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Mittheilungen
aus dem
naturwissenschaftlichen Vereine
<
von
Neu -Vorpommern und Rügen
in
Greifswald.
Redigirt
von
Dr. Th. Marsson.
Dreizehnter Jahrgang.
' Mit 2 Tafeln.
BERLIN 1882.
R. Gaertner’s Verlagsbuchhandlung
Hermann Heyfelder.
Dessauerstrass© 3 5.
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50 0
Inhalt.
Seite.
Verzeichniss der Mitglieder . I
Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1880 . IV
Sitzungs-Berichte . V
Verzeichniss der Akademien und Gesellschaften, mit denen der
Verein in Schriften- Austausch steht und der von diesen bis
Februar 1882 eingegangenen Schriften . XXIX
Scholz: Ueber die geologische Beschaffenheit der Gegend von
Stralsund und einige der dortigen Trinkwasserverhältnisse . . 1
H. Schwanert: Vorkommen grosser Krystalle von Ammon-Mag¬
nesiumphosphat in einem etwa 100 Jahre alten Harn .... 19
v. Feilitzsch: Ueber eine cylindrische Thermosäule . 22
W. Holtz: Natürliche und künstliche Tromben . 26
W. Holtz: Typen elektrischer Lichterscheinungen . 79
W. Weitzel: Einige Worte zu Falb’s Theorie der Erdbeben und
Vulkanausbrüche . 85
F. A. Nobert: Die höchste Leistung des heutigen Microscops
und seine Prüfung durch künstliche und natürliche Objecte . 92
R. Arndt: Beobachtungen an Amöben . 106
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-
Vereins- Angelegenheiten.
i.
Verzeichniss der Mitglieder.
Aiulershof :
Herr
Dr. Kämmerer, Gutsbesitzer.
Anklam :
11
Dr. Tramm, Oberlehrer.
Berlin:
11
Dr. Jessen, Professor.
Bohlendorf:
11
Freiherr v. Bohlen, Erbkämmerer.
Bonn:
11
Dr. Troschel, Professor.
Clausthal:
11
W estphal, Kreisbaumeister.
llivitz :
11
Graf v. Krassow.
Frankfurt a/J
M.: ,,
Dr. Albrecht, Oberlandesger. -Präsident.
Frankfurt a/t
»•: „
Busse, Betriebs-In spector.
Greifswald:
n
Dr. Arndt, Professor.
•
n
Dr. Baier, Professor.
n
Dr. Baron, Professor.
n
Dr. Barten, pract. Arzt.
Dr. Baumstark, Professor.
n
Graf y. Behr, Landrath.
11
Dr. Bengelsdorff, Sanitätsrath.
11
Bindewald, Buchhändler.
11
Böckler, Rentier.
17
y. Brunn, Hauptmann.
11
Dr. Budge, Privatdocent.
77
Freiherr v. Bülow, Landgerichts-Präsident.
77
Dr. Credner, Professor.
71
Dr. Eichsted t, Professor.
11
Engelke, erster Staatsanwalt.
1
II
Verzeichniss der Mitglieder.
Greifswald : Herr
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51
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77
77
77
57
77
77
77
17
Dr. Eulenburg, Professor.
Dr. Freiherr v. Feilitzsch, Professor.
Dr. Fischer, Amtsrichter und Privatdocent.
Fischer, Lehrer,
v. Foller, Oberst z. D.
Fröhlich, Bau-Inspector.
Dr. Goeze, Königl. Garten-Inspector.
Graedener, Senator.
Graul, Rector.
Dr. Grobe, Professor.
Dr. Haeckermann, Prof, und Kreispbysikus.
y. Hagen, Major.
y. Hageno w, Hauptmann a. D.
Dr. Hänisch, prakt. Arzt.
Dr. Hanne, Professor,
v. Hellfeldt, Premier-Lieutenant.
Hoffmann, Königl. Bau-Inspector.
Holst, Senator.
Holtz, Ludwig.
Dr. W. Holtz, Privatdocent.
Kettner, Senator.
Kirchhof, Justizrath.
Dr. Köhnk, Sanitätsrath.
Kolbe, Hauptmann.
Dr. Krabler, Professor.
Krause, Gymnasiallehrer.
Dr. Krey, Gymnasiallehrer.
Kunstmann, Apotheker und Senator.
Lab ahn, Rentier.
Dr. Landois, Professor.
Dr. Limpricht, Professor.
Dr. Loose, Lehrer.
Dr. Marsson.
Dr. Medern, Landgerichtsrath.
y. Merkel, Hauptmann.
Dr. Minningerodo, Professor.
Dr. Mosler, Professor.
Müller, Premier-Lieutenant.
y. Oldershausen, Hauptmann.
Verzeichniss der Mitglieder .
III
Greifswald: Herr
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Gutzkow-Wiek: „
Halle : „
llelmshageii: „
Ranzin : „
Schnioldow: „
Stettin : „
Stralsund :
Ollmann, Kreisthierarzt.
Dr. Pernice, Prof, und Geh. Medicinalrath.
Dr. Pietrusky.
C. Plötz.
Pflugradt, Premier-Lieutenant.
Pogge, Kontier.
Dr. Freiherr v. Preuschen, Privatdocent.
Pütter, Landgerichtsrath.
Dr. Quistorp.
Dr. Reinhardt, Oberlehrer.
Dr. Schirmer, Professor.
Schmidt, Syndikus.
Dr. Scholz, Professor,
y. Schubert, Oberst a. D.
v. Schultz, Rittmeister a. D.
Dr. Schuppe, Professor.
Dr. Schwa nert, Professor.
Seefisch, Postdirector.
Dr. Sommer, Professor.
Freiherr v. Steinäcker, Major a. I).
Stoll, Kaufmann.
Stoll, Senator.
Dr. Thiede, Gymnasiallehrer.
Dr. Thome, Professor,
v. Yahl, Justizrath.
Dr. Vogt, Professor.
Dr. Weitzel, Oberlehrer.
W endorf, Landgerichts-Director.
Weyland, Maler.
Wiese, Regierungsrath u. akad. Forstmeister.
Woltersdorf, Pastor.
W uthenow, Amtsgerichtsf ath.
Dr. v. Lepel, Gutsbesitzer.
Frantz, Landgerichts-Präsident.
Drewitz, Pächter.
v. Homcyer, Rittergutsbesitzer u. Oek.-Rath.
v. Behr, Königl. Kammerherr.
Schünhof, Eisenbahn-Ingenieur.
Graf y. Behr-Negendank, Regier. -Präsident.
1* '
1Y
Rechnung s- Abschluss.
Stralsund: Herr Goos, Baumeister.
„ Dr. Kleine, prakt. Arzt.
„ Dr. Passow, Oberlehrer.
„ Dr. Rollmann, Professor.
„ Wellmann, Regierungs-Baurath.
Wollin: „ Schmurr, Apotheker.
Durch den Tod verlor der Verein in diesem Jahre den
Sanitätsrath Dr. H echt in Stralsund und den Oekonomierath
Prof. Rohde in Greifswald.
Vorstand für 1881
Herr Prof. Dr. v. Feilitzsch, Garten-Inspector Dr. Goezo
und Dr. Loose.
II.
Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1880.
Einnahme.
Kassen-Bestand aus dem vorigen Jahre . 1,36
Beiträge der Mitglieder . 324, —
Verlagsbuchhändler Gärtner in Berlin . 96,85
Zuschuss Sr. Excellenz des Herrn Cultusminister
Puttkamer . 300, —
Sparkassen-Zinsen . 13,53
Summa M. 735,74
Ausgabe.
Druckkosten . 336,55
Für Herstellung der Tafeln . 320,20
Buchbinder . 24, —
Porto und Diversa . 38,60
Remuneration für den Vereinsboten . 36, —
Summa M. 755,35
Ausgabe . . . . M. 755,35
Einnahme ... M. 735,74
Deficit . M. 19,61
Sitzungs- Berichte.
v
in.
Sitzungs-Berichte.
Sitzung vom 2. Juui 1880*
Vorsitzender Prof. Schwanert. Herr Mayer hält einen
Vortrag über Kriechthiere. Er spricht über die charakte¬
ristischen Merkmale der Echsen im Allgemeinen , über ihr
Athrnen, ihre Bluttemperatur, ihre Entwickelung aus Eiern
mit ledcrartigor Hülle, weist auf den Rückgang derselben
gegen ihr früheres Auftreten hin und gedenkt des Nutzens
derselben im Haushalte der Natur, wie für die Industrie und
Technik. Er führt lebende Exemplare von Schildkröten vor,
als Repräsentanten der Landschildkröten die Waldschildkröte
(Testudo tabulata) von Cuba, der Sumpfschildkröten, die asch¬
graue und concentrische Schildkröte (Emys cinerea von Florida
und E. concontrica von Cuba) , der Flussschildkröten , die
Geierschildkröte (Macrodemys piccola von Central - Amerika)
und Amazonenschildkröte (Podocnemys amazonica aus Süd-
Amerika), zeigt an den Thieron namentlich den Athmungs-
organen, das Senken und Heben des Zungenbeines beim
Athrnen, den Bau der gezahnten Kiefer, den Bau der Augen,
die Bildung und Verschiedenheit ihrer Schilde, ihr Zurück¬
ziehen zwischen dieselben und ihre Bewegungsorgane , spe¬
ziell die gefingerten Füsse bei Sumpfschildkröten. Er führt
noch 3 andere Exemplare südamerikanischer Echsen vor und
erläutert seine Mittheilungen auch durch einige Präparate.
Der Vortragende geht dann zu den Panzerechsen (Loricata)
. über, zeigt je ein lebendes Exemplar vom Zworg-Crokodil
(Jacarclingua moschifer) aus Südamerika und vom Hecht-
Kaimann (Alligator lucius) aus Nordamerika vor, bespricht
speziell den Bau der Crokodile, ihre Augen, mit eigenthüm-
lichen Pupillen, die angewachsene Zunge, den klappenartigen
Oberkiefer, erwähnt das Vorkommen der Alligatoren , ihren
Fang, das Auffinden ihrer Eier in Erdlöchern, die Länge der¬
selben u. a. Hierauf geht er zu den Schuppenechsen über,
zeigt 5 lebende Exemplare vor, unter anderen die Borgeidechse
(Zootoca mexicana) von Mexiko, Amaiva dorsalis, Tejus, pseu-
dopus aus Südamerika , spricht von ihren Füssen , Gehör-
VI
S itz nnc/s -H ( richte.
Organen, der Beweglichkeit ihrer Wirbelsäule, den Augen,
welche mit Deckhäuten versehen sind, auch von ihrer Ver-
theidigung durch Abgabe einer übelriechenden Flüssigkeit. —
Von den Echsen geht der Vortragende zu den Schlangen
o
über, von denen er eine Boaschlange (Corvphodon constrictor)
in Wickersheimischer Flüssigkeit auf bewahrt, und eine Madras¬
schlange (Coluber madras) lebend vorzeigt. Er spricht über
das Leben dieser Schlange, ihre sehr weit auszudehnenden
Kiefern , ihre Nahrung in der Freiheit und Gefangenschaft
und weist auf den Unterschied zwischen Schlangen und
Echsen hin.
Sitzung vom 7. Juli 1880.
Vorsitzender Prof. Schwanert. Derselbe theilt dem Ver¬
eine das Schreiben des Herrn Cultus-Minister mit, nach wel¬
chem dem Vereine wieder 300 Mark zur Verwendung für Ver¬
einszwecke überwiesen werden. Darauf spricht Herr Prof.
Eulenburg über die sogenannte Metalloscopie und Me-
tallotherapie. Nach einer historischen und analytischen
Erörterung der an Kranken beobachteten Ercheinungen, welche
nach dem Vorgänge von Bury mit den Bezeichnungen der
Metalloscopie und Metallotherapie belegt werden, beschäftigt
sich der Vortragende besonders mit den bisher aufgestellten
Erklärungsversuchen dieser in physikalischer und biologischer
Hinsicht mannigfach interessanten Thatsaehen. Hauptsächlich
von 3 Seiten hat man denselben näher zu kommen gesucht.
Der Vortragende bespricht zunächst ausführlich die electro-
physikalischen Hypothesen auf Grund der von Regnard,
Romain, Vigouroux und von ihm selbst angestellten Ver¬
suche. Er hält es nicht für erwiesen, dass minimale electri-
sche Ströme zwischen Haut und Metall (Regnard) bei der
Entstehung der metalloscopischen und metallotherapeutischen
Phänomene eine Rolle spielen ; zum Theil könne es sich dabei
vielmehr um electrostatische Erscheinungen, um specielle An¬
wendungen des Spannungsgesetzes handeln. Die von Schiff
aufgestellte „Mol ec ul ar- Hypothese“ sucht der Vortragende
im Anschlüsse an einige verwandte ältere und neuere An¬
schauungen (z. B. von Reut über die Thermalwirkungen)
näher zu erläutern. Endlich geht derselbe auf die neueren
Sitzungs- Berichte.
VII
experimentellen Studien über sogenannte Hautreize ein,
welcho in wesentlichen Punkten eine Uebereinstimmung in
der Wirkung derselben mit der externen Metallapplication
herausgestellt haben. Namentlich findet, wie Versuche von
Adamkiewicz, Rumpf etc. den Vortr. gelehrt haben, durch
„Hautreize“ gerade ebenso wie durch die als wirksam ermit¬
telten Metalle eine Sen sibilitäts-Uober trag ung (ein „trans-
fert“ de sensibilite) von einer Körperhälfte zur anderen statt:
eine Thatsachc, welche zu einer neuen Auffasung der Haut¬
sensibilität als bilateraler, und zwar antagonistisch-bila¬
teraler Nervenfunction — gegenüber andern, syner-
gisch -bilateralen Functionen (Schweisssekretion) — Anlass
gegeben hat. So ist zwar das angestrebte Ziel einer Er¬
klärung der metalloscopischen und metallotherapeutischen
Phänomene bisher nicht erreicht, aber doch manche physiolo¬
gisch und pathologisch interessante Beobachtung bei dieser
Gelegenheit gemacht worden.
Sitzung vom JJ. November 1880.
Vorsitzender Dr. Medern. Vor Eintritt in die Tages¬
ordnung theilt der Vorsitzende mit, dass zwei langjährige
Vereinsmitglieder Bergamtsassessor Hau ss mann in Berlin
und Apotheker Schenk hieselbst verstorben sind und fordert
die Versammlung auf, sich um das Andenken der Verstorbenen
zu ehren, von den Sitzen zu erheben. Diess geschieht.
Hierauf spricht Dr. Goeze über Pflanzenwanderung. Die
Ausbreitung der Pflanzen über ihr ursprüngliches Vaterland
hinaus, mit andern Worten die Pflanzenwanderung hat nicht
nur in den Perioden der Vergangenheit, sondern auch in der
Gegenwart auf die Gestaltung und Abrundung der einzelnen
Florengebiete bestimmend und ergänzend eingewirkt. Als
erste Bedingung zur Pflanzenwanderung überhaupt muss die
Beschaffenheit des Klimas und Bodens angesehen werden.
Es treten Einem zuerst zwei Wege entgegen, auf welchen
die Wanderung der Gewächse vor sich geht, nämlich ein
trockner und ein nasser. Bei ersterem greifen Luft, Thiere
und Menschen wirksam ein. Bei dem zweiten ist es die
Thätigkeit der Gewässer, welche Berücksichtigung verdient.
Den ersten Aufschluss über die ursprüngliche Anordnung der
VIII
Sitzungs-Berichte.
Pflanzen und ihre Vermischung durch Wanderung geben
kleine oceanische Archipele z. B. die canarischen Inseln,
Galäpagos u. s. w. Die Strömungen des Meeres gehören ent¬
schieden zu den wirksamsten Mitteln , welche die Natur ver¬
wendet, die ursprünglichen Gebiete mancher Gewächse zu er¬
weitern. Sie sind die Träger der Samen , Früchte , ja selbst
ganzer Pflanzen von Insel zu Insel, von einem Festlande zu
dem anderen. Von den Meeren ist behauptet worden, sie
seien Hemmnisse der Pflanzenwanderung und kann man nicht
in Abrede stellen, dass das salzige Wasser die Keimkraft
vieler Samen zerstört. Auch in seiner Ruhe ist das Meer als
die wirksamste Schranke gegen die Vermischung der Vegeta-
tionscentren anzusehen. Durch seine Bewegung befördert es
dieselbe aber in hohem Grade, vorausgesetzt, dass Küsten mit
entsprechendem Boden und Klima von seinen Strömungen
merklich berührt werden. Der. Einfluss, welchen Flüsse,
Ströme, Giessbäche, ja selbst Gletscher auf die Wanderung
ausüben, schliesst sich dem der Meeresströmungen zunächst an.
Der Wind tritt als die allgemeinste und gewöhnlichste
Ursache der Pflanzenzerstreuung über die ganze Oberfläche
eines Landes auf, wenn auch Form und Beschaffenheit der
Samen hierbei nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Noch
ein anderes Mittel, die Samen von ihrem Entstehungsorte
weiter auszusäen , besitzt die Natur in der Einwirkung der
Thiere und unter diesen dürften die Vögel am meisten in Be¬
tracht kommen. Kein Apparat ist hierbei aber thätiger gewesen
als der Mensch und in ihrem Verhältnisse zum Menschen
können die Pflanzen in 7 Gruppen eingetheilt werden.
1) Die wildwachsenden Arten eines vom Menschen ganz
und gar occupirten Landstriches, welche bald der Zerstörung
anheimfallen.
2) Die wildwachsenden Arten , welche unter denselben
Verhältnissen ihre Widerstandskraft zeigen.
3) Die Pflanzen, welche vom Menschen für seine Be¬
kleidung , als Heilmittel , zu seiner eignen Nahrung und der
seiner Hausthiere angebaut werden.
4) Die Pflanzen, welche der Mensch gegen seinen Willen
mit solchen, die er im grossen anbaut, einführt.
Sitzungs-Berichte.
IX
5) Gartenpflanzen zur Zierde angezogen und Bäume, die
ihres Harzes oder der Früchte wegen eingeführt sind.
6) Pflanzen der letzten Klasse, welche sich über die Plätze
hinaus, wo sie gebaut werden, ausbreiten und sich in ihrer
neuen Heimath ganz festsetzen, sich von Generation zu Gene¬
ration f'ortpflanzen wie ihre ursprünglichen Bewohner. Für
diese Gruppe möchte A. de Candelle den Ausdruck „natu-
ralisirt“ beschränkt wissen.
7) Pflanzen, die durch fremden Ballast oder auf ähnliche
Weise eingeführt wurden, oder welche den Gartenculturen
entsprungen, aber nicht befähigt sind, sich dauernd auf dem
Boden ihrer neuen Heimath zu erhalten.
Zum Schluss beleuchtet Vortragender einige der Haupt¬
länder, in welchen Pflanzenwanderungen ganz besonders auf¬
getreten sind.
An vorstehenden Vortrag anknüpfend erwähnt Prof.
Mosler der Spirochäten, die im Blute der an febris recurrens
Erkrankten Vorkommen, und die man als Träger dieser Krank¬
heit ansieht. Diese Spirochäten worden von den Erkrankten,
wenn sie in fieberfreien Zeiten herumwandern (z. B. von den
Bettlern und Landstreichern), mitfortgetragen und dienen so
zur Verbreitung der Krankheit.
Sitzung vom 1. December 1880.
Vorsitzender Prof. Schwan er t. Zu Mitgliedern des Vor¬
standes pr. 1881 werden gewählt die Herren Prof. v. Fei-
litzseh, Dr. Loose und Dr. Goeze.
Hierauf sprach Prof. v. Feilitzsch unter Vorzeigung
eines neuen Inductions- Apparats , der sich besonders durch
die Intensität und Schlagweite seiner Funken auszeichnet, über
die Inductions - Electricität und ihrei eigentümlichen Eigen¬
schaften, besonders im Gegensätze zu den galvanischen und
magnetischen Kräften und erläuterte das Gesagte durch ver¬
schiedene Experimente mit Anwendung des neuen Apparats.
— Hierauf ergänzte Dr. Loose seinen am ?. März gehaltenen
Vortrag über „die strahlende Materie“ von W. Crookes
durch Darstellung der betreffenden Lichterscheinungen, welche
Crookes zu der Annahme eines vierten Aggregatzustandes
X
Sitzungs-Berichte.
der Materie und der ihr in diesem Zustande zugoschriebencn
Eigenschaften geführt haben.
Sitzung vom 12. Januar 1881.
Vorsitzender Dr. Loose. Prof. Schüller hält einen Vor¬
trag über: die physikalischen Einwirkungen der heu¬
tigen Kleingewehrgeschosse auf den menschlichen
Körper. - Vortragender leitet seinen Vortrag mit der Be¬
merkung ein, dass die vielfachen Aenderungen der Klein¬
gewehrwaffen und Geschosse auch einige wesentliche Aende¬
rungen der physikalischen Einwirkungen derselben auf den
menschlichen Körper bedingen. Diese Einwirkungen sind
physikalisch als mechanische zu betrachten, thermische
Einwirkungen kommen wesentlich nur am Geschoss zur Be¬
obachtung, — am menschlichen Körper nicht als solche, son¬
dern als mechanisch zur Geltung. Das Ergehn iss dieser Ein¬
wirkungen sind theils (Contusionen) Quetschungen, theils
(Sommotionen) Erschütterungen, theils Zusammenhangstren¬
nungen (Wunden der Weichtheile, Brüche der Knochen,
Zerreissungen innerer Organe etc.). Vortragender setzt aus¬
einander, in welcher Weise Grösse, Härte, spezif. Gewicht,
Geschwindigkeit des Geschosses, sein Richtungswinkel, der
Widerstand und die Festigkeit der getroffenen Theile die Aus¬
dehnung der Verletzungen beeinflussen. Vortragender be¬
spricht dann zunächst die Einwirkungen matt oder tangential
auftreffender Schüsse, welche nicht in den Körper eindringen,
hebt die Bedingungen der Ablenkung bei den einzelnen Ge¬
weben des Körpers hervor und schildert an denselben die
von den mitgetheilten Bewegungen abhängigen Contusions-
und Erschütterungserscheinungen. Dieselben wurden ein¬
gehender besonders an den Knochen erörtert, an welchen sie
sich theils in Mark- und Periost-Blutungen, theils in Fissuren,
theils in Brüchen äussern. Weiterhin geht er auf die physi¬
kalischen Einwirkungen ein, welche die Gewebe und Organe
des menschfischen Körpers erleiden, wenn die Kugel in den
Körper ein dringt. Hierbei bespricht er zunächst die Con-
tour- oder Ringelschüsse, die Muskel- und Weichtheilschüsse,
endlich die Knochenschüsse. Bei dieser Gelegenheit wird
besonders betont, wie theils durch die veränderte Form der
Sitzungs-Berichte.
XI
heutigen Geschosse,, theils durch ihre ausserordentlich ver¬
mehrte lebendige Kraft einerseits relativ häufiger einfache
Durchbrechungen der getroffenen Theile, anderseits aber be¬
sonders bei Nahschüssen viel gewaltigere Zerreissungen so¬
wohl der Weichtheile wie Zersprengungen der Knochen
beobachtet werden als es in früheren Kriegen der Fall war.
Auf die vermehrte lebendige Kraft des Geschosses werden
auch die häufigeren Beobachtungen von Schmelzungserschei¬
nungen an den Geschossen zurückgeführt. Es wird in kurzer
Uebersieht der verschiedenen Bedingungen der Schmelzung
des Geschosses festgestellt, dass solche Schmelzungserschei¬
nungen um so leichter auftreton je grösser die Geschwindig¬
keit, je weicher das Geschoss einerseits, je härter und je
wirksamer der Widerstand des getroffenen Gegenstandes an¬
derseits ist, indem dann eine möglichst vollständige Umsetzung
der lebendigen Kraft in molecularc Bewegung in Wärme statt¬
findet. Es wird dann erläutert, welchen Einfluss diese Er¬
hitzung des Geschosses auf die Form-Veränderungen desselben
hat und in welcher Weise hierdurch die Verwundungen am
menschlichen Körper beeinflusst werden. Endlich geht Vor¬
tragender noch etwas näher auf die explosionsartigen
Schussverletzungen ein, welche gerade bei den neueren
Geschossen wiederholt beobachtet wurden und mehrfach die
Annahme veranlassten, dass Explosionsgeschosse zur Anwen¬
dung gekommen seien. Unter Bezugnahme auf eine Reihe
von Schiessversuchen erläutert er, dass bei geschlossenen
mit Flüssigkeit gefüllten Kapseln explosionsartige Zerspren¬
gungen dann zu Stande kommen, wenn sie von Kugeln
mit bedeutender Geschwindigkeit (250 — 425 Meter) aus näch¬
ster Nähe getroffen werden und führt diese Explosionserschei¬
nungen (besonders nach den Versuchen Busch ’s, Hepp-
ner’s, Kuster's, Kocher’s) wesentlich auf die Wirkung
eines momentanen bedeutenden hvdraulischen Druckes zurück.
«/
Er hebt hervor, dass solche Erscheinungen besonders am
Schädel beobachtet und bei Schiessversuchen hervorgerufen
werden konnten, dass sie aber ausserdem unter entsprechenden
Verhältnissen an den langen (markerfüllten) Röhrenknochen,
an den in häutigen Kapseln eingeschlossenen Muskeln und
drüsigen Organen Vorkommen können.
XII
Sitzungs-Berichte.
Bei der an den Vortrag sich anschliessenden Discussion
betheiligen sich die Herren Hauptmann Kolbe, Prof. Dr.
Schüller, Major Kruska, Dr. Weitzel, Oberst-Lieutenant
v. Asch off, Dr. Holtz, Bittmeister v. Schultz u. A. Die
Beobachtungen und Ansichten über die grössere oder gerin¬
gere Gefährlichkeit der Geschosse, je nachdem dieselben aus
Hartblei oder aus Weichblei hergestellt sind, über die
verschiedene Wirkungskraft derselben, je nachdem sie aus
der Ferne oder aus der Nähe auftreffen und der getroffene
Gegenstand eine härtere oder weichere Beschaffenheit zeigt,
über die Bedingungen sehr starker Erhitzung, ja sogar Schmel¬
zung der Geschosse und der damit im Zusammenhänge stehen¬
den Explosionserscheinungen werden auf das Eingehendste
besprochen. Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass die
Kugel sich bereits bei ihrem Durchgänge durch die Luft stark
erhitze (Weitzel), ja dass diese • Erhitzung schon im Laufe
des Gewehres beginne (Kruska) und dann beim Auftreffen
um so leichter sich bis zum Schmelzpunkte steigern könne.
Die Explosionserscheinungen könnten bei so stark erhitzten
Kugeln durch dieselben Ursachen hervorgerufen werden, wie
beim Einschlagen des Blitzes durch die schnelle Verdampfung
der Flüssigkeiten (Dr. Holtz) und wenngleich Verbrennungen
nicht beobachtet wurden (Dr. Schüller), so erkläre sich dies
durch die Schnelligksit des Vorganges (Dr. Holtz) — dass
übrigens viele Erscheinungen von Explosionen im letzten
französischen Kriege wirklich durch Sprenggeschosse hervor¬
gerufen wurden, beweisen nicht nur aufgefundene Kugeln der
Art, sondern es bestätigen dies auch Pariser Zeitungen, welche
die Anwendung von Sprenggeschossen in den Strassonkämpfen
den Aufständigen vorwarfen (v. Asch off).
Nach geschlossener Discussion lenkt Dr. Holtz die Auf¬
merksamkeit der Anwesenden auf eine von ihm beobachtete
eigenthümliche Flammenerscheinung, die darin besteht, dass
wenn 2 brennende Gasströme unter einem nahezu rechten
\
Winkel gegeneinanderstossen, sich aus glühenden Kohlen-
theilchen unzählige Spiralen bilden, die sich nach dem Inne¬
ren der Flamme zu einer geschlossenen Röhre vereinigen. --
Am Schlüsse zeigte Prof. v. Feilitzsch noch die leicht-
f
Sitzungs-Berichte.
XIII
flüssigen Rose’schen und Wood’schen Metall legirungen vor
und bestimmte ihren Schmelzpunkt in erhitztem Wasser.
Sitzung: vom 2. Februar 1881.
Vorsitzender Dr. Loose. Dr. Holtz hält einen mit Ver¬
suchen begleiteten Vortrag über die clectri sehen Eigen¬
schaften der Flammen. Es wird zunächst ein Ueberblick
über alle bisherigen Untersuchungen gegeben , welche die
electrischen Eigenschaften der Flamme behandeln. In Sonder¬
heit wird hierbei der Versuche Erman’s gedacht, welcher
zu finden meinte, dass die Flamme die negative Electricität
schlechter leite, als die positive; desgleichen der Versuche
Hittorf’s, welcher diese sogenannte unipolare Leitung auf
einen Widerstand zurückführen wollte, welchen die negativo
beim Eintritt in die Flamme finde ; dessgleichen endlich der
Versuche Herwig ’s, welcher den Grund gedachten Wider¬
standes darin suchte, dass die Flamme selbst in ihren vor¬
zugsweise in Betracht kommenden Theilen negativ electrisch
sei. Hierbei wird* auf Widersprüche hingewiesen, welche die
beiden letztgenannten Meinungen in sich schliessen, und das
Facit gezogen, dass die Meinung Erman’s noch keincs-
weges als abgethan zu betrachten sei.
Nach diesen Erörterungen werden einige Versuche an¬
gestellt über die Farbe und Formveränderungen, welche die
Flamme bei positiver und negativer Electrisirung erfährt.
Eine positive Flamme brennt blauer und wird kleiner, schma¬
ler, spitzer, während eine negative hell bleibt, sich erweitert
und ihre Spitze nach unten biegt. Von allen Erscheinungen
fällt die letztere Eigenschaft am meisten in die Augen, zumal
wenn die Flamme aus einer Scheibe oder um einen Metall-
cylinder brennt. Ueberall wird die Flammenspitze rückgängig,
d. h. sie kehrt zu ihrem Leiter zurück, aber unter mehr oder
weniger eigentümlichen Formationen. Ein weiterer Unter¬
schied der positiven und negativen Flamme besteht darin,
dass die positive von anderen Leitern angezogen, die negative
abgestossen wird, woher auch kommt, dass nur die positive
durch ein Drahtnetz hindurch brennt, während die negative
durch dasselbe flach gedrückt wird. Ein weiterer Unterschied
XIV
Sitzungs-Berichte.
endlich ist, dass die positive Flamme wie eine Spitze treibend
auf ein Flügelrad einwirkt, während die negative ein solches
kaum bewegt. Nicht an jeder Flamme treten dergleichen
Unterschiede hervor, sondern vorwiegend nur an sauerstoff¬
armen Flammen, am besten an der unvermischten Gasflamme,
sonst ebenso an der Stearin- oder Wachsflamme, weniger an
der Spiritusflamme, am wenigsten an der eines B unsen sehen
Brenners. Dies stimmt mit dem auch sonst bekannten ent¬
gegengesetzten Verhalten von einerseits Sauerstoff“, anderer¬
seits Wasserstoff und Kohlenstoff überein.
Was speziell die Rückgängigkeit der negativen Flamme
anlangt, so wird auf ein Experiment verwiesen, in welchem
ein Papierstreifen ein ähnliches Verhalten zeigt. Befestigt
man einen Papierstreifen an einen Conductor, so kehrt das
freie Ende desselben constant oder intermittirend nach jenem
zurück, sobald es zugespitzt und leitend ist. Der Grund liegt
ohne Zweifel darin, dass die Spitze durch Influenz mehr Elec-
tricität ausstrahlt, als sie durch Leitung empfängt. Aehnlich
ist es voraussichtlich mit der Flamme; aber wenn vorwiegend
nur die negative Flamme rückgängig wird, so kann dies eine
zweifache Ursache haben. Entweder strahlt die negative
Flammenspitze leichter Electricität aus, als die positive, oder
der negative Flammenfuss ist ein sehlechterer Leiter. — Da
die letztere Annahme wieder auf die Erman’ sehen Versuche
zurückführt, so wird zum Schluss noch die Frage erwogen,
wie man sich überhaupt wohl eine unipolare Leitungsfähigkeit
vorstellen könne. Es wird an gewisse Körperformationen
erinnert, an sogenannte electrische Ventile, welche in der
Tliat in gewisser Richtung die positive Electricität besser als
die negative leiten. Bei einem formlosen Körper sei eine
derartige Differenzirung wahrscheinlich in die moleculare Be¬
schaffenheit zu verlegen. Die Form oder Leitungsfähigkeit
derselben sei vielleicht nach verschiedenen Seiten verschieden,
durch die jeder Leitung voraufgehende electrische Fernwir¬
kung, aber würden sie in einem bestimmten Sinne gerichtet.
Sie möchten dann in ihrer Reihenfolge gewissermassen eine
Reihe electrischer Ventile repräsentiren.
Sitzn ngs-Berich te.
XV
Kit/.nng vom März 1881.
Vorsitzender Dr. Goeze. Prof. v. Feilitzsch tlieilt die
in der vergangenen Sitzung versprochene Erörterung über
die Erwärmung der aus Büchsen abgesandtcn Geschosse mit.
— Nach eingeholten Gutachten haben die Geschosse des hie¬
sigen Jäger-Bataillons ein Gewicht von 25 Gr. Sie bestehen
aus Blei. Ihre Anfangsgeschwindigkeit beträgt 435 M. und
nach Vollendung einer Flugbahn von 1000 M. besitzen sie
noch eine Geschwindigkeit von 300 M. , erleiden also auf
diesem Wege einen Geschwindigkeitsverlust von 135 M.
Wenn nun weiter keine borücksichtigungswerthen Daten hin¬
zukommen sollten, so würde durch diesen Verlust an leben¬
diger Kraft und unter der Annahme, dass die Hälfte der
daraus resultirenden Temperaturerhöhung an das Geschoss,
die andere an die Widerstand leistende Luft übergeht, eine
Temperaturerhöhung des Geschosses von 34,4° C. resultiren.
— In Envägung einer in voriger Sitzung angeführten Notiz
wurde die weitere Annahme gemacht, dass Pappe bei einer Tem¬
peratur von 150° C. versengt. Eine solche Temperaturerhöhung
würde aber das Geschoss bei einem Geschwindigkeits-Verlust
von 281,9 M. erfahren. Wenn endlich das Geschoss, un¬
mittelbar, nachdem es die Mündung der Büchse verlassen,
also noch keine Verzögerung durch Luftwiderstand erlitten
hat, durch eine feste (z. B. eiserne) Platte aufgehalten wird,
dann gewinnt es eine Temperaturerhöhung von 357,1° C.
Da der Schmelzpunkt des Bleies bei 335° C. liegt, so würde
also unter solchen Umständen das Geschoss zum Schmelzen
kommen. — Wie weit diese Rechnungen mit der Erfahrung
überein stimmen, konnte nicht näher nachgewiesen werden.
Hierauf zeigte Herr Prof. Schwan er t einige Metalle vor,
namentlich grössere Quantitäten von schön kristallisirtem
Wismuth, Antimon und Arsen, dann von Cadmium, Alumi¬
nium und Magnesium, auch kristallisirtos Natrium und Kalium
und eine flüssige Legirung derselben. Er sprach über die
physikalischen und chemischen Eigenschaften der Metalle, ihre
Unterscheidung von Metalloiden, über Legirungen und Amal¬
game , erwähnte das Vorkommen der vorgezeigten Metalle,
ihre technische Gewinnung aus Erzen, ihre Gewinnung durch
XYI
Sitzungs-Berichte.
Reduction ihrer Oxyde resp. durch Zersetzung ihrer Sulfide
und Chloride und verbreitete sich dann in Mittheilungen über
ihre Verwendung in Kunst, Technik und Industrie.
Sitzung vom 6. April 1881.
Vorsitzender Dr. Goeze. Derselbe ertheilte Herrn Dr.
Weitzel das Wort, welcher seiner Besprechung die beiden
Schriften von Falb: „Grundzüge zu einer Theorie der Erdbeben
und Vulkanausbrüche 1880“ und „Von den Umwälzungen im
Weltall 1881“ zu Grunde legte. Dr. Weitzel zeigte, wie im
ersten Buche eine folgerichtige Entwicklung eines gegebenen
Grundgedankens gegeben sei. Dieser Grundgedanke ist der,
dass der Mond in einem heissflüssigen Erdkerne Erscheinungen
hervorrufe , welche denen der Meeresfluth ganz entsprechend
sind. Die Aeusserungen dieses fluthenden, heissflüssigen Erd¬
kernes auf die dünne erstarrte' Erdrinde , die in Folge weiter
fortschreitender Abkühlung sich immer mehr zusammenzieht,
bringt vulkanische Erscheinungen und Erdbeben hervor. Der
Verfasser gelangt unter anderem z. B. folgerichtig zu dem von
ihm ausgesprochenen Schlüsse , dass „die flüssige Masse des
Erdkerns ans Tageslicht tritt.“ -- Da nun die bei Vulkan¬
ausbrüchen ans Tageslicht tretende Masse nicht ein Theil des
Erdkerns sein kann aus physikalischen und mineralogisch¬
chemischen Gründen, und da die Erdbeben auch nicht einen
so tiefen Sitz haben können, wie ihn Falb aus seinen Vor¬
aussetzungen in seiner Theorie folgert, so erweisen sich die
Falb’schen Voraussetzungen auch als unzureichend und theil-
weise nicht zutreffend. — Ganz im Gegensätze zu dem Buche
vom Jahr 1880 steht das Buch vom Jahr 1881 , welches den
Widersprüchen abzuhelfen sucht, die sich zwischen den Natur¬
erscheinungen und den im ersten Buche gewonnenen Schlüssen
heraussteilen. Der Vortragende weist diese Widersprüche im
Allgemeinen und an einzelnen Beispielen nach und macht
noch besonders auf die von den gewöhnlichen physikalischen
Anschauungen abweichenden Vorstellungen des Verfassers
aufmerksam. — Schliesslich weist der Vortragende noch auf
verschiedene Stellen des ersten wie des zweiten Buches hin,
aus denen auf einen eigentümlichen Standpunkt des Ver¬
fassers Falb geschlossen werden muss, einen Standpunkt der
Sitzung s- Berichte.
XYII
von einer vorartheilslosen Naturforschung nicht anerkannt
werden kann' und der nicht ohne Einfluss sowohl auf die
von Falb gemachten Voraussetzungen als auch auf die von
ihm gezogenen Schlüsse gewesen sein muss.
p
Sitzung vom 4. Hai 1881.
Vorsitzender Dr. Loose. Dr. Weitzel macht auf eine
Zeitungsnotiz aufmerksam, wonach Dr. Hahn die im Jahre
1866 in Ungarn niedergefallenen Meteorsteine geschliffen und
mikroskopisch untersucht und darin Pflanzenspuren, Schwämme
und Korallen, — Weichthiere und Gliederthiere jedoch nicht
gefunden habe. Es knüpft sich an diese Notiz eine Debatte,
in welcher die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit
der Hahn’schen Beobachtung sowie die Aussichten, die die¬
selben für die Kenntniss fremder Himmelskörper eröffne , er¬
örtert wird. — Hierauf spricht Dr. Loose über electrische
Erscheinungen in sehr stark evacuirten Röhren. Er
weist darauf hin, dass die 1869 von Hittorf in Pogg. Ann.
veröffentlichten, von den Fachgelehrten aber wenig beachteten
Mittheilungen, sowie die das gleiche Schicksal theilenden inter¬
essanten Versuche von Reitlinger und von Urbanitzky
wesentlich gar nicht verschiedenen Erscheinungen besprechen
von den in neuester Zeit so viel Interesse erregenden , von
W. Crookes vorgeführten. Neu sind ausser der von Crookes
zuerst deutlich wahrgenommenen mechanischen Stoss Wirkung,
bloss die Schlussfolgerungen , zu denen Crookes auf Grund
seiner Versuche gelangte. War schon die Annahme eines
4ten Aggregatzustandes kühn zu nennen, so "war noch kühner
die Hoffnung, die Crookes und nach ihm Alle, welche sich
mit Fragen transcendenter Weltanschauung gern beschäftigen,
an die strahlende Materie knüpften : „letzte Realitäten der
Welt! — das Grenzgebiet, wo Kraft und Materie in einander
überzugehen scheinen ! — das Schattenreich zwischen dem
Bekannten und Unbekannten! — das Grenzland, in welchem
die grössten wissenschaftlichen Probleme ihre Lösungen finden
werden etc. Hiergegen macht der Ar ortragende geltend, dass
in den bisherigen Veröffentlichungen Crookes wenig ent¬
halten ist, was als der Versuch eines exacten Beweises an¬
gesehen werden könne. Crookes benutzte die vorgeführten
2
XVIII
Sitzungs-Berichte.
Experimente als ebensoviele Beweise für die zu Grunde ge¬
legten Hypothesen. Dass hierbei jedoch eine nur einiger¬
in assen genügende Kritik angewendet worden sei, dürfe schwer¬
lich behauptet werden. — Zur Begründung des Gesagten macht
der Vortragende unter Vorführung der Hittorf-Crookes-
sclien electr. Lufterscheinungen auf einige der grossen Schwie¬
rigkeiten, welche der Hypothese der strahlenden Materie
in Crookes ’sclien Sinne entgegenstehen, aufmerksam. Die
Hauptsache des Vorgetragenen dürfte sich in folgende Sätze
zusammenfassen lassen :
1. Crookes vernachlässigt die in den (mit Quecksilber
evacuirten) Böhren befindlichen, schon von Hittorf experi¬
mentell nachgewiesenen Quecksilberdämpfe gänzlich, obgleich
diese bei möglichster Entfernung der Luft aus den Röhren,
selbst wenn diese eine Temperatur von 1000° C. ausgesetzt
waren, nach Zöllner noch eine Spannung von 0,0087mm
repräsentiren, bei welcher nach den Principien der kinetischen
Gastheorie die mittlere Weglänge der Quecksilbermoleküle
nicht grösser als 8,7mm sein würde, während der dunkle Raum
nach Crookes’ Angabe in den Röhren ausserordentlich viel
grössere Dimensionen haben würde.
2. Crookes ’s dunkler Raum ist weiter nichts als
eine Verwechselung des thatsächlich mehr und mehr zusam¬
menschrumpfenden dunklen Raumes mit den Schichten des
bei starker Verdünnung sehr schwachen Glimmlichtes, cf.
Hittorf
3. werden auch die von den Kathoden sich ablösenden
Massentheilchen übersehen, deren Existenz sich
4. bei Anwendung verschiedener Metalle zu den Katho¬
den sehr bemerkbar würde gemacht haben, wie Dr. Puley
in Wien diess nachgewiesen.
5. Es hat seine Schwierigkeit, wie man sich die Rück¬
kehr der von der Kathode fortgeschleuderten Moleküle ohne
Zusammenstoss mit den neu ausstrahlenden denken könne.
6. Wenn die Geschwindigkeit der von der Kathode aus¬
strahlenden Gastheilchen durch die electrostatische Abstossung
hervorgerufen würde, so müsste dieselbe bei stärkerer Span¬
nung zunehmen, wogegen Crookes selbst den dunklen Raum
als lediglich von dem Grade der Evacuirung abhängig sein lässt.
Sitzungs-Berichte.
XIX
7. Wie ist es zu erklären, dass nach Crookes’s Angabe
in Folge der negativ-electrischen Ladung der strahlenden
Materie zwar 2 benachbarte Strahlenbündel sich gegenseitig
abstossen, nicht aber die Moleküle der einzelnen Bündel selbst?
8. Crookes legt der Ablenkung der strahlenden Ent¬
ladung durch den Magneten eine besondere Wichtigkeit bei,
während diese magnetische Wirkung völlig identisch ist mit
der wohlbekannten Wirkung eines Magneten auf einen electro-
dvnamischen Strom. Alle magnetischen Ablenkungen bei den
verschiedensten Versuchen folgen dem Amper e’schen Gesetz
und daraus folgt, dass in den Crookes’schen Röhren ein¬
fach electrodvnamische Ströme existiren, welche normal von
der Anode zur Kathode verlaufen.
9. Als schlagender Gegenbeweis , dass die Kathoden-
Entladung durch electronegative strahlende Moleküle gebildet
werde, wurde das Experiment angesehen, dass ein von Aussen
genäherter mit statischer Electricität geladener Körper, je nach
dem Zeichen eine starke Anziehung oder Abstossung der
Moleküle , also eine Richtungsändernng det Entladung hätte
hervorrufen müssen, das Experiment zeigte das Gegentheil.
Aus allen diesem wurde geschlossen, dass die strahlende
Entladung nicht auf der Bewegung geradlinig fortschreitender,
negativ geladener Moleküle beruht, sondern dass dieselbe völlig
den Charakter eines einfachen von der Anode zur Kathode
verlaufenden Stromes besitzt, wobei wie sich von selbst ver¬
steht, nicht das Fortgeschleudertwerden ponderabiler Theilchen
dieser oder jener Art von den Polen in stark evacuirten
Röhren geleugnet werden soll. Diess ist eine secundäre Er¬
scheinung, von welcher das Wesen der merkwürdigen Vor¬
gänge, die bei der Durchleitung der Electricität durch stark
verdünnte Gase auftreten, nicht abhängt.
Sitzung vom 1. Juni 1881.
Vorsitzender Dr. Goeze. Prof. Arndt stellt eine nerven¬
kranke Person, ein ungefähr 30jähriges Dienstmädchen vor,
an welcher er die Translatio aesthesis, den Transfert der Fran¬
zosen demonstrirte. Die Person litt an linksseitiger Anästhesie
und zwar nicht bloss der Haut, sondern auch der höheren
Sinne resp. ihrer Organe. Rechtsseitig war sie hyperästhetisch.
2*
XX
Sitzung -B er ichte.
Durch Stahlnadeln, welche ihr in den linken Unterschenkel
und linken Unterarm eingestochen wurden, gelang es das
Hautgeftihl auf der ganzen linken Seite wieder hervorzurufen,
wobei indessen es auf der rechten, auf welcher es bis dahin
bestanden hatte, schwand. Derselbe Effect vrnrde durch eine
Anzahl von Geldstücken, die reifartig um eine der gefühl¬
losen linken Extremitäten angebracht wurden, erzielt und
schliesslich auch durch Senfspiritus, der auf einen Watte¬
streifen gegossen in gleicher Weise applizirt wurde. Darauf
verbreitet sich Yortragender über das Wesen des Transfert,
der eben darin besteht, dass die Gefühllosigkeit der einen
Seite bei gewissen nervenkranken Menschen auf die andere,
noch das volle Gefühl besitzende Seite, übertragen werden
kann und umgekehrt, und sucht den Yorgang aus den in
verschiedenem Grade erfolgten Störungen zu erklären, welche
die Leitung in den Nervenfasern des Rückenmarks, die den
beiden verschieden fühlenden Körperhälften angehören, er¬
fahren hat.
Sitzung vom 39. Juni 1881.
%
Vorsitzender Dr. Goeze. Dr. Quistorp hält einen Vor¬
trag über die Fortpflanzung des Flussaales (anguilla
vulgaris). Unter allen Thieren, die uns umgeben, ist der
Aal das einzige, welches das Geheimniss seiner Fortpflanzung
auch den beharrlichsten Forschern niemals entschleiert hat.
Dieser vor 40 Jahren gethane Ausspruch hat auch heute
seine Geltung noch nicht verloren. Die Aalffage ist noch
ungelöst. Schon Aristoteles stellte die sonderbare Hypo¬
these auf, dass die Aale aus Schlamm und den Eingeweiden
der Erde (unter welcher letzteren Bezeichnung er die Regen¬
würmer verstand) entstünden. Die Ansicht, welche auch da¬
mals schon bei einem Theile der Naturforscher existirte, dass
die Aale lebendige Junge gebären, wies Aristoteles schon als
falsch zurück, indem er die Thiere, die man im Leibe der
Aale häufig findet, und die jungen Aalen ähnlich sind, ganz
richtig für Eingeweidewürmer erklärte. Eine andere Hypo¬
these über die Entstehung der Aale war die, dass sie von
einem Schlammfisch aus der Klasse der Dornflosser (Zoarces
viviparus L.), der lebendige Junge zur Welt bringt, erzeugt
Sitzung s- Berichte.
XXI
würden, der deshalb auch die Aalmutter genannt wird. Erst
im Jahre 1777 entdeckte der italienische Anatom Mordin i
in einem ihm von Comacchio zugesandten Aale die Eierstöcke
desselben. Er machte davon der Akademie von Bologna
Mittheilung und schrieb eine vorzügliche Abhandlung darüber
mit Abbildungen, die aber erst 1782 publicirt wurden. In¬
zwischen hatte auch der deutsche Gelehrte 0. F. Müller den
Eierstock des Aales entdeckt. Dennoch kam die ganze For¬
schung ins Stocken, nachdem der gelehrte Anatom Spall an-
zani in Pavia nach Smonatlichem Aufenthalt in Comacchio
1792, wo der Aalfang im Grossen systematisch betrieben
wird, erklärt hatte, dass Mordini sich geirrt, dass das, was
er für den Eierstock erklärt hatte, nichts weiter als eine fett¬
reiche Ausstülpungsfalte des Bauchfelles sei. So ruhte die
Sache bis zum Anfang der 20ger Jahre dieses Jahrhunderts,
wo Rathke in Königsberg die Untersuchung wieder aufnahm
und einen deutlich erkennbaren Eierstock nachwies. Derselbe
liegt zu beiden Seiten der Schwimmblase, an welche er mit
seinem einen Rande befestigt ist und sich von der Leber bis
hinter die Aftermündung erstreckt. Der andere Rand reicht
bis in die Bauchhöhle ; einen Ausführungsgang hat der Eier¬
stock nicht, sondern die reifen Eier lösen sich vom Eierstock
los, fallen frei in die Bauchhöhle und gelangen aus dieser
durch 2 neben dem After befindliche von Rathke entdeckte
Oeffnungen ins Freie. Der Eierstock hat das Ansehen einer
gekräuselten Damenmanschette oder eines Herrenjabots und
sitzt an der Schwimmblase befestigt wie dieser am Chemisette.
Er ist sehr fettreich und von einer Fettfalte bedeckt. Man
erkennt die Eier in demselben als kleine weisse in Fettgewebe
eingebettete Körperchen. Nachdem der Eierstock entdeckt war
dauerte es sehr lange, bis man männliche Geschlechtstheile
beim Aale entdecken konnte, so dass viele Naturforscher der
Ansicht zuneigten, dass die Aale Zwitter seien. Erst im Jahre
1874 gelang es dem Dr. Syrski, Director der naturwissen¬
schaftlichen Anstalt in Triest, den Hoden bei den Aalen zu
entdecken. Man hatte bis dahin meistens die grössten Aale
zur Untersuchung genommen, diese aber sind stets weiblich,
während die Männchen niemals eine grössere Länge als 48 Cm.
erreichen, können die weiblichen Aale bis 1 M. lang werden.
XXII
Sitzungs-Berichte.
Die männlichen Goschlechtstheile der Aale liegen an derselben
Stelle wie die Eierstöcke und sind mit dem einen Rande an
der Schwimmblase anhaftend, während der andere Rand frei
ist. Sie haben aber ein ganz verschiedenes, weisslich glän¬
zendes Aussehen und sind am freien Rande in mehrere
Lappen getheilt, ein Fettlappen bedeckt dieselben ebenfalls.
Yen den Eierstöcken unterscheiden sich die Hoden noch
wesentlich dadurch, dass sie einen an ihrem angehefteten
Rande der ganzen Länge nach verlaufenden Ausführungscanal
besitzen. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, Samenthiere
in der Flüssigkeit der Hoden zu entdecken. Wohl aber ist
dies Dr. Hermes in Berlin bei einem aus Havre im Jahre
1879 zugesandten Meeraale (Conger vulgaris Cuv.) gelungen.
Was den histologischen Bau dieses männlichen Geschlechts¬
apparats an betrifft, so ist derselbe wesentlich verschieden von
dem des Eierstocks, denn während in diesem letzteren schon
bei geringer Vergrösserung der Inhalt unzweifelhaft sich als
in Fettlager gehüllte Eier offenbart , kann bei dem ersteren
erst bei verhältnissmässig starker Vergrösserung der elemen¬
tare Bau nachgewiesen werden als durchaus ähnlich der ele¬
mentaren Structur der Hoden bei anderen Fischen. Dass die
Aale keine Zwitter sind, beweist evident der Umstand, dass
man das Lappenorgan und den Eierstock niemals bei dem¬
selben Aale vereinigt findet.
Das Laichgeschäft der Aale wird im Meere vollführt,
niemals im Braak wasser der Flüsse oder der Lagunen , erst
im Meere entwickeln sich die Geschlechtstheile der Aale zur
völligen Reife. Das Laichen geschieht auf Schlammbänken
im Meere oder wie neuerdings Fischmeister Decker in Al¬
tona, ein geborner Sylter, hypothetisch aufgestellt hat, zwischen
dem Schlicke des Meeresgrundes, den die Aale durchkriechen,
und dem festen Meeresboden. Hier sterben denn auch wahr¬
scheinlich die alten durch das Laichgeschäft ganz erschöpften
Aale ab, denn man hat niemals alte Aale nach dem Laichen
wieder in die Flüsse zurückwandern sehen. Xachdem die
alten laichfähigen Aale in den Monaten October bis Deeember
aus den Flüssen und Lagunen ins Meer gewandert sind, und
in den Monaten Januar, Februar das Laichgeschäft stattge¬
funden, wandern 7-8 Wochen später die jungen 7 — 8mm lan-
Sitzung s- Berichte.
XXIII
%
gen Aale in unzählbarer Monge in die Flüsse und Lagunen.
Hier bleiben sie 5 — 6 Jahre, denn erst nach so langem Zeit¬
raum werden die Aale laichfähig. Es giebt aber auch Aale,
die niemals wandern, sondern beständig an derselben Stolle
bleiben und das ganze Jahr hindurch Nahrung zu sich nehmen,
es sind dies die unfruchtbaren Weibchen, die desshalb auch
sehr fett sind und sehr zartes Fleisch haben und desshalb
sehr wohlschmeckend sind.
Der Unterschied des männlichen und weiblichen Aales
macht sich schon im Aeusseren bemerkbar. Die weiblichen
Aale haben eine breite Schnauze, die Rückenflosse ist ver-
hältnissmässig hoch, die Färbung im Ganzen hell, Rücken
braun-grün, niemals intensiv schwarz, Bauch weisslich gelb,
wenig oder kein Metallglanz, das Fleisch ist derb und fest.
Er wird bis über 1 Meter lang. Der männliche Aal hat die
Schnauze entweder lang gestreckt spitz oder spitz zulaufend,
Rückenflosse schmäler, Augen meist gross, Färbung ent¬
schieden dunkler, Rücken tief dunkelgrau, oft intensiv schwarz,
Bauch bläulich oder silberweiss, Fleisch derb und fest, bis
jetzt nicht über 48 Cm. lang aufgefunden. Wandert im Herbst
ins Meer und frisst nicht um diese Zeit. Da der Meeraal in
seinem Bau dem Flussaal sehr ähnlich ist und bei demselben
schon die Samenthierchen beobachtet sind, so wird dies beim
Flussaal wohl auch nicht in zu ferner Zeit geschehen.
Auf die regelmässige Wanderung der Aale zum Meere
im Herbste und als Montee im Frühlinge vom Meere in die
Flüsse und Lagunen ist der systematische grossai-tige Betrieb
des Aalfanges in den Lagunen von Comacchio an der Ost¬
küste Italiens unfern der Mündung des Po bei der Stadt Ra¬
venna basirt. ln den dortigen Lagunen ist ein grossartiges
Labyrinth construirt, in welches die jungen Aale, nachdem
am 2. Februar jeden Jahres die Schleusen der Canäle, welche
von den Lagunen ins adriatische Meer führen, geöffnet sind,
einwandern, um in der Lagune 5 — 6 Jahre zu verbleiben bis
zu ihrer Laichfähigkeit, um dann in den 3 letzten Monaten
des Jahres (October bis Dccember) wieder ins Meer zu den
Laichplätzen zu wandern. In dem sehr sinnreich eingerich¬
teten Labyrinthe werden, nachdem die Schleusen geschlossen
worden, bisweilen in einer Nacht namentlich bei starkem
XXIV
Sitzung s- Berichte.
Sturme und Unwetter fast unglaubliche Mengen Aale gefangen;
man hat über 300000 Kilogr. Aale in einer solchen Nacht,
in der ganzen Herbstsaison über 1 Million Kilogr. gefangen.
Die Aale leiden im Sommer bei grosser Hitze sehr in den
Lagunen, indem das Wasser durch zu starke Verdunstung zu
salzhaltig wird, bei 6 % Salzgehalt des Wassers erblinden die
Aale, bei 7 % sterben sie ab. Der Aal hat in Bezug auf sein
Laichgeschäft eine von den andern Fischen ganz abweichende
Lebensweise, denn während diese zum Laichen aus der Tiefe
des Meeres in das flachere Wasser und in die Flüsse auf¬
steigen, geht der Aal umgekehrt aus den Flüssen und Lagu¬
nen ins tiefe Meer, um dort auf bestimmten Stellen zu laichen.
Auf ihren Wanderungen werden die Aale von mehreren Raub¬
fischarten begleitet. Im ganzen Gebiete der Donau giebt es
keine Aale, vielleicht befinden sich im schwarzen Meere keine
geeigneten Stellen zum Laichen. In neuester Zeit hat man
junge Aale in grösserer Menge in die Donau ausgesetzt und
es wird sich nun im Laufe der nächsten Jahre zeigen, ob
sich dieselben fortpflanzen oder nicht.
Sitzung vom 2. November 1881.
Vorsitzender Dr. Goeze. Derselbe theilt ein Schreiben
des Stadtrath Friedei in Berlin mit, in welchem der Verein
aufgefordert wird, sich bei dem am Uten stattfindenden Jubi¬
läum des Geh. Medizinalrath Dr. Virchow in Berlin durch
ein Gratulationsschreiben zu betheiligen. Die Versammlung
stimmt zu, und der Vorstand übernimmt es für die Ausfüh¬
rung zu sorgen.
Eine Anfrage des Prof. v. Feilitzsch, ob Verleihungen
aus der Bibliothek des naturw. Vereins an Nichtmitglieder
stattfinden dürften, wurde ohne Widerspruch dahin entschieden,
dass nur Mitglieder des Vereins die Berechtigung
haben sollten, Bücher und Zeitschriften des Vereins
zu entleihen, wollten dieselben auf ihre eigene Ge¬
fahr hin die Bücher wieder an Nichtmitglieder ver¬
leihen, so sei ihnen Solches unbenommen.
Hierauf referirte Dr. Weitzel über eine Feuerkugel,
welche er am 28. September c. Abends gegen 8 Uhr am öst¬
lichen Horizonte beobachtet habe. Dieselbe ist auch in Stolp
Sitzun gs- Berichte.
XXV
und Berlin gesehen worden, und sie muss nach den mitge-
theilten ungefähren Positionen in der Gegend des kleinen
Haffs niedergefallen sein.
Hierauf sprach Dr. Holtz „über die Theorie der In¬
fluenz maschinell“. Von den allgemeinen Grundsätzen der
Electricitätslehre ausgehend erläuterte der Vortragende die
Theorie der Influenzmaschine zunächst an einer sogenannten
unselbstständigen Maschine, welche wohl Electricität durch
Influenz erzeugt, aber nur solange, als eine zweite Electrici-
tätsquelle mit zu Hülfe genommen wird. Vor einer festen
Glasscheibe, aus der ein Kreissegment herausgeschnitten,
während diametral gegenüber ein Papierstück aufgeklebt ist,
rotirt eine andere, und vor dieser stehen 2 Conductoren resp.
Einsauger, der eine vor dem Glasausschnitte, der andere der
Papierbelegung gegenüber. Die letztere muss durch irgend
eine andere Electricitätsquelle z. B. eine Reibzeugmaschine,
wenn auch nur schwach electrisch erhalten werden. Dann
cursirt zwischen den Conductoren eine Strömung, welche um
so stärker ist, je schneller die Scheibe rotirt. Die Electricität
des Papierstücks scheidet nämlich durch ihre Influenz Wirkung
d. h. ihre Fernwirkung die verbundenen Electricitäten der
röhrenden Scheibe. Die abgestossene gleiche wird von dem
gegenüberstehenden Conductor aufgenommen. Die angezogene
ungleiche bleibt solange auf der Glasfläche, als die feste Scheibe
reicht d. h. bis an den Ausschnitt ; dann strömt sie in den
zweiten Conductor. Dass sie solange gebunden bleibt, hat
seinen Grund darin, dass die feste Glasfläche durch Ausstrah¬
lung aus der Belegung mit dieser bald gleichnamig electrisch
wird. Verbindet man beide Conductoren, so gleichen sich in
dieser Verbindung die in ihnen angehäuften entgegengesetzten
Electricitäten wieder aus. Versieht man die feste Scheibe mit
zwei Ausschnitten und zwei Belegungen, so dass diese sich
abwechselnd folgen, und stellt jeder Belegung einen Einsauger
gegenüber, so erhält man die doppelte Wirkung der früheren,
wenn man beide Belegungen entgegengesetzt electrisch macht.
In jeden Conductor strömt gewissermassen eine zwiefache
Electricität, erstens jene, welche an Ort und Stelle die In¬
fluenzwirkung der Belegung abstossend erzeugt, dann jene
(gleichenVorzeichens), welche die frühere Belegung anziehend,
XXYI
Sitzung s- Berichte.
neu erzeugte und welche gebunden der Glasscheibe verblieb.
Diese letztere unselbstständige Influenzmaschine leitet nun
leicht zu der gewöhnlichen über, welche zur Mitwirkung kei¬
ner zweiten Electricitätsquelle bedarf. An jedem der Glas¬
ausschnitte wird je dieselbe Electricität frei, welche der nach¬
folgenden Belegung durch eine andere Electricitätsquelle zu¬
geführt werden soll. Diese letztere wird also überflüssig,
wenn wir die Ausschnitte durch geeignete Zuleiter mit den
respectiven Belegungen selbst verbinden. Aber an jedem
Ausschnitte wird nur solange immer dieselbe Electricität frei,
als eine Ausgleichung der sich in den Conductoren anhäu¬
fenden Electricitäten möglich ist. Denn wird diese Anhäufung
zu stark, so ist deren Influenzwirkung eben so kräftig als die
Influenzwirkung des Papiers. Beide heben sich in ihrer Wir¬
kung auf die bewegliche Scheibe auf. Es wird so keine neue
Electricität erzeugt oder die erzeugte verlässt das Glas nicht,
wo sie dasselbe ordnungsmässig verlassen soll. Die Maschine
wirkt überhaupt nur solange, als der Luftwiderstand zwischen
beiden Conductoren kein zu grosser ist. Um diesen Uebel-
stand noch zu beseitigen, sind an der gewöhnliohen Influenz¬
maschine noch zwei Conductoren, die sogenannten Neben-
oder Hülfsconductoren angebracht. Je einer zeigt mit je einem
Hauptconductor nach derselben Belegung, aber folgt dem Haupt-
conductor im Rotationssinne, so dass letzterer zuerst zur Wir¬
kung gelangt. Xur wenn die Hauptconductoren wegen zu
grossen Widerstandes nicht mehr wirken können, treten die
Xebenconductoren statt ihrer ein und da sie constant ver¬
bunden bleiben, so setzt sich der innere Mechanismus fort.
Sitzung vom 7. December 1881.
Der Vorsitzende Dr. Goeze referirte zunächst über den
betreffs der Virchow -Feier in der November -Sitzung über¬
nommenen Auftrag dahin , dass derselbe durch Uebersen-
dung der bisher erschienenen Vereinsschriften mit einem be¬
gleitenden kurzen Glückwunschschreiben erledigt worden sei
und votirte Herrn Dr. Weitzel den Dank der Versammlung
für die freundliche Antheilnahme an der Ausführung der An¬
gelegenheit.
Sitzung s- Berichte.
XXVII
Dann schreitet die Versammlung zur Wahl des Vorstandes
für das Jahr 1882. Gewählt werden die Herren Prof v. Fei-
litzsch, Dr. Goeze, Dr. Holtz. Hierauf hielt Prof. Schwa-
nert einen Vortrag über die künstliche Darstellung von In¬
digo. Nachdem er vom Anbau des Waids und der Gewinnung
des Indigo aus den verschiedenen Indigofera-Pflanzen ge¬
sprochen , deren Anwendung zum Blaufärben geschildert und
auf das Vorkommen des Indicans im Saft des Waids und der
Indigopflanzen hingewiesen hatte, erörterte er die Umwandlung
des Indicans, auch des Indigoweiss in Indigoblau, die Bildung
des Indols aus letzterem und schilderte das Verfahren, welches
von Bayer in München zur Synthese des Indigoblaus befolgt
worden ist. Der Vortragende sprach über die Verwendung
des Toluols zur Gewinnung von Chlorobenzol (Dichlor-Bcn-
zyl), dessen Ueberführung in Zimmtsäure mittelst Natrium¬
metalls, die Bildung der Orthonitrozimmtsäure aus der Zimmt¬
säure, die Darstellung einer Dibromorthonitrozimmtsäure und
die Zersetzung derselben mittelst Kaliumhydroxyds in Ortho-
nitrophenylpropiolsäure , aus dessen Kaliumsalz durch Ein¬
wirkung reducirend wirkender Mittel, speciell des Natrium-
xanthogenats, das Indigoblau entsteht. Schliesslich theilt der
Vortragende Einiges über die Verwendung der als Pasta von
der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen ge¬
lieferten 25 % igen Propiolsäure in der Färberei und Zeug¬
druckerei mit, weist auf das zur Zeit noch zu theure Ver¬
fahren hin , dass der künstliche Indigo noch nicht den aus
Pflanzen gewonnenen verdrängen konnte.
Anknüpfend an eine Notiz des Vortragenden, dass der
Handel mit Waid nur noch von Langensalza aus betrieben
werde, theilte Prof. v. Feilitzsch mit, dass seines Wissens
blos in den zum Herzogthum Gotha gehörigen Orten Burg¬
tonna, Ballstädt und Hausen der Bau dieser Pflanze betrieben
werde. Ferner meinte derselbe gehört zu haben, dass unter
den beim Indigohandel Beschäftigten die Diabeteskrankheit sehr
verbreitet sei , dass aber die davon befallenen Individuen die
Krankheit wieder verlieren , sobald sie längere Zeit sich von
den Aufbewahrungsräumen dieses Stoffes fern hielten. Im-
gloichen machte er darauf aufmorkam, dass eine im Elisenhain
weit verbreitete Pflanze Mercurialis perennis L. geringe Spuren
xxvin
Sitzungs-Berichte.
von Indigo enthalte. — Dr. Goeze theilte mit, dass auch in
Eldena die Kultur des Waids betrieben worden sei und dass
im tropischen Amerika mehrere Speeles der Indigopflanze an¬
gebaut werden.
Im Fragekasten befanden sich zwei Zettel des Inhalts :
Was versteht man unter Mondblindheit? und wie bestimmt
man die Festigkeit der Baumaterialien ? Anliegend die erste
Frage erwähnte Herr Landgerichts-Rath Pütter, dass die
Mondblindheit als eine Krankheit der Pferde im preuss. Land¬
recht erwähnt sei. Weitere Auskunft, konnte keiner der An¬
wesenden geben. Auf die Frage wegen der Festigkeit der
Baumaterialien übernahm Senator Stoll eine gelegentliche
ausführliche Beantwortung.
Br. Weitzel lenkte die Aufmerksamkeit auf die mit den
bisherigen Ansichten von der innern Wärme des Erdkörpers
sowenig in Einklang stehendem Beobachtung , dass in tiefen
Bohrlöchern die Wärmezunahme auf je 100 Fuss Tiefe nach
unten immer geringer werde, und führte als besonderes Bei¬
spiel an, dass in dem 4052° tiefen Bohrloche von Speren-
berg diese Wärmezunahme auf 100 Fuss Tiefe schliesslich
sich auf weniger als einen halben Grad berechne. Vortragen¬
der theilt Versuche des Prof. Mösta in Marburg mit, eine
neue Formel zu construiren , welche den bisher gemachten
Beobachtungen einer Abnahme im Wachsthum der Erdwärme
gerecht werden , aber doch schliesslich für grössere und un¬
erreichbare Tiefen die Erdwärme wieder unbegrenzt zunehmend
anzeigen soll. Die nach den gegebenen Formeln berechneten
Temperaturen weichen aber von den in grosser Tiefe be¬
obachteten schon bis zu 2 Grad ab und sind desshalb un¬
brauchbar. Die Vorstellung vom heissfliissigen Erdinnern
bedarf daher anderer Stützen als die bisherigen Wärme¬
beobachtungen zu geben vermochten.
Verzeichniss eingegangener Schriften.
XXIX
Verzeichniss
der Akademien und Gesellschaften, mit denen der Verein
in Schriften - Austausch steht und der von diesen bis zum
Februar 1882 eingegangenen Schriften.
I. Deutschland.
Altcnburg: Mittheilungen aus dem Osterlande.
Schriften nicht eingegangen.
Augsburg: Naturhistorischer Verein.
Bericht 26. 1881.
Hamberg: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Berlin : Acclimatisations-V erein.
Schriften nicht eingegangen.
— Deutsche geologische Gesellschaft.
Bd. 32, Heft 3. u. 4. Bd. 33, Heft 1 -3.
— Königl. Akademie der Wissenschaften.
Monatsberichte. 1880 Septbr.-Decbr.. 1881 Jan.-Decbr.
— Botanischer Verein für die Provinz Brandenburg.
Schriften nicht eingegangen.
Bonn: Naturhistorischer Verein der preussischen Rheinlande
und Westphalens.
Verhandlungen, Jahrg. 37, 2te Hälfte. Jahrg. 38, erste
Hälfte. Supplement v. Westhoff: die Käfer West¬
phalens. 1. Abth.
ßraunschweig: Verein für Naturwissenschaft.
Jahresber. 1880—81.
— Herzogi. technische Hochschule.
Katalog der Bibliothek. 1 te Abth.
Bremen: Naturwissenschaftlicher Verein.
Abhandlungen. Bd. 7, Heft 1, 2. Beilage 8.
Cassel: Verein für Naturkunde.
Bericht 28. Katalog der Bibliothek 1875. Jahresber.
v. Philippi 5 — 10.
Chemnitz: Naturwissenschaftliche Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangon.
Banzig: Naturforschonde Gesellschaft.
Schriften neue Folge. Bd. 5, Heft 1 — 2.
XXX
Verzeichniss eingegangener Schriften.
Dessau: Xaturkistoriscker Verein für Anhalt-Dessau.
Schriften nicht eingegangen.
Donaueschingen: Verein für Geschickte und Naturgeschichte der
Baar und der angrenzenden Länder.
4. Heft. 1882.
Dresden : Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis.
Sitzungsber. Jahrg. 1880 Jan.-Juli, 1881 Jan.-Juli.
— Gesellschaft für Natur- und Heilkunde.
Jahresber. bis April 1880.
Dürkheim a. H.: Naturw. Verein „Pollichia“
Schriften nicht eingegangen.
Elberfeld: Naturw. Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Emden: Naturforschende Gesellschaft.
Jahresber. 65, 1879—80.
Erlangen: Physikalisch- medizinische Societät.
Sitzungsber. Heft 12, 1880. Heft 13, 1881.
Frankfurt a. M.: Physikalischer Verein.
Schriften nicht eingegangen.
— Senken bergische Gesellschaft.
Bericht 1880 — 81.
Freiburg i. Br.: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Fulda: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Gera: Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Giessen: Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde.
Bericht 20.
Görlitz : Naturforschende Gesellschaft.
Abhandl. Bd. 17.
Güttingen: Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.
Nachrichten 1880, 1 — 20. Jahrg. 1881, 1 — 16.
Halle: Naturforschende Gesellschaft.
Abhandl. Bd. 15. Heftl.
— Giebel u. Siewert, Zeitschrift für d. gesammten Natur¬
wissenschaften. 1880. Bd. 5.
— Leopoldina, Amtliches Organ der Kais. Leopoldiniscken
karolinischen Akademie der Naturforscher. Herausg.
v. Knoblauch. Heft 10 - 16 (1874 — 80), Heft 17,’
1881. Heft 18, Nr. 2. (1882).
Verzeichniss eingegangener Schriften.
XXXI
Hamburg: Naturwissensch. Yerein zu Hamburg-Altona.
Yerhandl. 1880.
— Yerein für naturwissensch. Unterhaltung.
Schriften nicht eingegangen.
Hanau: Wetterauische Gesellschall für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Heidelberg: Naturhistorisch - medizinischer Yerein.
Yerhandl. Bd. 3, Heft 1.
Kiel: Naturwissenschaftl. Yerein für Schleswig - Holstein.
Schriften. Bd. 4, Heft 1.
Königsberg i. Pr.: Königl. physikal. -ökonomische Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Landshut: Botanischer Yerein.
Schriften nicht eingegangen.
Leipzig: Naturforschende Gesellschaft.
Sitzungsber. Jahrgang 6, 1, 2. 1879.
Lüneburg: Naturw. Yerein für das Fürstenthum Lüneburg.
Schriften nicht eingegangen.
Magdeburg : Naturwissensch. Yerein.
Schriften nicht eingegangen.
Mannheim: Yerein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Marburg: Gesellschaft zur Boförderung der gesammten Natur¬
wissenschaften.
Schriften nicht eingegangen.
Metz: Societe d’histoire naturelle du Dep. de la Moselle.
Schriften nicht eingegangen.
München: Akademie der Wissenschaften math.-physikal. Klasse.
Sitzungsber. 1881. 1, 2, 4.
Münster: Westphälischer Yerein für Wissenschaft und Kunst.
Jahresbericht 9. 1880.
Neu-Brandenburg : Yerein der Freunde der Naturgeschichte in
Mecklenburg.
Archiv, 34ter Jahrgang 1880.
Ottenbach: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht oingegangen.
Osnabrück: Naturwissensch. Yerein.
Schriften nicht eingegangen.
Putbus: Lntomologischo Nachrichten, herausg. von Dr. Katter.
7ter Jahrg. Heft 6—24, 8ter Jahrg. Heft 1—5.
XXXII
Verzeichniss eingeyangener Schriften.
Regensburg : Zoologisch-mineralogischer Verein.
Correspondenzbl. Jahrg. 34.
Sondershausen: Botanischer Verein „Irmischia“ für das nördl.
Thüringen.
Correspondenzbl. Nr. 1 u. 2, 11 u. 12. 1881.
Stettin: Ornithologischer Verein.
Jahrg. 4, Nr. 11 — 12, Jahrg. 5. Nr. 1—8. 1881.
Stuttgart : Verein für vaterländische Naturkunde inWürtemberg.
Jahrgang 37.
Wiesbaden: Nassauer Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Würzburg : Physikalisch - medizin. Gesellschaft.
Sitzungsber. 1880 u. 81.
Zwickau: Verein für Naturkunde.
Jahresber. 1880.
II. Oesterreich-Ungarn.
Aussig: Naturwissensch. Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Bistritz : Gewerbeschule in Siebenbürgen.
Schriften nicht eingegangen.
Brünn: Naturforschender Verein.
Verhandl. Bd. 18, 1879.
— K. k. Mährisch-Schlesische Gesellschaft.
Mittheilungen, 60 ter Jahrg. 1880.
(*raz: Naturw. Verein f. Steiermark.
Schriften nicht eingegangen.
Innsbruck: Naturw. -mathemat. Verein.
Berichte. Jahrg. 11, 1880—81.
Klausenburg: Magyar Novenisani Capok Kanitz Ayost.
1. Heft.
Linz: Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns.
Schriften nicht eingegangen.
Pest: Königl. Ungarischer naturhistorischer Verein.
4 Abhandlungen.
Prag: Königl. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften.
Schriften nicht eingegangen.
Reichenberg: Verein d. Naturkunde.
Mittheilungen. Jahrg. 12.
Verzeichniss eingegangener Schriften.
XXXIII
Triest: Societä Adriatica Science naturali.
Vol. 6.
Wien: K. k. zoologisch-botanische Gesellschaft.
Verhandlungen. Bd. 30, 1880.
— Kais. Akademie der Wissenschaften.
Sitzungsber. Jalirg. 1880 Nr. 20 - 23, Jahrg. 1881 Nr.
1 — 28, Jahrg. 1882 Nr. 1 — 3.
— Kais. k. geolog. Reichsanstalt.
Schriften nicht eingegangen.
Verein zur Verbreitung naturw. Kenntnisse.
Schriften nicht eingegangen.
Natunv. Verein an der k. k. technischen Hochschule.
Schriften nicht eingegangen.
III Schweiz
Basel : Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Bern : Naturforschende Gesellschaft.
Mittheilungen. 962 bis 1017. Jahrg. 1880 u. 81.
Chur : Naturforschende Gesellschaft Graubündens.
Jahresber. Jahrg. 23 u. 24, 1878 — 80.
St. tiallen : Naturforschende Gesellschaft.
Bericht 1879 — 80.
Lausanne: Societe Vaudoise des Sciences nat.
Bullet. Nr. 84 — 86.
Neuchatel : Societe des Sciences nat.
Tom. 12, Heft 2.
Schweizer naturforschende Gesellschaft.
1880 63 te Vers, in Brieg.
Zürich : NatiMorschende Gesellschaft.
Vierteljahrsschr. Jahrg. 24 u. 25.
IV. Italien.
Neapel: Zoologische Station.
Bibliotheks-Catalog. — Mittheilungen Bd. 2, Heft 4.
Bd. 3, Heft 1 — 2.
Koni: Reale Academia dei Lincei.
Atti Vol. 5, fase. 2—14. Vol. 6, fase. 1—6.
3
XXXIY
Verzeichniss eingegangener Schriften.
V. Luxemburg.
Luxemburg : Institut Royal grand-ducal de L.
Publications T. 18.
— Societe de Botanique du grand-duche de L.
Recueil 1877/78. Xr. 4, 5.
VI. Belgien.
Brüssel: Societe entomologique de Belgique.
Annales, Tom. 23, 24, 1880.
Liittich : Societe geologique de Belgique.
Tom. 6—7, 1878—80.
VII. Frankreich.
Amiens: Societe Linneenne du Nord de la France.
Bulletin, T. 4, X. 88 — 91. T. 5, X. 92—98.
Bordeaux: Societe Linneenne de Bordeaux.
Schriften nicht eingegangen.
Cherbourg: Societe national des Sciences de Cherbourg.
Memoires T. 22.
Lyon : Academie des Sciences et des belles lettres et des arts.
Memoires Tome 24.
VIII. England.
Glasgow: Xatural history Society.
Schriften nicht eingegangen.
IX. Dänemark.
Kopenhagen : Kongelige Danske Videnscabernes Selskab.
Ferhandlinger, 1880 X. 2, 3, 1881 X. 1, 2.
X. Schweden und Norwegen.
Christiania: Kongelige Xorske Universitet.
Schriften nicht eingegangen.
— Den Xorske Xordhavs-Expedition.
Zoologie u. Chemie. 1880 u. 81. *
Lund: Academia Lundensis.
Schriften nicht eingegangen.
Stockholm: Entomologisk Tidskrift utgifen af Jacob Spängberg.
Bd. 1. 1881. Heft 1—4.
Tromsö : Tromsö Museums Aarshefter.
Heft 3 u. 4, 1879—80.
Verzeichniss eingegangener Schriften.
XXXY
Troiidhjem : Kongelige Norske Yidenscabornes Solskab.
Schriften nicht eingegangen.
Upsala: Societas scientiarum Upsaliensis.
Schriften nicht eingegangen.
XI. Russland.
Dorpat: Naturforschende Gesellschaft.
Sitzungsber. Bd. 5, Heft 3. — Archiv Bd. 9, Lief. 1, 2.
Ilelsiiigfors : Finska Yetenscaps Societeten.
Ohversigt 22. — Bidrag 33, 34. — Obserw Yol. 7,
1879.
Petersburg: Hortus Petropolitanus.
Acta Tom. 7, fase. 1, 2.
Riga: Naturforschender Yerein.
Correspondenzbl. Jalirg. 23, 24.
XII. Amerika.
Cordoba (Argent. Republ.) : Academia nacionale de Ciencias
de la Republica Argentina.
Bulletin. Tom. 3, Heft 2, 3.
j 1
Milwaukee (Wisconsin): Naturwissenschaftlicher Yerein von
Wisconsin.
Jahresber. 1880 u. 81.
Einzelschriften.
Freytag, Bergrath. Bad Oynhausen. Minden, 1880.
i
'
■
'
.
.
.
Scholz: Ueher die geologische Beschaffenheit der Gegend etc.
Ueber die geologische Beschaffenheit der
Gegend von Stralsund und einige der dortigen
Trinkwasserverhältnisse.
Von
Prof. Dr. Scholz in Greifswald.
In Stralsund sind in den letzten Jahren Tiefbohrungen
angestellt worden, die, wie in Greifswald, fast ausschliesslich den
Zweck der Gewinnung guten Trinkwassers, an welchem Stral¬
sund erheblichen Mangel leidet, verfolgten. Dieselben lassen
aus der Beschaffenheit des erbohrten Wassers auf ähnliche
Verhältnisse in der Tiefe schliessen, wie bei Greifswald.
Nach ihrer geographischen Lage können diese Aufschlüsse
gruppirt werden in solche 1) nördlich, nordwestlich und nord¬
östlich der eigentlichen Stadt: an der Schlossbrauerei, bei
Duvendiek und in Altefähr; 2) westlich von der Stadt: am
Bahnhofe; 3) in der Stadt selbst: am neuen Markte, an der
Jakobikirche, in der Frankenstrasse, vor der Johanniskaserne,
am Semlower Thore; 4) südlich und südöstlich der Stadt:
hinter und südlich der neuen Kaserne vor dem Frankenthore,
auf dem Dänholm, an der Bockbrauerei, — endlich noch
weiter südlich bei Devin und bei Brinkhof.
Angaben über die Profile dieser Bohrlöcher und über eine
Anzahl von Wasseranalysen, welche theils von den Chemikern
Sch or er in Lübeck und Livonius in Stralsund, theils von
ungenannten Analytikern der k. Intendantur ausgeführt wur¬
den, verdanke ich gütigen schriftlichen und mündlichen Mit¬
theilungen der Herren Stadtbaumeistcr v. Haselberg, Schiffs¬
baumeister Kirchhof und Garnisonbauinspector Veitmann,
letzterem zum Theil nach den Acten der Garnisonbauverwaltung.
Im Nachstehenden ist zunächst eine Uebersicht der er¬
wähnten Bohrprofile gegeben.
a
2
Scholz: Ueber die geologische Beschaffenheit der Gegend
Gruppe I.
Aufschlüsse nördlich, nordwestlich und nordöstlich der Altstadt.
1. Schlossbrauerei.
Mächtigk. Tiefe.
Culturschicht .
2 m.
Yon 0 bis 2.0 m.
Grand und Sand .
2.5 m.
Yon 2.10 bis 4.5 m.
Lehmiger Sand .
7.2 m.
Yon 4.5 bis 11.7 m.
Geschiebemergel .
45.3 m.
Yon 11.7 bis 57. 0 m.
Grand und Sand .
2.0 m.
Yon 57. 0 bis 59.0 m.
Grand, Flint und Kreidetrümmer
1.0 m.
Yon 59. 0 bis 60.0 m.
(wasserführend).
Kreide mit Flint .
89. 0 m.
Yon 60.0 bis 149.0 m.
Summa
149 m.
2. Duvendiek.
Mächtigk.
Tiefe.
Culturschicht .
1.0 m.
Yon 0.0 bis 1.0 m.
Torf .
2.0 m.
Yon 2.0 bis 3.0 m.
Blauer Sand .
2.80 m.
Yon 3.0 bis 5.8 m.
Geschiebemergel .
31.45 m.
Yon 5.8 bis 37. 2 m.
Summa 39. 25 m.
3. A 1 1 e f ä h r , Ostseite.
Schichten-Folge und -Mächtigkeit nicht zu ermitteln, Tiefe
ca. 30 m, correspondirend der Sohle des nördlichen Kasernen¬
brunnens, Wasser soll eisenhaltig sein.
Gruppe II.
Aufschlüsse westlich der Altstadt: Bahnhof.
Aufschüttung pp .
Torf .
Sand mit Grandeinlagerungen .
Geschiebemergel .
Lehmiger Sand (wasserführend)
Geschiebemergel .
Grand, Flint und Kreidetrümmer
(wasserführend).
Kreide mit Flint .
Tiefe.
Von 0.o bis 7.00m
Mächtigk.
7.0 m.
1.25 m. Yon 7.00 bis 8.25m.
Von 8.25bis 10.00 m.
1*75 m*
18.00 m-
3* 33
24. 33 m.
9.33 m.
Yon 10.00 bis 28. 00 m.
Yon 28.00 bis 3L38 m.
Yon 31.33 bS.gg m.
Yon 55.66 bis 63.00 m.
l.jo m. Yon 63.00 bis 64. 10 m.
Summa 64.10 m.
Wasser steigt bis 2.30 m. unter Terrain.
von Stralsund und einige der dortigen Trinkwasserverhältnisse.
3
Gruppe III. Aufschlüsse in der Altstadt.
1. Am neuen Markt.
Mächtigk.
Tiefe.
Culturschicht .
l-33 m.
Von 0.o bis l.33m.
„Sandiger Geschiebelehm“ . .
3.0o ***•
Von I.33 bis 4.33 m.
Geschiebemergel .
34.00 m-
Von 4.33 bis 38.33 m.
Sand (wasserführend) . . .
2-66 m.
Von 38.33 bis 41.00 m.
Geschiebemergel .
13.66 m.
Von 41. 00 bis 54.66m.
Geröll mit Kreidetrümmern. .
2.33 m.
Von 54.66 bis 57.00m.
(wasserführend).
Kreide mit Flint .
4-oo m.
Von 57. oo bis 61.10 m.
Summa 61. 10 m.
Höhe des Mundlochs über Ostseepegel 9.10 m. Wasser-
temp. 4- 8° R.
2. An der Jakobikirche.
Mächtigk.
Tiefe.
Aufschüttung .
3.q m.
Von 0.0 bis 3.0 m.
„Blauer Thon“ .
2.66 m.
Von 3.0 bis 5.66m.
„Gelber Geschiebethon“ . .
2. 33 m.
Von 5.66 bis 8.00m.
Geschiebemergel .
27.6li m-
Von 8-oo bis 36.00 m.
Sand und Grand (wasserführend)
2-äo m.
Von 36.00 bis 38. 66 m.
Geschiebemergel .
13.33 m.
Von 38. 66 bis 52.00 m.
Geröll mit Kreidetrümmern
l-oo m.
Von 52.00 bis 53.00 m-
(wasserführend).
Kreide mit Flint .
5.75 m.
Von 53.00 58.75 m.
Summa
58.75 m.
Ueber Pegel 7.69 m.
3. Frankenstrasse Nro. 75.
Mächtigk.
Tiefe.
Aufschüttung .
5.0 m.
.Von 0.o bis 5.0 m.
Geschiebemergel .
24.0 m.
Von 5.0 bis 29. 0 m.
Sand .
0-62 m-
Von 29.0 bis29.62m.
Geschiebemergel .
8.16 m.
Von 29.62 bis 37.78 m.
Sand .
0-62 m.
V on 37. 78 bis 38.40 m.
Geschiebemergel .
10-30 m-
Von 38.40 bis 48.76 m.
Sehr sandiger Geschiebemergel
0.94 m.
Von 48.76 bis 49. 70 m.
Fetter Thonmergel ....
3.14 m.
Von 49. 70 bis 52.84 m.
Kreido mit Flint .
43.95 m.,
Von 52.84 bis 96. 79 m.
Summa
96. 79 m.
(Mitth. von Wahl).
4
> Scholz: Ueber die geologische Beschaffenheit der Gegend
4. Johanniskaserne.
Mächtigk. __ Tiefe.
Brunnenkessel (Geschiebemer- 12. 66 m. Yon O.0 bisl2.66m.
gel etc.)
Sand . . r . 48. 66 m. Yon 12. 66 bis 61. 32 m.
Geröll, Grand und Kreidetrüm-j
mer (wassert.) > 3:10 m. Yon 61. 32 bis 64.42 m.
Kreide mit Flint . . . . '
Summa 64. 42 m.
Wasserstand bis I.50 m. unter Terrain, Schichten von
oben bis zur Sohle des Brunnenkessels nicht bekannt.
5. Sem lower Thor. (Bohrloch, kein Brunnen.)
Mächtigk. Tiefe.
Aufschüttung . .
.... 3.50
m.
Yon 0.0
bis
CO
Oi
0
m.
Geschiebemergel .
41 „
. "±x.50
m.
Von 3.50
bis
45.0
m.
Fetter Thonmergel
Q
00
m.
Yon 45. 0
bis
48.o
m.
Grand (wasserf.)
.... 2.5ü
m.
Yon 48. o
bis
50.5O
m.
Kreide mit Flint .
6.75
m.
Yon 50. 50
bis
57.2ä
m.
Summa 57. 25 m.
Mundloch 4.40 m. über Pegel.
Gruppe IY. Aufschlüsse südlich und südöstlich der Altstadt.
1. Neue Kaserne
% N ordbi
:unn
en.
Mächtigk.
Tiefe.
Aufschüttung .
5-96
m.
Yon
o.0
bis
5-96
m.
„Lehm“ .
6-59
Yon
^•96
bis
12-55
m.
Sand (wasserf.) .
8-79
m.
Yon
12.55
bis
-1-34
m.
„Lehm“ .
9-10
m.
Yon
21- 34
bis
30.44
m.
Sand (steinig) .
3-14
m.
Yon
30.. 4
bis
33-58
m.
Geschiebemergel(„blauer Thon“)
16-95
m.
Yon
33.58
bis
^0-53
m.
Sand .
m.
Yon
50.53
bis
51-79
m.
Geröll mit Kreide (wasserf.) )
Kreide mit Flint . . . . f
Yon
^■^•00
2
^•20
m.
51-79
bis
m.
Summa 54.00 m.
Wasser steigt bis 4 m. unter Terrain. Pegelhöhe bei
Nro. 1 — 4 circa 3 — 4 m.
von Stralsund und ein! (je der dortigen Trinkwasserverhältnisse. 5
2. Neue Kaserne, Südbrunnen.
Miiclitigk.
Tiefe.
Aufschüttung .
6. o?
m.
Yon
O.o
bis
6-07
m.
„Lehm“ .
8-G2
m.
Yon
6. 07
bis
14*69
m.
Geschiebemergol(„blauorThon“)
17.85
m.
Yon
14
x*-69
bis
32. 54
m.
Grand .
l-»6
m.
Yon
32.54
bis
33.90
m.
Geschiebemergel(„blauerThon“)
17.1C
m.
Yon
33.90
bis
51-io
m.
Kreide mit grossen Gerollen j
(wasserf.) \
11-93
m.
Yon
51-io
bis
32-99
m.
Kreide mit Flint s . . J _
Summa 63. 09 m.
Wasser bis 2.75 unter Terrain.
3. Bohrloch südlich v. d. N. Kas.
Aufschüttung
Wellsand“ .
V)
Mächtigk.
1.
Tiefe."
Kalkiglehmiger Sand („Schlick“)
u
Sand, „unrein
Kalkiglehmiger Sand („Schlick“)
(wasserführend.)
Mittelf. Sand . |
Sehr stein, kalkiglehm. Sand 1
3.
1.
8.
9
4.
77 m.
Yon 0.0 bis 3.77 m.
88 m-
Yon 3. 77 bis ö.65m.
,12 m.
Yon 5.G5 bis 19.77 m.
14 m‘
Yon 19.77 bis 22. 91 m.
'26 m-
Yon 22. 9l bis 24.17 m.
16 m-
Yon 24. 17 bis 32. 33 m.
71 m-
Yon 32.33 bis 37.ü4 m.
m.
Yon 37. 04 bis 73. 04 m.
Summa 73.04 m.
Wasser bis 12..,. m. unter Terrain.
4. AlbrechtAches Grundstück siidl. d. N. Kas.
Mächtigk. Tiefe.
Aufschüttung und „Lehm“ . 7.50 m. Von 0.0 bis 7.-0 m.
Geröll mit lehmigem Sand . . l.ü0 m. Von 7.50 bis 9.10m.
Geschiebemergel(„blauerLetten“) 12.40 m. Von 9.10 bis 21. 50 m.
Sand (wasserführ.) .... 9.89 m. Yon 21.50 bis 31.39 m.
Summa 31. 39 m.
(Profil -Mitth. von Brunnenmacher Wahl). — Wasser
steigt bis 2.5 m. unter Terrain.
6
Scholz: Ueber die geologische Beschaffenheit der Gegend
5. Dänholm.
Mächtigk. Tiefe.
Alter Brunnenkessel in Torf, 8.5 m.
Lehm etc.
Kalkiglehmiger Sand („Schlick“) 17. 0 m.
Geschiebemergel . 33. 0 m.
Geröllschicht mit Kreide (was- .
serführend). \ 3.0 m.
Kreide mit Flint .... 1
Yon 0. bis 8.5m.
Von 8.5 bis 25. 5m.
Yon 25. ^ bis 58.= m.
Yon 58.5 bis 61 .5m.
Summa 61. 5 m.
6. Bockbrauerei.
Mächtigk. Tiefe.
Brunnenkessel (in Geschiebemgl.) 9. 0 m. Yon 0.0 bis 9.0 m.
Geschiebemergel (mit wasserf. 20. 0 m. Yon 9.0 bis 29. 0 m.
Sand schiebt).
Summa 29.0 m.
7. Brinkhof.
Mächtigk.
Tiefe.
Brunnenkessel ....
ca.
10
m.
Yon
0 bis
10
m.
„Lehmiger Sand“ . . .
ca.
20
m.
Yon
10 bis
30
m.
Geschiebemergel . . .
ca.
60
m.
Yon
30 bis
90
m.
Sand (wasserführend) . .
ca.
i.«
m.
Yon
90 bis
91
m.
Summa
ca.
91
m.
8. Ziegelei Devin.
Lehmiger Sand . ca. 3 m.
Thonmergel . 8 — 12 m.
Wasserführ. Sand . 2 - 3 m.
Geschiebemergel, nicht durchteuft ca. 1 m.
Der Untergrund der Stadt Stralsund und ihrer nächsten
Umgebung besteht demnach zunächst, wie zu erwarten, aus
Quartär und darunter aus Schichten der Kreideformation,
während die Tertiärformation in der Gegend nicht vertreten
zu sein scheint.
von Stralsund und einige, der dortigen Trinlcwasserverhältmsse. 7
I. Die Quartärformation
ist vertreten durch Alluvialbildungen (Torf, jungalluvialen
Sand und Thon), welche etwa 1.5 bis 6 m. , nur local in
grösserer Stärke entwickelt sind. In Bezug auf das darauf
folgende Diluvium lässt sich aus den Bohrtabellen nicht mit
Sicherheit erkennen, bis zu welcher Mächtigkeit das obere
Diluvium auftritt, da die von den einzelnen Bohrunternehmern
verschieden gewählten Bezeichnungen Lehm, gelber Lehm,
Letten, blauer Thon, Schlick u. dergl. bei dem nicht seltenen
Mangel an Bohrproben auf beide Abtheilungen anwendbar
sind. Indessen kann im Hinblick auf Nachbargegenden und
die natürlichen Küstenprofile angenommen werden, dass das
obere Diluvium als gelber Lehmmergel und dessen lehmiger
Sand und zwar bis zu einer in der Tiefe von etwa 20 Meter
mehrfach erbohrten, wasserführenden Sandschicht auftritt.
Jedenfalls bildet der Geschiebemergel, wie auch an der gegen¬
überliegenden Rtigen’schen Küste zu erkennen ist, die Haupt¬
masse des Stralsunder Diluviums mit einer Gesammt-Mächtig-
keit von 45—56 Meter, welche bei Brinkhof sogar 60 Meter er¬
reicht und dort wahrscheinlich noch übersteigt. Nach unten zu
geht er in eine wohl nur durch glaciale Aufarbeitung zu er¬
klärende, ca. 8 m., local bis 9 m. mächtige Mischung von
grandigem Sand, Geröll, Feuersteinen und Kreidetrümmern
über und lagert also ziemlich unmittelbar auf der Kreide selbst.
In diesen Geschiebemergel sind einzelne wasserführende Sand¬
lagen eingebettet, welche jedoch als regelmässige Einlagerun¬
gen auf längere Strecken hin sich nicht immer verfolgen
lassen. Unter Stralsund sind hauptsächlich zwei solcher Sand¬
schichten nachgewiesen. Die erste, obere, ist allerdings in
einigen Bohrlöchern nicht gefunden , d. h. vielleicht nicht
beachtet worden, da sich der Uebergang von sehr sandigem
Mergel in reinen Diluvialsand mitunter sehr allmählich voll¬
zieht. Die zweite Sandschicht, in Tiefen zwischen 30 — 40 m.,
scheint hauptsächlich unter der südlichen Hälfte der Stadt
entwickelt zu sein. Eine dritte, mit Geröll und Kreide ge¬
mengte Sandablagerung endlich bildet die erwähnte Grenz¬
zone zwischen Diluvium und Kreide, aus welcher grösstentheils
das Wasser der einzelnen Tief-Brunnen gewonnen wird.
8
Scholz: Ueher die geologische Beschaffenheit der Gegend
Da die Qualität des von den genannten Schichten ge¬
lieferten Wassers, wie oben angedeutet, schon manche geo¬
logische Verhältnisse durchschimmern lässt, — so seien zu¬
nächst diese Wässer einer näheren Betrachtung unterzogen.
Das Alluvium, als oberste und jüngste Quartärbildung
ist nebst der sog. Culturschicht als Wasserspender für Stral¬
sund nur in negativem Sinne beachtenswerth, da sein Was¬
ser von der Cultur so stark beeinflusst wird, dass sich grade
daraus die Notwendigkeit der Beschaffung besseren Trink¬
wassers aus tiefem Schichten ergeben hat. Auffällig ist es,
dass das Wasser des die städtische Wasserleitung speisenden
Knieperteichs, welches wahrscheinlich nur dem Alluvium ent¬
stammt, nach einer Analyse vom 9./12. 1881 durchaus ge¬
nügende Zusammensetzung zeigt. Er enthält darnach nämlich
bei 8.7° Gesammt-Härte (deutsch) organ. Subst. 5.74, Schwe¬
felsäure 3.2, Chlor 2.84 in 100 000 Theilen und fast keine
Stickstoffverbindungen. Dagegen fand Plettner schon vor
längerer Zeit in 100 000 Theilen ca. 24—28 feste Bestand-
theile , wovon ca. ein Drittel bis zur Hälfte Organisches.
Auch soll zu manchen Jahreszeiten das Wasser völlig unge-
niessbar sein und scheint sonach in der Zusammensetzung
stark zu schwanken.
Das Diluvium, welches auch viele der älteren Stadt¬
brunnen noch erreichen, zeigt in den Wässern seiner Sand¬
schichten folgenden Gehalt an einigen für die geologische
Beurtheilung und die Benutzung zu Trinkwasser wichtigeren
Bestandteilen, bei deren Aufzählung ich die Bohrlöcher, welche
analysirte Proben geliefert haben, nach den Tiefen, aus denen
die Proben entnommen wurden, geordnet habe.
von Stralsund und einige der dortigen Trinkwasserverhältnisse. 9
1. Neue Kaserne, nördlicher Brunnen.
Tiefe, aus welch, d.
Wasserpr. stammt.
I.
An. v. Nov. 80.
11 m.
II.
Nov. 80.
18 m.
III.
30. 1 12. 80.
18 m.
IV.
Nov. 81.
18 m.
Gesammt-Härte in
deutschen Graden.
18.°
15.°
20.°
24.°
In 100 000 Theilen
sind enthalten:
Chlor .
8-52
14.2
12-78
11*36
Schwefelsäure . .
6.0
2-o
l-o
9.0
Salpetrige Säure .
0.(j
0.5
0.2
0.3
Salpetersäure . .
0-o
O.o
0 . o
O.o
Ammoniac . . .
haltig.
haltig.
haltig.
9*05
Organ. Substanz .
14-485
10*535
Q
°-385
^•180 •
Analytiker ad
1 bis 7 nicht genannt. Analyse in den
Acten der K. Garnisonbauinspection mitj
^etheilt.
2. Brunnen
des Albrechtschen
Grundstücks.
(Gruppe IV, Nro. 4).
I.
II.
Anl.v. 30. |12.80.
Nov.81.
Tiefe ....
. . 22 m.
22 m.
(wahrscheinlich aber
aus 32 m. bis 33 m.
Härte .
. 28.°
40.°!
In 100 000 Theilen :
Chlor .
20.57 •
Schwefels. . . .
. . 16. o
18-4]
Salpetrige S. . .
. 20.„ !
17.°!
Salpeters.
O.o
Ammoniac . . .
. O.o
o.»
Organ. S. ...
12..5
1^-80
10 Scholz: Ueher die geologische Beschaffenheit der Gegend
3. Neue Kaserne, nördl. Br.
Anal, vom 30. |8. 80.
Tiefe der Probe ... 33 m.| zusammen-
und 21 m. I geflossen.
Härte . 24.°
In 100 000 Theilen :
Chlor . 10. 65
Schwefels . 8.0
Salpetrige S . 0.4
•Salpeters . 0.0
Ammoniac . 0.o
Organ. Subst. .
. . . 15.«
30
4. N. K. südlicher Brunnen. 5
. Südl. Bohrloch.
(Gr. IV,
Nro. 2).
(Gr. IV, Nro. 3).
I.
II.
III.
An. v. 30.|8. 80.
18.|3. 81.
30. |8. 80.
Tiefe .
33 m.
33 m.
30 m.
Härte .
22.°
22.»
28.80
In 100 000 Theilen :
Chlor .
15.62
14.2
12-07
Schwefels .
12-0
4-„
8-o
Salpetrige S .
0.6
0.27
0-6
Salpeters .
O.Q
O.o
6*o
Ammoniac .
haltig.
haltig.
vorhanden.
Organ. Subst .
21.775
16-94
14.«
6. Neue Kaserne, Nordbr.
7. Johanniskaserne.
I.
Anal. v. 30.|8. 80. II. Anal.v. 19.|8.80.
Tiefe .
51 m.
63.7 m.
Härte .
. 26.0
8.7°
In 100 000 Theilen :
Chlor .
Schwefels .
Salpetrige S. ...
Salpeters .
Ammoniac ....
Organ. Subst. . . .
(Reinh. d. Probe ad 7 zweifelh.)
284.o !
16.0
0.6
O.o
0 • o
12*15
39-05
12.0
O.5
0.0
vorhanden.
32. 81
von Stralsund und einige der dortigen Trinku'asserverhältnisse. 1 \
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Auffällig ist in einigen Brunnen der hohe Gehalt an
organischer Substanz bez. an den derselben zu verdankenden
Stickstoffverbindungen. Da indessen in den Diluvialschichten
an sich, in denen diese Brunnen stehen, organische Stick¬
stoffverbindungen nicht nachgewiesen sind und nach der
ganzen Entstehungsweise dieser Schichten im Allgemeinen
und abgesehen von eingeschwemmten, ebenfalls nicht nach¬
gewiesenen Braunkohlenparthien auch nicht wahrscheinlich
sind, — so ist der Gehalt daran wohl nur einer Verunreini-
\2 Scholz: Ueber die geologische Beschaffenheit der Gegend
gung durch die Bohrung selbst und durch neueingesetzte Brun¬
nenrohre zuzuschreiben, könnte bei dem Älbrechtschen Brun¬
nen wohl auch durch nicht völlig abgeschlossene Zuflüsse
von obenher bedingt sein, welche bei den übrigen Brunnen
dem Augenschein nach vermieden worden sind.
t
Die Differenzen in den einzelnen Analysen bei ein- und
demselben Brunnen resp. Bohrloch weisen auf äussere, ver¬
ändernde und zu verschiedenen Zeiten verschieden wirkende
Ursachen hin. Beim Dänholmbohrloch stammt die Wasser¬
probe, wie ich vermuthe, schon aus den Sanden von 9 bis
26 m. Tiefe und nicht aus der tiefsten Schicht über der
Kreide oder ist durch obere Wasser verdünnt worden.
Im Allgemeinen ergeben die Analysen, dass das ge-
sanimte Diluvialwasser Stralsund’s sehr hart und, gleich den
Wässern aus den obersten Schichten, als Trinkwasser und zu
technischen Zwecken wenig verwendbar ist. Aus der der
Kreide zunächstliegenden Uebergangsschicht findet bei einigen
Brunnen auch gegenwärtig noch, eine Gasentwicklung
statt, welche ausser durch die von Herrn Livonius
qualitativ-analytisch nachgewiesene Kohlensäure, die wohl
auch den Eisengehalt dieser Wässer und den bei ihrem
Entweichen nach einigem Stehen erfolgenden Ockerabsatz
derselben bedingt, möglicherweise auch noch durch andere
Gase hervorgerufen ist. Der Brunnen der Schlossbrauerei soll
nach Mittheilung des Herrn Consul Dickel mann aus der
Tiefe übelriechende Gase entwickelt haben, sein Wasser nach
einiger Zeit aber ebenfalls einen gelblichen Niederschlag ab¬
setzen. Jedenfalls bedarf diese Kohlensäure-Entwicklung, die
am stärksten beim Brunnen des neuen Marktes und der Ja¬
kobikirche, weniger an der neuen Kaserne zu beobachten ist,
noch einer von mir beabsichtigten näheren Untersuchung und
steht vielleicht in Beziehung zu der bei Greifswald schon
seit Jahren beobachteten Gasentwicklung aus dem Bohrloche
an der Giermannschen Villa [Wolgasterstrasse] *). Eine Zu¬
nahme an gewissen Bestandtheilen in den Wässern von
oben nach unten und zwar zunächst an Chlornatrium, auf
]) Diese Ztschr. Jahrg. 1880, p. 68.
von Stralsund und einige der dortigen TrinJcwasserverhältnisse. 13
%
dessen Vorhandensein aus dem Gehalt an Chlor wohl ohne
weiteres geschlossen werden kann, ist nach der obigen Ta¬
belle unzweifelhaft vorhanden , wenn schon beim Brunnen
am Semlower Thore und an der neuen Kaserne am energisch¬
sten hervortretend. Während dies aber bei Stralsund deutlich
nachzuweisen ist, finden sich bei Greifswald innerhalb der
in der ganzen Gegend der Hauptsache nach oben nur hartes
Wasser liefernden Diluvialschichten einzelne Sandschichten,
welche neben dem für letzteren Ort ja leicht erklärlichen
Gehalt an Chlor bez. Chlornatrium ein auffälliges Zurücktreten
des Kalkgehalts zeigen, d. h. sehr weich sind, was ja auch
bei einzelnen Berliner Tief-Brunnen der Kall ist. Es wei¬
sen nämlich die Wässer in der östlichen Hälfte des Greifs-
• walder Stadtgebietes (unter der westlichen liegen schon in
geringerer Tiefe sooleführende Schichten) durchgängig hohe
Gesammt-Härte-Grade (über 55 0 fr. = 30 ü deutsch) in den
oberen Teufen auf, wogegen z. B. das Wasser aus 68 m.
Tiefe des vorhin genannten Bohrlochs nur 4° Härte fr. (=
2.25° deutsch), das Wasser der Kesslerschon Fabrik bei 37 m.
Tiefe 7 — 9° H. fr. (= 4 — 5 deutsch), letzteres bei allerdings
noch 22.7 Chlo» in 100 000 — das Wasser endlich vom
Plateau von Helmshagen, oben noch sehr hart (55° fr. H.), in
einer Tiefe von 56 m. nur noch 20 — 21° H. fr. (— 11 —
IIV20 d.) besitzt.
Kehren wir nach dieser Betrachtung einiger Wasserver¬
hältnisse noch einmal zu den geologischen Quartärverhält¬
nissen zurück, so ergiebt sich aus den Profilen der südlichen
Bohrlöcher, dass südlich der Stadt das Diluvium an Mächtig¬
keit zunimmt. An der neuen Kaserne selbst wird die Kreide
noch bei ca. 60 m. Tiefe erreicht, — in Bohrloch Gruppe IV,
Nro. 3 noöli nicht bei 73 m., bei Brinkhof, welches freilich
schon 9 Kilom. südlich Stralsund und jenseits des Andershof-
Deviner Höhenzugs liegt, — sogar noch nicht bei 90 m. Es
deuten ja auch die Thonmergel der Deviner Ziegelei auf ein
mächtigeres Geschiebcmergcl-Diluvium in der Nähe hin, aus
welchem sie als Schlämmproducte der Gletscherschmelze sich
abgesetzt haben.
14 Scholz : Ueber die geologische Beschaffenheit der Gegend
II. Die Kreideformation.
Die Stralsunder Kreide gehört, soweit ihr Feuersteingehalt
und die aus den wenigen zu erlangenden Proben zu con-
statirende Beschaffenheit beweist, zu der oberen Abtheilung
der Formation, der sogen. Schreib-Kreide, welche ja auch in
dem nahen westlichen Theil von Rügen bei Altenkamp, 7
Kilom. südwestlich von Putbus, entwickelt ist und dort als
Baggerkreide aus dem Meere genommen wird. Ueber die
Mächtigkeit der Schreib-Kreide speciell unter Stralsund lassen
sich keine bestimmte Vermuthungen aufstellen, da dieselbe in
Neuvorpommern, soviel mir bekannt, wo sie überhaupt auf-
tritt, noch nicht durchteuft wurde und das unten specieller
beschriebene Bohrloch von Lassan bei dem Mangel an Proben
zur Zeit noch nicht beweiskräftig genug erscheint. Indessen
deuten die Nähe der Greifswalder Schichten, — die noch
weiter westlich von Greifswald auf Stralsund zuliegende
Salzstelle bei Jeser, — die ehemalige Saline von Richten¬
berg (schon seit dem Jahre 1231 bekannt) — und endlich
der Jura von Grimmen sämmtlich darauf hin , dass ältere
Glieder der Kreide -Formation resp. ältere Formationen auch
unter Stralsund in nicht bedeutender Tiefe anstehen. Sollte
übrigens hier die Schreib - Kreide noch zu Beginn der
Diluvialzeit eine bedeutendere, etwa dem Vorkommen auf
Rügen entsprechende Mächtigkeit besessen haben, so ist die¬
selbe, wie auch E. Geinitz für die Mecklenburger Kreide an¬
deutet, jedenfalls durch eine theilweise Zerstörung während
der Glacialzeit gemindert worden , worauf das V orkommen
grosser Kreide -Blöcke als Geschiebe-Massen im Diluvium z.
B. bei Greifswald1) hindeutet.
Yon diesen älteren' Gliedern der Kreideformation würde
man also auch unter Stralsund dieselben Schichten, wie in
Greifswald zu erwarten haben. Das Greifswalder Bohrloch,
dessen Profil in dieser Zeitschrift2) mitgetheilt ist, zeigte unter
dem ca. 55 m. mächtigen Diluvium allerdings überhaupt keine
Schreibkreide mehr, dagegen schon im Pläner bis 82 m. Tiefe
G Diese Zeitschr., 1. c. p. 61 — 62.
a) 1. c. aus Zeitschr. d. geol. Ges. Bd. 26. p. 974.
von Stralsund und einige der dortigen Trinkwasserverhältnisse. 15
1 °/0ige Soole, welche bei 146 m. im Gault 5 %ig, bei 166 m.
schon 7 %ig wird. In den Wässern der Stralsunder Bohr¬
löcher beträgt nach den oben mitgetheilten Analysen der
Chlor-Gehalt :
Am neuen Markt bei 42 m. Tiefe
in 100000 Theilen 49. 7 Theile, entspreck. 81. 0 NaCl = 0.08l # NaCl.
An der Jacobikirche bei 52 m. Tiefe
in 100000 Theilen 61. 77 Theile, entsprech. 101. 0 NaCl = 0., 0l -®- NaCl.
Am Semlower Thor bei 50 m. Tiefe
in 100000 Theilen 222. 23 Theile, entspr. 366. 0 NaCl = 0.,fl6 £ NaCl.
An der neuen Kaserne bei 51 m. Tiefe
in 100000 Theilen 284.0 Theile entsprech. 470.o NaCl = 0.47o#NaCl.
Es scheint mir nicht wahrscheinlich, dass dieser Salz¬
gehalt quartären Ursprungs ist, da sein Auftreten in und
unter dem diluvialen Geschiebemergel mit der Entstehung des
letzteren als Gletschermoräne, also einer Süsswasserbildung,
nicht harmoniren würde, ein Einfluss der heutigen oder der
altalluvialen Ostsee, etwa durch seitlichen Druck1) sich auf
Tiefen, wie die angegebenen bei dem geringen Salzgehalt der
Ostsee und ihrer Seichtigkeit bei Stralsund kaum noch be¬
merkbar machen könnte , — zumal die Sooleconcentration
gerade nach unten hin zunimmt, — und da sich endlich für
die Möglichkeit, dass die dortige Soole den Rückstand des
Salzwassers eines zur Glacialzeit denkbaren, die Kreide be¬
deckenden Quartär-Meeres, in welches sich die Gletscher mit
ihren Moränen hineingeschoben hätten, zunächst ebenso keine
direkten Beweise beibringen lassen, wie für einen Salzgehalt,
den sich die Schreibkreide als ehemaliger Meeresschlamm aus
der Zeit ihres Absatzes conservirt hätte 2).
Nimmt man aber an, dass der Salzgehalt auch der Stral¬
sunder Brunnen -Wässer älteren Formationen oder wenig¬
stens älteren Abtheilungen der Kreideformation entstammt, so
stimmt dies mit der geographischen Lage Stralsunds zu den
übrigen neuvorpommerschen resp. einzelnen Mecklenburger
Salz -Vorkommnissen gut überein. Denn während die Meck¬
lenburger Soolstellen und dort mit ihnen die Jura-, Kreide-
1) P. Lehmann, Pommerns Küste etc. 1878. p. 4.
2) Leber die Abstammung von Salzquellen aus der Kreide vergl.
A. Jentzsch in: Der Untergrund des norddeutschen Flachlandes.
Königsberg 1881. p. 6.
16 Schal z : Ueher die geologische Beschaffenheit der Gegend
und resp. Tertiärschichten, welche als auf die jene bedingenden
Steinsalzlager aufgelagert vermuthet werden können, mit dem
NW zu SO streichenden hercynischen Erhebungssysteme über¬
einstimmen1), streicht der „Pommersche Soolquellenzug“, in der
hierzu fast rechtwinkligen Richtung von SW und NO des soge¬
nannten erzgebirgischen Systems2), wie sich aus den Linien er-
giebt, welche die von Wes sei3) angegebenen Soolstellen Gross-
Wackow (SW) — Dobberphul — Rackow — Königsmühl —
Schwirssin — Klein -Justin (NO) verbinden. Diesem Streichen
kann übrigens auch die Richtung des neuvorpommer-meck-
lenburgischen Jurastreichens4) angepasst werden, sowie die von
Wessel5) und Anderen beschriebenen Jura-Vorkommnisse von
Lebbin (in SW) bis Kammin (in NO) — dem sich Colberg
noch weiter östlich anschliesst.
Wir haben dann für Neuvorpommerns Salzquellen die
Richtung Trieb sees (südwestl. • von der Saline Sülz i./'M.)
Richtenberg — Stralsund und die ihr parallele Richtung
Greifswald - Reddewitz auf Mönchgut. — Auch die Linie
Koblenz bei Pasewalk, wo sich ebenfalls eine Soolquelle be¬
findet, — nach Gr.-Wackow (südöstl. Wohin) wäre hier hervor¬
zuheben. Pür eine Linie Greifswald-Reddewitz würde zu¬
nächst nur eine historische Notiz , welche ich den Mit¬
theilungen der Herren Prof. Pyl und Dr. Perlbach verdanke,
sprechen , da ein Vorkommen von Soole auf Mönchgut in
den höheren Theilen z. Z. nicht bekannt ist, in den niedrigen
Theilen direct au der See aber nur schwierig nachzuweisen
sein wird. Eine Salzgewinnung auf der Halbinsel Redde¬
witz („Radewitz“) auf Mönchgut, dem südöstlichsten Theile
Rügens, ist nämlich in einer Urkunde vom Jahre 1295 6)
insofern erwähnt, als darin dem Kloster Eldena erlaubt
wird, auf Radevitz „sal in pratis comburere.“ Sollte unter
’) E. Geinitz, Beitrag zur Geol. Mecklenburgs. 1880. p. 94.
2) Lossen, Der Boden der Stadt Berlin. 1879. p. 745 ff.
3) Zeitschr. d. d. geol. Ges. Band. 6. 1854. Tafel IV, Karte der
Juraformation an der Odermündung.
4) Geinitz a. a. 0. p. 96, welcher allerdings eher die hercynische
Richtung dieses Streichens anzunehmen geneigt ist, und B e r e n d t, Zeit¬
schrift d. d. geol. Ges. Bd. 26. 1874, p. 826.
5) a. a. 0. p. 805.
6) Fabricius; Urkunden zum Fürstenthum Rügen. Nr. 408. CCXLIV.
von Stralsund und einige der dortigen Trinkwasserverhältnisse. 17
diesem Ausdrucke nickt bloss die allgemeine schematische
Erlaubniss, eventuelle Salz Vorkommnisse zu verwerthen —
zu verstehen und sollte , wenn dies nicht der Fall, auch
nicht eine Gewinnung von See salz damit gemeint sein,
wie sie durch Ab brennen (comburere) der das Seewasser
aulsaugenden flachliegenden Küstentorfmoore (prata) oder
durch künstliche Verdunstung in Gruben geleiteten See¬
wassers bewerkstelligt worden sein könnte, was wiederum bei
der Verflüchtigung des Chlornatriums in hoher Tempe¬
ratur und andererseits bei dem geringen Salzgehalt der
Ostsee nicht wahrscheinlich ist, — so würde nur die An¬
nahme eines Vorkommens natürlicher .Soole übrig bleiben
und damit die angedeutete Streichungsrichtung vervollständigt
werden, welche von den Fallrichtungen der Kreideformation
nicht abhängig zu sein braucht.
In Bezug auf das Auftreten älterer Formationsglieder der
Kreide unter der Schreibkreide auf der Stralsund entgegen¬
gesetzten Seite und ungefähr in derselben Entfernung von
Greifswald nach SO, wie Stralsund nach NW, möge hier
noch des schon oben (p. 14) erwähnten, im Jahre 1879 bei
Lassan an der Peene 1,5 m. über Pegel auf dem Grundstücke
des Kaufmanns Hall angelegten Brunnens gedacht sein, dessen
Profil mir Herr Brunnenmacher Päpke, als betreffender Tech¬
niker mittheilte. Es ist folgendes :
Sand und Geschiebe-„Lehmu . 6.3 m.
Geschiebemergel . 27.5 m.
Kreide mit Flint (ohne nord. Geschiebe, zieml. hart) 10. 0 m.
Grandiger Sand, „kokligu . . 0.5 m.
Kreide (sehr hart) . 26.5 m.
Feiner weisser Sand, nicht durchteuft . 1.0 m.
71. 8 m.
Proben waren nicht zu erlangen, daher leider nicht mit
Sicherheit zu bestimmen, ob der unterste Sand nicht etwa
noch Diluvialsand ist, welchenfalls sich die darüberliegende
Kreide als grosses Geschiebe, wie bei Greifswald, heraus-
stellen würde. Die Beschaffenheit des bei dieser Tiefe ge¬
fundenen Wassers ist indcss derartig, dass dieselbe, auch in
Vergleich zu den oben erwähnten weichen Wässern des
Greifswalder Diluviums, — auffällt, — allerdings aber auch
b
18 Scholz : Ueher die geologische Beschaffenheit der Gegend etc.
nicht dafür spricht, dass bald darunter schon sooleführende
Schichten zu erwarten sind. Die Analyse des Apotheker
Katerbau in Lassan hat s. Zt. ergeben: Gesammt-Härte
12.5° (deutsch), Abdampfrückstand 0.374 Gr. pro Liter, also =
0-o3%, keine Stickstoffverbindungen, Chlor und Schwefelsäure
nur Spuren, welche Verhältnisse ich in einer vor Kurzem
erhaltenen Probe dieses Wassers mit der Massgabe bestätigt
fand, dass die Härte sogar nur 10.56c, — der Chlorgehalt da¬
gegen 4.ß4 in 100 000 betrug, also so niedrig war, wie er in
den Diluvialwässern hiesiger Gegend nicht gefunden wird.
Vergleicht man hiermit das Profil eines in Peenemünde
gebohrten Bruiuiens, .der nach den Angaben Päpke’s bei einer
Tiefe von ca. 80 m. 28 m. Diluvium über 52 m. Kreide, in
dieser aber schwachsalziges Wasser aufwies, so würde dies,
abgesehen von der hier grösseren Mächtigkeit der Kreide, wieder
den Beweis geben, dass die tieferen, wahrscheinlich die Soole lie¬
fernden Trias- oder Dyasschichten in sehr ungleichem Grade ihre
Wirkung nach oben hin geltend machen, wie ja auch die
Soolstellen an der Oberfläche des Diluviums, abgesehen von
den sie verbindenden Streichungslinien , stets nur als ein¬
zelne, scharfumschriebene Districte gefunden werden.
Nach einem mir vorliegenden Verzeichnisse der „Kjöben-
havns nye Brandborings-Selskabu von 1873 — 74 sind in und
unter „Kalk og flindt“ wasserführende Schichten von „hvidt
Sand“ erbohrt worden, welche von dem unzweifelhaft quar¬
tären „guult Sand“ unb „flyde Sand“ anderer Bohrprofile jeden¬
falls unterschieden werden müssen. Wo ein „hvidt Sand“ für
einige Profile als auch im guult und flyde Sand vorkommend
erwähnt wird, ist er stets als über Kalk og flindt liegend
verzeichnet, also mit dem erstgenannten hvidt Sand nicht zu
indentificiren. In den unter einer Kreideschicht entwickel¬
ten Sanden haben wir es möglicherweise zwar auch noch
mit Diluvialsanden, und mit der betr. Kreide als einem Ge¬
schiebe zu thun, — oder vielleicht sogar mit in der Schreib¬
kreide selbst vorkommenden Sandeinlagerungen, worüber mir
aus hiesiger Gegend allerdings nichts bekannt geworden ist.
Sollte dies aber nicht der Pall sein, so würden auch diese
Sande älteren Kreidegliedern angehören und ihr Vorkommen
Licht auf das Alter des Lassaner Sandes werfen.
Schwanert: Vorkommen grosser Kry stalle in einem alten Harn. ^[9
Vorkommen grosser Krystalle von Ammon-
Magnesiumphospkat in einem etwa 100 Jahre
alten Harn.
Von
Prof. H. Schwanert.
Durch die Güte des Herrn Dr. med. Gruwe in Wadersloh
in Westphalen gelangte Herr Prof. Landois hier in Besitz
einer Flasche Harn, die vor Kurzem in einem Sarge neben
einem vollständig erhaltenen menschlichen Skelett gefunden
worden war. Der Sarg fand sich mit mehreren anderen unter
dem Steinpflaster einer Strasse, welche unmittelbar an einem
alten, seit 1830 nicht mehr als Beerdigungsstätte gebrauchten
Kirchhofe vorbeiführt und nachweislich 1827 oder 1828 auf
einem Theil dieses Kirchhofes selbst angelegt ist. Das auf¬
fallende Vorkommen einer Flasche mit Harn in einem Sarge
erklärt sich aus dem sehr alten und noch jetzt von vielen
Bewohnern jener Gegend gehegten Aberglauben, dass die
Heilung eines an nächtlichen Bettnässen Leidenden herbei¬
geführt werde, wenn man dessen Harn, womöglich heimlich,
zur Leiche eines Verwandten in den Sarg lege. Höchst wahr¬
scheinlich ist auch dieser Harn in abergläubischer Hoffnung
in den Sarg gelegt worden. Er dürfte immerhin 90 bis 100
Jahre alt sein, da anzunehmen ist, dass man einen Theil des
Kirchhofes für den Strassenbau erst verwendete, nachdem 30
bis 40 Jahre vorher die letzten Leichen auf demselben be¬
graben waren. Es erschien Herrn Prof. Landois und mir
b*
20 Sch w an er t : Vorkommen grosser Kry stalle in einem alten Harn.
interessant den Harn einer Untersuchung zu unterwerfen, die
Veränderung der Harnbestandtheile nach -so langer Zeit ken¬
nen zu lernen.
Der Harn befand sich in einem grünen, kurzhalsigen
Cylinderglase, das stellenweis matt erschien ; es war mit einem
dunkelbraun gefärbten Kork verschlossen, der in den Hals
etwas eingedrückt war. Es enthielt eine dunkelbraungelbe
Flüssigkeit, in der weisse und braune Körnchen und drei
grössere Krystalle suspendirt waren.
Die alkalisch reagirende abfiltrirte Flüssigkeit, deren
Menge 55 g betragen hatte, von der jedoch nur noch 35 g
zur Untersuchung zu Gebote standen, roch stark ammonia-
kalisch, enthielt Phosphate, Chloride und Ammoniumcarbonat
gelöst, aber keinen Harnstoff, der vollständig in Ammonium¬
carbonat übergegangen war, denn dem Rückstände, welchen
ein Theil der mit Barytwasser - und Baryumnitratlösung ver¬
setzten Flüssigkeit nach dem Filtriren und Abdampfen hinter-
liess, konnte Weingeist keinen Harnstoff entziehen. Die Be¬
stimmung des gelösten Ammoniumcarbonats ergab jedoch,
dass der Harn seiner Zeit annähernd 2.2 — 2.3 pCt. Harnstoff
enthalten haben muss.
Das Sediment des Harns bestand aus mikroskopisch klei¬
nen, weissen und braunen Partikelchen, von denen die erste-
ren, zwei bis vierkörnig aneinander gelagert, Calciumcarbonat
waren, die letzteren in Klümpchen vereinigte Bruchstücke
von Krystallen bildeten und Ammoniumurat waren. Letztere
verflüchtigten sich beim Erhitzen vollständig, entwickelten
mit Natronlauge übergossen reichlich Ammoniakgas und ga¬
ben eine ausgezeichnet schöne Murexydreaktion.
Die drei grösseren Krystalle, welche sich im Sediment
vorfanden, waren übereinstimmend fast weiss, durchscheinend,
monoklin, wogen 91mg und waren Ammonmagnesiumphos¬
phat. Der eine derselben war 8 mm lang, ein etwas kürzerer
wurde untersucht. Er war in Wasser unlöslich, wurde beim
Sieden mit Wasser matt, trübe, liess sich leicht zerdrücken,
gab beim Uebergiessen mit Natronlauge reichlich Ammoniak¬
gas, seine Lösung in Salpetersäure schied nach Zusatz von
Ammoniummolybdat sogleich, und mehr beim Sieden der
Mischung, gelbes Ammoniumphosphormoiybdat aus.
Sckwanert: Vorkommen grosser Kry stalle in einem alten Harn. 21
Von den in den aufgefundenen 55 ccm Harn bei einem
Durchschnittsgehalt von 0.23 pCt. Phosphorsäure vorkommen¬
den 12.65 cg Phosphorsäure waren 2.63 cg zur Bildung der
9 cg wiegenden Ammonmagnesiumphosphatkrystalle verbraucht
worden, noch etwa 1 dg Phosphorsäure war als Phosphat in
Lösung geblieben.
22
v. F eilitzs ch : Ueber eine cylindrische Thermosäule.
Ueber eine
cylindrische Thermosäule.
Von
Dr. v. Feilitzsch, Professor.
Die weitaus wichtigste Verwendung finden die thermo¬
elektrischen Säulen bei Untersuchungen der strahlenden
Wärme, und hier hat man es in den überwiegend meisten
Fällen mit cylindrischen oder conischen Strahlenbündeln zu
thun, deren Wirkung auf die Säule gemessen werden soll.
Nun pflegt man aber die Säulen in der Weise herzustellen,
dass man Antimon- oder Wismuthplatten giesst, diese in
Stäbchen zersägt, und aus letzteren dann die Säule zusammen¬
setzt. Auf diesem Wege erhält man vierkantige Stäbchen
und durch deren Zusammensetzung Säulen mit quadratischem
Querschnitt, die man dann mit cylindrischen Fassungen um-
giebt und mit den nöthigen cylindrischen oder conischen An¬
sätzen zur weiteren Untersuchung versieht.
Die Mängel dieser Construction liegen jedoch auf der
Hand. Es kommen nämlich entweder nicht alle in den
Apparat eintretenden Wärmestrahlen zur Wirkung und dann
ist man veranlasst, unnöthig grosse Wärmequellen, Diaphrag¬
men, Prüfungsobjekte u. s. w. in Anwendung zu bringen,
oder gar auf die Versuche zu verzichten, wenn solche nicht
zu beschaffen sind. Im anderen Falle würde aber ein An-
theil der Thermoelemente nicht von den Wärmestrahlen ge¬
troffen werden, und dann erleidet der beabsichtigte Strom
v. F eilitzsch: LJ eher eine cy lindrische Thermosäule.
23
durch Widerstand und elektromotorische Gegenkraft eine nicht
zu unterschätzende Schwächung. Ich versuchte daher Säulen
mit kreisförmigem Querschnitt zu construiren, und da es mir
gelang, eine sehr brauchbare Vorrichtung zu gewinnen, stehe
ich nicht an, durch diese kleine Mittheilung zur Nachahmung
und eventuellen Verbesserung Veranlassung zu geben.
Bei der Construction cylindrischer Thermosäulen sind
vierkantige Stäbchen nicht füglich zu verwenden. Ich ver¬
suchte daher dreikantige in folgender Seise zu gewinnen.
An zwei Seitenflächen eines regelmässig dreiseitigen Messing-
prisma’s von ein paar Centimeter Seite und beliebiger Länge
wurde ein etwas starkes Messingblech eng anschliessend ge¬
passt. ■ Dann wurde eine Kante des Prisma’ s so#eit abgefeilt,
dass durch VViederein legen in das umgebende Blech der
Hohlraum für das zu giessende Stäbchen gewonnen war. Der
Raum für Einguss und verlornen Kopf wird gebildet durch
den oberen Querschnitt des Prisma’s einerseits und durch das
über denselben hervorragende Blech anderseits. Zum antilogen
Metall wurde wie gewöhnlich das Wismuth verwendet, welches
leicht fliesst und sich ohne Schwierigkeit mit der Peile bear¬
beiten lässt. Als analoges Metall wurde eine Legirung von
zwei Theilen Antimon und einen Theil Zink gewählt, welche
bekanntlich noch ausserhalb des reinen Antimon in der thermo¬
elektrischen Spannungsreihe steht. Diese Legirung ist aber
äusserst spröde, und, da sie kaum von der Peile angegriffen
wird, wurden die Stäbchen verwendet, wie sie aus dem Guss
hervorgingen. Gleichzeitig ist aber dieselbe ziemlich schwer¬
flüssig, und darum musste die Form beim Giessen durch eine
untergestellte Lampe stark erwärmt werden, wenn das Metall
gut ausfliessen sollte.
Die so gewonnenen Stäbchen wurden alsdann in der
Mitte mit sehr dünnem gefirnisstem Papier umwickelt, an den
Enden in geeigneter Weise dachförmig zugeschärft und an
den gegenüber liegenden Stellen die Antimonstäbchen durch
ein Tröpfchen Sclmellloth um soviel verdickt, als die Papier¬
lagen betragen. Alsdann wurden sie zusammengelegt und
an den Enden nacheinander mit einem leichtflüssigen Metall
aneinandergelöthet, nachdem etwaige kleine Zwischenräume
mit Gips ausgegossen worden waren.
24
v. Feilitz s ch : Ueber eine cylindrische Thermosäule.
In dieser Weise konnten 42 Paare zu einer fortlaufen¬
den Reihe zusammenge¬
fügt werden, wie es in
nebenstehender schemati¬
scher Figur im Querschnitt
und vergrössert dargestellt
ist. Die helleren Dreiecke
bedeuten die Querschnitte
der Wismuthstäbchen, die
dunkleren die der Anti¬
mon - Zink - Legirung, die
oberen Löthstellen sind
durch stärkere, die unteren
durch schwächere Verbin¬
dungsstriche zwischen den einzelnen Dreiecken angedeutet.
Die Reihe beginnt bei a und • endet bei e. Nur 5 Räume
an dem Kreisumfang fanden keine Verwendung, können je¬
doch auch noch ausgenützt werden, wenn man indirekte Ver¬
löthungen der Enden mit Hülfe aufgelegter Metailstreifchen
nicht vermeiden will.
Die fertiggestellte Säule wurde schliesslich in ein Fassung
von etwa 2l/2 Centimeter Durchmesser und der anderweit
üblichen Form eingelassen, und mit Gips befestigt. Mit einiger
Geduld und Vorsicht dürfte es gelingen, die Stäbchen dünner
zu schleifen und dadurch den Querschnitt der ganzen Säule
beliebig zu vermindern, oder, wenn ein Bedürfniss dazu vor¬
liegen sollte, die Zahl der Elemente durch Hinzufügen eines
weiteren Umganges zu vermehren.
Die elektromotorische Kraft und der Widerstand der
Säule wurden verglichen mit denen einer älteren aus der
Werkstatt von Kleiner in Berlin herrührenden , aus 64
Paaren bestehenden und sehr zierlich gearbeiteten Thermo¬
säule, zu welcher jedenfalls reines Antimon benutzt worden
war. Anlangend die elektromotorische Kraft, so hat sich die
neue Säule trotz der geringeren Anzahl von Elementen stets
beträchtlich viel stärker erwiesen als die ältere. Eine ober¬
flächliche Messung, welche freilich sehr der Wiederholung be¬
darf, ergab bei 17 — 18° C. Temperaturdifferenz ein Verhältniss
1,8:1. Der Messung steht vor Allem die Schwierigkeit ent-
v. Feilitzsch: Ueber eine cylindrische Thermosäule.
25
gegen, die Temperaturunterschiede beider Seiten der Säule
längere Zeit konstant und auf einem geringen genau bestimm¬
baren Mass zu erhalten, eine Schwierigkeit, die sich bei
fertigen Instrumenten ungleich empfindlicher geltend macht,
als bei einzelnen willkürlich formbaren Elementen, und welche
zu überwinden mir noch nicht befriedigend gelungen ist.
Betreffs des Widerstandes, so wurde der der Klein er¬
sehen Säule zu 4,30 Siemens-Einheiten bestimmt und der der
42 paarigen neuen Säule zu 5,22 SE. Die hohen Zahlen
waren mir auffällig, wesshalb ich die Widerstandsbestimmung
nach zwei ganz verschiedenen Methoden wiederholte. Zu¬
nächst erhielt ich nämlich. nach der Siemen s’schen Methode
mit Hülfe eines Universal widerstandskastens 5,24 SE. Im
zweiten Fall wurde der Strom eines Dani elfischen Elementes
durch beide Drähte eines Differentialgalvanometers derart
widersinnig gesandt, dass keine Ablenkung der Galvanometer¬
nadel entstand. Nun wurde in den einen Zweig die Thermo¬
säule eingeschalten und zu dem andern so lange Widerstand
gefügt, bis wiederum Gleichgewicht eintrat. Hieraus ergaben
sich 5,20 SE.. Das Mittel aus beiden Werthen ist die oben
angeführte Zahl. Da bei der letzten Methode die Thermo¬
säule von dem starken Strom des Dani eil’ sehen Elementes
durchflossen wurde, machte sich die elektromotorische Gegen¬
kraft der Säule ganz erheblich bemerkbar. Aus diesem
Grunde durfte die Kette nur momentan geschlossen, und es
musste der einzuschaltende Widerstand bei offener Kette so
lange variirt werden, bis bei der Schliessung keine Zuckung
an der Nadel mehr bemerkt werden konnte. — Der grosse
Widerstand fällt offenbar auf die Legirung von 2 Antimon
und 1 Zink. Matthiessen bestimmte den specifischen
Widerstand derselben 10,4 mal so gross als den des reinen
Antimon, und mit Zugrundlegung dieser Zahlen ergiebt eine
ungefähre Berechnung Werthe, welche das Auffällige des
obigen Ergebnisses verschwinden macht.
26
Holtz: Natürliche und künstliche Tromben.
Natürliche und künstliche Tromben.
Von
Dr. W. Holtz.
Hierzu Tafel I.
Das Meteor, welches man Trombe oder Wettersäule nennt,
hat im Laufe der Zeiten verschiedene Deutungen erfahren,
ist aber heutigen Tages noch nicht vollständig erklärt. Bald
sollten Luftströmungen allein, bald elektrische Kräfte allein,
bald beide zugleich jene merkwürdige Naturerscheinung er¬
zeugen. Die erstere, die sogenannte mechanische Theorie,
ist die ältere und hat von jeher die meisten Anhänger ge¬
funden. Zu ihr bekannten sich unter Andern Franklin1),
Musschenbroek 2) , De Maistre3), später Kämtz4), Oer¬
sted5), Belt6), Espy 7) und in neuerer Zeit besonders Reye8).
Diese Theorie leugnet das gleichzeitige Vorhandensein elek¬
trischer Erscheinungen nicht, aber erklärt dieselben für se-
cundäre Wirkungen, welche die Haupterscheinung zufällig
begleiten, oder aus derselben folgen. Die zweite, die so-
1) Franklin’s Werke, Th. 2. S. 82.
2) Gehler’s Physik. Wörterb. Bd. 10. S. 1684.
3) Biblioth. univers. de Geneve, T. 3. p. 226.
4) Kämtz, Meteorologie, Th. 2. S. 544.
5) Schumacker’s Jahrb. 1838. S. 228.
6) Phil. Magaz. 4. Ser. V. 17. p. 47.
7) Espy, Report on Meteorol. 1851 u. 1857.
8) Reye, Wirbelstürme u. s. w. 1872.
\
Holtz: Natürliche und künstliche Tromben.
27
genannte elektrische Theorie, betrachtet umgekehrt die elek¬
trischen Wirkungen als die primären, aus welchen die übrigen
Erscheinungen folgen. Zu ihr bekannten sich unter Andern
Beccaria x), Cavallo1 2), Horner3), Pohl4), Hare 5) und
namentlich Peltier 6), endlich Becquerel7) und Riess8 9).
Die Mischtheorie hat -weniger entschiedene Anhänger gefun¬
den, doch spricht sich unter Andern Muncke niversitatabuchdruckerci (F. W. Kunikc), Greifswald.
'-ivrrn'tr,
'
» v '
‘
dl
d
Mittheil. a. d. naturw. Vereiv
u ’oj-pommern u. Rügen.
CF Schmidt hth
fl Ho! Ix. Typen elektrischer' L ichterschci nim/jen
Mittheil. a. d. naturw. Vere
Vorpommern u. Rügen.
C f Schm: i* Lxth.
Mittheilungen
aus dem
naturwissenschaftlichen Vereine
von
Neu -Vorpommern und Rügen
in
Greifswald.
Redigirt
von
Dr. Th. Marsson.
Vierzehnter Jahrgang.
Mit 2 Tafeln.
BERLIN 1883.
R. Gaertner's Verlagsbuchhandlung
Hermann Heyfelder.
Dessa uerstrassa 35.
,
'
Vereins-Angelegenheiten.
i.
Verzeichnis der Mitglieder.
Andershof:
Herr Dr. Kämmerer, Gutsbesitzer
All kl am :
- Di\ Tramm, Oberlehrer.
Berlin:
- Dr. Eulenburg, Professor.
- Dr. Jessen, Professor.
Divitz :
- Graf v. Krassow.
Greifswald:
- Dr. Arndt, Professor.
- Dr. Baier, Professor.
- Dr. Baron, Professor.
- Dr. Barten, pract. Arzt.
- Dr. Baumstark, Professor.
- Graf y. Behr, Landrath.
- Dr. Bengelsdorf, Sanitätsrath.
Bindewald, Buchhändler.
- Böckler, Kontier.
- v. Brunn, Hauptmann.
- Dr. Budge, Privatdocent.
- Freiherr y. Biilow, Landgerichts-Präsident.
- Dr. Credner, Professor.
- Dr. Eichstädt, Professor.
- Engelke, erster Staatsanwalt.
- Dr. Freiherr v. Feilitzsch, Professor.
- Dr. Fischer, Amtsrichter und Professor.
- Fischer, Lehrer.
- v. Foller, Oberst z. D.
- Fröhlich, Bau-Inspector.
- Dr. Goeze, Königl. Garten-Inspoctor.
- Graedener, Senator.
- Graul, Kector.
- Dr. Grohe, Professor.
- Dr. Häckermann Prof, und - Kroisphysikus.
YI
Verzeichniss der Mitglieder.
Greifswald: Herr v. Hagen, Major.
- v. Hagenow, Hauptmann a. D.
- Dr. Hänisch, pract. Arzt.
- Dr. Hanne, Professor.
- Hoffmann, König!. Bau-In spector.
- Holst, Senator.
- Holtz, Ludwig.
- Dr. Holtz, Privatdocent.
- Freiherr v. Keffenbrink.
- Kettner, Senator.
- Kirchhoff, Justizrath.
- Dr. Köhnk, Sanitätsrath.
- Kolbe, Hauptmann.
- Dr. Krabler, Professor.
- Krause, Gymnasiallehrer.
- Dr. Krey Gymnasiallehrer.
- Kunstmann, Apotheker und Senator.
- Labahn, Rentier.
- Dr. Landois, Professor.
- Dr. Limpricht, Professor.
- Dr. Loose, Lehrer.
- Dr. Marsson.
- Dr. Medem, Landger.-Rath u. Privatdocent.
- v. Merkel, Hauptmann.
- Dr. Minningerode, Professor.
- Müller, Premier-Lieutenant.
- v. Oldershausen, Hauptmann.
- Ollmann, Kreis- und Departements-Thierarzt.
- Dr. Pernice, Professor, Geh. Medizinalrath.
- Dr. Pietruskv.
t/
- C. Plötz.
- Pflugradt, Premier-Lieutenant.
- Pogge, Rentier.
- Dr. Freiherr v. Preuschen, Privatdocent.
- Pütter, Landgerichtsrath.
- Dr. Quistorp.
- Dr. Reinhardt, Oberlehrer.
- Dr. Schirmer, Professor.
- Schmidt, Syndikus.
Verzeichniss dtr Mitglieder.
Yll
Greifswald :
Üiitzkow-Wiek
Helntshagen:
Raiizin :
Schmoldow:
Stettin:
Stralsund :
Hollin:
Herr I)r. Scholz, Professor.
- v. Schubert, Oberst a. D.
- Dr. Schuppe, Professor.
- Dr. Schwanert, Professor.
- Seefisch, Postdirector.
- Dr. Sommer, Professor.
- Freiherr v. Steinäcker, Major a. D.
- Stoll, Kaufmann.
- Stoll, Senator.
- Dr. Thiede, Gymnasiallehrer.
- Dr. Thome Professor.
- v. Vahl, Justizrath.
- Dr. Vogt, Professor.
- Dr. Weitzel, Oberlehrer.
- Wendorf, Landgerichts-Director.
- Weyland, Maler.
- Wiese, Reg.-Rath und akad. Forstmeister.
- Woltersdorf, Pastor.
: - Dr. v. Lepel, Gutsbesitzer.
- Drewitz, Pächter.
- y. Homeyer, Rittergutsb. und Oek.-Rath.
- v. Rehr, Königl. Kammerherr.
- Graf v. Behr-Negendank, Ober-Präs. v. Pom
- Schünhof, Eisenbahn-Ingenieur.
- Goos, Eisenbahn-Baumeister.
- Dr. Kleine, pract. Arzt.
- Dr. Passow, Oberlehrer.
- Dr. Rollmann, Professor.
- Wellmann, Regierungsbaurath.
- Sclnnurr, Apotheker.
Durch den Tod verlor der Verein in diesem Jahre den
Erbkämmerer Freiherr v. Bohlen-Bohlendorf und den Professor
Troschel in Bonn.
Vorstand für 1882.
Herr Garten- In spector Dr. Goeze, Dr. Holtz und
Dr. Loose.
VIII
Rechnungs- Abschluss.
II.
Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1881.
Einnahme.
Beiträge der Mitglieder . 258, —
Verlagsbuchhändler R. Gaertner Berlin . 14, —
Zuschuss Seiner Excellenz des Herrn Cultusministers
v. Gossler . 300, —
Summa Mk. 572, -
Ausgabe.
Deficit aus dem vorigen Jahre . 19,61
Herstellung der Vereinsschrift:
für die Tafeln . . . 130, —
Druckkosten . 399,30
Buchbinder . • . 20, —
Porto und Diversa . 7,80
An den Vereinsboten . . 36, -
Summa Mk. 612,71
Ausgabe . Mk. 612,71
Einnahme . . Mk. 572, —
Deficit . . Mk. 40,71
Sitzurujs- Berichte.
IX
III.
Sitzungs-Berichte.
Sitzung vom II. Januar 1882.
Vorsitzender Dr. Holtz. Das Vereins-Mitglied Prof.
Roh de in Greifswald ist inzwischen verstorben und giebt die
Versammlung ihre Gefühle für diesen Verlust durch Erheben
von den Sitzen zu erkennen. Aus dem Verein scheidet aus:
Herr Rittmeister von Schultz. Als neue Mitglieder treten
ein: Herr Major von Hagen und Herr Hauptmann von
Merkel. Hierauf spricht Herr Dr. AVeitzel über „die
problematische Zunahme der Erdwärme“. Derselbe bemerkt,
dass unter der Annahme eines heissen Erdkernes man zu
der Forderung kommen muss, dass die Abkühlung der Erde
von innen nach aussen proportional der dritten Potenz der
Entfernung vom Erdmittelpunkte fortschreiten müsste, oder
umgekehrt von ausen nach innen proportional der dritten
Potenz der Annäherung an den Erdmittelpunkt eine Wärme¬
zunahme beobachtet werden müsste. Da aber nicht einmal
eine sich gleichbleidende Wärmezunahme man in der Mehr¬
zahl der Bohrlöcher beobachtet hat, vielmehr einen Rückgang
dieser Zunahme, so ist auf diese Beobachtungen am wenigsten
ein Schluss auf hohe Hitze des Erdkernes zu ziehen. Jeden¬
falls ist zunächst die Vorstellung von einer etwa 6 bis
10 Meilen dicken festen Erdrinde zu berichtigen und letzterer
sicher eine bedeutend grössere Dicke zuzuschreiben. Hiermit
sind alle Theorien von Vulkanismus, welche in der hohen
Erdwärme in nicht sehr grosser Tiefe ihre Begründung suchen,
möglichst in Einklang zu bringen. Vortragender erörtert
eingehender die Vorsichtsmassrcgeln, welche bei den Thermo¬
meter-Beobachtungen im Sperenberger Borloche unter Auf¬
wand grosser Mittel beobachtet worden sind, und fügt zu den
Fehlerquellen, welche in die Beobachtungen sich infolge Be¬
wegung verschieden warmen Wassers einschleichen, die hinzu,
welche durch die starke Wärmeleitung der metallenen Futter¬
rohre des Bohrlochs herbeigeführt werden. Schliesslich theilte
derselbe einige Formeln mit, welche von verschiedenen Be¬
obachtern aufgestellt worden sind zur Berechnung der Erd-
X
Sitzungs-Ber ichte.
wärme in weiteren Tiefen, und weist auf deren Mangelhaftig¬
keit hin.
In der hierauf folgenden Diskussion, an welcher sich
namentlich die Herren Prof. Scholz, Prof, von Feilitzsch
und Dr. Loose betheiligten, werden die Mängel allseitig
anerkannt, welche den bisherigen Methoden über die Beob¬
achtung der Erdwärme adhäriren. Dass aber die Erdwärme
in Wirklichkeit zunehmen müsse und zwar dergestalt, dass
in gewisser nicht sehr grosser Entfernung von der Oberfläche
schon geschmolzene Masse vorhanden sei, dafür spräche mit
Entschiedenheit die Wirkung der Vulkane, welche doch
schwerlich allein auf chemische Processe basiren könne.
Hierauf lenkt Dr. Weitzel die Aufmerksamkeit der
Versammlung auf die neue von Prof. Ivlinkerfues vertretene
Erklärung des Zodiakallichtes, nach welcher dasselbe auf
die in den letzten Jahrhunderten vorzugsweise vergrösserte
Anhäufung von Kometen in der Nähe der Sonne zurückzu¬
führen sei. Dr. Weitzel meint, dass jedenfalls der für diese
Erklärung angeführte Grund, dass nämlich das Zodiakallicht
erst etwa seit dem Jahre 1500 beobachtet wäre, nicht stich¬
haltig sei.
Schliesslich legt Herr Plötz der Versammlung eine
neue Collection der von ihm ausgeführten colorirten Schmetter-
lings-Abbildungeu der Familie der Equitiden zur Ansicht vor.
Sitzung; vom 1. Februar 1883.
Vorsitzender Dr. Holtz. Zum Eintritt in den Verein
sind gemeldet: Herr Prof. Credner, Herr Rittergutsbesitzer
Dr. von Lepel auf Gützkow-Wiek und Herr Landrath Graf
von Belir. Hierauf spricht Herr Dr. Goeze über „Die
Nutzpflanzen der Erde“. — Die nützlichen Gewächse
der Florenreiche der alten und neuen Welt umfassen als
Collectivinbegriff ein so weites Gebiet, dass der Versuch in
kurzer Schilderung ein auch nur oberflächliches Bild der¬
selben zu entwerfen, von vornherein ein vergeblicher sein
würde.
Sich dem engeren Sinne des Wortes zuwendend kommt
man zu den durch eine Reihe nützlicher Gewächse hervor¬
gerufenen Kulturen, deren Producte den überseeischen und
Sitzungs-Berichte.
XI
inländischen Handel zum grössten Thcil ausmachen. Da die
wildwachsenden Nutzpflanzen in vielen Fällen für den Export
nicht ausgebcutct werden können, oder wenn auch durch zu
starkes Ausbeuten die Gefahr des Aussterbens droht, bezwecken
unsre Anbau- Versuche mit vielen derselben zweierlei, zu¬
nächst Verbesserung der Qualität und Zunahme der Quantität,
— dann aber auch ein leichtes Einsammeln , sichere Ernten
und billigen Transport nach den Verkaufsplätzen.
Deuten wir durch solche Kulturen unsere grosse Ab¬
hängigkeit von den Gewächsen an, so ist auch der Einfluss
des Menschen auf die ihn umgebende, ihn nährende, klei¬
dende, wärmende und ihm in vielerlei anderer Beziehung
nützliche Pflanzenwelt ein sehr grosser, noch immer im
Wachsen begriffen. Von der ersten Kulturstufe an, also
vielleicht in dom verhältnissmässig kurzen Zeiträume von
lOüOO Jahren ist es dem Menschen gelungen, eine grössere
Umwandlung in der physiognomischen Gestaltung der Pflanzen¬
decke hervorzurufen, als natürliche Einflüsse dies bewirken
konnten. Hieran knüpft sich eine andere bemerkenswerthe
Thatsache, dass nämlich viele der gemeinsten am besten be¬
kannten, sogenannten spezifischen Typen, wie Zuckerrohr,
Weizen, Hafer, Artischoke, Tomate, Tabak, krautartige Baum¬
wolle und manche andere in wildem Zustande nirgends auf-
gefunden worden sind. Von allen diesen sind aber distincte
Arten derselben Gattung bekannt und es unterliegt wohl
kaum einem Zweifel, dass die Original-Typen dieser erstem
nicht zu Grunde gegangen sind, sondern dass vielmehr ein
solcher Wechsel durch unausgesetzte Züchtung hervorgerufen
wurde. Um sich von der Verbreitung der verschiedenen Nutz-,
resp. Culturpflanzen eine richtige Vorstellung zu machen, muss
man die Erdoberfläche zunächst nach der Pflanzen- Vertheilung
berücksichtigen, zu welchem Zwecke man Zonen, Regionen,
Reiche aufgestellt hat, deren Grenzlinien man vermittelst der
Verbreitungsbezirke gewisser Pflanzengruppcn zu veranschau¬
lichen sucht. Zu der Eintheilung der Nutzpflanzen kommend,
stellt V ortragender 3 Hauptgruppen auf — Nährpflanzen, Heil¬
pflanzen, industrielle Pflanzen. In der ersten Gruppe werden
von ihm die Gräser, resp. die Cerealien, die Palmen, Bananen,
der Brodfruchtbaum, die verschiedenartigen Knollengewächse,
XII
$ itz uugti- Berichte.
die sich alle mehr oder minder durch reichen Stärkegehalt
auszeichnen, näher besprochen. Hieran reihen sich die ess¬
baren Früchte. Zu den Getränken übergehend, wird die com-
mercielle Bedeutung des Thee’s, des Caffee’s, des Cacao’s,
des Mate’s und des Weins ausführlich beleuchtet. Dann
werden einige der vornehmsten Gewürze, wie Muscatnuss,
Gewürznelken, Zimmt, Vanille hervorgehoben, nachdem zuvor
unter den zuckerhaltigen Gewächsen die für den Welthandel
äusserst wichtigen Produkte des Zuckerrohrs und der Zucker¬
rübe eingehender behandelt waren. Unter den Erregungs- und
Betäubungsmitteln, die sämmtlich das Pflanzenreich hervor¬
bringt, werden dem Opium, dem Tabak, der Coca, der Betelnuss,
dem Katstrauche und den Kolanüssen einige Worte gewidmet.
Der Uebergang von solchen zu den eigentlichen medizinischen
Pflanzen ist ein ganz allmäliger und schliesst Vortragender
unter letzteren nur zwei Erzeugnisse, die China- Rinde der
neuen Welt und die Rhabarberwurzel Asiens in sein Thema
ein. Aus der grossen Menge der industriellen Pflanzen tritt
Einem unter den harzhaltigen Gewächsen u. s. w. der Kaut¬
schuk als eines der wichtigsten Producte entgegen. Hieran
reihen sich die Oelpalme, der Olivenbaum, vegetabilische
Butter, vegetabilisches Talg und Wachs. Aus dem Reiche
der Farben werden einige Bemerkungen über zwei künstliche
vegetabilische Farbstoffe, das Alizarin und den künstlichen
Indigo, sowie auch über die Cochenille eingeschaltet. Als
textile Erzeugnisse nehmen Baumwolle , Flachs und Seide
den ersten Platz ein und wird ihnen somit in dem Vortrage
weitere Berücksichtigung geschenkt. Die Wichtigkeit des
Holzes wird durch einige statistische Bemerkungen zu ver¬
anschaulichen gesucht. Zum Schluss wirft Vortragender einen
Blick auf die verschiedenen Ländergebiete der Erde in Be¬
ziehung auf die Nutzpflanzen. Was Amerika betrifft, so steht
es hierin weit hinter der alten Welt zurück, kann keinen
Augenblick seine Abhängigkeit von jener verläugnen. Asien
entstammen die meisten und edelsten aller Nutzpflanzen, in
Asien stand die Wiege aller übrigen Civilisation. Afrika im
Gegensatz zu Asien ist der noch unaufgeschlossene Erdtheil,
der ganz allmälig vom Rande aus sich zu öffnen beginnt.
Europa endlich ist der Garten, in dem die Gewächse so ver-
Sitznngs- Berichte.
XIII
schiedenor Zonen und Arten Herberge gefunden, ihre Früchte
gezeitigt, ihr ganzes Wachsthum gesteigert und veredelt
haben.
Sitzung; vom 1. März 1882.
Vorsitzender Dr. Goeze. — Herr Prof. v. Feilitzsch zeigt
eine von ihm construirte Thermosäule vor und erörterte
deren Vortheile. Es waren 3-kantige Stäbchen statt der bisher
üblichen 4-kantigen in Anwendung gebracht und dadurch
wurde es möglich, der Seite einen nahezu kreisförmigen
Querschnitt zu geben. Ausserdem war statt des bisherigen
reinen Antimon eine Legierung von 2 Th. Antimon und 1 Th.
Zink in Anwendung gebracht, wodurch sich eine beträchtliche
Vermehrung der electromotorischen Kraft ergeben hatte. Ein
paar Versuche wurden zum Beweise für die Brauchbarkeit
des Instruments mit dem Leslie’schen Würfel und einem
Wiedemann’schen Galvanometer angestellt.
Hierauf erhält Herr Baumeister Stoll das Wort zur Be¬
antwortung der Frage: welche Methode wendet man an^ um
die Zug- und Druckfestigkeit der Verschiedenen Bau¬
materialien zu ermitteln und welche Grundsätze befolgt man
bei der Fundamentirung der Gebäude.
Der Methoden zur Ermittlung der Druck- und Zugfestig¬
keit bei Baumaterialien giebt es mancherlei Art; sie bedingen
eine grosse Aufmerksamkeit und Gewandtheit in der Anwen¬
dung der Apparate, anderseits sehr leicht unrichtige Resultate
erzielt werden.
Es werden daher bei solchen Ermittlungen vielfache Ver¬
suche empfohlen und aus diesen das Mittel bestimmt. Ein
sehr einfacher Apparat zur Ermittelung der Druckfestigkeit
von Steinarten ist folgender. Ein Balken von quadratischem
Querschnitt in einer Länge von 5 — 7 m wird etwa 1 m über
der Erde zwischen Zangen eingespannt, vor diesen eine feste
Unterlage aus eingerammten Pfählen oder besser Mauerwerk
hergestellt, auf welchen der Probekörper fest aufgelegt werden
kann. Auf diesen Probekörper wird alsdann mit grosser
Sorgfalt der einen Hebelarm bildende Balken horizontal auf¬
gelegt und am äussersten Ende allmälig belastet. Es ergiebt
sich hieraus sehr leicht unter Berücksichtigung des Balkon-
XIY
Sitzung s- Berichte.
gewichts, der Hebelarm-Länge und des aufgelegten Gewichtes
der Maximaldruck, welchen der der Probe unterworfene Körper
aushält und hieraus also auch der qu. Coefficient.
Hie der Druckprobe zu unterwerfenden Körper müssen
sehr accurat und genau bearbeitet sein; in der Regel nimmt
man einen Kubus im Querschnitt von 5 qcm.
Man rechnet als zulässige Inanspruchnahme per Flächen¬
einheit einen bestimmten Theil der Festigkeit, in der Regel
für Eisen und Stahl { - |5, für Gusseisen für Holz und
Stein —
In neuerer Zeit wird einfach ein Normal- Zugfäh igkeits-
Apparat angewandt, den Vortragender durch eine Zeichnung
erläutert.
Hierauf zeigt Dr. Weitzel einen Stein vor, welcher
Aehnlichkeit mit jenen Mahlsteinen hatte, welche man in den
sogenannten Gletschermühlen zu finden pflegt. Derselbe war
in der Nähe von Rudolstadt gefunden.
Zum Schluss bemerkt Herr Landger.-R, Pütter im An¬
schluss an eine früher angeregte Frage, dass die Mondblind¬
heit der Pferde eine Augenkrankheit sei, nach seinen Er¬
mittlungen nur desshalb so heisse, weil sie sich alle 4 Wochen
zu wiederholen pflege.
Sitzung vom 5. April 1882.
Vorsitzender Dr. Holtz. Um der Vereinsschrift eine
grössere Verbreitung zu verschaffen, beschliesst die Ver¬
sammlung auf Anregung des Vorsitzenden, eine mit dem
Verleger zu vereinbarende Preis -Ermässigung eintreten zu
lassen und den Tausch verkehr mit anderen Vereinen aus¬
zudehnen.
Hierauf sprach Herr Dr. Holtz über: die Tromben
und ihre Erklärungen. Es wurden die beiden Haupttheile
der Tromben, der Schlauch und der Fuss, und die Art ihrer
Bildung unter verschiedenen Verhältnissen erörtert. Nament¬
lich wurde des Unterschiedes der See- und der Landtromben,
sowie der eine besondere Klasse bildenden Sandtromben ge¬
dacht. Dessgleichen wurden die Erscheinungen, welche den
Tromben vorausgehen, sie begleiten, ihnen nachfolgen, und
die Wirkungen der Tromben näher besprochen. Als Beleg
Sitzungs-Berichte.
XV
diente ein Auszug aus Berichten über derartige Phänomene
aus älterer und neuerer Zeit. — Die Theorien spalten sich
zunächst in die sogenannte mechanische und die sogenannte
elektrische, von welchen erstere Luftströmungen, letztere
elektrische Kräfte als Ursache wirken lässt. Die erste aber
spaltet sich wieder in eine ältere und eine neuere Richtung,
von denen erstere entgegengesetzte Winde, letztere aut- oder
absteigende Luftströme zur Hauptursache nimmt. Neben der
mechanischen und elektrischen besteht noch eine Mischtheorie,
welche neben Luftströmungen auch die Wirkung elektrischer
Kräfte für nöthig hält. Diese Theorien werden der Reihe
nach mit Anführung ihrer wesentlichsten Vertreter und deren
speciellen Meinungen dnrchgegangen. Zum Schluss wird
durch ein Experiment gezeigt, dass sich trombenähnliche Ge¬
bilde im Kleinen durch eine elektrische Wirkung erzeugen
lassen. Dasselbe stellt eine etwas verbesserte Form älterer
auf denselben Zweck gerichteter Versuche dar. Die genauere
Ausführung des Vortrags bringen die „Mittheilungen im drei¬
zehnten Jahrgang“.
Sitzung vom 10. Mai 18S2.
Vorsitzender Dr. Holtz. Prof. Li mp rieht spricht über
Verbrennungserscheinungen und führt mehrere darauf
bezügliche Experimente vor. Letztere bezogen sich nament¬
lich auf den Nachweis: dass bei der Verbrennung einer Kerze
Kohlensäure und Wasser gebildet werden und dabei eine
Gewichtszunahme stattfindet, dass Luft und Sauerstoff* in einer
Leuchtgas -Atmosphäre brennen, dass brennende Körper ver¬
löschen, wenn sie unter eine bestimmte Temperatur abgekühlt
werden und dieses Princip bei der Davy’schen Sicherhcits-
lampe zur Geltung kommt; dass endlich Gase von verschie¬
denem spec. Gewicht mit verschiedener Geschwindigkeit poröse
Körper durchdringen und dass dieses Factum zur Construction
von Apparaten, um das Auftreten schlagender Wetter in
Kohlenbergwerken zu erkennen, geführt hat.
Sitzung vom 7. Juni 1882.
Vorsitzender Dr. Goeze. Die Versammlung ehrt das
Andenken an den vor Kurzem verstorbenen Gerichtsrath
Wuthon ow durch Erheben von den Sitzen. — Hierauf
XVI
Sitznngs- Berichte.
spricht Herr Prof. Schirmer „über die Entfernung von
Eisenstückchen aus den Augen mit Hülfe eines
Electromagneten“. Derselbe stellt einen Schmiedegesellen
vor, aus dessen rechtem Auge er am 9. Mai d. J. mittelst des
Electromagneten von Hirschberg einen Eisensplitter von 30
Milligramm Gewicht, 4 mm Länge, 2 mm Breite und |mm
Dicke entfernt hat. Das Eisenstück hatte das obere Lid und
die Lederhaut des Auges 7 mm oberhalb der Hornhaut durch¬
schlagen, wovon die Xarben Zeugniss gaben. Der ganze
Process verlief aber so glücklich, dass absolut keine Functions¬
störung dieses Auges eingetreten ist. Das corpus delicti und
der Electromagnet wurden vorgezeigt. Der so operirte Fall
ist ungefähr der siebzehnte, nach den Publicationen zu ur-
theilen. Unter den Fällen befinden sich aber auch mehrere,
bei denen der Versuch der Entfernung missglückte, einige,
wo zwar das Eisenstück entfernt werden konnte, nachfolgende
Entzündung aber das Auge zur vollen Erblindung brachte,
und nur ein kleiner Theil behielt ein brauchbares Sehvermögen.
Keiner der bisher publicirten Fälle bietet aber ein so völlig
ungestörtes Functioniren des operirten Auges dar, wie der
hier vorgestellte. Es liegt dies in vielen glücklichen Um¬
ständen, dem Eindringen des Eisensplitters durch die Leder¬
haut in den Glaskörper, dem Verweilen des Fremdkörpers in
der Wunde und dem Vornehmen der Operation wenige Stunden
nach der Verletzung.
Dann macht Dr. Weitzel Mittheilungen von Wärme¬
messungen, die in einem Bergwerke bei Virginia City, Ne-
vada, Nordamerika, in einem Bohrloche von 2300 Fuss Tiefe
stattgefunden haben sollen. In Abständen von je 100 Fuss
seien je 3 Löcher seitlich 3 Fuss tief gebohrt, in welche
eigens zu diesem Zwecke gefertigte Thermometer eingelassen
seien, woselbst sie mit Lehm verstrichen 12 Stunden gelassen
wurden. Die angegebenen Wärmegrade lassen aber, sowie
die in anderen tiefen Bohrlöchern ermittelten, eine Abnahme
in dem Wachsthum der Bodenwärme von 2,4 auf 2,3 er¬
kennen, so dass diese Mittheilung, wenn sie auch eine Steige¬
rung der Erdwärme mit der Tiefe zeigt, doch auch zu dem
Schlüsse führt, dass die Zunahme der Erdwärme bald aufhören
wird, das Erdinnere also keine sehr hohe Wärme haben kann.
Sitzungs-Berichte.
xvn
Zum Schluss legte Herr Plötz eine Collection von ihm
ausgeführter colorirter Schmetterlings-Abbildungen vor.
Sitzung vom 1. November 1SS2.
Vorsitzender Dr. Goeze. Derselbe macht Mittheilung,
dass Se. Exc. der Herr Cultusminister wiederum zur Förderung
der Vereinszwecke 300 M. für dies Jahr bewilligt habe. Zum
Eintritt wird angemeldet Herr Rent. Ferd. Kessler.
Hierauf sprach Herr Dr. Quistrop: über die euro¬
päischen Raub thiere: Die Raubthiere sind über die
ganze Erde verbreitet, aber jedes Klima hat seine besonderen
Formen. Alle Raubthiere mit Ausnahme der grösseren leben
paarweise (in Monogamie), manche Arten schaaren sich zeit¬
weise zusammen, um sich gegen fremde Angriffe zu stärken.
Nicht alle nehmen nur Fleischnahrung zu sich, manche auch
Pflanzennahrung und letztere um so eher, je weniger die
Eck- oder Reisszähne ausgebildet und je mehr die Backzähne
(Lücken-, Flach- und Höckerzähne) entwickelt sind. Das
grösste europäische Raubthier ist der Bär. Von Bären exi-
stirt in Europa nur eine Art, der braune oder Landbär
(ursus arctos L.). Man hat früher mehrere Arten angenommen,
weil die Bären überhaupt in Farbe und Lebensgewohnheiten
sehr variiren. In den zwanziger Jahren untersuchte Mitten¬
dorf auf Betrieb der russischen Regierung die Bären Europa’s
genauer und gelangte auch zu dem obigen Resultate. Der
Bär lebt im Winter in Höhlen, wo die Bärin 2 — 3 Junge
wirft. Sie sind merkwürdig klein, nämlich kaum grösser als
Ratten, weil die Bärin ein sehr enges Becken hat und in
Folge des häufig aufrechten Ganges die Knochenverbindungen
des Beckens sehr fest gegliedert sind. Nur alle 2 Jahre wirft
die Bärin Junge, während sie zugleich 9 Monate tragend ist.
Die Hauptfangzeit des Bären ist im Winter, wo man ihn in
seinem Lager aufspürt und überfällt; sonst fängt man ihn
auch in Eisen oder stellt grosse Treibjagden an, an welchen
viele Menschen betheiligt sind. —
Das zweit grösste der europäischen Raubthiere ist der
Wolf (canis lupus), von dem in Europa gleichfalls nur eine
Art existirt. Gewisse Spielarten, wie z. B. der Rohrwolf,
können doch nicht als besondere Arten gelten. Es würden
II
XVIII
Sitzungs-Berichte.
mehr Arten existiren, wenn sich der Wolf mit der Hündin
paarte, was jedoch in der Wildniss nie geschieht. Auch beim
Wolf fällt die Begattung in den Winter. Das Weibchen geht
13 Wochen tragend, im März oder April wirft es 4 - 6 Junge.
Der Wolf ist so sorgfältig auf die Sicherstellung derselben
bedacht, dass er nie in der Nähe des Lagers raubt, fürchtend,
der Versteck könnte verrathen werden. Der Wolf wird ge¬
schossen, in Eisen gefangen oder vergiftet. Man fürchtet ihn
namentlich in den Polargegenden , weil, wo er erscheint, die
zahme Rennthierzucht zur Unmöglichkeit wird.
Nach dem Wolfe folgt an Grösse der Schakal (canis
aureus), der vorwiegend nur in südöstlichen Gegenden, wie
Griechenland und Dalmatien, heimisch ist. Er raubt wie der
Wolf, aber weicht darin von ihm ab, dass er sich mit Hunden
paart. Das Weibchen geht 9 Wochen tragend und bringt
im Frühjahr 4 — 6 Junge zur Welt. Der Schakal hat ein
eigenthtimliches Geheul, welches sich dem Hundegebell nähert.
Hiernach folgt der Fuchs (canis vulpes), von dem es
in Europa auch nur eine Art giebt. Auch bei diesem fällt
die Begattung in den Winter. Die Füchsin ist 9 Wochen
tragend und bringt 4 — 11 Junge zur Welt. Die Füchse
werden geschossen, in Eisen gefangen, ausgegraben oder
vergiftet.
Nur in der Polargegend einheimisch ist der Vielfrass
(gulo borealis), der im Frühjahr 2 — 3 Junge wirft, übrigens
aber keinen Winterschlaf hält. Er greift Thiere von nam¬
hafter Grösse an. z. B. junge Rennthiere, indem er sich von
einem Baume auf dieselben stürzt.
Früher häutiger in Deutschland, gegenwärtig nur ver¬
einsamt ist der Luchs (felis linx), von welchem in Deutsch¬
land auch nur eine Art existirt Da die Luchse sehr in der
Farbe variiren, so pflegt man in einzelnen Gegenden wohl
eine rothe und graue Art zu sondern, welche in Wirklichkeit
aber keine besondern Arten sind. Der Luchs wirft im Früh¬
jahr 2 — 3 Junge.
In grossen Waldungen findet sich die Wildkatze (felis
catus), welche im Frühling meist in hohlen Bäumen ihre
Jungen wirft. Sie ist in ihren Bewegungen ähnlich der
zahmen , auch in sonstigen Gewohnheiten , z. B. in der Ge-
Sitzung s- Berichte.
XIX
wohnheit des Spinnens. Aber die Schädelbildung Beider ist
so verschieden, dass man die eine nicht von der andern ab¬
stammend annehmen kann. Am wahrscheinlichsten ist es,
dass unsere Hauskatze von einer Wildkatze in Nubien ab¬
stammt.
Weit verbreitet, selbst bis in Italien hinein, ist der
Dachs (Meies taxus), der mit dem November beginnend
den ganzen Winter schläft. Die Begattungszeit soll nach
Pabst der Juni sein, während die Jungen erst März oder
April zur Welt kommen, so dass das Ei muthmasslich längere
Zeit unentwickelt im Fruchthalter ruht Der Dachs ist nament¬
lich gefährlich den Fasanen, weil er ihre Eier aufspürt, von
denen er gewöhnlich nur das Gelbe schlürft. So wurden ein¬
mal auf Rügen in einer Nacht 40 Fasaneneier von Dachsen
zerstört gefunden. Nach Einigen unterbricht er zuweilen
seinen Winterschlaf, um zu trinken, resp. Schnee zu lecken,
was bei strenger Kälte ausserdem sicher nicht geschieht.
Vom Marder sind zwei Arten zu nennen, der Baum¬
oder Edelmarder (mustela rnartes) und der Stein- oder
Hausmarder (must, foina). Ersterer lebt in hohlen Bäumen
auch in von Vögeln verlassenen Nestern, ist braun mit gelbem
Kehlfleck, geht nie in Gehöfte und raubt fast ausschliesslich
nur aus Hunger. Der Letztere lebt in Gebäuden , ist grau
mit weissem Kehlfleck und mordet alles Lebende, was er
vorfindet und bewältigen kann.
Vom Iltis kann man sechs Arten unterscheiden, nämlich
Putorius putorius, der seinen Namen seinem schlechten
Gerüche verdankt; ferner P. sarmaticus, dunkel mit weissen
Flecken; P. erminca, weiss mit schwarzer Schwanzspitze,
seines Felles halber sehr geschätzt; P. communis (der
Wiesel), kleiner wie der letztere, mit braunem Fell, lebt
namentlich von Mäusen und Ratten, aber greift zuweilen auch
kleinere Hasen an; P. lutreola (der Rörz) seines kostbaren
gelbbraunen Felles halber geschätzt, im östlichen Europa
höchstens bis Hannover streifend, lebt vorzugsweise von
Krebsen; endlich P. furo (das Frettchen), kommt bei uns
nur als Kakerlack vor, jagt namentlich gerne Kaninchen und
wird desshalb häufig von Kaninchenjägern gehalten.
II*
XX
Sitz u ngs- Berichte.
. Als letztes europäisches Raubthier ist die Otter zu
nennen, Lutra vulgaris, von welcher in Deutschland wieder
nur eine einzige Art verbreitet ist. Die Paarungszeit ist un¬
regelmässig, am häufigsten kommen die Jungen im Frühjahr,
aber zuweilen auch im Winter zur Welt. Die Otter lebt von
Fischen, welche sie im Wasser fangt, und sie kann sonder¬
barer Weise untertauchen, ohne nass zu werden. Sie verräth
sich hierbei häufig durch die Gräten , welche sie am Ufer
liegen lässt. Im Interesse der Fischzucht stellt man ihr in
neuerer Zeit sehr nach, sowohl mit Hunden als Harpunen,
Flinten und Gift, letzteres so, dass vergiftete Fische etwas
oberhalb des Wassers hingehangen werden. In England
hält man besonders auf Ottern dressirte Hunde, die übrigens
in neuerer Zeit auch schon bei uns eingeführt sind. Das
aus der Otternhaut gegerbte Leder ist so ausserordentlich
elastisch, dass man es bis zur sieben- bis neunfachen Länge
ausdehnen . kann. — An den Vortrag schloss sich eine Dis¬
kussion, in welcher Herr L. Holtz unter Anderem bemerkte,
dass Wölfe sich zuweilen, so z. B. in Russland, tiefe Höhlen
unter der Erde graben, ferner, dass er Luchse auch in Spanien
verbreitet gefunden habe.
Hierauf regte Herr Dr. Weitzel im Hinblick auf eine
Zeitungsnotiz die Frage an, ob durch die Wärme, welche
beim Löschen des Kalkes entstände, Stroh entzündet werden
könnte. Dies sollte nämlich nach jener Zeitungsnotiz durch
Versuche festgestellt sein. Dr. Weitzel bezweifelt indessen
und manche der Anwesenden mit ihm, dass Solches möglich
sei, während von anderer Seite, so von Herrn Dr. Q uistorp,
zum Beweise dafür, dass es doch wahrscheinlich sei, auf die
immer häufiger constatirten Fälle von sogenannter Selbstent¬
zündung des Heues hingewiesen wird.
Verzeichnis s eingegangener Schriften.
XXI
Verzeichniss
der Akademien, Vereine und Gesellschaften mit denen
der Verein in Schriften-Austauseh steht und der von diesen
bis zum 2. Januar 1883 eingegangenen Schriften.
I. Deutschland.
Altcnburg : Mittheilungen aus dem Osterlande.
Schriften nicht eingegangen.
Augsburg: Naturhistorischer Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Hamberg: Naturforschende Gesellschaft.
12. Bericht. 1882.
Berlin: Deutsche geologische Gesellschaft.
Bd. 33, Heft 4; Bd. 34, Heft 1—3.
— Künigl. Akademie der Wissenschaften.
Monatsberichte. 1882. 1 — 38.
— Botanischer Verein für die Provinz Brandenburg.
23. Jalirg. 1881.
Bonn: Naturhistorischer Verein der Preussischen Rheinlande
und Westphalens.
Schriften nicht cingegangen.
Braunschweig: Verein für Naturwissenschaft.
Schriften nicht eingegangen.
— Herzogi. technische Hochschule.
Schriften nicht eingegangen.
Bremen: Naturwissenschaftlicher Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Cassel: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Chemnitz: Naturwissenschaftliche Gesellschaft.
7. Bericht. 1878 — 80.
Oanzig: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Donaucschingen: Verein für Geschichte und Naturgeschichte
der Baar und der angrenzenden Länder.
Schriften nicht eingegangen.
XXII
Verzeichniss eingegangener Schriften.
Dresden: Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis.
Ber. 1881 Jul.-Dec. 1882 Jan. -Juli.
— Gesellschaft für Natur- und Heilkunde.
Jahresber. Septbr. 1881 bis Mai 1882.
Diirckheim: Naturwissenschaftlicher Verein „Pollichia“.
Jahresber. 1879—81. Grabfunde der Steinzeit 1881.
Elberfeld: Naturwissenschaftlicher Verein.
Schriften nicht eingegangen.
- — Naturwissenschaftliche Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Emden: Naturforschende Gesellschaft.
Jahrgang 66, 1880 — 81.
Erlangen: Physikalisch-medicinische Societät.
Heft 14, Novbr. 1881 bis Aug. 82.
Frankfurt a. H.: Physikalischer Verein.
Jahresber. 1880 und 81. .
— Senkenbergischo Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Freiburg i. Br.: Naturforschende Gesellschaft.
Bd. 8, Heft 1.
Fulda: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Hera: Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschaften.
Schriften nieht eingegangen.
biessen: Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde
Bericht 21.
Görlitz: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Güttingen: Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.
Nachrichten, Jahrg. 72, 73, 74 nachträglich.
Halle: Naturforschende Gesellschaft.
Abhandl. Bd. 15, Heft 2 — 4.
-- Giebel und Sie wert. Zeitschrift für die gesammten
Naturwissenschaften.
Bd. 6, 1881.
— Leopoldina. Amtliches Organ der Kaiserl. Leopoldini-
schen Akademie . 534.
9. Polysp. picta. Protliorace breviusculo , cervina , nigro-varia ,
subtus pallidior, co.vis femoribusque anticis atro-signatis, illo-
rum dentibus tuberculiformibus albis, elytrorum cirea iuiermedia
laxius venosa , mcirginem anticum versus qiänquies fusco-macu-
lata, alarum saturate fuscarum cirea marginali albido-quaclri-
fasciata , postica ubique transverse pallido-venulosa. Long.
corp. 48-50, proth. 15-16, exp. elytr. 90-93 mill. — mas.
Von Polysp. striata Stoll ( variegata Oliv.) bei gleicher
Grösse durch relativ kürzeren und breiteren Prothorax, weni¬
ger gestreckte Deck- und Hinterflügel, besonders auch durch
das Geäder der ersteren wesentlich unterschieden. — Kopf
etwas kräftiger als bei gleich grossen Männchen der genann¬
ten Art, sonst von gleicher Form und Skulptur. Fühler licht
pechbraun, mit hellerer Basis. Prothorax fast um ein Viert-
theil kürzer (wie 15:19) und bei der Einienkung der Hüften
beträchtlich breiter, diese Erweiterung auch nicht, wie bei
Polysp. striata, deutlich abgesetzt, sondern allmählich aus der
schmäleren Hinterhälfte hervorgehend ; der Seitenrand im Be¬
reich der Erweiterung nur schwach und weitläufig sägezähnig,
die matt rehbraune Oberseite mit Ausnahme des Basaldritt-
tlieils eine regelmässige schwärzliche Fleckenzeichnung dar¬
bietend. Deckflügel mit breiterem Rand- und Mittelfeld als
bei Polysqi. striata, daher gedrungener und stumpfer abgerun¬
det, letzteres nur von zehn (anstatt 13) schräg vom Yorder-
gegen den Hinterrand verlaufenden Paralleladern durchzogen,
die Zwischenräume derselben daher viel breiter und nicht
mit einfachen Queradern versehen, sondern gleich dem Rand¬
felde von einem dichten, maschenförmigen Adernetz ausgefüllt.
Auf dem lichteren, mehr wässrig braunen Grunde des Mittel¬
feldes setzen sich fünf, dem Vorderrand genäherte, satt roth-
oder caffeebraune, grosse quadratische Flecke deutlich ab.
Randfeld der Hinterflügel satt pechbraun , im Bereich der
Wurzel und längs des Costalrandes rostroth, bis zum letzten
Vierttheil seiner Länge von vier schmutzig weissen oder
gelblichen Bindenflecken durchsetzt. Fächer der Hinterflügel
gleichfalls noch satt, wenn auch durchscheinender braun, die
sehr zahlreichen Queradern licht gesäumt. Vorderbeine von
der Orthopteren- Fauna Guineas,
89
gleicher Form wie bei Polysp. striata, höchstens die Schenkel
etwas breiter; ausser letzteren auch die Hüften mit einem
grossen, tief tintenschwarzen Fleck, welcher nur das obere
und untere Vierttheil blassgelb lässt, gezeichnet, zugleich
durch die viel grösseren, stumpf kegelförmigen, geringelten,
rein elfenbeinweissen Unterrands-Höcker (vier bis fünf) aus¬
gezeichnet. Schenkel mit 15 Innenrandsdornen ; ihre Bürste
goldgelb, über den vordersten der an jener Stelle vorhandenen
drei kleinen schwarzen Flecke hinweggehend. Vorderschienen
mit 13 inneren und 9 äusseren Kammzähnen. Hinterleibs¬
rücken glänzend pechbraun, die Spitze mit den Raifen rost¬
farben.
Nur einige männliche Individuen vom Camaroons (Vic¬
toria) und Gaboon (Dongila) vorliegend.
10. Polysp. striata Stoll
Mantis striata Stoll, pl. XI, fig. 41 (fern.) — Mantis pustulata
Stoll, pl. XX, fig. 73 (mas). — Serville, Orthopt. p. 186,
nr. 13. — Mantis varieyata Olivier, Encycl. möth. VII. p. 638,
nr. 68. — Palisot, Orthopt. pl. XII, fig. 4 (fern.) — Mantis
marginata Palis ot, Orthopt. pl. XII, fig. 3 (mas). — Mantis
( Polyspilota ) varia (mas), variegata et catenata (fern.) Bur mei¬
st er, Handb. d. Entom. H. p. 534, nr. 20 — 22.
Von dieser über das tropische Afrika weit verbreiteten
und häufigen, auch nach Madagaskar hinübergehenden Art
liegen zahlreiche Exemplare beider Geschlechter aus dem
Camaroons-Gebiet (Abö, Victoria, Jenssoki) und von der Gold-
ki'iste (Aburi) vor. Die Varietät mit grünen Deckflügeln und
ebenso gefärbtem Vorderkörper ist nur durch weibliche Indi¬
viduen repräsentirt, die ungleich häufigere braune Varietät
dagegen durch beide Geschlechter.
11. Polysp. validissima. Prothorace elongato, ferruginea , sub-
tus cum pedibus pallidior , abdominis disco piceo, nitido, ely-
trorum area marginali apiceque fusco-fasciatis, alis posticis
saturate fuscis, ubique transverse pallido-venulosis, area antica
testacea, basi fasciisque quihque piceis.
Mas Prothorace, elytris alisque angustioribus, harum area
marginali apice subacuminata, elytrorum area margi¬
nali parce venosa, co.ris anticis intus dilute brunneis.
Long. corp. 89, protli. 34, exp. elytr. 127 mill.
90
G er st a eck er : Beitrag zur Kenntniss
Fern. Prothorace, elytris alisque latioribus, har um area
marginali apice obtusa , elytrorum area marginali
dense reticula to -venosa, coxis anticis intus nigro-piceis.
Long. corp. 107, proth. 43, exp. elvtr. 134 mill.
Nach dem Colorit zu Polyspilota gehörend, durch den
stark verlängerten Prothorax dagegen einen deutlichen Ueber-
gang zu Tenodera bildend. — Der Körper ist lichter oder
dunkler rostroth, die Bauchseite blasser, der Rücken des Hin¬
terleibs glänzend pechbraun. Fühler pechbraun, an der Basis
beim Männchen in weiterer Ausdehnung gelb als beim Weib¬
chen. Kopf von gleicher Bildung wie bei Polysp. striata , der
Prothorax dagegen sehr viel gestreckter, über der Einlenkung
der Hüften ebenso deutlich wie bei jener erweitert, sein Sei¬
tenrand beim Männchen fast glatt, beim Weibchen dagegen
' vor und hinter dem Quereindruck deutlich, wenn auch fein
und stumpf gesägt, der Mittelkiel bei beiden Geschlechtern
gleich scharf und beträchtlich höher als bei Polysp. striata ,
der Rücken daher deutlich dreikantig. Die Form der beiden
Flügelpaare beim Männchen fast ganz wie bei Polysp. striata,
beim Weibchen dagegen darin abweichend, dass die Deck¬
flügel zwar nicht kürzer, aber bei geringerer Breite des Rand-
fcldes und stumpferer Abrundung der Spitze mehr gleich breit
erscheinen, während die Hinterflügel sich mehr einem Quadran¬
ten als einem Oval nähern und ihr Randfeld, welches den
Fächer nur wenig an Länge übertrifft, an der Spitze breit
und stumpf abgestutzt ist. Randfeld der Deck- und Hinter¬
flügel beim Männchen fast nur mit einfachen und parallelen
Queradern, beim Weibchen dagegen mit einem dichten Ma¬
schennetz durchzogen. Deckflügel beim Männchen durch¬
scheinender und lichter rostfarben als beim Weibchen, mit
zwei das basale Dritttheil einnehmenden pechbraunen Flecken
des Randfeldes und sechs vom Randfeld auf das Mittelfeld
übertretenden, aber auf diesem sich bald verlierenden dunklen
Querbinden der Spitzenhälfte; letztere beim Weibchen bald
schwächer, bald deutlicher ausgeprägt, in letzterem Fall be¬
sonders die vierte und sechste (Spitzen-) Querbinde bis zum
Hinterrand reichend. Hinterflügel beim Männchen mit licht
rostgelbem, beim Weibchen rehfarbenem, sechsmal pechbraun
gebändertem Randfelde, die äussere Binde besonders beim
der Orthopteren -Fauna Guinea’s.
91
Weibchen sich auf den Fächer fortsetzend. Letzterer beim
Männchen wässriger, beim Weibchen gesättigt braun, überall
mit weisslich gesäumten Queradern. Beine von Körperfarbe,
Hüften und Schenkel des ersten Paares ausserhalb zuweilen
mit zwei lichtbraunen Querbändern; Vorderhüften beim Weib¬
chen innerhalb geschwärzt, bei beiden Geschlechtern an der
Vorderkante mit sechs bis sieben stumpfen Höckern. Vorder¬
schenkel mit 13 bis 16 Innenrandsdornen und schmaler, fuchsig
brauner Bürste; Vorderschienen aussen mit 10 bis 11, innen
mit 14 bis 15 Kammzähnen.
Beide Geschlechter von der Goldküste (Aburi: August.)
vorliegend.
Teitodera Burm.
Handb. d. Entom. II. p. 534.
12. Tenod. herbacea Serv.
lifantis herbacea Serville, Orthopt. p. 177, lir. 3. — Tenodera
herbacea Saussure, Melang. orthopt. p. 246, nr. 4.
In einigen Exemplaren an der Goldküstc (Akkra : August)
und am Ogowe (Mbusu: Juli) gesammelt.
13. Tenod. super stitiosa Fab.
Mantls super stitiosa Fabricius. Spec. Insect. I. p. 348. — En-
tom. syst. II. p. 19, nr. 27. — Serville, Orthopt. p. 176, nr. 2.
— Tenodera super stitiosa Saussure, Melang. orthopt. p. 247,
nr. 6. — Mantis attenuata St oll, pl. V. fig. 16 (mas). — Mantis
fasciata Olivi.er, Encycl. meth.VII. p. 640, nr. 6. — Mantis {Teno¬
dera) fasciata Burmeister, Handb. d. Entom. II. p. 534, nr. 23.
In beiden Geschlechtern von der Goldküste (Akkra: Au¬
gust), vom Camaroons (Jenssoki) und Ogowe (Eninga) vor¬
liegend.
Leptocola; nov. gen.
Corpus lineare , elytris alisque (fern.) sqiiamiformibus. Caput
t r unsrer se cylindricum, oculis rotundatis, antennis setaceis. Pro-
thora.r meso- et. metathorace conjunctis se.ries longior. Pedant .
anticorum coa’ae longissmiae, inermes , femora bis fere tertia parte
longiora, versus apicem tantum spinosa , tibiae brevissimae. Pedes
postici corpore pur uni breviores , tibiis abdominis fere longitudine.
Eine ungemein langstreckige und dünne Thespiden-Form,
welche in den Längsverhältnissen der Rumpftheile und Beine
92
Gerstaecker: Beitrag zur Kenntnis s
an Schizocephctla S er v. erinnert, durch den Agrion-fö rmigen
Kopf sich aber näher an Thespis Serv. anschliesst. Der Kopf
hat von oben gesehen die Form eines queren Cylinders, aus
welchem die abgerundeten, unten fast doppelt so breit als
oben erscheinenden Netzaugen deutlich hervorquellen. Ocel-
len (beim Weibchen) äusserst klein, punktförmig. Fühler sehr
fein borstenförmig, etwa viermal so lang als der Kopf breit.
Prothorax von mehr als halber Körperlänge, mit stumpf ab¬
gerundetem (nicht gekieltem) Rücken und glattem Seitenrand ;
bei der Einlenkung der Hüften sehr leicht rhombisch erwei¬
tert, vor derselben bis zum Kopf halsförmig verdünnt. Beide
Flügelpaare rudimentär, schuppenförmig, die Basis des Hinter¬
leibes nicht erreichend. Vorderhüften linear, etwas länger als
der dritte Theil des Prothorax, unbewehrt. Vorderschenkel
noch dünner und etwa um ein Dritttheil länger, nur im Be¬
reich des Spitzen-Vierttheils gedornt. Von den vier dünnen
Aussendornen die beiden mittleren, von den vier Unterrands-
Dornen der vorderste sehr lang; Innenrand mit 14 ungleichen
Dornen. Vorderschienen nur von -J- der Schenkellänge, mit
7 äusseren und 13 inneren Kammzähnen. Die beiden hinte¬
ren Beinpaare äusserst lang und dünn, das letzte noch fast
um den vierten Theil länger als das zweite. Lamina supra-
analis sphärisch dreieckig, deutlich breiter als lang, in der
Mitte gekielt, an der Spitze eingekerbt. Lamina subgenitalis
gleichschenklig dreieckig, doppelt so lang als breit, kahnförmig.
Raife drehrund, 1 6 gliedrig, behaart, bis zur Spitze der Lamina
subgenitalis reichend.
14. Lept. gracillima. Pallide testacea, antennis fuscis , pedum
anticorum spinis apice nigris, alis basi excepta atro-violaceis.
Long. corp. 139, proth. 71, meso- et metathor. c. abdom. 68,
cox. ant. 25, femor. ant. 34, tib. ant. 5f, fern. post. 46, tib.
post. 54, tars. post. 16, elytr. 10, alar. 5 mill. — fern.
Die Färbung des Körpers im getrockneten Zustand ist
blass scherbengelb, nur die Fühler mit Ausnahme der Basis
pechbraun, die Spitzen der Dornen an den V orderbeinen
schwarz. Schenkelbürste goldgelb. Auf den rudimentären
Deckflügeln zwei unscheinbare dunkeiere Wische. Die an
der Basis strohgelben und mit einem gleichfarbigen feinen
der Orthopteren-Fauna Guinea s.
93
Saum versehenen Hinterfliigel sind tief tintenschwarz mit
bläulichem Schimmer.
Zwei weibliche Individuen aus dem Camaroons-Gebiet
(Jenssoki: Decbr.).
Danuria Stal
Oefv. Vetensk. Akad. Förkandl. 1856. p. 169.
15. D an. B ach holz i. Demoribus simplicibus , prothoracis mar-
gine ubique serrulato , alarum area marginali truncata: fusco-
ferruginea, elytris ochraceis , macula subbasali margineqae po-
stico decoloribus, alarum area marginali saturate , posteriore
dilutius fusca , hac ubique transversim pallido-venulosa. Long.
corp. 75, proth. 21, exp. elvtr. 70 mill. — mas.
Mit Dan. Thunbergi Stal (a. a. 0. p. 169, ibidem 1871.
p. 387, Saussure, Melang. orthopt. p. 444, pl. VII. fig. 66
und 67) durch die einfachen, nicht gelappten Mittelschenkel
übereinstimmend und derselben überhaupt sehr nahe stehend,
u. A. jedoch durch den der ganzen Länge nach gesägten
Seitenrand des Prothorax, das am Ende breit abgestutzte
Randfeld der Hinterflügel u. s. w. abweichend. — Kopf von
gleicher Bildung wie bei der genannten Art, Fühler rost¬
farben, so lang wie Pro- und Mesothorax zusammengenom¬
men. Prothorax noch gestreckter als bei Dan. Thunbergi ,
mehr als | der Deckflügellänge gleich kommend, bei der Ein-
lenkung der Hüften etwas mehr erweitert und nach vorn
deutlicher verschmälert; seine Seitenränder nicht nur vor der
Einlenkung der Hüften, sondern ihrer ganzen Länge nach
deutlich, wenn auch im Bereich des hintersten Dritttheils
allmählich schwächer sägezähnig, seine Rückenseite vom Kopf
bis zur Querfurche in vier regelmässigen Längsreihen, weiter
nach hinten beiderseits von dem scharfen Mittelkiel unregel¬
mässig und zerstreut granulirt. Deckflügel im Bereich des
Randfeldes und der Basis lebhaft ochergelb, gegen die Spitzo
hin mehr rehfarben, längs des Hinterrandes fast farblos und
durchscheinend ; ein kleiner durchsichtiger Fleck ist auch
nicht weit von der Basis im Mittelfeld und zwar dem Vor-
dorrand desselben genähert, bemerkbar. Hinterfliigel auf der
Grenze von Randfold und Fächer nicht eingeschnitten, ersteros
mit breit und quer abgestutzter Spitze, satt rauchbraun, nur
94
G er st a eck er : . Beitrat j zur Kenntnis s
gegen das lichtere Ende hin in einer Längsreihe fein weiss
gesprenkelt ; der mehr wässrig braune Fächer wie bei der
Südafrikanischen Art überall mit weiss umsäumten Queradern.
Unterseite der Vorderhüften längs der Aussenkante bis gegen
die lamellenartige Erweiterung hin mit 8 bis 9 schwarzen
Punkten , aber ohne schwarzen Fleck des unteren Endes,
welches kaum dunkler braun als der obere Theil erscheint;
die schmale Lamelle des Aussenrandes mit fünf bis sechs
stumpfen schwarzen Zahnvorsprüngen versehen. Vorderschen¬
kel im Bereich der Basalhälfte unterhalb granulirt, längs der
Spitzenhälfte innerhalb mit 14 Bornen (bei 4 äusseren und
4 unteren) bewehrt. Schenkelbürste schmal, graubraun. Vor¬
derschienen innen mit 11, aussen mit 8 Kammzähnen. Mittel¬
schenkel ausserhalb gegen die Spitze hin fein gerandet und
am Ende des ersten Fünfttheils zu einem schwach angedeu¬
teten Winkel hervortretend. Hinterleib wie bei Dan. Thun -
bergt mit schwärzlichen Querbinden am Endrande der vier
vorderen Segmente. Lamina supraanalis beim Männchen
trapezoidal, mit fast abgestutztem Endrande; Baife breit, ge¬
ringelt (an der Spitze verletzt).
An der Goldküste (Akkra: August) von Buchholz auf¬
gefunden.
Heterochaeta Westw.
Arcan. entom. I. p. 162.
Heter. tenuipes Westw.
Toxodera ( Heterochaeta ) tenuipes West wo od, Arcan. entom. I.
p. 162, pl. 41 (fern.)
Für diese zu den ausgezeichnetsten Afrikanischen Man-
tiden-Formen gehörende Gattung und Art ist bisher nur Sene-
gambien als Fundort angegeben worden. Während dieselbe
in den B uchholz’schen Sammlungen nicht enthalten ist, sind
dem hiesigen Zoologischen Museo neuerdings zwei Exemplare
vom Festlande Sansibars (Bagamojo) zugegangen und zwar
ein weibliches in vollkommen entwickeltem, ein männliches
/
im Nymphen-Stadium. Die Maasse des ersteren sind : Long.
corp. 143, proth. 51, exp. elvtr. 134 mill., diejenigen des
letzteren: Long. corp. 115, proth. 41 mill.
Der Prothorax beider Geschlechter zeigt einen vor dem
Quereindruck sägezähnigen, hinter demselben glatten Seiten-
der Orthopteren-Fauna Guinea' s.
95
rand ; seine Rückenfläche ist bis zum Quereindruck körnig
rauh und mit einer vorn verschwindenden Mittelfurche ver¬
sehen, hinter demselben beim Männchen abgerundet, beim
Weibchen stumpf gekielt, seine Basis bei beiden Geschlech¬
tern wulstig aufgetrieben und scharf längsgekielt. Das Colorit
der Hinterflügel ist ungleich prächtiger als es nach der West-
wood'schen , überhaupt viel zu massiven Abbildung scheint ;
die Grundfarbe des Fächers ist intensiv safrangelb, die welli¬
gen dunkelen Querbinden sind lebhaft stahlblau gefärbt. Bei
dem ungleich schlankeren Männchen überragen die breiten
und comprimirten Raife die Hinterleibsspitze um ein sehr
Beträchtliches. An den Vorderhüften folgen am Aussenrand
auf die zackigen Lappen der Basis zwei bis drei in weiteren
Abständen von einander stehende grössere und schärfere Zähne,
zwischen denselben zahlreiche ganz kurze Dornspitzen; mit
solchen ist auch die Innen- und Hinterkante bewehrt, während
die Vorderfläche zerstreute Warzenhöcker in grösserer Anzahl
erkennen lässt. Vorderschenkel mit fünf sehr langen und
scharfen xlussenrandsdornen und einem sechsten am Aussen-
winkel der Spitze; unterhalb 4, innen 13 alternirend kurze
und lange Dornen. Schenkelbürste im Bereich der drei vor¬
dersten Innenrandsdornen, vorn mäusegrau, hinten mehr gelb¬
lich. Vorderschienen innen mit 19, aussen mit 8 Kammzähnen.
Von der Gattung Toxodera Serv., mit welcher West¬
wood die vorstehende Afrikanische Art vereinigte, ist letztere
in ausgedehntestem Maasse verschieden.
Ilarpax Serv.
Hist. nat. d. Orthopt. p. 157.
Creobotra et Psendocreobotra Sauss.
16. Harp. ocellata Palis.
Etnpnsa ocellata Palisot, Orthopt. pl. 13, fig. 2. — Harpax
ocellata Serville, Orthopt. p. 158, nr. 1. — Harpax ocellata
Burmeister, Handb. d. Entom. II. p. 550. nr. 2. — Creobotra
( Psendocreobotra ) ocellata Saussure, Melang. orthopt. p. 296,
nr. 8, pl. 6. fig. 47. — Psendocreobotra Walibergi Stal, Oofv.
Vetensk. Akad. Förhandl. 1871, p. 385, nr. 1.
Zwei weibliche Exemplare dieser schön gezeichneten Art
liegen vom Ogowe (Eninga: Juni) vor. — Die von Stal für
seine Pseud. Wahlbergi hervorgehobenen Untorschiedo in der
96
Gerstaecker: Beitrag zur Kenntniss
Form des Ocellenfleckes der Deckflügel sind nicht constant,
sondern machen sich zuweilen sogar auf den beiden Seiten
eines und desselben Individuums bemerkbar.
Anmerkung. H. de Saussure führt (Melang. orthopt.
p.300) unter seiner Gattung Ilarpax (Creobroter Serv.), welche
er auf zwei Afrikanische Arten {11. virescens Serv. und
tricolor Lin.) beschränkt, fraglicher Weise noch Harp. picti-
pennis Serv., deren Vaterland : Cayenne er in Frage zieht, und
Mantis Diana Stoll (pl. 25, fig. 100), beide ihm in natura
unbekannt, auf. Ueber diese beiden Arten ist zunächst zu
bemerken, dass sie offenbar in eine Zusammenfällen, welche
nicht, wie Stoll irrigerweise angiebt, aus Java, sondern aus
Süd- Amerika stammt. Drei dem hiesigen Zoologischen Museum
neuerdings zugegangene weibliche Individuen derselben sind
am oberen Amazonenstrom (Ega) gesammelt, während ein
viertes (im Berliner Museum befindliches) an C. A. Dohm
aus Pernambuco eingesandt worden ist: daher denn auch die
Serville’sche Angabe: Cayenne in keiner Weise zu bean¬
standen ist. Der Vergleich dieser Exemplare mit der Stoll-
schen Abbildung seiner Maut. Diana und der Serville'schen
Charakteristik seiner Ilarp. pictipennis lässt leicht erkennen,
dass die zwischen beiden hervortretenden Unterschiede nur
auf Ungenauigkeiten seitens der betreffenden Autoren, resp.
Maler beruhen. In der S toi Eschen Figur 100 ist der Kopf-
fortsatz und der hintere Abschnitt des Prothorax zu lang ge-
rathen, die Deckflügel viel zu spitz, ihre erste, sich über den
Vorderrand ausbreitende gelbe Querbinde zu umfangreich; der
Vorder- und Aussenrand der Hinterflügel ist anstatt glashell:
rauchbraun und der Hinterleib anstatt blassgelb mit schwarzer
Scheibe: einfarbig rostroth getuscht. Serville beschreibt
seine Ilarp. pictipennis im Allgemeinen kenntlich, erwähnt
aber auffallender Weise der bei Stoll zu gross gerathenen
Basalbinde der Deckflügel (welche nur an einem der mir vor¬
liegenden Exemplare undeutlich ausgeprägt ist) überhaupt
nicht. Ausserdem giebt er den Vorderrand der Hinterflügel
ungenau als „roussätre“ an, während er in Wirklichkeit weiss
mit leichtem blassgrünlichem Anfluge ist und erst gegen die
Spitze hin eine kirschrothe Färbung mit schwarzer Aussen-
makel annimmt.
der Orthopteren- Fauna Guinea s.
97
Was nun die systematische Stellung dieser Art, für wolche
der ältere StolPschc Name M. Diana eintreten muss, be¬
trifft, so steht dieselbe in ungleich näherer Verwandtschaft zu
Harpax Serv. (Creobotra Sauss.) als zu Creobroter Serv., da
sie einen hinter den Ocellen aufsteigenden Scheitelkegel be¬
sitzt und ihre Augen nicht in einen Zahn ausgezogen sind.
Trotz dieser näheren Beziehungen zu Jlarpax kann sie aber
nicht mit dieser Gattung vereinigt werden, da sie z. B. von
Harp. ocellata Palis. 1) durch den sehr viel dickeren, gerade
aufgerichteten, hoch kegelförmigen, am Ende kurz zweizinkigen
Scheitelaufsatz, 2) durch die eines verlängerten Schaftes ent¬
behrenden, langen und fein borstenförmigen Fühler, 3) durch
den seitlich nicht geflügelten Prothorax, 4) durch die nur mit
sehr feinen Spitzchen bewehrten Vorderhüften und 5) durch
die einfachen , an der Basis nicht angeschwollenen Aussen-
randsdornen der Vorderschenkel sehr wesentlich ab weicht.
Nach diesen Unterschieden muss die hier in Rede stehende
Art eino besondere Gattung bilden, für welche sich der Name
Anastira (avoccTStpo;) empfehlen dürfte. Ihre Nomenklatur
würde demnach folgende sein :
Anastira Diana Ger st.
Mantis Diana St oll, pl. 25, fig. 100 (fern.)
Harpax pictipennis Serville, Orthopt. p. 160, nr. 4.
Patria: Brasilia (Ega, Pernambuco) et Guiana (Cayenne).
Idolomorpha Burm.
Handb. d. Entom. II. p. 547.
17. Idol, lateralis Burm.
Empusa ( Idolomorpha ) lateralis Burmeister, Handb. d. Entom. II.
p. 547, nr. 8. — Empusa defoliata Serville, Orthopt. p. 147,
nr. 7 (fern.). — Empusa spinifrons Saussure, Rev. et Magas.
de Zool. 1859, p. 61 (mas). — Idolomorpha defoliata Saussure,
Mölang. orthopt. p. 389, nr. 3 (mas).
Ein einzelnes männliches Exemplar von 63 mill. Körper¬
länge liegt von der Goldküste (Akkra : August) vor.
7
98
Gerstaecker: Beitrag zur Kenntniss
Fam. Phasmodea Burm.
Bacillus Latr.
Fam. natur. du regne anim. p. 412.
1. Bac. trivittatus. Antennis 18-articulatis, linearis , laevisf
pallide ßavescens, vittis tribus percurrentibus fuscis , intennedia
latiore , in meso- et rnetathorace nigro-trilineata : pedibus sim-
plicibus, tenuissimis, cercis apice triangulär iter dilatato. Long.
corp. 71, antenn. 16, femor. ant. 29, tib. ant. 34, mesoth.
16, metath. 14 mill. -- mas.
Kopf fast cylindrisch, nach hinten allmählich verschmälert,
etwa dreimal so lang als breit, auf licht knochengelbem Grunde
mit drei scharf abgegrenzten pechbraunen Längsbinden , die
seitlichen, vom Hinterrand der Augen ausgehenden schmäler,
die mittlere im Bereich der hinteren Hälfte fast doppelt so
breit und etwas lichter, vorn dagegen linear. An den Fühlern
das langgestreckte Basalglied schalgelb, die folgenden allmäh¬
lich dunkler, zuletzt pechbraun. Prothorax etwas kürzer als
der Kopf, parallelseitig, abgeflacht, mit feiner durchgehender
Längsfurche; die drei dunkelen Längsbinden als direkte Fort¬
setzungen derjenigen des Kopfes, auch hier die mittlere breiter
und lichter als die seitlichen. Mesothorax dünn cylindrisch,
vorn nur wenig, ganz hinten dagegen fast um die Hälfte breiter
als bei der Mitte; die breite Mittelbinde licht rehbraun, nach
hinten dunkler, beiderseits gegen den licht knochengelben
Grund durch eine schwarze Linie abgegrenzt und auch in der
Mitte von einer solchen durchzogen, die beiden Seitenbinden
ganz dünn , linear. Dieselbe Zeichnung wiederholt sich auf
dem etwas kürzeren, sonst gleich gebildeten Metathorax. Beine
durchaus einfach, fadenförmig dünn, das erste Paar bei weitem
am längsten, das zweite am kürzesten ( Vorderschienen : 34,
Mittelschienen: 23, Hinterschienen: 28 mill. lang); Färbung
knochengelb , das Ende der Schienen und die Tarsen licht
pechbraun. Hinterleib ein wenig länger als der Vorderkörper,
gleichfalls linear, bis zum Ende des sechsten Segmentes cy¬
lindrisch, vom siebenten an allmählich breiter werdend, das
neunte ein wenig länger als an der quer abgestutzten Spitze
breit, gleich dem vorletzten, in der Mittellinie gekielten etwas
aufgetrieben, vor dem deutlich abgesetzten und verdickten
der Orthopteren- Fauna Guinea’s.
99
Endrand jedoch tief grubig eingedrückt. Von den drei dun-
kelen Längsbinden die seitlichen ganz geschwunden oder nur
noch an der Basis erkennbar, die mittlere als schmale Linie
übrig geblieben, auf dem Endsegment jedoch wieder als breite
Strieme erscheinend. Die beiden letzten Ventralplatten so
stark verkürzt, dass die neunte kaum den Hinterrand der
achten Dorsalplatte erreicht; dieselbe ist stumpf herzförmig
und mit ganz kleinen Griffeln versehen. Cerci der letzten
Dorsalplatte an Länge gleichkommend , mit stark löffelförmig
erweiterter , breit herzförmiger und an der Innenfläche aus¬
gehöhlter Spitze.
Diese Art steht dem Bacillus gracilipes W estw. (Catal. of
Phasmidae p. 5, nr. 9, pl. VIII, fig. 5) von Sierra Leone sehr
nahe, unterscheidet sich aber durch die Zahl der Fühlerglie¬
der, grössere Schlankheit des Körpers und der Beine, die
Bindenzeichnung des ersteren, die längeren und weniger ver¬
dickten Endsegmente des Hinterleibes.
Ein einzelnes Männchen von der Goldküste (Aburi:
Septbr.).
2. Bac. Buchholzi. Antennis fernoribus anticis parurn bre-
vioribus , 23-articulatis , pedibus Omnibus simplicibus , tibiis
anticis metathorace duplo longioribus , mesothorace tereti, parce
tuberculato , ante basin acutangulo-dilatato , abdominis segmentis
quatuor ultimis acute carinatis, ultimo tvansverse quadrato et
penultimo angustiore. Long. corp. 59-66, antenn. 18-19,
femor. ant. 19-20, tib. ant. 20-21, mesoth. 14-15, inetath.
10-11 mill. — fern.
Der ganze Körper licht rostfarben, die Fühler gegen die
Spitze hin und die Tarsen pechbraun. Kopf länglich vier¬
eckig, nach hinten leicht verjüngt, der Hinterhauptsrand durch
drei Einkerbungen deutlich vierwulstig, die Mittellinie fein
gefurcht. Fühler relativ lang, 23 gliedrig , wenig kürzer als
die V orderschenkel , das erste Glied breitgedrückt und ge-
wimpert, das zweite dicker und um die Hälfte kürzer als das
dritte, das fünfte am kürzesten. Prothorax etwas länger als
der Kopf, reichlich um die Hälfte länger als breit, die vordere
Hälfte mit tiefer, von zwei Längswulsten eingefasster Mittel¬
furche, die hintere abgeflacht. Mesothorax mehr denn viermal
7*
100
Gerstaecker: Beitrag zur Kenntniss
so lang als der Prothorax, cy lindrisch, vorn kaum merklich,
hinten dagegen stark verbreitert und vor der Einlenkung der
Hüften einen scharf dreieckigen Vorsprung bildend; die Mit¬
tellinie bis zum Beginn der hinteren Erweiterung sehr seicht
gefurcht, die Oberfläche mit zerstreuten warzenförmigen Er¬
hebungen. Metathorax fast um ein Dritttheil kürzer, gleich¬
falls cy lindrisch, dicker, vorn und hinten schwächer erweitert,
glatt. Alle drei Beinpaare einfach, das erste um mehr denn
ein Dyitttheil länger als das dritte, das zweite um ein Fünf¬
theil kürzer als dieses. Hinterleib etwas länger als der Vor¬
derkörper, bis zum Ende des sechsten Segmentes cylindrisch,
die drei letzten zusammen eine leichte keulenförmige Er¬
weiterung bildend, das achte breiter als das neunte, gleich
diesem quer viereckig. Die vier letzten Segmente mit schar¬
fem, auf dem vorhergehenden nur noch angedeutetem Mittel¬
kiel, auch mehr runzlig als die vorderen. Endsegment in der
Mitte des Hinterrandes leicht eingekerbt, daher stumpf zwei¬
lappig. Cerci breit oval , nur wenig über den Endrand her¬
austretend.
Larven von 56 mill. Körperlänge , also kurz vor der
letzten Häutung, zeigen beträchtlich kürzere, nur 21gliedrige
Fühler, den Kumpf rauher, dichter granulirt, auf licht gelbem
Grunde eine deutliche hellbraune Scheckung. Mittel- und
Hinterbeine haben die Schienenspitze und den Tarsus mit
Ausnahme der Basis geschwärzt.
Nur in weiblichen Individuen vom Camaroons (Victoria:
Juni, Septbr., Febr.) vorliegend.
4
Palophus "VVestw.
Catal. of Phasmidae p. 90.
Bactrododema Stal, Öfvers. Vetensk. Akad. Förkandl. XY. p. 308.
3. Pal. Centaurus Westw.
Catal. of Phasmidae p. 91, nr. 2. pl. XXXII. fig. 1 (fern.).
Ein weibliches Exemplar dieser riesigen Art von 242
mill. Körperlänge, also noch grösser als das vonWestwood
abgebildete, liegt vom Camaroons (Januar) vor. Maasse :
Antenn. 60, femor. ant. 63, tib. ant. 71, mesoth. 44 mill.
4. Pal. Minotaurus. Antennis dimidio corpore longioribus ,
linearis , fuscus , opacus, pedibus cervino-anmdatis , elytris eaius
der Orthopteren-Fauna Guinea’ s.
101
albo-limbatis, alarum area marginali cervino - fuscoque varia ,
posteriore ( Ul ute fusca, albo-tessellata : verticis cornubus parvis ,
divaricatis , pedibus anticis simplicibus , femoribus tibiisque
posterionbus basin versus anguste lobatis. Long. corp. 148,
antcnn. 79, femor. ant. 48, tib. ant. 59, elytr. 14, alar. 705
mesotli. 28, abdom. 98 mill. — mas.
Körper sehr langstreckig, schwärzlich braun, matt, Fühler
und Beine rehfarben gebändert. Die Scheitelhörner klein,
nur 2 mill. lang, gleich von ihrem Ursprung aus Y förmig
divergirond, an der Spitze schräg abgestutzt; hinter ihnen nur
einige schwache Höckerchen, der Hinterhauptsrand jedoch mit
vier starken, eine Querreihe bildenden Wülsten. Fühler von
mehr als halber Körperlänge. Prothorax doppelt so lang als
breit, die vordere Hälfte mit tiefer, von zwei Längswulsten
eingefasster Furche , die hintere gegen den Mesothorax hin
stumpf lanzettlich verjüngt. Mesothorax mit mittlerem Längs¬
kiel, beiderseits zerstreute kleine, glatte Tuberkeln führend.
Deckflügel von ähnlicher Form wie bei Pal. Centaurus, auch
mit entsprechender buckelförmiger Auftreibung der Scheibe ;
schwärzlich braun mit weissem Aussensaum. Flügel bei
gleicher Länge mit ungleich schwächer gerundetem Hinterrand
als bei Pal. llaworthi- Gray , Westw. (Catal. of Phasrn. pl. X,
fig. 5), daher beim ersten Dritttheil ihrer Länge am breitesten
und gegen die Spitze hin deutlich verschmälert; das Randfeld
auf licht graugelbem Grunde unregelmässig pechbraun gebän¬
dert, an der Basis geschwärzt, der Fächer wässrig braun, mit
zahlreichen farblosen, glashellen, reihenweise gestellten Flecken,
zwischen welchen die Längsadern breit schwarzbraun gesäumt
erscheinen. Vorderbeine ganz einfach, ohne alle lappenartigen
Erweiterungen an Schenkeln, Schienen und Tarsen, der schmale
messerförmige Metatarsus so lang wie die übrigen Fussglieder
zusammengenommen. Schenkel und Schienen der beiden
hinteren Beinpaare mit loichtor lappenförmiger Erweiterung
jenseits des ersten Yierttheils ihrer Länge, am zweiten Paar
von etwas stärkerer Entwicklung als am dritten und zwar
ausserhalb wieder beträchtlich breiter als innen. An den leicht
gekrümmten Hinterschienen (von 53 mill. Länge) ausserdem
noch ein kleiner zahnartiger Vorsprung an der Aussenseite
beim Beginn des letzten Sechsttheils der Länge. Metatarsus
102
Ger staecker : Beitrag zur Kenntnis s etc.
clor beiden hinteren Paare von gleicher Form wie der vordere.
Hinterleib dünn cvlindrisch , nur am Ende des drittletzten
Segmentes leicht erweitert, die beiden letzten wieder dünner,
doppelt so lang als breit, gekielt. Cerci kurz und dick, wenig
über 1 mill. lang, stumpf abgerundet. Die achte und neunte
Ventralplatte stark verkürzt, letztere nur bis j der Länge der
achten Dorsalplatte reichend , gleichschenklig dreieckig , stark
comprimirt und mit einem im Bereich der Basalhälfte hohen
Kiel, welcher nach hinten senkrecht abfällt, versehen.
Von dem Männchen des Pal. Haworthi ist diese Art
durch die grössere Längsstreckung des Körpers und der Beine,
die kleinen, divergirenden Scheitelhörner, die einfachen, un¬
gelappten Vorderbeine u. s. w. leicht zu unterscheiden. Sie
für das Männchen des (nur nach dem Weibchen bekannten)
Pal. Centaurus Westw., mit welchem sie in den Längsver¬
hältnissen des Rumpfes und der Beine ungleich mehr über¬
einkommt, anzusprechen, liegt bei der auffallenden Verschie¬
denheit in der Färbung der Flügel und der Form der Scheitel¬
hörner, bei dem Mangel lappenartiger Erweiterungen der
Vorderschienen und des ersten Metatarsus, bei der Ausbildung
solcher an dem oberen Ende der Mittel- und Hinterschienen
— also einer ganzen Reihe wesentlicher Abweichungen —
gleichfalls kein Anlass vor.
Ein einzelnes Männchen von der Goldküste (Aburi:
Septbr.).
Ueber Mate*) (Mate)
und die Mate-Pflanzen Süd-Ainerika’s,
von
• Prof. Dr. J. Münter.
(Hiezu zwei lithogr. Tafeln).
Bleibt auch zweifellos die Thatsache für immer unerklär¬
bar, so ist sie doch sicherlich von grossem culturhistorischen
Interesse, dass fernab von einander wohnende Völker der
alten, sowie der neuen Welt, die nicht einmal von ihrer
gegenseitigen Coexistenz eine entfernte Ahnung, von europäi¬
schen Wissenschaften, insbesondere von den modernen Natur¬
wissenschaften nicht die geringste Kenntniss hatten, ja, mit
einer einzigen Ausnahme, auf den niedersten Stufen der Civili-
sation standen, dennoch aus der überreichen Fülle der tropi¬
schen oder subtropischen Pflanzenwelt, instinctiv diejenigen
Gewächse herausfanden und zu Genussmitteln (warmen und
erwärmenden Getränken) verwandten, von denen wir jetzt
wissen, dass sie in den gebrauchsfähigen Organen als gemein¬
samen wesentlichsten Bestandtheil fast einen und denselben
basischen Körper besitzen , das von F. Runge **) zuerst ent-
*) Nach Oskar Zöllner, (Beobachtungen über Natur und Verkehr des
La-Plata-Stroms. Ausland 1882 Nr. 17. pag. 332) wird das Wort
nicht, wie es die Franzosen thun: Mate gesprochen, sondern wie das
deutsche Wort Matte, obsclion es die spanisch geschriebenen Zei¬
tungen Argentiniens mit dem einfachen t schreiben; la yerba Mate.
Auch Hugo Zoller, die Deutschen im brasilischen Urwald, Berlin
1883, 8. schliesst sich dieser Schreibweise an.
**) Neueste phytochemische Entdeckungen. Berlin 1820. Lief. I.
pag. 144 u. flgd.
104
Münte 7%: Ueber Mate (Matt)
deckte Caffein; (identisch mit dem von Oudry im chinesi¬
schen und dann auch im Paraguay-Thee gefundenen Thein
und nahezu identisch mit Theobromin in den Kakaobohnen).
Freilich kennt man heute bereits einen gleichgrossen
oder sogar grossem Gehalt an Caffein in der Guarana, einer
von dem Indianerstamme der Mauhes in d. Provinz Para aus
den Saamen der Paullinia sorbilis Mart, (einer Sapindacee
Brasiliens) hergestellten Pasta, ebenso in den wallnussgrossen
Saamen der Cola tomentosa Guill. & Perot. und Cola acumi-
nata Palis, (einer Sterculiacee des westlichen tropischen Afri-
ca’s) , ohne dass dieselben schon jetzt eine erhebliche Rolle
im Welthandel spielten ; indessen in derHeimath der Paullinia
sorbilis gewinnt man bereits steigende Quantitäten der Gua¬
rana (3 Mill. Kilogr.) und für den erweiterten Anbau der
werthvollen Cola-Nüsse in allen dazu geeigneten Gegenden
der Welt, wirkt der bot. Garten zu Kew, fort und fort, wie
noch der jüngste „Report on the progress and condition of
the royal gardens at Kew , during the year 1881“. (London
1882. p. 11.) beweist.
Aber auch die Massen-Cultur derjenigen Gewächse, deren
Producte heute täglich von uns zu Getränken benutzt wer¬
den, ist verhältnissmässig doch noch neueren Datums, denn
weder im classischen Alterthume , noch im Mittelalter waren
sie in Europa bekannt, oder benutzt, obschon die Anfänge
ihres Gebrauchs auf uralte Zeiten hinweisen , und vielleicht
eben deshalb auch in mystisches Dunkel gehüllt, nur in Le¬
genden und Sagen ihre erste Nachweisung finden.
Kaffee.
Von den von P. Decandolle *) und Walpers **) nach¬
gewiesenen 61 Arten der Gattung Coffea aus der Farn, der
Rubiaceae, wird das Albuinen (Endosperm) von c. 10 Arten
benutzt und sind diese deshalb, wenigstens theilweise Gegen¬
stand des Anbaues in grösserem oder geringerem Maasse,
*) Prodromus systematis regni vegetabilis. Paris, Strasbourg und
London. Tom. IV. 1830. 8. pag. 498.
**) Repertorium botanices systematicae. Lips. 1843. 8°. Tom. II.
pag. 475 und Annales bot. syst. Lips. 1851—52. 8. Tom. II.
7 nid die Mate- Pflanzen Süd- Amerika ’s.
105
nämlich Coffea mozambicana DC., zanguebarica Lonr., laurina
Smoathm., microcarpa DC., liberica Hiern. ; arabica L. ; guia-
nensis Aubl. ; racemosa R. & P. in Peru, benghalensis Roxb.,
mauritiana Lam.
Hievon kommt das Albumen der auf Bourbon heimi¬
schen, bimförmige Früchtchen tragenden C. mauritiana be¬
reits alsWaare in den europäischen Handel. Der Kew-garden'
trägt seit 1874 eifrig Sorge: Coffea liberica Hiern, eine Art
des westlichen Africa’s, (cf. Transactions of the Linnean so-
ciety 2. ser. Botanv. I. p. 171 tab. XXIV und Report on the
progr^ss of the royal gardens at Kew 1875, 8° pag. 10. c.
tab. lith.) , nach dem Cap d. g. H. , nach Neuholland (Bris¬
bane), Indien, Sechellen, Neu-Granada, Brasilien und die
Antillen zu verbreiten und von allen Anbauorten her, lobt
man bereits seine Eigenschaften. In Brisbane kostet das Pfd.
frischer Beeren 8 d. (cf. Report on progress etc. of. r. gardens
at Kew 1881. London 1882. 8°. pag. 16).
Allein noch nicht verdrängt von den Emporien des Han¬
dels ist und bleibt noch immer das in mannigfaltigen Formen
und Färbungen auftretende Endosperm des in Brasilien und
Java, auf Ceylon und den Antillen , in Surinam und Arabien
etc. etc. cultivirten Coffea arabica L.
Aus dem von Lin ne der Species gegebenen Namen
„arabica“ müsste man nun billigerweise den Schluss ziehen,
dass die Pflanze in Arabien ursprünglich heimisch sei. Das
ist jedoch, wie wir heute bestimmt wissen, nicht der Fall.
Benutzte man auch vor Jahrhunderten, um sich wach zu
erhalten die cafta, die Blätter einer Celastrinee, der Catha
edulis Forsk. in Arabien zu Thee, ja baute sie sogar gleich¬
zeitig mit dem in Yemen bereits cultivirten Kaffee an, so
konnte doch schwerlich der Khät oder Kat, Veranlassung zu
Irrthum bieten. Aber die Legenden , welche über den Ur¬
sprung und die Wirkung des Kaffees verbreitet wurden, haben
nicht unwahrscheinlicherWeise in der Anwendung des Khät s
ihren Ursprung.
Dass aber Linne sich irrte, indem er Arabien als das
Heimathland des Kaffee's ansah, findet seine natürliche Er¬
klärung in dem von ihm benutzten Schrifton , von denen in
erster Linie wohl Prosper Alpinus zu nennen ist, welcher
106
Mü nt er : Ueber Mate { Maid)
mit dom Venetianischen Consul Emo (Hcmus) in den Jahren
1580 — 1584 Aegypten besuchte und sowol in seiner Medicina
Aegyptiorum *) als auch in der Schrift „de plantis Aegypti“
(s. u.) Abbildung und Beschreibung des Kaffeebaums gab,
1591 die ersten Erlichte nach Europa brachte und sich aus¬
führlicher über die Verbreitung des Baumes, so wie über den
Gebrauch und Wirkung des „bonu aussprach. „In frequen-
tissimo usu ibi est decoctum , chaova appellatum, quod ex
quibusdam seminibus nigris, fabas imitantibus parare con-
sueveruntu, dessen Geschmack er mit der Cichorie verglich.
Rauwolf**), ein Augsburger Arzt, welcher in den Jahren
1573— 1575 in der Levante weilte, lernte zwar den Kaffee als
Getränk in Aleppo kennen , hatte aber nicht , wie Prosper
Alpin in Cairo, Gelegenheit, einen lebenden Kaffeebaum zu
sehen; ja er liess sich erzählen, dass derselbe in Indien
zu Hause sei.
Eorskal***) und Niebuhrf) wussten aber schon um
• die Mitte des vorigen Jahrhunderts, dass der sogenannte ara¬
bische Kaffee nicht in Arabien heimisch, sondern aus Abvs-
sinien nach Arabien gekommen sei und bereits vor Beiden
sagt schon Ray 1690 in seiner Hist, plant., dass der Kaffee¬
baum nur zwischen den Wendekreisen wachse; eine Be¬
hauptung, die von C. J. Ponnert in dessen Reisebeschrei¬
bung (1698 — 1700) dadurch bestätigt wird, dass er in Aethiopien
wilde Kaffeebäume angetroffen hat. Auch von dem in den
Jahren 1768 — 73 den Orient bereisenden Schotten Bruce ff),
der den Kamen Kaffee von Kaffa, dem südlichen Districte
der Hochebene Narea ableitete, muss Linne keine Kenntniss
erhalten haben.
War nun durch den von Linne gebrauchten Species-
namen das botanische Publicum auf eine falsche Fährte ge¬
führt, ungeachtet von oben genannten späteren Orient-Reisen-
*) lib. IV. cap. II. p. 254. und pag. 264-65. — und de plantis
Aegypti. Venetiis 1592. p. 27a.
**) aigentlicho Beschreibung der Raiss etc. in die Morgenländer.
1582.
***) flora Aegypt. Havniae 17/5. 4°. p. 87.
f) Reisebeschreibung 1774.
tp Travels, 2. Edit. Tom. VII. p. 79. Appendia.
und die Mate- Pflanzen Süd- Amerika’ s.
107
den die irrthümlich angenommene Heimath des Kaffeebaums
bereits ihre Correctur gefunden hatte, so muss es doch Wunder
nehmen, dass Curt Sprengel*) noch im Jahre 1807 sich
abmüht, durch Heranziehung alter arabischer Schriftsteller
den Beweis für die arabische Heimath des Kaffee’s zu
führen, p. 249. 1. c. sagt er wörtlich ,,Primum ac Optimum
hujus potus vestigium reperisse mihi videor apud Avicennam
p. 261 titulo „Scharäb“, ubi „qahwa“ manifesto dicitur. No¬
mine „bonu quali nunc insigniunt Arabes arborem, haudqua-
quam occurrit“.
Wäre die Sprengersche Auslegung des Wortes „scharäb“
richtig, so wäre der vermeintliche Kaffee des Abu all elhosein
ben ’abdallah ben elhasan ibn slna (Avicenna) elbokhari (aus
Bokhara), welcher bereits im Jahre 428 der Hedschra (1036
— 37 n. Chr.) starb, schon seit dem Ilten Saeculum beiden
Arabern im Gebrauch gewesen, allein das Wort „Scharäb“
bedeutet, wie mir unser gelehrter Arabist, Prof. Ahlwardt-
Greifswald nach wies, nur „Getränk, Tranku, ein Wort, dessen
lexicographische Erklärung bei Avicenna zwar mit „qahwa“
beginnt, welches Letztere aber, wie auch durch den arabi¬
schen Lexicographen El gauhari (50 Jahre vor Avicenna’s
Schrift verfasst) bewiesen wird, damals nur gleichbedeutend
war mit „Wein“. Erst viel später ist das Wort qahwa für
das Kaffeegetränk in Anwendung gekommen. Wird somit
die Sprengel’sche Annahme absolut hinfällig , dass die Be¬
kanntschaft der Araber mit dem angeblich heimischen Kaffee
schon im Ilten Jahrhunderte anzunehmen sei, so steht ihr
auch andererseits entgegen, dass der gelehrte im Jahre 646
der Hedschra (etwa 1248 n. Chr.) gestorbene arabische Arzt
Ebn Beithär aus Malaga in seinem von Sontheimer übersetzten
grossen Werke über Nahrungs- und Heilmittel in keiner
Weise des Kaffeebaums oder des Kaffee’s, als Getränk, Er¬
wähnung thut. Allein Ebn Beithär ist der kenntnissroichste
Pharmacolog und Botaniker der Araber überhaupt und ihm
wäre, wenn sonst der Kaffee in Arabien zu seiner Zeit schon
eingeführt oder bekannt gewesen wäre , dieses Genussmittel
unmöglich unbekannt geblieben. Freilich kannte der Lexi-
*) Hist, rei herbariao. Amstolod. 1807. Tora. I. p. 249.
108
Mü nt er : Lieber Mate ( Matt f ;
graph des Qämüs, Elflruzä bädi, der um das Jahr 1523 n. Chr.
(917 der Hedschra) starb, ebenfalls weder den Kaffeebaum
noch den Kaffee, als Getränkmaterial, obschon bereits um das
Jahr 1596 n. Chr. (996 der Hedschra) der Scheikh Abd-
Alkader Ansari Djezeri Hanbali eine durch Sylvestre de
Sacy uns theilweise in einer französischen Uebersetzung be¬
kannt gewordene Schrift über den Kaffee *), („qahwa“ nun¬
mehr benannt) schreiben konnte.
Aus dieser Monographie geht klar lind deutlich hervor,
dass der 875 der Hedschra (etwa 1475 n. Chr.) gestorbene
Scheikh Djemal-eddiu abou abd-allah-Mohamed-Dhabhani das
Kaffeetrinken in Aden eingeführt hat ; dass ferner der Kaffee¬
baum aus dem Lande des Ebn-Saad-eddin in Abvssinien
%j
stammt, und von da nach Yemen (der südwestlichen Provinz
Arabiens) wahrscheinlich nach Mokka zur Cultur gebracht
worden ist. Das klingt auch um so glaublicher, als ja schon
seit der Begründung des Islam durch Mohammed ein Theil
seiner ersten Glaubensgenossen aus Mekka nach Abvssinien
ausgewandert war und also seitdem sicherlich auch Bezieh¬
ungen zwischen jenen ersten Auswanderern und den in Arabien
zurückgebliebenen arabischen Muhamedanern bestehen blieben.
Wie interessant nun auch die spätere Geschichte der Ver¬
breitung des Kaffeebaums und des aus dem bon **), bun oder
buun hergerichteten Getränks (qahwa, kahwa, cahveh, Cave
cahava und Cahvoe bei Persern , Aegyptern, Türken oder
Arabern genannt) sich gestaltet, hier ist nicht der Ort darauf
weiter einzugehen , wohl aber schien es nothwendig , die Er¬
klärung mancher beim Mate zu erwähnender Vorkommnisse
durch obige Hinweisungen vorzubereiten, und gestatte ich mir
nur noch hinzuzufügen, dass, obschon mehrere Species des
Genus: Coffea, Gegenstände des Anbaues, und deren Endo-
sperm in so colossalem Maassstabe, Handelswaare und Ver¬
brauchsobjecte geworden sind (beispielweise importirte Ham-
*) Silvestre de Sacy Chrestomathie arabe. Tom. I. Paris 1826.
8°. pag. 413: Extrait du livre intitulc „les Preuves les plus fortes eu
faveur de la legitimite de l'usage du Cafe“.
**) Ob unser Wort: Bohnen, im Zusammenhänge mit Kaffeebohnen
in dem arabischen bon seinen Ursprung hat, muss weiteren linguisti¬
schen Forschungen anheim gestellt bleiben.
und die Mate-Pflanzen Sud-Amerika' s.
109
bürg i. J. 1882, 1,80000 Ctr. Kaffee), doch nooh Surrogate
in den Handel kommen , und sogar bereits im Grosshandel
eine beachten swerthe Holle spielen, ln dieser Hinsicht sei
nur auf die Cichorie hingewiesen, welche nicht nur aus der
im Grossen angebaueten Wurzel von Cichorium Intybus L.,
sondern heute auch aus der Zuckerrübe (Beta vulgaris ß.
rapacea) hergestellt wird. Auch tritt der unter dem Namen
Cafe negre, cafe marron, l’herbe puante, wild coffee von Cassia
occidentalis uud C. arcuata auf Guadeloupe und Martinique
stammende Saame nicht nur in seiner antillischen Heimath,
sondern auch anderwärts als gesuchtes Kaffeesurrogat auf*),
während der Cafe Bonpland, auch wohl von einer Cassia-
Art (ob Cassia sericea?) abstammend, nur erst in Argentinien;
der Kaffee von Sudan von Parkia afficana R. Br. einer Mi¬
mose und der schwedische Kaffee (Saame von Astragalus
baeticus) in Schweden und Theilen Neuvorpommerns Gegen¬
stand der Gewinnung und Nutzung geworden ist.
Aus Vorstehendem , so wie aus den Berichten neuerer
Afrika-Reisenden Rüppel, Major Harris **) bis aufH. Stan-
ley ***) herab, welcher Letztere den Kaffeebaum als wilden
Waldbaum an der Nordwestküste des Victoria Nvanza-
«/
See ’s im Königreiche Ugando, 0,5' nördl. Br. sah, ergiebt
sich mit Evidenz, dass das aequatoriale Afrika bis zu den
Gallas-Ländern, das Hochland Abyssinien eingeschlossen, ins¬
besondere nach Ritter, I. p. 175 die Hochterrasse Narea
vielleicht auch, wie Alph. Decandolle angiebt: Guinea das
Heimathland des sogenannten Coffea arabica L., nicht
aber Arabien ist.
Aus dieser somit constatirten Thatsache aber folgt, dass
wir, da die Völker des dunkeln Continents keine Schrift¬
zeichen besassen, noch besitzen, auch niemals, wenn nicht
etwa äthiopische Handschriften etwa derartiges enthalten, über
die Anfänge des Gebrauchs der sogenannten Kaffeebohnen
*) Report on the progress and condition of the royal gardens at
Kew, during tlie year 1881. London 1882. 8". p. 34.
**) The Highlands of Aethiopia. 1844.
***) Durch den dunkeln Welttheil, übers, v. Büttger. Lpz. Tom. I.
pag. 437.
110
Munter : lieber Mate {Mate)
etwas erfahren werden, noch auch jemals ermitteln können,
von Welchem der africanischen Völker der Anbau des Kaffee¬
baums ausgegangen ist. [Ueber die Verbreitung der Kaffee-
Cultur geben die unten genannten Schriften ausführliche De¬
tails *) ].
Ganz ähnliche Erfahrungen machen wir mit den Cacao -
bohnen und dem Getränk: der daraus bereiteten Chocolade.
Cacao.
Aus den Ausfuhrhäfen dieses in allen Welttheilen mehr
oder minder angewandten , ebenso gesunden als nahrhaften
Genussmittels heutigen Tags einen Schluss auf die autochtone
Heimath der Cacaobohnen ziehen zu wollen, würde zu dem¬
selben Resultate führen , wie wir es betreffs des sogenannten
,, arabischen Kaffee’s“ bereits kennen gelernt haben. Die
Nordstaaten Südamerika^, die Antillen, Brasilien, dieWest-
küste Central- Afrika ’s mit der Insel Fernando Po, die Sechellen
Vorder- und Hinter-Indien , Java, die Philippinen, Fiji-Inseln
u. s. w. sie alle liefern gegenwärtig mehr oder weniger er¬
hebliche Quantitäten Saamen diverser Arten der Büttneriaceen-
Gattung Theobroma in den Handel, und zwar participiren
ausser der hauptsächlichst cultivirten Art: Theobroma
Cacao L. von den anderweit bekannnten 15 — 18 Theobroma-
Arten: Th. bicolor H. & B. ; Th. angustifolium Sessi;
Th. ovalifolium DC.; Th. glaucum Karst.; Th. guianense
.Alibi.; Th. microcarpum Mart.; Th. speciosum Willd. ;
Th. sylvestre Mart, und Th. subincanum Mart. **); je nach¬
dem die Cacaosaamen von Caracas, Cayenne, Brasilien u. s. w.
exportirt werden, denn der Gehalt an Theobromin, den Fetten
u. s. w. ist nahezu bei allen genannten Arten gleich ; allein
nicht alle genannten Arten sind Gegenstand des Anbaues,
sondern werden z. Z. überall da in Mitnutzung gezogen , wo
sie sich wildwachsend vorfinden.
*) A. B. Reichenbach: Der Kaffeebaum, III. Abth. der Schrift:
Die Pflanzen im Dienste der Menschheit. Berlin 1807. 8°. — Lett-
som und John Ellis, Geschichte des Thees und Koffees. A. d. Engl.
Lp/. 1770. 8". pag. 126 u. flgd. — Yolz, Beiträge zur Kulturgeschichte.
Lpz. 1852, pag. 324 — 345.
**) Jul. Wiesner, die Rohstoffe des Pflanzenreichs. Lpz. 1873. 8".
pag. 728.
und die Mate-Pßanzen Süd-Amerika s.
111
Hängt der Werth der Handelswaare , theilweise wenig¬
stens, von diesem bisher wenig beachteten Umstande ab , so
ist doch auch nicht zu verkennen, dass Boden und Clima, in
welchem Theobroma Cacao L. ausschliesslich angebaut
wird, auf die Qualität des zu erntenden Saamens Einfluss aus¬
üben, ebenso wie die Art der Behandlung der Saamen nach
deren Ernte.
Gewöhnlich ist man nun geneigt, die autochtone Heimath
einer Pflanze da zu suchen und anzunehmen, von woher ihre
Producte in der vorzüglichsten Qualität zu uns kommen.
Wenden wir diesen Satz, wie es ja doch noch alltäglich z. B.
mit dem Mokka-Kaffee der Fall, auf den Cacaosaamen an, so
müssten wir zweifelsohne Venezuela, insbesondere die Gegend
von Caracas als das Heimathland des Cacao ’s ansehen. Frei¬
lich finden sich auch in Venezuela andere wildwachsende
gebrauchsfähige Theobroma-Arten , aber nur gerade nicht die
Species: Cacao L., deren Heimath sich vielmehr da zu be¬
finden scheint, von wo überhaupt zur Zeit kaum noch ein
nennenswerthes Quantum gebrauchsfähiger Saamen in den
Grosshandel kommt, nämlich in Mexico.
Urkundlich nachweisbar ist aber leider, weder der Fund¬
ort, die eigentliche Heimath der ächten Cacaopflanze in dem
alten Culturstaate Mexico ’s, noch der Beginn der Cultur
derselben; vielmehr sind wir nur auf Mittheilungen hinge¬
wiesen , welche spanische Historiographen über die Zeit der
ersten Bekanntschaft der Spanier mit Central-America uns
hinterlassen haben.
Aus diesen Berichten geht aber mit Evidenz hervor,
dass Ferd. Cortez, der Eroberer Mexico’s, die Urbewohner
dieses Reiches mit der Cacaopflanze sowohl, als mit der Ver¬
wendung der Saamen derselben auf das Vollständigste vertraut
fand *). Auf einem Pachthofe, so meldete er aus Temkxtitan
d. v. 3. Sptbr. 1526 dem Kaiser Karl V., fand er bereits
2000 Stämme des Cacap angepflanzt; die mandelartige Frucht
(sollte Saamen heissen) werde genialen, in Wasser gelöst und
unter Zusatz von Piment und Orleans event. mit Vanille
*) A. v. Humboldt, Neuspanien III. p. 122.
112
M Unte r : Ueber Mate ( Mate )
(tlilxoschitl) und Mays in Tafelform gebracht und zu chocolatl,
einem herben, doch sehr beliebten Getränk benutzt. Zu unsrer
Zeit pflegt man dies einst herbe Getränk mit Zucker zu ver-
süssen und wenn auch nicht mit Maismehl, so doch durch Zusätze
von Kartoffel-Stärkemehl, ja wohl Ziegelmehl und andern noch
viel bedenklichem Substanzen zu fälschen, [cf. Mitscherlich:
Cacao]. Die Saamen wurden ausserdem als Zahlmittel bei
Abtrag der Staatsstcuern angenommen und waren auch sonst,
gleichsam als Münze im Gebrauch.
Da nun die spanischen Eroberer auf keinem andern Punkte
America’s, wo auch immer sie landeten und sich zu Herren
des betretenen Territoriums machten, dieselbe oder eine in
ähnlicher Weise benutzte Pflanze vorfanden, so dürfte wohl
der Schluss gerechtfertigt sein, dass Theobroma Cacao L. ur¬
sprünglich in Mexico heimisch und von Mexico aus, nach
anderen Ländern gebracht worden sei, wo ihre Cultur, des
Clima’s willen, möglich ist, d. h. zwischen dem 23° n. Br.
und 15 — 20° s. Br.
Die erste Erwähnung des Cacao ’s findet sich nach
C. Sprengel (Hist, rei herb. I. 372) bei Lopez de Gomara, da¬
gegen nach Fr. A. Flückiger und D. Hanbury *) in des
Cpt. Gonzalo Fernandez de Oviedo y Valde's Schrift, betitelt:
Historia general y natural de las Indias islas y tierre firme
del mar oceano (1514 — 1523). Tom. III. Madrid 1833. p. 253.
Der Mailänder Benzoni**), welcher in den Jahren 1541 —
1555 in America weilte, beschrieb zuerst den Cacao-Baum
und dessen Saamen, während Clusius***) die erste Ab¬
bildung der Saamen lieferte.
Bevor jedoch der von den Spaniern in Mexico Vorgefun¬
dene Gebrauch des Cacao 's zu einem allgemeinerem Getränke :
der Chocolade, in Europa verwendet wurde, verging nahezu
ein volles Jahrhundert, indem erst der Florentiner Carletti,
welcher lange Zeit in Westindien gelebt hatte, im Jahre 1606
das bis dahin gewahrte Geheimniss der Chocoladen-Bereitung
durchbrach und zuerst dies wohlschmeckende Getränk ein-
*) Pharmacographie. London 1879. 8°.
**) Hist, nouvelle du Nouveau Monde. Milanais 1579.
***) Notae in Garciae aromatum historiam. Antwerpiae 1582.
und die Mate-Pflanzen Süd-Amerika’ s.
113
führte. In London fand die Chocolade erst um 1657 und in
Paris 1661 Eingang, wohl hauptsächlich deshalb so spät, weil
Spanier und Portugiesen den bis dahin in anderen Colonien
noch nicht angebauten Cacao für sich allein reservirten und
ihn vom Grosshandel ausschlossen.
Cliin. Theo.
Aehnliche Erfahrungen, wie wir sie beim Kaffee- und
Cacaobaum und deren gebrauchsfähigen Producten machten,
ergeben sich für den sogenannten chinesischen Thee-
strauch und das aus den Blättern desselben bereitete Ge¬
tränk , das wir : und ohne sonstigen Zusatz,
schlechthin als „grüner oder schwarzer“ „Thee“ zu nennen ge¬
wohnt sind, offenbar deshalb, weil wir das Präparat gleich¬
zeitig mit dem chinesischen Namen erhielten, obschon wir
in Europa, doch schon seit Jahrtausenden: Aufgüsse wirk¬
samer Blätter bei Behandlung menschlicher Krankheiten so-
wol, als auch, wie schon oben beim kät nachgewiesen wurde,
als Genussmittel im Gebrauche der älteren und neueren Völker
Westasien’s, Nordostafrica's und Europa’s kennen, ohne dass
sie mit dem Namen „Thee“ bezeichnet gewesen wären.
Zunächst betreffs der Frage, „stammt der grüne, resp.
schwarze Thee von einer, oder mehreren Pflanzen ab“, so
kann bei der heutigen Sachlage kein Zweifel darüber bestehen,
dass wir die letzte Alternative bejahen müssen. Denn, ganz ab¬
gesehen von der Camellien-Gattung „Thea“, kommen bereits
die Kaffeeblätter als Thee von Brasilien und britisch Guiana
in den Handel und geben ein Surrogat ab , von dem nichts
zu wünschen bleibt; zumal diese Blätter auch gerade an Thein
ziemlich reich sind. Auf den Pariser internationalen Aus¬
stellungen sah man Cocathee von Peru: Erythroxvlon Coca,
(durch ihren Gehalt an Cocain längst gekannt und geschätzt);
ferner den Jamesthee von Ledum latifolium aus Labrador
und Newfoundland; den Fahamthee von Angraecum fragrans,
einer an Cumarin reichen Orchidee (Thoe von Bourbon).
Thee von Canada oder The rouge von Gaultheria procum-
8
114
Munter : Ueber Mate (Matt)
bens, einer Ericinee Nordamerika^. Auch Ilex Dahoon Walt,
wird ebenda als Theesurrogat benutzt u. A. *).
Allein auch abgesehen von vorgenannten unter dem Namen
„Thee“ bei uns eingeführten und gebrauchten Gewächsen, ist
doch die Meinung der Botaniker betreffs der Arten der Gat¬
tung Thea noch keineswegs vollständig ausgeglichen. Aller¬
dings nennt Decandolle**) nur drei Arten: 1) Thea chi-
nensis Sims, und zieht hiezu als var. a. viridis L. und ß.
Bohea L. mit dem Zusatze: an species diversae aut aliae
adhuc hic confusae ? 2) Thea cochinchinensis Lour. flor.
3-5sepalis, 5-petalis, Cochinchina und 3) Th. oleosa Lour.
flor. 6-sepalis, 6-petalis Canton. Don***) dagegen glaubt in
den Decandolle’schen Varietäten die Repräsentanten zweier
guter Arten mit Linne annehmen zu müssen und wird in
dieser Annahme ausser den bot. Characteren durch den von
Mulder f) nachgewiesenen verschiedenen Theingehalt unter¬
stützt. Der schwarze Thee z. B. Congo von Thea
Bohea mit 1 — 3" langen, elliptisch-länglichen, am Rande ge¬
sägten Blättern, besitzt, wenn in China gebaut 0,46 °/0 Thein;
wenn aber in Java erzeugt: 0,65 % Thein. — Der grüne
Thee z. B. Haysan von Thea viridis mit lanzettlichen , ge¬
zähnten, dicken 1 — 2" langen und 6 — 9" breiten Blättern,
besitzt, wenn in China gebaut 0,43; wenn in Java gebaut
0,60 0 0 Thein. (Ja der Gun-Powdur soll nach Peligot 4,84 %
Thein enthalten!)
Allein von beiden Don’schen Arten behauptet Decandolle,
dass sie beide mit 6 — 9 Blumenblättern und 5 6 Kelchblät¬
tern versehen seien. Die verschiedene Grösse und Form der
Blätter, welche zwar an 57 Varietäten ergeben sollen, wären
jedoch von zu geringem Belang, und offenbar während einer so
*) E. Unger, Bot. Streifzüge a. d. Gebiete der Culturgeschichte.
II. Die Pflanze als Erregungs- und Betäubungsmittel. Wien, 1857. 8".
p. 32. (Wiener Sitzungsber. d. Kaiserl. Acad. d. Wiss. XXIV p. 412).
**) Prodromus systematis naturalis regni vegetabilis. Parisiis Tom. I.
1824. 8. pag. 530.
***) General history of tlie dichlamydous plants Vol. I. London
1831. 4°. pag. 578—79.
f) Schroff, Lehrbuch der Pharmacognosie. 2te Hälfte. Wien 1853.
8. pag. 404—406.
und die Mate- Pflanzen Süd-Amerika s.
115
uralten Cultur und durch verschiedene climatische und Boden-
einfliisse entstanden.
Ob es nichts destoweniger noch andere Species von Thea
giebt, muss vorläufig dahin gestellt bleiben. Lindley sieht
in der Thea assamica eine solche. Die von Ritter*) ange¬
deuteten Thea-Sorten, von denen die Eine in einer westlichen
Gruppe von Districten , in denen Thee gebaut wird , deren
Product nur nach Tibet exportirt wird, so wie eine
Andere von den Jesuiten angeführte Sorte, welche in
SW. in Yünnan angebaut wird, lassen eine solche Ver-
muthung noch immer berechtigt zu. Es seien dies hohe,
zweigreiche Bäume mit längern und dickeren Blättern , die,
wenn sie zu Thee verwandt werden sollten , eine doppelte
Portion Rohmaterial beanspruchten, um gut schmecken zu
können. Bestimmt verschieden vom Theestrauche erklärt aber
Ritter (1. c.) den von den Burmanen cultivirten einheimischen
Thee „Lap ’hetu genannt, dessen Blätter (mit Sesamöl und
Knoblauch verzehrt, also nicht infundirt werden), von ellip¬
tischer Gestalt, breiter, aber gesägt, wie die der Bohea seien.
Welcher Ansicht man nun aber den Vorzug geben möge,
ob nur eine Art Thea, die Simse’sche „chinensis“, oder zwei
Arten Th. Bohea und Th. viridis anzunehmen seien, jeden¬
falls steht so viel fest, dass im Handel eine grosse Anzahl
von Sorten sowol in grüner Kugelform, als in schwarzer mehr
oder weniger gedrehter Eorm unterschieden und namentlich
auch von sehr verschiedener Preishöhe geführt werden. Und
davon kommt nach Graumüller **) die feinste Sorte : „der
Kaiser- oder Blumenthee, Theebliithe (Flos Theae), Bing, (in
Japan aus ganz kleinen zarten allerjüngsten Frühlingsblättern
hergestellt, welcher nur zu einem feinen Pulver***) zer-
*) Erdkunde von Asien Bd. II. od. Th. III. Bell. II. der allg. vergl.
Geographie. 2te Aufl. Berlin 1833. 8°. p. 237.
**) Hdbuch der pharmacol. und med. Botanik. Bd. III. 1815. 8”.
p. 260.
***) Graumüller (1. c.) berichtet auch, dass die reichen Leute in
England die Theeblätter pulverirt nur mit kochendem Wasser infundirt
gemessen. Auf 1 Tasse Thee Wasser nähme man 1 Theolöffel voll Thee“
Pul vor. — Die Aermern aber verspeisten sogar die boreits zur Infusion
verwandt gewesenen Blätter.
8*
116
Munter : Ueber Mate (Matt)
rieben mit siedendem Wasser infundirt wird), gar nicht in
den europäischen Handel, sondern wird nur für die Regenten¬
familie und die vornehmsten Mandarinen präparirt und ab¬
gegeben. Er soll nicht zusammengerollt, sondern zusammen
gedreht, hellgrün , von feinem balsamischen Gerüche und
gewürzhaftem, gelind zusammenziehendem Geschmacke sein. —
Aller andern Sorten bis zu dem in Russland so gebräuch¬
lichen „Ziegelthee“, oder den bereits durch engl. Thee-
maschinen gegangenen, in London in zahlreicheren eigenen
Fabriken in verkaufsfähige Waare wieder umgewandelten
Theeblättern in ausführlicherer Weise zu gedenken , würde
uns zu weit führen, zumal andere, bisher nicht berührte
Fragen, noch ihrer Beantwortung harren.
Bei dem hohen Alter der chinesischen Schriftsprache, von
welcher man noch nicht weiss, ob sie nicht ebenso lange be¬
steht, wie die ägyptische, chaldäische, assyrische oder indische,
darf es uns nicht Wunder nehmen , wenn schon vor langen
Zeiten chinesische Schriftgelehrte des in ihrem Heimathslande
cultivirten, im Patois der Provinz Fukian: Tiä; in Canton:
Tscha od. Tschia; in der Mandarinen- resp. Schriftsprache:
Tcha od. Tschia genannten Thees Erwähnung thun. Schon
unter der 2ten Tsind-Dynastie seit 265—419 n. Chr. soll vom
Theestrauche die Rede sein; allein doch erst c. 600 Jahre
n. Chr. soll er allgemeiner in Gebrauch gekommen und seit
783 unter der Tang-Dynastie besteuert sein*). Japanische
Schriftsteller erwähnen des Thees erst um 810 n. Chr., so dass
man daraus schliessen müsste, dass Thea sinensis Sim. event.
der beiden Linne’schen Arten, erst später nach Japan ein¬
geführt und also dort nicht ursprünglich einheimisch sind,
wo sie Tsjaa lieferten.
Das nachweisslich hohe Alter findet seine weitere Be¬
stätigung übrigens in zwei andern Beweismitteln. Einerseits
*) Y o 1 z , Beiträge zur Kulturgeschichte. Leipzig 1882. 8. p. 346.
Bitter, Bd. II. Asien 1883. 8°. pg. 230 u. flgd. giebt das Jahr
793 an. Nach Bretschneider, On the study and value of Chinese
botanical works p. 13 und 45 soll im Pent-sao schon 2700 Jahre vor
Chr. Geb. der Thee genannt werden, nach Andern wenigstens 5 — 600
J. v. Chr.
und die Mate- Pflanzen Süd- Amerika s .
117
wird der Tcha, einer chinesischen Legende zufolge, mit einem
buddhistischen Fanatiker Darma in Verbindung gebracht,
der nachweisbar existirt hat und um das Jahr 495 n. Chr.
gestorben ist. Um wach zu bleiben , soll derselbe sich als
ascetisches Stärkungsmittel, die Augenlieder abgeschnit¬
ten haben , die zur Erde gefallen , den Theestrauch hervor¬
riefen *). Glaubwürdiger jedoch sind arabische Zeugnisse.
Von den schon im grauen Alterthume so wanderlustigen ara¬
bischen Kaufleuten berichtet Renaudot**), dass Einer der¬
selben um 879 (nach Haller bibl. bot. I. 176 um 851) in Kan-fu
(unter dem 30° n. Br., der eigentlichen Theeprovinz),
den Gebrauch der Blätter der Theepflanze kennen gelernt
habe. Des Exportes des Thees gedenkt er jedoch nicht. Ebn
Baithar erwähnt den Thee nicht; dieser muss also zu
seiner Zeit (Anfang des 13. Jahrhunderts) noch nicht im
Orient bekannt gewesen sein.
In der 1403—1425 n. Chr. Geb. edirten Producten-Be-
schreibung des Kuang-yü-ki sind schon 9 chinesische Pro¬
vinzen genannt, welche die Theestaude cultiviren; die süd¬
lichste Provinz ist Ytinnan, (24° n. Br.); die nördlichste Pro¬
vinz grenzt an den 33° n. Br. Um das Jahr 1405 wurde das
Präparat schon nach Tibet ausgeführt; die Mongolen tranken
um 1470 schon Thee. Zu den Persern kam, wie Ad. Olea-
rius 1637 berichtet, schon 1633 Thee (cha od. chia genannt)
auf der Nordstrasse über Kaschgar durch die Usbekischen
Tartaren. Chinesische Junken führten ihn bereits 1610 nach
Malacca, (Texeira).
1610 scheinen die Holländer den Thee als Tauschobject
gegen Salbei in Canton erhalten und nach Europa gebracht
zu haben. 1635 kam er nach Paris und 1638 nach Moskau,
wohin er durch eine russische Gesandtschaft gelangte, welche
*) Es erinnert diese Sage an diverse arabische, dio zur Zeit der Ein¬
führung des Kaflees erzählt wurden, cf. Volz 1. c. pag. 326.
**) Renaudot, Anciennes relations des Indes et de la Chine de
deux Voyageurs Mahometans. Paris 1718. — Sprengel, Hist, roi
herbar. I. 1807. pag. 264. — Thea viridis-Tsah arabisch. „Frutex
foliis punicae sed suaveolentibus; haec infundia qua bulliente et rcme-
dium adversus omnes morbos putari.“ —
118
Mü nt er : Lieber Mate (Matt)
ihn am Upsa-See aufgedrungenermaasscn als Gregengeschenk
erhielt und an den Czar in Moskau ablieferte. Unter dem
tarnen Tschai schon um 1674 in Russland in Aufnahme ge¬
kommen, führt er denselben noch heute. (V olz 1. c.). Eng¬
land, welches heute im Theeconsum mit Russland um den
Vorrang streitet, erhielt ihn erst 1650 durch die ostindische
Compagnie, allein sehen 1660 schenkte man in den Kaffee¬
häusern Londons auch Thee, so wie in den in China in allen
Dorfschaften existirenden Theehäusern oder aber wie in Cairo,
Alexandrien, Aleppo und Konstantinopel der Kaffee seit Lan¬
gem (1554) in öffentl. Kaffeehäusern genossen ward. Schon
im Jahre 1667 empfahl der Leibarzt des Kurfürsten von Bran¬
denburg, Cornelius Bontekoe den täglichen Genuss von 100 —
200 Tassen Thee! (Ob dessen Lobrede des Thee’s nicht im
Interesse, oder gar als Reclame. für seine holl. Landsleute ge¬
schrieben ward, bleibt dahin gestellt; der damalige Theepreis
liess eine solche exorbitante Empfehlung wenigstens lucrativ
erscheinen).
Früher indess, wie die Verbreitung des chinesischen Prä¬
parats in Europa, wurde dessen Existenz bei uns bekannt.
In wie weit Marco Polo über Thee berichtet hat, ist Ref.
nicht bekannt, da dessen Schriften ihm z. Z. nicht zugänglich
waren. Indess soll Maffei in seiner Historia indica im Jahre
1589 zuerst den Thee erwähnen, doch streitet man darüber,
ob nicht Giovanni, Battista Ramusio (der im Jahre 1550
sich von einem Perser den Thee unter dem Namen Chiai
Cobai beschreiben liess), oder Giovanni Botero die erste Nach¬
richt vom 'chin. Thee gebracht habe. Jedenfalls erwähnt Jacob
Bontius *) im 2 ten Buche „de diaeta sanorum“ und zwar im
6ten Dialoge des von den Chinesen: The, von den Japanern
Tchia genannten Getränkes im Jahre 1631 und in der von
W. Piso nach Bontius Tode publicirten Naturgeschichte wird
p. 87 Thea viridis sogar abgebildet! — Engelbert Kämpfer,
aus Lemgo , welcher 1683 als Reisearzt mit einem schwed.
Gesandten nach Persien ging und von da über Indien 1689
nach Japan kam, wo er zwei Jahre weilte und die Thee-
*) Bontius, de medicina indorum libri IV. Lugd. Bat. 1718.
pag. 50.
und die Mate- Pflanzen Süd- Amerika’ e.
119
Pflanze und deren Anbau genau kennen gelernt hatte, ver¬
breitete sich darüber in seinen Amoenitates exoticae. Lemgo
1712. 4°. pag. 605, betonte, dass der Theestrauch in Japan ein¬
geführt sei, weil noch kein Schriftcharacter für „Tsjaa“ existirte
und gab ebenfalls eine Abbildung, deren Herstellung 1791 Herrn
Banks zu danken ist, der sie aus Kämpfer’s Nachlass in fol.
mit andern Pflanzen veröffentlichte. — Ebenso erwähnt der
Jesuitenpater Martin Martini in seinem zu Amsterdam 1655
fol. erschienenen Novus Atlas sinensis des im Süden von
Nanking von ihm gesehenen Cha, der Theepflanze. - Weisen
somit alle Zeugnisse darauf hin, dass die Grosscultur des
chin. Tliees zuerst in China anhebt, wo sie an Berggehängen
auf Granit-, Schiefer- und Sandsteinboden mit wechselndem
Erfolg betrieben wurde, so kann man kaum zweifelhaft sein,
dass der Theestrauch- resp. Baum (Neuhof sah ihn 1659
schon in 6;- 12' hohen Exemplaren) auch innerhalb der c. 50
— 70 geogr. Meilen breiten Zone zwischen dem 27 — 31° n. Br.
in China seine ursprüngliche Heimath hat und nicht
Korea, wie Hr. von Siebold meint, der ihn von dort 816
nach Japan und 827 nach China eingeführt, angesehen wissen
will. Eontanier versetzt die Heimath des Thees nach der
Mandschurei, während Fortune wilden Theo in China nicht
gefunden hat. Die Handelswaare fand ihren Weg thoils über
Canton zur See, theils auf dem Landwege, insbesondere über
Kiächta nach Europa.
__ •
Die lebende Pflanze aber fand ihren weiteren Anbau zu¬
nächst in Japan, in Cochinchina, Tonkin, Java, Brasilien
(1810), ostindisches Hochland, Natal, lieunion, Assam, in
welchem letzteren Lande der Thee nach Volz (1. c. p. 351)
sogar wild Vorkommen soll und jedenfalls aber nach 0. Flex*)
mit dem allerbesten Erfolge und in grösstem Maassstabe an¬
gebaut wird, eine Thatsache, von der Ref. sich übrigens auch
schon 1867 während der internationalen Ausstellung in Paris
in der britisch-indischen Abtheilung durch Ausstellung einer
grossen Probenreihe persönlich zu überzeugen Gelegenheit
*) Pflanzenlcben in Indien. 2te Aufl. Berlin 1876. 8°. (Cap. 4—10)
wo über Anbau der Pflanzo und die Theegowinnung sehr ausführliche
und gonauo Mittheilungen gegeben sind.
120
Munter : Ueber Mate (Matt)
hatte. Aus einem Yortrage des Hrn. Dr. E. Goeze in Ham¬
burg am 6. Febr. 1882 gebt (p. 9) hervor, dass auf den engl.
Besitzungen in Indien schon ein Areal von 206,700 Acres
mit Theesträuchern bepflanzt ist, allerdings für England um
so bedeutungsvoller, als es, wie ebendaselbst ausgesagt wird,
bereits 1877 : 186 Mill. Pfund Thee in London importirte*), und
von welchem Quantum nur etwa die Hälfte nach andern Ländern
wieder exportirt wird. Wiesner berechnet den jährlichen Thee-
Consum jetzt pro Kopf in England auf 1,6 Kilog. — Schliess¬
lich sei noch erwähnt, dass die Theecultur auch auf St. Helena,
ja sogar wie Link berichtet, in Portugal mit Glück versucht
ist. Californien dürfto sich wohl auch zur Thee-Cultur eignen,
allein durch das dort übliche Tagelohn dürfte den dort woh¬
nenden Chinesen das Arbeiten in den Theegärten verleidet
werden.
Blieb in den vorstehenden einleitenden Betrachtungen,
der südamerikanische Thee:
Mate, auch Matte
genannt, ausgeschlossen, so geschah es, weil derselbe nicht
sowohl ein Surrogat für den chinesischen Thee, sondern
vielmehr dieser, in den Heimathländern des Mate, ein
Surrogat für den Letztem ist und überdiess Schleiden, Unger,
Volz, Reichenbach und Andere, welche sich in ihren oben
citirten Schriften ausführlicher über die Rohmaterialien zu
unseren landesüblichen warmen Getränken aussprachen, wie
auf Verabredung des Mate nur so nebenbei gedachten, indem
sie den mehr oder weniger richtig geschriebenen Species-
Namen „paraguariensis“ in Verbindung mit dem Gattungs-
Namen Ilex erwähnten und hinzufügten , dass die Blätter
dieses Gewächses in Paraguay zur Theebereitung gewonnen
würden.
Mit dieser Behandlung der Frage nicht einverstanden,
sehe ich mich vielmehr zu einer längern Auslassung veran¬
lasst, zu welcher mich überdies Hochachtung und Dankbarkeit
*) Wiesner, Bericht über die Pariser internationale Ausstellung.
Wien 1868 (Nahrungsmittel und Getränke). Wiesner bemerkt, dass Ost¬
indien, Assam eingeschlossen, bereits 1867 : 3 Mill. Pld. Thee exportirte.
und die Mate- Pflanzen Süd- Amerika s.
121
gegen einen nun freilich längst verstorbenen hochverdienten
Botaniker auffordern. Aim6 Bonpland, der vieljährige treue
Begleiter und Förderer der grossartigen Ideen A. von Hum¬
boldts ist es, der mich bestimmt hat, an die Bearbeitung
dieses essays horanzutreten, um die Lösung einer Reihe von
Fragen anzubahnen, die ich weder durch v. Martius, Reisseck,
noch durch John Miers gelöst erachte, noch auch im Stande
bin, selbst völlig zu lösen.
Als es sich im Jahre 1856 um die 4te Säcularfeier der
Universität Greifswald handelte und jedes ordentliche Facultäts-
Mitglied aufgefordert wurde, nahm halte Fachgenossen zur
Ehrenpromotion vorzuschlagen, glaubte ich einer Pflicht
der Dankbarkeit nachkommen , und neben dem um die
Flora Pommerns hochverdienten Herausgeber dieser Blätter,
Dr. Th. Marsson, den in weiter Ferne weilenden hochbetagten
Airne Bonpland vorschlagen zu müssen, über welchen ich
durch A. v. Humboldt mit Bestimmtheit ermittelt hatte, dass
derselbe, obschon Arzt und Naturforscher doch niemals von
irgend einer Facultät Europa’s, aller seiner Berühmtheit un¬
geachtet, in doctorem promovirt worden war.
Zu meiner grossen Freude wurden meine Vorschläge
einstimmig von der philos. Fac. acceptirt und wurde mir der
ehrenvolle Auftrag das Ehren-Doctor-Diplom an den in Cor-
rientes in den La-Plata-Staaten weilenden A. Bonpland zu
senden.
Herr von Gülich, der damalige Minister-Resident und
General-Consul für Argentinien und Paraguay hatte die grosse
Güte den damals sehr schwierigen Transport des Diploms
von Buenos-Ayres nach Corrientes zu übernehmen und war
so glücklich, denselben mittelst eines expressen Eilboten aus¬
führen zu können.
In dem Begleitbriefe hatte ich den um die Erforschung
der Central- und Südamerikanischen Flora hochverdienten
Botaniker um ein kleines Andenken für das von mir ge¬
gründete und in Verbindung mit dem botanischen Garten
gebrachte „botanische Museum“ gebeten, und zwar, wenn
bei der Schwierigkeit dos Transports es irgend thunlich sei,
in Form einiger getrockneter Exemplare der Paraguay-Theo¬
pflanze, indem ich mit Andern, damals der Meinung lebte,
122
Mün ter: Ueber Mate { Mali)
es gäbe dort nur eine — Theeliefernde Pflanze — den Ilex
paraguariensis St. Hilaire.
Aime Bonpland gab in überaus liebenswürdiger Weise
dieser Bitte eine weit über alles Erwarten gehende Folge,
sandte statt des einen Ilex paraguariensis St. Hil. noch fünf
andere bisher in Europa nicht bekannte Arten desselben Genus,
nebst einer Reihe anderweit interessanter, theilweise gewiss
heute noch nicht beschriebener Pflanzen in gut getrockneten
Exemplaren mit leidlich leserlich geschriebenen Etiquetten
in lateinischer Sprache und von einem längere französischen
Schreiben begleitet, welches die ganze Sendung weiterhin
illustrirt.
Da den verehrten Lesern dieser Blätter in den dieser
Abhandlung beigegebenen Abbildungen , welche ich auf dem
Wege der Photographie und dann auf dem Wege der Litho¬
graphie durch den sachkundigsten nnd sorgfältigsten Litho¬
graphen für pflanzliche Objecte Herrn Prof. Schmidt in Berlin
herstellen liess, die von Bonpland's Hand geschriebenen und
diplomatisch genau, aber nicht überall in extenso wiederge¬
gebenen Etiquetten vorliegen, so haben dieselben Gelegenheit
die so treu reproducirte Handschrift des nun längst ver¬
storbenen Botanikers kennen zu lernen, die bei der gänz¬
lichen Zurückgezogenheit des Forschers wenig bekannt sein
dürfte.
Zu meiner Legitimation gestatte ich mir zunächst den
auf Mate bezüglichen Theil des Bonpland'schen Begleitschrei¬
bens hier abzudrucken. Dasselbe, vom 25. Mai 1857 aus
Corrientes in der Provinz Corrientes der argentinischen Re¬
publik datirt, lautet Eingangs wörtlich :
„Etat
des plantes remises ä Monsieur von Gulich (soll heissen
Gülich) Charge d’affaires de Prusse pour remettre ä
l’universite de Greifswalde pour l’herbier du Roy de
Prusse.
Monsieur von Gulich m’a demandö plusieurs echantillons
de l’ilex Paraguayensis (sic!) de Mr. de St. Hilaire, il m’est
douloureux de ne pas satisfaire totalement sa demande. tout
und die Mate- Pflanzen Süd- Amerika’ s.
123
le monde *) s’est adresse ä moi pour le procurer des echan-
tillons de la plante pretieuse qui fournit l’herbe mate (sic!)
6t je suis tres pauvre de cette plante. Je rernet le seul
echantillon que je conserve dans mon herbier et plus tard je
remplirai complettement la demande qui m’est faite. Pour
cela il faudra remonter 1’ Uruguay **) jusque a la Snt. Xavier.
(28° s. Br.; 55° w. Länge).
L’echantillon demande va accompagne de cinq especes
du meme genre que je regarde comme nouvelles parceque je
ne puis le rapporter ä aucune des especes nouvelles et
anciennement connues decrites dans le prodromus de Monsieur
Decandolle (den im J. 1825 erschienenen 2ten Band hatte
Bonpland somit schon zur Hand). A ces six especes d’ilex
j'ai cru devoir joindre une plante qui n’appartient pas du
tout ä ce genre mais dont on fait de l’herbe mate journelle-
ment. Entin au petit volume que forment ces sept echan-
tillons j’ai ajoute ä ce nombre quelques plantes qui toutes
offrent plus au moins d’interet et j’ai cru devoir ajouter quel¬
ques notes ä chaque plante. Avant de commancer cette
enumeration je Crois qu’il convient de dire que toutes les
especes d’ilex que je remets sont des plantes ligneuses et
servent ä faire du mate entierement glabres : que les feuil-
les sont ameres et qu’elles contienent un principe gommeux:
que les calices sont generalemeut composes de 4 folioles et
les corolles de 4 petales distincts; rarement rapproches par
leur base et Simulant une corolle campanuliforme et tres
rarement une corolle en roue avec un tubo tres marque. ä
tous ces caracteres je dois en ajouter deux autres qui me
semblent essentiels qui ne se trouvent dans aucun livre de
*) Offenbar bezieht sich diese Bemerkung auf eine kurz zuvor von
Senr. Conseilhero Candido Baptista d’Oliveira, Director des bot. Gartens
zu Rio Janeiro, an Bonpland gerichtet gewesene gleichartige, im Auf¬
träge von John Micrs in England ausgesprochene und unter dem 17.
Juni 18b7 von Bonpland effectuirte Bitte um Ueberlassung von Paraguay-
Theepflauzen. cf. J. Miers, contributions to botanv. London and
Edinburgh, 1860—1869. 4°. pag. 99. — Oliveira sandte auch von dem
im Garten von Rio Janeiro cultivirten Baume einen Zweig mit Blättern
und Blüthen.
**) Es ist der Fluss Uruguay gomeint.
124
Munter : Ueber Mate {Matt}
botanique. C’est que les jeunes feuilles sont pourvues de
doux stipules caduques que les pedoncules offrent aussi deux
bractees caduques. enfin je terminerai pas observer que les
petites baies des ilex offrent une couleur noire sont d’une
amertume notable, qu’elles contienent' genoralement 4-graines
et qu’elles teignent en rouge comme les fruits du rivina te-
trandra dont les habitants de Guayaquil se servent pour sa
peindre la figure au lieu de rouge.
Ainsi que l’a demande Monsieur von Gulich chaque
plante va accompagnee d’un papier volant. Sur chacun d’eux
on observera un numero d’ordre le quel correspond ä mon
Journal botanique; le nom indigene ou Espanol-sous-lignes
aussi que je l’ai toujours fait etc. etc.
Soviel vorläufig aus dem 2 Folio-Bogen grossen Be-
gleitssckreiben.
Die von Bonpland in Aussicht genommene bot. Wande¬
rung nach San Xavier, um an dieser Hauptfundstätte einer
brauchbaren Paraguay-Theepflanzen-Art, neue Vorräthe zu
holen und dieselben für das Herbar zu präpariren, ging leider
nicht in Erfüllung; denn schon eine Gegensendung aus einer
Sammlung von c. 1000 Arten der pommer ’schen Flora, die
ich ihm für das von ihm gegründete Corrientinische Herbar
machte, traf ihn nicht mehr lebend in Corrientes, seinem
letzten dauernden Wohnsitze, an. Wo jedoch die hiesige
Sendung geblieben, ist mir nicht weiter bekannt geworden,
wohl aber erhielt ich den gleichzeitig mitgesandten Brief A.
v. Humboldt’s un eröffn et zurück. Allein Herrn A. von
Humboldt, dem Verf. dieses letzten Briefes an seinen viel¬
jährigen Reisegefährten Aime Bonpland konnte derselbe
auch nicht mehr zurückgegeben werden, weil leider unser
grosser Naturforscher inzwischen ebenfalls das Zeitliche ge¬
segnet hatte. So blieb denn das unbestellbare Schreiben vor¬
läufig in meiner Hand, um später im Facultäts-Archive oder
der Manuscripten-Sammlung der Kgl. Universitäts-Bibliothek
eine bleibende Stätte zu finden.
und die Mate- Pflanzen Süd- Amerika’ s.
125
Aus Bonplands Zuschrift ergiebt sich nun mit Evidenz,
1., dass derselbe schon 1857 der Ansicht war, dass Mate
(oder wie er als Franzose schreibt: Mat6) nicht einer Ilex-
Art seinen Ursprung verdankt, sondern dass ihm, (Bonpland)
wenigstens schon 7 Pflanzen bekannt waren, die zur Her¬
stellung des Mate im Gebrauche waren, von denen 6 mit
Sicherheit dem Genus Ilex, eine 7te ihm unbekannte, (nach
Olliver in Kew) wahrscheinlich einer Styracee: Symplocos
variabilis oder lanceolata angehörten.
Dass Bonpland’s diagnostische Bemerkungen sich mit der
Diagnose des Genus Ilex völlig decken, darf hier wohl nur
gelegentlich gesagt werden, da sich auf Seite eines so er¬
fahrenen Pflanzenkenners ein Irrthum in einer solchen Frage
füglich nicht veraussetzen lässt.
2., Sodann aber ergiebt sich weiter, dass Bonpland den
St. Hilaire’schen Hamen einer Ilexspecies auf seine, von
ihm 1821 (in seinen Manuscripten) bereits Ilex theaezans Bpd.
genannte, in einemWalde bei Candelaria am Ostufer des Parana,
(also eigentlich in der argentinischen Provinz Corrientes) gesam¬
melte, von den Jesuiten angebaut gewesene Pflanze übertrug
und sie somit für identisch mit der bei Curitiba in der brasilia¬
nischen Provinz Parana von St. Hilaire gesammelten wilden
Art: Ilex paraguariensis St. Hil. hielt und sie irrthümlich
mit dem Hamen „paraguayensis“ signirte.
Wie sehr nun auch immer seiner Zeit die Veröffent¬
lichung der Bonpland’schen Zuschrift im wissenschaftlichem
Interesse wiinschenswerth gewesen wäre, so konnte ich diesem
Wunsche dennoch keine Folge geben, einmal, weil die sehr
zerstreut niedergelegten literarischen Hülfsmittel mir seiner
Zeit ganz unzugänglich waren (die Reisseck’sche Bearbeitung
der Brasilianischen Ilicineen erschien ja erst am 15. Februar
1861) und die alsbald in den Annals of nat. history publi-
cirten Arbeiten John Miers vorläufig ohne die in Aussicht
gestellten Abbildungen erschienen, und erst viel später in
dessen Contributions to botany beim erweiterten Wiederab¬
druck der ersten Bearbeitung der Bonpland’schen Ilicineen
diesen beigegeben wurden. — In den späteren Jahren durch
126
M Unter : Ueber Mate ( Matt )
Arbeiten anderer Art (cf. diese „Mitthoilungen“ vom 1. Jahr¬
gange 1869 ab) viel beschäftigt, fand ich erst im Jahre 1881,
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Mittheilungen
aus dem
naturwissenschaftlichen Vereine
von
Neu -Vorpommern und Rügen
in
Greifswald.
Redigirt
von
Dr. Th. Marsson.
Fünfzehnter Jahrgang.
Mit 1 Tafel.
BERLIN 1884.
R. Gaertner’s Verlagsbuchhandlung
Hermann Heyfelder.
Deasa uerstrasso 35.
Inhalt.
Seite
Verzeichniss der Mitglieder . V
Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1882 . VIII
Sitzungs-Berichte . IX
Verzeichniss der Akademien, Vereine und Gesellschaften, mit denen
der Verein in Schriften- Austausch steht und der von diesen
bis zum Januar 1884 eingegangenen Schriften . XXVI
C. P 1 ö t z : Analytische Tabellen der Hesperiinen-Gattungen Pyrgus
und Carcharodus . . . . 1
v. Preu sehen: Vorläufige Mittheilung über die Ergebnisse der
anatomischen Untersuchung eines frischen menschlichen Embryo
in freier blasenfömiger Allantois . 2f>
W. Rollmann: Friedrich Adolph Nobert . 08
'
.
.
Vereins- Angelegenheiten.
Andershof:
Anklatu:
Oievitz :
Greifswald :
I.
Verzeichnis der Mitglieder.
Herr Kämmerer, Gutsbesitzer.
Dr. Tramm, Oberlehrer.
Graf Krassow.
- Dr. Arndt, Professor.
- Dr. Baier, Professor.
Dr. Barten, pract. Arzt.
- Dr. Baumstark, Professor.
- Graf Behr-Behrenhof, Landrath.
Dr. Bengelsdorf, Sanitätsrath.
Bindewald, Buchhändler.
Böckler, Rentier.
- Freiherr v. Bülow, Landgerichts-Präsident*
- Dr. Budge, Professor.
- v. Brunn, Hauptmann.
- Dr. Credner, Professor.
- Dr. Eichstedt, Professor.
- Engelke, erster Staatsanwalt.
- Dr. Freiherr y. Feilitzsch, Professsor.
- Dr. Fischer, Amtsrichter und Professor.
- Fischer, Lehrer.
- y. Foller, Oberst a. D.
Fröhlich, Bau-Rath.
- Dr. Goeze, Kgl. Garten-Inspector.
- Grädener, Senator.
- Graul, Rector.
- Dr. Groho, Professor.
- ' Dr. Häckermann, Prof, und Kreisphysikus.
- v. Hagen, Major.
l
VI
Verzeichniss der Mitglieder.
Greifswald:
Herr v. Hagenow, Hauptmann a. D.
- Dr. Häniscb, pract. Arzt.
Hofmann, Königl. Landbau-Inspector.
- Holst, Senator.
- Holtz, Ludw., Assistent am Univ. -Museum.
- Dr. Holtz, W., Privatdocent.
Freiherr v. Keffenbrink.
Kettner, Senator.
■ - Kessler, Ferd., Rentier.
- Kirchhof, Justizrath.
Dr. Köhnk, Sanitätsrath.
- Kolbe, Hauptmann.
- Dr. Krabler, Professor.
- Krause, Gymnasiallehrer.
- Herr Dr. Krey, Gymnasiallehrer.
Kunstmann, Senator u. Apotheker.
Labahn, Rentier.
Dr. Landois, Professor.
- Dr. Limpricht, Professor.
- Dr. Loose, Lehrer.
Dr. Marsson.
Dr. Medern, Landgerichtsr. u. Privatdoc.
v. Merkel, Hauptmann.
- Dr. Minningerode, Professor.
Dr. Mosler, Professor.
Müller, Lieutenant.
Dr. Münter, Professor.
- v. Oldershausen, Hauptmann.
- Ollmann, Kreis- u. Departements-Thierarzt.
- Dr. Pernice, Prof. u. Geh. Medizinalrath.
- Pflugradt, Lieutenant.
- Dr. Pietrusky.
C. Plötz.
Pogge, Rentier.
Dr. Freiherr v. Preuschen, Professor.
Putter, Landgerichtsrath.
Dr. Quistorp.
- Dr. Reinhardt, Oberlehrer.
Dr. Schirmer, Professor.
Verzeichniss der Mitglieder.
VII
Greifswald: Herr Schmidt, Syndikus.
-
Dr. Scholz, Professor.
-
Dr. Schondorf, Stabsarzt u. Privatdocent.
—
v. Schubert, Oberst a. D.
-
Dr. Schwanert, Professor.
-
Seetisch, Post-Director.
-
Dr. Schuppe, Professor.
-
Dr. Sommer, Professor.
-
Freiherr v. Steinäcker, Major a. D.
-
Stoll, Kaufmann.
-
Stoll, Senator.
—
Dr. Thiede, Oberlehrer.
—
Dr. Thome, Professor.
-
v. Vahl, Justizrath.
-
Dr. Vogt, Professor.
-
Dr. Weitzel, Professor.
-
Wendorf, Landgerichts-Director.
-
Weiland, Maler.
-
Wiese, akad. Forstmeister u. Reg. -Rath.
-
Woltersdorf, Pastor.
Gutzkow- Wiek :
-
Herr Dr. v. Lepel, Gutsbesitzer.
llelmshagen:
-
Drewitz, Pächter.
Kauz in :
-
v. Homeyer, Rittergutsbes. u.. Oekon.-Rath
Schmoldow:
-
v. Belir, Kammerherr.
Stettin:
-
Graf Behr-Negendank, Ober-Präs. v. Pom.
-
Schünhof, Eisenbahn-Ingenieur.
Stralsund:
-
Goos, Eisenbahnbaumeister.
-
Dr. Kleine, pract. Arzt.
-
Passow, Oberlehrer.
-
Dr. Rollmann, Professor.
-
W ellmann , Regierungs-Bau-Rath.
W oll in:
-
Schmurr, Apotheker.
Durch den Tod verlor in diesem Jahre der Verein don
Senator Stoll.
Vorstand für 1883.
Dr. Holtz. Dr. Marsson. Dr. Weitzel.
VIII
Rechnungs- Abschluss.
II.
Kechnungs- Abschluss für das Jahr 1882.
Einnahme.
Jahresbeiträge der Mitglieder . 285, —
Verlagsbuchhandlung R. Gaertner in Berlin . 58, —
Zuschuss Seiner Excellenz des Herrn Cultusministers
v. Gossler . 300, -
Sparkassen-Zinsen . 10,25
Summa Mk. 653,25
Ansgabe.
Deficit aus dem Jahre 1881 40,71
Herstellung der Vereinsschrift:
für Druckkosten und Papier . 642,55
Herstellung der Tatei . 140, —
Buchbinder . 25,25
für Bücher-Einbände . 156,10
Porto und sonstige Ausgaben . 56,83
An den Vereinsdiener . 36, —
Summa Mk. 1097,44
Ausgabe ....... Mk. 1097,44
Einnahme . Mk. 653,25
Deficit . Mk. 444J9
Sitzunys-Berichte.
IX
III.
Sitzungs-Berichte.
Sitzung vom 6. I>ecember 1882.
Vorsitzender Dr. Goetze. — Als neues Mitglied tritt in
den Verein Herr Baron v. Keffenbrink. — Hierauf findet
die Wahl des Vorstandes für das nächste Jahr statt. Es wer¬
den gewählt die Herren Dr. Holtz, Dr. Marsson uud Dr.
Weitzel. — Demnächst hält Dr. Goeze einen Vortrag über
Dr. Candolle’s neuestes Werk „L’origine des plantes
cultivees“. Schon in seiner „Geographie botanique raisonnee“
vom Jahre 1855 unterwarf der berühmte Verfasser die ange¬
bauten Pflanzen in Bezug aiif ihr ursprüngliches Vaterland
einer sehr gründlichen Untersuchung und kann die in Frage
stehende Arbeit als eine durch viele interessante Thatsachen
neueren Datums berichtete Ergänzung angesehen werden.
Gewisse Pflanzen sind, wie man weiss, seit Jahrtausenden
angebaut worden und ist es keine leichte, bisweilen sogar
unmögliche Aufgabe, ihre wilden Stammeltern wieder aufzu¬
finden. Man hat, meint de Can dolle zwischen 2 Hypothesen
zu wählen, entweder haben sich jene Pflanzen seit der histo¬
rischen Zeit in der Natur wie in der Kultur so sehr verän¬
dert, dass man sie als zu ein und derselben Art gehörend
nicht wieder erkennt oder auch sie sind als wilde Arten aus¬
gestorben. Die von dem Menschen dem Anbau unterworfe¬
nen Pflanzen zählen nach de Can dolle 249 Arten und ge¬
hören 51 verschiedenen Familien an, mit Ausnahme einiger
cultivirter Champignons rechnet man sie alle zu den Phanero-
gamen. Die Charaktere, auf welche die Cultur am meisten
einwirkt und welche sie am wirksamsten umgestaltet, sind die
Grösse, die Form und die Farbe der verschiedenen Theile, der
mehr oder minder reiche Stärke- wie Zuckergehalt, der Reich¬
thum am Samen, die Form, Grösse und Behaarung der Blii-
thenorgane, die Schnelligkeit in den verschiedenen Vegeta-
tations-Phasen. Dagegen übt die Kultur durchaus keinen
Einfluss auf Anpassung an die Kälte aus. Wenn der Anbau
einer Art, sagt de Can dolle, nach Norden zu vorrückt, so erklärt
sich das durch die Erzeugung frühzeitiger Varietäten, welche
X
Sitzung s- Berichte.
vor den kalten Jahreszeiten zur Reife gelangen könnten oder
auch durch das Verfahren, im Worden während des Sommers
Arten anzubauen, welche man im Süden zur Winterzeit
aussäet.
China, das südwestliche Asien , Aegypten und das tro¬
pische Amerika sind die Hauptregionen, von welchen der
Anbau der wichtigsten Kulturpflanzen seinen Ursprung nahm,
von welchen er sich weiter ausbreitete. Zu allen Zeiten, be¬
sonders aber bei Beginn des Ackerbaus ist nach deCandolle’s
Ansicht, die er durch mehrere Beispiele weiter erörtert, die
Wahl der Arten von grösserer Wichtigkeit gewesen als die
natürliche Züchtung von Varietäten — hierin weicht er von
Darwin ab. In Amerika ist der Ackerbau jedenfalls nicht so
alten Datums wie in Asien und Aegypten; kann man sein
dortiges Alter auf vielleicht 2000 Jahre veranschlagen, so
liegen schon Beweise vor, die uns berechtigen, in jenen Län¬
dern der alten Welt sein Alter auf 4000 ja selbst 5000 Jahre
zu schätzen. Um nun den Ursprung dieser cultivirten Arten
zu entdecken oder festzustellen, muss man zu verschiedenen
Wissenschaften seine Zuflucht nehmen, zunächst zur Pflanzen¬
geographie , dann zur Archäologie , Paläontologie und zur
Geschichte, wde auch die Sprachforschung hierbei nicht über¬
sehen werde ndarf. Ohne auf de Ca n dolle 's kritische Studien
über jede Art weiter einzugehen, wählt Vortragender einige
derselben, deren Geschichte von allgemeinem Interesse ist,
wie die Kartoffel, die Batate, den Krapp, den Taback, den Hanf,
das Zuckerrohr, den Waizen und einige mehr zu einer kurzen
Besprechung uns.
Nach de Candolle’s Schätzung werden die Menschen
gegen Ende unseres Jahrhunderts etwa 300 Arten im Grossen
anbauen. Dies ist ein sehr geringes Verhältniss zu den 120
oder 140000 Arten des Gewächsreiches. In dem Thierreiche
dagegen ist das Verhältniss der dem Menschen unterworfenen
Arten ein noch bei Weitem geringeres.
Sitzung vom «t. Jauuar 188.3.
Vorsitzender Dr. Hol tz. — Professor Arndt sprach über
den „psychischen Processu. Unter dem Namen Psycho-
physik hat die moderne Physiologie die alte Psychologie sich
Sitzun gs- Berichte.
XI
zu eigen zu machen und die psychischen Vorgänge als Aus¬
fluss somatischer Vorgänge darzustellen gesucht. E. H. Weber
hat schon vor einem halben Jahrhundert den Anfang damit ge¬
macht; Fechner, Wendt, Donders, Exner haben dadurch
besonders das Werk gefördert, und gegenwärtig wird es be¬
reits von einer recht grossen Anzahl von Physiologen und
Pathologen mit Vorliebe gepflegt und ausgebaut. Was man
bisher erreicht, ist namentlich Folgendes:
1. Jede Empfindung ist in ihrer Stärke proportional der
Stärke des sic veranlassenden Reizes. Jeder Empfindungs¬
zuwachs ist proportional dem entsprechenden Reizzuwachs und
jede Empfindungs-Abnahme proportional der entsprechenden
Reizabnahme. Die Proportion selbst aber, in welcher Empfin¬
dung und Reiz zu einander stehen, ist die des Logarithmus
der dem letzteren zugehörigen Zahl und die Empfindung be¬
ziehungsweise der Empfindungszuwachs und die Empfindungs¬
abnahme sind somit proportional dem Logarithmus der Zahl,
in welcher der Reiz beziehungsweise der Reizzuwachs und die
Reizabnahme ausgedrückt werden können. Jode Empfindung
und mit ihr jede Vorstellung, denn die Empfindung ist nur
die einfachste Form der Vorstellungen überhaupt, ist somit
dem Gesetze der Zahl unterworfen und kann wenigsten ihrem
relativen Werthe nach berechnet werden.
2. Jede Vorstellung ist an die Zeit gebunden und ge¬
braucht Zeit zu ihrem Vollzüge. Von Donders ist gefunden
und von Exner bestätigt worden, dass diese Zeit wenigstens
0,04 Sekunden, in der Regel aber bis zu 0,1 Secunden be¬
trägt und in pathologischen Fällen sich über noch längere
Zeitläufe ausdehnen kann. Jede Vorstellung ist also von der
Zeit und damit vom Raum abhängig und untersteht desshalb
auch den Gesetzen, welche diese beherrschen.
3. Jede Empfindung und damit wieder jede Vorstellung
ist das Product der Thätigkeit des empfindenden oder psychi¬
schen Organs und als solches in ihrer Stärke und Intensität pro¬
portional der Stärke der Intensität der jeweiligen Arbeit dieses.
Fechner nennt diese Arbeit den psycho-physikalischen,
Wendt den nervösen, Arndt den chemisch-physikalischen
Process, weil nachweislich chemisch-physikalische Vorgänge
ihm zu Grunde liegen. Jede Empfindung, jede Vorstellung in
XII
Sitzuncjs- Berichte.
ihrer Stärke oder Intensität ist somit proportionirt dem psycho-
physikaliscken, nervösen oder chemisch-physikalischen Pro-
ce&se, zu welchem irgend ein Reiz den Anstoss gegeben hat.
Der Reiz bedingt je nach seiner Stärke die Stärke des chemisch¬
physikalischen Processes , und dieser die Proportionalität,
welche zwischen dem Reize und der Leistung dieses, der
Empfindung, der Vorstellung besteht. — Da nun jeder Reiz
bloss eine Bewegung darstellt, gleichviel ob er als Stoss,
Schlag, Schall, Licht, Electricität oder Chemismus wirkt, der
chemisch-physikalische Process aber auch nur eine solche sein
kann, so ergiebt sich, dass auch die Empfindung und mit ihr
jede Vorstellung überhaupt, nur auf einer solchen beruhen,
beziehungsweise der Ausdruck einer solchen sein kann. Jede
Empfindung, jede Vorstellung untersteht deshalb den Gesetzen
von der Bewegung, mithin auch dem Gesetze von der Erhal¬
tung der Kraft und der mechanischen Wärmetheorie.
Redner führt danach aus, wie der chemisch-physikalische
Process der Hauptsache nach auf chemischen Vorgängen be¬
ruht, die zu fortschreitenden Verdichtungswellen im Nerven¬
systeme und ganz besonders im empfindenden oder psychi¬
schen Organe führen. Durch solche Verdichtungen werden
in diesem, wie sonst durch Verdichtung Wärme-Empfindun¬
gen frei, da die durch Verdichtung einer Substanz frei wer¬
dende Wärme proportional der jeweiligen Verdichtung dieser
Substanz ist, alle Vorstellungen proportional den Verdichtun¬
gen im empfindenden oder psychischen Organe sind, so er¬
giebt sich, da sonst Alles übereinstimmt, dass alle Vorstellun¬
gen gleich werthig oder äquivalent dem Wärmequantum sind,
das durch die Verdichtungen im empfindenden oder psychi¬
schen Organe entbunden wird, zu denen der diese Verdich¬
tungen bedingende Reiz Veranlassung gegeben hat. Alle
Vorstellungen, das ganze psychische Leben lässt sich somit
an der Hand der mechanischen Wärmetheorie mittelst des
Wärmeäquivalents und der Wärmeeinheit, des Calors in Be¬
zug auf andere Leistungen näher bestimmen und messen.
Hierauf zeigt der Vorsitzende einen kleinen Apparat vor,
welcher die Erscheinung der Mondphasen verdeutlichen soll.
Eine zur Hälfte matt geschliffene, zur Hälfte mit undurch¬
sichtiger Farbe überzogene Glaskugel wird durch einen hin-
Sitzungs-Berichte.
XIII
eingeleiteten elektrischen Funkenstrom erhellt. Lässt man sie
gleichzeitig langsam rotiren, so bietet sie uns aus der Ferne
die wechselnden Monderscheinungen dar.
*
Sitzung am 7. Februar 188S.
Vorsitzender Dr. Holtz. - Zur Revision der Rechnung
werden die Herren Senator Kettner, Dr. Goeze und Dr.
Loose erwählt. — Hierauf spricht Dr. Holtz „Leber die
verschiedenen Cvkloidenformen“. — Eine Cvkloide ist
eine Curve, welche ein Punkt eines sich auf einer geraden
oder einer Kreislinie abwälzenden Rades beschreibt, oder all¬
gemein: eine Curve, welche ein Punkt eines mit gleich-
mässiger Geschwindigkeit rotirenden Kreises beschreibt, dessen
Mittelpnnkt mit gleichmässigor Geschwindigkeit auf einer
geraden oder einer Kreislinie fortgeschoben wird. Der die
Curve beschreibende Punkt braucht aber nicht nothwendig
in die Periepherie zu fallen, wenn er nur überhaupt in fester
Verbindung mit dem Kreise ist. Er kann deshalb auch die
Peripherie überragen, wenn nur dafür gesorgt wird, dass der
Kreis doch ordnungsmässig fortrollen kann. Wälzt sich ein
Kreis auf gerader Linie, so heisst die beschriebene Curve
schlechtweg Cvkloide, wälzt er sich auf einer Kreislinie
ausserhalb dieser, Epikvcloide, und wenn innerhalb,
Hypocvkloid e. In jedem dieser 3 Fällen sind aber wieder
3 verschiedene Unterarten zu unterscheiden, nämlich die ge¬
meine, wenn der beschreibende Punkt in der Peripherie,
die gedehnte, wenn er innerhalb, und die verschlungene
Cycloide, wenn er ausserhalb gelegen ist.
Die gemeine Cycloide ist physikalisch namentlich wegen
zweier Eigenschaften interessant. 1. weil ein Körper auf einem
Cycloidenwege schneller fällt, als auf dem irgend einer ande¬
ren Curve, 2. weil er grössere und kleinere Bögen der Cy-
cloiden in gleicher Zeit durchfällt. Der Vortragende erläutert
dies durch Versuche mit einem Apparate, in welchem Kegel
auf verschieden geschweiften Ebenen fallen können. Dess-
gleichen wird eine Vorrichtung gezeigt, mittelst derer man
ein Pendel zwingen kann, nicht in Kreisbögen wie sonst,
sondern in Cvcloidenbögen zu schwingen, damit es wegen
XIV
Sitzniu/s- Berichte.
ebengedachter Eigenschaft, für grosse und kleine Ausschläge
dieselbe Schwingungsdauer habe.
Zur Darstellung der durch Wälzung erzeugten Cykloide
dient eine Scheibe mit federndem Kreidestift, welche mittelst
einer die Drehaxe bildenden Handhabe auf einer an der Wand¬
tafel befestigten Leiste fortgeschoben werden kann. Die Leiste
berührt die Tafel aber nur an ihren Endpunkten, damit der
schreibende Punkt, wenn er ausserhalb der Peripherie sitzt,
die Oeffnung passiren kann. Zur Darstellung der Epicy-
kjloiden und Hypocv kloiden dient statt der Leiste eine flache
Pappschale, welche auf der Tafel angestiftet und innen wie
jene schwarz gefärbt ist. Der Vortragende erwähnt unter
den ersteren die Cordioide (wenn der Halbmesser des
Wälzungskreises gleich dem Halbmesser des festen Kreises
ist) und unter den Hypocykloiden die gerade Linie (wenn
der Halbmesser des Wälzungskreises gleich dem halben Halb¬
messer des festen Kreises ist). Die letztere ist in der practi-
schen Mechanik ein sehr beliebtes Mittel der Gradführung,
wenn es sich nämlich darum handelt, rotirende Bewegungen
in hin und hergehende zu verwandeln. Die Schnellpressen
der Buchdrucker haben meistens eine derartige Einrichtung,
in welcher die fraglichen Kreise durch Zahnräder vertreten
sind, von denen das eine innerhalb der Peripherie des andern
läuft. Jeder Punkt des ersteren beschreibt hierbei eine ge¬
rade Linie und ein solcher Punkt communicirt mit der Typen¬
platte, welche sich gradlinig bewegen soll.
Der Vortragende zeigt hierauf noch einen Apparat, mit
Hülfe dessen man Cykloiden auch ohne Wälzung beschreiben
kann. Eine Scheibe rotirt mit gleichförmiger Geschwindigkeit,
während ihr Mittelpunkt im Raume fortgezogen wird. Zu¬
gleich ist die Einrichtung getroffen, dass man die eine Ge¬
schwindigkeit unabhängig von der andern abändern kann.
Auch hier tritt die Cycloide wieder in ihren 3 Hauptformen,
nämlich als gemeine, gedehnte und verschlungene Curve auf,
als gemeine, wenn die Geschwindigkeit des schreitenden
Punktes in seiner rotirenden Bewegung gleich der Geschwin¬
digkeit des Mittelpunktes in seiner fortschreitenden Bewegung
ist, als gedehnte, wenn erstere Geschwindigkeit kleiner, als
Sitzungs-Berichte.
XV
verschlungene, wenn erstere Geschwindigkeit grösser als
letztere ist.
Der Vortragende erinnert daran, dass ähnliche Verhält¬
nisse den Bahnen zu Grunde liegen, welche die Satelliten der
Planeten im Raume beschreiben, wenn man von der verhält-
nissmässig geringen Ungleichförmigkeit der Bewegung und
der verhältnissmässig geringen Neigung der Bahnebenen
abstrahirt. Dies vorausgesetzt beschreiben alle Satelliten
im Raume Cykloiden und zwar gedehnte, nicht gemeine
oder verschlungene, weil ihre Peripheriegeschwindigkeit im
Allgemeinen kleiner als diejenige des ihnen angehörenden
Planeten ist. Das Verhältnis dieser Geschwindigkeiten ist
nebenbei kein rationales, und so geschieht es, dass der Sa¬
tellit streng genommen nie wieder genau in einer der frühe¬
ren Curven läuft, ähnlich wie bei der Cvcloidenerzeugung
durch Wälzung die Curve keine geschlossene wird, wenn das
Verhältnis der beiden Radien, (nämlich des Wälzungs- und
des festen Kreises) ein irrationales ist.
Dann macht Dr. Weitzel darauf aufmerksam, das es
dem Englischen Physiker Locky er gelungen sei, die Corona
der Sonne beim vollen Sonnenschein dadurch zu photographi-
ren, dass er durch Einsstellung von gefärbten Gläsern nur
den brechbarsten Strahlen , wie sie in der Corona bekannt
sind, den Durchgang gestattete. Frühere Versuche des Pots¬
damer astrophysikalischen Instituts, die Corona dadurch zu
photographiren, dass man die Stelle, in welcher in der camera
obscura das Bild der Sonnenscheibe entstehen würde, aus-
schnitt und auf dem stehen bleibenden Rande das Bild der
Corona hersteilen wollte, hatten nicht den gewünschten Erfolg.
Sitzung am 9. März 1883.
Vorsitzender Dr. Marsson. Herr Senator Kettner refe-
rirt über die von der gewählten Commission revidirte Rech¬
nung, wonach diese pro 1881 mit einer Einnahme von 572
Mark und einer Ausgabe von 612,71 Mark abschliesst. Dem¬
nach ein Deficit von 40,71 Mark ergiebt, welches auf das
Jahr 1882 zu übertragen ist. Es wird darauf dem Herrn
Rechnungsführer für das Jahr 1880 und 81 Dechargc ertheilt.
Wegen des geringen Besuchs der heutigen Versammlung
XVI
Sitzunys- Berichte.
wird der Wunsch ausgesprochen, dass Herr Ludwig Holtz
seinen angekündigten Vortrag erst in der nächst folgenden
Sitzung halten möge und hiermit die Sitzung geschlossen.
Siüuug am 4. April 1883.
Vorsitzender Dr. Mars so n — Herr L. Holtz entwirft
ein enaturwissenschaftliche und culturgeschichtliche Skizze über
„Das Thal der Nievole in Toscana“.
Der Vortragende führte aus, dass er zwei Mal, vor 10
Jahren und im vergangenen Jahre und zwar in den Monaten
Juli, August und September, in dem Thale gewesen sei und
zu allen Zeiten eingehende Beobachtungen über Land und
Volk gemacht hätte. Er gab sodann eine sehr genaue Schilde¬
rung der dortigen Kulturverhältnisse, in welcher er nicht
nur die Kulturarten, Nähr- und Futterpflanzen, die verschiede¬
nen Fruchtbäume namentlich aufführte, sondern sich auch
über die Art und Weise der Anpflanzung, der speciellen
Kultur und Fruchtfolge ausliess und besonders den Weinstock
und Oelbaum hervorhob, welche fast allenthalben dort ange¬
pflanzt seien. Nachdem derselbe sodann noch erwähnt, dass
er dort 246 Arten wild wachsender Pflanzen theils gesammelt,
theils beobachtet habe und auch der Fauna des Thaies gedacht,
ging er zur Schilderung der dortigen Bewohner und des
Lebens und Treibens derselben über. Die Bewohner seien
weder fanatisch noch bigott, hätten zum grössten Theile eine
Mittelgrösse, gebräunte Farbe, meist dunkles Haar und dunkle
Augen, sie seien gesund, gut genährt, fleissig und nüchtern,
hätten ein bescheidenes, abgeschliffenes Benehmen, einen gut-
müthigen Charakter und ein fröhliches Temperament. Weiter
führte er sodann aus, dass die Bewohner meistens Acker-
und Weinbauer seien, erwähnte die dort gezüchteten Haus-
thierc und die Preise derselben, schilderte die Abhaltung eines
Markttages in der Stadt Monsummano, gedachte der im Thale
befindlichen Kurorte; der warmen Quellen von Parlante und
der Heilgrotte von Monsummano, wie auch des schönen,
nicht zu warmen Klima’s und indem er noch hervorhob, dass
Rheumatismus-Kranken ein Aufenthalt in dom Thale gewiss
sehr dienlich sein würde, fügte er schliesslich noch hinzu, dass
er seiner gütigen Wirthin, der Frau von Lapini, in deren Villa
Sitzungs- Berichte.
XVII
er während seines letzten Aufenthaltes im Thale gewohnt habe,
und Herrn Enrico Pestei, dem Bruder derselben noch beson¬
ders seinen Dank aussprechen müsse, indem dieselben ihm
über manche dortigen, ihm zuerst unklar erschienenen Ver¬
hältnisse mit der grössten Liebenswürdigkeit Aufklärung
gegeben hätten.
Greifswald, im April 1883.
Sitzung am 6. Juni 1883.
Vorsitzender Dr. Marsson. Dr. Weitzel sprach über
„die Hochwasser der Ströme, namentlich Deutschlands“. Die
deutschen Ströme haben ihr Quellgebiet meistens in Gegenden
mit grossem jährlichen Niederschlag, ihr Mündungsgebiet in
solchen mit bedeutend geringerem Niederschlage. In den letz¬
ten Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass an allen Flüssen Deutsch¬
lands der mittlere und niedrigste Wasserstand immer mehr
gesunken, der höchste gestiegen ist. Zahlreiche Belege wer¬
den angeführt. Die Abhängigkeit der Hochwasser von der
Jahreszeit im allgemeinen wird nachgewiesen; andere Ur¬
sachen werden Vorbehalten. Der Abnahme des mittleren und
niedrigsten Wasserstandes steht nicht eine Abnahme der jähr¬
lichen Regenmenge zur Seite; eher lässt sich eine Zunahme
der letzteren erkennen. Die Ursachen für das Sinken des
mittleren und niedrigsten, für das Steigen des höchsten Wasser¬
standes sind ausser in ausserordentlichen meteorischen Er¬
scheinungen im Eingreifen der Menschen zu suchen. Als
solche Eingriffe werden aufgezählt: 1. die fortschreitende Aus¬
rodung der Wälder, namentlich an der Sonnenseite der Berge
und dadurch veränderte Verhältnisse der Verdunstung und
Wolkenbildung; 2. die Umwandlung des Waldbodens in Cul-
turland, also Veränderung der Aufnahmefähigkeit des Bodens
gegenüber den Niederschlägen ; 3. die seit 1855 beliebte Re¬
gulirung der Flüsse behufs deren Schiffbarmachung, welche
ohne ihren Zweck zu erreichen die Gleichmässigkeit im Ge-
fäll des Flusses aufhebt und wechselnde Geschwindigkeit im
Laufe des Wassers' erzeugt; 4. die Verengung der Flussbetten
und deren Uoberschemmungsgebiete durch Bauten aller Art.
— Ungünstige natürliche Verhältnisse, wie unfruchtbare kahle
Höhen, felsiger Grund, kurzer steiler Lauf der Neben- und
Zuflüsse, werden dazu gefügt. Dem erkannten Uebelstande
XVIII
Sitzungs-Berichte.
hat man abzuhelfen gesucht: 1. durch Schutzdämme; 2. durch
Warnungssignale, welche den Bewohnern stromab die kom¬
mende Hochfluth melden sollen ; 3. dadurch, dass die Men¬
schen dem Hochwasser aus dem Wege gehen sollen, da es
ihnen nicht aus dem Wege geht Her Fluss hat die Aufgabe
das vom Himmel gefallene Wasser dem Meere zuzuführen;
der Mensch soll ihm nicht unmöglich machen, diese Aufgabe
zu erfüllen. Es werden zahlreiche Beispiele dafür angeführt,
dass die Menschen ihre Wohnstätten, Industrien, Bodencul-
turen dem Strome allzunahe gerückt hatten : Bahnhofsanlagen,
grosse Werkstätten, ganze Stadttheile, selbst Städte sind in
das dem Flusse gehörige Gebiet gebaut worden. Diese sind
zurückzuziehen. Es wird auf das nachahmen swerthe Beispiel
der Römer verwiesen, welche ihre Gründungen am Rhein
ausserhalb des Gebietes des höchsten Wasserstandes anlegten;
ebenso auf mittelalterliche Anlagen, die dem naturnothwendi-
gen Hochwasser Rechnung tragen.
Darauf wendet sich Vortragender zu den Veränderungen,
welche jeder Fluss im Laufe der Zeit an seinem Bette selbst
vornimmt. Der Fluss regulirt sich selbst, so dass er sich
hinter Stromengen Sammelstellen schafft, aus denen er Spei¬
sung gewinnt beim Regenmangel; Unebenheiten der Sohle,
Uferkrümmungen, Wechsel in der Flussbreite hemmen den
Flusslauf, erzeugen einen Wechsel zwischen Beschleunigung
und Stillstand und somit eine gleichmässige mittlere Geschwin¬
digkeit. Hauptflüsse und Nebenflüsse vertiefen ihre Rinnen
im Gebirge, erhöhen die Bettsohle durch Absatz von Geschiebe
im mittleren und unteren Laufe, vermindern somit den Höhen¬
unterschied des oberen und unteren Bettes, also auch die
Schnelligkeit des Laufes. Das im mittleren Laufe durch Ab¬
lagerung von Geschiebe verminderte Fassungs- Vermögen des
Flussbettes wird durch Abnagung des Ufergeländes wieder
ausgeglichen. Diese Verflachung des Flussbettes wird aber
wieder verbessert dadurch, dass der Fluss bei Hochwasser
durch ungeheure Schlammmassen, die er auf den Ufergeländen
ablagert, den Höhenunterschied zwischen Bettsohle und Ufer¬
gelände vergrössert. — Sodann wird den Umwandlungen Be¬
achtung geschenkt, welche die Nebenflüsse an ihren Mün¬
dungsstellen im Bette des Hauptflusses herbeiführen, nament-
Sitzungs-Berichte.
XIX
lieh durch sog. Murenbildungen, und zwischen Nebenflüssen,
die von Norden kommen und solchen , die von Süden kom¬
men, nach Ursache und Wirkung ein grosser Unterschied
festgestellt. Des hierdurch erzeugten Stromstriches wird Er¬
wähnung getlian. Es werden die Gebiete der Nebenflüsse
als diejenigen bezeichnet, in denen der Mensch die durch Ver¬
besserung der Natur begangenen vielfachen Fehler wieder gut
machen kann. Endlich wird des grossen Einflusses gedacht,
welchen regelmässig wehender Wind auf Bettverschiebungen
der Flüsse hat, und viele Beispiele dafür angefühst.
Sitzung am H. November 1883.
Vorsitzender Dr. Holtz. In den Verein traten die Herren
Prof. M Unter und Apotheker Burg hoff, aus dem Verein
tritt aus: Herr Postdirector Seefisch.. Der Vorsitzende ver¬
liest ferner ein Schreiben des Herrn Professor Weber aus
Göttingen, in welchem dieser für das vom Verein an ihn er¬
gangene Beglückwünschungsschreiben anlässlich des fünfzig¬
jährigen Jubiläums seiner ersten telegraphischen Versuche
seinen Dank ausspricht.
Hierauf hält Professor Limpricht einen Vortrag über
„Kohlensäure“. Die Kohlensäure ist eine Verbindung des
Kohlenstoffs mit Sauerstoff und bildet sich beim Verbrennen
von Kohle und kohlenstoffhaltigen Verbindungen in Sauerstoff
oder gewöhnlicher Luft. Sie kommt aber auch in verschiede¬
nen weit verbreiteten Substanzen des Mineralreichs vor, z. B.
der Kreide, dem Marmor, dem Kalkstein, welche Verbindun¬
gen des Kalks mit Kohlensäure sind und auf Zusatz einer
andern Säure, z. B. Salzsäure, letztere fahren lassen ; diese
sehr bequeme Methode soll hier zur Darstellung der Kohlen¬
säure angewandt werden. — Die Kohlensäure ist bei gewöhn¬
licher Temperatur ein farbloses Gas von schwach säuerlichem
Geschmack und Geruch; sehr leicht wird sie daran erkannt,
dass sie blaues Lackmuspapier rötliet und in klarem Kalk¬
wasser einen weissen Niederschlag hervorbringt, der wieder
wie die zu ihrer Darstellung angewandte Verbindung aus
Kohlensäure und Kalk zusammengesetzt ist. Die meisten
brennenden Körper verlöschen im Kohlensäuregase, z. B. eine
Wachskerze oder ein Holzspahn, weil der die Verbrennung
XX
Sitzungs-Berichte.
unterhaltende Sauerstoff in der Kohlensäure so fest gebunden
ist, dass er nicht an diese Körper abgegeben wird. Nur einige
Stoffe besitzen noch stärkere Verwandtschaft — wie man sich
auszudrücken pflegt — zum Sauerstoff als der Kohlenstoff,
z. B. das Magnesium, daher brennt ein Magnesium-Band in
der Kohlensäure unter Abscheidung des Kohlenstoffs weiter.
Die Kohlensäure hat ein höheres spec. Gew. als die atmos¬
phärische Luft, sie entweicht nur langsam aus einem offnen
Cylinder und kann aus dem einen in dem andern gegossen
werden. Daraus erklärt sich, dass in einigen Höhlen, z. B.
in der Hundsgrotte bei Neapel, wo aus Spalten im Boden
sich Kohlensäure entwickelt und nur bis zu einer mässigen
Höhe aufsteigt, Menschen ohne Beschwerde sich auf halten
können, Hunde dagegen, die mit ihren Athmungsorganen in
der Kohlensäureschicht sich befinden, ersticken müssen, denn
die Kohlensäure kann die Respiration ebensowenig unterhal¬
ten, wie die Verbrennung.
(Der Vortragende erläutert das Gesagte durch Versuche).
Die Kohlensäure ist in der atmosphärischen Luft enthal¬
ten, kommt aufgelöst im Wasser vor und bildet in Form von
Salzen ganze Gebirgsmassen, wie z. B. die Kalk- und Dolo¬
mitgebirge. Hier soll ausschliesslich das Vorkommen in der
Luft näher besprochen werden. Obgleich die atmosphärische
Luft nur 0,0004 Vol. Kohlensäure enthält, ist die Menge der¬
selben, wenn man die Ausdehnung der Atmosphäre in Be¬
tracht zieht, doch sehr beträchtlich. Auffallend ist aber, dass
dieser Gehalt an Kohlensäure constant bleibt, da doch fort¬
während der Atmosphäre durch Verbrennung, Respiration und
Verwesung grosse Quantitäten zugeführt werden. Bedenkt man,
dass jährlich circa 180 Mill. Tonnen Kohlen gefördert und ver¬
brannt werden und 523000 Mill. Klgr. Kohlensäure liefern;
ferner welche Quantitäten Holz, Torf u. s. w. jedes Jahr bei
der Verbrennung ihren Kohlenstoff in Form von Kohlensäure
der Atmosphäre zuführen; so bekommt man einen Begriff
von der Quantität Kohlensäure, die allein in Folge des Ver-
brennungsprocesses gebildet wird. Die Respiration der Men¬
schen und Thiere liefert vielleicht nicht weniger. Im lebenden
Körper gehen ununterbrochen Verbrennungsprocesse vor sich?
bei welchen der Kohlenstoff fast vollständig zu Kohlensäure
Sitz un (/ s- Her ic 1 de.
XXI
verbrannt und durch den Athmungsprocess aus dem Körper
ausgeschieden wird. Da die von den Menschen ausgeathmete
Luft 0,04 Vol. Kohlensäure enthält, so lässt sich daraus leicht
berechnen, dass in 24 Stunden eine Milliarde Menschen 900
Mill. Klgr. Kohlensäure producirt. Endlich was von den
Resten der Thiere und Pflanzenwelt auf der Erde verwest,
tritt seinen Kohlenstoff wieder als Kohlensäure an die Atmos¬
phäre ab.
Da die Atmosphäre eine im Verhältnis zum Erddurchmesser
nur sehr geringe Höhe besitzt, sollte man meinen, dass durch
diese Processe ihr Kohlensäuregehalt zu nehmen und dem ent¬
sprechend ihr Sauerstoffgehalt abnehmen müsste und da bei
einem gar nicht sehr bedeutenden Gehalt der Luft an Kohlen¬
säure das Loben der Menschen und höheren Thiere nicht mehr
möglich ist, alles menschliche und thierische Leben auf der
Erde in nicht ferner Zeit ein Ende haben würde. Aber Koh¬
lensäure und Sauerstoff der Luft bleiben constant, mithin muss
noch ein andrer Process auf der Erde vor sich gehen, der die
Kohlensäure zerlegt und den in ihr enthaltenen Sauerstoff der
Atmosphäre zuriiekgiebt. Dieses geschieht nun in der That
durch den Vegetationsprocoss.
Die Pflanzen nehmen Kohlensäure aus der Luft auf und
zerlegen sie im Sonnenlicht, wobei aller Sauerstoff an die At¬
mosphäre abgegeben, der Kohlenstoff* aber zu Holz, Stärke,
Zucker, Gummi u. s. w. verarbeitet wird. Diese Verbindun¬
gen besitzen die Zusammensetzung, als wenn sie aus Kohlen-
* Stoff und Wasser beständen, man kann sie sich also gebildet
denken aus Kohlensäure und Wasser unter Abscheidung des
ganzen Sauerstoffgehalts der Kohlensäure. Es lässt sich leicht
nachweisen, dass die Pflanze wirklich ihren Kohlenstoff aus
der Atmosphäre bezieht. Damit eine Pflanze sich entwickeln
kann, müssen ihr — ausser Licht und Wärme — ihre Asclien-
bestandtheile, Wasser, eine stickstoffhaltige Verbindung und
Kohle geboten werden. Stecken wir nun in ausgeglühten
Sand, dem noch die nothwendigen Aschenbcstandtheile beige¬
mengt sind, ein Samenkorn, lassen es auch nicht an Luft,
Licht und Wasser fehlen, so keimt das Korn und die Pflanze
kommt zur vollen Entwickelung. Hier war aber keine andre
Kohlenstoffquelle als die Kohlensäure der Atmosphäre und
\ 2
XXII
Sitzung s- Berichte.
dass diese den Kohlenstoff wirklich geliefert hat geht auch
nach daraus hervor, dass wenn wir der Pflanze nur von Koh¬
lensäure vollständig befreite Luft zuführen , sie bald abstirbt.
Diese hier künstlich hergestellten Verhältnisse können wir bei
einiger Aufmerksamkeit auch in der Natur entdecken, denn
im Sande oder auf Felsen, die vollkommen frei von Kohlen¬
stoff sind, wachsen noch immer Pflanzen in Menge, der Koh¬
lenstoff kann also nur aus der Atmosphäre, muss mithin aus
der Kohlensäure stammen. Ein directer Versuch beweist die
Fähigkeit der grünen PflanzenthePe Kohlensäure im Sonnen¬
licht zu zerlegen. Bringen wir unter eine mit kohiensäure-
haltigem Wasser gefüllte Glocke einen grünen Zweig und
lassen das Sonnenlicht darauf fallen, so entwickeln sich, so
lange noch Kohlensäure im Wasser ist, Gasblasen, die sich
bei der Prüfung als Sauerstoff ergeben. Die Pflanze kann
sogar mehr Kohlensäure im Sonnenlicht zersetzen, als sie
augenblicklich zur Bildung ihrer Organe verbraucht; diesen
Ueberschuss verwandelt sie in ein Reservenahrungsm’ttel, die
Stärke, welche sich an gewissen Orten, z. B. in den Samen,
den Knollen und Wurzeln u. s. w. anhäuft und von der die
Pflanze zehrt, wenn die Bedingungen zur Zersetzung der
Kohlensäure fehlen. Die Stärke ist es, welche das Keimen
der Kartoffeln im dunklen Keller möglich macht und den Sa¬
men zur Bildung der ersten Triebe dient, so lange sie selbst
noch keine grünen Blätter entwickelt haben. — Zur allgemei¬
nen Anerkennung ist diese Thatsache, dass nämlich die
Pflanze ihren Kohlenstoff aus der Kohlensäure der Atmos-»
phäre bezieht, erst durch Liebig gebracht, vorher sah man
besonders den Humusgehalt des Bodens als Nahrungsmittel
der Pflanze an.
In der freien Atmosphäre wird also der Kohlen Säurege¬
halt durch die Pflanzen überall constant erhalten — dann
ruht auch in einigen Gegenden die Vegetation, wie z. B. im
Winter, so bewirken doch die Winde eine gleiche Mischung
der Luft — in geschlossenen Räumen können jedoch ganz
andere Verhältnisse eintreten. Sind in demselben viele Men¬
schen und brennen dazu noch viele Lichter, so wird der
Kohlensäuregehalt bedeutend zunehmen und der Aufenthalt in
ihnen bald sehr nachtheilig auf die Gesundheit wirken. Eine
Sit zungn-B er ich t
XXIII
gute Zimmerluft soll höchstens 0,001 Kohlensäure enthalten,
aber nach Versuchen, die in Schulen, Theatern und ähnlichen
Orten angestellt sind, überschreitet er diese Zahl häufig sehr
bedeutend. Der Luftwechsel in unsern Zimmern erfolgt
natürlich durch alle Ritzen und Löcher, aber auch wenn diese
verstopft werden, geht er noch immer von statten. Man hat
nachgewiesen, das es vorzugsweise die aus porösem Mate¬
rial aufgeführten Wände der Häuser sind , welche den
Austausch der äusseren Luft mit der innern gestatten und
dass dabei eine grosse Differenz der Temperatur aussen und
innen beschleunigend wirkt. Weshalb die Feuchtigkeit so
schädlichen Einfluss hat, lässt sich jetzt leicht einsehen, die
mit Wasser gefüllten Poren lassen den Luftwechsel nicht mehr
zu. Aber der Austausch der Wände reicht bei Anwesenheit
von vielen Menschen, wie in Theatern, Kasernen, Schulzim¬
mern, Krankenhäusern bei weitem nicht hin die gute Qua¬
lität der Luft zu erhalten, hier sind noch besonders Ventila¬
tionsvorrichtungen erforderlich und man hat gefunden, dass
pro Kopf und pro Stunde 60 Cbmtr. Luft zugeführt werden
müssen, wenn deren Kohlensäuregehalt nicht über 0,001 Vol.
steigen soll.
Die Kohlensäure lässt sich durch niedrige Temperatur und
starken Druck zu einer Flüssigkeit condensiren und in star¬
ken hermetisch verschlossenen Gelassen auf bewahren. Solche
Kohlensäure wird jetzt fabrikmässig dargestellt, da sie An¬
wendung bei dem Ausschank des Bieres gefunden hat und
auch noch zu anderen Zwecken benutzt wird. Wenn man
den Halm eines die flüssige Kohlensäure enthaltenden eiser¬
nen Gefässes öffnet, so tritt sie mit Heftigkeit aus und ent¬
zieht um in den Gaszustand überzugehen einem Theil so viel
Wärme, dass er bis zum Festwerden abgekühlt wird und eine
schneeähnliche Masse bildet. Mit Aetlier gemischt dient diese
zur Erzeugung der niedrigsten Temperaturen, Quecksilber z. B.
kann in kurzer Zeit darin zum Erstarren gebracht werden.
(Es wurden verschiedene Versuche zur Demonstration des
Vortrags ausgeführt.)
Sitzung um 5. Dezember IS.HJt.
Vorsitzender Dr. Holz. — Bei der Neuwahl des Vor¬
standes pro 1884 werden die Herren Prof, von Feilitzseh,
2*
XXIV Sitzungs-Berichte
Dr. Mars son und Dr. Weitzel gewählt. Hierauf sprach
Dr. Holtz über „das elektrische Lichtu. Xach kurzer
Darlegung der Gesetze des elektrischen Stroms und der von
demselben bewirkten Lichterscheinungen wird zunächst die
gegenwärtige Einrichtung der elektrischen Lampen ausführ¬
licher besprochen. Dieselben zerfallen in 2 Hauptgruppen,
nämlich Glühlichtlampen und Bogenlichtlampen. Man kann
sagen, dass in ersteren ein fester Stromleiter (Kohle ) in letz¬
terer ein gasförmiger Strom isolator glüht. Xach dem ver¬
schiedene Glühlichtlampen, unter anderen diejenigen von
Sw an, Edison und Man im besprochen, wird eine kleine
Edison-Lampe mit Hülfe einer magnat-elektrischen Maschine
in Wirkung gesetzt und ihre Lichtstärke mit Hülfe eines
B unsen 'sehen Photometers mit derjenigen einer Petroleum¬
lampe und einer Stearinkerze verglichen. Es zeigte sich, dass
sich die fragliche Lichtstärke nahezu wie die Zah'en 9, 4 und
1 verhielten unter der Voraussetzung, dass die magnet-elek¬
trische Maschine eben nur so kräftig funktionirte, dass für die
Edison lampe keine Beschädigung zu befürchten war. Die
Bogenlichtlampen zerfallen wieder in 2 Unterabtheilungen,
nämlich in elektrische Kerzen und Regulatorlampen. Bei
ersteren ist die Regulirung und Theilung des Lichts ein¬
facher, weil die Kohlenstäbe eine parallele Stellung zu einan¬
der haben. Der Vortragende erläutert verschiedene hierher
gehörige Einrichtungen, insonderheit die elektrische Kerze von
Jablochkoff, Wilde und Jamin. Die letztere, bei welcher
beide Kohlenstäbe in derselben Linie liegen, bedürfen nament¬
lich bei der Theilung des Lichtes eines complicirten Reguli¬
rungsapparates, damit die Kohlenspitzen bei ihrem Abbrennen
immer in gleicher Entfernung bleiben, eventuell auch damit
die Lage des Lichtes im Raum erhalten bleibt Unter den
hierher gehörigen Vorrichtungen wird die älteste von Du-
boseque, welche jedoch nur für Einzellicht brauchbar ist,
sowie die neueste von Hefener v. Alteneck, die soge¬
nannte Differentiallampe genauer besprochen. Hierauf wendet
sich der Vortragende der Frage zu, welche von diesen verschiede¬
nen Gattungen von elektrischen Lampen eventuell die besse¬
ren sind. Die Frage wird dahin beantwortet, dass sich für
den Privatgebrauch fast ausschliesslich nur das Glühlicht
Sitz n ngs- lierl eh te.
XXV
wegen seiner grösseren Tlieilbarkeit eignet, während für den
öffentlichen Gebrauch, d. h. zur Beleuchtung grosser Räume
das Bogenlicht wegen seiner grösseren Helligkeit geeigneter
ist. Ob hier die elektrischen Kerzen oder die Regulatorlam¬
pen die zweckmässigeren, ist noch nicht entschieden. Hier¬
auf werden die Vortheile der elektrischen Beleuchtung vor
der Gasbeleuchtung näher erörtert und namentlich die grössere
Lichtintensität der ersteren, d. h. die Erzeugung grosser Licht¬
mengen selbst bei minimaler Oberfläche des leuchtenden
Körpers betont. Weitere Vortheile sind die grössere Weisse
des Lichtes, die geringere Wärmeproduction , die bessere
Reinerhaltung der Luft, die geringere Feuergefährlichkeit und
die grössere Bequemlichkeit im Anzünden vieler Lampen.
Dem gegenüber steht die unbegrenzte Tlieilbarkeit des Gas¬
lichts, welche dieses namentlich für den Privatgebrauch ge¬
eigneter macht. Was die Kosten anbelangt, so stellt sich
das Glühlicht, selbst eine centrale Ergänzungsstelle vorausge¬
setzt, theurer als das Gaslicht. Auch das Bogenlicht stellt
sich theurer, wenn man nicht mindestens 15 Bogenlampen
verwenden kann, aber billiger, wenn man deren mehr als
20 nöthig hat. Wegen der oben genannten sonstigen
Vortheile dürfte aber das electrische Licht trotz seiner, im
allgemeinen noch grösseren Herstellungskosten mehr und
mehr das Gaslicht verdrängen. Zum Schluss erörtert der
Vortragende noch einen der Gasuhr analogen Wasserapparat,
wie ihn Edison bei vorausgesetzter centraler Erzeugung der
Ströme für die Bestimmung der von jedem Hausbesitzer eon-
sumirten Elektrizitätsmenge ersonnen hat.
XXVI
Verzeichnis* einyeyanyener Schriften.
Verzeichn iss
der Akademien, Vereine und Gesellschaften, mit denen der
Verein in Schriften- Austausch steht und der von diesen bis
zum 2. Januar 1884 eingegangenen Schriften.
I. Deutschland.
Alteiiburg: Mittheilungen aus dem Osterlande.
Schriften nicht eingegangen.
Augsburg: Naturhistorischer Verein.
Bericht 27.
Bamberg: Naturf. Gesellschaft.
Schritten nicht eingegangen.
Berlin: Deutsche geol. Gesellschaft.
Bd. 34, Heft 4. Bd. 35, Heft 1 und 3.
— Königl.-Preuss. Akademie der Wissenschaften.
Sitzungsberichte Jahrgang 1882, Heft 39 — 54. Jahrg.
1883, Heft 1—37.
— Botanischer Verein für die Provinz Brandenburg.
Schriften nicht eingegangen.
Bonn: Naturhistor. Verein der Preuss. Rheinlande und West-
phalens.
Jahrgang 39, 1. und 2. Hälfte. Supplement von Westhoff
2. Abthei'ung.
Braunschweig: Verein für Naturwissenschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Bremen: Naturwiss. Verein.
Bd. 8, Heft 1.
Cassel: Verein für Naturkunde.
Bericht 29 u. 30. (1881 — 83.)
Chemnitz: Naturwiss. Gesellschaft.
Bericht 8
llanzig: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften Bd. 5, Heft 4.
Verzeichniss eingegangener Schriften.
XXVII
Doiiauesehiiigeii: Verein für Geschichte und Naturgeschichte der
Baar und der angrenzenden Länder.
Schriften nicht eingegangen.
Dresden: Naturwissenschaftliche Gesellschaft Jsis.
Jahrg. 1882.
— Gesellschaft für Natur- und Heilkunde.
Jahresbericht. Sitzungsperiode 1882 — 83.
Dürkheim*. Naturwissenschaft. Verein „Pollichia“
(Schriften nicht eingegangen.)
Elberfeldt: Naturwissen schaftl. Arerein.
Schriften nicht eingegangen.
— Naturw. Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Emden: Naturforschende Gesellschaft.
Jahresbericht 67, 1881 82.
Erlangen: Phvsikalisch-medicinische Societät
Schriften nicht eingegangen.
Frankfurt a/M. : Physikalischer Verein.
Jahresber. 1881 - 82.
— Senkenbergische Gesellschaft.
Bericht 1881 — 82 und 1882 — 83.
Freiburg i. Br.: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Fulda: Verein für Natururkunde.
Bericht 7.
Gera: Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschaft.
Jahresber. 13 — 17.
Giessen: Oberhessische Gesellschaft für Natur und Heilkunde.
Bericht 22.
Görlitz: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen:
Güttingen: Königl. Gesellschaft der Wissen Schaft.
Nachrichten, Jahrg. 1882.
Halle: Naturforschende Gesellschaft.
Abhandl. Bd. 16, Heft 1. Bericht 1882.
— Giebel u. Siewert, Zeitschrift für die gesammten Natur¬
wissenschaften.
Neue Folge (3) Bd. 1, Heft 1—6; Bd. 2, Heft 1 4.
XXVI II
V erzeichni.ss ein gegangener Schriften.
Leopoldina. Amtl. Organ der Kais. Leopoldinischen Aka¬
demie der Naturforscher. Heraus gegeben von Knoblauch.
Heft 18, 23—24; Heft 19, 1—22.
Hamburg: Naturwissenschaftl. Verein.
Bd. 7, Abth. 2.
— Verein für naturw. Unterhaltung.
Schriften nicht eingegangen.
Hanau: Wetterauer Gesellschaft für Naturkunde.
Bericht von Jan. 1879 bis Decbr. 1882.
Heidelberg: Naturhistor. medizinischer Verein.
Bd. 3, Heft 2.
Kid: Naturw. Verein für Schleswig-Holstein.
Bd. 5, Heft 1.
Königsberg i. Pr.: König!. Physikalisch-ökonom. Gesellschaft.
Jahrg. 23. Abth. 1 und 2.
Landshut: Botanischer Verein.
Flora des Isargebietcs.
Leipzig: Naturforschende Gesellschaft.
Jahrgang 9, 1882.
Lüneburg: Naturwissensch. Verein für das Fürstenth. Lüneburg.
Heft 8, 1879—82. /
Magdeburg: Naturwissensch. Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Mannheim: Verein für Naturkunde.
Jahresbericht für 1878 — 82.
Marburg: Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Natur¬
wissenschaften.
Schriften nicht eingegangen.
Miineheu: Akademie der Wissenschaften, math. phvsikal. Klasse.
Jahrg. 1882, Heft 3 und 5, 1883 Heft 1 und 2.
Münster: Westphälischer Verein für Wissenschaft und Kunst.
Jahresber. 10, 1881 u. Jahresber. 11, 1882.
Neu-lirandenbiirg: Verein der Freunde der Naturgeschichte in
Mecklenburg.
Jahrg. 36, 1882.
OHenbaeh: Verein für Naturkunde.
Bericht 22 u. 23. (1880—82.)
Osnabrüek: Verein für Naturkunde.
Jahresber. 5, 1880 — 82.
I ’erzeickw.ss ehujetjangener Schriften.
XXIX
Pulbus: Entomologische Nachrichten herausg. von Ur. Kalter.
Jalirg. 9, 1—18
llegensbiirg : Zoologisch-mineralogischer Verein.
Correspondenz-Blatt Jahrg. 36.
Somlershauscn: Botanischer Verein „Irmischia“ für das nördl.
Thüringen.
Jahrg. 2, Titel u. Register, Jahrg. 3, Nr. 1 — 10.
Stettin: Ornithologischer Verein.
Jahrg. 1883, Nr. 1 — 12.
Stuttgart: Verein für vaterländ. Naturkunde in Wtirtenberg.
Jahrg. 39. Jahrg. 40, erste Hälfte.
Wiesbaden: Nassauer Verein für Naturkunde.
Jahrg. 35.
Würzburg : Physikalisch-medizinische Gesellschaft.
Jahresber. 1882.
Zwickau: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
II. Oesterreich-Ungarn.
ßistritz: Gewerbeschule zu Bistritz in Siebenbürgen.
Bericht 9, (1882 83.)
Briinn: Naturforschender Verein.
Bd. 20 (1881), Meteorol. Beob. 1881.
— K. K. Mährisch-Schlesische Gesellschaft.
Miiiheil. Jahrg. 62, 1882.
Üraz: Verein für Aerzte in Steiermark.
Jahrg. 19, 1882.
Innsbruck: Naturw. medizinischer Verein.
Jahrg. 13.
Linz: Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns.
Schriften nicht eingegangen.
Pest: Königl. Ungar, naturforsch. Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Prag: Kg] Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften.
Jahresber. 17. Juni 1881, Sitzungsber. 1881. Abhandl.
1881—82.
Reichenherg: Verein der Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
XXX
Verzeichniss eingegangener Schriften.
Triest: Societä Adriatica di Science naturali.
Schriften nicht eing**gangen.
Wien: K. k. zoologisch-botanische Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
— Kais. Akademie der Wissenschaften.
Jalirg. 1882 X. 14 - 19 u. 28; 1883, N. 1 — 25.
— Verein zur Verbreitung naturw. Kenntnisse.
Bd. 23.
— Naturw. Verein an der k. k. technischen Hochschule.
Schriften nicht eingegangen.
ill Schweiz
Basel: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Bern : Naturforschende Gesellschaft.
Mittheil. 1882, Heft 1 u. 2, 1883, H. 1.
Chur : Naturforschende Gesellschaft Graubiindens.
Jahresber. Jalirg. 26 (1881- 82).
Frauenfehl: Thurgausche naturforschende Gesellschaft.
Schrift nicht eingegangen.
St. Ballen : Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Lausanne: Societe Vaudoise des Sciences natur.
Vol. 18, No. 88 (1882)
Neuehätel : Societe des Sciences natur.
Tom. 13.
Schweizer naturforschende Gesellschaft.
1881-82 Vers, in Liesthal.
Zürich : Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
IV. Italien.
Neapel: Zoologische Station.
Bd. 4, Heft 1—4.
Koni: La Reale Accademia dei Lincei.
Vol. 7, Fase. 1- -16. Memorie 11, 12, 13
Verzeichniss eingegangener Schriften.
V Luxemburg.
Luxemburg : Institut Royal grand-ducal de L.
Heft G, 7, 8. (1880 — 82.)
XXXI
VI. Belgien.
Brüssel: Societö entomologique de Belgique.
Annales, Tom. 26, 1882.
— Societe royale Meteorologique de Belgique.
Tom. 12, 1883. Febr. — Juli.
Liittieh : Societe geologique de Belgique.
Adresse aux chambres legislatives. (1883 )
VII. Frankreich.
Amiens: Societe Linneenne du Nord de la France.
Ball. Tom. 5, N. 99—114, Tom 6, N. 115—122.
Memoires 1883.
Bordeaux: Societe Linneenne de Bordeaux.
Tom. 35. (1880.)
Cherbourg: Societe- national des Sciences de Cherbourg.
Memoires I, 23.
Lyon : Academie des Sciences et des belles lettres et des arts.
Schriften nicht eingegangen.
VIII. Gross-Britannien.
Glasgow : Natural liistory Society.
Vol. 5, part II (1881 — 82).
IX. Dänemark.
Kopenhagen: Kongelige Danske Videnscabernes Selskab.
Ferhandl. 1882 N. 3, 1883 N. 1—2.
X. Schweden und Norwegen.
Christiania: Kongelige Norske Universitet.
Verschiedene 'Abhandlungen von Brogger, Keusche,
Goldberg u. Mohn, Hiortdahl, Lie, Otto.
Lund: Academia Lundensis.
Acta Tom. 15 — 17 (1879—1881) 3 Cataloge (1879 — 81.
XXXII
Verzeichniss eingegangener Schriften.
Stockholm: Entomologisk Tidskrift utgiven af J. Sponberg.
Heft 4, 1882.
Tromsö: Tromsö Museums Aarshefter.
Aarsh. 6, Aarsberetming 1882.
Troiulhjem : Kongelige Norske Videnscabernes Selscab.
Jahrg. 1879, 80 u. 81.
Ipsala: Societas scientiarum Upsaliensis.
Vol. II, Fase. 2. 1883.
XI. Russland.
Dorpat: Naturforschende Gesellschaft.
Sitzungsber. Bd. 6, Heft 2.
Archiv Ser. 1, Bd. 9, Heft 1 — 2.
Archiv Ser. 2, Bd. 8, Heft 4.
Helsingfors : Finska Yetenscaps Societeten.
Acta T. 12, H. 37 u. 38. Ofvers. T. 24 (1881-82).
Observ7. meteor 1880.
Petersburg: Hortus Petropolitanus.
Acta T. 8, 1 u. 2.
Riga: Xaturforschender Verein.
Korrespondenzbl. 25.
XII. Amerika.
fbrilolia (Buenos-Ayres) : Academia nacionale de Ciencias de
la Republica Argentina.
Bulletin. Tom. 4. 1 — 4. Tom. 5, H. 2, 4, Expedit,
al Rio Xegro 1882, 2 u. 3.
Milwaukee (Wisconsin): Naturwissenschaftlicher Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Einzelschriften.
Dr. Jul. Mac-Leod, Leitfaden der Thierkunde.
Analytische Tabellen
der Hesperiiner-Gattiiiigen Pvrgus und Carcliarodus,
von
Carl P I ö t z
in Greifswald.
Die Familie llcspcriina Herrich-Schäffer, = Plebeji urbicolae
Lin ne, =f Hesperia Fabr. pt. = Erynnis Schrank, = Astyci Hiib-
ner;bildet unter den Schmetterlingen im vollkommenen Zustande
eine scharf gekennzeichnete Gruppe. Alle haben 6 vollkom¬
mene Beine, die Klauen mit doppelten Krallen. Bei sehr
verschiedenen Körper- Fühler- und Flügel-Formen entspringen
doch die Rippen der Flügel stets ohne weitere Veräste¬
lung aus der Flügelwurzel oder durch Abzweigung aus den
die Alittelzelle einschliessenden Rippen. Die Vorderflügel
haben 12, die Hinterflügel 9 bis 10 in den Saum auslaufende
Rippen. Die Fühler sind vor oder an der Spitze verdickt.
Der Sauger ist spiral.
Die meisten sind ausgezeichnet durch einen Haarbüschel
an der Fühlerwurzel, ein anliegendes Blättchen an den Vor-
derschienen und Spornen an den Hinterschienen ; viele Männ¬
chen durch einen Umschlag am Vorderrande der Vorderflügel
oder eine filzig behaarte Karbe auf dem hinteren Theil der¬
selben so wie durch eigentümliche Behaarung der Hinter¬
beine.
Die Eier der Schmetterlinge sind rund, oben gewölbt,
unten flach.
Die Raupen haben lGFiisse, einen verdünnten Hals und
ziemlich grossen Kopf; sie leben einsam, fast allgemein
wicklerartig unter zusammengehefteten Blättern verborgen,
allwo sie auch zu Puppen werden, welche überdem noch am
2
Plötz :
Analytische Tabellen
Hinterleibsende und mit einer Schlinge um den Leib be¬
festigt sind.
Man kennt zur Zeit über ‘2000 Arten dieser Familie,
welche in zahlreiche, mehr oder minderwerthige Gattungen
untergebracht sind. Von diesen wurden die beiden nach¬
stehenden auch wohl vereinigt und, da sie viele europäische
Arten enthalten , bisher am eingehendsten wissenschaftlich
untersucht; jedoch nur insoweit sie in Europa und Asien
heimisch sind.
Allgemeine Kennzeichen
der Gattung I’yrgus Hübner.
Fühler selten 4 so lang wie die VordeAlügel mit meistens läng¬
lich-eiförmiger, etwas gedrückter, wenig gekrümmter, am Ende abge¬
rundeter — selten gespitzter Kolbe. Haarlöckchen lang. Palpen
vor der Stirne aufsteigend mit langem borstig behaartem Mütel-
und kurzem dickem kegelförmigem, grade oder schräg vorstehenden
Endglieder Flügel ziemlich kurz, die vordem mit etwas über 1 so
langer Mittelzelle; Kippe 2 entspringt in der Mitte zwischen Rippe
3 und der Wurzel oder näher au dieser, Rippe 5 entspringt in der
Mitte zwischen 4 und 6 oder etwas näher an 6. Rippe 5 der Hinter-
tiügel ist schwach. Vorderschienen mit Blättchen, Hinterschienen
mit 2 End- und 2 Mittelspornen. Oberseite schwarz, braun oder
grau, grünschimmernd oder weisslich behaart oder bestäubt mit mehr
oder weniger zahlreichen weissen selten farbigen — Flecken.
Bezeichnend ist auf den Vorderflügeln ein Mittelfleck und die 2 mal
gebrochene Fleckenreihe vor dem Saum; sie beginnt meistens mit
den grossem Flecken bei | in Zelle 1 und 2 in verticaler Richtung,
dann folgen schräge den Saum sich nähernd in abnehmender Grösse
d:e Flecken in Zelle 3 bis 5, lrH Zelle 6 wenden sich die hier
meistens schmalen Flecken wieder zurück und zum Vorderrand. Ausser
diesen typischen Flecken steht vor dem Saum oft noch eine Reihe
gleichförmig kleinerer, welche in Zelle 4 und 5 unterbrochen oder
ir't deren typische Flecken verschmolzen sind. Zuweilen steht noch
eine Reihe Puncte oder Flecken am Saum. Die Hinterflügel haben
oft auf der Mitte einen grossem Fleck, dem sich zu beiden Seiten
kleinere anschliessen, öfter wie bei den Vorderflügeln stehen vor dem
Saum eine bis ,,»vei Reihen Fleckchen und 1 Fleck gegen die Wurzel.
Unterseite lichter; die Vorderflügel zeigen mehr, die Hinterflügel
weniger Ae Zeichnung der Oberseite. Die Franzen sind breit und
hell und dunkelgescheckt. Der Hinterleib ist so lang wie Brust¬
rücken und Kopf.
der Hesperiinen-Gatlnngen Pyrgns und Carcharodus.
3
Untergattung Pyrgus Hübner.
$ Vorderflügel mit Umschlag, Hinterscbienen ohne Pinsel.
A. Mittel- mul HUterschienen ohne Dornborsten.
a. Ane Flügel mit breiter weisser Mittelbinde, welche auf den
hintern von der Mittte zum Inner 'ande rasch abnimmt.
§. WurzVHdd aller Flügel ungefleckt.
o. Die Mittelbinde der Yfl. schliessi noch einen kleinen
weissen Fleck im Winkel von Zelle 3 mit e \
x. Alle Flügel haben vor dem Saum nur eine Redie
weisser Fl ken. Unterseite we:«s mit grünUcher
Wurzel 7' :d 2 Binden.
/. Aconita Herrich-Schäffer i. Lit. Länge eines Vorderflüge1 ^
16mir Georgia.
xx. Alle Flügel haben vo, dem Saum 2 Reihen
weisser Flecken. In Zelle 3 der Vfi. steht noch
ein 0.össerer, in Z. 4 u. 5 ein kleiner weisser
Fleck. Unterseite weiss, Vfi. mH brauner Be¬
zeichnung, Hfl. mit 3 grünen Binden.
2. Doinicella Erichson, Schomb. RHse III p. 101.. (1841;.
14uim. Guayana.
00. Zelle 3 der Vfi. ‘ t im Winkel nicht weiss ge¬
fleckt hat ab r-irmwärts einen grossem weissen
Fleck, in Z. 4 u. 5 1 ’nter der Querrippe befanden
sich schmale, auswärts gespitzte Flecken. Unter¬
seite weiss, Vfi. mit bräunlicher Wuvzel und solcher
Bezeichnung, Hfl. mit 3 solchen Binden.
3. Willi PI. 15u,m Minas Geraes.
§§. Das Wurzelfeld der Vfi. ist in Z. 1 und im Winkel
von Z. 2, das der Hfl. in der Mittelz we;ss gefleckt.
Hinter der Mittelz, der Vfi. befinden sich mehrere gleich-
mässig schmale, und vor dem Saum aller Flügel eine
Reihe kleiner rundlicher weisser Flecken. Unterseite
hellbräunlich weiss, meistens nur mit rein weisser Mittel¬
binde der Vfi., die Bezeichnung ist braungran, die Wur¬
zeln sind grau, die der HU. mit einem v"aunen Pu net
in Z. 7.
4. Adepta H. S. i. L. 13,n,n- Bogota,
b. Vorderflügel ohne reguläre Mittelbinde.
§. Die Mittelzelle der Vfi. ist im Würzelfelde nicht weiss
gefleckt, nur bei vorherrschender Weise der Flügel zeigt
sich meistens ein ’ chter Strahl.
0. Hfl. unten weiss mit ungleichen grünen Querbinden,
zuweilen vorherrschend grün,
x. Die Oberseite der Vfi. zeigt alle typische Flecken,
die Flecken- und Punktreihen vor dem Saum so wie
wurzelwürts in Z. 1 und im Winkel von Z. 2. Oft
4
Platz:
A naly tische Tabellen
ist die grössere Saumhälfte vorherrschend weiss mit
schwärzlichen Rippen und gebrochenen grauen Quer¬
streifen gitterartig durchzogen. Hfl. oben mit breiter,
winkeliger weisser, zuweilen schwach braun bestäubter
Mittelbinde, die meistens von Z. 3 an in kleinere
Flecken zertheilt bis in Z. l.c reicht; eine Flecken¬
reihe und meistens auch Puncte stehen vor dem
Saum. Die Binden auf der Unterseite der Hfl. sind
aus Würfel- oder halbmondförmigen braun eingefass¬
ten Flecken gebildet: der Mittelfleck der ersten
Binde ist vorne sehr schmal, hinten breit; die
äussere Binde schliesst in Z. 6 einen weissen Fleck
ein, ihr Fleck in Z. 4X5 bildet einwärts einen
scharfen Winkel. Am Saum stehen in Z. lc, 2 und
3 grüne Möndchen.
f. Die weisse Binde auf der Oberseite der Hfl. ist
auch gegen den Innenrand ziemlich breit, das
Wurzelfeld ist ungefleckt. Unten steht an der
Wurzel, in der Mittelzelle und in Z. 7 je ein
würfelförmiger grau gekernter Fleck, auch die
Binden sind meistens grau ausgefüllt. Der Innen¬
rand ist grau.
5. Albescens PI. 12rnm‘ Mexico.
tt- Pie weisse Binde auf der Oberseite der Hfl. ist
gegen den Innenrand sehr verschmälert.
!. Hfl. unten an der Wurzel grünlichgrau mit 2
braune Puncte am Vorderrande. Innenrand grau.
6. Hicara Edwards Proc. ent. Soc. Philad. IV. p. 203 t. 1. f. 2
(1863) 12 — 13mm- Colorado.
!!. Hfl. unten nächst der Wurzel mit grünem oder
grauem winkeligem Querstrich. Innenrand weiss.
7. Insolatrix H. S. i. L. 15mm- Mexico.
xx. Oberseite der Vfl. ohne typischen Fleck in Z. 4.
In Zelle 5 nur mit feinem Punct, der Fleck in
Z. 1 ist gespalten, in der Mittelzelle steht ein
Querfleck und ein Querstrich, vor dem Saum
eine vollständige Reihe weisser Flecken, auch
zuweilen eine solche am Saum. Hfl. oben mit
weissem Wurzelfleck, einer unregelmässigen
Fleckenreihe durch die Mitte und einer solchen
vor dem Saum, zuweilen auch mit Saumflecken;
unten sind die grünen Binden sehr zackig, die
nächst der Wurzel oft in diese verflossen, einen
weissen Fleck einscliessend. Die äussere Binde
steht ziemlich weit vom Saum ab.
der Hesperiinen-Gattungen Pyrgus und Carcharodus.
5
8. Tessellum Hübner f. 469, 470. (1800). Rambur Faun. And.
1832 t. 8 f. 1,2.
Morio Scopoli Ent. Garn. 1763 p. 464. Var. 2.
Hibisci Bober Mem. Soc. Imp. 1812. 17 — 20nun- Süd-Europa.
Oberseite mit grossem Flecken in Z. 2 und der Mittelz.,
der Punct in Z. 5 fehlt. Unten sind die grünen Bin¬
den der Htl. sehr bleich, fast verwischt.
Nomas Lederer Verh. d. zool. botan. Gesellsch. in Wien 1855
p. 193. t. 1 f. 7. 16 18mm- Libanon,
oo. Hfl. unten hell zimmtbraun, am Vorderrande schmal,
gegen den Innenrand breit weiss, wurzelwärts in Z. 7
mit wcissem Fleck, mit einer ungleichen weissen Quer¬
binde durch die Mitte, einer weissen Kappenlinie vor
dem Saum und weisser Saumlinie. Oben sind die Hfl.
schwarz: ein kleiner Fleck an der Wurzel, ein grosser
Querfleck auf der Mitte und kleine Flecken vor dem
Saum sind weiss.
x. Vfl. oben ohne typischen Fleck in Z. 4, der in
Z. 1 ist gespalten, der Querfleck der Mittelzelle ist
eingesclmürt, die Flecken vor dem Saum sind klein
und staubig, gegen die Wurzel stehen 2 weissliche
Flecken. Auf den Hfl. ist der weisse Querfleck breit,
zwischen Rippe 4 und 6 quadratisch. Von den
Möndchen vor dem Saum zieht sich der Mondfleck
der Z. 4X5 in einem grossem Bogen dicht an den
Mittelfleck heran. Auf der Unterseite ist die Mittel¬
binde breit.
9. Staudingeri Speyer Stett. ent. Zeit 1879 p. 344.
13 1 5mm- Saison.
xx. Vfl. oben ohne typische Flecken in Z. 4 und 5,
der in Z. 1 ist gross und quadratisch, der in Z. 2
ist klein, zuweilen mit noch einen kleineren im
Winkel neben sich. In der Mittelzelle ist ein
Querfleck und eine gebogene Querlinie. Vor dem
Saum aller Flügel steht eine Reihe gleichförmiger
grauer Möndchen. Auf der Unterseite ist die
Mittelbinde schmal.
10. Proto Esper t. 123 f. 5,6. (1806). Hb. f. 918 — 921. — Meig. t.
55 f. 1. — etc. 14mm' Sd. Europ., Syrien, Mauritan.
ooo. Hfl. unten mit einer weissen vom Vorderrande
gegen den Hinterwinkel verlaufenden etwas ge¬
schwungenen Querbinde, welche dunkel gesäumt, am
Vorrande breit ist und sich gegen ihr Ende verschmä¬
lert. Wurzel und Saum sind hell olivivenbraun.
x. Vfl. nur mit den typischen Flecken: der in
Z. 1 ist gross und gespalten. Hfl. mit oinem
3
6
Plötz: Analytische Tabellen
Querfleck von der Mitte zu Z. lc der sich dort
gegen die Mitte verschmälert; vor dem Saum in Z. 1
ein Punct. Am Saum aller Flügel stehen trübe
Puncte. Alle Flecken sind hellgelb. Der Umschlag
der Vfl. ist orange.
11. Sataspes Trimen Tr. ent. Soc III. 2 p. 178. (1864). Rhop.
1866 p. 290. t. 5 f. 7. llmra- Sd. Africa.
xx. Vfl. mit den typischen Flecken, einer unterbroche¬
nen Fleckenreihe vor dem Saum und Saumpuncten.
Der Fleck in Z. 1 ist getheilt, der hintere Theil
ist gross und wurzelwärts gerückt, der vordere
punctförmig. In der Mittelzelle stehen ein vier-
eckter und ein halbmondförmiger Fleck. Hfll. oben
mit einem grossem Mittelfleck und daneben klei¬
nere in Z. 3, 2 u. lc, einer Reihe kleiner Flecken
vor dem Saum und Punkte am Saum.
12. Galba Fahr. Ent. Syst. III. 1. p. 352 n. 337. (1793). —
Latr. E. M. p. 785 n. 149. 12mm- Bengal., Ceylon.
§§. Die Mittelz, der Vfl. hat 3 helle Flecken: einen kleinen
im Wurzelfelde, einen grossem in der Mitte und einen
halbmondförmigen vor dem Schluss. Die Oberseite der
Vfl. hat überdies die typischen Flecken und eine unter¬
brochene Reihe kleinerer vor dem Saum. Hfl. oben
mit 1 — 2 Puncte im Wurzelfelde, grossem Mittelfleck
und vor dem Saum eine Reihe kleinerer Flecken,
o. Unterseite der Hfl. grün mit einer weissen ungleich¬
breiten, etwas bogigen, vom Vorderrande zum Hinter¬
winkel ziehenden Querbinde und weissen Flecken gegen
die Wurzel und vor dem Saum. Die Oberseite gleicht
fast ganz der von Diomus und Vindex: Vfl. in
Zelle 1 mit grossem weissem Fleck auf der Mitte und
einem kleinen schmalen wurzelwärts, ein kleiner weisser
Punct steht im Winkel von Z. 2. Die 3 Flecken der
Mittelz, sind ziemlich gleich gross.
13. Dromus PI. llmni* Congo.
oo. Hfl. unten schmutzig grünlichweiss mit 2 breiten
vom Vorderrande bis in Z. lc reichenden olivengrünen
Querbinden, von denen eine wurzelwärts, die andere
saumwärts bräunlich verwaschen ist. Vfl. in Z. 1
auf der Mitte mit grossem weissen Fleck, einem Punct
unter den Fleck der Z. 2 und einen kleinen Fleck
wurzelwärts. Uebrigens ist die Oberseite wie bei
Vindex.
14. Za'ira PI. llmm- Congo.
ooo. Hfl. unten weiss mit 2 breiten lauchgrünen Quer¬
binden und schmalem ebenso gefärbtem Saum. Vfl.
der Hesperiinen-Gattungen Pyrgus und Carcharodus.
7
in Z. 1 auf der Mitte mit getheilten weissem Fleck
von dem der grössere Theil unter den Fleck der
Z. 2, der kleinere wurzelwärts steht, weiter wurzel-
wärts steht noch ein ebenso kleiner Fleck.
15. Diomus Hopffer Verb. Berl. 1855 p. 643 n. 28. — Mossamb.
1857 p. 420 t. 27 f. 9,10.
Ferax Wallengren Wien. ent. Mtsschr. VII p. 137. (1863).
12 — 13m,n- Sd. Africa.
oooo. Hti. unten olivengrün mit grossen und kleinen, zum
Theil zusammenhängenden weissen Flecken. Vti.
in Z. 1 auf der Mitte mit getheiltem, verschobenen
weissen Fleck und wurzelwärts noch einen kleinen
gespaltenen. Von den Saumfleeken sind die in den
Zellen 4 u. 5 am grössten. Hfl. oben, wie bei
den 3 vorigen, mit einem kleinen Fleck in der
Mitte des Wurzelfeldes.
16. Vindex Cramer t. 353 f. G, H. (1783). — Latr. Insect. t.
41 f. 8. — Enc. Meth. IX. p. 785 n. 148 (1823).
Westw. Dbld. & Hew. Gen. t. 79 f. 6. (1852). —
Trim. Rhop. 1866 p. 187.
Superna Moore Proc. zool. Soc. 1865 p. 792.
12 — 13mm- Africa, Bengalen,
ooooo. Unterseite rostroth mit weissen braungerandeten
Flecken, bei den Vfl. wie auf der Oberseite und
noch einen Punkt im Winkel von Z. 2, bei den
Hfl. zahlreicher. Auf den Vfl. ist wurzelwärts in
Z. 1 kein Fleck, auf den Hfl. stehen 2 weisse
Puncte nächst der Wurzel.
17. Nora PI. $ 10mra- Loango.
ß. Mittel- und Hinterscliienen mit starken Dornborsten.
Oberseite schwarzgrau mit allen typischen Flecken, der in
Zelle 1 ist gespalten, der in Z. 5 hängt mit den besonders
grossen der Z. 6 — 8 zusammen. Vor dem Saum steht eine
Reihe ansehnlicher rundlicher weisser Flecken. In Z. 1 der
Vfl. stehen 3 gespaltene weisse Flecken, die Wurzel ist unge¬
fleckt. Hfl. mit einem Wurzelfleck, einer unregelmässigen
Reihe durch die Mitte, wobei die in der Mittelzelle und in
Z. 7 besonders gross sind und einer Reihe vor dem Saum.
Unten sind die Hfl. weiss mit grünen Rippen und 2 breiten
zackigen grünen Binden.
18. Cribellum Kindermann, Eversmann Bull. Mose. 1840 p. 25 t.
3 f. 1,2. — Freyer Beitr. t. 349 f. 1. (1840). —
H. S. f. 12, 13. (1845).
14 — 16mm- Süd. Russl., Sibir., Türkei.
3*
8
Plötz: Analytische Tabellen
Untergattung Scelothrix Ramb.
$ Hinterschienen mit langem Haarpinsel. Hinterleib unten mit
einer Grube und zwei au der Wurzel des Hinterleibes ent¬
springende fast grade schmale, etwas flache Anhänge.
A. Vorderflügel mit Umschlag.
a. Hfl. mit weissen oder grauen Mittelflecken, — die sich nur
selten bis zum Vorderrande hinziehen — oder auf der
Mitte ungefleckt.
§. Vfl. mit mehr oder weniger vollständigen typischen Flecken,
ohne weisse Fleckenreihen vor dem Saum,
o. Hfl. unten weisslich mit 2 unregelmässigen zackigen
rostgelben Querbinden und solchem Fleck an der Wurzel.
Oberseite der Vfl. mit noch einen Punct wurzelwärts,
der typische Fleck in Z. 1 ist getheilt und verschoben,
in der Mittelzelle steht ein Querfleck und zuweilen auch ein
Querstrich, am Vorderrande einige Schrägstriche und
Puncte. Hfl. auf der Mitte grau, vor dem Saum mit 2
kappenförmige Querlinien oder einer Reihe weisser
Puncte. Kippe 2 der Vfl. entspringt näher an Rippe
3 wie an der Wurzel.
19. Sidae Esp. t. 90 f. 3. (1784). — Hüb. f. 468. — Freyer t.
361 f. 1. etc.
Malvae Hüb. f. 450, 451.
Hfl. oben auf der Mitte weiss mit schwarzen Rippen und
2 kappenförmigen schwarzen Querlinien.
Onopordii H. S. Europ. f. 31, 32. (1848).
. 15 — 20mm- Sd. Europa, Asien.,
oo, Hfl. unten weiss mit 2 unregelmässigen zackigen
olivengrünen Querbinden deren äussere in Z. 6 einen
weissen Punct einschliesst. Im Winkel der Z. 7 ein
grüner Fleck.
x. Vfl. oben wurzelwärts in Z. 1 und im Winkel von
Zelle 2 mit grauen Flecken, der typische Fleck in
Z. 1 ist schief, die in Z. 2 und 3 sind gross, am
Ende der Mittelzelle steht in weisser Umgebung ein
runder schwarzer Fleck. Hfl. oben mit 2 kleinen
weissen Flecken gegen die Wurzel, einen grossen,
von den schwarzen Rippen durchschnittenen Quer¬
fleck auf der Mitte und eine Reihe kleiner kappen¬
förmiger vor dem Saum; unten mit grauer Wurzel,,
mattgrünem Vorder- und Innenrand und grüne Puncte
von Z. lc bis Z. 4 am Saum.
20. Cynarae Ramb. Faun. And. 1832 t. 8 f. 4, 5. — Fr. t.
349 f. 2. — H. S. f. 4—7. (1845). — etc.
Carthami Hüb. f. 731, 732. 18mm- Sd. Europa, Asien.
der Hesperiinen-Gattungen Pyrgus und Carcharodus.
9
xx. Vfl. oben in Z. 1 wurzelwärts mit hellem Punct,
der typische Fleck ist schief und getheilt, die andern
typischen Flecken sind klein, in der Mittelz, steht
ein schmaler weisser Querfleck. Hfl. oben wurzel¬
wärts mit grauem Punct in Z. 7, mit grossem grauen
oder weissen, von den schwarzen Rippen durch¬
schnittenen Querfieck in der Mitte und einer Reihe
grauer Fleckchen vor dem Saum; unten sind Wurzel
und Vorderrand weiss, am Saum von Z. lc bis Z. 3
stehen grüne Puncte.
21. Carthami Hüb. f. 720—723. (1818). — Rösel I. t. 10 f. 7
(1746). — Fr. t. 394 f. 3. etc.
Malvae major Esp. t. 23 f. 3. (1777).
Fritillum major Fabr. Mant. II p. 91 n. 524. pt. (1787).
Tessellum Ochsenh. I. 2. p. 205 n. 4. (1808). — Latr. E. M.
IX p, 782 n. 145. (1823). — etc.
Onopordii Lederer Wien. ent. Mttschr. 1857 p. 76.
Valesiaca Mabille Bullet. Soc. ent. Fr. V. 1876 p. 214.
Hfl. oben in der Mitte bis zum Vorderrand weiss,
auswärts am Mittelfleck mit hellbraune Puncte.
Möschleri H. S. Europ. f. 38, 39. (1848).
16— 17mm' Südl. Europ., Anatol.
xxx. Vfl. oben in Z. I wurzelwärts mit weissem Punct, der
tupische Fleck ist getheilt und verschoben, die Mittelz,
hat einen schmalen weissen Querfleck und am Ende
einen Querstrich. Hfl. oben mit 2 Reihen grauer
Flecken; unten ist die erste grüne Querbinde gegen
die Wurzel verflossen, die äussere schliesst auch in
Z. 3 einen weissen Punct ein, am Saum sind in
Z. lc und in Z. 2 grüne Puncte, der Innenrand ist
grau.
22. Onopordii Rambur Fauna Andalus. 1832 t. 8 f. 13.
13mm- Spanien, Sd. Afrika,
ooo. Hfl. unten grün, weiss gefleckt oder weiss mit grüner
Wurzel und 2 unregelmässigen, in Z. 2 sehr genäherten
grünen Binden. Oberseite der Vfl. schwarz, grau be¬
stäubt mit den weissen oder verloschenen typischen
Flecken. Hfl. graufleckig oder schwarz,
x. Hfl. unten an der Wurzel in der Mittelz, weiss ge¬
fleckt.
f. Unterseite der Hfl. olivengrün oder bräunlich, ge¬
wölkt, mit helleren röthlichen Rippen. Die weissen
Wurzelflecken sind eckig und meist nur durch die
Rippen getrennt.
23. Alvern Hüb. f. 461—463. (1808). — Kamb. F. A. t. 8 f. 3.
(1832). — etc.
10
Plötz: Analytische Tabellen
Malvae Linne Syst. Nat. XII 2. p. 795 n. 267. pt. (1767).
Carthami Hüb. Verz. 1816 p. 109 n. 1173.
Vfl. mit ansehnlichem typischen Fleck in Z. 5. Hfl.
unten mit grossen bindenartig zusammenhängenden
weissen Flecken.
Fritillum Fahr. Mant. II. p. 91 n. 524 (1787). — Hb. f. 764,
765. — Ochscnh. I. 2 p. 207. pt. — Fr. t. 349 f.
4. — etc. 15 — 16mm Europa, Asien, Nd. Africa.
ff. Unterseite der Hfl. matt graugrün mit kaum
helleren Rippen. Die weissen Wurzelflecken
sind gesondert, der grössere in Z. 7 ist gerundet.
24. Serratulae Ramb. F. A. t. 8 f. 9. (1832). — H. S. f. 18 — 20.
— Fr. t. 621 f. 3. — etc.
Carlinae Ramb. F. A. t. 8 f. 11.
Caecus Nickerl, Freyer t. 493 f. 3,4. 15 — 16mm- Europa, Asien,
xx. Hfl. unten an der Wurzel angefleckt.
f. Oberseite der Vfl. mit kleinen grauen typischen
Flecken sparsam besetzt, in der Mittelz. 1 oder
2 Puncte. Hfl. schwarz oder mit wenigen grauen
Flecken, unten mit grossem weissem Mittelfleck,
2 in Z. 7, zwei oder drei am Saum und noch
einige kleine.
25. Cacaliae Ramb. F. A. t. 8 f. 6, 7. (1832). — H. S. f. 35, 36
621, 622. — Mschl. Wien. e. Mtschr. 1864 p. 193.
Alveus Bois. Jcon t. 46 f. 1 — 3. (1834). — Fr. t. 621 f. 1.
lö““* Alpen.
f. Oberseite der Vfl. mit kleinen weissen typischen
Flecken sparsam besetzt, in der Mittelzelle mit
schmalem Querfleck. Hfl. mit einer weissen. von
den schwarzen Rippen durchschnittenen Halbbinde
vom Vorderrand bis über die Mitte und kleinen
Flecken in Z. lc und 2 am Saum; unten haben
die Hfl. die Halbbinde wie oben, noch einen Fleck
in Z. 7 und ungleichbreiten weissen Saum.
26. Alpina Erschoff, Turkestan 1874 p. 24. t. 2 f. 18. (? Alveus)
12mm- Turkestan.
oooo. Hfl. unten weiss, Rippen, Vorderrand und Wurzel
sind hellbraun. Im Winkel der Zelle 7 steht ein
rothbrauner Fleck, vor der Mitte eine wurzelwärts
fast grade, hinter der Mitte eine geschwungene
Binde und am Saum stehen kleinere Flecken, in
Z. 4 X 5 nur Puncte. Oberseite der Vfl. mit den
typischen Flecken: in der Mittelz, ein stärker
weisser Querfleck und eine feine graue Querlinie.
Hfl. mit weissen Mittelflecken und einer Reihe
grauer Puncte vor dem Saum.
der Jleeperiinen-Gattnngen Pyrgus und Carcharodus.
11
27. Cirsii Ramb. F. A. 1832 t. 8 f. 12. — Dup. t. 28 f. 1, 2.
— H. S. f. 33, 34 13 mm- Sd. Europa,
ooooo. Hfl. unten weiss mit 2 aus meistens würfelförmi¬
gen, olivengrünen oder braunen Flecken zusammen¬
gesetzten unregelmässigen Querbinden; der Mittel¬
fleck der ersten Binde ist vorne schmal, hinten
sehr breit. Nächst der Wurzel steht in Z. 7 ein
grosser dunkler Fleck und vor dem Saum eine
Reibe kleinerer. Vorderrand, Wurzel und Innen¬
rand sind grau. Die Oberseite der Vfl. hat aus¬
geprägte weisse typische Flecken; der in Z. 1 ist
getheilt und verschoben, noch ein gespaltener steht
wurzelwärts; in der Mittelz, ein Querfleck und ein
Querstrich, einige kurze Schrägstriche gegen den
Vorderrand. Hfl. oben mit weissem .oder grauem
Fleck in der Mitte, einige daneben und schwache
graue Puncte vor dem Saum,
x. Hfl. unten mit sehr verdunkelter Wurzelhälfte, die
weissen Flecken dort sind schmal, der in der Mittelz,
ist lang und schneidet den olivenbraunen Mittelfleck
hinten fast ab; bei Z. 3 sind beide Binden zusam¬
mengeschlossen. Oben haben die Hfl. vor dem
Saum einen matten grauen Schleier.
28. Andromedae Wllgr., Forhandl. 1853 p. 25. Scand. Dagf.
1857 p. 272. — Speyer, Geogr. Verbr. II. p.
276. — Wocke Stt. ent. Zeit. 1864 p. 176. —
Zeller Stt, e. Z. 1872 p. 48.
Centaurae Zell. Schrift d. z. b. Gesellsch. 1868 p. 574.
15mm- Schweden, Alpen,
xx. HÜ. unten mit 3 grossen weissen Flecken nächst
der Wurzel; bei Z. 3 sind beide Binden sehr
genähert. Oben haben die Hfl. vor dem Saum
graue oder weise Puncte.
2.9. Centaureae Ramb. F. A. 1832 t. 8 f. 10. — H. S. f. 1 — 3.
(1845). — Möschl. Wien, ent. Mtsch. 1864 p. 193.
Wyandot Edwards, Pr. e Soc. Philad. 1863 p. 21.
12 — 15n,,n Europa, Nd. Amer.
oooooo. Hfl. unten vor der Mitte mattolivengrün, hinter
der Mitte dunkler mit gelblichen Rippen, am
Hinterrande bis Rippe 2 weiss, am Hinterwinkel
grau. Vom Vorderrand bis in die Mitte be¬
findet sich ein weisser Querfleck der von einem
schmalen Saumfleck in Z. 4X5 fast erreicht
wird. In Z. 2 und 3 stehen gegen den Saum
je ein weisser Punct und ein Strich, in Z. 6 ein
Strich und in Z. 7 ein grösserer Fleck, nahe der
12
Plötz: Analytische Tabellen
Wurzel ein Punct. Auf der Oberseite sind die
typischen Flecken scharf ausgeprägt, der in Z. 1
ist gespalten, ebenso dar kleinere wurzelwärts; in
der Mittelz, steht ein Querfleck. Hfl. mit einge¬
kerbtem weissen Mittelfleck und einige schmale
graue daneben, vor dem Saum kappen- und
punctförmige graue Fleckchen.
30. Melotis Duponchel, Suppl. I. t. 42 f. 1, 2. (1832). — Zell.
Stt. e. Z. 1879 p. 462.
Hypoleuca Led. Wien, ent. Mtschr. 1855 p. 193. t. 1 f. 8.
14mra- Beirut.
§§. Vfl, mit allen typischen Flecken und der mehr oder
weniger vollständigen unterbrochenen Reihe heller Puncte
vor dem Saum. Hfl. mit hellen Flecken in der Mitte
und vor dem Saum, unten rothbraun und weiss.
o. Hfl. unten rothbraun, am Innenrande graugrün, an der
Wurzel mit 2 oder 3 weissen Flecken, einen grossen
Fleck am Vorderrande, einen kleineren in der Mitte
und meistens strichförmige am Saum.
31. Malvae Linne, Syst. Nat. I. p. 485 n. 167. (1758). — Esp. t.
36 f. 5. u. t. 51 f. 1, 2. (1805). — etc.
Morio Scopoli, Ent. Carn. 1763 p. 464 n. 2. pt.
Fritillarius Poda, Mus. Graec. 1764 p. 79.
Alveolus Harris, Nat. Hist. 1766 t. 32 f. k* — n. Hüb. f. 466,
467, 597, 847 848. — etc.
Trittillum Syst. Verz. 1776. — Fabr. Maut. II. p. 91 n. 824.
(1787). — Lewin t. 46 f. 4, 5. (1795).
Lavaterae Fabr. Maut. II. p. 91 n. 825. (1787). — Hawortb.
Sao Scriba, Beitr. 1793. — Borkhausen, — Bergstraesser t.
40 f. 8, 9.
Cardui Latreille Enc. Meth. IX p. 784 n. 147. (1823). —
Dup. II. t. 12 f. 3, 4.
Vfl. auf der Mitte breit weiss mit schwarzen Kippen,
einen schwarzen Querfleck in der Mitte und solchem
Fleck am Ende der Mittelz.
Taras Bergstr. 1782 t. 91 f. 5. — ■ Meigen t. 55 f. 3.
Althaeae Esp. 1805. t. 51 f. 2. — Borkh. — Meig. Hdlb. t.
8 f. 6. (1827). 11— 12mm- Europa,
oo. Hfl. unten weiss mit rothbraunen Rippen, grauer, hell¬
braun gefleckter Wurzel und grauem Innenrand. Vor
der Mitte zieht eine rothbraune Binde hin, bestehend
aus einem kleinen dunkeln Fleck in Z. lc, einem grossen
gerundeten in der Mitte uud einem rhombischen in Z. 7.
Hinter der Mitte wird eine ungleiche Binde von dop¬
pelten rothbraunen Kappenlinien gebildet mit grauer
oder röthlichweisser Ausfüllung. Am Saum stehen in
der Hesperiinen-Gattungen Pyrgus und Carcharodus.
13
Z. 2, 3 und 6, rothbraune Flecken, in Z. lc zwei
Puncte. Oben haben die Vfl. auch in den Winkel von
Z. 2 einen weissen Fleck ; auf den Hfl. sind alle grauen
Flecken kappenförmig.
32. Caespitalis Boisd. Ann. Soc. ent. Franc. 1852 p. 312.
13mm- Californien.
§§§. Vfl. mit allen typischen Flecken: der in Z. 1 ist ge-
tlieilt und verschoben, wurzelwärts steht in dieser Zelle
und im Winkel von Z. 2 ein länglicher grauer Fleck.
In der Mittelz, stehen 2 weisse Flecken über einander
und darüber ein Strich. Von der unterbrochenen Flecken¬
reihe vor dem Saum ist kaum die Spur, dagegen sind
auf allen Flügeln die weissen Saumpuncte scharf aus¬
geprägt. Die Hfl. haben oben im Wurzelfelde einen
grauen Längsfleck, 5 gleiche auf der Mitte nebenein¬
ander und 5 Puncte saumwärts. Unten sind die Hfl.
bräunlichweiss mit hellbraunen Rippen, in Z. 7 steht
an der Wurzel, in der Mitte und am Saum je ein ge¬
rundeter brauner Fleck, der mittlere ist grau gekernt
und von ihm zieht ein ebensolches Querband bis zu
Rippe lb. Ein braunes zackiges Band zieht vor dem
Saum hin und ist in den Zellen 1, 2, 3 und 6 grau
gefüllt. Die weissen Saumpuncte sind braun einge¬
fasst. Die Oberseite ist im Grunde schwarzgrau, die
Franzen sind hell- und dunkelgrau gescheckt.
33. Veturius PI. 14m,n- ?
b. Hfl. mit eiuer weissen — zuweilen braun oder grau be¬
stäubten — Mittelbinde, welche am Vorderrand beginnt
doch den Innenrand nicht erreicht.
§. Oberseite braun. Leib und Flügelwurzeln grünlich behaart,
Vfl. fast nur mit den typischen weissen Flecken und
denen wurzelwärts in Z. 1 und im Winkel von Z. 2;
der äussere Fleck in Z. 1 ist gespalten, der Saum unge¬
fleckt. HU. mit einer Reihe heller Flecken vor dem
Saum.
o. Die Flecken der Oberseite sind mehr oder weniger
braun bestäubt, die Binde der Hfl. fast gleichmässig
breit. Mittelz, der Vfl. mit weissem Querfleck. Unter¬
seite bräunlichweiss: Vfl. mit 2 Reihen brauner Flecken
gegen den Saum, Hfl. mit 2 abgekürzten hellbraunen,
dunkel gerandeten Querbinden.
34. Notatus Blanchard, Gay Chile VII. p. 45. (1852).
14mm- Chile.
oo. Die Flecken der Oberseite sind scharf ausgeprägt,
hellweiss, die in Z. 2 — 5 rautenförmig, die Binde
der Hfl. ist zerrissen. Mittelz, der Vfl. mit einem
14
Plütz: Analytishe Tabellen
weissen Fleck und einem Querstrich ; am Vorderrande
einige Schrägstriche.
x. Die Binde der Hfl. besteht aus einem grossen weissen
Fleck am Vorderrande, einen schmalen Querfleck in
der Mittelzelle, einen Würfelfleck in Z. 2 und einem
feinen Punct in Z. lc. Vor dem Saum steht eine
gebrochene Reihe von 5 Flecken. Unterseite röth-
lichgrau und olivengrün: Hfl. mit grossem weiss
begrenzten Mittelfleck und einer weissen Kappen¬
linie vor dem rothgrauen Saum.
35. Alaculatus Bremer & Grey, Nd. China 1853 p. 11 n. 47. —
Menetr. Cat. I. t. 5 f. 3. (1855). — Brem. Ost.-
Sibir. 1864 p. 31 n. 138 I5mni- Ching. Gebirge,
xx. Die Binde der Hfl. besteht aus einen schmalen
weissen Fleck am Vorderrande, einen Punct in Z. 6,
einen grossen Fleck in der Mittelzelle und 3 klei¬
nen in Z. 3 — 1, alle sind saumwärts hohl sowie
die Reihe kleiner Flecken vor dem Saum. Im
Wurzelfelde stehen 2 weisse Punkte. Vfl. mit
einigen schwachen grauen Puncten vor dem
Saum und gespaltenem innern Fleck der Z. 1.
Unterseite grau mit braunen Rippen und braun
eingefassten weissen Flecken wie auf der Oberseite.
36 . Ruralis Boisduval, Ann. Soc. ent Franc. 1852 p. 312.
I^min. Californien.
§§. Die Binde der Hfl. beginnt näher dem Vorderwinkel,
der Mittelfleck ist gross und fast gespalten, die Flecken
in Z. 6, 3, 2 und 1 sind klein. Oberseite grau mit
dunkleren Rippen und weissen Flecken, Leib und Flügel¬
wurzeln sind bläulichweiss behaart, die Saumhälfte aller
Flügel ist fast gitterartig gezeichnet. Unten sind die
Hfl. weiss mit 2 unregelmässigen aus grauen braunge-
randeten eckigen Flecken zusammengesetzten Binden,
1 — 2 Punete nächst der Wurzel am Vorderrande und
einer Zackenlinie am Saum.
37. Syriehtus Fabr. Syst. Ent. p. 534 n. 394. (1775). — Latr.
E. M. IX. p. 785 n. 150. (1823).
Orcus Cramer t. 334. L. M. (1782). — Stoll, t. 9 f. 4.
Montivagus Reakirt, Pr. Ac. Nat, Philad. 1866 p. 334 n. 33.
? Oileus L. Syst. Hat. I. 2. p. 795 n. 269 (1767).
16 — 17mm’ Sd. Amerika.
§§§. Die Binde der Hfl. reicht beim Dis in Z. 1. beim ?
bis in Z. 2, ist ziemlich breit und zuweilen dicht braun
bestäubt. Oberseite grau oder braun; Vfl. mit den
typischen Flecken , zuweilen vorherrschend weiss, der
Fleck der Mittelz, ist fast quadratisch und setzt sich
der Hesperiinen-Gattunyen Pyrgus und Carcharvdus.
15
bis an (len Vorderrand fort, auswärts stehen in Z. 4
bis 6 einige weisse Streifen, die typ. Flecken in Z. 1
und 2 sind ziemlich gross, wurzelwärts ist in Z. 1 ein
unbeständiger, im Winkel von Z. 2 ein beständiger
weisser Splitter, vor dem Saum steht nicht immer
eine helle Fleckenreihe, am Saum aber meistens feine
Puncte. Unten sind die Hfl. weiss oder gelblich mit
3 zerrissenen, unregelmässigen, aus quadratischen, grünen
schwarzgerandeten Flecken zusammengesetzten Binden,
einen schwarzen Punct nächst der Wurzel am Vorder¬
rande, einigen kappenförmigen grünen Flecken am
Saum und weissem oder hellgrauem Innenrand.
38. Adjutrix Herr. Sch. i. L. 13 — 14,n ,n * Mexico.
§§§§. Die Binde der Hfl. ist winkelig, vorne und in der
Mitte breit, in Z. 6, 3, 2 und l gleichmässig schmäler.
Alle Flügel sind mit den hellen typischen Flecken und
Nebenflecken vollständig besetzt. Unterseite der Hfl.
sehmutzigweiss, bräunlich-graugrün bezeichnet,
o. Oberseite braun oder schwarzgrau, Leib und Flügel¬
wurzeln hellgrau behaart. Hff. unten vor der Mitte
mit dunkler Binde, welche am Vorderrande schmal, in
Z. 7 stark ausgedehnt, in der Mittelz, wieder schmal
und schräge ist und dort im Winkel zurück geht. Die
zweite Binde ist ebenfalls stark winkelig und meistens
nur einwärts scharf begrenzt. Vor dem Saum stehen
helle Flecken und am Saum meisse Puncte.
x. Die hellen Flecken der Oberseite sind mehr oder
weniger braun bestäubt, besonders auf den Hfl. Der
typ. Fleck in Z. 1 der Vfl. ist gespalten, beide
Theile sind schmal und stehen übereinander. Hfl.
unten au der Wurzel weiss mit braunem Punct in
Z. 7.
39. Valdivianus Philippi, Linn. Ent. XIV. p. 272 n. 12. (1860).
1 5mm- Chile.
xx. Oberseite mit liellweissen Flecken, der in Z. 2 ist
quadratisch und mindestens so gross wie der in
der Mittelz., welcher zuweilen auch einen Strahl
gegen die Wurzel hat. Hfl. unten an der Wurzel
grau.
40. Bellatrix PI. 14 — 15mtn- Buenos Ayres.
oo. Oberseite grünlichgrau, durch die grossen Flecken
aller Flügel erscheint deren Saumhälfte vorherrschend
weiss, die Flecken vor dem Saum sind kappenförmig.
Die Unterseite ist wenig bezeichnet: auf den Hfl.
mit einem Schrägstreif von am Vorderrande bis
zum Winkel von Z. 3, ein schmaler rhombischer Flock
16
Plötz: Analytische Tabellen
in gleicher Richtung steht in Z. lc. Ein schmales
Band das beim Vorderwinkel einen grossen Bogen
einwärts bildet und dann von Z. 5 kappenförmig in
Z. 1° ausläuft zieht vor dem Saum hin und an den¬
selben von Z. 3 zum Hinterwinkel eine Kappenlinie.
41. Americanus Blandi., Gay Chile VII. p. 44 (1852).
15mui- Chile, Brasil.
§§§§§• Die Binde der Hfl. wird nur bis zur Mitte sehr breit
und spitzt sich dann bis in Z. 1 rasch zu. Ober¬
seite schwarzgrau mit grossen weissen, scharfausge¬
prägten, zusammenhängenden typischen Flecken, in
Z. 1 hängt auch der typische Fleck mit dem wurzel-
wärts längs der Rippe 1 zusammen. Die Nebenfiecken
sind klein, an der Wurzel der Hfl. steht ein grauer.
Unten ist der breite Saum der Hfl. und die Wurzel
aller grün, weiss gefleckt.
42. Dion PI. ? 14mm- ?
ß. Vorderflügel ohne Umschlag.
43. Scriptura Boisd. Ann. Socent. Franc. 1852 p. 313.
Californien.
Untergattung Syrichlhiis Bsd.
Vorderflügel ohne Umschlag. Hinterschienen ohne Haarpinsel.
A. Fühlerkolbe hinter der Mitte gebogen und von da zur Spitze verjüngt.
Vfl. beim / statt des Umschlags mit schmalem Hautsaum.
Oberseite grünlichgrau, am Saum mit weissen Flecken und vor
denselben eine geschwungene Reihe nicht grösserer. Der
typische Fleck in Z. 1 der Vfl. ist fast gespalten, die in Z. 4
und 5 fehlen, in der Mittelz, steht ein grosser Fleck und ein
Querstrich. Hfl. oben mit 2 Wurzelflecken, breiter, nicht an
den Vorderrand reichender Mittel binde und kappenförmigen
Flecken vor dem Saum; unten weiss, vor der Mitte mit zu¬
sammenhängenden grünen Flecken, hinter der Mitte mit auswärts
zackiger, in Z. 4X5 sehr verschmälerter grüner Binde und
solcher Kappenlinie vor dem Saum.
44. Poggei Lederer Wiener ent. Mtsschr. 1858 p. 141.
15 — 15mm- Damaskus.
ß. Fichlerkolbe am Ende stumpf abgerundet.
a. Oberseite der Flügel mit weissen und grauen staubigen
Flecken und Puncten, keine weisse Puncte am Saum.
§. Hfl. unten weiss, vor der Mitte mit zusammenhängenden
grünen Flecken, welche einen grossen weissen Fleck
nächst der Wurzel einschliessen, hinter der Mitte mit
breiter, winkeliger, auswärts zackiger grüner Binde und
zuweilen mit ihr verbundenen Flecken in Z. 1, 2, 3, 6
und 7 vor dem Saum. Oben haben alle Flügel vor dem
der Uesperiinen-Gattungen Pyrgus und Carcharodus.
17
Saum eine Reihe weisslicher Staubpuncte, die vordem die
typischen Flecken meistens vollständig, in Z. 1 zwei neben¬
einander, Fleck und Querstrich der Mittclz. sind einwärts
hohl. Hfl. mit weissem Querfleck auf der Mitte und
weissem oder grauem Punct gegen die Wurzel.
45. Plilomidis Herr. Sch. f. 8, 9. (1845). — Freyer t. 621 f. 4.
14inln- Türkei.
§§. Oben haben alle Flügel vor dem Saum eiue Reihe hell¬
grauer Staubpuncte, meistens kleine weisslicbe typische
Flecken nebst den feinen Querstrich in der Mittelz,
o. Hfl. unten olivengrün oder hellbraun mit grossen und
kleinen, meistens gerundeten weisscn Flecken.
46. Orbiftr Hüb. f. 803—806. (1818). — Latr. E. M. IX. p. 782
n. 143. (1823). — Fr. t. 362 f. 1. — etc.
Eucrate Treitschkc X. l.p. 96.(1834). — Fr. t. 621 f. 1. (1854).
Tesselloides Keferstein, — H. S. f. 10, 11. (1845).
12 — 13inm- Europa, Asien.
oo. Hfl. unten zimmtbraun mit grossen und kleinen,
meistens eckigen weissen Flecken. Kurze weisse
Längsfleckchen am Saum lassen diesen sehr tiefge¬
zahnt erscheinen.
47. Sao Berg. Nom. t. 40 f. 8, 9. (1779). — H. f. 471, 472.
(1801). — Latr. E. M. IX. p. 782 n. 144. (1823). — etc.
Sertorius Hoffmannsegg in Illig. Mag. III. p. 203. (1805). —
Hüb. Text. p. 71. Verz. 1816 n. 1177. — Ochsenh. I.
2. p. 211. (1808). — Meig. t. 54 f. 6. (1830). — Kor-
natz. f. 117. (1842). — Fr. t. 361 f. 4.
Eucrate Esper t. 124 f. 6. (1805). — Ochsenh. I. 2. p. 213.
(1808). — Hup. Suppl. I. t. 41 f. 7,8 (1834).
Fritillum Schaff. Icon, t, 169 f. 1, 2. (1767). Element. 94.
9. — Fabr. pt.
Pherapne Ramb, Faun. And. t. 7 f. 4. (1832). — Dup. Suppl.
I. t. 49 f. 9, 10. (1834). — Bsd. Icon. t. 46 f. 6, 7.
(1834). — H. S. f. 16, 17. (1845). — etc.
9 — 12m,n- Europa.
b. Unterseite der Hfl. gelblich weiss mit 2 gebogenen auswärts
gezähnten, orangegelben schwarz eingefassten Querbinden:
die innere beginnt mit einem Fleck wurzelwärts in Z. 7
und ist stark gekrümmt, die äussere ist in Z. 2 tief einge¬
bogen. Ein schwarzer Punct steht nahe an der Wurzel in
der Mittelz, und eine Reihe vor der Saumlinie. Oberseite
schwarz, alle Flügel mit breiter weisser Mittelbinde und
einer Reihe ansehnlicher Fleckcu vor dem Saum. Hie Mittel¬
binde der Vfl. besteht aus dem grossen Fleck der Mittelz,
und denen der Zellen 2 und 1. Saumwärts stehen noch
2 kleinere Flecken in Z. 1 und einer in Z. 3, am Ende
18
Plötz: Analytische Tabellen
der Mittelz, ein Querstrich. Die typischen Flecken in Z. 6
bis 8 sind sehr gross und hängen mit denen in Z. 5 und
4 zusammen. Im Wurzelfelde sind 2 weisse Wische. Die
Binde der Hfl. ist eckig, gekrümmt und in Z. 2 tiefer ein¬
gebogen; nahe der Wurzel steht eiu weisser Fleck.
48. Antonius Stdg. — Speyer Stt. ent. Zeit. 1879 p. 342.
14 — 16mm- Saisan.
c. Unterseite der Hfl. weiss oder gelblich mit 2 grünen, aus
eckigen Flecken zusammengesetzten Querbinden, bei der
iunern ist der Fleck in der Mitteszelle auf der vordem
Hälfte weit schmäler wie auf der hintern. (Es ist derselbe
Habitus wie bei § n. 5, 6, 7 und §§§ n. 38, doch fehlt
im Wurzelfelde in der Mittelzelle auf den Vfl. der weisse
Strahl, auf den Hfl. der Fleck).
§. Yfl. mit weisser auswärts gebogener Mittelbinde, welche
aus dem quadratischen Fleck der Mittelz., den grossen der
Z. 2 und den fast gespaltenen der Z. 1 besteht; ein
kleiner länglicher Fleck steht wurzelwärts im Winkel von
Z. 2 und ein gleicher noch mehr wurzelwärts in Z. 1.
Die andern typischen Flecken sind weniger gross. Vor
dem Saum steht eine unterbrochene Reihe kleiner Flecken
und am Saum Puncte, die in Z. 1 sind doppelt. In Z. 4
und 5 hinter der Mittelz, stehen 2 lange weisse Flecken
und in Z. 6 — 9 zum Vorderrand feine Striche. Längs
der Vorderrandsrippe zieht von nahe der Wurzel eine
feine weisse Linie bis zur Mitte. Die Hfl. haben eben¬
falls eine breite weisse Mittel binde die in Z. 1 mit einen
Punct endet, mit wurzelwärts gerücktem Fleck der Z. 2.
Vor dem Saum steht eine Reihe, zum Theil kappenför¬
miger Flecken, am Saum ansehnliche Puncte. Die Unter¬
seite der Hfl. ist gelblicliweiss mit 2 zackigen oliven¬
grünen, braun geränderten Fleckenbinden; die innere mit
grossem Mittel- und zwei abgerissenen kleinen Seiten¬
flecken. Vor dem Saum in Z. 1, 2, 3 und 6 stehen
kappenförmige Flecken, am Saum schwarze Puncte.
40. Jjycurgus PI. 15min- Mittel America.
§§. Auf den Vfl. stehen rfle Flecken der Zellen 1 und 2
nicht unter den der Mittelz., sondern mehr saumwärts,
der wurzelwärts in Z. 1 ist sehr klein oder fehlt, und
der im Winkel von Z. 2 steht nahe an den der Mittel¬
zelle. Am Ende der Mittelzelle steht oft noch ein weisser
Punct, hinter derselben saumwärts über den typischen
Fleck von Z. 3 stehen 2 oder 3 weisse Längsflecken
denen sich kurze feine Striche bis zum Vorderrand an-
schliessen. Hfl. unten weiss mit 2 grünen Fleckenbin¬
den, einen grünen Fleck nächst der Wurzel am Vorder-
der Hesperiinen-Gattungen Pyrgus i/nd Carcharodus.
19
rando und kappenförmige Flecken am Saum wodurch
mindestens in Z. 3 und 6, weisse Flecken eingeschlossen
werden. Der Fleck in Z. 7 der innern Binde ist qua¬
dratisch. Am Hinterwinkel steht ein grauer Wisch,
o. Vfl. mit schmalem eingeschnürten Mitteldeck und
einer grauen Linie neben der Vorderrandsrippe. Hfl.
unten mit schwarzgeränderteu Binden und einem schwar¬
zen oder grünen Punct in Z. lc nächst der Wurzel. In
der äussern Binde ist der Fleck in Z. 4X5 fast
kappenförmig.
50. Petreius Edw. Tr. Amer. ent. Soc. III p. 125 (1871).
14— 15m,n- Nevada.
oo. Vfl. mit quadratischem Mitteldeck. Hd. unten mit
braungeränderten Binden. In der äussern Binde ist
der Fleck in Z. 4X5 fast spiesseckig, mit den Spitzen
wurzel- und saumwärts gerichtet.
51. Communis Grote, Canad. Entom, IV p. 69. (1872).
Oileus Westu. Humphr. Br. Butt. 1841 p. 38 t. 4 f. 15. —
Morr. Lep. N. Am I p. 121. (1862).
Tessellata Edw., Scudder, Rep. Peabody Acad. 1871.
14 — 15mm- N. America.
d. Hd. unten weiss mit 5 schwarzen oder braunen Kappenlinien :
2 vor und 2 hinter der Mitte — diese bilden 2, zum
Theil grau ausgefüllte Binden, — und eine ununterbrochene
am Saum. Oberseite grau oder braun mit den typischen
und mehr oder weniger weissen, zuweilen braunbestäubten,
Flecken. Hd. mit einer Reihe grösserer Flecken auf der
Mitte und kleinerer vor dem Saum.
§. Am Saum aller Flügel eine Reihe weisser Puncte.
o. Alle Flügel sind im Wurzelfelde unbezeichnet oder nur
mit einem grauen Fleckchen im Winkel von Z. 2 der
Vfl., die unterbrochene Fleckenreilie vor dem Saum ist
schwach oder fehlt. Zuweilen steht am Ende der
Mittelzelle noch ein kleiner weisser Fleck und aus¬
wärts herum stehen kurze feine Striche. Auf
den Hd. sind die weissen Flecken vor dem Saum
kappenförmig, an der Unterseite steht nächst der
Wurzel am Vorderrande ein brauner Punct und in der
äussern Binde in Z. lc und in Z. 4X5 ein schmaler
schwarzer Fleck. Der Innenrand ist grünlichweiss.
52. Tartarus Hüb. Europ. f. 716, 717. (1805).
Oilus Hüb. Verz. 1816 p. 109 n. 1170.
? Oileus Linnö Syst. Nat. p. 795 n. 269. (1767).
15m,n- Rio.
oo. Vti. im Wurzelfelde in der Mittelzelle mit weissem
Strahl, einem Längsstrich am Vorderrande, einen Keil-
20
Plötz: Anatytische Tabellen
fleck im Winkel von Z. 2 und einen in Z 1: letz¬
tere sind zuweilen mit den typischen Flecken dieser
Zellen zusammengeflossen. Ueberhaupt sind die Vfl.
ziemlich dicht mit den weissen, obschon nicht grossen
Flecken besetzt, auch am Ende der Mittelz, befindet
sich noch ein Fleck. Auf den Hfl. steht im Wurzel-
fehle ein weisser Strich, der grosse Mittelfleck ist fast
gespalten, die kappenförmigen Flecken vor dem Saum
sind ansehnlich, nur in Z. 4X5 kleiner, an der
Unterseite sind die Wurzel, der Innenrand und die
beiden Binden hellgrau, die äusseie in Z. lc und in
Z. 4X5 mit dunkeim Längsfleck. In Z. lc und in
Z. 7 ist die Kappenlinie des Saumes besonders stark.
53. Varus PI. 14 — 16mra- Mexico.
§§. Am Saum der Flügel sind auf der Oberseite keine
weisse Puncte, doch vor dem Saum eine Reihe Flecken.
Die Vfl. haben gegen die Wurzel einen Längsfleck in
der Mittelzelle, einen sehr kleinen im Winkel von Z. 2
und einen grossem in Z. 1. Alle Flecken sind ziem¬
lich klein und stehen meistens getrennt. Auf der Unter¬
seite sind die Hfl. ganz weiss, nur die Zackenlinien nebst
den Rippen dunkel.
54. Crisia H. S., Cuba 1865 p. 14. Corresp. XVIII p. 171. (1864).
Dewitz Stt. e. Z. 1877. t. 1 f. 6.
12mm Cuba.
e. Oberseite dunkelgrau. Vfl. etwas gestreckt, mit den typi¬
schen weissen Flecken: der in Z. 1 ist getheilt, der Mittel¬
fleck fast dreieckig, auswärts davon steht eine feine Quer¬
linie, eine ununterbrochene Reihe weisser Puncte zieht vor
dem Saum hin und wurzelwärts stehen in Z. 1 und dem
Winkel von Z. 2 kleine Flecken. Hfl. mit einer Reihe
Flecken durch die Mitte und einer Reihe vor dem Saum,
nur der Mittelfleck ist gross und quadratisch. Unten sind
die Hfl. weiss mit 2 isabellgelben braungerandeten Flecken¬
binden, welche an Rippe 2 durch einen grossen halbmond¬
förmigen Fleck in Z. 1 verbunden sind. Der Saum vom
Vorderwinkel bis Rippe 2, der Innenrand und die Wurzel
sind grau; an der Wurzel stehen in Z. 7 ein Quer-, in der
Mittelz, ein Schrägstrich, vor dem Saum schwarze, gelbge¬
kernte Puncte. Die Fühler sind kurz und dick.
55. Xanthus Weymer i. L. 12,nm- Colorado.
f. Hfl. unten mit Schrägbinden. Oberseite schwarzgrün. Vfl.
mit den typischen Flecken, am Ende der Mittelz, einen
Querstrich oder Fleck und vor dem Saum eine Reihe, zuwei¬
len verloschener Puncte. Hfl. mit Flecken auf der Mitte
und Puncte vor dem Saum.
der llesperiinen- Gattungen Pyrejus und Carcharodus.
21
§. Vfl. in der Mittelz, auch mit hellem Wurzelfleck — im
Ganzen 3 Flecken. — Alle Flecken sind blassgelb. Hfl.
unten gelb, olivengrün oder braun bezeichnet,
o. Vfl. in Z. 1 nahe der Wurzel mit kleinem Längsfleck,
der typische ist sehr ungleich getheilt, der grosse Theil
liegt auf der Mitte, der kleine punctförmig unter den
der Z. 2. Die 3 Flecken der Mittelz, sind bald gross,
bald sehr klein. Die Hfl. haben einen kleinen Wurzel¬
fleck und einen breiten winkelförmigen Mittelfleck der
jedoch zuweilen in Z. 2 zerrissen ist. Unten haben
die Hfl. dunkle, von den hellen Eippen durchschnittene
Flecken, welche mindestens ein schräges Band vom
Vorderrand bis in Z. lc am Saum frei lassen.
56. Spio Linne, Mus. p. 338. (1764). Syst. Nat. I. 2. p. 796 n.
171. (1767). — Fabr. Ent. Syst. III. 1. p. 354. (1793).
— Donovan, Ind. t. 50 f. 5. (1800).
12— 13mm- Congo.
oo. Vfl. in Z. 1 nur mit einem schmalen typischen Fleck
auf der Mitte. Hfl. mit hellem, durch die schwarzen
Eippen getheilten Querfleck auf der Mitte; der Theil
in der Mittelz, ist gross und quadratisch. Unten haben
die Hfl. 2 dunkle Schrägbinden von denen die erste
bei Eippe 2 auswärts eiuen Zahn hat, die zweite dort
winkelig gebrochen ist.
57. Asterodia Trim. Tr. e. Soc. III. 2. p. 178. (1864). Ehop. Afr. p.
291. t. 5 f. 9. 1866). llmm- Sd. Africa.
§§. Vfl. in Z. 1 wurzelwärts mit weissem Punct und einem
halben typischen Fleck unter den der Z. 2. Hfl. mit
einem Wurzelpunct und einem etwas schiefen Querfleck
auf der Mitte, alle weiss. Hfl. unten weiss mit 2 schrägen
welligen dunkeln Binden, welche breiter werdend vom Vor¬
rand bis in Z. lc reichen. Gegen die Wurzel steht noch
ein schmaler, in Z. lc mit der ersteu Binde zusammenhän¬
gender Fleck. Der Baum zwischen der zweiten Binde
und dem Saum, vom Vorderrand bis Eippe 2 ist grün¬
lichgrau, weiss eingefasst.
5ti. Abscovdita Herr. Sch. i. L. 13ram- Africa.
g. Oberseite glänzend schwarz mit kleinen weissen, zum Theil
querstehenden Flecken. Hfl. unten grau mit 3 wellenför¬
migen gekrümmten Querliuien.
56. Sandaater Trimen, Tr. ent. Soc. 1868 p. 92. t. 5 f. 9.
11 11,111 Kaffern.
h. Oberseite schwarzbraun. Vfl. nur mit den typischen weissen
Flecken : der in der Mittelz, ist gespalten der in Z. 1 ist
getheilt und grau, in Z. 5 ein Querstrich. Hfl. mit 5 grauen
Puncten im Bogen hinter der Mitte. Unterseite grau mit
4
22
Plötz: Analytische Tabellen
braunen Rippen: Vfi. mit den weissen Flecken wie oben,
auf der Hinterhälfte braun, Hfl. mit 8 weissen Puncten im
| Kreis und einen in der Mitte.
60. Argina Herr. Sch. i. L. 13mm- Brisbane.
i. Oberseite schwarzgrau mit weissen typischen Flecken; der
in Z. 1 der Yfl. steht dicht an Rippe 1 und ist schmal,
der in der Mittelz, ist gespalten und mit dem hintern Theil
lang gegen die Wurzel gestreckt, über den vordem Theil
steht noch ein weisses Fleckchen. Hfl. mit schmalen Wurzel¬
fleck, 3 oder 4 Flecken in Z. 2 bis 5, gegen den Saum
und einen Längsfleck in Z. 6. Unterseite braungrau, alle
Flügel am Saum mit weissen Puncten, die hintern auch mit
weissen Rippen. Die Yfl. sind fast wie oben gefleckt, die
Hfl. haben einen kurzen Fleck in der Mitte und eine Reihe
von 7 oder 8 im Winkel hinter der Mitte. Die Franzen
sind hell und dunkelgrau gescheckt, unten deutlicher. Fühler
über Jr so laug wie die Yfl.
61. T)anna Moore, Proc. zool. Soc. 1865 p. 508. t. 30 f. 8.
13muJ- Himalaya.
k. Oberseite schwarz. Die Palpen, eine Linie neben den Augen,
der Saum des Halskragens, der Schulterdecken und der
Hinterleibsringe sind orange, ebenso der Afterbusch, eine
Reihe länglicher Flecken vor dem Saum aller Flügel und 2
Flecken auf der Mitte der Hfl. Die Yfl. haben gelbe
typische Flecken, von denen aber die in der Z. 4 und 5
fehlen, in Z. 1 steht auf der Mitte ein schmaler Querfleck.
Unten sind der Yorderrand und ein breiter Saum aller
Flügel orange, die vordem in der Mitte und am Hinter¬
rande schwarz, die hintern in der Mitte lilagrau und orange
mit schwarzen Flecken gegen den orangen Saum und auf
der Mitte, der Innenrand ist schwarz. Die Franzen sind
gelb und braun gescheckt.
62. Mohozutza Wallngr. Caff. 1857 p. 50. — Trim. Rhop. 1866 p.
291. t. 5 f. 9. 14mm* Kaffem.
Yon den zur Gattung Pyrgus gezogenenen Arten sind mir unbe¬
kannt geblieben; aus Asien: Protheon Ramb., Galactites Rarnb., Gigas
Brem., Albistriga Mab., Cashmirensis Moore, Sinensis Butl., Atrax
Butl. Zena Mab. Aus Africa: Chaca Trim., Mafa Trim., Colotis Druce.
Aus Nd. America: Ericetorum Bsd., Oceanus Ed. (Scriptura Bsd).
Aus Mexico: Macaira Reak., Georgina Reak., Telteca Scudd.
Aus Süd America: Alana Reak., Nivea Scudd., Boccharis Hew., Tri-
signatus Mab., Cenchreus Hew , Mata Trim., Limbata Erschoff.
Unbekannten Vaterlandes: Figara Butl.
Wohl mögen einige identisch mit von mir als neu aufgeführten
der Hesperiinen-Gattungen Pyrgus und Carcharodus.
23
Arten sein. — Ueberdem bedarf es bei vielen noch genauer Prü¬
fung da mehrere Arten nur im mangelhaften Zustande, in weiblichen
Exemplaren, oder im Bilde Vorlagen.
Enge an die Gattung Pyrgus schliesst sich:
Die Gattung Carcharodus Hüb.
Allgemeine Kennzeichen wie bei der Gattung Pyrgus.
Oberseite grünlich- oder röthlichgrau, bindenartig schattig, am
Saume meist strahlig, dunkler gefleckt. Vfl. mit meistens schmalen
Glasflecken in Zelle 2, 3, 6, 7, 8 und in der Mittelzelle, beim $
mit einem Umschlag (ob bei allen ?). Mittelschienen ohne Dornborsten.
Hinterscbienen ohne Haarpinsel.
X. Hinterflügel mit deutlich gezähntem Saum.
a. Unterseite der Flügel auch am Saum dunkel gefleckt.
§. Fühlerkolbe am Fnde etwas verjüngt. Hfl. oben auf der
Mitte ohne scharfbegrenzte helle Flecken,
o. Hellbraun mit lilagrauem Anflug, dunkelbraunen Flecken
und Streifen, gegen den Saum längsstrahlig. Die bei¬
den schmalen Glasflecken in Z. 2 und 3 stehen ein¬
wärts scharfwinkelig gegen einander, über den der
Mittelz, stehen 2 kurze Schrägstriche. Hfl. mit Glas-
puncte in Z. 2, 3 und 6.
1. ltadiatus Herr. Sch. i. Lit. 13mm- Texas.
oo. Grünlichgrau mit röthlichem Anflug und braunen Flecken.
2. Alceae Esp. t. 51 f. 3. (1780). — Schäff. Icon. t. 162 f. 7, 8.
— Bös. I. t. 10 f. 1 — 6. — Beaum. I. t. 11 f. 6 — 12.
Malvae Hufn. Berl. Mog. II p. 60 n. 20. (1766) — S. V. —
Latr. E. M. IX. p. 779 n. 136. — H. f. 450, 451.
— etc.
Malvarum Hoffmsg. in Illig. Mag. III. p. 198. (1804). —
Ochsenh. 1. 2. p. 195. (1808). — Meig. t. 54 f. 1.
(1830). — Kornatz. 113.
Mono Shaw. Gen. zool. YI. 1. p. 214 t. 71. (1806).
Australis Zeller, Isis 1847 p. 285.
13 — 15,mn- Europa, Asien, Africa.
§§. Fühlerkolbe lang-eiförmig. Hfl. oben an der Wurzel
mit hellem Punct und 2 oder mehreren scharfbegrenzten
Flecken auf der Mitte. Vfl. unten mit starkem Haar-
flausch. Oberseite grau mit röthlichem Anflug und
schwarzgrauen Flecken.
3. Altheae Hüb. f. 452, 453. (1800). God. k Dup. II. t. 28 f.
5, 6. — Meig. t. 54 f. 4. — Standf. e. Z. 1857 p. 30.
Malvarum Ochsenh. I. 2. p. 197. Yar. (1808).
Marrubi Bamb. Faun. And. 1832 p. 323. Fr. t. 397 f. 2, 3.
— H. S. f. 14, 15. (1845).
4*
24
JPlötz : Analytische T abellcti
Baeticus Ramb. Faun. And. 1832 t. 12 f. 3, 4.
Floccifera Zell. Isis 1847 p. 286.
Gemina Lederer Verh. d. z. b. Gesellscli. in Wien 1852 p. 50.
Dravira Moore Proc e. Soc. 1874 p. 576 t. 67 f. 5.
Altbaea Speyer, Stt. e. Zeit. 1878 p. 179. 1879 p. 493.
13 — l6mm- Europa, Asien.
b. Unterseite der Flügel am Saum lichter. Fühlerkolbe lang¬
eiförmig. Oberseite grünlichgrau, weiss und bräunlich ge¬
fleckt. Hfl. mit weissem Punct gegen die Wurzel, weisser
Fleckenbinde durch die Mitte und einer Reihe kappenför¬
miger Flecken vor dem Saum.
4. Lavatherae Esp. t. 82 f. 4. (1783). — Hüb. f. 454, 455.
(1800). — Meig. t. 54 f. 2. (1830). — etc.
Tages Sulzer, Gesch. t. 19 f. 6, 7. (1776).
Alceae Petagne, Spec. Insect. 1787. — Fabr., Mant. II. p.
90 n. 822 (1787). — etc.
Lavaterae Speyer, Stt. e. Zeit. 1878 p. 179. 1879 p. 493.
16 — I7ram- Europa, Asien.
B. Hinterflügel mit fast glattem Saum. Fühlerkolbe gegen die
Spitze etwas verjüngt. Oberseite grünlich grau, dunkler
gewölkt und gefleckt. Hfl. gegen die Wurzel mit einem
unbeständigen weissen Punct, auf der Mitte einer ungleich¬
breiten, den Vorderrand nicht erreichenden Querbinde und
einer bleichen Kappenlinie — deren hohle Seiten nach innen
gekehrt sind — gegen den Saum. Unten sind die Hfl.
braungrau mit 2 hellen Fleckchen im Wurzelfelde, einer
weisslichen Mittelbinde vom Vorderrande bis in Z. lc,
einen hellen Strahl in Z. 4 gegen den Saum und einen
grossem Fleck in Z. lc beim Hinterwinkel.
5. Klma Trim., Tr. ent. Soc. 1862 p. 288. Rliop. Afr. 1866 p. 291.
t. 5 f. 9. 12 — 14mm- Sd. Africa.
Unbekannt sind mir:
Mazans Reakert, Proc. Acad. Hat. Sei Philad. 1862 p. 335 n. 35,
aus Mexico.
Midea Wik., Entom. V p. 56. (1870). aus Cairo.
Notabilis Strecker, Lep. Rhop. 1877 p. 131, aus Texas, (ob Radia-
tus H. S.?)
Noch ist zu bemerken, dass 3 der aufgezählten Arten auch in
Neu- Vorpommern Vorkommen, es sind
Nr. 13, Alveus Hüb., die Raupe lebt an Kreuzkraut,
Nr. 31, Malvae Linne, die Raupe lebt au Erdbeeren, Gänserich,
Eibisch, etc. und
Nr. 2, Alceae Esper, die Raupe lebt an Käsepappel und Eibisch.
25
Vorläufige Mittheilung
über die
Ergebnisse der anatomischen Untersuchung
eines frischen menschlichen Embryo
mit freier blasenförmiger Allantois
(3,7 mm. Länge)
von
Dr. von Preuschen
a. o. Professor in Greifswald.
Indem ich nachstehende Mittheilung*) über die Ergeb¬
nisse der anatomischen Untersuchung eines jungen mensch¬
lichen Embryo veröffentliche, muss ich zunächst bemerken,
dass eine umfassende und detaillirte Bearbeitung des Gegen¬
standes nachfolgen wird. Bei der grossen Anzahl von Zeich¬
nungen (etwa 40) dürfte sich jedoch die Publication noch
etwas verzögern. Ich hielt es daher für angemessen, die Re¬
sultate schon jetzt kurz mitzutheilen.
Um den Mangel, der durch Fehlen der Zeichnungen
dieser Mittheilung anhaftet, zu mildern, habe ich mich ent¬
schlossen wenigstens die Umrisse des Embryo in Profil und
Bauchansicht anzufügen, muss aber ausdrücklich hervorheben,
dass diese Contourzeichnungen lediglich als Schema zu be¬
trachten sind, und in keiner Weise mit den zu publicirenden
Zeichnungen verwechselt werden dürfen.
Am 6. December 1879 gelangte ich in den Besitz eines
Abortiveies, welches wenige Stunden vorher ausgestossen
worden war. Das Ei rührte von einer 42jährigen Frau her,
die mehrmals normale Geburten überstanden hatte.
Nach ihrer Angabe hatte sie Anfang October zum letzten
Male ihre normale Menstruation, im November war dieselbe
ausgeblieben.
*) Zusammengestellt nach Vorträgen, gehalten im medicinischen
Verein zu Greifswald am 6. März 1880 und 15. Januar 1881, sowie im
naturwissenschaftl. Verein daselbst.
26 von Pr eu sehen : Vorläufige Mittheilung über die Ergebnisse der
Am 4. December stellte sich der erste Blutabgang ein,
2 Tage später wurde unter ganz geringfügiger Blutung das
Ei ausgestossen.
Das Ei maass 3J- cm. in der Länge, 2\ cm. in der Breite,
war theilweise von der Decidua bedeckt und mit frischem
Blut überzogen. — Beim Oeffnen zeigten sich auf der Innen¬
fläche mehrere Wülste. Dieselben rührten von Blutcoagulis
her, die sich auf dem Durchschnitt als mässig frisch erwiesen.
Auf einem dieser Wülste präsentirte sich ein äusserst
zarter Embrvo, der mit seinem Schwanzende an der Innen-
fläche der Eihaut (Chorion) vermittelst eines kurzen Stiels be¬
festigt schien. Da mir das Ei am Abend nach eingetretener
Dunkelheit zuging, musste ich von einer sofortigen genaueren
Untersuchung Abstand nehmen. Ich brachte daher das ganze
Ovulum in verdünnte Müller’ sehe Flüssigkeit (1 : 3).
Am folgendem Morgen wurde bei direktem Sonnenlicht
mit der Loupe und Hartnack Syst. 2 Ocul. 2 die erste Unter¬
suchung vorgenommen. Diese und die folgenden Unter¬
suchungen fänden auf dem hiesigen physiolog. Institute statt.
Dieselben wurden zunächst in Gemeinschaft mit Herrn Pro¬
fessor Landois ausgeführt, dann aber von mir allein fort¬
gesetzt.
Nachdem festgestellt war, dass der Embryo mit seinem
Schwanzende durch einen kurzen bandartigen Streifen an der
Innenfläche der Eihaut befestigt war, wurde, um ihn der
Untersuchung zugänglicher zu machen, die Trennung von
der Eihaut (Chorion) bewirkt. Dieselbe geschah in der
Weise, das ein grösseres Stück Innenfläche des Chorion
(21,50 mm.) exidirt wurde und mit dem Embryo resp. dem
beschriebenen bandartigen Streifen in Verbindung blieb.
Aeussere Gliederung des Embryo.
Zunächst wurde der Embryo von der rechten Seite bei
31,7 facher Vergrösserung gezeichnet. Die Zeichnung wurde
mit dem Hartnack’schen Prisma aufgenommen. Der Embryo
befand sich während dieser Zeit in einem kleinen Gefäss,
welches mit verdünnter Müller ’ scher Flüssigkeit angefüllt war.
Der Körper des Embryo ist nur mässig gekrümmt. Die
anatomischen Untersuchung eines frischen menschlichen Kmhryo etc. 27
Krümmung wird hauptsächlich vom hinteren (Schwanz-) Ende
bewirkt, das hakenartig nach der Bauchseite umgebogen er¬
scheint.
Fast die Hälfte des embryonalen Körpers wird vom Kopf
gebildet, der im Scheitel (Mittelhirn) eine rechtwinklige Bie¬
gung besitzt. Man unterscheidet zunächst das Vorderhirn,
das auffallend gut in der Fläche entwickelt ist. Hieran schliesst
sich das Zwischen- und Mittelhirn. Letzteres stellt die Haupt¬
masse des Hirns dar, während ersteres den Zwischenraum
zwischen Vorder- und Mittelhirn ausfüllt. Das Hinterhirn ist
durch eine seichte Einziehung vom Mittelhirn geschieden. Auf
das Hinterhirn folgt das Nachhirn, das nicht mehr deutlich
von dem übrigen Körper abgesetzt ist. Unter dem Vorder¬
hirn, durch einen tiefen Einschnitt von diesem getrennt, er¬
scheint eine stärkere Hervorragung, welche die Gesammtmasse
der Kiemenbogen darstellt. Die einzelnen Bogen sind jedoch
nicht zu erkennen, da jede Andeutung von Kiemenspalten
fehlt. Hieran schliesst sich eine grössere Auftreibung nach
der ventralen Seite, welche von der erwähnten Kiemenbogen¬
masse durch eine deutliche Furche getrennt wird. Oben ist
diese Auftreibung zu einem kleinen Tlieil von dem unten
näher zu beschreibenden Amnion umhüllt, der Gipfel und
der nach dem Schwanzende abfallende Theil dagegen frei. Von
der Rückenpartie des Embryo ist dieser Wulst ebenfalls durch
eine breite, seichte Furche geschieden. Die ganze Masse stellt
das Herz dar, welches in Folge der noch wenig ausgesprochenen
Krümmung des Embryo, weit von dem Kopf entfernt er¬
scheint.
Der von dem Herzen durch die erwähnte seichte Furche
abgesetzte Rumpf- resp. Rückentheil des Embryo, welcher 3
bis 4 noch wenig deutlich entwickelte Urwirbelsegmente er¬
kennen lässt, verjüngt sich nach hinten ziemlich rasch und
geht in den Schwanztheil des Embryo über, der die oben
erwähnte, hakenförmige Umbiegung nach vorn zeigt.
Die Nabelblase fehlt-
Von der Spitze des Schwanzendes erhebt sich eine blasen¬
artige Fortsetzung. Dieselbe erstreckt sich zunächst in der
Richtung des Schwanzendes nach oben und vorn, biegt sich
alsdann fast rechtwinklig um und läuft nach einer abermali-
28 von Pr eu sehen: V orläujige Mittheilung über die Ergebnisse der
gen Umbiegung in einer deutlichen abgestumpften Spitze aus.
Der Ursprung dieser blasenartigen Dortsetzung des Schwanz¬
endes ist von dieser Seite des Embryo nicht deutlich zu er¬
kennen, da derselbe von dem oben beschriebenen bandartigen
Velum, weiches den Embryo mit dem Chorion verbindet,
überlagert wird.
Die blasenartige Fortsetzung des Schwanzendes deute ich
als Allantois.
Auf der linken Seite lässt sich die beschriebene Gliede¬
rung des Rumpfes ebenfalls gut erkennen. Namentlich tritt
von dieser Seite aber deutlich das Yerhältniss der Allantois-
blase zum freien Schwanzende des Embryo hervor. Man
übersieht hier (Fig. b.) zunächst die hakenartige Umbie¬
gung des Schwanzes, wodurch einige Querfalten nach seiner
ventralen Seite entstehen. ■ Auch das Ende des Schwanzes
und der Ansatz der Allantoisblase tritt scharf hervor. Letz¬
tere ist an dieser Stelle etwas verjüngt, nimmt aber sogleich
wieder an Umfang zu.
Fast der ganze Embryo ist umhüllt von dem überall
eng anliegenden Amnion. Nur an dem Vorderhirn und in
der Gegend des Hinterhirns steht es um ein geringes von
dem Embryonalkörper ab. Das Schwanzende wird ebenfalls
bis zum Abgang der Allantois eng vom Amnion eingehüllt.
Die Allantois selbst ist frei.
Ueber das Verhältniss des Amnions zur Nabelöffnung
giebt die ventrale Ansicht Aufschluss. Nachdem Kopf^
Schwanzende und Seitentheile des Körpers und, wie oben
schon bemerkt, ein kleiner Theil des Herzens, umhüllt sind,
bleibt eine in der Längsrichtung 1,44 mm. messende Stelle
Amnion unbedeckt. Die hintere Partie dieser Lücke ist durch
die abgerissene Nabelblase etwas defekt.
Von Extremitäten fehlt jede Andeutung.
Die Maasse sind folgende :
A. Vom Scheitelpunkt der mittleren Kopfkrümmung bis
zur Schwanzkrümmung (zwischen den Perpen¬
dikel) = 3,78 mm.
B. Circumferenz der Rückenlinie vom Scheitelpunkt der
vordem Kopfkrümmung bis zur Schwanzspitze =
5,13 mm.
anatomischen Untersuchung eines frischen menschlichen Embryo etc. 29
C. Von der stärksten Hervorragung des Vorderhirns bis
zur stärksten Erhebung des Mittelhirns = 1,48 mm.
I). Höhe des Vorderhirns 0,72 mm.
E. Breite des Embryo in der Gegend der Kiemenbogen
1,39 mm.
F. Breite des Embryo in der Herzgegend (von der stärk¬
sten Hervorragung des Herzens nach dem gegen¬
überliegenden Punkt der Bückenlinie) = 1,48 mm.
G. Breite der Allantois (unten) 0,49 mm.
H. Breite der Allantois (oben) 0,45 mm.
J. J Circumferenz der Allantois (vom Ansatz am Schwänze
des Embryo bis zur Spitze) = 2,16 mm.
K. Länge der Nabelöffnung in der Längsrichtung des
Embrvo = 1,44 mm.
Weitere Behandlung des Embryo.
Der Embryo wurde, nachdem er 5 Tage in verdünnter
Müller’ sehen Flüssigkeit gelegen, in 72% Alkohol gebracht
und hierin etwa 8 Wochen belassen. Hierauf in Glvcerinseife
«/
eingebettet und vermittelst des His’schen Mikrotoms in 30
Querschnitte von 0,1 mm. Dicke zerlegt. Die Härtung war
so vorzüglich gelungen, dass nicht ein einziger Schnitt aus¬
fiel. Bei einem Schnitt fand eine Verzählung der Schrauben¬
gänge des Mikrotoms statt, derselbe besitzt die doppelte Dicke
und misst daher 0,2 mm.
Die Differenz von 0,6 mm., welche sich zwischen den
Schnitten und der angegebenen Länge des Embryo ergiebt,
findet ihre Erklärung einestheils in der nicht bestimmbaren
Dicke des ersten und letzten Schnittes, andorntheils und zwar
vorzugsweise in der Zeitdiffprcnz, welche zwischen Messung
und Mikrotomirung besteht. Die Messung wurde an dem fast
frischen Objekt vorgenommen, die Mikrotomirung dagegen,
nachdem der Embryo nahezu 2 Monate in Spiritus gelegen
hatte. Die hierdurch bewirkte Schrumpfung (vermehrte Krüm¬
mung) erklärt die Differenz hinlänglich. Dieselbe dürfte auch
bei dem Vergleich mit anderen bereits bekannten Embryonen
in Betracht zu ziehen sein, welche fast ausnahmslos lange
30 von Pr en sehen: Vorläufige Mittheilung über die Ergebnisse der
Zeit in Spiritus gelegen hatten, bevor die Messung vorgenom¬
men wurde.
Nervensystem.
Schnitte 1 bis 4 zeigen die Querschnitte von Mittel- und
Yorderhirn. Das Mittelhirn lässt in allen Dimensionen eine
stärkere Entwickelung erkennen, dasselbe nimmt in der Rich¬
tung von vorn nach hinten an Breite und Höhe zu. Das
Yorderhirn ebenfalls (von 1 bis 3) in der Längendimension
zunehmend, zeigt im Vergleich zum Mittelhirn auf dem Quer¬
schnitt nur geringe Entwickelung. Dasselbe ist durch eine
deutliche Einschnürung vom Mittelhirn abgegrenzt. Auf
Schnitt 4 etwas an Breite abnehmend, ist es schon auf Schnitt
5 nicht mehr sichtbar. Bemerkens werth ist das gänzliche
Fehlen der Augenanlagen.
Das Zwischenhirn ist in Schnitt 1 enthalten. Das Hinter¬
hirn ist auf den Schnitten 5 bis 8 dargestellt, während auf
Schnitt 9 das Nachhirn beginnt. Dasselbe zeichnet sich vor
dem Hinterhirn durch seine schmälere, seitlich zusammenge¬
drückte Form und seine nach der ventralen Seite ausgezoge¬
nen Spitze aus.
Das Medullarohr beginnt auf Schnitt 11. Dasselbe besitzt
im Allgemeinen eine prismatische Gestalt mit abgestumpften
Seitenwinkeln, auch ist der untere Winkel auf sämmtlichen
Durchschnitten spitzer als der obere, der eine mehr abgerun¬
dete Form zeigt. Abgesehen von gerinfügigen Unterschieden
in den Höhen- und Breitendimensionen im Verlaufe des Me-
dullarohrs ist gegen das Schwanzende eine sehr deutliche
Lendenanschwellung vorhanden. Dieselbe beginnt auf Schnitt
24 und erstreckt sich, abgesehen von einer geringen Ab¬
schwellung auf Schnitt 27, die vielleicht nur in der Schnitt¬
richtung bedingt ist, bis zum Schwanzende.
' Von Sinnesorganen ist nur die Gehörblase angelegt.
Auf Schnitt 10 ist dieselbe im Querschnitt erkennbar. Sie
liegt zu beiden Seiten des Nachhirns, an der Stelle, an welcher
dasselbe die grösste Entwickelung in Längen- und Breiten¬
dimension zeigt. Die Gehörblase ist von bimförmiger Gestalt,
die Spitze nach oben gerichtet, das untere Ende flaschen-
anatomischen Untersuchung eines frischen menschlichen Embryo etc. 31
kürbisähnlich aufgetrieben. Die mediale Wand ist deutlich
von dem Nachhirn getrennt, die laterale erreicht die Ober¬
fläche, ohne jedoch eine Vorbuchtung letzterer zu bewirken.
Von den peripherischen Nervensystem sind Ganglienan¬
lagen vorhanden, die jedoch noch keine Verbindung mit den
Hirntheilen zeigen. Zwei derselben liegen vor, eins hinter
der Gchörblase. Die beiden ersten sind als Ganglienanlagen
des Trigeminus (Schnitt 5 bis 7, theilweise auch noch aut
Schnitt 8) und des Facialis-acusticus (Schnitt 9) zu deuten,
während die dunkelen Zellenhaufen hinter der Gehörblase aut
Schnitt 11 wahrscheinlich als Ganglion des Glossopharyngeus
anzusprechen sind. Eine Andeutung von Vagusganglien ist
nicht erkennbar.
Bückenmarksganglicn sind nicht vorhanden, ebenso fehlt
jede Andeutung des peripherischen Nervensystems.
Chorda dorsalis.
Die Chorda erstreckt sich von der unteren Fläche des
Hinterhirns auf Schnitt 7 bis zum Schwänzende des Embrvo.
« /
Auf Schnitt 27 ist dieselbe dicht über dem Querschnitt des
Darms noch deutlich erkennbar. Der Abstand der Chorda
von dem Medullarohr ist ein sehr geringer, Schwankungen in
der Breite dieses Abstandes kommen nur in sehr gering¬
fügiger Weise vor. Auch vom Darm ist sie deutlich getrennt.
Eine Anschwellung der Chorda am Kopfende ist nicht vorhan¬
den, dieselbe ist im ganzen Verlauf äusserst dünn und zart
und fast auf allen Schnitten von einem deutlichen hellen Hof
umgeben.
Eingeweiderohr.
Das Eingoweiderohr, bereits in seinen Haupttheilen voll¬
ständig angelegt, erstreckt sich von der Basis des Vorder¬
hirns (Schnitt 7) bis zum Schwanzende des Embryo. Der
Abstand des Darmes vom Medullarohr ist nicht überall gleich.
Während der Anfangsdarm bis Schnitt 9 einen ziemlich be¬
trächtlichen Zwischenraum aufweist, findet auf Schnitt 10 fast
eine Berührung zwischen Darm und der Spitze des Nachhirns
statt. Von da ab bis gegen das Schwanzende bleibt die Ent¬
fernung eine mittlere. Auf Schnitt 24 ist wieder eine grössere
32 von Pr eus chen : Vorläufige Mittheilung über die Ergebnisse der
Annäherung beider Organe zu constatiren, dieselbe erhält sich
im ganzen Bereich des Enddarms.
Wir unterscheiden zunächst Kopfdarm , Mitteldarm und
Enddarm. Der Kopfdarm zeigt die grösste Weite. Er erstreckt
sich von der Basis des Vorderhirns bis zum hinteren Ende
des Nachhirns (Schnitt 11). Dieser Abschnitt des Darmes
weist ein sehr beträchtliches Lumen auf. Auf Schnitt 11 be¬
ginnt der Mitteldarm, der längste und gleichzeitig engste Ab¬
schnitt des Darmes. Derselbe verläuft bis Schnitt 24, wo
der Enddarm beginnt. Dieser letztere lässt wiederum eine
bedeutender Lichtung erkennen, er erstreckt sich bis zum
Schwanzende des Embryo (Schnitt 29).
Bevor wir den ersten Abschnitt des Darmes näher be¬
trachten, wird es nothwendig sein, dass wir aufseine Begren¬
zung, auf die bereits erwähnte Gesammtmasse der Kiemen¬
bogen zurückkommen. Wie ich schon oben anführte, sind
die Kiemenbogen in der Hauptsache angelegt, doch finden wir
noch keine Andeutung der Spalten. Offenbar ist das Abster¬
ben des Embryo kurz vor dem Durchbruch dieser Spalten er¬
folgt. Während also bei der äusseren Besichtigung noch
keine Differenzirung, sondern nur die Gesammtmasse sänimt-
licher Kiemenbogen erkennbar ist, lassen die Durchschnitte
schon die Anlagen der einzelnen Bogen durch eine dichtere
Gruppirung der Zellen deutlich erscheinen. So sehen wir
Schrägschnitte des ersten Kiemenbogens auf den Schnitten 5
bis 8. Während auf 5 die beiden dunkeln rundlichen Massen,
welche zu beiden Seiten der ventralen Spitze des Schnittes
erkennbar sind, wahrscheinlich die ersten Andeutungen des
Oberkieferfortsatzes darstellen, erblicken wir auf demselben
Schnitt weiter nach hinten und rechts eine bedeutend dickere,
ebenfalls dunkel gefärbte Zellenmasse, die vermuthlich dem
Unterkieferfortsatz des ersten Bogens angehören dürfte. Dass
diese letztere Zellenmasse weiter zurückliegt, findet seine Er¬
klärung in der schrägen Schnittrichtung. Die Hauptmasse des
ersten Kiemenbogens ist erst auf Schnitt 8 getroffen. Die auf
den folgenden Schnitten 9, 10 und 11 daigestellten Quer¬
schnitte fallen bereits in den Bereich des 2ten und 3ten
Kiemenbogens.
Auf Schnitt 6 und 7 besitzt der Kopfdarm die grösste
anatomischen Untersuchung eines frischen menschlichen Embryo etc. 33
Lichtung. Während auf Schnitt 6 seine Gestalt eine drei¬
zipflige ist, nimmt er auf Schnitt 7 eine mehr runde Form
an und berührt mit seiner seitlichen Begrenzung fast die
Körperoberfläche. Offenbar ist der Schnitt gerade in den Be¬
reich einer Kiemenspalte gefallen, die sich eben zum Durch¬
bruch anschickt. Vor dem Kopfdarm finden wir die primi¬
tive Mundbucht, dieselbe erstreckt sich von Schnitt 5 bis zu
Schnitt 7. Die Mundbucht, durch Einstülpung des Ectoderm
gebildet, ist von der Körperoberfläche noch durch eine zarte
Umrandung getrennt. Mit dem Kopfdarm ist die Mundbucht
noch nicht in Verbindung getreten. Sie wird durch eine
sehr deutliche Membran (Rachenhaut) von demselben geschie¬
den. Diese Rachenhaut ist in ihrer Mitte etwas nach dem
Kopfdarm hin eingestülpt. An dieser Stelle, welche, wie eben¬
falls auf der Abbildung genau ersichtlich, gegen die Seiten¬
partien sehr verdünnt erscheint, bereitet sich offenbar der
Durchbruch vor, wodurch die Communication der in unserem
Embryo noch getrennten Mund- und Rachenhöhle hergestellt
wird.
Schnitt 5 fallt in den Bereich der Decke der Mundbucht.
Auf demselben ist die Bildung der Hypophvsis cerebri deut¬
lich erkennbar. Dieselbe bildet eine Ausstülpung der primi¬
tiven Mundbucht. Anfänglich eng, erweitert sich die Tasche
in ihrem Verlauf nach hinten und oben und bildet am blin¬
den Ende eine doppelte kolbige Auftreibung, welche bis an
die Basis des Vorderhirns reicht. (Schnitt 4).
Der Mitteldarm (12 bis 24) weist viel geringere Lichtung
auf, als der Kopfdarm und ist nicht auf allen Schnitten gleich
deutlich zu erkennen. In seinen mittleren Theil ist derselbe
noch rinnenförmig und steht mit der (abgerissenen) Nabelblase
in weiter Communication. Schnitt 20 giebt über dies Ver-
hältniss zur Nabelblase Aufschluss. Die ziemlich enge Rinne
des Darms erweitert sich nach unten, um direkt in die Wan¬
dungen der Nabelblase überzugehen. Auch die folgenden
Schnitte 21 und 22 lassen die rinnenförmige Beschaffenheit
des Darms erkennen, während sie über sein Verhältniss zur
Nabelblase keinen Aufschluss geben. Die weitere Fortsetzung
des Darmes ist wiederum geschlossen. Auf Schnitt 24 be¬
ginnt der Enddarm. Derselbe besitzt eine halbmondförmige
34 von P reu sehen: Vorläufige Mittheilung über die Ergebnisse der
Lichtung von wechselnder Grösse und endet blind am Schwanz¬
ende des Embryo (Schnitt 28).
Von secundären Bildungen des Darmes sind Lungen,
Leber und Allantois angelegt. Erstere bilden 2 seitliche kis¬
senartige Ausstülpungen des Darmes auf den Schnitten 12
bis 14. Sie sitzen dem Darme breit auf und zeigen im Uebri-
gen eine abgerundete Form. Den ersten Anfängen der Leber
begegnen wir auf Schnitt 15. Dieselbe entwickelt sich auf
den folgenden Schnitten zu einem recht voluminösen Organ,
welches den Darm allseitig umgiebt. Allmählig an Umfang
abnehmend, erstreckt sich dieselbe bis zu der Stelle, wo der
Mitteldarm rinnenförmig wird. Auf Schnitt 19 und 20 ist sie
noch deutlich zu erkennen. Die Allantois, welche sich als
blasenartiges Gebilde frei von dem Schwanzende abhebt, ist
in den Schnitten 22 bis 29 dargestellt. Die Richtung der
Schnitte ist eine derartige, dass zunächst nur kleinere Seg¬
mente der Allantois getroffen (23, 24, 25), die jedoch in ihrer
natürlichen Lage zu dem Querschnitt des Körpers abgebildet
sind. Auf 25 ist die Allantois mit dem Körper im Zusammen¬
hang. Von dem halbmondförmigen Querschnitt des Endarmes
nach unten sieht man ein Stück des Allantoisganges, der nach
einer defekten Partie des Schnittes führt. Der folgende Schnitt
zeigt dieselben Verhältnisse. Die Allantois ist in breiter Ver¬
bindung mit dem Körper, der Uebergang ist seitlich etwas
eingeschnürt, der Enddarm ist dicht unter Chorda und Me-
dullarohr belegen und entsendet auch hier, aus seiner unte¬
ren concaven Wand den Allantoisgang. Auf 27 und 28 ist
der Gang in grösster Ausdehnung sichtbar. Nachdem er eine
Strecke in der embryonalen Körperwand verlaufen, setzt er
sich in die Allantois fort und ist hier bis zur ersten Biegung
derselben sehr deutlich zu erkennen. Die Allantois ist abge¬
sehen vom Allantoisgang solide, so dass dieselbe füglich nicht
als Blase bozeichnet werden kann. Ueber die Abgangsstelle
des Allantoisganges hinaus erscheint der Enddarm noch nicht
entwickelt.
Von dem Höhlensystem des embryonalen Körpers sind
die beiden Rumpf- oder Leibeshöhlen und die Parietal- oder
Herzhöhle entwickelt. Die ersten Andeutungen der Leibes¬
höhle sind auf Schnitt 14 enthalten. Auf den Schnitten 15
anatomischen Untersuchung eines f tischen menschlichen Fmbryos etc. 35
and 16 nimmt dieselbe schon beträchtlich an Dimensionen
zu. Sie begrenzt nach oben beiderseits ein sehr breites lind
kurzes Mesenterium des Darmes, welches von dem übrigen
Gewebe noch wenig differenzirt ist, bildet hierauf die seitliche
Begrenzung der Leber und erstreckt sich alsdann über die
Herzanlage hinaus, so dass das Herz ausser der später zu be¬
schreibenden Parietalhöhle auch theilweise von der Leibes¬
höhle umgeben erscheint. Ob eine Communication der Leibes¬
und Parietalhöhle besteht, lässt sich nicht mit Sicherheit be¬
stimmen. Die grösste Entwickelung zeigt die Leibeshöhle auf
Schnitt 20, sie begrenzt hier in grösster Ausdehnung den
rinnenförmigen Darm. Zu bemerken ist noch, dass in den
oberen Winkeln der Leibeshöhle zu beiden Seiten des Ge¬
kröses sich die ersten Andeutungen der Wolff’ sehen Körper
befinden (vgl. Schnitt 17).
Von dem Gefässvstem ist nur das Herz deutlich ent-
*/
wickelt. Dasselbe stellt einen einfachen, schwach S förmig
gebogenen Schlauch dar, der mit einem kurzen Gekröse ver¬
sehen ist. Die Schnitte 16, 17 und 18 bringen den eigent¬
lichen Herzschlauch zur Anschauung, während die Schnitte
12 bis 15 den Aortenbulbus erkennen lassen. Bei Schnitt 19
ist der Sinus venosus getroffen. Das Herz und der Aorten¬
bulbus sind in der schon erwähnten Parietalhöhle einge¬
schlossen.
Die Lage des Herzens zu den übrigen Organen wird auf
den Schnitten 12 bis 19 ersichtlich.
Altersbestimmung und Vergleich mit anderen bereits
beschriebenen menschlichen Embryonen.
Die gynaecologischen Daten sind für die Altersbestim¬
mung im vorliegenden Falle, obgleich sie ziemlich ausführ¬
lich angegeben werden, nicht zu verwerthen, da offenbar nach
dem Absterben des Embryo die peripheren Eitheile weiter
gewuchert sind. Die Differenz in der Grösse des Embryo’s
und der Ausdehnung des Chorionsackes, sowie die Beschaf¬
fenheit der Eihäute sprechen entschieden für diese Annahme.
Wir sind daher hinsichtlich der Altersbestimmung lediglich
auf den Vergleich mit anderen, bereits beschriebenen Embryo¬
nen angewiesen. Sehen wir von den allerjüngsten, bis jetzt be-
36 von Pr eu sehen: Vor lävjige M’iltheihmg über die Ergebnisse der
kannten menschlichen Eiern, nämlich dem Ei vonReichert^
vön W har ton Jones und dem Ei von Breus, die sämmt-
lich noch in bläschenförmigen Zustand ohne deutliche Embryo¬
anlage beobachtet wurden, ab, so kommen zunächst die bei¬
den Eier von Allen Thoms on und ein Ei von His (SR)
in Betracht. Die beiden Thomson ’schen Eier stimmen in
der Grösse fast liberein. Die Länge des einen Embryo be¬
trug 2,2, die des anderen ebenfalls etwa 2,2 mm. Nach dem
Referat in Kölliker’s Entwicklungsgeschichte lag der
Embryo I unmittelbar auf der Nabelblase, war jedoch mit
seinem vorderen und hinteren Ende schon etwas von dersel¬
ben abgeschnürt. Einen eigentlichen Darm besass der Embryo
nicht, seine Ränder gingen unmittelbar in den Dottersack
über. Das Kopfende war, wie His mittheilt, rundlich ver¬
dickt, zwischen ihm und Nabelblase schien das rudimentäre
Herz zu liegen. In Betreff der Rückenwülste glaubt Thom¬
son, dass die Vereinigung bereits stattgefunden, was jedoch
von His bezweifelt wird. Bei diesen wie dem Folgenden
war der Rücken des Embryo an dem Chorion angeheftet. Bei
Praep. II. sass der Embryo der Nabelblase flach auf. Die
Medullarinne klaffte in grösserer Aussdehnung.
Auch bei Embryo SR (His) war die Medullarinne nicht
geschlossen, ebenso das Herz, das als doppelseitige Halbrinne
angelegt ist. Der His’ sehe Embryo besitzt eine Länge von
2,2 mm.
Wie aus Vorstehendem unzweifelhaft hervorgeht, waren
sowohl die beiden Thomson ’schen Eier, welche auf 12 bis
15 Tage geschätzt werden, wie auch das His’ sehe Ei jünger
als das vorliegende. Es folgen hierauf das bekannte Ei von
Coste, die His* sehen Embryonen M und a, sowie das Ei
Nr. 3 von Allen Thomson.
Der Embryo des zuerst angeführten Eies, dessen Alter
Coste selbst auf 15 bis 18 Tage schätzt, besitzt eine Länge
von 4,4 mm. Das Herz ist deutlich S-förmig gekrümmt, die
Vorkammer und Kammer andeutungsweise von einander ge¬
schieden. Am Kopfe sind Kiemenbogen vorhanden , ebenso
Kiemenspalten, die jedoch noch nicht durchbrochen sind, ferner
ist der Stirnfortsatz entwickelt. An der Nabelblase sind deut¬
lich zwei Arteriaö omphalo - mesaraicao zu erkennen, ebenso-
anatomischen Untersuchung eines frischen menschlichen Embryo etc. 37
sieht man Gebisse an der Allantois, welche auch in die haut-
artige Ausbreitung am Chorion übergehen. Das Amnion um¬
hüllt den Embryo und steht vom Rücken, sowie vom hinte-
ren Leibesende weit ab. Aus allem diesem geht hervor, dass
das C oste’ sehe Ei älter ist, wie das mcinige.
Ebenso verhält es sich mit den His’schen Embryonen
a und M. Ersterer ist 4 mm. lang und besitzt bereits Extre¬
mitätenanlagen , letzterer misst dagegen nur 2,6 mm., hat
jedoch deutliche Kiemenbogen und Spalten, Augen- und Ge¬
hörblase, endlich ist der Zusammenhang der Mundbucht mit
dem Vorderdarm hergestellt und das peripherische Gefässsvstem
entwickelt. Aus allen diesen Angaben, gellt ebenfalls unzwei¬
felhaft hervor, dass auch diese Embryonen älter, als der be¬
schriebene sind. Das geringe Längenmass dürfte sich, wie
oben schon angedeutet, durch die Schrumpfung erklären, die
durch das jahrelange Aufbewahren in Spiritus eingetreten ist.
Der Embryo rangirt daher zwischen den Eiern von Allen
Thomson (No. 1 und 2), His SR einerseits und dem Ei
von Coste andererseits. Da das Alter des ersteren auf 12
bis 14 Tage, das Alter des letzteren auf 15 bis 18 angegeben
wird, so dürfte ich, die Richtigkeit dieser Altersangaben vor¬
ausgesetzt, nicht fehlgehen, wenn ich das Alter meines Embryo
auf 14 bis 16 Tage normire.
Ich widerstehe der Versuchung am Schlüsse dieser Mit¬
theilung das übliche Resume zu geben, kann es aber doch
nicht unterlassen auf die Bedeutung des Befundes in Bezug
auf die Allantoisfrage aufmerksam zu machen.
Es dürfte nach vorliegenden Untersuchungen unzweifel¬
haft sein, dass in diesem Entwickelungsstadium eine freie,
vom äusserston Schwanzende sich abhebende Allantois besteht,
die zwar eine blasenartige Form besitzt, jedoch ursprünglich
solide angelegt erscheint. Hinsichtlich der bandartigen Ver¬
bindung zwischen Embryo und Chorion möchte ich auf die
die Ebner-His'scho Hypothese hinweisen, die durch das ge¬
schilderte Vorhalten eine thatsächliche Stütze erhält.
38
Friedrich Adolph Nobert.
Von
W. Rollmann in Stralsund.
An dem Bodden der die langgestreckte Halbinsel Zingst,
eine Fortsetzung des Darss, vom Festlande trennt, liegt das
kleine Städtchen Barth, bedeutend durch Schiffbau und Rhederei,
bis in der neuesten Zeit der Dampf das Segel immer mehr
verdrängte.
Hier lebte und starb in seinem eigenen an der Haupt¬
strasse gelegenen Häuschen der geschickte Uhrmacher Johann
Friedrich Nobert. Seine Ehefrau Maria Elisabeth, geb.
Teez hatte ihm zwei Kinder geschenkt, Friedrich Adolph
geboren den 17. Januar 1806 und Ferdinand Joachim ge¬
boren den 4. Februar 1811. Der jüngere Sohn studirte Theo¬
logie und starb am 30. October 1879 als Pastor der St. Marien-
Kirche seiner Vaterstadt. Der ältere , Fritz , wählte zu
seinem Berufe das Gewerbe des Vaters, er wurde Uhrmacher.
Sein ruheloser Wissensdrang fand aber an den Arbeiten in der
Werkstatt seines Vaters kein Genüge, er wollte selbst schaffen
und erreichte es auch, über die engen Verhältnisse in denen
er lebte, sich hoch zu erheben.
Nobert ’s Bildungsgang ist bis zu seinem 27. Lebens¬
jahre, abgesehen von dem dürftigen Elementarunterrichte in
seiner Vaterstadt und der technischen Unterweisung in der
Werkstatts eines \raters, der eines Autodidakten. Im Frühling
1833 besuchte der Oberpräsident von Schönberg die Stadt
Barth und es erschien dessen Anwesenheit unserm Nobert
als eine günstige Gelegenheit, seine langgehegten Wünsche zu
erkennen zu geben zur Erweiterung des Kreises seiner Thätig-
W. Roll mann: Friedrich Adolph Nohert.
39
keit und zur weiteren eignen Ausbildung. Die von ihm
erbetene Audienz fand nicht statt, dagegen besuchte der
Ober-Präsident in Begleitung des Landraths von Soden,
stier na den jungen Künstler in seiner Werkstatt und ertheilte
ihm im Laufe der Unterredung den Auftrag: über seine Ver¬
hältnisse, den Stand seiner theoretischen Kenntnisse, ■ sowie
über seine bisherigen praktischen Leistungen Bericht zu er¬
statten.
Dieser Bericht liegt mir vor und es bietet das energische
Streben Nobert’s nach stets höherem Wissen und Können,
wie er selbst cs schildert, ein so hohes Interesse, dass ich
den Haupttheil des Berichtes hier unverkürzt wiedergebe. Im
Eingänge bittet Nobert: die Fehler seiner Schreibart zu ent¬
schuldigen, da sich seine geistige Ausbildung fast ganz auf
Selbstunterricht gründe und er sich fast ausschliesslieh mit
den abstrakten Wissenschaften beschäftigt habe. Seine Dar¬
stellung sei wahrscheinlich einseitig und hart, doch werde der
Deutlichkeit dadurch hoffentlich kein Abbruch geschehen.
Sein bisheriges Leben und Streben schildert er wie folgt:
„Die ersten 14 Jahre meines Lebens boten wenig dar,
mich für das Fach, das ich nach meinem und meiner Eltern
Wunsch als künftigen Beruf wählte, vorzubereiten, denn die
Lehrer an der hiesigen Bürgerschule ertheilten durchaus keinen
Unterricht in den mathematischen und physikalischen Wissen¬
schaften. Gleichwohl wusste mein Vater, der hierselbst Uhr¬
macher ist, den Aeusserungen ausgezeichneter Künstler zu¬
folge, wie wichtig die Kenntniss dieser Wissenschaften in den
höheren Zweigen meines gewählten Berufes sei, allein es bot
sich mir keine Gelegenheit zum Unterrichte dar, bis ich
zufällig bei einem jungen Manne, der indessen selbst nur
wenige elementare Kenntnisse der Mathematik in sich
vereinigte, Unterweisung darin erhielt, die aber auch bald
enden musste. Gleichzeitig begann ich an der praktischen
Ausbildung in meinem Fache zu arbeiten, nachdem ich schon
früher aus eigener Neigung mich zuweilen damit beschäftigt
hatte. Nachdem ich die nöthigen practischen Fertigkeiten er¬
langt, betrat ich einen von den gewöhnlichen ganz abweichen¬
den Weg, indem ich mich nicht etwa mit dem Rcpariren von
Uhren und dergl. beschäftigte, sondern sogleich zu den höhe-
40 W. Rollmann: Friedrich Adolph Nobert.
ren Theilen der Uhrmacherkunst überging, dabei die besten
Werke, welche mein Vater schon früher über sein Fach ange¬
schafft hatte, benutzend.
So ward ich denn gezwungen, über den ungewöhnlich
zusammengesetzten Bau und den Zweck dieser Maschinen
nachzudenken, in einzelnen Fällen selbst Mechanismen zu er¬
finden und diese praktisch auszuführen; Hülfsinstrumente,
um einzelnen Theilen der Uhren eine grössere Vollkommen¬
heit zu geben, anzufertigen und dergl. mehr. Fast alle der
damals angefertigten Gegenstände können auch selbst einer
nachsichtigen Kritik nicht genügen, allein sie -sollten auch nur
als Vorbereitungsmittel dienen. Währenddem suchte ich zu¬
gleich meine wissenschaftlichen Kenntnisse zu erweitern und
um ein gleichmässiges Fortschreiten in den einzelnen Disci-
plinen zu erlangen, ward die dazu bestimmte Zeit regelmässig
eingetheilt. Ich beschäftigte mich jetzt vorzüglich mit der
reinen Elementarmathematik, namentlich wurden nacheinander
Arithmetik, Geometrie und ebene Trigonometrie durchgear¬
beitet. Die Praktik stellte mir aber jetzt mitunter Aufgaben,
deren Lösung allein von der Theorie ausgehen konnte, worüber
aber meine bisherigen Kenntnisse durchaus keine Auskunft
gaben. Ich ward indessen bald inne, dass es sich um die
Kenntniss einer speciellen Wissenschaft, der Mechanik, handle
und damit war auch zugleich der Entschluss gereift, ihr in
gleichem Masse meine Kräfte zu widmen. Unter solchen Um¬
ständen konnte es ferner nicht fehlen, dass ich dem Studium
der Algebra, um eine tiefere Einsicht in die mathematischen
Wissenschaften zu erlangen, besonders meine Aufmerksamkeit
widmete. Im Ganzen war ich jetzt mit der Wissenschaft
schon näher vertraut geworden und bediente mich um Ein¬
seitigkeit zu vermeiden und grössere Vollständigkeit zu er¬
halten, mehrerer und grösserer Lehrbücher bei dem Studium
der einzelnen Wissenschaften. Ich hatte das Vergnügen mit
Hülfe der Theorie manche von der Praktik gestellte Aufgabe
zu lösen und damit beide auf eine Weise zu verbinden, wie
es vielleicht nur demjenigen vergönnt ist, der das Technische
mit der Wissenschaft gleichzeitig erlernt. Zugleich konnte ich
die theoretischen Untersuchungen, welche sich in den grösse¬
ren Werken über mein Fach befinden, zum Theil verstehen
\V. Rollmann : Friedrich Adolph Nohert.
41
und es war damit die Bahn gebrochen, Instrumente anzufer¬
tigen, deren Zweck Anwendung in der Wissenschaft ist.
ln dieser Zeit wagte ich schon mit mehr Glück Uhren
zum Behufe genauer Zeitmessung anzufertigen, obwohl es
mir an den Kenntnissen und Instrumenten fehlte, sie mit der
jetzt nöthigen Genauigkeit zu prüfen. Während ich so fort¬
zuschreiten suchte erlangte ich einige Kenntniss von Ma¬
schinen und Instrumenten, die nicht in das Gebiet der Uhr¬
macherei gehören und es ward die Ueberzeugung immer
mehr in mir befestigt, dass eine ausführliche Kenntniss des
gesammten Maschinenwesens für joden Mechaniker und also
auch für den Uhrmacher von der höchsten Wichtigkeit sei;
denn Maschinen können zu ganz verschiedenen Zwecken ge¬
baut sein, demohngeachtet aber in einzelnen Theilen völlig
mit einander übereinstimmen. So wendet man z. B. das Centri-
fugalpendel zur Regulirung des Ganges der Dampfmaschinen
und auch zur gleichförmigen Bewegung von Fernrohren zu
Beobachtung am Himmel an.
Auf diesem Standpunkte mochten sich etwa meine Kennt¬
nisse befinden, als die Anzeige einer im Jahre 1827 in Berlin
zu veranstaltenden Gewerbeausstellung in der Zeitung erschien.
Ich hatte gerade eine Taschenuhr mit Sekunde und den Ein¬
richtungen um die Wirkungen verschiedener Temperaturen
und Lagen aufzuheben, vollendet und sandte sie zur Aus¬
stellung, wo sie wider Erwarten günstig aufgenommen wurde.
Sie war eine der Erstlinge meiner Arbeiten im Gebiete der
höheren mechanischen Kunst und ich hatte durch sie das
Glück, mit dem berühmten Astronomen Herrn Encke bekannt
zu werden, der später durch öfteren Briefwechsel viel zu
meiner Ausbildung beigetragen hat. Zu gleicher Zeit ward
meine Arbeit von der Prüfungs-Commission der Gewerbeaus¬
stellung ausgezeichnet und nachdem dies durch die öffent¬
lichen Blätter in Neuvorpommern bekannt geworden, schenk¬
ten mir mehrere ausgezeichnete Gelehrte dieser Provinz ihre
Aufmerksamkeit, alles Umstände um meine Ausbildung schnell
zu fördern und meinen Fleiss zu vergrössern. Die persön¬
liche Bekanntschaft mit diesen Männern gab mir theils Ge¬
legenheit die Instrumentensammlungen, welche insbesondere
Greifswald aufzuweisen hat, kennen zu lernen und für diese
42
W. Rollmann: Friedrich Adolph jNohrrt.
selbst mitunter Instrumente auszuführen ; theils ward sie für
mich eine Quelle der Belehrung, indem man mir gern wissen¬
schaftliche Werke aus den Bibliotheken mittheilte, sich auch
meine Kenntniss der mathematischen, physikalischen und
technologischen Litteratur schnell erweiterte.
Ich erkannte jetzt mit Leichtigkeit wo meine Kenntnisse
in Bezug zur höheren Technik noch merkliche Lücken hatten?
es wurden demnach die physikalischen Wissenschaften in
grösserer Ausführlichkeit studirt; dabei indessen den mecha¬
nischen Disciplinen die grösste Aufmerksamkeit gewidmet, so
wie denn überhaupt meine Kenntnisse im Felde der reinen
Mathematik sich hierbei fortwährend mehrten; indem, wenn
ich auf Untersuchungen in den angewandten Wissenschaften
geführt ward, welche grössere Kenntnisse der reinen Mathe¬
matik wie ich sic besass voraussetzten, ich mich dadurch be¬
wogen fühlte zu diesen zurückzukehren ; ein Weg, den wohl
alle Techniker gehen , die sich wissenschaftlich selbst aus¬
bilden.
Unterdessen hatten sich jetzt meine technischen Fertig¬
keiten bei der Ausführung mathematischer und physikalischer
Instrumente mehrseitig ausgebildet. Meine Bekanntschaft mit
diesen, verbunden mit einer vollständigen des gesammten
Maschinenwesens war sehr geeignet, theils die Grundsätze,
welche ich bei der Ausführung genauer Zeitmesser bis jetzt
befolgt hatte, zu berichtigen, theils diese fester zu begründen.
Eine der damals angefertigten Uhren prüfte Herr Professor
Encke in Berlin und ich hatte die Freude zu hören, dass sie
schon bei weitem vollkomm ner sei als die erste, zur Ge¬
werbeausstellung gesandte; allein es traten mir eigenthüm-
liche Schwierigkeiten entgegen, die darin bestanden, dass ich
den Gang der Uhren nicht selbst prüfen konnte. Wäre es
nämlich möglich eine Uhr anzufertigen, deren Gang man als
absolut genau betrachten könnte, so wäre dadurch zugleich
das einfachste Mittel gegeben, andere Uhren zu prüfen. Allein
dies ist keineswegs der Fall, denn selbst die vollkommensten
Pendeluhren, von den ersten Künstlern unserer Zeit ange¬
fertigt, unterliegen noch Fehlern in ihrem Gange und es waren
die meinigen gewiss noch bedeutenden unterworfen. Diese
können nun allein durch astronomische Beobachtungen er-
W. Roll mann : Friedrich Adolph Nohert.
43
erkannt werden , weshalb denn zur genauen Prüfung der
Uhren die Vergleichung einer Normaluhr mit dem Laufe der
Gestirne nöthig ist. Hieraus geht evident hervor, wie höchst
nützlich es für den Künstler ist, selbst astronomische Beob¬
achtungen anstellen zu können; indessen sind zwei Umstände
vorhanden, welche dies bei den mehrsten Derjenigen, die sich
mit der höheren Uhrmacher-Kunst beschäftigen, verhindern.
Erstlich giebt es immer nur wenige und diese wohnen meist
in grossen Städten, wo ihnen der freie Zutritt zur Sternwarte,
um dort mit den Normaluhren Hauptvergleichungen anzu¬
stellen, offenstellt, zweitens aber eifordern die genannten Beob¬
achtungen die theilweise Kenntniss der Astronomie, die Kunst
Beobachtungen anzustellen und den Besitz astronomischer
Instrumente. Für mich blieb indessen in einem kleinen Orte
keine Wahl übrig. Ohnehin hatte ich mich schon früher,
theils wegen ihrer nahen Verwandtschaft mit Mathematik und
Physik, theils wegen der inneren Würde und Schönheit dieser
Wissenschaft, mit Astronomie beschäftigt. Die Instrumente
derselben waren mir wenigstens ihrem wesentlichen Bau nach
bekannt und in der Beobachtungskunst war ich durch den
früheren Umgang mit mathematischen und physikalischen In¬
strumenten nicht mehr der erste Anfänger; allein um die
kostbaren astronomischen Instrumente anzuschaffen waren
meine Geldmittel viel zu gering und ich ward demnach ge¬
zwungen, mich auf die Anfertigung dieser Instrumente selbst
zu legen. Hier zeigte sich jedoch bald, dass, um Fernröhre
zusammenzusetzen und eine innere Einsicht in ihrem Bau
zu erlangen, die optischen Wissenschaften ausführlicher, wie
ich bisher gethan hatte, studirt werden mussten, dass ferner
die Art und Weise wie die astronomischen Instrumente am
angemessendsten zusammengesetzt, eingetheilt und ins Gleich¬
gewicht gestellt werden , eine ganz eigentümliche Kunst
bilde, der ich seit jener Zeit unausgesetzt meinen Fleiss ge¬
widmet habe. Die ersten der damals angefertigten Instrumente
waren natürlich sehr unvollkommen; sie wurden mehr und
mehr verbessert und ich hatte dabei die Freude zu sehen,
wie sehr viel genauer meine Mittel jetzt waren , den Gang
der Uhren zu prüfen. Theils um eine grössere Fertigkeit im
Beobachten, theils um eine mehrseitige Einsicht in die prak-
44
IV. Rollmann: Friedrich Adolph Nohert.
tische Astronomie zu gewinnen und zugleich ein wichtiges
Element der Rechnung, die Polhöhe für meinen Beobachtungs¬
ort, zu bestimmen, beobachtete ich im Sommer und Herbste
1829 an einem zweifüssigen , selbst verfertigten Quadranten
zahlreiche Zenithdistanzen von 10 Fixsternen, deren Deklina¬
tionen, aus Bessels Sternverzeichniss entnommen, aufs strengste
berechnet wurden. Ich schickte das Detail dieser Beobach¬
tungen und Rechnungen an Herrn Professor E n ck e in Berlin
und hatte das Vergnügen von ihm zu hören, dass die Anord¬
nung der Beobachtungen unter den dabei obwaltenden Um¬
ständen zweckmässig und wegen der Uebereinstimmung, die
die Beobachtung der einzelnen Fixsterne ergab, das Resultat
ein schätzenswerthes sei.
Die Verbindung mit diesem Manne ist für mich vom
grössten Werthe geworden, theils durch seinen belehrenden
Briefwechsel, theils durch Mittheilung wissenschaftlicher Werke
und Hinweisung auf Quellen.
Diese Umstände sind denn, verbunden mit dem eigen¬
tümlichen Reize, welchen die Astronomie hat, sehr geeignet
gewesen meine Thätigkeit auf verschiedene Zweige der¬
selben auszudehnen; Instrumente zu verschiedene Zwecken
an derselben für mich, und in einzelnen Fällen auch für An¬
dere, auszuführen, überhaupt aber mich mit dieser Wissen¬
schaft ausführlicher zu beschäftigen, indem sie fast alle
Disciplinen der reinen und angewandten Mathematik als Vor¬
kenntnisse voraussetzt, Kenntnisse, die dem Mechaniker
höchst wichtg sind. So bedarf sie bekanntlich z. B. der reinen
Mathematik, um die wahre Gestalt der krummen Linien im
Raum kennen zu lernen, welche die Planeten scheinbar so
sehr verwickelt am Himmel beschreiben ; der optischen
Wissenschaften, um die Einrichtung der Sehwerkzeuge zu er¬
kennen; der Mechanik, um sowohl den Bau der Instrumente
am zweckmässigsten anzuordnen, als auch den Ort der Himmels¬
körper den Bewegungsgesetzen zufolge zu bestimmen. Diese
Ueberlegungen werden es entschuldigen, wenn ich in den
letztverflossenen Jahren einen grossen Theil meiner Zeit der
Astronomie und der Anfertigung astronomischer Instrumente
gewidmet habe. So führte ich im verflossenen Winter eine
weitläufige Rechnung über die geographische Länge von
W. Roll mann: Friedrich Adolph Nohert.
45
Barth, abgeleitet aus den von mir in den letzten Jahren beob¬
achteten Sternbedeckungen vom Monde, durch und nur vor
wenigen Monaten vollendete ich ein Passage-Instrument von
mittlerer Grösse, um den Gang der Uhren mit einer dem
jetzigen Stande der Astronomie angemessenen Genauigkeit zu
prüfen.
Wenn nun gleich Arbeiten dieser Art meine Bemühun¬
gen im Gebiete meines eigentlichen Faches unterbrachen, so
blieb doch die höhere Uhrmacherkunst fortwährend der Haupt¬
zweig, welchem ich meine Kräfte widmete und zu widmen
gedenke, wobei es keinem Zweifel unterliegt, dass die genaue
Kenntniss astronomischer und physikalischer Instrumente
wesentlich dazu beigetragen hat, mir die Darstellung immer
genauerer Uhren zu ermöglichen. Es wurden im Laufe der
Zeit immer mehr Hülfsinstrumente angefertigt um den ein¬
zelnen Theilen der Zeitmesser die möglichst grösste Voll¬
kommenheit zu geben und dabei noch manche sonst fremd¬
artige technische Fertigkeiten erworben; wie z. B. das Bohren
und Schleifen harter Steine (die deshalb bei genauen Uhren
nöthig sind, damit an den Stellen, wo starke Reibung statt¬
findet, diese letztere möglichst gering werde und auch im
Laufe der Zeit sich gleich bleibe) eine Fertigkeit welche
sich die Künstler in grossen Städten nicht anzueignen nöthig
haben.
Eine wie ich glaube ziemlich vollständige Kenntniss dor
physikalischen und insbesondere der technologischen Literatur
giebt mir zugleich die Mittel, mich über die Fortschritte dieser
Wissenschaften zu belehren. In Bezug auf Uhrmacherkunst
haben indessen nur Frankreich und England in neuerer Zeit
werthvolle Werke aufzuweisen. Leider aber verstehe ich nur
so viel Französisch als nöthig ist um Werke dieser Art zu
lesen, Englisch aber kann ich gar nicht.
Endlich aber bemerke ich noch ausdrücklich, dass es mir
bisher nicht gelungen ist, so ausgezeichnete Uhren anzu¬
fertigen wie es in der neuesten Zeit Breguet zu Paris,
Kessels zu Altona und einige englische Künstler gethan
haben; allein wie schwierig dieser Gegenstand ist beweist der
Umstand, dass ganz Deutschland nur einen Kessels aufzu¬
weisen hat. Man möchte vielleicht hiergegen ein wenden, dass
46
\V. Rot 1 mann. Friedrich Adolph IS ob fr t.
solche Männer nur in ausgezeichneten Werkstätten ausgebildet
werden könnten, allein die neueste Zeit hat noch an drei der
grössten mechanischen Künstler, Fraunhofer, Reicherbach
und Repsold, bewiesen, dass das meistenteils nicht der
Fall ist, denn diese gingen eben so wenig aus einer berühm¬
ten Werkstätte, als aus einer Gewerbe- oder polytechnischen
Schule hervor, vielmehr waren ihre ungewöhnlichen Talente
und ihr seltener Fleiss die Mittel, mit denen sie so grosse
Schwierigkeiten überwanden. Dass sich aber die Genauigkeit
meiner Uhren derjenigen stark nähert, welche Breguet und
Kessels erreichten^ werden auf Verlangen die Lehrer der Navi¬
gationsschule zu Stralsund, die in der letzten Zeit mehrere
meiner Chronometer benutzten, bezeugen.
Hiermit glaube ich den Bericht über meine theoretischen
und praktischen Fähigkeiten beschliessen zu dürfen.
Meine sonstigen Verhältnisse lassen sich kurz zusammen¬
fassen. Mein Vater, der hier seit 30 Jahren Uhrmacher ist,
hat mich bei meinen Bemühungen auf die möglichste Weise
unterstützt. Allein, wenngleich er schuldenfreie Grundstücke
hat, so besitzt er doch keine Kapitalien und ohnehin widmet
sich mein Bruder den gelehrten Studien, so dass ich als billig
denkender Mensch keine weitere Unterstützung vom Vater ver¬
langen darf. Wenn man nun bedenkt, wie kostbar die mathema¬
tische, physikalische und technologische Literatur ist, ferner dass
die, wenn gleich von mir selbst angefertigten Instrumente doch
manche nicht unbedeutende Ausgabe erforderten, so wird es
nicht schwer zu erklären sein, dass, wenngleich ich manche
Summe für die von mir angefertigten Uhren und Instrumente
einnahm, ich doch bei der eingeschränktesten Lebensweise
Nichts zurücklegen konnte.
Was meinen moralischen Charakter betrifft, so glaube ich
in dieser Hinsicht die Hoffnung hegen zu dürfen, dass die
hierüber zu befragende Behörde mir gute Zeugnisse nicht
wird versagen können.
Sodann glaube ich die hohen Behörden der hiesigen Pro¬
vinz, namentlich die königliche Regierung zu Stralsund, so
wie Vorsteher wissenschaftlicher Institute in hiesiger Provinz,
die durch die Ertheilung einzelner Aufträge meinen Eifer be¬
lebten, dankbar erwähnen zu müssen. Jedoch habe ich auch
W. Roll mann: Friedrich Adolph ISlobert.
47
schon die Erfahrung gemacht, wie naehtheilich es wirkt, wenn
man nicht den höchsten Behörden des Staates bekannt ist-
So kam mir im vorigen Herbste von Seiten des wohllöblichen
Curatoriums der Schifffahrtschule zu Stralsund der Antrag zu>
eine astronomische Pendeluhr für diese Schule anzufertigen,
jedoch müsse ein desfallsiger Anschlag erst von Seiten des
hohen Ministeriums genehmigt werden. Die Antwort hieraut
war, dass die Uhr in Berlin angefertigt werden sollte, was
jetzt geschieht, obwohl ich sie für 20U Thaler liefern und
dabei die zweite Hälfte des Preises erst nachdem sie sich be¬
währt ausgezahlt haben wollte. Ein für mich sehr schmerz¬
hafter Fall, da Uhren dieser Art so selten verlangt werden.
Ferner lege ich hier die Zeugnisse einiger Gelehrten, deren
Kenntniss der mathematischen und verwandten Wissenschaf¬
ten anerkannt ist. bei.
Endlich erlaube ich mir noch widerholt die gehorsamste
Bitte zu äussern, dass es den hohen Staatsmännern, denen
ich jetzt mein Schicksal in die Hände lege, gefallen möge,
mir giitigst entweder bedeutendere Arbeiten zur Ausführung
zuzuwenden oder mir eine angemessene Anstellung im Staate
zu ertheilen, die meine Existenz zum Theil sichert und mich
in den Umgang mit Männern bringt, die durch Kenntnisse
und Ideenwechsel Einfluss auf meine fernere Bildung haben.
So wünschen mehrere der Professoren an der Grcifswalder
Universität mich als Mechaniker dort angestellt zu sehen,
indem dort gänzlich ein solcher, der sich sonst bei jeder Uni¬
versität findet, mangelt. Es sind auch von dort Anträge
höheren Ortes schon vor länger als einem Jahre gemacht
worden, allein ohne Erfolg. Vielleicht bedürfte es nur einer
kräftigen Unterstützung um dies zu realisiren. — In der Hoff¬
nung, dass diese Auseinandersetzug meiner Fähigkeiten und
Verhältnisse wenigstens nicht ganz ohne Nutzen für mein
künftiges Schicksal sein werde, verharre ich etc.“
Den Erfolg dieser Selbstbiographie Nobert’s lernen wir
aus einem Schreiben des Geheimen Rathes Beuth an den
Oberpräsidenten von Schönberg, das ich unverkürzt hersetze,
kennen.
(Abschrift).
Mit Ew. Exellenz bin ich vollkommen einverstanden,
48
\V. Rolf mann: Friedrich Adolph Nobert.
dass das Talent des Uhrmachers Nobert in Barth aus¬
gebildet zu werden verdient. Wer ohne Gelegenheit zu
einer höheren Ausbildung und an einem abgelegenen
Orte, wo es an jeder Gelegenheit fehlt, sich mit den
Fortschritten seiner Kunst und seines Gewerbes bekannt
zu machen, lebte und so viel leistete wie er, der ver¬
dient Anerkennung, wenn seine Leistungen auch nicht
allen Forderungen heutiger Zeit entsprechen.
Meinerseits kann ich für ihn nur etwas durch das
Gewerbe-Institut thun. Die Benutzung des Unterrichts,
der Bibliothek (insofern er mit dem Englischen und
Französischen vertraut ist). Die Gelegenheit, welche ihm
die Werksttat giebt, sich selbst mit guten Vorrichtungen
für seine eigne Werkstatt zu versehen, der Umgang mit
dem Herrn Professor Encke, die Kenntniss unserer
Instrumente, dürften ihm wünschenswerth sein. — Ich
würde den Nobert, wenn er sich bewährt, auch gern
durch Anschaffung von Werkzeugen für einen tüchtigen
Gewerbsbetrieb unterstützen und später , wenn er die
erforderlichen Sprachkenntnisse besitzt, reisen lassen.
Will der Nobert hierauf eingehen, so kann er mit
einem Stipendio von 300 Thlr. am 1. October d. J., wo
der Lehrgang pro 1833 34 beginnt, eintreten und wer¬
den ihm die Reisekosten mit ,, Sechszehn Thalern“
hier vergütet werden.
Berlin, den 20sten September 1833.
(gez.) Beuth.
An
den Königl. wirklichen Geheimen
Rath und Oberpräsidenten
Herrn von Schön borg
Excellenz
zu
Stettin.
N. 11460. Citissime.
Nobert nahm', obgleich die Stellung eines Schülers
seinen Wünschen nicht entsprach, das Anerbieten an und
reiste nach Berlin, wo er am 1. Octobcr anlangte. Während
\V. Holl mann: Friedrich Adolph Nolxrt.
49
seines einjährigen Aufenthaltes daselbst führte er ein Tage¬
buch, das mir vorliegt. Den grössten Theil desselben füllen
Beschreibungen von Apparaten und Maschinen, die ihm im
Gewerbe-Institut, auf der Sternwarte und bei Mechanikern
vor Augen kommen.
Auch über die Bearbeitung von Glas und Metall auf der
Drehbank und anderen Maschinen finden sich vielfache Notizen.
Die gehörten Vorlesungen, von denen er Schubert’s Physik
und Brix’s Mechanik speciell ausarbeitete, erfahren öfter die
Kritik als „sehr belehrend“.
Es sei mir gestattet an der Hand des Tagebuches Noberts
Wege während der ersten Tage seines Berliner Aufenthaltes
zu verfolgen.
Am Morgen des 2. October stellte er sich im Gewerbe¬
institute dem Geheimen Rath Reuth vor, der ihm erklärte,
er solle in Ausübung seiner Thätigkeit, wie in der Wahl
seiner Studien durchaus frei sein, den Vormittag jedes Tages
habe er zu seiner Disposition und könne dann in der Werk¬
statt des Instituts Instrumente anfertigen zu eigenem künftigen
Gebrauch. Beuth führte dann den jungen Mann durch die
Säle des Instituts und gab ihm einen Ueberbliek über die dort
aufgestellten Maschinen und Instrumente.
Am 3. October machte N. seinen ersten Besuch beim
Professor Encke, in welchem er einen „anspruchslosen, wohl¬
wollenden Mann“ findet. Die Einladung zur Wiederholung
des Besuches behufs Besichtigung der Instrumente und An¬
stellung von Beobachtungen am Passage-Instrument hatNobert
fleissig benutzt und weiss jedesmal von dem Gewinne zu
erzählen, den ein Besuch der Sternwarte ihm eintrug.
Am 4. October fand die Aufnahme-Prüfung der Zöglinge
im Institut statt. Nobert's Prüfung beschränkte sich indess
auf eine Unterredung mit dem Baumeister Brix.
Am 5. October lernte Nobert im Institute den jungen
Mechaniker Th. Bau mann kennen, den ihm Beuth besonders
empfohlen hatte. Aus der Bekanntschaft erwuchs bald eine
innige Freundschaft. Baumann lebt noch heute in Berlin
als Rechnungsrath und Mitglied der Normal-Eichhungs-Com-
mission.
Nachmittags, Besuch bei Pi stör, wo verschiedene Chrono-
50
]V. Roll mann: Friedrich Adolph Nobert.
meter, eine Pendeluhr und Theilmaschine ihn auf das Leb¬
hafteste interessiren.
Am Sonntag, den 6. October: Besuch bei Bau mann.
Die ,, höchst belehrende“ Unterhaltung bezieht sich auf eine
von Nobert anzufertigende Theilmaschine und auf Theilungs-
methoden. Hier ist er also schon bei ,dem Gegenstände der
die Hauptarbeit seines Lebens werden sollte.
Am Vormittage des 7. October: Besuch auf der Stern¬
warte, wo das Passage-Instrument und die Uhren sein ganzes
Interesse in Anspruch nehmen. Am Nachmittage beginnen
die Vorlesungen im Institute und Nobert erfährt zu seiner
Freude, dass seine wissenschaftlichen Studien durchaus frei
sein werden.
Am 9. October findet sich nach Verzeichnung der Tages¬
arbeit die Notiz: „Später schrieb ich an S. in B. und war bis
/2 2 auf“. Dieses S. enthüllt sich 10 Tage später als eine
junge Dame, denn unterm 20. heisst es: „Ein für mich höchst
merkwürdiger Tag, denn ich empfing am Vormittage die
Antwort von M. S. (Mathilde Saag). Sie schreibt mir in
einem Briefe voll Gefühl ihr „Ja“ und ihr Vater seine Ein¬
willigung zu unserer Verbindung. Ich fühle mich ungemein
glücklich, selbst unter wildfremden Menschen. Der Zielpunkt
meines Lebens steht jetzt fest und ich werde mit doppelter
Kraft streben.“
Nach dem Tagebuche ist von jetzt ab fast regelmässig
der Vormittag der Arbeit in der Werkstatt und zwar speciell
der Anfertigung einer Kreistheilmaschine gewidmet. Der
Nachmittag gehört den Vorlesungen und der Abend dem
Studium, sowie den Beobachtungen auf der Sternwarte.
Mit dem 7. August 1834 schliesst das Tagebuch, Nobert
kehrte nach Barth zurück , wo er bis zum Frühling des fol¬
genden Jahres blieb um dann als Universitätsmechaniker nach
Greifswald überzusiedeln. Für die Universität scheint Nobert
indess kaum gearbeitet zu haben, denn es findet sich meines
Wissens im physikalischen Institut zu Greifswald kein von
N. angefertigter Apparat aus der Zeit seines dortigen Auf¬
enthaltes.
Im Sommer desselben Jahres verheirathete sich Nobert
und ich darf wohl hier schon anticipirend mittheilen, dass
\V. Rollmann: Friedrich Adolph Nobert.
51
seine Frau ihm das Glück seines Lebens wurde, haupthächlich
dadurch, dass sie an seinen Arbeiten und Bestrebungen regen,
eingehenden Antheil nahm. Es war das für den Mann eine
Lebensfrage, da er niemals mit Anderen zusammen gear¬
beitet hat.
Mochte nun auch dem jungen Mechaniker von Seiten
der Gelehrten Greifswalds Anfangs nur wenig Arbeit gebracht
werden, er wusste sie sich selbst zu verschaffen. Schu¬
mache r’s astronomische Nachrichten brachten in der 30er und
40er Jahren mehrere Abhandlungen von ihm, die seine rege
wissenschaftliche Thätigkeit bezeugen. Er schrieb: „Ueber
den Grund der Beständigkeit des täglichen Ganges eines von
ihm angefertigten Pendels.“ „Ueber eine eigenthümliche Ein¬
richtung beim Fadenkreuz eines Passage-Instrumentes.“ Ferner
lieferte er mehrfach astronomische Beobachtungen.
Der Schwerpunkt seiner Arbeiten lag indess für spätere
brillante Leistungen in der Vervollkommnung seiner Kreis-
theilmaschine. Im Wesentlichen besteht solche Maschine aus
einer feststehenden horizontalen Kreisscheibe aus Metall, welche
in der Mitte ein sich nach oben konisch erweiterndes Loch
hat. ln diesem^ Loche ruht drehbar die Achse einer zweiten
Scheibe, welche auf ihrem Rande eine sehr genaue Kreis-
theilung trägt.
Die feststehende Scheibe trägt an ihrem Rande zwei oder
mehrere Mikroskope, in deren Fokus die Theilung der dreh¬
baren Scheibe liegt. Auf die nach oben vorstehende Achse
der drehbaren Scheibe wird nun der zu theilende Kreis gelegt,
der also beim Drehen derselben mitgeführt wird. Nach jedes¬
maliger Drehung um einen bestimmten Bogen, der durch die
Mikroskope gemessen wird, zieht dann ein Reisserwerk auf
der zu theilenden Scheibe einen radialen Theilstrich. Die
Maschine wurde benutzt zur Theilung von Sextanten und
anderen mathematischen Instrumenten. Nobert behauptet, dass
die Einstellung seiner Maschine bis auf 0,1" im Bogen
sicher sei.
Neben der Kreistheilung beschäftigte sich Nobert auch
mit Längstheilungen. Er fertigte mehrere Maschinen zu diesem
Zwecke an und gab bei der einen der Mutter der Mikrometer¬
schraube eine eigenthümliche neue Einrichtung, indem er sie
52
W. Hol Im an n : Friedrich Adolph NoLert.
in zwei Hälften zerschnitt und in eine kardanische Aufhän¬
gung brachte, um den Fehler der ungleichen Neigungswinkel
der Schraubengänge zu compensiren. Poggendorff’s Annalen
der Physik enthalten im Jahrgange 1844 die genaue Beschrei¬
bung dieser Theilmaschine.
N obert muss aber mit dem erlangten Resultate, in Bezug
auf die Feinheit der Theilung doch nicht zufrieden gewesen
sein, denn schon im folgenden Jahre enthalten die Verhand¬
lungen des Vereins „Zur Beförderung des Gewerbfleisses in
Preussen“ eine neue Abhandlung und zwar über seine Kreis-
theilmaschine und über ein höchst sinnreiches Verfahren mit
dieser Maschine, die sonst nur radiale, also nach einem Punkte
convergirende Linien liefert, auch parallele Linien zu ziehen.
Gleichzeitig übersandte er dem genannten Vereine ein auf
einem Glasplättchen gezogenes Mikrometer, welches auf den
Raum einer halben Linie 500 feine Striche zeigte, also die
Linie ln 1000 gleiche Theile theilte.
Der Berichterstatter über Noberts Arbeit, Oertling,
war überrascht durch die Sauberkeit, mit welcher sich die
fünfhundert Linien in einem „sehr schönen Schiek’schen
achromatischen Mikroscopeu bei 260 maliger Vergrösserung
zeigten. Er meinte aber ein Mikrometer mit Theilung in
3 /200 Linien sei genügend und hatte mit Rücksicht aul die
damaligen Mikroscope auch Recht. Uebrigens suchte sich N.
bald selbst neue Verwendungen für seine feinen Theilungen.
Was nun die Methode betrifft, die er benutzte um mittelst,
der Kreistheilmaschine parallele Linien zu ziehen, so will ich
sie kurz andeuten.
Die Sicherheit der Einstellung seiner Theilmaschine giebt
N., wie schon gesagt, zu 0,1" im Bogen an, das macht als
Linie auf der Peripherie der Theilscheibe gemessen \.>ö00y
pariser Linie.
N’s. Theilscheibe hatte einen Durchmesser von 13 Zoll.
Bei Drehung um 0.1" legte also ein Punkt der Peripherie
1/2S0GÜ Linien zurück, folglich musste ein Punkt der Scheibe,
der vom Centrum nur 1 Zoll abstand bei derselben Drehung
sich um 1/18200ü Linien fortbewegen. N. verband nun mit der
Achse der Theilscheibe einen Daumen, der in ein Zoll Ent¬
fernung vom Centrum auf einen in tangentialer Richtung leicht
W. Rollmann : Friedrich Adolph Nohert.
53
beweglichen Schlitten wirkte. Auf dem Schlitten lag die zu
theilende Glasscheibe. Da die ganze Mikrometertheilung
höchstens die Breite einer halben Linie hat, so kann man für
die zu dieser Breito nöthige Drehung statt der Bogen die
Sehnen setzen, welche innerhalb eines Grades den Winkeln
so gut wie vollkommen proportional sind.
Es ist diese Notiz in einer technischen Zeitschrift wohl
den Naturforschern wenig bekannt geworden, weshalb später,
als N’s. Theilungen sich ihren Weg durch die ganze wissen¬
schaftliche Welt suchten, die verschiedensten nicht zutreffenden
Vermuthungen über N.’s Theilungsmethoden aufgostcllt wur¬
den. Er selbst mochte später auch ein Geheimniss aus der
Sache. Ich bin wohl der erste, der die richtige Erklärung
nach N.’s Tode aus der Vergessenheit herausfand.
Die Linien der Theilung zog N. mit dem Diamanten.
Kein anderes Material hat die Wiederstandskraft um bei
hunderten von Linien auch die letzten mit derselben Schärfe
zu ziehen wie die erste. Auch nicht alle Diamanten haben
sie. N. führte Buch über seine numerirten Sternchen und ein
recht unveränderliches Exemplar stand hoch im Werthe.
Die kleinen Krystalle mit ihren natürlichen Flächen wie
sie der Glaser gebraucht, sind für die Theilungen nicht ver¬
wendbar, weil sie die Oberfläche des Glases spalten. Auch
die Diamantsplitter taugen nicht dazu, denn ihre unregel¬
mässigen Spitzen ziehen in der Regel eine ganze Schaar von
Linien statt einer einzigen. An die Splitter mussten also
unter Winkeln von etwa 60° Facetten geschliffen werden, um
eine reine feine Spitze zu erhalten. N. führte dies mühsame
Schleifen selbst aus, wie überhaupt jede andere Arbeit. Um
mit derselben Diamantspitze Linien verschiedener Tiefe zu
schneiden, wurde die Spitze mit verschiedenen Gewichten
belastet , wobei es sich indess nur um Bruchtheile eines
Grammes handelte.
In der ersten Zeit bewegte er das Reisserwerk mit der
Hand; als er später fürchtete die nöthige Sicherheit zu ver¬
lieren, vertraute er, wie er sich ausdrückte, der Schwerkraft
diese Arbeit an.
Schon ein Jahr nach Uebersendung seines oben genannten
Mikrometers kündigte er 1846 in „Pogg. Ann.u in einem
6
54
\V. Roll mann: Friedrich Adolph Al ober t.
Aufsatze : „lieber die Prüfung und Vollkommenheit unserer
jetzigen Mikroskope“ Theilungen an, die alles bis dahin Ge¬
leistete weit hinter sich Hessen.
Zur Vergleichung der Mikroskope wandte man in jener
Zeit als Probeobjekte hauptsächlich Schuppen von Insekten,
namentlich von Schmetterlingen an. Dieselben zeigen nämlich
vielfach die zartesten Längs- oder Querstreifen an denen sich
die Kraft des Mikroskopes prüfen Hess. „Indessen, sagt N.,
überzeugt man sich bald, dass nicht blos an verschiedenen,
sondern eben so sehr an ein und demselben Individuum
Schuppen Vorkommen, bei welchen der Abstand dieser Linien
höchst ungleich ausfällt“. Es ist also einleuchtend, dass diese
Probeobjekte keinen sichern Anhalt für die Prüfung geben.
Keben den Insektenschuppen wurden und werden noch als
Testobjekte gebraucht die Kieselschalen von Diatomeen (ein¬
zellige Algen), deren feine Schraffirung oft nur mit den besten
Instrumenten zu sehen ist.
Diese natürlichen Probeobjekte ersetzte nun N. durch
künstliche. Er zog auf einer Glasplatte Gruppen von Linien
so eng und fein, dass die Mikroskope ihre Kraft daran prüfen
konnten.
Die ersten Probeplatten, welche N. 1846 lieferte, trugen
auf ihrer Mitte, in einer Breitenausdehnung von etwa einer
Viertellinie zehn verschiedene Gruppen von parallelen Linien,
beginnend in der ersten Gruppe mit einem Abstande
von ljlm“\ endend in der zehnten mit einem Abstande von
Vuoo"'- Die Abstände der Linien in den 8 anderen Gruppen
lagen zwischen diesen Grössen als Glieder einer geometrischen
Reihe. Die einzelnen Gruppen sind durch grössere Zwischen¬
räume getrennt.
Dieser ältesten Form der Probeplatten folgten bald, wie
es die rasch fortschreitende Verbesserung der Mikroskope
forderte, andere mit feineren Theilungen von 15, 20, 30 und
zuletzt von 19 Gruppen. Die Linien sind immer in den
letzten Gruppen nicht bloss am meisten genähert, sondern
auch am feinsten gezogen. Ich erlaube mir als competentes
Urtheil über die 1 9 gruppige Tastplatte das von Max Schultze
herzu setzen.
„Die neue Form der Probeplatten haben 19 Liniengruppen
von l/l000 bis zu Vioooo'" Abstand und schreiten in ihrer
W. Rollmann: Friedrich Adolph Nobert.
55
Theilung wie folgt fort: 1. Gr. = Viooo'
3. Gr. = 7200(/" u- s. w., 18. Gr.
i/ ***
'9500 1
2. Gr. = Vjöoo*
19. Gr, = Viooqo"
tu
J/ bis
Die älteren Platten mit 30 Gruppen reichten von Viooo
Vsooo'", ihre Unterschiede waren also geringer. Der V ortheil,
welchen dieser Umstand bieten musste wird aber mehr als
aufgewogen 1) durch die feinere Theilung in den letzten
Gruppen der neuen Platten, 2) durch die Bequemlichkeit der
Bestimmung des Abstandes der Linien von einander nach dem
neuen System, 3) dadurch, dass bei der neuen Theilung wegen
des grossen Unterschiedes in der Entfernung der Linien zu¬
nächst benachbarter Gruppen eine Meinungsverschiedenheit
über die Auflösbarkeit einer oder der anderen Gruppe mittelst
eines bestimmten Systems nicht so leicht Vorkommen kann.
Allerdings wird unter Umständen, wenn es sich nämlich um
die Bestimmung sehr geringer Verschiedenheiten zwischen
zwei Linsen Systemen handelt, die ältere in 30 Gruppen getheilte
Platte neben der neueren mit Vortheil in Anwendung gezogen
werden können.“
„Die 3 mir vorliegenden Platten sind nach N.’s Angabe
mit drei verschiedenen Diamanten geschnitten. Mit Ausnahme
der drei ersten Linien auf einigen Platten sind die übrigen
untadelhaft gleichmässig gezogen und, was von höchster Be¬
deutung und fast unbegreiflich erscheint, in allen drei Platten
so übereinstimmend in der Schärfe, dass bei Vergleichung
derselben mittelst eines und desselben starken Systems ein
Unterschied in der Deutlichkeit jedenfalls nirgends so auf¬
fallend hervortritt, dass nicht in allen drei Exemplaren bei
gleicher Beleuchtung auch dieselbe Gruppe als die Grenze
der Leistungsfähigkeit des angewandten Systems erscheint.“
„Diese Grenze lässt sich bei gradem, centrischen Lichte
und Anwendung einer engen Blendung, also unter Umständen
wie man mit starken Vergrösserungen zu arbeiten pflegt, mit
grosser Schärfe bestimmen und giebt ein vortreffliches Mass
für die Leistungsfähigkeit eines Systems überhaupt, nicht nur
etwa, wie man hin und wieder wohl behaupten hört, nur für
trockne Objekte, wie z. B. Diatomeenschalen, sondern für jede
Art zartester Strukturverhältnisse, auch feuchter Elementar¬
theile thierischer oder pflanzlicher Gewebe. Schwieriger und
jedenfalls weniger interessant ist der Vergleich verschiedener
6*
56
W. Rollmann : Friedrich Adolph Nobert.
Systeme in ihrer Leistungsfähigkeit bei schiefer Beleuchtung
welche natürlich stets die Auflösung einiger höherer Gruppen
ermöglicht als die centrische. Ich pflöge daher, zumal da die
schiefe Beleuchtung bei Untersuchung feuchter Objecte nur in
äusserst seltenen Fällen Nutzen bringt die Prüfung auch mit
den Nobertschen Testplatten nur mit centrischem Lichte vor¬
zunehmen. Für solches aber sind sie ein unvergleichliches
Probeobjekt, dem man nur eine möglichste Vorbereitung
wünschen kann.u
„Von den neuen N oberUschen Tastplatten löste bei gutem
Tageslichte, bei centrischer Beleuchtung und enger Blendung:
Hartn ack ’s Inmersionssystem N. 10 . . . die 9. Gruppe
Merz Vs*
Nobert
Amici .
u. s. w.u
„Bei schiefem Lichte bin ich mit dem besten System
bis zur 15. Gruppe gekommen.“
So weit Max Schultze.
Im Anfänge der 70er Jahre theilte mir N. mit, man
wolle in Nord -Amerika die Linien sämmtlicher 19 Gruppen
gezählt haben und sprach sich ungläubig darüber aus. Es
währte indess nicht lange, so erhielt er von Seiten des Kriegs-
Departements der vereinigten Staaten eine Abhandlung zuge¬
schickt mit der genauen Beschreibung seiner Testplatte, Angabe
der Linienzahl und Schilderung der Beobachtungsmethode für
die feinsten Gruppen. Um die Linien dieser Gruppe sehen
zu können hatte man zur Beleuchtung des Objektes direktes,
achromatisches Sonnenlicht angewandt, erhalten entweder durch
prismatische Zerlegung des Lichtes oder Hindurchleitung des¬
selben durch schwefelsaures Kupferoxid-Ammoniak, welches
fast nur rein blaue Strahlen hindurchlässt. Die Abhandlung
war begleitet von einer Anzahl Mikrophotographien der ein¬
zelnen Gruppen. Ueber den Werth der Testplatten sagt die
vom Assistenz-Arzt Wo odward verfasste Abhandlung: „No-
berts Platte ist besonders empfehlen swerth als Maass für die
unterscheidende Kraft der stärksten Objektivsysteme. Für
diesen Zweck ist sie besser als die so viel verwendeten
Diatomeen“.
W. Rollma nn : Friedrich Adolph Nobert.
57
Neben den Theilungen zu Proboplatten beschäftigte sich
N. auch mit den brillanten Farben, die als Folge der Inter¬
ferenz auftrcten, wenn weisses, d. h. zusammengesetztes Licht
durch ein feines Gitter geht. Er zog mit dom Diamanten auf
einer Glasplatte sieben Liniengruppen. Die Abstände der
Linien verhalten sich in den aufeinander folgenden Gruppen,
wie die Wellenlängen der farbigen Lichtstrahlen. Besieht man
nun die Platte im Mikroskop bei schwacher Vergrösserung, so
erscheinen bei richtiger Anordung der Beleuchtung die sieben
Gruppen als ebenso viele Streifen in den Farben des Spek¬
trums. Eine zweite Interferenzspektrumplatte war so einge¬
richtet, dass sie die Bestimmung der Wellenlänge und der
relativen Geschwindigkeit des Lichtes in der Luft und im
Glase gestattete.
Ausser diesen Platten fertigte Nobert auch grosse Inter¬
ferenz-Gitter, d. h. Platten an, welche auf dem Raume eines
Quadratzolles Tausende von zolllangen parallelen Linien
enthalten.
Die Platten dienen dazu Spektra zu entwerfen, die mit
denen der besten Prismen concurriren.
Ang ström hat sogar versucht mit einem sehr feinen
Nobert’schen Gitter die Bewegung der Erde im Welträume
an der Verschiebung der Fraunhofer ’schen Linien nachzu¬
weisen.
Jahrzehnte hindurch war Nobert der einzige, welcher die
beschriebenen feinen Theilungen liefern konnte, erst neuer¬
dings hat er Nachfolger erhalten in Rutherford in N. A. und
Wanschaff in Berlin.
Dass die kleinen Platten mit den mikroskopischen
Strichen theuer sind versteht sich wohl von selbst. Dove
meinte einmal, N. habe das Geheimniss entdeckt Glas in Gold
zu verwandeln.
Neben all diesen Arbeiten N ob ert’s geht nun noch eine
andere gleichbedeutende her, nämlich die Anfertigung von
Mikroscopen. N. war einer der ersten , welcher zusammen¬
gesetzte Objektive anwandte und seine vortrefflichen Instru¬
mente wurden rasch bekannt und gosucht. Im Mai 1846
schreibt er an seinen Bruder : „Ich habe in den letzten Mo¬
naten viel Freude erlebt und es ist die jetzige Zeit vielleicht
58
W. Rollmann: Friedrich Adolph Nobert.
der Glanzpunkt meines Lebens. Ich habe so viele Arbeiten
und Aufträge auf dem Halse, dass ich selbst nicht ein noch
aus weiss. Es sind jetzt 8 grosse und eine Menge kleiner
Mikroscope bei mir bestellt und ich habe geliefert oder noch
zu liefern Arbeiten nach Berlin, Bremen, Breslau, Copenhagen,
Karlsruhe, Tübingen, Stuttgardt, Jena, Göttingen, Königsberg,
Rostock, Wien und in diesem Augenblicke auch nach London.
Moser aus Königsberg hat mir gesagt, dass durch mich eine
neue Epoche in der Verfertigung und Prüfung der Mikroscope
begründet sci.u
N. machte jede Arbeit an seinen Instrumenten selbst, er
hatte, soviel ich weiss, niemals Gehülfen. Es ist daher bei
ihm nicht zu verwundern, dass man Jahre lang auf ein be¬
stelltes Mikroscop warten musste.
Zu Ende der 40er Jahre starb N.’s Vater und er zog nun
nach Barth in das elterliche Haus. Der Schritt war falsch,
denn der Mann, der so schon keinen Umgang suchte, verein¬
samte in Barth gänzlich.
Im Jahre 1854 lernte ich ihn dort kennen und bin seit¬
dem oft mit ihm zusammengetroffen, zuletzt noch im Sommer
vor seinem Tode. Da fand ich ihn ganz vereinsamt, völlig
auf sich selbst angewiesen. Nobert war gegen solche, welche
sein Streben verstanden, die ihm wissenschaftlich gewachsen
waren, stets freundlich und zeigte sich als sehr anregender
Gesellschafter, voll Begeisterung für Freiheit und Recht, voll
Streben nach den höchsten Zielen des Wissens und Könnens.
Ein harter Schlag war für ihn der Verlust seiner Frau,
die, wie er mir oft sagte, voll Verständniss und Theilnahme für
seine Arbeiten war.
Jetzt ruht er seit dem 21. Februar 1881 an ihrer Seite
auf dem Friedhofe von Barth, dessen Bewohner mit ihm
weniger bekannt waren, als die Naturforscher des Erdkreises.
Umrisse des Embryo, ,/z recht* FrcJ 'Han steht, 'b linke
c. B a lieh ons ich t .
filansichi .
Mitteilungen
aus dem
naturwissenschaftlichen Vereine
von
Neu-Vorpommern und Rügen
in
Greifswald.
Redigirt
Vüll
Dr. Th. Marssoii.
Sechszehnter Jahrgang.
BERLIN 1885.
R. Gaertner’s Verlagsbuchhandl u ng
Hermann Heyfelder,
Dessauerstrasse 35.
. } i; .
•• ■
Vereins-Angelegenheiten.
i.
Verzeichniss der Mitglieder.
Andershof:
Anrlani :
Ciilm:
IMe» ilz :
Greifswald:
Herr Di’. Kämmerer, Gutsbesitzer.
Dr. Tramm, Oberlehrer.
y. Oldershausen, Hauptmann.
Graf Krassow, Regierungs-Präsident a. D.
Abel, Buchdruckerei besitzen
Dr. Arndt, Professor.
- Dr. Baier, Professor.
Ballowitz, Rechnungsrath.
- Dr. Baumstark, Professor.
- Belling, Opticus.
- Graf Behr-Behrenhof, Landrath.
- Dr. Bengelsdorf, Sanitätsrath.
- Berger, Rechtsanwalt.
- Biel, Kaufmann.
- Bindewald, Buchhändler.
- Bley, Rendant.
Böckler^ Rentier.
- Berlin, W.
- Braun, Landgerichtsrath.
Dr. Budge, Professor.
- Burghoff, Apotheker.
- Cramer, Rittmeister a. D.
- Dr. Credner, Professor.
- Dr. Eichstcdt, Professor.
- Dr. Freiherr v. Feilitzsch, Professor.
- Dr. Fischer, Professor.
l
VI
Verzeichniss der Mitglieder.
Greifswald: Herr Fischer, Lehrer.
- Fischer, Kaufmann.
- Fismar, Pianoforte-Fabrikant,
v. Fol ler, Oberst a. I).
- Friedrich, Rentier.
- Fröhlich, Baurath.
Gaude, Kaufmann.
Dr. Goeze, Kgl. Garten-Inspector.
Grädener, Senator.
- Dr. Grawitz.
Graul, Rector.
- Dr. Grolle, Professor.
- Dr. Häckermann, Prof, und Kreis-Physikus.
- v. Hagenow, Hauptm. a. D.
- Dr. Haenisch, pract. Arzt.
- Hinrichs, Brauereibesitzer.
- Dr. Hoffman n.
- Hofmann, Königl. Landbau-Inspektor.
- Holst, Senator.
Dr. Holtz, Professor.
- Holtz, Ludw., Assistent am botan. Museum.
- Freiherr v. Keffenbrink.
- Kettner, Senator.
Kessler, F., Rentier.
- v. Kienitz, Landgerichtsrath.
- Kirchhoff, Justizrath.
- Dr. Köhnke, Sanitätsrath.
- Kohlmann, Buchhändler.
Dr. Krabler, Professor.
- Krause, Gymnasiallehrer.
- Krause, Droguist.
- Dr. Krey, Oberlehrer.
- Kunstmann, Apotheker und Senator.
- Labahn, Rentier.
- Dr. Landois, Professor.
- Dr Limpricht, Professor.
- Dr. Loose.
- Dr. Marsson.
- Dr. Medern, Landgerichtsrath u. Privatdocent.
Verzeichniss der Mitglieder.
VH
(jreifswald: Herr Dr. Minnigerode, Professor.
- Dr. Möller, Privatdocent.
- Dr. Mosler, Geh. Med. -Rath und Professor.
- v. Mühlen, Hauptmann.
- Müller E., Kaufmann.
- Dr. Miinter, Geh. Regierungsrath u. Professor.
- v. Nor mann, Oberst a. D.
- Ollmann, Departem. -Thierarzt.
- Dr. Pernice, Geh. Med.-Rath und Professor.
- Palmgren, Pastor einer.
- Dr. Peiper.
- Dr. Pietruskv.
%/
- C. Plötz.
- Plötz, Schlossermeister.
- Pogge, Rentier.
- Dr. Freiherr v. Preuschen, Professor.
- Dr. Quistorp.
Dr. Reinhardt, Oberlehrer emer.
- Dr. Schirmer, Professor.
Schmidt, Syndicus.
Dr. Schmitz, Professor.
Dr. Scholz, Professor.
- Dr. Schondorf, Stabsarzt und Privatdocent.
- v. Schubert, Oberst a. D.
- Dr. Schnitze, Svndicus.
Dr. Schwanert, Professor.
- v. Sevdewitz, Landgerichts-Präsident.
- Dr. Sommer, Professor.
- Freiherr v. Steinaecker, Major a. D.
Stoll, Kaufmann.
Stochert, Redacteur.
- Thiede, Oberlehrer.
- Dr. Thome, Professor.
- v. Valil, Justizrath.
- Dr. Vogt, Professor.
Vogt W., Rentier.
- Dr. Weitzel, Professor, Oberlehrer,
Wendorf, Landgerichts-Director.
Weiland, Maler.
1*
VIII
Verzeichniss der Mitglieder.
Greifswald :
(iiitzkow-Wiek :
Helmshagen :
ltanz in :
Sehmoldow:
Stettin :
Stralsund :
Herr Wiese, akad. Forstmeister and Reg.-Ratk.
y. Wolffradt, General-Secretair.
Dr. Wolter.
Dr. Woltersdorf, Pastor.
Dr. v. Lepel, Gutsbesitzer.
Drewitz, Pächter.
v. Homeyer,Rittergutsbes. u.Oekonomierath.
v. Bekr, Kammerherr.
Graf Behr-Negendank, Ober-Präs. v. Pom.
Passow, Oberlehrer.
Dr. Rollmann, Professor und Oberlehrer.
Vorstand für 1884:
Professor y. Feil itz sch. Dr. Marsson. Professor Weitzel.
Rechnung (»-Abschluss.
IX
II.
Rechnung®- Abschluss für das Jahr 1883.
Einnahme.
Jahres-Beiträge der Mitglieder . 288, —
Verlags-Buchhandlung von R. Gaertner, Berlin . . 63,50
Zuschuss Sr. Excellenz des Herrn Cultusministers
v. Gossler . 300, —
M. 651,50
Ausgabe.
Deficit aus dem Jahre 1882 . 444,19
Für Herstellung der Vereinsschrift, Jahrg. XV . . . 261,50
Porto . 39,37
Diverses . 4,85
An den Vereinsdiener . 36,—
M. 785,91
Ausgabe . 785,91
Einnahme . 651,50
Deficit . M. 134,41
X
/$ itz ungs- Berichte.
III.
Sitzungs-Berichte.
Sitzung vom 9. Januar 1884.
Vorsitzender Dr. Goeze. — Herr Prof. v. Preuscken
hielt einen Vortrag über „Ergebnisse der anatomischen Unter¬
suchung eines frischen menschlichen Embryo mit feiner blasen¬
förmiger Allantois“, worüber eine weitere Mittheilung in der
vorjährigen Vereins Schrift erfolgt ist.
Sitzung vom 6. Februar 18S4.
Vorsitzender Herr Prof. Weitzel. — HerrDr. Holtz zeigte
eine Collection in Glas ausgeführter Modelle der grössten
historisch bekannten Diamanten und knüpfte daran einige
Bemerkungen über die beliebtesten Schliffformen, ihre Her¬
stellung und den gegenwärtigen Werth der Diamanten. Der
grösste gegenwärtig noch vorhandene ist der Orlow (194 Karat)
im Besitze der russischen Krone und zwar die Spitze des
russischen Scepters bildend. Dann folgt der Regent (136
Karat), im französischen Kronschatz, der seinerzeit den Degen
Napoleons I. zierte. Dann der Koh-i-noor (106 Karat) im
Besitze der Königin von England, welcher früher bedeutend
grösser aber weniger schön geschnitten war. Das Wort Karat
kommt von der Kuara-Bohne, welche im getrockneten Zu¬
stande circa 1/5 Gramm wiegt. Genauer ist ein Karat = 0,205
Gramm. Früher galt die Regel, dass der Werth dem Qua¬
drate der Karatzahl proportionel sei, so dass ein Diamant von
3 Karat 9 mal so viel kostete, als ein solcher von 1 Karat.
Seit aber im Caplande viele und namentlich grössere Diamanten
gefunden sind, ist der Werth ziemlich der einfachen Karat¬
zahl proportional. Von den reinsten Diamanten kostet 1 Karat
gegenwärtig circa 80 Thaler, von schlechteren 50, von ganz
unansehnlichen dagegen nur 5. Die rohen Diamanten werden
zunächst gespalten, um ihre Krystallform bloszulegen, worauf
die Ecken und Kanten durch Schleifen wiederholte Ab¬
stumpfungen erfahren. Bei der Brillantform liegt die Ebene
des grössten Umfanges in der Mitte, während sie bei der
Rosettenform zur Grundfläche genommen ist. Gedachte Ab-
Sitzungs-Berichte.
XI
stumpfungen haben den Zweck, die Zahl der das Licht re-
flectirenden Flächen oder der das Licht brechenden Kanten
zu vermehren. Chemisch ist Diamant reiner Kohlenstoff, wes¬
halb er sich verbrennen lässt. Nach Göpperts Entdeckung
algenartiger Einschlüsse muss man annehmen, dass er auf
nassem Wege entstanden sei.
Hierauf sprach derselbe über die Entstehung der atmos¬
phärischen Elektricität. Nach kurzer Aufzählung dessen, was
über die atmosphärische Elektricität bisher bekannt ist, gedenkt
der Vortragende zunächst der Hypothese Pouillet’s , welcher
meinte, dass sie durch Verdampfung des Wassers oder durch
den Vegetation sprocess gebildet werde. Diese Hypothese
hei, nachdem Reich und ebenso Riess gezeigt, dass wohl
beim Sieden von Flüssigkeiten, nicht jedoch bei ruhiger Ver¬
dampfung und ebenso wenig beim Vegetation sprocess Elek¬
tricität entstehe. Im Jahre 1851 stellte Lamont die Hypo¬
these auf, dass die Erde selbst beständig und immer im
gleichen Sinne elektrisch sei, während die Luft, jo nachdem
sie den Wasserdampf in mehr oder weniger condensirtom
Zustande enthalte, bald als Leiter bald als Isolator fungiron
könne. Eine leitende Luftmasse würde dann, wenn sie die
Erde berührte, einfach durch Mittheilung, und wenn sie die
Erde nicht berührte, durch Vertheil ung elektrisch werden,
im ersten Falle gleichnamig mit jener, im letzten Falle ungleich¬
namig, und so erkläre es sich, dass die Luftelektricität bald
positiv bald negativ sei. Im Jahre 1877 hat der Vortragende
selbst zuerstdarauf aufmerksam gemacht, dass die atmosphärische
Elektricität vielleicht einer elektrischen Fernwirkung der
Sonne zu verdanken sei, aber diesen Gedanken nicht weiter
ausgeführt. Dies ist nun neuerdings durch den Berliner
Physiker Werner Siemens geschehen in einem Aufsatze, in
welchem derselbe überhaupt die Möglichkeit einer elektrischen
Fern Wirkung der Sonne bespricht. Dass die Sonne elektrisch
sei, war indessen früher schon von 0 Ibers und später von
Zöllner wogen der scheinbaren Abstossung der Kometen¬
schweife als Vermuthung hingestellt, und war von Zöllner
so erklärt, dass die Sonne beständig die eine der beiden in ihr
erzeugten Elektricitätcn mit ihrer eigenen Materie in den Welt¬
raum zerstreue. DassdieSonnebeständigMateriein den Weltraum
XII
*S itzu nrjs- Berichte.
zerstreue, ist inzwischen auch von dem Londoner Physiker
William Siemens als wahrscheinlich hingestellt. Der erst
gedachte Physiker nimmt nun an , dass die Sonne , nach¬
dem sie solchergestalt elektrisch geworden, durch ihre Fern¬
wirkung die Elektricitäten der Erde scheide, und dass sich
die abgestossene allmählig in den Weltraum verliere, wo¬
nach die Erde beständig elektrisch, und die Lamont’sche
Annahme begründet sei. Der Vortragende meint nun, dass
sich dies Resultat einfacher so erklären lasse, dass die Erde
durch blosse Mittheilung der zerstreuten Sonnenelektricität
eine elektrische Ladung empfange; dass aber nebenbei die
Sonne auf die Erde noch eine elektrische Fernwirkung übe,
wonach an der Tagseite beständig die ungleichnamige, an der
Nachtseite die gleichnamige angehäuft sei. Ferner müsse
man annehmen, dass ebensogut wie die Erde, auch der Mond
durch Mittheilung von der Sonne eine elektrische Ladung
empfangen habe und mit dieser eine analoge Fern Wirkung
auf die Erde übe, die je nach seiner Stellung jene der Sonne
schwäche oder verstärke. Endlich wird ausgeführt, wie auf
solcher Grundlage nicht sowohl die Gewitterelektricität, als
auch die Erscheinung der Polarlichter, und nach Analogie der
bekannten Rowland’schen Versuche vielleicht auch der
Erdmagnetismus zu erklären sei.
Sitzung vom <>. Mär* IS84.
Vorsitzender Herr Prof. Weitzel. — Herr Prof. Schir¬
mer spricht über Presbyopie (Weitsichtigkeit). Die¬
ser Zustand im dioptri sehen Apparat des Auges ist erst
genauer erkannt worden, als Donders die Hypermetropie,
Uebersichtigkeit, als diejenige Anomalie hinstellte, wrelche der
Myopie, Kurzsichtigkeit, entgegengesetzt wäre. Die Pres¬
byopie ist vielmehr eine durch das fortschreitende Lebens¬
alter vor sich gehende Veränderung der Accommodationsvor-
gänge im Auge, eine stetig fortschreitende Verringerung
derselben. Die Accommodation , welche nur für die Nähe
eine aktive, für die Ferne eine passive ist, beruht bekanntlich
auf der Contraktion eines Muskels im Innern des Auges,
musc. ciliaris, und der dadurch ermöglichten stärkeren Linsen-
wölbung. Im fortschreitenden Alter nun nimmt die Elasticität
Sttzungs- Bericht«.
XIII
der Krystalllinse ab und dadurch die Accommodationskraft
oder Accommodationsbreite. Der Nahepunkt rückt stetig hin¬
aus und nähert sich dem Fernpunkt. Dieser Zustand kann
schon bei Kindern vom 10. Jahre an studirt werden , und
man findet dann, dass zunächst die Accommodationsbreite
im Zeitraum von 5 Jahren fortschreitend je 2 Dioptrien ein-
büsst, dann 1 1/2 , später 1, im hohem Alter und zuletzt
V4 Dioptrie. Vor dem 70. Lebensjahr verliert das Auge völlig
seine Accommodation. Unvollkommenheiten im Sehen und
Beschwerden treten aber schon früher ein, nämlich dann,
wenn der Nahepunkt über 22 ctm. oder 8 Zoll hinausgerückt
ist. Dann ist die Ausdauer des scharfen Sehens in der Nähe
verloren gegangen; denn das Maximum der Accommodations-
leistung wird auf die Dauer nicht ertragen. Zunächst zeigt
sich hierbei das Unvermögen, Abends kleine Schrift zu lesen
oder wenigstens längere Zeit hindurch. Bald aber ist es ganz
unmöglich geworden, auch bei Tage feine Schrift zu entziffern,
und bei solchem Bemühn stellen sich Schmerzen ein. Diese
Vorgänge, die nur als Symptome gelten können, sind lange
Zeit falsch gedeutet worden. Um solchem Uebelstande vor¬
zubeugen oder vielmehr ihn zu corrigiren, ist das Tragen von
Convexgläsern nöthig, wodurch das Accommodationsgebiet in
die passende Nähe verlegt wird, ohne dass natürlich dadurch
die ehemalige Breite desselben wiederhergestellt würde, viel¬
mehr wird durch solche Brille das Sehen in der Ferne un¬
deutlich. Klar ist ferner nach Obigem, dass im fortschreitenden
Lebensalter die Convexbrille allmählich verstärkt werden muss.
Der Emmetrop bedarf gewöhnlich nur im 42. bis 45 Lebens¬
jahre zur Correktion seiner beginnenden Presbyopie ein Convex¬
glas, der Hypermetrope wird natürlich früher von der Pres¬
byopie heimgesucht, während der Myop, sobald seine Kurz¬
sichtigkeit nicht stark ist, erst später Presbyop wird ; ist aber
die Myopie hochgradig d. h. liegt der Fernpunkt näher als
22 ctm. am Auge, so tritt auch inj Greisenalter kein Pres¬
byopie ein. Kann ein Greis ohne Convexglas lesen, ist er
jedenfalls kurzsichtig.
Hierauf berichtete Prof. Weitzel über einige Zeitungs¬
artikel, welche die neuerdings angestellton Versuche über die
beruhigende Wirkung des Ocls auf die Meeroswellen betreftbn.
XIV
Sitzungs-Berichte.
Ein Herr Shields in Perth (England) hat diese längst be¬
kannte Erscheinung neuerdings wieder studirt, ebenso hat die
britische Lifeboat Institution an verschiedenen Orten der
englischen Ostküste darauf bezügliche Versuche anstellen
lassen. Es zeigte sich fast in allen Fällen die Wirkung des
Oels, und nur an flachen Stellen durchbrach die Brandung die
glatte Oelschieht. — Herr Shields in Verbindung mit einem
Herrn Yeam an, Parlamentsmitglied für Dundee, hat jahrelange
Versuche in Peterhead und Aberdeen angestellt, indem er
das Oel (meist Fisch- oder Robbenthran) durch Schläuche am
Boden des Meeres hinausleitete, wo es aus aufrechtstehenden
kurzen ventilirten Ansatzstücken, dem Drucke einer Pumpe
am Lande folgend, austrat. Am vorth ei lhaftesten erwiesen
sich hierbei gusseiserne Röhren. — Das Verfahren ist in
England, Frankreich, Vereinigten Staaten patentirt. In Fol-
kestone haben dann umfangreichere Versuche stattgefunden
vor Fachmännern. Ein Tropfen Oel genügte hierbei zur
Bedeckung einer Wasserfläche von 10 Quadratfuss. — Ausser
der Anwendung eines Röhrensystems mit Druckpumpe am
Lande sind auch Versuche mit Oelbomben an letzterem Orte
angestellt worden. Die Bombe besteht aus Eisenblech, hat
einen Zeitzünder und wird vom Lande aus aus einem
gewöhnlichen Mörser mit kleiner Pulverladung geschossen.
Auch diese Versuche gelangen in Folkestone. — Diese Er¬
scheinungen harren noch der Erklärung. —
Im Anschlüsse hieran berichtete derselbe über die Mit¬
theilung des Dr. Sn eilen von der Varna-Expedition über
das Gefrieren des Salzwassers. Je stärker der Salzgehalt einer
Lösung ist, um so tiefer liegt der Gefrierpunkt derselben.
Aus dem Meerwasser krystallisirt in der Kälte zuerst ein
wenig salzhaltiges Eis aus in Form eines Filzes von Krystall-
n adeln. Die zwischen diesen Nadeln befindliche Flüssigkeit
ist dann salzhaltiger als erstere. Beim weiteren Sinken der
Temperatur krystallisircn neue Nadeln zwischen den alten
mit mehr Salzgehalt, indem sie abermals zwischen sich nun
noch salzhaltigeres Wasser lassen. Indem dieser Vorgang
sich fortsetzt, entsteht eine aus feinen Krystallnadeln sich
bildende Eisdecke von filzigem, lederartigem Ansehen. Eine
solche Eisdecke von 5 — 6 cm. Dicke bricht beim Betreten
Sitzung i»- Berichte.
XV
immer ein wenig durch ; zwischen zwei Eisschollen einge¬
klemmt biegt sie sich aber auch im Bogen aufwärts und bildet
eine Brücke. Die in solchem Eisfilze zuletzt übrig gebliebenen
Salztröpfchen treten infolge der Ausdehnung des entstehenden
Eises aus den Poren dieses Eisfilzes nach oben heraus und be¬
decken schliesslich die Eisdecke mit kleinen Krystallen, die
nun wie Reif aussehen. — Wird ein so gebildetes Eisfeld mit
Schnee bedeckt, so kommt der erste Schnee mit dem am
stärksten salzhaltigen oberen Eise zusammen, infolge dessen
er selbst zu einem Breie schmilzt, den dann der später fal¬
lende Schnee bedeckt. Betritt man also ein mit Schnee be¬
decktes Eisfeld, so lässt der gehobene Fuss eine Spur zurück,
in welcher Wasser steht, gerade wie an dem Festlande im
weichen Schnee bei Thauwetter. — Umgekehrt: Eisschollen
von Seewasser schmelzen in der Art, dass bei mehreren
Graden unter Null die salzigsten Theile ausschmelzen, bis
endlich dicht unter Null die Eismasse nur noch aus lockeren
Eiskrvstallen von fast süssem Wasser bestehen. Die Schiffer
«/
in hohen Breiten verschaffen sich daher trinkbares Wasser
dadurch, dass sie Schollen alten Eises schmelzen, also solches,
welches einen Sommer lang schon in der Sonne seine sal¬
zigsten Theile durch Schmelzen verloren hat. Sie erhalten
auf diese Weise fast reines Wasser.
Sitzung am 11. ^lai 1884.
Vorsitzender Prof. Weitzel. Es wurde beantragt und
von der Versammlung genehmigt, dass die gegenwärtige
Sitzung die Reihe der Sommersitzungen beschliessen solle.
Hierauf sprach Herr Dr. Holtz über die Sonnenflecke
und ihre Beziehungen zur Erde. Der Vortragende be¬
spricht zunächst die Erscheinung der Flecke selbst und die mit
ihnen zusammenhängende Erscheinung der Fackeln und Protu¬
beranzen, indem er der Reihe nach ihre mittlere Häufigkeit und
Grösse, ihre Dauer und Veränderlichkeit, ihre bevorzugte Lage
auf der Sonne, ihre verschiedenen Bewegungen, endlich ihre
dem Wilsonschen Gesetze entsprechende voraussichtliche Ge¬
staltung behandelt. Hierauf berührt er die mannigfachen
Erklärungen, welche diese Erscheinungen im Verlaufe zweier
Jahrhunderte erfahren haben, die Hypothesen von Galilei
XVI
Sitzungs-Berichte.
La lan de, der beiden Henschel, sowie die neueren von Kirch¬
hof , Z ö 1 1 n e r, Fa y e, S e c c h i und Yo u n g, woran sich z u gl eich
eine kurze Darlegung der gegenwärtigen Ansicht von der
Constitution der Sonne schliesst. Dann geht der Vortragende
zu der schon von Horrebow vermutheten, aber erst von
Schwabe und Wolf in den 40ger und 50ger Jahren festge¬
stellten Periodicität der Flecke über, indem er die verschie¬
denen kleineren und grösseren Perioden charakterisirt und
die hierauf bezüglichen Erklärungsversuche berührt. Hieran
schliesst sich als zweiter Theil des Vortrags eiile Darlegung
der Beziehungen, welche die Flecke scheinbar zu irdischen
Verhältnissen haben, Beziehungen, welche sich dadurch zu
erkennen geben, dass man in gewissen irdischen Erscheinungen
dieselben Perioden constatiren kann. Hierin gehöre zunächst
die sogenannte tägliche Variation der Magnetnadel, bezüglich
deren die fragliche Uebereinstimmung zuerst von Sabine ver-
muthet, dann von Lamont und Wolf nachgewiesen sei. Ein
Gleiches gelte von der Häufigkeit der Nordlichter, wie es
Fritz und Loomis in den 70ger Jahren gefunden haben. Ein
Gleiches endlich von sonstigen meteorologischen Erscheinungen,
so nach Meldrum von der Häufigkeit der Cy klonen und der
Regenmenge, so nach Fritz von dem Wasserstande der Flüsse,
nach Reis von der Zahl und Grösse der Ueberschwemmungen.
Charakteristisch sei hierbei, dass die Maxima aller gedachten
Erscheinungen im Wesentlichen mit den Maximis der Flecke
Zusammenfällen. Eine Erklärung für diese Beziehungen liess
sich erst auffinden, nachdem man wusste, ob die Sonne zur
Zeit der Fleckenmaxima mehr Wärme oder weniger Wärme
ausstrahle als sonst. Diese Frage aber sei erst neuerdings
durch eine Beobachtung Försters, des Direktors der Berliner
Sternwarte, entschieden. Derselbe habe festgestellt, dass die
Grundpfeiler der Beobachtungsinstrumente in Folge von Tem¬
peraturschwankungen periodische Drehungen erfahren ; und
zwar habe sich einmal eine jährliche Periode, welche nur auf
dem Wechsel von Sommer und Winter beruhen könne, dann
eine elfjährige Periode entsprechend der kleinsten Flecken¬
periode ergeben. Da gleichzeitig die Maxima der ersten mit
den Maximis der letzteren congruirten, so folge hieraus, dass
die Sonne zur Zeit der Fleckenmaxima analog der Sommer-
S it zun tera Bann.
27
Myrm. meteoi'icus, die schwarze Mittelbinde vorn in zwei
Parallelfiecke aufgelöst; auf den beiden hinteren Thoraxringen
die gelbe Fleckung lichter und mehr dominirend. Vorder-
fliigel mit denen des Myrm. pulchellus fast ganz übereinstim¬
mend gezeichnet, jedoch die Radial- und Cubitalstreifen viel
stärker braunfleckig, das Stigma fast ganz durch die über
dasselbe hinwegziehenden schwarzen Tupfen des Spitzenfeldes
verdeckt; am Innenrande vor der bei der Einmündung des
Sector cubiti liegenden grösseren Makel nur kleinere Rand¬
punkte. Hinterflügel merklich kürzer und stumpfer als bei
Myrm. pulcliellus, bis zum Ende des zweiten Drittheils ihrer
Länge durchaus hyalin; sodann folgt eine in zwei Flecke —
von denen der am Aussenrand gelegene nur halb so gross
als der gegen den Innenrand hin reichende — aufgelöste
breite schwarzbraune Querbinde, welche von der Spitze un¬
gefähr ebenso weit entfernt ist wie die milchweisse in den
Hinterflügeln des Myrm. pidchellus ; endlich im Umfang der
Spitze kleinere braune Spritzflecke. Beine viel kürzer und
derber als bei der genannten Art, licht scherbengelb, ein
Basalfleck der Hüften, ein Ring vor der Spitze aller Schenkel,
an der Spitze aller Schienen und ausserdem zwei oberhalb
der Mitte verlaufende Ringe an Vorder- und Mittelschienen
schwärzlich pechbraun. Von gleicher Färbung auch das dritte
und vierte Tarsenglied ganz , das fünfte an der Spitze. Hie
schwarze Bedornung an Schenkeln und Schienen weiss unter¬
mischt. Fussklauen und Schiensporen licht rostroth, letztere
an der Spitze gekrümmt, die Spitze des Metatarsus kaum
überragend, dieser nur wenig kürzer als das Endglied. Hinter¬
leib bräunlich schiefergrau, hinten fast schwarz; am Hinter¬
rand des 2. bis 4. Ringes jederseits ein gelbes Fleckchen,
ebenso die Basis des zweiten Ringes licht gelb.
22. My rmeleon osmy loides. Tibiarum calcaribus arcuatis,
tarsi articulos duo basales adaequant.ibus : rufo-testaceus, nigro-
carius, alis latiusculis, obtusis, stigmate parum distincto, auti-
carum venis longitudinalibus distinctius fusco-conspersis. Long.
corp. 16, alar. ant. 22, post. 2(H mill. (fern.). — Patria:
Australia.
Der vorhergehenden Art in der breiten und stumpfen
Flügelform gleichend, auch im Flügelgeäder übereinstimmend,
28
A . (i e r nt. a. eck er : Vier beenden von Aeurojttereu
aber durch viel geringere Grösse , ungefleckte Hinterflügel,
sehr viel schlankere Beine und das Längsverhältniss der
Schiensporen abweichend. Fühler schlank, rostgelb mit pech¬
brauner Keule, diese durch einen rostrothen Ring abgegrenzt.
Scheitel und Hinterhaupt rothgelb, schwarzfleckig, Stirn tief
schwarz, unterhalb glänzend, Gesicht und Mundtheile scherben¬
gelb. Pronotuni doppelt so lang als breit , nach vorn leicht
verschmälert , seitlich schwarzborstig, auf licht rostrothem
Grunde mit drei durchgehenden Rücken- und zwei vorn ab¬
gekürzten Seitenstriemen von schwarzer Färbung ; die Mittel¬
strieme breit, vorn gegabelt, die seitlichen schmal, wellig
gebogen. Meso- und Metanotuni breit, quer viereckig, auf
schieferschwarzem Grunde rostgelb gefleckt. Flügel noch
etwas kürzer und stumpfer lanzettlich als bei Myrm, dmohitm,
die vorderen nur 3j mal so lang als breit. Im Costalfeld der
Vorderflügel die Queradern von der 21. an meist gegabelt,
in demjenigen der Hinterflügel meist einfach. Stigma der
Vorderflügel gelblich, der Hinterflügel weisslieh , in beiden
klein und unscheinbar Subcosta und Radius der ersteren
gelb und schwarz gebändert, im Verlauf' des Radius auch
etwa acht längliche braune Makeln; ebensolche aber kleinere
im Verlauf des Cubitus posterior, ein besonders markirter
Fleck ferner bei der Endvereinigung beider Cubiti und bei
der Einmündung des Sector in den Innenrand. Ausserdem
die Quer- und Gabeladern des Spitzenvierttheils dichter braun
getüpfelt, ln den Hinterflügeln ist nur die Subcosta deutlich
weiss- und schwarzscheckig, der Radius fast ganz dunkel, der
Spitzenrand ringsherum verloschen grau getüpfelt; bei der
Vereinigung der beiden Cubiti ein schwärzlicher Punkt. Beine
sehr schlank, rostgelb, das dritte Paar lichter, die schwarze
Beborstung spärlich; die Spitze aller Schenkel und Schienen,
an Vorder- und Mittelschienen ausserdem noch zwei Quer¬
bänder, an den Tarsen das 3. und 4. Glied pechbraun. Der
Tarsus an allen drei Paaren beträchtlich kürzer als die Schiene,
am dritten nicht viel mehr als halb so lang. Metatarsus um
-T kürzer als das Klauenglied und nicht ganz so lang wie die
drei mittleren zusammengenommen. Fussklauen und Schien¬
sporen rostroth , letztere fein , gebogen , bis zum Ende des
zweiten Gliedes reichend. Hinterleibsrücken auf pechbraunem
Grunde binden- und fleckenförmig rothgelb gescheckt.
aus der Familie Aleyaloptera Barm.
29
23. My rmeleon uniseriatus. Tibiarum calcaribiis inetatar so
brevioribus : fusco-cinereus , pronoti parte anteriore testacea,
eapite antennisque nigris , aiis hyalinis , wks testaceo - nigroqite
variis , anticarum stigmate albido, fusco-signato. Long. corp. 25,
alar. ant. 28, post. 26 mill. — - Patria : Sidney Australiae.
Im Flügelgeäder mit Myrm. formicalyu.r übereinstimmend
und den kleineren Exemplaren desselben recht ähnlich, jedoch
u. A. durch schmälere, besonders gegen die Spitze hin am
Innenrand weniger gerundete Flügel abweichend. Fühler
ebenso kurz und derb wie bei der einheimischen Art, tief
schwarz mit pechbraunen Basalgliedern. Kopf bis auf den
Clypeus, die Augenränder und die Backen, welche scherben-
gelb sind , schwarz, die Stirn glänzend , der untere Theil
des Scheitels narbig punktirt, matt. Spitze der Mandibeln,
Kiefertaster und Endglied der Lippentaster pechbraun. Pro-
notum quer, fast um die Hälfte breiter als lang, seitlich
schwarz borstig, der abgerundete vordere Abschnitt rostgelb,
der hintere pechbraun. Meso- und Metathorax einfarbig
schiefergrau, nur der schmale Hintersaum gelblich. Die hyali¬
nen , ungefleckten Flügel gelb- und schwarzfleckig geadert,
besonders deutlich auf Subcosta und Radius; in den Hinter¬
flügeln ein weissliches Stigma kaum, in den vorderen nur
schwach markirt, im vorderen Anschluss an letzteres eine
kleine pechbraune Makel. Hüften gleich den Brustseiten
schiefergrau, Mittel- und Hinterschenkel pechbraun mit rost¬
gelber Basis und Spitze, die vorderen gleich den Vorder- und
Mittelschienen gelb mit pechbrauner Aussen- und Innenstrieme,
die Hinterschienen blassgelb mit tief schwarzer Vorderstrieme.
Bedornung sparsam, schwarz. Tarsen rothbraun ; Metatarsus
nur um ein Drittheil länger als das zweite und um die Hälfte
kürzer als das letzte Tarsenglied. Schiensporen nur bis auf
-J der Metatarsuslänge reichend. Hinterleib schiefergrau , der
Hintersaum des dritten und der folgenden Ringe licht rost¬
farben.
24. ÄJ grmeleon simplicissimus. Tibiarum calcaribiis meta-
larso brevioribus: fusco-cinereus , eapite antennisque obscure
casianeis , ore pedibusque testaceis , jnceo-rariegatis , alis sub-
ßavescentibus, stigmate albido. Long. corp. 22, alar. ant. 25,
post. 22 mill. (fern.) — Patria: Camaroons (Buch holz).
30
A. G er st a eck er: Vier JJecaden von Neuropteren
Der vorhergehenden Art im Allgemeinen sehr ähnlich,
jedoch merklich kleiner. Fühler von gleichem Längsverhält-
niss, dunkel rothbraun mit schwärzlicher Keule. Scheitel
matt schwarz, gegen das Hinterhaupt hin rostroth mit sechs
in zwei Querreihen disponirten schwarzen Schwielenflecken.
Stirn sehr glänzend schwarz, glatt, innere Augenränder blass¬
gelb, Clvpeus und Mundtheile rostfarben mit pechbraunen
Taster-Enc’gliedern. Prothorax kurz, vorn beiderseits gelblich
gesäumt, oberhalb verloschen rostroth gescheckt; Meso- und
Metathorax einfarbig, dunkel. Flügel bei gleicher Form und
Äderung wie bei der vorhergehenden Art deutlicher gelblich
tingirt, Subcosta und Radius etwas weniger intensiv gelb und
pechbraun gescheckt, das weisslich gelbe Stigma gegen beide
zwar deutlich abgegrenzt, aber ohne dunkele Makel an seinem
Vorderrande (in den Vorderflügeln). Das Costalfeld der
Hinterflügel an der Basis stärker verschmälert als bei Myrm.
uniseriatus. Beine rostfarben, Schenkel oberhalb, Schienen an
der Vorderseite pechbraun gestriemt; von letzterer Färbung
auch die Tarsen mit Ausnahme des ersten Gliedes. Schien¬
sporen dünn, gerade, rostgelb, an Länge dem Metatarsus
nachstehend; dieser fast so lang wie die drei Mittelglieder
zusammengenommen , aber um ein Drittheil kürzer als das
Endglied. Hinterleib schieferschwarz , auf der Grenze der
vorderen Rückensegmente rostroth gefleckt , die hinteren mit
gleichfarbigem Endsaume.
25. Myrmeleon croceicollis. Tibiarum ealcaribus rnetatarso
brevioribus : linearis , fusco-cinereus , pronoto peclibusque vitellinis ,
vertice atro , fronte antennisque nigro-piceis , alis hyalinis , laete
iridescentibus, ßavescenti-venosis , subcosta tantum fusco-punctu-
lata , stigmate obsoleto. Long. corp. 32, alar. ant. 30, post.
27 mill. (mas). — Patria: Australia.
Durch den langstreckigen Hinterleib und das Colorit
einem Macronemurus ähnelnd. Scheitel und Hinterkopf tief
und glänzend schwarz, die Verbindungshaut des letzteren mit
dem Pronotum lebhaft rothgelb, der Innensaum der Augen
schmal strohgelb ; zwei Längsstreifen des Scheitels zwischen
den glatten Schwielen narbig punktirt und mit weisslichen
Staubhärchen besetzt. Stirn pechbraun, lackirt, ein Querfleck
an der Basis der Fühler hellgelb. Letztere kurz und derb,
aus der Familie Afer/a/optera ßurm.
31
kaum von Thoraxlänge, schwach gekeult, schwärzlich pech-
braun, die beiden Basalglieder mehr rothbraun. Clvpous und
Mund rostgelb, Spitze der Mandibelu und Taster bräunlich.
Pronotum kürzer als breit, der vordere gerundete Abschnitt
nur wenig kürzer als der hintere , die seitliche Beborstung
lang, hellgelb; Färbung licht dottergelb, auf der hinteren
Hälfte zwei entfernt stehende bräunliche Längsstriemen.
Meso- und Metanotum bräunlich schiefergrau mit verloschener
rostgelber Fleckung. Flügel schmal, stumpf sichelförmig zu¬
gespitzt, völlig glashell mit lebhaftem Prismafarben-Schiller.
Geäder nach dem Typus von Myrrn. formicalynx (innotatm
Ramb.) d. li. Ramus cubiti posterioris und Yena analis vor
dem Ende des ersten Drittheils der Länge in den Innenrand
ausmündend und das Costalfeld gegen die Basis hin allmäh¬
lich verschmälert, letzteres nur im Enddrittheil mit gegabelten
Queradern. Ein durch besondere Färbung markirtes Stigma
fehlt in beiden Flügeln. Geäder durchweg licht gelb, nur die
Costa so wie der Spitzen- und Hintersaum (letzterer bis auf
die Basis) licht grau ; die Subcosta im Bereich der Basalhälfte
fein braun getüpfelt. Vorder- und Mittelbeine etwas inten¬
siver dottergelb als das dritte Paar, an welchem besonders
die Schienen blassgelb erscheinen; ein Kniepunkt aller drei
Paare, an den beiden vorderen auch die äusserste Schienen-
spitze pechbraun. Bedornung sparsam, schwarz. Metatarsus
nur um ein Drittheil länger als das zweite Tarsenglied und
um die Hälfte kürzer als das letzte. Fussklauen und Schien¬
sporen licht rostroth, letztere nur bis auf £ der Metatarsus¬
länge reichend. Hinterleib sehr gestreckt, licht pechbraun,
an der Basis schwärzlich, sonst greis behaart. Männliche
Cerci blassgelb, grob schwarzborstig.
26. Myrmeleon filiformis. Tibiarum calcaribm metatarso
aequilongis: linearis, ferrugineus, fusco-varius , vertice nigro-picto,
femoribus dilute sanguineis, basi ßavis, alis angustis, lanceolatis,
hyalinis, testaceo-venosis, subcosta radioque tantum fusco-varie-
gatis, stigmate pallido, posticarum obsoleto. Long. corp. 35
(fern.) — 40 (mas), alar. ant. 30 — 35, post. 29—32 milk —
Patria: Abö (Camaroons), Buch holz.
Ganz von dem schlanken Habitus eines Macronemurus ,
aber mit gleichem Flügeigeäder wie die vorhergehenden Arten.
32
A. Go r st necke r : Vier Doraden von Nonropteren
Fühler schlank, so lang wie Kopf und Thorax zusammen¬
genommen, mit kräftiger, breit bimförmiger Keule, ganz rost¬
farben. Kopf oberhalb rehfarben, auf dem Scheitel eine vordere
unterbrochene Querbinde und acht in einer hinteren Querreihe
angeordnete Flecke schwarz. Stirn gleichfalls geschwärzt,
unterhalb um die Hälfte schmäler als der Querdurchmesser
der stark gewölbten, licht bronzefarbenen Augen. Clypeus
blass scherbengelb, Mundtheile gebräunt. Pronotum länger
als breit, nach vorn allmählich verschmälert, mit etwas aus¬
gebuchtetem Vorderrand; dieser und die Seiten lang weisslich
beborstet. Farbe licht rehbraun, mit undeutlichen dunkleren
Seitenstriemen ; Meso- und Metanotum graubraun mit hellerer
Fleckung. Flügel ungemein schmal, 5J mal so lang als breit.
Queradern des Costalfeldes bis zum Stigma durchweg einfach,
ungegabelt. Der Ramus cubiti posterioris jenseits des ersten
Drittheils der Länge, etwas hinter der Analader in den Innen¬
rand der Vorderflügel einmündend, das Analfeld schmal, nur
mit einer Reihe von (elf) Zellen. Beide Flügel völlig hyalin,
schwach iridescirend , mit Ausnahme der braungetüpfelten
Subcosta und Radius und der bräunlichen Randader durchweg
hellgelb geadert. Stigma der Vorderflügel schmal, gelblich,
wenig markirt, der Hinterflügel ganz undeutlich. Beine ziem¬
lich derb, rostfarben, Schenkel und Vorderschienen dunkler,
fast licht blutroth. Beborstung vorwiegend sclrwarz , jedoch
weiss untermischt, die Vorderschenkel ausserdem ziemlich
dicht sclnvarz behaart. Die Schienen aller drei Paare be¬
trächtlich kürzer als die Schenkel, die Tarsen dagegen gestreckt,
von Schenkellänge, die Spitze ihrer Glieder, die Fussklauen
und die Schiensporen blutroth. Letztere dünn, gerade, die
Spitze des Metatarsus erreichend; dieser etwas länger als die
drei Mittelglieder zusammengenommen und dem fünften an
Länge gleich. Hinterleib besonders beim Männchen ungemein
lang und dünn, rostroth, die Segmente vom fünften an jeder-
seits mit pechbrauner Längsstrieme.
27. Myrmeleon trivirgatus. Tibiarum calcaribus vix dirni-
diarn metatarsi longitudmem adaequantibus : linearis, testaceus,
thoraeis abdominisque dorso fusco-trivittato, pleuris bistrigosis,
fronte media nigra, antennis apicem versus infuscatis, alis
hyalinis, litura apicali albida signatis, venis longitudinalibus
aus der Familie ]\fee/aloptera Burin.
33
fiavo-nigroque rar iis, stigrnate distincto , tcstaceo. Long. corp.
37, alar. ant. 26, post. 24 mill. (mas) — Patria: Transvaal.
Eine durch den ungemein langstreckigen Hinterleib und
die dunkele Bindenzeichnung des hellfarbigen Körpers in der
Gruppe des Mgrm. foinmicalynx sehr ausgezeichnete Art. Fühler
derb, kürzer als der (sehr langgestreckte) Thorax, pechbraun,
unterhalb nur an der Basis, oberhalb in weiterer Ausdehnung
schmutzig gelb. Kopf gleich dem Thorax rothgelb , auf dem
Scheitel eine abgekürzte Mittelstrieme und acht in zwei Quer¬
reihen angeordnete Punkto sowie die Stirn in Form eines
grossen, vorn zweiästigen Fleckes pechschwarz. Clvpeus und
Oberlippe mit gebräunter Scheibe, im Uebrigen das Unter¬
gesicht und der Mund blassgelb, Taster an der Spitze rostroth.
Prothorax vollkommen cylindrisch, um die Hälfte länger als
breit, vorn abgestutzt, undeutlich zweitheilig, der Vordertheil
halb so lang als der hintere ; unterhalb der schwarzen Seiten¬
borsten besonders lange weisse. Mesothorax noch etwas
länger als der Prothorax, gleichfalls cylindrisch, Metathorax
um ein Drittheil kürzer. Auf gelbem Grunde drei pechbraune
Rückenstriemen , von denen die mittlere auf dem Prothorax
nur wenig, auf dem Mesothorax sehr viel breiter als die seit¬
lichen ist und hier weiter nach hinten reicht, während die
seitlichen, denen sich jederseits noch eine dicht an der Flügel¬
wurzel hinzugesellt, an der vorderen Grenze des Schildchens
endigen; auf dem Metanotum ist die Mittelbinde in Flecke
aufgelöst. Die Pleuren werden ihrer ganzen Länge nach
gleichfalls von je zwei pechbraunen Striemen durchzogen,
sowie auch die Sterna und Hüften solche erkennen lassen.
Flügel hyalin, rötblich iridescirend , mit einem gerade auf
die Flügelspitze zulaufenden weisslichen Längswisch. Vorder¬
flügel 3J mal so lang als breit. Stigma scharf abgegrenzt,
rosig gelb, in den Vorderflügeln doppelt so lang und breit
als in den hinteren. Subcosta und Radius auf weisslichem
Grunde sehr augenfällig schwarz gesprenkelt, die Cubiti und
das Adernetz überwiegend schwarz, nur sparsam weiss ge¬
tüpfelt. Der Aussenrand vom Stigma bis zur Spitze etwas
deutlicher wässrig braun getrübt als das Costalfeld. Beine
schlank, licht gelb, sparsam schwarzborstig, eine Längsstrieme
an der Vorderseite der Hinterschienen, ein Mittel- und Spitzen-
34
A. Gerstaecker: Vier Decaden von Neuropteren
fleck an der Aussenseite der beiden vorderen Paare so wie
die Spitze der einzelnen Fussgiieder pechbraun. Fussklauen
und Schiensporen licht rostroth, letztere fein, gerade, noch
nicht der halben Metatarsuslänge gleichkommend. Metatarsus
und fünftes Glied gleich lang , dünn , etwas kürzer als die
drei Mittelglieder zusammengenommen; an den Hinterbeinen
die Tarsen von Schienenlänge. Hinterleib reichlich viermal
so lang als Kopf und Thorax zusammengenommen, dunkler,
mehr rostfarben. Von den drei pechbraunen Striemen der
Rückenseite die mittleren bis zum Ende des fünften Segmentes,
die seitlichen bis zur Spitze reichend. Männliche Cerei licht
rostgelb, schwarzborstig.
28 Gymnocnemia pentagramma. Fusco-cinerea , teataceo-
caria, antennis vix clavatis, piceis , alis anticis abundanter fusco-
reticulatis et conspersis , harurn strigis tribus, posticarum duabus
saturatius fuscis. Long. corp. 19 — 20, alar. ant. 25 — 26,
post. 23 — 24 mill. (mas, fern.) Patria: Peak Downs
Australiae.
Im Körpercolorit so wie in Form und Fleckenzeichnung
der Flügel dem Myrm. meteoricus sehr ähnlich, aber kleiner
und durch den Mangel der Schiensporen leicht zu unter¬
scheiden. Fühler fast so lang wie Kopf und Thorax zu¬
sammengenommen, an der Spitze nur leicht, kaum keulen¬
förmig verdickt, pechbraun, mit feinem gelblichen Endsaum
der einzelnen Glieder. Scheitel blass rehfarben mit zwei
Querreihen von je fünf sammetschwarzen Punkten, zwischen
beiden eine gerade Querbinde. Stirn matt schwarz, unterhalb
rostroth, Gesicht und Mund blassgelb, Taster gebräunt. Pro-
notum wenig länger als breit, auf rehfarbenem Grunde mit
sechs geschwungenen und theilweise vereinigten schwärzlichen
Längsbinden. Meso- und Metanotum auf vorwiegend grau¬
braunem Grunde rehfarben gefleckt. Yorderfltigel etwas länger,
merklich breiter und stumpfer zugespitzt als die hinteren;
Geäder in beiden blassgelb mit schwarzbrauner Scheckung,
im Costalfelde der vorderen bis zum Beginn der schwarzen
Stigma-Makel 36 bis 38 Queradern, von diesen 3 bis 4 ge¬
gabelt. Vorderflügel reich schwarzbraun gegittert und — be¬
sonders im Bereich der Spitzenränder — getüpfelt, ausserdem
mit drei schrägen Wischen gezeichnet, von denen der breitere
at/fi der Familie Megaloptera Barm.
35
sich vor das gelblich weisse Stigma legt, also dem Aussen ran d
angehört, während die beiden schmäleren sich auf der Mitte
der Flügelbreite , gerade innerhalb jenes und am Innenrand
bei der Einmündung der Vena analis befinden. Die Hinter¬
flügel, welche sonst nur längs der Cubiti und am Spitzenrand
sparsam getüpfelt erscheinen, weisen gleichfalls zwei grössere
schwarzbraune Wische auf, deren einer wieder das Stigma
nach vorn begrenzt , während der zweite etwas näher der
Basis sich von den Cubiti bis gegen den Hinterrand aus¬
breitet. Beine pechbraun, die Schenkel an der Basis und
unterhalb, zwei Ringe an der Aussenseite der Vorder- und
Mittelschienen, die Hinterschienen an ihrer ganzen Hinterseite
mit Ausnahme der Spitze und die grössere Basalhälftc der
Metatarsen, zuweilen auch die Basis des fünften Gliedes blass¬
gelb. Fussklauen fein , rostroth. Hinterleib schieferschwarz,
der Hintersaum des 2. bis 7. Rückensegmentes licht rostgelb.
29. Mantispa plithisica. Prothorace gracillimo , ändernd»
temdssimis, testacea , nigro-varia , alis vitreis , apice surnrno ma¬
culatim infusccitis , stigmcite elongato, bvunneo , cellulis discalibus
obliquis anticaruni 10 , posticarum 11. Long. corp. 19, pro-
thor. 6J, alar. ant. 18, post. 16 mill. (fern.). — Patria: Ega
Amazoniae.
Fühler lang und dünn, fadenförmig, an der Spitze leicht
verbreitert und flachgedrückt, etwa 50gliedrig, pechbraun, das
erste Glied wachsgelb, das zweite rostroth; beide um die
Hälfte länger als breit, das zweite jedoch nur halb so breit
als das erste, das dritte quadratisch, die folgenden quer. Man-
dibeln rostbraun mit schwärzlicher Schneide. Kopf dicht
narbig punktirt, matt, licht wachsgelb, ein glänzender drei¬
eckiger Wulst zwischen den Fühlern pechbraun, zwei Flecke
des Clypeus , eine Querbinde oberhalb der Fühler und ein
grosser , zweiästiger Scheitelfleck matt graubraun , letzterer
hinterwärts jederseits mit rundlicher , graugelber Schwiele.
Der sehr verlängerte Prothorax von der Basis bis zum vor¬
deren Ende des letzten Vierttheils leicht, sodann aber stärker,
bis auf die Hälfte der Basalbreite verschmälert, diese schmälste
Stelle vor der Mitte der Gesannntlänge gelegen ; das vorderste
V ierttheil wieder bis auf die doppelto Basalbreite stumpf
herzförmig erweitert, aber auch an seiner breitesten Stelle noch
36
A. G er st ae eher : Vier Decaden von Neuropteren
nicht der halben Kopfbreite gleichkommend; im Bereich seines
stielförmigen Theiles stampf querriefig, an der Basis des er¬
weiterten mit drei höckerartigen Schwielen versehen, auf licht
gelbem Grunde mit drei schwarzen Längsbinden, von denen
die seitlichen vor der Mitte der Länge unterbrochen sind,
dann aber mit der mittleren zusammenfliessen; letztere an
ihrem vorderen Ende kelchförmig erweitert, im Bereich der
hinteren Hälfte breit, vor der Basis stark eingeschnürt. Meso-
und Metathorax pechbraun, oberhalb eine Mittelbinde und das
Schildchen , unterhalb der obere Theil der Pleuren hellgelb.
Beide Flügel glashell, pechbraun geadert, ein eng umschrie¬
bener Spitzenfleck leicht gebräunt; Stigma lang und schmal,
rothbraun, von der Mitte der dritten bis zur Mitte der zweiten
Radialzelle reichend. Im Costalfeld der Vorderflügel 9, der
Hinterflügel 11 Queradern; die drei Radialzellen in beiden
fast gleich lang, die zweite in den Vorderflügeln doppelt so
breit, in den Hinterflügeln um die Hälfte breiter als die dritte.
Schräge Zellen des Mittelfeldes in den Vorderflügeln 10, in
den Hinterflügeln 11. Vorderhüften schlank, cylindrisch, von
Prothoraxlänge, auf trübgelbem Grunde mit oberer und unterer
unterbrochener pechbrauner Längsstrieme. Schenkel der
Raubbeine schwach erweitert, ihre grösste Breite nur dem
vierten Theil der Länge gleichkommend, licht pechbraun, mit
schwärzlicher Spitze und Oberkante. Von den zahlreichen
(etwa 24) Aussendornen der 7. und 11. am längsten. Vor¬
derschienen ober- und unterhalb, der Metatarsus nur unter¬
halb fein schwarz gewimpert, letzterer etwas kürzer als die
übrigen Tarsenglieder zusammengenommen, das fünfte doppelt
so lang als das vierte, die Endklaue stark gekrümmt.. Mittel¬
und Hinterschenkel nahe der Basis und Spitze pechbraun
geringelt, sonst gleich Schienen und Tarsen scherbengelb.
Fussklauen schmal mit lang dreidorniger, gebräunter Spitze.
Rückenschienen des Hinterleibs tief schwarzbraun, das erste
Segment mit rothgelbem Spitzensaum, die folgenden ausserdem
mit orangefarbenen seitlichen Längsbinden. Bauchschienen
der vier Endringe intensiv rostroth mit goldgelbem Seitenfleck,
die vorhergehenden mehr gebräunt.
30. Mantispa limbata. Laete ferruginea, abdomine infuscato,
ß avo-annu lato, fascia frontali, maculis duabus supraantennalibus ,
aus der Familie Meyaloptera Burm.
37
prothoracis litnbo antico vittisque tri/ms, Intermedin utrvnque
furcata, antennis ante apicem nee non eoxarum antiearum vitta
externa abbreviata nigris : alis vitreis, margine eoetali Juseo ,
cellulis obliquis discalibm antiearum 17 , posticarum lo. Long.
corp. 22, prothor. 6^, alar. ant. 24, post. 21 mill. (fern). —
Patria : Chiriqui.
ln nächster Verwandtschaft mit Maut, eostalie Erichs.
(Zeitschr. f. Entom. I. p. 164, No 9), areolaris Westw. (Transact.
entom. soc. 2. ser. I. p. 15, No. 41, pl. 18, fig. 3) und Ba-
tesella Westw. (ibid. 3. ser. V. p. 507, No. 14) stehend, von
ersterer durch ansehnlichere Grösse, gestreckteren Prothorax,
weitere Ausdehnung des gebräunten G'ostalsaumes der Flügel,
die Zahl der schrägen Mittelzellen u. s. w., von letzterer, mit
welcher sie in der Grösse und der dunkelen Randzeichnung
der Flügel übereinkommt, schon durch Colorit und Zeichnung
abweichend. — Fühler schlank, etwa 38gliedrig, an der Basis
und Spitze rothgelb, sonst kastanienbraun, jenseits der Mitte
selbst geschwärzt, das erte Glied doppelt so lang als das zweite,
welches so lang wie breit ist, die folgenden quer. Mandibeln
pechbraun, die Aussenseite der Basis gelblich. Auf dem leb¬
haft gelben Kopf sind eine Stirnbinde unterhalb der Fühler
und zwei quer quadratische Flecke oberhalb des Ursprungs
dieser tief schwarz, der Scheitel gebräunt. Der Prothorax auf
l seiner Länge vollkommen cylindrisch und seicht querriefig,
im vordersten Vierttheil bis auf das Doppelte der Breite stumpf
herzförmig erweitert; auf rothgelbem Grunde der Vordersaum,
ein Querfleck des Hinterrandes und drei Längsbinden, von
denen die seitlichen hinterwärts abgekürzt und nach unten
gebogen, die mittlere vorn und hinten gablig gespalten ist,
tief schwarz; die stark divergirenden vorderen Gabeläste der
letzteren vereinigen sich mit dem schwarzen Vordersaum.
Meso- und Metathorax oberhalb mit Ausnahme der Scutellar-
wülste und des Vordersaumes des ersteren, welche rothgelb
bleiben, leicht gebräunt; ein Querwulst des Mesonotum und
ein Bogenstrich am Sternum und an den Pleuren beider Ringe
schwarz. Im Costalfeld der V ordert! ügel 12 bis 13 Quoradern.
Stigma linear, unmerklich in den kaffeebraun gefärbten Costal-
saum übergehend, dieser gegen die Basis hin allmählich breiter
werdend und sich auch auf die Basalhälfte der ersten Radial-
38
A. (} ( rstaec lc e r : Vier Decaden von Neuropteren
zelle ausdehnend. Diese um die Hälfte länger als jede der
beiden folgenden; im Mittelfeld 17 schräge Zellen. Im Costal-
feld der Hinterflügel 11 Queradern; dieses vom Stigma bis
zur Basis zwischen Costa und Radius in gleicher Breite saum-
artig gebräunt; im Mittelfelde nur 15 schräge Zellen. An den
Raubbeinen die Hüften schlank, cylindrisch, länger als der
Prothorax, die Aussenseite ihres Endabschnittes mit schwarzer,
vor der Spitze abgekürzter Längsbinde. Vorderschenkel von
Prothoraxlänge, ihre grösste Breite vor der Mitte der Länge
liegend; bei dem Ursprung des grossen Innendomes ausser-
und innerhalb ein brauner Wisch ; von den 13 Aussendornen
der 3. und 7. am längsten, oberhalb des Winkels, dem grossen
Innendorn gegenüber noch drei kleine Zähnchen. Erstes Glied
der Vordertarsen um die Hälfte länger als die folgenden zu-
sammengenommen, das fünfte last doppelt solang als das vierte.
Metatarsus der Mittel- und Hinterbeine etwas länger als die
übrigen Tarsenglieder mit Einschluss der Fussklauen zusam¬
mengenommen. Letztere an ihrer breit abgerundeten, schwarz
gefärbten Spitze mit fünf Dornen bewehrt. Hinterleib ober¬
halb schmutzig rothbraun, die Basis des zweiten und der fol¬
genden Ringe rothgelb.
31. Plantispa nuchalis. Prothorace bravissimo , antennis vali-
dissimis, rufa , alarum dimidio costali fervugineo , stigmate elon-
gato rufescenti, cellulis discalibus obliquis 14 ad 15. Long.
corp. 17 — 22, prothor. 3—4, alar. ant. 20 — 22, post. 18 — 19
mill. (fern.) — Patria: Sidney et Rockhampton Australiae.
Durch die dicken Eühler, den kurzen, gedrungenen Pro¬
thorax und das Colorit der Flügel mit Plant, brunnea Sav und
nodosa Westw. (Orient. Entom. tab. 34, Hg. 7) in nächster
Verwandtschaft stehend. Fühler 45- bis 47gliedrig, äusserst
derb, einfarbig licht rostroth, das erste Glied nur wenig länger
als breit, die folgenden flach napfförmig, kurz gestielt, nur die
zehn letzten dicht aneinander schliessend und allmählich
schmäler werdend. Spitze der Mandibeln und Maxillen so wie
die Basis beider Tasterpaare pechbraun. Kopf lichter als die
Fühler, orangeroth, eine Querbinde der Stirn in der Umgebung
des Fühlerursprungs schwarz. Prothorax kaum von mehr als
doppelter Kopflänge, der vordere becherförmig erweiterte Theil
ein wenig kürzer und vom fast doppelt so breit als der durch
aus der Familie Megaloptera ßurrn.
39
eine tiefe Einschnürung abgesetzte, cylindrische hintere, welcher
an seiner vorderen Grenze zwei warzenförmige Auftreibungen
und bei seiner Mitte einen queren Kückenwulst erkennen lasst;
Färbung licht und matt ziegelroth mit schwarzer Basis. Meso-
und Metathorax oberhalb satter ziegelroth, das Mesosternum
beiderseits schwarzfleckig. Costalfold beider Flügel mit 13
Queradern; die drei Radialzellen fast gleich lang, die zweite
der Hinterflügel zuweilen durch eine Querader getheilt. Schräge
Zellen des Mittelfeldes in beiden Flügeln zu 14 bis 15; Stigma
von der Länge einer Radialzelle, braunroth. Ganz farblos ist
die Flügelsubstanz nur in Form eines Bandes, welches über
die Innenseite der ersten 8 bis 9 schrägen Zellen hinwegläuft;
dagegen erscheint der Innenrand beider Flügel blass safrangelb,
der Aussenrand in ansehnlicher Breite rostfarben, am breitesten
an der Basis und im Bereich der Schulterzellen, in welche die dun¬
kele Färbung einen Zacken hineinsendet. An den Raubbeinen
die Hüften fast doppelt so lang als der Prothorax, robust, cylin-
drisch, rostroth, mit tief pechbrauner, zuweilen verloschener
Längsbinde der Vorderseite. Hie Schenkel so lang wie die
Hüften, innerhalb nur mässig, elliptisch gerundet erweitert,
innen und aussen mehr oder weniger deutlich in Form eines
Längswisches gebräunt. Von den 18 bis 19 Aussenzähnen
der 8., 1 2. und 16. sehr viel länger als die übrigen. Vorder¬
schienen nebst Tarsen am Unterrande kurz schwarz gewimpert,
Metatarsus fast so lang wie die vier Endglieder zusammen¬
genommen, das fünfte doppelt so lang als das vierte. Mittel¬
und Hintertarsen kurz und dick, der Endrand der vier ersten
Glieder unterhalb tief schwarz beborstet. Metatarsus kaum
länger als Glied 2. bis 4. zusammengenommen, 5. etwas kürzer,
breit, kuppig gewölbt, Fussklauen an der breiten Spitze scharf
vierzahnig. Arolium mit zwei gespreizten seitlichen Ausläufern
von schwarzer Färbung. Hinterleib fast rostroth, Seiten des
ersten Ringes mit grossem goldgelben Fleck , Endsaum der
beiden vorderen Ringe geschwärzt.
32. Mantisqm manca. Testacea, fusco-varia , femoribus anticis
min* nigro-fascicitis , alis hyalinis , s igmate late triquetro fusro ,
cAlulis discalibus obliquis utriusque alae se.r. Long. corp. 131,
prothor. 4J, alar. ant. 13, post. 11 mill. (fein.) — Patria:
Amboina
40
A. Gcrstaecker: Vier Decaden von Neuropteren
Fühler dünn, licht pechbraun mit gelbem Basalglied; dieses
dick bimförmig, das zweite gebräunte und dritte cvlindriseh,
um die Hälfte länger als breit, die folgenden bis zum 22. (die
Endglieder fehlen) quadratisch. Mandiboln an Spitze und
Schneide schwarz, sonst gleich den übrigen Mundtheilen und
dem Kopf rostgelb. Stirn unterhalb der Fühler mit pech¬
brauner Mittelmakel; Scheitel matt, wie ciselirt, lederbraun,
mit kreuzförmigem Kiel, dessen vorderes Ende sich zu einer'
oberhalb des Fühlerursprungs liegenden herzförmigen Schwiele
von rothbrauner Färbung erweitert. Der schlanke, griffelförmige
Prothorax im Bereich des vordersten Vierttheils nur schwach
herzförmig erweitert, hier hinter der halben Kopfbreite be¬
trächtlich zurückstehend, auf gelbem Grunde mit zwei pech-
braunen hufeisenförmigen Makeln ; auch hinter der Mitte der
Länge und an der Basis ein ebenso gefärbtes Querband. Mcso-
und Metathorax mehr rostroth , ober- und unterhalb reich
schwarzfleckig. Flügel durchaus glashell, Costa, Subcosta und
Badius scherbengelb, das übrige Geäder pechbraun. Stigma
beider Flügel sphärisch dreieckig, nur um ein Drittheil länger
als breit, rothbraun, staubartig behaart. In beiden Flügeln nur
sechs schräge Zellen des Mittelfeldes ; die erste Radialzelle in
den Vorderflügcln nur wenig, in den Hinterflügeln fast um
die Hälfte länger als jede der beiden folgenden, die zweite
merklich breiter als die erste und dritte. An den Raubbeinen
die Hüften reichlich so lang wie der Prothorax, dünn cylin-
driscli, auf rostgelbem Grunde pechbraun gescheckt; Schenkel
etwas kürzer, am Unterrand ziemlich stark gerundet erweitert,
innerhalb mit drei pechbraunen Bindenflecken, von denen der
mittlere, auf den langen Innendorn übergehende bei weitem
der grösste; von den mehr als 20 Aussenrandsdornen der 7.,
11. und 15. am längsten. Schienen innen sehr lang meissei¬
förmig ausgezogen, Metatarsus fast doppelt so lang als die vier
Endglieder zusammengenommen; Endklaue äusserst klein, ver¬
kümmert. Mittel- und Hinterbeine lang und dünn, Hinter¬
schienen fast um die Hälfte länger als die Schenkel, Metatarsus
an beiden Paaren länger als die vier Endglieder zusammen¬
genommen, diese an Breite allmählich zunehmend; Klauen
klein, schmal , am Ende dreidornig. Hinterleib auf rostfar¬
benem Grunde mit drei schwärzlichen Längsbinden, welche
aus der Familie Megaluptera Bunn.
41
am Hinterrand der beiden Basalringe durch quere verbunden
werden.
33. Mantispa imbecilla. Testacea , fmco-varia, femoribus
anticis piceis , alis hyalinis, stigmate oblong o-triquetro, fnsco,
cellulis discalibus obliquis utriusque alae quatuor. Leng. corp.
10, protkor. 3, alar. ant. 10, post. 9 mill. (fern.) — Patria :
Rockkampton Australiae.
Fühler relativ kurz, dünn, 26gliedrig, schwärzlich, die
beiden Basalglieder rostfarben, länger als breit, die folgenden
quadratisch. Der blassgelbe Vorderkopf mit schwärzlicher,
vom Fühlerursprung bis zur Spitze der Oberlippe reichender
Mittelstrieme, der Oberkopf im Bereich zweier grubiger Ein¬
drücke und längs des Hinterrandes rothbraun, lederartig matt.
Prothorax cylindrisck, im Bereich seines vordersten Vierttheils
herzförmig erweitert, diese Erweiterung auf blassgelbem Grunde
mit vier pechbraunen Längsstriemen, von denen die seitlichen
viel breiter als die mittleren sind; der hintere gritfelförmige
Theil rostfarben, seicht querriefig. Meso- und Metathorax ober¬
und unterhalb auf scherbengelbem Grunde undeutlich schwärz¬
lich gefleckt. Flügel durchaus giashell, mit Ausnahme der
rostgelben Costa und Radius schwärzlich geadert, das Stigma
länglich dreieckig, kaum so lang wie die dritte Radialzelle,
satt rothbraun. Beide Flügel nur mit vier schrägen Zellen
des Mittelfeldes, von denen die drei ersten fussförmig ge¬
schwungen; von den drei Radialzellen die erste in den Vor¬
derflügeln um ein Drittheil, in den Hinterflügeln um die Hälfte
länger als die zweite, diese am breitesten. An den Raub¬
beinen die Hüften schlank, von Prothoraxlänge, cylindrisck,
einfarbig gelb, nur an der Aussenseite mit kleinem bräun¬
lichen Spitzenfleck. Schenkel schmal elliptisch erweitert, rost¬
farben, innerhalb bis auf die Basis pechbraun; von den etwa
20 Aussendornen der 6., 10. und 14. durch besondere Länge
ausgezeichnet. Metatarsus länger als der übrige Theil des
Fusses, die Endklaue einfach. An Mittel- und Hinterbeinen
der Metatarsus gleichfalls etwas mehr als die Hälfte der Fuss-
länge betragend; die Klauen sehr fein, am Ende zweispitzig.
Hinterleib (durch Fäulniss) pechbraun.
34. Mantispa pavida. Rufescens , pedibus anticis piceis, poste-
rioribus dilute flavis , alarum hyalinarurn stigmate elongato rufo,
42
A. Gerstaecker: Vier Decaden von Neuropteren
ntriusque alae cellulis discalibus obliquis sex. Long. corp. 8,
prothor. 2-j, alar. ant. 9, post. 8 mill. (fern.) Patria:
Rockhampton Australiae.
Der Mant. vittata Guer. und strigipes Westw. (Transact.
entom. soc. 2. ser. I. p. 7 und 9, pl. 17, fig. 1 und 3) nahe
verwandt, durch die geringere Zahl der schrägen Zellen und
das weniger verlängerte Stigma abweichend. Fühler 28- (?)
gliedrig, relativ derb , pechbraun , mit rothgelber Basis ; die
beiden ersten Glieder verkehrt kegelförmig, das dritte cylin-
drisch, um die Hälfte länger als breit, die folgenden quadra¬
tisch. Kopf rostroth mit leicht gebräunter mittlerer Gesichts¬
strieme; oberhalb des Fühlerursprungs gleichfalls eine Bräunung.
Prothorax mässig gestreckt, im Bereich des vordersten Drit-
theils erweitert, im Uebrigen cylindrisch und querriefig;
rostroth mit gebräunter Basis und Spitze. Meso- und Meta¬
thorax braunfleckig. Flügel hyalin, Costa und Radius gelb,
das übrige Flügelgeäder schwärzlich ; im Costalfeld sechs
Queradern, das Stigma langgestreckt dreieckig, aber beim
Beginn der zweiten Radialzelle aufhörend, licht blutroth. In
beiden Flügeln nur sechs schräge Zellen des Mittelfeldes;
von den Radialzellen die zweite kürzer als die erste und
dritte. An den Raubbeinen die schlanken, cylindrischen
Hüften etwas kürzer als der Prothorax, im Bereich der un¬
teren zwei Drittheile gleich den Schenkeln pechbraun; an
letzteren der 7., 11. und 13. Dorn der Aussenreihe verlängert,
der Metatarsus kürzer als die vier übrigen Glieder zusammen¬
genommen, die Endklaue einfach. Mittel- und Hinterbeine
licht wachsgelb mit braunen Trochanteren, relativ kurz und
derb, der Metatarsus nicht ganz der halben Fusslänge gleich¬
kommend, die Fussklauen schmal , am Ende zweispitzig.
Hinterleib mit gebräunter Scheibe der Rückenplatten.
35. Mantispa tenuistriga. Testacea, antennarum apice femori-
busque ant.cis intus piceis, alis ßcivescentibus, stigmate elongcito ,
sanguineo, cellulis obliquis discalibus octo. Long. corp. 15,
prothor. 4, alar. ant. 14, post. 12} mill. (fern.) — Patria:
Rockhampton Australiae.
In nächster Verwandtschaft mit Mant. scutellaris Westw.
(Transact. entom. soc. 2. ser. I. p. 10, Taf. 17, fig. 4) und
Mant. erythraea Brauer (Verhandl. zoolog. botan. Gesellsch. zu
ans der Familie Mee/aloptera Barm.
43
Wien 1867, pag. 506) stehend. Fühler 30gliedrig, rostroth,
im Bereich des Enddrittheils pechbraun ; erstes Glied kelch¬
förmig, zweites kuglig, drittes etwas länger als breit, die
folgenden quer quadratisch. Kopf und Prothorax einfarbig,
ersterer oberhalb der Fühler kaum gebräunt, Scheitel mit
glatter Längsschwiele. Prothorax nur mässig gestreckt, im
Bereich des vordersten Drittheils kelchförmig erweitert, am
Vorderrand mit drei Schwielen, auf den Querriefen des hin¬
teren Theiles zerstreut granulirt und kurzborstig. Meso- und
Metathorax oberhalb mit wenig markirter dunkler Fleckung.
Flügelsubstanz im Bereich der Scheibe aller Zellen wässerig
braun angelaufen, das Geäder schwarzbraun; Stigma blutroth,
schmal, sehr verlängert, beim letzten Drittheil der dritten
Radialzelle beginnend und fast bis zur Mitte der ersten
reichend. Die erste Radialzelle fast um die Hälfte länger
als die zweite; in beiden Flügeln acht schräge Zellen des
Mittelfeldes. An den Raubbeinen die schlanken, cylindrischen
Hüften deutlich länger als der Prothorax, lichter rostgelb als
die Schenkel, deren Innenseite mit Ausnahme des oberen
Randes und der Basis tief pechbraun gefärbt ist. Unterrand
der Schenkel bis jenseits der Mitte fast geradlinig, von da ab
bogig gerundet; von den Aussenrandsdornen der 6., 10. und
14. nur mässig gross, die übrigen sehr klein. (Vordertarsen
fehlend). Mittel- und Hinterbeine schlank, Metatarsus knapp
so lang wie die vier folgenden Glieder zusammengenommen;
Fussklauen einfach scharf zugespitzt, am Ende leicht gebräunt.
Hinterleib einfarbig.
Theristria, nov. gen. Mantispid.
1 ertex tumidus. Pronotum breviusculum , setulosum. Pedes an-
ticipilosi , femoribus parum dilatciti:, tarsis biunguiculatis. Utri-
usque cdae cellulae mediales obliquae vniseriatae.
Von Mantispa , mit welcher diese neue Gattung im
Flügelgeäder, besonders durch die nur in einer Reihe vor¬
handenen schrägen Zellen des Mittelfeldes überein stimmt,
weicht sie durch den polsterartig gewölbten Scheitel, die
kurze, borstige Behaarung des wenig verlängerten Pronotum,
die schmalen, linearen oder nur schwach verbreiterten Vorder¬
schenkel und die regulär ausgebildeten, d. h. mit zwei Fuss¬
klauen und Haftlappen versehenen Vordertarsen ab. Durch
44
A. Ge r s tae c k er : Vier Decaden von Neuropteren
letztere mit Drepanicus Blanch. ( Ditcucis Lachl.) übereinstim¬
mend, unterscheidet sie sich von dieser wieder durch die nur
in einer Reihe vorhandenen schrägen Mittelzellen der Flügel.
Es gehören dieser Gattung ausser der im Nachfolgenden
zu beschreibenden Art auch Mantispa delicatula und dis-
color Westw. (Transact. entom. soc. 2. ser. I. p. 11 f., No.
36 und 37, pl. 17, fig. 5 und 6) aus Australien und Man-
tispa irrorata Erichs. (Zeitschr. f. Entom. I. p. 162, No. 5)
angeblich aus Brasilien, vermuthlich aber, wie viele Insekten
aus der ehemals Virmond’schen Sammlung, gleichfalls austra¬
lisch, an. Letztere Art entfernt sich übrigens von den beiden
Westwood ’schen und der folgenden neuen Art habituell
nicht unwesentlich durch merklich breitere, schwarzfleckige
Flügel, relativ grosses Stigma und das hinter der Basis stark
erweiterte Costalfeld.
36. Theristria felina. Pvothovace setuloso femoribmque pode-
vioribus breviusculis , edis angustis hgalinis , digiaate testace ,,
fusco-signato , cellulis obliquis discalibus octo. Long. corp. 94
(mas) — 18 (fein.), prothor. 3, alar. ant. 16, post. 144 mill.
Patria: Peak Downs Australiae.
Von 7 her. discolor Westw. schon durch viel geringere
Grösse und die Zahl der schrägen Mittelzellen der Flügel
unterschieden; das Männchen nur halb so gross als das
Weibchen. Fühler lang und dünn, etwa 40gliedrig, tief
schwarz, die beiden ersten Glieder schmutzig braungelb ; das
erste becher-, das zweite knopfförmig, die nächstfolgenden
quadratisch, allmählich länger werdend. Die Endglieder der
Taster, die Spitze der Mandibeln und eine Mittelstrieme auf
Clypeus und Oberlippe pechschwarz. Stirn oberhalb der Fühler
geschwärzt, der blasig aufgetriebene Scheitel braun, dicht und
fein greis seidenhaarig, fast von vierfacher Breite jedes Auges.
Prothorax fast nur doppelt so lang als vorn breit, im Bereich
der hinteren Hälfte cylindriseh, querriefig, überall mit kleinen
borstentragenden Wärzchen besetzt und auf braunem Grunde
greis seidenhaarig, mit gelblicher Mittelstrieme. Meso- und
Metathorax vorwiegend schwärzlich , oberhalb in der Mitte
rostgelb gefleckt. Flügel relativ lang und schmal, glashell,
Costa, Radius und die Queradern der Basalzellen scherben¬
gelb, das übrige Flügelgeäder pechbraun. Im Costalfeld acht
45
aus der Familie Meejaloptera Ihirm.
Queradern; Subcosta beim Beginn des Stigma stark vom Ra¬
dius abbiegend, das längliche Stigma daher gegen die Basis
stark verschmälert, scherbengelb mit pechbraunem Spitzen¬
fleck, im Bereich des letzteren mit einigen Queradern. Alle
drei Radialzellen schmal, parallel, die erste fast so lang wie
die beiden anderen zusammengenommen. In beiden Flügeln
acht schräge Zellen des Mittelfeldes, die Schulterzellen ver¬
längert; die Randader im Bereich der Flügelspitze gegabelt.
An den Raubbeinen die Hüften merklich länger als der Pro¬
thorax, aber beträchtlich kürzer als die nicht erweiterten,
last drehrunden Schenkel, letztere innen und aussen, erstere
hinten pechbraun, im Uebrigen braungelb. An den Schen¬
keln von den 14 Dornen der Aussenreihe der 2., 4. und 8.
verlängert; der lange Innenrandsdorn dünn. Vorderschienen
sehr verlängert, schwach gekrümmt, Metatarsus kaum halb so
lang als die vier folgenden Glieder zusammen , das Endglied
mit zwei gekrümmten und zugespitzten Fussklauen und aus¬
gebildeten Haftlappen. An Mittel- und Hinterbeinen die
Schenkel auffallend kurz und derb, nur halb so lang als die
Hinterschienen ; Schenkel unterhalb, Schienen an der Basis
pechbraun gestriemt. Metatarsus kaum doppelt so lang als
jedes der folgenden Fussglieder; Fussklauen scharf zugespitzt,
mit kleinem Zahn unterhalb vor der Spitze. Hinterleibsseg¬
mente oberhalb mit gabelförmiger rothgelber Fleckenzeichnung
auf pechbraunem Grunde.
87. Ancylopteryx splendidissima. Lutea, antennis peäibus-
que pallide testaceis , tibiarum intevmediavum annulo fusco ,
tarsorum omnium apice nigro-piceo: alis hyalinis , splendide
aureo-micantibus , testaceo-venosis, anticis multifariam fulvo-
pictis. Long. corp. 6£, antenn. 9, alar. ant. 10, post. 9 mill.
— Patria : Abo (Camaroons), Buchholz.
Körper einfarbig licht rothgelb, weisslich behaart. Scheitel
hell fleischroth, Fühler blassgelb, beträchtlich länger als der
Rumpf. Flügel vollkommen glasartig, dabei aber in den leb¬
haftesten Metallfarben, besonders grünlich golden und kupfrig
roth schillernd, durchweg licht gelb geadert, weisslich gelb
gefranst. Costalfeld der Vorderflügel an der Basis stark
bauchig gerundet und hinter derselben fast dreimal so breit
als in der Stigma-Gegend, mit 24 einfachen Queradern ; von
46
A. G er s laeclce r : Vier Uecaden von Nenropteren
diesen einige bei ihrer Einmündung in die Subcosta fein schwarz
getupft, was in gleicher Weise bei einigen in den Radius und
in den Innenrand ausmündenden der Fall ist. Während die
Hinterflügel nur längs des Innenrandes eine leichte Flecken¬
trübung, den Einmündungen der Quer- und Gabeladern ent¬
sprechend, erkennen lassen, erscheinen die Vorderflügel mit
sehr mannigfacher und zierlicher Hieroglyphenzeichnung von
gelbbrauner Färbung geschmückt, und zwar wird diese Zeich¬
nung der Hauptsache nach durch Umsäumung der Queradern,
nebenher freilich auch noch durch Tinktion der Flügelsub¬
stanz selbst hervorgerufen. Im Costalfeld sind die 2. bis 4.
Ader bei ihrer Ausmündung , ferner eine schräg gegen die
Subcosta über die 8. bis 12. Ader verlaufende Strieme, sodann
der Raum zwischen der 15. und 16. Ader gebräunt. Diese
beiden Aussenrandsflecke bilden den Ausgang für zwei zick-
zackformige und fein zerschlitzte, gegen den Innenrand hin
verlaufende Querbinden, während ausserdem durch Umsäu¬
mung der zwischen den Radiussectoren befindlichen Queradern
eine Sförmig gebogene lineare Strieme quer vor dem Hinter¬
rand und zwei kurze, im inneren Anschluss an den Radius
gebildet werden. Auch die in den Spitzentheil des Innen¬
randes einmündenden Gabeladern sind fleckenartig umflossen.
Beine blassgelb , Schienen sogar weisslich , mit langer und
dichter weisser Behaarung. Hinterschienen um mehr denn
die Hälfte länger als die Schenkel, die mittleren mit breitem
pechbraunen Ring unterhalb der Mitte , dieser auch dunkel
beborstet. Endglied aller Tarsen in scharfer Abgrenzung
gegen die vier bleichgelben basalen schwärzlich pechbraun;
Fussklauen röthlich.
38. Osmylus perspicillaris. Piceus , nitidus, antennis basi ex-
cepta pedibusque testaceis, alis angustulis, lanceolatis, fusco-
venosis , anticarum area costali , margine interno apiceque fusco-
variis et maculatis, hujus litura oblonga vitrea, posticarum limbo
tantum fusco-nebuloso. Long. corp. 10, alar. ant. 20, post.
18 mill. — Patria: Darjeeling.
Etwas kleiner und zierlicher als Osmyl. chrysops Lin.
( maculatus Fab.), von dem er sich auch durch relativ schmä¬
lere Flügel unterscheidet. Fühler licht scherbengelb, das ver¬
dickte Basalglied gleich Kopf und Thorax glänzend pechbraun,
aus der Familie Megaloptera ßi/rm.
47
letztere einfarbig, sparsam schwarz- und greisborstig. Das
Costalfeld der Vorderflügel von der Basis aus nur allmäh¬
lich und ungleich schwächer erweitert als bei der einheimischen
Art, seine Queradern sämmtlich ungegabelt. Die Queradern
zwischen den Aesten des Sector radii secundus zahlreicher und
die durch dieselben gebildeten Zollen besonders im Bereich
der Spitzenhälfte des Flügels daher weniger langstreckig als
bei Osmyl. chrysops. Zwischen Vena analis und dem Innen¬
rand unmittelbar hinter der Basis zwei oblonge und fünf quere
Zellen nebeneinander, dann nur eine Reihe quere und zum
Theil durch Gabeladern gebildete. Die dunkele Fleckenzeich¬
nung im Ganzen wie diejenige des Osmyl. chrysops angeordnet,
im Einzelnen jedoch nicht unwesentlich moditicirt. Das Ge¬
äder fast durchgehends einfarbig pechbraun, nurSubcosta und
Radius lichter braungelb gescheckt. Im Costalfeld bis zur
Stigmagegend abwechselnd deutlichere und schwächere braune
Flecke von annähernder X-Form , das gelbe Stigma selbst
beiderseits intensiver braun begrenzt. Drei grössere braune
Flecke ferner im Verlauf der Cubiti und (der dritte grösste)
des Sector radii primus. Ausserdem der Innenrand bis zum
Cubitus posterior und das Spitzenvierttheil des Flügels auf
wässrig braunem Grunde dunkler gewölkt, auf letzterem im
Anschluss an einen von der Spitze herkommenden dunkler
braunen Wisch ein länglicher, völlig glasheller Fensterfleck.
Hinterflügel beträchtlich kürzer als die vorderen, mit
schmälerem Costalfeld, etwas lichter, mehr gelbbraun geadert,
die dunkele Fleckung unscheinbarer und beschränkter; im
Costalfeld nur zwei das gelbe Stigma einschliessende flecken¬
artige Bräunungen, sonst nur die Spitzenhälfte des Innenrandes
lichter, das Ende der beiden Cubiti und die sich ihnen an¬
schliessenden beiden letzten Reihen von Treppenadern dunkler
striemenartig gebräunt. Beine licht rostgelb. Hinterleib ober¬
halb matt graubraun, dünn greisborstig.
Nesydrion, nov. gen. Nvmphid.
Antennae validiusculae , apicem versus attenuatae. Alae obtuse
lanceolatae, area costali sat lata, apicem versus confertim
venosa, sectore radii primo longe ante secunduin furcato , cellu-
larum inter cuhitum posteriorem et marginem analem sitarum
Tibiae intus breviter calcaratae.
sene urnca.
48
A. Gerstaecker: Vier Decaden von Neuropteren
Die Gattung hält gewissermassen die Mitte zwischen
Nymplies Leach und Myiodactylus Brauer. Mit ersterer
durch die relativ kürzeren und gegen die Spitze hin deutlich
verdünnten Fühler so wie durch die an der Spitze ihrer
Innenseite mit einem kurzen Sporn bewehrten Schienen über¬
einstimmend, weicht sie durch die weniger gestreckten, abge¬
stumpft lanzettlichen Flügel und das mehr an Myiodactylus
erinnernde Geäder derselben ab. Wie bei letzterer Gattung
ist das Costalfeld ungleich breiter, von sehr zahlreichen, mit
Ausnahme des Basaldrittheils dicht gedrängten Queradern
durchzogen; auch setzt sich der im Anschluss an dasselbe
befindliche, dicht geaderte, breite Spitzensaum von dem regel¬
mässigen Maschengeäder der Scheibe in gleich scharferWeise
wie bei Myiodactylus ab. Der Sector radii primus gabelt sich
viel näher der Flügelbasis als bei Nymplies , nämlich bereits
im Bereich des ersten Vierttheils der Länge und mithin früher
als der Sector radii secundus Aeste aus sich hervorgehen
lässt. Endlich findet sich auch zwischen Cubitus posterior
und dem Innenrand beider Flügel nur eine Reihe länglich
viereckiger Zellen (anstatt der bei Nymplies myrmeleonides vor¬
handenen Doppelreihe). Ein durch lichtere Färbung ausge¬
zeichneter Stigma- oder Spitzenfleck geht beiden Flügeln ab.
89. Nesydrion fuscum. Fusco-testaceum, antennis basi excepta
piceis, pedibus ferrugineis , alis griseis, venis omnibus infuscatis ,
spatio costali lituraque anteapicali obscurioribus. Long. corp.
18, antenn. 10, alar. ant. 29 — 80, post. 27 — 28 mill. —
Patria: Australia.
Körper schmutzig braungelb , leicht glänzend , sparsam
greis behaart. Basalglied der sonst schwärzlich pechbraunen
Fühler gleich Tastern und Beinen reiner und lichter rostgelb.
Eine abgekürzte Rückenlinie und zwei Seitenstriemen des
Pronotum so wie jederseits ein rundlicher Fleck auf Meso-
und Metanotum schwärzlich. Im Costalfeld der Vorderflügel
die Queradern bis etwa zur achtzehnten noch sperrig und
einfach , die folgenden immer enger aneinander rückend,
schräger verlaufend und sich zum Theil gegen die Costa hin
gabelnd. Flügelsubstanz bis auf die lichtbraun umflossenen
Adern glashell, jedoch dem unbewehrten Auge grau erschei¬
nend, alle Adern pechbraun. Am stärksten gebräunt die
Stigma - Gegend des Costalfeldes und eine wischartige Makel
ans der Familie ]\fegaloptera Burm.
49
auf der Grenze des dicht geaderten Randsaumes zum Schei¬
benfelde. Der Sector radii secundus zehn Aeste abgebend,
von denen die vier der Spitze zunächst gelegenen nur noch
durch vereinzelte Queradern verbunden sind. Zwischen Sector
radii primus undCubitus anterior zuerst nur eine, dann zwei
Zellenreihen. Hinterleib mit rostgelbem Genitalring.
40. Myi odactylus placidus. Vitellinus , parce albido-pilosus ,
antennis apicem versus interdum infuscatis , pronoti lituris dua-
bug lateral ibus, meso- et metanoti punctis nonmdlis nigricantibusy
alis obtuse lanceolatis , hyalinis , stigmate venisque longitudinalibus
jfiavis, anticarum venulis transversis f er e Omnibus nigris , spat io
costali parum dilatato. Long. corp. 15, antenn. 9£, alar. ant.
21, post. 20 mill. (fern.) — Patria: Peak Downs Australiae.
Durch die schmäleren, mit schwächer erweitertem Costal-
feld versehenen Flügel dem Myiod. sejunctvs Walk., Lachl.
(Journ. Linn. soc. IX. p. 263) ungleich näher stehend als dem
Myiod. osmyloides Brauer (Verhandl. zoolog. botan. Gesellsch.
XVI. p. 991, Taf. 19, fig. 3), von beiden übrigens schon im
Colorit abweichend. — Körper mit Einschluss der Fühler und
Beine dottergelb, dünn weisslich behaart. Fühler zuweilen
gegen die Spitze hin leicht gebräunt, Mandibeln mit rothbrauner
Schneide. Zwei kleine längliche Wische an jeder Seite des
Pronotum so wie einige Punkte auf Meso- und Metanotum, je
einer auch auf der Wurzel der Vorderflügel schwärzlich. Flügel
länglich, von Chrysopa-Yorm : in den vorderen alle Längs¬
adern und das Stigma (dieses intensiver) gelb, die Queradern
dagegen fast durchgehends tintenschwarz, nur die dem Stigma
vorangehenden des Costalfeldes lichtbraun. Letzteres in seiner
ganzen Länge nur massig verbreitert, von seinen Queradern
nur wenige kurz vor der Costa gegabelt, die meisten ein¬
fach; die Randadern des Spitzensaumes grünlich, mit schwarz
betupfter Gabelung, ln den Hinterflügeln die Costa, Sub-
costa, der Radius und das Stigma gleichfalls gelb, die folgenden
Längsadern bleicher und stellenweise hellgrün untermischt; die
Queradern nur gegen die Basis des Costalfeldes und der Radial¬
gegend hin schwärzlich getupft, im Allgemeinen licht braun,
im Bereich der Cubiti selbst blassgelb und grünlich, daher die
Hinterfliigel für das unbewaffnete Auge viel weniger deutlich
genetzt erscheinen als die vorderen.
4
50
Das Thal der Nievole
in Toscana.
Botanische Skizze
von
Ludwig Holtz.
Sind wir die südlichen Abhänge der Tyroler Alpen durch
das Etschthal hinabgestiegen, hat uns einen Vorgeschmack
von dem Zauber des Südens die grosse endlose Lombardische
Ebene gewährt, welche sich, einem grossen Garten gleich, vor
unseren Augen ausbreitet und über welche sich der bekannte
wolkenlose, blaue, entzückend schöne Italienische Himmel
wölbt; haben wir dann in Verona übernachtet und führt uns
am anderen Morgen die Bahn durch die reich bebauete Ebene
weiter dem Süden zu; so tauchen vor uns zur Rechten, frei¬
lich zuerst noch in weiter Ferne aber nach und nach mehr
hervortretend, die von der Morgensonne beleuchteten, weiss¬
grau schimmernden Spitzen und Bergrücken der Apenninen
auf, und , sind wir durch Bologna gekommen , beginnt die
Bergfahrt durch dieselben.
Wenn nun auch an Grossartigkeit die Etruskischen
Apenninen sich nicht mit den Tyroler Alpen messen können,
so ist doch die eigenartige wilde, wechselvolle Natur dieses
Höhenzuges, hinsichtlich Zerklüftung und Bewachsung eine
so packende und fesselnde, dass es dem Geologen und Bo¬
taniker sowie dem Touristen schwer wird , die Bilder dem
Gedächtnisse dauernd einzuprägen, die hier den Blicken vor¬
übereilen.
Die Apenninenbahn , eine der grossartigsten Bauten der
neueren Zeit, führt zuerst durch das Thal des Reno ins Ge¬
birge hinauf, bleibt bis Porretta in demselben, schlängelt sich
Ludwig lloltz: Das Thal der Nievole in Toscana.
51
dann auf der Fasshöhe eine Zeitlang fort und senkt sich hin¬
ter Pracchia dem Süden zu. t
Haben wir nun während einer Fahrt von vier Stunden
unzählige Brücken liberfahren, eine Menge von Gallerien
passirt und 45 Tunnel durcheilt, so breitet sich vor unseren
Blicken wieder eine, nach Westen und Osten durch Gebirgs¬
züge begrenzte, nach Süden offene, weite Ebene aus, eine
mit Baumanpflanzungen überdeckte Fläche, aus deren Grün
die weissen Häuser unzähliger Dörfer, stattliche Villen und
niedliche Häuschen hervorschimmern — die Ebene von Tos¬
cana, der Garten Italiens.
Bald haben wir die alte Stadt Fistoja mit 12000 Ew. er¬
reicht, von wo die, nach Lucca, Fisa und Livorno führende
Eisenbahn zuerst das Thal der Nievole durchläuft, nachdem
sie den, vor dem Thale liegenden Höhenzug durch einen
Tunnel passirt hat.
Wir wählen aber, um nach dem Thal zu gelangen, den
Weg über das Gebirge, einen sich in südlicher Richtung er¬
streckenden Ausläufer der Apenninen , den Höhenzug von
Albano.
Die alte wohlgebauete und gut erhaltene Strasse führt
uns zu der 142 Mtr. hohen Fasshöhe bequem hinauf, von
welcher wir leicht und in kurzer Zeit das alte Städtchen
Serravalle erreichen, welches zur Rechten auf einer 183 Mtr.
hohen Anhöhe liegt, durch deren Grundfeste der Tunnel für
die Eisenbahn geschlagen ist.
Die dominirende Lage der Berghöhe, von welcher man
gegen Osten einen grossen Theil des „Gartens von Italien“
überschauen kann und gegen Süden einen Ueberblick des
Thaies der Nievole hat, ferner die alten Wahrzeichen — die
rings um das Städtchen geführte starke Mauer und die zwei
hohen, an der östlichen und westlichen Seite der Stadt sich
betindenden, noch ziemlich gut erhaltenen Wartthürme, welche
nur an den Ecken einige, von Blitzen gestreifte, schadhafte
Stellen zeigen — lassen leicht errathen , welche Bedeutung
in alter Zeit diesem Funkte beigemessen wurde.
Es erzählt uns auch die Geschichte, dass die alte Veste
Serravalle vielfach umworben und ein ewiger Zankapfel zwischen
den Rachbaren, den Luccensern und Pistojesen gewesen ist,
4*
52
Ludwig Holtz: Das Thal der AJievole in Toscana.
bald von der einen, bald von der anderen Partei erobert
wurde und zuletzt sogar im Besitze beider gleichzeitig war,
in der Weise, dass eine, mitten durch die Stadt von Norden
nach Süden geführte Mauer, welche noch erhalten, die Terri¬
torien der Gegner von einander trennte.
Von hieraus, der Wasserscheide zweier Flüsse, von wel¬
chen der Ombrone, in südlicher Richtung Pistoja vorbeifliessend,
den Garten Italiens durchströmt und sich dann in den Arno
ergiesst, während sich die Nievole, dem Süden zuwendend,
in die Sümpfe von Monsummano oder Fucecchio verliert, in
welche sich auch diePeschia ergiesst, derenGewässer dann gleich¬
falls vom Arno aufgenommen werden, hat man eine vorzüg¬
liche Uebersicht über das in Rede stehende Thal. Im Anfänge
nur schmal, sich nach und nach aber in der Richtung nach
Süden mehr ausbreitend, verläuft es weiter in eine grosse
Ebene, in welcher man unzählige Niederlassungen und Baum-
anpflanzungen unterscheidet, aus welcher sich aber auch, in¬
mitten grüner Wiesen, Rohr- und Schilfpläne, schimmernde
Wasserflächen abheben — die Sümpfe von Monsummano oder
Fucecchio — während am fernen Horizonte, in südwestlicher
Richtung die weissschimmernden, hohen Pisaner Berge dem
Auge Halt gebieten.
Gegen Norden ist das Thal begrenzt durch die bei Serra-
valle sich aufthürmenden Gebirgsmassen der Apenninen, gegen
Westen gleichfalls durch südliche Ausläufer derselben, die
Berge von Montecatini, aus welchen sich als höchster Punkt
der 290 Mtr. hoho Montecatini Alto erhebt, auf welchem sich
die Ruinen eines römischen Kastells, ein Karmeliterkloster
und eine geringe Anzahl anderer Gebäude befinden.
Gegen Osten liegt der vorher erwähnte Höhenzug von
Albano, dessen höchster Punkt, der Belvedere, eine Höhe von
493 Mtr. erreicht, welchem Höhenzuge sich, dem Thale zu,
der 340 Mtr. hohe Monsummano Alto anlehnt, dessen breit¬
flächige Kuppe ein ausgedehntes Ruinenfeld von Thürmen und
Mauern einer alten Burg zeigt, von welchen ein ziemlich
hoher Thurm noch gut erhalten ist und zwischen welchen sich
noch eine Kirche und einige bewohnte Häuser befinden.
Die Abhänge dieser, das Thal begrenzenden Höhenzüge
senken sich langsam bis zur Thalsohle hinab.
Ludwig Holt z: Das Thal der Nievolt in Toscana.
53
Die Nievole, aus dem nördlichen Höhenzuge , westlich
von Serravalle, hervorkommend, theils in ihrem natürlichen
Bette ihren Lauf nehmend, hier und dort aber auch und nicht
selten, wo sie bebauete Ländereien bedrohet, durch Uferbauten
gebändigt, durchfliesst das Thal in seiner ganzen Länge.
Es ist ein Flüsschen, welches, viel Sand und Geröllstücke
mit sich führend, in regenlosen Zeiten an vielen Stellen ein
grösstentheils trockenes Geröllbett zeigt und recht harmlos
aussieht, welches indess aber auch, wenn der Schnee in den
Apenninen aufthauet oder plötzliche und anhaltende Regen¬
güsse ihm viel Wasser zuführen, zu einem recht stattlichen,
durch die Massen und Gewalt seiner Fluthen verderbenbrin¬
genden , reissenden Flusse an schwellen kann.
Viele Mühlen prolitiren von dem Wasser der Nievole,
zahlreiche Brücken vermitteln die Kommunikation, Landstrassen
und Fahrwege durchsetzen das Thal und an den Abhängen
des westlichen Höhenzuges zieht sich die nach Lucca, Pisa
und Livorno führende Eisenbahn entlang.
Das am Fusse des Monsummano Alto belegene Städtchen
Monsummano basso mit circa 5800 Ew. schlechtweg Mon¬
summano genannt, die zahlreichen, im Thal und an den
Lehnen bis zu den Kuppen hinauf, zwischen Gärten und
Weinbergen zerstreuet belegenen grösseren und kleineren
Niederlassungen, deren weisse Häuser sich angenehm aus dem
Grün abheben, verleihen dem ganzen Thale ein idyllisches
Ansehen.
Ich hatte Gelegenheit zu zweien Malen in diesem schönen
Stücke des Toskanerlandes zu weilen und zwar vor 10 Jahren,
während einer Dauer von drei Wochen, im Monate Juli in
dem Städtchen Monsummano im Albergo di Garibaldi bei dem
liebenswürdigen Wirthe Guiseppe Bini und das zweite Mal
im vorigen Jahre während drei Wochen im August und Sep¬
tember, als Gast der hochgeachteten Frau von Lapini, welche,
im Besitze eines vorzüglichen Weingutes ihre inmitten desselben
und fast inmitten und im schönsten Theilo des Thaies bele¬
gene Villa Belluccio mit ihrer Nichte bewohnte.
Ich habe demnach Zeit und Gelegenheit gehabt, zu ver¬
schiedenen Jahreszeiten das Thal , sowie seine Lehnen und
die ringsum belegenen Höhen abzustreifen, zu beobachten und
54 Ludwig Ho Itt: Das L'hal der A/ievol t. in l'oscana.
zu sammeln. Daneben aber habe ich auch nicht versäumt
dem Treiben der Land- und Weinbauer zuzuschauen , der
Kultur der Brod-, Wein- und Oelfrüchte meine Aufmerksamkeit
zu widmen, habe mich in den Sachen, welche mir zuerst
unklar erschienen, durch meinen Freund Enrico Pestei, den
Bruder der vorbenannten Dame, der sich schon während 22
Jahren in dortiger Gegend als Administrator bedeutender
Weingüter aufhält, belehren lassen und will versuchen, im
Nachstehenden ein Bild jenes Thaies zu entwerfen.
Die Lage desselben, gegen die kalten Winde geschützt
und nur gegen Süden offen, der Boden, zum grössten Theile
aus einem aufgelösten, mit Thon vermischten Schiefer be¬
stehend, die vielen kleinen Quellen und Bäche, welche zahl¬
reich aus dem Gestein hervortreten , dem Thale Zuströmen
und allenthalben peinlich aufgefangen und zur Bewässerung
der Ländereien benutzt werden, begünstigen die Vegetation
der angebaueten Nahrungspflanzen und Fruchtbäume ganz
ausserordentlich.
Die Kultur, resp. Bearbeitung des Bodens wird dagegen
wieder sehr erschwert, wesshalb man oft gezwungen ist den
Terrassenbaii anzuwenden, das heisst die Flächen möglichst
horizontal zu bearbeiten und dieselben dann mit Stein- oder
Rasenmauern nach den abhängigen Seiten zu umgeben, um
die Abschwemmung des kultivirten Bodens zu verhindern.
Während die Form der kultivirten Lehnenflächen nun
davon abhängt, ob hier oder dort Gesteinmassen zu Tage
treten oder noch nicht in Kultur genommene, mit Haide,
Gesträuchen oder Bäumen bewachsene Flächen vorhanden
sind, haben die der Ebene nahen oder in der Ebene selbst
befindlichen Kulturflächen immer eine längliche Form, sind
von Gräben umschlossen und gewöhnlich mit Hecken um¬
geben. Die Seiten derselben sind nach Innen zu mit Bäumen
bepflanzt, welche 10 bis 20 Fuss von einander entfernt sind
und, wo nicht durch die Lage bedingt sich in kurzen Zwischen¬
räumen Terrasse auf Terrasse folgt, auch mit Baumreihen in
ungefähr 20 Fuss Entfernung von einander durchsetzt, zu
welchen man sich in der Ebene der Ahorn-, Maulbeer- und
Obstbäume, auch der Pappeln und Weiden, auf den höher
gelegenen terrassirten Flächen der Oelbäume bedient.
Lud wie/ .. Holtz : Das Thal der Nievole in Toscana.
55
ln den Reihen, mit diesen Bäumen wechselnd, auch sich
denselben anlehnend, finden die Weinstöcke ihre Plätze, wäh¬
rend die Räume zwischen den Baumreihen zum Anbau von
Getreide und Futterpflanzen benutzt werden.
Man ist aber stets bedacht, dem Wein stocke die sonnigsten
Plätze zu gewähren, während der Oelbaum mit den schattigen,
steilen und steinigtsten Abhängen zufrieden sein muss. Ver¬
einzelt in den Baumreihen oder an abseitigen Plätzen sieht
man auch den Feigen-, Pfirsich- und Quittenbaum.
Ausser vielen Gemüsearten und zur Nahrung bestimmten
Pflanzen, welche theils in Gärten, thoils an abseits gelegenen
Orten angepflanzt werden, kultivirt man nun auf den vorher
bezeichneten Flächen, den sogenannten Weinbergen besonders:
1. an Nahrungs- und Futterpflanzen:
Winter- und Sommerwaizen, Winter- und Sommergerste,
Hafer, Mais, Hirse, Bohnen, Lupinen, Klee und
Rüben und
2. an Fruchtbäumen:
Apfel-, Birn-, Pflaumen-, Aprikosen-, Pfirsich-, Feigen-
und Wallnussbäume, vorzugsweise aber den Weinstock
und den Oelbaum.
Betrachten wir nun zuerst die Kultur
1. der Nahrungs- und Futterpflanzen und zwar:
a. auf den in der Ebene sich befindenden und
b. auf den an den Abhängen belogenen Flächen.
Auf den in der Ebene sich befindenden Flächen
findet ein dreijähriger Turnus statt, so dass in den ersten
beiden Jahren Waizen gebauet wird, welchem im dritten Jahre
Mais folgt.
Zur Bcstel lung desWaizens werden nach der Erndte
des Mais die Flächen mit 2 oder 4 Ochsen tief gepflügt, mit
einer sein- primitiv konstruirten Egge geglättet und sodann
mit Lupinen zur Gründüngung breitwürfig besäet.
Nach dem 20. October werden zur Düngung auf die
grünen Lupinen kurzer Kuh- und Pferdedung und gekochte
Lupinen gostreuet und der Waizen breitwürfig ausgesäet,
worauf mit einem zweiflügeligen Pfluge in Entfernung von
etwas mehr als einem Meter von einander in gerader Linie
56
Ludwig Holtz: Das Thal der Nievole in Toscana.
Furchen aufgezogen werden und man mit der ausgepflügten
Erde die besäeten Flächen bedeckt.
Auf den Flächen, welche man wässern kann, wird im
Mai des nächsten Jahres in den Furchen noch der Saame
der mit überhängender langer, kolbenartiger Rispe versehenen
Vogelhirse — Panicum italicum — gesäet, welche nach der
Waizenerndte gejätet, mit Jauche gedüngt und gegen Ende
Septembers oder Anfang Octobers geerndtet wird und gewöhn¬
lich eine vorzügliche Löhnung geben soll. Auf sehr schönem
Boden, der zugleich gewässert werden kann, nimmt man auch
wohl nach der Waizenerndte noch Mais mit Bohnen.
Die Waizenaussaat zieht sich zuweilen bis Ende No¬
vembers hin.
Auf die Cultra. pistojese säet man in der Ebene 25 Liter,
auf den Höhen 38 Ltr., da in der Ebene gewöhnlich 4 bis 5
und mehr Halme, auf den Höhen selten mehr als 2 Halme
dem Samenkorn entspriessen , wesshalb man in der Ebene
gewöhnlich das 12te bis 13te Korn hat, während man auf den
Höhen nur das 6te bis 8te erndtet.
Verkauft wird der Waizen in Säcken von 75 Liter Inhalt,
im Gewichte von 168 bis 175 Pfd. italienisch, für den Preis
von 20 bis 21 Lira.*)
Der Waizen ist sehr hart und wird gewöhnlich zu
Maccaroni verarbeitet.
Der Uebergang vom Waizen zum Mais im dritten
Jahre wird gewöhnlich durch Sommerklee — Trifolium incar-
natum — vermittelt, welcher gleich nach der Waizenerndte
nach dem ersten Regen gesäet und im Frühjahr geschnitten
wird.
Zum Anbau des Mais wird sodann im März und April
der Acker gegraben, worauf mit dem Pfluge Furchen in Ent¬
fernung von i Mtr. von einander gezogen werden, in welche
man guten kurzen Kuh- und Pferdedung streuet, auf diesen
den Mais mit Bohnen zusammen legt und die Furchen leicht
mit einer kleinen Harke zudeckt. Nach 6 — 8 Tagen, je nach
der Witterung keimt der Mais, während die Bohnen schon
früher gekeimt sind. Nach Verlauf von 3 Wochen, wo der
*) Anmk. 1 Lira = 1 Fr., 1 Pfd. italienisch — | Pfd. deutsch.
L u d w i g Holtz :
Das Thal der Nievole in Toscana.
57
Mais ungefähr die Höhe von i Fuss erreicht hat, wird die
Furche völlig mit Erde gefüllt und mit verdünnten mensch¬
lichen Exkrementen übergossen*) und nach weiterem Verlaufe
von 3 Wochen, wo er ungefähr 1-J Fuss hoch ist, wird er
gejätet, verzogen und seinem ferneren Wachsthum überlassen.
Nach Saamenansetzung wird die Pflanze nach und nach
zur Grünfütterung zuerst der männlichen Bliithen und der
oberhalb der Kolben sich befindenden und sodann auch der
übrigen Blätter entkleidet, so dass schliesslich zur Nachreife
nur die Stengel mit den Kolben nöch eine Zeitlang stehen
bleiben. Bei Abnahme der Kolben werden auch die Stengel
abgesichelt, in Bündeln zur Hofstelle befördert und dort zur
Streu verwendet oder verbrannt, die Kolben sodann von den
Hüllblättern befreiet und auf der nahe dem Gehöfte sich be¬
findenden Erdtenne mit leichten Flegeln ausgedroschen.
Es werden zwei Arten angebauet und zwar der kleine,
welcher 3 — 4 Fuss hoch und in 50 Tagen reif wird und der
grosse, welcher die Höhe von 5—6 Fuss und darüber er¬
reicht und eine Reifezeit von 80 Tagen beansprucht; jedoch
wird die Zeit der Reife durch geringere oder grössere Feuch¬
tigkeitsniederschläge mehr oder weniger bedingt.
Her Mais giebt ungefähr das 36ste Korn, wird verkauft
in Säcken zu 75 Ltr. Inhalt, im Gewichte von 150 Pfd. und
kostet ein solches Quantum 10 — 15 Lira, weniger als 10 nie,
mehr als 15 selten.
Die Bohnen — Fagioli romani — welche mit dem Mais
gesäet und nach und nach gepflückt werden , gehören der
gewöhnlichen Kletterbohne — Phaseolus vulgaris — an.
Die Moorhirsearten — Sorghum — werden hinsichtlich
ihrer Kultur ebenso behandelt wie der Mais, haben auch mit
demselben die gleiche Stellung in der Fruchtfolge. Wenn
die Saamen angesetzt haben, werden nach und nach, wie bei
dem Mais, gleichfalls die Halme von unten nach oben ent¬
blättert und die Blätter zur Grünfütterung verwendet, während
man nur die obersten 2 oder 3 Blätter bis zur vollständigen
Fruchtreife des Saamens verschont.
*) Anmk. Die menschlichen Exkremente werden sehr fleissig ge¬
sammelt, verdünnt und in flüssigem Zustande verkauft. Man zahlt für 45 Ltr.
circa 28 Centimes — 1 Lira = 100 Cent. — , wenn flüssiger indess weniger.
58
Ludwig Holtz: Das Thal der JSlievole in Toscana.
Es werden 2 Arten angebauet: Die Z ucker -Moorhirse
— Sorghum saceharatum — mit bis 2 Fuss langen über¬
hängenden Rispenstengeln, welche 7 — 8 Fuss hoch und höher
wird, und die gemeine Moorhirse — Sorghum vulgare —
die „Durrahu der Neger, mit dickkolbiger Rispe, welche eine
Höhe bis zu 5 Fuss erreicht. Eine zehnfache Löhnung wird
als Mittelerndte angesehen. Die Saanien werden zu Mehl und
Grützen, auch besonders zur Hühnermastung benutzt, die
Stengel zur Feuerung, die Rispenstengeln der Zucker-Moor-
hirse zu Bürsten und Besen verwendet.
Die Kultur auf den an den Abhängen belegenen
Flächen betreffend, so wird, anstatt des Pfluges, die Hacke
an gewendet oder gegraben.
Der dreijährige Turnus in der Fruchtfolge findet gleich¬
falls statt, nur mit dem Unterschiede, dass der Mais ausfällt
und an dessen Stelle: Hiise und Lupinen, Gerste, Hafer,
Klee und Rüben treten, von welchen man die Hirse stets zur
Saamenreife anbauet, die Lupinen theils zur Saamenreife,
theils zur Grünfütterung, Hafer und Gerste gewöhnlich zur
Grünfütterung, da sie auf diesen Flächen wenig lohnen, Klee
und Rüben immer zur Grünfütterung.
Nach der Erndte wird das Feld zur Waizensaat wieder
zubereitet und mit gekochten Lupinen oder kurzem Kuh- und
Pferdedung gedüngt.
Betrachten wir nun
2. Die Kultur der Fruchtbäume.
Die Kultur derselben ist eine sehr gründliche , tiefe, der
Dung wird nicht gespaart und dieser Ursache, der Lage und
dem Klima gemäss geben dieselben gewöhnlich auch sehr
reichliche Erträge.
Die Apfel- und Birnbäume finden, wie schon vorher
erwähnt, in der Ebene ihre Plätze, indess werden sie auch
hin und wieder auf den höher gelegenen Terrassen angepflanzt.
Die Früchte haben einen sehr guten Geschmack.
Die Frucht der Quitte — Cydonia vulgaris — , besonders
der Apfelquitte hat zuweilen die Grösse eines Kopfapels; unter
den Pfirsichen zeichnet sich der vollsaftige, rothfleischige
Blutpfirsich aus.
Der Feigenbaum — Ficus carica — wird sowohl in der
Lud'wi (/ lloltz: Das Thal der Nievole in Toscana.
59
Ebene wie auch auf den höher gelegenen Terrassenflächen
kultivirt und zwar in mehreren Varietäten, von welchen be¬
sonders beliebt sind:
R »fao ne mit grüner, rundlicher Frucht, Reifezeit: Hälfte des
August ;
Brogiotti mit grüner, rundlicher Frucht und Mittelreifezeit; und
Corvo mit blauschwarzer, langvorgezogener bimförmiger
Frucht, eine Spätfeige. Zur Zeit der Reife haben die
grünen Früchte eine in Gelb, die blauschwarzen eine
in tiefes Schwarz übergehende Farbe.
Die Erndtezeit der Früchte dauert sein- lange, indem die¬
selben je nach der Reife abgenommen, verspeist, zu Markte
gebracht, für den Winterbedarf zubereitet und zur Versendung
verpackt werden.
Die für den Winterbedarf bestimmten werden ihrer Ober¬
haut entkleidet, auf Schnüre gezogen und, vor dem Regen
geschützt, der Sonne zum Trocknen preisgegeben, die zum
Versandt kommenden werden gleichfalls von der Oberhaut
befreiet, getrocknet, in kleinen und grossen Kisten reihenweise
an und auf einander gelegt und fest eingepresst.
Wenden wir jetzt unsere Aufmerksamkeit den Fürsten
der dortigen Fruchtbäume, dem Weinstocko und dem Oel-
baume zu.
Der Wein stock — Vitis vinifera — bedarf zu seinem
Gedeihen und seiner Ertragsfähigkeit einer gründlichen Tief¬
kultur.
Der Boden wird dazu bis 8 Fuss tief rajolt, um möglichst
lange Feuchtigkeit halten zu können.
Um die Hälfte des April wird der Senker bis zu 2? Fuss
Tiefe eingesetzt, im Spätherste abgeschnitten und, zum Schutze
gegen Frost, ganz mit Erde bedeckt. Im zweiten Jahre wird
der Boden bis 1| Fuss tief gedüngt und zwar entweder mit
Pferdedung, welcher als der beste geschätzt wird oder mit
Kompost, aus Erde und menschlichen Exkrementen bestehend
und wird der Senker auf drei Augen zurückgoschnitten.
Nachdem der Boden sodann im dritten Jahre auf gleiche
Weise behandelt worden ist, schneidet man den Senker im
vierten Jahre auf 8 Augen zurück, zieht die Zweige in
Halbbogenform nach zwei entgegengesetzten Seiten fort und
60
L u d tr i(j lloltz:
Das Thal der xV ievole in Toscana.
setzt Pfähle sowohl am Senker selbst wie an den Enden der
Zweige, diese an jenen befestigend.
Zu Stützen zwischen den Pfählen verwendet man allgemein
die Abschnitte des 12—15 Fuss hohen Rohrs — Arundo
donax — , welches dort tlieils in Plänen an Uferstellen der
Nievole vorzüglich gedeihet, aber auch fast in jedem Wein¬
berge an Wasserläufen gefunden wird. An diese, in den
Boden gestellten Abschnitte werden die Reben mit Weiden¬
gerten gebunden, deren Mutterpflanzen man zu diesem Zwecke
in den Weinbergen kultivirt.
Die Reben ranken sich zum Theil auch in die Obst- und
Maulbeerbäume hinein, zum Theil auch an Drahtschnüren,
welche von Baum zu Baum gezogen sind, guirlandenartig fort.
Wo die Reben nicht inzwischen den Baumreihen stehen,
werden sie von Pfählen und Rohrabschnitten gestützt, zuweilen
auch über Holzgestelle fortgezogen.
Im dritten Jahre bringen diese kultivirten Reben schon
einige Trauben, im vierten Jahre sind sie vollständig in Tracht
und ist der Weinstock bis zu 20 Jahren noch fruchtbringend.
Der Durchschnittsertrag beläuft sich auf circa 3 Ltr. An
Preisen erzielen die guten Weine pro Ltr. 1 Lira 5 Cent.
Die Mittelweine 60 Cent., die schlechten 35 Cent., welche
Preise indess nur auf junge Weine Bezug haben.
Bei der Erndte der Trauben und der Gewinnung des
Weines wird nachstehend verfahren.
Man sondert gleich die schlechten von den guten Trauben,
bringt sie in Behälter, stampft sie in denselben und lässt sie
gähren, welcher Gährungsprozess in warmen Räumen vor sich
gehen muss.
Wenn die Gährung für genügend erachtet worden, was
durch Probe ermittelt werden muss, wird die Masse gekeltert
und sodann eingefasst, d. h. in Fässer gebracht, gut abge¬
schlossen, nach 5 bis 6 Monaten umgelegt und, wenn der
Wein sich dann geklärt hat, in den Handel gebracht. Ein¬
gefasst muss er in kühlen Räumen lagern.
Im Handel wird der Wein in Probefläschchen den Käu¬
fern angestellt, wo dann die Käufer den Preis bestimmen;
man bringt ihn indess auch zum Markte in sogenannten
Fiasci’s, weitbauchigen, lang- und enghalsigen, mit Binsen
Ludwig Holtz: Das Thal der Nievole in Toscana.
61
umflochtenen Flaschen, in welchen er sogar nach Amerika
verschickt wird. Dieselben haben einen Inhalt von Ltr.,
mit welchem man gut 3 Bordeauxwein-Flaschen füllt.
Es werden in dem Thale eine Menge verschiedener Re¬
benarten kultivirt, von welchen ich nachstehend anführen
will :
1. Trebbiano bianco, lange Traube mit kleinen runden,
weissen Beeren, Rz.*): Anfang Octobers; wird als
beste Traube geschätzt.
2. Borgogno, Burgunder, kleine dichte Traube mit klei¬
nen schwarzen Beeren, Rz.: Ende August.
3. Aleatico nero, kleine dichte Traube mit mittel¬
grossen blauen Beeren, Rz.: Ende August, schöne
Esstraube.
4. Muscatella bianca, kurze lockere Traube mit grossen
röthlichen und gelblichen Beeren , Rz. : Ende August,
schöne Tafeltraube.
5. Cannino nero, kurze lockere Traube mit kleinen
blauschwarzen Beeren, Rz.: Anfang Octobers.
6. Santo Gio wese, mittelgrosse Traube mit mittelgrossen
schwarzen Beeren, Rz. : Ende August.
7. Santa Maria, lange dichte Traube mit grossen runden,
weissen Beeren, Rz.: Ende August, schöne Tafeltraube.
8. Barba rossa, rothe Barttraube, lange lockere Traube
mit mittelgrossen runden, fast purpurrothen Beeren,
Rz.: Ende August.
9. Och io di Pernice, Auge des Berghuhns, mittelgrosse
Traube mit mittelgrossen röthlichen Beeren, Rz. : Ende
August.
10. Uva di Jerusalem e, grosse lange Traube mit mittel¬
grossen röthlichen Beeren, Rz. : Ende August.
11. Lambrusca, kleine Traube mit kleinen schwarzen
Beeren, Rz : Anfang Octobers; von dieser Traube wird
in Modena der vielgerühmte „Lambruscer“ fabricirt.
12. Averusto, kleine Traube mit kleinen schwarzen
Beeren, Rz.: Ende Octobers.
13. Rosso, auch Bratese genannt, sehr dichte lange
*) Rz. Reifezeit.
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Lud w i (/ Hol tz :
Das Thal der Nievole in Toscana.
Traube mit grossen röthlichen Beeren, Rz. : Ende
Octobers.
14. Morro di Eiorentino, mittelgrosse Traube mit mit¬
telgrossen dunkelblauen Beeren , Rz. : Ende Octobers.
15. Uva Barbera, kleine Traube mit grossen eiförmigen,
blauen Beeren.
16. Salamanna, grosse lockere Traube mit grossen ei¬
förmigen weissen Beeren , Rz. : Ende August ; wird
gewöhnlich als Tafeltraube verwandt.
17. Uva Erbalus del Canavese o San Colombano
Fiorentino, grosse längliche Traube mit kleinen
grünröthlichen Beeren.
18. Uva Fragula, kleine Traube mit grossen schwarzen
Beeren, welchen der Geschmack von Erdbeeren eigen-
thümlich ist, Rz. : Ende August, eine amerikanische,
sehr wohlschmeckende Tafeltraube.
19. Malaga bianca, lange lockere Traube mit mittelgrossen
runden, weissen Beeren, Rz. : Ende August, schöne
Tafeltraube.
20. Uva Lagrima dolce Christi, grosse Traube mit
mittelgrossen dunkelblauen Beeren , Rz. : Ende Sep¬
tember.
21. M o nt o ne, grosse Traube mit grossen eiförmigen, blauen
Beeren, Rz. : Ende September,
Die Kultur so verschiedener Varietäten des Wein Stocks
ist der Fabrikation eigenthümlicher Weinsorten durchaus nicht
zuträglich, denn weil dieselben so verschiedene Reifezeiten
haben, so müssen Trauben verschiedener Varietäten zusam¬
mengebracht werden und muss die Uebung das Beste thun,
um aus diesen eine gute Weinsorte herzustellen.
So z. B. ist der vin Santo zusammengestellt aus den
Trauben von Trebbiano, Aleatico, Cannino und Muscatella.
Der Aleatico ausdenjenigen des Aleatico, Trebbiano, Cannino
und Montone.
Zu den besten toscanischen Weinen haben schon lange
gezählt der Alatico oder rother Muskat, überhaupt die Mus¬
katweine von der Nievole.
Die Reblaus — Phylloxera vastatrix — hat sich im Thale
der Nievole noch nicht gezeigt.
L u d w i g Holtz:
Das Thal, der Ni.evole in Toscana.
68
Gehen wir nun zum Oelbaum — Olea europaca —
über , welchem gleichfalls eine sorgfältige Pflege zu Theil
wird.
Wo der Boden es irgend gestattet wird derselbe auf
gleiche Weise rajolt, wie es zur Kultur des Weinstocks ge¬
schieht, was freilich nicht immer stattfinden kann, da an den
Berglehnen der betreffende verwitterte Boden nicht immer in
der erforderlichen Mächtigkeit vorhanden ist. Der Oelbaum
nimmt indess auch mit weniger tiefem Boden fürlieb, kann
natürlich aber dann in der Ertragsfähigkeit das nicht leisten,
was er bei grösserer Tiefkultur leisten würde.
Man lässt dem Oelbaum auch stets eine gleiche Düngung
zukommen und hat sogar in der neuesten Zeit versucht mit
Lumpen zu düngen, indem man die Wurzeln des Baumes
sorgfältig bloss 'legt, dieselben mit Lumpen umwickelt und
dann wieder mit Erde bedeckt, wrelche Düngung man sehr
vorteilhaft gefunden hat.
Der Oelbaum wird entweder aus dem Kern gezogen oder
durch Impfung vermehrt, trägt nach 6 bis 7 Jahren schon
Früchte und soll bis zum Alter von 200 Jahren noch ertrags¬
fähig sein. Ich habe indess dort alte’Bäume nur in verschwin¬
dender Zahl gesehen, wodurch mir angezeigt zu sein scheint,
dass man die alten Bäume doch weniger schätzt und dieselben
rechtzeitig durch jüngere zu ersetzen sucht.
Der Oelbaum wrird im Thale, wrie auch überhaupt in Tos¬
cana, nur in einer Höhe von 20 Fuss gehalten , weil eines¬
teils die Erndte dadurch leichter zu bewerkstelligen ist, an¬
derenteils man die Erfahrung gemacht haben will, dass das
Oel besser ist und der Baum ein längeres Leben hat.
Die Früchte des Oelbaums, — die Oliven — sammelt
man schon, wenn sie abgefallen sind, und hat man eine passende
Quantität zusammen, werden sie gemahlen und gepresst, Oel
giebt sowohl die fleischige Umhüllung wie der Kern.
Die Fruchtreife beginnt im October und endigt im März,
zuweilen wird sogar noch im Mai geerndtet, wenn schon die
neue Frucht sich zeigt.
Der Mittelertrag eines Baumes wird auf 10 bis 20
Lira geschätzt, das italienische Pfund kostet 60, 62 bis
65 Cent.
64
Ludwig Holtz: Das- Thal der Nievole in Toscana.
Es werden im Thale verschiedene Varietäten cultivirt,
von denen ich hier anführen will als die verbreitetsten:
1 Pingnolo, mit röthlicher, sehr fest sitzender, spät
reifender Frucht;
2. Frantago, mit schwarzbrauner, leicht abfallender, früh
reifender Frucht;
3. Moragolo, mit schwarzer, fest sitzender, mittelreifender
Frucht ;
4. Leccio, mit schwarzer, fest sitzender, recht früh rei¬
fender Frucht.
Hin und wieder lindet sich auch eine Varietät, welche
doppelt so grosse Früchte bringt, wie die übrigen, die zum
Einlegen in Salzwasser benutzt und nach Bedarf gepflückt
werden.
Als Zeiten der Frühreife gelten die Monate October und
November, der Mittelreife: December und Januar, der Spät¬
reife: Februar und März.
Her Oelbaum, allgemein als einer der nützlichsten Frucht¬
bäume der europäischen Mittel meerländer bekannt, wird
demnach im Thale auch einer vorzüglichen Beachtung ge¬
würdigt.
Her Nordländer weiss gewöhnlich zuerst die Güte des
Olivenöls nicht zu schätzen, doch hat er sich nur erst daran
gewöhnt, wird er leicht zugestehen müssen, dass das gute Oel
die beste Butter hinsichtlich Zubereitung der Speisen übertrifft.
Has schönste Oel wird zwischen Lucca und Pisa ge¬
wonnen, die getrockneten Früchte werden auch zum Brode
gegessen.
Ich will hier auch noch den Maulbeerbaum erwähnen,
der freilich nicht als Fruchtbaum benutzt wird, wohl aber durch
seine Blätter, die zur Ernährung der Seidenraupen verwandt
werden, einen grossen Nutzen gawährt; florirt doch der Seiden¬
bau in Italien und wird grade in Toscana auch viel Seide
gewonnen.
Has im August und September abgestreifte Laub findet
auch mit den Blättern des Mais, der Hirse und anderer Baum¬
und Straucharten seine Verwendung als Grünfutter für Kühe
und Ziegen, zu welchem Zwecke die verschiedenartigsten
Blätter zusammen geschnitten werden.
Ludwit ) Holtz: Das Thal der Nievole in Toscana.
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Den Anbau der sogenannten Südfrüchte — Citronen
und Orangen — anbelangend, so kultivirt man dieselben:
1. thcils im Freien an Gebäuden oder Mauern, wo sie
auch während des Winters unbedeckt bleiben ;
2. tlieils in überwölbten Mauernischen, in welchen sie
im Winter durch Matten von Rohr geschützt werden;
oder
3. in Kübeln, welche während des Winters in geschützte
Räume gestellt werden.
An den meisten Bäumen finden sich gleichzeitig Blüthen,
kleine und grosse Früchte, welche man nach Bedarf pflückt.
Nachstehende Arten resp. Varietäten wurden auf der
Villa Belluccio kultivirt:
1. Citrus Limetta, sehr grosse Limone, deren Saft zu
Speisen und deren Schaale zum Kandiren verwendet
wird, ln Mauernischen.
2. Citrus me di ca, var. gleichfalls sehr gross, Saft und
Schaale zu Speisen verwendet. In Mauernischen.
3. Citrus medica, var. Neapolitaner Limone, Mittelfrucht,
deren Saft und feine Schaale an Speisen gebraucht
werden. In Kübeln.
4. Citrus Limonum, Limone mit wenigem Safte, Schaale
zum Kandiren. In Kübeln.
5. Citrus Bergamia, Bergamott-Limone, zu Oolen —
Bergamottoei — , Pomaden und zum Kandiren verwandt.
In Kübeln.
6. Citrus Aurantium, Orange, als Tafelfrucht. InKübeln.
7. Citrus nobilis, var. Mandarinenorange, sehr wohl¬
schmeckende Tafelfrucht. In Kübeln.
8. Citrus Aurantium, Orange forte, verwilderte Orange,
deren Saft zu Speisen benutzt, deren Schaale aber keine
Verwendung findet. Im Freien an Gebäuden.
Ebenso kultivirt man auch in Kübeln: den Granatbaum
— Punica Granatuni — und die falsche Tomate — Solanum
Gilo — welcher letzteren Frucht im Winter reift und dann
frisch zu Speisen benutzt wird.
Machen wir nun gegen Endo des August eine Excursion
vom Thale aus an den Berglehnen hinan, bis zum Bergrücken
des Höhenzuges von Albano hinauf, so gewinnen wir eino
66
Ludwig Holtz: Das Thal der Nievole in Toscana.
treffliche Uebersicht und Einsicht von Anlage und Bebauung
der Weinberge, sowie der natürlichen Bewachsung der unbe-
baueten Abhänge.
An den breittlächigen Uferstellen der Nievole präsentiren
sich häufig grüne Flächen von dem hohen Arundo donax>
an den Landstrassen und Wegen und auch noch zuweilen in
den Seitenbaumreihen der Weinberge hochgezogene , ihrer
meisten Nebenzweige entkleidete Pappeln, Weiden und Ahorne.
In den Weinbergen sehen wir die mit üppigem Laube
geschmückten Ahorn-, Maulbeer- und die mit Früchten bela¬
denen Obstbäume, sowie inzwischen derselben Weinstöcke,
deren Reben bald hoch in die Kronen der Bäume hinein¬
klimmen, bald guirlandenartig sich von Baum zu Baum ranken,
niedergezogen von der Last der wuchtigen Trauben mit den
schwarzen, grünen, weissen, röthlichen und goldenen Beeren,
hier und dort einen Pfirsichbaum oder einen mit grünen oder
dunkelblauen Früchten reich ausgestatteten Feigenbaum.
Auf den, zwischen den Baumreihen befindlichen Flächen
sieht es um diese Zeit ziemlich kahl aus, denn die saftlosen,
gelben, entblätterten Stengel des Mais mit ihren, in den
trockenen, gelblichen Hüllblättern verborgenen Kolben, fristen
nur noch, hinsichtlich der Nachreife der Frucht, ihr Dasein,
und nur die beiden Moorhirsearten mit ihren hohen, wenn
auch fast schon gänzlich entblätterten Stengeln vermögen zeit¬
weise die Blicke auf sich zu ziehen durch die Formen ihrer
theils langstengeligen , gespreitzten, niederhängenden, theils
aufrecht stehenden, kolbenartig zusammengezogenen, braun¬
schwarz gefärbten Rispen.
In den darüber belegenen Weinbergen vermissen wir nun
den Maulbeerbaum, an dessen Stelle der Oelbaum getreten
ist, und in den dann folgenden, bis zur Höhe hinansteigenden
finden wir den Weinstock und den Feigenbaum, und sehr
zahlreich und reichlich mit Früchten versehen den Oelbaum,
anstatt des Mais Futterkräuter, hin und wieder auch Obstbäume.
Vielfach in den, von der Thalsohle bis zum Höhenrücken
hinansteigenden Weinbergen, theils an kleinen aufgestaueten
Wasserbecken, theils an den fliessenden Wasserläufen, in klei¬
neren und grösseren Plänen wächst Arundo donax, weniger
üppig, schlecht bestanden und niedriger, je höher wir steigen.
Ludwig Jloltz: JJas Thal der Nievole in Toscana.
67
Die an den Gehängen liegenden Weinberge werden hin
und wieder durch unbebauete Felseneinsenkungen und Vor¬
sprünge, zuweilen auch durch mit tief einschneidenden Fluss¬
betten und steilen Ufern versehene Bäche unterbrochen.
Jene sowohl, wie die Umgebungen der Bäche sind mit Eichen,
essbaren Kastanien — Castanea vesca — Eschen, der Meer¬
strandskiefer — Firnis maritima — und Unterholzsträuchern
bewachsen, welche geringfügigen Baumansammlungen hier
als „Wälder“ angesprochen werden.
Die Eichen sind reich mit Eicheln versehen, welche zur
Schweinemastung benutzt werden, die Zweige der Kastanien
herabgezogen durch die Fülle der Früchte, welche theils ge¬
röstet und zu Brod gegessen, theils aber auch getrocknet und
zu Mehl vermahlen werden , aus welchem ein Brei oder
Polenta gekocht wird.
Auf dem Rücken des Höhenzuges befinden sich grössere
Ansammlungen von Laubhölzern, aus den vorbenannten Baum¬
arten gemischt, unter welchen nicht selten alte, starke, spar
rige, knorrige, weitverzweigte Repräsentanten der Castanea
vesca mit ihren grünen, glänzenden Blättern und den reichen,
schweren Fruchtständen einen imposanten Anblick gewähren.
ln reinen, theils kleinen, theils grösseren Beständen tritt
hier auch Pinus maritima mit, bis circa 1| Fuss im Durch¬
messer haltenden Stämmen aut.
Es wird auch hier noch in den Einsenkungen an ge¬
schützten Stellen der Weinstock kultivirt und Korn, Mais und
Futterkräuter gebauet, indess werden die meisten Flächen zur
Schafweide benutzt.
Geschützt werden die Weinberge an den Seiten der
Fahrwege gewöhnlich durch Gräben und hinter denselben an¬
gelegte Hecken, welche vorzugsweise aus bedornten oder be-
stachelten Bäumen oder Sträuchern bestehen, als Akacien,
Eichen — Quercus Cerris u. Ilex, — , Stechginster — Ulex
europaeus — , Liguster — Ligustrum vulgare — , Hartringel
— Cornus sanguinea — , Eschen — Traxinus — , Hagedorn
— Crataegus monogyna — , Rosen, Brombeeren — Rubus
sanctus et tomentosus — , Smilax, Mäusedorn — Ruscus acu-
leatus — Spargel — Asparagus acutifolius — und andero.
Zuweilen sind die Weinberge auch durch Mauern begrenzt
68
Ludwig Holtz: Das Thal der Nievole in Toscana.
und gewöhnlich haben sie noch eine leichte Einfriedigung,
hergestellt durch aufrecht stehende Abschnitte des Arundo
donax und die an diesen, in horizontaler Lage befestigten
Stengeln derselben Pflanze. Besonders sorgfältig werden sie
noch zur Zeit der nahen Traubenreife durch eingeflochtenes
dorniges Gestrüpp geschützt.
Ich will jetzt noch der Stabilimento’s erwähnen.
Hier und dort, von der Ebene bis zu den Höhen hinan,
inzwischen den Weinbergen und in denselben liegend, be¬
stehen dieselben zum grössten Theile aus wenigen, weiss und
grau schimmernden, mit platten Steindächern versehenen, oft
recht unregelmässig gebaueten, ein-, zwei- und dreistöckigen
Gebäuden. Die unteren Räume haben Fussböden von Stein,
die Fenster sind fast ohne Ausnahme vergittert, die Dächer
überbauet, um Trockenräume für Früchte zu haben, die Ge¬
bäude sind überhaupt nicht elegant ausstaffirt sondern vorzugs¬
weise für den Wirthschaftsgebrauch eingerichtet. Der Hofplatz
ist zuweilen eingehegt, doch meistens frei, mit manchen Sta¬
bilimento’s sind Wassermühlen verbunden, zum grössten Theile
haben sie ein etwas alterthümliches , verräuchertes Ansehen.
In der Nähe vieler finden sich Exemplare und oft recht
alte, stattliche von Cupressus sempervirens, von welchen ich
sogar oben auf dem Bergrücken eine ganze -Reihe antraf.
Ein anderes Ansehen gewähren die, hier und dort in den
Weinbergen sich befindenden herrschaftlichen Villen.
Es sind meist stattliche Häuser mit Nebengebäuden ,
Wasserbassins und Springbrunnen, schönen Gartenanlagen,
terrassirten, von Mauern umschlossenen Citronen- und Orangen¬
gärten.
Solche Anlagen zeigen gewöhnlich prächtige Exemplare
von seltenen Gesträuch und Baumarten , wie z. B. die der
Villa Belluccio: bis 15 Fuss hohe Pampasgrasarten — Gyne-
rium — , 8 bis 10 Fuss hohe Buxushecken — Buxus grandi-
folius — , 25—30 Fuss hohe Magnolienbäume — Magnolia
grandiflora — 10 Fuss hohe weiss und roth blühende Oleander,
50 Fuss hohe Cvpressen — Cupressus sempervirens — , pracht¬
volle Rosen, in Boskets auftretende Kamelien von 10—15
Fuss Höhe und andere. Von der Ueppigkeit des Wachsthums
mag eine daselbst sich befindliche 7jährige Yuccapflanze
Ludwig Iloltz: Das Thal der Nievole in Toscana.
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Zeugniss ablegen, welche eine Höhe von 5 Mtr. und am Grunde
des Stammes einen Umfang von 600 Mtr. hat, welcher sich
in Höhe von 1100 Mtr. in drei Aeste gabelt, deren jeder an
seinem Grunde im Umfange wieder 400 Mtr. misst.
Ausser diesen vorher abgehandelten Kulturpflanzen zeigt
die Flora des Thaies noch eine grosse Menge wildwachsender
Pflanzen, von welchen ich die tlieils nur beobachteten, theils
selbst gesammelten in nachstehendem Verzeichnisse folgen
lasse. *)
A. Phaner ogamae.
I. Dicotyledones.
1. Lepidium graminifolium L. Bz. 17. Juli, H. 1030 Mm.,
in Weinbergen, nicht selten.
2. Bunias Erucago L. Bz. 14. Juli, in Weinbergen, nicht
selten.
3. Helianthemum Chamaecistus Mill. Bz. 13. Juli, H. 300
Mm., an grasigen Abhängen, nicht selten.
4. Cistus monspeliensis L. Bz. 11. Juli, H. 670 Mm., an
Abhängen, nicht selten.
5. Cistus salieifolius L. Bz. 16. Juli, an unbebaueten, stei¬
nigten Abhängen, nicht selten.
6. Lychnis alba Mill. Bz. 25. August, in Hecken, nicht
selten.
7. Lychnis Viscaria L. Bz. 25. August, an Abhängen,
nicht selten.
8. Saponaria. officinalis L. Bz. 25. August, im trockenen
Flussbette der Nievole, nicht selten.
9. Dianthus Carthusianorum L. var. Bz. 10. Juli, H.
680 — 1000 Mm., an grasigen, unbebaueten Stellen,
nicht selten.
10. Tunica prolifcra (L.) Scop. Bz. 16. Juli, H. 480 Mm.,
zwischen den Weinbergen, an Strassen, häufig.
11. Malva rotundifolia L. Bz. 25. August, an Strassen,
häufig.
12. .Althaea cannabina L Bz. 12. Juli, H. 980 Mm., in
den Weinbergen, an Landstrassen, nicht selten.
*) Anmerkung. Bz. = Blüthezeit, Fz. = Fruchtzeit, Fdz. = Fund¬
zeit, H. = Höhe oder Länge, Mm. = Millimeter.
70
Ludwig Holtz: Das Thal der Nievole in Toscana.
13. Althaea officinalis L. Bz. September, H. 1000 Mm., an
den Gräben der Sümpfe vonMonsummano, hin und wieder.
14. Myriophvllum spicatum L. Bz. September, in den
Gräben der Sümpfe von Monsummano, häufig.
15. Tamarix gallica W. Bz. 15. Juli, am Ufer der Nievole.
nicht selten.
16. Hypericum perforatum L. Bz. 10. Juli, H. 240 Mm.,
an Wegen, gemein.
17. Acer campestre L. Fz. 25. August, in den Hecken der
Weinberge, in Wäldern, nicht selten.
18. Zizyphus vulgaris Lk. Bz. 18. Juli, in Hecken, selten.
19. Ailanthus glandulosa, Bz. 17. Juli, in den Gärten zu¬
weilen angepflanzt, als hoher Baum.
20. Oxalis stricta L. Bz. 25. August, in Weinbergen, häufig.
21. Evonymus japonicus Thunbg. Bz. 16. Juli, im Garten
der Villa Belluccio augepflanzt, hoher Strauch.
22. Rhamnus Alaternus L. Fz. 11. Juli, an bewachsenen
Abhängen, nicht selten.
23. Rhus Typhina L. in Gärten.
24. Buxus sempervirens L. Fz. September, im Garten der
Villa Belluccio hohe Hecken bildend.
25. Sarothamnus scoparius L. Fz. 25. August, an den
Abhängen und auf dem Bergrücken, nicht selten.
26. Spartium junceum L. Bz. 11. Juli, H. 1500 Mm., mit
dem vorigen, häufig.
27. Ulex europaeus L. , ohne Blüthen und Früchte, Fdz.
18. Juli, H. bis 1680 Mm., sehr sparrig, an den Ab¬
hängen und in den Hecken, nicht selten.
28. Genista pilosa L. Bz. 13. Juli, auf grasigen Abhängen,
nicht selten.
29. Cytisus triflorus L’Her. Bz. 14. Juli, an denselben
Orten, nicht selten.
30. Medicago sativa L. Bz. 12. Juli, angebauet und wild
in den Weinbergen, nicht selten.
31. Medicago Lupulina L. Bz. September, an Wegen, hin
und wieder.
32. Melilotus albus Desv. Bz. September, H. 1000 31m., an
Wegen, im Gestein, nicht selten.
33. Melilotus altissimus Thuill. Bz. September, H. 1250
31m., sehr sparrig, an wüsten Stellen, hin und wieder.
Ludwig ILoltz: Das Thal der Nievofe in Toscana.
71
34. Trifolium augustifolium L. Bz. 16. Juli, 4L 610 Mm.,
an unbebaueten Orten und Strassen, nicht selten.
35. Trifolium elegans Savi. Bz. September, H. 200 Mm.,
an grasigen Stollen, hin und wieder.
36. Trifolium nigrescens Vill. Bz. September, H. 150 Mm.,
an denselben Orten wie der vorige, nicht selten.
37. Trifolium procumbens (L.) Koch. Bz. September, H.
200 Mm., an grasigen Stellen, hin und wieder.
38. Trifolium repens L. Bz. September, 4L 150 Mm., im
Flussbette der Nievole, häufig.
39. Trifolium resupinatum L. Bz. September, H. 400 Mm.,
an den Uferabhängen der Nievole, hin und wieder.
40. Dorvcnium suffruticosum Vill. Bz. 15. Juli. 4L 560
Mm., auf grasigen Hügeln, an Wegen, häufig.
41. Bonjeanea hirsuta (Ij.) Rchb. Bz. 16. Juli, Höhe 130
Mm., an denselben Stellen, häufig.
42. Ononis spinosa L. Bz. September, H. 400 Mm., an
Gräben, Wegen und Abhängen, häufig.
43. Galega officinalis L. Bz. 13. Juli, 14. bis 2020 Mm.,
vereinzelte , üppig wachsende , sparrige Pflanzen in
Breite von 1350 Mm., im trockenen, sandigen Bette
der Nievole, Saamen oder Pflanzen wohl von dem Hoch¬
gebirge herabgeschwemmt.
44. Lotus corniculatus L. Bz. 25. August, an Wegen,
häufig.
45. Kubus sanctus Schreb. Bz. 11. Juli, 4z. 25 August,
in den Hecken der Weinberge, gemein.
46. Rubus tomentosus Rchb. Fz. 25. August, an denselben
Standorten, wie der vorige, hin und wieder.
47. Myrtus communis L. Bz. 14. Juli, Fz. 25. August,
H. 1020 Mm., an den südlichen und südöstlichen Ab¬
hängen und auf dem Gipfel des Monsummano Alto.
48. Punica Granatuni L. Bz. 14. Juli, Fz. 25. August,
H. bis 1350 Mm. Nur auf dem Gipfel des Monsum-
mano Alto an getroffen.
49. Sanguisorba minor Scop. Bz. 17. Juli, 4L 190 Mm.,
auf unbebaueten, grasigon, steinigten Stellen, nicht selten
50. Sorbus aucuparia L. Ohne Blüthen und Früchte 14. Juli
4'z. Septbr., zwischen den Weinbergen, hin und wieder.
72
Lud wig lloltz: Las Thal der JSUevole in Toscana.
51. Sorbus sp.? Starker, hoher Baum, im Garten der
Villa Belluccio. Bz. September. Die Früchte werden
gegessen.
52. Fragaria collina Ehrli. Zwischen den Weinbergen und
in den Wäldern, hin und wieder.
53. Potentilla reptans L. Bz. September, im trockenen
Bette der Nievole, hin und wieder.
54. Agrimonia Eupatoria L. Bz. September, H. 200 Mm.,
Im trockenen Bette der Nievole, hin und wieder.
55. Epilobium parviflorum With. Bz. 25 August, in Wein¬
bergen, häufig.
56. Lythrum Salicaria L. Bz. 25. August, an den Strassen,
häufig.
57. Herniaria hirsuta L. Bz. 13. Juli, H. 85 Mm., im
trockenen Flussbette der Nievole, hin und wieder.
58. Polycarpon tetraphyllum L. fil. In den Weinbergen,
häufig.
59. Sedum Cepaea L. Bz. 15. Juli, H. 400 Mm., in den
Weinbergen, hin und wieder.
60. Sedum reflexum L. Bz. 15. Juli, H. 270 — 400 Mm.,
an denselbigen Orten an Mauern, nicht selten.
61. Clematis Flammula L. Bz. 10. Juli, Fz. 25. August,
in Hecken und auf grasigen Stellen in Weinbergen,
häufig.
62. Helleborus viridis L. Ohne Bliithe und Frucht, Fdz.
17. Juli, in Weinbergen, nicht häufig.
63. Delphinium Consolida L. Bz. September, in Wein¬
bergen, häufig.
64. Pimpinella peregrina L. Bz. 11. Juli, auf grasigen
Stellen in Weinbergen, an Strassen, nicht selten.
65. Foeniculum officinale All. Bz. August, H. 1200 Mm.,
in Weinbergen, an Strassen, häufig. Wird an Speisen
verwandt.
66. Pastinaca sativa L. An Strassen und Gräben, nicht
selten.
67. Daucus Broteri Ten. = D. Michelii Carr. Bz. Septem¬
ber, H. 300 Mm„ in Weinbergen, häufig.
68. Bupleurum prostratum Lk. et Hoffmgg. Bz. 12. Juli
H. 180 Mm., in Weinbergen, nicht selten.
Ludwig llolt.z: Das Thal der Nievole in Toscana. 73
69. Oenanthe fistulosa L. Bz. 13. Juli, H. 450 Mm., in
den Sümpfen von Monsummano häufig.
70. Hedera Helix L. Bz. September, an Mauern und
Bäumen, häufig.
71. Cornus sanguinea Jj. FrZ. 12. Juli, in Hecken, hier
und da.
72. Sambucus Ebulus L. ln Weinbergen, nicht selten.
73. Viburnum rugosum Ten. Bz. 15. Juli, an den Ab¬
hängen des Monsummano Alto, hin und wieder.
74. Galium parisiense L. ß. leiocarpum Tausch. Fz. Sep¬
tember, H. 350 Mm., am Ufer der Nievole , hin und
wieder.
75. Seherardia arvensis L. Bz. September, in Weinbergen,
häufig.
76. Scabiosa Columbaria L. Bz. 15. Juli, H. 1300 bis
1650 Mm., in den, am Busse des Monsummano Alto
belogenen Weinbergen, nicht selten.
77. Tussilago Tarfara L. In Weinbergen, an Strassen,
nicht selten.
78. Petasites officinalis Moench. An den Uferabhängen
der Nievole, hin und wieder.
79. Eupatorium cannabinum L. Bz. September, H. 600
Mm., an Strassen, hin und wieder, fast stets ganz¬
blätterig.
80. Erigeron canadense L. Bz. 25. August, an wüsten
Stellen, häufig.
81. Lappa minor HC. An Wegen und auf wüsten Stellen,
nicht selten.
82. Dipsacus Bullonum L. An Strassen, auf wüsten Stel¬
len, hin und wieder.
83. Xanthium Strumarium L. Bz. 13. Juli, im trockenen,
sandigen Bette und an den Ufern der Nievole, häufig.
84. Stenactis annua (L.) Nees. Bz. 15. Juli, H. bis 900
Mm., zwischen den Weinbergen, häufig!
85. Bellis perennis L. Bz. während des ganzen Jahres,
überall.
86. Bidens frondosa L. Bz. September, H. 800 Mm., im
trockenen Blussbetto der Nievole, häufig, ein von
Amerika eingeführtes Unkraut.
Ludwig Holtz: Das Thal der JS'ievole in Toscana.
87. Chrysanthemum corvmbosum L. var. Achilleae L. Bz.
«/ «/
11. Juli, H. 130 bis 670 Mm., an den Abhängen der
Weinberge, nicht selten.
88. Chrysanthemum Leucanthemum L. Bz. 12. Juli, auf
unbebaueten Stellen, nicht selten.
89. Chrysanthemum Myconis L. Bz. 13. Juli, H. 380
Mm., auf Aeckern in den Weinbergen, nicht häufig.
90. Anthemis mixta L. Bz. 11. Juli, H. 300 Mm., in den
Weinbergen, nicht selten.
91. Anthemis Triumfetti All. Bz. 12. Juli, hoch, an un¬
bebaueten, grasigen Orten in den Weinbergen, nicht
selten.
92. Achillea Millefolium L. Häufig mit rother Blüthe, an
Strassen, nicht selten.
93. Centaurea solstitialis L. Bz. 17. Juli, H. 450 Mm., an
Wegen, nicht selten.
94. Helichrysum augustifolium (L.) Bz. 14. Juli, H. 320
Mm., an Abhängen, gemein.
95. Filago gallica L. Fz. September, H. 150 Mm., an We¬
gen, zwischen Weinbergen, hin und wieder.
96. Galactites tomentosa (L.) Bz. 16. Juli, H. 500 Mm.,
auf grasigen Stellen in den Weinbergen, nicht selten.
97. Cichorium Intybus L. Bz. 25. August, an wüsten
Stellen und Wegen, nicht selten.
98. Picris hieracoides L. Bz. 16. Juli H. 680 Mm. , -an
Gebüschen, nicht häufig.
99. Crepis setosa Hall. fil. Bz. 17. .Juli, H. 470 Mm., an
- -unbebaueten Orten in den Weinbergen , an Strassen,
gemein.
100. Hieracium caesium Fr. Bz. September, H. 250 Mm.?
auf nicht kultivirten Bergflächen, nicht selten.
101. Tolpis yirgata Bertol. Bz. 13. Juli, H. 600 Mm. , in
Weinbergen, nicht selten.
102. Centroplivllum lanatum (L.) DC. Bz. 18. Juli, an
Wegen, nicht selten.
103. Pallens spinosa (L.) Cav. Bz. 14. Juli, H. 300 Mm.,
in Weinbergen und an Wegen, gemein.
104. Carthamus tinctorius L. Bz. 18. Juli, H. 800 Mm.,
hin und wieder angebauet.
Ludwig 11 oft z: Das Thal der Nievole in Toscana.
75
105. Andryala sinuata L. Bz. 15. Juli, H. 170 bis 350 Mm.,
auf grasigen Stellen in den Weinbergen, häufig.
106. Senecio vulgaris L. An Wegen, häufig.
107. Sonchus oleraceus L. In Weinbergen hier und da.
108. Inula Convza DC. Fdz. September, H. 600 Mm., an
unbebaueten Stellen zwischen den Weinbergen, hin
und wieder.
109. Campanula Erinus L. Bz. 10. Juli, H. 200 Mm., an
grasigen Stellen, nicht selten.
110. Erica scoparia L. Fz. 11. Juli, H. bis 1050 Mm., an
den Abhängen, hin und wieder.
111. Calluna vulgaris (L.) Schreb. Bz. September, H. 500
Mm., auf nicht kultivirten Bergflächen, hin und wieder
112. Arbutus Unedo L. Bz. 27. Juli, Fz. 25. August, ein
ziemlich hoher und zuweilen bis zu einem Fuss im
Durchmesser haltender Strauch, in den Buschpartien
der Vorberge, hin und wieder.
113. Ligustrum vulgare L. Fz. 12. Juli, zwischen den
Hecken, h;n und wieder.
114. Ligustrum japonicum Thunbg. Bz. 19. Juli, kultivirt
im Garten der Villa Belluccio und in anderen Garten¬
anlagen.
115. Chlora perfoliata L. Bz. 18. Juli, H. 500 Mm., auf
grasigen Stellen in den Weinbergen , an Strassen,
nicht selten.
116. Limnanthemum nymphoides Lk. Bz. 13. Juli, in den
Sümpfen von Monsummano mit Vallisneria spiralis
vereint, häufig.
117. Erythraea Centaurium Pers. Bz. 13. Juli, H. 350 Mm.,
an Wegen, Strassen, in Gräben, häufig.
118. Erythraea pulchella Fr. Bz. September, H. bis 180
Mm., an Wegen und Weinbergsmauern, hin und wieder.
119. Erythraea pulchella Fr. var. Bz. September, H. bis 450
Mm., an denselben Stellen, hin und wieder.
120. Convolvulus Cantabrica L. Bz. 12. Juli, H. 450 Mm.,
an Strassen und in Weinbergen, häufig.
121. Convolvulus arveusis L. Bz. 25. August, an wüsten
Stellen und in den Weinbergen, nicht selten.
122. Convolvulus sepiumL. Bz. 25. August, in Hecken, häufig.
<6 Ludwig llollz: Das l'hal der Nievole in Toscana.
123. Cuscuta Epithymum Murr. Bz. 13. Juli, auf -grasigen
Stellen, nicht häufig.
124. Solanum nigrum L. Bz. 20. Juli, Fz. 25. August, in
Weinbergen, häufig.
125. Linaria vulgaris Mill. Bz. 12. Juli, H. 300 Mm., in
Weinbergen, nicht selten.
126. Linaria graeca Chav. Bz. September, H. 600 Mm., in
den Weinbergen.
127. Linaria spuria (L.) Mill. Bz. September, H. 300 Mm.,
in Weinbergen, nicht selten.
128. Linaria commutata Berli. Bz. 12. Juli , in Mauer¬
ritzen, nicht selten.
129. Antirrhinum majus L. Bz. 13. Juli, in Weinbergen,
nicht selten.
130. Antirrhinum Orontium L. Bz. August, H. 300 Mm.,
in Weinbergen, nicht selten.
131. Veronica Beccabunga L. Fz. September, H. 130 Mm.,
im Flussbette der Nievole, hin und wieder.
132. Euphrasia lutea L. Bz. 25. August, H. 400 Mm., an
wüsten, felsigen Stellen, häufig.
133. Euphrasia Odontites L. Bz. September, H. 300 Mm.,
zwischen den Weinbergen, an Wegen, nicht selten.
134. Euphrasia officinalis L. Bz. September, H. 210 Mm.,
auf unkultivirten Bergflächen, nicht selten.
135. Heliotropium europaeum L. Bz. 23. Juli, in den
Weinbergen, häufig.
136. Echium italicum L. Bz. 16. Juli, an Strassen und in
Weinbergen, gemein.
137. Echium plantagineum L. Bz. 16. Juli, an Wegen,
nicht gewöhnlich.
138. Mentha Pulegium L. Bz. 15. Juli, H. 200 Mm., an
Strassen und trockenen Gräben, gemein.
139. Mentha rotundifolia L. Bz. 12. Juli, H. 600 Mm., an
Strassen, in Gräben, gemein.
140. Lycopus europaeus L. Bz. August, H. 300 Mm., in
Gräben, im trockenen Flussbette der Nievole, nicht selten.
141. Salvia pratensis L. Bz. 25. August, an Strassen,
nicht selten. Die Blätter werden beim Braten kleiner
Vögel verwendet..
Ludwig lloltz: Das Thal der Nicvole in Toscana.
77
142. Salvia Verbenacea L. Bz. August, H. 210 Mm., im
trockenen Flussbette der Nievole, hin und wieder.
143. Origanum vulgare L. Bz. August, H. 400 Mm., an
Wegen, nicht selten.
144. Calamintha Nepcta (L.) Using. Bz. 17. Juli, H. 300
bis 400 Mm., an Strassen, gemein. Die gewürzige
Pflanze wird vielfach an Speisen verwandt, vorzüglich
bei Zubereitung von Pilzen.
145. Calamintha Clinopodium Spenn. Fdz. Septb.JI. 300
Mm., in Weinbergen, nicht selten.
140. Galeopsis Ladanum L. Bz. 12. Juli, H. 410 Mm., auf
grasigen Abhängen, häutig.
147. Galeopsis Ladanum L. ß. angustifolia Ehrh. Bz. Sep¬
tember, H. 200 Mm , in Weinbergen, häufig.
148. Betoniea offieinalis L. Bz. 11. Juli, H. 550 Mm., in
Weinbergen, nicht selten.
149. Micromeria graeca (L.) Bth. Bz. 13. Juli, H. 160 Mm.,
auf steinigten Stellen in Weinbergen, häufig.
150. Stachys annua L. Bz. September, H. 300 Mm., in
Weinbergen, nicht selten.
151. Ajuga. Chamaepitvs (L.) Selireb. Bz. August, H. 70
Mm., in Weinbergen, hin und wieder.
152. Prunella laciniata L. var. alba Pallas. Bz. 13. Juli,
H. 150 -200 Mm., an unbebaueten Stellen in Wein¬
bergen, nicht gewöhnlich.
153. Teucrium Chamaedrys L. Bz. 15. Juli, H 140 Mm.,
auf unbebaueten , grasigen und steinigten Stellen in
Weinbergen, nicht selten.
154. Teucrium Polium L. Bz. 14. Juli, H. 150 Mm., an
gleichen Stellen mit vorigem, nicht selten.
155. Verbena offieinalis L. Bz. 25. August, an Wegen,
gemein.
156. Cyclamen neapolitanum Ton. Bz. 15. September, an
Anbergen und Strassenrändern, gemein, wird dort
Schweinebrod genannt.
157. Anagallis arvensis L. Bz. 16. Juli, H. 35 bis 160 Mm.,
auf abgeerndten Feldern in Weinbergen, nicht selten.
158. Anagallis coerulea Schreb. Bz. 16. Juli, H. bis 160
Mm., an gleichen Orten mit der vorigen, nicht selten.
78
Ludwig Holtz: Das Thal der Nievole in Toscana.
159. Plantago lanceolata L. Bz. 12. Juli, in Weinbergen,
nicht selten.
160. Plantago major L. Fz. 25. August, an Strassen, nicht
selten.
161. Plantago media L. Mit der vorigen, nur seltener.
162. Chenopodium Botrys L. Fz. September, H. 400 Mm.,
im trockenen Flussbette der Nievole, nicht selten.
163. Chenopodium polvspermum L. Fz. September, FL 500
Mm., im trockenen Flussbette der Nievole, häufig.
164. Polvenemum majus Al. Br. Fz. September, H. 50
Mm., in Weinbergen, hin und wieder.
165. Amarantus albus L. Fz. September, H. 400 Mm., im
trockenen Flussbette der Nievole, nicht selten.
166. Amaiantus retroflexus L. Fz. September, FL 600 Mm.,
in Weinbergen, häufig.
167. Polygonum aviculare L. Fz. September, auf Strassen,
nicht selten.
168. Polygonum Convolvulus L. F'z. September, in Wein¬
bergen, hier und da.
169. Polygonum lapathifolium Ait. Fz. September, FL 300
Mm., an Gräben und im trockenen Flussbette der
Nievole, häufig.
170. Polygonum minus Huds. An Gräben, hin und wieder.
171. Polygonum mite Schreb. Fz. September, H. 400 Mm.,
an Gräben und im trockenen Fdussbette der Nievole,
nicht häufig.
172. Polygonum serrulatum Lag. Bz. 13. Juli, H. 800 Mm.,
in den das Sumpfterrain von Monsummano durch¬
schneidenden Gräben, häufig. Mit langen kriechenden
Wurzeln.
173. Euphorbia Cyparissiäs L. Fz. September, H. 250 Mm.,
in Weinbergen, selten.
174. Euphorbia exigua L. Fz. September, H. 120 Mm.,
in Weinbergen, hin und wieder.
175. Euphorbia falcata L. Bz. 15. Juli, H. 50 — 130 Mm.,
auf abgeerndten Aeckern in Weinbergen, nicht selten.
176. Urtica dioica L. Bz. 25. August, an Wegen,
häufig.
177. Urtica urens L. Bz. 25. August, an Hecken, häufig.
Lud w itera Afegaloptera
91
bis gegen die halbe Flügellänge hin durch eine fast gerad¬
linige Längsader geschieden ; schon weit vor dem Stigma
lösen sich die Venulae subcostales der Aussenreihe durch
vielfache Gabelung in ein dichtes Maschenwerk auf, während
im Costalraum der Hinterflügel auf die zuerst einfache Zellen¬
reihe weiter nach hinten gleichfalls zwei solche folgen. Die
im Vorderflügel aus der Innenseite des Sector radii hervor¬
gehenden Aeste haben zwischen sich nicht eine einzelne
Reihe grosser, länglich viereckiger, sondern je zwei, stellen¬
weise selbst drei Reihen kleiner, unregelmässig quadratischer
Zellen zu liegen. Der erste aus dem Sector radii hervor¬
gehende , geradlinig gegen die Flügelspitze hin verlaufende
Ast bildet durch Verzweigung gegen die Cubiti hin eine
grosse Anzahl (etwa sechszehn) Reihen sehr kleiner Zellen.
In gleicher Weise ist auch die Zahl der zwischen Cubitus
posterior, dem Sector desselben und dem Innenrand verlaufen¬
den schrägen Zellenreihen eine fast doppelt so grosse als bei
den Acantliaclisis- Arten. Der Sector cubiti posterioris verläuft
wie bei Acanthacl. conspurcata geradlinig gegen den Innenrand ;
zwischen diesem und der Vena analis liegen bis kurz vor
deren Ausmündung zwei Zellenreihen. — Diese zahlreichen
Eigentümlichkeiten machen unbedingt die Absonderung des
Myrmeleon inciusus Walk, zu einer selbstständigen Gattung,
welche mit Rücksicht auf das dichte Adernetz der Flügel den
Hamen Stiphroneura führen mag, notwendig.
5. Formicaleo septns. Nigro-fuscus , testaceo-varius , anten-
narurn clava ferruginea , tibiis tarsisque eburneis , his nigro-
bianmdatis , alis hyalinis , ante apicem marginis interni fusco-
limbatis , anticarum insuper lituris tribus , majore marginis interni ,
minoribus duabus anteapicalibus , fascis. Long. corp. 18J,
alar. ant. 23, post. 22 mill. — Patria : Peak Downs Australiae.
Fühler schlank, pechbraun mit weisslichem Endsaum der
einzelnen Glieder; die schmale Keule besonders unterhalb
licht rostrot, die drei Basalglieder ebenda hell beingelb.
Scheitel dunkel rostrot mit schwarzer Fleckung, matt; Stirn
schiefergrau, weisslich bestäubt, ihr unterer Saum, die Augen¬
ränder und der Clypeus blass scherbengelb, Spitze dor Man-
dibeln und Taster pechbraun. Prothorax wenig länger als
breit, auf schiefergrauem Grunde mit drei rostroten Striemen,
92
A. Gerstaecker: Zwei fernere Decaden
deren mittlere schmäler und unterbrochen ist; die beiden
hinteren Thoraxringe einfarbig dunkel. Flügel schmal, die
stumpfer zugespitzten vorderen viermal so lang als breit.
Das Geäder durchweg schwarz und hellgelb gescheckt, die
Flügelsubstanz glashell, das kleine Stigma milchweiss. Ein¬
mündung des Sector cubiti posterioris in den Innenrand weit
vor der Mitte seiner Länge. In beiden Flügeln der Spitzen-
theil des Innenrandes — in den hinteren mit einer Endmakel
der beiden Cubiti zusammenfliessend und hier viel intensiver
— graubraun gesäumt. Vorderflügel ausser zahlreichen braun
umflossenen Queradern gegen die Spitze hin noch mehrfach
fein getüpfelt ; ein grösserer Innenrandsfleck bei der Einmün¬
dung des Sector cubiti, je ein kleinerer am Ende der Cubiti
und am Aussenrand vor dem Stigma gleichfalls braun. Die
Hinterflügel dagegen nur je mit einem dunkelen Punkt im
vorderen und im hinteren, inneren Anschluss an das Stigma.
Beine gedrungen, blassgelb, weisshaarig, schwarz und weiss
beborstet; Vorder- und Mittelschienen so wie die Oberseite
der Mittel- und Hinterschenkel dicht schwarz bespritzt, die¬
jenige der Vorderschenkel mehr gleichmässig geschwärzt. An
den Hinterbeinen Schenkel und Schienen mit schwarzem
Spitzenring, an Vorder- und Mittelschienen ausserdem noch
ein solcher an der Basis und in der Mitte der Aussenseite.
An allen drei Tarsen das dritte und vierte Glied ganz, am
fünften die Spitze schwarz. Fussklauen und Schiensporen
licht rostroth, letztere gekrümmt, bis zum Ende des dritten
Gliedes reichend. Die drei mittleren Tarsenglieder stark ver¬
kürzt, das Endglied so lang wie 1. und 2. zusammengenom¬
men. Hinterleib kurz, schwarz, das dritte und vierte Segment
mit querer Mittelmakel von rostgelber Färbung; von gleicher
auch der Hintersaum des dritten bis siebenten Binges.
6. My rmeleon illustris. Scldstazeo-niger , clypeo pedumque
hast rufo-ferrugineis , prothoraee sanguineo, alis angustulis,
lanceolatis , hyalin is, stigmate nullo , margine interno posteriore
fusco-limbato , anticis triseriatim nigro-guttatis , posticis ante
apicem bipunctatis: tibiarum calcaribus metatarso perspicue
longioribus. Long. corp. 29, alar. ant. et post. 32 mill. —
Patria: Sidnev Australiae.
Mit gleichem Flügelgeäder wie Myrm. formicalynx ( inno -
Australischer Neuroptera Megaloptera.
93
tatus Ramb.), d. h. der Sector cubiti posterioris vor dem Ende
des ersten Drittheils der Flügellänge in den Innenrand aus-
mündend; sehr nahe mit Myrmel. croceicollis Ger st. verwandt,
von welchem er u. A. durch etwas stumpfere Flügel und
weniger gestreckten Hinterleib abweicht. — Fühler mit Aus¬
nahme der beiden röthlich pechbraunen Basalglieder tief
schwarz. Kopf mit stark polsterartig gewölbtem, weit über
den Augencontour hervortretenden und tief gefurchten Scheitel,
auf schiefergrauem Grunde schwarzfleckig, matt ; unterer Theil
der Stirn glänzend pechbraun, Clypeus, Backen und Mund-
theile rostfarben. Prothorax gleich breit, fast quadratisch,
mit in der Mitte eingekerbtem Vorderrand, licht und matt
blutroth, in der Mitte der Scheibe leicht gebräunt, auf dieser
und beiderseits sparsam schwarz beborstet. Die beiden hin¬
teren Thoraxringe gleich dem Hinterleib einfarbig schiefer¬
schwarz, dünn greishaarig. Beide Flügel glashell, die vorderen
nicht ganz 4mal, die hinteren 4|mal so lang als breit, letztere
daher bei gleicher Länge sehr viel schmäler als die vorderen.
Das Geäder im Bereich der Aussenhälfte licht braun, nach
innen von den Cubiti weisslich gelb, in beiden Flügeln jedoch
der Radius, in den hinteren auch die Subcosta strohgelb,
letztere in den Vorderflügeln schwärzlich gescheckt. Der
Aussenrand beider Flügel ohne lichten Stigmafleck, vielmehr
an der betreffenden Stelle deutlich — in den hinteren schwächer
— graubraun getrübt. Sehr viel intensiver ist der Innenrand
beider Flügel, der vordere von der Spitze bis fast auf die
halbe Länge, der hintere über diese noch hinaus graubraun
getüncht, und zwar in Form eines scharf abgegronzten, 1 mill.
und darüber breiten Saumes , welcher in den Hinterflügeln
ausserdem noch an der Spitze und beim Ende des zweiten
Drittheils der Länge eine dunkeiere Fleckung in Form eines
Längswisches erkennen lässt. Die Vorderflügel ausserdem
mit drei Längsreihen schwarzbrauner Tropfenflecke in folgen¬
der Anordnung: fünf bis sechs an der Innenseite des Radius
im Bereich der Spitzenhälfte, sieben bis acht längs der Cubiti,
und zwar die sechs bis sieben ersten im Bereich der Basal¬
hälfte, der letzte (siebente resp. achte) nahe dem Innenrand
und etwas grösser als die übrigen; endlich vier grössere
Flecke am Innenrande, der erste bei der Einmündung des
94
A. G erstaeclc er : Zwei fernere Decaden
Sector cubiti posterioris, die beiden letzten, jenseits der Mitte
der Länge gelegen, einander genähert. Den Hinterflügeln
kommt nur ein derartiger Tropfenfleck am Ende der Cubiti,
also dicht vor dem braunen Innensaum gelegen, zu; ein
zweiter an der Innenseite des Radius, vor der Stigmagegend
befindlicher ist sehr viel unscheinbarer und zuweilen nur
einseitig zur Ausbildung gelangt. In den Vorderflügeln
zwischen Vena analis und Innenrand nur eine Reihe von
(neun) Zellen; nur an der äussersten Basis eine zweite Reihe
von vier sehr kleinen. Beine schwärzlich pechbraun , Spitze
der Hüften , Trochanteren , Schenkelbasis , Schiensporen und
Fussklauen licht rostroth; Beborstung lang, schwarz, die
Schenkel überdies kurz greishaarig. Metatarsus kaum um die
Hälfte länger als jedes der drei mittleren und nur halb so
lang als das fünfte Tarsenglied. Schiensporen bis nahe zur
Spitze des zweiten Tarsengliedes reichend.
Durch das Körpercolorit und die höchst auffällige Flecken¬
zeichnung der Flügel steht die vorbeschriebene Art offenbar
in unmittelbarer Verwandtschaft mit Myrmel. erythroceplialus
Leacli (Zoolog. Miscell. I, p. 70, pl. 30) und Myrmel. guttatus
Ramb. (Hist. nat. d. Nevropt. p. 409, No. 41), welche beide
mir nur nach den von Rambur gelieferten aphoristischen
Beschreibungen bekannt sind. Nach diesen soll schon die
erstere, in noch höherem Maasse aber die letztere Art breitere
Flügel als Myrmel. formicarius Lin. besitzen , während die¬
jenigen des Myrmel. illustris entschieden schmäler sind. Der
Kopf der letzteren Art ist ferner in der Hauptsache tief
schwarz, nicht wie bei Myrvn. erythroceplialus und guttatus
roth; auch lassen die schwarzen Tropfenflecke der Flügel
theils in ihrer Zahl, theils in ihrer Vertheilung so unverkenn¬
bare Unterschiede den beiden genannten Arten gegenüber er¬
kennen, dass eine Identificirung mit einer derselben wenig¬
stens vorläufig nicht zulässig erscheint.
7. My rmeleon comptus. Thoracis lateribus maculisque dor-
salibus, alarum radice radioque vitellinis , capite cum antennis
nigro , vertice tantum fiavo-signato : alis seit latis, obtuse lanceo-
latis, totis hyalinis, stigmate nullo , pedibus ßavo-nigroque pictis,
tibiarum calcaribus metatarso parum longioribus. Long. corp.
29, alar. ant. 31, post. 29 mill. — Patria: Peak Downs Australiae.
Australischer Neuroptera Megaloptera.
95
Mit gleichem Flügeäder wie Murmel, illustris und crocei-
collis Ger st., mit ersterem auch in der Körperform, besonders
der geringeren Länge des Hinterleibes, mit letzterem im Colorit
übereinstimmend, von beiden jedoch durch ungleich breitere
und an der Spitze stumpfere Flügel abweichend. — Fühler
von gleicher Bildung wie bei Myrmcl. illustris , ganz schwarz,
die beiden Basalglieder nur pechbraun gerandet. Kopf gleich¬
falls mit stark gewölbtem, wenngleich weniger hervortreten¬
dem Scheitel, oberhalb nur matt glänzend, ein schmaler Augen¬
saum des Hinterkopfes und zwei kurze Längsstriemen am
Hinterrand des Scheitels dottergelb. Stirn sehr glänzend
schwarz , glatt , in der Mitte mit breitem , quer dreieckigem
Eindruck, Clypeus und Mundtheile schwärzlich pechbraun.
Hie Verbindungshaut zwischen Kopf und Pronotum licht
dottergelb mit schwarzer Mittelstrieme. Von gleicher Färbung
das quadratische und vorn breit abgerundete Pronotum, welches
glänzend und mit gelblichen und braunen Borsten sparsam
bekleidet erscheint. Meso- und Metathorax mit schiefer¬
schwarzem Brusttheil, lebhaft rothgelben Pleuren und dotter¬
gelbem, reich schwarz gezeichneten Rücken. Flügel mit leicht
und gleichmässig gerundetem, nicht ausgeschweiften Spitzen-
theil des Innenrandes, daher relativ breit und stumpf lanzett-
lich, die vorderen nur 3Jmal so lang als breit, die hinteren
etwas schmäler ; beide durchaus glashell , deutlich in Regen¬
bogenfarben spielend. Ein deutlich markirtes Stigma fehlt in
gleicher Weise wie bei Myrmel. croceicollis , doch lässt sich
an der betreffenden Stelle wenigstens unter der Lupe im
Anschluss an den Radius eine deutlich gelbe Färbung der
Randadern erkennen. Die intensiv dottergelbe Färbung der
Flügelwurzel setzt sich auf die Basis der Längsadern in ver¬
schiedener Ausdehnung, auf den Radius der Vordorff iigel in
seiner ganzen Länge fort, während derjenige der Hinterffügel
nur an seiner Basis und Spitze diese Färbung zeigt. Costa,
Subcosta, Sector radii und Randader des Innenrandes über¬
wiegend pechbraun, die Cubiti mit ihren Verzweigungen und
Queradern dagegen licht gelb. Zwischen Vena analis und
Innenrand zunächst der Basis zwei, sodann nur eino Zellen¬
reihe. Beine kräftig, von den Spitzen der Hüften an intensiv
rothgelb, schwarzborstig; Schenkel mit sehr breitem, nur das
96
A. Gerstaecker: Zwei fernere Decaden
Basaldrittheil und die Spitze freilassenden pechbraunen Ring,
Schienen nur mit ebenso gefärbtem Spitzenfleck. Tarsen der
Hinterbeine von Schienenlänge, an den beiden vorderen Paaren
diese übertreffend; die vier Basalglieder sehr allmählich an
Länge abnehmend, das Endglied fast den drei vorhergehenden
zusammengenommen an Länge gleich. Alle Glieder mit ge¬
bräunter Spitze, Fussklauen und Schiensporen rostroth, letztere
nur wenig länger als der Metatarsus. Hinterleib schieferfarben,
glänzend, fein greishaarig, die Basalhälfte des ersten Segments
oberhalb dottergelb; von gleicher Färbung die seitliche Ver¬
bindungshaut, der schmale Endsaum des vierten und der
folgenden Ringe, so wie der breite des Endsegments und der
Genitalklappen.
8. Myrmeleon pictifrons. Cervinus , antennis , verticis pictura
abdomineque citris, fronte clypeoque testciceis , nitidis , vitta an -
tennas versus furcata , nigra signatis: alis sat latis , lanceolatis ,
fusco-venosis , liyalinis , stigmate parvo albo perspicuo , tibiarum
calcaribus metatarso paullo longioribus. Long. corp., alar.
ant. et post. 31 mill. — Patria: Sidney Australiae.
Mit gleichem Flügelgeäder wie die vorhergehenden, aber
durch die deutliche Ausprägung des Stigma sich mehr an
Myrrnel. uniseriatus Ger st. anschliessend, von diesem, auch
abgesehen von der Körperfärbung, durch breitere und schärfer
lanzettlich zugespitzte Flügel, den weiter gegen die Basis hin
verlegten Ursprung des Sector radii, die sehr viel schlankeren
Fühler, den gestreckteren Hinterleib u. s. w. abweichend. —
Die langen und dünnen Fühler schwarz, gegen die Basis hin
pechbraun, die beiden ersten Glieder unterhalb selbst scherben¬
gelb. Oberkopf gleich dem Thorax rehfarben, matt, mit vier
Querreihen schwarzer Flecke: zwei quere über dem Fühler¬
ursprung in vorderster, je vier in zweiter und dritter, je einer
am Innenrand der Augen, bereits dem Hinterhaupt zukommend,
in vierter Reihe. Stirn und Clypeus glänzend und glatt, licht
knochengelb, eine von der Oberlippe ausgehende und sich
gegen die Basis der Fühler hin Yförmig gabelnde Längsbinde
tief schwarz. Prothorax wenig länger als breit, gegen den
abgerundeten Vorderrand hin leicht verschmälert, auf reh¬
farbenem Grunde fein schwarz getüpfelt und beborstet; die
beiden hinteren Thoraxringe an der Spitze schmal lichtgelb
Australischer Neuroptera Megaloptera.
97
gesäumt, dünn greishaarig. Vorderflügel 3} mal, die ebenso
langen Hinterflügel mehr denn 4 mal so lang als breit, erstere
stumpfer lanzettlich als diese, beide glashell, aber mit leicht
wässrig bräunlichem Anflug, nur schwach iridescirend. Stigma
klein, milchweiss, den Aussenrand nicht erreichend. Subcosta
und Radius licht braungelb , unscheinbar dunkel getüpfelt,
das übrige Geäder pechbraun, der Cubitus posterior der Vorder¬
flügel mit seinem Sector jedoch gelb gescheckt. Der Ursprung
des Sector radii in den Vorderflügeln ist weit gegen die
Basis hin zurückverlegt und dieser noch etwas mehr genähert
als derjenige des Sector cubiti posterioris; in den Hinterflügeln
zeigt er das gleiche Verhalten wie bei Myrrnel. uniseriatus.
Eine Abweichung von dem Flügelgeäder des letzteren besteht
auch darin, dass die beiden Cubiti der Vorderflügel einander
sehr genähert sind und in durchaus gerader Linie ver¬
laufen. Zwischen Vena analis und Innenrand zuerst zwei,
dann eine Zellenreihe. Beine schlank, licht rostgelb, fein
schwarz getüpfelt; Beborstung schwarz. Tarsen von Schienen¬
länge, das erste bis vierte Glied allmählich an Länge abneh¬
mend, das fünfte doppelt so lang als das erste. Fussklauen
und Schiensporen licht rostroth, letztere gerade, die Spitze
des Metatarsus etwas überragend. Hinterleib langstreckig,
dünn, einfarbig schieferschwarz, dünn greishaarig.
9. Myrmeleon amabilis. Tibiarum calcaribus arcuatis , tar-
sorum articulos duo basales adaequantibus : cervinus , nigro-pictus,
capitis fascia supraantermali eburnea, fronte clypeoque testaceis ,
alis angustulis, obtusis , hyalinis, anticarum macula magna ante-
stigmaticali , vitta arcuata baseos subcostali fasciisque duabus
angustis, obliquis , posticarum maculis tribus anteapicalibus nigro-
fuscis. Long. corp. 16, alar. ant. 20, post. 18 mill. —
Patria : Peak Downs Australiae.
Durch die dünnen Fühler und Beine, den kleinen Kopf,
den schmalen Prothorax in nächster Verwandtschaft mit Myr¬
rnel. osmyloides Ger st. stehend, jedoch durch ungleich schmä¬
lere, im Geäder übrigens übereinstimmende Flügel abweichend;
durch die dunkele Flecken- und Bindenzeichnung dieser
höchst charakteristisch und leicht kenntlich. Fühler schlank,
licht rostroth mit gebräunter Spitze der einzelnen Glieder, dio
bimförmige Keule tief schwarz. Kopf zierlich, von oben ge-
7
98
A. G er s taecker : Zwei fernere Decaden
schon quer cylindrisch, Scheitel umbrabraun mit zwei schwarzen
Querbändern, auf der Grenze gegen die glänzend schwarze
Oberstirn hin mit licht elfenbeinfarbener Querbinde. Unterer
Theil der Stirn nebst Augenrändern und Clypeus scherbengelb;
Mund rostfarben mit gebräunter Basis der Lippentaster. Pro¬
notuni reichlich um die Hälfte länger als breit, auf rehfarbe¬
nem Grunde mit drei undeutlichen schwärzlichen Flecken¬
striemen, besonders gegen die Basis hin lang schwarzborstig.
Am Mesonot um der vordere Theil von gleicher Färbung, der
hintere dagegen gleich dem Metanotum vorwiegend schiefer-
farbig. Flügel schmal, die vorderen an der Spitze stumpfer
abgerundet als die beträchtlich kürzeren hinteren. Flügel¬
geäder nach dem Typus von Myrmel. formicarius , d. h. der
Sector cubiti posterioris und die Yena analis erst nahe der
Mitte seiner Länge in den Innenrand ausmündend. Flügel¬
substanz durchaus hyalin, mit kleinem weisslichen Stigmatleck.
Subcosta und Radius in beiden , in den Vorderflügeln auch
der Cubitus posterior gelb- und schwarzfleckig, die übrigen
Längs- und Queradern theils lichtbraun, theils weisslich, letztere
in den Vorderflügeln vielfach schwarz getüpfelt. Diese mit
sehr auffallender schwarzbrauner Flecken- und Bindenzeichnung
in folgender Anordnung: Von der Wurzel aus erstreckt sich
nicht ganz auf ein Drittheil der Länge eine zuerst den Aussen-
rand säumende , dann sich aber über Subcosta und Radius
hinüber nach innen krümmende Strieme. Getrennt von dieser
beginnt vor der Mitte der Aussenrandslänge eine schräg
nach hinten und innen verlaufende schmälere, S förmig ge¬
schwungene , welche bei der Ausmündung der Yena analis
in den Innenrand einen Gabelast abgiebt. Eine dritte nimmt
aus dem Innenrand etwa beim letzten Vierttheil seiner Länge
ihren Ursprung und verläuft, sich gleichfalls leicht gabelnd,
schräg nach aussen und hinten, ohne indessen die Flügel¬
spitze zu erreichen. Endlich findet sich am Aussenrand im
vorderen Anschluss an das kleine weisse Stigma ein grosser,
länglich dreieckiger, im hinteren Anschluss an dasselbe ein
kleiner schwarzbrauner Fleck nebst einigen Tupfen. In den
Hinterflügeln finden sich dunkele Flecke nur im Bereich des
Spitzendrittheils: zwei am Aussenrand, der eine dicht hinter,
der andere in weiterer Entfernung vor dem Stigma, und letz-
Australischer Neuroptera ]\fe(/aIo])tera
99
terem gegenüber ein blasser brauner Querwiscli am Innen-
rand; an diesem zeigt sich ausserdem dicht vor der Spitze
ein grauer Nebelfleck. Beine auffallend lang und dünn, pech-
braun ; am ersten Paar die Trochanteren und ein Kniefleck
der Schienen rostfarben , am zweiten ein Basal- und Mittel¬
ring der Schienen, am dritten letztere bis auf die Spitze und
die Basis des Metatarsus scherbengelb. Pussklauen und
Schiensporen licht rostroth, letztere leicht gekrümmt, das Ende
des zweiten Tarsengliedes erreichend. Tarsen nur von halber
Schienenlänge , die vier ersten Glieder allmählich an Länge
abnehmend, das Endglied nicht ganz so lang wie das dritte
und vierte zusammengenommen. Hinterleib kurz , schiefer¬
färben, greishaarig; Genitalklappen schwarzborstig.
10. My vnieleon congestas. Nigvo-f uscus , antennis pallido-
annulatis, tarsis atris , hast testaceis, alis angastulis , obtusis , hyalinis ,
anticis ubique fusco-conspersis, macula stigmaticali alter aque
marginis iuterni majoribus , posticarum litara tantum cubitali
fusca. Long. corp. 1'7-J, alar. ant. 23, post. 22 mill. —
Patria: Peak Downs Australiae.
Fühler derb, pechbraun mit licht gelbem Endsaum der
einzelnen Glieder , das Basalglied unterhalb mit rostfarbener
Endhälfte, das zweite ganz dunkel, die folgenden rostroth.
Kopf vom Hinterhaupt bis zum Vorderrand der Stirn einfarbig
schieferschwarz , bis auf die leicht fettig glänzende letztere
matt, die Augenränder unterhalb der Fühlerinsertion und der
Clvpeus licht scherbengelb. Spitze der Mandibeln und End¬
glied der Lippentaster pechbraun. Pronotum kurz, quadratisch,
mit leicht ausgeschweiftem Vorderrand, auf schwarz braunem
Grunde düster rostroth gefleckt und gelblich gesäumt; Meso-
und Metathorax einfarbig dunkel. Flügel im Verhältniss zum
Rumpf sehr gestreckt, schmal, stumpf zugespitzt, glashell, mit
schwarz- und gelbscheckigen Längs- und überwiegend dunkelen
Queradern, diejenigen des Costalraums einfach, sperrig. Kein
deutlich markirtes Stigma. Sector cubiti posterioris jenseits
des ersten Drittheils der Länge in den Innenrand ausmündend.
Zwischen diesem und der Vena analis in den Vorderflügeln
nur eine Zellenreihe, die der Basis zunächst gelegenen Zellen
sehr langstreckig ; in den Hinterflügeln zuerst zwei, dann
eine Zellonreihe. Vorderflügel durch Säumung der Queradorn
100
A. Gerstaecker: Zwei fernere Decaden
lind Zellenwinkel über die ganze Fläche hin braun gesprenkelt,
gegen die Spitze hin allmählich dichter und intensiver; ein
schräger Innenrandsfleck bei der Einmündung der Yena analis
und ein kleinerer in der Stigmagegend dunkler pechbraun.
In den Hinterflügeln nur die Gabeladern des Spitzenfeldes
fein braun getüpfelt, die übrigen Queradern jedoch nicht
dunkel gesäumt; nur ein dem Ende der beiden Cubiti ent¬
sprechender, scharf abgegrenzter Längswisch schwarzbraun.
Beine derb, pechbraun, dicht weisshaarig und schwarz be-
borstet; die Basis und Spitze der Schenkel, ein Theil der
Aussenseite an Vorder- und Mittelschienen, die Hinterschie¬
nen bis auf die Spitze und Vorderseite, endlich die Basis der
Metatarsen licht scherbengelb. Fussklauen und Schiensporen
rostroth, letztere gekrümmt, bis zur Mitte des zweiten Gliedes
reichend Die drei Mittelglieder der Tarsen verkürzt, das fünfte
nicht viel länger als der Metatarsus. Hinterleib auffallend
kurz, schieferschwarz mit rostfarbenem Endsaum der Segmente.
11. My rmeleon br eviusculus. Nigro-f uscus , antennis ferru-
gineis, clava nigra , pedibus piceis, tibiis posterioribus tarsovumque
basi testaceis, alis hyalinis , ante apicem fusco-bimaculatis, an -
ticarum insuper litura marginis interni fusca. Long. corp.
15, alar. ant. 18, post. 16£ rnill. — Patria: Peak Downs
Australiae.
Dem Formicaleo septus Gerst. nicht unähnlich, aber
kleiner, gedrungener, durch die Färbung der Fühler und
Tarsen , den Mangel des braunen Flügelsaumes und das
Längsverhältniss der Schiensporen leicht zu unterscheiden. —
Fühler schlank, röthlich braun mit gelbem Endsaum der ein¬
zelnen Glieder, gegen die schwarze Keule hin allmählich licht
rostfarben werdend. Kopf und Mundtheile von gleicher Fär¬
bung wie bei Formical. septus. Prothorax etwas kürzer, ein¬
farbig rothhraun, Meso- und Metathorax schieferfarben. iliigel
weniger gestreckt und besonders die hinteren mit stumpfere
Spitze, das Geäder von gleichem Colorit, das weisse Stigma
schwächer markirt. In den Vorderflügeln ist der Innenrands¬
fleck grösser, mehr diagonal verlaufend, wischartig, auch der
Cubitalfleek länglicher, der vor dem Stigma am Aussenrand
gelegene minder scharf abgegrenzt und lichter. In den Hinter¬
flügeln schliesst sich nur dem Vorderende des Stigma ein —
Australischer Neuroptera Megaloptera.
101
zugleich merklich grösserer — Meck au, während der Cubital-
fleck sich nicht auf den Innenrand fortsetzt. Beine pechbraun,
weiss behaart, nur schwarz beborstet, Vorderhüften, Trochan-
teren, Mittel- und Hinterschienen bis auf die Spitze und Vorder¬
seite , endlich an allen Tarsen das erste Glied bis auf die
Spitze scherbengelb. Missklauen und Schiensporen rostroth,
letztere leicht gekrümmt, bis zur Mitte des zweiten Gliedes
reichend. Die Mittelglieder der Tarsen massig verkürzt, das
Endglied so lang wie die beiden ersten zusammengenommen.
Hinterleib auffallend kurz, schieferschwarz, der Endsaum des
dritten und der folgenden Ringe licht rostfarben.
12. Creagris nubecula. Gracillima, fusco-nigrci , rufo-varia ,
antemäs pallido-annulatis , tibiarum ccilcaribus tarsisque lon-
gissimis, alis lanceolato-acuminatis , hyalinis, ubique gi'iseo-
nebulosis, subcosta, radio stigmateque albis , nigro-variegatis. —
Long. corp. 26, alar. ant. 20, post. 18 null. — Patria :
Rockhampton Australiae.
Habituell der Creagr. plumbea Oliv. ( Myrmel . lineatus
Latr.) sehr ähnlich, im Eltigelgeäder und in der Beinbildung
aber nicht unwesentlich abweichend und besonders durch
letztere eine deutliche Annäherung an die Gattung Proto-
plectvon bekundend. - Körper sehr schmächtig, viel länger
als die Flügel. Fühler schlank, schwarz, weiss geringelt, das
Basalglied unterhalb knochengelb, das zweite licht rothbraun.
Kopf schmal, schiefergrau, der Scheitel mit zwei Querreihen
von je fünf schwarzen Sammetflecken, zwischen beiden mit
rothgelber Binde. Stirn unmittelbar unter der Fühlerinsertion
pechbraun, ihr übriger Theil gleich dem Clypeus scherbengelb;
Oberkiefer und Taster pechbraun. Pronotum fast um die
Hälfte länger als breit, nach vorn leicht verjüngt, am Vorder¬
rand mit langen weissen, beiderseits mit schwarzen Borsten
besetzt , gleich dem Mesonotum auf schiefergrauem Grunde
verloschen rostroth gefleckt; Metathorax einfarbig dunkel.
Flügel von gleichem Längsverhältniss und ähnlicher Lanzett-
form wie bei Cr. plumbea , aber dadurch unterschieden, dass
die mit dem Innenrand parallel laufende Vena analis der
Vorderflügel weiter nach hinten, fast bei der Mitte der Länge
in denselben ausmündet. Flügelsubstanz hyalin, Längs- und
Queradern unregelmässig schwarz und weiss abwechselnd,
102
A. Ger stae eher: Zwei fernere Decaden
wodurch für das imbewehrte Auge das Bild von zahlreichen
blassgrauen Nebelflecken auf milchigem Grunde hervorgerufen
wird. Subcosta und Radius besonders deutlich weiss und
schwarz gescheckt, das kleine weissliche Stigma in den Vorder¬
flügeln beiderseits, in den Hinterflügeln nur vorn schwarz
begrenzt. Beine bis auf die sehr langen und schlanken Tar¬
sen derb, pechbraun, überwiegend weiss behaart und beborstet,
indessen auch mit untermischten schwarzen Borsten besetzt;
Trochanteren gleich der Basis und Spitze der Schenkel rost¬
farben, Vorder- und Mittelschienen aussen gelbfleckig, Hinter¬
schienen bis auf die Spitze, ein vor der Mitte liegender Ring
und die Vorderkante licht scherbengelb. Bussklauen und
Schiensporen licht rostroth, letztere sehr lang und dünn,
gerade , die Spitze des Metatarsus fast erreichend. Tarsen
aller drei Paare länger als die Schienen, diejenigen des letzten
fast um die Hälfte ; tief schwarz, der Metatarsus bis auf sein
Spitzendrittheil und das fünfte Glied mit Ausnahme der
Basis und Spitze licht gelb. Hinterleib einfarbig schiefer¬
schwarz.
13. Gyrnnocnemia tipularia. Gracillima, fuscci, testaceo-varici,
alis angustulis , hyalinis , anticis ubique f usco-conspersis lituraque
majori antestigmaticali nigricanti ornatis , posticarum maculis
tantum duabus praeapicalibus , altera marginis externi , altera
cubitali fuscis. .Long. corp. 16, alar. ant. 18£, post. 17 mill.
— Patria : Peak Downs Australiae.
Reichlich um die Hälfte kleiner als Gymnocn. pentagramma
Gerst., durch sehr viel schlankeren Leib und die sehr schma¬
len, daher ungleich langstreckigeren Flügel abweichend. —
Fühler dünn, licht rothbraun , gelb geringelt, die Keule tief
schwarz, die vier Basalglieder unterhalb licht beingelb. Hinter¬
haupt und Scheitel matt rothbraun, undeutlich schwarzfleckig,
an ersterem ein feiner Augensaum, vor letzterem eine scharf
abgegrenzte Querbinde elfenbeinfarben. Im vorderen Anschluss
an letztere die Stirn tief und glänzend schwarz, der Clypeus
nebst den Tastern blass scherbengelb. Pronotum um die
Hälfte länger als breit, vorn weisslich, beiderseits schwarz
beborstet, gleich den beiden hinteren Thoraxringen auf pech¬
braunem Grunde rostfarben gescheckt. Vorderflügel 4£mal
so lang als breit, mit stumpf abgerundeter Spitze, die schmä-
Australischer Neuroptera Mepaloptera.
103
leren Hinterflügel mehr lanzettlich zugeschärft; in ersteren
ein kleines weisses Stigma deutlich abgegrenzt, in letzteren
nur als feiner, schmaler Wisch angedeutet. Die Queradern
des Costalraumes in beiden Flügeln einfach, sperrig. Yena
analis weit vor der Mitte der Länge in den Innenrand aus¬
mündend, abgesehen von der äussersten Basis nur eine
Reihe von Zellen abgrenzend. Subcosta und Radius auf
lichtgelbem Grunde schwarzbraun gebändert, die übrigen Längs¬
und auch die meisten Queradern dunkel; letztere in den
Vorderflügeln vielfach braun umflossen, daher diese im Gegen¬
satz zu den Hinterflügeln überall, gegen die Spitze hin aber
dichter dunkel getüpfelt. Ausser einer grösseren, schräg vor
dem weissen Stigma verlaufenden Strieme auch zwei bis drei
kleine Strichmakeln am Radius und am Innenrand, eine
weitere auch am Ende der Cubiti pechbraun, ln den Hinter¬
flügeln von dieser Färbung nur ein grösserer und intensiverer
Längswisch des Aussenrandes vor der Stigmagegend und ein
kleiner, blasser Fleck am Ende der Cubiti. Von den Beinen
besonders das vorderste Paar in allen Theilen auffallend lang
und dünn, alle blass scherbongelb, lang weiss und schwarz
beborstet; von pech brauner Färbung die Spitze und zwei
parallele Linien auf der Oberseite der Schenkel, die Spitze
aller drei und ein der Basis genäherter Ring der beiden
vorderen Schienenpaare, endlich die Vordertarsen fast in ihrer
ganzen Ausdehnung, die hinteren im Bereich der drei End¬
glieder. Auch sind die Schienen dem Ursprung der Borsten
entsprechend schwarz punktirt. Vordertarsen fadenförmig
dünn, fast um ein Dritthcil länger als diejenigen des dritten
Paares. Fussklauen sehr fein, fast gerade, licht rostroth;
Schiensporen fehlend. Hinterleib linear, matt pechschwarz,
Segment 3. bis 5. auf der Rückenseite mit ledergelbem Basal¬
und Mittelfleck.
14. Mantispa pictiventris. Antennis validis, piceis, 30-articu-
latis , rufa, vertice nigro-fasciato , pedibus ferrugiueis, abdornine
atro, vittis duabus dorsalibus ventreque testaceis : alis hyalims ,
fusco-venosis , stigrnate elongato sanguineo , cellulis obliquis dis-
calibns novem. Long. corp. 14, prothor. 4, alar. ant. 14},
post. 12} mill. (mas). — Patria: Rockhampton Australiae.
Durch das langstreckige, intensiv rothe Stigma und die
104
A. Gerstaecker: Zwei fernere Decaden
einfach zugespitzten Fussklauen mit Meint, erytliraea Brauer
und tmuistriga Gerst. nahe verwandt, von beiden aber durch
kürzeren, gedrungeneren Prothorax, die viel derberen, dunkel
gefärbten Fühler, die Zahl der schrägen Mittelzellen in den
Flügeln, die sehr auffallende Färbung des Hinterleibs u. s. w.
unterschieden. — Fühler kurz und derb, 30 gliedrig, das erste
Glied kurz birn-, die folgenden quer napftormig, die letzten
zehn allmählich schmäler werdend; schwärzlich pechbraun,
matt, die beiden Basalglieder unterhalb scherbengelb. Kopf
breiter als bei den genannten Arten, mit beiderseits tief aus¬
gehöhltem, in der Mittellinie scharf gekielten Scheitel; dieser
hell ledergelb mit breiter, schwärzlich pechbrauner, die Augen¬
ränder freilassender Querbinde gegen die Fühlerinsertion
hin. Stirn und Clypeus rostgelb, glänzend, erstere mit zwei
zwischen den Fühlern befindlichen Punkten und einer nach
unten folgenden schmalen Mittelstrieme von schwarzer Fär¬
bung; Mundtheile rostroth. Prothorax bis zum Beginn des
vorderen Drittheils cylindrisch und querriefig, gegen den
erweiterten und am Yorderrande doppelt so breiten Halstheil
hin mit zwei glatten, warzenförmigen Vorsprüngen; dieser
dunkler , mehr pechbraun , vorn jederseits rostroth gesäumt.
Meso- und Metathorax heller rostroth mit breiter, licht pech¬
brauner Mittelstrieme ; Brustseiten mennigroth. Sternum leder¬
gelb. Flügel hyalin, mit Ausnahme der scherbengelben Costa
pechbraun geadert. Vorderflügel mit sieben, Hinterflügel
mit sechs Venulae subcostales, erstere bei ihrer Einmündung
in die Subcosta blassgelb. Die erste der drei Radialzellen
merklich länger als die beiden folgenden, das fast purpur-
rothe Stigma weniger gestreckt als bei Maut, erytliraea, etwa
wie bei Meint, teuuistriga gestaltet, nicht ganz den beiden
letzten Radialzellen zusammengenommen an Länge gleich¬
kommend. In beiden Flügeln neun schräge Zellen des
Mittelfeldes. Beine licht rostgelb. An den Raubbeinen die
Hüften länger als der Prothorax, vorn dicht und fein braun
raspelartig gekörnelt, die Schenkel mässig breit , an ihrer oberen
Kante dicht russig gewimpert, längs dieser innerhalb pech¬
braun gestriemt, die Strieme jedoch zwischen Mitte und Spitze
unterbrochen. Auch an der Basis des grossen Innendornes
ein pechbrauner Fleck. Von den Ausscndornen besonders
Australischer Neuroptera Afeyaloptera.
105
der 7., 8., 12. und 15. ansehnlich gross. An den Vorder¬
tarsen das fünfte Glied ein wenig länger als jedes der drei
mittleren ; die Endklaue fein. Mittel- und Hinterbeine schlank,
die Schienen fast um ein Drittheil länger als die Schenkel
und gleich den Tarsen lichter gelb ; letztere unterhalb schwarz
bedornt, die vier Endglieder zusammen nur wenig länger
als der Metatarsus. Fussklauen schmal sichelförmig, scharf
zugespitzt. Hinterleib oberhalb tief und matt kohlschwarz
mit zwei durchgehenden , parallelen Rückenstriemen von licht
rothgelber Färbung; Bauch blass ledergelb, fein schwarz ge¬
tüpfelt und mit gleichfalls tintenschwarzer, nach hinten ver¬
schmälerter Mittelstrieme. Hie kolbigen oberen Genitalplatten
des Männchens glänzend rostroth , innen pechbraum gesäumt;
die unpaare untere matt ledergelb, lang schwarz haarig, mit
scharfem mittleren Zahnvorsprung des Endrandes.
15. Tlieristria eurysticta. Fusco-testacea , antennis piceis,
prothorcice graciliore, alarurn liyalinarum costa, subcosta , radio
testaceis , hujus sectoribus cubitoque nigro-variis , stigmate magno ,
dilute sanguineo: cellulis obliquis discalibus decern. Long. corp.
14 — 16, prothor. 3^ — 4, alar. ant. 16 — 18, post. 14 — 16
mill. (fern.) — Patria : Sidney et Rockhampton Australiae.
Etwas grösser als Ther. felina Gerst. und delicatula
AVestw. , mit letzterer in dem langstreckigen Prothorax und
der Zahl der schrägen Flügelzellen übereinstimmend, von
beiden durch die Grösse und Färbung des Stigma’s, durch
das im Bereich der Basalhälfte gelb und schwarz gescheckte
Flügelgeäder, den ungefleckten Hinterleib u. s. w. unterschieden.
— Fühler dünn, 41gliedrig, pechschwarz mit lichtem End¬
saum der einzelnen Glieder , die beiden ersten licht rostroth,
das Basalglied bimförmig. Kopf mit eben so stark gewölbtem
Scheitel wie bei Ther. felina, licht rostgelb, matt; vier vom
Hinterrand des Scheitels bis zur Fühlerinsertion reichende,
zuweilen unterbrochene schmale Striemen blass pechbraun,
eine zuweilen verloschene Mittelstrieme der Stirn, die Seiten¬
furchen derselben und ein Fleck an der Basis der Oberlippe
von gleicher Färbung, aber dunkler. Mandibeln und Spitze
der Taster pechbraun. Prothorax um ein Drittheil länger
und merklich dünner als bei Ther. felina , sonst in gleicher
Weise fein warzig und schwarzborstig, entweder einfarbig
106
A. G er staeclcer : Zwei fernere Decaden
matt ledergelb oder graubraun mit lichterer Mittelstrieme.
Meso- und Metathorax glatt, matt rehfarben, rostgelb gescheckt.
Flügel glashell, Subcosta und Kadius scherbengelb, die gleich¬
falls gelben Sectoren des Radius jedoch der Einmündung der
Queradern entsprechend schwarz gebändert. Diese Scheckung
des Flügelgeäders erstreckt sich auf die drei Radialzellen und
von der Basis aus auf die vier ersten der schrägen Mittel¬
zellen, während die folgenden gleich den sich ihnen anschlies¬
senden Spitzen- und Innenrandszellen von einfarbig dunkelen
Adern begrenzt werden. In den Vorderflügeln acht, in den
hinteren zehn Venulae subcostales, erstere vorwiegend schwarz,
letztere blassgelb. Die drei Radialzellen in den Vorderflügeln
fast gleich lang, in den hinteren die mittlere kürzer. Stigma
noch etwas länger als die dritte Radialzelle , beiderseits spitzig
ausgezogen, von zehn schrägen Rippen durchsetzt, blass blut-
roth. In beiden Flügeln zehn schräge Mittelzellen. Raub¬
beine von gleich schmaler, langstreckiger Form wie bei Ther.
felina , entweder einfarbig gelbbraun oder die Hinterseite der
Hüften und Innenseite der Schenkel pechbraun gestriemt;
der lange Innendorn gleich den Aussendornen pechbraun mit
blassgelber Basis, unter letzteren vier beträchtlich länger als
die übrigen , gegen die Spitze hin sieben dicht aneinander
gedrängte immer kürzer werdend. Fussklauen der Vorder¬
tarsen gross , gelb , mit scharfer , pechbrauner Spitze. Mittel¬
und Hinterbeine mit blassbraun gebänderten Schenkeln und
lichteren, mehr scherbengelben Schienen und Tarsen, letztere
unterhalb schwarzborstig, die Fussklauen mit gespaltener Spitze,
rostroth. Hinterleib gelbbraun, die Rückensegmente mit ge¬
schwärztem Endsaum.
16. A ymplies inodesta. I^aete rufa , antennarum dirnidio ba-
sali tantum , verticis fasciis duabus angmtis frontisque maculis
duabus nigris : alis hycdiuis, fusco-venosis , apice maculatim
infuscatis, stigmate sanguineo, lunula alba nulla. Long. corp.
22 , alar. ant. 32 , post. 30 mill. — Patria : Rockhampton
Australiae.
Von Nymph. myrmeleonides Leach bei völliger Ueber-
einstimmung in der Form und dem Geäder der Flügel zunächst
durch die etwa um ein Drittheil geringere Körpergrösse
abweichend. Sodann sind die Fühler nur bis zur Mitte ihrer
Australischer Nenr opfern Afer/aloptera.
107
Länge tief schwarz, von da an licht rostroth. Auf dem
Scheitel ist die obere Einfassung der Fühler und die nahe
dem Hinterrande verlaufende unterbrochene schwarze Quer¬
strieme sehr schmal; die Stirne zeigt an ihrem unteren Rande
zwei undeutlich X förmige schwarze Flecke. Die Farbe des
Rumpfes und der Beine ist reiner und lichter rostroth als
bei Nympli. myrmeleonides , fast korallenroth, am Thorax auch
ein deutlicher Glanz wahrnehmbar. Am meisten jedoch weicht
die farbige Zeichnung der Flügelspitze von derjenigen der
bekannten Leach’schen ab: Der Stigmafleck ist nicht ocher¬
färben, sondern blutroth, relativ kürzer und beiderseits schär¬
fer abgegrenzt. Im hinteren Anschluss an denselben fehlt
der schöne, röthlich weisse, bis über die Flügelspitze hinaus¬
reichende Mondfleck der Nympli. myrmeleonides vollständig.
An seine Stolle tritt eine sehr viel kürzere, weit vor der
Spitze endigende aschgraue Trübung von rhombischem Umriss,
durch dichte dunkelbraune Adern auf ungefärbtem Grunde
hervorgerufen. In Folge dessen erscheint der — bei Nympli.
myrmeleonides durch den weissen Mondfleck sehr eingeengte — -
rauchbraune Spitzenfleck viel umfangreicher, indem ersieh
auf den Aussen- und Innenrand des Flügels in gleicher Breite
erstreckt und daher im Ganzen abgerundet quadratisch er¬
scheint. Die stärkere, fleckenartig erscheinende rauchbraune
Trübung desselben fällt auf den Innenraud und ist scharf
gegen die hyaline Fdügelsubstanz abgeschnitten.
Da mir von Nymphcs myrmeleonides Le ach Männchen
und Weibchen in gleicher Grösse und Färbung vorliegen, so
fällt die Annahme, dass es sich bei dem vorbeschriebenen
Exemplar um den alter soxus jener Art handeln könne, von
selbst fort. Eine andere FVage wäre die, ob in demselben
nicht etwa nur eine individuelle Varietät, deren Abweichungen
von der Stammform durch die geringere Grössenentwickelung
bedingt sein könnten , vorliege. Letzteres ist angesichts der
sonstigen wesentlichen Uebereinstimmung keineswegs undenk¬
bar, Hesse sich aber erst dann entscheiden, wenn durch
Vergleich zahlreicher Exemplare der Nachweis eines allmäh¬
lichen Ueberganges von der einen zu der anderen Form
erbracht werden könnte. So lange dies nicht der Fall ist
scheint es unter allen Umständen geboten, auf die sofort in
108
A. Gerstaecker: Zwei, fernere Decaden
die Augen fallenden Unterschiede durch eine besondere Be¬
nennung hinzuweisen.
17. N esydrion diciphanum. Stramineum , antermis abdomine-
que fuscescentibus , alis hyalinis , ßavo-venosis , tvms transversis
intravadialibus tantum obscurioribus : alaruin margine interno
ante cipicem leviter infumato, anticarum macula parva , posti-
carum qmncto minuto anteapicalibas fuscis. Long. corp. ?,
alar. ant. 29, post. 271 mill. — Patria: Bowen Australiae.
Durch diese zweite mit Nesydr. fuscum Ger st. in allen
wesentlichen Characteren übereinstimmende Art erhält die
Aufstellung einer besonderen Gattung ihre volle Bestätigung.
Leider ist das vorliegende Exemplar abgesehen von den
Elugorganen sehr mangelhaft erhalten und eine Charakte¬
ristik fast nur nach letzteren zu geben. — Körper licht
strohgelb, die nur etwa zur Hälfte erhaltenen derben Fühler
und der Hinterleib leicht gebräunt. Flügel bei wesentlich
abweichender Färbung in den Eigentümlichkeiten des Ge¬
äders mit Nesydr. fuscum durchaus übereinstimmend ; ab¬
weichend sind nur der breitere Costalraum, der weitere Ab¬
stand des Radius vom Sector radii und die geringere Zahl
der aus letzterem hervorgehenden Aeste , welche bei Nesydr.
diaphanum nur acht beträgt. Flügelsubstanz durchaus glas¬
hell , Geäder fast durchgängig licht strohgelb ; nur die zwischen
Subcosta und Radius der Yorderflügel befindlichen kurzen
und die von letzterem zum Sector radii verlaufenden Quer¬
adern der Mehrzahl nach blassbraun (in den Hinterflügeln
jedoch gelb). Die in den Innenrand ausmündenden dichten
Gabeladern zum Tlieil gleichfalls gebräunt, so dass die Yorder¬
flügel gegen die Spitze hin leicht rauchig gesäumt, die Hinter¬
flügel jenseits der Mitte ihrer Länge mit einem blassbraunen
Wisch gezeichnet erscheinen. Auf der Grenze des dicht ge¬
aderten Randfeldes zu dem weitmaschigen Geäder der Scheibe
in den Vorderflügeln ein rundlicher, scharf umschriebener Fleck,
in den Hinterflügeln nur ein kleiner Punkt von schwarz-
brauner Farbe; in beiden ein durch die dichten gegabelten
Venulae subcostales gebildeter gelblicher Stigmafleck. Beine
licht knochengelb, mit dunkleren, mehr rothgelben Tarsen und
an der Spitze gebräunten Fussklauen.
18. Chrysopa stict oneura. Labro trancato, stigmate elongato
Australischer Neuroptera fegaloptera .
109
testaceo, antennis ferrugineis: vitellina , tlioracis dorso uigro-
liturato, alarurn liyalinarum venis longitudinalibus flavis , awS. tenuis Walk.
2. S. longipennis Walk.
20. Poris mus Lachl.
1. P. strigatus Burm. ( maculipennis White)
21. Chrvsopa Leach
1. C. Ramburi Schneid. 5. C. opposita Lachl.
2. C. signata Schneid. 6. C. tripunctata Lachl.
3. C. innotata Walk. 7. C. stictoneura Gerst.
4. C. itisignis Walk.
22. Apochrysa Schneid.
1. A. lutea Walk.
23. Ancylopteryx Brauer
1. A. Immaculata Brauer
24. Ithone Newm. (Yarnia Walk.)
1. /. fusca Newm. 2. I. perloides Walk.
25. Psychopsis Newm. (Arterioptoryx Guer.)
1. P. mimica Newm. 3. P. coelwaga Walk.
2. P. elegans Guer. 4. P. insolens Lachl.
26. Drepanoptery x Burm.
1. JJ. binoculus Newm.
2. I). humilis Lachl.
2. N. diaphanum Gerst.
4. M. armatus Lachl.
5. M. placidm Gerst.
3. N. istenopterus Lachl.
3. ]). berat hoid.es Lachl.
116
A. G er staeckcr : Zwei f ernere Decadcn etc.
27. Megalomus Ramb.
1. M. lanceolatus Gerst.
28. Micro mus Ramb.
1. M. vinosus Gerst.
29. Hemerobius Lin.
1. II. australis Walk.
2. II. Tasmatiiae Walk,
Lieber einige Arten der Gattung Bittacus Latr.
Von
Dr. A. Gerstaecker.
Im vollen Gegensatz zu der reichen Ausbeute von Austra¬
lischen Megalopteren beschränken sich die an das Museum
Godeffroy eingesandten Neuropteren aus der Familie Panor-
pidae auf zwei Arten der Gattung Bittacus Latr. Die vom
Australischen Festlande bereits seit längererer Zeit bekannten
Gattungen Chorista Klug und Euphemia Westw., welche die
hier fehlenden Panorpa- Arten ersetzen und an deren nähere
Kenntniss sich gerade ein besonderesinteresse geknüpft hätte,
fehlen in den Godeffroy’schen Sammlungen leider gänzlich.
Dass die sich über alle fünf Erdtheile verbreitende Gat¬
tung Bittacus in Australien nicht auf die lange Zeit hindurch
allein bekannte Art, den Bittacus australis Klug (Physik.
Abhandl. d. Berlin. Akad. d. Wissensch. 1836, p. 100, No. 11,
Fig. 7. = Bittacus corethrarius Ra mb., Hist. nat. d. Nevropt.
p. 327, No. 2) beschränkt bleiben würde, war bei der grossen
Flächenausdehnung und Terrain-Mannigfaltigkeit dieses Erd-
theiles, so wie bei seinem ungewöhnlichen Insekten-Reichthum
mit Bestimmtheit vorauszusehen. In der That ist denn auch
dieser seit dem Jahre 1836 bekannten Art i. J. 1868 durch
Selys-Longchamps (Annal.d. 1. soc. entom. de Belgique XI.,
Compt. rend., p. LXXVII) eine zweite, nach seinen Angaben ihr
offenbar sehr nahe stehende unter dem Namen Bittacus nigri-
ceps hinzugefügt und gleichzeitig auf eine möglicher Weise
existirende, freilich noch sehr zweifelhafte dritte Art, für
welche eventuell der Name Bittacus iutermedius in Vorschlag
gebracht wird, hingewiesen worden.
118
A. Ger stae eher: Geber einige Arten
Da Selv s-Longchamps für diese mir in natiira un¬
bekannten Arten hauptsächlich Färbungs- und relative Grössen-
Unterschiede hervorhebt, welchen sich für Bittacus nigriceps
freilich noch die etwas abweichende Form der männlichen
Haltezangen hinzugesellt , so ist wohl vorauszusetzen , dass
beide in den wesentlichen plastischen, gerade für Bittacus
australis so charakteristischen Merkmalen mit diesem
übereinstimmen. Freilich werden dieselben von Selvs ebenso
%/
wenig wie von Klug und Rambur irgendwie berührt, wäh¬
rend sie in der die Klug’ sehe Abhandlung illustrirenden
Wie liker' sehen Abbildung ihrer Auffälligkeit entsprechend
ziemlich naturgetreu wiedergegeben worden sind. Diese
charakteristischen Merkmale betreffen einerseits die Flügel,
andererseits und in ungleich prägnanterer Weise die Bildung
der Hinterbeine. Erstere stehen — gerade umgekehrt wie
bei den übrigen Bittacus- Arten — durch ihre auffallende
Schmalheit in einem eigenthümlichen Missverhältniss zu dem
relativ kräftigen Rumpf und sind überdies durch eine an¬
sehnliche Zahl von Queradern im Bereich ihres Spitzen¬
drittheils ausgezeichnet. Letztere, die Hinterbeine, ziehen
durch die — besonders beim Männchen sehr hervortretende
— wadenartige Verdickung der Schenkel und noch mehr da¬
durch die Aufmerksamkeit auf sich, dass an den sehr kräftig
entwickelten Tarsen der — bei den übrigen Arten stark ver¬
längerte — Metatarsus nur unbedeutend länger als jedes der
beiden folgenden (2. und 3.), dagegen beträchtlich kürzer als
das hier stark angeschwollene, übrigens in gewöhnlicher Weise
unterhalb tief eingeknickte vierte Glied ist. Diese Bildung
der Hintertarsen bei Bittacus australis , welche allen übrigen
bisher bekannten Arten der Gattung fremd ist, verdient um
so mehr hervorgehoben zu werden, als sie in Verbindung
mit den stark geschwollenen Hinterschenkeln offenbar auf ein
ganz besonders entwickeltes Greifvermögen hinweist und die
Hinterbeine bei dieser Art in einen viel schärferen Gegensatz
zu den beiden vorderen Paaren , deren Tarsen von der ge¬
wöhnlichen Bildung der übrigen Arten keine irgend wie
nennenswerthe Abweichungen darbieten, setzt.
Sollten nun, wie wohl anzunehmen ist, die beiden er¬
wähnten Selys’ sehen Arten : Bittacus nigriceps und intermedius
der Gattung Bittanis Latr.
119
in der That diese so auffallenden Bildungen mit Bitt. australis
Klug gemein haben, so würden diese drei oder — bei der
zunächst noch zweifelhaften Artberechtigung des Bitt. inter-
medius — wenigstens Bittacus australis Klug und nigriceps
Selys innerhalb der Gattung eine besondere, bis jetzt auf
Australien beschränkte Gruppe, welche man sogar unter einem
besonderen Gattungsnamen Harpobittacus abzutrennen sich
veranlasst sehen könnte, bilden müssen. Diese Gruppe stellt
sich indessen durchaus nicht als eine geographische dar:
denn es liegt mir aus den Sammlungen des Museum Godeffroy
neben dem Bittacus australis Klug, welcher in Mehrzahl aus
der Umgegend von Sidnev vertreten ist, noch eine zweite Art
von Peak Downs vor, welche sich durch den zierlichen Kör¬
per, die breiteren und stumpferen Flügel und durch die Ver¬
längerung des Metatarsus an den Hinterbeinen genau den
normal gebildeten Bittacus- Arten anschliesst. Die Charaktere
dieser letzteren Art sind folgende :
Bittacus microcercus. Rufus , antennis basi excepta , palpis,
genidms tibiarumque apice piceis, nietatarso postico articulis
tarsorum 2. et 3. conjunctis longiore: alis obtusiusculis, dilute
fuscis, stigmate testaceo , venis trausversis anteapicalibus wulecim.
Long. corp. 15 — 16, alar. ant. 17, post. 15 milk (mas.) —
Patria: Peak Downs Australiae.
Reichlich um die Hälfte kleiner als Bitt. australis Klug
(coretlirarius Ramb.), licht rostroth; am Kopf der Raum
zwischen den Ocellen , die Taster und die Fühler mit Aus¬
nahme des Basalgliedos schwärzlich pechbraun, letztere gegen
die Spitze hin etwas lichter. Flügel kürzer und stumpfer
abgerundet als bei Bitt. australis, ihr Geäder an der Basis
rostfarben, im Uebrigen licht pechbraun, ihre Substanz gleicli-
mässig wässrig gebräunt, nur am Spitzentheil des Aussen-
randes satter rauchbraun. Stigma scherbengelb, relativ grösser
als bei der genannten Art. Die Zahl der Spitzen-Queradern
weit geringer als bei dieser, anstatt 19 nur 11, wobei die
beiden zwischen Stigma und Sector radii secundus befind¬
lichen nicht mitgezählt sind ; in der Richtung von aussen
nach innen: 2, 2, 2, 2, 2, 1 (bei Bitt. australis: 4, 4, 4,3, 3, 1).
Beine licht rostroth, ein Ring vor der Spitze der Schenkel
und das untere Ende aller Schionen pechbraun, auch die
120
A. Gerstaecker: Ueber einige Arten
Vorder- und Mitteltarsen vom Metatarsus an, wenngleich
lichter gebräunt. Form der Beine fast noch schlanker als bei
Bitt. italicus Muell. (tipul arius Fab.), die Hinterschenkel nicht
merklich verdickt; Beborstung fein, schwärzlich, Schiensporen
durchaus licht rostfarben. Metatarsus der Hinterbeine be¬
trächtlich länger als das 2. und 3. Tarsenglied zusammen¬
genommen, das eingeknickte 4. Glied nicht angeschwollen.
Hinterleib des Männchens bis zum Ende des vierten Ringes
dünn, cylindrisch , von da ab keulig angeschwollen; das
sechste Segment am breitesten, fast nur halb so lang als das
abgestutzt kegelförmige fünfte, trapezoidal, das siebente nicht
ganz von der halben Länge des sechsten. Die männlichen
Haltezangen auffallend klein, an ihrer Basis zusammen nur
halb so breit als das siebente Segment , fast gleichschenklig
dreieckig, dünn behaart, mit grubig ausgehöhlter Basis, auf-
gewulsteten Rändern und leicht nach innen und vorn ge¬
krümmter, etwas abgestumpfter Spitze; der zwischen ihnen
liegende Ausschnitt von länglich und gleichschenklig drei¬
eckiger Form. Lamina subgenitalis ähnlich geformt und von
gleichem Grüssenverhältniss wie bei Bitt. italicus.
Bittacus latipennis. Gewinns, vertice, thoracis dorso ferno-
rumque annulo subapicali jnceis, pedibus f er rüg ineis, alis latis ,
fusco-venosis, fulvescenti-griseis , indistincte pallido-variegatis,
venis transversis anteapicalibus tredecim. Long. corp. ?, alar.
ant. 19, post. 16£ mill. — Patria: Darjeeling.
Etwas grösser als Bitt. Hagerd Br., von welchem er ab¬
gesehen von der Färbung auch durch ungleich breitere Flügel
abweicht. — Kopf und Thorax matt rothbraun , ein Scheitel¬
fleck zwischen den Ocellen und das Schildchen der beiden
hinteren Thoraxringe schwärzlich pechbraun, die davor hegen¬
den Rückenwülste und die Scheibe des Prothorax gleichfalls
gebräunt und seidig glänzend. Fühler unterhalb scherbengelb,
oberhalb vom 2. bis 6. Glied licht pechbraun. Flügel nur
3Jmal so lang als breit, aber mit weniger stumpf abgerundeter
Spitze als bei Bitt. Hageni , dagegen an der Basis schwächer
und allmählicher verschmälert; mit Ausnahme der dem End-
drittheil zukommenden Queradern , welche zwar dunkel ge-
der (xcittunfj Hittacus Latr.
121
säumt, selbst aber weisslieh erscheinen, licht pechbraun ge¬
adert, über die ganze Fläche hin wässrig gebräunt, aber durch
zahlreiche dunkler braune Schattenflecke — besonders längs
des Ausscnrandes und des Cubitus — so wie durch lichteres
Centrum der meisten Zellen leicht gescheckt. Stigma klein,
etwas gelblicher als die umgebende FJügelsubstanz, mit dem
zunächst folgenden Gabelast des Sector radii secundus nur
durch eine, sehr kurze Querader verbunden , während die
zweite, den Radius mit seinem zweiten Sector verbindende
hier weit vor dem Stigma zu liegen kommt. Zwischen den
Gabelzinken des äusseren Astes des Sector radii secundus in
den Vorderflügeln eine Querader, dagegen keine in den
Hinterflügeln ; dann folgen in der Richtung gegen den Innen¬
rand hin 2, 2, 3, 2, 2, 1 Queradern. Beine weniger verlängert
und nicht ganz so derb wie bei Bitt. italicus, licht rostfarben,
die Schenkel mit pechbraunem Ring dicht vor der Spitze;
das Ende der Schienen in geringer Ausdehnung gleichfalls,
aber schwächer gebräunt. Beborstung spärlich, schwarz, Schien¬
sporen von der Grundfarbe. Hintertarsen kaum von | der
Schienenlänge, mässig derb, der Metatarsus nur wenig
länger als Glied 2. und 3. zusammengenommen. (Hinter¬
leib fohlt.)
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aus dem
naturwissenschaftlichen Vereine
von
Neu-Vorpommern und Rügen
in
Greifswald.
Redigirt
Dr. Th. Marsson.
Siebenzehnter Jahrgang.
Mit 1 Tafel.
BERLIN 188G.
R. Gaertner’s Yerlagsbuchhandl ung
Hermann Heyfelder,
Schöneber gerat r aase 26.
I n h a 1 1.
Seite
Verzeichniss der Mitglieder . t, . V
Bechuungs-Abschluss für das Jahr . IX
Sitzungs-Berichte . X
Verzeichniss der Akademien, Vereine und Gesellschaften, mit denen
der Verein in Schriften- Austausch steht und der von diesen
bis zum Januar 18S6 eingegangenen Schriften . XXVI
C. Plötz: System der Schmetterlinge . 1
L. Holtz: Ueber die Kreuzotter — Pelias Berus L . 45
W. Holtz: Ueber Breguet’sche Spiralthermometer . 63
E. Cohen: Ueber die von den Eingeborenen Süd-Afrikas verwen¬
deten Producte des Mineralreichs . 77
Anderst«) f:
An kl am :
€ulm:
Difitz:
Greifswald :
Vereins -Angelegenheiten.
i.
Verzeichniss der Mitglieder.
Herr l)r. Kämmerer, Gutsbesitzer.
- Dr. Tramm, Oberlehrer.
- y. Oldershausen, Hauptmann.
- Graf Krassow.
- Abel, Buchdruckereibesitzer.
- Dr. Arndt, Professor.
- Dr. Baier, Professor.
7
- Ballowitz, Rechnungsrath.
- Dr. Baumstark, Professor.
- Belling, Opticus.
- Graf Behr-Behrenhof, Landrath.
- Dr. Bengelsdorf, Sanitätsrath.
- Berger, Rechtsanwalt.
- Biel, H., Kaufmann.
- Bindewald, Buchhändler.
- Blev, Rechnungsrevisor.
- Boeckler, Rentier.
- Berlin, W.
Braun, Landgerichtsrath.
- Dr. Budge, Professor.
- Burghoff, Apotheker.
- Gramer, Rittmeister a. D.
- Dr. Credner, Professor.
- Dr. Eichstedt, Professor.
a
VI
Verzeichniss der Mitglieder.'
Greifs wähl :
Herr Hr. Freiherr v. Feilitzsch, Professor.
- Dr. Fischer, Professor.
- Fischer, Lehrer.
- Fischer, C., Kaufmann.
- Fismar, Pianofortefabrikant.
- v. Fol ler, Oberst a. I).
- Friedrich, Rentier.
- Fröhlich, Baurath.
- Gaude, Kaufmann.
- Dr. Goeze, Kgl. Garten in spector.
- Gracdener, Senator
- Dr. Grawitz, Professor.
- Graul, Rector.
- Dr. Grohe, Professor.
- Dr. Häckermann, Kreisphysikus u. Professor.
- v. Hagenow, Hauptm. a. D.
- Dr. Haenisch, Arzt.
- Hinrichs, Brauereibesitzer.
- Dr. Hofmann.
- Hofmann, König!. Landbauinspector.
- Holst, Senator.
- Dr. Holtz, Professor.
- L. Holtz, Assistent am bot Museum.
- Freiherr v. Keffenbrink.
- Kettner, Senator.
- Kessler, F., Rentier.
- v. Kienitz, Landgerichtsrath.
- Kirchhof, Justizrath.
- Dr. Köhnk, Sanitätsrath.
- Kohlmann, Buchhändler.
- Dr. Krabler, Professor.
- Krause, Gymnasiallehrer.
- Krause, Drogist.
- Dr. Krev, Oberlehrer.
- Kunstmann, Apotheker.
- Labahn, Rentier.
- Dr. Landois, Professor.
- Dr. Limpricht, Professor.
- Dr. Loose.
Verzeichnis» der 'Mitglieder.
YII
Üreifswald: Herr l)r. Marsson.
- l)r. Modem, Landgerichtsrath.
- I)r. Minnigerode, Professor.
- Dr. Möller, Privatdocent.
- Dr. Mosler, Geh. Medizinalrath u. Professor.
- v. Mühlen, Hauptmann.
- Dr. Mulden er, Bibliothekar.
- Müller, E., Kaufmann.
- Dr. Münter, Geh. Regierungsrath u. Professor
- v. Norm an n, Oberst a, D.
- Ollmann, Depart.-Thierarzt.
- Ollmann, Rechtsanwalt.
- Dr. Perniee, Geh. Medizinalrath u. Professor.
- Palmgren, Pastor emer.
- Dr. Peiper, Privatdocent.
- Dr. Pietruskv.
%/
- Plötz, C., Rentier.
- Plötz, Schlossermeister.
- Pogge, Rentier.
- Dr. Freiherr v. Preuschen, Professor.
- Dr. Quistorp.
- Dr. Reinhardt, Oberlehrer emer.
- Dr. Schirmer, Professor.
- Schmidt, Svndicus.
- Dr. Schmitz, Professor.
- Dr. Schulz, Professor.
- Di’. Schondorf, Stabsarzt und Privatdozent.
- v. Schubert, Oberst a. D.
- Dr. Schultze, Svndicus.
- Dr. Schwanert, Professor.
- v. Seydewitz, Landgerichts-Präsident.
- Dr. Sommer, Professor.
- Freiherr v. Steinäcker, Major a. D.
- Stoll, Kaufmann.
- Stechert, Redacteur.
- Thiede, Oberlehrer.
- Dr. Thome, Professor.
- v. Yahl, Justizrath.
- Dr. Yogt, Professor.
VIII
Verzeichniss der Mitglieder.
Greifswald:
Gutzkow -W irk
Helmshagen :
Kamin :
Schmoldow:
Stettin :
Stralsund :
Herr Vogt, W., Rentier.
- Dr. Weitzel, Professor.
- Wendorf, Landgerichts-Hirector.
- Weiland, Maler.
- Wiese, Regierungsrath und Forstmeister.
- v. Wolfiradt, Generalsekretair.
- Dr. Wolter.
- D. Woltersdorf, Pastor.
s - Dr. y. Lepel, Gutsbesitzer.
- Drewitz, Pächter.
- y. Homeyer, Oekonomierath u. Rittergutsbes.
- v. Behr, Kammerherr.
- Graf Behr-Negendank, Oberpräsid. v. Pomm.
- Passow, Oberlehrer.
- Dr. Rollmann, Professor.
Vorstand für 1885:
Prof. v. Feilitzsch. L. Holtz. Prof. Schwanert.
Der Verein hat in diesem Jahre den Verlust folgender
Mitglieder durch den Tod zu beklagen:
Dr. A. Budge, Professor.
Dr. v. Feilitzsch, Professor.
Dr. Haenisch, pract. Arzt.
Dr. Münter, Geh. Regierungsr. u. Professor.
Dr. Vogt, Professor,
Weiland, Maler.
Rechnungs-Abschluss.
IX
II.
t-
*'TX *-'
v r
Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1884.
Eiunahme.
Jahresbeiträge der Mitglieder . 258, —
Zuschuss Sr. Excellenz des Herrn Cultusministers
v. Gossler . 800, —
Verlagsbuchhandlung von R. Gaertner, Berlin . . . 49,75
Sparkassen-Zinsen . 8,37
M. 611,12
Ausgabe.
Zur Deckung des Defizits aus dem Jahre 1883 . . . 134,41
Herstellung der Vereinsschrift, Jahrg. 16 . 374,50
An den Vereinsdiener . 36, —
Porto . 23,67
Lokal-Miethe . 36, —
Insertion und Diverses . 29,31
M. 633,89
Ausgabe . . . / . . 633,89
Einnahme ... . 611,12
Deficit .... . M. 22,77""
X
S itz utkjs-B ( richte .
III.
Sitzungs-Berichte.
Sitzung vom 7. Januar I8S5.
Vorsitzender Herr Ludw. Holtz. Herr Prof. Weitzel
übergiebt demselben die Kasse. Zu Kevisoren der bisheri¬
gen Kassen Verwaltung werden Herr Senator Kettner und
Herr Rector Graul erwählt.
Hiernach sprach Herr Dr. Wolter, anknüpfend an die
in der letzten Sitzung gefallenen Bemerkungen das Schnabel¬
thier betreffend, über einige andere Thiere, welche in gleicher
Weise wie jenes als Uebergangsformen zu betrachten sind.
Der Gepard bildet durch die Länge seiner Extremitäten und
die beschränkte Fähigkeit die Krallen zurückzuziehen den
Uebergang von den katzenartigen zu den hundeartigen Raub-
thieren. Der Uebergang von dem dreitheiligen segmentirten
Körper der Insecten zu dem zweitheiligen unsegmentirten
der Spinnen wird vermittelt durch die Familie der Solifugen
und der Geisselskorpione. Als Bindeglied zwischen Reptilien
und Vögeln lässt sich der Archäopteryx betrachten. Zu den
ersteren würde er wegen der Länge seines Schwanzes , zu
den letzteren wegen der Beschaffenheit seiner hintern Extre¬
mität und wegen des vorhandenen Gabelbeins und der Be¬
fiederung gehören. — Hierauf sprach Herr Plötz über Schmet¬
terlinge im Allgemeinen und die Familie der Weisslinge im
Besondern und legte zugleich eine Collection von ihm ange¬
fertigter die letztere betreffenden Abbildungen vor. Es sind
gegenwärtig über 100000 Arten Schmetterlinge bekannt, wovon
auf Europa über 5000 und auf Greifswalds Umgegend über
1000 Arten fallen. Während man alle Schmetterlinge früher
in 9 Abtheilungen ordnete, theilt man sie gegenwärtig in
etwa 100 Familien ein. Am leichtesten lassen sich die Tag¬
falter mit ihren stets keulenförmigen Fühlhörnern von den
übrigen Schmetterlingen sondern und unter den Tagfaltern
wieder jene mit unvollkommen von jenen mit vollkommen
ausgebildeten Vorderbeinen. Weitere Unterscheidungsgründe
liefern die Rippen der Flügel und die Lebensweise der Rau-
*9 itz niujs-Berichte.
XI
pen. Manche der letzteren leben im Innern von Pflanzen,
andre in Holz, Zeug, Pelzwerk und Vogelnestern. 30 Rau¬
pen sind dem Menschen dadurch nützlich, dass man aus
ihren Cocons Seide spinnt. Zur Familie der Weisslinge ge¬
hören über 1000 Arten, wovon auf Europa 30 und auf Greifs¬
walds Umgegend 10 Arten fallen. — Hiernach zeigte Herr
Prof. Holtz eine Collection von Instrumenten, welche einer¬
seits zur Wahrnehmung, andrerseits zur Messung galvani¬
scher Ströme dienen , und unter ihnen zwei Instrumente
speciell für Vorlesungsversuche bestimmt, deren eins kürzlich
am Orte selbst angefertigt ist. l)io Art und Weise der An¬
wendung wird kurz besprochen und durch Experimente er¬
läutert. Hiernach erörtert derselbe ein neues Moment die
Erkennung der Schallrichtung betreffend, wie es neuerdings
von Rayleigh und Thompson hervorgehoben ist. Man glaubte
früher, dass man die Schallrichtung nur dadurch erkenne,
dass dasjenige Ohr, welches der Schallquelle zugewendet
ist, den Schall stärker als das andre empfinde. Aber man
erkennt sie auch aus dem Unterschiede der Klangfarbe, weil
die Beugung des Schalls, d. h. die Abweichung von der grad¬
linigen Fortpflanzung für tiefere Töne grösser als für höhere
ist. Der Vortragende beweist durch den Versuch, dass in
einem Gemisch von Tönen , wenn beide Ohrmuscheln der
Tonquelle abgewendet sind, die höheren Töne schwächer ge¬
hört werden, als wenn die eine jener zugewendet ist.
Sitzung vom 4. Februar 1885.
Vorsitzender Herr Ludw. Holtz. Derselbe hielt zu¬
nächst aus Anlass des Dahinscheidens des langjährigen Mit¬
gliedes Herrn Geheimrath Münte r eine kurze Ansprache, in
welcher er der vielseitigen Verdienste des Verblichenen um
den naturwissenschaftlichen Verein gedachte. Nachdem hier¬
auf dem bisherigen Kassenführer Herrn Prof. Weitzel auf
Vorschlag der Kassenrevisoren für seine zweijährige Thätig-
keit Decharge ertheilt war, bereitete Herr Prof. Holtz ein
Experiment vor, die Darstellung eines grossen Bleibaumes
auf galvanischem Wege, damit das successive Anwachsen
desselben während des Verlaufs der Sitzung beobachtet wer¬
den könne. Sodann macht Herr Dr. Göze Mittheilung von
XII
Sitzung«- Berichte.
einer neuen Theesorte, welche den Blättern von Vaccinium
arctostaphylos entstammt und dem chinesischen Thee so
ähnlich sieht, dass die englische Zollbehörde dafür den glei¬
chen Zoll erhebt, obwohl der Geschmack hinter letzterem
Zurückbleiben soll. Uebrigens habe Dr. Kunze, welcher China
bereist habe, um die dortigen Theeserten und ihre Verfäl¬
schungen zu studiren , berichtet, dass man dort als Bei¬
mischung häufig junge Brombeerblätter verwende, und dass
nach seiner Erfahrung Thee aus solchen Blättern noch immer
besser als manche in Europa unter dem Namen chinesischen
Thoes gangbare Theesorte sei. — Hiernach sprach Herr Prof.
Schwanert über die Darstellung des Magnesiums, welche
neuerdings ausschliesslich durch elektrische Ströme erfolge,
weil diese seit Entdeckung der Dvnamomaschienen verhältniss-
mässig billig seien, und dass in Folge dessen das Magnesium
schon zu 80 Mark pro Kilogramm geliefert würde. Es werde
einfach der Carnalith, das bekannte Abraumsalz der Stass-
furter Fabriken , eine Mischung von Chlorkalium und Chlor¬
magnesium, geschmolzen und unter Abschluss der Luft durch
den Strom einer Maschine zersetzt, aber so, dass das sich
ausscheidonde Magnesium zugleich vor dem Angriff des sich
gleichzeitig ausscheidenden Chlors gesichert sei. Das so ge¬
wonnene Metall sei so rein, dass es an der Luft sehr lange
seine silberglänzende Oberfläche behalte und zu Sckmuck-
gegenständen zu verwerthen sei. Aber wichtiger seien seine
sonstigen Anwendungen. So gäbe es Legirungen von Mag¬
nesium mit anderen Metallen z. B. mit Nickel und Kupfer,
welche eine ausserordentliche Härte besässen , deren Darstel¬
lung wegen der grossen Leichtigkeit des Magnesiums zwar
ziemlich schwierig wäre , welche aber voraussichtlich in der
Praxis z. B. als Zapfenlager manche Verwerthung finden wür¬
den. Sehr wichtig sei auch die Eigenschaft des Magnesiums
andre Metalle, z. B. Kupfer und Silber aus ihren Lösungen
auszuscheiden, so dass sich die hüttenmässige Reingowinnung
dieser Metalle, falls jenes noch etwas billiger würde, voraus¬
sichtlich ganz umgestalten werde. Auch für die Beleuchtung
sei das Magnesium wichtig wegen seines hellen Lichtes, wenn
es verbrenne, wobei es bekanntlich nach mancher Richtung
mit dem elektrischen Lichte concurriren könne. Der Vor-
Sitzmujs-Berichte.
XIII
tragende entzündet zum Beweise ein Gemisch von chlorfreiem
Kali, Schwefelantimon und gepulvertem Magnesium, das mit
blendendem Lichte verpufft. — Dann theilte Herr Ludw. Holtz
im Anschluss an seine früheren Bemerkungen über das
Schnabelthier eine weitere Bestätigung der Nachricht mit, dass
es Eier lege. Nach einer Notiz in der Zeitschrift: Zoologi¬
scher Garten habe Herr Dr. Haacke, Director des südaustrali¬
schen Museums in Adelaide, bei einem weiblichen Ameisen¬
igel — Echidna hystrix — , welcher der Sippe der Schnabel-
thiere angehöre, in dem mit zwei Ausbuchtungen versehenen
Beutel ein 1| bis 2 Centimeter grosses Ei mit pergament¬
artiger Schale gefunden. Das Ei war jedenfalls, nachdem es
gelegt, in die Bruttasche gebracht, wie es die Beutelthiere
mit den Jungen zu machen pflegen. Dass das Ei abgestor¬
ben war, rührte vielleicht von dem weiten Transporte des
Thieres her. — Hierauf sprach Herr Prof. Weitzel von neueren
Beobachtungen der sogenannten Polarflecke der Yenus. Bouquet
de la Grye und Arago haben dieselbe bei ihrem letzten Durch¬
gang durch die Sonne photographirt und die Photographie
lässt mehrere protuberanzenartige Auswüchse erkennen. Trou-
velot meint, dass diese Protuberanzen nichts anderes als die von
ihm schon früher beobachteten Polarflecken sind, welche übri¬
gens nach Analogie der gleichen und viel deutlicheren Er¬
scheinungen am Mars als polare Eismassen gedeutet werden.
— Endlich spricht Herr Prof. Holtz über die Siemens’scho
Theorie der Erhaltung der Sonnenenergie, welche kürzlich sammt
allen sich hieran knüpfenden Controversen übersetzt im Buch¬
handel erschienen sei. Der Vortragende hebt die Plaupt-
momente dieser Theorie uud der hiergegen aufgcstellten Ein-
wände kurz hervor und empfiehlt das Buch als eine inter¬
essante Lectüre, die auch dem weniger Eingeweihten ziemlich
leicht verständlich sei.
Noch theilt der Vorsitzende mit, dass sich zum Eintritt
in den Verein die Herren Kohlmann, Dr. Wolter und Dr.
Peiper gemeldet hätten.
Sitzung vom 1. Mär/. 1885.
Vorsitzender Herr L. Holtz. Derselbe eröffnet die
Sitzung mit einer kurzen Ansprache gelegentlich des Dahin-
XIV
Sitzungs-Ber ic h tc
scheidens zweier langjährigen Mitglieder, des Herrn Dr. Hae-
nisch und des Herrn Weiland — • Hierauf fragte Herr Prof.
Weitzel im Anschluss an einen in der letzten Sitzung be¬
handelten Gegenstand, ob man eine Theeart überhaupt aus
ihren im Wasser erweichten Blättern erkennen könne. Herr
Dr. Göze glaubt dies nicht, da nach seinen Erfahrungen der
Theo des Handels nur aus Fragmenten von Blättern bestehe.
Sonst müssten sie annähernd so gross sein, wie Camelien-
blätter, da der Theestraueh und die Camelie derselben Gattung
angehörten. Hierauf sprach derselbe über die sogenannte
Weberkarde, den Kopf einer Distelart, welche in Fabriken
zum Walken resp. Kämmen der Zeuge verwendet wird. Wie
wenig es noch immer möglich sei, dieselbe durch gleichwir¬
kende mechanische Vorrichtungen zu ersetzen, beweise die
Thatsache, dass jährlich für circa 100000 Mark vom Con-
tinente nach England eingeführt würden. Dann sprach der¬
selbe über eine neue Verwendung der sogenannten Rohr¬
kolben, jenes schilfartigen Gewächses, welches auch häufig
an den Rändern unsrer Seen und Teiche gefunden wird. Die
italienische Marine benutzt sie gegenwärtig zur Füllung der Ma¬
tratzen, da sie neben grosser Elasticität zugleich ausserordent¬
lich leicht sind und daher bei etwaigen Schiff brüchen eine grosse
Tragfähigkeit besitzen müssen. Der dort verwandte Rohr¬
kolben ist indessen Typha latifolia, während bei uns vorzugs¬
weise eine andre Art, nämlich Typha augustifolia gefunden
wird. Dann sprach Herr Prof Holtz über die Fortschritte
der elektrischen Beleuchtung. Zwei Städte Europas, nämlich
Apolda und Temesvar seien bereits vollständig oder doch fast
vollständig mit elektrischer Strassen beleuchtung bedacht; des¬
gleichen die kleine Stadt Triberg im badischen Schwarzwald.
In andern Städten sei die elektrische Strassenbeleuchtung
bisher nur eine partielle, aber sie schreite auch hier mehr
und mehr vor, wie sie auch in Berlin nach einem Stadt¬
verordnetenbeschluss vom December vorigen Jahres grössere
Dimensionen gewinnen soll. Die grösseren Theater aber
würden mit Rücksicht auf die geringere Feuergefährlichkeit
bald ausschliesslich mit elektrischer Beleuchtung ausgerüstet
sein. Auf dem Continente wäre dies bereits der Fall in Brünn,
Prag , Stuttgart und Mailand , desgleichen in München , wäh-
Sitzu ngs- B e richte.
XV
rend sie für die kgl. Theater in Wien und Berlin erst in der
Ausführung' begriffen sei Auch die grösseren Bahnhöfe wür¬
den bald ausschliesslich elektrische Beleuchtung haben, hier
weniger wegen der geringem Feuergeiahr, als vielmehr wegen
der geringeren Kosten. Man habe berechnet, dass sich die
elektrische Beleuchtung des neuen Strassburger Bahnhofs nur
etwa halb so hoch im Preise stelle , als sich bei gleicher
Lichtstärke die Gasbeleuchtung stellen würde Sehr unvor¬
teilhaft dagegen stelle sich die elektrische Beleuchtung der
Privathäuser und es sei fraglich, ob sie hier jo die Gasbeleuch¬
tung verdrängen würde. Hierauf sprach derselbe unter Be¬
zugnahme über einen neuen elektrischen Controllapparat für
den Gang von Maschinen über die mannigfachen Anwendun¬
gen des Elektromagnetismus überhaupt, unter andern über
die Einrichtung der elektrischen Uhren, der elektrischen Chro-
noskope, der elektrischen Klingeln und Läutewerke, der elek¬
trischen Temperatur- und Wasserstandsregulatoren und der
elektrischen Geschwi ndigkeitsanzeiger.
Sitzung vom 8. April 1885.
Vorsitzender Herr Prof. Schwanert. Herr Dr. Göze
sprach über die taurische Distel, Onopordon tauricum. Diese
Pflanze habe dadurch an Interesse gewonnen, dass sie für
Hinderungsanpflanzungen bei Festungen in Vorschlag gebracht
sei. Sie würde sich hierzu auch wegen ihrer Höhe und holz¬
artiger Beschaffenheit eignen, aber es sei zweifelhaft, ob sie
bei ihrer Uebersiodelung in nördliche Gegenden nicht dege-
nerire. Vielleicht habe man bei jenem Vorschläge auch an
ihre starke Vermehrung gedacht, die sie übrigens mit anderen
Distelarten theile. So habe sich die Arti chockendistcl, welche
im Jahre 1769 an der Haut eines Esels von Spanien nach
den argentinischen Staaten gewandert sei, dort schon so ver¬
mehrt, dass sie gegenwärtig schon Hunderte von Meilen des
Landes bedecke. Hierauf sprach derselbe über die Unter¬
suchungen, welche Prof. Sch üb ler in Christiania über den
Einfluss anstellte, den die Tagesdauer auf die Pflanzen hat.
Derselbe verglich die Pflanzen mehr nördlich gelegener Län¬
der, welche im Sommer längere Tage haben, mit gleichartigen
XVI
Sitzung s- Berichte.
Pflanzen mehr südlich gelegener Länder. Es zeigte sich, dass
jene im allgemeinen grössere und dunkler gefärbte Blätter
und ebenso grössere und an Aroma reichere Früchte besitzen,
während in den Früchten der südlicheren Pflanzen der Zucker¬
gehalt bedeutend überwiegt. So zeigen Bohnen, wenn man
sie von Christiania nach Drontheim verpflanzt, eine Ge¬
wichtszunahme von 60 jj, und umgekehrt verliert der nordische
Roggen, wenn man ihn auf deutschen Boden säet. Auch
innerhalb der Grenzen Deutschlands lässt sich constatiren,
dass die Früchte der nördlicheren Gegenden aromatischer
sind. Uebrigens fand William Siemens ähnliche Unter¬
schiede, als er Pflanzen das eine Mal bei längerer, das andre
Mal bei kürzerer täglicher Beleuchtung unter elektrischem
Lichto wachsen liess. — Hierauf zeigte Herr Prof. Holtz den von
Mauritius erfundenen besonders einfachen Apparat für die
Zusammensetzung von Pendelbewegungen. Eine Lampe pen¬
delt horizontal, eine Linse vertikal. Der von letzterer auf
einem Schirme entworfene Lichtpunkt führt dann die bekann¬
ten Lissagou’schen Figuren aus. Diese Darstellungsmethode
bietet abgesenn davon, dass man keines Sonnenlichtes bedarf,
den Vortheil, dass man beide Pendel beliebig anstossen und
beliebig ihren Gangunterschied verändern kann. — Hierauf ge¬
dachte derselbe der Versuche von Spring, der unter Anwen¬
dung eines Druckes von Tausenden von Atmosphären pulver¬
artige Stoffe zu vollkommen soliden Massen verdichten und
selbst Metalllegirungen erzeugen konnte, welche alle Eigen¬
schaften geschmolzener Metallgemische hatten. Interessant
ist, dass der kry stallin ische Zustand der Körper solchem Zu-
sammenschweissen vorzugsweise günstig scheint. Bei dieser
Gelegenheit erwähnt der Vortragende auch die Versuche de¬
inen dot’s, welcher Metalle dadurch härtet, dass er sie roth-
glühend und bis sie erkalten, einem starken Drucke unter¬
wirft. So gehärteter Stahl verhält sich ähnlich dem roth-
glühend abgelöschten, und Clemendot meint, dass beide
Manipulationen auch darin Übereinkommen, dass sie die Kry-
stallisation verhindern. Endlich gedenkt der Vortragende
eines neuen Temperatur-Regulators von Baum haue r, welcher
darauf basirt, dass eine Luftmasse sich erwärmend Queck¬
silber in eine Röhre treibt, welches ansteigend die Oeffnung
Sitzunc/s- Berichte.
XVII
f
/
einer zweiten Röhre theilweise verschliesst, durch welche das
Gas für die Wärmequelle fliesst.
Sitzung vom (>. Mai 18S5.
Vorsitzender in Vertretung Dr. Mars so n. Anknüpfend
an seine letzte Mittheilung über die Zusammensetzung
von Pendelbewegungen machte Herr Prof. Holtz zunächst
noch eine kurze Bemerkung über eine neue Anwendung
derselben, indem er der Versuche Hagenbach’s gedachte,
welcher mit Hülfe zweier senkrecht zu einander schwingen¬
den Stimmgabeln die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Elek-
tricität in Telegraphendräthen bestimmte.
Hierauf sprach derselbe über die Centraldampfheizung,
wie solche neuerdings in New-York in der Ausführung be¬
griffen sei. Bereits zwei Gesellschaften hätten sich für diesen
Zweck constituirt, und die eine habe schon in verschiedenen
Stadtheilen 12 grosse Dampfstationen erbaut, fünfstöckige Ge¬
bäude, jedes 60 Kessel enthaltend und ein grosses Reservoir,
aus welchem der Dampf durch eiserne Röhren weiter geleitet
würde. Letztere lägen in gemauerten Canälen unterhalb der
Strassen und seien durch schlechte Wärmeleiter möglichst
gegen Wärmeverluste geschützt. Von ihnen zweigten sich
engere Röhren ab, welche in die Privathäuser führten, welche
den Dampf benutzen wollten. Damit der Dampf am Orte
seiner Bestimmung die nöthige Temperatur (circa 115° C.)
habe, würde er in den Dampfstationen bis circa 145ü erhitzt.
Der Dampf solle übrigens nicht blos zur Heizung der Zim¬
mer, sondern auch zum Kochen, sowie eventuell zum Betriebe
kleiner Maschinen angewendet werden.
Endlich sprach derselbe über die Planetoiden, die Ge¬
schichte ihrer Entdeckung und die Vergrösserung, welche ihre
Zahl im Verlaufe dieses Jahrhunderts erfahren habe. Das
Jahr 1884 habe sie wieder um 9 vermehrt, so dass am Ende
desselben ihre Gesammtzahl 244 betragen habe.
Hierauf sprach Herr Prof. Weitzel über die Westk Liste
Afrikas vom Cap Palmas bis zum Ogoweflusse. Er schildert
zunächst dieselbe in landschaftlicher Hinsicht, spricht sodann
von der mineralogischen Beschaffenheit des Strandes und des
nächsten Hinterlandes, zählt die vernehmlichsten Pflanzen
XVIII
Sitzunr/s-JBerichte.
auf, welche den Boden bedecken, unter besonderer Hervor¬
hebung der einheimischen Nutzpflanzen und der Culturpflan-
zen ; sodann verbreitet er sich über die Thierwelt nach ihrer
Vertheil ung über die Küstenländer, wobei er der einheimi¬
schen mul der wenigen eingeführten Hausthiere gedenkt.
Hieran schliesst derselbe einige Bemerkungen über die mensch¬
lichen Bewohner des Landes und über die Dichtigkeit der
Bevölkerung. Sodann bespricht er das Klima nach Tempera¬
tur, Luftfeuchtigkeit, Regenmenge und Regenhäufigkeit unter
Hervorhebung der überaus grossen Gefährlichkeit desselben
für Europäer und der vielen Todesfälle unter den letzteren.
Nachdem der Vortragende auf die Knappheit und Theuerung
der dem Europäer unentbehrlich gewordenen Lebensmittel dort
hingewiesen , kommt er auf die Landplagen der in Frage
stehenden Länder zu sprechen. Diese Landplagen werden
ausserdem, dass das mörderische Klima die grösste von allen
ist, durch Insecten fast aller Art — Termiten, Hosquitos,
Sandfliegen, Stechfliegen, Sandflöhe, AVanderameisen — , wie
auch durch andre Thiere, so durch die massenhaft verbreite¬
ten Schiffsratten, erzeugt. — Landwege und Wasserwege, wie
sie vorhanden sind, sind zum Aufschlüsse der Länder wenig
geeignet. — Von dem südlicheren Angra-Pequena-Lande
wusste Vortragender nur zu sagen, dass die flachen Küsten¬
säume wie die bis 450 m. aufragenden Felsen nur Flugsand
zeigen, der von letzteren durch Winde auch hinweg geweht
wird um bald durch eine andre 10 Fuss hohe Schicht ersetzt
zu werden.
Sitzung vom S, Juni 1885.
Vorsitzender Herr Prof. Schwanert. Dr. Goeze machte
einige kurze Bemerkungen über die jüngst seitens der städ¬
tischen Behörden aus dem alten botan. Garten verpflanzte
Conifere , Ginkgo biloba (Salisburia adiantifolia). — Diese
monotypische Gattung bietet mit den Büscheln abfallender,
langgestreckter, tief flächenartig eingeschnittener, saftiggrüner
Keilblätter ein wunderlich fremdartiges Aussehen, erinnert
garnicht an die Coniferen der Gegenwart und kann in der
That auch als ein Ueberbleibsel eines uralten, im Aussterben
begriffenen Pflanzengeschlechtes angesehen werden , welches
Sitzungs- Berichte.
XIX
in früheren Erdperioden die ganze Erde vom Nordpol bis
zum Wendekreise bewohnte, sich heutigen Tags aber nur in
China erhalten hat, von da schon vor 200 Jahren in den
Gärten Europas verpflanzt wurde. — Das Greifswalder Exem¬
plar dürfte ein Alter von mindestens 60 — 80 Jahren aufwei¬
sen, aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte sich kein stärkeres
in Pommern antreffen lassen. Da cs noch nicht geblüht, so
kann man nur, wenn auch mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit
vermuthen, dass es eine männliche Pflanze ist. Ueber den
Erfolg der Verpflanzung lässt sich bis zum nächsten Frühjahr
nichts Bestimmtes sagen.
Derselbe sprach auch über Kautschuk. — Die densel¬
ben producirenden Bäume wachsen in einer Zone zu beiden
Seiten des Aequators rings um die Erde. Bekanntlich hat
der Kautschuk- Verbrauch in den letzten 50 Jahren ganz un¬
geheure Proportionen angenommen, was aus folgenden Zahlen
• %
zur Genüge hervorgeht.
Im Jahre 1830 464 Ctr. nach England importirt
1840 6,640 -
1857 22,060 -
1874 129,163 -
1878 148,724 -
und zwar im Werthe von 1,313,209 L. St. für das letztgenannte
Jahr. Mit dem zunehmenden Verbrauch ist auch der Preis
bedeutend gestiegen und da die Kautschuk-Ausbeutung bis
vor Kurzem ganz in den Händen der Eingeborenen lag, die
durch rücksichtsloses Anzapfen sehr oft den Tod oder wenig¬
stens langes Kränkeln der betreffenden Bäume herbeiführten,
lag die Befürchtung nahe, dass diese wenn auch noch so er¬
giebige, für unsere Industrien hochwichtige Quelle mit der
Zeit versiegen würde. Seitens der englischen Behörden ist
nun mit den verschiedenen Kautschukbäumen dasselbe ge¬
schehen, was vor Jahren von den Engländern und Holländern
mit den Cinchonen, den Chinarindenbäumen der südamerika¬
nischen Anden vorgenommen wurde, — sie haben in ihren
Kolonien, wo das Klima ein entsprechendes war, regelrechte,
grössere Kautschukanpflanzungen gemacht, die sich mehr und
mehr erweitern sollen, um dann mit den Jahren nach allen
Regeln der Kunst ausgebeutet zu werden. Drei Pflanzen-
XX
Sitzungs-Berichte.
famiJien sind es insbesondere , welche in ihrem milchigen
Safte kautschukliefernd sind, nämlich die Euphorbiaceen , die
Artocarpeen und die Apocyneen. Der beste und meiste Kaut¬
schuk kommt von Amerika, wird von grossen, mächtigen
Euphorbiaceen-Bäumen geliefert :
Hevea Brasiliensis, Prima-Kautschuk,
H. Guianensis, Cavenne- -
Manihot Glaziovii, Ceara-
Pür Amerika kommen ferner auch die Artocarpee, Castilloa
elastica. Kautschuk von Central-Amerika, und die Apocynee,
Hancornia speciosa, Mangubeira-Kautschuk in Betracht, die
beide sehr stattliche, oft 150 — 160 Fuss hohe Bäume aus¬
machen.
Für Asien ist namentlich die Artocarpee , Ficus elastica
von Wichtigkeit, die in ihrem ursprünglichen Vaterlande Assam
ungeheure Wälder zusammensetzt, welche einen sehr beträcht¬
lichen Kautschub-Ertrag liefern, ln Asien sind ferner die
beiden Apocyneen-Gattungen Chavanneora in Stritiok Birma
und Urcaeola auf Borneo für die Kautschukproduktion von
grosser Wichtigkeit. Australien hat ebenfalls seine Kautschuk¬
bäume, ihre Ausbeutung ist aber noch nicht ins Werk ge¬
setzt worden. Afrika endlich hat eine Apocyneen-Gattung
aufzuweisen, deren Arten, 20- 30 Fuss hohe Schlingsträucher,
welche auf der Ost- und Westküste Vorkommen, sehr kaut¬
schukhaltig sind und auch bereits einen beträchtlichen Export
dieser werthvollen Substanz ermöglichen.
Darauf zeigt Herr Prof. Schwanert von ihm dargestell¬
tes Cantharidin vor, welches zuerst von Robiquet 1810 aus
den Canthariden (Lytta vesicatoria) abgeschieden worden ist,
und machte dabei Mittheilungen über das Vorkommen des-
* selben, auch in Melöe- und Mylalris- Arten , über seine Dar¬
stellung und sein chemisches Verhalten, wobei seine Umwand¬
lung in Cantharidinsäure erwähnt und auf deren Salze aul-
merksam gemacht wurde, auch die Bildung von Cantharen
und Can tharsäure nicht unberücksichtigt blieb.
Hierauf regte Herr Prof. Weitzel die Frage an, ob es
nicht wün schens werth sei, dass an einem geeigneten Platze
der Stadt eine Wettersäule errichtet werde. Er halte solches
schon um deswillen für zweckmässig, damit sich die Jugend
Sitzungs-Berichte.
XXI
frühzeitig für die Beobachtung meterologischer Apparate in-
teressire. Die Versammlung stimmte dem bei, meinte aber,
eine Beschlussfassung bis zur nächsten Sitzung aussetzen zu
sollen, damit zuvor die Kosten einer solchen Aufstellung näher
ermittelt würden, wobei gleichzeitig die Frage näher zu er¬
örtern sei, aus welchen Mitteln diese zu bestreiten wären.
Dann sprach Herr Prof. Holtz überden Temperatursinn.
Es sei schon längst vermuthet, aber es sei bisher noch nicht
sicher gestellt, dass für diesen Sinn von Gemeingefühl unab¬
hängige Nervenenden und Nervenleitungen vorhanden wären.
Durch neuere Untersuchungen von Goldscheider aber sei
diese Unabhängigkeit wohl ausser Frage gestellt. Letzterer
habe durch Experimente constatirt, dass nur gewisse Haut¬
punkte Temperaturreize, andere nur Druckreize empfänden,
und dass erstere, wenn man sie einem Druckreizo unterwürfe,
gleichwohl immer nur in ihrem Sinne empfänden. Merk¬
würdiger Weise wolle Goldscheider zugleich gefunden haben,
dass gewisse Punkte nur Wärme, andere nur Kälte empfänden,
was mit der bisherigen Annahme, dass man nicht Tempera¬
turen selbst, sondern nur Temperaturschwankungen empfinden
könne, nicht wohl verträglich sei.
Daun gedachte derselbe einer mikroskopischen Unter¬
suchung Asmann’s über die Grösse der Wassertröpfchen
der Wolken. Asmann habe sie gelegentlich eines mein wöchent¬
lichen Aufenthaltes auf dem Brocken ausgeführt. Er habe
die Tröpfchen, wie sie auf den Objectträger des Mikroskopes
fielen, sowohl in grösserer als in geringerer Höhe einer Wolke
untersucht und den Durchmesser im ersten Falle zu 0,014mm-,
im zweiten zu 0,03 mm- gefunden. Hierbei sei zu beachten,
dass die Tröpfchen sich auf der Glasplatte ausbreiteten und
dass er nur den Durchmesser der so abgeflachten Scheibchen
messen konnte, welcher sich übrigens zur Höhe der Tröpfchen
nach ungefährer Schätzung wie 10:1 verhielt. Pline gleich¬
zeitige Prüfung der Aitkcn’schen Hypothese, nach welcher die
Condensation des Wasserdampfes in der Luft immer an festen
Partikelchen erfolge, fiel im Sinne dieser Hypothese negativ
aus, da niemals bei der Verdunstung auch nur der minimalste
Rückstand gelassen wurde, obwohl ein Staubtheilchcn von
0,0035mm- Durchmesser bei der angewandten Vergrössorung
XXII
Sitzungs- Berichte.
doch hätte bemerkbar sein müssen. Der Vortiagende gedenkt
hierbei der Aitken’schen Hypothese ausführlicher und erwähnt
dabei, dass von Manchen angenommen werde, dass der frag¬
liche Atmosphärenstaub grössentheils kosmischen Ursprungs sei.
An Letzteres anknüpfend bemerkt Herr Prof. Cohen, dass
selbige Annahme bisher in keiner Weise begründet sei. Viel¬
mehr habe sich bei vorurtheilsfreier Untersuchung noch immer
ergeben, dass der irdische Ursprung in hohem Grade wahr¬
scheinlich sei. Selbst ein nachgewiesener Gehalt des Atmos¬
phärenstaubes an metallischem Eisen könne nicht als Beweis
für jene Ansicht gelten , da solches auch auf der Erde vor¬
komme, andererseits Bedingungen zu Reductionsprocessen
überall vorhanden seien. Wenn auch meteorische Staubmas-
sen wohl Vorkommen könnten, ebensogut wie kleine Steinchen
von geringem Gewicht, so sei denselben doch schwerlich eine
solche Bedeutung beizulegen, wie es früher von Reichen¬
bach geschah und gegenwärtig von Norde nskiöld geschehe.
Ueber die auf meteorischen Staub zurückzuführenden Tiefsee¬
ablagerungen seien eingehende Untersuchungen noch nicht
publicirt. Uebrigens verweise er auf die neuesten Unter¬
suchungen des Kryonit von Lorensen, deren Resultate ganz
mit den früher von La ha ule aufgestellten harmonirten.
Sitzung vom 4. November 1885.
Vorsitzender Herr Prof. Schwan ert. In der heutigen,
sehr zahlreich besuchten Sitzung gedachte, nach Eröffnung
derselben, der Vorsitzende mit warmen Worten des verstor¬
benen Prof. Dr. Freiherrn von Feilitzsch als Mitbegründers
und stetigen Förderers des Vereins, und forderte die Miiglie-
der auf, um das Andenken desselben zu ehren, sich von den
Sitzen zu erheben. Nachdem dies geschehen verlas derselbe
die Eintrittsgesuche der Herren: Prof. Dr. Oberbeck, Sc hüne¬
mann, Gymnasiallehrer, Dr. Bergmann, Assistent am phy¬
sikalischen Institut, Dr. Goeze, Assistent am mineralogischen
Institut, Laupert, Schulamts-Kandidat.
Es erhält darauf das Wort Herr Prof. Weitzel. Der¬
selbe spricht über den neuen Stern im Nebel der An¬
dromeda. Er giebt zunächst einen geschichtlichen Ueber-
blick über die Beobachtungen dieses Nebels von 1500, sicher
Sitzungs-Berichte.
XXIII
von 1612 an, zeigt, wie namentlich in den letzten Jahrzehn¬
ten Veränderungen in ihm wahrgenommen sind, wie aber die
Astronomen in ihren Beobachtungen sowohl in Betreff der
äusseren Erscheinungen, wie der spectral-analy tischen Unter¬
suchungen zu keinem einstimmigen Urtheil gekommen sind.
Das Aufleuchten eines neuen Sterns im Andromeda-Nebel,
Mitte August d. Js., hat zunächst zu der Vermuthung Ver¬
anlassung gegeben, dass in jenem Nebel eine physische Ver¬
änderung, ein Weltbrand vor sich gegangen sei. Vortragen¬
der kommt in seiner Darstellung der an diesem neuen Sterne
gemachten Beobachtungen zu dem Schlüsse, dass dieser neue
Stern wahrscheinlich in gar keinem Zusammenhänge mit dem
Andromeda-Nebel stehe, sondern zwischen diesem und der
Erde sich befinde.
Herr Ludwig Holtz spricht über die Heuschrecken¬
plage auf der Insel Cypern nach Berichten des dort von
der englischen Regierung angestellten Ingenieurs J. Brown
aus dem Jahre 1884. Eine Zeit lang sei diese Plage auf der
Insel Cypern nicht bekannt gev esen, bis endlich nach Eintritt
derselben die türkischen Behörden: Eier, Puppen und aus¬
gewachsene Individuen dieser Wanderheuschrecke — Oedipoda
migratoria — sammeln und vernichten lassen hätten, ln den
Jahren 1862 und 1863 hätte ein Herr R. Mattei die umfas¬
sendsten Versuche zur Vertilgung mit Pallen gemacht, so
dass nach mehrjähriger Anstrengung die Behörden in den
amtlichen Berichten „die vollständige Vernichtung als vol¬
lendete Thatsache ausgesprochen“. Indess binnen wenigen
Jahren erschienen die Heuschrecken wieder so zahlreich wie
früher, so dass die im Jahre 1878 die Insel in Besitz genom¬
mene englische Regierung mit der Vertilgung kräftig voran¬
ging, an Eiern im Herbste 1879 — 37| Tonnen, im Herbste
1880 — 236 Tonnen und im Herbste 1881 — 1330 Tonnen,
mit einem Kostenaufwande von 254,240 Mk., hätte sammeln
lassen. Trotz dieser Eiervertilgung wären aber in den , den
Herbsten folgenden Frühjahren die Heuschrecken in grösseren
Mengen denn je erschienen. Da nahm man wieder seine
Zuflucht zu den Fallen , in welchen man die erwachsenen
Thiere fing und zwar in solcher Menge, dass eine annähernde
Schätzung die Zahl von 195,000 Millionen ergeben hätte.
XXIV
Sitzungs-Berichte.
Das Mittel wirkte, so dass J. Brown bei seinen Ritten in den
Monaten Mai und Juni im Jahre 1884 keines dieser Thiere
beobachtete , während er sonst dichte Schwärme zu durch¬
dringen gehabt. Gleiche Berichte lagen auch von anderer
Seite vor, ein Schade ist der Ernte von 1884 nicht erwachsen.
Zum Schlüsse versichert J. Brown: „dass die Wanderheu¬
schrecken nicht mehr als unüberwindliche Feinde zu betrach¬
ten seien, wenn man nicht die nöthigen Vorsiehtsmassregeln
ausser Acht liesse“. Vortragender gab dann noch einige
biologische Xotizen über die Wanderheuschrecke.
Herr Prof. Schwanert zeigt vor und spricht über Nicotin,
das giftige Alkaloid des Tabaks. Zusammensetzung, Darstel¬
lung und Eigen schalten desselben werden erörtert, sowie
auch seine Wirkung auf den Organismus.
Herr Prof. Holtz zeigte einige der schon seit einiger
Zeit bekannten , durch Herrn Mechaniker Beding bezogenen
kleinen elektrischen Glühlampen vor, wie man sie in
der Medicin zur Beleuchtung der Mundhöhle oder als Spielerei
zur Beleuchtung von Blumen und anderen kleinen Gegen¬
ständen anwendet. Für ihre Benutzung sind besondere Ele¬
mente construirt und so beschaffen, dass man sie in der
Tasche tragen und nach Belieben in Wirkung setzen kann.
Herr Prof. Cohen spricht über eine angemessene Sta¬
tutenveränderung, in Bezug auf Halten von Vorträgen,
wodurch der wissenschaftliche Verkehr vielleicht mehr ange¬
regt würde, eine Revision der Statuten. Auf Antrag dessel¬
ben soll sich der Vorstand zur Bearbeitung einer neuen Vor¬
lage für die nächste Sitzung kooptiren, was angenommen
wurde.
Schliesslich empfiehlt Herr Prof. Weitzel noch dem
Vereine, die Einrichtung einer Wetter säule anzuregen,
worauf die Sitzung geschlossen wurde.
Sitzung vom 2. Dezember 1885.
Vorsitzender Herr Prof. Schwanert. Für die heutige
Sitzung stand zur Tagesordnung:
1. Statutenrevision und
2. Vorstandswahl.
Sitzungs-Berichte.
XXV
Nachdem die Sitzung eröffnet, das Protokoll der letzten
Sitzung verlesen und genehmigt war und die in derselben
Sitzung angemeldeten Herren als Mitglieder des Vereins pro-
klamirt waren, wurde zur Statuten re vision geschritten,
welche in der Weise vor sich ging, dass der Vorsitzende
die einzelnen Paragraphen des Entwurfs , der von dem Vor¬
stande und den, von demselben kooptirten Vereinsmitgliedern
vorberathen war, zuerst im Ganzen verlas und sodann in
seinen einzelnen Paragraphen zur Diskussion und Abstim¬
mung brachte, worauf dieselben nach einzelnen Abänderungen
und Zusätzen angenommen und der Druck der so revidirten
Statuten beschlossen wurde. Sodann wurde auf Grund der
angenommenen Statuten zur Wahl des Vorstandes geschritten
und wurden für das Jahr 1886 gewählt:
1. zum Vorsitzenden Herr Prof. Schwanert,
2. zum Schriftführer Herr Dr. Bergmann,
3. zum Kassenführer Herr Prof. Weitzel,
4. zum Bilbliothekar Herr Prof. Holtz,
5. zum Redacteur der Vereinsschrift Herr Prof. Schmitz.
Nachdem schliesslich noch der Vorsitzende der Mühe
gedachte, welche sich um denVerein Herr Prof Holtz, hin¬
sichtlich der Geschäftsführung in den letzten Jahren , sowie
Herr Dr. Marsson, bezüglich Zusammenstellung der Vereins¬
schrift unterzogen hätten, und, nach Aufforderung, die Vereins¬
mitglieder durch Erheben von den Sitzen ihre Anerkennung
ausgesprochen, wurde die Sitzung geschlossen.
XXVI
Verzeichniss eingegangener Schriften
Verzeichniss
der Akademien, Vereine und Gesellschaften, mit denen der
Verein in Schriften- Austausch steht, und der von diesen bis
zum Januar 1886 eingegangenen Schriften.
I. Deutschland.
Altenburg: Mittheilungen aus dem Osterlande.
Catalog der Bibliothek.
Augsburg: Schriften nicht eingegangen.
Bamberg: Berichte der naturf. Gesellschaft.
Bericht 13.
Berlin: Deutsche geolog. Gesellschaft
Bd. 36, Heft 3—4; Bd. 37, Heft 1—2.
— Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften.
Sitzungsber. Jahrg. 1884, Nr. 40 — 54; Jahrg. 1885,
Heft 1—39.
— Botan. Verein der Provinz Brandenburg.
Jahrg. 25 u. 26.
Bonn: Naturhist. Verein der Preuss. Rheinlande u. Westfalens.
Jahrg. 41, 1 u. 2; Jahrg. 42, 1; Register zu Bd. 1 — 40.
Braunschweig: Verein für Naturwissenschaften.
Schriften nicht eingegangen.
Bremen: Naturwissenseh. Verein.
Bd. 9, Heft 12.
Cassel: Verein, für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Chemnitz: Naturwissenschaftl. Gesellschaft.
Bericht 9.
Danzig: Naturforschende Gesellschaft.
Bd. 6, Heft 2.
Verzeichnis s eingegangener Schriften.
XXYII
Donaucschingcn: Verein für Geschichte u. Naturgeschichte der
Baar und der angrenzenden Länder.
Heft 5.
Dresden: Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis.
Jahrg. 1884, 2te Hälfte.
— Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde.
Jahresber. 1884—85.
Dürkheim: Naturw. Verein „Pollichia“.
Schriften nicht eingegangen.
Elberfeldt: Naturw. Verein.
Jahresber. 6.
— Naturw. Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Emden : Naturforschende Gesellschaft.
Jahresber. 69.
Erlangen: Physikalisch-medizin. Societät.
Heft iß.
Frankfurt a/M.: Physikalischer Verein.
Schriften nicht eingegangen.
— Senkenbergische Gesellschaft.
Bericht 1884.
Frankfurt a/0.: Mittheilungen des naturw. Vereins für den
Regierungsbez. Frankfurt.
2. Jahrg. Nr. 7, 3. Jahrg. Nr. 1 — 6.
Freiburg i. Kr.: Naturforsch. Gesellschaft.
Bd. 8, Heft 2.
Fulda: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Gera: Gesellsch. von Freunden der Naturwissenschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Giessen: Oberhessische Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Görlitx: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Göttingen: Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.
Jahrg. 1884.
Halle: Naturforschende Gesellschaft.
Ber. 1884, Bd. 16, Heft 3.
— Giebel & Siewert, Zeitschrift für die gesammten Natur¬
wissenschaften.
Bd. 3, Heft 4-6. Bd. 4, Heft 1—3.
XXVIII
Verzeichniss eingegangener Schriften.
Halle: Leopoldina. Amtl. Organ der Kaiserl. Leopoldinischen
Akademie der Naturforscher, herausgegeb. v. Knoblauch.
Heft 20, Nr. 19—24; Heft 21, Nr. 1—20.
Hamburg: Naturwissensch. Verein.
2. Abhandl., 8. Bd., Heft 1 — 3.
— Verein für naturw. Unterhaltung.
Jahrg. 1878 — 1882.
Hanau: Wetterausche Gesellschaft für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Heidelberg: Naturhist. mediz. Verein.
Bd. 3, Nr. 4.
Kiel: Naturw. Verein für Schleswig-Holsein.
Bd. 5, Heft 2; Bd. 6, Heft 1.
Königsberg: Königl. physikal. ökonomische Gesellschaft.
Jahrg. 25, Abth. 1 u. 2.
Landshut: Botanischer Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Leipzig: Naturfor sehende Gesellschaft.
5ter u. llter Jahrgang.
Lüneburg: Naturw. Verein für das Fürstenthum Lüneburg.
Heft 9.
Magdeburg: Naturw. Verein.
Berichte 1882 — 84.
Mannheim: Verein für Naturkunde.
Jahresber. für 1883 u. 84.
Marburg: Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Natur¬
wissenschaften.
Schriften nicht eingegangen.
München: Akademie der Wissenschaften, math. physikal. Klasse.
1884, Heft 2—4; 1885, Heft 1-3.
Münster: Westphälischer Verein für Wissenschaft u. Kunst.
12 u. 13 t. Jahresbericht.
Neu-Brandenburg: Verein der Freunde der Naturgeschichte ia
Mecklenburg.
Jahrg. 38.
Otfenbach: Verein für Naturkunde.
24 u. 25ter Bericht.
Osnabrück: Naturwissensch. Verein.
6ter Jahresber.
Verzeichniss eingegangener Schriften.
XXIX
Putbus: Entomolog. Nachrichten, herausg. von Dr. Katter.
Jahrg. 10 u. 11, Heft 1.
Uegcnsburg: Zoolog, minoralog. Verein.
Jahrg. 38.
Sondershauscii : Botanischer Verein „Irmischia“ für das nördl.
Thüringen.
Correspondenzbl. Jahrg. 4,Nr.l0 — 12; Jahrg. 5, Nr. 1 — 9
— Deutsche botan. Monatsschr. Jahrg. 3, Nr. 1 — 2.
Stettin: Ornithologi scher Verein.
1884, Nr. 11—12; 1885 Nr. 3.
Stuttgart: Verein für vaterländ. Naturkunde in W ürtemberg.
Jahrg. 41.
Wiesbaden: Nassauscho Verein für Naturkunde.
Jahrg. 37.
Wiirzburg: Physikalisch-medizinische Gesellschaft.
Jahrg. 1884.
Zwickau: Verein für Naturkunde.
Jahrg. 1884.
Oesterreich-Ungarn.
ßistritz: Gewerbeschule in Bistritz in Siebenbürgen.
Bericht 11.
itnimi: Naturforschender Verein.
Bd. 22, Heft 1 u. 2 nebst meteorol. Beobachtungen.
— Mährisch-schlesische Gesellschaft.
Mittheil. Jahrg. 64.
(iraz: Verein der Merzte in Stevermark.
«/
Jahresber. 20 u. 21.
Innsbruck: Naturw. medizin. Verein.
Jahrg. 14.
Leipa Böhm.: Nordböhmischer Excursions-Club.
Jahrg. 7, Heft 1; Jahrg. 8, Heft 1 — 3.
Graf Joseph Kinsky Excursionsbüchlein 1 — 3.
Linz: Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns.
Bericht 14.
Pest: Königl. Ungarischer naturforschender Verein.
Schrifton nicht eingegangen.
Prag: Königl. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften
Schriften nicht eingegangen.
XXX
Verzeichniss ei n (je gang euer Schriften
Reich enberg: Verein für Naturkunde.
Jahrg. 6, 7 u. 8.
Triest : Societä Adriatica di Science naturali.
Schriften nicht eingegangen.
Wien: K. k. zoologisch-botan. Gesellschaft.
Bd. 34, Bd. 35 (erstes Halbjahr).
— Kais. Akademie der Wissenschaften.
Jahrg. 1885, Nr. 1 — 18.
— Verein zur Verbreitung naturwissenschaftl. Kenntnisse.
Bd. 24.
— Naturw. Verein an der technischen Hochschule.
Schriften nicht eingegangen.
— Annalen des k. k. naturhistorischen Hof-Museums, redig.
von Dr. Hauer.
Jahresber. 1885.
Hl, Schweiz. •
Basel: Naturforschende Gesellschaft.
Verh. 7, Heft 3.
Rer n : Naturforsch. Gesellschaft.
Mitth. 1884, 2—3.
Chur : Naturforsch. Gesellschaft Graubündens.
Jahrg. 27 u. 28.
Frauenfelil : Thurgauische naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
St. Gallen : Naturforsch. Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Lausanne: Societe Vaudoise des Sciences natur.
Nr. 91 u. 92.
Neuchat« 1: Societe des Sciences natur.
Tom. 14.
Schweizer naturforsch. Gesellschaft.
1883 u. 84 (Verh. in Luzern).
Zürich : Naturforschende Gesellschaft.
Jahrg. 26, 27, 28, 29.
IV. Italien.
Neapel: Zoologische Station.
Mittheil. Bd. 5, Heft 3 — 4.
Veizeichni.su eingeyanyener Schriften.
XXXI
Rom: La Realo Academia dei Lincei.
Trans. Vol. 8, fusc. 16.
Rendicont. Yol. 1, fusc. 1 — 24.
Observ. meteor. 1884.
V. Luxemburg.
Luxemburg: Institut royal grand-ducal.
Schriften nicht eingegangen.
— Societe de Botanique.
Vol. 9, 10.
VI. Belgien.
Krüssel : Societe entomologique de Belgique.
Ann. T. 28 u. 29.
— Societe royale Meteorologique de Belgique.
T. 14 (Jan. — Jul.)
Lüttich : Societe geologique de Belgique.
Ann. T. 10 u. 11.
VII. Frankreich.
Amiens: Societe Linneenne du Nord de la Trance.
Schriften nicht eingegangen.
Bordeaux: Societe Linneenne de Bordeaux.
Yol. 37.
Cherbourg: Societe nationale des Sciences de Cherbourg.
Memoires T. 24.
Lyon: Academie des Sciences et des belles lettres et des arts.
Memoires Yol. 26 u. 27.
VIII. Gross-Britanien.
Glasgow: Natural history Society.
Proceedings Vol. 5, 3.
IX. Dänemark.
Kopenhagen: Kongelige Danske Yidcnscabernes Selskab.
1884 Nr. 2, 3; 1885, Nr. 1.
XXXII
Verzeichniss eing egangener Schriften.
X. Schweden und Norwegen.
Christian!» : Norske Xordhavs Expedition.
Heft 12-14.
— Kongelige Xorske Universitet.
Pnblicationen der norwegischen Commission der euro¬
päischen Gradmessung, H. 1 — 4.
Land: Academia Lundensis.
Acta T. 20.
Stockholm: Entomologisk Tidskrift utgiven af J. Sponberg.
1884. Heft 3 u. 4.
Tromsö : Tromsö Museum Aarshefter.
Aarshefter 7, Aarsberetn für 1883.
Trondhjdm: Kongelige Xorske Yidenscabernes* Selscab.
Schriften nicht eingegangen,
tpsala: Societas scientiarum Upsaliensis.
Yol. 12, fase. 2.
XI. Russland.
Dorpat: Xaturforschende Gesellschaft.
Sitzungsber. Bd. 7, H. 1.
Archiv Ser. 2, Bd. 10, H. 1.
Helsiugfors : Finska Yetenscaps Societeten.
Xat och Folk. H. 39—42.
Ofversigt T. 26.
Acta soc. sc. Fenn. T. 14.
Moskau: Societe imperale des Xaturalistes.
Bulletin 1884, Nr. 4; 1885 Nr. 1.
Meteorol. Beob. 1885, 1.
Geolog. Karte von Russland.
Petersburg: Hortus Petropolitanus.
T. 8, p. 3; T. 9, p. 1.
Riga: Naturforschender Yerein.
Korrespondenzbl. 27.
XII. Amerika.
Cordoba (Argentinien) : Academia nacionale de Ciencias de la
Republica Argentina.
Boletin Tom. 6, 2-4; Tom. 7, 1 — 4; Tom. 8, 1.
Milwaukee (Wiskousin): Naturw. Yerein.
Schriften nicht eingegangen.
System
der
Schmetterling
von
Carl I1 1 u t z
in Greifswald.
f
1
/»
Schmetterlinge.
Tliierc ohne Rückenwirbel, mit gegliedertem, in Kopf, Brust¬
kasten und Bauch getheiltem Körper, an welchem sich drei Paar
Pässe und fast stets noch zwei Paar, in der Regel mit Schuppen
bedeckte Flügel befinden, und die um diese Gestalt zu erhalten
mehrere Umgestaltungen zu bestehen haben. Sie athmen durch
Luftlöcher, die sich an den Seiten des Körpers befinden. Die Mund-
theile sind nur zum Saugen geeignet und bestehen aus den spiral¬
förmig aufrollbaren Unterkiefern, welche von den langen Lippentastern
eingeschlossen werden; noch befinden sich am Kopf zwei gegliederte,
gestreckte, bewegliche Fühler, an den Seiten zwei halbkugelförmige
Augen und oft über der Stirn zwei punetförmige Nebenaugen.
Die Verwaudlungsstufen sind heteronom, in ihren verschiedenen
Lebensstadien sich nicht gleichend. Im Larvenstande homonom, eine
mit Kopf, 12 Gliedern und mit Füssen versehene — selten fuss-
lose — Raupe; im Puppenstande mit gebundenen Gliedern, nie Nah¬
rung zu sich nehmend, erst im reifen Lebensalter einen heteronomen
Typus annehmend, mit ungleichen, durch ästige Rippen ausgespann¬
ten Flügeln.
Lepidoptera.
Makvolepidoptera.
llhopaloccra.
A. Papilionidae .
I. Nymphalidae Kirby.
1. Ileliconina.
2. Danaina.
3. Acraeina.
4. Nymphalina.
5. Morphina.
6. Brassolina.
7. Satvrina.
8. Elvmniina.
IT. Lemoniidae Kirby.
9. Libythcina.
10. Eumesiina Felder.
11. Erycinina.
III. Succinctac Boisd.
12. Lycacnina.
13. Picridina.
14. Equitina Herrich-Sch.
Ji. llesperidae.
15. Hesperiina Ilerrich-Sch.
Ucteroccra.
C. Teredinae.
16. Castniina.
17. Hepialina.
18. Cossina.
19. Sesiina.
20. Cocytina.
D. Sphhu/idae.
21. Sphingina.
22. Thyridina.
K. Bombycidae.
I. Psychidae.
23. Oiketicina.
24. Psychina.
1
2
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
II. Anthroceridae Westw.
25. Heterogynina.
26. Thymaridina.
27. Pyromorphina.
28. Gynautocerina.
29. Zygaenina.
III. Glaucopidae.
30. Syntomina.
31. Glaucopina.
IY. Arctioidae.
32. Cliarideina,
33. Pericopina.
34. Chelonina.
35. Dejopeina.
36. Nyctemeriua.
Y. Agaristidae.
37. Agaristina.
YI. Callidulidae.
38. Callidulina.
YII. Litliosidae.
39. Josiina.
40. Litliosina.
41. Aganaina.
YIII. Liparidae.
42. Liparidina.
IX. Laclmeidae.
43. Lasiocampina.
44. Eutricbina.
X. Endromidae.
45. Endromina,
XI. Bombycidae.
46. Bombycina.
47. Ceratocampina.
XII. Pavonidae.
48. Automerina.
49. Saturnina.
XIII. Peropboridae.
50. Perophorina.
XIY. Cocbliopodae.
51. Phricodina.
52. Megalopygina.
53. Limacodina.
XY. Cymbidae Guene.
54. Nycteolina.
55. Xolina.
XYI. Brepbidae.
56. Brepbina.
XVII. Drepanulidae.
57. Drepanulina.
58. Cilicina Herrich-Scbäffer.
XVIII. Xotodontidae.
59. Notodontina.
60. Pygaerina.
F. Noctuidae.
I. Heteropterae.
61. Cymatopliorina.
62. Bombycoidina.
a. Bryopbilina.
b. Acronyctina.
63. Genuinae Guene.
c. Leucanina.
d. Glottulina.
e. Gonoptericina.
f. Ortbosina.
g. Caradrinina.
h. Amphipyrina.
i. Noctuina.
k. Eriopodina.
l. Hadenina.
m. Xyliniina.
n. Cleoplianina.
o. Cuculliina.
p. Eurbipiina.
q. Heliothina.
r. Acontiina.
s. Hvblaeina.
t. Diopsina.
u. Placodina.
v. Plusiina.
w. Cajpina.
x. Opbiderina.
y. Opbiusina.
II. Noctuoplialaenidae.
z. Erastriina.
aa. Antbopbilina.
bb. Haemerosina.
III. Deltoidae Guene.
cc. Hypenina.
dd. Herminiina.
ee. Platvdiina.
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
IV. Pseudodeltoidae.
ff. Toxo canypina.
gg. Eocillina.
hh. Amphigoniina.
ii. Thennesiina.
V. Homopteridae.
63. kk. Bendina.
11. Homopterina.
mm. Hypogrammina.
nn. Hypopyrina.
oo. Ommatophorina.
pp. Erebina.
G. Uranidae.
64. Sematurina.
65. Uraniina.
z. Timandrina.
aa. Cimelina.
(Phytometrinae H.
bb. Lythrina.
cc. Hedylina.
dd. Hydreliina.
ee. Eupitheciina.
ff. Larentiina.
gg. Anaitina.
1. Siculida e.
68. Sigiina.
69. Siculina.
Mikrulepidoptera.
K. Alucitidae.
70. Alucitina.
71. Pterophorina.
1j. Pyralidae.
I. Acentridae.
72. Acentropina.
II. Pbvcidae.
73. Galleriina.
74. Phycidina.
III. Crambidae.
75. a. Crambina.
b. Chilonina.
IV. Myelobidae.
76. Morpheina.
V. Schoenobidae.
77. Schoeuobina.
VI. Pyralidae.
78. a. Scopariina.
b. Homophysina.
c. Botydina.
V
d. Pvralidina.
t/
79. Homolocbroina.
80. Semniina.
81. Chrysaugina.
M. Tortricidae.
82. Tamyrina.
83. Tortricina.
IV. Tineidae.
84. I. Canephorina.
85. Talaeporina.
II. Tineae.
86. § Cbimaerina.
§§ Setes.
1*
11. Geometridae.
I. Ohne Anhangzelle (Ohne Haft¬
borste.)
66. Asthenina.
67. Mit Haftborste.
a. Microniina.
b. Urapterygina.
c. Metrocampina.
d. Geometrina.
e. Mecocerina.
f. Fidoniina.
g. Hazina.
h. Oenoehromina.
i. Ennomina.
k. Macariina.
l. Hiberniina.
m. Amphidasina.
n. Boarmiina.
o. Stellidina.
p. Caberina.
q. Palyasina.
r. Melanchroina.
s. Ligiina.
II. Mit Anhangzelle (Dendrome-
trinae.)
t. Emplociina.
n. Erateinina.
v. Heliomatina.
w. Hypochrosina.
x. Ephyrina.
y. Acidalina.
Sch
4
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
87. a. Typhoniina.
b. OchseDheimerina.
c. Tiueina.
d. Adelina.
§§§. Tricliocheilae.
88. Hyponomeutina.
89. Plutellina.
90. a. Exapetina.
b. Gelechina.
91. Acrolepina.
92. Glyphipterygina.
§§§§. Phyllonorycterae.
93. Argyresthina.
94. Gracilariina.
95. Coleopliorina.
96. Elachistina.
97. Lithocolletina.
§§§§§• Calybitae.
98. Lyonetina.
99. Nepticulina.
III. Micropterycidae.
100. Micropterygina.
Makrolepidoptera.
Vorderflügel mit einer einfachen, einer gespaltenen oder mit
zwei freien Hinterrandsrippen ; Hinterflügel mit 1 — 3 freien Innen¬
randsrippen. Keine Nebenpalpen. — Die Bauchfüsse der nicht in
Pflanzen oder in Säcken lebenden Raupen sind mit einer etwas lap¬
pigen, beweglichen, zum Umklammern eingerichteten Sohle versehen,
an deren äusseren Seite ein halber Kranz einwärts gerichteter Häck-
chen sitzt. Selten fehlen die Bauchfüsse.
Rhopalocera.
Fühler bei beiden Geschlechtern gleich, vor der Spitze verdickt
oder kolbig; wenigstens die mittleren Glieder des Schaftes sind län¬
ger wie dick. Spiralzunge. Keine Nebenaugen. Alle Flügel mit
einfacher Mittelzelle, die hintern mit höchstens 2 freien Innenrands¬
rippen ohne Haftborste. (Diese nur bei Euschemon Raffiesii). —
Raupen löfüssig.
A. l’apilioiiitlac. Alle Flügelrippen sind gleich stark, die in die
Spitze der Vorderfiügel auslaufenden sind zum Theil ästig.
Die Hinterschienen haben nur Endspornen.
I. Gruppe: ftymphaliilac Kirby, IVndiilae Boisd. — Das erste Fuss-
paar der Schmetterlinge ist unentwickelt, meistens klauenlos.
Vorderflügel mit einer einfachen Hinterrandsrippe, Hinterflügel
mit 2 Innenrandsrippen; während der Ruhe mit dem Innen¬
rand den Hinterleib umfassend. — Die Puppen hängen nur
am Afterende befestigt.
l1® Familie: Die Fühler sind allmälig gegen die Spitze verdickt.
Die Mittelzelle aller Flügel ist geschlossen. Die Hinterflügel haben
keine Wurzelzelle, die Wurzelrippe — Präcostale — entspringt in
der Regel in einiger Entfernung aus Rippe 8 — der Costale —
selten vor der Abzweigung dieser aus Rippe 7. — Die Vorderflügel
sind meistens gestreckt mit breitem Fransensaum, die Hinterflügel
fast eiförmig; oft sind sie fast ganz oder theilweise von Schuppen
entblösst. Der Körper ist schwach, der Hinterleib lang und dünn,
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
5
die Gestalt oft libellenartig. — Die Raupen sind gedornt. — Sie
bewohnen nur Süd-Amerika . Ildiconiiiu
2*® Fam.: Die Fühler sind allmälig gegen die Spitze verdickt.
Die Mittelzelle aller Flügel ist geschlossen. Die Hinterflügel haben
eine schmale 'Wurzel zelle, die Wurzelrippe entspringt etwas entfernt
von der Wurzel aus Rippe 8, oder mit dieser aus einem Punct. —
Die Vorderflügel sind meistens — besonders beim $ — breit, die Hinter¬
flügel fast rund, gewöhnlich sind sie am Saume weiss gefleckt. Der
nicht sehr schwache Körper ist an der Brust weiss gefleckt, der
Hinterleib selten so lang- wie die Hinterflügel bis zum Hinterwinkel.
— Die Raupen haben lange Fleischzapfen . Danaina.
3*.® Fam.: Die Fühler haben eine kurze fast bimförmige Kolbe.
Die Mittelzelle aller Flügel ist geschlossen. Die Hinterflügel haben
keine Wurzelzelle, die Wurzel rippe entspringt in einiger Entfernung
von der Wurzel aufrecht aus der Krümmung von Rippe 8. — Alle
Flügel haben einen gerundeten Saum und sind oft schwach beschuppt,
gewöhnlich sind sic durch dunkle Strahlen zwischen den Rippen oder
schwarze Puncte an der Wurzel der Hinterflügel, oft durch beides
ausgezeichnet. — Der Körper ist schwach, der Hinterleib gestreckt,
meistens hell gefleckt, bei vielen ? africanischer Arten mit einem
häutigen Anhang. — Die Raupen sind gedornt. — Sie bewohnen
nur Europa nicht . Acraeina.
4l.e Fam.: Die Fühler haben bei einigen eine Kolbe am Ende,
bei andern sind sie keulenförmig. Nur die Mittelzelle der Vorder¬
flügel ist stets geschlossen, zuweilen sind die beiden vordem Rippen
an der Flügelwurzel etwas aufgeblasen, Rippe 8 läuft in der Regel
in den Saum, selten in die Spitze oder in den Vorderrand aus. Die
Hinterflügel haben keine Wurzel zelle, ihre Wurzelrippe ist meistens
saumwärts gekrümmt. Der Körper ist mehr oder weniger kräftig.
Die Krallen der Schreitfiisse bestehen aus 2 oberen stärkeren, 2 unteren
schwächeren Gliedern und dem Haftläppchen. Form, Zeichnung und
Färbung der Flügel sind sehr mannigfaltig. — Die Raupen sind
meistens mit Dornen besetzt . \vmpli;dina.
5*® Fam.: Rippe 8 der Vorderflügel läuft in der Regel in die
Spitze, selten in den Saum aus, keine Rippe ist an der Wurzel auf¬
geblasen, bei der Gattung Morpho ist die Hinterrandsrippe nahe an
der Wurzel mit der vorhergehenden durch einen Querast verbunden.
Die Hinterflügel haben keine Wurzelzelle, die Wurzelrippe ist zurück¬
gekrümmt; die Mittelzelle ist offen. Der Körper ist meistens im
Verhältniss zu den grossen breiten Flügeln klein und schwach. Auf
der Oberseite haben die Flügel oft einen prachtvollen Glanz, auf der
Unterseite meistens vom Saum entfernte Augenflecken, vorzüglich in
Zelle 2 und 6 der Hinterflügel. — Sie bewohnen die Tropen Asiens
und Americas . Morphin».
6*.® Fam.: Die Mittelzelle aller Flügel ist geschlossen und tritt
bei Rippe 4 am weitesten gegen den Saum vor. Die Hinterflügel
haben eine grosse Wurzelzelle, die Wurzelrippe ist zurückgekrümmt. —
6
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
Der Körper ist kräftig. Einige Arten sind sehr gross. Die Ober¬
seite der Flügel ist mehr trübfarbig, die Unterseite schattig und
braun gewässert mit Spiegelflecken, besonders in Zelle 5 der Vorder-
und Zelle 2 und 7 der Hinterflügel. — Sie bewohnen Süd-
America . . Hrassolina.
7*® Farn.: Die Kippen der Vorderflügel sind an der Wurzel
meistens — oft alle — aufgeblasen. Die Hinterflügel haben eine
schmale Wurzelzelle — nur die Gattung Bia nicht — ihre Mittel¬
zelle ist meistens geschlossen. Das erste Fusspaar ist sehr verküm¬
mert und schwach. In der Regel sind die Flügel auf der Oberseite
trübe, auf der Unterseite mit Binden, gewässert und vor dem Saum
mit hellgekernten Augenflecken bezeichnet, von denen die in Zelle 2
und 5 der Vorderflügel oft auch auf der Oberseite erscheinen. Einige
Arten sind fast zeichnungslos, andere fast unbeschuppt. — Die
Raupen sind fein und kurz behaart, am Afterende 2 spitzig, selten
mit Dornen am Kopf oder über dem Rücken. Sie leben meist an
Gräsern. ... . Satyr ina.
8*® Farn.: Nur die Vorderrandsrippe der Vorderflügel ist an der
Wurzel aufgeblasen, aber stark. Rippe 8 läuft in den Vorder¬
rand aus. Die Hinterflügel haben eine schmale Wurzelzelle, die
Mittelzelle ist geschlossen. Die Flügelzeichnung zeigt keine Augen¬
flecken . Elymniina.
II. Gr.: Lcimmiidae Kirbv. — Das erste Fusspaar ist nur bei den
männlichen Schmetterlingen unvollkommen ausgebildet.
9*e Farn. : Das erste Fusspaar ist beim g klauenlos, die Fussblätter
der Schreitfüsse sind länger wie die Schienen, ihre Krallen sind einfach.
Die Fühler sind keulenförmig, die Palpen schnabelartig lang vorge¬
streckt. Alle Flügel haben einen schwach gezähnten Saum, der
bei den vordem bei Rippe 5 und 6 mehr oder weniger stark vortritt,
die Mittelzelle der hintern ist offen. Unten sind die Flügel gefleckt
und schattig gewässert. — Die auf dem Erdbeerstrauch lebenden
Raupen sind fein und kurz behaart. — Die Puppen hängen frei,
nur an der Hinterleibsspitze befestigt . Libytheina.
10*.® FMm. : Die Vorderflügel haben 9 Rippen, Rippe 6 und 7
entspringen auf langem Stiel aus dem Vorderwinkel der Mittelzelle,
diese ist in allen Flügeln geschlossen. Die Wurzelrippe der Hinter¬
flügel ist sehr kurz. — Gestalt und Grösse der einzigen Art ist wie
Carteroceplialus Sylvius. Oben sind Leib- und Vorderflügel grau, die
Hinterflügel hellbraun, zum Licht gewendet silberweiss. Unten sind
die Vorderflügel lehmgelb, die hintern chamois. . . Etmicsina.
11*® Farn.: Beim 2 ist das erste Fusspaar zwar vollkommen
entwickelt, aber verkürzt, die Fussblätter sind bei allen länger wie
die Schienen. Die sehr feine Wurzelrippe der Hinterflügel ist aus¬
wärts gerichtet. ■ — Die Grösse ist mittel bis klein, Gestalt, Zeich¬
nung und Färbung sind oft höchst zierlich. Einige sitzen während
der Ruhe mit ausgebreiteten Flügeln an den untern Seiten der Blät¬
ter. — Die Raupen sind oft behaart oder mit Fleischzapfen besetzt;
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
7
auch die am Hinterleibsende und mit einer Schlinge um den Leib
befestigten Puppen sind zuweilen behaart . Krvniiina.
III. Gr.: Snccinctac Bsd. Das erste Fusspaar ist hei beiden Ge¬
schlechtern vollkommen entwickelt. Die Mittelzellen aller Flügel
sind geschlossen. Die Puppen sind an der Hinterleibsspitze
und mit einer Schlinge um den Leib befestigt.
12*® Farn.: Das erste Fusspaar ist beim g mit einer einfachen
mit Börstchen besetzten Kralle versehen. Die Hinter Hügel haben
2 freie Innenrandsrippen, die Mittelzelle von Rippe 4 bis 6 grade
geschlossen und keine Wurzelrippe; viele haben an den Rippenenden
neben dem Hinterwinkel mehr oder weniger lange Schwänzchen. Die
Augen sind vorne und hinten gerade abgeschnitten mit weisser Kante.
— Die Oberseite ist meistens blau, braun oder roth, die Unterseite
grau mit hell umzogenen dunkeln Puncten oder Querstrichen, gegen
den Hinterwinkel der Hinterflügel oft mit metallischen Staubtieck-
chen. Die Raupen sind asselförmig mit sehr kurzen Füssen und
kleinem einziehbaren Kopf; der Leib ist fein und kurz behaart, zu¬
weilen mit Wärzchen besetzt. Einige leben in Früchten. — Die
Puppen sind kurz und stumpf . Lycacnina.
13*® Farn.: Alle Füsse sind bei beiden Geschlechtern gleich
vollkommen ausgebildet. Die Vorderflügel haben eine einfache freie
Hinterrandsrippe, die HinterHiigel 2 freie Innenrandsrippen, eine
Wurzelrippe, aber keine Wurzelzelle. Die Mittelzelle tritt bei Rippe
4 — bei den Gattungen Leptalis und Leucophasia auch bei Rippe
5 — am weitesten gegen den Saum vor. Die Augen sind rund.
Die Flügel sind meistens gerundet und auf der Oberseite vorherr¬
schend weiss oder gelb. — Die ziemlich gestreckten Raupen sind
gewöhnlich schwach und kurz behaart. — Die ebenfalls gestreckten
Puppen sind am Kopfende gespitzt . Pieridina.
14te Fam. : Alle Füsse sind vollkommen ausgebildet mit dop¬
pelten, bei den vordem ungleichen, Krallen, die Vorderschienen
haben an der Innenseite ein Blättchen und hinter der Mitte einen
Dorn. Die Hinterrandsrippe der Vorderflügel hat nächst der Wurzel
einen kurzen Ast und ist dort auch in der Regel mit der nächsten
Rippe durch einen kurzen Querast. verbunden. Die HinterHiigel
haben eine Wurzelzelle, eine Wurzelrippe und eine freie Innenrands¬
rippe, der hohl ausgeschnittene oder bei dem $ nach oben umgeschla¬
gene Innenrand umschliesst den Hinterleib nicht. Oft sind die
Hinterflügel spitz oder lappig geschwänzt. Die Mittelzelle tritt bei
Rippe 5 am weitesten saumwärts vor. — Die Raupen sind im Ge¬
nick mit einer fleischigen ausstreckbaren Gabel versehen, sie sind
meistens nackt, doch oft mit fleischigen Dornen, Warzen oder Run¬
zeln besetzt. — Die Puppen sind am Kopfende zweispitzig oder
stumpf, die der Gattung Parnassia sind blau bereift und ruhen in
einem Gewebe, ihre ? und einige andere — weibliche Schmetter¬
linge haben am Hinterleibe einen häutigen Anhang.
Equitiun.
8
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
B. llesperidae Kirby Involulac Boisd.
15*® Fam.: Alle Füsse sind vollkommen ausgebildet, die Vorder¬
schienen haben an der Innenseite ein Blättchen, das nur den Gat¬
tungen Cyclopides und Carterocephalus fehlt; fast allgemein haben die
Hinterschienen 2 Spornen am Ende und 2 hinter der Mitte. Die
Vorderflügel haben 12, niemals gegabelte Eippen, die Hinterflügel
deren 7 oder 8, (die beiden Innenrandsrippen werden stets für eine
gezählt) je nachdem Kippe 5 erscheint oder verschwindet; eine
Wurzelrippe ist nicht vorhanden, dagegen aber eine kleine Wurzel¬
zelle. Nur der g von Euschemon Rafflesii hat eine Haftborste.
Der grade Innenrand der Hinterflügel umschliesst den Hinterleib
nicht. Die geschlossene Mittelzelle tritt bei den Hinterflügeln bei
Rippe 4, in den Vorderflügeln bei Rippe 6 saumwärts vor. Meistens
ist der Körper kräftig und der Kopf breit, die Augen sind rund, oft
ist an, der Fühlerwurzel ein Haarlöckchen. Die characteristi sehe Zeich¬
nung der Vorderflügel besteht in einem hellen Mittelfleck und einer
schrägen Reihe hinter der Mitte, die jedoch oft alle fehlen. - — Die
Raupen haben einen dünnen Hals und grossen Kopf, sie leben fast
allgemein wicklerartig. — Die Puppen sind theils ziemlich kurz und
stumpf, theils gestreckt und gespitzt, zuweilen mit langer freier
Saugerscheide ; sie ruhen an der Hinterleibsspitze und mit einer
Schlinge um den Leib befestigt zwischen zusammengesponnenen Blättern.
fiesperiina.
Heterocera.
Fühler verschiedenartig, selten bei beiden Geschlechtern gleich,
ihre Glieder sind fast stets dicker wie lang. Sie haben meistens
eine Spiralzunge, doch ist diese nicht selten verkümmert. Viele haben
Nebenaugen. Oft haben die Flügel eine eingeschobene Zelle oder
die Mittelzelle ist getheilt, die vordem haben 1 bis 2, die hintern
bis 8 freie Innenrandsrippen, letztere oft eine Haftborste. Alle
Beine sind vollkommen entwickelt, die hintern in der Regel mit
starken Schienenspornen.
C. Tcredinac. Die Raupen haben 8 Paar Füsse, die Sohle ihrer
kurzen Bauchfüsse ist mit einem vollständigen Kranz einwärts
gerichteter Häckchen umgeben. Sie sind meistens beinfarbig,
fast nackt mit harten glänzenden Schildchen auf den ersten
und letzten Gliedern, der Kopf ist etwas flach. Sie leben im
Innern der Pflanzen oder an Wurzeln in der Erde. — Die
ziemlich gestreckten etwas weichen Puppen zeigen stark aus¬
geprägte Glieder und haben an den Hinterleibsgliedern scharfe
Zackenkränze.
161,? Fam.: Die Flügel sind breit mit meistens gctheilter Mittel¬
zelle, deren vorderer Theil offen, der hintere geschlossen ist. Bei
den Vorderflügeln befindet sich oft noch an der vordem Spitze der
Mittelzelle eine kleine geschlossene Zelle, die Hinterrandsrippe ist
gewöhnlich einfach, nur bei stark ausgedehntem Hinterrandc ist sie
Carl Plötz: 'System der Schmetterlinge.
9
laug gegabelt. Die Hinterllügel haben 2 freie Innenrandsrippen und
eine Haftborste. Die Fühler sind bei £ und $ gleich, entweder
keulenförmig oder spindelförmig-kolbig, fein pinselförmig gespitzt.
Die Augen sind rund, Nebenaugen vorhanden. Der Körper ist
meistens kräftig, Vorderbrust und Kopf treten stark vor, der Hinter¬
leib hat zuweilen beim $ einen Afterbusch, beim £ eine ausgestreckte
Legeröhre. Die Beine sind anliegend beschuppt, meistens haben nur
die Hinterschienen kurze Endspornen. — Die Schmetterlinge haben
in ihren Sitten und zum Theil im Ansehen Aelinlichkeit mit der
Gattung Catocala. In der Kühe sitzen sie mit flach-dachförmig den
Hinterleib bedeckenden Flügeln . (asliiiina.
17*e Farn.: Die Flügel sind schmal, gestreckt, alle mit 12
Kippen und gleichem Verlauf derselben: Die Mittelzelle ist getheilt
zwischen Kippe 4 und 5 ist eine Ncbenzelle eingeschoben, Kippe 9
und 10 entspringen aus gemeinschaftlichem Stiel und nächst der
Wurzel zieht aus der Vorderrandsrippe ein Querast zum Vorderrand.
Der Leib ist gestreckt. Die Fühler sind borstenförmig oder schmal
gekämmt, meistens kurz. Nebenaugen, Sauger und Haftborste fehlen.
llepialina.
18*? Farn.: Die Vorderflügel haben 2, die Hiuterfliigel 3 freie
Innenrandsrippen, erstere eine eingeschobene Zelle, letztere eine
Haftborste. Die Fühler sind borstenförmig oder schmal gekämmt,
beim g breiter und oft mit langer, fein gekerbter Spitze. Der Kör¬
per ist meistens kräftig, beim * ist die Legeröhre oft vorgestreckt.
Nebenaugen und Sauger fehlen. — Die Vorderflügel sind meistens
gefleckt oder schattig mit verworrenen Querstrichen gewässert. Wäh¬
rend der Kühe sind bei gehobenem Vordertheil die Flügel dicht an
den Leib gelegt . . Cossina.
19t.e Farn.: Die Vorderflügel sind lang und schmal, ihre Mittel¬
zelle ist lang, ungetheiit und geschlossen, die Hinterrandsrippe zieht
dicht an oder in den Hinterrand hin. Die breiteren Hinterflügel
sind am Vorderrand gestreckt, die Vorderrandsrippe fehlt oder läuft
in den Vorderrand selbst. Sie haben 2 — 3 freie Innenrandsrippen
und eine Haftborste. Kippe 3 und 4 aller Flügel entspringen dicht
zusammen, Kippe 5 etwas davon entfernt. Die Fühler sind faden-
oder schlank-spindelförmig, beim $ mit Wimpern, Lamellen oder
Kammzähnen besetzt, an der Spitze mit feinem Haarpinsel. Alle
haben eine starke Spiralzunge und Nebenaugen. Die Beine sind
kräftig, die Mittelschienen am Ende, die Hinterschienen hinter der
Mitte und am Ende doppelt gespornt. Der Körper ist verhältniss-
mässig stark, der Hinterleib lang, beim $ oft mit einem After¬
büschel, Vorderbrust und Kopf sind vorgestreckt. Oft sind die Flü¬
gel — besonders die hintern — ganz oder theilweise glashell. Ihr
Flug ist bei Tage im Sonnenschein; ruhend liegen die Flügel neben
dem Leib. Das Ansehen ist wespenartig . Sesiina.
20t.e Farn.: Alle Flügel haben eine kurze geschlossene Mittel¬
zelle, Kippe 4 und 5 entspringen aus einem Punct, C weit davon
10
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
entfernt. Die Vorderflügel haben eine, die Hinterflügel zwei freie
Innenrandsrippen. Die Fühler sind schlank keulenförmig, lang und
fein gespitzt. Der Sauger ist spiral. Die Beine sind kräftig, die
Mittel schienen sind am Ende, die Hinterschienen hinter der Mitte
und am Ende doppelt gespornt, die Tarsen sind länger wie die
Schienen. Die Flügel sind glashell, dunkel gesäumt. Der Körper
ist stark, glänzend beschuppt, der Hinterleib hat einen starken After¬
busch. Das Ansehen ist wie das einer grossen Makroglossa. Die
Metamorphose ist unbekannt . €ocytina.
D. Sphingiriac. Die Raupen haben 8 Paar normale, oft sehr kräftige
Füsse, sie leben an äussern Pflanzentheilen, sind nackt und
haben auf dem 11*®“ Gliede meistens ein Schwanzhorn. —
Alle Flügel haben eine einfache geschlossene Mittelzelle, Rippe
5 entspringt entfernt von Rippe 4. Die Hinterrandsrippe der
Vorderflügel ist wurzelwärts gegabelt. Die Hinterflügel haben
2 Innenrandsrippen und meistens eine Haftborste. Die Füh¬
ler sind spindel- oder keulenförmig und beim $ mindestens
gekerbt. Fast alle haben eine — oft sehr lange und starke
— Spiralzunge. Nebenaugen fehlen. Die Gestalt ist kräftig,
Vorderbrust und Kopf sind in der Regel vorgestreckt. — Der
Flug ist bei Tage oder in der Dämmerung.
21V Fam.: Rippe 6 und 7 aller Flügel entspringen aus ge¬
meinschaftlichem Stiel, die Vorderflügel haben 9 bis 11 Rippen, die
Hinterflügel 8 bis 9 und eine sehr kleine Wurzelzelle. Oft haben
die Fühler eine feine Endborste und der Hinterleib einen Afterbusch.
Die Mittelschienen haben in der Regel 2, die Hinterschienen 4 starke
Spornen. — Die Raupen leben frei, haben fast olle ein Schwanz¬
horn und sind theilweise sehr schön gefärbt. — Die Puppen ruhen
in der Erde oder in einem leichten Gewebe über derselben, einige
haben eine freie Saugerscheide. . Sphingina.
22\e Fam.: Die Vorderflügel haben 12 Rippen, alle gesondert,
die Hinterflügel haben keine Wurzelzelle. Die Fühler sind beim $
einfach gekerbt, mit verdicktem Wurzelgliede. Die Schenkel sind
langhaarig. Die Gestalt ist klein, der Flug bei Tage — Die Rau¬
pen leben wicklerartig in Blattdüten, sie haben kein Schwanzhorn.
Thyriilina.
E. ItombycMae. Die Raupen haben, ausser den säckebewohnenden
Psychiden und den Limacodinen, nie weniger als 12 Füsse,
zuweilen ist das letzte Fusspaar zum Gehen untauglich um¬
gestaltet, sie sind behaart, mit Dornen und Fleischzapfen be¬
setzt oder nackt und leben von äussern Pflanzentheilen. Zur
Verpuppung machen die meisten ein — oft doppeltes — Ge¬
webe. Fast noch verschiedenartiger wie die Raupen sind die
Schmetterlinge, die meisten haben einen wollig behaarten Körper
und verkümmerten Sauger, viele haben gekämmte Fühler, einige
Weibchen haben verkrüppelte Flügel oder sind flügellos. Während
der Ruhe wird der Leib gewöhnlich von den Flügeln bedeckt.
Carl J’lötz: System der Schmetterlinge.
11
I. Gr.: Psjchiilae. Die Raupen haben 3 Paar starke Krallenfüsse, die
Bauchfüsse fehlen, nur die Nachschieber sind normal; sie sind
nackt, auf den drei ersten Gliedern mit hornigen Platten und leben
in meist von Pflanzentheilen angefertigten Säcken, welche sie
mit sich herumtragen und worin sie auch zur Puppe werden:
die männliche mit stark ausgeprägten Gliedern und Haken¬
kränzen am Hinterleib, die weibliche ein unförmlicher Eiersack.
— Die Hinterflügel des $ haben 3 freie Innenrandsrippen
und eine Haftborste, die Mittelzellen aller Flügel sind meistens
gespalten. Die Fühler sind 2reihig gekämmt. Nebenaugen
und Sauger fehlen. Der Körper ist in der Regel sehr haarig,
die Flügel dagegen sind oft schwach beschuppt. Der Flug ist
bei Tage. — Das ? ist ungeflügelt, madenförmig, schwach be¬
haart mit kurzen fadenförmigen Fühlern, es verlässt den Sack nicht.
23*5 Farn.: Die Hinterrandsrippe der Vorderflügel ist ästig,
wenigstens läuft ein langer Ast neben der Mittelzelle rückwärts zur
Wurzel. Die Fühler sind gegen das Ende oft nur fein gekerbt.
Oiketicina.
24t.e Farn.: Die Hinterrandsrippe der Vorderflügel ist gegabelt.
Die Hinterschienen haben nur am Ende sehr schwache Spornen.
Psychina.
II. Gr.: Antliroceridae. Die Raupen haben 16 normale Füsse, kleinen
Kopf und mit kurz behaarten Warzen besetzten walzenförmigen
Leib; sie leben frei. Die etwas weichen Puppen haben stark
ausgeprägte Glieder und ruhen in pergamentartigen oder ein¬
fachen, mit Haaren vermischten Gewreben. Die Schmetter¬
linge haben meistens lange, schmalgekämmte, bei den $ zu¬
weilen an der Spitze verdickte, oft aber auch liurze keulen¬
förmige, gewöhnlich stahlblau oder grün-glänzende Fühler. Die
Vorderflügel haben 1 — 2, die Hinterflügel bis 3 freie Innen¬
randsrippen. Die Mittelzelle ist oft gespalten. Oft glänzen
auch die Flügel metallisch. Der Flug ist bei Tage.
25*.® Fam. : Die Vorderflügel haben 2 freie Innenrandsrippen,
die Hinterflügel 3 Innenrandsrippen, keine Haftborste. Die Fühler
sind beim $ schmal gekämmt. Nebenaugen fehlen. Die Flügel
sind schuppenlos, schwärzlich. — Die Puppe ruht in einem weichen
Gewebe, welches von dem ungeflügelten madenförmigen Weibchen
nicht verlassen wird . ilcterogynina.
26t® Farn.: Die Hinterflügel sind lang geschwänzt; die Fühler
lang, doppelt gekämmt; Sauger und Palpen sind verkümmert, die
Schienen ungespornt. Der Leib ist haarig. . . Nmnaridiiin.
27t® Fam.: Alle Flügel haben eine gespaltene Mittelzelle, die
vordem 2 Hinterrandsrippen, die hintern 3 Innenrandsrippen aber
keine Vorderrandsrippe; die vorderste Rippe entspringt aus dem
Vorderwinkel der Mittelzelle . Pyromorphina.
28*.® Fam.: Die Mittelzelle aller Flügel ist getheilt, die vordem
haben 2 Hinterrandsrippen, die Hinterflügel 3, 2 oder I Iunenrands-
12
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
rippe. Die Fühler sind lang, schmal gekämmt, spitz oder am Ende
etwas kolbig. Die Flügel sind meistens breit und durch Zeichnung
und Färbung manchen Tagfaltern ähnlich, oft mit metallischem Glanz.
Der Hinterleib ist nicht selten kürzer, +e die Hinterflügel.
(tynautoccriiia.
29\e Farn.: Die Mittelzelle aller Flügel ist getheilt, die vordem
haben 2, selten eine Hinterrandsrippe, die hintern 3, selten 2,
Innenrandsrippen, eine kleine Wurzelzelle und Haftborste. Der Kopf
ist klein. Die Fühler sind meistens keulen- oder spindelförmig,
seltener fadenförmig oder schmal gekämmt. Nebenaugen und Spiral¬
zunge sind vorhanden. Alle Flügel sind schmal, die hintern am
Hinterwinkel verkürzt, werden oft von dem starken Hinterleib weit
überragt . Zygacniiia.
III. Gr.: Glaucopi'lac. Die Eaupen haben normale Fiisse, der Leib
ist walzenförmig, büschelig, wulstig oder kurz behaart; sie leben
frei. Die meistens glatte und harte Puppe ruht in einem
weichen, oft doppelten Gewebe. Die Vorderflügel sind meistens
schmal und haben 1 Hinterrandsrippe, die Hinterflügel sind oft
sein- klein, haben 5 — 7 Rippen — 1 oder 2 Innenrandsrippen
- — und eine Haftborste. Die Fühler sind fadenförmig, beim $
oft schmal gekämmt, oder schlank spindelförmig. Die Zunge
ist spiral. — Die Flügel sind nicht selten ganz oder theil-
weise von Schuppen entblösst oder haben Glasflecken; oft sind
sie prachtvoll metallisch glänzend beschuppt, auch der Hinterleib
hat oft farbige Gürtel oder Längsstreifeu. Der Flug ist bei Tage.
30te Farn.: Keine Nebenaugen. Hinterflügel ohne Vorderrands¬
rippe. Die Raupen sind kurzhaarig . Svntomiina.
31*® Farn.: Mit Nebenaugen. Hinterflügel mit einer Vorder¬
randsrippe, welche meistens auf oder hinter der Mitte der Mittelzelle
entspringt. Der Hinterleib ist zuweilen wespenförmig dünn, auch
wohl mit langem schwanzartigen Anhängsel. . . . Glaucopina.
IV. Gr.: Arctioiilac. Die Raupen sind walzenförmig und — oft sehr
stark — borstig behaart, zur Verwandlung bereiten sie ein
filziges mit Haaren vermischtes Gewebe, worin die zuweilen
recht harte und glänzende Puppe ruht. — Die Vorderflüge]
haben eine einfache Hinterrandsrippe, die Hinterflügel eine
Haftborste und 2 Innenrandsrippen. Rippe la läuft in den
Hinterwinkel aus, 5 entspringt nahe an 4, mit ihr aus einem
Punct oder auf gemeinschaftlichem Stiel , 6+7 aus einem
Punct oder Stiel am Vorderwinkel und 8 — die Vorderrands¬
rippe — ans dem Vorderrand der Mittelzelle. Die Fühler
sind borstenförmig, gekerbt oder mässig breit gekämmt. Der
Sauger ist kurz; alle haben Nebenaugen. Die Bezeichnung der
Flügel ist fleckig oder bindenartig, oft sehr schön. Der Hinter¬
leib hat meistens Längsreihen dunkler oder heller Flecken oder
Puncte. Ruhend sind die Flügel dachförmig an den Leib gelegt.
32*® Farn.: Die Raupen sind kurzhaarig mit langen Haarpinseln,
Carl Platz: System der Schmetterlinge .
13
kurzen Bürsten und Wülsten, ähnlich den Liparisraupen, besetzt. —
Die Vorderflügel sind gegen die Spitze gestreckt und ziemlich schmal;
die kürzeren Hinterflügel werden in der Kegel vom Hinterleib weit
überragt, dieser ist selten punctirt, öfter aber oben abweichend ge¬
färbt . Churiddnu.
33*e Farn.: Alle Flügel sind breit. Rippe 5 entspringt selten
dicht an 4, selten ist Kippe 3 mit 4 gestielt. Die Fühler sind
borstenförmig oder schmal gekämmt. Die Vorderflügel haben meistens
schräge hellfarbige oder durchscheinende Binden. Die Hinterflügel
sind zuweilen im Mittelraum schwach oder unbestäubt, am Saum
hellpunctirt. Mehrere ähneln Heliconiern. . . IVricopina.
34\e Farn.: Die Raupen sind mit biischelig behaarten Warzen
besetzt, schnellfüssig und leben meistens an niedern Pflanzen. —
Rippe 5 entspringt dicht an 4. Der Kücken ist wollig behaart, der
Hinterleib hat obeu gewöhnlich 3 schwarze Fleckenreihen. Alle Flü¬
gel sind oft sehr schön gefärbt. Beim ? sind die Fühler meistens
auch fein gekämmt . Chclonina.
35*? Farn.: Die Raupen sind mit kurzen schwachen Haarbüscheln
besetzt oder nackt. — Die Fühler sind beim £ schmal gekämmt
oder gewimpert. Die Flügel sind bei einigen ziemlich schmal, bei
andern breit, die vordem sind oft mit Querreihen schwarzer oder
farbiger Puncte, mit Quer- oder Längsstreifen bezeichnet oder zeich¬
nungslos . Dejopciua.
36fc.e Farn.: Die schwach behaarten Raupen haben oft am ersten
Gliede lange Haarpinsel. — Rippe 5 entspringt zuweilen ziemlich
entfernt von Rippe 4, auch haben die Hinterflügel nicht selten nur
eine Inneurandsrippe. Der Körper ist ziemlich schwach, auf dem
Rücken oft punctirt. Die Flügel sind breit, meist dünn beschuppt.
Gestalt spannerartig . Nyctcnicrhia.
V. Gr.: Agaristiilac. Die Fühler sind borstenförmig, in der Mitte
oder gegen die Spitze etwas verdickt, selten schmal gekämmt.
37\e Farn. Die Raupen haben normale Füsse, sind schwach
behaart und verwandeln sich zum Theil ohne Gewrebe in der Erde
in eine bewegliche Puppe. — Die Vorderflügel haben eine freie
Hinterrandsrippe, die Hinterflügel 2 Innenrandsrippen und eine Haft¬
borste: Rippe 5 entspringt meistens von 4 entfernt. Spiralzunge
und Nebenaugen sind vorhanden. Die Schenkel sind dick behaart,
die Mittelschienen haben End-, die Hinterschienen Mittel- und End¬
spornen, Einige haben lang vorgestreckte Palpen. Die dicht be¬
schuppten Flügel sind oft schön gefärbt. Bei den meisten ist der
Halskragen farbig und der Hinterleib mit schwarzen Puncten oder
Gürteln bezeichnet . Agaristina.
VI. Gr.: (Jallidiiliriuc. Die Fühler sind gegen die Spitze etwas ver¬
dickt oder borstenförmig. Der Sauger ist spiral, Nebenaugen
fehlen.
38t.e Farn. Die Vorderfiiigel haben eine Hinterrandsrippe, dio
Hinterflügel haben 2 Innenrandsrippen, doch keine Ilaftborste. Rippe
14
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
5 entspringt in der Mitte zwischen 4 und 6, oder näher an 4. Die
Beine sind anliegend beschuppt, nur die Hinterschienen haben 2 Paar
kurze Spornen. — Durch den schwachen Körper, die breiten Flügel,
deren Zeichnung und Färbung sind sie den Eryciniden sehr ähnlich.
— Sie bewohnen den indischen Archipel. . . . (nllidulina.
VII. Gr.: Lithosidac. Die Raupen sind sparsam behaart, oft bunt
und leben besonders an Flechten, zur Verwandlung machen
sie ein leichtes Gewebe, worin die harte glatte Puppe ruht. —
Die Vorderflügel haben eine freie Hinterrandsrippe, die Hinter¬
flügel zwei Innenrandsrippen und eine Haftborste. Rippe 5
entspringt theils dicht an 4, theils in der Mitte zwischen 4
und 6, zuweilen fehlt sie. Die Fühler sind borstenförmig, ge-
wimpert oder schmal gekämmt. Der Sauger ist spiral, Neben¬
augen fehlen. Die Beine sind anliegend beschuppt.
39be Farn. Die Vorderrandsrippe der Hinterflügel entspringt
aus dem Vorderrand der Mittelzelle; zuweilen sind Rippe o -f- 4 ge¬
stielt. Die Vorderflügel sind meistens schwarz oder braun mit hell¬
farbigen Flecken oder Binden, die hintern mehr einfarbig, zuweilen
sind alle vorherrschend gelb. Zum Theil ist ihr Ansehen spanner¬
artig. ... . Josiina.
40*® Fam. Die Vorderrandsrippe der Hinterflüge] entspringt
aus dem Vorderrand der Mittelzelle. Die Vorderflügel sind meistens
einfarbig oder gefleckt. Oft sind alle Fügel sehr schwach bestäubt;
während der Ruhe sind sie über den Leib gelegt, die breiten Hinter¬
flügel gefaltet und übereinandergeschoben . Lithosina.
4D® Fam. Die Vorderrandsrippe der Hinterflügel entspringt
aus der Wurzel und schliesst sich anfangs eine Strecke der Mittel¬
zelle an. Die Vorderflügel haben oft über der Spitze der Mittel zelle
eine kleine Nebenzelle. Die Beine sind lang und kräftig. Der
Hinterleib ist meistens punktirt . Aganaina.
VIII. Gr.: Liparitlac. Die Raupen sind mehr oder weniger stark
behaart, oft mit dichten abgestutzten Bürsten über den Rücken
und pinselförmigen Haarbüscheln vorne, an den Seiten und hinten.
Die oft ziemlich weichen, beweglichen, zuweilen behaarten Pup¬
pen ruhen meistens in einem weichen filzigen, manchmal dop¬
pelten Gewebe.
42*® Fam. Die Vorderflügel haben eine einfache Hinterrands¬
rippe, die Hinterflügel 1 oder 2 Innenrandsrippen; sind 2 vorhanden,
so läuft die erste — la — in den Innenrand aus. Die Vorder¬
randsrippe entspringt aus der Wurzel und schliesst sich bald auf
eine kurze Strecke der Mittelzelle an. Auch haben sie eine Haft¬
borste. Rippe 6 und 7 entspringen aus einem Punct oder Stiel aus
der vordem Ecke der Mittelzelle. Rippe 5 bald nahe an 4 bald
davon entfernt. Bei einigen haben die Vorderflügel eine Nebenzelle.
Die Fühler sind beim $ gekerbt oder schmal gekämmt, beim <1 brei¬
ter; der Sauger ist kurz, Nebenaugen fehlen. Die Beine sind wollig
behaart, die vordem oft während der Ruhe vorgestreckt, wobei die
Carl Plötz: System (ler Schmetterlinge.
15
Flügel den Leib dachförmig bedecken. Gewöhnlich sind die Vorder-
fliigel mit geschwungenen zackigen und schattigen Querlinien be¬
zeichnet, seltener die Hinterflügel. Einige ?? haben um den After
einen starken Vorrath von Wolle zur Bedeckung der abgesetzten Eier,
andere sind fast flügellos . . Uparidiiia.
IX. Gr.: Ladineiilac. Die Raupen sind meistens gestreckt, weich und filzig
behaart, oft auch auf den ersten Gliedern mit Querwülsten oder
Haarpinseln versehen. Die etwas weiche, öfters grau bereifte
Puppe ruht meistens in einem — oft doppelten — Gewebe,
selten in der Erde. — Die Vorderflügel haben eine einfache
Hinterraudsrippe , keine Nebenzelle. Die Hinterflügel haben
2 freie Innenrandsrippen — selten nur eine — und eine
Wurzelzelle, doch keine Haftborste. Rippe 2 entspringt nahe
an der Wurzel, Rippe 4 und 5 entspringen aus einem Punct
oder Stiel. Die Mittelzelle ist oft sehr kurz. Die Fühler sind
in der Regel bei beiden Geschlechtern — beim $ breiter —
gekämmt, bisweilen mit gekerbter Spitze. Der Sauger ist kurz,
Nebenaugen fehlen. Die Beine sind kurz und wie der plumpe
Körper dicht wollig behaart. Das ? ist nicht selten mit After¬
wolle versehen. — Die Vorderflügel sind gewöhnlich mit we¬
nigen geschwungenen Querstreifen und einem Mittelmöndchen
bezeichnet. Während der Ruhe bedecken die Flügel den Leib
dachförmig; breite Hinterflügel treten mit ihrem Vorderrand
den Vorderflügeln vor.
43*® Farn.: Die Hinterflügel haben eine kleine schmale Wurzel¬
zelle und eine sehr schwache Wurzelrippe. . . [iasiocampiua.
44*.e Dam. Die Hinterflügel haben eine sehr grosse Wurzel¬
zelle, aus der oft noch kurze Rippenäste gegen den Vorderrand ver¬
laufen. Die ?? haben niemals Afterwolle . Eiitrichiua.
X. Gr.: Emlroiniriac. Die Raupe hat starke Bauchfiisse, ist nackt,
grün mit blassen von oben nach hinten gerichteten schrägen
Seitenstreifen und hat auf dem 114®“ Gliede einen spitzen
Höcker. Die harte glanzlose Puppe ruht in der Erde.
45*® Farn.: Die Vorderflügel haben 11 Rippen, ihre Hinterrands¬
rippe ist einfach. Die Hinterflügel haben 8 Rippen, dabei nur eine
Innenrandsrippe. Diese ist nächst der Wurzel durch eine schräge
Querrippe mit der Mittelrippe verbunden. Eine Haftborste fehlt.
Rippe 4 und 5 entspringen in allen Flügeln aus einem Punct. Der
Kopf ist zurückgezogen, die Fühler sind schmal gekämmt, der Sau¬
ger ist sehr kurz, Nebenaugen fehlen. Rücken und Hinterleib sind
langhaarig . Einlromiiia.
XI. Gr.: Ilombyciilae Die Raupen sind 1 6 fiissig, nackt, oft mit einem
Schwanzhorn oder Höcker auf dem 11*®“ Gliede, mit glatten
oder knotigen Dornen, oder mit hohen stachlig behaarten War¬
zen besetzt. — Die Vorderflügel haben 10 Rippon: eine freie
Hinterrandsrippe. Die hintern haben 8 Rippen, eine freie
Innenrandsrippe, keine Haftborste. Rippe 5 entspringt in
16
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
allen Flügeln entfernt von 4, (loch selten mit 6 ans einem
Punct oder gestielt. Del’ Kopf ist klein, der Sauger kurz oder
fehlt. Nebenaugen fehlen.
46*® Farn.: Die Raupen haben einen kleinen Kopf, sind meistens
am 2*®n und 3*®n Gliede verdickt und haben auf dem 1 1 *®n Gliede
ein Schwanzhorn. Zur Verwandlung fertigen sie einen von lockerem
Gewebe umgebenen seidenen Cocon, worin die stumpfe etwas weiche
Puppe ruht. — Die Fühler sind bis — oder nahe — an die Spitze
gekämmt. Die Vorderflügel sind meistens unter der Spitze etwas
ausgeschnitten, haben auf der Querrippe ein Möndchen und sind mit
einigen Querlinien und Binden bezeichnet oder zeichnungslos. Die
Hinterflügel sind gewöhnlich den vordem ähnlich, doch weniger be¬
zeichnet und am Innenrande gefleckt. .... Ilomlmiua.
47te Farn.: Die Raupen sind mit kurz behaarten Fleisch warzen
oder mit Dornen besetzt; einige machen zur Verwandlung einen Cocon,
andere gehen in die Erde und werden darin zur harten Puppe. —
Die Fühler sind meistens beim ? gekerbt, beim g oft nur an der
Wurzelhälfte gekämmt und dann bis zur Spitze gekerbt. Der Körper
ist stark behaart . Ccratocampiiia.
XII. Gr.: Pavoimlac. Die Raupen haben normale kräftige Füsse, sind
nackt oder nur wenig und kurz behaart und mindestens in der
.Tugend mit behaarten Warzen oder mit struppigen oder ästi¬
gen Dornen besetzt. Zur Verwandlung fertigen sie theils einen
seidenen, theils einen geleimten Cocon an. Die Puppe hat
stark ausgeprägte Glieder und ist etwas weich. — Die Vorders
flügel haben 10 Rippen, die Hinterrandsrippe ist wurzelwärt-
gegabelt. Die Hinterflügel haben eine freie an oder neben
dem Innenrand hinziehende, 7 weitere und an der Wurzel noch
eine sehr kurze Rippe, doch keine Haftborste. Rippe 5 ent¬
springt entfernt von 4. Die Fühler sind in der Regel dop¬
pelt gekämmt, beim $ zuweilen sehr breit, doch beim ? oft
nur gekerbt. Palpen und Sauger sind sehr kurz, Nebenaugen
fehlen. Der Kopf ist klein und zurückgezogen, der Körper
im Verhältniss zu den grossen Flügeln meistens klein. Der
Saum der Vorderflügel ist gewöhnlich geschweift. Die Hinter¬
flügel sind gerundet doch auch geeckt und sogar lang ge¬
schwänzt. Die Zellenschlussrippe ist fast stets mit einem
Spiegelfleck bezeichnet, seltener auch die Spitze der Vorder¬
flügel. Selten sind die Hinterflügel zeichnungslos. — Wäh¬
rend der Ruhe sind die Flügel gewöhnlich erhoben.
48*® Farn.: Rippe 5 der Vorderflügel entspringt aus der Schluss¬
rippe der Mittelzelle . *. . . . Automcriria.
49*.® Farn.: Rippe 5 der Vorderflügel entspringt aus dem vordem
Winkel der Mittelzelle . Salarm'iia
XIII. Gr.: l’crophoritlac. Die Raupen haben 16 Füsse, sind nackt
oder wenig behaart und bewohnen ein festes schotenförmiges
Gehäuse oder ein zwischen Blättern angelegtes Nest, welches
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
17
sie nur zur Aesung verlassen und worin sie auch später zu
hartschaligen, zuweilen blaubereiften Puppen werden.
50*® Farn. Die Vorderflügel haben eine freie Hinterrandsrippe,
keine Nebenzelle; die Hinterflügel eine Innenrandsrippe, keine Haft¬
borste. Rippe 5 entspringt in allen Flügeln in der Mitte zwischen
4 und G. Die Fühler sind beim ? sehr schmal gekämmt, beim g
breiter mit gekerbter Spitze. Sauger und Palpen sind sehr kurz.
Die Gestalt ist plump, die Vorderflügel sind beim g meistens mehr
sichelförmig, in der Mitte stehen gewöhnlich 1 — 2 dunkele, oft glas¬
hell gekernte Ringe oder ein grauer ohrförmiger Fleck und saum-
wärts ein gegen die Spitze scharf gebrochener Streif, der auch wohl
in die Spitze ausläuft. Die Hinterflügel sind ähnlich gezeichnet.
Pcrophoriiia.
XIV. Gr.: l'odilioporiac. Die Raupen haben einen kleinen einzieh¬
baren Kopf, kurze Brustfüsse und keine Bauchfüsse, doch statt
dieser klebrige Wülste, vermittelst derer sie sich den Schnecken
gleich fortbewegen. Nur wenige haben die gewöhnliche Zahl
oder — nach Sepp — sogar 14, nur weniger vollkommene
Bauchfüsse. Sie leben frei und fertigen zur Verwandlung ein
den Blattwespen-Tönnchen ähnliches Gewebe an, von dem eben¬
falls beim Ausschlüpfen des Schmetterlings ein Deckel abge¬
sprengt wird. Die Puppen sind weichschalig mit stark aus¬
geprägten, fast freien Gliedern, sie bedürfen nur kurze Zeit
zur Entwickelung, während die Raupen lange unverwandelt im
Cocon ruhen. — Nebenaugen, Spiralzunge und Haftborste
haben die Schmetterlinge nicht.
51*® Farn. Die Raijpen sind stark zottig behaart. Alle Flügel
haben eine freie Inneurandsrippe und zuweilen noch eine falsche
Rippe zwischen dieser und Rippe 2. Rippe 5 entspringt entfernt
von 4. Die Fühler sind schmal gekämmt, beim ? oft nur gekerbt.
Der kleine Kopf ist eingezogen, der Hinterleib meistens oben gelb
oder roth, mit dunkeln Querflecken oder Gürteln, der ganze Körper
haarig. Die Gestalt ist ansehnlich, deu Eutrichen ähnlich.
Phricodina.
52*? Farn. Die Raupen sind langhaarig oder dickzottig, sie
haben vom 5ten bis lOten und am letzten Gliede schwache Bauch¬
füsse. Die Vorderflügel haben 2 Hinterrandsrippen, deren erste oft
noch einige Zweige gegen den Hinterrand sendet, Rippe 5 entspringt
nahe an 4. Die Hinterflügel haben 2 freie Innenrandsrippen. Bei
den g treten Kopf und Brust stark vor. Die Gestalt ist plump und
bei einigen der von Cerura Vinula ähnlich. .Hcgalopygina.
53*? Farn. Die Raupen haben keine Bauchfüsse, sind in der
Regel kurz und breit, mit Warzen oder Fleischzapfcn besetzt, selten
behaart. Die Vorderflügel haben in der Regel 2 freie Hinterrands¬
rippen, ebenso die Hinterflügel. Rippe 5 entspringt meistens näher
an 4 wie an G. Die Fühler sind borstenförmig, beim g oft gekämmt
mit nackter Spitze. — Die Gestalt ist mittel bis klein, doch kräftig.
Limacodina.
18
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
XV. Gr.: Cymbidae. Die Raupen haben alle 16 Füsse oder es fehlt
ihnen das erste Paar Bauchfüsse, sie sind theils nackt, theils
schwach oder massig stark behaart und leben meistens frei.
Zur Verwandlung fertigen sie in der Regel ein papierartiges
kahnförmiges Gewebe mit einem dichtgeschlossenen Spalt am
Kopfende. — Die Vorderflügel haben eine freie wurzelwärts
gegabelte Hinterrandsrippe, keine Anhangzolle; die Hiuterflügol
haben 2 Innenrandsrippen, deren erste dicht am Innenrande
hinzieht, und eine Haftborste; die Vorderrandsrippe kommt
meistens aus dem Vorderrand der Mittelzelle. Die Fühler sind
fadenförmig, beim $ oft gewimpert. Nicht alle haben Neben¬
augen und eine Spiral zunge.
Farn. Die Raupen haben alle Füsse und strecken die des
Bauches gewöhnlich etwas aus. Einige verpuppen sich ohne Gespinnst
frei, nur am Hintertheil und mit einer Schlinge um den Leib, oder
auch ohne diese, befestigt. Rippe 5 entspringt näher an 4 wie an
6 oder fehlt. Der Hinterleib hat am Anfänge Seitentaschen aber
keine Schuppenhöcker. Meistens sind die Vorderflügel scharf gespitzt.
Nycteoliiia.
55*e Farn. Die Raupen haben selten alle Bauchfüsse, meistens
fehlt das erste Paar, zuweilen ist auch das zweite Paar verkürzt; sie
sind in der Regel etwas breit, mit behaarten Warzen besetzt und
träge. — Gewöhnlich sind die* Flügel breit, die vordem mit gerun¬
deter Spitze und grauen wellenförmig-zackigen Querzeichnungen. Die
Rippen sind oft mangelhaft. Der Sauger ist spiral. Die Gestalt ist
klein, den Scoparien ähnlich . Nolina.
XVI. Gr.: Krcphidac. Die Raupen sind nackt, schlank, die ersten
zwei oder drei Paar Bauchfüsse sind verkümmert, zum An¬
klammern untauglich, der Gang ist desshalb spannerartig. Zur
Verwandlung machen sie ein schwaches Gewebe oder bohren
sich in morsches Holz ein. Die Puppen sind etwas gestreckt
und hartschalig.
56be Farn. Die Vorderflügel haben 11 Rippen, ihre Hinter¬
randsrippe ist wurzelwärts gegabelt, keine Anhangzelle. Die Hinter¬
flügel haben 2 Innenrandsrippen, und eine Haftborste; Rippe 3+4
entspringen aus einem Punct, 6 + 7 gestielt aus der vordem Ecke
der Mittelzelle. Rippe 5 entspringt in der Mitte zwischen 4 und 6.
Die Fühler sind beim ? fadenförmig, beim $ gekerbt oder
schmal kammzälmig. Der Sauger ist spiral. Nebenaugen fehlen.
Die Sehenkel sind langhaarig. Die Oberseite der Vorderflügel ist
mit staubigen schattigen Binden bezeichnet; die Hintergügel sind
rothgelb oder weiss und schwarz bandirt. Das Ansehen ist catocalen-
artig. Flug bei Tage . Ilrephina.
XVII. Gr.: Drcpauulidae. Die Raupen haben nur 4 Paar Bauch¬
füsse, da das letzte Paar — die Nachschieber — zu einer mehr oder
weniger langen Spitze umgestaltet ist, welche so wie der vor¬
dere Körpertheil während der Ruhe gehoben wird. Sie sind
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
19
nackt oder sparsam behaart, auf den ersten Gliedern mit Höckern.
Zur Verwandlung machen sie ein einfaches Gewebe, worin die
harte, meistens gespitzte, oft bereifte Puppe ruht. — Die
Vorderflügel haben eine freie Hinterrandsrippe und eine Anhang¬
zelle, woraus die Rippen 7 — 10 entspringen. Die Hinterflügel
haben 1 oder 2 freie Innenrandsrippen, Rippe 6 und 7 ge¬
sondert und die Vorderrandsrippe aus der Wurzel entspringend.
Kippe 5 entspringt entfernt von 4. Die Fühler sind doppelt
gekämmt, beim V schmäler oder nur gekerbt. Der Sauger ist
spiral, Nebenaugen fehlen. Die Schenkel sind langhaarig. —
Die Flügel sind breit, das Ansehen ist spannerartig.
57*® Farn. Die Hinterrandsrippe der Vorderflügel ist wurzel-
wärts gegabelt, die Hinterflügel haben eine Haftborste. Die Vorder¬
flügel sind am Fransensaum oft sichelförmig geschweift.
Drcpaiiulina.
58V Farn. Die Hinterrandsrippe ist einfach. Keine Haftborste.
Cilicina.
XVIII. Gr.: ^oforionlidac. Die Raupen haben oft nur 4 Paar nor¬
male Bauchfüsse, da das letzte Paar nicht selten verkümmert
oder zu verlängerten Spitzen umgeformt ist. Sie sind tlieils
nackt, tlieils behaart, oft höckerig oder mit Fleischspitzen be¬
setzt und leben sowohl frei wie wicklerartig zwischen Blättern;
zur Verwandlung machen sie ein einfaches Gewebe oder gehen
in die Erde. Die Puppen sind hart und glatt. — Die Vorder¬
flügel haben eine vollkommene freie Hinterrandsrippe uud nicht
selten noch eine kurze sehr schwache. Die Hinterflügel haben
1 — 2 Innenrandsrippen und eine Haftborste, Rippe 6+7 ent¬
springen gestielt aus der vordem Ecke der Mittelzelle, die
Vorderrandsrippe aus der Wurzel, doch oft eine Strecke mit
der Mittelzelle vereint. Rippe 5 entspringt entfernt von 4.
Die Fühler sind borstenförmig oder gekämmt, oft mit nackter
Spitze. Der Sauger ist kurz. Die Schenkel sind langhaarig.
Der Rücken hat oft einen starken Schopf.
59V Fam. Einige Raupen haben spinnenartig verlängerte
Krallenfiisse, viele sitzen in der Ruhe mit gehobenem Vorder- und
Hintertheil. — Die Vorderflügel haben eine Anhangzelle und oft am
Hinterrande einen Haarzahn. Einige haben Nebenaugen.
Notodontina.
60te Fam. Die Vorderflügel haben keine Anhangzelle, selten
einen Haarzahn. Nebenaugen fehlen . Pygaerina.
F. Noctuiriae. Die ersten beiden Paare der Bauchfüsse sind bei den
Raupen zuweilen verkümmert oder fehlen, doch die letzten drei
Paare sind stets normal. Meistens sind die Raupen nackt oder
nur sparsam behaart und ohne besondere körperliche Auszeich¬
nungen; in der Lebensweise sind sie sehr verschieden, zur Ver¬
puppung machen sie ein einfaches Gewebe oder gehen in die
Erde. — Die Puppen sind meistens etwas gestreckt, liart-
2*
20
Carl Plölz: System der Schmetterlinge.
schalig, glatt, am Hinterleibsende mit Borsten oder einer Spitze,
und oft grau bereift. — Die Vorderfliigel haben eine freie
Hinterrandsrippe und meistens eine Nebenzelle, die Hinter-
titigel haben 2 Innenrandsrippen — deren erste in den
Hinterwinkel ausläuft — und eine Haftborste; die Vorder¬
randsrippe entspringt aus der Wurzel. Rippe 5 entspringt
näher an 4 wie an 6. Die Fühler sind borstenförmig, beim
$ öfter gewimpert, selten gekämmt. Fast alle haben Neben¬
augen und eine Spiralzunge. Die Mittel- und Hinterschienen
sind meistens stark gespornt. Der Hinterleib hat am Anfang
an den Seiten Basaltaschen, der Rücken oft Schuppenschöpfe.
— Die typische Zeichnung der Vorderflügel besteht aus 2
Querlinien, welche ein Mittelfeld begrenzen, und einer meistens
wellenförmigen Linie vor dem Saum. Im Mittelfelde auf der
Schlussrippe steht die grosse nierenförmige, wurzelwärts die
kleine runde und in Zelle lb die längliche Zapfen-Makel. Sehr
oft fehlt diese Zeichnung theilweise oder ganz, am meisten die
Zapfenmakel.
I. Gr.: Hetcropterae. Die Hinterflügel sind von den vordem in
Zeichnung uud Färbung verschieden, nur bei manchen zeich¬
nungslosen und einfarbigen Arten gleichen sie sich. Die ty¬
pische Eulenzeichnung kommt besonders zur Geltung.
61*? Farn. Rippe 6 der Hinterflügel entspringt aus der vordem
Ecke der Mittelzelle, Rippe 7 aus deren Vorderrand. Die Neben¬
augen sind sehr klein. — Die Raupen haben normale Fiisse, nur
das letzte Paar ist selten wenig schwächer; sie sind nackt und
meistens glatt, leben frei oder zwischen Blättern und sind dann etwas
breit . Cymatophorina.
62*? Farn.: Die Raupen haben normale Fiisse, sind mehr oder
weniger stark, oft eigentümlich oder den Spinnerraupen ähnlich be¬
haart und meistens baut gefleckt oder gestreift, zuweilen mit Höcker
oder Fleischzapfen. Zur Verwandlung machen sie zum Tlieil ein
ziemlich festes Gewebe. — Rippe 6 -f- 7 der Hinterflügel entspringen
aus der vordem Ecke der Mittelzelle aus einem Punct. Die Beine
sind haarig, schwach gespornt. Rücken und Hinterleib haben oft
Schöpfchen. Gewöhnlich sind die Vorderflügel typisch gezeichnet,
zuweilen jedoch auch ohne deren Andeutung. Die Hinterflügel sind
weiss oder grauschattig . Itonibycoidina.
a. Die glatten, meistens buntgefleckten Raupen sind mit War¬
zen besetzt, deren jede ein kurzes, starres Haar trägt; sie leben an
Flechten. Rücken und Hinterleib des Schmetterlings sind statt der
Haare ganz mit flachen Schuppen bedeckt. Die Fühler sind borsten¬
förmig . Bryophilina.
b. Die Raupen ähneln in Gestalt, Behaarung und Zeichnung
vielfach den Spinnerraupen. — Die Fühler der $ sind kurz gewim¬
pert oder schmal gekämmt. — Den Gattungen Diloba und Semyra
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
21
fehlen die Nebenaugen. Nur wenige haben ein spinnerähnliches
Ansehen . Acroiiyctina.
Go1;0 Fam.: Die Baupen sind vorherrschend 16füssig, wenigen
fehlt das erste Paar Bauchfüsse oder ist nebst dem nächsten Paare
verkürzt; sie sind fast alle nackt und glatt, nur einige sind etwas
höckerig oder behaart, Zur Verwandlung machen sie ein leichtes
Gewebe oder gehen in die Erde. — Rippe 6 + 7 der Hinterflügel
entspringen aus einem Punct au der vordem Ecke der Mittelzelle.
Alle haben Nebenaugen . Ücntiiiiac.
c. Die Baupen sind nackt, glatt, bleich mit Längslinien und
leben vorzugsweise im Schilf, im Bohr oder an Gräsern. — Die
Puppen sind gestreckt. — Die Fühler sind borstenförmig, die Schie¬
nen wollig behaart. Der Rücken ist glatt. Die VorderfUigel sind
selten typisch gezeichnet, meistens gleichen sie trocknem Schilf, die
hintern sind grau oder weiss . Lciieaniiia.
d. Die Raupen sind nackt, walzenförmig und leben in Meer-
zwiebelge wachsen. — Die Fühler sind borstenförmig, der Bücken ist
wollig behaart, der walzenförmige Hinterleib hat zuweilen kleine
Schöpfe. Die Vorderflügel sind theils typisch gezeichnet und bunt,
theils fast ganz weiss oder grau. Die Hinterflügel sind grau oder
weiss . («lottiilina.
e. Den Baupen fehlt zuweilen das erste Paar Bauchfüsse, sie
sind schlank, nackt, grün mit Längsstreifen und leben zum Tlieil
wicklerartig. Die Fühler des $ sind selten schmal gekämmt. Die
Vorderflügel sind meistens geeckt, die typische Zeichnung ist tlieil-
weise oder ganz unterdrückt. Die Hinterflügel sind grau oder gelb¬
lich . (lonoptcriciua.
f. Die Baupen sind selten schwach behaart und leben theil-
weise wicklerartig. — Die Fühler des g sind gekerbt oder schmal
gekämmt. Die Vorderschienen haben keinen Dorn. Der Bücken ist
wollig behaart und wie der Hinterleib unbeschopft. Die Quer¬
linien der Vorderflügel sind geschwungen oder linear, kaum gezackt.
Orthosiina.
g. Die Raupen sind mit ‘kleinen kurzbehaarten Warzen besetzt
und leben frei an niederen Pflanzen. — Die Fühler des $ sind
kaum gewimpert, Rücken und Hinterleib sind unbeschopft. Die
Vorderflügel sind matt, staubig mit kleinen Makeln und wellen¬
förmigen Querlinien. Die Hinterflügel sind weisslich.
Caradrinina.
h. Die Baupen sind nackt, glatt oder mit einem Höcker auf
dem 1 1+ Gliede und leben frei. — Die Fühler sind borstenförmig,
Rücken und Hinterleib sind glatt behaart, letzterer etwas flach. Die
Vorderflügel haben einen Speckglanz, sind verduuckelt oder mit sehr
zackigen Querlinien bezeichnet. Die Hinterflügel grau oder kupfer-
roth . Aniphipyriiia.
i. Die nackten Baupen leben meistens bei Tage verborgen an
niedrigen Pflanzen. — Die Fühler der g $ sind oft büschelig bewim-
22
Carl Platz: System der Schnutlerlinyc.
pert. Der Hinterleib ist glatt behaart, oft flach. Die Vorderflügel
sind meistens typisch gezeichnet, die Hinterflügel sind zuweilen roth-
gelb mit schwarzem Saum, Rippe 5 ist oft schwächer. Nocturna.
k. Die bekannten Raupen sind glatt mit winkeliger Rücken¬
zeichnung, sie leben an Farne. Die Fühler sind borstenförmig,
zuweilen geknickt, die Beine beim $ stark behaart. Die Vorder¬
flügel sind zierlich gezeichnet und zuweilen am Saum schwach ge¬
eckt. Der Rücken ist gewölbt, der Hinterleib hat oben eine Reihe
Schöpfchen . Kriopodina.
l. Die nackten Raupen leben zum Theil in Pflanzenstengeln oder
Samenkapseln, meistens versteckt. — Die Fühler sind beim £ oft
gewimpert, die Beine sind kräftig. Der Rücken ist grob behaart
und so wie der Hinterleib beschopft. Die Vorderflügel sind meistens
typisch gezeichnet und bildet die Saumlinie in der Mitte ein ^ oder
>: . Die Hinterflügel sind gewöhnlich grau. . . . Hadcniiia.
m. Die meistens gestreckten nackten Raupen leben frei. — Die
Fühler sind borstenförmig, der fast viereckige Rücken hat einen ge¬
teilten Vorder- und gestutzten Hinterschopf. Die Beine sind dick¬
wollig behaart. Die ziemlich schmalen, fast gleichbreiten Vorder¬
flügel haben eine splitterartige, vermodertem Holze ähnliche Zeich¬
nung . . Xyliniiua.
n. Die freilebenden Raupen sind nackt. — Die Puppen haben
verlängerte Fussscheiden, sie ruhen in einem kleinen pergamentartigen
Cocon. — Die Fühler sind selten gewimpert. Der Rücken ist nach
hinten beschopft, der Halskragen meistens kapuzenförmig. Der
Leib ist kurz. Die Vorderflügel am Saume breit, die Fransen sind
gescheckt . Clcophanina.
o. Die Raupen sind unbehaart, sehr selten etwas knorrig oder
mit Fleischspitzen, sie leben an den Blüthen niederer Pflanzen und
verwandeln sich in einem mit Erde vermischten festen Gewebe zur
gestreckten Puppe mit langen Fussscheiden. — Der Halskragen
bildet eine nach vorne gerichtete Kapuze. Die Vorderflügel sind
gestreckt . Ciiciilliina.
p. Die bekannte Raupe ist walzenförmig, grün mit braunem
Nackenschilde; sie lebt an Pistacie und Sumacli. -- Die Fühler sind
beim $ zuweilen zur Hälfte schmal gekämmt. Der Halskragen ist
sehr breit, der Hinterleib hat meistens 2 Reihen Schöpfchen. Die
Flügel sind zart beschuppt, die vordem zierlich bezeichnet, die hin¬
tern grau mit weisser Wurzel . Eurhipiina.
q. Die Raupen sind sparsam behaart oder nackt und leben
meistens von Blüthen. — Die Stirne ist blasenförmig aufgetrieben.
Die Beine sind kurz, wollig behaart, die Vorderschienen oft mit
krummen Dornen. Der Körper ist haarig, der Rücken ohne Schöpfe.
Die Vorderflügel sind oft schön gefärbt, die Hinterflügel meistens
schwarz oder grau mit rothgelber oder weisser Mitte, oft auch ein¬
farbig schwarz oder weiss. — Bei Xanthodes haben die Vorderflügel
Car 1 Plütz: System der Schmetterlinge.
23
keine Anhangzelle und den Raupen fehlen zuweilen die ersten 4
Bauchfüsse. — Der Flug ist bei Tage . Ileliothina.
r. Die Raupen haben oft nur 6 Bauchfüsse, sie sind nackt und
glatt oder haben geringe Rückenhöcker. — Die Fühler sind borsten-
förmig, der Rücken ist nur hinten beschopft, die Beine sind anliegend
beschuppt. Die Vorderflügel sind meistens typisch, weiss und grau,
bezeichnet mit unterbrochen gefleckten Fransen; die Hinterflügel
weiss und grau . Acontiina.
s. Die Fühler sind borstenförmig, die Schienen langgespornt,
Rücken und Hinterleib glatt behaart. Die Vorderflügel sind dunkel¬
farbig mit graden oder winkeligen Querlinien, die Hinterflügel schwarz
mit rotligelber Binde oder rothen Flecken. Die Gestalt ist plump.
Ilyblacina.
t. Die nackten oder schwach behaarten Raupen haben normale
Füsse. — Die Fühler sind borstenförmig, der Rücken ist wollig be¬
haart. Die Vorderflügel sind mit Querlinien, selten typisch bezeich¬
net, am Saum matt mit einer dunkeln Linie oder Punctreihe, am
Hinterrande oft mit einem augenförmigen Fleck. Einige ähnliche
Flecken stehen meistens am Saum der Hinterflügel. Dyopsina.
u. Die Raupen sind löfüssig, nackt und glatt. — Die Fühler
des £ sind meistens kurz gewimpert. Die Palpen sind aufwärts ge¬
krümmt. Der Rücken hat einen breiten nach hinten sattelförmig
erhobenen Schopf. Die Flügel sind zart beschuppt, schimmernd, die
vordem mit zierlicher typischer Zeichnung. Die Hinterflügel sind
grauschattig . Placo d ina .
v. Die Raupen sind 12, selten löfüssig, nach vorne verdünnt.
Die etwas weiche, meistens mit verlängerten Fussscheiden versehene
Puppe ruht in einem dünnen, oft coconähnlichen Gewebe. — Die Füh¬
ler sind borstenförmig, Rücken und Hinterleib in der Regel stark
beschopft. Die Vorderflügel sind meistens metallisch glänzend be¬
zeichnet, die Hinterflügel grau oder rothgelb mit schwarzem Saum.
i’liisiina.
w. Die Raupen sind 14 oder löfüssig. Das Gewebe ist mit
Pflanzentheilen vermischt. Einige Puppen haben verlängerte Fuss-
scheideu. — Die Fühler des $ sind selten schmal gekämmt, der Rücken
ist gewölbt. Die Vorderflügel haben in der Regel am Hinterwinkel
einen starken Zahn, oft auch einen Lappen am Hinterrande, die hin¬
tern siud grau oder rothgelb mit schwarzem Saum, oft vorherrschend
schwarz . Calpina.
x. Die Fühler sind borstenförmig, selten gewimpert, die Palpen
vor der Stirne erhoben mit nacktem vorstehendem Endgliede. Der
Rüeken ist gewölbt. Die Vorderflügel sind nicht typisch bezeichnet,
sie sind meistens scharf gespitzt, manchmal mit einem Zahn am
Hinterwinkel und einem Lappen am Hinterrand. Die Gestalt ist
gross, meist kräftig . Op hi der ina.
y. Die Raupen haben 12 bis lö Füsse, bei den IGfüssigen
sind oft die ersten beiden Paare der Bauchfüsse verkürzt; einige sind
24
Carl P/ötz: System der Schmetterlinge.
unten flach und an den Seiten kurz gefranst, sie machen ein schwaches
Gewebe, worin sie sich in harte, gestreckte, theils glänzende, theils
blaubereifte Puppen verwandeln. — Alle Flügel sind in der Regel
ziemlich breit, die vordem theils mit typischer — oft sehr verzoge¬
ner — theils mit abweichender Zeichnung, die hintern sind nicht
selten recht schön gefärbt ; bei Euclidia, Exophila, Dicbagyris, Eccrita
und Toxocampa entspringt Rippe 5 aus •§ der Querrippe. Die Mittel¬
zelle ist kurz. Selten sind die Fühler schmal gekämmt.
Ophiiisina.
II. Gr.: Nodiiophalaetmlac. Die Schmetterlinge sind klein bis mittel¬
gross, die Hinterflügel sind nicht selten den vordem ähnlich
gezeichnet und gefärbt. Vorherrschend ist eine abweichende
Zeichnung. Oft fehlt den Vorderflügeln die Anhangzelle,
z. Die Raupen haben theils 16 normale Füsse, theils sind die
ersten beiden Paar Bauchfüsse verkürzt oder fehlen; sie sind nackt,
schlank und längsstreifig grün. Die glänzenden Puppen sind kurz.
— Die Fühler sind borstenförmig, Rücken und Hinterleib sind oft
beschopft. Die Vorderflügel sind meistens fast dreieckig, typisch
gezeichnet, die hintern grau . Erastriina.
aa. Die Raupen sind 12 fiissig, ziemlich kurz, nackt, schwach
behaart oder mit Warzen besetzt und leben theils wicklerartig. Die
Puppen sind glatt. — Die Fühler sind selten kurz gewimpert.
Rücken und Hinterleib sind unbeschopft. Die Vorderflügel sind
meistens abweichend gezeichnet, die Hinterflügel ihnen zuweilen ähn¬
lich, doch gewöhnlich grau oder weiss. — Bei Thalpocharis , Micro-
physa, Leptosia und Glaphyra fehlt die Anhangzelle.
Anthophilina.
bb. Die Raupen haben 12 bis 16 Füsse, sie sind gestreckt und
glatt. Die Puppen haben zuweilen verlängerte Fussscheiden. — Die
Fühler sind oft fein gewimpert. Rücken und Hinterleib sind glatt
oder schwach beschopft. Die Vorderflügel haben zum Theil nur
Andeutungen typischer Zeichnung, die Hinterflügel sind grau oder
auf der Mitte ockergelb . lianuomsiina.
III. Gr.: DeUoiriae. Die Fühler sind ziemlich lang, borstenförmig,
selten gekämmt, zuweilen mit einem Knoten auf der Mitte.
Die Palpen sind meistens ausgezeichnet lang, theils messer-
oder sichelförmig aufgekrümmt, theils weit über den Rücken
zurückgebogen, bisweilen buschig behaart, oft bei $ und $
verschieden. Bei einigen Arten sind die Vorderbeine durch
besondere Länge und eigenthümliche Behaarung ausgezeichnet.
Die Mittel- und Hinterschienen sind meistens langgespornt.
Die Vorderflügel sind theils typisch, theils abweichend gezeich¬
net, nicht selten gleichen ihnen die Hinterflügel; oft fehlt die
Anhangzelle. Selten fehlen die Nebenaugen. — Die Raupen
haben 12 bis 16 Füsse und sind meistens sparsam mit kurzen
Haaren besetzt. — Die Schmetterlinge haben grösstentheils
ein zünslerartiges Ansehen.
Carl Platz: System der Schmetterlinge.
25
cc. Die bekannten Raupen sind 14füssig, schlank, grün und leben
frei an der Unterseite der Blätter. — Die Fühler sind zuweilen
beim gewimpert oder gekämmt. Rücken und Hinterleib haben oft
Schöpfchen. — Die Vorderflügel ohne Anhangzelle sind oft mit einem
Schrägstrich in der Spitze bezeichnet, die hintern meistens grau.
Ilypcnina.
dd. Die Raupen sind 12 — 16 füssig ; bei einigen sind die kur¬
zen Härchen gekrümmt. — Die Fühler sind beim $ oft gewimpert.
Nebenaugen sind deutlich. Rücken nnd Hinterleib sind wollig be¬
haart. Die Vorderflügel haben meistens eine Anhangzelle, ihre oft
typische Zeichnung setzt sich nicht selten auf den Hinterflügeln fort.
Hcrmiiiiiua.
ee. Die Fühler sind borstenförmig und laug. Die Palpen min¬
destens in Kopflänge vorgestreckt. Rücken und Hinterleib haben
keine Schöpfe. Die Vorderflügel sind am Saum meistens geeckt,
busig oder wellig, theils haben sie eine Anhangzelle, theils fehlt sie,
oft sind die Hinterflügel in Zeichnung und Farbe fast gleich. Rippe
5 der letzteren entspringt mitunter etwas entfernt von 4.
Platyiliina.
IV. Gr.: Psctidodclloidac. Die Fühler sind borstenförmig, beim $
gewimpert. Die Palpen stehen aufgekrümmt vor. Der Rücken
ist gewölbt und so wie der Hinterleib glatt beschuppt. Die
Flügel sind breit, stumpf oder geeckt, die vordem mit oder
ohne Makeln, meistens gewässert oder mit Binden, die sich
zuweilen auf den Hinterflügeln fortsetzen. Die Gestalt ist
mittel. — Die Raupen haben 16 Fiisse, doch ist das erste
Paar Bauchfiisse oft verkürzt, sie sind nackt und glatt, grau
oder grün mit Längsstreifen. Die Puppen sind etwas gestreckt,
glänzend oder mehlig bestäubt und ruhen im leichten Gewebe
über der Erde.
ff. Die Vorderflügel sind staubig wässerig gezeichnet, meistens
vor dem Saum mit einer dunkleren Binde und dunklerer Nierenmakel.
Die Hinterflügel sind etwas lichter, gegen den Saum dunkel. Die
Fransen sind breit. Oft ist der Halskragen dunkelbraun.
Toxocampiua.
gg. Alle Flügel sind auf Rippe 4 geeckt, die vordem und oft
auch die hintern mit geschwungenen oder winkeligen schattigen Quer¬
bändern bezeichnet, so dass sie einigen Ennomosarten gleichen.
Vocilliiia.
hh. Die Fühler sind bei den $ zuweilen von der Wurzel aus
eine Strecke breit gewimpert, dann bis zur Spitze nackt. Die Pal¬
pen sind breit beilförmig beschuppt. Die Vorderflügel sind gegen
die Spitze gestreckt, am Saum oft geeckt, letzteres sind auch die
Hinterflügel meistens. Die Zeichnung der Vorderflügel ist schattig,
die der Hinterflügel oft ähnlich . Anipliigoiiiina.
ii. Die Fühler der $ sind selten schmal gekämmt. Die Palpen
sind lang und dünn. Gewöhnlich sind alle Flügel gleich gefärbt
26
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
und mit mehr oder weniger Querlinien ähnlich bezeichnet, bei den
vordem ist der Saum gerundet oder geschweift, bei den hintern ge¬
rundet oder stumpfeckig . Tlicrinesiina.
V. Gr. : Ifomoplmriae. Alle Flügel sind fast stets gleich gefärbt
und beinahe gleich gezeichnet, doch fehlen den hinteren in der
Kegel die Makeln, welche auf den vordem theils sehr gross,
theils klein vorhanden sind. Die Zeichnung besteht gewöhnlich
aus vielen Zacken- oder Wellen-Linien. Der Saum ist selten
geeckt. Die Fühler sind borstenförmig, selten beim $ ge-
wimpert oder gekämmt. Die Palpen sind meistens lang vor¬
gestreckt, etwas aufgerichtet mit nacktem Endgliede. Der
Rücken ist oft hinten aufgekämmt, der Hinterleib meistens
unbeschopft. — Die Gestalt ist mittel bis gross. — Die Rau¬
pen sind 12 bis 16 füssig, nackt oder mit geringen Höckern.
Die Puppen sind walzenförmig, oft bereift,
kk. Die Palpen sind vor der Stirne erhoben. Die Beine des
$ sind sehr stark behaart. Farbe und Zeichnung aller Flügel ist
fast gleich . Itendiua.
11. Die Raupen sind sehr schlank, glatt oder mit einem kleinen
Höcker auf dem Ilten Gliede. Die Puppen sind bereift. — Die
Palpen sind lang und spitz, die Beine stark, haarig, Rücken und
Hinterleib beschopft. Die Flügel sind mit gezackten oder geschlän¬
gelten Querlinien dicht besetzt, die Fransen zwischen den Rippen
tief eingekerbt . Homopterina.
mm. Die Raupen haben auf dem Ö1®11 und lll®11 Gliede kleine
Knoten. — Die Palpen sind vor der Stirne aufgerichtet, spitz.
Rücken und Hinterleib sind anliegend behaart. Die Vorderflügel
sind mit zackigen oder geschlängelten Querlinien, Binden und Flecken
bezeichnet, die Hinterflügel meistens nur auf der Saumhälfte.
Hypograiiiniina.
nn. Die Fühler sind beim $ zuweilen ziemlich stark gekrümmt.
Die Flügel sind breit, unten meistens ocker- oder rostfarbig. Die
Vorderflügel haben theils eine scharfe oder geschnäbelte, theils eine
stumpfe Spitze, ihre Zeichnung besteht bei einigen aus zackigen
Querlinien, bei andern zum Theil aus schrägen linearen, in die Spitze
oder vor derselben auslaufenden. Die Makeln fehlen bisweilen, da¬
gegen ist die Nierenmakel bei einigen Arten sehr gross, eine Spi¬
rale bildend. Die Hinterflügel sind gerundet. . . Hvpopvrina.
oo. Die Vorderflügel haben an Stelle der Nierenmakel einen
ansehnlichen Spiegelfleck. Zuweilen ist beim $ der Vorderrand der
Hinterflügel nach oben umgeschlagen, eine breite weisse Haarmähne
bedeckend. Bei Caprimulgus $ haben die Hinterflügel nur 6 Rip¬
pen, nur lb, 2 und 3 laufen in den Saum aus, 4, 5 und 6 in den
umgeschlagenen Vorderrand. Rippe 3 und 4 entspringen aus einem
Punct, etwas entfernt davon Rippe 5, 6 zwischen dieser und der
Wurzel aus der sehr kleinen Mittelzelle. Sonst entspringt in allen
Flügeln Rippe 5 mit 4 aus einem Punkt. Die Gestalt ist gross.
Ommatopkorina.
Carl Platz: System der Schmetterlinge ,
27
pp. Die bekannte Raupe von Strix hat ganz das Ansehen einer
grünen Porcellus-Raupe, ist aber viel grösser, die Bauchfiisse sind
normal und sehr stark. -- Die borstenförmigen Fühler sind zuweilen
gewimpert oder sehr schlank spindelförmig. Die Flügel sind breit
und meistens mit vielen zackigen Querlinien bezeichnet, die vordem
gewöhnlich auch mit der Nieren- und Ring-Makel. Zuweilen stehen
unter einem Bogen am Saum der Hinterflügel 2 Spiegelflecken.
Selten treten die Hinterflügel auf der Mitte eckig vor. Oft ent¬
springt Rippe 5 etwas entfernt von 4 aus der Mittelzelle. Die Ge¬
stalt ist gross . Erebina.
G. Uraniilae. Die bekannten Raupen sind 14 oder 1 6 füssig und
behaart, zur Verwandlung fertigen sie ein netzförmiges Ge¬
webe. -- Die Fühler sind borstenförmig, oft gegen die Mitte
etwas verdickt oder beim £ fein gewimpert. Der Sauger ist
stark. Alle Flügel haben eine freie Hinterrandsrippe, die der
vordem ist wurzelwärts gegabelt, eine Anhangzelle fehlt.
Rippe 5 entspringt näher an 6 wie an 4. ln den Vorder¬
flügeln ist die Mittelzelle geschlossen in den hintern offen,
letztere sind stets auf Rippe 4 geschwänzt. Die Beine sind
anliegend beschuppt.
64te yam ; Di,? Vorderflüge] haben 9 Rippen, Rippe 6 und 7
entspringen nacheinander aus 8. Die Hinterflügel haben eine Haft¬
borste und einen meistens lappigen und gefleckten Schwanz, in den
Rippe 4 und 5 auslaufen. Alle Flügel sind mit vielen wellenför¬
migen Querlinien und Binden bezeichnet. Die Beine sind ungespornt.
Nebenaugen sind vorhanden . Scmatiirina.
65*® Farn.: Die Vorderflüge] haben 10 Rippen, Rippe 6 -|— 7
sind langgestielt. Die Hinterflügel haben keine Haftborste, aber zu¬
weilen eine kurze Wurzelrippe und einen oder mehrere, meistens
schmale Schwänze. Alle Flügel sind mit Querstrichen, Streifen und
Binden, oft prachtvoll metallisch glänzend bezeichnet. Die Mittel¬
schienen haben End-, die Hinterschienen End- und Mittelspornen. —
Die Raupe von Riphaeus ist weiss mit feinen schwarzen rautenför¬
migen Zeichnungen und vielen dicken, gegen die Spitze breit-lanzett¬
förmigen Haaren; die von Boisduvalii ist dick, gross köpfig mit we¬
nigen weichen Haaren . . iraniiua.
H. beomotridae. Die Raupen sind fast alle 10 füssig, da ausser den
6 Brustfüssen nur das 9to und 12t® Glied mit normalen Füs¬
sen versehen sind, sie sind nackt und glatt, oder mit Warzen,
Knoten, oder Fleischzapfen besetzt, selten sparsam behaart;
meistens leben sie frei, doch auch wiklerartig zwischen Blättern,
in Samenkapseln oder in Gallen, selten tragen sie eine Hülle
von Pflanzentheilen mit sich herum. Die Puppen sind liart-
schalig, sind sie gestreckt, so ist die Mitte meistens ein we¬
nig eingeschnürrt; sie ruhen tlieils in der Erde, theils in einem
flüchtigen Gewebe, einige auch frei nach Art der Pieriden am
Hintertheil und mit einer Schlinge um den Leib befestigt. —
28
Carl PI ätz: System der Schmetterlinge.
Die Fühler sind borstenförmig, beim g oft gewimpert oder
gekämmt, mit verdicktem Wurzelgliede. Der Sauger ist in der
Regel spiral, selten fehlt er. Nebenaugen fehlen. Die Beine
sind anliegend beschuppt. Die Vorderflügel haben 10 — 12
Rippen und nicht selten 1—3 Anhangzellen, die Hinterrands¬
rippe ist in der Regel wurzelwärts gegabelt. Die Hinterflügel
haben höchstens 2 freie Innenrandsrippen, Rippe 5 ist zu¬
weilen schwächer oder fehlt, Rippe 8 — die Vorderrandsrippe
— entspringt theils aus der Wurzel, theils aus dem Vorder¬
rand der Mittelzelle; die Haftborste fehlt nur der Gattung
Asthenia Westw. In allen Flügeln entspringt Rippe 5 näher
an 6 wie an 4, nur bei Brumata, Boreata und Hermineata
ist dieses nicht der Fall.
I. Gruppe: Vorderflügel ohne Anhangszelle.
66te Farn.: Hinterflügel ohne Haftborste, auf Rippe 4 am Saum
mit vorspringendem Eck. Die Vorderflügel haben eine sehr kurze
Mittelzelle, 6 + 7 auf kurzem Stiel, 8 aus 7, und 9 kurz vor der
Spitze aus 8. In den Hinterflügeln sind 3+4 kurz gestielt, 5
entspringt aus der vordem Ecke der Mittelzelle, 6 + 7 auf kurzem
Stiel dicht dabei und Rippe 8 frei aus der Wurzel. Der Sauger
ist spiral. .... Vsllienina.
67L„e Farn.: Hinterflügel mit einer Haftborste.
§. Dendrometrina. — Die Vorderrandsrippe der Hinterflügel
verläuft frei oder ist nur auf eine ganz kurze Strecke mit
dem Vorderrand der Mittelzelle verbunden, nur bei der Gat¬
tung Anisopteryx entspringt sie aus der Mittelzelle.
a. Die Vorderflügel haben eine sehr kleine oder gar keine
Mittelzelle, jedenfalls entspringen die meisten Rippen nahe an der
Wurzel. Die geeckten Hinterfliigel haben eine einfache Innenrands¬
rippe, die Vorderrandsrippe läuft in den Vorderwinkel aus, keine ist
gestielt. Die Fühler sind borstenförmig. Die Beine sind zuweilen
lang behaart oder dick beschuppt . Microniina.
b. Alle Flügel haben eine geschlossene Mittelzelle, die hintern
sind auf Rippe 4 kurz geschwänzt oder scharf geeckt. Die Fühler
sind bei einigen Arten auch beim g borstenförmig, bei andern ge¬
kämmt. Die Oberseite ist meistens weiss oder gelb mit dunkeln
Quer- oder Schrägstreifen, oft auch Flecken am Eck der Hinterflügel.
— Die Raupen sind sehr gestreckt . Uraptcrygiiia.
c. Die Raupen sind 12füssig und ziemlich kurz. — Alle Flügel
sind gerundet oder auf Rippe 4 stumpf geeckt. Rippe 5 der Hinter-
fliigel ist schwach oder fehlt. — Bei Fasciaria bildet der Stiel von
Rippe 10 + 11 eine sehr kleine Nebenzelle. — Die Fühler sind beim
g meistens gekämmt. Die Oberseite ist grün oder röthlich, die
Vorderflügel haben eine Mittelbinde, die hintern einen Querstreif.
Metrocampiua.
d. Die Raupen sind theils glatt, theils höckerig; in der Ruhe
Carl PI ötz: System der Sr hme Herlinge.
29
sitzen sie gemeinlich starr, den Mund dicht an das erste Glied ge¬
drückt; die der Gattung Comibaena haben sich mit Pfianzentheilen
behängt. Die Puppen sind meistens grün. — Gewöhnlich sind die
Fühler der £ gekämmt, oft mit nackter Spitze. Die Flügel sind
fast allgemein grün, die hinteren oft geeckt, zuweilen sehr klein.
(«conictrina.
e. Die sehr langen Fühler sind beim $ zuweilen gekämmt. Die
Beine sind dünn, die vordem kurz, die hintern sehr lang, schwach
gespornt. Die Flügel sind glattrandig oder eckig, gewässert, die
hintern zuweilen auf der Mitte mit einem Glasfleck. — Die Raupe
von Netrix Cr. 151. C., ist sehr gestreckt, glatt und grün. Die
gleichfalls gestreckte, gespitzte Puppe hat lange Fussscheiden.
Mecoccrina.
f. Die Raupen sind meistens walzenförmig, oft mit kurzen Spitzen,
sie ruhen gewöhnlich dicht an der Futterpflanze, zuweilen sind sie
sehr bunt. — Die Fühler des $ sind oft breit gekämmt. Die Flü¬
gel sind gerundet, oft sehr lebhaft gefärbt und gefleckt, die hintern
nicht selten von den vordem verschieden, zuweilen während der Ruhe
aufgerichtet. . Firioniiua.
g. Die beim g oft viel kürzeren Fühler wie beim v sind schmal
gekämmt. Der kleine Kopf ist vorgestreckt, der Körper massig stark,
Rücken und Hinterleib sind oben gefleckt. Die Hinterschienen sind
lang, breit gedrückt. Die Vorderflügel sind fast dreieckig oder etwas
gestreckt, die Hinterflügel gerundet, Rippe 5 ist stark. Alle Flügel
haben grosse, auch wohl durchscheinende Flecken. . llaziua.
li. Die Fühler des $ sind gekämmt. Der Körper ist stark. Die
Vorderflügel sind gestreckt mit scharfer, fast geschnäbelter Spitze
und glattem oder bauchigem Saum. Die Hinterflügel sind gerundet
oder mit winkeligem Vorder- und Hintereck. Oben sind alle Flügel
im Grunde grauröthlich oder die hintern sind orange; unten haben
die Vorderflügel einen schwärzlichen Fleck. Die Gestalt ist spinner¬
artig . . . Ocnochromina.
i. Die Raupen sind meistens knorrig, in ihren Bewegungen wan¬
kend sitzen sie ruhend abgestreckt mit einem am Ruheplatz befestig¬
ten Seidenfaden im Munde. — Die Fühler sind beim $ meistens
gekämmt, zuweilen mit nackter Spitze. Die Flügel sehr verschieden
geformt, oft sehr eckig oder zackig, sind mit Binden, Schräglinien
und Sprenkeln bezeichnet. . . Ennomiiia.
k. Die Raupen sind hist walzenförmig, oft mit kleinen Warzen
besetzt, ruhend liegen sie an der Futterpflanze. Die Puppen ruhen
in der Erde und sind braun. — Die Fühler des $ sind gewimpert
oder schmal gekämmt. Die Vorderflügel sind meistens unter der
Spitze wenig ausgeschnitten, die Hinterflügel auf Rippe 4 eckig odor
zwischen Rippe 4 und 6 etwas eingezogen. Die Oberseite ist staubig
bezeichnet, die Vorderflügel am Vorderrande mit dunkeln Flecken als
Anfänge von Querlinien, unten meistens mit einem kahlen Fleckchen
nächst der Wurzel . flacariiiia.
30
Carl Plölz: System der Schmetterlinge.
l. Die gg haben einen sehr schwachen Körper, kammzähnige
Fühler und breite zartbeschuppte Flügel; die vordem sind staubig,
gewöhnlich mit 2 dunklen busigen oder zackigen Querstreifen, welche
meistens ein Mittelfeld einsckliessen ; die hintern sind bleicher und
meistens zeichnungslos. — Bei der Gattung Alsophila entspringt die
Vorderrandsrippe in den Hinterflügclu aus der Mittelzelle. — Die
haben kleinere Flügel, nur Flügel Stümpfe oder sind ungeflügelt.
— Die Kaupen sind mehr oder weniger gestreckt, gestreift oder bunt;
sie verpuppen sich iu der Erde . Ilibcrniina.
m. Die Fühler sind beim g breit gekämmt. Die Palpen sind
kurz und unter den Stirnhaaren versteckt, der Sauger ist schwach
oder fehlt. Die kurzen Beine haben ebenfalls kurze Schienenspornen.
Der Körper ist ziemlich stark, und rauhhaarig. Die Flügel sind mit
staubigen Bändern bezeichnet und breit gefranst, die vordem meistens
ziemlich schmal. Das Ansehen ist spinnerartig. Die ?? sind zum
Theil ungeflügelt. — Die Kaupen sind theils glatt, theils astförmig,
starr mit Höckern und Fleischspitzen, die ATerwandlung geschieht in
der Erde. . Amphidasina.
n. Die Kaupen sind meistens astförmig, starr, ihrer Nährpflanze
angepasst, einige leben an Flechten. Die Puppen ruhen meistens
unter leichtem Gewebe. — Die Fühler des g sind gewimpert oder
gekämmt, oft mit nackter Spitze. Die breiten, in der Kegel grob-
staubig rindenartig bezeiclmeten Flügel sind während der Ruhe flach
ausgebreitet. . Itoarmiiua.
o. Die Fühler sind einfach oder schwach gekämmt, die Palpen
ziemlich lang vorgestreckt, die Hinterschienen nicht verdickt, ihre
Mittel- und Endspornen nahe an einander. Die Flügel sind mässig
breit, glattrandig, die vordem gefleckt, die hintern einfach. Die
Gestalt ist unter Mittelgrösse . Stclliilina.
p. Die Raupen sind gestreckt, gleichmässig dick und glatt,
ruhend an die Futterpflanze geschmiegt. — Die Fühler des g sind
schmal gekämmt. Die Flügel sind gerundet, selten am Saum ge¬
schweift, oben weiss, gelblich oder grau, meistens gesprenkelt und
mit wenigen staubigen oder zackigen Querlinien bezeichnet. Einige
gg haben unten an der Wurzel der Hinterflügel einen kahlen Fleck.
Kippe 5 der Hinterflügel ist schwächer oder fehlt. . Caberina.
q. Die Fühler sind beim g zuweilen gewimpert. xYlle Flügel
sind gerundet oder die hintern stumpf geeckt, sie sind oft abweichend
gezeichnet mit untermischter metallischer Bestäubung, solchen Quer¬
streifen oder Saumflecken. — Die Raupe von Formosante ist walz-
lich, kurz und schwach behaart mit Schrägstrichen. . Palyasina.
r. Die Fühler des g sind schmal gekämmt, die des ? auch oft
gewimpert. Die Vorderflügel sind dreieckig oder gestreckt, der Saum
aller Flügel ist gerundet und völlig glatt. Rippe 5 fehlt in allen
Flügeln oder ist sehr schwach, die hintern haben 2 Innenrandsrippen.
Die Oberseite ist schwarz, oft mit blauem Schimmer, alle Flügel haben
grosse glashelle, weisse oder farbige Flecken, oder nur die vordem,
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
31
oder diese sind nur an der Spitze weiss, unten sind die Flügel zu¬
weilen gegen die Wurzel rotli oder gelb. Halskragen und Hinterleib-
spitze sind oft orange. (Nur wenn die von Stoll als hierher gehörend
abgcbildetcn wahren Limacodina-Raupen irrthümlich dazu gezogen
sind, kann diese Familie hier Platz finden.) . iNdaiicliroinn.
s. Die Fühler sind beim $ schmal gekämmt. Der Körper ist
massig stark. Die Vorderflügel sind etwas schmal und gegen die
Spitze gestreckt, sie sind oft mit Silberstreifen oder dunkeln Streifen
auf Silbergrund geziert. Die Hinterflügel sind weiss oder grau. —
Die Raupe von Jourdanaria ist glatt mit kurzer Spitze auf dem Ilten
Gliede . Ligiina.
II. Gruppe: Vorderflügel mit Anhangzellen.
§. Dendrometrina.
t. Die Fühler sind beim g dicht gezähnt oder gekämmt, beim
? gewimpert. Die Palpen sind kurz, schwach, nackt und stehen
grade vor. Die Flügel sind glattrandig, kurz gefranst, schwarz mit
weissen oder farbigen Flecken und Bandstreifen, auch mit hellem
Wurzelfelde. Nicht selten sind Halskragen und Hinterleibsspitze
roth oder 'orange . Emplociina.
u. Die Fühler sind beim $ gewimpert oder schmal gekämmt,
zuweilen am ersten J nackt. Die Palpen sind kurz. Die Vorder¬
flügel sind gestreckt, glatt gesäumt, oft mit gescheckten Fransen.
Die Hinterflügel sind sehr verschieden geformt, theils klein und ge¬
rundet, theils mehr oder weniger lang gestreckt, sogar lappig ge¬
schwänzt, ihre Fransen sind meistens grob gescheckt. Oben sind
die Flügel vorherrschend schwarz mit weissen oder farbigen, rund¬
lichen oder bindenartigen Flecken; unten sind sie oft sehr zierlich
gezeichnet. ■ — Sie bewohnen Südamerika und gleichen den Eryciniden.
Eratciniiia.
v. Die Raupen sind wenig gestreckt, nackt oder fein und kurz
behaart. Die Puppe von Chaerophyllata hat etwas verlängerte Fuss-
sclieiden. — Die Fühler sind borstenförmig. Alle Flügel haben einen
glatten Saum, gleiche Grundfarbe und gleiche oder ähnliche Zeich¬
nung, oder sind einfarbig. Rippe 1 der Hinterflügel ist beim $ zu¬
weilen verkürzt. — Sie fliegen am Tage. . . . Ileliomatiiia.
w. Die Fühler sind dicht gekämmt, die Palpen kurz, die Beine
stark. Die Zunge ist stark, der Körper breit. Die Flügel haben
einen glatten Saum, die hintern sind klein, die Fransen kurz; alle
sind gleichartig gefärbt und bezeichnet, auf der Unterseite lebhafter
und sehr verschieden von der Oberseite. — Sie haben mit den Dre-
panuliden Aelmlichkeit . Hypochrosina.
x. Die Raupen sind walzenförmig, nackt oder sparsam behaart,
zur Verpuppung befestigen sie sich am Hintertheil und mit einer
Schlinge um den Leib. Die Puppen sind am Kopfende abgestutzt.
— Die Fühler des $ sind kammzähnig mit nackter Spitze. Die
meistens scharfgespitzten Vorderflügel sind am Saum gerundet, die
32
Carl Platz: System der Schmetterlinge.
Hinterflügel sind gerundet oder stumpfeckig. Alle Flügel sind fast
ganz gleich gefärbt und gezeichnet, meistens gesprenkelt mit punc-
tirten, staubigen oder scharfen Querlinien, oft auch einem ringförmi¬
gen Mittelfleck . Ephyrina.
y. Die Raupen haben ein runzeliges Ansehen, leben meistens
an niederen Pflanzen, auch von welken Blättern und Flechten, ge¬
stört fallen sie zusammengerollt zur Erde. — Die Fühler der ££
sind tlieils borstenförmig, theils bis zur Spitze gekämmt oder ge¬
kerbt. Die Vorderflügel haben einen glatten Saum, ihre Anhangzelle
ist zuweilen durch eine Querrippe getheilt. Die Hinterflügel sind
gerundet, zwischen Rippe 4 und 6 schwach eingezogen oder auf
Rippe 4 geeckt. Alle Flügel sind gleich gefärbt und mit mehreren oder
wenigeren dunkeln Querlinien bezeichnet, während der Ruhe sind sie
flach ausgebreitet. Die Gestalt ist meistens klein und schwach.
Acidaliiia.
z. Die Fühler des £ sind gekämmt mit nackter Spitze. Die
Hinterschienen haben bei £ und £ 2 Paar Spornen. Die Vorderflügel
sind scharf gespitzt, zuweilen auch auf Rippe 4 mit einem Eck.
Die Hinterflügel sind scharf geeckt. Alle Flügel sind gleichfarbig
und ähnlich gezeichnet mit Quer- oder Schrägbinden. — Die Raupe
von Amataria ist etwas breit, gegen das 3*® Glied verdickt und von
da gegen den kleinen Kopf verdünnt. Die im leichten Gewebe ru¬
hende Puppe ist an beiden Enden gespitzt grünlichgrau mit rötlili-
cliem Anfluge, schwarz punktirt und gestrichelt. . Timanilrina.
aa. Die Fühler sind gekämmt. Der Sauger ist sehr kurz. Die
Hinterschienen sind verdickt und haben 2 Paar Spornen. Die
Vorderflügel sind etwas gestreckt, seidenglänzend, metallisch gefleckt,
Die Hinterflügel sind gerundet, weisslich oder grau mit gleichstarker
Rippe 5. Die Fransen sind breit . Cimelina.
§§. Phytometrina. Die Vorderrandsrippe der Hinterflügel ent¬
springt aus der Mittelzelle kurz vor deren Ende oder läuft
bis dahin ganz dicht an derselben, nur beim £ von Lobo-
pliora Lobulata verläuft sie frei aus der Wurzel.
bb. Die Raupen sind schlank und glatt, ruhend sitzen sie ab¬
gestreckt, mit dem Kopf gewöhnlich abwärts. — Die Fühler des £
sind gekämmt. Die Flügel sind glatt gesäumt mit breiten Fransen,
die vordem sind fast dreieckig mit 1 —3 farbigen graden oder schrägen
Querbinden, die hintern sind gerundet und den vordem ähnlich ge¬
färbt oder bleich . Lythrina.
cc. Die Fühler sind borstenförmig oder schmal kammzähnig.
Die Vorderflügel haben einen glatten oder unter der Spitze etwas
ausgeschnittenen bei Rippe 5 vortretenden Saum und 2 Hebenzellen. '
Die Hinterflügel sind gerundet mit einer Innenrandsrippe und kleiner
Wurzelzelle, .Rippe 5 steht zuweilen näher an 4 wie an 6. Alle
Flügel sind gleichfarbig, meistens fein gesprenkelt, die vordem mit
wenig, die hintern ohne Zeichnung . Ifcriylina.
Carl PI Ö tz : System der Schmetterlinge.
33
dd. Die Raupen sind wenig gestreckt, sparsam mit krummen
borstigen Haaren besetzt oder nackt, etwas breit und bunt. — Die
Fühler sind beim £ gewimpert, Palpen und Sauger sind kurz. Alle
Flügel sind fast gleich gefärbt und mit vielen dunkeln geschlän¬
gelten und zackigen Querlinien bezeichnet, der Saum ist gerundet,
bei den Hinterflügeln zuweilen stumpfeckig. Die Vorderflügel haben
meistens eine ungetheilte Nebenzelle. Die Gestalt ist klein. Einige
ruhen mit zusammengeschlagenen Flügeln. . . Ilyrircliiua.
ee. Die nackten Raupen haben über den Rücken gewöhnlich
dunkle Längslinien oder Winkel; sie leben vorzugsweise an oder in
Blüthen und Samen, doch auch wicklerartig und in Gallen. Die
Puppen sind glänzend braungelb oder grün. — Die Fühler sind
borstenförmig. Die Flügel sind gerundet, die vordem mit einfacher
Nebenzelle, alle sind gleichfarbig — die hintern etwas bleicher —
und mit vielen dunkelen Wellenlinien bezeichnet, vor den meistens
gescheckten Fransen zieht eine dunkele, von hellen Puncten auf den
Rippenenden unterbrochene Linie hin. Die Gestalt ist klein. Wäh¬
rend der Ruhe sitzen sie mit ausgebreiteten Flügeln.
Eupithcciina.
ff. So zahlreich die- Arten so verschieden sind auch die Raupen
in Gestalt und Lebensweise, doch grösstentheils sind sie glatt, leben
frei und rollen sich bei Störungen zur Erde fallend zusammen. Die
Verpuppung erfolgt unter einem leichten Gewebe oder in der Erde.
— Die Fühler sind beim £ oft gewimpert oder schmal gekämmt,
nur bei Rhopalodes keulenförmig. Die Vorderflügel haben eine ge-
theilte — selten einfache — Nebenzelle. In der Regel ist der
Saum gerundet und die Spitze stumpf, selten ist diese scharf oder
der Saum unter der Spitze ausgerandet. Die Hinterflügel sind ge¬
wöhnlich gerundet und schwach wellig gesäumt. Sie haben 2 Innen¬
randsrippen deren erste dicht am Rande hinzieht und nur bis zur
Mitte reicht, oft auch fehlt; nicht selten fehlt auch Rippe 5 oder
ist sehr schwach; bei der Gattung Cheimatophila — deren nur
ganz kurze Flügellappen haben — steht sie beim £ näher an Rippe
4 wie an 6. Die Vorderflügel sind fast stets — weniger die hin¬
tern — mit zahlreichen zackigen- geschwungenen, selten linearen
Querlinien bezeichnet, die Hinterflügel sind öfters abweichend weiss-
lich oder grau, zuweilen auch gelb gefärbt. Ruhend sind die Hiuter-
iliigel gewöhnlich von den vordem bedeckt. . . . Larcntiiiia.
gg. Die Raupen sind wenig gestreckt, nackt, sie leben frei.
Die Puppen haben oft etwas verlängerte Fussscheiden. — Die Füh¬
ler des $ sind zuweilen gewimpert. Die Hinterflügel haben beim ?
nur eine Innenrandsrippe, beim £ fehlt auch diese oder durchzieht
ein kleines abgesondertes Flügelläppchen, während Rippe 2 in den
Innenraud oder in den Hintqrwinkel ausläuft. Die Vorderflügel sind
oft gestreckt mit schrägem Saum und thcils mit mehr oder weniger
Querlinien bezeichnet, theils abweichend oder einfarbig. Die Hinter¬
flügel sind meistens zeichnungslos, bei Tomopteryx haben sie an Rippe
3
34
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
4 ein kurzes Schwänzchen, während der Kühe sind sie gewöhnlich
von den vordem bedeckt. Bei Chesias sind die Flügel um den Leib
geschlagen, diesen einwickelnd . Anaitina.
I. Siculidac. Die Fühler sind borstenförmig, oft gekerbt, die Palpen
kurz, Nebenaugen fehlen. Der Sauger ist spiral. Die Vorder¬
flügel haben 9 — 12, zuweilen unverzweigte Rippen und keine
Nebenzelle, am Hinterrande haben sie eine normale, freie und
schwächere Rippe. Rippe 5 entspringt in allen Flügeln —
deren Mittelzellen oft nicht geschlossen sind — näher an 4
wie an 6, oft mit 4 aus einem Punct. Die Hinterfiügel haben
1 — 2 freie Innenrandsrippen und meistens eine Haftborste,
ihre Vorderrandsrippe verläuft frei aus der Wurzel. Alle
Flügel sind gleich gefärbt und fast stets gleichartig gezeichnet.
68*6 Dam.; Die Vorderflügel haben 9 Rippen: 6 und 7 ent¬
springen nacheinander aus 8. Die beiden Hinten andsrippen treten
in der Mitte weit 'auseinander, doch am Hinterwinkel wieder dicht
zusammen. Die Hinterflügel haben eine Innenrandsrippe. Die Ober¬
seite ist grün. Alle Flügel haben hinter der Mittelzelle einen weissen
muschelförmigen grossen Fleck, die vordem noch 2 kleine eckige in
der Mittelzelle. Der Saum ist glatt. (LiriS Cr.) . . . Sigiina.
69*® Farn. ; Die Vorderschienen sind kürzer wie die Schenkel,
glatt beschuppt, vor der Mitte mit einem Dorn. Die langen und
starken Hinterbeine haben an den Schienen End- und Mittelspornen.
Die Flügel sind theils gemeinförmig, theils eckig, die vordem oft
sichelförmig, sie sind meistens netzartig gewässert und gefleckt' —
Die Raupe von Dysodia Speculifera ist löfüssig, grossköpfig, mit 2
Reihen starker Borstenhaare über den Rücken, sie wrohnt in einer
Blattdüte. Die Puppe ist länglich eiförmig glatt. . . Sicnliua.
Mikrolepidoptera.
Vorderflügel mit einer freien, meistens wurzelwärts gegabelten,
selten mit 2 Hinterrandsrippen. Hinterflügel — wrenn der Rippen¬
verlauf zu erkennen ist -— mit 3 Innenrandsrippen. Meistens
Nebenpalpen, Nebenaugen, Sauger und Haftborste. Die Fühler sind
in der Regel borstenförmig. Die Mittelschienen sind gewöhnlich am
Ende, die Hinterschienen am Ende und hinter der Mitte gespornt. —
Die Bauchfüsse der Raupen sind mit einer polsterförmigen Sohle
versehen, welche ganz, oder bis auf eine kleine Lücke mit Häckchen
umkränzt ist.
K. Alucitid ac. Die Raupen haben 16 Fttsse, sind nackt oder schwach
behaart und leben theils frei, theils in Pflanzenstenge] oder
Blüthen. Alle Flügel sind gespalten — die hintern oft sehr
tief — , oder sie sind schmal und in der Ruhe wagerecht vom
Leibe abgestreckt.
70*® Farn.: Die Fühler sind fadenförmig, die Palpen lang und
spitz vor der Stirne aufgekrümmt. Die Beine sind ziemlich kurz.
Der Hinterleib ist nicht länger wie die Hinterflügel. Allo Flügel
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
35
sind selir tief in 6 fast gleiche Federn gespalten, während der Kühe
sind sie dachförmig an den Leib gelegt oder fächerförmig ausge¬
breitet. Die Gestalt ist klein. — Die Raupen sind spindelförmig,
nackt. — Die Puppen haben lange, fast bis ans Ende reichende
Flügelscheiden . Aliicilin».
TD® Farn.: Die Fühler sind oft fein gewimpert oder gezähnt,
die Palpen spitz vorgestreckt. Der Sauger ist spiral. Die Augen
sind rund. Nebenaugen fehlen. Der Kopf ist vorgestreckt, der
Hinterleib lang. Die langen Beine sind zuweilen verdickt oder kno¬
tig, die Hinterschienen sind über 21/ 2 mal so lang wie die Schenkel
und lang gespornt. Die langen und an der Wurzelhälfte sehr schma¬
len Vorderflügel sind zuweilen bis über die Mitte gespalten. Die
Hinterflügel sind in der Regel in 3 Federn bis zur Wurzel gespal¬
ten. Selten sind alle Flügel ungespalten. Ruhend sind alle Flügel
wagerecht abgestreckt, die hintern von den vordem bedeckt, die
Hinterbeine wie bei den Mücken gehoben. — Die Raupen sind
walzenförmig, nackt oder mit lang und feinbehaarten Wärzchen
besetzt oder mit kleinen Fleischzapfen, ihre Bauchfüsse sind über der
Sohle eingeschnürt. — Die gestreckten, mit langen Fuss- und Flügel-
Scheiden versehenen Puppen sind flachanliegend, nur an der Hinter¬
leibsspitze befestigt und meistens frei. . . Pterophorina.
L. Pyralidiuae. Die Raupen sind 16 füssig, das letzte Paar ist
meistens auseinandergesperrt, der Körper ist gewöhnlich mit
starken Warzen besetzt, der Kopf klein. Sie leben grössten-
tlieils verborgen. — Die Puppen sind meistens gestreckt, ihre
Fussscheiden verlängert. Sie ruhen in einem leichten Gewebe.
— Die Fühler sind borstenförmig, beim $ oft gewimpert,
zuweilen durch Gestalt und Bekleidung ausgezeichnet. Die
Palpen sind selten lang oder abweichend geformt. Der Sauger
ist meistens spiral. Die Augen sind kugelig, nackt. Der
Körper ist glatt und schlank. Die Vorderflügel haben 11. bis
12, die Hinterflügel 7 — 8 gleich starke Rippen. Rippe 5
entspringt dicht bei 4, mit ihr aus einem Punct oder auf
gemeinschaftlichem Stiel. Die Vorderrandsrippe der Hinter¬
flügel zieht dicht an die Mittelzelle hin oder ist von der
Wurzel aus mit ihr vereinigt. Die Mittelzellen sind unge-
theilt. Die Hinterschienen sind in der Regel lang und mit
starken Spornen versehen.
I. Gruppe: Acentriilae.. Die Raupen leben im Wasser an Potamogeton.
72*® Farn.: Die fadenförmigen Fühler sind gekerbt. Die Palpen
sind kurz, abhängend, die kleinen Nebenpalpen eingliederig. Der Sau¬
ger ist verkümmert. Nebenaugen fehlen. Mittel- und Hinterschienen
haben sehr kurze einfache Spornen. Der lange Hinterleib hat beim
$ hornige Afterklappen. Die Vorderflügel sind gestreckt mit schar¬
fer Spitze, sie haben 12 Rippen, die beiden mittleru sind nächst der
Wurzel eine kleine kurze Strecke nahe zusammen, Rippe 9 entspringt
aus 8, die Hintcrrandsrippe erreicht den Hinterwinkel nicht. Die
36
Carl Plötz: System der Schvu tterlinye.
Hinterflügel sind kürzer und schmäler wie die vordem, sie haben
eine Innenrandsrippe. Rippe 6 entspringt aus der undeutlichen
Schlussrippe der Mittelzelle, 7 und 8 aus deren Yorderrand, nur eine
Innen randsrippe ist deutlich. Die Beschuppung der Flügel ist gleich-
massig schwach. Die Gestalt ist klein. Die 7? haben zum Theil
vollkommene Flügel, zum Theil nur Flügelstummel.
Acentropina.
II. Gruppe: l’hyciilac. Die Raupen sind meistens wenig gestreckt,
glatt, nackt oder sparsam fein behaart und leben gewöhnlich
verborgen. — Die Palpen sind mässig lang, aufsteigend, vor¬
gestreckt oder hängend. Der Sauger ist kurz. Die Vorder-
flügel haben 9 — 12 Rippen: Rippe 7 + 8 sind gestielt oder
verschmolzen, 8 und 9 sind nie gestielt. Die Mittelrippe der
Hinterfüigel ist an der Wurzel behaart. Ruhend sind die
Flügel an den Leib gelegt.
7ot® Farn.: Die Fühler sind von halber Flügellänge, gekerbt,
kurz bewimpert, an der Wurzel dick beschuppt. Die Palpen sind
beim g kurz, vor der Stirne aufsteigend mit spitzem Endgliede, beim
7 lang vorgestreckt, schuppig, die Nebenpalpen sind klein, versteckt.
Der Kopf .ist breit und kurz, Nebenaugen fehlen. Der Hinterleib
des ? hat eine vorstehende Legeröhre. Die Vorderflügel haben 10
bis 12 Rippen, die Hinterrandsrippe ist wurzelwärts gegabelt. Die
Hinterflügel haben 8 — 9 Rippen, 8 ist mit 7 gestielt, 5 fehlt oft.
Die Mittelzellen sind ganz oder halb geschlossen. Zuweilen ist der •
Rippenverlauf bei g und 7 verschieden. — Die Raupen leben in den
Wohnungen der Apiden vom AVachs. . . . Ciallcriina.
74te Farn.: Die borstenförmigen Fühler sind beim g zuweilen
an der AVurzel umgebogen. Die Palpen sind oft bei g und 7 ver¬
schieden, die Nebenpalpen schwach. Nebenaugen fehlen selten. Die
Vorderfiügel haben höchstens 11 Rippen, eine freie Hinterrandsrippe.
Rippe 5 und 8 fehlen zuweilen. Die Hinterflügel haben 7 — 8
Rippen, die letztere ist frei oder mit 7 gestielt. Zuweilen fehlen
die Innenrandsrippen oder Rippe*5. Die Mittelzellcn sind geschlossen.
— Die Raupen leben oft in schlauchartigen Geweben, auch an trock¬
nen Pflanzen und Früchten . . lMiycidina.
III. Gruppe: (Jrambidac. Die schlanken Raupen leben in rohrartigen
Gewächsen oder unter Moos. — Die Fühler sind ziemlich kurz.
Die Augen sind kugelig, die Nebenaugen klein. Der Sauger
ist spiral. Die Palpen sind lang vorgestreckt, bei g und 7
gleich, Nebenpalpen pinselförmig. Die Vorderflügel — beim
7 etwas schmäler wie beim g — haben 11 bis 12 Rippen,
die Hinterflügel haben 8 Rippen: 7 + 8 auf gemeinschaftlichem
Stiel, die Mittel rippe ist an der AAArrzel behaart. AVährcnd
der Ruhe haben sie die Flügel an den Leib gelegt und sitzen
mit angedrücktem Kopf abwärts.
75\e Farn.: a. Vorderflügel mit 12 oder 11 Rippen, Rippe
8 + 9 gestielt, meistens aus 7. Selten sind Rippe 8 und 9 ver-
Cai'l Plötz: System der Schmetterlinge.
37
schmolzen. Hinterflügel mit offener Mittelzelle, woraus zuweilen
Rippe 6 entspringt . Crambina.
b. Vorderflügel mit 12 Rippen, 7 und 8 gesondert, 8 aus 9.
Die Querrippe ist winkelig. Hinterflügel mit geschlossener Mittel¬
zelle. Der Sauger ist kurz . Chilonina.
IV. Gruppe: Myelobiilac. Die Raupen sind unbekannt.
76*? Farn.: Die Fühler sind beim $ auf bis über die Hälfte
stark gezähnt. Die Augen sind klein, Nebenaugen fehlen. Der
Sauger ist kurz und stark. Die Palpen sind aufsteigend, die Neben¬
palpen gross. Die Vorderbrust und der Kopf mit spitzem hornigem
Kegel stehen vor. Die Schienen sind lang und haarig, der Körper
ist stark. Die Vorderflügel sind gestreckt mit scharfer Spitze und
11 Rippen, 2 Hinterrandsrippen entspringen aus einem kurzen Stiel.
Die Hinterflügel haben 8 Rippen, die Mittelzelle ist bei Rippe 5
sehr scharf vorgezogen und nächst der Wurzel am Hinterrande be¬
haart. Leib und Vorderflügel sind bräunlich-grau, die Hinterflügel
bleich. Die Gestalt ist gross . Morpbeina.
V. Gruppe: Schocnobiilae. Die Raupen sind gestreckt, fein behaart
mit etwas flachem Kopf und mit Schildchen auf den letzten
Gliedern. Sie leben in grasartigen Wasserpflanzen. Die Pup¬
pen sind gestreckt, beinfarbig.
77te Farn.: Die Fühler sind beim ? kurz, beim doppelt so
lang und bewimpert. Der Kopf ist vorgestreckt, die Stirne ist flach
oder tritt blasig vor. Die Augen sind ziemlich gross, die Neben¬
augen klein. Der Sauger ist schwach. Die Palpen sind entweder
kurz und gesenkt oder lang vorgestreckt mit langen pinselförmigen
Nebenpalpen. Die Beine sind lang und dünn. Der Körper ist
schlank, der After des 9 mit Wolle bedeckt. Die Flügel sind lang
und schmal, die vordem mit 12, die hintern mit 8 Rippen und
langer Mittelzelle. Rippe 8 der Hinterflügel ist theils frei, theils
mit 7 gestielt. Ruhend sitzen sie, die dürrem Schilf ähnlichen
Flügel um den Leib geschlagen, mit dem Kopf nach unten.
Schoeiiobiina.
VI. Gruppe: Pyraliil sie. Die Raupen sind meistens sparsam fein und
kurz behaart, auf dem ersten und letzten Gliede mit glänzenden
Schildchen. — Die Beine der Schmetterlinge sind in der Re¬
gei lang, besonders die hinteren. Die Mittelzelle der Flügel
ist kurz und geschlossen, ihr Hinterrand ist nächst der Wurzel
fast stets unbehaart. Der After des 9 ist nie mit Wolle be¬
kleidet. Ruhend bilden sie ein Dreieck.
78*® Farn.: a. Die Fühler sind beim g sehr kurz gewimpert.
Die Palpen sind vorgestreckt, gesenkt, die Nebenpalpen buschig.
Der Sauger ist spiral. Die Vorderflügel haben 12 Rippen, die in
den Vorderrand auslaufenden treten steil- gegen denselben. Die
Hinterflügel haben selten eine freie Vorderrandsrippe. — Die Rau¬
pen leben verborgen an Cryptogamen. . . . Scopariiiia.
b. Fühler und Beine sind ziemlich kurz. Einige haben Neben-
38
Carl PI ötz
System der Schmetterlinge.
äugen und Nebenpalpen, anderen fehlen sie. Die Vorderflügel haben
12 Rippen. Rippe 12 läuft frei und gestreckt in den Vorderrand
aus; 10+11 sind gestielt. Die Vorderflügel führen 3 bogige,
zackige Querlinien, die bleicheren Hinterflügel eine. Die Gestalt
ist klein. . . . .. liomophvsina.
c. Die Fühler sind borstenförmig, zuweilen sehr lang, selten
beim g schwach gekämmt, mit einem Knoten, geknickt oder mit
langem Haarbusch an der Wurzel. Einigen fehlt der Sauger, vielen
die Nebenaugen und die Nebenpalpen. Die Vorderrandsrippen und
Rippe 11 der Vorderflügel laufen frei und gestreckt in den Vorder¬
rand aus. Die Mittelzelle ist am Hinterrande selten behaart, ihre
Schlussrippe wenig gebogen oder grade. In den Hinterflügeln ist
die Vorderrandsrippe nicht frei, sondern mit Rippe 7 lang gestielt
oder fehlt. Auch fehlen mehreren Arten in den Vorderflügeln Rippe
8 oder 11, in den hintern Rippe 5. Selten haben die Vorderflügel
auch einen Umschlag oder einen Haarzahn. Die Raupen leben an
Phanerogamen, einige im Wasser. . Hotydina.
d. Die Fühler sind borstenförmig, beim g selten schmal ge¬
kämmt oder knotig. Sauger und Nebenpalpen fehlen selten, Neben¬
augen oft. Die Vorderrandsrippe und Rippe 11 der Vorderflügel
laufen frei und gestreckt in den Vorderrand aus, Rippe 8 und 9
entspringen gestielt oder nacheinander aus 7. Die Mittelzelle ist
am Hinterrande nie behaart. — Die Raupen leben an Phanerogamen.
Pyraliilina.
79*® Farn.: Die Fühler des g sind zur Häifte fein gewimpert.
Die Palpen sind lang vorgestreckt, die Nebenpalpen sind sehr kurz
oder fehlen. Nebenaugen fehlen. Die Vorderrandsrippe der Vorder¬
flügel verläuft in Rippe 11 oder in den Vorderrand, Rippe 8 und
9 entspringen aus 7, die Hinterrandsrippe ist einfach oder wird von
einer daneben entspringenden kurzen Rippe durchkreuzt. In den
Hinterflügeln sind Rippe 4+5 sowie 6 + 7 lang gestalt. Die
Vorderflügel sind lang, etwas schmal und stumpf, die Hinterflügel
sind ziemlich gross. Die Gestalt ist Lithosien ähnlich.
Iloniolochronia.
SOV Farn.: Die Eühler des g sind schmal gekämmt oder haben
vor der Spitze eine abstehende Bürste und am verlängertem Wurzel-
gliede einen vornüberhängenden Schopf. Die Palpen sind lang vor¬
gestreckt. Nebenpalpen fehlen. Die Vorderrandsrippe der Vorder¬
flügel verbindet sich im Verlaufe mit Rippe 11, die Hinterrandsrippe
hat nächst der Wurzel einen kurzen Ast. Rippe 7 + 8 der Hinter¬
flügel sind gestielt. Auf der Oberseite sind die Vorder- oder die
Hinterflügel orange, schwarz gesäumt. — Die Raupe von Auritalis
ist oben schwarzbraun mit weissen Wärzchen und rostrothen Haaren,
unten rostroth. Sie lebt gesellig, hvponomeutenartig im luftigen
Gewebe. — Die Puppe ist bräunlich-gelb . Scimiiina.
81*® Farn.: Die Fühler sind borstenförmig, die Palpen kurz,
aufgerichtet, Nebenpalpen schwach. Beine kurz und kräftig. In den
Carl Plötz: System der Schmetterlinge.
39
Vorderflügel U läuft die Vorderrandsrippe frei in den Vorderrand aus,
die Hinterrandsrippe hat an der Wurzel einen kurzen Ast. Beim
g ist die Mittelzelle unten blasig eingedrückt und von einer Längs¬
falte durchzogen. In den Hinterflügeln sind Rippe 4 + 5 und 7+8
gestielt; beim g sind noch Rippe la und lb oben blasig zusammen¬
gequollen, unten eine rauhe, einen Haarpinsel cinschliessende Furche
bildend. Die Oberseite der Flügel ist gelb, schwarz gesäumt, die
vordem mit einer oder zwei Querbinden. . . l’hrysaiigina.
M. Tortricidac. Die Raupen sind löfüssig, etwas breit, mit einzeln
behaarten Warzen und auf dem ersten und letzten Gliede mit
einem Schildchen besetzt, der Kopf ist etwas flach. Sie leben
zwischen Blättern oder im Innern der Pflanzen, in Früchten
oder Gallen. Die Puppen sind meistens gestreckt mit kurzen
Flügelscheiden und an den Hinterleibsringen kurze Häckchen.
— Die Fühler sind zuweilen gewimpert. Nebenpalpen fehlen.
Der Sauger ist kurz, spiral, fehlt selten. Alle haben Neben¬
augen. Die Beine sind kurz und kräftig, die Hinterschienen
fast stets mit 2 Paar starken Spornen, beim g bisweilen mit
einem Haarpinsel. Die Vorderflügel haben in der Regel 12
freie Rippen — nur Rippe 7 — 9 sind zuweilen verzweigt —
und geschlossene Mittelzelle. Die Hinterrandsrippe ist wurzel-
wärts gegabelt. Bei einigen ist am Vorderrande ein Umschlag.
Die Hinterflügel haben 7 — 8 Rippen, Rippe lb ist an der
Wurzel gegabelt, 5 entspringt entfernt von 4 aus der ge¬
schlossenen gespaltenen Mitttelzelle oder fehlt. Die Vorder¬
randsrippe (8) zieht von der Wurzel nur eine kurze Strecke
an der Mittelzelle hin und läuft dann vor der Spitze in den
Vorderrand aus. Die Haftboiste ist stark. Selten ist am
Innenrande an der Wurzel ein Läppchen.
82*5 Farn.: Vorderflügel ohne Anhangzelle. Die Palpen sind
sehr lang vorgestreckt, grade oder sichelförmig aufgekniramt, das
Mittelglied ist am längsten, das Endglied bildet einen dickeren Pinsel.
Tamvrina.
8?+ Farn.: Vordcrflügel mit Anhangzelle. Die Palpen sind
kurz, das Endglied ist dünn. Der Kopf ist eingezogen.
Tortricina.
N.
Tineiilac. Die Raupen haben grösstcntheils IG Füsse, wenige
mehr, mehrere haben nur die G Brustfüsse, manchen fehlen
alle; sie sind meistens nackt, wenige leben frei. — Die Füh¬
ler sind in der Regel lang, an der Wurzel verdickt, selten
beim g gewimpert oder gekämmt. Die Palpen sind gewöhn¬
lich aufgekrümmt, zuweilen fehlen sie sowie die oft mehr¬
gliedrigen Nebenpalpen. Viele haben Nebenaugen und eine
Spiralzunge. Die Vorderflügel haben höchstens 12 Rippen;
eine oft wurzelwürts gegabelte Hinterrandsrippe, selten zwei
einfache. Die Hinterflügel haben meistens eine Haftborste
und bei einiger Breite und erkennbarem Rippenvcrlauf 3 freie
40
Carl Plütz; System der Schmetterlinge.
Innenrandsrippen. Kippe 4 — 7 sind ziemlich gleichweit von
einander entfernt. Die Franzen sind gewöhnlich um so län¬
ger je schmäler die Flügel.
I. Gruppe: Canephoririae. Die Raupen leben in meistens mit
Pflanzentheilen bekleideten Säcken. — Die ?? sind ungeflügelt,
sie haben Fühler, kurze Beine und eine vorstehende Legeröhre;
bei der Entwickelung kriechen sie aus dem Sack heraus. Die
haben bewimperte oder gekämmte Fühler und mit 2
Paar Spornen versehene Hinterschienen. Die Flügel sind ge¬
rundet, die vordem mit 10 — 12 freien Rippen; die Hinter¬
randsrippe ist an der Wurzel gegabelt, zwischen ihr und der
Mittelzelle zieht noch eine kürzere falsche Rippe hin.
840 Farn.: Die Hinterflügel haben 7 gesonderte Rippen, Rippe
7 verläuft frei aus der Wurzel. Palpen, Sauger und Nebenaugen
fehlen. Der After des 7 ist nackt. . . Canephorina.
85te Farn.: Die Hinterflügel haben 8 Rippen, die Vorderflügel
11 — 12. Der Kopf ist rauh behaart. Die Palpen sind kurz und
gesenkt, oder fehlen wie die Nebenpalpen und der Sauger. 2 mit
wolligem After . .... Talaeporina.
II. Gruppe: Tineae. Vorder- und Hinterflügel sind ungleich ge¬
formt und gerippt. Die 22 sind nie flügellos, mindestens
haben sie Flügelstumpfe.
§. Die Vorderflügel haben 12, die Hinterflügel 8 gesonderte
Rippen. Das 2 bat kürzere Flügel und eine vorgestreckte
Legeröhre.
860 Farn.: Die ziemlich kurzen Eiihler sind in der Mitte wenig
verdickt, beim $ kurz gekämmt oder gekerbt, beim 2 sägezähnig.
Die Palpen sind aufgekrümmt, Nebenpalpen fehlen. Die Augen sind
klein, die Nebenaugen gross. Der Sauger ist spiral. Die Mittel¬
zelle der Vorderflügel ist einfach, die Hinterrandsrippe wurzelwärts
lang gegabelt. Die Hinterflügel haben eine Haftborste. Der Kopf
ist klein, der Körper stark . Chimaeriua.
§§. Die Vorderflügel haben 9 — 12, die Hinterflügel 7 — 8 zum
Theil gestielte Rippen. Das 2 bat in der Regel grössere
Flügel. Der Kopf ist rauh — nur bei Lypusa glatt. —
Die Fühler sind zuweilen sehr lang. Die Hinterrands¬
rippe der Vorderflügel ist wurzelwärts gegabelt. — Die
Raupen leben theilweise in Säcken, einige nähren sich von
thierischen Stoffen . Sctes.
870 Farn.: a. Die Fühler sind ziemlich kurz, beim $ mit ge-
wimperten Kammzähnen, beim 2 dickfilzig. Die Palpen sind sehr klein,.
Nebenpalpen, Sauger und Nebenaugen fehlen. Die Augen sind klein,
der Kopf ist eingezogen, der Körper robust, zottig. Die Vorderflügel
haben 12 Rippen, 5 ist dicht an 4, 8 + 9 sind zuweilen gestielt.
Die Hinterflügel haben eine Haftborste und getheilte Mittelzelle,.
Rippe 4+5 sind zuweilen kurz gestielt. — Die Raupe lebt in.
einem langen mit Sand und Pflanzenfheilen bekleideten Sack.
Typhoniiita.
Carl Platz: System der Schmetterlnu/e.
41
1). Die kurzen Fühler sind dick beschuppt. Die Palpen und
der Kopf sind dicht mit verdickten Haaren besetzt, Nebenpalpen
fehlen. Augen und Nebenaugen sind klein. Der Hinterleib ist etwas
flach. Die rauhbeschuppten Vordertiügol haben 9 — 11, die Hinter-
iliigel 7 — 8 Kippen. — Die sehr schlanke Raupe lebt im Halm
von Gräsern. .... Oriiseiilicimcrina.
c. Die Fühler sind kürzer wie die Vorderfiügel. Die Palpen
sind meistens deutlich, die Nebenpalpen sind Ggliederig, eingeschla-
gen oder fehlen. Die Vorderfiügel haben 10 — 12 Rippen, 7 + 8 sind
zuweilen gestielt. Die Hinterflügel haben 7-8 Rippen und ge¬
schlossene Mittelzelle, Rippe 2 ist weit von der Wurzel entfernt.
Die Raupen leben in faulem Holz, Schwämmen, an Wolle, Federn
etc., mehrere sind Sackträger . . . Tinciita.
d. Die Fühler sind mindestens so lang wie die Vorderflügel, oft
über o mal so lang. Die Palpen sind kurz, fadenförmig oder feh¬
len, die Nebenpalpen sind Ggliederig, eingeschlagen oder fehlen eben¬
falls. Der Sauger ist spiral. Nebenaugen fehlen. Die stark glän¬
zenden Vorderflügel haben 12 Rippen, 8+9 sind oft gestielt. Die
Hinterflügel haben 8 Rippen, zuweilen ist 5 + G oder 6 + 7 gestielt.
Die Mittelzelle ist geschlossen. — Die Raupen leben in Säcken oder
im Fruchtboden der Blumen. Die Puppen haben fast freie Glieder.
Adclina.
§§§. Die Hinterflüge] sind meistens ziemlich breit. Die Füh¬
ler sind faden- oder borstenförmig. . Trichochcilac.
88te Farn.: Die Fühler sind ziemlich lang, ruhend zurückgelegt.
Die Palpen sind kurz, dünn, anliegend beschuppt. Nebenpalpen sind
klein und einfach oder fehlen. Nebenaugen fehlen. Der Sauger ist
spiral. Die Vorderflügel haben 11 — 12 Rippen, die Hinterflügel
7 — 8. — Die Raupen leben tlieils frei, theils in weit läuftigen Ge¬
weben, oft gesellig. Die Puppen ruhen in einem Cocon.
liv poiioinciitiita
89V Fam.: Die Fühler sind in der Ruhe grade vorgestreckt.
Die Palpen haben am Mittelgliede einen über den dicht wollig behaar¬
ten Kopf vorstehenden Schuppenbusch. Die Nebenpalpen sind klein,
einfach oder fehlen. Sauger und Nebenaugen sind vorhanden. Die
Vorderfiügel haben 12 Rippen und eine Anhangzelle, die Hinterflügel
8 Rippen. — Die Raupen sind meistens vorne und hinten verdünnt,
leben frei oder wicklerartig und fertigen zum Thcil zur Verpuppung
ein kahnförmiges Gespinst an. .... IMutelliiia.
90V Fam.: a. Die Fühler sind zurückgelegt, die Palpen klein,
Nebenpalpen und Sauger fehlen. Die Vorderflügel sind geknickt,
haben eine Anhangzelle und 12 Rippen , 7 + 8 sind gestielt. Die
Hinterflügel haben 8 freie Rippen. Die haben hängende Palpen
und kürzere, gespitzte oder rudimentäre Flügel. — Die Raupen leben
wicklerartig. . Kxnpctina.
b. Die Palpen sind stark entwickelt, vorgestreckt oder aufge¬
krümmt, die Nebenpalpeu sind sehr klein und einfach oder fehlem
42
Carl Plötz
System der SchmetterUnr/e.
Der Kopf ist dicht behaart, der Hinterleib meistens etwas hach. Die
Vordertiügel haben selten weniger als 12 Rippen, gewöhnlich sind
7 -f- 8 gestielt oder entspringen aus 6. Bei Orthotaelia und Holos-
colia sind alle frei, Carcina, Depressaria und Hy per call ia haben 2
Hinterrandsrippen. Die Hinterflügel haben 7 oder 8 Rippen, bei
Orthotaelia eine eingeschobene Zelle. Während der Ruhe sind die
Flügel gewöhnlich übereinander geschoben. — Die Raupen leben
wicklerartig zwischen Blättern, in Stengeln oder Früchten, oder in
Blattminen, selten sind sie fusslos . , (Rleclmia.
91*® Farn.: Die Palpen sind fadenförmig, der Sauger spiral.
Nebenaugen sind vorhanden. Der Kopf ist vorne glatt, hinten rauh.
Die Vorderflügel haben 12 Rippen und eine Anhangzelle, eine zweite
Hinterrandsrippe ist nur am Saume deutlich. Die Hinterflügel haben
8 Rippen. — Die schlanken Raupen leben meistens in Stengeln oder
in Minen . Aerolepina.
92*f Farn.: Die Palpen sind fadenförmig, Nebenpalpen fehlen.
Die Zunge ist spiral. Die — meistens mit Silberpuncten und Strichen
bezeichneten — Vorderflügel haben 12, die Hinterflügel 8 Rippen.
Sie fliegen im Sonnenschein. — Die Raupen leben wenigstens in der
Jugend -rninirend — viele in Binsen — und später unter einem
leichten Gewebe . («lyphipterygina.
§§§§. Die Hinterflügel sind ziemlich schmal. Die Fühler haben
keine Augendeckel. Die Rippen sind oft undeutlich.
Phyllonoryctcrae.
93te Farn.: Die Palpen sind kurz und dick. Nebenpalpen und
Nebenaugen fehlen. Die Vorderflügel sind oft mit metallisch glän¬
zenden Binden geziert. In der Ruhe sind die Flügel an den Leib
gelegt, der Kopf niedergedrückt und der Hintertheil gehoben. —
Die Raupen leben rninirend oder in wolligen Geweben.
Argyresthina.
94te pani : Die Fühler sind lang, die Palpen schlank, die
Nebenpalpen meistens stark entwickelt. Die Mittel schienen sind dick
beschuppt. Die schmalen Flügel sind sehr lang gefranst. In der
Ruhe ist gestützt auf die seitwärts gestemmten Vorder- und Mittel¬
beine der Vordertheil gehoben, wobei die an den Leib geschlossenen
Flügel mit den Spitzen niedergedrückt und die Fühler über den
Rücken gelegt sind. — Die Raupen leben in der Jugend rninirend,
später in Blattdüten, ihnen fehlt das erste Paar Bauehfüsse. Die
Puppen haben lang über den Hintertheil gestreckte Fussscheiden.
(«racHlariiia.
95*? Farn.: Die Fühler sind lang, grade vorgestreckt, an der
Wurzel oft dick beschuppt und mit pinselförmigem Haarbusch. Die
Palpen sind ein wenig gehoben. Nebenpalpen und Nebenaugen fehlen.
Die Stirne ist glatt beschuppt. Die Vorderflügel haben 8 — 9 Rip¬
pen, davon laufen 2 aus der Wurzel und 6—7 von der Mitte in
in den Saum und Vorderrand. Die Hinterflügel haben eine Haft¬
borste und 5 Rippen von denen 2 gegabelt sind. — Die Raupen
Carl Plot
System der Schmetterlinge.
43
sind Sackträger, in der Jugend miniren sie ohne Sack, sie sind 16-
fiissig, doch sind die Bauchfüsse schwach entwickelt. Die gestreck¬
ten Puppen haben lange, etwas freie Flügel- und Fussschen en.
Coleophorina.
96*.® Farn.: Die Palpen sind lang und spitz. Nebenpalpen und
Nebenaugen fehlen. Der Sauger ist spiral. Die Hinterschienen sind
stark behaart, der Kopf glatt. Die Vorderflügel haben 10 — 1 1 Kip¬
pen, eine einfache Hinterrandsrippe. Die Hinterflügel haben 5 Rip¬
pen und offene Mittelzelle. Kuhend sind Flügel und Fühler an den
Leib gelegt, bei Stathmopoda sind die Hinterbeine quer abgestreckt.
— Die Raupen miniren grösstentheils, vorzugsweise in Weiderich
und Gras, mehrere sind fusslos. Einige Puppen sind nur am Hinter-
theil und mit einer Schlinge um den Leib befestigt.
Elachistina.
97*? Farn.: Die Fühler sind kurz, die Palpen kurz und dick.
Nebenpalpen fehlen. Die Augen sind klein, der Kopf ist rauhhaarig.
Die Hinterschienen sind lang behaart. Die Vorderflügel haben eine
einfache Hinterrandsrippe , eine sehr lange Mittelzelle, woraus 5 — 8
kurze Rippen entspringen , und eine sehr kurze Vorderrandsrippe.
Die Hinterflügel haben eine Innenrandsrippe und eine gegen die
Spitze gegabelte Mittelrippe. Während der Ruhe sind die Fühler
unter den dachförmig an den Leib gelegten Flügeln verborgen. —
Den Raupen fehlt das 4te Paar Bauchfüsse, sie leben unter der
Blatthaut. Die Puppen sind gestreckt und haben lange Flügel-
scheideu . . . . LithocollHina.
§§§§§. Die Hinterflügel sind sehr schmal. Die Fühler haben
Augendeckel. Nebenaugen fehlen. Die Hinterrands¬
rippe der Vorderflügel ist einfach. — Die Raupen mi¬
niren, mind^tens in der Jugend. . . Calybilae.
98*e Farn.: Die Fühler sind über J so lang wie die Vorder¬
flügel. Palpen und Nebenpalpen sind lang oder fehlen. Der Kopf
hat am Scheitel oder hinten einen Haarbusch. Die Vorderflügel
haben 4 — 9 Rippen, die Hinterflügel eine zwei- oder dreigabelige
Mittelrippe. Ruhend sind Flügel und Fühler an den Leib gelegt.
— Die Raupen sind theils löfüssig, theils fusslos (Phyllocnistis).
Einige Puppen haben sehr lange Flügelscheiden. . Lyoudiiia.
99*,? Fam. : Die Fühler sind unter ^ so lang wie die Vorderflügel.
Die Nebenpalpen sind lang, dünn, vielgliederig, eingeschlagen. Der
Kopf ist überall rauhhaarig. Die Vorderflügel haben höchstens
9 Rippen, die Hinterflügel eine gabelige Mittelrippe. Die Gestalt
ist sehr klein. — Den Raupen fehlen die Krallenfüsse, sie haben
aber 9 Paar Bauchfüsse mit kleberigen Sohlen ohne Hakenkränze.
Die Puppen sind kurz, stark ausgeprägt mit grossen breiten Flügel¬
scheiden, sie ruhen in einem Cocon . Wpticulina.
III. Grupe: flicropterycnlac. Vorder- und Hinterflügel haben mehr
als 8 Rippen und einen gleichen Verlauf derselben. — Die
Raupen miniren.
44
• Carl Plötz: System der Schmetter lii, (je.
1001? Farn.: Die fadenförmigen Fühler sind kürzer wie die
Vorderflügel. Die Nebenpalpen sind 5 — öglicderig. Der Sauger ist
kurz. Nebenaugen sind vorhanden. Die Vorderflügel sind meistens
broncefarbig, die Hinterflügel violett oder grau. Die Gestalt ist
klein, der Flug im Sonnenschein. — Die ganz fusslosen Raupen
haben am letzten Gliede 2 Spitzen. Die Puppen sind weichschalig
und haben freie Glieder. . . llieropterygina.
oder mit langen Afterspitzen .
gewölbt, asselförmig
Raupen walzenförmig
mg
Fühler bei iKeii
u. ? gleich]
verdickt *Oce( dachförmig den Leib ....
rFliij an den Leib gelegt .
end sind d. Fl. um den Leib gelegt
lend sindd. Fl. an den Leib gelegt
förmig oder keulenförmig . . .
Nymphalidae.
Libvtheidae.
1/
Erycinidae.
Lycaenidae.
Papilionidae.
Hesj)eridae.
Castniidae.
Hepialidae.
Cossidae.
Sesiidae.
Sphingidae.
Thvrididae.
Fühler
verschieden,
bei $ u. ?
oft ungleich
rschienen mit Endspornen . Psychidae.
behaart . . . . Anthroceridae.
nimmt. Leib u. Vdfl. oft metallisch gefärbt Glaucopidae.
oorstenf. Rücken rauh, Flügel bunt . . Arctiidae.
Flürmig . Agaristidae.
glei. Vdti. meist schmal, Htfl. breit . . Litliosidae.
im $ breit — gekämmt . Liparidae.
irpcr stark. Fühler gekämmt .... Lachneidae.
rper sehr haarig. Fühler gekämmt . . Endromidae.
*ken. Körper stark. Fühler gekämmt . Bombycidae.
, breit, die hintern auch wohl geschwänzt Pavonidae.
örper ist plump . Perephoridae.
en haben stark ausgeprägte Glieder . . Cochliopodae.
des $ schmal gekämmt . Cymbidae.
uppt . Brephidae.
Bschuppt . ' . Drepanulidae.
mi Haarzahn . Notodontidae.
klein . Cymatophoridae.
mig. Raupen meist nackt . Noctuidae.
nzt. Raupen behaart . Uranidae.
>t nackt . Geometridae.
n d . Siculidae.
Flü, Flügelscheiden . Alucitidao.
fkt. Puppe mit langen Flügelscheiden . Pterophoridae.
Puppe mit langen Flügelscheiden . . . Pyralidae.
Flruppe mit kurzen Flügelscheiden . . . Tortricidae.
glein mit Mittel- und Endspornen . . . Cancphoridae.
11s den g an Ausmass übertreffend . . Typbonidae.
besonders die hintern . Tineidae.
. Nepticulidao.
. Microptorycidae.
Flü
Ue
b e r s i
(Verkürzt).
C
h t.
Fühler bei i Keine Ocellen
. — etc. 47
Kreuzotter hätte haben können, als ich in eine Felscnspalte
langen wollte, in welcher .ich ein Vogelnest vermuthete, wenn
ich nicht dem warnenden Zischen sogleich Folge geleistet und
die Hand rasch zurückgezogen hätte. Am südlichsten habe
ich sie in Oberschlesien und in den Tyroler Alpen ange¬
troffen.
Was nun die Beschaffenheit des Terrains anbe¬
langt, welches die Kreuzotter in Pommern vorzugsweise liebt,
so sind es junge Kiefernschonungen, welche mit Haide —
Calluna vulgaris, — Porst — Ledum palustre, — Heidelbeeren
— Vaccinium Mvrtillus und uliginosum, — Rauschbüeren — “
Empetrum nigrum — und Adlerfarrn — Pteris aquilina —
bewachsen, hin und wieder mit Brüchern, Mooren und Seen
durchsetzt sind, Graskaupen oder Bülten, welche sich an
den Rändern der letzteren befinden, Elsenbrücher , welche
der Sonne stellenweise Zutritt gewähren und gemischte
Laub- und Kadelholzbestände mit frischem und humosem
Untergründe.
Kach Amtsrichter Schmidt sollen die Kreuzottern so¬
gar einzelne Oertlichkeiten bevorzugen, indem sie in diesen
häufig, dagegen in angrenzenden ähnlichen selten oder nie ge¬
funden werden.
ln reinen Laubholzbeständen, im Hochwalde hält sich
die Kreuzotter nicht auf, wenn nicht ein humoser Waldplan
vorhanden.
Das Bevorzugen oder Meiden der vorherbenannten Wal-
dungen findet seine natürlichen Gründe darin, dass sich Kie¬
fernwaldungen zum grössten Tlieile auf humosem, moosüber¬
zogenen. von niedrigen Sträuchern bewachsenen Boden be¬
finden und gleich den Stubben in den Elsenbrüchern gute
Verstecke und Schlupflöcher gewähren, welche der Kreuzotter
nothwendig sind zum Verbergen und Ueberwintern, dagegen
diese Eigenschaften den mehr auf festem Boden sich befin¬
denden Laubwäldern mangeln.
Zuweilen trifft man sie auch in den Dörfern, Gärten und
auf den Höfen.
Eng. von Homeyer ist der Meinung, dass sie zeitweise
von einem Terrain in das andere wandern und zwar zur
Herbst- und Frühjahrszeit.
4*
48 Ludwig Iloltz: Ueber die Kreuzotter — Pelias Berus L. — etc.
Er berichtet, dass sie sich an trockene Bruchstellen be¬
geben, um unter Elsenstubben zu überwintern, die Paarungs¬
zeit an den Bruchrändern verleben und dann wohl meisten-
theils in Gehölze auf trockenem Boden gehen.
Er will die Beobachtung gemacht haben, dass jährlich zu
beiden Jahreszeiten auf einer Chaussee in der Stolper Gegend,
welche zwischen Bruch und Hochwald eine ganze Strecke
fortläuft, eine erhebliche Zahl dieser Thiere durch vorüberfah¬
rende Wagen getödtet würden, während zu anderen Zeiten
dies selten der Fall sei.
Die Zeit ihres Wirkens und Treibens beginnt im
April, zuweilen schon im März bei warmen Tagen und dauert
bis zum October, auch zuweilen noch in den November hin¬
ein, wenn die nothwendige Bedingung vorhanden: warme,
sonnige Tage.
Die Paarung geschieht im normalen Verlaufe im Früh¬
jahr und — nach Lenz — nur einmal im Jahre und von
Individuen, welche wenigstens ein Alter von 4 Jahren er¬
reicht haben, doch hat er sogar einmal im December ein Pär¬
chen in der Begattung betroffen; die Gebärungszeit ist von
Mitte August bis Mitte September.
In der Paarungszeit werden oft mehrere bei einander ge¬
troffen, Ernst von Homever hat einmal im Kl. Barnekower
Holze an einem Vormittage, bei hellem Sonnenscheine, an
einer schrägen alten Grabenborte eine ganze Menge beisammen
gesehen und 18 Stück mit einem Schüsse getödtet.
Die Kreuzotter bringt lebende Junge zur Welt, in Zahl
von 6 bis 12, — nach Lenz — zuweilen 15 und zwar in feinen
Säckchen, welche die Jungen sogleich durchbrechen.
Die Jungen haben — nach Lenz und Brelnn — bei
ihrer Geburt ungefähr eine Länge von 7 Zoll und eine Stärke
von 4* Linien; es umgiebt sie eine feine durchsichtige, lose
Oberhaut, welche sie wenige Stunden nach ihrer Geburt ab¬
streifen.
Die Häutung bei den alten Kreuzottern findet 5 Mal im
Jahre statt und zwar die erste: Ende April bis Anfang Mai,
die zweite: Ende Mai bis Anfang Juni und so fort bis An¬
fang Septembar.
Die Nahrung besteht vornehmlich, jedoch nicht aus-
Ludwig Iloltz: Utber die Kreuzotter — Pelias Berus — etc. 49
schliesslich aus warmblütigen Thieren und besonders Mäusen,
docli geht die Kreuzotter auch Vögel und grössere Vierfüss-
ler an.
So berichtet mir Eug. von Homeyer, dass er einmal,
durch den Angstschrei eines Vogels aufmerksam gemacht,
einem Busche zugeeilt sei und dort eine Kreuzotter beschäf¬
tigt gefunden habe, das letzte der fast ganz erwachsenen Jungen
einer Goldammer — - Emberiza citrinella — hinunterzuwürgen.
Einen anderen Fall habe er im Jahre 1874 erlebt. Mit
einem Freunde durch ein Roggenfeld gehend, welches an einer
Kiefernschonung gegrenzt, hätte er eine Kreuzotter in einer
Furche gefunden und erschlagen. Er hätte dieselbe dann
forttragen wollen , um sie zu vergraben , weil man in der
Stolper Gegend der Meinung sei, dass einem Tritte mit nackten
Füssen auf den Zahn derselben, dieselben Wirkungen folgten,
wie dem Bisse, es seien ihm zwei Erhöhungen in der
Mitte des Leibes aufgefallen, er hätte Junge vermuthet, den
Ijcib aufgeschnitten und zwei Wiesel — - Mustela vulgaris —
*h er vorgezogen, ein altes Weibchen und ein fast erwachsenes
Junges.
Er meint, dass wahrscheinlich bei Vertheidigung ihres
Jungen die Mutter einen Biss erhalten habe und in der
Nähe gefallen sei. so dass die Otter dieselbe noch hätte auf¬
zufinden vermocht und schliesst daraus auf eine ausserordent¬
lich rasche und starke Giftwirkung.
Wie andere Schlangen, können auch die Kreuzottern
lange hungern, man hat Fälle, dass sie vom Frühjahr ab bis
in den Spätherbst hinein keine Nahrung zu sich genommen
haben.
Die grössten Feinde der Kreuzottern sollen der Iltis, der
Igel — Erinaceus europaeus, — der Bussard — Buteo com¬
munis, — der Holzheher — Garrulus glanderius — u. a. sein.
Bei den verschiedensten Versuchen, die Lenz angestellt
mit der Kreuzotter und dem Igel, hat, trotz Bissen in Nase
und Lippen, stets der Igel den Sieg davon getragen und die
Otter verspeist, die Bisse der Otter sind vollkommen wir¬
kungslos geblieben.
Die Ueberwinterung geschieht in Pommern unter
50 Ludwig Holt z : Ueber die Kreuzotter — Pelias Berus L. -- etc.
Wurzeln, in Löchern und besonders unter Elscnstubben und
findet man die Tliiere dann oft zahlreich beisammen.
Eug. von Homeyer berichtet mir, dass vor etwa 25
Jahren seine Arbeiter bei der Rodung eines Elsenbruches, im
Dezember, unter einem Stubben eine grosse Menge Kreuz¬
ottern, in einen Klumpen zusammengeballt, angetroffen hätten.
Sie hätten die ganze Gesellschaft in einen Korb gelegt und
ihm gebracht und hätte er, in Anwesenheit mehrerer Herrn,
dann 81 Stück gezählt. Es hätten sich Tliiere von grossen
Dimensionen darunter befunden, der Mehrzahl nach aber seien
es Junge von demselben Jahre gewesen.
Bei Fortsetzung der Rodungsarbeiten hätten sich noch 3
unter einem anderen Stubben gefunden, dann keine mehr.
Was nun die Färbungen der Kreuzottern anbelangt, so
sind sie, nach Jahreszeit und Alter bald heller, bald dunkler,
nach den Häutungen schöner und greller.
Wie im Allgemeinen, so kann man auch für Pommern
vornehmlich zwei unterscheiden, die ziemlich aus einander
gehalten werden können: die braune kupferfarbene und die*
graublaue, zwischen welchen indess unzählige Nüancirungen
stattfinden, welche sich nicht selten bis zu schwarz steigern.
Amtsrichter Schmidt giebt folgende für die Barther Um¬
gegend an:
1. aschgrau mit deutlich sichtbaren Zickzackbande;
2. graubraun mit mehr oder minder ins sclnnutzig-
röthliche spielend, gleichfalls mit deutlichem Zick¬
zackbande und
3. schwarz, ja kohlschwarz, bei welcher nur hin und
wieder der letzte Theil bei hellerer Färbung das
Zickzackband zeigt.
Wenn ich auch gerade nicht behaupten kann, in einem
und demselben Bezirke eine auffallend ungleichmässige Ver-
theilung der braun-kupferfarbenen und der grau-blauen Fär¬
bungen bemerkt zu haben, so hat es mir doch scheinen
wollen, als wenn die blau-graue Färbung sich mehr an den,
den Bodden anliegenden, die braune kupferfarbene mehr an
den, im Innlande belegenen Wohnplätzen zeige.
Das Verhältnis der schwarzen zu den helleren Farben
ist — nach Koch — wie 8 : 2. Die schwarzen Schattirungen
Ludwig lloltz: Ueber die Kreuzotter — Pelias Berns L. — etc. 51
gehören — nach Brehm — dem Weibchen, die helleren dem
Männchen an, welches auch von Koch behauptet wird, je¬
doch mit der Bemerkung des Letzten: dass es auch beider¬
seits Ausnahmen gäbe.
Eug. von Homever ist indess entgegengesetzter Mei¬
nung, indem er mir berichtet, dass er überzeugt sei, dass
alle Männchen einen blau-grauen, alle Weibchen einen gelb¬
braunen Charakter trügen, ich stimme den beiden vorher¬
genannten Autoren bei.
Eine weissliche Färbung ist seltener, wird indess — nach
Wiese — im Rügen walder Kreise nicht selten beobachtet.
Die schwarzgefärbte Kreuzotter ist früher als eigene Art
unter dem Kamen Colubcr Prester aufgestellt worden, hat in¬
dess als solche nicht aufrecht erhalten werden können
Nach Brehm nennt der Volksmund die schwarzgefärbte:
Höllennatter, auf dem Darss wird die lichtbraun kupferfarbene
als Feuernatter, in Schlesien die gleichfalls so gefärbte als
Kupferschlange bezeichnet.
Hinsichtlich des häufigen oder selteneren Vorkom¬
mens der Kreuzotter in den verschiedenen Gegenden ergiebt
sich für die Provinz Pommern Folgendes :
Im Regierungsbez ir ke Stralsund ist sie nicht
selten auf Rügen, sogar häufig auf der Schaabe, jener Jas-
mund und Wittow verbindenden langen, ebenen, mit Kiefern¬
schonungen und Haiden durchsetzten Landenge, sehr häufig
auf dem Darss und Zingst, resp. Sundischo Wiese, ebenso in
den, in der Umgegend von Barth belegenen Waldungen und
Mooren, nicht selten in den Abtshäger, Poggendorfer und
Stubbendorfer Oberförstereien und anliegenden Privatwaldungen
resp. dem Kl. Barnekower Forste, häufig in der Jägerhöfer
Oberförsterei und anliegenden Forsten, um Wolgast, Lassan
und Greifswald und sehr häufig im Kieshofer Moore.
im Regierungsbezirke Stettin ist sie nicht selten in den
auf den Inseln Usedom und Wohin sich befindenden Wal¬
dungen und Mooren, den Anclamer Forsten, resp. sehr häufig
im Haffbruche, häufig in den, den Binnengewässern anlie¬
genden Maldungen, nicht selten in den Oberförstereien Fal¬
kenwalde und Rothenmühl und häufig in den um. Uecker¬
münde sich befindenden Forsten.
etc.
/
52 Ludwig Holtz: Leber die Kreuzotter — Pelias Berus L. —
Im Regierungsbezirke Cöslin ist sio nicht selten bei
Coslin und Colberg, häufig bei Naugard und nicht selten bei
Rügenwalde und Stolp.
Im Allgemeinen ergiebt sich, dass sie in den, den Bod¬
den (Binnengewässern) und Flüssen benachbarten 'Waldungen
und Mooren, resp. Briichern und Wiesen nicht selten, häufig
und zuweilen sehr häufig, in den weiter im Lande belegenen
Bezirken seltener, doch immerhin nicht selten vorkommt.
Nach Amtsrichter Schmidt zeigt sie sich in manchen
Jahren mehr, in manchen weniger, auffallend häufig wurde
sie im Barther Walde im Jahre 1885 bemerkt, er hat dort wohl
täglich auf der Schnepfensuche ein halbes Dutzend angetroffen.
In den, mehr im Lande belegenen Bezirken, wo sie vor
25 bis 50 Jahren sehr häufig, ja nach den Angaben „klum¬
penweise“ angetroffen, ist sie jetzt seltener geworden, was
seinen natürlichen Grund darin hat, dass im Laufe der Jahre
in denselben zahlreiche 'Waldungen ausgerodet, Haiden
umgebrochen und zu Ackerland gemacht, Elscnbrücher in
Eschenschonungen verwandelt, Moore trocken gelegt, der
Kreuzotter also die, für dieselbe nöthigen Existenzmittel durch
die Kultur entzogen worden sind.
Beobachtungen haben ergeben, dass die Kreuzotter in den,
von der Sturmfluth von 1872 berührten, früher stark bewohn¬
ten Bezirken nach derselben in bedeutend geringerer Anzahl
aufgetreten, indess heute wieder so zahlreich wie früher zu
finden ist.
Wie aber jene Sturmflut die Kreuzottern deeimirt hat, so
ist durch dieselbe auch wieder die Verbreitung derselben beför¬
dert worden, denn abgerissene Grasbülten mit den auf den¬
selben sich festgeklammerten Ottern sind durch die Finthen,
resp. die Flüsse weit ins Land hineingeführt worden.
Gehen wir n un über zu dem Bisse der Kreuzotter,
dessen Wirkungen resp. Heilmethode betreffs der Ge¬
bissenen.
Die Kreuzotter ist die einzige Giftschlange Deutsch¬
lands. Die Giftzähne befinden sich nach der Angabe der Au¬
toren in der oberen Kinnlade in zwei kleinen Vertiefungen,
verborgen oder geschützt durch drüsenartige Säckchen, sind
weiss. und sehr spitz und mit einer feinen Rinne ver-
\
Lndicig Iloltz: Ueber die Kreuzotter — Pefias Berus L. — etc.
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sehen, durch welche sich das Gift beim Bisse von den, hinter
den Augen liegenden Giftdrüsen ergiesst und sich dann der
Wunde mittheilt. Die Giftzähne liegen beim Nichtgebrauche
nach hinten zurückgeschlagen, und richten sich erst auf, wenn
der Bachen zum Bisse sich öffnet.
ln jeder Kinnlade befinden sich — nach Koch — ein
Giftzahn, aber auch zwei bis vier, von welchen, wenn der
erste vielleicht verloren gegangen sein sollte, der nächstfol¬
gende in Function tritt. Das Gift zeigt sich — nach dem¬
selben — zuerst in ganz weissen Tröpfchen , nimmt aber,
wenn die Schlangen gereizt, oftmals hinter einander gebissen
haben, eine trübe schmutziggelbe Färbung an. Nach Lenz
und Breli m ist schon wenige Tage nach der Geburt das Gift
der Jungen so wirksam, dass ihr Biss Mäuse zu todten vermag.
Auch das Gift der frisch getödteten Schlangen macht —
nach Lenz -- krank oder tödtet und — nach demselben —
behält auch 'Viperngift, getrocknet in einem Fläschchen auf¬
bewahrt, noch bis zu 22 und 20 Monaten seine vergiftende,
tödtlich wirkende Kraft, wenn es einer Wunde mitgetheilt
wird; hat indoss eine Schlange ein Jahrlang in Spiritus gelegen,
hat das Gift seine Wirkung verloren.
Zum Bisse wird die Kreuzotter nur getrieben durch Noth-
wehr, resp. unvorsichtiges Berühren.
Sie führt den Biss aus, indem sie ihren Kopf ein wenig
hebt, etwas zurückzieht und dann denselben plötzlich 6 bis
8 Zoll vorschnellt.
Wenn nicht Nothwehr oder plötzliches Berühren sie er¬
schreckt und zum sofortigen Bisse reizt, warnt sie durch
ein Zischen, welches, nach den Schriftstellern, durch rasche
Ein- und Ausathmung der Luft hervorgebracht werden soll.
Der von der Kreuzotter gebissene Körpertheil zeigt ge¬
wöhnlich zwei kleine Ritzen (Schrammen) oder mit Blut
unterlaufene punktförmige Steilem
Krankheitserscheinungen nach dem Bisse sind:
meist rasch eintretendo starke Anschwellung der, der \\ unde
benachbarten, auch entfernteren Körperstellen, örtliche Schmer¬
zen, Fieber und Uebelkeit.
Augenblickliche Vor kehr ungs m ittel nach einem
Otterbisse, bevor ein Arzt zur Stelle, dessen Hülfe man stets
54 Ludwig lioltz: Lieber die Kreuzotter — Pelias Berus L.
etc.
baldmöglichst in Anspruch nehmen sollte, sind: Aussaugen der
Wunde, wenn man eine solche nicht im Munde oder auf den
Lippen hat, da sich sonst das Gift dieser Wunde mittheilen
und das Blut vergiften würde, sodann Unterbinden des ge¬
bissenen Gliedes, damit das vergiftete Blut nicht cirkuliren
und bis zum Herzen dringen kann, ferner fester Fingerdruck
auf der Wunde oder Auf binden eines flachen Steines auf die¬
selbe, damit gleichfalls die Cirkulation verhindert wird und
endlich Ausschneiden oder Ausbrennen der Wunde und dem-
nächstiger Reinigung mit Salzwasser, Salmiack oder anderen
ätzenden Flüssigkeiten und Säuren.
Hie Heilung erfolgt nach 10 und 14 Tagen, 3, 6 bis 8
Wochen, wenn nicht das Gift im Körper bleibt oder die ge¬
bissenen Glieder einer längeren Lähmung unterliegen oder
der Tod erfolgt, welcher nach Erfahrungen schon innerhalb
einer Stunde eintreten kann.
Einen sehr interessanten Fall, wo das Gift den Körper
durchaus nicht verlassen wollte, erzählt Brehm Lenz nach.
Derselbe betrifft ein Mädchen, welches in cRmm Alter von 19
Jahren von einer Kreuzotter in den nackten Fuss gebissen war.
Der Zustand besserte sich wohl nach und nach, doch bis
zum 40. Jahre blieb das Bein immer krank, bald gelbe, bald
braune oder rothe Flecke zeigend und immer schmerzend.
Sodann ging die Krankheit aus dem Bein auf die Augen über,
welche, nachdem sie eine Zeitlang gelitten, bald gänzlich er¬
blindeten und zwei Jahre blind blieben, worauf sie all¬
mählich wieder gesund wurden und die Sehkraft wioder-
kehrte. Jetzt aber erfasste das Uebel den ganzen Körper und
erzeugte, an verschiedenen Stellen wechselnd, Schmerzen im
Leibe und in den Gliedern, bis sie zuletzt fast vollkommen
taub wurde, wobei sie über 60 Jahre lebte.
Der Forstreferendar Schütt erzählte mir einen Fall mit
tödtlichem Ausgange.
Derselbe ereignete sich aufRügen, wo ein Sjähriges Kind,
welches im August, oberhalb des Fesselgelenkes, vcn einer Kreuz¬
otter gebissen, nach 4 Stunden, vor Ankunft des Arztes verstarb.
Ein mir bekannter Fall, der freilich nicht mit tödtlichem
Ausgange endete, aber doch von unangenehmer nachhaltiger
Wirkung war, betraf eine Dame, welche als junges Mädchen
Tjudwitj Iloltz: l ohn- dir Kre.uzotttr — I'rhas Berus />. — etc. 5i)
beim Erdbeerenpflücken in den Fass gebissen wurde. Die
Dame, später Mutter mehrerer Kinder, hat noch 20 und mehr
Jahre nachher bei Witterungswechsel, resp. Eintritt schlechten
Wetters die Wirkungen des Bisses durch Schmerzen gespürt.
Der mehr oder weniger giftigen Beschaffenheit
des Bisses liegen verschiedene Ursachen zu Grunde.
Im Frühjahr und in den heissen Monaten soll der Biss
am giftigsten sein, ebenso, wenn die Otter sich in gereiztem
Zustande befindet. Es kommt ferner die Oertlichkeit des
Bisses in Frage und auch besonders, ob es nur eine geritzte
oder tiefe Wunde ist, oder ob nur ein Zahn oder beide die
Verwundung bewirkt haben.
Was nun die Krankheitserscheinungen und die
Behandlung von der Kreuzotter Gebissener an be¬
langt, so lasse ich die mir aus der Provinz zugekommenen
Berichte Sachverständiger und Laien folgen.
Dr. Zaeske-Barth berichtet mir, dass er während seiner
10jährigen Anwesenheit daselbst nur J Fälle erlebt habe und
zwar einen im Jahre 1870 und 3 im Jahre 1885.
Das Vorkommen der letzten drei Fälle im Jahre 1885
ergänzt sehr gut die vorher schon erwähnte Mittheilung des
Amtsrichters Schmidt, der grade in dem Jahre die Kreuz¬
ottern daselbst sehr häufig beobachtet hat.
Der im Jahre 1870 vorgekommene Fall betraf eine Frau,
welche einen Biss in den Fass erhalten und erst 7 Tage nach
dem Bisse ärztliche Hülfe in Anspruch nahm. Der Fuss war
sehr stark angeschwollen, es wurden nur warme Bäder und
Einwickelungen verordnet, worauf die Heilung nach 10 Tagen
eingetreten war.
Zwei der im Jahre 1885 gebissenen Patienten waren im
Barther Krankenhause frisch in Behandlung genommen wor¬
den. Beide waren in die Hand gebissen worden, da sie mit
den Schlangen gespielt.
Hände und Arme schwollen bis zur Schulter sehr stark
an, doch stellte sich kein Fieber ein, auch waren geringe
Schmerzen zu konstatiren und nur eine gewisse Unruhe vor¬
handen. Die Patienten mussten sich ins Bett begeben, er¬
hielten subkutane Einspritzungen von Ammoniack und mussten
viel Branntwein trinken, stündlich 1 Glas, bis sie ein wenig
56 Jsud/ri rj J/oltz: Uehrr die Kreuzotter
Pelias Perus L.
etc.
trunken waren und in Schweiss geriethen. Oertlich wurden
Karbolumschläge angewandt, besondere allgemeine Erschei¬
nungen traten nicht ein. die Geschwulst zog allmählich ab,
bis die Kranken nach 10 Tagen etwa gesund entlassen wer¬
den konnten.
Ich will hier noch anführen, dass — nach Brelim —
durch den Otterbiss erkrankte Menschen auch nach unmässi-
gem Branntweingenusse nicht trunken werden, wenigstens
vom Rausche nichts verspüren.
Der dritte Fall in dem Jahre betraf einen Mann in Arbs-
hagen, der in den Buss gebissen, welcher bis zur Hüfte stark
angeschwollen war. Aerztliche Mittel verweigerte derselbe
zu nehmen, er hatte sich ein Loch in die Erde gegraben und
vergrub darin sein Bein täglich einige Stunden; nach 2 bis
3 Wochen ist derselbe gesund geworden.
Amtsrichter Schmidt-Barth hat während seiner 6jäh-
rigen Anwesenheit daselbst nur von einem glaubwürdigen
Forstmann über einen Kreuzotterbiss berichten hören.
Ein Mäher wurde auf der Sundischen Wiese in die eine
Fusszehe gebissen. Obgleich der Mann hat gleich „stillen“
lassen, ist er doch, nach Aussage seiner Mitarbeiter, 6 bis 8
Wochen krank gewesen.
Ernst v. Homever-Stedar
Fälle.
berichtet mir über zwei
Ein Tagelöhner winde vor mehreren Jahren in Vorland
bei Grimmen in den Mittelfinger gebissen.
Der Arm schwoll bis zur Schulter ausserordentlich stark
an, es erfolgten Erbrechen, Unbehagen, Unruhe, doch nicht
zu grosse Schmerzen, Hand und Arm wurden mit Oel und
Butter geschmiert, die Haut wurde braun und ging allmählig
bis über den Ellbogen fort. Nach 8 Tagen war er ziemlich
wieder hergestellt.
Der zweite Fall betraf eine Wirthschafterin , welche im
Lüssower Kransbusche bei Gützkow beim Erdbeerenpflücken
mit nacktem Fuss auf eine .Kreuzotter getreten und von der¬
selben gebissen worden war. Der Fuss war gleich so stark
angeschwollen, dass sie zu Hause gefahren werden musste,
ohnmächtig und todeskrank wurde, in ärztliche Behandlung
Ludwig lloltz: Leber die Kreuzotter
Pelias Berus L. — etc. 57
kam, und nachdem sie wieder gesund geworden, noch ein
halbes Jahr nachher mit dem Fusse lahmte.
Kreisphysikus, Prof. Dr. Haeckermann, hier, er¬
zählte mir, dass er als Assistent bei dem alten Geheimrath
Berndt zwei Fälle habe behandeln sehen, herbeigeführt dass die
Betroffenen mit Kreuzottern hätten spielen wollen. Die Hände
und Arme seien gewaltig angeschwollen gewesen, die Wunden
die Kranken nach 8 Tagen etwa wieder gesund geworden.
Rud. Tancre-Anclam schreibt mir, dass er sowohl wie
sein Hausarzt seit längeren Jahren von keinem Otterbisse
gehört hätten, er erinnere sich nur noch, dass einmal ein
Schulkamerad von ihm in dem Murchiner Holze von einer
Kreuzotter gebissen worden, der Junge sei zwar recht krank
gewesen, doch nach einigen Wochen wieder genesen.
Oberförster Westermeier-Falken walde hat wäh¬
rend 8 Jahren seiner dortigen Anwesenheit von keinem Otter¬
bisse, der einen Menschen betroffen, gehört, ebenso wäre ihm
auch aus früheren Jahren nichts darüber bekannt geworden.
Kreisphysikus, Dr. Hanow-Ueckermünde schreibt
mir dagegen, dass er alljährlich höre, namentlich zur Zeit der
Waldbeeren, wenn die Wälder von pflückenden Leuten wim¬
meln , wie fast in jedem Dorfe ein Kreuzotterbiss vorgekom¬
men sei.
Selten träten indess die Gebissenen in ärztliche Behand¬
lung und noch seltener nähmen sie ärztlichen Rath gleich
nach dem Bisse in Anspruch ; gewöhnlich sähe der Arzt nur
diejenigen Fälle, welche durch rohes Verfahren, Vernachläs¬
sigung und sekundäre Folgczustände hervorgerufen.
Die Krankheitserscheinungen seien: brennende Schmer¬
zen, Anschwellungen des gebissenen Gliedes, Lymphgefäss-
entzündung, Fieber, Unruhe, Angst.
Die Symptome und der Verlauf seien den Fällen eigen,
welche gleich nachdem Bisse mit reinigenden Sachen am
Ort der That tractirt seien; er sage nicht behandelt, denn
der erste Rath, vielleicht auch der einzig nöthige käme von
Leuten, die früher einmal Leidensgenossen gewesen seien:
Waschen der frischen Bisswunde mit Wein, Branntwein,
Salzwasser, selten Aussaugen, event. durch trockne Schröpfköpfe.
58 Littdtvifj lloltz: Ueber die Kreuzotter — Bellas Berus L.
etc.
Heute, wo das Karbolwasser, wenn auch nicht in Jeder¬
manns Hand, so doch in jedem Dorfe in einzelnen Haus¬
haltungen vorrätbig, benutze man dieses und erreiche dadurch,
dass die erstgenannten Symptome geringer wären oder ganz
ausbiieben , bis auf eine gewisse Schwere des gebissenen
Gliedes.
Trauriger aber seien die Fälle, in denen der Unverstand
— und leider noch zu oft — die Hand im Spiele gehabt
hätte. Er habe Fälle gesehen, in denen aus der Absicht, die
Aufsaugungen des Giftes zu hindern, die Oberschenkel mit
einer sehr engen Knebelung umgeben gewesen, so dass die
Schenkel bis an die Ligatur zur Unförmlichkeit angeschwol¬
len , taub, mit beginnender Brandbildung der Zehen behaftet
gewesen seien.
Dass der Tod infolge Kreuzotterbisses vorgekommen, habe
er, auch sogar in den schlimmsten Fällen, in den fast 22 Jah¬
ren seiner Wirksamkeit daselbst nicht erlebt, entsinne sich
auch nicht, je davon gehört zu haben.
Garnisonpfarrer, Dr. Rud. Richter-Colberg hat
von dem, dort wohnenden Kreisphysikus Erkundigungen ein¬
gezogen, wonach demselben kein Fall von einem Otterbiss
vorgekommen, dass aber auf einer ärztlichen Versammlung
mehrere Fälle von Otterbissen erwähnt, welche sein1 böse
ausgeschen hätten, indess wieder geheilt worden seien.
Kaufmann Carl Wilde-Colberg berichtet, dass in
dortiger Gegend Leute hin und wieder gebissen, aber immer
wieder gesund geworden.
Eug. von Homeyer-Stolp schreibt mir, d*w
den Gegenstand mit einem dortigen, vielbesc’ ' xirzte
gesprochen, dem in seiner 17jährigen Praxis nur 5 Fälle von
Otterbissen bekannt geworden.
Er selbst habe in einem langen Zeiträume nur von zwei
Fällen Kenntniss erlangt, welche beide veranlasst worden
durch Treten mit nackten Füssen auf die Thiere.
Ein Mädchen von etwa 14 Jahren wäre vor ungefähr
20 Jahren in Warbelow bei Stolp gebissen worden. Die
Aeltern hätten, wie das bei den Leuten oftmals geschähe,
den Fuss in die Erde gegraben und wohl dadurch noch
Ludwig Holtz: Leber die Kreuzotter — Pelias Berus L. — etc. 51)
dazu beigetragen , dass das Uebel sich verschlimmert. Am
folgenden Tage, als er die Nachricht erhalten , sei der Fuss
ganz ausserordentlich angeschwollen gewesen, das Kind hätte
starkes Fieber und grosse Schmerzen gehabt.
Er hätte gleich zum Arzte geschickt, jedoch sei die Pa¬
tientin 2 bis 3 "Wochen bettlägerig gewesen und hätte noch
längere Zeit nachher den Fuss nur unvollkommen gebrauchen
können.
Dass in seiner Gegend Menschen durch den Biss der
Kreuzotter getödtet, wäre ihm nicht bekannt geworden.
Dass Hunde von Kreuzottern gebissen werden, kommt
nicht selten vor und besonders Hühnerhunde im Frühjahr
auf der Schnepfenjagd, weil einestheils die Kreuzotter dann
zahlreicher in ihrer Paarungszeit auftritt, anderenteils aber
die Hunde yon der Witterung der Ottern angelockt, dann vor
denselben stehen. ^
Es sind mir einige Fälle bekannt geworden, welche ich
hier auch berichten will.
Oberförst e r Wc stermeier - Falken w a 1 d e schreibt,
dass sein Hühnerhund auf der Schnepfensuche in die Nase
gebissen worden sei. Es wäre starke Anschwellung erfolgt,
er hätte ihn gleich zu Hause geführt, ihm viel warme Milch
saufen lassen und wäre die Heilung bald erfolgt.
Amtsrichter Schmidt -Barth weiss von zwei Fällen.
Der erste betraf einen Hühnerhund, der am Hinterlauf
in den Ballen gebissen. Der starke Hund wäre ungefähr
eine Viertelstunde lang nach dem Bisse hin und her getau¬
melt, der Hinterlauf sei unförmlich angeschwollen, der Hund
ganz steif geworden und hätte bis zur Heilung circa zwei
Wochen still gelegen.
Der andere Fall ereignete sich mit einem Dachshunde,
der in den Vorderlauf gebissen worden , er hätte sich nur
schwer fortschleppen können , sei dann von einem Weibe
„gestillt^ und nach wenigen Tagen gesund geworden.
Ernst von Homey er- Stedar weiss sich 6 Fälle zu
erinnern, wo Hunde gebissen und theilt 2 mit.
Der erste Fall betraf seinen Hühnerhund, der von
einer Otter in die Nase gebissen worden. Nase und Kopf
waren nach einer halben Stunde unförmlich aufgeschwollen,
\
0Q Ludwig Iloltz: Ueber die Kreuzotter — Pelias Perus /,. — etc.
das Maul schäumte, der Speichel triefte aus demselben hervor,
nach 3 Tagen nahm indess die Geschwulst wieder ab und
der Hund wurde gesund.
Der zweite Fall betraf seinen Dachshund. Der £ Jahr
alte Hund wurde im Juli, an einem Nachmittage in der Wiese
von einer schwachen Otter gebissen, und starb um 9 Uhr
Abends.
Gleichfalls weiss er zu berichten, dass einem zu Kron-
horst bei Franzburg wohnenden Förster eine Kuh in die
Zunge gebissen wurde , welche in der Nacht an dem Bisse
starb.
Als bestes Heilmittel für Hunde bei Otterbissen wurde
neulich im „ Waidmann“, einer Jagdzeitung, der Branntwein
empfohlen, welchen man dem gebissenen Hunde von Viertel-
zu Viertelstunde in starken Dosen eingeben müsse, wonach
rasche Heilung erfolge.
Werfen wir nun einen Rückblick auf die Mittheilungen,
so muss es Jedem gleich auffallen, wie wenige Fälle von
Otterbissen den angeführten praktisirenden Aerzten und Laien
zur Beobachtung gekommen sind , besonders wenn wir die
Gegenden in Betracht ziehen , welche zahlreich von den
Kreuzottern bewohnt werden.
Einen Fingerzeig für das Missverhältnis giebt uns Dr.
Han ow, wenn er sagt: dass die Gebissenen sich gewöhnlich
zuerst an Leidensgenossen wenden und deren Rath in An¬
spruch nehmen ; indess können wir es uns noch besser er¬
klären, wenn wir nur daran denken, dass unter den Arbeits¬
leuten — und diese sind es ja meistenteils , welche bei
Gelegenheiten gebissen werden — noch immer das „Stillen“
der ärztlichen Behandlung vorgezogen und diese erst in An¬
spruch genommen wird, wenn das Uebel sich so verschlimmert
hat, dass das „Stillen“ nicht mehr helfen will.
Amtsrichter Schmidt hat ganz recht, wenn er schreibt:
fast in jedem der Wasserdörfer, — und füge ich hinzu: wohl
fast ohne Ausnahme in allen Dörfern — befindet sich ein
oder das andere Weib, meist alt und hässlich, welches das
,, Stillen“ versteht.
An solche wende sich gewöhnlich der Arbeiter u. a.,
sobald eine blutende Wunde oder ein Otterbiss in Betracht
Ludwig lloltz: Ueber die Kreuzotter — Peiias Berus L. — etc. 0]
kämen. Das alte Weib streiche und blase dann mit geheirnniss-
v ollen Worten über die Wunde und — — es hülfe.
Er meint weiter daraus schliessen zu können, dass der
Kreuzotterbiss meist ziemlich ungefährlich sein müsse.
Zum Schlüsse giebt er noch einen Stillvers, den ich hier
auch berichten will:
Ick still di mit de kolle Hand,
AAru weigt de Wind, wu stowt dat Sand;
Twe Schap, de Sprüngen äwer den Tun,
Dat een wir witt, dat anne brun.
Im Namen des Yaters etc.
Uebrigens hat den Leuten die Erfahrung schon gelehrt,
dass ein Kreuzotterbiss, wenn auch selten tödtlich, so doch
immerhin schmerzhaft und störend für die Betreibung ihres
Geschäftes ist. Sie gehen deshalb auch, wenn es ihre Mittel
erlauben, sehr selten mit nackten Küssen zum Holzsammeln
und Beeren pflücken und vermeiden dies besonders im Früh¬
jahre, wo die Kreuzotter immer zahlreicher vorkommt.
Sie haben dann die Küsse gewöhnlich mit dicken Strümpfen
bekleidet, welche hinreichenden Schutz gewähren.
Schliesslich stelle ich nun, bezüglich des Abkommens
der Kreuzotter und den sich daran knüpfenden Erscheinungen
für Pommern nachstehende Thesen auf:
1. Die Kreuzotter kommt durch ganz Pommern vor, mit
Ausschluss solcher Gegenden, wo die Existenzbedin¬
gungen: zusagende Nahrung und zum Verbergen
geschicktes Terrain fehlen.
2. Sie kommt in den meisten Gegenden nicht selten und
nicht selten sehr häufig und zahlreich vor.
3. Das bevorzugte Terrain sind junge Kiefernschonungen,
mit niedrigen Sträuchern und Adlerfarren besetzt,
sowie auch Elsenbriicher.
4. Die Sturmflut von 1872, wenngleich sie auch an den,
von derselben betroffenen Oertlichkeiten die Kreuzotter
decimirt, hat doch die Verbreitung derselben befördert.
5. Fälle von Bisswunden kommen in allen Gegenden
vor, indess ist sicher anzunehmen, et ' sicht über die Vorträge.
III.
Uebersicht
über die Vorträge, welche in den Sitzungen
des Jahres 1886 gehalten wurden.
Sitzung1 am 13. Januar.
Herr Cohen: Ueber Meteorite.
Herr Oberb eck: Ueber den Edler’schen Apparat zur
Demonstration der Kepler’schen Gesetze.
Sitzung am 3. Februar.
Herr Oberbeck: Ueber eine Methode, magnetische Kraft¬
linien in anschaulicher Weise zur Darstellung zu
bringen.
Herr Schmitz: Ueber Spaltpflanzen.
Sitzung am 3. März.
Herr Cohen: Demonstration einer Tse-tse-Fliege.
Herr Bergmann: Ueber einen neuen Apparat zur Dar¬
stellung einfacher Schwingungen. — Demonstra¬
tion einiger Versuche mittelst des Telephons.
Herr Oberbeck: Ueber zwei feinere Messapparate für
galvanische Ströme, das Spiegel-Galvanometer und
das Elektrodvnamometer.
«>
Sitzung am 7. April.
Herr W. Holtz: Ueber Breguet’sche Spiralthermometer
für Vorlesungszwecke und über sehr empfindliche
Hygrometer nach gleichem Princip.
Herr L. Holtz: Ueber die Verbreitung der Kreuzotter in
der Provinz Pommern.
Herr Schwan ert: Ueber das Germanium.
Sitzung am 5. Mai.
Herr Möller: Ueber Symbiose im Pflanzenreiche.
Sitzung am 2. Juni.
Herr Cohen: Ueber Produkte des Mineralreiches in Süd-
Afrika, welche von den Eingeborenen verwendet
werden.
Uebersicht über die Vorträge.
XI
Herr Müller: Uebor einen Bockkäfer Brasiliens, welcher
die Aeste des Campherbaumes. durchsägt.
Sitzung am 7. Juli.
Herr Oberbeck: Ueber die Kohrflöte.
Herr Schulz: Ueber das Vorkommen freier Säure in
den Organen verschiedener Thiere.
Herr Schmitz: Demonstration eines Excmplares von
Drosophy llum 1 u sitanicum .
Sitzung am 8. November.
Herr Bergman n : Ueber die Hughesscho Induktionswage.
Herr L. Holtz: Ueber die Einbürgerung von Sarracenia
purpurea in Deutschland.
Herr Schmitz : Ueber die Wasserblüthe, welche während
des Monats August 1886 im Greifswalder Bodden
und im Rvck zu beobachten war.
Sitzung am 6. Dezember.
Herr Cohen: Ueber eine Pseudomorphose nach Markasit
aus der Kreide von Arcona auf Rügen.
HerrDeecke: Ueber die Ausbildung des Gehirns bei
fossilen Säugethieren.
Herr Müller: Demonstration einer Brakwasser-Bryozoe
aus der Gattung Victorella.
XII
Verzeichniss eingegangener Schriften.
IV.
Verzeichnis
der Akademien, Vereine und Gesellschaften, mit denen der
Verein in Schriften-Austausch steht, nebst Angabe der im
Jahre 1886 eingegangenen Schriften.
I. Deutschland.
Altenburg: Mitteilungen aus dem Osterlande.
Neue Folge Bd. 3.
Augsburg: Naturhistorischer Verein.
Berichte Nr. 28.
Bamberg: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen
Berlin: Deutsche geologische Gesellschaft.
Zeitschrift Bd. 37, Heft 3-4. Bd. 38, Heft 1—3.
— Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften.
Sitzungsber. Jahrg. 1885, Nr. 40 -52. Jahrg. 1886,
Nr. 1—39.
— Botanischer Verein der Provinz Brandenburg.
Schriften nicht eingegangen.
Bonn: Naturhist. Verein der Preuss. Rheinlande u. Westfalens.
Verhandlungen Jahrg. 42, 2. Jahrg. 43, 1.
Braunschweig : Verein für Naturwissenschaften.
Schriften nicht eingegangen.
Bremen: Naturwissenschaftlicher Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Cassel: Verein für Naturkunde.
Festschrift 1886.
Chemnitz: Naturwissenschaftliche Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen
Danzig: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften Bd. 6, Heft 3.
Donaueschingen: Verein für Geschichte u. Naturgeschichte der
Baar und der angrenzenden Länder.
Schriften nicht eingegangen.
Verzeichniss ein gegangener Schriften.
XIII
Dresden: Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis.
Sitzungsber. u. Abhandl. Jahrg. 1-885. Jahrg. 1886,
Januar-Juni. Festschrift zur Feier des 50jährigen Be¬
stehens des Vereines.
— Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde.
Jahresber. 1885 — 86.
Dürkheim: Naturwissenschaftlicher Verein „Pollichia“.
Schriften nicht eingegangen.
Elberfeld: Naturwissenschaftlicher Verein.
Schriften nicht eingegangen.
— Naturwissenschaftliche Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Emden: Naturforschende Gesellschaft.
Jahresber. 70.
Erlangen : Physikalisch-medizinische Societät.
Sitzungsberichte Heft 17.
Frankfurt a/M.: Physikalischer Verein.
Schriften nicht eingegangen.
— Senkenbergische Gesellschaft.
Bericht 1885 und 1886.
Frankfurt a/0.: Naturw. Verein für den Regierungsbez. Frankfurt.
Mittheilungen 3. Jahrg. Nr. 7 — 12; 4. Jahrg. Nr. 1 — 7.
Freiburg i. Kr.: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Fulda; Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Cera: Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Üiessen: Oberhessische Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Körlitz: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
(jiöttiugeii: Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.
Nachrichten Jahrgang 1885, Nr. 1 — 13.
Kalle: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen-
— Giebel & Siewert, Zeitschrift für die gesammten Natur¬
wissenschaften.
Bd. 4, Heft 5 — 6; Bd. 5, Heft 1 — 3.
XIV
Verzeichniss eingegangener Schriften.
Halle: Kaiserl. Leop. Carol. Deutsche Akademie der Natur¬
forscher.
Leopoldina. Heft 21, Nr. 21 — 24; Heft 22, Nr. 1 — 6.
Hamburg: Naturwissenschaftlicher Verein.
Schriften nicht eingegangen.
— Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung.
Schriften nicht eingegmgen.
Hanau: Wetterauische Gesellschaft für Naturkunde.
Bericht v. 1. Januar 1883 bis 31. März 1885.
Heidelberg: Naturhistorisch-medizinischer Verein.
Verhandlungen Bd. 3, Nr. 5 und Festschrift 1886.
Kiel: Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein.
Schriften Bd. 6, Heft 2.
Königsberg: Physikalisch-ökonomische Gesellschaft.
Schriften Jahrg. 1885.
Landshut: Botanischer Verein.
Bericht Nr. 9 (1881 — 85).
Leipzig : Naturforschende Gesellschaft.
Sitzungsberichte 12ter Jahrgang.
Lüneburg: Naturw. Verein für das Fürstenthum Lüneburg.
Schriften nicht eingegangen.
Magdeburg: Naturwissenschaftlicher Verein.
Bericht 1885.
Mannheim: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Harburg: Gesellschaft zur Beförderung der gesummten Natur¬
wissenschaften.
Berichte 1885 u. 86.
Schottelius, klimatische Verhältnisse.
Mnchen : Akademie der Wissenschaften.
Sitzungsberichte der mathematisch-physikalischen Klasse.
1885, Heft 4; 1886, Heftl. Inhaltsverzeichn. 1871 — 85.
Münster: Westphälischer Verein für Wissenschaft u. Kunst.
Schriften nicht eingegangen.
Neu-Krandcnburg: Verein der Freunde der Naturgeschichte in
Mecklenburg.
Archiv Jahrg. 39.
Offenbach: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
V erzeich nias eingegangeuf r Schriften.
XV
Osnabrück: Naturwissenschaftlicher Verein. 4
Schriften nicht eingegangen.
Putbus: Entomologische Nachrichten, herausg. von Dr. Katter.
Schriften nicht eingegangen
Ucgcnsburg: Zoologisch-mineralogischer Verein.
Korrespondenzblatt Jahrg. 39.
Soiidcrshnusen : Botanischer Verein „Irinischia“ für das nördl.
Thüringen.
Korrespondenzbl. Jahrg. 5, Nr. 10 — 12.
Stettin: Ornithologischer Verein.
Zeitschrift 1885 Nr. 1—12. 1886 Nr. 1—8 u. 11—12.
Stuttgart: Verein für Vaterland. Naturkunde in Württemberg.
Jahres lieft 42.
Wernigerode: Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes.
Schriften Jahrg. 1.
Wiesbaden: Nassauischer Verein für Naturkunde.
Jahrbücher 38—39.
Wiirzburg : Physikalisch-medizinische Gesellschaft.
Sitzungsberichte Jahrg. 1885.
Zwickau: Verein für Naturkunde.
Jahresbericht 1885.
II. Oesterreich-Ungarn.
Hist ritz : Gewerbeschule in Bistritz in Siebenbürgen.
Bericht 12.
Brünn: Naturforschender Verein.
Verhandlungen Bd. 23, Heft 1 u. 2.
— Mährisch-schlesische Gesellschalt.
Mittheilungen Jahrg. 65.
kraz: Verein der Aerzte in Steyermark.
Jahresbericht 22.
Innsbruck : Naturwissenschaftlich-medizinischer Verein.
Berichte Jahrg. 15.
keipa Böhm.: Nordböhmischer Excursions-Club.
Mittheilungen Jahrg. 8, Heft 4. Jahrg. 9, Heft 1—3.
Linz : Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns.
Bericht 15.
XVI
Verzeichniss eingegangener Schriften.
Pest: Königl. Ungarischer naturforschender Verein.
7 einzelne Abhandlungen von Läszlö, Daday, Agost,
Moh, Inkey, Hegyfskv, Budai.
Prag: Königl. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften.
Abhandl. 1883 — 84. Jahresber. 1882- 85.
Mitgliederverzeichniss 1884.
Geschichte der Gesellschaft. Heft 1 u. 2.
Sitzungsberichte 1882—84.
Generalregister sämmtlicher Schriften 1784 — 1884.
Reichenberg: Verein für Naturkunde.
Mittheilungen Jahrg. 9 u. 10, 16 u. 17.
Schmidt, Brand- und Rostpilze 1879.
Triest: Societä Adriatica di Scienze naturali.
Bolletino vol. 9. Heft 1 u. 2.
Wien: K. k. zoologisch-botanische Gesellschaft.
Verhandlungen Bd. 35 (zweites Halbjahr).
— Kais. Akademie der Wissenschaften.
Anzeiger Jahrg. 1885, Nr. 19 — 27. Jahrg. 1886,
Nr. 1—24.
— Verein zur Verbreitung natuiwissenschaftl. Kenntnisse.
Schriften Bd. 25 u. 26.
— Naturwissenschaftlicher Verein an der technischen Hoch¬
schule.
Schriften nicht eingegangen.
— Annalen des k. k. naturhistorischen Hof-Museums, redig.
von Dr. Hauer.
Jahrg. I. 1 — 4.
III. Schweiz.
Basel: Naturforschende Gesellschaft.
Verh. 8, Heft 1.
Bern: Naturforschende Gesellschaft.
Mitth. 1885, 1—3.
Chur: Naturforschende Gesellschaft Graubündens.
Schriften nicht eingegangen.
Fraucnfcltl : Thurgauische naturforschende Gesellschaft.
Mittheilungen Heft Nr. 7.
St. («allen: Naturforschende Gesellschaft.
Bericht 1883 — 84.
Verzeichniss ehujetjantjener Schriften.
XVII
Lausanne: Societe Vaudoise des Sciences naturelles.
Bulletin Nr. 93 u. 94.
Neuchatel : Societe des Sciences naturelles.
Schriften nicht eingegangen.
Schweizer naturforschende Gesellschaft.
1885 (Versammlung in Locle).
Zürich: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
IV. Italien.
Neapel: Zoologische Station.
Mittheilungen Bd. 6, Heft 1 — 4.
Koni : Reale Academia dei Lincei.
Rendiconti. 3. Ser. Vol. 1, fase. 25—28. Yol. 2.
fase. 1 — 13.
Memorie. 3. Ser. vol. 18 — 19; 4. Ser. vol. 2.
V. Luxemburg.
Luxemburg: Institut royal grand-ducal.
Schriften nicht eingegangen.
— Societe de Botanique.
Vol. 11.
VI. Belgien.
Rriisscl : Societe entomologique de Belgique.
Schriften nicht eingegangen.
— Societe royale malacologique de Belgique.
Proces-verbaux T. 14 (Aug.— Dec.)
Lüttich: Societe geologique de Belgique.
Ann. T. 12.
VII. Frankreich.
Amiens: Societe Linneenne du Nord de la France.
Bulletin T. 6. Nr. 123—138.
Ronlcaux: Societe Linneenne de Bordeaux.
Schriften nicht eingegangen.
Cherbourg: Societe nationale des Sciences de Cherbourg.
Schriften nicht eingegangen.
XVIII
Verzeichnis# eingegangener Schriften
Lyon: Academie des Sciences, belles lettres et arts.
Schriften nicht eingegangen.
VIII. Gross-Britannien.
Glasgow: Natural history Society.
Proceedings Index zu vol. 1 — 5. 2. Ser. vol. 1, p. 2.
IX. Dänemark
Kopenhagen; Kongelige Danske Yidenskabernes Selskab.
1885, Nr. 2. 1886 Nr. 1.
X. Schweden und Norwegen.
Christiania: Norske Nordhavs Expedition.
Heft 15.
— Kongelige Norske Universitet.
Schübeler, Norges vaextrige Bd. 1.
Heliand, Lakis kratere og lavastromme.
Lund: Academia Lundensis.
Acta T. 21. Bibliothekskatalog.
Stockholm: Entomologisk Tidskrift utgiven af J. Sponberg.
1885. Heft 1—4.
Tronisö: Tromsö Museum Aarshefter.
Aarshefter 8—9. Aarsberetn. für 1884 u. 1885.
Trondhjem: Kongelige Norske Yidenskabernes Selskab.
Skrifter Jahrg. 1882 u. 1883.
tpsala: Societas scientiarum Upsaliensis.
Nova Acta. Yol. 13, fase. 1.
XI. Russland,
Dorpat: Naturforscher! de Gesellschaft.
Sitzungsber. Bd. 7, H. 2.
Archiv. Ser. 1, Bd. 9, Heft 3; Ser. 2., Bd. 10, Heft 2.
Helsingfors : Einska Yetenseaps Societeten.
Nat. och Folk. H. 43.
Ofversigt T. 27.
1 ’erzeichniss ein (jeganrj euer Schriften.
XIX
Moskau: Societe imperiale des Naturalistes.
Bulletin 1885 Nr. 2—4. 1886 Nr. 1—3.
Meteorol. Beob. 1885, 2.
Petersburg: Hortus Petropolitanus.
T. 9, p. 2.
Riga: Naturforschender Verein.
Korrespondenzbl. 28 u. 29.
XII. Amerika.
Cordoba (Argentinien): Academia nacional de Ciencias de la
Kepublica Argentina.
Boletin Tom. 3, Heft 4. T. 8, Heft 4.
Actas T. 3, Heft 1 u. 2.
Boca, Expedicion al Bio Negro.
Milwaukee (Wiskonsin): Naturwissenschaftlicher A^erein.
Schriften nicht eingegangen.
Ausserdem wurden geschenkt:
A. v. Homeyer: Neue Gesichtspunkte betreffs Aurikelfrass. 8°.
Stettin. 1886.
hobelt : Reiseerinnerungen aus Algerien. 8°. Frankfurt a/M. 1885.
Hermann: Urgeschichtliche Spuren in den Geräthen der ungari¬
schen volkstümlichen Fischerei. 8°. Budapest. 1870.
Chygzer: Leseaux minerales de laHongrie. 8°. S.-A.-Ujhely. 1885.
Liebe: Futterplätze für Vögel im AVinter. 8°. Leipzig. 1887.
Berichtigung.
In dem 17. Jahrgange dieser Mittheilungen ist in dem
Aufsätze von L. Holtz durch ein Versehen Seite 45 und
Seite 54 Forstreferendar Schütt als Gewährsmann genannt;
es muss an beiden Stellen heissen Forstreferendar Nehls.
Beschreibung eines neuen Apparates zur
Darstellung einfacher Schwingungen
von
Dr. Joh. Bergmann.
(Vorgetragen in der Sitzung am 3. März 1886.)
Unter einfachen Schwingungen sollen im Folgenden
Schwingungen eines Punktes verstanden werden, welcher auf
einer Geraden so um eine bestimmte Gleichgewichtslage os-
cillirt, dass seine Entfernung von der letzteren und auch seine
Geschwindigkeit in jedem Augenblicke durch eine Sinus¬
funktion der Zeit dargestellt werden kann. Dieselben ge¬
hören zu den häufigsten und wichtigsten Arten der Bewegung,
denen man beim Studium physikalischer Probleme begegnet.
Einfache Schwingungen der Aethertheilchen bilden bekannt¬
lich die Basis der Huyghens’schen Undulationstheorie des
Lichtes und somit aller Consequenzen , welche die Optik aus
ihr gezogen hat. Ihre hohe Bedeutung ferner für die Akustik
tritt sogleich hervor, wenn man in Erwägung zieht, dass die
Longitudinal- und viele Transversalschwingungen entweder
ganz aus einfachen Schwingungen bestehen, oder sich in
solche zerlegen lassen.
Man hat nun eine Keihe von Apparaten zur Veranschau¬
lichung derjenigen physikalischen Erscheinungen, welche durch
einfache, in kurzen Zeitintervallen auf einander folgende
Schwingungen von Theilchen der Materie oder des Aothers
entstehen. Sie werden meistens als Wellenmaschinen
bezeichnet. Ein Apparat indessen, welcher speciell zur Dar¬
stellung und Erläuterung der einfachen Schwingungen selbst
dient, ist, soweit dem Verfasser bekannt, bis jetzt nicht vor¬
handen.
Die Methode, hierzu ein Pendel mit Aufhänge- Vorrichtung
von grosser Länge anzuwenden, leidet an erheblichen Mängeln.
Bergmann , Beschreibung eines neuen Apparates.
2
Offenbar wird die Bahn des schwingenden Pendels nur dann
eine Gerade sein, wenn seine Aufhängevorrichtung unendlich
lang ist. Da ein derartiges Arrangement sich in der Praxis
aber nicht ausführen lässt, so wird auf diese Weise der Zweck
nur angenähert erreicht. Dass infolge dessen die Vorstellung
von dem wahren Sachverhalt nicht selten weit entfernt bleibt,
liegt wohl auf der Hand.
In den folgenden Zeilen soll ein Apparat beschrieben
werden, der bei Anwendung eines Mechanismus von grosser
Einfachheit einfache Schwingungen mit mathematischer Ge¬
nauigkeit darstellt. Die Construktion desselben beruht aut
einer bekannten geometrischen Betrachtung.
Big- 1- Auf der Peripherie eines Kreises
bewege sich ein Punkt P Eig. 1 mit
consta nter Geschwindigkeit. Gleich¬
zeitig mit ihm bewege sich ein zweiter
Punkt Q auf dem horizontalen Durch¬
messer des Kreises in der Weise, dass
Q beständig die Projektion von P auf
den Durchmesser darstellt. Der Punkt
Q führt dann einfache Schwingungen aus, deren Amplituden
gleich dem Durchmesser AB sind.
Die Bewegungen des uns interessircnden Punktes Q und
auch diejenigen von P sind es, welche der neue, in Fig. 2
Fig- 2.
Bergmann , Beschreibung eines neuen Apparates.
3
abgebildete Apparat darstellt. Auf zwei Bügeln C und D
ruht ein Gehäuse aus Holz, in dem sich der Mechanismus
befindet. In das vordere Deckblatt des Gehäuses sind Bahnen
eingeschnitten, entsprechend der geometrischen Fig. 1, und
in diesen laufen Träger für zwei kleine, runde Metallplatten
G und H , welche die Punkte Q und P markiren. Die Zah¬
len 0, 90 etc. dienen zur Eintheilung der Kreisbahn für II in
Quadranten. Das Deckblatt ist an dem Apparate mit Char-
niercn II und P befestigt. Daher kann das Gehäuse geöffnet,
und sein Inneres gezeigt werden , wenn man die Platten G
und yy, welche auf ihre Träger aufgeschraubt sind, zuvor ent¬
fernt hat. Man sieht dann den Apparat in der in Fig. 3
angegebenen Form , welche den gleich zu beschreibenden
Mechanismus erläutert. Die vier auf der Vorderseite in Fig. 2
noch sichtbaren Bügel haben den Zweck, die halbkreisförmi¬
gen Segmente des Deckblattes, welche infolge des Einschnei- '
dens der Bahnen vollständig frei geworden sind , in der ge¬
hörigen Stellung zu halten.
Der Mechanismus besteht im Wesentlichen aus zwei
Theilcn, einem Rad und der Steuerung von besonderer Form.
Das Rad ist an einer metallenen Axe befestigt, und dieso
läuft in einer Hülse, welche die Rückwand des Gehäuses im
Schnittpunkte der Diagonalen durchbohrt. An dem freien
4
Bergmann , Beschreibung eines neuen Apparates.
Fig.
4.
Ende der Axe, also auf der Rückseite des
Apparates, befindet sich eine Kurbel, ver¬
mittels welcher das Rad in Drehung versetzt
werden kann. Eig. 4 stellt die Yertical-
projektion dieser Vorrichtung dar.
Die Form der Steuerung ist in Eig. 5
skizzirt. Sie besteht aus zwei zu einander
senkrechten Schienen; die eine derselben,
NO, ist ihrer ganzen Länge nach durch¬
brochen, die andere, JM, nur theilweise bis
zu den Stellen K und L, in welchen sie mit
NO zusammentrifft.
Fig. 5.
N
In den Seitenwänden des Gehäuses befinden sich bei
R und S Eig. 3 Einschnitte von passender Grösse zur Auf¬
nahme und Führung der Steuerung. Zapfen mit breiten
Köpfen, welche durch die Durchbrechung von JK und LM
hindurchragen und in den Seitenwänden befestigt sind, halten
die Steuerung in den erwähnten Einschnitten, jedoch so, dass
sie sich mit Leichtigkeit verschieben lässt. Durch die Durch¬
brechung der Schiene NO Eig. 5 ragt ein auf der Peripherie
des Rades befestigter, in Fig. 3 bei T angegebener Zapfen
hindurch, welcher die Steuerung nach rechts oder links schiebt,
wenn das Rad sich bewegt. T selbst gleitet dabei in der
Durchbrechung von NO auf und ab.
Es handelt sich jetzt noch um die Befestigung der Metall¬
platten G und 11. Den Träger für 11 bildet eine Verlängerung
des Zapfens T in Eig. 3, welche so gross gewählt worden ist,
dass sie durch die in das Deckblatt des Apparates einge-
Bergmann , Beschreibung eints neuen Apparates.
5
Fi g. 6.
scbnittene Kreisbahn hindurchragt. Als Träger für G dient
ein auf der Schiene JM Fig. 5 bei KL gerade über der
Durchbrechung von NO angebrachter Bügel ; in Fig. 3 ist er
an der gehörigen Stelle sichtbar. Vermöge seiner Gestalt
lässt er den Zapfen T mit der Platte 11 ungehindert durch
sich hindurchgehen; der Durchgang findet jedesmal statt, wenn
beide Platten G und II an dem Endpunkte des Durchmessers
des von II beschriebenen Kreises Zusammenkommen. Fig. 6
stellt die Horizontalprojektion der Stel¬
lung in einem derartigen Momente dar.
Auf dem Rade U sitzt der Zapfen T
mit der Platte 11, auf der Schiene JM
m der Bügel mit der Platte G. Da G
dann vollständig über 11 steht und
beide Platten gleich gross sind, so scheinen sie in eine ein¬
zige übergegangen zu sein, wie es auch erforderlich ist, wenn
man sich in Fig. 1 die Punkte P und Q bei A oder B be¬
findlich denkt.
Man kann jetzt leicht das Spiel dos Apparates übersehen.
Wird die oben erwähnte Kurbel gedreht , so setzt sich das
Rad in Bewegung, und die Platte 11 auf dem Zapfen T be¬
schreibt einen Kreis. Gleichzeitig wird durch T die Steuerung,
und mit ihr die Platte G in eine oscillirende Bewegung ver¬
setzt, welche sich in dem horizontalen Durchmesser des von
T beschriebenen Kreises vollziehen muss. Wie schon her¬
vorgehoben, gleitet dabei T in der vertikalen Schiene der
Steuerung auf und ab. Die Kurbel kann selbstverständlich
in dem einen oder dem anderen Sinne gedreht werden.
Die Dimensionen des Apparates sind so gewählt, dass
die Amplitude des Punktes G 24 cm. beträgt. Die Wände
des Gehäuses sind aus Holz gearbeitet, alles Uebrige besteht
aus Metall und zwar aus Eisen und Messing. Die Steuerung
ragt auf beiden Seiten des Apparates zum Theil hervor. Unter
den Köpfen der Zapfen bei R und S befinden sich noch
metallene Schleiffedern, welche die gute Führung der Steuerung
sichern. — In zweckmässiger und geschmackvoller Ausführung
kann der Apparat durch Vermittelung des Verfassers bezogen
werden.
Was die Theorie der einfachen Schwingungen betrifft, so
6
Bergmann , Beschreibung eines neuen Apparates.
■würde es zu weit führen, auf sämmtliohe Fälle einzugehen,
in welchen sie in der Physik Vorkommen. Nur auf ein
Problem möge hingewiesen werden, welches ihre Entstehung
theoretisch unmittelbar veranschaulicht und in der analytischen
%/
Mechanik behandelt wird.
Ein Punkt A soll betrachtet werden, wenn ihn ein festes
Centrum 0 direkt proportional seinem Abstande anzieht unter
den Bedingungen, dass A beim Beginne der Anziehung sich
in Ruhe befindet und von 0 die Entfernung r hat.
Wählt man 0 als Coordinatenanfangspunkt , und ist a2
die Anziehung, welche in der Einheit des Abstandes ausgeübt
wird auf die Einheit der Masse, so gilt, da die anziehende
Kraft die Abscissen des Punktes A zu vermindern strebt,
die Differentialgleichung :
Ihr allgemeines Integral ist:
x = A sin cd -}- B cos cd.
Yon der Diskussion desselben kann an dieser Stelle Abstand
genommen werden , da sie sich fast in allen diesbezüglichen
Lehrbüchern ausführlich vorfindet.
Wie man aus der Beschreibung des Apparates ersieht,
veranschaulicht er vermöge seiner Construktion die einfachen
Schwingungen unmittelbar und mit mathematischer Strenge.
Er dürfte deshalb als Vorlesungsapparat und auch beim physi¬
kalischen Unterricht auf Gymnasien gute Verwendung finden
sowohl bei der Besprechung der einfachen Schwingungen
selbst, wie auch alles dessen, was an jene sich anschliesst.
7
Ueber eine Pseudoinorphose nach Markasit
aus der Kreide von Arcona auf Rügen
von
E. Cohen.
(Vorgetragen in der Sitzung am 6. Dezember 1886.)
Während man die für die Schreibkreide so charakteristi¬
schen knolligen Coneretionen von strahl igem Markasit in der
Regel frisch oder nur wenig verändert findet, sind dieselben
zu Arcona auf Rügen fast durchweg in eine bräunlichgelbe
Substanz umgewandelt, welche dem sogen, gelben Ocher sehr
ähnlich sieht. Gewöhnlich sind die Zersetzungsproducte von
dem Orte ihrer Entstehung aus etwas gewandert und haben
Kreidebrocken, sowie in der Nähe befindliche Feuersteinknollen
zu einer Art Breccie verkittet, gleichzeitig den Feuerstein
verändernd. Derselbe erscheint wie mit einer starken Säure
geätzt. An den Steilwänden unterhalb des Leuchtthurms sieht
man bis kopfgrosse und grössere derartige Partien, welche
sich durch ihre braungelbe Farbe scharf von der weissen
umgebenden Kreide abheben.
Häufig sind noch geringere oder grössere Reste von
Markasit vorhanden; gelegentlich findet man aber auch voll¬
ständige Pseudomorphosen, welche die ursprüngliche Gestalt
der Concretion bewahrt haben und — wenn man sie zerbricht
— noch die strahlige Structur des Markasit auf das Deut¬
lichste erkennen lassen. Im Innern trifft man meist einen
kleinen Hohlraum mit einigen klappernden Brocken.
Da die qualitative Untersuchung einen merklichen Gehalt
an Schwefelsäure ergab, und ausserdem das Pulver bei der
Betrachtung unter dem Mikroskop durchaus homogen erschien,
nemlich nur aus honiggelb durchsichtigen, isotropen Körnern
bestehend, so Hess sich vermuthen, dass ein homogenes Um-
wandlungsproduct und zwar eins der vielen basischen Eisen¬
oxydsulfate vorliege. Die quantitative Analyse, welche das
unter I folgende Resultat lieferte, bestätigt diese Vermuthung
8
Cohen. Psevdomorphose nach Markasit.
allerdings nicht, sondern lässt zweifellos erkennen, dass die
Pseudomorphose als ein Gemenge aufzufassen ist.
Die Kieselsäure ist in amorpher Form vorhanden, da
beim Auflösen des Pulvers in kalter Salzsäure (concentrirte
löst dasselbe leicht und in kurzer Zeit, verdünnte erst nach
einigen Tagen) nur gelblich gefärbte amorphe Flocken Zu¬
rückbleiben, keine Quarzkörner. Ueber Schwefelsäure ver¬
liert das Pulver 6.70 Procent Wasser, welche beim Stehen an
der Luft schnell und vollständig wieder aufgenommen werden.
Da Eisenoxydul nicht vorhanden ist, wurde das Wasser aus
dem Glühverlust nach Abzug der Schwefelsäure bestimmt.
Kalk war nur in Spuren nachzuweisen, Thonerde, Magnesia
und Alkalien gar nicht. Zieht man das über Schwefelsäure
entweichende Wasser ab und berechnet auf 100, so ergibt
sich die unter II folgende Zusammensetzung.
Nach diesem Zahlenverhält niss liegt augenscheinlich ein
Gemenge von Eisenhvdroxvd mit einem basischen Eisenoxvd-
sulfat und mit amorpher Kieselsäure vor, denn nach der leichten
Löslichkeit des Pulvers in kalter Salzsäure dürfte die Kiesel¬
säure wohl nicht einem Silicat entstammen. Eine genaue Be¬
rechnung der Analyse ist natürlich nicht möglich, da man die
Zusammensetzung des basischen Eisenoxydsulfat nicht kennt.
Wenn man aber, um eine ungefähre Vorstellung von der Art
des Gemenges zu gewinnen, an nimmt, dass Copiapit mit der
von Tschermak gegebenen Zusammensetzung1) (2Fe203,
5S0-.,18H20) neben Limonit (2Fe203,3H20) und Kieselsäure
vorliegt, und den Copiapit aus der gefundenen Schwefelsäure
berechnet, so erhält man 9.88 Proc. Kieselsäure, 11.93 Copia¬
pit und 78.19 Limonit, entsprechend den unter III folgenden
Zahlen, welche nahezu mit den gefundenen übereinstimmen.
I.
II.
III.
Kieselsäure
9.30
9.88
9.88
Schwefelsäure
4.30
4.57
4.57
Eisenoxvd
«/
Wasserverlust
über Schwefelsäure
66.80
6.70
70.97
70.56
beim Glühen
13.72
100.82
14.58
100.00
14.99
100.00
1) Lehrbuch der Mineralogie. Wien 1835, p. 549.
9
Co hen , Psendomorphose nach Markasit.
Vergleichen wir die Molecularvolumen der hier in Be¬
tracht kommenden Verbindungen, indem wir ihr Molecular-
gewicht1) durch ihr specifisches Gewicht dividiren, so ergibt
sich, dass bei der Umwandlung von Markasit in Limonit
unter Fortführung aller sich bildenden Schwefelsäure das
Volumen so gut wie ungeändert bleibt, während die Verbin¬
dung 2Fe203,5S03 18H20 fast das fünffache Volumen ein¬
nehmen würde.2)
Da nun hier fast 10 Procent Kieselsäure zugeführt sind,
neben Limonit noch 12 Procent Copiapit als vorhanden ange¬
nommen werden können, schliesslich die Pseudomorphosen
im Innern hohl sind, so muss ein nicht unbeträchtlicher Theil
des entstandenen Umwandlungsproducts fortgeführt worden
sein. Dieser lieferte augenscheinlich das Material für die gelb¬
braunen Adern, welche sich von solchen Pseudomorphosen
aus in die benachbarte Kreide verästeln.
Schwefelsäurehaltige Pseudomorphosen von Limonit nach
Markasit sind wohl noch gar nicht, nachdem bezüglich seiner Um¬
wandlungserscheinungen sich identisch verhaltenden Eisenkies
nur vereinzelt beschrieben worden. Nach der Angabe von J.
Both3) hat Ludwig solche aus dem russischen Productuskalk
mit 4.6 bis 5.6 Procent Schwefelsäure erwähnt, und J. M. Drown
hat Vorkommnisse von der Hütte Katahdin, Piscataquis Cy,
Maine mit 3.1 0 Proc. analysirt.4) Dem aus Zweifach-Schwefel-
eisen entstandenen Limonit dürften jedoch häufiger basische
Eisenoxydsulfate beigemengt sein, als bisher bekannt ist.
Da wir oben gesehen haben, dass ein grosser Theil der
directen Umwandlungsproducte fortgeführt sein muss, und
zwar höchst wahrscheinlich nicht allein als Schwefelsäure,
sondern auch in Form von schwefelsaurem Eisenoxyd ul,
so erschien es mir zweckmässig, die Einwirkung von Eisen-
1) Natürlich unter der Annahme, dass die Formeln Molecularfor-
meln sind.
2) Nimmt man für Markasit, Limonit und Copiapit 4.76, 3.73 und
2.14 als spec Gew. an, so ergeben sich die Molecularvolumen 100 : 99.4 :
483.8.
3) Allgemeine und chemische Geologie I. 102.
4) Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie 1875. 1268.
10
Cohen , j Fseudomorphose nach ]\farkasit.
vitriol auf Kreide zu studiren, über welche ich in der Lite¬
ratur keine Angabe gefunden habe. Zu diesem Zweck liess
ich eine nahezu concentrirte Lösung von reinem Eisenvitriol
auf gepulverte Kreide bei gewöhnlicher Temperatur einwir¬
ken unter gelegentlichem Schütteln der mit einem Glasstöpsel
verschlossenen Flasche. Fach vier Wochen hatte sich recht
reichlich Eisenhydroxyd gebildet; die abfiltrirte Lösung
ergab einen massigen Gehalt an Kalk ; der durch Auflösen
der Kreide in verdünnter Essigsäure erhaltene Rückstand
erwies sich unter dem Mikroskop als überaus reich an zier¬
lichen Gypskryställchen (begrenzt durch Klinopinakoid, He-
mipyramide und Prisma). Einfache Individuen waren stark
vorherrschend ; doch fehlte es auch nicht an den sogen.
Schwalbenschwanzzwillingen.
Bei einer nachträglichen Revision der gesammten Pseu-
domorphosen mit scharfer Lupe wurden nur einige wenige
sehr kleine Gypstafeln in Höhlungen an der Oberfläche
wahrgenommen. Vielleicht gelingt es bei einem späteren
Besuch der Fundstätte reichlichere Mengen von Gyps in
grösserer Entfernung von den Pseudomorphosen aufzufinden.
Sollte dies nicht der Fall sein, so würde es sich etwa durch
die Annahme erklären lassen, dass die Lösungen, welche das
Umwandlungsproduct des Markasit fortgeführt haben, zu ver¬
dünnt waren, als dass gebildeter Gyps zur Ausscheidung ge¬
langen konnte.
11
Anatomische Untersuchungen über die
Gattung Lemanea
von
Carl Friedrich Ketel.
(Mit einer Tafel.)
Die Gattung Lemanea Bory., die aus einer kleinen Zahl
von Süsswasseralgen sich zusammensetzt, ist seit längerer
Zeit der Gegenstand sehr verschiedener Ansichten sowohl
seitens der Systematiker, als auch seitens der Pflanzenana-
tomen gewesen.
Die älteren Systematiker') stellten Lemanea mit Conferva
Chantransia etc. zusammen. Später rechnete man wohl Le¬
manea zu den braunen Algen; von anderer Seite ) wurde noch
neuerdings die Gruppe der Lemaneaceen als eine Gruppe auf¬
gefasst, die den Uebergang von den braunen zu den rothen
Algen vermittele. Erst in neuester Zeit hat man angefangen,
Lemanea als zweifellos zu den Florideen gehörig zu betrachten.
Ebenso auch hat der anatomische Bau der Lemanea-Arten,
der von dem Bau aller anderen Süsswasseralgen in den
meisten Punkten abzuweichen schien, seit längerer Zeit die
Botaniker veranlasst, sich eingehender mit dieser Gattung
Lemanea zu beschäftigen.
Die älteren Autoren bringen in ihren Werken wenig
Brauchbares über die Anatomie dieser Pflanzen.
Erst Kiitzing macht einige genauere Angaben über den
anatomischen Bau von Lemanea torulosa. Er unterscheidet
die verschiedenen Schichten des hohlcvlindrischen Thallus und
«/
1) Arergl. dio historische Darstellung der Kenntnisse über Lemanea
bei A. Piccone, Note sul genere Lemanea. Genova 1867.
Oersted’s System der Pilze, Lickenen lind Algen. Deutsch von
Grisebach und Reinke. 1873. p. 183.
12
Ketel , Anctt. Untersuchungen über Lemanea.
sagt dabei1): „Man bemerkt auch, dass die äussern Zellen
in einer solchen Ordnung sich auf die innern, grossem legen,
dass die einzelnen Gruppen jener genau der Grösse der unter
ihnen befindlichen innern Zellen entsprechen.“ — Neben
dieser durchaus richtigen Beobachtung finden sich aber
bei Kiitzing betreffs der Anatomie der Lemaneaceen noch
manche unrichtige Angaben. Kützing kennt weder die
Centralachse, noch die Stützzellen, noch die wandständigen
Zellreihen. Die Sporenhäufchen lässt er durch Auswachsen
der Zellen der innersten Schicht des hohlcylindrischen Thallus
entstehen.
Einen bedeutenden Fortschritt in anatomischer Hinsicht
zeigt die Arbeit von Wart mann: „Beiträge zur Anatomie
und Entwicklungsgeschichte der Algengattung Lemanea.
St. Gallen 1854.“
Irrth tunlich hat Wartmann zwar eine Art, die zur
Untergattung Lemanea gehört, als Lemanea (Sacheria Srdt.)
fluviatilis beschrieben : immerhin aber ist in der Abhandlung
eine genaue und fast durchweg richtige Darstellung der Ana¬
tomie und des Spitzenwachsthums gegeben worden.
Durch Wartmann wurde zuerst die Existenz einer
Centralachse im Thallus zweifellos nachgewiesen. Vor ihm
war eine solche Centralachse bald behauptet, bald wieder ge¬
leugnet worden. Ferner erkannte Wart mann die vier Stiitz-
zellen und die Zahl und Anordnung der wandständigen Zell¬
reihen bei der Untergattung Lemanea. Demgemäss giebt er
in seiner Darstellung ein vollkommen richtiges Bild von dem
Bau des fertigen Thallus. Dagegen ist seine Schilderung
des Spitzenwachsthums nicht in allen Punkten zutreffend;
auch behandelt er nur eine Species genauer, während er über
eine andere (zur Untergattung Sacheria gehörige) Art nur
einige kurze Notizen mittheilt.
Die Entstehung der Sporenhäufchen deutet Wartmann
noch völlig falsch, da auch er sie durch Auswachsen einer
Zelle der innersten Schicht entstehen lässt. —
Wenig Neues bringt dann die Arbeit von Antonio
Piccone: „Note sul genere Lemanea.“ (Genova 1867).
1) Kützing,
Phycologia generalis. Leipzig 1843. pag. 323.
Ketel, Anat. Untersuchungen über Lemanea.
13
Nachdem der Autor eine kurze U ebersicht über den Inhalt
der älteren einschlägigen Schriften gegeben hat, referirt er
über die Wartmann’sche Arbeit ziemlich ausführlich. Trotz¬
dem vernachlässigt er in seiner eigenen Darstellung die neuen
Beobachtungen Wa r t m a n n 1 s gänzlich.
Vor Allem beschäftigt er sich mit dem Hohlcylinder und
seinen Zellschichten. Im Innern dieses Hohlcylinders be-
1/
schreibt er „fibre“ (Rhizoiden), ,,cellule all ungate“ (Zellen
der wandständigen Zellreihen) und „spore“ (Sporen). Heber
das Spitzenwachsthum sagt er garnichts. —
Die neueste Arbeit über die Lemaneaceen ist die Ab¬
handlung von Sirodot: ,, Etüde anatomique, organogenique
et physiologique sur les algues d’eau douee de la famille des
Lemaneacees“. (Annales des Sciences naturelles. Serie V
tome XVI. (1872.))
Alle Autoren vor Sirodot hatten die Behauptung aus¬
gesprochen, dass die Sporen durch Auswachsen einer inneren
Zelle des hohlcylindrischen Thallus entständen. Sirodot
zeigt dagegen, dass im Innern des hohlen Schlauches eigen-
thümliche (weibliche) Zellen angelegt werden, welche die
Sporenfäden hervorsprossen lassen. Ferner weist Sirodot
nach, dass die Papillen auf der Aussentläche des Thallus,
deren Bedeutung bis dahin noch völlig unaufgeklärt geblieben
war, die männlichen Geschlechtsorgane darstellen, und dass
erst durch Copulation einer männlichen Zelle mit der aus dem
Gewebe des Hohlcylinders hervorragenden Spitze der weib¬
lichen Zelle die Bedingung für das Hervorsprossen der Sporen¬
fäden gegeben wird. Damit war von Sirodot der Nachweis
geführt, dass die Fortpflanzung der Lemaneaceen eine ge¬
schlechtliche ist. Einige Irrthümer in Einzelheiten finden
sich zwar in seiner Darstellung, im Grossen und Ganzen aber
sind seine Beobachtungen über die Geschlechtsorgane und die
Entwicklung der Sporenfrucht richtig.
Dagegen enthält Sirodots Darstellung des Spitzenwachs-
tlmms und des Baues des entwickelten Thallus mehrere Un¬
genauigkeiten. —
Auf Sirodot’s Arbeit fussen die heutigen Kenntnisse
von dem anatomischen Bau und der Fruchtbildung der Le¬
maneaceen. Die Angaben, die S irodot's Abhandlung bringt,
14
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
stehen jedoch mehrfach im Widerspruch mit den Resultaten
der neuesten Untersuchungen über den Bau und die Frucht¬
bildung der Florideen.1) Daher war eine erneute Untersuchung
dieser Algen wünschenswerte Auf Veranlassung des Herrn
Prof. Schmitz unternahm ich es daher, den anatomischen
Bau und die Fruchtbildung der Gattung Lemanea nochmals
genauer zu untersuchen. In der nachfolgenden Darstellung
sind die Resultate meiner Untersuchungen zusammen gestellt
I. Vegctatioiisorgane.
Zunächst sei hier der speciellen Darstellung eine kurze
Skizze des anatomischen Baues der Gattung Lemanea vor¬
ausgeschickt.
Der Thallus2) der Lemaneaceen entspringt aus einem
Vorkeim, der, aus einem System dünner verzweigter Zell¬
fäden bestehend, dem Vorkeim der Moose sehr ähnlich ist. Dieser
Thallus stellt einen Hohlcylinder dar, welcher aus mehreren
Zellschichten aufgebaut ist. Die Mitte dieses Hohlcylinders
wird von einer centralen Zellreihe eingenommen, deren ein¬
zelne Zellen eine langgestreckte Gestalt besitzen. Jede Zelle
dieser ..Centralachse“ ist mit dem Hohlcvlinder durch vier
11 «/
Zellen verbunden, denen ich im weiteren Verlauf der Arbeit
den Namen „Stützzellen“ beilegen will. Von diesen verlaufen
gegen den Grund und die Spitze des Thallus hin längs der
Wände des Hohlcylinders besondere Zellreihen; die einzelnen
Zellen dieser Zellreihen sind, ebenso wie die Stützzellen, an
1) Schmitz ,, Untersuchungen über die Befruchtung der Florideen.“
Sitzungsberichte der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin
im Jahre 1883.
2) Sirodot nennt in seiner Abhandlung nur den vorkeimartigen
Theil der Pflanze „thalle,“ während er die dickeren, aus einem Zellkörper
bestehenden Sprosse, die aus jenen feinen Fäden entspringen, „inflores-
cense“ oder „appareil fructifere“ nennt. Mit demselben Beeilte wie auf
die Lemaneaceen würde Sirodot seine Bezeichnungen auch auf andere
Algen, z. B. die Cliaraceen, anwenden können und, wenn er consequent
verfahren wollte, anwenden müssen. Diese Aenderung der bisherigen Be¬
zeichnung dürfte jedoch sehr überflüssig und unzweckmässig sein. Es
sei desshalb hier die Bezeichnung „Vorkeim“ für den „Thallus“ Siro-
dots beibelialten.
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
15
dem Hohlcylinder durch 2-3 besondere Verbindungszellen
befestigt.
Im Folgenden soll nun der anatomische Bau des ent¬
wickelten Thallus1) und das Spitzenwachsthum der beiden
Abtheilungen der Gattung Lemanea 2) ausführlicher geschildert
werden.
Anatomie des Thallus hei der Untergattung Sachcria.
Aus der Untergattung Sacheria habe ich untersucht:
1. Sacheria fluviatilis Srdt. Spiritusmaterial (aus der
Elster bei Greiz) und getrocknete Exemplare (von verschie¬
denen Standorten).
2. Sacheria rigida Srdt.3) Spiritus material (aus der Nähe
von Allerheiligen im Schwarzwald).
3. Sacheria fucina Srdt. Getrocknetes Material (aus Nord¬
frankreich).
4. Sacheria spec. Getrocknetes Material (von Tharand in
Sachsen).
Im anatomischen Bau zeigen diese vier Arten mit Aus¬
nahme einiger Abweichungen in der Zellform keine bemer-
kenswerthen Unterschiede. Das Folgende gilt daher für alle
in gleicher Weise.
1) Don Vorkeim der Lemanea-Arten habe ich nicht untersuchen
können, da lebendes Material mir nicht zur Verfügung stand, das Spiri¬
tusmaterial aber und ebenso die getrockneten Exemplare von dem Vor-
keim nichts mehr enthielten.
2) Sirodot nimmt in seiner systematischen Bearbeitung der Lema-
neaceen eine Trennung der alten Gattung Lemanea in zwei neue Genera,
Lemanea und Sacheria, vor. Es liegen allerdings einige gute Unter¬
scheidungsmerkmale vor, die eine Trennung in zwei Gruppen ermöglichen.
Diese Merkmale sind jedoch so geringfügig, dass es mir nicht zweck¬
mässig erscheint, auf Grund derselben den beiden Gruppen den Werth
zweier Gattungen beizulegen. Als Untergattungen haben diese Gruppen
jedoch ihre Berechtigung und sollen dementsprechend auch im Verlaufe
meiner Arbeit als Untergattungen betrachtet werden.
o) Die mir vorliegenden Pflanzen stimmen insofern nicht genau mit
der Sir o dot’schen Diagnose von S. rigida überein, als der Thallus der¬
selben sehr feinfüdig ist. Vielleicht aber ist das Material noch zu jung
gewesen, als es in Spiritus eingesetzt wurde. Hierfür spricht der Um¬
stand, dass ich an dem Materiale keine befruchteten Carpogonien auf-
flnden konnte.
16
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
Aeusserlich stellt sich der Thallus dar als ein dicker
Faden, der in regelmässigen Abständen durch knotenförmige
Anschwellungen gegliedert ist. Gegen die Basis und die Spitze
hin verjüngt er sich allmählich.
Dieser fadenförmige Thallus erscheint seiner Hauptmasse
nach gebildet aus einem hohlcvlindrischen Schlauche, der aus
mehreren Zellschichten aufgebaut ist. Die Mitte dieses Hohl-
cvlinders durchläuft eine centrale Zellreihe, die Centralachse,
die vermittelst eigentümlich gestalteter Zellen , der Stütz¬
zellen, mit der inneren Wand des Hohlcylinders verbunden ist.
Um die Einzelheiten des inneren Baues genauer zu stu¬
dieren, ist es am zweckmässigsten, ein Stück des Thallus
mittelst eines Längsschnittes so zu zertheilen, dass ein dickerer
und ein dünnerer Abschnitt entsteht. Man hellt diese beiden
Abschnitte mittelst verdünnter Kalilauge auf und bringt die¬
selben dann auf den Objectträger.1)
Die centrale Zellreihe besteht aus langgestreckten, cylin-
drischen Zellen, die gewöhnlich an ihrem obern Ende etwas
keulig verdickt, an ihrem untern ein wenig verdünnt sind.
Die Membran dieser Zellen wird gegen das untere Ende
des Thallus allmählich stärker, sodass schliesslich das Zell¬
lumen nur noch als dünner Streif erscheint, ln der zwei
Zellen gemeinsamen Membran ist ein Tüpfel — der geneti¬
sche Tüpfel2) — deutlich erkennbar, wie auch Wartmann
1. c. Taf. II. Fig. 1 richtig angiebt. (Sirodot erwähnt
diesen Tüpfel gar nicht).
Am oberen Theile jeder Zelle der centralen Reihe inse-
riren vier kreuzförmig angeordnete Zellen , die Stützzellen
(Fig. 1 b, b', b", b"'). Sie stehen genau in der Mitte von
je zwei knotenförmigen Anschwellungen des fadenförmigen
Thallus. Zunächst verlaufen sie von der Centralachse direct
auswärts gegen die Wand des Hohlcylinders hin; dann aber
1) Die Ränder der Präparate rollen sich leicht ein. Man muss sie
daher soviel, Avie möglich, mit der Präparirnadel Avieder in die richtige
Lage bringen und durch Druck auf das Deckglas in dieser zu erhalten
suchen.
2) Yergl. Schmitz, Untersuchungen über die Befruchtung der
Florideen, pag. 6
Ketel , Anal. Untersuchungen über Lemanea.
17
gabeln sie sich in zwei Aeste1 2). Diese Aeste setzen sich nach
oben und unten fort in Zellreihen (Fig. 1 c), welche längs
der inneren Wand des hohlen Schlauches, parallel der cen¬
tralen Zollreihe, bis zu den Knoten des Thallus verlaufen.
Die Länge der Zellen dieser Zellreihen nimmt in demselben
Verhältniss ab, wie sie sich den Knoten nähern.
An zwei einander gegenüberstehenden Stützzellen (Fig. 1
b' und b'") setzen sich nach oben zwei Zellreihen, nach unten
eine Zellreihe an. Die beiden andern Stützzellen (Fig. 1 b
und b") entsenden nach der Basis und der Spitze des Thallus
nur je eine Zellreihe.
Die Anzahl und die Länge der Zellen einer jeden Zell¬
reihe hängt übrigens ab von dem rascheren oder langsameren
Wachsthum des Thallus.
Wart mann*) hat diese Verhätuisse bei seiner Lemanea spec.
(die sicher zur Untergattung Sacheria Srdt. gehört) richtig erkannt.
Die Angaben von Sirodot dagegen sind nicht ganz zutreffend.
Letzterer ist der Meinung, dass die Anzahl der erwähnten Zellreihen
keinem bestimmten Gesetze gehorche. Er sagt nämlich pag. 15 seiner
Abhandlung: „ . . . au dessus de la ramification cruciforme, les
tubes lateraux3) restent tres-frequemment simples. La bifurcation ap-
paraissant ä des hauteurs variables, une coupe transverse peut, sui-
vant sa position, donner quatre, cinq ou six tubes lateraux.“
Es erfolgt jedoch die „bifurcation“, wie ich oben erwähnt habe,
nicht in verschiedener Höhe, sondern unmittelbar über zwei be¬
stimmten, einander gegenüberstehenden Stützzellen.4)
Die Stützzellen und die Zellen der aufwärts und abwärts
1) Als Ausnahme fand ich bei Sacheria rigida Srdt. in einem Falle
die Stützzelle nur nach unten mit einem Arm versehen (Fig 1 b.); der
bei regelmässiger Ausbildung nach oben verlaufende Arm fehlte.
2) loc. cit. pag 8.
3) Sirodot versteht unter „tubes lateraux“ die von den Stütz¬
zellen ausgehenden Zellreihen.
4) 1. c. p. 16 sagt Sirodot weiter: ,,Au niveau de chaque verticille
se terminent dix ä douze tubes lateraux, six pour l’intervalle superieur,
quatre ä six pour l’inferieur.“ Aus dieser und der oben citirten Bemer¬
kung folgt, dass Sirodot auch unterhalb der Stützzellen häufig zwei Zell¬
reihen beobachtet hat. Dieser Angabe gegenüber muss ich hervorheben,
dass mir unter meinen zahlreichen Präparaten nur ein einziges Mal der
Fall vorgekommen ist, dass von einer Stützzelle aus sowohl aufwärts als
abwärts zwei Zellreihen verliefen.
2
18
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
gerichteten Zellfäden — ich will sie „wandständige Zellreihen“
nennen — sind vermittelst zweier oder dreier Zellen an dem
Gewebe des Hohlcylinders befestigt. Diese Zellen (Fig. 1 v)
werde ich in Zukunft mit „Verbindungszellen“ bezeichnen,
weil sie die Verbindung der wandständigen Zellreihen mit
dem Gewebe des Holilcvlinders hersteilen.
1/
Wart mann sowohl wie Sirodot geben an, dass nur zwei
solcher Verbindungszellen an jeder Zelle der wandständiger Zellreihen
befestigt sind. Häufig jedoch sind diese Zellen in Dreizahl vorhan¬
den. (Vergl. Fig. 4, in der an der oberen Zelle c drei Verbindungs¬
zellen v befestigt sind). Dieser Umstand findet in der Entwicklungs¬
geschichte des Thallus seine Erklärung.
Die Verbindungszellen sind an dem Ende, mit dem sie
die Zellen der wandständigen Zellreihen berühren, papillen¬
förmig ausgezogen. An dieser eigentümlichen Gestalt sind
sie stets leicht zu erkennen. —
Der Hohlcvlincler besteht aus mehreren Zellschichten:
*/
einer inneren Schicht, von Wart mann „merenchymatisches
Gewebe“ genannt, einer äusseren, kleinzelligen Rindenschicht
und mehreren zwischen beiden gelegenen mittleren Schichten.
Die Zellen der innersten Schicht sind gross und lassen be¬
deutende Intercellularräume zwischen sich; die Zellen der
mittleren Schichten werden nach aussen allmählich kleiner und
schliessen enger an einander mit nur sehr engen Intercellu¬
larräumen. Die Zellen der Rindenschicht endlich sind sehr
klein und schliessen lückenlos zusammen. Die Zellen der
innersten Schicht besitzen nur wenig Inhalt. Dagegen werden
die äusseren inhaltreicher, so zwar, dass die Zellen der Rinden¬
schicht stets die inhaltreichsten sind.
Uebrigens ist über den anatomischen Bau dieses Hohl¬
cylinders von den älteren Autoren zur Genüge berichtet
worden. Nur die oben citirte Bemerkung von Kützing ward
bisher nicht eingehend genug berücksichtigt. Dass thatsäch-
lich „die äussern Zellen sich in einer solchen Ordnung auf
die innern, grossem legen, dass die einzelnen Gruppen jener
genau der Grösse der unter ihnen befindlichen innern ent¬
sprechen,“ das kann schon bei einigermassen aufmerksamer
Beobachtung ohne weitere Präparation erkannt werden, wenn
das Material nur genügend aufgehellt ist. Einen noch deut¬
licheren Beweis für die Richtigkeit jener Angabe erhält mau
Ke tri, Anat. Untersuchungen über Lemanea.
19
aber, wenn man den Thallus mehrere Tage hindurch in Wasser
kocht oder denselben der Einwirkung kalten Chlorwassers
tiberlässt. Durch eine solche Behandlung wird der Thallus
so weich, dass er durch einen leichten Stoss auf das Deckglas
ohne Mühe zerquetscht werden kann. In Präparaten, die auf
diese Weise hergestellt sind, findet man dann leicht Bruch¬
stücke des Thallus, auf deren grösseren Zellen je 2 — 3 kleinere
Zellen aufsitzen, wie dies in Fig. 3 dargestellt ist.
Die Zellen der innersten Schicht des Hohlcvlinders wachsen
«/
häufig zu einfachen oder verzweigten Zellfäden aus, die als
Khizoiden den Hohlraum nach allen Richtungen durchziehen.
Dabei legen sie sich gelegentlich eng an benachbarte Zellen
der innersten Schicht oder auch an die centrale Zellreihe an.
Sie unterscheiden sich von den wandständigen Zellreihen
ausser durch ihre Ursprungsstelle auch durch die regelmässige,
cylindrisehe Gestalt der Zellen, die bei den wandständigen
Zellreihen mehr verbogen erscheinen und ausserdem an dem
einen oder an beiden Enden bedeutend sich erweitern.
(Yergl. Fig. 1.) —
Der Thallus von Sacheria fluviatilis und S. rigida stellt
in der typischen Ausbildung einen einfachen unverzweigten
Faden dar; nur ausnahmsweise tritt Verzweigung des Fadens
ein. Eine solche Verzweigung ist aber eine specifisehe Eigen-
thtimlichkeit von Sacheria fucina. — Bei solcher Verzwei¬
gung bildet die Centralachse des Zweiges eine directe Ver¬
längerung einer wandständigen Zellreihe des Hauptstammes
(Fig. 2). "
Spitzenwachstlium hei der Untergattung Sacheria Srdt.
Um den Aufbau des soeben beschriebenen Thallus besser
zu verstehen, ist es nöthig, das Spitzenwachsthum genauer
zu verfolgen.
In dem mir zu Gebote stehenden Materiale waren jungo
Fäden, die soeben erst aus dem Vorkeim hervorgesprosst
waren, nur in geringer Anzahl vorhanden; dagegen fanden
sich ältere Fäden mit fortwachsender Spitze in grösserer
Menge bei den drei oben erwähnten. Arten S. fluviatilis, rigida
und fucina. Alle zeigten dasselbe Verhalten, sodass das Fol¬
gende für sämmtliche untersuchte Arten Gültigkeit hat.
2*
20
Ketel, Anat. Untersuchungen über Lemanea.
An einer noch unversehrten Spitze des Thallus erkennt
man in der obersten Zelle die Scheitelzelle (Fig. 5 a). Yon
dieser werden durch horizontale Scheidewände Zellen abge¬
gliedert (Fig. 5 b). Jede Gliederzelle wird dann durch vier
annähernd parallel der Längsachse gerichtete, etwas gebogene
Wände in eine centrale und 4 peripherische Zellen getheilt.
Diese vier Wände werden ungleichzeitig angelegt. Zu¬
nächst nämlich entstehen zwei Wände, weiche von der Mutter¬
zelle zwei einander gegenüberstehende, sich gegenseitig nicht
berührende Tochterzellen abschneiden (Fig. 7 A c und c').
Sodann legen sich die beiden andern Wände an die beiden
zuerst entstandenen Wände an, berühren also ihrerseits die
Aussen wandung der Mutterzelle garnicht.
Die centrale Zelle theilt sich späterhin nicht mehr, wächst
aber rasch in die Länge, und zwar bedeutend mehr in ihrem
basalen Theile als an der Spitze (Fig. 9). Sie wird zu einer
Gliederzelle der Centralachse des Thallus.
Die vier peripherischen Zeilen sind von ungleicher Grösse.
Zwei derselben, einander gegenüberstehend, sind grösser als
die beiden andern; ausserdem sind die beiden grösseren am
oberen Ende breiter als am unteren, während die kleineren das
umgekehrte Verhalten zeigen.
Diese Darstellung steht in vollständigem Widerspruch mit den
Angaben und Abbildungen von Sirodot. Sirodot sagt nämlich1):
. „on reconnaitra — que les divisions sont peripheriques, —
qu’elles sont limitees par une surface courbe embrassant, sur la Pe¬
ripherie, le quart de la circonference, et, en profondeur, la moitie
du rayon; — que la cellule primitive, apres s’etre divisee dans son
pourtour en quatre cellules, offre au centre un espace prismatique
limite lateralement par quatre faces concaves; — que les diedres
aigus de cet espace prismatique s’etendent entre les cellules periphe¬
riques de maniere ä les rendre independantes les unes des autres,
en les rattaehant exclusivement ä la region central.“ — Nach Si¬
rodot’ s Ansicht werden also vier vollständig gleich grosse und ein¬
ander nicht berührende, peripherische Zellen abgeschnitten, während
die vier Kanten der prismatischen centralen Zelle noch die Aussen-
fläche berühren.
Sirodot giebt an, dass er dies Verhalten an einem dünnen
Querschnitte des Thallus beobachtet habe, der ihm zwar nicht bei L.
1) 1. c. pag. 56.
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
21
ciliata, wohl aber bei der hierin ganz analogen L. catenata geglückt
sei. Ich muss jedoch sowohl für die untersuchten Arten der Unter¬
gattung Sacheria, als auch für die Untergattung Lemanea diese Dar¬
stellung in Abrede stellen.
Dass Sirodot sich geirrt hat, das beweist zunächst z. B. Fig.
6 A, in der über einer grossen peripherischen Zelle einer primären
Gliederzelle eine kleine peripherische Zelle der nächst oberen Glieder¬
zelle gelegen ist: hier zeigt sich deutlich, dass die vier peripherischen
Zellen unter einander durchaus nicht an Grösse übereinstimmeu.
Einen noch mehr überzeugenden Beweis von der Richtigkeit meiner
eigenen Darstellung aber giebt Fig. 7. Es ist mir nämlich durch
Kochen (in verdünnter Kalilauge) gelungen, die Spitze eines Thallus
so zu erweichen, dass sich dieselbe durch einen kurzen Stoss auf das
Deckglas zerquetschen liess. Auf diese Weise wurden mehrere pri¬
märe Gliederzellen isolirt. Durch einen glücklichen Zufall kamen
zwei derselben in die Lage eines Querschnittes. An diesen ist nun
der Unterschied in der Grösse zwischen je zwei benachbarten peri¬
pherischen Zellen (z. B. b und c) leicht ersichtlich. Zugleich auch
sieht man deutlich, dass nach der Abgliederung der vier Randzellen
die centrale Zelle nirgends mehr die Aussenwandung berührt. Ebenso
zeigen die Abbildungen (Fig. 7 A und B), dass dei Thallus an seiner
Spitze nicht genau cylindrisch ist, sondern eine etwas zusammenge¬
drückte Gestalt besitzt.
Die vier peripherischen Zellen repräsentiren die vier
Stützzellen des ausgebildeten Thallus. Wie entstehen nun
aber die wandständigen Zellreihen des Hohlcylinders?
Sirodot löst diese Frage einfach dadurch, dass er sagt (1. c.
p. 56) : .... „ces tubes lateraux vont se constituer immediatement
par divisions transversales completes des cellules peripheriques.“ —
Den Umstand, dass am ausgebildeten Thallus häufig von einer Stütz¬
zelle mehr als eine wandständige Zellreihe aufwärts und abwärts aus¬
läuft, erklärt er dagegen auf folgende Weise (1. c. p. 56): . . . „les
cellules constituant la couche externe, sont disposees sur quatre series
lineaires ordinairement portees ä six par le dedoublement de deux
d’entre eiles.“
So einfach verhält sich die Sache jedoch nicht, wie die genaue
Untersuchung des ferneren Verhaltens der peripherischen Zellen zeigt.
Yon den vier peripherischen Zellen oder Randzellen
theilen sich bei fortschreitendem Wachsthum die beiden
grösseren in ganz anderer Weise, als die beiden kleineren.
Dieser Umstand kann durchaus nicht befremden, da ja, wie
oben auseinandergesetzt ward, die beiderlei Randzellen auch
schon in verschiedener AVeise angelegt werden.
22
Ketel, Anat. Untersuchungen über Uemanea.
Die kleinere Randzelle theilt sich zunächst durch eine
von der Aussenfläehe nach innen und schräg nach oben ver¬
laufende Querwand in eine kleinere obere und eine grössere
untere Zelle. Letztere theilt sich dann ihrerseits durch eine
ebenfalls nach innen, aber schräg nach unten verlaufende
Wand in zwei Zellen von ungefähr gleicher Grösse. Auf diese
Weise entstehen drei Zellen, von denen die obere und untere
eine breitere Aussenfläehe besitzen, während ihre Innen¬
fläche, die an die centrale Zelle grenzt, schmaler ist. Da¬
gegen ist die mittlere Zelle nach aussen schmaler als nach
innen. (Vergl. Fig. 8.)
Während diese mittlere Zelle sich nun vorläufig nicht
mehr theilt, wachsen die obere und die untere Zelle in der Rich¬
tung der Längsachse des Thallus weiter und gliedern durch
Querwände Theilzellen ab, verhalten sich also wie Scheitel¬
zellen wachsender Zellfäden. —
In einer grösseren Randzelle (Fig. 5 d) dagegen wird
zunächst eine Wand angelegt, die an der Aussenfläehe der
Randzelle so an setzt, dass sie ungefähr von der Mitte der
oberen Querwand gekrümmt nach der Mitte einer Längswand,
gewöhnlich der links gelegenen (vom Beschauer aus gerechnet),
verläuft; von hier geht diese Wand, etwas schräg nach oben
gerichtet, in das Innere der Randzelle hinein und setzt an die
Innenwand der Randzelle an (Fig. 6 B a). An diese Wand
legt sich eine zweite Wand an, welche zu der andern Längs¬
wand sich hinbiegt und ebenfalls nach innen und ein wenig
schräg nach oben verläuft (Fig. 6 B b). Eine dritte Wand
setzt sich (in der Aussenansicht der Randzelle) an die beiden
Längswände der Randzelle unterhalb der eben neugebildeten
Wände an und verläuft, mit der untern Querwand der Rand¬
zelle schwach convergirend, nach innen (Fig. 6 B c). So
entstehen vier Zellen, eine, die mit breiterer Fläche an die
Innenwand der Randzelle anstösst, mit dem schmaleren Ende
die Aussenwand berührt, und drei Zellen, deren breiterer
Theil an die Aussenwand angrenzt. Von den letzteren Zellen
sind zwei nach der Spitze und eine nach der Basis des Thallus
gerichtet.
Diese Theilungsweise der grösseren Randzellen ist die
bei weitem am häufigsten vorkommende, mithin kann sie als
KeteJ, Anat. Untersuchungen über Lemanea.
23
die typische bezeichnet werden. Zuweilen aber finden sich
kleinere Abweichungen, die jedoch das Resultat der Theilungen
in keiner Weise beeinträchtigen.
Als eine derartige Abweichung beobachtete ich, dass die
beiden oberen Zellen schon begonnen hatten , weitere Thei¬
lungen einzugehen, bevor die untere Querscheidew'and (Fig.
6 B c) angelegt war. Oder diese Querscheidewand legte sich
nicht an die beiden Längswände der Randzelle an, sondern
an die beiden zuerst entstandenen, gebogenen Wände (Fig.
6 D) oder an eine derselben und die gegenüberliegende
Längswand an (Fig. 6 C), sodass die Aussenfläche der mitt¬
leren Zelle drei- oder viereckig erschien, während sie in der
typischen Form fünfeckig ist. Immerhin aber entstehen auch
in diesen Fällen je eine mittlere, eine abwärts und zwei auf¬
wärts gerichtete Zellen.
Als durchaus von der Regel abweichend ist aber die
Theilungsweise zu bezeichnen, die ich einmal bei S. fluvia-
tilis beobachtet habe (Vergl. Fig. 12). Hier waren um die
mittlere Zelle vier andere Zellen (die schon weitere Thei¬
lungen eingegangen waren) so gelagert, dass 2 nach der
Spitze und 2 nach der Basis des Thallus gerichtet waren. —
Ein anderer Fall endlich stimmte fast vollständig mit der
Theilungsweise, die unten bei der Untergattung Lemanea zu
schildern sein wird, überein.
Wie aber auch im Einzelnen der beschriebene Thei-
lungs Vorgang verlaufen mag, die nach innen breitere mittlere
Zelle theilt sich vorläufig nicht weiter ; die übrigen Zellen
aber wachsen in der Richtung der Längsachse des Fadens
fort und schneiden durch Querwände, die mit den ursprüng¬
lichen Querwänden der Randzellen mehr oder weniger parallel
verlaufen, wiederholt Gliederzellen ab (Fig. 9). Sie verhalten
sich also ebenfalls wie Scheitelzellen wachsender Zellfäden. —
In jeder der vier Randzellen findet sich somit eine Zelle,
die mit dem breiteren Ende der Ritte des Thallus zugewandt
ist. Biese Zellen werden zu den vier Stützzellen, die an der
centralen Zelle befestigt bleiben. Zwei Stützzellen, die ein¬
ander gegenüberstehen, senden nach oben und unten nur jo
eine Zellreihe aus — die beiden kleineren Randzellen — ;
von den beiden andern Zellen dagegen geht nach unten eben-
24
Ketel, Ai\at. Untersuchungen über Lemanea.
falls je eine Zellreihe aus, nach oben jedoch je zwei Reihen
von Zellen — die grösseren Randzellen — .
Wird auf diesem Stadium der Entwicklung ein Querschnitt
durch den Thallus geführt, so wird man, falls dieser Schnitt
durch die Region der Stützzellen oder unterhalb derselben ver¬
läuft, die Centralzelle von vier peripherischen Zellen umgeben
finden ; ein Schnitt, durch die Region oberhalb der Stütz¬
zellen geführt, muss dagegen die Centralzelle von sechs peri¬
pherischen Zellen umgeben zeigen.
Die vier Randzellen einer jeden Gliederzelle des jungen
Thallus wachsen eine geraume Zeit an ihrem oberen und unteren
Ende fort. Zunächst hält dabei das Wachsthum der Central¬
zelle mit dem der Randzellen gleichen Schritt; bald aber wird
das Wachsthum der Centralzelle weniger ausgiebig, als das
der Randzellen. Daher können diese an der Grenze zweier
Gliederzellen nicht mehr in der Richtung der Längsachse des
Thallus fortwachsen, sondern sind gezwungen, die fortwach¬
senden Spitzen ein wenig nach aussen umzubiegen. Dadurch
wird dann eine Erscheinung hervorgerufen, die weiter unten
bei der Besprechung der Fortpflanzungsorgane noch näher
berührt werden soll.
Während nun in den Randzellen an dem fortwachsenden
oberen und unteren Rande noch neue Zellen abgegliedert
werden, beginnen die erstgebildeten Zellen in anderer Rich¬
tung sich zu theilen. Den Anfang macht fast immer die Stütz¬
zelle. In älteren „grösseren Randzellen“ ist diese durch ihre
Lage und Gestalt unverkennbar characterisirt (Fig. 5 und 9);
in älteren „kleineren Randzellen“ lässt sie sich durch die
correspondirende Lage in gleicher Höhe mit der Stützzelle
einer grösseren Randzelle stets auffinden, obwohl sie sich von
den übrigen Zellen einer kleineren Randzelle durchaus nicht
unterscheidet. Die Stützzelle und darauf, nach oben und unten
fortschreitend, die übrigen Zellen theilen sich in eine innere
und zwei äussere Zellen durch zwei Wände, von denen die
eine, an die eine Längswand der Zelle (oder an die innere
Wand derselben) ansetzend, gebogen nach der Aussenfläche ver¬
läuft, während die zweite Wand, an der gegenüberliegenden
Längswand der Zelle ansetzend, die Aussenwand nicht er¬
reicht, sondern sich an die soeben neu gebildete Wand an-
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
25
legt (Fig. 10 A und B). Diese Wände verlaufen aber nicht
immer in der Richtung der Längsachse der Mutterzelle, son¬
dern häufig von dieser Richtung mehr oder weniger ab¬
weichend1).
Sehr häufig tritt auch der Fall ein, dass nicht zwei, son¬
dern drei äussere Zellen und eine innere gebildet werden.
Es geschieht dies durch drei Scheidewände, die sich in der
verschiedensten Weise an einander anlegen können. Stets
aber werden hierbei von der Mutterzelle die Tochterzellen so
abgeschnitten, dass der Rest der Mutterzelle an die Aussen-
fläche des Thallus überhaupt nicht mehr heranreicht.
Die auf solche Weise entstandenen inneren Zellen theilen
sich nun (ebenso wie die Centralzelle einer jeden primären
Gliederzelle) nicht mehr. Sie dehnen sich jedoch noch be¬
deutend in die Länge aus. Die Stützzelle streckt sich in ra¬
dialer Richtung in die Länge und weitet sich an dem äussern
Ende nach oben und unten in zwei Arme aus ; die übrigen
inneren Zellen aber dehnen sich in der Längsrichtung des
Thallus in die Länge und werden so zu den langgestreckten
Zellen der wandständigen Zellreihen, deren Zahl und Anord¬
nung somit in den ersten Theilungen der Randzellen ihre Er¬
klärung findet.
Die zwei resp. drei äusseren Zellen der letztbeschriebenen
Zelltheilung wiederholen dann dieselbe Theilungsweise. Sie
theilen sich ebenfalls je in zwei (resp. drei) äussere und eine
innere Zelle. Die dadurch entstandenen inneren Zellen
werden zu den Verbindungszellen, die in dem erwachsenen
Thallus die wandständigen Zellreihen an der Innenseite des
Hohlcylinders befestigen.
Weiterhin 'wiederholen dann die zuletzt entstandenen
Aussenzellen denselben Theilungsvorgang und theilen sich
ebenfalls in eine innere und 2 — 3 äussere Zellen. Aus den
inneren Zellen entsteht die innerste Zellschicht des hohlen
Schlauches. Aus den äusseren Zollen aber gehen unter mehr-
1) Im letzteren Falle erscheint eine solche Wand in der Aussenan-
sicht des Thallus dann nicht als eine Linie, die in der Richtugn der
Längsachse des Thallus verläuft, sondern als eine solche, die um irgend
eine Winkelgrösse von der Längsrichtung des Thallus abweicht.
26
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
maliger Wiederholung desselben Theilungs Vorgangs schliess¬
lich die übrigen Zellenlagen des Hohlcylmders hervor. —
Inzwischen löst sich der junge Hohlcylinder von der
centralen Zellreihe ab. Der dadurch entstehende Hohlraum
ist zunächst mit einer weichen Gallerte angefüllt; jedoch ver¬
schwindet diese bald. — Weiterhin beginnen auch die Zellen
der innersten Schicht der hohlcy lindrischen Wandung zu
Rhizoiden auszuwachsen, die bald einfach bleiben, bald durch
seitliche Ausstülpungen Verzweigungen hervorbringen. Die
Zellen der innersten Schicht selbst aber runden sich kugel¬
förmig ab, und zwischen ihnen bilden sich vielfach Inter-
celiularräume aus. —
Anatomie des Thallus hei der Untergattung Lemanea.
Aus der Untergattung Lemanea stand mir für genauere
mikroskopische Untersuchung nur Spiritusmaterial einer ein¬
zigen Art, Lemanea catenata Kütz. (aus der Elster bei Greiz),
zur Verfügung. In getrockneten Exemplaren konnte ich
ausserdem noch untersuchen Lemanea annulata Kütz. (aus
Kordfrankreich), nodosa Kütz. (aus Sardinien), torulosa Srdt.
(aus Sardinien) und sudetica Kütz. (aus dem Kochel in
Schlesien).
Von den letztgenannten Arten wies nur L. annulata noch
einige wohl erhaltene junge Spitzen auf, von denen ich eine
einzelne untersucht und in ihrem Verhalten mit den Spitzen der
L. catenata übereinstimmend gefunden habe. Bei den übrigen
genannten Arten fand ich am erwachsenen Thallus keine
wesentliche Abweichung von dem Bau des Thallus der L.
catenata. Ich glaube daher mit grosser Wahrscheinlichkeit
sehliessen zu dürfen, dass auch das Spitzenwachsthum bei
diesen Arten dasselbe ist wie bei L. catenata und annulata.
Der Thallus der zur Untergattung Lemanea Srdt. gehöri¬
gen Arten ist im Grossen und Ganzen dem der Sacheria- Arten
durchaus analog. Er besteht ebenfalls aus einem Hohlcylinder,
der aus mehreren Zellschichten aufgebaut ist, und einer die
Kitte des Hohlcvlinders durchlaufenden centralen Zellreihe
nebst Stützzellen, wandständigen Zellreihen und Verbindungs¬
zellen. Im Einzelnen finden sich jedoch Abweichungen.
Die Centralachse (Fig. 13 a) ist zunächst oft bis zur
Ketel, Anat. Untersuchungen über Lemanea.
27
Unkenntlichkeit von einer Menge von Rhizoiden eingehüllt’).
Sie entspringen einzeln oder zu zwei von der unteren Fläche
der Stützzellen. Sie verzweigen sich vieltach und wachsen
durch mehrere Abschnitte des Thallus hindurch abwärts.
Dadurch entsteht eine Menge feiner, gegliederter Fädchen,
die im erwachsenen Thallus in schwach spiraliger Drehung
um die centrale Zellreihe sich herumwinden.
Die Stützzellen (Fig. 13 b und b') entspringen ferner
bedeutend mehr dem oberen Ende einer Zelle der Contralachse
genähert, als dies bei den Arten der Gruppe Sacheria der
Fall ist. Auch sind die Stützzellen an ihrem äusseren Ende
nicht in zwei Aeste ausgezogen, sondern sind einfach keulen¬
förmig gestaltet. Ihr äusseres Ende erreicht das Gewebe des
Hohlcvlinders nicht; vielmehr sind zwei dieser vier Stütz-
zellen, einander gegenüborstehend, an dem Hohlcylinder mit¬
telst einer besonderen Verbindungszelle befestigt (Fig. 13 v),
während die beiden anderen einer solchen Verbindungszelle
gewöhnlich entbehren. Nur zuweilen findet sich auch an
diesen letzteren Stützzellen eine Verbindungszelle (z. B. in
Fig. 13 v').1 2)
Von denjenigen Stützzellen, die stets mit einer Verbin¬
dungszelle versehen sind, verlaufen nach der Spitze des Thallus
zwei Fäden (Fig. 13 f und g), von denen der eine aus einer
einfachen Reihe von Zellen besteht, der andere dagegen von
der Spitze seiner ersten Zelle noch einen Seitenfaden aus¬
sendet (Fig. 13 g'). Nach unten verlauten von diesen Stütz¬
zellen ebenfalls jo zwei Reihen langgestreckter Zellen (Fig.
13 h und i). Die beiden letzteren wandständigen Zellreihen
bleiben jedoch stets unverzweigt.
Von den Stützzellen, die gewöhnlich der Verbindungs-
1) Diese Rhizoiden sind in Fig. 13 der Deutlichkeit wegen weg¬
gelassen.
2) Wart mann erwähnt gar nicht, dass die Verbindungszelle an ganz
bestimmten Stützzellen gewöhnlich fehlt. S i r o d o t scheint es bemerkt zu
haben, da er pag. 17 sagt: Chacune des branches de la croix est formee
par une cellule cylindrique dont l’extremite peripherique, distante do la
paroi interieure, s’y trouve ordinairement rattachee par une cellule
longuement piriforme.
28
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
zelle entbehren, verläuft nach oben je eine stets unverzweigte
wandständige Zellreihe (Fig. 13 c) ; nach unten entsenden
diese Stützzellen je zwei ebenfalls unverzweigte Zellreihen
(Fig. 13 d und e).1)
Die Zellen sämmtlicher wandständigen Zellreihen werden
gegen die knotigen Anschwellungen des Thallus hin kürzer
und sind schliesslich von den Zellen der innersten Schicht
der hohlcvlindrischen Wandung nicht mehr zu unterscheiden.
Die einzelnen Zellen sind an dem Gewebe des Hohlcvlinders
durch zwei oder drei Verbindungszellen befestigt, die, wie bei
der Gruppe Sacheria (nur bedeutend stärker als dort) papillen¬
förmig ausgezogen sind.
Diese eigenthümliche Gestaltung der Verbindungszellen
dürfte wohl sicher durch das ungleichmässige Wachsthum der
einzelnen Zellschichten des Thallus und durch die hierdurch
verursachte Dehnung zu erklären sein. Letztere scheint
übrigens zuweilen sehr beträchtlich zu sein, da nicht selten
auch die Zellen der innersten Schicht des Hohlcvlinders pa¬
pillenförmig ausgezogen sind. —
Die hohlcylindrische Wandung des Thallus der zur Unter¬
gattung Lemanea gehörigen Arten zeigt in ihrem anatomi¬
schen Bau wenig Unterschiede von dem Hohlcylinder der zur
Untergattung Sacheria gehörigen Arten. Zu bemerken ist nur,
dass die Anzahl der Zellschichten in dem Hohlcylinder bei den
ersteren Arten eine geringere ist als bei den Arten der letz¬
teren Untergattung. —
Die Zellen der innersten Schicht des Hohlcvlinders
wachsen, wie bei der Untergattung Sacheria, zu Rhizoiden
aus. Sie sind jedoch bei der Untergattung Lemanea nicht so
zahlreich, wie bei Sacheria. Von den Rhizoiden der Stütz¬
zellen unterscheiden sie sich dadurch, dass ihre Zellen be¬
deutend grösser sind als bei jenen. —
1) Dieses Verhalten ist bereits von Wart mann richtig dargestellt
worden. Dagegen sind die Angaben von S i r o d o t ziemlich ungenau :
,Dans cette section le nombre des tubes lateraux varie donc de six ä
neuf .... dans la region moyenne de chaque segment le nombre normal
est . . . . six — huit . . . .“ (pag. 18.)
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
29
Spitzenwachsthum bei (1er Untergattung1 Lemanea.
Das Spitzen wachsthuni einer Art der Untergattung Le¬
manea ist von Wartmann mit grosser Genauigkeit unter¬
sucht worden; jedoch beschränkt sich diese Untersuchung
zum grossen Theil auf die Oberfläche der Spitzen, sodass
einige lrrthümer untergelaufen sind. Auch ist aus Wart-
mann’s Darstellung nicht zu entnehmen, in welcher Weise
die Stützzellen in den kleineren Randzellen angelegt werden.
Sirodot behandelt das Spitzenwachsthum zu allgemein,
zu wenig in die Einzelheiten eingehend. Auch entsprechen
die Abbildungen, die er von dem Bau der Spitze von L.
catenata giebt, keineswegs genau den tatsächlichen Verhält¬
nissen.
Meine eigenen Untersuchungen über das Spitzenwachs¬
thum von Lemanea catenata ergaben folgende Resultate.
Eine stetig fortwachsende Scheitelzelle (Fig. 14 a) lässt
durch horizontal angelegte Scheidewände Gliederzellen (Fig.
14 b) entstehen. Nachdem eine Reihe derartiger Zellen ab¬
geschnitten ist, fangen die älteren derselben an, weitere Thei-
lungen einzugehen. Zunächst wird jede Gliederzelle, genau
so, wie bei den Sacheria- Arten1), durch vier annähernd der
Längsachse des Thallus parallel gerichtete, etwas gekrümmte
Wände in 5 Zellen zerlegt, eine centrale und vier periphe¬
rische Zellen. Von den letzteren sind zw'ei, einander gegen¬
überstehend, grösser als die beiden anderen; zugleich sind
diese beiden peripherischen Zellen am oberen Ende etwas
breiter als am unteren, während die beiden anderen periphe¬
rischen Zellen ein umgekehrtes Verhalten zeigen.
Die einzelnen peripherischen Zellen wollen wir von jetzt
ab, wie bei der Untergattung Sacheria, mit dem Namen „Rand-
zellena bezeichnen.
1) Dass die ersten Tlieilungen in den einzelnen Gliederzellen bei
beiden Untergattungen in gleicherweise verlaufen, giebt auch Sirodot
an. (1. c. pag. 59 ff.) Thatsächlich werden aber, wie schon oben er¬
wähnt, die vier ersten Wände in etwas anderer Weise angelegt als Si¬
rodot beschreibt. — Uober die weiteren Theilungsschritto in den ein¬
zelnen peripherischen Zellen berichtet Sirodot nichts genaueres, sodass
hic auf seine Angaben nicht mehr zurückzukommen brauche.
30
Ketel , Untersuchungen über J^cvianea.
Die kleineren Randzellen können sich nun in verschie¬
dener Weise theilen.
ln dem einen Falle (Fig. 15) wird durch eine Wand, die
den Querwänden der primären Gliederzellc annähernd parallel
verläuft, jedoch ein wenig mit der oberen Querwand conver-
girt, eine obere Zelle abgeschnitten. Die Aussenfläche dieser
Zelle ist etwas höher als ihre der centralen Zelle zugekehrte
Innenfläche. Dann theilt sich die untere Zelle wiederum in
zwei Zellen ungleicher Grösse durch eine Wand, die von der
Mitte der soeben neu gebildeten Wand zur Mitte der unteren
Querwand verläuft, dann aber nach innen mit einer Längs¬
seitenwand der Randzelle convergirt (und zwar an ihrem
oberen Ende bedeutend mehr als am unteren). In der Aussen-
ansicht erscheint diese Wand als eine gerade Linie, die in
der Richtung der Längsachse des Thallus verläuft; in der
Innenansicht aber tritt sie als gekrümmte Linie hervor. —
Weiterhin setzt an diese Wand eine zweite an, die mit der
anderen Längsseitenwand derRandzelle in ganz analoger Weise
convergirt.
Durch diese Theilungsschritte entstehen aus der kleineren
Randzelle drei äussere und eine innere Zelle. Letztere theilt
sich fernerhin nicht mehr; dagegen wachsen die drei anderen
Zellen in der Richtung der Längsachse des Thallus weiterund
schneiden durch mehr oder weniger vollkommen horizontale
Wände Gliederzellen ab. Sie verhalten sich also wie die
Scheitelzellen wachsender Zellfäden. Die innere Zeile dagegen
wird zur Stützzelle. Dieselbe kann in dem vorliegenden
Falle eine Verbindungszelle nicht besitzen; denn sie berührt
sofort nach ihrer Bildung die Aussenfläche des Thallus nicht
mehr, kann also auf dieser Seite Zellen auch nicht mehr ab¬
gliedern.
Im zweiten Falle dagegen (Fig. 16.) wird in einer kleineren
Randzelle zunächst ebenfalls eine Wand angelegt, die mit der
oberen Querwand der Randzelle ein wenig convergirt. Die
dadurch entstandene untere Zelle theilt sich dann ihrerseits
in zwei Zellen durch eine verticale Wand, die, in der Mitte
der soeben gebildeten Scheidewand ansetzend, ungefähr zur
Mitte der unteren Querwand und zur Mitte der inneren, an der
centralen Zelle anliegenden Wand der Randzelle verläuft.
Kete.l , Annt. Untersuchungen über Lemanea.
o 1
Ol
Von den beiden so entstandenen Tochterzellen wird darauf
die eine durch eine horizontale Wand in zwei Zollen getheilt.
Und endlich zerfällt die obere dieser beiden Tochterzellen
durch eine tangentiale Wand in eine äussere und eine innere
Zelle. Diese letztere wird dann zur Stützzelle, wogegen die
äussere Zelle (nachdem sie ihrerseits wieder zwei oder drei
äussere Zellen abgegliedert hat) zur Verbindungszelle sich
entwickelt.
Aus den Wartmann ’ sehen Angaben ist gar nicht zu er¬
sehen, welche Zelle einer kleineren Randzelle zur Stützzelle
wird. Auch bin ich selbst ebenfalls sehr lange in Zweifel ge¬
wesen, bis schliesslich ein günstiges Präparat (Fig. 16.) mir
Aufklärung verschaffte.
Die Stützzelle theilt sich nun ferner nicht mehr ; die drei
anderen Zellen dagegen, von denen eine oberhalb, eine unter¬
halb und eine seitlich (aber ebenfalls nach unten sich vor¬
streckend) von der Stützzelle liegt, wachsen nun in der Rich¬
tung der Längsachse des Thallus weiter und schneiden durch
Querwände Gliederzellen ab, genau so, wie im ersteren Falle.
Demnach setzen sich an die Stützzelle einer kleineren
Randzclle in beiden Fällen nach oben eine Reihe, nach unten
zwei Reihen von Zellen an ; es sind dies die späteren wand¬
ständigen Zellreihen. Jede Zelle der oberen Reihe theilt sich
gewöhnlich in drei äussere und eine innere Zelle (Fig. 16).
Die Zellen der beiden unteren Reihen theilen sich ebenfalls in
eine innere und drei äussere, häufig aber auch in eine innere
und zwei äussere Zellen. Die äusseren Zellen werden zu den
Verbindungszellen, nachdem sie ihrerseits ebenfalls zwei oder
drei äussere Zellen abgeschnitten haben. — Dadurch, dass
sich dann derselbe Vorgang der Drei- resp. Viertheilung in
den jeweiligen Aussenzellen noch mehrfach wiederholt , wird
der aus den kleineren Randzellen hervorgehende Theil des
Hohlcylinders gebildet. —
Eine grössere Randzelle theilt sich zunächst durch vier
Wände, welche die vier Ecken abschneiden in eine mittlere
und vier Eckzellen (Fig. 17 b). Sämmtliche Zellen berühren
die Aussenflächc der Randzelle, jedoch nähern sich die vier
Scheidewände, ins Innere gehend, ein wenig den vier inneren
Ecken der Randzelle, sodass die mittlere Zelle sich nach innen
32
Ketei, Anat. Untersuchungen über Lemanea.
zu. verbreitert. Nachdem die vier Eckzellen abgeschnitten
sind, wird die mittlere Zelle durch eine tangentiale Wand in
eine äussere und eine innere zertheilt (Fig. 18 a). Die letz¬
tere Zelle, die nunmehr die Aussenfläche des Thallus gar
nicht mehr berührt, wird zur Stützzelle der grösseren Randzelle.
ln der zuerst abgeschnittenen Eckzelle, gewöhnlich der
links oben gelegenen (vom Beobachter aus gerechnet), wird
zunächst eine Wand parallel der zuerst gebildeten Wrand angelegt
(Fig. 14 x). Sodann werden in den beiden Tochterzellen
dieser letzteren Zelltheilung und in den drei übrigen Eck¬
zellen wiederholt durch horizontale Wände in akropetaler
Folge Gliederzellen abgeschnitten, die Gliederzellen der späte¬
ren wandständigen Zellreihen.
Einmal habe ich übrigens beobachtet, dass die Anlage
der fünften Wand, die parallel der zuerst entstandenen ver¬
läuft, unterblieben war (Fig. 19). Demgemäss liefen von der
Stützzelle nur vier Reihen von Zellen aus, zwei nach oben
und zwei nach unten. — Vielleicht mag auch hin und wieder
noch eine andere Theilungsweise Vorkommen ; jedenfalls aber
ist die soeben beschriebene Theilungsweise die Regel. Aus
ihr erklärt sich die Thatsache, dass im fertigen Thallus der
ersten Gliederzelle zweier aufwärts verlaufenden wandstän¬
digen Zellreihen eine zweite Zellreihe aufsitzt. —
Die weitere Ausbildung des Zellgewebes der hohlcylin-
drischen Wandung des Thallus geht bei den grösseren Rand¬
zellen in derselben Weise vor sich, wie bei den kleineren
Randzellen: durch zwei oder drei Wände wird jede Zelle der
letzterwähnten Zellreihen in eine innere und zwei resp. drei
äussere Zellen zertheilt. Die letzteren wiederholen denselben
Vorgang u. s. f. —
Wie soeben erwähnt, theilt sich die durch die ersten
vier Wände der Randzelle abgeschnittene mittlere Zelle in
eine äussere und eine innere Zelle. Die letztere wird zur
Stützzelle, während die äussere Zelle (Fig. 18 v) zu der Ver¬
bindungszelle wird, welche die Stützzelle an dem späteren
Hohlcylinder befestigt. Aus dieser Theilungsweise der grösseren
Randzellen geht hervor, dass die Stützzellen, die aus einer
solchen grösseren Randzelle entstehen, stets eine Verbindungs-
Ketel, Anat. Untersuchungen Uber Lemanea.
33
zelle besitzen müssen, während eine solche bei den Stützzellen
der kleineren Randzellen zuweilen fehlen kann.
Fassen wir nun die angegebenen Thatsachen über die
Entwicklung der wandständigen Zellreihen, die durch die
ersten Zelltheilungen in den vier Randzellen einer einzelnen
Gliederzelle angelegt werden, zusammen, so finden wir, dass
in jedem Thallusgliede, das aus einer einzelnen Gliederzelle
hervorgeht, vier Stützzellen vorhanden sind, und dass von
diesen vier Stützzellen sechs Zellreihen nach oben verlaufen,
2 + 2 aus den grösseren Randzellen hervorgehend, und 1 + 1
aus den kleineren Randzellen. Zwei der Zellreihen jedoch,
die aus den grösseren Randzellen hervorgegangen sind, be¬
sitzen an ihrer ersten Zelle — von der Stützzelle aus ge¬
rechnet — noch je eine Nebenzellreihe, sodass in jedem
Thallusgliede im Ganzen acht Zellreihen aufwärts verlaufen-
Diese entsprechen in Zahl und Anordnung den acht aufwärts
verlaufenden wandständigen Zellreihen des fertigen Thallus. —
Nach unten entsendet jede der vier Stützzellen zwei unver¬
zweigte Zellreihen, und diese acht Zellreihen entsprechen den
acht abwärts verlaufenden wandständigen Zellreihen des fer¬
tigen Thallus.
Sobald die hohley lindrische Wandung des Thallus aus
mehreren Zollschichten gebildet ist, beginnt dieselbe sich von
der centralen Zellreihe abzulösen. Nur die Stützzellen bleiben
eng mit letzterer verbunden.
Zu derselben Zeit beginnen auch die Stützzellen, Rhi-
zoiden hervorsprossen zu lassen. Zugleich wachsen aus ein¬
zelnen Zellen der innersten Schicht des Hohlcylinders analoge
Rhizoiden hervor, die den Hohlraum des Thallus oft in grosser
Menge durchziehen.
Jede Stützzelle treibt an ihrer unteren, der Basis des
Thallus zugekehrten Seite eine Ausstülpung, die sich durch
eine Querwand abgliedert (Fig. 20 lj. Die neugebildete kleine
Zelle wächst nun, dicht an der Centralzollc anliegend, an
dieser hinunter durch mehrere Thallusglieder hindurch, indem
sie fortwährend durch neue Querwände Zellen abglicdert und
durch seitliche Ausstülpungen eine reichliche Verzweigung
hervorbringt. Der Hauptfaden sammt seinen Zweigen logt
sich dabei in spiraliger Drehung um die centrale Zellreihe
34
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
herum und schliesst dieselbe oft in so dichter Masse ein, dass
sie kaum noch erkennbar bleibt.
In ganz analoger Weise entstehen die Rhizoiden, die den
Zellen der innersten Schicht des Hohlcylinders entsprossen.
Diese Rhizoiden sind aber bedeutend dicker als die Rhizoiden
der Stützzellen. Sie durchziehen den Hohlraum ohne be¬
stimmte Anordnung. Ihre Anzahl ist bei der vorliegenden
Untergattung Lemanea verhältnissmässig gering; dagegen
werden sie, wie oben erwähnt, bei der Untergattung Sacheria
oft in solcher Menge gebildet, dass die Centralachse und die
wandständigen Zellreihen gänzlich verdeckt werden.
II. Fortpdaiizungsorgaiie.
Die Fortpflanzung der Lemaneaceen geht, so weit be¬
kannt, }) ausschliesslich auf geschlechtlichem Wege vor sich.
Eine männliche Zelle vereinigt sich mit der weiblichen Eizelle.
Diese lässt nach der Befruchtung verzweigte Fäden hervor¬
sprossen, deren Zellen zum grössten Theile zu Sporen sich
ausbilden.
Antheridien.
Die männlichen Zellen, die Spermatien, werden bei den
beiden Untergattungen Sacheria und Lemanea in gleicher
Weise angelegt, sodass wir bei der Besprechung der männ¬
lichen Geschlechtsorgane beide Untergattungen zusammen¬
fassen können.
Wie oben erwähnt, besteht eine Lemanea aus einem
fadenförmigen Thallus, der in regelmässigen Abständen An¬
schwellungen mit papillen artigen Höckern zeigt. Diese letz¬
teren können entweder zu einem rings um den Thallus lau¬
fenden Bande verbunden sein (L. catenata, annulata) oder
aus einzelnen getrennten Höckern bestehen (Sacheria fluviatilis,
rigida). Sie stellen die Antheridien dar, aus denen die männ¬
lichen Zellen hervorgehen.
Die Entstehung dieser Höcker wird leicht verständlich,
1) In der Litteratur habe ich keine Angaben über etwaige Tetra¬
sporen gefunden; ebensowenig habe ich bei meinen eigenen Untersuchun¬
gen dergleichen Gebilde gesehen.
Ketel, Anat. Untersuchungen über Lemanea.
O ~
Öö
wenn wir uns die Art und AVeise, wie der Hohlcvlinder
t/
wächst, noch einmal vergegenwärtigen.
AVie oben gesagt ist, hält die Centralzelle eines Gliedes
des Lemanea-Thallus in der Intensität des AVachsthums zu¬
nächst gleichen Schritt mit dem AVachsthum des Hohlcylinders.
Bald jedoch erlahmt das AVachsthum der ersteren, und die an
den Spitzen der wandständigen Zellreihen neu entstehenden
Zellen nebst Tochterzcllcn werden durch die wandständigen
Zellreihen des nächst oberen resp. unteren Gliedes gezwungen,
nach aussen oder innen auszuweichen. Da nach innen zu
dieser Zeit noch kein Raum vorhanden ist, die hohlcvlindri-
» t
sehe Wandung vielmehr der Centralzelle noch eng anliegt,
so ist es natürlich, dass die Spitzen der Zellreihen sich nach
aussen biegen und hier in Gestalt von Höckern sich vor¬
wölben. Bei der Untergattung Sacheria bleiben sie nun als
gesonderte Hücker bestehen, bei der Untergattung Lemanea
dagegen schliessen sie seitlich zu einem mehr oder weniger
regelmässig begrenzten Ringe zusammen. Dies letztere aber
erklärt sich einfach aus der grösseren Anzahl der wandstän-
digen Zellreihen bei Lemanea.
An der Aussen fläche dieser Höcker entstehen nun die
männlichen Zellen. Die äusseren Zellen der jungen Höcker
dehnen sich in radialer Richtung zu langgestreckter Gestalt.
Dann gliedern dieselben an ihrer Spitze je eine kleine Zelle
(Fig. 21 a) ab, und diese wird nun zur Mutterzelle eines
einzelnen Spermatiums. Ist das letztere reif, so zerreisst
(nach den Angaben Sirodots) die äussere Alembran und der
Inhalt tritt als membranloses Kügelchen heraus, um durch die
Bewegung des AAVissers *) zu der weiblichen Sexualzelle hinge¬
führt zu werden. Die zurückbleibende Alembran haftet noch wäh¬
rend einiger Zeit auf der Trägerzelle und geht dann zu Grunde.
Zuweilen findet man auf den Trägerzellen statt der kleinen
Alutterzellen der Spermatien sehr feine haarförmige Zellen.
Sirodot bezeichnet sie als „cilsu und erklärt sie für sterile
männliche Zellen.1 2) Ihrer Entstehung nach entsprechen sio
allerdings vollständig den Alutterzellen der Spermatien.
1) Vergl. dagegen Schmitz, 1. c. p. 10.
2) A'ergl. Sirodot, 1. c. pl. 7. Fig. 63.
36
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
Carpogonien.
Die weiblichen Zellen entstehen erst nach der Ausbil¬
dung des grössten Theiles des ganzen Thallus an besonderen
kurzen Zellreihen. Schon in der ersten Anlage dieser Zell¬
reihen treten Unterschiede der beiden Untergattungen hervor.
Deshalb sollen diese gesondert behandelt werden.
Bei der Untergattung Sacheria (Big. 22) entsprosst der
Carpogonast1), dessen Endzeile das „Carpogonium“, die weib¬
liche Sexualzelle, darstellt, gewöhnlich einer Verbindungszelle
(Fig. 22 b), selten einer Zelle einer wandständigen Zell-
reilie2). Von dieser Ansatzstelie aus wächst derselbe durch
die hohlcylindrische Wandung des Thallus hindurch nach
aussen, indem er durch die Zwischenräume der Zellen dieser
Wandung sich hindurch windet. Der einzelne Carpogonast
stellt eine Zellreihe dar, die in der Regel unverzweigt bleibt -
nur bei S. rigida habe ich in einigen Fällen kurze 1 — 3 zei¬
tige Seiten äste beobachtet.3)
Die Zahl der Zellen, die den Carpogonast zusammen¬
setzen, variirt zwischen 3 und 7 ; die Zahl, die am häufigsten
vorkommt, ist 4. Die Zellen sind bedeutend kleiner als die
des umgebenden Gewebes, namentlich ist die Differenz zwi¬
schen den unteren Zellen des Carpogonastes und den Zellen
der innersten Schicht des Hohlcylinders, in dem der Carpo¬
gonast eingebettet hegt, eine grosse (Vergl. Fig. 23), und
daher der Carpogonast als solcher sehr leicht zu erkennen.
Die oberste Zelle dieses kurzen Astes wird zum Carpo-
gonium (Fig. 22 c). Sie sendet einen langen dünnen Fort¬
satz, das Trichogyn (Fig. 22 t), durch die letzten, sehr eng
an einander schliessenden Zellen des Hohlcvlinders an die
V
1) Vergl. Schmitz, 1. c. pag. 12.
2) Sirodot behauptet 1. c. pag. 23, das Entgegengesetzte beobachtet
zu haben : „c’est sur la face parietale de ces tubes lateraux, et, exeep-
tionnellement, sur les cellules qui les relient ä la paroi, que sont fixes
des ramuscules tres-courts etc.“
3) Sirodot giebt auf Taf. 3 Fig. 21 seiner Abhandlung die Abbil¬
dung eines Carpogonastes von S. fluviatilis, der, wie er pag. 23 seiner
Abhandlung sagt, nicht eine, sondern zwei Grundzellen besitzt. Ich halte
diesen Fall, wenn die Abbildung richtig ist, für eine beginnende Ver¬
zweigung.
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
37
Aussenwelt, um so den im Wasser treibenden Spermatien
die Möglichkeit zur Copulation zu geben. —
Aus der Untergattung Lemanea konnte ich rücksichtlich
der Sexualorgane nur L. catenata untersuchen.
Bei dieser Art entspringen die Carpogonäste von einer
Zelle der wandständigen Zellreihen (Big. 24 z). Niemals
habe ich hier beobachtet, dass sich ein Carpogonast auf eine
Verbindungszelle zurückführen liess; doch ist die Möglich¬
keit, dass dies hin und wieder vorkommt, natürlich nicht aus¬
geschlossen.
Der einzelne Carpogonast wächst bei der Untergattung
Lemanea zu sehr wechselnder Länge heran. Die Zahl seiner
Gliederzellen schwankt zwischen 5 und 9. An diesem Car¬
pogonast aber tritt gewöhnlich sehr reichliche Verzweigung
auf. Sehr frühzeitig, schon wenn der junge Carpogonast erst
2 — 3 Zellen lang geworden ist, beginnen einzelne seiner
Zellen, kurze Seitensprosse auszutreiben (Big. 24 s). Un¬
mittelbar unterhalb der oberen Querwand treibt die betreffende
Zelle eine Ausstülpung, die sich, nachdem sie eine bestimmte
Länge erreicht hat, durch eine Wand von der Mutterzelle ab¬
trennt und dann zu einem gegliederten Zellfaden heranwächst.
Letzterer kann seinerseits wiederum secundäre Sprosse treiben.
Solche Verzweigungen können an sämmtlichen Zellen
des Carpogonastes, mit Ausnahme des Carpogoniums selbst,
auftreten. Sie bilden an dem ausgebildeten Carpogonaste zu
der Zeit, wenn das Trichogvn die Aussenfläche des Thallus
erreicht hat, ein dichtes monopodial verzweigtes Badensystem.
Unverzweigt bleibt stets das Trichogyn; höchstens zeigt
es gelegentlich kurze, seitliche Ausstülpungen. Solche Aus¬
stülpungen aber erklären sich einfach dadurch, dass das fort¬
wachsende Ende des Trichogyns sich nicht zwischen den
äusseren Zellen des Hohleylinders hindurchzwängen konnte
und nun auf anderem Wege versuchen musste, an die Aussen¬
welt zu gelangen.
Zuweilen sind auch einige untere Zellen des Carpogon¬
astes un verzweigt, während die oberen Zellen zahlreiche Aeste
entsenden. Einige Male habe ich auch das umgekehrte Ver¬
halten beobachtet: die unterste Zelle hatte einen aus langen
Zellen gebildeten Baden entsandt, während im Uebrigen der
38
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
Carpogonast unverzweigt gebiieben war. Auch gänzlich un¬
verzweigte Carpogonäste kommen hin und wieder vor, sodass
die Verästelung zwar Regel, aber nicht ausnahmslose
Regel ist. —
Die Zahl der Carpogonien, die einem einzelnen ver¬
zweigten Carpogonaste angehören, ist sehr wechselnd. In
den meisten Fällen ist nur ein einziges endständiges Carpo-
gonium vorhanden; häutig jedoch finden sich ausserdem noch
mehrere seitenständige Carpogonien (Fig. 26 c). Nament¬
lich wenn der Carpogonast reich verzweigt ist, stehen häufig
an den Spitzen einiger Seitenäste noch einzelne Carpogonien.
Ich habe bis zu fünf Carpogonien an einem derartigen Car¬
pogonast aufgefunden. Einige Male war es mir auch mög¬
lich, den Fall zu constatiren, dass auf der vorletzten Zelle
des Carpogonastes zwei Carpogonien sassen, von denen das
eine der Endzeile , das andere einer Astzelle der obersten
Gliederzelle entsprach.
Wie viele Carpogonien eines einzelnen Carpogonastes,
der mehr als ein Carpogonium trägt, befruchtet werden können,
muss ich übrigens unentschieden lassen. Ich habe bei meinen
Untersuchungen niemals mehr als ein Carpogonium an einem
einzelnen Carpogonaste befruchtet gefunden; ja ich habe sogar
trotz der grossen Anzahl junger Fruchtanlagen, die ich ge¬
sehen habe, niemals ein befruchtetes Carpogonium neben
einem oder mehreren unbefruchteten an demselben Carpogon¬
aste bemerkt.
Sehr häufig bleiben einzelne Carpogonäste steril, auch
in dem Falle, dass nur ein Carpogonium an dem betreffenden
Aste vorhanden ist. Auch gehört es nicht zu den Selten¬
heiten, dass die oberste Zelle eines Carpogonastes überhaupt
kein Trichogyn ausbildet, der ganze Carpogonast somit rudi¬
mentär bleibt.
Fruchtbildung’.
Die weibliche Sexualzelle, das Carpogonium, wird, wie
soeben ausführlich beschrieben worden ist, bei beiden Unter¬
gattungen von Lemanea durch die Endzeile eines einfachen
oder mit kurzen Seitenzweigen besetzten Astes dargestellt.1)
1) Vergl. Schmitz, 1. c. pag. 15.
Ketel, Anat. Untersuchungen über Lemanea.
39
Sie sendet, um sich mit der männlichen Zelle vereinigen zu
können, einen längeren, sehr feinen (Sacheria fluviatilis und
rigida) oder kürzeren, dickeren (Lemanea catenata) Fortsatz,
das Trichogyn, durch das trennende Gewebe des Hohlcylinders
nach aussen. Hier bildet dann das Trichogyn eine oder
mehrere wulstartige Verbreiterungen (Fig. 23 d), an denen
die Spermatien sich festsetzen.
Mir selbst ist es leider nicht gelungen, ein Trichogyn
aufzufinden, an dem noch Spermatien festhafteten. Daher
muss ich mich hier auf die Beobachtungen Sirodots berufen,
der den Befruchtungsvorgang ausführlich beschrieben1) und
ein Trichogyn mit daran haftenden Spermatien in seiner
mehrfach angeführten Abhandlung abgebildet (PL 4. Fig. 27) hat.
Ist die Befruchtung vollendet, so finden wir die weibliche
Zelle bedeutend verändert. Die Basis derselben ist ange¬
schwollen (vergl. Fig. 25) und gegen das Trichogyn durch
einen Membranpfropf (Fig. 25 m) abgeschlossen. Während
dann das Trichogyn im Laufe der Zeit zu Grunde geht,
nimmt der Bauchtheil der befruchteten Eizelle an Umfang zu.
Er wird inhaltreicher als die übrigen Zellen des Carpogon-
astes und beginnt bald Ausstülpungen zu treiben, die sich
von der Mutterzelle durch Querwände absondern und zu Zell¬
fäden, den Ooblastemfäden (Fig. 23 und 25 o), auswachsen.
Diese dringen in den Hohlraum des Thallus ein und ver¬
zweigen sich hier subdichotomisch (Fig. 27).
Dieses Büschel auseinander spreizender, verzweigter Zell¬
fäden bildet den Fruchtkern des Cystokarps von Lemanea.
An den einzelnen Zweigen der Ooblastemfäden bilden sich
die oberen Zellen allmählich zu Sporen aus. Diese lösen sich
bei der Reife einzeln oder in kurzen Ketten zusammenhän¬
gend ab und werden infolge äusserer Verletzungen des Thal¬
lus oder durch Verwesung desselben frei.
Die Sporenketten sind von einer gallertartigen Substanz
eingehüllt, die vielleicht bei der Entleerung wesentliche Dienste
leistet. —
Sirodot hat die Vorgänge der Fruchtbildung ganz richtig beob¬
achtet bei der Untergattung Sacheria; denn er sagt pag. 28: „A la suite
1) pag. 26 und 27.
40
Ketel , Anat • Untersuchungen über Lemancci.
des phenomenes de la fecondation, la cellule qui sert de base au triclio-
gyne1), ne tardepas a produire sur la surface libre plusieurs tuber-
cules etc.“ Dagegen bat er bei der Untergattung Lemanea sich
geirrt. Er sagt nämlich pag. 80: „C'est toujours de la cellule qui
sert de base au trichogyne que naissent, par bourgeonnement, les
Premiers rudiments des Organes sporiferes, mais ce ivest pas exclu-
sivement la seule qui concourt ä leur production. J’ai assez fre-
quemment observe les bourgeons, non plus seulement sur la cellule
basilaire du trichogyne, mais aussi sur la cellule immediatement voisine,
c’est a dire la seconde a partir du trichogyne et meine exceptionnelle-
ment sur la troisieme.“
Diese Angaben Sirodots werden erklärlich durch die oben er¬
wähnten Verzweigungen des unbefruchteten Carpogonastes (Fig. 25 s).
Sirodot muss diese Verzweigungen für Ooblastemfäden gehalten
haben. Anderenfalls hätte er dieselben an irgend einer Stelle seiner
Abhandlung erwähnt. Diese Vermuthung wird zur Gewissheit, wenn
man die Angaben Sirodots auf pag. 26 vergleicht: „Dans ces cir-
constances le rameau gynegene atteint une certaine longueur qui
en rendrait l’observation plus facile, s’il n’etait promptement recou-
vert par les filaments sporiferes etc.“'
Der Unterschied zwischen den sterilen und fertilen Zweigen
eines Carpogonastes ist allerdings kein bedeutender; immerhin aber
hätte Sirodot bemerken können, dass schon ein Ast mit unbefruch¬
tetem Carpogonium reichliche Verzweigungen aufweist. Bei Beachtung
dieses Umstandes aber würde Sirodot sicher zu einem anderen Re¬
sultate als dem eben citirten gekommen sein.
Da aber thatsächlich der Unterschied der sterilen Zweige eines
Carpogonastes und der Ooblastemfäden, die wie fertile Zweige des
Carpogonastes erscheinen, ein ziemlich geringer ist, sei hier noch
besonders auf die bemerkenswerthesten Unterscheidungsmerkmale auf¬
merksam gemacht.
Die Zellen der fertilen Zweige des Carpogoniums sind etwas
tonnenförmig aufgetrieben, namentlich gegen die Spitzen der Zweige
hin; dagegen sind die Zellen der sterilen Zweige meist einfach cylin-
drisch. Ferner sind die ersteren Zellen gewöhnlich bedeutend grösser
als die letzteren; die letzte Zelle eines fertilen Zweiges zeigt, nament¬
lich bei älteren Fäden, fast stets eine citronen- oder spindelförmige
Gestalt. — Hat man Thallusabschnitte längere Zeit in Wasser ge¬
kocht, sodann mittelst Nigrosin gefärbt, so nehmen die sterilen Zweige
des Carpogonastes die Farbe leicht an, die fertilen dagegen setzen
derselben grossen Widerstand entgegen.2) —
1) Sirodot versteht unter dieser Zelle die Carpogonzelle, deren
Fortsatz das Trichogyn ist.
2) Es geschieht dies vielleicht deshalb, weil durch das Kochen die
Florideenstärke, die in den Zellen der fertilen Zweige reichlicher angehäuft
ist als in den Zellen der sterilen Zweige, aufquillt.
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
41
Die Ooblastemfäden sprossen sehr bald zu reich verzweigten
Fadenbüscheln aus. In diesem Stadium ist es dann ganz unmöglich,
den Verlauf sämmtlicher einzelnen Fäden genau festzustcllen. Es
war daher nöthig, die entscheidenden Beobachtungen an jüngerem
Material zu machen.
Ausserdem war es für die Untersuchung von grosser Wichtig¬
keit, die einzelnen Carpogonäste möglichst unverletzt von dem um¬
gebenden Gewebe zu isoliren. Dies aber wurde mit Hülfe der schon
oben erwähnten Methode, den Thallus der Alge durch 3— 5 tägiges
Kochen in destillirtem Wasser oder durch Behandlung mit kaltem
Chlorwasser zu erweichen, glücklich erreicht. Durch diese Behand¬
lung wird das Gewebe so sehr aufgelockert, dass ein leichter, etwas
schräg geführter Stoss auf das Deckglas genügt, um den ganzen
Thallus zu zerquetschen. Nur die genetisch zusammengehörigen
Zellen bleiben hierbei mehr oder weniger in ihrem ursprünglichen
Verbände. So gelang es denn auch mehrmals, einzelne Carpogonäste
vollständig isolirt zu erhalten.
Zum Schlüsse meiner Arbeit sei es mir erlaubt, noch
einige Folgerungen aus den mitgetheilten Beobachtungen zu
ziehen.
Der Thallus der Lemaneaceen erscheint in seiner Haupt¬
masse, dem Hohlcylinder, als ein parenchymatischer Zellkörper.
Verfolgen wir diesen Thallus aber in seiner Entwicklung, so
lässt derselbe sich auffassen als ein System verzweigter Zell¬
fäden, die grossen Theiles durch eine zähe Intercellularsubstanz
fest mit einander verkittet sind.1)
Die Hauptachse des ganzen Systems wird dargestellt
durch die Centralachse des Thallus. Jede Zelle derselben
trägt 4 wirtelig gestellte Tochtcrzellen, die Stützzellen. Jede
der Tochterzellen trägt — verschieden bei den beiden Unter¬
gattungen — ihrerseits wieder 3 — 5 Tochterzellen: die ersten
Zellen der wandständigen Zellreihen und die Verbindungs¬
zellen der Stützzellen. Jede von diesen Zellen trägt wiederum
2 — 4 Tochterzellen u. s. f. Die Gesammtheit dieser Zellen,
durch Intercellularsubstanz fest mit einander zu einem (innen
aufgelockerten Zellkörper) verbunden, stellt den Thallus der
Lemaneaceen dar.
1) Vergl. Schmitz. 1. c. p. 4.
42
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemaneci.
Wird nun die Intercellularsubstanz des Thallus (in der oben
beschriebenen Weise) vergallertet, so wird jede Zelle von ihrer
Schwesterzelle losgelöst und bleibt nur im Zusammenhang mit
ihrer Mutterzelle (Fig. 3). Alsdann aber erscheint die centrale
Zellreihe als die Hauptachse eines Systems verzweigter Zell¬
fäden; jede Gliederzelle dieser Hauptachse trägt 4 wirtelig
gestellte Büschel von (meist di- oder trichotomisch) ver¬
zweigten Zellreihen. —
Fassen wir nun den Thallus der Lemaneaceen in dieser
letzten Weise auf, so verschwindet die Eigenartigkeit, welche
man früher in dem anatomischen Bau des Thallus dieser
Algengruppe zu finden glaubte. Denn von Florideen, deren
Thallus aus einer Centralachse mit 4 wirtelig gestellten Bü¬
scheln von verzweigten Zellfäden an jeder Gliederzelle besteht,
sind zahlreiche Formen bekannt, z. B. Batrachospermum,
Dudresnava, Crouania u. a.
Bei den eben genannten Florideen-Gattungen findet sich
übrigens auch eine reichlich entwickelte Intercellularsubstanz,
welcher das ganze Verzweigungssystem der Zellfäden einge¬
lagert ist. Bei Batrachospermum liegen die verzweigten Zell¬
fäden in einer sehr weichen, voluminösen Gallerte; bei Du-
dresnaya ist die entsprechende Gallerte schon bedeutend zäher;
ein älterer Abschnitt vom Thallus der Crouania annulata aber
zeigt die verzweigten Zelifäden durch die sehr zähe Inter¬
cellularsubstanz lest mit einander verkittet. Nehmen wir nun
an, dass bei den genannten Algen der Zusammenhalt der
einzelnen Zellfäden ein noch innigerer sei, und sehen wir von
dem Unterschied in der Form der Einzelzellen ab, so wird
sich uns die Verschiedenheit des Thallusbaues dieser Algen
und desjenigen der Lemaneaceen als ganz unerheblich her¬
aussteilen.
Uebrigens bieten auch andere Florideen Vergleichungs¬
punkte mit dem Bau von Lemanea dar, wenn auch ihr ana¬
tomischer Bau in Einzelheiten bedeutend von demjenigen der
Lemaneaceen abweicht. Der Thallus der Ceramieen z. B. be¬
steht gleichfalls aus einer Centralachse, die von einer Rinden¬
schicht mehr oder weniger vollkommen bekleidet wird. Zum
Unterschied von den Lemaneaceen liegt aber bei den Cera¬
mieen die Rindenschicht der Centralachse unmittelbar auf. —
Ketelj Anat. Untersuchungen über Lemanea.
43
Wie jedoch Cr am er1) nachgewiesen hat, bestellt die Rinden¬
schicht bei den Ceramieen gleichfalls aus verzweigten Zell¬
fäden. —
Durch diese Ausführungen dürfte unzweifelhaft dargethan
sein, dass der Thallus der Lemaneaceen in seinem anatomi¬
schen Bau nur in geringen Einzelheiten von dem Thallus
anderer Florideen abweicht
Aber auch in der Fruchtbildung schliesst sich die Gruppe
der Lemaneaceen den übrigen Florideen enge an. — Durch
die Untersuchungen Sirodots ist zuerst nachgewiesen worden,
dass die Lemaneaceen in der Ausbildung der Sexualorgane
vollkommen mit den übrigen Florideen überoinstimmen.
Als männliche Organe fungiren hier wie dort die äusser-
sten Zellen eines bestimmten Thallusabschnittes. Ihr Inhalt
tritt als membranloses Plasmakügelchen hervor und wird
durch das Wasser zu der weiblichen Zeile hingeführt. Diese,
das Carpogonium, wird dargestellt durch die Endzeile eines
kurzen Seitenastes. Das Carpogonium besitzt einen Fortsatz,
das Trichogyn, das als Empfängnissorgan I'unctionirt und die
befruchtende Einwirkung der Spermatien zum Bauchtheil des
Carpogoniums fortleitet. Das befruchtete Carpogonium end¬
lich treibt Sprosse, an denen sich die Sporen entwickeln.
Hiernach ist ein Zweifel an der Zugehörigkeit der Lema¬
neaceen zu den Florideen nicht mehr zulässig. Es fragt sich
jedoch, welcher Gruppe der Florideen die Lemaneaceen zu¬
nächst sich anschliessen.
Für die Beantwortung dieser Frage ist die Bildungsweise
der Sporenfrucht entscheidend. Diese aber weist auf eine
Verwandtschaft der Lemaneaceen mit den Batrachospcrmaceen
und Helminthocladiaceen hin. Bei Batrachospermum sowohl
als auch bei Nemalion sprossen direct aus der befruchteten
Eizelle die Ooblastemfäden hervor und entwickeln aus ihren
(oberen) Gliederzellen die Sporen. Genau dasselbe Verhalten
zeigt Lemanea. Ein Unterschied ist nur in sofern zu be¬
merken, als bei Batrachospermum und Nemalion die Ooblasteme
ein geschlossenes, kugelig abgerundetes Knäuel aus vor-
1) Naegeli und Cramer, Pflanzonphysiologischo Untersuchungen,
Heft 4. 1857.
44
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
zweigten, allseitig radial strahlenden Zellfäden bilden, -wäh¬
rend bei Lemanea die Ooblastemfäden lockerer verzweigt sind,
frei aus einanderspreizen und sich in dem offenen Raume
des hohlcylindrischen Thallus ausbreiten. In beiden Fällen
aber handelt es sich um ein Büschel von mehr oder weniger
reich verzweigten Ooblastemfäden. — Die Hüllen steriler
Zellfäden, Avelche bei Batrachospermum und Nemalion die
Sporenfrüchte einschliessen, finden bei Lemanea ihr Analogon
in den sterilen Seitenästen, mit welchen die Carpogonäste
einiger Lemanea-Arten ausgestattet sind.
Thatsächlich stellen nun auch die meisten älteren Autoren
die Lemaneaceen zu den Florideen.1) Diejenigen Autoren,
welche in ihren Abhandlungen nur Stisswasser-Florideen zu
erwähnen haben, zählen Lemanea natürlich einfach neben den
übrigen, so wenig zahlreichen Gattungen der Süsswasserflori¬
deen (Chantransia, Batrachospermum und Hildenbrandtia) auf.
In denjenigen Werken aber, welche auch Meeresalgen in Be¬
tracht ziehen, ist die Stellung, welche den Lemaneaceen zu¬
gewiesen wird, roch keine ganz gesicherte. Lürssen2)
z. B. stellt die Lemaneaceen an den Anfang des ganzen Flo¬
rideensystems zwischen Porphyraceae und Nemalieae (Batra-
chospermeae). Van Tieghem3) stellt Lemanea mit Batra¬
chospermum, Chantransia und Thorea zusammen als Batra-
chospermeae neben die Helminthocladieae ; diese beiden
Unterfamilien aber vereinigt er zu der Familie der Nemalieae
und stellt diese dann zwischen Bangieae und Gelidieae.
Nach der vorstehenden Darstellung der Fruchtbildung
dürfte die Frage der systematischen Stellung der Lemaneaceen
dahin zu entscheiden sein, dass in dem natürlichen Svstem
der Florideen (welches, Avie bekannt, speciell auf der Ausbil¬
dung der Frucht beruht) die Lemaneaceen neben die Batra-
chospermaceen und die Helminthocladiaeeen zu stellen sind.
Den Batrachospermaceen nähern sich dabei die Lemaneaceen
1) J. A g a r d li , der Monograph der Florideen, hat sie dagegen auch
in seinen neueren Werken noch nicht unter die Florideen aufgenommen.
2) L ü r s s e n , Handbuch der systematischen Botanik 1. (1879.) p. 119.
3) Van Tieghem, traite de botanique, p. 1187 ff. 1884.
Ke lei. Anal. Untersuchungen über Lemanea.
45
am meisten, da sie, wie oben gezeigt wurde, auch im Auf¬
bau des Thallus sehr viele Uebereinstimmung mit denselben
besitzen. Doch sind immerhin die Differenzen noch aus¬
reichend gross, um die drei genannten Gruppen von Flori¬
deen als selbstständige Familien neben einander bestehen zu
lassen.
Die vorliegenden Untersuchungen wurden im botanischen
Institut der Universität Greifswald unter der Leitung des
Herrn Prof. Dr. Schmitz angestellt. Ich verfehle nicht,
dem letzteren an dieser Stelle meinen wärmsten Dank ab¬
zustatten sowohl für die Ueberlassung des Materials als auch
für den freundlichen Rath , den er mir bei meinen Unter¬
suchungen hat zu Theil werden lassen.
46
Kotei , Anat. Untersuchungen über Lemetnca.
Erklärung der Abbildungen.
Sämmtliche Figuren, bei denen nichts anderes bemerkt ist, sind mit
dem Zeichenapparat entwerten und sodann aus freier Hand ausgeführt.
Fig. 1. (Vergrösserung c. 80.) Die inneren Organe eines
Thallusabschnittes von Sacheria rigida Srdt. a a die Central¬
achse; b, b', b", b"‘ die Stützzellen; c die ersten Zellen der
wan d stän dige n Zellreih en.
Fig. 2. (Vergr. c. 120.) Ein Abschnitt vom Hauptstamm
des Thallus mit einem Seitenzweig von S. rigida. Die Zelle
c, von der Stützzelle b getragen, tritt in den Seitenzweig als
Centralachse ein; a Centralachse des Hauptstammes.
Fig. 3. (Vergr. 230.) Ein Stückchen der Thalluswand
von S. rigida, in Chlorwasser erweicht. Jede ältere Zelle
trägt 2 — 3 jüngere Zellen.
Fig. 4. (Vergr. 170.) Längsschnitt durch den Thallus
von S. rigida. c Zellen der wandständigen Zellreihen; v Ver¬
bindungszellen, papillenförmig ausgezogen.
Fig. 5. (Vergr. 430.) Thallusspitze von S. rigida. (Aussen-
ansicht.) a Scheitelzelle; b primäre Gliederzellen; c Rand¬
zellen; diese gehen in den weiter abwärts liegenden Gliedern
schon weitere Theilungen ein.
Fig. 6 A. (Vergr. 430.) Ein Stück des Thallus von S.
rigida unterhalb der Scheitelzelle. (Aussenansicht.) a eine
kleinere, b eine grössere Randzelle.
Fig. 6 B. (Schema.) Die drei ersten Wände einer
grösseren Randzelle. Die punktirten Linien zeigen den Ver¬
lauf der Wände auf der inneren Fläche der Randzelle. —
Fig. 6 C und D. (Schema.) Wie Fig. 6 B; die dritte Wand
c ist in aussergewöhnlicher Weise angelegt.
Fig. 7 A und B. (Vergr 430.) Zwei primäre Glieder¬
zellen (durch Kochen mit Kalilauge isolirt) in der Lage eines
Querschnittes, a die centrale Zelle, b und b' die beiden klei¬
neren, c und c' die beiden grösseren Randzellen. In B hat
sich eine grössere Randzelle in 3 Zellen d, d', d" und eine
kleinere Randzelle in 2 Zellen e und e' getheilt.
Ketel , Anat. Untersuchungen über Lemanea.
47
Fig\ 8. (Yergr. 430.) Die Centralzelle a und zwei be¬
reits getlieilte kleinere Randzellen einer primären Gliederzelle
von S. rigida (durch Kochen mit Kalilauge isolirt). Die
Stützzellen b sind an ihrer inneren, der centralen Zelle zuge¬
kehrten Seite breiter als an der äusseren Seite.
Fig. 9. (Yergr. 430.) Die Centralzelle a und zwei be¬
reits getlieilte Randzellen (eine kleinere und eine grössere
Randzelle) einer primären Gliederzelle von S. rigida; b die
Stützzelle der kleineren Randzelle, b' die Stützzelle der grösse¬
ren Randzelle (durch Kochen mit Kalilauge isolirt). Die cen¬
trale Zelle ist nach unten stärker in die Länge gewachsen
als nach oben.
Fig. 10 A. (Yergr. 430.) Ausbildung der Stützzelle a
und ihrer Verbindungszellen v in einer grösseren und in
einer kleineren Randzelle von S. rigida (durch Kochen mit
Kalilauge isolirt). (Innenansicht.)
Fig. 10 B. (Schema.) Bildung der Stützzellen a und
der Yerbindungszellen v im Querschnitt gesehen.
Fig. 11. (Vergr. 430.) S. rigida. Ausbildung der wand¬
ständigen Zellreihen b und b', welche an die Stützzelle a
anschliessen ; v die Yerbindungszellen. Bei b' ist erst eine
Yerbindungszelle v abgeschnitten; bei b ist die eine Yerbin-
zelle v aus ihrer ursprünglichen Lage, rechts von b, verschoben.
(Durch Kochen mit Kalilauge isolirt.) (Innenansicht.)
Fig. 12. (Yergr. 430.) Abnorme Ausbildung der wand¬
ständigen Zellreihen in einer grösseren Randzelle von S. flu-
viatilis Srdt. : nach oben und unten setzen je 2 Reihen von
Zellen an. (Aussenansicht.)
Fig. 13. (Yergr. c. 50.) Die inneren Organe des Thallus
von Lemanea catenata Kütz. a a die Centralachse; b und
b' Stützzellen, v und v' die Yerbindungszellen der Stütz¬
zellen; c, d, e, f, g, g', h, i die wandständigen Zellreihen.
Fig. 14. (Yergr. 430.) Eine Thallusspitze von L. cate¬
nata. a Scheitelzelle, b primäre Gliederzellen. In der vierten
Gliederzelle beginnt eine grössere Randzelle, sich in unregel¬
mässiger Weise zu theilen. (Aussenansicht.)
Fig. 15. (Yergr. 430.) Eine kleinere Randzelle einer
primären Gliederzelle von L. catenata. Die Stützzelle schim¬
mert durch die darüber liegenden wandständigen Zellreihen
48
KeteJ , Anat. Untersuchungen über Lemaneu.
hindurch. Die Stützzelle in dem vorliegenden Falle ohne
Verbindungszelle.
Fig. 16. (Vergr. 430.) Eine kleinere Randzelle einer
primären Gliederzelle von L. catenata. Die Stützzelle a
schimmert durch die aut ihr ruhende Verbindungszelle v hin-
durch. Die nächst obere Zelle hat sich bereits in eine innere
(erste Zelle der oberen wandständigen Zellreihe) und 3 äussere
(Verbindungszellen) getheilt.
Fig. 17. (Vergr. 430.) Eine kleinere (a) und eine
grössere (b) Randzelle einer primären Gliederzelle von L.
catenata unmittelbar nach den ersten Theilungen. Xach oben
und unten liegen je 4 Zellen, die ersten Zellen der späteren
wandständigen Zellreihen. (Aussenansicht.)
Fig. 18. (Vergr. 430.) Eine grössere Randzelle einer
primären Gliederzelle von L. catenata. a Stützzelle, v ihre
Verbindungszelle. Die 4 ersten Zellen von 4 wandständigen
Zellreihen sind bereits nach innen abgeschnitten (durch¬
schimmernd). Dieselben sind theils mit 2, theils mit 3 Ver-
' bindungszellen versehen.
Fig. 19. (Vergr. 430.) Eine grössere Randzelle einer
primären Gliederzelle von L. catenata, in abnormer Weise
getheilt: eine dritte obere Zelle, die zu einem dritten wand¬
ständigen Zellfaden auswachsen könnte, ist nicht angelegt
(Vergl. Fig. 17 b). (Aussenansicht.)
Fig. 20. (Vergr. 430.) Ein Stück der Centralachse mit
2 jungen Stützzellen a und b von L. catenata. Aus der
Stützzelle a sprosst ein Rhizoid r hervor.
Fig. 21. (Vergr. 430.) Ein Stückchen eines Antheri-
diums von L. catenata. a die Zellen, welche die Spermatien
enthalten, b die Trägerzellen derselben.
Fig. 22. (Freihandzeichnung.) Carpogonast von S. flu-
viatilis. a Zelle einer wandständigen Zellreihe, b eine Ver¬
bindungszelle derselben; auf dieser letzteren sitzt der unbe¬
fruchtete Carpogonast. c Carpogonium, b Trichogyn. (Durch
Chlorwasser isolirt.)
Fig. 23. (Vergr. 430.) Ein Carpogonast von S. fluvia-
tilis mit befruchtetem Carpogonium c. Dieses beginnt in
Ooblasteme o auszuwachsen, d wulstartige Verbreiterung des
Ketel , Anal. Untersuchungen über Lemanea.
49
Trichogyns an der Oberfläche des Thallus. (Durch Chlor¬
wasser isolirt.)
Fig. 24. (Vergr. 430.) Unbefruchteter Carpogonast von
L. catenata (durch Chlorwasser isolirt). c Carpogonium,
t Trichogvn , s sterile Verzweigungen des Carpogonastes.
z Zelle der wandständigen Zellreihe, welcher der Carpogon¬
ast aufsitzt.
Fig. 25. (Vergr. 430.) Befruchteter Carpogonast von
L. catenata (durch Chlorwasser isolirt). c Befruchtetes
Carpogonium. Das Trichogyn t ist durch einen Membran¬
pfropf m von dem Carpogonium abgeschlossen. Letzteres be¬
ginnt in Ooblasteme o auszuwachsen. s die sterilen Ver¬
zweigungen der übrigen Zellen des Carpogonastes.
Fig. 26. (Vergr. 230.) Ein abnorm ausgebildeter Car¬
pogonast von L. catenata (durch Chlorwasser isolirt). c, c, c
•drei Carpogonzellen ; die Zellen der sterilen Zweige s sind
abnorm in die Länge gestreckt.
Fig. 27. (Vergr. 230.) Eine subdichotomisch verzweigte
Sporenkette von S. fluviatilis. a die citronenförmigen End¬
zeilen der einzelnen Reihen.
4
50
Kleine Mittheilungen aus dem mineralogischen
Institut der Universität Greifswald.
I. Die neutralen Baryum- und Calciumsaize der
Orthotoluidin-paradisulfonsäure.
Von
J. G ö t z.
a) Neutrales O.-toliiiiliii-parailisulfonsaurcs Baryum.
C6 H2 . CH3. N H2 . (S03)2 Ba + 2 H20.
Die Krystalle, welche Herr Ernst Hiller1) im Verlaufe
seiner Untersuchungen über die O.-toluidin-paradisulfonsäure
erhalten hatte, wurden mir von Herrn Professor Lim p rieht
freundlichst zur Verfügung gestellt. Es sind fast farblose,,
nur einen Stich in’s Gelbliche zeigende Blättchen, im allge¬
meinen glasglänzend, auf der am stärksten entwickelten Fläche
mit schwachem Perlmutterglanz. Die grössten mögen mm
lang, ca. 1 mm breit und i mra dick sein.
Das Krystallsystem ergab sich als rhombisch mit dem
Axenverhältniss a : b : c = 0,9919 : 1 : 3,0356.
Beobachtet wuirden folgende Formen:
a = oo P oo (100)
c = 0P (001)
p = oo P (110)
q = P oo (011)
Der tafelförmige Habitus der Krystalle wird bedingt durch
1) E. Hiller, Ueber die Hydrazinverbindung der Ortho-toluidin-
parasulfonsäure und die O.-toluidin-paradisulfonsäure und einige ihrer
Derivate. Inaug.-Dissert. Greifswald 188G. p. 15. Siehe auch Ber. d.
d. chem. Ges. 1885. p. 2181.
Mittheilungen a. <1. mineralog. Institut der Universität Greifswald. 51
das entschiedene Vorwalten von c = OP (001). (Siehe neben¬
stehende Fieur.") Nicht selten sind die _
c
a
gebildet, manchmal bis zum völligen Ver¬
schwinden der einen oder der anderen. Zuweilen tritt das
Prisma p=ooP(110) an den Krystallen etwas zurück, wo¬
durch dieselben ein mehr rectanguläres Aussehen bekommen.
Als Mittel aus den besten Messungen ergaben sich die
folgenden Winkelwerthe:
a;p = * 4404(3' (grösste Abweichung vom Mittel 6').
c:q = ‘71°46' (grösste Abweichung vom Mittel 11').
p:q = 47°50' (berechnet 48°1').
Die Krvstalle spalten vollkommen nach a= 00 P oc(100)
und c=~0P(001). Im Spaltblättchen nach ersterer Fläche
liegen die Elasticitätsaxen parallel und senkrecht zu den Längs¬
kanten und den basischen Spaltungsdurchgängen ; dabei zeigt
der senkrecht zur Längsrichtung schwingende Strahl eine
stärkere Absorption als der parallel derselben schwingende.
Auch auf c = 0P(001) sind die Auslöschungsrichtungen parallel
und senkrecht zur Kante a/c orientirt, ohne dass aber Unter¬
schiede in der Absorption bemerkt werden konnten; bezüglich
der letzteren ergibt sich also c>>b = a.
Die Ebene der optischen Axen ist das Makropinakoid,
und die erste Mittellinie fällt mit der Makrodiagonale zusam¬
men. Auf c = OP (001) konnte der Austritt der zweiten Mittel¬
linie wahrgenommen werden, allein der Winkel der Axen
ist hier so gross, dass eine Messung unmöglich wird, und
ein Präparat nach 00 P 00 (010) herzustellen, gestattete die Be¬
schaffenheit des Materials nicht.
I>) Neutrales O-Udimlin-parailisiiIfoiisaiiros Calcium.
CgH2.CH3.NH2.(S03)2 Ca + 2 FL O.
Dieses gleichfalls von Hillor1) erhaltene Salz erscheint
in Kry Ställchen, welche einen merklich stärkeren Perlmutter-
glanz zeigen, als diejenigen des vorhergehend beschriebenen.
Eine genaue krystallographische Bestimmung war leider nicht
möglich, da die unregelmässige Krümmung und Streifung der
52
Mittheilungen a. d. mineralog. Institut
Flächen eine auch nur annähernde Winkelmessung durchweg“
vereiteln. Die unter dem Mikroskop vorgenommene Prüfung“
auf das optische Verhalten ergab die Wahrscheinlichkeit der
Zugehörigkeit zum monoklinen System, jedenfalls aber nicht
zum rhombischen. Isomorphie ist demnach ausgeschlossen.
2 Danburit vom Scopi.
Von
J. G Ö t z.
Unter den Danburiten der hiesigen Mineraliensammlung-
von dem bekannten Fundort Piz Walatscha1) am Scopi in
Graubünden zeigt ein Krystall deutliche Abstumpfung der
Kante Poo (d) zu 2P4(X). Da mir die Fläche mit der von
Hintze2) angeführten Pyramide y identisch zu sein schien,,
und letzterer deren complicirtes Zeichen P ^ (13.4.14) 3)
nur annäherungsweise hat bestimmen können, so veranlasste
mich dies zu einer genaueren Untersuchung.
1) Vergl. Seligmann in den Verh. d. naturli. Ver. v. Rhein¬
land u. Westpli. 1888. Correspondenzblatt p. 102 oder Zeitschr. f. Kry-
stall. 1884. 9. p. 420.
2) H i n t z e , Ueber krystallisirten Danburit aus der Schweiz. Zeit¬
schrift f. Krystallogr. 1883. 7. p. 296.
8) Das Zeichen dieser Fläche y, welches Hintze als |PT45 angibt,
ist bereits von Goldschmidt (Index der Krystalltormen p. 484) durch
die gebräuchliche Bezeichnungsweise j-f P 'Ts ersetzt worden. Dass letz¬
terer für den Danburit eine von der sonst üblichen abweichende Stellung¬
gewählt hat, erscheint mir nicht zweckmässig, ja geradezu überflüssig.
Die geringfügige Vereinfachung der Indices, welche durch diese Aende-
rung wenigstens theilweise resultirt, dürfte doch kaum einen genügenden.
Grund liefern, und ein anderer ist mir nicht ersichtlich. Dagegen geht
der bequeme Vergleich mit Andalusit und Topas verloren (vergl. Grün¬
hut, Beitr. z. krystallogr. Kenntniss des Andalusit und Topas, Zeitschr.
f. Kryst. 1884. 9. p. 116). Es ist zu bedauern, dass der Verf. dort, wo
er von der üblichen Auffassung abweicht, nicht seine Gründe in einer
Anmerkung auseinandergesetzt hat. Beiläufig sei bemerkt, dass in der
Literaturübersicht, p. 482, bei der Arbeit von Lü decke das Jahr 1882
statt 1883 zu setzen ist.
der Universität Greifswald.
53
Der vorliegende Kry stall besitzt den für dieses Vorkom¬
men charakteristischen topasähnlichen Habitus und zeigt
folgende Formen:
b = oo Poo (010)
p = 8 Poo (081)
a = | P oo (092)
t = 2 Poo (021)
d = Poo (101)
1 = 2 P 4(142)
r = 2 P2(121)
ß = T (15.4.0)
c = OP (001)
p «= P oo (101)
<{, - 5Poc(501)
M = _4P oo (401)
Q = — yPoo(15.0.4)
o — Poo (011)
1 == 3P (331)
o = 2P (221)
u = — P(lll)
y =— 2P(221)
YI = — 4P 2 (421)
r - 3P3 (311)
P = - y p p (15.4.4)
Von diesen Flächen dürften bisher noch nicht beobachtet
sein : Q = — y P oo (15.0.4), P - — y P y (15.4.4) und
2 = ooP y (15.4.0).
Das Orthodoma Q = — y Poo (15.0 .4) erscheint als lange
schmale Abstumpfung zwischen den beiden Flächen yj (421 und
421) und geht nach unten durch einen leichten Knick in die
kürzere M = — 4Poc(401) über, mit der es ohne genauere
Untersuchung nur eine einzige Form zu bilden scheint. Die
Keflexe yoii Q und M sind etwas verschwommen, vielleicht in
Folge der geringen Breite der Flächen oder auch in Folge
der nicht vollkommen ebenen Beschaffenheit derselben. Es
scheint, dass dieser letztere Umstand — und dies gilt auch für
P = — y P y — in Beziehung steht zu der starken Krüm¬
mung und Unebenheit der benachbarten Pyramidenfläche
Y] ( — 4P 2).
Es wurde gemessen:
a: M — 21°49'
berechnet „ = 21 °3U
1) G. Flink (Studien über schwedische Pyroxenmineralien, Zeit¬
schrift f. Krystallogr. 1886. 11. p. 457) bezeichnet mit - die Fläche
— 1 P 3 (132), welche aber bereits von J. Lehmann (Zeitschrift für
Kryst. 1881. 5. p. 536) mit dem Buchstaben N belegt ist. Da I nun
einmal in die Literatur eingeführt ist, so schien es mir zweckmässig,
dieses Zeichen hier zu verwenden.
56
Mittheilungen a. d. mineralog. Institut
ferner gemessen:
a : Q = 22056'
berechnet „ = 22° 40
Die Hemipyramide P = — P \5 (15.4.4) tritt als schmaler
Saum zu beiden Seiten der Fläche Q — JT5 Po° (15.0.4) auf.
Sie ist glänzend, aber wie bereits erwähnt nicht vollkommen
eben, und die Reflexe sind daher auch nicht ganz scharf.
Gemessen Berechnet
P : P = 25°52' 25°40'
P:a = 25049' 25°52'
P:c = 52°34' 52°28'
Man sieht, die Uebereinstimmung der gemessenen und
berechneten Werth e ist in den verschiedenen Zonen eine hin¬
länglich gute. Die Form P= — y P l45 (15.4.4) ist daher nicht
als identisch anzusehen mit der von mir früher beobachteten
B = — 4P 4(411), weiche der ersteren allerdings sehr nahe
liegt, deren Winkel aber beispielsweise zu ocPoo sich be¬
rechnet auf 24° 36'.
Das Prisma 2 = ooP !-45 (15.4.0) tritt in der zwischen ocP
und ocPoo stark gestreiften Verticalzone mit drei Flächen auf,
von denen eine einen recht deutlichen Reflex lieferte. Die
Betrachtung bei vorgeschlagener Lupe zeigte eine schmale
glänzende Fläche.
Gemessen Berechnet
2 : b = 74°17' 74°20'
2:c-74u33' 74°5P
Das Wiederkehren des Parameterverhältnisses in ver¬
schiedenen Zonen dürfte einerseits nicht ohne Interesse sein,
andererseits aber auch entschieden für die Richtigkeit der Be¬
obachtung sprechen.
Es ist nicht unmöglich, dass auch der als r, = — 4P 2(421)
aufgeführten Pyramide Indices zukommen, die sich auf das
Parameterverhältniss \5 beziehen ; allein die Fläche ist derart
uneben, dass sie ganz unbrauchbare Bilder lieferte und daher
nicht einmal eine genaue Bestimmung der Zone ermöglichte.
Eine annähernde Messung ergab einen Winkel mit ocPoo von
9a 68°, während sich der Winkel — 4P2:ooPoo zu 66°32'
berechnet und die von La Valle (1. c.) beobachtete Pyramide
— 2?! zum Klinopinakoid 70° 12' misst. Mit Rücksicht hier-
der Universität Greifswald.
57
auf und auf das tatsächliche Vorhandensein von dem —
wenn auch schwach entwickelten — Orthodoma — 4Poo,
glaube ich mich berechtigt, diese grosse aber schlecht ausge¬
bildete Pyramidenfläche als n = — 4P 2 (421) aufzufassen,
welche ja an den Krystallen von Ala keine Seltenheit ist,
und an denselben wohl zuerst von Hesse nberg1) beob¬
achtet wurde.
4. Katapleit vom Langesundfjord, Norwegen.
Von
J. G ö t z.
Ein loser Katapleitkry stall vom Langesundfjord, welcher
erst neuerdings von der bekannten Firma Th. Schuchardt
in Görlitz für die hiesige Sammlung erworben worden ist,
ergab bei genauer Untersuchung 2 neue, von Hj. Sjögren 2)
noch nicht beobachtete Formen. Der nach der Basis tafel¬
förmige, 9a 7mm im Durchmesser grosse Krv stall von bräun¬
lich gelber Farbe ist in der Mitte durchgebrochen. Er zeigt
die folgenden Flächen:
c — oP(0001)
d = 00P (101 0)
a - 00 P2 (1120)
p = P (1011) _
z = ^P (l.O.l.oO)
Hiervon sind nun neu: a=xP2(0120) und z = -3^P
(1.0.1.30).
Das Prisma a=xP2(1120) ist eine zwar matte, aber
sonst gut entwickelte Fläche, welche nur Schimmermessung
gestattete. Es ergab sich:
a : d = 29° 29' appr.
berechnet „ = 30 °0'
1) Mineralog. Notizen V. p. 21.
2) Hj. Sjögren, Bidrag tili kännedomen om katapleitens kry-
stallform. Öfversigt af Kongl. Vetensk.-Akad. Förh. Stockholm 1882.
nro. 7. 59— 62. Ref. Zeitschr. f. Kryst. 1884. 8. p. 653.
58
Mittheilungen a. d. mineral og. Institut
Das Zeichen der Fläche ist aber sicher bestimmt durch
ihre Lage in den Zonen (1010, 0110) und 1011, Olli).
Die Pyramide z = ^P (1.0.1.30) ist eine der Basis
vicinale Form, bildet aber mit dieser eine scharf markirte
Kante, so dass die Fläche als solche gut gekennzeichnet ist.
Die Reflexe sind leider etwas verschwommen, und es liess
sich daher der Winkel mit 0P nicht mit der für den hohen
Index wünschenswerthen Schärfe feststellen. Die Pyramide
t j
wurde an dem zerbrochenen Krystall mit 3 Flächen beob¬
achtet, und aus den vorgenommenen 3 Messungen ergab sich
als Mittel der Winkel
c: z = 3°7'
berechnet ,, -= 3°0' (bezogen auf das von
Sjögren 1. c. gegebene Axenverhältniss a:c= 1 : 1,36281)).
Auch die Flächen der übrigen Formen — obgleich glän¬
zend — ergaben nur mangelhafte Bilder, besonders diejenigen
der Pyramide p = P(1011), welche parallel einer Combina-
tionskante mit a = odP2(1120) mehr oder weniger stark ge¬
streift sind, was auf pyramidale Hemiedrie hinweisen dürfte.
Es wurde gemessen :
c : p = 57 °27'
berechnet „ = 57°34' (Axenverhältniss nach Sjögren)
,, c:p = 57°20' (Axenverhältniss nach Brögger).
5. Datolith von Andreasberg.
Von
W. Schulze.
Ein loser Datolithkrystall aus der Hausmann ’ sehen
Sammlung, welcher fast 1 cra hoch und dick ist, ergab die
folgende Combination :
g = ooP(110)
m = ocP2 (120)
c = ooP c c (100)
a = 0P (001)
1) Brögger (Über die Zwillingsgesetze des Kataplüit. Bef. Zeit-
schr. f. Kryst. 1885. 10. p. 501) gibt das Verhältnis der Axen a:c =
1:1,35073, wonach sich der Winkel c:z zu 2°58i' berechnet.
der Universität Greifswald.
59
x = — £ oo (101)
a = — 2Poo (201)
M = £ oo (011)
o = 2£oc(021)
a = P(111)
n = -£2(122)
Y = — 252(121)
23 - —*£4(148)
21 =—§£4(5.20.24)
8 =—£4(144)
ß - 2 £4 (142)
oo P, oo £2 und OP sind stark vorherrschend und bedingen
einen dick säulenförmigen Habitus; auch — £ oo, — 2 £ oo,
oo£oc, P und — 2 £4 sind gut entwickelt, die übrigen ver¬
hältnismässig schmal; oo£2 ist vertikal gestreift.
Unter den beobachteten Formen scheinen 53 = — .$£4
(148) und 21 = — £ £4 (5 . 20 . 24) neu zu sein ; wenigstens fand ich
dieselben in der mir zugänglichen Litteratur nicht angegeben.
Gemessen Berechnet
— J £4 : OP 18°37' 18°50'
— ££4:0P 29°40/ 29°37'.
Berechnet wurden die Winkel nach dem Axenverhältnis :
a : b : c = 0,6329 : 1 : 0,6345 ; ß = 89°5P.
Beide Formen sind nur mit je einer Fläche vertreten, da
der Kry stall nicht ringsum vollständig ausgebildct ist, und
bilden eine sehr schmale Zuschärfung der Kante P: — 2 £4
(111) (142). Der Reflex der Fläche — \ £4 war zwar schwach,
aber gut; — 1£4 gab einen etwas langgezogenen Reflex,
welcher auf die hellste Stelle eingestellt wurde.
6. Kieselzinkerz von Altenberg bei Aachen.
Von
W. Schulze.
Der ebenfalls aus der Hausmann’ sehen Sammlung
stammende Krystall von Kieselzinkerz ergab folgende Com-
bination:
60 Mittheihmgen a. d. mineralog. Institut der Universität Greifswald.
b = GC P CO (010)
h = ooP5 (150)
g = ocP (110)
a = ocPqc (100)
c = 0P(001)
r = P oc (011)
m=3Poo(031)
i = | P oo (205)
o = P.oo (101)
p = 3 Poe (301)
e =iP(112)1)
1 = | P (334)
Wie gewöhnlich war der Krvstall mit dem antilogen Pol
aufgewachsen und zeigt durch Vorherrschen von ocPx ver¬
tikal tafelförmigen Habitus. Von den angeführten Formen
habe ich fP und JPoo nicht angegeben gefunden. Die Py¬
ramide JP tritt als schmale Abstumpfung der Combinations-
kante Poo : 3Poo (101 ) (301) auf und liegt ausserdem in der
Zone oc P:0P (110) (001), wodurch das Zeichen sicher bestimmt
ist, obwohl die Fläche so schlechte Bilder lieferte, dass die
beobachteten Werte bis zu einem Grad vom Mittel abweichen.
Das als schmale Abstumpfung der Kante OP : Poo (001) (101)
auftretende Makrodoma |P oo lieferte zwar erheblich bessere,
aber immerhin noch schwache Bilder.
Gemessen Berechnet
JP : OP 30°9' 30°9'30"
(Mittel dreier Messungen)
I Poe : OP 13° 53' 13°43'.
«j
(Mittel zweier Messungen).
Ausserdem fand ich in der Zone ooPoc : 0 P (010) (001)
noch eine sehr schmale Fläche, welche sich nicht sicher be¬
stimmen liess. Die Schimmermessungen weisen am ehesten
auf das Brachvdoma fPoc, welches mit OP einen Winkel
von 114° 48' bilden würde.
1) Vergi. Dauber, Poggondorffs Annalen Band 92 p. 246. 1854.
Gl
Bemerkungen
über Bau- und PÜastermaterial in Pompeji.
Vun
W. Do ecke.
Die in folgenden Zeilen niedergelegten Beobachtungen
über das Bau- und Pflastermaterial von Pompeji sammelte
ich, als ich nach eingehender geologischer Durchforschung
der Umgebung Neapels gegen Ende meiner Wanderungen
auch einige Tage in den Ruinen jener Stadt verweilte.
Ein Vergleich meiner damals gemachten Notizen mit den
in Nissen’s „Pompejanischen Studien“ und Overbeck 's
„Pompeji“ bereits vorhandenen Angaben zeigte, dass diese
noch mancher Ergänzung fähig wären , besonders was die
mineral ogisch-petrographische Beschaffenheit der verwendeten
Materialien und das ursprüngliche geologische Vorkommen
derselben anlangt. Als ein kleiner, wenn auch unvollständi¬
ger Nachtrag zu den oben genannten Untersuchungen mag
denn auch d-ieser Aufsatz aufgefasst werden. Unvollständig
aber muss ich ihn nennen, weil es mir nicht möglich war,
mir grössere frische Stücke der in Pompeji verbauten Laven
zu verschaffen, die zu einer mikroskopischen Untersuchung
und zu einem eingehenden Vergleiche mit den makroskopisch
ähnlich erscheinenden Sommalaven geeignet gewesen wären. —
Pompeji liegt, wie bekannt, auf dem Ausgehenden eines
Torhistorischen Lavastromes. Derselbe ist schon seit langer
Zeit im Bühnengebäude des kleinen Theaters, im Isistempel
u. s. w. erschlossen gewesen, ausserdem aber auch vor einigen
Jahren südlich und westlich vom Forum trianguläre in einer
62
De ecke: Bemerkungen über Bau- und
Mächtigkeit von 5 — 6m biosgelegt worden. Die der Luft aus-
gesetzte Rinde des Gesteins ist natürlich bereits in vorge¬
schrittener Zersetzung begriffen, doch gelingt es noch einzelne
frischere Stücke aus den inneren Theilen des Stromes zu
gewinnen. Dieselben zeigen dann eine dunkle, etwas braun¬
gefärbte, blasige Grundmasse , in welcher einzelne grössere
Krystalle von weissem Leucit und braunem Augit eingebettet
sind. Der dritte, makroskopisch sichtbare Gemengtheil, der
Olivin, ist allerdings meistens nur noch in seinen Zersetzungs¬
produkten nachweisbar. Dies Gestein ist von Roth gelegent¬
lich seiner Studien über den Mte. Somma näher untersucht
worden und von ihm als Leucitophyr bezeichnet, der den
übrigen Sommalaven in jeder Hinsicht nahe steht (Leucit-
basanit, Rosenbusch).
Ebenso wie alle heutigen Laven war auch dieser
Strom von einem Schlackenmantel umgeben. Als Schlacke
bezeichnet man die äusseren rasch und daher glasig er.
starrten Theile der geflossenen Eruptivgesteine. Dieselben
sind meistens unregelmässig gestaltet, reich an Hohlräumen
und Blasen und enthalten einzelne grosse, meist schon im
Schlote des Vulkans fertig ausgebildete Krystalle. Das
unter den Schlacken gelegene, langsamer erstarrte Magma ist
kompakt, ärmer an Hohlräumen und krystallinischer ausge¬
bildet. Dasselbe wird an Ort und Stelle als Lava im eigent¬
lichen Sinne bezeichnet. Dass natürlich kein scharfer Ueber-
gang zwischen Lava und Schlacke besteht, ergibt sich aus
der Entstehungs weise der beiden Typen von selbst. Wie die
Lava durch Aufnahme von glasiger Substanz und von Hohl¬
räumen in Schlacke, so kann die letztere durch Vorwiegen
der Blasenräume über deren Wandung in die sog. „Cruma“,
den Lavaschaum, übergehen, der die allerobersten Partieen
der Ströme bildet. Die grosse Anzahl der Hohlräume und
das dadurch bedingte geringe spezif. Gewicht theilt mit der
Cruma der Bimstein, der im Gegensatz zu der geflossenen
Cruma das aus dem Krater ausgeworfene Material umfasst,
das vor seiner Ablagerung also einen Weg durch die Luft
genommen hat. Diese kurze Definition der wichtigsten Er¬
scheinungsformen vulkanischen Materials war nöthig, weil,
wie mir scheint, dieselben nicht immer mit der erforder-
Pflastermaterial in Pompeji.
63
liehen Schärfe von den Archaeologen auseinander gehalten
sind. So finden wir z. B. vielfach bei der Beschreibung pom-
pejanischer Gebäude (Basilica, Theater, Privathäuser) den Aus¬
druck „Lava“ nicht für das feste Gestein, sondern vielmehr
für Cruma und Schlacke gebraucht. Die Lava selbst aber ist,
wie wir sehen werden , nur in beschränktem Maasse, immer
in ganz bestimmter Absicht angewandt worden.
Das Vorwiegen der Schlacken in den Wänden der Häu¬
ser kann uns in keiner Weise überraschen. Bildeten die¬
selben doch auf dem ganzen pompejanischen Hügel die
Oberfläche und zwar eine für die Fundamen tirung durchaus
ungeeignete Unterlage. Man musste die oberste Kruste bis
auf das feste Gestein hinab entfernen, weil sonst das zu er¬
richtende Gebäude durch seine Schwere die lockeren Massen
zerdrückt und höchst unsicher gestanden hätte. Bei diesem
Abräumen gewann man natürlich eine bedeutende Masse
Material, das sofort in die Mauern verbaut werden konnte.1)
So erklärt es sich, dass in der ganzen Stadt die dem unter¬
liegenden Strome wahrscheinlich angehörenden Schlacken
gleichmässig vertheilt sind. Kenntlich sind dieselben an einer
grossblasigen , dunkelbraunen Grundmasse mit eingestreuten
erbsengrossen Leuciten und wohlausgebildeten Augiten. Kis¬
sen spricht sich zwar über die Verwendung des unterliegen¬
den Materials beim Häuserbau nur sehr zurückhaltend aus;
doch liegt dies wohl daran, dass zurZeit seiner Untersuchun¬
gen die Beschaffenheit des pompejanischen Lavastromes nur
unvollkommen bekannt Avar, man also auch keine Identifi¬
kation mit seinem Gesteine Avagen konnte. Ausser der
genannten krystallreichen Schlacke und Cruma möchte ich
auch noch eine andere z. B. an den Säulen im oberen Hofe
der Forumsthermen ziemlich häufig auftretende Cruma
demselben Strome zuschreiben. Dieselben besitzen die gleiche
braungefärbte Grundmasse, dieselben grossen Hohlräume;
1) Diese geschilderte Art Häuser zu bauen hat sich bis zum heu¬
tigen Tag, wie man bei Anlage jeder Masserie in den Lavafeldern des
Vesuv beobachten kann, erhalten. Man räumt erst die Schlacken ab,
behaut dieselben nothdiirftig und schichtet das rohe Material zu Wänden
aufeinander, wobei als Bindemittel ein ganz grober, aus Rapilli und Asche
mit Kalk angerührter Mörtel dient.
5*
64
De ecke: Bemerkungen über Bau- und
doch fehlen ihnen die makroskopisch erkennbaren Krystalle
von Leucit und Augit, so dass diese Varietät an diesem
Mangel auf den ersten Blick erkennbar ist.
Ausser der an Ort und Stelle gewonnenen Schlacke und
Cruma sind noch mehrere Varietäten, die anderswo gebrochen
sein müssen, in der Stadt verbaut worden. Da ist zuerst
eine sehr augitreiehe, an makroskopischen Leuciten auffallend
arme, mitunter sehr blasige und crumaartige, mitunter etwas
kompaktere Schlacke zu nennen. Zweitens finden wir eine
sehr leucitreiche, augitarme Schlacke, welche z. B. in den
Heizkammern der Villa des Diomedes eine grosse Rolle spielt.
Drittens erscheint häufig eine beide Mineralien gleichmässig
enthaltende Schlackenmasse und Cruma, in der die Krvstalle
die Grundmasse bald verdrängen, bald aber gegen jene zu¬
rücktreten. Während der krystallreichere Typus dieser dritten
Varietät so allgemein verbreitet ist, dass einzelne Puncte kaum
zu nennen nöthig sind, so habe ich die andere Abart dersel¬
ben nur an wenigen Orten, in grösserer Menge allein im
Gewölbe der Porta marina gefunden.
Alle diese Varietäten stammen, wie aus ihrer mineralo¬
gischen Zusammensetzung, besonders aus den trefflich ent¬
wickelten Leuciten hervorgeht, zweifellos vom Mte. Somnia,
aber wahrscheinlich von Lavaströmen, die durch jüngere Be¬
deckung unseren Blicken entzogen sind.
Aechter Bim stein ist in Pompeji vreit seltener als Schlacke
und Cruma anzutreffen. Nach Nissen soll derselbe wegen
seiner Leichtheit mit Vorliebe zum Gusswerk der Gev’ölbe
verwandt worden sein ; doch habe ich in den von mir unter¬
suchten Fällen immer nur Cruma w'ahrgenommen. Beim
Bau von Hauswänden hat der Bimstein nur sehr selten
(Hinterwand des Jupitertempels), man kann wohl sagen eigent¬
lich keine Verwendung gefunden als Baustein selbst. Dagegen
soll er im Mörtel als Zusatz häufiger auftreten. Der von mir
an den Wänden in den Fugen dem Mörtel eingebettet beob¬
achtete Bimstein stellte sich durchweg als ein ächtes Produkt
des Mte. Somma heraus, aber von einer merkwürdigen petrogra-
phischen Verwandtschaft mit dem Verschüttungsmateriale der
Stadt. Ich bin daher geneigt anzunehmen, dass dieser Bim¬
stein in den meisten Fällen neueren Datums in den Mauern
Pßaster material in Pompeji.
65
Ist, dass er bei der Wiederaufrichtung der ja z. Th. umge¬
fallenen Wände, bei der Verstreichung der Fugen mit frischem
Mörtel vielfach dorthin zwischen die Steine gebracht ist, wo
derselbe ursprünglich fehlte oder doch dieser Bimstein nicht
gesessen haben kann.
Damit soll aber keineswegs das Vorkommen von Bim¬
stein im antiken Mörtel absolut geleugnet werden, um so
weniger, als in den verschiedenen Eruptionsperioden des Mte.
Somma gewaltige Massen von Bimstein ausgeworfen und dem
Sommatuff eingebettet worden waren, die den Pompejanern
.zu Gebote gestanden haben. Zur Verzierung ist der gleich-
massig graue, kry stallfreie Bimstein, der nach Herrn Jolin-
ston-Lavis der mittleren Erruptionsepoche des Somma-
vulkanes angehören soll und stets in faustgrossen Brocken
auftritt, mehrfach bei den bunten Mosaikbrunnen vornehmerer
Privatwohnungen benutzt worden. Das beste Beispiel bietet
in der Hinsicht die Nische der Gartenfontaine in Heg. VI.
Ins. XIII. Via nona No. 43.
Die Gewohnheit, mit dem Hausbau sofort zu beginnen,
sowie das feste Gestein unter der Schlackendecke erreicht
war, erklärt uns die relative Seltenheit der festen Lava in
den pompejanischen Bauten. Ausserdem besitzt die Schlacke
noch drei Eigenschaften, die sie in vieler Hinsicht über das
kompakte Material erhebt, nämlich geringes Gewicht, leichte
Bearbeitbarkeit und Trockenheit.
So kommt cs denn, dass die feste Lava überall da in
der Stadt vorkommt, wo es nicht auf die letzgenannten drei
Eigenschaften ankam, sondern vor allem, wie schon Nissen
bemerkt, auf Dauerhaftigkeit, die den Schlacken mehr oder
minder abgeht. Lava ist daher durch ganz Pompeji in dem
Pflaster, in Tempelsockeln, Treppen und Thürschwellen ver¬
breitet, die entweder eine grosse Last zu tragen hatten oder
einer starken, stätigen Abnutzung ausgesetzt waren. Zwar
begegnen wir der Lava auch in den Wänden der Häuser;
doch macht ihr Auftreten zwischen Sarnokalk und Tuff darin
stets den Eindruck von etwas ganz Zufälligem. Diese isolirten
Lavastücke, die sich allerdings stellenweise anhäufen können,
sind in der Regel unbearbeitet und erscheinen wie Abfall
aus Steinbrüchen, von dem sich der Erbauer des Hauses
66
De ecke, Bemerkungen über Bau- und
einen Wagen oder einige Körbe voll geholt und denselben
beliebig, wie es gerade kam, zwischen das andere Material
hineingebaut hat. So z. B. in der Hinterwand des Gartens
in der Diomedesvilla, im Heizranm der Forum sthermen, im
Peristyl der Casa dei eapitelli ornati u. a. a. 0. m. Jedenfalls ist die
Lava für den Hausbau lange nicht so charakteristisch wie die
Tuffarten, von denen weiter unten die Rede sein wird, oder
Schlacke und Cruma. Etwas anders scheint die Sache mit
der Stadtmauer zu stehen, wo wir z. B. am Herkulanerthor
aussen, in der Richtung nach der Porta del Yesuvio zu un¬
regelmässige Brocken fester Lava die gesammte Mauer bilden
sehen. Im Gegensatz zu den Häusern treten hier die anderen
Gesteine ganz zurück, und es herrscht das kompakte, zähe
Lavamaterial, dessen Verwendung an dieser Stelle leicht er¬
klärlich ist. Merkwürdig erscheint nur, dass man auch hier
die Unregelmässigkeit in der Form der Steine geduldet hat,
die bei einem eventuellen Angriff eine Zerstörung der Mauer
sehr erleichtern konnte. *)
Das Pflaster der Stadt scheint durchweg aus einer ein¬
zigen Lavasorto hergestellt zu sein, wie ja auch heute in
Neapel fast alles Pflastermaterial aus den Steinbrüchen
bei Torre Annunziata stammt. Die pompejanischen Pflaster¬
steine bestehen aus einer aussen bleichgrauen , innen dunk¬
leren, gleichkörnigen, sehr zähen Lava, welche durch eine
leucitreiche, helle Grundmasse mit zahlreichen dunklen Au-
giten charakterisirt werden. Dies Gestein ähnelt auffallend
dem Lavastrome, der an der Pedimentina unter dem Obser¬
vatorium, an der linken Seite des zwischen Mte. Primo und
dem Rücken der Pedimentina niedergehenden Thaies ansteht.
Ausser der mineralogischen Uebereinstimmung theilen die
Pflastersteine Pompeji's mit diesem Strome noch eine unvoll¬
kommene, konzentrisch schalige Absonderung. Im Irischen
Gesteine ist dieselbe versteckt, tritt aber nach längerer Ein¬
wirkung der Atmosphaerilien auf dasselbe hervor und bewirkt
dann die Zerlegung der Gesteinsmasse in grosse, unregel¬
mässige Kugeln. Auf den Pflastersteinen zeigt sich diese
Absondernng nur in dem Abspringen einzelner konzentrischer
1) Vergl. Nissen. 1. c. p. 460
Pßaster material in Pompeji.
67
Schalenstücke, wodurch auf der Oberfläche der Steine mitunter
eine an Steinmetzzeichen erinnernde Skulptur hervorgebracht
wird. Viel deutlicher erscheint die Absonderung in den gerunde¬
ten, wollsackähnlichen Formen der Treppenquadern an der Vor¬
derseite der Basilica und am Sockel des Jupitertempels. Der
Letztere besteht jedoch aus einer anderen Lavaart als die
Pflastersteine, aus einer Varietät, die viel weniger Augit, da¬
für aber grosse Le ucite enthält und eine hellere Farbe besitzt.
Aehnliche Laven wie die zuletzt geschilderte, stehen in der
Val del Inferno am Mte. Somma unter dem Punkte von
81 6m Meereshöhe an. Einem dritten Strome sind wahrschein¬
lich die Lavastücke entnommen, welche die Treppe ins zweite
Stockwerk des Forum oder der Basilica bilden. Dieselben
sind noch augitreicher als die Pflastersteine, haben mehr
Olivin, zeigen aber jene Absonderung nicht. Bei der Unter¬
scheidung dieser beiden Laven wirkt das Fehlen von Dünn¬
schliffen störend, ohne welche eine genaue Trennung der bei¬
den Gesteine nicht recht möglich ist; denn die Zunahme von
Olivin und der Mangel von Absonderung sind keine absolut
sicheren Unterscheidungsmerkmale, da diese beiden Eigen¬
schaften in demselben Strome je nach den Erstarrungsbedin¬
gungen wechseln können.
Viel feinkörniger, zäher, dunkler, meist ohne deutlich be¬
grenzte Leucite und mit einer dunkelblaugrauen, makrosko¬
pisch nicht zerlegbaren Grundmasse begabt , erscheint das
Gestein, welches in vielen Häusern den Schlussstein der
unter dem Impluvium gelegenen Cisterne und die Unterlage
des Puteal bildet. Die Herstellung der grossen runden Oeff-
nung in dem harten Gesteine muss sehr zeitraubend und
kostspielig gewesen sein. Andererseits aber musste die Platte
auch aus einem widerstandsfähigen Materiale hergestellt wer¬
den, da sie bei relativ geringer Unterstützung das schwere
Puteal zu tragen bestimmt war. Dieselbe Lava ist auch zu
den Schwellen der Thören und Lädon verarbeitet worden, so
dass sie ziemlich allgemein durch die ganze Stadt verbreitet
ist. Ein Vergleich derselben mit der Pflastersteinlava und
der Nachweis ihrer verschiedenartigen petrographischen Be¬
schaffenheit ist daher beinahe überall möglich. Solche fein¬
körnige, dunkle Laven bilden im Atrio di Cavallo und in der
68
D e e c lc e, .Bemerkungen über Ban- und
Val del Inferno am Mte. Somma zahlreiche, auf (len Tuff¬
schichten senkrecht stehende, radial vom alten Krater ver¬
laufende Gänge , deren Mächtigkeit zwischen einem halben
und sechs Meter schwankt. Oben am Mte. Somma sind
gleichfalls die grauen, feinkörnigen Laven entwickelt, die als
Einsprenglinge nur Augitkrystalle in grosser Zahl enthalten
und durch das Abstechen der dunklen Querschnitte dieses
Minerals von der helleren Grundmasse ein geflecktes Aus¬
sehen besitzen. Dieses leicht kenntliche Gestein tritt in
Pompeji im Opus incertum beinahe überall in der Stadt auf,
und ist stellenweise wie z. ß. in der Gartenanlage der Dio-
medesvilla zu zusammenhängenden Flächen angehäuft, wäh¬
rend meistens allerdings immer nur einzelne Brocken anzu¬
treffen sind.
Einen ähnlichen Grad von Zähigkeit bei ganz ander¬
weitiger mineralogischer Zusammensetzung und Struktur zeigt
die grosskörnige Lava, welche zu Mühlen verarbeitet worden.
Kein mir bekanntes Gestein der Umgegend eignet sich so
gut zu diesem Zwecke wie diese Lava, die einerseits sehr fest
und zäh ist, andererseits stets die zum Mahlen erforderliche
Kauhigkeit sich erhält. Die letztere Eigentümlichkeit rührt
von der Verteilung und Beschaffenheit der eingesprengten
Kiystalle her, nicht wie sonst in der Regel bei Mühlstein¬
laven von der porösen Struktur. In einer dunklen, harten
Grundmasse liegen nämlich zahllose grosse, spröde Leucite
neben Augiten und ebenfalls zerbrechlichen Olivinen. Da
diese Kiystalle leicht herausfallen, so bleibt ein Netzwerk
von Grundmasse stehen, das natürlich eine sehr rauhe Ober¬
fläche darbietet. Wenn sich etwa beim Mahlen dieselbe sollte
glatt schleifen, was übrigens bei der Zähigkeit des Gesteines
nur sehr langsam von Statten geht, so treten neue Kiystalle
zu Tage, die ausbrechend sofort die alte Rauhigkeit wieder
herstellen. Die Sprödigkeit der Leucite und ihr geringer Zu¬
sammenhang mit der umgebenden Masse haben übrigens
auch die Herstellung der grossen Voll- und Doppel hohlkegel
erleichtert; denn die Zwischenmasse, so widerstandsfähig sie
gegen einen glcichmässigen Druck ist, so wenig hält sie einen
plötzlichen seitlichen Stoss aus, sobald die Kiystalle entfernt
sind. Kurz es vereinigt das Gestein die für Mühlsteine er-
*
Pflaster material in Pompeji.
69
forderlichen Eigenschaften: Härte, Zähigkeit, Rauheit und
leichte Bearbeitbarkeit. Schwierig aber muss die Gewinnung
so grosser Blöcke aus dem anstehenden Gesteine gewesen
sein, da meistens die Lavamassen von zahlreichen verbor¬
genen, unregelmässigen Klüften durchsetzt sind. Es rühren
diese Mühlsteine daher wohl aus dem Innern eines sehr
mächtigen Lavastromes lind müssen wegen der Schwierig¬
keiten ihrer Gewinnung hoch im Preise gestanden haben.
Die Kostbarkeit dieser Lavamühlen hat vielleicht auch
mit den Grund dafür abgegeben, dass wir in Pompeji noch
sedimentäres Kieselkonglomerat zu Mühlsteinen verarbeitet
finden. In der Casa del Chirurgo liegt in einem Seitenge¬
mache des Atrio z. B. ein solcher Handmühlstein, dessen
Material den grobkörnigen Verrucanovarietäten der lombar¬
dischen Alpen sehr ähnlich sieht. Andere derartige Mühl¬
steine finden sich in der Casa del Fauno, im Hause Reg.
VII. Ins. 111. Nr. 12 u. a. a. 0. m. Wie aus den angeführten
Beispielen hervorgeht, hat dieses Konglomerat seine Verwen¬
dung hauptsächlich bei Handmühlen, die zum Hausgebrauch
bestimmt waren, gefunden. Dasselbe muss jedenfalls von
fern her eingeführt sein, da ein solches Gestein in der Cam-
panischen Ebene und deren Randgebirgen nicht vorkommt.
Dieser Schluss ist um so merkwürdiger, als nach Angaben
der Alten Pompeji selbst einen schwunghaft betriebenen
Handel mit Mühlsteinen besass. Diese Nachricht sowie die
petrographische Beschaffenheit der Lava-Mühlsteine lassen
jede Bemühung den Ursprung derselben als aus einem dem
Mte. Somina nicht angehörigen, vielmehr einem anderen italieni¬
schen Vulkane entflossenen Strome zu erklären, als überflüssig
erscheinen. Denn von den übrigen italienischen Vulkanen, die
berücksichtigt werden könnten, liefert der Aetna nur Plagio¬
klasbasalte und Roccamonfina wie Mons Albanus zwar Leucit-
gesteine, doch von anderem Habitus. Höchstens könnten die
Lavamassen des Lago di Bracciano und Lago di Vico in
Betracht gezogen werden, die derartige, an grossen Louciten
reiche Gesteine darstellen. Alsdann wäre aber die Wahl von
Pompeji als Ausfuhrhafen nicht recht begreiflich. Zum Schluss
sei endlich noch bemerkt, dass als Handmühlstein auch ver¬
einzelt eine feinkörnige, leucitarme Lava vorkommt, die dem
70
Deecke , Bemerkungen Uber Bau- und
Thürschwellengesteine ähnlich ist und etwa das Aussehen der
Lava von 1751 — 54 bei Bosco Reale besitzt.
Alle diese besprochenen Laven gehören zwar dem Mte.
Somrna an, doch lässt sich von keiner der Punkt ihres An¬
stehens genau fixiren. Bei den grossartigen Veränderungen,
welche die Abhänge des Vulkans in weitestem Sinne seit
jener Zeit erlitten haben, darf uns dies auch keineswegs
Wunder nehmen. Sehr vieles hat der 7 — 10ra hohe pompe-
janische Bimsteinregen verschüttet, vieles verhüllen die mo¬
dernen Vesuvaschen und Laven, sowie die Schlammströme,
die nach jedem heftigen Regen vom Mte. Somma in die Ebene
herabstürzen. Auch die Lava auf der Pompeji steht, ist uns
nur durch Zufall bekannt geworden. Solcher Ströme dürfte
es noch eine ganze Anzahl geben; denn die heute hoch oben
im Atrio zu Tage liegenden Ströme sind kaum von den Alten
ausgebeutet worden.
Sicherer als über den Ursprung der Laven sind wir in
der Hinsicht über das andere, das wichtigste pompejanische
Baumaterial, über die Tuffsorten, unterrichtet. Die beiden
an ihrer Farbe leicht zu unterscheidenden Arten sind der
gelbe und der graue Tuff. Beide sind gut charakterisirt durch
ihre Einschlüsse, die bei ersterem aus zahlreichen, kleinen
Bimsteinen und Trachvtbrocken , bei letzterem aus langge¬
streckten an Glimmer und Sanidin reichen, blasigen Schlacken¬
massen bestehen. Der gelbe Tuff erscheint in Pompeji
gewöhnlich im Opus reticulatum oder im Wechsel mit Ziegeln
besonders an der Frontseite der Häuser oder in Eckpfeilern.
Der graue ist zur Herstellung gewaltiger Quadern in Wänden,
Säulen und Friesen älterer Häuser und Tempel verarbeitet,
weshalb er in der Stadt viel allgemeiner verbreitet erscheint
als der gelbe. Beide Gesteine vertauschen in Herkulaneuin
ihre Rollen; dort ist der gelbe Tuff das allgemeine Baumaterial,
während soweit sich aus den wenigen aufgedeckten Hausern
schliessen lässt, der graue mehr zurücktritt. Diese ver¬
schiedenartige Verkeilung beider Gesteine in genannten
Städten ist eine nothwendige Folge ihrer geographischen
Verbreitung. Der gelbe Tuff ist nämlich der Tufo giallo der
Phlegräischen Felder, das älteste Produkt der dortigen Vul¬
kane, wegen seines Vorkommens in der Umgebung von
Pflaster material in Pompeji.
71
Neapel auch Pietra di Napoli genannt. Der graue Tuff findet
sich andererseits besonders längs des Nordabhangs, am Kusse
der Sorrentiner Bergkette von Nocera bis Sorrento hin, wo er
die blühenden Terrassen von Vico und Sorrento bildet. Daher
stammt auch sein Name in den Ausgrabungsprotokollen Pietra
di Nocera, Pietra di Sorrento, während die Bezeichnung Pietra
di Vesuvio als ganz falsch zu verwerfen ist. Das Ursprungs¬
centrum dieser stellenweise bis 60m mächtigen Ablagerung
ist unbekannt. Man hat dasselbe neuerdings in den „Seccenu
des Neapolitaner Golfes sehen wollen, die man als Reste
einst bedeutender Vulkankegel gedeutet hat. Doch ist über
diese ganze Frage das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Der graue Tuff erscheint in zwei Varietäten: einer bräun¬
lich grauen, welche ich bei Gragnano und S. Vito am Kusse
des Mte. Pendolo und Mte. Lottere in mehreren Steinbrüchen
anstehend gesehen habe, und in einer blaugrauen Abart, die
sich ganz besonders häufig bei Sorrento und Vico Equense
findet. Die erstere ist in Pompeji sehr viel anzutreffen, die
letztere scheint dagegen ganz zu fehlen, was wohl wieder auf
die topographische Vertheilung der beiden Gesteine zuriiek-
zuführen ist. Doch muss bemerkt werden, dass bei längerem
Liegen an der Luft und vor allem beim Austrocknen der
Steine die Karben unterschiede sich rasch verlieren oder doch
abschwächen, indem auch der bläuliche Tuff durch Zersetzung
der zahlreichen, ihm beigemengten Eisenverbindungen eine
bräunliche Schattirung gewinnt. Indessen unterscheiden die
bei den Ausgrabungen beschäftigten Arbeiter, wie mir Herr
Dr. Mau gütigst mittheilte, scharf zwei Varietäten des grauen
Tuffes, eine Pietra di Nocera und eine Pietra di Gragnano.
Erstere, die ich selber nicht in typischen Stücken gesehen
habe, umfasst wohl das merkwürdige Gestein der Umgebung
von Nocera, das dem Piperno der Phlegräischen Kelder glei¬
chend, zwischen Tuff und trachytischer Lava die Mitte hält.
An Material zu den mächtigen Bauten in grauem Tuff
hat es den Pompejanern nicht gefehlt; denn bei Gragnano
liegt dies Gestein 10 — 15m mächtig und bei Sorrent erreicht
dasselbe sogar gegen 60m. Bedeckt wird es am Mte. Pendolo
von einem jüngeren blutrothen, viel weicheren Tuffe mit den
gleichen dunklen, blasigen Bimsteineinschlüssen, der jedoch
72
De ecke, Bemerkungen über Bau- und
wohl wegen seiner Unbeständigkeit in Pompeji keine Ver¬
wendung gefunden hat.
Beispiele für die Benutzung des grauen Tuffs treten dem
Besucher auf Schritt und Tritt entgegen. Hier seien nur einige
angeführt, die mir zufällig in den Wurf gekommen sind:
Beim Anstieg von der Porta marina zum Forum links,
im Haus No. 1 steht ein Putea-1 aus diesem Gestein. Dieselbe
Strasse No. 3 in der rechten Seiten wand des Atrium zahlreiche
graue Tuffbrocken.
In der Casa del Fauno bestehen die Säulenbasen des
Peristyl’s aus demselben Material.
Mächtige Blöcke des Gesteins liegen auf dem Forum
trianguläre und in der Säulenhalle vor dem grossen Theater.
Endlich bildet dieser Stein auch die Bögen vor der grossen
Herberge an der Gabelung der Gräberstrasse u. s. w. u. s. w.
Weicher als der graue Tuff, leichter zerstörbar durch die
Atmosphaerilion ist der gelb e Tuff. Es bleibt deshalb räthsel-
haft, warum die Bewohner dies Gestein soweit hergeholt
haben. Sein nächstes Vorkommen ist erst am Höhenzuge,
der vom Poggio reale über S. Maria del Pianto zum Pizzo-
falcono in Neapel hinstreicht. Von diesem Rücken ist Pom¬
peji gegen 20 Kilometer entfernt; es kann also der gelbe
Tuff der Transportkosten wegen kein ganz billiges Baumate¬
rial gewesen sein. Derselbe ist daher auch in der Stadt erst
in späterer Zeit in etwas grösserem Maassstabe zur Verwen¬
dung gekommen, in vereinzelten Stücken aber auch schon
früher verbaut worden, wie sein Auftreten in der Garten wand
der Casa del Fauno, im Heizraum der Forumsthermen u. a.
a. 0. darthut. Später hat man ihn stets in Verbindung mit
Ziegeln gebracht in der Weise, dass eine Lage rechtwinklig
zugehauener Tuffsteine mit zwei Lagen von Ziegeln alternirt.
Sehr schön tritt diese übrigens weit verbreitete Bauart in den
Seitengebäuden der grossen Fullonica (Decumanus major
Reg. IX Ins. IV. No. 20 u. s. w.) und in den Häusern an der
Innenseite der Porta Hcrculanea zu Tage. Ganz vortrefflich
eignet sich drittens endlich dies Gestein, wie schon oben bemerkt,
zum Opus reticulatum, in dem wir ihm in den Phlegraeischen
Feldern in Bajae, Pozzuoli u. s. w. meistens begegnen. Auch in
Pompeji hat Reticulatwerk aus gelbem Tuff Anklang gefunden,
Pflaster material in Pompeji.
r o
1 6
wie ein grösseres Grabdenkmal der Herkulaner Gräberstrasso
beweist. Nirgends aber ist der gelbe Tuff in der Stadt in
mächtigen Quadern wie NW. lieh von Neapel in den Städten
Cuma und Pozzuoli anzutreffen
Am Schlüsse dieses die vulkanischen Tuffsorten behan¬
delnden Abschnittes mag noch ein gelblich grauer, ganz feiner
Tuff mit erbsensteinartigen Bildungen erwähnt werden, der
sehr vereinzelt in dem Mauerwerk vorkommt. Derselbe ist
das Produkt aufsteigender Quellen und steht noch in unge¬
störter Lagerung am Amphitheater über dem pompejanischen
Bimstein an, kann also erst nach der Verschüttung der Stadt
gebildet sein. Freilich kommen am Mte. Somma in den
Thälern gegen Massa di Somma zu ebenfalls solche pisolithi-
sche Tuffe vor; doch erscheinen mir trotzdem alle in Pom¬
peji beobachteten Steine dieses Materiales sehr verdächtig,
und ich kann die Meinung nicht unterdrücken, als seien beim
Wiederaufrichten der Mauerstücke diese Tuffbrocken unrecht¬
mässiger Weise an ihren heutigen Platz gelangt, (z. B. Krönung
der Stadtmauer zwischen Herkulaner- und Vesuvthor). An
Weichheit und Unbeständigkeit kommt diesem in archaeo-
logischer Hinsicht also etwas zweifelhaftem Gesteine der ge¬
wöhnliche Sommatuff gleich, der in Pompeji als Mörtel und
als Ausfüllungsmasse zwischen den locker auf einander ge¬
schichteten Steinen des Opus incertum eine grosse Bedeutung
besessen hat. Derselbe scheint meistens vollkommen zer¬
rieben und dann mit Kalk und Wasser unter Zusatz von
vulkanischem Sande, Augitkrystallen , Rapilli, Kalkbrocken
u. s. w. zu einem Mörtel angerührt zu sein, der später eine
grosse Festigkeit erlangte. Nur sehr selten ist einmal dieser
Tuff in seiner ursprünglichen Beschaffenheit in die Lücken
zwischen die Lavabrocken eingemauert worden, doch kommt
er dort vereinzelt vor. (Seitengebäude der Casa del Fauno.)
Nächst den vulkanischen Produkten spielt Kalk als Kalk¬
tuff, dichter gemeiner Kalk, als Kalkbreccie und als Marmor
eine Hauptrolle in den Häusern von Pompeji. Die als Bau¬
material vorzugsweise benutzte Modifikation ist der Kalktuff
des Sarnothales, der sog. Sarnokalk, der durch Absatz von in
Wasser gelöstem Kalke um Wasserpflanzen gebildet wird und
hinter Scafati in den Sümpfen des Sarnothales noch heute in
74
Jjeecke, Bemerkungen über Ban- und
-C s
raschem Wachsthume begriffen ist. Auf die Gewinnung und
das Vorkommen dieses Sarnokalkes brauche ich nicht näher
einzugehen, da bereits Nissen das Nöthige mitgetheilt hat.
Wichtig für uns ist nur, dass dies Gestein ebenfalls in der
Nähe in grosser Menge anstand und leicht zu gewinnen war.
Merkwürdig ist die geringe Anzahl von gewöhnlichen
grauen Kalkblöcken in der Stadt, wie sie in dem benachbarten
Gebirge in unermesslicher Menge entwickelt sind. Der ein¬
zige dichte Kalk gewöhnlicheren Schlages, der mehrfache Ver¬
wendung gefunden hat, ist der sog. Travertin, ein weisser
sedimentärer Kalk, der seinen Namen mit Unrecht führt und
nichts mit dem Travertin genannten, römischen, weissen
Kalktuffe zu thun hat, sondern vielmehr ein cretacischer oder
oberjurassischer Apenninenkalk ist. Wir begegnen ihm nur
als Schmuckstein (Statuenbasen, Belag des Forum u. s. w.),
wozu wohl seine Farbe und seine zu anderen Zwecken zu
geringe Festigkeit Veranlassung gewesen sind. Nissen
nennt ihn nach dem Orte Mondragoue, irr -Messen Nähe ein
ähnlicher Stein gewonnen wird, Pietra di Mondragone; doch
habe ich den Eindruck gewonnen, als ob derselbe nicht so
weit hergeholt wäre, sondern vielmehr den benachbarten
Bergen entstammte, ohne jedoch einen bestimmten Ursprungs¬
ort angeben zu können. Fast mit Gewissheit hingegen glaube
ich einige gebänderte, graue Marmore, die z. B. im sog. Pan¬
theon in der Augustusnische verwendet worden, auf die
Sorrentiner Berge zurückfuhren zu dürfen, da ich ebensolche
Gesteine zwischen Privato und Pimonte, wie zwischen Sorrento
und Massa Lubrense nachweisen konnte. Mit Bestimmtheit
endlich schreibe ich eine hellgraue Lumachella mit Quer¬
schnitten von Hippuriten und Korallen den Abhängen des
Mte. Pendolo und Lettore zu, weil dort dasselbe Gestein mit
ebendenselben Fossilien in mächtigen Bänken entwickelt ist.
Die dicken, kunstvoll aufgebauten Schalen der Muscheln mit
ihrer feinen Faserung machen sich geschliffen sehr schön.
Die anderen kostbaren Marmorsorten sind alle der Gegend
fremd. Nur unter den Breccien dürfte noch eine der Breccia
dorata mitunter recht ähnlich sehende Varietät ebenfalls den
Sorrentiner Bergen entstammen, in deren Thalgründen sich
der von oben herabgerollte, eckige Kalkschotter durch sekun-
Pflastermaterial in Pompeji.
75
dar abgesetzten Kalk zu einer festen, gleicbraässigen Kalk-
breccie verkittet. In derselben finden sicli sehr verschieden
gefärbte Fragmente, und stellenweise, z. B. an der oberen
Brücke von Gragnano, überwiegt der gelbe Kalk über alle
anderen beigemengten Stücke. Solchen Lagen mag die in
Pompeji verwandte Breccie entstammen.
Andere Gesteine, wie Alabaster, Granit, Porphyr kommen
nur als Schmucksteine vor und sind für Pompeji von keiner
Bedeutung.
Was endlich die Ziegel anlangt, so sind dieselben schwer¬
lich aus reinem Thon gebrannt, da kein grösseres Thonlager
in der Umgebung der Stadt vorhanden ist. Dieselben schei¬
nen vielmehr — und beweisen dürfte dies die Struktur der
Steine — zum grössten Theile aus der Pozzolanerde der Phle-
graeischen Felder gefertigt zu sein. Letztere ist reich an kleinen
schwarzen Trachyt- und Obsidiansplittern , die sich in den
Pompejanischen Ziegeln wiederfinden; doch muss die Pozzo-
lana vor dem Brennen einen kleinen Zusatz von Thon er¬
halten, um zu einem festen Ziegel werden zu können. Mit
einer gleichen Beimengung von Thon hätte man vielleicht
auch den lockeren Sommatuff brennen können ; indess scheint
dieser Process niemals vorgenommen zu sein. Heutigentags
vermeiden die Bewohner der Gegend den Ziegelbau ganz und
halten sich einzig bei der Errichtung von Häusern an die
Lavaschlacken und den grauen Tuff als die billigsten Ma¬
terialien. —
So ergibt sich dann aus den angestellten Betrachtungen,
dass die Pompejaner zum Hausbau nur das nächstliegendste,
am leichtesten zu bearbeitende Material wie Schlacken, Kalk-
tuff und vulkanischen Tuff genommen haben. In Folge der ge¬
wählten Gesteine sind denn auch die Wände zum Theil so
leicht und unsolide aufgebaut, wie nur möglich. Nur da, wo
diese Steine wirklich etwas zu tragen oder auszuhalten hatten,
da nahm man festes, dichtes Gestein. Deshalb zog man bei der
Pflasterung die Lava dem Kalk vor, der sich rascher als
erstere abnutzt; andererseits scheute man sich augenscheinlich
wegen der Kosten vor einer Neupflasterung, obwohl die Steine
an einzelnen Stellen von den Wagenrädern fast durchgerieben
sind. Der Kalkstein ist obigem Utilitätsprincipe zu Folge
76
Detcke, Bau- und Pßastermaterial in Pompeji.
durchweg zum Schmuckstem geworden, was um so auffallen¬
der sein muss , als ganze Kalkgebirge vor den Thoren der
Stadt liegen.
Möchte doch von der Direktion der Ausgrabungen auch
eine Sammlung der wichtigsten Baumaterialien angelegt wer¬
den, wie es für die kostbaren Marmorsorten bereits geschehen
ist! Vielleicht liesse sich dann noch manche interessante
Beziehung zwischen Stadt und Umgebung aufdecken.
K a t a 1 < ) g
der
Bibliothek
des
naturwissenschaftlichen Vereins
für
Neuvorpoinmern und Rügen
Greifswald.
Katalog der Bibliothek.
3
A) Vereins- und Gesellschaftsschriften.
1. Europa.
I. Belgien.
Kruxelles. Annales de la societe entomologique de Belgique.
8°. Bruxelles. Yol. XYI-XXV11I. 1873—84. Yol.
XXIX 1 u. 2. 1885.
_ — Bulletin ou Compte rendu des seeances de la societe
entomologique de Belgique. 8°. Bruxelles. Ser. II.
Nr. 6— 72. 1875—79; Ser. III. Nr. 1—53. 1880-84.
— - Proces-verbaux de la societe royale malacologique de
Belgique. 8°. Bruxelles. T. VII — XII. 1872 — 82; T. XIII.
1883 unvollständig; T. XIV. 1884; T. XY. 1885. 1 — 7.
— Annales de la societe royale malacologique de Belgique.
Tom. XYI— XX. (3. Ser. I— Y.) 1881—85. 8°.
Liege. Annales de la societe geologique de Belgique. 8°.
Yol. I— XII. 1874-85.
2. Dänemark.
Kjucbeiiliavii. Oversigt over det Kongelige Danske Videnska-
bernes Selskabs Forhandlinger og dets Medlemmers
Arbejder. 8°. Kjoebenhavn. 1868 — 86.
3. Deutschland.
Altcnburg. Mittheilungen aus dem Osterlande. Bd. XXIX.
1 u. 2. 1869; Neue Folge. Nr. 1 — 3. 1880 — 86.
Augsburg. Bericht des naturhistorischen Yereins in Augsburg.
Bd. 20-28. 1869—85. 8°.
Bamberg. Bericht der naturforschenden Gesellschaft zu Bam¬
berg. Bd. 6—13. 1863—84. 8°.
4
Katalog der Bibliothek.
Berlin. Monatsberichte der König], Preussisclien Akademie
der Wissenschaften zu Berlin. 8:). Berlin. 1870-81 mit
Register 1859—73; später unter dem Titel: Sitzungs¬
berichte d.K.Pr. Akademie der Wissenschaften. 1882 — 87.
— Zeitschrift für Acclimatisation. Organ des Acclimati-
sations- Vereins in Berlin. Bd. VIII — XII. 1870 - 74. 8'k
— Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. 8°.
1869—86. Bd. XXI— XXXVIII.
— Cirknlare des Fischereivereines. Jahrgang 1870 — 71.
— Verhandlungen des botanischen Vereines für die Pro¬
vinz Brandenburg und die angrenzenden Länder. 8°.
Jahrgang X — XXVI. 1868—85.
— Mittheilungen aus der zoologischen Station zu XeapeL
Bd. I — VII. 1878-86. 8k
B omi. Verhandlungen des naturhistorischen V ereines der
preussisclien Rheinlande und Westfalen. 8,J. Jahrg.
XV— XIX. 1858-62; XXVI-XLIII. 1869—86.
Braunseliweig. Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaft
zu Braunschweig. Jahrg. 1879 — 81. 8°.
Bi •einen. Abhandlungen, herausgegeben vom naturwissenschaft¬
lichen Vereine zu Bremen. Bd. II — IX. 1869 — 88. 8°.
Cassel. Bericht des Vereins für Naturkunde in Gassei. 1841
bis 1846. 4U; 1880-86. Xr. 26-33 8°; Festschrift
8°. 1886.
Chemuitz. Bericht der naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu
Chemnitz. Bd. VI — IX. 8°. 1875 — 1884.
Danzig. Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig.
Neue Folge. Bd. IV, 4— VI. 1880-86. 8°.
Dessau. Verhandlungen des naturhistorischen Vereines für
Anhalt. Ber. 27 — 29. 1868 — 1870; 31. 1872 — 73. 8°.
Donaiieschingcn. Schriften des Vereines für Geschichte und Natur¬
geschichte der Baar und der angrenzenden Landestheile-
in Donaueschingen. Jahrg. I — V. 1870 — 1885. 8°.
Dresden. Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- und Heil¬
kunde in Dresden. 1869 - 86. 8°.
— Sitzungsberichte der naturwissenschaftlichen Gesellschaft
„Isis“ in Dresden. 1869 -86 nebst Festschrift und Bei¬
trägen zur Kenntniss der Kaukasusländer von O. S c h n e i -
der. 8°. 1878.
Katalog der Bibliothek.
5
Dürkheim. Jahresbericht der „Pollichia“, eines naturwissen¬
schaftlichen Vereines der Rheinfalz. Nr. 28 — 42.
1871—82.
Elberfeld. Jahresbericht des naturwissenschaftlichen Vereines
in Elberfeld. Heft 5 u. 6. 1878-84. 8°.
— Jahresbericht der naturwissenschaftlichen Gesellschaft
zu Elberfeld. Heft I. 1879. 8°.
Emden. Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft in
Emden. Nr. 55 — 70. 1869 — 85 8° nebst kleinen
Schriften der Gesellschaft. 1871 — 79.
Erlangen. Sitzungsberichte der medicinisch - physikalischen
Societät zu Erlangen. Heft VIII — XVII. 1876 - 85. 8°.
Erfurt. Jahrbücher der k. Akademie gemeinnütziger Wissen¬
schaften zu Erfurt. N. F. Bd. XIV. 1886. 8°.
Frankfurt a/El. Jahresbericht des physikalischen Vereines.
1868—80; 1882—86. 8°.
— Bericht über die Senkenbergische naturforschende Ge¬
sellschaft in Frankfurt a/M. 1869 — 86. 8°.
Frankfurt a 0. Monatliche Mittheilungen aus dem Gesammt-
gebiete der Naturwissenschaften. Organ des Natur¬
wissenschaftlichen Vereines des Regierungs-Bezirkes
Frankfurt. Jahrg. 2 Nr. 7; Jahrg. 3 — 4. 1885—87. 8°.
Freiburg i. Br. Bericht über die Verhandlungen der natur¬
forschenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br. Bd. V,
2 — 4 VIII. 1869 — 1884; Festschrift. 1871. 8° und
Festschrift 1883. 4Ü.
Fulda. Bericht des Vereines für Naturkunde zu Fulda. Nr.
1—7. 1865—83. 8°.
Gera. Jahresbericht der Gesellschaft von Freunden der Natur¬
wissenschaften in Gera. Nr. 4 -26. 1861- 83. 8°.
Giessen. Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur-
und Heilkunde. Bd. V — VII. 1855—59; Bd. IX bis
XXIV. 1862 -86. 8°.
Görlitz. Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu
Görlitz. Bd. XIV — XVIII. 1871 — 84. 8°.
Güttingen. Nachrichten von der König]. Gesellschaft der Wis¬
senschaften und der Georg-August-Universität. 1871
bis 85. kl. 8° u. gr. 8°.
Güstrow. Archiv des Vereines der Freunde der Naturgeschichte
6
Katalog der Bibliothek.
in Mecklenburg. Bd. XXII1-XXX1X. 1870—85.
8°; (erscheint jetzt in Neu-Brandenburg).
Halle a/S. Leopoldina, amtliches Organ der k. Leopoldinisch-
Carolinischen deutschen Akademie der Naturforscher.
Bd. X— XI. 1874-86. 4°.
— Bericht über die Sitzungen der naturforschenden Ge¬
sellschaft zu Halle. 1870—84. 4° u. 8.
— Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu
Halle. Bd. XI (unvollständig); XII — XVI. 1870 — 85 4°.
— Zeitschrift für die gesam inten Naturwissenschaften.
Bd. XXXV— LIX. 1870-86. 8°.
Hanau. Bericht der Wetterauischen Gesellschaft für die ge¬
summte Naturkunde zu Hanau. 1874—85. 8°.
Hamburg-Altona. Abhandlungen aus dem Gebiete der Natur¬
wissenschaften, herausgegeben von dem naturwissen¬
schaftlichen Verein in Hamburg. Bd. V — VIII. 1866
bis 84. 4°.
Verhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins zu
Ham bürg- Altona. 1869 — 74. 4°. 1875 — 80. 8°.
Hamburg. Verhandlungen des Vereines für naturwissenschaft¬
liche Unterhaltung zu Hamburg. Nr. 4 u. 5. 1877
bis 82. 8ft.
Heidelberg. Verhandlungen des naturhistorisch-medizinischen
Vereines zu Heidelberg. Bd. III — VI. 1862 — 1872; Neue
Folge. Bd. I — III. 1877 — 86 ; Festschrift. 1886.
Kiel. Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins von Schles¬
wig-Holstein. 8°. Bd. I — VI. 1873 — 86.
— Mittheilungen des Vereines nördlich der Elbe zur Ver¬
breitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse. Heft 1 — 3.
1857—59. 8° u. 4°.
Königsberg. Schriften der königl. physikalischen Gesellschaft
zu Königsberg. 4°. Jahrg. I — XXVI. 1860 — 85.
Landshut. Bericht des botanischen Vereines in Landshut.
Bd. II— IX. 1866 — 86. 8Ü; Flora des Isargebietes
von J. Hof mann. 1883. kl. 8.
Leipzig. Sitzungsbericht der naturforschenden Gesellschaft in
Leipzig. Jahrg. II— XII. 1875 — 85. 8°.
Lüneburg. Jahreshefte des naturwissenschaftlichen Vereines für
das Fürstenthum Lüneburg. Nr. 6 — 9. 1872 — 84. 8°.
Katalo;/ der Bibliothek.
7
Magdeburg. Sitzungsbericht und Jahresbericht des naturwissen¬
schaftlichen Vereines zu Magdeburg. Nr. 1 — 15. 1870
bis 84 nebst Abhandlungen 1870 — 74. Später zu¬
sammengefasst unter dem Titel Jahresbericht und Ab¬
handlungen dos Vereines. 1885. Bd. I.
Mannheim. Jahresbericht des Mannheimer Vereins für Natnr-
kunde. Jahrg. 34—51. 1868—84. 8°.
Marburg. Sitzungsberichte der Gesellschaft zur Beförderung
der gesammten Naturwissenschaften zu Marburg. Jahrg.
1866 — 73 und 1880 — 85; Schriften des Vereines.
Bd. X — XI. 1871 — 80. 8°; Supplement zu Bd. XI;
1-4. 1878-81.
Metz. Bulletin de la societe d'histoire naturelle du Dopt, de
la Moselle. Nr. 12—14. 1870—76; Nr. 15, H. 2. 1880.
München. Sitzungsberichte der mathematisch -physikalischen
Classe der k. bayr. Akademie der Wissenschaften. Bd.
I— XVI. 1870—86. 8°.
Münster. Jahresbericht des Westfälischen Provincial-Vereines
für Wissenschaften und Kunst. Bd. VI — XIV. 1876
bis 85. 8°.
Neuhrandenhiirg siehe Güstrow.
Ottenbach. Bericht über die Thätigkeit des Offenbacher Ver¬
eins für Naturkunde. 1875 — 84. Nr. 17 — 25. 8°.
Osnabrück. Jahresberichte des naturwissenschaftlichen Vereines
zu Osnabrück. Bd. I — VI. 1870 — 85. 8°.
I’utbiis. Entomologische Nachrichten , herausgegeben von Dr.
Katter. Jahrg. 1 — 7. 1875 — 81; (später in Stettin)
Jahrg. VIII u. IX. 1882—83; Jahrg. X. Heft XXIV.
1884; Jahrg. XI. Heft I. 1884. 8°.
Kegensbiirg. Correspondenzblatt des zoologisch-mineralogischen
Vereines. Nr. 23 — 39. 1869 — 85. 8°; Abhandlungen
1875 u. 1878. 8°.
— Denkschriften der k. bayr. botanischen Gesellschaft zu
Regensburg. Bd. V. Heft 1. 1864.
Sondershausen. Irmischia, Correspondenzblatt des botanischen
Vereins für das nördliche Thüringen. Jahrg. I — VI.
1881 — 86; Abhandlungen I — III, 1. 1882. 8°.
Stettin. Jahresbericht des ornithologischen Vereins zu Stettin
Nr. I — IV. 1873 — 76; später unter dem Titel:
8
Katalog der Bibliothek.
Zeitschrift des ornithologischen Vereines in Stettin.
Bd. I — V. 1877 — 81; dann unter dem Titel:
Zeitschrift des Verbandes der ornithologischen Vereine
Pommerns und Mecklenburgs; dann betitelt:
Zeitschrift für Ornithologie und praktische Geflügel¬
zucht, Organ des Verbandes der ornithologischen Ver¬
eine Pommerns und Mecklenburgs. I — V. 1882 — 86. 8°.
— Katt er ’s Entomologische Nachrichten siehe Putbus.
Stuttgart. Jahreshefte des Vereines für vaterländische Natur¬
kunde in Württemberg. Jahrg. XXVIII — XLIf. 1872
bis 86. 8°; Festschrift zur Feier des 400jährigen
Bestehens der Eberhard-Karls Universität zu Tübingen;
0. Fr aas. Aetosaurus ferratus Fr. Die gepanzerte
Vogelechse aus dem Stubensandsteine bei »Stuttgart.
1877. 4°.
Wernigerode. Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins
des Harzes in Wernigerode. Bd. 1. 1886. 8°.
Wiesbaden. Jahrbücher des naussauischen Vereines für Natur¬
kunde. Bd. XXI— XXXIX. 1867-86. 8°.
Würzburg. Sitzungsberichte der physikalisch-medizinischen Ge¬
sellschaft in Würzburg. 1866 — 86. 8°; Festschrift
1875. 4°.
U ieknu. Jahresborichtdes \ ereins für Naturkunde. 1871 — 85.8°.
5. Frankreich.
Amiens. Bulletin de la societe Linneenne du Nord de la
France. Tome II— VII. 1874-85. 8°.
Memoires de la societe Linneenne du Nord de la
France. 1874—85. T. IV— VI. 8°.
Bordeaux. Actes de la societe Linneenne. Tome XXVII bis
XXVIII. 1869—71; Tome XXXIII— XXXVII. 1879
—83. 8°.
Cherbourg. Memoires de la societe nationale des Sciences
naturelles de Cherbourg. T. XXI— XXIV. 1877-82. 8°.
Lyon. Memoires de l’academie imperiale des Sciences, belles-
lettres & arts de Lyon. Classe des Sciences. Tome
XVII— XXVII. 1869-85. 8°.
Katalog der Bibliothek.
9
5. Gross-Britannien.
Glasgow. Proceedings of the natural history society of Glas¬
gow. Vol. I — V. 1859 — 83; Register 1858 — 83.
6. Italien.
Koni. Atti della R. Academia dei Lincei. Roma.
a) Transunti. Serie III. Vol. I— VIII. 1876-84. 4°.
b) Memorie della classe di scienze fisiche, matemati-
che e naturali. 4°. Ser. III. Vol. I — II. 1876 — 78;
Vol. IX— .XIX. 1880—84; Ser. IV. vol. I- II. 1885.
c) Rendiconti delle sedute della R. Academia dei Lincei
8°. Ser. IV. Vol. I— II. 1885-86.
Neapel. Mittheilungen aus der zoologischen Station etc. siehe
Berlin.
7. Luxemburg.
Luxemburg. Recueil des memoires et travaux publies par la
societe de Botanique du Grand-Duehe de Luxembourg.
Nr. I— XI. 1874—86. 8°.
— Publications de Llnstitut royal grand-ducal de Luxem¬
bourg (section des Sciences naturelles et mathematiques)
T. XI -XX. 1869—86. 8°.
8. Norwegen.
Kristiania. Abhandlungen von der Universität Kristiania.
1864—85. 4°; Publicationen der Norwegischen
Commission der Europäischen Gradmessung. 1880
— 85. Nr. 1- 4. 4°; kleinere Arbeiten. 8°. 1870
— 71; 1873 — 75. a. b. c; 1878--83.
— The Norwegian North Atlantic Expedition 1876 — 78;
(soweit erschienen). 4°. Kristiania 1880 — 86.
Tromsoc. Tromsoe Museums Aarshefter. Arol. I — IX. 1878
bis 86. 8".
Tromllijnn. Det kongelige Norske Videnskabers - Selskabs
Skrifter i det 19de Aarlmndrede. 1865—83 u. 85. 8°.
10
Kataloy der Bibliothek.
9. Oesterreich-Ungarn.
Aussig a Elbe. Bericht des naturwissenschaftlichen Vereines in
Aussig a. d. Elbe. 1877—78.
Bistritz. Jahresbericht der Gewerbeschule zu Bistritz in
Siebenbürgen. Nr. 4—11. 1878 — 85.
Böhmisch-Leipa. Mittheilungen des nordböhmischen Excur-
sionsclubs. 1884 — 86. 8°; Excursionsbüchlein 1885.
Brünn. Verhandlungen des naturforschenden Vereines in Brünn.
Bd. VIII— XXIII. 1860 — 84; Bericht der meteorologi¬
schen Commission über die Ergebnisse der met. Beob¬
achtungen im Jahre 1881.
— Mittheilungen und Notizenblätter d. k. k. mährisch¬
schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Acker¬
baues, der Natur- und Landeskunde in Brünn. 1869
bis 85. 4'1; Geschichte der Gesellschaft. 1870. 8°.
Graz. Mittheilungen des Vereines der Aerzte in Steiermark.
Vereinsjahr XVIII — XXII. 1881 — 85. 8°.
— Jahresbericht des akademischen naturwissenschaftlichen
Vereines in Graz. Jahrg. III. 1877; V. 1879. 8°.
— Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark.
1879. 8° nebst Beiträgen zur Kunde steiermärkischer
Geschichtsquellen. Jahrg. XVI. 1879.
Innsbruck. Berichte des naturwissenschaftlich-medizinischen
Vereines zu Innsbruck. Bd. I — XV. 1870 — 86. 8°.
Linz. Jahresbericht des Vereins für Naturkunde zu Oester¬
reich ob der Enns zu Linz. Bd. 1— X. 1870—79;
Bd. XII— XVI. 1882- 86. 8y.
Pest. Abhandlungen und Schriften der k. ungarischen natur¬
wissenschaftlichen Gesellschaft. 1874 — 86. 8° u. 4°.
— Termezettudomänyi Közlöny havi folyöirat közerdekii
ismeretek terjesztesere. 1869 — 1873. Bd. I — V. 8°.
Prag. Jahresbericht der königl. Böhmischen Gesellschaft der
Wissenschaften in Prag. 1869 — 85; Generalregister
von 1784 — 1884.
— Abhandlungen der k. böhmischen Gesellschaft der
Wissenschaften. 6. Ser. Bd. 111 — XII. 1869 — 84.
Reicheiiberg. Mittheilungen aus dem Vereine der Naturfreunde
in Reichenberg. 1873 — 82 u. 1885 — 86. 8°.
Katalog der Bibliothek.
11
Triest. Bolletino della societä Adriatica di scienze naturali
in Trieste. Tom. III— IX, 1 u. 2. 1877 —86. 8°.
Wien. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. 4°.
Bd. XIX- XXIII. 1869—1873.
— Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt zu
Wien. 4°. 1869 — 75.
— Annalen des k. k. naturhistorischen Hofmuseums.
Bd. I. 1885.
— Bericht des naturwissenschaftlichen Vereines an der
k. k. technischen Hochschule in Wien. I — V. 1877
— 1882. 8°.
— Verhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Ge¬
sellschaft in Wien. Bd. XIX— XXXVI. 1869 — 86. 8°.
— Anzeiger der kais. Akademie der Wissenschaften.
Jahrg. VII— XXIII. 1870—87. 8«.
— Schriften des Vereins zur Verbreitung naturwissen¬
schaftlicher Kenntnisse in Wien. Bd. XVI — XX.
1875—79; Bd. XXII -XVI. 1881 -86. kl. 8°.
10. Russland.
Dorpat. Sitzungsberichte der Naturforscher - Gesellschaft zu
Dorpat. Bd. III — VII. 1869 — 85. 8°.
— Archiv für die Naturkunde Liv-, Ehst- und Kurlands;
herausgegeben von der Dorpater Naturforscher-Gesell¬
schaft. Ser. I. Bd. IV — IX, 3. 1869 — 85. 8°; Ser. II.
Bd. V— X, 2. 1875-1885.
Helsiiigfors. Bidrag tili Kännedom af Finlands Natur och Folk
utgifna af Finska Vetenskaps-Societeten. Bd. XV —
XLIII. 1870—86. 8°.
Oefersigtaf Finska Vetenskaps-Societetens Förhandl ingar.
Vol. XII — XXVII. 1870—85. 8°; Observations meteo-
rologiques publiees par la societe des Sciences de Fin-
lande. 1873 — 80. 8°.
Observations faites ä lobservatoire magnetique et me-
teorologique de Helsingfors, imprimees aux frais de la
societe des Sciences de Fi n lande. Vol. V. 1873. 4°.
Meddelanden af Societas pro fauna et tlora Fennica.
Heft IX— X. 1883. 8°.
12
Katalog ehr Bibliothek.
liclsingfors. Acta Societatis scientiarum Fennicae. Bel. IX bis
XIV. 1871-85. 4°.
Moskau. Bulletin de la societe imperiale des naturalistes de
Moscou. 1884, 4; 1885; 1885, 1 u. 3.
Petersburg. Acta hortiPetropolitani. Bd. I— IX. 1871 — 86.8°.
Riga. Arbeiten des Naturforscher-Vereines zu Riga. Neue
Folge. Bd. III — V. 1870 — 73. 8°; CJorresspondenz-
blatt desselben Vereines. Jahrg. XVII — XXIX. 1869
bis 86. 8° nebst Denkschrift 4°. 1870; Denkschrift
der Gesellschaft für Geschichte und Alterthums¬
kunde der Ostseeprovinzen zur Feier des 25jährigen
Bestehens des Naturforscher-Vereines: W.v. Gutzeit,
Zur Geschichte der Forschungen über die Phosphorite
des mittleren Russlands. 4° 1870 ; ferner Festschrift des
Naturf -Vereines zu Riga zur 50jährigen Feier der Ge¬
sellschaft practischer Aerzte zu Riga: Stieda Die
Bildung des Knochengewebes. Leipzig. 1872. 4°.
IS. Schweden.
Lund. Acta Universitatis Lundensis. Math.-naturwissensch.
Abtheil. Tom. IV — XX. 1866 -84. 4°; Festschrift
zur 100 jährigen Feier. 1877. 4°.
Stockholm. Entomologisk Tidskrift pa föranstaltande af ento-
mologiska föreningen i Stockholm. Stockholm I — VII.
1880—86. 8°.
(psala. Nova Acta Regiae Societatis scientiarum Upsaliensis.
Ser. III. Vol. VIII — XIII. 1871 --86. 4°; vol. extra-
ordinarium. 1877.
12. Schweiz.
Kasel. Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in
Basel. Bd. V. Heft 3 u. 4; Bd. VI- VIII. Heft 1.
1878—86. 8°.
Kern. Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern.
1865 -85. 8°.
Chur. Jahresberichte der naturforschenden Gesellschaft Grau-
bündens. Neue Folge. Jahrg. XI — XXIX. 1864 — 86 8°.
13
Kataloy d» r Bihliothdc.
Fraueufcld. Mittheilungon der Tlnirganischen naturforschenden
Gesellschaft. Heft V — YI. 1882—84. 8\
St. ballen. Bericht über die Thätigkeit der St. Gallischen
naturwissenschaftlichen Gesellschaft. 1868 — 84. 8.
Lausanne. Bulletin de la societe Vaudoise des Sciences na¬
turelles. Vol. XI — XXII. 1873 — 86. 8n.
Xcuchiitcl. Bulletin de la societe des Sciences naturelles de
Xeuchatel. Vol. IX — XIV. 1870 — 74. 8°.
Zürich. Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft in
Zürich. 1868 — 86. Jahrg. XIII — XXX.
Verhandlungen der Schweizerischen naturforschenden Gesell¬
schaft. 1867 — 85.
II. Amerika.
I. Argentinien.
Itiienos-Aircs. Informo nacional de la Commission ciontifica
agregada al estado general de la expedicion al Rio
Xegro. 4U. Buenos- Aires. 1881 — 82. Part. I — III.
Cordoba. Boletin de la Academia nacional de Ciencias de la
Republica Argentina. 8°. Cordoba. T. III — VIII.
1879-86.
— Actas de la Academia nacional de Ciencias exactas de
la Republica Argentina. 4°. Cordoba. T. III — V.
1877-84.
2. Vereinicte Staaten von Nordamerika.
w
.Milwaukee. Jahresbericht des Xaturhistorischen Vereines zu
Wisconsin. 1877 — 81. 8°.
14
A ata log der Bibliothek.
B) Einzel-Schriften.
ßrückniann, Langsdorf!', Nobbe, Heimlichen mul Pietrusky. Die Kar¬
toffel und ihre Kultur. Amtlicher Bericht über die
Kartoffel-Ausstellung zu Altenburg vom 14. — 24. Ok¬
tober 1875 und ihre Ergebnisse. Berlin. 1876. 4°.
ßischoff, C. Bericht über Untersuchung von Spüljauchen vor
und nach der Behandlung in dem Reinigungsverfahren
von Canalisationsabwässern patentirt dem Herrn Dr.
Fr. Petri in Berlin. 8°. Berlin 1882.
Caflisch. Excursionsflora für das südöstliche Deutschland.
Augsburg 8°. 1878.
Chyzer. Des eaux minerales de laHongrie. S.-A.-Ujhelv. 1885. 8°.
Conwentz mul Völkcl. Danzig in naturwissenschaftlicher und
medizinischer Beziehung. Gewidmet den Theilnehmern
der 53. Versammlung deutscher Naturforscher und
Aerzte. Danzig. 1880. 8°.
Iledekind, K, Ueber die Anzahl der Ideal-Gassen in den ver¬
schiedenen Ordnungen eines endlichen Körpers. Fest¬
schrift des herzogl. Collegium Carolinum zu Braun¬
schweig. 4°. 1877.
Fröhlich. Mathematische und naturwissenschaftliche Berichte
aus Ungarn. Bd. I 1883; II u. III 1886. Berlin. 8°.
(ioczc, E. Die Pflanzenwelt Portugals. Sep. Linnaea. Bd.
XLI. 4°.
Hasskarl. Commelinaceae Indicae, imprimis archipelagi Indici
adjectis nonnullis liisce terris alienis. 8°. Yindo-
bonae. 1870. Sep.
Hermann. Urgesehichtliche Spuren in den Geräthen der ungari¬
schen volkstümlichen Fischerei. Budapest. 1885. kl. 8°.
Kotolofj der Bibliothek.
15
Hjclt, 0. Carl von Linne, som Läkare och bans betydelse für
den medicinska vetenskapen i Sverige. Helsingfors.
1877. 8°.
Hildebrand-Ilildebrandsson. Atlas des mouvements superieurs
de l’atmosphere. Stockholm. 1877. 4°.
Holti, Ii. Flora der Insel Gottska-Sandö. Sep. Berlin. 1869.
— Die Insel Gottska-Sandö. Sep. Leipzig. 1868. 8\
— Aquila pennata Gm. Sep. Leipzig. 1872. 8°.
— Brutvögel der Insel Gottland. Leipzig. Sep. 1868. 8°.
— Zur Flora Süd-Russlands insbesondere des im Gouver¬
nement Kiew belegenen Kreises Uman. 8°. 1878. Sep.
— Beschreibung südamerikanischer Vogel-Eier. Leipzig.
Sep. 1870. *” 8°.
— Ueber Molobrus-Eier zu Cantagallo in Brasilien von
Herrn C. Euler gesammelt. Leipzig. Sep. 1872. 8°.
Ilomcyer, A. v. Neue Gesichtspunkte betreffs Aurikelfrass. 8°.
Stettin. 1886. Sep.
.lensen, 0. Turbellaria ad litora Norvegiae occidentalia. Bergen.
1878. 4°.
Jordan, A. Remarques sur le fait de l’existence en soeiete
ä l’etat sauvage dos especes vegetales affines et sur
dautres faits relatifs ä la question de Fespece. Lyon.
1873. 8°.
Ignatius, K. Le Grand-Duche de Finlande, notice statistique.
Helsingfors. 1878. 8°.
Kaniti, A. Magyar növenytanilapok. övfolgam. IV. Koloz-
svart. 1880. 8°.
Katter, F. Entomologischer Kalender für Deutschland, Oester¬
reich und die Schweiz auf das Jahr 1876. Quedlin¬
burg. 1876. kl. 8°.
Hobelt Reiseerinnerungen aus Algerien und Tunis. Frank¬
furt a. M. 1885. 8°.
Krönig. Das Dasein Gotfbs und das Glück der Menschen;
materialistisch-crfahrungsphilosophische Studien. Berlin.
1874. 8°.
Leniströiu und Biese. Exploration internationale des regions
polaires 1882 — 83 et 1883 — 84. Expedition finlandaise.
T. I. Meteorologie: Observations faites aux stations
de Sodankylä et de Kutala. Helsingfors. 1886. 4°.
16
Katalog der Bibliothek.
Liebe, Th. Flitterplätze für Vögel im Winter. Leipzig. 1887. 8°.
II ac Leod, J. Leiddraad bij het onderwijzen en aanleeren der
Dierkunde. Gent. 1883. 8°.
Ilietzsch. Die Ernst Julius Richter-Stiftung, mineralogisch¬
geologische Sammlung der Stadt Zwickau. Zwickau.
1875. 8°.
Mobil. Det Norske meteorologiske instituts Storni- Atlas, ud-
givet med bistand af videnskabsselskabet i Kristiania.
Kristiania. 1870. 2°.
Moslcr und hoczc. Ueber Kulturversuche mit Eucalyptus glo-
bulus Labil, in Greifswald. Sep. Berlin. 1878. 8°.
Miiiizeiibergcr. Aus dem Leipaer Stadtarchive. 11. Abtheilung:
Nachrichten zur Geschichte Leipas vom Jahre 1600 bis
zum Beginne des 18. Jahrhunderts. Leipa. 8°.
Nansen, Fr. Bidrag til Myzostomernes anatomi og histologi.
Borgens Museum. Bergen. 1885. 4°.
Faudicr, .4. Graf Josef Ivinsky, Herr aufBürgstein und Schwoyka,
ein biographischer Versuch. Leipa. 1885. 8°.
Pietrusky. Die Dampfflugarbeit in der Provinz Sachsen, Han¬
nover und im Oderbruch nach eigenen Beobachtungen.
Sep. 1873. 8°.
RadLknfer, L. Monographie der Sapindaceen-Gattung Serjania.
Gekrönte Preisschrift. München. 1875. 4°.
vom Rath, (i. Naturwissenschaftliche Studien. Erinnerungen
an die Pariser Weltausstellung 1878. Bonn. 1879. 8°,
Reuter, F. Observations möteorologiques faites ä Luxembourg.
Vol. II. Luxembourg. 1874. 8°.
Ricss, Wigand und Eisenach. U ebersicht über die bisher in der
Umgegend von Cassel beobachteten Pilze. Cassel. 8°.
1878. (Doppelt vorhanden.)
Robiuski. De l’influence sur le developpement du typhus ex-
anthematique demontree par des observations. Paris.
1880. 8°.
Roth, Fr. Ueber die Möglichkeit einer Verschiedenheit der
Erwärmung der nördlichen und südlichen Erdhälfte in
Folge der Stellung der Erde im Weltenraume. Progr.
d. höheren Bürgerschule zu Wolgast. 4°. 1871.
Schmidt R. u. Miiller 0. Flora *v oix G^oi stematisches or
zeichniss der im Fürstentum Reuss-Gera und den an-
Katalog der Bibliothek.
17
grenzenden Ortschaften wildwachsenden, wie der am
häutigsten kultivirten Pflanzen. Abtheilung I und II.
Gera, 1857—58. *8°.
Schneider, 0. Naturwissenschaftliche Beiträge zur Kenntniss
der Kaukasusländer auf Grund seiner Sammelbeute.
Dresden. Sep. 1878. 8<>.
Sintzow. Kam y sc hin, feuille No. 93 de la carte generale de
la Russie. (Partie occidentale, explication). 1885.
Petersburg. 4°.
Slransky, I. Grundzüge der Molekularbewegung I u. II mit
Anhang über Fluor-Silicium. Brünn. 1867, 1871. 8°.
Temple, 1t. Landwirthschaftlich-naturwissenschaftliches. Pest.
1870. 8°.
Tcniplc, K. Physiologisch-anatomische Betrachtungen über die
Seidenraupe. 8°. Troppau. 1869. Sep.
— Bilder aus Galizien zur theilweisen Kenntniss des Lan¬
des und seiner Bewohner. Krakau. 8°.
— Die Heimath unserer Bäume. Brünn. Sep. 1874. 8°.
— Mittheilungen über den Kukuk. Brünn. Sep. 1870. 8°.
Turstig. Untersuchungen über die Entwicklung der primitiven
Aorten mit besonderer Berücksichtigung der Beziehungen
derselben zu den Anlagen des Herzens. Dorpat. 1884.
Sep. a. d. Schriften der Naturf.-Gesellschaft zu Dorpat.
Van der fllensbrugghc. Sur la tension superficiellc des liquides
consideree au point de vue de certains mouvements
observes ä leur surface. Mem. I u. II. Bruxelles.
1873. 4°.
— L’electricite statique exerce-t-elle une influence sur la
tension superficiellc d'un liquide ? Bruxelles. 1875. 4°.
— Sur la viscosite superficielle des lames de solution de
Saponine. Bruxelles. 1870. 8°.
Note preliminaire sur un f'ait remarquable qu’on ob-
serve au contact de certains liquides de tensions super-
ficielles trös-differentes. Bruxelles. 1872. 8°.
— Sur un principe de statique mol6culaire avancö par
M. Lüdtge. Bruxelles. 8Ü. 1870.
Watzel. Die Phanerogamen Flora des Gebietes von B. Leipa.
Leipa. 1877. 8°.
18
Katalog der Bibliothek.
Wies et Siegen. Carte geologique du Grand-Duche de Luxem¬
bourg. Paris. 1:40,000; Wies, Wegweiser zur geo¬
logischen Karte des Grossherzogthums Luxemburg.
Luxemburg. 1877. 8°.
Wittmack. Bericht über vergleichende Kulturen mit nordi¬
schem Getreide. Berlin. Sep. 1875. 8°.
Wurm. Die Teufelsmauer zwischen Oschitz und B. Aicha mit
einem Sagenanhange von Paudler. Leipa. 1884. 8°.
Wurm mul Zimmcrkackel. Basalt und Phonolithkuppen in der
Umgebung von B. Leipa. Leipa 1882. 8°.
— Klima von Leipa. Leipa 1884. 8°.
Mitt/u n. d. natiu'Tü. Verein /.'Ärcii J nrpommeru Yn/rn
F.h dd del .
('. laue lith.
Mittheilungen
aus dem
naturwissenschaftlichen Verein
für
Neu-Vorpommern und Rügen
in
Greifswald.
Rodigirt
ron
Fr. Schmitz.
Neunzehnter Jahrgang.
1887.
BERLIN 1888.
R. Gaertnor’s Verlagsbuchhandlung
Hermann Heyfelder,
Scliönebergerstrasse 2 6.
Inhalt.
Seite
Geschäftliche Mittheilungen:
Verzeichnis«* der Mitglieder . V
Rechnungsabschluss für das Jahr 1886 . IX
Uebersicht über die Vorträge, welche in den Sitzungen des
Jahres 1887 gehalten worden sind . X
Verzeichniss der im Jahre 1887 eingegangenen Schriften . . XII
Wissenschaftliche Mittheilungen und Abhandlungen:
H. Schulz, Zur Wirkung der Hefegifte . 1
H. Möller, Ueber das Vorkommen der Gerbsäure und ihre
Bedeutung für den Stoffwechsel in den Pflanzen .... 3
H. Möller, Weitere Mittheilungen über die Bedeutung der
Gerbsäure für den Stoffwechsel in der Pflanze . 8
E. Cohen, Goldführende Conglomerate in. Südafrika ... 34
W. Deecke, Ueber ein Geschiebe mit Aegoceras capricornu
Schloth. von Ueckermünde . 37
W. Deecke, Die Foraminiferenfauna im Aptien von Camiol
(Basses-Alpes) . 40
F. v. Lepel, Ueber electrische Entladungen in engen Röhren 45
E. Cohen, Ueber die Entstehung des Seifengoldes .... 52
A. Oberbeck, Bericht über verschiedene, für das physikali¬
sche Institut in Greifswald construirte Apparate und über
einige Versuche mit denselben . 71
A. Gerstaecker, Weitere Beiträge zur Artenkenntniss der
Neuroptera Megaloptera . 89
L. Holtz, Die Heilgrotte von Monsummano im Thale der
Nievole in Toscana . 131
1.
Verzeichnis^ der Mitglieder.
Andcrshof:
Herr Dr. Kämmerer, Gutsbesitzer.
All kl am :
-
Dr. Tramm, Oberlehrer.
llivitz h. Ilartli
• _
•
Graf Krassow, Excellenz, Wirkl. Geh. I\ath.
Greifswald :
-
Abel, Buchdruckereibesitzer.
-
Dr. Arndt, Professor.
-
Dr. Baier, Professor.
-
Dr. Baumstark, Professor.
-
Graf Behr-Behrenhoff, Landrath.
-
Belling, Optikus.
-
Dr. Bengelsdorf, Geh. Sanitätsrath.
-
Berger, Justizrath.
-
Dr. Bergmann, Assistent.
-
Berlin, W., Director.
-
Biel, H., Kaufmann.
-
Böckler, Rentier.
-
Bode, Oberlehrer.
-
Dr. Cohen, Professor.
-
Dr. Credner, Professor.
-
Dr. Deecke, Privatdocent.
-
Dr. Eichstedt, Professor.
-
Dr. Eischer, Professor.
-
Fischer, C., Lehrer a. d. höh. Töchterschule^
-
Fischer, 0 , Kaufmann.
-
Fismar, Pianofortefabrikant.
-
von Polier, Oberst a. D.
•
-
Friedrich, H., Rentier.
-
Gaude, W., Kaufmann.
-
Dr. Göze, Kgl. Garteninspector.
VI
Verzeichniss der Mitglieder.
Greifswald : Herr Grädener, Rathcherr.
Graul, Rector.
Dr. Gerstäcker, Professor.
Dr. Häckermann, Kreisphysicus u. Professor,
Geh. Med. Rath.
Dr. Hesse, prakt Arzt.
Dr. Hoffmann.
Hofmann, Kgl. Land-Bauinspector.
Hollmann, Apotheker.
Holst, Rathsherr
Holtz, L , Assistent am botan. Museum.
Dr. Holtz, W., Professor.
Freiherr von Keffenbrink.
Kersten, Maurermeister.
Kettner, Rathsherr.
von Kienitz, Landgerichtsdirector.
Kirchhoff, Justizrath.
Kohlmann, Buchhändler.
Krause, Gymnasiallehrer.
Krause, Apotheker und Drogist.
Krey, Oberlehrer.
Kunstmann, Apotheker und Rathsherr.
Labahn, Senator.
Dr. Landois, Professor, Geh. Med.-Rath.
Dr. Limpricht, Professor, Geh. Reg.-Rath.
Dr. Löscher, Assistent am ehern. Laboratorium.
Dr. Loose, Rentier.
Dr. Marsson, Rentier.
Dr. Medern, Landgerichts-Rath.
Dr. Minnigerode, Professor.
Dr. Möller, Privatdocent.
Dr. Mosler, Professor, Geh. Med. -Rath.
Müller, Kaufmann.
Dr. Müller, Privatdocent.
von Normann, Oberst a. D.
Dr. Oberbeck, Professor.
Ollmann, Kreis- u. Departements-Thierarzt
Ollmann, Rechtsanwalt.
Palmgren, Pastor einer.
Verzeichniss der J\fitglieder .
YII
Herr Dr. Peiper, Privatdocent und prakt. Arzt.
Perlberg, Uhrmacher.
Dr. Pornice, Professor, Geh. Med. -Rath.
Dr. Pietrusky.
Gutzkow-Wieck :
Hclmshagen:
Plötz, Schlossermeister.
Pogge, Rentier.
Dr. Freiherr von Preuschen, Professor.
Dr. Reinhardt, Oberlehrer a. D.
Dr. Schirmer, Professor.
Schmidt, Syndicus.
Dr. Schmitz, Professor.
Dr. Scholz, Professor,
von Schubert, Oberst a. D.
Schünemann. Gvmnasiallehrer.
J «/
Dr. Schulz, Professor.
Dr. Schnitze, Syndicus.
Dr. Schwan ert, Professor.
von Seydewitz, Landgerichts-Präsident.
Dr. Solger, Professor.
Dr. Sommer, Professor.
Stechert, Redacteur.
Freiherr von Steinäcker, Major z. D.
Stoll, Kaufmann.
Thiede, Oberlehrer
Dr. Tliome, Professor.
Voigt, Rentier.
Dr. Weitzel, Professor und Oberlehrer.
Wiese, akad. Forstmeister a. D. u. Reg.-Rath.
von Wolffradt, General-Secretär.
D. Woltersdorf, Pastor.
Dr. Wülfing.
Herr Dr. von Lepel, Gutsbesitzer.
Drewitz, Pächter.
llanzin I). Züssow: - von Homeyer, Rittergutsbesitzer und
Oekonomie-Rath.
Schmoldww b. (»iitzkow : - Dr. von Behr, Kammerherr.
Stettin:
Graf Behr-Negendank, Oberpräsident
von Pommern.
Stralsund :
Dr. Rollmann, Professor u.Oberlehrer.
VIII
Verzeichniss der Mitglieder.
Dem Vereine sind ferner während dos Jahres 1887 neu
beigetreten :
Herr Axel Biel.
Dr. Grawitz, Professor.
Hauptfleisch, P.
Riewald, Lehrer an der Bürgerschule.
Silberschlag, Lieutenant.
Dr. jur. Thomsen.
Von diesen Mitgliedern hat der Verein während des
Jahres 1887 durch den Tod verloren:
Herrn Beding, Optikus in Greifswald.
Pogge, Rentier in Greifswald.
Passow, Oberlehrer in Stralsund.
Wiese, akad. Forstmeister a. D. und Reg.-Rath in
Greifswald.
Vorstand für 1887.
Prof. Dr. Schwanert, Vorsitzender.
Dr. Bergmann, Schriftführer.
Prof. Dr. Weitzel, Kassenführer.
Privatdocent Dr. Deecke, Bibliothekar.
Prof. Dr. Schmitz, Redakteur der Vereinsschrift.
liech nungs-A hach l uss.
IX
II.
Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1886.
Eiimaliiiieii.
1. Mitgliederbeiträge . 306, — M.
2. Zuschuss Sr. Excellenz des Herrn Cultusmini-
sters Dr. von Gossler . 300, — ,,
3. Erlös aus dem Verkauf von Mittheilungen
(R. Gärtner’s Verlagsbuchhandlung in Berlin) 23,55 „
4. Kassenbestand von 1885 . 92,07 „
721,62 M.
Ausgaben.
1. Herstellung der Vereinsschrift Jahrg. 18 (1886) 369,04 M.
2. Remuneration des Vereinsdieners . 36, — „
3. Porto . 29,05 „
4. Anzeigen . 22,80 „
5. Jahresmietho für das Bibliothekszimmer . . . 45, — „
6. Umzugskosten bei Verlegung der Bibliothek . 8, — „
7. Ein binden der Bücher . 194,70 ,,
704,59 M.
Einnahmen . 721,62 M.
Ausgaben . 704,59 „
Kassenbestand .... 17,03 M.
X
Uebersichl über die Vorträge.
III.
U eber sicht
über die Vorträge, welche in den Sitzungen des Jahres 1887
gehalten worden sind.
Sitzung am 5. Januar.
Herr Müller: Ueber Duftorgane bei Phryganiden.
Herr So lg er: Ueber den anatomischen Bau der Seiten¬
organe von Fischen und Amphibien.
Sitzung am 2. Februar.
Herr W. Holtz: Ueber elektrische Entladungen.
Herr Schwanert: Ueber Bernsteinsäure.
Sitzung am 2. Marz.
Herr Deecke: Ueber die Verschiebung der Strandlinien.
Herr Schmitz: Ueber die Organisation der Bacilla-
riaceen. 1.
Sitzung am 6. April.
Herr Schmitz: Ueber die Organisation der Bacilla-
riaceen. 2.
Sitzung am 11. Mai.
Herr Oberbeck: Demonstration einiger neuer Apparate
für den physikalischen Unterricht. 1.
Herr W. Holtz: Ueber den Auer’schen Brenner für
Gasflammen.
Herr Cohen: Ueber die Gewinnung der Diamanten.
Herr L. Holtz: Bericht über die neuesten Beobachtungen
bezüglich der Fortpflanzung des Schnabelthieres.
Sitzung am 8. Juni.
Herr Bergmann: Ueber ein neues Verfahren, die rela¬
tive elektrische Leitungsfähigkeit der Metalle und
Metalllegirungen zu bestimmen.
Herr H. Schulz: Ueber die Wirkung stark verdünnter
Gifte auf lebende Zellen.
Uebersicht über die Vorträge.
XI
Sitzung am (>. Juli.
Herr Wülfing: Ueber die letzte Eruption des Aetna
(Mai- Juni 1886).
Herr De ecke: Ueber den Lucriner See bei Neapel.
Herr Möller: Die Bedeutung der Gerbsäure für den
Stoffwechsel in der Pflanze. 1.
Sitzung am 2. November.
Herr Möller: Die Bedeutung der Gerbsäure für den
Stoffwechsel in der Pflanze. 2.
Herr Ob erb eck: Demonstration einiger neuer Apparate
für den physikalischen Unterricht. 2 u. 3.
Sitzung am 7. Dezember.
Herr Oberb eck: Demonstration einiger neuer Apparate
für den physikalischen Unterricht. 4 u. 5.
Herr L. Holtz: Ueber die Heilgrotte von Monsummano..
XII
Verzeichniss ein gegangener Schriften.
IV.
V erzeichniss
der Akademien, Vereine und Gesellschaften, mit denen der
Verein in Schriften -Austausch steht, nebst Angabe der im
Jahre 1887 eingegangenen Schriften.
I. Deutschland.
Altenburg: Mittheilungen aus dem Osterlande.
Schriften nicht eingegangen.
Augsburg: Naturhistorischer Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Bamberg: Naturforschende Gesellschaft.
Berichte Nr. 14.
Berlin: Deutsche geologische Gesellschaft.
Zeitschrift Bd. 38, Heft 4. Bd. 39, Heft 1 u. 2.
Katalog der Bibliothek.
— Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften.
Sitzungsber. Jahrg. 1886, Nr. 40- 53. Jahrg. 1887,
Nr. 1 — 39.
— Botanischer Verein der Provinz Brandenburg.
Verhandl. Bd. 17 u. 18.
Bonn: Naturh ist. Verein der Preuss. Rheinlande u. Westfalens.
Verhandlungen Jahrg. 43, 2. Jahrg. 44, 1.
Brauiischweig: Verein für Naturwissenschaften.
Jahresberichte Nr. 3, 4, 5.
Bremen: Naturwissenschaftlicher Verein.
Abhandlungen Bd. 9, Heft 4. Bd. 1 (nachgeliefert).
Ferner Buchenau: Flora der Ostfriesischen Inseln.
1881. 8°.
Cassel: Verein für Naturkunde.
Berichte 32 u. 33.
Chemnitz: Naturwissenschaftliche Gesellschaft.
Bericht Nr. 10.
Danzig: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften Bd. 6, Heft 4.
Verzeichniss eingegangener Schriften.
XIII
Donaiicschiiigen: Verein für Geschichte u. Naturgeschichte der
Baar und der angrenzenden Länder.
Schriften nicht eingegangen.
Dresden: Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis.
Sitzungsber. u. Abhandl. Jahrg. 1886, Juli-December.
Jahrg. 1887, Januar- Juni.
— Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde.
Jahre sber. 1886 — 87.
Dürkheim: Naturwissenschaftlicher Verein „Pollichia“.
Schriften nicht eingegangen.
Düsseldorf: Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereines.
Jahrgang 1.
Elberfeld: Naturwissenschaftlicher Verein.
Jahresbericht No. 7.
Emden: Naturforschende Gesellschaft.
Jahresbericht 71.
Erlangen: Physikalisch-medizinische Societät.
Sitzungsberichte Heft 18.
Frankfurt a/M. : Physikalischer Verein.
Jahresberichte 1884- 1885. 1885 — 1886.
— Senkenbergischo Gesellschaft.
Bericht 1887.
Frankfurt a/Ö.: Naturw. Verein für den Regierungsbez. Frankfurt.
Mittheilungen 4. Jahrg. Nr. 8 — 12; 5. Jahrg. Nr. 1 — 6.
2. Jahrg. Nr. 7 — 12 (nachgeliefert).
Freiburg i. Br.: Naturforschende Gesellschaft.
Bericht 1886, Heft 1.
Fulda: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Geras Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Giessen: Oberhessische Gesellschalt für Natur- u. Heilkunde.
Bericht Nr. 25.
Görlitz: Naturforschende Gesellschaft.
Abhandl. Bd. 19.
Göttingen : Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.
Nachrichten Jahrg. 1886, Nr. 1—20.
Halle: Naturforschende Gesellschaft.
Abhandl. Bd. 16, Heft 4. Berichte 1885 u. 1S86.
XIV
Verzeichniss eingegangener Schriften.
Halle: Giebel & Siewert, Zeitschrift für die gesammten Natur¬
wissenschaften.
Ser. 4. Bd. 5, Heft 4—6; Bd. 6, Heft 1 — 4.
— Kaiserl. Leop. Carol. Deutsche Akademie der Natur¬
forscher.
Correspondenzblatt Heft 22, Nr. 7 — 24; Heft 23, Nr. 1
bis 20.
Mamburg: Naturwissenschaftlicher Verein.
Abhandl. Bd. 9, Heft 1 u 2.
— Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung.
Schriften nicht eingegangen.
Hanau: Wetterauische Gesellschaft für Naturkunde.
Bericht 1885 u. 1886.
Heidelberg: Naturhistorisch-medizinischer Verein.
Verhandlungen Bd. 4, Nr. 1.
Kiel: Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein.
Schriften nicht eingegangen.
Königsberg: Physikalisch-ökonomische Gesellschaft.
Schriften Jahrg. 1886.
Laiidslmt : Botanischer Verein.
Bericht Nr. 10. Bericht Nr. 1 (nachgeliefert).
Leipzig: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Lüneburg: Naturw. Verein für das Fürstenthum Lüneburg.
Jahreshefte Nr. 10.
Magdeburg: Naturwissenschaftlicher Verein.
Bericht 1886.
Mannheim: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Marburg: Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Natur¬
wissenschaften.
Schriften nicht eingegangen.
Metz: Societe d’histoire naturelle du Departement de la Moselle.
Bulletin Nr. 16 u. 17.
München: Akademie der Wissenschaften.
Sitzungsberichte der mathematisch-physikalischen Klasse.
1886, Heft 2 u. 3. 1887, Heft 1.
— Sitzungsberichte der Gesellschaft für Morphologie und
Physiologie. Bd. 2.
Verzeichniss eingegan (jener Schriften.
XV
Münster : Westphälischcr Verein für Wissenschaft und Kunst.
Jahresbericht Nr. 14 u. 15.
Ncii-Brandcnburg: Verein der Freunde der Naturgeschichte in
Mecklenburg.
Schriften nicht eingegangen.
Ottenbach: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegmgen.
Osnabrück: Naturwissenschaftlicher Verein.
Schriften nicht eingegangen.
I’utbiis: Entomologische Nachrichten, herausg. von Dr. Katter.
Schriften nicht eingegangen,
ltcgcnsbiirg: Zoologisch-mineralogischer Verein.
Korrespondenzblatt. Jahrg. 40.
Sondershausen: Botanischer Verein „Irmischia“ für das nördl.
Thüringen.
Korrespondenzbl. Jahrg. 6, Nr. 4 — 8.
Stettin: Ornithologischer Verein.
Zeitschrift 1887, Nr. 8 - 9, 11 - 12.
Stuttgart: Verein für vaterländ. Naturkunde in Württemberg.
Schriften nicht eingegangen.
Wernigerode: Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes.
Schriften nicht eingegangen.
Wiesbaden: Nassauischer Verein für Naturkunde.
Jahrbücher Nr. 40.
Würzbiirg: Physikalisch-medizinische Gesellschalt.
Sitzungsberichte Jahrg. 1886.
Zwickau: Verein für Naturkunde.
Jahresbericht 1886.
II. Oesterreich-Ungarn.
Bistrilz: Gewerbeschule in Bistritz in Siebenbürgen.
Schriften nicht eingegangen.
Briinn: Naturforschender Verein.
Schriften nicht eingegangen.
— Mährisch-schlesische Gesellschaft.
Mittheilungen Jahrg. 66.
kraz: Verein der Aerzte in Steyermark.
Jahresbericht 23.
Innsbruck : Naturwissenschaftlich-medizinischer Verein.
Schriften nicht eingegangen.
XVI
Ve rzeichn iss eingegangener Schriften.
Leipa Böhm.: Nordböhmischer Excursions-Club.
Mittbeilungen Jahrg. 9, Heft 4. Jahrg. 10, Heft 1 — 3.
Linz: Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns.
Bericht 16.
Pest: Königl. Ungarischer naturforschender Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Prag: Königl. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften.
Abhandl. 7. Folge, Bd. 1. Jahresber. 1885 — 1886.
Sitzungsberichte 1885 — 86.
ltciclieiiberg: Verein für Naturkunde.
Mittheilungen Jahrg. 18.
Triest: Socicta Adriatica di Scienze naturali.
Bolletino vol. 10.
Wien: K k. zoologisch-botanische Gesellschaft.
Verhandlungen Bd. 36 u. 37. Heft 1 u. 2.
— Kais. Akademie der Wissenschaften.
Anzeiger Jahrg. 1886, Nr. 25 — 27. Jahrg. 1887, Nr. 1 — 25.
— Verein zur Verbreitung naturwissenschaftl. Kenntnisse.
Schritten nicht eingegangen.
— Annalen des k. k. naturhistorischen Hof-Museums, redig.
von Dr. Hauer.
Jahrg. 2, Nr. 1 -3.
III. Schweiz.
Basel: Naturforschende Gesellschaft
Schriften nicht eingegangen
Bern: Naturforschende Gesellschaft.
Mittheilungen 1886.
Chur: Naturforschende Gesellschaft Graubündens.
Jahresberichte Nr. 29 u. 30.
Frauenfelri : Thurgauische naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
St. Ballen: Naturfbrschende Gesellschaft.
Bericht 1884 — 85.
Lausanne: Societe Vaudoise des Sciences naturelles.
Bulletin Nr. 95 u. 96.
XYII
Verzeichniss eilige gang euer Schriften .
Neuchätcl: Societe des Sciences naturelles.
Bulletin Nr. 14.
Schweizer naturforschende Gesellschaft.
1886 (Versammlung ln Gent).
Zürich: Naturforschende Gesellschaft.
Jahrgang 1886, 1 — 4. 1885, Nr. 1.
IV. Italien.
Neapel : Zoologische Station.
Mittheilungen Bd. 7, Heft 1 — 2.
Rom: Keale Academia dei Lincei.
Rendiconti. 4. Ser. Vol. 2. Sem. 2, fase. 1 — 11. Vol. 3.
/ Sem. 1, fase. 1 — 13. Sem. 2, Nr. 1-5.
Memoire. 3. Ser. vol. 14 17; 4. Ser. vol. 1.
V. Luxemburg.
Luxemburg : Institut royal grand-ducal.
Publications. T. 20. Ferner: Observations meteoro-
logiques par Reuter. Tom. III u. IV.
— Societe de Botanique.
Schriften nicht eingegangen.
VI. Belgien.
Brüssel : Societe entomologique de Belgique.
Annales T. 30.
— Societe royale malacologique de Belgique.
Annales. Ser. 3, T. 1 — 5.
Proces-verbaux 1872—74. 1876 - 81. 1886.
Lüttich : Societe geologique de Belgique.
Proces-verbal de l’assemblee generale du 21. Nov. 1886.
VII. Frankreich.
Amiens: Societe Linneenne du Nord de la France.
Bulletin T. 7, Nr. 139 174. Memoires T. 6.
Bordeaux: Sociöte Linneenne de Bordeaux.
Schriften nicht eingegangen.
XVIII
Verzeichniss eingegangener Schriften.
Cherbourg: Sociöte nationale des Sciences de Cherbourg.
Schriften nicht eingegangen.
Lyon: Academie des Sciences, belles lettres et arts.
Schriften nicht eingegangen.
VIII. Gross-Britannien.
Glasgow: Natural histoiy Society.
Proceedings. 2. Ser. vol. 1. p. 3.
IX. Dänemark.
Kopenhagen: Kongelige Danske Videnskabernes Selskab.
1886, Nr. 2 u. 3. 1887, Nr. 1.
X. Schweden und Norwegen.
Christiania: Norske Nordhavs Expedition.
Heft 16, 17, 18 a u. b.
— Kongelige Norske Universitet.
Publication der Norwegischen Commission der euro¬
päischen Gradmessung. Heft 4 u. 5.
Lund: Academia Lundensis.
Acta Tom. 22.
Stockholm: Entomologisk Tidskrift utgiven at J. Sponberg.
1886, Heft 1-4.
Tromsö: Tromsö Museum Aarsheiter.
Aarshetter 10. Aarsberetning 1886.
Trondhjem: Kongelige Norske Videnskabernes Selskab.
Skrifter Jahrg. 1884 u. 1885.
Ipsala: Societas scientiarum Upsaliensis.
Nova Acta. Vol. 13, fase. 2.
XI. Russland.
Dorpat: Naturforschende Gesellschaft.
Sitzungsber. Bd. 8, Heft 1.
Archiv. Ser. 1, Bd. 9, Heft 4.
Helsingfors: Einska Vetenscaps Societeten.
Nat. och Folk. H. 44.
Verzeichntes eingegangener Schriften.
XIX
Observations meteorologiques vol. I, p. 1; voJ. 2, p. 1.
Exploration internationale des regions polaires en
1882 — 83, 1883 - 84. Comptes-rendues de l’expedition
finnlandaise.
Moskau: Societe imperiale des Naturalistes.
Bulletin 1886, Nr. 4. 1887, Nr. 1 — 3. Ferner: Fad eie ff
Meteorologische Beobachtungen für 1886. 2. Hälfte.
Petersburg: Hortus Petropolitanus.
Schriften nicht cingegangen.
Riga: Natnrforschender Verein.
Korrespondenzbl. 30.
Kiew: Memoires de la societe dos naturalistes. T. 8, Heft 2.
Ferner: Koudritzky Tables des observations meteo¬
rologiques faites ä la Station de Korostyscheff.
(Gouv. Kiew.)
XII. Amerika.
Cordoba (Argentinien): Academia nacional de Ciencias de la
Bepublica Argentina.
Boletin Tom 9, Heft 1 — 4.
Milwaukee (Wiskonsin): Naturwissenschaftlicher Verein.
Schriften nicht eingegangen.
New- York: Annales of the Academy of Sciences. Vol. 4,
Heft 1 u. 2.
Rio de Janeiro : Aichivos do museo navional. T. 5 u. 6.
Santiago: Deutscher wissenschaftlicher Verein.
Verhandlungen Heft 4.
Ausserdem wurden geschenkt:
Boehmer, G. H. : Norsk naval architecture. 1887. 8°.
.4. v. Homeyer : Ornithologische Studien und Mittheilungen aus
dem Jahre 1886. 1887. 8°.
Kirchhotf: Bericht der Centralkommission für wissenschaftliche
Landeskunde von Deutschland. 1887. 8°.
Lahmer : Industrielle Briefe aus Nord-Böhmen. 1886. 8°.
Zur Wirkung der Hefegifte
von
Prof. Hugo Schulz.
(Vorgetragen in der Sitzung am 9. Mai 1887.)
Wenn man von dem Gedanken ausgeht, dass die Wirkung
irgend eines Giftes, das im Stande ist, die Hefezellen arbeits¬
unfähig zu machen, auf einem maximalen Reiz beruht, den
das Gift auf die Hefezellen ausübt, so ist die Frage von Inter¬
esse: Wie verhalten sich die Hefezellen, wenn von dem
Gifte nur ein minimaler Theil zur Action gelangen kann, mit
anderen Worten, wenn das Gift in hochgradiger Verdünnung
ein wirkt? A priori liess sich erwarten , dass unter solchen
Bedingungen der durch das Gift gesetzte Reiz anregend auf
die Hefe einwirken könnte, so dass sie aus einer Trauben¬
zuckerlösung in der gleichen Zeit mehr Kohlensäure ent¬
wickeln möchte, als ohne die Anwesenheit des Reizmittels.
Die Beantwortung dieser Frage wurde in der Weise ein¬
geleitet, dass annähernd gleiche Hefemengen mit denselben
Quantitäten Traubenzuckerlösungen in Berührung gebracht
wurden, die Zuckerlösungen jedoch wechselnde Mengen der
zu prüfenden Gifte enthielten. Eine giftfreie Zuckerlösung
diente zur Controlirung der normalen Hefethätigkeit. Gewonnen
wurde dieselbe durch Bestimmung der Höhe einer, von der
entwickelten Kohlensäure aufgetriebenen Quecksilbersäule.
Untersucht wurden: Sublimat, Jod, Brom, Arsen und Salicyl-
säure. Es stellte sich bei diesen Untersuchungen heraus,
dass zunächst mit zunehmender Verringerung der Menge der
einzelnen Gifte die Thätigkeit der Hefe der normalen Arbeit
l
9
tmJ
Schulz: Zur Wirkung der Hefe gifte.
immer näher kam. Wurde dann das Gift noch stärker ver¬
dünnt, so producirte die Hefe mehr Kohlensäure wie unter
normalen Verhältnissen, bei noch weiterer Verdünnung wurde
ihre Arbeit der normalen wieder gleich. Es existirt also ein
Optimum der Wirkung hochgradig verdünnter Hefegifte.
Dasselbe lag für
Sublimat
Jod
Brom
Arsen
Salicyl säure
11
11
31
11
ii
ii
ii
ii
ii
ii
ii
ii
ii
ii
ii
ii
bei einer Verdünnung von 1 : 500000—700000
1: 600000
1 : 400 000
1 : 40 000
1 : 2000
Die Ausführung der einzelnen Versuche anlangend, sei
noch bemerkt, dass zu gleicher Zeit immer mehrere Apparate
in Thätigkeit waren, um einen vergleichenden Ueberblick zu
erlangen. Ausserdem waren die Versuchsbedingungen durch
möglichst gleiche Einrichtung, Dimensionen und constante,
für alle Apparate gleiche Aussentemperatur in jedem Versuch
dieselben. Der Vortheil der in diesen Untersuchungen be¬
nutzten Methode liegt darin , dass sie gestattet , gleichzeitig
mehrere Apparate mit den in ihnen enthaltenen Hefeansätzen
controlliren zu können und so in jedem Augenblick ein Bild
der Hefethätigkeit zu gewinnen. Die Versuche und ihre Re¬
sultate werden an einem anderen Orte noch in extenso mit-
getheilt werden.
3
Ueber das Vorkommen der Gerbsäure
und ihre Bedeutung für den Stoffwechsel
in den Pflanzen
von
H. M o e 1 1 e r.
(Vorgetragen in der Sitzung am 6. Juli 1837.)
Zu den verbreiteten Substanzen in der Pflanze, in eini¬
gen sogar nächst den Kohlehydraten wohl zu den am häufig¬
sten und in grösster Menge vorkommenden Verbindungen
gehört die Gerbsäure , oder vielmehr die Gerbsäuren , deren
schon jetzt eine grössere Anzahl von z. Th. verschiedener
Zusammensetzung bekannt ist, viele jedenfalls bei weiteren
Untersuchungen noch gefunden werden. Die Menge der
Gerbsäure in den Pflanzen lässt schliessen, dass ihre Ent¬
stehung, bezw. Umsetzung im Stoffwechsel der Pflanze zu
den wichtigsten Processen chemischer Art in naher Verbin¬
dung steht, die Verschiedenheit ihrer chemischen Constitution
schliesst aber nicht aus, dass diese Stoffwechselprozesse in
sämmtlichen Pflanzen von einerlei Art sind, demselben Zwecke
dienen.
Ueber das Vorkommen der Gerbsäuren in einzelnen
Pflanzenorganen und den einzelnen Pflanzen verschiedener
Familien liegt ein ziemlich grosses Beobachtungsmaterial vor;
über die Function der Gerbsäuren im Stoffwechsel sind
mancherlei Untersuchungen angestellt, mehrere, sich ganz
widersprechende Ansichten aufgestellt , eine durchgreifende
Theorie bis jetzt aber noch nicht vorhanden.
l*
4
Moeller: Utber das Vorkommen der Gerbsäure.
Ich habe über das Vorkommen der Gerbsäure in Pflanzen¬
organen, und in verschiedenen Pflanzenindividuen weitere Be¬
obachtungen angestellt, welche mich auch zu einer Ansicht
über die Function der Gerbsäuren geführt haben, deren phy¬
siologische und experimentelle Begründung aber noch weiterer
Untersuchung Vorbehalten ist.
Für meine Zwecke der Untersuchung handelte es sich
zunächst um das Vorkommen des Gerbstoffes in den Blättern,
den Organen der Stärkebildung. Das Vorkommen der Gerb¬
säure in den Blättern ist neuerdings wiederholt constatirt
worden, ohne dass auf ein allgemeines Vorhandensein ge¬
schlossen wäre. Die angestellten Untersuchungen sollten
entweder ein Bild von der Verkeilung der Gerbsäure in den
einzelnen Gewebetheilen des Blattes geben , oder über Ent¬
stehung und Wanderung derselben Aufschluss geben. Das
letztere Ziel ist bis jetzt indessen nicht erreicht. Als Rea-
gentien auf die Gerbsäure werden von je her in erster Linie
die Eisenoxydsalze und Kaliumbichromat benutzt. Letzteres
hat zunächst den Vorzug, einen ganz unlöslichen Niederschlag
zu geben, während die Eisensalze zwar sehr charakteristische
Färbungen geben , aber keine Niederschläge, oder solche,
welche leicht im Ueberschuss des Reagenz, verdünnten Säuren
u. s. w. löslich sind. Beim Kaliumbichromat ist aber anderer¬
seits das langsame Diffundiren desselben ein wesentliches
Hinderniss für seine stete Verwendung, besonders wenn es
sich um Gerbsäurenachweis in grösseren Blattpartien handelt,
wozu dieselben Tage lang in der Lösung verweilen müssen.
Um zunächst eine raschere Nachweisung des Stoffes in Blatt-
streifen von 4 — 12mm- Breite zu ermöglichen, habe ich eine
mässig concentrirte Eisenchloridlösung mit dem halben Vo¬
lumen Alkohol und einer geringen Menge Aether versetzt,
welche Lösung im Pflanzengewebe durch Tödtung der Zellen
eine rasche Verbreitung und Wirkung des Reagenz ermöglicht,
welches gewöhnlich schon nach | ständiger Einwirkung die
Randzellen auf lmra- Breite gefärbt hatte. Ganz gefärbte Blatt¬
streifen sehen dann makroscopisch völlig schwarz aus , wäh¬
rend unter dem Mikroscope die einzelnen Gerbstoff führenden
Zellen mit bläulichem, grünlichem oder bräunlichem Zellsaft
gefüllt erscheinen. Was nun die verschiedenen Pflanzen be-
Mo eilt r : Ueber das Vorkommen der Gerbsäure.
5
trifft, so untersuchte ich hauptsächlich Bäume und Sträucher,
zwischendurch aber auch einige Kräuter. Ich fand in allen
Blättern Gerbsäure, wenn auch in verschiedener Menge. Es
wurden untersucht Fraxinus, Ligustrum, Svringa, Corylus,
Quercus, Ampelopsis, Vitis, Acer, Aesculus Juglans, Tilia,
Ribes, Hedera, Crataegus, Pirus, Cydonia, Rosa, Persica,
Prunus, Cytisus , Robinia, Abies, Biota, Juniperus, Gingko,
Convallaria, Iris, Primula, Viola, Chelidonium, Aristolochia.
Aber nicht nur in der Menge der vorhandenen Gerbsäure
wurde bei diesen Untersuchungen ein Unterschied gefunden,
auch in der Deutlichkeit und Dauer der Reaction, und zwar
sind die den sogenannten Eisen bläuenden Gerbstoff führenden
Blätter leicht und dauernd zu färben, während bei den eisen¬
grünenden die entstehende grüne Farbe einmal schwer zu
sehen ist bei Gegenwart des Chlorophyllfarbstoffes, andererseits
leichtere Diffundirbarkeit des Gerbstoffes und wahrscheinlich
gleichzeitige weitere Umsetzungen die Reaction bald beein¬
trächtigen. Fragen wir nach dem Grunde dieser Erscheinung,
so scheint dieselbe wohl nicht in verschiedener chemischer
Beschaffenheit der betreffenden Gerbstoffe , sondern in der
Einwirkung sauren Zellsaftes begründet zu sein. In diesem
Falle muss die Verwendung einer alkalischen Eisenlösung
auch in den Fällen einen blauen Niederschlag, bezw. solche
Färbung hervorrufen, wo Eisenchlorid eisengrünenden Gerb¬
stoff aufweist. Ein Eisen oxvdsalz, welches alkalisch verwendet
werden kann, ohne Eisenoxydhydrat auszuscheiden, habe ich
nun in dem Ferridammonium citri cum gefunden, welches
auch in der Technik verwendet wird, und daher leicht im Handel
zu haben ist. Eine wässerige Lösung kann beliebig mit
Ammoniak alkalisch gemacht werden, ohne dass das Eisen
ausfällt; doch habe ich das nicht nothwendig befunden, da
das Ammoniak der Verbindung neutralisirend wirkt, ohne
dass die frei werdende Citronensäure die Blaufärbung hindert,
wie man sich leicht an Querschnitten von jungen Trieben
bei Ampelopsis und Fraxinus überzeugen kann. Ob die Säure
des Zellsaftes auch die Ursache ist, dass diese sogenannten
eisengrünenden Gerbstoffe viel leichter diosmiren, scheint mir
noch sehr fraglich, wie ich auch glaube, dass Oxydations- und
Reductionserscheinungen hier mit eingreifen. Von anderen
6
Mo eil er : Ueber das Vorkommen der Gerbsäure.
gelegentlich von mir angewandten Gerbstoffroagcntien seien
erwähnt Eisenchlorür, Eisenjodürjodid , molybdänsaures Am¬
moniak, schwefelsaures Cinchonin und das schon von Sachs
empfohlene Kalihydrat.
Wenn man aus dem Blatte von Ficus elastica ein Stück
herausschneidet, und Querschnitte hiervon zuerst zur Entfer¬
nung der Luft in Alkohol bringt, dann in Eisensalzlösung,
so erhält man ein mikroskopisches Präparat, welches wohl ge¬
eignet ist, die Annahme von der Excretnatur des Gerbstoffes
als unrichtig erkennen zu lassen. Von den Pallisadenzellen
der oberen Keihe sieht man über die Hälfte anstatt mit Chloro¬
phyllkörpern mit Gerbsäure gefüllt, in der unteren Keihe
einige der Pallisadenzellen, dann wieder sehr viele der Sammel¬
zellen und Ableitungszellen und endlich bestimmte Theile des
Gefässbündels, ein vollständiges Bild des Weges, welchen die
Gerbsäure bei der Wanderung zurücklegt. Dasselbe Bild
erhält man bei gleichen derben, anatomisch sehr differenzirten
Blättern, wie Corynocarpus laevigatus, Raphioiepis ovata,
Cassine africana, Rhododendronarten etc. Beispiele dafür
finden sich auch reichlich bei Westermaier (Sitzungsber. d.
Acad. d. Wiss. zu Berlin 1885 II. S. 1115 ff. und 1887 Ko. 5.),
dessen Untersuchungen in derselben Richtung unternommen
wurden, und verweise ich besonders auf seine Bemerkungen
über den Bau des Weidenblattes (1. c. S. 1119 u. 1120) und
das Vorkommen der Gerbsäure im Speichergewebe (1. c. S. 1122).
Westermaier kommt auf Grund seiner Beobachtungen und
einiger physiologischer Versuche, auf deren Kritik ich an
anderer Stelle eingehen werde, und von denen nur erwähnt
sein mag, dass sie für die gestellten Fragen nicht entscheidend
waren, zu der Ansicht, dass der Gerbstoff als näheres oder
entfernteres Product der Assimilation entstehe, dass er gleich
der Stärke ein Reservestoff und wahrscheinlich für die Eiweiss-
bildung von Bedeutung sei und entweder neben der Stärke
her in denselben Bahnen wandere oder ein Uebergang des
einen Stoffes in den anderen stattfinde (1. c. No. 5 S. 64 [134]).
Während ich in Betreff der functioneilen Bedeutung der Gerb¬
säure vollständig mit Westermaier übereinstimme, finde ich
in unseren Beobachtungen und seinen Versuchen nicht den
geringsten Beweis für seine übrigen Ansichten. Wenn im
Mo eil er: Ueber das Vorkommen der Gerbsäure.
7
keimenden Samen, der früher gerbsäurefrei war, bei der Ent¬
wickelung die letztere gebildet wird, wie bei Phaseolus, so
ist sie kein Assimilationsproduct. Für ihre Verwendung als
Reservestoff liegt ein entscheidender Versuch nicht vor, viele
Beobachtungen sprechen dagegen. Eine Wanderung neben
Stärke her erscheint nicht wahrscheinlich (schon weil sie nicht
diosmirt), der Uebergang von Stärke in Gerbsäure und um¬
gekehrt während der Wanderung aus chemischen Gründen
undenkbar (der Uebergang von Gerbsäure in Stärke würde
einem Stoffverlust von 26 $ entsprechen).
Dem entgegen bin ich auf Grund meiner Untersuchung
zu der Ansicht gelangt, dass die Gerbsäure als Oxydations-
product bei Umwandlung der Stärke entsteht; dass die Stärke
als lösliches Kohlehydrat mit der Gerbsäure zu einem Glycosid
verbunden wandert; dass dies Kohlehydrat in vielen Fällen
Traubenzucker, in einigen vielleicht Amylodextrin, in anderen
ein noch nicht nachgewiesenes ist. Dies Glycosid muss ferner
leicht spaltbar sein, wobei in der Regel einerseits Gerbsäure,
andererseits Zucker, Stärke oder Cellulose ausgeschieden wird.
Wir finden dann die Gerbsäure vorübergehend abgeschieden,
wo Stärke abgelagert oder zur Cellulose umgewandelt wird,
oder als Excret, wo der Stoffwechsel dauernd unterbrochen
ist. Sie wird mit lebhafter Athmung in grosser Menge gebildet,
wo grössere Stärkemengen zu translociren sind , so in den
assimilirenden Organen, in keimenden Samen, in Speicher¬
organen und Ruhestätten beim Wiedererwachen der Vegetation.
Chemische Beweise für die Möglichkeit meiner Ansicht, sowie
physiologische Versuche sur Bekräftigung derselben hoffe ich
demnächst mittheilen zu können.
8
Weitere Mittheilungen
über die Bedeutung der Gerbsäure für den
Stoffwechsel in der Pflanze
von
H. M o e 1 1 e r.
(Vorgetragen in der Sitzung am 2. Nov. 1887).
Vor wenigen Monaten hatte ich Gelegenheit, über das
Vorkommen und die Bedeutung der Gerbsäure im Stoffwechsel
der Pflanzen die Resultate einer Voruntersuchung mittheilen
und dabei die Hoffnung aussprechen zu können, dass es mir
baldigst gelingen würde, die chemischen und physiologischen
Beweise für die von mir aufgestellte Ansicht zu bringen, dass
die Gerbsäure als Bestandtheil eines Glycosides für den
Stoffwechsel der Pflanzen von der allergrössten Bedeutung
sei. Die inzwischen angestellten Versuche scheinen mir in
dieser Sache bereits so beachten swerthe Resultate ergeben zu
haben, dass ich dieselben hier mittheilen will. Zum Ver-
ständniss der einschlägigen Untersuchungen, wie der vorher¬
gehenden Fragestellungen ist es indessen durchaus nothwendig,
einerseits aus meiner vorhergehenden Mittheilung manches zu
wiederholen, wie auch andererseits eine übersichtliche Be-
urtheilung des behandelten Themas nach früheren Unter¬
suchungen und Theorien , chemischer wie physiologischer
Natur, vorhergehen zu lassen, d. h. die historische Entwicke¬
lung des Gegenstandes meiner Untersuchung kritisch festzu¬
stellen.
Die in bestimmten Pflanzen, bezw. in gewissen Theilen
derselben vorkommenden sogenannten Gerbstoffe haben schon
von jeher das Interesse der Chemiker in Anspruch ge-
Mo eil er: Weitere Mittheilungen über die Gerbsäure.
9
nommen, insofern es sich dabei um die Reindarstellung des
für die Technik so wichtigen Stoffes der Gerbsäure im engeren
Sinne handelte, um ihre Gewinnung aus den betreffenden
Pflanzen, ihre Trennung von anderen verwandten, technisch
aber nicht brauchbaren und die Feststellung ihres chemischen
Aufbaues, ihrer Constitution. Ein Umstand, der für ihre Auf¬
findung in den Pflanzen und bei der Reindarstellung dieser
Gerbsäure sehr fördernd war, bestand in der ausserordent¬
lich in die Augen fallenden Reaction derselben mit den Eisen¬
oxydsalzen, die wir ja bei der Gallustinte täglich vor Augen
haben. Weitere Veranlassung zur näheren Untersuchung gab
ausserdem die pharmacognostische Bedeutung der Gerbsäure,
die seit ihrer Entdeckung als wichtiges Arzneimittel galt und
es noch heute ist. Weshalb die auf Reindarstellung und Er¬
kennung ihrer Zusammensetzung gerichteten Untersuchungen
trotz des Alters in der Reihe chemischer Forschungen zu so
wenig befriedigendem Resultate bis heute führten, lässt sich
nur an der Hand dieser Untersuchungen selbst zeigen. Als
Material zur Gewinnung der Gerbsäure im ursprünglichen
Sinne dienen die Eichengallen, Auswüchse, welche durch den
Stich der Gallwespen auf den Eichenblättern entstehen.
Diese Gallen sind schon von Alters her verwandt worden,
worüber eine historische Übersicht bei Flückiger1) nachzu¬
lesen ist. Aus diesen Gallen stellte zuerst der französische
Chemiker Pelouze2) nach einer Methode, wie sie im wesent¬
lichen noch heute angewendet wird, das gerbende Princip
derselben, die eigentliche Gerbsäure, das Tannin, dar, indem
die Gallen mit Äther und Wasser behandelt wurden, wobei
eine untere schwere, syrupartige Schicht von Wasser mit
Äther den Gerbstoff’ ziemlich rein gelöst enthält, während in
der leichten darüber stehenden Flüssigkeit hauptsächlich an¬
dere Körper gelöst sind. Die syrupöse Flüssigkeit wird dann
durch weitere Behandlung mit Äther noch mehr gereinigt.
Pelouze sagt darüber3): „Nach den anderen Methoden wird
1) Flückiger, Pharmacognosie d. Pflanzenreiches 2. Aufl. p. 245 ff.
2) Pelouze, Abhandl. über d. Gerbestoff u. d. Gallussäuren. Ann.
d. Pharm acie X p. 145 ff.
3) 1. c. p. 147.
10
Mo eil er: Weitere Mittheilungen über die Gerbsäure.
„er durch die Mittel, welche zu seiner Darstellung dienen,
„im Gegentheil mehr oder weniger stark verändert, denn es
„giebt vielleicht keinen Körper, welcher mit einer so grossen
„Leichtigkeit wie der Gerb stoff durch beinahe jeden Körper,
„mit dem man ihn zusammenbringt, Veränderungen ausge-
,, setzt ist. In den Pflanzen und Pflanzenstoffen ist er ferner
„stets von färbenden Materien begleitet, deren Trennung, so-
„bald er einmal mit denselben in eine Auflösung getreten ist,
„beinahe unmöglich ist. Das angegebene Verfahren ist frei
„von diesen Nachtheilen, denn er wird darnach ohne Anwen¬
dung einer Säure oder eines Alkalis, er wird erhalten, ohne
„dass in seine Auflösung fremde Stoffe sich mischen können.“
Diese Darstellungsmethode trug nun zwar der leichten
Zersetzbarkeit der Gerbsäure im weitesten Grade Rechnung,
führte aber trotzdem nicht zum Resultat, denn für den nach
dieser Methode dargestellten Stoff lieferten die Elementar¬
analysen keineswegs übereinstimmende Resultate, und in Be¬
treff der Constitution fehlte es überhaupt noch an einer an¬
nehmbaren Ansicht. Da veröffentlichte Strecker1) 1854 eine
sehr umfassende Arbeit über die Gerbsäure, in der er sie für
ein Glvcosid erklärt, auf Grund der durch seine Untersuchung
bestätigten Zersetzung der Gerbsäure in Glykose und Gallus¬
säure unter Einwirkung von verdünnter Säure oder Alkali in
der Wärme. Dementsprechend erklärte er es für wahrschein¬
lich, dass alle Gerbsäuren als Glvkoside aufzufassen sein.
Im Anschluss an Strecker hält Hlasiwetz2) es bei der
verschieden leichten Spaltbarkeit der einzelnen Gerbsäuren
für sehr wahrscheinlich, dass als das eine Spaltungsprodukt
nicht immer Glykose als solche vorhanden sei, sondern viel¬
leicht auch andere Kohlehydrate, wie Dextrin und Gummiarten,
welche erst im secundären Processe die Glykose lieferten.
Schiff3) stellte dann 1871 synthetisch durch Oxydation der
Gallussäure mit Arsensäure oder Phosphoroxychlorid eine
Digallussäure dar, welche sämmtliche Reactionen, Löslich-
1) Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 90 p. 328 ff.
2) Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 143 p. 290 ff.
3) Ber. d. Deutsch, chem. Gesellsch. IV p. 231.
Moeller: Weitere Mittheilungen über die Gerbsäure.
11
keits Verhältnisse, physikalische Eigenschaften, Geschmack u. s. w.
der Gerbsäure zeigen sollte; dabei aber ganz zuckerfrei ist. Sonach
bezeichnet er die Constitution der Gerbsäure als alkoholisches
Anhydrid der Gallussäure, wahrscheinlich als Digallussäure.
Er sagt in dieser Arbeit wörtlich : „Es ist offenbar, dass die
„rohe Gerbsäure Glykose enthält, und dass diese nicht als
„blosser Gemengtheil in ihr vorhanden ist. Es ist Thatsache,
„dass der Zuckergehalt von verschiedenen Forschern sehr
„wechselnd gefunden wurde, und dass man denselben durch
„geeignete Reinigungsverfahren auf nur wenige Procente
„reduciren kann, ohne dass die Gerbsäure nur im Geringsten
„veränderte Reactionen zeigte. Während die Einen die Gerb-
„säure als Glykosid ansprechen, glauben sich die Anderen
„vollkommen berechtigt, ihre Glykosidnatur zu leugnen, und
„es bleibt uns immer die schon seit langer Zeit aufgeworfene
„und noch nicht beantwortete Frage: Welches ist die Natur
„und die Constitution der Gerbsäure?“ Und an anderer
Stelle: ,,Die in den Gerbsäure gebenden Pflanzen enthaltene
„Verbindung ist wahrscheinlich ein sehr leicht zersetzbares
„Glykosid einer Polygallussäure, vielleicht von der von
„Strecker vorgeschlagenen Zusammensetzung. Die am
„wenigsten gereinigte Gerbsäure wäre hiernach
„die reinste.“ Man ist grösstentheils dem Vorschläge
Schiffs gefolgt, die chemisch reine Digallussäure als Gerb¬
säure im engeren Sinne zu bezeichnen, den aus den Pflanzen
zu gewinnenden nicht einheitlich zusammengesetzten Stoff
Tannin zu benennen, und versteht darunter ein Gemenge von
Digallussäure und eines Gallussäureglykosides unbekannter
Zusammensetzung im wechselnden Verhältnis.
Es war vorauszusetzen, dass die Gerbsäure der Eichen¬
gallen und die der Eichenrinden dieselbe wäre. Das ist aber,
wie den Chemikern schon lange bekannt ist, nicht der Fall;
und, da die Gerbsäure der Eichenrinde wegen der Verwen¬
dung als Gerbmaterial grosse Bedeutung hat, so ist cs selbst¬
verständlich, dass die chemischen Untersuchungen sich schon
zeitig auf diesen Gerbstoff richteten. Doch ist, um mich
kurz zu fassen, über die Constitution desselben noch nichts
sicheres bekannt. Auch hier haben wir das ständige Vor¬
kommen von Glykose neben dem betreffenden Gerbstoff, wie
12
Mo eil er: Weitere Mittheilungen über die Gerbsäure.
die sich sonst wiedersprechenden Forscher1) anerkennen; und
desshalb bemerkt der eine, dass es Sache der Übereinkunft
sei, ob man den Eichenrindengerbstoff zu den Glykosiden
zählen wolle, oder nicht. Böttinger2) hat neuerdings eine
Arbeit über die Constitution der Eichenrindengerbsäure ver¬
öffentlicht, an deren Schlüsse er sagt: „Die vorstehende Unter¬
suchung giebt die Eichenholzgerbsäure in der Zusammen¬
setzung als Digallussäuremethyläther zu erkennen; sie zeigt
„aber, dass ihre Constitution ganz verschieden sein muss von
„der des Tannins, welches sich wesentlich anders gegen
„Brom, gegen Alkalien und gegen Schimmel verhält. Doch
„lässt sich über die Constitution der Eichenholzgerbsäure zur
„Zeit nichts Bestimmteres aussagen.“ Ich schliesse hier die
Ansicht E 1 1 i ’s3) an, „dass die Gerbsäuren der Eichenrinde,
„wie auch das Tannin, am allerwenigsten verdienen, aufge-
„fasst zu werden als Digallussäuren.“ Von den beiden am
besten studirten Gerbsäuren ist also bei der einen über ihre
Constitution wenigstens eine wohlbegründete Ansicht vor¬
handen, bei der anderen nicht. Dagegen ist die Deutung ihrer
steten Vereinigung mit Zucker bei beiden noch ganz unklar.
Was die Eintheilung der bis jetzt bekannten Gerbsäuren
betrifft, so ist hier eine verwirrende Nomenclatur in Aufnahme
gekommen, in so fern einige nach ihren näheren chemischen
Bestandteilen, wie Gallusgerbsäure, andere nach der betref¬
fenden Pflanze, wie Eichengerbsäure benannt werden. Von
den Eintheilungsprincipien ist das nach der ßeaetion mit
Eisenoxydsalzen in eisenbläuende und eisengrünende nicht
ohne Weiteres als unrichtig zu verwerfen. Es ist allerdings
schon wiederholt 4) nachgewiesen und betont worden , dass
diese Reaction nicht zuverlässig ist, dass z. B. die eisenbläuende
Galläpfelgerbsäure Eisenoxydsalze grün fällt, wenn Säure zu¬
gesetzt wird, eisengrünende Gerbsäuren blau färben bei Zu-
1) Etti u. Böttinger in den Ber. d. deutsch, cliem. Ges. XIV p.
1828 u. 2391.
2) Ber. d. deutsch, chem. Ges. XX p. 761.
3) Ber. d. Deutsch, chem. Ges. XVII. p. 1823.
4) conf. Fehling, Handwörterbuch d. Chemie u. Ebermayer,
Physiol. Chem. d. Pflanz, p. 408.
]\loeller : Weitere Mitthtilnngen über die Gerbsäure.
13
satz von Alkali. Ich selbst fand das bei wiederholten Ver¬
suchen bestätigt.
Aber die einzige wissenschaftlich zulässige Eintheilungs-
grundlage der Gerbstoffe ist doch die nach ihren Bestand¬
teilen, oder vielmehr, da wir dieselben ja nicht sicher kennen,
nach den Zersetzungsprodukten bei der trockenen Destillation.
Die eine Klasse derselben liefert nämlich Pyrogallussäure,
dazu gehören die Gerbsäuren der Galläpfel, des Sumach, des
Thees u. s. w., welche meistens blau färben, während die
andere grün färbende, weit zahlreichere Klasse als Zersetzungs¬
produkt Brenzkatechin liefert.
Damit wäre im Allgemeinen vorbehältlich einiger später
zu erwähnender Ansichten und Versuche der chemische
Rückblick über die vorliegende Frage erledigt und es ist
dann die Uebersicht botanischer Forschungen über diesen
Gegenstand zu geben. Ist nun einerseits die Pflanzenphysiologie
gegenüber der Chemie eine noch sehr junge Wissenschaft,
und besonders der chemische Theil derselben noch verhältniss-
mässig wenig bearbeitet, so mussten andererseits doch auch
die wenig günstigen Resultate rein chemischer Forschung auf
diese Richtung wissenschaftlicher Untersuchung einen ge¬
wissen Rückschlag ausüben, und es ist daher leicht erklärlich,
dass die Arbeiten der Botaniker uud Pflanzenphysiologen in
Betreff dieses Gegenstandes lediglich einer topographisch-
anatomischen oder entwicklungsgeschichtlichen Richtung an¬
gehören. Zuerst machte Wiegand1) darauf aufmerksam, dass
der Gerbstoff in vielen Pflanzen und unter Umständen in
bestimmten Pflanzentheilen einerseits periodisch mit Ent¬
wickelung und Jahreszeit, andererseits im Verhältniss mit
der vorhandenen Stärke wächselnd vorkäme; ,,bei vielen
„Bäumen wäre z. B. der Embryo gerbstoffffei, amylumhaltig;
„die Keimpflanze gerbstoffhaltig, amylumfrei; der junge Spross
„in der ersten Anlage gerbstoffhaltig, amylumfrei; der junge
„Spross während der Entwickelung im Frühjahr gerbstoff-
faltig, amylumfrei; der junge Spross nach beendigtem
„Längenwachsthum gerbstofffrei (arm), amylumhaltig (reich)“.
Wiegand schliesst, dass der Gerbstoff, ein Glied in der
1) Wiegand. Bot. Zeit. 1820}-
In denselben ist:
g2
y
a2l_ Q2 _
- 2 — -F iV(a2 — ß2)2-j-4x2A2
a 2 — ß2 + Vitt* — ß2)2-|-4x2 k2
2x2.
Oberbeck: Bericht über verschiedene physikalische Apparate.
Der Index 1 bei n und y entspricht dem oberen, der
Index 2 dem unteren Vorzeichen. Um die allgemeinen Lö¬
sungen den angestellten Versuchen anzupassen, kann man
annehmen, dass für:
t = 0
Dann ist:
x = | ftCOs^jO — y1 cos(ö2o|
y = { cos ~~ cos (<¥) }
Die Bewegungen der beiden Punkte bestehen daher aus
zwei Schwingungsbewegungen. Die Schwingungszeiten der¬
selben hängen von den Einzelschwingungen und von der
Wirkung des Mechanismus ab.
Von besonderem Interesse sind nun die folgenden bei¬
den, speciellen Fälle:
I. Die Schwingungen der beiden Punkte ohne gegen¬
seitige Beeinflussung mögen gleiche Zeitdauer haben. Ferner
sei diejenige Kraft, welche von der ursprünglichen Gleich¬
gewichtslage ausgeht , erheblich grösser als die von der
Wechselwirkung der Punkte herrührende Kraft. Es sei also :
a =r ß, ferner a gross im Vergleich zu x. und
Dann ist:
X X
und angenähert:
xX xX
01 a ‘2a ’ °2==“+2^
Also:
x = ^ |cos(10+cos(a2o|
y = |-{C0S(^U) — cos(ö2o|
Die Schwingungen der beiden Punkte setzen sich also
aus zwei Einzelschwingungen zusammen, deren Dauer bei
der einen grösser, bei der anderen kleiner ist, als die den
Ob er heck : Bericht über verschiedene physikalische Apparate.
nicht mit einander verbundenen Punkten zukommende Schwin¬
gungszeit. Man kann auch schreiben:
x — «cos (2«^)
y
A .
ci - sin
x
(ttj sin(at>-
Setzt man noch :
xA n
so ist fr die zuvor als Uebertragungsdauer bezeichnete Zeit.
Passt man als Amplituden der Einzelschwingungen der bei¬
den Pendel die Ausdrücke
a COS
nt
2&
und
A nt
a x s n 2S
auf, so sieht man, dass dieselben in Intervallen von fr ihre
grössten und kleinsten Werth e annehmen. Bei dieser Auf¬
fassung des Vorgangs kann man sagen: die Punkte vollführen
demnach ihre Schwingungen in der ihnen eigenthümlichen
Schwingungszeit T, die durchschnittliche lebendige Kraft ihrer
Bewegungen verändert sich wie die Ausdrücke
sin2
nt
2Ö
und
Wie oben bemerkt’ ist = j/mj. Die Amplituden des
leichteren Pendels sind demnach grösser als diejenigen des
schwereren und verhalten sich wie die Quadratwurzeln der
Massen. Sind die beiden Massen gleich, so ist 1 = x.
II. Die Eigenschwingungen der beiden Massenpunktc
seien so sehr von einander verschieden, dass:
(a2 — ß2)2 gross ist im Vergleich zu 4/.2X2.
Dann ist in erster Annäherung:
anchlo r a. Prasina , fronte , genis , occi-
pitis lateribus nec non pronoti vittis duabus sanguineo-tinctis ,
alarum stigmate longissimo , viridi , anticarum cellulis intrara-
dialibus circa viginti , dimidii basalis venulis transversis utrinque
venulisque gradatis pro pcirte nigricantibus. Long. corp. 15,
alar. ant. 24—25, post. 21 — 21^ mill. — Patria: Thereso-
polis Brasiliae (Prov. Sta. Catharina).
Von der Grösse und dem kräftigen Bau der Europäischen
Noth. Italica Rossi und fulviceps Evans, jedoch vorwiegend
apfelgrün gefärbt. Fühler kürzer und weniger derb als bei
Noth. Italica , mehr denjenigen der Noth. fulviceps gleichend,
wachsgelb, gegen die Spitze etwas dunkeier. Kopf grünlich
gelb, die Stirn unterhalb der Fühler, ein Wangenfleck über
dem Ursprung der Mandibeln und zwei seitliche Hinterhaupts¬
flecke licht blutroth, die Spitzen der Mandibeln und der
Taster gebräunt. Pronotum um die Hälfte breiter als lang,
vorn bogig gerundet, sehr viel kürzer als jeder der beiden
hinteren Thoraxringe ; auf demselben jederseits im Anschluss
an den Hinterhauptsffeck eine verwaschen blutrothe Längs¬
binde, welche nicht ganz den Hinterrand erreicht. Flügel
gestreckter als bei Noth. fulviceps, mit sehr langem (7 mill.)
124 Gr er stae clcer : Beiträge zur ArtenJcenntniss der Neuroptera.
apfelgrünem Stigma und vorwiegend grünem Geäder; nur die
beiderseitigen Enden der Queradern im Bereich der Basal-
hälfte der Flügel so wie ein Theil der Treppenadern schwärzlich
getüpfelt. Im Costalfeld der Vorderflügel, welches abweichend
von Noth. fulviceps sich von der Basis aus ganz allmählich
verbreitert, 28 bis 30 Queradern bis zum Beginn des Stigma’s.
Zwischen Radius und Sector radii 20 bis 22 Zellen ; ebenso
viele an der Innenseite des letzteren. Beine derb, von Körper¬
farbe, die Spitze der Schienen und die Tarsen bis auf das
Basalglied blassbraun, die Fussklauen dunkel pechbraun.
Hinterleib einfarbig.
31. Leucoclirysa varia Schneid. (Symbol, monogr.
Chrysop. p. 154, Kr. 52, Taf. 58) scheint weit über Süd-
Amerika verbreitet zu sein, da Exemplare von Blumenau
(Prov. Sta. Catharina), Saracayon (Peru) und von Chiriqui
vorliegen.
32. Leucoclirysa nigriceps Lac hl. (Journ. Linnean soc. of
London IX. p. 251), ursprünglich nach Exemplaren von
Ega (Amazonas) beschrieben, kommt gleichfalls in Saracayon
(Peru) und Blumenau (Prov. Sta. Catharina) vor.
33. Leuco chrysa platypteva. Suprct laete ferruginea, pur-
pur eo-picta, infra cum pedibus albida, antennis longissimis ,
pallidis, basin versus subtus piceo-guttatis , alis ßavescenti-venosis,
anticis latis, obtusis, posticis acuminatis , harum stigmate puncti-
formi saturatius , margine interno ante apicem dilute fusco.
Long. corp. 10, antenn. 32, alar. ant. 23, post. 19 mill. —
Patria: Blumenau (Prov. Sta. Catharina).
Durch die breiten und stumpf abgerundeten Vorderflügel
in Verbindung mit dem schmächtigen Leib und den sehr
langen Fühlern habituell einer Apochrysa gleichend. — Kopf
mit Einschluss des dicken Basalgliedes der Fühler licht rost¬
farben, die Wangen unterhalb der halbkugligen, licht bronze-
farbenen Augen blutroth getüncht. Fühler borstenförmig,
blassgelb, vom 3. bis 20. Gliede unterhalb pechbraun gefleckt.
Das längliche Pronotum jederseits, Meso- und Metanotum im
Bereich der Mitte purpurroth gefleckt. Die Vorderflügel brei¬
ter und stumpfer, die Hinterflügel dagegen schärfer lanzettlich
zugespitzt als bei Leuc. varia , vollkommen hyalin und der
Hauptsache nach blassgelb geadert; doch sind die in die
Ger st aeck er: Beiträge zur Artenkenntniss der Neuroptera 125
Costa ausmündenden Enden der Venulae transversae und
ebenso die zwischen Radius und Cubitus befindlichen Quer¬
adern einerseits gegen die Basis, andererseits gegen das
Stigma hin theihveise an ihrem einen Ende geschwärzt, in
den Y orderflügeln einige Randadern bei ihrer Gabelung
wenigstens gebräunt. In den Vorderflügeln ein sehr kleiner,
in den hinteren ein etwas grösserer Fleck beim Beginn des
Stigma’s pechbraun, an letzteren zugleich der Innenrand von
der Mitte der Länge bis zur Spitze wässrig braun. Costalfeld
der Vorderflügel von der Basis aus stärker verbreitert als
bei Lene, varia , mit 32 Queradern bis zum Stigmafleck.
Zwischen Radius und Sector radii 21, nach innen von letz¬
terem 20 Zellen. Die ungefärbten Treppenadern zahlreicher
als bei Lene, varia , aber von ähnlichem Verlauf. Vorder¬
schienen linear, fast gerade, Mittelschienen im Bereich der
Endhälfte eingeknickt und leicht S förmig geschwungen, Hinter¬
schienen bald hinter der Basis spindelförmig erweitert, reichlich
sechsmal so lang als die sehr kurzen Tarsen; letztere bis
auf die pechbraunen Fussklauen gelb, aber etwas dunkeier
als Schenkel und Schienen.
34. Peucoclirysa in quin ata. Pallicle ferruginea , pedibus
antennisque albidis , bis perlongis, apicem versus infuscatis, alis
hyalinis , f usco-veticulatis , ambarum pterostigmate lituraque
apicali, anticavum insuper rnaculis cluabiis subbasalibus dilute
fuscis. Long. corp. 7^ — 8, alar. ant. 14, post. 12 mill. —
Patria: Cumbase, Saracayon (Peru).
Der Leuc. varia Schneid, nahe stehend, aber beträchtlich
kleiner. Fühler fast doppelt so lang als die Vorderflügel
(25 milk), dünn borstenförmig, mit Ausnahme der beiden
ersten braunrothen Glieder licht gelb , am Ende leicht ge¬
bräunt; Basalglied stark vorgrössert. Kopf blassgelb, mit
blutrother Stirnbinde unterhalb der Fühler. Prothorax fast
so breit wie lang, nach vorn verjüngt, gleich dem Metathorax
einfarbig, Mesonotum mit blutrother Bogenbinde nahe dem
Vorderrande. Flügel hyalin, aber durch bräunliches Adernetz
gesprenkelt erscheinend, die vorderen stumpf, die hinteren
schärfer lanzettlich zugespitzt. Costa, Subcosta und Radius
ganz, die übrigen Längsadern nur im Bereich der Basis
blassgrün, sonst — und zwar besonders in den Vorderflügeln
126 G er sta eck er : Beiträge zvr Artenkenntnis s der Neuroptera.
— gleich der Mehrzahl der Quer- und den Treppenadern
überwiegend oder selbst in ganzer Ausdehnung pechbraun.
Letztere Färbung zeigen in beiden Flügeln auch ein querer
Stigma- und ein kleinerer Spitzenfleck, in den vorderen ausser¬
dem zwei der Basis genäherte Makeln , von denen die eine
an der Innenseite des Radius, die andere nahe dem Innen¬
rande gelegen ist. Auch sonst sind in den Vorderflügeln
die Quer- und Treppenadern mehrfach wässrig braun um¬
flossen. Im Costalfeld der Vorderflügel bis zum Stigmafleck
22 Queradern ; zwischen Radius und Sector radii 11 bis 12
Zellen, ebenso viele an der Innenseite des letzteren; in erster
Reihe sechs, in zweiter sieben Treppen adern. Vorderschienen
einfach, die mittleren schwach, die hinteren stärker spindel¬
förmig erweitert, letztere zugleich gewimpert. Mittel- und
Hintertarsen sehr kurz und dünn, gegen die Spitze hin leicht
gebräunt, die Fussklauen pechbraun. Hinterleib an der Basis
licht rostfarben, vom vierten Segment an mit zwei parallelen
pechbraunen Rückenbinden.
35. Leucochrysa radiosa. Prasina , fusco-varia, antennis
pedibusque pallidis , cdis hyalinis , fusco-reticulatis , anticarum
venis transversis et marginalibus latius fusco-circumfusis, posti-
carum macula ctpicali fusca : pterostigmate ambarum fasco,
ctpice ßcivescenti Long. corp. 7, alar. ant. 12, post. 10 milk
-- Patria: Cumbase (Peru).
Basalglieder der Fühler rostroth mit braunem Fleck, der
dünn borstenförmige Theil derselben aus dem Blassgelben
allmählich in das Bräunliche übergehend. (Länge?) Taster
pechbraun. Kopf schmutzig grün , oberhalb schwärzlich ge¬
scheckt. Prothorax länglich, in der Mitte grün, beiderseits
pechbraun gestriemt; Meso- und Metanotum mit ebenso ge¬
färbtem Seitenfleck, welcher auf letzterem besonders gross ist.
Flügel relativ klein und schmal, die vorderen stumpfer lan-
zettlich als die hinteren; beide mit glashellem Grunde und
nur gegen die Basis hin grünlichen Längsadern, das übrige
Geäder pechbraun und besonders in den Vorderflügeln breit
braun umflossen, so dass hier die Treppenadern fleckig und
die Randadern radiär gezackt erscheinen. Stigma in Vorder-
und Hinterflügeln an der Basis pechbraun, im Bereich der
Spitzenhälfte apfelgrün. Die Hinterflügel ausserdem mit
G er staeclcer : Beiträge zur Arienkennlniss der Newoptero. 127
scharf abgegrenztem sattbraunen Spitzenfleck. Im Costalfeld
der Vorderflügel bis zum Stigma 18 Queradern, zwischen
Radius und Sector radii 10 Zellen, ebenso viele an der
Innenseite des letzteren. Treppenadern in erster Reihe drei,
in zweiter fünf. Mittel- und Hinterschienen wie bei der vor¬
angehenden Art lanzettlich, letztere gewimpert. Tarsen kurz
und fein, gegen die Spitze hin leicht gebräunt.
Der Gattung Leucochrysa gehört auch als eine durch Grösse
und Schönheit gleich ausgezeichnete Art Hemerobius irideus
Oliv. (Encycl. method., Insectes VII. p. 50, Nr. 4) aus Suri¬
nam , von welchem sich ein Exemplar im Berliner Museum
findet, an. Die mit schwärzlichen Wischen gezeichneten und
in lebhaften Regenbogenfarben spielenden breiten Flügel ent¬
behren blasig aufgetriebener Flecke. V-on S c h n ei d e r (Symbol,
ad monogr. gen. Chrysopae p. 161) wird diese Art unter den
ihm unbekannt gebliebenen aufgeführt.
36. He merob ins impudicus. Fuscus, pedibus posterioribus
pallidis, alis obtuse lanceolatis, vitreis , laete iridescentibus , an-
ticarum macula basali interna fasciaqne maculari media obli-
qua nigro-piceis , lituris punctisque nnmerosis sparsis fnscis,
posticarum margine costali apiceque umbrosis. Long. corp. 3J,
alar. ant. 6 mill. — Patria: Blumenau (Prov. Sta. Catharina).
Kopf und Thoraxrücken matt schwärzlich braun, sparsam
weisslich beborstet. Stirn und Clypeus lichter, schmutzig
graugelb; Fühler perlschnurförmig, dlgliedrig, blassbraun mit
pechbraunem Basalgliede. Vorderflügel fast ebenso breit und
kurz wie bei Hemer, hirtus Lin., an der Spitze aber stumpf
lanzettlich. Costalraum sehr breit, an der Basis etwas weniger
bauchig gerundet, mit zurücklaufender sechsästigor Basal- und
zehn darauf folgenden Gabel-Queradern. Subcosta bis jenseits
des Stigma’s vom Radius weit entfernt, dann sich demselben
nähernd, durch eine Querader mit einander verbunden. Aus
dem Radius fünf Sectoren hervorgehend, die vier ersten ein¬
fach, der fünfte gegabelt. Sieben Treppenadern der ersten
Reihe in fast continuirlicher Linie, neun in der zweiten.
Geäder weisslich, aber vielfach schwarzbraun getüpfelt, beson¬
ders stark im Verlauf des Radius; längs des Innenrandes und
im Bereich der Spitzonhälfte die Flügelsubstanz auch vielfach
wässrig braun getüncht, daher fleckig erscheinend. Ein schma-
128 G er st a eck er : Beiträge zur Artenkenntniss der Neuroptera.
ler, länglicher Fleck an der Basis des Innenrandes und eine
sich innerhalb der ersten Treppenader- Reihe hinziehende
Fleckenbinde schwärzlich pechbraun, letztere mit dem Cubitus
posterior beginnend und über die Sectores radii hinweg bis
in den Costalraum, wo sie etwas lichter wird, hineinreichend.
Gleichfalls von pechbrauner Färbung zwei Wische im Verlauf
der zweiten Treppenader-Reihe, der kürzere nahe dem Innen¬
rande, der längere die fünf dem Costalraum zunächst liegen¬
den Treppenadern überziehend. In den schmäleren und
spitzer lanzettlichen Hinterflügeln die Queradern des Costal-
raumes und die Gabeladern der Spitze in Form eines scharf
begrenzten Saumes gebräunt, die Flügelsubstanz im Uebrigen
vollkommen glashell. Erstes Beinpaar in seiner ganzen Aus¬
dehnung, an den folgenden die Hüftglieder wässrig braun;
Mittel- und Hinterschienen flachgedrückt , lanzettlich , an der
Basis geschwungen, gleich Schenkeln und Trochanteren weiss-
lich, ihre Tarsen röthlich gelb.
37. Hem er ob ins cixiiformis. Fidvus, subtus cum pedibus
fiavescens, alis luteis , laete iridescentibus , anticis sparsim fusco-
punctatis, macula marginis interni subbasali majore alteraque
minore centrali fuscis. (mas) Long. corp. 3J, alar. ant. 5
mill. — Patria: Itaituba (Amazonas).
Kopf und Thorax oberhalb pechbraun mit dunkleren
Nuancen, sparsam licht beborstet, unterhalb mit Einschluss
der Beine blassgelb. Fühler 35gliedrig, licht bräunlich gelb.
Flügel kurz und breit, stumpf abgerundet, in ihrer ganzen
Ausdehnung gelb tingirt, die vorderen lebhaft in Regenbogen¬
farben spielend, die hinteren goldglänzend. Costalraum der
Vorderflüge] an der Basis sehr breit, bis zum Stigma mit
neun Gabeladern, von denen die erste rückläufige sich in
fünf Aeste spaltet. Subcosta und Radius dicht genähert,
letzterer mit zwei Sectoren, von denen der erste sehr nahe
der Basis, der dritten Costal-Querader gegenüber, der zweite
vor der halben Flügellänge entspringt, beide zweimal gegabelt.
Nur eine Querreihe von vier Treppenadern vorhanden, von
denen die dem Costalrand am meisten genäherte die beiden
Radialsectoren mit einander verbindet. Längsadern gelb, die
Queradern und die Theilungsstelle fast sämmtlicher Gabel¬
adern satt braun getüpfelt, die zwischen den beiden Radial-
GerstaecJcer: Beiträge zur Artenlcenntniss der Neuroptera 129“
sectoren liegende Querader breit fleckenartig gesäumt. Ein
grösserer pechbrauner Längsfleck nahe der Basis des Innen¬
randes erstreckt sich auf mehrere Gabeladern des letzteren.
Die Costa der Vorderflügel ist an ihrer äussersten Basis, die¬
jenige der Hinterflügel im Bereich ihrer Spitzenhälfte und
zwar mit Einschluss der in sie einmündenden Gabeladern
licht blutroth gefärbt. Das übrige Geäder der Hinterflügel
einfarbig gelb. Hinterschienen fast doppelt so lang als die
Schenkel, gleich den mittleren lanzettlich und beiderseits ge-
wimpert. Hinterleib blasser als der Vorderkörper, mit stark
aufgeschwollenen männlichen Genitalringen.
Ein zweites, etwas kleineres Exemplar lässt bei völliger
Uebereinstimmung im Eltigelgeäder die dunkele Tüpfelung
der Vorderflügel sehr viel undeutlicher hervortreten. Anstatt
dass die Queradern und die Theilungsstelle der Gabeladern
rauchbraun umflossen sind, erscheinen sie hier fast nur selbst
dunkel gefärbt; in Folge dessen fehlt ebenso wohl der die
zwischen den beiden Radiussectoren liegende Querader säu¬
mende als der dem Innenrande anliegende grössere pech-
braune Fleck.
38. Mi er omus tess eil atu s. Fusco-cinereus , pedibus pallidis ,
fusco-variis, alis liyalinis , anticis einer eo-tessellatis, harum venis
ubique cilbido- fuscoque variegatis , transversis posterioribus fas-
ciatirn obscure circumfusis : radii seetoribus quatuor. Long.
corp. 5^, alar. ant. 9 mill. — Patria: Blumenau (Prov. Sta.
Catharina).
Etwas kleiner als Mierom. paganus Lin., mit dunklerem
Colorit der Vorderflügel und nur vier Radialsectoren. Körper
mit Einschluss der Fühler matt graubraun, fein weisslich
und bräunlich beborstet. Fühler sehr lang, etwa 70gliedrig.
Costalfeld der Vorderflügel an der Basis verschmälert, in
seinem verbreiterten Theil mit zwei einfachen und zehn
Gabeladern. Subcosta und Radius nahe der Basis stark diver-
girend, aus letzterem vier Sectoren hervorgehend, von denen
die drei ersten einfach , der vierte zweimal gegabelt ist.
Queradern zu vier in erster, zu drei in zweiter Reihe ; Treppen¬
adern nahe der Flügelspitze sechs, einen leicht gekrümmten
Bogen beschreibend und stärker rauchbraun umflossen als
das übrige Geäder. Dieses überall weissgelb und braun ge-
i)
130 G er st a eck er : Beiträge zur Artenkenntniss der JSeuroptera.
schockt, besonders deutlich längs des Radius und Cubitus.
Die glashelle Flügelsubstanz durch zahlreiche graue Tupfen,
welche gegen die Spitze und den Innenrand hin dichter und
intensiver werden, damenbrettartig gescheckt, der Costalraum
jedoch ohne solche. Ebenso sind die Hinterflügel abgesehen
von dem durch die dichten Queradern leicht gebräunten
Costalsaum durchaus glashell, lebhaft iridescirend, die Treppen¬
adern nahe der Spitze durch dunklere Färbung gleichfalls
etwas markirt. Beine blassgelb, die Hüften, ein Basal- und
Spitzenfleok an Vorder- und Mittelschienen so wie die Taster
licht braun ; die verlängerten Hinterschienen deutlich ge¬
schwungen und im Bereich der letzten zwei Drittheile lan-
izettlich erweitert, die mittleren aussen dicht gewimpert.
131
Die Heilgrotte von Monsuinmano im Thale
der Nievole in Toscana
von
Ludwig Holtz.
Seit Entdeckung der Heilgrotte von Monsummano ist
durch Journale und medizinische Eachblätter im Laufe der
Jahre schon Manches über dieselbe und ihre heilsamen
Wirkungen veröffentlicht worden; jedoch ist dies meines
Erachtens noch lange nicht ausreichend, um dieser Grotte
die ihr zukommende hervorragende Stellung unter den
sämmtlichen Kurorten Europas, resp. der Welt zuzuweisen.
Diese hervorragende Stellung aber gebührt derselben nicht
nur wegen der überraschend schnellen Heilerfolge gewissen
Krankheiten gegenüber, sondern auch deshalb, weil die Kur
eine so leichte und angenehme, durchaus nicht angreifende,
ja in ihrer Art wohl einzig dastehende ist.
Es wäre meiner Ansicht nach recht wünschen swerth,
wenn recht viel über die Grotte und ihre heilsamen Wirkungen
veröffentlicht würde, da besonders die ihr zur Heilung zu¬
fallenden Krankheiten den menschlichen Organismus von Jahr
zu Jahr mehr angreilen; wünschenswerth nicht allein im
Interesse der leidenden Menschheit, sondern auch im Interesse
der Aerzte, welche gewiss oft in Verlegenheit sein mögen,
wohin sie Kranke, welche an derartigen Krankheiten leiden,
schicken sollen.
Wenn auch der frühere Grottenarzt, Dr. Odoardo Tur-
chetti in der Vorrede seiner (im Jahre 1878 zu Florenz
erschienenen) Schrift „Nouvelles observations etc. sur la
Grotte Giusti de Monsummano“ es als Irrthum bezeichnet,
9*
132
L. lloltz: Heilgrotte von Monsummano.
wenn man behaupte, dass die Grotte in Europa nicht genug
bekannt sei, so muss ich dem doch widersprechen.
Hätte ich nicht selbst im Laufe von 10 bis 15 Jahren
häufig die Erfahrung gemacht , dass selbst der Harne
der Grotte fast ganz unbekannt ist, geschweige denn, dass
die heilsamen Wirkungen derselben bekannt wären; wäre
ich nicht oft bei Erzählungen über die Grotte und deren
Wirkungen einem ungläubigen Lächeln oder skeptischem
Zweifel der Zuhörer begegnet , so würde ich mich ein¬
fach darauf beschränken , die Erfahrungen und Beobach¬
tungen, welche ich selbst während dreier Jahre beim wieder¬
holten Gebrauch der Grottenkur gesammelt habe, hier zu
publiciren. Ich glaube jedoch der leidenden Menschheit mehr
nützen, dem Unglauben wirksamer entgegen treten und ein
vollständigeres, den Meisten gewiss willkommenes Bild der
Heilgrotte geben zu können, wenn ich meinen Beobachtungen
und Erfahrungen diejenigen anderer Beobachter, welche (so¬
weit mir bekannt geworden ist) über die Grotte und deren
Wirkungen geschrieben haben, in möglichster Kürze hinzu¬
füge. —
Ich gebe zu dem Ende zuerst in chronologischer Reihen¬
folge eine Aufzählung der Ereignisse, welche im Laufe der
Jahre die Grotte betroffen haben.
Im Jahre 1849 wurde die Grotte bei Bearbeitung eines
Kalksteinbruches des Berges Monsummano zufällig entdeckt,
indem eine Oeffnung sichtbar wurde.
Nähere Untersuchungen ergaben, dass hier eine ziemlich
geräumige, mit feuchtwarmer Luft angefüllte Grotte vorhanden
sei. Diese feuchtwarme Luft rief bei den Besuchern reichliche
Absonderung von Schweiss hervor, und dies gab derVermuthung
Raum, dass die Grotte heilsame Wirkungen auf kranke Kör-
pertheile ausüben könne. Es wurde darauf von dem Besitzer
des Grottenterrains, dem Cavaliere Domenico Giusti aus Pisa
(dem Vater des berühmten Freiheits- und Volksdichters Giu¬
seppe Giusti), im Jahre 1852 ein bequemer Zu- und Eingang
zur Grotte hergestellt und diese dem Besuche eröffnet, worauf
dann im Jahre 1854 der Bau des ersten Kurhauses in be¬
scheidenen Dimensionen folgte.
In demselben Jahre erschien auch eine Analyse der Ge-
L. Iloltz: Heilgrotte von Monsnmmano.
133
wässer, der Luft und der Tropfsteine der Grotte von dem
Chemiker Prof. Targioni-Tozzetti zu Florenz, welche später
auch in der Abhandlung „Le Castelia della Val di Nievole,
studj storici del Canonico Antonio Torrigiani; delle acque
minerali di Montecatini appendice del medisimo. Firenze 1865“
und ebenso in anderen Broschüren (vermuthlich auch in
medizinischen Fachblättern) veröffentlicht worden ist.
In der eben genannten Abhandlung wird zugleich auf
die historischen Nachrichten über den Gebrauch des Dunst¬
bades der Grotte von Mon summano von Dr. Tersizio Yivarelli
verwiesen.
„Vom Jahre 1854 bis 1866 wurde“ — führt Dr. Dau
brawa an — „die Grotte bereits von zahlreichen Italienern,
einzelnen Franzosen und Engländern besucht, und 1867 kam
Garibaldi, um seine, bei Aspromonte erhaltene Wunde daselbst
zu heilen. Dies und der Umstand, dass auch Kossuth 1871
hier seiner Rheumatismen los wurde und diese Grotte seinen
Landsleuten empfahl, machte selbe nun auch ausserhalb
Italiens, namentlich in Deutschland und Oesterreich rasch
bekannt, erregte Aufmerksamkeit, es kamen nach und nach
hervorragende Fachmänner des In- und Auslandes, welche
die Grotte in Journalen und Fachblättern besprachen, so
Grandieu, Fave, Zanetti, Fedeli, Savi. — (Storia naturale e
medica delle acque minerali dell’ alta Val di Nievole, e
specialmente di quelle delle r. terme di Monte Cattini, dei
professori Paolo Savi e Fedele Fedeli. Pisa. 1870.)“
Im Jahre 1872 erschien ein Bericht der Neuen freien
Presse zu Wien, d. d. „Florenz d. 16. Febr.“, welcher über
die Grotte von Monsummano handelte.
In demselben Jahre erregten auch die Berichte eines
Majors von Kleist aus Darmstadt, welche die Kreuzzeitung
veröffentlichte, in Deutschland grosse Aufmerksamkeit auf die
Grotte und deren Wirkungen.
Im Jahre 1873 brachte die Gartenlaube No. 48 p. 778
ff. einen Artikel „ein Wasserbad in der Grotte von Mon¬
summano von Heinrich Noe,“ in welchem der Verfasser die
wunderbaren Eigenschaften der Grotte hervorhebt.
ln demselben Jahre erschien auch — nach Knoblauch,
pag. 21 — die von dem Grottenarzte Dr. Odoardo Turchetti
134
L. Holtz: Heilgrotte von Monsummano.’
verfasste Broschüre ,, Führer durch die natürlichen Dampf¬
bäder der Grotte von Monsummano“ (Guida pei bagni a
vapore naturale della Grotta di Monsummano. Roma-Firenze,
Ermanno Loescher 1873.)
Gleichfalls in demselben Jahre wurde dem alten Kur¬
hause, welches ausser den Wohnungen des Arztes und der
Dienerschalt einen Speisesaal und 16 Zimmer mit 20 Betten
enthielt, von den neuen Besitzern, dem Capt. Cav. Nencini
und dessen Frau Hildegard Giusti, ein zweites Kurhaus mit
einem Saale und 24 Zimmern für Gäste hinzugefügt, so dass
die Kuranstalt, wenn nicht gerade jeder Kurgast ein eigenes
Zimmer beanspruchte, nun 50 Pensionäre aufnehmen konnte.
Im Jahre 1875 veröffentlichte der Grottenarzt Dr. Odoardo
Turchetti eine neue Broschüre „Vademecum, ossia piccolo
Guida dei Bagni a vapore naturale della Grotta di Monsum¬
mano. Firenze“, in welcher derselbe den Verlauf vieler
Krankheitsfälle beschrieb.
Im Jahre 1876 erschien eine Broschüre von Hugo Knob¬
lauch „Die Heilquelle von Monsummano. Warmbrunn.
Verlag von Hermann Liedl“ und in dem nächstfolgenden
Jahre 1877 die Broschüre von Dr. Ferdinand Daubrawa
„Die natürliche Dampfgrotte bei Monsummano in Italien.
Wien. Wilh. Braumüller.“
Im Jahre 1878 wurde eine neue Broschüre vom Comm.
Dr. Odoardo Turchetti veröffentlicht „Nouvelles observations
theoriques et pratiques sur l’efficacite des bains ä vapeur
naturelle de la Grotte Giusti de Monsummano. Etablissement
royal balneaire Victor Emanuel. Florence“, in welcher über
die Geschichte der Grotte und deren Kurgebrauch, über ver¬
schiedene Arten der dort behandelten Krankheiten und deren
Heilung, sowie über die Kamen dort geheilter Kurgäste
referirt wird.
Im Jahre 1881 brachte das Dresdener Journal vom
21. Juli den Bericht über die Verhandlungen des ärztlichen
Bezirksvereins vom 15. Juli, in welchem ein Referat eines
Dr. Graeffe „über die Grotte von Monsummano und deren
selbst erprobte Kurwirkungen“ enthalten ist.
Im Jahre 1884 endlich erschien in dem Heuen Blatte
No. 29 eine Abhandlung „die Grotte von Monsummano“. —
L. Holtz: Heilgrotte von Monsnmmano.
135
Betrachten wir nun zunächst
I. Lage und Bau der Grotte.
In dem anmuthigen, fruchtbaren Thale der Nievole, von
welchem ich im Jahre 1883 eine Schilderung1) brachte, er¬
hebt sich der, circa 565 Mtr. über dem Meeresspiegel belegene
Berg Monsummano, dem, von den Apenninen nach Süden
auslaufenden Albaner Höhenzuge sich anlehnend. Am Busse
dieses, zum grössten Theile aus Kalkstein bestehenden Berges
befindet sich, nach SSO. belegen, der Eingang zur Grotte
mit den davorliegenden Pensionsgebäuden.
Aus dem Empfangsraume derselben, in welchem man
die erforderliche Konsultation mit dem Grottenarzte zu be¬
wirken und sich auch demnächst an der Kasse das nöthige
Billet zu lösen hat, durchschreitet man einen Gang, an dessen
beiden Seiten sich je vier Auskleideräume für die Grotte
besuchende Kurgäste befinden , und kommt dann weiter,
15 Stufen hinabsteigend, an eine hölzerne Thüre, welche den
Eingang zur Grotte schliesst. Durch diese Thüre gelangt
man in einen circa 2 Mtr. breiten und 22 Mtr. langen Gang,
der durch Stearinkerzen erleuchtet ist (wie überhaupt sämrnt-
liche Grottenräume durch solche Kerzen erleuchtet werden),
an einen zweiten Eingang, der durch eine eiserne Thüre
geschlossen ist. Durch diesen Eingang tritt man in „den
Vorhof“ — Vestibulo — , einen circa 8 Mtr. breiten und
12 Mtr. langen Raum, in welchem die für Damen und Herren
zum Umkleiden resp. Umhüllen mit Decken beim Verlassen
der Grotte bestimmten Abtheilungen durch aufgehängte Laken
abgegrenzt sind. Von hier aus erstreckt sich die Grotte nach
zwei, rechts und links (nach KO. und NW.) fortlaufenden
Richtungen.
Verfolgen wir die nach rechts (NO.) sich erstreckende,
circa 33 Mtr. lange Abzweigung, so gelangen wir gegen das
Ende derselben nach der als „Paradies“ — il Paradiso —
bezeichneten Abtheilung, nachdem wir, nahe derselben, bei
zwei Wasseransammlungen — sogenannten Seen — vorbei¬
gekommen sind. Von diesen ist der erste 5 Mtr. lang, 2\ Mtr.
1) Vgl. Jahrgang 1816 (1885) dieser Mittheilungen p. 50 — 83.
136
L. Holtz: Heilgrotte von Monstimmano.
breit und 3 Mtr. tief; der zweite ist 9 Mtr. lang, 6 Mtr. breit
und 4 Mtr. tief und führt die Benennung „Eissee“. Diese
Abtheilung wird indess, ihres geringen Wärmegehaltes wegen,
nicht zu sanitären Zwecken benutzt.
Sind wir dann auf demselben Wege wieder zum Vor¬
hofe zurückgekehrt, um auch der nach links (gegen NW.)
sich erstreckenden Abzweigung der Grotte unsere Aufmerk¬
samkeit zu widmen, so gelangen wir durch einen circa 80 Mtr.
langen Gang, in dessen Mitte zur Linken eine Wasseran¬
sammlung — See genannt — sichtbar wird, zu einem Platze,
der das „Fegefeuer“ — il purgatorio — benannt ist. Daselbst
befinden sich Sitzplätze für solche Kurgäste, welche entweder
die grösste Wärme der Grotte nicht benutzen wollen, oder
denen es Mühe machen würde, bis zum Ende der Grotte
vorzudringen. Dieser See hat — nach Dr. Daubrawa — eine
Tiefe von über 36 Mtr.
Von dem Fegefeuer aus gelangen wir nun durch einen
circa 36 Mtr. langen Gang, der hin und wieder nicht mehr
als J bis 1 Meter breit und ziemlich mühsam zu passiren ist,
zu dem letzten Theil der Grotte, die „Hölle“ — lTnferno
— benannt.
Auf der Hälfte des dahinführenden Weges werden wir
zur Linken wieder eine Wasseransammlung — See — gewahr,
die bis zum Ende der Grotte sich hinzieht und bei einer
Breite von 1 \ Mtr. und einer Länge von 10 ^ Mtr. stellen¬
weise sehr tief sein soll. Dieser See ist durch ein theil-
weise mit Barrieren an den Seiten versehenes Bohlenwerk
überbrückt. Die Ueberbrückung ist circa 3 Mtr. von der
Grottendecko entfernt. Dieselbe ist, ebenso wie ein mit der¬
selben zusammenhängender Grottenraum, der früher durch
einen grossen, jetzt beseitigten Tropfsteinblock eingeengt war,
mit bequemen Bänken und Stühlen versehen.
Diese Abtheilung der Grotte, die Hölle, wird überhaupt
von den meisten Kurgästen benutzt.
Die Länge der ganzen Grotte, vom Paradiese bis zur
Hölle, beträgt 149 Mtr. In dieser ganzen Länge aber ist die¬
selbe an keiner Stelle mehr als 12 Mtr. breit.
Boden, Wände und Decke sind aufs reichlichste von
Tropfstein inkrustirt und mit den prächtigsten Stalagmiten-
Jj. IloJtz: Heil . Iloltz: Heilgrotte von Monsummano.
den, da doch in der Umgebung der Grotte weder Anzeichen
für einen ausgebrannten Vulkan, noch in grösserer Entfer¬
nung thätige Vulkane vorhanden seien ; man sei versucht
anzunehmen, dass die Gewässer eine einzige Quelle in dem
Innern der Erde hätten, umsomehr da die chemische Zu¬
sammensetzung derselben eine so einfache sei, und es auch
keinem Zweifel unterliegen könne, dass chemische Wirkungen
die den Gewässern eigenthümliche Wärme zu erzeugen ver¬
möchten.
Gleichfalls theilt in Bezug hierauf, nach Hugo Knoblauch,
der Berichterstatter der mehrerwähnten Neuen freien Presse
aus einem Briefe (d. d. 21. Novb. 1866) des Grottenarztes
Dr. Odoardo Turchetti an einen Kollegen , den Br. Scalzi in
Rom, Folgendes mit: „Während, was die chemische Zusammen¬
setzung der Stalagtite und Stalagmite, der Luft und des
Wassers betrifft, die Chemie ihr letztes Wort gesprochen hat,
sieht es noch ganz entgegengesetzt mit der Geologie und
Physik aus. Indessen scheint es geologisch, dass, was die
Hervorbringung der Wärme betrifft, welche sich dem Wasser
und der Luft in der Grotte mittheilt, hierbei jede vulkanische
Thätigkeit und chemische Zersetzung ausgeschlossen ist, und
dass es sich um einen wahren und eigentlichen Wärmesiphon
handelt, durch welchen belebende Wärme aus dem Innern
der Erde hervordringt.
Mit Rücksicht auf die Physik erübrigt noch, die Natur,
Richtung und Herkunft, sowie die Gesetze zu erforschen,
welche die unaufhörlichen thermo-elektrischen Ströme befolgen,
die man in der Grotte in einer Art beobachtet, dass sie hier
ein immerwährendes elektro-magnetisches Ungewitter, einen
wahren Wirbelwind, bilden.“
Br. Baubrawa sagt: „Es ist mithin wahrscheinlich, dass
das Gewässer hydrostatisch oder heberförmig in die Grotte
und deren Klüfte gelangt, und, da letztere unter einander
kommuniciren, sich daselbst horizontal verbreitet und zugleich,
in deren riesige Tiefen geleitet, daselbst sich erwärmt.“ An
einer anderen Stelle aber sagt derselbe Autor: „Man kann
demnach keine andere Wärmequelle für die warme Luft der
Grotte finden als die heissen Wasserquellen, welche die
Grotte erfüllen, und da lässt sich nun beobachten, dass auch
Holtz: 1 1 eile] rotte, von Monsummano.
141
thatsächlieh die Luit in jenen Theilen der Grotte wärmer
wird, wo die Wasser wärmer und mächtiger sind, so zwar,
dass im Paradiese die Lutt am kühlsten, in der Hölle am
wärmsten ist.u
Was nun den Höhen stand der Gewässer in der Grotte
anbelangt, so tritt ein Höhenwechsel zu verschiedenen Zeiten
des Jahres ein, und zwar in der Weise, dass die Gewässer
während der Herbstmonate steigen, die sonst trockenen Grotten¬
gänge in ziemlicher Höhe während der Wintermonate über¬
schwemmt halten und dann im Frühjahre nach und nach
wieder lallen, weshalb auch die gewöhnliche Kurzeit nur
vom 1. Mai bis letzten September dauert.
3. Gebrauch der Kur,
Erscheinungen, welche während des Gebrauchs
eintreten, und Wirkungen derselben.
Vor dem Beginne der Kur ist das Urtheil des Grotten¬
arztes einzuholen, welcher nur Herzkranke und Schwind¬
süchtige von dem Gebrauche der Kur zurückweist.
Die Kur, welcher man sich in der Heilgrotte von Mon¬
summano unterzieht, ist eine Schwitzkur, wobei die Tran¬
spiration durch die natürliche Grottenwärme hervorgerufen
wird.
Nur bekleidet mit einem, in Art eines Hemdes zugerich¬
teten, bis an die Knöchel reichenden, leinenen oder baum¬
wollenen Gewände und mit Schuhen, sowie mit einem Hand¬
tuche versehen, steigt man in die Unterwelt hinab. Man
spürt schon die Wärme, wenn man die oben erwähnte hölzerne
Thüre passiert hat, und fühlt dieselbe mehr und mehr, wenn
man durch die mit der eisernen Thüre geschlossene Ocffnung
in den Vorhof gelangt und weiter dann bis zum Fegefeuer
und endlich bis zur Hölle vorgeschritten ist.
Es ist aber keine trockene, den Athem benehmende
Wärme, sondern eine feuchte, wohltlniende, angenehme Wärme,
welche, alle äusseren Theile des Körpers erreichend und ein¬
hüllend, unmittelbar auf diese einwirken kann.
Der von fast allen Kranken erstrebte und gewöhnlich
auch für die ganze Kurzeit behauptete Aufenthalt ist die Hölle,
woselbst im Sitzen, Liegen, Stehen oder Gehen gewöhnlich
142
L. Holtz: Heilgrotte von Monsummano.
schon nach 10, höchstens 15 Minuten die Wirkung des natür¬
lichen Dampfbades eintritt. Diese Wirkung äussert sich in
einer derartigen Transpiration, dass der Schweiss rieselnd und
tröpfelnd vom Körper herabfliesst, und man sich fast unauf¬
hörlich des Handtuches bedienen muss.
So bringt der Kranke 1 Stunde, bei veralteten oder
schweren Uebeln auch wohl 2 Stunden und mehr zu. Darauf
wandert man nach dem Vorhofe wieder zurück, um daselbst
von den Wärtern, resp. Wärterinnen in den schon vorer¬
wähnten , für die Geschlechter getrennten Abtheilungen em
pfangen zu werden.
Hier wird der Kranke von den Wärtern schnell des
feuchten Gewandes entkleidet, und mit einem trockenen Laken
etwas abgerieben, darauf wird ihm dieses über den Kopf
und Oberkörper geschlagen; sodann werden Beine und
Unterkörper mit einer wollenen Decke doppelt umhüllt, und
diese letztere über dem Bauche zusammengeschlungen. Schliess¬
lich wird dem Kranken noch eine wollene Decke so über den
Kopf gelegt, dass nur die Augen frei bleiben, worauf er dann,
die Decken fest zusammenhaltend, in die Oberwelt zurück¬
kehren kann.
Nachdem er sich hier niedergelegt hat und von dem
begleitenden Badewärter noch überall gut zugedeckt worden
ist, hat sich der Kranke, so eingehüllt, dann noch einer
Nachschwitzkur von 15 Minuten bis zu einer Stunde zu
unterziehen, um nach und nach abzukühlen.
Diese Nachschwitzkur findet bei den Pensionären in deren
Wohnzimmern statt, bei Denjenigen dagegen, welche nur
zum Zwecke der Kur die Anstalt täglich besuchen, in einem
der vorher erwähnten Ankleideräume, der bereits vorher zum
Auskleiden benutzt worden ist.
Hinsichtlich der während der Kur eintretenden
Erscheinungen will ich hier erwähnen, was (nach Hugo
Knoblauch) der frühere Grottenarzt Turchetti an den Prof.
Dr. Francesco Scalzi in Rom schreibt: „Es tritt ein: schleu¬
niges, reichliches und allgemeines Schwitzen, allerdings etwas
später und spärlicher an den kranken Gliedern, Gefühl leichter
Athembeschwerden beim Eintritt in die Grotte, dagegen später,
sobald man in starken Schweiss gekommen, ruhiger Athem,
L. Holtz : Heilgrotte von Monsummano.
143
vermehrte Thätigkeit der Herzgefässe , Gelühl des Wohlbe¬
findens, ungewohnte Heiterkeit und häufig starker Sinnenreiz,
mehr oder minder heftiger Durst , gesteigerter Appetit und
grössere Verdauungskraft, verminderter Schlaf und endlich
auch Wochen und Monate hindurch Gereiztheit der Haut,
leicht und lange zu schwitzen.
Nach 8 bis 10 Bädern, die je nach Umständen eine halbe
bis drei Stunden dauern, macht sich eine leichte Art Muskel¬
schwäche und in einzelnen Fällen eine leichte Wasser¬
geschwulst an den Knorren der Fiisse bemerkbar. Während
des Bades oder besser während des Schwitzens schweigen
auch die akutesten Schmerzen, sie mögen rheumatischer,
neuralgischer oder syphilitischer Natur sein, wohl vermöge
des überschüssigen Stickstoffs und der Kohlensäure, die, wie
Herpin und Demarquay nachgewiesen haben, trelfliche Be¬
ruhigungsmittel sind, und es geschieht, ohne Zweifel zulolge
dieser Stillung, dass man immer neue Ursache hat, über das
rasche Vernarben von Wunden und Schrammen bei den in
der Grotte Badenden zu staunen“ —
Was die Dauer der Kur an belangt, so soll dieselbe
nicht unter 6, gewöhnlich 14 Tage in Anspruch nehmen.
Vorbereitung zur Kur, sowie eine Nachkur in irgend einem
anderen Bade oder einer anderen Heilanstalt werden wider-
rathen. Bei veralteten oder hartnäckigen Leiden wird vor¬
geschlagen, zuerst eine Kur von 10 — 14 Bädern durchzumachen,
dann sich 3 bis 4 Wochen südlicher aufzuhalten und dem¬
nächst noch 8—10 Bäder zu nehmen.
Der schon früher erwähnte Dr. Graeffe zu Dresden hat
mit gutem Erfolge ohne Ermattung und Erschlaffung 21 Bäder
ohne Unterbrechung genommen.
Dr. Turchetti sagt: „Keine Krise tritt vor dem 6ten
oder 7ten Bade ein.“
Ich weiss mich noch sehr wohl zu erinnern, dass im
Jahre 1872, als ich zuerst die Grotte besuchte, von dem da¬
maligen Grottenarzte Dr. Turchetti gewöhnlich nur 7 Bäder
verordnet wurden, welche man in der Art zu nehmen hatte,
dass jedem Badetage ein freier Erholungstag folgen musste.
Wie man mir im Jahre 1883 erzählte, soll die Verord¬
nung einer so geringen Anzahl von Bädern die Ursache ge-
144
L. Iloltz: Heilgrotte von Monsurnmano.
wesen sein, dass ein Zwist zwischen den Grottenbesitzern
und dem Grottenarzte eintrat, der die Entlassung resp. das
Zurücktreten des Letzteren zur Folge hatte.
Die ärztlichen Vorschriften für die Zeit der Grotten¬
kur sind leicht zu erfüllen. Es wird nicht für zuträglich ge¬
halten, nüchtern in’s Bad zu gehen; man soll sich ferner
hüten vor Erkältungen und zwar besonders während der
Abende, soll sich in Acht nehmen vor Extravaganzen, soll
Gefrornes vermeiden, braucht aber im Uebrigen keine beson¬
dere Diät zu halten.
4. Krankheiten, die theils zur Heilung
vorgeschlagen werden, theils geheilt worden sind,
und eigene Erfahrungen.
Die Krankheiten, deren Heilung zu veranlassen die Grotte
von Monsurnmano geeignet ist, lassen sich nach Dr. Haupt
— Neues Blatt No. 29, 1884 — in drei Kategorien scheiden:
„1. in solche, welche von Unterdrückung des Schweisses,
beziehungsweise von Störungen der Hautthätigkeit her¬
rühren, also einfache Muskelrheumatismen, katarrhalische
Schwerhörigkeit, Luftröhrenaffectionen, auch seröse —
blutwässerige — Ergüsse, chronische Diarrhöe und Fuhr,
Hüftweh und ähnliche Krankheitserscheinungen ;
2. in solche, welche eine Folge von im Körper vorhan¬
denen Krankheitsstoffen sind, also z. B. chronische Gicht,
Gelenkrheumatismus, Quecksilber-, Jod- und Blei-
Kachexie u. s. w. und
3. in solche, welche in Schwächung und Hemmung der
organischen Funktionen ihren Grund haben und mit
Störung der Ernährung und Reproduktion einhergehen,
als Bleichsucht, beginnende Tuberkulose, Dyspepsie —
Magenschwäche — , Scrophulose, Paralysen — Glieder¬
lähmungen — etc.u
In Bezug hierauf verweise ich im Uebrigen auf die zum
Theil für Kranke und Aerzte sehr werthvollen Angaben,
welche in den von mir genannten Broschüren enthalten sind,
hinsichtlich der Reise- und Kurkosten besonders auf die
Broschüren von Hugo Knoblauch und Dr. Ferd. Daubrawa.
Was nun meine eigenen Erfahrungen und Beobachtungen
L. Holtz: Heilgrotte von Monsummano.
145
anbelangt, so hatte ich Gelegenheit, dieselben in drei ver¬
schiedenen Jahren zu machen:
Es war zuerst im Frühjahre 1872, als ich plötzlich stark
angeschwollene Knieo und Hände in dem Maasse bekam, dass
mir das Gehen schwer wurde und ich die Hände, ohne starke
Schmerzen zu empfinden, nicht gebrauchen konnte
Ich hatte mir das Leiden, aller Wahrscheinlicheit nach,
dadurch zugezogen , dass ich nach der Rückkehr von einer
nach Süd-Russland ausgeführten Forschungsreise im Juli des
Jahres 1871 die leichte Kleidung, welche ich in dem warmen
Süden getragen hatte, nicht mit einer Garnitur festeren, wär¬
meren Zeuges gewechselt hatte.
Mein damaliger Hausarzt, der inzwischen verstorbene
Dr. Wallis zu Barth, schlug mir zur Kur Karlsbad vor, wozu
mir auch der Herr Sanitätsrath Dr. Grünberg zu Stralsund rieth.
Inzwischen war mir eine Nummer der Kreuzzeitung zu
Gesichte gekommen, in welcher ein Major von Kleist zu
Darmstadt die Grotte von Monsummano als Schwitzkur-Anstalt
ausserordentlich belobte.
Ich bekam sogleich Lust, eine solche Kur zu gebrauchen,
und zog meinen Hausarzt desshalb zu Rathe. Derselbe
stimmte mir auch zu, da, wie er meinte, eine solche Kur
mir nicht schaden könne, wenngleich die genannte Grotte bis
dahin in keiner medizinischen Fachschrift erwähnt sei.
Ich beschloss, nach Monsummano zu gehen, und schrieb
an den Major von Kleist, welcher mir in sehr liebenswürdiger
Weise ausführliche Auskunft über die Kurverhältnisse um¬
gehend erthcilte.
Der Brief liegt mir heute nicht mehr vor, indem ich den¬
selben zur Einsichtsnahme verliehen, aber nicht wieder er¬
halten habe; doch weiss ich mich noch sehr wohl zu erinnern,
dass der gefällige Herr mir unter Anderem schrieb, er sei
mehrere Jahre von einem hartnäckigen Rheumatismus ge¬
plagt worden, habe vergeblich versucht, fast in allen Ländern
Europas durch römische, irische, russische und andere der¬
artige Bäder denselben zu vertreiben, bis er endlich von der
Schwitzkur der Grotte von Monsummano hörte; darauf sei er
gleich dorthin gegangen und sei durch 7, in der Wundor-
10
146
L. Iloltz: Heilgrotte von JMonsnmmano.
grotte genommene Schwitzbäder von seinem Leiden gänzlich
befreit worden.
Ich schickte mich also zur Reise nach Italien an und
hatte noch die Freude, dass mir kurz vor der Abreise mein
Hausarzt mittheilte, in der letzten Nummer einer medizinischen
Fachschrift — welche, weiss ich nicht mehr — sei die Grotte
von Monsummano als Kuranstalt erwähnt worden.
Ich reiste ab und gebrauchte die Schwitzkur in der
Grotte, freilich nicht ganz vorschriftsmässig nach damaliger
Anschauung. Wie ich schon vorher erwähnte, wurden im
Jahre 1872 zur Heilung leichter Fälle 7 Bäder für genügend
erachtet mit je einem freien Tage zwischen zwei Badetagen.
Ha ich jedoch keine Anstrengung oder Mattigkeit verspürte,
nahm ich 14 Schwitzbäder in 14 auf einander folgenden
Tagen.
Ich wohnte nicht in dem Kuretablissement, weil dasselbe
damals besetzt war, sondern in dem circa \ Stunde von da
entfernten Städtchen Monsummano basso in dem Albergo
Garibaldi bei dem liebenswürdigen Wirthe Bini. Ich ver¬
brachte die Tage gewöhnlich in folgender Weise: Des Mor¬
gens um 5 Uhr stand ich auf und trank gleich meinen Tliee,
wozu ich einige Semmel ass, machte mich dann an die Ar¬
beit, v/ eiche theils im Einlegen und Umlegen gesammelter
Pflanzen und im Präpariren von Naturalien, theils in der
Führung eines Tagebuches bestand, ging dann, mit der Bo-
tanisirtrommel und dem Spatenstocke ausgerüstet, gegen
8 Uhr fort und kam, durch Olivengärten und Rebenfelder mich
schlängelnd, Pflanzen, Käfer, Schnecken und andere Natur¬
produkte sammelnd, gegen |10 Uhr bei der Grotte an. Hier
nahm ich mein Schwitzbad, womit circa 1-g Stunden fortgingen,
so dass ich gegen 11 Uhr fertig war, unterhielt mich darauf
noch ein halbes Stündchen mit dortigen Kurgästen und ge¬
brauchte wieder circa 2 Stunden, andere Gegenden durch¬
suchend, bis ich in mein Albergo einrückte, wo ich dann ein
gut hergestelltes Mittagsmahl, aus 3 bis 4 Gängen, Butter,
Käse und Früchten bestehend, genoss und dazu gewöhnlich
eine Flasche guten Toskanerwein mit Eiswasser vermischt,
trank.
Ohne einen Nachmittagsschlaf wurde nun wieder eine
L. Jloltz: I leih) rotte von il J on.su mmano.
147
Stunde lang gearbeitet und dann die gewöhnliche Nachmit-
tags-Excursion gemacht. Diese bestand zumeist im Aufsuchen
und Durchsuchen fernerer Gegenden, zuweilen auch in dem
Besuche einer Familie, welche in dortiger Gegend eine
Villa und zahlreiche Weingärten besass.
Gegen 8 Uhr Abends war ich gewöhnlich wieder in mein
Heim zurückgekehrt, trank dann meinen Theo , wozu ich
kalte Küche und Früchte ass, ging wieder an die Arbeit und
legte mich um 10 Uhr zu Bette.
Von Tage zu Tage schwanden Entzündung und Auftrei¬
bung der Kniee und Hände. — Nach dom 14. Bade verliess ich
die Gegend und kam nach einer vierwöchentlichen Reise über
Pisa, Livorno, Spezzia, Genua, die italienischen Seen, Venedig,
die Alpen, München, Berlin wieder in meine Heimath zurück. —
Als der nächste Winter und noch ein Winter vergangen
waren, ohne dass das Uebel zurückkehrte, konnte ich mit
vollem Rechte sagen : Die Heilgrotte von Monsummano hat
mir völlige Heilung gebracht. —
Mehrere Jahre waren vergangen, ohne dass ich jemals
rheumatische Schmerzen verspürt hätte, als sich ein Stechen
im rechten Knie einstellte. Ob es ein neues oder ein wieder
erwachtes rheumatisches Uebel war, ob es von einem Stosse
der Kniescheibe herrührte, den ich längere Jahre vorher ein¬
mal beim Aufsteigen einer Treppe in einem Dampfschiffe er¬
halten, konnte ich nicht wissen, fühlte aber von Jahr zu Jahr
eine Verschlimmerung, welche sich besonders durch eine
nach und nach, mehr und mehr eintretende, unangenehm
störende Steifheit bei Exkursionen und ein schmerzhaftes
Stechen beim Besteigen von Treppen kund gab.
Da sich mir die Gelegenheit bot, reiste ich im Jahre
1882 wieder nach Italien, um eine zweite Schwitzkur in der
Grotte von Monsummano durchzumachen.
Auch in diesem Jahre ging ich nicht in Pension bei der
Grotte, sondern war Gast in einer befreundeten Familie, deren
Villa eine gute Stunde von der Grotte entfernt lag. Ich
verbrachte die Tage in derselben Weise wie im Jahre 1872.
Während dieser zweiten Kurzeit nahm ich 15 Schwitz¬
bäder und zwar vom 24. August bis 7. September. Durch
148
Jj. Holtz: 1 1(11 (/rotte von Monsummano
diesen Kurgebrauch wurde ich ireilich nicht gänzlich von
meinem Uebel befreit, aber jeder Tag brachte mir neue Lin¬
derung, eine freiere Bewegung des Knies und die Kraft,
auch den rechten Fuss beim Treppensteigen voransetzen zu
können, ohne Stechen im Knie zu empfinden.
Während dieser Zeit habe ich, so weit es irgend möglich
war, Beobachtungen über Wärme- und Witterungsverhält¬
nisse in und ausserhalb der Grotte gesammelt. Diese Beob¬
achtungen habe ich der besseren Uebersicht wegen in Tabel¬
lenform gebracht und verweise hier auf die angeftigten Ta¬
bellen I. und II. —
Meine dritte Grottenfahrt machte ich in dem darauf fol¬
genden Jahre 1883.
Ich hielt mich damals wieder in dem gastlichen Hause
derselben befreundeten Familie auf und gebrauchte in gleicher
Weise wie in dem vorhergehenden Jahre die Grottenkur
vom 5. bis 19. September.
Ich gebrauchte in diesem Jahre die Kur nicht, um ein
neues Leiden zu bekämpfen, sondern um die Besserung des
vorjährigen fortzusetzen. Wenn nun auch diese Kur das
Uebel nicht ganz beseitigte, so hat mir doch dieselbe ganz
vorzügliche Dienste geleistet, da ich bis auf den heutigen
Tag fühle, dass mein Knie viel freier geworden ist und meine
Bewegungen viel weniger gehemmt sind, wie früher.
Die Beobachtungen, die ich auch in diesem Jahre machte,
habe ich ebenfalls in Tabellenform gebracht und verweise
ich auf die angefügten Tabellen III und IV. —
Während dieser drei, in verschiedenen Jahren durch¬
gemachten Grottenkuren habe ich mich stets ganz vorzüglich
befunden, habe ausgezeichneten Appetit gehabt, während der
Mahlzeiten grossen Durst empfunden und , um denselben zu
stillen, viel Wein und Wasser getrunken (im Jahre 1872
sogar nur Eiswasser, was sonst den Kurgästen nicht erlaubt
ist), habe nie Mattigkeit oder Erschlaffung gespürt und habe
stets vorzüglich schlafen können.
Ohne Zweifel wird durch die im Grottenraume herr¬
schende Wärme die rasch eintretende und reichliche Tran¬
spiration bewirkt; die Ursachen dieser Wärme sind aber, wie
ich schon oben erwähnt habe, noch nicht erforscht worden.
Ob nun die reichliche Transpiration als alleiniger Faktor
I* ^eilgrotte von Monsummano.
1882.
C. Blutwärnie
Hygronietrische
Beobachtungen
in der
l d e r Z e 1 1 e
in der Hölle
in der Hölle
410 Uhr.
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Aug. 24.
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32,50
32,50
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33,75
33,75
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33,75
33,75
33,75
33,75
33,75
33,75
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33.75
33.75
Grotte.
I dem Bade
der Zelle.
Achs.- After-
Messung.
jO. C. 0. c.
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37,1
36,9
36,9
I. Thermometrische und hygro metrische Beobachtungen innerhalb der Heilgrotte von Monsummano.
A. Luftwärme
B. Wass
1882.
in der Auskleidungs-
Zelle.
Vorraum
zwischen den
beiden Thüren
91 Mtr. vom
Eingänge
der Hölle.
73 Mtr. vom
Eingänge
der Hölle.
imFegfeuer.
in der Hölle.
73 Mtr, vom
Eingänge
der Hölle.
Vor dem
Auskleiden.
Zeit. Gr. C.
Nach dem
Ankleiden.
Zeit. |Gr.C.
Zeit. Gr.C.
1 Zeit.
Gr.C.
Zeit.
Gr.C.
Zeit.
Gr.C.
1
Zeit.
Gr.C.
Zeit.
Gr.C,
Aue’.
24.
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9,20
33,5
C. Blut w ä r ui e
in der Hölle
Zeit. Gr. C
in der Zelle
vor dem während Ties
Auskleiden j Nachschwitz.
Zeit. Gr.C. Zeit. Gr. C.
i n der Hölle
Zeit. Gr.C. Zeit.
Gr.C
Hygrometriache
Beobachtungen
in der Hölle
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Feucht, frock.
Therm. Thenn.
Gr. C. Gr. C.
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9,30
9,30
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32,50
32,50
111. Thermometrische Beobachtungen innerhalb der Grotte.
1883.
Luftwärme
Wasser¬
wärme
Blutwärme
91 Mtr.
v. Eing.
z. Hölle
»'S*
!•■ ■
in der
Hölle.
Fege¬
feuer.
Hölle.
vor dem Bade in
der Ankleidezelle.
in
der Hölle.
nach dem Bade
in der Zelle.
9 Uhr
10 Min.
o. C.
9 Uhr
15 Min.
O. C.
9 Uhr
30 Min.
O. C.
9_lJhr
15 Min.
0. c.
9 Uhr
30 Min.
0. c.
Zeit.
Achs.- After-
Messung.
O. C.jO. c.
Zeit.
Achs.-| After-
Messung.
0. c. 0. c.
Zeit.
Achs.- After-
Messung.
O. C. I 0. c.
Sept.
5.
_
33
34
33
34
9
37
- —
—
—
—
10
37
-
6.
- -
33
33,5
33
33,5
—
—
—
—
—
10
37
Q7 6
O ( ,.>
7.
33
33,6
33
33,6
9
—
37,3
—
—
—
10
37
37,1
8.
- -
33,2
34
33,2
34
9
—
36,9
—
10
36,9
36,9
-
9.
—
32
33,5
33
34
9
—
37,3
9,30
37
—
10
—
37
-
10.
28
33
34
33,2
33,5
9
—
37,3
—
—
—
10
—
37,4
-
11.
28
33
33,5
33,5
33,8
9
—
36,8
9,30
37
—
10
—
37,1
12.
28
33
33,5
33,5
33,5
9
—
37,2
9,30
37,3
—
10
37,1
13.
28
33
33,5
33,5
33,8
9
—
37,3
9,30
37,2
—
10
37,2
-
14.
28
32
33,5
,33,5
34
9
—
37,2
—
—
—
10
—
37,1
-
15.
28
33
34
34
34,2
9
—
37
9,30
37,4
—
10
—
37,2
-
16.
29
33,5
34,2
34
34,5
9
—
36,8
9,30
37
—
10
—
37,1
-
17.
28,8
33,5
34
34
34,5)
9
37,1
—
—
—
10
—
37,1
-
18.
28
33,5
34
34,2
34,5 I
9
37,2
—
—
—
10
—
36,9
-
19.
29
33
34
34,2
34,5 1
9
—
37,2
—
—
—
10
36,9
11. Thermometrische und hygrometrische Beobachtungen im Thale
der Nievole bei der Yilla Bellucio.
IY. Thermometrische Beobachtungen
im Thale der Nievole (Yilla Belluccio).
1882.
Scpt.
Luftwärme
im Schatten
Tages¬
zeit.
Stunde. GradC
in der Sonne
Wasserwärme 1 )
V ormittag
Nach¬
mittag
Tages- 1 |i
zeit. Stunde. |GradC. Stunde GradO.i
Stunde GradC
Aug. 24.
25.
26.
27
28.
29.
30.
1
Vra. ! 10 31
Vra.
Vm.
Vm.
Nm.
Vm.
Nm.
Vm.
Nm.
Vm.
Vm.
Nm.
Vm.
Nm.
Vm.
Nm.
Nm.
Vm.
Nm.
Vm.
Vm.
Vm.
Nm.
Vm.
Nm.
5. Vm.
2.
3.
4
6.
i.
Nm.
Vm.
Nm.
Nm.
Vm.
Nm.
11
8.30
11,30
8
7
8
7
12,15
7
11.30
8
7
6
7
12.30
7
7
.7
7
6
11.30
7
7
7
7
6
7
5
7
7
6
26
18
28
21
18
20
15
25
20
24
22
22
21
19
26
23
18
21
20
16
29
23
17
22
18
22
19
25
23
20
21
|
Vm. 11
Vm.
11,30
Vm. 11
Vm. 9
Nm. 12,15
Vm. 11,30
Vm.
Vm.
11,30
11
Vm. !11
Vm. 11,30
Vm. li,30
Vm. 11,45
Vm. 11,45
27
29
25
21
27,5
28
29
26
27
31
32
33
31
Vm. I 8,50 26
I
Vm. I - I -
— i 7
7 18,5
7 19
7 j 18
7 18,5
7 18
7 18
7 18
17,8
6 17
7 18
7 18
I
7 118
7 19
8
8
8
6
7
7
7
7
6
6
21
20
20
19
20
20
18,5
20
20
20
19,5
Hygrometrische Beobachtungen*)
1883.
Luftwärm
e
Wasserwärme
)
Vormittag
Nachmittag
im Schatten
in d. Sonne
Vormittags
Nachmitt.
Stunde
Feuclit.
Therm.
Grad C.
Trock.
Therm.
Grad C.
Feucht.
Therm.
StundeVrad C.
Trock.
Therm.
Grad C.
Vormittags
Stde. 0. C.,
Nachmitt.
Stde. |0- C.
Vorm.
Stde.
o. c.
Stde.
0. C.
Stde.
O. C.
7
20
22,50
5
21,2526,25
Sept.
5.
n
7
21
_
_
_
—
7 1
19
-
5
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-
6.
7 !
18
—
—
—
—
7 |
18
_
_
6
17,50 24,30
-
rr
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7
16
7
21
11,30
24
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17
7
19
7
20
22,50
7
17,50123,12
-
8.
7
14
7
16
10,30
24
7
16,6
7
18
-
9
7
14
7
17
10,15
24
7
17
7
18,5
6
17,50
18,75
-
10.
7
13
7
17
10,15
25
7
17
7
19
7
16,25
18,75
5
19,30
23,12
-
11.
7
14
7
16
10,15
25 |
7
17
7
19
-
12.
7
14,5
7
18
10,15
22
7
17,5
[ 7
18
6
16,25
17,50
10
16,25
18,75
-
13.
7
17
7
17
10,30
24 1
7
17,2
7
17
-
14.
7
15,8
7
17
10,30
22
7
17
7
17
6
13,75
16,25
11
17,50
21,25
10 30
25
7
-
15.
7
17,2
7
21
11
28
7
17,5
7
19
_
16.
7
18,2
7
19
10,30
26
7
18
7
20
6
17,50
18,75
—
—
—
-
17.
7
16
7
16,5
10,30
23
7
18
7
19,2
-
18.
7
18,4
7
19
10,30
24
| . 7
18,4
7
20
6
18,75
21,25
—
—
—
-
19.
7
16
7
18
10,30
27
7
18,2
7
19
-
20.
7
14
7
19
—
_
7
18
7
20
-
21.
7
17
7
19
—
_
7
18,5
7
20
7
15,69
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10
20
21,25
-
22.
7
18,5
7
20
—
—
7
19
7
20
_
23.
7
19
7
20
—
—
7
19,2
7
20,2
6
16,25
18,75
7
21,25
23,75
_
24.
7
14
7
19
—
—
7
18
7
20
6
18,12
18,75
8
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-
25.
7
17
7
17
—
7
18,5
7
18,5
_
26.
—
7
18,5
—
—
I —
—
7
19,5
5,15
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_
27.
7
13
_ _
_
—
7
17,5
7
19
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16,25
18,62
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25,62
_
28.
7
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—
7
18
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18
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1
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30.
7
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6
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—
—
7
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6
18,2
Oct.
1.
7
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6
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—
—
7
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2.
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3.
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—
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6
16,5
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4.
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11,30 15,6
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_
_
7
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19,30
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-
6.
1 7
7
2
,15
—
-
7
14,5
2
16,5
1) Wasser wärme gemessen am Wasser eines grossen Springbrunnenbeckens, welchem durch eine
in der Erde liegende Leitung stets frisches Bergquellwasser zugefiihrt wurde, während der Wasser Überfluss
durch eine andere Erdleitung abfloss.
2) Die hygrometrisclien Messungen geschahen an dem offenen Fenster einer im zweiten Stockwerke
belegenen Stube.
1) Die Wasserwärme gemesson an dem Wasser desselben Spring,
brunnenbeckens wie bei Tabelle II.
II. IV. Thermometrische Beobachtungen
im Thale der Nievole (Villa Belluccio).
L
u f t w ä r m
e
Wasserwärme 1
)
188
1883
im Schatten
in d. Sonne
Vormittags
Naclimitt.
Vormittags
Naclimitt.
Vorm.
1
1 1
Stde. |
0. C.|
Stde. |
O. C.
Stde.
o. c.|
Stde.
O.C.
Stde.
0. c.
Aug.
Sept.
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10,30
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-
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-
10.
7
13
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-
11.
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10,15
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-
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7
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10,15
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7
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-
13.
7
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7
17
10,30
24
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-
14.
7
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7
17
10,30
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7
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-
15.
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7
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-
16.
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10,30
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-
17.
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16,5
10,30
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18
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19,2
-
18.
7
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7
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10,30
24
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7
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-
19.
7
16
7
18
10,30
27
7
18,2
7
19
-
20.
7
14
7
19
—
—
7
18
7
20
-
21.
7
17
7
19
—
—
7
18,5
7
20
-
22.
7
18,5
7
20
—
—
7
19
7
20
Sept.
-
23.
7
19
7
20
—
—
7
19,2
7
20,2
-
24.
7
14
7
19
—
—
7
18
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20
-
25.
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17
7
17
—
—
7
18,5
7
18,5
-
26.
—
—
7
18,5
—
—
—
7
19,5
-
27.
7
13
—
—
—
—
7
17,5
7
19
-
28.
7
16
5
18
—
—
7
18
0
18
—
29.
7
15
—
—
1
17
7
17
1
18
—
30.
7
15
6
16
—
—
7
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6
18,2
Oct.
1.
7
14
6
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—
—
7
17
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18
2.
7
13
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14
• — -
—
7
16,5
8
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3.
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6
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—
—
rr
i
17
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16,5
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7
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4.
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15,6
*
5.
7
11
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—
—
7
15,2
5,30
16,2
-
6-
7
7
2
15
—
—
7
14,5
2
16,5
1) Die Wasserwärme gemessen an dem Wasser desselben Spring.
! brunnenbeckens wie bei Tabelle II.
in de
durch
beleg«
Ij. lloltz : Heilgrotte von Monsummano.
149
der Heilung anzusehen ist, ob noch electro-magnetische Kräfte
(wie wohl Dr. Grandieu , der zu gleicher Zeit mit dem
Chemiker Prof. Targioni-Tozzetti die Grotten Verhältnisse unter¬
suchte und zu ganz ähnlichen Resultaten kam, Dr. Odoardo
Turchetti, Kossuth und wohl noch Andere glauben) dabei
mitbetheiligt sind, ist bis jetzt noch nicht aulgeklärt worden.
Ich selbst suche den Grund der Heilung :
1. in der rasch eintretenden und reichlichen Transpiration
in der Grotte und dann
2. in dem ausserordentlich milden Klima ausserhalb
derselben, welches, bei nur geringer Fürsorge, selten
eine Erkältung zulässt, und schliesslich
3. noch speciell tür mich in der, die Grottenschwitzkur er¬
gänzenden resp. fortsetzenden Transpiration während der
täglichen Exkursionen, welche ich zum grössten Theilc
bei einer Temperatur (in der Sonne) von 25 — 33 u C.
(im Jahre 1882), resp. von 22- 28° C. (im Jahre 1883)
machte.
Das, was in den kälteren , rauheren Klimatcn meistens
die heilsamen Wirkungen der warmen Bäder — mögen sie
Namen haben, welche sie wollen — stört resp. ganz aufhebt:
eine eintretende Erkältung, welche selten ausbleibt, wenn
man auch noch so vorsichtig ist, liegt hier sehr ferne. —
Ohne allen Zweifel ist die Grotte von Monsummano als
Kurort eine der hervorragendsten Heilanstalten der Welt.
Wünschenswerth und noth wendig, sowohl im Interesse
des Publikums wie im eigenen Interesse der Besitzer und
der Verwaltung der Grotte, ist es aber, um dem Namen der
Grotte als „einer Anstalt Sr. Majestät des Königs von Italien
Vittorio Emanuele“ Ehre zu machen, dass zeitgemässe, für
Kurgäste bequeme und angenehme Verbesserungen, sowohl
im Innern der Grotte wie in dem ganzen Verwaltungszu¬
schnitt stets schleunigst hergestellt werden, und dass bei
weitem mehr, als es bis jetzt geschehen ist, durch Publi¬
kationen in den gelesenstcn Zeitungen, Journalen und medi¬
zinischen Fachblättern, welche durch alle Weltheile verbreitet
sind, das Vorhandensein der Grotte und deren heilsame
Wirkungen kund gethan werden.
Greifswald im December 1887.
. . ..
■
.
-
.
.
Mittheilungen
aus dem
naturwissenschaftlichen Verein
für
Neu-Vorpommern und Rügen
in
Greifswald.
Redigirt
Von -
r. Schmitz.
Zwanzigster Jahrgang.
1888.
Mit 3 Tafeln.
BERLIN 1889.
R. Gaertner’s Verlagsbuchh an dlung
Hermann Heyfelder,
Schöneberger strasae 26.
I u h a 1 1.
Seite .
•Geschäftliche Mittheilungen :
Verzeichnis der Mitglieder im Jahre 1888 . V
Rechnungsabschluss für das Jahr 1887 . IX
Uebersicht über die Vorträge, welche in den Sitzungen des
Jahres 1888 gehalten worden sind . X
Verzeichniss der im Jahre 1888 eingegangenen Schriften . . XII
Wissenschaftliche Mittheilungen und Abhandlungen:
A. Gerstaecker, Charakteristik einer Reihe bemerkenswerther
Orthopteren . 1
P. Hauptfleisch, Zellmembran und Hüllgallerte der Des-
midiaceen (mit Tafel I — III) . 59
E. Cohen, Ueber eine verbesserte Methode derlsolirung von
Gesteinsgemengtheilen vermittelst Flussäure . 137
W. De ecke, Ueber den Magneteisensand der Insel Rüden . 140
E. Cohen, Ueber den Granat der südafrikanischen Diamant¬
felder und über den Chromgehalt der Pyrope . 149
W. Deecke, Ueber ein grösseres Wealden-Geschiebe im Dilu¬
vium bei Lobbe auf Mönchgut (Rügen) . 153
I.
Y erzeiclmiss fler Mitglieder im Jahre 1888.
Andershof:
Anklam:
Divitz b. Barth
fireifswald:
Herr Dr. Kämmerer, Gutsbesitzer.
- Dr. Tramm, Oberlehrer.
: - Graf Krassow, Wirkl. Geh. Rath, Excellenz.
- Abel, Buchdruckereibesitzer.
- Dr. Arndt, Professor.
- Dr. Baier, Professor, Geh. Reg.-Rath.
- Dr. Baumstark, Professor.
- Graf Behr-Behrenhoff, Landrath.
- Dr. Bengelsdorf, Geh. Sanitäts-Rath.
- Berger, Justiz-Rath.
- Dr. Bergmann, Assistent.
- Berlin, W., Director.
- Biel, H., Kaufmann.
- Bode, Oberlehrer.
- Böekler, Rentier.
- Dr. Cohen, Professor.
- Dr. Credener, Professor.
- Dr. Deecke, Privatdocent.
- Dr. Eichstedt, Professor.
- Dr. jur. Fischer, Professor.
- Fischer, C., Kaufmann.
VI
Verzeichniss der Mitglieder im Jahre 1888.
Greifswald: Herr Fischer, Lehrer a. d. höh. Töchterschule.
- Fismar, Pianofortefabrikant.
- v. Foller, Oberst a. D.
- Friedrich, H., Rentier.
- Gaude, W., Kaufmann.
- Dr. Göze, Königl. Garteninspector.
- Grädener, Senator.
- Graul, Rector.
- l)r. Gerstäcker, Professor.
- Dr. Grawitz, Professor.
- Dr. Häckermann, Professor, Kreis-Physikus
Geh. Med -Rath.
- Dr. Hauptfleisch.
- Dr. Hesse, prakt. Arzt.
- Hofmann, Land-Bauinspector.
- Dr. Hoffmann, Privatdocent u. prakt. Arzt.
- Holst, Rathsherr.
- Dr. Holtz, W., Professor.
- Holtz, L., Assistent am botanischen Museum
- Kettner, Rathsherr.
- Kirchhoff, Justizrath.
- Kohlmann, Buchhändler.
- Krause, Gymnasiallehrer.
- Krause, Apotheker und Drogist.
- Krey, Oberlehrer.
- Kunstmann, Apotheker u. Rathsherr.
- Labahn, Senator.
- Dr. Landois, Professor, Geh. Med.-Rath.
- Dr. Limpricht, Professor, Geh. Reg.-Rath^
- Dr. Löscher, Assistent am ehern. Laboratorium
- Dr. Loose, Rentier.
- Dr. Marsson, Rentier.
- Dr. Medern, Landgerichts-Rath.
- Dr. Minnigerode, Professor.
- Dr. Möller, Privatdocent.
- Dr. Mosler, Professor, Geh. Med.-Rath.
- Dr. Müller, Privatdocent.
- von Normann, Oberst a. D.
- Dr. Oberbeck, Professor.
Verzeichniss der Mitglieder im Jahre 1888.
VII
Greifswald : Herr Ollmann, Kreis- u. Departements-Thierarzt.
- Ollmann, Rechtsanwalt.
- Palmgren, Pastor em.
- Dr. Peiper, Privatdocent u. prakt. Arzt.
- Perlberg, Uhrmacher.
- Dr. Pernice, Professor, Geh. Med.-Rath.
- Dr. Pietrusky.
- Plötz, Schlossermeister.
- Dr. Freiherr v. Preuschen, Professor.
- Dr. Reinhardt, Oberlehrer a. D.
- Riewald, Lehrer.
- Dr. Schirmer, Professor.
- Schmidt, Syndicus.
- Dr. Schmitz, Professor.
- Dr. Scholz. Professor.
/
- von Schubert, Oberst a. D.
- Schünemann, Gymnasiallehrer.
- Dr. Schnitze, Stadt-Syndicus.
- Dr. Schulz, Professor.
- Dr. Schwanert, Professor.
- von Seydewitz, Landgerichts-Präsident.
- Dr. Solger, Professor.
- Dr. Sommer, Professor.
- Freiherr von Stein äcker, Major a. D.
- Stechert, Redacteur.
- Dr. Thome, Professor.
- Dr. jur. Thomson.
- Voigt, Rentier.
- Dr. Weitzel, Professor u. Oberlehrer.
- von Wolffradt, General-Secretär.
- D. Woltersdorf, Pastor.
Herr Dr. von Lepel, Gutsbesitzer.
- Drewitz, Pächter.
- von Homeyer, Rittergutsbesitzer u.
Oekonomierath.
- von Behr, Kammerherr.
- Graf v. Behr-Negendank, Excellenz,
Oberpräsident.
- Dr. Rollmann, Professor u. Oberlehrer.
Gfitzkow-Wieck:
llelmsbagen:
Kanzln b. Züssow:
Schmoldow b. Gutzkow :
Stettin:
Stralsund :
VIII
Verzeichniss der Mitglieder im Jahre 1888.
Dem Vereine sind ferner während des Jahres 1888 neu
beigetreten :
Eldena: Herr Dr. Müller.
Greifswald: - Dr. Babad, Gustos der Universitäts-
Bibliothek.
- Dr. Nietner, Stabsarzt.
- Dr. Rinne, Professor.
- Dr. Schreber, cand. philos.
- Dr. Störk, Professor.
- Dr. Strübing, Privatdocent u. prakt. Arzt.
- Wagner, Oberförster.
- Wilken, Kreissecretär.
Von diesen Mitgliedern hat der Verein während des
Jahres 1888 durch den Tod verloren:
Herrn Dr. Häckermari n, Professor, Geh. Med. -Rath.
Hofmann, Kgl. Land-Bauinspector.
Holst, Rathsherr.
Vorstand für 1888:
Prof. Dr. Ob erb eck, Vorsitzender.
Dr. Bergmann, Schriftführer.
Prof. Dr. Weitzel, Kassenführer.
Privatdocent Dr. Deccke, Bibliothekar.
Prof. Dr. Schmitz, Redacteur der Vereinsschrift.
liechnungs- Abschluss für das Jahr 1887. IX
II.
Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1887.
Einnahmen.
1. Mitgliederbeiträge . . 312, — M.
2. Zuschuss Sr. Excellenz des Herrn Cultus-
ministers D. von Gossler . . - 300, — -
3. Erlös aus dem Verkauf von Mittheilungen
(R. Gärtner’s Verlagsbuchhandlung in
Berlin) . 28,75 -
4. Sparkassenzinsen . 10,30 -
5. Kassenbestand von 1886 . 17,03 -
668,08 M.
Ausgaben.
1. Herstellung der Vereinsschrift Jahrgang 19 (1887) 552,25 M.
2. Remuneration des Yereinsdieners . 30, — -
3. Porto . 3,10 -
4. Anzeigen . 5,40 -
5. Einbinden der Bücher . 44,20 -
634,95 M.
668,08 M.
634,95 -
33,13 M.
Einnahmen .
Ausgaben
Kassenbestand
X
III.
U eb er sicht
über die Vorträge, welche in den Sitzungen des Jahres 1888
gehalten worden sind.
Sitzung am 4. Januar.
Herr Cohen: Ueber das geologische Vorkommen des
Goldes.
Herr Bergmann: Ueber Schwingungscurven.
Sitzung am 1. Februar.
Herr Schmitz: Ueber die geschlechtliche Fortpflanzung
der Florideen.
Herr Medern: Ueber Selbstentzündung bei der Be¬
nutzung von Dreschmaschinen.
Sitzung am 7. Harz.
Herr W. Holtz: Ueber einige neuerdings selbstcon-
struirte physikalische Apparate.
Herr Deecke: Ueber die Gruppe der Plesiosaurier.
Sitzung am 11. April.
Herr Cohen: Ueber die Entstehung des Goldes in den
sogenannten Seifen.
Sitzung am 2. Hai.
Herr Grawitz: Ueber Staubeinathmungs - Krankheiten
und ihr Verhältnis zur Lungenschwindsucht.
Herr Deecke : Demonstration einiger gut erhaltener
Exemplare fossiler Ganoiden.
Sitzung am 6. Juni.
Herr Möller: Ueber mikrophotographische Methoden.
Herr Oberbeck: Demonstration einiger neu ange¬
schaffter physikalischer Apparate.
Uebersiclit über die Vorträye.
XI
Sitzung am 4. Juli.
Herr Deecke: Ueber den Magneteisensand der Insel
Rüden.
Herr Cohen: Ueber eine verbesserte Methode der Isoli-
lirung von Gesteinsgemengtheilen vermittelst
Flussäure.
Herr W. Holtz: Ueber die Bedeutung des Staubes in
der Meteorologie und Elektricitätslehre.
Sitzung am 7. November.
Herr Cohen: Ueber den Granat der südafrikanischen
Diamantfelder und über den Chromgehalt der
Pvrope.
Herr Bergmann: Ueber Aenderungen des elektrischen
Leitungsvermögens der Metalle nach starker Er¬
wärmung derselben.
Sitzung am 5. Dezember.
Herr Medern: Ueber Selbstzünder und Zeitzünder.
XII
IY.
Ye rzeichniss
der Akademien, Vereine und Gesellschaften, mit denen der
Verein in Schriften- Austausch steht, nebst Angabe der im
Jahre 1888 eingegangenen Schriften.
I. Deutschland.
Altenburg: Mittheilungen aus dem Osterlande.
Neue Folge Bd. 4.
Augsburg: Naturhistorischer Verein.
Bericht Nr. 29.
Bamberg: Naturforschende Gesellschaft
Schriften nicht eingegangen.
Berlin : Deutsche geologische Gesellschaft.
Zeitschrift Bd. 39, Heft 3 u. 4. Bd. 40, Heft 1 u. 2.
— Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften.
Sitzungsber. Jahrg. 1887, Nr. 40 — 54. Jahrg 1888,
Nr. 1-37.
— Botanischer Verein der Provinz Brandenburg.
Verhandl. Bd. 19.
Bonn: Naturhist. Verein der Preuss. Rheinlande u. Westfalens.
Verhandlungen Jahrg. 44, 2. Jahrg. 45, 1.
Braunschweig: Verein für Naturwissenschaften.
Schriften nicht eingegangen.
Bremen: Naturwissenschaftlicher Verein.
Abhandlungen Bd. 10, Heft 1 u. 2.
Cassel: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Chemnitz: Naturwissenschaftliche Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Danzig: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften Bd. 7, Heft 1.
Donaueschingen : Verein für Geschichte u. Naturgeschichte der
Baar und der angrenzenden Länder.
Berichte Bd. VI.
Verzeichniss eingegangener Schriften.
XIII
Dresden: Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis.
Sitzungsber. u. Abhandl. Jahrg. 1887, Juli-December.
Jahrg. 1888, Januar-Juni.
— Gesellschaft für Natur- und Heilkunde.
Jahresber. 1888. Heft 1 u. 2.
Dürkheim: Naturwissenschaftlicher Verein „Pollichia“.
Schriften nicht eingegangen.
Düsseldorf: Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereines.
Schriften nicht eingegangen.
Elberfeld: Naturwissenschaftlicher Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Emden: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Erlangen: Physikalisch-medizinische Societät.
Sitzungsberichte Heft 19.
Frankfurt a/B.: Physikalischer Verein.
Schriften nicht ein gegangen.
— Senkenbergische Gesellschaft.
Bericht 1888.
Frankfurt a/0. : Naturw. Verein für den Regierungsbez. Frankfurt.
Mittheilungen 5. Jahrg. Nr. 7 — 12; 6. Jahrg. Nr. 1 — 6.
Societas litterarum 1887 Nr. 12. 1888 Nr. 1 — 8.
Freiburg i. llr. : Naturforschende Gesellschaft.
Berichte Bd. II.
Fulda: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Gera: Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschaft.
Schriften nicht eingegangen.
Giessen: Oberhessische Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Görlitz: Naturforschende Gesellschaft.
Schriften nicht eingegangen
Göttingen : Königl. Gesellschaft der "Wissenschaften.
Nachrichten Jahrg. 1887, Nr. 1 — 21.
Halle : Naturforschende Gesellschaft.
Abhandl. Bd. 17, Heit 1 u. 2. Berichte 1887.
— Giebel & Siewort, Zeitschrift für die gesammten Natur¬
wissenschaften.
Ser. 4. Bd. 6, Heft 5 — 6.
XIV
Verzeichnis# eiiif/eyangener Schriften.
Halle: Kaiser]. Leop. Oarol. Deutsche Akademie der Natur¬
forscher.
Correspondenzblatt Bd. 23, Nr. 21 — 24; Bd. 24, Nr. 1
bis 20.
Hamburg: Naturwissenschaftlicher Verein.
Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens des
Vereines.
Hanau: Wetterauische Gesellschaft für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Heidelberg: Naturhistorisch-medizinischer Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Kiel: Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein.
Bericht Bd. VII, Heft 1.
Königsberg : Physikalisch-Ökonomische Gesellschaft.
Schriften Jahrg. 1887.
Landshut: Botanischer Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Leipzig: Naturforschende Gesellschaft.
Jahrg. 13 u. 14.
Lüneburg: Naturw. Verein für das Fürstenthum Lüneburg.
Schriften nicht eingegangem
Magdeburg: Naturwissenschaftlicher Verein.
Bericht 1887.
Mannheim: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Marburg: Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Natur¬
wissenschaften.
Berichte 1886 u. 1887. Abhandl. Bd. 12, Nr. 2.
Metz: Societe d’histoire naturelle du Departement de la Moselle.
Schriften nicht eingegangen
München: Akademie der Wissenschaften.
Sitzungsberichte der mathematisch-physikalischen Klasse.
1887, Heft 2 u. 3. 1888, Heft 1 u. 2.
— Gesellschaft für Morphologie und Physiologie.
Schriften nicht eingegangen.
Münsters Westfälischer Verein für Wissenschaft und Kunst.
Jahresbericht Nr. 16.
Neii-Brandenburg: Verein der Freunde der Naturgeschichte in
Mecklenburg.
Archiv Nr. 40 u. 41.
Verzeichniss eingegangener Schriften.
XV
Offenbaeh: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingeg mgen.
Osnabrück: Naturwissenschaftlicher Verein.
Schriften nicht eingegangen.
Putbus: EntomoJogische Nachrichten, herausg. von Dr. Katter.
Schriften nicht eingegangen.
Regensburg: Naturwissenschaftlicher Verein.
Bericht. Bd. 1. Heft 1.
Sondershausen: Botanischer Verein ,,lrmischiau für das nördl.
Thüringen.
Schriften nicht eingegangen.
Stettin: Ornithologischer Verein.
Zeitschrift 1888, Nr. 1 — 11.
Stuttgart: Verein für vaterländ. Naturkunde in Württemberg.
Jahreshefte Bd. 44.
Wernigerode: Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes.
Jahrgang 2.
Wiesbaden: Nassauischer Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Würzburg: Physikalisch-medizinische Gesellschaft.
Sitzungsberichte Jahrg. 1887.
Zwickau: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
II. Oesterreich-Ungarn.
Bistritz: Gewerbeschule in Bistritz in Siebenbüigen.
Bericht 13 u. 14.
Brünn: Naturforschender Verein.
Bd. 25. — Meteorolog. Beob. Heft 5.
— Mährisch-schlesische Gesellschaft.
Mittheilungen Jahrg. 67.
Graz: Verein der Aerzte in Stcyermark.
Jahresbericht 24 u. Chronik der Jahre 1863-88.
Innsbruck: Naturwissenschaftlich-medizinischer Verein.
Jahrgang 16 u. 17.
Leipa Böhm.: Nordböhmischer Excursions-Club.
Mittheilungen Jahrg. 10; Heft 4. Jahrg. 11, Heft 1 — 3.
Wurm, Das Kummergebirge.
XVI
Verzeichniss eingegangener Schriften.
Linz: Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns.
Bericht 17.
Pest: Königl. ungarischer naturforschender Verein.
Simonkai, Enumeratio florae transsylvanicae vesicu-
losae critica.
Otto, A magyar Haläszat Könyoe. Bd. 1 u. 2.
Dudav, Crustacea Cladocera faunae Hungaricae.
Fröhlich, Mathem. Naturwissensch. Berichte aus Un¬
garn. Bd. 4 u. 5.
Prag: Königl. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften.
Schriften nicht eingegangen,
ßeichenbei'g: Verein für Naturkunde.
Schriften nicht eingegangen.
Triest: Societä Adriatica di Scienze naturali.
Schriften nicht eingegangen.
Wien: K. k. zoologisch-botanische Gesellschaft.
Verhandlungen Bd. 37, Heft 3 u. 4. Bd. 38, Heft 1 u. 2..
— Kais. Akademie der Wissenschaften.
Anzeiger Jahrg. 1887, Nr. 26 — 28. Jahrg. 1888, Nr. 1 — 24.
— Verein zur Verbreitung naturwissenschaftl. Kenntnisse.
Bd. 28.
— Annalen des k. k. naturhistorischen Hof-Museums, redig.
von Dr. Hauer.
Jahrg. 2, Nr. 4. Jahrg. 3, Nr. 1 — 3.
III. Schweiz.
Basel: Naturlorschende Gesellschaft.
Verhandl. Bd. 8, Heft 2.
Bern: Naturforschende Gesellschaft.
Mittheilungen 1887.
Chur: Naturforschende Gesellschaft Graubündens.
Jahresberichte Nr. 31.
Frauenfeld : Thurgauische naturforschende Gesellschaft.
Mittheilungen Heft 8.
St. Lallen: Naturforschende Gesellschaft.
Bericht 1885—86.
Lausanne: Societe Vaudoise des Sciences naturelles.
Bulletin Nr. 97 u. 98.
Verzeichnis# einwerther Orthopteren.
9
Prothoraxkieles und der hohe Kamm der Hinterkniee würden
dafür sprechen und das Männchen der Proc. emarginata , auf
welches Burmeister (Handb. d. Entom. II, p. 614) die
Abbildung bezieht, ebenso bestimmt ausschliessen. Dass die
Figur übrigens kein Männchen, sondern ein Weibchen dar¬
stellt, giebt Roesel im Text ausdrücklich an.
7. Colpolopha p r ae mors a. Verticis fastigio lanceolcito, pro-
noti carina postice oblique truncata et erosa , elytris apice
oblique truncatis et cum alis acuminatis : prasina vel prasino-
fuscoque varia vel tota fusca, alarum area ariali dilute miniacea ,
fusco-cincta. Long. corp. 34 — 36 (mas), 53 — 57 (fern.), elytr.
28—30 (mas), 38 — 40 (fern.) mill. — Patria: Jurimaguas
(Peru).
Von der Grösse der Colp. latipennis Stal, von welcher
sie, abgesehen von der ganz verschiedenen Färbung , durch
die Bildung des Kopfzipfels, das hinterwärts jäh abfallende
Pronotum , die schmäleren Deck- und Hinterflügel u. s. w.
abweicht. — Fühler von gewöhnlicher Bildung, matt grau¬
braun mit pechschwarzer Endhälfte. Kopfzipfel stumpf lan-
zettlich, um die Hälfte länger als breit, leicht muldenförmig
vertieft, vorn erhaben gerandet, auch bei grün gefärbtem
Kopf matt erdbraun. Gesichtskiele und Skulptur des Kopfes
ohne Besonderheiten, seine Färbung gleich dem Pronotum
bald erdbraun, bald matt grün , oder beide Farben in sich
vereinigend. Der hohe Mittelkamm des Pronotum im Bereich
seines vorderen Abschnittes durch die drei hinteren Quer¬
furchen in ziemlicher Tiefe eingeschnitten , im Bereich des
Satteltheiles auf zwei Drittheile der Länge hin fast geradlinig,
sodann schräg nach unten und hinten abgestutzt und mit
vier, durch scharfe Zahnvorsprünge getrennten Ausschnitten
versehen. Die Seitenkiele des vorderen Abschnittes gleich
den Seitenrändern des Satteltheiles bis zur Wurzel der Deck¬
flügel perlenartig gehöckert, aber ohne eigentliche Zahnvor¬
sprünge, da auch der stärkste, an der vorderen Grenze des
Sattels liegende Höcker stumpf abgerundet ist. Die kleinen
warzenförmigen Höcker des Rückens und der Seitenwände
sehr sparsam. Prosternalzapfen spitz kegelförmig. Deckflügcl
im ersten Längsdrittheil der Area costalis deutlich, aber merk¬
lich schwächer bauchig erweitert als bei Colp. latipennis, über-
10
G er st ae eher : Charaktc ristik einer Heilte
haupt schmäler, die Spitze gegen den geraden Innenrand hin
unter leichter Ausbuchtung schräg abgestutzt; entweder holz¬
braun mit dunkelen Rhombenflecken des Mittelfeldes oder
matt grasgrün mit caffeebrauner FJeckung oder bis auf das
zimmetfarbene Analfeld ganz grasgrün. In den Hinterflügeln
das wässerig braune Costalfeld fast um die Hälfte schmäler
als bei Colp. latipennis , zugleich kürzer zipfelartig zugespitzt,
das schmale Mittelfeld mit glasheller Basalhälfte, das Analfeld
beim Männchen intensiver, beim "Weibchen blasser mennig-
roth und unter starker Breitenabnahme gegen den Analwinkel
hin, rftuchbraun eingefasst. Beine je nach der Körperfärbung
grün oder erdbraun , die Hinterschenkel unterhalb blass
scherbengelb mit schwärzlicher Tüpfelung, die Hinterschienen
in allen Fällen oberhalb erdbraun, unterhalb rostgelb. Von
den acht Dornen der Innenreihe der dritte bis fünfte am
längsten und gleich dem zweiten gerade aufgerichtet, der
sechste bis achte geneigt, alle rostgelb mit schwarzer Spitze;
die acht Dornen der Aussenreihe nach hinten allmählich län¬
ger werdend. Hinterleib olivenbraun mit mehr oder weniger
grünen Seiten, der Ovipositor scherbengelb. Lamina sub-
genitalis des Männchens spitz nachenförmig, im Bereich der.
Endhälfte unterhalb gekielt und seitlich comprimirt.
8. P laeo chlor ci hilaris. Prasina , opaca , verticis pronotique
vitta media nec non elytrorurn area cinali testaceci , hac nigro-
limbata, edis croceis , ad apicem latius infumatis , in margine
costali viridibus, area intermedia vitellina : antennis gracilibus
tibiisque posticis supra brunneis , Inarum spinis iniernis elongatis.
mas. Long. corp. 38, antenn. 25, elytr. 37 mill — Patria:
Cumbase (Peru).
Der PL liymenaea Ger st. ( longispina Pict., Sauss.) zu¬
nächst verwandt, u. A. aber von abweichendem Colorit der
Hinterflügel. Fühler lang und dünn, die vier ersten Glieder
blass olivenfarben, die folgenden bis zum elften dunkel blut-
rotli, die übrigen pechbraun. Kopfzipfel stumpf lanzettlich
zugespitzt, kaum länger als breit, matt rostgelb, vorn schmal
grün, hinten breit schwärzlich gesäumt. Stirn tief grubig,
Wangen und Scheitel beiderseits seichter runzelig punktirt.
Färbung des Kopfes gleich dem Pronotum lind den Brust¬
seiten licht laubgrün, eine vom Stirnzipfel beginnende und
bemerkenswerther Orthopteren.
11
bis zur Spitze des Pronotum reichende breite Mittelbindo
röthlich gelb, beiderseits schwärzlich eingefasst. Vorderrand
des Pronotum mit mittlerer Einkerbung, Hinterrand in Form
eines scharfwinkligen Dreiecks bis über die Basis des Meta-
notum hinaus ausgezogen. Die Oberfläche dicht und grob
körnig punktirt, die stärksten Warzenhöcker im Verlauf der
gelben Mittelbinde und hier gewissermassen eine schwache,
unterbrochene Mittelleiste darstellend, welche auf dem Sattel¬
theil immer undeutlicher wird. Die von den stumpfen
Seitenkielen senkrecht abfallenden Wände seichter und mehr
wurmförmig gerunzelt. Prosternal-Zapfen kurz und schwach,
mit lichtgelber Spitze. Mesosternum dichter, Metasternum
vereinzelt punktirt, beide glänzend kastanienbraun, letzteres
mit zwei grösseren Seiten- und zwei kleinen Mittelflecken
von Elfenbeinfarbe. Deckflügel lang und schmal, gegen die
Basis und Spitze hin allmählich verjüngt, letztere nur schwach
und rundlich abgestutzt; Costal- und Mittelfeld licht laubgrün,
Analfeld röthlich cremefarben, mit tief schwarzem Aussen-
saum. Hinterflügel langstreckig, mit Einschluss des Costal-
feldes lebhaft orangefarben, das durscheinende Mittelfeld
lichter, mehr dottergelb. Der Costalsaum im letzten Dritttheil
licht apfelgrün, ein daranstossender breiter Spitzen wisch auf
der Grenze der Area costalis und intermedia so wie der
Spitzen säum der Area analis in allmählich abnehmender Breite
rauchschwarz. Beine olivenfarbig, die Hinterschenkel mehr
grünlich, die Hinterschienen mit Ausnahme der Kniee ober¬
halb bräunlich blutroth. Von den acht Dornen der Innenreihe
der zweite bis fünfte besonders lang, der zweite etwas kürzer
als der sechste, alle braunroth mit breit schwarzer Spitze.
Die acht Dornen der Aussenseite kurz, allmählich an Länge
zunehmend, olivengrün. Von gleicher Färbung die Hinter¬
leibsseiten, während der Bauch rostfarben, die Basis des
Rückens sogar gelblich ist. Die Lamina supraanalis stumpf
dreieckig mit breiter, von zwei Längskielen begleiteter Rücken¬
furche; die Lamina subgenitalis schmal, spitz kegelförmig,
stark comprimirt, unterhalb scharf gekielt.
9. Xipliophora cyanoptera. Subtus olivacea, supra fusca ,
opaca , antennis pallide annulatis , elytris cinereo- nigroque variis,
alis cyaneis , ad apicem fusco - venosis , sternis femoribusque
12
G er sta eck er : Charakteristik einer Reihe
posticis infra nigerrimis , his supra testaceo-trifasciatis , tibiis
posticis glciucis. fern. Long. corp. 30 — 32, elytr. 28 — 31
mill. — Patria: Olivenga (Amazonas), Jurimaguas (Peru).
Kleiner und schlanker als Xipli. auroripennis Burm.
(Handb. der Entom. IL p. 613, Ko. 2), von welcher sie durch
längeren Kopfzipfel, unterhalb weniger geschwollenen Kopf,
plattgedrücktes Endglied der Kiefertaster, schmälere und nicht
sichelförmig zugespitzte Deck- und Hinterflügel, abgestutzte
Lamina supraanalis und das Colorit abweicht. Stirn, Wangen,
Seiten des Prothorax, Meso- und Metapleuren nebst der Basis
der Hinterschenkel olivengrün, Oberseite des Kopfes und
Prothorax gelblich braun, matt. Fühler 20 gliedrig, platt, bis
über die Mitte hinaus licht braun, vor der kohlschwarzen
Spitze knochengelb geringelt. Clypeus, Oberlippe und Man-
di beln rostfarben, das plattgedrückte Endglied der Kiefertaster
elfenbeinfarben. Kopfzipfel so lang wie an der Basis breit,
Scheitel schwach querrunzelig. Prothorax dicht körnig punk-
tirt, der braune Kücken gegen die hellen Seitenwände durch
eine schmale schwarze Strieme abgegrenzt, der Mittelkiel
äusserst schwach, aber fast durchgehend. Der Prosternal-
zapfen dünn und stumpf kegelförmig. Deckflügel mit stark
winklig erweitertem Costalfeld vor dem ersten Vierttheil ihrer
Länge, von da an fast parallel, schmal, am Ende schräg und
gerundet abgestutzt; Costal- und Analfeld holzbraun, ersteres
mit schwarzbraunem Winkelvorsprung, Mittelfeld mit rauch-
schwarzer, weiss getupfter Längsstrieme, nach aussen davon
gegen die Spitze hin aschgrau und schwärzlich gescheckt.
Hinterflügel lebhaft hellblau, die Costa im Bereich ihrer End¬
hälfte jedoch pechschwarz, die Längs- und Queradern längs
des Spitzensaumes schwarzbraun. Die Sterna und die Unter¬
seite der Hinterschenkel tief und glänzend schwarz, letztere
mit wachsgelbem Band vor dem Kniee, oberhalb an der
Innen- und Aussenseite licht scherbengelb, schwarz gebändert.
Hinterschienen bläulich schieferfarben, schwarz gedornt. Hin¬
terleib schmutzig gelbbraun, mit pechschwarzer Basis; das
erste Rückensegment blau, die beiden folgenden ebenso ge¬
fleckt. Lamina supraanalis kurz, breit abgestutzt und ober¬
halb grubig vertieft.
hemerlcensicerther Orthopteren.
13
10. Vilerna tibialis. Klytris linear ibus, pronoto corticino,
facie annnloqae antennarum praeapicali luteis , tibiis posticis
cinnabarinis, alis ditute infuseatis. Long. corp. 24 (mas.) —
33 (fern.), elytr. 13 — 15 mill. — Patria: Ponteboa et Oli-
ven9a (Amazonas).
Fühler olivenbraun, das 11. bis 13. Glied dottergelb, die
drei letzten tief schwarz. Körper rostfarben, matt, das Pro-
notum jedoch mit deutlichem Speckglanz. Kopfzipfel stumpf
spatelförmig, fein gerandet, gegen die Augen mit zwei flachen
Parallelkielen. Stirn und Wangen glatt, auf den Kielen
schwarzfleckig; Scheitel mit schwachem Mittelkiel, beiderseits
lederartig gerunzelt, schwärzlich gestriemt. Prothorax beim
Männchen cylindrisch, beim Weibchen nach hinten leicht und
sehr allmählich verbreitert, jederseits von dem geschwärzten
Mittelkiel tief und scharf gefurcht, seine ganze Oberfläche
grob gerunzelt und rindenartig eingerissen, die warzenartigen
Höcker hier und da schwarz gefärbt. Prosternalzapfen stumpf
kegelförmig. Pleuren von gleicher Skulptur wie der Prothorax,
die Sterna dagegen glatt und glänzend. Deckflügel schmal,
parallel, mit stumpf abgerundeter Spitze, licht holzbraun, grau
gescheckt, das Costalfeld am Ende des ersten Längsdrittheiles
mit pechbrauner Makel und darauf folgendem knochengelben
Wisch. Hinterflügel fast um ein Yierttheil kürzer, wässerig
gebräunt, mit mehr glasheller Wurzel. Beine von Körper¬
farbe, die Hinterschenkel an der Aussenseite mit breiter pech¬
brauner Längsstrieme, ihre Innenseite gleich den Hinterschie¬
nen und Tarsen licht und intensiv zinnoberroth ; die in beiden
Reihen zu acht vorhandenen Schiendornen mit schwarzer
Spitze, nach hinten allmählich an Länge zunehmend. Spitze
der Fussklauen und Arolium schwarz. Lamina supraanalis
gleichseitig dreieckig, flach; die oberen Blätter des Ovipositor
kurz, schräg abfallend, mit hakenförmig aufgebogener Spitze.
Lamina subgenitalis des Männchens länglich oval, bis zum
letzten Yierttheil der Länge horizontal, von da ab aufgekrümmt,
lanzettlich zugespitzt, aber erst ganz am Ende scharf gekielt.
11. Vilerna flavipennis. Klytris latioribus, lanceolatis, pro¬
noto disperse tuberculato , fade antennisque fuscis, testaceo-variis ,
tibiis posticis sangumeis , alis sulphurds , ad apicem f usco-reticula-
tis. fern. Long. corp. 31 — 35, elytr. 19 — 21 mill. — Patria
Fonteboa (Amazonas).
14
Gerstaecker : Charakteristik einer Reihe
Fühler schwärzlich braun, unregelmässig rostgelb ge¬
scheckt, besonders deutlich das elfte und zwölfte Glied von
dieser Farbe. Körper mit Einschluss des Pronotum matt
rostfarben. Gesicht, Backen und Kopfzipfel schwach gerunzelt,
der Scheitel dagegen bis auf einen schwachen Mittelkiel glatt;
fünf Längsstriemen des letzteren und einige Flecke der Ge¬
sichtskiele schwärzlich. Pronotum ohne Längsfurchen zur
Seite des Mittelkieles, nur vorn und hinten schwach gerunzelt,
besonders oberhalb mit glänzend schwarzen Warzen höckern
zerstreut besetzt. Prosternalzapfen stumpf kegelförmig, mit
der Spitze deutlich nach vorn gekrümmt. Pleuren matt grau¬
gelb, Sterna glatt und glänzend. Deckflügel sehr viel breiter
und zugleich relativ länger als bei Vil. tibialis, gegen die
Spitze hin stumpf lanzettlich verjüngt, licht holzbraun, schwärz¬
lich gewässert. Hinterflügel bis fast auf -J ihrer Länge hell
und rein schwefelgelb und hier gleichfarbig geadert, im Be¬
reich des Spitzendrittheils glashell, aber mit satt pechbraunem
Adernetz. Beine holzbraun, die Hinterschenkel aussen und
unten schwärzlich pechbraun, mit lichter gelber Fleckenbinde
bei der Mitte ihrer Länge; innerhalb gleich den Schienen
und Tarsen satt blutroth, die Kniee und ein Basalring der
Schienen jedoch rostfarben. Hinterschienen etwas derber als
bei Vil. tibialis ; ihre Dornen, zu acht an der Innen-, zu
sieben an der Aussenseite rothgelb bis korallen roth mit
schwarzer Spitze, nach hinten allmählich an Länge zuneh¬
mend. Lamina supraanalis gleichschenklig dreieckig, oberhalb
breit und tief gefurcht; Ovipositor rostgelb, mit aufgekrümmter
schwarzer Spitze.
Offenbar gehört dieser Gattung auch die Flaeocldora
Brunneri Scudder (Proceed. Boston soc. of nat. hist. XVII.
1874, p. 24) an; ob dieselbe etwa als alter sexus der zweiten
hier beschriebenen Art angehört, lässt sich aus der auf ein
der Färbung beraubtes Weingeist -Exemplar begründeten
Charakteristik nicht entnehmen.
Anablysis, nov. gen.
Antennae breviusculae, subcompressae , 21-articulatae. Caput
tumidulum , oculis exsertis , carinis fae.ialibus acutis. Pronoti
constiicti pars postica brevis, tiiberculatim elevata. Flytra
apicern versus subito attenuata, spatulata. Femorum posticorum
bemerkensv'erther Orthopteren.
15
crista superior denticulata. Tarsorum posticorum articulus
secundus brevis. (fern.)
mas: Antennis sat longis , gracilibus, capite brevi, depresso, oculis
amplis , pronoti parte postica obsolete tubevculata , elytris an-
gustis , subparallelis.
Unter den mit ausgebildeten Flugorganen versehenen
Formen der Ommatolampis - Gruppe besonders durch die an¬
geführten Eigenthtimlichkeiten der Fühler, des Pronotum und
der Deckflügel charakterisirt. Die Fühler des Weibchens sind
kurz und derb, nicht länger als Kopf und Prothorax zusammen¬
genommen, das dritte bis achte Glied stark verkürzt, breiter
als lang, dicht aneinanderschliessend, das neunte und zehnte
quadratisch, das elfte bis siebenzehnte etwa um die Hälfte
länger als breit, die letzten wieder kürzer. Der Kopf er¬
scheint dem schmächtigen Prothorax gegenüber deutlich ge¬
schwollen, die gewölbten Augen treten aus seiner Oberfläche
merklich heraus, die Kiele auf der Grenze von Stirn und
Wangen sind hoch, leistenförmig, das Gesicht stark geneigt
und etwas verlängert. Das Pronotum seitlich eingeschnürt,
an der Basis stärker als vorn erweitert, von den vier Quer¬
furchen nur die letzte durchgehend und stark ausgeprägt, der
Sattel kurz, nur die Basis des Mesonotum deckend, in der
Mitte stark stumpfhöckerig aufgetrieben. Prosternalzapfen
kurz, warzenförmig. Deckflügel von Hinterleibslänge, schmal,
im Bereich des letzten Drittheils plötzlich stark verschmälert,
spatelförmig. Hinterflügel stumpf abgerundet, um ein Drit-
theil länger als breit. Hinterschenkel geschwollen, die Hinter¬
leibsspitze nicht überragend, etwas länger als die schlanken
und leicht geschwungenen Hinterschienen, welche mit sechs
Aussendornen bewehrt sind.
Das sehr viel kleinere und zierlicher gebaute Männ¬
chen hat ungleich schlankere, fast zwei Drittheilen der
Körperlänge gleichkommende Fühler, einen kleinen, nicht
aufgetriebenen Kopf mit relativ grösseren Augen, den Höcker
auf dem Satteltheil des Prothorax nur schwach ausgeprägt,
die Deckflügel ungleich schmäler und fast parallel, die Hinter¬
schenkel beträchtlich schlanker.
12. Anablysis panther ina. liufo-ferruginea , opaca , nigro-
variegata , antennis fuscis, testaceo-variis, elytris olivaceis , fusco-
16
Gerstaecker: Charakteristik einer Reihe
tessellatis, alis infuscatis , basin versus dilutioribus, femoribus
posticis ferrugineo-bifasciatis, intus sanguineis. Long. corp. 25,
elytr. 17 mill. fern. — Patria: Cumbase (Peru),
mas: Antennis croceo-annulatis , elytris dilute fuscis , intus viri-
descentibus , sternis, ventre , tarsis pedumque posticorum femori¬
bus intus , tibiis apicem versus corallinis. Long. corp. 16,
antenn. 10, elytr. 14 mill. — Patria: Fonteboa (Amazonas).
Fühler im Bereich des 12. und 13. und des 16. bis 18.
Gliedes scherbengelb geringelt, sonst holzbraun und dunkler
gescheckt. Gesicht und Wangen glatt, ersteres matt grau¬
braun, letztere lichter, mehr scherbengelb ; Kopfzipfel und
Scheitel matt rostroth, letzterer mit drei schwärzlichen Flecken¬
striemen und mit breiter schiefer°Tauer Binde hinter den
lebhaft bronzefarbenen Augen. Prothorax matt rostbraun mit
schmälerer Mittel- und doppelt so breiten Seitenbinden von
schwärzlich pechbrauner Färbung, mit Ausnahme des dicht
narbig und runzelig punktirten Sattels nur mit vereinzelten
schwachen Punkten besetzt. Deckflügel licht olivengrün mit
scherbengelber Längsstrieme in der Basalhälfte der Area
analis; auf diesem hellen Grunde drei den Areis entsprechende
Längsreihen von schwärzlich braunen , damenbrettartigen
Flecken, zu welchen am Innenrande der Area analis noch
eine vierte von kleinen, mehr punktförmigen kommt. Hinter¬
flügel rauchbraun, am Rande dunkeier und leicht violett
schimmernd. Sterna röthlich kastanienbraun, glänzend. Vorder-
und Mittelbeine auf rostfarbenem Grunde leicht schwärzlich
gefleckt. Hinterschenkel schwarzbraun, ausserhalb im Bereich
der Basalhälfte mit zwei breiten, rostgelben Querbändern,
innerhalb blutroth. Hinterschienen rostfarben, das Enddrit-
theil der Innenseite und die Dornen pechschwarz, die Wim¬
perbehaarung greis. Hintertarsen lebhafter rostroth, die Fuss-
klauen gelb mit schwarzer Spitzenhälfte. Hinterleib rothbraun,
glänzend, das zweite bis fünfte Segment oberhalb pechbraun
gebändert. Lamina supraanalis gleichseitig dreieckig, ver¬
loschen punktirt, beiderseits an der Basis kielartig verdickt,
die Mittellinie schmal gefurcht, an der Spitze grubenartig
vertieft.
Beim Männchen sind die hellen Ringe der Fühler leb¬
haft orangeroth, der kleine Kopf einfarbig graubraun, der
bemerlcenswerther Orthopteren.
17
untere Augenrand und die Taster elfenbeinfarben. Der Höcker
auf dem Satteltheil des Pronotum klein und niedrig, nach
hinten in einen stumpfen Kiel auslaufend; die Punktirung
der Oberfläche seicht, fast gleichmässig, die Färbung licht
graubraun mit rauchschwarzer Längsbindc jederseits. Deck¬
flügel schmal, fast parallel, gegen die Spitze hin allmählich
verjüngt, bis auf das lichtgrüne Analfeld einfarbig holzbraun;
auf dem letzteren längs des Aussenrandes einige bräunliche
Längsflecke. .Hinterschenkel auf pechbraunem Grunde mit
drei scharf abgegrenzten gelben Binden und geschwärzten
Knieen. Die Tarsen aller drei Beinpaare, die Endhälfte der
Hinter schienen, die Unter- und Innenseite der Hinterschenkel,
die Sterna und die Bauchseite des Hinterleibes lebhaft korallen-
roth. Lamina supraanalis kürzer und stumpfer dreieckig als
beim Weibchen, mit stärker verdickten Seitenrändern und
breiterer Mittelfurche. Das siebente Bauchsegmont mit auf-
gewulstetem Hinterrand, das achte mit tiefem, länglich drei¬
eckigen Eindruck, die Lamina subgen italis stumpf dreieckig,
nicht gekielt, die Basis breit und tief dreieckig vertieft.
Hypsipages, nov. gen.
Antennae breviusculae, compressae, 16-articulatae, articulis alternis
longioribus et subdilatatis. Verticis fastigium fere horizontale .
Oculi exserti, semiglobosi. Pronotum subcompressum , fortiter
bis constrictum , margine postico aeutangulo , dorso alte trilobo .
Processus prosternalis brevis , conicus. Klytra abdomine lon-
giora , angusta, apice rotundata, laxe reticulata. Pedum posti-
corum genua tridentata , tibiae graciles, intus octo -, extus se-
ptemspinosae.
Gleichfalls zu den geflügelten Formen der Ommatolampis-
Gruppe gehörend und durch die hervorgehobeno Bildung der
Fühler, des Pronotum und der Deckflügel sehr ausgezeichnet.
Die Fühler nur einem Drittheil der Kumpflänge gleichkom¬
mend, lßgliedrig, das erste Glied etwas breiter, aber kaum
länger als das zweite, das fünfte, siebente, neunte und elfte
beträchtlich kürzer als die zunächst folgenden, welche zu¬
gleich in der Richtung nach oben stärker erweitert sind.
Kopf klein, besonders schmal, mit zurückweichendem, scharf
gekieltem Gesicht und fast horizontalem, stumpf dreieckigem
Kopfzipfcl. Augen glotzend, fast viermal so breit als der
2
18
G er st ae ck er : Charakteristik einer Reihe
zwichen ihnen liegende Scheiteltheil, stark halbkugelig ge¬
wölbt, kurz und stumpf oval. Pronotuni schmächtig, etwas
zusammengedrückt, durch die stark ausgeprägte dritte und
vierte Querfurehe zweimal tief eingeschnürt, der Seitenrand
zwischen beiden Einschnürungen wulstig heraustretend, der
Hinterrand scharf dreieckig ausgezogen, die Mittellinie mit
hohem, in drei selbstständige Lappen aufgelöstem Kamm.
Prosternalzapfen ganz kurz kegelförmig. Das Costalfeld der
Deckflügel hinter der Schulter stumpfwinklig erweitert, in
seiner ganzen Ausdehnung weitmaschig und stark geadert;
das Mittel- und Aualfeld mit gleicher Äderung im Bereich
der beiden hinteren Drittlieile. Beine schlank ; an den Hinter¬
schenkeln die geschwollenen Kniee oberhalb und beiderseits
mit scharfem Dorn. Hinterschienen mit allmählich länger
werdenden Dornen in beiden Reihen.
13. Hypsipages dives. Fermgineus , opcicits, testaceo-varius,
pronoti vittis duabus plcigaque praeapicali media atris, elytris
femoribusque posticis olivaceo- nigroque variegatis, horum latere
Interno, sternis , ventre tibiarumque posticarnm dimidio apicali
laete corallinis. mas. Long. corp. 16, elytr. 13 mill. —
Patria: Olive^a (Amazonas).
Fühler scherbengelb , vom dritten Gliede an unterhalb
schwarz gesäumt, das vierte, sechste, achte und zehnte Glied in
weiterer Ausdehnung, die drei letzten ganz pechbraun. Gesicht
seicht gerunzelt, licht und matt rostfarben, die Backen nahe
dem Hinterrand grob gehöckert, der Kopfzipfel und Scheitel
verloschen gerunzelt, letzterer zwischen den Augen zu einem
kleinen Wulst erhoben, hinter den letzteren schwärzlich ge-
striemt. Pronotum sehr uneben, am Vorderrande, am Seiten¬
rande zwischen der dritten und vierten Querfurehe und zu
beiden Seiten des Sattels mit perlenartigen Höckern von
goldgelber Farbe geziert, eine vorn und hinten erweiterte
Längsbinde jederseits und ein Mittelfleck des Sattels tief und
matt kohlschwarz. Die drei hohen, seitlich zusammengedrück¬
ten Zacken der Mittellinie blassgelb, die erste am Vorderrand
beginnende fast doppelt so gross als die sich zwischen der
dritten und vierten Querfurche erhebende, die dritte, vom
Sattel aufsteigende am höchsten, aber schräg nach hinten ge¬
richtet und stumpf abgerundet. Deckflügel im Costalfelde
bemerken swerther Orthopteren.
19
auf tief schwarzem Grunde rostfarben, gegen die Spitze hin
mehr olivengrün geadert, im Mittel- und Analfelde auf pech¬
braunem Grunde gegen die Basis hin licht goldgelb. Hinter¬
flügel satt rauchbraun. Vorder- und Mittelbeine licht scher¬
bengelb, schwärzlich getupft, an den vorderen die Hüften
und die Schenkelbasis unterhalb blutroth. Hinterschenkel
oberhalb und aussen gelblich olivengrün, goldig schimmernd,
mit drei sammetschwarzen Querbinden: diese Färbung auch
auf die Unterseite der Schienenbasis übergehend. Hie Sterna,
die Bauchschienen des Hinterleibes, die Innenseite der Hinter¬
schenkel, die grössere Endhälfte der Hinterschienen und die
Tarsen lebhaft korallenroth. Hie Hörnen der Hinterschienen
grünlich weiss, mit pechbrauner Spitze, die längeren hinteren
pechbraun mit blutrother Basis. Lamina subgenitalis spitz
dreieckig, comprimirt, stumpf gekielt, an der Basis beiderseis
vom Mittelkiel grubig vertieft. Raife olivenbraun mit gelber
Spitze. Hinterleibsseiten auf olivenfarbenem Grunde gegen
die Basis hin blutroth, sonst schwarz gefleckt.
14. Te trataenici brachyptera. Olivacea, cinteunis basi api-
ceque exceptis, capitis vittis quinqite, pronoti tribus gennbusque
posticis nigris , peclum posticorum femoribus prasmis, tibiis
coeruleis : elytris alisque abbreviatis , Ulis fuscis, area anali
sulpliurea , Ins coeruleis , rnargine costali apiceque infuscatis.
mas. Long. corp. 21, elytr. 11 mill. — Patria: Fonteboa
(Amazonas).
Beträchtlich kleiner und schlanker als Tetrat. surinama
Lin., durch längere Fühler, stärker zurückweichendes Ge¬
sicht, mehr horizontal verlaufenden Kopfzipfcl und verkürzte
Flugorgane abweichend, daher den Uebergang zur Gattung
Mastusia Stal bildend. — Fühler lang (13 mill.) und dünn,
pechschwarz, die beiden Basalglieder gleich dem letzten hell
olivenfarben. Stirn und Oberkiefer licht olivengrün, erstere
matt, nicht punktirt, mit zwei durchgehenden, scharf ausge¬
prägten Mittelkielen. Clypeus, Oberlippe und Kopfzipfel mehr
bräunlich olivenfarben, der übrige Oberkopf lebhaft dottergelb
mit fünf pechschwarzen Längsstriemen, von denen die hinter
den Augen verlaufenden doppelt so breit als diejenigen des
Scheitels und der Backen sind. Von diesen fünf Binden
gehen die drei mittleren nebst den sie einfassenden dotter-
2*
20
G er staecker : Charakteristik einer Reihe
gelben auch auf den Prothorax über, welchen sie bis zum
Hinterrande durchziehen; die mittlere derselben ist — gleich
der des Scheitels schwärzlich olivenbraun, die beiden seit¬
lichen tief schwarz. Der Satteltheil in seiner ganzen Breite,
der vordere Abschnitt nur zwischen den beiden seitlichen
Längsbinden dicht runzelig punktirt. Prosternalzapfen dünn
und spitz kegelförmig, hell apfelgrün. Meso- und Metapleuren
tief schwarz mit dottergelber Binde, Sterna olivengrün. Deck¬
flügel nur auf zwei Drittheile der Hinterleibslänge reichend,
schwärzlich olivenbraun mit schwefelgelber Area analis.
Hinterflügel noch kürzer, licht blau, am Costalrand und an
der Spitze rauchbraun. Yorder- und Mittelbeine olivenlärben ;
an den Hinterbeinen die Schenkel licht apfelgrün mit schwarz¬
grünen Ivnieen, die Schienen licht blau, die Tarsen grün mit
gebräunter Basis. Die sieben äusseren und acht inneren
Schiendornen weiss mit pechbrauner Spitze, die Bewümperung
weiss. Hinterleib hell olivenfarben.
15. Tetrataenia (?) vir g ata. Testacea , antennis, pedibus an -
terioribus tibiarumque posticarum basi olivaceo-viridibns , pronoti
elytrorumque vittis tribus nigris, alis sordide hyalinis , fusco-
circumdatis, pectoris lateribus fernoribusque posticis sanguineis,
bis ßavo-guttatis. fern. Long. corp. 18, elytr. 10 mill. —
Patria: Fonteboa (Amazonas).
Fühler relativ kürzer als bei Tetrat. brachyptera, durch¬
aus olivengrün. Augen etwas gewölbter und stumpfer oval,
rothbraun. Kopfzipfel und Stirn von gleicher Bildung, letztere
indessen mit nur schwach ausgeprägten Mittelleisten; Fär¬
bung des Kopfes mit Einschluss der Mundtheile schmutzig
lederbraun, Skulptur verloschen. Die Seiten des Prothorax
gleich den Mesopleuren trübe blutroth, die Oberseite rehbraun
mit drei schwarzen Striemen, von denen die mittleren doppelt
so breit als die seitlichen. Mittellinie schwach gekielt; der
Sattel in seiner ganzen Ausdehnung, der vordere Abschnitt
nur oberhalb — im Bereich der drei Binden — dicht und
grob runzelig punktirt. Die dunkelen Thoraxstriemen setzen
sich auch auf die licht scherbengelben Deckflügel fort, welche
eine Binde längs des Innenrandes, eine zweite im Bereich
der Area intermedia, ausserdem aber noch den nur schwach
geaderten Aussensaum der Area costalis schwärzlich pech-
bemerken sw er ther Orthopteren.
21
braun gefärbt zeigen. Die kurzen und breit abgerundeten
Hinterflügel wässrig braun mit dunklerer Einfassung. Vorder-
und Mittelbeine ganz olivengrün. Hinterschenkel blass blut-
roth, an der Aussenseite mit vier goldgelben Flecken,, von
welchen die dem Unterrande genäherten kleiner und etwas
weiter nach vorn gelegen sind als die beiden mehr binden¬
förmigen oberen. Hinterschienen mit rostgelbor Basis, darauf
hell apfelgrün, die grössere Spitzenhälfte tief schwärzlich
pechbraun; von gleicher Färbung auch die Dornen, welche
zwar in gleicher Zahl wie bei Tetrat, sunnama und bracliyptera
vorhanden, aber relativ länger sind. Auch sind die Hinter¬
schienen gegen die Spitze hin schwächer erweitert und
weniger abgeplattet als bei den genannten Arten. Hintertarsen
olivenbraun mit grünlichem Endgliede. Hinterleib einfarbig
rostgelb.
Siegastris, nov. gen.
Antennae elongatae, validae. Palporum maxillarium articulus
ultimus compressus , dilatatus. Carinae faciales distinctae.
Pronoti pars postica anteriore multo longior, triangularis, ad
abdominis basin usque producta. Processus prosternalis conicus.
Klgtra lanceolata, abdomen totum tegentia. Pedes postici validi,
breviusculi , femoribus inßatis, tarsorum articulo secundo primi
dimidio vix longiore.
Unter den mit ausgebildeten Flugorganen versehenen
Ommatolampis- Formen neben dem erweiterten Endgliede der
Taster durch die Grösse und Form des Pronotum-Sattels aus¬
gezeichnet. — Die Fühler sind derb, bei beiden Geschlech¬
tern von | der Körperlänge, 23gliedrig, das erste Glied
cylindrisch, um die Hälfte länger als breit, das zweite becher¬
förmig und gleich den vier folgenden wenig länger als breit,
die Glieder vom siebenten an allmählich länger und dünner
werdend. Augen von gleicher Form und Stellung wie bei
Ommatolampis , ebenso das Endglied der Kiefertaster in gleicher
"Weise eiförmig und lamellös zusammengedrückt. Gesichts¬
kiele etwas schärfer, mehr kantenförmig gegen die Wangen
hin abfallend. Der nach vorn stärker verjüngte Kopfzipfel
mit ausgeschweiften Seitenrändern, welche das Basalglied der
Fühler in weiterer Ausdehnung frei hervortreten lassen. Der
hinter der vierten Querfurche liegende Satteltheil des Pronotum
22
Ger st a ec her: Charakteristik einer Reihe
beträchtlich länger als der vordere Abschnitt, fast gleichseitig
dreieckig, flach, mit abgestumpfter Spitze, bis zur Hinterleibs¬
basis reichend. Deckflügel schmal, stumpf lanzettlich, mit
gekrümmtem und häutig gesäumten Costalrand; Hinterflügel
stumpf abgerundet, nur um ein Drittheil länger als breit, am
Hinterrande fünfmal eingeschnitten. Hinterbeine gedrungen,
die Schenkel kaum über die Hinterleibsspitze hinausragend,
geschwollen, die Schienen reichlich um ein Vierttheil kürzer,
gerade, gewimpert, mit sechs Dornen in der Aussenreihe ;
an den Hintertarsen das zweite Glied die Hälfte des ersten
wenig an Länge übertreffend.
16. Steg astris v olucris. Rufo-testacea, pedibus pallidioribus,
antennis prothoracisque incisuris sanguineis, elytris viridibus,
area costcili cinnamomea , alis infuscatis. fern. Long. corp.
33, elytr. 25 mill. — Patria: Ega (Amazonas).
Fühler korallenroth, gegen die Basis hin allmählich
blasser, das erste Glied dottergelb, die Glieder vom zehnten
an punktirt. Augen rothbraun, ohne Metallglanz. Gesicht
und Vorderhälfte der Wangen grob cavernös punktirt, glänzend
rostfarben, hier und da blutroth tingirt. Hinterer und innerer
Umkreis der Augen glatt, blutroth; Scheitel mit zwei punk-
tirten Striemen , scherbengelb. Prothorax auf rostgelbem
Grunde mit blutrothen Einschnitten, im Bereich des vorderen
Abschnittes nur mit vereinzelten, in Querreihen angeordneten
Punkten versehen, der Satteltheil dagegen ganz dicht gedrängt,
fast runzelig punktirt, nur nahe der Spitze sehr verloschen
gekielt. Deckflügel licht spangrün, mit zimmetbraunem und
beiderseits schwärzlich gesäumtem Costalfeld und röthlich
brauner Spitze des Mittelfeldes; der an der Basis breite Haut¬
saum des Costalrandes olivenfarbig. Hinterflügel gleichmässig
satt rauchbraun, leicht violett schimmernd, mit tief schwarzen
Längs- und Queradern. Beine blass scherbengelb, an den
hinteren die Kniee jederseits, die Basis und Spitze der
Schienen so wie deren Dornen blutroth, letztere mit schwar¬
zer Spitze; Bewimperung weiss. Hinterleib olivenbraun.
17. Steg astris corallipes. Viridi-olivacea, antennis , pedibus
anterioribus , posticorum tibiis tarsisque obscure sanguineis , fe-
inoribus laete corallinis : capitis vitta lata qwstocidari , in pro-
thoracem continuata nigro-picea , elytrorum area costali cinnci-
bemerJcenswerther Orthopteren.
23
momea , nigro-cincta, alis infuscatis. Long. corp. 29 (mas) —
32 (fern.), elytr. 18 (mas) — 22 (fern.) mill. — Patria: Fon-
teboa (Amazonas).
Fühler dunkel blutrotli mit peclibraunem Basalgliede.
Augen gelb- oder rothbraun, ohne Metallglanz. Die beiden
Endglieder der Kiefertaster elfenbeinfarben. Scheitel und
Kopfzipfel blass olivengrün, glänzend und glatt, die Seiten
des letzteren und eine der Breite der Augen entsprechende
Hinterhauptsbinde jederseits tief pechschwarz, letztere an
ihrem Innenrande mit grober Punktstrieme. Zwischen Augen
und Gesicht eine gelblich weisse, schwarz punktirte Binde,
das Gesicht selbst grob runzelig punktirt, glänzend, schwärz¬
lich pechbraun mit vier weissgelben Flecken. Die Färbung
des Kopfes setzt sich der Hauptsache nach auf den Prothorax
fort, welcher oberhalb olivengrün, beiderseits tief pechbraun
mit weissgelber Marmorirung — auch auf Meso- und Meta¬
pleuren — erscheint. Die Querfurchen des Prothorax gleich¬
falls pechbraun getüncht, die Punktirung wie bei der vorher¬
gehenden Art. Deckflügel etwas kürzer und stumpfer lan-
zettlich als bei dieser, licht olivengrün mit zimmetbraunem
und schwarz gesäumten Costalfelde. Der Hautsaum des letz¬
teren blass holzbraun. Hinterflügel wie bei der vorigen Art
gefärbt und geadert. Vorder- und Mittelbeine satt rothbraun ;
an den Hinterbeinen die Schenkel bis auf die gebräunten
Kniee brennend korallenroth, die Schienen dunkel blutrotli
mit gebräunter Spitze und schwarzen Dornen, die Tarsen
mit rostgelbem Endgliede, die Bewimperung weiss. Hinter¬
leib einfarbig olivenbraun.
18. 0 pJtthcilmolamjns pulchrip es. Antennis filiformibus ,
elytris ctbdomen superantibus : ferruginea , scabra , antennis ab-
domineque nitido nigris , lmjus dorso laete vitellino , elytris fusco-
olivaceis, alis ßavescenti-kyalinis, ad apicem infumatis , pedum
posticorum femoribus intus laete purpureis , genubus aurantiacis ,
nigro-signatis, tibiis tarsisque obscure viridibus. fern. Long.
corp. 33, elytr. 27 mill. — Patria: Iquitos (Amazonas).
Durch die über die Hinterleibsspitze hinausragenden
Flugorgane in nächster Verwandtschaft mit Ophthalm . (Acridium)
trochilus und bracteata Gerst. (Stett. Ent. Zeit. XXXIV, p. 189,
No. 14 u. 15) stehend. — Fühler dünn, fadenförmig, bis auf
24
G er staecker : Charakteristik einer Reihe
die rostgelben beiden Basalglieder tief schwarz. Die beiden
Endglieder der Kiefertaster elfenbeinfarben, gegen die Spitze
hin leicht verbreitert. Kopf, Prothorax, Pleuren, Sterna,
Vorder- und Mittelbeine so wie die Aussenseite der Hinter¬
schenkel rostfarben. Das Gesicht bis auf die glatten Kiele
und die "Wangen dicht und grob runzelig, Kopfzipfel und
Scheitel beiderseits ungleich schwächer punktirt, der senkrechte
Absturz des ersteren in der Mitte glatt. Prothorax wie bei
den genannten Arten cvlindrisch und gleichmässig grob run¬
zelig punktirt, ein Mittelkiel nur ganz vorn und im Bereich
des Sattels schwach angedeutet. Prosternalzapfen kurz und
dick kegelförmig. Deckflügel bis auf den bauchig gerundeten
Costalrand ihrer Basis fast gleich breit, erst dicht vor der
Spitze verschmälert und unter leichter Rundung abgestutzt.
Das Costalfeld nur an der Basis sehr schmal häutig gesäumt;
die schwieligen Längsadern an der Basis des Costal- und
Analfeldes lebhaft rothgelb, das übrige Geäder gleich dem
Grunde olivenbraun. Hinterflügel nur wenig kürzer als die
Deckflügel, gelblich hyalin, durchweg pechschwarz geadert,
das Costalfeld im Bereich des Enddrittheiles, der übrige Theil
in allmählicher Breitenabnahme gegen den Analwinkel hin
rauchbraun. Innenseite der Hinterschenkel lebhaft purpurroth,
Kniee orangefarben mit pechschwarzen Seitenschwielen. Hin¬
terschienen nebst Tarsen tief meergrün, erstere mit fünf
Aussen- und sechs Innendornen von blutrother, an der Spitze
schwarzer Färbung und mit schneeweisser Bewimperung; an
letzteren das zweite Glied von f der Länge des ersten. Hin¬
terleib glatt, glänzend schwrarz, der Hinterrand der Bauch¬
segmente und schmale Hinterrandsbinden an den Seiten von
Segment 3. bis 5. licht scherbengelb, der Rücken der sieben
vorderen Segmente in allmählich abnehmender Breite lebhaft
gold- oder dottergelb, lichter als das mehr rostfarbene Meso-
und Metanotum. Endsegmente ganz schwärzlich pechbraun,
die Lamina supraanalis und die Raife mit rothbrauner Basis,
der Ovipositor hell rostgelb.
19. Ophthalmolampis modesta. Antennis filiformibus, elytris
breviusculis : olivaceo-grisea , femoribus antennisque infuscatis,
liorum articulo apicali nec non tibiis tcirsisque posticis laete
sanguineis , cd in sordide hyalinis , obscurius circumcinctis. fern.
bemcrlcenswerther Orthopteren.
25
Long. corp. 24, elytr. 14 mill. — Patria: Itaituba (Ama¬
zonas).
Einfarbig matt graubraun, im Bereich der Deckflügel
und des Hinterleibes etwas lichter, mehr olivonfarben. Augen
lebhaft bronzefarben. Fühler dünn, fadenförmig, beträchtlich
kürzer als die Deckflügel, pechbraun, mit lebhaft korallen-
rothem Endglicde. Stirn gleich dem Prothorax dicht runzelig
punktirt, Backen und Scheitel glatt, letzterer jedoch mit zwei
divergirenden Punktstreifen. Pronotum im Bereich dos Sattels
schwach gekielt, in der vorderen Querfurche mit zwei schwärz¬
lichen Punktflecken. Prosternalzapfen mit gelber, warzen¬
förmiger Spitze. Deckflügel bis auf einen schwärzlichen
AVurzelfleck einfarbig olivengrün, rostgelb geadert, das Costal-
feld bis auf einen schmalen Hautsaum dicht gegittert. Hinter¬
flügel schmutzig hyalin mit wässerig gebräuntem Hinterrande.
Die beiden vorderen Beinpaare ganz, am dritten die Schenkel
beträchtlich dunkeier als der Körper, licht pechbraun, die
Hinterschienen bis auf die olivenbraune Basis und die
schw'arzen Spitzen der Dornen gleich den Tarsen hell blut-,
an der Spitze selbst brennend korallenroth, die dichte Wim-
perung weiss. Das zweite Tarsenglied ein wenig kürzer als
das erste; die Spitze des dritten gleich der Basis der Fuss-
klauen und dem Arolium gelbbraun. — Nach einem im Berliner
Museum befindlichen und als Ophth. brevipennis bezeichneten
Exemplar kommt diese Art auch bei Para vor.
2 0 . Op litlialmolci mp is punicea. A ntennis fliformibus , ei ytris
breviusculis : viridi-olivacea, verticis vittis duabus in prothorcicern
continnatis ibique ca:tus nigro-cinctis eburneis , elytris cinnamo-
meis , margine costali rubieuudo , area intevmedia stramineo-
vittata, alis laete sangumeis , idgro-circum datis : pedibus anteriori-
bus totis, posticorum annulo femorali , tibiis tarsisque fulvis,
genubus nigris. fern. Long. corp. 29, elytr. 16 mill. —
Patria: Cumbase (Peru).
Fühler ziemlich lang, dünn fadenförmig, tief schwarz, die
beiden Basalglieder aussen olivengrün , das erste um die
Hälfte länger als breit. Augen in der Mitte mässig genähert,
ohne Metallglanz. Gesicht grob punktirt, in der Mitte dun-
keler, beiderseits lichter olivengrün, vor und unter den Augen
gelb gescheckt, der pechbraune Scheitel jederseits blassgelb
26
G er staeck er : Charakteristik einer Reihe
eingefasst. Prothorax mit breiter pechbrauner, vorn dunke-
lerer Mittelbinde, welche am Vorderrande und beiderseits
elfenbeinfarbig gesäumt ist; nach aussen davon eine breite
tief schwarze Strieme, welche von den olivengrünen Seiten
durch einen gelblichen "Wisch getrennt ist. Prosternalzapfen
kurz und stumpf kegelförmig. Deckflügel zimmetbraun mit
breiter strohgelber Binde der Area intermedia , welche aber
bei -2 der Länge verschwindet; nach aussen von derselben
eine breite pechschwarze Strieme der Area costalis, welche
von dieser nur den zinnoberrothen Aussenrand freilässt, übri¬
gens nicht weit über die Mitte der Länge hinausreicht. Die
Area costalis bis auf einen schmalen Aussensaum dicht ge¬
gittert. Hinterflügel ziemlich umfangreich, carminroth mit
schwarzbraunem Saum, welcher in der Area costalis am brei¬
testen, von da gegen den Analwinkel hin immer schmäler
wird. Die beiden vorderen Beinpaare ganz hell rostfarben.
An den Hinterbeinen die Schenkel gleich der Mittel- und
Hinterbrust und der Bauchseite des Hinterleibes licht oliven¬
grün, ein Ring vor den tief schwarzen Knieen jedoch lebhaft
orangefarben. Von letzterer Färbung auch die Hinterschienen
bis auf einen nahe der Basis liegenden , aussen nicht völlig
geschlossenen Ring und eine sich auf die hintere Hälfte er¬
streckende Innenbinde, welche gleich den Spitzen der Dornen
pechschwarz gefärbt sind. Hintertarsen hell fleischroth, die
beiden ersten, gleich langen Glieder oberhalb pechbraun ge-
striemt, die Spitze des dritten , die Basis der pechbraunen
Fussklauen und das Arolium ledergelb. Die dichte wimper¬
artige Behaarung an Schienen und Tarsen weiss. Die Rücken¬
seite der drei ersten Hinterleibsringe gleich Meso- und Meta-
notum brennend scharlachroth ; auf den folgenden die Röthung
allmählich schwächer werdend und in das Olivenbraune über¬
gehend.
21. Op hthalmolampis speciosissima. Antennis validio-
ribus, elytris breviitsculis : fusco-olivacea, capitis vittis daabus
infraocularibus , verticis totidem in pronotum continuatis vitellinis,
antennis , tibiis tarsisque postic-is nec non elytrorum vitta lineari
sanguineis , horum area costali dilute viridi, genubus posticis
late nigris, alis saturate fuscis. fern. Long. corp. 26, elytr.
15 mill. — Patria: Fonteboa (Amazonas).
bemerkenswerther Orthopteren.
27
Fühler derb, von der Länge der Deckfltigel, bis auf das
verbreiterte goldgelbe Basalglied intensiv carminroth. Augen
bis auf die Breite des ersten Fühlergliedes einander genähert,
lebhaft smaragdgrün schillernd. Stirn und Clypeus sehr dicht
und grob, last grubig, die Scheitelmitte etwas seichter punk¬
tirt, letztere pechbraun, eine Längsbinde hinter dem Auge
jederseits schwärzlich olivenfarben, eine nach hinten breiter
werdende Binde der Stirnseiten und eine mit der gegen¬
seitigen zwischen den Augen zusammentreffende des Scheitels
dottergelb. Oberlippe, Mandibeln und Kiefertaster hell oliven¬
grün, Stirnmitte mehr bräunlich. Prothorax dicht runzelig
punktirt, mit breiter rothbrauner Mittelbinde, welche jederseits
von einem schwielig erhabenen, dottergelben Streifen einge-
lasst wird; die Seiten unterhalb des letzteren lichter oliven¬
braun, mit Grün gemischt. Prosternalzapfen quer, kurz und
stumpf kegelförmig. Beckflügel schmal, mit licht holzbrauner
Area analis, zart grüner, im Bereich ihres breiten Aussen-
randes nicht gegitterter Area costalis und carminroth ge-
striemter Area intermedia ; die rothe Binde der letzteren beider¬
seits wachsgelb und schwarz eingefasst. Hinterflügel kurz
und gedrungen, satt rauchbraun, in gleichen Abständen ra¬
diär wasserhell gestreift. Vorder- und Mittelbeino ganz, an
den hinteren die Schenkel bis auf die breit schwarzen Kniee
olivengrün, an letzteren die ohrenförmigen Erweiterungen
dottergelb. Hinterschienen nebst Tarsen blutroth, dicht greis
gewimpert, erstere mit schwarzen Knieen und Dornen , letz¬
tere mit gelber Gliederbasis und olivengrüner Spitze. Von
letzterer Färbung auch die Fussklauen und das Arolium.
Tarsen fast von f der Schienenlänge, ihr zweites Glied noch
länger als das erste. Hinterleib glänzend olivenbraun, fein
und zerstreut punktirt.
22. Ophthalmolampis dicJtroci. Testacea, antennis , capitis
protlioracisque vittis utrinque duabus, ebjtrorum basi externa
genubusque posticis sanguineis, palpis maxillaribus eburneis
articulo apicali compresso , ovato , elytrorum areis intermedia et
anali viridibus , alis infuscatis, violaceo-micantibus. fein. Long.
corp. 26, elytr. 18 mill. — Patria: Ega (Amazonas).
Ganz von der Färbung der Stegastris volucris , von welcher
sie die geringere Grösse, die kürzeren Fühler, die Form des
28
Gerstaecker: Charakteristik einer Reihe
Pronotum, die Bildung der Hintertarsen u. s. w. unterscheidet.
— Fühler derb, nur von | der Deckflügel-Länge, licht blut-
roth, mit glattem, rothgelbem Basalgliede. Augen ohne Me¬
tallglanz. Kiefertaster elfenbeinfarbig, mit abgeplattetem,
ovalen Endgliede. Gesicht dicht grubig und runzelig punk-
tirt, rostfarben, beiderseits grünlich gelb ; Backen und Scheitel
— letzterer bis auf zwei convergirende Punktstreifen — glatt,
in der Mitte lehmgelb, beiderseits blutroth. Von gleicher
Färbung der Prothorax, über welchen jederseits eine schmälere
Band- und eine breitere Rückenbinde von blutrotker Färbung
verläuft. Sattel mit schwachem Mittelkiel, viel dichter und
feiner als der vordere Abschnitt punktirt. Prosternalzapfen
stumpf zitzenförmig. An den Deckflügeln die Area costalis
bis auf einen kurzen häutigen Basalsaum von olivengrüner
Färbung dicht netzartig geadert, an der Wurzel blutroth, sonst
rehfarben; der übrige Theil bis auf die gleichfalls gelbbraune
Spitze der Area intermedia spangrün. Hinterflügel beträchtlich
umfangreicher als bei der vorhergehenden Art, satt rauch¬
braun mit violettem Schimmer, gegen die Wurzel hin all¬
mählich lichter. Beine rostgelb, die Kniee der Hinterschenkel
blass blutroth, das Endvierttheil der Hinterschienen und die
Spitze ihrer Dornen pechbraun, ihre Bewimperung weisslich.
Das zweite Tarsenglied deutlich kürzer das erste. Hinterleib
oberhalb gebräunt, sonst rostfarben.
Rhicnoderma, nov. gen.
Corpus apterum. Caput permagnum, vertieis fastigio Icitissimo,
declivi, fronte verticali, brevissima , carinis obsoletis. Ocnli late
distantes ovati , antennae filiformes. Prothorax transversus,
supra leviter bituberculatus , parte posteriore brevissima , truncata,
processu sternali transverso. Sterna ampla, subexcavata. Pedes
antiei depresso-dilatati , intermedii compressi , postici elongati ,
tibiis hirtis , intus novemspinosis, tarsorum articulo secundo
elongato. Abdomen teres, conicum.
Eine der auffallendsten Formen in der Ophthalmolampis-
Gruppe, völlig flügellos. Der Kopf äusserst plump, die ovalen
Augen um das Doppelte ihres Längsdurchmessers von ein¬
ander entfernt, der Kopfzipfel schräg abfallend, ungerandet,
vorn breit und quer abgestutzt. Stirn ganz kurz, senkrecht,
quer, mit fast verstrichenen Leisten ; die paarigen Punktaugen
bemerkensiverther Orthopteren.
29
klein, das unpaare ganz verkümmert. Fühler derb faden¬
förmig, 23 gliedrig. Prothorax sehr kurz, quer cylindrisch,
in der Mitte des Vorderrandes ausgebuchtet, hinten quer ab¬
gestutzt; nur die dritte und vierte Querfurche durchgehend,
die erste nur beiderseits ausgeprägt, die zweite bis auf einen
kurzen Eindruck der Mittellinie verloschen; zwischen der ersten
und zweiten, ebenso zwischen der dritten und vierten ein
stumpfer Mittelhöcker. Prosternalzapfen sehr kurz, in Form
einer queren, beiderseits gehückerten Leiste. Mesonotum von
halber Länge des Pronotum, Metanotum um die Hälfte länger
als ersteres. Meso- und Metasternum sehr umfangreich, ge¬
meinsam muldenförmig ausgehöhlt. Die beiden vorderen
Beinpaare kurz und derb, zottig behaart, das erste mit ver¬
breiterten und abgeplatteten, das zweite mit zusammenge¬
drückten Schenkeln und Schienen. An den verlängerten
Hinterbeinen die Schienen nur wenig kürzer als die schmalen
und seitlich zusammengedrückten Schenkel, schlank, leicht
geschwungen, in der Aussenreihe mit sieben, in der inneren
mit neun allmählich an Länge zunehmenden und haken¬
förmigen Dornen bewehrt, Hintertarsen langstreckig , das
zweite Glied beträchtlich schmäler, aber nur wenig kürzer
als das erste. Hinterleib um ein Drittheil länger als Kopf
und Thorax zusammengenommen, drehrund, gegen die Spitze
hin allmählich, aber stark kegelförmig verjüngt. Lamina
supraanalis länglich dreieckig, stumpf lanzettlich zugerundet.
Ovipositor schwach, die oberen Blätter mit nach innen und
oben, die unteren mit abwärts gekrümmter Spitze.
23. Rhicno d e rrna olivcicea. Viridi-olivacea , ubique con-
fertim rugose punctata , subnitida, supra glabra, antennis nigris,
pedum posticorum femoribus laete prasinis , tibiis fervugineis,
nigro-spinosis. fern. Long. corp. 40, antenn. 15 mill. —
Patria: Chiriqui.
Olivengrün, überall dicht runzelig punktirt, leicht glän¬
zend, mit Ausnahme der Beine glatt. Am Kopf ist der
Umkreis der Augen, eine quere Brücke zwischen denselben
und ein grosses Scheiteldreieck frei von Punktirung. An
den Fühlern sind die beiden ersten Glieder licht pechbraun,
die übrigen tief schwarz. Der Hinterrand des Prothorax
jederseits rostgelb, die muldenförmig vertieften Sterna glatt,
30
G er staecker : Charakteristik einer Heihe
glänzend, licht kastanienbraun. Die beiden vorderen Bein¬
paare dunkeier als der Kumpf, mehr olivenbraun, dicht greis¬
haarig. An den Hinterbeinen die Schenkel, abgesehen von
den olivenbraunen Knieen, hell apfelgrün, die Schienen leb¬
haft rothgelb, weisshaarig, schwarzdornig. Am Hinterleib die
beiden Endsegmente mit der Lamina supraanalis schmutzig
braun, der Ovipositor heller, fast rostfarben.
Acidacris, nov. gen.
Antennae (inaris) elongatae , filiformes. Oculi exserti , transversi,
seit remoti. Capitis fastigium latam, declive , truncatum , frons
vix retusa, carinis intermediis obsoletis. Pronotum breviusculum ,
teres, margine antico inciso, lobo posteriore subcarinato, pro-
cessu sternali tenui, compresso. Klytra angusta , subparallela,
alae oblongae. Pedum posticorum femora angusta , tibiae gra-
ciles, intus decemspinosae, tarsi articulo seeundo brevi. Ab-
dominis segmentum dorsale ultimum spinis duabus perlongis
erectis , laminam supraanalem longe superantibus armatum.
Von Acridium , mit welchem die Gattung in der Bildung
der Eiugorgane und Beine, u. A. auch in der Bedornung der
schlanken Hinterschienen übereinstimmt, bei gleich schlankem
männlichen Körper durch die ungleich längeren, fast 3/5 der
Körperlänge gleichkommenden, dünnen Kühler, die stark,
halb eiförmig gewölbten und wreiter von einander entfernten
Augen, den breiteren, vom quer abgestutzten und deutlich
abschüssigen Kopfzipfel, die kürzere, der Mittelkiele entbeh¬
rende Stirn, den in der Mitte des Vorderrandes eingekerbten,
nur im Bereich des Sattels leicht gekielten Prothorax, den
kurzen und dünnen, leicht zusammengedrückten Prosternal-
zapfen, vor Allem aber durch die eigenthümliche Bewehrung
des letzten (zehnten) Dorsalringes am männlichen Hinterleib
unterschieden. Die beiden durch einen medianen Schlitz
gesonderten Hälften desselben verlängern sich je in einen an
der Basis breiten und platten, bald darauf aber dünnen und
spitz dolchförmigen Dorn, welcher mit seinem Ende die
Lamina supraanalis weit überragt und schräg aufgerichtet ist.
Ausser dem Acridium amethy stimmt Ger st. (Stett. Ent.
Zeit XXXIV. p. 189, no. 12) von Para gehören dieser Gat¬
tung noch die beiden folgenden, jenem äusserst nahestehenden
Arten vom oberen Amazonas an :
bemerkenswerther Orthopteren.
31
24. Acidacris violacea. Prasina, antennis sanguineis , ely-
trorurn macula humerali eburnea oblong o-quadr ata, alis violaceis
apicem versus leviter infuscatis , pedwn posticorum tibiis vindibus ,
£ams fulvis. mas. Long. corp. 33 — 35, clytr. 26 - 28 mill.
— Patria: Olivenqa et Fonteboa (Amazonas).
Etwas grösser als Acid. amethystina Ger st., mit welcher
sie im Colorit des Rumpfes und der Flugorgane durchaus
übereinstimmt. Die Fühler sind jedoch nicht schwarz, sondern
blutroth, an der Basis lichter, mehr rostfarben. Der helle
Schulterfleck der Deckflügel zieht sich nicht streifenförmig an
der Costa entlang, sondern ist länglich viereckig, am Ende
quer abgestutzt, licht knochengelb. Die violetten Hinter¬
flügel sind längs der Costa rauchbraun , das schwärz¬
liche Geäder an der Spitze des Mittelfeldes rauchbraun ge¬
säumt und umflossen. An den Hinterbeinen sind die Kniee
geschwärzt, die Hinterschienen dunkeier grün als die mehr
apfejgrünen Schenkel, ihre Dornen schwarz, mit rothbrauner
Basis. Hinterleib olivenbraun, an der Basis des Rückens
pechbraun ; von letzterer Färbung auch die Dornfortsätze des
letzten Dorsalringes.
25. Acidacris miniacea. Prasina, antennis ruf o-brunneis, ar-
ticulis duobus basalibus viridibus, elytrorum macula humerali
eburnea ovata, alis laete miniaceis, ad apicem infuscatis. mas.
Long. corp. 34, elvtr. 28 mill. — Patria: Jurimaguas (Peru).
Von der vorhergehenden Art besonders durch das Colorit
der Hinterflügel abweichend. Die Fühler zeigen die beiden
Basalglieder gleich der Stirn licht apfclgrün , die übrigen
dunkel rothbraun, gegen die Spitze hin allmählich lichter.
Der knochengelbe Schulterfleck der Deckflügel ist mehr läng¬
lich oval, nicht abgestutzt. Die Hinterflügel sind licht und
intensiv mennigroth, die Costa nur im Bereich des letzten
Fünfttheiles gebräunt. Zwischen Costal- und Mittelfeld tritt
von der Spitze her ein rauchbrauner, fast auf der Länge
reichender Wisch ein, zu dessen beiden Seiten die Flügel¬
substanz gitterartig braun erscheint. Hinterschienen lichter
grün als bei Acid. violacea, die gleichfarbigen Dornen mit
pechbrauner Spitze. Hinterleib oberhalb rostroth, unterhalb
licht olivengrün ; die Dornen des letzten Dorsalringes schwärz¬
lich pechbraun.
32
G er sta e eher : Charakteristik einer Reihe
26. Rliomalea opulenta. Nigra , nitida , elytris viridi-venosis,
antennarum apice, capitis prothoracisque vittis quatuor, alarum
area basali rotundata fasciaque anteapicali , femorum posti-
corum annulis tribus , intermediorum tibiarumque posticarum
unica vitellinis. fern. Long. corp. 34—40, elytr. 40 — 43
mill. — Patria: Oliver^a et Iquitos (Amazonas).
Von der Grösse und Porm der Rliom. mile.s Brury. An
den Fühlern die fünf letzten Glieder ganz, das vorangehende
zur Hälfte dottergelb. Hie gleichfarbigen Binden der Backen
setzen sich in gleicher Breite auf die Prothoraxseiten, in
etwas geringerer und mit leichter Unterbrechung auch auf
die Meso- und Metapleuren fort. Hie beiden gelben Scheitel¬
striemen vorn und seitlich grasgrün gesäumt; ihre Fortsetzung
auf das Pronotuni in zwei unregelmässig eiförmige Flecke
aufgelöst, deren vorderer von der zweiten bis zur dritten
Querfurche reicht, während der hintere den Basalrand des
Sattels berührt. Heckflügel 4 mal so lang als breit, auf
schwarzem Grunde licht grasgrün geadert, die Spitze mehr
rauchschwarz. Von den beiden dottergelben Flecken der
Hinterflügel der grosse basale hinten und innen fast kreis¬
förmig abgerundet und bis zur Costa reichend, der vor der
Spitze liegende bindenförmige durch einen dünnen und oft
unterbrochenen schwarzen Strich nur unvollständig in zwei
geschieden. Vorderbeine ganz, Mittelbeine bis auf einen nahe
der Spitze liegenden gelben Schenkelring schwarz. An den
Hinterbeinen sind die Schenkel mit drei breiten und voll¬
ständigen, die Schienen nur mit einem basalen gelben Ringe
versehen. Sterna und Bauch glänzend olivenbraun, der
hintere Theil des Metasternum und das erste Hinterleibssegment
schmutzig gelb. Hie acht vorderen Borsalringe des Hinter¬
leibes mit abgekürzten gelben Seitenbinden.
Von Rhom. Peruviana Pict. , Sauss. unterscheidet sich
diese Art durch das nicht lichter grün gefärbte Costal- und
Analfeld der Heckflügel, durch den bis zur Costa reichenden
dottergelben Spiegel der Hinterflügel und den Mangel eines
zweiten gelben Ringes der Hinterschienen.
Epiprora, nov. gen.
Caput exsertum , fastigio verticali, oculos nullo modo super ante,
fronte fortiter retusa, fere horizontali, carinis acutis, percurren-
bemerken sw er ther Orthopteren.
33
tibus. Oculi convergentes. Antennae filiformes , palpi inaxil¬
lares apicein versus compressi. Prothorax breviusculus, teres ,
ecarinatus, processu stemali longo , tenui , acuto. Klytra art-
gusta, sabparallela , alae oblongae. Abdomen femoribus posticis
brevius, segmento dovsali ultimo rnaris e.vciso. Tibiae posticae
graciles, intus novemspinosae, tarsorum articulus secundus brevis.
Die Gattung schliesst sich trotz mehrfacher habitueller
Abweichungen zunächst offenbar an Copiocera Burm. an.
Der wie bei dieser weit aus dem Prothorax heraustretende
Kopf hat einen senkrecht abfallenden, nicht über den Vorder¬
rand der Augen hervortretenden Zipfel. Die stark zurück¬
weichende, last horizontale Stirn zeigt die beiden Mittelkiele
bis zum Clypeusrande ebenso scharf ausgeprägt wie die seit¬
lichen. Das Endglied der Kiefertaster ist deutlich comprimirt
und leicht verbreitert. Die Fühler sind beträchtlich kürzer
und erscheinen dadurch derber. Der Prosternalzapfen ist
lang und dünn, dolchlormig, sich mit der Spitze dem Vorder¬
rand des Mesosternum auflegend. Deck- und Hinterflügel
nicht ganz so gestreckt, wie bei Copiocera , letztere am Spitzen¬
rand der Ausmündung der Längsadern entsprechend einge¬
kerbt. Der Hinterleib ist ungleich weniger gestreckt, so dass
die Hinterschenkel seine Spitze beträchtlich überragen: das
letzte Dorsalsegment beim Männchen in der Mitte ausge¬
schnitten, die Lamina supraanalis gleichschenklig dreieckig,
flach, die Lamina subgenitalis kielförmig comprimirt, scharf
zugespitzt. Die sehr schlanken Hinterschienen sind innen
mit neun, aussen mit acht an Länge allmählich zunehmenden
Dornen bewehrt, sparsam bewimpert.
27. Kpiprora hilaris. Pusco-olivacea, opaca, antennis nigris,
fronte , genis, prothoracis lateribus pleuvisque testaceis , elytris
cervinis , disperse et obsolete fusco-guttatis, alis cvoceis , radiatim
cinereo-strigosis , pedibus posticis olivaceo-viridibus , genubus ,
tibiarum apice tarsisque ruf o-ferrug ineis. mas. Long. corp.
25, elytr. 23 mill. — Patria: Itaituba (Amazonas).
Fühler tief schwarz, die beiden Basalglieder oberhalb
lichtbraun. Augen bronzefärben. Oberkopf matt olivenbraun,
querrunzelig, längs der Mitte feilenartig rauh, gegen die blass
scherbongelben Wangen durch eine schwärzliche Binde scharf
abgesetzt. Stirn, Clypeus und Oberlippe auf licht gelbem
3
34
G er staeclcer : Charakteristik einer Reihe
Grunde unregelmässig schwärzlich punktirt, auch die beiden
scharfen Mittelkiele besonders gegen den Kopf hin geschwärzt.
Endglieder der Kiefertaster elfenbeinfarben. Prothorax oben
und beiderseits dem Kopf entsprechend gefärbt, dicht run¬
zelig punktirt; Satteltheil kurz, mit abgerundetem Hinterrand,
Prosternalzapfen gelblich. Meso- und Metapleuren rostgelb,
grob punktirt. Deckfliigel gegen das Ende etwas verjüngt
und bei schräger Abstutzung leicht zugespitzt, im Bereich des
Basaldrittheils rauchbraun, sodann licht rehbraun mit zer¬
streuten dunkleren Tupfen. Hinterflügel lebhaft safrangelb,
goldig schimmernd, gleichfarbig geadert, ihr schmaler Spitzen¬
saum und von diesem ausgehende radiäre, den Haupt-Längs¬
adern folgende Streifen aschgrau, der Costalrand gebräunt.
Vordere Beinpaare olivenfarben, Hinterbeine intensiv grün,
die Trochanteren, die Kniee in weiterer Ausdehnung und die
Tarsen rostgelb, das Enddrittheil der Schienen blutroth; die
Dornen der letzteren vorn schwarz, hinten von der Grund¬
farbe mit dunkeier Spitze, Bewimperung weiss. Hinterleib
oberhalb gleich Meso- und Metanotum rostfarben, unterhalb
dunkeier, mehr olivenbraun.
28. Copiocera lepida. Viridi-olivacea, antennarum nigrarum
articulis quatuor vel quinque apicalibus vitellinis , pedibus ante-
rioribus tibiisque posticis laete sanguineis , c darum hyalinorum
basi late coerulea, margine omni infuseato. Long. corp. 32 — 35
(mas), 45 (fern.), elytr. 24 — 29 (mas), 35 (fern.) mill. —
Patria: Ega, Fonteboa (Amazonas).
Kumpf nebst Deckflügeln und Hinterschenkeln olivengrün,
letztere gleich der Brust und dem Hinterleib glänzend, die
übrigen Theile matt. Die dünnen Fühler schwarz mit roth-
braunem Basal- und dottergelben Endgliedern. Clvpeus und
Oberlippe rostgelb, braunfleckig, die Spitze der Mandibeln,
die Endglieder der Taster und der Prosternalzapfen wachsgelb.
Hinterflügel glashell, an der Wurzel in weiter Ausdehnung
hellblau, die Endhälfte des Costalfeldes und ein breiter Rand¬
saum des Analfeldes rauchbraun. Die beiden vorderen Bein¬
paare licht blutroth mit rostfarbenen Tarsen und pechbrauner
Aussenstrieme der Schienen, an den Hinterbeinen die Kniee
dottergelb, die Schienen und Tarsen blutroth, letztere jedoch
mit schwarzer Rückenstrieme; Schiendornen schwarz. Hinter-
bemerlcenswerther Orthopteren.
35
leib unterhalb und beiderseits lichter als am Rücken gefärbt,
mehr gelbgrün, mit dunkleren Einschnitten.
29. Copiocera specularis. Fusco-olivacea , antennarum ni-
grarum articulis tribus apicalibus testaceis, genubus vitellinis,
tibiis nigricantibus, abdominis laete sanguinei segmentis duobus
basalibus totis, sequentium fasciis lateralibus nigris: alis infu-
scatis , basin coei'uleam versus fere liyalinis. Long. corp. 34
(mas) — 48 (fern.), elytr. 32 (mas) — 42 (fern.) mill. —
Patria: Chiriqui.
Kopf, Prothorax, Brust, Deckflügel, Bauchseite des Hinter¬
leibes und Beine olivenbraun, Clvpeus, Oberlippe und Oberkiefer
pechschwarz, Endglieder der Taster und Spitze des Prosternal-
zapfens wachsgelb. An den Fühlern die beiden Basalglieder
pechbraun, die drei Endglieder blass scherbcngelb. Hinter¬
flügel an der Basis in gleich weiter Ausdehnung hellblau,
wie bei Cop. lepida , sonst gleichmässiger und wässriger ge¬
bräunt. Beine von Körperfärbung, die Kniee jedoch dotter¬
gelb ; an den beiden vorderen Paaren die Schienen an der
Aussenseite, am dritten die Schenkel unterhalb und die
Schienen ganz und gar geschwärzt, ihre Dornen tief schwarz.
Hinterleib unterhalb dunkel oliven braun , an der Basis ge¬
schwärzt; oberhalb die beiden Basalringe gleich Meso- und
Metanotum tief und glänzend schwarz , die folgenden Seg¬
mente licht blutroth, beiderseits mit schwarzen Bindenflecken
an der Basis.
30. Copiocera laeta. Viridi-olivacea, antennarum basi , pe-
dibus anterioribus abdomineque laete sanguineis , hu jus lateribus
ßavo-maculatis : pedum posticorum genubus luteis, tibiis tarsisque
rufo-piceis, alis saturate fuscis , ima basi coerulescenti. mas.
Long. corp. 30, elytr. 28 mill. — Patria: Fonteboa (Ama¬
zonas).
Kopf, Thorax, Deckflügel und Hinterschenkel wie bei
Cop. lepida olivengrün, die Spitze des Kopfzipfels nebst der
Aussenseite der beiden ersten Fühlerglieder jedoch gleich
den beiden vorderen Beinpaaren licht blutroth. Die vier
Endglieder der Fühler lebhaft orangefarben, die Kniee der
Hinterschenkel dottergelb. Hinterflügel in ihrer ganzen Aus¬
dehnung gleichmässig und satt rauchbraun , die äussersto
Basis trübe blau. Rücken des Hinterleibes hell und intensiv
3*
36
Gerstaecker : Charakteristik einer Reihe
korallenroth , die Seiten goldgelb mit schwärzlich braunen
Einschnitten , die Bauchseite licht olivenbraun , die Raife
schwärzlich pechbraun.
31. Copiocera erythrogastra. Fusco-olivacea , antennarum
femorumque posticorum intus scinguineorwn apice aurcintiaco ,
abdoniine laete sanguineo, utrinque nigro-fasciato, alis saturate
fuscis , basin versus paidlo dilutioribus. fern. Long. corp.
40 — 45, elytr. 33 — 39. - Patria: Olivenqa, Pebas, Iquitos
(Amazonas).
Xiphicer a erythrogastra Perty*, Delect. animal. Brasil, p. 122, Taf.
24, fig. 2 (fern.)
Copiocera encera et erythrogastra Burmeister, Handb. d. Entom. III.
p. 612 (mas, fern.)
Vorstehende Art ist durch Vergleich mit dem im Mün¬
chener Zoologischen Museum befindlichen Pertv’ sehen Ori¬
ginal-Exemplar gesichert worden.
32. Copiocera au st er a. Valida , rufo-brunnea, antennarum
articulis sex apicalibus aurantiacis, ore, pedibus anterioribus
totis, posticoi'um genubus, tibiis tarsisque nec non metanoto et
abdomine nigro-piceis , hujus segmentis 4. — 8. fulvo-fasciatis:
alis saturate fuscis , ad basin latius coer uleis. fern. Long.
corp. 45, elytr. 40 mill. — Patria: Iquitos (Amazonas).
Bei gleicher Grösse kräftiger gebaut als Cop. erythro¬
gastra und specularis , u. A. auch durch breitere Deck- und
Hinterflügel unterschieden. Kopf, Thorax, Deckflügel und
Hinterschenkel intensiv kupfer- oder rostbraun, Mund und
Fühler tief schwarz , die sechs Endglieder der letzteren
licht orangefarben. Die Hinterflügel satter rauchbraun als
bei allen übrigen Arten, lebhaft violett schimmernd, die Basis
jedoch in gleicher Ausdehnung hellblau wie bei Cop. lepida.
Metanotum und Hinterleibsrücken tief und glänzend schwarz,
der dritte Bing des letzteren nur seitlich, die folgenden bis
zum Mittelkiel hinauf breit gelbbraun gebändert. Auch der
Prostern alzapfen ist gelbbraun gefärbt.
Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die vorstehend
als Arten unterschiedenen Cop iocer a-Formen bei allen ihren
relativen Gestaltungs- und Grössen-, besonders aber bei ihren
z. Th. sehr auffallenden und nach den Lokalitäten constant
erscheinenden Färbungs -Verschiedenheiten keine scharfen
bemerkenswerther Orthopteren.
37
plastischen Unterschiede wahrnehmen lassen, so dass die
Möglichkeit einer lediglichen Racen -Verschiedenheit nicht
ausgeschlossen erscheint.
33. Leptysma cyanoptera. Supra sanguinea, infva vitellina ,
viridi-tincta , capite prothoraceque utrinque nigro-vittatis , pedibus
prasinis , metanoto abdominüque segmentis quinque anteriori-
bus supra alisque cyaneis , /ws fusco-cinctis : elytris abdomine
brevioribns , apicem versus sensim attenuatis , obtusis. mas.
Long. corp. 32, antenn. 15, elvtr. 18 mill. — Patria: Iquitos
(Amazonas).
Fühler lang und dünn, im Bereich der Basalhälfte pris¬
matisch, unter- und ausserhalb apfelgrün, oberhalb blutroth,
gegen die Spitze hin röthlich pechbraun. Kopfzipfel wenig
kürzer als die Augen, schmäler und spitzer lanzettlich als
Lept . filiformis Serv., grobhöckerig gerunzelt, rinnenförmig
vertieft, oberhalb blutroth; der scharfe Kiel der Unterseite
bis zur Spitze des zweiten Fühlergliedes reichend. Augen
vorn nur durch eine ganz lineare Scheitelbrücke getrennt.
Oberkopf beiderseits von einer olivenfarbenen Mittelbinde
blutroth, hier striemenförmig punktirt, nach aussen davon
schwärzlich olivenbraun, die Wangen in Form einer breiten,
vorn den Unterrand der Augen säumenden Längsbinde dotter¬
gelb, die Stirn apfelgrün, gegen den rostfarbenen Mund hin
gleichfalls gelb, letztere matt, längs des Aussenrandes dichter,
sonst zerstreut und ziemlich fein punktirt. Die dottergelbe
Aussen- und die daran schliessende schwärzlich olivenfarbene
Binde auch auf das Pronotum übergehend, der Rücken des
letzteren ganz blutroth, nur ein schwacher Kiel und die Mitte
des Hinterrandes vom Satteltheil licht scherbengelb; die Punk-
tirung des vorderen Abschnittes gröber und weniger gedrängt
als auf dem Sattel, dessen Hinterrand stumpf abgerundet er¬
scheint. Prosternalzapfen dicker und stumpfer als bei Lept.
filiformis. Sterna und Pleuren dottergelb , erstere zerstreut
punktirt und weisshaarig, letztere unter dem Flügelansatz
mit pechschwarzer Längsbinde. Deckflügel nur bis zum End¬
rande des sechsten Hinterleibsringcs reichend, schmal, fast
parallel, erst im Bereich des Spitzen-Sechstthcils allmählich
verschmälert und stumpf zugerundet; zimmetbraun, durch die
blutrothen Längsadern gegen die Basis hin mehr kupfrig
38
Ger staecker : Charakteristik einer Reihe
roth, am Costalrande pechschwarz gesäumt. Hinterflügel etwa
um ein Sechsttheil kürzer, intensiv kobaltblau geadert, im
Bereich der Wurzel und längs des Aussenrandes mit glas¬
heller, im Uebrigen mit satt rauchbrauner Flügelsubstanz.
Die beiden vorderen Beinpaare olivengrün, am dritten die
Schenkel ausserhalb grünlich gelb, innerhalb grasgrün, die
Schienen von letzterer Färbung, innen mit zwölf, aussen mit
zehn feinen, halb blassgelben, halb schwarzen Dornen und
greis gewimpert. Hinterleib dünn , die Spitze der Hinter¬
schenkel reichlich um ein Drittheil seiner Länge übertreffend,
mit olivengrüner Bauchseite; die Dorsalringe jederseits dotter¬
gelb gesäumt, die fünf vorderen gleich dem Metanotum indigo¬
blau, die übrigen rostroth, der tiefgespaltene zehnte gleich
der Lamina supraanalis jederseits mit tief schwarzer Schwiele,
die Lamina subgenitalis blass knochengelb mit pechbraunem
Oberrand, unterhalb grubig vertieft.
Prorachthes, nov. gen.
Capitis fastigium horizontale , vertice fere tertia parte longius,
obtnse conicurn, apice acuminatum, sulco interoculari separatum.
Carinae faciales intermediae approximatae, per currentes, late¬
rales abbreviatae, obtusae. Antennae anguste ensiformes. Oculi
obliqui, vix prominentes, distantes. Ocelli anteoculares minuti,
irnpar fere obsoletus. Prothorax compressus , ecarinatus , capite
duplo brevior. Processus prosternalis fere horizontalis, crassus,
apice dilatatus et bilobus. Plytra abdomine fere tertia parte
breviora, apicem versus sensim attenuata : alae angustae. Ab¬
domen capite protlior aceque unitis fere duplo longius, carinatum,
compressum. Pedes postici debiles, femoribus dimidiam ab-
dominis longitudinem parum superantibus, tibiis paullo brevio-
ribus, gracilibus, intus 12-spinosis.
Die ansehnliche und auffallend gebildete Art, auf welche
diese Gattung begründet ist, gleicht in ihrer Gesammterschei-
nung so sehr dem von St oll (Sauterelles pl. VIb, fig. 18)
als Afrikanisches Insekt abgebildeten Gryllus crenulatus, dass
man sie, unter Annahme einer irrigen Vaterlandsangabe und
einer verfehlten oder wenigstens mangelhaften Abbildung,
auf diesen zu beziehen sich veranlasst fühlen könnte. Nach¬
dem indessen Walker (Catal. of Dermapt. saltat, III. p. 502)
das Vorkommen der Sto 11’ sehen Art in Afrika — freilich
bemerkenswerther Orthopteren.
39
gleichfalls ohne nähere Angabe des Fundortes — bestätigt
und die Fühler derselben in Ueberein Stimmung mit Stoll
als borstenförmig, d. h. als nicht plattgedrückt angegeben
hat, dürften sich auch die übrigen Abweichungen der S toi P-
schen Figur in Bezug auf Plastik wie auf Färbung als für
die Afrikanische Art zutreffend und gegenüber der Gattung
Legua Walk, für die zu beschreibende Amerikanische Art als
generische heraussteilen.
Die obige Diagnose ist noch in folgender Weise zu er¬
gänzen: Die Fühler sind reichlich so lang wie Kopf und
Prothorax zusammengenommen, vom zweiten bis neunten
Glied plattgedrückt, erst im Bereich der folgenden cylindrisch
und allmählich dünner, bis borstenförmig werdend. Der durch
eine zwischen den Augen verlaufende Querfurche vom Scheitel
abgesetzte Kopfzipfel ist etwa um ein Drittheil länger als der
Scheitel selbst, oberhalb seiner ganzen Länge nach gefurcht,
nicht, wie bei Stoll, gleichschenklig dreieckig, sondern bis
zur Fühlerinsertion ganz allmählich kegelförmig verjüngt,
dann plötzlich scharf dreieckig zugespitzt. Die beiden mitt¬
leren Gesichtsleisten erstrecken sich continuirlich von der
Spitze des Kopfzipfels bis zum Clypeusrande, grenzen un¬
mittelbar, nur durch eine feine Furche getrennt, aneinander
und werden nach unten hin immer wulstiger; die sehr viel
schwächer entwickelten seitlichen reichen in deutlicher Aus¬
prägung von der Basis nur bis in die Augengegend, um
sodann allmählich zu verschwinden. Die vor den Augen
liegenden paarigen Ocellen sind sehr klein, der in die Ge¬
sichtsfurche eingebettete unpaare fast verkümmert. Der seit¬
lich zusammengedrückte, oberhalb eher abgeplattete als ge¬
wölbte Prothorax ist noch nicht halb so lang wie der Kopf,
am Vorder- und Hinterrand abgerundet, nur auf dem hinteren
Theil des Sattels mit der Andeutung eines Kieles versehen.
Der fast horizontal verlaufende Prosternalzapfen hat aufge-
wulstete, divergirende Seitenränder und erscheint bei seiner
starken hinteren Erweiterung und der Zweilappigkeit seines
Endrandes von der Fläche gesehen verkehrt und lang herz¬
förmig. Der langstreckige, seitlich comprimirte und oberhalb
scharf gekielte Hinterleib ist einschliesslich des Metanotum
doppelt so lang als Kopf und Prothorax zusammengonommen
40
Gerstaecker: Charakteristik einer Reihe
lind wird von den zurückgeschlagenen Deckflügeln nur bis
zur Mitte des sechsten Dorsalringes bedeckt. Die langstreckige
Lamina supraanalis ist stumpf lanzettlich und breit gefurcht.
Die kurzen oberen Lamellen des .Ovipositor sind mit der
Spitze aufwärts, die noch kürzeren unteren abwärts gekrümmt.
34. Prorachthes insignis. Prasinus , opacus, antennis nigro-
olivaceis , pedibus ßavescentibus, tibiis posticis basi excepta intus
fusco-violaceis, albo-spinosis, abdomine ferrugineo : elytris coeru-
leis, ßavo-venosis , alis vitreis, area anali ultra medium usque laete
miniacea. fern. Long. corp. 83 — 88, capit. 19, elytr. 40 — 41
mill. — Patria: Olivenga (Amazonas), Jurimaguas (Peru).
Pühler schwärzlich olivengrün, mit lichterem, fast gelbem
Basalgliede. Kopfzipfel jederseits der Mittelfurche mit fast
zweireihig angeordneten grubigen Punkten, welche schwächer
werdend, sich in zwei divergirenden Streifen auch auf den
Scheitel fortsetzen. Die beiden mittleren Stirnleisten gegen
den Clvpeus hin immer dichter punktirt und hier bis zur
Augengegend elfenbeinfarben; die Seiten der Stirn zwischen
Mittel- und Seitenkielen narbig punktirt. Oberlippe und
Mandibeln licht gelb, letztere mit brauner Längsbinde inner¬
halb der Schneide; Taster noch blasser, weisslich gelb. Pro¬
thorax ebenso matt grasgrün wie der Kopf, überall runzelig,
oberhalb jedoch bis zum Beginn des Sattels flacher narbig
punktirt. Prosternalzapfen rothgelb. Brustseiten und Sterna
apfelgrün, Metanotum wachsgelb ; Deckflügel auf licht kobalt¬
blauem Grunde hell grünlich gelb geadert und hierdurch dem
unbewaffneten Auge als hellgrün erscheinend. Costalfeld der
Hinterflügel glashell, schwefelgelb geadert, Mittelfeld im Be¬
reich der Basalhälfte blass roth mit gleichfalls gelber Äderung.
Analfeld bis auf das glashelle und gelb geaderte Spitzen¬
drittheil intensiv und hell mennigroth gefärbt und geadert,
diese Färbung im Bereich der Basalhälfte bis zum Innenrande
reichend, weiter ausserhalb sich jedoch nur strahlig auf die
Längsadern beschränkend. Vorder- und Mittelbeine apfel-
grün mit gelben Tarsen; an den Hinterbeinen die Schenkel
licht rostgelb, die Schienen apfelgrün, auf f ihrer Länge von
der Spitze her innerhalb dunkel violettbraun, mit elfenbein-
weissen, schwarzspitzigen Dornen, die Tarsen oberhalb heller
violett. Hinterleib einfarbig rostgelb mit lichterem Ovipositor.
bemer Icenswerther Orthopteren.
41
35. M a stax t ip ula via. Tibiis posticis pallide annulatis , elytris
alisque oblong is , vitreis , fusco-venosis , antennarurn articulis
duobus prirnis cum capite sulphureis , hujus vittis binis verticalibus
et postoculanbus atris , prothorace olivaceo, utrinque laete scin-
guineo. Long. corp. 15 (mas) — 22 (fern.), elytr. 16 (mas)
— 19 (fern.) raill. — Patria: Saracayon et Jurimaguas (Peru).
Fühler des Männchens schlank, tief schwarz, die beiden
ersten Glieder licht wachs- oder schwefelgelb. Kopf von
letzterer Farbe, jedoch zwei schmale, beiderseits abgekürzte
Striemen des Scheitels, eine breite, vom Hinterrand der Augen
ausgehende Binde und ein Punktfleck unterhalb derselben
tief schwarz. Stirn kurz, die Mittelleisten weit vor dem Clv-
peusrand endigend und an ihrem unteren Ende in zwei
schräge Querleisten übergehend. Mund grünlich blassgelb.
Prothorax licht olivenfarben , mit schwärzlichem oder grün¬
lichem, narbig punktirten und leicht gekielten Sattel , jeder-
seits mit hell blut- oder carminrother Binde. Deck- und
Hinterflügel, erstere mit stark verschmälerter Basis, letztere
reichlich doppelt so lang als breit, pechbraun geadert, ent¬
weder bis auf die jenseits der Basis rauchbraune Area analis
der Deckflügel vollkommen glashell, oder auch der Spitzen¬
rand der Area intermedia braun gesäumt, zuweilen selbst
eine grössere Anzahl von Spitzenzellen wässerig braun ge¬
kernt. Vorder- und Mittelbeine olivengrün, Hüften, Trochan-
teren und Schenkelbasis rostgelb. An den Hinterbeinen die
Schenkel licht graugrün mit schwarzen Kanten und Quer¬
strichen , vor den breit kohlschwarzen Ivnieen mit weisslich
giünem Ring und an der Aussenseite der Kniee selbst mit
gleichfarbigem Fleck; die Schienen kohlschwarz mit licht
grüner Spitze und weisslichem Ringe nahe dem Ende des
ersten Längsdrittheils, an der Innenseite 21 Dornen führend,
von denen die sehr kurzen vorderen ganz schwarz, die fol¬
genden, abwechselnd längeren und kürzeren blassgrün und
an der Spitze schwarz sind. Tarsen spangrün, mit weiss-
licher Basis der einzelnen Glieder. Pleuren auf olivenfärbenem
Grunde schräg schwarz gestriemt, oberhalb blutroth; Sterna
und Basis des Hinterleibes olivenbraun, die Endhälfte des
letzteren licht gelbgrün, mit schwarzen, in der Mitte des
Rückens unterbrochenen Querbinden. Lamina supraanalis
42
Gerstaecker: Charakteristik einer Reihe
mit aufgebogener dreieckiger Spitze, bis zu dieser schräg ab¬
fallend. Raife lang, bis über den Hinterrand der Lamina
subgenitalis hinausragend, Sförmig geschwungen , mit der
scharfen Spitze abwärts gekrümmt, schwärzlich pechbraun.
Lamina snbgenitalis hell scherbengelb, doppelt so lang als
breit, bis auf das letzte scharf zugespitzte Enddrittheil pa¬
rallelseitig.
Das Weibchen, nur in einem, anscheinend missfarbig
gewordenen Exemplar vorliegend, ist reichlich um ein Viert-
theil grösser. Bei ihm ist die Area intermedia der Deck¬
flügel gleichmässig wässerig gebräunt, der Kopf oberhalb
schwärzlich, Stirn und Wangen sind auf pechbraunem Grunde
rostgelb gefleckt, die beiden Basalglieder der Fühler rostfarben.
Der Hinterleib einfarbig gelbbraun, der schmale Ovipositor
scherbengelb mit geschwärztem Sägerand, die Raife kurz und
gerade. Die charakteristische Färbung des Prothorax und
der Hinterschienen ist dieselbe wie beim Männchen.
36. Mastax militaris. Tibiis posticis unicoloribus, elytris
alisque oblongis , v itreis vel leviter infuscatis : laete aurantiaca,
antennis basi excepta, vertice , pronoti vittis cluabus latis , genu-
bus tibiisque posticis atris. Long. corp. 16 — 18 (mas) — 24
(fern.), elytr. 16 (mas) — 19 (fern.) mill. — Patria: Oliven^a,
Fonteboa (Amazonas)
Von übereinstimmender Flügelform mit der vorhergehen¬
den Art, aber von etwas kräftigerem Körperbau. Fühler des
Männchens kürzer und derber, tief schwarz, die beiden
grossen Basalglieder lebhaft dottergelb, die beiden folgenden
dünnen licht olivengrün. Kopf intensiv orangefarben mit
matt schieferschwarzem Scheitel; letztere Färbung sich hinter
den Augen bis auf den oberen Theil der Wangen fortsetzend.
Stirn länger als bei Mast, tipularia die mittleren Leisten fast
bis zum Clypeusrande reichend. Mund gleichfalls rothgelb,
die Spitzen der Mandibeln und der Taster gebräunt. Der
orangefarbene Prothorax mit zwei breiten , mattschwarzen
Rückenbinden, sein auf dem Sattel schwacher Mittelkiel im
Bereich des vorderen Abschnittes höher, aber nicht bis zum
Vorderrande reichend. Pleuren und Sterna von Körperfarbe,
Meso- und Metanotuni schmutzig olivengrün. Deckflügel
etwas stärker wässerig gebräunt als die Hinterflügel, die
hemerkensiverther Orthopteren.
43
Wurzel ihres Mittelfeldes pechbraun. Vorder- und Mittelbeine
rostfarben mit olivengrünen Schienen und Tarsen. An den
Hinterbeinen die Basalhälfte der Schenkel orangefarben mit
schwarzen Kanten, die Spitzen hälfte geschwärzt mit wenig
auffallendem lichteren Ringe, die Schienen tief kohlschwarz
mit 21 bis 23 Innendornen, welche bis zum letzten Längs-
drittheil allmählich länger, dann wieder etwas kürzer werden;
die Tarsen licht blaugrau. Hinterleib orangefarben, unterhalb
licht gelbgrün, oberhalb mit zwei schwärzlichen, sich auf die
fünf vorderen Segmente erstreckenden Rarallelbinden, der
siebente und achte Dorsalring tief sammetschwarz, der kurze
neunte hell schwefelgelb. Die Lamina supraanalis breit deckel¬
förmig, an der Basis flach, breit gefurcht, matt kohlschwarz,
mit der stumpfen , glänzenden Spitze aufgebogen. Raife
gleichfalls kohlschwarz. Lamina subgenitalis kurz und breit,
mit quer viereckiger Basal- und an der Basis tief ausgehöhlter,
unter scharfer Querkante abgesetzter und aufsteigender End¬
hälfte.
Beim Weibchen sind die Fühler kürzer und dünner,
Stirn und Wangen gleich der Fühlerbasis und den Prothorax¬
seiten merklich dunkeier, mehr ziegelroth, die Hinterflügel
kaum merklich gebräunt, der Hinterleib bis auf den licht
gelben neunten Dorsalring einfarbig rostbraun, von gleicher
Färbung auch der nur am gesägten Aussenrand schwärzliche
Ovipositor. Hinterschienen bleigrau, mit licht knochengelber
Spitze, Tarsen olivengrün.
37. Mastax imitatrix. Tibiis posticis unicoloribus , nigris ,
elytris brevioribus cinnamomeis , alis amplis , obtuse rotundatis
croceis , f usco-marginatis : aterrima , frontis macula magna
eburnea, prothoracis lateribus, pleuris abdominisque segmeutis
dorsalibus 1. — 5. supra ßavescenti-griseis , larninae infragenitalis
macula basali testacea. mas. Long. corp. 19 — 23, elytr.
16 — 17 mill. — Patria: Olivonga, Fonteboa, Iquitos (Ama¬
zonas).
Fühler schlank, matt pechbraun, die beiden grossen Basal¬
glieder glänzend schwarz mit rostgelbem Endrando. Kopf
matt kohlschwarz, der untere Theil der Stirn glänzend, mit
einer grossen, zugespitzt rundlichen Makel von Elfenbein färbe;
das obere Ende der letzteren gefurcht. Clvpeus gleichfalls
44
Gerstaecker: Charakteristik einer Reihe
glänzend schwarz, sein Endrand nebst dem Munde pechbraun.
Prothorax oberhalb schwärzlich pechbraun mit rostgelben
Nuancen, beiderseits mit gelbgrauer Tomentbinde ; von einem
schwachen durchgehenden Mittelkiel zweigen sich vor dem
Sattel zwei schräge Querleisten ab. Pleuren gleichfalls mit
gelbgrauer Tomentbinde, Sterna matt röthlich braun. Deck¬
flügel weniger gestreckt und mehr parallel als bei den vorher¬
gehenden Arten, ihr Costalfeld gleich von der Basis aus er¬
weitert; auf pechbraunem Grunde rostroth geadert, daher dem
unbewaffneten Auge zimmetbraun erscheinend. Hinterflügel
nur um ein Drittheil länger als breit, stumpf abgerundet,
intensiv safrangelb mit gebräuntem, nach innen allmählich
schmäler werdenden Spitzensaum. Beine matt pechschwarz,
die Hüften aller und die Schenkel basis der hinteren trübe
rostfarben. Hinterschienen kohlschwarz mit 27 Innendornen,
welche zuerst ganz kurz, nachher bis zum Beginn des End-
vierttheils abwechselnd lang und kürzer sind. Tarsen licht
pechbraun. Von gleicher Farbe der Hinterleib, dessen fünf
vordere Dorsalringe oberhalb bis auf kleine Flecke der Mittel¬
linie licht gelbgrau tomentirt erscheinen. Zuweilen zeigt auch
der sechste Ring jederseits eine gleichfarbige schmale Strieme.
Lamina supraanalis lanzettlich, scharf dreieckig zugespitzt,
bis über die Mitte ihrer Länge hinaus tief und breit gefurcht,
jederseits zweikielig glänzend schwarz. Raile stark bogig
abwärts gekrümmt und scharf zugespitzt, mit pechbrauner
Basis. Lamina subgenitalis sehr plump, jenseits der Mitte
ihrer Länge unter scharfer Querkante schräg ansteigend, hier
zuerst breitgrubig ausgehöhlt, dann in der Mittellinie gekielt
und an dem scharfen Endrande dreieckig ausgeschnitten.
Vorstehende Art lässt in Form und Färbung des Rumpfes
eine auffallende habituelle Aehnlichkeit mit den kurzfühlerigen
Sirex-Arten erkennen , welche bei geschlossenen Flügeln
jedenfalls noch erhöht wird.
38. Ma statt laeta. Rufa , opaca , fronte antennarumque basi
flava , carinis facialibus , pvothoracis vittis duabus angustis
genubusque posticis atris , vittis duabus e pvothoracis lateribus
in pleuras et abdominis basin continuatis flavescenti-cinereis :
elytris alisque breviusculis , Ulis cinnamomeis , bis ainplis , laete
croceis. mas. Long. corp. 16, elytr. 13 mill. — Patria:
Fonteboa (Amazonas).
bemerkemirerther Orthopteren.
45
Kleiner als Mast, imitatrix , welcher sie sehr nahe stellt,
von welcher sie sich aber sofort durch die kürzeren und nicht
braun gesäumten Hinterflügel und das sehr viel hellere
Colorit des Kumpfes unterscheidet. — Fühler schlank, licht
rostroth, die beiden Basalglieder gleich der ganzen Scheibe
der Stirn glänzend wachsgelb, die Mittelfurche der letzteren
sehr viel tiefer und weiter abwärts reichend als bei der vor¬
hergehenden Art. Die seitlichen Gesichtskiele scharf, tief
kohlschwarz, Becken und Scheitel schmutzig rostfarben, matt.
Clvpeus mit glänzend schwarzer Basis, der Mund licht rost¬
farben. Prothorax von der ersten Querfurche bis zum Beginn
des Sattels mit feinem und scharfem Kiel, oberhalb zimmet-
braun mit gelblicher Scheibe und zwei schmalen pechschwarzen
Binden, welche die licht gelbgrauen Seiten abgrenzen. Auch
die Pleuren mit gleichfarbiger Binde, Sterna glatt, hell rost¬
farben. Deckflügel von gleicher Form und Färbung wie bei
Mast, imitatrix ; Hinterflügel einfarbig safrangelb, fast noch
breiter unter stumpfer abgerundet als bei jener. Beine rost¬
roth, die Vorder- und Mittelschenkel unterhalb schwärzlich
gestriemt, an den Hinterbeinen die Kniee in weiter Ausdeh¬
nung kohlschwarz, davor auf den Schenkeln ein scherben¬
gelber King, die Kiele derselben schwarz. Hinterschienen
mit Ausnahme der Basis und der schwarzen Dornen gleich
den Tarsen licht rostfarben, unterhalb sogar scherbengelb;
die 23 Dornen der Innenreihe jenseits der Mitte abwechselnd
länger und kürzer. Die cremeweissen Binden des rostfar¬
benen Hinterleibs bis zum fünften Segment reichend und nach
hinten beiderseits pechschwarz eingefasst. Lamina supra-
analis lanzettlich, oberhalb dreieckig vertieft. Kaife mit pech¬
brauner Spitzenhälfte, säbelförmig nach oben aufgekrümmt.
Lamina subgenitalis ungleich schmäler als bei Mast, imitatrix ,
zur Hälfte horizontal, zur Hälfte schräg aufsteigend, letztere
dreieckig verjüngt, beiderseits von dem hohen, durchgehenden
Mittelkiel eingedrückt.
39. Mas tax collaris. liufo-ferruginea, opaca , antennis l>asi
excepta , vertice, genis inferioribus gemibusque posticis atris ,
fronte genisque superioribus stramineis , elytris cervinis , basin
versus piceis , area anali testacea, alis obtuse rotundatis , t/ilute
ßavescenti-fuscis. mas. Long. corp. 16, elytr. 12 mill. —
Patria: Saracayon (Peru).
46
G er st aecJcer: Charakteristik einer Reihe
Bei gleich kräftigem Körper noch etwas kurzflügeliger
als Mast, laeta. Fühler ziemlich schlank , tief schwarz , die
drei ersten Glieder hell wachsgelb. Von schwarzer Färbung
ferner der ganze Hinterkopf und die untere Hälfte der Wangen,
zwei Scheitelstriemen (auf licht gelbem Grunde), zwei Quer¬
striche der Stirn und die Basis des Clypeus Stirn oben
hell Schwefel-, unten satter goldgelb, die zwischen den Mittel¬
kielen liegende Furche bis nahe zum Clypeusrande ausgedehnt.
Mund apfelgrün. Prothorax in auffallendem Gegensatz zu
dem tief schwarzen Hinterkopf intensiv rothgelb, fast ziegel-
roth, mit schwach granulirtem Sattel und sehr undeutlichem
Mittelkiel des vorderen Abschnittes. Meso- und Metanotum
von gleicher Färbung. Deckflügel fahlbraun, licht grünlich
geadert, die an der Basis stark erweiterte Area costalis hier
schwärzlich pechbraun , die Area analis besonders an der
Wurzel licht scherbengelb. Hinterflügel relativ noch breiter
und stumpfer als bei Mast, laeta , wässerig gelb mit pech¬
schwarzem Geäder und bräunlich getünchtem Spitzensaum.
Beine licht rostfarben mit olivengrünen Tarsen; an den
Hinterbeinen die Schenkelkanten und die Kniee, letztere in
weiter Ausdehnung, kohlschwarz, das Enddrittheil der Schienen
pechbraun. Die 23 Dornen der Innenreihe jenseits der Mitte
alternirend lang und kurz, tief schwarz. Sterna und Bauch¬
seite des Hinterleibes ledergelb, die Oberseite des letzteren
dunkeler, mehr rostfarben. Die gleichfarbige Lamina supra-
analis mit grosser, ovaler, pechbrauner Grube in weiterer
Entfernung von der Basis, die Raife auffallend plump, sichel¬
förmig gekrümmt, sich kreuzend, matt pechbraun, ihr Innen¬
rand oberhalb scharfkantig und geschwärzt. Lamina sub-
genitalis gleichfalls sehr plump, ihr horizontaler Basaltheil
jedoch länger als breit, rostbraun, der aufsteigende Endtheil
pechschwarz, zweimal quer eingedrückt, am Ende breit ab¬
gestutzt und leicht stumpfwinklig ausgeschnitten.
40. Mastax tenuis. Klytvis alisque breviusculis , Ulis linearibus ,
olivaceo-tinctis, liis obtuse rotundatis , liyalinis: testacea, antennis
basi excepta , occipite, prothor acis vittis duabus genubusque
posticis supra infuscatis. mas : Long. corp. 13 — 15, elytr.
10 — 13 mill. fern: Long. corp. 20, elytr. 13 milk — Patria:
Fonteboa (Amazonas), Saracayon (Perü).
bemerken swerther Orthopteren.
47
Mastax tenuis Perty*, Delect. animal. Brasil, p. '23, Taf. 24, fig. 3.
Vorstehende Art ist nach Vergleich der im Münchener
Zoologischen Museum befindlichen, sehr defekten Perty’schen
Typen festgestellt worden. Aus der Abbildung war dieselbe
ebenso wenig wie aus der kurzen Diagnose zu ermitteln.
41. Mastax p lebe ja. Klytris alisqae breviusculis, Ulis linea-
ribus , fulvo-tinctis , bis obtuse rotundatis , vitreis : ferruginea ,
opaca, vertice genubusque posticis fusco-olivaceis , antennis basi
excepta brunneis , tibiis posticis testaceis. fern. Long corp. 21,
elytr. 15 milk — Patria: Fonteboa (Amazonas).
Grösser und kräftiger gebaut als Mast, tenuis , welcher
diese Art zunächst verwandt ist. Fühler kürzer und derber,
rotlibraun, an der Spitze dunkeier, die beiden grossen Basal¬
glieder licht rostfarben. Von letzterer Färbung auch der
Kopf bis auf den matt graubraunen Scheitel; die beiden
Mittelkiele der langen Stirn dicht genähert und bis zum
Unterrand reichend. Prothorax einfarbig rostroth, matt; der
vom Hinterrand des feinnarbigen Sattels ausgehende schwache
Mittelkiel gegen den Vorderrand hin verloschen. Die Deck¬
flügel fast gleichmässig gelbbraun getüncht, gegen die Basis des
Costalfeldes hin licht pechbraun; Hinterflügel glashell mit pech¬
schwarzer Äderung. Beine von Körperfarbe, die Kanten der
Hinterschenkcl und die Spitze an den Dornen der Hinter¬
schienen pechschwarz, die Hinterkniee nur leicht gedunkelt,
olivenbraun. Die 23 Dornen in der Innenreihe der Hinter¬
schienen jenseits der Mitte abwechselnd länger und kürzer.
Hinterleib ledergelb, oberhalb mit grünlicher und bräunlicher
Scheckung; der Ovipositor dünner als bei Mast, tenuis, mit
viel schwächer gesägten Kanten, einfarbig rostbraun.
42. Thericles zebra. Niger, glaber, parum nitidus, antennis
fuscis , basin versus pallidis, frontis carinis, verticis strigis
tribus, genavum rnaculis duabus, palpis, thoracis abdominisque
segmentovum inarginibus carinaque dorsali nee non pedibus —
posticoruin genubus exceptis — flavis. Long. corp. 9 (mas)
— 15 (fern.) milk — Patria: Victoria, Abo (Camerun).
Fühler licht braun, gegen die Basis hin in verschiedener
Ausdehnung (zwei bis sechs Glieder) blassgelb. Stirn fein
chagrinirt, gleich dem leicht gerunzelten Scheitel matt, Wangen
glänzender. Auf tief schwarzem Grunde dio vier Stirnkielc,
48
Gerstaecker: Charakteristik einer Reihe
die oberen Augenränder und der Mittelkiel des Scheitels,
zwei übereinander stehende, länglich viereckige Flecke der
Backen so wie die Taster goldgelb. Clvpeus und Oberlippe
röthlich gesäumt. Alle Thorax- und Hinterleibsringe mit
scharfem Rückenkiel, in der Nähe desselben chagrinartig
rauh, unterhalb glatter und glänzender. Von goldgelber
Färbung sind auf tief schwarzem Grunde ausser dem Mittel¬
kiel sämmtliche Ränder des Prothorax, der Hinter- und Seiten¬
rand des Meso- und Metathorax so wie sämmtlicher Hinter¬
leibsringe. Beine gelb; an den beiden vorderen Paaren die
Hüften und die beiden letzten Tarsenglieder, am dritten die
Kniee in weiterer Ausdehnung, die Sägezähne der oberen
Schenkelkanten, die Innenseite und die Dornen der Schienen
pechschwarz. Die sechszehn Dornen an der Innenseite der
Hinterschienen allmählich an Länge zunehmend. Bauchseite
des Hinterleibes beim Weibchen matt rostroth, der Ovipositor
lichter. Bauchringe des Männchens gleich dem Rücken tief
schwarz mit hellerem Endsaum ; von derselben Färbung auch
die comprimirte , kegelförmige Lamina subgenitalis. Raife
pechbraun.
43. Oedaleus (U umb eilet) pvocerus. Dilute olivaceus , an -
tennis pedibusque testaceis, prothoracis vittis quinque nigro-
piceis, lateribus miniaceis , retrorsum prasinis: elytris cervinis ,
dimidio apicali hyalino , fusco-strigato , areae intermediae vitta
basali prasina, alis hyalinis , basin ve7-sus ßavescentibus. fern.
Long. corp. 51, elytr. 50 mill. — Patria: Aburi (Goldküste).
Von der Grösse des Pacliytylus migratorius Lin., welchem
diese Art überhaupt im Habitus und Colorit auffallend gleicht.
Fühler ebenso dünn fadenförmig wie bei Oedal. tenuicornis
Schaum, aber relativ länger, licht rostfarben, mit blassgelber
Basis. Stirnleisten ungleich schärfer ausgeprägt als bei diesem,
der Kopf zwischen und vor den Augen stärker aufgetrieben.
Clvpeus, Oberlippe und Taster blass röthlich überlaufen,
Mandibeln tief schwarz, mit elfenbeinfarbiger Basis. Prothorax
höher und schärfer gekielt, an der Basis länger und spitzer
dreieckig ausgezogen, oberhalb mit zerstreuten Warzenhöckern
übersäet. Der olivengrüne Mitteltheil des Rückens mit einer
den rostgelben Kiel jederseits säumenden Mittel- und zwei
ungleich breiteren, durchgehenden Seitenstriemen von schwärz-
hemerkenswerther Orthopteren.
49
lieh pechbrauner Färbung. Nach aussen von letzteren jeder-
seits eine breite, hell ziegelrothe Binde, welche sich am Vorder¬
rand stark verbreitert , längs dieses bis zum Seitenrand
herabsteigt und oberhalb des letzteren noch eine zweite,
hinten abgekürzte schwarzbraune Strieme führt. Die Seiten
des Sattels von der ziegelrothen Strieme an bis zum Seiten¬
rand licht grasgrün. Deck- und Hinterflügel relativ länger
als bei Oedal. tenuicornis, erstere in der Endhälfte des Mittel¬
feldes völlig glashell mit wässerig braun und fleckig gestreiften
Längsadern, im Bereich der Basalhälfte licht rehbraun mit
dunkler graubrauner, von zwei knochengelben Flecken unter¬
brochener Längsstrieme des Mittelfeldes und licht grasgrüner
Längsbinde auf der Grenze von Mittel- und Analfeld. Hinter¬
flügel mit blass cremefarbener Basis und schwach rauchbraunem
Saum derselben gegen den Innenrand hin, im Uebrigen glas¬
hell, pechschwarz geadert. Hinterschienen heller scherbengelb
als die oberhalb mehr olivenfarbenen Schenkel, mit gleich¬
farbigen, an der Spitze pechbraunen Dornen; ein Ring nahe
der Basis und die Spitze leicht gebräunt. Sterna und Hinter¬
leib braungelb, letzterer oberhalb mit olivenfarbener Basis.
Ovipositor kurz, mit breitem pechschwarzen Saum.
Zusammen mit Oedal. tenuicornis an der Goldküste von
Buchholz aufgefunden.
44. Sibylla (?) polyacantha. Pedibus simplicibus, verticis
processu utrinque bispinoso , apice bilobo, occipite utrinque spina
supraoeulari , prothorace tuberculis spinisque numerosis armato,
hoc capite vix duplo longiore: ferruginea, fusco-varia , fronte
abdomineque piceis , antennis basin versus testaceis, elytris sat
latis , obtuse rotundatis , cum alis einer eis, fusco-conspersis.
mas. Long. corp. 18, prothor. 4, elytr. 18 mill. Patria:
Congo (Stanley-Pool).
Von Sib. pretiosa Stal und tridens Sauss. sich gleich
weit entfernend, indessen wenigstens in dem charakteristischen
Scheitelfortsatz mit ihnen übereinstimmend; der letztgenannten
Art durch die nicht gelappten Hinter- und die stark ver¬
breiterten Vorderschenkel näher tretend, aber durch die Kürze
und die Bodornung des Prothorax wesentlich abweichend
— Die Fühler sehr lang, gegen die Spitze hin dünn faden-
4
50
G er staecker : Charakteristik einer Reihe
förmig und an der Spitze der einzelnen Glieder mit paarigen
Borsten gewimpert; an der Basis licht rostgelb, sodann all¬
mählich in Roth-, Pechbraun und Schwarz übergehend. Der
kegelförmige Scheitelfortsatz wie bei Sib. pretiosci an der
Spitze stumpf zweilappig, jederseits mit einem kleinen vor¬
deren und einem grösseren hinteren Dorn bewehrt. Ein
dickerer kegelförmiger Dorn ausserdem an der Innenseite der
Augen, und zwar auf der Grenze ihres Ober- und Hinter¬
randes. Oberkopf rostfarben mit dunkeieren Nuancen, die
Gesichtsfläche dagegen matt schwärzlich braun. Prothorax
länglich eiförmig, daher sehr viel kürzer als bei Sib. tridens,
aber auch wieder ungleich gestreckter als bei der Gattung
Hestiasula Sauss., sehr uneben, nämlich mit stark aufge-
wulsteter Rückenfläche und tief herabgezogenen Seitenrändern,
vorn und hinten schmal zugerundet, jenseits der Mitte am
breitesten. Der vor der Querfurche liegende Theil der Ober¬
fläche mit zwei Paaren knollenförmiger Auftreibungen und
darauf folgenden kleinen warzenförmigen Höckern, der hintere
Abschnitt mit vier eine quere Bogenlinie beschreibenden
Wülsten, von denen die seitlichen grösser und zitzenförmig
verjüngt sind; die Seitenränder mehr nach vorn mit vier
kürzeren, hinterwärts mit je zwei längeren scharfen Dornen
bewehrt. Färbung ro stroth mit schwärzlicher Marmorirung.
Deckflügel mit gleich schmalem Costalfeld wie bei Sib. tridens ,
im Uebrigen beträchtlich breiter und nicht parallel mit eckiger
Abstutzung, sondern am Ende breit und stumpf abgerundet.
Der Costalraum mit regelmässiger , weitläufiger Queraderung
nach Art der Myrmeleonen; das Mittelfeld mit sechs schrägen
Hauptadern, welche gleich Subcosta und Radius auf gelbem
Grunde pechbraun getüpfelt sind und sich auf der aschgrauen
Flügelsubstanz als lichtbraune Streifen markiren. In den
Hinterflügeln das Aussenfeid mit gelben Längs- und pech¬
braunen Queradern, das Analfeld mit vorwiegend braunen
Längsadern und weisslichem Netzwerk, beide mit rauch¬
braunem Spitzensaum, ersteres auch mit stärker gebräuntem
Costalrand. Vorderflügel fast doppelt so Jang als der Pro¬
thorax, licht scherbengelb, ihr scharfer Vorderrand zwischen
den feinen Sägezähnen mit sieben längeren und spitzen
Dornen bewehrt. Vorderschenkel stark verbreitert und abge-
bemerkenswerther Orthopteren.
51
plattet, länglich oval, unterhalb mit sechs starken Aussen-
dornen, von denen der fünfte fast doppelt so lang als die
übrigen, und neun sehr viel kürzeren und schwächeren Innen¬
dornen. V orderschienen noch nicht der halben Schenkel¬
länge gleichkommend, innerhalb siebenzähnig, abgesehen von
der ihre halbe Länge übertreffenden Endklaue. Schenkel und
Schienen glänzend rothbraun, erstere pechbraun gefleckt;
Tarsen scherbengelb mit schwarzen Gliederspitzen. Mittel¬
und Hinterbeine dünn, einfach, rostfarben, Schenkel und
Schienen je mit drei pechbraunen Ringen, Tarsen mit ge¬
bräunten Gliederspitzen. Hinterleib gleich Meso- und Mota-
notuin schwärzlich pechbraun, glänzend. Lamina supraanalis
ganz kurz, quer mondsichelförmig, Lamina subgenitalis stumpt
abgerundet, mit scharfem Mittelkiel und aufgewulsteten Seiten¬
rändern; Raife perlschnurförmig, siebengliedrig, das Endglied
dünn, pfriemförmig, Griffel kurz, zweigliedrig.
45. Acontista amoenula. Gracilior, flavescenti-viriclis , ab-
dotnine ferrugineo, elytris cdisque oblongis , illis prasinis , opacis ,
marginis interni apice vitreo , Jus miniaceis, margine apicali
vitreo late fusco-vittato. fern. Long. corp. 23, elytr. 17 mill.
Patria: Pebas (Amazonas).
Das Weibchen dieser Art ist noch schlanker und lang-
flügliger als das Männchen der Acont. concinna Perty,
welchem es sich auch im Colorit anlehnt. Fühler haarfein,
schwarz mit hellgrüner Basis. Kopf klein, kurz, mit grossen,
aber bei der Ansicht von oben nicht glotzend hervortretenden
Augen. Prothorax schlank (6 mill. lang), stumpf lanzettlich.
Deckflügel gegen die Spitze hin stumpf lanzettlich verjüngt,
matt grasgrün, die letzten f des Innenrandes jedoch in scharfer
Abgrenzung und ansehnlicher Breite glasshell, grünlich ge¬
adert; die Schwiele des Mittelfeldes klein, aber scharf abge¬
grenzt, grünlich gelb. Hinterflügel wenig kürzer als die
Deckflügel, bis auf die Spitze und den breiten Saum des
Innenrandes hell ziegelroth, diese Färbung bis auf die Costa
ausgedehnt und mehr als die Hälfte der Länge und Breite
des Analfeldes einnehmend, im Bereich dieses von einem
glasshellen Streifen eingefasst, welcher vom Analrand breit
beginnend, in der Richtung nach aussen immer schmäler wird
und sich nicht auf das Mittel- und Costalfeld fortsetzt. Jen-
4*
52
G er staecker : Charakteristik einer Reihe
seits desselben eine satt pechbraune Randbinde, welche beim
Analrand schmal, allmählich an Breite zunimmt, einen Theil
der Spitze freilässt und sich in Mittel- und Costalfeld un¬
mittelbar dem mennigrothen Spiegel anschliesst. Vorderbeine
gelbgrün, ihre Hüften unbewehrt, die Schenkel mit sieben
Aussen- und vierzehn Innendornen, deren Spitze pechbraun;
die Schienen ausser der sehr langen Endklaue mit fünfzehn
Kammzähnen der Innenseite, die vier letzten dieser gleich
jener mit blutrother Spitze. Tarsen unterhalb pechbraun ge-
striemt. Hinterbeine mit pechbraunen Hüften, sonst gleich
den mittleren von Körperfarbe. Hinterleib oberhalb glänzend,
unterhalb matt rostfarben. Lamina supraanalis quer mond¬
sichelförmig , leicht ausgerandet; Raife länglich und spitz
kegelförmig, zehngliedrig.
46. TAturgus a liehen alis. Prothorace breviusculo, laevi:
pallide olivacea , pedibus supra fusco-annulatis, elytris latis, ob-
tuse rotundatis brunneo-variegatis , alis cinnainomeis , area anali
saturate fusca. fern. Long. corp. 27, prothor. 7, elytr. 19
mill. — Patria: Jurimaguas (Peru).
Von ungleich gedrungenerem Bau als IAt. anmdipes
Serv., Charp. (Orthopt. Taf. 28). Die dünn fadenförmigen
Fühler länger als der Körper, pechschwarz mit bräunlicher
Basis. Kopf, Thorax und Beine blass olivengrün, mit bräun¬
lichen Nuancen, ersterer oberhalb fein pechbraun getüpfelt.
Prothorax relativ kurz, vorn breit und stumpf abgerundet,
der vor der Querfurche liegende Theil um ein Drittheil breiter
als lang, leicht polsterartig gewölbt und mit zwei basalen
Wülsten versehen, der hintere von mehr als doppelter Länge;
die Oberfläche glatt, leicht glänzend. Deckflügel 2\ mal so
lang als breit, mit stumpf abgerundetem Ende, die linke auf
licht olivengrünem Grunde vielfach blassbraun gescheckt und
mit zerstreuten, pechbraunen Tupfen gezeichnet, die rechte
(in situ bedeckte) nur im Costalfelde von dieser Färbung, im
Uebrigen kupfrig rostfarben, schwarzfleckig. Hinterflügel be¬
trächtlich kürzer, breit abgerundet, bis auf das satt rauch¬
braune Analfeld zimmetbraun, mit dunklerer, etwas angerauchter
Spitze. Vorderbeine auf der Oberseite der Hüften, Schenkel
und Schienen, die beiden hinteren Paare auf letzteren beiden
mit je drei pechbraunen Bändern, unterhalb einfarbig und
bemerlcensiverther Orthopteren.
53
blass gelblich grün. An den Vorderbeinen die Hüften unbe-
wehrt, die Schenkel mit fünf langen Aussen- und vierzehn
kurzen Innendornen, letztere glänzend schwarz, jene nur an
der Spitze pechbraun, die perlenartigen Höcker der Unter¬
seite rostgelb; Schienen ausser der Endklaue mit zehn tiel
schwarzen Kaminzähnen, das Ende der Tarsenglieder pech¬
schwarz. Hinterleib matt ledergelb , der Rücken im Bereich
der vier vorderen Ringe glänzend pechbraun. Lamina supra-
analis abgerundet trapezoidal, schwach, gekielt; Raife kurz,
zwölfgliedrig. das Endglied langstreckig, griffelförmig.
47. Liturgusa superb a. Proihorace longiore, apicem versus
gibboso-elevato, supra cum femoribus anticis disperse granu-
lato : pallide testciceci, opaca, coxis femoribusque anticis subtus
atro-signatis, tibiis tarsisque posterioribus fusco-annulatis , elytris
latis , obtusis olivaceis , rufescenti-variegatis , alis rotundatis fusco-
nigris, margine apicali nigro-cyaneo excepto multifariam croceo-
undulatis fasciaque aurantiaca ornatis. fern. Long. corp. 50,
prothor. 14, elytr. 30, alar. 26 mill. — Patria: Jurimaguas
(Peru).
Mehr denn doppelt so gross als die vorhergehende Art.
Fühler haarfein, schwarz mit rostgelber Basis. Körper matt
scherbengelb, Scheitel mit licht braunen Nüancen, die Stirn
unterhalb eines staik aufgewulsteten lichtgelben Randes mit
tief sammetschwarzer Querstrieme. Prothorax relativ länger
als bei Lit. liclienalis , sein vor der Querfurche liegender Theil
bucklig gewölbt und mit einer tiefen, sich auf den Anfang
des hinteren Abschnittes fortsetzenden Mittelfurche versehen,
die matte Rückenseite mit zahlreichen glänzenden Warzen
vorn dichter, hinten sparsamer besetzt. Meso- und Metanotum
stumpf rostbraun. Deckflügel mit etwas breiterem Costal-
und schmälerem Mittelfelde als bei der vorhergehenden Art,
an der Spitze nicht ganz so stumpf abgerundet; das Costal-
feld olivengrün mit hell braungrauer Scheckung, das Mittel¬
feld mehr röthlich grau mit kupfrig brauner Marmorirung,
unterhalb sogar brennend rostroth, das Analfeld citronongelb,
fein grau gegittert. Hinterflügel kurz und breit, fast qua¬
drantenförmig abgerundet, im Bereich des Innenrandes sehr
deutlich languettirt; der Costalraum orangefarben, jonseits der
Basis schwärzlich gegittert, Mittel- und Analfeld tief schwarz-
54
Gerstaecker: Charakteristik einer Reihe
braun mit zahlreichen schmalen goldgelben, den Queradern
entsprechenden, sich über diese aber hinaus erstreckenden
Wellenlinien und breiter, vom Anal- bis zum Costalrand
reichender Bogenbinde von gleicher Farbe; der diese säumende
breite Spitzenrand lebhaft stahlblau schimmernd. Hüften und
Schenkel der Yorderbeine mit tief schwarzer, glänzender
Längsbinde an der Innenseite, welche an ersteren gleich
breit, an letzteren von der Basis gegen die Spitze hin all¬
mählich verschmälert ist. Hüften vorn und hinten schwach
sägerandig, unterhalb mit kleinen zerstreuten Höckern ; Schen¬
kel oberhalb licht zimmetroth, matt, dichter grobwarzig als
der Prothorax, unterhalb mit vier sehr langen braunspitzigen
Aussen- und dreizehn kammzahnartigen Innendornen, letztere
ganz pechbraun; Schienen mit elf inneren und acht äusseren
Kammzähnen, letztere schwächer gebräunt als erstere, Tarsen
mit gebräunten Gliederspitzen. Mittel- und Hinterschenkel
nebst den Hüften schiefergrau, oberhalb und rückwärts
schwärzlich gesprenkelt ; Schienen und Tarsen beider Paare
deutlich und breit pechbraun geringelt. Hinterleib mit matt
lehmgelber Bauch- und glänzend pechbrauner Rückenseite,
nur die Endringe lichter. Lamina supraanalis grünlich grau,
abgerundet und quer viereckig, mit feinem scharfen Mittel¬
kiel. Raife langstreckig, etwa 20-gliedrig, dicht wirbelhaarig,
rehbraun, die einzelnen Glieder allmählich länger und schmäler
werdend.
Man könnte möglicher Weise der Ansicht zuneigen, dass
diese prachtvolle Art bereits von Stoll (Mantides pl. 19,
Hg. 69) unter dem Namen Mantis ornata uud mit der Vater¬
landsangabe: ., Ostindien“ dargestellt worden sei. Sollte dies
der Fall sein, so wäre die Abbildung als verfehlt und un¬
kenntlich zu bezeichnen, da sie einen ungleich schlankeren,
doppelt braun gestriemten Prothorax, längere und schmälere
Flugorgane, nicht goldgelb gewellte Hinterflügel u. s. w. er¬
kennen lässt.
48. Liturgusa nubeculosa. Prothorace elongcito , anterius
constricto , supra via granulato : sordide testacea, pedibus fusco-
annulatis, elytris apice rotundatis cinereis, multifariam fitsco-
rnarmoratis, alis saturate brunneis , cirea anali dilutius fusca.
fern. Long. corp. 37—43, prothor. 11 — 12, elytr. 21 — 22,
alar. 17 — 19 mill. — Patria: Ega, Fonteboa (Amazonas).
bemerJcenswerther Orthopteren.
55
In der Grösse zwischen den beiden vorhergehenden
Arten die Mitte haltend, durch den langstreckigen Prothorax
schlanker erscheinend. — Fühler von mehr als Körperlänge,
äusserst dünn , schwarz mit rostgelber Basis. Rumpf und
Beine schmutzig scherbengelb, bald mehr in das Graue, bald
in das Rostfarbene fallend. Kopf einfarbig, Prothorax hinter
der Querfurche und nahe der Basis mit je zwei schwarz¬
braunen, zuweilen verloschenen Bindenflecken. Die Seiten¬
ränder des letzteren sehr fein und weitläufig gesägt, die
Oberfläche mit kleinen warzenartigen Erhöhungen nur sehr
sparsam besetzt, der vor der Querfurche liegende Theil polster¬
artig gewölbt und hinterwärts zweiwulstig, der hinter der¬
selben liegende Abschnitt deutlich abgeschnürt, mehr denn
2\, mal so lang und vorn breit gefurcht. Meso- und Meta¬
ll otum pechbraun mit lichterem Yordersaum. Deckflügel
merklich gestreckter als bei * den beiden ersten Arten , am
Ende regelmässig oval abgerundet; ihr Costalfeld schmal,
das Analfeld wässrig braun, durchscheinend, die beiden an¬
deren auf licht aschgrauem Grunde in wechselnder Intensität
und Ausdehnung grau- oder rothbraun marmorirt, unterhalb
fast ganz von letzterer Färbung. Hinterflügel noch etwas
länglicher als bei Lit. lichenalis , tief umbrabraun mit ver¬
loschener schwärzlicher Tüpfelung, das Analfeld durchschei¬
nend, aber satt rauchbraun. Vorderhüften mit kaum gekerbten
Kanten, elfenbeinfarben, je ein Punktfleck nahe der Basis
unterhalb und nahe der Spitze innerhalb, ein schmaler Längs¬
wisch an der Aussenseite und drei Querbinden oberhalb
pechschwarz. Vorderschenkel oberhalb rostfarben, schwach
dunkel gebändert, mit groben Warzenhöckern zerstreut besetzt;
die Bestachelung der unteren Kanten wie bei Lit. superba ,
nur schwächer. Vorderschienen zweimal pechbraun gebän¬
dert, mit tief schwarzen Kammzähnen der Innen- und nur
an der Spitze gebräunten der Aussonkante. An den beiden
hinteren Beinpaaren besonders die Schienen in scharfer
Abgrenzung rostgelb und pechbraun geringelt, die Schenkel
nur leicht gebändert. Metatarsus zur Hälfte, die übrigen
Tarsenglieder an der Spitze pechbraun. Hinterleib bis zur
Mitte der Rückenfläche glänzend pechbraun, sonst matt lehm¬
gelb. Lamina supraanalis scharf gekielt, halbkreisförmig,' in
56
Ger staecker : Charakteristik einer Reihe
der Mitte des Hinterrandes eingeschnitten. Raife fast ebenso
lang und spitz wie bei Lit. superba, dicht wirtelhaarig, rost¬
farben mit tief schwarzem Endsaum der einzelnen Ringe.
49. Acantliops contorta. Cinnamomea , opaca, pronoti poste-
rioris cinerei maculis cluabus fuscis, elytrorum margine interno
fortiter circuato et ante apiceni profunde exciso , alis ferritgineis,
basi excepta fusco-conspersis. fern. Long. corp. 43, elytr. 31
mill. — Patria: Iquitos (Amazonas).
Yon gleicher Grösse und Körperform wie das Weibchen
der Acanth. sinuata St oll, aber nicht graubraun, sondern
zimmetroth gefärbt. Bei gleichem Umriss des Kopfes die
Augen etwas kürzer zugespitzt. Her hintere röthlich graue
Theil des Prothorax auch seinerseits mit zwei rothbraunen,
schwarz gesäumten Flecken. Hie Heckflügel gleich dem
Körper zimmetroth, die Längsrippe jedoch blass olivenfarbig,
der Endzipfel fahl graubraun mit erdfarbener Spitze. Her
Aussenrand vom Ende des Costalfeldes an stark gerundet
hervortretend, der Innenrand nicht, wie bei Acanth, sinuata,
fast geradlinig in den Endzipfel auslaufend, sondern vor Be¬
ginn desselben tief und scharf dreieckig ausgeschnitten.
Hinterflügel relativ breiter und am Ende stumpfer abgerundet,
nicht blass scherbengelb, sondern gleich den Heckflügeln,
wenn auch lichter zimmetfarben , längs des Aussenrandes
und im Bereich der Basis ungefleckt, im Uebrigen mit sehr
viel kleineren, mehr punktförmigen und blass pechbraunen
Tüpfeln besäet. Beine merklich kürzer und schwächer
rostroth, mit erdbraunen Mittel- und Hinterschienen. Be¬
wehrung der Vorderbeine ohne merkliche Abweichungen von
Acanth. sinuata.
Schon angesichts der wesentlichen Formunterschiede der
Heckflügel dürfte es kaum einem Zweifel unterliegen, dass
es sich bei Acanth. contorta um eine von Acanth. sinuata ver¬
schiedene Art handelt, welche allerdings ihre volle Bestäti¬
gung erst durch die Kenntniss des Männchens erhalten würde.
Hass als solches nicht die Acanth. tessellata Charp. (Orthopt.
Taf. 30) in Anspruch genommen werden kann, ergiebt sich
schon aus der umgekehrt angeordneten dunkelen Fleckung
der Hinterflügel.
bemerkönswerther Orthopteren.
57
50, Acan thops adusta. Flavescenti-ferruginea , capite an-
tennisque fascis , elytris luteis , brumieo-conspersis et maculatis ,
margine interno late hyalino, exlerno fortiter arcuato, alis ha-
matis, hyalinis , flavo-venosis , parte tertia apicali rufescenti -
fusca. mas. Long. corp. 30, elytr. 26, alar. 27 mill. —
Patria: Iquitos (Amazonas).
Beträchtlich kleiner als die übrigen bekannten Arten der
Gattung und von diesen im Flügelschnitt und Colorit auffal¬
lend abweichend. — Fühler derb perlschnurförmig, pechbraun
mit lichterer Basis. Kopf wie bei dem Männchen der Acanth.
sinuata gestaltet und in ähnlicherWeise auf dunkelem Grunde
gelblich marmorirt; die Augen jedoch weniger stark aus der
der Scheitellinie heraustretend, stumpfer kegelförmig und mit
nur sehr kleinem Endzapfen versehen. Prothorax von gleicher
relativer Länge, ganzrandig, kaum merklich granulirt, matt
rostfarben. Deckflügel nicht langstreckig und am Costalrand
tief ausgebuchtet, sondern stumpf zugespitzt oval, der Costal¬
rand ebenso regelmässig, aber noch stärker bogig gerundet
als der Innenrand, so dass er gleich diesem ohne Ausbuch¬
tung ganz allmählich in die Spitze ausläuft. Gleich dem
Analfeld auch der innere Theil des Mittelfeldes in ansehn¬
licher Breite und auf | der Länge glasshell mit braunstreifigen
Schrägadern, der übrige Theil matt dottergelb, mit ovalem,
pechbraunen Schwielenfleck und unregelmässig rostbrauner
Marmorirung und Fleckung; von letzterer Färbung besonders
der verjüngte Endtheil des Costalfeldes und ein daran
schliessender , umfangreicher, die Spitze freilassender Fleck
des Mittelfeldes, so dass die Deckflügel das Ansehen eines
vergilbten und theilweise braunfleckig gewordenen Baum¬
blattes darbieten. Hinterflügel länger als die Deckflügel,
kaum weniger gestreckt als bei Acanth. sinuata , mit hakig
gekrümmter, stumpfer Spitze und starker Ausbuchtung des
Innenrandes im Anschluss an dieselbe; bis auf das satt rost¬
braune und graubraun marmorirte Spitzendrittheil vollkommen
glashell, gelb geadert, nur das Costalfeld fast in seiner ganzen
Ausdehnung gelblich getüncht. Vorderbeine in Form und
Bewehrung mit denjenigen von Acanth. sinuata wesentlich
übereinstimmend, matt und hell rostfarben, die Hüften fast
dottergelb. Letztere mit sehr schwach gesägten Kanten und
58 Ger staecker : Charakteristik einer Reihe Orthopteren.
weisslick tuberkulirter Innen-, Schenkel mit stärker granulirter
Aussenfläche ; die sechs Dornen ihrer Aussenkante schwach,
die dreizehn der Innenkante abwechselnd länger und kürzer,
rothgelb mit pechbrauner Spitze, die Schienen mit 24 äusseren
und 16 inneren, allmählich an Länge zunehmenden Kamm¬
zähnen. Mittel- und Hinterbeine rostfarben mit pechbraunen
Schienen. Meso- und Metanotum licht rostfarben, glänzend,
Hinterleib oben dunkeier, unten sogar matt braun. Raife und
Lamina subgenitalis von gewöhnlicher Aca^/mps-Bildung.
Greifswald, 24. Mai 1888.
59
Zellmembran und Hüllgallerte der Desmidiaceen
von
P. Hauptfleisch.
Seitdem durch die Arbeiten Nägel is J) unddeBarys1 2)
der Zellbau der Desmidiaceen genauer aufgeklärt worden war,
hat die Kenntniss dieser Algengruppe zumeist nur nach der
Seite der Systematik Fortschritte gemacht. In zahlreichen
grösseren und kleineren Publikationen sind neue Formen
dieser zierlich gestalteten Organismen beschrieben worden;
mit der feineren Organisation der einzelnen Zellen jedoch
haben nur ganz vereinzelte Arbeiten sich näher beschäftigt.
Abgesehen von einigen gelegentlichen , hie und da zer¬
streuten Bemerkungen über die Gestaltung der Zellhaut und
des Zellleibes der Desmidieen sind aus neuerer Zeit nur die
Abhandlungen von Fischer3) und Klebs4) zu nennen.
Durch die erstere Arbeit ward die Gestaltung der Zellhaut
der Closterien und ihr Verhalten bei der Teilung genauer
geschildert. Durch die letzteren Untersuchungen aber wurden
über die Organisation der Hüllgallerte der verschiedensten
Desmidieen nähere Angaben gemacht.
Noch vor dem Erscheinen der letzterwähnten Abhand-
1) Nägeli, Gattungen einzelliger Algen, Zürich 1849.
2) De Bary, Untersuchungen über die Familie der Conjugaten,
Leipzig 1858.
3) Fischer, Über die Zellteilung der Closterien. Botanische Zei¬
tung, Jahrg. 1883, No. 14 — 17.
4) Klebs, Über die Organisation der Gallerte bei einigen Algen
und Flagellaten. Untersuchungen aus dem botanischen Institut zu Tü¬
bingen. III. Band. 2. Heft.
60
P. Haupt/ 1 eis ch : Zellmembran und
lung hatte ich selbst begonnen , mich eingehender mit der
Organisation der Zellhaut der Desmidieen zu beschäftigen.
Herr Professor Schmitz hatte bei seinen Studien über den
feineren Bau der Algenzellen eine Reihe von Thatsachen bei
den Desmidieen beobachtet, die mit den bisherigen Kennt¬
nissen in Widerspruch standen, und hatte im Anschlüsse
daran mich veranlasst, diese Beobachtungen weiter zu ver¬
folgen. Ich hatte daher zu Pfingsten 1886 begonnen, die
genaue Ausbildung der Zellhaut der Desmidieen näher zu
untersuchen. Diese Untersuchungen hatten bereits eine Reihe
von Ergebnissen geliefert, als mir im Dezember 1886 die
Klebssche Abhandlung bekannt wurde. Wie sich sofort
zeigte, hatten die Angaben von Klebs mehrfach das that-
sächliche Verhältnis nicht ganz richtig geschildert. Ich habe
daher damals die begonnenen Untersuchungen fortgesetzt
und beabsichtige nun, die hierbei erzielten Resultate im fol¬
genden zusammenzustellen.
Bei dieser Darstellung soll zunächst die Gestaltung der
Zellhaut der ausgewachsenen Desmidieenzelle genauer ge¬
schildert werden. Ein zweiter Abschnitt soll die Ausbildung
der Membran bei der Zellteilung ausführlicher behandeln. Zum
Schlüsse aber sollen einige Folgerungen aus den beobachteten
Thatsachen zusammengestellt werden.
I. Die Membran der ausgewachsenen Zelle.
Es dürfte zweckmässig sein, der Schilderung meiner
eigenen Beobachtungen über die Gestaltung der Zellhaut aus¬
gewachsener Desmidieenzellen eine kurze Darstellung des
bisher Bekannten vorauszusenden.
Seit Focke1), der mit Ehrenberg die Desmidieen zu
den einschaligen Bacillarien rechnete, wird — namentlich auch
von Nägeli2) — als charakteristische Eigentümlichkeit der
Desmidieen die Paarigkeit derselben, das heisst die Zusammen¬
setzung der Zelle aus zwei symmetrisch ausgebildeten Hälften,
hervorgehoben. Nach der Teilung der Mutterzelle vervoll-
1) Focke, Physiologische Studien, 1. Heft, Bremen 1847.
2) 1. c. p. 101.
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
61
ständigt sich jede Hälfte dadurch, dass sie sich eine neuo
gleichgestaltete Hälfte hinzubildet, so dass zuletzt jede Tochter¬
zelle wieder, ebenso wie die Mutterzelle, aus zwei svmme-
trischen Hälften besteht.1) — Über die Art und Weise jedoch,
wie bei dieser Neubildung der zweiten Hälfte die Zellmembran
sich verhält, wie an der ausgebildoten Zelle die Membranen
der beiden Hälften Zusammenhängen , liegen bisher in der
Litteratur keine spezielleren Angaben vor.
Was die Aussenfläche der Membran der ausgewachsenen
Desmidieen-Zelle betrifft, so wurde dieselbe beschrieben als
glatt oder mit derben, soliden Warzen und Stacheln versehen;
diese letzteren sollen nach de Barv2) als zartwandigo Aus¬
sackungen der Oberfläche entstehen und nach und nach durch
Cellulose ausgefüllt werden; nur die Klammern von Sphciero-
zosma vertebrcitum sollen von Anfang an als solide Körper
ausgebildet werden.
Ausser den Warzen und Stacheln wurden schon von
Nägeli3) „zuweilen Poren (verdünnte Stellen) zwischen den
Warzen oder an der ganzen Oberfläche“ bemerkt; Nägeli
beschreibt solche Poren indessen nur bei einigen Cosmarien,
Euastren und Staurastren (Stenactinium). Schon bei bedeutend
mehr Desmidieen führt dann späterhin Kirchner4) an, dass
die Zellhaut granulirt oder punktirt sei; er sagt indessen nir¬
gends ausdrücklich, dass diese Granulirung oder Punktirung
auf Poren zurückzuführen sei. Neuerdings findet Klebs5)
bei zahlreichen Desmidieen an der Zellhaut punktförmige Er¬
habenheiten; doch lässt er es unentschieden, ob die Körnchen
der Membran „kleine Verdickungen oder Ausbuchtungen
oder eigentlich zarte Verdünnungen sind“, und hält es für
wahrscheinlich, dass alle diese Fälle Vorkommen möchten.
Nur in einem einzigen Falle, bei der Beschreibung der Zellen
von Closterimn , spricht er geradezu von Porenkanälen. Wäh¬
rend er indessen in einer früheren Arbeit6) beschreibt, dass
1) de Bary 1. c. p. 44. 2) 1. c. p* 44. 3) 1. c. p. 102.
4) Kirchner, Kryptogamen-Flora von Schlesien, II. Band, 1. Hiilfto;
Algen.
5) 1. c. p. 379, 386, 387.
6) Klebs, Über Bewegung und Schleimbildung der Desmidiaceen.
Biologisches Centralblatt, V. Band, No. 12 p. 365.
62
1\ Haupt f leis ch : Zellmembran und
die Enden von Closterium didymotocum , CI. Rcdfsii, CL an-
gustatum u. s. w. von deutlichen Porenkanälen durchsetzt er¬
scheinen, entscheidet er in der erwähnten neueren Arbeit die
Frage, ob wirkliche Poren vorhanden sind, in welchen Plasma¬
fäden fast bis nach aussen gehen, nicht mit Bestimmtheit.1)
Nach de B ary 2) ist ferner die Zellhaut aller Desmidiaceen
von mehr oder weniger leicht nachweisbarer Gallerte umgeben^
während Nägeli 3) nur für einzelne Fälle eine Hüllmembran,
die seiner Ansicht nach von den Poren abgesondert wird,
beschrieben hatte. Auch Klebs4) sagt, dass es, wenigstens
bei den einzeln lebenden Desmidieen, eine relativ kleine An¬
zahl Formen ist, welche beständig von einer Gallertscheide
umgeben sind.
Yon dieser Gallerte wies Klebs nach, dass derselben
eine ziemlich complicirte Struktur eigen sei. Nach seinen
Untersuchungen nämlich zeigt die Gallerte eine deutliche
Stäbchenstruktur. Sie besteht aus einer äusserst schwach
lichtbrechenden Grundsubstanz, die sich Farbstoffen und Re-
agentien gegenüber sehr indifferent verhält, und einem in
Form von Stäbchen oder Körnern eingelagerten, dichteren
Bestandteil, der, abgesehen von einigen anderen Reaktionen,
einige Farbstoffe, wie Methylviolett, Methylenblau, Yesuvin,
energisch anzieht und sich bei der Einlagerung dieser Farb¬
stoffe stark contrahirt , der ferner aus einer Lösung von
Glykose-Pepton5) lebhaft eine stickstoffhaltige Substanz ein¬
lagert.
Dieser letztere , dichtere Bestandteil soll durch Aus¬
scheidung aus dem Protoplasma der Zelle durch die Membran
hindurch erzeugt werden.6) Zuweilen auch soll diese Aus¬
scheidung an besonderen Stellen der Zellhaut stattfinden;
doch gelang es Klebs nie, mit Sicherheit in der Membran
Poren, durch welche die Sekretion erfolgen könnte, nach¬
zuweisen.
1) 1. c. p. 386.
2) 1 c. p. 38.
3) 1. c. p. 102.
4) 1. c. p. 380.
5) Lösung von 1£ Glykose und 0,5 £ Pepton; vergl. p. 359.
6) 1. c. p. 387.
Hüllyallerte der Desmidiaceen.
63
Bei der nachfolgenden Darstellung meiner eigenen Unter¬
suchungsergebnisse seien nun zunächst die fadenbildenden
Desmidieen, hei denen die Struktur der Membran etwas ein¬
facher, die Organisation der Gallerte durchsichtiger ist, be¬
rücksichtigt. An diese mögen sich dann die einzeln lebenden
Arten anschliessen.
Hyalotheca Ehrenb.
Nach de Barys Beschreibung besteht diese Gattung aus Fäden mit
dicker Gallertscheide; die einzelnen Zellen sind cylindrisch, mit seichter,
breiter Mitteleinschnürung oder erhabenen, ringförmigen Querriefen nahe
den Enden. In jeder Zellhälfte liegt ein einzelner, strahliger Chlorophyll¬
körper, zusammengesetzt aus 6 bis 10 um einen Amylonherd vereinigten
Platten. Je nachdem die Zellen seicht eingeschnürt oder mit Querriefen
versehen sind, unterscheidet de Bary Hyalotheca dissiliens R. und //.
mucosa Ehrenb.
Die Membran der einzelnen Zelle von Hyalotheca mucosa1)
besteht stets aus zwei vollständig gesonderten, gebogenen
Schalen, deren Ränder lein zugeschärft sind ; diese zuge¬
schärften Ränder greifen über einander ähnlich wie der
Deckel über eine Schachtel, so dass — wie bei den Zellen
der Diatomaceen — die Membran der Einzelzelle durch festen
Zusammenschluss zweier getrennter Membranstücke, die fest
aneinander haften, zu Stande kommt. (Taf. I. Fig. 1.)
Nahe dem äusseren Ende einer jeden Zellhälfte finden
sich zwei Reihen Warzen, welche einander ungefähr parallel
ringförmig die Zelle umkreisen. (I. 2.) Jede dieser Warzen
besitzt in der Mitte einen Porus, der als enger Kanal die
ganze Dicke der Zellhaut durchsetzt. — Dieser Kanal ist
jedoch erst bei Anwendung färbender Reagentien deutlich
sichtbar. Nach Färbung mit Nigrosin ist er in der Aufsicht
der Zelle als schwarzer Punkt in der sonst ungefärbten
Membran erkennbar; nach Färbung mit Kongorot hebt er
sich in der Flächenansicht von der gleichfalls gefärbten
Membran als feiner Punkt ab, in der Durchschnittsansicht
aber tritt er als dunkle, feine Linie deutlich hervor.
Das Zusammenhalten zweier benachbarter Zellen wird
anscheinend einfach durch das Aneinanderhalten der glatten
1) Ralfs, The British Desmidieae, London 1848. p. 53 T. I. fig. 2.
64
P. Hauptfleisch: Zellmembran und
Endflächen der beiden Zellen bewirkt; besondere Vorrich¬
tungen, welche die Verbindung zweier Zellen begünstigen
könnten (wie solche auch bei anderen Fäden Vorkommen und
weiter unten beschrieben werden), lassen sich nicht erkennen.
Dagegen zeigen die ZelJmembranen an den Endflächen nach
Anwendung färbender Reagentien eine grosse Zahl feiner,
ziemlich gleichmässig angeordneter Poren.
Die Gallerte, welche in Gestalt einer breiten Scheide den
Faden umgiebt, ist aus einzelnen ringförmigen Abschnitten
zusammengesetzt, und zwar entspricht jeder einzelnen Zell¬
hälfte ein solcher Abschnitt. Dies zeigt sich deutlich, wenn
man Farbelösung den lebenden oder getöteten Zellfäden zu¬
setzt, während an ungefärbten Fäden diese Zusammensetzung
der Gallerthülle zumeist nicht zu erkennen ist.1) Setzt man
dann den einzelnen Fäden concentrirtere Farbelösung zu, so
zieht sich die Gallerte etwas zusammen, und gleichzeitig werden
auch Lücken auf der Innenseite der Gallerte längs der Zellmem¬
bran, den Enden und der Mitte der einzelnen Zelle entsprechend,
deutlich: jeder Gallertabschnitt löst sich sowol in der Mitte
als an den Enden der Zelle von der Membran los und
1) Zum Färben der Gallerte eigneten sich besonders gut Saffranin,
Fuchsin, Gentianaviolett, Methylenblau, Methylviolett. Diese Farben
lagern sich unter Wasserentziehung in die Gallerte ein und wirken auf
dieselbe contrahirend, bei genügender Concentration sogar stärker con-
trahirend als Alkohol.
Es wurden die Zellen zur Aufklärung der Struktur der Gallerte resp.
der Membran in Wasser, dem Farbe zugesetzt war, untersucht ; die
Untersuchung in gefärbtem Glycerin liess die Einzelheiten nur sehr un¬
deutlich oder gar nicht erkennen.
Da während der Einlagerung der Farbe sich das Aussehen der
Gallerte veränderte, so wurde in der Weise operirt, dass zunächst ein
Tropfen einer schwachen Farbelösung an den Eand des Deckglases gesetzt
und, während derselbe sich langsam mit der farblosen Flüssigkeit unter
dem Deckglase mischte, das Verhalten, der Gallerte beobachtet wurde.
Es wurde dann ein Tropfen concentrirterer Lösung zugesetzt und hierbei
in derselben Weise verfahren, und zwar so lange, bis der Farbenton der
umgebenden Flüssigkeit dieselbe Intensität wie die Färbung der Gallerte
erreicht hatte. Bei vorsichtigem Auswaschen mittelst Wasser wurden
dann die Veränderungen an der Gallerthülle rückwärts noch einmal
verfolgt.
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
65
bleibt nur an den Warzen und in deren unmittelbarer Nähe
der Membran anhaften. — Ferner sieht man bei genügendem
Farbezusatz, dass ausser den trennenden Spaltflächen zwischen
den besprochenen einzelnen Abschnitten der Gallerte (welche
sich in der Profileinstellung des Zellfadens als dunkle Linien
darbieten) noch von jeder Zellhälfte aus je eine dunkle Linie
durch die Gallerte hindurchläuft (I. 6). Diese Linie nimmt
zwischen den beiden Warzen ihren Ursprung und durchsetzt
von hier aus die Gallerte nach aussen.
In der Aufsicht der Gallerte ist gleichzeitig deutlich eine
netzförmige Felderung zu erkennen, so zwar, dass jeder
einzelne Gallertabschnitt zwei Querreihen kleiner Felder er¬
kennen lässt.
Ein genauer Vergleich der beiden beschriebenen An¬
sichten aber zeigt, dass jedes Feld der Aufsicht die Grund¬
fläche eines Gallertprismas darstellt, welches sich von aussen
nach innen zu etwas verschmälert und an der Membran einer
einzelnen Warze aufsitzt.
Dass die einzelnen Gallertabschnitte sich in der That
aus Prismen zusammensetzen, dafür lieferte eine sichere Be¬
stätigung die von einem Faden abgequetschte Gallerte, die
durch das Quetschen in die einzelnen Prismen zerfallen war.1)
Die abgequetschten Gallertstücke dieses (nicht zu intensiv
gefärbten) Fadens zeigten die schmalen Stellen, mit denen
die Prismen den Warzen aufsassen, dunkler gefärbt.
Lagert sich die Farbe in zu grosser Concentration in der
1) Zur Klarstellung der Struktur der Gallerte that häufig Quetschen
sehr gute Dienste, doch war dies gewöhnlich mit einigen Schwierigkeiten
verknüpft. Häufig gelang es durch einen kurzen, nicht zu starken Stoss
in senkrechter Richtung auf das Deckglass, oder durch schnelles, plötz¬
liches Abwärtsdrehen der Mikrometerschraube die gewünschte Loslösung
der Gallerte von der Membran zu erzielen. Am günstigsten waren die
Resultate in dieser Richtung bei Individuen, die schon einige Zeit in
Alkohol gehärtet waren. Mitunter gelang es jedoch selbst nicht durch
starkes Zusammenpressen zweier Objektträger, von den dazwischen ge¬
legten, frischen Desmidieen die Gallerte loszuquetschen : entweder bliob
die Gallerte scheinbar unversehrt an den infolge des Druckes aufgeplatzten
und entleerten Zellen, oder die Gallerte wurde zu einem völlig struktur¬
losen Brei zerquetscht.
66
P. Hauptfleisch: Zellmembran und
Gallerte eines Fadens ab, so schrumpft diese mehr und mehr
zusammen und lässt die Prismenstruktur weniger und weniger
erkennen; letztere wird schliesslich ganz undeutlich, da sich
die Prismen verkrümmen und schräg in die Richtung des
Fadens legen.
Die Gallerte von H. mucosa erschien weicher und von
weniger fester Consistenz als die Gallerte anderer Desmidieen-
fäden.
Ilyalotheca dissilieus R. ß bidentula N ordst edt. 3) An jeder
der leicht taillenförmig eingeschnürten Zellen besteht die Mem¬
bran aus zwei Hälften, die auch hier mit ihren zugeschärften
Rändern übereinandergreilen ; indessen stecken die beiden
Schalen dieser Species nicht so tief in einander, wie dies
bei 11. mucosa der Fall ist.
Nahe dem freien Rande zeigt jede Schale zwei kleine
Ausstülpungen der Membran, die genau einander gegenüber¬
liegen. Diese Ausstülpungen machen sich in der Endansicht
der Zelle als zwei kleine einander gegenüberliegende Hervor¬
wölbungen an der sonst kreisförmigen Contour geltend.
Die untersuchten Fäden dieser Art waren nicht nur in
der Grösse der einzelnen Zellen, sondern auch in der Struktur
ihrer Membran und der Gallerte constant verschieden, so dass
zwei Formen unterschieden und als /. minor und major be¬
zeichnet werden können.
Bei beiderlei Formen ist an den einzelnen Fäden leicht
eine Torsion zu beobachten. Bei der f. minor ist diese
Torsion sehr unregelmässig ausgebildet; oft ist eine Drehung
um 180° schon nach 4 Zellen vollendet, häutig ist eine solche
nach 16 bis 20 Zellen noch nicht beendet.
Die Verbindung der einzelnen Zellen eines jeden Fadens
kommt durch Aneinanderhaften nicht der ganzen Endflächen,
sondern eines nur ringförmigen, äusseren Teiles derselben
zu stände, so dass zwischen je zwei Nachbarzellen ein flach
linsenförmiger Hohlraum übrig bleibt.
f. minor. Der optische Durschschnitt der einzelnen Zelle
lässt sich ungefähr durch ein Quadrat umschreiben (I. 5, 10).
1) Nordstedt, Bidrag tili Kännedomen om sydligare Norges Des-
midieer; Acta Universitatis Lundensis, Tom IX, 1872. p. 48 Nr. 1 fig. 22.
Ilüllgallerte der Desmidiaceen.
67
Jode der beiden Schalen ist an der Seitenfläche mit Poren
versehen, welche mit einer gewissen Regelmässigkeit ange¬
ordnet sind. Parallel der Endfläche der Zelle befindet sich
nahe dem oberen und dem unteren (freien) Rande der ein¬
zelnen Schale je eine Reihe von Poren ; der Raum zwischen
diesen beiden parallelen Porenreihen ist ebenfalls mit Poren
angefüllt, doch lassen diese in ihrer Stellung keine Regel¬
mässigkeit erkennen. Diese Poren sind von feinen Proto-
plasmafädchen ausgefüllt, welche im Innern der Zelle von
dem Protoplasmaschlauch entspringen und am äusseren Ende
der Poren in ein kleines Knöpfchen endigen. — Bei geringem
Farbezusatz zeigen sich die Poren und ihr Inhalt in der Auf¬
sicht als dunkle Punkte (I. 9). In der Profilansicht dagegen
treten sie bei scharfer Einstellung als dunkle, durch die
Membran laufende Linien, die nach aussen zu in ein dunkles,
gefärbtes Knöpfchen endigen, hervor, während die angrenzende
Gallerte gar nicht oder nur ganz schwach gefärbt erscheint.
Ebenso treten auch auf den Endflächen der Membran
nach Zusatz von Färbungsmitteln ziemlich zahlreiche unregel¬
mässig angeordnete Poren deutlich hervor, jedoch ist die
ringförmige Zone, in welcher das Aneinanderhaften je zweier
Zellen statt hat, frei von Poren (I. 17); eigentümlich ist es
hierbei, dass sich dieser Berührungsring bedeutend intensiver
als die übrige Membran färbt.
Der ganze Zellfäden ist von einer breiten Gallertscheide
umgeben, die aus ringförmigen Abschnitten zusammengesetzt
ist (I. 15); jeder dieser ringförmigen Abschnitte umhüllt eine
Zellhälfte. Diese Ringe stossen auch hier nicht lückenlos
aneinander; sie weichen am Ende und in der Mitte der Zelle
von der Membran ein wenig ab und haften nur an dem von
Poren durchbohrten Teil derselben fest an. Diese Lücken
in der Gallerte sind hier sehr häufig schon an ungefärbtem,
lebendem wie totem Material sichtbar; deutlicher treten sie
jedoch erst nach Färbung der Gallerte hervor. — Bei solcher
Färbung werden dann auch noch weitere dunkle Linien sicht¬
bar (I. 1 1), welche von den zwischen den Poren liegenden
Stellen der Membran aus durch die Gallerte hindurchlaufen
und an der Membran etwas breiter sind als an der Aussen-
seite der Gallerte. Diese Linien bezeichnen auch hier, wie
68
P. Hauptfleisch: Zellmembran und
bei II. mucosa , die Grenzflächen von Gallertprismen , welche
einzeln den Poren aufsitzen und seitlich dicht zusammon-
schliessend den ringförmigen Gallertabschnitt herstellen. Ein
jeder Gallertabschnitt setzt sich aus drei bis vier Reihen sol¬
cher Prismen zusammen. Von jeder Zellhälfte strahlen daher
in der Profileinstellung je zwei bis drei dunkel gefärbte Linien
aus; doch schimmern gewöhnlich auch noch die dicht darüber
oder darunter befindlichen Spaltflächen durch die Gallerte
hindurch oder werden doch bei geringem Hin- und Herdrehen
der Mikrometerschraube sichtbar.
Her letzte Gallertabschnitt am Ende des Fadens greift
etwas hinüber auf die Endfläche der Zelle, die ihrerseits von
einer besonderen Gallertkappe bedeckt ist. Diese Gallertkappe
aber ist aus vielen Gallertprismen zusammengesetzt, deren
Spaltflächen in der Profileinstellung viele feine Linien ent¬
sprechen (I. 16).
Bei Zusatz von concentrirterer Farbelösung schrumpft
die Gallerte und zwar zunächst so, dass jeder Gallertring im
Profil undulirt erscheint (I. 12). Die Aufsicht zeigt nun eine
netzförmige Felderung in der Gallerte in der Weise, dass
über jedem Porus ein Feld gelegen ist; die über den End¬
flächen und über der Mitte der Zelle zusammenstossenden
Felder sind dabei etwas breiter als die dazwischen liegenden.
(1. 13.) Bei noch stärkerer Concentration der Farbe zieht
sich die Gallerte noch mehr zusammen, bis sie der Membran
ganz dicht aufliegt und kaum als dünne Schicht noch zu
unterscheiden ist.
f. major. Während sich die Zellen der eben beschriebenen
Form in ihrem Durchschnitt mehr dem Quadrat nähern, passt
der optische Längsschnitt einer Zelle der /. major in den
Rahmen eines länglichen Rechteckes, dessen kleine Seite un¬
gefähr f der Länge der grossen beträgt (I. 28).
Auch hier ist an der Berührungsfläche zweier benach¬
barter Zellen zwischen den trennenden Wänden ein schmaler,
linsenförmiger Hohlraum gelassen. Die Wände selbst sind
gleichfalls von vielen feinen Poren durchbohrt (I. 29), welche
über den Teil der Membran, der den Hohlraum begrenzt,
verteilt sind. Der beiden Nachbarzellen gemeinsame ring-
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
69
förmige Teil der Wandmembran ist frei von Poren und färbt
sich intensiver als der übrige Teil der Membran.
Die Aufsicht der Zelle zeigt an dem cylindrischen Ab¬
schnitt der Schale bedeutend mehr Poren als bei der /, minor.
Die erste und letzte Reihe dieser Poren sind der Endfläche
der Zelle parallel, der Raum zwischen diesen beiden Reihen
ist mit sehr zahlreichen, unregelmässig angeordneten Poren
angefüllt, so zwar, dass eine der Längsachse des Fadens
parallele Linie ungefähr 6 bis 8 Poren trifft. Die Poren sind
von feinen Protoplasmafädchen ausgefüllt, die nach aussen in
ein mehr oder weniger dickes Knöpfchen enden.
Ganz schwache Färbung der Gallerte, die übrigens bei
dieser Art ziemlich weich ist, zeigt die Zusammensetzung
derselben aus einzelnen ringförmigen Abschnitten (I. 27).
Stärkere Färbung lässt die Grenzlinien dieser Abschnitte am
Ende und in der Mitte der Zelle undeutlich werden. Dagegen
treten jetzt andre Linien oder besser Streifen auf, die von
den Poren ausgehen, aus feinen Fädchen zusammengesetzt
erscheinen und sich nach aussen hin büschelartig verbreitern
(I. 26). Auf dem optischen Längsschnitt eines Fadens sieht
man an jeder Zellhälfte jederseits je 5 oder 6 solcher büschel¬
förmigen Streifen ansitzen ; jedoch liegen diese Streifen nicht
alle ganz genau in derselben Ebene. Indessen die Poren
sind bei dieser Species so dicht über die Membran verteilt,
dass bei scharfer Profil einstellung die von den nächstbenach¬
barten Poren ausstrahlenden Büschel ebenfalls noch deutlich
sichtbar sind.
Boi ganz starker Concentration der Farbelösung zieht
sich die Gallerte bis dicht an die Membran zusammen. Dabei
werden die büschelförmigen Streifen wieder unkenntlich,
während andere Linien, die, zwischen den Poren ihren Ur¬
sprung nehmend, die Gallerte durchsetzen, sichtbar hervor¬
treten. ln diesem Zustande lässt die Aufsicht der Gallerte
eine regelmässige Felderung erkennen (I. 18), so zwar, dass
über jedem einzelnen Porus der Membran ein einzelnes
Gallertfeld gelegen ist. — Ein Vergleich beider Ansichten
zeigt, dass die dunkleren Linien in der dunklen Gallerte die
Grenzflächen besonderer, den Poren aufsitzender Gallertprismen,
die hier jetzt zu kurzen Kappen kontrahirt sind, darstellen.
70
P. Hauptfleisch: Zellmembran und
Quetscht man die nur wenig stark geschrumpfte Gallerte
eines Fadens ab, so zeigt dieselbe die Felderung ebenfalls
deutlich, doch erscheinen dann häufig die Felder nicht
homogen; vielmehr ragen aus der Fläche dieser Felder zahl¬
reiche kleine Stiftchen oder Körnchen, die Spitzen der feinen
Fädchen, welche die beschriebenen büschelförmigen Streifen
zusammensetzen, hervor.
An der Endzeile eines Fadens biegt der letzte Gallertring
ein wenig auf die Endfläche hinüber. Die Endfläche selbst
wird von einer besonderen Gallertscheibe, die von vielen
dunklen Linien durchzogen ist, bedeckt.
Auch Klebs hat bei seinen Untersuchungen des genauem eine
Hyalotheca dissiliens ') beobachtet. Nach seinen Angaben ist es höchst
wahrscheinlich dieselbe Form, welche von mir hier als f. major bezeichnet
worden ist. Die Membran jeder Zellhälfte ist nach seiner Darstellung
mit 5 bis 6 regelmässigen Reihen von Körnchen besetzt, die er als lokale
Verdickungen der Zellmembran deutet. Die Gallerte, die an der Aussen-
fläche den Zellgrenzen entsprechend regelmässig undulirt erscheint, ist
im normalen Zustande ganz homogen und nimmt nach Zusatz von Me¬
thylenblau, Methylviolett eine ausserordentlich scharfe Stäbchenstruktur
an. Die Stäbchen sitzen im optischen Längsschnitt der Zelle zu 5 bis
6 in regelmässigen Gruppen, je eine an jeder Zellhälfte, und sind den
Körnchen der Zellhaut angeheftet. Die Aufsicht zeigt, dass die Struktur¬
elemente nicht einfache Stäbchen, sondern umgekehrte vierseitige Pyra¬
miden sind, die mit ihrer Spitze der Zellwand aufsitzen, sich gegen die
Peripherie der Gallerte verbreitern und hier mit den benachbarten Pyra¬
miden zusammen eine regelmässige , polygonale Felderung der Aussen-
fläche der Gallerte veranlassen. Noch deutlicher als duich Färbung wird
diese Struktur durch längeres Einlegen der Zellfäden in Glykose-Pepton;
die Aufsicht zeigt dann, dass die Netzfelder aus zahlreichen kleinen
Körnchen bestehen.
Klebs beschreibt und zeichnet in der Gallerte von Hyalotheca eigent¬
lich nur Stäbchen; eine Grundsubstanz der Gallerte, die er an anderer
Stelle (p. 413) allgemein den Desmidieen zuschreibt, erwähnt er hier
gar nicht. In der That habe ich selbst eine solche Grundsubstanz nie¬
mals gefunden. Klebs kommt zu dem Begriff einer Grundsubstanz der
Desmidieen-Gallerte offenbar dadurch, dass er seine Anschauungen von
der Struktur der — allerdings durchaus ähnlich gebauten — Zygnemeen-
gallerte auf die Gallerte der Desmidieen überträgt. Bei jener glaubt er
durch das Verhalten einigen Farbstoffen und gewissen Reagentien gegen¬
über nachgewiesen zu haben, dass die Gallerte aus zwei Bestandteilen
1) 1. c. p. 379.
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
71
zusammengesetzt sei.’) Mir scheint jedoch, dass die scheinbar verschieden¬
artige Einwirkung jener Farbstoffe und Reagentien auf die Gallerte auch
in ganz andrer Weise erklärt werden kann. Jedenfalls aber sind durch
direkte Beobachtung weder in der Zygnemeengallerte, noch in der Des-
midieengallerte zwei verschiedene Bestandteile nachzuweisen. Die Gallerte
von Hyalotheca speziell besteht aus ringförmigen, den Zellhälften ent.
sprechenden Abschnitten, die ihrerseits aus einzelnen Gallertprismen zu¬
sammengesetzt sind; diese Gallertprismen stossen seitlich lückenlos an¬
einander, ohne dass eine Gallert-Grundsubstanz dazwischen nachzuweisen
wäre; die Spaltflächen aber, die zwischen je zwei Prismen vorhanden
sind, heben sich in der gefärbten Gallerte als scheinbar dunkler gefärbte
Flächen deutlich ab.
Die büschelförmigen, feinen Streifen, die bei gewisser Intensität der
Färbung von den Poren ausstrahlen, hat Klebs gar nicht bemerkt,
wenigstens nicht in der Profilansicht des Fadens. Die körnige Aufsicht
der Gallerte eines mit Glykose-Pepton behandelten Fadens, die er T. IV.
fig. 1 d zeichnet, lässt indessen darauf schliessen, dass ihm solche Fäden,
bei denen in der Gallerte Fädchenbüschel sichtbar sind, thatsäclilich Vor¬
gelegen haben.
Auch die Poren in der Membran scheint Klebs nicht richtig erkannt
zu haben. Die 5 bis 6 Reihen Körnchen an jeder Zellhälfte, die Klebs
beobachtet hat, stellen nicht kleine punktförmige Erhebungen der Zell,
membran dar, wie er annimmt, sondern bilden die knöpfchenförmigen
Enden der in den Poren steckenden Plasmafädchen.
Die Figuren, die Klebs zeichnet, geben zum Teil die thatsäch liehen
Verhältnisse insofern richtig wieder, als sie im allgemeinen das Bild,
wie es sich beim oberflächlichen Betrachten darbietet, veranschaulichen;
doch ist nicht in allen Fällen genau ersichtlich, welche Bedeutung den
in der Gallerte gezeichneten Linien thatsächlich zukommt, ob sie die
Trennungsspalten zwischen je zwei Gallertpyramiden oder auch diese
Gallertpyramiden selbst darstellen. Einzelne Figuren sind auch wohl
etwas ungenau gezeichnet, z. B. fig. 1 c, bei welcher die Gallerte gleich-
mässig, auch der Mitte der Zelle entsprechend, von Linien durchsetzt
ist, und fig. 1 e, bei welcher die Pyramiden nicht scharf abgegrenzt er¬
scheinen.
Katnbiisimt Kg.
B. Rrchissonii Kg. (de Barv 1. c. p. 44 T. IV, fig. 28,
29; Didymoprinm Borreri Ralfs 1. c. p. 58 Nr. 1 T. III).
Die Membran der tonnenförmigen Zellen (I. 20), welche
zu gedrehten, gallertumscheideten Fäden verbunden sind, be¬
steht aus zwei Schalen, die mit ihren freien, zugeschärften
i) 1. c. p. 411.
72
P. Hauptfleisch: Zellmembran und
.Rändern über einander greifen. Diese Schalen sind in je
vier ungleich grosse Abschnitte geteilt (I. 21). Kurz vor
dem offenen Ende ist jede Schale nach zwei einander
gegenüberliegenden Seiten hin etwas ausgestülpt (I. 25),
welche Ausstülpungen sich in der sonst kreisförmigen
Scheitelansicht als zwei kleine Hervorwölbungen kenntlich
machen. An diesen am weitesten ausgedehnten, mit einer
Reihe von Poren versehenen Abschnitt der Schale stösst mit
einer scharfen Kante ein schmalerer, etwa halb so breiter,
sich etwas verjüngender Abschnitt an. Derselbe ist von zwei
parallelen Reihen Poren durchbohrt, die an Zahl und Grösse
denen des ersten Teiles gleich sind. Der nächste sich eben¬
falls verschmälernde Absthnitt der Membran stösst wieder
mit einer scharfen Kante an den eben beschriebenen an;
derselbe ist ungefähr von der doppelten Breite der beiden
ersten Abschnitte und mit vielen, aber ganz feinen Poren
versehen, die ziemlich unregelmässig angeordnet sind. Der
letzte gleichfalls verjüngte Abschnitt der Schale ist von
der Breite des vorigen und ist von diesem durch eine ganz
geringe Einknickung und eine hierdurch gebildete seichte
Palte getrennt. Dieser Abschnitt ist nicht ganz glatt, sondern
etwas wellig, übrigens von zahlreichen Poren durchbohrt.
Die erste Reihe dieser Poren, die ziemlich derb sind, ist der
Falte parallel, die übrigen Poren sind in ungefähr rechtwinklig
hiervon abspreitzende Reihen angeordnet, so zwar, dass jede
dieser Reihen 3 oder meistens 4 Poren enthält. -- Die
Membran der ganzen Zelle erscheint somit zusammengesetzt
aus einem Cylindermantel und 3 Kegelstumpfmänteln, die sich
dem ersteren nach beiden Seiten hin anschliessen.
Die Verbindung der Zellen wird dadurch hergestellt, dass
sich die beiden Nachbarzellen mit einem ringförmigen Streifen
berühren, einen linsenförmigen Hohlraum zwischen sich
lassend. Ausserdem aber springt noch an jeder der beiden
Zellen unmittelbar ausserhalb der ringförmigen Berührungs¬
fläche eine schmale, scharfe Kante der Membran schräg aus¬
wärts soweit vor, dass die beiden benachbarten Kanten ein¬
ander berühren.
Die Gallertscheide dieser Fäden ist ziemlich schmal und
ist erst zu erkennen, wenn nach Anwendung färbender
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
73
Reagentien die Gallerte Farbe aufgenommen hat. Dieselbe
schnürt sich alsdann so ein, dass ein gemeinsamer Gallert¬
kranz die beiden zusammenstossonden letzten Membranab¬
schnitte umhüllt, während ein zweiter Gallertkranz von hier
bis zur Mitte der Zelle reicht (1. 24). Bei vermehrtem Zusatz
von Farbelösung und bei stärkerer Concentration der letzteren
schnürt sich der erstere Gallertkranz an der gemeinsamen
Zellwand ein, während der andere Gallertkranz von der Falte
aus nach der Mitte hin sich etwas zusammenzieht und nun
das feinporige Membranstück nur noch etwa zur Hälfte be¬
deckt (I. 31). Gleichzeitig hiermit tritt auch Streifung in der
Gallerte hervor. Yon den Poren auslaufend werden aus¬
wärts gereckte Büschel ganz feiner Fädchen sichtbar. Die
scharfe Profileinstellung zeigt in der Gallerte, die den End¬
abschnitt der Zelle umhüllt, meistens drei derartige Büschel;
der andere Gallertkranz, welcher von der Lücke bis zur Zell¬
mitte reicht, besitzt dagegen nur einen Kranz von Büscheln,
welche von dem Ringe von Poren, die auf dem Cylinderstücke
vorhanden sind, ausgehen, und zwei Kränze solcher Büschel,
die den Poren auf dem daran anschliessenden Kegel stumpfe
aufsitzen. — Bei weiterem Zusatz von Farbelösung treten
dann in der Gallerte neben den Büscheln die trennenden
Spaltflächen hervor; letztere werden immer deutlicher, während
die Büschel zuletzt ganz unkenntlich werden (I. 19). Dabei
werden in dem Gallertkranze zunächst dem Zellende und
ebenso in dem Gallertkranze zunächst der Mitte der Zelle
meist zwei trennende Spaltflächen als dunkle Linien deutlich
sichtbar. — Weiterhin schnürt sich dann der Gallortkranz
am Ende der Zelle zweimal, jenen zwei Spaltflächen ent¬
sprechend, von aussen her ein ; in dem andern Gallertkranze
nächst der Zellmitte tritt nur eine derartige Einschnürung
schärfer hervor, eine zweite Einschnürung erscheint nur
leicht angedeutet.
Die Aufsicht lässt in diesem letzteren Stadium eine ent¬
sprechende Felderung der Gallerte in der Mitte und am Ende
der Zelle erkennen (1. 32): die einzelnen Felder sind die
Aussenflächcn der die Poren bedeckenden Gallertprismen
oder Gallertkappen, welche seitlich dicht zusammenschliessend
die beiden Gallertkränze der einzelnen Zellhälfte zusammen-
74
P. H anptfleis ch : Zellmembran und
setzen. In jedem dieser Gallertkränze sind ungefähr drei
Querreihen solcher Gallertprismen vereinigt.
Nack Klebs1) erscheint die nur wenig ausgebildete Gallertscheide
von Bambusina nach Färbung in der Weise contrahirt, dass sich an jeder
Zellhälfte auf der Aussenseite der Zellwand zwei Gruppen von je 3 Reihen
Gallertkürperchen vorlinden, während eine fast schleimfreie Zone diese
Gruppen trennt. Indessen stimmt mit diesen Angaben die Figur (T. IV,
fig. 3) nicht ganz überein; denn während die Zelle von oben gesehen
allerdings schleimfrei sich darstellt, hängt die Gallerte in der Profilan-
sicht vollständig zusammen. Ausserdem sind die Linien, welche in dieser
Figur die Gallerte durchsetzen, mit den Gallertkörperchen der Flächen¬
ansicht nicht in genaue Uebereinstimmung zu bringen.
Diriyniopriuni. Kg.
IHilymopriimi (irevillii Kg. (Ralfs 1. c. p. 57 T. II; Des¬
midium cylindricum Grev; Desmidium Grevillii dBy 1. c.
p. 42, 76 T. IV, fig 30, 31).
Die Übereinstimmung der Chromatophoren der Gattung Didymoprium.
mit denen der Gattung Desmidium Ag. erschien mir doch nicht so gross,
um die Vereinigung der beiden Gattungen, die de Bary vorgenommen
hatte, zu rechtfertigen.
Die Chromatophoren haben bei Didymoprium eine bimförmige, oben
geweihartig ausgezackte, gleichsam blumenkolilförmige Gestalt; in der
Mitte liegt der Amylumherd. Die Stiele der einzelnen Chromatophoren,
von denen in jeder Zellhälfte vier oder auch, was sehr häufig der Fall
ist, fünf vorhanden sind, convergiren gegen einander und hängen in der
Mitte der Zelle zusammen (I. 41, 43).
Besitzt jede Zellhäifte 4 Chromatophoren, so sind dieselben gewöhn¬
lich so gelagert, dass sich den Ausstülpungen der v'embran gegenüber
eine Lücke befindet; öfters jedoch sind die Farbstoffträger aus dieser
Lage um 45 ' gedreht, so dass sich nun die Chromatophoren den Aus¬
stülpungen der Membran gegenüber befinden.
Die Membran einer jeden Zelle besteht auch hier aus
zwei Schalen, die mit ihren zugeschärften Rändern einander
umfassen.
An jeder Zellhälfte besteht die Membran aus einem Cy-
lindermantel, der an zwei gegenüberliegenden Stellen etwas
ausgestülpt ist, und einem Kegelstumpfmantel von ungefähr
derselben Breite. Beide Teile der Membran stossen in einer
1) 1. c. p. 380.
Hüllyallerte der Desmidiaceen.
75
scharfen Kante zusammen (I. 39, 40). Der Cylindermantel
ist mit drei parallelen Reihen Warzen besetzt; jede Warze
ist von einem Porus durchbohrt. Die Mitte der Zelle ist
porenfrei. Die Kegelstumpfmäntel dagegen sind von ganz
feinen Poren, die ungefähr gleichmässig angeordnet sind,
durchbohrt (I. 46).
Dass in den Poren, wenigstens in denen der Warzen,
Protoplasmafädchen stecken , dafür lieferten häufig einen
deutlichen Beweis einzelne Zellen, deren Protoplasma durch
Glycerin oder Spiritus contrahirt war, die aber trotzdem einen
Zusammenhang der in diesen Poren sitzenden, durch Zusatz
von Farbelösungen dunkler gefärbten Protoplasmafädchen mit
dem contrahirten Plasma der Zelle erkennen Hessen (I. 45).
Je zwei Nachbarzellen schliessen in einer ringförmigen
Zone an einander an; unmittelbar ausserhalb dieser Zone
springt dann ausserdem noch an beiden Zellen die Membran
mit einer scharfen, schmalen Kante schräg auswärts bis zur
Berührung der Kante der Nachbarzelle vor. In der Mitte ist
zwischen den Nachbarwänden ein linsenförmiger Hohlraum
gelassen. Die diesen Hohlraum begrenzenden Flächen weisen
feine Poren auf, während der Berührungsring frei von Poren
ist (I. 42); dieser Berührungsring färbt sich auch intensiver als
der übrige, mit den feinen Poren versehene Teil der Membran
Die zu einem gedrehten Faden vereinigten Zellen sind
von einer breiten Gallertscheide umgeben. Diese Scheide
ist aus einzelnen ringförmigen Abschnitten zusammengesetzt.
Sie liegt nicht überall der Membran unmittelbar an, ist viel¬
mehr nur an den cylindrischen von Poren durchborten Teilen
der Zellen der Membran fest angeschmiegt, an den übrigen
Teilen ein wenig von der Membran losgetrennt. Die auf
diese Weise entstehenden Lücken zwischen der Gallerte und
den Enden resp. der Mitte der Zellen, sowie die Spalten,
welche zu diesen Lücken führen, sind sehr häufig auch an
lebenden Algenfäden durch die eingelagerten Bakterien zu
erkennen (1.48); deutlich werden sie jedoch stets nach Zusatz
von Alkohol oder Farbelösung. Alkohol bewirkt Contraction
der Gallerte, doch bleibt dieselbe an der Aussenseito der
einzelnen Zellen meist zusammenhängend (I. 52). Zusatz von
concentrirter Farbelösung aber hebt den Zusammenhang der
76
P. Hauptfleisch: Zellmembran und
Gallerte zweier Nachbarzellen entweder vollständig auf oder
trennt diese Abschnitte der Gallerte doch soweit, dass die¬
selben nur durch einzelne Gallertfädchen an ihrer Oberfläche
in Verbindung bleiben (I. 47).
Die Zusammensetzung der Gallerte aus ringförmigen
Abschnitten ist, wie bereits gesagt, entweder schon an unge¬
färbtem Material oder doch nach Zusatz von ganz schwachen
Farbelösungen zu erkennen. Nach Zusatz von nur wenig con-
centrirterer Färbelösung zeigen sich dann bei scharfer Profil¬
einstellung an jeder Zellhälfte jederseits zwei durch die ge¬
färbte Gallerte verlaufende dunklere Linien (1. 53); auch in
der Scheitelansicht der einzelnen Zellen treten zahlreiche
strahlenförmig durch die Gallerte laufende, dunkler gefärbte
Linien hervor (I. 51, 49). Diese Linien gehen von den
zwischen den Warzen und Poren liegenden Stellen der
Membran aus und sind die optischen Durchschnitte der Spalt¬
flächen der den einzelnen Poren aufsitzenden Gallertprismen,
aus welchen sich die ringförmigen Abschnitte der Gallerte
z u sam m en setzen .
Bei weiterem Farbezusatz treten ausser diesen Linien
noch Streifen auf, welche von den Poren ausgehen und nach
aussen zu Büscheln ganz feiner Fädchen sich verbreitern
(I. 50).
Durch noch reichlicher eingelagerte Farbe werden die
Fädchenbüschel jedoch bald wieder undeutlich, sodass nur
ihre Spitzen zu erkennen sind; schliesslich verschwinden auch
diese. Die Gallerte erscheint nun homogen, an jeder Zell¬
hälfte im Profil zweimal eingebuchtet (I. 56); nach den Ein¬
buchtungen aber verlaufen von der Membran aus derbe Linien,
welche die optischen Durchschnitte der Grenzflächen der
Gallertprismen darstellen. — In diesem Stadium lässt die
Aufsicht der Gallerte eine regelmässige Felderung erkennen,
doch sind die über der Mitte und dem Ende der Zelle lie¬
genden Felder länger als die Felder der Mittelreihe (I. 54);
unter jedem Feld liegt die Warze, auf welcher das betreffende
Gallertprisma aufsitzt.
Abgequetschte Gallerte zeigt ebenfalls eine deutliche
Felderung; häufig sind dabei die Felder durch das Quetschen
ganz bedeutend vergrössert (I 60). Solche stark gezerrten
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
77
Felder zeigen sich gewöhnlich homogen, wohingegen die nicht
oder nur wenig gezerrten Felder stachelig erscheinen, indem
aus ihnen viele feine Spitzen , die Enden der einzelnen
Büschelfädchen, herausragen (I. 44).
Nesmiriiiim Ag.
Zellen in der Mitte wenig eingeschnürt, mit 2- bis 4-eckiger Sclieitel-
ansicht, zu gedrehten Fäden verbunden. Die Chlorophyllkörper bestehen
aus 2 bogigen Platten, die in der Mitte zusammenstossen.
Ih'smidimn Swartzii Ag. (Ralfs 1. c. p. 61 No. 1. T. IV;
Nägel i 1. c. p. 130 T VIII D; de Bary 1. c. p. 42 T. VI
fig. 57). Die Zellen, deren Scheitelansicht dreieckig mit ab¬
gerundeten Ecken und etwas ovalen Kanten sich darstellt,
sind zu gedrehten Fäden vereinigt. Die Zellmembran besteht
aus zwei Schalen mit zugeschärften Rändern. Jede Schale
ist aus dem Mantel eines dreiseitigen Prismas, dessen Längs¬
kanten nach der einen Grundfläche hin abgeschrägt sind,
und aus einer gewölbten Kappe von ungefähr der gleichen
Höhe zusammengesetzt ; die Kappe stösst unter einer scharfen
Kante an das Prisma. Auf letzterem befinden sich parallel
der Kante zwei Reihen ziemlich dicht gestellter Poren (II. 1);
die Kappe dagegen ist ungefähr gloichmässig von weiter ge¬
ordneten Poren durchbohrt (II. 3). Die Wölbung dieser Kappe
ist keine ganz gleichmässige. In der Mitte zeigt sie eine
kreisförmige Fläche, deren Durchmesser ungefähr gleich der
doppelten Höhe der Kappe ist; diese Fläche ist porenfrei.
Ausserdem ist die Kappe an den drei abgerundeten Ecken
nach der Nachbarzelle hin etwas ausgestülpt, wodurch drei
Aussackungen gebildet werden, die wie die Füsse eines Drei-
fusses vorspringen. Die Grundfläche dieser Füsse, wie sie sich in
der Scheitelansicht der Zellen darbietet, ist ungefähr elliptisch,
nach den Ecken dieser Scheitelansicht hin spitzig, ihr Längs¬
durchmesser ungefähr gleich dem der porenfreien, ebenen
Mittelfläche; auch die elliptischen Grundflächen der Füsse
besitzen keine Poren. Das spitze, äussere Ende der Ellipse
biegt sich nach aussen zu ein klein wenig um und bildet
hier eine vorspringende Nase; die entgegengesetzte Seite des
Fusses verläuft allmählich in die Membran der Kappe, ohne
einen nasenförmigen Vorsprung zu bilden. — An der End¬
fläche einer Zelle finden sich somit vier Vorsprünge, von
78
P. Hauptfleisch: Zellmembran und
denen drei die Ecken, der vierte die Mitte der Endfläche ein-
nimmt. Mit diesen vier Vorsprüngen hängen die Zellen im
Faden zusammen. Eine Eckenaufsicht zeigt den Zusammen¬
hang an drei Stellen, an den beiden Ecken und in der Mitte;
ein optischer Durchschnitt zweier Zellen durch eine Ecke und
die Mitte der gegenüberliegenden Seitenfläche zeigt den Zu¬
sammenhang am Mittel- und Eckfuss (11. 2).
Die Gallertscheide dieser Fäden ist ausserordentlich schmal,
jedoch umgiebt die Gallerte hier nicht nur die Seiten der
Zellen, sondern ist auch an den Endflächen in den Lücken
zwischen den zusammenstossenden Füssen vorhanden. Nach
Farbezusatz schrumpft die Gallerte ein wenig, während zu¬
gleich büschelförmige Streifen gefärbt hervortreten, die von
den Poren aus die Gallerte durchsetzen (II. 5). Solcher
Büschel finden sich in der Profilansicht der einzelnen Zelle jeder-
seits 4 an dem prismatischen Membranabschnitte, je 2 bis 3
an den beiden daran stossenden Kappen. Zusatz einer stär¬
keren Farbelösung lässt die Struktur verschwinden. Die
Gallerte schnürt sich dann an den Enden der Zelle ein,
ebenso auch, wenn auch nur wenig, über der Mitte der Zelle;
auch contrahirt sie sich soweit, dass die vorspringenden Ecken
der Zellen meistens nicht mehr von Gallerte bedeckt sind.
— Es gelang nicht, eine noch weiter gehende Contraction der
Gallerte zu erzielen.
Die Scheitelansicht der Zelle zeigt Gallerte nicht nur an
den drei Seitenflächen, sondern, abgesehen von den Füssen,
auch auf der Oberfläche. In der Gallerte an den Seiten treten
zahlreiche, regelmässig angeordnete, aber sehr undeutliche,
dunklere Linien auf, die ihren Ursprung nicht von den Poren
zu nehmen schienen (II. 4).
lRsmiriiiiin aptogoiiiimi Breb. (de Bary 1. c. p. 76 T. VI,
fig. 55, 56 ; Aptogonium Desmidiuni Ralfs 1. c. p. 64 T. XXXII,
fig. 1 a-h). Die Nachbarzellen hängen durch je drei oder
je zwei vorspringende Fiisse zusammen; die Scheitelansicht
der dreifüssigen ist fast genau der der vorigen Species gleich,
die der zweifüssigen zeigt ungefähr elliptischen Umriss. Die
Membran jeder Zellhälfte besteht aus einem prismatischen
Abschnitt, dessen 3 resp. 2 Längskanten nach der einen
Grundfläche hin abgeschrägt sind (II. 10). An diesen Teil
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
79
der Membran stösst unter einer scharten Kante eine gewölbte
Kappe an, die an den Ecken ausgestülpt ist (II. 6). Die
Küsse zweier benachbarter Zellen berühren sich nur mit ihrem
mittleren Teile; nasenförmige Vorsprünge der Membran sind
hier nicht ausgebildet.
Längs der • freien Kante ist der erste Membranabschnitt
von zwei parallelen Reihen ziemlich derber Poren durchbohrt.
Auch die Kappe ist mit ebensolchen Poren versehen, so zwar,
dass zunächst eine Reihe von Poren der Kante parallel ge¬
ordnet ist, die übrigen Poren dann in gewisser Regelmässig¬
keit mit ungefähr gleichen Abständen unter einander sich
anschliessen. Die Küsse sind gleichfalls mit Poren besetzt,
nur ihre Berührungsflächen sind frei davon.
Die Gallerte umgiebt nicht nur die ganze Seitenfläche
der einzelnen Zelle, sondern füllt auch die Lücken zwischen
zwei Nachbarzellen vollständig aus; erst wenn nach Zusatz
von Karbelösung die Gallerte sich zu contrahiren beginnt,
entstehen an den Berührungsflächen zweier Nachbarzellen
Spalten in der bisher gemeinsamen Gallerte. Genügende
Kärbung lässt erkennen, dass von jedem Perus ein Büschel
feiner Kädchen auswärts ausstrahlt (II. 11). Jeder Zellhältte
sitzen in der Profilansicht 5 bis 6 solcher Büschel an. Nach
Zusatz einer stärker concentrirten Karbelösung schrumpfen
diese Büschel mit der sie umgebenden Gallerte zu ebenso-
vielen, den Poren aufsitzenden Gallertkappen zusammen (II. 13).
Abgequetschte, gefärbte Gallerte zeigt die Kelderung und die
körnig-spitzige Struktur der Beider wie bei Didymoprium.
Spliacrozosma Corda.
Seitlich stark zusammengedrückte , tief eingeschnürte Zellen mit
einem 4-strahligen Chlorophyllkörper (mit centralem Amylumherd) in
jeder Hälfte.
Sphaeruzosma vertchratum Ralfs. (1. c. p. 65 T. VI fig. 1;
de Bary 1. c. p. 45 T. IV hg. 32 bis 34). Die Zellen sind
tief und eng eingeschnürt; jede Zellhälfte lässt eine ellip¬
tische (II. 16) und eine kreisrunde (II. 20) Seitenansicht
unterscheiden. Die gewölbten Endflächen je zweier benach¬
barter Zellen sind durch Klammern verbunden, wolche je zu
zweien der einzelnen Endfläche, schräg seitlich inserirt, auf-
80
P. Hauptfleisch: Zellmembran und
sitzen, und unter einander divergirend auswärts vorragen. An
den beiden Endflächen kreuzen sich die beiden Paare von
Klammern, so dass die vorgestreckten Spitzen der Klammern
der einen Zelle nicht mit den Spitzen der Klammern der
anderen Zelle zusammenstosssen, sondern direkt an die Mem¬
bran dieser anderen Zelle sich anheften und dadurch die
Verbindung der beiden Nachbarzellen bewerkstelligen. Dabei
sind im ganzen Faden die in gleichem Sinne divergirenden
Klammern unter einander parallel. Die Klammern selbst
haben eine kegelförmige Gestalt, enden jedoch nicht spitz,
sondern verbreitern sich am Ende knöpfchenförmig; sie
sind nicht massiv (wie de Bary *) angegeben hatte) sondern
innen hohl.
Die Membran der Zelle ist von Poren durchbohrt, die
jedoch nicht genau regelmässig angeordnet sind. Sie stehen
an jeder Zellhälfte in zwei unregelmässigen, rings um die
Zelle herumlaufenden Kreisen, nicht zu dicht angeordnet, und
sind ziemlich derb; der Kreis am geschlossenen Ende der
einzelnen Schale enthält mehr Poren als der Kreis, der dem
offenen Ende der Schale genähert ist. In den meisten Fällen
füllt, selbst noch an toten Fäden, das Protoplasma nicht allein
den Porus aus, sondern ragt auch noch etwas über den¬
selben hinaus; es breitet sich dann auf der Membran-Ober¬
fläche in Form eines kleinen Knöpfchens aus.
Der gedrehte Zellfaden ist von einer ziemlich breiten
Gallerte umgeben. Nach Zusatz von Gentianaviolett schnürte
sich die Gallerte den Zellenden entsprechend ein ; in der gefärbten
Gallerte aber zeigten sich von den Poren auslaufende, dunkler
gefärbte Bänder (II. 17). Vermehrte Concentration der Farbe¬
lösung bewirkte keine weitere Veränderung. Die dunklen
Bänder kommen dadurch zu Stande, dass sich die von jedem
Porus ausstrahlenden Büschel feiner F'ädchen stärker als die
übrige Gallerte färben, und dass diejenigen Büschel, welche von
drei oder vier nahezu in der Profileinstellung über einander
liegenden Poren ausstrahlen, in der Aufsicht sich decken und
so den Eindruck eines Bandes hervorrufen. — Methyl¬
violett färbt diese Büschel bedeutend intensiver, die Gallerte
1) 1. c. p. 45.
lliillgallerte der Desmidiaceen.
81
contrahirt sich dabei sehr stark, so dass jede Zelle von zwei
Gallertringen, von denen joder wieder in der Mitte einge¬
schnürt erscheint, umgeben ist (II. 18). — Fuchsinlösung
isolirte die einzelnen Büschel mit der sie umgebenden Gallerte,
so dass in der Aufsicht auf jedem Porus eine körnig-spitzige
Gallertkappo sass, während die daran grenzende Membran
von Gallerte frei war (II. 19).
Sphacrozosnia pygmaciini Archer1) bildet sehr wenig ge¬
drehte, lange Fäden — 140 und mehr Zellen waren mitunter
in einem Faden zu zählen — , in denen die Zellverbindung
nicht durch Klammern hergestellt wird. Die Nachbarzellen
stossen mit ihrer ganzen Endfläche, an der sich je zwei kurze
Vorsprünge befinden, an einander (II. 24). Die Einschnürung
zwischen den Zellhälften ist ziemlich breit und tief. Jede
Zellhälfte erscheint im optischen Längsschnitt der Zelle un¬
gefähr rechtokig; die kurzen Seiten dieses Rechteckes sind
nach aussen etwas ausgestülpt. Die Membran der beiden
Zellhälften ist mit Poren versehen, die jedoch keine Regel¬
mässigkeit in ihrer Anordnung erkennen lassen ; häufig
stecken, auch bei totem Material, in diesen Poren noch deut¬
liche Protoplasmafädclien.
Die Zellfäden sind von einer Gallertscheide umgeben,
welche sich mit Fuchsin homogen färbte (II. 30); eine stär¬
kere Concentration der Farbelösung bewirkte in dieser Scheido
keine weitere Veränderung mehr. Nach Färbung mit Gentiana-
violett contrahirte sich die Scheide 'stark und zwar so weit,
dass nur einzelne Büschel, an jeder Zellhälfte in der Profil¬
ansicht zwei oder drei, den Poren aufsitzend übrig blieben,
die Membran sonst von Gallerte frei war (II. 25).
Plcurotaeiiiuni de By.
Einzelnlebende, gerade, cylindrische, an den Enden abgestutzte oder
abgerundete, in der Mitte eingeschnürte Zellen mit wandständigen Chloro¬
phyllplatten.
Pleurotacnium iioilulosum dBy. (Docidium nodulosum
Ralfs 1. c. p. 155 Nr. 1 T. XXVI, fig. 1; PI. crenxdatum
1) Archer, Micr. Journ. 1864 p. 174 T. XVI fig. 45 — 49.
82
P. Ha uptfleisch: Zellmembran und
Rabenh.)1) Die Zellhälften sind hier vor der Mittelein-
schnürung mehrmals leicht eingeschnürt und daher mit welligem
Seitenrande versehen; die Mitteleinschnürung ist von einer
vorspringenden, braunen Leiste umgeben. Die Zellmembran
ist von zahlreichen , ziemlich derben Poren durchbohrt, die
über die ganze Fläche regelmässig verteilt sind, jedoch in
der ersten, dem freien Rande parallelen Reihe etwas dichter
stehen. In der Profileinstellung der Zelle sind die Poren
namentlich am Ende der Zelle deutlich als Kanäle, welche
die Membran durchsetzen, zu erkennen (II. 28).
Die Zelle ist von einer schmalen, schwach lichtbrechenden
Gallerthülle umgeben. Nach ganz schwacher Färbung, bei
der die Poren mit ihrem Inhalt und den hier den Poren auf¬
sitzenden Knöpfehen deutlich zu erkennen sind, erscheint
die Gallerte vollständig homogen (II. 29). Bei Zusatz einer
concentrirteren Farbelösung schnürt sich die Gallerte zwischen
den Poren ein, die Flächen, mit denen die über jedem Porus
sitzenden Gallerthöcker zusammenstossen, werden als dunkle
Linien in der Profileinstellung sichtbar, die Aufsicht der Zelle
aber zeigt eine mehr oder weniger regelmässige Felderung;
in der Mitte eines jeden Feldes ist das dem Porus aufsitzende
Plasmaknöpfchen zu erkennen.
Plciirotacniuin Trabecula N ä g. ( Docidium Ehrenbergii
Ralfs 1. c. p. 157 Nr. 4 T. XXYI fig. 4; Nägeli 1. c. p. 104
T. VII A). Die langcylindrischen beiden Schalen, welche mit
ihren freien Rändern einander umfassen, zeigen oberhalb der
Basalanschwellung oft noch eine leichte Einschnürung. Die
Membran ist mit vielen Poren gleichmässig bedeckt; die
in den Poren steckenden Protoplasmafädchen endigen aussen
in derbe Knöpfchen.
Die schwach lichtbrechende Gallerthülle ist je nach den
Individuen breiter oder schmaler, bietet sich aber fast stets
als ununterbrochene, homogene Masse dar. Nach Zusatz von
Farbelösungen schrumpft diese Gallerthülle ein wenig und
erhält eine wellige Aussencontour; die Spaltflächen zwischen
1) Kaben hörst, Flora Europaea Algarum Aquae Dulcis et Sub
marinae; Sectio III. p. 142.
llüllgallerte der Desmidiaceen.
83
den die Poren bedeckenden Gallertkappen färben sich dabei
intensiv (II. 34). Diese letzteren contrahiren sich bei Indivi¬
duen mit schmaler Gallerte zu mehr oder weniger isolirten
Gallertkappen, bei Individuen mit breiter Scheide dagegen
bleiben sie zusammenhängend. Die Aufsicht zeigt im con-
trahirten Zustande der Gallerte entweder eine netzförmige
Zeichnung oder isolirte Kreise mit einem dunkleren Punkt,
dem Plasmaknöpfchen, in der Mitte (II. 31).
Plcurotacniiim Itanilinti dBy. ( Docidium Baculmn Ralfs
1. c. p. 158 Nr. 5 T. XXXIII fig. 56). Die Zellhälftcn sind
hier lang cylin drisch mit geradlinigem Seitenrande, vor der
Einschnürung ziemlich stark angeschwollen. Die Membran
ist mit vielen gleichmässig verteilten Poren bedeckt.
Die Gallerte umgiebt als schmale, schwach lichtbrechende
Scheide die ganze Zelle und erscheint bei Zusatz von ganz
verdünnter Earbelösung homogen. Nach Einlagerung von
concentrirterer Earbelösung contrahirt sich die Gallerte in der
Weise, dass jeder Porus von einer isolirten Gallertkappe
bedeckt ist (H. 40, 41). — Auch bei dieser Species sind die
den Poren aufsitzenden Protoplasmaknöpfchen ziemlich dick
und leicht zu erkennen.
IMcurotaciiiuiii liirgirium dBy. (1. c. p. 75 T. 5 fig. 31;
Cosrnarium turgidum Breb. in Ralfs 1. c. p 110 Nr. 33
T. XXXII fig. 8; Calocylindrus turgidus Kirchner 1. c. p. 142
Nr. 283). Die einzelne Zelle ist oblong, in der Mitte durch
eine stumpfwinklige Furche eingeschnürt, an den Enden
breit abgerundet; im Innern der Zelle fehlen Bläschen mit
tanzenden Körnchen, die bei den vorigen Arten stets deutlich
ausgebildet sind, vollständig.
An den beiden Hälften der Zellmembran, die mit ihren
freien Rändern einander umfassen , finden sich nahe dem
freien Rande, noch in der Furche gelegen, je zwei Reihen
ziemlich derber Poren. An diese Poren schliesscn sich zahl¬
reiche, dichtstehende, gleichmässig über die ganze Membran
verteilte Warzen an; welche sämmtlich von einem feinen
Porus durchsetzt sind. Die Membran zwischen den Warzen
erscheint fein granulirt (II. 42); die Innoncontour der Zell¬
membran aber ist durchaus geradlinig.
6*
84
P. H a up tfleisch: Zellmembran und
Die einzelne Zelle ist von einer ausserordentlich schmalen
Gallerthülle umgeben. Dieselbe färbte sich bei Zusatz von
Farbelösungen nur äusserst matt; eine Struktur war in ihr
nicht nachzuweisen (II. 47).
Klebs giebt an1), dass die Membran der von ihm untersuchten
Fleurotaenium- Arten {PI. Trabecula , PI. truncatum) mit Körnchen versehen
ist; die Poren, welche als kleine Kanäle die Membran durchsetzen, hat
er als solche nicht erkannt. Die Körnchen selbst aber, welche er be¬
schreibt, gehören nicht der Zellwand an, wie Klebs annimmt, sondern
stellen die knöpfchenförmigen Endverdickungen der die Poren ausfüllenden
Plasmafädchen dar.
Die Gallertscheide von Pleurotaenium Trabecula beschreibt Klebs
als zart lichtbrechende, homogene Scheide, welche nach Anwendung von
Methylviolett, Methylenblau „zusammengesetzt erscheint aus neben ein¬
ander stehenden stark gefärbten Gallerthöckern, die je nach den Indivi¬
duen bald enger bald weiter gestellt und durch eine Grundsubstanz zu
einer einheitlichen Schicht vereinigt sind. In Glykose-Pepton tritt eine
"Verdickung und Verbreiterung der Höcker ein, so dass sie an einander
stossen und polygonale Form annehmen. Man erkennt an jedem Höcker
eine hellere Mitte, welcher an der Zellwandoberfläche eine kleine punkt¬
förmige Erhebung entspricht, und eine dichte Peripherie.“
Hier spricht Klebs ausdrücklich von einer Grundsubstanz, die beige¬
gebenen Figuren aber (T. IV, fig. 10, 11) lassen von einer solchen nichts
erkennen. Thatsächlich habe ich selbst niemals eine solche Grundsubstanz
aufgefunden; die Gallerthöcker stossen entweder ohne jede verbindende
Zwischensubstanz an einander, oder dieselben sind durch kleine Lücken
seitlich von einander getrennt. Es ist auch aus den Angaben von Klebs
nicht recht ersichtlich, wo in den Fällen, in welchen die Gallerthöcker
durch Glykose-Pepton bis zum Aneinanderstossen verdickt und verbreitert
wurden, die Grundsubstanz geblieben sei. — Einen Unterschied in der
Färbung und in der Dichtigkeit des Eandes und der Mitte der Höcker
konnte ich bei der Gallerte der von mir untersuchten Individuen nicht
wahrnehmen.
Tetmemorus Ralfs.
Die einzeln lebenden Zellen von Tetmemorus sind cylindrisch oder
spindelförmig, in der Mitte eingeschnürt, an den Enden abgerundet und
mit einer spaltenförmigen Einstülpung versehen. Die Chromatophoren
bilden strahlig gestellte Längsplatten, die sich zu einem axilen Mittol-
stück vereinigen.
1) 1. c. p. 380.
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
85
Tctmemnriis graiiiilatus Breb. (Ralfs 1. c. p. 147 Nr. 3
T. XXIV fig. 2). Die Membran der spindelförmigen Zellen
ist von ziemlich derben, nicht zu dicht geordneten Poren
durchbohrt; die erste Porenreihe zunächst dem freien Rande
der einzelnen Schale ist diesem Rande parallel, die übrigen
Poren schliessen sich in gleichmässigem Abstande an; zwischen
den Poren ist die Membran nicht glatt, sondern mit vielen
kleinen Dellen versehen. An der Einschnürungsstelle der
Zelle jedoch ist die Membran ganz glatt und auch frei von
Poren.
An der Spitze der Zelle spaltet sich die Membran, ehe
sie die Einstülpung bildet, in zwei Lamellencomplexe, zwischen
denen sich ein hohler Raum befindet; im Grunde der Ein¬
stülpung schmelzen die beiden Lamellen wieder zusammen
(ii. 37, 43). Im Innern der Zelle sind in der Mitte der von
den Membranlamellen gebildeten Palte mehrere, in ein Knöpf-
chen endigende Stiftchen befestigt, und zwar stehen vier
längere, auseinander strahlende Stiftchen auf der Kante der
Falte, zwei kürzere ungefähr auf der halben Höhe derselben
(II. 44, 45). Die Lamellen, in welche sich die Zellhaut an
der Spitze spaltet, haben häufig die gleiche Dicke — die
halbe Dicke der Zellmembran — häufig aber verdickt sich
auch die innere Lamelle bis auf das 3- oder 4-fache der
äusseren Lamelle, so dass von derselben fast der ganze Hohl¬
raum ausgefüllt wird.
Tetmcmorus Brcbissonii Menegh. (Ralfs 1. c. p. 145, Nr. 1
T. XXIV fig. 1). Die Poren der cylindrischen Zellen stehen
in Längsreihen; von einem Porus zum andern läuft in der
Längsrichtung der Zellen eine seichte Furche. Die Falten,
welche durch die Einstülpung der Membranen am Ende der
Zelle entstehen, tragen bei dieser Species keine Stiftchen.
Sowohl diese wie die vorige Species wurden stets ohne
Gallerte beobachtet. *)
1) Es gelang mir nicht, Telmemorus granulatus durch dio von Ivlebs
mit Erfolg angewendete Behandlung — längeren Aufenthalt in lauwarmem
Wasser — zur Gallertausscheidung zu bewegen. Da indessen die untersuchten
Individuen aus älteren Kulturen stammten, so darf dieser Umstand wol
als Grund fiir das Ausbleiben der Gallertbildung angesehen werden, zumal
da ich öfter in älteren Kulturen ein Schwinden der Gallerte lebender
Desmidieen beobachtet habe.
86
P. Ha uptfleisch: Zellmembran und
Cosniariuni Cor da.
Die gewöhnlich einzeln lebenden, in der Mitte tief eingeschnürten
Zellen sind im Umfange oblong oder rundlich, an den Enden abgestutzt
und ganzrandig.
Cosniariuni Botrytis Menegh. (Ralfs 1. c. p. 99 Hr. 13
T. XYI fig. 1). Die mediane Einschnürung der einzelnen
Zelle ist schmal linealisch; die einzelnen Zellhälften, mit ge¬
rader Basis versehen, sind nach oben verschmälert und am
Scheitel flach abgestutzt. Die Zellmembran ist überall gleich-
mässig mit warzenförmigen Ausbuchtungen besetzt, die nach dem
Scheitel zu häufig an Grösse abnehmen. Zwischen den Warzen
ist die Membran von vielen Poren durchbohrt und zwar so,
dass zwischen je 4 Poren eine Warze sich befindet; die Warzen
selbst sind porenfrei (II. 56). Mitunter findet man jedoch
auch Zellen , bei denen die eine Hälfte der Zellmembran
Warzen und Poren, die andere Hälfte jedoch nur Warzen,
keine Poren oder umgekehrt nur Poren, keine Warzen besitzt.
Die Poren sind in den meisten Fällen so fein , dass es ge¬
wöhnlich nicht möglich ist, die in ihnen steckenden Plasma-
fädchen und deren knöpfchenförmige Ausbreitungen auf der
Aussenseite der Membran zu erkennen; deutlich wahrgenommen
habe ich sie nur in einzelnen wenigen Fällen.
Bei allen untersuchten Individuen war eine äusserst
schmale, sehr schwach lichtbrechende Gallerte vorhanden
(II. 46). Dieselbe färbte sich mit schwachen Farbelösungen
gar nicht, mit concentrirten auch nur äusserst matt und
schrumpfte dabei ein wenig ein. Eine Struktur liess sich
auch jetzt in dieser Gallerte in der Mehrzahl der Fälle nicht
erkennen. Doch wurden einigemale durch Quetschen Gallert¬
kappen isolirt, denen zuweilen auch noch die in den Poren
steckenden Protoplasmafädchen mit ihren Endknöpfchen an¬
hafteten. In einem Falle gelang es, an einer Zellhälfte ohne
Warzen nach Anwendung von concentrirter Fuchsinlösung ein¬
zelne, den Poren aufsitzende Gallerthöcker zu constatiren
(II. 51). Bei einem andern Individuum wurden solche Höcker
durch die einfache Einwirkung der Fuchsinlösung ohne Zu¬
hilfenahme von Quetschen abgesprengt (ein Vorgang, den
Klebs1) auch bei Pleurotaeniwn beobachtet hat).
1) 1. c. p. 381.
Ilüllgallerte der Desmidiaceen.
87
Cosiiiariuni Pliascolus Breb. (Kuastrum [Tetracanthium]
depressum Näg. 1. c. p. 113 T. YII C fig. 2). Die einzelne
Zelle ist ungefähr so lang wie breit, die mittlere Einschnürung
linealisch. Die beiden Zellhälften erscheinen nierenförmig,
am Scheitel etwas abgeflacht. Die Zellhaut ist mit sehr zahl¬
reichen Poren versehen.
Die einzelne Zelle ist fast regelmässig mit einer Gallerte
bekleidet, deren Breite häufig dem halben Zellendurchmesser
gleichkommt (II. 48). Diese Gallerte ist ohne Anwendung
von Färbemitteln gewöhnlich nicht zu erkennen, wenn sich
nicht, was allerdings häufig genug vorkommt, Bakterien auf
ihr eingenistet haben. Durch Zusatz von Fuchsinlösung wird
diese Gallerte deutlich erkennbar, und zugleich tritt in der¬
selben unter mässig starkem Einschrumpfen radiale Streifung
deutlich hervor: es färben sich die Spaltflächen zwischen den
zahlreichen schmalen Gallertprismen intensiver als diese letz¬
teren selbst (II. 49). Die Aufsicht der Gallerte lässt in diesem
Zustande ziemlich undeutlich eine Felderung erkennen (II. 50).
Diese Felderung aber wird deutlicher, wenn es gelingt, die
Gallerte abzuquetschen; alsdann sieht man auch gewöhnlich
in der Mitte der einzelnen Felder ein kleines, dunkleres
Knöpfchen, welches vorher dem Porus aufgesessen hatte (II. 52).
Ich darf übrigens nicht unterlassen, zu erwähnen , dass
die eben beschriebene Struktur der Gallerte in einem Falle
nicht nachgewiesen werden konnte, dass vielmehr der Bau
der die Zelle umgebenden Gallerthülle ein ganz anderer war
Nach Färbung des betreffenden Individuums mit Fuchsin
zeigte die Hülle eine radiale Streifung, welche von dünnen
gefärbten Fädchen herrührte. Einige dieser Fädchen waren
an ihrem oberen Ende nage! kopfförmig verbreitert. Gallerte
war zwischen diesen Fädchen nicht nachzuweisen. Anschei¬
nend nahmen diese Fädchen von den Knöpfchen auf den
Poren ihren Ursprung, doch konnte dies nicht mit völliger
Sicherheit constatirt werden. — In wieweit diese Ausbildung
der Gallerte mit der gewöhnlichen in Uebereinstinnnung ge¬
bracht werden kann, muss dahingestellt bleiben, da der eben
beschriebene Fall nicht vollständig aufgeklärt werden konnte
und auch nur ein einziges Mal zur Beobachtung gelangte.
An Individuen mit normal ausgebildeter Gallerto war
88
P. Hauptfleisch : Zellmembran und
sehr häufig ausserhalb der Gallerthülle noch eine abgestreifte
Haut erkennbar (II. 54, 63); diese Haut war gewöhnlich
ziemlich stark gequollen; dieselbe schrumpfte schon bei ge¬
ringem Farbezusatz sehr schnell ein und zog sich bis an die
Gallerte zusammen. Hass hier eine gequollene Membran und
keine desorganisirte, abgeworfene Gallerte vorlag, ward durch
die Poren, die häufig noch in dieser Hüllhaut constatirt werden
konnten, höchst wahrscheinlich gemacht; ja, in einem Falle
besass sogar die Hüllhaut ihrerseits noch eine Gallerthülle,
in der sich allerdings eine Struktur nicht mehr nachweisen
liess (II. 53).
Gar nicht selten fanden sich andererseits bei dieser
Species auch zwei Gallertschichten übereinander (II. 57, 55).
Hie ältere, äussere Gallerthülle war dann in Besorganisation
begriffen. Hieselbe war deutlich weniger dicht als die innere,
jüngere Gallerthülle, die ihrerseits stets zuerst und, wenigstens im
Anfänge, intensiver sich zu färben pflegte. Hie Gallertprismen
der älteren Schicht sassen denen der jüngeren genau auf, so
dass sich die Spaltflächen der letzteren genau in die der
älteren Schicht fortsetzten. In vielen Fällen war allerdings
die Besorganisation der älteren Gallerte schon zu weit vor¬
geschritten, als dass man in ihr noch eine Struktur erkennen
konnte; so zeigte beispielsweise an einem Individuum die
äussere Gallertscheide der einen Zellhälfte eine sehr schöne,
deutliche , radiale Streifung , während an der andern Zell¬
hälfte nur sehr schwach und ganz vorübergehend eine
Streifung sichtbar wurde. (II. 62).
Übrigens ist die Gallerte der vorliegenden Art mitunter
sehr weich und klebt dann sowol an dem Objektträger, als
an dem Heckglase leicht fest. Wirken dann Farbelösungen
contrahirend auf die Gallerte ein, so wird die festklebende
Gallerte sehr häufig in feine Fädchen ausgezogen.1)
1) Einzelne der von Klebs gezeichneten Figuren, T. III fig. 2d, 4a,
T. IV fig. 16 und besonders fig. 17a, haben mit den oben erwähnten
Vorgängen eine so grosse Aehnlichkeit, dass sich mir unwillkürlich der
Gedanke aufdrängte, jene Figuren möchten vielleicht von Objekten mit
sehr weicher Gallerte, die an den Gläsern festgeklebt war, entnommen sein.
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
89
Arthrodcsimis E h r b.
Die einzelnen Zellen sind den Zellen von Cosmarium sehr ähnlich;
nur sind die Zellhälften beiderseits mit jo einem derben Stachel aus¬
gerüstet.
Arthroricsnius conrcrgens Ehrb. (Ralfs 1. c. p. 118 Nr. 1
T. XX fig. 3; Kuastrum [Tetracanthium] convergens Näg. 1. c.
p. 113 T. VII C fig. 1). Die einzelnen Zellen gleichen
sehr den Zellen der zuletzt beschriebenen Species Cosmarium
Pliaseolus; die mediane Einschnürung ist nach aussen allmäh¬
lich verbreitert ; die beiden Zellhälften sind elliptisch, an jeder
Seite mit einem nach der Einschnürung gerichteten Stachel
besetzt; die Stacheln selbst sind hohl. Die Membran ist von
sehr zahlreichen Poren durchbohrt; die in den Poren stecken¬
den Eädchen enden aussen in ein deutliches Knöpfchon.
Die ziemlich breite Gallerthülle der einzelnen Zelle
schrumpft bei Zusatz von Fuchsinlösung etwas ein und zeigt
hierbei genau dieselbe streifige Zeichnung wie bei Cosmarium
Phaseolus ; Gentianaviolett färbt die Gallerte vollständig gleich-
mässig und lässt die Spaltflächen zwischen den Gallertprismen
nicht dunkler gefärbt hervortreten. Durch Quetschen werden
die Gallertprismen häufig abgelöst und zugleich durch den
Druck etwas zusammengepresst; sie zeigen sich dann als
kurze Cylinder, deren Grundfläche gewöhnlich noch das dem
Porus auf sitzen de Plasmaknöpfchen anhaftet.
Xanthiriinm Ehrb.
Die Einzelzellen sind in der Mitte tief eingeschnürt, im Umfange
rundlich, oder vieleckig; die Scheitelansicht zeigt häufig dio Mitte der
Zelle bauchig angeschwollen. Die Zellmembran ist mit Stacheln besetzt.
Die Chromatophoren zeigen die Gestalt wandständiger Scheiben.
Xanthiilium fasciciilatum Ehrb. (Ralfs 1. c. p. 114 Nr. 4x
T. XX fig. 16.) Die mittlere Einschnürung der Zelle ist
linealisch, die beiden Zellhälften sind meist sechseckig, in
der Mitte leicht ausgebuchtot. An den vier äusseren Ecken
dieser Sechsecke befinden sich je zwei hohle Stacheln. Die
Membran ist von zahlreichen feinen Poren durchbohrt; diese
Poren sind von Plasmafädchen durchsetzt, die aussen in ein
kleines Knöpfchen endigen. Die Stacheln selbst sind frei von
Poren (II. 72).
90
P. Hauptfl eis oh : Zellmembran und
Die bald nach dem Einsammeln untersuchten Individuen
waren von einer breiten Gallerte umgeben, die noch über die
Stacheln hinausragte (II. 73). Bei Zusatz von Färbungsmitteln
traten zunächst die den Poren aufsitzenden Knöpfchen deut¬
lich hervor, dann färbte sich unter allmählichem Schrumpfen
die Gallerte, wobei die Spaltflächen zwischen den auf den
Poren sitzenden Gallertprismen als dunkle, radiär gestellte
Streifen sichtbar wurden. Durch Quetschen wurde die Gallerte
von der Membran abgelöst und etwas zusammengepresst; sie
zeigte dann ziemlich regelmässige Felderung. In der Mitte
der Felder waren dann meistens noch die Plasmaknöpfchen
vorhanden (II. 71).
Als nach einigen Wochen die Kultur im Absterben be¬
griffen war, zeigte sich bei einer erneuten Untersuchung,
dass bei sämmtlichen noch lebenden Individuen die Gallerte
vollständig oder zum grösseren Teile zu Grunde gegangen
war (II. 60). Die aus den Poren hervorragenden Knöpfchen
hatten sich bedeutend vergrössert, die umgebenden Gallert¬
prismen aber waren entweder vollständig geschwunden (II. 61)
oder waren so mit einander verschmolzen, dass die Spalt¬
flächen zwischen denselben nach Zusatz färbeuder Reagentien
sich fast gar nicht mehr intensiver färbten und daher häufig
gar nicht zu erkennen waren (II. 59).
Xantkhlium crisfatuin Breb. (Ralfs 1. c. p. 115 Ko. 5a, ß
T. XIX fig. 3 a, d). Die beiden Zellhälften haben die Gestalt
eines Trapezoides mit abgerundeten äusseren Ecken, an denen
je ein hohler stets gerader Stachel ansitzt. Ausser diesen
Stacheln besitzt jede Zellhälfte noch vier Paare ebenfalls
hohler, gerader oder etwas gekrümmter Stacheln. In der Mitte
der beiden abgeflachten Seitenflächen ist die Membran buckelig
ausgestülpt; diese Ausstülpungen haben die Form einer Rosette,
welche aus ungefähr 8 porenfreien, kreisförmig um eine
grössere Warze gelagerten Wärzchen gebildet wird. Die
Membran ist gleichmässig mit zahlreichen Poren versehen.
Die Gallerte umgiebt die ganze Zelle und ist, wie man
nach Zusatz färbender Reagentien erkennt, aus einzelnen
Prismen zusammengesetzt, welche den Poren und den daraus
hervorragenden Plasmaknöpfchen aufsitzen (II. 70). — Ausser
dieser Gallerte war bei einem einzelnen Individuum noch
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
91
eine unregelmässig begrenzte, sicli ebenfalls färbende, schlei¬
mige Masse vorhanden, die wahrscheinlich von einer abge-
stossenen älteren Gallerthülle herrührte. In dieser äusseren
Gallerte waren dunkle Knöpfchen ziemlich regelmässig ver¬
teilt. Nach Zusatz einer concentrirton Farbelösung färbten
sich über den einzelnen Knöpfchen homogen erscheinende
Gallertkappen, deren halbkugelige Form besonders an einigen
Stellen am Rande der Schleimzone deutlich zu erkennen war;
zuweilen war an den Knöpfchen am Grunde der Gallertkappen
auch noch ein ein feines Stielchen, wahrscheinlich der Inhalt
des Porus, wahrzunehmen. Zahlreiche dieser Gallertkappen
waren noch durch gallertartige Fädchen mit einander ver¬
bunden.
fflicrastcrias Ag.
Flachgedrückte, scharfrandige, tief eingeschnürte, im Umfange kreis¬
förmige oder längliche Zellen. Die Zellhäften sind tief dreilappig, die
paarigen Seitenlappen sind entweder «ein bis mehreremal geteilt oder
ungeteilt; der anders gestaltete Mittellappen ist ungeteilt oder ausgerandet-
Die axile Chlorophyllplatte hat die Form der Zelle und trägt bisweilen
auf jeder Seite zwei den Rändern des Mittellappens senkrecht aufgesetzte
parallele Leisten; zahlreiche Amylonherde sind derselben ordnungslos
eingelagert.
Micrastcrias truncata Breb. (Ralfs 1. c. p. 75 Nr. 9 T.
X fig. 5, 6). Jeder Seitenlappen ist durch einen — am
inneren Ende abgerundeten — Einschnitt in zwei Lappen,
die wieder mit einer Einkerbung versehen sind, geteilt (II. 58).
Der Scheitel des nach aussen stark verbreiterten Mittellappens
ist ganzrandig, an den Ecken spitzig, in der Mitte ein wenig
eingebogen. Zahlreiche Poren sind gleichmässig über die
ganze Fläche der Zell-Membran verteilt.
Die Gallerte bildet eine am Rande fast stets zusammen¬
hängende, mehr oder weniger schmale Schicht. In dieser
Gallerte färben sich bei Zusatz von Fuchsinlösung Büschel
feiner Fädchen, die auch hier von kleinen Knöpfchen auf den
Poren auswärts ausstrahlen , dunkler als die Gallcrtmasso
selbst (II. 64, 65, 66). Gentianaviolett färbte gewöhnlich die
Büschel sehr intensiv, die umgebende Gallerte dagegen äusserst
matt. — Während die Gallerte am Rande der Zolle zusammen¬
hängt, ist sio auf den beiden Flachseiten fast niemals zu¬
sammenhängend, wenigstens erscheint sie nach Zusatz von
92
1J. H auptf leis c h : Zellmembran und
Farbe stets unterbrochen; es sitzt dann jedem Porus eine
kleine Gallertkappe auf. Diese Gallertkappen sind zumeist
isolirt, zuweilen jedoch stossen zwei oder auch drei derselben
seitlich zusammen oder verschmelzen mit einander (III. 1).
— In einem Falle, in dem eine verhältnismässig breite Gallert¬
scheide am Rande zu erkennen war, zeigte sich, selbst bei
Zusatz einer concentrirten Fuchsinlösung, keine Struktur der
Gallerte, nur die Knöpfchen aut den Poren erschienen dicker
als gewöhnlich (II. 67, 68); auch diese wurden dann un¬
sichtbar, als bei Zusatz einer Spiritus-Fuchsinlösung die Gallerte
noch weiter schrumpfte (II. 69). In einem andern Falle
waren die Knöplchen ebenfalls ziemlich dick, die aufsitzenden
Fadenbüschel waren in Fuchsinlösung nur als auswärts ver¬
breiterte Streifen, die sich ein wenig dunkler als die Gallerte
färbten, erkennbar (III. 2). Dieselbe Stelle zeigte bei Zusatz
einer Lösung von Methylenblau völlig ungefärbte, sehr wenig
contrahirte Gallerte — die Grenze derselben war nur durch
herangespülte ungelöste Farbopartikelchen kenntlich — , wäh¬
rend von den Poren dunkel gefärbte Streifen ausliefen (III. 3);
auch die Knöpfchen auf den Poren waren bei Anwendung
dieser Farbe nicht zu erkennen.
In einer älteren Kultur war die Gallerte der einzelnen
Individuen in Desorganisation begriffen und fehlte dann an
einzelnen Stellen der Zell Oberfläche gänzlich, oder es waren
nur Fadenbüschel, keine Gallertkappen, vorhanden; an anderen
Stellen waren die Poren von ganz unversehrten Gallertkappen
bedeckt. Solche Individuen waren dann auch stets mehr oder
weniger von Bakterien befallen, die sowohl der Membran als
auch den Poren aufsassen; einzelne Individuen waren so dicht
mit Bakterien besät, dass die Zelle fast filzig behaart erschien.
Micrastcrias piiiiiatifhla Kg. ( Euastrum didymacantlium
Näg. , 1, c. p. 123 T. VI H. fig. 1; Ralfs 1. c. p. 76 Kr. 13
T. X fig. 3). Die Membran der einzelnen Zelle besteht aus
zwei Schalen, die mit den freien Kanten übereinander greifen;
jede Zellhälfte ist durch zwei tiefe Ausbuchtungen in 3
Lappen geteilt, an deren Enden je zwei innen hohle Stacheln
ansitzen. (III. 14). Die auswärts etwas verschmälerten
Seitenlappen der einen Zellhälfte stossen mit denen der andern
dicht am Isthmus, durch welchen die beiden Zellhälften zu-
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
93
sammenhängen, und divergircn dann. Diese Poren werden
durchsetzt von Protoplasmafädchen , welche aussen in ein
kleines Knöpfchen endigen (III. 7).
Die einzelne Zelle ist stets von einer schmalen Gallort-
* hülle umkleidet. Die Breite dieser Gallerthülle ist ungefähr
gleich der Länge der Stacheln, so dass deren Spitzen noch
eben von der Gallerte bedeckt werden. Nach Zusatz fär¬
bender Reagentien erscheint die Gallerte zunächst homogen;
darauf färben sich in derselben feine Rädchen, welche von
den Knöpfchen auf den Poren auslaufen, während gleichzeitig
die Gallerte mehr und mehr schrumpft, so dass die Stacheln aus
derselben herausragen (III. 8) ; schliesslich zieht sich nach
Zusatz von concentrirter Farbelösung die Gallerte so weit
zusammen, dass nur einzelne gesonderte Gallcrtstifte, den
Poren einzeln aufsitzend, Zurückbleiben, während die Membran
sonst von Gallerte frei ist (III. 9). — Bei Zusatz von Farben,
die in Alkohol gelöst sind, erscheint die stark schrumpfende
Gallerte ganz homogen; eine Struktur ist in derselben dann
nicht zu erkennen.
Micrasterias Crux leliteiisis Ralfs (1. c. p. 73 Nr. 7 T. IX
fig. 3). Die Mitteleinschnürung sowol wie die Einschnürungen
zwischen den einzelnen Lappen verbreitern sich nach aussen.
Der Mittellappen ist breiter wie die Seitenlappen und in zwei
am Ende spitzige Fortsätze verlängert; die Seitenlappen sind
in je zwei gleichfalls spitzige Segmente geteilt. Zahlreiche,
ziemlich derbe Poren sind gleichmässigüber die ganze Membran
verteilt (III. 25). In den Poren stecken Protoplasmafädchen.
Eine schmale Gallertschicht umhüllt die ganze Zelle.
Zusatz einer Lösung von Gentianaviolett zeigte bei ganz
matter Lösung zuerst eine homogene Gallerte. Bei weiterem
Zusatz von Farbelösung wurden in der matt gefärbten Gallert¬
masse Büschel feiner Fädchen, welche den einzelnen Poren
aufsassen, sichtbar (III. 26). Schliesslich, nachdem sich
während weiterer Farbeeinlagerung die Gallerte immer mehr
contrahirt hatte, war jeder Porus von einer Gallertkappe
bedeckt.
In älteren Kulturen war häufig Gallerte gar nicht mehr vor¬
handen oder fand sich doch nur an einzelnen Individuen und
an solchen auch nur an einzelnen Stellen.
94
P. Ha u ptf leise k : Zellmembran und
Micrastcrias rotata Ralfs (1. c. p. 71 Nr. 2 T. YIII fig. 1;
Kuastrum rota Ehrb. in Nägeli 1. c. p. 123 T. VI H. fig. 4;
M. furcata Ag. in Rabenhorst 1. c. p. 191). Die Zell¬
hälften sind fünflappig, der Mittellappen, der häutig über die
oberen Seitenlappen hervorragt, ist schmäler als diese, am
Scheitel wellig ausgerandet und an jeder Ecke mit zwei
Zähnen versehen. Die Seitenlappen sind durch enge, innen
abgerundete Einschnitte in je zwei Segmente geteilt, die bei
den oberen breiteren Seitenlappen wiederum in zwei Unter¬
segmente zerfallen ; die Segmente letzter Ordnung sind zwei¬
zähnig. Die unteren Seitenlappen sind ungefähr halb so
breit als die oberen (III. 19). Die Zellmembran ist von
ziemlich derben Poren, die zahlreich und gleichmässig über
die ganze Fläche verteilt sind, durchbohrt (III. 15). Die
Poren sind durch feine Protoplasmafädchen ausgefüllt, eine
knopfchenförmige Verbreiterung der Fädchen auf der Aussen-
seite der Membran wurde jedoch nicht beobachtet.
Gallerte wurde bei dieser und den beiden folgenden
Species niemals beobachtet.
llicrasterias ilcuticulata Breb. (Ralfs 1. c. p. 70 Nr. 1
T. VII fig. 1; M. furcata b. denticulata Rabenhorst 1. c.
p. 192). Der Mittellappen ist schmaler als die Seitenlappen,
an den Ecken ohne Zähne und am Scheitel ausgerandet oder
flach eingeschnitten. Die Seitenlappen sind ungefähr gleich
breit und beide in gleicher Weise eingeschnitten; die Seg¬
mente letzter Ordnung sind abgestutzt oder ausgerandet
(111. 22). Die Membran ist mit zahlreichen, gleichmässig
verteilten Poren versehen. Die in diesen Poren steckenden
Protoplasmafädchen besitzen auch hier auf der Aussenseite
keine knopfchenförmige Anschwellung.
Micrasterias furcata c. capitulifera Hantzsch. Diese Art
besitzt genau die Gestalt der vorigen Species; ausserdem
aber sitzen auf der Membran am Rande und in der Nähe
des Randes kleine, in ein rundliches Köpfchen endigende
Stielchen, eigentümliche, vollständig massiv erscheinende Ver¬
dickungen der Membran (III. 23).
Staurastrimi Meyen.
Die einzelnen Zellen sind durch eine tiefe, meist nach aussen ver¬
breiterte Einschnürung in zwei Hälften geteilt. Die Scheitelansicht zeigt
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
95
eine zwei- bis sechseckige Gestalt, bisweilen mit ausgczogenen Ecken.
Die Chromatophoren bestehen aus einem axilen, das Pjrenoid ein-
schliessenden Teil, von dem so viele Plattenpaare auslaufen, als die Zelle
Ecken hat.
Staurastrum bicorne n. sp. (?) Die Mitteleinschnürung der
Zelle erscheint nach aussen sehr stark erweitert, innen aus¬
geschweift. Die Zellhälften sind trapezoidisch, in der Scheitel¬
ansicht länglich-elliptisch und in zwei zweispitzige, horn¬
artige Fortsätze ausgezogen (111. 21, 24, 27). Die Mem¬
bran ist an diesen Hörnern mit spitzigen Warzen, lokalen,
nicht durchbohrten Ausbuchtungen der Membran, versehen,
die in Querreihen angeordnet sind. Nach der Scheitelfläche
zu gehen diese spitzigen Vorsprünge in zwei- und dreispitzige
Ausstülpungen über, die längs der beiden Kanten in je zwei
parallelen Reihen hinlaufen. Ausser diesen ornamentalen
Verzierungen ist die ganze Membran gleiehmässig von Poren
durchbohrt, die zunächst dem offenen Ende der einzelnen
Schale etwas dichter gedrängt stehen. Die Poren sind von
Fädchen durchsetzt, welche aussen in ein Knöpfchen endigen.
Die einzelnen Zellen sind stets, wenigstens in frischen
Kulturen, von einer Gallertschicht umgeben. Nach Zusatz
von Fuchsinlösung wurde an verschiedenen Individuen beob¬
achtet, dass sich Büschel feiner Fädchen färbten, welche von
den Poren und ihren Knöpfchen ausliefen , während von
Gallerte sonst nichts zu erkennen war; erst nach Zusatz von
Alkohol wurde eine zusammenhängende Gallertschicht mit
cingelagerten, dunkleren Büscheln kenntlich. — Gentianaviolett
lieferte beim Färben bessere Resultate. Es waren dann fast
stets den Poren aufsitzende Gallertprismen deutlich zu er¬
kennen, indem nicht nur die Knöpfchen auf den Poren, son¬
dern auch die Spaltflächen zwischen den einzelnen Gallert¬
prismen durch dunklere Färbung hervortraten (III. 30). Dabei
war es auffällig, dass an einem und demselben Individuum
die Form der Knöpfchen eine sehr ungleiche sein konnte.
Denn während an einzelnen Poren der Membran die Knöpfchen
ganz dicht aufsassen, waren dieselben an andern Stellen auf
einem dünnen Stielchen verhältnissmässig weit vorgostreckt
(lll. 31). Bei grösserer Concentration der Farbelösung, die
auch eine stärkere Contraction der Gallerte bewirkte, färbten
96
P. Haup t fleisch: Zellmembran und
sich schliesslich auch die von den Knöpfchen ausgehenden
Büschel an. 33, 32). Nach Auswaschen der Farbe nahm
dann die Gallerte allmählich wieder die ursprüngliche Form
und Gestalt an.
Closterium Nitz sch.
Spindelförmige, mehr oder weniger sichelförmig gekrümmte Zellen
ohne Einschnürung in der Mitte und ohne Ausrandung an den Enden;
Querschnitt der Zelle kreisrund.
Die aus zwei gleichen Hälften bestehende Membran der
Zelle ist glatt oder der Länge nach gestreift Diese Streifen
sind, wie schon N ägeli1) angiebt, riefenförmige Yerdickungen
der Membran, die indessen dadurch noch deutlicher erkennbar
werden, dass die Membran zwischen den Riefen eine eigen¬
tümliche dichte Punktirung aufweist. Concentrirte Schwefel¬
säure löst diese gestreifte und punktirte Schicht der Membran
auf, ebenso bewirkt Jod und Schwefelsäure nicht die für die
Cuticula charakteristische Gelb- oder Braunfärbung; wir haben
es daher in dieser gestreiften Membran Schicht nicht mit einer
echten Cuticula zu thun (wie Kirchner 2) angenommen hatte).
Nägeli sprach die Vermutung aus, dass die Membran
sämmtlicher Closterien gestreift sein möchte, da auch bei den
glatten Arten Zustände vorkämen — wenn an abgestorbenen
Zellen die Membran sich färbt — , welche die Streifung deut¬
lich erkennen Hessen.3) In der That aber tritt nach meinen
Erfahrungen an den Membranen abgestorbener Zellen, die
von Closterien mit farbloser, ungestreifter Membran her¬
rühren, weder Gelbfärbung noch Längsstreifung auf ; die Zell¬
membranen, welche solche Zeichnung zeigen, rühren vielmehr
stets von anderen Arten von Closterium her.
Die gelbe Färbung der Zellmembran ist nach Klebs4)
der Einlagerung von Eisenoxydhydrat zuzuschreiben. Diese
Färbung ist bei den verschiedenen Spezies von Closterium
eine sehr verschieden intensive, erscheint übrigens auch bei
einer und derselben Spezies sehr wechselnd. Die verschie-
1) Nägeli, Gattungen einzelliger Algen, p. 106.
2) Kirchner, Kryptogamen-Flora von Schlesien, II. Band, p. 20.
3) 1. c. p. 106.
4) 1. c. p. 383.
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
97
denen Individuen einer und derselben Art sind bald dunkler,
bald heller gefärbt, oder sind vollständig farblos. Je intensiver
aber die Färbung der Membran ist, um so deutlicher tritt die
Streifung derselben hervor.
Diese Streifung kommt, wie schon erwähnt, dadurch zu
Stande, dass feine Rippen mit mehr oder weniger breiten
Furchen abwechseln. In diesen Furchen ist bei zahlreichen
Arten die Oberfläche der Membran nicht glatt, sondern mehr
oder weniger fein punktirt: zahllose kleine dellenförmige Ver¬
tiefungen sind dicht zusammengedrängt und erscheinen in
der Flächenansicht der Membran als kleine dunkle (resp. bei
anderer Einstellung des Mikroskopes helle) Punkte.
Ausser dieser Punktirung lässt die Flächenansicht der
Membran noch wirkliche Poren, welche die ganze Dicke der
Membran durchsetzen, deutlich erkennen. Nahe dem freien
Rande der einzelnen Zellhauthälften (oder Schalen) sind der¬
artige, ziemlich derbe Poren in den Furchen verteilt, in einen
Kranz geordnet; und ebenso finden sich häufig an den stets
dunkler gefärbten, abgerundeten Enden der Schalen zahlreiche
feine Poren verteilt.
Häufig lassen diese abgerundeten Enden der Zellen auch
Schichtung der Membran erkennen ; die äussere, einwärts
scharf abgegrenzte Schicht ist dann stets dunkler gefärbt als
die innere Membranlamelle (III. 37).
Ausser der Längsstreifung findet man ferner bei sehr
vielen Arten auch noch Streifen, welche zur Längsachse der
Zelle senkrecht stehen. Solche Querstreifen finden sich bei
zahlreichen Arten an ausgewachsenen Individuen in wech¬
selnder Anzahl in der Mitte der Zelle; bei einzelnen Arten
aber treten derartige Querstreifen ausserdem auch noch in
der Mitte jeder Zellhälfte in Einzahl auf. Diese Querstreifen
verleihen in ihrer verschiedenartigen Ausbildung in Verbin¬
dung mit den etwa vorhandenen Längsstreifen der Membran
der Zelle ein sehr charakteristisches Aussehen und sind bei
den einzelnen Arten von Closterium in ihrer Anordnung von
einer solchen Constanz, dass sie bei der systematischen Ein-
teilung der Gattung Closterium sehr gut verwertet werden
können.
Zunächst nämlich stellen sich die Arten mit farbloser,
'98
P. Hauptfleisch: Zellmembran und
meist sehr zarter und weicher Membran, die weder Längs¬
nock Querstreifen besitzt, den Arten mit quer- und längs¬
gestreifter, derber, stets mehr oder weniger gefärbter Membran
gegenüber. Die letzteren Arten aber verteilen sich wieder
.auf zwei Gruppen, von denen die eine die Formen umfasst
mit Querstreifen in der Mitte der Zelle, die andre dagegen
diejenigen Arten enthält, welche ausser jenen Querstreifen
auch noch auf jeder Zellhälfte eine Querlinie besitzen.
Die Arten dieser letzteren Gruppe erinnern in dem Bau
»der Zellmembran ausserordentlich an die Diatomeen. Bei
ihnen besteht nämlich, wie weiterhin noch genauer gezeigt
werden soll, jede Zellhälfte oder Schale aus Schalstück und
Gürtelband; die Querlinie in der Mitte der Zellhauthälfte zeigt
eben die Stelle an, wo Schalstück und Gürtelband an ein¬
ander stossen. Das Gürtelband ist mit zugeschärftem, unter¬
greifendem Bande an das zugehörige Schalstück befestigt, wie
dies namentlich bei einigen in Kali gequollenen und dann
zerquetschten Individuen deutlich zu erkennen war (III. 38,
39, 40). Die beiden Schalen aber schliessen auch hier wie
bei anderen Desmidieen durch Ueberein andergreifen der zuge-
schärften, freien Bänder fest an einander an.
Eine Gallerthülle der einzelnen Zelle habe ich bei keiner
einzigen Art von Closterium nachweisen können. —
Dieser zusammenfässenden Darstellung seien nun noch
einige Einzelheiten über einzelne untersuchte Arten angereiht.
Closterium hunula Ehrb. (Balfs 1. c. p. 169 Nr. 1
T. XXY1I hg. 1). Die Zellmembran ist farblos, ziemlich
weich und anscheinend ganz glatt. Die beiden Zellhauthälften
greifen mit ziemlich langen, zugeschärften Bändern über¬
einander.
Closterium nioiiilifcriim Ehrb. (Balfs 1. c. p. 166 Nr. 6
T. XXVIII hg. 3; CI. moniliferum a. typicum Klebs1). Die
Membran ist farblos und anscheinend ganz glatt; die Zusam¬
mensetzung der Membran aus zwei Hälften ist erst nach
Quetschen oder nach Anwendung von Quellungsmitteln und
Zusatz von Farbelösungen zu erkennen.
1) Klebs, Über die Formen einiger Gattungen der Desmidiaeeen
Ostpreussens. Strassburger Dissertation 1875. p. 9 T. I fig. 4c, d.
Hüllgallerte der Desmidiaceen.
99
Closlcriiiin «liil viiiotoc‘iiiii Corda (Ralfs 1. c. p. 168 Nr. 10
T. NXYIII fig. 7c, d ; CI. turgidum l>. didymotocmn Klebs
1. c. p. 20 T. J I 6g. 9a). Die deutlich aus zwei Schalen
bestehende Membran der Zelle ist gelb gefärbt und mit zahl¬
reichen ganz dicht stehenden Riefen versehen, welche kurz
vor der Spitze endigen; zwischen je zwei Riefen befindet sich
eine Reihe kleiner Vertiefungen oder Dellen (III. 29). Die
Zellenden sind abgestutzt, die Zellmembran ist hier deutlich
geschichtet und mit vielen feinen Poren versehen; ausserdem
findet sich im Innern der Zellspitze eine knöpfchenförmige
Verdickung der Membran, welcher eine ganz flache äussere
Einbuchtung entspricht.
Closterimn costatimi Corda (Ralfs 1. c. p. 170 Nr. 12
T. XXIX fig. la, b; 67. striolatum b. costatum Klebs 1. c. p. 14
ß T. II fig. 11). Die Zellmembran ist deutlich aus zwei Schalen
zusammengesetzt und intensiv gelb gefärbt (III. 36). Zwischen
je zweien der 12 bis 14 längslaufenden Riefen befinden sich
am freien Rande der Schale ungefähr vier derbe Poren;
weiterhin sind die Furchen mit ziemlich dicht stehenden,
derben Dellen versehen; an der abgerundeten Spitze der
Zelle ist die Membran deutlich geschichtet und zeigt zahl¬
reiche, die Membran durchsetzende Poren (III. 34).
Closteriiim striolalum Elirb. (Ralfs 1. c. p. 170 Nr. 13
T. XXIX fig. 2a, b, c; CI. striolatum c. erectum Klebs 1. c. p. 15
T. II fig. 3, 10). Jede Zellhauthälfte besteht aus Schalstück
und Gürtelband (III. 28); die Membran ist stark gelb gefärbt.
Von oben gesehen lässt die einzelne Zelle 18 bis 20 Riefen
deutlich unterscheiden, zwischen denen sich zumeist zwei bis
drei Reihen Dellen vorfinden. Die regelmässige Roihenan-
ordnung dieser Dellen führt leicht zu der Annahme, dass
zwischen je zwei Riefen noch feine Zwischenriefen, den
Leisten zwischen den gereihten Dellen entsprechend, einge¬
schaltet seien. Am freien Ende der Schale durchsetzen
zwischen je zwei Rippen ein bis zwei Poren die Membran.
Closlcrium Jciincri Ralfs (1. c. p. 167 Nr 7 T. XXVIII
fig. 6a; 67. Arclierianum b. compressum Klebs 1. c. T. I
-fig. 11a, c. Cynthia p. 13 T. 1 fig. 12 a). Jede Zellhauthälfte
besteht aus Schalstück und Gürtelband; die Membran ist matt
gefärbt (III. 35). Die Riefen sind in grosser Anzahl (unge-
7*
100
P. Hau ptfl e is c h : Zellmembran und.
fahr 40) ausgebildet. Zwischen den Kiefen sind Dellen hier
nicht zu unterscheiden.
Analoge dellenlose Furchen zwischen den Riefen besitzen
unter anderen Arten auch noch CI. Ehrenbergii Menegh.
und CI. Dianae Ehrb.; bei beiden Arten ist auch die Membran
nur ganz matt gefärbt.
Penium Breb.
Gerade, cylindrische oder spindelförmige, in der Mitte nicht einge-
scknürte Zellen ; die Chromatophoren zusammengesetzt aus Platten, welche
radial strahlend angeordnet, in der Mittellinie der Zelle mit einer Längs¬
kante zusammenstossen und verschmelzen.
Die gesammte Ausbildung der Zellhaut zeigt bei der
Gattung Penium eine ziemlich weitgehende Übereinstimmung
mit der zuletz besprochenen Gattung Closterium. Die beiden
Zellhauthälften oder Schalen weisen bei den Arten von Penium
ähnliche Differenzen auf wie bei Closterium. Bei einigen
Arten sind die Schalen glatt, meist ungefärbt, gürtelbandlos.
Andere Arten besitzen eine gekörnelte, meist stark gefärbte,
eisenhaltige Zellhaut, die deutlich aus mehreren, in ihrer
Anzahl beliebig wechselnden Schalteilen zusammengesetzt ist.
Die beiden Schalen der glatten Arten von Penium um¬
fassen auch hier, wie bei anderen Desmidien, einander mit
den zugeschärften freien Rändern. In derselben Weise haften
auch die einzelnen Schalteile bei den gekörnelten Arten zu¬
sammen, jedoch ist zu bemerken, dass hier die freien Ränder
nicht fein zugeschärft, sondern nur schräg abgestutzt sind;
demgemäss erstrecken sich auch die untergreifenden Schal¬
teile nicht so weit unter die übergreifende, ältere Schale,
wie dies bei den mit Gürtelband versehenen Arten von
Closterium der Fall ist.
Eine Gallerthülle der Einzelindividuen wurde bei den
Arten von Penium ebensowenig wahrgenommen wie bei
Closterium. —
Über einzelne Arten der Gattung Penium seien dann noch
einige spezielle Angaben hinzugefügt.
Penium €ylin Die von Rammeisberg (Mineralchemie 1870. 695) mitgetlieilte
Analyse des Pyrop von Miesmäki, Finnland, welche thatsächlich , wie
schon Scharizer 1. c. bemerkt hat, eine von D eiesse ausge führte und
von Ramm eis berg umgerechneto Analyse des Pyrop von Narouello in
den Vogesen ist (Annales des Mines 1850. XVIII. 314), kann nicht in
Betracht gezogen werden, da Del esse nur Eisenoxydul angegeben hat,
und damit die Originalzahlen nicht der Granatformel entsprechen.
152 Cohen: Uber den Granat der südafrikanischen Diamantfelder.
Aus diesen Zahlen ergeben sich die folgenden Verhält¬
nisse von RO : R2O3 : Si02
1. 2. 3.
für Cr 0 3.072:0.953:3; 2.950-0.810:3; 3.353:0.970:3
„ Cr2 03 2.807:1.086:3; 2.804:0.883:3; 3.202:1.046:3
Die Analysen 2 und 3 können demnach für die vorliegende
Frage nicht in Betracht kommen, da es in ersterer an Monoxy-
den fehlt, in letzterer dieselben zu reichlich vorhanden sind,
mag man das Chrom als Oxydul oder als Oxyd in Rechnung
ziehen. Dagegen würde die Mobergsche Analyse, wie die
beiden obigen, am besten der Granatformel entsprechen, wenn
man neben Chromoxydul Chromoxvd als vorhanden annimmt.
Obwohl das vorliegende Analysenmaterial — besonders
in Folge des geringfügigen Gehalts an Chrom — nicht aus¬
reicht , die Frage nach der Oxydationsstufe des Chrom im
Pyrop zu entscheiden , so spricht doch immerhin für meine
Annahme, dass die besten drei Analysen ihr günstig sind,
während keine vorliegt, welche zu einem anderen Resultat
führt. Dabei lässt sich jedoch einstweilen nicht läugnen, dass
die Anwesenheit von Chromoxydul sich mit grösserer Sicher¬
heit ersehen lässt, als das gleichzeitige Vorhandensein von
Chromoxyd.
153
\
Ueber ein grösseres Wealden-Gescliiebe
im Diluvium bei Lobbe auf Mönchgut (Rügen).
Von
W. Deecke.
An der Ostküste von Rügen springt bei dem Fischer¬
dorfe Lobbe zwischen Göhren und Thiessow ein beinahe ringsum
isolirter Diluvialkern, der sog. Lobber Haken oder Lobber
Ort, in die See vor. Dieser Punkt ist einerseits recht be-
merkenswerth wegen der zahlreichen nordischen Geschiebe,
welche im Winter durch die Brandung aus dem dort an¬
stehenden Geschiebemergel und im Besonderen aus der unteren,
blaugrauen Moräne herausgewaschen werden (z. B. Jura¬
gesteine von Bornholm, Faxoekalk, Saltholmskalk etc.).
Andererseits hat diese Stelle in der Literatur auch deshalb
mehrfach Erwähnung gefunden , weil im dortigen unteren
Geschiebemergel eine grössere Scholle von älterem , vordilu¬
vialem Sedimente eingeschleppt liegt. Letztere wird bereits
1871 von Scholz1) als ein Braunkohlenflötz geschildert, wel¬
ches mit ca, 40° gegen NO. einfällt, nach oben zu sich aus¬
keilt und an seinem unteren Ende, wo es unter dem Schutte
verschwindet, | m Breite erreicht. ,,Die Kohle selbst war
flockenartig in einem blauschwarzen Thone eingebettet, zu¬
sammen mit zahlreichen Bruchstücken eines Zweischalers,
soweit zu erkennen , Leda Doshavesiana.“ Die Kohle soll
ferner in so bedeutender Menge vorhanden gewesen sein,
1) Scholz, Beiträge zur Goognosie von Pommern. II. — Mittheil. a.
d. Naturw. Vereine zu Greifswald. Jahrg. III. 1871. p. 62 u. 63.
154 De ecke: Ein grösseres Wealden-Geschiebe im Diluvium.
dass sie in den sechziger Jahren von einem Lootsen während
eines Winters als Feuerungsmaterial benutzt werden konnte.
Ausserdem hat Plettner dort zahlreiche Gypskry stalle auf¬
gefunden. Wegen des vermeintlichen Auftretens von Leda
Deshavesiana wurde diese Scholle als Mitteloligocän gedeutet
und mit einem petrographisch ähnlichen Thone von Hiddensoe
verglichen, weil Plettner auch in diesem Fragmente jenes
Leitfossiles wahrgenommen haben wollte.1) — Gelegentlich
seiner Arbeit über den Greifswalder Bodden kommt dann
1885 Bornhöft2) abermals auf dies Vorkommen zu sprechen
und behauptet den von Scholz erwähnten Punkt nicht mehr
gefunden zu haben. Da indessen heute noch deutliche Reste
dieser Scholle vorhanden sind, so kann die Bornh oft’ sehe
Angabe entweder nur auf einem Missverständnisse 3) beruhen,
oder es hatte zur Zeit seines Besuches durch Regen von oben
herabgespülter Diluvialmergel den Aufschluss undeutlich ge¬
macht, was z. B. auch wieder im letzten Sommer der Fall
war. Dagegen erwähnt Born höft zwei andere Einpressungen
von Thon, welche zweierlei Generationen von Gyps — näm¬
lich primären in zerbrochenen und sekundären in unverletzten
Krystallen — Kohlenbruchstücke und lokal Sand umschliessen.
Diese beiden Einlagerungen, welche, wenn auch undeutlich,
heute noch vorhanden sind, machen den Eindruck, als seien
t 7
sie beim Transporte durch die Eismassen stark zerquetscht
worden. Es erklären sich dadurch einerseits die zahlreichen
Sandschmitzen in dem sonst quarzfreien Thone sowie die
zerbrochenen Gypskry stalle und andererseits die Zertrümme¬
rung aller Muschelreste in der benachbarten, kohleführenden
Scholle, welche trotz ihres grossen ursprünglichen Fossil¬
reichthums nicht eine einzige, guterhaltene und sicher be¬
stimmbare Muschelschale enthält.
1) Scholz 1. c. P. I. Mittk. a. d. Natunv. Ver. zu Greifswald. Bd. I.
1869 p. 90.
2) Bornhöft. II. Jahresber. der Geograph. Gesellscli. z. Greifs¬
wald. 1885. p 30 u. 31.
3) Wahrscheinlich liegt dieser Angabe z. Th. ein Missverständniss
zu Grunde; Born höft hat augenscheinlich die eingeklemmte Scholle an
der unrichtigen Stelle gesucht, da bei Scholz in Folge eines Druck¬
fehlers SW. statt SO. Ecke des Lobber Haken als Fundort angegeben wird.
Deecke: Ein grösseres Wealden-Geschiebe im Diluvium. 155
Seit meinem ersten Besuche dieses interessanten Punktes
war mir das mitteloligocäne Alter der Einquetschung zweifel¬
haft erschienen und zwar aus folgenden Gründen. Erstens
nämlich sollten daselbst Braunkohle und Leda Deshavesiana
V
in derselben Schicht Vorkommen, während doch im Allge¬
meinen die norddeutschen Braunkohlenbildungen keine mari¬
nen Conchylien zu umschliessen pflegen.1) Ferner besitzt
die Kohle in manchen von mir gesammelten Stücken nicht
den Habitus einer normalen Braunkohle, sondern erinnert
durch ihre grössere Festigkeit, schwarze Farbe und den voll¬
kommeneren Glanz an ältere, z. B. jurassische Kohlen. In¬
dessen sind bei Lobbe auch anders gefärbte, den oligocänen
Braunkohlen ähnliche Schmitzen nachgewiesen, welche Plett-
ner und Scholz als Knorpelkohle bezeichnen.2) Drittens
fehlen am genannten Orte Septarien , welche sich in Neu¬
vorpommern dort, wo wirklicher Septarienthon entwickelt ist,
doch ziemlich regelmässig einstellen (Gobbiner Haken, Wob¬
banz, Nordostufer der Oie). Das Vorkommen von Gyps kann
schwerlich als ein Beweis für das tertiäre Alter des fraglichen
Sedimentes angeführt werden, da dies Mineral sich ja in
jedem schwefeleisenhaltigen Thone bilden kann, welcher ent¬
weder ursprünglich kalkreich ist, oder wie in vorliegendem
Falle in einem kalkigen Gesteine, dem Geschiebemergel, ein¬
gebettet liegt. Dazu kommt schliesslich als wichtigster Um¬
stand hinzu, dass sich die Leda Deshayesiana als eine Cyrena
herausstellte, welche in dem Originalexemplar von Lobbe,
halb im Thon versteckt und stark lädirt, thatsächlich einer
Leda ähnlich sah. Die gute Erhaltung des herauspräparirten
Schlosses indessen stellte die Zugehörigkeit der Fragmente
zur Gattung Cyrena zweifellos fest.
Wenn nun auch aus diesen Gründen die Deutung der
eingepressten Scholle als Septarienthon nicht mehr möglich
war, erschien doch bei der höchst mangelhaften Ueberlieferung
1) Vergl. Plettner, Z. d. deutsch, geol. Gesellsch. Bd. 4. 1^52
p 455.
2) Letztere Bezeichnung wendet Scholz 1. c. II. p. 63 an; da¬
gegen hebt Bornhöft meinen Beobachtungen entsprechend die schwarze
Farbe und den Glanz der Kohle hervor.
156 Deecke: Ein grösseres Wealden-Geschiebe im Diluvium.
der Fossilien eine sichere Altersbestimmung vorläufig unaus¬
führbar. Erst voriges Jahr gelang es mir, in den Kohle- und
Muschel-reichen Partieen einen Block mit besser erhaltenen
Versteinerungen aufzufinden. Derselbe stellt sich als ein
brauner, sandiger Thoneisenstein dar, der einzelne grössere,
lmm messende Quarzkörner und auf seinen Kluftflächen win¬
zige Gvpskrystalle enthält. Die zahlreichen vom Gestein
umschlossenen Muscheln sind ausnahmslos weiss, calcinirt und
deshalb leicht zerreiblich und abfärbend. Der grösste Theil
ist ausserdem zerbrochen; doch hat auf den Sprüngen abge¬
setzter Schwefelkies die einzelnen Bruchstücke wieder mit
einander verkittet. In seinem Gesammthabitus erinnert das
Gestein lebhaft an gewisse versteinerungsreiche Liasschichten
von Bornholm , in denen gleichfalls weisse , etwas calcinirte
Fossilien, eingebettet in einem braunen Sandsteine oder san¬
digen Sphaerosiderite auftreten. Die sicher bestimmbaren
Versteinerungen des Blockes sprechen indessen entschieden
gegen eine Zugehörigkeit desselben zur unteren Juraformation.
Es fanden sich nämlich:
1) Cvrena angulata Röm. var. Dunk er. Wealden. Taf.
XIII. fig. lb. Bei einigen Exemplaren ist die auf
der D unck er ’ sehen Figur angedeutete Furche vor
dem Kiele des hinteren Schalenendes etwas deutlicher
ausgeprägt und macht sich auch im Umriss als seichte
Ausbuchtung der Schale unmittelbar vor dem Kiele
bemerkbar.
2) Cyrena aff. isocardia Röm.
3) Cyrena cf. gibbosa Röm.
4) Verschiedene Cyclas artige Muscheln.
5) Paludina sp. (Fragment).
6) Cypris Valdensis Sow.
7) Cypris striato-punctata Röm.
Unter diesen Arten herrschen Cypris und Cyrena angulata
vor; sie sind wie die übrigen theils mit, theils ohne Schale
erhalten und dann mitunter unbestimmbar; von Paludina
bemerkte ich nur ein einziges Bruchstück. Ausserdem fan¬
den sich:
8) Braune glänzende Fischschuppen.
D eecke : Ein grösseres W ealden-G eschiebe im Diluvium. 157
9) Knochen- (? Fischwirbel) Fragmente.
10) Verkohltes Holz.
Da der eben beschriebene Block in der kohleführenden
Schicht gefunden wurde und, wie diese, Cyrenen und fossiles
Holz umschliesst, kann wohl an der Gleichaltrigkeit beider
nicht gezweifelt werden. Beide entstammen einer Brak- oder
Süsswasserbildung und gehören wahrscheinlich dem Wealden
an. Es ist freilich nicht ausgeschlossen , dass die Gesteine
von Lobbe Tlieile einer uns noch unbekannten jurassischen
Süsswasser-Ablagerung repräsentiren, eine Ansicht, welche für
ähnliche Cvrena-reiche Geschiebe von Berlin wirklich aus-
«/
gesprochen worden ist. Kennen wir doch aus dem Lias kohlen¬
führende Bildungen in Schonen und Bornholm und ferner
aus der baltischen oberen Juraformation, dem Kellowav, das
Auftreten von Coniferenhölzern und von Pterophyllum.1) Auch
hat man bei der Camminer Tiefbohrung über dem Horizonte
mit Aegoceras Valdani kohleführende Sande und graue Thone
angetroffen, deren genaueres Alter noch nicht bestimmt wer¬
den konnte.2) Indessen fehlen all diesen Vorkommen die
Cyrenen. Von der Deutung dieser Einquetschungen als
Tertiär gilt dasselbe wie für die Juraformation. Die Zu¬
gehörigkeit zum Wealden aber wird durch die bestimmten
Arten und eine Anzahl ähnlicher Funde mit einer analogen
Fauna überaus wahrscheinlich.
Solche Wealdengeschiebo wurden im Diluvium der nord¬
deutschen Ebene bereits mehrfach beobachtet, wenngleich sie
immer nur Seltenheiten geblieben sind und auf die Mark
(Berlin, Eberswalde) und Mecklenburg (Rostock, Neustrelitz,
Neubrandenburg) beschränkt zu sein scheinen.3) Die aus
denselben beschriebene Fauna — unter anderen werden auch
Cyrena angulata Dunk. Cyclas, Paludina, glänzende brauno
1) Loock, Ueb. d. jurass. Diluvialgesckiebe Mecklenburgs. Arch.
d. Fr. für Nat. in Meckl. Bd. 41. 1887. p. 75.
2) Beyrich und Hauchecorne, Z. d. d. g. G. 1876. Bd. 28.
p. 424 u. 647.
3) Yergl. Römer, Lethaea erratica. pag. 150; Loock. 1. c. p. 86;
Gottsche, Sedimentär-Geschiebe Schleswig-Holsteins p. 40; Geinitz.
Arch. d. Freund f. Naturg. in Meckl. Jahrg. 40. 1886. p. 10 — 12;
Steusloff, ebenda. Jahrg. 41. 1887. p. 227.
158 Deecke: Ein grösseres Wealden-Ge schiebe im Diluvium.
Fisclischuppen sowie Kohle erwähnt — stimmt so gut mit
derjenigen des Sphaerosiderites von Lobbe überein, dass ich
kaum mehr an der Wealdennatur der Erpressung zweifle.
Es fehlen unserem Vorkommen dagegen beinahe ganz die
Mytilus, Modiola und Melania Arten, die in anderen, gleich¬
altrigen Geschieben vorherrschen (s. unt.) oder die Cyrenen
zu begleiten pflegen. —
Dicht neben diesem Cyrena-führenden und kohlereichen
Thone liegen im unteren Diluvium des Lobber Hakens zwei
weitere Schollen. Dieselben bestehen aus einem helleren,
gypsreichen, grauen Thone, sind stark mit Sand gemengt und
umschliessen nur vereinzelt Bruchstücke von Kohlen. Ob¬
gleich die Zusammengehörigkeit aller dieser einander benach¬
barten und petrographisch ähnlichen Partieen recht wahr¬
scheinlich ist, wage ich doch wegen des Pehlens jeglicher
deutlichen organischen Reste nicht das Alter der übrigen
Thone genauer zu bestimmen. Dagegen dürfte eine im Di¬
luvium des Dornbusches auf Hiddensoe früher beobachtete
Einquetschung zum Wealden gehören. Nach den in der
Greifswalder Sammlung niedergelegten Stücken zu urtheilen,
ist die Uebereinstimmung mit dem Vorkommen von Lobbe
in faunistischer wie petrographischer Hinsicht eine vollkom¬
mene. Die vorhandenen Cvrenen sind auch hier als Leda
C.
Deshayesiana bestimmt worden, wodurch sich wiederum die
Auffassung des Thones als Septarienthon erklärt. Leider ist
dieses interessante Vorkommen heutzutage kaum mehr nach-
zuweisen, da die mächtigen Plugsandmassen fast überall das
Gehänge des Dornbusches bedecken. Mit diesem älteren
eingeklemmten Sedimente darf aber nicht ein anderes, ge¬
legentlich ebenfalls muschelführendes Gebilde von unterdilu¬
vialem Alter verwechselt werden.1) Dies ist der graugrüne
Thon, welcher an der NW. Seite der Insel etwa im Meeres¬
niveau unter dem Diluvium zu Tage tritt. Derselbe enthält
ursprünglich keine Fossilien; doch begegnet man in seinen
oberflächlichen Theilen, die vom Meere abgespült werden
und umgelagert sind, mitunter weissen Muschelstücken (z. B.
1) Vergl. Geinitz. Arch. d, Fr. f. Naturg. i. Meckl. Jahrg. 43.
1889. p. 15.
Deecke: Ein grösseres Wealden-Geschiebe im Diluvium . 159
i
Cardium edule L.). Letztere sind wohl auf sekundärer Lager¬
stätte, und es ist eine praeglaziale Meeresfauna in diesem
Thone deshalb kaum anzunehmen.
Schliesslich erwähnt Bornhöft1) von der Westseite der
Greifswalder Oie noch ein grösseres Thongeschiebe mit schwar¬
zer Kohle. Da der betreffende Punkt Lobbe schräg gegenüber
liegt, ist gleiches Alter und gleiche Herkunft für beide Schol¬
len nicht unwahrscheinlich. Es haben sich indessen auf der
Insel bis jetzt nur Kohlenbruchstücke und noch keine Cvre-
nen gefunden; ferner ist der Thon bei Weitem sandiger, so
dass ich vorläufig bis zum Nachweis von sicher bestimmbaren
Versteinerungen das Alter desselben noch unentschieden
lassen möchte.
Mit der Deutung dieser zwei, resp. drei Schollen als
tertiären Sedimenten werden auch die auf diese Altersbestim¬
mung gegründeten stratigraphischen Schlüsse hinfällig. So¬
lange die Thone von Lobbe und von der Oie als tertiäre
galten, konnte man im südöstlichen Rügen eine etwa NW.
bis SO. streichende Tertiärmulde vermuthen. Gehören beide
aber zum Wealden, so tritt an Stelle der Mulde ein Sattel,
wozu übrigens das massenhafte Vorkommen von Kelloway-
gestein im Bereiche der Greifswalder Oie und bei Zinnowitz
weit besser passen würde. Meiner Meinung nach ist es je¬
doch sehr gewagt, aus derartigen isolirten Einpressungen auf
den Bau des Untergrundes zu schliessen. —
Im Folgenden sind die bis jetzt bekannten Wealden-
geschiebe und deren Fauna zusammengestellt, um zu zeigen,
dass die Wealdenformation in ziemlich mannigfaltiger petro-
graphischer Ausbildung und mit einer scharf umgrenzten
Brak- oder Süsswasserfauna im Gebiete der westlichen Ostsee
vorhanden ist oder vorhanden gewesen sein muss. Leider
ist es noch nicht gelungen , dieselbe irgendwo wirklich an¬
stehend nachzuweisen.
Diese Gesteine sind:
1) Dichter grauer Kalkstein, eine Art feinkörniger Muschel-
breccie, mit Melania harpaeformis und Cyrona cf.
trigonula. (Berlin, Eberswalde).
1) Bornhöft 1. c. p. 31.
160
De ecke: Ein grösseres Wealden-Geschiehe im Diluvium.
2) Kalkiger, bräunlich grauer Sandstein mit calcinirten
Cyrenen. (Ivenak, Neustrelitz.)
3) Dichter, glimmerreicher, kalkiger Sandstein mit Cyrenen
und Mytilus membranaceus. (Rostock.)
4) Dichter, gelblich brauner Kalk mit Modiola und Palu-
dina elongata. (Tressow.)
5) Dichter gelblicher Kalk mit Paludina und Cyrena cf.
ovalis. (? Wismar.)
6) Schwarzer auf blätternder Kohlenschiefer mit Cyrenen.
(Sülz bei Tessin.)
7 ) Dunkelgrauer, thoniger Kalk mit Cyrena cf. ovalis.
(Rostock.)
8) Schwarzer oder dunkelgrauer Thon mit Cyrenenbruch-
stücken und Kohle. (Lobbe, Hiddensoe.)
9) Sandiger Sphaerosiderit mit Cyrena. (Lobbe.)
10) Grauer Thon quarz mit Cyrena. (Neubrandenburg.) D
11) Schwarze und braune Kohle.
Als zweifelhaft — ob nämlich Wealden qder nicht — ist
Nr. 10 zu bezeichnen und ferner
12) Grauer Thon mit Gyps und Kohle. (Lobbe, Oie.)
13) Weissgrauer Thonquarz mit Serpula coarcervata Blum.
(Neubrandenburg.) Letzteres Gestein ist mir auch
sonst verdächtig.
In den elf ersten Geschieben fanden sich bisher an Ver¬
steinerungen :
Knochen (Fischwirbel?) Fragmente
Glänzende, braune Ganoidschuppen
1) Dieser „Thonquarz“ ist vielleicht etwas genauer bezeichnet ein
thoniger oder kalkiger Sandstein, ähnlich dein Gesteine zweier Blöcke,
deren einen Gottsche an der Galgeodde bei Rönne auf Bornholm,
deren anderen ich bei Lobbe am Strande antraf. Nach einer freund¬
lichen Mittheilung des Hrn. Dr. Gottsche führt ersteres Geschiebe
eine Ostrea und eine spezifisch unbestimmbare, doch sichere Corbicula.
Beide Formen finden sich auch in dem rügenschen Blocke, wo allerdings
noch ein Mytilus hinzutritt. Ostrea und Mytilus deuten auf eine ent¬
schieden marine Bildung, welche, wenn man einen Schluss aus der petro-
graphischen Beschaffenheit machen darf, oberjurassisch sein könnte.
Vielleicht gehört auch ein Cyrena und Perna führendes Gestein, welches
Gottsche aus Holstein erwähnt, mit in diese Kategorie.
Df ecke: hin yrösseres Wcalden-Geschlebe im Diluvium.
161
Cypris Yaldcnsis Sow.
„ striato-punctata Rom.
Paludina? Römcri Dunk.
„ elongata Sow.
Melania harpaeformis K. u. 1).
„ sp.
Hydrobia? sp.
Cyrona cf. ovalis Dunk.
„ ca u data Röm.
„ cf. gibbosa Röm.
,, cf. dorsata Dunk.
,, cf. trigonula Röm.
,, aff. isocardia Röm.
Cyclas Brongniarti K. u. D.
Corbula? sp.
Modiola cf. lithodomus K. u. D.
Mytilus membranaceus Dunk.
^sowie Kohle.
Nach allen diesen Funden zu schliessen, dürfte das An¬
stehen des Wealden unter dem Diluvium der Norddeutschen
P'bene, vielleicht spezieller unter dem baltischen Höhenrücken,
kaum mehr fraglich sein. Als einzige grössere Geschiebe
dieser Formation sind bis jetzt nur die bei Lobbe und
Hiddensoe im unteren Diluvialmergel eingeschleppten Cvrcna-
und Kohle-reichen Thonmassen bekannt geworden, und letz¬
tere deshalb doppelt bemerkenswert!:). Dieser Umstand ma
denn auch diese abermalige und ausführliche Besprechen
der schon oft erwähnten Vorkommen rechtfertigen. —
11
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