von Insekten und Fischen (Schuppen) sowie Diatomeen einschließt; ein im frischen Zustande vorwiegend dunkelblaugrauer, fast blauschwarzer, seltener mehr graubräunlicher, fetter, glimmer- haltiger, äußerst fein geschichteter, ebenfalls in eckige Trümmer zerdrückter und dieselben Fossilien wie A führender Ton ; ein im feuchten Zustande braungrauer, sehr glimmerreicher, schieferartiger, feingeschichteter, blätteriger Ton, der die gleichen organischen Reste — besonders reichlich Diatomeen! — wie die Tone A und B führt; ein im frischen Zustande fast schwarzer, trocken grauer, unregelmäßig dunkler gestreifter und gefleckter, schwach toniger, glimmerreicher, ebenfalls Fischschuppen enthaltender Sand. 56 Ausser diesen Gesteinen, von denen das Gestein D am wenigsten häufig vorkommt, treten noch ebendaselbst, aber in sehr untergeordnetem Maßstabe als schmale bandartige Einlagerungen auf, ein intensiv gelb- bräunlicher, feiner, sandiger, unregelmäßig dunkler gestreifter, schwach glimmerhaltiger, meist deutlich geschichteter Ton, — und ein im frischen Zustande teils hell- bis dunkelgrauer, teils rostfarbener, dunkel gespren- kelter sehr sandiger und glimmerhaltiger, feingeschichteter Ton. Sämtliche nicht kalkhaltigen und anscheinend auch von nordischem Materiale völlig freien Gesteine, welche in trockenem Zustande einen weit helleren Farbenton annehmen, befinden sich in außerordentlich gestörter Lagerung, so daß eine Feststellung der normalen Schichtenfolge unmög- lich war. Die verschiedenen Tone, besonders die Tone A, B und © treten in dem Einschnitte mehrfach in verschiedenen, ausgedehnteren Komplexen auf, welche stellenweise eine ausgesprochene Schichtung zeigen. Die Schichten streichen alsdann annähernd von Osten nach Westen und fallen meist nach Norden ein; doch ist auch häufig ein völlig umgekehrtes Fallen derselben zu beobachten. In den nördlichen Teilen des Aufschlusses wechsellagern die Tone mit mehr oder weniger breiten Lagen von weißen Quarzsanden und werden auch streckenweise von einer, mehrere Meter starken Schicht von solehen bedeckt. Fast auf der ganzen Strecke sind die hangenden Schichten nicht entblößt; nur an zwei Stellen in dem südlicheren Teile des Einschnittes konnte wahrgenommen werden, daß die Tone einerseits von den eben erwähnten, tertiären Quarzsanden und darüber von deutlich geschichteten hellen, von dunkleren bräunlichen Bändern durchzogenen, Geschiebe bis zu Felsengröße führenden Spathsanden, oder auch nur von letzteren bedeckt werden. Ob diese wohl zweifellos als Süßwasser- Sedimente anzusprechenden Ablagerungen ein diluviales oder tertiäres (plio- cänes bezw. miocänes) Alter besitzen, läßt sich einstweilen nicht mit Bestimmt- heit angeben ; die Untersuchung der Diatomeen, die noch nicht abgeschlossen ist, dürfte hierüber aber wohl sicheren Aufschluß gewähren. Für ein tertiäres Alter der Ablagerungen spricht außer der völligen Kalkfreiheit und dem Fehlen von nordischem Material wohl die Wechsellagerung und enge Verknüpfung derselben mit tertiären (miocänen?) Quarzsanden. Auch erscheinen im Hinblick auf diese Frage die Angaben nicht ohne Interesse, daß Meyn etwa einen Kilometer westlich von dem Bahn- einschnitte in der Umgebung der Stollbergermühle im Jungdiluvium eine Anhäufung von Limonitsandstein und Eisensteinnieren, welche er als Rest eines zerstörten Miocängebirges betrachtete, konstatierte ') und, daß !) »Geographische Beschreibung der Insel Sylt und ihrer Umgebung«, Berlin 1876, pag. 706. 57 ferner vor wenigen Jahren etwa eine Meile südöstlich von diesem Fund- orte bei Drelsdorf ein ausgedehnteres, aber wenig mächtiges Lager von Braunkohle erbohrt worden ist! 7. Am westlichen Abhange des Kisdorfer Höhenzuges — um auf diesen wieder zurückzukommen — ist im vorigen Jahre (1906) an der Landstraße zwischen Kaltenkirchen und Schmalfeld eine größere Grube zur Mergelgewinnung angelegt worden. Im Frühjahre dieses Jahres konnte an der, hauptsächlich aus Geschiebemergel bestehenden, z. Z. in Abbau befindlichen Grubenwand in letzterem eine kleine Scholle eines graugelblichen, schwach tonigen, groben Spathsandes mit mariner Fauna eingequetscht beobachtet werden. Die Fauna bestand aus Ostrea edulis, Mytilus edulis, Cardium edule, Serobicularia piperata (1 Schloß- fragment), Hydrobia ulvae, Litorina litorea und Balanus spec, Kann dieser kleinen Scholle von marinem Diluvium nur eine geringe Bedeutung beigemessen werden, so verdient ein anderes Vorkommen von marinem Diluvium, das zweckmäßig im Anschlusse an die Erwähnung jenes besprochen wird, schon mehr Beachtung und eine etwas eingehendere Darstellung. 8. Der Fundort desselben befindet sich in der Geschiebesandzone zwischen dem Kisdorfer Wohlde und dem westlichen Geestrande, 4'/s Kilometer nordwestlich vom Bahnhofe von Pinneberg und 1'/, Kilometer nördlich vom Dorfe Prisdorf (Meßtischblatt Pinneberg 932) am westlichen Rande einer flachen, von dem Bilsbek, einem Nebenbache der Pinnau, durch- flossenen Senke. Die hier vorhandene Ziegeleigrube, deren Oberkante etwa 5 Meter ü. M. liegt und die etwa 6—8 Meter tief ist, dehnt sich vor- wiegend in ostwestlicher Richtung aus; hauptsächlich der Beobachtung zu- gänglich sind z. Z. die Nordwand und Teile der Westwand. Die östliche Hälfte der Nordwand wird durch einen mehrere Meter mächtigen Geschiebemergel gebildet, der von einem 1—1'/, Meter starken, geschichteten und zu oberst humosen Sande bedeckt wird. Unterteuft wird dieser Mergel nach Angabe des Ziegelmeisters von einem fetten, rotbraunen, geschiebefreien Tone, der in ganz gleicher Beschaffenheit auch in dem nördlichsten Teile der Südwand auf eine kleine Strecke hin bis an die Oberfläche tritt. Nach einer an letzterem Orte entnommenen Probe zu urteilen, handelt es sich um einen mit diluvialem Material stark vermengten tertiären Ton, der keine Fossilien enthält. — In der westlichen Hälfte der Nordwand sind folgende Schichten auf größere Erstreckung hin freigelegt: Zu oberst lagert eine °/;, m mächtige Schicht eines feinen, horizontal geschichteten, gelbbraunen von dunkleren, schmalen Sandbändern. durchzogenen, in seinen obersten Partieen humosen Sandes. Darunter folgen, von ersterer durch ein wenige Centimeter breites, dunkelbraunes, sandig-toniges Band deutlich geschieden zunächst 2—3 Meter mächtige, dis- 58 cordant parallel struierte Spathsande, und alsdann ein, 1—2 Meter mächtiger, grauer, sehr sandiger Tonmergel, der nach unten ohne sichtbare Grenze in einen ®/,—1 m starken, grauen, sandigen, undeutlich geschich- teten Muschelmergel übergeht. Unter diesem wiederum lagert eine bis zu 1 Fuß mächtige Torfschicht, deren Liegendes ein grüner, stein- und fossilienfreier, kalkhaltiger Tonmergel von brockenmergeliger Struktur, der Schieferstückchen ähnliche Trümmer eines gleichartigen Tones ein- schließt, bildet, und der in einer Bohrung nach Angabe des Ziegelmeisters von einem Geschiebemergel unterteuft wurde. Die Torfschicht sowie die Tonmergelschichten heben sich in den westlichen Teilen der Nordwand rasch empor und keilen sich in der Mitte der Westwand völlig aus. Die Schichten der letzteren sind wie diejenigen der Ostwand im Übrigen größtenteils durch Absturzmassen der Beobachtung entzogen. Durch eine kleine Aufgrabung konnte an einer Stelle der Westwand unter dem Torfe derselbe helle, grüne Ton, der in der Mitte der Grube sein Liegendes bildet, nachgewiesen werden. Auch in dem östlichen Teile der Grube sind die T'onmergel- sowie die Torfschicht früher vorhanden gewesen und zwar auch hier — besonders in den östlichsten Teilen — wiederum in einem höheren Niveau als in der Mitte der Grube, wie noch jetzt aus kleinen Resten von Muschelmergel, der sich auf vorspringenden, nicht von dem oben angegebenen Sande bedeck- ten Partieen des die östlichen Teile der nördlichen Grubenwand bildenden Geschiebemergels, befindet, zu ersehen ist, und auch durch die Angaben des Ziegelmeisters bestätigt wird. Die Flora des Torfes bedarf noch der Untersuchung; die mehr oder weniger stark zerdrückte oder überhaupt nur in Bruchstücken vorhan- dene makroskopische Fauna des an Foraminiferen reichen Muschelmergels besteht aus Cardium edule, Hydrobia ulvae, Scrobieularia piperata, Tellina baltica = solidula und Mytilus edulis. Erinnert bereits das gleichzeitige Vorkommen dieser marinen Ablagerung mit einer Süßwasserbildung an die, von Gottsche und später von H. Schröder und J. Stoller!) beschriebenen Vorkommen von marinem Diluvium in der Umgebung des 6—7 Kilometer von Prisdorf entfernten Uetersen, welche ebenfalls in engem Zusammenhange mit Süßwasserbildungen (Torfschichten) — die hier allerdings, wie hervor- gehoben werden muß, die Konchylien führenden Schichten überlagern, wäh- rend bei Prisdorf die Torfschicht das Liegende jener bildet — auftreten, so zeigt die Prisdorfer Muschelmergelschicht in ihrer Ausbildung, sowie hinsichtlich der Zusammensetzung und des Charakters ihrer — zu der !) »Marine- und Süßwasser Ablagerungen im ‚Diluvium von Uetersen-Schulau.« Jahrbuch d. K. pr. geolog. Landesanstalt und Bergakademie für 1905. Bd. XXV], Heft 1. 59 gemäßigten Gruppe der marinen Diluvialfaunen zustellenden — Fauna, mit den Uetersener marinen Ablagerungen eine derartige Übereinstimmung, daß — wenn auch aus den Lagerungsverhältnissen auf ein interglaziales Alter derselben nicht mit völliger Sicherheit geschlossen werden kann, — es nicht unberechtigt erscheint, sie mit diesen, und damit mit einer Reihe anderer, interglazialer Ablagerungen Holsteins sowie Lauenburgs (Tarbeck, Fahrenkrug, Oldesloe, Hummelsbüttel, Farmsen und Hinschenfelde nörd- lich von Hamburg, Lauenburg) welche W. Wolff‘) neuerdings zu ein und demselben Interglazial, nämlich als zu dem jüngeren Interglazial gehörig zu betrachten geneigt ist, zu parallelisieren. Das oben erwähnte große, zwischen der Eider, den Marschen Dith- marschens und der Stör und ihren Zuflüssen belegene Gebiet der Geschiebesandzone, in welchem bereits Gottsche°) früher eine Reihe von Endmoränenpunkten nachwies, zählte L. Meyn zu »jenen beschränkteren Gegenden der Zone des unfruchtbaren Haiderückens, welche sich, da sich “ dieser hier zum Plateau verbreitert und auch von Wasserläufen durch- furcht wird, und weil in ihnen der Geschiebedecksand völlig beseitigt ist, zu der Fruchtbarkeit und dem Ansehen des Ostens erheben«. Im vorigen Jahre angestellte Untersuchungen lehrten, daß auch dieses Gebiet im allgemeinen eine ähnliche, bezw. gleiche Gestaltung des Oberflächenreliefs besitzt wie die Hügellandschaft des Ostens und, daß dasselbe nicht nur in den Teilen, woselbst sich die Gottsche'schen Beobachtungspunkte zu einem, nordsüdlich sich erstreckenden Zuge aneinander reihen lassen, sondern auch in seinen übrigen Teilen durch im allgemeinen in gleicher Richtung verlaufende Eisrandstillstandslagen gebildet wird. °) Außer Blockpackungen, die aber im allgemeinen zurücktreten und nur in einzelnen Gegenden, so besonders im nördlichen Dithmarschen bei Albersdorf, Tellingstedt und Pahlhude und zwischen Homfeld und Meezen, südwestlich von Innien im Holsteinischen zu größerer Bedeutung gelangen, und ferner oberem Geschiebemergel, der streckenweise die Oberfläche in größerer Ausdehnung bedeckt, sind einmal eigenartig feine Spathsande, und ferner in besonderem Umfange auch ältere, teils dem Diluvium, teils der Tertiärformation angehörige Schichten an dem Auf- bau dieser Hügelzüge, zwischen welche sowohl von Norden von der Eider- ‘) »Bemerkungen über die holsteinische Glaziallandschaft« in den Monatsberichten der deutschen geologischen Gesellschaft Nr. 10, 1905, pag 399. »Ein Nachwort zur Interglazialfrage«, ibidem 1906, Nr. 11. ”) »Die Endmoränen und das marine Diluvium Schleswig-Holstein's.« Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg. Bd. XII. °) Siehe die Anmerkung am Schlusse dieser Arbeit. 60 senke, als auch von Süden von der Störniederung her, teils mit Meeres- alluvium, teils mit Süßwasseralluvium erfüllte Buchten tief landeinwärts eindringen und eine reiche Oberflächengliederung bedingen, beteiligt. Zu solchen älteren diluvialen und tertiären Schichten gehören außer dem von Zeise!) entdeckten und von ihm als zum mitteloligocänen Septarienton, von Gottsche aber später als zum Eocän gehörig betrach- teten tertiären Tone von Burg i. D., vor allen Dingen zahlreiche Punkte von Fossilien führendem marinen Diluvium, von denen einer von Zeise (Burg i. D.), elf andere von Gottsche beschrieben worden sind. Von den letzteren befindet sich eine ganze Anzahl, nämlich die Punkte Kleve, Wacken, Nienbüttel, Aasbüttel, Warringholz, Seefeld, Beringstedt in der- selben Gegend, z. Tl. in unmittelbarer Nähe der in diesem Landstriche von Gottsche angegebenen Blockpackungbeobachtungspunkte. Folgende neue Fundorte von marinem Diluvium und von Tertiär kommen nun noch zu den älteren Fundpunkten hinzu: ?) 9. Bunsoh. In einer zwischen Albersdorf und Jützbüttel (Meß- tischblatt Nordhastedt 491) sich in süd-nördlicher Richtung erstreckenden und sich bis über 60 Meter ü. M. und fast ebenso hoch über die ostwärts angrenzende, von der Gieselau durchflossenen Senke erhebenden, nur wenige Kilometer breiten, höhenzugartigen Schwelle, ist in einer, westlich vom Dorfe Bunsoh in 35—40 Meter Meereshöhe belegenen Ziegeleigrube unter einer ungleichmächtigen, aber 3—5 Meter Mächtigkeit nicht über- schreitenden Schichtenfolge von Geschiebelehm, Sanden und Kiespackungen ein, im feuchten Zustande dunkelgrauer, im trockenen Zustande hellgrauer, feiner Ton aufgeschlossen. Außer Foraminiferen und Pflanzenresten (Zostera marina?) sowie grauen, innen grünen, nach Art der Septarien zerklüfteten und unbestimmbare Konchylien einschließenden Konkretionen, enthält der an Schwefelkies reiche Ton folgende Fauna, von der die Zweischaler meist arg zerdrückt sind: Buceinum undatum L., Natica clausa Brod & Sow, Litorina litorea L., Hydrobia spec., Setia spec., Mytilus edulis L., Nucula tenuis Mont, Leda pernula Mü., Axinus cf. flexuosus Mont, Cyprina islandica L., Tellina baltica L., Mya truncata L., Balanus crenatus. Ein Vergleich dieser Fauna mit den von Gottsche (I. c. pag. 17 u. 20) bekannt gegebenen Faunen des marinen Diluviums Schleswig-Holsteins zeigt, daß dieselbe große Ähnlichkeit mit der Fauna der nicht weit entfernten !) »Über ein neues Vorkommen von mitteloligocänen Septarienton bei Burg in Dithmarschen.« Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläonto- logie. Jg. 1888. II. Bd. ?), Beim Aufsuchen dieser und anderer noch anzugebender Fundpunkte, sowie beim Aufsammeln der Fossilien erfreute ich mich der eifrigsten Unterstützung durch Herrn Lehrer Carl Strunck, dem ich hierfür auch an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank sagen möchte! 61 Lokalitäten Burg i. D. und Beringstedt besitzt, und dürfte sie wie jene zu den Faunen mit ausgesprochen borealem Charakter zu rechnen sein. Neu für die Fauna des marinen Diluviums Schleswig-Holsteins dürften nach Gottsche’s Ansicht die Arten Natica celausa Brod & Sow sowie Axinus cf. flexuosus Mont. sein. 10. Oldenhütten. Etwas über eine Meile von Hohenwestedt und nicht weit von den, von Gottsche östlich von Oldenhütten (Blatt Holt- dorf 494) angegebenen Punkten von Blockbestreuung, sind bei letzterem Orte durch Ziegeleibetrieb eine Reihe, größtenteils flacher Gruben in ver- schiedener Höhenlage in dem nach Süden bezw. nach Osten abfallenden Höhenzuge eröffnet, in welchen ein magerer, spärliche Fossilien führender, bräunlichgrauer Ton von brockenmergeliger Beschaffenheit abgebaut wird. Derselbe geht teils zu Tage aus, teils wird er von einem, bis zu mehreren Metern mächtigen, aus Sanden, schmalen Tonbändern und Geschiebelehm bestehenden Diluvium bedeckt. In einer der Gruben war der Ton, der von fluvioglazialen Sedimenten überlagert war, samt diesen zu einem steilen Sattel zusammengeschoben. An Fossilien konnten außer einigen Fragmenten von Tellina spec. und Cyprina spec. besonders reichlich Exemplare und Fragmente der dickschaligen, großen Saxicava pholadis-L. gesammelt werden. Außer diesem Tone wird in einer Grube ein heller, in trockenem Zustande licht- bis dunkelbraunrötlicher Ton, der beim Schlämmen, abgesehen von wenigen (uarzkörnern keinen Rückstand hinterläßt, gewonnen. Derselbe zeigt in seiner äußeren Erscheinung und hinsichtlich seines petrographischen Verhaltens große Übereinstimmung mit dem, von Gagel!) 1901 in der Ziegeleigrube der Blöcker'schen Ziegelei bei Tarbeck entdeckten, rötlichen bezw. schokoladenbraunen, fossilienfreien und von ihm neuerdings als zum Eocän gehörig angesprochenen Tone und dürfte vermutlich identisch mit diesem sein. 11. Jnnien. Etwa 8—9 Kilometer gerade östlich von Hohen- westedt sind bei dem, am östlichen Rande des gesamten zwischen Stör und Eider sich erstreckenden Gebietes belegenen Dorfe Jnnien (Blatt Hennstedt 571) ebenfalls in einer, zu einer Ziegelei gehörenden Grube diluviale Schichten mit marinen Konchylien zu beobachten. Der Auf- schluß, der mir seit mehreren Jahren bekannt ist, zeigte je nach dem Stande des Abbaues eine verschiedene Zusammensetzung der seine Wände bildenden Schichten. Vor 3 Jahren war an der damals noch weit flacheren Grube in dem, an der westlichen Grubenwand vorhandenen Geschiebe- mergel eine größere Scholle eines dunkelgraugrünen Tones, der zahlreiche !) »Über eine diluviale Süßwasserfauna bei Tarbeck in Holstein«. Jahrb. d. K. pr. geolog. Landesanstalt f. 1901. Band XXII. Heft 2. 62 Muschelfragmente, aber nur wenige unversehrte und bestimmbare Kon- chylien enthielt, freigelegt. Unter den letzteren befanden sich Exemplare von Litorina litorea L., Mytilus edulis L. und Saxicava pholadis L. Außerdem konnten auch aus dem Geschiebemergel selbst Exemplare der letzteren Art aufgelesen werden. Auch jetzt noch (Sommer 1906) wird in der Hauptsache ein, in den unteren Partieen der West- und Süd- wand der Grube von aufgearbeiteten Schollen und einzelnen Konchylien des marinen Diluviums durchsetzter Geschiebemergel abgebaut. Ueber demselben lagert an der Westwand bis zur Oberfläche, in ihren oberen Teilen entkalkte Grundmoräne von normaler Beschaffenheit, welche band- und linsenförmige Schollen eines fetten, plastischen dunkelbraun-graugrünen Tones, der durch Druck und Pressung brockenmergelige Struktur angenommen hat, sowie kleine Schollen von Torf einschließt. Da dieser Ton einerseits einen ausgesprochenen tertiären Habitus besitzt und in seinem Schlemmrückstande außer spärlichen Foraminiferen (Rotalia Beccarii L.) auch Radiolarien erkennen läßt, andrerseits aber stellenweise Fragmente von Konchylien des marinen Diluviums (z. B. Mytilus edulis L., Saxicava pholadis L. u. a.) enthält, so dürfte es sich um einen tertiären, vielleicht eocänen — mit marinem Glazial vermengten Ton handeln. Die Schichten der Nordwand sind größtenteils bewachsen und der Beobachtung nicht zugänglich; an der Ostwand aber ist in größerer Ausdehnung ein, teils sich bis zur Oberfläche erhebender, teils von Dilu- vium von geringer Mächtigkeit bedeckter, plastischer, grüner, markasitreicher Ton aufgeschlossen, der sich durch die in ihm enthaltenen Konchylien (Fusus rotatus Beyr., Fusus elongatus Beyr., Pleurotoma subdenticulata Mü., Pleurotoma Duchasteli Nyst, Natica Nysti d’Orb, Cerithiopsis Meyeri Böttg., Leda Deshayesana Duch) und graugrünen, verschiedengestalteten Kalkseptarien, welche auf den sie durchsetzenden Klüften vorwiegend einen Ueberzug von krystallinen Kalkspath besitzen, als typischer mitteloligoeäner Septarienton zu erkennen gibt. Ob mehrere, von der Oberfläche dieses Tones aufgesammelte Phos- phorite, welche von gleicher Größe und ähnlicher Beschaffenheit sind wie die von Gagel') angegebenen kleinen, ellipsoidischen bis walzenförmigen Phosphorite aus den eocänen Tonen von Hemmoor, Schwarzenbeck, Trittau und Fehmarn, auch tatsächlich zu seinen Einschlüssen zu zählen sind, muß dahin gestellt bleiben, dürfte aber nicht unwahrscheinlich sein, wenn man erwägt, daß auch der Rupelton von Itzehoe ähnliche Phosphorite führt. 1) »Über das Vorkommen des Untereocäns (Londontons) in der Uckermark und in Vorpommern«. Monatsbericht der deutschen Geologischen Gesellschaft. Jg. 1906, Nr. 11. 63 Östlich von dem Rupeltone lagert an der Ostwand der Grube in größerer Ausdehnung ein, von etwa 1'/, Meter lehmigen Geschiebesande bedeckter von gröberen Pflanzenresten durchsetzter und teilweise auch Süßwasserkonchylien führender humoser, toniger Sand, dessen Schichten mehr oder weniger steil aufgerichtet sind. Da die Fauna und Flora dieser Ablagerung noch nicht näher geprüft werden konnte, möchte ich nur mit Reserve die Vermutung aussprechen, daß es sich bei ihr um ein durch Eisschub dislociertes und an seine jetzige Lagerungsstelle gebrachtes inter- glaziales Süßwassersediment handelt. 12. Kellinghusen. (Meßtischblatt Kellinghusen 655.) Gegen 1'/ Kilometer südlich von diesem Beobachtungspunkte befand sich in dem südlichsten Teile desselben, zum Störtale steil abfallenden Höhen- zuges und in einer dem Talrande entlang verlaufenden, nur etwa 5 Meter über dem Meeresspiegel und etwa 4 Meter über dem Wasserspiegel der Stör sich erhebende Terrasse die Alsen’sche Tongrube, in der Gottsche 1389 einen, der marinen Diluvium angehörenden, mageren, grauen Ton mit einer Fauna von ausgesprochen arktischem Charakter beobachtete. Dieser Ton ist seit Jahren nicht mehr vorhanden. Statt seiner sind in der südlicheren der beiden noch jetzt in derselben Terrasse zwischen Kellinghusen und Rensing in Betrieb befindlichen, umfangreichen Ton- gruben, ein von Muschelfragmenten, besonders der Arten Saxicava pholadis L., Modiolaria corrugata Stimps und Mytilus edulis L. durch- setzter magerer, grauer Ton von brockenmergeliger Struktur, sowie ein braunrötlicher, fossilienfreier Ton, der sich beim Schlämmen fast restlos auflöst, aufgeschlossen. Beide Tone — der letztere zeigt wiederum große Übereinstimmung mit dem eben erwähnten eocänen Tone von Tarbeck — bilden mehr oder weniger breite, zum Teil miteinander wechsellagernde Bänder, welche teils mehr oder weniger steil aufgerichtet, teils zu Falten zusammengeschoben und stellenweise mit schluffartigen Sanden durch- einander gestaucht sind. Überlagert werden die Tone, die nach oben mit scharfer Grenze abschneiden, von 1--4 Meter, teils discordant parallelen, teils horizontal geschichteten Sanden und einer bis 2 Fuß mächtigen Torfschicht. 13. Rensing. Etwa 1!/, Kilometer von diesem Aufschlusse entfernt befindet sich gegenüber dem nördlichsten Gehöfte des Dorfes Rensing (Meßtischblatt Kellinghusen 655) eine, von der Oberfläche der erwähnten Terrasse aus in dem steil aufsteigenden Talrande eingegrabene Mergel- grube. Hier fand ich bereits vor einigen Jahren mehrere, mir bis dahin unbekannte Tone, nämlich eigenartige kalkfreie, bezw. kalkarme und glimmerfreie Tone von auffällig verschiedener, olivgrüner, ziegelroter und braunschwarzer Farbe. Auch solche von gelblicher Farbe waren daselbst, jedoch wie die zuletzt erwähnten, nur in untergeordnetem Maßstabe vor- 64 handen. Makroskopisch wahrnehmbare organische Einschlüsse waren in denselben nicht nachweisbar, dagegen aber, besonders in dem roten Tone, jedoch keineswegs in allen Partien, Foraminiferen und Radiolarien. Außerdem enthalten die Tone zahlreiche Geoden, ferner Knollen von Baryt und Faserkalk und endlich ein eigenartig leichtes, wenig festes und in kleine eckige Bröckel zerfallendes Gestein von rotbrauner, außen gelbbrauner Farbe. Die Geoden bestehen vorwiegend aus Toneisenstein und sind wie die Geoden des Rupeltones größtenteils nach Art von Septarien zerklüftet. Hauptsächlich sind sie von brauner Farbe und zwar außen von hellbrauner und innen von dunkelbrauner oder braunrötlicher Farbe und ihre Klüfte besitzen einen dunkelblauen Überzug von Vivianit. Daneben kommen auch Geoden von mehr kieseliger Beschaffenheit und von innen dunkelgraugrüner, außen gelbgrüner Farbe vor, deren Klüfte mit gelbgefärbten Kalkspath ausgefüllt sind. Diese Letzteren können den Septarien des mitteloligocänen Septarientones, mit dem im Übrigen die olivgrüne Varietät eine gewisse Übereinstimmung zeigt, ähnlich sein, unterscheiden sich aber von jenen schon durch die größere Schwere. Da die Grube schon bei dem, vor mehreren Jahren stattgehabten ersten Besuche nicht mehr benutzt wurde, und die Wände derselben bereits damals größtenteils durch abgetragene, abgestürzte oder hervor- gequollene und zum Teil mit den überlagernden, etwa 2 Meter mächtigen diluvialen Schichten (— meist sandiger Geschiebelehm, an der Nordwand auch eine kleine Blockpackung —) vermengten Tonmassen verdeckt waren, läßt sich genaueres über die Lagerungsverhältnisse der Tone nicht angeben, doch konnten an einzelnen Stellen der Grubenwände starke Störungen derselben deutlich wahrgenommen werden. Außer den genannten Tonen kommt in der Mitte der Grube, woselbst es als eine vom Abbau verschont gebliebene Scholle horstartig aufragt, noch ein weiteres bemer- kenswertes, mir bisher aus Schleswig-Holstein noch nicht bekanntes Gestein vor. Dasselbe ist ein kalkfreier, nicht sehr fetter Ton von licht grau-grüner Farbe und brockenmergeliger Beschaffenheit, der zahllose Fragmente eines plattigen, festeren, ebenfalls kalkfreien, tonigen Gesteins von gleicher Farbe enthält. Im Gegensatz zu den anderen Tonen führt dieses Gestein keine Geoden, und waren auch makroskopische Fossilien in denselben bisher nicht aufzufinden. Der quantitativ nicht unbeträchtliche Rückstand, den dieser sehr schwer zu schlämmende Ton beim Schlämmen hinterläßt, besteht aber fast ausschließlich neben spärlichen Foraminiferen(?) aus den Skeletten einer zur Haeckel'schen Unterordnung Spumellaria gehörenden Radiolarienart. Eine gewisse Ähnlichkeit der Rensinger Tone, speziell der olivgrünen Varietät mit dem mitteloligocänen Septarientone verleitete mich anfäng- 65 lich an eine Identität derselben mit diesem zu denken.!) Bei in der Folgezeit angestellten, eingehenderen vergleichenden Untersuchungen traten aber gewisse, namentlich hinsichtlich der Beschaffenheit der Geoden, als auch in Bezug auf die Fossilienführung sich bemerkbar machende Unter- schiede immer deutlicher zu Tage und veranlaßten mich, diese Untersuchun- gen noch auf andere tertiäre Tone auszudehnen. Durch die in Stolley’s Arbeit »Über Diluvialgeschiebe des Londontons in Schleswig - Holstein « ?) enthaltenen Angaben über die, unter dem Sammelbegriffe »plastik Ler« zusammengefaßten, in Dänemark an der Küste des kleinen Belts vor- kommenden, sehr verschiedenfarbigen, plastischen Tone und ferner über den auf Fehmarn vorkommenden, plastischen, Septarien führenden Ton (Tarras), den Gottsche bereits 1898 ins Eocän gestellt hatte, ward ich veranlaßt die Rensinger Tone mit dem letzteren zu vergleichen, und stellte sich hierbei alsbald, sowohl hinsichtlich der Ausbildung beider Tone, als auch hinsichtlich der Beschaffenheit der Geoden eine derartige Über- einstimmung heraus, daß ich mich für berechtigt hielt, wenngleich ein exakter paläontologischer Beweis nicht zu erbringen war, nun auch für den Rensinger Septarienton, ein eocänes Alter anzunehmen. ) Als ich die Rensinger Tone zuerst kennen lernte, hielt ich auch eine Identität derselben mit dem roten und grünen, auf dem Schobüller Berg bei Husum vorkommenden Tonmergel, welchen Meyn als zur Zechsteinformation gehörig betrachtete und mit dem roten Tone von Lieth bei Elmshorn identifizierte, nicht für ausgeschlossen. Ein Besuch der alten, zu der — seit Jahren eingegangenen — Ziegelei gehörigen Grube überzeugte mich aber bald von der Unrichtigkeit dieser Ansicht. Bei dieser Gelegengeit möchte ich im übrigen darauf hinweisen, daß der rote Ton hier nicht, wie man aus den Angaben in der Literatur entnehmen könnte, in Wirklichkeit ansteht, sondern nur eine Scholle im oberen Diluvium bildet. Eine auf Meyn's Veranlassung vor Jahren an dieser Lokalität vor- genommene Bohrung hatte unter dem Ton wieder Diluvialsand getroffen (ef. Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellschaft, Bd. 23, 1871) und bereits Meyn selbst hat in der Erläuterung zu seiner geologischen Übersichtskarte von Schleswig-Holstein Schobüll nicht als einen Punkt anstehenden Zechsteins erwähnt, sondern nur Lieth bei Elmshorn und Segeberg. Auch eine vor zwei Jahren — irre ich nicht von der internationalen Bohrgesellschaft — an dieser Lokalität ausgeführte Bohrung hat ebenfalls unter dem roten Tone nur wieder Diluvium angetroffen. Nicht ohne Interesse erscheint mir im Hinblick auf die Schollennatur dieses Zechsteinvorkommens die Angabe, daß der 2,5—3 Kilometer von der Schobüller Ziegeleigrube entfernt liegende Mekelberg bei Hattstedt (Meß- tischblatt 248) — über dessen inneren Aufbau eine Reihe von umfangreichen Gruben Aufschluß gibt — als eine typische Endmoränenkuppe zu betrachten ist. Es hat also auch in diesen Teilen Schleswigs die Inlandeisbedeckung der dritten Vereisung mindestens bis an den westlichen Geestrand gereicht! ?) Archiy für Anthropologie und Geologie Schleswig-Holsteins, Bd. III, Heft 2, 1899. 66 Im Herbst des vergangenen Jahres (1906) fand Herr Landesgeologe Professor Dr. Gagel,!) der, nachdem es ihm durch eingehende, während der letzten Jahre vorgenommene Untersuchungen gelungen war, für gewisse, bei Schwarzenbeck im Lauenburgischen vorkommende Tone ein untereocänes Alter endgültig nachzuweisen und für einen Teil derselben die Identität mit den gleichalterigen Tonen von Hemmor in Nordhannover und mit dem Tarras Fehmarns festzustellen, seine besondere Aufmerk- samkeit den alttertiären Tonen Schleswig-Holsteins widmete, gelegentlich eines Besuches der Rensinger Lokalität unweit von dieser und in dem- selben Talrande in einer frisch angelegten Grube dieselben eigenartigen, plastischen Tone, erkannte sogleich ihre große Übereinstimmung bezw. Idenit- tät mit gewissen, an anderen Lokalitäten vorkommenden, untereocänen Tonen, insbesondere mit dem Plastik Ler vom Rogle Klint auf Fühnen und glaubte demgemäß auch sie als dem Untereocän zugehörig betrachten zu müssen. In der Folgezeit vorgenommene weitere Untersuchungen und glückliche Funde erbrachten alsdann vor kurzem die völlige Richtigkeit dieser Annahme. In Schwarzenbeck fand Gagel außer einigen anderen, noch der nähern Untersuchung bedürfenden und nur in untergeordnetem Maßstabe auftretenden Gesteinen hauptsächlich folgende drei Gesteine: l. einen blaugrauen bis blauen Tonmergel mit nachstehenden Einschlüssen: 1. graue, splitterige Toneisensteingeoden mit spärlichen marinen Fossilien, darunter Fusus trilineatus Sow, ferner Insekten- und Pflanzenresten; 2. Faserkalke; 3. Barytkonkretionen ; 4. ein hartes, dunkelgraues bis schwarzes, mit den, in Schleswig- Holstein als Geschiebe vorkommenden, sogenannten »paleocänen Basalttuffen« große Ähnlichkeit besitzendes Gestein, das sich durch die mikroskopische Untersuchung, welche in ihm das Vorhandensein von klastischem vulkanischen Material, — von Glassplittern, zerbrochenen Plagioklasen, Augiten ete. — nachwies, als Tuff zu erkennen gab und ferner ein weniger hartes Gestein, welches als violette — im trockenen Zustande hellgraue — Schichten in dem Tone auftritt und sich durch die mikroskopische Untersuchung ebenfalls als ein vulkanisches Auswurfsprodukt, als vulkanische Asche herausstellte. ) »Über das Vorkommen alttertiärer Tone im südwestlichen Lauenburg.«! Zeit- schrift der deutschen geolog. Gesellschaft, Dez. 1905. »Über das Vorkommen des Untereocäns (Londontons) in der Uckermark und in Vorpommern«. Monatsberichte d. deutschen geolog. Gesellschaft 1906, Nr 11. »Über das Alter und die Lagerungsverhältnisse des Schwarzenbecker Tertiär.« Jahrb. d. K. pr. geolog. Landesanstalt f. 1906. Bd. XXVL, Heft 3. 67 II. einen sehr fetten, mehr oder minder kalkhaltigen, dunkelbraun- grauen bezw. dunkelgrünlichgrauen bis fast schwarzen Toon, der zahlreiche kleine Gipskristalle und große lederbraune, spröde Phosphorite mit Schwerspathkristallen enthält; III. einen sehr mageren, im trockenen Zustande ganz hellgrauen, naß ziemlich dunkelgrünlichgrau gefärbten, sehr kalkreichen Tonmergel, der zahlreiche Foraminiferen (Nodosarien, Dentalinen, Rotalien, Heterosteginen, Cristellarien ete.) und kleine, graue bis schwarz- braune, kugelige bis eiförmige Phosphorite enthält. Ein Vergleich dieser Schwarzenbecker Gesteine mit den Rensinger Gesteinen lehrt zunächst, daß der bei Rensing vorkommende, nicht sehr fette Ton von lichtgrau-grüner Farbe, der Fragmente eines festeren, eben- falls kalkfreien, tonigen Gesteins von gleicher Farbe enthält, welches beim Schlämmen außer spärlichen Foraminiferen nur Radiolarien hinterläßt, an ersterem Orte nicht vorkommt. Rensing ist vorläufig die einzige Lokalität, woselbst dieses Gestein iu Schleswig-Holstein zu beobachten ist; ob ähnliche oder gleiche Gesteine auch unter den plastischen Tonen Dänemarks vorkommen, ist mir nicht bekannt, dürfte aber nicht unwahr- scheinlich sein. In den beiden anderen, hauptsächlich zu Rensing vertretenen Tonen, dem olivgrünen und ziegelroten Tone, fehlen ferner sowohl die großen, lederbraunen, barythaltigen, sowie die kleinen, kugeligen bezw. eiförmigen, grauen bis schwarzbraunen Phosphorite, aber hier wie dort treten in den Tonen außer den Faserkaleiten und Barytkonkretionen jene eigenartige Toneisensteingeoden auf, welche nach Gagel'’s Erfahrungen ein Hauptcharakteristikum des westbaltischen Untereocäns bilden. Bisher waren freilich in diesen Geoden, die zudem hier, wie aus den oben gemachten Angaben hervorgeht, von etwas anderer Beschaffenheit sind (vgl.. auch Gagel's Bemerkung in seiner Mitteilung »Ueber das Vor- kommen des Untereocäns in der Uckermark und in Vorpommern.« Monatsberichte der deutschen Geologischen Gesellschaft. Nr. 11, Jg. 1906, pag. 7), keine Fossilien gefunden worden, allein vor kurzem hat Herr Prof. Dr. Gagel, wie er mir zu veröffentlichen gestattete, bei einem erneuten Besuche des Fundortes in einer solchen Septarie die als Pentacrinus subbasaltiformis bezeichneten Crinoideenstielglieder entdeckt. Durch diesen Fund dürfte nun auch der paläontologische Beweis für die Richtigkeit der Annahme der Zugehörigkeit dieser Tone zum untereocänen Londonton erbracht sein. Hinzu kommt noch, daß Professor Dr. Gagel') durch mikroskopische Prüfung nachweisen konnte, daß das oben erwähnte, merkwürdige leichte, !) »Über die untereocänen Tuffschichten und die paleocäne Transgression in Norddeutschland.« Jahrb. d. K. pr. geolog. Landesanstalt f. 1907. Bd. XXVIII, Heft 1, pag. 155. 68 rotbraune, außen gelbbraune, lockere, bröckelige Gestein, wiederum ein vulkanisches Auswurfprodukt »typische, sehr frische Glastuffe mit massenhaft zerbrochenem Aschenmaterial« darstellt — und, daß derselbe ebenfalls vor kurzem auch die violetten Tuffschichten wie bei Schwarzenbeck in dem Luisenberger Aufschlusse auffinden konnte. — Ein Unterschied scheint einstweilen noch hinsichtlich der Führung von mikroskopischen Organismen zwischen den in Rede stehenden Tonen zu existieren, insofern bei Schwarzenbeck nur eine Tonvarietät Foraminiferen enthielt, während in Rensing-Kellinghusen alle drei Hauptvarietäten solche einschließen, sowie ferner darin, daß in den Schwarzenbecker Tonen Radiolarien bisher nicht, oder richtiger, nur in den lederbraunen Phosphoriten nachgewiesen werden konnten. Da aber auch zu Rensing nicht alle Teile des ziegelroten und des olivgrünen Tones sich als organismenhaltig erwiesen, scheint es nicht ausgeschlossen zu sein, daß erneute Untersuchungen in dieser Hinsicht auch für die Schwarzenbecker Tone ein anderes Resultat zeitigen werden. Nur von einem Punkte Schleswig-Holsteins ist bisher außer zu Rensing-Kellinghusen ein radiolarienführender Ton beobachtet worden, nämlich in der Nähe des, in der Luftlinie ea. 10 Kilometer WSW. von Eckernförde belegenen Dorfes Ascheffel (Meßtischblatt Hütten 302). In dem unweit dieses Ortes belegenen Forstgehege Silberbergen fand Zeise!) s. Z. einen, meist von einem ca. 1 Meter mächtigen, stark ockerigen Lehm (Moräne) überlagerten Ton, der nach seiner Meinung in seinem ganzen Habitus durchaus dem mitteloligocänen Septarientone glich und außer vereinzelten Diatomeen und Kieselschwammnadeln, massenhaft Radiolarien enthielt. Zeise nahm bis auf weiteres für diesen Ton ein oligocänes Alter an. In seiner Arbeit »Über die untereoeänen Tuff- schichten« macht jedoch Gagel darauf aufmerksam, daß die petrographische Beschaffenheit desselben von der aller anderen oligocaenen Tone abweicht, mit der der paleocänen und untereocänen Tone Norddeutschlands. aber gut übereinstimmt, und erachtet er u. a. hierin ein sehr erhebliches Argument für das untereocäne bezw. paleocäne Alter dieses Tones für gegeben. Da es mir wünschenswert erschien, die Rensinger Tone mit dem Ascheffeler Tone zu vergleichen, suchte ich in diesem Sommer die angegebene Lokalität auf. Es gelang mir nicht den eigentümlichen Ton aufzufinden, da eine kleine Grube, wie Zeise angibt, in dem westlichen Teile des Geheges Silberbergen nicht vorhanden war. In den Wegefurchen aber des, nahe und parallel dem westlichen Rande des Gehölzes entlang führenden Holzweges, sowie in kleinen Auf- grabungen links und rechts von demselben, besonders an seinem nörd- ') »Über das Vorkommen von Radiolarien im Tertiär der Provinz Schleswig- Holstein. Jahrb. d. K. pr. geolog. Landesanstalt f. 1894. 69 lichen Teile, fiel mir ein eigentümlich gelbrötlicher, stark toniger Lehm auf, der in seinem petrographischen Verhalten und durch seine eigen- artige Zähigkeit lebhaft an den später zu erwähnenden Pechlehm von Baren- hoop erinnerte und der mit dem, von Zeise angegebenen, den tertiären Ton an dieser Örtlichkeit in einer Mächtigkeit von ca. 1 Meter über- lagernden, stark ockerigem Lehme identisch sein dürfte. Radiolarien waren in demselben nicht nachweisbar. 14. In der Nähe des, ebenfalls in dem, in Rede stehenden Landstriche belegenen Ortes Burg i. D. (Meßtischblatt Süderhastedt 568) fand Zeise — wie bereits oben erwähnt wurde — im Jahre 1888 einen fetten Ton, den er auf Grund der in ihm enthaltenen Foraminiferen, sowie der petrographischen Identität mit dem mitteloligocaenen Septarienton von Itzehoe ebenfalls als solchen glaubte ansehen zu müssen. Gottsche stellte später diesen Ton ebenso wie den Tarras Fehmarns ins Eocän. Der jetzt an dieser Lokalität, d. h. in der, gegen 1 Kilometer nord- westlich von Burg in 55—60 Meter Meereshöhe belegenen Ziegeleigrube vorkommende Ton gleicht völlig der olivgrünen Varietät der Rensing- Kellinghusener Tone. Zeise konnte s. Z. eigentliche Septarien in dem Tone nicht auffinden, sondern nur »mehrere kalkige Ausscheidungen, die nicht nach Art der Septarien zerklüftet sind, und wie solche auch an einzelnen Stellen im Septarienton von Itzehoe vorkommen«. Der Ton enthält aber auch dieselben braunen, nach Art der Septarien zerklüfteten Toneisensteingeoden wie zu Rensing. Die Lagerungsverhältnisse des Tones sind auch hier wieder sehr gestörte, und ist er insbesondere mit dem dort gleichzeitig vorhandenen Geschiebemergel bezw. Geschiebelehm stark durcheinander gestaucht. In dem Letzteren fiel Zeise s. Z. ein außerordentlicher Reichtum von Bryozoen auf. Diese Beobachtung ist nicht nur zu bestätigen, sondern es muß auch noch angeführt werden, daß der Geschiebemergel hier so ungemein zahlreiche, nicht abgerollte Knollen von Feuerstein enthält, daß dieselben von den Einwohnern Burgs zur Herstellung von Grotten, Umzäunungen, Einfassungen von Garten- beeten etc. reichlich verwendet werden. Bereits vor Jahren hat Haas die Vermutung ausgesprochen, daß wie bei Itzehoe so auch in der Umgebung von Burg i. D. der Untergrund durch Kreide gebildet würde. Das Vorhandensein einer solchen Anhäu- fung von Einschlüssen der Kreide an diesem Orte dürfte als Argument für die Richtigkeit dieser Mutmaßung gelten können! Die olivgrüne Varietät der Rensinger Tone ist mir, wie ich gleich hier erwähnen möchte, im Laufe der letzten Jahre auch noch von anderen, nicht in diesem, zwischen den Marschen, der Stör und der Eider belegenen Gebiete befindlichen Örtlichkeiten unseres Landes bekannt geworden, 70 nämlich von dem, nördlich von Hoyerschleuse an der Westküste Schles- wigs befindlichen Emmerleffkliff (Meßtischblatt Emmerleffkliff 93) und von einem Punkte bei Sommerstedt, einem etwas über eine Meile nördlich vom Bahnhofe Woyens (Bahnlinie Neumünster-Vamdrup) belegenen Orte. 15. Am Emmerleffkliff bildet der Ton teils auf eine kurze Strecke hin die etwa 5 Meter hohe Wand des Kliffs, teils findet er sich als kleinere und größere Schollen in dem sonst ausschließlich am Aufbau des letzteren beteiligten Geschiebemergel. — Ein etwa 20—25 Üentimeter langer, 6—8 Centimeter im Durchmesser aufweisender Phosphorit von braun- schwarzer Farbe mit grauer Verwitterungsrinde, welcher nach Art von Septarien zerklüftet ist und auf den Klüften und Sprüngen mit einem Überzuge von Pyrit versehen ist, fand sich in unmittelbarer Nähe des Tones auf dem Vorstrande und dürfte sicher aus ihm herstammen! 16. BeiSommerstedt(Meßtischblatt Jels. 23), das am westlichen Rande der auch hier durch Endmoränen gebildeten Hügellandschaft des Ostens liegt, kommt der Ton in der, südlich vom Dorfe befindlichen Tongrube einer Ziegelei ebenfalls in Gestalt von Schollen im Geschiebelehm vor. Hier enthält derselbe einmal Teneisensteingeoden von hellgelbgrauer Farbe und ferner etwa 8—10 Centimeter lange, walzenförmige, innen dunkel- graugrüne, außen hellgraugrüne Phosphorite von ca. 2 Centimeter Durch- messer, deren Oberfläche mit eigenartigen, etwa 2—3 mm langen rund- lichen und ellipsoidischen, an die Gestalt der Schalen von Muschelkrebschen erinnernden Körpern bedeckt ist. Herr Professor Dr. Gagel hatte die Freundlichkeit mir mitzuteilen, daß diese auffälligen Gebilde überein- stimmten mit den, von ihm beschriebenen (»Über das Alter und die Lagerungsverhältnisse des Schwarzenbecker Tertiärse S. 409) auf den lederbraunen Phosphoriten zu Schwarzenbeck vorkommenden Körperchen, welche er als Excremente kleinerer, mariner Lebewesen (Salpen, Cirrhipedien etc.) zu betrachten geneigt ist. Auf der Bruchfläche eines der Phosphorite befindet sich auch der Abdruck eines kleinen Zweischalers, der jedoch wegen seiner Kleinheit zu einer Bestimmung nicht geeignet erscheint. 17. Bei dem, gegen 15 Kilometer nordwestlich von Itzehoe und 2'/, Kilometer südlich von dem, von ihm angegebenen Blockpackungs- beobachtungspunkte bei der Bokelberger Mühle belegenen Orte Wacken (Meßtischblatt Schenefeld 569) beobachtete Gottsche (l. c. p. 24)s. Z.1,1 Kilo- meter SO. der Kirche einen, von Mytilus-Resten durchsetzten und außerdem Litorina litorea, Oyprina islandica und Foraminiferen enthaltenden, etwa einen Meter mächtigen Ton unter 0,4 Meter Sand und ferner in einer 0,6 Kilometer nördlich hiervon gelegenen Sandgrube einen fetten, bräunlichen Ton mit unbestimmbaren Schalenresten. al Diese kleinen Aufschlüsse existieren nicht mehr. In nächster Nähe derselben ist jedoch seit dem vorigen Jahre wieder durch den Bau einer Chaussee zwischen Wacken und Schenefeld marines Diluvium erschlossen worden. In mehreren Wegeeinschnitten ist hier, zwischen dem östlichen Dorf- eingange und einem, 1300 Meter von demselben befindlichen Punkte zu beiden Seiten der neuen Chaussee ein grünlichgrauer Ton von brocken- mergeliger Struktur, der zum Teil mit diluvialem Material vermengt ist und der außer Foraminiferen zahlreiche Trümmer, aber nur wenige heile Molluskenschalen und zwar von Litorina litorea, Saxicaya pholadis, Cyprina islandica u. a. enthält, aufgedeckt worden. Der Ton geht in den, hier bis auf 30—55 Meter Meereshöhe anschwellenden Kuppen teils bis an die Oberfläche, teils wird er von einem, "/; Meter mächtigen, ungeschichteten bezw. geschichteten, geschiebeführenden Sande bedeckt. Ein weiteres Vorkommen von fossilführendem marinen Diluvium konnte im vorigen Jahrein der, etwa 600— 700 Meter nordöstlich vom östlichen Dorfeingange belegenen Ziegeleigrube beobachtet werden. Diese Ablage- rung, welche z. Z. nicht mehr vorhanden ist, bestand in einem sandigen, stark glimmerhaltigen Tonmergel, der keine Molluskenreste, aber zahlreiche, bereits mit unbewaffnetem Auge wahrnehmbare, große Foraminiferen — wohl ausschließlich Rotalia Beccarii L. — enthielt. In derselben Grube sind noch andere, eigenartige Tone, ein kalk- haltiger, plastischer Ton von im trockenen Zustande lichtfleischrötlicher Farbe und ein kalkfreier, plastischer Ton von hell bis dunkel braungrauer, bezw. braungrüner Farbe in großem Umfange aufgeschlossen. An der Sohle der Grube besitzen die Tone, deren Lagerungsverhältnisse stark gestört sind, eine brockenmergelige Struktur, in der gegen 6 Meter hohen Grubenwand, — und zwar in der Südwand, an der sie teils bis fast an die Oberfläche treten oder nur von wenig mächtigen, hellen bezw. hell- bräunlichen Spathsanden bedeckt sind — erweisen sie sich durch zahl- lose, glänzende Druckflächen in lauter kleine Trümmer zerdrückt. Außer zahlreichen kleinen Gipskristallen enthalten die Tone keine Einschlüsse, insbesondere keine Fossilien, keine Geoden und Phosphorite und auch keine Geschiebe. Beim Schlämmen hinterlassen sie nur geringe Mengen von glashellen Quarzkörnern. Im wesentlichen erweisen sie sich als glimmerfrei, doch finden sich hin und wieder in der braungrauen Varietät kleine Partieen, welche eine unregelmäßige Schichtung durch papierdünne Lagen von Glimmersand erkennen lassen 18. Ganz dieselben gipshaltigen, fossilienfreien Tone und zwar beide Varietäten, finden sich in einer, dicht bei dem 3!/, Kilometer südöstlich von der Wackener Ziegeleigrube und etwa 2 Kilometer gerade östlich vom Dorfe Vaale belegenen Gehötte Barenhoop (Meßtischblatt Schene- feld 569) befindlichen, sehr umfangreichen Mergelgrube. Meistenteils reichen auch bier die Tone bis an die Oberfläche, in einzelnen Teilen der Grubeaber, so 12 namentlichan derSüdwandund an der Östwand gehen sie nach oben in einen gering mächtigen, grünlichen bezw. gelblichgrünen, schmierig zähen Lehm über, den ich für ein Verwitterungsprodukt der, an dieser Örtlichkeit bis in die tiefsten Schichten mit diluvialem Materiale stark vermengten und daher kalkhaltigen — an einzelnen Stellen auch mit diluvialen Sanden wechsellagernden — Tone halten möchte. Der diesen obersten Schichten — die in der Grube beschäftigten Arbeiter bezeichnen dieselben sehr zutreffend als Pechlehm — durch die Sickerwasser entzogene Kalk findet sich in den tieferen Schichten des Tonmergels in Gestalt von Mergel- puppen angehäuft. Ähnliches konnte übrigens auch in der Wackener Ziegeleigrube, besonders an der Westwand derselben, beobachtet werden. Die Tone von WackenundBarenhoop, welche beim Schlämmen außer einer geringen Menge von Quarzkörnern keinen Rückstand hinterlassen, erinnern in ihrer äußeren Erscheinung und in ihrem petrographischen Verhalten einmal sehr an die roten, grünen und schokoladefarbigen Tone von Tarbeck und die rotbraunen Tone von Kellinghusen (Zgl.), Nindorf und ÖOldenhütten. Gehören die ersteren sicher zum Eocän, wie es ja Gagel annimmt und hält man, da ein exakterer Beweis vorläufig nicht zu erbringen ist, die petrographische Übereinstimmung für genügend, um eine Identifizierung dieser verschiedenen Tone auszusprechen, so dürfte man auch für jene ein untereocänes Alter in Anspruch nehmen können. Eine definitive Entscheidung dieser Frage dürfte indessen einstweilen wohl nicht zu treffen sein und wird weiteren Untersuchungen und eventuellen glücklichen Funden vorbehalten bleiben müssen, unterlassen möchte ich es aber nicht, darauf hinzuweisen, daß die hell- bis dunkelbraungraue bezw. graugrüne Tonvarietät von Wacken und Barenhoop eine unverkennbare Überein- stimmung zeigt mit einem bestimmten, in einer Ziegeleigrube bei Sande unweit Bergedorf vorkommenden Tone, über den irgend welche An- gaben in der geologischen Literatur jedoch bisher nicht vorliegen, der aber wohl demnächst von anderer Seite beschrieben werden wird, Mit den, bisher im Vorhergehenden aus dem Gebiete zwischen Stör und Eider aufgezählten Punkten, an denen eine Beteiligung praediluvialer und dislocierter diluvialer, teils fossilführender, teils fossilfreier Ablage- rungen an der Zusammensetzung der Bodenerhebungen konstatiert werden konnte, ist die Zahl solcher hier vorhandener Fundorte nicht erschöpft, sondern es könnten noch weitere derartige Punkte angeführt werden. Da die an diesen zu beobachtenden und in Frage kommenden Ablagerungen — z. B. gewisse, in der Nähe von Albersdorf (Meßtischblatt Nordhastedt 491) vorkommende, fette, plastische, verschiedenfarbige (ziegelrote, olivgrüne, braune), mit den Rensiger eocänen Tonen große Übereinstimmung zeigende Tone und ferner gewisse fette, grüne und braungrüne, in der Umgebung von Beringstedt und Seefeld (Meßtischblatt Todenbüttel 493) auftretende und vermutlich auch dem Eocän angehörende Tone — aber indessen noch einer näheren Untersuchung bedürfen, will ich einstweilen von ihrer Besprechung Abstand nehmen und nun zunächst, ehe ich mich zu den, aus der Hügellandschaft des Ostens zu beschreibenden, neuen Fund- orten wende, kurz auf einige Beobachtungen eingehen, die ich an einem, seit langer Zeit bekannten Fundpunkte fossilführender diluvialer Ab- lagerungen im LDauenburgischen, nämlich bei Lauenburg selbst machen konnte. 19. In meiner Arbeit »Der baltische Höhenrücken in Holstein« hatte ich auf eine Endmoränenstaffel aufmerksam gemacht, die in der, zwischen der sogenannten südlichen Hauptmoräne und der Elbe belegenen Geschiebesandzone Lauenburgs von Krüzen, nordwestlich von Lauenburg über Juliusburg und Wiershoop bis Geesthacht verläuft, und deren Fort- setzung nach Westen mutmaßlich die von Altona über Blankenese bis in die Gegend von Wedel entlang der Elbe sich erstreckende End- moräne bildet. Gagel!) hat diese Staffel vor nicht langer Zeit eingehender beschrieben und die Ansicht ausgesprochen, daß als ihre Fortsetzung nach Osten der sich bis auf 73 Meter Höhe erhebende Hasenberg bei Lauenburg, an dessen Zusammensetzung sich die, hier in außerordentlich gestörten Lagerungsverhältnissen befindlichen, tiefsten Lauenburger Diluvialbildungen, d. h. die von Gottsche und G. Müller gelegentlich des Baues des Elbe- Travekanales beobachteten, teils Fossilien (Konchylien und Pflanzen) führenden, teils fossilfreien Schichten, beteiligen, zu betrachten sei. Daß Gagel mit dieser Ansicht Recht hat, dafür spricht, wie ich hier beiläufig erwähnen möchte, das z. Z. vortrefflich zu beobachtende Vorhandensein ausgedehnter Packungen von Geschiebeen — in dem Fördereinschnitte der Buchhorster Ziegelei z. Z. solcher von 2—3 Quadrat- meter Umfang — in den, die aufgestauchten, fossilführenden Schichten in den Ziegeleigsruben am Stecknitztalrande auf große Erstreckung hin bedeckenden — vielfach sehr lehmigen — Sanden und Kiesen.?) Als liegendste Schicht der erwähnten diluvialen Süßwasser- und marinen Bildungen beobachtete G. Müller in einem, durch den Kanalbau bewirkten Aufschlusse einen dunklen, fetten, Fossilien- und von nordischem Materiale freien Ton, den er als sLauenburger Ton« bezeichnete und den !) Monatsberichte der deutschen Geologischen Gesellschaft Nr. 11. pag. 441. ?) In dem »Führer durch Teile des norddeutschen Flachlandes etc.« (Jahrbuch d. K. pr. geolog. Landesanstalt für 1897) zeigt die Erläuterung zu Fig. 9, daß auch bereits G. Müller über den, die Cardiumsande (ple.) bei Lauenburg bedeckenden, von ihm als unterdiluviale Spathsande bezeichneten Sanden (ds.), Geschiebepackungen (dg+dG) beobachtet hat. In dem übrigen Texte und ebenso in seiner Arbeit »Die Ergebnisse der Untersuchungen auf Blatt Lauen- burg im Sommer 1899« werden diese Geschiebepackungen aber nicht erwähnt. 74 er, da derselbe nach seiner Ansicht zweifellos jünger als Miocän, aber älter als die bei Lauenburg, Boizenburg und Breetze anstehenden, marinen und Süßwasser-Bildungen war, als zum Pliocän zu rechnen geneigt war. Derselbe Ton konnte auch in den Ziegeleiaufschlüssen am Stecknitztal- rande konstatiert werden. — Einen in der Ziegeleigrube zu Krüzen, nörd- lich von Lauenburg auftretenden, ähnlichen, dunklen Ton von brocken- mergeliger Beschaffenheit glaubte Müller nicht als eigentlichen »Lauenburger Ton«, sondern »glazial umgelagerten, daher bröckelig gewordenen, präglazialen Ton« ansprechen zu müssen. Gottsche (»Führer durch Teile des norddeutschen Flachlandes« pag. 35) hielt diesen Lauenburger Ton für identisch mit den, bis 140 Meter mächtigen, schwarzen 'Tonen, welche in den Hamburger Bohrungen den tiefsten Geschiebemergel (T. G. Moräne I) vom unteren Geschiebemergel (U. G. Moräne II) trennen und mußte ihn demgemäß ins Interglazial I einreihen. An anderer Stelle (»Der Untergrund Hamburgs«) führt Gottsche an, daß diese, meist fetten, deutlich geschichteten und durchgängig sehr dunkel gefärbten Ton im Habitus ganz an Tertiärtone erinnern, da sie aus deren Zerstörung hervorgegangen seien. Sie enthielten aber im Gegensatz zu jenen in jedem Falle nordisches Material und dokumentierten sich u. a. auch durch das Fehlen jeglicher Versteinerung als fluvioglaziale Absätze. Ganz neuerdings machte W. Wolff (l. e.) auf die große Ähnlichkeit bezw. Identität, die hinsichtlich der ganzen Lagerungs- und Ausbildungs- verhältnisse zwischen den, in den Ziegeleien bei Lauenburg und Buch- horst aufgeschlossenen Interglazialschichten und den, von ihm entdeckten jüngeren Interglazialschichten von Hummelsbüttel bei Hamburg bestehen, aufmerksam und glaubte auf Grund dieser Identität, und weil er die Annahme Müller's, der auch Gagel beigetreten war, daß der Geschiebe- mergel, der diese Interglazialschichten bei Lauenburg bedeckt, die Grund- moräne der älteren (I.) Vereisung und nicht diejenige der jüngeren (III) sei, aus bestimmten Gründen als irrige betrachten mußte, auch die genannten Lauenburger Interglazialschichten, darunter auch den »Lauen- burger Ton« zum jüngeren (II.) Interglazial rechnen zu sollen. ') l) Bei Erörterung dieser Frage äußerte sich Wolff (»Ein Nachwort zur Inter- glazialfrage«) hinsichtlich des Alters des etwa 2'/ı Kilometer westlich von den Aufschlüssen am Stecknitztalrande im sog. Kuhgrunde am Steilufer der Elbe befindlichen Torfflözes folgendermaßen: »Eine große Schwierigkeit wird aber durch diese Auffassung neu geschaffen: wie verhält sich das Interglazial des Kuhgrundes, das bekannte Torfflöz, zu dem soeben im Anschluß an Gagels Forschungen als jüngeres (einziges?) Interglazial nachgewiesenen der öst‘ licheren Aufschlüsse? Konsequenter Weise müßte man es nun in dieselbe Epoche verlegen. Nun lagert aber das Torfflöz ziemlich nahe und wenig gestört über einer Geschiebemergelbank, die in den östlicheren Aufschlüssen 75 Um den Letzteren kennen zu lernen, suchte ich vor einiger Zeit die angegebenen Aufschlüsse in den, bei Lauenburg, Buchhorst und Krüzen belegenen Ziegeleien auf und konnte bei dieser Gelegenheit folgende Wahrnehmungen machen: Die bei Lauenburg vorhandenen Gruben befinden sich in verschieden hohem Niveau in dem, mehr oder weniger steil zur Stecknitztalniederung abfallenden Gelände. In der Brand & Ancker’schen Ziegelei findet in der tiefsten, 8$—10 Meter unter das Niveau des, von der Boizenburger Chaussee nach Buchhorst führenden Fahrweges hinab- reichenden Grube zur Zeit kein Abbau statt, sondern nur in den höher belesenen Gruben. Die Sohle des jetzt hauptsächlich in Betracht kommenden Aufschlusses befindet sich in gleicher Höhe wie der oben genannte Fahrweg, während die steilen Wände desselben eine Höhe von 6—5 Meter besitzen. An der Südwand dieser Grube wird ein Ton abgebaut, der, wie man aus den spärlichen Aufzeichnungen, die über- haupt in der Literatur über diese Lokalität vorliegen, schließen muß, früher hier nicht vorgekommen ist. Es handelt sich um einen plastischen, nicht oder nur schwach kalkhaltigen, verschiedenfarbigen — im frischen Zustande dunkelbräunlich bis schwarzen, schmutzig graugrünen und gelblichgrünlichen — Ton, der keine Fossilien jedoch zahlreiche große Geoden und kleine walzenförmige Knollen, welche auf Grund der chemischen Untersuchung als Phosphorite zu betrachten sind, einschließt. zwischen dem dortigen Torf und dem Lauenburger Ton nicht vorhanden ist, die vielmehr identisch zu sein scheint nit dem Geschiebemergel, der die östlichen Interglazialschichten bedeckt. Ist er also doch postglazial, oder müssen die Lagerungsverhältnisse zwischen beiden Vorkommen anders ge- deutet werden ?« — Hierzu möchte ich folgendes bemerken: Die Annahme einer postglazialen Entstehung des Torfflözes erscheint wenig wahrscheinlich, denn dasselbe wird von 10—12 Meter mächtigen, z. Tl. discordant parallel struierten und geschiebereichen Sanden, für deren Bildung die Bedingungen in der Post- glazialzeit nicht mehr vorhanden gewesen sein dürften, bedeckt. — Erwägt man dagegen, daß das Torfflöz sich in einem Gebiete befindet, daß, wie die am Stecknitztalrande und bei Krüzen aufgeschlossenen Inter- glazialschichten und ferner die unweit des Torfflözes lagernden Mergelsande zeigen, starke Störungen durch das, beim letzten Rückzuge hier lange Zeit hindurch verweilende und oscillierende Inlandeis erlitten hat, so erscheint die Annahme, daß das Torflager sich ebenso wie die anderen interglazialen Lauen- burger Schichten nicht auf primärer Lagerstätte — wie bisher allgemein an- genommen worden ist — befindet, sondern eine dislocierte Scholle einer interglazialen, bezw. präglazialen Ablagerung darstellt, nicht unberechtigt, sondern in hohem Maße wahrscheinlich. Die Frage, zu welcher Interglazialzeit das Torfflöz gebildet worden ist oder ob dasselbe noch vor der Eiszeit entstanden ist, bleibt hierbei eine offene, doch sprechen manche Momente, wie aus dem folgenden hervorgehen dürfte, dafür, dasselbe dem jüngeren Interglazial einzureihen. 76 Beim Schlämmen hinterläßt der Ton nur einen geringen Rückstand von Quarzkörnern, denen aber — wenn auch nur spärliches — nordisches Material beigemengt ist. Die brotlaibförmigen, eigentümlich höckerigen und wulstigen, sehr schweren Geoden bestehen aus Toneisenstein und sind von innen gelb- bräunlicher, außen etwas hellerer Farbe. Größtenteils sind sie nach Art von Septarien zerklüftet und, da die Klüfte und Sprünge gewöhnlich eine auffällige Breite besitzen, meist im Inneren in ausgedehntem Maße hohl. Die walzenförmigen, an den beiden Enden meist zugespitzten, innen grün- braunen, außen gelblichen, einen Durchmesser von 3 Centimeter auf- weisenden Phosphorite sind bis 10 Centimeter und darüber lang und durchweg von einem zentral belegenen, nicht ganz federkieldicken Kanal durchsetzt, der nur selten noch von einer mulmigen Substanz ausgefüllt ist, und von dem aus in radiärer Richtung, in Abständen von etwa 1 Centimeter schmale Sprünge ausgehen. Sie befinden sich teils in den Geoden, teils liegen sie — größtenteils jedoch in zerdrücktem und ver- wittertem Zustande — frei im Tone. Diese Phosphorite besitzen eine gewisse Ähnlichkeit mit den von Gagel aus dem Untereocän von Hemmoor beschriebenen Phosphoriten (»Über das Vorkommen des Untereocäns in der Uckermark und in Vor- pommern«), doch sind letztere nicht nur meistens weit besser erhalten und von größerer Dichte, als jene, sondern auch von anderer, von brauner bis schwarzbrauner Farbe, haben meistens — wie Gagel schon angab — eine hellere, weiche, mattgraue Rinde und enthalten Pyrit, Markasit und Kupferkies auf den Sprungflächen. Der Septarienton von Lauenburg zeigt in seinem allgemeinen Habitus und hinsichtlich seiner Einschlüsse demnach zweifellos eine bestimmte Übereinstimmung mit den, bisher bekannt gewordenen, eocänen Septarien- tonen Schleswig-Holsteins bezw. Nordhannovers, — ob ihm aber in Wirklich- keit ein eocänes Alter zukommt, muß, da sich ein auf Fossilien gründen- der Identitätsnachweis nicht erbringen läßt, einstweilen dahingestellt bleiben. Mit dem »Lauenburger Ton« Müller's hat er jedenfalls nichts zu tun. Ein mit diesem Ähnlichkeit besitzender bezw. übereinstimmender Ton — soweit dieses auf die kurzen, von Müller und Gottsche gemachten Angaben hin mit Sicherheit zu entscheiden ist — wird augen- blicklich in der, in Rede stehenden Grube nicht abgetragen, wohl aber sind solche Tone in der unweit dieser Grube belegenen Sandt’schen Ziegelei in Buchhorst aufgeschlossen. Auch an dieser Lokalität befinden sich die Aufschlüsse in ver- schiedenem Niveau. In dem tiefsten Aufschlusse, in dem augenblicklich allein Material gewonnen wird, und der von der älteren Sohle der Grube, die sich ebenfalls in annähernd derselben Höhe wie der vorhin erwähnte 77 Fahrwege befindet, etwa 6—8 Meter nach abwärts reicht, lagert unter, mehrere Meter mächtigen, ausgedehnte Blockpackungen einschließenden und zum Teil recht lehmigen Sanden und Kiesen, durch die der Förder- einschnitt hindurchführt, ein dunkler, fetter, fossilfreier Ton, der sich bei näherer Prüfung alseinGemenge verschiedener Tonvarietäten erweist. Die Hauptmasse desselben wird durch einen plastischen, im frischen Zustande dunkelgrün-schwärzlichen Ton von gleichmäßigem Gefüge, der stellenweise durch papierdünne Lagen von hellem, feinen Glimmersande deutlich geschichtet ist, gebildet. In mehr untergeordnetem Umfange beteiligen sich an seiner Zusammensetzung ein, im frischen Zustande bläulich-schwarzer, homogener Ton und ein, in frischem Zustande bräun- lich-schwarzer, eine eigentümlich körnige Struktur zeigender Ton. Der letztere besteht, wie eine eingehendere Betrachtung lehrt, aus einer helleren Grundsubstanz, der einerseits zahllose, mannigfach gestaltete, größ- tenteils an den Kanten und Ecken abgerundete, wenige Millimeter große Partikel eines fetten, tiefdunklen Tones, andererseits sehr reichliche, ebenso sroße Trümmer nordischer Gesteine regellos eingebettet sind. Der Ton hat seine eisentümliche Struktur ersichtlich nicht durch Druck und Pressung erhalten, sondern dokumentiert sich schon durch die Beschaffenheit der Tonpartikelchen als ein fluviatiles bezw. fluvioglaziales Schlämmprodukt. Alle drei Varietäten sind kalkhaltig und hinterlassen beim Schlämmen einen Rückstand, der kleine und kleinste Trümmer nordischen Materials enthält. Während der Rückstand bei dem Tone bezw. Tonmergel mit körniger Struktur quantitativ nicht unbedeutend und von grobkörniger Beschaffenheit ist, ist der der bläulich-schwarzen und der dunkelgrünen Varietät nur ein sehr minimaler und zudem von sehr feinkörniger Art. — Im Übrigen ist noch zu erwähnen, daß die drei Tone sich hier nicht in ursprünglicher, normaler Lagerung befinden, sondern durcheinander gestaucht sind und die Einwirkung von Druck und Pressung zeigen. Die eine körnige Struktur besitzende Tonvarietät, sowie die dunkel- grüne treten in ganz gleicher Beschaffenheit und nicht umgelagert und mit diluvialem Materiale ausgiebig vermengt, auch in der Krüzener Ziegeleigrube auf. Hier ist die erstere z. Z, einmal au der Sohle der Grube in einer Ausdehnung von ca. 15 Metern und in einer Höhe von 1—1!/, Meter und ferner verstaucht mit der grünen Varietät, sowie einem andern, ebenfalls graugrünen, aber mehr mageren Tone in der Südostecke der Grube zu beobachten. Über den dunklen Tonen der Sandt’schen Ziegeleigrube lagern an der Südwand derselben, von der alten Grubensohle ab mehrere Meter nach aufwärts ebenfalls — wiederum äußerst durcheinander gestaucht — dunkle, mehr oder weniger fette Tone, und zwar ist es einmal die, die körnige Struktur besitzende Tonvarietät, ferner der aus der Brandt und Ancker'schen Tongrube angegebene, verschiedenfarbige Seplarienton und 78 endlich noch ein neues Gestein, nämlich ein ausgesprochener Bänderton. Dieser besteht im wesentlichen aus zwei Bestandteilen, einem, in frischen Zustande tief dunkelgrauen, plastischen Tone und einem mehr oder weniger tonigen (tonstreifigen), glimmerhaltigen Sande, dessen Korngröße von der eines Staubkörnchens bis zu dem eines groben Sandes alle nur möglichen Übergänge aufweist. Je nach dem Vorwiegen der plastischen oder der sandigen Bestandteile zeigt auch der Bänderton in seiner petro- graphischen Zusammensetzung und in seinem physikalischen Verhalten eine große Mamnigfaltigkeit, doch überwiegen an dieser Lokalität die plastischen Bestandteile, und der Ton zeigt daher hier im ganzen einen plastischeren Charakter. Fossilien waren in diesem Bändertone, der in dem östlichsten Teile der Südwand auf eine kurze Strecke hin auch unvermischt mit anderen Tonen, indessen ebenfalls in zahllose, größere und kleinere Trümmer zerdrückt lagert, nicht nachweisbar. Es erhebt sich nun die Frage, welche von den genannten dunklen Tonvarietäten entspricht dem, von Müller mit den Namen »Lauenburger Ton« belegten Tone? Ist es nur eine der genannten Varietäten, oder waren seiner Zeit sämtliche Varietäten unter den fossilführenden Schichten im Kanalbettaufschlusse vorhanden gewesen ? Bei Erörterung dieser Frage ist es zunächst von Bedeutung, sich zu erinnern, daß Müller ausdrücklich betont, daß der Lauenburger Ton vollkommen frei von nordischem Material sei, daß aber alle die genannten dunklen Tone von Buchhorst und von Krüzen, die einen mehr, die anderen weniger solches enthalten. So widersprechend nun auch diese Angaben sind, und so aussichts- los es daher auf den ersten Blick auch erscheinen mag, diesen Wider- spruch zu beheben, — bei näherer Erwägung scheint hierzu doch die Möglichkeit vorhanden zu sein. Wie ich oben angegeben habe, enthalten die verschiedenen Tonarten zwar alle nordisches Material, mit Ausnahme der körnigen Varietät jedoch in so außerordentlich geringer Menge und zudem von so feinkörniger Beschaffenheit, daß, wenn man zum Schlämmen nicht Leinen mit sehr engen Maschen benutzt, an eine Gewinnung eines solchen Rückstandes gar nicht zu denken ist. Es scheint mir daher nicht unwahrscheinlich, daß das Resultat, das Müller bei der Untersuchung des Lauenburger Tones gewann, auf eine solche Fehlerquelle zurückzuführen sein dürfte. Läßt man andererseits die von einander abweichenden Angaben hinsichtlich des Gehaltes der Tone an nordischem Material einmal außer acht — so darf aus der Bemerkung Müller'’s, daß er die schwarzen »Brocken- mergel« der Krüzener Ziegelei anfänglich mit dem liegendsten Tone des Kanalaufschlusses, also mit seinem Lauenburger Tone, parallelisiert hätte, dann aber bei genauerer Untersuchung die Überzeugung gewonnen hätte, 79 daß diese Brockenmergel glazial umgelagerte, daher bröckelig gewordene, präglaziale Tone seien, geschlossen werden, daß es sich bei den, in Rede stehenden Tonen jedenfalls um sehr ähnliche Sedimente gehandelt hat und, daß man wohl nicht fehl geht, wenn man, um eine Vorstellung von der Beschaffenheit deseigentlichen Lauenburger Tones zu gewinnen, sein Augen- merk auf die Krüzener Tone richtet. Daß aber nun auch in der Tat diese Tone als identische Sedimente angesprochen werden müssen, und ein Zweifel hieran nicht mehr am Platze ist, geht aus der vor kurzer Zeit abgegebenen Erklärung Wolffs, wonach der Krüzener Ton nicht umge- lagerter, sondern wirklich echter Lauenburger Ton ist, hervor. Demnach dürften diebeiden dunklen Tone von Krüzen, der fette dunkelgrüne und insbesondere der schwärzliche, körnige Ton als Lauen- burger Ton zu gelten haben. Ob auch die beiden anderen Varietäten von Buchhorst hierzu zu rechnen sind, dürfte nur durch die Untersuchung etwaiger, von Müller gesammelter und in der Sammlung der geologischen Landesanstalt zu Berlin aufbewahrter Proben — in den mir zugäng- lich gewesenen Sammlungen des mineralogisch - geologischen Instituts zu Hamburg und in der Sammlung des naturhistorischen Museums zu Lübeck waren solche leider nicht vorhanden — noch zu entschei- den sein. Wie oben angeführt worden ist, parallelisierte Gottsche den Lauenburger Ton mit den, bei den Bohrungen im Untergrunde Hamburgs zwischen der I. und II. Moräne angetroffenen, hier eine weite Verbreitung besitzenden, dunklen Tonen. Durch freundliches Entgegenkommen von Professor Dr. Gottsche konnte ich Proben der Lauenburger Tone mit einer Reihe von Proben aus den Bohrungen vergleichen. Mit Sicherheit konnte festgestellt werden, daß der körnige dunkle Ton, sowie die Bänder- tone nicht unter den Bohrproben vorhanden waren; dagegen scheint eine Identität der dunkelgrünen Tonvarietät und besonders des fetten, bläulich- schwarzen Tones mit gewissen Tonen der Bohrproben nicht ausgeschlossen zu sein. Gottsche ist, wie bereits erwähnt wurde, der Ansicht, daß diese Tone, die auf Grund ihrer stratigraphischen Position zum Interglazial 1 zu stellen waren, und diein ihrem Habitus an Tertiärtone erinnern, aus der Zerstörung solcher hervorgegangen sind. Man wird auf Grund ihres petrographischen Charakters das Gleiche auch für die verschiedenen Buchhorster und Krüzener dunklen Tone annehmen müssen und geht wobl nicht fehl, wenn man sie zu den älteren, bezw. ältesten, diluvialen Ablagerungen rechnet und sie als fluvioglaziale Umlagerungsprodukte miocäner Sedimente durch die Schmelzwasser der heranrückenden ältesten Vereisung (der ersten Vereisung bei Annahme von 3 Vereisungen, der jetzigen zweiten oder Hauptvereisung bei Annahme von 2 Eiszeiten), 80 oder, was, wenn man sie als interglaziale Bildungen ansprechen muß, richtiger zu sein scheint, als fluvioglaziale Schlämmprodukte von, der ältesten Vereisung angehörenden, naturgemäß mit tertiärem Material stark angereicherten Moränen auffaßt. Im Gegensatz zu Gottsche hat Wolff neuerdings für ein jüngeres Alter des sogenannten »Lauenburger Tones« plädiert und ihn, samt den ihn seiner Zeit im Kanalbaubett überlagernden, fossilführenden, diluvialen Sedimenten der zweiten Interglazialperiode eingereiht. Welche Ansicht ist nun die richtige? Auch der Lösung dieser Frage scheinen wiederum auf den ersten Blick große Schwierigkeiten entgegen zu stehen! Sie findet jedoch eine einfache Lösung, wenn man sich der Ansicht derjenigen — deren Zahl neuerdings im Zunehmen begriffen zu sein scheint —- anschließt, welche aus bestimmten Gründen für Norddeutschland nur zwei Eiszeiten und eine Zwischeneiszeit annehmen zu müssen glauben und Grund zu der Annahme haben, daß die Moräne II (U. G.) und die Moräne III (0. G.) der von Gottsche beschriebenen Hamburger Tiefbohrungen als zu einer und derselben Eiszeit, nämlich der zweiten zu stellen sind, und daß die Moräne I (T. G.) als zur ersten, der jetzigen Hauptvereisung gehörig zu betrachten ist, denn damit würden auch die, nach Gottsche’s Auffassung der ersten Interglazialperiode zuzuzählenden unterdiluvialen Tone (U. D.) in das zweite Interglazial hinauf rücken, mithin derselben Interglazialperiode angehören, wie nach Wolffs Auffassung der »Lauenburger Ton«. Was die Verbreitung der verschiedenen in Rede stehenden Tone anbetrifft, so kommen die Bändertone, welche sich im Übrigen von den oberdiluvialen, u. a. in der Umgebung Lübecks vorkommenden Bänder- tonen ersichtlich unterscheiden, in ihrer mannigfach verschiedenen Ausbildungsweise, wie ich oben schon kurz angegeben habe, nicht nur im südlichen Lauenburg (z. B. bei Tesperhude, — hier in engem Verbande mit einem fetten, pechschwarzen Tone, der auch nach längerem Austrocknen eine dunklere Färbung als die Buchhorster Tone bewahrt — und bei Sande unweit Bergedorf) sondern auch im westlichen Holstein (Kattendorf bei Schmalfeld und Wiemersdorf), im westlichen Schleswig (Tornschau und Arrild) und endlich, wie noch hinzuzufügen ist, auch auf Sylt und zwar hier als bankartige Einlagerung in den nach Stolley’s!) Ansicht durch Ausschlämmung der Moränen und lehmigen Sande des unteren Diluviums entstandenen, die geradlinig abgeschnittene Moräne der Hauptvereisung am Westkliff, unmittelbar nördlich von Buhne X unterteufenden, fluvioglazialen Sanden und Granden vor. — !) »Quartär und Tertiär auf Sylt«, Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Beilage. Bd. XXII, 1906, pag. 154 ff. s1 Von den obigen Tonarten konnte die dunkle, körnige Varietät nur bei Buchhorst und Krüzen beobachtet werden, die bläulich-schwarze und die dunkelgrüne Varietät finden sich außerdem noch im Untergruude Hamburgs. !) Im Gegensatz zu den Endmoränengebieten der Geschiebesandzone, wo, wie die oben aufgezählten, neuen Beobachtungspunkte aufs neue beweisen, ältere dislocierte Schichten des Diluviums und des Tertiärs in erheblichem Umfange an dem geologischen Aufbau der Erhebungen teil- nehmen, sind in der Hügellandschaft des Ostens bisher weit weniger Orte bekannt geworden, an welchen eine derartige Beteiligung stattfindet. Immerhin mehrt sich jedoch auch hier allmählich die Zahl solcher Orte, und mögen im folgenden — außer dem bereits angeführten Punkte bei Sommerstedt in Nordschleswig — einige neue Beobachtungspunkte auch aus dieser Zone Schleswig-Holsteins bekannt gegeben werden und im Zusammenhange damit einige Beobachtungen, die im vorigen Jahre an einem älteren derartigen Fundorte, nämlich dem, am Rande der Hügellandschaft in einer Staumoräne (vergl. »Der baltische Höhenrücken in Holstein« S. 15) belegenen Tarbeck gemacht werden konnten, und die nicht ohne Interesse sein dürften, mitgeteilt werden. ‘) G. Müller (»Präglaziale marine und Süßwasserablagerungen bei Boizenburg a. d. Elbee im Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. Jg. 53, 1899) erwähnt, daß nach Angabe der Arbeiter auch unter den, von ihm in den Ziegeleigruben bei Boizenburg entdeckten, mit den Lauenburger Interglazialschichten zu parallelisierenden, fossilführenden Sedimenten, ein schwarzer Ton, »der identisch mit dem Lauenburger, Tesper- huder und Breetzer (bei Bleckede) Ton sein könnte« vorhanden sein solle. — W. Bünte (dasselbe Archiv, Jg. 55, 1901 »Die Diatomeenschichten von Lüne- burg, Lauenburg, Boizenburg und Wendisch-Wehningen«) fand an derselben Lokalität unter den fossilführenden Schichten einen fetten, bläulichen Ton, über den er folgende Mitteilungen macht: »In dem liegenden Tone fanden sich, allerdings nur sehr spärliche, Diatomeen, die es zweifellos machen, daß dieser eine Süßwasserbildung ist. Es muß dahingestellt bleiben, ob dieser Ton mit dem, von Müller in Lauenburg unter einer Diatomeenschicht und einer darunter lagernden, an Vivianit reichen, Sandschicht konstatierten, schwarzen Tone identisch ist. Ich möchte dies der Ähnlichkeit der Lagerungs- verhältnisse wegen, trotz der für dort nicht nachgewiesenen organischen Reste annehmen; möglich ist ja, daß auch dort noch Diatomeen gefunden werden. Daß die Farbe des Lauenburger Tones dunkler als die des Boizen- burger ist, spricht nicht gegen diese Parallelisierung, da dieser Unterschied wohl nur auf einer mehr oder weniger reichlichen Beimischung von organischen Substanzen beruht.«e — Zur Zeit ist dieser Ton bei Boizenburg nicht aufgeschlossen und daher ein Vergleich desselben mit den Buchhorster und Krüzener Tonen nicht möglich. 20. Tarbeck. Die hierselbst in der Ziegeleigrube der Blöcker'schen (früher Blunek’schen bezw. Jede’schen) Ziegelei aufgeschlossenen, fossil- führenden diluvialen Sedimente sind zuletzt im Jahre 1901 von Gagel!') beschrieben worden. Gagel fand damals an der 21/,—3 Meter hohen Nordwand der Grube von oben nach unten folgendes Profil: 1. etwa '/;—”/, Meter Geschiebesand mit zum Teil sehr zahlreichen Geschieben (in der von Gagel seinem Aufsatze beigegebenen Profilskizze mit h bezeichnet); 2. etwa '/;—”/, Meter mächtige, horizontal gelagerte, eigentümlich hellgrünliche, sehr schmierige, schön geschichtete Tone mit feinen Sandstreifehen, die in der obersten Schicht vereinzelte Geschiebe enthalten und sich nach W. und O. auskeilen (a.); 3. sehr schön gelb und braun gebänderte Tone, in die vereinzelte, dünne Lagen eines gleichmäßig feinkörnigen Sandes, deren stärkste, welche etwa 25—30 Centimeter mächtig ist, vereinzelt große Geschiebe führt, eingeschaltet sind (a. b.). Diese Tone nehmen die ganze übrige Höhe der Wand ein und sind zu einem sehr steilen Sattel zusammen geschoben, dessen Achse ziemlich genau WO. strich und nach O. erheblich anstieg. In dem am höchsten aufragenden Kern des Sattels gingen die sonst gelblich und braun gebänderten Schichten in 4. eigentümlich rot und grün geflammte Tone (c.) über, und unter diesem wurden am Grunde der Grube noch eigentümlich dunkel- schokoladenbraune, nicht schmierige Tone beobachtet. In allen unter 2—4 genannten Tonnen konnte keine Fauna nachgewiesen werden. h ‘ An dem größten Teile der Ostwand der Grube beobachtete Gagel einen eigentümlich bräunlichgrauen, mageren, schön geschichteten, in zahlreiche Sättel und Mulden zusammen geschobenen Ton, der ebenfalls von Geschiebesand überlagert war (d.). Der Zusammenhang dieses Tones der Ostwand mit den Schichten der Nordwand sowohl, als mit den, in der Südwand der Grube auftretenden Schichten war, da gerade die Stellen, wo die betreffenden Schichten zusammen stießen, überrutscht waren, nicht zu erkennen, doch nahm Gagel aus gewissen Gründen an, daß der Ton der Ostwand (d.) das Hangende des Bändertons der Nordwand (a. b.) und das Liegende der, in der Südwand auftretenden Schichten bilde. Organische Einschlüsse wurden auch in den Tonen der Ostwand (d.) nicht gefunden. Gagel meinte aber, daß dies der Ton sein müsse, aus dem Gottsche ') »Über eine diluviale Süßwasserbildung bei Tarbeck in Holstein.«e Jahrbuch d. K. pr. geolog. Landesanstalt für 1901. Bd. XXII, Heft 2. 83 und andere Beobachter die spärliche marine Fauna (Östrea edulis, Saxiecaya pholadis, Tellina baltica, Foraminiferen) beschrieben hätten. Im Sommer 1906 angestellte Beobachtungen hatten nun folgendes Ergebnis: Sowohl an der Nordwand wie an der Östwand sind die Schichten in größerer Erstreckung als im Jahre 1901 — ich habe die Grube damals zusammen mit Gagel besucht — freigelegt. Der Sattel in dem Winkel, wo die Nordwand und die Ostwand aufeinander stoßen, ist völlig abgetragen. Die in dem, am höchsten aufragenden Kerne des Sattels damals auftretenden, eigentümlich rot und grün geflammten Tone (4.) sind nicht mehr vorhanden, wohl aber der diese unterteufende, eigentümlich dunkelschokoladebraune, nicht schmierige Ton, der jetzt an der Sohle der Grube gegen einen Meter hoch sowohl an der Nordwand wie an der Ostwand auf größere Erstreckung hin sich empor- hebt. In diesem Tone, der seine braunrötliche bezw. braungraue Farbe auch in trockenem Zustande beibehält, konnte auch ich keine organischen Reste entdecken. Beim Schlämmen löst sich derselbe fast restlos auf. An beiden Wänden wird dieser Ton überlagert von einem, die übrige Höhe der Wände einnehmenden Komplexe grüngrau und gelbbraun gebänderter, teils fetterer, teils magerer Tone, in welche Schichten eines glimmerhaltigen, feinkörnigen, rostfarbenen Sandes eingeschaltet sind. Diese letzteren bilden bald nur papierdünne, bald bis 30 Centimeter starke Einlagerungen; ebenso wechselt auch die Mächtigkeit der Tonschichten, wodurch eine sehr eigenartige und verschiedenartige Zusammensetzung der gesamten Schichtenfolge bewirkt wird. Von den, von Gottsche aus dem marinen Tone dieser Lokalität angegebenen Fossilien konnte ich Tellina baltica, Saxicaya pholadis und dazu Mytilus edulis, welches Fossil Gottsche nur in dem anderen Tarbecker Aufschlusse (Grube der früheren Tensfeld’schen Ziegelei, N. der Landstraße) fand, nicht aber Ostrea edulis sowohl in den Sand- als auch in den Tonschichten und in den letzteren auch Foraminiferen sammeln. Außerdem enthielten dieselben noch sehr dünnschalige Zweischaler, die ich, soweit es ihr äußerst schlechter Erhaltungszustand zu erkennen gestattet, für Süßwasser- bezw. Brack- wasserformen halten möchte. Die im allgemeinen nur seltenen Konchy- lien liegen meist nicht lagenweise in den Schichten, sondern ganz vereinzelt. In der Mitte der Nordwand fallen diese Bändertone und Sand- schichten nach Westen ein und werden hier von einem, mehrere Meter mächtigen, sehr blockreichen Geschiebesande (h.) bedeckt. An der Ostwand setzen sie sich nicht nur soweit, als hier der dunkelschokoladenbraune Ton reicht, fort, sondern in ganz gleicher Ausbildung und dieselben Fossilien einschließend auch noch längs des größeren Teiles dieser Wand. Der Zusammenhang der Schichten der beiden Wände ist mithin im Gegensatz zu früher nicht mehr unterbrochen und es ist nunmehr deut- 54 Skizze von Teilen der Nord- und Südwand sowie der ganzen Ostwand UT EEEER ERPLEFFEE RAN ON der Blöckerschen Ziegeleigrube zu Tarbeck. abd Bändertone mit mariner Fauna; @ e f 5 h ] m braunrötlicher, bezw. braungrauer fossilfreier Ton (Eocän nach Gagel); dunkelblaugrauer, fetter Tonmergel mit Süßwasserfauna; humoser, sandiger Ton ohne organische Reste; geschichtete gelbe Sande; Geschiebesand ; graubrauner, Brocken von leberbraunen Ton einschließender Ton mit Süßwasserfauna; sehr fetter, graugrüner Ton mit Süßwasserfauna. 85 lich zu erkennen, daß die von Gagel an der Ostwand angegebenen, bräunlich grauen Tone, in welchen nach seiner Ansicht früher die marinen Fossilien beobachtet sein mußten (d.), identisch sind mit den, gelb und braun gebänderten und von Sandeinlagerungen durchsetzten Tonen der Nordwand (a. b.). Etwas über die Mitte der Ostwand hinaus fallen diese marine Fossilien führenden Bändertone, welche ich auf der beigefügten Profilskizze mit a b d bezeichnet habe, deutlich nach Süden ein. Zwischen sie und die, die südlichsten Teile der Ostwand bildenden, wie 1901, so auch jetzt durch Abrutsch verdeckten Schichten, schieben sich nun noch andere Tone, welche früher nicht freigelegt waren, ein. Leider sind aber gerade jetzt auch die Stellen, wo diese bisher unbekannten Tone mit den oben beschriebenen Bändertonen einerseits und mit den durch Abrutsch verdeckten, die südlichsten Teile der Ostwand bildenden Schiehten andererseits, zusammenstoßen, stark verrutscht, so daß die gegenseitigen Lagerungsverhältnisse dieser verschiedenen Schichten noch nicht angegeben werden können, doch scheint es, als wenn die Bändertone das Liegende der beiden neu aufgeschlossenen Tone bilden. Von diesen ist der eine, ein fetter, im frischen Zustande graubrauner Ton von lockerem Gefüge, der verschieden große und verschieden gestaltete Brocken eines homogenen, dichten Tones von intensiv leberbrauner Farbe einschließt (i. der Profilskizze). Ohne Zweifel befanden sich diese beiden Bestand- teile des Tones ursprünglich in ungestörter Wechsellagerung und sind erst später durch von außen einwirkende, mechanische Kräfte in der Weise, wie es jetzt zu beobachten ist, zertrümmert und: durcheinander gemengt worden. Beide Tonarten enthalten zahlreiche Ostracoden und in der graubraunen Varietät kommen sehr mangelhaft erhaltene, große Zweischaler (Unionen?) vor. An einer, etwas mehr nördlich gelegenen Stelle der Ostwand konnte unter den abgerutschten Massen im letzten Frühjahre (1907) die intensiv leberbraune Tonart auch allein für sich ohne die andere Tonart beobachtet werden. Überlagert wird dieser Ton (i.), der von der Sohle der Grube sich etwa 3—4 Meter hoch empor hebt, von einem- 2—3 Meter mächtigen, sehr fetten, sejfigen, in feuchtem Zustande blaugrünen, in trockenem grau- grünen Tone (K.), dessen teils mehr lockere und teils festere, gleich- beschaffene und gleichfarbige Schichten ebenfalls durch mechanische Kräfte durcheinander gemengt erscheinen. Auch dieser Ton enthält zahlreiche Ostrakoden und Unionen (?), letztere wiederum in sehr schlechtem Erhaltungszustande. Nach oben wird der Ton durch Sandaufnahme magerer und erstreckt sich bis zur Oberkante der Grubenwand, da der Geschiebesand, der ihn, wie die übrigen Sedimente der Ostwand früher in geringer Mächtigkeit bedeckte, abgetragen worden ist. Beide Tone (i. und K.) dürften als Süßwasserbildungen anzusprechen sein. Ein dem Tone K. völlig gleichender Ton lagert, wie noch erwähnt 86 sein möge, auch an der Sohle der Grube, etwa in der Mitte zwischen dem westlichsten Punkte der in Abbau befindlichen Südwand und dem Wohnhause des Ziegeleibesitzers. An der Südwand der Grube beobachtete Gagel 1901 folgende Schiehtenfolge: 1. 1'/),—2 Meter mächtige, gelbe, schön geschichtete Sande (g.); 2. etwa 2!/, Meter dunkelbrauner, stark humoser, sehr sandiger (schlickartiger) Ton, stark zersetzte Pflanzenreste enthaltend und nach unten übergehend in 3. 1 Meter mächtigen, humosen, fetten, sehr dunklen (grünlich- schwarzen) Ton ohne organische Reste (f.); 4. !/),—1 Meter mächtige, dunkelblaugrüne Tonmergel von brocken- mergeliger Beschaffenheit, die zu oberst etwas magerer und fein geschichtet, zu unterst sehr fett sind und eine ausgesprochene Süßwasserfauna [Sphaerium (Cyclas) corneum L., Valvata piscinalis Müll., Valvata macrostoma Steenb. sowie Unionen?] ferner Ostra- coden und endlich wohlerhaltene Moose, sowie sonstige Pflanzen- reste enthielt (e.). Wesentliche Veränderungen in diesem Befunde sind seitdem nicht eingetreten, doch waren die unter 4 registrierten Tonmergel im vergangenen Jahre nicht so gut wie früher der Beobachtung zugänglich und konnten nur wenige Konchylien und Pflanzenreste gesammelt werden. Ich werde auf die in der Südwand eröffneten Schichten im folgenden bei Besprechung der, in dem zweiten großen, bei Tarbeck vorhandenen Aufschlusse, nämlich der nördlich der Chaussee belegenen Tongrube der ehemaligen »Tensfeld’schen« Ziegelei, vorkommenden Sedimente, nochmals zurückzukommen Gelegenheit haben. Hinsichtlich der an dieser Lokalität vorkommenden, fossilführenden Ablagerungen weichen die Berichte ziem- lich von einander ab: Gagel (l. e) beobachtete hier folgendes Profil: I. 1'/, Meter Geschiebesand; II. fetter, blaugrüner Ton mit ganz zerquetschten Muschelschalen, Unionen?; III. dunkle, aber mehr bräunlich gefärbte, | geschichtete Tone ' ohne Fauna. IV. sehr dunkler, fetter Brockenmergel | Gottsche (l. ce.) gab nachstehende Schichtenfolge an: I. 1—2 Meter Geschiebesand; II. 5—6 Meter magere, nach oben sehr sandig werdende, bräun- lich bis aschgraue wohlgeschichtete Tone mit spärlicher Fauna: Ostraea, Mytilus, Saxicava, Tellina; 87 III. fetter, fast schwarzer Ton an der Sohle der Grube, aus dem winzige Mytilusfragmente und ein Fischotolith herausgeschlämmt werden konnten, und der nach Aussage des Besitzers in geringer Tiefe von IV. scharfem Sande unterteuft werden sollte. Munthe!), der nur diese Grube, leider nicht auch die, noch jetzt in Betrieb befindliche Ziegeleigrube besuchen konnte, fand hier, von oben nach unten nachstehende Schichten: I. mehrere ‚Meter Flugsand mit flugsandgeschliffenen Geschieben ; II. geschichteter toniger Sand; III. 7 Meter mächtiger, teilweise gut geschichteter, feiner, stellen- weise Faltungen und Störungen und dünne Sandbelegungen an den Schichtflächen aufweisender Ton. Spärliche Fossilien nur im Ton: Mytilus edulis, Ostracoden, Foraminiferen, Kiesel- nadeln von Spongien und Diatomeen. Auf Grund des Diatomeenbefundes, besonders des häufigen Vor- kommens der, nur im Brackwasser lebenden Diatomeenspecies Campylo- discus Echineis sah Munthe diesen Ton als eine Brackwasserbildung an. Ich selbst konnte hier folgende Beobachtungen machen: Der größte Teil der umfangreichen, von Westen nach Osten in den Grimmelsberg sich erstreckenden Grube ist verstürzt; nur die obersten Schichten, von der Oberkante etwa 3 Meter nach abwärts sind völlig deutlich längs der ganzen Ostwand der Beobachtung zugänglich; ferner eine, noch 1—2 Meter weiter nach abwärts reichende, mehrere Meter lange Partie in dem süd- lichsten Teile derselben Wand, und endlich ein kleiner Teil an der, infolge jäher Abdachung des Hügels nach Westen nur kurzen Südwand, dort, wo sie an die Ostwand anstößt. Fast an der ganzen östlichen Wand bilden etwa 1'/, bis 2 Meter mächtige, geschichtete Sande, die in ihren oberen Partieen kleine Lagen von größeren Geschieben führen und im Übrigen von, durch Eisen verkitteten, rostbraunen Bändern durchzogen werden, die oberste Schicht. Darunter lagern an der ganzen östlichen Wand, sich nach Süden auskeilend, zwei ziemlich gleichmächtige Sandschichten von insgesamt etwa zwei Meter Stärke, die mit scharfen Grenzen gegen den überlagernden Geschiebesand und gegeneinander abgesetzt sind. Die obere Sandschicht ist von gelbbrauner, die untere, nach abwärts toniger werdende ‚Schicht von grauer Farbe. Über dieses lagert in dem südlichsten, wie erwähnt wurde, der Beobachtung nicht durch Absturzmassen entzogene Teile der ‘) Heinr. Munthe, Studien über ältere Quartärablagerungen im südbaltischen Gebiete. Bull. geolog. Institut. Upsala 1897, pag. 89. 88 Ostwand, ein magerer, glimmerreicher, nach unten allmählich sehr fett werdender Ton, der in feuchtem Zustande von graugrüner, in trockenem von schmutzig hellgrauer Farbe ist und stellenweise zahlreiche Ostrakoden einschließt. Dieser Ton, der durch Druck eine brockenmergelige Struktur angenommen hat und in seinen oberen Partieen in kleine Falten zusammengeschoben ist, hat große Ähnlichkeit mit dem neuen, oben beschriebenen, graugrünen Ostrakoden und Unionen (?) führenden Tone (K.) der Ostwand der Blunck’schen Ziegeleigrube. Er ist jedoch gänzlich verschieden von dem Süßwasserkonchylien und Landpflanzen führenden, dunkelblaugrünen Tonmergel der Südwand (e.) der letzteren Grube, welchen Gagel für identisch mit den, von ihm zuoberst in dem Profil der Tensfeld’schen Grube beobachteten fetten, blaugrünen Ton mit ganz zerquetschten Muschelschalen (II.) hielt. An der nicht durch Absturzmaterial verdeckten Stelle der Südwand des in Rede stehenden Aufschlusses befanden sich in gestörten Lagerungs- verhältnissen einmal ein, etwa 1 Meter mächtiger Ton von gleicher Beschaffenheit und von gleicher Fossilienführung wie der oben an der Ostwand angegebene und ferner unter demselben ein, in seinen oberen Partieen mehr magerer, in seinen tieferen Schichten fetterer, tiefblau- schwarzer Tonmergel mit äußerst schlecht erhaltenen, großen Zweischalern (Unionen?). Dieser letztere dürfte identisch sein mit dem, von Gagel von dieser Lokalität angegebenen, oben unter IV registrierten Tone, sowie mit den, von ihm aus der Südwand der Blunck’schen Grube beschriebenen und in seiner Profilskizze mit e bezeichneten Tone. Der von Gottsche erwähnte, marine Konchylien enthaltende Ton aus der Tensfeld’schen Grube (II), sowie der von Munthe von dem- selben Orte beschriebene, ebenfalls eine marine Fauna einschließende Ton (III) dürften ein und dieselbe Ablagerung sein. Auch der von Gottsche in der Grube der Blunck’schen Ziegelei beobachtete und jetzt dort an der Nord- und an der ÖOstwand zu Tage tretende, dieselbe Fauna beherbergende Ton (a. b. d. meiner Profilskizze) dürfte identisch mit jenem (II) und, wenn man sich Munthe's Ansicht an schließt, ebenfalls eine Brackwasserbildung sein, doch dürfte dieses endgültig erst durch die Untersuchung des Diatomeengehaltes des Tones festzustellen sein. 21. Schackendorf. Etwa 1'/, Kilometer nördlich von dem, seit 1852 bekannten, seit einigen Jahren aber eingegangenen Fundorte von marinem Diluvium bei Fahrenkrug in der Nähe von Segeberg, war vor einigen Jahren in einer, westlich vom Wege zwischen Schackendorf und Negern- bötel (Meßtischblatt Segeberg 958) belegenen Mergelgrube ein, ebenfalls eine marine Diluvialfauna einschließender, grauer Ton von brocken- mergeliger Beschaffenheit unter 1—2 Meter sandigem Geschiebelehm 89 bloßgelegt.') Es konnten folgende Fossilien in demselben gesammelt werden: Aporrhais pes pelecani, Litorina litorea, Hydrobia ulvae, Cylichna umbilicata, Ostrea edulis, Mytilus edulis, Cardium edule, Cardium mini- mum, Tellina baltica, Scrobicularia piperata, Mactra subtruncata, Fora- miniferen und Östracoden. Diese Fauna ist fast dieselbe, wie sie ehedem bei Fahrenkrug beobachtet werden konnte und gehört wie jene zu der gemäßigten Gruppe der marinen Diluvialfaunen. Von großem Interesse war dieser Fundort besonders durch das Vorkommen eines — bisher aus den fossilführenden diluvialen Tonen Schleswig-Holsteins nicht bekannten — konkretionären Gesteins, eines tonigen Kalksteins von innen gelbbrauner, außen gelbgrauer Farbe, welches in dem Tone teils in Gestalt kleiner Brocken, teils in Gestalt größerer — bis kopfgroßer — Stücke auftrat und eine Reihe von, meist noch zu bestimmenden, Fossilien, darunter u. a. Aporrhais pelecani L. enthielt und außerdem Reste von Seegras (Zostera marina?) und trefllich konser- vierte Blätter einer Betula spec. Untersuchungen, welche nach Auffindung dieses Gesteins an ver- schiedenen anderen, von Gottsche angegebenen Fundorten von marinem Diluvium im Hinblick auf ein etwaiges Vorkommen solcher Konkretionen angestellt wurden, hatten, wenn man von Bunsoh absieht, woselbst, wie bereits angegeben worden ist, ähnliche Konkretionen gefunden wurden, ein negatives Resultat, führten aber zur Entdeckung noch einiger weiterer Fundpunkte von marinem Diluvium in der Nähe dieses Ortes, nämlich bei Negernbötel und bei Kükels. 22. An ersterem Punkte, der 1!/—2 Kilometer nördlich von diesem Dorfe, in der Nähe des, aus dem großen Plöner See nach Westen in das Geschiebesandgebiet führenden Erosionstales (Tensfelder Erosionstal) liest, lagert derselbe graue Ton von brockenmergeliger Struktur, welcher keine unversehrten Konchylien, aber zahlreiche kleine Muschelfragmente ent- hält, unter einer, mehrere Meter starken Schichtenfolge von Geschiebe- sand und Bänderton. 23. Bei dem, etwa 6 Kilometer südwestlich von Segeberg belegenen Dorfe Kükels (Meßtischblatt Leezen 744) kommt ein ebenfalls dem Schacken- dorfer bezw. dem Fahrenkruger völlig gleicher Ton in der, etwa 600 Meter südlich vom Dorfe befindlichen Mergelgrube unter 1—2 Meter Abraum vor. ‘) Herr Dr. phil. Chr. Sonder in Oldesloe hatte die Freundlichkeit mich s. Z. auf diesen Fundort aufmerksam zu machen und möchte ich es nicht unter- lassen, demselben hierfür noch nachträglich auch an dieser Stelle meinen besten Dank auszusprechen, 90 Hier wurden bisher außer einigen unbestimmbaren Muschelfragmenten mehrere unversehrte Exemplare von Nassa reticulata L. aufgelesen. Hinsichtlich der räumlichen Verbreitung des marinen Diluviums äußerte Gottsche sich in seiner Arbeit »Das marine Diluvium« folgender- maßen: »Die dem vorigen Bande dieser Mitteilungen beigegebene Übersichtskarte von Schleswig-Holstein zeigt, daß die marinen Ablage- rungen unseres Diluviums mit wenigen Ausnahmen nur am Rande des Diluvialgebietes auftreten, welches im Osten mit der heutigen Meeresküste, im Westen aber bis etwa zum 55° NB. mit jener merkwürdigen, zum Teil weit landeinwärts gelegenen Terrasse zusammen fällt, welche von uns nach altem Herkommen als Geest-Rand bezeichnet ist und die Grenze gegen die Marsch, d. h. gegen das niedrige und vollkommen ebene Gebiet des marinen Alluviums bildet.« Die seitdem bekannt gewordenen Fundpunkte von marinem Diluvium (das von Friedrich [Mitteil. d. Geograph. Ges. Lübeck. 16, 1902, p. 45] beschriebene Vorkommen bei Oldesloe, die von Wolff (siehe oben) nörd- lich von Hamburg entdeckten Vorkommen bei Hummelsbüttel, Farmsen und Hinschenfelde) und ferner die, in Obigem angegebenen, neuen Fund- orte (Prisdorf, Schmalfeld, Kükels) sind aber Anzeichen dafür, daß in den westlicheren Teilen des mittleren und südlichen Holsteins zur Inter- glazialzeit das Meer von Westen her nicht nur bis an den Geestrand und als Ausnahme — nicht nur in der Gegend des heutigen Stör- und Osterautales über Itzehoe und Rensing bis Fahrenkrug und Tarbeck weiter ostwärts reichte, sondern daß dasselbe wohl dieses ganze Gebiet mindestens bis zum Westrande der Hügellandschaft des Ostens und noch darüber hinaus, wie Oldesloe zeigt, überflutete. 24. Außer diesen neuen Beobachtungspunkten von marinem Dilu- vium möchte ich nun zum Schlusse noch folgenden neuen Fund- punkt einer Süßwasserkonchylien führenden diluvialen Ablagerung bekannt geben. Diese befindet sich ebenfalls in der Hügellandschaft des Ostens und zwar in einem der südlichsten Aus- läufer der, zwischen der, Schlei und dem Bistensee, in der Nähe und zum Teil am Rande des Geschiebesandgebietes sich erstreckenden und hoch über letzteres sich erhebenden, bereits von Haas 1888 als eine gewaltige Endmoränenbildung angesprochenen Hügelkette der »Hüttener Berge«. An der Westwand einer hier in einer, etwa 200 Meter vom Nordende des Bistensee’s und vom Dorfe gleichen Namens ent- fernten Kuppe befindlichen Kiesgrube lagern unter etwa 1 Meter lehmig verwitterten Geschiebesand, größtenteils horizontal, in dem der nördlichen Grubenwand genäherten Teile der Wand aber steil aufgerichtet, verschieden starke Bänder von Mergelsand und Spathsand in einer Gesamtstärke von etwa 2—3 Meter. Die unteren Partieen derselben schließen dünnschalige 91 Süßwasserkonchylien, welche, soweit eine Erkennung möglich war, den Gattungen Limnaea, Valvata und Pisidium angehören dürften, ein. Die Nordwand der Grube und ebenso die nördlichsten Teile der Westwand werden durch Sande und Grande, welche umfangreiche Blockpackungen einschließen, gebildet. Ob es sich bei dieser Ablagerung, welche eine große Übereinstimmung mit den gleichartig beschaffenen, spätglazialen Süßwasserabsätzen der Lübecker Mulde (Schlutup, Herrenfähre) zeigt, um ein aus der zweiten Interglazialzeit stammendes, auf sekundärer Lagerstätte befindliches, oder um ein, in der Nähe des sich zurückziehenden, dritten Inlandeises depo- niertes Sediment handelt, welches bei einem erneuten Vorstoße des oscillierenden Eisrandes von der erwähnten Aufstauchung betroffen wurde, muß einstweilen noch dahingestellt bleiben. Anmerkung zu Seite 11. Es verdient Beachtung, daß die Verlaufsrichtung der Bodenschwellen in diesem Teile Holsteins im wesentlichen parallel der Streichrichtung des westlichen Geestrandes, der hier ebenfalls nordsüdlich verläuft, gerichtet ist. Zu wiederholten Malen hat Haas!) gelegentlich der Besprechung der Bodenbewegungen, von denen das Felsgerüst Schleswig-Holsteins in früheren Erdperioden betroffen worden ist und bei Erörterung der Frage, ob die Hauptstreichrichtungen, welche den Bau des im Untergrunde auf- tretenden älteren Gebirges in anderen Teilen des norddeutschen Flach- landes beherrschen, auch in dem Bau und in der Orientierung des Fels- gerüstes Schleswig-Holsteins sich erkennen lassen, darauf hingewiesen, daß einmal »bestimmte Föhrden der Ostküste Schleswig-Holsteins, welche eine vorherrschend südwest-nordöstliche Richtung einhalten, in Einklang zu bringen sein möchten mit dem erzgebirgischen System angehörigen Mulden, in welchen deren erste Anlage zu suchen wäre« und, daß ferner die Ost- und Westseite unseres Landes an bestimmten Stellen von mehreren, der Kreideformation angehörigen, im Sinne des hercynischen Systems streichenden Sattellinien begleitet würden, und daß demselben Systeme ') H. J. Haas, »Die geologische Bodenbeschaffenheit Schleswig-Holsteins, Kiel und Leipzig 1886« und »Begleitworte zum geolog. Profil des Kaiser Wilhelm- Kanals. Berlin 1898«, 92 angehörige Mulden bezw. Bruchlinien die Ursache seien für die erste Anlage gewisser Sunde und Föhrden an der Ostküste des Landes, z. B. des Fehmarnsundes, des Fehmarnbeltes, der das Land Oldenburg vom übrigen Ostholstein trennenden Senke, der Augustenburger und der Alsener Föhrde u. a. m. Über das Kreidegebirge, durch das an der Ostseite des Landes eine im Sinne des hereynischen Systems streichende Sattellinie gebildet wird, machte Haas in den genannten Schriften keine näheren Angaben; zweifellos aber hatte er hierbei den Grünsandstein von Heiligenhafen, der damals noch als zur oberen Kreideformation gehörig gerechnet ward, sowie die unweit davon in demselben Landstriche, in der Umgebung der Güter Heringsdorf und Kalkberg vorkommende Schreibkreide, auf welche Noelting!) zuerst aufmerksam gemacht, im Sinne. Was die dem Kreidegebirge angehörigen Sattellinien im Westen anbetrifft, so meinte Haas, daß dieselben hier durch die Lägerdorfer Kreidekuppe, durch die Hemmingstedter Ablagerung und schließlich durch den Steilabfall der Geest gegen die Marsch, wie solches besonders schön bei Burg in Dithmarschen zu sehen sei, angedeutet würden. Die zu Lägerdorf anstehende und NW—SO streichende Kreide läßt sich in der Tat mit dem Hemmingstedter Kreidevorkommen durch eine, in dieser Richtung verlaufende Linie verbinden, der Geestabfall, der Geestrand aber folgt dieser Linie über Itzehoe und bis an das östliche Ufer der Holstenau. Jenseits derselben, in der Umgebung von Burg i. D., in dessen Nähe Tone von eocänem Alter auftreten und woselbst vielleicht wiederum Kreide im Untergrunde vorhanden ist (s. weiter unten) und von dort bis über Kuden hinaus, verläuft der Geestrand parallel der Streichrichtung des erzge- birgischen Systems. Westlich von letzterem Orte setzt alsdann ein südnördlicher, der Gesamterstreckung der cimbrischen Halbinsel®) parallel gerichteter Verlauf des Geestrandes ein, der zunächst über Meldorf Hemmingstedt-Heide und Lunden bis zur Eidersenke inne hält. Und auch nördlich der letzteren, welche zur Litormazeit einen weiten Meerbusen bildete und jetzt haupt- sächlich von marinem Alluvium erfüllt ist, erstreckt sich der Geestrand — vielfach von, von Westen nach Osten in das Land eindringenden Buchten unterbrochen — im allgemeinen bis zur dänischen Grenze in derselben Richtung weiter. Nur zwischen Tondern und Hoyer schlägt er für eine kurze Strecke eine SOI—NW Richtung ein. !) Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 1888, pag. 774. Vergl. auch E. Stolley, »Die Kreide Sıhleswig-Holsteins« in Mitteilungen aus dem mineralog. Institut der Universität Kiel, Band 1, Heft 4, 1891. 2) Vel. F. Wahnschaffe, Die Ursachen der Oberflächengestalt ‘des nord- deutschen Flachlandes. Stuttgart 1901. Pag. 11. 93 Auch südlich von Lägerdorf, auf der Strecke zwischen diesem Orte und Schulau an der Elbe, verläuft der Geestrand ebenfalls annä- hernd in der Richtung der Haupterstreekung der Halbinsel. Hier ist derselbe, wie bereits Gottsche angegeben hat, als die Fortsetzung des Geestrandes bei Hamburg, des nördlichen Ufers der Elbe, welche, wie seitdem L. v. Buch zuerst darauf aufmerksam: gemacht hat, wiederholt angegeben worden ist, in einer, dem hercynischen Systeme angehörenden Mulde verläuft, zu betrachten. Sowohl der Geestrand bei Hamburg aber als auch seine Fortsetzung nach Norden glaubte Gottsche, u. a. wegen des Vorkommens zahlreicher Punkte von teils zu Tage tretender, teils in geringer Tiefe erbohrter miocäner und älterer Tertiärschichten, als alten Bruchrand betrachten zu müssen. Es stoßen mithin in dieser Gegend, wenn wir den nordsüdlich verlaufenden Geestrand mit einer, im Sinne des smäländischen Systems streichenden Bruchlinie in Beziehung setzen, zwei, verschiedenen tek- tonischen Systemen amgehörige Bruchlinien aufeinander, und in dem Winkel, wo sie aufeinander treffen, breitet sich der Mündungstrichter der Elbe aus. Daß auch auf den anderen angegebenen Strecken der Geestrand in seiner nordsüdlichen Erstreckung von, im Sinne des smäländischen Systems verlaufenden Bruchlinien begleitet wird, dafür sprechen vielleicht einer- seits ebenfalls die Vorkommen prädiluvialer Schichten entlang oder in nächster Nähe des Geestrandes (roter Ton der Zechsteinformation bei Schobüll, miocäner Glimmerton bei Brecklum unweit Bredstedt, unter- eocäner Ton im Emmerleffkliff), aber vor allem der durch Gagel!) auf Grund der Ergebnisse einer Reihe von Tiefbohrungen in der Umgebung von Hemmingstedt und Heide in Dithmarschen gelieferte Nachweis, daß die schmale, zwischen der ebenen Marsch im Westen und einem aus- gedehnten, von Süßwasseralluvionen eingenommen, niedrigen und ebenfalls flachen Gebiete im Osten in NS.-Richtung sich erstreckende Bodenschwelle, die hier den eigentlichen Geestrand darstellt und die selbst durch einen von Diluvium und Tertiär bedeckten schmalen Horst von zum Teil bis 35 Meter unter Tage aufragender, senoner Schreibkreide gebildet wird, nicht nur auf der Ostseite, sondern auch auf der Westseite von einer, nord- südlich verlaufenden Bruchlinie, entlang der die Schichten so tief abgesunken sind, daß die Schreibkreide selbst bis zu einer Tiefe von 900 Meter noch nicht angetroffen wurde, begleitet wird. Erwägt man dann weiter, daß auch auf der Ostseite des Landes größere Strecken der Küste (die östliche Küste des Landes Oldenburg und 2) »Über das Vorkommen von Schichten mit Inoceramus labiatus und Belemnites ultimus. sowie des ältesten Tertiärs in Dithmarschen und über die tektonischen Verhältnisse dieses Gebietes.« Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie. Jg. 1906, Nr. 9. 94 der Halbinsel Schwansen, sowie im allgemeinen auch die Küste nördlich der Apenrader Bucht zwischen Holkhoved und Knudshoved) und ferner bestimmte Senken (der Alsensund, die Stecknitz-Delvenautalsenke) in annähernd nordsüdlicher Richtung verlaufen, so wird man nicht nur wie Haas der Ansicht sein, daß nur das hereynische und das erzgebirgische, sondern vor allen Dingen auch das smäländische System einen Einfluß auf die Gestaltung des Felsgerüstes Schleswig-Holsteins ausgeübt hat. Wie die übrigen, bisher bekannten Punkte anstehender Gesteine älterer Formationen außer den bereits genannten, sowie die Salzquellen sich zu diesen Systemen in Schleswig-Holstein verhalten, mag der Dar- stellung in einer demnächst erscheinenden Mitteilung vorbehalten bleiben, nur soviel mag bereits jetzt erwähnt sein, daß, wenn gleich auch eine Anzahl von solchen Punkten in den südlichsten Teilen des Landes, sowie ferner die Kreide- und "Tertiärpunkte im Lande Oldenburg sich mit dem hereynischen Systeme in Beziehung bringen lassen, sie doch nicht so aus- schließlich wie die Punkte anstehender Gesteine älterer Formationen und die Salzquellen in Mecklenburg und Vorpommern nur Beziehungen zu diesem Systeme, sondern auch zu dem erzgebirgischen Systeme erkennen lassen, insofern eine Reihe derselben in die Streichrichtung dieses Systems eingeordnet werden können. Eine solche Linie hat bereits Jentzsch angegeben, der die Punkte (Stade) Lieth bei Elmshorn und Segeberg miteinander verband. Jentzsch führte diese Linie nach Nordosten weiter über Heiligenhafen (Meyn’s turones Kieselgestein), Fehmarn und die Kreide von Moen bis nach Schonen. Es scheint aber richtiger zu sein, wenn man die Fortsetzung dieser Linie nicht über Heiligenhafen führt, sondern entlang der nördlichen Küste der Neustädter Bucht (erbohrte Salzquelle bei Lensahn), die sich ja zweifellos im Sinne des variscischen Systems erstreckt. Die nordostwärts fortgeführte Verlängerung dieser Linie würde dann mit der Ostküste von Falster sowie mit Moens Klint zusammen fallen. Eine andere, in demselben Sinne streichende Linie könnte man durch die Punkte Heide-Hemmingstedt (Kreide), Pahlhude (Kreide) und die Hüttener Berge (Tertiär [Eocän?] bei Ascheffel; zu Tage tretende, in der Literatur bisher noch nicht erwähnte Salzquelle bei Hütten; Kreide zu Osterby bei Ascheffel) legen. — Nach Osten verlängert würde dieselbe mitten durch die Halbinsel Schwansen dahinziehen, welche sich in der- selben Richtung erstreckt wie die, sie nördlich und südlich begleitenden Föhrden, die Schlei und die Eckernförder Bucht. Inhaltsverzeichnis. Ausdehnung der letzten Vereisung 11. 17. Bändertone, altdiluviale bei Arrild 5. 32. Buchhorst 5. 30. Kattendorf 5. 32. Sande bei Bergedorf 5. 32. auf Sylt 32. Tesperhude 32. Tornschau 5. 32. Wiemersdort 5. 32. Barytkonkretionen im Eocän von Kellinghusen-Rensing 18. Schwarzenbeck 18. Blockpackungsbeobachtungspunkte bei Albersdorf 11. Buchhorst 25. Homfeld 11. Lauenburg 25. Meckelberg bei Hattstedt 17. Meezen 11. Pahlhude 11. Tellingstedt 11. Braunkohle, miocäne bei Drelsdorf 9. Biatomeen in den Süßwasserschichten von Bred- stedt 7. » Brackwasserschichten von Tarbeck 39. Diluviale Ablagerungen mit mariner Fauna bei Aasbüttel 12. Beringstedt 12. 13. Bunsoli 12. Burg ı. D! 12. 13. Cleve 12. Farmsen 11. Fahrenkrug 11. Hinschenfelde 11. Hummelsbüttel 11. Innien 13. Kellinghusen 15. Kükels 41. Lauenburg 25. Negernbötel 41. Nienbüttel 12. Oldenhütten 13. Oldesloe 42. Prisdorf 9. Schackendorf 40. Seefeld 12. Schmalfeld 9. Tarbeck 11. 33 — 40. Uetersen-Glinde 10. Wacken 12. 22. Warringholz 12. Diluviale Ablagerungen mit Süßwasser- Fauna resp. Flora bei Bistensee 42. Bredstedt (?) 7 Innien 15. Lauenburg 26 Prisdorf 9. 10. Uetersen-Glinde 10. Tarbeck 11. 33— 40. Eindmoränen im westlichen Holstein 3. 11. im westlichen Schleswig 17. im südlichen Lauenburg 25. Eocäne Tone bei Albersdorf 24. Ascheftel 20. Barenhoop (?) 23. Beringstedt 24. Burg i. D. 21. Emmerleffkliff 22. Innien 13. Kellinghusen 18. Oldenhütten 13. 22. Rensing 15. 21. Sande bei Bergedorf (?) 24. Seefeld 24. Sommerstedt 22. Schwarzenbeck 18. Tarbeck 13. 24. Wacken (?) 23. Faserkalke im Eocän von Kellinghusen 18. » » Schwarzenbeck 18. Flintstein, Anhäufung von, bei Burg i. D. 21. Insektenreste in den Süßwasserschichten von Bred- stedt 7. Monkretionen im miocänen Glimmerton 4. 6. im marinen Diluvium von Bunsoh 12. ” » » Kreide im Untergrunde von Burg i. D. 21. bei Heide-Hemmingstedt 45. 46. Pahlhude 47. OÖsterby 47. Lauenburger Ton bei Boizenburg (?) 33. Buchhorst 29. Lauenburg 25. 27. Krüzen 26. 29. Limonitsandstein bei Stollbergermühle unweit Bred- stedt 8. Tornschau 5. Miocäner Glimmerton bei Brecklum 6. Schmalfeld 3. Struvenhütten 4 Tornschau 5. Mitteloligocäner Septarienton bei Innien 14. von Schackendorf 41. 96 Phosphorite im Eocän von Hemmor 28. » » Kellinghusen 18. » » Sommerstedt 22. D » Schwarzenbeck 18. im Mitteloligocän von Innien 14. Itzehoe 14. Pliocän bei Bredstedt (?) 8. Badiolarien im Eocän von Ascheffel 20. » > » Kellinghusen- Rensing 16. 20. » » » Schwarzenbeck 20. Salzquelle bei Hütten 47. Lensahn 47. Septarien im Eocän 17. 28. im Mitteloligocän 14. im Miocän 6. Tektonik 44—47. Wulkanische Asche und Tuffschichten im Eocän von Kellinghusen 20. Schwarzenbeck 18—19. » » » Zechstein, Vorkommen von im Schobüller Berg bei Husum 17. Über neue Bohrungen in der Umgegend von Oldesloe in Holstein. (Interglazıal, Miocän und Eocän.) Von Prof. Dr. P. Friedrich in Lübeck. Mit 2 Tafeln. V M In der Stadt Oldesloe ) und ihrer weiteren Umgebung wurden in den letzten Jahren eine Reihe von Bohrungen, meist Trockenbohrungen, zum Zwecke der Erschließung von Trinkwasser ausgeführt. Probenfolgen aus allen Bohrungen befinden sich im Lübecker Museum und in der geologischen Landesanstalt zu Berlin, eine größere Zahl von Probenfolgen auch im Hamburger mineralogischen Museum. Die Bohrungen haben neue sichere Aufschlußpunkte im Diluvium und im tertiären Untergrunde des südlichen Holsteins geliefert, sie sind besonders bemerkenswert aber dadurch, daß durch sie ein neuer Aufschluß von Interglazial bei Oldesloe erwiesen erscheint. Herr Prof. ©. Weber-Bremen hatte die Güte, mehrere pflanzen- führende Proben zu untersuchen, Herr Dr. Stoller- Berlin stellte mir anter Zustimmung der Direktion der Königl. Preuß. Geologischen Landes- anstalt seine Bestimmungen von Pflanzenresten aus dem Interglazial vom Ritzen freundlichst zur Verfügung, Herr Stadtbaumeister Schröder- Oldesloe lieferte die Höhenbestimmungen der Bohrlöcher am Ritzen und unterrichtete mich über die praktischen Ergebnisse der von der Oldesloer Wasserwerkskommission veranlaßten Bohrungen. Indem ich diesen Herren hier meinen Dank ausspreche, möchte ich nicht unterlassen hervorzuheben, daß mir von den Bohrfirmen Gliemann-Hamburg, Hoffmann -Berlin (Bohrmeister Schnoor), Vogeley-Lübeck, Botje-Mölln ein reich- haltiges Bohrprobenmaterial zur Verfügung gestellt wurde. Oldesloe, Möbelfabrik von Kayser und Wex. + 19 m N.N. Ingenieur R. Gliemann-Hamburg, Trockenbohrung, 1903. 0— 3, m: (Gelber sandiger Geschiebelehm, | Oberer — 40 » gelbgrauer kratziger Geschiebemergel, | Geschiebemergel — 4, » gelber Mergelsand — 5, » grauer grober, z. T. kiesiger kalkfreier Sand, — 22,0 » Mergelsand, — 26,0 » grauer ziemlich feiner kalkhaltiger Sand, — 34ı >» » >» grober kalkhaltiger Sand mit vereinzelten kleinen Geröllen, — 346 >» grauer fetter Tonmergel, !) Die Ergebnisse der älteren Bohrungen sind zusammengestellt in meiner Arbeit über den » Untergrund von Oldesloe« (Mitteilungen der Geogr. Ges. in Lübeck 1902). 100 — 39, m: grauer ziemlich grober kalkhaltiger Sand, — Als » » » feiner » Sand, — 45 » » fetter Geschiebemergel, — Al 9 » kratziger Geschiebemergel, ‚Unterer — 47,1 » Mergelsand, Geschiebe- — 570 » teils grauer, teils rötlicher, teils fetter, mergel teils sandiger Geschiebemergel, — 585 » grober Kies von nordischem Material, — Tl, m: schwachbräunlich - grauer grober Quarz- sand (Braunkohlensand), bei 71,ı m mit Braunkohlenresten, — 7l,ıs » sandige Schwefelkieskonkretionen, — 78,0 » graubrauner feiner Quarzsand, — 78,1 » schwarze sandige Schwefelkieskonkretionen, — 36,7 » grauer feiner Quarzsand, — 91,36 » » sehr grober Quarzsand mit erbsen- großen Körnern, Miocän, — 91,56 » Braunkohle, kalkfreier — 91,07 » schwarze sandige Schwefelkieskonkretionen, Quarzsand — 92,0 » Braunkohle, (Braunkoh- — 96,0 » grauer sehr grober Quarzsand, lensand) — 96,12 » schwarze sandige Schwefelkieskonkretionen, — 995 » grauer grober Quarzsand, — 1030 » » kiesiger Quarzsand, — 106,0 » schwachbräunlich-grauer grober Quarzsand, — 109,0 » grauer grober Quarzsand, — 71095 > » ziemlich feiner Quarzsand, — 1155 » schwachbräunlich-grauer grober Quarzsand, — 120,5 grauer grober Quarzsand. Auffallend ist die geringe Mächtigskeit des Hauptgeschiebemergels (von 41,s—57 m) im Vergleich zu den Bohrungen von Kabell 1846 und im Hamburger Kinderpflegeheim 1901 (siehe Profiltafel). Hier ist zum ersten Mal in Oldesloe die Unterkante des Diluviums erreicht worden und zwar in der Tiefe von 58,5 m — 335 m N.N. Diese geringe Tiefe ist um so auffallender, als in den nur 500-—-900 m entfernten tiefsten Boh- rungen die Unterkante des Diluviums in der Bohrung von Kabell bei 126 m = — 122 mN.N. » auf d. Marktplatz » 145m —= — 140 mN.N. noch nicht erreicht worden ist. Das von 58, bis 120,5 m erbohrte Tertiär wird fast ausschließlich von grobkörnigen wasserreichen miocänen Braunkohlensanden gebildet. Sowohl die diluvialen als die tertiären Sande führen Salzwasser. 101 Gut Treuholz bei Oldesloe. + 35 m N.N. Ingenieur R. Gliemann, Trockenbohrung, 1903. (Die Höhenangabe 30 m N.N. in der Profiltafel ist unrichtig.) 0 — 20,3 m: — 22, » — 24.2 » — 26,2 » om 5 — 236 » —- 30,4 » — 34, » —35 » — 394 >» Grauer ziemlich fetter Geschiebemergel, » Tonmergel, » Mergelsand, » Tonmergel, » ziemlich feiner schwach toniger Sand, » fetter Geschiebemergel, ziemlich feiner Sand, » magerer Geschiebemergel, » ziemlich feiner toniger Sand, » fetter Geschiebemergel, Reines Dilu- — 48,75 m: dunkelgrauer feiner kalkarmer Glimmersand, vium. } — 49,5 » » stark sandiger, kalkhaltiger glimmerreicher Ton, —52 » » feiner, kalkarmer, glimmer- ‚haltiger Sand mit einzelnen roten Feldspatkörnern, — 92,5 » graubrauner fetter Tonmergel, durch Glimmer- schüppchen fein gebändert, B 55,5 » grauer feiner Mergelsand, ver 61,1, » graubrauner feinsandiger, glimmerhaltiger | wiegend kalkarmer Ton, umgear- — 61,72 » schwarzer fester kalkarmer Ton mit zahl- N beitetes reichen Geröllchen von erbsengroßen farb- | Miveän losen und Milchquarzen und einzelnen roten Re Feldspaten, ; — 62,3 » dunkelgrauer feiner kalkfreier glimmerhaltiger dischem toniger Sand, bei 62,0 m mit einem hand- Material großen Gneißblock, — 69,2 » grauer Sand von derselben Zusammensetzung, bei 68,3: m mit einer harten Sandkonkretion, — 71, brauner fester starktoniger kalkfreier Sand in dünnen Lagen, —115,s » grauer feiner kalkfreier Glimmersand, J — 160 m: schwarzer sandiger Glimmerton, \ keines | Miocän 102 Der untere Geschiebemergel ist nur 9 m mächtig. Die Ablagerungen unter dem Geschiebemergel enthalten noch bis 62,5; m gröberes nordisches Material. Nach einer brieflichen Mitteilung von Herrn Prof. Gottsche führen die Sande bis 100 m reichlich, diejenigen von 100—115,s m immer- hin noch etwas nordisches Material. Diese auch in den lübeekischen Glimmersanden (z. B. Bohrung von Thiel & Söhne) beobachtete Erschei- nung findet ihre einfachste Erklärung in der Annahme, daß die von dem vorrückenden Inlandeise herabfließenden Schmelzwässer tertiäre Glimmer- sande von höhergelegenen zu niedrigeren Stellen führten und sie dabei mit nordischem Material vermischten. Die Probe für 100—115,s m ist bei etwa 100 m entnommen, die Oberkante des reinen Tertiärs liegt vielleicht nur wenige Meter tiefer als 100 m. Aus der Konchylienfauna des Glimmertons teilte mir Herr Prof. Gottsche folgende 20 Arten mit: Murex spinicosta Br., * Tiphys fistulosus Broe., *Cancellaria subangulosa Wood, Fusus erispus Boss., Nassa holsatica Beyr., *Conus antediluvianus Brug., *Pleurotoma cataphracta Broc., "Pl. rotata Broc., ®Pl. turricula Broc., Pl. modiola Jan., Pl. anceps Eichw., *Mangelia obtangula Broc., Defrancia Marine Semp., D. reticulata Ren., * Limopsis auriculata Broc., * Yoldia glaberrima Mü., Y pygmaea Nyst., Arca pectunculoides Scacchi, Cardita bella Semp., *Astarle concentrica Gf. — Die mit * versehenen Arten sind von Gottsche auch im Glimmersande von Lübeck (Bohrung von Thiel & Söhne, 112—151 m) und mit Aus- nahme von Conus antedilwvianus auch im Glimmerton von Schwartau (Elisabethbad, 186,«— 203,2 m) nachgewiesen. Das Diluvium enthält hier keine wasserführende Schicht. Die Bohrung: wurde weitergeführt in der Hoffnung, unter dem Glimmerton, wie bei Hamburg, den Horizont der mittel- und grobkörnigen Braunkohlensande anzutreifen. Vorläufig wissen wir über die tieferen Tertiärablagerungen in der Umgegend von Oldesloe nichts. Auch die im Jahre 1894 von der Hamburger Bohrfirma Gliemann ausgeführte Tiefbohrung in dem 7,5 km entfernten Gute Tremsbüttel bei Bargteheide gibt trotz ihrer 300 m Tiefe keinen neuen Aufschluß. Nach einer Mitteilung des Bohr- ingenieurs Gliemann war das Bohrprofil hier folgendes: 0— 5, m: Geschiebemergel, — 91 » diluvialer Sand, — 55,5 » Geschiebemergel, 7 Diluvium ‚ >» diluvialer Sand, | — 905 m: Quarzsand, -——- 127,0 » glimmerhaltiger Quarzsand mit Braunkohlenresten, Miocän. — 161,, » Glimmersand, zu unterst tonig, — 300,0 » Glimmerton Klein Berkenthin am Elbe-Travekanal, Gastwirtschaft von J. Meier. 6mN.N. Brunnenmacher Botje-Mölln, Spülbohrung, 1906. Bei der nur 400 m entfernten Schleuse hatte Botje bei 69 m Tiefe unter diluvialem Ton oder Geschiebemergel einen starken Grundwasserstrom angetroffen. Bei der Gastwirtschaft fehlt die .artesische Schicht völlig. Nach dem Bericht des Brunnenmachers und einigen Bohrproben können wir folgendes Bohrprofil annehmen: 0— 1 m: Auftrag (Sand), | — 6 Susi "Torf, - Alluvium — 10 » schwach toniger Sand, | — 83 » »weicher Ton,« Probe: grauer stark sandiger Ton, | reines — 38,35» Probe: toniger Kies, wohl ausgespülter Diluvium Geschiebemergel, — 105 » »Ton mit Steinen, sehr fette Schicht.« Probe: grünlich grauer, fetter, kalkfreier | Ton mit bis erbsengroßen Steinchen von Quarz, Kalkstein, Kalksandstein, | roten Feldspaten. Wohl Lokalmoräne. — 125 » »Ton, sehr fett und zähe.« Probe: grünlich grauer, feinsandiger, kalkhaltiger Ton. — 128 » »Ton, sehr mager, etwas sandig.« Probe: grünlich grauer, feinsandiger, Paleocän kalkfreier Ton. Sole mit 4°/, Salzgehalt. -- 132 » »Ton, sehr fest und fett.« Probe: grünlich grauer, feinsandiger, kalkfreier Ton. Der grünliche z. T. kalkfreie Ton als Liegendes des Diluviums war für das Lübecker Gebiet eine ganz neue Erscheinung. Seine Beschaffenheit und das Auftreten von Salzwasser erinnern an die bei den Schwartauer Solbohrungen in etwa 300 m Tiefe erbohrten und früher zum obersten Senon gerechneten Tone und Sandsteine,!) die aber nach den letzten Arbeiten Gagels?) über das Paleocän dem ältesten Tertiär angehören und zwischen Untereocän und Kreide einzuschieben sind. Paleocän mit nordischem Material !) P. Friedrich, Beiträge zur Geologie Lübecks: in Lübeck, Festschrift zur 67. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte, Lübeck 1895, S. 245. 2) C. Gagel, 1. Über eocäne und paleocäne Ablagerungen in Holstein. Vorläufige Mitteilung. Jahrb. der K. preuß. geol. Landesanstalt u. Bergakademie. Bd. 27. 1906. 2. Über das Alter u. die Lagerungsverhältnisse des Schwarzenbecker Tertiärs. Ebenda. Zwei im Sommer 1906 von der Bohrfirma Hänchen-Penzig in der lübeckischen Enklave Behlendorf ausgeführte Bohrungen lassen er- kennen, daß hier das Paleocän als Liegendes des Diluviums eine weitere Ausdehnung besitzt und allem Anscheine nach wie bei Heide in große Tiefen hinabreicht. a) Hollenbek. +4- 15 m N.N. | 0— 5,» m: Alluvium, — 122 » Diluvium, — 126,10» Kalksandstein, — 133,60» grüner fetter kalkhaltiger Ton mit nordischem Gesteins- material. | Paleocän, mit nordischem Material gemischt. Lokalmoräne. b) Behlendorf, am See.!) + 40 m N.N. 0 — 120 m: Diluvium, — 122 » grünliche Tonmergel, — 302 » kalkfreie fette und sandige Tone, bis 173 m in häufiger Wechsel- lagerung mit glaukonitischen | Paleocän. anfangs kalkhaltigen, später kalkfreien kieseligen harten Sandsteinen. Westerau, Stiftung. + 55 m N.N. Brunnenmacher Vogeley-Lübeck Spülbohrung, 1905. 0 — 53, m: — 61,50 » 1) ©. Gagel hat diese Bohrung in den Erläuterungen zu der geologischen Be- arbeitung des Meßtischblattes Ratzeburg $. 21 u. 24 kurz angegeben. genauere Bearbeitung der Ergebnisse dieser und der Hollenbeker Bohrung behalte ich mir vor. Die Angabe des Bohrpunktes auf dem Meßtischblatt Geschiebemergel. Die schlechten Spülproben sind bald mehr sandig, bald mehr tonig. Mit dem Löffel entnommene Proben bei 7, und 15 m zeigen fetten Geschiebemergel. Bei 26 m und 36 m wurde gesprengt. Grauer, grober, kalkhaltiger Spatsand mit Braunkohlenhölzern. Artesische Grundwasser- schicht. Wasserstand 24,; m unter Flur. Ratzeburg ist nicht richtig, er liegt hart am See. 105 Westerau, Erholungsheim. -+ 55 m N.N. Brunnenmacher Vogeley, Spülbohrung, 1906. 0— 6,10 m: Geschiebemergel. Schlechte Spülproben. Eine bei 16 m entnommene Trocken- probe zeigt typischen kratzigen Ge- schiebemergel, — 71. » Toniger Kies mit Stemen, wohl auch Geschiebemergel, — 89,0 » Geschiebemergel, Diluvium — 895 » grauer ziemlich feiner kalkhaltiger toni- ger Sand, — 90, >» grauer feiner kalkarmer Diluvialsand mit wenig Wasser, — 100,0 » schlechte Probe, wahrscheinlich Ge- schiebemergel, mit nordischem Material, — 121.o m: dunkelgrauer fetter Tonmergel mit wei- chen Kalkteilchen und einem winzigen | Schalenrest, Tertiär ? — 128,0 » grauer starksandiger glimmerreicher ku | haltiger Ton, »trocken und sehr hart«. Der sehr fette Tonmergel von 100— 121 m und der sandige Ton scheinen bereits zum Tertiär zu gehören. Bohrungen am Ritzen bei Oldesloe. J. Hoffmann-Berlin, Trockenbohrungen, 1905 — 1907. Als im Jahre 1905 die Stadt Oldesloe der Frage einer zentralen Grundwasserversorgung nähertrat, kamen für die Wasserentnahme in allererster Linie die Barnitzwiesen beim Ritzen, 2 km südlich von Oldesloe, in Betracht. Hier fließen in dem Einschnitt der Oldesloe - Hagenower Eisenbahn aus 15 Rohren von je 13 m Länge seit mehr als 12 Jahren stündlich 60 cbm Wasser frei aus. Der durchschnittene Bergrücken besteht aus Geschiebemergel, der Bahnkörper ruht auf wasserführendem Sand und Kies. Um das emporsteigende Grundwasser unschädlich zu machen, mußten die zahlreichen Brunnenrohre eingesenkt werden. Das Auftreten eines so ergiebigen Grundwasserstroms in so geringer Tiefe berechtigte zu der Hoff- nung, in der benachbarten Wiesenniederung denselben Grundwasserstrom in den Sanden zwischen den beiden Geschiebemergeln zu erreichen. Zu diesem Zwecke wurden nacheinander die flachen Bohrungen I bis VI ausgeführt. Da das Ergebnis dieser Bohrversuche ein wenig befriedigendes war, entschloß sich die Bohrfirma Hoffmann auf eigenes Risiko zu einer tieferen Bohrung (No. VII). Der überraschende Erfolg dieser Bohrung ermutigte die Stadt zu einer zweiten Tiefbohrung (No. VIII). 0 — 106 Am Ritzen, Bohrung I. +4 9, m N.N. 0,; m: Mutterboden, 0,; » sandiger Lehm, l,. » gelbbrauner, sandiger Lehm, 10,3 « blaugrauer, fetter Ton mit vereinzelten kleinen Steinchen, y er: 10, » grober Kies, Wien 17, » grauer, kratziger Geschiebemergel, ae 185,4 » Sand und Kies, uam 18,3 » grauer, kratziger Geschiebemergel, 19,8 >» » magerer >» mit vielen Steinen, 20,0 » ziemlich feiner, humoser, kalkarmer | Inter- Sand mit Torfstückchen, | glazial? 25,2 » grauer, kiesiger, kalkreicher Sand, — 29,0 » grauer, fetter Ton mit vereinzelten | Geschiebe- Steinchen. j mergel Beachtenswert ist in diesem Bohrprofil das Vorkommen einer 2 dm starken humosen Schicht bei 19,3 m Tiefe. Herr Dr. Stoller fand darin folgende Pflanzenreste: Die Pinus (silvestris L.): Steinkorkfetzen, ein Stammbruchstück, Pollen (sehr spärlich). ? Typha sp. Pollentetraden (sehr spärlich). Phragmites communis Trin. Epidermisfetzen, Halmknoten. Carex sectio Carex: wenige schlauchlose Nüßchen. Betula alba 1. mehrere flügellose Nüßchen. Alnus sp. Pollen (spärlich). Menyanthes trifoliata L. drei Samen. Cenococcum geophyllum Fries: mehrere kleine Peridien. Probe entspricht einem Gras- oder Seggenmoor. Am Ritzen, Bohrung II. — S5 m N.N. 0,s m: kalkfreier, schwach humoser Sand, la » Niederungstorf, l,; » grober Sand, 12,0 » grauer, fetter Geschiebemergel mit wenigen kleinen Steinchen, 12,3 » faustgroße Steine und toniger Sand, 14,o » gelbgrauer, ziemlich feiner, kalkhaltiger Spatsand, 17,0 » grauer, grober, kalkhaltiger Spatsand, 18,5 » grauer, starksandiger Ton mit kleinen Steinchen, (= Geschiebemergel ?) 107 — 21,0 » grauer, grober, kalkfreier Spatsand, — 21,15 » sandige, kalkfreie Torfmudde, — 25,3 » dunkelgrauer, grober, kalkfreier Sand, Inter- — 26,» » grünlich-graue, tonige Lebermudde, glazial bei 26,3 » grünlich-dunkelgraue, sandig-tonige Leber- mudde. Die interglazialen Bildungen. a) m 21,o— 21,15: Stark sandiger Humus. Herr Dr. Stoller konnte folgende Pflanzenreste nachweisen: Pinus (silvestris L.): Pollen, reichlich, Scirpus palustris L., Nüßchen, zahlreich, » ? silvaticus L., mehrere Nüßchen, Potamogeton sp., Fruchtsteine, » densus 1., Fruchtsteine, » praelongus Wulf. » » pectinatus L., var. vaginatus Turez., ein Fruchtstein, ?Corylus (Avellana 1.): Pollen, sehr spärlich, Betula. alba 1L., mehrere flügellose Nüsse, - Almus (? glulinosa Gaertn.), Pollen, spärlich, (uereus sp., Pollen, sehr spärlich, Rumex ? Acetosella L., ein Früchtchen, Comarum palustre L., drei Samen, Hippuris vulgaris L., >» » Menyanthes trifoliata L., mehrere Samen, Lycopus europaeus L., zwei Klausen. Außerdem mehrere Arten von Diatomeen. b) m 25,s— 26,0: grünlich graue tonige Lebermudde. Die Herren Prof. Weber und Dr. Stoller konnten die Pollen folgender Pflanzen nachweisen: Pinus, spärlich, Picea cf. excelsa, L., mehrfach, Cyperaceen, Salz, spärlich, Betula sp., Alnus sp., reichlich, (Quercus sp., sehr spärlich, Tilia sp., sehr spärlich. Außerdem sind zahlreiche Diatomeen und Nadeln von Spongilla lacustrıs vorhanden. 108 Reicher an Pflanzenresten erwies sich nach Webers Untersuchung der letzte Bohrkern von fast schwarzer Farbe: Epithemia turgida, wenig, Ohara sp., 5 Sporen, teils mit, teils ohne Kalkhülle, Ditrichum pallidum (Schreb.) Hampe, eine Sproßspitze, Pinus cf. siwestris L., Pollen, spärlich, Najas major Rth., 10 Samenhälften, Zannichellia palustris \., Frucht, Potamogeton perfoliatus L., Steinkern, Carex sect. Carex, Nuß, Alnus glutinosa Gaertn., Nuß und Pollen, Quercus sp., Bruchstück eines dünnen Reises, Menyanthes trifoliata L., Samen, Mentha aquatica L., Fruchtklausen. Die Probe enthält außerdem zahlreiche Ostrakodenschalen, mehrere Verschlußdeckel von Bythinia tentaculata und zahlreiche Nadeln von Spongilla lacustris. Beide Proben sind Absätze eines stehenden, ziemlich tiefen süßen Gewässers. | [SS] = [-2) | 180} 1 “Do | [80] | RD SW > [897 [\) — 27,9 — 30,2 Am Ritzen, Bohrung HL -- IO mN.N. m: Niederungstorf, grauer kalkig-lehmiger steiniger Sand, grauer fetter Geschiebemergel, arm an Steinen, grauer ziemlich grober schwachtoniger Sand mit bis faustgroßen Steinen, grober kiesiger Sand mit wenig Wasser (Steisghöhe 4 m über Flur), grauer grober schwachtoniger kalkhaltiger Sand, grauer Geschiebemergel, grauer, ziemlich grober schwachtoniger kalk- haltiger Sand, grauer kratziger Geschiebemergel, grauer, ziemlich grober, z. T. kiesiger Sand, grauer kratziger Geschiebemergel, grauer kiesiger kalkhaltiger Sand, grauer feinsandiger, z. T. fein gebänderter Tonmergel, grauer Mergelsand (»Schluff«), grauer grober kalkhaltiger Sand mit Stücken von tonigem Sand und wenig Wasser (Steighöhe 2, m über Flur), dann grauer, ziemlich feiner toniger kalkhaltiger Sand (»Schluft«). 109 Am Ritzen, Bohrung IV. + 11 mN.N. 0 — 0,5 m: Niederungstorf, — 1,5 » grauer sandiger kalkiger Lehm mit Wurzel- resten, — 2m 9 as, So » grauer, ziemlich grober kalkhaltiger Sand mit tonigen Einlagerungen, — 12,5 » hellgrauer fetter Geschiebemergel, — 28,3 » grauer, ziemlich feiner kalkhaltiger Sand mit einzelnen haselnußgroßen Geröllen, — 29,5 » schwarze feinsandige Mudde mit "Torfresten, — 30,5 » hellgrauer Süßwasserkalk mit Schalenresten (Valvata piseinalis Müll.), —31,;s » grauer, ziemlich feiner kalkhaltiger Sand mit kleinen Geröllen, — 32,5 » blaugrauer kalkreicher toniger Kies, letzte Probe: blaugrauer, sehr fetter, fester Geschiebemergel, z. T. mit Wurzelresten. | Inter- | glazial Am Ritzen, Bohrung V. + 85 m N.N. 0 — 0,5 m: Lehmig-sandiger Auftrag, — 1,ı » Niederungstorf, — 15,0 » grauer ziemlich fetter Geschiebemergel, — 15,2 » grauer grober toniger kalkhaltiger Sand, — 175 » grauer magerer Geschiebemergel, — 20,0 » hellgrauer ziemlich feiner kalkhaltiger Sand, — 21,; » grauer ziemlich grober kalkhaltiger Sand, schwach tonig, — 22,1 » grauer starksändiger Ton, — 22,3 » hellgrauer Ton mit vielen Kreidestückchen, — 24,5 » schmutziggrauer grober kalkhaltiger Sand, Stein, --26,0 » dunkelgrauer grober kalkfreier Sand, — 27,0 » dunkelgrünlichgraue tonige Mudde, —295 » » fast schwarze tonige Mudde, Inter- — 29,7 » grünlichgrauer kalkreicher Ton mitzahlreichen | glazial Spongillennadeln, vereinzelten Schalen- und Pflanzenresten, — 50, » dunkelgrauerziemlich grober kalkhaltiger Sand, -— 31,3 » grober Kies, — 5325 » blaugrauer sehr fetter Geschiebemergel. Die interglaziale Lebermudde entspricht in der Lagerung der gleichen Bildung in Bohrung Nr. Il. 110 Am Ritzen, Bohrung VI. + 11 mN.N. 0 — 0,» m: Niederungstorf, — 82 » grauer ziemlich fetter Geschiebemergel, — 10,0, » grauer fetter kalkreicher Ton mit schwarzen | Dryas- organischen Resten und zahlreichen Characeen, | ton — 16,0 » hellgrauer sehr magerer Geschiebemergel, — 17, » grauer ziemlich grober schwach toniger kalk- haltiger Sand, — 21,0 » grauer kratziger Geschiebemergel, — 24,3 » grauer ziemlich feiner schwach toniger kalk- haltiser Sand, — 26,7 » grauer grober kalkhaltiger Sand, 7,s » schwarze sandige Mudde, | Inter 29,5 » hellgrauer Süßwasserkalk mit zahlreichen Schalenresten, letzte Probe: graublauer sehr fetter Geschiebemergel, z. T. mit Wurzelresten. | glazial Dieses Bohrprofil enthält drei an Organismen reiche Ablagerungen: a) m 82— 10,0 Characeenton. Der graue, sehr fette, kalkreiche Ton enthält zahlreiche schwarze, unbestimmbare Pflanzenreste, sowie zahlreiche Stengelglieder und Sporen- knospen von Characeen. Diatomeen und Spongillennadeln suchte ich vergeblich. Unter den wenigen ausgeschlemmten Pflanzenresten konnte Herr Dr. Stoller folgende Arten feststellen : Potamogeton filiformis Pers., zwei Früchtchen, Betula sp. (c/. nana L.), eine kreisrunde Nuß mit zwei Flügelresten. Pollen vermochte er nicht nachzuweisen. Die Konchylienfunde be- schränkten sich auf ein kleines Pisidium. Das Fehlen der Pollen von Kiefer, Eiche ete,, das Vorkommen von Potamogeton fliformis, einer auch in der alpinen Region weitverbreiteten Spezies, endlich die Lagerung zwischen Geschiebemergel lassen darauf schließen, daß dieser Characeenton in einem Wasserbecken am Rande des Fises in gleicher Weise entstanden ist wie der Dryaston von Alleröd auf Seeland. b) m 26,,—27,s: schwarze sandige Mudde. Die Untersuchung einer kleinen Probe und einer größeren Zahl aus- geschlemmter Fruchtreste durch Herrn Dr. Stoller lieferte folgendes Ergebnis: Diatomeen zahlreich, Potamogeton densus L., zwei Fruchtsteine, natans L., zahlreiche » 111 Najas major All., zwei halbe Samenschalen, kleine Form, Carex sect. Carex, eine schlauchlose Nuß, Corylus, Pollen, spärlich, Alnus, » » Betula, » » Myriophyllum spicatum L., ein Teilfrüchtchen, Hippuris vulgaris L., ein Früchtchen. Menyanthes trifoliata L., mehrere Samen. ec) m 27,s— 29,5: Süßwasserkalk. Die schlecht erhaltenen Schalenreste gehören zu Zimnaea sp., Bythinia tenlaculata 1. (zahlreiche Deckel), Valvata sp., Ostrakoden. Unter den ausgeschlemmten Pflanzenresten konnte Herr Dr. Stoller folgende Arten feststellen: Pinus sp., eine halbe Samenschale, Potamogeton densus L., Fruchtsteine, » natans, L., ein Fruchtstein, Najas major, All., viele halbe und ganze Samenschalen, kleine Form, Scirpus lacustris L., zwei Nüsse, Carex filiformis L., eine Nuß, betula alba L., eine flügellose Nuß. Nuymphaea alba \L., Rhizomteil mit Blattstielnarben. Pollen wurden nicht gefunden. Die Proben b und e sind die Absätze eines stehenden Gewässers. fer Am Ritzen, Bohrung VII. + 9: m N.N. 0— 0, m: Niederungstorf, — 1, » hellgrauer Wiesenkalk, — 43 » Torf mit vielen Holzresten. a) — 6, » grober humoser Sand mit vielen Kalkaus- scheidungen, Holzresten und Konchylien- schalen, b) — Ta » sandige Mudde mit zahlreichen Wurzelresten und Konchylienschalen, Allu- humoser Sand mit Kalk- | vium ec) — 810 » grober : cn Ferner | ausscheidungen, Holzresten i und Konchylienschalen, dA — 15,2 » gelbbrauner, im bergfeuchten Zustande schwarzer sandiger kalkreicher Ton, e) — 18,5 » gelblichgrauer feinsandiger Tonmergel mit blauem Anflug von Vivianit, vereinzelten Schalenresten und Früchten, — ln — 830 — 96,5 — 104,0 —_ 109,0 112 fetter feinsandiger Tonmergel mit starkem Gehalt von Eisenoxydulkarbonat, ziemlich viel Eisenoxydulphosphat und Schwefeleisen. Der im bergfeuchten Zustande dunkel- blaugraue Ton nahm infolge der Oxy- dation der Eisenoxydulkarbonate schon nach wenigen Tagen eine helle gelbgraue Farbe an. grauer, oben fetter, unten typischer kratziger Geschiebemergel (bei 20 und 34 m wurde gesprengt), grauer kiesiger kalkhaltiger Sand mit ver- einzelten Tonstücken, grober toniger Kies mit bis faustgroßen Steinen, grober kiesiger kalkhaltiger Sand, dunkelgrauer fetter Geschiebemergel mit wenigen Steinen, grauer feiner toniger kalkhaltiger Sand, dunkelgrauer fetter Geschiebemergel mit wenigen Steinen, grauer grober Quarzsand, kalkreich, mit vereinzelten roten Feldspatkörnern und zahl- reichen Braunkohlenhölzern, gunkelgrauer fetter Tonmergel, fein ge- bändert, grauer grober kalkfreier Quarz (Braunkohlen) -sand, grauer ziemlich feiner kalkfreier Braun- kohlen (Quarz) -sand, hellgrauer grober kalkfreier Braunkohlen (Quarz)-sand mit vereinzelten erbsengroßen bläulichen Quarzkörnern; bei 99,s m schwarz- braune Letten von 0,2 m dick, grauer grober Quarzsand mit vereinzelten Feuersteinstückcehen und roten Feld- spaten, kalkarm. Der Sand enthält kalk- reiche Sandklümpchen und Stücke von kalkreichem fetten Ton. In Abständen von 0,s m wurden mehrfach dünne Lager von schwarzbraunen glimmerreichen Braunkoh- lenletten durchbohrt. | Dryas- ton Ge- schiebe- mergel mit Sand- einlage- rung Miocän Miocän mit nordi- schem Material 113 Die Untersuchung der Fossilfunde in den bis zu der erstaunlichen Mächtigkeit von 20 m entwickelten postglazialen Ablagerungen lieferte folgendes Ergebnis: a) m 48—6,5: humoser Sand. Hyalina sp., Helix rotundata Müll., Clausilia cf. bidenlata, Succinea Pfeifferi Rossın., Carychium minimum Müll., Limnaea sp., Anecylus fluviatilis Müll., » lacustris L., Planorbis nitida Müll., Valvata priscinalis Müll., » eristata Müll., Bythinia tentaculata L., Pisidien. b) m 6,5 —7,a: sandige Mudde. Hyalina Draparnaldii Beck., Suceinea Sp., Limnaea ovata, Ancylus lacustris L., Planorbis contortus L., Valvata piscinalis L., Bythinia tentaculata L., zahlreich, Pisidium sp., Unio sp., Anodonta sp. ec) m 7,a— 10: humoser Sand. Succinea Sp., Ancylus fluviatilis Müll., Valvata piscinalis Müll., Bythinia tentaculata L., Pisidium sp. d) m 10— 15,2: gelbbrauner kalkreicher Ton. Limnaea sp., Valvata piscinalis Müll., Bythinia tentaculata L., Pisidum sp. Herr Dr. Stoller konnte nachweisen: Scirpus lacustris, eine Nuß, Zweigstücke von Betulaceen. Diatomeen scheinen zu fehlen. 114 e) m 15, 18,5: feinsandiger Tonmergel. Die spärlichen Konchylienreste gehören zu: Planorbis cf. Roßmaessleri Auersw.., Valvata piscinalis L., Bythinia tentaculata L., Pisidium sp. Herr Prof. Weber fand: Hypnum cf. adnucum, mehrere Blätter, Pinus cf. siWwestris L., Pollen, sehr spärlich, Quercus sp., Pollen, wenig, Nadeln von Spongilla lacustris. Herr Dr. Stoller bestimmte folgende Fruchtreste: Alnus glutinosa Gaertn., mehrere verkümmerte Nüßchen, Betula alba L., zwei Nüßchen. Diatomeen wurden nicht gefunden. f} m 18,5 — 20: dunkelblaugrauer Ton. Valvata piscinalis L., ein Exemplar, Pisidium sp., Ostrakodenschalen. Herr Prof. Weber konnte außer sehr wenigen Characeensporen und einem Pollenkorn einer Cyperacee oder Graminee keine Pflanzenreste feststellen. Die aus der heutigen Oberflächenform des Geländes ganz unver- ständliche bis zu 20 m Tiefe hinabreichende engumgrenzte Boden- einsenkung kann nur als eine durch Gletscherwässer hervorgerufene Auskolkung aufgefaßt werden. Die benachbarten Geschiebemergelhöhen lieferten den feinsandigen Ton, der das Wasserloch fast bis zur Hälfte ausfüllt, die Herkunft der Sandauflagerungen erscheint vorläufig noch unverständlich. In einem in der Richtung zur Landstraße 20 m ent- fernten Bohrloche wurde der schwarzblaue Ton schon bei 15 m, der Geschiebemergel bei 16 m erreicht. Aus dem Fehlen von Pollen der Kiefer, Eiche etc. in dem schwarzblauen Ton möchte ich schließen, daß derselbe der Dryaszeit angehört, also jungglazial ist. In dieser und der folgenden Bohrung fehlt das Interglazial, und es ist unmöglich, hier zwei Grundmoränen festzustellen. Das Vorkommen von feinkörnigem nordischen Material in den tertiären Sanden ist wie bei Treuholz auf Umlagerung der letzteren durch die dem vor- rückendem Eise entströmenden Schmelzwässer zurückzuführen. 115 Am Ritzen, Bohrung VII, + I1mN.N. 0— 19 m: Geschiebemergel, — 26 » grober Sand und Kies, — 33 feiner grauer Spatsand, Diluvium — 50 » grober kiesiger Sand, | — 5% » grauer fetter Tonmergel, — 63 » grauer grober Quarzsand mit Schwefelkieskonkretionen, — 68 » gelblichgrauer ziemlich grober Quarzsand mit Braunkohlenstück- chen, — 81 » gelblichgrauer grober Quarzsand, Mioeäner — 84,0 » gelblichgrauer sehr grober Quarz- kalkfreier sand mit Schwefelkieskonkretionen, | Braunkohlen- — 34.0 » braunschwarze sand — % » grauer sehr grober Quarzsand von vorwiegend bläulichen Körnern, — 100 » grauer grober slimmerreicher Quarzsand. Ergebnisse. 1. In der Stadt Oldesloe und ihrer näheren Umgebung liegt das Diluvium wie bei Lübeck auf miocänem Tertiär, und zwar teils auf feinen Glimmersanden und auf Glimmerton (Treuholz), teils auf grob- körnigen wasserreichen Quarzsanden. (Kayser und Wex, Ritzen.) 2. Im Gebiete von Kl.-Berkenthin, Hollenbek (Meßtischblatt Crum- messe) und Behlendorf (Meßtischblatt Ratzeburg) fehlen die bei Lübeck verbreiteten und neuerdings auch bei Oldesloe nachgewiesenen. jüngeren Tertiärablagerungen. Die Grundmoräne überlagert hier-unmittelbar paleo- cäne Tonmergel, Tone und Kalksandsteine, die z. T. zur Lokalmoräne umgewandelt sind.. In den gleichen Horizont gehören wahrscheinlich auch die im Westerauer Erholungsheim (Blatt Eichede) bei 100 m erbohrten Tonmergel. 3. Bohrungen am Ritzen. Die Characeentone innerhalb des Geschiebemergels im Bohrloch VI (in der Profitafel irrtümlich mit i bezeichnet) sind wie die Dryastone von Alleröd auf Seeland als Ablagerungen in einem stehenden Gewässer am Eisrande aus der Zeit des Abschmelzens des Inlandeises zu betrachten. 116 Das Vorkommen von postglazialen konchylien- und pflanzenführenden Ablagerungen im Bohrloch VII in einer nach der heutigen Oberflächen- form der Umgebung ganz unverständlichen engbegrenzten, 20 m tiefen Bodeneinsenkung ist eine ganz überraschende Erscheinung. Die Boden- vertiefung kann nur auf eine Auskolkung durch Gletscherwässer zurück- geführt werden. Die untersten Toneinschwemmungen von 15—20 m gehören der Dryaszeit an. Pflanzenführende Ablagerungen, die wir ihrer Lage nach als Inter- glazial bezeichnen dürfen, sind in den Bohrlöchern I, II, IV, V, VI nach- gewiesen. Sie stimmen überein in ihrer Lage zwischen zwei Geschiebe- mergeln, in ihrer Höhenlage (Unterkante 18,5 bis 21 m unter N. N.) mit Ausnahme der kaum 2 dm starken humosen Schicht im Bohrloch No. I, endlich in der unserem heutigen gemäßigten Klima entsprechenden Pflanzen- und Tierwelt. Das Interglazial in der Stadt Oldesloe stimmt mit dem vom Ritzen zwar in seiner Lagerung überein, aber die genauer unter- suchten Proben lassen deutlich erkennen, daß in Oldesloe eine Süßwasser- bildung (Sandmudde) von einer Brackwasserbildung (meist grünlicher Ton) unterlagert wird. Von den schleswig-holsteinischen interglazialen Funden erinnern an das Interglazial des Ritzen am meisten die von Gagel von Sibirien bei Elmshorn beschriebenen, zwischen zwei Geschiebemergeln liegenden Leber- torfe und humosen Sande;!) die von Schroeder und Stoller eingehend untersuchten marinen und Süßwasserschichten von Ütersen-Schulau?) dagegen lassen sich mit dem Interglazial der Stadt Oldesloe vergleichen. Alle Bohrprofile am Ritzen weichen in ihrem Aufbau derart von einander ab, daß es ganz unmöglich ist, sie zu einem Profil zu vereinigen. Ich möchte besonders hervorheben, daß im Bohrloch VII eine 54 m mächtige geschlossene Grundmoräne durchschnitten ist, während in dem nur 150 m entfernten Bohrloch VIII von diesem einzigen Geschiebemergel nur 19 m vorhanden sind, ferner daß im Bohrloch VIII die Geschiebemergelunter- kante da liest, wo im Bohrloch VII das Diluvium erst beginnt. !) ©. Gagel, Über einige Bohrergebnisse und ein neues, pflanzenführendes Inter- glazial aus der Gegend von Elmshorn (Jahrb. der K. Preuß. Geolog. Landes- anstalt u. Bergakademie für 1904, Bd. 25, Heft. 2) 1905. S. 264 ff. u. Taf. 11. 2) H. Schröder und J. Stoller, Diluviale marine und Süßwasserschichten bei Ütersen-Schulau (ebenda für 1906, B. 27 Heft 3) 1907. 117 Praktische Ergebnisse der neueren Bohrungen. Die Bohrungen wurden mit einer einzigen Ausnahme (Altonaer Kinderpflegeheim) zur Erschließung von Trinkwasser unternommen. 1. Bohrungen in Oldesloe. Bei den langjährigen Versuchen der dänischen Salinenverwaltung, in der Nähe der Oldesloer Kirche in größerer Tiefe eine reichere Sole zu erschließen !), gelang es dem Salineninspektor Kabell im Jahre 1846 zum ersten Mal den mächtigen Geschiebemergel zu durchteufen (siehe die Profiltafel,. Wider Erwarten drang aus den untersten Diluvialsanden bei 125 m Tiefe nicht Salzwasser, sondern Süßwasser empor. Hier befindet sich also tief unter dem schon seit Jahrhunderten bekannten Salzwasserhorizonte eine Süßwasserschicht. Auf diese Tatsache gründet sich die im Jahre 1901 ausgeführte Tiefbohrung im Hamburger Kinder- pflegeheim in der Königstraße. Die Vorhersage traf hier ein: es wurden auch hier zwei Grundwasserströme erbohrt nach dem Schema: Salzwasser mit 2,5%) Salz; Steighöhe bis 8 m unter Flur = 2 7.5 am IN. N, Geschiebemergel Süßwasser; Steighöhe 1 m über Flur = + 165 m N.N. Das süße Wasser läuft im Kinderpflegeheim und im Präparandeum frei aus. Auf Grund der Erfahrungen von Kabell und im Hamburger Kinder- pflegeheim empfahl ich den Herren Kayser und Wex in ihrer Möbel- fabrik am Pölitzer Wege im Jahre 1905 auch eine Tiefbohrung. Der untere Geschiebemergel trennt auch hier zwei Grundwasserhorizonte, aber beide führen Salzwasser: Geschiebemergel und Mergelsand Salzwasser Geschiebemergel Salzwasser mit bis zu 3,1 °/ ansteigendem Salzgehalt. Neu für Oldesloe ist in dem unteren Salzwasserhorizont das Auf- treten des Tertiärs und ein Salzgehalt, wie er bei den zahlreichen Bohr- versuchen in Oldesloe während der letzten Jahrhunderte niemals erreicht worden ist. Hier hat die Vorhersage einmal gründlich versagt. Die auf mehrere Tiefbohrungen (Kabell No. 5, Marktplatz, Martens am Mährischen Berge, ‘) Mitteil. der geogr. Ges. Lübeck 1902, Heft 6, 118 Hamburger Kinderpflegeheim, Papierfabrik) sich stützende Annahme von dem Vorhandensein eines Süßwasserstockwerkes unter dem in Oldesloe sich in geringer Tiefe ausbreitenden Salzwasserhorizonte paßt nur für einige Teile des Oldesloer Untergrundes. Unter dem Hauptgeschiebe- mergel fließt Salzwasser neben Süßwasser. Aber auch der Salzwasser- horizont über dem Hauptgeschiebemergel ist kein einheitlicher. Daß hier in Tiefen von 10— 30 ın schmale Süßwasserströmungen vorhanden sind, beweist eine Bohrung im Gerckenschen Grundstück an der Schützen- straße und eine im vorigen Jahre von der Firma Hoffmann-Berlin für das Altonaer Diakonissenheim an der Beste (siehe Karte) ausgeführte Trockenbohrung. Hier wurden durchteuft: ZZ mESRges; — 18,50 » grober Sand, — 20 » grauer fetter Tonmergel, — 22 feiner grauer kalkhaltiger Sand, — 28 » grauer fetter Tonmergel, — 38 >» ziemlich feiner Sand. Die hier projektierte Errichtung eines Kinderpflegeheims hatte zur Vorbedingung das Vorhandensein von Salzwasser. Das erbohrte Wasser zeigte einen Salzgehalt von nur 0,1 %o. 2. Bohrungen am Ritzen. "Trotz ihres negativen Ergebnisses hat die Bohrung von Kayser und Wex für die Wasserversorgung der Stadt Oldesloe mit Grundwasser Be- deutung gewonnen. Für die Wasserentnahme wurden die Barnitzwiesen am Ritzen in Aussicht genommen. Es galt, den wasserreichen Grund- wasserstrom, der im benachbarten Eisenbahneinschnitt seit mehr als zehn Jahren stündlich 60 cbm Wasser zum freien Auslauf bringt, hier durch einige Bohrungen zu erreichen und auszunutzen. Da die wasserführende Schicht im Eisenbahneimschnitt nur 20 m tief liegt (S. 105) und allem An- scheine nach den Sanden zwischen den beiden Geschiebeinergeln angehört, hoffte man auch in den Barnitzwiesen mit Bohrungen bis auf den unteren Geschiebemergel, also bis höchstens 30 m, auszukommen. Die erste durch einen Kieler Rutengänger bestimmte Bohrung (No. I in der Karte) lieferte aus der Sandschicht von 20—25 m mittelst Filter nur etwa 2 cbm Wasser stündlich, sie konnte also für die Wasserversorgung von Oldesloe nicht in Betracht kommen. Das Bohrloch U erhielt einen 7 m langen Filter für die Sande über dem Interglazial. Der Brunnen lieferte, bei 0,50 m über Flur frei- auslaufend, stündlich 6 cbm, beim Pumpen und bei 5 m Absenkung 20—24 cbm Wasser. Die Bohrungen III und IV blieben ohne Erfolge. Die Bohrung V wurde durch den Tiefbauunternehmer Kuhberg in Schleswig mittelst 119 der Wünschelrute als die wasserreichste Stelle auf dem ganzen Gelände bezeichnet. Auf der nur 55 m langen Strecke zwischen den Bohrlöchern II und V bestimmte Kuhberg noch 3 von einander und von den seitlichen völlig unabhängige »Wasseradern«. Die Sande von 17,5 —26 m, nach Kuhbergs Feststellung »die starke Wasser- ader«, enthielten nicht mehr Wasser als die entsprechenden Sande im Bohrloch II. Erst als man gegen den Rat Kuhbersgs tiefer bohrte, traf man unter dem Interglazial bei 30,.e m eine wasserreiche Kiesschicht. Diese lieferte allein 11 cbm Wasser stündlich freilaufend, dagegen förderten die obere und die untere Schicht (17,—26 und 29,: bis 31,; m) zusammen nur 15 cbm. Beim Abpumpen betrug das Maximum der Wasserlieferung 35 cbm. Höchst überraschend war das Verhalten des Brunnens I. Eirsheferresanfangsl 2 0.2.22... stündlich” 6 cbm, als Brunnen Vet nur » Sa als im Brunnen V gepumpt race, » 2,25 >» Die »Feststellung« von 5 getrennten Wasseradern durch den Ruten- gänger Kuhberg hatte sich also, wie vorauszusehen war, als falsch er- wiesen. Infolgedessen ließ die Oldesloer Wasserwerkskommission die übrigen von Kuhberg bezeichneten Bohrpunkte unbeachtet und veran- laßte die Bohrung VI. Auch hier wurde die Hauptströmung der im Bahnkörper angeschnittenen Grundwasserschicht nicht angetroffen. Während dieser Versuchsarbeiten hatte ich wiederholt den Rat erteilt, einmal durch die ganze Moräne hindurchzubohren, indem ich von der Voraussetzung ausging, daß ein so mächtiges Lager von Braunkohlen- sanden, wie es unter der Fabrik von Kayser und Wex nachgewiesen war, auch eine größere räumliche Ausdehnung haben müsse und daß die Salzwasserströmung allem Anscheine nach in der Nähe der Stadt ihre östliche Grenze erreicht. Die von der Bohrfirma auf eigenes Risiko auf einer von Kuhberg als trocken bezeichneten Stelle aus- geführte tiefere Bohrung von 175 mm lichte Weite (VII) lieferte ein ganz überraschendes Ergebnis. Die hier vermuteten und auch wirklich vorhandenen mächtigen Braunkohlensande führen einen mächtigen Grund- wasserstrom von süßem, fast eisenfreiem Wasser. Nach Einsetzung eines 19 m langen Filters flossen in \/), m Höhe über Flur anfangs stündlich 103, später 37—90 cbm frei aus, eine Wassermenge, wie wir sie im lübeckischem Gebiete bisher noch nicht kannten. Eine zweite Tief- bohrung (VIII!), 150 m von VII entfernt, lieferte sogar 120 cbm stündlich freilaufend.. Und von diesen gewaltigen Wasser- ') Der fertige Brunnen ist 99 m tief, das Filter 35 m lang. Durch diesen Brunnen verminderte sich die freilaufende Wassermenge im Brunnen VII von 89 auf 82 cbm stündlich. 120 mengen hat die Wünschelrute des berühmten Rutengängers Kuhberg, dessen große Erfolge in Oldesloe von den Tageszeitungen weiter getragen wurden, auch gar nichts empfunden. Höchst sonderbar! Nicht durch den Rutengänger — das muß hier in der Heimat der Herren Landrat von Bülow und Tiefbauunternehmer Kuhberg besonders hervorgehoben werden —, sondern durch den Geologen ist die Zukunft des Oldesloer Wasserwerkes sichergestellt. Der von Kuhberg bestimmte Brunnen V kommt für die Wasserversorgung nicht mehr in Betracht. Durch die Bohrungen I—VIII wurden am Ritzen zwei von einander getrennte Grundwasserströme mit verschiedenen Druckhöhen nachgewiesen: 1. Oberer Grundwasserstrom. Die Druckhöhen betrugen im Bohrloch II: 5,s m über Flur = + 14,3 mN.N. » » V: 6,0 » » Da — + 14,5 De » Eisenbahneinschnitt (9): 3,0 » » » —t14ı» »» 2. Unterer Grundwasserstrom. Die Druckhöhen betragen im Bohrloch VII: 11, m über Flur = 21,1 m N.N, » > VIII: 10,8» >» Bil 9 > Die größere Druckhöhe des unteren Stromes läßt darauf schließen, daß er einem weit größeren Niederschlagsgebiete angehört. Beide Wasserarten haben fast den gleichen geringen Ohlorgehalt (16 und 17,3 mg im Liter), die gleiche geringe Härte (IO—11 deutsche Härtegrade); während aber das obere Grundwasser reich an Eisen ist, enthält das in den Braunkohlen- sanden fließende einen fast verschwindenden Eisengehalt. Bu kllostsslirlenuhmwilize Die 160 m tiefe Trockenbohrung ist ergebnislos geblieben. Es fehlen hier die groben Diluvial- und Tertiärsande von Oldesloe Ob in diesem Gebiete unter dem Glimmerton, wie bei Hamburg, noch ein zweiter, älterer Horizont grober Tertiärsande vorhanden ist, kann nur durch eine tiefere Bohrung erwiesen werden. 4. Westerau, Kl. u. Gr. Berkenthin, Hollenbek, Behlendorf. Nach den bisherigen Erfahrungen liegt an diesen Orten der Haupt- grundwasserhorizont nicht wie bei Lübeck in den Diluvialsanden zwischen Geschiebemergel und Tertiär, sondern zwischen den beiden Geschiebe- mergeln. Das Auftreten einer 4-prozentigen Sole in Kl. Berkenthin ist für das ganze Herzogtum Lauenburg eime neue Erscheinung. nun Se 2 Tayel T. Erholungs“ heim Brunnenbohrungern in der Umgegend von Oldesloe. Westerau ä a 1901 - 190% + 350 Majsstab fir die Höhen: 1:1000. Gut Oldesloe Treuholx 9 Möbelfabr: Hamburger Bohrungen auf den Wiesen beim: Ritxen.. Tiger ir von. Kayser Kındernflege: A sen Klein - und Nex heim n 2 e Berkenthin: +190 Kabells 8 T 1 x 5) {6} 4 3 +209 ER n BA Bohrung Z £ Y 4 Er /S4H6. +9 ae +50 3) 10 Yon 200 7 G & e 77 Detchenerklärung: 7 & GT, 82 1 Be= Alluorum Tertiar Sand, Tor, Torf. Iuarzsarıd (Bi: Kohlen. 2 ı Süfsımasseria Te Be Re Sales Diluvrıumı Glimmvertor Miocän Sarıd Glimmiersand do) . tes Tonımergel r 2 lontger Sand grüner, kallfveier Torı Focän eocd u wu x a grüner feiner loniger An FB boniger Kies = Klier ch 109\ 3 Mergelsand. md - Miocan mit Beimengungen von ee nordischerm Material eod = Eocdn NM Torım ergel ü G 2 ZZ Geschiebernergel Die. Zahlen bezeichnen. die. Tiefen. ir Metern, Mudde, Torf, > Süjfswasserkalt: Sa = Salzwasser Aut, Kat-Ame Ü -Interglacial Drucker v Hü Rahtgen ın Lübeet nr Sees I . s Am Ritze Aut. Kat -Amt Ne 727 \ ‘ Tafel IT. Kartenskixze DOTL- Oldestloe. TEIRSOD. o Bohrunge re u. Brunnen. + DBoh TUNLgern. mit JTrter: ‚glacial. 1-8 Bohrungen amı Rıtzen 1905 - 1907. 9 Fünfk ehre Überlaufbrun- zer em. Eisenbahreinschnit am Ritzer, 1896 10 Möbelfabrik von Kayser ' & Wex, 1903. 1 Altonaer Findernflegehein, 1907, Versuchsbohru 729. AL Überla ufender 8 Ufsmwasser: brunnen. Schützenstr 1901. 13 Überlaufbrunnen auf den Markt, 1877. 1% Schrvefelguelle. 45 Karser quelle Altere Bohrung en. nit Interglacial. 16 Aabell VS, 1846. 17 Kabell N.6, 1846 18 Hamburger fänderpflege: heit, 1901. 49 Bohru rg T830 "SR. 20 Merdemarkt A,181r. 21 ” „ B, 1877. 22 Lübecker Str. 1877. Druckerai v.H &.Rahtgens in Lübeck. Gesellschafts- Angelegenheiten. Bericht über das Jahr 1907. Die Zahl der Mitglieder der Geographischen Gesellschaft ist in diesem Jahre auf 1831 sestiegen. Durch den Tod hat die Gesellschaft verloren den früheren Kaufmann E. H.K. Carstens (Mitglied seit 1885) und den Präses der Handelskammer Hermann Fehling (Mitglied seit 1832). Ausgetreten sind die Herren: Dr. jur. Johann Kaspar Wilhelm Merkus, Kaufmann Gustav Janecke, Professor Karl Wilhelm Otto Heberle, Kaufmann Heinrich Theoder Buck. Neu eingetreten sind die Herren: Betriebsdirektor Karl Iwan Christian Christensen, Kaufmann Ludwig Haukohl, Landrichter Dr. jur. Ernst Meyer, Fahrikant Heinrich Ludwig Thiel, Kaufmann Hans Wilhelm Heinrich Hennings, Kaufmann August Ludwig Sellschopp, Bürgermeister Dr. jur. Ernst Christian Johannes Schön und Oberzollrevisor Paul Stechert. Im Vorstande der Gesellschaft traten keine Veränderungen ein. Die ausscheidenden Vorstandsmitglieder Professor Dr. Lenz, Direktor Dr. Schulze und Öberlehrer Dr. Sack wurden wiedergewählt. Den Vorsitz führte Professor Dr. H. Lenz. Kassenrevisoren waren die Herren: Konsul Rehder und Kaufmann H. Tegtmeyer. Die Gesellschaft versammelte sich zu sieben ordentlichen Sitzungen, in denen folgende Vorträge gehalten wurden: Am 17. Januar: Herr Major Schaumann »Mitteilungen über meine letzte Alpen- wanderung«, Am 15. Februar: Feier des 25jährigen Bestehens der Gesellschaft. Festvortrag: Herr Oberlehrer Dr. Gilbert »Von Lübeck nach Lappland«. Am 15. März: Herr Professor Dr. Freund »Die Auserabungen in Alt- Lübeck während des Jahres 1906«. Am 3. Mai: Herr Professor Dr. Lenz »Über die Herausgabe eines neuen Lübeckischen Ortsverzeichnisses mit Erklärung der Namenc«. Am 25. Oktober: Herr Fischereidirektor Lübbert aus Hamburg »Die Entwicklung der deutschen Seefischerei«. Am 29. November: Herr Professor Dr. G. Schott aus Hamburg »Über Meerestiefen«. Am 20. Dezember: Herr Dr. Steffens aus Hamburg »Die neuere Luftschiffahrt unter besonderer Berücksichtigung ihrer geographischen Bedeutung«. Die Vorträge am 15. Februar, 25. Oktober, 29. November und 20. Dezember fanden im großen Vortragssaale des Hauses der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit statt und waren dazu auch die Mitglieder dieser Gesellschaft und deren Damen eingeladen. Am 15. Juni machte die Gesellschaft mit ihren Damen einen Ausflug nach Hamburg zur Besichtigung des Hagenbeckschen Tierparkes in Stellingen. An allen Freitagen, die nicht durch Sitzungen in Anspruch genommen waren, fanden Herren-Abende statt, die sich stets eines zahlreichen Besuches erfreuten. Der Vorstand trat zu zehn Vorstands- sitzungen zusammen. Herr Major Schaumann ging als Vertreter der Gesellschaft zur Tagung des Deutschen Geographentages nach Nürnberg und überbrachte dort eine Einladung der Gesellschaft, zum nächsten Geographentage 1909 nach Lübeck zu kommen. Die Einladung wurde angenommen, und unsere Gesellschaft hat die Ehre und Freude, die Deutschen Geographen in der Pfingstwoche 1909 hier begrüßen zu können. Die Gesellschaft beteiligte sich mit einem namhaften Beitrage an der Expedition des Herın Günther Tessmann nach Südkamerun, sowie mit einer kleinen Summe an einer Sammlung des Geheimen Rat Professor Dr. Theobald Fischer-Marburg für eine deutsche Bibliothek in Marokko. Zur Feier des 25jährigen Bestehens ließ die Gesellschaft eine vom Schriftführer Herrn Joseph Krauss verfaßte Schrift »Die Geogra- phische Gesellschaft in Lübeck 1882 —1907« erscheinen. Der Lesezirkel, in dem Schriften umliefen, die gegen die Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft von auswärtigen Vereinen und Gesell- schaften eingetauscht werden, wurde in seiner alten Form aufgehoben. 123 Alle Neuerwerbungen und Eingänge werden jetzt im Lesezimmer der gemeinnützigen Gesellschaft 3—4 Wochen ausgelest, sind dort allen Mitglieder der gemeinnützigen Gesellschaft zugänglich und können später entliehen werden. An Geschenken gingen ein: Professor Dr. Deecke-Freiburg i. B. »Zur Geologie Pommerns«. Schriftenaustausch fand in bisheriger Weise mit Gesellschaften und Instituten Deutschlands und des Auslands statt. Neu hinzugekommen sind: Kongelige Dansk Geografisk Selskab und Kommissionen for Danmarks geologiske Undersgelse. Beide in Kopenhagen. Die Abrechnung schließt in der Einnahme mit M 1527,37 und in der Auseabe mit M 943,20 ab, so daß ein Kassenbestand von M 584,17 verblieb. Versammlungen. 173. ordentliche Versammlung am 26. Oktober 1906. Der Vorsitzende, Herr Professor Dr. Lenz, eröffnete die erste Winter- versammlung mit einer Begrüßung der zahlreich erschienenen Mitglieder. Als neue Mitglieder wurden aufgenommen die Herren Pastor Evers, Kaufmann Vorkamp, Oberlehrer Dr. Steyer und Hafenmeister Murken. Herr Professor Dr. Lenz bat die Versammlung gleich zu Punkt 4 der Tagesordnung »die Frage des Schutzes der hervorragenden Natur- denkmäler im lübeckischen Staatsgebiete« Stellung nehmen zu wollen. Der Vorsitzende wies mit einigen einleitenden Worten darauf hin, was man eigentlich unter »Schutz der Naturdenkmäler« zu verstehen habe und daß dieser Gedanke bereits an vielen Stellen Deutschlands praktisch verwirklicht wird. Da die Wichtigkeit des Schutzes, sagte der Redner, wohl von allen kompetenten Seiten anerkannt wird, so glaube er, der Geographischen Gesellschaft als der dazu berufenen Organisation vor- schlagen zu dürfen, daß sie den Anstoß dazu geben möge, daß auch hier bei uns etwas geschehe, um das allgemeine Verständnis für die hier so zahlreichen Naturdenkmäler zu wecken und zu pflegen und um deren Schutz, innerhalb der Grenzen der Möglichkeit, zu verbürgen. Herr Professor Dr. Ohnesorge machte hierauf einige interessante Ausführungen über die Vorgeschichte eines bereits dem Senate vorliegenden Gesetz- entwurfes betr. die Denkmalspflege in Lübeck, der allerdings in erster Linie nur die Kunstdenkmäler berücksichtige. Herr Professor Dr. Lenz verlas hierauf einen von Herrn Professor Dr. Friedrich, der am Erscheinen verhindert war, ausgearbeiteten Vortrag üher den »Heimatschutz im lübeckischen Staatsgebiete«. Der mit ganz außerordentlicher Sachkenntnis und Liebe zum Thema geschriebene Vortrag zählte im einzelnen all die wichtigen botanischen, zoologischen und zum Teil auch geologischen Naturdenkmäler Lübecks auf, die ohne besonderen Schutz wohl schon in allernächster Zeit rettungslos dem Untergange. verfallen seien. Der bedeutsame Vortrag soll, wie im weiteren Verlauf der Sitzung beschlossen wurde, wenn möglich, in den Lübeckischen Blättern zum Abdruck 125 gelangen. Der Vortrag schloß mit einer Zusammenfassung alles dessen, was bis jetzt zum Schutze der Naturdenkmäler in Lübeck getan worden sei und was in nächster Zeit zu diesem Zwecke zu geschehen habe. Im Anschluß an diesen Vortrag machte Herr Oberförster Elle eine ganze Reihe interessanter, auf das Thema bezüglicher Mitteilungen, während Herr Professor Dr. Lenz eine Anzahl der angeführten Natur- denkmäler den anwesenden Mitgliedern im photographischen Bilde vor- legte. Nach einer außerordentlich regen Diskussion beschloß die Ver- sammlung, den Vorstand, der sich durch die Herren Professor Dr. Friedrich, Dr. Struck, Professor Dr. Ohnesorge und Oberförster Elle erweitern soll, zu ermächtigen, in diesem Sinne eine Eingabe an den Senat zu machen. Die Versammlung beschloß ferner, das 25jährige Bestehen der Gesellschaft am 15. Februar 1907 in festlicher und würdiger Weise zu feiern. Die vom Vorstande ausgearbeitete Tagesordnung für diese Feier wurde genehmigt. Ferner ermächtigte die Gesellschaft den Vorstand zur Ernennung von Ehren- und korrespondierenden Mitgliedern gelegent- lich dieser Feier. 174. ordentliche Versammlung am 23. November 1906. Zu dieser Versammlung waren auch die Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit nebst ihren Damen eingeladen. Die Gesellschaft versammelte sich im großen Vortragssaale des Gesellschafts- hauses, um einem Vortrag des Herrn Professor Dr. Hauthal aus Hildes- heim über »Neues aus dem alten Inkareiche« zuzuhören. Der Vorsitzende, Herr Professor Dr. Lenz, eröffnete und begrüßte die Versammlung. Als neue Mitglieder wurden in die Gesellschaft aufgenommen: Herr Privatier Bippard, Herr Kaufmann ©. Warncke und Herr Steuerrat Hinrichsen. Herr Professor Hauthal führte dann seine Zuhörer in das sagen- umhüllte, der Erforschung harrende Hochplateau von Peru und Bolivia. Professor Hauthal hatte voriges Jahr, gewissermaßen als Abschluß einer langen Forschertätigkeit in Südamerika, dieses Land durchforscht und berichtete nun an der Hand von Lichtbildern von den gewaltigen Massen der Cordilleras de los Andes und den Gletschergebieten des peruanischen Hochplateaus. Trotz der Eintönigkeit dieser Wüstengegend hat sich hier wiederholt eine hohe Kultur entwickelt, was um so rätselhafter ist, als alle anderen Stätten hoher Kultur im Altertum nur in den fruchtbaren (Gegenden weiter Flußtäler anzutreffen sind. Schon lange vor den Inkas muß es hier auf diesem Hochplateau ein Volk zu ganz besonderem Woblstande und besonderer Blüte gebracht haben. Der Redner zeigte Ansichten von Ruinen und Götzen, die aus dieser unbekannten und 126 fernen Zeit stammen, und wies nach, daß es sich bei diesen Trümmern einstiger Größe nicht um Überreste der alten Inka-Kultur handeln kann. Heute ist das ganze Plateau ziemlich verlassen und einsam und muß erst wieder allmählich dem Handel und der Kultur erschlossen werden. Die einzige Industrie des Landes ist der Bergbau. Es existieren dort bereits eine große Zahl von Kupfer-, Zinn- und Bleiminen. Die Mineralschätze bilden den Hauptreichtum des Landes. Der größte Teil der Flüsse führt Gold und an verschiedenen Stellen werden Gold- wäschereien betrieben, freilich meist sehr primitiver Art. Das Hauptgewicht legte der Redner bei seinem Vortrage auf die geologischen Verhältnisse des Plateaus. Eine Reihe vortrefflicher Bilder unterstützte ihn auch bei der wissenschaftlichen Besprechung der Moränen- bildungen dieses Landes. Auf Grund eingehender Studien gerade in dieser Gegend kam er zu der Ansicht, daß die Ursachen der Eiszeit sehr wahrscheinlich nicht in terrestrischen, sonden in kosmischen Verhältnissen zu suchen sind. Die Versammlung zollte den Ausführungen des Redners starken Beifall. Nach dem Vortrage fand im Kreise der Mitglieder der Geogra- phischen Gesellschaft zu Ehren des Redners ein einfaches Abend- essen statt. 175. ordentliche Versammlung am 14. Dezember 1906. Herr Professor Dr. Lenz eröffnete die Versammlung mit geschäft- lichen Mitteilungen. Seit der letzten Sitzung hat die Geographische Gesellschaft Herrn Dr. med. Rose durch den Tod verloren. Professor Lenz widmete dem Andenken des Verstorbenen, der eines der ältesten Mitglieder der Gesellschaft war, einige herzliche Worte. Als neue Mitglieder sind der Gesellschaft beigetreten: Kaufmann Wilhelm Brandes und Bau- inspektor Meyer. In dieser Versammlung waren auch, einer Einladung des Vorsitzenden folgend, verschiedene Mitglieder des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins erschienen. Herr Professor Dr. Lenz hielt einen einleitenden Vortrag über »Höhlen und Höhlenbildungen im Karst«. In kurzen klaren Worten wußte der Vortragende seinen Zuhörern das Karstphänomen zu schildern und zu erklären und ihr Interesse auf die vielen Merkwürdigkeiten zu lenken, die sich hier nicht nur dem Forscher, sondern auch jedem auf- merksamen Wanderer auf Schritt und Tritt darbieten. Herr Pastor Evers hielt dann den angekündigten Vortrag: »Mein Besuch in den Höhlen von St. Canzian.«c Nach einem kurzen geschicht- lichen Überblick über die Erforschung von St. Canzian erzählte der Redner in glänzender Sprache, unterstützt von vortrefflichen Lichtbildern, von seiner Wanderung in diesen romantischen Höhlen. Mit großer 127 Lebendigkeit wußte der Redner, der mit offenen Augen und in guter Begleitung die Höhlen durchwandert hatte, von den rauschenden Fällen der Reka und den romantischen Szenerien in den nur von Fackel und Magnesiumlicht erhellten Tropfsteinhöhlen zu erzählen. Er entwarf ein deutliches Bild von der bezaubernden Pracht dieser seltsamen, geheimnis- voll-feierlichen Höhlen und wußte die Ewigkeitsgedanken, die sich dem Beschauer dabei aufdrängen, lebendig mit dem Geschauten zu verbinden. Die Versammlung zollte dem fesselnden und interessanten Vortrage reichen Beifall. 176. ordentliche Versammlung am II. Januar 1907. Der Vorsitzende, Herr Professor Dr. Lenz, eröffnete die Versamm- lung mit guten Wünschen für das neue Jahr und einigen Mitteilungen. Durch den Tod ist Herr Fromm der Gesellschaft entrissen worden. Von der Geographischen Gesellschaft in Wien war ein Dankschreiben für das Glückwunschtelegsramm eingelaufen, das ihr unsere Gesellschaft zum 50jährigen Bestehen im Dezember gesandt hatte. Nach einem Beschluß der Gesellschaft zu Anfang des Winters ist an den Senat eine Eingabe über den Schutz der Naturdenkmäler gemacht worden, die zur Folge gehabt hat, daß eine Inventarisierung der Naturdenkmäler beschlossen ist. Auch außerhalb der Gesellschaft hat der Vortrag des Herrn Prof. Dr. Friedrich anregend gewirkt. Am 15. Februar wird das 25 jährige Bestehen der Gesellschaft durch eine Festsitzung und ein Festessen gefeiert werden. Zu Revisoren wurden die Herren Konsul Rehder und Kaufmann Hermann Tegtmeyer gewählt. Sodann ergriff Herr Major Schaumann das Wort zu Mitteilungen über seine letzte Alpenwanderung. An der Hand ausgelegter Karten und Bilder und vieler an der Wandtafel entworfener Kreideskizzen folgten ihm die Zuhörer auf seiner fünfwöchigen Wanderung über Innsbruck, Oetz, Zwieselstein, Gurgl, das Ramoljoch, Vend, das Hochjoch, das Vintschgau bis Spondinig, Sulden, Trafoi, das Stilfser Joch, Bormio, St. Caterina, den Gavia-Paß, Ponte di Legna, Pinzolo, St. Maria di Cam- piglio, Dimaro, Male, Oles, die Mendel, Bozen, den Schlern, den Rosen- garten, das Fassa-Tal, die Marmolada, den Fedaja-Paß, Santa Lucia, Nuvolau, Cortina und den Groß-Venediger. Durch die Schilderung der Eindrücke und Erlebnisse, an die sich häufig allgemeinere Betrachtungen anschlossen, sowie durch eingestreute Ratschläge für den Reisenden wirkten seine Ausführungen so packend, daß ihm zum Schlusse lauter Beifall gespendet wurde. 123 177. ordentliche Versammlung am 15. Februar 1907. Die Versammlung galt der Feier des fünfundzwanzigjährigen Bestehens der Geographischen Gesellschaft. Sie wurde vom Vorsitzenden, Herrn Professor Dr. Lenz, eröffnet. Nach einer Betrachtung über die Gründe der aufsteigenden Entwicklung der Erdkunde und der Geogra- phischen Gesellschaft in Lübeck begrüßte er die Gäste, insbesondere den Vertreter der Geographischen Gesellschaft in Hamburg, Herrn Admiralitäts- rat Koldewey, und den Vertreter der Deutschen Seewarte in Hamburg, Herrn Professor Dr. Schott. Dann sprachen diese die Glückwünsche der von ihnen vertretenen Institute aus, indem sie der gemeinsamen wissenschaftlichen Bestrebungen und persönlichen Beziehungen gedachten. Durch Schreiben oder Telegramm sandten ihren Glückwunsch die Herren Professor Dr. R. Credner in Greifswald, Professor Dr. Deecke in Frei- burg i. B., korrespondierendes Mitglied, Konsul Ehrtmann in Riga, korrespondierendes Mitglied, Professor Dr. Th. Fischer in Marburg, Professor Dr. Foerster in Berlin, Ehrenmitglied, Dr. E. Hahn in Berlin, korrespondierendes Mitglied, Professor Dr. R. Kiepert in Berlin, korrespon- dierendes Mitglied, Hanseatischer Gesandter Dr. jur. Klügmann in Berlin, Ehrenmitglied, Major v. Koschitzky in Hannover, Stadtrat Michelsen in Schwartau, Frau von Morawetz-Dierkes in Wien, Professor Frithjof Nansen in London, Direktor des Katharineums Dr. Reuter in Lübeck, Direktor des Realgymnasiums Dr. Schaper in Meiningen, Ehrenmitglied, Dr. E. Schaper und Dr. jur. Schön, Bürgermeister von Lübeck, der noch in letzter Stunde verbindert worden war, persönlich zu erscheinen, sowie die Geographischen Gesellschaften in Berlin, Bern, Bremen, Cöln, Genf, Greifswald, Halle, Hamburg, Königsberg, Leipzig, Manchester, Neuenburg, Petersburg, Stettin und Wien, das westpreußische Provinzialmuseum in Danzig, die Gesellschaft für Handelsgeographie in Havre, die physikalisch- ökonomische Gesellschaft in Königsberg, die Deutsche Seewarte, der Frankfurter Verein für Geographie und Statistik, das Museum für Natur- und Heimatkunde iu Magdeburg, der naturwissenschaftliche Verein für Schleswig-Holstein und der Württembergische Verein für Handels- geographie in Stuttgart. In Vertretung des Schriftführers Herrn J. Krauß, der eine Festschrift »Die Geographische Gesellschaft in Lübeck in den ersten 25 Jahren ihres Bestehens« verfaßt hatte, gab Herr Oberlehrer Dr. Sack einen kurzen Bericht über die bisherige Tätigkeit der Geographischen Gesellschaft. Er hob gegenüber der regelmäßigen Arbeit, durch die unter den Mitgliedern geographische und naturwissenschaftliche Kenntnisse verbreitet werden, die wissenschaftlichen Unternehmungen von besonderer Bedeutung hervor: die Herausgabe einer Lübeckischen Landeskunde im Jahre 1890, die von Oberlehrer Dr. Schaper geleiteten erdmagnetischen Messungen von 1884 bis 1896 und die in den letzten Jahren von den Lübecker Herren 129 Professor Dr. Friedrich und Dr. med. Struck ausgeführte geologische Erforschung Lübecks und seiner Nachbargebiete. Den Festvortrag hielt Herr Oberlehrer Dr. Gilbert über das Thema »von Lübeck nach Lappland«e. Darin schilderte er die Eindrücke, die er auf einer Reise empfangen, und die Aufschlüsse, die er an vielen Orten von kenntnisreichen Personen empfangen hatte. Er war mit einem Erzdampfer von Stettin nach Luleä gefahren, hatte von hier aus die nördliehste Eisenbahn der Erde, die über den Polarkreis hinausführt, bis zur Endstation Naryik an der norwegischen Küste benutzt und zum Schlusse noch den Lofoten einen Besuch abgestattet. Belehrend und unterhaltend waren seine Schilderungen über die Verfrachtung der Erze in den beiden Ausfuhrhäfen, die Baugeschichte der Bahn, die kühnen Bahnbauten, den Reichtum und den Abbau der Eisenerze in den berühmten Erzbergen, die eigenartige Schönheit der Landschaft, den Pflanzenwuchs, das Tierleben und die Bevölkerung. Der Vortrag war durch Lichtbilder erläutert und wurde mit großem Beifall aufgenommen. Zum Schluß der Sitzung wurden vom Vorsitzenden die Namen derjenigen Herren mitgeteilt, die, schon länger in Beziehungen zur Geographischen Gesellschaft, aus Anlaß des Jubiläums besonders geehrt wurden. Zu korrespondierenden Mitgliedern wurden ernannt die Herren Professor Dr. Conwentz in Danzig, Professor Dr. Geinitz in Rostock, Professor Dr. Gottsche in Hamburg, Professor Dr. Schott in Hamburg und Professor Dr. Voeltzkow in Berlin, zu Ehrenmitgliedern die Herren Professor Dr. R. Credner in Greifswald, Professor Dr. von Drygalski in München, Professor Dr. Th. Fischer in Marburg, Professor Dr. Penck in Berlin und die Herren Professor Dr. Friedrich und Dr. med. Struck in Lübeck. An die Festsitzung schloß sich nach einer Pause ein Festmahl von etwa hundert Damen und Herren. Die Speisenfolge wies seltsame Gerichte auf, wie sie sich etwa ein Polarforscher für ein Festessen zu verschaffen vermöchte. Manche Rede würzte das Mahl. Herr Professor Dr. Lenz redete auf die Muttergesellschaft der Geographischen, die Gesellschaft zur Beförde- rung gemeinnütziger Tätigkeit. Herr Direktor Dr. Müller erwiderte mit einem Hoch auf die Geographische Gesellschaft und deren Vorsitzenden. Herr Hauptpastor Trummer gedachte der beiden einzigen noch lebenden Stifter der Geographischen Gesellschaft, Direktor Dr. Müller und Professor Sartori. Der erste dieser beiden Herren feierte die Ehrengäste, die korrespon- dierenden und die Ehrenmitglieder, Herr Dr. Struck die Geographische Gesellschaft, Herr Professor Dr. Schott den Festredner, Herr Navigations- schuldirektor Dr. Schulze in launigen Versen den sogenannten Herrenabend, Herr Admiralitätsrat Koldewey die in Lübeck hervortretende Verbindung zwischen der Wissenschaft und dem praktischen Leben, Herr Rösing die Damen, Herr Professor Dr. Lenz den Schöpfer der Herrenabende, Herm Hauptpastor Trummer, und Herr Max Schmidt den Vorsitzenden der Geogra- phischen Gesellschaft. 130 178. ordentliche Versammlung am 15. März 1907. Der Vorsitzende, Herr Professor Dr. Lenz, eröffnete die Versammlung mit einigen Mitteilungen. Der Gesellschaft sind seit Januar als neue Mitglieder die Herren Betriebsdirektor Carl Christensen, Kaufmann Ludwig Haukohl, Landrichter Dr. Ernst Meyer, Fabrikant Heinrich Thiel, Kauf- mann Hans Hennings, Kaufmann August Sellschopp, Bürgermeister Dr. Schön und Oberzollrevisor Stechert beigetreten. In einem kurzen Rückblick auf die Jubelfeier wurden noch Auszüge aus einigen Glück- wunschschreiben und aus den Dankschreiben der neu ernannten korrespon- dierenden und Ehrenmitglieder verlesen. Für den in Nürnberg vom 21. bis 25. Mai d. J. stattfindenden Geographentag ist eine Einladung eingegangen. Zum 25 jährigen Stiftungsfest der Geographischen Gesellschaft in Greifswald am 7. März hat der Vorsitzende ein Telegramm abgesandt. Die Abrechnung ist von den Revisoren geprüft und richtig befunden worden; sie wurde mit den Belegen vorgeiegt. Der übliche Jahresbericht wurde nicht gegeben, da ihn die Festschrift enthält, die den Mitgliedern schon zugegangen ist. Professor Dr. Schott, korrespondierendes Mitglied, hat ein Exemplar seiner Arbeit »Lotungen im Stillen Ozean« eingeschickt. Die nach den Satzungen aus dem Vorstande scheidenden Herren Professor Dr. Lenz, Direktor Dr. Schulze und Oberlehrer Dr. Sack wurden durch Zuruf wiedergewählt. Herr Professor Dr. Freund erläuterte dann an einem Nivellements- Plan von Alt-Lübeck den Gang der Ausgrabungen, die im vorigen Jahre dort vorgenommen worden sind, und zeigte wohlgelungene Projektions- bilder aus Alt-Lübeck nach eigenen Aufnahmen. An den Vortrag schloß sich eine längere, anregende Besprechung. Wegen vorgerückter Zeit wurde der letzte Punkt: Besprechung über lübeckische Ortsnamen und deren Bedeutung von der Tagesordnung abgesetzt. 179. ordentliche Versammlung am 3. Mai 1907. Der Vorsitzende, Prof. Dr. Lenz, machte Mitteilungen in Angelegenheit des deutschen Geographentages, der 1909 in Lübeck abgehalten werden soll. Er teilt die bisher unternommenen vorbereitenden Schritte mit, zu denen die Gesellschaft ihre Zustimmung gibt. Die Versammlung bewilligte für die Marokko-Bibliothek 25 Mark. Der Vorsitzende regte dann die Abfassung eines Lübeckischen Orts- verzeichnisses mit Erklärung der Namen an und gab durch einige Beispiele, insbesondere slavischen Ursprunges, Erläuterungen. Daran schloß sich eine lebhafte Diskusion. 131 180. ordentliche Versammlung am 19. Juli. 1907. Nach einer Zusammenstellung der Geldmittel, die bisher für die von Günther Tefsmann geplante Forschungsreise in Südkamerun auf- gebracht sind, brachte Herr Rösing, der in Vertretung der beiden abwesenden Vorsitzenden die Versammlung leitete, der Gesellschaft den Vorschlag des Vorstandes entgegen, für die drei Jahre der Expedition je 4 125 zu bewilligen. Der Vorschlag wurde einstimmig angenommen. - 181. ordentliche Versammlung am 25. Oktober 1907. Die Gesellschaft versammelte sich mit ihren Damen und den Mit- gliedern der Gemeinnützigen Gesellschaft und deren Damen, sowie den Mitgliedern des Industrievereins im großen Vortragssaale des Gesellschafts- hauses, um einem Vortrage des Herrn Fischereidirektors Lübbert aus Hamburg über »Die Entwicklung der deutschen Seefischerei« zuzuhören. In Vertretung des Vorsitzenden eröffnete Herr Dr. Sack diese erste Winterversammlung. Der Redner gab zuerst in großen Zügen eine volkswirtschaftlich und politisch gleich interessante Geschichte der Entwicklung der See- fischerei von den ältesten Zeiten bis heute. Dann machte der Vortragende seine Hörer an der Hand zahlreicher, ausgezeichneter Lichtbilder mit dem ganzen modernen Fischereibetriebe bekannt. Zum Schlusse besprach der xedner die Fischindustrie, den großartigen Fischereihafen in Geestemünde und die seitens des hamburgischen Staates in Cuxhaven zu erbauenden Seefischereihäfen. Dem außerordentlich anschaulichen und fesselnden Vortrage wurde reicher Beifall zuteil. 182. ordentliche Versammlung am 29. November 1907. Die Gesellschaft versammelte sich mit ihren Damen und den Mitgliedern der (remeinnützigen Gesellschaft im grossen Vortragssaale des Gesellschaftshauses, um einem Vortrage des Herm Professor Dr. G. Schott, Abteilungsvorsteher der Deutschen Seewarte in Hamburg, über » Meerestiefen« zuzuhören. Der Vorsitzende, Herr Professor Dr. Lenz, begrüßte die zahlreiche Versammlung und teilte zunächst mit, daß der Vorstand eine Änderung im Bibliothekswesen der Gesellschaft insofern beschlossen habe, als der bisherige Lesezirkel aufgehoben werden, die Bibliothek der Geographischen Gesellschaft dagegen in Zukunft auch den Mitgliedern der Gemeinnützigen Gesellschaft zur freien Benutzung zur Verfügung stehen soll. Herr Dr. Schott hielt dann den angekündigten Vortrag. Mit außer- ordentlicher Anschaulichkeit wußte der Redner die ganze Technik der 132 Meerestiefenforschung unter Vorführung von Apparaten und Lichtbildern zu schildern. An der Hand vorzüglicher Reliefkarten besprach Dr. Schott dann die charakteristischen Höhen- und Tiefenformationen der Ost- und Nordsee sowie der Weltmeere. Bei der vollkommenen Beherrschung des Themas war es dem Redner möglich, aus dem unendlich großen Gebiete der Tiefseeforschung ein wohl abgerundetes Bild des interessantesten Teiles dieser Wissenschaft zu geben, und, indem er dabei überall in großen Zügen die Grenzgebiete mit den anderen Zweigen dieser Wissenschaft streifte, erweckte er im Hörer ein tiefes Gefühl für die Bedeutung und Größe dieser »Kunde vom Meere«. Den Schluß des wertvollen, mit größtem Interesse aufgenommenen Vortrages bildete ein kleiner Streifzug in das Gebiet der Physik des Meeres unter spezieller Berücksichtigung der Erforschung seiner Temperatur. An den Vortrag schloß sich ein gut besuchter Herrenabend. 183. ordentliche Versammlung am 20. Dezember 1907. Obwohl zu dieser Versammlung die Mitglieder der Muttergesellschaft und deren Damen eingeladen waren, zeigte sie, wohl wegen der Nähe des Weihnachtsfestes, nur schwachen Besuch. Wieder hatte die Gesell- schaft Gelegenheit, einen auswärtigen Vortragenden zu hören. Herr Dr. Steffens von der Deutschen Seewarte berichtete über »Die neuere Luftschiffahrt unter besonderer Berücksichtigung ihrer geographischen Bedeutung«. Dies Thema ist so umfangreich, daß es natürlich innerhalb der üblichen Vortragsdauer nicht möglich war, mehr als einen allgemeinen Überblick über die Luftschiffahrt zu geben. Man unterscheidet nach dem Vortragenden passive und aktive Luftschiffe. Nach einer Skizze der geschichtlichen Entwicklung des passiven Luftschiffs schilderte er den Kugelballon in seinen beiden Hauptformen für Bemannung oder für Registrierapparate, den Drachenballon nach Parseval, von Drachen nur den von Hargraye und erwähnte dabei die Benutzung zu wissenschaft- lichen, sportlichen und militärischen Zwecken unter Angabe der benutzten Apparate und einiger Beobachtungen und Ergebnisse. Von aktiven Luft- schiffen wurden Gleitflieger und die hauptsächlichsten Entwicklungsstufen der mit Motoren ausgerüsteten lenkbaren Luftschiffe aus den letzten Jahrzehnten bis zu den neuesten Erfolgen des Grafen Zeppelin besprochen. Zum Schlusse wurde die geographische Bedeutung der Luftschiffahrt durch kurze Mitteilungen über die Unternehmungen von Andree, Well- mann und Hildebrandt berücksichtigt. Den Vortrag begleiteten viele Lichtbilder, zum großen Teil gute alte Bekannte, wie sie z. B. auch in das Hildebrandtsche Werk übergegangen sind. Leider litt die Betrachtung der Bilder meistens unter ihrem Mangel an Schärfe und zeitweise unter zu rascher Aufeinanderfolge. 184. ordentliche Versammlung am 10. Januar 1908. Die Geographische Gesellschaft hatte für diesen Abend ihre Mitglieder sowie die Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit zu einem Vortrag des Herrn stud. geogr. Hans Spethmann über »Eine Islandfahrt« eingeladen. Der große Vortragssaal des Gesellschaftshauses war sclıon vor Beginn der Sitzung bis auf den letzten Platz besetzt. Der Vorsitzende Herr Professor Dr. Lenz eröffnete die Versammlung mit einigen einleitenden Worten über Island. Darauf hielt Herr stud. geogr. Spethmann seinen angekündigten Vortrag. Der Vortragende ging von einer Eruption aus, die sich 1875 auf Island im. damals noch unbekannten Gegenden ereignete und sich in ihren Wirkungen bis nach Stockholm hin bemerkbar machte. Nach dem vulkanischen Ausbruch begann die Erforschung des östlichen Zentral- islands und führte 1876 zur Entdeckung der Askja, eines großen Einbruch- kessels inmitten des Gebirgsmassives des Dyngjufjöll. Der Zweck der v. Knebelschen Islandexpedition, zu deren Teilnahme außer Herrn Spethmann auch noch der Berliner Maler und Zeichner Max Rudloff aufgefordert wurden, war die genauere wissenschaftliche Untersuchung dieses teilweise noch nie von Menschen betretenen Gebiets, das jeder Vegetation und jeglichen animalischen Lebens har ist. Die Expedition brach Ende Juni von der Nordküste aus auf, verließ nach Durchquerung weiter Tundrenflächen am 30. Juni das Gebiet menschlicher Nieder- lassungen und gelangte mit Beginn des Juli nach Durchquerung der Sandwüste Odadahraun an ihre Arbeitsstätte Nach einer kurzen Schilderung des Schlafsack- und Zeltlebens sprach der Redner über die geologische Entstehung des in der Askja gelegenen Rudloffkraters und wies auf den mutmaßlichen Zusammenhang zwischen dem Ausbruch des Eruptionspunkts und dem Einbruch der Depression des Knebelsees hin. Das topographische Detail wurde an einer. Karte, die Herr Geheimrat Penck-Berlin für den Abend gütigst zur Verfügung gestellt hatte, wie an einer vom Redner entworfenen Skizze näher beleuchtet. Im Südosten der Askja war der See gelegen, etwa 3 km breit und 5 bis 6 km lang, in dem am 10. Juni die Gefährten des Vortragenden ertranken. Der See hatte, im Gegensatz zu den Zeitungsmeldungen, nicht kochendes Wasser; die Temperatur desselben betrug höchstens + 2°C, Erst drei Tage vor dem Unglück war eine kontinuierliche Eisdecke auf dem See geschmolzen. Nach einem warmen Naächruf auf Dr. v. Knebel und wudloff erstattete Herr Spethmann Bericht über die verschiedenen Such- expeditionen. Nach diesem ersten Teil des Vortrags zeigte der Redner eine Reihe ausgezeichneter Lichtbilder, die größtenteils bis jetzt noch nie von Menschen geschaute Landschaften darboten. 134 Am 5. August, nach einem Aufenthalt von fünf Wochen, verließ Herr Spethmann die Askja, um nach kurzer Rückfahrt zur Küste abermals zu einer Reise ins Nordland zwischen Eyafjord und Jökulsä aufzubrechen. Er lernte hierbei das Farmleben und die Bevölkerung kennen, welch letzterer er auf Grund schlechter Erfahrungen kein so günstiges Zeugnis ausstellte, wie das sonst allgemein in der Reiseliteratur geschieht. Die männliche Bevölkerung ist meist hässlich und abstoßend, die weibliche hingegen oft von berückender Schönheit. Nach einem Aufenthalt in der Farm Goutland besuchte Herr Spethmann den Myvatredistrikt mit seiner Mondlandschaft, seinen Solfatarafeldern, seinen Schlammquellen und Thermen. Von hier aus zog der Forscher ostwärts zur Sveinagja, um das von offenen Spalten durchzogene Gelände, das geradezu in lange Streifen geschnitten ist, zu bereisen. Nach einem kurzen Besuch der Küste mit ihren interessanten Treibholz- anschwemmungen erfolgte die Rückkehr nach Akureyri. Von hier aus begab sich Herr Spethmann zur Ostküste, um an ihren Fjorden noch während einiger Tage morphologische Phänomene zu erforschen. Auch der zweite Teil des Vortrags wurde durch eine große Zahl treftlicher Lichtbilder illustriert. Dem jungen Forscher wurde für seine interessanten Ausführungen lebhafter Beifall zuteil. 185. ordentliche Versammlung am 24. Januar 1908. An diesem Abend sprach Herr Dr. Paul Hambruch-Hamburg über »Das völkerkundliche Problem auf den deutschen Südseeinseln Maty und Durour und seine Lösung«. Zu diesem Vortrag waren auch die Mit- glieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit und deren Damen, sowie die Mitglieder der Kolonial-Gesellschaft eingeladen. Auf’ Grund eines reichhaltigen ethnographischen,, anthropologischen und sprachlichen Materials, das der deutsche Kaufmann Hellwig in Halle in den Jahren 1902 bis 1904 auf den beiden Inseln Maty und Durour sammelte und nach Europa brachte, hatte sich Herr Dr. Hambruch eingehend mit der »Maty-Frage« beschäftigt. Der Redner gab zunächst einen historischen Überblick über die Entdeckungsgeschichte dieser beiden Inseln und beschrieb dann ihre geographische Lage. Wuvulu und Aua, wie sie mit den einheimischen Namen heißen, bilden die westlichsten Inseln des Bismarck-Archipels. Wuvulu liegt auf 1045’ N und 142° 47° 0. Aua liegt in Sichtweite von Wuvulu etwas nordwärts auf 1° 33° N und 143° 12° O. Beide charakterisieren sich als gehobene Koralleninseln, die von allen Seiten von Riffen umgeben sind, die bei Ebbe trocken laufen und dann auf 1900 Meter jäh abfallen. Wuvulu ist die größere 135 Insel; sie enthält 1368 Hektar trockene Oberfläche, während Aua nur 510 Hektar aufweist. Die Inseln besitzen ein ausgesprochenes Monsun- klima und infolge der hohen, durch die Seewinde erträglich gemachten Temperatur, die jahraus jahrein 24° bis 25° beträgt, herrscht auf den Inseln eine üppige Vegetation. Nach kurzer Beschreibung der Fauna und Flora ging der Redner zur ethinographischen und anthropologischen Schilderung der Eingeborenen über. Mit außerordentlicher Gründlichkeit sprach Herr Dr. Hambruch an der Hand sehr guter Lichtbilder über seine somatologischen Studien, über die Sprache, die Waffen, die sozialen Verhältnisse und den kulturellen Besitz dieser Inselbewohner. Aus allem sah man, daß auf Aua und Wuvulu das indonesische, mikronesische und melanesische Element zusammenstoßen. Das Endergebnis der Hambruch- schen Forschungen über die »Maty-Frage« ist folgendes: 1. Die Bewohner von Aua und Wuvulu sind ein Mischvolk, das deutlich zwei Typen ausgeprägt zeigt; der feinere Typus steht dem malaiisch-mikronesischen, der gröbere dem melanesischen nahe. 2. Der Kulturbesitz enthält überwiegend spezifisch mikronesische Elemente; die spezifisch melanesischen treten mit einer Ausnahme (Regendach) nur in Kümmerformen auf. Die Sprache steht im Wortschatz der melanesischen Sprache nahe, enthält jedoch manche mikronesische Worte und weist in zwei grammatischen Eigentümlichkeiten Verwandtschaften mit der indonesischen auf. Zum Schluß zeigte und erklärte Herr Dr. Hambruch noch eine Reihe von Gegenständen, die von diesen Inseln stammen und dem hiesigen Museum für Völkerkunde gehören. ISY) 186. ordentliche Versammlung am 14. Februar 1908. Vorsitzender: Professor Dr. Lenz. Herr Professor Dr. Voeltzkow- Berlin sprach über Ceylon und die Perlenfischerei. Redner schilderte an der Hand einer Karte den einfachen geologischen Bau Ceylons, um dann, unterstützt durch zahlreiche, charakteristische photographische Aufnahmen, welche als Lichtbilder vorgeführt wurden, Blicke in die üppige Vegetation und die reiche Pflanzenwelt tun zu lassen. Es folgten Mitteilungen über die nur noch in kleinen Gemeinden, versteckt in den schwer zugänglichen Urwäldern des Südostens, kümmerlich ihr Dasein fristenden Ureinwohner Ceylons, die Weddahs, die eingewanderten Singhalesen und Tamilen, ihre charakteristischen Merkmale, Trachten, Beschäftigungen, ihre große Liebhaberei für Schmuck u. a. Im Bilde vorgeführt wurden die handel- treibenden, äußerst geriebenen Indo-Araber und Chettys, welche vom indischen Festlande herübergekommen, hier ihren Erwerb suchen und hauptsächlich bei der Perlenfischerei beteiligt sind. 136 Alsdann ging der Redner auf die Perlenfischerei ein, wie sie auf den weit gedehnten, 10 bis 20 Meter tief liegenden Banken, Paars genannt, an der Nordwestküste im Golf von Manaar betrieben wird. Der Meeres- boden senkt sich ganz allmählich und erreicht erst bei einer Entfernung von 5 Meilen vom Lande eine Tiefe von etwa 20 Meter, um jetzt plötz- lich zu großer Tiefe abzustürzen. Die Perlmuscheln liegen auf den Bänken zu Klumpen vereinigt und haben sich an Korallenstücken. Steinen u. dgl. festgesponnen. In großen Zügen erläutert wurde alsdann der anatomische Bau der Schale wie des Tieres und endlich der der Perle selbst und deren Entstehung. Als Ursache einer guten, frei sich bildenden Perle gelten nicht etwa Fremdkörper, sondern ein kleiner Bandwurm (Tetrarhynchus) im Bindegewebe des Mantels der Muschel. In sehr anschaulicher Weise schilderte Professor Voeltzkow an der Hand der Lichtbilder das Heraufholen der Perlmuscheln durch Taucher vom Meeresboden, das Ausbreiten in umzäunten Stellen am Strande, den sich bald einstellenden Verwesungsprozeß, die Menge der Fliegen, deren Larven in kurzer Zeit sämtliches Muschellleisch zerstörten, so daß die Perlen unter Zuhülfenahme von Sieben herausgelesen werden können. Die Fischerei pflegt mit dem Nachlassen des Nordostmonsuns im März zu beginnen und dauert bis Ende April. 1905 waren 318 Bote mit fast 5000 Tauchern beschäftigt, welche über S1 Millionen Muscheln herauf- beförderten. Die Muscheln werden noch am gleichen Tage, an dem sie gefischt sind, verkauft, und erzielen Preise von 60 bis 80 Rupies (= NM 75—100) pro 1000 Stück; der Gesamterlös betrug 1905 etwas über 4 Millionen Mark, 187. ordentliche Versammlung am 6. März 1908. Der Vorsitzende legte die geprüfte Abrechnung vor, erbat und erhielt von der Gesellschaft die nachträgliche Genehmigung für die Ernennung des Herrn Sellschopp zum Kassenprüfer und las den neuesten Brief des Herrn Günther Tessmann vor, worin dieser kurz über den Fortgang seiner Forschungen in Südkamerun berichtet. Dann hielt Herr A. Geiser aus Berlin in seiner gewandten, frischen, teilweise humorvollen Art einen fesselnden und mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag über deutsche Bauern in Südrußland. Daß Deutsche in Südrußland, nachdem es durch lange Kriege verwüstet worden war, angesiedelt wurden und eine blühende Kultur hervorriefen, war eine Tat der Kaiserin Katharina II. von Rußland, einer Prinzessin deutschen Blutes. Als im Kriege gegen die Türken Südrußland und die Krim von ihr erworben waren, forderte sie in einem Ukas die im Ausland lebenden Vertreter Rußlands auf, zu einer Einwanderung nach Südrußland durch besondere Vergünstigungen anzulocken. Der erste 137 Haufe von 20000 Deutschen, der dem Rufe folgte, wurde an der Wolga beim heutigen Saratow angesiedelt. Aber die Erfahrungen waren ungünstig: es war Gesindel aller Art gekommen. In einem zweiten Erlaß wurde bestimmt, daß nur jeder Handwerker oder Landwirt, der sich zur Einwanderung melde, unterstützt werden solle. Der verdiente Generalgouverneur Herzog von Richelieu hatte eine Kolonistenverfassung ausgearbeitet, wonach an jede Gemeinde 100 bis 200 Morgen Land ausgeteilt wurden und innerhalb der Gemeinde als Privateigentum, auf dem Lande 30 Jahre, in den Städten 10 Jahre Steuerfreiheit gewährt wurde und industrielle Unternehmungen unterstützt wurden. Die folgenden Einwanderungen nach Cherson und der Krim lieferten ein besseres Menschenmaterial. Es entstanden 121 Mutter- kolonien, die meisten bei Odessa, etwa 20 auf der Krim am Rande des Gebirges, während die Ebene noch von Tartaren bevölkert war. Erst vom Krimkriege an, als die Tartaren nach der Türkei zogen, wird der schwere Weizenboden von den deutschen Kolonisten bebaut. Die meisten kamen aus Schwaben, andere aus Bayern, der Pfalz, Hessen, dem Elsaß, wenige aus der Schweiz. Während zuerst die gewährten Ver- günstigungen die Ansiedler heranlockten, wurden sie später, besonders in den 20er und 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts, von religiösen Anwandlungen getrieben. Den Anschauungen der Mennoniten kommt man in Rußland noch heute dadurch entgegen, daß man ihnen statt des Militärdienstes -Forstdienst als Hüter oder Vermesser auferlegt. Heute sind aus 121 weit über 500 deutsche Kolonien mit einer Bevölkerung von einer halben Million geworden. Von den Mutterkolonien aus wurden Ansiedler nach dem Ural hin und darüber hinaus nach Sibirien hinein ausgesandt, zum Teil eine Folge des starken Nachwuchses: 8 Kinder sind meistens vorhanden, 12, ja 18 sind keine Seltenheit. Bei der Fruchtbarkeit der schwarzen Erde erwarben die Bauern großen Wohl- stand, so daß einige aus den an Generale oder Höflinge gegebenen Dotationen großen Besitz erwarben. Ein Großgrundbesitzer z. B. besitzt 300000 Morgen Weizenland und Weideland für 200 000 Schafe. Die Wolle schafft er auf Kamelen, die er nebst anderen ausländischen Tieren akklimatisieren läßt, zu einem von ihm selbst gebauten Hafen und von hier mit einer eigenen Dampferlinie nach Odessa. Der Zusammenhang mit der Heimat ist insofern verloren gegangen, als den Familien das Heimatsdorf unbekannt is. Man findet auch als Namen für die Ansiedlungen nur allgemeine Bezeichnungen wie Schwaben, Elsaß . . ., Hoffnungstal, Freudental . . ., bei den Tochterkolonien ferner Namen, die an große geschichtliche Ereignisse iin Stammlande erinnern, Katzbach, Leipzig, Düppel, Alsen, Sedan, Paris. Die Schulbildung ist geringer als unsere Volksschulbildung, besser als die russische. Wenn auch die Kinder in den Schulen russisch lernen müssen, so besteht doch keine 158 Gefahr der Verrussung, weil in der Gemeindeverwaltung die deutsche Sprache herrscht. Wie es hier zugeht, schilderte der Vortragende im Anschluß an die anschauliche Beschreibung eines Ausflugs von Odessa aus am Liman entlang nach den nächsten deutschen Ansiedlungen Lustdorf und Liebental, die man nach vierstündiger Steppenfahrt erreicht. Der Zuhörer gewann den erfreulichen Eindruck, daß dort deutsches Geistesleben mächtig erwacht, daß in neuerer Zeit besonders für die Heranbildung guter Lehrer und für eine gute Schulbildung der Mädchen gesorgt wird, und daß bei dem Wohlstand der deutschen Bauern in Südrußland die Mittel für solche Zwecke leicht zu beschaffen sind. 188. ordentliche Versammlung am 27. März 1908. Nach der Verlesung des Jahresberichtes machte der Vorsitzende auf die im Lesezimmer des Gesellschaftshauses ausliegenden Zeitschriften der Geographischen Gesellschaft aufmerksam. Als neues Mitglied ist Herr Buchhändler Adolf Groche eingetreten. Dann hielt Herr Dr. Hambruch den angekündigten Vortrag über die Kunst in der Südsee. Auf Grund des reichen Materials unseres Museums wie der litera- rischen Arbeiten von Stephan, Krämer und Haddon gab der Vor- tragende ein Bild von der Eingeborenenkunst in der Südsee, Kunst und Kunstgewerbe sind Naturvölkern durchaus eigen; ihre Ausbildung sehr verschieden. In der Südsee begegnen wir einer reichen Kunst. Malerei mit Farben, Brandmalerei, Ätzmalerei, Ritztechnik, Reliefbildnerei, Plastik, Tatauierung, Flechtkunst, Stickerei, Strickkunst und Weberei sind hier ausgebildet. Auf den Karolinen finden wir zehn dieser Hand- und Kunst- Fertigkeiten nebeneinander. Die Vorbilder werden der Umgebung ent- nommen. Tiere, Pflanzen, Menschen, Geräte bieten dem Künstler geeignete Motive, zu denen sich Darstellungen aus den eigenen oder bekannten Erlebnissen gesellen. In der Ausschmückung eines Gegenstandes wird kein Unterschied gemacht; vom Haus, Boot bis zum Eßspatel oder Betelspatel erhält jeder Gegenstand einen ihm gefälligen Zierat. Wichtig ist, daß jede Linie, Bogen, Kreis dem Eingeborenen etwas Konkretes bedeutet; die früher sogenannten geometrischen Ornamente fallen damit aus der Kunst aus. Nachbildung eines Gegenstandes ist dem Eingeborenen gleichbedeutend mit künstlerischer Tätigkeit. An der Hand von Material aus dem Museum erläutert der Vortragende eine Reihe von Ornamenten und weist zum Schluß auf die hervorragende Bedeutung hin, die das Studium der primitiven Kunst bei den -lebenden Eingeborenen für die Anfänge der Kunst überhaupt und unserer Vorzeit hat. Der Vortrag regte zu lebhaften Besprechungen an. Veränderungen im Mitglieder-Bestande. Ausgeschieden: Kapitän Drockmüller, Kaufmann H. Th. Buck, Oberförster O0. Elle, Kaufmann HZ. W. Fehling, Professor 0. Heberle, Kaufmann @. Janecke, Dr. jur. Merkus, Bauinspektor Meier, Professor Dr. Meyer, Kunstverleger Nöhring, Theaterdirektor Prorkowski, Privatmann J. N. H. Rahtgens, Kaufmann Chr. Aug. Siem/sen. Neu eingetreten: #4. Brandes, Bankdirektor Frahm, Buchhändler 4. Groche, Güterverwalter A. Hammerich, Jul. Heise, Apotheker O0. Reuter, Bürgermeister Dr. jur. Schön, Direktor der Realschule Dr. $. Schwarz, Kaufmann P. F, Sellschopp, Kaufmann H. Sievers, Oberzollrevisor Stechert, Lehrer K. Strunck. 140 Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1906. Die bereits im vorigjährigen Berichte berührte Frage der Weiter. entwicklung und Ausgestaltung des Gesamtmuseums wurde im letzten Jahre durch Aufstellung von Plänen und in Kommissionsberatungen, in denen auch das Naturhistorische Museum vertreten war, nach Möglichkeit gefördert, ohne bereits zu einem Abschluß gelangt zu sein. Das Natur- historische Museum empfand die drückenden Verhältnisse in dem Mangel an Arbeitskräften im letzten Jahr ganz besonders, da die langjährige, bewährte und stets bereite Kraft des Herrn Fr. Jürgens infolge hohen Alters versagte. Mit schwerem Herzen sah sich der Genannte, welcher 17 Jahre fast ununterbrochen der Vorsteherschaft angehörte, genötigt, sein Amt niederzulegen und seine, ihm so lieb gewordene, Tätigkeit ein- zustellen. Die Vorsteherschaft wird dem treuen Mitarbeiter, welcher sich wie wenige die größten Verdienste um die Sammlungen unseres Museums erworben hat, ein ehrenvolles Andenken bewahren. Im Berichtsjahre gingen insbesondere aus Deutsch-Ostafrika und Madagaskar durch dort weilende Lübecker reiche Sendungen ein. In erster Linie sei Herr Max Hase genannt, der seinen früheren Sendungen von Schmetterlingen aus der Umgegend von Bagamoyo eine, mehrere Tausende umfassende Sammlung von Käfern und anderen Insekten hinzufügte. Da die einzelnen Arten teilweise in zahlreichen Exemplaren vertreten sind, liefern sie ein wissenschaftlich wertvolles Material und geben zugleich, und das ist der Hauptwunsch des Schenkgebers, ein interessantes, auch für den Laien anregendes Bild des außerordentlich reichen Insektenlebens unserer ostafrikanischen Kolonie. Das Natur- historische Museum bereitet auf diese Schenkung hin eine zusammen- fassende Ausstellung vor, welche das gesamte Tierleben von Deutsch- Ostafrika in Betracht zieht. 141 In seinen weiten Reisen durch die Küstenländer Nord -Ostafrikas hat Herr Ernst Wache auch des Museums seiner ehemaligen Vaterstadt gedacht und uns eine Sammlung von Landtieren der verschiedensten Gruppen überlassen, durch welche nicht nur der wissenschaftliche Teil unserer Sammlung vermehrt, sondern auch der Schausammlung interes- sante, neue Tiere zugeführt wurden. Für die letztere sind wir Herrn Kurt Harms zu besonderem Danke verpflichtet, der Krokodile und große Meeresschildkröten aus Madagaskar sandte, sowie Herrn Link für ein junges Fingertier und Herrn Rich. Groth für zahlreiche Eidechsen, Schlangen und andere kleine Landtiere. Endlich überbrachte Herr Fuchs-Förster dem Museum aus Mozambique schöne Korallen, Konchylien und vorzüglich präparierte Seeigel und Seesterne. Von dem Bruder des soeben genannten Herrn Link erhielt das Museum ein weiteres großes Krokodil aus Hinterindien. Kurz vor Schluß des Berichtsjahres erhielten wir endlich noch aus Kamerun durch Herrn Godtknecht den gut präparierten Balg eines großen Schimpansen, durch welchen unsere Anthropoiden wiederum um eim interessantes Stück bereichert werden. Das zugehörige Skelett ist ebenfalls unterwegs. Aus unserer einheimischen Tierwelt gingen dem Museum durch die Fürsorge der Herren Lehrer Blohm und Präparator Röhr manche seltene Vögel als letzjährige Wintergäste zu. Herr Peckelhoff, dem unsere Sammlung Lübecker Tiere schon so manche interessante Bereicherung verdankt, ergänzte dieselbe auch in diesem Jahr und machte außerdem eine Anzahl Eier einheimischer Vögel zum Geschenk. Der Fischerei- aufseher Gehl in Travemünde bemühte sich um die Erlangung selten erscheinender Fische. Durch Austausch konnten vom Senckenbergischen Museum in Frankfurt a. M. eine größere Anzahl Landkonchylien des malayischen Archipels, der v. Möllendorffschen Sammlung entstammend, erworben werden. Die geologische Sammlung wurde durch Ankäufe aus der Heinrichshöhle in Westfalen, Überreste von Höhlentieren umfassend, bereichert. In der Schausammlung ward ein äußerst naturgetreuer Abguß des in der unteren Kreide bei Münster in Westf. aufgefundenen Riesen- ammoniten (Pachydiscus seppenradensis) aufgestellt. Zur Veranschau- liehung der Gewinnung und Verarbeitung des Steinsalzes und der Kali- salze machte das Syndikat in Leopoldshall- Staßfurt dem Museum sechs große Photographien zum Geschenk. Wenn auch nicht in dem Umfange wie im vergangenen Jahre durch die Brehmersche Sammlung, erhielt auch in diesem die geologisch-paläon- tologische Abteilung erhebliche und wertvolle Bereicherungen. Hier mögen nur genannt werden die Versteinerungen aus dem Unterdevon des Siegerlandes, der Eifel und den mesozooischen Schichten Schlesiens kn von Herın Dr. Range; eine der zuerst genannten Gegend gleichfalls ent- stammende Sammlung von Devonversteinerungen, welche Herr Dr. Franck sandte. Stud. Spethmann schenkte von ihm gesammelte Versteinerungen aus dem französischen Jura, Erratika des diluvialen Rheingletschers, sowie eine Reihe von Pflanzenabdrücken aus einem interglazialen Quelltuff bei Schaffhausen; Herr Landesgeologe Prof. Dr. Gagel eine kleine Sammlung von Bohrproben aus einer Tiefbohrung bei Wöhrden im Dithmarschen. Die Sekundaner Fr. Meyer und H. Hirsch richteten, wie früher Herr stud. Spethmann, ihre Aufmerksamkeit auf die bei den Baggerarbeiten an der Untertrave zutage geförderten Funde, und sind wir beiden zu besonderem Danke verpflichtet für diese Ergänzungen. Besonders reichen Zuwaclıs erhielt die Sammlung einheimischer Gesteine und Versteinerungen durch zahlreiche Belegstücke, welche die Herren Dr. Struck und Lehrer Strunck aus bereits bekannten oder erst in jüngster Zeit erschlossenen Fundorten an Tertiär (Eozän, mitteloligozänem Septarienton, miozänem Glimmerton) und marmem Diluvium in Schleswig-Holstein sammelten. Für die Bestimmung vieler dieser Funde, sowie für oft gewährten Rat und liebenswürdige Unterstützung sind wir Herrn Direktor Dr. Gottsche in Hamburg auch in diesem Jahre wiederum zu Dank verpflichtet. Die Sammlung von Bohrproben, unter der besonderen Aufsicht von Professor Dr. Friedrich, erhielt weitere Ergänzungen seitens der Bohr- firmen Vogeley- Lübeck, Hoffmann -Berlin, Brechtel- Ludwigshafen, sowie durch das hiesige Bauamt. Die wichtige Unterstützung, welche durch lie Überlassung: dieser Proben wiederum der Erforschung unseres Unter- grundes geworden, mag hier neben aufrichtigem Danke nochmals zum Ausdruck gebracht werden. Für die mineralogische Abteilung wurde zum Zwecke des Studiums unserer hiesigen Findlinge ein Apparat für Dünnschliffe und ein minera- logisches Mikroskop angeschafft. Der lübeckischen Abteilung konnte mancher interessante Gegenstand sowie belehrende Abbildungen eingefügt werden. In der entomologischen Abteilung wurde das eingegangene, wie bereits erwähnt, sehr umfangreiche Material präpariert und gruppenweise geordnet; auch mit einer Durchbestimmung und Neuordnung der Orthop- teren auf Grund von Kirby, Synonymie Catalogue of Orthoptera der Anfang, gemacht. Die Bibliothek dieser Abteilung wurde durch etwa 150 kleinere und größere Schriften vervollständigt, welche Herr Dr. Struck ihr zum Geschenk machte. In ähnlicher Weise sind wir der Deutschen entomo- logischen Gesellschaft in Berlin zu Dank verpflichtet für freundliche Überlassung der Jahrgänge 1881—1888 ihrer Publikationen, sowie einiger weiteren entomologischen Literatur, über welche das Verzeichnis am Ende des Berichtes Aufschluß gibt. f 143 Ein bedeutendes Material west- und südafrikanischer Spinnen fand in Herrn Embr. Strand einen sachkundigen und fleißigen Bearbeiter, und möchten wir nicht unterlassen, ihm auch hier unseren besonderen Dank für die große Mühe auszusprechen, die er auf unsere Sammlung verwendet hat. Die Krustazeensammlung, das besondere Arbeitsfeld des Konservators, erfuhr im letzten Jahre mannigfachen Zuwachs. Die Lebensweise aus- ländischer Vögel wurde in besserer Weise zu veranschaulichen gesucht durch Neuaufstellungen von Nestern und Vögeln in einem besonderen Schauschranke. Endlich möge noch auf die sechs großen Photographien hingewiesen werden, welche charakteristische Teile des großen austra- lischen Korallenriffs in außerordentlich plastischer Weise zur Anschauung bringen. Die umfangreiche Sammlung der Fische erhielt unter der sorg- fältigen Hand des Herrn Dr. Duncker zahlreiche neue Zugänge. Ein Teil der früheren Bestimmungen wurde von ihm revidiert, auch der Anfang zu einer besonderen Schausammlung durch Farbe, Form und Lebens- weise bemerkenswerter Fische gemacht. Die Vorsteherschaft sieht Herrn Dr. Duncker, der einem Rufe an das Naturhistorische Museum seiner Vaterstadt Hamburg folgt, mit großem Bedauern aus seiner Mitte scheiden. Die Verwaltung des Herbars lag in den sachkundigen Händen des Herrn Öberstabsarzt a. D. Dr. Prahl. Zahlreiche Eingänge der letzten Jahre wurden geordnet und zugleich viele umfangreiche Mappen geteilt. Eine besondere Aufmerksamkeit wandte Herr Dr. Prahl den Moosen zu “ und bereicherte diese Abteilung durch selbst gesammelte Arten aus Schleswig-Holstein. Nach auswärts wurden Verbindungen mit den Her- barien in Kew bei London, Padua und Zürich durch leihweise Über- lassung von Material und Austausch unterhalten. In Verbindung mit der hiesigen Geographischen Gesellschaft wurde das 21. Heft der »Mitteilungen« herausgegeben, enthaltend: Dr. Rud. Struck: Die Frage der Identität der Grundmoränenlandschaft und der Endmoränenlandschatft. Von demselben Verfasser: Die Beziehungen des Limes Saxoniae und des Dannewerkes zur Typographie und Geologie ihrer Umgebung, mit einer Abbildung und einer Karte. Hans Spethmann: Ankylussee und Litorinameer im südwestlichen Östseebecken von der dänischen Grenze bis zur Odermündung, mit zwei Tafeln und einer Karte. An den Sonntagsvorträgen beteiliste sich der Konseryator mit: Naturdenkmäler und deren Schutz, und Herr Lehrer Blohm: Wie wird ein Tier ausgestopft? Das ‚Interesse der Bevölkerung hat sich den 144 Museumsvorträgen in gleich starkem Maße zugewandt wie in den früheren Jahren und wurde außerdem durch Sonderausstellungen, öftere Zeitungs- artikel, in welchen auf Neuerwerbungen und (Geschenke hingewiesen wurde, für das Naturhistorische Museum rege gehalten. Der Besuch war ein guter, auch hiesige und auswärtige Schulen und sonstige Lehranstalten besuchten das Museum und benutzten dasselbe für Zwecke der Belehrung. Wie in früheren Jahren ward auch im verflossenen ein reger wissen- schaftlicher Verkehr mit auswärtigen Instituten, Museen und einzelnen Forschern unterhalten, durch welchen die hier aufbewahrten Objekte der Wissenschaft nutzbar gemacht wurden, bei dem aber auch unserm Natur- historischen Museum, sei es durch Bestimmungen, sei es durch Über- lassung von Doubletten und unserer Sammlung bis dahin fehlender Arten mannigfacher Nutzen erwuchs. Zum Schluß sei nochmals allen Freunden und Förderern, auswärtigen und einheimischen, aufrichtiger Dank ausgesprochen. Die laufenden Einnahmen stellen sich wie folgt: Von der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger TRatiskeit! % 0 ee ee NED r3 0) OR SON Ste SRH mn ahnen > 39,17 M 5889,17 Auswabenyg. ek ee ee 5 » 5878,11 Überschuß M 11,06 An Stelle des aus dem Vorstande ausscheidenden Herrn Oberstabs- arzt Dr. Prahl wurde Herr Dr. Rud. Struck gewählt. Herr Seminar- direktor Dr. Möbusz übernahm den Vorsitz. Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Von Herrn Link: Ein junges Fingertier (Chiromys madagascariensis) in Spiritus, vier Schneidezähne derselben Art, großes Bombyeiden- gespinnst mit Puppen und eine Anzahl Schmetterlinge von Madagaskar. Von Herrn Pastor Langheinrich: Balg eines fliegenden Eichhörnchens (Anomalurus orientalis), ein Nashornvogel (Bycanistes cristatus), eine Anzahl Land- und Meeresschnecken aus Deutsch-Ostafrika. Von Herrn Dr. Struck: Langschwänzige Raubmöyve (Stercorarius cephus), im Sommer 1906 bei Siems erlegt, eine Flußseeschwalbe (Sterna fluviatilis), eine schwarze Seeschwalbe (Hydrochelidon niger) und ein Zwergsteißfuß (Podieeps minor) von der Wakenitz, Sommer 1906. Von Herrn Fr. Peckelhoff: Ein Zaunkönignest und eine Anzahl verschie- dener Eier hiesiger Vögel. Von Herrn Max Hase: Acht Kasten mit Schmetterlingen und anderen Insekten in Tüten und 26 Kasten mit Käfern aus Deutsch-Ostafrika. Von Herrn Konsul L. Jauckens-Santos: Fünf Nester von Beutelstaren und drei Seesterne. Von Frau v. Bernstorf aus Ost-Sumatra: Ein Tiger- und ein Wildschwein- schädel (Sus vittatus). Von Herrn Kurt Harms aus Madagaskar: Ein fliegender Hund und eine Zibetkatze, drei große Meeresschildkröten, zwei große Bälge von Krokodilen und fünf Schlangenhäute. Von Herrn Emst Wache aus Deutsch-Ostafrika: Ein Kronenkranich (Balaearica gibbericeps) und Schädel eines Warzenschweins. Vom Fischereiaufseher Gehl-Travemünde: Ein schwarzfleckiger Steinbutt (Zeugopterus punctatus), im April 1906 in der Travemünder Bucht bei Schwansee gefangen; eine Wasserralle, im Herbst bei der Herrenfähre erlegt. Von Herrn Dr. Joöl: Zwei Aquarienfische. Von Herrn Korvettenkapitän Titus Türk: Ein Kasten mit Schmetterlingen in Tüten aus Westindien. Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Vom Vom Von 146 Herrn K. Diederichs- Eutin: Möven- und Alkeneier sowie der Gyps- abguß eines Eies vom Riesenalk (Alca impennis). Herrn Förster Hoffmann: Zwitter eines Fasans. Herrn Th. Wendt: Konchylien und vier Nautilusschalen von den Salomons-Inseln, Ei eines Kasuars von Neu-Pommern. Herrn Link: Skelett und Balg eines großen Krokodils (CUrocodilus porosus) aus Hinterindien. Frau Willwater-Schlutup: Ein großer Leng (Lota molva), im Januar 1907 in der Travemünder Bucht gefangen. Herrn Wilh. Brehmer-Bangkok: Drei hinterindische Hirschschädel und 15 verschiedene Samen von Ceylon. Herrn Fuchs-Förster-Hamburg: Korallen, Seesterne, Seeigel, eine Anzahl Meeresschnecken von Mozambique und einige Fische von Durban. Herrn Krüger-Cleverhof: Eine Sumpfohreule. Herrn Dr. B.-J.: Eine Birkhuhngruppe mit fünf Jungen, acht ver- schiedene, farbenprächtige, ausländische Vögel, mehrere japanische Kieselschwämme, Alkyonarien, Korallen, Echinodermata und Kon: chylien aus der Sagamibucht, ein altes Lämmergeierweibchen mit geschlagenem Mufflonkitz und ein junger Lämmergeier, Skelett des Spiegelfasans und der Kronentaube, Schädel des zentralasiatischen Bergschafes (Ovis Karelii) aus dem Flußgebiete des Narin, Balg von Capra altaica, 5 jung aus Westsibirien. Herrn Heinrich Thiel: Erratischer Block mit Gletscherschliffen. Herrn L. Mebius-Hamburg: Vier sogenannte Holzblumen. Durch Loranthazeen veranlaßte Schmarotzerbildungen aus Guatemala. Herrn Hans Godtknecht- Kamerun: Balg eines Schimpansen. B. In Tausch erworben: Senckenbergischen Museum: 106 Arten malayischer Landkonchylien. Römer-Museum in Hildesheim: Gipsabguß des in der Nähe von Münster i. W. gefundenen Riesenammoniten (Pachydiscus seppen- radensis). Herrn Apotheker Salchow-Bückeburg: Wealden - Versteinerungen. 147 GC. Angekauft wurden: Von Herrn Lehrer Blohm: Eine alte Saatkrähe, ein Merlinfalke. Vom Museum in Bückeburg: Fußspur eines iguanodonähnlichen Sauriers aus dem Wealden bei Bückeburg. Von Herrn Umlauff- Hamburg: Drei Kieselschwämme, eine Verillia und eine Pennatulide aus Japan. Von Herrn E. Wache: Eine größere Anzahl von Land- und Meerestieren verschiedener Gruppen aus Deutsch: Ostafrika und den südlicher gelegenen Küstenstrichen. Von Herrn H. Meise in Sundwig i. Westf : Schädel und verschiedene Knochen vom Höhlenbären, von der Höhlenhyäne, dem Elefanten, dem Rhinozeros usw. aus der Heinrichshöhle. Der Bibliothek singen zu: I.- Durch Schriftenaustausch: Berlin, Gesellschaft naturforschender Freunde. Berlin, Zoologisches Museum: Mitteilungen Bd. III, Heft 2, Berlin 1905; Bericht 1905. Bonn, Naturhistorischer Verein für das Rheinland und Westfalen: Ver- handl., Jahrg. 1906. Bonn, Niederrheinische Gesellschalt für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- berichte 1905, 2 und 1906, 1. Bremen, Naturwissenschaftlicher Verein: Bd. 18, Heft 2, 1906. Breslau, Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur: 83 Jahresbericht. Colmar i. Els., Naturforschende Gesellschaft: Mitteilungen, Neue Folge, 8. Bd. 1905 —06. Cassel, Verein für Naturkunde: Abhandlungen und Bericht 50. Danzig, Westpreußen: Westpreußisches Provinzialmuseum, 16. amtlicher Bericht. Danzig, Naturforschende Gesellschaft: Schriften, 11. Bd., IV. Heft. Dresden, Naturwissenschaftliche Gesellschaft »Isis«e: Sitzungsberichte und Abhandlungen Juli— Dezember 1905. Frankfurt a. M., Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Bericht 1906. Frankfurt a. d. ©., Naturwissenschaftlicher Verein des Reg.-Bez. Frankfurt: Helios, Bd. 23, 1906. 143 Gießen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Greifswald, Naturwissenschaftlicher Verein für Vorpommern und Rügen, Greifswald, Geographische Gesellschaft: Jahresbericht 1905 — 1906. Güstrow, Verein der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg: Archiv, 60. Jahrg. (1906), 1. Abt. Hamburg, Naturwissenschaftlicher Verein: Verhandlungen, 3. Folge, Nr. 13, 1906. Hamburg, Naturhistorisches Museum: Mitteilungen, Jahrgang 23 (1906). Hamburg, Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung. Hildesheim, Römermuseum. Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein: Schriften, Bd. 13, 2. Königsberg, Physikalisch-ökonomische Gesellschaft: Schriften, 46. Jahrg. (1905). Magdeburg, Museum für Natur- und Heimatkunde: Abhandlungen und Berichte, Bd. I, 2 und 3 (1906). München, Ornithologischer Verein. Nürnberg, Naturhistorische Gesellschaft: XV. Bd., III. Heft 1905. Regensburg, Naturwissenschaftliche Vereinigung: 10. Bericht, 1906. Stuttgart, Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg: Jahres- hefte, 62 Jahrg. Wiesbaden, Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrbuch 59, 1906. Zwickau, Verein für Naturkunde: Jahresbericht 1904 — 1905. Wien, K. K. naturhistorisches Hofmuseum: Annalen, XX. Heft, 1—4. Wien, K. K. zoologisch- botanische Gesellschaft: Verhandlungen Bd. 56, 1906. Prag, Deutscher naturwissenschaftlich - medizinischer Verein: »Lotos« Bd. XXV, 1905. Linz, Museum Franzisko-Karolinum: 64. Jahresbericht, 1906. Budapest, K. ungarisches Nationalmuseum: Annalen Bd. IV, Part. I, 1906. Hermannstadt, Siebenbürgischer Verein für Naturwissenschaften. Basel, Naturforschende Gesellschaft: Schriften, Bd. XIII, 3, 1906. Bern, Naturforschende Gesellschaft: Mitteilungen aus dem Jahre 1906, Nr. 1591—1608. Zürich, Naturforschende Gesellschaft: Neujahrsblatt für 1906. Vierteljahrs- schrift, Jahrg. 51, 1. Wintherthur, Naturwissenschaftliche Gesellschaft: Mitteilungen, Heft 6, 1906. Genf, Societe Helvetique des Sciences naturelles: Compte rendu des Tra- vaux 1903, Actes 88. Session. Amsterdam, K. 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Kapstadt, South African Museum: Vol. IV, Part. VII. Report for 1905. Natal, Government Museum: First Report 1906. Annals Vol. I, 1. II. Angekauft wurden: Hoek, Pyenogonidae (Chall. Exped.). Alcock, Naturalist in Indian Seas. Dumeril, Ichthyologie, 2 Bde. Kölliker, Siphonophoren von Nizza. Marsch, Gigantie Mammals. Klunzinger, Spitz- und Spitzmundkrabben. Knebel, Höhlenkunde. Rosenbusch, Gesteinskunde. Link, Tabellen zur Gesteinskunde. Lankester, Extinet animals. Douglas et Scott, British Hemiptera. Kölliker, Pennatulida (Chall. Exped.). Danielssen, Aleyonida (Norske Nordhavs Exped.). Danielssen und Koren, Pennatulida (Norske Nordhavs Exped.). Kölliker, Alcyonarien. Kirby, A Synonymie Catalogue of Orthoptera, Vol. I. Tümpel, Die Geradflügler Mitteleuropas. Eine größere Anzahl kleinerer Schriften, meist systematischen Inhalts. 151 Die Fortsetzungen von: Das Tierreich. Bronn’s Klassen und Ordnungen des Tierreichs. Zoologische Jahrbücher. Zoologischer Anzeiger. Bibliotheca Zoologica. Zoological Record. Vol. 42, 1905. Notes from the Leyden Museum. Martini und Chemnitz: Konchylien-Kabinett. Nachrichtsblatt der deutschen malakozoologischen Gesellschaft. Entomologische Literaturblätter. Zeitschrift für wissenschaftliche Insektenbiologie. Schmiedeknecht, Ichneumologica. Heyne, Die exotischen Käfer. Spuler, Die Schmetterlinge Europas. Berliner entomologische Zeitschrift. Deutsche entomologische Zeitschrift. Stettiner entomologische Zeitschrift. en 7 n“ 2 BAR ILS ARE I ust9 ERMEr: ad, 3 \ Fey h. j Jalstarisrl “oh” ag unnlrd hans ing s 2 ü Au orihu a d RER örfye a ge: a Oel FERrJIGY rom JR äh gast. sioh & at mar seniklaa-rsıltdenoeH sn ‚rat J ni alas" Tsialdalanıı: H Br N REM iron) ee Ah And "he sa NOCH leerer Pr: kaorıpe. eutrtnollnear sick ION- AORR Ionohte ra 19 YHiDershloman A Hain lomalte Yolikk | Druck von Max Sehmidt in Lübeek. ’ l v R rg an urlinn ER Bi TR 3 eis N Ara, et I Ber Le IF G 13835 G35X NH Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums LÜBECK. Herausgegeben vom Redaktions-Ausschuss. Zweite Reihe. Heft 24. — 5 0 — Lübeck 1910. In Kommission bei R. Friedländer & Sohn-Berlin. 4 Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums LÜBECK. Herausgegeben Redaktions-Ausschuss. Zweite Reihe. Heft 24. Lübeck 1910. In Kommission bei R, Friedländer & Sohn-Berlin. e Inhaltsverzeichnis. Prof. Dr. W. Halbfaß. Der Hemmelsdorfer See bei Lübeck. Mit 2 Tiefen- karten und 1 Abbildung .... . a EEE 12 Dr. Hans Spethmann. Lübeck. Ein landeskundlicher Grundriß . Prof. Dr. P. Friedrich. Beiträge zur Geologie Lübecks. Mit 2 Tafeln und 2 Figuren Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1908 Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1909 Be Versammlungen der Geographischen Gesellschaft vom Oktober 1908 bis April 1910 tern RN Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1908 . Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1909 Mitglieder-Verzeichnis . ; i Verzeichnis der Gesellschaften, Vereine, Redaktionen, mit denen die Geographische Gesellschaft im Schriftenaustausch steht Der Hemmelsdorfer bei Lübeck. Von Prof. Dr. W. Halbfaß in Neuhaldensleben. See POUNAIS MN UMOFL UOA SrumBupmmy USTOSTyAEASOIoUN«T aaa LEN R ‘por oyogf Sep punasutogugp ww :uoyes25 su FIOPSULA UOA 998 AOpIopspatumo Oct Gelegentlich einer Korrespondenz mit dem Landesgeologen Herrn Prof. Dr. Gagel, welcher bekanntlich mit der geologischen Aufnahme in der Gegend in und um Lübeck beschäftigt ist, machte mich dieser Herr auf den Hemmelsdorfer See aufmerksam, über dessen große Tiefe dunkle Gerüchte umgingen und welchen er als eine abgeschnürte kleine aber unverkennbare Föhrde anzusprechen geneigt sei. Selbst zu sehr mit anderen Arbeiten beschäftigt, bat er mich, seine Auslotung bald- möglichst vorzunehmen. Dieser Aufforderung bin ich ’am 3. und 4. Oktober d. J. in Gemeinschaft mit den beiden Studenten ©. Reuter, stud. math. und H. Brüggen, stud. geol., nachgekommen. Den genannten Herren, besonders aber Herrn Professor Dr. Friedrich, der meinen Studien jede mögliche Förderung angedeihen ließ, sage ich für ihre bereitwillige Hilfe an dieser Stelle meinen besten Dank, ebenso Herrn Lehrer Strunck, von welchem die photographische Aufnahme des Sees stammt, Herm stud. Lüttgens, welcher die Diatomeen des im Bodenschlamm befind- lichen Planktons bestimmte, endlich Herrn Fischereipächter Heeren in Hemmelsdorf, welcher meinen Arbeiten nach jeder Richtung hin so erfolgreiche Unterstützung angedeihen ließ, daß sie schon in 2 Tagen im wesentlichen beendet werden konnten. Der See ist von mir keineswegs zum ersten Mal ausgelotet worden. Napoleon I. wollte ihn zu einem Kriegshafen: gestalten und ließ daher in ihm Peilungen ausführen. Eine Urkunde über diese Tatsache konnte mein verehrter Kollege in Lübeck, Herr Prof. Dr. Friedrich, nicht auffinden, möglicherweise ist sie in der 30 bändigen Correspondance de Napoleon I. verborgen, obwohl das Stichwort Hemmelsdorf nicht darin vorzukommen scheint. In den Arbeiten von Dr. Kretzschmar, Staats- archivar von Lübeck und Richter über Napoleons Kanalprojekte in der Zeitschr. des hist. Vereins für Niedersachsen (1906 p. 99. 139), die auf Pausen der französischen Originalkarten beruhen, wurde der See und der Kriegshafen nicht erwähnt. An der Tatsache selbst ist aber nicht zu zweifeln, denn in der ersten Tiefenkarte der Lübecker Bucht »Plan de la baie de Lubeck lev@e par Beautemps-Beaupre, hydrographe de la marine, Membre de l’institut de France, en 1811, publie par ordre du roi — en 1815, im Maßstab 1: 57400 findet sich eine Tiefenkarte des Sees, deren Pause auf meiner Kartentafel abgedruckt ist. Die in dieser Karte angegebene größte Tiefe von 125 pariser Fuß —= 40,7 m steht hinter der von mir gefundenen um etwa 3 m zurück. Der Gedanke Napoleons ist später von anderen Autoren wiederholt in veränderter Form wieder aufgegriffen worden, so von Schröder und Biernatzki, Topographie der Herzogtümer Holstein und Lauenburg usw. 2. Aufl. 1855 p. 5l4 und von einem Anonymus in einer Arbeit »Durchstich der Holsteinischen Landenge zwischen Ostsee und Nordsee, Schleswig 1863«, in welcher er den Gedanken ausspricht, das Land zwischen dem See und der Trave, bevor sie hinter Schwartau den Knick nach Süden macht. zu durchstechen, und so den Landkanal nördlich von Travemünde durch den Hemmelsdorfer See zu leiten. Dieser Arbeit ist eine Karte der Gegend beigefügt, in welcher sich auch eine Tiefenkarte des Sees befindet, die im allgemeinen mit der unseren sich deckt, aber natürlich infolge des weit größeren Maßstabes größere Unebenheiten des Bodens verdeckt. Als größte Tiefe verzeichnet diese Karte 148 Fuß. Sind damit preußische Fuß gemeint, so ergeben sich 46,4 m, d.h. 3 m mehr, als ich gefunden habe. Bei der Verschiedenheit der Fuße braucht man indeß auf die angeführte Zahl keinen besonderen Nachdruck zu legen, dagegen stimmt der Passus auf S.58 »Die kleine Insel hat rings- umher noch eine Wassertiefe von 46 Fuß« mit der Wirklichkeit keines- wegs überein. In einem in meinem Besitz befindlichen »Taschenbuch für Reisende in den Herzogtümern Schleswig, Holstein usw.« 2. Aufl. Altona 1852 ist als größte Tiefe des Sees 129 Fuß angegeben; in dem von der Geographischen Gesellschaft zu Lübeck 1900 herausgegebenen Werk »Die Freie und Hansestadt Lübeck« gibt J. Müller als größte Tiefe des schmalen Südteils 32 m, die der größeren Nordhälfte zu 6 m an. Möglicherweise finden sich in anderen Handbüchern noch andere Tiefenangaben, die wir auf sich beruhen lassen können. Meine Lotungen erfolgten mittelst der bekannten Uleschen Lot- maschine, welche trotz unleugbar vorhandener Mängel immer noch ein sehr handliches und brauchbares Instrument ist, wenn man es nicht mit zu großen und zu tiefen Wasserflächen zu tun hat. Die Fixierung der geloteten Punkte erfolgte durch Zählung der Ruderschläge von einer Lotung bis zur folgenden. Da auf der Karte nicht alle Lotungszahlen bequem Platz finden, so sind die Lotungsergebnisse einiger Querschnitte am Schluß noch besonders aufgeführt worden. Die Karte selbst ist nach dem Meßtischblatt Schwartau auf das doppelte lineare Maß, also auf 1: 12500 vergrößert worden. Die Zahl der Lotungen — 160 — erscheint mit Rücksicht auf die Größe des Sees, ca. 5 qkm, vielleicht gering, doch möge man berücksichtigen, daß der bei weitem größere Teil des Sees nördlich der Insel durchweg sehr flach und sehr eben ist, sodaß hier Lotungen in großem Abstand von einander völlig ausreichend erscheinen, um die Configuration des Seebodens festzustellen. 7 Der See zerfällt morphologisch in zwei getrennte Hälften, von denen die bei weitem größere nördliche Hälfte (etwa °/r), die sich in der Richtung Nordost-Südwest erstreckt, durchweg: sehr flach ist, während das kleinere südliche nordsüdlich verlaufende Stück bedeutend tiefer wird und etwa in seiner Mitte die sehr beträchtliche Tiefe von 43,6 m erreicht. Naclı An- gabe des Herrn Heeren besaß der See, als wir ihn ausloteten, etwa seinen mittleren Wasserstand, dessen Niveau nach den Angaben des Meßtischblattes 0,2 m unter dem der Ostsee steht. Da der See einen Ab- fluß zur Ostsee hat, der durch zwei einfache Klappschleusen nur zugesetzt wird, um bei starkem anlandigem Wind das Eindringen des brakigen ÖOstseewassers in den See nach Möglichkeit zu verhindern, so kann sich jene Angabe nur auf das N.N. des Swinemünder Pegels beziehen, da ja die Ostsee im ganzen ein Gefälle von der Nordsee her besitzt. Der tiefste Punkt des Hemmelsdorfer Sees liegt also unter normalen Verhältnissen rund 44 m unter dem Spiegel der Ostsee bei Swinemünde. Der See ist also eine ausgesprochene Kryptodepression und zugleich die stärkste, die bis jetzt auf deutschem Boden bekannt geworden ist. Die Zahl der Kryptodepressionen in Holstein ist nicht ganz gering, es gehören dazu der große und kleine Plönersee, der Schlünsee, Behlersee, Dieksee, Schöhsee, Trammersee, Kellersee und Suhrersee, dagegen ist der Salentersee, der bisher meist dazu gerechnet wurde, keine Kryptodepression, denn seine größte Tiefe — nach meinen Lotungen 34 m — liegt noch 3 m über dem Spiegel der Ostsee. Im Lauenburgischen rechnen der Ratzeburger und der Schaalsee hierher, wahrscheinlich aber noch mehr Seen; ebenso wird sich die Zahl der Kryptodepressionen in Holstein sicher noch größer herausstellen, sobald erst die Tiefenverhältnisse der holsteinischen Seen besser bekannt sein wird. In Mecklenburg gehört der Schwerinersee hierher, vielleicht noch mehrere, in Pommern der Madüsee, in Brandenburg der Schermützelsee, Werbellinsee und großer Stechlinsee, wahrscheinlich ist aber ihre Zahl damit noch nicht erschöpft; an der Grenze von Hinterpommern und Westpreußen ist noch der Zarnowitzersee eine deutlich ausgeprägte Kryptodepression. Von allen genannten Seen hat nur noch der zuletzt genannte geomorphologisch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Hemmelsdorfer See, denn er wird gleich diesem nur durch eine verhältnismäßig schmale sehr niedrige Landzone von der Ostsee getrennt. Auf die Unterschiede der Breite dieser Landzonen (Zarnowitzersee 4 km, Hemmelsdorfer See 1,2 km) lege ich kein Gewicht, ist doch auch ersterer fast dreimal so groß als letzterer, aber im übrigen weichen beide Seen morphologisch sehr von einander ab. Der Zarnowitzersee hat eine ausgesprochene einheit- liche Längsrichtung NNW-—-SSE, sein Becken bildet eine sehr gleich- mäßise Mulde, deren gıößte Tiefe ziemlich in der Mitte liegt und im Verhältuis zum großen Umfang des Sees doch nur unbedeutend ) ist (16,5 m), seine Ufer erheben sich im Südwesten bis 50 m über sein Niveau und sind auch sonst an vielen Stellen ziemlich steil. Damit vergleiche man die Gestalt und die Tiefenkarte unseres Sees, dessen Ufer nirgends eine Maximalhöhe von 10 —14 m überschreiten, zum srößeren Teil aber weit flacher sind. !) Ohne mich an dieser Stelle auf die schwierige Frage nach der Ent- stehung des Zarnowitzer Sees einlassen zu wollen, scheint mir die durch die Lotungen entschleierte Bodenkonfisuration des Hemmelsdorfer Sees die Gagelsche Vermutung voll zu bestätigen, daß wir in ihm eine noch gänzlich ungelöste Föhrde vor uns haben, die in gleiche Reihe mit den zahlreichen anderen Föhrden an der Ostküste von Schleswig und Jütland steht, nur mit dem morphologischen Unterschied, daß deren Tiefen- verhältnisse infolge der längeren unmittelbaren Verbindung mit dem Meer sich einfacher gestalten und vor allen Dingen die Tiefen selbst bedeutend geringer sind als beim Hemmelsdorfer See, dessen Boden sozusagen durch die Landenge zwischen ihm und dem Meer von den Wogen des Ozeans konserviert wurde Die Tiefen der ostschleswigschen Föhrden gehen nirgends über 36 m (Apenrader Föhrde) hinaus, die ostjütischen sind noch bedeutend flacher. Die tiefste Stelle der Lübecker Bucht scheint 27 m nicht zu über- steigen, in der ganzen Ostsee bis zum Ende des Kattegat und bis zur Enge zwischen Rügen und Schweden, also auf eine recht große Entfernung hin erreicht nur eine Stelle im großen Belt eine größere Tiefe als der Hemmelsdorfer See, dessen Kryptodepression also als eine sehr bemerkens- werte morphologische Erscheinung zu bezeichnen ist. Da der Boden der heutigen Ostsee als ein verhältnismäßig sehr junges Gebilde anzusprechen ist, das namentlich in seiner Westhälfte noch postglazialen Änderungen unterworfen gewesen zu sein scheint, so steht die Tatsache, daß der Hemmelsdorfer See eine erhebliche Kryptodepression ist, der Hypothese durchaus nicht hinderlich im Wege, daß derselbe eine der vielen sub- glazialen Erosionsrinnen gewesen ist, durch welches sich die Abflüsse des großen Inlandeises Bahn gebrochen haben und daß die Hebung des nördlichen Teiles des Sees und des umliegenden Gebietes der Ostsee erst bedeutend später erfolgt ist, als die Bildung der Abflußrinne selbst. Die Endmoräne im Hintergrund des Sees, das sog. Hohe Lied mit dem 53 m über dem See sich erhebenden Rühberg ist auf der beigegebenen photo- !) Der Güte des Herrn Dr. Seligo in Danzig verdanke ich die Einsicht in die bisher noch nicht publizierte Tiefenkarte des Zarnowitzer Sees. Kulturhistorisch interessant ist die Tatsache, daß auch dieser See die Idee eines Kriegshafens wach- gerufen hat. Paul Lehmann schreibt am Schlusse seiner Abhandlung: Das Küsten- gebiet Hinterpommerns (Zeitschr. der Ges. für Erdk. zu Berlin Bd. 19, 1884) in einer Anm. zu 8.404: »Der Zarnowitzer See bildet mit seiner schnell abfallenden bedeutenden Tiefe ein Bassin, in welchem eine ganze Flotte von Kriegsschiffen Raum fände«. 9 graphischen Abbildung deutlich sichtbar. Irgend ein Zusammenhang existiert unzweifelhaft zwischen den Förden in Ostschleswig und Ostjüt- land und den gewaltigen Fjordbildungen an der Westküste Norwegens und Schottlands, an der Ostküste des nordamerikanischen Festlands, an der Andenküste Südamerikas und an der Südinsel von Neuseeland, nur, daß diese Flußtäler folgen, welche aus einer ungleich früheren Zeit stammen. Wenn uns die gewaltigen Tiefen im Hintergrund der Fjords imponieren (siehe den Aufsatz von Dinse, über die Fjordbildungen, in der Zeit- schrift der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin Bd. 29, 1894 Nr. 3), so dürfen wir nicht vergessen, ihre Größenverhältnisse in Beziehung zu den Tiefen zu setzen. Der Sognefjord erreicht allerdings eine Tiefe von 1240 m, aber auch eine Länge von 187 km, das ergibt ein Verhältnis von 1:150, beim Hemmelsdorfer See ist das Verhältnis 1:130, also noch etwas günstiger. Beim Hemmelsdorfer See liest die größte Tiefe von 43,6 m etwa 1100 m vom Südende, dagegen 6 km vom Nordende — den Talweg gerechnet — entternt. Eine Tiefe von 40 m kommt noch einmal süd- lieh von der tiefsten Stelle vor. Beide Einsenkungen sind durch einen höheren Rücken deutlich von einander getrennt, sie befinden sich ziem- lieh genau in der Mitte zwischen dem westlichen und östlichen Ufer des Sees. Nach dem Südende senkt sich sein Boden schneller zur Tiefe, als nach dem Nordende des Südteils südlich von der Insel, welcher Teil noch einige Lotungsreihen hätte vertragen können. Besonders ausgeprägte Strandterrassen habe ich nicht bemerkt, doch ist es möglich, daß die große Sturmflut des Jahres 1872, welche bis auf eine Höhe von mehr als 4 m den See und seine Ufer überflutet hatte — ein Denkstein im Dorfe Hemmelsdorf erinnert daran — erhebliche Zerstörungen der Ufer herbeigeführt hat. Der Boden des Sees besteht in seiner größeren Nordhälfte durchweg aus Geschiebelehm, der an den meisten Stellen mit reichem Pflanzenwuchs besät ist, nur an der Nordost- küste scheinen größere Partien frei vom Pflanzenwuchs zu sein. Selbst- verständlich förderten die heraufgebrachten Bodenproben auch reichlich Pflanzendetritus zu Tage, der an den tiefsten Stellen des Sees stark nach Schwefelwasserstoff roch infolge der in diesen lochartigen Stellen unge- nügenden Anreicherung des Wassers mit Sauerstoff. Kleinere und größere Blöcke kann man natürlich nur im seichteren Teil zahlreich zerstreut finden, hervorragend große scheinen nicht vorzukommen. Die Insel, deren Boden bis auf eine kleine Erhebung durchweg aus Schlick besteht, steht bei höherem Wasserstand fast ganz unter Wasser. Ver- schiedene Obstbäume, darunter ein reichlich tragender Birnbaum, deuten darauf hin, daß sie früher wenigstens zeitweilig bewohnt gewesen sein mag. Das Land zwischen den beiden Ausflüssen, die sich in der Mitte zwischen dem See und der Ostsee vereinigen, erhebt sich nur wenige 10 Dezimeter über dem Niveau des Wassers, es ist z. T. schon stark in Vertorfung begriffen, wie die Uferwände des Ausflusses beweisen. Da der See so gut wie keine Zuflüsse besitzt, so muß er natürlich, abgesehen von den Niederschlägen, die ihn selbst treffen, in der Hauptsache, wie so manche andere Seen Ostholsteins, durch Grundwasser gespeist werden. Die Sichttiefe der Liburnau’schen Scheibe betrug etwa 3 m, Temperatur- messungen und Untersuchungen des Wassers habe ich nicht vorgenommen, dagegen habe ich mit besonderer Unterstützung des Herrn stud. ©. Reuter mittelst des Endrös’schen Zeigerlimnimeters (Beschreibung in Petermann’s Geogr. Mitt. 1904, 12) am Südende des Sees Seichesbeobachtungen an- stellen können, der Natur des benutzten Instruments entsprechend natür- lich nicht in vollkommen exakter Weise. Aus den beinahe zwei Stunden hindurch fortsesetzten Beobachtungen ergab sich eine Hauptschwinguns von rund 32 Minuten. Herr Reallehrer Dr. Endrös in Traunstein, durch seine Arbeiten über Seiches in den Alpenseen rühmlichst bekannt, berechnete auf meine Bitte nach der jetzt allgemein angenommenen hydrodynamischen Theorie von Prof. Chrystal in Edinburgh die Dauer der Hauptschwingung und fand dafür 20—25 Minuten, also erheblich weniger, als die Beobachtung ergab. Die Erklärung hierfür muß ich Herrn Dr. Endrös überlassen. Die wichtigsten morphometrischen Daten stellt folgende kleine Tabelle zusammen: Meereshöhe | Größte Tiere Mittl. Tiefe | Areal | Umfang Mittl. Volumen | | ee m | m m | qkm | Ba IE EuE on SE | Ns nes RIFF | eg 272 —. (9 | 43,6 6 | 5 10,3 ME 230 Lotungsergebnisse folgender Querschnitte AB. Nach je 10 Ruderschlägen: ae ale ee 2 Be ale alla alo- 33 295 22: 1 18,5: 0172; 155 1055717: 5,2; DIT DERINachNjes10r Schlägen: 27 gnachwe 15 Schlägen: 3; 7,5; 9,5; 12; 13,5; 14; 15,5; 22; 28; nach je 10 Schlägen: 23, Has alla les 1a, 1a 2m, Über die Ergebnisse seiner Diatomeenbestimmungen teilte mir Herr cand. rer. nat. Lüttgens-Kiel folgendes mit. 11 Bestimmung von Diatomeen aus dem Hemmelsdorfer See. Die mir zur Diatomeenbestimmung zur Verfügung gestellten drei Grundproben aus dem Hemmelsdorfer See stammen aus folgenden Tiefen: I aus 2 m Tiefe, im nordöstlichen Teil des Sees, II aus 4m » nördlich von Wilmsdorf, II aus 43 m » im südlichen Teil des Sees. Von jeder Probe wurden zunächst 5 Präparate angefertigt und durch- sucht. Das Resultat ist die folgende Tabelle. Bei der Bestimmung standen mir zur Verfügung :an Diatomeen- werken: Hustedt, Süßwasser-Diatomeen Deutschlands 1909, Karsten, Diatomeen der Kieler Bucht 1899, Kützing, die kieselschaligen Bacillarien oder Diatomeen 1865, Rabenhorst, Süßwasser-Diatomaceen 1853, Schmidt, Atlas der Diatomeenkunde 1874—-1906, Schönfeldt, Diatomaceae Germaniae, Smith, Synopsis of the British Diatomaceae 1853 —56. Da es nicht genügte, allein die vorkommenden Arten anzugeben, sondern es unbedingt erforderlich war, über das zahlenmäßige Auftreten einen Überblick zu gewinnen, wurden noch von jeder Probe 12—15 Prä- parate hergestellt und untersucht. Eine besondere Aufmerksamkeit galt den in Probe III auftretenden Brack- und Meerwasserformen. Ein in der Tabelle vorkommendes »s« bedeutet selten, ein »h« häufig. Dauerpräparate sind auf folgende Weise angefertigt. Die Proben wurden in einer Mischung von Schwefelsäure und Kaliumbichromat gekocht, dann ausgewaschen, in Kalilauge gekocht und schließlich mit Salpetersäure mutralisiert, nach abermaligem Auswaschen gesiebt durch Gazesieb No. 6 und dann durch Gazesieb No. 21. Das gereiniste Mate- rial wurde in Styraxbenzol eingeschlossen. Einige dieser Präparate werden dem Naturhistorischen Museum zu Lübeck eingesandt werden. Das bemerkenswerteste Ergebnis der Diatomeenuntersuchung ist der Nachweis einer verhältnismäßig großen Zahl von gut erhaltenen und z. T. in zahlreichen Exemplaren vorhandenen Brackwasserformen aus der Tiefe von 43 m (Probe III. Daraus dürfen wir wohl den Schluß ziehen, daß die größeren Tiefen des Sees brackiges Wasser enthalten und daß die Brackwasserdiatomeen vielleicht als Relikte der salzreichen Litorinasee hier weiter leben. K. Lüttgens, cand. rer. nat. 12 Vorkommen | | I H III Meerwasser Melosira distans Kütz. . S. >< >» arenaria Moore . S. DB HE Öyclotella operculata Kütz. . S. Br. x Dentieula tenuis Kütz. S. SHE Meridion circulare Ag. S. x Diatoma vulgare nn S. > x > > r. grande rn \ S. x es Ne S. Br. x Fragilaria capucina Desm. . S. >< construens Grun. S. x Synedra affınis Kütz. S. Br. DL Eunotia pectinalis Kütz. . S. x x Pleurosigma spec. ? . a X Bruchstück delicatulum w. Gm. . Br. In Gyrosigma acuminatum Kütz. S. x strigile W. Sm. . Br. x Kützingii Grun. S. x tenulissimum W. Sm. . Br. M. x Navicula gregarıa Dontez. . Br. x cuspidata Kütz. 3 S. EIS rhynchocephala Kütz. . S. > viridula Kütz. S. Br. x > radiosa Kütz. S. >< N peregrina Ehrbg. Br. x N salinarum Grun. Br. x x cancellata Dontz. . Br. M. X > oblonga Kütz. S. Br. X >< » maior Kütz. . S. In 2< > viridis Nitsch. S. x gentilis Dontz. . S. x Pleurostauron acutum W. Gm. S. >< Gomphonema acuminatum Ehrbg. S. x > constrietum Ehrbg. . . S. x Rhoicosphemia curvata (Kütz.) Grun. Bin | ax Eh Cymbella ceuspidata Kütz. S. | x » cymbiformis Ehrbg. S. | x » helvetica Kütz. S. | x » leptoceras Grun. S. s x » naviculiformis N ; S. >< 63 verschiedene Arten sind gefunden. ee | Vorkommen | edler I 11 | Meerwasser Cymbella ventrieosa Kütz. = S. | Epithemia turgida Kütz. . . . . | S. In I< | Im DT | » var. Westermanni az osbr) "| x » Sons IK 4 00 5 8 | 8 h X ArsuspRützı Br | S. > SEX | ocellatankütz ae S. x » ZebrawRüizeESTBr | » einberular Kütz. 2... || "8. Br. x Rhopalodia gibba Kütz. ...... | 8. Br. x > » var. ventricosa Kütz. .. | S. Br. Amphora Proteus Greg. ...... | Br M. | ovalen Fr lu IS. Be: | 0% x » commutata Grun. . . . . | Br. | Bacillaria paradoxa Gmel. iv Be Nitzschia thermalis Grun. . . = Sabre | x » sigmoidea W. Sm. . . . S. la. X » vermicularis Hantzsch. |) S. 3% | 8 X gracilis Hantzsch. . . | S. » Paleaakützr ; 2... Sl, uS:+Br. x Cymatopleura elliptica Breb. . . . . | S. x » var. ovata Grun. . . . | S. x Surinella biseriata var. bifrens Kütz. DER EX > saxonica Auerswald . | S. x dentata Schumann .... | 8S.Br | X > » Capronii Breb. | 8. Br >£ > > spralis Külzı 00 | S. | sälsene Clypeus Ehrhg. . . . | Br. 3 x » Echineis Ehrbg. . . | Br. M. x Im 3X bicostatus W. Sm... . | Br. x hibernieus Ehrbg. . . | 8.Br. | X Zusammenstellung. | S. | S. Br. | Br. on . | Summe I 187.) | “ 29 I 16 | | ae 32 DEE 9 | = | 5 | i ar II SiS RS RER £ u mike i 2 1a a; 1 er 4 AusAluls Karte 3 ‚Ausfluls des Hemmelsdorfer Sees im Majsstab 1:12500 mu ms Ho mas wasum 0 m 20 wu m pe zieh Tiefenangaben m Metern. Hernmelsdor’f‘ / % Standpunkt für die / ‚hotogranhische Aufnahme Karte des Sees mil den durch Napoleon |. veranlalsten Lotungen. Ungefährer Ma/sstab 1164000. Tiefenangaben in Französischen Fulsen. Ansriser Fuls- 0325 m. Lübeck. Ein landeskundlieher Grundriß von Dr. Hans Spethmann. < 5 — [el Vorbemerkung. Vor fast zwei Jahrzehnten sind die letzten landeskundlichen Dar- stellungen über Lübeck, ein von der lübischen geographischen Gesellschaft herausgegebenes Sammelwerk und ein von H. Lenz verfaßtes Buch der Öffentlichkeit übergeben worden. Mannigfache Fortschritte sind seitdem auf allen Zweigen der geographischen Wissenschaft zu verzeichnen ge- wesen, nicht nur hat der Beobachtungsschatz eine Bereicherung um wert- volles Material erfahren, sondern auch in den Auffassungen der Tat: sachen haben durchgreifende Änderungen dank der Erweiterung der Kenntnisse Platz gegriffen. Deshalb bietet die vorliegende kleine Landes- kunde im Vergleich mit den beiden älteren ein neues Bild. In ihm sind nur die Grundlinien gezeichnet. Der Autor hat sich auf das Notwendigste beschränkt und alle Abschnitte möglichst gleich- mäßig zu behandeln gesucht. Er hofft, später einmal eine gemeinfaßliche Geographie von Lübeck selbständig erscheinen zu lassen, die stark erweitert ist, namentlich in dem morphologischen Teil, und die auch ein Kapitel über die historische Entwicklung der geographischen Kenntnis bringen soll wie eins über die Aufgaben, die noch der Lösung harren. Gleichfalls mußte die Würdigung des Grundwassers, über das vielerlei Neues zu sagen wäre, hinausgeschoben werden, da der Verfasser seine thermischen Beobachtungen au den artesischen Quellen noch nicht durchgeführt hat. Als die folgenden Ausführungen bereits unter der Presse waren, brachte das zweite Heft des zweiten Teiles vom 30. Band des Jahrbuches der königlich preußischen geologischen Landesanstalt unter dem Titel »Zur Geologie Schleswig-Holsteins» einen Aufsatz aus der Feder des um die Erklärung der Umgebung Lübecks so verdienten Ü. Gagel. Die Schrift kam zu spät, um noch benutzt werden zu können. Sie beschäftigt sich in ihrem ganzen zweiten Teil und vielfach auch in der ersten Hälfte mit dem hier behandelten Gebiet und wendet sich m einem ungewöhnlich scharfen Ton gegen K. Olbricht, P. Friedrich und den Autor vorstehender Zeilen. Jeden, der sich in den strittigen Fragen, soweit sie sich auf Lübeck und sein Umland beziehen, ein eigenes Urteil formen will, bitte ich, zum Vergleich den Aufsatz des Unterzeichneten: »Der zweite Teil von (. Gagels Arbeit: Zur Geologie Schleswig-Holsteins« einsehen zu wollen, der dem- nächst im laufenden Band vom Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie erscheint. Kiel, Ausgang Januar 1910. Hans Spethmann. änshkanliet: get. Hörrttier ah all HN A. Das Land. Ki IESDerzzeologische Aufbaus gr a 6 TI Mospholdgie, lei cin höre era a a Te: TISEDIiELGewärBexuern zu re EIEESIE EEE IE Er rel IY. DasıKlimanl4. 408 Degen later one arraen » 19 Vesabflanzen-sundeHyer welt NE B. Die Bevölkerung. 1. "Siedelang und! Verkehr. a UT II. Handel und \Wartschatt eg ar er ee Einwohnerzahl x0...2. a sn ee a > Es ist in geographischen Darstellungen oft zu lesen, daß Lübeck im südwestlichen Winkel der Ostsee gelegen ist. So richtig die Tatsache ist, so hebt sie doch nicht entfernt derart das Bezeichnende in der Position hervor wie drei negative Merkmale. Lübeck liegt weder da, wo die Ostsee am tiefsten südwärts in das umgebende Land dringt wie im Stettiner Haff, noch dorten, wo sie am weitesten nach Westen reicht und der Nordsee am nächsten kommt wie bei Schleswig oder künstlich bei Kiel, noch an einer Stelle, wo sich ein größerer Strom wie etwa die Oder in das baltische Meer ergießt. Diese drei verneinenden Kennzeichen formen die anthropogeographischen Verhältnisse Lübecks nach jeder Richtung hin, so daß Siedelungen und Verkehr, Handel und Wirtschaft ohne jene Gesichtspunkte gar nicht zutreffend erfaßt werden können. Anders schaut das Bild der Lage Lübecks aus, wenn man es vom Standpunkt des physischen Geographen betrachtet. Dann ist Lübeck am Südrand jener Wassermasse zu finden, die vom atlantischen Ozean aus in den Norden des europäischen Kontinents hineingreift und sich bis nach St. Petersburg und Haparanda hinzieht, und zwar gerade dort, wo ein Teil der südlichen Uferzone in Gestalt der cimbrischen Halbinsel einen Ausläufer nach Norden streckt und nach Westen zu Land vorlagert. Dieser Eigentümlichkeit entwurzeln die Grundzüge von Lübecks Physio- graphie, Klima und See, bei denen aber auch jene zuerst gewürdigten drei Charaktereigenschaften immer wieder hindurchschimmern, so daß sie bei einer Gesamtmusterung der Lage Lübecks in den Vordergrund zu rücken waren. Betrachtet man Lübeck nunmehr näher, so erkennt man sofort, wie der lübische Staat in eine Stadt und in ein Land Lübeck zerfällt, die vereint nur 297,7 qkm decken, so daß Lübeck mit dem noch kleineren (Gemeinwesen Bremen die letzte Größenstelle unter den deutschen Bundes- staaten einnimmt. Sein Areal ist keine einheitliche Fläche, sondern fügt sich aus verschiedenen Teilstücken zusammen, aus einem größten, Südwest— Nordost gerichteten Streifen, in dessen Mitte sich die Hansestadt erhebt, und aus 9 Enklaven, die bis zu einer Entfernung von fast 22 km im Norden und Süden des Kernstückes ruhen. !) !) Eine gute Darstellung der Entwicklung des territorialen Besitzes bringt J. Hartwig, Die Rechtsverhältnisse des ländlichen Grundbesitzes im Gebiet der freien und Hansestadt Lübeck. Zeitschr. Ver. lüb. Gesch. u. Altertumsk., IX, 2. Lübeck 1908. 20 Es hieße ein verzerrtes landeskundliches Bild von Lübeck entwerfen, wenn man sich an diese politischen Grenzen anklammern wollte, da sie sich nicht streng an irgend eine Bodenform oder an einen Fluß oder an ein anderes geographisches Merkmal halten. Es muß daher die folgende Darstellung bei der Entrollung der einzelnen Gesichtspunkte bald weiter ausgreifen, bald sich in engerem Kreise bewegen, um Naturtreue zu bewahren. A. Das Land. I. Der geologische Aufbau. Das heutige Lübeck breitet sich gänzlich auf quartärem Boden aus, da nirgends in ihm das Tertiär zu Tage tritt. Der tiefste geologische Horizont unter ihm ist nach dem gegenwärtigen Stande der Kenntnis das Paleocän, das Friedrich im Anschluß an die grundlegenden Unter- suchungen Gagels in Holstein und Lauenburg auch unter Lübeck fest- stellte.) Oligocän, Miocän und Pliocän scheinen ebenfalls unter der Hansestadt zu lagern, doch ist ihr Auftreten und ihre gegenseitige Trennung teilweise noch recht problematisch. Neben einer allgemeinen Verbreitung zeichnet sich das Tertiär durch seine große Mächtigkeit aus, die etwa 300—400 m einnimmt, der gegen- über das zeitlich viel kürzere Quartär im Durchschnitt nur 20—50 m erreicht, in Ausnahmefällen aber sogar 250 m überschreitet, wie aus den zahlreichen Bohrprofilen erhellt, die Friedrich seit Jahren unermüdlich gesammelt hat und die ein willkommenes Material zur Auswertung bieten. Das Quartär legt sich über eine reife Landschaft, die sich heute unter dem Meeresspiegel ausdehnt. Sein größter Teil besteht aus Diluvium, das in Gestalt mächtiger Geschiebemergelbänke mit eingeschalteten Sanden und Tonen verkörpert wird. Diese Bildungen stellen keinen einheitlichen Komplex dar, sondern gestatten eine Zwiespaltung. Soweit sind die Ansichten übereinstimmend, doch schwanken die Meinungen über die Art der Auftei- lung, indem €. Gagel im Süden der Mulde einen »unteren« Geschiebemergel annimmt, der unter der weiteren Umgebung der Stadt Lübeck nicht mehr in seiner ursprünglichen Lagerung vorhanden ist, sondern von einem jün- !) P. Friedrich, Der geologische Aufbau der Stadt Lübeck und ihrer Um- gebung. Lübeck 1909. Vel. dazu meine eingehende Besprechung im Globus, Bd. 96. S. 143. Braunschweig 1909. 21 geren »oberen« Geschiebemergel aufgearbeitet wurde, welch letzterer fast überall die Oberfläche, soweit sie aus Grundmoräne besteht, auskleidet. !) Demgegenüber vertritt der Verfasser vorliegender Zeilen eine andere Anschauung. Im Süden der Mulde läßt sich in der Tat eine Zweiteilung des Geschiebemergels unschwer durchführen. Doch ist der »untere« weiter im Norden, unter der Mulde, nicht nachträglich zerstört worden, sondern ist daselbst nie vorhanden gewesen und hat dort, wo er heute aufhört, auch seine ursprüngliche Grenze besessen. Fr stammt wahrscheinlich aus einer Still- standsphase des Eises südlich der Elbe, nimmt allmählich mehr und mehr — mit mancherlei Variationen — an Mächtigkeit ab, um schließlich ganz zu schwinden in derselben Art, wie neuere Bohrungen in alpinen Glet- schern ein Auskeilen der Grundmoräne in nicht allzu großer Entfernung vom Gletscherrande feststellten und statt ihrer ein Gebiet der Abtragung vorfanden, oder in ähnlicher Weise, wie im Eiszeitalter eine Auffüllung von Gesteinsschutt nur in der Randzone- geschah, wo die ausräumende Kraft des Eises erlahmte, weiter gletschereinwärts aber eine intensive Exaration wirkte. Über diesen tieferen Geschiebemergel im Süden der Mulde legt sich der höhere, der nach Norden zu allmählich in ein immer tieferes Niveau rückt, um schließlich in der Ostsee, wie aus Grundwasserbeobachtungen hervorgeht, auszukeilen, und der somit das Bild des »unteren« Geschiebe- mergels im Süden der Mulde wiederholt. Auch dieser »oberes wird wieder von einem jüngeren (reschiebemergel überlagert, der im Norden der Mulde einsetzt und am Brodtener Ufer seine übermeerische Grenze findet, so daß sich bei Lübeck drei Bänke von Geschiebemergel nach und nach aufeinander legen, nordwärts einfallen und allmählich an Mächtigkeit abnehmen oder gänzlich auskeilen. Nach dieser, an anderer Stelle?) in einem Diagramm veranschaulichten Auffassung ist es vorläufig unmöglich, organische Reste führende Ablagerungen zwischen Grund- moränen in der weiteren Umgebung Lübecks, wie z. B. bei Oldesloe, sicher als interglazial zu bezeichnen. Erst wenn tiefgehende, in die Bewegungsrichtung des Eises gelegte Aufrisse auf größere Erstreckung hin vorliegen, kann derartigen Aufgaben näher getreten werden. Die neuen Problemstellungen im Aufbau des Quartärs entwuchsen fortschreitender Erkenntnis in den Oberflächenformen, vor allem aus neuen Ansichten über die große Frage, zu deren Beantwortung die nähere Um- gebung Lübecks so handgreiflich herausfordert, über die Entstehung der Lübecker Mulde. ı) C. Gagel, Einige Bemerkungen über die obere Grundmoräne in Lauenburg. Jahrb. preuß. geol. Landesanstalt. Bd. 24. Berlin 1903. :, H. Spethmann, Die physiographischen Grundzüge der Lübecker Mulde, Globus Bd. 96, S. 311ff. Braunschweig 1909. IH. Morphologie. Wohin ein Wanderer sich auch vom Weichbild der Stadt begeben mag, in jeder Richtung wird ihn der Weg in ein höheres Gelände führen. Gen Süden erreicht er die anmutige Landschaft, die den Ratzeburger See umrahmt und die mitunter an Scenerien Mitteldeutschlands erinnert, im Norden blickt er gar bald auf den Pariner Berg und seine benachbarten Rücken, oder der Riesebusch und die Wälder Waldhusens schauen zu ihm herab. Die Landstrasse nach Brandenbaum bietet nach kurzem Wege Aussichten auf die Erhebungen bei Utecht, die nach Schlutup zeigt das hohe Selmsdorf und den Igelberg. Nicht anders ist es im Osten, nach Reinfeld oder Curau müssen wir bergan steigen. Die nähere Umgebung Lübecks liegt also im Vergleich zu ihrem Umland tief, sie verkörpert mit ihrer unmittelbaren Einfassung die Lübecker Mulde. Ihre Grenzen decken sich ungefähr mit der 20 m Isohypse, die aus der Gegend von Schlutup nach Lüdersdorf und Schattin läuft, von wo sie über Groß-Grönau beinahe Reinfeld erreicht. Unweit von diesem biegt sie nach Nordosten, um sich über Groß-Steinrade und Stockelsdorf nach Schwartau zu wenden. Das Hohelied und der Südrand des Forstes Hohemeile führen sie wieder nach Schlutup. Die umspannte Fläche, die nach einer fünffachen polarplanimetarischen Ausmessung 245, 4 qkm enthält,') neigt sich in ihrer Höhenlage sanft von Süden nach Norden. So erzielen nur wenige Punkte in dem in ihrem Norden gelegenen Lauerholz 10 m; das Forsthaus Rittbrok wie die Forst- halle bei Israelsdorf erheben sich nur 7,50 m über den Meeresspiegel, während südlich der Hansestadt lediglich die engere Nachbarschaft der Flüsse und größeren Bäche von einem so niedrigen Gelände begleitet wird. Das Relief der Mulde ist wenig entwickelt. Weithm ist das Terrain geradezu tischplatt, wie bei Büssau und nördlich von Blankensee oder östlich von Marli oder zwischen Buntekuh und Neuhof. Hin und wieder stellen sich einige flache Bodenwellen ein, so namentlich an der Randzone der Mulde, wo sie häufig NO-SW gerichtet sind. Nur in der Nähe der Flüsse, !) In einer früheren Arbeit von mir (Centralblatt für Min. Geol. und Paläontologie Jg. 1907, Stuttgart 1907) steht infolge eines mir unerklärlichen Irrtums 12 Quadratmeilen. Bei den planimetarischen Ausmessungen wurden größere tal- artige Ausstülpungen, die nicht zum Charakter der Mulde gehören, unberück- sichtigt gelassen, wie z. B. bei Bliestorf oder nördlich von Stockelsdorf. Die — übrigens unbeträchtliche — Fläche der Inseln, wie beim Blanken- see, wurde dagegen abgezogen. Die Mittelwerte für die einzelnen Meßtisch- blätter, die der Rechnung zu Grunde lagen, waren bei einem Eichungskoeffizienten von 140 — 1 qkm folgende: Blatt Crummesse 4182, Hamberge 8179, Ratze- burg 3279, Lübeck 13054, Schwartau nebst Curau 5363. 25 die die Mulde durchziehen, der Trave, Steeknitz und Wakenitz, schwindet die Formenarmut und wird die Physiognomie der Landschaft belebter, denn die Gewässer bewegen sich nicht auf dem Boden der Mulde, sondern stets etwas tiefer, so daß sie beiderseits von kleinen Steilufern umsäumt werden. In gleicher Weise ruht auch der Stadthügel, der sich in seiner Höhenlage nicht auffallend vom Boden der Mulde abhebt, an der Seite zweier Gerinne. Einen weit anderen Formenschatz trägt das Umland der Mulde, das im allgemeinen 40—60 m Höhe wahrt. Rinnen und Rücken wechseln in ihm regellos mit Kesseln und Kuppen ab; weich geformte Wälle um- fassen sich windende Täler oder beherbergen Seen und Sölle, so daß in der Landschaft oft ein Ausdruck freudiger Erregung wohnt. Hin und wieder ist aber auch hier, namentlich im Norden der Mulde, die Ober- fläche formenarm und nur von sanften Unebenheiten besetzt oder ent- behrt jeglicher Skulptur. Entsprechend der Zwiespaltung der Konfiguration des Landes gliedert sich auch der Boden, der die Oberfläche zusammensetzt, in zwei ver- schiedene Arten. In der Nähe der Stadt breiten sich Tone und Sande aus, die regellos miteinander abwechseln. Die oft überaus fetten und plastischen Tone, deren obere Zone bis zu 1'/s m entkalkt zu sein pflegt, werden meistens von ganz dünnen und zartkörnigen Sandlagen durch- zogen, die ihnen im Querschnitt ein gebändertes Aussehen verleihen, während man unter den Sanden strukturlose wie auch fein geschichtete in etwa gleicher Zahl antrifft. Das Umland der Mulde ist hingegen ge- segnet mit Steinen, die in einem graublauen Mergel eingebettet sind, der oberflächlich fast stets eine braune Verwitterungsfarbe angenommen hat. Sie besitzen nie scharfe Ecken und Kanten, sondern immer eine mehr oder minder rundliche Form. Teils sind es Granite, Gmeiße und andere kristallinische Gesteine, teils auch Schiefer, Kalke und Sandsteine, die oft Fossilien einschließen. Sie erreichen mitunter die Größe von Blöcken, die einen Kubikmeter und mehr halten, wie häufig am Brodtener Ufer wahrzunehmen ist, wo die See den weichen Mergel fortschlämmt, dagegen das schwerere feste Material an Ort und Stelle liegen läßt. Der Möwen- stein unweit des Seetempels und die umfangreichen Blöcke auf den Hünengräbern von Waldhusen und Blankensee repräsentieren besonders stattliche Stücke. Es läßt sich demnach sagen, daß die Oberfläche der Mulde arm an Steinen, ihr Umland dagegen reich an ihnen ist. Die Grenze zwischen den beiden verschiedenen Bodenarten, die sich auch ungefähr mit der 20 m-Kurve deckt, besonders im Süden, wenigerim Norden, wird vielfach von einer Übergangszone eingenommen, wie beispielsweise recht schön auf einer Wanderung von Carlshof über die Herrenbrücke nach Waldhusen zu erkennen ist, Sehr gut offenbarten auch die zahlreichen und teilweise recht tiefen Aufschlüsse der 1906 angelegten Uferbahn von Dänischburg nach dem Hochofenwerk die allmähliche Zunahme an Gehalt und Größe des san- digen und steinigen Materials in der Randzone. Beim Bahnhof Dänisch- burg ein flaches Tongewölbe, das auch in der Konfiguration der Ober- fläche hervortrat; zwischen Dänischburg und Siems schmale Ton- bänder in zuerst feinerem, dann gröberem Sand mit typischer. Delta- struktur; zwischen Siems und der Kücknitzer Mühle neben den Sanden Grandlager, Geröllnester und Steinpflaster in regelloser, Schritt für Schritt wechselnder Schichtung; bei Herrenwyk große Blöcke. Die Doppelgliederung in Form und Material zwischen der Mulde und ihrem Umland ist das Ergebnis der genetischen Entwicklung. Das Umland ist ein direktes Produkt des Eises, es verkörpert zwei Moränen- landschaften, die Struck und Gagel in ihren Kleinzügen untersucht haben.') Die Ansichten über den Verlauf der einzelnen Endmoränen- züge und über eine Aufteilung in eine Endmoränen- und Grundmoränen- landschaft sind noch nicht geklärt, was zum Teil im Wesen der Sache wurzelt. Die Hohlform, die sich zwischen die beiden Stillstandslagen einschaltet, ist, wie an anderer Stelle in hohem Maße wahrscheinlich gemacht wurde, ein Zungenbecken, angelest bei einer Stillstandslage des Gletscherkörpers südlich der Mulde.*) Nachdem darauf das Eis sich schon bis über Travemünde zurückgezogen hatte, rückte es wieder vor, und zwar bis in die Nähe der jetzigen Herrenfähre®), so daß es bei dem Vorstoß nicht ganz seine frühere Stillstandslagen erreichte, sondern zwischen diesen und der neuen Haltezone einen Raum aussparte, wo- ')R. Struck, Der Verlauf der nördlichen und südlichen Hauptendmoräne in der weiteren Umgebung Lübecks. Mitt. Geogr. Ges. Lübeck 1902; C. Gagel, Über die zeologischen Verhältnisse von Ratzeburg und Mölln. Jahrb. preuß. geol. Landesanstalt, Bd. 24, Berlin 1903 und Erläuterungen zur geologischen Karte von Preußen, Lieferung 140. Berlin 1907. ”,H. Spethmann, a. a. Ö. Nachdem der Verfasser im Januar 1909 darauf aul- merksam gemacht hat, daß die Lübecker Mulde mutmaßlich ein Seitenstück zu alpinen Zungenbecken darstellt (Lüb. Blätter), hat Ule in seiner vor wenigen Tagen (Weihnachten 1909) erschienenen »Greographie von Mecklenburg« (Stutt- gart 1909) gleichfalls auf eine Reihe von Zungenbecken in Mecklenburg hin- gewiesen. Es ist wohl nicht daran zu zweifeln, daß eine größere Zahl von ilınen in Norddeutschland noch aufzufinden ist, namentlich in Gebieten, wo Eisstauseen der Landschaft eingesetzt sind. Vielleicht stellt die ganze Lübecker Bucht ein Zungenbecken dar, ein Stammbecken, von dem die Lübecker Mulde nur ein Zweigbecken ist. ®) Es ist wahrscheinlich, daß «dieser Vorstoß sich nicht auf das Lübecker Zungenbecken beschränkte, sondern sich auch weiter östlich und westlich ereignete. Doch kann die Frage erst entschieden werden, wenn zahlreiche tiefere Aufschlüsse aus diesem Gebiete vorliegen. Die Kenntnis der aller- obersten Bodenschichten ist dagegen in dieser Hinsicht belanglos. 25 durch die Hohlform der Mulde entstand. In ihre niedrigere Fläche er- gossen "sich "die Schmelzwasser, stauten sich zu einem See auf und strömten durch die Talzüge der Stecknitz und des Ratzeburger Sees nach Süden zur Elbe. Dabei schieden sie in der Mulde die größte Menge des von ihnen verfrachteten Materials ab, das gröbere nahe der Eisrandlage und mehr am Rande des Sees, das feinere am Boden und mehr im Süden. Doch traten Störungen und Veränderungen in den Sedimen- tationsbedingungen ein und veranlaßten einen mehrfachen Wechsel von sandigen und tonigen Partikelehen. Ob man berechtigt ist, eine Zwei- teilung von je einem Ton- und Sandhorizont für die ganze Mulde anzu- nehmen, wie Friedrich geneigt ist, erscheint noch recht fraglich, wie denn überhaupt die nähere Kenntnis der einzelnen Stauseephasen gegen- wärtig noch in Dunkel gehüllt ist. ') Eine nachträgliche Senkung, deren geringen Betrag jüngst Gagel betonte und die sich in das allgemeine postglaziale Bild zwanglos ein- fügt?), brachte neben der leichten, nach Norden gerichteten Schiefstellung der Mulde zugleich eine dauernde Überflutung vom Unterlauf der Trave mit sich, der sich vorher wie jetzt der Mittel- und Oberlauf des Flusses als schmales Band in einem breiteren Tale bewegte. Durch die negative Strandverschiebung wurde mutmaßlich auch die Zertalung des Mulden- hodens infolge Höherschiebens der Erosionsbasis unterbunden, so daß die Gewässer, namentlich die Flüsse, in ihren Formen nicht ausreifen konnten. III. Die Gewässer. Die Lübecker Mulde wird durch das Flußnetz der Trave bewässert und entwässert. Die Trave entspringt bei Giesselrade in ungefähr 55 Meter Meeres- höhe. Obwohl ihre Quelle nur 10 km vom Meere entfernt gelegen ist, erreicht sie ihre Erosionsbasis doch erst nach einem 124 km langen Lauf, da sie einen großen, nach Westen geschlossenen Bogen beschreibt. Mit !; Die Verhältnisse des Lübecker Stausees erinnern ungemein an die des Stau- sees bei Stenstrup auf Fünen. Vel. die schöne Monographie von Victor Madsen, Om den glaciale, isdemmede So ved Stenstrup paa Fyn. Danmarks geologiske Undersogelse, II. Reihe No. 14. Kopenhagen 1903. Es ist sehr auffallend, daß die Depression des Ratzeburger Sees nicht zugeschüttet wurde. Der flachere nördliche Teil scheint aber doch durch Absätze aus dem Stau- becken aufgefüllt zu sein, ähnlich, wie später der Norden des Hemmelsdorfer Sees augenscheinlich durch marine Verbarrung. ) Die letzte größere zusammenfassende Bearbeitung für die westliche Ostsee lieferte W. C. Brögger, Strandliniens Beliggenhed under Stenalderen i det sydöstlige Norge. Norges geologiske Undersögelse Nr. 41, Kristiania 1905. 26 ihren Nebenflüssen, unter denen die Beste (25,5 km Lauflänge)!), Stecknitz (73 km), Wakenitz (31 km), Schwartau (43 km) und Stepenitz (57 km)?) die größten sind und die drei mittleren vornehmlich für Lübeck in Ansatz zu bringen sind, entwässert sie ein Niederschlagsgebiet von 2683 qkm, von dem der dreißigste Teil aus Wasserflächen besteht. Es ist mit einer WNW-OSO gerichteten größten Axe von schwach elliptischer Gestalt, in die die Ostsee mit dem Hemmelsdorfer See und das Schaalseegebiet zwei tiefere Kerben schlagen. Sein Mittelpunkt fällt ziemlich genau mit der Stadt Lübeck zusammen, während sein Rand sehr nahe an die großen Seen der ostholsteinischen Schweiz und des Schaalseedistriktes tritt. Die Trave selbst besitzt in ihrem Oberlauf bis Oldesloe (von Sege- berg bis dorthin vielleicht ein Eisrandtal) nur eine so geringe Tiefe, daß jede Art von Schiffahrt ausgeschlossen ist. Erst im Mittellauf, der mit einem Durchbruchstal bei Oldesloe einsetzt, eignet sich der Fluß für flach- gehende Kähne, um unterhalb Lübecks auch die Bedingungen für eine Seeschiffahrt zu erfüllen, breite Wasserflächen, genügende Tiefe, die, wie noch gezeigt wird, künstlich vergrößert ist, und schwache Strömung. Das Gefälle ist hier in einer 13 qkm großen natürlichen Wasserfläche so ver- schwindend klein, daß es bei 23 km Länge nur 5 cm (die Zahl ist nicht ganz sicher) beträgt, weshalb jede Schwankung des benachbarten Ostseespiegels bis zur Stadt bemerkbar ist und ebenso weit salzhaltiges Wasser bequem landeinwärts dringt. Bei Südweststürmen pflegt sich ein auffallend niedriger, bei Nordoststürmen infolge der Lage der Lübecker Bucht ein ausnahmsweise hoher Wasserstand einzustellen. Der höchste gemessene war der durch die Novembersturmflut 1372 hervorgerufene, bei der der Trave- spiegel bei Lübeck auf 3,17 m (3,51?) stand®), während dort die durch- ') Es ist in jedem Fall der längste Quellzufluß gerechnet. Die Zahlen sind teils aus den Meßtischblättern genommen, teils aus: P. Rehder, Die Gewässer inı ganzen Umfange des Niederschlagsgebietes der Trave, in der Landeskunde: Die Freie und Hansestadt Lübeck, Band II. >) In dem zu Gunsten Lübecks entschiedenen Streit über die Hoheitsrechte über den Dassower See spielt die Frage, ob der Dassower See als eine Ausbuchtung der Trave oder Stepenitz anzusehen sei, eine Rolle und wird vom Schiedsgericht dahin beantwortet, daß er geographisch eine Ausbuchtung der Trave darstelle. (Zeitschr. Ver. lüb. Gesch. u. Altertumsk., Bd. 6. Lübeck 1892.) Das ist nicht zutreffend; die Hohlform des Dassower Sees stelıt im Zusammenhang mit der Stepenitz, die Auffüllung durch Wasser geschieht nicht durch die 'Trave, sondern durch die Ostsee infolge einer Landsenkung. 3) W. Schaper, Meteorologisches über Lübeck, Festschr. 67. Vers. deutsch. Natur- forscher u. Ärzte, Lübeck 1895. Die noch in frischer Erinnerung stehende Sil- vestersturmflut von 1904 ist meteorologisch bearbeitet von W. J. van Bebber, Be- merkenswerte Stürme III. Der Sturm vom 29.—31. Dezember 1904. Annalen der Hydrographie und marit. Meteorologie, 33. Jg., Berlin 1905. Der tiefste Stand in den letzten fünfzig Jahren ereignetesich am 5. Dezember 1885 und betrug— 1,85 N. N. Die 27 schnittliche Wasserhöhe nach 35 jährigen Beobachtungen — 0,15 m N.N. betragen soll (eine Nächprüfung dieser Zahl ist im Hinblick auf die Er- gebnisse Westphals für Travemünde sehr erwünscht). Bei derartigen Hochwassern werden die tiefer gelegenen Teile der Häfen zu Lübeck und Travemünde überschwemmt und die breiten Wiesenflächen, die den Fluß in seinem Mittellauf besonders stromabwärts nach Eintritt in die Mulde begleiten, weit landeinwärts unter Wasser gesetzt. Steht doch selbst in Oldesloe (54 km landeinwärts) das Wasser normal erst 4!/a m über dem Meer, eine bei der Kleinheit der Trave auffallende Er- scheinung. In den letzten Jahren ist jedoch dank künstlicher Eingriffe, namentlich durch Aufhöhung des in Mitleidenschaft gezogenen Geländes der früher fast alljährlich wiederkehrende Übelstand stark eingeschränkt. Aus der weiten Wirkung der Ostseehochwasser erhellt bereits, daß ein schwaches Gefälle nicht nur für den Unterlauf gilt, sondern der ganzen Trave den Grundzug verleiht, den sie mit den kleinen Küsten- flüssen der deutschen Ostsee teilt. Im Oberlauf neigt sich die Gefälls- kurve nur um 1:1915, im Unterlauf von der Struckfähre bis zur Ostsee bloß um 1:539 375. Die Gesamtlinie ist fast gänzlich ausgeglichen ; lediglich bei der Einmündung in die Lübecker Mulde stellt sich ein kleiner Knick ein, der anläßlich seiner Lage an der Grenze des ehe- maligen Stausees recht bemerkenswert ist (die genauen Zahlen sind hier nach P. Rehder: Sehmsdorf bis Heilsau 1:6490, bis lübische Grenze rechts 1:6183, bis Eisenbahnbrücke bei Reeke 1:11333, bis Stecknitz- mündung 1:15588). Als Möllenbek im Norden östlich von Mölln entspringend, trägt die Stecknitz erst vom Möllner See (+ 12 m) ab ihren Namen, um von hier aus nach 43 km Lauflänge sich zwischen Genin und Moisling in - die Trave zu ergießen, der sie den Niederschlag einer Landfläche von 415,7 qkm zuträgt. Im ähnlicher Weise entströmt die Wakenitz bei Rotenhusen dem Ratzeburger See, um sich schon nach einem Weg von 16,6 km mit der Trave zu vereinen, nachdem sie über ein künstliches Stau von wechselnder Höhe, etwa 1—3 m hinabgestürzt ist. Sie bringt den Niederschlag aus einem nur 259,3 qkm großen Gebiet, das sich in auffälliger Weise der Stecknitz bei Crummesse auf weniger als 500 Meter nähert. Bei der geringen Größe des Einzugsareals würde sie zahlreichen Beobachtungen werden alljährlich (zuletzt für 1905) im Jahrbuch der Gewässerkunde für Norddeutschland veröffentlicht, wo auch die Pegel- beobachtungen für Oldesloe, Sehmsdorf, Kl. Wesenberg, Reeke, Struckfähre, Travemünde, Rothenhusen und Moltkebrücke mitgeteilt werden. Sie sind noch nicht geographisch verarbeitet, trotzdem sie eine gute Grundlage für eine dankenswerte Abhandlung über Niederschlag, Abfluß und Verdunstung im Ge- biet eines Küstenflusses der deutschen Ostsee darbieten. 23 in trockenen Zeiten im Wasserhalt sehr zusammen schrumpfen, wenn nicht ihr 14 qkm großer Ursprungssee gleich einem regulierenden Speicher wirkte, in den bei starken Niederschlägen infolge des an und für sich schon geringen und durch den Aufstau noch geminderten Gefälles seines Abflusses sogar das Wakenitzwasser fließt. Am kleinsten ist das Ent- wässerungsgebiet der Schwartau; es umfaßt nur 217 qkm, obgleich die Lauflänge 43 km abwärts vom Braaker Mühlenteich mißt. So gut man gegenwärtig, wie die vorstehenden Daten gelehrt haben dürften, über die Oberfläche der Gewässer unterrichtet ist, so mangelhaft steht es noch mit einer genaueren Kenntnis des Untergrundes der Ge- rinne. Wurde früher von P. Rehder und ihm folgend von P. Friedrich eine einheitliche Neigung der Erosionskurve nachdrücklich betont, so haben die letzten Jahre auf Grund einer Mehrung des Beobachtungsmaterials mehr und mehr gezeigt, daß die Sohlenkurve nicht zu unterschätzende und zu vernachlässigende Störungen in ihrem Verlauf aufweist und daß die Trave noch weit davon entfernt ist, ihre Erosionsterminante er- arbeitet zu haben. So weit sich bis jetzt erkennen läßt, fügt sich der Boden der Trave sowohl aus flachen Becken, die durch mehr oder minder hohe Querriegel von einander getrennt werden, wie auch hin und wieder aus tieferen Kolken zusammen. Wie Lübeck reich an linearen Gewässern ist, so ist es auch, ganz abgesehen von dem Streifen Ostsee, der sein Gebiet bespült, nicht arm an regionalen, von denen, soweit sie mit größeren Flüssen in Verbindung stehen, bereits gezeigt wurde, daß sie den Quellen nahe gelesene Wasser- reservoire verkörpern. Andere werden hingegen nicht durch größere Gerinne an das Stromnetz der Trave angeschlossen, wie der Blankensee, oder sind unabhängig von ihm mit der Ostsee verknüpft, wie der Hemmels- dorfer See, den nur ein schmales, fast überall dieht von Wasserpflanzen eingeengtes Bächlein unmittelbar entwässert. Obwohl diese Seen also nicht in ein abflußloses Gebiet fallen, tragen sie doch den Charakter der Abgeschlossenheit. In der Verteilung der Seen macht sich ein bemerkenswerter Grund- zug bemerkbar, indem das Umland der Mulde reich an ihnen ist — es sei nur an die seengeschmückte Umgebung von Ratzeburg und Mölln erinnert —, der Boden der Mulde selbst aber ihrer so gut wie ganz ent- behrt, was darauf beruht, daß seine ursprünglichen Unebenheiten des Geländes nachträglich ausgeglichen wurden; stellt er selbst doch einen alten Seeboden dar, wie im morphologischen Abschnitt näher ausgeführt wurde. Über die beiden größten Seen, den Ratzeburger und Hemmelsdorfer, wie über einige kleinere sind in jüngster Zeit einige Züge bekannt ge- 29 worden. Der Ratzeburger See trägt eine Rinnenform!), die eine Tiefe von 24,1 m unter seiner Oberfläche erreicht und sohin eine bis zu etwa 20 m unter N. N. reichende Kryptodepression darstellt. Gleichfalls hat sich der Hemmelsdorfer See als eine solche herausgestellt°), die nach den Lotungen von Halbfaß in ihrer südlichen Verengung 44 m unter N. N. liegt und somit nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung als die tiefste Kryptodepression Norddeutschlands angesehen werden muß. Doch ist die ursprüngliche Tiefe noch erheblicher gewesen, da in den norddeutschen Seen im Alluvium eine nicht geringe Materialauffüllung und teilweise damit eine auch recht beträchtliche Veränderung der Bodenkonfiguration stattgefunden hat, wie jüngst besonders Seelheim betonte. Beide Seen, der Ratzeburger wie der Hemmelsdorfer, weisen sowohl in ihrer äußeren Form wie im Querschnitt und vornehmlich im Längs- schnitt gewisse gemeinsame Züge auf, die sich auch im Unterlauf der !) R. Bärtling in Lieferung 140 der Erläuterungen zur geologischen Karte von Preußen. Berlin 1907. 2) W. Halbfaß, Vorläufige Mitteilung im Globus, Band 96. Braunschweig 1909. [Während des Druckes erscheint die ausführliche Publikation von Halhbfaß Der Hemmelsdorfer See bei Lübeck. Mitt. Geogr. Ges. Heft 24. Lübeck 1910.), die als genaue Zahl 43,6 m als größte Tiefe angibt (ungefähr — 43,7 m NN. Als Ergänzung zu dem Vergleich über größere Tiefen in der Beltsee auf S. 8 jener Arbeit sei mitgeteilt, daß zwischen dem Südende des Kattegats bis zur Zone Arkona-Trelleborg sehr viele Stellen mit größeren Tiefen erlotet sind. Als Beispiele seien einige aus verschiedenen Teilen angeführt: Im dänisch-schwedischen Sund bei Landskrona — 55 m (Deutsche Admiralitäts- karte Nr. 328, 1906); im Omö-Sund — 49 m, im Agersö-Sund — 47 m (beide D. 47, 1907 XID; im Großen Belt an vielen Punkten, wie nördlich vom Vengeance-Grund — 51 m (D. 47, 1907 XII), zwischen Sprogö und Korsör — 58 m (Ebenda), zwischen Asnäs Riff und Horse Klint — 55 m (D. 46, 1907 XD; mehrfach im Samsöbelt, wie bei Hatter Barn — 57 m (D. 57, 1907 III); am Eingang zur Aarhuser Bucht — 57 m (Ebenda); im Kleinen Belt zwei Löcher mit je — 69 m, eins bei Fanö, das die größte Tiefe der Beltsee verkörpert, — 81 m (D. 330, 1907 TI); eleichfalls reicht der Tragten und Snevringen mehrfach unter — 43 m (Ebenda); zwischen Alsen und Alsenstein — 43 m (D. 39, 1909 XT). Alle diese Tiefen sind teils Rinnen, teils Kessel, die ein Charakteristikum der Beltsee darstellen und an den Hemmelsdorfer See und den Unterlauf der Trave (besonders unter dem Priwall) nicht nur erinnern, sondern auch genetisch mit ihnen verwandt sein dürften. Die tiefste Bucht in der Westzone der cimbrischen Halbinsel ist die Sonder- burger mit — 36 m (D. 38, 1908 V). Bei der Bucht von Aarhus und der Apenrader Föhrde lieet — 36 m jeweils vor der Mündung. Die größte De- pression der Lübecker Bucht beträgt nach der neuesten Seekarte (D. 37a, 1890, mit großen Berichtisungen 1909 X) nur — 25 m. Der Boden des Hemmels- dorfer Sees war bis jetzt im Süden mit — 32 m verzeichnet (D. 36). An- merkung während der Korrektur.] 30 Trave!) wiederfinden und die sich bei einer größeren Zahl von Föhrden der eimbrischen Halbinsel wiederholen.?) Bei ihnen dürfte ein gemeinsames Agens mit lokalen Variationen gewirkt haben °). Ohne an dieser Stelle auf alle Seen einzugehen, sei noch als be- zeichnend das Phänomen der Sölle erwähnt, das zwar nicht so verbreitet bei Lübeck ist wie in Mecklenburg oder an gewissen Stellen Holsteins, doch aber für das Landschaftsbild wichtig ist. Nach den Untersuchungen des Verfassers in Island kann man zwei Gruppen unterscheiden, Strudel- sölle, die durch die auskolkende Tätigkeit herabstürzender Schmelzwasser des Inlandeises hervorgerufen werden, und Einsturzsölle, die ihre Ent- stehung dem Schmelzen von isolierten toten Eisstücken verdanken, welche durch Gletscherläufe oder durch andere Faktoren von der lebenden Eis- masse getrennt wurden. Im allgememen läßt sich sagen, daß Strudelsölle dort gelegen sind, wo sich heute Moränen, sei es Grund- oder Endmoränen, ausdehnen, Einsturzsölle dagegen im Vorland der Vergletscherung, im Sandurgebiet. Die größte regionale Wasserfläche Lübecks ist die Travemünder Bucht, über deren Zustände keine unmittelbaren und dicht verteilte mehrjährigen Beobachtungen vorliegen, sondern nur vereinzelte Stichproben. Dagegen ist an ihrem Eingang (54° 10’N, 11° 16°0) eine Station der internationalen Meeresforschung gelegen, die seit 1902 alljährlich in vier Terminfahrten aufgesucht wird. ) Nur daß bei dieser eine teilweise nachträgliche Auffüllung mit tonigem und sandigem Material eingesetzt hat. Es ist nicht unmöglich, daß Untertrave und Ratzeburger See einmal eine einheitliche Rinne bildeten. Bemerkenswert ist, daß der Durchbruch der Untertrave nur auf einer Seite gebuchtet verläuft, auf der anderen hingegen glatt ist. >) P. Friedrich hat schon vor Jahren den Hemmelsdorfer See und den Unterlanf der Trave mit den Föhrden verglichen. °®) Die Seen bei Lübeck, namentlich der Ratzeburger und Hemmelsdorter, bieten in vielfacher Beziehung noch ein weites und fruchtbares Arbeitsfeld. Vorzüglich wären Beobachtungen über den jährlichen Temperaturgang erwünscht,ebensoAufschlüsse darüber, ob in dem südlichen Tief des Hemmelsdorfer Sees Salzwasser ruht. — [Diese Vermutung scheint sich zu bestätigen, indem K. Lüttgens hier dicht über dem Boden vergleichsweise zahlreiche Brackwasserdiatomeen fand (W. Halbfaß, Der Hemmelsdorfer See bei Lübeck, a. a. O.) Daraus aber auf Reste aus der Litorinazeit zu schließen, ist kaum angängie, da ähnliche Verhältnisse fast durchgehends in den vielen Tiefs der Ostsee beobachtet werden und die neueren ozeanographischen Forschungen die alte Auffassung von einer kon- stanten Aufspeicherung salzhaltigen Tiefenwassers in den abgeschlossenen Hohl- formen der Ostsee nicht mehr aufrecht erhalten lassen. Auch der Hemmels- dorfer See hat seit der Litorinaphase häufig frisches Salzwasser aus der Ostsee bekommen, z. B. sicherlich bei der Sturmflut von 1872. Das zugeführte salzhaltigere Wasser wanderte bei einer gleichzeitigen Aussüßung natürlich nach den tiefsten Stellen. Anm. während der Korrektur.) Der dortige jährliche Gang der Temperatur enthält das charakteristische Bild für die westliche Ostsee !): Tiefe Um DE 15 m 20 m (Boden) Mai 7,35 6,96 5,85 5, 00 3,59 August 1702.008517002216859 14, 53 10, 61 November 7,92 7,93 8,25 8, 76 3740 Februar 1, 1,29 1,44 2,18 Die Zahlen zeigen deutlich, wie sich die im Frühjahr allmählich einsetzende Erwärmung der oberen Wasserschichten nach und nach in die Tiefe fortpflanzt. Nimmt im Herbst die Temperatur ab, so folgt das tiefere Wasser nicht so schnell, sondern erleidet eine thermische Ver- zögerung, so daß für den ganzen Winter eine katotherme Schichtung be- steht, wie die Berechnungen für November und Februar bekunden. Zwanzig- jährige Beobachtungen, die vor einer Reihe von Jahren an der Trave- mündung angestellt wurden °), also noch ganz unter dem Einflusse der benachbarten Landoberfläche stehen, offenbaren die gleiche thermische Verschiebung, nur nicht in so scharfen Maßen. I II 001 IV V VI 0m 1,64 aa) 1 Hl2222 10500515303 San 1, 02 1, 72 4,45 8,90 . 13, 65 VII VII IX x XI XII Mittel Name 225 177,0000:15,15, W385 27,37 88,92 329521535250 1614, 15,11 1,0. ee Dei Eine Vereinigung der beiden Stationsuntersuchungen dürfte ein un- gefähres Bild von der Wärmeverteilung in der ganzen Travemünder Bucht liefern. Mit der kältesten Temperatur an der Oberfläche fällt wie in dem benachbarten Fehmarnbelt®) das Minimum des Salzgehaltes zusammen, wie folgende Tabelle lehrt, die den Salzgehalt pro Mille angibt: Tiefe le He 10 m 15m 20 m (Boden) Mai 11, 90 12, 39 14, 41 16, 09 17,76 August 11,00 10, 98 12,46 14, 78 21, 64 November 12,44 12450 13, 35 15, 01 16, 68 Februar 15233 19452 15, 88 "16,31 17, 90 !, Die Zahlen sind nach den offiziellen Publikationen in den Bulletins des resultats acquis pendant les eroisieres periodiques ete., die bis zum Jahre 1907 erschienen sind, berechnet. Für 1908 und 1909 durfte ich dank dem Entgegenkommen von Herrn Geheimrat Krümmel die direkten Beobachtungsjournale einsehen. , G. Karsten, Die physikalischen Beobachtungen an den Stationen. Wissenschatftl. Meeresuntersuchungen, Neue Folge, Bd. I. Kiel und Leipzig 1896. 3, 0. Krümmel, Handbuch der Ozeanographie I. Stuttgart 1907. Vgl. auch M. Knudsen. Partie suppl&mentaire zu den Bulletins. Kopenhagen 1909. B Am Boden stellt sich dagegen das saline Maximum erst im August ein. Mit eimer Ausnahme ist die Schichtung normal katohalın. Es wäre eine ebenso lehrreiche wie leichte Aufgabe (Meyersche Flasche und träges 'T'hermometer), die Abnahme des Salzgehaltes im Unterlauf der Trave zu verfolgen, woraus sich wichtige Schlüsse über die Lebensbedingungen der dortigen Conchylien in der Gegenwart und zur Litorinazeit gewinnen lassen. Die Strömungen, die in der Travemünder Bucht tätig sind, stehen in der trichterartigen Verengung unter der Herrschaft des Windes. West- liche atmosphärische Bewegungen treiben die Wassermassen aus der Bucht fort und senken, wie bereits dargelegt wurde, den Seespiegel bedeutend; umgekehrt wirken die östlichen Winde, die außerdem noch eine kräftige morphologische Arbeit entfalten, indem sie den Küstenumriß in seinen Vorsprüngen und Einstülpungen mildern und seinen unruhigen Verlauf ausgleichen. So befindet sich das Brodtener Ufer im Abbruch!), dessen Abrasionserzeugnisse sich vor die Travemündung legen und sie in Gestalt der submarinen »Plate« und des übermeerischen »Priwall« verbarren, welch letzterer mehrfach eine Verlegung der Travemündung verursachte.”) Im Durchschnitt steht der Seespiegel der Lübecker Bucht unter N. N. Der aus den einzelnen Tagesmitteln abgeleitete Wert für das Mittelwasser von Travemünde beträgt während der Jahre 1382—1897: — 0, 1202 m, also etwa 12 cm unter N. N. Dieses Niveau ist nicht konstant, sondern hat sich in der zweiten Hälfte des abgelaufenen Jahrhunderts ständig gehoben, woraus mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, da äußerst exakte Messungen zu Grunde liegen, zu schließen ist, daß das Küstenland bei Travemünde eine langsame Senkung in dem gleichen Zeitraum, also in allerjüngster Zeit erfahren hat. Zwar ist bei einer Betrachtung der einzelnen Jahresmittel die positive Strandverschiebung nicht sofort zu ersehen, was aber nicht wundern darf, da alljährlich die meteorologischen Elemente, wie namentlich die des Windes und Niederschlags, recht ver- schiedenartig einwirken, aber bei einer Mittelbildung von 9 Jahren (in einem Falle von 8) werden die das Gesamtbild störenden Einflüsse eliminiert und ganz klar ist ein allmähliches Höherrücken des Wasserspiegels um den Betrag von etwa 6 cm in 40 Jahren wahrzunehmen: °) ') P. Friedrich, Das Brodtener Ufer bei Travemünde, sein Rückgang und seine Erhaltung. Lüb. Blätter 1901. Mit Nachträgen. Seine Auffassung vom Schutz des Ufers hat P. Friedrich unter dem Einflusse P. Rehders neuerdings sehr geändert. Vgl. den Vortrag Rehders in den Verhandlungen der Bürger- schaft vom 29. Nov. 1909. P. Rehder, Zur Geschichte der Travemündung. Mitt. Ver. lüb. Gesch. u. Altertunmsk., 9. Heft. Lübeck 1900. ®), Die Zahlen nach A. Westphal, Das Mittelwasser der Ostsee bei Travemünde, Marienleuchte usw. in den Jahren 1882—97. Veröff. königl. preuß. geodät. Instituts, 2. Folge, Nr. 2. Berlin 1900. Auch die folgenden Zahlen sind der Arbeit, in der eine andere Auffassung vertreten wird, entnommen. 1855—62: —0, 154 m N.N. 1865— 71: —0, 155 «< » 1872—80: — J 148 » » 1881—89: —0, 1356 » » 1890—98: —0, 09 » » Die Gezeiten bewerkstelligen nur eine geringe Hebung und Senkung des Ostseespiegels bei Travemünde. Die Mondflutgröße beträgt dort im Jahresmittel 95, 3 mm, bei Marienleuchte 64, 1 mm, vor Arkona 20, 7 mm, woraus auch hier, wenn auch nur im kleinen, die Bedeutung einer bucht- oder trichterförmigen Verengung der See für das Ausmaß der Tiden erhellt. Dementsprechend stuft sich auch die Sonnenflutgröße in der gleichen Weise bei den einzelnen Stationen ab; sie beläuft sich für Trave- münde auf 31 mm, für Marienleuchte auf 24, 5 mm und für Arkona oO auf 11,5 mm, so daß sie wie 3,1:2,6:1,3 abnimmt. IV. Das Klima. Die Flüsse und bis zu einem gewissen Grade auch das Meer ver- körpern Funktionen des Klimas. Der Altmeister Hann hat an der Hand eines reichen Beobachtungs- schatzes zuerst die schon vermuteten tieferen Gründe der Witterung Nordwesteuropas, zu dem auch Lübeck klimatisch zu zählen ist, endgültig aufgedeckt.) Das tiefe barometrische Minimum, das sich bei Island zu entwickeln pflest, eins der großen »Aktionszentren der Atmosphäre«, wie es Teisserene de Bort mit glücklichem Griffe genannt hat, kontrastiert mit den Luftdruckabweichungen im nordwestlichen Europa. Die Re- gistrierung eines halben Jahrhunderts bekundete, daß 70 /. der Fälle einer Vertiefung des Luftdruckminimums bei Island eine Erhöhung des Luftdrucks im nordwestlichen Teil unseres Kontinents und sogar noch !) Anläßlich der Ausgrabungen von Alt-Lübeck wurde kürzlich nicht nur in der Tagespresse, sondern auch in den ersten wissenschaftlichen Fachzeitschriften der Geographie die Nachricht verbreitet, daß jetzt endgültig der Nachweis einer Landsenkung an der deutschen Ostseeküste in historischer Zeit erbracht sei. Falls bei den Forschungen über Alt-Lübeck wirklich Anhaltspunkte für eine negative Landverschiebung vorliegen (was nach dem bis jetzt veröffent- lichten Material sehr zweifelhaft ist), so ist damit nur für das Gebiet von Alt-Lübeck und seine nächste Umgebung eine Senkung erwiesen; daraus aber auf den ganzen Unterlauf der Trave oder gar auf die gesamte deutsche Ostseeküste zu schließen, ist nicht zulässig. ?) J. Hann, Die Anomalien der Witterung auf Island in dem Zeitraum 1851—1900 und deren Beziehungen zu den gleichzeitigen Witterungsanomalien in Nord- westeuropa. Sitzber. Akad. d. Wiss, zu Wien, math,-naturw. Klasse, Band 113, Abt. ITa. Wien 1904. 4 in Mitteleuropa parallel geht. Weniger bestimmt sind die Temperatur- abweichungen im entgegengesetzten Sinne, doch verband sich bei ihnen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle eine 'Temperaturerniedrigung im südwestlichen Island mit einer Temperaturerhöhung im Nordwesten von Europa und umgekehrt. Die Ergebnisse für Temperatur und Luftdruck lassen sich dahin zusammenfassen, daß eine Vertiefung des Luftdruck- minimums bei Island eine Erhöhung der Wintertemperatur über Nordwest- und Mitteleuropa, eine Abschwächung eine Erniedrisung erzeugt. So viel wurde bis jetzt mit Sicherheit in den Großzügen der Wetter- verteilung ermittelt; was ihre Ursachen sind, wie weit das Meer einwirkt, ist hingegen noch zweifelhafter Natur. Verfolgen wir im einzelnen die Witterung Lübecks, so ist sie seiner Lage gemäß ozeanisch, wenn auch nicht unterdrückt werden soll, daß sich mitunter kontinentaler Einfluß, namentlich im Ausgang des Winters und im Hochsommer einmischt. Der Luftdruck, der in den Jahren 1888—1907 im Mittel 759,1 betrug, schwankte während des gleichen Zeitraums im Jahresmittel um 2,1 cm. Im Monatsmittel brachte der April mit 758,0 em den tiefsten, der Sep- tember mit 760,8 den höchsten Barometerstand. Die ganze Reihe der Monatsmittel lautet: I 11 1 IV V VI 160,7 0 7580870 15669 758,0 759,0 759,6 VII VIu IX x XI Xu 158,5 158, 4 760, 8 158, 2 360, 5 (OR), == la, 1") ') Die Zahlen sind alle auf mindestens zwei Dezimalen gewonnen worden. Um durch die Abrundung die Jahresmittel nicht zu beeinflussen, wurden diese besonders festgestellt. Ähnliches gilt auch für die anderen klimatischen Elemente. Die gesamten vorkommenden meteorologischen Werte sind vom Verfasser für die Jahre 1888—1907 auf Grund des Materials berechnet, das der Direktor der meteorologischen Station II. Ordnung zu Lübeck, Herr Dr. Schulze, dem der Autor ebenso wie Herrn J. Krauss für liebenswürdige Auskünfte zu Dank verpflichtet ist, in den »Lüb. Blättern« alljährlich veröffentlicht und das sich mit Ausnahme zweier belangloser Stellen durchweg als gut erwies. Es liegen zwar bereits aus den Jahren 1858—1884 Aufzeichnungen vor, die W. Schaper bearbeitet hat (Landeskunde von Lübeck, 1890), doch fußen sie nicht, wie Schaper selbst schon bemerkt, auf einwandfreien Instrumenten und Auf- stellungen, so daß ich sie nicht mit verrechnet habe. Da meine Resultate nur auf einer zwanzigjährigen Reihe beruhen, also nur eine kurze Zeitspanne um- fassen, so ist klar (und das sei für spätere Bearbeiter besonders betont), daß sie nur ein großzügiges Bild geben können und schon bei einer Auswertung der ersten 25jährigen Periode abgeändert werden müssen; doch dürften die allgemeinen Grundzüge die gleichen bleiben und sohin die vorstehenden Zahlen eine richtigere und deutlichere, wenn immerhin auch nur dürftige, Vorstellung erwecken als die Verwendung gar keiner. 35 Wie für große Teile Norddeutschlands, so brachte auch für Lübeck das Jahr 1907 im kurzer Zeitfolge das absolute Minimum und Maximum, Am 23. Januar wurden 790,3 mm, am 20. Februar 723, 6 mm abgelesen, so daß der absolute größte Ausschlag 66, 7 mm beträgt. Im Mittel stellen sich die absoluten Jahresminima und -maxima gewöhnlich im Winter ein, woraus für diese Zeit zugleich ein wenig beständiger, vielmehr rasch schwankender Barometerstand im Verein mit heftigen Luftbewegungen erhellt. Für die Herkunft der letzteren ergaben sich für 1855—1907 folgende Monatsmittel:: Richtung |ı|n|m | Ivy | v | ve |von vom ıx | x |xı ix] nn N. |1,s|2,5|2,9|\3,04,2]4,5/3,7l1,7|2,3\2,0|1,52,31 32,6 NO. |1,8|2,1|2,8|3,4|5,3/3,3|2,2|1,3|2,1 1,7/1,3l1,2) 28,5 o. !a,1la,23,7/4,8!|3,73,0[1,9|1,6|3,5/3,54,8]4,8] 43,7 so. |2,311,8/2,2|1,9|1,5/0,9.0,9|1,3|1,3|2,2\2,7 2,2] 21,3 s. |2,42,02,7[1,6/1,4|1,3/1,41,8|1,9|3,2|3,5|3,1] 26,4 SW. |5,014,2/4,32,9|3,0|3,25,0|[7,4.4,7[6,2|5,0)5,0) 56,5 w 194 7,1,7,8|6,9|6,7|7,018,5/9,5 8,0|7,5/7,4 9,0) 9,0 NW. 12,6|2,4/3,5[3, 6|3,1/4,5/4,9|3,6[3,2|2,0/2,1|2,0) 37,8 Stile |1,4)1,3|1,2|1,9)1,7|2,4|2,52,8|3,1l2,111,511,4| 23,1 Im ganzen Jahre waltet der Westwind entschieden vor. Neben ihm ist der Südwest am häufigsten, der nur im April, Mai und Juni von öst- lichen und nördlichen Winden übertroffen wird. Die östlichen setzen in den Sommermonaten fast gänzlich aus, gerade zur Hauptsaison des nach Osten gerichteten Seebades Travemünde! Gleichzeitig nähert sich auch die Windstille ihrer größten Verbreitung. Das Maximum der einzelnen Monate dreht sich, wie aus vorstehender Tabelle leicht zu ersehen ist, umgekehrt zur Bewegung des Uhrzeigers, von Osten über Norden nach Westen und Süden. Nur der Westwind hat zwei ausgeprägte größte Häufigkeiten, im Januar und August. Da die herrschenden Westwinde über große Wasserflächen mit ge- mäßigten Temperaturschwankungen gestrichen sind, so steht auch die Lufttemperatur bei Lübeck unter dem Einfluß der See und bewegt sich dementsprechend im allgemeinen in geringen Amplituden. Der Unter- schied zwischen dem wärmsten und kältesten Monatsmittel der zwanzig- jährigen Periode beträgt nur 17°, eine niedrige Jahresschwankung, die Lübeck mit den küstennahen Orten seiner Umgebung, wie beispielsweise Schönberg und Rostock teilt.') Die größte absolute Schwankung in der ') A. Grünert, Die Temperaturverhältnisse der Großherzogtümer Mecklenburg auf Grund 50jähriger Beobachtungen. Schwerin 1905. 36 gleichen Zeitspanne betrug 58,3% (+ 34,0° am 27. V. 1892; — 24,5° am 18. I. 1893). ') Auch der Verlauf des jährlichen Temperaturganges zeigt den durch- ereifenden ozeanischen Einfluß. Monat I II III IV V VI t — 8 Mar RI, 808807 12,79 15,2! Mittel Monat VII VI IX x XI XI | Une) t — 116,2 SHOES SAN EEE ROLL Winter 0,2° Frühling 7,1° Sommer 15,8° Herbst 8,5° Die Jahresreihe mit ihrer größten Wärme im August und nicht im Juli, ihrer langsamen Zunahme im Frühjahr und ihrem allmählichen Sinken im Herbst, also mit einem vergleichsweise kühlen Frühjahr und einem warmen Herbst ist bezeichnend für das Seeklima Lübecks. Auch die Verteilung des Frostes gewährt einen guten Emblick in die gleiche Wärmeverschiebung. Er ist im März noch recht zahlreich und fehlt im April nur ausnahmsweise. Auch der Mai bringt fast alljährlich ein Sinken des Thermometers unter Null, eine pflanzengeographisch bedeutsame Tat- sache. Selten stellen sich hingegen Fröste im September ein, erst im Oktober sind sie häufiger. Der Frost ist wirtschaftsgeographisch von einschneidender Wirkung, indem er den Verkehr auf den Gewässern zeitweise gänzlich lahmlegt. In den Wintern 1903/4 bis 1906/7 entfielen auf die "Iravestrecke Trave- münde Lübeck durchschnittlich 25 Eistage, d. h. solche, von denen Eis- meldungen vorliegen. Während der gleichen Zeitspanne entfielen auf Warnemünde-Rostock 39 Eistage, auf Swinemünde-Stettin 72, auf Frisches Haff-Königsberg 107,?) eine Verteilung, aus der unschwer die schnelle Abnahme des nordwestdeutschen Seeklimas zu entnehmen ist. Die Ursachen des ozeanischen Einflusses treten noch schärfer hervor, wenn die weitere Umgebung von Lübeck mit in den Kreis der Betrachtung gezogen wird. Auf einer Isothermenkarte des Januar ist im deutschen Küstengebiet deutlich eine west-östliche Wärmeabnahme wahrzunehmen, eine Verteilung, die schon im Oktober zu erkennen ist. Holstein wird gerade an der Elbmündung von der wahren, nicht auf den Meeresspiegel reduzierten 0 ° Isotherme geschnitten, bei Neumünster streicht die — 1 ° Linie hindurch, in der Nähe von Greifswald die von — 2°. Umgekehrt übt das Meer im Sommer seinen kühlenden Em- tluß aus, indem der deutsche Küstenstreifen von Westfriesland an bis zum ') Die tielste bei Lübeck beobachtete Temperatur war — 24,6% am 10. Fehr. 1855. ?) Berechnet nach den jährlichen Publikationen der Seewarte in den Annalen d. Hydr. und marit. Meterorol., Berlin. Eine Tabelle für die Jahre 1872—1898 bringen die Vaterstädtischen Blätter, Jg. 1898. Lübeck 1898. 37 Lebasee in Hinterpommern sich gegenüber einem um 1—2 ° im Mittel wärmeren Hinterland einer mittleren Temperatur von nur 16—17 ° erfreut. Diese verhältnismäßig tiefe Temperatur überwiegt das ozeanische Plus an winterlicher Wärme, so daß im Jahresmittel der cimbrische und mecklen- burgische Ostseestreifen um 1 ° kühler ist als das anstoßende Binnenland.') Das Jahresmittel betrug im der zu Grunde gelegten Zeitspanne 7, 85°, doch ist hierbei zu bedenken, daß der größte Teil der Beobachtungen in eine relativ kühle Periode fällt. Schaper ermittelte für 1858—1884 8,28, was aber nach seinen eigenen Angaben etwas zu hoch sein dürfte. Be- achtenswert ist, daß beide Zahlen hinter der mittleren Jahreswärme des benachbarten Meeres zurückbleiben. Über den Niederschlag bei Lübeck ist man noch recht schlecht unterrichtet. Der Regenmesser auf der meteorologischen Station steht zu ungünstig, als daß sich einwandfreie Ergebnisse ableiten ließen, der auf dem Wasserbauplatz ist noch nicht allzulange in Tätigkeit. Aus einer 50- jährigen Periode (1840 —1890) ermittelte Hellmann als Betrag für den jährlichen Niederschlag 630 mm;?) zieht man Hamburg mit 712 mm, Segeberg mit 708, Schönberg aber nur mit 600 mm in Betracht, so nimmt man deutlich die allmähliche Abnalıme nach Osten hin wahr. Die Monatsmittel für 1891—1907 sind für Lübeck, dem vergleichend Nusse und Travemünde zur Seite gestellt seien, folgende :°) Monat Bun) ur | Iv| v Kr: Ivarvaıl ıx| x |xı x oe Nüsse: _ |59]49| 55] 45| 50| 57 | s0| 74] 62 | 71] 44] 55 |701 mn Lübeck IT: 54142152141 44 5768| 69| 55 6438| 51/636 » Travemünde: 45 |35| 46 | 39 | 43| 55 | 76 | 71 | 52 | 63 | 36 | 44 |606 » ') E. Sommer, Die wirkliche Temperaturverteilung in Mitteleuropa, Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde, Bd. 16. Stuttgart 1907. Die Zahlen, die Sommer für Lübeck findet, beruhen nur auf einer 10jährigen Mittelbildung und weichen daher, wenn sie auf den Meeresspiegel zurückgeführt werden, etwas von meinen Resultaten ab. Der generelle Charakter der wertvollen Arbeit bleibt aber gewahrt. >) G. Hellmann, Die Niederschläge in den norddeutschen Stromgebieten, Berlin 1906. 3 De Berechnet nach den jährlichen Publikationen des königl. preuß. meteoroloei- schen Instituts: Ergebnisse der Niederschlagsbeobachtungen. Seit 1903 werden auch hier die Niederschlagsmessungen auf der Navigationsschule mitgeteilt, die meistens infolge der fehlerhaften Aufstellung des dortigen Regenmessers bedeutend niedriger ausfallen. Hotfentlich werden bald einmal die Stationen um Lübeck, von denen ein reiches Material vorliegt (Malkendorf, Reeke, Rothenhusen, Ratzeburg), bearbeitet. Vorläufig ist aus der Abnahme des Regens von Nusse über Lübeck nach Travemünde noch keine Schlußfolgerung gerechtfertigt; die Mulde wird auch wohl einen Einfluß ausüben. 38 Schnee ist mit Ausnahme von Juni bis September in jedem Monat gefallen; selten stellte er sich im Mai und Oktober ein, dagegen blieb er im November und März fast nie aus. Das Maximum in seiner Häufig- keit gibt in der Periode seit 1883 der Februar mit 9 Tagen, während das Jahresmittel 34 Tage beträgt. Ebenso zahlreich ist der Nebel, 38 Tage. Besonders werden November (7) und Dezember (6) von ihm heimgesucht, selbst im Juli wird er 6 Mal in der zwanzigjährigen Reihe beobachtet. Die hohe Zahl der Nebeltage im Winter, eine Folge der Nähe des im Verhältnis zum Lande warmen Meeres, drückt die Dauer des Sonnenscheins ganz bedeutend herab. DBeträgt sie im deutschen Reich durchschnittlich im Winter 4'/s Stunden täglich, so smkt die Inso- lation für Lübeck auf 2 Stunden (in Hamburg infolge der Industrie sogar auf 1,6 Stunden), während der Sommer 4, 55 Stunden Sonnenschein tagtäglich zu bescheren pflegt (Hamburg 3,5 Stunden), was dem Sommer- mittel unseres Vaterlandes entspricht. !) Ebenfalls steht die Bewölkung ganz im Banne des Meeres. Ent- fallen auf sie bei Helgoland über 75 Prozent des Jahres, bei Hamburg 70 ?), so bei Lübeck noch 65. Sie schwankt in den einzelnen Monaten nur wenig; Juni und September erfreuen sich der geringsten Himmels- bedeckung, der Dezember (50 °/,) ist am wenigsten klar. Gewitter brachte der Himmel durchschnittlich 13 in jedem Jahr, womit Lübeck nur wenig hinter der Duchschnittszahl für das mittlere Deutschland, 20 Gewittertage pro Jahr, zurückbleibt, bei ihm sich also in dieser Hinsicht die Küste nicht so ausgesprochen bemerkbar macht wie im nahen Mecklenburg, (wo auf Rostock alljährlich nur 13, auf Wustrow gar nur 9 Gewittertage fallen?)), sondern die Landmasse von Holstein schon kräftig mitwirkt. V. Pflanzen- und Tierwelt. Nichts spiegelt so klar den klimatischen Einfluß wieder wie die Pflanzen welt. In der floristischen Entwicklung nimmt die nähere Umgebung Lübecks keine Sonderstellung ein, sondern ist nur em Teilstück des nordwest- deutschen Tieflandes und hat sohin nach dem Quartär eine eingewanderte Pflanzenwelt erhalten.*) Zuerst siedelte sich auf dem eisbefreiten Boden, !) A. Eichhorn, Entwurf einer Sonnenscheindauer-Karte für Deutschland. Peter- manns Mitteilungen, Bd. 49. Gotha 1903. 2) P. Elfert, Die Bewölkung in Mitteleuropa mit Einschluß der Karpatenländer. Petermanns Mitteilungen, Bd. 36. Gotha 1890. >) W. Ule, Geographie von Mecklenburg, Stuttgart 1909. *) Vgl. C. A. Weber, Die Geschichte der Pflanzenwelt des norddeutschen Tief- landes seit der Tertiärzeit. Resultats scientifigques du Congres international de Botanique, Wien 1905. Jena 1906. Nicht unerwähnt sei gelassen, daß eine durchgehends abweichende Auffassung vertreten wird von A. Schulz, Ueber die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke des norddeutschen Tieflandes. Berichte deutsch. bot. Gesellsch., Jg. 25. Berlin 1907. eine arktische Tundra an, deren Hauptvertreter nordische Salix- und Betulaarten waren, in deren nur wenige Spannen hohes Gewirr sich neben anderen Blütenpflanzen insonderheit die großblütige Dryas octopetala ein- mischte !,, Ein Teil dieser boreo-alpinen Vegetation vermag sich noch gegenwärtig in den Torfmooren zu halten, ohne indessen wahrscheinlich Relikte aus jener Zeit zu sen. Ob eine ausgesprochene Birken- und daraufhim Kiefernperiode folgte, ist speziell für das lübische Gebiet noch nicht untersucht. Die Kiefer war mutmaßlich im späten Mittelalter bei Lübeck, Ratzeburg und Mölln heimisch, wie Friedrich an der Hand historischer Studien in Übereinstimmung mit den ähnlichen Forschungen Prahls in dem benachbarten Schleswig-Holstein wahrscheinlich gemacht hat°). Alsdann herrschte bis ins 18. Jahrhundert die Eiche als Waldbaum vor, die gegenwärtig von seiten der Buche teils schon abgelöst ist, teils noch verdrängt wird. Während wir im einzelnen über die Art der Einwanderung der Waldbäume nicht näher unterrichtet sind, läßt sich für die nichtholzigen Gewächse teilweise der Weg der Ausbreitung noch klar erkennen und offenbart in mehrfacher Hinsicht eine Abhängigkeit vom Boden und seinen Formen. So ist ein Teil von ihnen an die größeren. Stromtäler gebunden, die ihnen die Richtlinien für die Vermehrung der Standorte geben. Ins- besondere ist die scharf ausgeprägte Rinne Delvenau-Stecknitz bezw. Wakenitz-Untertrave bevorzugt, in der in den letzten Jahren an immer neuen Punkten größtenteils erst in junger historischer Zeit bei uns er- schienene Pflanzen wie Ajuga genevensis, Pulsatilla pratensis, Bromus tectorum — um nur einige Belege aufzuführen — nachgewiesen werden konnten). Ein anderer Teil der lübischen Pflanzen ordnet sich der atlantischen Gruppe ein, deren Linien der Einwanderung sich zwar nicht mehr in den Einzelheiten durchschauen lassen, wohl aber geht die Tat- sache aus der allgemeinen Verbreitung der betreffenden Spezies hervor und spiegelt derart die klimatische Verwandtschaft Lübecks mit dem nord- atlantischen Ozean wieder. Zu ihnen gehören beispielsweise Erica tetralix, Ulex europaeus, Genista anglica. Myrica Gale erreicht gerade im lübischen !) P. Range, Das Diluvialgebiet von Lübeck und seine Dryastone. Zeitschr. f. Naturw., Bd. 76. Halle 1903. 2) P. Friedrich, Flora der Umgegend von Lübeck. Lübeck 1895. Nachtrag Mitt. Geogr. Ges. Heft 14, Lübeck 1900. Die einleitenden Abschnitte über die Zusamensetzung der Flora und die Waldbäume sind geographisch recht beachtens- wert. Eine Erhaltung und Registrierung botanischer Seltenheiten und Natur- denkmäler strebt der Verein für Heimatschutz an. Vgl. die schönen Abbildungen im Bericht V.f.H. 1. Heft, Lübeck 1908. 3) Vgl. die gemeinsam von P. Friedrich und. dem Verfasser angefertigten Standortskarten seltener Pflanzen bei Lübeck, die im dortigen Museum aufbe- wahrt werden. Gebiet seine östliche Grenze, durch das gleichfalls die Südostgrenze von Primula acaulis streicht, während umgekehrt die Nordwestgrenze von Peucedanum Oreoselinum auch hindurchläuft.!) Neben der klimatischen Abhängigkeit der gegenwärtigen Pflanzen- welt bei Lübeck tritt im einzelnen die Verknüpfung mit den verschiedenen Bodenarten überall hervor. Unschwer läßt sich eine Gliederung in eine Sand-, Lehm-, Moor- und Salzflora vornehmen, an die sich noch eine Schuttflora anreiht. Der Sand wird im Süden der Mulde von Heide eingenommen, die mit Vorliebe dort gedeiht, wo sich untief unter der Erdoberfläche Ort- stein abgesetzt hat. Sonst ist der sandige Boden gewöhnlich von winzigen und kleinblütigen Kräutern bezogen, die schnell nach der Schneeschmelze hervorsprießen und gar bald ihre Blumenblätter entfalten. Eine Lehm- flora, die größere Areale deckt, hat sich nicht recht zu entfalten vermocht, da der kostbare lehmige Boden meist einer zu intensiven Kultur unter- worfen ist als daß eine urwüchsige Pflanzenwelt sich ansiedeln und er- halten könnte. Sie beschränkt sich daher meistens auf die Gräben und Wegeränder und vorübergehend auch auf zeitweilig unbenutztes Gelände ’°). Vereint an Sand- und Lehmböden sind die Waldungen gebunden; der Sand liefert der Kiefer die Nahrung, der kalkreiche Lehm fast aus- schließlich der Buche und Eiche. Während die letzte bei Lübeck zwar prächtige alte Exemplare aufweist, aber nur wenig in Form größerer Be- stände zu sehen ist, bildet die Buche bei Lübeck als Teil des baltischen Buchenbezirkes den typischen Laubwaldbaum °). In größeren Wäldern wie in lichten Hainen schmückt sie mit ihren hellgrauen Säulen und zartblätterigen Laubkronen die Landschaft. Doch überwiegen die ge- schlossenen Bestände, nicht waltet eine leichte freie Verteilung, wie so vielfach im östlichen Holstein, vor, wo der Baum mit den eingestreuten leuchtend grünen Wiesen so lebhaft an die Parklandschaften des süd- lichen England erinnert. Beherbergt der Buchenwald als weitere Anmut unter seinem Laubdach auch am Boden einen reich geschmückten Pflanzen- teppich, so erweckt der bei Lübeck gleichfalls viel vertretene Kiefernwald durch seine ärmliche Kleinflora, die fast ganz unter einem dichten Nadel- polster erstickt wird, bei weitem ein nicht so anmutiges Bild. ') F. Höck, Versuch einer pflanzengeographischen Umgrenzung und Einteilung Norddeutschlands. Peterm. Mitt. Bd. 53. Gotha 1907. 2) Einen guten Ueberblick über diese Vegetationsformen bei Lübeck bietet P. Friedrich in der Landeskunde von Lübeck, 1890. ®) Die Grenze gegen den nordwestdeutschen Heidebezirk wird man im Gegensatz zu Höck (a. a. ©.) wohl mit einer Ausbuchtung bis nach Oldesloe und Mölln um das lübische Gebiet herumlegen müssen. Die Heide in der Mulde ist nur eine durch den Stauseeboden bedingte Insel inmitten des baltischen Buchen- bezirkes. 41 Während die vorstehenden Vegetationsformen infolge planmäßiger Nutzung vom Menschen beeinflußt und mannigfach umgestaltet werden, erfreuen sich Salz- und Torfflora im allgemeinen noch der Naturwüchsig- keit, wenn auch in den letzten Jahren schon mancher künstliche Eingriff geschehen ist. Die Salzflora ist mit Ausnahme binnenländischer Solquellen auf die Küste und auf die Untertrave bis zur Herrenfähre beschränkt, die Torfflora nimmt ebenfalls nur eine vergleichsweise geringe Fläche ein. Leider ist manche seltene Pflanze in den letzten Jahrzehnten durch Torf- stich gänzlich ausgerottet. Auf nassem Boden sind ebenfalls zahlreiche Wiesen gewachsen, die jedoch keine besonders ihnen eigentümliche Pflanzenelemente bergen und vorwaltend ein künstliches Produkt sind, aber in dem feuchten Klima trefflich fortkommen, wie ihre ewiggrüne Farbe lehrt, und ein wichtiges Element im Landschaftsbild abgeben. Als Fremdkörper hat die Nähe der Stadt, namentlich der Hafen eine, wenn auch Hamburg gegenüber recht bescheidene Adventivflora aufgezogen, die durch den Handel eingeschleppt wurde; ferner sind Heilkräuter und verwilderte Zierpflanzen nebst ausländischen Unkräutern häufig zu treffen. Viele von ihnen finden keine zusagenden Lebensbedin- gungen und verschwinden schon nach kurzer Zeit wieder, anderen slückt ein Fortkommen, so daß sie sich allmählich mehr und mehr ausbreiten wie Galinsoga parviflora, Titlıymalus Cyparissias und Elodea canadensis. Wenn die behandelte Flora auch ein Kind des Klimas ist, so sticht in ihr die Witterung ineinem Phänomen doch nicht so markant hervor, wie man es gewiß theoretisch erwartet hätte, in der Vegetationszeit. Wenigstens weisen die phänologischen Züge, wie sie Ihne entworfen hat, nicht nur nicht für Lübeck, sondern für fast ganz Nordwestdeutschland keinen durchgreifenden Einfluß des Klimas auf‘); doch wird eine Mehrung des Beobachtungsstoffes hier wohl auch noch die nötige Klarheit verschaffen. Vorläufig läßt sich nur die Tatsache registrieren, daß Lübeck für das mittlere Datum des Frühlingseinzuges an der Grenze zwischen dem 6. und 12. Mai einerseits, dem 13. und 19. Mai anderseits gelegen ist. Recht wenige spezielle geographische Momente bietet gegenüber dem Pflanzenreich die Tierwelt bei Lübeck, die sich in ihren allgemeinen Zügen nicht von der nordwestdeutschen abhebt. Nur als besonders geographisch bemerkenswert für Lübeck ist die Abhängiskeit des Vogel- zuges vom Unterlauf der Trave hervorzuheben, einer ausgesprochenen »Straße«, wie neuerdings Hagen und Peckelhof erkannt haben.?) !) E. Ihne, Phänologische Karte des Frühlingseinzuges in Mitteleuropa. Petern. Mitt., Band 51. Gotha 1995. 2) W. Hagen, Der Zug des weissen Storches (Ciconia eiconia) in der Umgebung von Lübeck. Ornithologische Monatsberichte, 16. Jg., No. 11. Berlin 1908. [Während des Druckes erscheint: W. Hagen, Der Vogelzug bei Lübeck. Journal für Ornithologie, Januarheft 1910.) B. Die Bevölkerung. Um die Tätigkeit des Menschen, vornehmlich den Verkehr und Handel bei Lübeck in der vorstehend geschilderten Natur voll zu wür- digen, muß neben der natürlichen Lage auch die politische verrechnet werden. Als Bestandteil des Deutschen Reiches ist der Staat von der Landesgrenze, wenn man vom Meer absieht, zwar noch 1'/, Breitengrade entfernt, aber als selbständiges kleines Gemeinwesen wird er recht nahe von Grenzen umzogen, um nicht zu sagen eingeklemmt, denen allerdings gegenwärtig nicht eine solche Bedeutung zufällt wie der Reichsgrenze, die sich aber doch im vielfacher Richtung, namentlich in der Ausnutzung der geographischen Lage, in hohem Maße geltend machen, und zwar meistens in nachteilisem Sinne. Insonderheit wird in verkehrsgeogra- phischer Hinsicht auf eine Umgehung Lübecks hingearbeitet, wie bei der Eisenbahnverbindung Berlin — Kiel, die größtenteils über Hamburg und über Ratzeburg — Neumünster geht, oder durch eine Absperrung, wie bei Rehna — Schwerin infolge Nichtanlage moderner Verkehrslinien oder in- dem mittels langwieriger Verhandlungen die Ausführung alter Wünsche hingezogen und verschleppt wird. Freilich soll nicht verschwiegen werden, daß sich Lübeck vor 1864, als die dänische Grenze unmittelbar an den lübischen Staat stieß, infolge seiner politischen Lage weit mehr nachbar- liche Mißgunst gefallen lassen mußte, indem die dänische Herrschaft eine zeitgemäße Umgestaltung des veralteten Stecknitzkanals verbot, um Lübeck vom übrigen Deutschland möglichst abzuschneiden, und gleichfalls dem Bau von Eisenbahnen die größten Schwierigkeiten entgegenstellte.') Eine so günstige Raumentfaltung, wie sie die Stadt einst als Haupt der Hansa in der Hand hatte, ist wohl unwiederbringlich dahin. Trotz dieser nicht zu leuenenden Hindernisse sucht Lübeck mit allen Kräften und unter Aufwendung großer Mittel etwaige Vorteile seiner Lage in weitestem Maße auszunutzen und neue hinzuzufügen. I. Siedelung und Verkehr. Die Stadt lag ursprünglich nicht an der heutigen Stelle, sondern etwa 5 km nördlicher an der Schwartaumündung. Diese formt mit der Trave eine niedrige und schmale Landzunge, die sich in ein ohne größere technische Aufwendungen unzugängliches Gelände hineinstreckt, in eine » Wasser-, Gras- und Schilfwildnis«, wie sie Ohnesorge charakterisiert und !, Einen Einblick in die mannigfachen Komplikationen gewährt: Wehrmann, Die Entstehung und Entwicklung der Eisenbahnverbindungen Lübecks, Zeitschr. Ver. f. Jüb. Geschichte u. Altertumskunde, Bd. 5. Lübeck 1888. Vgl. auch die lehrreiche Karte in dem Buche von E. F. Fehling, Heinrich Theodor Behn, >ürgermeister der freien und Hansestadt Lübeck. Leipzig 1906. 45 die derart im elften Jahrhundert die Wenden, die den Wald mieden und denen Sumpf und Wasser für ihre Siedelungen maßgebend waren, zu einem willkommenen Platz für eine Niederlassung emlud. Hier ent- stand Lübeck, ein Name slavischen Ursprungs, der vielleicht den Sinn von »Schönort« birgt.!) Zuerst ein wendisches Fischerdorf, war es etwa von 1044 ab eine wagrische urbs oder civitas, um am Ausgang des gleichen Jahrhunderts Sitz des Wendenkönigs Heinrich zu werden. In der Siedelung befand sich eine Kolonie deutscher Kaufleute, so daß das damalige Lübeck jene Stelle war, an der die Deutschen die Ostsee erreichten, von der sie bis zum Beginn des zwölften Jahrhunderts voll- ständig abgeschnitten gewesen waren. °) 1143 gründete Graf Adolf von Holstein weiter stromaufwärts an der Wakenitzmündung eine neue Stadt. Der unterste Lauf dieses Flusses bildet dort mit der T'rave inmitten sumpfiger Niederungen und großer Wasserflächen eine 5'!/e km lange, rückenartige Fastinsel, die nur vom Norden her eine kaum 100 m breite natürliche Zuwegung auf festem Boden besitzt.) Neben der ausgesprochenen Schutzlage kam als weitere Gunst der Natur hinzu, daß bis zu dieser Stelle Seefahrzeuge unschwer gelangen konnten. Auf die neue Stadt wurde der Name Lübeck über- tragen, während für die erste Ansiedlung, die 5 Jahre vorher zerstört war, der Name Alt-Lübeck aufkam:-Dieses war mutmaßlich noch bis 1300 bewohnt, geriet dann allmählich in Vergessenheit, bis erst die Aus- grabungen der letzten Jahre und die rührigen Forschungen Ohnesorges Licht über sie verbreitet haben. Die neue Stadt ist die heutige Stadt Lübeck, die sohin mit vielen benachbarten Küstenstädten die Gemeinschaft teilt, am inneren Ende von Ausläufern der Ostsee zu liegen.*) Über die Einzelheiten der Besiedelung sei auf den zweiten Teil eines Aufsatzes von Ohnesorge verwiesen. °) 2) So ausgelegt von W. Ohnesorge, Die Deutung des Namens Lübeck. Festschrift XVII. deutsch. Geographentag. Lübeck 1909. 2) W. Ohnesorge, Einleitung in die lübische Geschichte, Teil I. Zeitschr. Ver. f. Lüh. Gesch. u. Altertumsk., Bd. 10, Heft 1. Lübeck 1908. >) Eine vergleichende geographische Betrachtung mit den benachbarten See- städten lieferte R. Reinhard, Die wichtigsten deutschen Seehandelsstädte. Forschungen zur deutsch. Landes- u. Volkskunde, Bd. 13. Stuttgart 1901. ) Vgl. hierzu die eingehende Darstellung von A. Dix, Die deutschen Ostsee- städte und die Grundlagen ihrer wirtschaftlichen Entwicklung. Preuß. Jahr- bücher, Bd. 101. Berlin 1900. 5) W. Ohnesorge, Überblick über die Topographie des baltischen Höhenrückens von Lauenburg bis Travemünde, über die Lage und Entstehung Lübecks sowie über den Charakter der Stadtanlage. Verhandlungen des XVII. Deutschen Geographentages zu Lübeck. Berlin 1910. (Dort noch nicht erschienen, aber schon abgedruckt in den Lüb. Blättern, Jg. 1909.) Über Angaben in dem ersten Teil wird man mehrfach anderer Meinung sein müssen, wie z. B. über die Ursache der tieferen Lage der Paßhöhe im Stecknitz-Delvenautal. Die zweitgrößte Siedelung des Staates Lübeck ist das Städtchen Trave- münde, in seiner Lage ursprünglich durch die Mündung der Trave bedingt, jetzt aber bedeutend weiter westlich an der See ausgreifend, seitdem der Ort auch als Seebad aufblüht. Früher hatte der kleine Hafen durch seine Lage eine gewisse Bedeutung, indem Schiffe mit größerem Tiefsang bei ihm leichtern mußten, was jetzt infolge ständiger Baggerungen kaum noch ‚eintritt. Haupterwerbsquellen sind daher gegenwärtig neben der Fischerei die Badegäste und das Passantenpublikum. Ungleich anziehender ist Schlutup, das größte Dorf Lübecks, an der Trave dort gelegen, wo sie an ihrem rechten Ufer von der mecklenburgischen Grenze erreicht wird; in ihm hat sich eine bedeutende Fischindustrie entwickelt, in der neben der Verarbeitung eigener Fänge besonders auch die fremder ausgeübt wird. ') Mustert man sämtliche Siedelungen in der Mulde, so läßt sich im allgemeinen eine Abhängigkeit von den Talzügen wahrnehmen. Doch nur zum kleinen Teil liegen die Ortschaften wirklich in ihnen, dann meistens nur vereinzelte Gehöfte, wie die verschiedenen Horste der Wakenitz, vielmehr bevorzugen sie die Gehänge oder die oberen Ränder der Täler, wofür die Stecknitz einen schönen Beleg bietet. Darob sind die ebenen Flächen zwischen den Gerinnen fast durchgehends bar jedweder Niederlassung, wie zwischen Beidendorf und Falkenhusen oder Örummesse und Strecknitz oder zwischen Brandenbaum und Israelsdorf. Anders ver- hält es sich im Umland der Mulde, wo sich zwar zum Teil auch eine Verknüpfung mit dem feuchten Element, wie bei dem Hemmelsdorfer und Ratzeburger See, erkennen läßt, meistens aber nicht das Wasser den Wohnplatz bestimmt, sondern die Lage inmitten fruchtbaren Bodens, wie im Travemünder Winkel. Der Bauart nach sind die Wolnplätze teils am Wasser und Moor oclegene Rundlinge, so Uronsforde und Duvennest — ob die Rundlinge slavischen Ursprungs sind, sei im Hinblick auf die neuen Untersuchungen von ©. Schlüter, J. Wütschke und A. Schulz für die vorliegenden Fälle unentschieden gelassen -— teils Niederlassungen, die den germanischen Haufendörfern entsprechen, wie Urummesse und Offendorf. Typische Straßendörfer sind seltener, Castorf und Gr. Steinrade zeigen gute Beispiele. Oft liegt die deutsche Ansiedlung neben der älteren slavischen, wie bei Wendisch-Parin und Deutsch-Parin, jetzt Groß- und Klein-Parin genannt. Ähnliche Fälle bieten Groß- und Klein-Wesenberg und Groß- und Klein- Timmendorf. ; Ihre Namen haben die Niederlassungen häufig nach der geographischen Position erhalten, es sei nur an Örummesse, Grönau, Blankensee, Schwartau und Travemünde erinnert. Auch in die Flur- und Koppelnamen sind !) O. Westphal, Schlutup. Lübeck 1907. 45 vielfach die Lage der einzelnen Landstücke oder andere bezeichnende geographische Merkmale übergegangen.') Dem Verkehr zwischen den einzelnen Siedelungen hat bei Lübeck die Konfiguration des Bodens die Richtung gewiesen. Die Lübecker Mulde erfreut sich wohl einer kurzen Verbindung mit der Ostsee, aber nicht einer großen Wasserstrafse, die ihr die Wege eines ausgedehnten Hinterlandes zuführt. Nur ganz bescheidenen Verkehrs- ansprüchen genügen die Flüsse, die ihr zuströmen, von Natur aus. Sie gestatteten vom 12. bis ins 14. Jahrhundert bis Oldesloe, Mölln und Ratze- burg eine schwache Binnenschiffahrt von fast ausschließlich lokaler Be- deutung. Das von Lüneburg über Lübeck zur Ostsee wandernde Salz weckte erst einen regeren Schiffahrtsverkehr, indem man sich (sicher bereits 1342) für die Verfrachtung ab Mölln anstatt beschwerlicher Fuhr- werke hölzerner Kähne auf der Stecknitz bediente. 1391—-95 wurde die Delvenau, die gegebene Verknüpfung der Stecknitz mit der Elbe, befalır- bar gemacht?) und eine Verbindung zwischen beiden Flüssen durch den Delvenaugraben, mit dessen Bau vom Möllner See aus begonnen wurde, vermittelt, wodurch die Grundlage für den ältesten Kanal Deutschlands, den Stecknitzkanal mit im ganzen 15 Stauschleusen geschaffen wurde. Im Juli 1398 passierten die ersten dreißig Schiffe, mit Salz und Kalk von Lüneburg beladen, dieneue Verkehrslinie. Eine zweite Verbindung zwischen der Mulde und der Elbe, die gleichfalls ihren Weg durch eine natürliche Talflucht vorgezeichnet fand, wurde später gegen Mitte des 16. Jahrhunderts mit Hilfe des Bestekanals zwischen der Trave bei Oldesloe und der Alster hergestellt, scheint aber keine wirtschaftliche Bedeutung erlangt zu haben °). Im großen und ganzen verblieb der Stecknitzkanal, der seine Haupt- nahrung aus dem Handel mit lüneburgischem Salze zog und in großem Stile — im Sinne seiner Zeit — die Ausfuhr deutscher Güter von der Elbe nach der Ostsee und ins Ausland vermittelte und erst im 17. Jahr- hundert durch Einfuhr billigeren schottischen Salzes an Bedeutung verlor ?), bis zu seinem Ende am Schlusse des 19. Jahrhunderts in seiner ersten Anlage, so daß er, der einst als besonders leistungsfähige Errungenschaft galt, im Laufe der Zeit allmählich veraltete. Die Schleusen waren umbau- bedürftig, die geringe Wasserhöhe erlaubte nur eine Ladetiefe von 67 cm, ‘) C. Schumann, Die Flur- u. Koppelnamen des lüb. Staatsgebietes. Progr. des Katharineums. Lübeck 1892, Nachtrag 1893. ”, A. Kießelbach, Die wirtschaftlichen Grundlagen der deutschen Hanse und die Handelsstellung Hamburgs usw. (Berlin 1907) weist dagegen darauf hin, daß die Delvenau schon im 13. Jahrhundert für den Salztransport benutzt wurde. °») P. Hasse, Der frühere Alster-Travekanal. Mitt. Ver. lüb. Gesch. u. Altertumsk., Heft 9. Lübeck 1900. ';, Näheres bei Rehder, a. a. O. 46 die unendlich vielen Mäander, mit denen namentlich die Stecknitz von Haus aus gesegnet war, verursachten nach dem Ausbau der Eisenbahn einen großen Zeitverlust im Handelsverkehr!), zu dem noch das Wachsen der Arbeitslöhne kam, so daß der Kanal, jetzt »ein totmüder Greis«, mit dem ihn Rehder treffend verglichen hat, im Fernversand immer mehr an Bedeutung verlor und schließlich nur noch für den Nahverkehr in An- satz kam. 1845 übten noch 105 Stecknitzkähne ihre Tätigkeit aus, während zur Blütezeit der Wasserstraße, in der ersten Hälfte des 15. Jahr- hunderts, gegen 300 in Betrieb gewesen waren; 1886 aber fuhren nur noch 41, deren Fracht in der lokalen Abfuhr der Landeserzeugnisse bestand. 1573—1882 betrugen die Unterhaltungskosten ungefähr die Hälfte mehr als die ganze im Jahre gezahlte Schiffsfracht. ?) Die natürliche Folge der Unbrauchbarkeit des Kanals wäre gewesen, ihn gänzlich eingehen zu lassen, wenn nicht die wirtschaftliche Ver- schiebung des nordwestdeutschen Handels und die dadurch geänderte Verkehrspolitik gebieterisch eme zeitgemäße Umgestaltung und Verbesse- rung dieser guten natürlichen Verbindung mit dem Hinterlande gefordert hätte. Der Welthandel war im deutschen Reiche mittlerweile aus den baltischen Ländern nach den südlichen Gestaden der Nordsee gezogen und richtete seitdem seine Blicke auf den atlantischen Ozean, so daß für Lübeck nur noch aus einer Verknüpfung seines Hinterlandes mit der Ostsee eine ersprießliche Entwicklung des Handels zu suchen war, die um so dringender wurde, als der Nordostseekanal auch das Baltikum der Nordsee beträchtlich näher brachte und namentlich der Konkurrent Hanı- burg hieraus große Vorteile ziehen konnte, indem sein Wasserweg zur Ostsee um 425 Seemeilen bei einer mittleren Zeitersparnis von 45 Stunden gekürzt wurde, °) andererseits als Stettin durch bessere Wasserstraßen mit dem Binnenlande zu immer führenderer Stellung erwuchs. Jetzt war gerade die Südflucht des Stecknitz-Delvenautales zur Heranziehung eines binnenländischen Massenverkehrs der einzuschlagende Weg. Mit einem Kostenaufwand von 23,3 Mill. Mark, von denen das damals nur 80000 Einwohner zählende Lübeck 16 Mill. trug, wurde 1896— 1900 eine neue Wasserstraße, der Elb-Travekanal, in der Richtung des Stecknitzkanals ausgeführt. Mit den beiden Endhäfen bei Lübeck und Lauenburg ist er bei einer Tiefe von 2,5 m 67 km lang. 5 Schleusen bewerkstelligen von der Trave aus den Aufstieg zu der 12 m über N. N. !) Der Kanalweg war mit seinen 97,7 km 43 km länger als die Luftlinie und 35 km’ länger als die Eisenbahnlinie. 2) P. Rehder, Bauliche und wirtschaftliche Entwicklung der lübeckischen Schitf- fahrtsstraßen und Hafenanlagen. Lüb. Blätter, 51. Jg. Lübeck 1909 und Zeitschr. Ver. lüb. Gesch. u. Altertumsk., Bd. 11, Lübeck 1909. ®) W.Lüdicke, Die Entwicklung des Verkehrs im Kaiser Wilhelm-Kanal. Cöthen 1908. 47 gelegenen und 30 km langen Scheitelstrecke, 2 den Abstieg zur Elbe. Da er für die Durchfahrt der größten Elbschiffe eingerichtet ist, wurde durch ihn für Lübeck im Stromgebiete der Elbe und ihrer Nebenflüsse weithin wirtschaftliches Neuland erschlossen. Eine nicht so durchgreifende Verbesserung erheischte die natürliche Wasserader zwischen der Mulde und der Ostsee, die Untertrave, aber auch bei ihr mußten teilweise weitgehende Umbauten einsetzen. Der vielfach gekrümmte Flußlauf wurde begradigt und seine ursprünglich nur 2,5—3 m messende Tiefe nach und nach auf Sm gebracht und wird in Bälde S,5 m erreichen, so daß das zeit- und kostenraubende Leichtern auf der Travemünder Reede so gut wie ganz fortfällt, nachdem auch die vor die Mündung sich lesgende »Plate«, die von Natur nur 2—6 m tief ist, ent- sprechend ausgebaggert ist. Im ganzen wurden in den letzten 30 Jahren nicht weniger als 44,5 Mill. M. von der kleinen Stadt Lübeck zur Hebung des Wasserverkehrs ausgegeben. !) An Schienenwegen, die den radial von der Mulde 'ausstrahlenden Tälern folgen, rückt außer den Nahverbindungen mit dem Hafen und dem Unterlauf der Trave die Linie nach einem so bedeutenden Nachbarplatze wie Hamburg-Altona und weiterhin ins Rheimland und nach Westfalen für den Verkehr in den Vordergrund; in zweiter Reihe kommen die süd- liche Strecke nach Lüneburg-Hannover und die östliche nach Mecklen- burg und Stettm. Das benachbarte westliche Mecklenburg ist für Lübeck jedoch durch Konzentration der Eisenbahnen nach Schwerin recht ver- schlossen. Landstraßen spielen bei Lübeck gegenwärtig für den Verkehr keine maßgebende Rolle, so daß sie in dem vorliegenden kurzen Überblick über- gangen werden können. Dagegen war am Ausgang des Mittelalters gerade den lübischen eine hervorragende Stellung zuerteilt. ?) II. Handel und Wirtschaft. Die augenblicklich vorhandenen Verkehrswege vermitteln für die Lübecker Mulde einen Binnen- und Seeverkehr. Gemäß ihrer Verbesserung und Mehrung erfolgte auch ein Aufschwung des Handels. Im überseeischen betrug 1855 die Zahl der ein- und auslaufenden Schiffe 1930 mit 164.066 Reg.-T.; 1907, in welchem Jahre 59 in Lübeck beheimatete Dampfer tätig waren, 1414228 Reg.-T. in 5532 Fahrzeugen. Dementsprechend ist auch die Menge der ein- und ausgeführten Güter gewachsen, die 1855 !) P. Rehder, Lüb. Bl. a. a. O. 2) Übersichtliche Zusammenstellung bei F. Bruns, Lübecks Handelsstraßen am Ende des Mittelalters. Hansische Geschichtsblätter, Bd. 8. Leipzig 1907 und bei F. Rauers, Zur Geschichte der alten Handelsstrassen in Deutschland. Pet. Mitt, Band 52. Gotha 1906. 45 111,2 Tsd. t, 1907 1520,2 Tsd. t maß, sich also fast auf «das zwöllfache belief, wodurch die Gesamteinnahmen von 103273 M auf 632859 M im gleichen Zeitraum stiegen. So unverkennbar der überseeische Handel eine kräftige Entwicklung anstrebt, so darf doch nicht unbeachtet gelassen werden, daß Lübeck gegen- wärtig nicht unmittelbar an der Hauptverkehrsstraße, die von der Kieler Föhrde zum Sund und nach Stettin läuft, gelegen ist, sondern abseits !), und daß ferner der Aufschwung nicht stetig erfolet, vielmehr Zeiten von Stillstand und teilweise recht beträchtlichem Rückschritt eingeschaltet sind. Nach einer lebhaften Zunahme in den siebziger Jahren brachte das achte Jahrzehnt des verstrichenen ‚Jahrhunderts (teilweise unter dem Einfluß neuer Zollgesetze) bis zum Anfang der neunziger Jahre tiefe Rückfälle und wenig Steigung. Erst mit Beginn des laufenden Jahrhunderts setzte wieder eime schnelle Zunahme ein?) Freilich ist das Wachstum nur absolut auf Lübeck bezogen, nicht relativ, denn die Rangstellung, die die Stadt an der deutschen Ostseeküste im Seehandel einnimmt°), hat sich nicht geändert. 1897 betrug der seewärts gerichtete Güterverkehr in Mill. t bei Stettin 2, 99, Danzig 1,41, Königsberg 1,15, Lübeck 0, 72, Kiel 0, 47, 1907 in gleicher Reihenfolge Stettin 4, 64, Danzig 1, 71, Königs- berg 1, 70, Lübeck 1, 32, Kiel 0, 81%). Wie deutlich zeigen diese Zahlen den schweren wirtschaftlichen Kampf Lübecks und wie dringend mahnen sie, auch fernerhin nichts zur Hebung des Handels zu unterlassen! Iın Binnenverkehr entfällt der Hauptanteil auf die Eisenbahn (1907: 65,4 °/,), vor allem, wie schon erwähnt, auf die Richtung nach Hamburg (Empfang und Versand 1907: 560 Tsd. t), ferner nach Hannover (365 Tsd. t) und nach Mecklenburg und weiter östlich (214, 3 Tsd. t)°). Nur 641,7 Tsd. t gehörten 1907 dem Binnenwasserverkehr an, woraus klar zu ersehen ist, daß trotz des Elb- Trave - Kanals die — leider nicht in lübischen Händen befindliche — Eisenbahn den Hauptvorteil aus dem Landverkehr zieht. Besaß sie vor der Eröffnung des Elb-Trave-Kanals auch 89, 5 °/, des gesamten lübischen Binnenverkehrs, so ist trotz des neuen Wettbewerbers auch für sie die Güterzahl gewachsen, (1597: 946 Tsd. t, 1907: 1228 Tsd. t auf allen Linien zusammen), wozu freilich teilweise !), Karte bei L. Jordan, Verkehrsdichte auf der Ostsee im Jahre 1905. Könies- berg 1909. >), P. Rehder, Kurvimetrische Darstellung a. a. O. ») Einen sehr klaren Einblick eröffnet die schon etwas veraltete Karte von P. Langhans, Die wirtschaftlichen Beziehungen der deutschen Küste zum Meere. Pet. Mitt. Bd. 46. Gotha 1900. *, E. Wallroth, Der Elbe-Travekanal in seiner Bedeutung für die Wirtschafts- stellung Lübecks. Zeitschrift für Binnenschiffahrt 1909. ö, Statistisches Taschenbuch für Lübeck, Herausgegeben vom Statistischen Amt. Lübeck 1909. Viele der nachfolgenden Zahlen sind ihm entnommen. 49 eine recht erhebliche Erniedrigung der Frachtsätze beigesteuert hat '), teils aber auch, wie Rehder betont, die unmäßig niedrigen Abgaben und die weit unter Selbstkostenpreis stehenden Schleppgebühren im Kaiser-Wilhelm- Kanal, der dadurch Lübeck im Handelskampfe mit Hamburg so außer- ordentlich benachteiligt, daß der Ostseeverkehr Hamburgs, der vor Er- öffnung des Nordostseekanals kleiner war als der Lübecks, den letzteren in den Jahren 1905—7 schon mehr um das Doppelte überflügelte. So wird durch Konkurrenz eine so gute geographische Verkehrsader, wie sie die Flucht des Steeknitztales für Lübeck eröffnet, unterbunden. Entsprechend Lübecks Lage fand der regste Austausch auf dem Seewege mit Schweden statt (1907: 409, 9 Tsd. t), das sowohl in der Ein- fuhr wie in der Ausfuhr an der Spitze marschiert; dann folgen Groß- britannien, Finnland, Deutschland, Rußland und Dänemark. Die wichtigsten Warengattungen in der Einfuhr waren Holz (1907 : 590,9 Tsd. t), Erze (139, 7 Tsd. t) und Steine (39,7 Tsd. t), alles drei Güter, die vorwiegend aus Schweden und Rußland stammen und eimen Teil Nordwestdeutschlands mit ihnen versorgen. Hierzu gesellen sich 204, 8 I'sd. t Steinkohlen, überwiegend britischer Herkunft, da die Kohleneinfuhr von dort trotz der größeren Entfernung sich dank der direkten Wasserverbindung billiger als aus den westfälischen Kohlendistrikten stellt. Unter den Ausfuhr- produkten waltet verarbeitetes und unverarbeitetes Eisen vor (53, 2 Tsd. t), worauf neben Steinkohlen Düngemittel, Salz und Gips folgen. Die drei letzien Güter wurden hauptsächlich durch den Elb-Trave- Kanal eingeführt, in Lübeck also nur umgeladen im Umschlaghafen. Sie geben im Verein mit Zucker (nebst Melasse und Sirup) und Mauersteinen die Hauptlast für den Kanal ab, während in seiner Ausfuhr Holz (1908: 35 Tsd. t), Roheisen (22,7 Tsd. t) und Getreide (14,7) vorherrschen. Da die Einfuhr die Ausfuhr bedeutend übertrifft, so vollzieht sich der größte Teil des Handels mit den an Kalisalzen gesegneten Distrikten der deutschen Mittelelbe (Provinz Sachsen, Anhalt und thüringische Staaten). Die zweite Reihe nehmen Hamburg und das Königreich Sachsen ein, während weder mit Böhmen ein engerer Austausch hat aufkommen können noch die Übermacht Stettins einen lebhafteren Verkehr mit den märkischen Wasserstraßen zuließ '. Im allgemeinen hat sich zwar eine stetige, aber recht langsame Entwicklung des neuen Verkehrsweges herausgestellt, die zeitweise durch andauerndes Niedrigwasser der Elbe wie auch durch längere Eisbedeekung empfindlich gehemmt wurde, Übelstände der Natur, die wohl nicht zu überwinden sind. !) E. Wallroth a. a, O. 50 Der Handel ist im Wirtschaftswesen nur auf den einen Teil des Staates, auf die Stadt von größerem Einfluß, indem ihm dort Gewerbe und Industrie entwuchsen und unter den Wirtschaftsformen überwiegen, während dagegen in dem Land Lübeck unabhängig vom eigentlichen Handel Landwirtschaft und Viehzucht, Forstwirtschaft und Fischerei vorwalten. Da im Handel das Holz den ersten Platz einnimmt, so ist auch seine Verarbeitung ein Gegenstand lübischen Fleißes, dem sich 1907 2111 Personen in 469 Betrieben hingaben. Eine größere Industrie hat sich bis jetzt freilich nicht in Lübeck entwickelt, fehlen doch Bodenschätze beinahe gänzlich und schlugen auch neuere Versuche, in größerer Tiefe auf Salz oder Petroleum fündig zu werden, fast durchgehends fehl. Das einzige Material, über das eine großzügigere Auswertung verfügen kann, sind die Tone, die schon im späten Mittelalter eine bedeutende Kachel- und Ziegelindustrie weckten, von der die vielen alten Backsteinbauten des Stadtbildes ein redendes Zeugnis ablegen.') Noch gegenwärtig (1907) be- schäftigen sich 840 Personen in 49 Betrieben mit der Verarbeitung der Erden und Steine, unter denen die Tonindustrie stark beteiligt ist. Lübeck ist also in industrieller Hinsicht vornehmlich auf die Ver- arbeitung eingeführter Stoffe angewiesen, weshalb infolge des Frachtzu- schlages der Entwicklung dieses Zweiges der Wirtschaft enge Grenzen gesteckt sind, wenn diese auch durch Erleichterungen und Verbesserungen des Verkehrs weiter hinausgeschoben werden können, wie die Zahlen der letzten 25 Jahre bekunden. So beteiligten sich 1832 insgesamt 1457 Personen in 314 Betrieben an der Verarbeitung von Metallen und der Herstellung von Maschmen und Apparaten, 1907 hingegen 5060 Personen in 428 Betrieben. Zweifellos muß Lübecks Zukunft auf die Heranziehung weiterer industrieller Anlagen gebaut werden, namentlich auf dem Gebiete des Großgewerbes, wozu jüngst an der Untertrave durch Eröffnung eines Hochofenwerkes im Verein mit anderen umfassenden Anlagen infolge der verkehrsgeographischen Verbesserung der Lage ein erfreulicher Fortschritt gemacht ist. In einem weitausschauenden Werke hat P. Rehder die Mittel und Wege gewiesen, die im dieser Richtung künftighin einzu- schlagen sind.?) Im Land Lübeck waltet hingegen, wie schon angedeutet, die Land- wirtschaft und Viehzucht vor, wozu die Güte des Bodens zusammen mit der ozeanischen Milde des Klimas geradezu einladet, während eine lohnende Industrie sich abseits der Handelswege nicht zu entfalten vermag. 1900 !) P. Friedrich, Blütezeit und Niedergang der lüb. Ziegelindustrie. Lübeck 1897. ®) P. Rehder, Die bauliche und wirtschaftliche Ausgestaltung und Nutzbar- machung der lübeckischen Hauptschiffahrtsstraßen. Lübeck 1905. dl maß die Gesamtfläche, die zur landwirtschaftlichen Nutzung zur Verfügung stand, 29873 ha; davon waren Acker- und Gartenland 17335 ha, Wiesen 2675 ha, Weiden und Hutungen 840 ha, zu denen noch 4083 ha für Forsten und Holzungen kamen!). Acker- und Gartenland stehen also weit voran, stempeln das Land Lübeck zu einem Agrarstaat und verleihen der Landschaft mit Ausnahme der allernächsten Umgebung der Stadt einen Zug üppiger Fruchtbarkeit und glücklicher Zufriedenheit. Roggen (1908: 3399 ha), Hafer (3510 ha) und Weizen (730 ha) nehmen unter den Kornfrüchten den ersten Platz in der Bodenauswertung ein, die beiden zuerst angeführten vielfach auf Sand, der Weizen dagegen auf schwerem Lehm, der infolge Drainage fast überall in seiner Ertragsfähigkeit gesteigert ist. Die Kultur der Kornfrüchte muß sich ganz dem Klima anpassen. Die trockenen und kalten Ostwinde des April und Mai hemmen die von der Märzsonne geweckte Vegetation. Die Ernte, die an der Küste mehrere Tage früher als einige Meilen landeinwärts einsetzt, vermag der Feuchtig- keit der Luft halber und wegen der häufigen Niederschläge nur langsam zu trocknen; oft schlägt das Korn aus oder wird vom Rost befallen, das noch auf dem Halm stehende Getreide wird leicht durch böartige Winde geknickt. Eine Folge des unbeständigen Wetters ist außerdem das Halten einer größeren Zahl von Arbeitskräften und Pferden als zur Ernte bei beständig guter Witterung erforderlich wäre, also eine bedeutende Ver- minderung des Reinertrages.°) Auf der von Forsten bedeckten Fläche waltet die Buche vor; da ihr an Platznießung die Eiche und erst dann die Kiefer folgt, so deckt das Laubholz mehr als die doppelte Fläche des Nadelholzes. Der Saftreichtum der Pflanzen, die Wirkung von Regenreichtum und fruchtbarem Boden, erlaubt eine ergiebige und steigende, ja geradezu vorbildliche Viehzucht. Der Ruf, dessen sich das holsteinische Vieh er- freut, gilt auch für das lübische Gebiet. Als -Eigentümlichkeit muß hervorgekehrt werden, daß die weidenden Tiere im Freien übernachten ; um ihnen Schutz gegen die Unbilden der Witterung zu gewähren und um sie einzufriedigen, sind die Koppeln mit Knicks, Erdwällen mit lebenden Hecken, in ähnlicher Weise wie in den windreichen Gebieten Cornwalls und der Bretagne eingefaßt. 1907 wurden 15 Tsd. Schweine und 9615 Rinder neben 61 Tsd. Stück Federvieh gehalten, wozu noch 4132 Pferde kamen. Schafe treten hin- gegen ganz zurück, da sie nicht die großen Heideflächen wie in der Geest oder südlich der Elbe vorfinden. Sie sind seit Anfang der siebziger ', Th. H. Engelbrecht, Bodenanbau und Viehstand in Schleswig-Holstein. Kiel 1905 und 1907. *) G. H. Schmidt, Zur Agrargeschichte Lübecks und Ostholsteins. Zürich 1887. 52 Jahre unter der Einwirkung überseeischer Wolleinfuhr auf die Hälfte zurückgegangen, während die Zahl der Schweine sich im gleichen Zeit- raum verdoppelte, die der Rinder, die nicht zur Arbeit, sondern aus- schließlich als Fleisch- und Milchproduzenten gehalten werden, dieselbe blieb und die der Pferde langsam, aber ständig zunahm. Sonst bietet die Natur aus dem Tierreich nur noch die Fische der See, des Brackwassers und Süßwassers. Lediglich die der beiden ersten erlangen einige Be- deutung, indem neben Aal, Butt und Dorsch insbesondere der Hering (1907 640 "Tsd. kg) gefangen und in den Handel gebracht wurde. Überblickt man Handel und Wirtschaft in ihrer Gesamtheit, so sieht man in letzter Zeit fast in allen Zweigen ein freudiges Wachstum, dementsprechend auch die Zahl der Personen, die ihren Erwerb m ihnen suchen, gestiegen ist. Nur in der Landwirtschaft ist die Ziffer seit 1882 ziemlich konstant geblieben, eine Tatsache, die der fast höchstmöglichen Bodennutzung entspringt. Auch in der Bevölkerungszahl gelangt die allgemeine Entwicklung zum Ausdruck. Nahm sie im größten Teil des abgelaufenen Jahrhunderts, wenn auch stetig, so doch nur all- mählich zu, von 1815—1870 nur um 10000,') so setzt mit Anfang der siebziger Jahre ein ständiger größerer Zuwachs ein, so daß die Volks- zählung von 1905 91541 Seelen für die Stadt ergab, die damit die sechs- undvierzigste Stelle im deutschen Reiche einnimmt. Sehr langsam ist hingegen die Zahl der Landbewohner gestiegen, von 9,6 Tsd. 1515 auf 14,3 Tsd. 1905. Seit Beginn der fünfziger Jahre kündeten sogar sieben Zählungen eine schwache Abnahme an, auch für die Gegenwart ist ein absoluter Rückgang zu verzeichnen, doch kann von einer aus- gesprochenen Landflucht wie anderwärts, namentlich in dem benachbarten Mecklenburg, nicht geredet werden. 1905 belief sich die Einwohner- zahl des gesamten Staates auf 105857 Köpfe, unter denen das nordische blonde Eleinent vorwaltet, wenn auch nicht so rein wie in Kiel oder gar erst in Schleswig; neben der eigentlichen Stadt ist der schmale Küsten- streifen das am dichtesten besiedelte Gelände. °) Wie Verkehr, Handel und Wirtschaft den geographischen Bedingungen entwachsen sind, so üben sie ihrerseits auf das geistige Leben der Be- ') Die vielfach noch anzutreffende Angabe, Lübeck habe früher, namentlich in der Hansazeit über 100000 Einwohner besessen, ist unrichtig. W. Reisner (Die Einwohnerzahl deutscher Städte in früheren Jahrhunderten mit besonderer Berücksichtigung Lübecks, Jena 1903) berechnet die Zahl für das 14. Jahr- hundert auf 17—19000, für das 15. und den Anfang des 16. auf 21—24 000; dann folgt eine schwache Abnahme. 1807 zählte Lübeck 24631 Seelen. 2) Vgl. Arnold Kall, Die deutsche Küste als Siedelungsgebiet. Düren 1907. 53 völkerung ihre Wirkung aus. In einer Stadt wie Lübeck, die von der Natur auf den Handel gewiesen wird, muß der Kaufmann der erste Mann sein, da von ihm das Wohl nnd Wehe des kleinen Staates abhängt. Es wäre eine ebenso lohnende wie fesselnde Aufgabe, diese innere Verknüpfung zwischen Geographie und Handel und Geistesleben in ähnlicher Weise, wie es teilweise jüngst Baasch für das Geistesleben Hamburgs getan hat !), aufzudecken und das letzte Ausklingen geographischen Einflusses zu vernehmen. !) E. Baasch, Der Einfluß des Handels auf das Geistesleben Hamburgs. Pfingst- blätter des Hansischen Geschichtsvereins V, 1909. Leipzig 1909. Berichtigungen nach dem Drucke: Seite 11, Zeile 19 von oben: positiv statt negativ. Seite 15, Zeile 14 von unten: Fänö statt Fanö. Seite 20, Zeile 24 von oben: 760,5 statt 860,5. Seite 22, Zeile S von oben: + 16,4° statt — 16,4°. = % 4 x u [#2 j ee i Be; ehe ma m un. Er re ek 3 Du es EEE Beiträge zur Geologie Lübecks. Von Prof. Dr. Paul Friedrich in Lübeck. I. Der Untergrund der Stadt Lübeck. Tafel 1 und 2. Die beiden Profiltateln waren ursprünglich für einen Aufsatz »über den Untergrund der Stadt Lübeck« in der Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde, Band XII bestimmt. Die Verwendung von vier Farbentönen zur Kennzeichnung der diluvialen Ablagerungen wurde dadurch ermöglicht, daß sich die Geographische Gesellschaft zur Mittragung der Kosten bereit erklärte. Indem ich auf den oben erwähnten Aufsatz (I) und die früheren Veröffentlichungen über den geologischen Aufbau der Stadt Lübeck (II, III) hinweise, sollen hier, um eine Wiederholung zu vermeiden, nur die wichtigsten Ergebnisse der Profilzeichnungen mitgeteilt werden. Die Lübecker Mulde, die sich innerhalb der 20- Meterkurve meist in einer Höhenlage von 10—15 m über N.N. als eine einförmige Ebene ausbreitet, läßt in ihrem nördlichen Teile zwei bemerkenswerte Erschei- nungsformen erkennen. An der Straße von Lübeck nach Wesloe fällt das Gelände plötzlich von + 15 bis auf + 5 und + 4 zu der weit- ausgedehnten Niederung ab, die einen großen Teil des Lauerholzes, den Schellbruch (+ 1 m N.N.), das Lustholz, die Tilgenkrugwiesen und die Auwiesen östlich von Schwartau umschließt. Die Travemünder Chaussee durchschneidet diese Niederung von Sandbergstannen aus bis zur Forst- halle in + 4 m N.N. Die ganze Niederung wird von den jüngsten Beckentonen, dem sog. gelben Ton, z. T. von moorigen Alluvialbildungen bedeckt, eingenommen. Zwischen dieser Niederung und dem Tal der Trave und weiter im Süden zwischen Wakenitz und Trave erhebt sich ein schmaler Höhen- rücken, der zwar nirgends die Höhenlage der Mulde (+ 15 m N.N.) überschreitet, aber deshalb eindrucksvoller in die Erscheinung tritt, weil er unmittelbar aus dem niedrigen Umlande emporsteist:. Als ein in geologischer Beziehung einzigartiges Gebilde erscheint er in der ganzen Mulde insofern, als er eine deutliche sattelförmige Aufwölbung der jün- geren Bodenschichten erkennen läßt. Im Einzelnen ist der Verlauf des Höhenrückens folgender: Er zieht sich von der Teerhofinsel südwärts bis zur Roeckstraße; wenn er sich weiterhin in der Marlier Hochfläche verliert, oO po] so ist er geologisch in dem westlichen Anteil derselben doch noch deut- lich zu erkennen, da am rechten Wakenitzufer die Talsande und noch gegenüber der Wasserkunst die sandstreifigen Schichten des gelben Tones westwärts, zur Wakenitz hin, steil einfallen (Vergl. die geologische Karte in II). Bei den Sandbergstannen zweigt der Höhenzug ab, auf welchem die Stadt Lübeck entstand. Er bricht bei der Petrikirche in einer steilen Böschung ab und ist jenseits der Traveniederung in dem Hervortreten des blauen Tons bei der Lachswehr und weiterhin in einer beim Bau eines Stammsiels vorübergehend aufgeschlossenen Bodenaufwölbung noch deut- lich zu verfolgen. Auf keiner unserer Lokalkarten heben sich diese beiden Höhenzüge so deutlich aus der Umgebung heraus wie auf der schönen Ohnesorgeschen Karte der Umgebung von Alt-Lübeck (IV). In geo- logischer Hinsicht gehört das südlich vom Klingenberg gelegene höhere Stadtgebiet mit dem Dom zur Wakenitzseite der Stadt. Es ist mir bis jetzt nicht gelungen, für diesen langen schmalen Höhenrücken eine Er- klärung zu finden. Ich möchte annehmen, daß der sattelartigen Auf- wölbung der steinfreien Sande und Tone eine Grundmoränenwelle zu Grunde liest. Der einzige einwandfreie Aufschluß in dem Höhenrücken, der Kanaleimsehnitt am Burgtor (II, Taf. 2) widerspricht dieser Auffassung. Als am Schluß der Eiszeit die tiefen Zugänge zur Ostsee, die beiden Belte, vom Eise verlassen waren und die Trave zur Ostsee abfließen konnte, mußten die oberhalb Lübecks aufgesammelten Wassermassen ihren Abfluß an der niedrigsten Einkerbung der beiden oben erwähnten Höhenrücken finden. Die Überlaufschwelle befand sich offenbar im west- lichen Höhenzuge und zwar zwischen der Petrikirche und der Lachswehr. Dieser Abschnitt des Travetals ist als ein Durchbruchstal zu bezeichnen. An derselben Stelle mußte dann auch die Wakenitz ihren Abfluß finden. Da sich im Wakenitzgebiet die tiefste Bodeneinsenkung, eine von den steinfreien Tonen und Sanden gebildete Mulde mit der jetzigen Ober- kante bis hinab zu 4 m u. M., nördlich von der Falkenwiese befindet (Taf. 2 in ID), so mußte sich die Wakenitz von ihrer Mündungsstelle zunächst bis zu dieser Mulde rückwärts einsägen. So verdankt Lübeck dem Travedurchbruch im südlichen Abschnitt des westlichen Höhenrückens und dem Vorhandensein der tiefen Mulde bei der Falkenwiese seine einzigartige geographische Lage auf einem nur im Norden landfesten Höhenrücken zwischen zwei von breiten Moorniederungen begleiteten Flüssen. Zur Zeit der Litorinasenkung ragte der Stadthügel fast wie eine Insel aus einer breiten Wasserumrahmung empor. Ein anderes Bild bot das Gelände Lübecks, als Lübeck in die Geschichte eintrat (1143): Die breiten Wasserflächen waren verschwunden und zwei schmale Fluß- serpentinen wanden sich mit kaum sichtbarem Gefälle zwischen schwer zugänglichen Moorniederungen hindurch. Nicht lange nach der Gründung; 59 der Stadt (1180, 1230, 1289—91) erhielt die Wakenitz durch die Aufschüt- tung von Talsperren (Mühlendamm, Mühlenbrücke und Hüxterdamm) die alte seenartige Verbreiterung wieder; durch die Erbauung des Elbe-Trave- kanals ist das Bild der Innenwakenitz wieder völlig verändert. Zwischen Trave und Wakenitz erhebt sich der aus blauem Ton und Talsand bestehende Stadtrücken als ein geologischer Sattel. Wenn der jüngere, gelbe Ton jetzt als geschlossene Decke nur die Wakenitzseite dieses Sattels bedeckt, so weisen doch mehrere auf dem höchsten Teil des Stadtrückens ganz unvermittelt auftretende Schollen gelben Tones (unter dem Werkhause der Marienkirche, unter dem Hause der Schiffer- gesellschaft mit deutlichem Einfallen der Schichtung zur Trave) darauf hin, daß sich dereinst dieser Ton als geschlossene Decke von der Wakenitz- seite über die Sattelhöhe zur Traveseite hinüberzog und da, wo’ sich jetzt die Traveniederung befindet, in einer flachen Mulde mit den Tonlagern der St Lorenzvorstadt in Verbindung stand. Bei der Abtragung dieser Bodenschicht mag Menschenhand mit tätig gewesen sein, die Hauptarbeit leistete die Natur und zwar die Erosionstätigkeit des fließenden Wassers bei der Entstehung unserer Flußbetten. Die Profile. Im Jahre 1864 wurden unter der Aufsicht des Herrn Wegebau- inspektors Gepel innerhalb der Altstadt etwa 60 Bohrungen bis in den blauen Ton hinab zu dem Zwecke ausgeführt, um über den ursächlichen Zusammenhang zwischen den zahlreichen Choleraerkrankungen und dem Untererunde Klarheit zu gewinnen!) Die von Gepel im Maßstab 1:1500 für die Längen angefertisten Bodenprofile bilden die Grundlage za unsern geologischen Stadtquerprofilen. Die in den blauen Ton hinab- reichenden Bohrungen in den sieben Querschnitten stammen zum großen Teil aus dem Jahre 1864. Leider gelang es nur in wenigen Bohrungen, die ihrer Entstehung nach ganz verschiedenartisen Bodenarten, den steinfreien blauen Ton und den Geschiebemergel, von einander zu trennen. Daher bezeichnet der blaue Farbenton in den tieferen Lagen sowohl den blauen Ton als den Geschiebemergel. Die Sande am Grunde der alten Flußbetten sind zum Unterschied gegenüber den unmittelbar aus den Gletscherschmelzwässern abgelagerten T'alsande nicht farbig, sondern nur mit schwarzen Signaturen dargestellt. Sie weichen ihrer Lagerung nach durchaus von den Tal- sanden ab und sind höchstwahrscheinlich erst zu einer Zeit abgelagert, als die Flußbetten ihre heutigen Hohlformen erlangt hatten. Um die alten Flußtiefen der Wakenitz und den vor der künstlichen Aufstauung ‘) Die Bohrpunkte sind in die Karte eingetragen, welche der Arbeit von Dr. med. E. Cordes über die Cholera in Lübeck (Zeitschr. f. Biologie Bd. 4, H. 2. München 1868, 8°) beigefüst ist. 60 vorhandenen schmalen Wakenitzfluß deutlich zur Anschauung zu bringen, ist von der Einzeichnung des Elbe-Travekanals in die Profile Abstand genommen worden. 1. Profil Engelsgrube — Weiter Lohberg. Die Tiefbohrung in der Breitenstraße wurde 1864 ausgeführt. Wahrscheinlich ist hier der Geschiebemergel noch nicht erreicht, die Zeichnung der schrägen Schraffen beruht hier nur auf Mutmaßung. Schöne Aufschlüsse unter dem Hause der Schiffergesellschaft und beim Neubau der Häuser südlich von der Jakobikirche zeigten hier den sattel- artigen Schichtenaufbau. Durch eine von der hiesigen Bohrfirma H. Thöl im Garten der Gemeinnützigen Gesellschaft freundlichst ausgeführte Trockenbohrung wurde eine muldenförmige Einsenkung des Talsandes und des gelben Tones und in dieser Mulde ein Moostorflager unter dem jüngsten Talsand festgestellt. — Das Bohrprofil war folgendes: 0 — 35 m Bauschutt, — 5 , jüngster Talsand, — 6 » Sand mit Moostorf, — 11,70 » blaugrauer fetter Tonmergel — gelber (oberer) Ton, — 12,25 » Talsand, dann blauer Ton. Die Bohrungen im Weiten Lohberg und die Wakenitzbohrungen in sämt- lichen Profilen wurden von der Wasserbauverwaltung bei den Vorarbeiten zum Bau des Elbe-Travekanals ausgeführt. 2. Profil Becekergrube — Glockengießerstraße. Wertvolle Aufschlüsse lieferten außer den Bohrungen vom Jahre 1564 eine vonseiten des Bauamtes mitten in der Trave ausgeführte Bohrung, mehrere Flachbohrungen und eine Tiefbohrung auf dem Gelände des städtischen Elektrizitätswerkes, Beckergrube 5l, die Fundamentierungen der Markthalle, des Theaters, sowie der Privathäuser in der oberen Becker- grube und der oberen Pfaffenstraße, endlich der Bau der Turnhalle im Katharineum und zwei Trockenbohrungen daselbst, für deren Ausführung ich unserer Hochbauverwaltung auch an dieser Stelle meinen ergebensten Dank ausspreche Durch die beiden letzten etwa 20 m von einander entfernten Bohrungen ist festgestellt worden, daß die nassen Sande, auf denen u. a. der Füchtingshof und die 1. Knabenmittelschule stehen, dem jüngsten Talsande angehören und eine Mulde ausfüllen, welche von der Hundestraße an die Königstraße und die Gr. Burgstraße nordwärts wahr- scheinlich bis zum Burgtor begleitet, wo derselbe Talsand über dem gelben Ton beim Kanalbau in einem schönen langen Profil vorübergehend aufgeschlossen war (Il, Taf. 2). 61 Diese Mulde fehlt noch auf der geologischen Karte von Lübeck in der Festschrift zum deutschen Geographentag, sie ist aber durch Hand- kolorit in die Exemplare derselben Karte eingetragen worden, die dem Aufsatz von Herrn Direktor Dr. Reuter über den »Aufbau der Stadt Lübeck von der ältesten Zeit bis 1300« (Zeitschr. d. Vereins für Lüb. Gesch. u. Altertumsk. XII) beigefügt sind. Die beiden Bohrungen zeigten folgenden Schichtenaufbau: Ne 0— 3 m| 0 — 440 m: Bauschutt und Dung, — 3,50 » _ schwarzer humoser nasser Sand mit den Wurzeln vom Pflaumenbaum und der Sauerkirsche (nach Webers Bestim- mungen), — 7,80 » — 7,85 » nasser, feiner kalkfreier Sand (jüngster Talsand), — 28403 — 8,15 » Moostorf, — 11,50 » — 12,50 » fetter, blaugrauer Ton (= oberer, gelber Ton), —12 » — 13 » Talsand. Herr Prof. Dr. ©. Weber-Bremen, der die Untersuchung des Torfs freundlichst übernommen hatte, teilte mir folgendes mit: Bohrung 1. »Der Hauptmasse nach ein gut erhaltener, aber stark zusammengedrückter Bleichmoostorf von Sphagnum teres. Eine stark ver- moderte Lage enthält sehr viele Holztrümmer von Erikaceen (wahrscheinlich (alluna), daneben stark zersetzte Reste eines Sphagnum und ebensolche, aber spärlichere eines Hypnum (vielleicht HM. Schreberi) und reichlich Pilzmycel. Sporen von Sphagneen überall in Menge, aber Pollen ver- geblich gesucht. « Bohrung 2. »Eine schwarzbraune, wahrscheinlich durch Zusam- menschwemmen entstandene Torfmudde, mehrfach mit Blättern und Ästen von Hypnum giganteum, Spärlich fanden sich schlecht erhaltene Blattfetzen von Sphagnum sp. und cf. Aulacomnium palustre, sehr spärlich Pollen von Pinus, mehrere große Nüsse von (arex sect. Carex und Epidermisfetzen einer Cyperacee oder Graminee.« In ihrem geologischen Aufbau gleicht die vom jüngsten Talsand ausgefüllte Mulde in den Profilen 1 und 2 den im Jahre 1905 von mir veröffentlichten Profilen von der Mittelschule in der Schwartauer Allee, von der Vorwerker Schule und vom Einsegel (V, S. 42 ff. u. Taf. II). Bei größeren Sielbauten wurde an den genannten Stellen unter dem jüngsten Talsand und über dem gelben Ton ein feinsandiger Ton mit zahlreichen Süßwasserkonchylien und Resten nordischer Pflanzen, Dryas octopetala, Salix polaris, Betula nana und Hypnum tergescens, aulgeschlossen. 62 Mit den Aufschlüssen im Garten der Gemeinnützigen Gesellschaft und unter der Turnhalle des Katharineums stehen wir, wie es scheint, vor einer für ganz Norddeutschland durchaus neuen Erscheinung. Da, wo wir nach bisheriger Erfahrung einen Dryaston zu erwarten hatten, erblicken wir ein vorwiegend aus Sphagnumarten zusammengesetztes Torfmoor, das in derselben Weise wie unsere Dryastone vom jüngsten Talsande zugedeckt ist. Wenn ich an die in botanischer Hinsicht kümmerlichen Ergebnisse von Bohrungen mit dem Tellerbohrer zurückdenke, die ich im vorigen Jahre an der pflanzenreichsten Stelle unseres Dryastons beim Einsegel ausführen ließ, so überrascht mich in den kleinen Proben der neuen nur zweizölligen Bohrungen das Fehlen von Resten nordischer Pflanzen nicht. Höchst bemerkenswert jedoch ist der Nachweis der in allen bis jetzt be- kannten Dryastonen fehlenden Kieferpollen. Die Ergebnisse dieser Bohrungen erscheinen mir so wichtig, daß ich versuchen werde, in nächster Zeit durch Bohrungen mit weiteren Rohren ein reicheres Beob- achtungsmaterial zu gewinnen, um vor allem den Nachweis nordischer Pflanzen zu schaffen. Gelingt dieser Nachweis, so erscheint mir damit der Beweis erbracht, daß die Besiedelung unseres Landes mit Pflanzen und Tieren im Angesichte des Inlandeises von längerer Dauer war und erst dann ein von neuen Überflutungen durch Gletscherschmelzwässer herbeigeführtes gewaltsames Ende fand, als von Süden her bereits die ersten Vorposten der Kiefer bis in unser Gebiet vorgedrungen waren. 3. Profil Mengstraße — Johannisstraße. Das Profil ist nördlich von der unteren Mengstraße gezeichnet. Neue Aufschlüsse boten die Fundamentierung des Hauses Tesdorpf, eine Tief- bohrung im Rlektrizitätswerk, der Neubau Schüsselbuden 12 auf trocknem Talsand, das Kaufhaus Karstadt auf blauem Ton, die Löwenapotheke und die benachbarten Häuser auf Talsand, der über dem blauen Ton ziemlich steil zur Wakenitz einfällt, zwei Trockenbohrungen in der Kon- servenfabrik von Ch. Erasmi, Johannisstraße 34, endlich mehrere vom Bauamt ausgeführte Trockenbohrungen bei St. Johannis und die Funda- mentierung des Johanneums. In dem Wakenitzprofil ist ganz rechts die schräge Linie aus Versehen stehen geblieben; der alte schmale Wakenitz- fluß berührt hier das feste Land. 4. Profil Holstenstraße — Wahmstraße. Eine vonseiten des Bauamtes im Jahre 1903 am Holstentor aus- geführte Trockenbohrung ergab das Profil 0 — 7 m: Bauschutt mit Mudde, — 13,30 » Mudde, — 14,60 » grauer Sand, — 15,90 » Geschiebemergel. 63 Der Profilschnitt liest südlich von der Holstenstraße. Die Bohrung an der Trave mit der überraschenden Tiefe des Flußsandes bis — 16 m N.N. stammt aus dem Jahre 1864. Das Holstenhaus ruht auf tiefer Mudde, das feste Ufer beginnt erst am Kolk. In dem Neubau Holsten- straße 17 wurden Einlagerungen von Talsand im blauen Ton aufgeschlossen ; Bohrungen allein würden hier irreführen. Im Neubau der Commerzbank tritt dicht an der Straße der blaue Ton zutage. Die in das Profil ein- gezeichnete 104 m tiefe Bohrung auf dem Marktplatz wurde 1877 zur Erschließung von frei auslaufendem Grundwasser ausgeführt. Die Bohrung mußte bei 104 m wegen eines Rohrbruches aufgegeben werden.') 5. Profil @r. Petersgrube — Aegidienstraße. Beim Neubau der äußeren Holstenbrücke wurde unter der Bastion Holstentor der gelbe Ton über Talsand angeschnitten; durch eine Trocken- bohrung beim alten Zollschuppen ist hier das linke Ufer des alten Travebettes festgestellt. Die übrigen Flachbohrungen stammen fast sämt- lich aus dem Jahre 1364. Bemerkenswert ist die ehemalige steile Ufer- böschung bei der Kl. Kiesau. In den Profilen 5, 6, 7 liegt reiner Sand über der Mudde. Offenbar handelt es sich hier um die schnelle Schaf- fung einer Zuwegung zur Trave zur Zeit der Gründung der Stadt. 6. Profil Dankwartsgrube — Krähenteich. In der Verlängerung der Dankwartsgrube nähert sich die Trave dem alten linken festen Ufer am meisten, daher war diese Stelle für die Anlage einer Brücke die geeignetste im ganzen südlichen Teil der Stadt. Die Trockenbohrung Parade 1 wurde 1901 bei den Vorarbeiten zur Er- richtung einer Schwimmhalle ausgeführt. %. Profil Hartengrube — Mühlenbrücke. Der jüngste Talsand wurde in zahlreichen Flachbohrungen, in den Neubauten an der Parade, besonders schön beim Bau des katholischen Gesellenheims in einem langen Einschnitt mit schwachem Einfallen zur Trave, endlich beim Museumsbau nachgewiesen. Das Querprofil in der Richtung der Mühlenbrücke ist schon früher veröffentlicht (II, Taf. 3). ") Lüb. Bl. 1878, S. 245. 64 II. Bemerkungen zu den letzten Veröffentlichungen von Prof. Dr. C. Gagel und Dr. H. Spethmann. In einem Vortrage bei dem Geologenausflug nach Lübeck - Trave- münde am 12. September 1909 betonte Gagel!), »daß die Unter- trave nicht, wie Friedrich behauptet, ein ertrunkenes postglaziales Flußtal aus der Zeit der hypothetischen Ancylushebung sein könne, sondern offensichtlich ein glazialer bezw. subglazialer Schmelzwasserabfluß der »großen« (nördlichen) baltischen Endmoräne sei, da sie ein ganz unregelmäßiges Längsprofil mit »Schwellen« habe und ihre Tiefenlage unter Ostseespiegel (— 12 bis — 13 m) den ausstrudelnden bezw. aus- kolkenden Schmelzwassern der Endmoräne verdanke, ebenso wie der von kemem Fluß durchzogene Hemmelsdorfer See, Ratzeburger See (— 17 m), Schaalsee (— 35 m), Lütauer See (-3 m)«. Auch in seinem vor kurzem erschienenen, gegen Olbricht und Spethmann gerichteten Aufsatz?) bezeichnet Gagel die Untertrave als eine »unzweifelhafte Schmelzwasser- rinne, die in umgekehrter Richtung erodiert ist«. Demgegenüber muß ich darauf hinweisen, daß ich in meinen Auf- sätzen nicht ein einziges Mal von einer Hebung unseres Küsten- gebietes während der Ancyluszeit gesprochen habe. Meine bisherigen Beobachtungen führten mich zu der Annahme, daß unser Land am Schluß der Eiszeit beträchtlich höher lag als jetzt und daß die Trave und ihre Nebenflüsse ihre Betten in dieses höher gelegene Land zu einer Zeit eingruben, als die Belte soweit freigelegt waren, daß durch sie hin- durch das Wasser aus den westlichen deutschen Ostseeküstenländern zur Nordsee abfließen konnte. An dieser Auffassung muß ich auch jetzt noch trotz der Einwendungen von Gagel und Spethmann festhalten. Aus den Tiefenzahlen —12 bis —18 m bei Gagel entnehme ich, daß Gagel die Untertrave von Lübeck an rechnet, denn nur hier liegen die Maximaltiefen von 12 m. Wenn nun Gagel das alte Flußbett bis Lübeck aufwärts als einen glazialen bezw. subglazialen Schmelzwasser- abfluß der großen Endmoräne bezeichnet, so fällt fast die Hälfte dieses Schmelzwasserabflusses, das Stück Lübeck — Dänischburg, auf denjenigen Flußabschnitt, der gar nicht zur Endmoräne gehört. Auch in diesem, außerhalb der Endmoräne gelegenen Flußabschnitt befinden sich Schwellen, !) Monatsber. der Deutschen geol. Ges. Bd. 61, Jg. 1909 No. 11, S. 431. 2) C. Gagel, Zur Geologie Schleswig-Holsteins. Kritische Bemerkungen zu den Arbeiten von K. Ölbriceht und H. Spethmann über Schleswig-Holstein .... Jahrb. d. Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt für 1909, S. 248, 65 bei Alt-Lübeck (VI) und in der Nähe des Dammes, der von Schwartau zur Teerhofinsel gelegt ist (III, S. 54). Letztere ist mit ihrer Oberkante von noch nicht 5 m u. M. der höchste Querriegel im ganzen Travelauf und hat allem Anscheine nach dem Vordringen des salzreichen Litorina- wassers landeinwärts Halt geboten.!) Auf der Strecke Dänischburg — Schlutup, die Gagel jetzt mit zum Endimoränengebiet rechnet, konnten deutliche Schwellen nur oberhalb der Herrenfähre mit 13 m u. M. und neuerdings zwischen Schlutup und der Überlandzentrale in Herrenwiek mit 14 m u. M. nachgewiesen werden. Im dritten Abschnitt werde ich auf diese Erscheinungen noch näher eingehen. Unterhalb Schlutups reichen die zahlreichen Bohrprofile vom linken (hier nördlichen) Ufer sämtlich nur bis zum Fahrwasser, sie lassen aber trotz ihrer Kürze deutlich erkennen, daß bis zum Stulper Huk, also in der der Hauptendmoräne angehörenden Flußstrecke, Querriegel nicht vorhanden sind. Das einzige vollständige Querprofil, das schon im Jahre 18857 durch eine Reihe von Bohrungen oberhalb des Stulper Huks genau festgestellt ist, zeigt eine Moortiefe von 20 m. Wenn Gagel auf Grund dieser wenigen und merkwürdig verteilten Bodenschwellen im Travebett schon den Beweis erbracht zu haben glaubte, daß der alte Travelauf »unzweifelhaft« auf Auswaschungen durch Gletscher- schmelzwässer zurückzuführen ist, so kann ich ihm nicht folgen. Es ist doch sehr bemerkenswert, daß die allgemeinen Flußtiefen trotz der Schwellen flußabwärts immer mehr zunehmen von 10 auf 12, auf 13, 15, 15 und 21 m. Wie ich im dritten Abschnitt an einigen Beispielen näher ausführen werde, ist die von Mudde ausgefüllte Hohlform gar nicht das urspüngliche Flußbett. - Wir können nur sagen: das war die Form des alten Travebettes zu der Zeit, als die Vermoorung des Flusses eintrat. Daß zwischen der Zeit des Rückganges des Inlandeises und dem Beginn der Vermoorung sich noch eine Reihe bedeutungsvoller geologischer Vorgänge einschieben, werde ich im dritten Abschnitt dar- zulegen versuchen, aber hier will ich gleich die Bemerkung vorausschicken, daß die geologischen Veränderungen in der Lübecker Ebene am Schlusse der Eiszeit viel komplizierter gewesen sind, als sie nach den bisherigen Darstellungen Gagels erscheinen möchten, Für die Zeit, in welcher die Flußstäler entstanden, nimmt Gagel ungefähr dieselbe Höhenlage unseres Landes an wie jetzt. Wenn er nun die tiefe Flußrinne von Lübeck abwärts lediglich auf Auswaschungen durch Gletscherwässer zurückführt, so hat er damit die Haupterscheinung !) Mit Hülfe der vielen Hunderte von Bohrungen, die unsere Wasserbauverwal- tung in den letzten 30 Jahren im Trayegebiet ausgeführt hat, habe ich die Moortiefen in unsern Stadtplan (1:10000), in die Karte des Israelsdorfer Forstreviers (1:15000) und in das Meßtischblatt Travemünde eingetragen. unseres Travesystems, die weit ins Land hinein sich erstreckende Tiefen- lage der Flußsohlen unter dem Ostseespiegel, noch nicht erklärt. Das alte Bett der Trave liegt bis Barnitz, also in einer Länge von 45 km, tiefer als der Ostseespiegel, das der Stecknitz bis Berkenthn (36 km von Travemünde entfernt), das der Aue bis Gr. Parin, das der Wakenitz bis zum Ratzeburger See. Aber noch mehr: die kleineren Zuflüsse zur Trave, der Kücknitzbach, der Struckbach u. a., reichen z. T. tief unter den Meeresspiegel, und in den vom gelben Ton ausgekleideten Niede- rungen, z. B. im Retteich und bei Genin, wurden durch Bohrungen ganz schmale, ungewöhnlich tiefe Moorrinnen nachgewiesen. Zur Schaffung aller dieser großen und kleinen Rinnen, die gleichmäßig vom Hauptfluß landeinwärts ansteigen, gehört fließendes Wasser, also Gefälle Unter den heutigen Höhenverhältnissen war eine erodierende Arbeit des Wassers ausgeschlossen. Ob die Untertrave durch Flußerosion in der Richtung zur Ostsee oder durch die Arbeit der Gletscherwässer in der entgegen- gesetzten Richtung entstanden ist, erscheint mir als eine Frage von unter- geordneter Bedeutung gegenüber der anderen Frage: Wie ist das übrige Flußsystem der Trave entstanden? Denn von der Beantwortung dieser Frage vor allem hängt die Entscheidung darüber ab, ob wir für unser Land früher eine wesentlich höhere Lage anzunehmen haben oder nicht. Einen Versuch, diese letztere Aufgabe zu lösen, habe ich m Gagels Veröffentlichungen bisher vergeblich gesucht. Ich vertrete auch heute noch die Auffassung, daß unser Küsten- gebiet am Schluß der Eiszeit beträchtlich, mindestens 20 m höher lag als zur Jetztzeit. In meiner Litorinaarbeit (VII, S. 44) habe ich mich für 50 m als Maß der früher höheren Lage unseres Landes mit großer Vorsicht ausgesprochen. Wenn nun Gagel seine Kritik bei diesem Höhenmaß einsetzt zu einer Zeit, in der ich schon längst zu einem weit geringeren Höhenmaß, zu 30 m, herabgestiegen war (III, S. 48), so muß ich annehmen, daß ihm meine neueren Ausführungen entgangen sind. Im Folgenden will ich die Gründe für die Annahme einer am Schluß der Eiszeit mindestens 20 m höheren Lage unseres Landes kurz zusammenfassen. 1. Die großen Flußtiefen weit landeinwärts, wie ich schon oben kurz ausgeführt habe. 2. Der bis Ss m u. M. hinabreichende alte Waldboden unter Villa Possehl. Die Wiedergabe des Profils durch Spethmann (VIII, S. 313) ist nicht richtig. Dem Torfmoor (Alnetum) sind nicht in seinen oberen Teilen an Salzwasser gebundene Konchylien und Diatomeen beigemischt, sondern über dem Torf liest eine durchaus abweichende ca. 3 m mächtige tonige Faulschlammbildung, z. T. Kalkmudde. Hätte die Küste immer die heutige Höhenlage eingenommen, so wäre die T'orfniederung 67 unter Villa Possehl, die seewärts fast bis — 11 m u. M. einsinkt, ohne Zweifel ein See gewesen, denn die Niederung mit ihrem undurchlässigen Lehmboden war das Sammelbecken für ein verhältnismäßig großes Niederschlagsgebiet, und die Bildung eines Bruchwaldes wäre unmöglich gewesen. Wenn hier die älteren Alluvialbildungen von Bruchwaldtorf gebildet werden, so muß die Niederung einen Abfluß gehabt haben. Das war nur möglich bei einer höheren Lage des Landes. Die Bildung eines stehenden Gewässers war eine Folge der späteren Senkung. 3. Priwall. Im Jahre 1892 wurde am Kohlenlager von der Wasserbauverwaltung in einer 85 m tiefen Versuchsbohrung unter See- sanden und Litorinatonen das Diluvium bei 56,50 m unter Ostseespiegel angetroffen. Nur wenige Schritte von dieser Stelle entfernt, hei der Villa des Kunstmalers Potente, erreichte im Herbst 1909 eine Trockenbohrung der Firma Thöl-Lübeck eine Alluvialtiefe von 45,40 m u. M.!) Da die Alluvialtiefen in den beiden Brunnen so sehr von einander abweichen, schließe ich mich jetzt der Ansicht Gagels an, daß es sich hier wie im südlichen Teile des Hemmelsdorfer Sees um Auskolkungen durch Gletscherwässer handelt. In den Bohrungen, in welchen die Oberkante des Diluviums schon bei 23—24 m u. M. erreicht wurde (2 Bohrungen bei der Tribüne, 2 Bohrungen bei Villa Klatt), befinden sich unter den Seesanden und den Litorina- tonen eine graue Kalkmudde und schwarze moorige Bildungen. Die Kalkmudde enthält zahlreiche Reste kleiner Süßwasserkonchylien (Bythinia, Valvata, Planorbis, Limnaeus, Succinea), neben Früchten von Seirpus lacustris, Potamogeton und Najas major zahlreiche Reste von Characeen, sie lieferte ferner einen Geweihsproß vom Edelhirsch und ein Schulter- blattbruchstück. In dem dicht über der Kalkmudde liegenden Ton konnte Weber ferner vertorfte Blätter von Sphagnum imdricatum nach- weisen (VII, S. 20). Wiesenkalk kommt unter unseren Torfmooren nicht selten vor. ?) Nach den im Auftrag der preußischen geologischen Landesanstalt von R. Bärtling®) in den Seen des Herzogtums Lauenburg ausgeführten !) Lüb. Blätter 1909, S. 776. Unter 25 m Seesand folgen bis 40 m Seesande in Wechsellagerung mit tonigem Sand, bis 44 m grünlicher Litorinaton, bis 46,50 m schwarzer Ton noch mit Seegras, Cardium, Mytilus und Hydrobia, bis 47,90 m feiner schwach toniger Sand mit vereinzelten winzigen Pisidienschalen, bis 49,55 m ziemlich grober Diluvialsand. Die eingehendere Darstellung des Bohrprofils wird in einer späteren Arbeit folgen. ) Z. B. im Curauer Moor und zwischen Rensefeld und Kl. Parin. Vergl. ferner Blatt Ratzeburg, geologisch bearbeitet von C. Gagel. ®) Erläuterungen zur geol. Karte von Preußen .. Lieferung 140, Blatt Ratzeburg, Berlin 1907, S. 43 u. 82. 68 Untersuchungen haben Üharaceenrasen in der Pogeezer Bucht des Ratze- burger Sees erhebliche Schlammablagerungen mit einem Kalkgehalt von 80 % hinterlassen. Der Schlamm der größeren Seetiefen ist in allen Seen ärmer an Kalk. Nach diesen Erfahrungen sehe ich auch die Kalk- mudde unter dem Priwall als eine Ablagerung innerhalb der flachen, etwa 4-5 m tiefen Uferzone eines Sees an. Für die große Landnähe spricht vor allem das Zusammenvorkommen von Suceinea mit Moosresten und dem Edelhirschgeweih schon innerhalb eines kleinen Bohrkernes. Wenn wir die Kalkmudde als ein Flachwassergebilde ansehen, so erklärt sich auch das Fehlen sowohl der hellgrauen Kalkmudde als der in ihr vorkommenden Pflanzen- und Tierreste in den Alluvialtiefen, bei — 36 m NN. im ‚Bohrloch Holzmann I (VII, S. 23) und bei — 56,50 und — 45,40 m NN. in den beiden Bohrungen am Kohlenlager. In den Ergebnissen der Priwallbohrungen erblicke ich noch heute einen Beweis für die beträchtlich höhere Lage unseres Landes am Schlusse der Eiszeit. 4. Das Gelände zu beiden Seiten der Untertrave besteht aus groben Sanden und Kiesen, die eine Mächtiekeit bis zu 20m und mehr erlangen. In allen Aufschlüssen zeigen diese Sande die bekannte diskordante Parallel- struktur. Die Wechsellagerung von erobem und feinem Material in gegenseitig sich kreuzenden Schichten setzt einen häufigen Wechsel in der Richtung der zuströmenden Gletscherwässer voraus. Das ist ohne weiteres einleuchtend für die höher gelegenen Sandschichten. Bei der Herstellung des Avelunddurchstichs konnten in einem langen schönen Profil diese sehr häufig kreuzgeschichteten Sande über dem steinfreien blauen Ton noch bis zum Östseespiegel deutlich beobachtet werden. Noch bei dieser Tiefe war also eine Strömung vorhanden und das Wasser konnte zu noch größeren Tiefen abfließen. Die Sande und Kiese reichen bei Schlutup bis zu 20 m u. M. hinab, so unter der Essigfabrik von Buck, vielleicht sind sie auch hier durch weiterfliessendes Wasser abgelagert. Auch bei und in Lübeck konnte ich kreuzgeschichtete Talsande häufig beobachten, so in einer Sandgrube an der Wakenitz bei Nöltines- hof in etwa 4—5 m über NN., besonders schön im neuen Eisenbahn- einschnitt beim Schlachthause in etwa +5 m NN. Die sandbeladenen Gewässer mußten hier zu und auch schnell abfließen und häufig ihre Richtung ändern. Und diese Arbeit sollen die Wassermassen vollbracht haben, die aus dem Lübecker Staubecken über den 20 m hohen Riegel!) 2 km !) Die Höhe der Überlaufschwelle bei Mölln liegt + 20 m NN. Nach den vom lübeckischen Katasteramt 1886 ausgeführten Vermessungen lag die Wasser- oberfläche in der Scheitelstrecke des alten Stecknitzkanals + 16,6 m NN. 69 südlich von Mölln zur Elbe abflossen! Im Kanaleinschnitt beim Burgtor konnte ich die feinen Talsande noch bis 4 m u. M. in deutlicher, wechselnder Schichtung beobachten, also auch hier gab es einmal ein Zufließen und Abfließen des Wassers. Das Wasser kam von der weit- entfernten Endmoräne aus dem Gebiet der Untertrave. In welcher Richtung floß es heute weiter, morgen, am folgenden Tage u. s. f,? In wechselnder Richtung von 4 m u. M. hinauf zu dem 24 m höher gelegenen Paß von Mölln? Betrug etwa die Wassersäule in Lübeck 24 m und mehr? Und unter solchen Verhältnissen sollten sich noch kreuzgeschichtete Sande bilden! Nach meiner Auffassung setzen alle diese Erscheinungen im Aufbau unserer Sande ganz andere Höhen- verhältnisse voraus als jetzt: Aber ich will mich, da meine Erfahrungen nicht weit über Lübeck hinausgehen, gern von Gagel belehren lassen. 5. Die Höhenlage unseres Landes vor der Eiszeit. Durch zahlreiche Bohrungen ist festgestellt, daß sich zwischen der Grundmoräne und dem Tertiär tief unter der Höhe des heutigen Meeresspiegels meist mächtige Ablagerungen von reinen Diluvialsanden und mit nordischem Material gemischten Tertiärsanden einschieben (III, S. 23). Das Inlandeis bewegte sich also meist nicht unmittelbar über dem vorhandenen Meeres- oder Festlandboden dahin, sondern schuf durch seine südwärts abströmenden Schmelzwässer erst eine neue Unterlage für seine Grundmoräne Der vorquartäre Untergrund unseres Landes wird vorwiegend von kalkfreien Glimmersanden und Quarzsanden gebildet, die als Deltaanschwemmungen von nördlichen Zuflüssen in einem niedrigen sumpfigen Küstenlande aufzufassen sind. Daß dieser Boden beim Beginn der Eiszeit vorwiegend festländischen Charakter hatte, schließe ich aus dem häufigen Vorkommen von Braun- kohlen in den obersten tertiären Sanden und in den untersten Diluvial- sanden, ferner aus der bemerkenswerten Tatsache, daß es in unseren zahlreichen Bohrungen noch nicht ein einziges Mal gelungen ist, aus der Grenzschicht zwischen Diluvium und Tertiär bodenständige Reste einer Süßwasser- oder Meeresfauna festzustellen. Die bisher aufgefundenen marinen Konchylien, deren Funde im Abschnitt IV zusammengestellt sind, gehören den verschiedensten Horizonten des Diluviums an und stammen aus nördlicheren Gebieten. Lag unser Land beim Beginn der Eiszeit im Meeresspiegel oder über diesem, so mußte es durch die glazialen Aufschüttungen noch einen beträchtlichen Höhenzuwachs erhalten. 6. Den einzigen Beweis für eine früher (6—-10 m) höhere Lage unseres Landes erblickt Spethmann (VIII, S. 313) in der großen Zahl von neolithischen Artefakten im alten Travebett, die, zum großen Teil von Spethmann selbst gesammelt sind und einen wertvollen Schatz 70 unseres Museums bilden.) Diesen Beweis halte ich jetzt für völlig hin- fällige. Wenn Spethmann meint, »daß diese Reste einer hierzulande untergegangenen Kultur auf primärer Stätte ruhen«, so kann ich ihm nicht recht geben. Die sämtlichen Artefakte, deren Fundtiefen von Spethmann angegeben sind (IX, S. 36—49), liegen noch mitten in der Litorinamudde?), sie stammen also aus einer Zeit, in welcher unser Land bereits die heutige Höhenlage besaß. Alle diese Artefakte können also nur vom Lande oder Boote aus, wie die sämtlichen jüngeren Erzeug- nisse der Menschen, in den Fluß gelangt sein. Nach diesen Ausführungen muß ich an der alten Annahme einer früher beträchtlich höheren Lage unseres Landes festhalten. Ich nehme auch ferner an, daß die höhere Lage sich seewärts weiter erstreckte. Wenn Spethmann anderer Meinung ist, so steht vorläufig Behauptung gegen Behauptung. Nun aber ist von ©. Weber für die Kieler Föhrde eine früher höhere Lage im Mindestmaß von 14 m nachgewiesen °), und auch Wolff nimmt für die Ostküste Schleswigs eine am Schluß der Eiszeit weit höhere Lage an als jetzt.) Demnach erstreckte sich die höhere Lage auf ein größeres Gebiet, und es liegt nahe, diese auch auf die benachbarten dänischen Inseln auszudehnen. In etwas ungnädiger Weise rügt Gagel (X, S. 244) den von mir ausgesprochenen Satz: »Ein Sand mit großen Geschieben ist kein Tal- sand«. Ich gebe gern zu, daß meine geologischen Erfahrungen nicht weit über die Umgebung Lübecks hinausreichen und daß anderswo durch Drift im Talsand größere Geschiebe zur Ablagerung gekommen sein können. Aber Gagel hat den Satz aus seiner Umgebung herausgerissen. Es handelte sich in meinen Ausführungen (Ill, S. 32) um den Nachweis einer Endmoränenstaffel bei Blankensee. Warum ist Gagel nicht auf meine übrigen Gründe eingegangen? In den Hunderten von Aufschlüssen in den steinfreien Sanden und Tonen der Lübecker Ebene ist es mir ') Das lübeckische Museum besitzt eine mit Eigentumsmarken versehene Geweih- stange, die mir im Herbst 1908 von der Wasserbauverwaltung durch die Ver- mittelung des Herrn Bauführers Steuer für das Museum überwiesen wurde. Nach dem Hergang dieser Ablieferung muß ich auch heute noch annehmen, daß diese einzige Geweihstange ihrer Art im Museum die von Spethmann in den Lüb. Bl. 1909, S. 44 beschriebene ist. Wenn dies wirk- lich der Fall ist, so erscheint mir die schroffe Zurückweisung von seiten Spethmanns im »Globus« Bd. 96 S. 313, Anmerkung, ganz unverständlich. Die Funde östlich vom Avelunddurchstich stammen aus 8—10 m Tiefe; hier reicht das alte Flußbett aber nicht weit vom Ufer auf 15—18 m Tiefe hinab. Eine vor kurzem beim Schuppen No. 23 zu tage geförderte durchbohrte Hirsch- geweihaxt stammt aus 8 m Tiefe, hatte also eine Mudde von 2—4 m unter sich. ©. Weber, Über Litorina- und Prälitorinabildungen in der Kieler Föhrde. Englers bot. Jahrb. Bd. 35, Heft 1, 1904. Woltf, Der Boden von Schwansen und seine Entstehung. Die Heimat, 1910, S. 60. v “ SL = 71 auch nicht in einem einzigen Falle gelungen, ein wenn auch nur faust- großes Geschiebe aufzufinden. Und da sollten sich die Eisberge darauf kapriziert haben, gerade bei Blankensee zu stranden, wo das Hünengrab und die größeren Steine der Einfriedigungen iım Dorfe auf einen früheren Reichtum von großen Blöcken schließen lassen? Das glaube ich ihm nicht, vor allem, da in demselben Gebiete unzweifelhafte Blockpackungen vorhanden sind. Und wenn wir dazu noch den höchst auffallenden Moränenwall mit der Mühle hinzunehmen und die Tatsache, daß hier einmal das Inlandeis zurückgeschmolzen ist, so paßt doch alles za der Annahme, daß das Inlandeis hier einmal eine kurze Stillstands- lage eingenommen hat. In seinen Referaten und seinen letzten wissenschaftlichen Aufsätzen über Lübeck erweist sich der junge Geograph Spethmann als ein strenger und äußerst gewissenhafter Kritiker der Arbeiten seines früheren Lehrers. In meiner Festgabe zum deutschen Geographentage (III) vergleicht er — ich nehme nur ein paar Beispiele Spethmannscher Kritik heraus — (Besprechung im »Globus« Bd. 96, S. 143) mit peinlichster Sorgfalt die zahlreichen Tiefenangaben von Bohrungen mit den Zahlenangaben früherer Arbeiten, um nachzusehen, ob auch alles in Ordnung ist, und er findet einige Abweichungen in der Mächtigkeit des Geschiebemergels und in der Gesamt- tiefe der Bohrlöcher. Er weist besonders auf die Schwefelsäurefabrik in Dänischburg hin. Hier hatte ich zuletzt 3£ m angegeben statt 33,76 m in einer früheren Arbeit! Ihm scheint in der Tabelle über die Tertiär- konchylien »nicht alles richtig zu sein«. Mit wenigen Worten lehnt er die von mir geschaffene Gliederung der jungglazialen Ablagerungen in der Lübecker Mulde ab (XI, S. 9). »In der Berechnung des Rückzuges des Brodtener Ufers passen die mitgeteilten Daten nicht zu den Ergebnissen (z. B. mittlere Breite des Landverlustes 1877 bis 1901, Gesamtabbruchs- fläche 1887 bis 1901)« usw. An der ganzen deutschen Ostseeküste gibt es nur wenige Strecken mit so weit zurückweichenden genaueren Ver- messungen. Warum hat es Spethmann unterlassen, in seinem landes- kundlichen Grundriß von Lübeck (XI) die richtigen Zahlen zu bringen ? Statt dessen bringt er von neuem die Bemerkung, daß ich meine Ansicht über den Uferschutz geändert hätte. Weiß der Leser nun etwas über den Uferschutz? Übrigens wünschte ich auch Spethmann als Mann der Wissenschaft den Mut, einen Irrtum nicht bloß einzusehen, sondern dies auch offen zu bekennen; ihn zu betätigen hätte er trotz der kurzen Zeit seiner wissenschaftlichen und schriftstellerischen Tätigkeit schon Gelegenheit genug. 12 Der junge Gelehrte Spethmann findet für mich auch Worte lobender Anerkennung: er lobt mehrfach das fleißige Sammeln von Bohrprofilen. Das ist aber auch alles. In der Verbindung der Beob- achtungen und in den Versuchen, die geologischen Vorgänge aus den vorhandenen Beobachtungen zu erklären betont er fast immer seine abweichende Auffassung. Es bleibt Spethmann unbenommen, die Kritik in seiner Art weiterzuüben. Wenn ich im Folgenden die wenigen aus selbständiger Beobachtung hervorgegangenen Sätze der Speth- mann'schen Veröffentlicbungen, soweit sie meinem kleinen Arbeits- gebiete angehören, herausgreife, so wird auch der Fernerstehende er- kennen, daß das, was Spethmann an neuen Werten in seiner engeren Heimat für die Wissenschaft gebracht hat, in keinem Verhältnis steht zu der Sicherheit und Überlegenheit, mit welcher er an die Beurteilung fremder Arbeit herantritt. In seinem letzten Aufsatz über Lübeck (XI, S. 9) schreibt Speth- mann: »In der Nähe der Stadt breiten sich Tone und Sande aus, die regellos miteinander abwechseln.« Durch die geologischen Kartierungs- arbeiten in der Umgegend Lübecks, an denen Spethmann als Gym- nasiast mehrere Sommer hindurch eifrig teilgenommen hat, und durch die Beobachtung von Hunderten von Tagesaufschlüssen und Bohrungen während der letzten 28 Jahre habe ich in einem großen Teil der Lübecker Mulde eine regelmäßige Schichtenfolge von Tonen und Sanden fest- stellen können. In einer Reihe von Profiltafeln ist dieselbe zur Anschauung gebracht. Der jüngere Beckenton, der sogen. gelbe Ton, ist von Gagel schon auf den Meßtischblättern Ratzeburg und Crummesse kartiert. Von dort erstreckt er sich als einheitliches Gebilde und zum eroßen Teil als geschlossene Decke über die Blätter Hamberge und Lübeck bis in den südlichen Teil des Blattes Schwartau. Über diesem hauptsächlich der Ziegelfabrikation dienenden Tone lagert in geringeren Flächenausdehnungen ein jüngerer Talsand, unter dem gelben Ton der die ganze Mulde auskleidende eigentliche Talsand, und zwischen diesen und die Grundmoräne schiebt sich endlich der zumeist mächtig entwickelte steinfreie blaue Ton ein. Die Flächenausdehnung des letzteren habe ich nach den mir bisher zur Verfügung stehenden Tiefenaufschlüssen auf einem besonderen Kärtchen dargestellt (III, S. 36). Von einer Regellosig- keit dieser Ablagerungen kann nur der sprechen, der unsern Boden- aufbau nur flüchtig kennen gelernt hat. Auf S. 11 der oben genannten Arbeit schreibt Spethmann weiter: »Ob man berechtigt ist, eine Zweiteilung von je einem Ton- und Sand- horizont für die ganze Mulde anzunehmen, wie Friedrich geneigt ist, erscheint noch recht fraglich.« Wozu diese Bemerkung, wenn Spethmann diese Teilung schon in der Nähe der Stadt, wo sie sich dem Geologen geradezu aufdrängt, schlank ablehnt? 73 In einem andern Aufsatz schreibt Spethmann,') daß der Schutt des schmelzenden Eises in den Stausee geführt wurde, »das grobe Material im Norden, der feinere Ton im Süden, weshalb heute alle Ziegeleien im Süden der Mulde, alle Kiesgruben aber im Norden gelegen sind«. Dieselbe Auffassung spricht Spethmann auch in anderen Ver- öffentlichungen aus. Theoretisch richtig ist der Satz: »Ein Ton im Süden kann einem Sande im Norden sowohl im Alter wie im Werdegang gänz- lich gleichwertig sein.«e Aber die jahrzehntelange Untersuchung unseres 3odens hat ein durchaus anderes Bild ergeben. Die Kiesablagerungen beschränken sich auf den Norden, auf das Gebiet der breiten Endmoräne, aber die Tonlager erstrecken sich nordwärts bis Schwartau, Dänischburg und Gothmund, also bis hart an die Endmoräne. Dänischburg gegen- über lag die Ziegelei »Auf dem Kies«.. Weit im Norden der Stadt ist die Vorwerker Ziegelei im Betriebe dicht neben den Flächen, die im Mittelalter abgeziegelt worden sind. Das Fehlen sonstiger Ziegeleien im Norden der Mulde ist lediglich darauf zurückzu- führen, daß hier die ertragreichsten Tonflächen von unseren Staatsforsten eingenommen werden. Vom Forstort Buchenberg dicht an der End- moräne bis zum Forstort Schwerin beträgt die Mächtigkeit des gelben Tones auf großen Flächen 1 bis 2 m und mehr. Der blaue Ton, gleich- falls ein Produkt des schmelzenden Eises, bildet ein weitausgedehntes ge- schlossenes Lager von z. T. außerordentlicher Mächtigkeit nicht bloß unter der Stadt und im Osten, wo er in der Talsandebene zwischen Marli und Wesloe an zahlreichen Stellen zutage tritt und vielfach zur Mergelgewinnung benutzt worden ist, sondern gerade im nördlichen Teile der Lübecker Ebene. Hier wird er am Travedurchstich auf der Teerhofinsel seit vielen Jahren abgegraben, und mitten in dem von Gagel jetzt zur Endmoräne gerechneten hügligsen Gelände nördlich von der Forsthalle tritt ein langer steiler Tonsattel zutage, der sich nach einer Unterbrechung durch das Travetal von Dänischburg bis Sereetz weiter verfolgen läßt. Derselbe blaue steinfreie Ton ist bei Alt-Lauerhof in unsern Staatsforsten bei der Kartierung in größeren Flächen festgestellt worden, er bildet in Schlutup zum großen Teil die steile Uferböschung bei dem Pastorat und wurde auf der Mecklenburger Seite der Schlutuper Wiek bis vor etwa 10 Jahren in einer Ziegelei verarbeitet. Das Spethmann'sche Schema: »Im Norden das grobe Material, der feinere Ton im Süden« ist falsch und beweist nur, daß sein Urheber seine Heimat nach der geologischen Seite hin durchaus nicht so gut kennt wie er es selbst annimmt. Auch die Darstellung des Profils an der neuen Uferbahn von Dänischburg bis Herrenwiek (XI, S. 10) halte ich auf Grund genauer ‘) H. Spethmann, Geologische Probleme in der näheren Umgebung Lübecks. Lüb. Bl. 1909, S. 43. 74 Profilzeichnungen, die ich angefertigt habe, für nicht einwandfrei. Die Annäherung gen Herrenwiek zeigt nicht eine Zunahme gröberen Materials, es handelt sich auf der ganzen Linie um gleichartige Gebilde: Die Sande bei Herrenwiek — das haben die großen Erdarbeiten der letzten Jahre zur Genüge gezeigt — sind dieselben wie bei Siems und Dänischburg. In einem Aufsatz über die physiographischen Grundzüge der Lübecker Mulde (VII, S. 311 und XI, S. 7) sucht Spethmann den Nachweis zu erbringen, »daß sich bei Lübeck drei Bänke von Geschiebe- mergel nach und nach aufeinander legen, nordwärts einfallen und all- mählich an Mächtigkeit abnehmen oder gänzlich auskeilen«. Spethmann veranschaulicht seine Auffassung in einem Diagramm von Büchen bis zum Brodtner Ufer. Der obere Geschiebemergel von Mölln — Ratzeburg erstreckt sich unter Lübeck weiter zur Ostsee. Von der Endmoräne im Gebiet der Untertrave an legt sich nordwärts auf diesen oberen Geschiebe- mergel ein noch jüngerer Geschiebemergel. Die Begründung dieser neuen Anschauung vom Aufbau unseres Diluviums gibt uns einen Einblick in eine bedenkliche Arbeitsmethode. Nach Spethmann wurden »unter Travemünde fast überall bis zu 15,5 m mächtige Zwischenschaltungen von einem fetten Tonmergel durch- stoßen, die eine rötlich-braune, offenbar auf Verwitterung beruhende Farbe besaßen und auf eine große Schwankung hinzeigen«. Das »fast überall« bezieht sich lediglich auf 4 Bohrungen hart an der Küste auf einer Linie von 1 km Länge, beim Seetempel, in Villa Strack, Villa Adler und Villa Possehl. In den übrigen Travemünder Bohrungen ist dieser Ton nicht nachgewiesen, ebenso wenig in den großen Trocken- bohrungen von Rönnau und Pöppendorf, deren Ergebnisse Spethmann gleichfalls zur Verfügung standen. Spethmann fährt dann fort: »Mir scheint die teilweise Gliederung des Geschiebemergels recht beachtenswert, und dementsprechend ist in dem beigefügten Diagramm eine Trennung nördlich der Mulde durchgeführt.« So wird lediglich auf Grund von vier nicht weit von einander liegenden Bohrungen der geologische Aufbau eines weitausgedehnten Gebietes gegliedert | Nach Spethmanns Darstellung sind der blaue Ton der Lübecker Mulde und der rotbraune Ton von Travemünde als gleichzeitige Gebilde aufzufassen. Dann müßte der blaue Ton am Nordrande der Lübecker Mulde, bei der Herrenfähre und bei Schlutup, nordwärts in den Geschiebe- mergel eintauchen und in den Bohrungen zwischen Schlutup und Trave- münde als Zwischenlagerung erscheinen. In der Tat ist in neueren Bohrungen, z. B. im Hochofenwerk und bei Kücknitz, ein grauer fetter feingeschichteter steinfreier Ton in einer 5—10m mächtigen Bank zwischen Geschiebemergel nachgewiesen worden, aber der blaue Ton der Lübecker Ebene, der in großen Tagesaufschlüssen im Avelunddurchstich als Decke 15 des Geschiebemergels und. an der Uferbahn sichtbar wurde und noch jetzt am steilen Ufer östlich vom Avelunddurchstich den Geschiebemergel deutlich überlagert und wieder von Sanden bedeckt wird, kommt in mehreren Bohrungen dieses Gebietes mit dem tieferen Ton zugleich vor, so im Hochofenwerk, bei Dänischburg und Siems. Eine von der Kieler Firma Leon zwischen Dänischburg und Siems ausgeführte Trockenbohrung zeigte folgendes Profil: 0— 9,7 m: Sand und Kies, — 10,9 » blauer feinsandiger Ton, — 20,4 » Geschiebemergel, — 25,3 » grauer fetter Ton, — 29,2 » Geschiebemergel, — 31,0 » toniger kiesiger Sand, — 375 » Quarzsand mit einzelnen Feldspatkörnern, — 59,3 » feine, kalkfreie Quarzsande mit Glimmer. Noch besser veranschaulicht die Lagerung der beiden steinfreien Tone das Profil Schlutup— Hochofenwerk in Fig. 2. Der blaue Ton der Lübecker Mulde findet wahrscheinlich nördlich von Dänischburg, Siems und Herrenwiek seine Nordgrenze, vielleicht reicht er bis Kücknitz. Auf dem Gelände des Hochofenwerkes ist er in einer größeren Zabl von Flachbohrungen festgestellt. Über die Aus- dehnung des hier zwischen dem (Geschiebemergel eingeschalteten stein- freien Tones wissen wir nichts. In den zahlreichen Trockenbohrungen der Umgebung Lübecks, deren Ergebnisse noch nicht veröffentlicht sind, wurden steinfreie Tone nicht selten zwischen dem Geschiebemergel und selbst an der Unterkante desselben, dann meist mit rotbrauner Farbe wie in Travemünde, gefunden (z. B. in Fig. 1). Nach der Spethmann schen Methode könnte ich, und zugleich mit viel mehr Berechtigung, den Ton- horizont von Travemünde zum Hochofen werk, Siems, Schwartau usw. hindurchziehen und erhielte das umgekehrte Bild vom Aufbau unserer Grundmoränen, ein Auskeilen der Schichten südwärts. Damit fällt das Kartengebäude der kühnen Kombination Spethmanns in sich zusammen. In seiner Arbeit über die physiographischen Grundzüge der Lübecker Mulde (Globus, Bd. 96, 8.313) berichtigt Spethmann mehrere Bemerkungen Ohnesorges über die Ausdehnung der Litormabildungen aufwärts bis Oldesloe (Jahrb. d. Geschichtswissenschaft, 29, Bd. 2, S. 251). Wenn Spethmann sich beeilt, die Arbeiten anderer zu berichtigen, warum empfindet er bei derselben Gelegenheit nicht auch das Bedürfnis, seine eignen z. T. auf falschen Voraussetzungen beruhenden Auffassungen über die 76 binnenländische Verbreitung und den Aufbau unserer Litorinabildungen richtig zu stellen? Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, daß das von Spethmann mehrfach mit großer Bestimmtheit angenom- mene Vorkommen der Auster in der Litorinamudde der Untertrave durch nichts erwiesen ist. Die großen Austerschalen in der Baggermudde beweisen ebensowenig wie die alten Krüge, Backsteine usw., die stellen- weise gleichfalls zutage gefördert wurden. Hätte die Auster zur Litorina- zeit hier gelebt, so müßte man in der ungeheuren Zahl von aus- gebaggerten Muscheln auch Exemplare der Auster in verschiedenen Entwicklungsstadien finden. Alle Bemühungen nach dieser Richtung hin sind bisher erfolglos geblieben. Auch die zahlreichen von mir untersuchten Bohrkerne aus den Litorinaablagerungen zeigten nicht einen einzigen Schalenrest der Auster. III. Beiträge zur Geschichte des Travelaufs. Wenn wir die aus den Schmelzwässern des Inlandeises abgelagerten Tone und Sande hinwegdenken, so erhalten wir die Lübecker Niederung als Grundmoränenlandschaft. Von der Grundmoräne, dem Geschiebe- mergel, treten jetzt nur ganz verschwindend kleine Flächenstücke zutage in der Nervenheilanstalt Strecknitz in etwa + 10 m NN., bei Ringstedten- hof (-- 15 m NN.), an der Mecklenhurger Eisenbahn beim Paradies (+ 15 m NN.) und beim Polierkrug. Der Geschiebemergel ist ferner an Böschungen sichtbar bei Schwartau und in der kleinen Steiluferwand an der Untertrave östlich vom Avelunddurchstich. In vorübergehenden Tagesaufschlüssen wurde er an 4 Stellen freigelegt: im Sielbau nördlich vom Krankenhaus in einer ganz unvermittelt steil im Talsand aufsteigenden kleinen Kuppe, beim Bau des Kulenkampkais, bei der Fundamentierung der Fußgängerbrücke über die Eisenbahn bei der Katharinenstraße, end- lich im Kanaleinschnitt beim Mühlentor (II, Taf. 4). Wenn wir zu diesen Aufschlüssen von den zahlreichen Brunnenbohrungen nur die nach dem Trockenverfahren ausgeführten hinzufügen, so erhalten wir schon ein lehrreiches Bild von den ursprünglichen Oberflächenformen unserer Niederung: Die Lübecker Ebene bildete eine z. T. stark kupierte Grund- moränenlandschaft. Den reichen Wechsel in der ehemaligen Oberfläche zeigen außerhalb des Travegebietes u. a. folgende Bohrstellen : 17 Lage der Höhe der Oberkante Bohrstelle. Bohrstelle | d. Geschiebe- mergels über N. N. | über unter 2 Crummesser Hof . 12 m — 23m Crummesserbaum (Schule) . 13 0 Ziegelei Bauhütte, Niederbüssau e 3,89 — 5% Strecknitz, Gärtnerhaus von Ch. Erasmi . 9,66 — 9) Nervenheilanstalt Strecknitz: Bohrung 1 1,85 + 16,45 Bohrung 4 13 -- 9,40 Bohrung 5 . 11,70 + 6,20 St. Jürgendampfmühle, Ratzeburger Allee . 11,10 — 0,40 Bohrungen für die Stadtwasserkunst im Gebiet der Vogelsangwiesen, Bohrung | (1907) . 5,36 — 2,6 200 m weiter >» 4 (1908). 4,15 -—- 72 50» » » 3 (1908) . 4,04 — 98 50 » » » 2 vl n 4,17 — 48 Ratzeburger Allee, Adlershorst . 12,5 +5 Stadtwasserkunst . IHRER NEN Eee 4,7 — 07 Loignystraße (Marli), Wäscherei von Dunker . 14,73 — 0 Augustenstraße, Wäscherei von Kröger 6,31 ahgen Rittbrook, früheres Forsthaus . 7,30 — 6 Wesloe, Waldstätten . 16,64 + 3,64 Borsthalle > 7: 1835 — 14 Krempelsdorf, Series . 19 — 1 >» Herrenhaus . 11 — 4 Neuer Friedhof bei Vorwerk 16 4 75 Hansabrauerei . Wd +4 5 Waisenhofstraße, ae lasenfabrie > 11,26 —. N Neuhof, Probebohrung 12,96 + 0,14 Vergleichen wir diese und die weiter unten folgenden Zahlenwerte für die Höhenlage der Grundmoränenoberfläche mit einander und mit der Höhe der Bohrstellen, so gewinnen wir die Erkenntnis, daß die soeben vom Eise verlassene Lübecker Niederung in ihrem nördlichen Teile sich tief unter den Meeresspiegel hinabsenkte, daß ferner Höhen und Tiefen selbst in kleinen Gebietsteilen lebhaft mit einander abwechselten und daß endlich ihre Oberflächenformen durchaus nicht den heutigen entsprachen. Bevor wir uns der Untersuchung der alten Oberflächenformen im Travegebiet und der Frage der Entstehung des Travelaufes zuwenden, ist es notwendig, die geologischen Vorgänge, welche sich nach dem Rück- 78 zuge des Inlandeises in der Lübecker Niederung nach dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse abspielten, in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge kurz aufzuzählen. 1. Außer der in unserem 'Talsandgebiet ganz unvermittelt auf- tretenden schmalen Zone von kiesigen und steinigen Sanden von Vorrade bis Strecknitz, die ich als eine, wenn auch nur ganz kurze Stillstandslage des Eisrandes auffassen möchte (III, S. 33.) konnten in der Umgebung Lübecks unter den steinfreien Tonen und Sanden bisher nirgends Endmoränen- reste nachgewiesen werden. DasEis hat sich allem Anscheine nach schnell über die Lübecker Mulde zurückgezogen. Wo haben wir seinen nächsten Stillstandsrand, also die Endmoräne zu suchen ? Die kolossalen Mengen des blauen, steinfreien Tones, der einen großen Teil der Lübecker Niederung bedeckt, setzt einen umfangreichen Stausee voraus, in welchem sich die feinste Gletschertrübe zu Boden setzte. Seinen Abfluß hatte der Stausee offenbar durch das Stecknitztal und über die 20 m ü. M. gelegene Überlaufschwelle südlich von Mölln. Soweit der blaue Ton die Decke der Grundmoräne bildet, soweit reichte auch der Stausee. Wir finden den blauen Ton z. T. noch mächtig entwickelt bei Dänischburg, Sereetz, nördlich von Siems, ferner auf dem Gelände des Hochofens und in Kücknitz. Der Eisrand muß also noch nördlicher gelegen haben. Da der blaue Ton der Grundmoräne am Eisrande entstammt, so müssen den kolossalen Mengen dieses 'Tones in der Lübecker Niederung mächtige Schuttaufhäufungen von Sand, Kies und größeren Steinen am Rande des Stausees entsprechen. Wir kommen so zu der alten längst bekannten Endmoräne von Ratekau—Pöppendorf—Ivendorf.. 2. Im nördlichen Teile der Lübecker Niederung wird der blaue steinfreie Ton von groben Sanden und Kiesen, weiter im Süden von fein- körnigen Sanden bedeckt. Die ruhigen Ablagerungen des Stausees wurden von stärker bewegtem Wasser überflutet. Die Abflußstelle befand sich offenbart noch bei Mölln. Die groben Sande und Kiese im Gebiet der Untertrave, aber z. T. auch die feinen Talsande im Bereiche Lübecks besitzen die bekannte Kreuzschichtung, sie sind also in einem schnell fließenden Wasser mit häufig wechselnder Stromrichtung abgelagert. Die Kreuzstruktur zeigen die Sande aber nicht nur in ihren höheren, sondern auch in ihren tieferen Lagen, sogar noch in der Höhe des Ostseespiegels (S. 68). Die schnell fließenden Gletscherschmelzwässer mußten also hier im Lande noch in der Höhe des Ostseespiegels abfließen können. Wohin? Es bleibt nach unserer jetzigen Kenntnis nur der eine Weg übrig, zu dem 20 m hohen Paß von Mölln ! Der Eisrand, von welchem diese Wasserfluten gespeist wurden, lag nicht nur im Norden Lübecks, sondern auch im Nordwesten, höchst- wahrscheinlich auf der Linie Stockelsdorf—Parinerberg. Der nur 1-3 m 79 mächtige Geschiebemergel, der den Höhenrücken, auf welchem Stockels- dorf liest, überzieht, senkt sich gen Osten in die Lübecker Talsandebene und konnte im breiter Flächenausdehnung (bei Krempelsdorf) und in schmalen Lappen und z. T. isolierten Partien auf und zwischen Talsand bei der Hansameierei, zwischen Krempelsdorf und der Triftstraße, bei Ciever-Landwehr und Cleverbrück in größeren Aufschlüssen und in Flach- bohrungen nachgewiesen werden (vergl. auch III, S. 34). In der Zeit der Talsandbildung fanden also vom nordwestlichen Eisrande her vor- übergehende Vorwärtsbewegungen des Inlandeises statt. !) 3. Ueber den groben kiesigen Sanden bei Dänischburg und Israels- dorf und über den feinkörnigen Talsanden eines großen Teiles der Lübecker Niederung breitet sich in weiter geschlossener Decke der gelbe Ton aus. In seinen oberen Lagen besitzt der Talsand keine Kreuzschichtung, er ist häufig ungeschichtet und zeigt die schon wiederholt beschriebenen (II, S. 11) Übergänge in den fetten, häufig durch sehr feine Sandstreifen dünngebänderten gelben Ton. In der Bewegung des Wassers trat eine Verlangsamung ein, es entstand zum zweiten Male ein Stausee. Die mir bekannte höchste Lage des gelben Tons, in Wilhelmshöh, beträgt 17 m über Meer, der Abfluß des Stausees lag offenbar an der alten Überlaufschwelle bei Mölln. Während sich der blaue, ältere Ton mehr im Osten ausbreitet, ist der gelbe Ton mehr im Westen und Nordwesten entwickelt und wird noch in den Ziegeleien von Fackenburg und nördlich von Stockelsdorf (auf Meßtischblatt Curau) verarbeitet. In diesem Gebiete erreicht er noch eine Mächtigkeit von 7 m. 4. Der Stausee entleerte sich wenigstens teilweise. Wo befand sich der Abfluß? Eine nordische Strauchvegetation mit Salır polaris, Betula nana und Dryas octopetala siedelte sich auf dem trockenen Gelände an, die Wasserlachen belebten sich mit einer artenarmen Molluskenfauna, der Riesenhirsch und das Renntier hielten ihren Einzug, ihnen folgte der Mensch. War dieser Zustand von langer Dauer? Die Besiedelung der Gewässer durch Mollusken kann schnell vor sich gehen, das Vordringen und die Entwicklung der Gesträuchflora erfordern eine längere Reihe von Jahren. Wenn die Moostorffunde in den Bohrungen auf dem Turnhofe des Katharineums und im Garten der Gemeinnützigen Gesellschaft (S. 61 und Profil 1 und 2), wie ich nach dem geologischen Bilde annehmen muß, wirklich demselben Zeitabschnitt angehören, so muß sich die Lebewelt ') Die von Spethmann wiederholt ausgesprochene Vermutung (VIII, S. 310), daß es sich hier um Reste treibender Eisberge handeln könne, halte ich für einen unzureichenden Erklärungsversuch. s0 hier einer langen Reihe von Jahren erfreut haben und zwar nach den Weberschen Bestimmungen bis in jene Zeit, in welcher die ersten Vor- posten der Kiefer bis in die Nähe Lübecks von Süden her vorgedrungen waren. 5. Die Lübecker Niederung wurde von neuem überflutet. Grobe Sande und Grande deckten die Wasserbecken im Gebiete der Untertrave mitsamt ihrer Lebewelt zu, feine Talsande überschütteten einen Teil der vom gelben Ton gebildeten Niederung. Woher kamen die neuen Wasser- massen? Sie entstammten dem sich zeitweise wieder vorwärtsbewegenden Inlandeise,. Nach Gagel') rückte das Eis südwärts bis zur Herrenfähre und Schlutup vor und die Schmelzwässer schütteten nicht nur die eben erwähnten Wasserbecken zu, sie bewirkten durch Auskolkungen auch die Entstehung der sehr auffallenden kleinen Hohlformen und Kuppen. Die in der Nordsüdrichtung aneinander angereihten Kessel bei Waldhusen und die gleiche Richtung der niedrigen Höhenrücken läßt darauf schließen, daß auch der erneute Vorstoß des Eises gen Süd gerichtet war. Die gleichkörnigen Grande über den Dryastonen lassen im ihrer schrägen An- lagerung deutlich den Deltacharakter der jüngsten Aufschüttung erkennen. Diese Erscheinung ist so auffallend, daß mit ihrer Hilfe wiederholt die unter den Granden vermuteten Dryastone aufgefunden wurden. Die Sande mußten von den Schmelzwässern z. T. auch weiter geführt werden. Wohin? Doch wohl in das dicht benachbarte niedrige Gelände, also bei der Herrenfähre bis zur Forsthalle hin zwischen den kleinen Kieskuppen in die mit dem gelben Ton ausgefüllten Niederungen. Die Untersuchung dieses Ge- bietes mit dem Zweimeterbohrer hat nun aber gezeigt, daß der gelbe Ton gerade hier von einer größersn Überdeckung durch Sand frei ist. Hier entspricht nicht alles der Auffassung Gagels. In dieser Zeit lag der Eisrand noch immer auch im Nordwesten Lübecks. Die Grande, welche im Kiefernwald bei der Villenkolonie Oleverbrück (V, S. 40). den Dryaston bedecken und noch weiter im Süden bei Clever-Landwehr den feinkörnigen Talsand überlagern, können nur von Westen hergekommen sein. 6. Das Inlandeis verließ unser Land. Die Lübecker Niederung war bereit zur dauernden Ansiedelung der Pflanzen- und Tierwelt. Ich komme nun zu einem der schwierigsten Probleme der Lübecker Geologie, zur Frage der Entstehung unserer Flußläufe. Die Frage: Wie ist der Travelauf entstanden? fällt mit der anderen Frage zusammen: In welcher der eben aufgezählten Phasen der Entwickelung der Lübecker Niederung ist der Travelauf entstanden ? ar a0 ISTASl. sl Durch die zahlreichen von der Wasserbaubehörde in den letzten Jahrzehnten in der Traveniederung ausgeführten Bohrungen und die auf diesen Bohrungen beruhenden Querprofile ist das alte Flußbett in größeren Abschnitten genau ermittelt worden. Die Bohrungen durchteuften meist nur die weichen Alluvialbildungen und gaben über den diluvialen Unter- grund meist keine Auskunft. Durch eine größere Zahl von Brunnenbohrungen, die nach dem Trockenverfahren ausgeführt sind und von denen mir die Proben zur Untersuchung vorgelegen haben, sind wir nun in die Lage versetzt, der Frage näher zu treten: In welchen Beziehungen steht die alte tiefe Flußrinne zu der ehemaligen Grundmoränenlandschaft, schneidet sie tief in den Geschiebemergel oder nur in die jüngeren Sedimente oder in beide ein, ist sie also älter oder jünger als die jüngsten glazialen Ab- lagerungen unserer Niederung ? Wenn das alte Travebett, wie Gagel bewiesen zu haben glaubt, auf Auskolkungen durch glaziale oder subglaziale Schmelzwässer zurück- zuführen ist, so muß die erste Anlage des Flusses in der jetzt mit Sanden und Tonen zugedeckten Grundmoränenlandschaft entstanden sein und in den Querproflen als mehr oder weniger tiefer Einschnitt erscheinen. Prüfen wir nach dieser Richtung hin die bisher im Gebiete der Trave durch Bohrungen gewonnenen Höhenzahlen für die Oberkante des Ge- schiebemergels. 1. Moisling und Umgebung. Hier wurden folgende einwandfreie Höhen der Moränenoberfläche festgestellt: r 2 Lage der Höhe der Oberkante B (0) h TS t e 1 1 ill Bohrstelle d. Geschiebe- mergels | über N. N. über x N. \ unter I 1. Links von der Traveniederung, auf gelbem Ton: | Padelügge, Gut . .... | 14,97 + 6,37 Buntekuh, projektierte Arbeiterheimstätten . . | ca. 14 + 7 » PETE a Er N EEE 11,83 — 1,4 » Brennerek ae ger rt. ma 8,92 — 0,6 2. Rechts von der Traveniederung, auf gelbem Ton: | Moisling, Israelitischer Friedhof . ..... \ ca. 10 —5 » Horton Aka wie] 6,56 28 3. In der Traveniederung beim Hofe Moisling . | 0,57 — 8,4 Die wenigen Zahlen lassen eine tiefe Einsenkung der alten Moränen- oberfläche unter der Traveniederung deutlich erkennen. Aber diese Ein- senkung ist nicht auf die heutige Niederung beschränkt, sie erstreckt sich auf der rechten Seite unter dem höher gelegenen Gelände (Hof Mois- 82 ling) in fast gleicher Tiefe weiter. Eine Schmelzwasserrinne ist nicht vorhanden. In der großen wannenartigen Vertiefung kamen die stein- freien Tone und Sande zur Ablagerung und in diese grub sich später die alte Trave ein. (Vergl. Taf. 2 in meinen Beiträgen zur Lüb. Grund- wasserfrage, III. Lüb. Blätter 1902). 2. Die Traveniederung in der Nähe der Lachswehr. Hohe der | AE.der, Bohrstellen. Bohrstelle | d. Geschiebe- mergels über N. N. ÜberIIEN NG +. unter 1. In der Traveniederung: Garten des Drägerwerks 22 ur 0,86 — 46 Arbeitergärten, dicht am Kanal . . ..... 3,78 — 923 weiter entfernt vom Kanal. . 5,71 — 78 » noch weiter entfernt vom Kanal 6,01 — 7,7 » an der Geninerstraße . . . . 6,93 — 4,8 tuderkluba use ran TEN TR 2,91 —9od.—11 Teerremigungsanstalt von Krickhuhn u. Co... 3,36 —11 2. Rechts von der Traveniederung auf gelbem Ton: Fabrik von Smidth an der Geniner Straße | ca. 6 — 1,50 Gasanstaltal SB oLızım can 4 — 13,40 Bohrung 2 4 — 12 Auch hier erkennen wir eine wannenförmige Einsenkung in der Grundmoräne, von welcher die heutige Traveniederung nur ein Teil ist. Es ist auffallend, daß unter der Gasanstalt II der Geschiebemergel erst bei 12 und 13,40 m unter N. N. erreicht wurde, also in noch größerer Tiefe als mitten in der Flußniederung (Teerreinigungsanstalt). 3. Das Stadtgebiet. R e Lage der Höhe deı Oberkante Bohrstellen. Bohrstelle | d. Geschiebe- mergels über NN. über NN. — = - unter l. rechts von der T'raveniederung auf gelbem Ton: Kanalemschnitt bei der Navigationsschule . . — — 3 Parade1, Schloß Rantzau, auf jüngstem Talsand 10,98 — 55 Johannisstr. 34, Konservenfabrik v. Ch. Erasmi, 2"Bohrungensn gen. 1. ee 9,86 — 13 f N } Straßenhöhe Burstor, Kanaleinschnitt 2 Ser 10,5 — 21 Höhe der | hezn,der Bohrstellen. Bohrstelle | d. Geschiebe- mergels über NN. | _über m. = | _unter _ 2. links von der Traveniederuns, auf blauem Ton: Fußgängerbrücke über die Eisenbahn zur Katharınenstrales en. — ca. + 1,50 Kulenkampkaie re m en. —_ 0 3. Traveniederung. a) Unter Mudde: Gr. Petersgrube, Bohrung 1864 . 4 — 12 Kolk, 1864 . 4 — 16 Holstentor ee Er 3 — 12 Beckergrube, nahe der Trave, 1864 . . . — — 14 b) Unter Mudde und blauem Ton: Untertrave 44, Hafendrogerie, 1910 . . . 2 ? — 16,50 Mengstraße, Elektrizitätswerk ...... | 6,86 u) Beckergrube, Elektrizitätswerk . . . . . . 5,51 — 92 Im nördlichen Teile der Stadt scheint die alte Moränenoberfläche von Westen her ziemlich steil zur Traveniederung einzufallen, unter der Altstadt liegt sie auffallend niedrig, auf der Wakenitzseite (©h. Erasmi) noch tiefer. Es ist unmöglich, aus den wenigen Beobachtungen eine alte Schmelzwasserrinne herauszukonstruieren. Daß auch die tiefen Stellen unter dem Kolk und in der Gr. Petersgrube, wo das alte Flußbett in den Geschiebemergel einschneidet, nicht auf Auskolkung durch Gletscherwässer zurückzuführen sind, lehrt die Betrachtung der Querprofile auf Taf. 1 und 2. Der gelbe Ton, der auf dem Stadtrücken noch in einigen starken Schollen (Werkhaus der Marienkirche, Schiffergesellschaft) erhalten ist, erstreckte sich zweifellos von der Altstadt hinüber zur St. Lorenzvorstadt (Profil 5), ebenso der darunter liegende Talsand. Da, wo jetzt die Mudde ein altes tiefes Flußbett ausfüllt, befanden sich ohne Zweifel ehedem der blaue Ton, Talsand und der gelbe Ton. Zu jener Zeit aber war die heutige Traveniederung eine flache Mulde, die an ihrer tiefsten Stelle wohl nur wenig unter den heutigen "[ravespiegel hinabreichte. Die Entstehung der Trave fällt also hier wie auch oberhalb Lübecks in die Zeit nach der Ablagerung des gelben Tons.. Und damit stehen wir wieder vor der Frage: Durch welche Kraft ist die alte tiefe Flußrinne hier eingesägt worden? 54 4. Die Traveniederung bei der Struckfähre. 2 h | Lage der aleua da Oberkante Bohrstellen. Bohrstelle | d. Geschiebe- . mergels über NN. über IN unter 1. Links von d. Trave auf gelbem Ton u. Talsand: Probebohrung in der Triftstraße . . . . - 15,72 + 1,7 Emaillierwerk v. Thiel & Söhne, Schwart. les 5 11,04 30% Einsiedelstraße 26 2. num: 11,21 — 2,3 Gelände der Maschinenbaugesellschaft: Schmiedehaus nahe der Einsiedelstraße . . . 4,67 — 10,3 2. Links von d. Trave auf Mudde u. blauem Ton: BohzuneSvonsNholplg0 De ea — » » » LINIE Eee { 2,50 — 95 » 3 re ION 5 et 2 — 12 >» > 7 Dose, 90 0@ Eger 1,50 — 13,5 > vom Bauamt, 1899. 2... 1,30 — 15,5 3. Rechts von d. Trave auf Mudde u. Daten Don: Kunstwalzenmühle von Hinrichsen . . . . . 2,54 —z 4. Rechts von der Trave auf gelbem Ton: Dampimüuhlesvon@Brüerenwe se 4,02 — 9 (Fig. 1.) Querprofil durch das Travetal bei der Struckfähre. Gelände der Lüb. Maschinenbaugesellschatt. w 0. Thol, 1909 Thöl, 1909 R "40 ee sing Dose. 1900 Bauamt. 1899 /908 .1450 "120 Öfruchlähre. IH I M IIITT IITFTFTFFFFTTFETEEEERN NTEIETTTAITTTTDS Kam = a ee =. mann nt N NT Ds I hTT an an IA, 7 IM mus ERLITT TERS DERTEN u a00m, Alluvium: Diluvium: 1. Aufgeschütteter Boden. . Talsand. 2. Mudde. . Steinfreier blauer Ton. 3. Flußsand. . Geschiebemergel. . Sand u. Kies zwischen Geschiebemergel. . Rötlichbrauner steinfreier Ton. . Unterster Diluvialsand u. Glimmersand. So IH Du m 85 An keiner Stelle ist ein Querprofil durch die TaVSR SC aNIInE geo- logisch so sicher bestimmt wie hier. Für die Vertiefung der Trave, für den Bau eines Siels in der Karlstraße und für die Beschaffung von Grund- wasser in dem Betriebe der Lübecker Maschinenbaugesellschaft wurden eine Reihe von Bohrungen ausgeführt, deren Trockenproben ich mit Aus- nahme der drei Travebohrungen untersuchen konnte. Die Moränenober- fläche fällt von Westen her ganz allmählich zur Traveniederung ein und scheint sich auf der rechten Traveseite langsam zu heben (Brüggen’s Dampfmühle). Dicht oberhalb der Struckfähre ist der blaue Ton bis 10 m Tiefe noch nicht durchbohrt, auf dem Burgfeld vor dem Hause Nr. 1 (ca. +10 m NN.) hat eine von der Bohrfirma Thöl-Lübeck freund- lichst ausgeführte Trockenbohrung unter etwa 1 m Talsand den blauen fetten Ton bis zu 10 m Tiefe gleichfalls noch nicht durchteuft, im Kanal- einschnitt beim Burgtor endlich wurde von der Kanalsohle (— 4 m NN.) aus sogar noch 17 m im blauen Ton gebohrt. Ein plötzliches Aufsteigen der Moränenoberfläche auf der rechten Traveseite ist also ausgeschlossen. Wenn ich dem noch hinzufüge, daß dicht unterhalb der Struckfähre so- wohl von der Einsiedelstraße als von der Brüggenschen Fabrik her der obere, gelbe Ton zur Trave einfällt, so können wir die Eintiefung der alten Trave hier zeitlich ziemlich genau bestimmen. In der vom Inland- eise hinterlassenen flachen Hohlform lagerten sich nacheinander der blaue Ton, der Talsand und der gelbe Ton ab. In die etwa bis zum heutigen Travespiegel hinabreichende flache Mulde hat sich später der Fluß so tief eingegraben, daß vom blauen Ton nur eine ganz dünne Lage unzerstört blieb. 5. Traveniederung bei Kochs Schiffswerft. Höhe der | Sfrkante Bohrstellen. Bohrstelle | d. Geschiebe- bei: __ mergels & £ | über NN. ne NN. 1. Links von der Traveniederung auf gelbem | | Ton und Talsand: | | Nhehmeban gr en te len ared Vorwerker Ziegelei, in der Mitte zwischen | Chaussee und Traveniederung . .. . . . . ea. 10 — 4 Sägewerk von Havemann & Sohn . . . . 2,13 — 10,5 2. Traveniederung auf Mudde und blauem Man: | Sägewerk von Goßmann & Jürgens . . .. 3,60 — 12,4 3. Rechts von der Niederung: Kochs Schiffswerft (auf blauem Ton) . =) 6,28 — 104 Neuer Wasserbauplatz (auf Talsand) . ..... | - 2,0 — 11 86 Da die alte Moränenoberfläche unter der Werft, unter dem Wasser- bauplatz und dem Sägewerk von Havemann & Sohn fast so tief liegt wie das ursprüngliche Travebett, so ist auch hier die Arbeit glazialer Schmelzwässer zur Ausbildung des Travebettes ausgeschlossen. Im Schwartauer Gebiet, wo die Trave aus der nördlichen Richtung plötzlich in die östliche umbiest, sind zwar zahlreiche Brunnenbohrungen ausgeführt, die Zahl der Trockenbohrungen ist aber so gering, daß sie für unsere Betrachtungen wenig bieten. 6. Gebiet der Trave von Dänischburg bis Schlutup. 3ohrstellen Bohrstelle | d. Geschiebe- b mergels in p e% 2 5 über Di nn NN. l. Links von der Traveniederung auf Sand und Kies: Dänischburg, Schwefelsäurefabrik, Bohrunesvons Giem anne ra 3 — 64 » VOR@EISIN ST RE DE R: 3 — 9 Siems, Probebohrung an der Dänischburger Grenzen(beon) Alan aus ea 11 — 0 Siems, Ölmühle bean). ur m 9,3 =— 5» Avelunddurchstich (Herrenbrücke) . . . . . — — 5 Ehemaliges Gasthaus zur Herrenfähre . . . 2,35 — 115 2. Rechts von der Traveniederung auf Sand und Kies: Borsthälle verims ir Br Re 7,35 — Ta Schlutup, Düngerfabrik an der Trave . . . 3,27 — 12,7 » Gasometer. eu. ee re ca. 3 ca. — 13 3. Trave: Chemische Fabrik »Trave« von Dr. Dürre &? Engels. aN ar ae ee ae Peer ca. 3 ca. — 15 Die wenigen Zahlenwerte berechtigen zu der Annahme, daß auch hier breite flache Hohlformen in der Grundmoräne vorhanden sind, die wenigstens auf der rechten Seite der Trave weit über den Bereich des alten Flußbettes hinausreichen. Recht beachtenswert ist das Ergebnis der Trockenbohrung (Thöl-Lübeck) in der etwa 50 m vom alten Ufer im Bereich der Trave errichteten chemischen Fabrik »Trave«. Das Bohr- profil ist folgendes: 87 0— So m = 0 — 550 m NN. Auftrag und Mudde mit Cardium edule und Tellina baltica, — 15,00 » = —126 » » Sand und Kies, — id,» —j57 75757 blauer, steinfreier" Ton, — 30,0 » = — 27,0 » » _ Geschiebemergel, ' kalkfreier Quarzsand m.Braunkohlenhölzern u. wenigen Feldspaten, — 43,0» —= —40,20 » » sehr feiner Glimmersand. Hier senken sich von der Düngerfabrik und dem Gasometer her die Moränenoberfläche und der sie bedeckende blaue Ton und der dilu- viale Sand (wohl Sandr) ganz allmählich nordwärts unter die seeartig ver- breitete Trave. — 34,10 » » feiner — 31110 » —= —40, » = -37, » » zieml. grober 7. Schlutup und Hochofenwerk. Fig. 2. Längen 1:15000. Höhen 1: 2000. Schlutup: Hochofenwerk: Gasthaus j Unde Del m De Bea Malt Niemann ae #375 5 +/076 Aildebrandt 7A * nr ge u = Eee nt, RK ipes 17 ee Alle Irave nimm = Kar Er A 2 Au, ra" EL m ii TEE 1. Mudde. | 4. Geschiebemergel. 2. Sand und Kies. 5. Unterster diluvialer Sand und Kies. 3. Steinfreier »blauer« Ton. | Artesischer Grundwasserhorizont. In keinem Gebiete der ganzen Lübecker Mulde sind die Tiefbrunnen so dicht gedrängt wie in Schlutup. Während sich die Haushaltungen meist mit dem Oberwasser begnügen, hatte die in den letzten Jahrzehnten schnell emporblühende Fischräucherei die Anlage zahlreicher Tiefbrunnen notwendig gemacht. Die meisten Bohrungen sind von dem verstorbenen Brunnenmacher Vogeley und seinem Nachfolger, dem Brunnenmacher H. Thöl-Lübeck, ausgeführt worden. Die Thöl’schen Bohrungen, (Villa Holtz, Steffen, Hildebrandt) sind Trockenbohrungen, bei den Vogeley- schen Spülbohrungen wurden zahlreiche Trockenproben entnommen. Von den Bohrungen konnten nur diejenigen zur Profilzeichnung verwendet werden, die in der Linie Friedrichstraße — Hafenstraße —Hochofenwerk liegen. Ueberraschend in dem Profil ist der außerordentlich schroffe 88 Wechselin den Oberflächenformen des Geschiebemergels und in der Mächtig- keit des blauen Tons. Wir finden diesen schnellen Wechsel auch in den übrigen Schlutuper Bohrungen wieder. So liegt die Oberkante der Grund- moräne in der Düngerfabrik 15 m, in der Räucherei von Witwe Wellmann nach einer größeren Zahl von Trockenproben 20 m unter NN. Diese ehemaligen wannenarligen Einsenkungen in der Oberfläche der Grund- moräne sind also noch tiefer als das alte Bett der Trave bei Schlutup. Eine befriedigende Erklärung für die starke Umbiegung der Trave bei Herrenwiek glaube ich in folgender Tatsache zu finden: Am rechten Traveufer, genau südlich von der jetzigen Herrenwieker Landungsbrücke hat eine im Jahre 1909 von der Wasserbauverwaltung ausgeführte Bohrung den Sand bei — 10 m NN. noch nicht durchteuft. Nur wenige Schritte flußabwärts erhebt sich aus der Tiefe ein schmaler, zur Überlandzentrale gerichteter Geschiebemergelrücken, der ebenso steil kurz vor der Schlutuper Landungsbrücke (vor dem Hause Hildebrandt in der Profilzeichnung) wieder abfällt. In diesen harten Rücken hat sich die Trave erst unter- halb Herrenwiek eingesägt. Während ihr altes Bett oberhalb dieses Rückens 13 m tief ist und auf der Herrenwieker Seite bis in diese Tiefe von Sand begleitet wird, beträgt seine Tiefe in einem durch Trocken- bohrungen von seiten der Wasserbauverwaltung genau bestimmten Profile in dem Geschiebemergelrücken (siehe die Figur) nur 14 m. Ich halte dieses Profil für eine Wirkung der Flußerosion aus demselben Zeitabschnitt, in welchem auch das Flußbett bei Lübeck entstand. Der Fluß hat hier seine Erosionstätigkeit nicht zu Ende führen können. Von dem Untergrunde der Schlutuper Bucht wissen wir bis jetzt sogut wie nichts. Der blaue Ton bildet z. T. das Steilufer an der Ostseite Schlutups, er tritt dicht vor der Rohbraschen Kistenfabrik in einer steilen Kuppe zutage und wurde früher an der Landspitze im Osten der Schlutuper Bucht zur Gewinnung von Backsteinen in einem tiefen Tagebau über Geschiebemergel abgegraben. Jenseits dieses Landvorsprunges wird Sand und Kies in mehreren Gruben bis zu einer Mächtigkeit von 20 m abge- baut. Daß die Sande hier noch viel mächtiger sind und in große Tiefen hinabreichen, ist daraus zu schließen, daß bei der ehemaligen Ziegelei- grube Ton und Geschiebemergel ostwärts steil einfallen und in der Roh- braschen Kistenfabrik am Ostrande der Schlutuper Bucht in einer Brunnenbohrung Sand und Kies bei 21 m Tiefe noch nicht durchteuft waren. Im Gebiet der Untertrave unterhalb Schlutups fehlen noch tiefere Bohrungen. Die zahlreichen nur bis zum Fahrwasser festgelegten Fluß- querprofile zeigen Tiefen bis 21 m und durchaus keine schwellenartigen Unterbrechungen ; die hohen Ufer werden meist von kreuzgeschichteten Sanden gebildet, im Gebiete des Stulperhuks werden ausgedehnte Block- packungen abgebaut. 89 Das einzige vollständige Querprofil wurde im Jahre 1387 von seiten der Wasserbauverwaltung oberhalb des Stulperhuks durch 9 Trocken- bohrungen festgelegt. Das ganze bis 20,3 m tiefe Flußbett ist hier in Sand eingebettet. Eine 18 m tiefe Bohrung hier am Dummersdorfer Ufer durchteufte den Sand noch nicht, lezterer besitzt hier also eine Mächtig- keit von mehr als 36 m. Wenn die Untertrave hier im Gebiet der End- moräne eine glaziale Schmelzwasserrinne darstellen soll, wie Gagel meint, so müßte diese doch beim Rückgange des Inlandeises, also in der Grund- moräne entstanden sein. Wo steckt diese Grundmoräne? Im nördlichen Endmoränengebiet sind mir folgende Bohrstellen bekannt: 5 Mächtigkeit | Höhe der , Höhe der | der Oberkante Bohrstelle Endmoränen-.d. Geschiebe- | sande mergels | | | = Blüchereiche bei Ratekau . . . . . |+20mNN. 12m |+85mNN. Eoppendozke ve er 16 1,5 + 8,5 Dummersdorf, Meierei . . .....| + 16 16 | 4.0 Wenn nun bei Dummersdorf die alte Grundmoränenoberfläche schon im Meeresspiegel liegt und an der Trave beim Stulperhuk bei — 15 m noch nicht erreicht ist, so möchte ich vorläufig annehmen, daß auch hier wie bei Lübeck eine wannenartige Vertiefung vorhanden ist, nur viel breiter und tiefer, und daß diese Hohlform später von Sanden und Kiesen zugeschüttet worden ist und zwar zugeschüttet mit Hilfe stark fließenden Wassers mit häufig wechselnder Stromrichtung. Erst nachdem sich diese Sande abgelagert haben, ist die breite Traverinne entstanden, ob durch Flußerosion vom Lande her, wie mir es am wahrscheinlichsten erscheint, oder durch die Arbeit der Gletscherschmelzwässer vom Inlandeise her, das ist noch nicht erwiesen. Abgesehen von der 2 km breiten Unterbrechung der gesamten Grund- moräne unter dem Priwall bei Travemünde kann ich im ganzen Verlauf der Untertrave von Lübeck an, soweit die Tiefenaufschlüsse reichen, keine einzige Stelle finden, die mit Sicherheit als eine glaziale Schmelzwasser- rinne aufzufassen wäre. Die Ergebnisse meiner bisherigen Untersuchungen möchte ich in folgende Sätze zusammenfassen. 1. Unter den aus den Gletscherschmelzwässern abgelagerten Sanden und 'Tonen der Lübecker Niederung breitet sich eine Grundmoränen- landschaft aus, die im nördlichen Teil der Niederung tief unter den Meeresspiegel binabreicht. 90 2. Die Trave folgt einer größeren Zahl von tiefen, durch die erodierende Arbeit des Inlandeises entstandenen wannenartigen Einsenkungen in der Grundmoränenoberfläche. 3. Diese Vertiefungen wurden lange Zeit hindurch von den Schmelz- wässern des Inlandeises überflutet und mit Tonen und Sanden bedeckt. 4. Die alte Trave ist das Ergebnis einer Flußerosion, die erst nach der Zeit der Ablagerung des oberen gelben Tones erfolste. Im Gebiet des Talsandes und der Staubeckentone war demnach die Arbeit von sub- glazialen oder glazialen Schmelzwässern ausgeschlossen. 5. Die Durcksägung der jungglazialen Ablagerungen bis zu den heutigen 10—20 m unter den Östseespiegel hinabreichenden Flußtiefen war nur möglich zu einer Zeit, als unser Küstengebiet beträchtlich höher lag als jetzt. 6. Solange die Untertrave von Schlutup abwärts nicht mit Sicher- heit als glaziale Schmelzwasserrinne erklärt werden kann, bleibe ich bei der Annahme, daß die ganze Trave als ein zeitlich und genetisch einheitliches Gebilde zu betrachten ist. Die Entstehung des Travelaufs läßt sich m. E. zeitlich noch genauer bestimmen. Da, wo der neue Eisenbahndamm unterhalb Genins das Travetal durchquert, ist auf beiden Seiten des Tals eine flache Mulde des gelben Tones mit den jüngsten Talsanden ausgefüllt. Die Arbeiten bei der Ausgrabung des Elbe-Travekanals zeigten diese Mulde in einem langen Anschnitt auf der linken Talseite, die Erbauung der Eisenbahn- brücke an der Geniner Landstraße und eme Reihe von Bohrungen schlossen diese Mulde auch auf der rechten Talseite auf. Die Öber- flächengrenzen des jüngsten Talsandes passen auf beiden Seiten des Tals aufeinander. Hier ist offenbar die einst in sich geschlossene Mulde von der Trave durchschnitten worden. Eine Beobachtung ähnlicher Art können wir bei der Herrenfähre und bei Schlutup machen. Die von Sanden und Granden überschütteten Dryastone liegen hier südlich und nördlich von der Trave, im Süden der Trave aber da, wo das Flußtal am schmalsten ist, gegenüber der Herren- fähre und südlich von Herrenwiek. Man mas die Sande und Grande als Sandr oder Endmoränenschutt auffassen, es bleibt nur die eine Möglichkeit, daß sie von Norden oder Nordosten hergekommen sind. Diese Auffassung hat aber wieder zur Voraussetzung, daß das tiefe Fluß- tal zu jener Zeit nicht bestand, daß mit andern Worten die mächtigen Sandablagerungen durch das heutige Flußtal hindurch eine geschlossene Decke bildeten. Eine besonders wichtige Stütze für diese Auffassung glaube ich in einer schon früher mitgeteilten (V, S. 36) Beobachtung in der Stegmannschen Sandgrube südlich von der alten Herrenfähre gefunden zu haben. Hier wurde vorübergehend der westliche Teil eines Wasser- becekens angeschnitten, dessen Bodenschlamm (Dryaston) durch schräg- gelagerte kiesige Sande zugeschüttet war. Nur der eine Abschnitt war vorhanden, das Hauptstück fehlte, es würde hoch über der Traveniederung in der Luft liegen. Ergänzen wir hier das fehlende Stück, so sind wir auch bald drüben bei der alten Herrenfähre auf dem linken Traveufer. Man wird mir einwenden, daß die schräg gelagerten Sande und Grande in der Oldenburg’schen Sandgrube bei der Herrenfähre ostwärts, also zur Trave einfallen, daß die Strömung also von Westen kam. Von den jungglazialen Süßwasserbecken, die durch die Uferbahn angeschnitten wurden, war das östlich von der Herrenbrücke gelegene besonders lehr- reich hinsichtlich der Art seiner Zuschüttung. Die geschichteten Grande, welche das Becken ausfüllten, zeigten ein ziemlich steiles Einfallen von der Mitte der Mulde nach rechts und links; hier war der Schuttkegel genau in seiner Hauptrichtung quer durchgeschnitten. In der Oldenburg'’schen Sandgrube erblickten wir in den letzten Jahren meist nur einen schrägen Anschnitt des Schuttkegels; in früheren Jahren bot sich ein anderes Bild. Die eben mitgeteilten Beobachtungen führen zu dem Schlußergebnis: 7. Die Entstehung des Travelaufs fällt in eine Zeit, in welcher die Dryastone der Lübecker Niederung bereits von dem feineren und gröberen Gletscherschutt zugeschüttet waren, d. h. in eine Zeit, in welcher das In- landeis unser Küstengebiet bereits verlassen hatte. Wenn wir die Trave als einen einheitlichen Stromschlauch betrachten, so kommen wir auch bei dieser Auffassung noch nicht über mehrere Schwierigkeiten hinweg. Diese Schwierigkeiten bieten die Ungleich- mäßigkeiten der scheinbaren Flußsohle und die Beschaffung der riesigen Wassermengen, welche das Flußbett ausgefurcht haben. Die wenigen Schwellen, die im Travebett nachgewiesen sind, sind wahrscheinlich ver- schiedener Art. Der aus hartem steinigen Geschiebemergel bestehende Querriegel zwischen Schlutup und der Überlandzentrale überragt die Flußsohle nur um 4 Meter, die Schwellen bei der Herrenfähre und Alt- lübeck sind noch niedriger. Daß solche Schwellen sich recht wohl mit der ursprünglichen Flußnatur unserer Trave vereinigen lassen, möchte ich aus der folgenden Darstellung Brückner’s entnehmen: »Je zwei flußabwärts auf einander folgende Kiesbänke hängen unter dem Fluß durch niedrige Schwellen mit einander zusammen und zerlegen so das ganze Flußbett, wie zuerst Grebenau für den Rhein nachwies, in eine Reihe von Becken oder Pfuhlen, die sich an den Prallstellen finden. Die Tiefe ist in den Pfuhlen am Rhein 4—6 m größer als über den trennen- den Schwellen.« !) Immerhin bleibt der kaum 5m unter dem Trave- ') Ed. Brückner, Die feste Erdrinde und ihre Formen. Prag, Wien, Leipzig, 1897, S. 220. 92 spiegel liegende Querriegel nördlich von Trems noch ein Rätsel, so lange hier genauere Bohrergebnisse fehlen. In den Stadtprofilen (Taf. 1 und 2) konnte festgestellt werden, daß der Sand, der unter der Mudde die Fluß- sohle bildet und bald auf Geschiebemergel, bald auf dem blauen Ton liest, in keinem Verband mit den diluvialen Sanden steht. Ich nehme an, daß dieser Sand während und kurz nach der Entstehung des Fluß- bettes abgelagert ist. Aus den bisherigen Bohrungen unterhalb Lübecks ist nicht zu ersehen, welche Mächtigkeit diese Flußsande weiter flußabwärts besitzen und in welcher Weise sie das ursprüngliche Flußbett verändert haben. Ich schließe meinen Ausführungen einige Sätze an, welche Herr Oberbaudirektor Dr. ing. Rehder, der Erbauer des Elbe-Travekanals, in seinem großangelegten, leider noch nicht der Öffentlichkeit übergebenen Werke über unsere Gewässer !) der Entstehung der Trave widmet. Da heißt es S. 548: »Die Profile der alten Stromrinnen haben überall eine muldenartig geschlossene Form und lassen auf den ersten Blick erkennen, daß in ihnen einstmals ein normaler, der Profileröße entsprechender Wasserlauf stattfand. Die Regelmäßigkeit der Profile, ihre allmähliche Zunahme fluß- abwärts und ihre in das untere Diluvium bineingreifende Tiefenbildung sind unwiderlegliche Beweise dafür, daß sie durch oberirdische, gewaltige Strömungen ausgewaschen wurden.« »Seltsamer Weise ist die tiefe, muldenartige Stromrinne der alten Flußbetten wenig oder gar nicht versandet, sondern gleichsam wie ein ausgegrabenes, den Strömungen, Verdrückungen und Verwaschungen nicht ausgesetztes Loch in der Urform erhalten geblieben und nur mit weichen Alluvialgebilden angefüllt. Es ist also die Strömung, welche anfangs das tiefe Bett ausgefurcht hat, so beschaffen gewesen, daß ihr Kleinerwerden den Bestand des tiefen Strombettes nicht bedrohte. « »Die Größe der in den alten Flußbetten abgeführten Wassermengen scheint sogar in demselben Verhältnis wie heute auf die einzelnen Strom- oder Niederschlagsgebiete verteilt gewesen zu sein. Endlich liefert der scharfe Ausbruch des Strombettes an einzelnen Stellen der Lehmdecken (Ziegelhorst usw.) den Beweis, daß der alte, große Strom erst in die Ge- filde einbrach, als die jüngsten Glazialablagerungen sich genügend geschichtet und fest abgesetzt hatten.« !) P. Rehder, Die Gewässer im ganzen Umfange des Niederschlagsgebietes der Trave, unter besonderer Berücksichtigung der schiffahrtlichen Verhältnisse. Lübeck. Das monumentale Werk sollte den zweiten Teil der 1890 erschienenen Landeskunde von Lübeck (die freie und Hansestadt Lübeck. Ein Beitrag zur deutschen Landes- kunde, hrsg. von d. geogr. Ges. Lübeck) bilden. Wegen der großen Aufgaben, die an den Verfasser mit dem Bau des Elbe-Travekanals und der Ausgestaltung unseres Hafens und der Untertrave für Handel und Industrie herantraten, ist das Werk leider bis jetzt unvollendet geblieben. 33 »Nach Maßgabe der Größe der erbohrten Querschnittsprofile und des aus der gleichmäßig ansteigenden Sohlenneigung zu ermittelnden Wassergefälles hat der alte Travenstrom bei Lübeck ungefähr 7000 bis 9000 cebm Wasser pro Sekunde, also reichlich hundertmal soviel Wasser als jetzt, beim stärksten Abfluß abgeführt. Ob es möglich ist, daß solche Wassermengen allein von früheren großen atmosphärischen Niederschlägen, ohne Mitwirkung der Schmelzwässer von enormen Gletschern oder Schnee und Eisansammlungen geliefert wurden, wird erst durch weitere Be- obachtung und Forschung in der meteorologischen Wissenschaft festzustellen sein. Wie bedeutend aber die Niederschläge sein müßten, um jene Strömungen zu erzeugen, läßt sich daraus ermessen, daß dazu unter Nichtbeachtung der Abgänge durch Verdunstung usw. schon eine Regenhöhe von 44 cm für den Tag erforderlich sein würde.« IV. Marine Konchylien im Lübeckischen Diluvium. Die im Diluvium der Umgegend Lübecks in Tagesaufschlüssen und in Bohrproben bekannt gewordenen Reste von marinen Konchylien befinden sich sämtlich nicht auf ursprünglicher Lagerstätte. a. Aus den Diluvialsanden unter dem gesamten Geschiebemergel. 1. Stadtwasserkunst, Trockenbohrung von Gliemann, 1902. Die grandigen Sande von 26,5—28 m Tiefe enthielten Nassa reticulata (zahlreich), Zitorina litorea, Cerithium reticulalum, Cardium edule (zahlreich), Mytilus edulis, Tapes pullastra (zahlreiche Schalenstücke) und Valvata piscinalis. In ıhrer Zusammensetzung entspricht diese Mollus- kenfauna derjenigen des Cyprinentones (II, S. 21). 2 Maschinenfabrik von Smidth & Co, Geninerstraße, Trockenbohrung von Thöl, 1910, 0 — 750m: gelber Ton und Talsand, — 14,14 » _Geschiebemergel, — 17 » Spatsand mit kräftigen Exemplaren von Cardium edule und Tapes aurea. 94 3. Villa Frank, Haffkrug, Trockenbohrung von Thöl, 1910, 0 — 10,20 m: Seesand, — 18,50 » Geschiebemergel, — 26,50 » steinfreier grauer Ton, — 30 » grober, kiesiger Diluvialsand mit, Cardium edule, Tapes sp. (zahlreiche Bruchstücke), Ostrea (jung), Nassa reticulata. 4. Pöppendorf, 200 m nördlich vom Hünengrab, Probebohrung von Lapp, 1904 (III, 8. 9). 0 — To m: grober Kies mit größeren Steinen (Endmoräne), — 45 » Geschiebemergel, — 46 » kiesiger Diluvialsand mit zahlreichen Schalen- resten von Cardium edule, Nassa reticulata und Cerithium reticulatum. b. Aus den Diluvialsanden zwischen den beiden Geschiebemergeln. 5. Feld bei Blankensee, Spülbohrung von Dose. Das Ergebnis ist bereits in V, S. 22 mitgeteilt. 6.Hollenbek bei Behlendorf, Spülbohrung von Hänchen, 1907. Das Profil ist bereits III, S. 13 mitgeteilt. In dem Sand und Kies von 63,50—68 m wurden Schalenreste von Cardium edule, Nassa retieulata und Cerithium retieulatum gefunden. Von 68m an folet nicht Ton, wie ich in III, S. 13 irrtümlich angegeben habe, sondern Geschiebemergel. 7. Behlendorf am See, Spülbohrung von Hänchen, 1907. Das Profil ist bereits in III, S. 12 mitgeteilt. Reste von Cardium edule und Nassa reticulata wurden in den Sanden von 23 bis 98 m gefunden. 8. An der Wakenitz oberhalb der Wasserkunst, Trockenbohrung von Leon, 1909. Unter Geschiebemergel und anscheinend auch über Geschiebemergel wurde von 18—18, m ein grober sandiger Kies erbohrt mit Cardium edule, Tapes sp., Cerithium reticulatum, Nassa reticulata. ec. Aus dem Geschiebemergel. 9. Vogelsangwiesen, Probebohrung No. 3 von Le&on-Kiel (1907) für die Stadtwasserkunst. 0 — 2 m: gelber Ton — 8 » Talsand, 35 » Geschiebemergel. Eine Probe des schlammigen Geschiebemergels von 25—283 m ent- hielt Cardium edule, Mytilus edulis und Tapes sp. 95 10. Ebenda, Probebohrung No. 4 von Leon, 1908. Im Geschiebemergel (12,so—29,;o m) enthielt eine stark tonige, kiesige Schicht von 14,6o—17,”0 m ein Bruchstück von Cardium edule. 11. Ziegelei Buntekuh, Trockenbohrung von Thöl, 1909. 0 — 9 m: gelber Ton und Talsand, — 11,50 » blauer Ton — 12,9 » Geschiebemergel. Die mir übersandte Probe enthielt Neritina fluviatilis (2 Stück) und ein Bruchstück von Cyprina islandica. d. Aus den jungglazialen Sanden. 12. Sandgrube an der Straße bei der Nervenheilanstalt Streceknitz. Die kiesigen Sande, die nach meiner Auffassung einer kleinen End- moränenstaffel angehören, enthielten zahlreiche Reste von Cardium edule und Nassa reticulata (schon in V, S. 23 mitgeteilt). 13. Frühere Langesche Sandgrube bei Schlutup. Unmittelbar über dem Dryaston fand Herr Lehrer Strunck in den jüngsten Diluvialsanden eine Schale von Mytilus edulis. VE VI. XT. 96 Literaturverweise. Paul Friedrich, der Untergrund der Stadt Lübeck. Mit 2 Profiltafeln. Zeit- schrift des Ver. für Lüb. Gesch. u. Altertumskunde. XII, S. 28—48. (1910.) . PaulFriedrich, Geologische Aufschlüsse im Wakenitzgebiet der Stadt Lübeck, mit 4 Tafeln. Mitt. der Geogr. Ges. zu Lübeck, Heft 17, 1903. . Paul Friedrich, der geologische Aufbau der Stadt Lübeck und ihrer Umgebung, mit 4 Taf. u. 7 Fig. Festgabe des Katharineums für den deutschen Geographen- tag 1909. . Historitch-physikalische Karte der Umgebung von Alt-Lübeck, nach Feststellungen von Prof. Ohnesorge. 1:25000. Gezeichnet im Katasteramt, Druck von H.G. Rahtgens, Lübeck 1908. Zeitschr. d. Ver. f. Lüb. Gesch. u. Altertums- kunde, X. P. Friedrich. Die Grundmoräne und die jungglazialen Süßwasserablagerungen der Umgegend von Lübeck. Mit 6 Tafeln. Mitteil. d. Geogr. Ges. zu Lübeck. Heft 20, 1905. Geologische Karte von Alt-Lübeck. Beilage zu W. Ohnesorge, Einleitung in die lübische Geschichte. Zeitschr. d. Ver. f. Lüb. Gesch. u. Altertumskunde. Bd. 10, 1908. . P. Friedrich u. H. Heiden. Die lübeckischen Litorinabildungen. Mitteil d. Geogr. Ges. zu Lüb. Heft 20, 1905. . H. Spethmann. Die physiographischen Grundzüge der Lübecker Mulde Globus, Bd. 96, Nr. 20, 1909. . H. Spethmann. Ancylussee und Litorinameer im südwestlichen Ostseebecken. Mitteil. d. Geogr. Ges. zu Lübeck, 1906. Heft 21. ©. Gagel. Zur Geologie Schleswig-Holsteins. Kritische Bemerkungen zu den Arbeiten von K. Olbricht und H. Spethmann über Schleswig-Holstein ... Jahrb. d. K. Preuss. Geol. Landesanst. für 1909. Bd. 30. 1909. H. Spethmann, Lübeck. Ein landeskundlicher Grundriß. Mitteil. der Geogr. Ges. zu Lübek. 1910. Heft 24. Geologische Querprofile durch die innere Stadt Lübeck. ES Längen 1: 5000 Höhen 1: 1000 1. Profil Engelsgrube — Weiter Lohberg. Breitest. Konigstr. m Jakapr Gemeinnützige bange- Wakenitz- Br] Gesellschaft lohberg Mauer ee Aufgestaute Wakenitn "is Falkenwiese e Trave Engeisgrub "# Gr.Kiesau MUT Mi _ 5 g, Krrigstr: Katharineum Tünkenhagen Wakenilz Elcktrizitäts Breitestr. “79 Turnhalle Mauer = Markthalle “0 les: ’F Falken “5 Ösbahır 6 Aufgestaute Wakeniln +35 Beck Elektrizitäts: Breitestraße VERE iz: Kon Konservenfahr. BE migstr, ‚Schüsselbuden Nr ar "9,30 Bei St. Johannis Johanneum Aufgestaute Wakenitz + 3,5 Lenstraße ov® # Kork In.boT Vz SUOITERTTONTTHITTTT Bearbeitet von P. Friedrich. ‚Autogr. d. geogr-litb. Anat. u. Blalndr. v CL. Keller, Berlin R. n Es: = Tafel 2. Geologische Querprofile durch die innere Stadt Lübeck. Längen 1:5000 Höhen 1: 1000 5. Profil Große Petersgrube — Aegidienstraße. 6r Schmiedestr. Klingenbg. ‚rn ; 7 Br. Bastion ü Königstr : Holstentor +15 Arahenteich en m Nr.mo 2 Skutigruben BE SUN ANNE Krähenteich Nanserrenfabnii Badernetlt RUN man n ii EHE 7. Profil Hartengrube — Mühlenbrücke. Zeuyhats Domkirchof‘ Musterbahn .r2, Trare 4 Mühlenbrücke Hartengrube N = NN u 7 ! ZU, Zeichen- und Farbenerklärung. ‚Alluvium Diluvium Aufgeschütteter Boden - Blauer Ton, zum Teil auch Die Höhen- und MM N Banachi 5 Juugnter Telkact; Geschiebemergel, Tiefenzahlen be- ziehen sich auf EINTIT Aufgeschattotor Sana. —— Glaziale Mudde und Torl, TA, Ss cnievemergel. Normal-Null. Unterster Diluvialsand, ‚Hauptgrundwasserhorizont Feiner Glimmersand, rein (Tertiär) oder mit nordischem Material gemengt. Bearbeitet von P. Friedrich. Autogr. d, geogr.-lith. Anst. u. Steindr.v. U 1. Keller, Berlin & 97 Gesellschafts- Angelegenheiten. Bericht über das Jahr 1908. Die Geographische Gesellschaft hatte in diesem Jahre leider den Tod von drei ihrer bedeutendsten Mitglieder zu beklagen. Am 20. Mai starb Professor August Sartori, der Begründer und langjährige Vor- sitzende unserer Gesellschaft. Als Sartori am 25. Mai 1900, nachdem er 15 Jahre die Gesellschaft mit tatkräftiger und geschickter Hand geleitet hatte, aus Gesundheitsrücksichten seine Wiederwahl als Vorstands- mitglied ablehnen mußte, ernannte ihn die Gesellschaft zu ihrem Ehren- vorsitzenden und überreichte ihm ein Ehrendiplom. Am 6. Juni starb in Greifswald unser Ehrenmitglied, Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Rudolf Credner; am 13. Oktober Seine Magnifizenz, Bürgermeister Dr. jur. Ernst Schön, Mitglied der Gesellschaft von 1885—1894 und seit 1907. Was die Verstorbenen der Gesellschaft gewesen, wird von ihr in Treue bewahrt bleiben. Als neue Mitglieder wurden in die Gesellschaft aufgenommen: Kaufmann Hermann Brandes, Konsul Dimpker, Präses der Handelskammer, Bankdirektor Karl Frahm, Güterverwalter August Hammerich, Öberlehrer Dr. Häußler, Generalmajor und Brigade- kommandeur Melior, Oberlehrer Dr. Schaper, Kaufmann Heinrich Sievers und Zahnarzt Studt. Im Vorstande der Gesellschaft traten verschiedene Veränderungen ein. An Stelle des aus dem Vorstande ausscheidenden Major Schau- mann wurde Professor Dr. J, Müller, Direktor des Johanneums, gewählt. Navigationslehrer Joseph Krauß übernahm außer der Schrift- leitung auch das Amt des Bibliothekars der Gesellschaft; Dr. phil. Schulze, Direktor der Navigationsschule, wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Den Vorsitz führte Professor Dr. H. Lenz weiter. 98 Die Gesellschaft versammelte sich zu acht ordentlichen Sitzungen, in denen folgende Vorträge gehalten wurden: Am 10. Januar: Stud. geogr. Hans Spethmann »Eine Islandfahrt«. Am 24. Januar: Dr. Paul Hambruch-Hamburg »Das völkerkundliche Problem auf den deutschen Südseeinseln Maty und Durour und seine Lösungs. Am 14. Februar: Professor Dr. Voeltzkow-Berlin »Ceylon und die Perlenfischerei«. Am 6. März: A. Geiser-Berlin »Deutsche Bauern in Südrußlande«. Am 27. März: Dr. Paul Hambruch »Die Kunst in der Südsee«. Am 30. Oktober: Professor Dr. Sack »Neue Forschungen über die Zusammensetzung des Erdinnern«. Am 20. November: Dr. Robert Hartmeier-Berlin »Meine Forschungsreise nach Westaustralien«. Am 18. Dezember: Bergassessor Rösing »Die Entstehung der nutzbaren Minerallager- stätten Deutschlands, sowie ihre Erschließung und Ausbauung durch den Bergbau«. Die Vorträge am 10. Januar, 14. Februar und 20. November fanden im großen Vortragssaale des Hauses der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit statt und waren zu denselben auch die Mit- glieder der Gesellschaft und deren Damen eingeladen. An allen Freitagen, die nicht durch Sitzungen in Anspruch genommen aren, fanden Herrenabende statt, die sich stets eines zahlreichen Besuches erfreuten. In denselben wurden kleinere Vorträge gehalten, Mitteilungen aus Fachblättern und über eigene Beobachtungen gemacht. Der Vorstand, der in der zweiten Hälfte dieses Jahres schon stark mit Vorbereitungen für den 17. Deutschen Geographentag, der Pfingsten 1909 in den Mauern Lübecks stattfinden wird, beschäftigt war, trat zu zehn Sitzungen zusammen. Auf Veranlassung des Vorstandes konsti- tuierte sich am 15. November aus 48 Lübecker Herren ein Ortsausschuß für den Deutschen Geographentag 1909. Zum Vorsitzenden des Orts- ausschusses wurde Professor Dr. Lenz gewählt, zum stellvertretenden Vorsitzenden Direktor Dr. S. Schwarz, zum Schriftführer Navigations- lehrer Krauß und zum Schatzmeister F. ©. Sauermann. ei) Professor Dr. Lenz wohnte als Vertreter der Lübecker Geogra- phischen Gesellschaft der Feier des 80 jährigen Bestehens der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin bei. Von dem Leiter der Lübecker Mpangwe-Expedition, Günther Tessmann, liefen günstige Berichte ein, die der Vorsitzende zur Kenntnis der Gesellschaft brachte. Von den mit dem Naturhistorischen Museum gemeinsam heraus- gegebenen Mitteilungen erschienen: II. Reihe, Heft 22: Hans Spethmann »Glaziale Stillstandslager im Gebiete der mitt- leren Weser«. Dr. Karutz: »Die Lübecker Mpangwe-Expedition«. I. Reihe, Heft 23: Franz Oskar Karstedt »Die südfinnische Skärenküste von Wiborg bis Hangö. Ein Beitrag zur Geographie der Ostsee- küsten«. Dr. Rudolf Struck »Neue Beobachtungspunkte tertiärer und fossilführender diluvialer Schichten in Schleswig -Holstein und Lauenburg«. Professor Dr. P. Friedrich »Über neue Bohrungen in der Umgegend von Oldesloe in Holstein«. Schriftenaustausch fand in bisheriger Weise mit Gesellschaften und Instituten Deutschlands und des Auslandes statt. Die eingegangenen Hefte liegen im Lesezimmer aus und können nach einer Frist von 14 Tagen entliehen werden. Neu hinzugekommen ist das Römisch -germanische Zentralmuseum in Mainz. Herr Professor Sartori-Dortmund überwies der Gesellschaft aus dem Nachlaß seines Vaters eine Reihe Bücher und Abhandlungen. 100 Bericht über das Jahr 1909. Für die Geographische Gesellschaft stand das Jahr 1909 in seiner ersten Hälfte im Zeichen des XVII. Deutschen Geographentages, der während der Pfingsttage in Lübecks Mauern tagte. Die Vorbereitungen für diesen Kongreß, der von mehr als 400 Personen besucht war und die namhaftesten deutschen Forscher und Vertreter der geographischen Wissenschaft nach Lübeck brachte, lag in den Händen unserer Gesellschaft. Es hatte sich zu diesem Zwecke unter dem Vorsitze von Prof. Dr. H. Lenz ein Ortsausschuß aus 48 Lübecker Herren gebildet, der aus seiner Mitte wieder eine Reihe von Spezialkommissionen wählte. Der unermüdlichen Arbeit dieses Ortsausschusses sowie dem großen Entgegenkommen, das er bei einem Hohen Senate und der Ge- sellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit fand, ist es in erster Linie zu danken, daß der Geographentag in Lübeck einen so glänzenden Verlauf nahm. Die Geographische Gesellschaft Lübeck überreichte den Teilnehmern des Geographentages eine Festschrift mit folgenden Beiträgen : Prof. Dr. Rudolf Struck: »Übersicht der geologischen Verhältnisse Schleswig-Holsteins. « Dir. Dr. Franz Schulze: »Segelanweisung für die Lübecker Bucht und die Einsteuerung in die Trave. « Prof. Dr. Wilhelm Ohnesorge: »Die Deutung des Namens Lübecks. Ein Beitrag zur deutschen und slawischen Orts- namenforschung. « Außerdem widmete unsere Gesellschaft dem Geographentage eine Arbeit des Hofrats Dr, W. Schaper, des früheren Leiters der erdmag- netischen Station zu Lübeck: Magnetische Aufnahmen des Küstengebietes zwischen Elbe und Oder. II. Teil: Schleswig. Für den Katalog der Aus- stellung des Geographentages schrieb Dr. G. Häußler eine Geschichte der Kartographie Lübecks. 101 Ferner beteiligte sich unsere Gesellschaft noch mit einem kleinen Beitrage an den Drucklegungskosten einer Arbeit Prof. Dr. Friedrichs: »Der geologische Aufbau der Stadt Lübeck und ihrer Umgebung«, die das Katharineum zu Lübeck dem Geographentage widmete. Aus den Reihen der Mitglieder unserer Gesellschaft hielten auf dem Geographentage Vorträge: . Prof. Dr. Ohnesorge: »Überblick über die Lage und Entstehung Lübecks, sowie über die Topographie und den Charakter der Stadtanlage,« veranschaulicht an Karten und Plänen. Dr. R. Karutz: »Kurze Mitteilung über die Lübecker Mpangwe- Expedition.« Dir. Dr. S. Schwarz: »Der mathematisch-astronomische Unterricht in den unteren und mittleren Klassen der höheren Schulen. « Der Geographentag, in dem speziell die Landeskunde unserer engeren und weiteren Heimat einen breiten Raum einnahm, hat unserer Gesellschaft eine Fülle neuer Anregungen gegeben und die Arbeiten unserer Gesellschaft werden noch auf lange Jahre hin beeinflußt und befruchtet sein von den durch den Geographentag empfangenen Ideen. Leider hat die Gesellschaft auch in diesem Jahre wieder eine Reihe bedeutender Mitglieder durch den T'od verloren: Im Januar starb Privatmann Julius Friedrich Rehtwisch (Mitglied seit 1395). Im Mai Wirklicher Geheimer Admiralitätsrat Ex- zellenz Professor Dr. phil.et camer. Georg von Neumayer, der unserer Gesellschaft seit 1884 als Ehrenmitglied angehörte. Im September Prof. Dr. phil. Karl Gottsche, Direktor des mineralog.-geolog. Museums in Hamburg, der seit 1907 korrespondierendes Mitglied der Gesellschaft war. Im November Geheimer Regierungsrat Ernst Walter Brecht, Direktor der Lübeck-Büchener Eisenbahn, der unserer Gesellschaft seit ihrer Grün- dung 1882 angehörte. Ausgetreten sind: Stadtrata.D. Karl Christian Sophus Michelsen (Mitglied seit 1899). Dr. phil. Ed. Friedrich Wilhelm Ohnesorge, Prof. am Katharineum (Mitglied seit 1899). Kaufmann James Rehder, Belgischer Konsul (Mitglied seit 1884). Oberst und Regimentskommandeur ErnstAlwin Alfred v. Oidtmann, (Mitglied seit 1906). Schriftsteller James Wilhelm Wilda (Mitglied seit 1906). Neu eingetreten die Herren; Kaufmann Friedrich Peckel- hoff, Direktor Johannes Freitag, Kaufmann Georg Hahn, Dr. med. Karl Rudolphy, Direktor der kaufm. Fortbildungsschule Kurt Hossen- felder, Geheimer Oberbaurat Theod. Ahting, Privatmann Hermann Friedrich Wortmann, Rechnungsrat Sawitzky. Im Vorstande traten in diesem Jahre keine Veränderungen ein. Privatmann Oskar Rösing wurde am 17. Dezember wiedergewählt; den Vorsitz führte Prof. Dr. Lenz. 102 Zu Rechnungsrevisoren wurden gewählt die Herren: Kaufmann August Sellschopp und Kaufmann Julius Hermann Hahn. Die Gesellschaft versammelte sich zu sechs ordentlichen und zwei außerordentlichen Sitzungen, in denen folgende Vorträge gehalten wurden: Am 8. Januar: Dr. Georg Wegener, Berlin: »Meine letzten Reisen durch Inner- China«. Am 12. Februar: Prof. Dr. Lenz-Lübeck: »Gedächtnisrede auf Darwin«. Oskar Rösing-Lübeck : » Über Höhlenbewohner und Puebloindianer«. Am 19. Februar: Alfred Unger-Heidelberg: »Japan, seine Pflanzenwelt und deren geographische Beziehungen«. Am 12. März: Dr. Häußler-Lübeck : »Wüste und Wüstenbildung «. Außerordentliche Sitzung am 21. Mai: Prof. Dr. Lenz, Dr. Häußler, Herr Rösing und Herr Sauer- mann berichten über die Vorbereitungen zum Geographentag. Außerordentliche Sitzung am 18. Juni: Direktor Dr. Schulze- Lübeck: »Zum Gedächtnis Georg von Neu- mayers«. Prof. Dr. Lenz: »Bericht über den Geographentag«. Am 12. November: Dr. E. Schaper-Lübeck: »Experimentelles und 'Theoretisches über Erdmagnetismus«. Am 17. Dezember: Dr. G. Duncker-Hamburg: »Land und Leute in Ceylon«. Die Vorträge am 8. Januar und 19. Februar fanden im großen Vortragssaale des Hauses der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit statt; zu denselben waren auch die Mitglieder dieser Gesellschaft und deren Damen eingeladen. An allen Freitagen, die nicht durch Sitzungen in Anspruch ge- nommen waren, fanden Herrenabende statt, die sich stets eines zahl- reichen Besuches erfreuten. In demselben wurden kleinere Vorträge ge- halten, wissenschaftliche Neuerscheinungen besprochen, sowie Mitteilungen aus Fachblättern und über eigene Beobachtungen gemacht. Herrn Dr. E. Schaper bewilligte die Gesellschaft auf seinen Antrag hin die Mittel zur Ausführung erdmagnetischer Beobachtungen im Jahre 1909. 103 Ein neues Heft unserer Mitteilungen ist in Vorbereitung. Die Abrechnung schließt in den Einnahmen mit Mk. 1737,61 und in den Ausgaben mit Mk. 1079,72, so daß ein Kassenbestand von Mk. 657,39 verbleibt. Schriftenaustausch fand in bisheriger Weise mit Gesellschaften und Instituten Deutschlands und des Auslands statt. Die eingegangenen Hefte lagen im Lesezimmer aus und konnten nach einer Frist von 14 Tagen von da entliehen werden. Aus den Eingängen der Jahre 1908—1909 wurden der Stadtbiblio- thek 61 und dem Museum für Völkerkunde 7 Werke überwiesen. Der Bibliothek der Geographischen Gesellschaft wurden 33 Werke einverleibt. Der Bibliotheksbestand wurde im Laufe des Berichtsjahres von dem Bibliothekar neu aufgenommen und neu geordnet. 104 Versammlungen. 189. ordentliche Versammlung am 30. Oktober 1908. Der Vorsitzende, Herr Professor Dr. Lenz, begrüßte die zahlreich erschienenen Mitglieder und leitete diese erste diesjährige Winter- versammlung mit einem Rückblick auf das letzte Jahr ein. Vor allem gedachte er mit herzlichen Worten der großen Verluste, welche die Geographische Gesellschaft im Laufe dieses Sommers durch den Tod dreier bedeutender Persönlichkeiten erlitt. In warmen Worten gedachte der Vorsitzende zunächst des am 13. Oktober dieses Jahres verstorbenen Bürgermeisters Dr. Schön. Er war Mitglied der Gesellschaft von 18851894 und trat ihr 1907 wieder bei. Die Persönlichkeit des Entschlafenen, was er im öffentlichen und geistigen Leben Lübecks, was er insbesondere in diesen Räumen hier gewirkt, steht noch so außerordentlich lebhaft vor unseren Augen, daß der Versuch kaum angezeigt sein dürfte, etwas Neues hinzuzufügen. Den Bestrebungen unserer Gesellschaft brachte er stets das allergrößte Interesse entgegen und nahm wiederholt Gelegenheit, dieses Interesse tatkräftig zu bekunden. Die Geographische Gesellschaft ist Herrn Bürgermeister Dr. Schön zu großem Dank verpflichtet und wird ihm stets ein ehrenvolles Andenken bewahren. Am 6. Juni starb in Greifswald unser Ehrenmitglied Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Rudolf Credner. Seit 30 Jahren war er Dozent für Erdkunde, 27 Jahre davon in Greifswald, anfangs als außer- ordentlicher,”seit 1891 als ordentlicher Professor. Wenn heute Interesse für Geographie an den Küsten der Ostsee verbreitet ist, so gebührt Credner daran das größte Verdienst. Kaum ein Jahr nachdem er nach Greifswald gekommen war, gründete er 1882 die »Geographische Gesell- schaft in Greifswald«, und durch ein Vierteljahrhundert ist er ihr ständiger Vorsitzender gewesen; er war auch ihr Führer bei den weit, selbst bis zu den dänischen Inseln und Helgoland, sich erstreckenden wissenschaftlichen Ausflügen. 105 Ferner hat unsere Gesellschaft den Tod ihres Begründers, des Professors August Sartori, zu beklagen. Als Professor Sartori im Verein mit einigen tätigen Männern, die er für die Sache zu begeistern wußte, die Lübecker Geographische Gesellschaft am 17. Februar 1882 gründete, trat er als Vorsitzender an die Spitze derselben und leitete 18 Jahre hindurch mit unermüdlicher Tätigkeit ihre Geschicke, bis er in der Versammlung am 25. Mai 1900 zum großen Bedauern der Gesellschaft seine Wiederwahl als Vorstandsmitglied aus Gesundheits- rücksichten ablehnen mußte. Die Gesellschaft ernannte ihn dann zum Ehrenvorsitzenden und überreichte ihm ein Ehrendiplom. Herr Professor Dr. Hausberg widmete dem Verstorbenen einen tiefempfundenen Nachruf, in dem er besonders der Schaftensfreudigkeit und des rastlosen Wirkens dieses Mannes auf allen Gebieten gedachte. Herr Professor Dr. Lenz machte darauf einige geschäftliche Mit- teilungen. Als neue Mitglieder wurden in die Gesellschaft aufgenommen Kaufmann Heinrich Sievers, Oberlehrer Dr. Häußler und Oberlehrer Dr. Schaper. In der Sitzung am 20. November wird Herr Dr. Hartmeyer-Berlin über seine Forschungsreisen in Westaustralien sprechen. Im Herrenabend am nächsten Freitag den 13. November wird Herr Rösing Mitteilungen von Reisebriefen aus den kalifornischen Gebirgen machen. Herr Professor Dr. Sack hielt dann seinen angekündigten Vortrag über »Neue Forschungen über die Zusammensetzung des Erdinnern«. Da im Jahre 1893 in der Gesellschaft ein Vortrag über das Erd- innere gehalten worden ist, beschränkte sich der Vortragende auf eine Darlegung der Gründe für die Wiechertsche Hypothese, wonach die Erde aus einem Kern von Eisen und einem Mantel von Stein besteht. Drei Gruppen von Untersuchungen stützen die Hypothese: sie betreffen die elastische Widerstandsfähigkeit des Erdkörpers gegen Formveränderungen, das spezifische Gewicht der Erde und die Erdbebenwellen. 1. Durch Untersuchung der halbmonatigen Flut fand Lord Kelvin, daß die Erde nicht völlig starr ist, sondern wahrscheinlich nachgiebig, etwa wie Stahl. Ein ähnliches Ergebnis zeigt das Studium der Polschwankungen, die neuerdings durch die internationale Erdmessung sorgfältig , erforscht werden. 2. Als Durchschnittswert für das spezifische Gewicht der ganzen Erde ist eine bedeutend größere Zahl ermittelt als für die Gesteine an der Oberfläche. Also muß es in der Tiefe größer als im Durchschnitt sein. Will man nicht eine allmähliche Steigerung durch den wachsenden Druck annehmen, was Bedenken hat, so kommt man zur Hypothese einer Materialveränderung. Das Material muß von einer Tiefe von 1200 bis 1600 Kilometern ab, da sonst die tatsächliche Abplattung des Erd- 106 körpers unmöglich wäre, Eisen sein, also ein Stoff, der im ganzen Sonnensystem weit verbreitet ist, wie die Meteoriten und das Sonnen- spektrum zeigen. 3. Die von den Erdbebenmessern aufgezeichneten Diagramme zeigen drei Arten von Wellen, die ersten und die zweiten Vorläufer und die Hauptwellen. Die ersten beiden Arten pflanzen sich durch das Erdinnere fort mit einer Geschwindigkeit, die mit der Tiefe wächst, bis die Zunahme 1500 Kilometer unter der Oberfläche plötzlich aufhört. Hier ist die Grenze des Eisenkerns zu vermuten. Den Steinmantel muß man sich aus einer Kruste und einer Magma- schicht zusammengesetzt denken. Durch Berechnungen auf Grund der geothermischen Tiefenstufe und durch das Studium der Erdbeben- hauptwellen gelangte Wiechert zu dem noch etwas unsicheren Ergebnis, daß die Kruste eine Dicke von 30 bis 40 Kilometern hat. Zur Erörterung der verschiedenen Arten von Wellen und zur Ableitung einer Beziehung zwischen der Wellenlänge, der Fortpflanzungs- geschwindigkeit und der Periode führte der Vortragende Versuche mit einer Wellenmaschine aus. 190. ordentliche Versammlung am 20. Oktober 1908. Zu dieser Versammlung, die im großen Saal der Gesellschaft zur 3eförderung gemeinnütziger Tätigkeit stattfand, waren auch die Mitglieder dieser Gesellschaft nebst ihren Damen eingeladen. Herr Professor Dr. Lenz begrüßte zunächst die Versammlung, dankte für das zahlreiche Erscheinen und machte dann einige Mitteilungen über den Deutschen Geographentag, der in der Pfingstwoche 1909 in Lübeck abgehalten werden soll. Die Geographische Gesellschaft hat bereits eine Reihe von Vorbereitungen für diese Tagung getroffen. Die Abfassung einer Festschrift, welche die geographischen Verhältnisse Lübecks und seiner näheren und weiteren Umgebung behandeln wird, ist in die Wege geleitet, eine geographische Ausstellung, kleinere Ausflüge, ein von Fachleuten geleiteter größerer wissenschaftlicher Ausflug durch charakteristische Teile Schleswig-Holsteins und ein Festabend sind in Aus- sicht genommen, Sonntag den 15. November konstituierte sich auf Ver- anlassung der Geographischen Gesellschaft ein größerer Ortsausschuß, der es sich nun seinerseits angelegen sein läßt, das Interesse für diesen Geographentag in weitere Kreise unserer Bevölkerung zu tragen und an einer würdigen Ausgestaltung der Tagung mitzuarbeiten. Darauf hielt Herr Dr. Robert Hartmeyer aus Berlin den angekündigten Vortrag über seine Forschungsreise nach West-Australien. 107 Die Expedition, die der Vortragende in Gemeinschaft mit Professor Michaelsen vom Naturhistorischen Museum in Hamburg im Jahre 1905 nach West-Australien unternahm, verfolgte in erster Linie eine zoologische Durchforschung der Südwestecke dieses Gebietes, und zwar sollte das gesammelte Material sowohl unsere bis dahin nur äusserst lückenhafte Kenntnis der Tierwelt dieses Landes nach Möglichkeit er- weitern, wie auch andererseits die Probleme, die sich mit der Erforschung der antarktisch-subantarktischen Tierwelt verknüpfen und die vor allem in Pfeffers Bipolaritäts- Problem ihren Ausdruck finden, ihrer Lösung näher bringen. Das Arbeitsgebiet umfaßte den ganzen Südwesten West- Australiens, von Albany im Süden bis zur Sharks - Bai im Norden, die bereits klimatisch wie faunistisch dem subtropischen Gebiet angehört, in nordöstlicher Richtung bis zum Lake Austin, einem der größten und am längsten bekannten der eigenartigen Salzseen, nach Osten endlich über 500 Kilometer weit ins Herz des Landes hinein bis auf die Goldfeder von Kalgoorlie und Coolgardie. Über dieses weite Gebiet wurde ein Netz zahlreicher, möglichst gleichmäßig verteilter Sammelstationen angelegt. Hand in Hand mit den Arbeiten zur Erforschung der Landfauna gingen Untersuchungen der Küstenfauna. Es handelte sich dabei neben tiergeographischen Fragen allgemeinerer Art vor allem um die spezielle Frage nach den Wechselbeziehungen der tropisch -subtropischen Fauna einerseits, der antarktisch-subantarktischen andererseits entlang der west- australischen Küste, die einer warmen bezw. kalten Strömung folgend, sich weit nach Süden bezw. Norden einander vorbeischieben und auf diese Weise dem Küstenstrich von Albany bis zur Sharks-Bai den Charakter eines interessanten Mischgebietes verleihen. Die Arbeiten ver- teilten sich auf fünf Hauptstationen, die durch die Namen Sharks - Bai. Geraldton, Fremantle, Bunbury und Albany bezeichnet werden. Durch systematisches Sammeln an diesen Stationen wurde die Möglichkeit ge- wonnen, die verschiedenartige Zusammensetzung dieser beiden Faunen sowie die Grenzen für ihre südlichsten bezw. nördlichsten Ausläufer fest- zustellen. Besonders erfolgreich waren die Schleppnetzzüge in der Sharks- Bai, deren Tierwelt einen ausgesprochenen tropischen Charakter zeist. Für mehrere Wochen wurde dort ein Standquartier in Denham aufge- schlagen, einer kleinen Niederlassung, welche den Mittelpunkt der in der Sharks-Bai betriebenen Perlfischerei bildet. Hier in der Sharks-Bai begegnet man auch Eingeborenen in größerer Zahl, während sie im Südwesten des Landes und den größeren Städten nur ganz vereinzelt angetroffen werden. Der Nordwesten des Landes ist auch der Sitz der großen Schaf- farmen, die zurzeit immer noch zu den gewinnbringendsten Unternehmen gehören. Der Bestand an Schafen schwankt auf den großen Farmen zwischen 35000 und 40000 Stück. Von ungleich höherer Bedeutung für 108 das Wirtschaftsleben Australiens ist aber zur Zeit die Montanindustrie, vor allem der Goldbergbau. Trotzdem die Goldminenindustrie West- Australiens kaum 20 Jahre alt ist, rückte das Land bereits im Jahre 1898 hinsichtlich seiner Golderzeugung an die führende Stelle unter den australischen Staaten und hat sich heute zu einem ernstlichen Konkurrenten Transvaals entwickelt. Aber trotz des enormen Aufschwunges, den das Land dem Goldbergbau verdankt, dürften sich diejenigen, welchen die Weiterentwicklung West-Australiens lediglich hiervon abhängig erscheint, im Irrtum befinden, da die immer mehr aufblühende Landwirtschaft, die mächtig sich regende Industrie, der Farmbetrieb und die sonstigen natürlichen Reichtümer das Land auch bei einem Rückgang der Gold- gewinnung in den Stand setzen werden, sich dauernd auf einer gewissen wirtschaftlichen Höhe zu halten. Der Vortrag wurde durch eine große Anzahl von Lichtbildern unterstützt. Nach dem Vortrage fand im Kreise der Mitglieder der Gesellschaft zu Ehren des Vortragenden ein Abendessen statt. 191. ordentliche Versammlung am 18. Dezember 1908. Der Vorsitzende, Herr Professor Dr. Lenz, eröffnete die Versammlung und teilte mit, daß als neue Mitglieder in die Gesellschaft aufgenommen wurden Herr (Generalmajor, Brigadekommandeur Melior, Herr Konsul Dimpker, Präses der Handelskammer, und Herr Zahnarzt Studt. Ferner teilte er mit, daß Direktor Dr. Schaper die Berechnungen der magne- tischen Vermessungen Schleswig-Holsteins zum Abschluß gebracht hat und daß er dieselben als Beitrag zu der von der Gesellschaft geplanten Festschrift für den deutschen Geographentag 1909 zur Verfügung stelle, Der Gesellschaft ist von stud. geol. H. Spethmann-Lübeck ein Bericht über seine vulkanologischen Forschungen im östlichen Zentralisland (Separatabdruck aus dem Neuen Jahrbuch für Mineralogie usw.) zugegangen. Dann hielt Herr Bergassessor Rösing-Lübeck seinen angekündigten Vortrag über »Die Entstehung der nutzbaren Minerallagerstätten Deutsch- lands, sowie ihre Aufschließung und Ausbeutung durch den Bergbau«. Nach einigen allgemeinen geologischen Ausführungen, in denen kurz die Einteilung der gebirgsbildenden Gesteine dargetan wurde, ging der Vortragende auf eine Erläuterung der Ablagerungsform und der Entstehung der Steimkohlenlagerstätten, der Salze und der metallischen Mineralien ein. Der Vorlragende wies nach, daß die Steinkohlen im Gegensatz zu den Salzen und Erzen nur in einer bestimmten geologischen Formation, dem Karbon, auftreten, daß sie fast ausnahmslos in Form von Flözen abgelagert sind, von denen oft 100 und mehr, getrennt durch 109 verschiedene starke Zwischenmittel, übereinander liegen, und daß endlich die Bildung der Flöze nicht durch Flüsse veranlaßt sein kann, sondern einen Vertorfungsprozeß im großen darstellt. Bezüglich der Salzlager- stätten wurde auf die von Prof. Ochsenius aufgestellte Barrentheorie näher eingegangen und dann an der Hand von Karten die Ausdehnung der Salzlager, insbesondere der Kalisalzlager, Deutschlands gezeigt, für die wir bekanntlich ein Monopol besitzen, da trotz eifriger Schürfversuche andrer Länder außerhalb Deutschlands noch keine Kalisalze gefunden sind. Durch Vorzeigen von verschiedenen Eisenerzen (Magneteisenstein, Roteisenstein, Schabeisenstein usw.) wurde dann die große Mannigfaltigkeit des Auftretens der metallischen Mineralien dargetan und sodann einige Beispiele ihrer Entstehungsart, wie die Mineralbildung durch Auskristalli- sation aus einem Silikatschmelzfluß, die Mineralbildung durch Sublimation und durch Auskristallisation aus wässeriger Lösung angeführt. Hierauf folgte an der Hand von Lichtbildern eine Schilderung des Tiefbohrver- fahrens, auch wurde ein Bohrkern des noch in Betrieb befindlichen tiefsten Bohrlochs der Welt, bei Chuchow (O.-8.), der aus einer Tiefe von ungefähr 2020 m herausgeholt war, vorgezeigt. Sodann ging der Vor- tragende auf das Schachtabteufen unter schwierigen Verhältnissen, insbe- sondere bei starken Wasserzuflüssen ein und erklärte die Anwendungsart und die Grundzüge des Senkschacht- und des Gefrierverfahrens sowie des Schachtabbohrens nach Kind-Chaudron. Schließlich wurde unter Vorzeigung des Profils einer Schachtanlage eine Übersicht gegeben über das Prinzip der Wetterführung, der Wasser- haltung und der Kohlenförderung (Pferde, Lokomotiv- und Ketten- förderung), sowie die Aus- und Vorrichtungsarbeiten und der Abbau eines Flözes unter normalen Lagerungsverhältnissen kurz skizziert. Den Schluß bildeten einige Betrachtungen über die Ursachen, die Veranlassung zu Grubenkatastrophen geben können, und über das Bestreben der Gruben, derartige Ereignisse zu verhindern oder doch zu verringern. Der mit großem Beifall aufgenommene Vortrag wurde durch eine Reihe sehr guter Lichtbilder illustriert. An den Vortrag schloß sich eine rege Diskussion. 192. ordentliche Versammlung am 8. Januar 1909. Die Versammlung, zu der auch die Mitglieder der Gesellschaft ge- meinnütziger Tätigkeit nebst ihren Damen eingeladen waren, fand im großen Saale des Gesellschaftshauses statt. Der Vorsitzende, Herr Professor Dr. Lenz, begrüßte die zahlreich Erschienenen und teilte mit, daß am 19. Februar Herr Unger aus Heidel- berg, der viele Jahre in Japan ansässig war, einen Vortrag über das Pflanzenleben Japans und seine geographischen Beziehungen halten wird. 110 Ferner gab der Vorsitzende bekannt, daß die Einladungen zum XVII. Deutschen Geographentag, der vom 1. bis 6. Juni d. J. in Lübeck statt- finden wird, verschickt worden sind und macht dann noch einige allge- meine Mitteilungen über die Hauptberatungsgegenstände des diesjährigen Geographentages. Darauf nahm Herr Dr. Georg Wegener- Berlin das Wort zu seinem angekündigten Vortrage: Meine letzten Reisen in Inner-China. Der Vortragende bereiste bereits 1900/01 den Yangtsekiang bis in die Stromschnellen zwischen Sischang und Tschungking, wo er am 27. Dezember 1900 mit dem deutschen Dampfer »Suihsiang« im der Stromschnelle Tunglingtan schweren Schiffbruch erlitt. Im Jahre 1906 nahm er die Forschungen wieder auf und dehnte sie diesmal besonders auf die Nebengebiete des Yangtsekiang aus. Er besuchte zunächst die neuerdings dem Fremdhandel lebhaft sich anschließende Provinz Hunan und ganz besonders die Provinz Kiangsi, das hydrographische Gebiet des Kankiang. Letztere Reise war der eigentliche Gegenstand des Vortrags. Sie wurde vom Vortragenden in Gemeinschaft mit dem deutschen Konsul in Nanking, von Söhneysen, und dem Dolmetscher desselben Konsulats, Dr. Kraatzsch, ausgeführt. Die Expedition bekam durch den chinesischen Vize-König Tuanfang von Nanking, zu dessen Bezirk die Provinz Kiangsi gehört, sehr wertvolle Empfehlungen, die sie überall in Berührung mit den höchsten Behörden des Landes brachte. Sie verließ am 17. November Kinkiang und durchquerte zunächst in einem gemieteten chinesischen Hausboot den Poyang-See bis zur Haupt- stadt Kiangsis, Nantschanfu. Dieser Poyang- See läuft niemals ganz trocken wie der Tungling, ist aber außerordentlichen Schwankungen unterworfen. Nantschang ist nicht nur die Hauptstadt, sondern auch die bedeutendste Ansiedlung der Provinz. Ihre Bedeutung beruht darauf, daß sich hier die dem Fuho-Tal folgende Verkehrsstraße nach der Provinz Fukien mit der großen Nordsüdstraße des Kankiang vereinigt und daß sie das natürliche Zentrum der großen Fruchtebene am Südrande des Poyang-Seegebietes ist. Der Vortragende schilderte eingehend die Schwankungen des Poyang-Sees in den verschiedenen Jahreszeiten und entwarf dann ein anschauliches Bild von dem Anblicke und der Bedeutung Nantschangs. Von Nantschang ging die Reise zu Lande in Tragsesseln südöstlich weiter, das Fuho-Tal aufwärts. Der Redner führte die verschiedenen Kulturen dieses Gebietes, ferner die eigenartigen Straßen vor, die nur Fußpfade sind, sodann die oft sehr imposanten Brücken des Landes, den Übarakter der Dörfer und die Hauptzüge der Bevölkerung. Bei Kient- schang begann die Region des Gebirges, das den ganzen Süden der Pro- vinz erfüllt. Das Grundgerüst dieses Gebirges sind 800 bis 1200 m hohe scharfgeschnittene Ketten von sinischer Richtung, SW.—NO., ganz wie 111 Richthofen es vorausgesagt hatte, meist aus einem grünlichblauen Ton- schiefer. Der höchste Paß, den die Expedition in Kiangsi überschritt, die Wasserscheide zwischen dem Fuho und dem Ningtuschui, hatte nur 215 m Meereshöhe. Der höchste beobachtete Berg der Provinz ist der Hsüngfongschan bei Nanföng, eine imposante Granitporphyr-Kuppe, dessen Höhe der Vortragende zu 1811 m bestimmte. Eine zweite Gebirgsart besteht aus einem roten Sandstein, der Neigung zu senkrechter Zer- klüftung hat und daher oft sehr bizarre Felsformen bildet. Der Vor- tragende verbreitete sich eingehender über die Charaktere dieser Gebirgs- arten. Von Kientschang ging die Wanderung über Nanföng nach Ningtu meist durch eine Folge von sehr breiten, in die Gebirge -eingesenkten Flachbecken. Diese Gegenden gehörten zu den verkehrsentlegensten der Reise. Bei Ningtu wuren der Oberlauf eines der beiden Quellflüsse des Kan erreicht und die Reise mittels Dschunken fortgesetzt, die in Kantschou gegen größere umgetauscht werden mußten. Der Redner führte die Gestaltung dieser Gegenden und des Lebens ihrer Bevölkerung, ihre Schiffahrt, Flößerei, Fischerei, ihre Siedlungen am Ufer, die Elemente ihrer Kunst usw. in Wort und Lichtbildern eigner Aufnahme vor. Nicht ohne Gefahr wurden auch diesmal die Stromschnellen des Kankiang, zwischen Kantschoufu und Wannganhsien, am Weihnachtstage passiert und in der Gegend von Hsinkang wieder die Ebene gewonnen und dann ohne Belästigung durch den inzwischen an der Westgrenze ausgebrochenen Aufruhr Nantschangfu wieder erreicht. Die Versammlung spendete dem Vortragenden für seine außer- ordentlich interessanten Ausführungen reichen Beifall. Nach dem Vor- trage fand sich ein kleiner Kreis von Mitgliedern der Geographischen Gesellschaft mit dem Vortragenden bei einem einfachen Mahl und leb- haftem Gedankenaustausch zusammen. 193. ordentliche Versammlung am 12. Februar 1909. Herr Professor Dr. Lenz eröffnete die Versammlung mit einer Ge- dächtnisrede über Darwin, der vor 100 Jahren das Licht der Welt er- blickte. In lichtvoller anschaulicher Weise schilderte der Redner kurz den Lebensgang dieses großen Gelehrten und seine großen Verdienste um die Wissenschaften. Dann teilte der Vorsitzende mit, daß als neue Mitglieder in die Gesellschaft aufgenommen wurden die Herren: Kauf- mann Friedrich Peckelhoff, Direktor Johannes Freitag und Kaufmann Georg Hahn. Zu Rechnungsrevisoren wurden gewählt die Herren Sellschopp und Julius Hahn. 112 Am Freitag, dem 19. Februar, wird Herr Alfred Unger aus Heidel- berg in der Geographischen Gesellschaft einen Vortrag über Japan, seine Pflanzenwelt und dessen geographische Beziehungen halten. Darauf hielt Herr Oskar Rösing seinen angekündigten Vortrag »Über Höhlenbewohner und Puebloindianer«, in dem er unge- fähr folgendes ausführte : »Mit Sicherheit kann angenommen werden, daß die Menschen in der frühesten, ältesten Zeit zum bei weitem größten Teil in natürlichen resp. künstlich nachgeholfenen Höhlen gelebt haben. Wenig bekannt dürfte jedoch sein, daß auch heute noch recht häufig Menschen in Höhlen wohnen. Ja, man kann ruhig behaupten, überall da in der Welt, wo sich die nötigen Formationen vorfinden und wo zugleich auch an die Menschen das Bedürfnis herantritt, Schutz zu suchen, sei es gegen schlimme Witterung — nicht nur gegen heißen Sonnenbrand, sondern auch gegen furchtbare Polarwinterkälte — oder sei es auch gegen grausame Feinde, deren Verfolgungen man sich ent- ziehen will. Die »nötige Formation« besteht aber darin, daß sich weiche, leicht zu bearbeitende Gesteine in bequemer Form vorfinden. Entweder in steil hervortretenden Bergen und Wänden oder in senkrecht abfallenden Schluchten und Durchbrüchen. Derartiges Gestein besteht meistens aus Kalksteinen, Tonschiefer, Sandsteinen und Tuffen. Wie ın der alten Welt, so findet man auch in Amerika im kalten Norden und Süden sowie überall in den Gebirgen Höhlenwohnungen, nirgends aber in so geschlossenen Massen, in so eigener Form wie bei den sogenannten Puebloindianern, die an der Nordgrenze von Mexiko, in Arizona usw. leben und noch heute ihre alten Gebräuche beibehalten haben. Dort, in jenem wüstenartigen, durch seine ungeheuren Kanons be- rühmten Lande, hatten sich diese wahrscheinlich vor Feinde nach dort geflüchteten Indianer in den engen, senkrechten Felswänden eigentümliche, oft vier bis fünf Etagen hohe, festungsartige Häuser eingebaut, die ihnen Schutz gegen die unleidliche Hitze des Tages, gegen die Kälte der Nächte sowie auch gegen ihre grausamen Feinde gaben. Nur an den wenigen Wasserläufen, Flüssen und Bächen, die, weit voneinander entfernt, sich in dem beinahe so großen Lande wie Deutsch- land fanden, hatten sich diese Indianer angebaut, die dann in dem wild- armen Lande gezwungen waren, sich durch Ackerbau zu ernähren. Dieser konnte aber nur auf den ganz dürren, an und für sich aber sehr frucht- baren Boden durch Bewässerung ermöglicht werden und haben diese Indianer zu diesem Zwecke bis 150 Kilometer lange Wasserleitungen gebaut. 113 Berühmt ist in jenem Lande der in seiner großartigen Pracht un- übertroffene grande Canon des Colorado, der 150 Kilometer lang, 300 bis 2000 Meter tief und noch nie durchfahren ist. Außer am Colorado finden sich heute die sehr zusammengeschmolzenen, mit den verwandten Stämmen nur ca. 45000 Mann starken Pueblos hauptsächlich noch am St. James River, am Hila und am Rio grande del Norte. Wenn auch heute sehr von der Kultur beeinflußt, haben diese Indianer doch weit mehr als die sonstigen Stämme ihre Kultur, ihre Sitten bewahrt. Wenn sie auch Christen geworden sind, so halten sie doch meist noch zu ihrem Sonnenkult. Die größere, jetzt dort herrschende Sicherheit hat diese Acker- bauer auch zu Viehzüchtern gemacht. Sie brauchen nicht Angst zu haben, sich weit zu entfernen von ihren festen Wohnsitzen, und können mit Sicherheit ihr Vieh, welches ihnen nicht geraubt wird, auf den großen Savanas weiden. Hierdurch sind sie zu erheblichem Wohlstand gelangt. « An den mit großem Beifall aufgenommenen interessanten Vortrag schloß sich eine sehr rege Diskussion, an der sich auch der als Gast anwesende Herr Dr. Eduard Hahn aus Berlin mit vielen wichtigen Be- merkungen als Resultaten eigener Forschungen beteiligte. 194. ordentliche Versammlung am 19. Februar 1909. In dieser Versammlung, die im großen Saale der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit stattfand und zu der auch die Mit- glieder dieser Gesellschaft mit ihren Damen eingeladen waren, sprach Herr Alfred Unger aus Heidelberg über »Japan, seine Pflanzen- welt und deren geographische Beziehungen«. Herr Unger, der seit langen Jahren korrespondierendes Mitglied der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft ist, ging im Frühjahr 1889 im Auftrage der bekannten Erfurter Firma J. C. Schmidt zum ersten Male nach Japan, um in dem Liukiu-Archipel, zwischen der südlichsten Insel Kiuschiu und Formosa, seltene Pflanzen zu sammeln. Er besuchte diese wenig erforschte Inselgruppe viermal und hielt sich dort immer mehrere Monate zwischen den Eingeborenen auf. Nach dreijährigem Aufenthalt kehrte Herr Unger "nach Europa zurück, um nach wenigen Monaten wieder nach Japan zurückzukehren und dort Teilhaber der bekannten Jokohamaer Firma L. Böhmer & Co., Exporteuren japanischer gärtnerischer, landwirtschaftlicher und Forstprodukte, zu werden. Seine vielen Reisen auf noch nicht betretenen Pfaden des Landes haben ihm Gelegenheit gegeben, Land und Leute und vor allem die Pflanzenwelt gründlich kennen zu lernen. In seinem Vortrage beschrieb Redner zunächst kurz - 114 die geographische Lage Japans, seine Bodenbeschaffenheit und sein Klima und sprach dann sehr eingehend über die Flora des ganzen ausgedehnten Landes. Insbesondere erörterte er die Nutzhölzer Japans, wie z. B. die Schwarzkiefer, mit der die völlig abgeholzten Höhen des Kiautschou- Gebietes wieder bepflanzt worden sind, die Rotkiefer, Tanne, Ulme, Ahorn, Eiche, Buche, Bambus und die verschiedenen Palmenarten; dann die Kulturpflanzen des Landes, wie Reis, Maulbeerstaude, Tee, verschiedene für die Papierindustrie wichtige Pflanzen und die zahlreichen Ziergewächse. Der Vortrag wurde durch eine große Zahl farbiger Lichtbilder illustriert. Im Vorsaal hatte Herr Unger auch eine interessante Holzsammlung aus- gestellt. Nach diesem Vortrage fand im Kreise der Geographischen Gesell- schaft unter dem Vorsitz des Herrn Prof. Dr. Lenz ein sehr gut besuchter Herrenabend statt, in dem über den eben gehörten Vortrag eine lebhafte Diskussion stattfand und in der der Vortragende noch weitere interes- sante Mitteilungen über Japan, Japans Handel und Leben und Treiben in Japan machte. 195. ordentliche Versammlung am 12. März 1909. Prof. Dr. Lenz eröffnete die Versammlung und teilte mit, daß Dr. med. Karl Rudolphy der Gesellschaft als neues Mitglied beigetreten ist. Der Schriftführer, Navigationslehrer Krauß, verlas darauf den ‚Jahres- bericht, der von der Versammlung genehmigt wurde. Der Vorsitzende machte dann Mitteilungen über die Vorbereitungen zum .deutschen Geographentag 1909, soweit sie bis jetzt gediehen sind. Hierauf hielt Oberlehrer Dr. Häußler seinen angekündigten Vortrag über »Wüste und Wüstenbildung«. Der Vortragende ging von der Lage der beiden Wüstengürtel auf unserm Planeten aus. Aus der Anordnung der Wüsten zwischen dem 18. und 50. Breitengrade der nördlichen Halbkugel und der zwischen dem 5. und 50. Breitengrade der südlichen Hemisphäre zog er den Schluß auf die Ursache des wüstenbildenden Faktors, auf die in jenen Gegenden wehenden Trockenwinde, die Passate und Monsune. Verstärkt werden die Windwirkungen noch durch die an den Westküsten unserer Kontinente vorhandenen kalten Meeresströmungen. ö Die Herausbildung der morphologischen Charakterzüge ist, wie auf der ganzen Erde, so auch in der Wüste auf die beiden Hauptarten der oxogenen Vorgänge, auf Erosion und Akkumulation zurückzuführen. Die wichtigste denudierende Kraft m den Wüsten bezeichnet Walther als Deflation. Ihre Wirkungen sind doppelte. Alles, was in der Wüste durch Verwitterung, Insolation usw. gelockert wird, trägt der Wind hinweg. Er 115 verhindert so die örtliche Anhäufung der Denudationsprodukte. Die vom Winde mitgeführten Sandkörner scheuern weiter gegen die Felsen und tragen dadurch deren Oberfläche ab. In der Deflation haben wir also die wesentliche Ursache des Wüstenreliefs zu erblicken. Sie ist der Schöpfer der Hammäda, der Felswüste, wie auch der Serir, der Kies- wüste, und endlich auch der Sandwüste, die in zweifacher Form als Flugsand- und Dünenwüste auftritt. Die letzte Wüstenart führte den Vor- tragenden auf die Ursachen der Dünenbildung in der Wüste, ein Problem, das auf dem hier zu Pfingsten abzuhaltenden Geographentage eine ein- gehende Erörterung erfahren wird. Während in dieser Frage der Vortragende sich für die Auffassung des bedeutendsten Wüstenforschers, für Walther entschied, konnte er ihm in einer zweiten vielumstrittenen Frage nicht beipflichten. Nach Walther sind die Wadis der Wüste ein Erzeugnis der von Zeit zu Zeit hier niedergehenden Wolkenbrüche und der Deflation. Eine diluviale Pluvialperiode für die Entstehung dieser Trockentäler an- zusetzen, dazu zwingt nach seiner Meinung nichts. Was von einer großen Reihe von Geologen und Morphologen gegen Walthers Anschauung geltend gemacht wird, sind einmal die in den Tälern vorhandenen gewaltigen Schottermassen, die in der Wüste fest- gestellten Felsskulpturen, die nachgewiesenen Blattabdrücke einer immer- erünen Eiche, ferner die Richtung der Wadis, die alle nach einem Punkte, dem Schott Melshir konvergieren, ihre Verzweigung nach oben, wie endlich auch die häufigen Serpentinen. Neben diesen Fragen ging der Vortragende auf die verschiedenen Probleme der Oasenbildung, der Entstehung der, Schuttwasserscheiden in Trockengebieten, der Lößbildung in den Randzonen der Wüsten, der Gesteinszerstörung usw. ein. Er gab in scharfen Umrissen die einzelnen Ansichten der Forscher, die voraus- sichtlich am Geographentage teilnehmen werden. Mit einer kurzen Charakteristik der allgemeinen Literatur und einer besonderen Aufführung der Einzelwerke in den verschiedenen Fragen der Wüste und ihrer Bildung schloß der Vortragende. Außerordentliche Versammlung am 21. Mai 1909. Herr Prof. Dr. Lenz eröffnete die gut besuchte Versammlung und gab in großen Zügen einen Überblick über alles, was bis jetzt an Vor- bereitungen für den XVII. Deutschen Geographentag getan worden ist. Sodann entwickelte er ein Bild des ganzen Geographentages, wie er sich voraussichtlich abspielen wird. Herr Dr. Häußler berichtete dann noch ausführlich über die wäbrend des Geographentages in der Katharinen- kirche stattfindende Ausstellung, Herr Rösing über die außerordentlich umfangreiche Tätigkeit der Lokalkommission und Herr Sauermann über die bis jetzt erfolgten Anmeldungen zur Tagung. 116 Außerordentliche Versammlung am 18. Juni 1909. Der stellvertretende Vorsitzende der Gesellschaft, Direktor Dr. Schulze, eröffnete die Sitzung und hielt dann seinen angekündigten Vortrag: »Zum Gedächtnis Georgs von Neumayer«. Dr. Schulze, der in den Jahren 1883 und 1886 auf der Seewarte unter Neumayer gearbeitet und dem Verstorbenen auf Grund alter Familienbeziehungen nähergestanden hat, entwarf ein lebensvolles und tiefempfundenes Bild von dem Wirken und Schaffen dieses bedeutenden Mannes. Wirklicher Geheimer Rat Exzellenz Prof. Dr. phil. et camer. Georg von Neumayer wurde am 21. Juni 1826 in Kirchheimbolanden geboren. Er besuchte die polytechnische Schule und die Universität in München. 1857 gründete er in Melbourne ein Observatorium, dessen Leiter er bis 1864 blieb. 1872 wurde er als Hydrograph und Admiralitätsrat in das hydrographische Amt in Berlin berufen; nach drei Jahren, 1876, wurde er zum Direktor der Deutschen Seewarte in Hamburg ernannt, die seine Gründung war und der er dann bis 1903 vorstand, 1881 wurde Professor von Neumayer der Titel Geheimer Admiralitätsrat verliehen. Zahlreiche wissenschaftliche Werke, besonders aus den Gebieten des Erdmagnetismus und der internationalen Polarforschung, legen ein beredtes Zeugnis von dem unermüdlichen Fleiße und dem ernsten wissenschaftlichen Arbeiten des Verstorbenen ab. Der Geographischen Gesellschaft Lübeck gehörte der Verstorbene seit 1384 als Ehrenmitglied an. Zum ehrenden Andenken des Verewigten erhoben sich die Anwesenden von ihren Sitzen. Darauf berichtete der Vorsitzende der Geographischen Gesellschaft, Professor Dr. Lenz, über den so befriedigend verlaufenen 17. Deutschen Geographentag. Selten ist ein deutscher Geographentag so stark besucht worden wie der in Lübeck. Besonders auffällig war die starke Beteiligung von Seiten der akademischen Lehrer. Prof. Dr. M. Eckert-Aachen schreibt darüber im »Tag«: »Gewiß hatten die verschiedenen interessanten Themata, die behandelt wurden, gelockt, aber auch das alte berühmte Lübeck, ebenso bemerkenswert nach seiner geographischen Lage und seinen geologischen Verhältnissen wie nach seinem altehrwürdigen Stadtbild und dem neuzeitlichen wirtschaft- lichen Aufschwung, hatte eine große Anziehungskraft auf die interessierten . Kreise ausgeübt. Lübeck hat nun auch in vortrefflicher Weise verstanden, den Aufenthalt seinen geographischen Gästen so angenehm wie möglich zu machen; in den Räumen der Gesellschaft zur Beförderung gemein- nütziger Tätigkeit waren Versammlungs- und Vortragsräume gegeben, wie sie selten bei derartigen Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Mit so 1lalzı viel Anregungen und so vielen literarischen Schätzen beladen haben die Teilnehmer wohl kaum von einer anderen Kongreßstadt als von Lübeck Abschied genommen. « »— — Alles in allem genommen wird man den Lübecker Geographen- tag innerhalb der Reihe der verschiedenen Tagungen des Deutschen Geographentages als einen der anregendsten und wichtigsten zu betrachten haben. « Professor Lenz ließ den gehaltenen Vorträgen eine kurze kritische Würdigung zuteil werden und berichtete dann noch über die Ausstellung, die außer der Kartographie Lübecks nautische Instrumente und Instrumente zur Feldmeßkunst und erdmagnetischen Forschung, Sammlung von Gegenständen der Lübecker Mpangwe - Expedition und selbstgefertigte geographische Unterrichtsmittel von den Schülern der Realschule zum Dom umfaßte. Zum Schluß sprach Professor Lenz noch über die mit so großer Umsicht vorbereiteten und ebenfalls zur allseitigen Befriedigung verlaufenen wissenschaftlichen Exkursionen und dankte all den Herren vom Ortsaus- schuß für die Mühe, die sie auf sich genommen, und die große Unter- stützung, die sie iım vor und während der Tagung zuteil werden ließen. 196. ordentliche Versammlung am 12. November 1909. Im Bildersaal der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätig- keit fand am Freitag abend die erste diesjährige Winterversammlung der Gesellschaft statt. Der Vorsitzende, Herr Professor Dr. Lenz, begrüßte die zahlreich erschienenen Mitglieder und gab einen kurzen Rückblick auf die Geschichte und die Tätigkeit der Gesellschaft im letzten Jahre. Darauf gedachte Professor Lenz der Toten des Jahres und widmete herz- liche Worte des Andenkens dem korrespondierenden Mitgliede der Gesellschaft, Professor Dr. phil. Karl Gottsche, Direktor des mineral-geolog. Museums in Hamburg, der in den letzten Septembertagen mitten aus seiner Arbeit durch den Tod abgerufen wurde. Erst vor wenigen Tagen starb auch noch der Geheime Regierungsrat Ernst Walter Brecht, Direktor der Lübeck-Büchener Eisenbahn-Gesellschaft, der unserer Gesellschaft seit ihrer Gründung 1882 angehörte und ihrer Tätigkeit allezeit reges Interesse entgegenbrachte. Als Mitglieder wurden in die Gesellschaft aufgenommen die Herren: Kurt Hossenfelder, Direktor der kaufmännischen Fortbildungsschule, Ge- heimer Oberbaurat Theodor Ahting, Privatmann Hermann Friedrich Wortmann und Rechnungsrat Sawitzky. 118 Der Vorsitzende machte dann noch einige geschäftliche Mitteilungen, berichtete über eingelaufene Bücher und Abhandlungen und forderte zur fröhlichen Weiterarbeit in diesem Winter auf. Dann hielt Herr Oberlehrer Dr. E. Schaper seinen angekündigten Vortrag über: »Experimentelles und Theoretisches über Erd- magnetismus«. Die erdmagnetische Wissenschaft ist dem Kreise der Geographischen Gesellschaft nicht fremd. Die in den Jahren 1883—94 hier bestehende Erdmagnetische Station Lübeck hat die Notwendigkeit erdmagnetischer Forschungen in weite Lübecker Kreise getragen und hier Verständnis und tatkräftige Unterstützung gefunden. Die Station mußte 1894 infolge der Einrichtung der elektrischen Straßenbahn ihre Tätigkeit einstellen. Von ihren Veröffentlichungen sind die wichtigsten: Die täglichen Variations- beobachtungen von 1884—94 und »Die magnetische Aufnahme des Küstengebiets zwischen Elbe und Oder« I. Teil 1889, II. Teil 1909 erschienen. Der Vortragende redete einer Wiederaufnahme der erdmagnetischen Messungen in der weiteren Lübecker Umgegend das Wort. Der Beobachtung am leichtesten zugänglich sind die drei Elemente des Erdmagnetismus: Deklination, Inklination und Horizontalintensität. Sie sind an allen Stellen der Erdoberfläche wahrnehmbar, aber ihrem Wesen und Ursprung nach ziemlich rätselhaft. Der Vortragende besprach nun eine Reihe aufgestellter Hypothesen und Erklärungen und ging be- sonders ausführlich auf die »Allgemeine Theorie des Erdmagnetismus« von Gauß (1838) und auf die Carlheim-Gyllensköld’sche Formel für erd- magnetische Störungsgebiete ein. Seit Gauß hat nun die Wissenschaft vom Erdmagnetismus bedeutende Fortschritte gemacht. Man erkannte z. B., daß die drei magnetischen Elemente nicht nur Funktionen der geographischen Länge und Breite, sondern auch solche der Zeit sind und spricht nun auch von einer säkularen Variation usw. Redner zeigte dann an einigen Modellen, wie Deklination und Inklination gemessen werden, und führte eine Intensitätsbestimmung aus. Die Deklination beträgt bei uns heute etwa 10, ° W, die Imklination 67'/,° und die Intensität 0,1807 em —'R or isee —1. In gut eingerichteten Observatorien wird die Horizontalintensität bis zur fünften Dezimale gemessen. Solche Observatorien befinden sich z. B. in Potsdam, München und anderswo. Eine so genaue Bestimmung ist wegen der ständig von Minute zu Minute sich ändernden erdmagneti- schen Elemente schwierig; diese Variationen werden heute photographisch registriert. Andere Observatorien besitzen nur solche photographische Registrierapparate wie z. B. Kiel, Bochum u. a. Durch Vergleich ihrer Kurven hat sich herausgestellt, daß sich magnetische Störungen parallel- laufend momentan über ganz Mitteleuropa verbreiten, Und hierin liegt 119 der Grund, weshalb wir in Deutschland mit wenig ÖObservatorien aus- reichen. Stellt man also in Lübeck erdmagnetische Messungen an, so kann man unbeschadet der Genauigkeit die Variationen aus Potsdam benutzen. Neben diesen beiden Arten gibt es heute noch eine dritte, eine Art fliegender Observatorien, die nur mit einem Apparat, der in einem Observatorium eingemessen worden ist, arbeiten. In Lübeck hat 1883—94 ein Observatorium der ersten Art bestanden. Heute liegt weder hierfür noch für eines der zweiten Art ein Bedürfnis vor. Redner ist aber der Ansicht, daß ein sogenanntes fliegendes Observatorium hier am Platze ist. Die erdmagnetische Wissenschaft steht heute vor dem Problem der Säkularvariation: für ihr Studium gilt es Material zu sammeln. Man schließt zweckmäßig an Punkte an, für die von früher bereits Beobachtungen vorliegen. Vom Königlichen Observatorium Potsdam ist zu dem Zwecke in den Jahren 1899—1901 ganz Preußen erdmagnetisch vermessen worden und eine spätere Wiederholung wird geplant. Von dort aus ist an den Redner die dringende Bitte gerichtet worden, wenn irgend möglich für Lübeck, für dessen Umgebung aus der magnetischen Landesaufnahme zwischen Elbe und Oder aus den Jahren 1885—87 und 1892 und 1894 sehr bemerkenswerte Resultate vorliegen, eine periodische Wiederholung so bald als irgend möglich ins Werk zu setzen. Zu welch interessanten Resultaten man in verhältnismäßig kurzer Zeit schon ge- langen kann, wurde an den Kurven der jährlichen Variation der erd' magnetischen Elemente für Lübeck (15884—1909) und Potsdam (1890—1909) gezeigt. Durchgehend weisen die Lübecker Kurven eine gewisse Unruhe auf, die darauf hindeutet, daß wir bier in einem erdmagnetisch besonders interessanten Gebiete sind. Inwiefern dabei anstehendes Gestein der Tiefe, tektonische Störungen oder gar die Schotter der Eiszeit beteiligt sind, das sind Aufgaben der Zukunft. Die Änderung der Deklination beträgt in den letzten 25 Jahren etwa 2° (1854 :5 = 12° 34'W; 103 05 W): Die Aufgaben, die unser auf erdmagnetischem Gebiete harren, faßte Redner dahin zusammen: Wiederholung der von der früheren Lübecker Erdmagnetischen Station ausgeführten magnetischen Landesaufnahme zwischen Elbe und Oder — diesmal aber unter Beschränkung auf ein kleineres Gebiet, etwa im N bis zur Eider, im S bis zur Elbe, im OÖ bis Schwerin und im W bis an die Nordsee —, und zwar eine nicht einmalige, sondern eine systematische, etwa alle 5 Jahre. Wir dürfen, nach Mitteilungen der führenden Persönlichkeiten auf erdmagnetischem Gebiete, hoffen, damit einen wertvollen Beitrag zur Erforschung der Säkularvariation zu geben. An den klaren und interessanten Vortrag knüpfte sich eine rege Diskussion, 120 197. ordentliche Versammlung am 17. Dezember 1909. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dr. Lenz, eröffnete die Versammlung mit einigen geschäftlichen Mitteilungen. Der aus dem Vorstande aus- scheidende Herr Oskar Rösing wurde wieder in den Vorstand gewählt. Dann hielt Herr Dr. G. Duncker, Hamburg, einen mit großem Bei- fall aufgenommenen Vortrag über »Land und Leute in Ceylon« und zeigte im Anschluß daran Matten, Schnitzereien, Horoskope und Spielzeug, die er auf Ceylon erworben hatte. Ceylon, so führte der Vortragende aus, ist bei einer Ausdehnung von ca. 450 km in nordsüdlicher und 240 km in westöstlicher Richtung em keineswegs kleines Gebiet, das durch Bahnen bisher nur in seiner westlichen Küsten- und seiner zentralen Gebirgs- region erschlossen wird. Durch seinen Aufbau, ein hoher zentraler Gebirgs- stock und peripheres Tiefland, bietet es große klimatische Verschiedenheiten und dementsprechend eine große Mannigfaltigkeit seiner Tier- und Pflanzen- welt, deren Erforschung noch keineswegs abgeschlossen erscheint. Von den 5'/g Millionen Einwohnern bilden die arischen Singhalesen mit 651/2 %/o die überwiegende Majorität. Ihnen folgen die Tamilen (dra- widische Südindier) mit 27 und die sogen. Moormen, eine indisch-arabische Mischrasse, mit 6'/2°/,. Malayen, Veddhas, Europäer und europäisch- asiatische Mischlinge stellen das letzte Prozent der Bevölkerung. Die Singhalesen halten das Gebirgsland und die Tiefebene des Südens, die Tamilen die Tiefebene des Nordens besetzt. Unter den Singhalesen treten Unterschiede zwischen den reinblütigeren Gebirgsbewohnern und den mit Tamilenblut gemischten Tieflandbewohnern in Dialekt und körperlichen Eigenschaften (z. B. Hautfarbe) hervor. Außerdem existiert eine große Anzahl von Kasten bei ihnen, die sich vielfach durch Heirat nicht mischen. Die Sprache der Singhalesen ist eine arische, deren Worte nicht selten Anklänge an europäische Sprachen aufweisen; durch eine zwei- tausendjährige Literatur ist sie nach Grammatik und Syntax hochent- wickelt. Die Schrift ist eine Buchstabenschrift, von links nach rechts geschrieben und nur dadurch kompliziert, daß außer rein singhalesischen (Elu-) Charakteren auch solche des Sanskrits darin aufgenommen worden sind, so daß sie nicht weniger als 18 Vokal- und 36 Konsonantzeichen enthält. Das alte singhalesische Ziffersystem ist in dem letzten Jahr- hundert vollständig durch das arabische verdrängt worden; es enthält u. a. besondere Ziffern für die Zehner, für 100, 1000 usw., und ist daher schwer- fälliger als dieses. Eine Eigentümlichkeit des singhalesischen Zahlen- systems besteht darin, daß, anstatt wie bei uns die Potenzen von 10° (Million, Billion, Trillion usw.), diejenigen von 10° mit besonderen Be- zeichnungen belegt sind. Neben der christlichen Zeitrechnung (Krushthabdam) existiert bei den Singhalesen eine hinduistische (Kaliabdham) und eine buddhistische 121 (Sugathabdam); diese ist der christlichen um 543, jene sogar um 3100 Jahre voraus. Das singhalesische Jahr beginnt mit dem 13. April; es besteht die Sitte des gegenseitigen Beschenkens am 10. und 11. und des Festes der Jahreswende am 12. und 13. Die Monate dieser Jahresrechnung haben ihre eigenen klassischen Bezeichnungen; die der europäischen da- gegen sind aus dem Portugiesischen übernommen. Die Wochentage haben Namen, welche denen verschiedener europäischer Sprachen fast genau entsprechen: Sonntag, Mondtag, Marstag, Buddhatag, Jupitertag, Venus- tag, Saturntag. Über das Leben der Kleinbauern im Südwesten Ceylons hatte der Vortragende Gelegenheit, einiges Nähere in Erfahrung zu bringen: Das neugeborene noch rosarote Baby wird sogleich warm gebadet und der Mutter an die Brust gelegt; obwohl es in den ersten sechs Tagen ängstlich vor Tageslicht geschützt wird, nimmt es doch bereits am 2. bis 3. Tag eine hellbraune Hautfarbe an. Mutter und Kind werden peinlich sauber gehalten. Am 17. Tag wird das Kind zum erstenmal in kaltem Wasser gebadet; es gilt jetzt als lebensfähig, und Freunde und Verwande stellen sich ein, die Mutter zu beglückwünschen und ihr Ge- schenke zu bringen; doch erst 3 Monate nach der Entbindung ist ihr er- laubt, wieder einen Tempel zu betreten. Gleich nach der Geburt eines Kindes veranlassen seine Eltern den Astrologen des Dorfes, sein Horoskop auszuarbeiten, das sie dann aufbewahren; es enthält angeblich sämtliche Lebensschicksale des Neugeborenen bis zu seinem Tode. Kleine Kinder werden von der Mutter oder den Geschwistern rittlings auf der linken Hüfte getragen und sind so vor der Ausatmung des Tragenden geschützt. Nach etwa einem Jahr versucht man dem Kind Reis beizubringen. Hat es solchen freiwillig genommen, so versammeln sich wieder die Freunde und Verwandten des Hauses, in deren Gegen- wart und mit deren Zustimmung dem Kinde von den Elteın sein persön- licher Name zugelegt wird; bei dieser Gelegenheit erhält es von allen Anwesenden Geschenke. Singhalesische Kinder spielen ebenso gern wie europäische mit Puppen, Kreisel, Marmeln, Wurfkugeln (ähnlich dem Boceia-Spiel), und üben allerlei Laufspiele. Der Verlierer muß sich unter allen Umständen vom Gewinner widerstandslos necken oder leicht züchtigen lassen; dagegen findet kein Besitzwechsel ihres Spielzeuges zwischen ihnen statt, wie etwa bei unserm Marmelspiel. Im übrigen werden die Kinder schon frühzeitig im Haus- halt beschäftigt; es wirkt überraschend, kleine fünfjährige Knirpse die großen schweren Wasserbüffel, die jeden Europäer sofort angreifen, hüten und den Gehorsam dieser Bestien ihnen gegenüber zu sehen. Eine gesetzliche Schulpflicht besteht zwar nicht; doch bringen es die sozialen Bedingungen mit sich, daß alle Knaben eine Schule besuchen, von der Pansala eines Priesters in entlegenen Dörfern, in der sie die 122 heimische Sprache und Literatur schreiben und lesen lernen, bis zum Royal College in Colombo, das seine Zöglinge für den Besuch englischer Universitäten vorbereitet. Die durchschnittliche Dorfschule, die in eng- lischer Sprache geleitet wird, erzielt etwa die gleichen Resultate wie unsere heimischen Volksschulen. Für Mädchen ist eine Schulbildung weniger allgemein; dafür sind sie von klem an mit im Haushalt tätig. . Heiratsfähig gelten die Mädchen mit 15, die Männer mit 18 Jahren. Die Bewerbung erfolgt durch einen Freund des Freiers bei den Eltern der Braut, die, genehmenfalls den letzteren zum Verkehr im Hause ein- laden. Stimmen die jungen Leute zusammen, so werden ihre Horoskope den Astrologen übersandt, der feststellt, ob die Ehe eine glückliche werden kann, und den geeigneten Tag zur Hochzeit bestimmt. Die Hochzeit ist wohl das größte Fest des Privatlebens, das mit entsprechender Opulenz gefeiert wird. An der Straße werden Gerüste aus Holzstangen errichtet, die mit Früchten, Blumen und Öllampen geschmückt sind; das größte dieser Gerüste steht vor dem Eingang zum Hause der Brauteltern. Am Vorabend des Hochzeitstages versammeln sich hier alle Verwandten und Bekannten des Brautpaares, um diese zu beschenken und selbst festlich bewirtet zu werden, wobei Musik und Feuerwerk nicht fehlen dürfen; große Summen werden auf dieses Fest verwendet. Am nächsten Tag wird die Ehe vor dem Registrar geschlossen ; nach einem Abschiedsmahl geleitet man die Neuvermählten in ihr eigenes Heim. Der Mann übernimmt die Feld- und die gröbere Gartenarbeit, die Frau die Führung des Hausstandes und die leichtere Arbeit im Garten. Nur bei der Reisernte helfen die Frauen als Schnitterinnen auf dem Felde. An Haustieren werden in der Tiefebene die Wasserbüffel (zur Be- stellung der Reisfelder), indische und heimische Zebus, Ziegen, Hunde, Katzen, sowie als Schlangen- und Rattenvertilger das marderähnliche Mungo gehalten. Vom Rind werden die Stiere als Zugtiere, die Kühe zur Milchgewinnung benutzt; in ihrem Alter gibt man den Tieren das Gnadenbrot bis zu ihrem natürlichen Tode. Fleischgenuß ist bei den buddhistischen Singhalesen nicht sehr verbreitet und wesentlich auf ge- trocknete Fische beschränkt. — Aus Liebhaberei werden ferner Kaninchen, das zierliche dreistreifige Eichhörnchen und vor allem die Maina, eine Art Spottdrossel, gehalten, die gut sprechen und pfeifen lernt. Die Grundlage der drei täglichen Mahlzeiten (früh und abends 6, mittags 12 Uhr) bildet der Reis, der nebst den stark gewürzten Zutaten (Curry) mit den Fingern gegessen wird. Vor und nach der Mahlzeit werden "die Hände sorgfältig gewaschen, und die Speisen stets nur mit den ersten vier Fingern der rechten Hand berührt, die im Gegensatz zur Linken als rein silt. Im täglichen Verkehr untereinander sind allerlei Formen zu wahren. Drei Arten des Grußes werden für vertrauliches, einfach höfliches und 123 zeremonielles Verhältnis unterschieden, fünf Pronomina für die zweite Person des Singulars, in ähnlichem Sinne nuaneiert, usw. Für die Be- handlung des Singhalesen durch den Europäer folgt daraus, daß auch dieser besser tut, gewisse Formen inne zu halten; denn durch Brüskieren läßt sich der Singhalese wohl momentan einschüchtern, wird aber dadurch auch zu hartnäckigem passiven Widerstand veranlaßt. Im Vergleich zum Malayen fiel dem Vortragenden auf, daß der Singhalese sich wenig für die ihn umgebende Natur interessiert, um so mehr aber für die Literatur und Geschichte seines Volks. Bei Schülern der höheren Lehranstalten soll eine hervorragende mathematische Be- gabung nicht selten sein. Ein gründlicher englischer Kenner der Singhalesen erkannte gesprächsweise die intellektuelle Begabung des Volkes an, bedauerte aber die leichte Ermüdbarkeit und Passivität seines Willens, die der Erreichung höherer Resultate im Wege stehen. Angenehm be- rührte den Vortragenden bei gelegentlichen Diskussionen die geschickte, stets taktvolle Dialektik gebildeter Singhalesen. Nur für Priester besteht die Verpflichtung zur Feuerbestattung; Angehörige der Rajah-Kaste dürfen sie wählen. Alle übrigen Toten werden im Sarg beerdigt, auf dem Lande sowie auf größeren Grundbe- sitzen im eigenen Grundstück. Der frische Grabhügel wird geschmückt; in den drei ersten Nächten läßt man ein Licht bei ihm brennen. Alle Gegenstände, die mit dem Toten in Berührung gekommen und nicht mit ihm begraben sind, werden vernichtet. Die Verbrennungsstätten der Priester gelten während der ersten drei Nächte als Aufenthaltsort böser Geister, die Vorüberkommenden nach dem Leben trachten. — Besucher eines Sterbehauses dürfen 15 Tage lang keinen Tempel betreten und haben danach vor dem Tempelbesuch eine besondere Reinigung vorzu- nehmen. 198. ordentliche Versammlung am 7. Januar 1910. Die Versammlung, zu der auch die Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit und deren Damen eingeladen waren, fand im großen Saale des Gesellschaftshauses statt. Navigationslehrer Krauß begrüßte in Vertretung des Vorsitzenden die zahlreiche Versammlung und erteilte Herrn Dr. H. Spethmann das Wort zu seinem Vortrage über: »Die Küste der englischen Riviera«. Nachdem einleitend eine Skizzierung der Lage des infolge des Golfstroms milden Klimas und des dadurch hervorgerufenen Badelebens geboten wurde, erfolgte eine Darstellung des Formenschatzes der Küste. Zunächst wurden die verschiedenen Prozesse besprochen, die an ihr gestaltend wirken, die Brandung, der Wind und die chemische Zersetzung. Auf ihnen beruht die Zergliederung der Küste 124 in Buchten, »coves« und »Nasen und Nischen». Eine zweite Formen- gruppe geben die »sounds«, die Sunde, ab, die untergetauchte Täler dar- stellen, die nachträglich durch Ebbe und Flut modifiziert wurden. An ihrer Mündung sind sie oft verbarrt und schaffen Bilder, die dem Priwall sehr ähneln. Mitunter sind sie auch gänzlich von der See abgeschnitten und rufen »Limane« hervor. Aus den angeschwemmten Materialien haben sich streckenweise prächtige Dünenlandschaften entwickelt, in denen be- sonders die Zungenhügel und Wellenfurchen wie die Parabeldünen ent- wickelt sind. Eine Reihe von Lichtbildern diente zur Veranschaulichung der verschiedenen Phänomene. Der klare und interessante Vortrag fand den lebhaftesten Beifall der Gesellschaft. Nach dem Vortrag fand im Kreise der Geographischen Gesellschaft ein Herrenabend, verbunden mit einem Fischessen, statt, dem auch der Vortragende beiwohnte. 199. ordentliche Versammlung am II. Februar 1910. Der Vorsitzende teilte mit, daß die Herren Oberzollrevisor Maltzahn und Geh. Regierungsrat Wentz der Gesellschaft beigetreten seien. Zu Revisoren der Kassenrechnung wurden gewählt die Herren Jul. Hahn und Konsul Scharff. Die Versammlung stimmte den Vorschlägen des Vorstandes zu: 30 M als Beitrag zu einer Büste für Geheimrat Wagner, Göttingen, und 200 M für die neue Islandexpedition des Herrn Dr. Speth- mann zu bewilligsen. Verlesen und genehmigt wurde der vom Vorstande vorgelegte Jahresbericht für 1909. Alsdann wurde eine sehr eingehende Beratung der vom Vorstande neu bearbeiteten Satzungen vorgenommen und diese mit wenigen redaktionellen Änderungen genehmigt. Hierauf hielt Herr Oberlehrer Dr. Häußler seinen Vortrag über »Röm, die nördlichste deutsche Insel«. Der Vortragende betrachtete die Insel im Zuge der nordfriesisch-jütischen Inselgruppe und legte ihre Unterschiede ausführlich dar. Während jene Inselgruppe ausgesprochen diluvialen Charakter zeigt, ist Röm alluvialen Ursprungs. Em Geschenk des Meeres, hebt sich die Insel sowohl nach ihrem geologischen Aufbau wie ihrer Oberflächenform deutlich ab. Von Hjöst-Bjerg im Norden und dem Stag-Bjerg im Süden, den beiden höchsten Punkten der Insel, gibt der Vortragende das Landschaftsbild Röms und geht hinein in die Dünen- landschaft, um ihre interessanten Seiten besonders herauszuheben. Der Blick schweift hinüber nach der am Innenrande der halbmondförmig ge- stalteten Insel sich befindenden Marschlandschaft und nach der an der Außenseite im vergangenen Jahrhundert entstandenen Strandwiese, die in einer Breite von 400 —1400 m den Westrand der Insel bildet. Ihm reihen sich an die Sande und das Wattenmeer mit den Lagen, den Gröfts und 125 den Tiefs, von denen die wichtigsten das Juvretief im N und das Lister Tief im S sind. Die Insel hat bei einer Länge von 13 km und einer Breite von 4 km einen Flächeninhalt von 48 qkm. Nach weiteren Mit- teilungen über Besiedlung zeigt der Vortragende zahlenmäßig die Be- völkerungsbewegung seit der Einverleibung im Jahre 1564. Gegen 1200 Einwohner im genannten Jahre hat heute die Insel nur noch 785. Von Interesse ist das Verhältnis der Stimmen bei der Reichstagswahl: 18367 164 Dänen — 15 Deutsche; 1907 58 Dänen — 49 Deutsche. Nachdem noch die Erwerbsverhältnisse, vor allem die Schiffsbewegung erörtet worden sind, geht der Vortragende noch auf den diluvialen Untergrund ein, dem die Insel aufsitzt und stellt ihn in Zusammenhang mit einer Spur des zerstörten Küstensaumes, der Roten Kliff Bank, zehn Seemeilen westlich von Röm. 200. ordentliche Versammlung am 4. März 1910. Die Versammlung, zu der auch die Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit und deren Damen eingeladen waren, fand im großen Saale des Gesellschaftshauses statt. Direktor Dr. Schulze begrüßte in Vertretung des Vorsitzenden die zahlreiche Versammlung und erteilte dem Landesgeologen Herrn Professor Dr. C. Gagel das Wort zu seinem Vortrage: »Madeira und die kanarischen Inseln«. Der Vortragende hatte, unterstützt durch ein Reisestipendium, Ge- legenheit, die kanarischen Inseln mehrere Monate lang geologisch zu durchforschen. An der Hand zahlreicher Lichtbilder eigener Aufnahme schilderte der Redner den geologischen Aufbau der Inseln, deren vulkanischen Ursprung, ihr herrliches Klima und ihre landschaftlichen Schönheiten. Der interessante Vortrag fand den lebhaftesten Beifall der Gesellschaft. Nach dem Vortrage fand im Kreise der Geographischen Gesellschaft ein Herrenabend statt, dem auch der Vortragende beiwohnte. 201. ordentliche Versammlung am 8. April 1910. Die Versammlung wurde durch den Vorsitzenden, Herrn Professor Dr. Lenz, eröffnet. Als neue Mitglieder wurden in die Gesellschaft auf- genommen: Herr Rechtsanwalt Dr. jur. Eduard Kulenkamp und Herr Seminarlehrer Ludwig Benick. Der Vorsitzende teilte mit, daß für die Pfingstwoche der Besuch der Geographischen Gesellschaft in Greilswald unter der Führung von Professor Friederichsen angekündigt worden sei. Ferner gab er bekannt, daß sich auf einen Antrag des Herrn Oberlehrer Dr. E. Schaper hin wiederum eine erdmagnetische Sektion gebildet hat. Es gehören ihr an die Herren: Bankier Kohrs, Prof. Dr. G. Sack, Ober- 126 lehrer Dr. E. Schaper, Kommerzienrat G. Scharff, Gerichtschemiker Th. Schorer und Direktor Dr. S. Schwarz. Die Geographische Gesellschaft wird die Arbeiten der erdmagnetischen Abteilung finanziell unterstützen. Direktor Dr. Schulze machte bei dieser Gelegenheit auf die erdmagnetischen 3eobachtungen anfmerksam, die hier seit Jahren im Auftrage der Deutschen Seewarte von ihrer Lübecker Agentur ausgeführt werden. An Stelle des aus dem Vorstande ausscheidenden Herrn O. Rösing wurde Herr Berthold Peters gewählt. Auf Grund der neuen Satzungen der Gesellschaft, nach denen der Vorstand aus 8 Mitgliedern zu bestehen hat, war noch eine Neuwahl nötig. Die Wahl fiel auf Herrn Direktor Dr. Schwarz. Herr Prof. Dr. Sack lenkte darauf mit einigen Worten die Auf- merksamkeit der Versammlung auf die seit dem 14. März regelmäßis jeden Montag stattfindenden astronomischen Abende. Sie sollen einerseits Verständnis und Kenntnis für die Erscheinungen des gestirnten Himmels vermitteln, anderseits durch Eintragen von auffälligen Himmelserscheinungen in Sternkarten in bescheidenem Maße der Wissenschaft dienen. Professor Dr. Sack beantragte, daß die Geographische Gesellschaft als Mitglied der Vereinigung von Freunden für Astronomie und kosmischen Physik in Berlin beitrete. Die Versammlung nahm den Antrag an. Direktor Dr. Schulze sprach hierauf über Ortsbestimmungen in der Nähe der Erdpole. Der Redner gab erst eine allgemeine Erläuterung der einfachsten astronomi- schen Bestimmung der geographischen Koordinaten eines Punktes auf der Erdoberfläche und schilderte dann in außerordentlich klarer und an- schaulicher Weise die vielen großen Schwierigkeiten, die sich sowohl solchen astronomischen als auch den erdmagnetischen Ortsbestimmungen an den Polen entgegenstellen. Die Versammlung zollte dem fesselnden Vortrage reichen Beifall. 127 Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1908. Wie in früheren Jahren eingen dem Naturhistorischen Museum auch im verflossenen aus den verschiedenen Gegenden unserer Erde kleine und größere Sammlungen zu, welche dort dauernd oder vorübergehend sich aufhaltende Lübecker gesammelt oder erworben hatten. Wir nennen nur die zum Teil schon aus früheren Berichten bekannten Namen: Voeltzkow, Teßmann, Jauckens, Spilhaus und die neuen: Moll, Dill und Barby, indem wir im übrigen auf das am Schlusse gegebene Verzeichnis verweisen. Eine Hauptaufmerksamkeit wurde der Ausgestaltung und Erweiterung der lübeckischen Abteilung zugewandt. In erster Linie muß hier der von Herrn Fr. Peckelhoff mit großer Sachkenntnis und ebensoviel Sorgfalt eingerichtete Schrank mit Nestern und Lebensbildern unserer einheimi- schen Kleinvögel (Grasmücken, Meisen, Spechtmeisen usw.) genannt werden. Der augenblickliche, nicht ganz günstige Standort der Gruppe wird später bei weiterer Ausgestaltung gebessert werden. Die Herren Blohm und Röhr haben dem Museum wiederum mehrere, nur selten in unserer Gegend auftretende Vögel, interessante Färbungen schon vorhandener Arten und Bastarde, überlassen. Durch anderweitige Unterbringung des Herbariums wurde für die Insektensammlung der so lang ersehnte Raum zur Aufstellung und Arbeit gewonnen. Die Gruppen der lübeckischen Insekten, insbesondere diejenigen Zusammenstellungen, welche Schaden und Nutzen veranschaulichen, wurden einer sorgfältigen Durchsicht, Reinigung und Frgänzung unterzogen. Zu ganz besonderem Dank ist die Vorsteherschaft Herrn Ober- regisseur Albert verpflichtet, der mit großer Sachkenntnis und Sorgfalt die umfangreiche, in früheren Jahren von Tischbein revidierte und ver- vollständigte Sammlung der Schlupfwespen neu präparierte, nach Schmiede- knechts Jchneumoniden durchbestimmte und in neue Kasten einordnete. 128 Dr. Schenkling-Berlin hatte die Liebenswürdigkeit, verschiedene Familien der von Max Haase Deutsch-Ostafrika gesammelten Käfer zu bestimmen. Von Prof. Kolbe-Berlin kamen die westafrikanischen und südamerikanischen Käfer zurück und wurden der Hauptsammlung ein- gefügt. Die Lehrer Saager und Otto nahmen außer den oben bereits erwähnten Arbeiten in der Schausammlung gegen den Schluß des Jahres eine Durchbestimmung der Dipteren und Rhynchoten in Angriff. Die in unserer Sammlung durch den Eifer mehrerer Lübecker bereits gut vertretenen Käfer und Schmetterlinge Madagaskars erfuhren eine weitere Bereicherung durch Herrn Prof. A. Voeltzkow, der einen Teil seiner Ausbeute dem Museum zum Geschenk machte. Kurz vor Abschluß dieses Berichtes traf noch eine Sendung des Herrn Kurt Harms und A. Neumann von dort ein. Die auf der Myangwe-Expedition durch Günther Tessmann für unser Naturhistorisches Museum in großer Zahl gesammelten Insekten, Säugetier- und Vögelbälge gingen dem Vertrage gemäß zunächst zur Präparation an das Zoologische Museum in Berlm. Es ist schon jetzt zu ersehen, daß unsere Sammlung dadurch eine umfangreiche und wert- volle Bereicherung erfahren wird. Die Schausammlung wurde durch em riesiges Baumtermitennest von der Insel St. Thomas bereichert. Das Museum verdankt diese interessante und wertvolle Gabe dem Offizier der Hamburg-Amerika-Linie, Herrn C. Moll. Der Kollege des Genannten, Herr Seeoffizier Carl Dill brachte uns von seinen Fahrten nach Westindien eine reiche Sammlung kleinerer Tiere aus verschiedenen Gruppen mit. Einen neuen Freund gewann unser Naturhistorisches Museum in einem dritten Seemann, Herrn Barby, der für uns an der ostaustralischen Küste sammelte. Die Fürsorge für die umfangreiche Vogelsammlung durch Bestimmung und Neuordnung übernahm Herr Lehrer Trilck. Herr Lehrer Petersen beschäftigte sich mit der Bestimmung und Ordnung der Foraminiferen, Hydroiden und Bryozoen. Die Kataloge wurden als Karten-Kataloge angelest. x Bei der oben erwähnten Überführung und Neuaufstellung des Herbars in Räumen des Hauses Parade 1 waren insbesondere die Lehrer Saager und Otto eifrig tätig. Benutzt wurde die Pflanzensammlung auch im verflossenen Jahre von auswärtigen Botanikern, denen einzelne Pflanzen- familien oder Teile derselben zur Benutzung für ihre Studien leihweise überlassen wurden. Die im vorjährigen Bericht erwähnte große Brehmer’sche Mineralien- sammlung wurde sorgfältig gereinigt, neu etikettiert und der Haupt- sammlung eingefügt. Für diese, oft recht mühsamen Arbeiten ist die Vorsteherschaft der Frau Förster für ihre Mithilfe zu besonderem Dank verpflichtet. 129 Von den zahlreichen Seltenheiten und guten Schaustücken waren im Laufe des Jahres einzelne als Gruppen im großen Saal ausgestellt. Die geologische Sammlung wurde vielfach von auswärtigen Gelehrten, insbesondere von Herrn Professor Dr. Stolley - Braunschweig benutzt. Der Genannte setzte die im vorigen Jahre begonnene Revision einzelner Teile unserer geologischen Sammlung fort und ergänzte dieselbe durch Über- lassung von Stücken aus der unteren Kreide der Umgegend Braunschweigs, von Quedlinburg, dem russischen Jura und anderen Fundorten. Durch Vermittlung des Herrn Dr. Struck erhielt unser Museum eine schöne Sammlung Bornholmer Versteinerungen. Die Sammlung einheimischer Gesteine, Belegstücke zur Geologie Schleswig-Holsteins von älteren und neueren Fundorten, wurde durch die Herren Dr. Struck und Lehrer Strunck weiter vervollständigt. Durch die fortgesetzten Bemühungen des Herrn Prof. Dr. Friedrich wurde die Sammlung der Bohrproben aus der Umgegend Lübecks wiederum nicht unerheblich vermehrt. Das Museum ist für die Überlassung dieser Proben Besitzern, Bohringenieuren und dem hiesigen Bauamt dankbar und knüpft die Bitte daran, auch in Zukunft bei neuen Bohrungen dem Museum diese Dokumente über die Schichtung und den geologischen Aufbau unseres Untergrundes möglichst vollständig zukommen zu lassen. Für die jüngeren und die jüngsten geologischen Perioden geben eine weitere Anzahl von Funden aus Kiesgruben, darunter Stücke vom Stoß- und Backenzahn eines Mammuts sowie Baggerfunde wertvolle Belege. Herr stud. Lüttgens schlemmte eine Anzahl der Bohrproben und bestimmte insbesondere die in denselben vorkommenden Diatomeen. Allen Freunden und Förderern unserer Museumsaufgaben in der Heimat und draußen in der Ferne sei hier nochmals der aufrichtige Dank der Vorsteherschaft des Naturhistorischen Museums ausgesprochen. Der Besuch des Museums seitens hiesiger und auswärtiger Schulen hat sich im letzten Jahre wiederum erfreulich gehoben. Durch besonderen Eifer zeichneten sich manche Schulen unserer Vorstädte aus. Die Mühe- waltungen, welche damit für das Museum, insbesondere das Naturhistorische, welches am meisten besucht wurde, verbunden waren, wurden von diesem gern übernommen. Unzuträglichkeiten sind nicht vorgekommen. Des öfteren wurde in den Lübeckischen Blättern und den Tages- zeitungen auf neue Eingänge oder Sonderausstellungen aufmerksam ge- macht. Durch besonderes Entgegenkommen der Lübeckiscken Anzeigen wurde es möglich, mehrere längere mit Illustrationen versehene Artikel in den Vaterstädtischen Blättern zu bringen. Wir sind der Redaktion hierfür zu besonderem Dank verpflichtet. Verkehr und Austausch mit anderen Museen wie einzelnen Forschern konnten eifrig gepflegt werden; manche der letzteren aus Deutschland 130 und dem Auslande suchten unser Naturhistorisches Museum für Zwecke ihrer Studien auf. Von den, gemeinsam mit der Geographischen Gesellschaft herausge- gebenen Mitteilungen erschienen Heft 22 und 23, an naturwissenschaft- lichen Abhandlungen enthaltend: Struck, R.: Neue Beobachtungspunkte tertiärer und fossilführender diluvialer Schichten in Schleswig-Holstein und Lauenburg. Friedrich, P.: Über neue Bohrungen in der Umgegend von’ Oldesloe in Holstein. Spethmann, H.: Glaziale Stillstandslagen im Gebiet der mittleren Weser. Die laufenden Einnahmen stellen sich wie folgt: Von der Ges. z. Bef. gem. Tätiskeit . . . . . . M 5450, — Soma dimmalımem 5 5 2 0 2 ana 17,50 M 5467,50 Ausbaben arena WE bh are OST. Fehlbetrag M. 31,04 An Stelle des satzungsmäßig austretenden Herrn Seminardirektor Dr. Möbusz wurde Herr Fr. Peckelhoff in den Vorstand gewählt. Herr Oberlehrer Dr. Frank übernahm den Vorsitz. Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Von Herrn Dr. R. Biedermann Imhoof-Eutin: Gehörne von Orcas living- stoni, portug. Zambesi, und Gazella granti aus der Massaisteppe. Von Herrn Professor Dr. Voeltzkow-Berlin: Eine größere Anzahl Mada- gasgar-Schmetterlinge. Von Herrn Fr. Peckelhoff-Lübeck: Ein Bläshuhn (Fulica atra). Bienenwaben mit Königinnenzelle. Lebensgruppen einheimischer Vögel. (In einem besonderen Schrank zusammengestellt.) Von Herrn Professor Dr. Vanhoeffen-Berlin; Abbildungen von Vogel- gruppen und Brutplätzen der Südpolargegend. Von der Südpolar-Expedition: Sechs Vogelbälge, Macronectes giganteus- Thalassoica antarctica, Pagodroma nivea, Oceanites oceanica, Lestris marccormicki und Aptenodytes forsteri. Von Herrn Carl Moll, Hamburg: Großes Nest einer Baumtermite (Eutermes Ripperti) mit Diebsameisen (Monomorium destructor) von St. Thomas (Westindien). Von Herm Carl Dill, Hamburg: Sporenflügel. Blätterhuhn (Asaricia varlabilis) von Tampico und zwei Kolibris (Aithurus polytmus) von Jamaika. Von St. Thomas: Fledermäuse, Mäuse, Eidechsen, Frösche, Fische, darunter ein großer Haifisch, Insekten, Spinnen, Tausendfüßler, Krebse und Seeigel. Von Cartagena: Insekten, Spinnen und Krebse. Aus Porto Columbia: Mehrere Zecken, einer Riesenschlange abgelesen. Aus dem Hafen von Colon: Physalia sp. Vom Lübecker Brieftaubenklub von 1902: Eine Lockentaube. Von Herrn J. Barby: Eine Anzahl Krebse und ein Tintenfisch (Loligo sp.) aus der Mündung des Hunter (Ostküste von Australien). Von Herrn Konsul L. Jauckens: Fell vom ausgewachsenen Ameisen- bären, Kolibrinester, eine eigentümliche, ein Blatt imitierende Schmetterlingsgruppe und Mineralien aus Minos-Geraes. Von Frau Wilh. L. Schütt: Ein Nilpferdschädel. Von Herrn Wilh. Spilhaus-Kapstadt: Kupfererze aus Deutsch-Südwestafrika (Khangrube nahe Swakopmund). Von Herrn stud. geogr. H. Spethmann: Verschiedene Lavaproben vom Vesuv. Von Herrn Oberlehrer Dr. Steyer: Gute Schaustücke mit Exogyra columba aus der oberen Kreide vom Dippoldiswalde. 132 Von Herrn Kurt Harms und A. Neumann, Mananjary (0. Madag.): Eine größere Anzahl von Käfern und einige Schmetterlinge. Von Herrn Oberregisseur Albert, Lübeck: Eine Anzahl von Ichneumoniden zur Ergänzung der vorhandenen Sammlung. Von Herrn Tiefbauunternehmer Meyn, Lübeck: Stücke eines Stoßzahns vom Mammut aus dem Endmoränenkies von Kl.-Disnack. Von Herrn Professor Dr. Friedrich: Backenzahn eines Mammuts, gefunden in der Hildebrandtschen Sandgrube bei Schlutup. Vom Bauamt, hierselbst abgeliefert: Zahlreiche, z. T. bearbeitete Geweih- stücke vom Edelhirsch; aus der Untertrave bei Schlutup und Trave- münde ausgebaggert. Fünf glatte Flintbeile, ein durchlöchertes Beil aus Diabas, ein auffallend großes und mächtiges Edelhirschgeweih aus dem Schlutuper Industriehafen. Die Sammlung von Bohrproben wurde vermehrt durch Herrn Ingenieur Eising-Hamburg aus der Schwefelsäurefabrik Dänisch- burg, Maschinenbaugesellschaft, Emballagefabrik von Fr. Ewers &Co. Herrn Brunnenmacher Thöl-Rendsburg aus der Vereinsbrauerei Buntekuh, Tremskamp, Haffkrug. Herrn Hoffmann-Berlin aus dem Altonaer Diakonissenheim in Oldesloe mit Interglazial. He:rn Fabrikant Leon-Kiel: Acht Bohrungen auf den Vogelsangwiesen. Herrn Stadtrat Stämmler-Segeberg: Bohrungen für das Segeberger Wasser- werk mit Interglazial und Eozän. B. Angekauft wurden: Von Herrn W. Bickel-Brotterode: Eine Platte mit sog. fossilen Regen- tropfen aus dem Rotliegenden bei Brotterode S.-M. Von Herrn Dr. Elbert-Münster 1. W.: Geweih von Cervus russa aus Süd- Sumatra, Schädel von Cervus russa aus Java (Preanger). Von Herrn Hofbesitzer G. Meutz-Horsten bei Ahrensbök: Balg eines Frettchens. Von Herrn W. Schlüter-Halle: Ein Wüstenfuchs (Vulpes zerdo). Von Herm R. Hoffmann-Grüneberg: Zwei Bündelnester von Synallaxis frontalis, ein kleines Termiten- und ein Wespennest aus Brasilien. Gallen der Rheinprovinz; herausgegeben vom Rheinischen Bauernyverein Köln. Vermehrung der Bibliothek siehe Bericht über das Jahr 1909. Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1909. Die Vorsteherschaft hält es für ihre Pflicht am Anfange des dies- jährigen Berichtes zunächst dem Hohen Senat und der Oberschulbehörde ihren aufrichtigen Dank dafür auszusprechen, daß sie beschlossen haben, den langjährigen Konservator Professor Dr. Lenz zunächst für zwei Jahre kommissarisch gänzlich dem Museum zu überweisen und für diese Zeit von seiner Unterrichtsverpflichtung am hiesigen Johanneum zu befreien. Damit war endlich ein lang gehegter Wunsch sowohl der Vorsteherschaft wie des Koservators in Erfüllung gegangen. Jetzt war es möglich an die zeitgemäße Umgestaltung der naturhistorischen Sammlungen heranzutreten und daneben zugleich wissenschaftliche Arbeiten zu erledigen. Als erstes wurde die Erweiterung der Lübeckischen Abteilung in Angriff genommen. Da der Raum zu beschränkt ist, wurden einige der flachen Vogelschränke der Hauptsammlung im großen Saale dadurch entlastet, daß eine größere Zahl der ausgestopften Vögel von den Stativen abgenommen, in Bälge umgewandelt und in Schubladen untergebracht wurden. In dem so ge- wonnenen Raum fanden die Lübeckischen Singvögel, die Tauben und ein Teil der Sumpfvögel Aufstellung. Im Lübeckischen Saal schuf unser Präparator F. Röhr eine neue lebensvolle Gruppe: Wilde Kaninchen, welche allgemeine Anerkennung gefunden hat und gerne betrachtet wird. Eine weitere, größere Gruppe stellte der Präparator nach Anordnung und unter Mitwirkung von Herrn Fr. Peckelhoff auf: Brutplatz von Möven und Strandvögeln am Östseestrande. Auch diese Gruppe bildet eine Hauptanziehung für die Besucher. Da zwischen die einzelnen Vögel gestellte Etiketten den einheitlichen Gesamteindruck gestört haben würden, ist vor der Gruppe eine von Herrn Zeichenlehrer Jürgens angefertigte Skizze aufgestellt mit den Namen der Vögel. Die ziemlich große Gruppe steht völlig frei in einer Fensternische und ist allerdings dem Staube und 134 damit dem rascheren Verderben preisgegeben. Wir haben aber geglaubt, das in den Kauf nehmen zu können, da die in der Gruppe vertretenen Vögel haufigeren Arten angehören und mit geringen Kosten jeder- zeit ersetzt werden können, auch der Staub sich nicht bei uns in so lästiger Weise bemerkbar macht, wie in manchen anderen Museen. Andererseits würde eine Überglasung der ganzen Gruppe nicht nur sehr kostspielig geworden sein, sondern auch den natürlichen, freien Charakter beeinträchtigt haben. Die Vaterstädtischen Blätter brachten bildliche Darstellungen und Beschreibungen beider Gruppen. Für die Bereicherung unserer Sammlung einheimischer Vögel ist das Naturhistorische Museum insbesondere Herrn General- Konsul Goßmann zu Dank verpflichtet, der dem Museum eine Anzahl interessanter oder seltener hier sich zeigender Raubvögel, sowie einen bei Dänischburg ge- schossenen Albino der Elster zum Geschenk machte; ferner neben Herrn wöhr den Lehrern Herrn Hagen und Blohm für manche Seltenheit. Herr Lehrer T'rilck erledigte die oben erwähnte mühsame Umordnung und Umkatalogisierung der Vögel, wobei Frau Förster wiederum mitwirkte. Die Gruppe der Nashornvögel wurde neu geordnet und um das in der Höhlung eines Baumstammes befindliche höchst merkwürdige Nest vermehrt. Der im September hier tagende Deutsche Ornithologenkongreß konnte allerdings dem Museum nur einen kurzen Besuch abstatten, brachte aber manche Anregungen, welche für die weitere Erforschung unserer ein- heimischen Vogelwelt nutzbringend sein werden. Von den Besuchern des in der Pfingstwoche hier tagenden Geographen- tages ward insbesondere die Geologische Abteilung »Lübeck und Umgegend« einer genaueren Besichtigung unterzogen. Von noch größerem Interesse dürfte die Abteilung für die am 11. September hier begonnene Versammlung der Deutschen Geologischen Gesellschaft gewesen sein, deren erste Sitzungen im Vortragssaal des Museums abgehalten wurden. Alle drei Kongresse boten mannigfache Anregungen und knüpften neue Verbindungen, welche unserm Naturhistorischen Museum bereits von Nutzen geworden sind, oder noch zu werden versprechen. Bei dieser Gelegenheit können wir uns der traurigen Pflicht nicht entziehen, dem plötzlichen Hinscheiden eines langjährigen Freundes und treuen Mitarbeiters unseres Museums zu gedenken, des Professors Dr. Carl Gottsche-Hamburg. (Gemeinsame Arbeit, die geologische Erforschung unserer engeren und weiteren Heimat, führte uns mit ihm zusammen und stets war Gottsche bereit mit seinem reichen Wissen, mit Wort und Tat, durch Austausch von wissenschaftlichem Material unser Museum zu unter- stützen. Seit mehreren Jahren legte er zu diesem Zwecke eine Sammlung von krystallinischen Silicatgesteinen des gemeinsamen Forschungsgebietes an, die nun von befreundeter, aber fremder Hand uns übermittelt wurde, 135 Klar steht Gottsches lebensfrohes Bild noch vor uns, wie er als Leiter der die Trave abwärts gehenden geologischen Excursion auf dem Dampfer, bei der Herrenbrücke, auf dem Priwall und am Brodtener Ufer seines Amtes waltete. Für uns bedeutet sein Hinscheiden einen schweren Verlust. Sein Andenken wird noch lange im Kreise des Naturhistorischen Museums fortleben. Von den auswärtigen Freunden und Förderern unserer Bestrebungen dürfen wir auch in diesem Jahre wiederum die Herren Dr. Biedermann- Imhoof-Eutin, Hans Godtknecht-Johann- Albrechtshöhe (Kamerun) sowie die Offiziere der Hamburg- Amerika-Linie Moll und Dill an erster Stelle nennen. Über ihre Zuwendungen gibt das angehängte Verzeichnis weitere Auskunft. Von der deutschen Tiefsee (Valdivia) und Südpolar- (Gauß) Expedition konnten wiederum zahlreiche Doubletten der bearbeiteten Gruppen mit Dank entgegengenommen werden. Herrn Carl Hagenbeck-Stellingen verdanken wir einen in seiner Straußenzucht künstlich erbrüteten 14 Tage alten afrikanischen Strauß, dessen hervorsprießendes Federkleid von besonderem Interesse ist. Eine sehr wertvolle Bereicherung erhielt unsere Sammlung fossiler Tiere, durch das Geschenk eines Sandsteinblockes von Oberkirchens bei Bückeburg mit Schädelresten, Zähnen und gut erhaltenen Ausfüllungen der Schädelhöhlung von Macrorhynchus Meyeri. Über diesen Fund wird im nächsten Heft unserer Mitteilungen ausführlich berichtet werden. Aufrichtigen Dank möchten wir aber nochmals Herrn Stein- hauermeister Quittenstädt auch an dieser Stelle für die Überweisung des hoch interessanten Stückes aussprechen. Endlich haben wir noch die angenehme Pflicht, Frau Oberbürger- meister Ida Stübel in Leipzig unsern tief empfundenen Dank dafür zum Ausdruck zu bringen, daß sie unserm Museum von den wertvollen wissenschaftlichen Publikationen ihres verstorbenen Sohnes Adolph Stübel über den Vesuv und die mittelamerikanischen Vulkane zum Geschenk machte. Von Ankäufen seien hier erwähnt: Fünf Gorillaschädel von der Station Pol am Dumfluß (N. Kamerun), eine Sammlung von Schlangen und Eidechsen aus Natal und die Entwicklung des Hummers (Biolog. Station auf Helgoland). Von der Mpangwe-Expedition gingen vom Zoologischen Museum in Berlin bearbeitete Säugetiere und Vögel ein. Der Verkehr mit auswärtigen Museen und Gelehrten konnte in diesem Jahre noch in ausgedehnterem Maße durch den Konservator ge- pflegt werden, insbesondere sind wir Professor Mattschie-Berlin für die Revision unserer Gorillas, Professor Dr. Kückenthal-Breslau für die Be- 136 stimmung der Aleyonarien und Mr. Edwards-Washington (U. S. Am.) für die Revision der Holothurien zu Dank verpflichtet. Allen Freunden und Förderern unseres Naturhistorischen Museums, fremden und einheimischen, aufrichtiger Dank. Über die Arbeiten im Museum ist, soweit nicht schon erwähnt, folgendes zu berichten: Oberlehrer Dr. Steyer nahm sich der Reptilien und Amphibien an, Augenarzt R. Jatzow bestimmte, wie bereits in früheren Jahren die neu eingehenden Fische; Lehrer Schermer ordnete die um- fangreiche von Herrn Konsul L. Jauckens in Santos im vorigen Jahre zum Geschenk gemachte Sammlung brasilianischer Land- und Süßwasser- Conchylien. In der entomologischen Abteilung waren Seminardirektor Dr. Möbusz neben der Überwachung des Ganzen in der Käfersammlung tätig; Dr. Fricke nahm sich der Schmetterlinge und der Schausammlung an; Lehrer Otto, der Michaelis nach Lübeck zurückgekehrt war, ordnete die Zweiflügler neu; Lehrer Saager die gleichflügligen Iemipteren,; für die Hymenopteren durften wir uns auch in diesem Jahre wiederum der sach- kundigen Mitwirkung des Oberregisseurs Herrn Albert erfreuen. Mit den erweiterten Arbeiten ging eine Vermehrung der Kasten und Schränke Hand in Hand. Dennoch ward gerade in der entomologischen Abteilung bei dem außerordentlich großen Material der Mangel geschulter Arbeits- kräfte empfunden. Auf Grund früherer Arbeiten Bösenbergs, unseres Konservators und Embr. Strands wurde vom Lehrer Jenßen eine Neuordnung und Katalogi- sierung der Spinnen vorgenommen; in ähnlicher Weise auf den Be- stimmungen und Arbeiten Kraepelins ruhend durch den Seminaristen Paul Schröder die Skorpione und Skolopendriden neu geordnet und katalogisieıt. Lehrer Petersen führte die Bearbeitung der Hydroidpolypen zu Ende und begann die Einordnung der im Laufe der letzten Jahre eingegangenen Echinodermen. Professor Dr. Lenz konnte mit Unterstützung des Lehrers Strunck die Bearbeitung der von Professor A. Voeltzkow bei Madagascar und Üeylon gesammelten Crustaceen zum Abschluß bringen. Unsere Crustaceen- sammlung erfährt dadurch eine namhafte und wertvolle Bereicherung. Die Bearbeitung der von Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg auf der Deutschen Zentralafrikanischen Expedition gesammelten Crustaceen wurde begonnen und fast zum Abschluß gebracht. Der Herbar wurde auch in diesem Jahre mehrfach von auswärtigen Botanikern, insbesondere Professor H. Schimz-Zürich und Lehrer Junge- Hamburg für ihre Studien benutzt. Die Mineralien standen unter der besonderen Obhut von Dr. Frank und Kaufmann ©, A. Siemssen. 137 Die Sammlung von Bohrproben aus der Stadt Lübeck, deren näherer und weiterer Umgebung wurde in gewohnter und erfolgreicher Weise von Professor Dr. Friedrich gepflegt und ist das Museum sowohl den Besitzern der Bohrterrains, wie den ausführenden Bohrfirmen für die Überlassung des umfangreichen, wertvollen Materials zu Dank verpflichtet. Seitens der städtischen und vorstädtischen Schulen, den Seminaren, der Lehrerbildungsanstalt wurde das Naturhistorische Museum vielfach, oft regelmäßig besucht und direkt für Erteilung von Unterricht in den Museumsräumen benutzt, auch auswärtige Schulen meldeten sich mehr- fach an. In der am 17. Geographentage überreichten Festschrift hat Professor Dr. Struck eine Arbeit veröffentlicht: Übersicht der geologischen Ver- hältnisse Schleswig-Holsteins, deren Belegmaterial sich in unserm Natur- historischen Museum befindet. In den Lübeckischen und Vaterstädtischen Blättern, sowie den hiesigen Tageszeitungen wurden von Zeit zu Zeit kürzere und längere Artikel veröffentlicht, in denen auf Neuerwerbungen, Aufstellung neuer Gruppen und anderes hingewiesen wurde. Die laufenden Einnahmen stellten sich wie folgt: Von der Ges. z. Bef. gem. Tätigkeit . . . . . . M 5850,— BonstieesBsinnalhrmerg en aıcn 28,75 M 5878,75 Auscabenk nr A tea, n5826,80 Überschuß M. 48,95 Anstelle des satzungsmäßig ausscheidenden Oberlehrers Dr. Frank, wurde Referendar Paul Brehmer in den Vorstand gewählt. Kaufmann €. A. Siemssen übernahm den Vorsitz. Von Von Von Von Von Von Von Von 138 Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Herrn Revierförster Prieß-Grevesmühlen i. M.: Ein Baummarder, mehrere wilde Kaninchen. Herrn €. Rohrdantz-Lübeck : Albino eines Maulwurfs. Herrn Quittenstädt-Lübeck : Schädelteile und Zähne eines Krokodils (Macrorhynchus Meyeri) im Sandstein von Oberkirchens bei Bücke- burg. Herrn Carl Dill, Offizier der Hamburg-Amerika-Linie Erste Sendung: Fische, Krebse, Seeigel und andere niedere Meerestiere. Wespennester mit zugehörigen Tieren. Einige Heu- schrecken. Nest des wilden Sperlings. Alles aus St. TIhomas. Zweite Sendung: Ein großes Termitennest um einen Kaktus herumgebaut von St. Thomas. Ein zweites Nest von Cartagena. Kleine Wespennester von Savanilla. Krebse. Tertiärgestein mit Muscheln von Gatun (Panama-Kanal). Dritte Sendung: Fische und niedere Meerestiere von Carta- gena, Prov. Simon, Boca del Toro und anderen Plätzen der Nord- küste Süd-Amerikas. Von St. Thomas Spinnen, Skorpione und Fische, aus einem Süßwasserteich. Eine große Boa imperialis von Pto. Columbia. Vierte Sendung: Eidechsen, Schlangen, Fische, Insekten, Krebse, Seesterne, Korallen und Schwämme, von Columbia, Colon und Guatamala. Herrn Hans Godtknecht-Kamerun (Johann-Albrechtshöhe): Schlangen Sidechsen und Frösche, sowie eine Anzahl Fische aus den dortigen zum teil sehr tiefen Kraterseen. Herrn Lehrer Hagen-Lübeck: Verschiedene Vögel vom Langen Werder bei Poel i. M. Herrn Jürgens in Essen: Backenzahn eines Mammuts (Eleph. primigenius). Herrn Justus Meyer-Lübeck: Mehrere Gehörne und zwei Schild- krötenschalen von Tsumeb. Ovambo D.-S.-W.-Afr. Erze von den Otavi-Mienen. Vier Schädel und Gehörne des Klippspringers. Drei Nester von Webervögeln, Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von 139 Herrn Carl Hagenbeck-Stellingen: Ein 14 Tage alter afrikanischer Strauß aus der Brutanstalt in Stellingen. Herrn Dr. Rudolphi: Vulkanische Gesteine vom Pik von Teneriffa. Herrn Generalkonsul Goßmann-Lübeck: Zehn interessante oder seltene Vögel der hiesigen Gegend, darunter Albino einer Elster (Dänischburg bei Lübeck 10. Dez. 1909). Herrn Professor Dr. Freund-Lübeck: Tertiärer Sand von Wenning- stedt und Kaolinsand von Morsumkliff (Sylt). Herrn B. Peters-Lübeck: Braunkohlenholz von Taxodium distichum aus der Grube Renata bei Dortmund. Herrn Dr. Biedermann-Imhoof-Eutin: 14 verschiedene Gehörne aus Zentral- und Ost-Afrika. Zwei Geweihe von deutschen Schadhirschen aus dem Harz. Herrn Dr. Dunker-Ahrensburg: Eine Kronentaube (Goura beccari) von Neu-Guinea. Herrn Fischer Jarchau-Trayemünde: Ein Leng (Lota vulgaris) 60 cm lang; auf 13 Faden Tiefe draußen in der Bucht am 15. Februar 1910 auf dem Buttnetz gefangen. Herrn Dr. F. ©. Krüger & Co.-Hannover: Zwei Salzbohrkerne der Gewerkschaft Mariaglück. Hofer, Kreis Zelle Gelbsalz, 630 m tief, Hartsalz oder Sylvinit, 798 m tief. Herrn Öberlehrer Dr. Steyer-Lübeck: Einige Versteinerungen aus der oberen Kreide Sachsens. der deutschen Südpolar-Expedition : Käfer, Cirripeden und Echino- dermen. der deutschen Tiefsee-Expedition: Fische Mollusken, Pteropoden, Brachyuren, Östracoden, Anneliden. der Günther- Teßmann-Expedition nach Süd-Kamerun: Säugetier- bälge, Vogelbälge. Vom Lübecker Wasserbauamt wurden abgeliefert: 2 Geweihstücke von Edelhirschen aus der Trave bei Schlutup eine durchlöcherte Axt aus Hirschgeweih aus der Trave in 8 m Tiefe bei Schuppen 23, 2 Bruchsücke eines Mammutsbackenzahns aus dem Elbe-Travekanal, 1 km nördlich von der Lauenburger Schleuse gefunden und ein bearbeitetes Knochenstück aus der Kanalböschung (Mergel) bei Grambeck. Die Sammlungen von Bohrproben wurden vermehrt: Von der Firma H. Thöl-Lübeck, Schlutup (Villa Holz, Marinier- anstalt von Dunkel, Räucherei von Steffen, von Wittwe Wellmann, Hildebrandt) — Lübeck (Drägerwerk, Maschinenbaugesellschaft), — Strecknitz (Heilanstalt), Schürsdorf (Meierei) — Blüchereiche, — Haffkrug (Dr. Fricke, Dr. Gagzow, Dr. Frank) — Timmendorfer- strand (Villa Elisabeth) — Neuhof bei Reinfeld, — Moisling (Isra- Von Von Von Von 140 elitischer Kirchhof), — Kücknitz (Pfarrhaus) — Nieder-Büssau (Ziegelei Bauhütte) — Krummesser Hof und Schule Kummesser- baum, — Krempelsdorf (Herrenhaus), — Priwall (Bohrung von Prof. Dr. Struck, Villa Klatt, Villa Potente (50 Proben, — Schwartau (Haus Krohn). Von Herrn Westphal-Eutin: Högershof bei Segeberg. Von Herrn Cobober-Eutin: Scharbeutz (Meierei). Von Herrn Smrekr: Wasserwerk Schwartau. — Von Herrn Leon-Kiel: Proben von fünf Trockenbohrungen für das lübeckische Wasserwerk auf dem Gelände zwischen Nöltingshof und Fischerbuden. Angekauft wurden: der Biologischen Station auf Helgoland: Acht Entwicklungsstadien des Hummers. Herrn Langenheim-Eutin: Eine größere Anzahl von Eidechsen und Schlangen aus Natal. Herrn Präparator F. Röhr-Lübeck: Abnorm gefärbtes Rebhuhn (er- legt Mitte Februar 1910 bei Gr. Mist). Herrn Sterneke: 5 Gorillaschädel von der Station Pol am Dumfluß (Kamerun), Schädel und Skelett eines jungen Gorilla, mehrere Affen- schädel und Felle von ebendaher. Die Bibliothek wurde vermehrt: l. Durch Geschenke: Von Frau Oberbürgermeister Ida Stübel-Leipzig: Alph. Stübel: Die Vulkanberge von Ecuador. Der Vesuv. Rückblicke auf die Ausbruchsperiode von Mont Pele. Karte der Vulkanberge von Ecuador. 5} „ ” „ „ $) 2. Dureh Schriftenaustausch: Bautzen, Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis. Berlin, Gesellschaft naturforschender Freunde. Berlin, Zoologisches Museum; Mitteilungen Band IV Heft 2 Bericht 1908. Bonn, Naturhistorischer Verein für das Rheinland und Westfahlen: Ver- handlungen, Jahrg. 1908, 1909. Sitzungsberichte 1908, 2, 1909, 1. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur und Heilkunde. 141 Bremen, Naturwissenschaftlicher Verein: Band 19 Heft 3, 1909. Breslau, Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur: 86. Jahresbericht. Colmar i. Els., Naturforschende Gesellschaft. Cassel, Verein für Naturkunde. Abhandlungen und Berichte, Band 52 (1907/09). Danzig, Westpreußisches Provinzial-Museum. Dresden, Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis: Sitzungsberichte und Abhandlungen, Januar bis Juni 1909. Elberfeld, Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresberichte 12. Heft. Frankfurt a. M., Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Bericht 1909, Museumsbericht für 1909. Frankfurt a. O., Naturwissenschaftlicher Verein des Reg. Bez. Frankfurt. Fulda, Verein für Naturkunde. IX. Bericht, 1908—1909. Gießen, OÖberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Greifswald, Naturwissenschaftlicher Verein für Vorpommern und Rügen. Mitteilungen 1909, 49. Jahrgang. Hamburg, Naturwissenschaftlicher Verein: Verhandlungen 3. Folge XVI. 1908. Hamburg, Naturhistorisches Museum. Hamburs, Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung. Hannover, Naturhistorische Gesellschaft. Hildesheim, Roemer-Museum. Kassel, Verein für Naturkunde. Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein: Schriften Band 14, 2. Königsberg, Physikalisch-ökonomischeGesellschaft: Schriften 49.Jahrg.(1908). Magdeburg, Museum für Natur- und Heimatkunde. München, Ornithologischer Verein: Bd. IX, (1908). Münster, Westfälischer Provinzialverein: 37. Jahresbericht für 1908/09. Nürnberg, Naturhistorische Gesellschaft. Offenbach, Verein für Naturkunde: Bericht 43—50 (1901/09). Osnabrück, Naturwissenschaftlicher Verein. Regensburg, Naturwissenschaftliche Vereinigung. Rostock, Verein der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg: Archiv, 62. Jahrgang (1907) 2. Abteilung, Archiv 63. Jahrg. 1909. 1. Abteilung. Stuttgart, Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg: Jahres- hefte 1909 nebst 2 Beilagen. Wiesbaden, Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrbuch 62, 1909. Zwickau, Verein für Naturkunde. Wien, K. K. Zoologisch-botanische Gesellschaft. £ Wien, K.K. Naturhistorisches Hofmuseum: Annalen XXII 24, XXIII, 12. Prag, Deutscher Naturwissenschaftlich-medizinischer Verein „Lotos‘‘ Band 55, 4—12. 142 Budapest, K. Ungarisches Nationalmuseum: Annalen Band VII, Part 1 und 2, 1909. Hermannstadt, Siebenbürgischer Verem für Naturwissenschaften: Ver- handlungen und Mitteilungen Band 58. Basel, Naturforschende Gesellschaft: Schriften, Band XXII 2, 1909. Bern, Naturforschende Gesellschaft. Mitteilungen Nr. 1665—1700 (1908). Linz, Museum Franeisco-Carolinum. 67. Jahresbericht 1909. Zürich, Naturforschende Gesellschaft. Vierteljahresschrift, Jahrgang 53, 4 1908, 54, 1—2, 1909. Winterthur, Naturwissenschaftliche Gesellschaft. St. Gallen, Naturforschende Gesellschaft. Genf, Societe Helvetique des Sciences naturelles. Glarus, Schweizerische Naturforschende Gesellschaft: Vorträge und Sitzungs- protokolle Band I (1908) Berichte Band II. Amsterdam, K. Akademie von Wetenschapten: Verslagen vand de Gewone Vergaderingen des Wisen Nutuurkundige Afdeling. Deel XVII 1—2. Harlem, Musee Teyler. Bergen, Museum: Aarbog 1909, No. 7 Heft 2. Aarberetning, Jahrgang 1908. Stockholm, K. Schwedische Akademie der Wissenschaften: Ärsbok for 1.09. Arkiv for Botanik, Band IX, 1. Arkiv for Zoologie, Band V, 4, Handlingar, Band 43, 9 : 44, 13. Stockholm, Zootomisches Institut. Upsala, Universität. Stavanger, Museum. Aarshefte for 1908, 1909. Tromsö, Museum. Helsingfors, Societas pro Fauna et Flora Fennica: Meddelanden. 1908/09. Acta 24, 28, 30—32. Riga, Naturforscherverein. London, British Museum. Nat. Hist. Liverpool, Free Public Museum. Edinburgh, Royal Society: Proceedings Vol. XXIX 4—8, XXX 1-2. tennes, Universität: Traveaux scientif, Band 6, 2. Lissabon, La Societe portugaise des Sciences naturelles Bulletin Vol. H. Albany, State Museum Reports 61, 1—2. Baltimore, Maryland Geological Survey. Boston, American Academy of Arts and Scienses: Proceedings, Vol. XLIV 8—26. XLV 1-3. Cambrigde, Museum of Comparative Zoology: Annual Report 1908/09, Bulletin, Vol. LII 8—14, LII 1-4, LIV 1. Chicago, Field Museum. Chicago, Academy of Sciences: Bulletin Vol. III 1—2, VI 1. Cincinnati, Museum Association, 143 Helena, Montana, Universitiy of Montana: Report 1907—1908, Bulletin 53, 54, 58. Jeffersohn City, Missouri Bureau of Geology and Mines, Vol. V, VI, VII, VII, 2nel. Ser. Vol. IX 1—2. St. Louis, Botanical Garden. Milwaukee, Wisconsin Nat. Hist. Soe. Bull. VI 1-4. Milwaukee, Public Museum of the City of Milwaukee. New-York, Academy of Sciences. New-York, American Museum of Natural-History Oentral-Park: Bull. XXVI Memoirs Vol. IX 5—6. Rochester (N. V.) Rochester Academy of Science: Proceeding 60, 61, 1—2. Wisconsin, Geological and Natural History Survey: Transactions Vol. XV, 1. Washington, Department of Agrieulture: North American Faune No. 27—30. Bulletin 33. Mouse plagues, their control and prevention. The economic value of predaceous birds and mammals. The relations between birds and insects,. Use of poisons for destroying noxious mammals. Washington, Nationalmuseum: Contributions, Vol. XII, pt. 4—10; Vol. XII, pt. 1. Bulletins, 62—69; Proceedings, Vol. 34—36; Report for 1908. Philadelphia, Acad. of Natur. Sc. Proceedings, Vol. 60, 3 — 61, 1—2. Tufts College. Studies, Vol. II, 3. 1909. Buenos Ayres: Valparaiso, Museo de Valparaiso: Revista Anno 11, 12, 13, 1. 1909. Montevideo, Museo National. Anales Vol. VII, 4. Rio de Janeiro, Museo national: Relatoria Final. 1908. Para, Brasil. Museo Paraense: Boletim Vol. V 2. Caleutta, Indian Museum. Nat. Hist. Sect. Records, Vol. II 2—5 Memoirs Vol. I 3, II 1—4, Vol. III; 1—3. Caleutta, Craniological Data 1909. Annoated list of the Asiatic beetles Pt. 1. Sappora, Japan. Batavia, Kon. Natuurkundige Vereenigung in Nederlandsch Indie: Tjidschrift, Deel 48. Singapore, Raffles Museum. Sidney, Australian-Museum: Records, Vol. VII. 4 Memoirs Vol. IV. Sidney, Royal Society of N. S. Wales. Brisbane, Queensland-Museum: Annals No. 8, 9. Kapstadt, South African Museum: Annals, Vol. VI. VII; Report for 1908. Marine Investigations Vol. IV, Natal, Government Museum: Annals, Vol. II. 8. 1. Grahamstown, Albany-Museum: Report f. 1908. 144 3. Angekauft wurden: 1. Schötensack, Homo Heidelbergensis. 2. Scharpe Handlist of Birds Vol. 5 1909. 3. Hartert, die Vögel der paläarktischen Fauna. Berlin 1903 ff. 4. Houard: Les Zoocecidies des Plantes d’ Europe Paris 1908—1909. 2 Bände. 5. Zoocecidia et Cecidozoa impr. prov. Rhenane Lfs. 1—4. 6. Bade, Südwasserfische Mitteleuropas. 7. Junk & Schenkling Coleopterorum Catalogus. 8. Hennel, Palaearcet. Tortriciden. 9. Brauer, Süßwasserfauna Deutschlands. 10. Evermann, Fauna of Porto-Rico. Wash. 1902. 11. Chall. Exped. Holothuroidea. 12. Garke, Illustr. Flora von Deutschland Berlin 1908. 13. Steinmann, Einführung in die Palaeontologie. 14. Neumayer, Erdgeschichte. Leipzig 1395. 2 Bände. Die Fortsetzungen von: Das Tierreich. Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs. Zoologische Jahrbücher. Zoologischer Anzeiger. Bibliotheca Zoologica. Zoological Record. Vol. 45 1908. Notes from the Leyden Museum. Martini und Chemnitz: Konchylien - Kabinett. Nachrichtsblatt der deutschen malakozoologischen Gesellschaft. Entomologische Literaturblätter. Zeitschrift für wissenschaftliche Insektenbiologie. Schmiedeknecht, Ichneumologica. Reitter, Bestimmungstabellen europ. Käfer. Spuler, Die Schmetterlinge Europas. Berliner entomologische Zeitschrift. Deutsche entomologische Zeitschrift. Stettiner entomologische Zeitschrift. Seitz, Großschmetterlinge der Erde. Abt. Exot. Kosmos. Aus der Natur. Die Heimat. 145 Mitglieder-Verzeichnis. Vorstand. Lenz, Heinrich Wilhelm Christian, Dr. phil., seit 1902, Vorsitzender. Schulze, Franz Louis Karl, Dr. phil., seit 1902, stellvertr. Vorsitzender. Sauermann, Friedrich Karl, Kassenführer, seit 1885. Sack, Theodor Karl Gustav, Dr. phil., seit 1902. Krauß, Joseph, seit 1905, Schriftführer und Bibliothekar. Nriller, Ernst Ludw. Julius, Dr. pbil., seit 1908. Peters, Berthold Adolf August, seit 1910. Schwartz, Georg Sebald Christoph, Dr. phil., seit 1910. Ehrenmitglieder. Kranel, Richard, Dr. jur., Kaiserl. Wirkl. Geheimer Rat, Exzellenz, in Berlin. Förster, Wilhelm, Dr. phil., Professor, Geh. Regierungsrat, Direktor der Königl. Sternwarte in Berlin. Kliügmann, Karl Peter, Dr. jur., außerordentlicher Gesandter und bevoll- mächtigter Minister der Hansestädte in Berlin. Nansen, Fridtjof, Dr. phil., in Christiania. Schaper, Dr. phil., Hofrat, Direktor des Realgymnasiums in Meiningen. Drygalski, Erich v., Dr. phil., Professor an der Universität in München. Fischer, Theobald, Dr. phil., Geh. Regierungsrat, Professor an der Uni- versität in Marburg. Penck, Albrecht, Dr. phil., Geh. Regierungsrat, Professor an der Universität in Berlin. Friedrich, Paul, Dr. phil., Professor am Katharineum in Lübeck. Struck, Rudolf, Dr. med., Professor, Arzt in Lübeck. Korrespondierende Mitglieder. Pauli, Gustav, Privatmann in Berlin. Deecke, Wilh., Dr. phil., Prof. in Freiburg i. Br. Kiepert, Rich., Dr. phil., Berlin. Ave-Lallemant, Hermann, Professor, San Louis (Argentinien). Krüger, Paul, Dr., Professor an der Universität zu Santiago (Chile). Hahn, Eduard, Dr. phil., Berlin. Ehrtmann, Ludwig, Konsul in Riga. 146 Conwentz, Hugo, Dr. phil., Professor, Direktor d. westpreussischen Provinzial- Museums in Danzig. Genitz, Eugen, Dr. phil., Professor an der Universität in Rostock. Schott, Gerhard, Dr. phil., Professor, Abteilungsvorstand a. d. Deutschen Seewarte in Hamburg. Voeltzkow, Alfred, Dr. phil., Professor in Berlin. Hiesige Mitglieder. Ahting, Theodor, seit 1909. Baetheke, Ludwig Herm., Dr. phil., seit 1882. Behn, Karl, seit 1392. Behncke, Heinrich Leo, seit 1882. Behrens, Heinrich, seit 1832. Benick, Ludwig, seit 1910. Bertram, Karl, seit 1905. Bienert, Ado Waldemar, seit 1903. Bippart, Emil, seit 1906, Bohnsack, August, seit 1904. Bong-Schmidt, Max Julius Ludw., seit 1905. Brandes, Hermann, seit 1908. Brandes, Wilhelm, seit 1906. Brattström, Karl Alfred, seit 1882. Breinig, Egon, Dr. phil., seit 1909. Brisch, Wilh. Karl Adolf, Dr. phil., seit 1901. Burmester, Hans Heinrich Hermann, seit 1905. Burmester, Johannes Jacob, seit 1383. Christensen, Karl Iwan Christian, seit 1907. Coleman, Charles, seit 1887. Daniels, August, seit 1901. Dimpker, Karl Friedrich Robert, seit 1908. Erasmi, Adolph, seit 1882. Erasmi, Heinrich Christian Theodor, seit 1887. Ernst, Karl Joh. Friedrich, Dr. phil.. seit 1901. Eschenburg, Bernh. Friedr., Dr. phil., seit 1882. Eschenburg, Joh. Herm., Senator, seit 1891. Evers, Johann Hermann Friedrich, seit 1906. Faber, Otto Ludwig, seit 1888. Fehling, Emil Ferdinand, Dr. jur., Senator, seit 1884. Fehling, Johannes Emanuel, seit 1904. Fehling, Wolfgang, seit 1905. Frahm, Karl, seit 1908. Frank, Johann Friedrich Gustav Wolfgang, Dr. phil., seit 1903. Freitag, Johannes Friedrich Wilhelm, seit 1908. 147 Freund, Karl Gottfr. Heinr., Dr. phil., seit 1885. Friedrich, Alexander Paul, Dr. phil., 1882—1838 und seit 1906. Gaedertz, Paul Maximilian, seit 1896. Genzken, Wilhelm Hermann August, Dr. phil., seit 1895. Gosch, Heinrich Rudolph, seit 1897. Görtz, Heinrich Adolf, Dr. jur., seit 1883. Hahn, Julius Hermann, seit 1893. Hahn, Theodor Georg Otto, seit 1908. Hammerich, Adolf Joh. Karl, Dr. med., seit 1832. Hammerich, August Peter Friedrich, seit 1908. Hansen, Wilhelm, seit 1905. Hasselbring, Johann Karl Heinrich Wilhelm, seit 1904. Haukohl, Ludwig, seit 1907. Hausberg, Heinrich, Dr. phil., seit 1882. Häußler, Ernst Gustav, Dr. phil., seit 1908. Heitmann, Johannes Adolf, seit 1883. Hennings, Hans Wilhelm Heinrich, seit 1907. Hoffmann, Paul Moritz, seit 1882. Hossenfelder, Kurt, seit 1909. Karutz, Heinrich Ludwig Mathias Richard, Dr. med., seit 1896. Klug, Heinrich, Dr. jur., Senator, seit 1382. Kluth, Karl Heinrich Friedrich, seit 1909. Köhncke, Karl, seit 1902. Kohrs, Wilhelm, seit 1898. Krauss, Joseph, seit 1903. Krohn, Karl Heinrich August, seit 1882. Kulenkamp, Hermann Eduard Gustav, Dr. jur., seit 1909. Kühne, Ludwig Heinrich, Exzellenz, seit 1903. Küstermann, Friedr. Herm., Dr. phil., seit 1882. Langenheim, Ludw. Friedr. Lorenz, seit 1908. Langenheim, Wilh. Carl, Dr. jur., seit 1905. Lehmann, Karl Wilh. Vollrath Gottfr., seit 1904. Lenz, Heinr. Christian Wilh., Dr. phil., seit 1582. Lienau, Cay Diedr., Dr. jur., Senator, seit 1895. Linde, Friedrich August Hermann, seit 1882. Lohmeyer, Karl, seit 1904. Lucht, Christian, seit 1904. Liübcke, Robert, seit 1888. Mahn, Johann Heinrich, Dipl.-Ing., seit 1904. Maltzahn, August, seit 1910. Melior, Generalmajor und Brigade-Kommandeur, seit 1908. Messtorff, Peter Johann Adolf, seit 1899. Meyer, Ernst, Dr. jur., seit 1907. Meyer-Trambjerg, Theodor Amandus, seit 1891. Mittelstaedt, Karl Ernst Alexander, seit 1904. Möbusz, Albin Friedr. Rich., Dr. phil., seit 1903. Mollwo, Ludwig Wilhelm Heinrich, seit 1882. Möller, Heinrich Wilh, Rudolf, seit 1902. Möller, Johannes Friedrich Jacob, seit 1901. Möller, Johs. Theodor Max Karl Aug., seit 1909. Miiller, Ernst Ludwig Julius, Dr. phil., seit 1882. Murken, Otto Karl Anton, seit 1906. Nachtwey, Heinrich Johannes Friedrich, seit 1893. Neumann, Johann Martin Andreas, Dr. jur., Senator, seit 1893. Pabst, Gustav, Dr. jur., seit 1882. Pauls, Eilhard Stephan Erich, seit 1903. Peckelhoff, Friedrich, seit 1908. Peters, Berthold Adolf August, seit 1893. Plesfing, Edmund Wilhelm, Dr. jur., seit 1904. Plesfing, Karl Theodor, seit 1836. Possehl, Joh. Ludw. Emil, Senator, seit 1883. Rehder, Peter, seit 1885, Reimann, Gustav Adolph, Dr. phil., seit 1882. Reimpell, Georg, seit 1896. Reuter, Otto Gerhard, seit 1907. Rey, Paul Wilhelm Adolf, seit 1899. Riedel, Friedrich Karl Ferdinand Otto, Dr. med., seit 1905. Rösing, Heinrich Albert Oskar, seit 1903. Rudolphy, Karl Hermamn Johannes, Dr. med., seit 1908. Saarburger, Ernst Eduard, seit 1905. Sack, Gustav, Dr. phil., seit 1899. Sartori, Heinrich Friedrich Theodor, seit 1883. Sauermann, Friedrich Carl, seit 1882. Sawitzki, Karl Otto, seit 1909. Schaper, Ernst, Dr. phil., seit 1908. Scharff, Heinrich Gustav, seit 1837. Scharff, Karl, seit 1895. Schaumann, Gust. Frriedr. Aug. Georg, seit 1900. Schmidt, Gustav Julius Ludwig, seit 1883. Schmidt, Max, seit 1885. Schneermann, Karl Konrad Joseph, seit 1891. Schorer, Theodor, seit 1883. Schröder, Karl Nikolaus, seit 1896. Schultz, August Heinrich, seit 1902. Schultz, Heinrich Josef Georg August, seit 1883. Schulze, Franz Lowis Karl, Dr. phil., seit 1836, 149 Schwarz, Georg Sebald, Dr. phil., seit 1907. Schweighoffer, Anton Christian Louis, seit 1900. Sellschopp, August, seit 1907. Sellschopp, Paul Friedrich, seit 1907. Seydell, Kurt, seit 1905. Siemers, Eduard Rudolph Wilhelm, Dr. med., seit 1899. Sievers, Heinrich, seit 1908. Sönnichsen, Peter Wilhelm, seit 1896. Stechert, Paul, seit 1907. Steyer, Karl Ernst, Dr. phil., seit 1906, Stolz, Emil Gustav Louis Jacob, seit 1904. Stoofs, August, Johannes Alfred, Dr. jur., Senator, seit 1906. Strinz, Paul Eugen, seit 1904. Struck, Hans Rud. Eberh., Dr. med., seit 1902. Strunck, Karl Georg Joachim, seit 1907. Studt, Eduard, seit 1908. Thiel, Heinrich, seit 1907. Tiedemann, von, Adolf Friedrich Karl Ferdinand, seit 1906. Trummer, Ludwig Adolph, seit 1893. Uter, Friedr. Christian Wilh., Dr. med., seit 1896. Veers, Johann Heinrich, seit 1891. Vermehren, Wilhelm, seit 1905. Warncke, Hermann, seit 1884. Warncke, Oskar, seit 1906. Wattenberg, Oskar Ferdinand Hermann, Dr. med., seit 1592. Wentz, Karl, seit 1910. Werner, Gustav Ferdinand, seit 1882. Weyrowitz, Karl Friedrich August, seit 1899. Windel, Hermann August, seit 1896. Wortmann, Friedrich, seit 1909. Zawadsky, Thaddäus von, seit 1908. Zillich, Johannes Robert, Dr. phil., seit 1884. Zimmermann, August Ludwig Eduard Rich., seit 1905. Ausserordentliches Mitglied. Sonder, Christoph Karl Adalbert August, Dr. phil., Apotheker in Oldesloe, seit 1392. 150 Verzeichnis der Gesellschaften, Vereine, Behörden und Zeitschriften, mit denen die Geographische Gesellschaft in Lübeck in Schriftenaustausch steht. Deutschland. Berlin, Gesellschaft für Erdkunde. Zeitschrift m. Beigabe 1908, 1909, 1910, 1—3. — Zentralverein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Auslande. Export 1908, 1909, 1910, 1—16. — Deutsche Kolonialgesellschaft. Deutsche Kolonialzeitung 1908, 1909, 1910, 1—17 und Kolonial-Handelsadreßbuch 1908, 1909, 1910. — Zentralausschuß des Deutschen Geographentages. Verhandlungen 1907, 1909. — Königliche Bibliothek. Jahresberichte 1906/07, 1907/08, 1908/09. — Königl. Preuß. geodätisches Institut. Veröffentlichungen. Neue Folge. Nr. 36 bis 41. (1908—1909). — Redaktion des Globus. Globus. Bd. 43—45. (1908/09.) Bd. 46 (1910) 1—14. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Sitzungs- bericht 1908, 1909. bremen, Geograpbische Gesellschaft. Deutsche geograph. Blätter 1907, 1908, 1909, 1910, 1—4. Breslau, Schlesische Gesellschaft für Vaterländische Kultur. Jahresbericht 1907, 1908. Dresden, Verein für Erdkunde. Jahresbericht 1908. Mitteilungen: 1909. Heft 5—9. 1910. Heft 10. Elberfeld, Naturwissenschaftlicher Verein. Frankfurt a. M., Verein für Geographie und Statistik. Jahresbericht: 70. (1905—1906) 71. (1906—1907) u. 72. (1907—1908) Jahrgang. 151 Giessen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. a) Naturwissenschaftl. Abteilung: Band 2 (1907—19083). b) Medizinische Abteilung: Band 3 u. 4 (1908). _ Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde. Geograph. Mitteilungen aus Hessen. IV. Heft 1908. V. Heft 1909. Gotha, Redaktion von Dr. A. Petermanns Mitteilungen. Mitteil. 1908, 1909, 1910, 1—3 u. Ergänzungshefte 156 —164. — Redaktion des Geograph. Anzeigers. Justus Perthes. 1908, 1909, 1910, 1—3. Greifswald, Geographische Gesellschaft. Jahresbericht 1908, 1909. Halle a. $., Sächsisch-Thüringischer Verein für Erdkunde. Mitteilg. 31. Jahrg. (1907)., 32. Jahrg. (1908)., 33. Jahrg. (1909). — Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinische Deutsche Akademie für Naturforscher. Leopoldina. 1908, 1909, 1910, 1—3. Hamburg, Geographische Gesellschaft. Mittellg.. Band 22 (1907), Band 23 (1908), Band 24 (1909). — Kaiserliche Deutsche Seewarte. Annalen der »Hydrographie« 1907, 1908, 1909, 1910, 1—4. Jahresberichte 1907, 1908, 1909. Hannover, Geographische Gesellschaft. Jahresberichte: 1908, 1909. _ Stadtbibliothek. Nachträge zum Katalog: 1906, 1907, 1908, 1909. Jena, Geographische Gesellschaft in Thüringen. 25. Bd. Mitteilungen 1907. Kassel, Verein für Erdkunde. 24. u 25. Jahresbericht 1907. Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein. Köln, Gesellschaft für Erdkunde. Jahresbericht 1908, 1909. Königsberg, Geographische Gesellschaft. —_ Physikalisch-ökonomische Gesellschaft. Schriften 1908, 1909. Leipzig, Verein für Erdkunde. Mitteilg. 1907. Katalog der Biblioth. d. Vereins 1905. — Museum für Völkerkunde Jahrbuch 1910. — Redaktion der Geogr. Zeitschrift 1908, 1909, 1910, 1—4. Mainz, Römisch-Germanisches Centralmuseum. Magdeburg, Museum für Natur und Heimatkunde Abhandlungen und Berichte 1908, 1909. : Metz, Verein für Erdkunde. Jahresbericht 1907—1909. München, Geographische Gesellschaft. Mitteilungen: II. Band (1907), III. Band (1908), IV. Band (1909) Heft 1 u. 2. — ÖOmithologische Gesellschaft in Bayern. Erdmagnetisches Observatorium der Kgl. Sternwarte — Deutseher und österreichischer Alpenverein. Mitteilungen und Zeitschrift 1908, 1909, 1910, 1—7. Nürnberg, Naturforschende Gesellschaft. Osnabrick, Naturwissenschaftlicher Verein. Rostock, Verein der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. Bd. 61, 2 we 621: 152 Stettin, Gesellschaft zur Förderung überseeischer Handelsbeziehungen, Jahresbericht 1909. En Gesellschaft für Völker- und Erdkunde. Jahresberichte 1905/1906. Stuttgart, Württembergischer Verein für Handelsgeographie und Förde- rung deutscher Interessen im Auslande. 24, und 25. Jahres- bericht. (1905 und 1906.) Zwiekau, Verein für Naturkunde. Jahresbericht 1908. Österreich. Herrmannstadt, Siebenbürger Karpathenverein, Jahrbuch: 27. Jahrgang 1907, Linz a. D., Museum Franeisco-Karolineum. 66., 67. u. 68. Jahresbericht (1908—1910) nebst 60. Lieferung der Beiträge zur Landes- kunde ob der Enns. Wien, K. K. Geographische Gesellschaft. Abhandlungen VI. Band (1905—1907) Nr. 2. Mitteilungen Band 51 (1908) 1—12. Band 52 (1909) 1—12. Band 53 (1910) 1—3. — K.K. Geologische Reichsanstalt. Verhandlg. 1908, 1—18, 1909, 1—18, 1910, 1. — K. K. Naturhistorisches Hofmuseum. Annalen XXIL, 2-4, XXIH, 1—2. — Verein der Geographen an der Universität Wien. Geogr. Jahres- bericht aus Oesterreich 1908, 1909. — Archiv des K. K. Militärgeographischen Instituts. Mitteilungen: 27. Band (1907) und 28. Band (1908). Ferner: Die astro- nomisch-geodätischen Arbeiten des K. K.militär. Institutes. XXII. Band, Budapest 1908. — Internationale Erdmessung. — Redaktion der Deutschen Rundschau für Geographie und Statistik. — Anthropologische Gesellschaft. Schweiz. Bern, Geographische Gesellschaft. Mitteilungen 1665-1700 (1908). Jahresberichte 1907, 1908, 1909. — Schweizerische Naturforschende Gesellschaft. Verhandlungen. Bern, Naturforschende Gesellschaft von Bern. Genf, Soeciete de Geographie de Geneve, Le Globe. Bulletin: 1907 (Band 46), 1908 (Band 47), 1909 (Band 48). Neuchätel, Societe Neuchäteloise de Geographie. Bulletin. Band 18 (1907), Band 19 (1908). Winterthur, Naturwissenschaftliche Gesellschaft. Zürich, Geographisch-ethnographische Gesellschaft. Jahresber. 1907/1908 (mit wissenschaftlichen Beilagen). 153 Holland. Amsterdam, Koninklyk Nederlandsch Aardrijkskundig Genootschap. Tijd- schrift, 1907 (Band 24) 1—6, 1908 (Band 25) 1—6, 1909 (Band 26) 1—6. Belgien. Brüssel, Societe Royale Belge de Geographie. Bulletin 31. Jahrgang 1907. — Observatoir Royal de Belgique: Annales de l’obs. roy. de Belg. Tom XI. Fase. 1. (1907.) — Comite de Bibliographie et d’Etudes astronomiques: Les obser- vatoires astronomiques et les astronomes. (1907.) Brügge: Societe d’Emulation de Bruges. Tome 57. Fascikel I—3. 1907. Frankreich. Parıs, Societe de Geographie commerciale. Bull. Band 30 (1908) 1—12, Band 31 (1909) 1—12, Band 32 (1910) 1—3. — Le Tour du Monde. 1907, 1-52. 1908, 1—52. 1909, 1—7. 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In Kommission bei R. Friedländer & Sohn-Berlin. & (5 Yaschhl we “ in zul N ine ah A Inhaltsverzeichnis. Günther Jaffe& (Berlin), Über Pholidosaurusreste aus dem Naturhistorischen Museum in Lübeck En! ER Rn RE ES Prof. Dr. P. Friedrich und Dr. H. Heiden, Die Litorina- und Praelitorina- bildungen unter dem Priwall bei Travemünde. Mit zwei Tafeln Prof. Dr. Heinrich Lenz, Gustav Pauli. Ein Gedenkblatt .. .....» Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1910 Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1911 - » Versammlungen der Geographischen Gesellschaft vom Oktober 1910 bis EN ee re Er N u er Bericht über die Tätigkeit der Geographischen Gesellschaft 1907—1912 . . . » Benichteoderzerdmaenetischen Abteilung mn Satzungen der Geographischen Gesellschaft in Lübeck . . . . ee NintsliedlerMer261rc His ee ee el a Verzeichnis der Gesellschaften, Vereine, Redaktionen, mit denen die Geographische Gesellschaft im Schriftenaustausch steht . . N Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1911 .......» ls ekersersi Rh ö EN x Y r + RR EIERN VAR A Fo rt) Be! “F lt) a ea Über Pholidosaurusreste aus dem " Naturhistorischen Museum in Lübeck von Günther Jaffe (Berlin). ES In April dieses Jahres stellte das Lübecker Naturhistorische Museum mir einige Reste von Pholidosaurus zur Bestimmung und Beschreibung zur Verfügung. Dieselben wurden von dem dortigen Steinmetzgeschäft J. G. Rechtglaub, durch den jetzigen Inhaber OÖ. Quittenstädt, bei dem Zerspalten eines Sandsteinblockes aus Oberkirchens bei Bückeburg aufgefunden und dem Naturhisto- rischen Museum in Lübeck zum Geschenk gemacht. Die Gattung Pholidosaurus gehört zu den ältesten echten Crocodiliden Sie kommt im norddeutschen Wealden in der untersten Kreideformation vor. In Deutschland sind bisher ihre Reste ausschließlich an dem bereits genannten Fundort beim Bückeberg gefunden worden. Eigenartig ist die Erhaltung der meisten bekannten Reste. Knochen- reste sind höchst selten, häufiger sind Abdrücke, in der Hauptsache be- sitzen wir aber nur Steinkerne der Höhlen des Schädels. Die Tiere haben höchstwahrschemlich nicht pelagisch, sondern im Brack- oder Süßwasser gelebt, ähnlich wie ihre heutigen Verwandten in Indien und den Sunda-Inseln, Gavialis und Tomistoma. Meiner Ansicht nach hat das Brackwasser vielleicht die größere Wahrscheinlichkeit für sich, denn aus den uns erhaltenen Steinkernen, die aus Sandstein bestehen, können wir schließen, daß die Tiere bald nach ihrem Tode im Sande begraben sind. Die Tiere dürften nicht lange nach ihrem Tode gelegen haben, bis sie vom Sande begraben sind; denn, wenn dies der Fall ge- wesen wäre, wären die Knochen schon vorher zerfallen, und wir würden keine Spur von den Tieren finden. Außerdem muß ein gleichmäßiger, allmählicher Absatz von Sand stattgefunden haben, da uns ein recht gleichmäßiger Sandstein erhalten ist. Auch können wir angesichts des feinen Kornes des Sandsteins nicht an ein Wasser mit großer Trag- fähigkeit denken. Das Grab ist den Tieren wohl nicht plötzlich bereitet, denn dann wäre der Sand nicht in die feinen und feinsten Höhlen, wie es tatsächlich der Fall ist, eingedrungen, sondern es wären uns wahrscheinlich nur die Abdrücke des Tieres erhalten geblieben. Im Brackwasser aber, in der Flußmündung, wo das Wasser von schwebenden Sandteilchen erfüllt ist, sinkt langsam ein Körnchen nach dem andern auf das tote Tier nieder. Der Druck ist nicht so groß, daß der Körper davon zerquetscht würde, aber groß genug, um die einzelnen Sandpartikelchen in alle Höhlen des 4 Tierkörpers zu pressen. Kieseliges Bindemittel verkittete die Körnchen. Der Sand wurde zum Sandstein. Da jetzt die Knochen fehlen, so dürften diese bei dem Prozeß der Sandsteinbildung aufgelöst sein. Das Material des Lübecker Museums ist ein etwas grobkörniger Sandstein, in dem die Teile nicht so gut abgedrückt werden können, wie in einem feinkörnigen. Ich konnte damit, dank der gütigen Erlaubnis des Herrn Geheimrat Branca, das Material des Kgl. geol.-palaeontol. Instituts in Berlin vergleichen. In diesen Stücken besteht die Einbettungs- masse aus einem feinkörnigen, glimmerhaltigen Sandstein, der die ein- zelnen Formen wesentlich schärfer heraustreten läßt. Dieses Material ist s. Z. von Koken bearbeitet und in den Palaeontol. Abhandlungen, herausgegeben von Dames und Kayser 1386/87, ausführlich behandelt worden. Ich werde noch später auf diese Arbeit zurückkommen. Außer- dem schrieb schon im Jahre 1544 H. v. Meyer in Dunckers Mono- graphie des norddeutschen Wealdens über Pholidosaurus. Er beschreibt ihn zum ersten Male, wenn er auch über Gehirnhöhlen und Gehörgangs- ausgüsse wenig sagt. Schließlich hat Lyddeker noch im Jahre 1887 einen Pholidosaurus aus dem englischen Wealden beschrieben. Er fand von diesem den hinteren Teil des Schädels, einige Wirbel, Rücken- schild usw. Das Lübecker Material stellt folgende nicht unbeträchtliche Teile des Schädels dar: 1. Abdruck eines Teiles der Schnauze. 2. Ausguß der facialen Schädelhöhle. 3. Abdruck eines Teiles der inneren Schnauze mit Alveolenaus- güssen (entstanden durch Eindringen des Sandes in die Schnauze). 4. Abdruck eines Teiles des Gaumens. Das Stück setzt sich nach unten fort und zeigt die Abdrücke der Unterkieferhälften, kurz vor deren Symphyse. . Ausgüsse der Höhlen des Unterkiefers. . Abdruck eines kleinen Schnauzenteiles. . Ausguß der Gehirnhöhle. . Ausguß eines Teiles des Gehörganges. [0 BE orig 1. Abdruck eines äußeren Schnauzenteiles. Das ganze Stück hat etwa 35 cm Länge und an der vordersten Stelle 5 cm Breite, an der hintersten 6,5 cm. Die Höhe beträgt vorn 4,5 cm, hinten 6,1 cm. Die Verwachsung des Unterkiefers ist auf der ganzen Länge des Stückes deutlich zu erkennen. Jedoch scheint das Stück kurz vor der Gabelungs- stelle der Unterkiefer aufzuhören. Die rechte Seite, die etwas länger als die linke ist, biegt in ihrem hintersten Ende stark nach rechts ab. Im rechten Unterkiefer zählt man 18, im linken 14 Zähne. Von Öber- kieferzähnen sind nur einige Alveolenausgüsse vorhanden. Der Knochen [9] zeigt eine sehr rauhe, rissige Oberfläche. Eine Naht zwischen Prae- maxillare und Maxillare ist nicht zu sehen, so daß sich über die Lage dieser beiden Knochen zu einander nichts sagen läßt. Ich habe der größeren Klarheit halber von diesem Stück ein Gelatineausguß angefertigt (siehe Taf. 1, Fig. 1). Diesen Ausguß mußte ich anfertigen, um die Frage entscheiden zu können, welches Ober- und welches Unterkiefer ist. Ich habe den Ausguß folgendermaßen gemacht: Das Ganze besteht aus drei Stücken, einer einheitlichen Hälfte, sowie der in der Mitte gespaltenen anderen Hälfte, so daß, wenn ich die Stücke aufeinander legte, ich eine geschlossene Röhre bekam. Nun wurden alle Sprungstellen zugegipst, ebenso die untere Oefinung und flüssige mit Glycerm und Karbol ge- mischte Gelatine hineingegossen. Der Ausguß hat sich infolge des Glycerins und Karbols sehr gut gehalten; das erstere verhindert nämlich das allzuschnelle Eintrocknen, das zweite das Schimmeln. 2. Ausguß der facialen Schädelhöhle Das Stück hat eine Länge von 45 cm, eine größte Breite von 11 cm und eine geringste Breite von 1,5 cm. Gerade bei diesem Stücke, das den Ausguß der Kieferhöhlen und Choanen, von kurz hinter den Nasenöffnungen an bis etwa zur Orbita repräsentiert, ist die Erhaltung leider eine recht ungünstige. Auf der Unterseite sind die Palatina, Pterygoidea, Vomer, vollkommen zerstört, bezw. abgeschabt. Auf der Oberseite habe ich durch Vergleich mit dem Material des Berliner ge- ologischen Instituts die Nähte der einzelnen Knochen festellen können. Meine Beobachtungen stimmen genau mit denen Kokens übererein. Deutlich zu erkennen ist die tiefe, spitz zulaufende Naht des Frontale gegen die Nasalia. Ebenfalls sichtbar ist eine im vorderen Teile zwischen den beiden Frontalia sich hinziehende Trennungslinie, die sich im weiteren Verlaufe dieser Knochen vollkommen verliert. Die Naht zwischen Nasale und Maxillare liest lateral und ist auch zu verfolgen. (Taf. 1, Fig. 2). 3. Abdruck eines Teiles derinneren Schnauze. Es handelt sich hierbei um ein kleineres Stück, das nur seiner Entstehung wegen von Interesse ist. Wir sehen auf der Oberseite den Abdruck des Gauıinens, sowie drei Alveolen der ÖOberkieferzähne. Auf der Unterseite ist der Abdruck des Unterkiefers und vier Abdrücke von Zähnen sichtbar. Das Tier muß also entweder die Schnauze im Tode leicht geöffnet gehabt haben, dafür spricht auch das Stück, bei dem die Zähne nicht bis dicht an die gegenüber liegenden Knochen herankommen, oder aber die sandige Masse ist erst allmählich, nachdem das Tier schon verwest war, ein- gedrungen. Bei dem zweiten Unterkieferzahn von vorn ist sehr hübsch zu sehen, wie der junge Zahn sich in den alten nachschiebt. Die Zähne sind alle nur in der Hälfte ihres Abdrucks vorhanden, so daß man hier den doppelten Abdruck leicht erkennen kann. (Taf. 1, Fig. 3, 4). 4, Abdruck eines Teiles desGaumens, sowie der Unter- kiefersymphyse. Dieses Stück zeigt auf fünf verschiedenen Seiten Knochenabdrücke, und zwar finden wir auf der Oberplatte den Abdruck eines sehr stark gerieften Knochens, wahrscheinlich des Palatinums. An den Seitenrändern sind deutlich kleine Zähnchenabdrücke sichtbar. Die untere Seite der Platte zeigt den Abdruck eines glatten Knochens, ebenso wie die beiden Seiten des Septums, das von der Mitte der unteren Platte aus- seht und auf der Mittellinie derselben senkrecht steht. Da der untere Teil dieses Septums sich nun nicht weiter mit Knochenflächen fortsetzt, sondern im Gegenteil eine scharfe überragende Kante besitzt, so nehme ich an, daß dies Stück auch ein Ausgußstück der Schnauze ist, und zwar von der Stelle, an welcher die Unterkiefersymphyse aufhört, so daß die vier glatten Knochenabdrücke vom Unterkiefer herrührten,. In dieser Ansicht bin ich nun noch bestärkt durch den Umstand, daß die eine Breitseite des Septum sehr viel schmaler ist als die andere. Ich gebe hier die Masse des Stückes: Länge auf der palatinalen Seite. .. 32 mm Länge auf der Unterseite. ..... 88 » Mittlere@ Breite, vorn a eo Mittlere Breite hinten . ...... 17 » Es ist also auf eine Strecke von 33 mm ein Breitenwachstum von 11,5 mm zu verzeichnen. Der Winkel, den die beiden Seiten des Stückes mit ein- ander bilden, beträgt etwa 10°. Dieses wäre also auch der Winkel der Unterkiefersymphyse. (Taf, 1, Fig. 5.) 5. Ausgüsse der Höhlen des Unterkiefers. Es sind nun weitere zwei Stücke zu beschreiben, die auch zum Unterkiefer gehören: es sind dies zwei spiegelbildiche Stücke, das eine länger, schmaler, das andere nicht so lang, aber dicker und breiter. Augenscheinlich stammt das dieke aus dem hinteren Teile der Unterkieferhöhle, während das erstere die Ausfüllung des vorderen Teiles der anderseitigen ist. Die Stücke stellen etwa 1 cm flache Platten vor, die eine ungefähre Höhe von 2,5 bezw. 3 cm haben und sich nach vorn zuspitzen. An den flachen Kanten sind sie abgerundet. Sie zeigen auch Konturen, die man für Nähte halten könnte, jedoch möchte ich, da gar kein Anhaltspunkt vorlieet, in welcher Höhe des Unterkiefers die Stücke gesessen haben, lieber keine Vermutung über die Frage, welche Nähte dies sein könnten, aussprechen. (Taf. 2, Fig. 6, 7.) 6. Abdruck eines Schnauzenteiles. Außer deu bisher be- schriebenen Stücken habe ich noch einige einzelne Stücke, die sich nicht mit den anderen in Zusammenhang bringen ließen; so eine Anzahl von Alveolarausgüssen und zwei Kieferstücke. An einem ist nur ein Zahn- abdruck zu sehen. Das andere Stück aber zeigt sehr schön beide Kiefer abdrücke, sowie einen Zahn, einen Unterkieferzahn, für den eine Aus- buchtung im Oberkiefer vorhanden ist. In Analogie mit unseren rezenten Krokodilen nehme ich deshalb an, daß dies Stück aus dem vorderen Teile der Schnauze stammt. (Taf. 2, Fig. 8.) 7. Ausguß der Gehirnhöhle Wir kommen nun zu einem der wichtigsten Teile, zu der Ausfüllunsg der Gehirnhöhle Wir können natürlich vom Gehirn selbst garnichts daran erkennen, da ja der Ausguß uns nur die genaue Kontur der inneren Schädelwand gibt, während das Gehirn nicht direkt der Wand anliegt, sondern von dieser durch ver- schiedene Häute (Dura mater, pia mater, arachnoidea) getrennt ist. Jedoch ist ein Teil der Austrittsstellen der Nerven sehr deutlich zu er- kennen, indem die Gesteinmasse in die Foramina eindrang und diese so durch kleine Erhebungen repräsentiert werden. Ich möchte voraus- schicken, daß der von mir untersuchte Steinkern bezüglich der Masse mit dem von Koken untersuchten, von Kleinigkeiten abgesehen, über- einstimmt. Leider ist an meinem Stück gerade die Unterseite wieder so stark abgeschabt, daß nur ein Teil der sich markierenden Anhaltspunkte siehtbar ist. Ich muß deshalb wieder auf Kokens Arbeit hinweisen, dessen Material hier viel besser ist. Betrachten wir nun den Ausguß von der Unterseite so fällt uns eine dicke nach rückwärts gestreckte Röhre in die Augen. Sie stellt den Ausguß des im Basisphenoid gelegenen Hohlraumes dar, der im neben von der Hypophyse und dem Infundibulum ausgefüllt wird. Mit anderen Worten, es ist die Ausfüllung der sella tureica. Direkt von der Sella tureica sieht man nun zwei nach vorn gerichtete Wülste laufen, die man der Lage nach leicht als nervi optiei ansprechen könnte. Nach Koken entsprechen diese Wülste aber Furchen, welche zu der zwischen dem vorderen Teile des Basisphenoids und den seitlichen Alisphenoiden klaffenden Spalte (Austritt des ersten Zweiges des nervus trigeminus) hinleiten. Zwischen diesen beiden Wülsten ist ein unparer Wulst, der neryus opticus sichtbar, dessen Teilung, das Schiasma erst später eintritt. Am hinteren Teile der sella turcica sind noch zwei Andeutungen zweier ähnlicher Wülste zu sehen, die Koken für den An- fang der knöchernen Bahn der Carotis interna hält. Seitlich von der sella turcica sieht man jederseits eine kleine Erhehung, die die Aus- füllung der Austrittsstellen der nervi oculomotorii vorstellt. Dicht hinter der sella tureica, hinter einer Einschnürung treten deutlich die Foramina Nervi trigemini hervor. Nun ist an meinem Stück leider die Erhaltung eine sehr schlechte, so daß von den sonst als lange Längswülste sich markierenden Austrittstellen des nervus abducens nur ein Teil zu sehen ist. Ganz hinten findet man noch beiderseits seitlich die Foramina Nervi hypoglossi. Dicht vor den Austrittsstellen liegt seitlich je eine Ver- tiefung, in die etwa eine dreiseitige Pyramide hineinpassen könnte. Diese Eindrücke sind durch die Gehörkapsel hervorgerufen. Hier sind wieder Andeutungen eines Wulstes vorhanden, der dem Foramen lacerum posterius entspricht. Die Austrittsstellen des nervus acusticus, die davor liegen, sind auch nur andeutungsweise vorhanden, Es fehlt in unserer Be- schreibung nur noch der vordere Teil der Ausfüllung der Gehirnhöhle. Das Stück läuft vorn als flache breite Leiste weiter, um plötzlich zwei nach hinten gerichtete, seitlich liegende Verbreiterungen zu zeigen. Es sind dies die Stellen, wo die eigentliche Schädelkapsel aufhört, so daß auch dieser Punkt festgelest ist. (Taf. 2, Fig. 9, 10.) 8. Ausguß eines Teiles des Gehörorgans. An der Aus- füllung des Gehörorgans und der damit im Zusammenhang stehenden Hohlräume ist wenig zu sehen. Die Ausfüllung ist sehr unvollständig und schlecht erhalten. Sehen wir uns das Stück von oben an, so können wir die Abdrücke des Quadratum, Prooticum und Exoceipitale erkennen. Auf der Ansicht von unten sieht man das Quadratum, ohne aber seine Naht erkennen zu können, und ein Stück, das nach der Analogie mit dem von Koken benutzten Material, sowie dessen Beschreibung Basis- phenoid sein muß. Nach der Lage dieser Knochen konnte ich kon- statieren, daß mein Ausguß von einem linken Ohr stammen muß. Einige Feinheiten sind noch in der Seitenansicht vorhanden. Ich möchte jedoch bemerken, daß ieh mich in diesem Teile streng an Koken halten muß, weil mir infolge der Fehler des Materials jedes Urteil abgeht und ich nur nach Analogie mit den Abbildungen des oben genannten Autors Einzelheiten feststellen konnte. So ist die Stelle des Eintritts der Carotis interna schwach markiert, deutlich sichtbar ist die Fossa oceipitalis. Zu sehen ist ferner der Anfang des Canalis ossis quadrati, eines Kanales, der zwischen Exoccipitale und Quadratum entspringt, und der im der Paukenhöhle mündet. Im Leben laufen in ihm Venen, Arterien und Nerven. Ein interessantes Stückchen hat sich nun noch an das äußerste Ende des Ausgusses anpassen lassen. Es stellt sich in rechtem Winkel nach hinten und zeigt nur auf einer Seite Knochenabdrücke. Ob auf der anderen Seite abgesplittert ist, oder ob nie Abdruck da war, will ich nicht entscheiden. Jedenfalls zeigt die andere Seite Bruchflächen. Ich halte dieses Stück nun für den Ausguß des äußeren Gehörganges, der ja bei allen Crocodilern sich schon zu entwickeln beginnt. Wir haben also im ganzen acht verschiedene größere Teile des Schädels zu besprechen gehabt, aus denen wir uns immerhin ein Bild von diesem Tiere machen können. Zwar fehlen Teile des Rumpfes voll- kommen, auch einige Teile vom Schädel. So haben wir garnichts über die Orbita bei unserem Material. Trotzdem ist das Material ein sehr reichliches und gutes zu nennen, denn die Ausgüsse der Gehirnhöhle und des. Gehörorgans können uns sehr viel über die Art des Tieres sagen und uns feinste Unterschiede von anderen zeigen. (Taf. 2, Fig. 11, 12.) Ich möchte nun noch kurz die Unterschiede hervorheben, welche die von mir untersuchten Stücke von anderen zeigen. Das Exemplar muß ein ziemlich kleines gewesen sein, es entspricht bis auf die etwas geringere Größe vollkommen der Kocken’schen Beschreibung. Dagegen habe ich drei noch nicht beschriebene Teile gefunden, und zwar den am Gehörorgan sitzenden Fortsatz, den ich für einen Ausguß des äußeren Gehörorgans halte, die Ausfüllung der Unterkiefersymphyse sowie die Ausfüllung der Unterkieferhöhlen. Die Unterschiede des Pholidosaurus Meyeri von Pholidosaurus Schaumburgensis sind relativ geringe. Sie beziehen sich hauptsächlich auf die Dimensinonen, und zwar auf die Höhe und Breite der Schnauze. Ferner zeigt Pholidosaurus Schaum- burgensis einen scharfen Einschnitt an den Ausfüllungen der Schnauzen- höhlen, und zwar kurz vor Beginn der Orbita. Es verbreitet sich näm- lich der Schädel hier ziemlich plötzlich, während diese Verbreiterung bei Pholidosaurus Meyeri, der schlankeren Form des Schädels entsprechend, eine allmählichere ist. Auch die Zähne weisen Unterschiede auf. Pholi- dosaurus Schaumburgensis soll nämlich an der Hinterseite der Zähne eine Kante zeigen, während dies bei Pholidosaurus Meyeri nicht der Fall ist. Schließlich wäre noch ein Merkmal zu erwähnen, das sich auf die Kontur der Oberfläche der Schnauzenknochen bezieht. Während, wie ich schon hervorhob, bei unserem Tiere die Oberfläche eine rauhe ist, Risse und Furchen zeigt, soll sie bei Pholidosaurus Schaumburgensis zwar auch rauh sein, aber nur kleine Löcher und Knötchen zeigen. Einige Worte will ich nur noch über die Stellung des Pholidosaurus zu seinen rezenten Verwandten, dem Gavialis und ’Tomistoma sagen. Im äußeren Habitus steht er beiden sehr nahe. _ Seine Lebensweise muß eine ähnliche gewesen sein. Die Unterschiede beziehen sich hauptsächlich auf die Verteilung der Schädelknochen. Jedoch sind nach Koken, der in seiner Arbeit dies in einem ausführlichen Anhang bespricht, die Unterschiede von Tomistoma weit geringer, als von Gavialis. Koken nimmt deshalb an, daß Pholidosaurus in genetischer Verbindung mit Tomistoma steht, wie er ihn überhaupt als ein Bindeglied zwischen den alten Mesosuchiern und den rezenten Longirostres ansieht. Zum Schluß möchte ich Herrn Dr. Stremme, der mir immer in freundlichster Weise mit Rat und Tat geholfen hat, an dieser Stelle noch meinen herzlichsten Dank aussprechen. Erklärungen der Abbildungen. Tafel 1. 1. Gelatineausguß des Abdrucks eines Schnauzenteiles a. Alveolen, Z. Zähne, N. Naht der Unterkieferhälften. . Ausguß der facialen Schädelhöhle a. Naht des Frontale gegen das Nasale, N. Nasalia, F. Frontalia, M. Maxillaria, b. Naht des Nasale gegen das Maxillare. 3. Abdruck eines Teiles der inneren Schnauze (von oben gesehen) A. Alveolenausguß, K. Knochenabdrücke. 4. Dasselbe (von unten) A. Alveolenausguß, K. Knochenabdruck, Z. Zahnabdruck, Z. Zahnabdruck mit sich nachschiebendem jungen Zahn. 5. Abdruck eines Teiles des Gaumens sowie der Unterkiefersymphyse Ö. Oberseite des Stückes (Abdruck des Palatinum), Z. Zähnchen- abdrücke, S. Septum (Ausfüllung der Unterkiefersymphyse). [80] Tafel 2. 6 und 7. Ausfüllung der Höhlen des Unterkiefers. 83. Abdruck eines kleinen Schnauzenteiles 7. Zahn, H. Höhlung des Knochens. 9. Ausguß der Gehirnhöhle (von unten) E. Ende der eigentlichen Schädelhöhlle, ©. Nervus opticus, W. Wulst zwischen Basisphenoid und Alisphenoid, ©. Beginn der knöchernen Bahn der Carotis interna, Oc. Foramen neryvi ocu- lomotorii, H. Hypophyse. Fr. Foramen Nervi trigemini, Ab. Fo- ramen Nervi abducentis, Hy. Foramen Nervi hypoglossi. 10. Dasselbe (seitlich gesehen). 11. Ausfüllung des Gehörganges (von oben) Eo. Ex oceipitale, G. Ausfüllung des äußeren Gehörganges, Qu. Quadratum, Pr. Proticum, Fo. Fossa oceipitalis. 12. Dasselbe (von unten) C. Anfang des Canalis ossis quadrati, G. Ausfüllung des äußeren Gehörganges. Taf 1. Pholidosaurus Meyer/ (Dunck) Pholidosaurus Meyeri (Dunck. Die Litorina- und Praelitorinabildungen unter dem Priwall bei Travemünde. Von Prof. Dr. P. Friedrich und Dr. H. Heiden in Lübeck. in Rostock. Mit zwei Tafeln. V A | Vorbemerkung. Der erste Nachweis von Litorinabildungen im Gebiet der Untertrave gründet sich auf vier Trockenbohrungen, die im Jahre 1903 in Trave- münde (bei Villa Possehl) und auf dem Priwall (Ferienkolonie, Versuchs- bohrungen der Firma Ph. Holzmann) zur Erschließung von artesischem Grundwasser ausgeführt wurden.!) Die rege Bautätigkeit auf dem Priwall während der letzten Jahre, vor allem im vergangenen Sommer, hatte eine größere Zahl von Brunnenbohrungen zur Folge. Da fast alle Bohrungen von zwei Firmen ausgeführt wurden, welche nach dem Trockenbohr- verfahren arbeiten und von Meter zu Meter Proben aufbewahrten, so wurde durch sie für die geologische Erforschung unseres Küstengebietes ein überaus wertvolles Beobachtungsmaterial gewonnen. Die Bohrproben von der Villa Coleman erhielt ich von der Hamburger Bohrfirma R. Gliemann, die Proben aller übrigen Bohrungen von der Firma H. Thöl-Lübeck. Die letztere Firma war ferner bereit, bei dem lang- dauernden Frost auf der Poetenitzer Wiek vom Eise aus für mich auf ihre eigenen Kosten eine Trockenbohrung bis 25 m Tiefe auszuführen. Wenn ich beiden Bohrfirmen, ganz besonders aber der Lübecker Firma Tböl, für ihre liebenswürdige Unterstützung hier meinen Dank ausspreche, so möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß mir bei der Zustellung der umfangreichen Proben die Hilfe der beiden Schüler des Katharineums Kurt und Otto Schulze in reichem Maße zu teil wurde. ') P. Friedrich und H. Heiden, die lübeckischen Litorinabildungen. Diese Zeit- schrift Heft 20, 1905. Herr Dr. H. Heiden in Rostock hat sich der mühevollen Arbeit unterzogen, in acht von der Leipziger Firma I’hum hergestellten Schlemm- proben aus der Bohrung bei der Sommervilla des Herrn Kunstmalers Potente die reiche Diatomeenflora zu bestimmen; Herr Prof. Dr. ©, Weber von der Moorversuchsstation in Bremen hatte wieder die Liebens- würdigkeit, mehrere Süßwasserablagerungen unterhalb der Litorinabil- dungen auf ihren Fossilinhalt zu untersuchen; Herrn Vermessungsdirektor Diestel verdanke ich wie in früheren Jahren die Höhenbestimmung der Bohrstellen, Herrn Prof. Dr. Lenz endlich die Prüfung einiger Konchylien. Allen diesen Herren spreche ich hier meinen ergebensten Dank aus. In die Profiltafel habe ich die schon im Jahre 1905 veröffentlichten vier Bohrprofile mit aufgenommen. Die Tiefen, aus welchen Proben zur Diatomeenbestimmung entnommen wurden, sind mit D bezeichnet. P. Friedrich. Inhraslıtz 1. Bohrung bei der Villa Potente a) Bohrprofil, b) Bestimmung der Diatomeen. [84 . Die übrigen Bohrungen auf dem Priwall. . Bohrung auf der Poetenitzer Wiek. mw . Untersuchung von Bohrproben und Schichten unter Litorinaton auf dem Priwall, von Prof. Dr. ©. Weber-Bremen. 5. Ergebnisse, I. Bohrung bei der Villa Potente. -+ 2,550 m N.N. Trockenbohrung von H. Thöl-Lübeck, 1909 (50 Proben). Im Jahre 1892 ließ die lübeckische Wasserbauverwaltung beim Kohlenlager eine S5 m tiefe Bohrung zur Erschließung von frei aus- laufendem artesischem Wasser ausführen. Die einwandfreie Deutung der in den Bohrakten als »schwarzer Lehm«, »schwarzblauer Schlick«, »lehmige Modde«, z. T. mit widerlichem Geruch usw. bezeichneten tonigen Bildungen war mir erst möglich, als im Jahre 1903 in der Nähe des Kohlenlagers mehrere 'T'rockenbohrungen niedergebracht wurden. Die dunklen Tone und der widerlich riechende Schlick unter dem Kohlen- lager sind als marine Alluvialbildungen aufzufassen. Diese Auffassung fand ihre Bestätigung durch die Aufschlüsse einer Trockenbohrung bei der dicht neben dem Kohlenlager liegenden Villa des Kunstmalers Potente. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Bohrung habe ich bereits am 15. Dezember 1909 im den »Lübeckischen Blättern« mitgeteilt. Wenn nun Gagel noch im Jahre 1910 an meiner Auffassung eine scharfe Kritik übt‘), so hatten ihn offenbar in dem Augenblick, als er seine Polemik niederschrieb, das geologische Verständnis und das Gedächtnis im Stich gelassen. Er hat sich weder in das von mir im Jahre 1905 be- schriebene Priwallprofil vertieft, noch hat er von meiner Veröffentlichung vom 15. Dez. 1909, die ihm zugesandt war, Kenntnis genommen. a) Bohrprofil. 0— 2,10 m: Seesand, fein, — 4 » » grob, kiesig, —8 » » fein, mit Cardium_ edule, —11 » » » mit Cardium edule, Litorina litorea und Seegraslagen, —12,30 » » » mit kleinem Geröll, Cardium edule und Mytilus edulis, ') C. Gagel, die sogenannte Ancylushebung und die Litorinasenkung von der deutschen Ostseeküste. Jahrb. d. Preuß. Geol. Landesanstalt für 1910, S. 218. -—18,50 m — 19,50 — 20,20 — 21,50 — 21,30 — 22,30 — 24,10 — 25 — 25,60 —26 — 26,50 — 27,50 — 29 50 — 90,40 — 31,50 — 32,10 — 32,30 — 93,60 — 34.30 — 35,50 16 Seesand, fein, mit großen Cardien und bräunlichen Schichten von tonigem Sand mit zahl- reichen Diatomeen (siehe Diatomeenta- belle), » » mit Seegrasplatten und Cardium edule, >» » mit Geröllen und meist kräftigen Exem- plaren von Cardium edule und Mytılus edulis, » > » » mit Seegras, >» » mit Seegras und zahlreichen Exemplaren von Cardium edule, Mytilus edulis und Litorina litorea, >» » mit viel Seegras, » SO 193 > und kräftigen Exem- plaren von Cardium edule und Mytılus edulis, » » mit einigen bis haselnußgroßen Feuer- steinen, Schichten von Seegras und grün- lichem tonigen Sand, mit (ardium edule (klein), Mytilus edulvs (kräftig), Litorina Ittorea, Toniger Sand mit Lagen von Seegras und fettem Ton, Cardium edule. Probe 2 in der Diato- meentabelle, >» » bräunlich mit Seegras und Mytilus edulis, schwachtoniger Sand >» >» » » > grauer toniger Sand mit Seegras und dünnen Lagen von grünlichem fetten Ton, feiner Seesand mit (ardium edule, bräunlicher schwachtoniger Sand, mit Seegras wechselnd. Probe 3 in der Diatomeentabelle, grauer feiner Seesand, schwachtonig, mit Seegras, » .» » mit dunklem tonigen Sand wech- selnd und Mytilus edulis, bräunlicher schwachtoniger Seesand mit grünlichem fetten Ton und Seegras wechselnd. Mytilus edulis (kräftig), grauer feiner Seesand, bräunlicher toniger Sand mit grünlichem fetten Ton und Seegras wechselnd, grauer feiner Seesand, bräunlicher toniger Sand mit fettem Ton wechselnd, » » » mitSeegras, Mytzlus u. Cardium, part u | — 37,50 nı: bräunlicher toniger Sand mit Seegras und fettem Ton wechselnd. Probe 4 der Diatomeentabelle, —59 » grünlicher fetter Ton mit bräunlichen Sandstreifen, See- gras, Mytilus, Cardium, Hydrobra, — 39,60 » feiner Seesand mit Cardium edule (kräftig) und zabl- reichen Hydrobien, —40,50 » bräunlicher toniger Sand mit blaugrauen tonigen Streifen mit Seegras, Cardium, Mytilus, Litorina und Hydrobia, —41 » grünlichblauer fetter Ton mit bräuulichen mageren Streifen, wenig Seegras und (ardium. Probe No. 5 der Diatomeentabelle, — 42,50 » desgleichen, mit Seegras, Serobieularia piperata (?), Hy- drobra, —435 >» » mit Aydrobia. Probe No. 6 der Diatomeen- tabelle, | —43,50 » mit Hydrobia (1 Ex.), Mytilus (winziges Bruchstück), —44 » » ohne Schalenreste, — 44,50 » dunkelblauer, fast schwarzer, an der Luft grau werdender fetter Ton mit deutlicher Schichtung. Probe No. 7 der Diatomeentabelle, —45 >» desgleichen, mit einem Cardiumstück, —45,50 >» » mit Hydrobia und einem winzigen Stück von Limmaea (?), —46 » > mit mehreren Pisidien und kleinen Bruch- stücken von Limnaea sp. — 46,50 » » mit einzelnen sehr kleinen Geröllen und einem fast wallnußgroßen Feuerstein. Je 2 winzige Bruchstücke von (ardium und Mytilus, 2 Hydrobien. Probe No. 8 der Diatomeentabelle. —47 m: Grauer feiner schwachtoniger Sand, mit Salzsäure leb- haft brausend, —41,50 » » » » » mit vier kleinen Pisidien, —47,90 >» » » » mit einigen unbe- stimmbaren winzi- sen Pflanzenresten und 5 Pisidien. —49,5; m: Ziemlich grober Diluvialsand mit artesischem Wasser. Aus diesen einzelnen Angaben läßt sich das folgende Gesamtprofil ableiten: 0--25 m: Feiner Seesand mit (ardium edule, Mytilus edulis, Litorina Itorea und zahlreichen Ablagerungen von Seegras. Das Vorkommen von Geröll bei 12, 20 und 25 m läßt auf eine zeitweise stärkere Wasserbewegung schliessen, — 40,50 » feiner toniger Sand abwechselnd mit dünnen Lagen von feinem reinen Seesand, grünlichblauem fetten Ton und Seegras. (ardium edule, Mytilus edulis, Hydrobia sp, — 44 » vorwiegend grünlichblauer fetter Ton mit Seegras und wenigen Schalenstücken von Cardium edule, Mytilus edulis, Scerobicularia piperata, Hydrobia sp, — 46,50 » schwarzer fetter Ton, ohne Seegras, mit einigen winzigen Bruchstücken von (ardium, Mytilus und Hydrobva, zu- sammen mit Limnaea sp und Pisidium sp, — 47,90 » grauer feiner Sand mit Pisidien. — 49,55 m Diluvialsand mit artesischem Wasser. Marine Ablagerungen reichen hier in eine Tiefe von 44 m unter Flur = 41, m unter Meer hinab; unter den marinen Gebilden liegen bei 46,50 bis 47,00 m unter Flur unzweifelhafte Süßwassersande Die schwarzen Tone zwischen 44 und 46,5o m entstanden anscheinend in der Zeit, als das salzreiche Litorinameer in das Süßwassergebiet von Trave- münde einbrach. b) Bestimmung der Diatomeen. Um über die Veränderungen des Salzgehaltes im Mündungsgebiet der Trave ein möglichst klares Bild zu gewinnen, bat ich Herrn Dr. Heiden, in acht Tonproben des langen Bohrprofils die Diatomeenflora zu bestimmen. Es wurden Proben von der obersten tonigen Ablagerung (bei rund 17 m) bis zur Unterkante des Tions (46,50 m) gewählt. Die Ergebnisse der Untersuchungen des Herrn Dr. Heiden sind in den folgenden Tabellen dargestellt. In den drei letzten Spalten derselben sind diejenigen Arten und Formen aufgeführt, die er bereits in früheren Arbeiten aus den Litorinabildungen von Travemünde, vom Conventer See und Warnemünde nachgewiesen hat.') ı) P. Friedrich u. H. Heiden, Die lübeckischen Litorinabildungen. 1905, Seite I—XXIX. Heiden, Diatomeen des Conventer Sees bei Doberan von der Litorina- bis zur Jetztzeit.e. Mit 1 Tafel. Mitt. aus der Großh. Mecklenburg. Geol. Landes- anstalt. X, No. 21. 1900. Rostock. 4°. Heiden, Die Diatomeen aus den postglacialen Ablagerungen des Warnemünder Hafenbaus. Ebenda. XIV. Rostock 1902. 4°. — | Erläuterungen zu den umstehenden Tabellen. Die Buchstaben S., Br., M. bezeichnen Süß-, Brack- und Meer- wasser, Die Zahlen 1—7 geben in absteigender Linie den Salzgehalt des Wassers an, in welchem die Diatomeen jetzt leben. 1 L u 5) SI SO | Meerwasser mit einem Oberflächensalzgehalt von mehr als 1,25 %%. Das Gebiet reicht ostwärts bis zu der Linie Wismar- Helsingör. Die Travemünder Bucht mit ihrem geringen Salzgehalt ist hier ausgeschlossen. Meerwasser mit einem höheren Salzgehalt, als ihn die west- liche Ostsee jetzt aufweist. Das Wohngebiet der mit M. 1* bezeichneten Diatomeen, Nordseeformen, beginnt erst nördlich vom Sund und den beiden Belten. Manche dieser Nordseeformen werden wohl auch noch in den Belten m ihrem Unterstrom, vielleicht auch im Sund vorkommen. Meerwasser mit einem Oberflächensalzgehalt von weniger als 1,25 %%. Die Westgrenze wird von der Linie Wismar- Helsingör gebildet. Hierher gehört auch die Travemünder Bucht. Brack- und Meerwasser. Brackwasser. Süß-, Brack- und Meerwasser. Süß- und Brackwasser. Süßwasser. Vorkommen um Sühwasser, | Im ee |16,65-17,50m| 25,60-26 m I. Raphideae. | | Cymbellaceae. Amphora Ehrh. | A. ovalis Ktz. Su. 7 x A. libyca Ehrh. . ee | eıSEn 1e 6 i A. angusta (Greg.) Cl. var. oblongella Grun. | Br.M. 3 x A. robusta Greg. Br. M. 3 A. Geinitzi Heiden ? A. crassa Greg. . M. 1 ; Ä A. proteus Greg. a: une he ge M. 1% x x A. proteus Greg. var. oculata Perag. M. 1® | A. proteus Greg. var. M 18 a A. proteus Greg. var. . A. mexicana A. 8. M. il X A. Oculus A. 8. M. 1 A. Grevilleana Greg. M. I | A. commutata Grun. Br. 4 | A. salina W. Sm. . Br. 4 | 5 A. obtusa Greg. en all: M. 1 | X A. acuta Greg. var. media Heiden M. 12 Ä | A. ocellata Donkin a, M. 11 > 4 A. ocellata Donkin var. cingulata Cl. M. I ; x A. ostrearia Breb. . M. 1# >< X A. turgida Greg. M. In X Cymbella C. Ag. | C. Ehrenbergii Ktz. . S. 7 | C. Ehrenbergi Ktz. var. . S. 7 | C. cuspidata Ktz. . S. 7 | C. naviceuliformis Auersw. S. 7 | C. aequalis W. Sm Sr 7 C. anglica Lagerst. S. | 7 C. obtusa Greg. . S..0 Ü - | C. gastroides Ktz. ae eK ac S. | 7 X C. heteropleura (Ehrb.) Ktz. var. minor Cl. SE | M Litorinabildungen Villa Potente FE BR: KO ya in Trave- in Mecklenburg | | | | münde |Conventer| Warne- 30,70-31,50m| 37 -37,50 m | 40,50-41 m 42,50—43 m 4444,50 m 4646,50 m | 1905 See münde | | | | 3 1900 1902 | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | x Se x | x x N | | zZ | AN x | x x x 1 Sr | x - | X x x a er, x Sl x | x | X | - | x . | nz x x | | x x | | X x | | x X N x x x | x x x x x | . x x x AR x | . x | x | x x 1} | . . x & | % | x x x | x x x | N || Meerwasser | | C. heteropleura (Ehrb.) Ktz. var. S. Ir | | C. lanceolata Ehrb. SeBre 6 | ©. ceymbiformis Ehrb. SB rn 6 ©. Cistula Hempr. EL EN: S. Br. 6 ). Cistula Hempr. var. maculata Ktz. . S. Br 6 ©. helvetica Ktz. S. 7) C. Yarrensis (A. S.) Cl. Br. 4 ©. tumida Breb. a; S. Br. 6 C. leptoceras (Ehrb.) Grun. . S. 7 Eneyonema Ktz. E. prostratum Ralfs . SBr 26 E. turgidum (Greg.) Grun. . Su E. caespitosum Ktz, S. Ü E. ventricosum Ktz. . S, 7 E. gracile Rabenh. D. u Naviculaceae. Mastogloia Thwaites. M. Smithu Thwait. nn leSBr! 6 x M. Smithii Thwait. var. na haste a, Br. 4 M. Smithii Thwait. var. lacustris Grun. S. 7 M. lanceolata Thwait. Br. M. 3 Ä M. laminaris (Ehrb.) Grun. . Bros. 3 x M. exigua Lewis Brake X 5 M. pusilla Grun. Br. M. | 3 X >< M. Dansei Thwait. RR Bade STBr| 6 > M. Dansei Thwait. var. ovata Heiden ? : M. elliptica C. Ag. Br. 4 x M. Grevillei W. Sm. S. Br. 6 > ? M. Braunüi Grun. 5 Br. 4 x x M. stauroneiformis Heiden k ? ? M. Megapolitana Heiden . ? ? M. Megapolitana Heiden var. lyrata Heiden ? ? £ 4 M. varieloculata Heiden . ? ? x x M. angulata Lewis M. 1% x X | Vorkomraen 1% | | | a | Brackwasser, ı16,65-17,50 m 25,60-26 ın 23 R Litorinabildungen | Villa Potente | mare | in Mecklenburg | | | | münde |Conventer| Warne- 30,70-31,50m| 37— 37,50 m |40,50—41 m 42,50 —43 m 44— 44,50 m 46— 46,50 m! See ' münde | I 1900 | 1902 | | I" x x x | . x | < x x x | 5 | | x x x | | x x x IE x x x - | x x & | x | | x x | x | | x | x x x : 5 x x x | x | x x | | Jh Alma | | RX | | | | | x x x 8% x x 2 I Ex x x 5 | h Sr x | . x x | 13% x | x x x | - x x | x c | x x x ö > x | £ | x x x | x | : | 3% | | | . x - : x x x . : R - B x x x x | . | c & x x | Vorkommen | | Einen | — - INEERRESUEEEN, 16,65-17,50 m, 25,60-26 m | Meerwasser No Stauroneis Ehrh. | | | St. Phoenicenteron Ehr. | S. 7 St. > var. amphilepta Ehrb. .|ı 8 | 7 St. » var, Baileyi Ehrb. Be St. » var. | | St. acuta W. Sm. . | S. 7 St. Gregorii Ralts . 1 SBns an, er St. salina W. Sm. M. 1 St. anceps Ehrb. er . S. 7 | St. var. linearis (Ktz.) . S. 7 | St. var. eracilis Ehr). S. A) | St. Smithii Grun. var. nov. oder n. sp. S. Ü Navieula Bory. | N. gentilis Donkin S. 7 N. nobilis Ehrb. S. 7 N. major Ktz. | S. 7 | N. viridis Ktz. 5 ee | S. 7 x N. subacuta (Ehrb.) A. S. var. Schmidti Heiden ES: 7 N. cardinalis Ehrb. | S. 7 N. Trevelyana Donkin | M. N 0 3 < >< N. alluviana Heiden . | | X N. reetangulata Greg. | M. I x N. Stauntonii (Grun.) | Br.? 4? X N. quadratarea A. 8. , | BE VIE [= N. > var. Keranslaneik Cain! | _M. 2 N. var. baltica Grun. Br. 4 N. var. minor Oestr. . ; N. Hilseana Janisch . INSE er N. Brebissonü Ktz. | S. Ü N. stauroptera Grun. Se a: 7 N. >» var. parva (Ehrb.) Sa U N. subeapitata Greg. Sa 7 N. appendieulata Kiez. SG N. » var. irrorata Kir. > N Ar Litorinabildungen Villa Potente Innrave: in Mecklenburg | | münde ‚Conventer| Warne- 30,70-31,50 m] 37—37,50m | 40,50—41m 42,50 — 43 m 44— 44,50 m/46—46,50m 1905 See münde | | 1900 1902 | | l x x x x | | x | | x | | | | | x x x x x | x x x | x x | | x x | X B x x x | | | | IN PAX | 2 > h I nf x x x x x x a ARSSES- x > x x | | H x | AR x x x Ka 52 15% x | x x x x x x x : x x | x N I | x | x x x x 2 x x x | x Bam Are . bottnica Grun. var. elliptica Heiden . digito-radiata Greg. . AHA INH FIARIEI I IN . mesolepta Ehrb. > var. interrupta (W. Sm.) Grun. . mierostauron Ehrb. . borealis Ehrb. oblonga Ktz. . peregrina (Ehrb.) Ktz. » var. Meniscus Schum. . » var. Menisculus Schum. . cincta (Ehrb.) Ktz. var. Heufleri Grun. . . salinarum Grun. . . gracilis Ktz. . . radıosa Ktz. . » var. acuta (W. Sm.) . » var. tenella Breb. . . viridula Ktz. var. slesvicensis Grun. . thynchocephala Ktz. hun oaniea Gruner >» var. Öyprinus (W. Sm.) . . Reinhardtii Grun. RR: . Gastrum (Ehrb.) Donkin » var. Jenisseyensis Grun. . Placentula Ehrb. . . platystoma Ehrb. . anglica Ralfs . dicephala W. Sm. a N . direeta W. Sm. var. genuina Cl... . conventus Heiden » var. Jueneburgensis Grun. . » var. humilis (Donk.) Grun. . cancellata Donkin ae Be: » » var. subapiculata Grun. | » var. . ı Süßwasser, Vorkommen im | Brackwasser, Meerwasser | II P OOo »PrA—an 1-11 N origor er | 16,65-17,50m| 25,60-26 m x | x x & | x | ” | | | | x | I} | | : | x : x | x x x: le 1 x I 27 f Litorinabildungen Villa Potente | no: | | in Traye- | in Mecklenburg | BR > > | i | u { | münde Conventer | Warne- 30,70-31,50 m! 37— 37,50 m | 40,50—41 m |42,50— 43 m) 44 — 44,50 m 46 — 46,50 m) | See münde | | 190665 | 1900 | 1902 x | x | x x | © | | ß >< | | x x ST x x x x x | x x x | 52 | | 2 | | | ® x x | x x x x j | x | x ! x | | . | - x x x Sl x | | Ä x | | 8 x x | . - x x : | | | x 6 B x x x x | I al | | SS. + 1 Aax | | | | x | x | | x | x x x | 2) x ag x | x | | | SC | - x x x x x x x e | x | | | im Süßwasser, ae |16,65-17,50m| 25,60-26 m N. Crabro Ehrb. Bern. EUR M. 11 X N. » var. multicostata Grun. M. 1# 5 N ginterruptagkttze er Be, Wil, 3 X N. » var. Tallyana Grun. Br. 4 | N. Papula A. S. M. 1 5 | N. bomboides A. 8. . M. = X Ä N. didyma Ehrb. Br. M. 3 x] N. Bombus Ehrb. . RER 7 I N Se al & N. » Ehrb. var. densestriata A. S. I ME Er x N. Entomon (Ehrb.) A. 8. . N ne: N. incurvata Greg. IM x N. subeincta A. 8. Me N. chersonensis Grun. . Ma ale N. Smithüi Breb. Br. M. 3 x x N. » var. major Ol. M. 112 >< x N. >» var. diy.. x x INefuscag&areer nme M. 1 x N. » var. delicata A. 8. M. 1 N. aestiva Donkin M. 1 N. litoralis Donkin [Ve 1 N. vacillans A. S. An. Me N. notabilis Greg. var. expleta A. 8. M. 1l= N. eampylodiscus Grun. M. 1 N. suborbieularis Greg. var. M. 18 N. coffaeiformis A. 8. . M. N“ N. elliptica Ktz. S. Br. 6 i $ N. Puella Schum. S. 7 x X N. ovalis Hilse . MR S. 7 N. » forma elongata Grun. >. % N. Lyra Ehrb. var. typica Heiden M. 1 N. » var. subtypica (A. S.) Heiden : i N. » var. atlantica A. S. M. 112 x x N. » var. elliptica A. S. M. bo N. » var. minuscula Heiden N. >» var. constrieta Heiden . Vorkommen Villa Pötente 30,70-31,501m [ N 37—37,50 m 40,50—41 m |42,50—43 m '44—44,50 m 146— 46,50 m) Litorinabildungen in Trave- münde 1905 in Mecklenburg Conventer | See 1900 28,28.08- 2 2X Warne- münde : 1902 x Vorkommen ım Süßwasser, en 16,65-17,50m| 25,60-26 m N. Lyra var. . : : N. abrupta Greg. M. 2 >2 x N. » var. | N. foreipata Grev. IRSTTTL MIR M. | a x N. » var. versicolor Grun. . M. 1 N. » var. balnearis Grun. Br. 4 3 N. » var. densestriata A. 8. M. 1% x N. pymaea Ktz. Br. 4 N. Hennedyi W. Sm. Rn: M. 1% \ N. » var. eircumsecta Grun. M. ie x N. > var. minuta Cl... M. 1 N. Litorina Heiden EEE N. Sandriana Grun. var. laevis Cl. M. 1 | IN gasperag Ehre: Me, we . x NEE varsynloarısa@l= MR x x N. » var. contermina A, S. M. \= N. >» var. pulchella W. Sm. N N. » var. intermedia Grun. M. | 1# N. DA RRVaLrı Te, M. | 1 : N. Clepsydra Donkin M.* ? x N. velata A. S.. M. I x N. Tuscula Ehrb. . S. Br. 6 x N. arata Grun. S. Br. 6 N. mutica Ktaz. ee SmBr: 6 N. Crucicula (W. Sm.) Donkin Br. 4 N. intregra W. Sm. . Pr. 4 N. protracta Grun. Dr N. palpebralis Breb. . M. 1.2 x N. » var. angulosa Greg. M. le N. Yarrensis Grun. Br. 4 N. solida Cl. M. 1 N. Jamaliensis Cl. . Ka BAT: Mn la N. » var. maculata Heiden | 30,70-31,50 m | 37—37,50m Villa Potente '40,50—41m| | | | SL A 42,50 —- 43 m 44 — 44,50 m x x 46—46,50m | Litorinabildungen | in Trave- münde 1905 x x 2 N x XL in Mecklenburg See 1900 3X 9 EHER RR RR Conventer | Warne- münde 1902 FE RERES 8 28088 aaa Am zZ 2! EIN za Za2%2 Vorkommen im Süßwasser, Brackwasser, Meerwasser 16,65-17,50m 25,60-26 m MM DREVISMALOVES. | Br | x >». wen, verein (Celia, 5 0 6 a oo. JBr, ML, 3 x Miele sans WARS er WBrNVE 3 num eroSam Bremer e NEBTONI 3 x x » Vary consteielan @ We Bean 3 » Vale er ee EN 3, | »x » forma minor Heiden | 5 monıliterag@lig nr: Mesa 1 X » var. elliptica Heiden . ... . | labıssimay Greph I a Me pl. x » var. elliptica Heiden... .. .| | var. rostrata Heiden . » VAR: SaSbyriaca NCrum. Be ee Sa ; | . Rostochiensis Heiden . a Re! | s cutelloidesa\ Eu S me supn: 6 | \ | uBaileyanar Gruner A M. = x | Buhrasiliensisal@runmee Par u || x marnawRalts bu. 20... nn 2 BUNTE | » var. eluthensis Greg. .....| Br.M. 3 Br » var. . N | pUslla W.2Dme By ee Se 3 5 SchumannyanaGr un S. 7 » var. biconstricta Reichelt Sl » var. div. SKEUSpid aa Stza S. 7 BB An DORT Sal Hl > form akeralıcul ar Sa A probascoidea Heiden ı# I em. An" S. | {0 SsculptanJBihrba Muck nn ee a Br. a » var. lanceolata Heiden. . . . . Br. | 4 . polygramma (Ehrb.) Heiden... ... Bee 2772 sphaerophoraktz. D.MMEeE RIEF. 222 ES Brenn | 35 | Litorinabildungen | ill: ; | VellE a8 ent 4 R in Trave- | in Mecklenburg | | | münde |Conventer| Warne- ‚30,70-31,50m'37— 37,50 m |40,50 — 41 m 42,50 —43 m/44 — 44,50 m 46 —46,50m 1903 | See münde | | 1900 1902 | | | | I x ee IE x x | c | | | x | x x |.) x x >2 | | | x SE SEE x ST NS: SS es lalihe D?. ee | | X UullindE errang | 7 | | x Hilım, Be: | De RN) | | | | ee x x | | x ae: I | | - ö | X | | | | I | r | > | = Kl ran x - | | LESE I % Se | X DR x | 5 | : | >x | |. #.X | | | reulx | SE RX XiE ANERX x x Rex x | x I: x x | | X | | fi | | x | | x X | N | 5 | || | x | x | > 4 | | >< | | | | x x x | x | | x | x | I Rx x | | ; > x | | IMs 2 IMnes x | | 34 Dar A ZZAZaZ Aa AAN . serlans Breb. . formosa Greg. . . . . » var. holmiensis Cl. . liburnica Grun. . bivittata Pant. . . permagna Bailey . . amphisbaena Bory » var. subsalina (Donkin) . » » » var. Fenzlii Grun. . Schilberszky Pant. var. gibba Pant. . limosa Ktz. var. ventricosa (Ehrb.) Donk. var. truncatula Grun. . alpestris Grun. . . fasciata Lagerst. . bisulcata Lagerst. » var. . Tidis Ehrb. . a EEE 5 . affınis Ehrb. var. amphirhynchus Ehrb. . producta W. Sm. . amphigomphus Ehrb. . . dubia Ehrb I maxıim au Grre see . Liber W. Sm. var. genuina Cl. » var. excentrica Grun. . » var. elongata Grun. . var. umbilicata Grun. . . consimilis A. S. . subdivisa Grun. . Bacillum Ehrb. . Pseudo-Bacillum Grun. . Pupula Kitz. . . perpusilla Grun. | Vorkommen | forma major | im E | ı Süßwasser, | | Brackwasser, | Meerwasser | | FWwwR uw -ı II -I-JJ \16,65-17,50m 25,60-26 m 39 5) Litorinabildungen Villa Potente ITUnr: : = | in Trave- | in Mecklenburg | | | | münde |Conventer| Warne- '30,70-31,50m 37—37,50m |40,50—41 m 42,50 -43 m 44— 44,50 m 46—46,50m 1905 See | münde | | | | (I | 1900 | 1902 | 1 | x x x X : IN >< x | | x x x | x DV 4 >< > x |< x | x I x | I x < x | x | x > x x | x x x x x x | N >x >£ 5 x | x | | | x I ie X x x | x x x £ x >x X x x x x x x x x 1938 x x > | x 36 zZ 2 3 . cocconeiformis Greg. var elliptica nob. . Atomus Naegeli Schizonema) crucigera W. Sm. Sch.) ramosissima 0. Ag. var. anal Car. hombica Greg. ( . (Sch.) Grevillei ©. Ag. ( I, Golletonema SR H. v. H. . Jacustre (C. Ag.) H. v. H.. » var. hs Heiden Vanheurckia Breb. . rhomboides Breb. var. crassinervis (Breb.) Scoliopleura Grun. . tumida (Breb.) Rabenh. . Westii (W. Sm.) Grun. Scoliotropis Cl. . latestriata (Breb.) Ol. . Pleurosigma W. Sm. ]. Nubecula W. Sm. . marınum Donkin . elongatum W. Sm. . var, eracilis Grun. . . subrigidum Grun. . Normanii Ralfs . affıne Grun,. var. En er . affıine Grun. var. fossilis Grun. . angulatum W. Sm. . Incertum Per. . speciosum W. Sm. . . acaminatum (Ktz.) Grun. . Vorkommen im \ Süßwasser, Brackwasser, Meerwasser M. 4 = fossil 16,65-17,50 m 25,60-26 m N Villa Potente Litorinabildungen in Trave- in Mecklenburg | | münde | Conventer Wearne- 30,70-31,50m| 37— 37,50 m |40,50—41 m 42,50—43 m 44-—-44,50 m |46—46,50m) 1905 | See münde | | DES 1900 1902 Il | | | x | | | | > x || AN N | x | | | x | | x x x x Sep x x x | | | 7% 2 x x x L | x | \ | x Il N x > x x x f . || > | = . x - - | B | . x | x x \ Ü) 4 1 4 l AN Pl. strigilis W. Sm. Pl. capense Petit Pl. attenuatum W. Sm. Pl. Hippocampus W. Sm. Pl. Parkeri Harrison Pl. Spenceri W. Sm. Pl. » var. borealis Grun. Pl. nodiferum Grun. Pl. scalproides Rabenh. var. eximia 'Thwait. Pl. balticum W. Sm. } Bl: » var. maxima Grun. Al. » var. Terryana H. Perag. PI. » var. Rhoicosigma Grun. Rh. oceanicum H. Perag. Amphiprora (Ehrb.) Cl. A. alata Ktz. . A. pulchra Bailey . Tropidoneis Cl. Tr. lepidoptera (Greg.) Cl. Tr. elegans W. Sm. . Pseudo-amphiprora Cl. P. stauroptera (Bail.) Cl. . Gomphonemaceae. Gomphonema (. Ag. G. parvulum Ktz... G. angustatum Ktz. G. intrieatum Ktz. N; G. > var. Vıbrio Ehrb.. x. » var. dichotoma Kita. 31 » var. pumila Grun. x. » forma Brebissonil Ka im Meerwasser Br. M. nmumnnnm ET Vorkommen | | | Süßwasser, | | Brackwasser, | HrRroaor-aH [SUESUEEE er) © 1l ’k 1 ıh 16,65-17,50 m) 25,60-26 m S2 0 | x | Litorinabildungen Villa Potente | Men | - Bu | in Trave- | in Mecklenburg | | | ! münde ‚Conventer| Warne- '30,70-31,5om| 37— 37,50 m 40,50—41 m 42,50-43 m |44—44,50 m 146—46,50 m || 1905 See | münde | ; 1900 | 1902 | | 5 a R x | x x | x x x x x | x x x - MN | I | | | . | x x | x x x x | I ER x | | | > | | | | x: | A | . AN I ] | | x | NA = | BT 5 | | \ | | x l | | | | x x £ I | Va NY \ I AN / | | | | | | | | | | | TER x | | | | | | | | | | | | | | | | | | 2 | x x | | N - Se | x x x | x x x | xX | | x | x | G. intricatum var. Turris Ehrb. G. subtile Ehrb. 50 G > var. Sagitta Schum. i G. gracile Ehrb. var. diehotoma (W. Sm.) G. subelavatum Grun. . RN G. » var. Mustela (Ehrb.) x. acuminatum Ehrb. a: Sr >» var. elongata W. Sm. G. » var... G. Augur Ehrb. G. constrietum Ehrh. ee G. > var. capitata Ehrb. G. Martini Fricke . +. olivaceum Lyneb. x. exiguum Kite. Rhoicosphenia Grun. Rh. curvata (Ktz) Grun. . Rh. » var. fracta Schum. . Achnanthaceae. Achnanthes Bory. A. longipes ©. Ag. Aubrevipes,@ Agı 2.0 2E A. lanceolata (Breb.) Grun. . A. » var. elliptica Cl. A. subsessilis Ehrb. A. delicatula (Ktz.) Grun. A. Hauckiana Grun. Aehnanthidium Ktz. A. flexellum (Ktz.) Actinoneis Cl, A. danica (Flöegel) Grun. Vorkommen im Süßwasser, n | REES ER 16,65-17,50m | 25,60-26 m | Meerwasser | S. 7 S. Ü S. 7 S. | U S. | 7 Sen Ele S. 7 S. 7 S. 7 S. 7 S. 7 S. 7 S. Br. 6 M. 1 Ss JBIR, 6 >< x >, Bir. 6 ST > x x Br. M 3) x S. 7 S. 7 : 5 Br. M. B) > x Br. 4 X Br | 4 x | | S. 7 M. 1 41 Vılla Potente (\ Litorinabildungen in Trave- in Mecklenburg l l | | münde |Conyenter| Warne- 30,70-31,50m37— 37,50 m 40,50—41 m |42,50—43 m 44— 44,50 m 46— 46,50 m 1905 See | miünde | | | i 1900 | 1902 | | | | x x | | x | | | x x | x | | x | I 8 x | IA x x | % | x x | | x x | | x x x 5 | | x x x | | x AN | x x x | x rare a 2 | x x | | x x x | x x x x x x | x | x x x i | | | | x x | x I} | | | | | In | z | | | | | 42 gesBsbBsb Vorkommen En Brackwasser, Meerwasser Cocconeidaceae. Coceoneis (Ehrb.) Grun. . costata Greg. var. pacifica Grun. . I yo ML . Seutellum Ehrb. Ne WBLSEN 3 var. stauroneiformis W. Sm. . | M. » var. parva Grun. M. . distans (Greg.) Grun. . IM . Placentula Ehrb. . S. Br. . Pedieulus Ehrb. SB '. Quarnerensis (Grun.) A. 8. M. . lanceolata Heiden | . diruptar&reson DW nn | » var. flexella (Janisch) Rabh. I Me | ’. claudestina A. 8... ER M. | Il. Pseudo - Raphideae. | Epithemiaceae. Epithemia Breb. | . turgida (Ehrb.) Ktz. S. Br. | Sorex Ktz. S. Br. . gibba Ktz. Ar SB: » var. parallela Grun. . S. » var. ventricosa (Ktz.) Grun. S. Br. . Zebra (Ehrb.) Ktz. S. Br. | Argus Ktz. ı S. Br.M. . Muelleri Fricke . Musculus Ktz. . EEE. M. » var. constricta (W. Sm.) M. . gibberula Ktz. . M. Eunotia Ehrb. | . Arcus Ehrb. var. minor H. v. H. S. . major (W. Sm.) Rabh. S. . gracilis (Ehrb.) Rabh. . S. . pectinalis (Ktz.) Rabh. S. . lJunaris (Ehrb.) Grun. . S. 16,65-17,50 m xxx 25,60-26 m Litorinabildungen illa Potent Villa Bi te e Imlraye: in Mecklenburg | | | | | münde |Conventer| Warne- 30,70-31,50m 37 — 37,50 m 40,50 —41 m 42,50 —43 m/44— 44,50 m 46—46,50m 1905 See münde | | | en 1902 RE a | | | | | | | x x x x B | x x | x x | x x | x | x | x x x | x | x x x 1} x x x x x | x | | | f | | x | | | | | | | x x x | x | x x x | x x E | x | x x x x x x x x x x x E x 1% x x x x x I | | | x x x x | x 13% x x 2 EUR? 5 | 3 x i | , x % x a Ä | a x x x x x x x x | : | x x . x | 0 | x | 44 DRAN NAUMANN (0 p} [>] Ceratoneis Ehrh. . Areus Ktz. Synedraceae. Synedra Ehrh. pulchella Ktz. » var. Vaucheriae Ktz. 3 Ulna (Nitzsch) Ehrb. » var. splendens Ktz. » var. longissima W. Sm. » var. amphirhynchus Ehrh. Acus (Ktz.) Grun. balatonis Pant. forma staurophora capitata Ehrb. affınis Ktz. ER » var. tabulata Ktz. » var. capensis Grun. . 5 Gaillonii (Bory) Ehrb. . » var... . erystallina (Lyngb.) Ktz. fulgens (Ktz.) W. Sm. Hennedyana Greg. undulata (Bailey) Greg. . Tumpens Ktz. var. inflata Heiden Tihalassionema Grun. Th. nitzschioides Grun. Thalassiothrix Cl. et Grun. Th. Frauenfeldii Grun. Vorkommen Süßwasser, Brackwasser, Meerwasser im M. —] [SPELSEIEESS | ]* 112 16,65-17,50m 25,60-26 m . Tilerinabildunsen Vılla Potente | u: in Trave- in Mecklenburg | | münde | Conventer| Warne- 30,70-31,50 m 837—37,50m | 40,50 —41m 412,50 — 43 m 44 — 44,50 m 46 — 46,50 m 1905 | See ' münde | | 1900 | 1902 | | | | | | | | | | Ik .x x x x x | | x | > x x x x | x 2 | x x Sn | #.N| N , x x ei x x x x ? x x x x x x x | x | x x x x f Dh x x x | : | x x x = x | | | 5 Be | I" 3 | x > ed Ex x SE 32 x x | x | | ee: IND x x a Wer x x Se x x | x | | | = X | | | || | ' | | | || 2 | | | | | | | 46 (a. D. D. Fragilariaceae. Fragilaria Lyngbye. ', virescens Ralfs °, capucina Desm. ° var. mesolepta (Rabh.) . '. construens (Ehrb.) Grun » var. Venter Grun. . : > var, binodis (Ehrb.) Grun. » var. trinodis Heiden ', Harrison (W. Sm.) Grun. '. mutabilis (W. Sm.) Grun. » var. Intermedia Grun. » Var. ', brevistriata Grun. var. subcapitata Grun. . Grunoviella H. v. H. 1. parva (Grun.) H. v. H. Raphoneidaceae. Raphoneis Ehrb. . Surirella (Ehrb.) Grun. Dr . amphiceros Ehrb. var. elongata Perag. Plagiogrammaceae. Glyphodesmis Grev. Willamsonii (Greg.) Grun. . distans (Greg.) Grun. Dimeresramma Ralfs. . fulvum (Greg.) Ralfs minor (Greg.) Ralfs var. nanum (Greg.). Vorkommen im | Süßwasser, | Brack wasser, | Meerwasser == M M M M M I -I-I II I I -I-I-I- SI -ı 1* | | | 16,65-17,50 m 25,60-26 m Villa Potente Litorinabildungen | in Trave- in Mecklenburg | | | | ! münde \Conventer| Warne- 30,70-31,50m| 37—37,50m |40,50 41 m 42,50 43 m 44 44,50 m|46—46,50m | 1905 See münde | | | 1900 1902 | | x - x R ; I 3 X x x x x x © x x | . x | x x x x x x x x x x > A x x x | x | | | I | | | | | | x | Zu E ) | x | ; x ; x x x x x x x x x x Plagiogramma Grev. Pl. van Heureki Grun. Pl. Gregorianum Greg. Pl. minutissimum Heiden Meridionaceae. Meridion €. Ag. M. eireulare C. As, Diatomaceae. Diatoma De Candolle. D. vulgare Bory D. elongatum ©. Ag. var. tenue (©. Tabellariaceae. Grammatophora Ehrb. Gr. macilenta W. Sm. . EAN Gr. » var. subtilis Grun. Gr. islandica Ehrb. Tabellaria Ehrb. T. fenestrata (Lyngb.) Ktz. . Rhabdonema Ktaz. Rh. adriaticum Kt. . Rh. arcuatum (©. Ag.) Ktaz. Rh. minutum Ktz. BEN: Rh. » var. sulcatum Fricke Surirellaceae. Cymatopleura W. Sm. C. elliptica (Breb.) W. Sm. . C. » var. constrieta Grun. C. hibernica W. Sm. '. Solea (Breb.) W. Sm. . » forma marina eYo Vorkommen im Sußwasser, Meerwasser M. M. Brack wasser, 1* 1? ne DD + \ (er) 16,65-17,50om NIsE AN 25,60-26 m | Litorinabildungen a lm run na Tan Fin \3lle Salanlıs | in Traye- in Mecklenburg | | | münde |Conventer| Warne- '30,70-31,50m 37— 37,50 m 40,50—41 m 42,50 - 43 m 44 — 44,50 m 46 — 46,501 m 1905 See münde | | |! | 1900 1902 | | . x x x x x x x | | x | x | | 1 | 2 x, | x x x x x x x x x N x x i i ß x | x x x x WER x x x = x x x | x y x | | x | | | x | x x { x | x x 6 x x x x SE | x x | x x A x N lg 50 B Vorkommen [ ım | Süßwasser, | ee 16,65-17,50m1| 25,60-26 m Surirella Turp. Sure da Smaea u en: S.? SIUDISEHATAWBRED BETEN S. 7 Srlliagamie, WosStn,, re een S. 7 BSzelesansalihrb. Sacred S. Br. 6 DE Gaproni a Breber re Be Ser 6 S. robusta Ehrb. var. enland hs (Ehrb,) LIR S. fü S. » forma minor RT ale . . >. striatula Turp. . . . ee NE BESAV: 6) x x S. » var. biplicata eine en) - St GemmasBllichi ns 2) Suleukınz ve nee 1 x x SertastuosanEihrbar 2 ar a | M. = x x S. » var. euneata Witt SE | M. 1® S. » NEO RN be RE M. 1= Se Moellertama@ Gi. m S, 7 S. Humiensis Grun. a M. 1* DO OMNISRAWORE EWR En LE M. 11 D. » var. er FE N M. S. ovalis Breb. var. Crumena (Breb.) . . . S. Br. 6 . S. var Toyatan (Kt Sr 6 x D. I Evans mımubag (Dre br) er 6 | . S. var salinas( WW 2 Smile 0: Gr 4 SD al, jatamane (NWS Snake S. 7 S. I varBatella,(Bhrbojer. Ber rn S. 7 DE ne1sonisE Ban PD var Br 4 . S. bifrons Ktz. D) x S. spiralis Ktz. | Campylodiseus Turp. G-eBehineis, Ehrbys ve ee BEHVE 3 x >< C=Daemeleanusk@rungs Br N 1 e. @lypeuspEihrbiegr. en. Er zen Se 4 OS anoeularisaGresı Er ne 1 x @ simulans' Gress 1... ©, 0 2. hu NE je x x GEimpressusp@runsp ee M. 1 . C. bicostatus W. Sm. var. quadrata Grun. . Br. 4 x Sl | | Vılla Potente I | in Trave- | Litorinabildungen in Mecklenburg | | | | | münde |Conventer| Warne- 30,70 31,50 m 37— 37,50 m | 40,50 — 41 m |42,50— 43 m | 44— 44,50 m 46 — 46,50 m 1905 See münde | 1900 1902 x x x x x x 6 5 ö o »x x x x x x x x x x Be: : x x x x x x x x x x x x x x x x x x X x x x x x x x - x »< 6 ß A x x x x x x x x x | x £ x x c . c & >X | x a 10% x x | x x x x x x x x Kuh [Un x x x x x x x x x x x x . x e x | x x x x x x u x x x : : 5 : x x x x x x x PD}! [SS] C. C sea: Dame 22 N. N. N. 7 AN. N. ER IIEIEEEET Eibernteus@lihrbee R var. norica (Ehrb.) . spec. noy. ? Nitzschiaceae. Hantzschia 6run. . amphioxys (Ehrb.) Grun. » var. major Grun. var. intermedia Grun. . virgata (Roeper) Grun. . marina (Donkin) Grun. Nitzschia (Hassal; W. Sm.) Grun. navicularis (Breb.) Grun. variepunctata Heiden . punctata (W. Sm.) Grun. var, elongata Grun. acuta var. coarctata Grun. . Tryblionella Hantzsch var. litoralis Grun. » var. levidensis Grun. var. . $ angustata (W. Sm.) Grun. . panduriformis Grun. var. eonstrieta (Greg.) Grun.. mareinulata Grun. BER var. didyma Grun. » var. . hungarica Grun. . apiculata (Greg.) Grun. acuminata (W. Sn.) Grun. » var. subeonstrieta Grun. . eircumsuta (Bailey) Grun. commutata Grun.. . bilobata W. Sm. . . Mitchelliana Greenloaf . scalaris (Ehrb.) W. Sm... Vorkommen im | , Süßwasser, | Brack wasser, Meerwasser | S. Br. Ss, Br . 8. Br.M. | | S. Br. M. M. M. | M. {or} 1 1 BR [8] SE o> NY N |16,65-17,50 a 95,60-26 m 53 E E | Litorinabildungen | Vılla Potente (een DE, | | in Trave- in Mecklenburg | | | IBeninde | Conventer| Warne- 130,70-31,50 m| 37—37,50m | 40,50— 41 m |42,50— 43 m 44— 44,50 m 46— 46,50 m 1905 See münde | 1900 1902 | - - x - | x x x x | - x x | x x x x | | | | | | | | | | | | | | | | | x x x : | x x x | B I x | x x x | | 3 x x > | | x | x 6 x > x X x x x x x 2 x x x X x x | x | 5 x | | x x | x | . ARE i | | x I 5% | x x x | | | | SCHE EEE I} x ö | 3 | x | & | x = SEE 15% a | u | SER TEER 2 0 | x | ier®s 3% x x x VE EL PO . Insignis Greg. . socialis Gres. . » var. Kariana Grun. » var. baltica Grun. . . paradoxa (Gmel.) Grun. . . acuta Htz.. . vivax W. Sm. . . angularis W. Sm. . distans Greg. . sigmoidea (Ehrb.) Ww. Sa. . Sigma W. Sm. var. Siematella » var, . Intercedens Grun. . fasciculata Grun. . . obtusa W. Sm.. » var. . spectabilis (Ehrh.) Ralts . . vitrea Norman . . tenuissima Per. . . . Palea (Ktz.) W. Sm. . lanceolata W. Sm. . amphibia Grun. » var. minor H. . Lorenziana Grun.. . Nov. Spec. . w, Jal Ill. Crypto- anne Chaetoceraceae. Rhizosolenia (Ehrb.; Brightw.) Perag. Rh. Rh. Rh. Rh. Ch. setigera Brightw. Calcar-avis Schultze . hebetata Bailey var. subacuta Grun. . SP. sp. Spore Chaetoceros Ehrb. im Vorkommen Süßwasser, Brackwasser, Meerwasser M. M. M. M. 1-1 =D 1 63 16,65-17,50 m x 25,60-26 m | Litorinabildungen Villa Potente | in Trave- in Mecklenburg | | münde Conventer | Warne- 30,70-31,50m| 37 — 37,50 m |40,50—41 m |42,50 -43 m 44 — 41,50 m 46——-46,50 m) 1905 See münde | I Fe 1902 I | I I a nr x | x | ? x 2 | x 1} x AN | | | x x | | x x x 4 5 2% x x | 91x x | x | x > | x > | x | x | x x x | | \ | | | / | | | > | | | | | | | | ö | x | x | x | | | | | Se Ri 1 | I x X X x | x . | E x | | | | | | x | | | : | x 1% | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | ee > x Ih EMEX | I EDS | | x < x x x | x | | | | >“ 2 x | | 1 Melosiraceae. Pyxilla Grev. baltica Grun. a Soll nach Cleve eine Spore von Rhizosolnia alata sein. St. Stephanopyxis Ehrb. Turris (Grev., Ralfs) Grun. var. Cylindrus (Ehrb.) Grun. forma inermis Grun. >» Cylindrus forma soluta Grun. . var. aretica Grun. . » var. polaris Grun. . var. Melosira Agardh . nummuloides (Bory) ©. As. . . Borreri Grev. y var. hispida Castr. . varlans ©. Ag. . Jürgensii C. Ag... . distans Ktz. . . crenulata Ktz. . . arenarla Moore. . Sol. Ehrb.. ER: . granulata (Ehrb.) Ralfs . . sulcata (Ehrb.) Ktz. Su var: Le ‚ var sıbirica Grun. forma radiata Grun. Cyelotella Ktz. '. striata (Ktz.) Grun. . » var. baltica Grun. » var. ’. comta (Ehrb.) Ktz. » var. radiosa Grun. » var. paucipunctata Grun. . Kützingiana (Thwait.) Chauvin . Vorkommen im Süßwasser, | Brackwasser, | Meerwasser M. 16,65-17,50m| 25,60-26 m 2 x | | 1* 11% : : I : x 1* il ih 3 x x il 6 7 4 7 7 6 1* ! 2 x 11 X x 2 x ' 2 7 x 7 x 7 | elle Potente Dironmabiliureen | in Trave- in Mecklenburg | | | münde |Conventer| Warne- 30,70-31,50m | 37—37,50 m | 40,50—-41 m | 42,50—43 m |44— 44,50 m 4646,50 m 1905 See münde | 1900 1902 | | x x xoe | x x x | | | | | | | | | | | | x | En | x | x | x ; x | : | x | | | | x | B | | | | 16; x x x x | x | x x x | >< | : | ” x | xır ha 5 x x | x x | - | A U < d | x 2 | x x x x | eh a 5% x R x IE x vı i x a Ka X % x x x x | x | x x x A | x | | 2 x x a ld %X x x . x a < En. |KORER x x x c x x | x | | x 58 Vorkommen im Süßwasser, Ur nIEn Brackwasser, a Im NE 16,65-17,50m| 25,60-26 m C. Kützingiana var. planetophora Fricke. . S. Ü C. >» var. radiosa Fricke . ... . S 7 C. > Vu RE A Ma ee 02 Menechmiana, Ketzer ST Br 6 Hyalodisceus Ehrb. | H. Sscotiens(Ktz) Gruner. era 22,228 EME 2 >| x EiastelliverstBarleyamael Sara Far SPERREN: * H. radiatus (O’Meare) Grun. var... ...| M. Biddulphiaceae. Terpsino& Ehrb. T. americana Bailey var. Grunowi Heiden | Br.?M. | Trinacria Heiberg | InAResinaukleiberssrener eur 0. un. M. 11° | Biddulphia Gray. | B. austaulyneh)PBrebr 8 u. 2 Se N ae x x B. tureidapWersu er Bee Me 3 = Be laevispEhrp:.. Be, a m Br. VI | B. » forma minor . he) ENT. s B. subaquae Ktz. var. baltica Grun. . .. Mo 2 x B=pulehellayGrayps Er Er ML. lan: B. antediluviana (Ehrb.) H.v.H...... ME. Trieceratium Ehrb. | Mir Hlos gEhrbr 6 Mer ne a RE AERR ose Tr. simplieissimum Witt... ........| M.foss. | Desmobiles Witt het. er nn a VIEEOSS: ie Baretieın Brio hi wer M. 11 Eupodiscaceae. Auliseus (Ehrb.) Bailey. Asanelatus Baileys. Wu. u. M. “ A. » VAT: 0, Min 0. u 3 Re Eee M. = i B A. reticulatus Grey. . . N a M. 1l® , x A. seulptus ‘(W.Sm.) Rallsı .. „. 1. 2% Ma el I 5 | Litorinabildungen Villa Potente | Ir : | Sa ae: in Mecklenburg | münde ‚Conventer| Warne- '30,70-31,50m 37 — 37,50 m 40,50 —41 m 42,50 —43 m/44— 44,50 m 46—46,50m 1905 See | münde | | | 1900 | 1902 | | | | x . | x | . | | z X i | | | | | - x Se Hmm 2% x | | | | | | | | | | | X a FE a ee EN u es x | | i | x | | a | | | | x | x x x x | | | | | | | x | | | x >% x x | x x x | x x x x | x | x x x x x | x | x | x x x x | | | x x | x | x | EN | | x | x | | | | >x | 1} | x I \ | | I | [ | | | % | x SS Bi 1} x RS | zu m x x 60 PP» en | im | Süßwasser, | | SERIEN 116,65-17,50m| 25,60-26 m | | Eupodisceus Ehrb. | | Argus EhrbME., nee ee all, So 11= | Aulacodiscus Ehrb. | excavalus A SS. Se M. foss. E | : | . margaritaceus Ralfs var. Moelleri Rattr.. M. 1= | . Sollittianus Norm. . . ee oe ee | il= | Heliopeltaceae. | Aetinoptychus Ehrb. | . undulatus (Ehrb.) Ralfs. ... . Sl M. 1 X > Sareolatusı (Bhrba)EA Se ale aM a h x Asterolampraceae. | | Arachnodiseus Ehrb. | | ). (kleines B ruchstück) . ER a NE 1 | | Coscinodiscaceae. | Stephanodiseus (Ehrb.) Grun. | Asiraga, (Bihrb.)Gem. 9.7. 20002 222 0SggBr 6 | » var. spinulosa Grun . ....| 8. 7 | x var. intermedia Frike ....| Br. 4 : » var. minutula (Ehrb.) Grun. . . | S. 7 x » var.. St. carconensis (Eulenst.) (ea Selle. 2 Actinoeyelus (Ehrb.) | | Ralsıa WV2Sma kalten Be IM. une Kurıe 5 var. monicae Mo 2 | . Ehrenbergii Ralfs MI 2 X . crassus H. y. H.. Me 2 x X . subtilis (Greg.) Ralfs IM. Sl Sal! . Barkleyi (Ehrb.) Grun. M. | | Litorinabildungen | Villa Potente in Trave- | in Mecklenburg | | ] | münde \Conventer| Warne- 30,70-31,50 m) 37— 37,50 m |40,50—41 m 42,50 —43 m 44— 44,50 m 46—46,50m 1905 | See münde | | | | | | [1900 | 1902 | | | | | | | | | | | | x x I} | | x x I) | x X x X x x x x > x x x x x x x > | | se | x x x x | x x | | EX . x | x > | x | x x x x x x x x x x > x AN x x x x x x x x x x x x x Vorkommen | im | Süßwasser, | = | ER | 16,65-17,50m| 25,60-26 m Coseinodiseus Ehrb. | C. asperulus Grun. . Ma Sl a 4 C. radiatus Ehrb. . M. 1 X x C. » var. media Grun.. M. 1 ©. marginatus Ehrb. M. 1 h C. robustus Grey. . M. 1 X C. convexus A. S.. M. 1 i . C. obseurus A. S.. M. 1 X >x Ü. crassus Bailey : M. il x x C. var. gelida Grun. M. 1 d » var. M. | 1 C. fimbriatus Ehrb. MEN C. heteroporus Ehrb. BE ME Ze C. apieulatus Ehrb. var. ambigua Grun. . . | M. 1 GAGISasDEhrbr ee M. 1 C. var. puntiformis Rattr. M. 1 x : C. Oculus Iridis Ehrb. var. genuina Grun. . M. 1 x x Cr var. tenuistriata Grun. M. 1 @% » var. 3e M. 1 £ C. Asteromphalus Ebrb. B- M. 1 x C. » var. conspicua Grun. | M. 1 C. » var. . SEEN 1 D% » var... M. 1 i C. concinnus W. Sm. AN: Me x Ü. decrescens Gron. var. venusta Grun. M. 1 C. Payeri Grun. var. subrepleta Grun. M. 1 C. polyacanthus Grun. var. baltica Grun. . M. 2 Ü, curvatulus Grun. var. minor (Ehrb.) Grun. M. 1 : C. echinatus Rattr. M. 1 x C. antareticus Grun.. M., il ; . C. excentrieus Ehrb. M. 1 x x C. decipiens Grun. M. 1 x C nitidus Greg. M. 1 C. hyperboreus Grun. M. 1 C. undulatus Cl. M. 1 1% C. papuanus Castr. M. 1 x 63 Villa Potente 130,70-31,50 m x 37—37,50m 40,50—41m | I | % EN 42,50—43 m x 44—44,50m 46 — 46,50 m Litorinabildungen in Trave- in Mecklenburg münde Conventer | N ar Ne x B : x x x x x x x x : x x x x x x x x : - x x x x i 3 x x h £ x x x x x x : e x x x } | x x x . x - x x x x ß € x x x | I, 4 | as NM x ae De Ar Nach ihren Lebensbedingungen gruppiert geben die zahlreichen in den vorstehenden Listen zusammengestellten Diatomeenarten und -abarten für die einzelnen Tiefen eine Vorstellung von dem Salzgehalte des Wassers, in welchem die Diatomeenflora zur Ablagerung gelangte. l. Die tiefste Tonablagerung von 46— 46,50 m. Von den 88 Diatomeen, deren Lebensbedingungen bekannt sind , gehören 27 = 31% ausschließlich dem Süßwasser an, 22 = 25% sind Süß- und Brackwasserbewohner zugleich. Diesen 4) — 56 °% auch im Süßwasser lebenden Formen stehen 39 = 44 °% Brack- und Meeresbewohner gegenüber. Von diesen leben num WBrackwasserser er ER ınm Brack- und Meerwasser a Meerwasser mit weniger als 1,25 % Salz. ® ) » » mehr » » » . 10.222 erstain@dersNordseer ze Fo 4) Die tiefste Tonablagerung unter Villa Potente bietet trotz der großen Zahl der reinen Süßwasserdiatomeen kein Süßwassergebilde mehr, sondern läßt bereits den Einfluß des salzreichen Litorinameeres erkennen. 2. 44—44,50 m. Die 94 Diatomeen, deren Lebensbedingungen bekannt sind, verteilen sich auf Süß-, Brack- und Meerwasser in folgender Weise: Dune a er A280 SE ae Dakanı (ihr an.) 058 % Bee Meer ar KO ON, Brose, Knall, Ma. a Kan Ale | Aura VI ee 0 20) ein I Ra N AN Re) ) Den 50 = 53 % auch im Süßwasser lebenden Diatomeen stehen 44 = 47 °%, im Brack- und Meerwasser lebende Diatomeen gegenüber. Diese Ablagerung zeigt also eine ähnliche Zusammensetzung der Diato- meenflora wie die vorige. 65 3. 42,50—43 m. Die 80 Diatomeen, deren Lebensbedingungen bekannt sind, ver- teilen sich auf Süß-, Brack- und Meerwasser in folgender Weise: SU a I a Fe “ Se 0 KAMEN A: Bra#®: 3 ee Be .. leieg Enolop | Me) 884%, ee, a | Hier treten plötzlich die Süßwasserdiatomeen ganz zurück. Von den 68 Salzwasserformen sind 46, also ®/,, Meeresbewohner; von diesen leben ®/, nicht mehr bei Travemünde, die Hälfte sind Nordseeformen. Der.tonige Niederschlag bei 42,50 —43 m Tiefe entstand schon im salz- reichen Litorinameer. Das starke Überwiegen der Meeresdiatomeen und unter diesen wieder die hohen Prozentzahlen der Nordseebewohner zeigen, wie die folgenden Tabellen erkennen lassen, auch die nun folgenden höheren Schichten bis hinauf zu der dünnen bereits in reinem Seesande einge- schalteten tonigen Bank bei rund 17 m Tiefe. In der Bohrung von Villa Potente ist also eine an der ganzen deutschen Ostseeküste einzig dastehende Litorinabildung von etwa 50 m Mächtigkeit aufgeschlossen worden. l ] Gesamt- ; Zahl der| Lebens-| zahl der i | Diato- | Dedin- k: | Brack- | Tiefe | meen- |, or S. | Br. wasser- | arten |&Ungen || | | und in Metern | und | be | S. %|Br.) % |Br.| % |.M. | %% | M. | 0 |Meeres- | %o ‚abarten| kannt diato- | | | | | | meen | 16,:—17,5| 147 | 140 |16 27 | 18] 25 | 14 20 | 20 22 | 72 52 | 106 | >> 5,6 6 lan ll | 1725 |64l56 | 90 | 79 | 30,315 21 76 | 7326| 85|6|55 | 6 50 we amt |o2ee| u 5 40,541 | 107 | 99 1 5 1161126 | 53|53 | 74 74 5 4225743 | 87 | 8017 1915|6 | A| 5 11832] 4657| 68 | $4 98 | 94 ea 25 |26|28 | 10\z0 | 14 15 | 20/21 | a4 | #6 | | | | | sah apa) | | 44 —44,5 46 —46,5 “2 uw X OR SV) -1 SE) m vd DD 0) Or IS>) & - r m S 18] DI “x Or s> Ne) DS a 66 Verteilung der Meeresdiatomeen nach ihren Lebensbedingungen. a r En Meerwasser Im Meerwasser Tiefe | Narr mit unter mit über Nordseeformen | 1,25 % Salzgehalt | 1,255 % Salzgehalt in Metern | | o,, M2 | % Mi YA Mi %% 16,6 —17,5 | 72 51 16 11 9 6 44 ol 25,626 | 64 36 ai 10 16 14 37 32 307315) 42: |: 55V "10% | 70|5|20 ee 37 —B1,5 | 52 68 12 16 13 I 26 34 05, aaa zen na ee 42,5—43 | 46 37 11 14 11 14 24 29 44 —44,5 20H 6 6 $) 10 5 9) 46 —46,5 | 22 95 8 9 10 ee 4 5 II. Die übrigen Bohrungen auf dem Priwall. 1. Bohrung Prof. Struck. +3 mNN. Am Nordrand des Waldes bei der "Tribüne des Rennplatzes. Trockenbohrung von H. Thöl-Lübeck, Sept. 1909. Diese Bohrung wurde im Auftrage von Herrn Prof. Dr. Struck- Lübeck ausgeführt, um den Teilnehmern des Geologenausfluges nach Lübeck -Travemünde am 12. September 1909 die Gelegenheit zu geben, den Aufbau unserer Litorinabildungen an Ort und Stelle kennen zu lernen. 0—16 m: Seesand, —19 » _ grünlicher feiner toniger Sand, —24 >» » sandiger Ton mit Scerobicularia piperata (25 mm lang) bei 21 m, » Bruchstück und | ai : » 22 Mytilus edulıs I { » » » 23 » Cardium edule, kräftig 9a cf. Serobicularia piperata (Bruchstück) J —25 m: graue Kalkmudde mit Valvata depressa, Bythinia ten- taculata (Deckel), Limnaea sp., Planorbis sp. und cf. marginatus und Holzresten. Darunter eine ganz dünne Schicht schwarzer Torfmudde. —27 m: grober Diluvialsand mit artesischem Wasser. 67 2. Villa Reuter. + 1,19 m NN. Trockenbohrung von H. Thöl-Lübeck, Nov. 1911. Von dieser Bohrung erhielt ich 31 Proben: 0— 1 m: grauer Seesand, ziemlich grob, — 3,600» » » kiesig, — 920 » » » fein, mit Cardium edule, —10 >» » » » » » Mytilus edulis, Hydrobia sp., Seegras. — 11,50 » bräunlichgrauer Schlick (feiner schwachtoniger Sand), kalkfrei, mit Cardium edule, Mytilus edulis, Hydrobia sp., Scrobicularia piperata und Seegras. —14 » grauer Seesand, fein, kalkfrei, — 16,60 » » » » mit Seegras, zer Rluzmuues S IEHZION AR |mit Cardium edule, Mytilus meist bräunlichem tonigen 3 ; N g ‚ edulis,Scrobicularia piperata Sand wechselnd, schwach Te, Shsorae kalkig. | a RE era mit 2 Schalenstücken von ; J Cardium edule, Seegras, mit winzigen Feuerstein- — 19,60 » desgl. } splittern, | mit Mytilus edulis (kräftig) — 20,60 » desgl. Cardium edule, Serobieu- larıa piperata, | mit einem Bruchstück von —2l,co » desgl. Cardium edule und vielem | Seegras, I schön erhaltenem See- — 22,00 » desgl. gras und mit Streifen von | reinem Sand, — 23,60» desgl. “ mit Seegras, 94,00'» desgl. | mit Seegras u. einem kräfti- |gen Bruchst.v.Mytilusedulis, —25,00 >» desgl. ieh Seegras und einem — 26,60 >» desgl. ‚jugendlichen Gehäuse von Nassa reticeulata, — 27,60 m: blaugrüner fetter schwach | mit einem Bruchstück von kalkiger Ton j Cardium edule u. Seegras. mit Schalenstückchen von Scrobieularia piperata, vier — 23,60» desgl. Exemplaren von Aydrobia und Seegras, sr at \ mit Mytilus-Bruchstück u. —29 5 ‚so » desg | Seegras, hr es | mit Cardium edule(1 Bruch- =— D dese “ N 30 en J stück) und Seegras. — 30,50» desgl. dunkler | ohne nachweisbare Fossi- —31 desgl. fast schwarz| lien. — 91,50 m: dunkelblaugrüner magerer Ton mit Valvata sp. und zarten Schalen von anderen Süßwasserkonchylien, —32 graugrüne tonige Kalkmudde mit Pisidien, 32,50 hellgraue, beim Trocknen fast weißwerdende Kalkmudde I w } mit Zimnaea sp. -—34,50 m: grober kiesiger Diluvialsand, | artesischer Grundwasser- — 26,30 97 — 27,30 m » dann feiner werdend. | horizont. 3. Villa Buck. Trockenbohrung von H. T’höl-Lübeck, Dez. 1911 (28 Proben). + 122 mNN. : Seesand, grob, mit kleinem Geröll, (ardium edule und Mytilus edulis, sehr fein, mit Mytilus und Tellina, starksandiger Ton, grünlichgrau, kalkarm, mit kleinen Bruchstücken von Mytlus und Scrobzculariapiperata,fernerHydrobia, Nassa retieulata und Stücken von Seegras, grünlichsrau mit bläulichen fetteren Partieen, ohne Schalenreste, mit wenig Seegras, schwarzbraun, bröckelig, mit Myti- lus-Bruchstücken, 2 Hydrobien und viel Seegras, grünlichbraun, mit Seegras, grünlichbraun, mit dünnen Lagen von bläulichem fetten Ton, mit Seegras, (ardium edule, Hydrobia — 29 3 0) h 50 31,50 » » sandiger 69 Ton, ulvae (zahlreich), Rissoa albella Lov. (mordische gedrungene Form von R. inconspicia Ald., (mach freund- licher Bestimmung von Prof. Lenz) und den Kalkröhren von Spwrorbis nautiloides Lmk. (nach Lenz), grünlichbraun, mit wenig Seegras und zwei Hydrobien, grünlichbraun, mit bläulichem fetten Ton und wenig Seegras, erünlichbläulich, mit dünnen Streifen von sandigem Toon, mit wenig See_ eras und einigen Hydrobien, erünlichbläulich, mit wenig Seegras und einem Bruchstück von Nerzstina fuviatilis, grünlichbläulich, mit einem Seegras- blatt, schwarz, dunkelgrünlichblau, mit einem See- grasblättchen und Zimnaea ? ovata (Wirbelstück), So | I Pr 1 » fetter sandiger Ton, schwarz, mit winzigen dünnwan- digen wunbestimmbaren Schalen- resten, anscheinend von Süßwasser- mollusken, grünlichgrau, z. T. fett, mit schwar- zen Streifen, einigen dünnwandigen unbestimmbaren Schalenresten, 38,50 m: Grober kiesiger Diluvialsand mit artesischem Wasser. 0— 0,75 — 4 — 5,16 — 8,30 — 9,50 — 11,50 —16 m: 4. Villa Freund. Trockenbohrung von H. Thöl-Lübeck, Oktober 1911 (27 Proben). Seesand, grob, » » kiesig, + 127 mNN. kiesig, mit (ardium edule und Mytilus edulıs, grünlicher toniger feiner Sand mit Mytilus edulis und Litorina litorea, Seesand, fein, mit Cardium edule und Mytilus edulis. m —18 » N — 2A —25 » —26 » —27 >» — ll —29, 3 —30 >» —aıl —92 >» —33 > v yv x v x 2 grünlicher Ton mit mageren desgl. m: grünlicher feiner toniger Sand mit Cardium edule, Serobi- cularia piperata, Hydrobia sp. und Seegras, » mit Mytilus edulis (kräftig) und Scrobicularia piperata, mit Mytilus edulis und dicken Seegraslagen, mit Mytilus edulis uud vielem Seegras, mit bräunlichen Sandstreifen, Mytilus edulıs und vielem Seegras, Schichten wechselnd, mit See- gras, Mytılus edulis und Hy- drobia sp. mit wenig Seegras, mit wenig Seegras und einem winzigen Bruchstück von My- tilus edulis, mit Mytilus edulis, mit Seegras, Bruchstücken von Mytilus edulis und Hy- drobia sp. grünlich fetter Ton, kalkreich, mit Seegras, schwarzer » > » » » » mit einigen winzigen unbe- stimmbaren Schalenresten, — 33,10 m dunkelgraue tonige sandige kalkreiche Mudde mit — 56 Limnaea sp., Pisidium sp. und Knochenstücken einesFisches, grauer schwach toniger kalkreicher Sand mit Planorbis sp., Limnaea sp., Bythinia cf. ten- taculata und Pisidium sp. —38,ss m grober Diluvialsand mit artesischem Wasser. 5. Villa Coleman. + 1,98 m NN. Trockenbohrung von R. Gliemann-Hamburg, Sept. 1911 (16 Proben). 0—10 —11 m: feiner Seesand, » » mit Cardium edule, Litorina litorea und Serobieularia piperata. 1 —12 m: grünlich magerer Ton mit dünnen Sandstreifen mit Aydro- bia (zahlreich), Nassa retieu- lata (klein), Cardium edule, Mytilus edulis und Seegras, —14 » desgl. desgl. und Zitorina litorea, —16 >» » mit Seegras, Cardium edule und Mytilus edulis, — 17 » grauer feiner Sand mit grünlichem Ton abwechselnd mit Hydrobia, Cardium edule und Mytilus edulis, —18 » graugrünlicher toniger feiner Sand mit Mytilus edulis, 19 >» grauer feiner Sand mit Tonstreifen mit Seegras, Aydrobia, Cardıum —20 » grünlicher starksandiger | edule und Mytilus edulis, Ton —22 » grünlicher sandiger Ton mit Mytilus edulis, und Sero- bieularia piperata, —23 » hellgrauefeinsandige Kalkmudde mitSüßwasserkonchylien: Valvata sp. (L Ex.) Bythinia tentaculata (zahlreiche Deckel) und Pisidium sp. (1 Ex.). — 23,57 » schwarzbraune Torfmudde. —23 » grober kiesiger Diluvialsand. Artesischer Grunwasser- horizont. 6. Villa Gilbert. + 1,76 m NN. Trockenbohrung von H. Thöl-Lübeck, September 1911 (10 Proben). 0— 1,20 m: grober Seesand, — A,s0 > » kiesiger Seesand mit (ardium edule, — 515 » femer » — 7,20 » grober » » » » —18 _ »feinerschwach toniger » » » » und Mytilus edulis, —21,5o » grünlicher feinsandiger Ton, —22 dunkelgraue Kalkmudde mit Limnaea sp., Bythima tentaculata (Deckel), Valvata piscinalis zahlreich, Pisidium sp. — 23 » feiner grauer Diluvialsand, schwach tonig, — 26 » grober Diluvialkies; artesischer Grundwasserhorizont. Dann feiner Diluvialsand. he 7. Villa Klatt. 4 2,10 m NN. Trockenbohrung von H,. T'höl-Lübeck, 1909. 0— 2,55 m: grober Seesand, — 16,50 » » » kiesig, — 20,30 grünlicher starksandiger Ton mit Mytilus edulis, — 22,60 » sandiger » » » — 23,0 » graue Kalkmudde mit Bythinia tentaculata (Deckel), Valvata sp., Limmaea sp., Pisidium sp. Darunter eine dünne Ablagerung von schwarzer san- diger Mudde. & ” 5 a, Qt ) Be ; ae an mit artesischem Wasser | en, — 26,50 » feiner schwachtoniger Kies 8. Villa Heimat. + 215 m NN. Trockenbohrung von Vogeley (H. Thöl)-Lübeck, 1906. 0-15 m: feiner Seesand, —16 » grünlichgrauer toniger Sand mit Cardium edule, —18 desgl., mit Tonstreifen, Mytilus edulis und Serobieu- laria piperata, -21 » grünlichgrauer sandiger Ton mit fetteren Streifen, mit Bruchstücken von Mytilus edulis, Serobicularia piperata, wenig Seegras, —24 desgl , mit denselben Arten Fossilresten, — 24,95» graue sandige Kalkmudde mit Valvata piscinalis, Planorbvs nautileus, Limnaea sp., Pisidium sp., zahlreichen Ostrakoden, —25 schwarzer starkhumoser Sand, —27 feiner Diluvialsand | b 4 A mit artesischem Wasser. — 30,50» ziemlich grober » J 9. Villa Blunck. + 2,68 m NN. Trockenbohrung von H. Thöl-Lübeck, November 1911 (23 Proben). 0— 2,0 m: — 4 — 8 —14 —16 » grober Seesand, » » mit kleinem Geröll, » feiner » mit Aydrobia sp. und zahlreichen Bruch- stücken von Cardium edule, Mytilus edulis, » mit Hydrobia und Serobieularia piperata, 13 —13 m: feiner Seesand, mit grünlichem tonigen Sand, Aydrobia sp. und Cardium edule, ON) 55 » » mit Cardium edule und Mytilus eduts, —22 » » » mit grünlichem mageren Ton, mit zahl- reichen Bruchstücken von (ardium edule, Mytilus edulis, und Serobzceularia piperata, —24 » sandiger Ton, grünlich, mit Bruchstücken von Cardium edule und Scrobicularia piperata, mit artesischem — 24,50 » ziemlich feiner Diluvialsand, 2 Wasser. » feiner und grober, z. T. kiesiger Diluvialsand 10. Villa Schütt. + 2,45 m NN. Trockenbohrung von H. Thöl-Lübeck, Dezember 1911 (13 Proben). 0— 6 m: Seesand, kiesig, — 6,0 > » ziemlich grob, — 05 » fein, mit Bruckstücken von (Cardium, edule, Mytilus edulis, Litorina litorea, Hydrobia sp, —20,5e » sandiger Ton, ziemlich grau, mit dünnen Sandstreifen, Mytilus edulis und Serobieularia piperata, —22 » » » » mit fetteren Streifen wechselnd, mit Hydrobia sp., — 23,50 » » » » mit größeren Schalenstücken von Cardium edule und Sero- bieularia piperata, — 24,10 » » » > sehr mager, mit größeren Schalenstücken von (ardium edule und Hydrobia sp. —26 » hellgraue Kalkmudde mit vereinzelten kleinen Torf- stückehen und Bythinia tenta- culata (ganze Exemplare und zahlreiche Deckel), Valvata pis- cinalis, Limnaea ovata n. sp., Suceinea cf. putris L., mehrere Exemplare, Planorbis glaber, Pisidium sp. —29 » grober toniger Diluvialsand, —33 >» und weiter: grober kiesiger Diluvialsand mit artesischem Wasser. 74 11. Villenbauprojekt nahe der Mecklenburger Grenze. + 3,80 m NN. Trockenbohrung von H. Thöl-Lübeck, September 1911 (13 Proben). 0— 9,1» m: feiner Seesand mit kleinem Geröll, --13,00 >» >» » mit Seegras, Hydrobia sp., Cardium edule, und Mytilus edulis, — 17,» » dunkler grünlicher sandiger Ton mit Zitorina sp., Cardium edule, Mytilus edulis, Scrobieularia piperata, —18 » grünlicher starksandiger Ton mit vielem Seegras und Mytilus edulis, — 13,20 » grauer feiner Sand mit wenig Seegras, — 19,55 » dunkelgrauer feiner Sand mit vielem Seegras und einem Bruchstück von Cardium edule. Die fast schwarze Farbe rührt von zahllosen Trüm- mern von Pflanzen (wohl Seegras) her, —-22,50 » grauer feiner Sand mit wenigen Bänkchen von grünlichem sandigen Ton, — 24,50 » grünlichgrauer sandiger Ton, magere und fettere Schichten wechselnd. Mit Hydrobia sp., Cardium edule, Mytilus edulis, Scrobieu- laria piperata (kräftig), Seegras, 25,50 » grünlichgrauer sandiger Ton mit feinen Sandstreifen. Mit Hydrobia sp., Mytilus edulis, Scro- bicularia piperata (kräftig). — 49 » schwarzbraune Torfmudde, —28 » grober Diluvialkies, \ artesischer Grundwasser- — 30,50 » > kiesiger Diluvialsand, J horizont. Dann grauer Tonmergel. III. Bohrung in der Poetenitzer Wiek. Trockenbohrung von H. Thöl-Lübeck, Februar 1912 (21 Proben). Als sich bei dem anhaltenden Frost der Monate Januar und Februar die Poetenitzer Wiek mit einer starken Eisdecke überzogen hatte, war die Möglichkeit gegeben, mitten auf der weiten Wasserfläche von der Eisdecke aus eine Bohrung auszuführen. Die lübeckische Bohrfirma H. Thöl, deren liebenswürdiger Mithilfe ich in den letzten Jahren mehrere wichtige Aufschlüsse in der Stadt Lübeck (auf dem Burgfeld, im Garten der gemeinnützigen Gesellschaft, auf der Falkenwiese) ver- dankte, erklärte sich auch diesmal bereit, auf eigene Kosten eine Trocken- bohrung niederzubringen. Trotz der bei uns seltenen Kälte von 20° C. rm. id gelang es dem Bohrmeister, eine Tiefe von 25 m zu erreichen und die Litorinatone zu durchteufen. Die Bohrstelle befand sich auf der Linie Villa Reuter — Volkstorfer Mühle, 500 m vom Ufer entfernt. Das Bohr- ergebnis war folgendes: 0— 8,20 m: —10 » — [2 » — 1320 >» —14,50 » 15 » -- 15,50 >» — 16,10 » —8 » —19 D —21 > —23 > —y.l » —25 » Wasser, dunkelgrünlichgrauer feinsandiger schmieriger Ton mit wenig Seegras, Tellina baltica, Mytilus edulis, Cardium edule, Hydrobia sp., graubrauner schwachtoniger Sand mit Seegras, grünlich grauer toniger Sand mit wenig Seegras, Mytilus edulis und Hydrobia sp., grauer sehr feiner Sand mit wenig Seegras, Mytilus edulis, Tellina baltica, Hydrobia sp., graubrauner toniger Sand mit (ardium edule, Hydrobia sp., » sandiger Ton mit grünlichen Tonstreifen, mit Seegras und Aydrobia sp., grünlich grauer toniger Sand mit wenig Seegras, Hydrobia sp., graubrauner toniger Sand mit blaugrünen Tonstreifen, mit wenig Seegras, Mytilus edulis, Hydrobia sp., » sandiger Ton mit blaugrünen Tonstreifen, dunkelgrünlichgrauer sandiger Ton mit Tellina baltica, Mytilus edulis, Cardium edule, zahlreichen Fora- miniferen, desgl. mit Mytius edulis und Cardium edule, desgl. mit tonigem Sand wechselnd, ohne Fossilreste, desgl. ziemlich fett, mit Schalenstückchen von My- tilus edulis, Cardium edule (kräftig), Scrobveu- larıa piperata, An der letzten Probe befand sich ein kleiner Rest von schwarzer, sandiger kalkreicher Mudde mit kleinen Schalenstücken von folgenden Süßwassermol- lusken: Bythinia tentaculata, Limnaea sp., Pisi- dium sp. Die Probe ist reich an Diatomeen, Spongillennadeln und mikroskopischen Blatt- Testen. * Zu diesem Bohrergebnis ist folgendes zu bemerken: 1. Es fehlen die Seesande des Priwalls. 2. Sämtliche Schalenreste waren in den Proben nur vereinzelt und bildeten nur kleine Bruchstücke. me 16 3. Durch die Bohrung ist der Nachweis erbracht, daß der Unter- grund der Poetenitzer Wiek genau so wie im Priwall aus Litorinaablagerungen besteht. Ob auch die obersten Ton- schichten noch hierher zu rechnen sind, kann erst durch eine Untersuchung der Diatomeenflora festgestellt werden. 4. Unter den Litorinabildungen breitet sich in der Poetenitzer Wiek genau so wie im Priwall eine Süßwasserablagerung aus. IV. Untersuchung von Bohrproben und Schichten unter Litorinaton auf dem Priwall bei Lübeck. Von ©. A. Weber-Bremen. 1. Trockenbohrung bei Villa Heimat (1906). a) 24—24,95 m. Bläulicher schwachtoniger humusarmer feiner Sand, etwas Glau- konit und Glimmer enthaltend, mit einigen etwas gröberen scharfkantigen Granit- und Feldspatbröckchen; reich an kohlensaurem Kalk. Etwa 100 cem. Fossilreste: Pinus silvestris L., Pollen, ziemlich reichlich. Scirpus lacustris L., eine Nuß. Betula alba L., eine flügellose Nuß. Betula-artige Pollen ohne erhaltengebliebene Intine. Almus ef. glutinosa Gaertn., Pollen, sehr wenig. Trlia sp., Pollen, sehr wenig. Ein winziges unbestimmbares Bruchstück eines Laubholzes. Mehrere Bruchstücke dünner krautiger Würzelchen. Polystomella sp., ein kleines zerbrochenes Gehäuse. Spongilla lacustris Ehrb., wenige Kieselnadeln. Bythinia tentaculata L.. mehrere Deckel. Valvata depressa Pf., einige Gehäuse. Ostrakodenschalen, ziemlich reichlich. Oribates sp., zwei gut erhaltene Individuen. b) 24,95 —25 m. Schwarzer humusreicher ziemlich feiner Sand mit kleineren scharfkantigen Bröckchen von Feldspat und Feuerstein. In einigen Stücken reich, in anderen arm an kohlensaurem Kalk, Etwa 30 cem. Fossilreste: Pediastrum Boryanum, wenig. Melosira Borreri, vereinzelt. Pinus silvestris L., Pollen, sehr wenig. Gramineenpollen, ziemlich häufig. Quercus sp., Pollen, ziemlich häufig. Betula-artige Pollen ohne Intine, wenig. Valvata depressa Pf., ein Gehäuse. Pisidium cf. fontinale Cl., eine beschädigte Schalenhälfte. 2. Trockenbohrung bei der Villa Coleman. a) Von 22—23 m unter Tag. Die kleine, etwa 60 cem umfassende Probe ist eine schwach humus- haltige hellgraue feinsandige Mudde, reich an kohlensaurem Kalk. Mikroskropisch kleine Schwefelkieskörner sind in mäßiger Menge ein- gestreut. Makroskopisch waren nur einige zerdrückte Schneckenschalen und die Gehäusedeckel von Bythinia tentaculata erkennbar. Durch die mikroskopische Untersuchung und durch Schlämmen wurden die Reste folgender Organismen festgestellt: Scenedesmus acutus Meyen., ziemlich zahlreich, die Pollen teils vereinzelt, teils noch im ursprünglichen Zusam- menhange. » obtusus Meyen., ziemlich häufig. Melosira arenaria Moore, Kieselschalen, ziemlich zahlreich. Synedra ulna Ehrb., ebenso, zahlreich. Navieula oblonga Kütz. var. lanceolata Grun., ebenso, zahlreich. > peregrina Kiitz., ebenso, vereinzelt. » elliptica Kütz., ebenso, ziemlich spärlich. » var. minutissima Grun., ebenso, ziemlich zahlreich. Epithemia turgida Kütz., ebenso, spärlich. Surirella spirahs Kütz., ebenso, spärlich. Chara horrida Wahlst., 12 Früchte Hypnum sp., Fetzen eines Blattes, sehr spärlich. Aspidium sp., Sporen, sehr wenig. Pinus silvestris L., ein größeres Bruchstück eines Samens, ein kleines Stück feuerverkohlten Holzes, Pollen- körner in großer Menge. Gramineen, Pollen, wenig. Einige kleine Epidermisfetzen. Scirpus lacustris L., 4 Nüsse. Quercus sp., Pollen, sehr wenig. Alnus cf. glutinosa Gaertn., ein kleines Stück Borke. 18 Betula (aut Corylus?), Pollen, ohne erhaltene Intine in Menge. » cf. alba L., einige Pollen mit erhaltener Intine. Urtica cf. dioica L., einige Brennhaare. Spongilla lacustris Ehrb., Kieselnadeln, zahlreich. Einige Gemmulae. > erinaceus Ichrb., Kieselnadeln, spärlich. Oladoceren-reste, häulig. Bythinia tentaculata L,, Gehäusedeckel, ziemlich zahlreich. b) Von 23,00 — 23,67 m unter Tag. Einige im frischen Zustande (nach Einwirkung der Luft) außen schwarzbraune, im Innern hellsepiabraune ziemlich feste und harte Torf- stücke, frei von kohlensaurem Kalk, im ganzen etwa 120 ccm. Eine (Zwischen-?) Lage aus Feinsand mit einigen Trümmern von Konchylien ist aber reich an kohlensaurem Kalk. Im trocknen Zustande ist der Torf tief schwarzbraun, verbrennt mit kurzer, leuchtender, nicht rußender Flamme und hinterläßt nur wenig gelbliche Asche. Die mikroskopische Untersuchung ergab das Vorliegen einer Torfmudde, die im wesent- lichen aus stark zerkleinerten Trümmern von Pflanzengewebe, in allen Stufen vorgeschrittener Vertorfung bis zum völligen Zerfall in struktur- lose Ulminmassen, besteht. Die nur spärlich eingestreute mikroskopisch kleine Quarzkörner und ebensolche Schwefelkieskörner enthaltende Probe zeigte in einigen Stücken eine deutliche Schichtung, in anderen felılte eine solche. Folgende Reste wurden darin festgestellt: Tilletia sp. Einige ellipsoidische Sporen mit niedrigem, aber regelmäßig 5 —6-eckigem Leistennetz. Höhe der Leisten kaum 1 „, Breite 2—2,5 «. Größte Länge der Sporen 30 « bei 22, « Querdurchmesser. Es liegt anscheinend eine mit den bisher bekannten nicht identische Art vor. Nach der Sporengestalt steht sie zwischen 7. olıda Riss. und 7. tritiei Bjerk. Tilletia cf.? Lolii Auersw. Kugelige Sporen, die zwar von denen der verglichenen Art nur durch engere Netz- maschen der Leisten abweichen, aber schwerlich mit ihr identisch sind. Uromyces junei (Desm ) Wint. Spärliche Teleutosporen. Uromyces sp. Einige kugelrunde Teleutosporen mit gleich- mäßiger verdickter glatter, dunkelbrauner Wand. Durch- messer der Sporen 58 u. Chara horrida Wahlst. Früchte in mäßiger Menge. Chara ceratophylla Wallr. Früchte ziemlich zahlreich. Sphagnum papillosum Lindb. Ein wohlerhaltenes Blatt. 19 Hypnum sp. Blattfetzen, sehr spärlich. Aspidium sp. Sporangien und Annuli mehrfach, Sporen in Menge. Pinus silvestris L. 3 mehr oder minder vollständige Samen. Pollen in großer Menge. Bei der mikroskopischen Durch- sicht häufig angetroffene Trümmerchen feuerverkohlten Koniferenholzes gehören mutmaßlich auch der Föhre an. Potamogeton natans L. 3 Steinkerne. Typha latifolia L. Pollen ziemlich häutig. Gramineen. Pollen reichlich, Epidermisfetzen mehrfach. Die in mäßiger Menge ausgeschlämmten Bruchstücke von Radicellen mit glatter Epidermis gehören wahrscheinlich größtenteils hierher. Uyperaceen. Pollen mehrfach. Einige Radicellen mit papillöser Epidermis gehörten wahrscheinlich einer Carex an. Carex cf. rostrata With. Mehrere Nüsse, z. T. mit anhaftenden Resten des Balges, wurden von Herrn Prof. Friedrich aus dem Material der Schicht gesammelt. Saliz sp. Zwei Holzstücke, von Herrn Prof. Friedrich gesam- melt. Pollen sehr spärlich. Ein dünnes berindetes Zweig- stück. Quercus sp. Pollen äußerst spärlich. Betula (aut Corylus?). Pollen ohne erhaltene Intine in mäßiger Menge. Betula cf. alba L. Einige Pollen mit mehr oder minder gut erhaltener Intine. Alnus cf. glutinosa Gaertn. Ein von Herrn Prof. Friedrich gesammeltes Holzstück. Pollen sehr wenig. Zwei kleine Stücke Borke ohne eine Spur von Abrollung. Spongilla lacustris Ehrb. Kieselnadeln, wenig. Hydra sp. Ein Ei. Coleopteren. Einige Bruchstücke von Käferdecken, wahrschein- lich Donacien. Die Schichten, denen die beiden untersuchten Proben von Villa Coleman entstammen, sind limnische Süßwasserablagerungen. Ihre Ent- stehung fällt in ein Zeitalter, wo in der Umgebung ihrer Bildungsstätte Föhren die herrschenden Waldbäume waren, neben denen vielleicht auch reichlich Birken vorkamen. Die Wälder sind wiederholt von Feuersbrünsten heim- gesucht worden, worauf die Holzkohlenfunde schließen lassen. Die Eiche ist in beiden Schichten nur durch die ungemein spärlich angetroffenen Blütenstaubkörner vertreten. Ob sie zur Zeit der Entstehung der Schichten bereits in nächster Nähe der Fundstätte wuchs, ist sehr zweifelhaft. 80 Dagegen steht dies hinsichtlich der durch Holz- und Borkenfunde be- glaubigten Erle fest. Es fällt indes auf, daß sich in der obern Schicht keine Blüten- staubkörner der letztgenannten Art fanden, obwohl ich wiederholt eine erößere Zahl von Präparaten eigens darnach durchsucht habe. Die Erle war anscheinend zur Zeit der Ablagerung jener Schicht seltener in der Umgebung der Fundstätte geworden. Vermutlich hatten sich die Stand- ortsverhältnisse für sie verschlechtert. Zuerst war nämlich bier ein durelı Moorbildungen großenteils verlandeter See vorhanden, der darnach, wie die ganze Moorlandschaft, durch Staubsand überweht und allmählich aus- gefüllt wurde, bevor -das Litorinameer eindrang. Das vereinzelte Vorkommen von Navicula peregrina, einer gewöhnlich in brackischem Wasser lebenden Diatomee, deutet schwerlich auf ein Eindringen salzigen Wassers in den versandenden See zu der Zeit, als das Material der untersuchten Probe abgelagert wurde. Denn, obwohl das zur mikroskopischen Untersuchung dienende Material aus dem Innern unversehrter Stücke genommen wurde, so daß eine Verschleppung jener Diatomee aus hangenden Schichten durch den Bohrer nicht in Frage kommt, so kann sie doch auch schon zur Zeit der Entstehung ihrer Fundschicht durch Wind oder Seevögel eingeschleppt worden sein. Ueber- dies ist sie gelegentlich auch als Bewohnerin süßen Wassers beobachtet worden. 3. Trockenbohrung an der Mecklenburgischen Grenze. 25,3— 26,0 m unter Tag. Die kleine, etwa 50 ccm große Probe ist eine feinsandreiche, sehr viel kohlensauren Kalk enthaltende, im feuchten Zustande (nach längerer Berührung mit Luft) schwarzbraune, trocken dunkelgraue Mudde. Sie ist in einigen Stücken geschichtet, in anderen ungeschichtet. Einige Lagen sind fast reiner feiner Quarzsand, andere fast reine kalkarme Torfmudde. Letztere verbrennt mit kurzer, leuchtender, nicht russender Flamme unter Entwicklung eines schwachen Geruchs nach Schwefel- dioxyd und hinterläßt reichlich eine ziemlich feste, gelbrötliche Asche. Der alkoholische Auszug der Probe ist farblos und zeigt keine Fluorescenz. Die organiscbe Masse besteht überwiegend aus winzigen Trümmern pflanzlicher Gewebe in allen Stufen vorgeschrittener Vertorfung. Die Reste folgender Organismen wurden bestimmt: cf. Melanospora arenaria Fischer et Munt, braunes Pilz- mycel an und in einem kleinen starkzersetzten Fetzen der Epidermis eines dikotylen Blattes in Menge. Uromyces poae Rabenh., einige Teleutosporen. Melosira arenaria Moore, Kieselschalen, häufig. 81 Synedra ulna Ehrenb., ebenso, häufig. Navieula oblonga Kütz, ebenso, mehrfach. Navicula oblonga var. lanceolata Grun., ebenso einige Male be- obachtet. Navicula viridula Kütz, ebenso, mehrfach. Epithemia turgida Kütz, ebenso, zahlreich. Aspidium sp., Sporen und Sporangien ziemlich häufig. Pinus silvestris L., Pollen zahlreich. Einige stark zersetzte Trümmer von Koniferenholz gehören wahrscheinlich hierher. Gramineen, Pollen häufig. Epidermisfetzen, die wahrscheinlich hierher gehören, mehrfach. Salix sp. Pollen, sehr spärlich. Quercus sp., Pollen. sehr spärlich. Alnus sp., Pollen, sehr spärlich. Betula (aut Corylus?), Pollen ohne erhaltene Intine, zahlreich. Spongilla lacustris Ehrenb., Kieselnadeln häufig. Spongilla erinaceus Ehrenb., ebenso, spärlich. Cladocerenreste, mehrfach. Bythinia tentaculata L., Deckelchen, ziemlich zahlreich. Auch zerdrückte Schalen, die mehrfach in der Probe vorkamen, scheinen z. T. wenigstens dieser Art anzugehören. Ostrakode, Bruchstück einer Schale. Ein Bruchstück einer kleinen, sehr dünnen Schale von Cardium edule, das sich in der Probe beim Schlämmen fand, fällt so sehr aus dem Rahmen der durch die vorstehend aufgezählten Reste gekennzeichneten biologischen Gruppe heraus, daß mit Sicherheit eine vielleicht nachträg- liche Verschleppung anzunehmen ist. Die petrographische Beschaffenheit des Schichtmaterials und die organischen Einschlüsse lehren das Vorliegen einer limnischen Süß- wasserablagerung. Sie gehört demselben Zeitalter an, wie die Prälitorina- schichten von Villa Coleman und wahrscheinlich demselben Seebecken, in dem sich die dortigen ablagerten, aus der Zeit der beginnenden Sand- überwehung. Die im untern Travegebiete zu verschiedenen Zeiten ausgeführten Bohrungen lassen keinen Zweifel darüber bestehen, daß dort vor dem Einbruch des Litorinameeres ausgedehnte Seebecken vorhanden waren, die möglichenfalls alle oder meist miteinander in Verbindung standen. Als sich die Torfmudde der Schicht b von Villa Coleman ablagerte, muß die Vermoorung des hier vorhandenen Sees oder Seeabschnittes weit vor- geschritten gewesen sein. Die Wassertiefe kann damals an dieser Stelle in ihm höchstens etwa 1,5 m betragen lıaben, wahrscheinlich war sie 82 geringer. Die durchschnittliche Erhebung des umgebenden Niedermoores über den Seespiegel hat meines Erachtens. höchstens 0,5 m betragen. Die Oberfläche des Moores jener Zeit ist also in einem Horizonte zu suchen, der bei Villa Coleman höchstens etwa 22,5 m unter der heutigen Landoberfläche liegt, also 20,5 m unter NN. Da aber die damalige Mooroberfläche auf mindestens 0,5 m über dem Meeresspiegel lag, so be- trägt die Landsenkung hier allermindestens 21 m. V. Ergebnisse. In fast allen Bohrungen ist der gleiche Aufbau des Priwallunter- grundes zu erkennen: angeschwemmter Seesand, E marine Bildungen darunter tonige Ablagerungen, & 7 | Alluvium. | vorwiegend Kalkmudde a Ä = : me VB essahlimazen darunter sandige Mudde, Torf J Sand mit artesischem Wasser N avaımm 1. Das Diluvium. Mit Ausnalıme der beiden Probebohrungen Holzmann I und U (mit tonigem Diluvialsand) wurde in allen Bohrungen auf dem Priwall artesisches Grundwasser erschlossen. Der Grundwasserträger ist ein grober, z. T. kiesiger Diluvialsand. Die tieferen Diluvialablagerungen wurden am besten in der Bohrung. Holzmann II aufgeschlossen; sie bestehen hier aus feinen Spatsanden, Mergelsanden und Tonmergel. Ob die am Kohlenlager bis 85 m Tiefe erbohrten feinen Sande sämtlich dem Diluvium angehören, ist aus den Bohrberichten nicht zu ersehen. Die Bohrungen lassen kaum noch einen Zweifel darüber aufkommen, daß unter dem ganzen Priwall der Geschiebemergel fehlt. In der über 2 km breiten Niederung zwischen Travemünde und dem Mecklenburger Steilufer ist die Grundmoräne offenbar durch die Schmelzwässer des sich zurückziehenden Inlandeises zerstört und die große Lücke ist durch jung- diluviale Tone und Sande z. T. wieder ausgefüllt. In hydrologischer Beziehung gehören die wasserführenden Sande unter dem Priwall demselben Grundwasserstockwerke an wie die artesi- schen Sande in Travemünde, Schlutup, Schwartau und Lübeck; ihrem Alter nach liegen sie jedoch weit auseinander, denn während die Sande unter dem Priwall allem Anscheine nach erst beim "Abschmelzen des Inlandeises zur Ablagerung gekommen sind, liegen im Diluvialgebiete zwischen Lübeck und der Ostsee die wasserführenden Sande unter dem gesamten Geschiebemergel. 83 Die Oberkante des Diluviums liest unter dem Priwall zwischen 20 und 22 m unter Normalnull, sie fällt aber auf dem westlichen Teil des Priwalls in der Richtung zur Trave im nördlichen Profil schnell auf 36—45 und 59 m unter NN., » südlichen » » » 27 und 34, m » » Daß die an der deutschen Ostseeküste meines Wissens einzig da- stehenden Alluvialtiefen nicht, wie ich anfänglich annahm, einem Fluß- profil angehören, folgt aus dem großen Wechsel der Tiefen in den Bohrungen beim Kohlenlager, bei den Villen Potente, Reuter, Buck und Freund. Die großen Tiefen sind nach der jetzigen Auffassung unserer Glazialgeologen als Auskolkungen durch Gletscherwässer zu betrachten. Übersichtliche Darstellung der wichtigsten Bohrergebnisse. Höhe | Oberkaute | Süßwasserablagerungen Litorina- der des 32 Eu ker | R ; Se tar unter dem Litorinaton | bilduneen stelleı | Diluviums 3 w 3 1 EYE über | unter Mäch- | Unterkante Mach NN. | NN tigkeit Zusammensetzung UT | ligkeit in m in m in m | in m a Kohlenlager . . | 2,50 ?—59 |22,5 feiner Sand \?—56,5 | 36 Villa Potente . ..| 2,50 | 45. | 1a feiner Sand 144,180 Holzmann I . .| 1,0 | —35, | 0. Ton | --35,7 | 22 » Hg enalsonle 23 0,5 Kalkmudde —22,5 | 10,8 Bohrung Struck . Da 92 1 Kalkmudde —21 8” Torfmudde Villa Reuter . . | 1,10 | —81,3 | 1,5 Ton — 29,8 | 14,. Kalkmudde » Buck ... |, | 1, | 33,8 |?2 Ton ?—31,s | 15,5 Freund . . | 12 | 34: | 3 sandige Kalkmudde ae feiner kalkreicher Sand | Ferienkolonie . . | 1,5 | —27 | ? 2 De 721% Villa Coleman. . | 1,98 | —21,. | 1, Kalkmudde ot | Torf a lDeriee en line 2022 |0,0%; Kalkmudde — [97 | 35 > Klatt . .120| —21 | 0% Kalkmudde —20,5 | 6 | schwarze sandige Mudde | Herma. 4215| 2025| 1 sandige Kalkmudde —2ls| 8 schwarzer starkhumoser | Sand I =Blunek » . |, 9o5.| —21 3.0 — —2l,| 4 2 Schutt ;.. 24 | —23.5 l0el,s Kalkmudde —22,2 Di Probebohrung Thöl| 3,50 | —22,2 | 0,7 Torfmudde | —21,5 | 15,3 nahe der Mecklen- | burger Grenze Poetenitzer Wiek. 0 ? ? schwarze sandige, —25 ?17 kalkreiche Mudde 84 2. Litorinabildungen. Aus den Heidenschen Diatomeenbestimmungen in den Proben der Bohrung bei der Villa Potente läßt sich der Schluß ableiten, daß nicht bloß die sämtlichen tonigen Ablagerungen von 46, m an aufwärts, sondern auch noch ein großer Teil der feinen Seesande als Bodennieder- schlag aus dem salzreichen Litorinameere aufzufassen sind. Da nach den früheren Untersuchungen Heidens sich auch in der Bohrung Holz- mann II und in der Ferienkolonie die obersten tonigen Ablagerungen als reich an Nordseediatomeen erwiesen haben, so trage ich kein Bedenken, auch in den übrigen Trockenbohrungen auf dem Priwall die tonigen Schichten unter dem Seesande als Litorinatone anzusehen. Die Bestim- mung der Unterkante der Litorinatone ist in einzelnen Bohrungen (bei Villa Buck, Villa Reuter und in der Ferienkolonie) ohne genaue Kenntnis der Diatomeenflora noch unsicher. Verbreitung und Zusammensetzung der Litorinatone, Die Ergebnisse der Bohrungen am Kohlenlager und bei Villa Potente, sowie die dürftigen Angaben aus älteren Bohrungen (Rose und Spritzen- haus 1873) lassen keinen Zweifel darüber, daß die Litorinatone vom Priwall unter der Trave nach Travemünde bis zur Hinterreihe hinüber- reichen. Beim Stadtbahnhof, beim Gasometer!) und Warmbad?) in der Nähe der Nordermole fehlen sie. Der bald mehr sandige, bald mehr tonige Schlick, der durch eine größere Zahl von Trockenbohrungen unter dem Priwall und durch die letzte Bohrung im Februar auch unter der Poetenitzer Wiek nachgewiesen ist, bildet zwischen dem Travemünder und dem Mecklenburger Diluvialufer eine mächtige geschlossene Ablage- rung. Im Allgemeinen folgt sie in ihrem Aufbau dem Schema: toniger Sand sandiger Ton fetter Ton, ') Trockenbohrung von Gliemann-Hamburg 1911 (42 Proben). 0— 5 m grober kiesiger Sand, — 6 schwarze sandige Mudde, —22 » Geschiebemergel, —27 .» steinfreier Ton, —29 » Geschiebemergel, — 30 toniger kiesiger Diluvialsand, —32 » Braunkohlen, —48 » ziemlich grober Quarzsand. *) Spülbohrung von Vogeley-Lübeck 1905: 0— 8,40 m: Seesand, —48,50 » Geschiebemergel, —5l » grober Diluvialkies, —51,50 » Diluvialsand. 85 aber die mehr sandigen Ablagerungen enthalten häufig auch dünne Zwischenschichten von fettem Ton und reinem Sande, die fetteren - Tone anderseits dünne Lagen von tonigem Sande. Der Schlick kam hiernach wohl bald in ruhigem, bald in bewegterem Wasser zur Ablagerung. Eine auffallende Erscheinung bildet die geringe Zahl von Schalenresten von (ardium edule, Mytilus edulis und Scerobicularia piperata und die bei allen Bohrungen wiederkehrende Beobachtung, daß diese Arten meist nur in winzigen Resten erhalten sind. Im Gegensatz zu diesem grünlichen tonigen Schlick bilden die Litorinaablagerungen, welche das alte Flußbett der Untertrave vom Stulperhuk aufwärts bis zur Teerhofinsel ausfüllen, eine schwarze moorige Mudde, und, wenn aus dieser durch die Bagger mit der Mudde nicht bloß wohlerhaltene Schalen von Cardium edule, Mytilus edulis und Scerobicularia piperata, sondern ganze Muschelhaufen zutage gefördert wurden, so ist daraus der Schluß zu ziehen, daß die natürlichen Bedingungen, unter denen sich die Litorinaablagerungen in der Untertrave und bei Travemünde bildeten, ganz verschiedene waren. Die wohlerhaltenen Konchylienschalen lassen auf eine ungestörte Ausbildung der Litorinaablagerungen innerhalb der Trave schließen, die winzigen Schalenbruchstücke und der Wechsel in der Zusammensetzung des tonigen Schlicks bei Travemünde weisen da- rauf hin, daß hier in einer weiten noch nicht von der 2 km langen Sandbarre des Priwalls unterbrochenen Wasserfläche die heute herr- schenden Naturgewalten, die Nordoststürme mit Uferabbruch und Nieder- schlag der Tontrübe, sich schon damals, als der Brodtener Landvorsprung viel weiter in die See hinausragte, geltend machten. Die für unsere Litorinabildungen charakteristische Serobicularia piperata kommt in kräftigen Exemplaren noch in den oberen Seesanden des Priwalls vor, die Auster konnte dagegen bisher in keiner Bohrung nachgewiesen werden. Von der jetzt in der Travemünder Bucht und in der Untertrave häufigen Mya arenaria konnte ich Reste weder in den Litorinatonen noch in den darüberliegenden Seesanden finden. Da sie in der jüngeren Mudde der Untertrave in zahlreichen und auffallend großen Exemplaren vorkommt, so möchte ich annehmen, daß die Sand- barre des Priwalls zum größten Teil entstanden ist in einer Zeit, als die Travemünder Bucht noch von dem salzreichen Litorinameer bedeckt war und daß die Mya arenaria erst eingewandert ist, nachdem die Sandbarre des Priwalls über den Meeresspiegel emporgewachsen war. Die Litorinatone der Poetenitzer Wiek erstrecken sich unter den Seesanden des Priwalls höchst wahrscheinlich seewärts weiter zwischen der Fahrrinne und dem Mecklenburger Ufer und sind auch hier von Seesanden überlagert. Westlich von der Fahrrinne dagegen wurde von unserer Wasserbauverwaltung durch zahlreiche Bohrungen aus- schließlich Geschiebemergel unter angeschwemmtem Seesand festge- 56 stellt.) Wenn in der Poetenitzer Wiek in der Nähe des Landes größere Tiefen vorkommen als in der Travemünder Bucht, so haben wir in diesen nicht, wie es scheinen möchte, den Überrest eines zum Ostende des Priwalls gerichteten früheren Travelaufs zu erblicken, sondern wir müssen aus den bisherigen Bohrergebnissen den Schluß ziehen, daß die Sande, welche beim fortschreitenden Abbruch des Brodtener Landvor- sprunges unter dem Einfluß von Nordoststürmen in die Bucht hinem- geschoben wurden, landeinwärts nicht weiter gelangen konnten als bis zum heutigen Priwall. Das Binnenwasser südlich von der Priwallnehrung ist niemals von einer Sandüberschüttung erreicht worden. Die Diatomeenflora der Litorinatone. Die Gesamtzahl der von Herrn Dr. Heiden in den Travemünder Litorinabildungen bis jetzt nachgewiesenen Meeresformen beträgt 184. Von diesen finden im Mündungsgebiet der Trave 82 °% nicht mehr ihre Lebensbedingungen und 59 %, also mehr als die Hälfte, werden lebend erst jenseits der Belte angetroffen. In den Mecklenburger Litorinabildungen (Konventer See und Warnemünde) hat Herr Dr. Heiden bis jetzt zwar nur 147 Meeresdiatomeen feststellen können, aber die Prozentzahlen der drei Meeresgruppen sind fast dieselben wie in den gleichaltrigen Ablagerungen von Travemünde. in den Litorinabildungen Meeresdiatomeen 2 7 von Travemünde von Mecklenburg 1. im Wasser mit weniger als 1,25 °/% Oberflächensalzge- | halter. > 21 11 oj; 21 14 % 2. «do. mit mehr als 1,25 °% Oberflächensalzgehalt M 1 AD NN 33] 22% \ = 50) 32% all E Se 3. Nordseeformen . . M1* | 108) >59 Don / 37J 0 59 U} h: 4, Salzgehalt unsicher bei 13 = 6 E— 3. Die Süßwasserablagerungen und das Maß der Litorinasenkung. In fast allen Trockenbohrungen auf dem Priwall und in der Bohrung in der Poetenitzer Wiek wurden unter den marinen Tonen (Litorinatonen) Süßwasserablagerungen aufgeschlossen und zwar 1. in den größeren Tiefen vorwiegend Tone und Sande, 2. in den geringeren Tiefen, zwischen 20 und 23,5 m unter NN., ausschließlich Kalkmudde, schwarze sandige Mudde und Torf. ') P. Friedrich, Der geologische Aufbau der Stadt Lübeck und ihrer Umgebung. 1909. Taf. 2. Da, wo die Kalkmudde in größeren Tiefen vorkommt, unter der Poetenitzer Wiek bei 25 m unter NN., bei Villa Reuter ». 30,3» » » » » Freund Sul» » fehlen die starkhumosen Bildungen. An der Stelle der heutigen Priwallnehrung und der Poetenitzer Wiek befand sich vor der Zeit der Salzwasserüberflutung ein ausgedehnter Süß- wassersee mit auffallend großen "liefen an seiner Westseite. In der Umgegend von Lübeck sind Süßwasserkalke bisher nach- gewiesen als Liegendes von Torfmooren (Kurauer Moor bei Malkendorf, Torfmoor zwischen Rensefeld und Rl. Parin, Wakenitzniederung bei Roten- husen) und durch die Untersuchungen von Bärtling!) als Characeen- schlamm in der 4—5 m tiefen Uferzone des Ratzeburger Sees. Wieder- holt habe ich darauf hingewiesen, daß das Zusammenvorkommen von Moosresten mit Succinea und mit Geweihstücken vom Edelhirsch in der Kalkmudde der Bohrung Holzmann II recht wenig zu der Auffassung paßt, daß diese Kalkmudde in ihrer jetzigen Tiefe von 23 m u. M. ent- standen sein kann. Aus dem Fossilbestand dieser Kalkmudde habe ich den Schluß ziehen zu müssen geglaubt, daß sie sich unter ganz ähnlichen Verhältnissen gebildet hat wie der Characeenschlamm im Ratzeburger See, also in einem ganz flachen Gewässer in der Nähe des Landes und daß unsere Küste damals rund 20 m höher lag als jetzt?). Ich kann es nicht ‘) Erläuterungen zur geol. Karte von Preußen ... Lieferung 140, Blatt Ratze- burg, Berlin 1907, S. 43 u. 82. °) Für die Entstehung der großen bis 57—59 m u. M. hinabreichenden Alluvialtiefe beim Kohlenlager habe ich anfänglich auf die Möglichkeit einer Auskolkung durch glaziale Schmelzwässer hingewiesen (a. a. O. 1905, S. 44), aber mich schließlich für die Annahme eines tiefen Flußquerprofils entschieden und daraus eine früher um 50 m höhere Lage unseres Küstengebietes gefolgert. Diese auffallend große Höhenzahl habe ich später aufgegeben und für die Litorinasenkung aus dem Vorkommen von Süßwasserbildungen unter marinen Ablagerungen in der Bohrung Holzmann II 24 m, aus den Tiefen des alten Travebettes 30 m als Mindestmaß abgeleitet (Der geologische Aufbau der Stadt Lübeck und ihrer Umgebung, 1909, S. 54). Der Vergleich der Süßwasserkalke unter dem Priwall mit dem sich noch jetzt bildenden Characeenschlamm im Ratzeburger See führte mich schließlich zur Annahme eines Senkungsbetrages von etwa 20 m (Beiträge zur Geologie Lübecks, 1910, S. 12). Wenn trotzdem Gagel noch später (1910) gegen meine ursprüngliche Auffassung vom Jahre 1905 lebhaft ankämpft (a. a. O. S. 205, 207, 213, 214, 218, 223) und dabei den von mir angenommenen Senkungsbetrag noch dazu falsch angibt, so beweist er damit einmal, daß er meine erste Litorinaarbeit (1905) nicht sorgfältig genug gelesen hat, und ferner, daß er meine spätere Arbeit (1909) überhaupt nicht beachtet hat. Über diese Tatsache vermag auch seine erst durch einen Briefwechsel veranlaßte Bemerkung in dem gegen mich gerichteten Aufsatz über »Die Entstehung des Travetales« (1910, S. 190, Anm.), ich hätte meine anfängliche Angabe von 50 m niemals ausdrücklich zurück- genommen, nicht hinwegzutäuschen. 88 verstehen, daß sowohl Spethmann!) als auch Gagel°), über diese Be- weisstücke glatt hinweggegangen sind. Die Ergebnisse der neueren Bohrungen haben mir recht gegeben. Auf Grund seiner Untersuchungen des Torfes aus den Bohrungen bei Villa Coleman und in der Nähe der Mecklenburger Grenze kommt Herr Prof. Weber (S. 32) gleichfalls zu dem Ergebnis, daß der Torf sich in einem ganz flachen Gewässer gebildet haben muß und daß seine Ober- fläche zuletzt mindestens 0,5 m höher lag, als der heutige Wasserspiegel. Das Mindestmaß der Litorinasenkung betrug nach Weber Al iin, Es ist eine sehr bemerkenswerte Erscheinung, daß in allen Bohrungen, in denen Kalkmudde und stark humose Bildungen (schwarzer humoser Sand, sandige Mudde und Torf) erschlossen wurden, die erstere nicht wie in unsren Lübecker Mooren unter, sondern immer über den humosen Bildungen liegt. Die Entstehung dieses Kalkschlammes fällt also schon in die Zeit der Litorinasenkung. Die herrschenden Waldbäume jener Zeit waren nach Webers Untersuchungen die Kiefer und die Birke, die Eiche konnte in allen Priwallproben nur in vereinzelten Pollen nach- gewiesen werden. : ER a re a > In : —— AIR D. Ir II ') H. Spethmann, die physiographischen Grundzüge der Lübecker Mulde. Globus 1909, S. 313. ®») C. Gagel, a. a. O. S. 216. REN HL Das Mündungsgebiet der Trave. Bon rung AT. . N Di fr Se \ Z , =. ı + ’ ß , 7 L “ ze ‚ , 22 , Wiek / i Vive ; , L G 3% 7 Y 4 Z z , _Z en 5 „2 r A a y ! Zn 7 14 ı ı + 4 4 4 14 ! 2 9 = / BE WW. , G » = : IE E 7 7 2 x Volkstorfer 7 = a a 6 Mühle Kr z P DEN 2 2 BEN 7 z L, ‘ z z [7 yet SL [M} 1 , 74 4 z N v, [2 27 [20 ..n + rn ERREN 4 IN * N 2 SU ENSEN HIEZ x \ S- | ER 1 \ n \ 7 \ Fe 1 ’ 2 2 \ / De) 7a N — az \ \ ; j nt Aut. Kat.-Amt. Taf 1. Taf: 2. Das Mündungsgebtet der Trave. VERFONO, Bohrungen auf dem Priwall und in der Potenitzer Wiek. ‚Malsstab far die Hohen 1:300 Nördtl Profilrerhe mom. Studliche Profilreihe 1500 m N S - — S ” 1 2 EI TERE 5 ( 7 10 T 12 13 14 A 17 R S RER, 6 2 5 S ® = : DE Se 5: &$ & x R S x R N NN N x Sn SE = x RI S S 3 I SZ Sr ER SS 8 SIR ER x = € S g S S SE Re RS &R Sn SE S $ 5 8 N \ 3 $ | 3 I DE 3 N N N N N NS N N ST SR S S FI — ER g g S I N S S & SA S 5 7 u “300 +.280 “230 +2,30 4130 Bo “200 +28 E77 Normal Mill \ 5 jr Pötenitzer ß D onrung „17 Jas Alluorum. Diluvium. EIz Seesarıd BER yrocer sand REN > grünt. gerleren Litorina- Berklintper Send. BIRZRE sandig.usfetter Ton.) bildungen. EEE grober riesiger sarı Be toniger grober ERS Hntrmudtae BA ger Sand nit Supsmwasser Praelilorinar N] feiner Sand RER =] feiner Sand. Bildungen I MM] »: EI Ton merget u.Atergetsand Moorige Bildungen, E21 Turks 9 D = Proben 3 Untersuchung auf Diatorneen Aut Kat.dnıt dut. Kat-Ame [ut Katdmı r j u \ | ‚ ei nl = BETTER SR, Gustav Pauli. Ein Gedenkblatt von Heinrich Lenz-Lübeck. Der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit vermachte der am 16. Juli 1911 in Berlin verstorbene Privatmann Gustav Friedrich Pauli durch letztwillise Verfügung seine umfangreichen Sammlungen, welche er auf zahlreichen, weit ausgedehnten Reisen in allen Erd- teilen zusammengebracht hatte. Enthielten dieselben, wie der Stifter in früheren Jahren des öfteren in seiner bescheidenen Weise mir gegenüber bemerkte, auch keine große Schaustücke und besondere Kostbarkeiten, so war doch eine große Anzahl kleinerer, mit Verständnis erworbener Gegen- stände darunter, deren Wert für ein Museum noch dadurch erhöht wurde, daß es sich vielfach um ältere Stücke handelte und daß alle auf das Sorg- fältigste etikettiert und geordnet waren, so daß durch die Überführung derselben in die verschiedenen Museumsabteilungen, diesen eine wirklich wertvolle Bereicherung zugewandt worden ist. Naturgemäß fiel der Hauptteil dem Museum für Völkerkunde zu, kleinere Teile dem Handelsmuseum und dem Naturhistorischen. Aus den zahlreichen Photographien und sonstigen Abbildungen von Kunst- werken, insbesondere der Architektur und Plastik der von Pauli bereisten Länder ergab sich eine über Erwarten große Bereicherung für die Mappen des Museums für Kunst und Kulturgeschichte. Mit Einwilligung der Vorsteherschaft der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit gingen die im Nachlaß vorgefundenen Broschüren mannigfachsten Inhaltes zum Teil an die Bibliothek der Gesellschaft, zum Teil an die hiesige Stadtbibliothek ; die Kartensammlung ward der Geogra- phischen Gesellschaft überwiesen. Über den Lebenslauf Paulis teilt mir Herr Bürgermeister Dr. Pauli- Bremen, ein Bruder des Verstorbenen, Nachfolgendes mit, das ich mit gütigst erteilter Erlaubnis des Genannten hier zum Abdruck bringe: 90 »Gustav Friedrich Pauli, Sohn des Oberappellations- gerichtsrates Dr. ©. W. Pauli in Lübeck, wurde daselbst am 23. Juli 1824 geboren, besuchte das Katharineum (Realabteilung) und verließ dasselbe, nach Absolvierung der Selekta, Ostern 1842, Er hatte schon als Knabe eine ausgesprochene Vorliebe für die Landwirtschaft, die er nunmehr zu seinem Beruf erwählte. Nachdem er vier Jahre lang auf holsteinischen, mecklen- burgischen und pommernschen Gütern die Landwirtschaft praktisch gelernt hatte, begab er sich Ostern 1846 auf die von Professor Schultz geleitete Landwirtschaftsschule in Jena, auf der er zwei Jahre lang studierte, um darauf in Nachod, dem Sitze der Verwaltung der Schaumburg -Lippeschen Herrschaft gleichen Namens, die Leitung eines großen Grundbesitzes kennen zu lernen. Diese Kenntnis benutzend, übernahm er 1850 die Direktion der Herrschaft Oroviz in Slavonien, dem Kaufmann Heine in Hamburg gehörig. 1855 verheiratete er sich mit einer Tochter des Senator Behrens in Lübeck. Die glückliche Ehe dauerte leider nur kurze Zeit. 1857 im Herbst starb die Frau, nachdem sie einige Monate vorher von einem in der schweren Geburt verstorbenen Kinde entbunden war. Nicht lange darnach verließ er Slavonien und kaufte sich in der Provinz Posen an. Durch Ordnung, Fleiß, Sparsamkeit, die ihm von der Kindheit an eigen war, und praktischen Sinn gelang es ihm, das kleine Gut empor zu bringen, die Wirt- schaftsgebäude in besten Stand zu setzen und teilweise zu er- neuern. Dies lohnte sich, indem er das Gut im Jahre 1866 mit großem Nutzen verkaufen konnte. Er kam dadurch in die Lage, sein lebhaftes Verlangen, die Welt kennen zu lernen, in gewünschter Weise befriedigen zu können, Über vierzig Jahre ist er gereist, hat alle Weltteile kennen gelernt, und zwar nicht oberflächlich, sondern zum großen Teil in gründlicher Weise, freilich nicht als Forscher, zu dem es ihm — was bei seinem Lebensgange begreiflich, an der dazu erforderlichen wissenschaftlichen Vorbildung gebrach —, aber als guter Be- obachter mit offenem Auge und. praktischem Sinn, sodaß es ihm leicht wurde, sich von Land und Leuten ein zutreffendes Bild zu verschaffen. Seine eingehenden Reiseberichte an mich waren so anschaulich und gewandt geschrieben, daß ich mir von ihm die gern erteilte Erlaubnis erbat, eine Reihe der ersten als Feuilleton in der hiesigen Weserzeitung zum Abdruck zu bringen. Infolgedessen schrieb er die folgenden mit dem Bewußtsein, daß sie demnächst würden gedruckt werden, Leider hatten sie ein wenig von der Frische und Unmittelbarkeit 91 eingebüßt, die einen besonderen Reiz der ersten bildeten, wenn- gleich auch sie des Interessanten viel boten. Die meisten seiner Berichte hat er später, zu einem stattlichen Bande vereinigt, als Manuskript gedruckt, unter Verwandte und Freunde verteilt. Zwischen seinen Reisen pflegte er in den ersten Jahren in Dresden auszuruhen, später in Berlin, wo er auch seinen ständigen Wohnsitz nahm, nach- dem er die Weltreisen aufgegeben hatte. In Berlin lebte er emsam in seiner Wohnung, erfreute sich an seinen Sammlungen, die bei seinen immerhin be- schränkten Mitteln im Verhältnisse zu der großen Ausdehnung seiner Reisen nur bescheidenen Umfanges sein konnten, und an dem reichen Schatz von Erinnerungen. Daneben pflog er eifrig der Lektüre guter Bücher. Er fehlte bei keinen Vortrage geographischen oder irgendwie sonst in sein Fach schlagenden Inhaltes, fehlte aber auch keinen Abend an dem »runden Tisch« im Weihenstephan an der Potsdamer Brücke, an dem sich ältere Herren verschiedenster Berufe nach des Tages Last bei einem Glase Bier zu vereinigen pflegten, einem Kreise, m dem er mit der Zeit zum stets gern gesehenen Senior emporstieg.« Über seine sämtlichen Reisen hat Pauli sorgfältig Tagebuch geführt, jedoch aus mir unbekannten Gründen letztwillig die Anordnung getroffen, daß diese Tagebücher sofort nach seinem Tode ungelesen verbrannt werden sollten, nur ein über alle Reisen geführtes Itinerarium mit dem Aufdruck »Meine Reisen« sollte erhalten bleiben und neben seinen Sammlungen dem Museum überwiesen werden. *) An der Hand dieses Notizbuches kann ich nachfolgenden kurzen Überblick über Paulis Reisen geben. Das Buch beginnt am 2. Januar 1865 mit einer Reise über Kreuz (Posen), Stralsund nach Rügen und gibt nun über alle auf Reisen zugebrachten Tage bis zum 4. November 1910, an dem Pauli von seiner letzten Reise nach Berlin zurückkehrte, gewissenhaft Auskunft, wo auf der Erde er sich befand. Schon den Herbst des Jahres 1865 bringt er in Dänemark und Schweden zu. Im nächsten Jahre geht es durch die Schweiz nach Italien und Südfrankreich, den Neujahrstag 1867 verlebt er in Florenz, das Frühjahr in Rom, den Rest des Jahres in Neapel und Süditalien, über Malta geht es dann (1868) nach Ägypten; durch Klein-Asien, Süd-Rußland und die Türkei zurück nach Italien; 1869 hinüber nach Algier, von wo er gegen Mitte des Jahres durch Spanien und die Schweiz nach Bremen und im August nach Lübeck zurückkehrt. *) Wird im Archiv des Museums aufbewahrt. 92 Weilte er in Lübeck, pflegte er stets Ratzeburg, Stawedder und Trenthorst aufzusuchen. 1871 besuchte er England, 1372 nach einem kurzen Aufenthalt in Lübeck, Österreich, Dalmatien, die Türkei, Griechen- land und Ungarn, um sich dann für 1874 dem Norden Europas zuzu- wenden. 1875 geht er zum ersten Mal durch Rußland über die Grenzen Europas hinaus, nach Persien. Im Herbst 1876 kehrt er von dort durch die Türkei, Italien und die Schweiz nach Deutschland zurück, um sich auf seine erste große asiatische Reise vorzubereiten, die er 1880 antrat. Sein Weg führte ihn von Messina durch den Suez-Kanal nach Bombay, durch den Norden Indiens, Kaschmir, Ladak nach Siam, Hongkong und weiter nach Japan, wo er sich vom April bis Oktober 1882 aufhielt. Pauli kehrte dann über Manila, Singapore, Batavia (März—Mai 1883), Öelebes (Mai—Juli), verschiedene Inseln des malayischen Archipels im Oktober 1883 nach Vorder-Indien zurück, besuchte dessen südlichen Teil nebst Ceylon und brachte den Neujahrstag 1884 am Fuße der Pyramiden in Ägypten zu. Im Juni treffen wir ihn in der Schweiz und im Herbst in Lübeck, wo er wiederum die alten, lieb gewonnenen Orte aufsucht. Bei dieser Gelegenheit lernte ich Pauli zuerst persönlich kennen. Den Winter finden wir Pauli in Dresden, wo er Wohnung genommen und in einer Reihe- von Vorträgen über seine asiatische Reise berichtet. Lange hielt es ihn aber nicht. Ende Mai 1886 geht er über Antwerpen, Lissabon nach Brasilien. Er besuchte namentlich die südlichen Provinzen, ging für November und Dezember nach Argentinien; von März bis Mai 1887 treffen wir ihn in Chile, von wo er durch Bolivien, Peru und Columbien reist, um dann zu Schiff nach New-York zu fahren, das er am 24. August erreicht. Die Vereinigten Staaten werden nach allen Richtungen durchreist, wir finden Pauli an den Ufern des Hudson, in Boston, am Niagara, Chicago, bei den Mammutbäumen, im Yosemite-Tal, S. Francisco und Los Angeles, von wo er sich Ende 1887 nach Mexico und Mittelamerika wendet; am 22. Juni 1888 trifft er nach mehr als 2 jähriger Abwesenheit über New-York wieder in Bremen ein. Kaum 3 Wochen später ist Pauli in Lübeck und finden wir in seinem Tagebuch wiederum die altgewohnten Namen verzeichnet: Schwartau, Behlendorf, Travemünde, Haffkrug, Stawedder, Uklei-See, 'Trenthorst. Pauli wählte als Wohnsitz Berlin, das er in den nächsten Jahren nur auf kürzere Zeit verließ, so im Frühjahr 1890 zu einem Ausfluge nach Bosnien, Bulgarien und die Türkei; im August ist er wieder in Deutschland. Im Herbst 1891 hält es ihn nicht länger, er tritt nach einem Aufent- halt in Deutsch-Ost-Afrika, Transvaal, Capland seine große Reise nach Australien, Neu-Seeland, Samoa, Sandwich-Inseln an und schifft sich im 93 August 1892 zum zweiten Mal in San Franeisco ein 121 Nächte auf See findet sich als Notiz in seinem Itinerarium. Im Herbst trifft er über New-York in Bremen ein. Größere Reisen hat Pauli von nun an nicht mehr unternommen, nur kürzere Ausflüge nach dem Norden, England, Frankreich, der Schweiz, Ober- Italien und der Türkei. Im Sommer pflegte Pauli regelmäßig für ein bis zwei Monate nach Ragatz zu gehen, das er noch im Jahre 1910 für Juli und August aufsuchte und erst im November über Innsbruck, Meran und Nürnberg nach Berlin zurückkehrte. Zum letzten Mal! Seine langjährige Haushälterin fand ihn verändert, körperlich kam er nicht gestärkt zurück, nur der lebhafte Geist hielt den Körper noch einige Zeit aufrecht. Ob er in diesem seinem letzten Winter den oben erwähnten »runden« Tisch noch besuchte, kann ich nicht sagen, aber zu Kempinski führte ihn 5 Uhr nachmittags stets sein Weg; dann war es dort leer, er nahm Platz am Fisch No. 35 und verzehrte still für sich in Ruhe und Behaglichkeit sein Mittagsmahl. Man erzählte mir dort, daß Pauli nie durch den Haupteingang von der Leipziger Straße, sondern stets durch einen Nebeneingang über den Hof gekommen sei. Sorgsam und pünktlich in Allem, fand der Glockenschlag Fünf ihn an seinem Platz. Mit seinen Eigentümlichkeiten vertraut, wurde dort für ihn bestens gesorgt. Nur Sonntags kam er nicht zu Kempinski, dann’pflegte er unter den Linden spazieren zu gehen und dort in einem Restaurant zu Mittag zu essen. Mit Beginn des Frühjahrs 1911 gingen seine Kräfte mehr und mehr zurück, eine sachgemäße, sorgfältige Pflege ward notwendig; alle Be- mühungen, ihn zu veranlassen, in ein Sanatorium zu gehen, scheiterten lange Zeit an seinem Eigenwillen, endlich gab er den inständigen Bitten der ihm am nächsten Stehenden nach, aber schon in kurzer Zeit war der letzte Rest seiner Kräfte verbraucht und am 16. Juli 1911 schlummerte er sanft hinüber. Auf dem Dreifaltigkeits-Kirchhof in der Nähe des Kreuzbergs fand er seine letzte Ruhestatt, ein kleiner Kreis von Familien- angehörigen und einige wenige Freunde, darunter auch Vertreter des Restaurants Kempinski, gaben ihm das Geleit. Ich selbst bin öfter mit Pauli zusammengekommen, so noch vor 6—7 Jahren, wo er mich im Museum in Begleitung einer Engländerin besuchte. Mein letztes Zusammentreffen im Juli 1910*) kam ganz zufällig zustande und zwar im hiesigen Schifferhaus. Etwa um 9 Uhr des Abends saß ich dort mit einigen Bekannten am sogenannten Bismarck- stammtisch, als langsam und bedächtig ein älterer Herr im Havelock herankam und sich bescheiden an die äußerste Ecke des Tisches setzte. *) Nach Paulis Tagebuch ist es der 9. Juli gewesen. 94 Ich hatte, wie schon erwähnt, Pauli seit Jahren nicht gesehen, sagte aber sofort zu meinem Nachbar, ich müßte mich sehr irren, wenn das nicht Gustav Pauli sei. Ich ging zu ihm und siehe da, er war es. Nachdem wir noch ein Stündchen zusammen geplaudert, begleitete ich ihn ins Hötel Stadt Hamburg. Entsprechend einer unterwegs getroffenen Verabredung holte ich ihn am nächsten Tage um 11 Uhr ab und führte ihn ins Schabbelhaus, das er noch nicht kannte und dessen Einrichtung ihn sehr interessierte, insbesondere rief die Milde- Ausstellung zahlreiche alte Erinnerungen und Beziehungen wach. Ich war erstaunt über seine körperliche Frische und die Leichtigkeit, mit der er die zahlreichen Treppen stieg und niemals erlauben wollte, daß ich ihm behülflich sein durfte. Vor der Tür seines Hotels schieden wir von einander. Pauli schrieb über seine Reisen in der Weserzeitung 1868 und 1372; im Ausland 1872, 1573, 1878, 1883, 1888; in Westermanns Monats- heften 1873, 1875—76. In den Lübeckischen Blättern veröffentlichte er 1574 einen Artikel über Wisby. Eine Reise durch das Innere von Finn- marken erschien 1874 in der Zeitschrift des Vereins für Erdkunde in Dresden. »Was ich auf Formosa sah und hörte« brachte Heft 2/3 (1583) der Mitteilungen unserer Geographischen Gesellschaft. Die Hefte 5/6 (1885), 9/10 (1886) und 11 (1837) enthalten drei längere Artikel über seine russisch-kleinasiatische Reise. Einen ausführlichen Reisebericht von Madeira brachte die Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 1379. Seime letzten*) Veröffentlichungen: »Bosnische Reiseerinnerungen« erschienen 1890 in »Aus allen Weltteilen«. Von allen diesen Publikationen ließ Pauli im Jahre 1900 Sonder- abdrucke herstellen und in einem stattlichen, mit seinem Bildnis ver- sehenen Bande zusammengefaßt unter dem Titel: »Aus meinem Reise- leben.«e Für Familie und Freundschaft gesammelte Reiseberichte. Berlin 1900. (Druck von A. Hopfer in Burg) erscheinen. In diesem Bande sind auch die 1885 von ihm in Dresden über seine große asiatische Reise gehaltenen Vorträge enthalten. Unsere Geographische Gesellschaft ernannte bereits im Jahre 1883 Pauli zu ihrem korrespondierenden Mitgliede. Am 22. September 1884 hielt er hier einen Vortrag: Berichte über meine von Java aus unter- nommene Reise nach der Minahassa auf Üelebes. Pauli war kein wissenschaftlicher Reisender, wollte es auch nicht sein, dazu fehlte ihm ‘die Vorbildung und der nötige Reiseapparat. Pauli war aber auch kein Globetrotter, der nur da gewesen sein wollte, »to fix it« und dann zufrieden war. Mit einer feinen Beobachtungsgabe ausgestattet, *) So weit mir bekannt. 95 durchwanderte er offenen Auges die Länder, Da sein Reisegepäck nur beschränkt sein durfte, konnten es naturgemäß auch seine Sammlungen nur sein. Überallhin begleitete ihn aber das lebhafteste Interesse für seine Vaterstadt und zuletzt noch hat er dieser treuen Anhänglichkeit dadurch Ausdruck gegeben, daß er die Bestimmung: traf, seine Sammlungen, die er selbst, wie bereits erwähnt, nie überschätzte, sollten als Ganzes dem Museum der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit in Lübeck überwiesen werden. In den Kreisen der Geographischen Gesellschaft wie des Museums wird auch diesem Sohne unserer Vaterstadt noch lange ein treues Gedenken bewahrt bleiben. L6 MN, ul vr i ar Jenaer | air Tärkdelsend. ran 2025 ag nhllfe yagdı en - ; ER ara Austen Saul Aal, DO 4i ink? ur „ 97 Jahresberichte. Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1910. Die Gesellschaft versammelte sich in diesem Jahre zu sieben ordentlichen Sitzungen, in denen folgende Vorträge gehalten wurden: Am 7. Januar: Herr Dr. Hans Spethmann-Lübeck: »Die Küste der englischen Riviera. « Am 11. Februar: Herr Öberlehrer Dr. Häußler-Lübeck: »Röm, die nördlichste deutsche Insel.« Am 4. März: Herr Prof. Dr. ©, Gagel-Berlin: »Madeira und die kanarischen Inseln. « Am 8. April: Herr Prof. Dr. G. Sack-Lübeck: »Über astronomische Abende.» Herr Direktor Dr. Schulze-Lübeck: »Über Ortsbestimmungen in der Nähe der Erdpole.« Am 28. Oktober: Herr Direktor Dr. Schulze-Lübeck: »Rede zum Gedächtnis Dr. Theobald Fischers.« Herr Bankier Kohrs-Lübeck: »Bericht über den dritten Deutschen Kolonialkongreß. « Am 18. November: Herr Dr. Hans Spethmann-Lübeck: »Meine zweite Forschungs- reise in Innerisland im Sommer 1910.« Am 16. Dezember: Herr Navigationslehrer P. Strinz-Lübeck: »Meine Reise nach Lissabon und Madeira im September/Oktober 1910.« Die Vorträge am 7. Januar, 4. März und 18. November fanden im großen Vortragssaale des Hauses der Gesellschaft zur Beförderung ge- meinnütziger Tätigkeit statt. Es waren dazu auch die Mitglieder dieser Gesellschaft und deren Damen eingeladen. 98 An allen Freitagen, die nicht durch Sitzungen in Anspruch ge- nommen waren, fanden Herrenabende statt, die sich stets eines zahl- reichen Besuches erfreuten. In denselben wurden häufig kleinere Vor- träge gehalten, wissenschaftliche Neuerscheinungen besprochen sowie Mitteilungen aus Fachblättern und über eigene Beobachtungen gemacht. Am 25. Februar machte Herr Prof. Dr. Sack in einem Herren- abend nach einem Vortrage Dr. Schapers über das Erscheinen von Kometen die Anregung, gelegentlich astronomische Abendspaziergänge zu unternehmen. Am 11. März ‚wurde deren Einrichtung beschlossen und am 14. März wurde der erste dieser astronomischen Abende, die seitdem regelmäßig jeden Montag stattfinden und sich besonders im Sommerhalbjahr eines zahlreichen Besuches zu erfreuen hatten, abgehalten. Zweck dieser von den Herren Professor Dr. Sack und Oberlehrer Dr. Schaper geleiteten Abende ist einerseits, Verständnis und Kenntnis der Erscheinungen des gestirnten Himmels zu vermitteln, anderseits aber auch durch Beobachten und Aufzeichnen solcher Erscheinungen im be- scheidenen Maße der Wissenschaft zu dienen. Auf Anregung des Öberlehrers Dr. Schaper wurde in der Vor- standssitzung am 1. April beschlossen, wieder eine Sektion für erd- magnetische Arbeiten zu bilden. Dieser Sektion gehören an die Herren Bankier Kohrs, Prof. Dr. G. Sack, Oberlehrer Dr. E. Schaper, Kommerzienrat G. Scharff, Gerichtschemiker Th. Schorer und Direktor Dr. Sebald Schwarz. Die Geographische Gesellschaft stellt dieser Sektion Mittel zur Verfügung, um eine magnetische Neu-Ein- messung Lübecks und seiner näheren Umgebung durchführen zu können. Die Gesellschaft bewilligte außerdem Herrn Dr. Hans Speth- mann-Lübeck einen angemessenen Beitrag zu seiner im Sommer dieses Jahres ausgeführten Forschungsreise nach Island. Ebenso wurde Herrn Navigationslehrer Paul Strinz eine Beihilfe für seime Reise nach Madeira gewährt, um dort magnetische Beob- achtungen anstellen zu können. Ferner beteiligte sich die (resellschaft an den Kosten der Marmor- büste des Geographen Geheimrat Prof. Dr. Hermann Wagner, die ihm zu seinem 70. Geburtstage überreicht wurde. Im Februar fand eine Neuberatung der Statuten der Geographischen Gesellschaft statt, die einige nicht unwesentliche Abänderungen erfuhren. Am Pfingstdienstag, dem 17. Mai, trafen die Greifswalder Geographen, etwa 50 Personen, unter Führung des Herrn Prof. Dr. Friedriehsen hier ein und wurden am Bahnhofe von Mitgliedern der hiesigen Geo- graphischen Gesellschaft begrüßt. Nach einem gemeinsamen Mittagessen wurde dann unter Führung der Herren Direktor Dr. S. Schwarz und Oberlehrer Dr. Häußler die Stadt und deren nähere Umgebung besichtigt. Am 3. Deutschen Kolonialkongreß, der vom 6. bis 8. Oktober unter dem Präsidium Seiner Hoheit des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklen- burg in Berlin stattfand, beteiligte sich unsere Gesellschaft als Veranstalterin. Herr Bankier Kohrs vertrat auf dieser Tagung unsere Gesellschaft. Leider hat die Gesellschaft auch dieses Jahr wieder eine Reihe von Mitgliedern durch den Tod verloren. Es starben : Am 18. Januar Privatmann Karl Johann Weyrowitz (Mitglied seit 1885). 5 Am 8. Februar Privatmann Casimir Carsten (Mitglied seit 1893). Am 2. September Professor Hermann Ave-Lallement (korres- pondierendes Mitglied seit 1892), und am 17. September Geheimer Re- gierungsrat Dr. phil. Theobald Fischer, Professor an der Universität in Marburg (Ehrenmitglied seit 1907). Der Gesellschaft traten bei: Seminarlehrer Ludwig Benick, Öber- stabsarzt Dr. med. Theodor Hansen, Kaufmann Emil Jenne, Rechtsanwalt Dr. Eduard Kulenkamp, Apotheker Adolph Laves, Oberst aD. Max Lehmann, Öberzollrevisor August Wilh. Friedr. Maltzahn, Privatmann Otto von Walterstorff, Geheimer Re- gierungsrat Carl Wentz. Der Vorstand trat zu sieben Sitzungen zusammen. An Stelle des aus dem Vorstande ausscheidenden Privatmannes Oskar Rösing wurde Kaufmann Berthold Peters gewählt. Neu in den Vorstand gewählt wurde auf Grund der geänderten Statuten Direktor Dr. Sebald Schwarz, Den Vorsitz führte Prof. Dr. H. Lenz. Zu Rechnungsrevisoren wurden gewählt die Herren Kaufmann Julius Hermann Hahn und Konsul Gustav Scharff. Die Abrechnung schließt in den Einnahmen einschließlich Vortrag mit 2085,83 # und die Ausgaben mit 1708,05 AM, so daß ein Kassen- bestand von 377,78 4C verbleibt. Von den mit dem Naturhistorischen Museum gemeinsam heraus- gegebenen Mitteilungen erschien: II. Reihe, Heft 24, enthaltend: Prof. Dr. W. Halbfaß: Der Hemmelsdorfer See bei Lübeck. Dr. Hans Spethmann-Lübeck: Ein landeskundlicher Grundriß. Prof. Dr. Paul Friedrich: Beiträge zur Geologie Lübecks. Schriftenaustausch fand in bisheriger Weise mit Gesellschaften und Instituten Deutschlands und des Auslandes statt. Die eingegangenen Hefte lagen im Lesezimmer aus und konnten nach einer Frist von 14 Tagen von da entliehen werden. Neu hinzugekommen sind: die Kgl. Bayr. Akademie der Wissenschaften in München und die Akademie der Wissenschaften in Kopenhagen. Aus den Eingängen des Jahres 1910 wurden wie in früheren Jahren Überweisungen gemacht an die hiesige Stadtbibliothek und das Museum für Völkerkunde. 100 Bericht über das Jahr 1911. In diesem Jahre fanden sieben ordentliche Sitzungen statt, in denen folgende Vorträge gehalten wurden: Am 13. Januar: Herr Oberlehrer Dr. E. Schaper: »Die geographischen Aufgaben der erdmagnetischen Forschung. « Am 10. Februar: Herr Direktor Dr. S. Schwarz: »Zur Vollendung der Karte des Deutschen Reiches.«< Öberlehrer Dr. Häußler: »Sind die merkwürdigen Felsbildungen des Quadersandsteins in Sachsen, Schlesien und Böhmen Ergebnisse eines Wüstenklimas ?« Am 24, Februar: Herr Dr. H. Seelheim: »Quer durch Spitzbergen.« Am 31. März: Herr R. Zimmermann: »Bilder aus dem heutigen Rio de Janeiro, « Am 20. Oktober: Herr Professor Dr. Lenz: »Dalmatien,« Am 24. November: Herr Seminardirektor Dr. Möbusz: »Der große Seefall in Lappland. « Am 15. Dezember: Herr Oberlehrer Dr. Schurig: »Die Hohe Tatra.« Der Vortrag am 24. Februar fand im großen Saale der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit statt. Die Mitglieder der Gesell- schaft und deren Damen waren dazu eingeladen. An allen Freitagen, die nicht durch Sitzungen in Anspruch genommen waren, fanden Herrenabende statt, die sich stets eines guten Besuches erfreuten. Dieselben werden häufig durch kleinere Vorträge, Reiseberichte, Referate über Abhandlungen aus geographischen Zeitschriften und Mit- teilungen belebt. Auch in diesem Jahre wurden unter der Leitung des Herrn Professor Dr. Sack astronomische Abendspaziergänge unternommen, anfangs noch regelmäßig an jedem Montag, später im Jahre wenigstens zur Zeit der regelmäßigen Sternschnuppenschwärme, um die örtliche und zeitliche Bestimmung dieser interessanten Himmelserscheinungen einzuüben. 101 Der erdmagnetischen Abteilung konnte wiederum außerordentliche Geldmittel zur Verfügung gestellt werden. Die in Angriff genommene erdmagnetische Vermessung Holsteins wurde von Herrn Dr. Schaper weiter fortgeführt. Am 4. Juni wurde von den Mitgliedern der Gesellschaft das in Hamburg zur Ausreise bereitliegende Schiff der deutschen Südpolar- Expedition besichtigt, der auf Antrag der Geographischen Gesellschaft durch Senatsdekret eine Unterstützung von X 2000,— gewährt wurde. Aus dem Vorstand schied aus Herr Navigationslehrer Krauß und Herr Direktor Dr. Müller.. An ihre Stelle wurden gewählt die Herren O0. WarnckeundB. Zimmermann. Den Vorsitz führte Herr Professor Dr. Lenz. Die Kassenführung übernahm Herr ©. Warncke. Das Schriftführeramt verwaltete Herr Professor Dr. Sack. Durch den Tod verlor die Gesellschaft eine Reihe von Mitgliedern: Herren Hauptpastor Trummer, Karl Alfred Brattström, Postdirektor Daniels, Mühlenbesitzer Mestorff, Gustav Werner sowie das korrespondierende Mitglied Herrn Gustav Pauli-Berlin. Neu aufgenommen wurden die Herren: Buchdruckereibesitzer Rahtgens, Dr. von Thaden, Öberlehrer Dr. Schurig, Kapitän Pierstorff, Vermessungs-Ingenieur Aeverdieck, Kaufmann Bong- Schmidt, Dr. Grosse, Alfred Ballerstedt, N. Stolterfoht, Apotheker A. Brandt, Privatmann H. Brüningk, Gutsbesitzer Conze, Privatmann Felix Grabe, Generalagent Rissmann, Buchdruckerei- besitzer Willers, Direktor Haessler, Oberlehrer Dr. Lange, Martin Brandt, Ingenieur Flügel und Chefredakteur Otto Waelde. Der Schriftenaustausch mit auswärtigen Gesellschaften fand in der üblichen Weise statt. Die eingelaufenen Zeitschriften und Berichte lagen im Lesezimmer der Gemeinnützigen Gesellschaft aus. 102 Versammlungen. 202. ordentliche Versammlung am 28. Oktober 1910. Der Vorsitzende der Gesellschaft, Herr Prof. Dr. Lenz, eröffnete die erste diesjährige Winterversammlung mit einer Begrüßung der Mitglieder. Er teilte dann mit, daß das Heft 24 unserer Mitteilungen erschienen und an die Mitglieder verschickt worden ist. Dieses Heft enthält wissen- schaftliche Arbeiten von Prof. Dr. W. Halbfaß-Neuhaldensleben, Dr. Hans Spethmann-Lübeck und Prof. Dr. P. Friedrich-Lübeck. Die im März dieses Jahres gegründeten »Astronomischen Abende« fanden regelmäßig statt und finden großen Beifall. Als neue Mitglieder sind der Gesellschaft beigetreten: Oberst a. D. Max Lehmann, Privatmann Otto von Walterstorff, Oberstabsarzt Dr. Th. Hansen. Im November wird Dr. Spethmann unserer Gesellschaft einen Vor- trag über seine letzte Islandreise halten. Herr Direktor Dr. Schulze hielt hierauf eine Rede zum Gedächtnis des Geh. Regierungsrates Dr. Theobald Fischer, unseres Ehrenmitgliedes, der am 17. September zu Marburg im Alter von 64 Jahren starb. Dr. Schulze, der dem Verstorbenen persönlich nahe stand, schilderte ihn mit großer Liebe als den besten Kenner Marokkos und der Mittelmeer- länder, Gegenden, die er auf mehrfachen Reisen kennen gelernt und in zahlreichen gelehrten Publikationen wissenschaftlich behandelt hat. Die Versammlung ehrte das Andenken des Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen. Herr Bankier W. Kohrs, der unsere Gesell- schaft auf dem vom 6.—8. Oktober ‘im Reichstagsgebäude zu Berlin tagenden 3. Kolonialkongreß offiziell vertrat, berichtete dann über den Verlauf und die Ergebnisse dieses Kongresses, der unter dem Präsidium Seiner Hoheit des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg stattfand. 103 203. ordentliche Versammlung am 18. November 1910. Die Versammlung, zu der auch die Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit und deren Damen eingeladen waren, fand im großen Saal des Gesellschaftshauses statt. Prof. Dr. Lenz begrüßte die zahlreiche Versammlung und teilte mit, daß in der Versammlung am 16. Dezember Navigationslehrer Strinz einen Vortrag über seine Reise nach Madeira halten wird. Dr. Hans Spethmann-Lübeck hielt hierauf seinen angekündigten Vortrag über seine zweite Forschungsreise in Innerisland im Sommer 1910. An der Hand vorzüglicher Lichtbilder eigener Aufnahme führte er die Zuhörer in die öden Sand- und Lavafelder und in die Vulkan- und Gletscherwelt Ostislands. Von Akureyri im Eyafjord an der Nordwest- küste ging es nach der Farm Schwarzhütte und von hier aus wurden nun große Expeditionen und Gewaltmärsche nach Süd, Ost und Norden unternommen, etappenweise bis an den Westrand des Vatna-Jäkull, dem Mückensee der Askja usw. vordringend. Der Vortragende schilderte mit großer Anschaulichkeit die mannigfachen Erlebnisse auf diesen Expeditionen und machte aus der Fülle der wissenschaftlichen Ergebnisse dieser For- schungsreisen heraus interessante Mitteilungen über den geologischen Aufbau der ganzen Insel, den polaren Erdfluß, die verschiedenartigen . Entstehungsursachen der für Island so charakteristischen Schildvulkane, die Wirkungen der Winderosion und über die Grundwasserströme. Nach dem Vortrage fand im Kreise der Geographischen Gesellschaft noch ein gutbesuchter Herrenabend statt. 204. ordentliche Versammlung am 16. Dezember 1910. Der Vorsitzende teilte mit, daß Herr Emil Jenne und Herr Adolph Laves als neue Mitglieder der Gesellschaft beigetreten sind. Die Versammlung beschloß, des Kaisers Geburtstag am, 27. Januar im Kreise der Mitglieder der Geographischen Gesellschaft und deren Damen in festlicher Weise zu feiern. In der Versammlung am 13. Januar wird Herr Oberlehrer Dr. Schaper einen Vortrag halten über »Die geographischen Aufgaben des Erdmagnetismus«. Herr Navigationslehrer Strinz hielt dann den angekündigten Vortrag »Meine Reise nach Lissabon und Madeira im September — Oktober 1910«. Der Vortragende unternahm diese Reise, um auf Madeira magnetische Beobachtungen anzustellen. Er berichtete kurz über seine Beobachtungen an Bord mit einem neuen Pendelquadranten, dem Aspirationsthermometer und dem Kimmtiefenmesser. Der Vortragende traf mit seinem Dampfer kurz nach Ausbruch der Revolution in Lissabon ein und war dort Augen- zeuge des Bombardements der Stadt. In Madeira traf er gerade am Tage 104 der Proklamation des republikanischen Gouverneurs ein. Infolge der: aufgeregten Zeiten stieß er bei seinen Beobachtungen in Madeira auf viele Schwierigkeiten, so daß die Resultate dieser Beobachtungen nicht den Erwartungen entsprachen. An den Vortrag schloß sich eine rege Diskussion. 205. ordentliche Versammlung am II. Januar 1911. Der Vorsitzende der Gesellschaft, Herr Prof. Dr. Lenz, begrüßte die zahlreich erschienenen Mitglieder und teilte mit, daß am Freitag, dem 24. Februar, Herr Dr. Heinrich Seelheim, ein Mitglied der im vorigen Sommer ausgeführten Spitzbergen - Vorexpedition der unter dem Ehren- protektorate Seiner Königl. Hoheit des Prinzregenten Luitpold von Bayern stehenden Antarktischen Expedition, im großen Saale der Gemeinnützigen Gesellschaft einen Vortrag: »Quer durch Spitzbergen« halten wird. Zu dem Vortrage werden auch die Mitglieder der Gemeinnützigen Gesellschaft und deren Damen eingeladen. Hierauf hielt Herr Oberlehrer Dr. Schaper, unterstützt von vielen guten Lichtbildern, seinen angekündigten Vortrag: »Die geographischen Aufgaben der erdmagnetischen Forschung«e. Der Redner führte ungefähr folgendes aus: Zur Kenntnis der Beschaffenheit unserer Erde und damit zur geographischen Wissenschaft gehört die Erforschung der erdmagnetischen Kraftäußerungen. Zwei Aufgaben treten dem Forscher hier entgegen, die räumliche Verteilung der erdmagnetischen Kraft zu untersuchen, und die geographischen Bedingungen für diese Verteilung. Anstatt die Gesamtkraft zu messen, untersucht man Inklination, Horizontal-Intensität und Deklination der Magnetnadel. Um zu einer kartographischen Darstellung zu gelangen, verbindet ınan die Orte mit gleichen erdmagnetischen Elementen durch isomagnetische Kurven. Trotz bedauerlicher Lücken sind wir imstande, diese Linien für die Erde in großen Zügen zu zeichnen. Die so entstehenden Karten wurden an der Hand von Lichtbildern besprochen. Die Schwierigkeit beim Entwurf dieser Zeichnungen liegt in dem fortlaufenden Wechsel, dem die erd- magnetischen Elemente unterworfen sind. Eine Karte der Isogonen für 1600 und 1885 veranschaulichte diese Variationen. Will man eingehendere Kenntnis der erdmagnetischen Verhältnisse gewinnen, so muß man Karten größeren Maßstabes entwerfen. Diese existieren aber erst für wenige Länder. Es wurde die preußische erdmagnetische Landesaufnahme I. Ordnung besprochen. Die auftretenden Anomalien verweisen uns auf das Studium des geologischen Untergrundes.. Als Ursachen kommen magnetische Gesteine oder tektonische Verschiebungen im Unterbau in Frage. Auffallend sind die bedeutenden Störungen in Ostpreußen. Eine 105 magnetische Vermessung II. Ordnung für Preußen existiert noch nicht. Für unsere Provinz haben wir aber etwas Analoges in den Vermessungen der erdmagnetischen Station Lübeck. Die erhaltenen Karten weisen in der Hauptsache Störungen dort auf, wo altes Gestein der Grundgebirge zutage tritt. Sehr auffallend sind die Beziehungen der isomagnetischen Kurven zum herzynischen und erzgebirgischen Spaltensystem, die eine nähere Untersuchung erheischen. Beziehungen zwischen geologischem Bau und Erdmagnetismus sind zahlreich festgestellt. Eruptive Gesteine, Eisenerzlager und tektonische Störungen sind meist die Ursachen solcher Unregelmäßigkeiten. Ist es auf der einen Seite die Aufgabe der Erd- magnetiker, die Theorie über den Zusammenhang zwischen geologischem Aufbau und Erdmagnetismus auszubauen, so steht dem gegenüber die Aufgabe, durch zahlreiche Einzelmessungen unsere empirischen Kenntnisse über die erdmagnetische Kraftverteilung zu erweitern. An den interessanten, sehr klaren und übersichtlichen Vortrag schloß sich eine kurze Diskussion. Zum Schlusse teilte Herr Prof. Lenz mit, daß Schritte unternommen würden, die Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Deutschen Kaisers in diesem Jahre im Kreise der Geographischen Gesellschaft etwas weiter auszugestalten und auch die Damen der Mitglieder zu bitten, an dieser Feier teilzunehmen. 206. ordentliche Versammlung am 10. Februar 1911. Prof. Dr. Lenz eröffnete die Sitzung und teilte mit, daß Herr Schulrat a. D. Andreas Schöppa als neues Mitglied der Gesellschaft bei- getreten sei. Hierauf wurde der von den Kassenrevisoren Herrn Konsul Scharff und Herrn Meyer-Tranbjerg geprüfte und für richtig befundene Kassenbericht verlesen. Prof. Lenz überreichte dann der Versammlung Exemplare der »Denkschrift über die deutsche antarktische Expedition«. Weitere Exemplare dieser Denkschrift liegen im Lesezimmer der Ser nützigen Gesellschaft aus. Herr Direktor Dr. Schwarz hielt dann den angekündigten Vortrag: »Zur Vollendung der Karte des Deutschen Reiches«. Im Jahre 1910 wurde die Karte des Deutschen Reiches 1:100000 nach wenig mehr als 30 jähriger Arbeit vollendet und das Deutsche Reich erhielt damit zum ersten Male eine einheitliche Karte von seinem Gesamtgebiete. Der Vor- tragende gab einen interessanten Überblick über die Geschichte, Ent- stehung und teclınische Herstellung dieses großen Werkes. Hernach sprach Herr Oberlehrer Dr. Häußler über die Frage: »Sind die merkwürdigen Felsbildungen des Quadersandsteins in Sachsen, Schlesien und Böhmen Ergebnisse eines Wüstenklimas ?« Redner besprach die Entstehung und Verbreitung des Quader- sandsteins in den bezeichneten Gebieten, erörterte die Struktur und die 106 Ursachen der hier vorherrschenden Verwitterung. Die herausgebildeten Formen, die Höhlen, Grotten, Löcher, Hut- und Pilzfelsen werden z. T. als Ergebnisse einer starken mechanischen Verwitterung hauptsächlich durch Spaltenfrost und Sickerwasser, z. T. als Ergebnisse eines Wüsten- klimas, in der Hauptsache als Windwirkungen aufgefaßt. Zu der letzten Annahme zwingt nichts, mancherlei spricht dagegen. Sehr zweifelhaft ist u. a. die Annahme, daß durch die Jahrzehnttausende hindurch die Formen immer dieselben geblieben sein sollen. Unbestritten ist die polare Wüste, die zur Eiszeit Deutschland beherrschte. Redner stellt sich auf den Standpunkt Hettners, der die Bildung von Hohlformen durch das Sickerwasser nnd die dadurch bewirkte Untergrabung der Felswände für die wesentliche Tatsache der Abtragung in dem Quader- sandsteingebiete hält. An beide Vorträge schloß sich eine interessante Diskussion. 207. ordentliche Versammlung am 24. Februar 1911. Zu dieser Versammlung, die im großen Saale des Gesellschafts- hauses stattfand, waren auch die Mitglieder der Gesellschaft zur Be- förderung gemeinnütziger Tätigkeit und deren Damen eingeladen. Herr Dr. Heinrich Seelheim, Berlin, berichtete über die Filchnersche Vorexpedition nach Spitzbergen. An der Hand vorzüglicher Lichtbilder führte der Redner ungefähr folgendes aus: Die Expedition diente in erster Linie dem Zwecke, die Teilnehmer für die im Frühjahr 1911 ausgehende deutsche antarktische Expedition zu schulen und die Ausrüstung, wie Transportmittel, Kleidung, Proviant, Instrumentarium usw. zu erproben. Außerdem sollte diese Übungsfahrt auch zu wissenschaftlichen Untersuchungen benutzt werden, und dadurch war langsameres Vorgehen und stellenweise längerer Aufenthalt von selbst geboten. Am 4. August landete der Dampfer »Aeolus«, der die Exkursion des Internationalen Geologen-Kongresses nach Spitzbergen führte, auch die sechs Mitglieder der Filchnerschen Vorexpedition in der Tempelbucht, dem Ostende des Eisfjords. Außer dem Leiter, der die topographischen Arbeiten ausführte, begleitete die Expedition ein Geologe, ein Astronom, ein Erdmagnetiker, ein Meteorologe, ein Arzt und ein Geograph. Der Anstieg auf den »von-Post«-Gletscher, der sich bis in die Tempelbucht hinein vorschiebt und mit einer senkrechten Steilwand in das Wasser hinein abbricht, wurde auf der alten südlichen Seitenmoräne bewerkstelligt, die das heutige Gletscherende um mehrere hundert Meter nach Westen hin überragt. Von der südlichen Seitenmoräne aus, gegen welehe die Gletscheroberfläche sich stark abwölbte, ging die Expedition nach der Gletschermitte vor auf einen Nunatak zu, der dort dem Eise 107 nur wenig entragt. Da aber ein immer dichter werdendes Spaltengewirr ein Vordringen nach Norden und Osten hinderte, ging die Expedition nach verschiedenen vergeblichen Vorstößen nach Süden auf die Moräne zurück und bezog dort in 232 Meter Höhe ein Lager, in dem einige technische Verbesserungen an den Schlitten vorgenommen und mit den topographischen Aufnahmearbeiten begonnen wurde. Von diesem Lager auf der südlichen Seitenmoräne des von-Post- Gletschers ging die Expedition dann über den hier etwa 5 Kilometer breiten Eisstrom nach Ostnordosten weiter vor. Neben zahlreichen breiten Spalten, die wiederholt zu Umwegen zwangen, stellten sich als weitere Hindernisse große Sümpfe ein, die die flachen Einsenkungen auf der Gletscheroberfläche erfüllten. Die nächste Raststelle lag auf der nörd- lichen Seitenmoräne des von-Post-Gletschers in 470 Meter Meereshöhe. In der Umgebung dieses Lagers zeigten sich neben stark strömenden Oberflächenbächen auch wieder zahlreiche Abschmelzbuckel, die die Schlitten zum Umstürzen brachten. Vor allem aber fanden sich hier Tausende von Staublöchern. In 587 Meter Höhe wurde das nächste Lager aufgeschlagen, das als Basis für die weiteren Arbeiten dienen sollte. Ein in der Nähe gelegener Berg bot einen guten Überblick, so daß es sich für die Aufnahmearbeiten vorzüglich eignete. Während diese hier von zwei Mitgliedern vorgenommen wurden, stießen die vier anderen auf Schneeschuhen bis an den Stor-Fjord auf der Ostseite der Insel vor. In 2'/, Tagen wurde der Marsch hin und zurück ausgeführt. Die Schnee- grenze wurde hier in rund 600 Meter Meereshöhe festgestellt. Wenige Kilometer östlich von diesem Lager überschritt die Expedition dann einen ungefähr 650 Meter hoch gelegenen Paß und stieg nach Osten zu steil hinunter zu einem mehrere Kilometer breiten Gletscher, der in südöstlicher Richtung zur Küste hinabführte. Von einem »Inlandeis« war während der ganzen Wanderung nichts zu entdecken. Von der Küste aus mar- schierte die Expedition wieder nach einigen vergeblichen Vorstößen nach Norden zur Tempelbucht zurück. Von dort aus wurde nach mehreren Tagen die Niederlassung der amerikanischen Kohlengesellschaft in der Adventbucht erreicht, mit deren Dampfer sie nach dem Festlande zurück- kehrte. Anfang September traf die Expedition wieder in Hammerfest ein. Nach diesen interessanten Ausführungen, denen das große Auditorium mit gespanntester Aufmerksamkeit folgte, machte der Redner noch einige Mitteilungen über die deutsche antarktische Südpolexpedition. Er gab einen allgemeinen Überblick über den Plan der ganzen Expedition und über einige Einzelheiten des wissenschaftlichen Programms sowie über die Ausrüstung und die Teilnehmer an derselben. Nach dem Vortrage fand ein zahlreich besuchter Herrenabend statt, auf dem von verschiedenen Seiten weitere Mitteilungen auf dem Gebiete der Polarforschung gemacht wurden. 108 208. ordentliche Versammlung am 31. März 1911. Zu Beginn der Versammlung machte der Vorsitzende, Herr Prof. Dr. Lenz die Mitteilung, daß für einen Tag m der Woche nach Ostern ein Ausflug der Mitglieder der Gesellschaft samt ihren Damen nach Hamburg zur Besichtigung des für die deutsche Südpolar-Expedition be- stimmten Dampfers »Deutschland« geplant sei; die genauere Benach- richtigung werde durch Karten erfolgen. Sodann wurde der Bericht über das Jahr 1910 verlesen. Aus der Wahl zum Ersatz zweier ausscheidenden Vorstandsmitglieder eingen die Herren Oscar Warncke und Richard Zimmermann hervor. Zum Schluß hielt Herr Richard Zimmermann den angekündigten Vortrag: Bilder aus dem heutigen Rio de Janeiro. Der Vortragende hat im vorigen Sommer eine mehrwöchige Reise dahin unternommen, und über den Aufenthalt daselbst berichtete er zum Teil in humorvoller Art, unterstützt von einer großen Anzahl von prächtigen Lichtbildern, die lehrreiche Anblicke der Einfahrt in die Bucht, der Lage der Stadt, der seit 1903 sanierten Unterstadt, der Hauptstraße, des botanischen Gartens, der Villenvorstadt und des Urwaldes darboten. Der Vortrag regte zu lebhaften Besprechungen an. 209. ordentliche Versammlung am 19. Oktober 1911. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dr. Lenz, gedachte zunächst der seit dem vorigen Winter verstorbenen Mitglieder Hauptpastor Trummer, Karl Alfred Brattström, Postdirektor Daniels und Mühlenbesitzer Mestorif und machte einige geschäftliche Mitteilungen. Herr Oberlehrer Dr. Häußler ist wegen Fortzugs von Lübeck ausgetreten, dagegen sind die Herren Buchdruckereibesitzer Rahtgens, Dr. von Thaden, Oberlehrer Dr. Schurig, Kapitän Pierstorff, Vermessungsingenieur Aewerdieck, Kaufmann Bong- Schmidt, Sekretär der Handelskammer Dr. Grosse und N. Stolterfoht der Gesellschaft beigetreten. Auf eine Eingabe der Geographischen Gesellschaft hat der Senat beschlossen, die von Herrn Oberleutnant Filchner geleitete deutsche Südpolarexpedition' mit 2000 4 zu unterstützen. Zu der Er- richtung eines Gedenksteins für Neumayer in Neustadt a. d. H. hat die Gesellschaft ein Telegramm abgesandt. | : Dann hielt Herr Prof. Dr. Lenz den angekündigten Vortrag über Dalmatien. Nach den Eindrücken auf einem Ausfluge, den die Teilnehmer des vorigjährigen internationalen Zoologenkongresses auf dem Lloyd- dampfer »Afrika« von Triest über eine große Reihe von Stationen an der Küste Dalmatiens bis Cattaro unternahmen, schilderte er die land- schaftlichen Schönheiten jener Insel- und Buchtenwelt und unter kurzen geschichtlichen Bemerkungen die aus der Zeit der Römer und der Herı- schaft Venedigs noch erhaltenen Bauten. Er wurde dabei von einer stattlichen Zahl wirkungsvoller Lichtbilder unterstützt. 109 210. ordentliche Versammlung am 24. November I9ll. Der Vorsitzende, Herr Prof Dr. Lenz, teilte mit, daß seit der letzten Versammlung die Herren Fabrikant Martin Brandt, Privatmann Herm. Brüninsk, Gutsbesitzer Conze, Privatmann Felix Grabe, Generalagent Fr. Rißmann und Buchdruckereibesitzer Carl Willers der Gesellschaft bei- getreten sind. Ferner machte er Mitteilungen aus dem Leben des im Juli dieses Jahres im Alter von 87 Jahren verstorbenen ältesten korrespon- dierenden Mitgliedes der Gesellschaft Gustav Pauli. Von Beruf Landwirt, hat Pauli seit 1368 etwa 30 Jahre auf Reisen in den verschiedensten Ländern zugebracht. Die dabei gemachten Beobachtungen und Erfahrungen hat er in dem Werke »Aus meinem Reiseleben« niedergelegt. Die wohl- geordneten botanischen, zoologischen und ethnographischen Sammlungen, Photographien, Broschüren und Karten sind der Gesellschaft zur Beför- derung gemeinnütziger Tätigkeit vermacht. Sodann hielt Herr Seminardirektor Dr. Möbusz einen Lichtbilder- vortrag über den großen Seefall in Lappland. Darin schilderte er anschau- lich und zum Teil humorvoll eine Reise, die er im Sommer d. J. mit einigen Lehrern und Schülern des Seminars auf vier Wochen im schwe- dischen Lappland unternommen hat. Da dies Gebiet bei rund 150000 qkm Flächeninhalt nur 60 000 Bewohner hat, war es für die acht Reisegefährten oft recht schwierig, Unterkunft zu finden, und es ist praktisch, in kleinerer Gesellschaft zu reisen. Übrigens sind an einigen Stellen vom schwedischen Touristen -Verein Unterkunftshäuser angelegt. Die Verkehrsmittel sind recht primitiver Art: durch die ausgedehnten Sümpfe führen nur in der Nähe von Ansiedlungen Bohlenwege, und eine viele Stunden lange Fahrt in einem Segelboot der Lappen gehört nicht zu den Bequemlichkeiten des Daseins. Unter den Lappen unterscheidet man die ansässigen Seelappen, die sich von Fischfang nähren, und die mit ihren Renntieren umher- ziehenden Berglappen. Allerlei Erzeugnisse der Lappen waren vom Vor- tragenden ausgestellt. Eingehend schilderte er noch die Landschaft und die Vegetation. 2ll. ordentliche Versammlung am 15. Dezember I9Il. Der Vorsitzende gedachte zunächst des verstorbenen langjährigen Mitgliedes der Gesellschaft, Herrn Werner. Neu eingetreten sind die Herren Direktor Haeßler und Öberlehrer Dr. Lange. Eingegangen sind vom Verein für Geographie und Statistik in Frankfurt a. M. eine Ein- ladung zur Feier seines 75 jährigen Bestehens, vom Reichs-Marine-Amt die Schrift »50 Jahre vom Hydrographischen Bureau zum Nautischen Departe- ment des Reichs-Marine-Amts« und der Arbeitsplan der Geologischen Landesanstalt. 110 Herr Oberlehrer Dr. Schurig hielt den angekündigten Vortrag über die Hohe Tatra. Der Vortragende hatte sie auf einer Studienreise, die unter Leitung des Herrn Prof. Partsch Pfingsten 1910 stattfand, aus eigener Anschauung kennen gelernt und stellte sich in dem Vortrag die Aufgabe, in das Verständnis der Entstehung des Landschaftsbildes ein- zuführen. Der Beifall am Schlusse des Vortrags zeigte, wie gut ihm die Ausführung seiner Aufgabe gelungen war. Die Hohe Tatra ist ein Urgebirgskern von 45 km Länge mit scharfem Grat, den man nur rittlings passieren kann, scharfen Spitzen bis über 2600 m Höhe und Abhängen mit Neigungen von 50—60°. Die Folge davon ist, daß sich keine Gletscher bilden können, der Pflanzenwuchs nur gering und der Verkehr, zumal wenig Pässe vorhanden sind, stark behindert ist. Außerordentlich interessant ist das Gebirge durch die Wirkungen der Fiszeit, die sich hier in zwei Teile gliedert. In Lichtbildern, die Herr Prof. Partsch zur Ver- fügung gestellt hatte, wurden nun typische Beispiele von Grund-, Stirn-, Ufer- und Mittelmoränen, älteren, nämlich ganz mürben und oft weißen, und jüngeren Moränenblöcken, Stufentälern, V- und U-Tälern, Meeraugen und Nischenbildungen vorgeführt. 212. ordentliche Versammlung am 19. Januar 1912. Der Vorsitzende, Herr Prof. Dr. Lenz, eröffnete die Sitzung mit einigen,geschäftlichen Mitteilungen. Seit der letzten Sitzung wurden als neue Mitglieder in die Gesellschaft aufgenommen die Herren Reichsbank- direktor Rosenow, Kaufmann Carl Suckau und Revierförster Buchholz. Darauf erhielt der Vortragende des Abends, Herr Prof. Dr. Wilhelm Volz aus Breslau, das Wort zu seinem Vortrage: Quer durch das dunkeelste Nordsumatra. Der Vortragende, der die Gebiete des bis in die neueste Zeit beinahe völlig unbekannten nördlichen Teils von Nord- sumatra in den Jahren 1904—1906 bereiste, sprach erst über die außer- ordentlichen Schwierigkeiten, mit der seine Reisen wegen der Unruhen im Lande verknüpft waren. Die Holländer führen seit etwa 35 Jahren einen erbitterten Kampf gegen die Atjeher in Nordsumatra. Nach vielen Mißerfolgen ist es den Holländern erst in den letzten Jahren gelungen, die Atjeher und Gajo einigermaßen unter ihre Botmäßigkeit zu bringen. Nur mit Unterstützung der Kolonialregierung und mit ausreichender militärischer Deckung, die Expedition war gegen 80 Mann stark, konnte Prof. Volz die Gajoländer betreten. Der Vortragende schilderte nun an der Hand einer großen Reihe vorzüglicher Lichtbilder seinen Marsch durch die die Küste einsäumenden Mangrove-Wälder, die öde Steppe und die dichten Urwälder bis auf die Höhen des Talong-Vulkans. Interessante Spuren vulkanischer Arbeit, Explosionslöcher, Solfataren und durch Vege- tation schon verhüllte Maare boten sich dem Forscher dar. Der Talong 111 baut sich auf einer alten Bergkette auf, die sich in langer Erstreckung durch das nördliche Gajoland hinzieht. Ein altes, breites Längstal dieser Gebirgskette ist durch junge Vulkane abgestaut, darunter ein großer See, der Tawarsee, dessen Umgebung dichtere Besiedlung aufweist. Die Bevölkerung ist in den einzelnen Gegenden außerordentlich gemischt, im Nord -Gajoland überwiegt der Bataktypus, in anderen die Atjeher, oder ein ganz primitiver Typus, wie ihn die Kubu darstellen. Von hier aus ging der Zug durch das sich südlich an das Gebirge anschließende 1000 m tief eingesenkte Dörötgebiet, einen jungen Einbruch, der aus unfrucht- baren Tertiärmassen aufgebaut ist, die einen dürftigen Hochwald aus Kiefern tragen. Weiter nach Süden ging es über das gewaltige, aus uraltem Gestein aufgebaute, bis 3000 m hohe Zentralgebirge in die Ebene des Groß-Gajolandes. Dieses Gajo-Luvsgebiet ist das Herz des eigentlichen Gajolandes und ziemlich stark bevölkert. Der Vortragende schilderte hier außerordentlich fesselnd die Sitten und Gebräuche sowie das Familien- und Gesellschaftsleben dieses Volkes. Die Expedition folgte dann dem vom Regen stark geschwollenen Alasflusse in das zwischen hohen Berg- rücken eingesenkte Alasland. Auf dieser Teilstrecke der Reise wurden Elefanten und der Orang-Utan zahlreich ‚angetroffen. Die ziemlich fried: liche Bevölkerung des Alaslandes, eine Misehung von Batak und Gajo mit Malaien treibt auf fruchtbarem Boden reichlichen Reisbau. Von hier aus überschritt die Expedition unter ungeheuren Schwierigkeiten die Serbölangit-Kette mit ihren von der Regenzeit hochangeschwollenen Fluß- läufen und stieg zur Ostküste ab. Der Vortrag, zu dem auch die Mitglieder der Ges. z. Bef. gem. Tätigkeit und deren Damen eingeladen waren, wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen. An den Vortrag schloß sich ein gut besuchter Herrenabend, dem auch der Vortragende beiwohnte. 213. ordentliche Versammlung am 2. Februar 1912. Der Vorsitzende, Herr Professor Dr. Lenz, eröffnete die Versammlung mit einigen Mitteilungen. Die Herren Chefredakteur Dr. Hansen und Oberingenieur von Kügelgen als auswärtiges Mitglied sind in die Gesell. schaft aufgenommen. Dem erdmagnetischen Ausschuß sind 120 A und außerdem ein einmaliger außerordentlicher Zuschuß bis zu 100 # für Beobachtungen im Jahre 1912 bewilligt worden. Am 16. Februar wird das 30jährige Bestehen der Gesellschaft gefeiert werden: Herr Krauß wird einen Überblick über die Entwicklung der Gesellschaft in den letzten fünf Jahren geben, Herr Zimmermann den Festvortrag über Rio de Janeiro halten, und daran wird sich ein Essen mit den Damen der Geogra- phischen Gesellschaft schließen. 112 Als Kassenrevisoren wurden die Herren Meyer-Tranbjerg und Direktor Frahm, in den Vorstand an Stelle der ausscheidenden Herren Professor Dr. Sack und Sauermann Öberlehrer Dr. Schaper und Meyer- Tranbjerg gewählt. Dann hielt Herr Marine-Öberstabsarzt a. D. Dr. Hansen den ange- kündigten Vortrag: Eine Reise auf dem Yang-tse. Nach einem Überblick über die Geschichte des chinesischen Reiches gab er in fesselnder Schil- derung Eindrücke von einer Fahrt wieder, die er vor mehreren Jahren mit dem Kreuzer »Seeadler« auf dem Yang-tse gemacht hat. Der an der Mündung meerbusenartige Fluß wälzt soviel Sinkstoffe mit sich, daß die Entfernung Shanghais vom Meere in den letzten 50 Jahren von 18 auf 22 km zugenommen hat. Unter den Hafenarbeitern treten uns die beiden Typen des Nordehinesen und des mehr einem Malaien ähnlichen Südchinesen entgegen. Von hier führte der Vortragende seine Zuhörer bis nach der dreifachen Stadt Hankau, Wutschang, Hanjang und zeigte in Lichtbildern nach selbstgemachten Aufnahmen die von deutschen Kaufleuten gemachten Kaianlagen, chinesisches Flußleben, Landschaft und Tempel. Besonders eingehend schilderte er Nanking, das bis 1405 Residenz war und noch interessante Altertümer aus der Zeit der Ming-Dynastie birgt, heute der Mittelpunkt der Revolution der südlichen Provinzen. 214. ordentliche Versammlung am 16. Februar 1912. Zur Feier des 30 jährigen Bestehens hatten sich die Mitglieder der Gesellschaft mit ihren Damen zu einer zahlreich besuchten Festsitzung im großen Saale der Gemeinnützigen Gesellschaft zusammengefunden. Nach einleitenden Worten des Vorsitzenden, Herrn Professor Dr. Lenz, übermittelte Herr G. Reimpell die Glückwünsche der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit. - Darauf berichtete Herr Navi- gationslehrer J. Krauß über die Tätigkeit der Geographischen Gesellschaft während der letzten fünf Jahre.*) Den Festvortrag hielt Herr Kaufmann R. Zimmermann, der über eine Reise nach Rio de Janeiro sprach und seine lebendige Schilderung durch Lichtbilder begleitete. Herr Professor Dr. Lenz verkündete sodann die Ehrungen des Tages: Die Geographische Gesellschaft hat zu ihrem Ehrenmitglied Herrn Geh. Bergrat Professor Dr. Wahnschaffe zu Berlin ernannt in. Anerkennung seiner hohen Verdienste um die Erforschung der geologischen Verhältnisse der norddeutschen Tiefebene. ‚ . Zu korrespondierenden Mitgliedern wurden ernannt: Professor Dr. Wilhelm Halbfals zu Neuhaldensleben wegen seiner Verdienste auf dem Gebiete der Seenforschung, Siehe Seite 116, 113 Professor Dr. Georg Wegener zu Berlin, der erfolgreiche Erforscher Inner-Asiens, und Professor Dr. H. Lohmann zu Kiel, der Gelehrte, der in erfole- reicher Weise der Plankton-Forschung neue Wege gewiesen hat. An die Sitzung schloß sich ein gemeinsames Festessen im Bilder- saal, dem herzliche und feinsinnige Trinksprüche die Würze gaben. Die von auswärts eingelaufenen Telegramme und Glückwunschschreiben wurden vom Sehriftführer verlesen. 215. ordentliche Versammlung am 8. März 1912. Die Versammlung fand im großen Saale der Gemeinnützigen Gesell- schaft statt und es waren zu ihr die Mitglieder der Gemeinnützigen Gesellschaft eingeladen. Herr Professor Dr. Lenz eröffnete die Sitzung und teilte mit, daß Herr Landgerichtsdirektor a. D. Poel als neues Mit- glied aufgenommen sei. Sodann erteilte er Herrn Dr. Hambruch aus Hamburg das Wort zu einem Vortrage über die Karolinen und Marshallinseln. Herr Dr. Hambruch hat diese Inseln als Mitglied der vom Ausschuß für Forschungswesen der Hamburgischen wissenschaftlichen Stiftung in den Jahren 1909—1911 ausgesandten Südsee-Expedition besucht. Das Unternehmen verfolgte rein ethnologische Ziele und sollte versuchen, möglichst viel von der immer mehr schwindenden einheimischen Kultur Mikronesiens für die Wissenschaft zu retten. Von den reichen Ergebnissen der Expedition führte der Redner eine große Anzahl Lichtbilder vor, die einen Einblick in die Natur sowie das Leben und Treiben der Eingeborenen auf den Südseeinseln gaben. Als besonders bemerkenswert seien hier aufgeführt die reich verzierten Versammlungshäuser, die schön gebauten Wohnhäuser, die Bilder über die einheimische Industrie, wie Töpferei, Weberei, die Bereitung der Kava, sowie die Pläne und Aufnahmen ver- schiedener verfallener heiliger Städte. Das Ergebnis der Expedition sind etwa 6000 Samımlungsgegenstände, 2500 Texte zu Bildern, Sagen und Märchen, 3500 photographische Aufnahmen u. a. m. Sie werden in etwa 30 Bänden der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Der außerordentlich lehrreiche Vortrag wurde mit großem Beifall aufgenommen. Es schloß sich an ihn ein sehr besuchter Herrenabend, in dem Herr Dr. Hambruch noch manche an ihn gerichtete Frage beantwortete. Es wurde der Wunsch laut, im Sommer die Südsee-Abteilung des Museums für Völkerkunde in Hamburg zu besuchen. 216. ordentliche Versammlung am 22. März 1912. Die Versammlung fand im großen Saal der Gemeinnützigen Ge- sellschaft statt und es waren zu ihr die Mitglieder der Gemeinnützigen Gesellschaft eingeladen. Herr Professor Dr. Wegener, Berlin, hielt einen Vortrag über Britisch-Indien und die Herrschaft der Engländer. 114 Nachdem der Vortragende dargelegt hatte, daß dieses ungeheure, einen Erdteil für sich bildende Land, Britisch-Indien, durch seine natür- liche Begrenzung als für äußere Feinde nahezu uneinnehmbar zu be- trachten sei, schilderte er das Land in der Fülle aller Gegensätze, die es birgt und durch die den Engländern die Verwaltung ungemein erschwert wird. Indien vereinigt schroffe Gegensätze in geographischer Hinsicht: mäßig fruchtbares Hochland, wüstenhafte Ebenen und reiche, fruchtbare Niederungen, Es wird bewohnt von einer großen Zahl verschiedener Rassen, unterschiedlich in Charaktereigenschaften, religiösem (Gefühl, nationalem Empfinden und vor allem an Intellekt. Mehrere Religionen: Brahmanismus, Islam und Christentum bestehen nebeneinander. Das Kastenwesen, mit seiner Fülle dem Inder unverletzlicher Vorschriften, erschwert den englischen Beamten ungemein die Verwaltung. Der Vortragende ging dann auf zwei Fragen ein: Was bedeutet Indien für England? Was haben die Engländer für Indien getan? Indien ist für die Engländer eine unerschöpfliche Quelle von Rohprodukten, ein guter Konsument englischer Industrieprodukte und ein großes Menschen- reservoir, das England ausgiebig Arbeitskräfte für seine Kolonien liefert. Für die Bemühungen Englands um Indien spricht am besten die Tatsache, daß die Einwohnerzahl innerhalb hundert Jahren von einhundert auf mehr als dreihundert Millionen gestiegen ist. Eisenbahnen und Ver- kehrswege sind angelegt; Stauteiche und Kanäle sollen bei verspätetem Eintreten des Monsums die Dürre mildern ; Schulen vermitteln den Ein- geborenen Bildung. Doch zeitigen diese Einrichtungen der englischen Herrschaft mehr Nachteil als Segen. Der Bauer stapelt die Feldfrüchte nicht wie früher auf, sondern bringt sie auf den Markt und steht daher der Hungersnot hilfloser gegenüber als früher. Die Zahl der durch die Schulen gegangenen Eingeborenen ist weit größer als die der zu ver- sebenden Stellen. Unzufriedenheit, Verbitterung und Not hat ein ge- fährliches Element großgezogen. Auch wird durch diese Bildung in den Indern ein bisher nicht vorhandenes Nationalgefühl geweckt; so wachsen den Engländern kaum lösbare Konflikte unter den Händen entgegen und ihre dauernde Herrschaft in Indien erscheint bedroht. Aber sie stehen hier auf Vorposten für die weiße Rasse und darum müssen auch wir England ein Fortbestehen seiner Herrschaft wünschen. Zum Schluß des Vortrags wurden eine Reihe Lichtbilder von der Kronprinzenreise vorgeführt, die in den Zuhörern eine Ahnung erweckten von der märchenhaften Pracht indischen Fürstenlebens.. Wohl alle be- dauerten, als der Redner um !/11l Uhr die Vorführung abbrach. An den Vortrag schloß sich ein gut besuchter Herrenabend, an dem der Vortragende seine abgebrochenen Ausführungen fortsetzte. / 115 217. ordentliche Sitzung am 29. März 1912. Herr Professor Dr. Lenz eröffnet die Sitzung und teilt mit, daß Herr Professor Ohnesorge und Seminarlehrer Bahrs der Gesellschaft als neue Mitglieder beigetreten sind. Herr Warncke verliest sodann die Ab- rechnung über das Jahr 1911 und Herr Dr. Schaper den Jahresbericht. Im Anschluß hieran wurden als Geschenk der Geographischen Ge- sellschaft in Helsingfors von Herrn Warncke vorgelegt und besprochen: 1. Atlas über Finnland, der auf 54 Karten von vorzüglicher Aus- führung ein Bild gibt von der Entwicklung Finnlands in den letzten Jahrzehnten und seinem heutigen Zustande. Der Atlas, dessen Er- läuterungen in finnischer, schwedischer und französischer Sprache ge- geben sind, enthält unter anderem Karten über die geologische Beschaffen- heit, über die Eis- und Wasserverhältnisse des Landes, meteorologische Karten, über die Kulturgewächse und Waldungen; die Bevölkerung be- treffen die Blätter über die Volkszunahme, Krankheiten und Sterblichkeit. Landwirtschaft, Industrie, Handel und Verkehr sind Karte 31—42 ge- widmet. Über Sprachverhältnisse, Schulen und Wahlen geben die folgenden Aufschluß, während die letzten Karten Steinzeit, ältere und jüngere Eisenzeit darstellen. Dem Atlas sind zwei umfangreiche Bände beigefügt, die ausführliche Mitteilungen über jede Karte enthalten und in französischer Sprache abgefaßt sind. 2. Heft Nr. 23 der oben genannten finnischen Geographischen Ge- sellschaft. Es enthält neben einem Bericht über statistische Karten in Finnland und die Geomorphologie in Finnland sowie einigen kleineren Abhandlungen einen größeren Aufsatz über Waldtypen und einen anderen: Beiträge zur Kenntnis der Eiszeit in der nordwestlichen Mongolei und einigen ihrer Grenzgebirge. An das interessante Referat schloß sich eine Debatte, in der auf die Schwierigkeit der Navigation in den finnischen Gewässern hingewiesen wurde. Das hochstehende finnische Lotsenwesen wurde rühmend hervor- gehoben — leider soll auch dieses jetzt russifiziert werden. Nicht nur die Schären erschweren die Schiffahrt in finnischen Gewässern, auch der Kompaß wird durch ausgedehnte und selten starke magnetische Störungen dort unzuverlässig. Die außergewöhnlich wertvollen Bücher werden zur Einsicht im Lesezimmer ausgelegt. aus Bericht über die Tätigkeit der Geographischen Gesellschaft 1907— 1912. Vortrag, gehalten von Herrn Navigationslehrer J. Krauß zur Feier des 30 jährigen Bestehens der Gesellschaft am 16. Februar 1912. Die meisten von Ihnen, die Sie heute hier versammelt sind, werden auch das 25jährige Stiftungsfest der Gesellschaft mitgefeiert haben und Zeuge gewesen sein der vielen Glückwünsche und Ehrungen, die unserer Gesellschaft zu dieser Feier von Nah und Ferne zu teil geworden sind und werden sich zugleich an die mannigfachen Ehrungen erinnern, die unsere Gesellschaft an diesem Tage an einige der bedeutendsten Ver- treter der Geographischen Wissenschaft in Deutschland verteilen durfte. Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Wünsche, ‘die man unserer Geographischen Gesellschaft darbrachte, sind in den letzten 5 Jahren reichlich in Erfüllung gegangen. Es war ihr nicht nur vergönnt, den alten Kreis ihrer Freunde und Gönner zu behalten und zu erweitern und ihrem ursprünglich bescheidenem Ziele gerecht zu werden: das Studium der Erdkunde hier in Lübeck zu pflegen und dieser Wissenschaft auch in unserer alten Hansastadt eine würdige Stätte zu schaffen, sondern sie konnte in diesen letzten 5 Jahren in unermüdlichem Streben auch der großen Wissenschaft der Geographie einige bescheidene Dienste leisten und Anregungen geben, die der geographischen Wissenschaft weit über die engen Grenzen der alten Hansestadt hinaus von Nutzen und Segen waren. So beteiligte sich die Gesellschaft mit einem namhaften Beitrage an der Expedition des Lübecker Forschers Günther Tefsmann nach dem Hinterlande von Bata an der westafrikanischen Küste zum Studium der Mpangwe-Neger. Herrn Geheimen Rat, Prof. Dr. Theobald Fischer - Marburg, wurde 1907 seitens unserer Gesellschaft ein Beitrag für eine deutsche Bibliothek in Marokko zur Verfügung gestellt. Dem Lübecker Forscher, Herrn Dr. Hans Spethmann, konnte 1910 seitens unserer Gesellschaft eine größere Summe für eine zweite Island- expedition bewilligt werden. 117 sUnd im vorigen Jahre war es wieder unsere Gesellschaft, die die Anregung dazu gab, daß seitens Senat und Bürgerschaft 2000 # als Beitrag Lübecks zur Filchnerschen Südpolarexpedition bewilligt wurden. Und eines muß hier noch erwähnt werden, was den Mittelpunkt und den Glanzpunkt der ganzen letzten 5 Jahre bildet. Zu Pfingsten 1909 hatte unsere Gesellschaft den XVII. Deutschen Geographentag nach Lübeck eingeladen. Ein gewagtes Unternehmen für eine kleine Gesellschaft wie die unsere und für eine Stadt, in der weder eine Universität noch eine Handels- hochschule dem geographischen Leben einen Rückhalt bieten kann, Aber, meine Damen und Herren, die meisten von Ihnen sind auch davon Zeuge gewesen, in welch allgemein befriedigender Weise diese Tagung verlaufen ist. Die Vorbereitungen für diesen Kongreß, der von mehr als 400 Personen besucht war und die nahmhaftesten deutschen Forscher und Vertreter der geographischen Wissenschaft nach Lübeck brachte, lag ausschließlich in den Händen unserer Gesellschaft. Es hatte sich zu diesem Zwecke unter dem Vorsitze von Prof. Dr. H. Lenz ein Ortsaus- schuß aus 48 Lübecker Herren gebildet, der aus seiner Mitte wieder eine Reihe von Spezialkommissionen wählte. Der unermüdlichen Arbeit dieses Ortsausschusses, sowie dem großen Entgegenkommen, das er bei dem Hohen Senate und der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit fand, ist der glänzende Verlauf der Tagung in erster Linie zu verdanken. Die Beiträge zur Festschrift, die die Geographische Gesellschaft den Teilnehmern des :Geographentages überreichte, wurden ausschließlich von Lübecker Gelehrten bestritten. Es gab in ihr Prof. Dr. Rudolf Struck eine Übersicht der geologischen Verhältnisse Schleswig-Holsteins. Prof. Dr. Franz Schulze berichtete über eine alte Segelanweisung für die Lübecker Bucht und die Einsteuerung in die Trave und Prof. Dr. Willielm Ohbnesorge schrieb über die Deutung des Namens Lübeck. Ein Beitrag zur deutschen und slawischen Örts- namenforschung. Außerdem widmete unsere Gesellschaft dem Geographentage eine Arbeit des Hofrats Dr. W. Schaper-Meiningen, des früheren Leiters der erdmagnetischen Station zu Lübeck und beteiligte sich noch mit einem kleinen Beitrag an den Drucklegungskosten eimer Arbeit Prof. Dr. Friedrichs: Der geologische Aufbau der Stadt Lübeck und ihrer Umgebung, die das Katharineum zu Lübeck dem Geographentage widmete. Auf der Tagung selbst sprachen aus dem Kreise unserer Mitglieder: Prof, Dr. Ohnesorge über die Lage und Entstehung Lübecks, sowie über die Topographie und den Charakter der Stadtanlage. Dr. R. Karutz über die Lübecker Mpangwe-Expedition und Direktor Dr. S. Schwarz über den mathematisch-astronomischen Unterricht in den unteren und mittleren Klassen der höheren Schulen. 113 Außerdem veranstaltete der Ortsausschuß eine Ausstellung von Karten und Plänen Lübecks, von Instrumenten der Nautik, der Feldmeßkunst und der erdmagnetischen Forschung und der bis dahin eingegangenen Gegenstände der Mpangwe-Expedition. Für die Ausstellung hatte Ober- lehrer Dr. Häußler einen Führer verfaßt mit einer kurzen Geschichte der Kartographie Lübecks. An die Tagung schlossen sich verschiedene Ausflüge unter sach- kundiger Führung. Der Landesgeologe Prof. Dr. Gagel führte nach Ratzeburg, Mölln; Prof. Dr. Struck und Direktor Dr. Schwarz über Eutin, Plön nach Kiel, von dort am zweiten Tage durch die Hüttener Berge zur Flensburger Föhrde und am dritten Tage nach Besichtigung der Watten bei Husum durch die Marsch über Heide, Meldorf nach Hamburg. Ein dritter Ausflug gab Gelegenheit, von Travemünde aus das Brodtener Steilufer zu besichtigen und die Tätigkeit des Reichsforschungsdampfers »Poseidon« unter Führung von Prof. Krümmel kennen zu lernen. So hat denn der Geographentag, in dem speziell die Landeskunde unserer engeren und weiteren Heimat einen breiten Raum einnahm, unserer Gesellschaft selbst wieder eine Fülle neuer Anregungen gegeben und die Arbeiten unserer Gesellschaft werden noch auf lange Jahre hin beeinflußt und befruchtet sein von den durch den Geographentag empfangenen Ideen. Über all diesen großen, über den eigentlichen Rahmen ihrer Tätig- keit hinausgreifenden Arbeiten verlor die Gesellschaft aber doch nie ihr ursprüngliches Ziel aus dem Auge: die Topographie des Lübeckischen Staates und seiner Umgebung nach allen Seiten hin aufs gründlichste zu durchforschen. Die von unserer Gesellschaft in Gemeinschaft mit dem Naturhistorischen Museum herausgegebenen Mitteilungen beweisen - das immer aufs neue. In diesen letzten fünf Jahren sind erschienen: Heft 22 enthaltend: Hans Spethmann: Glaziale Stillstandslagen im Gebiet der mittleren Weser. Dr. Karutz: Die Lübecker Mpangwe-Expedition. Heft 23: Franz Oskar Karstedt. Die südfinnische Skärenküste von Wiborg bis Hangö. Ein Beitrag zur Geographie der Ostseeküsten. Dr. Rudolf Struck: Neue Beobachtungspunkte tertiärer und fossil- führender diluvialer Schichten in Schleswig-Holstein und Lauenburg. Prof. Dr. Friedrich: Über neue Bohrungen in der Umgegend von Oldesloe in Holstein. Heft 24: Prof. Dr. W. Halbfaß: Der Hemmelsdorfer See bei Lübeck, Dr. Hans Spethmann: Lübeck, ein landeskundlicher Grundriß. Prof. Dr. P. Friedrich: Beiträge zur Geologie Lübecks. Das Heft 25 ist in Vorbereitung und wird demnächst den Mitgliedern der Gesellschaft zugehen. 119 Diese Veröffentlichungen, in denen eine Hauptaufgabe unserer Geo- graphischen Gesellschaft zu erblicken ist, bilden auch das geistige Band, das uns mit so vielen anderen geographischen und gelehrten Gesellschaften der ganzen Welt verbindet. Sie bilden den anderen gelehrten Gesellschaften gegenüber den Beweis, daß auch in unseren Kreisen streng wissenschaft- lich gearbeitet wird und der Wert unserer Arbeiten erhellt am besten aus den zahlreichen Ersuchen um Schriftenaustausch, die bei uns einlaufen. So seien aus den letzten 5 Jahren nur erwähnt: Das Römisch-germanische Zentralmuseum in Mainz, Die Königlich Dänische geographische Gesellschaft in Kopenhagen, Die Kommission für geologische Untersuchungen in Dänemark, Die Königl. bayr. Akademie der Wissenschaften in München, und Die Akademie der Wissenschaften in Kopenhagen. Meine Damen und Herren! Ein höchst bedeutsamer Schritt für die Erforschung unserer engeren Heimat ist auch die Bildung einer erd- magnetischen Sektion im Jahre 1910. Nachdem die Gesellschaft bereits in den vorhergehenden Jahren Herrn Oberlehrer Dr. Schaper auf seinen Antrag hin erhebliche Mittel zur Anstellung von magnetischen Beob- achtungen bewilligt hatte, wurde in der Vorstandssitzung am 1. April 1910 auf eine Anregung des Herrn Dr. Schaper hin die Bildung einer eigenen Sektion für erdmagnetische Arbeiten beschlossen. Die erdmagnetische Wissenschaft ist ja in dem Kreise der Geographischen Gesellschaft nicht fremd. Bereits im April 1853 wurde von unserer Gesellschaft zum ersten Male eine erdmagnetische Sektion gegründet und diese erdmagnetische Station, die damals die freundlichste Unterstützung des Senates, der Gemeinnützigen Gesellschaft, der Handelskammer und verschiedener be- deutender auswärtiger Gelehrter und Sternwarten fand, hat durch ihre Arbeiten von 1883—94 das Bewußtsein der Notwendigkeit erdmagnetischer Forschungen in weite Lübecker Kreise getragen und dort ja auch stets Verständnis und tatkräftige Unterstützung dafür gefunden, Diese Station, die die Ergebnisse ihrer Arbeiten meist immer in unseren Mitteilungen veröffentlichte, mußte ihre Tätigkeit 1894 infolge der Einrichtung der elektrischen Straßenbahn einstellen. Die jetzige Sektion sucht nun in eifriger Arbeit wieder einen Anschluß zu finden an die frühere magnetische Landesaufnahme unserer engeren Heimat und damit vielleicht einen wertvollen Beitrag zur Erforschung der Säkularvariation geben zu können. Eine andere Einrichtung der Geographischen Gesellschaft verdient hier auch noch unsere lebhafteste Beachtung. Auf einem Herrenabend am 11. März 1910 wurde auf eine Anregung des Herrn Prof. Dr. Sack hin die Einrichtung von astronomischen Abenden beschlossen. Sie sollten einerseits Verständnis und Kenntnis für die Erscheinungen des gestirnten Himmels vermitteln, andererseits aber auch durch Beobachtung und Ein- tragung von auffälligen Himmelserscheinungen in Sternkarten in be- 120 scheidenem Maße der Wissenschaft dienen. Auch diese astronomischen Arbeiten fanden lebhaftes Entgegenkommen und fördernde Unterstützung seitens unserer Gesellschaft und unter der tatkräftigen Leitung von Prof. Dr. Sack hat sich innerhalb unserer Gesellschaft eine kleine Gemeinschaft von Laien-Astronomen herangebildet, die durch theoretische Vorträge und praktische Beobachtungen dieser königlichen Wissenschaft eifrig dienen. Im Kreise der Geographischen Gesellschaft fanden während des Winters einmal monatlich regelmäßig Vorträge statt, in denen zum großen Teil Mitglieder der Gesellschaft selbst über ihre geographischen Forschungen oder Reisen berichteten. Dem Vorstande gelang es aber auch, für einige Vorträge bedeutende auswärtige Forscher zu gewinnen, so daß wir nicht nur häufig Gelegenheit hatten, einer Reihe berühmter Vertreter der Geo- graphischen Wissenschaft persönlich näher zu treten, sondern auch unseren geographischen Horizont um ein Beträchtliches zu erweitern. Von den bedeutendsten auswärtigen Rednern der letzten 5 Jahre wären hier zu erwähnen: Prof. Dr. G. Schott-Hamburg, der am 29. 11. 1907 über »Meerestiefen« sprach, Am 20. 12. 1907 sprach Dr. Steffens-Hamburg über die neuere Luft- schiffahrt unter besonderer Berücksichtigung ihrer geographischen : Bedeutung. Am 10. 1. 1908 Dr. Hans Spethmann über seine erste Islandfahrt, Am 24. 1. 1908 Dr. Paul Hambruch-Hamburg über das völkerkundliche Problem auf den deutschen Südseeinseln Maty und Durour und seine Lösung. Derselbe Forscher sprach dann kurz vor seiner Ausreise nach der Südsee am 27. 3. nochmals bei uns über »Die Kunst in der Südsee. « Am 14. 2. 1908 sprach Prof. Dr. Voeltzkow-Berlin über Ceylon und die Perlenfischerei. Am 20, 11. 1908 Dr. Robert Hartmeier-Berlin über seine Forschungsreise nach Westaustralien. Am 8. 1. 1909 Dr. Georg Wegener über seine letzte Reise durch Innerchina. » 17. 12. 1909 Dr. G. Duncker-Hamburg über Land und Leute in Ceylon. 7. 1. 1910 Dr. Hans Spethmann über die Küste der englischen Riviera. » 4. 3. 1910 Prof. Dr. ©. Gagel über Madeira und die kanarischen Inseln. Am 18. 11. 1910 berichtete Dr. Spethmann auch über seine soeben be- endete zweite Islandfahrt. Am 24. 2. 1911 Dr. Heinrich Seelheim über seine Reise quer durch Spitzbergen und am 19. 1. 1912 Prof. Dr. Wilhelm Volz aus Breslau über seine Forschungs- reise durch Nordsumatra. Neben diesen Vorträgen bekannter Forschungsreisender wurden, wie schon erwähnt, eine große Zahl von Vorträgen von gelehrten und zum Teil weitgereisten Mitgliedern unserer Gesellschaft gehalten, die‘ durch 121 ihre sich meist daran anschließenden Diskussionen oft Gelegenheit zu regem Gedankenaustausch gaben. Aber auch außer diesen Vorträgen herrschte innerhalb unserer Gesellschaft ein reges Leben. So machte die Gesellschaft mit ihren Damen am 15. Juni 1907 einen Ausflug nach Hamburg zur Besichtigung des Hagenbeckschen Tierparkes in Stellingen. Pfingsten 1910 stattete uns die Greifswalder Geographische Gesellschaft mit etwa 50 Personen unter Führung von Prof. Dr. Friederichsen einen Besuch ab. Am 30. April 1911 besichtigte eine Reihe von Mitgliedern der Geo- graphischen Gesellschaft mit ihren Damen das für die Filchnersche Süd- polarexpedition ausgerüstete Schiff »Deutschland« unter Führung des Stellvertreter Filchners, Dr. Seelheim. Am 27. Januar jedes Jahres fanden sich die Geographen mit ihren Damen zu einer kleinen und stets sehr stimmungsvoll verlaufenen Kaisersgeburtstagsfeier zusammen. Außerdem fanden auch in den letzten 5 Jahren regelmäßig das ganze Jahr hindurch jeden Freitag Herrenabende statt, die sich stets eines zahlreichen Besuches erfreuten. Dieselben wurden häufig durch kleinere Vorträge, Reiseberichte, Referate über Abhandlungen aus geogra- phischen Zeitschriften und Mitteilungen über eigene Beobachtungen belebt. Meine hochgeehrten Damen und Herren! Es ist klar, daß da, wo soviel Licht ist, auch Schatten sein muß. Und auch an unserer Gesell- schaft gingen die letzten 5 Jahre nicht vorüber, ohne ihren Tribut von ihr zu fordern. Unter den Toten, die wir zu betrauern haben, finden wir eine Reihe bedeutender Namen und es ist eine ehrenvolle Aufgabe des Chronisten, heute an diesem festlichen Tage auch derer zu gedenken, die uns der Tod zu früh entrissen. 1907 starb der Präses der Handelskammer, Herr Hermann Fehling, der seit der Gründung 1882 unser Mitglied war. Am 20. Mai 1908 starb Prof. August Sartori, der Begründer und lang- JährigeVorsitzende und zuletzt Ehrenvorsitzende unserer Gesellschaft. Am 6. Juni 1908 starb in Greifswald unser Ehrenmitglied, Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. Rudolf Credner. Am 13. Oktober 1908 Seine Magnifizenz Bürgermeister Dr. jur. Ernst Schön, Mitglied der Gesellschaft von i885—1894 und seit 1907. Im Mai 1909 starb der Wirkliche Geheime Admiralitätsrat Exzellenz Prof. Dr. phil. et cam. Georg von Neumayer, der unserer Gesellschaft seit 1884 als Ehrenmitglied angehörte. Im September 1909 Prof. Dr. phil. Karl Gottsche, Direktor des mineral.- geolog. Museums in Hamburg, der seit 1907 korrespondierendes Mitglied der Gesellschaft war. Im November 1909 Geheimer Regierungsrat Ernst Walter Brecht, Direktor der Lübeck-Büchener Eisenbahn, der unserer Gesellschaft seit ihrer Gründung 1882 angehörte, 122 Am 17. September 1910 starb in Marburg unser Ehrenmitglied, der Geheime Regierungsrat, Professor an der Universität in Marburg, Dr. phil. Theobald Fischer. Am 2. September starb in San Louis in Argentinien unser korrespon- dierendes Mitglied Prof. Hermann Ave-Lallemant. 1911 verlor die Gesellschaft durch den Tod Herrn Hauptpastor Adolph Ludwig Trummer, der seit 1893 Mitglied unserer Gesellschaft und in den letzten Jahren Vorsitzender der Herrenabende war. Ein prächtiger Mann, dem besonders unsere Geographische Gesellschaft manchen Dank schuldet. Im Juli 1911 starb im Alter von 87 Jahren unser ältestes korrespon- dierendes Mitglied (seit 1382) Herr Gustav Pauli, ein Lübecker, der über 30 Jahre lang die ganze Welt, besonders den Orient bereiste und der seine große Anhänglichkeit an die Vaterstadt auch dadurch bewies, daß er seine wertvollen und reich- haltigen Sammlungen unserer Gemeinnützigen Gesellschaft ver- machte. Ende 1911 starb Kaufmann Gustav Ferdinand Werner, der unserer Gesellschaft seit ihrer Gründung angehörte und in seinen gesunden Tagen ein regelmäßiger Besucher aller Vorträge und Herrenabende war. Er war ein vielgereister Mann, der gerade in unserem Verein oft und gerne über seine Reisen gesprochen hat. Was die Verstorbenen unserer Geographischen Gesellschaft gewesen sind, wird von ihr stets in Treue bewahrt bleiben. Meine Damen und Herren! In ihrer inneren Organisation hat sich die Geographische Gesellschaft während der letzten 5 Jahre nicht ver- ändert. Von Bedeutung ist nur die Neuberatung der Statuten, die seit Februar 1910 eine zum Teil stark veränderte Fassung haben. Nach dem Vorbilde ihrer Muttergesellschaft, der Gemeinnützigen und der Mehrzahl der Tochtergesellschaften derselben hat auch die Geographische Gesell- schaft in ihre Statuten den Passus aufgenommen, daß ein ausscheidendes Vorstandsmitglied nicht sofort wieder wählbar ist. Dieser Paragraph hat natürlich auch bei unserer Gesellschaft wesentliche Veränderungen im Vorstande mit sich gebracht. Von den Herren, die zur Zeit der 25 Jahr- feier der Gesellschaft präsidierten, gehören heute nur noch zwei dem Vor- stande an, nämlich unser verehrter Vorsitzender Herr Prof. Dr. Lenz, der nun schon seit dem 6. Februar 1903 die Geschicke unserer Gesellschaft mit Mühe und Aufopferung meisterhaft leitet und Herr Prof. Dr. Schulze, der seit Februar 1902 dem Vorstande angehört. Erst in diesem Jahre schied aus dem Vorstande Herr Kaufmann F. ©. Sauermann aus, der 123 seit dem 20. Februar 1385, also 27 Jahre lang, als Kassenführer der Gesellschaft tätig war und sich als solcher unseren allergrößten Dank erworben hat. Von den vielen Gesellschaften und Instituten Deutschlands und des Auslandes, mit denen unsere Gesellschaft in Schriftenaustausch steht, gehen uns alljährlich eine große Reihe bedeutender und wertvoller Publi- kationen zu. die zum kleinen Teil unserer eigenen Bibliothek einverleibt, zum größten Teil aber der Stadtbibliothek, dem Museum für Völkerkunde und einige auch dem Naturhistorischen Museum überwiesen werden. Meine Damen und Herren! Hier haben Sie in großen Zügen einen kurzen Überblick über die Tätigkeit unserer Geographischen Gesellschaft während der letzten 5 Jahre. Sie sehen, daß sie unter der vorzüglichen Leitung ihres unermüdlichen Vorsitzenden, des Herrn Prof. Dr. Lenz, stets bestrebt war dem Studium der Erdkunde hier in Lübeck eine würdige Stätte zu schaffen. Wir Geographen wissen ja, daß Geographische Bildung eines der notwendigsten Fordernisse des modernen Menschen ist. Wir wissen, daß nur der die Grundlagen und Entwicklungsmöglichkeiten des Wirtschaftslebens beurteilen kann, daß nur der die Sendung Deutsch- lands zur kolonialen Betätigung verstehen kann, der eingedrungen ist in die geographischen Wechselbeziehungen, die Erde und Mensch seit Vor- beginn verbinden und der den Boden des eigenen Vaterlandes und seine Schätze kennt. Und in diesem Bewußtsein scharen wir uns zur gemein- samen Arbeit in der Geographischen Gesellschaft zusammen und wünschen heute an ihrem 30. Wiegenfest, daß sie auch fürderhin blühen, wachsen und gedeihen möge. 124 Bericht der erdmagnetischen Abteilung. Am ı. April 1910 wurde von der Gesellschaft auf Anrege von Dr. E. Schaper ein Ausschuß für erdmagnetische Messungen ins Leben gerufen. Dem Ausschuß gehören an die Herren: Bankier Kohrs, Professor Dr. Sack, Oberlehrer Dr. Schaper, Kommerzienrat G. Scharff, Gerichts- chemiker Th. Schorer und Direktor Dr. Schwarz. Dem Ausschuß stehen die Zinsen von 120 .4 des für erdmagnetische Zwecke vorhandenen Kapitals zur Verfügung. Es wird beabsichtigt, eine erdmagnetische Neu- vermessung Holsteins auszuführen. Es soll dabei an die 1885—1887 ebenfalls von Lübeck aus unternommenen Messungen angeschlossen und nach Möglichkeit an denselben Stationen wie damals Beobachtungen aus- geführt werden. Da aber nach den früheren Ergebnissen unser Gebiet erdmagnetisch durchaus nicht so störungslos ist, wie man wohl hätte annehmen können, so wird beabsichtigt, das Netz der Stationen diesmal etwas enger zu legen. Als Basis für die Messungen dient ein absolutes Häuschen in der Nähe des Behn-Turm. Um Anschluß an die Preußische erdmagnetische Landesvermessung zu gewinnen sind 1910 zu Beginn der Beobachtungen im Potsdamer erdmagnetischen Institut Anschluß-Messungen vorgenommen, die in geeigneten Zwischenräumen wiederholt werden sollen. Ähnliche Anschluß-Messungen sind in Groß-Borstel, der erdmagnetischen Station der Hamburger Seewarte ausgeführt. Um die Messungen in hinreichender Zahl vornehmen zu können, sind dem Ausschuß in den Jahren 1910 und 1911 außerordentliche Geld- mittel von seiten der Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden. Satzungen der Geographischen Gesellschaft zu Lübeck. $ 1. Die am 20. Januar 1882 gegründete »Geographische Gesell- schaft in Lübeck« hat den Zweck, geographische und naturwissenschaft- liche Kenntnisse zu verbreiten und Forschungen zu unterstützen. S 2. Die Gesellschaft ist ein Ausschuß der »Gesellschaft zur Beför- derung gemeinnütziger Tätigkeit« und erkennt deren Satzungen als ver- bindlich an. Insbesondere a) hat jedes ordentliche Mitglied der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit das Recht, in die Geographische Gesell- schaft einzutreten, b) können nur ordentliche Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit ordentliche Mitglieder der Geographischen Gesellschaft werden. S 3. Die Geographische Gesellschaft sucht ihren Zweck zu erreichen a) durch Abhaltung regelmäßiger Versammlungen, in denen durch Vorträge und Besprechungen geographische und naturwissenschaft- liche Fragen zur Erörterung gelangen, b) durch Veranstaltung öffentlicher Vorträge geographischen oder naturwissenschaftlichen Inhalts, e) durch Herausgabe von Mitteilungen geographischen und natur- wissenschaftlichen Inhalts in zwanglosen Heften, d) durch Förderung der im Museum aufgestellten Sammlung für Völkerkunde, e) durch Anknüpfung und Unterhaltung von Verbindungen mit Anstalten, Vereinen und Einzelpersonen des In- und Auslandes. $ 4. Die Gesellschaft hat das Recht, Personen, die sich in hervor- ragender Weise um die Förderung der Zwecke der Gesellschaft verdient gemacht haben, zu Ehren- oder korrespondierenden Mitgliedern zu ernennen. 126 S 5. Von jedem Mitgliede wird ein Beitrag von # 5, zahlbar im ersten Vierteljahr des Jahres, erhoben. Durch einmalige Zahlung von mindestens 4 100 kann die lebenslängliche Mitgliedschaft erworben werden. Diese einmaligen Beiträge sind als Kapital anzusehen, von dem in der Regel nur die Zinsen verwandt werden dürfen. S 6. Wer seinen Wohnsitz nicht dauernd in Lübeck hat, kann, ohne Mitglied der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit zu sein, gegen Lösung einer Jahreskarte als außerordentliches Mitglied an den Versammlungen teilnehmen. Der Vorstand hat darüber zu ent- scheiden, ob eine solche Karte zu erteilen ist, oder nicht. Für dieselbe sind A 5 im Voraus zu entrichten. S 7. Der Vorstand besteht aus acht Mitgliedern, von denen drei besonders mit Rücksicht auf naturwissenschaftliche Angelegenheiten zu wählen sind. Der Vorstand verteilt die Ämter unter sich. Die Amtsdauer seiner Mitglieder beträgt sechs Jahre. Die Neuwahl findet in der Regel im Februar statt. Ein ausscheidendes Vorstands- Mitglied ist nicht sofort wieder wählbar. S 8. Alljährlich im Januar sind zwei Mitglieder der Gesellschaft zu erwählen, welche die Prüfung der vom Kassenführer aufgestellten, für die Vorsteherschaft der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit bestimmten Kassenrechnung zu vollziehen, und zu unter- schreiben haben. Der Jahresbericht und die Kassenrechnung sind spätestens im März der Gesellschaft zur Genehmigung vorzulegen. S 9. Die von der Geographischen Gesellschaft anzuschaffenden Bücher, Karten und sonstigen geographisch-wissenschaftlichen Hilfsmittel sind, sobald sie nicht mehr benutzt und nicht von dem Naturhistorischen Museum oder dem Museum für Völkerkunde beansprucht werden, der Stadtbibliothek oder dem Staatsarchiv zu überweisen. Der Vorstand der Geographischen Gesellschaft hat das Recht der Entscheidung. $ 10. Im Falle der Auflösung der Geographischen Gesellschaft fällt ihr Vermögen der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit zu. Die Auflösung kann nur mit Zweidrittelmehrheit sämtlicher ordent- lichen Mitglieder beschlossen werden. S$ 11. Die Satzungen werden alle fünf Jahre einer erneuten Prüfung unterzogen, doch kann eine Veränderung nur mit Genehmigung von mindestens Zweidritteln der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder vor- genommen werden und bedarf zu ihrer Giltiskeit der Mitgenehmigung der Vorsteherschaft der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit. —— DET ———— Mitglieder-Verzeichnis. Vorstand. Lenz, Heinrich Wilhelm Christian, Dr. phil., Vorsitzender. Schulze, Franz Louis Karl, Dr. phil., stellvertr. Vorsitzender. Warncke, Oscar, Kassenführer. Peters, Berthold Adolf August. Schwarz, Georg Sebald Christoph, Dr. phil., Bibliothekar. Schaper, Erich, Dr. phil., Schriftführer. Meyer-Tranbjerg, Theodor Amandus, Kartenwart. Zimmermann, August Ludwig Eduard Richard, stellvertr. Schriftführer. Ehrenmitglieder. Krauel, Richard, Dr. jur., Kaiserl. Wirkl. Geh. Rat, Exzellenz, in Freiburg. Förster, Wilhelm, Dr. phil., Professor, Geh. Regierungsrat, Direktor der Königl. Sternwarte in Berlin. Klügmann, Karl Peter, Dr. jur., außerordentlicher Gesandter und bevoll- mächtigter Minister der Hansestädte in Berlin. Nansen, Fridtjof, Dr. phil., in Christiania. Schaper, Dr. phil., Hofrat, Direktor des Realgymnasiums in Meiningen. Drygalski, Erich v., Dr. phil., Professor an der Universität in München. Penck, Albrecht, Dr. phil., Geh. Regierungsrat, Professor an der Univer- sität in Berlin. Friedrich, Paul, Dr. phil, Professor am Katharineum in Lübeck., Struck, Rudolf, Dr. med., Professor, Arzt in Lübeck. Wahnschaffe, Dr. phil., Geh. Bergrat, Geologische Landesanstalt in Berlin. Korrespondierende Mitglieder. Deecke, Wilhelm, Dr. phil., Prof. in Freiburg i. Br. Kiepert, Rich., Dr. phil., Berlin. Krüger, Paul, Dr., Professor an der Universität zu Santiago (Chile). Hahn, Eduard, Dr. phil., Berlin. Ehrtmann, Ludwig, Konsul in Riga. Conwentz, Hugo, Dr. phil., Professor, Direktor des westpreußischen Provinzial-Museums in Danzig. Geinitz, Eugen, Dr. phil., Professor an der Universität in Rostock. Schott, Gerhard, Dr. phil., Professor, Abteilungsvorstand an der Deutschen Seewarte in Hamburg. Voeltzkow, Alfred, Dr. phil., Professor in Berlin. Halbfaß, Wilhelm, Dr. phil., Professor, Jena. Wegener, Georg, Dr. phil., Professor, Berlin. Lohmann, H., Dr. phil., Professor an der Universität in Kiel. 125 Hiesige Mitglieder. Aewerdieck, Friedrich, seit 1911. Ahting, Theodor, seit 1909. Baethcke, Ludwig Herm., Dr. phil., seit 1882. Bahrs, August Matthias Heinrich, seit 1912. Ballerstedt, Alfred Heinrich, seit 1911. Behncke, Heinrich Leo, seit 1832. Behrens, Heinrich, seit 1882. benick, Ludwig, seit 1910. Bertram, Karl, seit 1905. Bienert, Ado Waldemar, seit 1903. Bohnsack, August, seit 1904. Bong-Schmidt, Max Julius Ludw., seit 1905. Bong-Schmidt, Wilhelm Hans Adolf, seit 1911. Brandes, Hermann, seit 1908. Brandes, Wilhelm, seit 1906. Brandt, Peter Martin Julius, seit 1911. breinig, Egon, seit 1905. Brüningk, Hermonn, seit 1911. Brüsch, Wilhelm Kari Adolf, Dr. phil., seit 1901. Buchholz, Hans Ludwig, seit 1912. Burmester, Hans Heinrich Hermann, seit 1905. Burmester, Johannes Jacob, seit 1883. Christensen, Karl Iwan Christian, seit 1907. Coleman, Charles, seit 1887. Conze, "Leopold, seit 1911. Dimpker, Karl Friedrich Robert, seit 1908. Engel, Bruno, seit 1912. Erasmi, Adolph, seit 18832. Erasmi, Heinrich Christian Theodor, seit 1387. Eschenburg, Friedr. Bernh., Dr. phil., seit 1882. Eschenburg, Joh. Herm., Bürgermeister, seit 1891. Evers, Johann Hermann Friedrich, seit 1906. Faber, Otto Ludwig, seit 1888. Fehling, Emil Ferdinand, Dr. jur., Senator, seit 1884. Fehling, Wolfgang, seit 1905. Flügel, Paul Karl Viktor, seit 1911. Frahm, Karl, seit 1908. Frank, Johann Friedrich Gustav Wolfgang, Dr. phil., seit 1903. Freitag, Johannes Friedrich Wilhelm, seit 1908. Freund, Karl Gottfr. Heinr., Dr. phil., seit 1885. Gaedertz, Paul Maximilian, seit 1896. Genzken, Wilhelm Hermann August, Dr. phil., seit 1893. 129 Gosch, Heinrich Rudolph, seit 1897. Görtz, Heinrich Adolf, Dr. jur., seit 1883. Grabe, Felix, seit 1911. Haeßler, Emil, seit 1911. Hahn, Julius Hermann, seit 1893. Hahn, Theodor Georg Otto, seit 1908. Hammerich, Adolf Joh. Karl, Dr. med., seit 1882. Hansen, Theodor, Dr. med., seit 1910, Hansen, Wilhelm, seit 1905. Hasselbring, Johann Karl Heinrich Wilhelm, seit 1904. Haukohl, Ludwig, seit 1907. Heitmann, Johannes Adolf, seit 1883. Hennings, Hans Wilhelm Heinrich, seit 1907. Hoffmann, Paul Moritz, seit 1882. Jenne, Emil, seit 1911. Karutz, Heinrich Ludwig Mathias Richard, Dr. med., seit 1896. Kluth, Karl Heinrich Friedrich,: seit 1909. Köhncke, Karl, seit: 1902. Kohrs, Wilhelm, seit 1898. Krauss, Joseph, seit 1903. Krohn, Karl Heinrich August, seit 1882. Kulenkamp, Hermann Eduard Gustav, Dr. jur., seit 1909. Kühne, Ludwig Heinrich, Exzellenz, seit 1903. Lange, Julius Franz, Dr. phil., seit 1911. Langenheim, Ludw. Friedr. Lorenz, seit 1908. Langenheim, Wilh. Carl, Dr. jur., seit 1905. Laves, Adolf, seit 1910. Lehmann, Karl Wilh. Vollrath Gottfr., seit 1904. Lehmann, Max, seit 1910. Lenz, Heinr. Christian Wilh., Dr. phil., seit 1882. Lienau, Cay Diedr., Dr. jur., Senator, seit 1895. Linde, Friedrich August Hermann, seit, 1882. Lohmeyer, Karl, seit 1904. Laucht, Christian, seit 1904. Liibeke, Robert, seit 1888. Maltzahn, August, seit 1910. Melior, Generalleutnant a. D., Exzellenz, seit 1908. Meyer, Ernst, Dr. jur., seit 1907. Meyer-Tranbjerg, Theod. Amand., seit 1891. Mittelstaedt, Karl Ernst Alexander, seit 1904. Möbusz, Albin Friedr. Rich., Dr. phil., seit 1903. Mollwo, Ludwig Wilhelm Heinrich, seit 1882. Möller, Johannes Friedrich Jacob, seit 1901. 130 Möller, Johs. Theodor Max Karl Aug., seit 1905. Müller, Ernst Ludwig Julius, Dr. phil., seit 1882. Murken, Otto Karl Anton, seit 1906. Nachtwey, Heinrich Johannes Friedrich, seit 1893. Neumann, Johann Martin Andreas, Dr. jur., Senator, seit 1893. Ohnesorge, Eduard Friedrich Wilhelm, 1899—1909 und seit 1912. Pabst, Gustav, Dr. jur., seit 1882. Pauls, Eilhard Stephan Erich, seit 1903. Peckelhoff, Friedrich, seit 1908. Peters, Berthold Adolf August, seit 1893. Pierstorff, Theodor, 13883—1905 und seit 1911. Plesfing, Edmund Wilhelm, Dr. jur., seit 1904. Poel, Wolfgang, seit 1912. Possehl, Joh. Ludw. Emil, Senator, seit 1883. Rahtgens, Otto Alwin, seit 1911. Rehder, Peter, seit 1885. Reimann, Gustav Adolph, Dr. phil., seit 1882. Reimpell, Georg, seit 1896. Reuter, Karl Dietrich, seit 1912. Reuter, Otto Gerhard, seit 1907. Rey, Paul Wilhelm Adolf, seit 1899. Riedel, Friedrich Karl Ferdinand Otto, Dr. med., seit 1905. Rifsmann, Heinrich Friedrich, seit 1911. Rösing, Heinrich Albert Oskar, seit 1903. Rudolphy, Karl Hermann Johannes, Dr. med., seit 1908. Saarburger, Ernst Eduard, seit 1903. Sack, Gustav, Dr. phil., seit 1399. Sartori, Heinrich Friedrich Theodor, seit 1883. Sauermann, Friedrich Carl, seit 1882. Sawitzki, Karl Otto, seit 1909. Schaper, Erich, Dr. phil., seit 1908. Scharff, Heinrich Gustav, seit 1887. Scharff, Karl, seit 1895. Schaumann, Gust. Friedr. Aug. Georg, seit 1900. Schmidt, Gustav Julius Ludwig, seit 1883. Schmidt, Max, seit 1885. Schneermann, Karl Konrad Joseph, seit 1891. Schorer, Theodor, seit 1883. Schröder, Karl Nikolaus, seit 1896. Schultz, August Heinrich, seit 1902. Schultz, Heinrich Josef Georg August, seit 1883. Schulze, Franz Louis Karl, Dr. phil., seit 1886. Schurig, Max, Dr. phil., seit 1911. 131 Schwarz, Georg Sebald, Dr. phil., seit 1907. Sellschopp, August, seit 1907. Sellschopp, Paul Friedrich, seit 1907. Seydell, Kurt, seit 1905. Stiemers, Eduard Rudolph Wilhelm, Dr. med., seit 1899. Sievers, Heinrich, seit 1908. Sönnichsen, Peter Wilhelm, seit 1896. Steyer, Karl Ernst, Dr. phil., seit 1906. Stolterfoht, Gottlieb Nikolaus, 1387—1902 und seit 1911. Stolz, Emil Gustav Louis Jacob, seit 1904. Stoo/s, August, Johannes Alfred, Dr. jur., Senator, seit 1906. Strinz, Paul Eugen, seit 1904. Strunck, Karl Georg Joachim, seit 1907. Studt, Eduard, seit 1908. Suckau, Karl, seit 1912. Thaden, Karl Johann von, Dr. med., seit 1911. Thiel, Heinrich, seit 1907. Tiedemann, von, Adolf Friedrich Karl Ferdinand, seit 1906. Uter, Friedr. Christian Wilh., Dr. med., seit 1896. Vermehren, Wilhelm, seit 1905. Waelde, Otto, seit 1911. Waltersdorf, Otto von, seit 1910. Warncke, Hermann, seit 1884. Warncke, Oskar, seit 1906. Wattenberg, Oskar Ferdinand Hermann, Dr. med., seit 1892. Wentz, Karl, seit 1910. Weyrowitz, Karl Friedrich August, seit 1899. Willers, Karl Christian Heinrich, seit 1911. Windel, Hermann August, seit 1896. Wortmann, Friedrich, seit 1909. Zawadsky, Thaddäus von, seit 1908. Zillich, Johannes Robert, Dr. phil., seit 1884. Zimmermann, August Ludwig Eduard Rich., seit 19095. Ausserordentliche Mitglieder. Sonder, Christoph Karl Adalbert August, Dr. phil., Apotheker in Oldesloe, seit 1892. Kiüigelgen, Bruno von, Oberingenieur, Hochofenwerk Herrenwyk. 132 Verzeichnis der Gesellschaften, Vereine, Behörden und Zeitschriften, mit denen die Geographische Gesellschaft in Lübeck in Schriftenaustausch steht. Deutschland. Bautzen, Naturwissenschaftliche Gesellschaft. Bericht über die Tätigkeit in den Jahren 1906/09. Berlin, Gesellschaft für Erdkunde. Zeitschrift m. Beigabe 1910, 1911, 1912, 1—6. — Zentralverein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Auslande. 1910, 1911, 1912, 1-39. — Deutsche Kolonialgesellschaft. Deutsche Kolonialzeitung 1910, 1911, 1912, 1—39 und Kolonial-Handelsadreßbuch 1911. — Königliche Bibliothek. Jahresberichte 1909/10, 1910/11. — Königl. Preuß. geodätisches Institut. — Redaktion des Globus. 1909, 1910. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Bremen, Geographische Gesellschaft. Deutsche geograph. Blätter 1911, 1912, 1—2. Breslau, Schlesische Gesellschaft für Vaterländische Kultur. Jahresberichte 1909, 1910, 1911. Dresden, Verein für Erdkunde. Jahresbericht 1908. Mitteilungen: 1910, 1911, Heft 2. Elberfeld, Naturwissenschaftlicher Verein. Jahresbericht Heft 13. 1912. Frankfurt a. M., Verein für Geographie und Statistik. Jahresbericht: 73. (1908—1909), 74. (1909—1910), 75/76. (1910—1911, 1911— 1912) Jahrgang. Giessen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. a) Naturwissenschaftl. Abteilung: Bd. 3 u. 4 (1908—1909). b) Medizinische Abteilung: Bd. 5. Reg. f. d. Bde. 1—34. (Alte Folge, Jahrg. 1849—1904.) Bd. 6. — Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde. Geograph. Mitteilungen aus Hessen. VI. Heft 1911. Gotha, Redaktion von Dr. A. Petermanns Mitteilungen. 1910, 1911, 1912. Ergänzungshefte 165—175. 133 Gotha, Redaktion des Geograph. Anzeigers. Justus Perthes. 1910, 1911, 1912, 1—9. Greifswald, Geographische Gesellschaft. Jahresbericht 1910. Halle a. S., Sächsisch-Thüringischer Verein für Erdkunde. Mitteilg. 34. Jahrg. (1910), 35. Jahrg. (1911). — Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinische Deutsche Akademie für Naturforscher. Leopoldina 1911, 1912, 1—8. Hamburg, Geographische Gesellschaft. Mitteilg. Bd. 25 (1910), Bd. 26 (1911). —_ Kaiserliche Deutsche Seewarte. Annalen der »Hydrographie« 1911, 1—9. ‚Jahresberichte 1910, 1911. Hannover, Geographische Gesellschaft. Jahresbericht, 1910. — Stadtbibliothek. Nachträge zum Katalog: 1910, 1911. — Richtlinien zu einem Volkstums-Atlas von Nieder - Sachsen. Ethno-Geogr. Programm von Dr. Willy Peßler. 1909. Jena, Geographische Gesellschaft in Thüringen. Bd. 26, 27, 28, 29, 30. Mitteilungen 1908, 1909, 1910, 1911, 1912. Kassel, Verein für Erdkunde. 26.—29. Jahresbericht. 1911. Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein. 1912. Bd. 15, Heft 1. Köln, Gesellschaft für Erdkunde. Königsberg, Geographische Gesellschaft. —_ Physikalisch-ökonomische Gesellschaft. Schriften 1910, 1911. Leipzig, Verein für Erdkunde. Mitteilg. 1908, 1909, 1910, 1911. Katalog der Bibliothek des Vereins. -- Museum für Völkerkunde. — Redaktion der Geogr. Zeitschrift. 1911, 1912, 1—8. — Gesellschaft für Erdkunde. Wissenschaftl. Veröffentlichungen. Bd. 7. Reisen in Bolivien und Peru. 1911. Magdeburg, Museum für Natur- und Heimatkunde Abhandlungen und Berichte. Bd. 2, Heft 3. 1912. Metz, Verein für Erdkunde. Bd. 7, Heft 3. 1911. München, Geographische Gesellschaft. Mitteilungen Bd. 5 (1910), Bd. 6 (1911), Bd. 7 (1912), Heft 1. — Ormnithologische Gesellschaft in Bayern. Bd. 11, Heft 1. — Erdmagnetisches Observatorium der Kgl. Sternwarte. — Deutscher und österreichischer Alpenverein. Mitteilungen und Zeitschrift 1910, 1911, 1912, 1—18. Rostock i. M., Geographische Gesellschaft. Mitteilungen. I. Jahrg. 1910. Regensburg, Beobachtungen der beiden sächsisch-böhmischen Erdbeben- schwärme v. Oktober und November 1908, im nordöstl. Bayern und die Registrierung auf der Münchener Erdbebenstation. -- Naturwissenschaftlicher Verein. Berichte. 12. Heft. 1907/09. 134 Stettin, Gesellschaft zur Förderung überseeischer Handelsbeziehungen, Jahresbericht 1910. — Gesellschaft für Völker- und Erdkunde. Jahresberichte 1908/09, 1909/10. Straßburg, Verein für Erdkunde und Kolonialwesen. Mitteilungen. Heft 1 und 2. 1911/12. Stuttgart, Württembergischer Verein für Handelsgeographie und Förde- rung deutscher Interessen im Auslande. 26.— 29. Jahresbericht (1909— 1911). Wilhelmshaven, V eröffentlichungen des Kaiserl. Observatoriums in Wilhelms- haven. Übersicht über die Tätigkeit des Erdmagnetismus. Blatt 4 und 5. Oesterreich. Herrmannstadt, Siebenbürger Karpathenverein. Jahrbuch mit 4 Bildern. 31. und 32. Jahrgang. 1911, 1912. Linz a. D., Museum Francisco-Karolineum. 69. und 70 Jahresbericht. 197721912: Wien, K. K. Geographische Gesellschaft. Abhandlg. 1910, 1911, 1912, 1—8. — K.K. Geologische Reichsanstalt. Verhandlg. 1910, 1911, 1912, 1—5. — Verein der Geographen an der Universität Wien. Geogr. Jahresbericht aus Oesterreich. 1910. — Geogr. Jahresbericht aus Oesterreich in Verbindung mit dem Bericht über das 37. Vereinsjahr, erstattet vom Verein der Geographen. Archiv des K. K. Militärgeographischen Instituts. Mitteilungen. 29. Bd. (1909), 30. Bd. (1910), 31. Bd. (1911). — Redaktion der Deutschen Rundschau für Geographie und Statistik. — Anthropolog. Gesellschaft. Sitzungsberichte 1909-1910, 1910-1911, 1911—1912. Schweiz. Bern, Geographische Gesellschaft. Mitteilungen. Jahresberichte 1908—1910, Bd. 22. — Schweizerische Naturforschende Gesellschaft. Verhandlungen. 1911. —- Naturforschende Gesellschaft von Bern. Mitteilungen. 1911, 1912. Genf, Societe de Geographie de Geneve. Le Globe. Bulletin. Fevrier— Avril 1912. No. 2. — Neuvieme Congres internationale de Geographie. 1908. Tome II. Neuchätel, Societ@ Neuchäteloise de Geographie. Bulletin. Memoires. Bd. 20. 1909—1910. Winterthur, Naturwissenschaftliche Gesellschaft. Zürich, Geographisch-ethnographische Gesellschaft. Jahresber. 1909—1910, 1910—1911 (mit wissenschaftlichen Beilagen). 135 Holland. Amsterdam, Koninklyk Nederlandsch Aardrijkskundig Genootschap. Belgien. Brüssel, Societe Royale Belge de Geographie. — Observatoir Royal de Belgique: Annales de l’obs. roy. de Belg. — _ Comite de Bibliographie et d’Etudes astronomiques: Les obser- vatoires astronomiques et les astronomes. Brügge, Societ€ d’Emulation de Bruges. Frankreich. Paris, Societe de Geographie commerejale. Bulletin 1910, 1911, 1912, 1—8. Le Hävre (Seine-Inf.), Societe de Geographie commereiale, Bulletin 1910, 1912, Heft 1. Rochefort sur Mer, Societ€ de Geographie, Bulletin 1910/11, 1911/12, 1—3. Tours (Indre-et-Loire), Societe de Geographie. Revue 1910/11, 1—4. Portugal. Lissabon, Sociedade de Geographia de Lisboa. Boletim 1910/11, 1911/12, 1912/13, 1—5. Großbritannien. Edinburgh, Edinburgh Royal Society. Proceedings. Vol. 29, 30, 31, 32. Manchester, Geographical Society. Journal. Vol. 25 (1910), 26 (1911), 27 (1912), 1—2. Schweden und Norwegen. Bergen, Redaktion der Zeitschrift »Naturen«. Jahrg. 35 (1911), 36 (1912), 1—8. — Bergens Museum, Afhandlinger og Aarsberetning for 1911 und Aarbog 1911. Stavanger, Museum, Aarsberetning f. 1910—1911. Stockholm, Svenska Sällskapet för Antropologi och Geografi. Ymer 1910, 1911, 1—2. _ Svenska Turist Föreningen. Aarskrift 1911, 1912. Dänemark. Kopenhagen, Kgl. Danske geografiske Selskap. Tidskrift. Bd. 21 (1910), 22 (1911), 1—6. — Kgl. Danske Videnskaberne Selskab. Forhandlinger 1911, 1-6, 192,13) _- Dansk geologisk Forening. Meddelelser. Sämtl. Veröffent- lichungen. No. 15--17 (1909—1911). _ Kommissionen for Danmarks geologiske Undersogelse. 1. Reihe No. 11, 2. Reihe No. 18—25 (1910). 136 Rußland. Helsingfors, Societe de Geographie de Finlande. Fennia. — Geographischer Verein in Finnland. - Societas pro Fauna et Flora Fennica. Meddellanden 1909 — 1910. Acta 33 —34 (1910, 1911). St. Petersburg, K. Russische Geographische Gesellschaft. Iswestija, Ott- schet, 1910, 1911. Riga, Naturforscher Verein zu Riga. Arbeiten des N. V. z. R. Neue Folge Heft 12—-13. Korrespondenzblatt No. 54. 3 Amerika. Baltimore, Maryland Geological Survey. Veröffentlichungen 1911. Madison, Wisconsin Geological and Natural History Survey. Bulletin. = Academy of Sciences, Arts and Letters. Transactions, Vol. XVI. Part. II, 1—6. New-York, American Geographical Society. Bulletin 1911, 1912, 1—7. Philadelphia, Geographical Society. Bulletin Bd. 9 (1911), Bd. 10 (1912), 1—3. San I’ranzisco, Geographical Society of the Pacific. Proceedings and Transactions. Jefferson City (Missouri), Bureau of Geology and Mines. Biennial Report of the State Geologist. Washington, Smithsonian Institution. (Bureau of American Ethnology.) Annual Report f. 1910, 1911, 1912. Tacubaya (Mexiko), Observatorto Astronomico Nacional. Annario-Obser- vaciones meteoril. "Buenos Aires (Argentin.), Instituto Geogräfico Argentino. Boletin del ministerio de Agricultura. 1909, 1910, 1911, 1912, 1—6. ferner: Veinte meres de administraciöon en el ministerio de agricultura. 1910, 1911, 1912, 1—6. — La Otfieina Meteorolögica Argentina. — Deutsche wissenschaftliche Vereinigung. Lima (Peru), Sociedad de Geogräfica. Boletin 1909, 1910, 1911. Montevideo (Uruguay), Annario Estadistico de la Republica Oriental del Urugay. Toms 2. Part. IL Santiago (Chile), Deutscher wissenschaftlicher Verein. Bd. VI, Heft 2. Australien. Brisbane (Queensland), Royal Geographical Society of Australasia. Queens- land geograph. Journal 1909/10. Abgeschlossen am 1. Oktober 1912. Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1911. Auch im verflossenen Jahre wurde an der Ausgestaltung weiterer Teile der Sammlung zu einer »Schausammlung« gearbeitet. In der lübeckischen Abteilung brachte Herr Fr. Peckelhoff mit Unterstützung des Präparators F. Röhr den zweiten Schrank mit Lebens- gruppen einheimischer Kleinvögel zum Abschluß. Daneben fanden eine Reihe selten in unserer Gegend beobachteter oder besonders interessanter Vögel Aufstellung, welche das Museum der Fürsorge der Herren W. Blohm, W. Hagen, Gustav Jäde und F. Röhr verdankt. Aufgestellt sind ferner sechs Schaukästen mit Lebensbildern hiesiger Insekten, in mustergültiger Weise zusammengestellt von Herrn Ober- regisseur E. Albert. Dem genannten Herrn ist das Naturhistorische Museum des weiteren dafür dankbar, daß er seine Kräfte und reichen Erfahrungen auf dem Gebiete der Entomologie während der Sommer- monate zur Verfügung stellte, um in der Umgegend Lübecks für das Museum Insekten zu sammeln. So kam neben den bereits erwähnten Biologien eine reiche Sammlung von Schmetterlingen, Hautflüglern und Zweiflüglern als Belagstücke unserer lübeckischen Insektenfauna zustande. Die Exemplare sind auf das Sauberste von Herrn Albert präpariert und, mit allen notwendigen An- gaben versehen, unserer wissenschaftlichen Sammlung eingefügt worden. Neben Herrn Albert möchten wir aber auch allen den Herren, insbesondere Herrn Friedr. Jürgens, unseren Dank aussprechen, welche durch pekuniäre Unterstützung diese Arbeiten ermöglichten. Die Sammlung lübeckischer und deutscher Käfer erhielt eine umfang- reiche Vermehrung dadurch, daß die Witwe des Postdirektors Daniels hierselbst die von ihrem Manne viele Jahre aufs sorgfältigste gepflegte Käfersammlung dem Museum zum Geschenk machte. 138 Endlich mag noch auf eine interessante Beobachtung hingewiesen werden, welche Herr Professor Dr. Friedrich mit seinen Schülern bei Gelegenheit der im Interesse der Mückenvertilgung vorgenommenen Arbeiten machte: das massenhafte Auftreten eines Krebses, des fisch- förmigen Kiemenfußes Branchipus stagnalis in mehreren Gräben und sonstigen Wasseransammlungen Israelsdorfs. In der lübeckischen Abteilung des Naturhistorischen Museums haben ferner Wandtafeln mit farbigen Abbildungen deutscher Süßwasserfische und solche mit Fischen der Nord- und Ostsee Platz gefunden, um den Besuchern des Museums Gelegenheit zu geben, unsere wichtigsten Nutz- fische kennen zu lernen. In der allgemeinen Sammlung wurde die Abtrennung einer Schau- sammlung für die Eidechsen, Schlangen, Frösche und Molehe in der Weise vorgenommen, daß die betreffenden Schränke der Länge nach durchgeteilt und die eine gut beleuchtete Seite als Schausammlung her- gerichtet wurde. Eine sorgfältig getroffene Auswahl von Tieren wurde in möglichst natürlichen Stellungen auf weißen Glasplatten befestigt; hinzugefügte Abbildungen und Erläuterungen sollen dem Beschauer das Verständnis erleichtern. Es liegt die Absicht vor, in ähnlicher Weise auch bei anderen Gruppen zu verfahren. Die Arbeiten wurden nach Angaben des Kon- servators zum größten Teil von Herrn Lehrer Trilck, dem auch die Ver- waltung der Vogelsammlung unterstellt ist, ausgeführt. In der entomologischen Abteilung wurden neben der Bestimmung und Ordnung der neuen Eingänge an der Hand des neuen Catalogus Coleopterorum eine Neuordnung und Revision verschiedener Käferfamilien durch Herrn Seminarlehrer Benick vorgenommen. Herr Lehrer Otto setzte die Neuordnung der Orthopteren an der Hand des Kataloges von Kirby fort. In ähnlicher Weise führte Herr Lehrer Saager neben einer sorgfältigen Durchbestimmung die Neuordnung der Hemipteren weiter. Die Vermehrung unserer Sammlungen an ausländischen Tieren ver- dankt das Naturhistorische Museum wiederum zahlreichen Förderern, von denen wir hier nochmals besonders hervorheben möchten die Herren Carl Dill, Offizier der Hamburg-Amerika-Linie, Konsul L. Jauckens in Santos, Carl von Borries (Argentinien) und Stabsarzt Dr. med. Range, im übrigen aber auf das anhängende Verzeichnis verweisen. Von der Pangwe-Expedition (Günther Telsmann) waren für mehrere Wochen die gesammelten Vögel, Fische und überaus zahlreiche Insekten als Schausammlung ausgestellt. Ein hervorragendes Interesse nehmen die Schmetterlinge für sich in Anspruch, unter denen manche seltene und einige für die Wissenschaft neue Arten sich befinden. Ein Teil der ausgestellten Insektenausbeute ging noch an die Spezialisten zur Be- arbeitung zurück. 139 Unsere westafrikanische Sammlung gewinnt durch die Sammel- ergebnisse des Herrn Telsmann eine nicht unerhebliche Bereicherung. Durch letztwillige Verfügung erhielt das Naturhistorische Museum aus dem Nachlasse des Herın Gustav Pauli in Berlin eine Anzahl natur- historischer Gegenstände, welche der Verstorbene auf seinen vielen Reisen gesammelt hatte. Teils im Wege des Austausches, teils durch persönliche Beziehungen des Konseryators erhielt das Naturhistorische Museum eine größere Anzahl von Krustazeen von der Zoologischen Station in Neapel, der Fischerei- Abteilung des Depart. of Agriculture in Dublin (Irland), eine Entwicklungs- reihe des Hummers von der Biologischen Station auf Helgoland, eine größere Zahl Rädertiere als mikroskopische Präparate von Mr. Rousselet (London), sowie einen Anteil der Sammlungsausbeute der deutschen Tief- see-Expedition aus verschiedenen Tiergruppen. Auf demselben Wege ging uns kurz vor Abschluß dieses Berichtes noch von dem Direktor der Zentralstelle für Gehirnuntersuchungen in Amsterdam, Herrn Dr. Arieus Kappers eine hübsche Sammlung von Gehirnen verschiedener Wirbeltiere zu. Einer schätzenswerten Hilfe hatte sich das Museum während mehrerer Monate in der Person des cand. zool. E. Lindemann aus Güstrow zu er- freuen, der als freiwilliger wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei der Um- ordnung der Reptilien und in verschiedenen Abteilungen der wirbellosen Meerestiere tätig war. Die Vorsteherschaft möchte nicht unterlassen, Herrn Lindemann für seine Hilfeleistung auch hier ihren Dank auszusprechen. Bei dem starken Anwachsen der Sammlung von Krustazeen, dem Spezialgebiet unseres Konseryators, wurde seit langem das Fehlen eines, den jetzigen Anforderungen der Wissenschaft genügenden Kataloges sämtlicher bekannter Genera als Grundlage für die Eintragung und die Aufstellung empfunden. Professor Dr. Lenz hat jetzt mit Hilfe des Fräulein Borchert einen solchen fertiggestellt und wird auf Grund desselben eine Neukatalogisierung und Aufstellung der Krustazeen vorgenommen. Nachdem die im vorigjährigen Berichte erwähnte große Brehmersche Sammlung von Mineralien den bereits vorhandenen eingefügt worden, war es notwendig geworden, auch den Katalog zu ergänzen. Diese Arbeit ist inzwischen von Fräulein Borchert ausgeführt worden. Im Anschluß daran wurde auch die Schausammlung einer Durchsicht unterzogen, dabei manche Stücke entfernt und durch bessere oder inter- essantere ersetzt. Die Sammlung von Bohrproben aus Bohrungen im lübeckischen Staatsgebiete wurde wiederum durch Herrn Professor Dr. Friedrich ver- mehrt. Der geologisch-paläontologischen Abteilung überwies Professor Dr. Struck eine größere Sammlung von Gesteinen und Versteinerungen verschiedener Formationen, welche Herr Professor Dr. E. Stolley (Braun- schweig) auf Spitzbergen, Bornholm und im südlichen Schweden (Schonen) 140 gesammelt hatte, sowie eine Reihe von tertiären und diluvialen Petrefakten und Gesteinen vom Morsumkliff auf Sylt und anderen teils bekannten, teils neuen Fundorten Schleswig-Holsteins. Der Verkehr mit auswärtigen Museen und einzelnen Forschern wurde in altgewohnter Weise aufrecht erhalten, Auskünfte wurden erteilt, Fragen gestellt und beantwortet, Material erbeten, dargeliehen und abgegeben. An der hiesigen Gartenbau- Ausstellung beteiligte sich das Natur- historische Museum mit einer Ausstellung schädlicher und nützlicher Insekten. Von den »Mitteilungen« ist ein neues Heft in Vorbereitung. Professor Dr. Lenz veröffentlichte zwei Abhandlungen: 1. Palaemon dux und paucidens, 2. Callianassa turnerana und diademata in den Sitzungsberichten der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin, 1911, sowie eine weitere über afrikanische Krustazeen aus schwe- dischen Sammlungen in den Schriften der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaft in Stockholm. An den in diesem Winter abgehaltenen Museumsvorträgen beteiligte sich Professor Dr. Lenz im Anschluß an die von ihm im vorigen Winter gehaltenen mit solchen über »Würmer und Weichtiere«. (Fünf Vorträge.) Der Besuch des Naturhistorischen Museums seitens biesiger Schulen der Stadt und der Vorstädte unter Führung der Lehrer und Lehrerinnen und Benutzung zur Unterrichtserteilung hat wiederum einen weiteren erfreulichen Aufschwung genommen. Auch auswärtige Schulen und solche unseres Ländgebiets suchten um Benutzung unserer Sammlung zu gleichem Zwecke nach. In den Lübeckischen Blättern, den Tageszeitungen wurde regelmäßig über Neuaufstellungen oder hervorragende Neuerwerbungen berichtet, auch lieferte das Naturhistorische Museum des öfteren Material für die Herrenabende der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit. Zum Schluß hat die Vorsteherschaft noch die traurige Pflicht, eines Mannes zu gedenken, der viele Jahre ein eifriger Mitarbeiter an den Aufgaben des Naturhistorischen Museums war und für alle Museums- fragen stets das regsteInteressezeigte. Herr Christian August Siemslen gehörte der Vorsteherschaft, abgesehen von den satzungsmäßigen Unter- brechungen, seit dem Jahre 1875 an und verwaltete ununterbrochen in dieser langen Zeit mit großer Sachkenntnis und Sorgfalt die Mineralien- sammlung; für sie sorgte der Verstorbene bis wenige Monate vor seinem Tode, so lange seine plötzlich rasch schwindenden Kräfte es gestatteten. Durch sein Hinscheiden ist eine schwer zu füllende Lücke in dem Orga- nismus unseres Naturhistorischen Museums entstanden, sein Gedächtnis wird in den Kreisen der Vorsteherschaft und in der Geschichte des Natur- historischen Museums weiterleben. 141 Die laufenden Einnahmen stellten sich wie folgt: Von der Gesellschaft zur Beförderung gemeinn. Tätigkeit . . 5850,— M Sanktıses Einnahmen] ae) au. Ion A als ala ala, 2242,85. > 6092,85 M Ausgaben . ONE USERN 1613195 Fehlbetrag.. .. 5913 # An Stelle der satzungsmäßig ausscheidenden Herren Professor Dr. Küstermann, Dr. Fricke und Hauptlehrer Pechmann wurden in den Vorstand gewählt Seminarlehrer Benick, Oberlehrer Breinig und Ober- lehrer Dr. Döring. Herr Professor Dr. Struck übernahm den Vorsitz. Von Von Von Vom Von Von Von Von Von Von Von Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Frau Postdirektor Daniels: Die hinterlassene Käfersammlung ihres verstorbenen Mannes in 22 Kästen nebst zahlreichen, noch nicht eingeordneten Käfern, Sammelgeräten u. dgl. Herrn Dr. Biedermann-Imhoof (Eutin): Schädel und Gehörne von Bubalis Swaynei, Bubalis Lichtensteini, Damaliscus lunatus, Litho- eranius Walteri, Tragelaphus gratus, Ostafrika. Frau Born: Eine Anzahl Mineralien und Eier, mehrere Korallen und Gehörne. Rio Grande do Sul (Brasilien). Schüler John Merkisch: Eine Eidechse aus Mexiko (Clenosaura acanthura), Wirbelschwanz, Mexiko. Herrn Felix Grabe: Ein Quesal (Calurus resplendens), Guatemala. Herrn Katenkamp: Ein Babirussaschädel und ein Schädel des malayischen Büffels (Bison gaurus). Herrn Dr. Biedermann-Imhoof (Eutin): Schädel vom Moschustier (Moschus sibiricus) 5 und Q@ vom nördlichen Altai, linkes Ufer des Telezki-Sees an den westlichen Bergabhängen, Herrn Lehrer W. Hagen (hier): Goldammer 9, Rohrammer 9. Herrn Professor Dr. Friedrich: Branchipus stagnalis aus Wasser- tümpeln in Israelsdorf. Herrn Hauptlehrer Hentschel: Ein Fisch, Seekatze von der nor- wegischen Küste (Chimaera monstrosa). Herrn €. Dill. Von den Bermudas-Inseln: Eine Anzahl Fische, ınehrere Krebse, Hornkorallen (Eunicea sp.), Kalkkoralle (Oculina diffusa), eine große Bryozoenkolonie (Schizoporella spongites) und mehrere Schwämme. Von Galveston: vier Fische. 142 Von Herrn Th. Schultz (Kamerun): Ein Gorillaschädel aus den Wunjok- bergen (Gumba, Kamerun), zwei Leopardenschädel aus Französisch- Guinea, ein Schädel der Kamerun-Ziege von Batoki und ein Anti- lopenschädel. Von Herrn Konsul Jauckens (S. Paolo): Haut einer Riesenschlange (Anaconda, Geboia Assu oder Succary), vier Gläser mit verschiedenem Serum gegen Schlangenbiß. Von Herrn R. Zimmermann (hier): Gehörne von Bubalis major / und 9, Tragelaphus scriptus aus dem Hinterland von Togo. Von Herrn W. Blohm (hier): Abnorm gefärbter Rothalstaucher (jung), Fehmarn, Juli 1911 2, eine Brautente mit Wildenten zusammen erlegt, März 1911, eine Bläßgans (Anser albifrons) Dassower See, Oktober 1909. Von Herrn Gustav Jäde, hier: Albino einer Elster, erlegt 5. Oktober 1911 in den Seeretzer T'annen. Von Herrn E. Hoff (Ahrensböck): Vogelbälge von Herbertshöhe (Neu- Pommern). Von Herrn Lehrer Schermer: Verschiedene Höhlentiere aus der Sophien- höhle beim Rabenstein (Fränkische Schweiz). Von Herrn Link: Versteinerungen und Pseudoversteinerungen von Wisting- hausen bei Orlinghausen (Teutoburger Wald). Von Frau Konsul Carl Behn (hier): 32 mexikanische Vogelbälge. Von Herrn Stabsarzt Dr. Range: Gehörne aus Kamerun (Gurna-Distrikt), Käfer und Schmetterlinge. Von Herrn Carl v. Borries: Ausgestopftes Riesengürteltier (Priodontes giganteus. E. Geoffr.). Angekauft wurden: Von der Zoologischen Station in Neapel: Eine Anzahl Krebse des Mittelmeeres. Von Herrn Charles Rousselet (London): Eine Anzahl Rotatorien als mikroskopische Präparate. Biologische Station Helgoland: Entwicklungsreihe von Hummer und Plattfisch. W. Schlüter (Halle): Skelett einer Blindschleiche. Vom Botanischen Museum, Berlin: 134 Kamerunpflanzen (Fortsetzung der G. Zenckerschen Sammlung). Von ©. Jaap (Hamburg): Zooceciden, Fungi exsiec. und Coiceiden. Durch Tausch erworben: Vom Zoologischen Museum in München: Ein Lungenfisch (Lepidosiren paradoxa) Amazonas bei Para, L. Müller (Mainz). 143 Departm. of Agrieult. and Techn. Instruct. Fisheries Branch, Dublin. Zehn Arten kleinerer Decapad. Macruren von der Küste von Irland nebst Larvenzuständen. Vom Naturhistorischen Museum Magdeburg: Ein Diamantfasan (Phasianus Amherstiae), China. Von Direktor Dr. Ariöus Kappers (Amsterdam): Zwölf Gehirne von Wirbeltieren. Die Sammlung von Bohrproben wurde vermehrt: Von der Firma H. Thöl (Lübeck): Reihen von Proben aus 26 verschiedenen Bohrungen in Lübeck und Umgegend. Von der Firma Leon (Kiel) desgl. aus zwei Bohrungen. Von der Firma Eising (Hamburg) desgl. aus zwei Bohrungen, Von der Firma Gliemann (Hamburg) desgl. aus zwei Bohrungen. Die Bibliothek wurde vermehrt: 1. Durch Austausch: Berlin, Gesellschaft naturforschender Freunde: Sitzungsberichte 1911. Berlin, Zoologisches Museum: Band V, Heft 2 und 3. Bericht 1911. Bonn, Naturhistorischer Verein für das Rheinland und Westfalen: Ver- handlungen, Jahrg. 67. 1. Hälfte. Sitzungsberichte 1910, 1. und 2. Hälfte. Bremen, Naturwissenschaftlicher Verein, Städtisches Museum, Abhand- lungen -Band XX, 2 1911. Dresden, Naturwissenschaftliche Gesellschaft Jsis: Sitzungsberichte und Abhandlungen 1910 und 1911. Hamburg, Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung: Verhandlungen 1907—1909, Band XIV, 1910. Frankfurt a.M., Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Bericht 1911. Frankfurt a. d. Oder, Verein für den Regierungsbezirk Frankfurt: Helios, Band 26, 1910. Gießen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Greifswald, Naturwissenschaftlicher Verein für Vorpommern und Rügen: Mitteilungen 1910, 42. Jahrgang. Hamburg, Naturwissenschaftlicher Verein: Verhandlungen, Folge 3, Nr. 18. Königsberg, Physikalisch-ökonomische Gesellschaft: Schriften 50 und 51, Jahrgang 1909 und 1910. München, Ornithologischer Verein: Verhandlungen, Band X, 1908. 144 München, Königl. Bayr. Akademie der Wissenschaften: Sitzungsbericht und Abhandlungen 10—15 und Schlußheft 1910 und Heft 1—2 1911. Beiträge zur Naturgeschichte Ostasiens, II. Suppl., 3., 4., 5., 6. Abhandl. 1911. ' Osnabrück, Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresbericht 1907—1910. Regensburg, Naturwissenschaftlicher Verein: Berichte, Heft XII, 1907—1909. Rostock, Naturforschende Gesellschaft: Sitzungsbericht und Abhandlungen, Band II, 1910. Stuttgart, Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg: Jahres- hefte 1911. Wiesbaden, Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrgang 63, 1910. Zwickau, Verein für Naturkunde; Jahresbericht 1911. Wien, Naturhistorisches Museum: Annalen, Band XXIV, 1910, 3-—-4; Band XXV, 1—2, 1911. Wien, Zoologisch-botanische Gesellschaft: Verhandlungen. 1910. Linz, Museum Francisco Carolineum: Band 60, 1910; Jahresbericht 69, 1911. "Budapest, Königl. Ungarisches Nationalmuseum: Annalen, Band 9, P. 1 unde2s1 9108 Hermannstadt, Siebenbürgischer Verein für Naturwissenschaften: Verhand- lungen und Mitteilungen, Band LX, 1910, Band LXI, 1911. Basel, Naturforschende Gesellschaft Band I, Verhandlungen 1910, Band II, 1911. Zürich, Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahrsschrift, Jahrgang 55, Heft 3 und 4. Winterthur, Naturwissenschaftliche Gesellschaft. Harlem, Musee Teyler: Archives Ser. II, Vol. XI, P. II, 1911. Bergen, Museum: Aarsberetning 1909 und 1910. Aarbog 1911, Heft 1 und 2. i Stockholm, K. Svenska Vetenskap Akademien: Arkivy f. Botanik, Band 10, Les prix Nobel en 1909—1910. Arkiv f. Kemi, Band 4, Heft 2. Aarsbok 1911. Svedenborgs Skrifter, Meddelanden, Band 2. Upsala, Universität: Results of the Swed. Zool. Expedition, P. IX, 1911. Kopenhagen, K. Danske Videnskaberne Selskab: Forhandlinger 1911, N. 1—6. Kopenhagen, Geologisk Forening: Meddelser N. 15, 16, 17. Kopenhagen, Danmarks geologiske Undersogelse, Reihe 1, Nr. 11, Reihe 2, Nr. 18—-25. Riga, Naturforscher-Verein: Korrespondenzblatt, Vol. LIII, 1910 und LIV, 1911. Arbeiten, Heft 12, 1910. Edinburgh, Royal Society: Proceedings Vol. 31, P. 2—4. Lissabon , La societe portugaise de Sciences naturelles: Bulletin Vol. III, 1909, Vol. IV, Fase. 2, 1910. Concarneau, Laboratoire de Zoologie: Traveaux Scientifique T. I, 1—7. Albany, Museum Grahamstown: Records Vol. II, 1911. Boston, American Academy of arts and sciences: Proceedings 46: Nr. 12, 18—24; 47: Nr. 1—9. Cambridge, Museum of comparative Zoology: Bulletin Vol. LIU, N. 5 und 6, LIV, N. 9. Chicago, Academy of Sciences: Bulletin Vol. III, N. 4—5. Spec. Publi- cation N. 3. New-York, Museum of Natural History Annual Report 1910, Bulletin XXIX, 1911. Philadelphia, Academy of Natural Sciences: Proceedings Vol. LXII, P. IIL; LXII, P. 1—2. Boston, American Academy of arts and sciences: Proceedings XLVTI, N. 12, 1910, N. 18—24, 1911. Proceedings XLVIIL, N. 1-9, 1911. Jefferson City, Missouri: Bureau of Geology: Report. St. Louis, Missouri Botanical Garden: Annual Report 21, 1910. New-York, Academy of Sciences: Annals Vol. XX, P. 1 und 2, 1910; Annals Vol. XXI, 1911. Missouri, Montana University of Montana: Bulletin, N. 61, 1910. Rochester: Academy of Sciences: Proceedings Vol. 4 und 5, 1910 und 1911. Washington, Department of Agriculture, Bulletin, N. 37 und 39. North American Fauna, N. 34, 1911. Washinston, U. S. National Museum: Contributions Vol. 15, P. 7, 8,9, 11. Bulletin 39, 71, 75, 76. Report 1910, 1911. Wisconsin, Academy of Arts and Letters: Transactions Vol. XVI, P. II, 1—6, 1910. Buenos Aires, Museo Nacional: Anales Ser. III, Tomo XIII und XIV, 1911. Montevideo, Museo Nacional: Anales Vol. VIII, 1911. Sidney, N. S. W. Australien: Memoirs IV, P. 13—16. Records Vol. IV, 2—5, 1911, Vol. V, N. 6, 1911. Records Vol. IX, N. 2, 1911. Sidney, Royal Society of N. S. Wales: Journal and Proceedings Vol. XLIII, P. 3, # Vol. XLEIV, P. I und 2 und 3 und’ #, Vol XEV, PR 1. Brisbane, Queensland Museum: Annals N. 10, 1911. Cape Town, South African Museum: Annals Vol. V, P. IX, P. 1 und 2, bog. mess, VOL DT, 185 IE Nok NE NA A Natal, Government Museum: Annals Vol. II, P, II. Geschenkt von Herrn Günther Teßmann: Eine Anzahl entomologischer Broschüren und Separatabdrücke über afrikanische Insekten. 146 2. Angekauft wurden die Fortsetzungen von: Das Tierreich. Bronns, Klassen und Ordnungen des Tierreichs. Zoologische Jahrbücher. Zoologischer Anzeiger. Bibliotheca Zoologica. Zoological Record Vol. 47, 1910. Malacozoologisches Nachrichtenblatt. Martini und Chemnitz, Konchylien-Kabinett, Notes from the Leyden Museum. Brauer, Süßwasserfauna Deutschlands. Junk u. Schenkling, Coleopterorum Catalogus. Hennel, Palaearct. Tortrieiden, Liefer. 2. Entomologische Literaturblätter. Zeitschrift für wissenschaftliche Insektenbiologie. Schmiedeknecht, Ichneumologica. Spuler, Die Schmetterlinge Europas. 3erliner entomologische Zeitschrift. Deutsche entomologische Zeitschrift. Stettiner entomoloeische Zeitschrift. Entomologische Nationalbibliothek. Seitz, Großschmetterlinge der Erde. Abt. Exot. Calwer, Käferbuch. Zoologisches Adreßbuch 1911. Indian Insect Lile. Kosmos. Aus der Natur. Die Heimat. Steuer, Planktonkunde. Claus, Genealogische Grundlage des Krustazeensystems. Marenzeller, Riffkorallen. Fauna der deutschen Kolonien. Eine Anzahl kleinerer Abhandlungen und Monographien über einzelne Tiergruppen. Druck von Max Schmidt in Lübeck. Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums LÜBECK. Herausgegeben Redaktions-Ausschuß. Zweite Reihe. Heft 26. 2 1q Lübeck 1913. In Kommission bei R. Friedländer & Sohn-Berlin. Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums LÜBECK. Herausgegeben Redaktions-Ausschuß. Zweite Reihe. Heft 26. Lübeck 1913. In Kommission bei R. Friedländer & Sohn-Berlin. er ri. Be : LION .) = alien FTienst ce Inhaltsverzeichnis. Heinrich Lenz Y. P. Junge. Nachtrag zur Lübecker Flora . Paul Woldstedt. Beiträge zur Morphologie von Nordschleswig. Mit 3 Tafeln Versammlungen der Geographischen Gesellschaft vom März 1913. Veränderungen im Mitglieder - Bestande . >B< Mai 1912 bis Rn Le} 39. LIE 116. = T nr een Heinrich Lenz +}. Der Mann, der fast ein Jahrzehnt in unserer Geographischen Ge- sellschaft den Vorsitz geführt hat und dessen fast noch jugendliche Rüstigkeit uns immer wieder vergessen ließ, daß er der natürlichen Grenze des menschlichen Lebens nicht mehr fern stand, unser Prof. Dr. H. Lenz, er ist wider aller unser Erwarten schnell dahingegangen. Wenn die äußeren Ehren, die jemand bei seiner Bestattung erwiesen werden, wenigstens ein ungefähres Bild von der Wertschätzung geben, die er im Leben genoß, dann ist ihm viel Liebe und Verehrung geworden. Daß er sie sich wohl verdient hat, werden wir ihm alle, werden wir ihm vor allem auch für seine Tätigkeit in diesem Kreise, bezeugen müssen. Der Aufforderung, unserm Lenz heute Worte der Erinnerung zu widmen, bin ich gern gefolgt, einmal, weil er mir im Leben nahe gestanden, dann aber auch, weil es von allgemein menschlichem Interesse ist, sich den Entwicklungsgang eines Mannes zu vergegenwärtigen, der aus eisner Kraft und auf eigenen Wegen ein hohes Ziel erreicht hat. Unzweifelhaft waren die engen Verhältnisse in Lübeck einer solchen freieren Entwicklung der Kräfte besonders günstig, denn es ist für die Lübeckischen Verhältnisse der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchaus charakteristisch, daß hervorragende Leistungen, wichtige Funktionen in unserem Staatsleben gerade von Männern geleistet wurden, deren Entwicklungsgang nicht dem jetzigen Schema unserer zwischen Examen verlaufenden Lebensbahn entsprach. Wie weit die Organisationen unserer Gemeinnützigen Gesellschaft dabei mitgewirkt haben, zu unter- suchen ist hier nicht der Platz. Der äußere Verlauf des Lebens unseres Lenz ist ein so schlichter, wie der Mann selbst war, er vollzog sich in einem engen Kreise, nicht weiter, als der Schatten der Domtürme fällt. In der Hartengrube als einziger Sohn eines einfachen Handwerkers am 30. März 1846 geboren, 1 genoß er alle Fürsorge der Eltern in stiller, aber froher Jugend, besuchte die Bruhn’sche Schule und trat dann, um in die Lehrerlaufbahn einzutreten, nach der Sitte der Zeit bei dem Hauptlehrer der Aegidienschule, Froh, auf 5 Jahre in die »Lehre«, nach unseren jetzigen Begriffen wurde er also Präparand. Dann gehörte er dem XIV. Seminarkursus des Seminars der Gemeinnützigen Gesellschaft von Ostern 1867 bis Neujahr 1869 an. Wenn man sagen soll, »an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen«, so muß man der vom jetzigen Seminarunterricht so gänzlich abweichenden Art des Unterrichts die Hochachtung nicht versagen. Lenz ist nicht der einzige aus diesem Kursus, an dem sich die freie Art der Einwirkung der Pädagogen vortrefllich bewährt hat, die sich freiwillig — oder gegen ein minimales Entgelt — der Lehraufgabe widmeten. Vor allem hat Lenz die Anregung zu selbständiger Arbeit aus jener Seminarzeit mit- gebracht, stammen doch seine ersten wissenschaftlichen Publikationen aus der Zeit vor dem Abschluß seiner Seminarzeit. Ostern 1872 ist er dann, als Burow die staatliche höhere Bürger- schule eröffnete, an dieser Schule als Lehrer für Zeichnen und Natur- wissenschaften angestellt worden und ist bis zuletzt, wenn auch seit 1907 nur noch äußerlich, mit dieser Schule und dem daraus entwickelten Johanneum verbunden geblieben. Zwei Eigenschaften waren es vor allem, die Lenz zu seiner weiteren Laufbahn befähigten, sein Zeichentalent, das ihm bei seinen naturwissen- schaftlichen Studien wichtige Hülfe, ja schließlich die charakteristische tichtung gab, und sein wunderbares Gedächtnis, das ihn durch die Wirrsale aller Pflanzen- und Tiergattungen sicher geleitetee Dazu kam seine enorme Arbeitskraft und sein hervorragendes Arbeitsgeschick. Vergegenwärtigen Sie sich doch einmal, daß er — um Leibes Not- durft und Nahrung — zuerst mal 27 Wochenstunden Schule und dazu noch Privatunterricht, zum Teil an Mädchenschulen, später am Lehrer- und am Lehrerinnenseminar von Frl. Roquette, durchschnittlich täglich mindestens 5 Stunden zu geben hatte, ehe er an seine eigene Arbeit kommen konnte, dann werden Sie der Arbeitskraft des Rastlosen ihre Achtung nicht versagen, der sich vom 23. bis zum 30. Jahr durch wissen- schaftliche Arbeit ein Ansehen verschafft, welches ihm den Zugang zum Doktorexamen in Rostock eröffnet. Und doch fand dieser Rastlose immer noch Zeit, sich seiner Familie, der geliebten Musika und einer einfachen Geselligkeit im Freundeskreise zu widmen, obgleich ich in seinem Hause nicht selten die Klage gehört habe: Unser Papa hat nie Zeit für uns! Ehe ich Ihnen nun die wissenschaftliche Entwicklung und Arbeit schildere, muß ich noch wenige Worte über Lenz als Lehrer voraus- schicken, weil sein Verhältnis zu seinen Schülern von entscheidendem Einfluß auf seine späteren Erfolge gewesen ist. Als Zeichenlehrer hat er, natürlich den meist nur nachahmenden Methoden seiner Zeit folgend, durch die Sauberkeit seiner eigenen Ausführung seine Schüler zu recht guten Leistungen, auch auf dem Gebiete der darstellenden Zeichenkunst gebracht; was aber seinen naturwissenschaftlichen Unterricht betrifft, so kann man über Ziel und Methode, — Lenz war seiner ganzen Richtung und Bedeutung nach Systematiker — ganz anderer Ansicht sein, muß aber anerkennen, daß er in seinen Schülern Liebe zur Natur, Freude an eigener naturwissenschaftlicher Tätigkeit in ganz hervorragendem Maße geweckt hat. Das sicherte ihm in ihrer aller Herzen eine Anhänglichkeit, die sich bei vielen Gelegenheiten, zuletzt noch an seinem Grabe, reichlich betätigt hat. Und nun zu Lenz’ wissenschaftlicher Tätigkeit. Man kann hier unterscheiden, einmal seine Arbeiten auf den Ge- bieten der Zoologie und Botanik und zweitens seine Museumsarbeit, wenngleich das eine mit dem andern Hand in Hand geht und in regster Wechselbeziehung steht. Zu den beschreibenden Naturwissenschaften zog ihn von Jugend auf sein Herz und sein geschickter Griffel, und die ihm eigene Gewandheit im mündlichen und schriftlichen Ausdruck führte ihn früh dazu, sich schriftstellerisch zu betätigen. Anfangs noch suchend und schwankend, zunächst mehr der botanischen Forschung zugeneigt, entwickelt sich Lenz im Laufe von 2 Jahrzehnten zu einem geachteten zoologischen Systematiker, dem allmählich immer größere Arbeiten anvertraut werden. Es liegt mir fern, — ich könnte es garnicht, — Ihnen, verehrte Anwesende, eine Übersicht über L’enz’ naturwissenschaftliche Arbeiten zu geben, ich will Ihnen nur seinen Entwicklungsgang zu schildern versuchen. Noch als Seminarist 1868 ließ er eine Übersicht der Lübeckischen Flora (890 Arten) erscheinen. Wenn auch an ältere Arbeiten (Haecker) angelehnt, zeigt sich doch schon sein praktisches ÖOrientierungsvermögen in dieser Arbeit, zu der auch ein zweiter Teil, ebenfalls in Anlehnung an Haecker über die heimischen Kryptogamen, handschriftlich vorhanden sein soll. Im Jahre 1872 wird Lenz dann mit C. Arnold zusammen vom Senat mit einer Untersuchung der Fauna und Flora unserer ÖOstseebucht beauftragt, eine Untersuchung, die vom neuen Reich aus angeregt war und ihm bis 1880 Stoff zu einer Reihe von Arbeiten über Meeresalgen, niedere Tiere, Schaltiere und Fische der Travemünder Bucht gibt. So geht er allmählich mehr zur Zoologie über und hat später der Botanik, die hier ja von anderer Seite wissenschaftlich vertreten wurde, nur noch nach der praktischen Seite der Gartenkunst seine Aufmerksamkeit geschenkt. Als staatlicher Sachverständiger für Pflanzenuntersuchung beim Export und Import hat er sich eine eingehende Kenntnis der Pflanzenschädlinge und Pflanzenkrankheiten zu eigen gemacht. 1* Von dem Moment, wo er 1375 Konservator des Museums wird, geht seine Forschung von der heimischen Tierwelt allmählich zu der Zoologie der fremden Gebiete über. Die erste Frucht dieser Museums- Arbeiten ist 1876 seine Arbeit über die anthropomorphen Affen des Lübecker Museums, eine Arbeit, die ihm wohl zuerst die Aufmerksamkeit der Zoologen zugewandt hat. Auch heute noch ist die Gruppe der Anthropomorphen in unserem Museum ein hervorragender Schatz, wie vielmehr vor 35 Jahren, wo die Kenntnis besonders vom Gorilla noch eine sehr mangelhafte war. Die ersten Gorillaschädel, Skelette und Häute verdankt das Museum bekanntlich einem jungen Lübecker, H. Brehmer, der von 1861 bis 66 in Gabun sammelte und dort leider früh starb. Bearbeitet waren zunächst nur die Schädel; Lenz faßte in seiner Arbeit die gesamte zoologische Kenntnis über diese so seltene Art zuerst zu- sammen und diente der Wissenschaft auch durch sorgfältige Zeichnungen. Das Interesse an der Naturgeschichte der Anthropomorphen ist ihm dauernd geblieben; als der Kapitän Storm, »der Naturforscher«, in den achtziger Jahren das Material unseres Museums durch Orang-Utang und verwandte asiatische Arten vermehrte, wurde dieser Teil unseres Museums, (1897 noch einmal von Lenz in der Festschrift für die deutsche Anthropologenversammlung bearbeitet), für die vergleichende Zoologie von hervorragender Bedeutung, viel in Anspruch genommen z. B. durch Klaatsch. Eine andere Seite von Lenz zoologischer Arbeit stellt sich in der Bearbeitung ausländischer Spinnen dar. Beginnend mit der — auch vom zeichnerischen Standpunkt subtilen und schwierigen — Bearbeitung von Spinnen aus Madagaskar, die dem Museum geschenkt waren, wurde ihm später, 1897, auch die Bestimmung der von der Drygalskischen Expedition in Grönland gesammelten Spinnen anvertraut. So scheint es zwar, als ob Lenz sein Arbeitsfeld bald in dieser, bald in jener Abteilung des Tierreiches suchte, wie es ihm das Museum gerade bot, im ganzen aber bleibt er seinem ersten Forschungsgebiete, der Meeresfauna, treu: Fische (im Verein mit Jatzow), Krustentiere, Dekapoden und Pteropoden füllen die Arbeitszeit des letzten Jahrzehnts. Es strömte ihm eben nunmehr von allen Seiten, auch von aus- wärts, das zu bearbeitende Material zu, weil man seine Zuverlässigkeit, sein Geschick und seinen Eifer schätzen gelernt hatte. Wenn man nun berücksichtigt, daß die Naturforschung der letzten Jahrzehnte ihre Haupt- aufgabe nicht im der Vermehrung des Arten-Materials, sondern in der Verarbeitung des schon vorliegenden, also nicht in beschreibender, sondern in vergleichender Zoologie und in der Biologie gesucht hat, und daß dadurch ein Mangel an Systematikern entstanden ist, so wird man es verstehen, wenn wir behaupten, daß die Wissenschaft das Hinscheiden unseres Lenz als einen Verlust beklagt. Daß Lenz trotzdem nicht ein- seitiger Systematiker geblieben ist, werden wir am anderer Stelle erkennen. Von der eben beschriebenen wissenschaftlichen Tätigkeit unseres heimgegangenen Vorsitzenden haben wir hier in Lübeck eigentlich wenig gemerkt oder uns nicht Rechenschaft gegeben, sie ist wohl unter uns ziemlich unbekannt geblieben, Lenz selbst sicherte sie aber eine geach- tete Stellung im Kreise der Zoologen. Populär geworden ist er in Lübeck eigentlich durch die andere Seite seiner wissenschaftlichen Tätigkeit, durch sein Wirken am Museum. Als der alte Milde 1875 sein Amt als Konservator der »Naturalien- sammlung der Gemeinnützigen Gesellschaft« niederlegte, war der junge Lenz schon so bekannt durch seine naturwissenschaftlichen Leistungen und seine Mitarbeit bei Milde, daß ihm diese Stelle von der Vorsteher- schaft übertragen wurde. Wenn sich die Älteren unter Ihnen, meine Herren, noch der Zu- stände in dem alten Sammlungsgebäude an der Ecke der Fischergrube erinnern wollen, so werden Sie zugestehen, daß es nicht zuviel gesagt ist, wenn man behauptet, daß Lenz das alte »Naturalienkabinet« in ein modernes Museum umgearbeitet hat. Äußerlich kam das zuerst 1884 zum Ausdruck durch die Benennung »Naturhistorisches Museum«. Zu- nächst ging Lenz daran die Sammlungen durch Herstellung von Schausammlungen für Insekten; Konchylien, Mineralien und Petre- fakten dem allgemeinen Verständnis und dem Schulunterrichte näher zu bringen. Um die Lücken in der Bestimmung schwierigerer Objekte auszu- füllen, zog er auch auswärtige Gelehrte zur Mitwirkung heran und ent- wickelte so bald einen regen Tauschverkelir, der dem Museum auch die Bekanntschaft in ferneren Kreisen sicherte. Angespornt und belebt wurde diese ganze Arbeit durch den Beschluß von Senat und Bürgerschaft vom 8. Mai 1832, wonach der Staat unter Hinzunahme des Blohmschen Legats die Herstellung eines Museums- gebäudes auf dem Platz des alten Krankenhauses am Dom übernahm. Daß Lenz bei der Feststellung des Bauplanes mit gutem Verständnis und Erfolg mitgewirkt hat, merkt jeder, der einmal im Museum mit- gearbeitet hat, — das Naturhistorische Museum ist nämlich die ein- zige Abteilung, für welche gleich im Bauplan einigermaßen brauch- bare Neben- und Arbeitsräume vorgesehen waren. Als nach Beendigung des Neubaues im Sommer 18392 Dr. Lenz seine Sammlungen in das neue Heim überführte und bei der Eröffnung des Museums am 16. Mai 1893 zuerst dem großen Publikum zugänglich machte, da fand die prak- tische übersichtliche Anordnung, in der sich das nun fertige Museum präsentierte, allseitige Anerkennung. 6 Zweierlei war es, wie mir scheint, was Lenz im Erfolg seiner Museumsarbeit wesentlich förderte: sein Verhältnis einmal zu den Mit- gliedern seiner Vorsteherschaft und zweitens zu seinen früheren Schülern. Während die meisten Konservatoren unserer Museumsabteilungen mehr oder weniger danach strebten, die Museumsarbeit allein zu übernehmen und ihre Vorsteherschaften nur als Beirat gelten zu lassen, hat Lenz sich immer bemüht, seine Vorsteher zur Mitarbeit, jeden nach seinen Neigungen, heranzuziehen und zu neuen Arbeiten anzuregen. Nur so ist es ihm möglich gewesen, oft weit aussehende Pläne zu Ende zu führen. Dadurch ist er aber auch mit vielen seiner Vorsteher in ein näheres Verhältnis getreten, und hat wieder von ihnen Förderung erfahren. Das war nicht bloß klug und praktisch, sondern vom Standpunkte der Ge- sellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit auch billig. Und dann trug das schon erwähnte Verhältnis Lenz’ zu seinen ehemaligen Schülern auch dem Museum reiche Früchte. Es haben gewiß viele 12- und 13jährige Schüler ihrem Lehrer versprochen: Wenn wir hinauskommen, schicken wir dem Museum auch Löwen und Tiger uud schöne Paradiesvögel (Lenz’ Liebhaberei), aber es haben ihr Versprechen doch mehr gehalten, als man denken sollte. Und das kam so: Wenn jemand zu sammeln bereit war, dann bekam er bald die nötigen Sammel- gefäße vom Museum zugeschickt, — na und das half oft. Und flugs entwickelte sich aus und mit solchen Zusendungen eine freundliche Korrespondenz, für die der im Ausland einsam Lebende empfänglich war, — und das Museum hatte den Vorteil. So sind wertvolle Naturalien, die man sonst nur durch die Akquisiteure der Naturalienhandlungen für schweres Geld erwerben kann, fast umsonst und zollfrei — dafür sorgte Lenz auch noch, — ins Museum gekommen. Ich erinnere hier nur an den kleinen Kapitän Voss aus Kamerun und vor allem an den Kapitän Storm, der mit dem Dampfer »Lübeck« von Singapore aus die Sundainseln befahrend, die Besorgung der großen Affen, Schildkröten und Krokodile als Spezialität betrieb, so daß iln seine Kollegen den Naturforscher nannten. Aber auch die ganze Lübeckische kaufmännische Jungmannschaft, die in Madagaskar, Ost- alrika und Kamerun ihrem gefahrvollen Berufe nachging, gehörte zu Lenz’ Stabe. Sein Geschick, durch ein paar freundliche ermunternde Worte zur rechten Zeit in den jungen Leuten das Heimatsgefühl aufrecht zu erhalten, hat dem Museum goldene Früchte getragen, und noch jetzt wird mancher da draußen Lenz echte Trauer widmen, wenn er von seinem Tode hört. Meine Herren, diese Quellen werden für unser Museum voraussichtlich jetzt versiegen, jedenfalls wird es dem Nachfolger nicht leicht werden, das Vertrauen, das Lenz da draußen genossen hat, auf sich zu lenken und in ähnlicher Weise gemeinnützig auszuwerten. — Seit Mitte der achtziger Jahre immer mehr von seinen dienstlichen Pflichten als Lehrer entlastet, begann Lenz seine Ansichten über den Wert und die Entwicklung des Museums in rastlosem Vergleich mit anderen Museen zu modifizieren und zu modernisieren. Seine Wünsche und Gedanken darüber hat er hier wiederholt öffentlich ausgesprochen. Seine durchaus zeitgemäße Überzeugung, daß das Museum ähnlich unseren Kunststätten berufen sei, neben der Schule und der Akademie als Bil- dungsstätte zu wirken, hat er in den letzten Jahren planmäßig ins Werk zu setzen versucht und die dafür nötige Umformung des Museums aus- führlich entwickelt. Wenn ihm dieser Teil seiner Arbeit auch noch nicht gelungen, wenn er mitten aus diesem Werk abberufen worden ist, so hat er doch diese wichtige Aufgabe gewissermaßen als sein Testament hinterlassen — ein Testament, das ausreicht um noch eines Mannes ganze Lebensarbeit zu füllen und zu erschöpfen! Und endlich: Prof. Lenz’ Wirken in unserer Geographischen Ge- sellschaft. Es ist ja natürlich, daß ein Mann, dessen Wirken in der Naturwissenschaft ihm die fernen und nahen Lande alle Tage vor Augen führte, dessen Korrespondenz den Neid aller Briefmarkensammler erregte, zu der den Naturwissenschaften so nahe verwandten Geographie hinge- führt wurde. Aber wo er dabei war, da wurde Lenz auch bald mit Arbeit bedacht. So hat er denn gleich an dem Werk, mit dem unsere Geographische ihren Befähigungsnachweis erbrachte, an der Lübeckischen Landeskunde (erschienen 1890) ausgiebig mitgearbeitet. Von ihm sind die Flora (mit Prof. Friedrich zusammen bearbeitet), die Fauna und in der speziellen Topographie der wichtige Abschnitt über die Stadt Lübeck und ihre Vorstädte. Zu seinen geographischen Arbeiten kann man wohl auch noch die 1595 in den Mitteilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde erschienenen »altsächsischen Bauernhäuser der Umgegend Lübecks« rechnen. Später hat er den Anschluß seiner Museumstätigkeit an die Geo- graphische Gesellschaft auch äußerlich dadurch gesucht und begründet, daß er vertragsmäßig unsere Mitteilungen zum Organ der Museums- publikationen wählte. Sein Wirken hier in unserem Kreise, in dem er fast ein Jahrzehnt den Vorsitz geführt, ist noch vor Ihrer aller Ausen, eine Kritik ist um so weniger am Platze, als Sie alle ihm gerne die Ehre, aber auch die Last des Vorsitzenden immer wieder übertragen haben und gewiß der Ansicht sind, daß die Geographische Gesellschaft im letzten Jahrzehnt eine geachtete und hervorragende Stellung unter den Instituten der Gesell- schaft eingenommen hat. Und nun zum Schlusse ! Ein reiches Leben voller Mühe und Arbeit, aber auch voller Erfolge hat ein sanfter Tod nach nur kurzem Krankenlager beendet. Lenz ist für seine Arbeit die äußerliche Anerkennung nicht vorenthalten worden, einmal hier in Lübeck, wo ihm 1900 der Senat den Professortitel verlieh, noch mehr aber auswärts: Gesellschaften, wie die Leopoldina-Carolina (Akademie der Naturforscher in Halle), 1892, die Senkenbergische natur- forschende Gesellschaft in Frankfurt a. M., die Naturwissenschaftlichen Vereine von Schleswig-Holstein und zuletzt (noch am 30. Dezember 1912) von Hamburg ernannten ihn zum Ehrenmitgliede, König Hakon verlieh ihm sogar einen Orden. Doch das halte ich nicht für das Wichtige, die innere Befriedigung, die ihm seine Arbeit gewährte, gab ihm die lebensfrohe Stimmung, die ihm bis zuletzt eigen war und die ihn seinen Freunden ebenso lieb gemacht hat, wie seine starke Heimatsliebe und seine echt- deutsche Gesinnung. Das sichert ihm bei uns ein bleibendes Angedenken. SV Nachtrag zur Lübecker Von Banliemnige: Hamburg. aa Di Flora. Seit dem Erscheinen der »Nachträge zur Flora von Lübeck« von Professor Dr. P. Friedrich in diesen Blättern (2. Reihe, Heft 14 [1900)) ist die Erforschung des Lübecker Florengebiets von Lübeck selbst und auch von Hamburg aus fortgesetzt worden. Der Erfolg der Forschung war der Nachweis von 43 Arten, 24 Kreuzungen und etwa 240 Formen, welche bis dahin für die Umgegend der Stadt nicht festgestellt worden waren. Von den 43 Arten sind 30 eingeschleppt oder verwildert, die übrigen dreizehn ursprünglich: Spergula pentandra, Stellaria pallida, Rosa omissa, Alectorolophus angustifolius, Mentha pulegium, Sparganium neglectum, Carex ligerica, Ü. extensa, Glyceria nemoralis, Festuca derto- nensis, Triticum caninum, Aspidium montanum und A. lobatum. Von den 24 Kreuzungen ist eine, Avena sativa X‘ fatua, nur als ver- schleppt festgestellt worden. Die für das Gebiet neuen Arten, Kreuzungen und Formen sind durch * bezeichnet. Von längere oder kürzere Zeit verschollenen Pflanzen wurden sieben Arten wieder aufgefunden: Draba muralis, Alsine viscosa, Medicago minima, Vicia cassubica, Solanum alatum, Gymnadenia conopea und Pilularia globulifera. Durch Mitteilungen verschiedener Art wie durch Überlassung oder Zusendung von Material unterstützten folgende Herren meine Arbeit: L. Benick, W. Blohm und Professor Dr. P. Friedrich in Lübeck, Postrat A. Hirth in Darmstadt, H. Röper und J. Schmidt in Hamburg, Dr. H. Spethmann in Berlin, Dr. Ch. Sonder in Oldesloe und Franz und Fritz Thorn in Lübeck. Neben meinen Aufzeichnungen zur Flora von Schleswig- Holstein — Lauenburg — Lübeck — Hamburg konnte ich weiter schriftliche Zusätze im Handexemplar der »Kritischen Flora von Schleswig-Holstein ete.« von Oberstabsarzt Dr. P. Prahl f in Lübeck, das in meinen Besitz übergegangen ist, verwenden. Am Schlusse sei kurz erwähnt, daß von Herrn Professor Dr. H. Lenz 7 in Lübeck die Anregung zu dieser Zusammenstellung aus- gegangen ist. Allen Herren, welche ihre Unterstützung liehen, herzlichen Dank! 12 = Ranuneculaceen. Thalietrum flavum L. An der Trave unterhalb der Herrenfähre mehrfach (Franz u. Fritz Th.!); Niendorf a. ©. (Prahl). Th. flexuosum Bernh. Bei Krempelsdorf nicht nur am Steinrader Wege, sondern auch zahlreich an einem Knick nahe dem ehemaligen Struckteich (Friedrich 1900). Hepatica triloba Gil. Eine Verbänderung vereinzelt an den Dummers- dorfer Travehöhen 1905!!. Pulsatilla pratensis Mill. weicht auf dem Priwall vielfach vom Typus ab. Besonders erwähnenswert erscheint eine Form mit völlig kahler Blütenhülle: *f. glabra J. Schmidt, leg. E. Zacharias 1903 ! In ihre Nähe gehört vielleicht eine von Simon 1901 nach Friedrich gesammelte Abweichung, zu der Spethmann bemerkt: »Exemplar kahl, fast weißblühend«. Blaßblütige Exemplare der Kuhschelle, *. pallida J. Schmidt, treten nicht selten auf, so z. B, Grambek bei Mölln (J. Schmidt!)!!, Priwall (J. Schmidt)!!, Niendorf a. O.!!. Im Gegensatze zu dieser Spielform stehen solche Pflanzen, deren Blütenhüllblätter schwarzviolett gefärbt sind: *f. atropurpurea J. Schmidt, ebenfalls auf dem Priwall gesammelt (J. Schmidt)!!. Einen Übergang zu den typisch monströsen Formen der Art bildet *f, schizocalyx Bogenhard, vom Priwall ebenfalls durch J. Schmidt nachgewiesen!!. Sehr auffällig ist *f. m. bracteata J. Schmidt, deren Staub- und Fruchtblätter in Blütenhüllblätter umgebildet und tief unregelmäßig fiederteilig eingeschnitten sind, beobachtet bei Grambek und auf dem Priwall (J. Schmidt!). Anemone nemorosa L. *f, Jaciniata Lange: Travemünde, nach Brothen zu, 1909!!; *f. m. ramosa Junge: Einzeln im Teufels- sumpf bei Kl. Timmendorf!!. A. ranunculoidesL. *f. subintegra Wiesb.: Schuhwiese bei Zarpen (Rohweder nach Prahl), Tralauerholz 1910!!, Havenoth bei Timmen- dorf (J. Schmidt)!!; £l. pleno: Tralauerholz!!. Batrachium hederaceum L. Nieder-Büssau (Häcker 1854), im langen Moore bei Mölln 19041!. B. paucistamineum Tausch. Im Ahlbek bei Niendorf a. O. (J. Schmidt), in Wiesengräben am Ahlbek 1904!!. B. fluitans Lam. In der Trave bei Oldesloe viel (seit Nolte) als f. Bachii Wirtg. und f. Lamarckii Wirtg.!!; in der Beste zwischen Oldesloe und Rümpel (f. Bachii)!!. Ranunculus reptans L. Am Ülempauer Hof-See (Franz Thorn 1912). R. polyanthemus L. Beim Bahnhofe Dänischburg (Franz Thorn 1910). Papaveraceen. Papaver argemone L. *f. incisa P. Junge. Zieten bei Ratzeburg (J. Schmidt !). P. rhoeas L. fl. pleno. Bei Lübeck zwischen Burg- und Hüxtertor (K. Burmester; von mir nicht gesehen). Corydalis cava Schw. u. K. *f. m. panniculata P. Junge und *f, m. incisa Junge: Steinfeld bei Oldesloe!!. Die Art ist in den Wäldern von Oldesloe östlich bis zum Stecknitztal sehr verbreitet. Crueiferen. Barbaraea intermedia Bor. Oldesloe (Rohweder nach Prahl), Nusse!!. Cardamine hirsuta L. f. intermedia Hornemann. Grambek bei Mölln (J. Schmidt 1904!). Dentaria bulbifera L. Tralauerholz (Ch. Sonder) 1910!!, Trent- horst 19101!!. Erysimum orientale R. Br. Oldesloe (Ch. Sonder). *Diplotaxis muralis D. ©. Wanderpflanze; verbreitet sich besonders längs der Bahnen. Nach Green (Handschriftliches Verzeichnis) bei Lübeck am Hamburger Bahndamm gesammelt; bei Oldesloe zwischen den Geleisen der Segebergs—Ratzeburger Bahn 1912!!. Draba muralis L. Wieder aufgefunden bei der Eckernschmiede bei Ratzbek (J. Schmidt 1911!, 1912). Camelina microcarpa Andrezj. Bei Niendorf a. St. unter Klee (Rohweder nach Prahl). Thlaspi *perfoliatum L. Bei Einhaus bei Ratzeburg zahlreich (J. Schmidt 1906|). Lepidium *draba L. Am Kanal zwischen Burg- und Hüxtertor (K. Burmester 1912!), bei Gothmund (Bartels 1905|). L. campestre R. Br. Bei Lübeck auch auf Schutt, z. B. am Kanal hinter der Motorbootswerft (K. Burmester 1912 !). Capsella bursa pastoris Mnch. *f. apetala Opiz. Ratzeburg: Mustin 19121!. Coronopus Ruellii All. Ratzeburg: an den Schlagsdorfer Dorf- teichen 190211. Cakile maritima Scop. An der Untertrave aufwärts noch bei Teschow (Franz Thorn 1910!). Violaceen. Viola epipsila Ledeb. Sehr zahlreich im Curauer Moore, yon J. Schmidt und mir 1904 fruchtend aufgefunden. Die sonst bei Lübeck gesammelten und zu dieser Art gestellten Veilchen muß ich nach genauer Untersuchung nach der Diagnose und im Vergleich mit typischer V. epipsila zu V. palustris *£. major Murb. stellen. 14 7 Be . #epipsila X palustris = V. Ruprechtiana Borbas. Üurauer Moor (J. Schmidt 19051). V. hirta L. Oldesloe: 'Traveabhang (Uh. Sonder)!! (auch mit kleisto- gamen Blüten. Am Traveabhang unterhalb Herrenwiek noch jetzt (1903!!, Franz Thorn 1910!, 1911!) (auch hier z. T. kleistogam blühend). Östlich vom Priwall am Rande der Pötenitzer Wiesen in niedrigen, kurzstengeligen, kleinblütigen Exemplaren (*f. fraterna Rcehb.) 190211. V. silvatica Fr. *f, brevicornis P. Junge. Schwartau: nördlich vom Riesebusch 1909!!. V. *canina X silvatica = V. neglecta Schmidt. Bei Hobbers- dorf! |. Resedaceen. Reseda lutea L. Lübeck: zwischen Burg- und Hüxtertor (K. Bur- mester 1912). Silenaceen. Tunica prolifera Scop. Bei Mölln auch am Hegesee 1897!! und bei Altmölln 1909!! Meierkamp am Seeretzer Weg und Hölle bei Teschow (Franz Thorn 19121). Dianthus deltoides L. *Weißblühend (f. glaucus L.?) am Stulper- huk (Franz Thorn 1911!). Saponariasofficinalis L. Mit einfachen Blüten auch an der Selms- dorfer Chaussee und beim Neuen Krug bei Techau (Franz und Fritz Thorn!) sowie zwischen Sarkwitz und Pansdorf (Franz Thorn). "Vaccaria parviflora Mnch. Ratzeburg: bei Römnitz unter Mene- futter 1912!!. Bei Lübeck auf einem Schuttplatz an der Gertruden- straße (Franz Thorn 1912|). Viscaria vulgaris Roehl. Ratzeburg: bei Fredeburg (Prahl) und Schmilau (J. Schmidt 1907), Lübeck: an den Dummersdorfer Trave- höhen (Prahl). Silene diehotoma Ehrh. Oldesloe: bei Rolfshagen 1909!! und bei Fresenburg (Ch. Sonder 1907). Mölln: bei Nusse (H. Röper 1909), Bälau und bei Woltersdorf (Franz Thorn 1912!). Lübeck: am Geniner Bahndamm 1910, an der Selmsdorfer Chaussee 1912 (Franz Thorn!). S. "noctiflora L. Auf Schutt zwischen Burg- und Hüxtertor (K. Burmester 19121). Melandryum rubrum Geke. #f. glaberrimum Rchb. Oldesloe: tethwischholz (Ch. Sonder)!!; f. expallens Lange. Schwartau: am Riesebusch 19081!!. M. album X rubrum = M. dubium Hampe. Lübeck: Wilhelms- höfer Baumschulen (P. Friedrich 1911!). 15 Alsinaceen. Spergula *pentranda L. Travemünde: auf dem Priwall in Menge 1902!!, 1903 1!!, 190811. Spergularia salina Presl. Oldesloe: im Brenner Moore (Ch. Sonder) !!. Honekenya peploides Ehrh. An der Untertrave aufwärts bis 'Dummersdorf und Schlutup (Franz und Fritz Thorn!). Alsine viscosa Schreber. Mölln: Kogel (J. Schmidt 1891!), Bruns- mark (Nolte 1820) 1904!!, bei Drüsen und auf dem Steinfelde 1909!!, Breitenfelde (J. Schmidt 1911)!!. Ratzeburg: Buchholz (Nolte 1831) 1909!!, zwischen Lankow und Mustin 1912!!. Lübeck: Herrenwiek (H. Röper 1906)!!, Dänischburg und Kl. Sereetz 1909!!. Sasina nodosa Fenzl. f. glandulosa Besser bei Dummersdorf am Traveufer und auf dem Priwall!!; *#£. moniliformis Lange auf dem Priwall (J. Schmidt)!!. ! Arenaria serpyllifolia L. f. leptoclados (Gussone). Ratekau 1909!!. Stellaria media Cyr. f. neglecta Weihe. Mölln: am Ziegelholz 1902!!. Oldesloe: Selmsdorf 1911, Meddewade 1910, Kl. Barnitz 1911 und Trenthorst 1910 !!. Lübeck: Offendorf und Hemmels- dorf 1911 !!. S. *pallida Pire (S. media Cyr. f. apetala Lange). Mölln: Kühsen 1909!!. Lübeck: Kücknitz, Herrenwiek und Dummersdorf 1906!!, Priwall (J. Schmidt 1903!)!!, Jvendorf, Ovendorf, Offendorf, Häven, Gneversdorf und Scharbeutz 1909 —19111!. S. glauca With. *f. parviflora Rehb. (micropetala Kr.). Curauer Moor!!. Elatinaceen. Elatine hydropiper L. Am Behlendorfer See, am Salemer See bei Dorotheenhof (Franz Thorn 1912!). E. alsinastrum L. ist am Mechower See trotz mehrfacher Suche bisher nicht wiedergefunden worden. Nolte sagt in den handschriftlichen Nachträgen zu seinem Handexemplar seiner »Novitien«: »Am Mechower See bei Ratzeburg von Linck, Siemsen und Ditmer zwischen 1806 und 1812 gefunden worden mit E. hydropiper. Wredows Flora 2. p. 215«. »Den 3. Oktober 1836 ist die Pflanze von Dr. Rudolphi wieder aufgefunden worden. ... Auch 1856, 1833 und 1841 von Freund Rudolphi beobachtet worden; mir mit- geteilt zur Darstellung F. D. t. 2239 und für Hansen Herbarc«. Danach muß die Pflanze in jener Zeit nicht allzu selten gewesen sein. Trotz der bisherigen vergeblichen Bemühungen darf die Hoffnung auf einen erneuten Nachweis nicht aufgegeben werden, um so weniger, als die Art weiter östlich verbreiteter auftritt. Nolte hat noch angeführt: »Im Röggeliner See und Frauendorfer See bei Vietlübbe (Ramelow 1847).« Linaceen. Radiola linoides Roth. Grönauer Heide (Franz und Fritz Thorn 1912). Malvaceen. Malva crispa L. Auf Schutt in Blankensee (Franz Thorn 1910). M. rotundifolia L. Z. B. beim früheren Lübecker Bahnhof und an der Gertrudenstraße (Fritz Thorn 1911). *Hibiscus trionum L. Am Petroleumtonnenlager am Klughafen (Fritz Thorn 1911)). Hypericaceen. Hypericum hirsutum L. Ratzeburg: Bartelsbusch (Franz Thorn 1912!). Oldesloe: Tralauerholz 19101!. Lübeck: Pohnsdorf (J. Schmidt 1908). Geraniaceen. Geranium *rotundifolium L. Lübeck: am Kanal zwischen Burg- und flüxtertor (K. Burmester 1912!). G. pyrenaicum L. Mölln: Alt-Mölln 1900!!. Ratzeburg: Römnitz 1912!!). Lübeck: Ratekau (J. Schmidt 1910). Papilionaceen. Ulex europaeus L. Mehrfach bei Schwartau (P. Friedrich 1907, Franz Thorn 1911!). Ononis procurrens Wallr. weißblühend zwischen Teschow und der Dassower Chaussee (Fritz Thorn 1911!). Medicago media Pers. Vorwerker Wiesen (Franz Thorn 1911), bei den Lubeca-Werken (Fritz Thorn 1911!). Vielleicht gehört eine an der Brandenbaumer Chaussee von H. Rusche 1907! gesammelte Pflanze hierher. Da Früchte nicht entwickelt sind, ist eine sichere Entscheidung über die Zugehörigkeit unmöglich. Medicago minima Willd. An den Travehöhen zwischen Herren- wiek und dem Stulperhuk an mehreren Stellen, z. T. *f. lineata Urban (Hirth 1902)!!. Trifolium pratense L. f. villosum Whlbg. zwischen Dummers- dorf und Travemünde an der Trave!!; *f. m. parviflorum Bab. (f. intricatum Nolte) mit voriger!!, an der Kanalbrücke (Prahl 1902). T. alpestre L. An der Straße zwischen Kücknitz und der Herren- fähre 1908!!, an den Travehöhen bei Herrenwiek 1909 !!. T. arvense L. *f. mierocephalum Uechtr. Auf dem Priwalll!., 17 T. striatum L. Ratzeburg: am Garrensee bei Mustin (J. Schmidt 1898). Oldesloe: Traveabhang (Ch. Sonder)!!, Treuholz (Ch. Sonder). Lotus uliginosus Schkuhr *f. villosus Lamotte. Oldesloe: Brenner Moor!!. Lübeck: Ovendorf (Prahl). *Coronilla varia L. Auf einem Schuttplatze bei Buniamshof (Fritz Thorn 1911!), an der Falkenwiese (K. Burmester 1912!). Vicia eassubica L. wurde auf den Dummersdorfer Travehöhen wieder aufgefunden (J. Schmidt 1901). V. sepium L. fl. albo. Am Braken zwischen Schattin und Sülsdorf (Fritz Thorn 1911!). V. hirsuta Gray *f. fissa Fröhlich. Mölln: am Tangenberg (F. Fischer); Zieten bei Ratzeburg 1912!!; Gr. Sarau (F. Fischer). Lathyrus paluster L. Am Elbtravekanal bei Kl. Berkenthin (Fritz Thorn 1912!); bei Niendorf a. ©. (J. Schmidt 1904) !!. L. sativus L. Vereinzelt auf einem Felde bei Köthel (Fritz Thorn 1912!). L. vernus Bernh. Forst Fliegenberg bei Göldenitz 1910!!; Haid- kamper Wohld bei Zarpen (Rohweder nach Prahl). L. niger Bernh. Mölln (Nolte, J. Schmidt): im Voßberg (Franz Thorn 1911|. Ratzeburg: am Nordufer des Behlendorfer See's (H. Röper), zwischen Dermin und Bäk 1912!!. Lübeck: Dummers- dorfer Travehöhen als f, angulatus Peterm. (so häufigere Form) und *f. latifolius Rouy. Amygdalaceen. Prunus insititia L. Bei Ivendorf in *monströsen Formen, bei denen zwei Blüten mehr oder weniger weit erwachsen sind. Die Ver- wachsung erstreckt sich oft nur auf den Grund des Stieles, zuweilen auf seine ganze Länge; zuweilen sind auch die beiden Kelchbecher z. I. vereinigt. In einigen Fällen waren nur die Stengel im oberen Teile getrennt. Derartige Mißbildungen scheinen in der Gattung und bei ihren Verwandten öfter aufzutreten. Rosaceen. Ulmaria filipendula L. An den Travehöhen dicht oberhalb Trave- münde 19021!!. Geum rivale L. *f. pallidum ©. A. Meyer. Wiese am Stau bei Lübeck (Fritz Thorn 19121). G. urbanum X rivale = G. intermedium Ehrh. Öffen- dorf 190911. Rubus idaeus L. *mit vergrünten Blüten (Blütenachse verlängert): Hohemeiler Tannen (Blohm 1909!). R. candieans Weihe. An den Dummersdorfer Travehöhen 1903!!. 2 18 R. hypomalacus Focke. Bei Curau und Schwinkenrade (Erichsen). R. Fioniae Friderichsen. Curau (Erichsen). PotentillanorvegicaL. Auf Schutt am Klughafen (Fritz Thorn 19111). P. argentea L. *f. demissa Wolf. Mölln: am langen Moore 1904!!. P. reptans L. *f. microphylla Tratt. Auf dem Priwall!!. P. rubens Crtz. Am Dummersdorfer Traveufer nördlich vom Stulper- huk 1911!!. P. Tabernaemontani Aschers. Am Traveufer unterhalb Schlutup (P. Friedrich 1907); am Dummersdorfer Traveufer 19051!. Sanguisorba minor Scop. Am Dummersdorfer Traveufer wenig 1911!!; ursprünglich. Verschleppt an der Schlutuper Straße nörd- lich vom Lauerholz (P. Friedrich 1903) und an der Chaussee bei Brandenbaum (W. Schlichte 1904!) (Ungenügend entwickelt, vielleicht S. muricata Focke). Agrimonia odorata Mill. Bei Ratzeburg zwischen Zieten und dem Lankower Bahlen 1912!!. rosa *omissa Desegl. Mehrfach an den Dummersdorfer Trave- höhen 1911!!. Pomaceen. Pirus malus L. Ein starker Baum von 1 m Stammumfang zwischen Palingen und Lüdersdorf (P. Friedrich 1904). Onagraceen. Circaea alpina L. In der Fohlenkoppel bei Zarpen (Rohweder nach Prahl). Halorrhagidaceen. Myriophyllum alterniflorum DC. Salemer See (J. Schmidt 1902)!!, Culpiner See bei Mustin 191211. Hippuridaceen. Hippuris vulgaris L. Bei Mölln im Elbtravekanal (J. Schmidt 1909), bei Haffkrug (Häcker nach Spethmann). Lythraceen. Peplis portula L. Salem und Bälau (Franz Thorn!), Schlagsdorf!!, Teschow (Franz Thorn !), Hobbersdorf (Fritz Thorn!); *f. calli- trichoides A. Br. bei Mustin 1912!!. Gueurbitaceen. Bryonia alba L. Panten (Franz Thorn 1912! als B. dioica, ohne Blüten und Früchte, aber nach der Blattform anscheinend B. alba), Römnitz 1912!!, Gr. Sarau (Häcker) noch 190911. 19 Portulacaceen. Montia rivularis Gmel. Mölln: im langen Moore 1904!!. Paronychiaceen. Corrigiola litoralis L. Bei Tramm (Franz Thorn 1912!). Umbelliferen. Eryngium maritimum L. An der Untertrave bis zur Schlutuper Wiek (Fritz Thorn 1912!). Helosciadium inundatum L. Am Behlendorfer See 1912 und am Blankensee 1911 (Franz Thorn!), an der Dassower Chausse vor den Hohemeiler Tannen 1910 und an einem Teiche bei Teschow 1911 (Fritz Thorn !). Apium graveolens L. Auf den Travewiesen bis zum Schellbruch und bis Schwartau (Fritz Thorn 1911). . Pimpinella saxifraga L. f. pubescens Sonder. Ratzeburg: Zieten 1912!!; mehrfach an den Travehöhen von Herrenwiek abwärts!!. Bupleurum tenuissimum L. Auf dem Priwall schon an der Lan- dungsstelle der Sommerfähre (J. Schmidt) 1902!!; an der Untertrave am Stulperhuk (Fritz Thorn 1912!). Oenanthe Lachenalii Gmel. An der Siechenbucht bei Travemünde nahe dem Bahnübergang über die Chaussee (Franz Thorn 1910)). Peucedanum oreoselinum Mnch. Zwischen Kl.-Berkenthin und Göldenitz, zwischen Gr.-Berkenthin und Kählsdorf sowie zwischen Krummesse und Rondeshagen (Franz Thorn 1911!), Luschendorf (Fritz Thorn 1911!). Laserpicium prutenicum L. ist am Dummersdorfer Traveabhang noch vorhanden (1909 und 1911!!), ebenso noch südlich von Mölln zwischen Grambek und Göttin 1912!1!. *Caucalis daueoides L. Auf Schuttland bei Travemünde (P. Frie- drich 1906) und bei Lübeck hinter Kochs Werft (Franz Thorn 1910|). *Coriandrum sativum L. Am Kanal zwischen Burg- und Hüxtertor (K. Burmester 1912|) Chaerophyllum bulbosum L. Nach K. Burmester mit voriger Art, von mir nicht gesehen. Rubiaceen. Galium *triecorne With. Bei Ober-Büssau (J. Schmidt 1893); auf einem Acker zwischen der Falkenstraße und dem Stecknitzkanal (Elbtravekanal) (K. Burmester 19121); bei Oldesloe!!. 2* 20 G. verum L. Vielfach und zwar ursprünglich um Mustin 1902!!, 1912!!, an mehreren Stellen mit reichlichem G. verum X mol- lugo = G. ochroleucum Wolff; mehrfach auf Schutt bei Lübeck (Fritz Thorn 1911!); die Kreuzung auch bei Zarpen (Rohweder nach Prahl). G. silvaticum L. Verbreitet von Oldesloe — Reinfeld bis Ratzeburg — Mölln. Valerianaceen. Valerianella olitoria L. *f. scabrida Buchenau. Auf dem Priwall 1908!!. V. rimosa Bast. Ratzeburg: bei Römnitz (nach Fritz Thorn 1910, von mir nicht gesehen) und bei Bäk 19121. Dipsacaceen. Dipsacus silvester Mill. ‚Mölln: Marienwohlde!!; Oldesloe: Treu- holz und Rethwischdorf (Ch. Sonder); Lübeck: am alten Balındamm (Franz Thorn 1910)). D. pilosus L. Reinfeld (Ch. Sonder). Suceisa pratensis M, u. K. *fl. albo. Klempauer Moor (Franz Thorn 1912)). Scabiosa columbaria L. Mehrfach östlich und südlich von Mölln (! und !}). Compositen. Aster tripolium L. Bei Oldesloe (schon Hornemann) im Brenner Moore (Ch. Sonder)!!. Inula britannica L. Ratzeburg: am Westufer des Mechower Sees 1902!!. Lübeck: Hornsdorfer Moor 1910!!. Pulicaria vulgaris Gaertn. Panten und Gr.-Schretstaken (Fritz Thorn 1912!), Schlagsdorf 1902!!. Xanthium *spinosum L. Bei der Ölmühle in Siems (Franz Thorn 1912). Ambrosia artemisiaefolia L. Beim ehemaligen Steenschen Holz- platz in Lübeck (L. Benick, Fritz T’horm 19111); bei der Ölmühle in Siems (Franz Thorn 1912). Rudbeckia laciniata L. Am Elbtravekanal bei Berkenthm noch in Menge (Brehmer 1901 nach Spethmann, Franz Thorn 1911!). Artemisia *Tournefortiana Rcehb. Ölmühle Siems (Fritz Thorn 1912; det. Thellung). A. campestris L. *f. sericea Fr. Mehrfach an der Untertrave von Herrenwiek abwärts (Zimpel)!!. Achillea *nobilis L. Feldweg gegenüber der Lübecker Gasanstalt (Fritz Thorn 1912)). 21 Doronieum pardalianches L. Oldesloe: Treuholz (Ch. Sonder 1393). Arnica montana L. Auch bei Sereetz (Fritz Thorn 1912!). Senecio vernalis W. u. K. *f. glabratus Aschers. zwischen Blankensee und Grönau (Prahl 1894); *f. monocephalus Wolff bei Mölln, Breitenfelde, Hammer und Kl.-Berkenthin!!; *f. sub- discoideus P. Junge zwischen Mölln und Grambek 190911. S. erucaefolius L. Zwischen Kücknitz und der Herrenfähre (Zimpel). Centaurea jacea L. *f. subacaulis Zabel. Auf dem Priwall (Prahl). C. pseudophrygia C. A. Meyer. Bei Panten noch vorhanden. (Fritz Thorn 1911!). C. scabiosa L. *Weißblühend bei Heilshoop bei Zarpen (Rohweder nach Prahl). C. *solstitialis L. Bei der Ölmühle in Siems (Fritz Thorn 1912!). C. *rhenana Bor. Ratzeburg: Römnitz, am Abhang über der Halte- stelle der Fähre mit Berteroa incana, Alyssum calycinum und Filago arvensis 1912!!. *Silybum marianum Gaertn. Zwischen Burg- und Hüxtertor (K. Burmester 1912; nicht gesehen). Carduus nutans L. Zerstreut, doch unbeständig (! und !!). Cirsium arvense L. Weißblühend auf Schutt bei Lübeck (Franz Thorn 1910!, Fritz Thorn 19111). C. palustre X oleraceum = (. hybridum Koch. Zwischen Bargerbrück und Pohnsdorf (J. Schmidt 1906, Franz Thorn 1912). C. *acaulex (A. Hirth); *£. m. furcans J. Schmidt bei Ratekaul!; *f. m. bifidum France und *f. m. furcatum Milde bei Ratekau und Ovendorf!!. Pan Dr ee Wa Fee ” \ ir? P i M = ”< a L Punpe" uhr ETTRÄRT Ee e M ER nä of NV Saheri Ak | NEN 0 ee ig verBrdhelen ur lan Ir at I ur HERR Pr Mi N z Ai # F II) A} Io Wu IR KR HER id ER 7 A kan 1791 pie Beiträge zur Morphologie von Nordschleswig. Von Paul Woldstedt, Göttingen. Mit 3 Tafeln. Inhalt. Seite A. Einleitung: Aufgabe der Arbeit; Überblick über die Entwicklung der morphologischen Kentnisse von Schleswig-Holstein . . 2. 2.2.2.... 4 B. Die morphologischen Verhältnisse von Nordschleswig . . 2.222... %8& T-2D1ewöstlicher Hügellandse hatt vr ey 1. Das Christiansfelder Gebiet . . .. . 6 2. Das Gebiet des Haderslebener und Herne Föhrdentals ee) 3. Das Zwischenföhrdengebiet von Gjenner . . . . 2. 2... 54 4. DasıGebiet/ der Apenrader Höhrder „22 rer 5. Sundewitt und Alsen . .. . een. u. (08 6. Das Gebiet der Flensburger Föhrde ne ra, 8 . Zusammenfassender Überblick über die Hügellandschaft cr ie) a) Breite, Höhenverhältnisse, Aufbau, Oberflächenformen . ... 69 b)" Die, Endmoränengdes#Gebietes a ii ec) Föhrden und Föhrdentäler ..... 0 RA : 75 d) Vergleich des baltischen Gebiets in anilse Net mit der dbıieen baltischen Zonen u En Me. -I II. Die Geest .... ee ee ee RS >) 1. Die präbaltischen Gebiete RE ea ao a)lDas-RöddingeraBlateaue an. ro. ET b)) Der@Kastruper Rücken er 5 e) DasıWoftlunder>Blateau sr re er erc.o ©) dj) Das Tondernsche. Gebiet rn e) Der Medelbyer Rücken . ... . toll f) Zusammenfassender Überblick über Me Praballischen en. 87 2;. Die Sandurgebiete, +. 1. 2% even = Ce di! a). Der Gramm-Sandur.. 2. ee. b) Der Gjels-Sandur. ... . ; a a A c) Der »Große nordschlöswipsehe Bandlıre ne a, EIS d) Zusammenfassende Betrachtung der ach 10 TIT.SDiee Marschen und Dünen zone Erle C. Morphologischer Gesamt-Überblick . . . . 2 0 2 2 2 u 222222 2.2109 A. Einleitung. Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist, einen Beitrag zu liefern zur Kenntnis der heutigen Oberflächenformen von Nordschleswig. Außer der Bearbeitung der einschlägigen Literatur wurden zu dem Zwecke ausgedehnte Untersuchungen im Felde in den Sommern 1910 und 1911 ausgeführt. Als topographische Grundlage dienten die preußischen Meßtisch- blätter (1:25000), für das angrenzende dänische Gebiet die Kort over Jylland (1:40000). Untersucht wurde das nördliche Schleswig, im Norden ungefähr durch die politische Grenze gegen Dänemark, im Süden durch eine von der Flens- burger Föhrde nach Westen gezogene Linie begrenzt. Die Nordsüd- Erstreckung des Gebiets beträgt ca. 70 km, die Breite (des Festlandes) etwa 60 km. Zur Erläuterung dient die beigegebene Übersichtskarte im Maßstab 1:300000, und eine Reihe von Skizzen und Profilen. Überblick über die Entwieklung der morphologischen Kenntnisse von Schleswig-Holstein. Über Schleswig-Holstein, das im norddeutschen Diluvialgebiet eine wichtige Stellung einnimmt, existiert bereits eine reiche Literatur; die für die Entwicklung der heutigen Kenntnisse wichtigsten Stadien mögen im Folgenden kurz betrachtet werden. Als Begründer der Geologie Schleswig-Holstens kann bekanntlich Johann Georg Forchhammer (geboren 1794 in Tondern, später Professor in Kopenhagen) bezeichnet werden. Seine wichtigste Arbeit: »Die Bodenbildung der Herzogtümer Schleswig-Holstein und Lauenburg,«—35 m ü. M. erreichende Schwelle, die sich über den talaufwärts gelegenen, 24 m hohen Talboden bis 11 m erhebt. Sie läßt an der östlichen Talseite nur wenig Platz für den zur Föhrde fließenden 61 Bach. Struck weist (l. c. S. 133) darauf hin, daß dies Tal in Verbindung steht »mit einem zunächst 3—400 m breiten, nach kurzer Entfernung aber auf S00—1000 m sich erweiternden, etwa 2 km langen, anfangs in westöstlicher, später in nordsüdlicher Richtung zur Föhrde verlaufenden Tal.« Es muß besonders hervorgehoben werden, daß diese Verbindung gerade dort stattfindet, wo das Brunder Tal von der Schwelle durchsetzt wird. Etwa 1 km weiter oberhalb, bei Boklundsbek, ist eine zweite das Tal durchsetzende Schwelle zu beobachten, die sich, allerdings weniger zusammenhängend, in einzelnen Aufragungen bis 25 m über das Tal- niveau erhebt. Dann folgt wieder eine Erweiterung des Talbodens. Eine Schwelle wieder benutzt der von Riesjarup nach der Brunder Ziegelei führende Weg. So setzt sich der ganze Talverlauf aus einer Reihe von hintereinanderliegenden, durch Schwellen getrennten Becken zusammen. Der Querschnitt des Tales ist, wie aus den Profilen VI und VIII gut her- vortritt, deutlich U-förmig; die steilen Talränder zeigen öfter Böschungen von 10°—15°. Ganz dieselben Erscheinungen zeigen auch die anderen von Struck beschriebenen Täler: steile Uferböschungen, breiten, unregel- mäßigen Talboden und in der Längenstreckung abwechselnd Becken und Schwellen. So ist in dem nördlich des Langbergs sich erstreckenden Tal eine deutliche, bis 10 m über das westlich gelegene Becken sich er- hebende Schwelle entwickelt, dort wo es sich an der Kreuzung von Chaussee und Bahn von dem südlich vom Langberg vorbeiführenden Tale trennt; eine zweite Schwelle liest beim Forsthaus Schedeberg, wo sich das Tal wieder mit dem südlichen vereinigt. Eisrandlagen des Gebietes. 1. Westlichste baltische Eisrandlage. Südlich von Ries legt sich das flachwellige Sandurgebiet direkt an den Geschiebemergelwall der Apenrader Föhrde. Wie aber bereits Struck') ausführt, können wir in den zahlreichen, meist geschichteten Block- packungen, die in vielen Aufschlüssen in einer Zone Rotenkrug— Nübel- Uk zu beobachten sind, Aequivalente der Endmoräne sehen. Die Grenze zwischen oberflächlicher Bedeckung mit Geschiebemergel und mit Geröllen ist scharf zu ziehen. Sie wird im nördlichen Teil (Bl. 76) etwa durch den Verlauf des Ochsenweges markiert (von Ries bis westlich Mellerup). Dieser steigt dann auf den Geschiebemergelwall hinauf, der sich hier bis fast nach Bollersleben (Bl. 97) erstreckt, und dort verläuft die Grenze etwa bei der 35 m-Kurve. Dem Umbiegen des Apenrader Walles nach Osten folgt die Geröllzone etwa von Petersburg bis nach Röllum. Die eben skizzierte 1) Übersicht, $. 132. 62 Eisrandlage dürfen wir als die äußerste baltische Phase dieses Gebiets annehmen; an sie schloß sich die Aufschüttung des großen nordschles- wigschen Sandurs an. 2. Brunberg-Staffel. (Bl. 76. Apenrade.) Für eine zweite, ca. 6—8 km weiter östlich anzunehmende Eisrand- lage sind wesentlich morphologische Anzeichen vorhanden. Im nördlichen Teil des Apenrader Föhrdenwalles zeigt sich in den Oberflächenformen ein deutlicher Unterschied der Partien östlich und westlich einer Linie, die etwa von Bodum über Stollig nach Dyrhave an die Föhrde führt. Westlich der Scheidelinie zeigt der Wall ruhige, abgeschliffene Formen ; zwar bekommt er ein Relief durch die ihn durchsetzenden Föhrdentäler, doch verliert er nie den Charakter eines einheitlichen Walles. Östlich der Linie dagegen zeigt sich eine außerordentlich kuppige Ausbildung des Terrains, die der Landschaft etwas ungemein Unruhiges verleiht. Typisch ist das z. B. nördlich von dem Orte Stollig entwickelt (Brunberg, 80 m, nach dem wir diese Eisrandlage bezeichnen). Auf der Karte prägt sich dieser Unterschied so aus, daß die Höhenkurven östlich der Linie einen im Kleinen äußerst komplizierten Verlauf haben, so daß es oft Schwierigkeiten macht, einer einzelnen Kurve nachzugehen, wogegen die Höhenkurven im westlichen Teil einen viel ruhigeren Verlauf zeigen. Im südlichen Flügel des Apenrader Walles besteht derselbe morphologische Unterschied östlich und westlich einer von Felsbekhof nach Süden gehenden Linie. Bestätigt wird die Auffassung dieser Linie als einer Fisrandlage durch die von Gottsche (Endmoränen, S. 22) erwähnte Blockpackung bei Felsbekhof. !) 3. Weitere eigentümliche Anzeichen von Eisrandlagen finden sich in den oben erwähnten, die Apenrader Föhrde nach Westen fortsetzenden Tälern, und zwar zeigt sich ein Teil der die Täler durchsetzenden Schwellen aufgebaut oder oberflächlich bedeckt mit Endmoränenbildungen. So sind in dem Brunder Föhrdental auf der Schwelle bei Boklundsbek in drei Gruben in ca. 40—50 m Höhe ü. M. typische Blockpackungen zu beobachten; doch scheint es sich hier um die oberflächliche Bedeckung einer Schwelle von Geschiebemergel zu handeln. Ebenso zeigt die große ı) Es mag hier erwähnt werden, daß eine ähnliche Ausbildung einer Eisrandlage von P. Harder, (En östjydsk Israndlinje, Danmarks geologiske Undersögelse, 2. Räkke, No. 19, Kopenhagen 1908) von bestinnmten Strecken der von ihm beschriebenen ost- jütischen Endmoränen angegeben wird. Er schildert diese am Rande des Eises gebil- dete Zone als eine eigentümlich kleinkuppige und unruhige Landschaft, gleichsam eine kuppige Grundmoränenlandschaft im Kleinen. Er hebt weiter hervor, daß keine Ab- hängigkeit von der Höhenlage zu konstatieren ist; eine Beobachtung, die man übrigens auch am Apenrader Wall bestätigt findet; denn die kleinkuppige Zone setzt sich quer zum Streichen des Höhenzuges über diesen hin fort. 63 Sandgrube in der Schwelle nördlich von Karlsminde in ca. 30 m Höhe ü. M. etwa 4 m geschichtete Sande mit einer Blockpackung von Im an einer Stelle. Die Ablagerung dieser Moränen möchte man zurückführen auf zungenförmige Ausläufer des Eises, die die tiefen Glazialtäler noch erfüllten, während die umgebenden Höhen schon eisfrei waren. Ähnlich zu deuten ist vielleicht auch ein östlich von Cäcilienlust (2 km südwestlich von Apenrade) belegener Aufschluß, der Kiese und Sande mit Blockpackun- gen zeigt. 5. Sundewitt und Alsen. Zwischen der Apenrader und Flensburger Föhrde liegt die Halb- insel Sundewitt, die wir mit der vorgelagerten Insel Alsen als zusammenhängendes Gebiet betrachten. Nach den Oberflächenformen und der Bodenbeschaffenheit scheidet sich das Gebiet in zwei Zonen, eine westliche, die eine gewisse Nordsüd-Orientierung erkennen läßt und vorwiegend aus Geröll und Sanden aufgebaut ist, und eine östliche, die vorwiegend oberflächlich Geschiebemergel zeigt und weniger eine be- stimmte Orientierung erkennen lässt. Die Grenze der beiden Gebiete ist bereits auf der Meynschen Karte ziemlich richtig dargestellt. Sie verläuft etwa von dem Orte Feldstedt über Quars, Törsbüll vorbei nach Hockerup, um dann nach Südwest umzubiegen und einen Streifen Geschiebemergel an der Flensburger Föhrde entlang einzufassen. Das westliche Gebiet zeist mehrere meist nord-südlich streichende Hügelzüge (höchster Punkt 72,7 m, 1,8 km nördlich von Seegaard), zwischen denen sich mehr oder weniger ausgedehnte Senken erstrecken, die zum Teil von Mooren und Seen erfüllt sind. Die den Osten der Halbinsel einnehmende Grund- moränenlandschaft, die am Westrande öfter Höhen von 70 m erreicht, nimmt an Höhe nach Osten allmählich ab. Nach einer neuen Erhebung bei Düppel auf 68 m folst östlich die Unterbrechung durch die 22—28 m tiefe Alsenföhrde und den im Mittel nur 500 m breiten, 12—15 m tiefen Alsensund. Eine zweite, die Augustenburger Föhrde und das Hörup- Haff verbindende Senke trennt die Halbinsel, auf der Sonderburg liegt, von dem Hauptkörper der Insel Alsen ab. Auf dieser erhebt sich die Grundmoränenlandschaft noch einmal zu einem der Längsachse der Insel parallel streichenden Hügelzuge, der im Hügeberg 30,5 m erreicht. Eisrandlagen des Gebiets. 1. Westlichste baltische Eisrandlage. Gottsche hatte nach der Unterbrechung von 12 km, die er im Hinterland der Apenrader Föhrde feststellte, den nächsten Blockbeobach- tungspunkt bei Felsbekhof, 5 km südöstlich von Apenrade, gefunden. Hier setzte er also seine Moräne fort; doch handelt es sich hier wahr- scheinlich um eine jüngere Staffel. 64 Etwa 6 km südlich von Apenrade, bei dem Orte Röllum (Bl. 98), sind in mehreren Kiesgruben, so besonders an dem nach Süden führenden Wege östlich des Torfmoores stattliche Blockpackungen aufgeschlossen. Von hier erstreckt sich in Südsüdwest-Richtung eine kuppige Zone mit starker Steinbestreuung. Sie setzt sich in dem ca. 3 km langen Zuge fort, der bei Pötterhuus beginnend, sich in Südsüdost - Richtung bis Klipleff erstreckt und die große, z. T. vertorfte Senke des Hostrup-Sees im Westen begrenzt. Die Moräne, eine 100-200 m breite, wallförmige Erhebung mit kuppiger Oberfläche, hebt sich ca. 10 m über das dahinter- liegende Moor empor und erscheint von diesem aus als kompakter Wall, während der Abfall nach Westen allmählicher ist. Fast durchgängig zeigt sich starke Bestreuung, und häufig sind Ansammlungen von großen Blöcken zu beobachten. Bei Klipleff hört der einheitliche Wall auf, und es folgt zwischen Klipleff und Wilsbek eine kuppige Zone, die mehrere Blockpackungen aufweist (0,5 km südwestlich von Klipleff, 500 m westlich von Wilsbek usw.) Etwa 2 km südlich von Wilsbek beginnt in der Fortsetzung dieser kuppigen Zone wieder eine großartige Endmoräne, die sich, zwei flache, nach Osten offene Bogen bildend (Bl. 129) und nur von dem Durchbruch der Gehl-Au unterbrochen, über Östergeil 5 km weit nach Süden bis nahe an den inneren nordwestlichen Winkel der Flensburger Föhrde erstreckt. Die Moräne ist /a—°/s km breit und erhebt sich 10—20 m über die Umgebung, nämlich das etwa 35 m hohe Sandur-Gebiet im Westen und die ca. 40 m hohe, z. T. von Mooren eingenommene Senke im Osten. Der ganze Zug zeichnet sich durch kolossalen Steinreichtum aus, der sich in oberflächlicher Bestreuung, vor allem aber in den die Felder ab- grenzenden Steinwällen zeigt, die nur aus mächtigen Blöcken aufgehäuft sind. Wo das Land nicht kultiviert ist, ist es bestanden mit Heide- kraut, Farn und Ginster. Eigentümlicherweise führt Gottsche nur den südlich des Gehl-Au- Durchbruchs befindlichen, 1,35 km langen Teil des Walles an, während der nördliche Teil ebenso typisch entwickelt ist. Etwa 1 km nördlich von Norderschmedeby versinkt der Endmoränenwall, dessen Höhe von dem trigonometrischen Punkt 59,3 m nordwestlich Kitschelund nach Süd- westen stetig abnimmt, unter einer ebenen Sandfläche von ca. 55 m Höhe. 2. Seegaarder Staffel. Diese einige km weiter östlich gelegene Moräne zeichnet sich durch besonders frische Formen aus. Den nördlichen Teil des Zuges (Bl. 98) gibt schon Gottsche (Endmoränen S. 22) an. »Eine 6 km lange, geschlossene Endmoränenkette, die sich durch Hostrup-Kratt und Bergholz bis zum Punkte 62,4 m westlich Seegaard hinzieht und sich bis 36 m über den Hostrup-See, bis 23 m über das Moor an der Feldstedter Scheide erhebt. « 65 Gottsche gibt nur eine Breite von 2—300 m an; die ganze Erhebung, die wir als Endmoräne zu betrachten haben, ist aber bis 1 km breit. Nach kurzer Unterbrechung durch die Behrendorfer Mühlen-Au setzt sich der Zug im Bogen westlich des Seegard-Sees fort und kommt hier der Klipleffer Staffel sehr nahe; er biegt dann mehr nach Südosten um und endet, bis auf 70 m ansteigend, etwa bei Undeleff. Nach einer kleinen Unterbrechung erhebt sich westlich von Holebüll (Bl. 129) ein fast 7 km langer, bis über 1 km breiter, wallförmiger Zug, der sich in zwei flachen, nach Osten offenen Bögen westlich an Hönschnap vorbei bis fast an die Flensburger Föhrde erstreckt. Der südliche Teil dieser Moräne wurde bereits von Struck (Übersicht 8. 134) angegeben. Der Zug ist eine der am besten ausgebildeten Moränen Nordschleswigs. Zahlreiche Auf- schlüsse (so direkt westlich von Hönschnap, ferner an der Chaussee nach Gravenstein usw.) zeigen z. T. kolossale Blockpackungen. Die Moräne (höchster Punkt Stagehoi 67,4 m) tritt landschaftlich stark hervor, weil sowohl östlich wie westlich verhältnismäßig flaches Gebiet ist, über das sie sich bis 30 m erhebt. Beim Forsthaus Kjelstrup wird der kompakte Endmoränenwall durch das 3—500 m breite, ca. 25 m eingeschnittene Tal der Gehl-Au durchbrochen. Die Schmelzwässer dieser Phase bildeten wahrscheinlich in dem ausgedehnten Becken des Hostrup-Sees und der ihn umgebenden Moore “ hinter der äußeren Moräne einen mächtigen Stau-See, der durch die mehrfachen Unterbrechungen dieser Statfel bei Pötterhuus und bei Klipleff nach Westen abfloß. Im südlichen Teil, wo die äußere Endmoräne kompakter ist, bildeten sich ähnliche Stau-Seen, deren Überreste z. B. die großen Moore westlich Kitschelund sind. Wahrscheinlich fand zunächst eine Entwässerung nach Westen, später, als das westliche Ende der Flensburger Föhrde frei wurde, vielleicht eine Entwässerung zu dieser statt, die vielleicht das heute nur von einem kleinen Bach benutzte Kitschelunder Trockental schuf. 3. Quarser-Staffel. Das Gebiet zusammenhängender Grundmoränenlandschaft, das sich östlich der oben angegebenen Linie ziemlich unvermittelt erhebt, zeigt gerade am Westrand stellenweise eine außerordentlich kuppige Ausbildung, z. B. direkt östlich von Quars (Bl. 99), wo sich der Geschiebemergel wie eine Mauer bis 20 m über das vorliegende flache Sandgebiet erhebt und genau die Formen einer Endmoräne zeigt. In der Tat müssen wir in diesem westlichen Rande eine ca. 4 km weiter östlich gelegene Stillstandslage des Eises sehen, eine Vermutung, die bestätigt wird durch vereinzelte hier auftretende Blockpackungen (z. B. in einer Kiesgrube am Wege von Bahnhof Törsbüll nach Hockerup). 66 6. Das Gebiet der Flensburger Föhrde. Mit einer Länge von 40 km (vom Breitgrund ab gerechnet) ist die Flensburger Föhrde die längste der schleswigschen Buchten. Inbezug auf die Tiefenverhältnisse!') zerfällt sie, worauf Geinitz?) und Werth‘) hingewiesen haben, in zwei Becken, die Außenföhrde und die Innenföhrde. Die Außenföhrde wird vom kleinen Belt abgetrennt, durch den bis 4,5 m aufragenden Breitgsrund, der nur südlich eine verhältnismäßig schmale, allerdings recht tiefe Rinne freiläßt. Die Tiefe der Außenförde beträgt 20—30 m. Von der Innenföhrde wird sie geschieden durch eine Schwelle, die durch die Halbinsel Holnis und mehrere sie untermeerisch fortsetzende Untiefen (bis. —5 m) bezeichnet wird. Nur eine schmale Rinne stellt die Verbindung zur inneren Föhrde her, in der wieder Tiefen bis 19 m vorkommen. Die eigentliche Föhrde erreicht ihr Ende zwischen Wassersleben und Mürwik, wo sich der bis — 4,5 m emporragende Mittel- grund und Osbek-Grund vorlegt. Hier verzweigt sich die Föhrde in zwei Rinnen. Die westlichen Partien der Flensburger Föhrde sind, wie die Apen- rader Bucht, umrahmt von einem Wall von Geschiebemergel, der aller- dings nicht die Höhe und Kompaktheit des Apenrader Walles errreicht. Etwa von Kollund ab (Bl. 129) als flache wallförmige Erhebung erscheinend, zieht sich eine Zone von Geschiebemergel, zunächst nur 1'/»2 km breit und 10 m über das- nördliche flache Sandgebiet emporragend, nach Westen. Sie ist im Westen der Föhrde 4—5 km breit und erreicht hier häufiger Höhen bis zu 60 m; auch die Höhe von Bau ist mit dazu zu rechnen. Die Oberflächenformen erscheinen eben so ruhig und abgeschliffen wie beim Apenrader Föhrdenwall. Scharfe Formen stellen sich nur ein, wo die gleich näher zu besprechenden, die Föhrde fortsetzenden Täler ein- geschnitten sind. Zahlreiche Aufschlüsse zeigen den Aufbau aus Ge- schiebemergel, den auch Meyn auf seiner Karte angibt (so die Ziegeleien Krim und Haırisleefeld). Die die Föhrde fortsetzenden Täler schildert Struck (Übersicht S. 133) folgendermaßen: »Das eine führt aus dem Winkel, den die nörd- liche und westliche Uferwand miteinander bilden, in Gestalt eines 500 bis S00 m breiten, mehr oder weniger steilwandig eingeschnittenen Tales in gewundenem Verlauf bis zu dem etwa 4 km westlich von der Föhrde gelegenen Orte Pattburg, woselbst sich die hier nur wenige hundert Meter breite Wasserscheide, auf der die Bahn Flensburg—Vamdrup entlang !) Siehe Deutsche Admiralitätskarte Nr. 14. Flensburger Föhrde, 1:50000. ®) E. Geinitz, Die geographischen Veränderungen des südwestlichen Ostsee’ gebietes, Peterm. Mitt. 1903, S. 28 ff. >) W. Werth, Fjorde, Fjärde und Föhrden, Ztschr. f. Gletscherkunde, Bd. III, S. 352. 67 läuft, in etwa 35 m Meereshöhe befindet. Jenseits des Bahndammes setzt sich das Tal in dem ebenen Sandr-Gebiet in Gestalt einer schmalen wannenförmigen Rinne fort, welche sich bald verbreitert und in das kleine Südermoor übergeht. Aus diesem nimmt die nach Westen strömende Meyn-Au ihren Ursprung. « Dies Tal, das wir als Pattburger Tal!) bezeichnen, zeigt alle die Erscheinungen, die wir bei den anderen Föhrdentälern als typisch er- kannten. Die Wandungen sind steil, im Kollunder-Gehölz bis 40 m hoch, der Querschnitt deutlich U-förmig, die Breite wechselnd. Es ist kein einheitliches Sohlengefälle vorhanden, sondern das Tal setzt sich zusammen aus mindestens drei verschiedenen, durch Schwellen getrennten Becken. Bereits bei der Kupfermühle erhebt sich in der Fortsetzung eines Vor- sprungs des südwestlichen Ufers im Tal eine in der Talrichtung gestreckte Kuppe. Besonders aber bei Krusau zieht sich eine ca. °/ı km breite, bis 20 m ü. M. aufragende Schwelle mitten durch die Talung; sie wird von der Chaussee Flensburg-Apenrade benutzt. Über das talaufwärts gelegene, 1'/. km lange Becken, in dem der Krusauer Teich liegt, erhebt sie sich bis 10 m. 1 km nördlich von Niehuus kommt es wieder zu einer Einengung des Talbodens: hier zweigt sich nach Westen eine Senke ab, die zwischen Bau und Fröslee nach dem nahegelegenen Sandur-Gebiet tendiert. Bei Niehuus selber ist eine ca. 20°m hohe, das oberhalb liegende Becken des Niehuuser Teiches um 8 m überragende Schwelle vorhanden. Direkt westlich vom Bahnhof Pattburg endet das Föhrdental plötzlich mit einem ca. 20 m hohen Talschluß und setzt sich dann in der oben schon erwähnten flachen Rinne über die Wasserscheide fort. Die Wan- dungen des Niehuuser Beckens sind an mehreren Stellen von tiefeinge- schnittenen Bachrissen zersägt. Wie bei den anderen Föhrdentälern ist die Entwässerung noch in durchaus unentwickeltem Zustande: In den Becken geringes Gefälle, Flußwiesen und Stauseen, in den Schwellen starkes Gefälle. Bei Norderschmedeby mündet in das Pattburger Tal von Norden das von Gottsche?) erwähnte Kitschelunder Trockental. »Das zweite Tal (Bl. 165) leitet aus dem Winkel, woselbst das südliche und westliche Ufer der Föhrde sich am meisten nähern, südwärts. Nahe und südlich der Stadt zerfällt dasselbe durch eine schmale Schwelle in zwei Paralleltäler. Das östlichere, allseitig von steil abfallenden Wandungen umgebene zirkusartige Tal, dessen tiefste Stelle früher der jetzt zuge- schüttete große Mühlenteich einnahm, endet nach kurzer Entfernung blind. Das westlichere, in dem jetzt ein mehrfach aufgestauter Bach zur Föhrde fließt, führt als eine ca. 500 m breite, besonders anfänglich steil einge- schnittene, allmählich ansteigende und sich verschmälernde und ver- !) Siehe hierzu die Profile V u. VII. ”) Gottsche, Die Endmoränen usw., 8. 41. 68 flachende Rinne zunächst in südwestlicher, später in südlicher Richtung auf die ca. 35 m ü. M. nördlich von Jarplund befindliche, hier ein ebenes Gelände bildende, am Rande der Hügellandschaft gelegene Wasserscheide. « (Struck, Übersicht 8. 134.) Der Hafen mit seiner südlichen Fortsetzung ist also ein dem Pattburger Tal gleichwertiges Föhrdental, nur dadurch von ihm verschieden, daß es teilweise überflutet ist. Es zeigt wie jenes steile Wandungen, Andeutung von Schwellen (zwischen dem Hafen und den Mühlenteichen), ferner eine Endigung mit 20 m hohem Talschluß. Das ihm von Südwesten seitlich emmündende Tal des Mühlenstroms zeigt keine so deutliche Schwellenbildung. Wie das Pattburger Tal Beziehungen zeigt zu dem »großen nordschleswigschen Sandur-Gebiet« und dem Sandur der Soholmer-Au, so tendiert das Flensburger Tal nach dem südlich der Föhrde belegenen Sandur-Gebiet, das teils mit südwestlichem Gefälle in den Soholmer Sandur übergeht, teils mit mehr südlichem Gefälle zum Treene-Sandur zu rechnen ist. Eisrandlagen des Gebiets. 1. Westlichste baltische Eisrandlage. Wie im westlichen Hinterland der Apenrader Föhrde, so fehlen auch hier deutliche Endmoränen. Bereits Gottsche (Endmoränen S. 23) stellte hier eine Lücke von 9 km fest, die er in Zusammenhang brachte mit dem Quellgebiet des Horsbek und der Meyn-Au (nach Westen) und des Kupfermühlenbachs mit dem Kitschelunder-Tal (mach Osten), und auch Struck (Übersicht 8. 133) weist wieder auf das Fehlen der End- moränen hin und konstatiert, dass das westlich der Flensburger Föhrde gelegene (Gebiet als flachwellige Grundmoränenlandschaft zu bezeichnen sei. Immerhin ist die Lage des Eisrandes ziemlich deutlich ausgeprägt und zwar dort zu ziehen, wo sich an den Rand des Geschiebemergel- walles direkt der Sandur mit grobem Geröll anlegt (Bl. 129). Von dem Punkte, wo die Kitschelunder Endmoräne verschwindet, verläuft diese Linie zunächst nach Südwesten und wird westlich von Bau etwa durch die 40 m- Kurve markiert. Hier waren an dem von Bau nach Westen führenden Weg in einer Kiesgrube (ca. 40 m Höhe ü. M.) 2 m geschichtete grobe Grande aufgeschlossen. Die weitere Verfolgung dieser Eisrandlage wird erschwert durch das sich im Westen vorlegende Frösleer Dünengebiet. Der ungefähre Verlauf geht über Fröslee etwa mit der 40-m-Kurve in Südsüdost-Richtung (Bl. 165) zur Ziegelei Harrisleefeldl. Hier waren einige 100 m westlich (in ca. 36 m Höhe ü. M.) 2 m mächtige, stark rötlich gefärbte Blockpackungen zu beobachten. Die Zone setzt sich von hier südöstlich fort bis zur Nordschleswigschen Weiche, wo in mehreren Kiesgruben riesige, meist geschichtete Blockpackungen aufgeschlossen sind. 69 2. Twedter-Staftel. Ähnliche Anzeichen wie bei der Apenrader Föhrde sind auch hier für eine 6—5 km weiter östlich verlaufende Staffel vorhanden. Ziemlich genau in der südlichen Fortsetzung der östlich von Kollund endenden Hönschnaper Endmoräne setzt jenseits der Föhrde eine kuppige Zone ein, deren Westrand etwa durch die Orte Twedterholz, Engelsby, Kl. Adelbylund bezeichnet wird. Die Auffassung dieser Zone als einer Eis- randlage wird bestärkt durch das Auftreten von Blockpackungen bei Twedterholz. In diese Phase dürfen auch die Blockpackungen zu stellen sein, die Gottsche südöstlich des Mühlenteichs fand (Endmoränen S. 24), und die von Struck erwähnten Punkte bei Adelby und Jürgensby (Übersicht $. 134). Die hydrographische Entwicklung des (Gebietes dürfte dem- nach folgendermaßen vor sich gegangen sein: Nach der westlichsten baltischen Eisrandlage, von der aus die Sandur-Flächen aufgeschüttet wurden, bildeten sich beim weiteren Zurückweichen des Eises in den westlichen Enden der Föhrdentäler Stauseen, die zunächst nach Westen abgeflossen zu sein scheinen. Später ist vielleicht eine subglaziale Ent- wässerung nach Norden eingetreten (siehe unten!); in diese Phase dürfen wir die Entstehung des Kitschelunder Tals setzen, das vielleicht den Abfluß eines Stausees nördlich der Föhrde darstellte. 7. Zusammenfassender Überblick über die Hügellandschaft. a) Breite, Höhenverhältnisse, Aufbau, Oberflächenformen. Breite und Höhenverhältnisse. Durch das tiefe Hinein- greifen der Föhrden in die östliche Hügellandschaft geht der Charakter einer einheitlichen Zone, wie ihn das entsprechende Gebiet z. B. in Holstein hat, verloren. Die Breite der Hügellandschaft in Nordschleswig, im Hinterland der Föhrden sehr gering (bei der Apenrader Bucht z. B. 6 km, bei der Flensburger Föhrde sogar nur 4 km), in den Zwischen- föhrdengebieten grösser (z. B. nördlich von Hadersleben 25 km, im Sundewitt mit Einschluss von Alsen sogar 40 km) kann man im Mittel auf ca. 20 km ansetzen. Die größten Höhen sind der Knivsberg mit 97,4 m und der Hoiberg bei Ändrup mit 96,9 m. Es sind die grössten Höhen von Nordschleswig überhaupt, die somit in der Hügellandschaft liegen. Die grösseren Höhen bilden eine mehr oder weniger zusammenhängende, nord-südlich streichende Zone, die in den Zwischenföhrdengebieten meist bogenförmig verläuft und in den Föhrdengebieten unterbrochen ist; eine Ausnahme bildet hier nur die Umrahmung der Apenrader Föhrde, 70 Ziemlich isoliert liegen östlich dieser Zone die Bodenschwellen des Aastruphoi (71,3 m) mit Östwest-Streichen und die Erhebung des Hügeberg (80,5 m) auf Alsen mit Nordsüd Erstreckuug. Aufbau. Nach der oberflächlichen Bedeckung sind vor allem in den Zwischenföhrdengebieten zwei Zonen zu unterscheiden, im Westen eine Zone vorwiegender Bedeeckung mit Geröll und Sand, das Endmo- ränengebiet, im Osten eine Zone vorwiegender Geschiebemergel- bedeckung. Die Grenze zwischen beiden Gebieten, die bereits auf der Meynschen Karte ziemlich richtig angegeben wird, verläuft, wie oben im einzelnen gezeigt wurde, etwa von der Zgl. Satrup (östlich der Bahnstation Farris) südlich über Styding und Weibüll, von hier in süd- östlicher Richtung zum inneren Winkel der Gjenner Bucht, weiter südlich bis Loitkirkeby, um sich dann, den Apenrader Föhrdenwall einschließend, weit nach Westen bis Riis und Bollersleben auszubuchten. Von hier bis Feldstedt nach Osten verlaufend, nimmt sie dann im Sundewitt südliche Richtung an, um in der Umrandung der Flensburger Föhrde wieder eine weite Ausbuchtung nach Westen zu zeigen.) Die Zone vorwiegender Sandbedeckung erleidet also eine Unterbrechung sowohl im Hinterland der Flensburger, wie der Apenrader Föhrde, wo der Geschiebemergel bis an das Sandur-Gebiet heranreicht. In der Endmoränenzone scheint sich fast überall unter der Sand- bedeckung dieselbe frische Grundmoräne wie im Osten zu finden. Sowohl die oberflächlich auftretenden Sande und Grande wie die eine ziemliche Mächtigkeit erreichende Grundmoräne und die mit dieser zusammen vor- kommenden »Bryozoensande« werden jetzt der letzten Vergletscherung zugerechnet. Die Ausbildung und Mächtigkeit des oberen Diluviums, das in Holstein in einer so überraschend grossen Mächtigkeit nachgewiesen ist,?) scheint nach den vorhandenen Aufschlüssen in Nordschleswig ganz ähnlich zu sein, wenn auch zahlenmässige Angaben zunächst noch nicht gemacht werden können. So viel scheint festzustehen, daß die Föhrden größtenteils in Oberdiluvium eingeschnitten sind. Die Oberflächenformen. Das Üharakteristische der östlichen Hügellandschaft ist die außerordentlich unruhige Ausbildung der Ober- fläche. Partien mit geringer ausgeprägtem Relief wechseln ab mit Zonen äußerst kuppiger Ausbildung. Die tiefen Kessel, die scharf eingeschnittenen Täler, die steil aufgewölbten Hügel nit ihren konvexen Böschungen haben für diese Landschaft den Namen »bucklige Welt: hervorgebracht. Hier !) Die eben angegebene Linie ist keine scharfe Grenzlinie. Sowohl finden sich im Endmoränengebiet größere und kleinere Komplexe von Geschiebemergel, wie in der Grundmoränenlandschaft Gebiete mit Sand- und Geröllbedeckung. 2) C. Gagel, Fortschr. in der geol. Erforsch. Schlesw.-Holsteins, Geol. Rundschau II, 1911. S. 417 ff. al ist vor allem das Gebiet der Seen und Moore. Besonders aber spiegelt sich die Unruhe der Oberfläche im Verlauf der Flüsse und Bäche wieder. Gänzlich unausgeglichenes Gefälle, das Abwechseln von Stauseen und Partien starken Gefälles, der Wechsel im Talcharakter sind typisch. b) Die Endmoränen des Gebiets. In sehr instruktiver Weise zeigt Gottsche (Endmoränen S. 10) an der Hand einer aus Literaturangaben über die Moränen verschiedener Gebiete zusammengestellten Tabelle, wie wechselnd Erscheinungsweise, Größenyerhältnisse und Aufbau der Endmoränen sind und wie schwer es ist, ein einheitliches Charakteristikum für Endmoränen zu finden. Für die Feststellung von Endmoränen hat man im wesentlichen zwei Merkmale, 1. solche, die sich auf den Aufbau der betreffenden Bildungen stützen, 2.morphologische, die die Erscheinungsweise berücksichtigen. Während man früher den Hauptwert auf den Aufbau legte, tritt heute die Berück- sichtigung der morphologischen Verhältnisse mehr im den Vordergrund. Aufbau. Als wichtigstes Merkmal gilt das Auftreten von Block- packungen. In ihrer Ausbildung ist in unserem Gebiete ein großer Wechsel zu beobachten. Von geschichteten Sanden und Kiesen bis zum völlig ungeschichteten Gewirr von kopfgroßen Blöcken finden sich alle Übergänge; dabei ist häufig eine Wechsellagerung von feinerem und gröberem Material, Sand, Kies und Blöcken, zu beobachten. Auch ist die Mächtigkeit starken Schwankungen unterworfen. Blockpackungen von wenigen Dezimetern bis zu solchen von 5 und mehr Metern sind zu beobachten. Neben horizontaler Lagerung findet man gestörte Lagerung, Aufpressung der Schichten usw. in mannigfachem Wechsel. Jedenfalls gewinnt man bei der Vergleichung der verschiedenen Aufschlüsse den Eindruck, daß die Ablagerung der Moränen nicht gleich- artig erfolgte. In verschiedener Weise wurden sie durch Aufschüttung und Aufpressung gebildet, und in wechselnder Weise war die Tätigkeit des Wassers beteiligt. So kann man weder von einer einheitlichen Auf- pressungsmoräne sprechen, wie es Olbricht!) tut, noch von einer ein- heitlichen Aufschüttungsmoräne. Formen. Auch die äußere Erscheinungsweise zeigt die mannig- fachsten Unterschiede. Es finden sich schön ausgeprägte Wälle; sie gehen öfter über in eine Kette von hintereinander liegenden elliptischen Hügeln (Moräne westlich von Gjenner). Andererseits treten über I km breite, wallförmige Erhebungen auf, die im einzelnen zahlreiche kleine Kuppen und Wälle zeigen (z. B. die Seegaarder Moräne). Der gleichen Unbeständigkeit begegnen wir, wenn wir die Längenausdehnung betrachten. ") K. Olbricht, Schleswig-Holstein, Geogr. Ztschr. 1909, S. 321. UI Zusammenhängende Züge sind fast immer nur einige’ Kilometer lang, dann hören sie mehr oder minder plötzlich auf, und die Verbindung zu der nächsten ähnlich ausgebildeten Staffel muß konstruiert werden. Öfter kommt es auch vor, daß eine Staffel sich in zwei auflöst; so geht südlich vom Knivsberg die Moräne in mehrere hintereinander liegende Staffeln auseinander, die sich später wieder zu vereinigen scheinen. Man bekommt danach den Eindruck, daß der Rückzug des Eises nicht überall gleich- mäßig erfolgte. Großen Schwankungen ist schließlich auch die Höhenlage unter- worfen. Hier trifft das zu, was schon Boll!) von den Geröllstreifen, die sich später als Endmoränen herausstellten, sagte: daß sie »geradezu durch Täler und über Höhen« verliefen. So steigt z. B. die westliche baltische Moräne bei Rauberg auf den 86,6 m hohen Steinsberg hinauf, während sie sowohl nördlich wie südlich in kurzer Entfernung kaum 50 m hoch ist. Immerhin ergeben sich als charakteristische Merkmale der End- moränen meist wallförmige Ausbildung, Anordnunginflachen Bögen meist senkrecht zu den die Eisbewegungandeutenden glazialen Rinnen, im einzelnen unregelmäßig kuppige Ober- fläche, und meist Aufbau aus Blockpackungen. Häufig hört die Endmoräne als solehe überhaupt scheinbar auf (so besonders im Hinterland der Apenrader und Flensburger Föhrde). Hier aber treten Erscheinungen auf, die als Äquivalente von Endmoränen zu betrachten sind. In beiden Fällen, wie auch im Hinterland des Hoptruper Föhrdentals, legt sich der Sandur direkt an den Abfall der Hügelland- schaft, und man hat in dieser Grenzlinie eine Eisrandlage zu sehen. Schließlich ist noch die Markierung einer Eisrandlage durch die eigen- tümliche kleinkuppige Ausbildung zu erwähnen, wie sie beim Apenrader sowohl wie beim Flensburger Föhrdenwall gefunden wurde, wo der gleich- mäßig östlich und westlich der Eisrandlage vorhandene Geschiebemergel sich nur durch die oberflächliche Ausbildung unterscheidet. Wichtige zusammenhängende Eisrandlagen. Gottsche, der die von ihm nachgewiesenen Bildungen als einheit- liche Endmoräne ansah, unterschied in dieser in Nordschleswig von Norden nach Süden drei Teile (Endmoränen S. 41): 1. Haraldsholm —Woyens, bisher ungenügend bekannt. 2. Woyens—Osterlygum; drei deutliche Bogen: Woyens—Witt- stedt; Wittstedt— Skovby; Skovby—Osterlygum resp. Andholm; dann Lücke von 12 km. 3. Felsbekhof— Flensburger Föhrde; gleichfalls drei deutliche Bogen: Felsbekhof resp. Hostrupkratt—Seegaard; Seegaard— Holebüll; Holebüll—Kitschelund; dann Lücke von 9 km. Y) E. Boll, Geognosie der deutschen Ostseeländer, Neubrandenburg 1846, S. 106, 75 Gottsches Zug ist, wie öfter erwähnt, keine einheitliche End- moräne, sondern gehört verschiedenen Phasen an. Struck (Übersicht S. 130) setzte die Gottschesche Moräne nördlich über Styding nach Zgl. Satrup fort; er erkannte ferner, daß die Seegaarder Endmoräne einer jüngeren Phase angehöre, und nahm hier die äußere baltische Eisrand- lage in einer von Uk über Wilsbek nach Kitschelund streichenden Zone an. So war die Begrenzung der östlichen Hügellandschaft und die Lage der äußeren baltischen Moräne in großen Zügen festgelegt. Sie konnte hier nur im einzelnen noch genauer angegeben werden. Neben dieser westlichsten baltischen Eisrandlage hebt sich aus den zahlreichen Staffeln noch eine jüngere zusammenhängende Phase heraus!). 1. Westlichste baltische Eisrandlage. (Aufschüttung der Heideebenen.) Die Möglichkeit, eine einheitliche äußere Randlage anzunehmen, setzt die Annahme voraus, daß die Aufschüttung aller Sandur-Ebenen gleichzeitig erfolgte. Die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme ist sehr groß; überall dort, wo sich zwei Sandur-Ebenen vereinigen, nehmen sie das gleiche Niveau ein (z. B. Vereinigung des Gramm- und Gjels-Sandurs) ; ebenso gehen, wenn mehrere Aufschüttungskegel einen Sandur zusammen- setzen, diese unmerklich ineinander über. So ist eine westliche äußerste Grenze für die Lage der Endmoränen gegeben: die östlichen Enden der Sandur-Gebiete. Auf Grund der oben betrachteten Einzelstücke kommen wir also zur Konstruktion der folgenden Eisrandlage. (Siehe Tafel 1.) Etwa von Oberjels verlief der Eisrand in südlicher Richtung über Bahnhof Sommerstedt bis westlich Woyens, dann mehr südöstlich bis in die Gegend westlich des Rykberg-Sees; hier bog er nach Süden und Südwesten um, um an dem Südost-Rande des Gjels-Sandurs entlang über Abkjer zum Steinsberg hinaufzusteigen. Von hier mit südöstlicher Richtung auf Rotenkrug verlaufend, an dem Westende des Apenrader Walles etwa durch den Ochsenweg markiert, bog der Eisrand bei Peters- burg nach Osten um, nahm dann zwischen Torp und Röllum wieder südliche Richtung an, um über Klipleff bis Norderschmedeby zu verlaufen, von wo er im Hinterland der Flensburger Föhrde wieder eine Ausbuchtung nach Westen zeigte. Die eben angegebene Linie hat auch als westliche Grenzlinie der baltischen Hügellandschaft zu gelten. Wir dürfen dies Stadium als gleichzeitig mit den äußersten baltischen Endmoränen in Jütland ansehen, an die sich die ") Auch in den östlichen Partien der Hügellandschaft würden sich wahrscheinlich bei genauerer Untersuchung noch eine Reihe von Rückzugsphasen nachweisen lassen; die vorliegende Arbeit beschränkt sich hier wesentlich auf die eigent‘ lichen Endmoränenregionen. 74 Bildung der großen jütischen Heideebenen anschließt, weswegen Ussing') dies Stadium »De store Hede-sletter Dannelsestid« nennt, Der Eisrand setzte sich also nach Norden auf der Mitte der Halbinsel fort, um südwestlich von Wiborg scharf nach Westen umzubiegen und bei Bovbjerg die Nordsee zu erreichen. Nehmen wir als Hauptcharakteristikum dieser Phase die Aufschüttung der Sandur-Flächen an, so ist andererseits die südliche Fortsetzung der Endmoräne, wie bereits von Struck?°) hervorgehoben ist, weiter an der westlichen Grenze der baltischen Hügellandschaftzur südlichen baltischen Endmoräne Holsteins und Mecklenburgs°) zu ziehen. 2. Knivsberg- Stadium. Dies Rückzugsstadium läßt sich ziemlich zusammenhängend über ca. 40 km verfolgen und ist durch außerordentliche Frische der Formen ausgezeichnet. Die Lage des Eisrandes nördlich des Hoptruper Föhrden- tals ist zunächst unsicher; südlich von diesem verlief der Eisrand auf der Moräne des Potthoi südöstlich, weiter in Südrichtung westlich an dem Orte Gjenner vorbei auf Bodum und kreuzte hier, die westliche Grenze der kleinkuppigen Landschaft bildend, den Apenrader Föhrden- wall. Im größten Teil des Sundewitts wird er durch die ausgezeichnete Seegaarder und Hönschnaper Endmoräne gebildet, die am Südufer der Flensburger Föhrde ihre Fortsetzung über 'Twedterholz zur östlichen Be- grenzung des großen Mühlenteichs findet.‘) Die Entfernung dieses Stadiums von der äußeren Moräne ist in unserm Gebiet verschieden. Bei Wittstedt kommen sie sich sehr nahe, entfernen sich aber nach Süden wieder, so daß die Entfernung bei Gjenner bereits wieder 5—6 km beträgt. Ebenso nähern sie sich bei Kjelstrup im Sundewitt bis auf 1 km, während die Entfernung eben nördlich der Flensburger Föhrde wieder 4 km beträgt. Die Fortsetzung dieser- Phase nach Norden ist mit großer Wahr- scheinlichkeit über Styding zu dem morphologisch sehr ähnlich aus- gebildeten Hügelzug des Hoibergs bei Andrup zu ziehen. Weiter läßt sich die Vermutung äußern, daß dies Stadium gleichzeitig sei mit !) Ussing, Danmarks Geologi, 2. Aufl, Kopenhagen 1904, S. 251. Übersicht, S. 139. Die von Ussing (a. a. O. S. 252) gegebene Karte der Ausbreitung des baltischen Stadiums dürfte insofern zu verbessern sein, als in Holstein und Mecklen- burg nicht die »nördliche«, sondern die »südliche« baltische Hauptendmoräne als Grenze dieses Stadiums zu gelten hat. *, W. Wolf scheint Teile dieser Moräne im Auge zu haben, wenn er von der »schleswigschen Hauptendinoräne« spricht, ohne über ihren Verlavf genauere Angaben zu machen. Ztsch. D. geol. Ges. Bd. 61, 1909, Mon.-Ber. S. 226. UHR 75 der von Harder!) nachgewiesenen, die jütischen Föhrden bogenförmig umrahmenden jungbaltischen Endmoräne. Da im südlichen Schleswig bisher genauere Untersuchungen fehlen, läßt sich ferner nur vermuten, daß diese jungbaltische Endmoräne mit der »nördlichen baltischen Moräne« Holsteins und Mecklenburgs zu ver- binden sei. Ein eigentümlicher Umstand, auf den auch Struck?) aufmerksam macht, verdient noch besonders hervorgehoben zu werden: das voll- kommene Fehlen größerer Sandur-Gebiete in der Moränenlandschaft im Anschluß an jüngere Phasen. Wohl deuten Anzeichen darauf hin, daß jüngere Schmelzwässer nach Westen abflossen, doch waren sie offenbar verhältnismäßig geringfügig und der Schuttgehalt nicht sehr groß, sodaß es nicht zur Aufschüttung von Sandur-Ebenen kam. ec) Die Föhrden und Föhrdentäler. Eine der auffälligsten und charakteristischsten Erscheinungen der zimbrischen Ostküste sind die Föhrden. Vom Limfjord bis zur Kieler Bucht ist die Föhrdenküste ausgebildet, die man auch als »zimbrischen Küstentyp« bezeichnet hat. Diese Küstenstrecke tritt dadurch in einen gewissen Gegensatz zu der übrigen deutschen Ostseeküste, als in diesen Gebieten im allgemeinen ein glatter, ausgeglichener Küstenverlauf zu be- obachten ist. Zu den in unserem Gebiet vorhandenen Föhrden, der Haderslebener, Gjenner, Apenrader, Flensburger und Alsen-Augustenburger Föhrde, haben wir, wenn wir von der Wasserbedeckung als etwas Sekundärem absehen, noch eine Reihe von über dem Meeresspiegel gelegenen Mulden zu rechnen, die im übrigen wie Föhrden ausgebildet sind (so die Heilsminder Bucht mit ihren Fortsetzungen, das Silleruper Tal, die Graruper Rinnen, das Hoptruper Tal usw.). Richtung, Länge und Breite. Im Verlauf der Mulden wiegen zwei Hauptrichtungen vor, eine von Nordosten nach Südwesten ; ihr folgen die Haderslebener, Apenrader und der innere Teil der Flens- burger Föhrde; eine zweite von Südosten nach Nordwesten, ihr folgen die Heilsminder Bucht, die Graruper Rinnen, das Hoptruper Tal, die Alsen-Föhrde und die äußere Flensburger Föhrde. Vergleicht man die Länge?) des Haupttals der verschiedenen Mulden, so ist die Flens- ') P. Harder, En östjydsk Israndlinje, Danmarks geol. Unders., 2. Räkke, No. 19, Kopenhagen 1908. 2) Übersicht, S. 139. ®) Einige Zahlen über Länge und Breite der Föhrden gibt Bartels (Gestalt der deutschen Ostseeküste. Diss. Rostock 1908. $. 14). Doch vergleicht er nur die wasserbedeckten Teile. 76 burger Föhrde mit ca. 40 km bei weitem die längste. Ihr folgt das Haderslebener Tal mit ca. 27 km, während die Apenrader Mulde 12 km, die Hoptruper 8km und die Gjenner Bucht nur 5 km lang ist. Ähnliche Unterschiede ergeben sich, wenn wir die durchsehnittliche Breite vergleichen. Die Haderslebener, die Hoptruper und die Heilsminder Mulde haben eine durchschnittliche Breite von 1 km, die Apenrader Föhrde eine solche von 3 km und die Flensburger Außenföhrde ist 4—10 km breit. Dementsprechend sind die äußeren Formverhältnisse der Mulden ganz verschieden. Beim Haderslebener Tal ist das Verhältnis von Länge zu Breite wie 27 : 1; das andere Extrem bildet die Apen- rader Bucht mit einem Verhältnis von 4 : 1, während sich das Ver- hältnis bei der Heilsminder und Hoptruper Mulde etwa wie 8 : 1 stellt. Tiefenverhältnisse Als wichtigster Umstand ergibt sich die Tatsache, dass sich die Föhrden aus mehreren hintereinander liegenden Becken zusammensetzen, ein Umstand, auf den neben Geinitz!) vor allem Werth?) hingewiesen hat. So zerfällt die Flensburger Föhrde in die Becken der Außen- und Innenföhrde; im Haderslebener Tal sind 4 Becken hintereinander zu konstatieren, im Hoptruper Tal mindestens 2 usw. Des öfteren finden sich dort Schwellen, wo sich die Föhrden von der Ostsee abzweigen. So liegt vor der Flensburger Föhrde der Breit- grund, ähnlich wie vor der Eckernförder Bucht der Stoller- und Mittel- grund liegen Eine entsprechende Lage nimmt die Insel Barsö vor der Gjenner Bucht ein, und für die Barren vor dem Schliefsee, dem Bankel- damm und der Heilsminder Bucht möchte man eine ähnliche Grundlage von Schwellen voraussetzen. Fortsetzung in Föhrdentäler. Ein weiterer gemeinsamer Zug fast aller Föhrden ist die Verzweigung der westlichen Enden in eine Reihe von Tälern. So ist bei der Apenrader Föhrde ein System von mindestens drei verschiedenen Tälern vorhanden, bei der Flensburger Föhrde eine Fortsetzung in zwei Täler, ebenso bei der Hoptruper Föhrde usw. Es verhält sich also jede Föhrde wie ein Zentral- becken, von dem aus radial die Zweigbecken ausstrahlen. Unter den die eigentlichen Föhrden fortsetzenden Tälern sind zwei Gruppen zu unterscheiden, einmal solche, die die charakteristischen Eigenschaften der Föhrden fortsetzen, die eigentlichen Föhrdentäler, und eine zweite Gruppe, die diese Eigenschaften nicht zeigen. Zur erstgenannten Gruppe gehören z. B. alle die Apenrader Föhrde fortsetzenden Täler, die Täler der Hoptruder Mulde, ferner die die Flensburger Föhrde direkt fort- !) E. Geinitz, Die geogr. Veränderungen des südwestl. Ostseegebiets, Pet. Mitt. 1903, 8. 28. ®) W. Weıth, Studien zur glazialen Bodengestaltung usw. Ztschr. d. Ges. für Erdkunde, Berlin 1907, S. 92. 17 setzenden Täler usw., während wir zu der anderen Gruppe das Kitsche- lunder Tal (Flensb. F.), das des Woyensbek und das Högelunder (Hadersl. Tal) u. a. rechnen müssen. Scheiden wir die zuletztgenannten Täler zunächst aus der Betrach- tung aus, so ergibt sich für die anderen, die Föhrdentäler im eigent- lichen Sinne, im einzelnen eine Fortsetzung der für die Föhrden eigentümlichen Charaktere. Es sind durchgängig breitsohlige Täler mit U-förmigem Querschnitt und flachem, unregelmässigem Talboden, von dem zu beiden Seiten die Ränder steil ansteigen. Die Böschungen sind meist ziemlich stark; hier finden sich Werte von 10°, 15°, ja bis 25°. Die Eintiefung der Täler in ihre Umgebung beträgt meist 20—30 m, geht aber bei den Tälern der Apenrader Föhrde bis über 40 m. Vor ‚allem aber zeigen sich auch diese Täler zusammengesetzt aus mehreren hintereinander liegenden Becken, die durch Schwellen von einander ge- trennt sind. So fanden sich in dem Brunder Föhrdental mindestens drei deutliche Schwellen, im Pattburger Tal mindestens zwei Schwellen usw. Die Schwellen ragen häufig bis 20 m über die oberhalb gelegenen Becken empor. Bei der Lage der Schwellen ließ sich eine gewisse Regelmäßigkeit feststellen. Besonders häufig treten dort Schwellen auf, wo sich zwei Täler verzweigen oder vereinigen. So liegt im Brunder Tal die Schwelle bei Karlsminde dort, wo das Tal mit der von Osten kommenden Talung kommuniziert; die Wartenberger Schwelle im Hoptruper Föhrdental ist dort ausgebildet, wo dieses die zum Haderslebener Damm führende Talung abzweist. Die Flensburger Föhrde zeigt dort eine Schwelle, wo sie sich in zwei Endtäler verzweigt. Verschiedentlich ist die westliche Endigung der Täler als Talschluß ausgebildet, den besonders schön z. B. das Pattburger Tal, das Flensburger beim großen Mühlenteich, ‚ebenso das Taarninger Tal zeigen. Der Verlauf der Föhrdentäler ist charakterisiert durch die Lage zu den Endmoränen. Senkrecht zu diesen gerichtet, tendieren sie zu ihnen hin und erreichen an ihnen ihr Ende. Meist zeigen die Moränen in der Fortsetzung der Täler deutliche Unterbrechungen (so dort, wo das Haderslebener Föhrdental auf die Endmoräne bei Woyens trifft, bei Wittstedt und Skovby, wo die Rinnen des Hoptruper Tals die Endmoräne kreuzen, bei Bau usw.), und an diese Punkte schließen sich westwärts die Aufschüttungsregionen der Sandur-Gebiete an. Die oben von den Föhrdentälern getrennten Rinnen (Kitschelunder, Högelunder Tal usw.) unterscheiden sich von ersteren vor allem durch die gleichmäßige Neigung des Talbodens und die gleichmäßige Zunahme von Tiefe und Breite. Es handelt sich bei ihnen wohl meist um subaärische Schmelzwassertäler. Entstehung der Föhrden. Die Föhrden sind das Zentralproblem der Morphologie Schleswig-Holsteins. Da die Frage ihrer Entstehung in jüngster Zeit häufiger behandelt ist, gehen wir auf die älteren Hypothesen nicht weiter ein. (Genauere Darlegung bei Struck, Übersicht $. 77 und. 140.) Nachdem die Voraussetzungen der Haas’schen Föhrdentheorie !) sich als nicht mehr zutreffend herausgestellt hatten, wurde auf Grund neuerer Untersuchungen von Struck?) eine andere Hypothese der Föhrden- bildung aufgestellt. Nach ihm sind die Föhrden successive mit dem Zurückweichen des Eises nach Osten ausgefurcht worden als nach Westen fallende Täler der vom Gletscher abfließenden Wässer; ihre Bildung geschah also subaörisch. Erst durch die Litorinasenkung gerieten diese Täler unter den Spiegel der Ostsee, und hierauf ist nach Struck die Umkehrung des Gefälles zu einem westöstlichen und die Umgestal- tung der Rinnen zu den heutigen Föhrden zurückzuführen. Die Becken- bildung in den Föhrden hat nach Struck ihre Ursache darin, daß einmal die Erosion der Schmelzwässer nicht immer gleichmäßig wirkte, andererseits die verschiedene Beschaffenheit der Ablagerungen (lockere Sande, Tone) der Erosion verschiedenen Widerstand bot. Struck nimmt diese Erklärung für alle Föhrdentäler und die seitwärts in sie einmün- denden Rinnen an: sie alle sind ein Produkt der Erosionstätigkeit der subaärisch von Osten nach Westen fließenden Schmelzwässer der letzten Vereisung. Gegen diese Anschauung führte schon W. Wolf£f°) 1909 an, daß sie zur Annahme einer Sattellinie in der Mitte von Schleswig-Holstein zwänge, von der aus östlich und westlich eine Senkung der Küste er- folgt sei. Alle Anzeichen sprächen aber dafür, daß es sich um eine regionale Krustenbewegung handle und die Absenkung der beiden Küsten um ca. 20 m im Osten und Westen gleichzeitig mit dem ganzen Lande erfolgt sei. Wolff nimmt dementsprechend zwar eine größere Höhen- lage des ganzen Gebietes, aber gleiche Neigungsverhältnisse der eisfreien Landesteile wie gegenwärtig an. Zur äußersten baltischen Eisrandlage herrschte also eine nach Westen gerichtete Entwässerung. In jüngerer bal- tischer Zeit aber, als das Eis nicht mehr bis auf die Wasserscheide reichte, entwickelte sich unter dem Beltgletscher ein System von Boden- strömen, das seinen Weg, der allgemeinen Neigung folgend, nach Norden nahm und schließlich durch die Belte und das Kattegat mit dem atlantischen Ozean kommunizierte. ') H. Haas: Warum fliesst die Eider in die Nordsee? Kiel, 1886, und: Studien über die Entstebung der Föhrden usw., J. Lehmanns Mitteilungen aus dem mineral. Institut der Universität Kiel, Band I, S. 14 ff. Kiel 1888. 2) Struck. Der baltische Höhenrücken in Holstein, Mitt. d. geogr. Ges. Lübeck 2. Reihe, Heft 19, 1904, $. 71, und Übersicht $. 141 ff. s) W. Wolff, Über die Entstehung der schleswigschen Föhrden. Ztschr. d, D. geol. Ges. 1909, Mon-ber. S. 224 ff. 79 Gegen die Strucksche Anschauung ist weiter noch anzuführen: wenn die Täler ein Gefälle nach Westen hatten, so müßten sie in der Abschmelzezeit mindestens 50 m höher gelegen haben als jetzt. Es scheint aber festzustehen, daß die Litorinasenkung ein weit geringeres Ausmaß gehabt hat. (Nach Gagel!) hat die Senkung höchstens 20 m betragen.) Höchst auffällig wäre bei der anzunehmenden Sattellinie in Schleswig auch der Umstand, daß sie auf der ganzen Linie genau mit der Endmoränenregion zusammenfallen würde. Der wichtigste Einwand gegen die Strucksche Hypothese liest aber im Relief der Täler selber. Angenommen, die Ostseeküste hätte damals um 50 m höher gelegen und die Föhrden seien als nach Westen fallende Täler vor dem Eisrand gebildet. Dann müßte damals ein ein- heitliches, gleichsinniges Gefälle nach Westen existiert haben. Welches Bild aber mußte entstehen, wenn nun durch die Litorinasenkung die östlichen Teile unter Wasser getaucht wurden? Offenbar müßten wir gleichmäßig entwickelte Rinnen von Osten nach Westen erwarten, mit einer flachen Talwasserscheide in der Endmoränenregion und von hier aus ein gleichmäßiges Gefälle nach Westen und Osten. Das gleichmäßige Gefälle nach Westen ist vorhanden in den Sandur-Gebieten, im Osten dagegen haben wir die mit einem Talzirkus beginnenden Föhrdentäler mit ihren Stufen und Schwellen, wechselnder Breite usw., Erscheinungen, deren Erklärung durch selektive Erosion, wie Struck annimmt, wohl nicht ausreicht. Die Föhrdentäler sind in ihrer Ausbildung so typisch glazial, daß an ihrer Bildung oder wesentlichen Ausgestaltung unter dem Gletscher kein Zweifel sein kann. Zwar ist in bestimmten Fällen anzunehmen, daß sich in der Ab- schmelzphase in den westlichen Enden der Föhrdentäler Stauseen bildeten, die nach Westen überflossen; aber es dürfte das nur kurze Zeit der Fall gewesen sein, sonst wäre eine viel größere Verwischung und Ausfüllung der glazialen Formen erfolgt, als sie tatsächlich zu beobachten ist. Dann aber hat sich vielleicht eine subglaziale Entwässerung nach Norden ein- gestellt, wie Wolff es annimmt. Das Relief der Föhrdentäler spricht aber ebenso gegen die von Wolff?) für einige Föhrdentäler (wie das Pattburger und das Flens- burger Tal) angegebene Erklärung, diese seien gebildet durch Schmelz- wässer, die von toten, im Moränengebiet liegengebliebenen Eisresten zu den freigewordenen westlichen Enden der Föhrden hinabströmten. Eine derartige Entstehungsweise mag für bestimmte, den Föhrdentälern seitlich zufließende Rinnen (wie z. B. das Kitschelunder und das Höge- ') C. Gagel, Fortschritte in der geol. Erforsch. Schleswig-Holst., Geol. Rund- schau Bd. 2, S. 428. ”) W. Wolff, Bericht über die Exkurs. usw., Ztschr. d. D. Geol. Ges., Bd. 61. 1909. S. 445. lunder Tal) in Betracht kommen, — wenngleich man hier in vielen Fällen eher an abfließende glaziale Stauseen denken möchte; — für die richtigen Föhrdentäler dürfte diese Bildungsweise ausgeschlossen sein. Der plötzliche Talbeginn, das unregelmäßige Bodenrelief finden auf diese Weise keine ausreichende Erklärung. | In Bezug auf die Morphologie bestätigt demnach die vorliegende Untersuchung im einzelnen durchaus das, was von Werth!) bereits allgemein herausgearbeitet ist. Die Föhrden- und Rinnenseen in der Um- gebung der westlichen Ostsee sind nach seiner Auffassung radial ange- ordnete Rinnenbecken des ehemaligen Beltgletschers (siehe Skizze zur erstgenannten Arbeit). Charakteristisch ist die Zusammensetzung aus mehreren hintereinander liegenden Becken, die durch Schwellen oder Stufen voneinander getrennt sind und meist mit einer Endböschung. ab- schließen. Solche gegen den ehemaligen Eisrand zu geschlossene Rinnen stellen nach Werth die Fundamentalform der Erosionsgebilde in den alten Gletschergebieten dar. Die Föhrden wurden ausgefurcht durch subglaziale Schmelzwasserströme, die in der Richtung der Druckentlastung, d.h nach dem Eisrande hin flossen und, unter hydrostatischem Drucke stehend, erodierend wirken und sich auch bergan bewegen konnten. Nach dem vorher Gesagten können wir uns von dem Entwicklungs- gang der Föhrdentäler folgende Vorstellung machen. Inwieweit die erste Anlage der Föhrden durch tektonische Linien bedingt ist, wie Haas‘) es annahm, entzieht sich zunächst noch unserer Kenntnis, ebenso wie weit solche Mulden von vorbaltischen Flüssen benutzt wurden. Soviel aber läßt sich von den heutigen Formen der Föhrdentäler sagen, daß sie ihre wesentliche Ausgestaltung durch subglaziale Schmelz- wasserströme erfahren haben. Die besonders von Ussing und Werth hierzu beigebrachten Argumente, die durch die vorliegenden Unter- suchungen bestätigt wurden, lassen keine andere Deutung zu. Nach dem vollkommenen Verschwinden des Eises trat mutmaßlich zunächst einnormaler fluviatiler Erosionszyklus ein, denn nach ) W. Werth, Studien zur glazialen Bodengestaltung usw., Ztschr. d. Ges. f. Erd- kunde, Berlin 1907, S. 27 ff. > Das Eiszeitalter, Leipzig, Göschen 1909, S. 38 ff. > Fjorde, Fjärde und Föhrden, Ztschr. f. Gletscherkunde, Bd. III, S. 346 ff., 1908/9. » Zur Entstehung der Föhrden, Ztschr. d. D. geol. Ges., Bd. 61, 1909, S. 401 ft. ®) Haas, Studien über die Entstehung der Föhrden, J. Lehmanns Mitteilungen a. d. Mineral. Inst. d. Univ. Kiel. I, S. 14 ff. 1888, 81 allen Anzeichen!) hatten wir an der heutigen Ostküste zur Yoldia-Zeit und wahrscheinlich auch zur Ancylus-Periode noch Land, das den ganzen westlichen Teil der Ostsee einnahm. Die Wasserscheide mag damals bereits die heutige Lage gehabt haben. Das nach Osten abfließende Wasser bildete zahlreiche Stauseen in den reihenweise hintereinander liegenden Depressionen. Nachdem dann durch die Litorinasenkung das Land um ca. 20 m gesunken war und die Ostküste im wesentlichen die heutige Konfiguration erhalten hatte, entwickelten sich die Föhrden- täler in zwei verschiedenen Richtungen weiter. Die untergetauchten öst- lichen Partien wurden einem marinen Erosionszyklus unterworfen, durch den aus den Föhrdentälern unsere heutigen Föhrden wurden. °?) Es entstanden die charakteristischen Steilufer (Klinte), Rundbuchten und Nehrungen; und heute haben wir schon an vielen Stellen ausgeglichene Küsten. Eine gute Anschauung von den vorhandenen Küstenformen geben die zahlreichen Photographien und Skizzen, die Reinke°) seiner Arbeit über die Küsten Schleswigs beigegeben hat. Aber auch die nicht untergetauchten Föhrdentäler blieben nicht unverändert. In ihnen arbeitete der normale fluviatile Erosionscyklus weiter. Immer mehr wurden die Schwellen durchsägt und die Becken ausgefüllt; die Gehänge an den Seiten werden durch Bachrisse zerlappt und langsam abgeböscht. Heute sind fast alle Föhrdentäler an die nach Osten gerichtete Entwässerung angeschlossen. Der Lauf der Bäche ist aber noch vollkommen unausgeglichen, es wechseln Partien starken Ge- fälles ab mit solchen, in denen ein Gefälle fast fehlt. Noch sind die glazialen Züge frisch, aber hier wie dort, auf dem Lande wie im Meere arbeiten die heute wirkenden Agentien an der Zerstörung und Umgestaltung der Formen. ') Vgl. R. Credner, Über die Entstehung der Ostsee, Geogr. Ztschr. Bd. 1895, S. 537 ff. und Schmidt und Spethmann, Die Ostsee, Geogr. Anzeiger Bd. VIII, 1907, S. 121 ff. In einer nach Abfassung dieser Arbeit erschienenen Untersuchung »Über die Entstehung der Föhrden Schleswig-Holsteinse (S.-A. a. d. Jahrb. Kgl. Pr. Geol. L.-A. £.1912, Bd. XXXIII, TeilI, Heft 3) bezeichnet Wahnschaffe die Föhrden als ertrunkene Seen an den Küsten formenreicher glazialer Aufschüttungs- gebiete. Das stimmt mit der oben dargelegten Auffassung insofern überein, als dort auch in der Vorlitorinazeit in den Föhrdentälern eine Reihe von hintereinander liegenden Seen angenommen werden. Auf die Entstehung der eigentlichen glazialen Rinnen, die doch das Primäre sind und deren nur teil- weise Ausfüllung die Seen darstellen, geht W. nicht ein. De ®) J. Reinke, Botanisch-geologische Streifzüge an den Küsten des Herzogtums Schleswig, Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen, Neue Folge, 8. Band, Ergänzungsheft, Abteilung Kiel, Kiel und Leipzig 1903, 82 d) Vergleich des baltischen Gebiets in Nordschleswig mit der übrigen baltischen Zone. Ein Vergleich der baltischen Zone, begrenzt durch die äußere baltische Endmoräne,') in den verschiedenen, die westliche und südliche Ostsee umrahmenden Gebieten zeigt einige interessante Ergebnisse, Gerade in Schleswig findet sich ein Minimum der Breite und Höhe dieser Zone. Illustriert man die Höhenverhältnisse durch die höchste Er- hebung eines jeden Gebietes, so ergibt sich: Jütland .....:... .. . Ejer, Bavnehoi.'. .. 172 m Nord-Schleswig . Knivsberg .... 97m Holsteing ..1,:. 2, Bunesbergy. 26. 2.001642 Mecklenburg . . Helpter Berg .. .179 m Hinterpommern N n i Be le Dpomtten Turmberg . . . . .35l m Also ein Minimum der Erhebung in Schleswig; von hier steigen die Höhen sowohl nach Süden wie nach Norden an. Dasselbe Verhältnis ergibt sich, wenn wir die durchschnittliche Breite der Zone in Betracht ziehen, wie die folgende Tabelle zeigt: Jütland . . . "2 2....ca. 40— 60 km rs chlee 30J. Ara >20 » Holstein, Models. ....».40— 50 » Odergebiet . 1... .. ,.. = »,.,100—120.3 Hinterpommern . .. 1.2.57 70 » Die geringste Entfernung der Moräne von der Ostsee beträgt nur 4 km (im Hinterland der Flensburger Föhrde), eine Küstennähe, die in keinem anderen Gebiete vorhanden ist. Eine auffällige Erscheinung ist ferner das Zurücktreten des Seenphänomens in Schleswig, das für die übrigen baltischen Gebiete das erste Charakteristikum ist. In ganz Nord-Schleswig gibt es nur 6 Seen, die über 50 ha groß sind. Der größte, der Haderslebener Damm, mit ca. 3 qkm, reicht nicht im entferntesten an die übrigen großen baltischen Seen (Großer Plöner See 47 qkm, Müritz 133 qkm, Spirding- See 106 qkm) heran. Auch hier zeigt sich, sowohl was Zahl wie Größe der Seen anbelangt, eine Zunahme nach Norden, zum jütischen Seen- gebiet bei Skanderborg, wie nach Süden zur holsteinischen Seenplatte. Für das Seenphänomen aber stellt sich eine andere Erscheinung ein, die !) Als Grenze ist in Holstein und Mecklenburg die südliche baltische Endmoräne, weiter die südliche uckermärkische Moräne, die in großem, nach Süden aus- weichendem Bogen den Odergletscher begrenzte, und die hinterpommersche Moräne bis zum Türmberg bei Danzig genommen. 33 Föhrden. Wie oben ausgeführt wurde, sind diese wahrscheinlich aus rinnenförmigen Senken entstanden, in denen mehrere Seen hintereinander lagen, die erst durch die Litorinasenkung zu zusammenhängenden Meeres- buchten vereinigt wurden. In den anderen baltischen Seenplatten liegt auch heute noch die Hauptmenge der Seen in untereinander ziemlich parallelen, in der Richtung der Eisbewegung verlaufenden Rinnen. Diese den Föhrdentälern durchaus analogen Bildungen bestehen wie jene aus mehreren hintereinander liegenden Becken (wie z. B. die Rinne, in der von Norden nach Süden der Krakower, Drewitzer und Plauer See in Mecklenburg liegen). Der Unterschied gegenüber den zimbrischen Föhrden besteht nur darin, daß die Täler der letzteren in der Postglazialzeit unters Meer gerieten und marin umgestaltet wurden, während in den anderen Gebieten die subaörische Denudation weiter wirkte. Werth!) ist der Ansicht, daß wir bei der mecklenburgischen und pommerschen Küste deshalb heute nicht den Eindruck einer Föhrdenküste hätten, weil die postglazialen marinen Veränderungen durch Strandwälle, Dünenketten, usw. hier bedeutend größer wären als in der Beltsee. Der wichtigste Faktor für diesen Unterschied ist aber die tiefere Lage des baltischen Höhenrückens in Schleswig. Die der Föhrdenzone aequivalente Seenzone ist vor allem an die zentralen Partien des baltischen Höhenrückens direkt innerhalb der baltischen Moräne gebunden und nimmt nach Norden zu den nördlichen Vorstufen des Höhenrückens ab. Weilin Schleswig durch Senkung Teile der zentralen Partien unter den Meeresspiegel gerieten, haben wir hier eine Föhrdenküste. In Mecklenburg und Pommern können wir deshalb nicht von einer solchen sprechen, weil das Meer nur an den Saum des baltischen Höhenrückens hinanreicht.?) II. Die Geest. Die mittlere Zone Schleswig-Holsteins, die Geest, erstreckt sich in unserm Gebiet mit einer durchschnittlichen Breite von 40 km in nord- südlicher Richtung. Die Meynsche Unterscheidung der schwach nach Westen geneigten Heideebenen und der höheren Heiderücken tritt sowohl topographisch wie auch nach der Zusammensetzung außerordentlich ‘) Werth, Studien zur glazialen Bodengestaltung in den skandinavischen Ländern, Ztschr. d. Ges. f. Erdkunde, Berlin 1907, S. 197. °) In der oben erwähnten, jüngst erschienenen Arbeit »Über die Entstehung der Föhrden Schleswig-Holsteins« äußert Wahnschaffe die mit den vorste- henden Ausführungen nahe übereinstimmende Ansicht, daß die Föhrdenküste Schleswig-Holsteins durch das Zusammenwirken zweier Faktoren geschaffen sei: durch die Lage des seenreichen baltischen Höhenrückens unmittelbar an der westlichen Ostsee und durch das Untertauchen des formenreichen Küstengebietes während der Litorinasenkung. 6* 84 scharf hervor. Die höheren Gebiete, die, wie gezeigt werden wird, ein grösseres Alter als die östliche Hügellandschaft besitzen, bezeichnen wir als präbaltische!) Diluvialplateaus, die niedriger gelegenen, flach nach Westen geneigten Flächen, die sich als Bildungen der ehemaligen Schmelzwasserströme zu erkennen geben, als Sandur-Gebiete. Die Geest unseres Gebietes zeigt sich aus diesen beiden, im einzelnen Ost- West streichenden, mit einander verzahnten Elementen zusammen- gesetzt. Es folgen von Norden nach Süden das Röddinger Plateau, der Sandur der Gramm-Au, der Kastruper Rücken, der Sandur der Gjels-Au, das Toftlunder Plateau, der »große nordschleswigsche Sandurs, das Tondernsche Gebiet, dem grossen Sandur im Westen vorgelagert, der Medelbyer Rücken. Sy DES . o u er) [0,e) 1. Die präbaltischen Gebiete. a) Das Röddinger Plateau. Das Röddinger Diluvialplateau wird zum größten Teil von Sandur- Gebieten begrenzt, zu denen es meist mit einer Steilkante abfällt. Im Norden ist gegen das weite Urstromtal der Königsau von Kalslund bis nach Skudstrup ein fast 20 km langes Steilufer ausgebildet, das bei Dover imposant wirkt. Ähnlich ist die südliche Begrenzung gegen das Sandur- Gebiet der Gramm-Au, mit einer entsprechenden Steilkante von Moibüll bis nach Harreby, während die westliche Begrenzung gegen die Ripener Ebene weniger scharf ist. lm Osten schließlich bildet die äußerste baltische Moräne eine etwas unsichere Grenze. Das Plateau hat die Form eines plumpen, nach Westen sich verschmälerenden Keils. Es ist in Ostwest- Richtung etwa 20 km lang und hat im Osten eine Breite von 14 bis 15 km, im Westen bei Harreby eine Breite von ca. 8 km. Durch die von Westen hineingreifende breite Mulde der Hjortwatt- Au wird es in zwei höhere Gebiete geteilt. Die größten Höhen liegen im südöstlichen Teil, wo im einer flachen, wenig aus der Umgebung hervortretenden Erhebung (Rangtang) 81,5 m erreicht werden. !) Der Ausdruck »präbaltisch« ist von Olbricht (Grundlinien einer Landes- kunde der Lüneburger Heide, Forsch. z. deutschen Landes- u. Volksk., XVII, 1909, S. 565) bereits für einen von ihm angenommenen, in der Hauptvereisung gebildeten Höhenzug vom Fläming zur zimbrischen Halbinsel eingeführt. Ich brauche den Ausdruck hier lediglich für die vor den baltischen Moränen gelegenen höheren Diluvialgebiete, die also älter sind als das baltische Stadium. 85 b) Der Kastruper Rücken. Zwischen dem Sandur-Gebiet der Gramm-Au und dem der Gjels-Au bildet ein langgestreckter Ostwest verlaufender Rücken die Grenze, den wir den Kastruper Rücken nennen. Seine Begrenzung wird fast auf der ganzen Strecke durch einen deutlichen Steilabfall gegen die um- gebenden Sandur-Gebiete gebildet. Das Plateau, im Osten 3'/s bis 4 km breit, verschmälert sich im Westen auf 2 km und weniger. Bei einer Länge von 22 km stellt sich also das Verhältnis von Länge zu durch- schnittlicher Breite etwa wie 7:1. Durch eine bei Skibelund von Südwesten nach Nordosten ver- laufende, zum Teil von einem Moor erfüllte Senke wird der Kastruper Rücken in eine breitere und höhere östliche und eine schmälere west- liche Hälfte zerlest. Die östliche Hälfte, ein flachgewölbter Rücken, er- hebt sich im Fjellumhoi bis 76,4 m. Nahe der baltischen Endmoräne ist er von dem oben geschilderten Billunder Schmelzwassertal durchschnitten. c) Das Toftlunder Plateau. Dieses größte Diluvialplateau unseres Gebiets erstreckt sich von der oben geschilderten Moräne des Steinsbergs in Westnordwest-Richtung bis zur Nordsee. Gegen das südlich sich anschließende »große nordschles- wigsche Sandur-Gebiet« wird die Grenze fast auf der ganzen, ca. 50 km langen Linie von Süder-Hostrup bis Scherrebek durch einen deutlichen Steilabfall gebildet, ebenso auch die nördliche Grenze von Norder-Jarup bis Hömhvile südöstlich von Ripen; nur auf der Strecke von hier bis zur Nordsee ist die Begrenzung unsicher. Vom Meer ist das Plateau im Westen meist durch einen schmalen Marschenstreifen getrennt. Es ist in ostwestlicher Erstreckung ca. 40 km lang. Im Osten 6 km breit be- ginnend, nimmt es bald eine Breite von durchschnittlich 12 km an; wo sich der Vorsprung der Wongshöhe in südlicher Richtung weit ins Sandur- Gebiet vorschiebt, beträgt die Nordsüd-Erstreckung sogar ca. 22 km. Durch eine breite, von Arrild nach Hoirup II sich erstreckende Mulde, die vom Fischbek und Schallebek benutzt wird, wird das Plateau in zwei Abschnitte zerlegt. Im südöstlichen Teil folgt westlich der Steins- bergmoräne zunächst die 2—3 km breite, flache Senke der Nips-Au. Der Talboden, 40—50 m ü. M. gelegen, ist von weiten Grünlands- mooren bedeckt, in denen der Fluß mäandriert. Dann erfolgt nach Westen ein Ansteigen zu einem meist 60—70 m hohen Plateau, das sich von Oebening nordwestlich bis nach Toftlund erstreckt. Im Südosten wird bei Faarhuus die größte Höhe mit 82,5 m erreicht. Von diesem Plateau durch die breiten, herumgreifenden Talmulden des Schmedebek und Fischbek abgetrennt, erheben sich die Geestruper Höhen bis 79 m (nördlich von Branderup). Die vorher genannte Arrilder Mulde ist 5—4 km 86 breit; von ca. 35 m Höhe ü. M. im Norden senkt sie sich nach Süden allmählich; sie ist außerordentlich stark vermoort. Westlich der Mulde steigt das Terrain ziemlich schnell an, um einen Höhenzug von 50—60 m ü. M. zu bilden, der sich vom Forst Linnetschau nach Norden in den Höhen bei Spandet (Faarmandshoi 58 m) und Fjerstedt (Nordhoi 48,4 m) fortsetzt, um sich bei Hömhvile, ca. 6 km südöstlich von Ripen, ziemlich plötzlich zu senken. Nach Süden setzt sich der Höhenzug zur Wongshöhe fort, der als breiter, sich bis 61,5 m erhebender, nach Osten steil abgeböschter, nach Westen allmählich abfallender Keil in das Sandur-Gebiet der Brede-Au vorragt (s. Profil No. II.) Nach Westen fällt das ganze Gebiet außerordentlich allmählich ab, und hier werden die Oberflächenformen denen der Sandur-Gebiete ähnlich. Zahlreiche Bäche (Bröns-Au, Reisby-Au) folgen der Abdachung zum Meere. Im Süden wird das flache Gebiet vom unteren Sandur der Brede-Au durch den über 3 km breiten Scherrebeker Rücken getrennt, der im Gassehoi 51,1 m erreicht. d) Das Tondernsche präbaltische Gebiet. Das nördlich der Stadt Tondern gelegene, aus mehreren Komplexen bestehende präbaltische Gebiet, das sich quer vor den großen nord- schleswigschen Sandur legt, erhebt sich nur wenig über diesen und ist infolgedessen nur wenig scharf begrenzt. Die nordwestliche Grenze wird etwa durch eine von Ballum in südöstlicher Richtung nach Ellum ziehende Linie gebildet, die von hier über Drawitt, nach Süden und Südwesten umbiegend, über Groß-Emmerschede nach Sönderby, von hier nordwestlich bis etwa nach Emmerleff verläuft. Im Westen grenzt es im Emmerleffer Rücken direkt ans Meer. Das Gebiet, in Ost-West-Erstreckung ca. 22 km lang, hat eine Breite von 10—15 km. Der östliche Teil des Gebietes ist eine flachwellige Landschaft, aus der topographisch nur die mit einem Abfall an das Brede- Au-Tal tretende Höhe von Ellum (27 m ü. M.) hervortritt. Es fällt besonders der Reich- tum an Mooren auf. Zwischen dem Rücken von Ellum und dem Forst Drawitt erstreckt sich vom Sandur-Gebiet her das breite Kongs-Moor tief ins präbaltische Gebiet hinein; es setzt sich nach Westen in einem Zug von Mooren bis zum Schadser Moor fort. Dieses liegt in der bis 3 km breiten Mulde, die den Emmerleffer Rücken vom übrigen Tondernschen Gebiet abtrennt und sowohl nach Norden wie nach Süden durch eine nur wenig über das Meeresniveau sich erhebende, 1—2 km breite Senke mit den Marschen in Verbindung steht. Der Emmerleffer Rücken schließlich ist eine flachgewölbte, 10—20 m hohe, Nord-Süd streichende Erhebung, die im Westen zum Meere abfällt. Er scheint einst durch einen Meeres- arm vom Festlande getrennt gewesen zu sein. 87 Vom Tondernschen präbaltischen Plateau durch einen Sandur-Streifen getrennt, liegt 3 km westlich der Stadt Tondern eine präbaltische Insel im Sandur. Ca. 10 km lang und im Östen etwa 2'/s km breit, ver- schmälert sie sich nach Westen auf 1 km; dabei erhebt sie sich bis 24 m ü.M., d. h. ca. 12 m über das Sandur-Niveau, e) Der Medelbyer Rücken. Der Medelbyer Rücken bildet die südliche Begrenzung unseres Ge- bietes gegen den Sandur der Scholmer-Au. Westlich von dem die Flensburger Föhrde umgebenden Wall von Geschiebemergel folgt ein etwa 8 km breites, flaches Gelände, das in den östlichen Partien von den Dünen der Frösleer Sandberge, in den westlichen Teilen von großen Mooren bedeckt ist. Ziemlich unvermittelt hebt sich bei Wallsbüll aus der 23 m hohen Sandur-Ebene ein anfänglich zirka 1 km breites, etwa 10 m höheres Diluvialplateau, das zunächst nach Nordwesten an Breite und Höhe zunimmt (Lundtop 53,8 m). Nach einer breiten Unterbrechung durch das flache, nach Süden verlaufende Tal der Lecker-Au zwischen Weesby und Bramstedt verbreitert sich der Rücken in den westlichen Partien. Seine Höhe wird geringer, zugleich wird die Begrenzung gegen die umgebenden Sandur-Gebiete unscharf. Die Oberfläche ist stark ver- moort, in größeren Partien auch von Dünen bedeckt. Bei Humptrup und Braderup grenzt der Rücken gegen die Marsch !). f) Zusammenfassender Überblick über die präbaltischen Gebiete. Lage und Form. Die präbaltischen Gebiete erstrecken sich, meist nahe an der baltischen Endmoräne beginnend, in westlicher Richtung bis ans Meer oder die vorgelagerte Marsch. Die äußere Form ist fast immer ausgesprochen keilförmig; es überwiegt immer die ost-westliche Ausdehnung, d. h. die Richtung, in der die baltischen Schmelzwässer abflossen. Das extremste Verhältnis von Länge zu Breite ist bei dem Kastruper Rücken vorhanden, wo es etwa 7:1 ist (Länge 22 km, durch- schnittliche Breite 3 km). Beim Toftlunder Plateau ist das Verhältnis etwa 3:1 (40 km:14 km), beim Tondernschen Plateau etwa 2:1 (22 km:12 km), und selbst bei dem plump keilförmigen Röddinger Plateau ist die ost-westliche Erstreckung immer noch das anderthalbfache der nord-südlichen Erstreckung (20 km :13 km). Höhenverhältnisse Die größten Höhen in den einzelnen präbaltischen Gebieten sind: !) Auf kleinere präbaltische Inseln in den Sandur-Gebieten wird später noch eingegangen. 88 Röddinger Plateau . .. . Rangtang . . . .813 m Kastruper » . . . Fjellumhoi ... .76,4 » Toftlunder » . . „ Nord-Faarhuus . . 82,5 » Tondernsches » >» 3Ellumls WW 20 Medelbyer » ee lbundtopse.er en. 8 Die drei nördlichen Plateaus haben ziemlich die gleiche Höhe; der Medelbyer Rücken ist wesentlich niedriger, und das Tondernsche Plateau erhebt sich kaum über das Sandur-Niveau. Die größten präbaltischen Höhen liegen im allgemeinen in den östlichen Partien der Gebiete, d. h. sie nehmen ungefähr die Mitte der Halbinsel ein. Den Erhebungen des Ostens kommen die präbaltischen Höhen nicht ganz gleich. Hinter dem Knivsberg (97,4 m) steht die höchste präbaltische Höhe (82,5 m) um etwa 15 m zurück. Die mittlere Höhe dagegen dürfte in beiden Gebieten nicht wesentlich verschieden, vielleicht sogar in den präbaltischen Gebieten etwas höher als in den baltischen sein. Aufbau. Der geologische Aufbau zeigt sich in allen präbaltischen Gebieten ziemlich gleichartig. Des öfteren kommt im Untergrunde Tertiär in Form des fossilreichen obermiocänen Glimmertons vor (im Röddinger Plateau bei Dover und Gramm, im Toftlunder Plateau bei Spandet usw.). Es ist jedoch noch unentschieden, wie weit es sich in diesen Fällen um anstehende Vorkommnisse oder im Diluvium schwimmende Schollen handelt. In hohem Maße nimmt am Aufbau der präbaltischen Gebiete ein verhältnismäßig frischer, graublauer, kalkreicher Geschiebemergel teil, der der letzten Vereisung zugerechnet wird.') In zahlreichen Aufschlüssen (Mergelgruben), besonders an den Rändern der Plateaus (z. B. am Süd- abfall des Toftlunder Plateaus), ist er bis über 10 m mächtig auf- geschlossen, wovon im allgemeinen die obersten 2 m braungefärbt und verlehmt erscheinen. Die Lagerung ist nicht mit Sicherheit anzugeben, doch scheint der Geschiebemergel vor allen Dingen an den Rändern der Plateaus aufzutreten. Über sein Vorkommen gibt die Meynsche Karte eine Vorstellung, doch scheint die Verbreitung in bestimmten Gebieten größer zu sein, als dort angegeben. Große Partien und zwar besonders die größeren Höhen zeigen sich oberflächlich bedeckt mit einem blockreichen Sande, dem Meynschen Geschiebesande®), »einem schwach lehmigen, aber stark eisenschüssigen, meistens ungeschichteten Sande, der gewöhnlich außerordentlich reich an Grand und Geröllen ist. Die Gerölle bestehen ausschließlich aus harten Gesteinen. Quarzite und Sandsteine gewinnen die Oberhand über die sonst so unzähligen Granite und Gneiße. Kalksteine und andere weiche !) Struck, Übersicht d. geol. Verhältnisse, S. 148, ®) Meyn, Die Bodenverhältnisse usw., S. 28. 59 Gesteine, namentlich Kreide, fehlen gänzlich, und fast keine Spur von Kalk ist selbst in der sparsamen Feinerde nachzuweisen. An Stelle des schwarzen im Osten vorkommenden Feuersteins ist nur löcheriger grauer und brauner Flint vorhanden.« (Meyn S. 29.) Ein Teil dieser Ge- schiebesande wird sich voraussichtlich bei genauerer Untersuchung als Verwitterungsprodukte einer älteren Grundmoräne (der Hauptvereisung) herausstellen, ähnlich wie es Stolley') für Geschiebesande von Sylt angibt. In manchen Fällen mag es sich bei dem Geschiebesande auch um ältere Endmoränen handeln. Genauer untersucht sind diese in unserm Gebiet noch nicht; soviel aber steht fest, daß sie nicht mehr den morphologischen Charakter der Moränen des Ostens haben. Sicher einer älteren Vereisung zugehörig sind gewisse ganz im Westen auftretende Sande und Kiese meist mit gestörter Lagerung, die sich durch besonders starke Verwitterung auszeichnen. Sie zeigen meist eine intensive Rotfärbung von dem massenhaft vorhandenen Eisen- hydroxyd. Solche Aufschlüsse waren des öfteren zu beobachten, z. B. bei der Meierei von Lintrup (Röddinger Plateau), ferner 2 km östlich von Endrupskov (Kastruper Plateau) u. a. m. Entstehungsweise. Über die Entstehung der Rücken ist neuerdings von Olbricht°) eine für Nord-Schleswig bis jetzt unbewiesene Hypothese, die aber manches für sich hat, geäussert. Den Kern der präbaltischen Plateaus bildet nach ihm ein Höhenzug älteren Diluviums, der in der Hauptvereisung aufgeschüttet und in der folgenden Inter- glazialzeit in einzelne Hügelgruppen aufgelöst wurde. Hierher sollen die stark verwitterten, im Westen auftretenden Schichten gehören. Die letzte Eiszeit, die nicht die Ausdehnung früherer Eiszeiten hatte, umkleidete im Westen nur die interglazialen Höhen mit ihren Moränen. Nicht sehr verschieden ist hiervon die Ansicht, die Gagel?) jüngst geäußert hat: »daß sich das letzte Eis offenbar in vereinzelten Zungen weit nach Westen vorgeschoben und das alte Diluvium streckenweise überdeckt, strecken- weise aber freigelassen habe und großenteils ohne Hinterlassung eigent- licher Endmoränen ganz allmählich verschwunden sei.« Die Oberflächenformen. Die oberflächliche Ausbildung ist bei allen präbaltischen Gebieten gleichartig und schließt sich zu einem einheitlichen Bilde zusammen. Sanfte Böschungen und all- mähliche Übergänge sind typisch. Auch die größeren Höhen sind nur flach schildförmig sich erhebende Rücken, die sich sehr allmählich ') Stolley, Zur Geologie der Insel Sylt III. Die Gliederung des Quartärs, Arch. f. Anthrop. u. Geol. Schleswig-Holsteins, Bd. 4, Heft 1, S. 84. Kiel und Leipzig 1901. ?) K. Olbricht. Schleswig-Holstein, Geogr. Ztschr. 1909, S. 318 ff. ®) Gagel, Jb. pr. G. L.-A. f. 1910. Bd. II, S. 193 £, 90 und gleichmäßig zu den breiten, muldenförmigen Tälern abdachen (Profil No. I), in denen die Bäche mit sehr ausgeglichenem Gefälle fließen. Vor allem fehlt die kleinkuppige Ausbildung, wie sie für die Hügellandschaft des Ostens charakteristisch ist; das tritt besonders deutlich auch im ruhigen Verlauf der Höhenkurven hervor. Ussing!) hebt als charakteristisch für die in Jütland ebenso ausgebildeten Heiderücken (dänisch: Bakke-Öer?) die konkaven Böschungen im Gegensatz zu den konvexen der jungen baltischen Gebiete hervor. Scharfe Formen treten fast nur an den Rändern auf (s. Profil No, 4.), wo die frischen Steilwände gegen die Sandur-Gebiete hin von zahlreichen kleinen Bächen zerlappt werden (typisch z. B. an dem Südabfall des Toftlunder Plateaus bei Hellewatt). Deutlich tritt aber bei der Konfigu- ration der pıräbaltischen Rücken eins hervor, was auch jedes Profil zeigt (s. Profile No. V, IV), daß nämlich die Rücken sich allgemein zu den von den Sandur-Gebieten eingenommenen Mulden abdachen und daß der letzte Steilrand nur eine Zuschärfung dieser an sich vorhandenen Ab- dachung: ist, Hervorzuheben ist schließlich noch, daß ein Element den Heiderücken vollkommen fehlt: die Seen. Die präbaltischen Gebiete von Schleswig-Holstein treten dadurch in einen Gegensatz zu den präbaltischen Gebieten des östlichen Norddeutschlands, wo z. B. in Posen, weit südlich der baltischen Endmoränen, eine Seenplatte ausgebildet ist. Alles zusammen genommen, zeigen uns also die Oberflächenformen, daß wir es mit einer Landschaft zu tun haben, die wesentlich älter ist als die östliche Hügellandschaft. So spricht auch Braun?) davon, daß die Heiderücken oft »radial normal reif zerschnitten« seien. Morphologische Bedeutung der Rücken. Die präbaltischen Plateaus erweisen sich als Diluvialgebiete, die sich wahrscheinlich ehe- mals aus Endmoränen- und Grundmoränenlandschaften, älterem und jüngerem Diluvium, zusammensetzten. Der Anteil und die Verteilung der einzelnen Elemente ist noch nicht klar, vielleicht auch nicht mehr im einzelnen festzustellen. Die aus verschiedenen Diluvialablagerungen zusammengesetzte Landschaft wurde einer langdauernden subaärischen Erosion ausgesetzt, so daß sie heute als einheitlicher Komplex zer- schnitten erscheint. Ussing*) äußert sich über die mutmaßlichen Ursachen, die die sanften Formen der präbaltischen Gebiete hervorgebracht haben, folgender- maßen: »Die westjütischen Hügelzüge tragen in ihrer Skulptur die Züge ') Ussing, Om Floddale og Randmoräner i Jylland, 1907, S. 197. ”) deutsch: »Insel-Hügel.« 3) G. Braun, Entwicklungsgeschichtliche Studien an europäischen Flachlands- küsten, Veröff. d. Jnstit. £. Meereskunde, Heft 15. Berlin 1911, S. 25, *) Ussing, Om Floddale usw., 1907, S. 197. 91 einer stärkeren subaörischen Erosion als das übrige Land, die Züge lang- dauernden Wirkens solcher Wasserläufe, die der eigene Niederschlag des Landes liefern konnte... ... Da nun eine zusammenhängende Pflanzen- decke im hohen Grade die Erosion des Regens und der kleinen Rinnsale hindert, finden die erwähnten Verhältnisse ihre natürliche Erklärung dadurch, daß die westjütischen Inselhügel während der Hauptstagnations- linie (baltisches Stadium) eisfrei lagen und zwar so nahe am Inlandeis, daß die Klimaverhältnisse für eine Vegetation sehr ungünstig gewesen sein müssen; die westjütischen Terrainformen geben uns so ein von den übrigen Beweisen unabhängiges Zeugnis von der langen Dauer der Stagnationszeit«. Die präbaltische Oberfläche hatte eine Reihe vön breiten Mulden, von denen ein Teil im wesentlichen wie die heutigen Sandur-Flächen verlief; ihre Präexistenz geht aus der an sich schon vorhandenen, durch die Sanduraufschüttung nur zugeschärften Neigung der Rücken zu den Sandur-Flächen hervor. Einen Teil dieser präbaltischen Mulden haben wir ziemlich unverändert vor uns: die breiten Flußtäler in den präbaltischen Gebieten, wie z. B. das Fischbektal. Ein anderer Teil wurde durch die Schmelzwässer der baltischen Phase zu den Sandur-Flächen umgestaltet. Vielleicht kann man mit Ussing die Formen der präbaltischen Gebiete allein auf die während des baltischen Stadiums wirkende Erosion zurück- führen. Leichter noch erklären sich die Verhältnisse, wenn man für das baltische Stadium einen besonderen Vorstoß nach einem Zurückweichen des Eises annimmt. 2. Die Sandur - Gebiete. a) Der Gramm-Sandur. Die Sandur-Fläche, die sich etwa von der Bahnstation Sommierstedt zwischen dem Röddinger Plateau im Norden und dem Kastruper Rücken im Süden in westlicher Richtung erstreckt, bezeichnen wir, da sie den Lauf der Gramm-Au bezeichnet, als Gramm-Sandur. Die Begrenzung, auf die wir etwas näher eingehen, weil sie von der auf der Meynschen Karte angegebenen öfter abweicht, geschieht im Norden durch den deutlich ausgebildeten Steilabfall des Röddinger Plateaus, der östlich von Roibüll ungefähr bei der 40 m-Kurve, bei Tved bei der 35 m-Kurve verläuft. Von Moibüll ab zieht sich die nun westlich verlaufende Grenze, scharf markiert, südlich an Österlinnet vorbei über die Ziegelei Gramm (25 m-Kurve) nach Fohl, von hier mehr nordwestlich an Harreby vorbei (15 m-Kurve). Die von Meyn bei Fohl angegebene Ausbuchtung nach Norden ist in dem Maße nicht vorhanden. Nicht so scharf ausgeprägt, besonders in den östlichen Partien, ist die südliche Begrenzung der Sandur-Fläche, Wir können, im Osten beginnend, die Grenze etwa von Lundsbek aus westlich an Klein-Nustrup vorbei (30 m-Kurve), in nord- westlicher Richtung nach Gramm (25 m-Kurve), südlich von Nübel (20 m- Kurve) vorbei bis zur Vereinigung mit dem Gjels-Sandur westlich des Kastruper Rückens ziehen. Das so begrenzte Sandur-Gebiet, etwa 65 qkm groß, zerfällt deutlich in drei Teile, die Aufschüttungsregion, die Ebene der Stursbüller Heide und das eigentliche Grammer Tal. Die Aufschüttungszone. Die wichtigste Aufschüttungszone für dies Sandur-Gebiet scheint in der Nordost-Ecke gelegen zu haben. Auf den Sandur, dessen höchste Partien hier ca. 40 m ü. M. erreichen (Bl. 23), treffen hier von Norden und Nordosten die oben geschilderten Rinnen der Öerstedter- und Gramm-Au, die wir als Spuren der Schmelzwasser- ströme ansprechen dürfen, die nach ihrem Austritt aus dem Gletscher die Schotterfläche aufschütteten. Die Oberflächenformen sind im übrigen an dieser Stelle nicht so typisch ausgebildet, wie wir sie sonst bei anderen Sandur-Gebieten an den Aufschüttungs-Punkten finden. Immerhin aber zeigen die geschichteten groben gerollten Kiese bei Niederleerdt und Mölby, die massenhaft faustgroße Gerölle enthalten, daß wir uns in der Aufschüttungszone befinden, Ein zweiter Zufluß scheint dem Sandur-Gebiet im der Nordwest-Ecke zugekommen zu sein. Zwischen dem Forst Stursbüll und dem Röddinger Plateau erstreckt sich ein 700—1000 m breiter Arm des Gramm-Sandurs ca. 5b km weit nach Norden, dabei von etwa 35 m bis 45 m ansteigend. Der wie eine breite Terrasse der Jels-Au erscheinende Ausläufer ist im südlichen Teil an beiden Seiten von deutlichen Rändern begrenzt, die mit dem Ansteigen der Fläche nach Norden allmählich verschwinden. Nördlich von Jels schließt sich die Kette der Jelser Seen an, die als Spur des Schmelzwasserstroms anzusehen sind, der hier aus dem Eise austrat und bei der Bildung des Gramm-Sandurs mithalf. Das Verhältnis, in dem bei der Bildung dieser Sandur-Terrasse Erosion und Aufschüttung standen, war naturgemäß yon der Konfiguration des Untergrundes abhängig und deshalb in verschiedenen Gebieten verschieden. In einem Aufschluß 1'/s km südlich von Jels konnte schon in geringer Tiefe unter geschichteten Kiesen Geschiebemergel baobachtet werden, wie er auch an den Rändern (z. B. Ziegelei Klautoft) ansteht. Die Stursbüller Heide. Die beiden Aufschüttungsregionen verbinden sich im Gebiet der Stursbüller Heide zu einer ausgedehnten Fläche, die, ca. 5 km lang und 4 km breit, ein Hauptgefälle von Ost- nordost nach Westsüdwest zeigt. Sie zeigt sich, wo angeschnitten, auf- gebaut aus geschichteten Kiesen und Sanden, die bis 3 m mächtig zu beobachten waren, aber sicher im allgemeinen bedeutendere Mächtigkeit besitzen. Daß die Aufschüttung der Heideebene von beiden Punkten aus gleichzeitig erfolgte, geht daraus hervor, daß die Flächen unmerklich in- 95 einander übergehen. Wäre die Aufschüttung von einem der beiden Schmelzwasserströme später erfolgt, so müßte man erwarten, daß die jüngere Fläche gegen die ältere mit einer Stufe absetzen würde. Die Oberfläche ist nicht vollkommen eben, sondern durchzogen von mehr oder minder langen, flachen Rinnen, in denen häufig feinere graue Sande auftreten. Große Teile dieser Sandur-Fläche sind heute noch mit Heide bewachsen; aber diese verschwinden auch hier mehr und mehr, und das Land wird unter den Pflug gezwungen, neuerdings auch in größeren Partien aufgeforstet, Charakteristisch ist die Ausbildung der heutigen Flußläufe in diesem Gebiet. Die Gramm-Au z. B., die in großem Bogen das Gebiet durch- fließt, mäandriert auf einem im Mittel 150 m breiten Talboden, der stellenweise über 5 m tief .mit scharfen Rändern in die Heideebene ein- geschnitten ist; eine ähnliche Ausbildung zeigen fast alle Flüsse, sobald sie in den Sandur eintreten. Beim Durchwandern der Heide wirkt der Anblick dieser Täler, die man oft erst bemerkt, wenn man nahe vor ihnen steht, mit ihren saftigen grünen Wiesen, auf denen der Fluß hin- und herpendelt, überraschend im Gegensatz zu den trockenen braunen Heideflächen. Das Grammer Tal. Den w. sich anschließenden Teil des Gramm- Sandurs, der sich (Bl. 22; Bl. 36) als etwa 15 km langes und 1 bis 2 km breites Tal zwischen dem Röddinger Plateau und dem Kastruper Rücken nach Westen erstreckt, kann man als Grammer Urstromtal bezeichnen. Ein- gefaßt von den oben geschilderten Steilufern, von denen das nördliche im allgemeinen als das steilere erscheint, zeigt sich die Taloberfläche in großen Gebieten vollständig eben und gleichmäßig. Von der nach Westen gerichteten Neigung ist kaum etwas zu spüren. In der Mitte ist der Tal- boden unterbrochen von einem verhältnismäßig schmalen grünen Streifen, dem Alluvialtal des heutigen Flusses, »der Maus, die im Käfig des Löwen zurückgeblieben ist.« Nicht überall ist die Ausbildung der Oberfläche so regelmäßig. Häufig zeigt sich der Talboden auch von anderen flachen Rinnen durchzogen, die entweder von kleinen, von den präbaltischen Plateaus herabkommenden Bächen benutzt werden oder auch trocken liegen. Schließlich tritt, je weiter nach Westen, umso mehr eine andere, die ursprüngliche Bodengestalt verändernde Erscheinung auf, die Flug- sandbildungen. Schon im Gebiet der Nustrupheide finden sich kleinere Dünenketten, die sich besonders am Flußufer entlangziehen. Vor allem aber in den westlichen Gebieten nahe der Vereinigung mit dem Gjels- Sandur stellt sich eine ausgedehnte Dünenlandschaft ein, die zuletzt fast die ganze Breite des Tals einnimmt. Die Gefällsverhältnisse. Von großem Interesse sind die Ge- fällsverhältnisse der Sandur-Flächen. Allerdings machen die Gefälls- Messungen Schwierigkeiten. Durch später gebildete Rinnen, durch die 94 heutigen Flüsse und im Westen besonders durch die Dünenbildungen ist der regelmäßige Verlauf der Höhenkurven heute verändert. Immerbin läßt sich ungefähr der frühere Verlauf der Höhenkurven rekonstruieren. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ergibt sich für den Gramm- Sandur (vom Niederen Jelser See ab gerechnet) in den oberen Partien (die ersten 7 km) ein Gefälle von ca. 1:400 (2,5 °o0) bis 1: 600 (1,67 °oo), in den unteren Partien ein Gefälle von ca. 1:1000 (1 oo). b) Der Gjels-Sandur. Ein zweites Sandur-Gebiet, typischer ausgebildet als das derGramm-Au, folgt dem Tale der Gjels-Au; wir bezeichnen es dementsprechend als Gjels-Sandur. Im Osten durch die äußere baltische Eisrandlage von Woyens über Arnitlund nach Norderjarup begrenzt, erstreckt sich die Heideebene zwischen dem Toftlunder Plateau im Süden und dem Kastruper Rücken im Norden in westnordwestlicher Richtung, um sich im Westen mit dem Gramm-Sandur zu vereinigen, Begrenzung. Der Nordrand, gebildet durch den Abfall des Kastruper Rückens, verläuft etwa von Skrydstrup (40 m-Kurve) in west- licher Richtung an Gabel (30 m-Kurve) und Brundelund (25 m-Kurve) vorbei. Westlich von Brundelund macht der Sandur eine geringe Aus- buchtung in die Senke des Skibelunder Moors etwa bis zur 25 m-Kurve hinein. Weiter verläuft die Grenze in nordwestlicher Richtung über Thiset (20 m-Kurve) nach Endrupskov (15 m-Kurve), hier durch einen ansehnlichen Steilabfall bezeichnet. Größere Abweichungen von der bei Meyn angegebenen Linie zeigt die südliche Begrenzung des Gjels-Sandurs. Sie ist in der Natur nicht so scharf ausgeprägt wie die nördliche (Bl. 55). Von der südöstlichen Ecke zieht die Grenzlinie in Nordwest-Richtung an dem nach Nordosten gerichteten Abfalle der vom Steinsberg nach Strandelhjörn ziehenden Erhebung ent- lang, biegt bei der Einmündungsstelle des Tals der Nips-Au nach diesem hin aus und folgt weiter dem Abfall des zwischen Galstedt und Beftoft sich erhebenden flachen Rückens (40 m-Kurve), biegt sich westlich von Beftoft etwas nach Süden nach dem von Birkelund kommenden Tal aus, um dann etwa mit der 35 m-Kurve sich im Bogen nördlich um den Tieslunder Hügel herumzuziehen. Meyn zeichnet auf seiner Karte eine breite Sandur-Verbindung vom Gjels-Sandur über Galstedt und Rangstrup zum großen nordschleswigschen Sandur-Gebiet. Diese ist aber in der Natur nicht vorhanden!), Die Talungen, durch die Meyn die Verbindung annahm, sind allerdings außerordentlich flache breite Mulden, zeigen aber gar keine Andeutung von Sandur-Aufschüttung; das Talniveau ist ungleichmäßig und meist höher als das entsprechende Sandur-Niveau, ') Die Verbindung fehlt auch bereits auf der Ussingschen Karte 1907. 95 Von Tieslund verläuft die Grenze weiter in flachen Bögen nördlich an Örderup (25 m-Kurve), Stenderup I und Hoirup II (20 m-Kurve) vorbei (Bl. 36). Meyn gibt auf dieser Strecke Ausbuchtungen des Sandurs nach Süden bis fast nach Toftlund hin an. Die hier vorhandenen Talungen liegen aber oberhalb des Sandur-Niveaus und senken sich deutlich zu diesem, auch zeigen sie im Untergrunde meist Geschiebemergel. Von Hoirup I, wo die Grenze durch einen bis 30 m hohen Steilabfall gebildet wird (Bl. 35), verläuft die Grenze etwa mit der 20 m-Kurve östlich von Arnum vorbei, zieht sich über Steensbek im Bogen nach Mölby, von wo sie einem deutlich ausgeprägten Abfall nach Nordwesten bis etwa Hömhvile folgt. Auf der zuletzt erwähnten Strecke weicht unsere Be- grenzung erheblich von der Meynschen ab. Die Meynsche Karte gibt westlich Endrupskoy einen relativ schmalen Streifen von Heidesand an, der im Norden abgeschlossen wird von einem Geschiebesandgebiet, das sich von Warming bis Gjelsbro erstrekt und so den Gjels-Sandur nicht in Verbindung mit der Ripener Ebene stehen läßt. Das so begrenzte Gebiet, in der Längs-Richtung etwa 28 km lang, hat die Form eines Füllhorms. Im Osten bis 7 km breit, verengt es sich im Westen bis auf 1'/, km. Das Areal beträgt bis zur Vereinigung mit dem Gramm-Sandur ca. 120 gkı. Aus der sehr gleichmäßigen Oberfläche hebt sich n. von Hjartbro Bl. 36; Bl. 37) en Hügel scharf heraus, der wie eine Insel aus dem Sandur emportaucht (s. Profil No. III), ca 3 km lang und bis 800 m breit. Aufgebaut aus Geschiebemergel, der stellenweise stark von Flugsand überhäuft ist, liegt er genau in der Richtung des Sandurs, über den er sich bis 15 m erhebt. An der Südost-Seite (Luvseite) breiter, nach Nordwesten (Leeseite) in einen schmalen Zipfel auslaufend, zeigt er all- seitig steile Böschungen und erinnert in seiner Form an ein Schiff. Es handelt sich um einen präbaltischen, durch die Schmelzwässer stark be- einflußten Komplex. Die Aufschüttungsregion. Die höchsten Teile des Gjels- Sandurs (Bl. 55) liegen bei Arnitlund, westlich des Rykbergsees. Hier zeigt, wie oben schon ausgeführt wurde, die äußere baltische Endmoräne eine mehrere Kilometer breite Unterbrechung, und auf diese trifft genau das von Südosten kommende Hoptruper Föhrdental. Bei genauerer Be- trachtung zeigt sich dies Gebiet in der Fortsetzung des Rykberg-Sees durchzogen von mehreren radial divergierenden Rinnen, die einige Kilo- meter weit zu verfolgen sind. Sie strahlen nach Nordwesten und Süd- westen aus. Besonders ausgeprägt ist eine vom Rykberg-See ausgehende Rinne, die sich 3—4km westlich bis nach Ostergaard erstreckt. Zwischen den Rinnen liegen schwach gewölbte, in derselben Richtung gestreckte, kiesbestreute Rücken. Wir haben hier eine ähnliche Erscheinung vor 96 uns, wie sie Ussing!) von den jütischen Heideebenen erwähnt, einen Sandur-Kegel mit charakteristischer radialer Struktur. Der Verlauf der Rinnen und Rücken deutet hin auf einen Ablauf der Schmelzwässer sowohl nördlich wie südlich vorbei an den flach schild- förmig aus dem Sandur-Niveau sich erhebenden Geschiebemergelinseln bei Ostergaard und Ziegelei Tosberg. Einen zweiten Aufschüttungspunkt darf man m der Gegend von Woyens (Bl. 37) annehmen, wo das Haderslebener Föhrdental auf den Gjels- Sandur trifft. Wäre keine Aufschüttung von hier dazugekommen, so müsste man eine gleichmässige Abnahme des Gefälles beim Sandur nach Nordwesten erwarten, d. h. einen Verlauf der Höhenkurven von Südwest nach Nordost. Statt dessen sehen wir, wie die 40-m Kurve, die im süd- lichen Teil des Sandurs tatsächlich diese Richtung hat, nordwestlich von Oberjersdal umbiegt und nach Nordwest verläuft, so daß hier ein süd- westlich gerichtetes Gefälle herrscht. Die Endmoräne fehlt auf dieser Strecke zwar nicht vollkommen, doch ist sie besonders westlich von Yernhytte stark unterbrochen. Eine grosse Reihe von bis 2 km weit verfolgbaren Rinnen sind hier vorhanden, die, vom Haderslebener Föhrdental ausstrahlend, den Gipfelpunkt des Sandurs durchziehen. In den Rinnen liegen häufig mehrere kleine Mulden hintereinander, deren Bildung also rasch fließendes Wasser voraussetzt. Die Depressionen, die bis 5 m unter das Sandur-Niveau hinabreichen, sind alle jetzt vollkommen trocken und oberflächlich mit feinem grauen Sande bedeckt. Erst von der 40 m- Kurve ab fällt das Sandur-Gebiet regelmäßig nach Westen hin. Es konnte hier öfter eine deutliche Abnahme in der Korngröße des Materials fest- gestellt werden von faust- bis kopfgrossen Blöcken in der Endmoränen- region über grobe geschichtete Kiese zu ziemlich feinen geschichteten Kiesen mehrere Kilometer westlich der Endmoräne. Der eigentliche Sandur. Etwa von der 45 m-Kurve im süd- lichen, von der 40 m-Kurve im nördlichen Teil abwärts hört die rinnenförmige Ausbildung der Oberfläche auf, und es folgt nach Westen die anscheinend total ebene Sandur-Fläche. Da die Neigung nach Westen unmerklich ist, nimmt man nicht die geringste Unebenheit im Terrain wahr. Die Oberfläche wird überall von Sand und Kies gebildet, die sich in den Aufschlüssen fast immer bis mehrere Meter mächtig zeigen, unten gut geschichtet, oben meist ungeschichtet und etwas verwittert. Öber- flächlich ist das Gebiet, das hier am meisten die ursprüngliche Sandur- Ausbildung zeigt, sehr trocken. Wasserläufe sind, wie das Tal des Rudebek, mit alluvialem Talboden mehrere Meter eingesenkt. Je weiter man nach Westen kommt, umso mehr treten diese Ge- biete mit der ursprünglichen Sandur-Ausbildung zurück gegenüber einer ‘) Ussing, Om Jyllands Hedesletter, 1903 S. 125. 97 Bedeckung mit weiten Grünlandwiesen, die vor allem den Bächen und Flüssen folgen. Der ganze mittlere Teil des Sandurs, etwa von der Hjartbro-Insel bis nach Thiset, wird von solchen Grünlandsmooren bedeckt, in denen die Flüsse mäandrieren und sich in zahllose Gräben auflösen (Melkjär-Nörkjer-Wiesen). Über den Untergrund der Grünlandsmoore ist wenig bekannt. Meyn!') war der Ansicht, daß hier Geschiebemergel in geringer Tiefe vorhanden sei. In den westlichen Partien des Sandurs in der Thiset-Heide, besonders aber in der Steensbek-, Aaskov-, und Warming-Heide, stellen sich ausgedehnte Dünengebiete ein, die zu den ödesten Flächen Nordschleswigs gehören und eine natürliche Grenze gegen Dänemark bilden. In der Anordnung der Dünen herrscht vor allem die Südost-Nordwest-Richtung vor, der hauptsächlichsten Windrich- tung folgend. Die ungehindert eintretenden Westwinde fanden hier in dem feinen Heidesand, dem letzten Absatzprodukt der Schmelzwässer, ein geeignetes Material vor, Die Gefällsverhältnisse Von den Gefällsverhältnissen des Sandurs auf der Strecke von Arnitlund bis zur Nordsee gibt die folgende Tabelle ein ungefähres Bild. Höhenstufe Entfernung Ungefähres Gefälle 50—45 m 2 km 2 — E00 45—40 » 2 » 2,5 rn —= 1:400 40-35 » 32 » 1,56 % = 1:640 35—50 » 358 >» 12.5 Ym ET) 30—25 » Sin Ian 100 25—20 >» 1,25 %0 = 1:800 20—10 » 1a 03 0,71 % = 1:1400 10-0 » 14 ur 0,71 % = 1:1400 Die Ripener Ebene. (Ribe.)*) Die Ripener Ebene entsteht aus der Vereinigung des Gjels- und Gramm-Sandurs, zu denen von Nordosten noch der Sandur der Königs-Au hinzukommt. Die Begrenzung des Gebiets, das im Westen mit verschieden breitem Marschenstreifen an die Nordsee grenzt, geschieht im Osten durch den hier nicht besonders scharf ausgeprägten Abfall des Röddinger Plateaus, angedeutet etwa durch die Punkte Kalslund- Kirche, Kamp, Harreby-Hof. Im Norden bildet die Fortsetzung des nörd- lichen Ufers des Königs-Au-Sandurs über Jernved, Gredstedt nach Store- Darum die Grenze. Im Süden ist die Grenze schwieriger zu ziehen; sie scheint von dem Steilabfall bei Hömhvile zunächst nordwestlich bis in die Gegend von Ripen und von hier westlich zu verlaufen. Die Ebene ist kein einheitliches Sandur-Gebiet, sondern setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen. Die Warming-Heide im Süden, !) Meyn, Die Bodenverhältnisse usw. S. 31. *”) Blatt »Ribe« der »Kort over Jylland« (1: 40 000). 98 die Vereinigung von Gjels- und Gramm-Sandur, ist ein stark mit Dünen besetztes Gebiet; es scheint weiter westlich unter die Marschen einzu- schießen. Im Norden ist in der Fortsetzung des Königs-Au-Sandurs in größeren Gebieten noch typische Sandur-Oberfläche ausgebildet. Auch diese scheint im Westen unter die Marsch einzuschießen. Zwischen dem Sandur-Gebiet der Königs-Au und dem der Gramm-Au liegt westlich des Röddinger Plateaus ein großes Moorgebiet (Gammel-Moose), vielleicht entstanden durch Abdämmung von Seiten der hier flach gewölbte Rücken bildenden Sandur- Flächen, ec) Das »große nordschleswigsche Sandur-Gebiet.« Das größte zusammenhängende Sandur-Gebiet Schleswig-Holsteins dehnt sich westlich der Apenrader Föhrde und des Sundewitts aus. Die östliche Begrenzung wird durch die westliche baltische Eisrandlage ge- bildet, deren Verlauf oben etwa durch die Orte Rotenkrug, Röllum, Klipleff, Pattburg festgelegt wurde. Die Nordgrenze, durch den Steil- abfall des Toftlunder Plateaus scharf markiert, verläuft von Norderhostrup über Oersleff (35 m-Kurve), Hinderup, Baulund mit einem Knick nach Norden nach Branderup-Mühle (25 m-Kurve). Meyn zeichnet hier die Grenze zu weit nach Nordosten. Von Branderup-Mühle verläuft die Grenze dann westlich bis zur Einmündung des Lohbek, auf dieser Strecke weniger deutlich, etwas südlicher als Meyn angibt. Das Lohbek- Tal wird etwa bei Lundsgaard gekreuzt:. Meyn gibt auf seiner Karte hier einen ca. 5 km langen Ausläufer des Sandurs nach Norden in die Arrilder Mulde hinein an. Dieser ist jedoch in der Natur nicht vor- handen; die Mulde liegt über dem Niveau des Sandurs und ist nicht eben; außerdem ist im Untergrund meist Geschiebemergel anstehend. Von Norder-Lygum ab bildet wieder eine außerordentlich scharfe Böschung die Grenze, die hier etwa 6 km nach Südsüdwesten verläuft. Imposant wirkt hier der Steilabfall der Wongs-Höhe bei Lygumkloster, die sich etwa 45 m über die Sandur-Ebene erhebt. Von der Südspitze der Wongs-Höhe verläuft der Rand in Nordwest-Richtung über Westerterp, Laurup, Winum, Scherrebek, um westlich von Astrup am Meere zu enden, auf der letzten Strecke häufig noch eine deutliche Stufe von mehreren Metern bildend. Die Ausbuchtungen, die Meyn nach Nordosten bis zum Uhlbek angibt, gehören nicht zum Sandur, sondern sind flache Talungen, die über dem Sandur-Niveau liegen. Weniger scharf ist die südliche Begrenzung. In den östlichen Teilen wird die Grenze gegen den Soholmer Sandur durch das Dünengebiet der Frösleer Sandberge und die grossen Jardelunder Moore gebildet. Weiter westlich bildet der Nordabfall des Medelbyer Rückens zunächst eine schärfere Grenze, die westlich Jardelund etwa bei der 30 m-Kurve, beim 99 Stolzberg etwa bei der 25 m-Kurve verläuft. Wo der Medelbyer Rücken die Unterbrechung durch das Tal der Lecker-Au zeigt, ist die Grenze ganz undeutlich. Etwas ausgeprägter wird sie wieder im Westen, wo sie, meist von einem Dünenstreifen begleitet, an Bramstedt und Westre vorbei nach Süderlygum verläuft. Ziemlich undeutlich ist auch die Begrenzung der Sandur-Fläche im Westen. Die ungefähre Grenze gegen das niedrige präbaltische Gebiet von Tondern wurde oben bereits angegeben. Die Grenzlinie gegen die Marsch an der Mündung der Brede-Au wird etwa durch die Orte Ottes- büll und Randrup bezeichnet; gegen die Marschen der Wied-Au verläuft die Grenze östlich von Tondern im Bogen bis etwa nach Süderlygum. Eine genaue Grenzlinie anzugeben ist unmöglich, da der Übergang von der Heideebene über die Sand-Marsch zur eigentlichen Marsch ein ganz allmählicher ist. Das so begrenzte Gebiet, etwa 800 qkm groß, hat eine Ostwest- Erstreckung von 30—40 km und eine Nordsüd-Erstreckung von im Mittel 30 km. Inseln. In grösserer Anzahl sind im Sandur-Gebiet präbaltische Inseln vorhanden (Bl. 74), besonders eine Inselreihe, die vom Hauptgebiet einen nördlichen Teil des Sandur-Gebiets, das Gebiet des Schmedebeks und seiner Zuflüsse, abtrennt. Die Inselreihe beginnt bei Schweilund, 1'/; km südlich von Hinderup, wo sich aus der ca. 28 hohen Sandur-Ebene eine etwa 2'/, km lange, im Mittel '/), km breite Insel bis 10 m über das Sandurniveau erhebt. Sie ist orientiert in der Abflußrichtung des Sandurs und zeigt steile Böschungen. Nach einer Unterbrechung von 1), km folgen die ähnlich ausgebildeten Inseln von Österterp und Wiesberg, Etwa 1'/ km südlich der Osterterper Insel erhebt sich bei Moorbek eine etwa 1,5 km lange, im Osten 300 m, im Westen 100 m breite Insel etwa 15 m über das Sandur-Niveau. Mit ibrer in der Ab- flußrichtung gestreckten Lage und den steilen Böschungen ist sie außer- ordentlich typisch. Gefällsverhältnisse. Der große Sandur repräsentiert eine von Ostnordost nach Westsüdwest geneigte Fläche; als mittleres Gefälle kann man in dieser Richtung etwa 1,4 %oo (= 1 : 700) angeben. Bei genauerer Betrachtung zerfällt der Sandur in drei Gebiete mit etwas verschiedenem Gefälle, die natürlich ineinander übergehen. Im Norden trennt sich ein Streifen mit Ostwest-Gefälle ab. Es ist das Gebiet nördlich der eben erwähnten Inseln, und die Nordwest-Ecke des Sandurs, das Gebiet der Brede-Au. Es findet seinen natürlichen Ausgang nach Westen durch die Pforte von Lygumkloster. Im größten, zentralen Teile des Sandurs ist durchaus südwestliche Neigung vorhanden, die besonders 100 deutlich ins Auge springt durch die zahlreichen diese Richtung inne- haltenden Bäche, die sich zur Grün-Au vereinigen. Der südliche Teil des Sandur-Gebietes (Gebiet der Süder-Au und des Scheidebeks) zeigt wieder im wesentlichen Ostwest-Gefälle, ganz in der Südost-Ecke sogar ein Gefälle nach Nordwesten. Der zentrale und südliche Teil repräsentieren also einennach der Wiedau-Mündungkonvergierenden Fächer, was besonders deutlich in der Hydrographie zum Ausdruck kommt. Die Aufschüttungsregion. Da das Gefälle des Sandur-Gebiets hauptsächlich nach Südwesten gerichtet ist, haben wir im nordöstlichen Teil eine Hauptaufschüttungszone zu suchen. 1. Rotenkruger Kegel. Etwa 1 km n. von Rotenkrug (Bl. 75; Bl. 76) liegt die höchste Region des Sandurs mit ungefähr 50 m Höhe ü. M. Schon bei der Schilderung der Endmoränen wurde hervorgehoben, daß gerade hier in den Endmoränenbildungen eine große Lücke vorhanden ist. Hier nun stellt sich, wenn man das Gebiet auf der Karte betrachtet, ein eigenartiger Verlauf der Höhenkurven ein. Es ist von hier aus ein Gefälle nach Nordwesten, Westen und Südwesten vorhanden, und dem- entsprechend ist der Verlauf der Höhenkurven im großen konzentrisch um diesen Punkt; im einzelnen aber zeigen die Höhenlinien zahlreiche zentripetale Einbuchtungen. Bei genauerer Betrachtung sowohl der Karten wie der Natur sieht man, daß von diesem Punkte aus eine große Anzahl unregelmäßiger radialer Rinnen nach Nordwesten bis Südwesten aus- strahlen, zwischen. denen sich, ebenso radial divergierend, flache Rücken erstrecken. Die Rinnen folgen oft gewunden den Gefällslinien, sie sind oft mehrere Kilometer weit zu verfolgen und heute meist trocken. Was schließlich den Aufbau dieses flachen Kegels anbelangt, so zeigt sich das ganze Gebiet bei Rotenkrug zusammengesetzt aus groben gerollten Blöcken; sie sind in zahlreichen Kiesgruben aufgeschlossen, und neuer- dings ist direkt bei Rotenkrug ein großes Kieswerk eröffnet, das die dort bis 8 m mächtigen Grande abbaut. Auch scheint eine deutliche Abnahme in der Korngröße des Materials stattzufinden, je weiter man sich von dieser Region entfernt. Wir haben hier offenbar wieder einen typischen Aufschüttungskegel vor uns; hier trat der Schmelzwasserstrom aus, der den nördlichen Teil des großen Sandurs aufschüttete. Den subglazialen Lauf des Schmelz- wasserflusses bezeichnet der oben beschriebene, von der Gjenner Bucht kommende Äs, der, wie schon hervorgehoben wurde, genau an dem Auf- schüttungspunkte endet. Es scheint aber nicht der einzige Zufluß ge- wesen zu sen. Nach der Gegend von Rotenkrug tendieren auch, wie wir früher sahen, mehrere von der Apenrader Bucht ausgehende Föhrden- täler: sowohl das Brunder Tal wie die nach Ries führenden Täler erreichen hier ihr Ende, und auch in diesen Talungen dürfen wir subglaziale Zu- 101 flüsse vermuten, die bei der Sandur-Aufschüttung mitwirkten. Das Gefälle des Aufschüttungskegels, das nur ungefähr meßbar ist, ist im Mittel in den ersten 5 km etwa 2'/2 °/oo (= 1:400), in weiterer Entfernung etwa 1,42.%/00: (1: :'700): Da die Aufschüttung des nördlichen Teils des Sandurs hauptsächlich von diesem Punkte aus erfolgte, sinkt das Niveau, mit dem der Sandur an den Apenrader Föhrdenwall grenzt, nach Süden hin ganz gleichmäßig von 45 m bei Ries auf 40 m bei Nübel und 35 m an der Südwest-Ecke des Föhrdenwalles. Mit dem Umbiegen des Apenrader Walles nach Osten steigt auch das Niveau der vorgelagerten Sandur-Fläche allmählich nach Osten hin an, derart, daß es bei Tarup, 7 km südsüdwestlich von Apenrade, wieder 40 m erreicht. Etwa in dieser Gegend darf man in einer Höhe von einigen 40 m einen zweiten wichtigen Aufschüttungspunkt annehmen. . 2. Taruper Kegel. Er ist allerdings nicht so typisch entwickelt wie der Rotenkruger Kegel (Bl. 98). Doch fehlen nicht die direkten Beziehungen zu ausgeprägten Senken der östlichen Hügellandschaft. Der südliche Teil des Apenrader Föhrdenwalles wird hier von zwei, aus der Mulde der Apenrader Bucht kommenden Talungen durchbrochen, in denen die Quellbäche des Ukbek ihren Ursprung nehmen; in der Fortsetzung dieser Talung liegen die Moore bei T'arup und Röllum. Die Aufschlüsse zeigen im ganzen Gebiet grobe gerollte Grande, und nicht weit südlich liegt hier das große Kieswerk von Uk. 3. Bauer Kegel. Im Hinterland der Flensburger Föhrde scheint, mit dieser in genetischem Zusammenhang stehend, ein riesiges Auf- schüttungszentrum gelegen zu haben. Auch hier fehlen wieder die End- moränen, und die Sandur-Flächen stoßen direkt an die Hügellandschaft an. Von der Flensburger Föhrde aus erfolgte die Aufschüttung dreier großer Sandur-Flächen, 1. des nach Süden sich erstreckenden Treene- Sandurs, 2. des nach Westsüdwesten verlaufenden Soholmer-Sandurs und 3. des nach Westnordwesten fallenden südlichen Teils des großen nord- schleswigschen Sandurs. Nur letzterer interessiert uns hier; seine Auf- schüttung weist hin auf das Pattburger Tal (Bl. 129). Der Sandur reicht hier in seinen höchsten Partien bis etwa 40 m herauf. In dieser Höhe waren auch z.B. 1'/s km westlich von Bau in einer Kiesgrube die typischen groben gerollten Blöcke bis 2 m mächtig aufgeschlossen. Nicht weit davon liegt auch das große neue Kieswerk bei Norderschmedeby. Für das Ge- fälle ergeben sich ähnliche Werte wie bei den anderen Aufschüttungs- punkten: ca. 2,5% (= 1:400). Zwischen dem zuletzt genannten Aufschüttungskegel bei Bau und dem Taruper Kegel scheinen noch kleinere Zuflüsse von Osten gekommen zu sein. Außerdem aber scheint das dazwischen gelegene Gebiet stark von jüngeren Schmelzwässern beeinflußt zu sein. ae Eigentliche Sandur-Ebene. Die Oberfläche der eigentlichen Sandur-Ebene erscheint in den einzelnen Gebieten sehr verschieden. Die Ausbildung einer flachen, überhaupt kein Relief zeigenden Ebene, wie sie in den oberen Teilen des Gramm- und Gjels-Sandurs vorhanden ist, zeigt nur der kleinere Teil des Gebiets, so die nordwestliche Aufschüttungs- region bis fast nach Bedstedt hin, ein relativ kleines Gebiet bei dem Taruper Kegel und in der südöstlichen Aufschüttungsregion, sowie besonders ein größeres Gebiet westlich von Tingleff. Der ganze öst- liche Teil der mittleren Region wird gebildet durch eine Landschaft, die man als »Kiesrückenlandschaft« bezeichnen könnte (Bl. 75; Bl. 97). Sie reicht von der äußeren baltischen Eisrandlage im Osten bis zu einer Linie etwa von Fauderup nach Tingleff im Westen. Das ganze Gebiet besteht aus zahlreichen, annähernd parallel nordöstlich — südwestlich streichenden Kiesrücken, die in der Gefällsrichtung gestreckt sind. Sehr häufig nur 100—200 m breit und mehrmals so lang, erheben sie sich im allgemeinen nicht mehr als ca. 5 m über das mit ihnen innig verzahnte Rinnensystem. Die Höhen der Kies- rücken, die alle in gleichem Niveau liegen, senken sich nach Südwesten gleichmäßig mit dem Sandur-Niveau. Aufschlüsse in der Kiesrücken- landschaft zeigen, daß sie aus denselben Kiesen und Sanden wie der Sandur aufgebaut ist; auch scheint eine deutliche Abnahme der Korn- größe von Osten nach Westen vorhanden zu sein. Wahrscheinlich handelt es sich hier um verebnete Endmoränen, die vielleicht bei einem lokalen Vorstoß des Gletschers aufgeschüttet und später durch Schmelzwässer umgelagert wurden.') Im übrigen Gebiet sind oberflächlich fast beherrschend die weiten grünen Flußwiesen, die auf diesem Sandur wohl den größten Flächen- raum einnehmen. Besonders sind weite Gebiete im Nordwesten, im Süden und Westen vollkommen hiervon bedeckt. Im Westen hat der Sandur mehrere Ausgänge zum Meer. Zwischen dem Toftlunder und dem Tondernschen Plateau läuft der nördliche Teil des Sandurs in einen 2—6 km breiten Streifen aus, um allmählich unter die Marsch einzuschießen. An der engsten, nur etwa 2 km breiten Stelle zwischen der Wongshöhe und dem Ellumer Hügel ist ein Dünen- gebiet vorhanden, das die Bredeau hart an das Südufer drängt. Eine zweite Öffnung hat der Sandur in dem sich verengenden Streifen zwischen ') Bildungen, die den eben geschilderten durchaus gleichen, konnte ich im August 1912 vor dem Ende des Lämmerngletschers am Wildstrubel (Berner Alpen) beobachten; hier war auch durch die Verebnung einer älteren End- moräne durch jüngere Schmelzwässer eine typische Kiesrückenlandschaft im Kleinen entstanden. 103 dem Tondernschen Plateau und der Jeisinger Jnsel, der jetzt von der Arn-Au benutzt wird, und schließlich eine breitere Verbindung nach Westen zwischen der Jeisinger Insel und dem Medelbyer Rücken. d) Zusammenfassende Betrachtung der Sandur-Flächen. Größe, Form. Die Größe aller Sandur-Flächen unseres Gebiets können wir zu fast 1200 qkm ansetzen. Für die Form der Sandur- Ebenen ist die trichterförmige Verjüngung nach Westen charakteristisch, die besonders schön bei dem Gjels-Sandur ausgeprägt ist. Aufbau. Die Sandur-Gebiete stellen sich dar als Aufschüttungs- ebenen, gebildet von geschichteten Sanden und Kiesen. Das Material zeigt, wie schon Forchhammer!) auffiel, eine deutliche Ab- nahme in der Korngröße von Osten nach Westen, derart, daß von groben Blöcken nahe der Endmoräne ein allmählicher Übergang nach Westen bis zur Staubfeinheit stattfindet. Es sind aber auch in den östlichen Partien feinere Sande, geschichtete und ungeschichtete, oberflächlich vor- handen, die vielleicht z. T. auf die Wirkung jüngerer Schmelzwässer zurückzuführen sind. Schließlich finden sich des öfteren im Sandur- Niveau Fetzen von Geschiebemergel, die wohl durch Einebnung älterer Flächen durch die Schmelzwässer entstanden sind. Aus der Sandur-Oberfläche herausragend und deutlich von ihr unterschieden, sind öfter Inseln zu beobachten, die nach ihrem Aufbau zum präbaltischen Gebiet zu rechnen sind. Alle lassen deutlich die Be- einflussung durch Schmelzwässer durch ihre in der Abflußrichtung gestreckte Form und die steilen Böschungen erkennen. Gefällsverhältnisse. Inbezug auf die Gefällsverhältnisse zeigen die einzelnen Sandur-Flächen gute Übereinstimmung. In der Auf- schüttungsregion beträgt das Gefälle meist 2 bis 2,5 %o, d. h. 1:500 bis 1:400; es nimmt dann allmählich ab und beträgt im größeren mitt- leren Teil der Sandur-Flächen ca. 1,4 °/oo (1: 700), während es im Westen, dort wo die Ebenen unter die Marschen einschießen, ca. 1 %oo (1: 1000) und weniger beträgt. Als mittleres Gefälle der Sandur-Flächen unseres Gebietes kann man ungefähr 1,4 °/o ansetzen. Ein Vergleich dieser Werte mit den für die jütischen Heideebenen angegebenen zeigt gute Übereinstimmung. Ussing?) gibt für die Sandur-Kegel der Karup-Heide ein Gefälle von 1:300 bis 1:500 in den oberen Partien, von 1: 600 bis 1:700 in den unteren Partien an, während die westlichen Teile der ı) J. G. Forchhammer, Die Bodenbildung der Herzogtümer Schlesw.-Holstein u. Lauenburg, Altona 1847, S. 27. °) Ussing, Om Jyllands Hedesletter, 1903, S. 127/128. 104 Sandur-Ebene ein Gefälle von 1:2000 zeigen. Nach Braun!) beträgt das mittlere Gefälle der Karup-Heide 1,8 bis 2 °oo, das mittlere Gefälle der Grindstedt-Heide 1,5 bis 1,6 %oo- Oberflächliche Ausbildung des Sandurs. In der oberfläch- lichen Ausbildung der heutigen Sandur-Flächen sind — abgesehen von der Aufschüttungsregion — mehrere Zonen zu unterscheiden. In den östlichen Partien ist meist die ursprüngliche Bedeckung mit Kies noch vorhanden; diese weiten, ebenen, kaum modellierten Flächen sind die » Heideebenen« im eigentlichen Sinne (Meyns?) Blachfeld). Weiter westlich stellt sich meist eine mehr und mehr zunehmende Bedeckung mit Grün- landsmooren ein, die fast überall die Flußläufe begleiten, häufig aber auch die ganze Sandur-OÖberfläche bedecken. Ganz im Westen schließlich sind auf der Oberfläche des Sandurs Dünengebiete ausgebildet, und zwar häufig gerade an den engsten Stellen, so dort, wo der Gramm-Sandur und Gjels-Sandur in die Ripener Ebene eintreten, und ebenso dort, wo der »große Sandur« zwischen Wongshoi und Ellum nach Westen hinaustritt. Die Aufschüttungsregionen. Die Sandur-Ebenen zeigten sich aufgeschüttet von einzelnen Punkten aus. So ergab sich, daß der Gramm- und der Gjels- Sandur im wesentlichen von zwei, der große Sandur von drei Punkten aus gebildet worden ist. Die Höhenlage der Aufschüttungspunkte schwankt zwischen 40 und 50 m. Am höchsten liegen die Aufschüttungspunkte bei Arnitlund (Gjels-Sandur) und bei Rotenkrug (Großer Sandur) mit 50 m. Am niedrigsten liegen andererseits die Sandur-Kegel in der Umgebung der Flensburger Föhrde, sie erreichen knapp 40 m. Die Höhenlage ist somit niedriger als in Jütland, wo die Karup-Heide bis 75 m, die Grinstedt-Heide bis 80 m hinaufreicht. Für die morphologische Ausbildung erwies sich vor allem das radiale Ausstrahlen von flachen Senken und Rücken als typisch, zugleich ein verhältnismäßig hohes Gefälle (1:300 bis 1:400) und Aufbau aus groben gerollten Blöcken. Alle Verhältnisse sind besonders typisch bei dem Rotenkruger Kegel ausgebildet. Inbezug auf die Lage der einzelnen Aufschüttungspunkte zeigt sich eine durchgehende Beziehung zu den das Hügelland durchsetzenden Föhrdentälern. Die Aufschüttungspunkte des Gjels-Sandurs liegen dort, wo das Haderslebener Föhrdental und das Hoptruper Tal auf ihn treffen. Auf den Taruper Kegel trifft das Ukbek- Tal, auf den Bauer Kegel das Pattburger Tal’usw. Der Rotenkruger Kegel ist noch durch eine besondere Erscheinung ausgezeichnet. Auf ihn trifft, außer den von der Apenrader Föhrde kommenden Tälern, noch ') Braun, Entwicklungsgeschichtliche Studien an europäischen Flachlandsküsten, S. 26. 2) Meyn, Die Bodenverhältnisse usw. S. 21, 105 der von der Gjenner-Bucht herkommende Kiesrücken, der aber ebenso den Lauf eines subglazialen Schmelzwasserstroms bezeichnet wie die Föhrdentäler, Immer zeigt sich dort, wo das Föhrdental auf den Aut- schüttungspunkt trifft, die Moräne unterbrochen; so finden sich hinter allen Föhrdentalern mehr oder weniger breite Unterbrechungen, am größten bei der Apenrader und Flensburger Föhrde. Entstehung und Herausbildung der jetzigen Sandur-Ebenen. In der Einleitung wurde bereits dargelegt, wie sich Forchhammer die Entstehung der Heideflächen im Zusammenhang mit der baltischen Flut gedacht hatte. Immer mehr aber kam man zu der Anschauung, daß man in den Sanden des Westens einen Absatz der aus dem Osten kommenden Schmelzwässer des Eises vor sich habe, wie es dann auch von Haas!) ausgesprochen wurde. Er schied aber noch nicht die Heideebenen von den höher gelegenen Gebieten, da er annahm, daß zur Abschmelzphase zuerst ziemlich der ganze Mittelrücken von den Schmelzwässern bedeckt und mit ihren Ablagerungen überschüttet gewesen sei. In klarer Weise ist die Entstehung der Heideebenen in dem bereits eingangs erwähnten Werk von Engelbrecht?) auseinandergesetzt. Er zählt kurz die einzelnen Sandur-Flächen, die er als breite, in die älteren Höhenzüge eingeschnittene Schmelzwassertäler beschreibt, auf und weist auch auf Beziehungen zu den Senken des Ostens hin. Auf die umfassenden Untersuchungen Ussings über den im ein- zelnen wirkenden Mechanismus der Sandur-Bildung wurde schon öfter hingewiesen. Von ihm wurde zuerst der genetische Zusammenhang zwischen den Föhrdentälern und den einzelnen Aufschüttungskegeln der Heideebenen klargestell. Einzelne grosse Schmelzwasserströme, die unter dem Eise in den Föhrdentälern flossen, breiteten sich beim Austritt aus dem Eise auf dem Aufschüttungskegel wie ein Strahlen- bündel aus und teilten sich in ein Gewirr von Armen, die mit stark wechselnden Laufe die ganze Heidefläche überdeckten, so wie wir es an den heutigen Gletscherabflüssen sehen. Die Ussingschen Anschauungen über die Bildung der Heideebenen fanden wir m unserem Gebiet durchaus bestätigt. Wir können uns danach von der Herausbildung der heutigen Heideebenen ein einigermaßen klares Bild machen. Im baltischen Stadium wurden durch einzelne Schmelzwasserströme, deren Spuren wir in den Föhrdentälern und Äsarn vor uns haben, Sandur- ‘) Haas, Die geologische Bodenbeschaffenheit Schleswig-Holsteins, 1889, S. 148. ») Th. H. Engelbrecht, Bodenanbau und Viehstand in Schleswig - Holstein, Kiel 1905/7. 106 Flächen aufgeschüttet, die sich in die präbaltischen Mulden hineinlegten, und es wurden teils durch Aufschüttung neuen Materials, teils durch Verebnung älterer Schichten ebene, in die älteren Gebiete scharf ein- geschnittene Flächen geschaffen (siehe hierzu die schematische Skizze Nr. 1). Aber wahrscheinlich veränderten schon die jüngeren Schmelz- wässer gewisse Partien der ursprünglichen Sandur-Flächen; durch die flachen Senken wurde der Lauf der heutigen Flüsse vorgezeichnet. In der Postglazialzeit wirkten die Veränderungen weiter, die heutigen Flüsse schnitten sich mit ihren alluvialen Talböden ein, in den flachen Depressionen bildeten sich die Grünlands-Moore, im Westen schließlich wurde der feine Heide-Sand durch die Tätigkeit des Windes zu Dünen aufgehäuft. Die scharfen Abfälle der präbaltischen Diluvialplateaus wurden allmählich abgeböscht und durch Bachrisse zerlappt. Auf eine weitere Veränderung im Westen kommen wir später noch bei Besprechung der Marsch, ill. Die Marschen- und Dünenzone.') Die dritte nordsüdliche Zone der Halbinsel gehört in unserem Gebiet nur zum kleineren Teil noch dem Festlande an; der größere Teil des 15—40 km breiten Streifens fällt in den Bereich des Meeres. Mindestens vier verschiedene Elemente setzen ihn zusammen: 1. präbaltische Gebiete, 2. Marschbildungen, 3. Wätten, 4. Dünenbildungen. 1. Die präbaltischen Gebiete. Sie erheben sich ähnlich wie die präbaltischen Gebiete der Geest als Inseln über die ebene Marsch. So sind auf der Insel Sylt mehrere präbaltische Komplexe vorhanden, deren größte der mit dem Roten Kliff nach Westen abfallende Hauptkörper der Insel und das Morsumer Gebiet sind. Am Aufbau, der ähnlich wie bei den präbaltischen Gebieten der Geest ist, nimmt einmal Tertiär Anteil, das am Morsum-Kliff stark gestört erscheint. Die diluvialen Bildungen der Inseln werden teils der ältesten, teils der Hauptvereisung zugerechnet. Dieser letzteren sollen vor allem die mächtige Hauptmoräne des Roten Kliffs und die Geschiebesande Sylts angehören, während die überlagernden Heidesande eine äolische Bildung aus späterer Zeit darstellen. Der Obere Geschiebemergel, die Grundmoräne der letzten Vereisung, scheint hier vollkommen zu fehlen, und nach der heute herrschenden Anschauung hat die letzte Vereisung Sylt nicht mehr erreicht ?). Morphologisch zeigen die präbaltischen Gebiete, wo sie nicht von jüngeren Veränderungen be- troffen sind (Dünen usw.), die gleiche Ausbildung wie die präbaltischen Gebiete des Festlandes. !) In dieser dritten Zone wurden keine eigenen neuen Untersuchungen aus- geführt. Nur der Vollständigkeit halber wird hier noch auf sie eingegangen. ®) s. Gagel, Über einen Grenzpunkt der letzten Vereisung, Jb. pr. g. L.-A. f. 1907, Bd. 28. S. 581 ff. 107 2. Die Marschbildungen. Marschbildungen treten in unserem Gebiet einmal am Festlande auf; doch sind es im Vergleich zu den Gebieten Holsteins kleine Komplexe. So greift an der Mündung der Nips- und der Brede-Au die Marsch trichterförmig in den Sandur hinein ; ebenso erstreckt sich das größere Gebiet von Nordfriesland in die Öffnungen des großen Sandurs bei Tondern weit nach Osten hinein. Kleinere Marschgebiete sind auf den Inseln vorhanden, die z. B. auf Sylt die präbaltischen Komplexe des Roten Kliffs und des Morsum-Kliffs mit- einander verbinden. Geologisch ist die nordfriesische Marsch noch kaum untersucht; sie wird nach Meyn!) größtenteils durch den sogenannten Marschklei gebildet, der durch die vereinigte Tätigkeit des Meeres und der Flüsse unter Mitwirkung von Organismen niedergeschlagen sein soll. 3. Die Watten. Den größten Flächenraum in der dritten Zone unseres Gebietes nehmen die der periodischen Überflutung durch das Meer ausgesetzten Watten ein. Mehr oder weniger zusammenhängende Komplexe bildend und von tiefen Rinnen durchzogen, in denen Ebbe- und Flutstrom verläuft, bilden sie eine Art von höherem »Schelf«, der das Festland und die Inseln umrahmt und zum Teil miteinander ver- bindet. Die auf diluvialer Grundlage ruhenden Watten, die von Meyn?) anschaulich geschildert werden, zeigen oberflächlich meist gelben Meeres- sand, der nach dem Festlande zu und an der Ostküste der Inseln von Schlick bedeckt ist. Häufig sind im Watt untermeerische Wälder und Moore*) (Watten-Tuul) beobachtet worden, aus deren Vorkommen schon Forchhammer‘) und Meyn auf eine Senkung der Küste schlossen. 4. Die Dünenbildungen. Das vierte, für die Zone wichtigste Element sind die Dünen. Sie bilden vor allem die westliche Begrenzung, das Bollwerk gegen das Meer. Der Dünenwall von Fanö über Röm nach Sylt ist ein Glied der großen, die Nordsee von Holland bis Skagen be- gleitenden Dünenkette. Eine zweite, allerdings weniger zusammenhängende Dünenzone begleitet die Grenze von Geest und Marsch (»Innere Küste«). Hierher gehören die Dünenbildungen an der unteren Brede-Au, am Medelbyer Rücken usw. Herausbildung derheutigen Verhältnisse. Die Geschichte der Nordsee seit dem Tertiär ist noch nicht sichergestellt. Soviel aber scheint festzustehen, daß noch im jüngsten Diluvium das Land bedeutend - weiter nach Westen reichte als jetzt, und so hatten die Schmelzwässer !) Meyn, Die Bodenverhältnisse usw. S. 34. *) Meyn, Geognostische Beschreibung der Insel Sylt, S. 125 ff. ®) Vgl. die Zusammenstellung bei W. Ordemann, Beiträge zur morpholog. Ent- wicklungsgeschichte der deutschen Nordseeküste usw. Diss. phil. Halle 1912. S. 14 u. 15. *) Forchhammer, Die Bodenbildung der Herzogtümer usw., Altona 1847, S. 29. 108 der baltischen Phase damals wahrscheinlich einen weiteren Weg zum Meere zurückzulegen, als jetzt die Sandur-Flächen oberflächlich aus- gebildet sind. In dem älteren Abschnitt der Postglazialzeit bestand hier im Westen ein flaches Gebiet!), das gegen das Meer nach Meyn?) durch eine diluviale Hügelkette, vielleicht auch schon durch einen sich ent- wickelnden Dünenkamm geschützt war. Nach Meyn stauten sich in dem weiten, gegen das Meer abgesperrten Raume die vom östlichen Festlande kommenden Flüsse zu einem Süßwasser-See, der zum Meere überfloß, In dieser Lagune entstand eine Bruch- und Waldvegetation, aus der später ein Hochmoor hervorging. Durch eine die ganze Nordseeküste betreffende Senkung wurde dann dies Gebiet vom Meere überflutet. - Der Betrag der Senkung, die von Stolley°) mit der Litorina-Senkung in Zusammenhang gebracht ist, wird neuerdings von Schucht?!) auf ca. 20 m angegeben. Das Meer durch- brach die Dünenkette und drang bis weit in die Senken des Festlandes ein, wobei ein Teil der präbaltischen Gebiete zu Inseln wurde. Allmählich bildete sich die sogenannte »innere Küste« aus, die, von Dünenbildungen begleitet, mit mehreren Buchten (an der Nips-Au-, Brede-Au- und Wied- Au-Mündung) ins Land hineingriff. Aber immer noch war die Nordsee, die in dieser Zeit eine grosse Bucht des europäischen Nordmeeres dar- stellte, ein verhältnismäßig ruhiges Meer, und im Schutze der westlich noch vorhandenen Dünenketten bildeten sich in dieser Phase die Marschen. °) Die Periode der neuzeitlichen Küstenzerstörung wird heute meist mit dem Durchbruch des englischen Kanals und den veränderten Flutver- hältnissen®) in Zusammenhang gebracht. Mehr und mehr wurde der Dünenwall durchbrochen, und in immer stärkerem Maße vernichtete die Flutwelle die vom Meere vorher gebildeten Marschen. Erst in allerjüngster Zeit scheinen sich die Verhältnisse wieder geändert zu haben; ja der Mensch tat nicht nur dieser Zerstörung Einhalt, indem er die Marschen durch Eindeichung schützte und die Dünen durch Bepflanzung festigte, er gewann auch noch grosse Teile dem Meere wieder ab. ') Vgl. hierzu W. Ordemann, Beiträge usw., S. 34. 2) Meyn, Geognostische Beschreibung der Insel Sylt, S. 146/147. ®) Stolley, Das Alter des nordfriesischen Tuuls, S. 18. *) Schucht, Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 1910, Mon.-ber. S. 101. °) In der jüngst erschienenen, oben zitierten Arbeit von W. Ordemann wird die ganze Frage der Herausbildung der heutigen Nordseeküste einer neuen Untersuchung unterzogen und z. T. die Verhältnisse in ganz neuem Lichte dargestellt. °) Vgl. für die Geschichte der Nordseeküste auch G. Braun, Entwicklungs- geschichtl. Studien an europ. Flachlandsküsten. 1911. 109 C. Morphologischer Gesamtüberblick. Die wichtigste morphologische Scheidelinie Schleswig-Holsteins, die Grenze zwischen der Geest und der östlichen Hügellandschaft, wurde durch das baltische Stadium hervorgebracht. Im Osten wurden die frischen jungen Formen geschaffen, die mit ihren steilen Böschungen, den zahllosen Hohlformen der Oberfläche ein so unruhiges Relief geben. Es bildete sich ein System von Rinnen (Föhrdentälern) aus, die von der Beltsee ausstrahlten und in denen sich die Schmelzwässer zu großen Strömen sammelten, die nach Westen ihren Ausgang suchten. Sie schütteten vor dem Eise die großen Schotterflächen auf, die sich mit schwacher Neigung nach Westen hineinlesten in die präbaltischen Ge- biete, deren flache und sanfte Formen durch die lange wirkende subaörische Denudation während, vielleicht auch vor dem baltischen Stadium hervor- gebracht wurden. Nach dem Verschwinden des Eises setzte auf dem Lande, das damals im Osten und im Westen weiter reichte als jetzt, ein normaler subaäörischer Erosionszyklus ein, der die Unterschiede der Formen gleich zu machen suchte. Wichtig für die heutige Konfiguration wurden Bodenbewegungen, die im Osten und Westen einen Teil der Küsten unter das Meeresniveau brachten. Hier wie dort wirkten nun marine Zyklen weiter und schufen im Osten aus den Föhrdentälern die heutigen Föhrden, im Westen die Watten, Marschen und Dünenketten. Auf dem Lande wirkte unterdessen der subaörische Zyklus weiter. Die steilen Abhänge wurden abgeböscht und die Hohlformen ausgefüllt, auf den Sandur-Gebieten bildeten sich die weiteren Grünlands-Moore, und an geeigneten Stellen wurde der feine Heidesand zu Binnenlandsdünen auf- gehäuft. Noch aber leuchten überall die frischen glazialen Formen durch, und noch ist der Gegensatz scharf zwischen baltischen und präbaltischen Gebieten. Noch ein Blick auf das Verhältnis von Schleswig-Holstein zum übrigen Norddeutschland! Wie sich von Osten her dem baltischen Höhen- rücken der südliche Höhenrücken vom Fläming über die Lüneburger Heide nähert und mit ihm in Schleswig-Holstein fast verschmilzt, so scheint im einzelnen ein Konvergieren der Endmoränen hierher statt- zufinden. Über die Ausbreitung der älteren Vereisungen wissen wir noch zu wenig; das letzte Inlandeis aber scheint die Westküste der Halbinsel nicht überschritten zu haben. Bereits 40-50 km östlich liegen die 110 äußersten baltischen Moränen, die im übrigen Norddeutschland, je weiter man nach Osten kommt, umso mehr hinter der Linie äußerster Aus- dehnung des letzten Eises zurückbleiben. Auch die baltischen Moränen scheinen im einzelnen wieder nach Nordschleswig zu konvergieren (vgl. z. B. die Skizze von Werth!) und die Karte von Ussing?). Zieht man weiter die tiefe Lage des baltischen Höhenrückens im Verhältnis zu den anderen Gebieten in Betracht, die zahlreichen De- pressionen unter den Meeresspiegel, die gerade in Schleswig-Holstein besonders häufig zu sein scheinen?), ferner die Formen der Belt-See, die nach Spethmann‘) auf eine junge Überflutung des Gebietes hinweisen, so möchte man in all diesen Erscheinungen die Anzeichen für eine langdauernde allmähliche Senkung des westbaltischen Gebietes erblicken, deren letztes Ausklingen vielleicht die Litorina-Senkung war. ') Werth, Studien zur glazialen Bodengestaltung usw., S. 72. *) Ussing, Om Floddale og Randmoräner i Jylland, Overs. k. danske Vid. Selsk. Forh., 1907, S. 214. ®) z. B. Gr. Plöner See, Hemmelsdorfer See u. a.; vgl. auch Wegemänn, Die Seen des Eidergebietes. P. M. 1912. I. S. 197 ff. *) Spethmann, Tiefenkarte der Belt-See, P. M. 1911. II, S. 251. >B< Druckfehler: Seite 51, Zeile 26: Hoptruper Föhrdental (vgl. hierzu Profil No. VII). > al ‚, 14: lies Profilen V und VI statt Profilen VI und VII. » 67, Fußnote ') lies Siehe hierzu das Profil VII (nicht Profile V und VI). » 77, Zeile 15: getrennt sind (siehe hierzu das Längsprofil No. VII). » 86, » 10: s. Profil No. III (nicht No. II). » 90, » 14:s. Profil No. IV (nicht No, V, IV). Versehentlich ist auf Taf. III der »Haderslebener Damm« bei Haders- leben mit der braunroten Farbe der Baltischen Hügellandschaft überdruckt worden, statt weiß gelassen zu werden. In der 1. Zeile der Legende zu Taf. III (links unten) lies »Grund- moräne« (statt »Grundmöräne«). 111 Versammlungen. Ordentliche Sitzung am 3. Mai 1912. Die Sonnenfinsternis vom 17. April und die günstige Gelegenheit, dieselbe zu beobachten, hatten die Geographische Gesellschaft veranlaßt, Herrn Professor Dr. Schulze zu bitten, vor einem größeren Kreise die diesen Naturerscheinungen zugrunde liegenden astronomischen Tatsachen vorzutragen. Herr Direktor Dr. Schulze zeigte an der Hand eines sehr schönen Telluriums die Bewegung von Erde und Mond, die Entstehung von Tag und Nacht, der Jahreszeiten; die Begriffe siderischer und syno- discher Monat, die Knotenlinie, Rotation, Libration, Erdferne und Erd- nähe des Mondes wurden kurz erörtert. Weiter ausgeführt wurden Ein- tritt und Verlauf von Sonnen- und Mondfinsternissen. Zum Schluß wurden eine Reihe Lichtbilder gezeigt, welche den Verlauf der Finster- nisse veranschaulichten. An den Vortrag, zu dem auch die Mitglieder der Gemeinnützigen Gesellschaft geladen waren, schloß sich ein geselliger Abend im Kreise der Geographischen Gesellschaft an, an dem die Damen der Gesellschaft zahlreich vertreten waren. Ordentliche Sitzung am 25. Oktober 1912. Herr Professor Dr. Lenz eröffnet als Vorsitzender die erste Winter- versammlung mit einem Rückblick auf das verflossene Vereinsjahr und gedachte der verstorbenen Mitglieder, Herren Senator Dr. Klug und Reichsbankdirektor Rosenow. Als neue Mitglieder sind aufgenommen die Herren Dr. Hegemeister, Bruno Engel, Reichsbankassessor Froelich, Kaufmann Karl Reuter, Öberlehrer Knoke und Kaufmann Ed. Schlüter. Ausgetreten sind Dr. Rud. Grosse und Oberst a. D. Lehmann. Herr Professor Dr. Lenz erteilte dann dem Redner des Abends, Oberlehrer Dr. Schurig, das Wort zu seinem Vortrage »Der Südwesten Englands (Cornwall und Devonshire)«, In einer Einleitung schilderte der Vortragende den Aufbau des Gebiets, zeigte den Zusammenhang mit dem übrigen England und erörterte die Bedingungen, unter denen die zerstörenden Kräfte — hier namentlich das Meer — den Einblick in die geologischen Verhältnisse ermöglichen, und welche Wechselwirkung sich daraus ergibt. An der Hand einer Küstenwanderung von Ilfracombe bis Torguay entrollte er dann das wunderbare Bild dieser Meeresarbeit, wie sie an solcher Steilküste von verschiedenartigstem Gestein — devonische Kalke und Sandsteine, Schiefer, Granit, Serpentin, Ton, permische Konglo- merate usw. — Formen von großartiger Mannigfaltigkeit und Schönheit schafft. Aus den wechselnden Ergebnissen der Meerestätigkeit zog er den Schluß auf die Hafenverhältnisse, die er eingehend würdigte. In- wiefern das Klima für die riesige Abtragung maßgebend ist, war bereits von ihm hier und da angezogen worden, er setzte nun diesen Faktor in Verbindung mit der Vegetation und legte ihren Reichtum dar, der unter 50 ° nödlicher Breite sogar Palmen, Steineichen, Lorbeer, Erdbeerbäume, Zitronen, Bananen in sich faßt. Nachdem so die »cornische Riviera« als solche in Wort und Bild gekennzeichnet war, führte der Redner seine Zuhörer mittels einer Fahrt auf dem Fal in das Innere und betonte den Gegensatz zwischen Hochland und Tal. Nach einer Pause wandte er sich den Bewohnern des Landes zu, er charakterisierte ihre Existenz- bedingungen, ihren Typus und ihre Kultur. Hier fesselten vor allem die längeren Ausführungen über die zahlreichen vorgeschichtlichen und christlichen Denkmäler. Prähistorische Dörfer, Steinkreise, Cromlechs, Steinreihen, Menhirs, Kistvaens, Kreuze und heilige Brunnen wurden vorgeführt, beschrieben und auf ihre wahrscheinliche Zweckbestimmung hin untersucht. Der zweistündige Vortrag, der zum Teil von vorzüglichen Lichtbildern begleitet war, erntete lebhaften Beifall. Ordentliche Sitzung am 22. November 1912. Herr Professor Dr. Lenz eröffnete die Versammlung und teilte mit, daß der Geographischen Gesellschaft als Mitglieder beigetreten sind die Herren: Dr. Allendorf, Privatmann Alex. Riefkohl, Kaufmann Ed. Beck- mann, Privatmann Schwertfeger-Lehmann, Kaufmann G. Lappe, Kauf- mann Paul Hermberg, Oberlehrer Griesel und Direktor Schneider. Er erteilte sodann Herrn Professor Lohmann aus Kiel das Wort zu seinem Vortrage über: Beobachtungen über das Leben der Hochsee auf der Ausreise der deutschen antarktischen Expedition. Herr Professor Lohmann, der als Biologe die deutsche antarktische Expedition auf der »Deutschland« bis Buenos Aires mitmachte, schilderte einleitend, welcher Plan der Expedition Dr. Fechners zugrunde liegt. Die Abfahrt aus Deutschland erfolgte so zeitig, daß mehrere Monate bis zur Ankunft in Buenos Aires für Tiefseeforschungen zur Verfügung standen, die zum Kreuzen im Atlantischen Ozean und auch zu einem Abstecher in die Sargasso-See benutzt wurden. Den Eintritt in die 113 Tropen kennzeichneten Scharen von fliegenden Fischen; dagegen nahm die Vogelwelt zum Äquator hin ab, und wochenlang kam kein Vogel in Sicht. Aber im Meere lebte eine vielgestaltige Welt; Quallen, die. sich von Fischen nähren, Algen, Schnecken mit einem Luftfloß und sogar ein Käfer auf der Hochsee, die Seewanze. Sobald man aber an der Küste Südamerikas in das Bereich des kalten Falklandstromes kam, wurde es auch über dem Wasser wieder lebendig. Albatros, Kaptauben und kleine Pinguine bevölkerten das Meer, in dem bis zu 300 m langer Blasentang auftauchte. Herr Professor Lohmann ging dann zu seinem Spezialgebiet, den Mikroorganismen über. Kieselalgen, Geißelalgen, Kalkalgen Radio- larien, Krebse und vieles andere erschien im Bilde auf der Leinwand. Die Planktonnetze in ihrer Unzureichenheit wurden erörtert; wir hörten, wie man bestrebt ist, immer feinere Methoden zum Fischen auch der allerkleinsten Lebewesen zu erfinden und schließlich anlangt beim Magen der kleinen Tierchen, in dem uns die kleinsten der Kleinen gezeigt werden. Zum Schluß zeigte der Redner einige Tabellen, aus denen hervorging, daß die warmen Tropenmeere arm, die kühlen Flachseen reich an Mikroorganismen sind; die Grenzen nach unten aber sind sehr verschieden. Nach dem Vortrage, der im großen Saale der Gemeinnützigen Gesellschaft stattfand, blieben die Mitglieder der Geographischen Gesell- schaft in den Vorräumen noch einige Stunden zusammen. Ordentliche Sitzung am 20. Dezember 1912. Herr Dr. N. Hansen sprach über die wirtschaftlichen Verschiebungen an der deutschen Nord- und Ostseeküste von 1847 — 1912. Stettins Handel, der ebensogroß ist, wie der von Danzig, Königsberg und Lübeck zusammen, steht im Deutschen Reiche an dritter Stelle mit 5,7 Millionen t. Sein Handel ist, wie der aller Ostseestädte fast ausschließlich Europa- handel, der Kaiser Wilhelm Kanal hat diesen Städten also wenig Nutzen gebracht; wohl aber sind umgekehrt Hamburg und Bremen dadurch in die Ostsee eingedrungen. 1873 fuhren in der Ostsee noch 435000 t Segelschiffe, in der Nordsee 1000 t weniger. 1911 waren die Zahlen 14000 und 390000, während gleichzeitig die Ostsee einen Dampferzuwachs von 21 auf 292000 t aufwies, die Nordsee aber auf viele Hundert- tausende. Dasselbe Bild, wie die Tonnenzahl der Schiffe, zeigen die Leistungen der Werften. Im ganzen ergibt sich, daß das Übergewicht der Nordsee über die Ostsee erst jüngeren Datums ist und erst aus den Jahren 1847 —1860 datiert. Daß auch für die Ostseestädte noch Ent- wickelungsmöglichkeiten bestehen, zeigt Stettin. 114 Ordentliche Sitzung am 10. Januar 1913. Herr Direktor Professor Dr. Schulze eröffnet als stellvertretender Vorsitzender die Sitzung und erteilt Herrn Professor Dr. W. Ule (Rostock) das Wort zu seinem Vortrage »Von Buenos Aires quer durch Südamerika mit der transandinen Bahn.« Redner schilderte das Leben in Buenos Aires, erläuterte den eigenartigen Stadtplan und die Hafenanlagen. Nach der Landseite geht die Stadt unmerklich in die Pampa über; diese ist eine fast absolute Ebene in Feldern und Weideland zerteilt, also Kulturland, und zwar von bedeutender Fruchtbarkeit, so daß trotz Dürre und Heu- schreckenplage der Ertrag gut ist, wenn nur von fünf Jahresernten zwei gut eingebracht werden. Die Besitzungen — Estancias — umfassen bis zu 300000 ha Land, auf dem Tausende von Rindern und Pferden weiden; eine solche Estancia wird durch Drahtzäune in kleinere Teile zerlegt, deren jede ihren Brunnen besitzt. Die Verbindung der Land- güter mit den Pampastädten wird auf 25 m breiten Straßen meist durch Autos heute hergestellt. Durch die Ebene eilt die Bahn von Buenos Aires etwa 22 Stunden; in der Nähe der Kordilleren durchfährt sie umfangreiche Weingärten und in Mendoza beginnt der Anstieg über das Gebirge. Die Armut an Niederschlägen hat am Fuße der Berge große Schutthalden sich anhäufen lassen, und trotz bedeutender Seehöhe — der Paß liest in 3200 m Höhe — findet man auf der Ostseite nur wenig Schnee. Durch diese öde und kahle Landschaft windet sich die Bahn auf Umwegen bis zur Höhe hinauf. Mit dem Überschreiten der Höhe ändert sich die Landschaft: reichliche Schneemassen bedrohen oft den Betrieb der Bahn, steil senkt sich die Kordillere auf 600 m hinab, die Trümmerfelder am Fuße der Berge sind verschwunden. Ein Zweig der Bahn führt nach Santiago, dessen eingeborene Bevölkerung offenbar noch stark mit Indianerblut durchsetzt ist. Die Hauptbahn aber durchquert noch die Küstenkordillere, deren Berge mit Wald bedeckt sind und lebhaft an unsere deutschen Mittelgebirge erinnern, und findet ihren Eudpunkt in Valparaiso. Die Stadt liegt an ganz schmalem Küstensaum und der nach Norden offene Hafen fällt gleich zu bedeutender Tiefe hinab. Valparaiso macht den Eindruck einer europäischen Stadt. Deutsche und Engländer sind stark vertreten. Ordentliche Sitzung am 7. März 1913. Herr Professor Dr. Hans Meyer sprach über seine »Reisen durch Ruanda und Urundi.« Es war die fünfte Expedition, die den Vor- tragenden nach 13jähriger Pause wieder nach Deutsch - Ostafrika führte. Es sind Gebiete, die größtenteils noch gar nicht bekannt waren, obwohl gerade sie eine Fülle von geographischen, naturwissenschaftlichen und 115 ethnographischen Problemen bieten. Vom Viktoria-Njansa wurde zuerst der Ugirisee aufgesucht, der noch gar nicht erforscht war, dann das 22 km breite, sumpfige Becken des Kagera überschritten. Und nun näherte man sich dem Randgebiet des großen afrikanischen Grabens, in dessen Tiefe der Kiwusee, der schönste aller afrikanischen Seen, liegt. Der Tonschiefer, der hier zur Ackerkrume verwittert, begünstigt den Ackerbau, und so sind diese Gebiete stark besiedelt. Bei der unwirt- schaftlichen Art, mit der die Eingeborenen den Anbau treiben, sind aber diese Bezirke ihres einstigen Waldschmuckes ganz beraubt worden. Bessern kann hier nur der Einfluß der deutschen Herrschaft, der augen- blicklich aber nur ein nomineller ist. Erst der Anschluß dieses Gebietes an das Verkehrsnetz Deutsch-Ostafrikas wird viel Gutes schaffen können. Hier empfahl der Vortragende den Bau einer Zweigbahn an den Viktoria- Njansa in Verbindung mit dem Ausbau der Usambarabahn und nicht den Anschluß an die Zentralbahn, der, wie die letzten Reichstagsver- handlungen zeigen, stark in Erwägung gezogen wird. Nach einem Besuch bei dem Negerkönig der Watussi, eines später eingewanderten Stammes hamitischen Ursprungs, in seiner Residenz Niassa wandte sich Professor Meyer mit seiner Karawane an den Tıanganjikasee, an dessen Ufern leider auch die Schlafkrankheit ihre Opfer fordert. Alle Bemühungen unserer Ärzte hier sind vergeblich, solange im benachbarten Kongostaate keine wirksame Hilfe geleistet wird. Die Schlamperei dort ist unverantwortlich. Von Usumbura zog die Karawane in 34 Tagen durch die öde, völker- arme Baumsteppe Unjamwesis nach Tabora, wo sie sich auflöste. Dieser Bezirk ist durch die Sachsengängerei der Neger in letzter Zeit unheimlich gelichtet. Wie die Entvölkerung dieser Gebiete einerseits und die Arbeiterversorgung für die Plantagen anderseits miteinander in Einklang zu bringen sind, erscheint dem Vortragenden eine der wichtigsten Fragen für unsere Kolonie. Gebe es, so schloß der Redner, auch noch manches Unerfreuliche in unserer Kolonie, so habe er doch anderseits auch so viel Fortschritt auf allen Gebieten gesehen, daß man mit gesundem Optimismus in die Zukunft schauen könne. Nach dem Vortrage vereinigte sich mit Herrn Professor Meyer eine stattliche Zahl aus dem Kreise der Geographischen Gesellschaft zu einem Essen ihm zu Ehren. Hier stattete der Vorsitzende, Herr Direktor Dr. Schwarz dem unermüdlichen Afrikaforscher den Dank der Gesellschaft ab. 116 Veränderungen des Mitglieder - Verzeichnisses im Heft 25. Vorstand. Schwarz, Georg Sebald Christoph, Dr. phil., Vorsitzender. Sack, Gustav, Dr. phil., stellvertr. Vorsitzender. Warncke, Oscar, Kassenführer. Schaper Erich, Dr. phil., Schriftführer. Zimmermann, August Ludwig Eduard Richard, stellvertr. Schriftführer. Meyer-Tranbjerg, Theodor Amandus, Kartenwart. Peters, Berthold Adolf August. Hansen, Theodor, Dr. med. Neu eingetretene Mitglieder. Allendorf, Hugo, Dr. Beckmann, Ed. Brehmer, Ernst, Dr. Eingelbrecht, Paul. Frölich, Karl. Griesel, Rudolf. Grundt, Franz. Hansen, Johannes, Dr. Hegemeister, Walter, Dr. phil. Hermberg, Paul Welh. Knoke, Hans. Lappe, Gustav. Maeder, Fritz. Rosenow, E. hiefkohl, Alexander. Schneider, Alfred. Schlüter, Id. Schwerdtfeger - Lehmann. Stolterfoht, Herm. Gust. Ausgetretene Mitglieder. T Behrens, Heinr. = Frahm, Karl. Frank, Wolfgang, Dr. phil. Hansen, Wilhelm. = Hansen, Johannes, Dr. Hoffmann, Paul. ® Hegemeister, Walter, Dr. phil. Karutz, Richard, Dr. med. | >aE><- Kühne, Ludwig Heinrich, Exzell. r Lenz, Heinr. Christ. Wilh., Dr. phil. Liibeke, Robert. Lehmann, Max. T Rosenow, E. Sartori, Heinrich Friedrich Theod. Sawitzki, Karl Otto. Willers, Karl Ohristian Heinrich. * wegen Fortzug aus Lübeck. 7 verstorben. Druck von Max Schmidt in Lübeck. Das baltische Stadium in Nordschleswig. 1:750000. Mitt.d.Geagr.Ges. Lübeck, 2.Reihe. Heft 26.1913. Tafell. EG IST = Z = III \ Se N, ! IN \ N HN IN in) I \o N Ei \ No Sea Im \ 7 7 A 1 ET MM na S l 'PWoldstedf, Morphologie von Nordschleswig. Die Schematische Skizze gibt ein Bild von der Aufschüt- tung der Heideebenen während des baltischen Stadiums. Die mit Pfeilen versehenen gestrichelten Linien,die meist mit den Föhrden in Zusammenhang stehen, bezeichnen den Lauf subglazialer Schmelzwasserströme,die nach ihrem Austritt aus dem Eise die Sandurgebiete aufschütteren und, sich in zahllose Arme teilend,zum Meere abflos- sen, das damals wahrscheinlich bedeutend weiter west- lich lag. Auf der Skizze ist die heutige Küstenlinie angenommen. Tof W Tiesl 1. 3 Karl under F | ‚©o en “Toftl. au Gje (s8s-8S am ed Ui a galt Höhberg Arrilder Mulde „sam ZW Tiestund | Hjanbro- Unsel | 10) = - Gramm-Au i P | ME ei un A EHE 00 Jia “lo - Querprofil durch das Fischbehtal, WNW-OSO,von Höhberg nach Rurup (Toflunder Plateau). Querprofil durch den Gjels-Sandur, von Tieslund nach Haugaard ' To! Pi. gezern d un 2 j Wongsnoi | MM amim | Nerechon ea Sandur l sand u ır B | une | 5,0 Ww I | 2 » I.: ——— | - T.!: Profil AlrchTaEn Wongshoi,W-O,ca 800m N von Lügumgaard. ‚Abfall des Toftlunder Platesus zum Grossen nordschleswigschen Sandur bei Hellewatt Apenrader Föhrdenwall j N wo MNorderholz Brunder Tal »o R \ Clusries Kollunder Holz runder] _ ZteWERrd. Sen | \J 1 Pattburger T. no i 1 Karlsminder Schwelle 50 SW Y u u . «Lo Querprofil durch den Apenrader Föhrdenwall, N-S,von Riesjarup zum Langberg. Querprofil durch das Brunder Föhrdental,W-O,ca 600 m N von Karlsminde Querprofil durch das Patrburger Föhrdental, 250 m S der Kupfermühle 100 Rykberg-See Wirtstedt-S ar Um Weibüllgeard Weibüll-See N DB “le B — Hoptrup sehli ef = 8 SIE 0 (a2m) Längsprofil durch das Hoptruper Föhrdental,vom Schliefsee zum Rykberg-See. Längenmalsstab n E 1:25000 Mitt.d.Geogr.Ges. Lübeck, o son 1000 ae akoe 2200 aocom P Woldstedt, Morphologie von Nordschleswig. 2.Reihe, Heft 26. 1913. Tafell. Die Profile (nach den Messtischblättern 1:25000 konstruiert) sindin fünffacher Überhöhung. gezeichnet. SCHLESWIG P.Woldstedr, Morphologie von Nordschleswig. Tafei II. ud “ F En Bar Ge. | MORPHOLOGISCHE ÜBERSICHTSKARTE VON NORDSCHLESWIG im Massstab 1: 300000. Tokm P.Woldstedt, Morphologie von Nordschleswig. Tafel IIL. {7 Mitt. d. Geogr. Ges. Lübeck, 2.Reihe, Heft 26. 1913. T>pupg Si \ J Friesland Mies | 9° östlich v. Greenwich. j Mutmassliche Eisrandlagen 1 mit Grundmöräne EEE Baltische Hügellandschaft, vorwieg. Bedeckung a RE ” ” Sandu. Kies =] HN re IEIEZER) = 33, „gebildet durch Endmoränen EEE Marschgebiete 0 7 Asbildungen EEE] Dünenbildungen ET] Walten u.Sände EN } ! j f / Mitteilungen (Geographischen Gesellschaft Naturhistorischen Museums LÜBECK. Redaktions-Ausschuß. Zweite Reihe. Heft 27. ze Lübeck 1916. In Kommission bei R. Friedländer & Sohn-Berlin. Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des _Naturhistorischen Museums LÜBECK Herausgegeben Redaktions-Ausschuß. Zweite Reihe. Hett 27. Lübeck 1916. In Kommission bei R. Friedländer & Sohn-Berlin. "rg al } Nr Ey ansen. Über die Rosen des Lübecker Ereans re) ] rmer. Biologische Untersuchungen in der Untertrave bei Mit einer rg y n an \ Verzeichnis einiger in der Umgebung Lübecks gesammelter Wanzen (Hemiptera heteroptera). Von Ludwig Benick, Lübeck. Die Abteilung für Naturwissenschaften (Lübecker Lehrerverein) hat in ihr Arbeits- programm die Erforschung der Heimat aufgenommen. Vorliegende Arbeit ist auf dieser Grundlage entstanden. (Benick.) Uber die Insektenfauna Lübecks liegen Bearbeitungen vor von den Käfern (v. Koschitzky, die Käfer Lübecks. Mitt. d. Geogr. Gesellsch. u. d. Naturhist. Museums, II. Reihe VIl u. VIII 1594, X 1896, XII 1598, XIV 1900),*) den Köcherfliegen (Dr. R. Struck, Lübeckische Trichopteren und die Gehäuse ihrer Larven und Puppen [in Das Museum zu Lübeck] 1900) und den Schmetterlingen (Günther Teßmann, Verzeichnis der bei Lübeck gefangenen Schmetterlinge. Arch. d. Ver. d. Freunde d. Naturgesch. i. Meckl. 56. 1902). Aber auch auf diesen Gebieten bedarf es weiterer Arbeit, damit ein getreues Bild der Verbreitung dieser Klein- tiere bei uns gewonnen werden kann; denn manche Arten treten sehr vereinzelt auf und erscheinen nur nach jahrelangen Zwischenräumen in größerer Anzahl. Verfasser dieses ersten Verzeichnisses von Wanzen des lübeckischen Gebietes beschäftigt sich zwar in erster Linie mit den an Anzahl weit reichhaltigeren Coleopteren. Bei Gelegenheit des Käferfanges mit Streif- netz und Sieb wurden aber sehr häufig Hemipteren miterbeutet, die den Wunsch rege werden ließen, diese Tiere durch sorgfältige Präparation und genaue Etikettierung inbezug auf Fundort und Datum für spätere gründlichere Forschungen aufzubewahren. Nachdem eine größere Zahl von Tieren gesammelt war, mußte die Bestimmung versucht werden. Bei dem Bemühen, die einschlägige Literatur zu beschaffen, ergab sich bald die Notwendigkeit, Autoritäten in Anspruch zu nehmen, denn ein zusammenfassendes Werk über diese Gruppe der Insekten gibt es nicht. Die verstreute Literatur zusammenzubringen liegt aber kaum in der Macht eines einzelnen, der ein solches Studium nur in den Mußestunden be- treiben kann. Auf Anraten des verstorbenen Prof. Dr. H. Lenz wandte ich mich an Herrn General-OÖberarzt Dr. Hüeber, Ulm, den Ver- fasser des Cat. Ins. Faun. Germ.: Hempt. heteropt. (1910), mit der Bitte, die zu übersendenden Tiere zu revidieren bezw. zu bestimmen. Herrn General-Oberarzt Dr. Hüeber möchte ich für die bereitwilligst übernommene Mühewaltung herzlichst danken, indem ich hervorhebe, daß auf Grund dieser Unterstützung erst die Zusammenstellung des folgenden *) Während der Drucklegung ist erschienen: Dr. P. Gusmann, Beiträge zur Käferfauna der Untertrave und ihrer Umgebung. Abhandl. des Ver. f. naturw. Unter- haltung. Hamburg. Band XV, 1914. (Bck.) Verzeichnisses ermöglicht und zugleich die Gewähr richtiger Bestimmung, worauf unter allen Umständen der Hauptwert zu legen ist, gegeben wurde. — Gleichzeitig mit den von mir gesammelten Tieren wurde eine kleine Kollektion des Herrn Lehrer Saager, hier, zur Bestimmung eingesandt, die in diesem Verzeichnis einbegriffen ist; ich mache auf diese Tiere durch ein eingeklammertes (S.) aufmerksam. Auch einige von mir auf Fehmarn gesammelte Tiere sind in Klammern mit aufgeführt. Noch ist zu bemerken, daß Nomenklatur und Anordnung dem Catalogus Insectorum Faunae Germanicae: Hemiptera heteroptera. Syste- matisches Verzeichnis der deutschen Wanzen. Von Dr. Th. Hüeber-Berlin 1910 folgen. Fam. Pentatomides. Thyreocoris scarabaeoides L. Wesloe 10. 9. 09. Strecknitz 8. 3. 11., unter Moos überwinternd. Odontoscelis fuliginosa L. Teerhofinsel 1. 6. 08. Sehirus luctuosus Mls. R. Brandenbaum 26. 4. 09. >» bicolor L. Mönkhof 21. 5. 09. Lübeck 25. 6. 09. Seiocoris terreus Schrk. Clevelandwehr 24. 5. 12. Schanzenberg 28. 5, az Aelia acuminata L. Herrenbrücke 28. 6. 08. Blankensee 4. 9. 10. (S.) Strecknitz 29. 5. 12. Bülowweg 1. 6. 12. (S.) Deepenmoor 9, 8. 12. (Otto.)*) Wesloe 11. 7. 09: 10. 6. 12. Lübeck 10.8. 12. B. Eutin 18. 8. 12. Aelia Klugii Hahn. B. Schönberg (Meckl.) 13. 7. 08. Waldhusen 33028 Neottiglossa inflexa Wolff. Waldhusen 9. 9. 09. Dolyceoris baccarum L. Waldhusen 9. 9. 09. Herrnburg 27. 7. 10. (S.) Deepenmoor 9. 8. 12. (Otto). Palomena prasina I. Waldhusen 9. 9. 09. Wesloe 18. 8. 10. (S.). B. Ratzeburg 26. 5. 12. (S.) Piezodorus lituratus F. var. alliaceus Germ. Ohne Fundort (S.). Pentatoma rufipes L. Lauerholz 28. 8. 09. Lübeck 7. 09. 9. 9. 09. Falkenwiese 21. 8. 09 ($.). Waisenhaus 12. 9. 09. Eurydema dominulus Scop. Wesloe 3. 10. 09. 5. 5. 10. in copula 10. 6. 12. Deepenmoor 9. 8. 12. (Otto). Eurydema oleraceum L. Brandenbaum 26. 4. 09. Waldhusen 20. 3. 09. B. Schlutup 19. 5. 10. Schellbruch 13. 6. 10. Wesloe 16. 5. 11. Feldweg b. Lübeck an Achillea 7. 8. 10. (S.) Picromerus bidens L. Lübeck 18. 9. 08. Wesloe 5. 8. 09. Wald- husen 9. 9. 09. *) Die von Herrn Lehrer Otto gesammelten Tiere sind aus der Coll. Saager. 5 Troilus luridus F. Wesloe 15. 6. 08. Bei d. Schießständen a. Him- beere 10. 9. 11. (S.) Rhacognathus punctatus L. Herrenbrücke 27. 4. 09. Acanthosoma haemorhoidale L. Wesloe 23. 9. 08. Waisenhaus 10. 09 (S.) Acanthosoma interstinetum L. Wesloe 23. 9. 08. Ruhbrook 10. 6. 09 (S.). Waisenhaus 10. 11. 09 (S.). 6. 8. 10. (8.) Elasmostethus griseus L. Lauerholz 28. 8. 09. Farchau b. Ratze- burg 31.7. 12. (8) Fam. Coreides. Therapha Hyoscyami L. Waldhusen 9 9. 09. Corizus parumpunctatus Schill. Strecknitz 27. 3. 08. Myrmus miriformis Fall. Wesloe 11. 7. 09. DBlankensee 4. 9. 10. Mönkhof 11. 8. 10 (S.) Palinger Heide 23. 9. 10. (S.) Chorosoma Schillingi Schml. Lübeck. Palinger Heide 27. 7. 10 (S.) Fam, Berytides, Neides tipularius L. Blankensee 22. 8. 12. [Berytus minor H. Sch. Walnau (Fehmarn) 10. 5. 12.] Fam. Lygaeides. Nysius Thymi Wolff. B. Schönberg (Meckl.) 14. 7. 08. Cymus glandicolor Hahn. Brandenbaum 12. 6. 12. » claviculus Fall Hahn. Brandenbaum 21. 4. 12. Ischnorhynehus Resedae Panz. Lübeck 10. 01. 15. 10. 10. Geocoris grylloides L. Waldhusen 9. 9. 09. Scharbeutz a. 0.7. 12. in Mehrzahl unt. halbtrocken. Tang in der Dünenregion. Bei Wesloe 10. 9. 09. Palinger Heide 23. 8. 10 (S.) Geocoris ater Fab. Scharbeutz a. O. 15. 7. 12. 2 Ex unt. ange- schwemmt. Tang a. Strande. Heterogaster urticae Fab. Streeknitz 25. 8. 10. Pamera fracticollis Schill. Wesloe 8. 5. 12. Pionosomus varius Wolff. Palinger Heide 7. 4. 10. 2 Ex. Acompus rufipes Wolff. Herrnburg 6. 12. Scharbeutz a. 0. 2 7.12 unter halbfaul. Tang in d. Dünen. Stygnocoris fuligineus Fourc. Wesloe 16.9. 09. Blankensee 4. 9. 10. 22.88 12. Peritrechus gracilicornis Put. Strecknitz 12. 3. 11. Trapezonotus arenarius L. Mönkhof 6. 5. 11. Brandenbaum 21. 4. 12. Aphanus Pini L. Waldhusen 9. 9. 09. Gonianotus marginepunctatus WIf. Palinger Heide 4. 4. 10. Drymus brunnens Sahlbg. Scharbeutz a. ©. 20. 7. 12. 1 Ex. Sceolopostethus affinis Schill. Schönberg (Meckl.) 2. 8. 08. Schaı beutz a. 0. 1.8 12. Gastrodes ferrugineus L, Wesloe 17. 5.08. Brodtener Ufer 1. 10. 08. Pyrrhocoris apterus L. Herrenbrücke 9. 9. 09. »Pyrrhocoris apterus fand ich zahlreich an den Linden der Travemünder Chaussee dicht hinter dem Lauerholz. In kolossalen Mengen fand ich sie an den alten Bäumen (Linden oder Eschen weiß ich nicht mehr) der Straße beim Forsthaus Waldhusen.« (Friedrich.) Fam. Tingidides. Piesma quadrata Fieb. Scharbeutz a. ©. 17.6. 11. 1.7.12. Häufig an lebend. Pflanzen des Strandes. Piesma capitata Wolff. Mönkhof 4. 5. 09. Acalypta nigrina Fall. Grönauer Moor 12. 6. 11. ’ parvula Fall. Lauerholz 10. 4. 11. Physatocheila quadrimaculata Wolff. Wesloe 12. 5. 10. Kuhbrook 20. 5. 09. Monanthia Echii Wolff. Mönkhof 13. 5. 11. » Humuli Fab. Schönberg (Meckl.) 5. 6. 11. Fam. Aradides. Aradus depressus Fam. Wesloe 29. 5. 08. » corticalis L. B. Schönberg (Meckl.), unter trockener Baum- rinde 16. 4. 08. Fam. Hebrides. [Hebrus pusillus Fall. Walnau auf Fehmarn 19. 5. 12.] Fam. Gerridides. [Hydrometra stagnorum L. Walnau auf Fehmarn 19. 5. 12. Velia currens L. form. macropt. Scharbeutz a. ©. 16. 7. 12. Gerris lacustris L. Schönberg (Meckl.) 10. 7. 08. Fam. Reduvides. Ploiariodes vagabunda L. Lübeck 16. 9. 09. 25. 7. 10 u. 17.7.12 an Lindenstamm (S.). Coranus subapterus Deg. Wesloer Moor. 2. 10. 09. Nabis apterus Fob. Lübeck 21. 9.09. Rothebek 4. 10. 09. Wesloe 10. 9. 11. (S.) Waisenhaus 18. 8. 10. (S.) » flavomarginatus Schltz. Lübeck 10. 7. 09. » limbatus Dahlb. Lübeck 16. 9. 09. » ferus L. Strecknitz 27. 3. 08. Scharbeutz a. 0. 23. 5. 10. 3l. 7-12. Lauerholz 26. 9. 12. Brodtener Ufer 1. 10. 09. 23. 6. 12. Brandenbaum 12. 6. 12. » zugosus L. Wesloe 2. 10. 09. 24. 5. 10. B. Eutin 18. S. 12. Brandenbaum 12. 6. 12. Fam. Saldides. Salda littoralis L.. Beim Behnturm auf Aufbaggerungen 22. 6. 08. 28. 6. 08. 28. 5. 10. » orthocheila Fieb. Brodtener Ufer 1. 10. 09. ‘ Salda saltatoria L. Brodtener Ufer 1. 10. 09. |Walnau auf Fehmarn 19. 5. 12.| Herrenbrücke 16. 9. 12. Scharbeutz a. ©. 20. 7. 12. Lübeck 4. 5. 09. Überall auf Aufbaggerungen; an der Ostsee auf dem feuchten Strand. pallipes Fab. Genin, Aufbaggerungen 9. 10. 12. |Walnau auf Fehmarn 19. 5. 12.] » lateralis Fall. Herrenbrücke, Aufbaggerungen 4. 10. 10. 11. 9. 12. » cineta H. Sch. Scharbeutz a. O. 15. 7. 12. » Cooksii Curt. Schanzenberg am Ratzeburger See 18. 4. 11. Fam. Cimieides. Lyetocoris campestris F. Scharbeutz a. ©. 2.7.12. Lübeck, Waisen- haus 6. 8. 10. (S.) Anthocoris gallarum-ulmi. Deg. Lübeck 8. 9. 09. » nemorum L. Wesloe 10.5. 09. Lübeck 10. 7. 09. Grö- nauer Baum (S.) Triphleps minuta L. Schönberg (Meckl.), 11. 7. 08. Fam. Capsides, Pithanus Maerkeli H. Sch. Weg nach Wesloe 15. 7. 12. (S.) Acetropis carinata H. Sch. Wesloe 9. 7. 09. 11.7. 09. Miris calearatus Fall. Wesloe 10. 6. 12. » laevigatus L. Lübeck (o. Dat.) Brodtener Ufer 1. 10. 09. Megaloceraea erratica L. Wesloe 11. 7. 09. Lübeck 10. 7.09. 19.7. 09. » » var. ochracea Fieb. Lübeck 19. 10. 09. » brevipes Jak. Lübeck 19. 7. 09. Leptopterna dolobrata L. Lübeck 19. 7. 09. Monalocoris Filieis L. Wesloe 11. 7. 09. Lopus gothicus L. Wesloe 11. 7. 09. DBrandenbaum 12. 6. 12. 15. 7. 12. (S.) Deepenmoor 9. 8. 10. (Otto) Lopus gothicus var. superciliosus L. Wesloe 11. 7. 09. Phytocoris Ulmi L. Lübeck 17. 9. 09. Scharbeutz a. O. 3. 7. 12. erde?! Adelphocoris seticornis Fabr. Schönberg (Meckl.), 13. 7. 08. » quadripunctatus Fabr. Lübeck 19. 7. 09. Scharbeutz a0 Calocoris ochromelas Gmel. Lübeck 8. 12. Kuhbrook 12. 6. 12. (S.) » sexguttatus Fabr. Schönberg (Meckl.), 5. 6. 11. » fulvomaculatus Deg. Lübeck 13. 7. 09. Scharbeutz a. O. IT, 16 12% Calocoris roseomaeulatus Deg. Schönberg (Meckl.), 5. 08. Wesloe 11. 7. 09. Lübeck, Waisenhaus 7. 09. (S.) Calocoris bipunctatus Fabr. Scharbeutz a. ©. 9. 7. 12. Pycenopterna striata L. Lübeck 2. 6. 11. Lygus Kalnii L. Vorraderweg 18. 9. 10. (S.) » pratensis L. Lübeck 9. 10. 09. 20. 10. 09. Wesloe 2. 10. 09, 9. 9. 10. Brandenbaum 12. 6. 12. Wulfsdorf 10. 8. 12. (S.) lucorum Mey. Wulfsdorf 10. 8. 12. (S.) » pabulimus L. Wesloe 11. 7. 09. Blankensee 4. 9. 10. Plesiocoris rugicollis Fall. Scharbeutz a. ©. 1. 7. 12. Poeciloseytus unifasciatus Fabr. Schönberg (Meckl.) 14. 7. 08. Wesloe nt, 76 VB. Charagochilus Gyllenhali Fall. Wesloe 10. 6. 12. Camptobrochis lutescens Schill. Lübeck 8. 9. 09. Rhopalotomus ater L. (var). Wesloe 11. 7. 09. - Grönauer Moor 12. 6. 11. Scharbeutz a. ©. 10. 7. 12. Schönberg (Meckl.) Rhopalotomus ater var. semiflayus L. Marli, Bülowweg auf Achillea (S.) Pilophorus clavatus L. Lübeck 11. 10. 09. Strongylocoris leucoephalus L. Schönberg (Meckl.), 14. 7. 08. Wesloe 11. 7. 09. Wesloer Moor 15. 7. 12. (S.) Cyllocoris histrionicus L. Wesloe 11. 7. 09. Lübeck, Waisenhaus 6. 10. (S.) Marli, Bülowweg auf Eichen 8. 7. 10. (S.) Aetorhinus angulatus Fabr. Lübeck 28. 7. 09. Heterotoma merioptera Scop. Wesloe 8. 9. 09. Hoplomachus Thunbergi Fall. Wesloe 11. 7. 09. Harpocera thoracica Fall. Grönauer Baum am Gebüsch 29. 6. 12. (S.) Phylus Coryli L. Scharbeutz a. ©. 3. 7. 12. Psallus ambiguus Fall. Scharbeutz a. ©. 2. 7. 12. » Quercus Kb. Scharbeutz a. ©. 1. 7. 12. Atractotomus Mali Mey. Scharbeutz a. O. auf Nessel (Urtica dioica) 1a, To Atractotomus magnicornis Fall. Lübeck 14. 9. 09. Plagiognathus arbustorum Fabr. Scharbeutz a. OÖ. 13. 7. 12. Chlamydatus pulicarius Fall. Brandenbaum 19. 6. 08. » saltitans Fall. Herrenbrücke 11. 9. 12. Fam. Naucorides. Naucoris cimicoides L. Kuhbrookmoor 12. 5. 09. [Walnau auf Fehmarn 19. 5. 12.] Fam. Notoneetides. Notonecta glauca L. Überall in Teichen und Mooren. Fam. Corixides. Corixa Geoffroyi Leach. Padelügge 25. 11. 11. Dänischburg 11. 11. 12. in Fischteichen. [|Corixa affinis Leach. Walnau auf Fehmarn 19. 5. 12.] » coleoptrata Fab. Wesloer Moor 6. 5. 12. 20. 5. 09. (S.) Über die Rosen des Lübecker Herbars. Von C. W. Christiansen, Kiel-Gaarden. Khe A en“ a ? 2% AG Rz wi hr Iten sie andererseits so beachtenswerte Formen, daß sie zu einer sonderen Bearbeitung geradezu auffordern. Beide Arbeiten sind nur zuschen als Bausteine für eine bisher fehlende Rosenflora, die Schleswig- 5 olte 2 Lübeck usw. umfaßt Gast mit Aral, 1595) und der umfangreichen Arbeit über »die Sträucher Bäume unserer öff. Anlagen« (Progr. 1889 u. 90). Ferner liegen ‚or von dem Bearbeiter der Brombeeren von Lübeck (Mitt. II. Hft. 14) OÖ. Ranke, damals Primaner, Häcker, Griewank u. a. teratur bietet bis jetzt nur wenig Angaben über die Rosen- Die »Flora von Prahl« enthält einige Angaben. Friedrich ormen sowie zahlreiche Standorte. Wenn ich auch im folgenden lurchaus nicht immer die Bestimmung des Auffinders erwähnen werde, o werde ich doch auf die Friedrichsche Flora mehrfach zurückkommen. Die Bestimmung mancher Rosen bereitete besondere Schwierigkeiten, ar nicht selten gänzlich unmöglich wegen der Dürftigkeit des vor- Dr Pr jegenden Materials. Wenn ich auch nur solche R. aufgeführt habe, deren a: ” Bestimmung m. E. sicher steht, so habe ich doch hin und wieder ein ? orangestellt, das andeuten soll, daß andere Bestimmer zu einem anderen gebnis komınen ‘könnten. Ganz abgesehen davon, daß ganze Arten- gi ‚Stelle meinen Dank ausspreche. befriedigende Bearbeitung noch nicht gefunden haben, sind die zwischen den einzenen Formen, Varietäten und sogar Arten fließ unterworfen. Bei der Bestimmung schwieriger Formen unterstützte Herr Prof. Dr. J. Schwertschlager, Eichstätt, wofür ich ihm an I. Rosa pomifera Herrmann, Var. recondita (Puget) Christ. In Gebüschen und Heck | Wesloe), gesammelt von Häcker (Lüb. Fl. S. 180), als Rosa Be 0 Sn. (var. a scheint von fremder Hand Be zu sein). stacheln an der Scheinfrucht uk assehliese. 2. Rosa omissa Desöglise. omissa gehören. nalen bin ich nn der he vorsichieg gew Eine Unterscheidung der R. om. von Formen der R. tomentosa (b Seringeana und ssp. scabriuscula), sowie von R. pomifera oder au R. mollis ist am besten am Strauche vorzunehmen. Bei Herbarexemplar ist jedenfalls nötig, daß reichliches Material, besonders bestachelte Zı ei Schößlinge und Fruchtzweige, sowie Scheinfrüchte, vorhanden sind, vorliegende Material aber ist leider überaus dürftig. | 1. var. typica R. Keller. Bargerbrück, ges. P. Friedrich 31. 8. 94. Timmendorfer Strand, auf der Düne, ges. O. Ranke 1.7. 9 Be Dummersdorf, linkes Traveufer, ges. P. Friedrich 1892. Rittbrok, ges. O. Ranke Juni 1594. Seeretz, ges. P. Friedrich Juni 1895. ? Kl. Grönau, ges. P. Friedrich 20. 6. 94. 2. var, Schulzei R. Keller (= R. venusta der Thüringer Autoren, n Scheutz). Ba ? Am Fußweg nach Blankensee i. d. Nähe der. Haltestelle, P. Friedrich 6. 6. u. 30. 8. 94. Sa 3. var. dysadenopkyls Sehwertschläger, R. tomentosa var. cristata. Meine Be a Schwertschlager bestätigt. 3 [ 2 Herrenfähre, rechtes Traveufer, ges. von OÖ. Ranke 7. 6. 94, bestimmt als R. tomentosa Sm. var. danica K. Fr. Meine: Be ‚bestätigte Prof. Schwertschlager. F. daniea (K. Friderichsen) €. W. Christiansen. _ Diese Form weicht besonders durch längere Blütenstiele ad weniger entwickelte Hochblätter von der var. dysadenophylla ab: Im L. H. liegen mehrere Rosen, die als R. tomentosa var. danica K. Friderichsen oder als R. omissa var. danica K. Fri- _ derichsen bezeichnet sind. Sie stimmen aber keineswegs über- ein. In der Literatur ist die R. danica m. W. nur einmal _ erwähnt (was mir von Hrn. Friderichsen bestätigt ist) und zwar in der oben erwähnten »Flora von Lübeck« von P. Friedrich als R. tomentosa var. danica K. Fr. (S. 20). Es wird hier angegeben, daß sie häufig in Knicks und an Waldrändern, auch am steilen - Ufer der Untertrave vorkommen soll. Eine Diagnose ist hier ebensowenig wie sonst irgendwo gegeben. Da nun die im L.H. als R tomentosa (oder omissa) v. danica liegenden Rosen nicht gleichartig sind, gebe ich nach mir von Hrn. K. Friderichsen ‚von Hammeleff (Kr. Hadersleben), ges. 13. 6. u. 18. 8. 1390, als R. omissa Deseglise var. danica K. Fr. übersandten Rosen fol- gende Beschreibung, die von Hrn. Friderichsen gutgeheißen und ergänzt ist: - Zweige dünn, schlank, ziekzackförmig gebogen. Stacheln schlank und dünn, an den Schößlingen abwärts gerichtet, nicht een, an den Blütenzweigen etwas gekrümmt, Grund+ lang herabgezogen. Nebenblätter unterseits spärlich behaart, oberseits kahl. Subfoliardrüsen fehlen oder sind an den Öhr- chen spärlich vorhanden. Öhrcehen abstehend, dreieckig, an den Blütenzweigen länger. Blattstiel stark filzig, wenig drüsig, _ Größe bewehrt. Blättchen oval-lanzettlich, an Sonnenexemplaren breiter, meist lang zugespitzt, am Grunde meist abgerundet; oberseits dicht, kurz und fein behaart, unterseits dicht behaart, selbst an den Nerven ohne Drüsen, selten einzelne Drüsen am Mittelnery. Zahnung zusammengesetzt, jedoch einzelne Zähne einfach. Hochblätter wenig entwickelt, schimal-lanzettlich, so lang ‚als die Blütenstiele, oberseits kahl, unterseits wenig behanrt. a: _ Blütenstiele länger als bei var. typica, etwa 15 mm, stark stiel- drüsig. Scheinfrucht einzeln oder zu wenigen, kugelig oder birn- förmig, stieldrüsig, ‚zeitig reifend, bei der Reife weich.*) Kelch- FE er K. Fr. fügt hinzu: im Gegensatz zu venusta Scheutz, die sehr spät reif und norpelig ist, Be er blätter sehr lang, aufrecht abstehend bis steif aufrecht zus stehend, die äußern mit wenigen schmalen Fiedern, sehr la bleibend. Blütenblätter groß, von der Länge der Rein Farbe ? Griffel ein wolliges Köpfchen. Schwertschlager bezeichnet seine var. yet ai Zwischenform zwischen var. Schulzei und R. tomentosa va $ globosa Carion. Die R. danica geht in dieser Richtung noch ı (längere Blütenstiele, Zahnung einfacher, Hochblätter weni ' wickelt); ich stelle sie daher als Form zur. Schwertschlage Varietät und benenne sie: Rosa omissa Des. var. dysadeno Schwertschl. f. danica (K. Fr.) ©. W. Christiansen. ; Von den als R. danica bezeichneten Rosen des L. m hören, trotzdem sie anscheinend von K. Fıiderichsen verg sind, nur die von O. Ranke 16. 6. 94 bei Herrenwyk und scheinlich die von P. Friedrich »an einem Knick zwischen Roteb und Walkmühle 18. 6. 94« (leider ohne Frucht) Brenn) der oben gekennzeichneten Form. ? Zur R. omissa Des. gehört ferner ohne Zweifel eine von FE »Am Holze bei Beidendorf 27. Juni 1849« gesammelte Rose. Si anscheinend in der Nähe der var. collivaga Cott. (bestim Schwertschlager). NS: 3. Rosa tomentosa. Smith. 1. var. einerascens (Dumortier) Crepin. Oberbüssau, P. Friedzich, 15. 6. 94. Strecknitz, K. Schumann, Aug. 94. Buntekuh, P. Friedrich, 12. 6. 94. 39 Ziegelstraße nahe Neuhof in Knicks, P. Friedrich, 10. 9. 94 Gr. Grönau, P. Friedrich, 30. 8. 94. (einige Blattzähne tragen zähnchen, also Übergang zu f. subduplicata Borbas 2. var. subglobosa (Smith) Carion. Sarau, P. Friedrich, Juni 93 u. 12. 6. 94, Mölln, Kuckucksberg, P. Friedrich, 18. 7. 94. ? Niendorf, P. Friedrich, 17. 6. 94. 3. Formengruppe der var. Seringeana Dumortier. Niendorf, an der Trave, P. Friedrich, Juni 1893. ee O. Ranke, 12. 6. 9. Ni Br ö A Epidatgiee Crep. Knick am Överdieker See, O. Ranke, 30. 6. 94. 2? In einer Schlucht bei Pogeez, nahe dem Ratzeburger See, P. Friedrich u. ©. Ranke, 13. 6. 94. ? Reinfeld, P. Friedrich, 1895. Eine Be leider ohne Standortsangabe, anscheinend von >. Friedrich ne liest im L. H. Ein Zettel, geschrieben von ırist, sagt: »ist nicht pomifera, sondern tomentosa Sm. f. scabrius- eula Minsh«. P. Friedrich hat hinzugefügt: »Christs Bestimmung: var. scabriuseula ist mir trotz Christ sehr fraglich, denn 1. die Griffel sind dicht behaart, nicht kahl, ‘2. Früchte kugelig, nicht verlängert oval; ist var. umbelliflora Christ, bestimmt nach Sagorski, Rosen von Naumburgs. Nach meiner: Überzeugung haben sowohl Christ als auch P. Friedrich Recht, es ist eben R. scabr. var. umb, Schwertschlager, dem ich diese Rose vorlegte, ist nahezu derselben - ‚Meinung: Ist eine Übergangsform von var. vera (der ssp. scabriuscula) zu umbelliflora (weil Blättchen ziemlich lanzettlich). F. aberrans (Seheutz) €. W. Christiansen (R. euspidatoides Crep. var. aberrans Scheutz in »Studier öfver de skandinaviska arterna af slägtet Rosa 1372«; R. umbelliflora Swartz var. aberrans Scheutz in »Bidrag till kännedom om slägtet Rosa« 1873.) Von der var. a L obere Blättchen ohne Subtoliardrüsen. Hierher dürfte eine von O. Ranke 23. 6. 94 am Südrande der Wüstenei bei Steinrade gesammelte Rose gehören Über Rosa venusta Scheutz, _ Unter diesem Namen liegen mehrere Rosen im L. H., und auch in riedrich, »Flora« wird diese Rose genannt; danach sollen br nahe stehende Formen bei Kl. Grönau und Herrenwyk En sein. Dieser Name erichtet. Schwertschlager vermutet (Brief vom 24. 3. 16.), daß Scheutz hl schon das gemeint habe, was er (nach H Braun) subsp. scabriuscula . Auf Grund einer Untersuchung der Arbeiten von Scheutz bin ch nahezu zu derselben we ‚gekommen. Scheutz schreibt (feiner Fr bei umbellifiora] (Studier 1872), sondern auch »gleichförmig erade Stacheln« (Öfversigt 1877) zu, und nicht, wie manche seiner Ausleger, krumme. Ferner stimmen alle wesentlichen Merkmale, soweit Scheutz sie anführt, überein: Blättchen doppelt gesägt, Blütenstiele längert (1377 schreibt Scheutz sogar: lang), Kelchblätter abstehend aufrecht, lange bleibend. Scheutz selber zählt seine R. venusta zu en Tomentosae, nicht zu den Mollissimae (1877). Es dürfte daher richtig. sein, den Namen R. venusta Scheutz entweder ganz fallen zu las oder die so bezeichnete Rose als Ve zu R. tomentosa zu Be mögliche bezeichnet (Bidrag 1573: ohne Willkür vereinigen; soll man sie ik ir ed einer audena voreimiek so kann es nur mit der folgenden sein [|R. umbellifl.])« Scheutz sie als eine Zwischenform zwischen Mollissimae und R. B..- Als solche wird die Unterart scabriuscula auch angesehen. — indes keine der Rosen der L. H. auf die von Scheutz gegebene Dia ' gnose paßt, habe ich keine Veranlassung, hier noch weiter auf diese Ros h einzugehen. Doch mag erwähnt werden, daß auch die im \ ech a unter dem Namen R. venusta Sein liegent Auch die Diener von Scheutz tragen . Subx« old als nach der Diagnose vorhanden sein sollen. 4. Rosa mollis. Smith. Sehleswig-Holstein ist nicht sicher nachgewiesen. Jedenfalls sah ich - > Rose, die ohne I Zweifel zu dieser Art gehört. Es muß allerding; ne a In unserm Gebiete ur aber wie in Shi Holstein m. manche Rose als R. mollis bezeichnet, die hierher nicht gehört. Im ] liegt eine Rose, gesammelt von P. Friedrich 23. 6. 94 bei Kl. Gri die möglicherweise der fraglichen Art angehört. Der Auffinder zunächst für R. tomentosa Sm. var. cristata Chr. bestimmt. K. richsen hat sie dann als »R. tomentosa var. danica K. Fr.« bez Später hat P. Friedrich nach einem beiliegenden Zettel sie für R. Scheutz gehalten. Wegen der reichlichen Subfoliardrüsen ist so we R. tomentosa ssp. scabriuscula var. venusta (Scheutz) als auch - 17 iica (E. Fr.) €. W. Christiansen ausgeschlossen. Von R omissa unt erscheidet sich das vorliegende Exemplar durch sehr zarte, völlig gerade - Stacheln (soweit man am dürftigen Zweig erkennen kann). Auch die rigen Merkmale schließen wenigstens R. mollis nicht aus, so daß ich imehme, daß diese Rose tatsächlich R. mollis ist Leider ist das vor- 5. Rosa rubiginosa L. tein. Auch P. Friedrich (Flora von Lübeck) gibt an: »In der Nähe h Küste und an der Untertrave von der Herrenfähre abwärts häufig, nur zerstreut«. — Zur sicheren Bestimmung der Varietäten und en dieser Art sind die Jahresschößlinge sehr erwünscht; diese aber n fast bei allen Stücken, so daß man sich bei manchen mit der stellung der Art begnügen muß. var. umbellata (Leers) Christ. Diese var. und die _dimorphacantha (Martinis) Crepin sind im Gebiet durch viele GR Übergänge miteinander verbunden: Die Griffel sind fast kahl bis stark behaart, die Zweige unter den Blüten spärlich bis dicht mit tieldrüsen besetzt. Eine Trennung der var. und der f. ist m. E. _ daher nur in den extremen Fällen, sonst aber Bu olıne nur möglich. Er ul beim Schützenhof, P. Friedrich 1394 (der typischen f, dimorph- acantha nahe). icke zwischen Niederbüssau und Niendorf, P. Friedrich, 15. 6. 94. Am Großen Pönitzer See, O. Ranke, 4. 7. 94. Rechtes Ufer der Untertrave unterhalb Schlutup, O. Ranke, 24. 6.93. Beidendorfer Holz, Häcker, 17. 6. 154. Se - Herrenfähre, Dr. Brehmer, 1875. - An der Trave bei den Tannen. Juni (Jahr ?) Häcker. Scharbeutz, Dr. Brehmer, August 1890. as zZ Zen deutet wohl auf Häcker als Sammler.) Den Eindruck einer typischen var. umbellata machen die dürftigen \ veiglein, gesammelt »den 31. August 1349 beim Wege von Dummers- : nach der Trave.« (Von Häcker?) PETER BERN af EL Me, erg a ‚ . ” S he Rosen dieser Art liegen im Herbar verhältnismäßig sehr häufig. ur Pag ur A STTER RS IeNe v « 2 Be a ER Bi var. comosa (Ripart) Dumortier, Ban N) ? »Bei den Sandtannen bei Lübeck«, Gymnasiast Simon, 25. br F, aprieorum (Ripart) Borbas. ‘R NRW 22 Bel Bargerbrück, P. Friedrich, 51. S. 94. WR, % ? In Hecken von Dummersdorf nach der Trave, Grie ware 3 3. var. microphylla R. Keller f. rotundifolia Rau. \ Eine dieser f. zum mindesten sehr nahestehende Rose fand P | ri rich 23. 6. 94 bei Blankensee. ? PR Rosen dieser Art liegen ferner vor: Rechtes Traveufer bei der Herrenfähre, OÖ. Ranke, 7. 6. YA. An trocknen Anhöhen bei der Herrenfähre; Hacker (ieleich a Hirsnwyk, o. ee 19. 6. 94 oh Ye IR, der Zwei rechts ist R. omissa). Scharbeutz, im Dorfe, »wohl angepflanzt«, O. Ranke, BEE en 6. Rosa canina L. . 1. Formengruppe der var. lutetiana Leman. "Wenn auch nur sehr wenige Rosen dieser Gruppe im. liegen, so kaun man daraus doch keineswegs schließen, daß ® Gebiete selten vorkämen. Da die Rosen dieser Gruppe die gemein: sind, werden sie vom Sammler am wenigsten beachtet. Die aus dem Häckerschen Herbar stammende Rose (ges. von In ken. und Gebüschen« (leider ee Häcker in der Reg Jahreszahl noch Standort anzugeben); er scheint zur var. flex Desegl. zu gehören. ; bei Blankensee gesammelte Form. Nach a vorliegenden Sti sie wie folgt zu beschreiben: . Strauch anscheinend dicht und kurzästig. Stacheln: re chlü ch, me gepaart, aus großem Grunde dünn, aber stark gebogen. nblät schmal, kurzdrüsig berandet, mit langen Öhrchen. Blat bi der Formengruppe der var. lutetiana angehörende "Rose verl ha al stark mit langen Haaren besetzt, ohne Drüsen, mit chlanken an Blättehen an oval- lanzettlich, keilförmig. el: rüsig berandet. Blütenstiele k urz Dans mm). Kelehblätter ark behaart, mit sehr schmalen Zipfeln. Die schmalen Fiedern mit reinzelten Drüsen berandet, am Rücken ohne Drüsen. Griffel schwach Scheinfrucht eiförmig. Kelchblätter nach der Blüte ab- t Bar später jedoch der Frucht anliegend. Blütenfarbe? Rose, die in der Nähe von f. oxyphylla Rip. und £. hispi- In die ... der var. lutetiana gehört ferner die von . Friedrich 10. 6. 94 bei Kahlhorst gesammelte Rose. Hierher gehören n. E. auch die zahlreichen am Steinrader und Schönbökener Weg (an- inend auf nahe beieinander liegenden Standorten) als R. glanca var. sanina Christ nn Rosen. 'ormengruppe der var. transitoria (Crep.) R. Keller. Auch diese im Gebiete nicht seltene Rose ist im Herbar kaum ver- en. Nur ein einziges Zweiglein aus dem Häckerschen Herbar, ges. Schönbökener Wege 9. 6. 1859, scheint hierher zu gehören. ormengruppe der var. dumalis Bechstein f. glaueifolia Opitz. _ Niederbüssau. P. Friedrich, 15. 6. 94. % Der f. villosiuseula Ripart nahe steht die 1. 6. 94 von P. Friedrich = an der Straße bei Wilhelmshof gesammelte Rose. Leider ohne R Scheinfrucht. % Der f. medioxima Des. und f. ereogiton Br. u. Hal. nahe steht eine 6, 6. 94 von P. Friedrich bei »Blankensee nahe d. Seekrug« gesammelte Rose. Ihre Blütenstiele sind allerdings unbehaart; doch scheint das Merkınal der Behaarung auch auf hierhergehörige Rosen anderer Gegenden nicht zuzutreffen. Wenigstens führt Sehwertschlager (»Rosen des Frankenjura« S 83) bei f. ereogiton es nicht an. | | In den Formenkreis der var. damalis Bechstein gehört der dürftige idendorfe. enzweig aus dem Häckerschen Herbar, ges. 7. 6. 1849 »am Holz bei u N Ke 8 R De ERRER PUR IE EA 4. Formengruppe der R. Andegavensis Bastard. KA Diese Gruppe ist auffällig reich vertreten. Dafür mögen meh Ursachen vorliegen: einmal achteten die Sammler besonders auf di stark abweichenden Rosen; dann aber nimmt diese Gruppe nach de Südosten anscheinend an Häufigkeit zu (vgl. die eingangs erwäl Arbeit: Über die Gattung Rosa). Die Mehrzalıl der bisher aufgefun. Standorte liegen im Südosten. — Einfach gezähnte Rosen dieser @ liegen nicht vor. BR Var. verticillacantha (Merat) Baker. 34 Wüstenei, ©. Ranke, 23. 6. 94. (Blütenstiele nur spärlich mit drüsen besetzt). a Einen Übergang von dieser var. zur var. Schottiana Ser bildet die von ©. Ranke 25. 7. 94 bei Kl. Timmendorf gesammelte Rose. (Scheinfrucht kugelig-birnförmig. Griffel schwach behaart. Am Mi nery und vereinzelt an Seitennerven Subfoliardrüsen. Zweige beweh Ähnlich ist eine: »Timmendorfer Strand, Waldweg hinter Ka Haus. O. Ranke 30. 6. 1894«. Sie steht der jedoch var. Schottiana Se armata Schwertschlager näher. Von dieser abweichend durch folg Merkmale: Blattstiel reichlich mit Drüsen und mit etlichen Haaren setzt. Kelchblätter am Rande nicht drüsig gewimpert. Griffel beha aber nicht zottig. Mittelnerv der Blättehen mit etlichen Haaren, Rose bedarf näherer Beobachtung; vielleicht ist es nötig, sie zu eine: neuen f. oder var. zu stellen. Var. Blondaeana (Rip.) Crepin f. St. woher . ? Ritthrok bei Lübeck, ges. O. Ranke, Juni 1894 (bestimmt Schwertschlager). ? Hierher ne wohl das dürftige. Zweiglein: ee 10. 6. = a hei Lübeck 11. 6. 94« Dale Bo 1 : | sehr dürftig. Sie zeichnet sich aus durch lange, schmale, Sta heln und reichliche Subfoliardrüsen. Die von P. Friedrich »An einem Knick bei Kahlhorst nah Mecklenburger Bahn 11. 6. 94« gefundene und als var. cillacantha bestimmte Rose trägt eine merkwürdige Mischu I .' Eigenschaften, so daß schon der Finder bemerkt: »Paßt | Abart bei Sagorski, Rosen von Naumburg«. Die Ve ch artigkeit der Stacheln, Fünfzähligkeit der Blättehen u. a. “ scheidet sie von unsern einheimischen Rosen. Ich ‚nehme ER mit Schwertschlager (Brief v. 24. 3. 16) an, dis einen angepflanzten Bastard handelt. 7. Rosa dumetorum Thuillier. Formengruppe der var. platyphylla (Rau) Christ var. urbiea (Leman) Christ f. sphaerocarpa (Puget) H. Braun. _ Gr.-Lönau, P. Friedrich, 30. 8. 94 (aber Blättchen schmal-oval). Einen Übergang von dieser Form zu var. platyphylla (Rau) Christ £. en near bildet eine von P. Friedrich bei Groß- Parin tal, 93 gesammelte Rose. In der Form der Blättehen ntspricht sie der f. ulaerooarpn En oval, zieml. lang Be Var. Forsteri (Smith) H. Braun. Gr. Sarau, P. Friedrich, Juni 1893 (Blütenstiele und Scheinfrucht in . Spuren behaart). Buntekuh, P. Friedrich, 18. 5. 94. 2 en wohl auch der spärliche Zweig, von Häcker 6. 6. 1859 an F ormengruppe der var. herttsiche (Ripart) R. Keller gehört die von P. Friedrich 24. 5. 94 »bei der Webhalle« gesammelte Rose, bei der leider Blüten und entwickelte Scheinfrüchte fehlen. Die Zäbne der Blättchen sind teilweise mit einem Drüsenzähnchen _ versehen, die Blattunterseite ist zwischen den ' Nerven spärlich, die Oberseite noch spärlicher behaart. Blütenzweige meist wehrlos. Sie steht in der Nähe der var. uneinelloides (Puget) H. Braun. Formengruppe der var. Deseglisei (Boreau) Christ. Dieser Gruppe gehört eine bemerkenswerte Rose an, die an ver- iedenen Stellen gefunden ist. Ich benenne sie Rosa dumetorum till. var. Deseglisei (Boreau) Christ nov. f. Friedrichii mihi.“) Sie stelıt der var. pseudo-collina Christ nahe, weicht aber ab von ihr: Kelchblätter am Rücken ohne Drüsen, nach der Blüte zunächst ab- "stehend. Griffel stark behaart, nicht wollig. Ausführlich ist sie wie folgt zu beschreiben: Stacheln klein, aus breitem Grunde sich schnell verjüngend, ge- rümmt. Nebenblättchen meist breit, mit kurzen, abstehenden Öhrchen, E ‚oberseits kahl, unterseits an den Öhrchen oder auch an der ganzen Fläche _ spärlich behaart. Blattstiel wollig behaart, drüsenlos, einzelne mit großen, 3 *) Nach Herrn Dr. Friedrich, Oberlehrer am Katharineum in Lübeek; s. Ein- leitung. Herr Friedrich hat mit besonderem Geschick verstanden, die besonders be- ıchtenswerten Formen unter der großen Menge der weniger beachtenswerten Rosen jerauszufinden. Leider hat er sich frühzeitig von der Botanik abgewandt. Ms hakigen Stacheln. Blättchen (z. T. oval, z. T. eiförmig, zZ. h eilig, Hochblätter ziemlich stark ni am Rande spärlich a wimpert. Blütenstiele kurz (etwa 10 mm), spärlich mit Stieldrüsen setzt. Scheinfrucht kahl, kugelig. Kelchblätter auf dem Rücken m ei Auurenlon die breiten Fiedern ‚und en fast ohne Drüsen, nach“ | Blütenfarbe‘ ? ' Die f. Friedrichii leitet über zu R. coriifolia Fr. f. pastoralis R. die nach R. Keller bereits einen Übergang zu R. dumetorum var, Des elisei darstellt. Re: Bargerbrück, Seminarist Martens, 25. 6. 15893 (von P. Friedric) SR. dumetorum var. Christ ne haart). Groß-Steinrade, ©. Be Bar: 2 Wüstenei, OÖ, Ranke, 23. 6. 94. % Am Wege von Schönböken nach Buntekuh, O. Ranke, 23. 6. 8. Rosa glauca Villars. - Eigenartig ist, daß man, wie aus der älteren Literatur, so auch dem L. H., den Eindruck gewinnen könnte, daß die R. glauca in typischen Ausbildung als Rosa eu-glauca mihi nicht im Gebiete Li vorkäme. Bei näherer Betrachtung ergibt sich A daß ‚die R. Die irrige au de R. EN sei noch jetzt eine Gebirgsrose, 1 bei uns nicht vermuten lassen. RS I. Unterart eu-glauea (. W. Christiansen. 1. Formengruppe der var. typiea Christ, var. transiens (Kerner) R. Keller, f, Mayeri H. Braun. An einem Knick zwischen Rotebek an Walkmühle, P. F 18. 6. M. 2% ep Re der var. a Christ. Ihre Blütenstiele und ‚Kelchblatirüek tragen jech m Stieldrüsen. 23 Einen Übergang zur var, stephanoearpa (Ripart) R. Keller bildet eine Rose, die OÖ. Ranke 23. 6. 94 bei Schönböken sammelte. Ihre Blättehen tragen hin und wieder Drüsen an, den Nerven der Blattunterseite. ? Zu var. Oenensis R. Keller gehört möglicherweise eine Rose, die von Obersekundaner Mollwo 10. 6. 94 bei Buntekuh gesammelt ist. Leider liegt sie nur in sehr dürftigen Bruchstücken vor. Diese Rose, die Blütenstiel, Scheinfrucht und Kelchblattrücken + reichlich Stieldrüsen daß es sich nur um eine verwilderte fremde Rose handelt; die sehr derben tter deuten darauf. II. Unterart subeanina v. Hayek. Zweige, gleich nach Abfall der Blütenblätter oder fast im Winter ach Abfall der Laubblätter gebrochen, sind ganz ungeeignet zur Be- timmung von Rosen dieser Gruppe. Sie lassen’ weder den Grad der riffelbehaarung noch das Verhalten der Kelchblätter deutlich erkennen. ‚us diesem Grunde wird es kaum möglich sein, die zalılreichen vom ergl. Friedrich, Flora). Ich bin allerdings geneigt, sie zu R. canina ı ziehen. ers zur R. ol. ssp. subanina und zwar zur var. diodus R. Keller ? Etwas zweifelhaft ist; die Bestimmung des von O. Ranke 22. 6. 94 ei Paddelügge gesammelten Zweigleins, von dem K. Friderichsen sehr u orsichtig geschrieben hat: »Ist nicht unwahrscheinlich eine glauca«. meiner Meinung gehört sie zur var. dentieulata R. Keller. Sie der von mir bei Meng (Kr. Hadersleben) (vergl.: Über die Gattung Rosa in Schlesw.-Holst. S. 270) gefundenen Rose nahe: Mittelnerv mit j Br einzelnen Drüsen, Blattstiel reichlich mit Drüsen und Haaren. Ähnlich wie die Rosen vom Steinrader und Schönbökener Weg sind die von P. Friedrich September 1896 bei Schwartau (am Kaltenhofer eg) gesammelten, die unter dem Namen R. glauca var. subcanina Christ orliegen. Ich bin indes geneigt, diese als eine recht caninoide Form der yar. montivaga (Desegl.) Schnetz (der R. glauca) anzusehen. 9. Rosa coriifolia Fries. Sieherheit nur von einem Standort vor: Brothener Ufer, er 13:7. 94 von OÖ. Ranke. Sie gehört, wie der Auffinder bereits vermutet hat, der var, trägt, verdient weitere Beachtung. Nicht ausgeschlossen ist allerdings, De: Diese Rose, die auch in Schlesw.-Holst. nicht häufig ist, liegt mit subeollina Christ (= Unterart subeollina v. Hayek) : an, Era zwar stel sie der f. subeollina (Christ) R. Keller nahe, bildet einen Über. von dieser zur f. dimorphocarpa (Borbas u. Braun) R. Ke O. Ranke bemerkt auf dem Namenszettel: »Erster Nachweis diese in der Lübecker Flora«. Br An verwilderten Rosen finden sich im L. H. solche, die fı Gärten gezogen wurden: R. pimpinellifolia, R. cinnamomea (beson: der f. foecundissima), R. lucida und R. lutea.. Wie ich schon eingangs erwähnte, geben die Rosen des L. allgemeinen em Abbild der Rosenflora der ganzen Halbinsel. Doch h ist, zu beachten, daß 2 in Schleswig-Holstein vorkommende Arten gaı fehlen: R. tomentella und R. agrestis. Da die Standorte dieser Ro daß beide R. sich auch noch im Lübecker Gebiete finden lassen. 1 seits ist die größere Zahl der drüsigen Formen von R. ca und R. dumetorum sehr auffällige. Zwar weiß nicht nur jeder seltene und imeehende Formen a ist; doch scheint es, : ) diese Formen gegenwärtig in der Einwanderung vom Südoste her begriffen sind. Die Zahl filziger Rosen (R. omissa und tom ist auffällig. In der vorstehenden Arbeit sind an wild ab Standorten angeführt. Neu benannt ist Rosa ae var. Disc lise f. Friedrichii ©. W. Christiansen; zum ersten Mal beschrieben R. omissa var. dysadenophylla’ n daniea (K. Bes) O We Christian neu für die deutsche Flora ist R. tomentosa var. umbelliflo aberrans (Scheutz) ©. W. Christiansen. _ Sicherlich wird in Zı sich nicht nur die Zahl der Standorte, ‘sondern auch die Zahl < Varietäten und Formen erhöhen lassen, und der sichere Nachweis Br ne wird atalsan können. Aus dann Fehlen von F ormen, di nie! darf nicht ohne weiteres geschlossen werden, daß diese im Gebiete fehlen oder selten seien. Eine Anzahl dieser Forme | neue Standorte dieser Formen wird man noch nachweisen ki es Es ergibt sich also, daß für die weitere Erforschung der Rosen ee Lübecker Gebietes noch Aufgaben genug zu lösen sind. : Ar x logische Untersuchungen in der Untertrave Lübeck chen der Struckfähre und der Herrenbrücke. Von Ernst Schermer, Lübeck. Mit einer Karte und einer Tafel. Allgemeines. Die Trave entspringt bei dem Dorfe Gieselrade im Fürstentume Lübeck, 22 km nordwestlich der Stadt Lübeck, etwa 10 km von der Östsee- küste entfernt. Sie fließt zunächst westlich durch den Warder See, dann _ südlich an Segeberg vorbei, weiter durch ein tief und steil eingeschnittenes Tal nach Oldesloe zu, um dann in östlicher, stellenweise nordöstlicher Richtung zur Ostsee zu strömen. Die Trave führt bis zur Holstenbrücke en Namen Obertrave, von dort bis zur Mündung heißt sie Untertrave. Ihre ganze Länge beträgt 124 km. Bis zur Herrenbrücke sind die Ufer der Trave flach, auf dem Unterlauf wird der Fluß dagegen von steilen, 25 m hohen Ufern ein- geschlossen. Die Breite der Trave beträgt bis zur Herrenbrücke durch- schnittlich 150—200 m. Unterhalb dieser Brücke bildet der Fluß mehrere _ seenartige Buchten, Stau mit dem Breitling, großer und kleiner Avelund, die Schlutuper, Teschower, große und kleine Holzwiek und die Herren- 'wieker Bucht; unterhalb der Stulper Huk liest die Pötenitzer Wiek und er Dassower See. Zwischen der Pötenitzer Wiek und der Ostsee erstreckt sich eine Halbinsel, der Priwall, und zwingt die Trave zu einer etwa 200 m engen Mündung bei Travemünde. Das Gefälle des Flusses ist gering. Der Wasserspiegel liegt bei ke 1,60 m, bei der Struckfähre unterhalb der Stadt Lübeck nur 4 cm höher als bei der Mündung. Täglich fließen etwa 400000 cbm Trave- wasser in die See. Die Trave konnte der Ostsee erst ihr Wasser zuführen, als die Belte _ vom Eise frei waren, denn während des Rückgangs des Eises diente das Travetal streckenweise den Schmelzwässern als Abzugskanal zur Elbe - und Nordsee. 2 Die verschiedenen Entwicklungsstadien der Ostsee haben natürlich auch die Trave in Mitleidenschaft gezogen. Das beweisen in erster Linie die vielen Süß- und Seewasser-Molluskenarten, welche durch die Aus- _ zusammen an einem Fundorte gelebt haben können, sondern sicher ganz verschiedenen Zeiten angehören!). K r ur 28 Der Bodengrund des Travebettes besteht zwischen Stadt Herrenbrücke aus Modde. Darunter liegt, wie ein Profil von Fried beim Einsegel zeigt, unterer (blauer) steinfreier Ton in Stärke von etw 3 m. Dann folgt der 12—15 m starke untere Geschiebemergel. In d Tiefe von 42 m traf man immer noch die nächste Schicht, den unte diluvialen Sand und Grand. An manchen flachen Uferstrecken besteht der Bodengemant aus teilweise auch aus mehr oder weniger grobem Kies. Im Hafen fehlen Phanerogamen ganz. Die Kaimauern Pfähle sind vielfach von Algen überzogen. Erst unterhalb der Stas werft zieht sich zu beiden Seiten des Flusses ein breites, einförmig Rohrdickieht hin. Bis zur Staatswerft hinauf sind auch. einze Meeresalgen vorgedrungen. Die Eingriffe seitens des Menschen haben der Unterir und damit auch der, Lebewelt des Flusses ein besonderes Gepräge.g geben. Schon seit der Mitte des 16. Jahrhunderts ist die Trave re . mäßig ausgebaggert worden. Im Jahre 1537 stellte der Rat bereits folgenden Antrag: „ein Testament sei fernerhin nur gültig, wenn es ein N Legat für die, von da an durch Schlammprähme und gründlichere bauung von Bollwerken betriebene Vertiefung jenes Flusses enthiel und Einfuhr, un die Traventiefe gründlichst zu sichern“, ‚de der abgelehnte Antrag ermeut vorgebracht, »von allen einkommenden Kaufmannsgütern zu zahlende */ı %/ (ausgehend *®/s %/) Zulage zu Franzosenzeit versandete und verschlammte der Fluß stark. 1848 be die Korrektion des Travelaufs, 1850--54 wurde ein Durchstich bei de Herrenfähre ausgeführt, durch den das Fährhaus vom linken U auf due rechte Nele Bde 1879-83 wurde der ganze De Durchstiche fanden statt bei der Ballastkahl, durch den die kru Insel entstand; von Nußbusch bis Alt-Lübeck, durch den die Teerl insel gebildet wurde und bei der Herrenfähre. 1900 wurde das Fahrwasser bei der Herrenbrücke eröffnet. Zurzeit sind noch Arbeiten Gange, welche die Vertiefung der Trave auf 8,5 m bis nach Lübeck | bezwecken. Im Frühling dieses Jahres ist auch die 1880 entsta krumme Insel bei der Ballastkuhl fortgebaggert worden. Aber nicht. durch diese Arbeiten selbst wurde die Tierwelt gefährdet, noch waren die Folgen davon, daß der Weg zur Ostsee durch. die versc Durchstiche um 22 km verkürzt unge, Das Seewasser E Keler Sie Süßwasserbewohner wurden Tuniekes dan un \ Di. h der See wanderten fHußaufwärts. vr A A We. 29 Durch die Kanalisierung wurde die Vegetation der Untertrave von der Stadt bis zur Staatswerft sehr zurückgedrängt. Die Verschmutzung des Flusses nahm durch die seit 1350 stark gewachsene Stadt Lübeck, die sich immer mehr ausbreitende Industrie und durch den lebhafteren Verkehr auf der Trave stark zu. Wie unten noch weiter ausgeführt wird, vollzieht sich die Klärung allerdings verhältnismäßig schnell. Die Abwässer der Stadt scheinen die Lebewelt des Flusses wenig zu gefährden. Anders verhält es sich dagegen mit den Abwässern der Räuchereien von Schlutup und des Hochofenwerks, über welche verschiedene Fischer auf dem 1914 in Lübeck stattgefundenen Vortrags-Kurses des Central-Fischerei- Vereins für Schleswig-Holstein Klagen führten. Bei Westwinden geht die Selbst- reinigung der Untertrave gut von statten. Bei anhaltenden ÖOstwinden dagegen, namentlich bei Hochwasser, stauen die salzigen Fluten die Ab- 'wässer der Stadt im Hafen, und es treten Fischsterben infolge Sauerstoff- mangels ein. Die Strömungen sind sehr wechselnd und vom Wetter, den Winden und namentlich von den nahen See abhängig. Häufig geht der trom in den oberen. Schichten aus, während gleichzeitig am Grunde salzhaltige Fluten eindringen. Aus den Wasserstandtabellen geht deutlich hervor, daß selbst bei der Staatswerft, also 16 km von der Ostsee ent- fernt, sich noch Ebbe und Flut bemerkbar machen. Je nach den Winden schwankt der Salzgehalt. Nach Lenz betrug er 1580 bei mittlerem Wasserstande bei der Herrenfähre 0,47 %; bei Gothmund und Dänischburg 0,37 °%, bei der Glashütte 0,26 %; bei anhaltenden Ostwinden steigt der Salzgehalt selbst im städtischen Hafen bis 0,42 %%“. — Jetzt dürfte der mittlere Salzgehalt überall etwas höher sein und in erster Linie das weitere Vordringen der Ostseebewohner er: möglicht haben. Die Temperaturen wurden jeden Morgen um acht Uhr ge- messen und zwar die Lufttemperatur und das Wasser in 20 cm und in 8 m Tiefe. Im Dezember 1914 und im Januar 1915 war die Temperatur der unteren Wasserschicht durchweg höher als das Oberflächenwasser, von Februar an war das Verhältnis umgekehrt. Im Durchschnitt herrschte im Februar die niedrigste Temperatur. Der Temperatursturz vom 16. bis 209. März hatte zur Folge, daß am 21. die Wassertemperatur in S m Tiefe nur 1'/° C betrug, die niedrigste Wassertemperatur, die gemessen wurde. Literatur. Dill. Das Fahrwasser der Trave von Lübeck bis zur Herrenfähre N Projekten zur Verbesserung und Verkürzung desselben. Lübe € Die Freie und Hansestadt Lübeck. Ein Beitrag zur deutschen. kunde. Herausgegeben von einem Ausschusse der Geographi: Gesellschaft in Lübeck. 1890. en Friedrich, Prof. Dr. P. Die Grundmoräne und die jungglacialen wasserablagerungen der Umgegend‘ von Lübeck. Mitt. d. Geo Lübeck 1905. \ a Friedrich, Prof. Dr. P. u. Dr. H. Heiden. Die Lübeckischen Litoriı bildungen. Mitt. d. Geogr. Ges. Lübeck 1905. Br Lübeckische Ohronik. Friedr. Aschenfeld. Lübeck 1842. Schulze, Dr. Fr. Lübeck. Sein Hafen, seine Wasserstraßen. 2 gie Spethmann, Dr. Hans. Lübeck. Ein landeskundlicher Grundriß. d. Geogr. Ges. Lübeck 1910. ) 14. x DD, Pisces. Petromyzon fluviatilis L. Flußneunauge. Lenz schreibt: »von Ende Oktober an pflegen sich Nelnaugen regelmäßig in der Schwartau, einem Nebenflüßchen der Trave, unterhalb Lübecks zu zeigen.« Petromyzon planeri Bl. Bachneunauge. Diesen Fisch erhielt ich aus der Schwartau durch Schüler in jedem Frühling. Fänge aus der Untertrave sind mir nicht bekannt. Cyprinus carpio L. Karpfen. Soll verschiedene Male im toten Arm der Trave bei Schwartau gefangen sein. Es kann sich hier um Tiere handeln,‘ die aus Teichen entwichen sind. Gobio gobio L. (Huviatilis Cuy.). Gründling. Kleinere Stücke habe ich mehrfach bei der Staatswerft gefangen. Scheint nicht selten zu sein. , Rhodeus amarus Bl. Bitterling. Im April 1912 erhielt ich fünf Stücke aus dem toten Arm der Trave bei Schwartau. Abramis brama L. Brachsen. Nicht selten. Blieca bjoerkna L. Güster. Neben dem Rotauge wohl der häufigste Fisch. Alburnus alburnus L. Uckelei. Häufig. . Alburnus bipunctatus L. Schneider. Häufig. Idus idus L. Aland. Nicht selten. Scardinius erythrophthalmus L. Rotfeder. Häufig. Leueiscus rutilus L. Rotauge. Sehr häufig. Missurnus fossilis L. Schlammbeißer. Weiter traveaufwärts mehr- fach gefangen, soll nach Brehm ins Brackwasser übertreten. Ich habe von Fängen in der brackigen Trave niemals etwas gehört, Cobitis taenia L. Steinbeißer. Dieser in der Wakenitz durchaus nicht häufige Fisch ist im oberen Hafen gelegentlich bei Hafen- arbeiten in größerer Anzahl gefunden. Clupea harengus L. Hering. ‚Wandern häufig in den Monaten März bis Juni und im Herbst in der Trave bis Dänischburg auf- wärts. Nach Aussagen der Fischer halten die Abwässer des Hoch- ofenwerks die Schwärme in den letzten ‚Jahren oft bereits beim Stulper Huk auf. Clupea sprattus L. Breitling. Im Frühling und Herbst wie vorige Art. Salmo salar L. Lachs. „Vielleicht in Folge der hier seit einer Reihe von Jahren erfolgten Ausbreitung von Lachsen beginnt dieser Fisch sich jetzt wieder etwas häufiger zu zeigen, doch sind es meist kleine Exemplare, denen es besser wäre, dieselben würden noch nicht gefangen, jedoch fehlt es darüber leider biz jetzt an der nöthigen Aufsicht.“ (Lenz 1891.) Genaueres über Lachsfänge ıı der Untertrave während der letzten Jahre habe ich nicht erfah: können. Mehrfach sollen Lachse gefangen sein. 13. Esox Jucius L. Hecht. Recht häufig. 19. Anguilla anguilla L. Aal. Sehr häufig, ist während des Somm: das Hauptfangtier der Fischer. 20. Gastrosteus aculeatus L. Stichling. Häufig, var trachurus ©. V. Häufiger als die Stammform. 21. Gastrosteus pungitius L. Zwergstichling. Häufig. var trachurus ©. V. Häufig. 22. Perca fluviatilis L. Flußbarsch. Häufig. 23. Acerina cernua L. Kaulbarsch. Häufig. 24. Gobius niger L. Schwarze Meergrundel. Ich habe diesen Fisch‘ Gegensatz zu Lenz, der von ihm schreibt: „im Spätherbst und Winter brackigen Wasser bei der Staatswerft gefangen. Laichreife Weibeh erreichen dort nur die Größe von 6—7 Üentimetern. - 25. Gobius Ruthensparri Euphr. Schnappkühling. Kommt nach Len „häufig an flachen Stellen der Bucht“ vor. Geht in der Trave zur Staatswerft. Ve [2 26. Gobius minutus var. minor Heincke. Sandkühling. Nach Lenz v von ern 27. Platessa flesus L. Strombutt. Geht bis Hansen hinauf. der Elbe und im Rhein lebt dieser Fisch im reinen Süßwasser { im Binnenlande Der Moddegrund in der Trave scheint den Stein. butt von weiterem Eindringen zurückzuhalten. = 28. Gadus morrhua L. Dorsch. Geht nach Aussagen der Fischer anhaltendem Nordwind bis Dänischburg—Gothmund traveanfwär! Literatur. u ; Brauer, Süßwasserfauna Deutschlands. Dt 1. 1909. Lampert. Leben der Binnengewässer. 2. Aufl. 1910. E. ie Lenz, Dr. H. Die Fische der T nn Bucht und der angren e - Brackwassergebiete. Mitt. d. Geogr. Ges. in Lübeck. 1891. 33 Mollusca. Einleitung. Der Werdegang der Ostsee zerfällt in vier Perioden, die nach den Untersuchungen der schwedischen Geologen de Geer und Munthe durch zwei Senkungen, denen jedesmal wieder eine Hebung folgte, her- vorgerufen sind: 1. Die Yoldiazeit. Das Yoldiameer entstand am Schlusse der Eis- zeit. Die damalige Ostsee stand mit dem Ozean an zwei Stellen in Ver- bindung und war von einer arktischen Molluskenfauna (Yoldia arctica) und von einer hochnordischen Säugetierfauna bewohnt. 2. Die Aneyluszeit. Durch eine Hebung verschwand die Verbindung mit dem Ozean. Die Ostsee wurde ein flaches Binnenmeer. Durch Aus- süssung wurde die marine Tierwelt allmählich durch Süßwasserbewohner (Ancylus lacustris) verdrängt. 3. Die Litorinazeit. Durch eine zweite Senkung konnte das salz- reiche Nordseewasser wieder einströmen. Es entstand ein Brackwasser- meer, das Litorinameer (Litorina litorea), das einen höheren Salzgehalt hatte als die heutige Ostsee. 4. Die Myazeit. Die zweite Hebung endlich, die in den nördlichen Teilen des Ostseebeckens noch fortdauert, hatte zur Folge, daß der salz- reiche Unterwasserstrom aus der Nordsee mehr behindert wurde und wiederum eine Aussüßung stattfand. Diese Hebung gab der Ostsee ihre heutige Gestalt. Bisher sind im deutschen und dänischen Küstengebiet noch keine Yoldia- und Ancylusablagerungen nachgewiesen, es sei denn, daß Speth- mann mit seiner Ansicht Recht hat, daß eine im Liegenden von Absätzen der Litorinazeit vorkommenden Ablagerung im Mündungsgebiete der Trave aus der Ancyluszeit stammt. Der grauweiße Kalk, der von Friedrich zuerst beschrieben wurde, enthält folgende Mollusken: Bythinia tentaculata L., Valvata piscinalis L., Valvata depressa, Planorbis planorbis L (= marginatus Drap.), Planorbis albus, Suceinea oblonga und Limnaea spec. Fauna der Litorinazeit. Friedrich kommt auf Grund seiner eingehenden Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß das lübeckische Küstengebiet am Schlusse der Eiszeit mindestens 20 m!) höher gelegen hat als jetzt und daß die ganze Lübecker ") In früheren Arbeiten hatte Friedrich 50 m angenommen, ging aber auf Grund weiterer Untersuchungen in »Beiträge zur Geologie Lübecks. Mitteil. d. Geogr. Ges. Lübeck 1910< auf 20 m zurück. Bucht und damit vielleicht die ganze Beltsee vorwiegend Land war. Der ee der Trave war damals ein denn das Brodie als jetzt. Aus den Schichten im Umtadlarıe der Trave sind folgende, A bisher festgestellt worden: Nassa reticulata L., Litorina litorea L., Hydrobia ulvae, Serobieu piperita L., Cardium edule L., Mytilus edulis, Tellina baltica L., Oy islandica zwei Schalen, ans borealis eine Schale. Unter den Scrobicularien erreichten die größten Stücke 45 mm L und 36 mm Höhe, die denen der Kieler Bucht nicht nachstehen. In Lübecker Bucht konnte Lenz nur einige junge Muscheln dieser Art leben mit dem Schleppnetz erbeuten. Das größte Stück (leere Schale) ist 31 lang und 25 mm hoch. Nassa retieulata L. lebt heute auch nicht meh in der Lübeker Bucht. Cardium edule war damals sogar oberhalb der Herrenfähre in kräftigen Stücken sehr häufig. 0 Die Untersuchung der in den Litorinaablagerungen gefundene Er Meeresdiatomeen ergab, daß von 136 Arten 100 in der heutigen Lübecker Bucht nicht mehr ihre Lebensbedingungen finden; »67 Formen, a 50° aller Meeresbewohner, kommen jetzt nur in einem Meerwasser mit 3°, Salzgehalt vor.« (Friedrich.) Also lebte in der Litorinazeit e Molluskenfauna in der Ostsee, die derjenigen der heutigen Nordsee u gefähr entspricht. Im der Vorlitorina-, vielleicht auch in der älteste Litorinazeit war die Auster (Östrea edulis L) an der Ostküste Schlesw Holsteins nicht selten, wie die Funde in den Abfallhaufen (Kjolkk moddinger) beweisen. Fauna der Myazeit. Als durch die zweite Hebung, die der Ostsee die heutige Gestalt gab, wiederum eine Aussüßung stattfand, werden Oyprina islandiea, Astarte borealis, Scrobicularia piperita und Nassa reticulata in der Untertrave au: gestorben sein. Dafür wanderte Mya arenaria ein, die in ungeheur Mengen in den Ausbaggerungen vorkommt. Daneben lebten Myti edulis, Cardium edule, Tellina baltica, Hydrobien und Litorina litor: allerdings in kleineren Stücken, bedingt durch den schwächeren Salzge Große Stücke von Mya arenaria ‚erreichten eine Länge von 12 em. Veränderungen der Molluskenfauna in geschichtlicher Zeit. Bevor die ersten größeren Korrektionen der Trave stattfand Herrenbrücke) nur Süßwassermollusken. Leider hat kein Samm ein Verzeichnis der Travemollusken hinterlassen. In Arnolds E= 35 schien 1832) finden wir nur ein paar dürftige Angaben. So nennt er in seiner Arbeit mehrfach bei Arten als Fundort die Trave, gibt aber keinen genauen Fundort an. Zum Glück sind seine Angaben in der Sammlung des Naturhistorischen Museums in Lübeck zum Teil genauer. Danach kamen folgende Arten vor der großen Travekorrektion 1878—82 in der Untertrave vor: 1. Limnaea auricularia L.. Am Treidelstieg. 2 » palustris var. fusca C. Pfeiff. Am Schellbruch. 3: » truncatula Müll. Am Treidelstieg. 4. Vivipara contecta Mill. Am Treidelstieg. . Anodonta mutabilis Cless. (ist A. cygnaea var. piscinalis Nilss.) Am Treidelstieg. . Unio pietorum L. Am Treidelstieg. » tumidus Retz,. Am Treidelstieg. . Sphaerium rivicola Lm. Am Treidelstieg. . Dreissensia polymorpha Pall.e. Am Treidelstieg. [sb] 1 oo-o Der Treidelsties führte an der Untertrave entlang von Lübeck nach der Herrenfäihre. Wenn damals die zehn genannten Arten dort in der “Untertrave lebten, dann ist es sehr wahrscheinlich, daß auch noch andere Süßwassermollusken vorhanden waren, denn das Vorkommen von Dreis- ‚sensia zeigt, daß dort der Salzgehalt nur ganz gering gewesen sein kann. Sphaerium rivicola Lm. ist nach meinen Beobachtungen eine Muschel, die nur in reinem Wasser lebt und eingeht, sobald die Verschmutzung einen gewissen Grad erreicht hat. Also muß das Wasser der Trave dort damals reiner gewesen sein. Die übrigen von Arnold in der Trave festgestellten Arten werden wohl auch in der Untertrave zwischen Lübeck und Dänischburg gelebt haben. Es sind: 1. Planorbis carinatus Müll. Dr » contortus L. Häufig! d. » albus Müll. 4 3 » nitidus Müll. auch in der Varietät Clessini Westld. 5. Ancylus fluviatilis Müll. 6, » lacustris L. 7. Pisidium amnicum Müll. Ich schließe das auch aus einer Notiz von Friedrich: »bei Dänisch- burg, 17 km oberhalb der heutigen Travemündung, wo jetzt in der Trave nur Süß- und Brackwassermollusken vorkommen«. Trotz des Salzgehaltes, der ja damals geringer als heute war, können unsere Süßwassermollusken dort sehr wohl gelebt haben, denn eine ganze Reihe von ihnen lebt nach v. Martens sowohl im inneren Finnischen wie im Bottnischen Busen, wo der Salzgehalt 0,5 °/ beträgt. Dort kommen vor: Limmaea palustris Müll., 36 peregra Müll., Planorbis albus Müll. und Bythinia tentaculata L. ! Rigaischen Meerbusen lebt Vivipara contecta Mill., im Frischen H: Valvata piscinalis Müll. Br Nach Levander leben ferner in Brackwasserbuchten des Finnischer Busens im Ramösund: Limnaea stagnalis L., ovata Drap., Planorbi vortex L., Bythinia tentaculata L. neben Hydrobia stagnalis L., Embletonia pallida Ald. n. Hanck, Cardium edule L. und Tellina baltica L. Esho-Lofö: Bythinia tentaculata L., Neritina fluviatilis var. litoralis Physa fontinalis L., Limnaea stagnalis var. livorniea Stob., L. lagotis v anderssoni Cless. auch die f. major Westerl., L. ovata var. baltica L. f. patula Wester]. und Planorbis vortex var. discus Rssm. Daneben marine Arten: Hydrobia stagnalis L., Embletonia pallida Ald. ». Hanck, Pon limax capitatus O. F. M., Tellina baltica L, Cardium edule L., in z arenaria L. und Se edulis L. marinen Arten zusammen. Eine Ausnahme macht nur Neritina fluviatili var. baltica Nilss., die. jetzt unterhalb der Herrenbrücke lebt (schon von Lenz s. Zt. festgestellt). Zum Glück sind uns im Alluvium der Untertrave aber nech Res der alten Süßwassermolluskenfauna erhalten, sodaß wir uns sehr wo ein einigermaßen getreues Bild von den hier einst lebenden, o- unt gegangenen Süßwassermolluskenarten machen können. Der eine Fundort war die krumme Insel. Dort sammelte ich im Winter 1914/15 wiederholt. Durch die fortschreitende Abbaggerur wurden immer neue Nester von Mollusken abgeschnitten. Die Schalen waren alle in Modde zwischen Torfschichten eingebettet. Der andere Fundort lag bei der Staatswerft hart am Ufer. Beide Fundstell erhielten nur Süßwassermollusken. Landschnecken fehlten ganz, handelte es sich in beiden Fällen nicht um eingebettetes Genist. Das Alter beider Stellen ist schwer zu beurteilen. Da die Dreissen polymorpha Pall. in beiden Ablagerungen fehlt, so könnte man 'verst sein, schon daraus zu schließen, daß die Schichten sich vor der . abgesetzt haben. Wegen der festsitzenden Lebensweise ist es aller sehr wohl möglich, daß Dreissensia streckenweise in solchen Ablagerı fehlt. — Zweifellos sind diese -Schichten aber viel älter. Ich habe in der folgenden Liste nur sicher bestimmte Moll angeführt. Wenn aus Bruchstücken die Art nicht ganz klar hervorgü habe ich sie nicht berücksichtigt, ebenso, wenn nur Bruchstücke vor! dieses hinzugefügt. Gastropoda. Pulmonata. Familie Limnaeidae. Unterfamilie Limnaeinae. Gattung Limnaea Lm. _ Untergattung Limnus Montf. f. arenaria Colb. bei der krummen Insel, selten. Länge 30, Breite 14 mm. . Untergattung Guinaria Leach. aurieularia L. vereinzelt. . oyvata Drap. An beiden Fundstellen nicht aan var. patula Da Costa zwischen der Normalform. -var. obtusa Kob. zwischen der Normalform. en Physa Drap. Unterfamilie Planorbinae. Gattung Planorbis. Untergattung Coretus Adanson. corneus L. nur an ausgewachsene Gehäuse bei der Staatswerft. ee Tropidiseu s Stein. Größtes Gehäuse 1. sta: Mill. sehr Kelten, Untergattung Gyrorbis de vortex L. selten. Größtes Gehäuse Höhe 1, Breite 7 mm. Be es Ag. osranchiä. Familie Paludinidae. . Bi Gattung Vivipara Gray. 1. V. contecta Mill. Häufig, im Verhältnis zu den an anderen Fund- orten gesammelten uud die Gehäuse nur klein. Größtes Stück 30, Breite 23 mm. 2 V. fasciata Müll. Häufiger als vorige Art. Bleibt in der Größe Durchschnitt noch hinter V. contecta Mill. zurück. Gattung Bythinia Leach. | . B. tentaculata L. Es ist die häufigste Art an beiden Hondstell producta Mke. Selten. Größtes Gehäuse Höhe 15, Breite Ü" mm. . B. leachi Shepp. selten. Familie Valratıdae Gattung Valvata Müll. V. piscinalis Müll. sehr häufig. Familie Neritinidae. Gattung Neritina. . N. fluviatilis L. In kräftigen Stücken häufig. form var. baltica Nilss., die heute lebend in der Untertr von ‘der Herrenbrücke an abwärts vorkommt. Acephala. Dimyaria. Familie Unionidae, Gattung Unio. 17. U. tumidus Retz. Einige halbe Schalen und Bruchstücke. s5 lang, 55 mm hoch 13. U. pietorum L. nur unausgewachsene Stücke und kleinere Bruchst i - Gattung Anodonta. 19, A. eygnaea var. piscinalis Nilss., selten. Familie Öyeladidae. Gattung Sphaerium Scopoh. 2 Sph. rivicola Lm. Puls a ‚obs 16, Durchmesser 12 > mm. E dhieesser Er ? mm. Gattung Pisidium. ©. Pfeitt, 22. Pis. amnicum Müll, sehr häufie. Aus vorstehender Liste ergibt sich, daß unter ee 10 Arteı sin die Arnold vor 1880 noch lebend erbeutet hat. Die großen Kor ae die damit verbundene ee Verschmutzung, 39 Liste der in dem EIb-Trave-Kanal und dem Alluvium der Untertrave vorkommenden Mollusken. "2 = Oo] VmPwvm Lebend im | Lebend in d. | Im Alluvium Art Elb-Trave- Obertrave u. der Kanal d. Stadtgrab. | Untertrave Limnaea stagnalis L. h h. — » “f. arenaria Colb. — r- S. » auricularia L. V. v. — » ovata Drap. s. h. h. V. » var. patula Da © osta . V. » var. obtusa Hob. V. V. V. » palustris Müll. . V. V. & » var. corvus Gmel.. V — a » var. turricula Held — V. — » var. fuseca ©. Pfeiff v. v. — Amphipeplea gelutinosa Müll. v. ve E= Physa fontinalis L. V. V. S. Planorbis eorneus L. h. V. V. » planorbis L. h. h. v. » carinatus Müll. V. V. Ss. » vortex L. h. v. S. » leucostoma Mill. v. V. — » eontortus L. v. V. 8. » albus Müll. . v S. » nautileus L. — v. S. » nitidus Müll. BEE! v. S. » var. Clessini Westl. . | V. S. — Ancylus fuviatilis Müll. . | Ne >= » lacustris L. Vv. Y. E Vivipara contecta Mill. h. V. h. » fasciata Müll. h. V. h. Bythinia tentaculata L. Sarh h. Sachs » leachi Shepp v. V. 8. ı Valvata piscinalis Müll. We v. s.h » ceristata Müll. . V. — — Neritina Aluviatilis L. . V. v. h Unio batavus Lm. . sieist Saus — » tumidus Retz. v. h. S. » pictorum L. SUN V. h. V: Anodonta eygnaea var. piscinalis Nilss. v. h. 5. ‚| Sphaerium rivicola Im. SE S. h. » corneum L. h. h. such“ Pisidium amnicum Müll. 5 S. S. v » henslowianum Shepp. -— V. — » pulchellum Jenyns — Y. — obtusale Pfeiff . V. — Dreissensia polymorpha Pall shn Saab — | Formen 34 37 23 Salzgehaltes, um sie zum Aussterben zu bringen. Lampert führt für Ein Vergleich mit den heute in der Obertrave bezw. FR, ‚dam in Verbindung stehenden Stadtgraben und den im Elb-Frave-Kanal b Lübeck lebenden Süßwassermollusken ergibt, daß in der Öbertrave & im Kanal .34 Formen leben. Aus. dem Alluvium der Untertrave s 23 Formen, wozu die vor 1880 dort lebenden 6 hinzukommen, sodaß 29 Formen in der Untertrave festgestellt sind. Li Für Dreissensia polymorpha Pall. genügte schon die Erhöhun Empfindlichkeit gegen das Meerwasser gleichfalls ein Beispiel an. Flemhuder See starb sie 1895 aus, »als dieser infolge Erbauung des Kai Wilhelm-Kanals, in welchem sich -der genannte See entwässert, brackisc) wurde. « u also geringere Widerstandskraft und Ran. besten als die übrige Tierwelt, die den Veränderungen widerstand. Literatur. Arnold, ©. Mollusken der Umgegend Lübecks und der Travemti Bucht. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte Mecklenburg. 1882. ; Brauer. Süßwasserfauna Deutschlands. Heft 19. Friedrich, Prof. Dr. P. und Dr. H. Heiden. Die Lübeckischen Ta na 'bildungen. Mitt. d. Geogr. Ges. in Lübeck. 1905. Gever, D. Unsere Land- und Süßwasser-Mollusken. 2. Aufl. Stuttge Lampert. Das Leben der Binnengewässer. 2. Aufl. Leipzig 1910. Lenz, Dr. H. Die wirbellosen Tiere der Travemünder Bucht. . Teil und II. 1875 und 1882, Levander. Zur Kenntnis des Planktons und der Bodenfauna eini seichten Brackwasserbuchten. Helsingfors. 3 Marshall, Dr. William. Die deutschen Meere und ihre Bewohner. ie ip Martens, Dr. Ed. v. Über die Verbreitung der europäischen Land Süßwassergasteropoden. Meyer und Möbius. Fauna der Kieler Bucht. Leipzig 1865. Ranke, O. Land- und Süßwasser-Conchylien der Umgegend von Lü Mitt. d. Genen, Ges. in Lübeck. 1898. \ D ? < m eh na in un 9er T 4 189) 41 Örustaceen. . Leander adspersus Rtk. Kleine Garneele, Ostseekrabbe. Bei der Staatswerft in den Wintermonaten sehr häufig und zwar in allen Größen. Zum Sommer traten sie nur vereinzelt auf. Die Tiere halten sich im Süßwasseraquarium sehr gut, ernähren sich dort von Pflanzenresten, toten Fischen, lebenden Daphnien und Mückenlarven. Oft waren Tiere dicht mit großen Kolonien von Zoothamnium _ parasitica St. besetzt. . Crangon vulgaris Fabrie. Echte Garneele, Nordseekrabbe. Selten, -gelanst nur bei anhaltendem Nordostwind bis oberhalb der Herren- brücke. . Macromysis flexuosa Norm. belebt in ungeheuren Scharen die Ober- flächenschicht bis weit in den Hafen hinein und ist auch im Winter bei Frostwetter häufig. Am 10. Januar 1915 fand ich Schwärme in Tiefe von 1 m bei der krummen Insel. Die Tiere sind sehr sauerstoffbedürftig und halten sich im Aquarium schlecht. Diese Art hat als Fischnahrung große Bedeutunse. . Gammarus locusta L. nur vereinzelt angetroffen. Am 20. Januar 1915 erbeutete ich mehrere Tiere, die infolge des plötzlich starken Fallens des Wasserstandes in einer Pfütze zurückgeblieben waren. Ein Tier häutete sich am nächsten Tage im Aquarium, zwei ‚waren in Copula. Auf dem Rücken des einen Tieres befanden sich mehrere individuenreiche Kolonien von Epistylis plicatilis Ehrbg. . Talitrus saltator Mont. Sandhüpfer. Vereinzelt. Halten sich gut im Aquarium. Ein Tier fraß einem eine Stunde vorher eingegangenen Fische in kurzer Zeit die Schwanzflosse ab. . Balanus improvisus Darw. Nach Lenz ging diese Art damals trave- aufwärts bis Dänischburg. Jetzt ist sie oberhalb der Staatswerft noch überall sehr häufig und noch im Elb-Trave-Kanal in fast reinem Süßwasser anzutreffen. Nach Marshall geht sie in der Ostsee östlich bis Memel. »Vielfach siedeln sie sich an Stellen an, die nur bei höchster Flut vom Wasser erreicht werden.‘‘ — Im Gegensatz hierzu siedeln sie sich in der Trave an Pfählen und am Bollwerk einen Meter unter dem Normalwasserstande an, oder sie sitzen an der Unterseite der Flöße, sodaß sie mit der Luft nicht so leicht in Berührung kommen können. Einwandernde' Ostseebewohner. Eine allgemem bekannte Tatsache ist es, daß nur ein Teil der Nordseefauna in der Ostsee zu leben vermag. und daß die in dieses Binnenmeer eingedrungenen Tiere denen ihrer Art, die in der Nordsee leben, an Größe sehr nachstehen. Der Grund liest in dem gering Salzgehalt der Ostsee und da dieser nach Osten hin immer schwäch wird, so wird auch die Tierwelt immer spärlicher. Im Finnischen Meer- - busen treffen wir nur noch einige Ener Kummer von en ım Laufe der letzten drei Tele weiter n \ aufwärts vorgedrungen ist. Lenz gibt uns in den Ergebnissen seiner 1875 bis 1378 ausgeführten a über »die wirbellosen Tier Tiere stromaufwärts gewandert waren. Wie schon oben erwähnt, wurd = Seitdem Aus Be ne Durchstiche der Weg zur See um etwa 2'/s = ® ermö Eiche, Von den drei Meergrundeln, Gobius niger L., Ruthensparri Euph und minutus Penn. schreibt Lenz: »Alle drei uam finden sich häufig in der Bucht, im Spätherbst und Winter auch im Brackwasser, sind über- haupt wohl nicht selten in der westlichen Ostsee und nur übersehen und die einzelnen Arten untereinander verwechselt worden.« Im Brehm 4. Aufl. heißt es, daß die Schwarzgrundel Gobius niger I in der Ostsee nur an wenigen Stellen lebt. »Nach Heincke lebt sie in Blasentangs. In der Nähe der Flußmündungen hält sie sich gern auf das Süßwasser scheint sie nicht zu besuchen. « Nach Marshall lebt sie auch im Brackwasser und geht in die Mündung der Flüsse. In der Trave habe ich sie bei der Staatswerft, also 16 km von d stets in Tiefen von über einem Meter, auch laichreife Weibchen waren dabei. | Gobius Ruthensparri Euphr. kommt heute gleichfalls in 3 sroßen Stücken noch bei der Staatswerft vor und zieht flache Stellen v ist häufiger als G. niger L. : Die kleine Meergrundel Gobius minutus var. minor Hei nach Lenz ziemlich häufig im Binnenwasser, lebt jetzt gleichfalls | an demselben Fundorte. Mytilus edulis L., die eßbare Miesmuschel, die ausnahmswe se in der Ostsee größer ist als in der Nordsee, in der esteren allerdings 45 Balanus improvisus Darw. ging nach Lenz bis Dänischburg, heute bis in den Elb-Trave-Kanal, alte Eisenbahnbrücke, also bis ins Süßwasser, wanderte seitdem 9 km weiter stromaufwärts. Talitrus saltator Mont, Sandhüpfer, geht jetzt bis zur Kochschen Schiffswerft, ist also 17 km weiter aufwärts gewandert. Gammarus locusta L. nach Lenz bis zur Herrenfähre, jetzt bis zur Staatswerft, also 6 km weiter vorgedrungen. Maeromysis flexuosa Norm. geht in der Ostsee bis in den Bott- nischen Meerbusen, nach Lenz in der Trave bis zur Herrenfähre, jetzt S km weiter hinauf bis zur Struckfähre. Leander adspersus Rtk. nach. Lenz bei der Herrenfähre bereits selten, ist heute bei der Staatswerft in den Wintermonaten in großen Stücken recht häufig, im Sommer: weniger zahlreich, aber stets vorhanden, kommt wahrscheinlich noch weiter stromaufwärts auch vor. Seit 1878 6 km weiter vorgedrungen. Crangon vulgaris Fabrie. Nach Marshall kommt diese Art »bei Hamburg in fast rein süßem Wasser« vor und zwar in derselben Größe -wie in der freien Nordsee. In der Trave scheint sie seit 1878, wo Lenz sie bei der Herrenfähre feststellte, nicht weiter vorgedrungen zu sein, denn sie kommt nur bei anhaltendem Nordost weiter in die Trave hinein. Cordylophora laeustris Allm. Lenz schreibt: »Dieser interessante Hydroidpolyp kommt im ganzen Laufe der Trave von oberhalb Trave- münde bis nach Lübeck hinauf vor. Anfänglich mit Mytilus edulis, Gammarus locusta, Balanus improvisus, Campanularia gelatmosa und anderen nach stärkerem Brackwasser verlangenden Tieren zusammen lebend; später verschwanden diese nach und nach.«e — »Bis unmittelbar vor dem Eingange des städtischen Hafens« fand er »üppige Exemplare.« — Auch heute ist Cordylophora lacustris Allm. überall sehr häufig. Im Sommer und Herbst sind die bis S cm langen Stöcke dicht mit Diatomeen und einem schon mit bloßem Auge sichtbaren, wie Schimmel aussehenden Rasen von Glockentierchen dicht besetzt. Für den Mikroskopiker bieten diese ausgedehnten Hydroidpolypenkolonien außerordentlich viel, da man in diesen Rasen eine reiche Kleintierwelt finde. Auch sind sie Fund- gruben für Bacillariaceenforscher. in in ee Erst in ER baren letzten Jahrzehnten Gelehrte wie Kolkwitz, Lauterborn, Schröder, Zacharias und Zimmer das Mala ee Flüsse bearbeitet. schwaches Gefälle und geringe Strömung. Nur zu einem kleinen T entsteht das Patamoplankton im Flusse selbst. Der größte Teil wird ein- geschwemmt, sei es aus Teichen, die mit- dem Flußlauf in Verbindun stehen, oder aus Altwässeın. Zum Teil wird das Plankton sogar weit hergeführt. Konnte doch Lauterborn den Nachweis führen, daß der gröf ER Teil des pflanzlichen Planktons des Rheines aus dem Züricher See stam Ei Ferner hat sich ergeben, daß das pflanzliche Plankton, die Flagell: ee in den “ lüssen stets das tierische a Be Das Plankton der Trave wurde dem Fluß stets ber der Staatswerf = vom Boot aus entnommen. Als Fanggerät dienten zwei kleine Plankton netze. Alle Fänge wurden an Ort und Stelle lebend untersucht. Die Zeit der Untersuchung waren ‚die Monate BD 1914 N Juni 1 358 Fe und zwar 50 dem Derach 72 dem inpzeerioh a. eh Den letzteren sind die 11 Flagellatenarten zugezählt. Im Einzelnen zen sie sich folgendermaßen zusammen: \ 14 Crustaceen, 11 Flagellaten, 26 Rotatorien, 6 Peridineen, 9 Protozoen, 24 Bacillariaceen, 1 Muschellarve. - 18 Ohloropbyeeen, 13 Oszillatorien. 45. Auf dem ersten Blick scheint das Zooplankton doch großen Anteil an der Zusammensetzung zu haben. Das ist aber nur scheinbar der Fall. Die beigefügte Tabelle zeigt, daß sich das Plankton zusammensetzte im Dezember: 20 Tiere + 38 Pflanzen, Januar: SR. EH0 » ö Februar: 24 » +48 » = März: Sue -E n6 » 2 j April: 26» +58 » ER Mai: 29 »’ +58 Ele ya (Juni: 21. >.. --1.:85 2) i Monat Juni mit seinen drei Fängen gibt selbstverständlich kein genaues sen $ Bild. |® IE. ® S | | @lslal | alalel | | eljslaal-|e EEE ; = } j f f r | — Crustaceen .1 69 7 5 3 5) 8| Flagellaten. .. | 3) 5 6 91111 3 { | Botatorien. . \12116l16121j19]15, 9 | Feridinen ... 42314 48 2 he E= | | a) Na Bacillariaceen . 19) 191921) 21 2013 SE Se ä 1 | | 7° | Chlorophyceen. | 913113111/1314| 8 e ‚Muschellarve 63 == En —| 1 Oszillatorien . . 7 9 8 7 9) 9 8 \ 1 FOERTeR j | Es Summe |20 2824 30.26 29|21 Summe 38 50) 48) 56 58 5535 | el ge De Also das pflanzliche Plankton überwiegt auch in der Trave ganz be- _ deutend und zwar machen die Bacillariaceen den Hauptbestandteil aus, _ im Dezember rund 33!/, %, im Januar und Februar 25 °/,. März, April und Mai ungefähr 23V/g °. R Noch mehr zeigt sich dieses Überwiegen, wenn man die Quantität der einzelnen Arten berücksichtigt. Leider war es mir nicht möglich, die Schöpfmethode von Kolkwitz anzuwenden und dadurch möglichst genaue Vergleiche bezüglich der Mengenverhältnisse zu erhalten. Ich kann also nur allgemeine Beobachtungen mitteilen. ; RE Im Verhältnis zu andern von mir untersuchten Gewässern der Gegend, j der Wakenitz, der Ratzeburger Seen, des Mühlenteichs (auf den weiter unten noch näher eingegangen wird) ist das Plankton der Trave seiner Quantität nach arm zu nennen. Die Temperatur scheint keinen Einfluß darauf zu haben, denn im Januar und Februar war das Plankton trotz der durchschnittlich tieferen Temperatur an Arten und Menge stärker als im Dezember. Der Zuwachs, der in den Monaten März und April nach anhielt, müßte, wie auch Zacharias annimmt, auf die günstige Ein- N u wirkung des Lichtes zu setzen sein.. Ein wesentlicher Faktor ist abe di Strömung. Bei stark ausgehendem Strom führt der Fluß ungeheuı Mengen von kleinsten Schmutzpartikelchen mit sich, die das Wasser s trüben, es oft schmutzig-gelblich braun färben. Das Plankton tritt daun stark zurück, namentlich wieder die mehr empfindlicheren Crustaceen u Rotatorien, die sich in der- Oberflächenwasserschicht nicht zu halten - ver mögen. Am 29. Dezember 1914 herrschte ein starker Südweststurm Die Probe ergab in der Oberflächenschicht in größerer Anzahl nur nedra acus var. delicatissima Grun., ferner Diatoma tenue var. elongatun Grun., Asterionella grazillima Heib, Asterionella formosa Hass., Cyelote comta Kg. und Melosirafäden, ganz vereinzelt Pediastrum duplex Mı Scenedesmus quadricauda Breb., Mallomonas acaroides var. ; Lemm., Polycystis flos aquae Ralfs, zusammengehäuft Aphanizome flos aquae Ralfs, leere Gehäuse von Öodonella lacustris Entz. In tie Schichten waren vertreten Eurytemora lacustris und einige Naup en. Um so reicher aber waren die Planktongäste. Im treibenden Detritus fanden sich zahlreiche Diatomeen, Pilzfäden, viele Infusorien, so Vorticell Stentorarten, Dileptus, Halteria, Stylonichia usw. Auclı Fadenwürmer waren nicht selten. — Auffällig war auch der Unterschied zwischen deı Planktonfängen an Wochentagen und Sonntagen. Sonntags fehlten d Rußteile, Öl usw., das Wasser war infolge des Stillstandes der ‚Fabriken und des geringeren Verkehrs viel sauberer. ee, Eigenartig genug ist der Umstand, daß das Öberduche der Trave bei der Staatswerft ein reines Süßwasserplankton ist, trotz- dem dort doch schon eine ganze Reihe Ostseebewohner leben. Durcl weg ist auch von einem Absterben der Planktonten noch nichts zu merke: eine enischine eintritt, ne Herkunft des Trave-Planktons. Durch das Auftreten gewisser Formen, Brachionusarten und midiaceen, Arten, die mehr oder weniger auf das Plankton der T hinweisen, wurde ich veranlaßt, der Herkunft des Planktons der Tray nachzuspüren. Gewiß entsteht ein N Den im Stadtgraben des Traveplanktons hervor. Der Mühlenteich hat eine Länge von 300 Metern en breit. Er stellt ein sehr flaches Becken dar, dessen größte 47 kaum drei Meter erreicht. Der erößte Teil des Teiches dürfte wohl ein bis zwei Meter tief sein. Er erhält seinen Zufluß durch den Krähenteich aus der Wakenitz. Im Sommer muß er ausgekrautet werden, damit er nicht zuwächst. Der Teich wird von vielen Hunderten von Schwimm- vögeln bewohnt. Der letztere Umstand, die geringe Tiefe, die eine gute Belichtung ermöglicht, sowie die weiten stillstehenden Wasserflächen, die Zurückdämmung der wuchernden Wasserpflanzen, das alles mag außer- ordentlich günstig für die Entwicklung des Planktons sein, das einen großen Reichtum aufweist. Aus der Tabelle aller gefundenen Plankton- formen!) geht hervor, daß die Arten von denen der Trave nicht abweichen, was die Quantität aber anbelangt, ist ein Vergleich kaum möglich. Un- geheure Mengen fließen von hier täglich in die Trave. 1. Auftreten Maximum Abnahme Arten en 2 Sue |. ® Eng 2 3 s ss = = & = = Coleps hirtus ©. F. Müll. . . | März | März | | Tintinnidium fluviatile Stem . | März | März | Mai | Mai | Diplosiga frequentissima Zach . | Febr. | Febr. | März |, März | April| Mai Monas vivipara Ehrbg. . . . | Febr. | Febr. Synura uvella Ehrbg.. . . . April| März | Mai | Mai Uroglena volvox Ehrbe.. . . | März | März | Mai | April mai ır| Mai Ceratium hirundinella O.F. Müll. | April | April | Melosira distans Kütz. . . . | Febr.| Febr.| Mai | Mai » varians Agardy . | | März | März | April | April ehnellen.. =... 2.0002 :°, | Febr. | Febr. | April April Synedra acus var. delicatissima | f | | MB BEN en 12 Febr. | Febr. | April | April Aus der Tabelle geht deutlich hervor, daß eine Reihe von Arten in beiden Gewässern zu gleicher Zeit auftreten, ihr Maximum erreichen und dann wieder abnehmen. Das Plankton des Mühlenteichs darf auch nicht als reines Teich- plankton angesprochen werden, da die sogenannten Teichplanktonten, Protokokkazeen und Desmidiazeen sowie Brachionusarten niemals in solchen Mengen auftreten, daß sie vorherrschend sind. Schröder und Zacharias führen ferner als »Eigentümlichkeit der Teiche das spärliche Vorhanden- !) Aus der Tabelle geht scheinbar hervor, daß in der Untertrave mehr Arten als im Mühlenteiche vorkommen. Das ist-in Wirklichkeit nicht der Fall. der Proben aus dem Mühlenteiche ist geringer und infolgedessen auch die Beute, die Zahl der verschiedenen Arten. Die Zahl sein der Bacillariaceen in ihrer Mikroflora« an, namentlich i in Bezug. au Schwebformen dieser Algengruppe. Gerade die Diatomeen sind in den i Wintermonaten sowohl an Arten. wie auch an Quantität reich vertre EN - Der Grund mag darin liegen, daß diese Formen stets neu aus der Wake ; eingeführt werden und infolge der günstigen Lebensbedingungen sc geheuer wuchern. Der Unterschied zwischen Trave- und Mübleı ü plankton liegt also nicht in der Zusammensetzung der Arten, soı ER besteht nur in den verschiedenen Mengenverhältnissen. F Besondere Beobachtungen an Planktonten. D x Crustaceen. Na Auffällig war die Armut des Traveplanktons an Crustaceen. _ den Öyclopsarten trat ©. Lenckartii Claus, vereinzelt auf, ebenso Euryte- mora lacustris in allen Monaten. Von den Phyllopoden trat Bosmi e} longirostris ©. F. Müll. im Dezember zahlreicher auf und im Juni festgestellt. Naoclr der a an waren stets Be Darm von Oyelops wurde verschiedene Male Microcystis und Coelc phaerium gefunden. Ein Öyclops Leuckartii Weibchen wurde am 24 Ja- nuar mit zwei Biersäckchen mit je acht Biern beobachtet. — Die Bra« : wasserarten Eurytemora velox G. Brady und E. affinis Poppe habe niemals gefunden. Rotatorien. ; ER Gegenüber der Armut an Cr ustaceen war aer Reichtum an R atorie: und angularis. — Im Ganzen wurden 26 Arten und Varietäten tes Von Anuraea aculeata Ehrbg. wurde am 26. April 1915 — brightwellii Gosse . eta pectinata Ehrbe. . _ tremula En mystacina Ehrbg. i \ catellina Ehrbg. . tioocerea a Ehrbg. = cornuta Eyf. . . a cochlearis Gosse f. tecta Gosse aculeata Ehrbe. .. var. valga Ehrbg. . Er var. squamula Ehrbg. . var. brevespina Gosse cl rus pala Ehrbg. » quadratus Rouss. . angularus Gosse ‚striata Ehrbg. . var. acuminata Ehrbg. E foliacea Ehrbe... er longispina Kellie. an lunaris Ehrbg. "bulla Gosse . die mit Eiern gefunden wurden.') = zZ iS et BE En En ER a ee I S © = « z 3 a - F; 8 > x >< x = x Sul 8 > > 5 SE | x x x De 1—2 1 1-2|1=3| x 1 — 1—2 |1—2 |1—3 1-8 1-8 1-—2| — 1212| 2 |12\1-2|1-3| — — 1 — | — |1—2|1—2| x | — x — 8 >< DS > — .— = ES Un > > = aa 21-21 21 3112| = 5: iz Ta Nr: ReLE > x 1-2 1—2|1—2 1-3 |1-—2| x |1-2 = m. eh x Ken] ve x =. 1x || |) — x | x |1-211-511-5| x er —— = za —— \ — x x 11—2[1—-2|1-5 1 EI x > x x x, = > = Sl 1 > x 3 x url = DD < > — /1-2| I |11—2|1—2| x | — 50 Codonella lacustris Entz. (Hierzu eine Tafel.) In der neuen Literatur gilt Oodonella als ungenügend bekannt. diese Art häufig vorkam, habe ich ihr meine besondere Aufmerksaı keit zugewandt. Im Eyferth (4. Aufl. 1909) heißt es: „Schale mit kugeliger oder eiförmigem Bauch und weit eylindrischem Hals; Gehäuseöffn breit, vielfach mit kleinem Rand. Außen oft aufgelagerte Sandpartikelche Länge 56—66 «, Breite 36—42 u; Breite des Halses 23—36 «u. A Ceratophyllum“. — Seligo schreibt: „Codonella lucustris Entz. bewohn ebenfalls Gehäuse, die aber eine sehr zierliche, ausgeprägte Gestalt haben; die Tiere selbst sieht man im gehärteten Material nur äußerst selten 2 dem Gehäuse, während sie im frisch gefangenen lebenden Plankton gut zu beobachten sind. Das Gehäuse besteht aus einer Gallertmasse, der außen kleine Körnchen angeklebt werden; es nimmt allmöhlich im Lau e des Sommers an Länge zu, indem an dem Vorderrande des Gehäuse ringförmige Ansätze gebildet werden. Der hintere Teil des Gehäuses ist bald abgerundet, bald kurz zugespitzt. Die Länge beträgt etwa 45 « Gehäuse mit sehr verlängertem Halsteil fand ich im Milachowasee Auch in anderen flachen Seen (Slupiekosee, Enringsee) habe ich Formei mit mehr oder minder verlängertem Halsteil SÄmaen Die Be 1 ae Die Gestalt der Gehäuse der On lacustris Entz. ist sehr wechselnd. Die Abbildungen mögen eine Auswahl der verschiedenen Formen Ursprungs sein können. Ich halte das sogar für sicher, denn bereits Mühlentejch erreichen sie nicht denselben Formenreichtum wie in deı Trave, wo sie nebeneinander zur selben Zeit vorkommen. Codonella w r im Winter häufiger als im Mai und Juni. Seligos Beobachtung in Bezu; auf das Wachstum zum Sommer treffen hier nicht zu, da Tiere mit längertem Halsteil auch im Winter vorkommen. Die Gehäuse waren a war gewöhnlich dunkelbraun. Hin und wieder treten auch hyaline Gehä auf, einmal eins, dessen oberer Teil dunkelbraun und dessen untere hyalin war. Man könnte annehmen, daß neugebildete Teile zuerst seien. Das ist aber nicht der Fall, sonst müßten doch alle neug, ild Ringe hyalin sein, sie haben aber stets gleich dieselbe dun Färbung wie der übrige alte Teil des Gehäuses. Einen Decke niemals bemerkt. I 51 Die Größe der Gehäuse schwankt sehr. . Eine ziemlich konstante Riesenform war reeht häufig. Der hintere Teil ist stets zugespitzt. Der Halsteil ist wenig verengert. Länge 70 «, Breite 42—45 «. Im Mittel messen die übrigen Formen 50—60 « in der Länge, 35—42 « in der Breite. Bei halb- oder ganzhyalinen Gehäusen konnte ich mehrere Male den Körper des Tieres gut beobachten. Er hat eine kegelförmige Gestalt und läuft hinten in einen kontraktilen Zellstrang aus. Am Peristom- rande läßt sich eine adorale Wimperzone deutlich unterscheiden. Am Grunde des Peristoms liest die Mundöffnung, daran anschließend ein kurzer Schlund. Der Körper ist äußerlich nackt. Der Kern scheint rund zu sein. Im Hinterteile liegt eine pulsierende Vakuole, ebenso wurden dort Öltröpfehen beobachtet. Zoochlorellen habe ich gleichfalls verschiedene Male festgestellt. Hinten in der Spitze des Gehäuses oder daneben befindet sich eine feine Öffnung für die am Ende ‘des Zellstranges sich befindlichen pseu- ‚dopodienartigen Gebilde, mit deren Hilfe sich das Tier festsetzen kann. Die Fortpflanzung scheint durch Querteilung vor sich zu gehen, wenigstens beobachtete ich einmal am 2. Mai 1915 einen Vorgang, der darauf hin- zudeuten schien. (Abb. 12.) Die Bewegung ist schnell, oft stürmisch. Am 11. Dezember sah ich drei Tierchen an zerfallenen Pflanzenresten, deren kleinste Teilchen eingewirbelt wurden. Oft sieht man Codonella an Algen oder dergl. fest- . geheftet. Das Tier vermag sich weit aus dem Gehäuse hervorzustrecken, es kann sich auch vollständig zurückziehen. Codonella hat viel Ähnlichkeit mit Tintinnidium fluviatile Stein. Mastigophora. - Diplosiga frequentissima Zach, trat sehr unregelmäßig auf. An manchen Tagen sehr vereinzelt, an andern waren dagegen die Aste- rionellen dicht besetzt, auf einzelnen zählte ich weit über 20. Die Kolonien von Synura uvella Ehrbg. lösen sich auf, sobald unter dem Deckglas Sauerstoffmangel eintritt. Uroglena volvox Ehrbg. trat am 7. März zuerst auf, war am 11. außerordentlich zahlreich, im April vereinzelt, im Mai selten, wurde im Juni nicht beobachtet. Ceratium hirundinella, ©. F. Müll, trat zuerst am 8. April auf. Doch waren im Gegensatz zu den Ceratien anderer Fundorte die Stacheln der Trave-Ceratien verhältnismäßig lang. Im Mai nahm ihre Zahl trotz der steigenden 'l’emperatur ab, im ‚Juni wieder etwas zu. Die Dinobryen traten in starken Kolonien auf, in. der Oder be- - obachtete Schröder nur frei lebende Individuen. 4 Pandorina morum Bory de St. Vinzent war recht häufig, eine Ab- A nahme der Größe, wie Schröder sie in der Oder feststellte, war nicht wahrnehmbar. BR starken ee abhängig. Je heftiger die Strömung, a so] waren die Planktongäste vertreten. In der nachfolgenden Liste, « Vollständigkeit kemen Anspruch macht, sind die häufiger auftre Planktongäste aufgezählt. Me Nematoden waren häufig, namentlich im Pflanzen-Detritus. Gastrotrichen recht selten, nur bei stark ausgehendem Strom. — Oeeistes spec. im Dezember und Januar, selten. Be. Rotifer spec. häufig. ie Amoba spec. vereinzelt, auch nur bei starker Strömung. Laerymaria spec. vereinzelt. | Didinium nasutum St. war verschiedene Male recht hiutig. mal beobachtete ich, daß eins der Tiere eine Vortieella vo n ‚der Kolonie abriß und damit fortraste. y Loxophyllum spec. vereinzelt. Dileptus eigas Wrzesn. vereinzelt. Glaucoma seintillans Ehrbge. an einigen Tagen häufig. - Paramaecium in verschiedenen Arten hin und wieder, Stentor polymorphus Ehrbg. häufig. » coeruleus Ehrbg. bei starkem Strom oft cr häufig. » roeseli Ehrbg. selten. » igneus Ehrbg. selten. > niger Ehrbg. selten. Gyrocoris oxyura St. bei stark an Strom häufig, Halteria spec. wie vorige. Urostyla spec. selten. Stylonichia in verschiedenen Arten häufig, I V orticella, Carchesium immer häufig. (siehe dort). Epistylis plicatilis Ehrbg. auf Cyclops. Cothurnia erystallina auch im der var. grandis Bi an. Igentt Von den pflanzlichen Pseudoplanktonten | traten gelegen Sphaerotilus natans Kg., Cladothrix spec., Leptothrix spec., Closterium in vielen Arten, 53 Sehr häufig waren Bacillariaceen. Diatoma spec. Synedra affinis Kg. » pulchella var. subaequalis Grun. Navicola Gastrum Ehrbg., auch andere Arten. Gyrosigma acuminata Kg. » Kützingi Grun. » attenatum Kg. häufig. Cymbella aspersa Ehrbg. Epithemia sorex var. granulata Brun. » turgida var. granulata Brun. Surirella elegans Ehrbg. > saxonica Auersw. » striatula Turp. sehr häufig, Cymatopleura elliptica Kreb. » solea W. Sm. Baecillaria. paradoxa Gmel. in großen Kolonien recht häufig. . Campylodiscus noricus Ehrbg. häufig. Die Bedeutung des Planktons für die Selbstreinigung der Trave. Die Zusammensetzung des Planktons der Trave bei der Staatswerft zeigt, daß das Travewasser dort bereits recht gereinigt ist, zeitweise der schwach mesosaproben, bei anhaltendem Ostwind sogar der oligosaproben Zone zuzurechnen ist. Anders liegen die Verhältnisse oben im Hafen. Bei anhaltendem West- bezw. Südwesiwind wird die Reinigung schnell vollzogen, da die Trave immer frisches Wasser herbeiführt, die Verdünnung also eine größere ist. Bei Ost- und Nordostwind dagegen steigen die salzigen Fluten hoch in die Trave hinauf, stauen die Abwässer und bewirken dadurch eine starke Verschmutzung, die, wie schon erwähnt, Fischsterben zur Folge haben kann. Um einmal das Wasser des Hafens zu prüfen, machte ich am 5. No- vember 1915 zwei Fänge, einen bei der Struckfähre, also unmittelbar unterhalb der Stadt, wo alle Abwässer aufnehmenden Hafenteile sich vereinigt haben, den andern beim Einsegel, 650 m weiter flußabwärts. Es herrschte schwacher Südwestwind, das Wetter war regnerisch. In der Nacht waren schwere Niederschläge heruntergegangen. zZ = Art') SO AI PD H Fe KukbhHo -Öycelops strenuus Fisch . Bosmina longirostris-pellueida Sting . Nauplien . Asplanchna anal enas 2 Synchaeta pectinata Ehrbg. » tremula Ehrbe. Polyarthra platyptaera Ehrbg. Diglena catellina Ehrbge. Anuraea cochlearis Ehrbe. >» f. tecta Gosse . aculeata Ehrbg. » var. valga Ehrbg. Notholca striata Ehrbg. Acanthocystis turfacea Cart. Coleps hirtus ©. F. Müll. . Codonella lacustris Entz. Tintinnidium fluviatile Stein . Diplosiga frequentissima Zach. Mallomonas dubia var. producta Lemm... Synura uvella Ehrbe. Dinobryon sociale Ehrbg. . Phacus longicauda Dry. Peridinium quadridens Stein . < einctum Ehrbg. Melosira distans Kritz. . Cyclotella comta Kritz. . » operculata Kritz. 29° ‚Diatoma tenue var. elongatum Grun.. Rhizosolenia longiseta Zach. Fragilaria crotonensis Kitton . » . virescens Ralfs . » capucina Desmar Ä Synedra acus var. delicatissima Grun. » ulna Ehrbg. : Asterionella formosa Hass. » gracillima Heib. : Pandorina morum Bory de St. Vincent Eudorina elegans Ehrbg. Scenedesmus quadricauda Breh.. » obliquus Kg. Deine ee Deere: A Ben Seesen een Pe Art Struckfähre | Einsegel 41 | Pediastrum clathratum Lemm. . .....ı S. | _ 42 » boryanum Menesh . . . .| v. | v. 43 » duples@ Meyen Innen... V. V 44 | Sphaerocystris marginata Kg. . . . . — | 8. 45. | Mieroeystis marginata Kg. . .....) Vv. v. 46 » tlos aquae Kirchn. . . . . | v. v 47 | Glathrocystis aeruginosa Henfr.. . . . | — S 48 | Aphanizomenon flos aquae Ralfs . . . | 8 | — Bei der Probe, die bei der Struckfähre entnommen wurde, waren - Pilzfäden häufig, vereinzelt: Stentor coeruleus Ehrbg., Vorticella mierostoma Ehrbg., in beiden Proben zahlreich: Rotifer,. Stentor polymorphus Enrhg., Halteria, Vorticella microstoma Ehrbg. Beide Proben stimmen ziemlich überein. Selbst das Wasser bei der - Struckfähre kann trotz der vielen anorganischen Beimengungen Sand-, Erd- und Rußteilchen nur mäßig verschmutzt genannt werden Es ge- hört zur mesosaproben Zone. Die erste Reinigung vollzieht sich also sicher .bereits in den Sielen, und es mag ein großer Vorteil für die Selbstreinigung sein, daß schäd- lichere Abwässer, bevor sie dem Flusse zugeführt werden, erst in die gemeinsamen Siele fließen, hier verdünnt und dann zum Teil bereits verarbeitet in den Strom gelangen. Das erklärt auch die Tatsache, daß die Fische die Sielausflüsse nicht meiden, sondern dieselben vielmehr aufsuchen, um die für sie wertvollen organischen Beimengungen zu er- beuten. Weiter kommt hinzu, daß die Siele nicht an einer Stelle münden, b sondern auf den Lauf der Trave, des Elb-Trave-Kanals und den Stadt- graben verteilt sind. Dadurch wird der Inhalt von jedem Siel gleich sründlich verdünnt. Bokorny hat durch physiologische Versuche nachgewiesen, daß sowohl die Bacillariaceen als auch die Chlorophyceen ‘organische Substanzen wie flüchtige Fettsäuren, Amidosäuren, Tolnol, Skatol, Phenylessigsäure, Harn- stoff usw. bei entsprechender Verdünnung aufnehmen und unter Abfluß von Kohlensäure und Zuführung von genügendem Lichte, Öl bezw. Stärke bilden. Den Hauptbestandteil des Potamoplanktons der Trave machen aber gerade die Bacillariaceen aus, daneben sind Chlorophyceen häufig. Die Letzteren sind ein wichtiges Nahrungsmittel für die Nauplien der Copepoden, die ihrerseits wieder den Jungfischen zur Nahrung. dienen. So erfüllt das Phytoplankton der Trave zweierlei Zwecke. Einmal reinigt es das Wasser von schädlichen Beimengungen und zweitens dienen die verarbeiteten Stoffe dann anderen Wesen zur Nahrung. Literatur. Brauer. Süßwasserfauna Deutschlands. Heft 10. Phyllopod Eyferth. Einfachste Lebensformen des Tier- und Pflanzenreiches. 4. Hustedt, Friedrich. Süßwasserdiatomeen Deutschlands. 1909. Ne Lampert, Dr. K. Das Leben der Binnengewässer. 2. Aufl. 1910. Lemmermann, E. Das Plankton der Weser bei Bremen. Archiv u. Planktonk. 1907. Migula, Prof. Dr. W. Die Desmidiaceen. 1911. > Die Grünalgen. 1912/13. » Die Spaltalgen. 1915. Rosenthal, M. Das Kammerplankton der Spree bei Berlin. : der ges. Hydrobiologie und Hydrographie. 1914. Da Sohaanan Ernst. Das Winterplankton des Mühlenteiches in 2 Kleinwelt. 7. BE 1915. en Siclleikhn san der Stadt Lübeck auf die umgebenden en Lübeck 1883. Schröder, B. Über das Plankton der Oder. Ber. d. Deutsch. Bot „ec Bd. 5. 1807. fr Seligo, Dr. A. Tiere und Pflanzen des Seenplanktons. x Volk, R. Hamburgische Blb-Untersuchung. VII. Hamburg 1906 Zacharias, Prof. Dr. V. Archiv £. Hydrobiologie u. Planktonkunde ‚ bis 1914. RE Zacharias, Prof. Dr. V. "Das Süßwasser-Plankton. Teubner. Liste aller gefundenen Planktonformen.') Dezbr. | Januar.| Februar] März April Mai Juni ; I "yelops strenuus Fisch... ... Seel S. Zr rVeuckartü Claus. ... |v| v.|—|vw|e|v|v|v|v'v[v|v h. >» oithonoides Sarıı... 0) | | |2 12) 2) ||| vn Eurytemora laeusimisı 2..0..8: Vehv. ve vw. vo vo |-8. ll —ls:8.|@vo12SEl yalahı Besakpa hyalına Leydio.. .... | | |—|— |—|s.8.1 — _ — B6 f. pellueida ©. F. Müll. I—-|—| — |s.s.)— | — _ — 1 | _ Diaphanosoma brachyurum RE ER = a Bosmina longirostris ©. F. Müll. J—|h.[v.|\v.[v./—|—|—-|—|—|--1|—|— | — f. pelagica O. F. Müll. |— | v.|- |v a a a ubosmina longispina Dr. Leydig |s. —|s. | h.J— s.s.| — s.s.[|— | — | | —|—|— Seoresoni Band ... || — | = || 18.51 | — ||) — || | 1 erassicomis Lillj.... |s. | — | s. | — | — — — Sell | ad Wr ydorus sphaerieus ©. F. 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[a en Anuraea cochlearis Gosse...... |h. sh. h. | h.|h.| v.[b.|n.|n.|n.ls.h.) h.|v.|v £. teeta Gosse ..... || —1— |—|1— ss.) —|—| — s.s.{v.|s.|v.|v. aculeata Ehrbe. . . ... v.|v.[v.|v.|v|'s|h|v[h.|h.fs.h)|h.|w.v var. valga Ehrbg.... [| —|— | —1— | — Is. 8.) — |— | — | — | — |— | — =) Erklärung der Zeichen: s = selten, s.s. — sehr selten, v.= vereinzelt, h = häufig, s. h. = sehr Der Verf. Februar 30 | Anuraea var. squamula Ehrbg. J— | —|— | — |— | — | — BC» var. brevespina Gosse | v.)— I|— | — |— | —|— 32 | Brachionus pala Ehrbe. .... = /=s.|s|wvw.| |s[|s. 33. » quadratus Rouss. . | — | — | — TE 34 > angularis Gosse ... |— | — [—-| v.| s. s.s.| s, 35 | Notholea striata Ehrbg...... [—|v.| -|h.|v. h 36 » var. acuminata Ehrbg. |s. |v.|v.|h.|v.|s.|v. 37 » foliacea Ehrbg...... |-|s.|—|—|—|—|y. 33 » longispma Kellie. .. |—-|s.|—- |s.|v.|s.|v 39 | Monostyla lunaris Ehrbg..... [| — 1 — Is. s.|— | — |— | — | — | — 40 » bullar Gosser 2.2.22... ss pen 41 | Actinosphaerium eichhorni Eihrbet, a,. a s. | — 42 | Acanthocystis turfacea Cart. .. || — I|— | — |— | — —. 8, 43 | Actinophrys sol Ehrbg. .... [v.|—|v.|—|— | — 44 » resieulata Penard . |J-|— |— | s. |— | — 45 | Arcella vulgaris Ehrbe...... J-|— v.*— | — | — Ä 46 | Coleps hirtus ©. F. Müll. ... J—|— | — | —| — | — 47 | Codonella lacustris Entz. ..:. |h.|h.|h.|h.|h.|h. 8 48 | Tintinnidium Auviatile Stein . . ||| || 2 | vis (win ah 49 | Epistylis plieatilis Ehrbg.. ... [| v.[- |v.(|—|— ==> BR 1 50 | Diplosiga frequentissima Zach. [—-|—|—|—[h.|h. 51 | Monas vivipara Ehrbg. .... . || — (17) —|v.| v. 52 | Euglena viridis Ehrbg. ..... [= |— ||) - [-—- | — 53 | Mallomonas acaroides var. la- eustris Lemm. .. !v.|s.|v.|v.|v.|v. 54 » dubia var. producta Lemmt.. an Ba EN vl were 55 | Synura uvella Ehrbg. ....... |h.|h.| h.s.h. 56 | Dinobryon sertularia Ehrbe. . , | v.|—| v.|h. 57 » sociale Ehrbg. ... |- 1 —|— — 58 » eylivdrieum Imhof . |- | — | — — | - | — 59 | Uroglena volvox Ehrbg. ..... || — || — | | — 60 | Phacus longicauda Duj. .... |—-|—|- — 61 | Glenodinium einetum Ehrbg. . [— | — | — V.| 62 | Peridinium einetum Ehrbg. .. | v.—|v. — * Nur abgestorbene Stücke. 1 9 1 Ne De * 4 ” fi Er: Eins "3 er. Pine bc Si Ye v et 28, r 59 ae N ; Dezbr. | Januar | Februar] März April Mai Juni ee re el ericcee Keane er dinium quadridens Stein... [|v.'—-|v.|v.[v.|v.|v.|v.{[v.|v[v[sh|v|h |e Slenodinium tabulatum Clap. u. Br. ae aa Rz a are a au en ee 5 = 1 |s.#] — | — | — Is.s.]— | — |— | —|— | — || —_ SER" E andinella 0. F. Müll st | | | 1 | volvhwole a Melosira Ostens Rütz. 2272 olhulh.lsih.lsch.lsch. s.h.lih. | h. |. hi vol wvochwele warians Agardy..... |v.|\v.|v. |v.|h.|v.[ech|h.[h.|v.[v|v[v|s. phanodiscus hantzschianus ' Grun. .»....|v|h|v'ih|h.'h.[v. | h|lw|sj| ss 0 astraea Grun. . |v.| v.|v.|v.|v.|v.|v|v.|s|s|— || | lotella chaetoceras Lemm — | — I |ss.{|— | —-I— | -|—|h|—-|y.| | eomta Kütz. ... .. |s.h.s.h.ls.h.'s.h.[s.h.'s.h.|s.h.s.h.[s.h.| h. | v.|v.|v Baradıasa Grun, nal hr neiih, | helihe hs. lchilwonvale opereulata Kütz.. . . |s.h.| h. [s.h./s.h.|s.h.s-h.[s.h.|s.h.[s.h.| h. | v.| v.[—|s. 'oscinodiscus subtilis var. la- 2 A custris Grun. — | — |— |—1— | — | — |s.s.| — | s. |— s.8| — | — osolenia longiseta Zach. Zzgl hs vis ve oma tenue var. An ee s.h.s.h.|s.h.|s.h.ls.h.| h. 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[— |s.s.| — | — | — | — |— | v.|— | — KB a Are ai » “ DE ae ik "u AT Lie vH 113 Pandorina morum Bory de St. Vincent. Eudorina Se Ehrbe. Ooeystis naegelii A. Be Scenedesmus quadricauda Breb. » obliquus Kg... . Schroederia setigera Lemm. Raphidium polymorphum Fresen Richteriella botryoides Lemm Pediastrum simplex Lemm . » clathratum Lemm . » boryanum Menegh. » duplex Meyen .. » biradiatum Lemm.. Arthrodesmus convergens Ralfs Staurastrum gracile Ralts .., Sphaerocystis Schroeteri Chodat Ohroococeus limneticus Lemm, Dactylococopsis stehen hemmen are SR, Microeystis nalen Kg. es flos aquae Kirelin . Clathrocystis aeruginosa Henfr, Coelosphaerium kützingianum Nass. ; : Gomphosphaera re Ki Tetrapedia emarginata Schröd. Merismopedia glauca Naeg. Anabaena flos aquae Breb. » cireinalis Rabh. » spiroides Kleb. Aphanizomenon flos aquae halfs Muschellarve (anscheinend von Mytilus edulis L.). Dezbr. | Januar |Februar en a rg AIS|S vw. vw. Ih. v.lv.|lh: —|— [| —1—-|v V. VlNSSA ya verlyzdless —|—I(Is.|s|[—| -— —|—|v.|v.|v.|s. Sb oma 138 | NER s.|v.|s|v.|s |ss haha Eva Halver valyalrhalevanh les I lle|® — |s,s.| — | [| — Skull ars sa valhehe | ve SU ES IESKEH ENG BVZ Velo ovallay les — |—[s.s.| — | — |s.s | |n. ja h+ h.)l halcmalnalh valvalyalevalsszrb volavelsvzchalsvaulah: — \ı — I— |s,s.| — | — — |— | — |s, s,| — | — v.|h.|v.|h.|v.|v. a2 WEIS ee h.|h.|h.|n.|h.|h. März April | BB: un 61 Nachwort. Auf eigenartige Weise bin ich in der Kriegszeit zu dieser Arbeit gekommen. Aus dem Felde zurückgekehrt, war ich lange Zeit nur sarnisondienstfähigs und kam als Wachthabender zur Tankstelle Staats werft bei Lübeck. Meine ganze Zeit konnte ich dort dem Studium der Lebewelt der Untertrave widmen. — Durch Vermittlung des Herrn Bau- meister Busemann bekam ich die Erlaubnis des Bauamtes Lübeck, die auf der Staatswerft geführten Temperatur- und Wasserstandstabellen zu benutzen. Herr Werftverwalter Schürer förderte und erleichterte mir meine Arbeit in jeder Weise. Herr Dr. Steyer gestattete mir die Be- nutzung der Bücherei und der Sammlungen des Naturhistorischen Museums zu Lübeck. _Herrn Direktor Diestel verdanke ich die Gewässerkarte. Den Herren sei auch an dieser Stelle herzlich gedankt. Ernst Schermer. “ ES, Al. Mi ik. Codonella lacustris Entz. 1—8 verschiedene Gehäuseformen, 9 ein halb dunkelbraunes, halb hyalines Gehäuse, 10 drei Tiere an zerfallenen Pflanzenresten, 11 Tier im Gehäuse, mit dem Zellstrang an einer Alge sitzend, 12 Tier in Teilung [?]. (Vergr. 4—600 fach.) Be Ro Ba rs “3 me SE = ö 7 _? . S Li ” - - ur — 2 2 : : + I ya x TER Dr . 5 f a N "4 N rm. ra us 3 N M ne u ’- > 5 E ie a a . = ; I Ci u « e \ { Let; x ı az \ 2 % ei v $ i ; > ai % et + .. r E { “= Br j u s 0 R PR i ’ = J jr 3 ur ger i 2 r # ’ u » in WEN RT TE f a oe N . DIE TRAVE N — m — ] ———. N N S N IR iS ‚Schro I km. 8 SS Ä I = N « S N i A) R S S ‚vo 4 \ R $ N u N} S S R v s 3 N D mn R IS I R h ‚gez. Um. Kat. Art Die Beziehungen unseres tieferen, artesischen Grundwassers zur Ostsee. Von Prof. Dr. P. Friedrich in Lübeck. Mit 3 Tafeln und 3 Figuren. Im Jahrgang 1898 der Lübeckischen Blätter!) habe ich nachzu- weisen versucht, 1. daß im Niederschlagsgebiet der Trave und ihrer Nebenflüsse das gesamte tiefere Grundwasser in den Poren einer verschieden- mächtigen Sandablagerung zwischen und unter dem Geschiebe- mergel, der Grundmoräne der diluvialen Vereisung Norddeutsch- lands, sich von den peripherischen Teilen in der Richtung auf Lübeck bewegt und unter der Stadt und ihrer näheren Umgebung sammelt, entsprechend der Vereinigung aller Oberllächengewässer in der Trave, 2. daß dieses artesische Grundwasser in einem breiten Strome mit geringem Gefälle langsam nordwärts fließt und allem Anscheine nach in der Lübecker Bucht an den Stellen in die Ostsee empor- steigt, wo die Ablagerung des Geschiebemergels sich auskeilt. Ist die Auffassung des Ausfließens unseres artesischen Grundwassers in die Ostsee richtig, so muß bei nördlichen Winden und steigendem Wasserstande der See das Grundwasser von der Lübecker Bucht land- einwärts zurückgestaut werden, es müssen die Wasserspiegel in den Brunnenrohren steigen und die Wassermengen in den Überlaufbrunnen größer werden. Aus derselben Auffassung ist die Schlußfolgerung abzu- leiten, daß bei starken Landwinden, besonders unseren Südweststürmen, entsprechend dem Sinken des Östseespiegels die Wasserspiegel in den Tiefbrunnen fallen und die Wassermengen der Überlaufbrunnen ab- nehmen. Da es bisher an Beobachtungstiefbrunnen fehlte, konnten diese Beziehungen der Ostsee zu unserem Grundwasser zahlenmäßig nur an den freiauslaufenden Wassermengen einiger Überlaufbrunnen festgestellt werden. Die ersten Wassermessungen wurden vom Lotsenkommandör Kröger in den Monaten November und Dezember 1592 an einem 36 mı !) P. Friedrich, Die Versorgung der Stadt Lübeck mit Grundwasser. Lüb. Blätter 1898, S. 500. 68 tiefen Überlaufbrunnen ausgeführt, den die Baubehörde auf dem Priwall . kurz vor der Mecklenburger Grenze gebohrt hatte. Die Kurvendarstellung der beobachteten Wassermengen und der gleichzeitigen Wasserstände am Travemünder Pegel zeigt ein gleichmäßiges Auf- und Absteigen beider Linien.‘!) Bei mittlerem Wasserstande der See lieferte der Brunnen stünd- lich 2,4 cbm, beim Ansteigen der See vergrößerte sich die ausfließende Wassermenge fast auf das Doppelte, beim Sinken des Meeresspiegels auf 1 m unter Mittelwasser hörte der Brunnen fast ganz auf zu laufen. Gleiche Beobachtungen teilten mir die Herren Peters und Werft- verwalter Schürer von den Überlaufbrunnen im Sägewerk von Brüg- mann & Sohn und vom früheren staatlichen Wasserbauplatz bei der Struckfähre aus den Tagen des Februarhochwassers 1900 mit.?) ') P. Friedrich, Beiträge zur lübeckischen und Travemünder Grundwasserfrage II, Lüb. Blätter 1900, S. 150 und Tafel 2. ?) ebenda S. 151. 69 I. Der Tiefbrunnen in Roses Baumschulen. Wenn der Versuch gemacht werden sollte, diese Erscheinungen sowie die Veränderungen in den Druckverhältnissen des tieferen Grund- wassers in unseren Brunnen in einer längeren Reihe von Jahren genau kennen zu lernen und ihre Ursachen aus einer geschlossenen Reihe von Beobachtungen abzuleiten, so blieb kein anderer Weg, als einen Tiefbrunnen lediglich zu Wasserstandsablesungen herstellen zu lassen. Die nahen Beziehungen zu dem Besitzer der Wilhelmshöfer Baumschulen, Herrn Wilhelm Rose, gaben mir die Gelegenheit, auf dem Roseschen Grund- stücke, Israelsdorfer Allee, neben dem Schweizerhause, einen solchen Tiefbrunnen herstellen zu lassen. Die von der Lübecker Bohrfirma H. Thöl im April 1913 aus- geführte Trockenbohrung zeigte folgendes Bodenprofil: 0— 2,25 m: oberer Berkenton — 9,30 » feiner Beckensand — 13 5» unterer Beckenton — 23,70 » Geschiebemergel, Staubecken- ablagerungen, — 27 m: grober kiesiger Diluvialsand mit artesischem Wasser. Das von den »Vaterstädtischen Blättern« zur Verfügung gestellte Profil Fig. 1!) veranschaulicht die Bodenverhältnisse der Niederung, in welcher die Roseschen Baumschulen liegen. Die Kuppen bei der Forst- halle bilden die letzten Ausläufer der nördlichen Endmoräne. In der Verlängerung der Profillinie gen Norden tritt bei Ivendorf der Geschiebe- mergel unter der Endmoräne zu Tage. Als geschlossene Ablagerung konnte er in allen Bohrungen bis an die Ostsee nachgewiesen werden, unter dem Seetempel bis 41 m, unter dem Warmbad an der Strand- promenade bis 45 m unter N.N.”) Aus den Bodenaufschlüssen im Gebiet der Untertrave darf der Schluß gezogen werden, daß das alte Travebett unter der See nordwärts immer tiefer in den Geschiebemergel, schließlich bis in die artesische Grundwasserschicht einschneidet. ') P. Friedrich, Die Wasserversorgung der Villenkolonie Karlshof. Vaterstädt. Blätter 1913, No. 49. 2) Vergl. die vor kurzem erschienenen Blätter Lübeck und Curau -- Schwartau — Travemünde der Geologischen Karte von Preußen und den benachbarten Bundesstaaten, 1:25000. Ditten Kolonie Marishof Hochs Schiffswerft Forsthalle 17,977 77383 Glashültenweg .”n yprgapbey, Io vmaanıaunay N HN N, DEE, 4 IL. %% SYoYojarorfoxe . ie 2 00 2 0° 5 555 . 3 oo 000 a 0 0% o oo, 7 I rose °}oo° .l oo .. o Geologisches Profil durch die Niederung der Israelsdorfer Allee. L. 1:10000, H. 1: 1000. a. oberer Beckenton, b. Beckensand, bei der Forsthalle Endmoränensande, ce. unterer Beckenton, d. Geschiebemergel, e. diluvialer Sand und Kies mit dem artesischen Grundwasser. Nach dem Einsetzen eines I m langen Filters in 26-27 m Tiefe stand der Wasserspiegel im Rohr 1,13 m unter Flur —= + 3,28 m N. N.') Zum bequemen Ablesen des Wasserstandes dient ein von meinen Kollegen Prof Dr. Küstermann und Öberlehrer Griesel entworfener Aufbau (Fig. 2)) Auf einem aus Zink bestehenden Schwimmer ist ein dünn- wandiges Messingrohr aufgelötet, dessen oberes Ende sich in einem mit Millimeterteilung versehenen Glasrohr auf und ab bewegt. Die Ablesungen begannen am 11. Mai 1913 und erfolgten an vielen Tagen der ersten Monate von früh bis abend stündlich. Seit dem August desselben Jahres werden sie von Herrn Obergärtner Böker täglich einmal, zwischen 6 und 3 Uhr vorm., vorgenommen. Es ist mir eine Freude, Herrn Böker für seine freundlichen Bemühungen auch an dieser Stelle danken zu dürfen. Schon die Ablesungen der ersten Monate ließen erkennen, daß die Veränderungen der Wasserspiegelhöhen im Tiefbrunnen durch verschie- dene Ursachen hervorgerufen werden, durch den großen Tiefbrunnen in der Kochschen Schiffswerft, durch den wechselnden Wasserstand der Ostsee, durch den großen Versuchsbrunnen des städtischen Wasserwerkes auf ') Die Höhenbestimmung der Bohrstelle mit + 4,411 m N. N. verdanke ich Herrn Vermessungsdirektor Diestel. *) Diese Figur wurde gleichfalls von dem Herausgeber der »Vaterstädtischen Blättere, Herrn W. Dahms, freundlichst zur Verfügung gestellt. Siehe Gesamtergebnisse. 71 den Vogelsangwiesen und schließlich allem Anscheine nach durch einen Wechsel in der Wasserführung der ganzen artesischen Grundwasserschicht. 1. In den Wochentagen fällt der Wasserspiegel meist von 8 Uhr vorm. ab, steigt von 1'/» bis 4 Uhr nachm. einwenig, fällt dann wieder und steigt von neuem von 8 Uhr nachm, ab, Die Aufzeichnungen des Fig. 2. Wasserstandsmesser auf dem Tiefbrunnen der Roseschen Baumschulen in der Israelsdorfer Allee. Maschinenmeisters Witt in der Kochschen Schiftswerft stellen es außer Zweifel, daß diese Wasserstandsbewegungen durch das Abpumpen aus dem 650 m entfernten Tiefbrunnen der Werft (siehe Profil Fig. 1) her- vorgerufen werden. Mein Brunnen befindet sich täglich im Wirkungs- 12 trichter des Werftbrunnens. Die Absenkung des Wasserspiegels beträgt 20—30 mm, nicht selten 40 mm, zuweilen 55 mm. Die meist gegen 7!/s Uhr vorm. beginnende Pumparbeit macht sich in meinem Brunnen 1 bis 1'/a Stunden später bemerkbar, das schwache Steigen des Wasser- spiegels von 1'/, bis 4 Uhr ist die Wirkung der Mittagspause. 2. Ganz anders ist das Bild an den Sonn- und Festtagen. Der Tiefbrunnen der Werft ist ausgeschaltet.. Die stündlichen Ablesungen am Tiefbrunnen reihen sich zu flachwelligen Linien an, die in derselben Weise auf- und absteigen wie die Kurven am selbstregistrierenden Pegel in Travemünde. Ostseespiegel und Tiefbrunnenspiegel zeigen gleiche Bewegungen, letzterer nur in weit geringerem Maße. Der Einfluß der Ostsee macht sich aber auch an den Wochentagen insofern bemerkbar, als der Brunnenspiegel bei nördlichen Winden höher steht als sonst. Bei stürmischem Nordost stieg er vom 8. zum 9. Juni 1914 um 60 mm, » 29. » 30. Oktober » » 100 >» » 9. » 12. Dezember » >» 16 5 » 9. » 10. Januar » » 160 » (Januarsturmflut) von Weihnachten bis 31. Dezember 1913 » 370 » (Sylvestersturmflut). 3. Zu einer zahlenmäßigen Darstellung der Beziehungen unseres Tiefbrunnenspiegels zum Östseespiegel ist unser Tiefbrunnen ungeeignet, die Sonntage sind zu kurz, die Wochentage völlig unzureichend. Die täglichen Ablesungen, die wenigstens einmal täglich die natürliche Wasser- spiegelhöhe treffen, dienen lediglich zur Berechnung von Mittelwerten. Die Mittelwerte zeigten in den ersten Monaten eine höchst merk- würdige Kurve. Der Wasserspiegel lag in den ersten Maitagen in -- 3,200 m N.N. Er fiel in der Zeit vom 18. bis 24. Mai um .......100m, also auf 4 3,100 N.N,., 4. » 14. Juni wieder um ...10» » » +3,00 » Im. ulm a O0 Se 1391950: 5» von Mitte Sept. bis Mitte Okt. um 150 » » » -+ 2,800 » stieg aber von Anfang November bis Weihnachten schnell fast wieder zur früheren Höhe. Diese auffallende Ab- und Aufwärtsbewegung war eine vorüber- gehende Erscheinung, sie hat sich in den folgenden Jahren nicht wiederholt, sie zeigt keine Beziehungen zu den Wasserständen der Ostsee, ihre ur- sächliche Erklärung ist im Lande zu suchen. Zur Zeit der Herstellung meines Brunnens, Anfang Mai 1913, wurden 3 große Tiefbrunnen in Lübeck in Betrieb gesetzt, zwei im Kühlhause in der Schwartauer Allee mit einer stündlichen Gesamtleistung von 50 cbm und der große Versuchs- brunnen unseres Wasserwerkes auf den Vogelsangwiesen, aus dem 73 6 Monate hindurch große Wassermengen zutage gefördert wurden. Der Be- trieb der Kühlhausbrunnen ist geblieben, die Arbeit des Versuchsbrunnens wurde Anfang November wieder eingestellt. Mit diesem Zeitpunkt beginnt der schnelle, ununterbrochene Wasserauftrieb in meinem Brunnen. Die Beeinflussung meines Brunnens durch die große Wasserentnahme in dem 4 km entfernten Versuchsbrunnen erscheint mir nach gleichen Erfah- rungen an anderen Brunnen außer Zweifel. Der neue Tiefbrunnen auf den Vogelsangwiesen wurde im Februar 1914 in Betrieb gesetzt. Aus den Jahresberichten unserer Wasserwerksverwaltung erfahren wir, daß ihm täglich 2000 cbm entnommen werden. Ob und in welchem Maße diese Wasserentnahme von stündlich rund 100 cbm den Wasserspiegel meines Brunnens beeinflußt hat, ist nicht festzustellen. Der Wasserspiegel fiel vom Februar bis Juli um 1 dm und behielt den Tiefstand von +- 3,00o m N.N. bis zum Schluß des Jahres bei. 4. Auf den Wasserspiegel meines Brunnens wirkt noch eine vierte Kraft ein. Seit Anfang 1915 befindet er sich im Steigen und er hat seit Beginn 1916 in den mittleren Monatswerten Höhen erreicht, die bisher nur vorübergehend bei Nordoststürmen beobachtet werden konnten. Daß ein ursächlicher Zusammenhang mit der Ostsee ausgeschlossen ist, lehren die niedrigen Monatsmittel am Travemünder Pegel (siehe die Tabelle S. 76). Sollten sich hier nicht die größeren Niederschlagsmengen des vergangenen Sommers und Winters geltend machen ? II. Der Tiefbrunnen in der Staatswerft. Im Juni 1913 mußte auf der Staatswerft zur Beschaffung einer größeren Menge von Kesselspeisewasser ein neuer Tiefbrunnen angelegt werden. Die von der Lübecker Bohrfirma Thöl ausgeführte Trocken- bohrung zeigte folgendes Profil: 0— 9,60 m: Beckensand, \ Staubecken- — 16 » unterer Beckenton, [| ablagerung, — 20,70 » Geschiebemergel, — 30 m: grober und feiner Diluvialsand mit artesischem Wasser. Die wasserführende Schicht ist dieselbe wie in allen Tiefbrunnen des Profils Fig. 1. Die Bohrstelle liegt auf + 2,60 m N N. und von meinem Brunnen S00 m entfernt. Das Wasser stieg 0,60 m über Flur, also bis + 3,20 m N.N. Herr Baurat Neufeldt ließ nun in entgegenkommendster Weise den Brunnen so einrichten, daß er auch zu Wasserstandsablesungen benutzt werden kann. Das Wasser fließt /, m unter Flur in einen Sammel- behälter. Wird der Hahn des Abflußrohrs geschlossen, so steigt das Wasser im Hauptrohr in ein von einem Holzkasten umschlossenes weites Glasrohr, hinter welchem eine Millimeterskala auf weißem Grunde an- gebracht ist. Der O-Punkt der Skala liegt genau bei + 3,00 m. N.N. Statt des Schwimmers dient hier die Oberfläche des Wassers selbst zur Ablesung. Die Ablesungen wurden im Jahre 1913 vom 2. Juli an Tag und Nacht ununterbrochen stündlich in Verbindung mit den stündlichen Wasserstandsaufzeichnungen am dichtbenachbarten Travepegel ausgeführt; seit Anfang Januar 1914 erfolgen sie in Pausen von zwei Stunden; au Hochwassertagen sind stündliche Ablesungen vorgesehen. Damit hat Herr Baurat Neufeldt eine Einrichtung geschaffen, wie sie meines Wissens an der ganzen deutschen Ostseeküste einzig dasteht. Es drängt mich, ihm für die Erlaubnis zur Auswertung der wertvollen Beobachtungs- listen hier meinen wärmsten Dank auszusprechen. 75 Die Zahlen des Staatswerftbrunnens bieten ein viel lebendigeres Bild als die meines Brunnens. Von Stunde zu Stunde ändern sich die Wasser- höhen um Millimeter und Zentimeter. Wir nehmen ein unruhiges Auf- und Absteigen des Tiefenwassers wahr. Die kurvenmäßige Darstellung dieser Zahlenwerte und der gleichzeitigen Wasserstände der Trave zeigen gleichgerichtete auf- und absteigende Linien genau so wie die Kurven am selbstregistrierenden Pegel in Travemünde. Wir erkennen hier sofort einen Zusammenhang zwischen Tiefbrunnen und Ostsee. Bevor ich auf diese Erscheinung näher eingehe, will ich die Beantwortung der Frage vorwegnehmen, ob und wie weit die Kräfte, die meinen Brunnen vom Lande aus beeinflussen, sich auch bei dem Werftbrunnen geltend machen. Es ist zunächst höchst auffallend, daß die natürliche Wasserspiegel- kurve des Brunnens durch den 300 m entfernten großen Tiefbrunnen der Kochschen Schiffswerft nicht im geringsten verändert wird. Auch der Überlaufbrunnen der benachbarten Lubecawerke (225 m) scheint ohne jeden Einfluß zu sein. Dagegen zeigte sich in den Sommer- monaten 1913 genau so wie bei meinem Brunnen, olıne Beziehung zum mittleren Östseespiegel, ein Absinken des mittleren Wasserspiegels bis in den Oktober und dann ein schnelles Ansteigen desselben, eine Erscheinung, die ich in den folgenden Jahren auch an diesem Brunnen nicht wieder beobachtet habe und die ich gleichfalls auf die große Wasserentnahme in dem schon S. 73 erwähnten Versuchsbrunnen auf den Vogelsangwiesen zurückführen möchte. In der umstehenden Tabelle sind die Monatsmittel der Brunnen- wasserstände und der Ostsee am Travemünder Pegel zusammengestellt. Die Travemünder Mittelwerte konnten den vonseiten des preußischen Geodätischen Institutes erfolgten Berechnungen aus den Kurven des Travemünder Pegels entnommen werden; zu den Monatsmitteln meines Brunnens dienten die einmaligen täglichen Ablesungen des Herrn Böker, den Berechnungen der Mittelwerte des Werfthrunnens liegen je 4 tägliche Ablesungen (12 V., 6 V., 12 N., 6 N.) zu Grunde. In einer Kurven- darstellung dieser Zahlenwerte fällt sofort auf, 1. daß die beiden Brunnenkurven fast parallel verlaufen, der Unter- schied der Mittelwerte beträgt 1,7 bis 2 dm, WD die gleiche tiefe Einbuchtung in den Sommermonaten 1913, 3. das gleiche Ansteigen des Wasserspiegels in beiden Brunnen seit Anfang 1915, 4. die Unabhängigkeit dieses Wasserauftriebes von (dem mittleren Wasserstand der Ostsee. 76 er Mittlerer Wasserstand ie Normal Null. unter Tine | Monat am Trayvemünder | im Tiefbrunnen ne | Pegel der Staatswerft Baumschulen 1913 | Mai an De + 3,116 m Juni — Os m | — -H 3,014 I Juli + 0,029 + 3,202 m 507 , August + 0,042 4 83,204 + 2,947 September — (0,040 + 3,109 +- 2,994 Oktober — 0,148 + 3,095 + 2,856 | November | — 0,130 + 3,120 + 2,519 Dezember | + On 4- 3,214!) — 3,108 1914 Januar — (),052 m -- 3,350 m + 3,220 m | Februar — (N, | + 3,260 + 3,101 März — 0,064 + 9,260 — 3,086 | April — 0,121 | + Bar -- 3,056 | Mai — 0,013 1 3,246 —- 3,056 | Juni — 0,042 -L 3,248 -1- 3,080 | Juli — 01056 Auer -- 3,020 | August — O,osı —- 3,220 + 5,031 | September — 0,096 —+ ,181 + 2,996 ı Oktober | -- 0,089 + 321 -+ 8,020 | November | — 0,508 —- 3,170 + 3,003 | Dezember — 0,165 —+ 3,200 + 3,002 1915: | Januar ı — Vs m + 3,265 m -+ 3,105 m Februar | .— 0,222 -- 3,245 + 3,096 März I On 4 3.381 -—- 3,148 April — 01er —- 3,320 -- 3,180 | Mai — (0,151 + 3,290 +- 3,146 | Juni — 0,062 + 3,273 + 3,113 Juli — 0,149 4 3,308 -- 3,103 August + 0,015 + 3,381 + 8,160 | September — Z0008 + 3,404 + 3,201 Oktober — 0,051 + 3,372 + 3,174 November — 0,136 | + 3344 + 3,123 Dezember | — 0O,081 + 3,395 + 3,209 1916 | Januar | 0 O,oss m - + 3,210 m Februar I Wan — + 3,246 | März | — 0,121 — + 3,367 | April | — — + 9,225 Mai | = — -H 3,220 Juni | — _ + 3,253 Juli — — + 5,229 ‘) Einwandfreie Ablesungen nur vom 1. bis 15, Dezember, die Zahl ist zu niedrig. 77 Die täglichen Veränderungen im Tiefbrunnen der Staatswerft sind nur verständlich unter der Annahme, daß der Lübecker Grundwasserstrom in die Ostsee ausfließt. Damit aber drängen sich uns die folgenden Fragen auf: 1. Wo liegen diese Ausmündungsstellen ? 2. In welchem Zahlenverhältnis stehen die Hubhöhen des Ostsee- wassers zu denen im Tiefbrunnen ? 3. Ist der Einfluß des Rückstaus so groß, daß sich auch Ebbe und Flut im Tiefbrunnen erkennen lassen ? Zur Beantwortung dieser Fragen habe ich aus den Zahlenlisten von drei Jahren drei Abschnitte herausgenommen und ihre Kurvendarstellung mit den Kurven der selbstregistrierenden Pegel von Travemünde, Wismar, Warnemünde und Marienleuchte auf Fehmarn zusammengestellt. Die Travemünder Kurven verdanke ich unserem Wasserbauamt, die übrigen der freundlichen Unterstützung des Herrn Prof. Kühnen vom Königl. Preußischen Geodätischen Institut. Die Ostseekurven habe ich in ihrem Originalhöhenmaßstabe 1:20 gelassen, die Brunnenwasserstände im Maß- stab 1:4 gezeichnet. I. Der Tiefbrunnen bei Hochwasser. Tafel 1. Die Sylvestersturmflut 1913 war mit fast 2 m über Mittelwasser die höchste nach 1872. Das Wasser stieg in meinem Brunnen höher als + 3,00 m N.N., d. h. mehr als 0,4 m über den mittleren monatlichen Wasserspiegel (4- 3,10s m N. N.). Der Staatswerftbrunnen war auf diese großen Wasserverschiebungen noch nicht eingestellt.) Das Hochwasser vom 10. Januar 1914, das an der pommerschen Küste viel größere Ver- wüstungen verursacht hat als die Sylvestersturmflut, erreichte in Trave- münde nur 1,5 m Höhe. In der Zeichnung bedarf die Leitlinie für die Tiefbrunnenkurve einer Erklärung. Aus den stündlichen Aufzeichnungen am Travemünder Pfahlpegel in den Akten des Bauamtes wurden die Zeitpunkte heraus- genommen, in denen das Wasser sich auf Normal Null befand; aus den gleichzeitigen Wasserständen des Tiefbrunnens wurde als arithmetisches Mittel die Zahl +- 3,310 berechnet. Am 9. und 10. Januar 1914 betrug » tIofs | . PT SI Wasserstand | Wasserstand |Üie Hubhöhe‘ in Marienleuchte ... .. .|-0s0mN.N.|+1somN.N.| 2,0 m in Warmemünde ......|-08 >» » | +1»» » 2,20» in Travemünde . . ...../1—0sD» » IE ls» » 2,16 >» in Lübeck (Staatswerft) .. .|—0,0 » » |+1,.s» » 2,18 » im Tiefbrunnen der Staatswerft | — 3,265» » |+ 3,1» » 0,150 » !) Vergl. Gesamtergebnisse. 2) Die Hubhöhe bezeichnet den senkrechten Höhenunterschied des Wasserspiegels zwischen Niedrig- und Hochwasser. 78 Daraus ergibt sich das Verhältnis der Hubhöhen: Tiefbrunnen: Marienleuchte 1:5 » : Warnemünde 1:4, » : Travemünde 1:5,3. Der Auftrieb im Tiefbrunnen betrug etwa den 5. Teil von dem der Ostsee, 2. Der Tiefbrunnen bei wechselnden Winden. Tafel 2.) Den in Normal Null liegenden Wasserständen der Ostsee in Trave- münde während des Oktobers 1913 entsprach im Tiefbrunnen +3,11 mN.N, daher ist diese Linie als Leitlinie der Tiefbrunnenkurve eingezeichnet. Die Tafel enthält ferner die stündlichen Wasserstandsmessungen, die der Schleusenmeister Möller im Auftrage des Herrn Baurates Neufeldt vom 2. bis 9. Oktober bei der Büssauer Schleuse ausgeführt hat. Die Tafel ist für unseren Gegenstand außerordentlich lehrreich. Sie veranschaulicht die Zunahme der Hubhöhen, d. h. das stärkere An- steigen und das stärkere Absinken des Wassers, zugleich aber auch das spätere Eintreten dieser Erscheinung flußaufwärts. Hier sehen wir ferner zum ersten Mal, daß sich die geringsten Spiegelschwankungen der See weit ins Land hinein fortsetzen und daß selbst die Gezeiten sich bei der Büssauer Schleuse, die in der Wasserlinie von der Ostsee 30 km entfernt ist, noch deutlich bemerkbar machen (vergl. die Kurverlinie vom 7.—9. Oktober). Die Hubhöhen betrugen: | vom 5. zum | a am 9. zum in MEMOktoberIbei nee ‚10. Oktober bei || ar bei Südwind & 1 4 e | Nordoststurm | | Nordoststurm Marienleuchte . . 2.2... 0,00 m 0,350 m 1,110 m \Warnemundesse 0,500 » 0,100 » 1,050» Wismarsmalransı al 8 zus 0:0 | 0,510 » | 1,360 » rayemunden Pr lose 0,110 >» 1,300» Lübeck (Staatswerft) . . . .| 1,00 » 0,0 » |. 1,380» Büssauer Schleuse . ....| — 0,510 » — im Tiefbrunnen der Staatswerft 0,10 » 0,093 » 0,213» Es verhalten sich die Hubhöhen im Tiefbrunnen zu denen von Marienleuchte | Warnemünde | _ Wismar | Travemünde wie | 27: | 1:5 | 1:5 1:4 | 104% | E55 | 1:4, 1:47 | 1:4, | 19:29%5 | Ian Die Bewegungen im Tiefbrunnen betrugen also den 4. bis 5. Teil der Hubhöhen in der freien Ostsee. ‘) In anderem Maßstabe und geringerer Vollständigkeit bereits in den » Vater- städtischen Blättern« 1913, S. 39 veröffentlicht. 79 Für den Nachweis der mutmaßlichen Hauptausmündungsstellen des lübeckischen Grundwasserstromes geben uns die Kurven wichtige Finger- zeige an den Stellen a, b, e und d. Der Haken bei a tritt in allen Kurven bis Wismar deutlich hervor, er fehlt aber in Warnemünde und Marienleuchte; die für unsere Tiefbrunnen charakteristische Stufe bei b fehlt gleichfalls nur in Warnemünde und Marienleuchte. Die auffallende Zuspitzung der Tiefbrunnenkurve bei c finden wir in gleicher Weise in den Östseekurven mit Ausnahme von Warnemünde und Marienleuchte. Das gleiche gilt von der zahnartig aufsteigenden Kurve bei d. Einen Zusammenhang zwischen Grundwasser und Ostsee, d. h. die Mündungsstellen des Grundwassers, können wir nur da suchen, wo die Wassersäule alle großen und kleinen Höhenverschiebungen durchmacht, die wir, wenn auch gedämpft, im Tiefbrunnen wiederfinden, also nicht bei Marienleuchte, auch nicht bei Warnemünde, sondern erst in der Höhe von Wismar. Ein Auftrieb des Grundwassers bei Travemünde wird teils durch die mächtige Ablagerung des Geschiebemergels, teils durch die alluvialen Litorinatone verhindert; die Möglichkeit endlich eines Aus- tretens des Grundwassers in das Bett der Trave ist schon durch den Umstand ausgeschlossen, daß die Maxima und Minima der Wasserbewe- gungen im Brunnenrohr in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle früher eintreten als am Travepegel der Staatswerft und mehr mit dem Trave- münder Pegel übereinstimmen. Wir dürfen annehmen, daf; bei einem Anschwellen der Ostsee durch den vermehrten hydrostatischen Druck das Grundwasser wie in Röhren schnell zurückgestaut wird, während der Wasserberg zu seiner Fortbewegung in den Flußschlauch längere Zeit braucht. 3. Der Tiefbrunnen und die Gezeiten. Tafel 3. An windfreien Tagen bringt der selbstregistrierende Pegel in Trave- münde ein in etwa halbtägigen Perioden erfolgendes, regelmäßiges Steigen und Fallen des Meeresspiegels in 20 facher Verkürzung zur Wahrnehmung. Wir erkennen hier deutlich die Erscheinungen der Tiden oder Gezeiten, Nach den Berechnungen von A. Westphal!) beträgt die Flutgröße bei Marienleuchte 6, cm, bei Travemünde 95 em. In der flachen Lübecker Bucht werden die Gezeiten durch die Winde zwar stark gestört, aber sie treten in dem Auf- und Absteigen, Berg und Tal, der Kurven immer wieder in die Erscheinung. Das Anwachsen flußaufwärts erkennen wir deutlich in der Tafel 3, ') A. Westphal. Das Mittelwasser der Ostsee bei Travemünde, Marienleuchte, Wismar, Warnemünde, Arkona und Swinemünde in den Jahren 1882—97, Berlin 1900, S. 28 (Veröffentlichung des Königl. Preuß. Geodät. Institutes, neue Folge No. 2). s0 Aus der großen Zahl von Kurventafeln habe ich die der letzten Augustwoche 1913 herausgenommen, weil sie ein besonders regelmäßiges Auf- und Absteigen von Flut und Ebbe erkennen läßt und in dem im gleicher Weise erfolgenden Steigen und Fallen des Tiefbrunnenwassers einwandfrei die Gezeitenerscheinung zum Ausdruck bringt. Wie sich die Gezeitenerscheinung täglich um fast eine Stunde ver- spätet, so sehen wir auch in der Tiefbrunnenkurve, wie der Höhen- punkt a mit jedem Tage um etwa eine Stunde zurückbleibt. Die Hubhöhen betrugen in Zentimetern 27. Aueust| 28. August 29. August 130. August) Darch- 1.12 |o2.j4 2]. 20022) aa Noyz ‚26. August ın 1 2 Marienleuchte ..| 12 | 19 | 17 | 10 | 19 | 10 | 18 6. 12223211225 Warnemünde . | 14 | 22 | 18,),.125,155| 10271277210 | 262 52 3E 004 Wismar nt I 20. | 26 26. | 18 | 23 | 16. | 20,| 16 Travemünde 16 11241 23. 015,1| 23, 14,19 | 4 Lübeck (Staatswerfi) 19 | 28 | 29 | 20 | 25 | 21 im Tiefbrunnen | | | der Staatswerft | 4 ‚| 5,1 | 1,0 || Q,e | 2,8 | 82 | 3,0 || 6,8 | 5,8 || | | I Aus diesen 10 auf einander folgenden Flutbeobachtungen ergeben sich für das Verhältnis der Hubhöhen im Tiefbrunnen zu den Hubhöhen der Pegel folgende Zahlen: . Tiefbrunnen zu Marienleuchte wie 1: 2,5 » Warnemünde Selen » » Wismar Sea » » Travemünde ea 1 “ » Travein Lübeck » III. Gesamtergebnisse. ) 1. Das tiefere, artesische Grundwasser im Niederschlagsgebiet der Trave sammelt sich — wie die Wasserstände in hunderten von Tief- brunnen erkennen lassen — in der Umgebung Lübecks und fließt bei 25—50 m Tiefe in einem breiten Strome unter dem Mündungsgebiet der Trave und unter Niendorf zur Lübecker Bucht. Fig. 3. baderder Argo7ad 7: 249909 Auch u Veetegrer Hesn ei 26 — Gr /2e Je A var ap Bach IK Le 7 nr ii Yolbarun = Veckkersenne Ar 1 6 Z——, N N Wakenctz (darnazer ehdanre 2. Seine Ausmündungsstellen in der Ostsee liegen sämtlich oder vorwiegend in der Höhe von Wismar, 30 bis 40 km von Travemünde entfernt. 3. Die Wasserspiegel in den lübeckischen Tiefbrunnen sind stünd- lichen Schwankungen unterworfen. Soweit sich nicht der Einfluß eines benachbarten Brunnens geltend macht, wird das Auf- und Absteigen des !) Einen Bericht enthalten die »Vaterstädtischen Blätter«e bereits im Jahrgang 1913, S. 383—40. 82 Brunnenspiegels durch die vertikalen Bewegungen des Ostseespiegels her- vorgerufen. Steigt der Östseespiegel, so wird unter dem verstärkten hydrostatischen Druck das Wasser in den Brunnenrohren schnell empor- gepreßt, ein Fallen des Ostseespiegels hat ein Sinken des Brunnenspiegels zur Folge. 4. Diese Bewegungen treten in den Tiefbrunnen meist früher ein als in der benachbarten Trave. Bei steigender See bewegt sich der Wasser- berg von der Lübecker Bucht in der Trave aufwärts nicht bloß bis zur Stadt (19 km), sondern im Elbe-Travekanal bis zur Büssauer Schleuse, der landinnersten Stelle des offenen Mündungsschlauches, 30 km von Travemünde entfernt. Wie weit sich der Einfluß der Ostsee landeinwärts in der Trave geltend macht, entzieht sich noch unserer Kenntnis. Bei jeder durch die Winde in der Lübecker Bucht hervorgerufenen Wasser- bewegung treten Hoch- und Niedrigwasser in Lübeck meist '/s bis 1 Stunde später ein als in Travemünde. Im Tiefbrunnen der Staatswerft betragen die Bewegungen der Wassersäule ungefähr den fünften Teil der gleich- zeitigen Hubhöhen in der Lübecker Bucht. Nach einer späteren Mittei- lung des Herrn Werftverwalters Schürer stieg das Brunnenwasser bei der Sturmflut vom 30. zum 31. Dezember 1913 bis etwa -+- 3,so m N.N., d. i. 1, m über den damaligen mittleren Wasserspiegel des Brunnens. 5. Aber nicht bloß die durch die Winde hervorgerufenen größeren vertikalen Bewegungen der Ostsee treten in unseren Tiefbrunnen in die Erscheinung, auch die von den Winden ganz unabhängigen Spiegel- schwankungen, die auf den Tafeln der selbstregistrierenden Küstenpegel bei Windstille als schwache Wellenlinien, täglich Berge—Tal—Berg— Tal, aufgezeichnet werden und den Wechsel von Hochwasser—Niedrigwasser— Hochwasser — Niedrigwasser darstellen, spiegeln sich deutlich im Tief- brunnen der Staatswerft wieder. Es ist Flut und Ebbe. Die Flutwelle der Nordsee tritt stark geschwächt zwischen den dänischen Inseln in die Ostsee ein (Flutgröße in Marienleuchte auf Fehmarn 6,41 cm); der in die Lübecker Bucht vordringende Anteil erscheint in Travemünde mit etwas größerer Hubhöhe (9,5; cm), etwa eine Stunde später mit noch größerer Hubhöhe im Lübecker Hafen bei der Staatswerft (19 km) und pflanzt sich unvermindert in kürzester Zeit im Elbe-Travekanal bis zur Büssauer Schleuse (30 km) fort. Auch diese kleinen Spiegelschwankungen finden wir im Tiefbrunnen der Staatswerft wieder und zwar noch weniger ge- dämpft als die größeren Wasserverschiebungen; sie sind im Tiefbrunnen nur 3 bis 4mal geringer als in der offenen See Der Flutgröße von 9,5; cm in Travemünde würde hiernach im. Tiefbrunnen die Zahl 2,: entsprechen. Das ist noch mehr als die Flutgröße von Arkona (2,07 cm). 6. In dem Tiefbrunnen in Roses Garten haben alle Bewegungen weit geringere Ausmaße als im Brunnen der Staatswerft. Ich möchte 83 daher annehmen, daß sich das Grundwasser unter der Staatswerft freier bewegt und allem Anscheine nach einer Hauptströmung angehört. 7. Die Druckhöhen in den beiden Tiefbrunnen weichen um 1,7 bis 2 dm von einander ab, ihre Monatsmittel bilden zwei parallele Kurven. Ss. Während die täglichen Spiegelschwankungen (bei dem Roseschen Brunnen nur an Sonn- und Feiertagen) durch die Ostsee hervorgerufen werden, zeigen die Monats- und Jahresmittel eine von der Ostsee ganz unabhängige Bewegung. Aus den bis jetzt bekannten Monatsmitteln (S. 76) wurden für die Jahre 1913—16 folgende mittleren Wasserstände berechnet: 1913 | vom Juli an | 1914 | 1915 1916 ım Tiefbrunnen der Staatswerft |+3,1s7m N.N.+3,2som N.N.+3,5ssm N.N. —— in Roses Garten [42,950 » » |+3,056» » 43.146» » |+3.57m N.N.!) Wasserspiegel- unterschied beider Brunnen 0,27 m 0,172 m O,ırz m In beiden Brunnen wurde ein zunehmendes Höhersteigen des Wasser- spiegels festgestellt und zwar gegenüber dem Vorjahre: im Jahre 1914 |im Jahre 1915 | im Jahre 1916 eine Zunahme von | der Staatswerft .... 63 mm 93 mm | — im 'Tiefbrunnen > : | in Roses Garten ... 36 » 90 » | 91 mm | Welchen Ursachen dieser andauernde Wasserauftrieb zuzuschreiben ist, entzieht sich noch unserer Beurteiluug. Vielleicht geben einmal die Niederschlagszahlen nach einer längeren Beobachtungszeit Aufschluß. ') Bis Ende Juli. EN I - re { 6 " N aM Sturmflut vom 9 und 10. Januar 1914. MOORE N: | | +7,52 Wassers tände ın der L übecher Bucht und um W vefbrunndn N ker esse: I (Hohen 1:20.) 5 2 — 030 Travemurnde ---- „ubeck, Trave, Staatsıverft. (Hohen 1:20.) Tiefbrunrnern Lübeck, Staatsrerft (Höher 1:4.) EZ ai, Tage S. Januar HGRahtgens, Lübeck gez. Kat. Amt Be RP SS Ss on Am = I 930 1_ ) ) l | | | | l | +3400 \_ 3380 1 _ Bao N #+3340 NN. 3,IRO +3,300 MEY R / ‚h ö Var ii Ren & \ Tarv2: I | NNO04 302 I l | | j | j | I l I l > | EN | N I +050| 7 t N I 0,40 | j 0,30 | | | 0,20 1 } | I ET eene Mari er leuchte 0710 | | ----Warnemiünde Wismar (Höhen 1:20.) —— Travemünde ---- Lübeck, Trave, Staatsıverft. sanssnnnnan -Püssauer Schleuse (Höhen 1:20.) Jrübeck, Staatswerft Tiefbrunner: ( Höhen 1:4.) Std: am eur 4 8 "el ar 27V 4 Tage: | Ktober | W.Oktober HGRahtgens, u ‚gez.Kat. Amt Wasserstände der Ostsee, der Trave und. des Tiefbrunnens in.der Lübecker Staatstwerft, bei wechselnder Winden, vorn. 8. bıs 1, Oktober 1913. SWS SWS ü A 1 10-Sturn 1 100 IN NNVOs Tal R +03 100 N — Martenlewchte ----Warnemünde —— Wismar (Höhen 1:20) —— Travemünde — l N 1 i { i { j I I ı I -Lübeck, Trave, Staalsrmerft = Büssauer Schleuse (Höhen 1:20) Lübeck, Staatswerlt Tiefbrunner ( Hohen t:4.) #8 RW 8 u EEE; 12] se ı 5. Oktober 6. Qktober 7. Oktober Oktober %0.Oktober Oktober HGRahtgens, Lübeck gez Kat.dmt < a r PR De esse 72 V HGRahtgens,Lübe ck 26. August Ebbe- und von Martenleuchte, Warnemünde und im Tiefbrunnen der von 26. bis 8 ir 27. August 28. August "utkurven TE 'smar, Travernünde, Lübeck, (Höhen 1:20) ibecker Staatsmwerft,(Hohen-1:#) 19 ust 19713. Marienleicchte Warnemünde Wismar Travemunde Lübeck, Trave Staatswerft af EN 7 Tiefbrunnen Lautbeck, Staatswerft ED | 29 August 30. August ‚gez. Kat. Amt. Ebbe- und Wlutkurven von Martenleuchte, Warnemünde, Wismar, Travemünde, Lübeck, (Höhen 1:20) und im Tiefbrunnen der Lübecker Staatsrmerft,(Hohen-+1:4) vorm 26. bis 0.dugust 1913 Taf: 3. Moarienlewchte Warnemünde I \ ı f { 1 1 f \ j j ı { ı j ) f ı ı j ı { ı I j \ ı Wismar Travemünde BE ar 3220 PD +3.200 W.N- BS Lübeck, Trave Staatsiwerft Tiefbrunner 3780 \— 3,160 +3,190 @ =] Lübeck, Staatsmwerft 12 (7 72 2 W. ZI 12 Sta: 12m Tage: HGRahtgens, Libeck Jo. August ‚gez. Kat Amt \ f| Ei) a ra Bericht über die jrtragstätigkeit in der Geographischen Gesellschaft in den Jahren 1913—1916. 1915. eine anschließende Reise nach Holland und Belgien. ovember: Dr. Rudolphy: Eine Reise nach Teneriffa. - mber: Prof. Dr. Halbfab (Jena): Eine Reise zum Castanneda- m den Mitgliedern außer den Vorträgen an den ordentlichen Ver- alungstagen etwas zu bieten, wurden im Winter an den Herrenabenden olche gehalten, die sich das Ziel setzten, eine zusammenhängende echt über die Entstehung und Umbildung der Erdrinde zu geben. Zunächst brachten diese Abende im laufenden Jahre: A 28.1 November: Dr. Schaper: Die Entstehung und Zusammensetzung Eder Gesteine. E Erdoberfläche. 1914. ordentlichen Versammlungstagen: 16. Januar: Dr. Rüdiger (Hamburg): Die Schröder-Stranz-Expedition _ mach Spitzbergen 1912/13. Februar: Fischereidirektor Lübbert (Hamburg): Der Walfang in - früheren Jahrhunderten und zur Jetztzeit. Dezember: Oberlehrer Knoke: Die Bildung und Bewegung der BER ee 30. Oktober: Direktor Dr. Schwarz: Die neuere Btwicklu Saluen: or: a Bee Su Vertedigungefähigkei Fr: d schen Kolonien. 11. Dezember: Dr. H. Spethmann (Berlin): Häfen. An Herrenabenden: | ki; SE 30. Januar: Oberlehrer Weber: Die ältere Geschichte der Erd E 27. Februar: Prof. Dr. Steyer: Die neuere Geschichte der Erc Be. 6. März: Öberlehrer Dr. Schurig: Zur Geologie Schleswig-H n. und der Umgebung Lübecks. 1915. An ordentlichen Versammlungstagen : 15. Januar: Prof. Dr. Ule (Rostock): Das heutige . 12. Februar: Prof, Dr. Schott (Hamburg): Kriegsschauplätze. 12. März: Oscar Warncke: Rrläuterungen zu ohren K Die Veränderungen Europas seit 1500. Bor 8. Oktober: Prof. Deckert (Frankfurt a. Ms Der Bau de brit isch Weltreiches. j Ru 29. Oktober: Direktor Dr. Schwarz: Die Tirdinde auf un: ik Schulen nach dem Kriege. Ei D 19. November: ‚Prof. Dr. Godt: Über die Himmelsuhr für L Be AR . 10. Dezember: H. Struve: Der Segeberger Kalkberg. er An Herrenabenden wurden außer verschiedenen kürzeren lungen folgende Vorträge gehalten: | 29. Januar: Oskar Rösing: Japan und Mexico, Bi 26. Februar: A. Laves: Sao Paulo. 1916. An ordentlichen Versammlungstagen: 21. Januar: Direktor F. Goerke (Berlin): Ägypten, der Suezka dor ker Sees. 37 Februar: Heinr. Hartmann (Ahrensbök): Gummi elasticum, ‚seine Gewinnung, Verwendung und Verwertung im jetzigen Kriege. März: Kunstmaler Plaß (Kempfenhausen): Albanien. "März: Prof. Dr. Ohnesorge: Ukraina. '. April: Prof. Dr. Schott (Hamburg): Die Hauptwege des See- _ verkehrs, besonders des deutschen Handelsschiffverkehrs vom _ — _militärgeographischen Standpunkte aus. An Herrenabenden: Januar: Carl Suckau: Einiges aus der Geschichte des Rauchens und Tabakgeschichten. 10. März: B. Peters: Haiti während des Krieges. März: Lehrer W. Blohm: Fischreichtum und Vogelleben des. Ein "Verzeichnis der Mitglieder der Geographischen Gesellschaft 2 sich in dem in diesem Jahre‘ herausgegebenen Verzeichnis der Druck von Max Schmidt in Lübeck SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES IIAMIUMNMNNNN 9088 01299 526