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Mittheilungen

aus den Verhandlungen LIBRARY NEW YORK BOTANICAL GARDEN

Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin.

Erstes Quartal 1836.

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BERLIN, 1836.

In der Nicolai’schen Buchhandlung.

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Mittheilungen

aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen- der Freunde zu Berlin.

Erstes Quartal 1836.

Versammlung am 19ten Januar.

Her Prof. Ehrenberg überreichte der Gesellschaft als Ge- schenk seine Abhandlung: Ueber das Leuchten des Meeres etc. Berlin, 1835. 4.

Derselbe zeigte der Gesellschaft mehrere kleine Thiere der Nordsee, aus Helgoland und einige aus dem Cattegat bei Go- thenburg, lebend vor, welche seit Monat August vorigen Jah- res, also seit 4 Monaten, in Berlin fortgelebt und sich fort- gepflanzt hatten. Die Erhaltung war dadurch erreicht, dafs Hr. E. im Seewasser gleichzeitig frische kleine Seepflanzen wachsen liefs. Auf ähnliche Weise hatte er schon früher durch Conferven- und Meerlinsen- Vegetation viele seltne In- fusorien lange Zeit erhalten, schon 1823 in Arabien am Sinai, dann öfter (vergl. geographische Verbreitung der Infusorien 1830. pag. 6. Organisation im kleinsten Raume 1832. pag. 3.), auch die Leuchtthierchen von Kiel. Von diesen lebenden See- thierchen nun sind die interessantesten aus den Classen der Corallenthiere, der Ringwürmer und wieder der Infusorien oder Räderthiere und Magenthiere. Dazwischen befanden sich auch noch Formen kleiner Entomostraca, auch selbst ein Floh- Krebs, Gammarus Pulex, der Nordsee hatte sich noch in einem Exemplare so lange erhalten.

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ADD > NN APR 18 1903

Das merkwürdigste aller dieser Seethierchen war eine bisher noch nirgends beobachtete neue Form der Ringwür- mer, welche an Gestalt der Gattung Sabella unter den Röh- renwürmern zunächst steht, und die Hr. E. Amphicora Sabella nennt (s. unten deren systematische Beschreibung). Dieser von allen bekannten Formen des ganzen Thierreichs sehr auf- fallend abweichende kleine Wurm zeigt nämlich eine natür- liche Duplieität mehrerer höheren Organe. Er besitzt, _ wie kein anderer Röhrenwurm, 2 deutliche Augen vorn unter den Kiemen, aber nicht blofs diese, sondern auch 2 eben solche Augen am hinteren Körperende. Eine gleiche Duplieität zeigt das Gefälssystem, indem an der Kiemenbasis vorn 2 herzar- arlige pulsirende Gefäßserweiterangen als Umbiegungen der Hauptstämme und 2 ähnliche, nur etwas kleinere hinten dicht neben der Afteröffnung sind. Letztere wird durch einen brei- ten, abgerundeten, kopfartigen Vorsprung des Rückens über- ragt, welcher die hinteren Augen trägt. Diefs wunderbare Thierchen, von welchem noch etwa 20 Exemplare am Leben sind (deren mehrere von Hrn. E. unterm Mikroskope vorgezeigt wurden) lebt in einer häutigen Röhre, wie Sabella, aus wel- cher es einen weilsen oder fleischrotlien doppelten Kiemen- büschel schirmartig hervorstreekt. Beunruhigt, verläfst es die Röhre und kriecht, mit dem Hintertheil voran, so fort, dafs es die beiden Kiemenbüschel zusammengefaltet wie einen qua- stenförmigen Schwanztheil hinter sich herschleppt. Hr. E. kennt das kieferlose, 2—3 Linien grolse Thierchen schon seit dem Jahre 1833, wo er es zuerst in Droebak bei Christiania fand und es für eine der Nais digitata verwandte Form hielt. Das Entfalten des Kiemenbüschels und die Röhre sah er erst im August vorigen Jahres in Helgoland, von wo er es mil- brachte. (Herr Johannes Müller hat dasselbe\Thierchen im September 1835 bei Kopenhagen gefunden.)

Eine andere lebende Form ist ebenfalls noch unbeschrie- ben. Es ist eine der Hydra squamata der Zoologia danica (Coryna multieornis) sehr nahe verwandte rosenfarbene Art der Gallung Syncoryna, die Hr. E. Syncoryna multicornis nennt. An ihrer Basis treibt sie Knospen und Ausläufer (Röhren)

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hervor, aus denen sich neue Individuen entwickeln, wodurch kleine Bäumchen entstehen.‘ Sie ist aus Helgoland.

Eine dritte lebende Form ist die schon bekannte Sertu- laria dichotoma aus Helgoland, deren niedliche quastenartige Thierchen von Farbe weils sind, und durch Knospenbildung ebenfalls Bäumchen bilden.

Die im Seewasser noch fortlebenden Pflänzchen sind be- sonders Ula Lactuca und Callithamnium fruticulosum. -Am letzteren aus Gothenburg befindet sich in grofser Menge eine neue Art von Panzer-Infusorien, einer bisher als Algenform beschriebenen Gattung, Isthmia, die Hr. E. Isthmia enervis nennt. Herumsehwimmend im Wasser ist zahlreich eine neue Infusorien-Form der Magenthierchen von rother Farbe, Oxytricha rubra, und eine von Hrn. E. schon beschriebene Form der Räderthierchen des Meeres, Monura Colurus. Vor- gelegte Zeichnungen erläuterten diese Gegenstände.

Ferner zeigte Hr. E. ein vor wenig Tagen (im Januar) im Thiergarten gefundenes lebendes Exemplar der Tremella meteorica (alba) Persoon, nach Gmelin, vor und bemerkte, dafs dieselbe Substanz schon unter vielen anderen generischen Namen, theils als Algengattung, theils als Pilzgattung, in den Pflanzenverzeichnissen aufgeführt worden sei. Alcyonidium nannte sie Lamouroux, Nostoc commune 8 carneum Lyng- bye, Meyen nannte sie Acfinomyce Horkelii, undSchwabe neuerlich Anhaltia Fridericae. Dieselbe Substanz ist die ei- gentliche Sternschnuppenmaterie der Volkssage dann, wenn sie auf feuchter Erde oder auf Moos gewachsen ist. Sehr häufig wächst’ sie auf den von Vögeln umhergeworfenen Ein- geweiden der Frösche auf Wiesen. Gegenwärtiges Exem- plar fand sich etwa 2 Fufs unter Wasser in einer oflenen Stelle eines übrigens zugefrornen Wasserbassins an den noch deutlich erkennbaren Eingeweiden eines todten Frosches, und ist also eine sehr deutliche Alge. Vergl. Hrn. Ehrenberg’s Abhandlung über das Leuchten des Meeres pag. 106.

Endlich legte Hr. E. der Gesellschaft mehrere neue Ta- feln seines bei Leopold Vols in Leipzig erscheinenden Wer- kes über die Organisation der Infusorien vor.

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Characteres animalium novorum.

I. Amphicora Sabella, Novum Genus et Nova Fami- lia Classis Annulatorum ex Ordine Nereideorum; An ordo proprius?

Forma Serpulae affinis sed ocellata, tubum membra- naceum tenuem fabricans sed extra tubum eadem, libere et inverso corpore repens. Corpus mirum in modum utroque fine ocellatum.

Caput anticum distinetum ocellis duobus, tentaculis et branchiis tolidem instructum. Branchiae in partes 24 simplieiter divisae in formam infundibuli expandendae, longae, repentis animalis caudam multipartitam referunt. Tentacula duo crassa brevia anteriora. Os anticum ob- liguum. Mandibulae nullae.

Corporis articuli 12, primus articulus (caput) et ulti- mus pedibus carent. Ultimus, compressus, rotundatus, nudus, duos ocellos alteros gerens, caput alterum refert, sed rimam analem includit.

Pedum aequalium brevissimorum paria 10. Cirri pe- dum nulli. Singulorum pedum festucae 4 subulalae. Uncini dorsuales brevissimi in quovis articulo utrinque s—10.

Intestinum simplex, ventriculo amplo articulum no- num allingente, dein attenuatum. Vasa duo sanguini- era pulsantia intestini lutera concomilanltur et ramis transversis confluunt. Corda 4, duo antica in branchia- rum basi, duo postica rima anali proxima. Testiculi duo antici. Ovaria duo per totum corpus expansa ovis ovalibus numerosissimis repleta. Sub quovis ocello gan- glion glanduliforme nerveum.

II. Syncoryna multicornis n. sp.

Expansa trilinearis glabra mollis ex albo dilute ro-

sea, stolonibus filiformibus repentibus multiplicata,

brachis 12 aut paucioribus papillosis. III. Isthmia enervis n. sp.

Singula ad 4 lineae longa breviter stipitata, I. obli-

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quata longior, divisione spontanea arbusculiformis, turgidula, eleganter reticulata, nec nervosa.

IV. Oxytricha rubra n. sp. Expansa -!;" longa vermicularis elongata ulroque fine rotundata, lateritio-rubra, oris longi rima terliam ‚fere corporis partem aequante, rependo procedens ra-

rius natans.

Versammlung am 16ten Februar.

Hr. Prof. Ehrenberg theilte der Gesellschaft mit, dafs ein günstiges Zusammentreflen der Umstände ihm erlaube, auch die Luftform der Tremella meteorica nun lebend vorzuzeigen, und zwar theils mit thierischer Unterlage, theils ohne die- selbe. Er hatte nämlich einen Theil der kopfgrofsen Masse, welche er theilweis in der vorigen Versammlung vorzeigte, auf der Wiese umhergestreut, als er jenes Präparat einsammelte. Nach 14 Tagen fand sich gerade an jener Stelle der Wiese auf Moos und Baumblättern eine fast zahllose Menge von . Exemplaren der sonst ziemlich seltenen Luftalge. Das Aus- streuen der Wasser- Alge hatte diese ganz offenbar hervorge- rufen. Sie waren von Erbsengröfse bis zur Grölse einer Faust. Viele waren darmartig lang und gewunden, andere sphärisch entwickelt. An den folgenden Tagen fror es wie- der, und Hr. E. fand alle Exemplare zu Eis fest gefroren, so dafs er sie zerbrechen konnte. Beim folgenden Thauwetter waren sie wieder ganz gallertartig und frisch. Unter dem Mikroskope zeigte die Gallerte jene gegliederten ästigen Fä- den, welche Schwabe abgebildet hat, und die bei der Was- serform nur gestreckter, laxer und weniger gliederreich wa- ren. Er sammelte viele Exemplare zu einer chemischen Ana- lyse, weil eine vorläufige oberflächliche Untersuchung viel Kieselerde in der Gallerte vermuthen liefs. Es liefs sich je- doch allmälig das Ganze spurlos verbrennen, obschon die Kohle dem Glühen sehr lange Widerstand leistete. Ein Leuch- ten der Substanz im Finstern hat Hr. E. oft wiederholt um-

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sonst zu beobachten gesucht, obschon es von einigen Englän- dern behauptet worden ist.

Ferner legte Hr. E. der Gesellschaft mehrere neue Tafeln des Infusorien- Werkes vor und sprach einige Worte über Peltier’s neueste Täuschungen bei Infusorien-Beobachtun- gen aus unbegreiflicher Flüchtigkeit durch die Farbenspectra des Mikroskopes, deren weitere Erörterung in Berlin nicht nöthig erschien, wo Jeder, dem es daran gelegen ist, sich ein Urtheil über die Organisationserscheinungen der Infuso- rien zu verschaffen, leicht und vielfach bei ihm und andern mikroskopischen Beobachtern alle Gelegenheit hat.

Hierauf zeigte derselbe getrocknete Exemplare des Pa- ramecium Aurelia vor, welches bei gemischt ‘violetter Farbe- nahrung (aus Carmin und Indigo) die beiden Farbestofle ge- schieden in verschiedene Magenblasen aufgenommen, einige rein roth, andere rein blau angefüllt zeigt, was einen be- stimmten Geschmackssinn zu erkennen giebt. Oelter füllen diese Thierchen ihre Magenblasen mit beiden Stoffen zugleich, violet an, allein die genannte, anschaulich gemachte Erschei- nung hat Hr. E. schon öfter beobachtet, und ihr speeielles Interesse liegt am Tage.

In Bezug auf seine der Gesellschaft übergebene Abhand- lung über das Leuchten des Meeres gab er verschiedene Er- läuterungen durch Vorzeigen von Leuchtthieren aus Helgo- land, nämlich. Photocharis cirrigera und Mammaria secintil- laus in Zeichnungen und getrockneten Exemplaren, und zwei anderen von eben daher in Zeichnungen.

Ferner zeigte er unterm Mikroskope die innere wirbelnde Chymusbewegung im Darmkanale der nun seit mehr als 5 Mo- naten in Berlin lebenden Sertularia dichotoma aus der Nord- see vor, welche man noch neuerlich ganz fälschlich eine Cir- eulation genannt hat, die aber deutlich ein und dasselbe Phä- nomen mit dem Wirbeln der innern Darmhaut bei Nais und der ähnlichen von Hrn. E. schon 1830 (Infusorien, Taf. VIIL f.k) bei Rädertliieren abgebildeten Erscheinung ist.

Hierauf sprach Hr. Prof. J. Müller über die Structur der Knochen. Der Knorpel der Knochen besteht nach den

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Untersuchungen von Purkinje und Deutsch aus concentri

schen Schichten, welche theils um die Markzellen und Mark- kanäle verlaufen, theils in grölseren Kreisen mit der Peri- pherie des Knochens parallel laufen. In den Knorpelschich- ten befinden sich die von Purkinje entdeckten Knorpelkör- perchen, die man als Knochenkörperchen in den geschliffenen feinen Knochenplättchen wiedererkennt. An diesen Knochen- körperchen hat Hr. M. Folgendes beobachtet. Werden Kno- chenlamellen sehr fein geschliffen, so werden sie so durch- sichtig, dafs man die kleinste Schrift dadurch lesen kann. Bei Betrachtung solcher Plättchen auf dunkelm Grunde mit der Loupe sieht man, dafs alles weilse Ansehen der Knochen von den Knochenkörperchen herrührt, dafs die Zwischensub- stanz derselben aber ganz durchsichtig ist. Bei Anwendung stärkerer Vergröfserungen sah Hr. M., dafs die Knochenkör- perchen von ovaler, selten unregelmälsig eckiger Form, fast immer aber in der Riehtung der Knorpelschichten abgeplat- tet, von ihren Wänden, namentlich von ihren platten Seiten viele sehr feine Gefälse ausschicken, welche ziemlich unre- gelmäfsig die Schichten der durchsichtigen Zwischensubstanz durchsetzen und sich mit denen anderer Körperchen hier und da netzförmig verbinden. Die Knochenkörperchen messen im längsten Durchmesser 0,0048— 0,0072, die von ihnen ausge- henden Kanälchen 0,0002 0,0003 engl. Lin. Betrachtet man die feinen Knochenplättchen unter dem Mikroskop bei durch- scheinendem Lichte, so sind die Knochenkörperchen und ihre Kanälchen dunkel, die Zwischensubstanz durchsichtig hell; be- trachtet man sie auf dunkelm Grunde bei auffallendem Lichte, so erscheinen die Körperchen und ihre Kanälchen ganz weils, besonders wenn sie trocken untersucht werden; die Zwischen- substanz erscheint jetzt auf dem dunkeln Grunde dunkel. Die weilse Farbe jener Figuren rührt nicht vom Ankleben des beim Schleifen entstehenden Pulvers her. Denn man bemerkt dasselbe Verhalten an sehr feinen ungeschliffenen Knochen- plättchen, wie z. B. aus dem Siebbein verschiedener Thiere. Ein Fett, welches bei gewöhnlicher Temperatur fest wäre, kann die Ursache des weilsen Ansehens und der Undurch-

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sichtigkeit nicht seyn. Hr. M. hat fein geschliffene Knochen- plätichen unter dem Mikroskop bis zu 60° R. erhitzt; die weilse Farbe der Körperehen und ihrer Kanälchen blieb; auch durch Behandlung der Knochenplättehen mit kochendem Ae- iher oder Alkohol verändern sich die weilsen Figuren nicht. In krankhaft erweichten Knochen, welche durch Osteomala- cie die Kalkerde verloren haben, ist die weilse Farbe und Undurchsichtigkeit der Körperchen und ihrer Kanälchen ver- schwunden und die letzteren nicht mehr sichtbar; die Kör- perchen sind noch sichtbar, aber ganz durchsichtig wie der übrige Knorpel. In fossilen Knochen und in solchen, aus de- nen Hr. M. den Knorpel durch langes Kochen mit Potasche ausgezogen, sind die Körperchen und ihre Kanälchen noch vorhanden. Die fossilen und die mit Potasche, gekochten Knochen sind aber in den Zwischenräumen der Knochenkör- perchen nicht mehr durchsichtig, und man sieht daher die Figuren der letzteren und ihrer Kanälchen erst beim Befeuch- ten der geschliffenen Plättchen, oder noch deutlicher beim beginnenden Abtrocknen der befeuchteten Lamellen. Werden fein geschliffene Plättchen frischer (d. h. nicht fossiler und nicht mit Potasche behandelter Knochen) unter dem Mikro- skop mit Säuren behandelt, so dals die Kalksalze unter Ent- wickelung von Luftbläschen ausgezogen werden, so bleibt die Zwischensubstanz zwischen den Körperchen durchsichtig, aber die Körperchen und ihre Kanälchen verlieren ihre weilse Farbe und werden gleich durchsichtig wie der nun von der Kalkerde befreite Knorpel der Zwischensubstanz. Werden die so behandelten Lamellen dann getrocknet, so werden die Kör- perchen und ihre Kanälchen gleichwohl nicht wieder weils. Hieraus kann man mit ziemlicher Gewilsheit schlielsen, dafs die Knochenkörperchen und ihre Kanälchen entweder in ih- rem Innern oder in ihren Wänden Kalksalze enthalten müssen. Ob diese aber im Innern der Körperchen und Kanälchen ab- gelagert oder nur in den Wänden enthalten sind, läfst sich bei der Kleinheit der Theile nicht ausmachen. Dinte und andere Färbestofle verbreiten sich von der Oberfläche der ge- schliffenen Knochenplättchen nicht weiter durch Vermittelung

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der Körperchen und Kanälchen ins Innere des Knochens, selbst nicht bis auf die geringste Tiefe. Welcherlei erdige oder durch Säuren ausziehbare Bestandtheile die weilse Farbe der Knochenkörperchen und ihrer Kanälchen bewirken, läfst sich nieht ausmachen. In wässriger Kohlensäure, welche sonst kohlensauren Kalk löst, verändern sich die Körperchen und ihre Kanälchen nicht. Behandelte Hr. M. aber ganz feine Plätt- chen von Knochen, deren Knorpel durch Kochen mit Pot- asche grölstentheils ausgezogen war, unter dem Mikroskop mit sehr verdünnter Salzsäure oder Salpetersäure, so entwik- kelte sich regelmäßsig, wenn die Säure vom Rande aus die Körperchen erreichte, aus jedem etwas Luft, und zwar meist viel mehr als die Capacität des Körperchens betrug.

So gewils es nun ist, dals die weilse Farbe der Knochen von jenen Figuren herrührt, dafs die weilse Farbe dieser Fi- guren durch Säuren getilgt wird, während die Organe durch- sichtig zurückbleiben, dafs diese Organe vor der Ossifieation des Knorpels vorhanden (die Körperchen, ohne Kanälchen), aber noch nicht weils gefärbt, sondern durchsichtig sind, und dafs die weilse Farbe hinwieder bei der Knochen-Erweichung verschwindet, so können doch die Knochenkörperchen und die Kanälchen nicht der einzige Sitz der Kalksalze seyn, und der größsere Theil der Kalkerde ist entweder an den Knor- pel gebunden oder frei in dem durchsichtigen Theil des Kno- chens aufser jenen Organen und zwischen denselben enthal- ten. Diefs läfst sich ganz entschieden beweisen. Denn 1) fehlen die Knochenkörperchen und ihre Kanälchen in den Knochen vieler Fische, z. B. des Hechtes u. a. 2) geben die Knochen beim Verbrennen und Behandeln mit kochen- der Potaschenlauge viel mehr Kalkerde, als jene Organe und die Kanälchen, wenn sie auch ganz mit Kalksalzen gefüllt wären, enthalten können. Die Kalksalze betragen mehr als die Hälfte vom Gewicht der Knochen. Verbrannte Knochen haben fast noch ganz die Form und Grölse, welche sie vor dem Verbrennen hatten; man sieht diefs bei Versuchen an kleinen Knochenplättchen sehr deutlich. Eben so ist es mit den Knochenplättchen, deren Knorpel durch Kochen mit Pot-

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asche ausgezogen wird. Wenn nun auch die Kanälchen der Knochenkörperchen ein dichtes Netzwerk bilden und weni- ger feine Knochenplättchen zum grolsen Theile aus diesen Organen zusammengefügt erscheinen, so sieht man doch bei immer feinerem Schleifen, dafs die Knochenkörperchen zer- streut liegen, dals die Zwischenstellen mehrmal, oft vielmal den Durchmesser der Knochenkörperchen übertreffen und dafs auch die Kanälchen, wenn sie noch so dicht sind, doch noch Substanz zwischen sich lassen, die viel mehr beträgt als die Kanälehen und Knochenkörperchen. Diese Zwischensubstanz ist es aber, welche durch Kochen der Knochenplättchen mit Potasche und Ausziehen des Knorpels kreideweils wird. Werden Knochen viele Stunden mit Potasche gekocht, so werden sie ganz weils, glanzlos, äufserst zerbrechlich, ja zerreiblich und der Knorpel ist gröfstentheils ausgezogen. Man erkennt den noch vorhandenen Theil der thierischen Materie an dem Schwarzwerden beim Verbrennen. Ein noch siche- reres Resultat erhält man durch Kochen der Knochen mit wässrigem Kali. Diese letztere Behandlung ist aber deswe- gen unzweckmäfsig, weil die Knochen von aller thierischen Materie befreit zu leicht zerfallen, nicht mehr geschliffen und untersucht werden können, und weil durch die Behandlung der Knochen mit Kali eine neue Verbindung zwischen die- sem und dem phosphorsauren Kalk entstehen muls. Die mit Potasche behandelten Knochen enthalten noch etwas Oel, wel- ches sich durch Kochen der Theile in Aether leicht auszie- hen läfst. Kleine Plättchen von diesen Knochen fein geschlif- fen, bleiben ganz undurchsichtig; nur mit Wasser befeuchtet werden sie durchscheinend und man erkennt dann die Kno- chenkörperchen und ihre strahligen Kanälchen wieder; diese sind jetzt auch durchsichtig, und nur beim Trocknen der be- feuchteten Plättchen werden sie wie die ganzen Plättchen dunkel, und zwar werden sie beim Trocknen zuerst dunkel, dann auch die Zwischensubstanz. Man kann den Versuch auch so machen, dafs man vorher fein geschliffene Knochen- plättchen, dann mit Potasche gekocht und undurchsichtig ge- worden, noch feiner zu schleifen sucht, was freilich aufser-

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ordentlich schwierig ist. Der Kalk des vorher durchsichti- gen Theils des Knochens ist scheinbar ganz zusammenhän- gend, so als ob der Knochen durch das Ausziehen der thie- rischen Materie nichts von seiner Struetur verloren habe. Er erscheint in allen Zwischenräumen der Knochenkörperchen und Kanälchen als eine feinkörnige Materie, und die weilsen Körnchen haben ungefähr die Stärke der strahligen Kanäl- chen der Knochenkörperchen.

Es fragt sich nun, ob der auf diese Art dargestellte kör- nige Kalk vorher mit dem Knorpel chemisch . verbunden oder als phosphorsaure Kalkerde in demselben vertheilt war, so wie der kohlensaure Kalk der Krebsschalen in überaus fei- nen Röhrchen enthalten ist, welche die Krebsschale dicht ge- häuft senkrecht durchziehen und welche vom Kalk befreit .sich als häutige Röhrchen darstellen lassen. Dafs die Körn- chen des phosphorsauren Kalkes im durchsichtigen Theil des Knochens nicht erkannt werden, kann davon herrühren, dafs jene mit den Knorpeltheilchen gleiche Durchsichtigkeit und Brechkraft besitzen. Gegen eine chemische Verbindung der phosphorsauren Kalkerde und des Knorpels spricht, dafs man in der That bei starken Vergrölserungen auch im durchsich- tigen Theil der Knochenplättchen etwas Feinkörniges bemerkt, besonders in den feinen Plättchen der Vogelknochen. Fer- ner spricht dagegen, dafs der Knorpel zur Zeit der Ossifica- tion erst die Kalkerde aufnimmt und dafs der Knorpel nach dem Ausziehen der Kalksalze durch Säuren noch ganz fest und zusammenhängend ist und sogar noch eine bestimmte Structur besitzt. Der Knochenknorpel der Säugethiere und des Menschen lälst sich nur in bestimmten Richtungen in ganz feine Lamellen reifsen und zasert sich auch in dieser Richtung beim Abreifsen der Lamellen, besitzt auch in sol- chen gerissenen Lamellen eine undeutlich faserige Structur. Eine Spur von faseriger Bildung sieht man zuweilen auch noch in den befeuchteten Knochenplättchen, deren Knorpel durch Potasche gröfstentheils ausgezogen worden, und in Plätt- chen von Fischknochen, die auf diese Art behandelt worden, sah Hr. M. ziemlich deutlich feine, in verschiedenen Schichten

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verschieden laufende helle Fasern von nicht ganz geradem . Verlauf. Bei der Beleuchtung von oben sieht man an trock- nen Knochenplättchen, deren Knorpel gröfstentheils extrahirt ist, die kreideweils erscheinende Masse nur feinkörnig.

Die Knochen der mit Färberröthe gefütterten Thiere ge- ben keine bestimmten Aufschlüsse; denn sowohl die Knochen- körperchen als der durchsichtige Theil der Knochen erschei- nen dann röthlich; bei auflallendem Licht mehr die ersteren, bei durchscheinendem mehr die letzteren; und die Röthe ist so schwach, dafs man den Sitz derselben nicht unterschei- den kann.

Versammlung am 15ten März.

An Geschenken waren eingegangen: Franz Xav. Mez- ler (ehmaliger Geh. Rath u. Leibarzt zu Sigmaringen, Mitgl. d. Ges. nat. Fr. u. s. f.) nach seinem Leben und Wirken ge- schildert von Franz ‘Jos. v. Mezler, Prag 1835. 8. v. Schlechtendal: Linnaea, 10. Bdes. 3. Hft. Höning- haus: Abbildung eines Dentalium (D. Saturni Hön.) aus dem Uebergangskalkstein von Gerolstein in der Eifel. Eine Suite des Steinsalz- Vorkommens von Wilhelmsglück bei Schwäbisch Hall nebst dazu gehöriger kurzer Beschreibung, eingesendet von Hrn. D. Kober zu Schwäbisch Hall.

Hr. L. v. Buch legte einen von Prof. Göppert in Bres- lau eingesendelen Gypsabguls eines grolsen muthmafslichen Fruchtabdruckes aus dem Steinkohlengebirge von Waldenburg in Schlesien vor.

Prof. Weifs eine Reihe seltener Exemplare des König- lichen mineralogischen Museums in Betreff innerer Krystalli- sationen in versteinerten Echiniten (Ananchyten und Spatan- gen). Einige derselben nämlich zeigten Kalkspathkrystalle auf die innere Fläche der Asseln oder Täfelchen der Echini- tenschaale mit erstaunenswürdiger Regelmäfßsigkeit so aufge- wachsen, dafs auf jeder Assel ein Krystall mit seiner Axe senkrecht auf der Fläche derselben, diese als Grundfläche ein- nehmend, sich gebildet hatte, und daher nicht allein die

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Axen sämmtlicher Krystalle regelmäfsig nach dem Mittelpunete des Echiniten convergiren, sondern auch, in den Reihen ge- ordnet, die von der Spitze des Echiniten nach seiner Basis gehen, gleichförmig und mit der höchsten Regelmäßsigkeit an Gröfse nach der Spitze ab-, nach der Basis zunehmen *). Daran schlossen sich einige Exemplare der schon den älteren petrefactologischen Schriftstellern (unter dem Namen bienen- zellige Echiniten) bekannten verkieselten Ananchyten mit zelligen Quarzbildungen nach innen, welche, zusammen- gehalten mit den vorhergehenden Stücken, für nichts andres genommen werden können als für Quarzbildungen,. welche sich als Ueberzüge auf Kalkspathkrystalle der vorigen Art aufgesetzt haben, und nach späterer Zerstörung jenes Kalk- spathes als zellige Bildungen zurückgeblieben sind. Diels wurde durch ein anderes vorgelegtes Exemplar eines mit der zelligen Quarzbildung versehenen Ananchyten (A. ovatus) be- stätiget, an welchem die kalkige Schaale sowohl als die Kalkspathkrystalle noch unzerstört geblieben waren, von wel- chen der Quarz sich abgeformt hatte. Das Innere desselben war vollständig feuersteinartig verkieselt. Der Vortragende machte noch auf die besondere Merkwürdigkeit aufmerksam, welche zwei vorgelegte Exemplare (beide in unserem aufge- schwemmten Lande, das eine bei Lübben, das andere bei Crossen gefunden) auf die frappanteste Weise zeigen, und welche an dem von Walch abgebildeten Exemplare (Th. I. Abschn. 1. Taf. E.1.a. n. 3. des Knorrischen Versteinerungs- werkes) offenbar ebenfalls Statt gefunden hat, dafs nämlich der zellige. Bau auf einer vollkommen wagerechten Ebene, von welcher an der Ananchyt die gewöhnlich bis auf die äulsere Schaale reichende Verkieselung zu einer horn- stein- oder feuersteinartigen Masse zeigt, abschneidet, so dals der zellige Bau oberhalb dieser Ebene frei steht, unter- halb derselben sich aber allerdings noch in die hornsteinar-

*) Ein Gegenstück lieferte ein Exemplar von Spatangus cor angui- num, in welchem umgekehrt jedes Täfelchen auf der äulseren Ober- fläche der Schaale mit einem eben solchen Kalkspathkrystalle besetzt war.

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tige Masse verfolgen läfst. Diese wagerecht abschneidende Ebene liegt in jedem Exemplar schief, mit einer für jedes Stück variablen, zufälligen Neigung gegen die Axe, wie ge- gen die Basis des Echiniten; daher sie eben so wenig auf die organische Stractur als auf die Kalkspathstructur Bezug haben, und eben so wenig, wie schon der Augenschein er- giebt, einem mechanischen Sprunge zugeschrieben werden kann. Eine genügende Erklärung . der räthselhaften Erschei- nung glaubte der Vortragende darin zu finden, dafs jene ab- schneidende Ebene das Niveau einer Flüssigkeit gewesen seyn müsse, welche im Innern des Ananchyten, als er schon das- zellige Quarzgebilde gehabt habe, zu der Zeit seiner horn- steinartigen Verkieselung gestanden, und den oberhalb dieses Niveau’s herausragenden Theil in einen anderen Zu- stand versetzt habe, als den unterhalb desselben in sie ein- getauchten; daher denn die Verkieselung nicht auf jenen, nur auf diesen sich erstreckt, zuletzt aber die Auflösung der Kalk- spathkrystalle, auf welche der zellige Quarz sich aufgesetzt, diesen entblöfst zurückgelassen habe.

Herr Geh. Rath Link gab Nachricht von den Beobach- tungen über das Stärkemehl (amylum), als eine Fortsetzung der Nachrichten über dasselbe im vorigen Jahre. Er bestä- tigte die Beobachtungen von Fritzsche, nach welchem viele Stärkemehlarten aus Schiehten bestehen, welche sich um einen Kern ansetzen; aber sie schliefsen Raspail’s Beobachtungen nicht aus, dafs nämlich jedes Korn in der Wärme und so auch im warmen Wasser aufsehwillt, reilst und einen andern Stofl ausschüttet. Dieser Stoff wird dureh Jodtinetur eben so blau gefärbt, als die Haut des Korns. Auch hat Hr. L. nieht bemerkt, dafs in keimenden Kartofleln die Schichten der Körner sich nach und nach ablösen und eben so wenig platzen; in der Nähe der jungen Pflanze und in den untern Zellen sind die Körner unverändert, wie in der Kartoffel überhaupt auch grols und klein; in den obern Zellen werden sie seltner und kleiner. Im Salepknollen sieht man eine un- geformte Masse, die durch Jod blau wird, eben so in den Knollen von Orchis latifolia vor der Blüthe; aber in der

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Blüthe und nachher sieht man deuilich Körner. Inulin zeigt nie Körner. Maissame, welcher gekeimt hat, zeigte nach vielen Richtungen aufgerissene Körner. Wenn man Stärkemehl aus Waizen in warmem Wasser durch Digestion auflöst, filtrirt, dann abdampft und scharf trocknet, bis die Masse gelb aber nicht braun wird, so sieht man mit Wasser unter dem Mikroskop sehr unregelmäfsige Körner, die durch Jod nicht gefärbt werden; nur zuweilen schwimmt eine blaue, äufserst feinkörnige Materie darin. Auch ästig zusammenge- fügte kleine Krystalle zeigten sich. Der Altheeschleim be- steht ganz aus Körnern, die von Jod blau gelärbt werden. Wenn man sie in warmem Wasser auflöst, filtrirt, abdampft und trocknet, so sieht man mit Wasser unter dem Mikroskop keine Körner, aber jene Krystalle. Jod färbte nichts mehr blau.

Ferner trug Hr. Link Beobachtungen über den Ursprung der Spiralgefälse vor. Die zweite Haut der Samen der Ka- suarinen besteht aus entwickelten Spiralgelälsen, wie Rob. Brown zuerst gezeigt hat. Unter dieser befindet sich eine andere Haut aus länglichen Zellen bestehend. Oft sieht man die Zelle an einem Ende ganz durchsichtig, häutig, weiter- hin erscheint darin eine Spiralfaser, erst schwach, dann deutlicher, dann sehr bestimmt, und am andern Ende rollt sich die Zelle in ein Spiralgefäfs ab. Aehnliche Beobach- tungen machte er im Samen vom Opuntia. Ist die Faser dicht zusammengewickelt, so ist wenig oder keine Membran zwischen den Windungen, sonst viel. Jetzt im ersten Früh- ling findet man in der Mitte einer jeden Knospe einen Haufen halsbandförmiger Gelälse, gleichsam fibröse Zellen, die sich nach oben und unten ausdehnen, einander gleichsam einim- pfen, und so die langen Spiralgefälse darstellen. Abbildun- gen von allen diesen Gegenständen werden in den Tabulae anatomico-botanicae, wovon schon zwei Tafeln abgedruckt sind, bald erscheinen.

Herr Apoth. Lucae zeigte aus dem Stamme geflossenes und mit der Rinde noch versehenes Kautschuck vor.

Herr Prof. Wiegmann Abgüsse, die er von den Fuls-

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sohlen lebender Didelphis- Arten genommen hatte, zur Ver- gleichung mit deu berühmten Thierfährten von Hildburg- hausen.

Herr Prof. Ehrenberg sprach über das Häuten der Sa- lamander (Triton taeniatus) auf doppelte Weise, durch Aus- schlüpfen wie ein Schmetterling aus der Puppenhülse und dureh Ueberstreifen und Umkehren der Haut, wobei der Hin- tertheil im übergestülpten Vordertheil zum Theil sitzen bleibt, beides erläuternd durch vollständig erhaltene natürlich abge- streifte Häute.

Ferner zeigte er mehrere, darunter zwei über 3 Zoll grolse, Monadenstöcke (Polypenstöcke) von Ophrydium ver- satile, einem Infusionsihierchen, mit zahllosen schöngrünen Thieren, lebend vor, bemerkend, dafs es seit Mitte Januars gar viele auflallende vorzeitige Entwicklungs-Erscheinungen in den Gewässern bei Berlin gegeben habe.

Aus einem Schreiben des Dr. Focke in Bremen theilte Hr. E. mit, dafs derselbe das Leuchten des Meeres bei Vene- dig durch ein Räderthierchen bedingt gefunden, welches, der eingesendeten Zeichnung nach, jedenfalls zur Gattung Syn- chaeta gehört, aber von der Synchaeta baltica der Ostsee .et- was verschieden scheint.

Aus einem Schreiben des Regimentsarztes Dr. Werneck in Salzburg theilte Hr. E. endlich mit, dafs derselbe ebenfalls, auch bei- den kleinsten Monaden der Infusorien (Monas Termo), einen Rüssel beobachtet hat. Ueberdiels legte er dessen sorgfältige Zeichnungen mehrerer zum Theil noch un- bekannter Infusorien, mit vielem Detail ihres Organismus, der Gesellschaft vor. Unter diesen ist eine Art der Gattung Eo- sphora besonders hervorgehoben, weil diese Gattung der Rä- derthiere nur erst 2 bekannte Arten hat. Eine dritte hat zwar Hr. E. seitdem selbst beobachtet, aber diefs wäre dann eine vierte Art, Eosphora aurita Werneck, die vielleicht je- doch mit Diglena aurita einerlei Thier ist, da früher leicht das von Herrn Werneck entdeckte Nackenauge überschen

seyn konnte, End-

; 17 Endlich theilte Herr Prof. J. Müller einen Fall über

Echinococcus hominis mit.

Bei einem von Herrn Professor Hecker behandelten jun- gen Mann, der offenbar an“den Nieren litt, gehen von Zeit zu Zeit Blasen von sehr verschiedener Grölse durch den Urin ab. Hr. M. untersuchte die Blasen auf Echinococcus, und ‘fand diese kleinen Würmer in einigen der Blasen, in andern nicht. Die Hfn. M. durch die Gefälligkeit des Herrn Prof. Hecker mitgetheiltei, noch frischen Blasen bestanden aus einer weichen dicken Haut, die sich nur künstlich in Schich- “ten irennen liefs. Die in der Flüssigkeit enthaltenen Echi- nococei hatten die bekannte Gestalt und Grölse und waren in beiden gröfstentheils übereinstimmend, mit deutlichem Ha- kenkranz und mit vier stumpfen Fortsätzen an dem auf den Hakenkranz folgenden Theil des Körpers versehen, übrigens dem Kopfe einer Taenia sehr ähnlich. Das hintere Ende des 'Körpers war stumpf. Diejenigen Blasen, in welchen Echino- cocci waren, glichen den leeren Blasen vollkommen. Die Würmer waren theils frei in der Flüssigkeit der Blase ent-' halten, theils festsitzend, theils in kleinen Bläschen einge- schlossen, die in der grofsen Blase enthalten waren. Alle diese Formen wurden einigemal in einer und derselben grö- fsern Blase angetroffen; in einem Fall fanden sich vorzugs- weise festsitzende, in mehreren Fällen die in kleinen Bläs- chen eingeschlossenen Würmer. Ueber die einfachen, frei in der Flüssigkeit liegenden Echinocoecen läfst sich nichts wei- ter sagen, als dals sie den bekannten Abbildungen vollkom- men entsprachen. Im hintern Theil des Körpers konnte man kleine, zerstreute, durchsichtige, bläschenartige Körnchen be- merken. Einige dieser Würmchen hatten den Theil des Ko- pfes, woran der Hakenkranz, eingezogen, so dafs man den Kranz im Innern wahrnahm; in diesem Fall bildeten die vier stumpfen Fortsätze den vordersten Theil des Körpers. Bei einigen wenigen der freien bemerkte man am hintern stum- pfen Ende des Körpers eine Spur eines häutigen Stranges, der wie abgerissen erschien, als wenn diese Würmer früher fest- gesessen hätten. Was die in kleinen Bläschen enthaltenen

2

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Eehinoeoecen betrifft, so waren sowohl diese in der Flüssig- keit der grofsen Blasen enthaltenen, kleinen Bläschen, so wie die darin enthaltenen Würmcehen, an Gröfse ungleich. Diese Bläschen hatten einen Durchmesser von 4 Linie bis 1 Linie und mehr, ünd waren theils rundlich, theils oval. In den Bläschen waren einige Echinoeoecen, bald von der Gröfse der freien, bald auch kleinere enthalten. Ob sie im Innern des Blächens befestigt waren, konnte nicht ermittelt werden. Die festsitzenden Echinocoecen wurden in zweifacher Form beob- achtet. In einer Blase fanden sich aulser freien Echinoeoe- cen einzelne Aggregate in der Flüssigkeit. Es safsen näm- lieh 5, 6, 8 und mehr Echinoeoceen auf der Oberfläche eines sehr kleinen Bläschens auf, welches im Durchmesser die Länge der Würmehen nur einigemal übertraf. Die Verbindung der Würmehen mit der Oberfläche des Bläschens geschah bei je- dem Individuum durch einen dünnen, ganz kurzen, häutigen Strang, welcher von der Oberfläche des kleinen Bläschens zu dem hintern Ende des ‘Wurmes ging. In dieser Form hat Hr. M. die Würmehen den Herren v. Olfers und Hecker zeigen können. In einem Fall befand sich in einer der Hy- datiden eine zarte, zusammengefaltete Haut, die schon so ma- cerirt war, dafs sie nicht vollständig herausgebracht werden konnte, wahrscheinlich auch eine Blase. Sie war an vielen Stellen mit Echinoeoccen besetzt. Da die Haut aber nicht mehr vollständig war, so blieb es ungewils, ob in diesem Fall die Echinocoecen an der äufsern oder innern Fläche der Haut festsalsen. Die Befestigung geschah in diesen Fällen auch durch einen dünnen, ganz kurzen, häutigen Strang. An einigen Stellen salsen die Echinocoecen dieht wie zu Häuf- chen auf. Diese Verschiedenheiten deuten auf Entwicklungs- zustände, welche durch weitere Beobachtungen aufgeklärt werden müssen. . - Wei/s, d. Z. Director.

Mittheilungen

aus den Verhandlungen der

Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin.

Zweites und drittes Quartal 1836.

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BERLIN, 1836.

In der Nicolai’sehen Buchhandlung.

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Mittheilungen

aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen- der Freunde zu Berlin.

Zweites Quartal 1836.

Versammlung am 19ten April.

ae Professor Goeppert aus Breslau, heute in der Gesell- schaft gegenwärtig, berichtete von seinen fortgesetzten Unter- suchungen über fossile Pflanzen-Ueberreste. Er zeigte zu- nächst eine ansehnliche Sammlung, zum Theil bereits litho- graphirter Zeichnungen zu dem umfassenden Werk gehörig, das er darüber herauszugeben im Begriff ist. Demnächst legte er der Gesellschaft viele bis jetzt noch nicht bekannt gewesene Arten fossiler Pflanzen in den natürlichen Abdrük- ken vor, in welchen er sie in den tertiären Schichten der schlesischen Gebirge entdeckt hatte. Eine unter diesen, der Braunkohlenformation angehörig, zog die Aufmerksamkeit der Versammlung vor allen übrigen auf sich, da sie nicht nur Blüthentheile,. sondern innerhalb derselben kleine Gruppen von Körnern wahrnehmen liefs, die sich unter dem Mikro- skop vollkommen deutlich als Pollen zu erkennen gaben. Vielfache vergleichende Versuche, die Herr Goeppert ange- stellt hat, um die ursprünglichen Bedingungen bei dem Ent- stehn der fossilen Pflanzen- Abdrücke zu ermitteln, haben ihm auch die Ueberzeugung gewährt, dafs von allen Pflanzenthei- len der Pollen am meisten den Einwirkungen eines hohen Wärmegrades, eines heftigen Druckes u. s. w. widerstehe und 2*

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sich kenntlich erhalte. Die Gattung, welcher diese Pflanze angehört haben könne, genauer zu bestimmen, behielt Hr. G. weiterer Mittheilung vor.

Herr H. Rose trug Folgendes über die Destillations- Produkte des Cautschucks und die technische Benutzung der- selben vor. In der Fabrik des Herrn Enderby für Taue und Segeltuch, zwischen Greenwich und Woolwich bei London, werden erstere mit einem Theere behandelt, welcher durch Destillation von Cautschuck gewonnen wird. Es wird dazu nur Cautschuck in derben Massen, nie in Beuteln, genom- men, weil dieses zu theuer ist.

Das Cautschuck kommt theils aus Parä in Brasilien, theils aus Valparaiso, theils aus Singapore. Ersteres besteht aus Stücken, welche besonders in der Mitte fast ganz weils sind und etwas Wasser enthalten.

In einer Blase von Gufseisen werden 800 Pfund Caut- schuck mit einem Male der Destillation unterworfen. Das Destillat ist ein Oel oder vielmehr eine Mengung von ölar- tigen Körpern von dunkelbrauner Farbe und von ziemlich dünnflüssiger Consistenz, doch minder dünnflüssig, als Was- ser. An Gewicht beträgt es beinahe eben so viel, als das angewandte Cautschuck; es bleiben nur die mechanisch ein- geschlossenen Unreinigkeiten desselben zurück. Das weilse Cautschuck von Para giebt zugleich aulser dem Oele noch Wasser.

Das Destillat wird einer Rectification unterworfen, 3 da- von abgezogen und ‚+ im Destillations- Gefälse zurückgelassen. Dies hat eine theerartige Consistenz und eine dunkelbraune Farbe, und von allen Destillations-Produkten des Cautschucks wird es allein in der Fabrik. verbraucht.

Mit einer gleichen Menge von Holziheer (aus Schweden, nicht mit Steinkohlentheer) vermischt, wird es für die Taue angewandt.

Das reetifieirle Destillat hat eine weit heller braune Farbe, als das erste Destillat, ist dünnflüssiger und hat ein speeif. Gewieht von 0,84. Nochmals in gläsernen Retorten mit Wasser bei einer Temperatur vo 90° F. destillırt, erhält

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man ein farbloses, sehr dünnflüssiges, höchst flüchtiges Pro- -dukt; es beträgt ungefähr die Hälfte des angewandten Destil- lats: Es wird in England Cautschucine genannt, und ist ein vortreflliches Auflösungs-Mittel für Schellack, Bernstein und für Cautschuck selbst. Es hat ein sehr geringes specif. Ge- wicht; doch ist dieses Destillat noch im Gemenge mehrerer Flüssigkeiten, welche durch sehr oft wiederholte Destillatio- nen bei sehr geringen Temperaturen nicht von einander ge- irennt werden können. Die bei der niedrigsten Temperatur übergetriebene Flüssigkeit hat ein specif. Gewicht von 0,62, und ist also von allen bekannten Flüssigkeiten die leich- teste.

Im Verhältnisse zu der grofsen Flüchtigkeit der Substanz ist indessen der Geruch, obgleich charakteristisch und ziem- lich stark, doch nicht zu auffallend.

In der genannten Fabrik wird zu den Tauen viel soge- nannter neuseeländischer Flachs (Phormium tenaxr) angewandt, doch nur mit Hanf gemengt, weil er für sich allein zu leicht reilst. Aus diesem Grunde steht er an Brauchbarkeit dem Hanfe weit nach.

Es wurden in der Sitzung alle Arten des angewandten Cautschucks, so wie sämmtliche Destillations- Produkte der- selben vorgezeigl.

Versammlung am 24sten Mai.

An Geschenken waren eingegangen:

Necker Le regne animal. 2 Voll. Paris 1835. >.

Schönherr Genera et species Curculionidum Tom. III. p- 1. Par. et Lips. 1836. 8.

- Bibliotheque universelle de Geneve Janv. Fevr.

Abhandlungen der Berliner Akad. der Wissensch. aus dem J. 1832. 2ter Band.

Dieselben aus d. J. 1834.

Encke, astronomisches Jahrbuch für 1837.

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Van Hoeven de Frieze Tydschrift voor natuurlyke Ge- schiedenes v. 1834. Asmus monstrosilales Coleopterorum. Riga 1835. 8.

Herr Link hielt einen ausführlichen Vortrag über die Bewegung der Körner in den Papillen des Stigma der Tul- pen, von welcher er meint, dals sie Beziehung auf die Be- fruchtung habe. Er legte auch eine Zeichnung davon vor.

Aus ‚einem Schreiben des Prof. Goeppert in Breslau theilte Herr Weifs der Gesellschaft mit, dafs er seit seiner Abreise von Berlin aufser den am 19. April der Gesellschaft vorgelegten fossilen Blüthen mit Pollen aus der Braun- kohle noch drei andere verschiedene Blumen mit Pollen und eine andere ohne Pollen in Braunkohle aus der Wet- terau und andern Gegenden am Rhein entdeckt hat, auch weibliche Kätzchen einer Alnus, die zu der früher beob- achteten männlichen gehören dürfte. In Moskau fand Hr. Prof. G. in dem dortigen Braunkohlenlager zwar keine Blüthen, aber sehr häufig Bernstein eingesprengt, und selbst noch in der Rinde der Baumstämme, denen er ohne Zweifel seinen Ursprung verdankt.

Herr Ehrenberg gab eine kurze mündliche Nachricht über die neu (1835) erschienene sehr interessante und muster- hafte Schrift des Predigers Sars in Norwegen über die klei- neren Seethiere der norwegischen Küste, und äufserte seine Meinung über die zwei merkwürdigsten Formen, welche den bisherigen Charakteren ihrer und aller Thier-Klassen zu wi- derstreben scheinen, der Actinia prolifera und der Strobila octoradiata, dahin, dafs er sie beide für in der Queertheilung begriffene Anthozoa halten möchte. ‘Die Längstheilung der Actinien hatte er schon früher zwar selbst beobachtet und in der Abhandlung über die Corallenthiere des rothen Mee- res 1834. pag. 31. angezeigt; er hielt sie aber ihrer Selten- heit halber für Monstruosität. Es scheint ihm nun doch, dals beide Arten von Selbsttheilung auch als normale Entwicke- lung vorkommen. Die Gattung Strobila, welche Herr Sars sehon früher (1829) als eine ganz abweichende Form der

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Acalephen-Klasse ansah, ist nun noch umständlicher von ihm in gleichem Sinne beschrieben.

- Da jedoch sowohl das Fesisitzen, als die Selbsttheilung ganz gegen den Charakter der Klasse der Acalephen streiten, so hält Referent für sehr wünschenswerth, dafs die Beobach- tung darauf gelenkt würde, ob die Form nicht vielmehr eine Lucernaria sei, welche sich in mehrfacher Queertheilung be- findet und deren frei-werdende Theile eine Zeit lang stiel- los herumschwimmen, bis der Stiel oder Fuls gewachsen ist, welches Letztere vielleicht auch gar nicht geschieht. Die scheinbaren braunen Körper im Einschnitte der 8 Randtheile, welche an die Augenstiele der Medusen erinnern, könnten leicht einzelne Saugwarzen sein, wie sie die Lucernarien ge- wöhnlich bündelweis führen. Bei dieser Ansicht jener son- derbaren Thierforin scheinen sämmtliche Schroffheiten für seine Einreihung in das System sich so sehr zu verlieren, dafs fast kein rechter Grund übrig bleibt, eine besondere neue Gat- tung daraus zu bilden. Sie ist offenbar ziemlich genau das- selbe für die Gattung Lucernaria, was Actinia prolifera für die Gattung Actinia ist. Da es schon achtstrahlige Lucernarien giebt, so würde bei dieser Ansicht auch der Special- Name octoradiata« nicht bezeichnend sein und man also wohl bes- ser diese höchst interessante Form nach ihrem sehr achtungs- werthen Entdecker Lucernaria oder Strobila Sarsii nennen.

Versammlung am 2lsten Juni.

Herr Horkel las eine Abhandlung über die Befruchtung der Irideen, Asphodeleen und Liliaceen, in welcher er zu- nächst die früheren Beobachtungen und Entdeckungen beleuch- tete, und hierauf seine Ansicht entwickelte, dafs die Bewe- gungen in den Papillen des Stigma keinen. Einfluls auf die Befruchtung haben, sondern dafs diese vielmehr dadurch be- wirkt werde, dafs Pollenschläuche durch den Kanal im Grif- fel bis zu derı Samen gelangen und in die Mikropyle ein- dringen. Nicht allein bei Monokotyledonen, fügte Hr. Horkel

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hinzu, sondern auch bei vielen Familien der Dikotyledonen habe er die Pollenschläuche auf ihrem Durchgange durch den Kanal des Griflels beobachtet.

Herr Dove zeigte ein polarisirendes Mikroskop vor, wel- ches, wenn es statt des gewöhnlichen Oculars in den von ihm in Pogg. Ann. Band 35. beschriebenen Polarisationsappa- rat eingeschraubt wird, die Ringsysteme in Krystallen schwa- cher doppelter Strahlenbrechung in voller Deutlichkeit über- sehen läfst. Da die Einrichtung aller übrigen Theile des Ap- parates dieselbe bleibt, so kann derselbe auch mit dem mi- kroskopischen Ocular für beliebige Beleuchtungen gebraucht werden, auch das linear polarisirt einfallende Licht sogleich in eircular oder elliptisch polarisirtes verwandelt und eben so analysirt werden. Während das gewöhnliche Ocular für gekählte und geprefste Gläser, Kalkspath-, Salpeter- und Ar- ragonitplatten und sämmtliche Erscheinungen der gewöhnli- chen Polarisation ohne zwischen eingeschaltete Krystallplat- ten, vorzüglich brauchbar ist, sind bei Anwendung des mi- kroskopischen die Farbencurven der Bergkrystalle, senkrecht gekreuzter Glimmerplatten, der Berylle in allen ihren Nüan- eirungen leicht zu übersehen.

Herr G. Rose theilte einige Bemerkungen über den gro- fsen Diamanten mit, den der Persische Prinz Cosrhoös, der jüngere Sohn des Abbas Mirza, im Jahre 1829 dem Russi- schen Kaiser zum Geschenk machte. Bei seinem Aufenthalte in Petersburg hatte Herr R. Gelegenheit, denselben zu sehen, und ein bleiernes Modell von ihm zu erhalten, das sich jetzt in der Königl. Mineraliensammlung in Berlin befindet. Der Diamant, obwohl bedeutend grofs, gehört nicht zu den Dia- manten erster Gröfse, denn sein Gewicht beträgt nur 86 Ka- rat, aber er ist dadurch interessant, dafs er nur zum Theil geschliffen ist, zum Theil aber noch seine natürlichen Flächen besitzt. Seine Form ist im Allgemeinen die eines Octaäders, an welchem 4 Flächen, die einer und derselben Octaeder- kante parallel gehen, sehr grols geworden sind. Diese gro- fsen Flächen sind zum Theil überschliflen, die kleinern nicht. Seine größste Länge beträgt 1 Zoll 54 Linien, seine grölste

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Breite 8 Linien. Er ist vollkommen klar und von schönem Wasser, ohne Sprünge und Federn. Auf dreien seiner über- schliffenen Flächen sind persische Inschriften eingegraben, von denen der Herr Akademiker Frähn in Petersburg die Güte hatte, eine Uebersetzung mitzutheilen. Die eine heifst: Burhan Nizam Schah II. im Jahr 1000, die zweite: Schah- Dschihan der Sohn Dsehihangir’s 1051, die dritte: der Sultan Feth-Aly Schah Katschar. Ueber und unter der dritien In- schrift befinden sich noch einige Schriftzüge, die Hr. Frähn in der Abschrift, nach welcher er die Uebersetzung mit- theilte, nicht lesen konnte. Die Jahre 1000 und 1051 ent- sprechen den Jahren 1592 und 1643 unserer "Zeitrechnung. An dem einen Ende befindet sich eine kleine Rinne, die ganz um den Diamant herumgeht, an welcher man wahrscheinlich eine Schnur befestigt hat, um ihn mittelst derselben am Halse zu tragen.

Aulserdem zeigte Herr G. Rose noch ein bleiernes Mo- dell von dem 1943 Karat schweren Diamante vor, der sich an der Spitze des Russischen Scepters befindet, so wie ein hölzernes Modell von dem sog. Pitt oder Regenten, der 1363 Karat wiegt. Das Modell von diesem Diamanten befindet sich schon seit längerer Zeit in der Königl. Mineraliensamm- lung, und wurde zur Zeit der Französischen Revolution ge- macht, wo der Diamant sich in Berlin. befand, und an den Kaufmann Treskow verpfändet war.

Demnächst übergab Herr Ehrenberg die in der vori- gen Versammlung angezeigte Schrift von Sars Beskrivelser og Jagtiagelser over neglige merkelige elver nye levende Dyr etc. Christiania 1835. 8., der Gesellschaft als Geschenk.

Derselbe theilte daun mit, dafs er in den Knoten des Sium angustifolium und einiger anderen Umbelliferen eine sehr eigenthümliche, bisher unbeachtete Gefälsverästelung auf- gefunden habe, die beim Queerdurchschnitt arabischen Cha- rakteren sehr ähnliche Zeichen bildet. Dieses Gefälsgeflecht ist mit den sogenannten Wundernetzen in verschiedenen Stel- “len des thierischen Körpers zu vergleichen, und hat bei Pflan- zen nur seines Gleichen in den Knollen und Früchten. In

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seiner Erscheinung im Stamme der Umbelliferen ist es beson- ders defshalb merkwürdig, weil es gegen die sonstige Regel der Organisation des Pflanzenstammes streitet, nach welcher alle Gefäfse parallel mit der Axe des Stammes oder der Aeste gehen.

Die Bündel dieses Gefälsnetzes schneiden die Axe des Stammes im rechten Winkel. Sie bestehen aus Holzfaser- bündeln und vielen von diesen umhüllten Spiralgefäfsen. Sie sind abgebogene Theile, Aeste der Randholzbündel des Stam- mes und gleichen diesen ganz. Ihre scharf dichotomische Verästelung und ihr Anastomosiren gleicht nicht einer wah- ren Verästelung und Anastomose von Gefälsen, sondern der Bildung eines Nervengeflechtes im Thierkörper, worin die ein- zelnen Elementartheile einfach bleiben, nur abwechselnd ihr Bündel verlassen, um in einem andern weiter fortzugehen.

Bei Queerdurchsehnitten bilden die getroffenen Theile dieses aus 4, je 2 von den entgegengesetzten Wänden kom- menden Hauptstämmen gebildeten Adernetzes V-förmige und hakenförmige, geradlinige und punktförmige, nicht weniger auflallende Charaktere, als der bekannte Adler im Adlerfarrn (Pteris aquilina). Ja es lassen sich, wenn (was nicht schwer ist) der Schnitt gelingt, in den Charakteren ganz scharf und deutlich gezeichnete alt-arabische Zahlen erkennen, welche

1VVA ıvvq je nach dem Schnitte die Jahreszahlen 1778 oder 1779 oder

1vVVvg. 17790 darstellen. Herr Ehrenberg zeigte diese Bildung

in feinen Queerdurchschnitten, auf Glimmer getrocknet, ganz wohl erhalten, vor, und gleichzeitig auch die eben so schön erhaltenen Adler der Pferis aquilina.

Bei der Balsamine (Impatiens Balsamina) zeigt sich in den Knoten zwar kein Rete mirabile, aber die zum Blatt oder zu den Zweigen abgehenden Gefälsbündel bilden eben- falls eine Figur, die sich, entfernter jedoch, mit einem Stier- kopf vergleichen läfst und eher auch interessant ist. Auch diese Bildung wurde getrocknet vorgelegt.

Ferner gab derselbe neue Beobachtungen über die Orga-

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nisation der Armpolypen. Es liegt nämlich für die Unter- suchung der sehr bekannten und zu zahllosen Beobachtungen benutzten Armpolypen (Hydra) eine besondere Schwierigkeit in der grofsen Weichheit und der Contraetilität ihrer Sub- stanz, und so fehlt es noch immer an einer klaren Kenntnis ihres Organismus, den man jeden Falls aber sehr mit Unrecht für besonders einfach erklärt hat. Allmälig rückte die Kennt- nils einer grölsern Zusammensetzung schon etwas weiter vor, allein die speculativen Beschreibungen, welche von Circula- tion, Eierstöcken und deren Mündungen u. s. w. sprachen, liefsen sich bisher auf die angegebene Weise nicht bestätigen. Als festes Resultat neuer Untersuchungen, welches an jedem Individuum jederzeit zu demonstriren ist, hat sich ergeben, dafs die Arme hohl sind und in ihrer Mitte eine Saftbewe- gung haben. Diese Bewegung ist nun aber sehr deutlich keine Blut-Circulation, sondern sie ist der Chymus-Bewe- gung im Darme der Sertularien und Medusen analog und wohl gleich. Offenbar ist sie durch bewegte Falten oder Wimpern der innern Darmhaut bedingt.

Diese ziemlich geräumigen innern Höhlen der Arme ste- hen mit der Leibhöhle in Verbindung, und sonach ist die Bil- dung eines Armpolypen sehr verschieden von den ihm sonst verwandten Sertularien. Hiernach hätte dann Hydra (viri- dis, vulgaris und oligactis) an einem magenärtigen Schlunde so viel Blinddärme (Magen?) nach vorn gerichtet abgehend, als sie Arme besitzt. Durch farbige Nahrung diese Blind- fortsätze des Schlundes oder die Magen zu erfüllen, ist vom Referenten vielfach versucht worden, aber noch nicht gelun- gen. Ist nun diese Ansicht richtig, so hat man beim Um- kehren dieser Polypen, wie eines Handschuh’s, nicht, wie man immer meint, alle innern Theile nach aulsen gebracht, sondern man hat nur den Schlund (was man gemeiniglich den Magen nennt) umgestülpt, die wahrscheinlicher eigent- lich verdauenden und ernährenden Blindfortsätze aber unver- ändert gelassen.

Eben so interessant ist die bisher unbekannte Organisa-

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tion eines Fang-Apparats bei den Armpolypen. Man hat zwar von Giftbläschen auf der Oberfläche gesprochen, allein diese Sache verhält sich ganz anders.

Die Oberfläche der Polypen-Arme ist mit bekannten Wärzchen besetzt, und aus einigen von diesen hängen sehr feine Fäden hervor, welche die eigentlichen Fühl- und Fang- Organe zu sein scheinen.

Diese feinen Fäden kann man beim Antrocknen der Arme auf Glas oder Glimmer und bei 300 maliger Vergröfserung sehr deutlich sehen. Diefs ist die gröbere äulsere Einrichtung. Bei schärferer Untersuchung erkennt man am Ende vieler (nicht aller) der feinen Fäden einen äufserst durchsichtigen, keulen- oder birnförmigen Krystall- Körper, welcher mit sei- nem dünnen Ende am Faden hängt und an der Insertions- Stelle drei starke Widerhaken hat. Diese Angeln (ohne Gift und Zauberei) sind es besonders, deren sich der Polyp zum Festhalten selbst sehr grofser Thiere bedient. Er kann die feinen, zahlreich von den Armen herabhangenden Angelfäden sehr lang ausdehnen und jeden einzeln wieder an sich her- anziehen.

Sobald eine der dreizackigen Angeln sich an ein Thier- chen festgehakt hat, zieht er es an zum Arme, der es dann umschlingt. Oft auch erscheint der Arm ohne Thätigkeit da- bei, wo dann oflenbar das Geschäft des weitern Befesligens durch die feinen Fangfäden besorgt wird, deren grolse Con- tractilität und Tenacität überraschend ist. Endlich hat das Thierchen noch die Fähigkeit, die feinen Fangfäden der Arme in die Wärzehen beliebig ‘ganz zurückzuziehen, in welchem Fall man sie spiral-förmig zusammengeknäult darin sogar er- kennen kann. Gleichzeitig liegen dann die Angelblasen mit dem Dreizack dieht auf der Mündung des Wärzchens, wel- ches ihre Fäden beherbergt.

Uebrigens schien es dem Referenten, als ob die grölse- ren Blasen der Armoberfläche nur Fangfädchen ohne Angeln besäfsen, während die Angeln immer von kleineren dazwi- sehen liegenden Wärzchen angezogen wurden.

Diese Struktur ist bei alleu obengenannten drei Arten

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von Hydra, welche bei Berlin vorkommen, sehr übereinstim- mend, auch die Form und Gröfse der Angelkörperchen ist nur wenig verschieden. !

Diese Verhältnisse wurden durch Zeichnungen erläutert.

Drittes Quartal 1836. /

Versammlung am 19ten Juli.

Der aus Petersburg zum Besuch hier anwesende Kaiserl. Collegien-Rath Herr Dr. Brandt legte der Gesellschaft die Aushängebogen und Probeblätter seines nächstens erscheinen- den Werkes! Descriptiones et Icones a rossicorum novorum vel minus cognilorum, so wie die für die Fortset- zung bereits fertigen Zeichnungen zur Ansicht vor und er- läuterte sie durch hinzugefügte Bemerkungen. Die Werke von Pallas bilden die Grundlage für alle neueren Arbeiten über die nordasiatische Fauna. Sie gestatten ein sicheres An- knüpfen neuer Entdeckungen an Thatsachen und Ansichten von allgemein anerkannter Begründung, deren Berichtigung und Erweiterung, wo sie sich darbieten, aber auch deshalb eine um so grölsere Wichtigkeit für die Wissenschaft haben. Solcher ist Herr Brandt im Stande zahlreiche und bedeu- tende zu liefern. Diese ersten Hefte beschäftigen sich haupt- sächlich mit siberischen Säugethieren und hochnordischen Vö- geln. Unter den ersten erfährt das Moschusthier eine durch- aus neue anatomische Untersuchung, deren wichtigste Resul- tate durch die vortrefllichen Abbildungen klar dargelegt sind. Nächst diesem ist die Geschichte der siberischen Steinböcke Gegenstand genauer kritischer Beleuchtung und Aufhellung. Unter den Vögeln der Polargegenden werden zunächst die Gattungen Anser, Halieus, Alca und Mormon abgehandelt und durch eine Reihe ‘von Schädelabbildungen sowohl .die

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generischen als speeifischen Kennzeichen, soweit sie im Schna- belbau und dessen Anhängen liegen, auf eine neue Weise ver- sinnlicht.

Sodann zeigte Herr Ehrenberg die fossilen Infusorien des Bergmehls von San Fiore und des Polirschiefers unter dem Mikroskop vor. Zur Vergleichung der fossilen Gaillo- nella distans zeigle er die noch lebende sehr ähnliche Gail- lonella nummuloides lebend vor. Ueberdiefs theilte er mit, dafs Meerschaum, Bergleder, Bergseife und Steinnark aus sehr regelmäfsig gegliederten Fäden bestehen, welches eben- falls besondere Aufmerksamkeit zu verdienen scheine.

Derselbe theilte mit, dafs das berühmt gewordene rothe Infusorium, welches durch seine zahllose Menge Sümpfe und Teiche zuweilen mit Blutfarbe überzieht und ganz röthet, Euglena sanguinea, jetzt bei Berlin von ihm wieder beob- achtet worden ist. Es färbt nämlich jetzt und wahrschein- lich diesen ganzen Sommer hindurch ‘die nicht austrocknen- den, freilich schon sehr wasserarmen Lachen und das Was- ser der Chaussee-Gräben am Eingange der Birkenstralse in die Jungfernheide jenseit der Pulver-Magazine an der Oberfläche intensiv roth. Die Entfernung - ist ziemlich Charlottenburg gleich. Referent fand es im vorigen Jahre nicht, aber vor- her in zwei Jahren an derselben Stelle. Bei grölserem Was- serstande ist die Erscheinung imponirend und verdient wohl die autoptische Bekanntschaft jedes Naturforschers.

Ueberdiefs sprach derselbe über das in den Anschwellun- gen der Schläuche der Vaucheria vorkommende Räderthier- chen, Notommata Wernecki. Es ist dieses Thierchen zuerst 1803 von Vaucher selbst beobachtet worden, welcher es für ein krebsartiges Thierchen hielt und Cyclops Lupula von Müller (?) nannte. Er beobachtete es in der, Vaucheria (Eetosperma) racemosa. Lyngbye sah es nach ihm wieder in der Vaucheria dichotoma bei Kopenhagen, wie es scheint, ( Tentamen Hydrophytologiae danicae‘, 1819. pag. 82.). Im Jahre 1833 hatte es Herr Professor Wimmer in Breslau in Schlesien wieder beobachtet, und diese Beobachtung mit Dr. Valentin im Jahres-Bericht der schlesischen vaterländischen

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Gesellschaft, 1834. p. 71. beschrieben. E$ ist daselbst in der umständlichen Mitiheilung jedoch weder die Gatiung, noch die Klasse des Thieres bezeichnet oder kennbar gemacht worden.

Am 27. März 1834 beobachtete es Dr. Unger in Vau- cherien bei Kitzbühel und sandte es zur genaueren Untersu- chung an Dr. Werneck in Salzburg. Von letzterem er- hielt Referent im Sommer 1834 die Anzeige und eine sehr schöne detaillirte Zeichnung, aus der sich ganz klar erken- nen lies, dafs das Thier eine besondere Species der Gattung Notommata der Räderthiere sei. Der so vollständigen genauen Beobachtung halber nannte er. das Thierchen Notommata Werneckii und beschrieb es im dritten Beitrag zur Kenntnils der Organisation im kleinsten Raume.

Da Vaucher einen Cyclops, aber kein Räderthier in der Vaucheria beobachtet hatte, so habe Ref. diels sammt allen übrigen zahlreichen Beobachtungen von lebenden Monaden in Vaucherien als nicht dahin gehörige Erscheirungen unerwähnt gelassen. Herrn Wimmer’s Beobachtung war ihm aber ganz unbekannt geblieben, da jene neue, nicht in den Buchhandel gekommene, schlesische Zeitschrift ihm in Berlin nicht zu- . gänglich und gar nicht bekannt geworden war. Dr. Valen- tin in Breslau hat darauf in Purkinje’s und seiner Schrift über die Flimmer-Bewegung bei den Wirbelthieren, 1835. pag. 34. diese Nichtbeachtung der Vorgänger folgendermafsen angezeigt: Denique (Ehrenberg) animalculum illud rotatorium, quod nos jam ante annum observavimus et demonstravimus tanguam novum quoddam atque inauditum nulloque (!) ante« visum Notommata Werneckii nominatum describit.

Da diese auch in Rücksicht auf Herrn Wimmer, wel- cher der Entdecker in Schlesien war, nicht ganz gerechte Anzeige zur Irrung führen kann, und Referent besonders gro- fsen Werth, ja den eigentlichen Werth eines Naturforschers auf gewissenhafte Benutzung der Vorgänger legt, so hält er für nöthig, sich von der darin enthaltenen Anklage zu rei- nigen. Herr Professor Wimmer hat neuerlich noch die au- fserordentliche Güte gehabt, sowohl die getrockneten Kapseln

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der Vaucherien, als auch sogar die damals von Herrn Va- lentin gemachten Zeichnungen zu übersenden, und da aus diesen, welche hier ‘vorliegen, sich durchaus keine sichern Charaktere eines Räderthiers eruiren lassen, so glaubt er, Niemanden, am wenigsten aber Herrn Dr. Valentin, beein- trächtigt zu haben.

Abgesehen nun von diesen geschichtlichen Erörterungen, hat Referent, selbst auch noch die Anschauung dieses parasi- tischen Thieres erlangt.

Ganz neuerlich, vor wenigen Tagen nämlich, ist diese Notommata Werneckii bei Zerbst und Dessau in Kolben der Vaucheria, dichotoma und racemosa von Ihrer Königlichen Ho- heit der Frau Herzogin. von Dessau aufgefunden und durch Herrn Hofrath Schwabe nach Berlin lebend überbracht wor- den. Mithin ist diese merkwürdige entophytische Thierform nun 5 Mal in 4 verschiedenen Ländern beobachtet worden, wenn man nämlich jenen Cyelops Vaucher’s und Lyngbye’s für dasselbe hält, wie man wohl nicht sehr behindert ist. So verdankt die Gesellschaft es denn- der Wissenschaftlich- keit dieser Fürstin, dafs Referent es ebenfalls lebend dersel- ben vorzeigen kann.

Bei Berlin hatte er es bisher stets umsonst gesucht. An den übersandten Exemplaren der Vaucheria dichotoma lassen sich zwar auch keine ganz entwiekelten Thiere mehr finden, allein viele Kolben siroizen von noch lebenden Eiern von 2; Linie Gröfse. Er zählte zuweilen 20 bis 30 Eier in ei- nem Kolben. In den reifen Eiern ließ sich sowohl die Wir- bel-Bewegung‘ des Räderorgans, als der schr kurz zweispil- zige Zangenfuls, ferner das rothe Nackenauge, welches in ei- nigen Eiern doppelt erschien (die also vielleicht einer Di- glena angehören), und endlich der monogomphische Zahnap- parat deutlich erkennen. Die Fötus hatten in vielen Eiern sehr kräftige Bewegung.

Besonders bemerkenswerlh ist, dafs fast in allen Kolben zugleich. Monaden verschiedener Art sich bewegten, und dafs alle Kolben olne Ausnahme, wie auch Vaucher bemerkte,

schon desorganisirt und der Auflösung sehr nahe waren, wes- halb

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halb es allerdings ganz wahrscheinlich, ja der Möglichkeit nach erweislich ist, dals die Eier von aufsen hinein gelangten, wie die Insecteneier in Pflanzenzellen, oder wie die der No- tommata Parasita in den Volvox Globator.

Schliefslich legte derselbe wieder, wie in allen früheren Sitzungen, eine Anzahl fertiger Tafeln des gröfseren Infuso- rien- Werkes vor, von dessen 64 Tafeln nur noch 2 zu ste- chen übrig sind.

Versammlung am 16ten August.

Als eingegangene Geschenke der Verfasser wurden vor- gelegt: Herrn Freiesleben’s Magazin für die Oryctographie von Sachsen, 7tes Heft, und Burkhardt’s Aufenthalt und Reisen in Mexico, Ister und 2ter Band, Stuttgart 1836. 8.

Herr Klug zeigte die Eier eines Phasma und die aus demselben hier in grofser Menge zur Entwickelung gekom- menen, noch lebenden und wohl gedeihenden Jungen vor. Er hatte (diese Eier aus Süd-Carolina von dem jetzt dort be- schäftigten fleilsigen Entomologen Herrn Zimmermann er- halten. Sie haben durchaus keine Aehnlichkeit mit denen von Mantis, sondern sind von schwarzer Farbe und gestaltet wie Samenkörner von Leguminosen; an ihrem Rande zeigt sich ein weilser Streif, der wie der umdilicus jener Samen aussieht. Herr Klug gab ferner Nachricht von dem bis jetzt noch nie beobachteten Vorkommen eines Hymenopte- ren-Zwitters, den ebenfalls Hr. Zimmermann aus Nord- amerika überschiekt hat. Es ist eine kleine noch unbeschrie- bene erzfarbige Art von Hylaeus, der dieser Zwitter angehört.

Ueber die optischen Eigenschaften des Amethyst bemerkte Hr. Dove Folgendes: Seitdem Herschel nachgewiesen hat, dafs die optisch rechts und links eireular polarisirenden Berz- krystalle durch die Rhombenflächen charakterisirt werden, nach welchen die Krystalle krystallographisch in rechts und links gewundene eingetheilt werden, und Brewster gezeigt

3

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hat,«dals die Amethyste aus rechts und links cireular polari- sirenden Individuen: bestehen, welche gegenseitig in: einander übergehen, war es von Interesse, Individuen optisch zu un- tersuchen, an welchen: beiderlei Rhombenflächen zugleich vor- kommen. Professor Dove that diels an zweien solcher Kry- stalle, welche Herr Prof. Weis ihm zur Untersuchung gü- tigst überlassen halte. Der eine derselben zeigte die Erschei- nungen eines rechts eircular polarisirenden Krystalls, der an- dere sehr complieirte Figuren, unter denen die mit vorzüg- licher Schönheit hervortraten, welche zuerst von Airy durch Combination einer rechts und links gewundenen Platte dar- gestellt worden sind.. Die Sförmigen in einander geschlun- genen Spiralen erscheinen auch hier bei Umkehrung der Platte nach entgegengesetzter Richtung gewendet. Da aulserdem Stellen vorkommen, in welchen, wie im Amethyst, das Ring- system der einachsigen Krystalle mit dem schwarzen Kreuz erscheint, so dürfte es kaum zu rechtfertigen sein, den Ame- thyst- entschieden von dem Bergkrystall wegen seiner opti- schen. Eigenschaften zu trennen.

Hierauf theilte Herr Gurlt Bemerkungen über die Ver- bindung, der. rechten hinteren Hohlvene mit dem Stamme der Lebervenen ‚beim‘ Embryo mit. ‚Schon im Jahre 1830 hat Rathke (in Meckel’s Archiv, Jahrg. 1830. S. 63. Tab. I.) an dem Embryo des Schafes gezeigt, dals in der ersten Zeit der Entwickelung des Venensystems zwei vordere und zwei hintere Hohlvenen vorhanden sind. Die. rechte vordere Hohl- vene (eigentlich Schlüsselbeinvene) verbindet sich in der Nähe des Herzens; mit der rechten hinteren Hohlvene, welche das Blut von beiden hinteren Gliedmaßen, vom Schwanze und vom rechten 'Wolfl’schen Körper empfängt, die linke vordere _ verbindet sich in derselben Gegend mit. der linken. hinteren, die indem linken Wolf’schen Körper entspringt. « Es ergie- (sen sich also nur zwei Venenstämme in das Herz ,, wozu je- doch der Stamm. der Lebervenen als dritter hinzukommt. Später verschmelzen auch die beiden vorderen Stämme zu der einfachen vorderen Hohlvene.

Es war nun noch darzutliun, wie sich die in der Folge

35 einfache hintere Hohlvene mit dem Stamme der Lebervenen verbindet, und dieses habe ich jetzt bei Hunde-Embryonen, ' die ungefähr 23—24 Tage alt, und 1 Zoll, vom Scheitel bis zur Schwanzwurzel, lang sind, sehr gut gesehen. Bei diesen Embryonen sind die Nieren schon gebildet, etwa 1 Linie. lang, und von jeder geht ein sehr dünnes Venenstämmehen indie rechte hintere. :Hohlvene. Unmittelbar vor der Verbindung der rechten Nierenvene mit ‘der rechten hinteren Hohlvene geht von dieser. ein kleines Venenstämmehen an die vordere Fläche der: Leber und verbindet sich mit. dem: viel .diekeren Stamme der Lebervenen. Dieses Venenstämmchen erweitert sich in der Folge, wenn der gröfsere Theil: des Blutes. aus der hinteren Körperhälfte durch ‘dasselbe dem -Stamme der Lebervenen und so dem Herzen zuströmt, und wenn es end- lich alles Blut aus der hinteren Körperhälfte (mit Ausnahme dessen, was in die Pfortader übergeht) aufnimmt,. dann schwin- det der Theil der rechten vorderen Hohlvene, wo jenes Ver- bindungsstämmchen abgeht, immer mehr, und wird zur Vena azygos. Eben so wird mit dem Schwinden des linken Wolf?- schen Körpers die linke hintere Hohlvene kleiner, und wird, nachdem auch. ihr vorderer Theil geschwunden ist, zur Vena hemiazygea. Bei der Beschreibung der Venen sagt: man im- mer: - die Lebervenen ergielsen sich in die hintere Hohlvene; eigentlich mülste man aber sagen: die hintere Hohlvene er- gielst sich in den Stamm der Lebervenen.

Die 'Kenntnifs der Bildungsgeschichte im Venensystem trägt sehr viel zur- richtigeren Erklärung von Mifsbildungen in diesem Systeme bei. Es kommt nämlich bei ausgetrage- nen Früchten nicht selten vor, dafs zwei vordere Hohlvenen und ein »Stamm. der Lebervenen sich in das Herz ergielsen; die hintere Hohlvene geht dann an der rechten. Seite der Wirbelsäule hinauf, bis an das Herz, und ergielst sich in die rechte vordere Hohlvene. Inu diesem’ Falle: hat also die Ver- bindung: der ‚beiden vorderen Hohlvenen nicht stattgefunden, und. der Verbindungsast zwischen ‘der rechten 'hinteren Hohl- vene und dem Stamme der Lebervenen hat sich nicht gebil-

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det, es ist vielmehr Alles in dem Zustande geblieben, wie es bei dem Embryo auf einer früheren Bildungsstufe war.

Ferner trug Herr Müller.seine Untersuchungen über die Verschiedenheiten des Leimes der Knochen und Knorpel vor. Durch Kochen erhält man aus Knochen den gewöhnlichen Tischlerleim, aus den permanenten Knorpeln dagegen eine ganz andere Art von Leim, welche Chondrin, Knorpelleim zu nennen wäre. Beide Leimarten gelatiniren gleich gut, sind beide von Chlor, Gerbestofl, Weingeist fällbar; aber nur Chondrin wird von Essigsäure, Alaun, schwefelsaurer Thon- erde, essigsaurem Bleioxyd und schwefelsaurem Eisenoxyd ge- fällt. Der Niederschlag von Alaun wird in überschüssigem Alaun wieder aufgelöst, der Niederschlag von Essigsäure nicht. Ein Minimum von Alaun fällt schon alles Chondrin in einer Lösung von Rippenknorpel, Kehlkopfknorpel, Gelenkknorpel, die übrige Flüssigkeit enthält dann nur sehr wenig Thierstoff mehr und gelatinirt nicht mehr nach dem Eindampfen. Von Käsestoff unterscheidet sich Chondrin durch das Gelatiniren, durch das Verhalten zum Kaliumeisencyanid, indem die salz- saure Auflösung von Chondrin von Kaliumeiseneyanid nicht gefällt wird, und durch das Verhalten zum Alaun und zur Essigsäure. Käsestoff und Chondrin werden zwar beide von Alaun und Essigsäure gefällt; aber nur der Niederschlag von Chondrin. ist in überschüssigem Alaun und nur der Nieder- schlag von Käsestoff in überschüssiger Essigsäure löslich.

Das Chondrin kommt nur in den Knochenknorpeln vor der Ossification, in den permanenten Knorpeln und in der Cornea des Auges vor. Der gewöhnliche Leim findet sich in den Knochen, in krankhaft ossifieirten Knorpeln, in den Faserknorpeln oder Zwischengelenkknorpeln, in der äufsern Haut, im Zellgewebe, im serösen Gewebe, im Sehnengewebe, im Gewebe der Tunica dartos des Hodensacks.

Der Leim vom elastischen Gewebe der Arterien und des Ligamentum nuchae der Thiere stimmt nicht ganz mit Chon- drin, aber auch nicht ganz mit dem gewöhnlichen Leim überein.

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Herr von Olfers zeigte ihm von Hrn. Goeppert in Breslau übersandte Proben künstlich verfertigter Pflanzenab- drücke in gebranntem Thon vor, die den Zweck haben, die Entstehung der in der Braunkohlen-Formation und andern so häufig vorkommenden natürlichen Pflanzen- Abdrücke zu ver- sinnlichen.

Endlich gab noch der Unterzeichnete einen kurzen Bericht von einigen flüchtigen Beobachtungen, die er im vorigen Herbst an lebenden Exemplaren der Testudo graeca im südlichen Frankreich zu machen Gelegenheit hatte. Einer seiner Freunde hielt deren mehrere seit vielen Jahren lebendig, unter andern eins, das schon 40 Jahre vorher im Besitz eines dortigen Land- manns gewesen war. Dieses Thier, wiewohl bissig gegen die jüngeren Exemplare seiner Art, war ungemein zahm ge- gen die Menschen und liefs sich von Kindern alle kleinen Mifshandlungen geduldig gefallen. Am Tage lief es auf einem grolsen Balcon im Freien umher, suchte aber das Obdach, sobald sich Regen einstellte, gegen den es sehr empfindlich schien. Hatte man Abends die Thür des Balcons geschlos- sen, ehe es herein war, so pflegte es durch starkes Anstolsen des vordern Schalen-Randes so lange zu klopfen, bis man ihm öffnete. Auch die Begattung wurde beobachtet, bei wel- cher indessen hauptsächlich nur der schwerfällig stöhnende Laut, den das Männchen dabei hören liels, und die Schwie- rigkeit der ganzen Verrichtung, wenn beide Individuen in der Gröfse nicht genau zu einander passen, einiger Aufmerk- samkeit und der Erwähnung an diesem Ort würdig zu sein ‚schienen.

Lichtenstein.

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Mittheilungen

aus den Verhandlungen der

Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin.

Viertes Quartal 1836.

nn BERLIN, 1837.

In der Nicolai’schen Buchhandlung.

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Mittheilungen

aus. den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen- der Freunde zu Berlin.

Viertes Quartal 1836.

Aus den Verhandlungen in der Versammlung vom 19. Juli des vorigen Quartals ist noch eine Mittheilung des Hrn. H. Rose: über die Gewinnung des Jods in Schottland, nachzu- bringen. In Glasgow, bemerkte Hr. H. Rose, wird eine sehr. bedeutende Menge von Jod aus Kelp .auf eine eigen- thümliche Weise bereitet. Man wendet nur Kelp an, der von der Westküste von Irland kommt und aus Fucus palma- tus gewonnen wird. Er wird mit heilsem Wasser übergos- sen, und die gesättigte Auflösung zum Erkalten hingestellt, wodurch eine bedeutende Menge Chlorkalium herauskrystal- lisirt, das in reichlicher Menge besonders in den Kelparten enthalten ist, welche Jod enthalten. Die Flüssigkeit wird dann ferner durch Abdampfen concentrirt, und während des Abdampfens das sich ausscheidende Kochsalz und kohlensaure Natron herausgenommen. Die erhaltene Mutterlauge wird nach dem Erkalten nach und nach vorsichtig mit concentrir- ter Schwefelsäure versetzt, so dafs diese zuletzt in einem sehr kleinen Ueberschusse vorwaltet, wozu auf acht Volumen Mutterlauge ungefähr 1 Volum Schwefelsäure nothwendig ist, und 24 Stunden hindurch ruhig stehen gelassen. ‘Durch das vorsichtige Zusetzen der Schwefelsäure zu der verdünnten Mutterlauge wird kein Jod frei; es entweichen Kohlensäure- 4*

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und Schwefelwasserstollgas, zuletzt auch schweflichte Säure, und es krystallisirt schwefelsaures Natron aus der Flüssigkeit. Die abgegossene Flüssigkeit wird in einen Destillalionsappa- rat von Blei gegossen; er besteht aus einem bleiernen Cy- linder, der mit einem Helme von Blei versehen ist. Der Cylinder steht bis ungefähr zur Hälfte seiner Höhe in einem Sandbade in einem Kasten von Eisen. Man erwärmt die Flüssigkeit vorsichtig bis zu 150° F., setzt dann Braunstein zu, und verschliefst den Cylinder mit dem Helme, an wel- chen eine Reihe gläserner Ballons, die wie Vorstölse in ein- ander passen, angelegt werden. Man erhöht nun die Tem- peratur bis zu 212° F., aber erhitzt nicht stärker. Bei die- ser Temperatur entwickelt sich Jod mit den Wasserdämpfen, und condensirt sich besonders in dem ersten Ballon. Steigt die Temperatur nur etwas über 212° F., ungefähr bis zu 245° F., so entwickelt sieh Chlorjod, dessen Bildung bei der Temperatur des kochenden Wassers noch nicht Statt findet. Durch die Erzeugung des Chlorjods entsteht ein nieht unbe- trächtlieher Verlust an Jod, da das Chlorjod im Wasser auf- löslich ist. Man muls,. ist der Bleicylinder zu stark erhitzt, denselben, so weit er aus dem Sandbade herausragt, mit nas- sen Tüchern abkühlen.

Bei dieser Bereitung erspart man eine bedeutende Menge an Schwefelsäure, denn wollte man aus der eingedickten Mutterlauge das Jod durch eoncentrirte Schwefelsäure ent- wickeln, so würde man 6- bis 8mal se viel Schwefelsäure dazu anwenden müssen, als bei der beschriebenen Methode erforderlich ist.

Die im Bleieylinder zurückbleibende Flüssigkeit wird fort- gegossen. Sie enthält ein gelbes Pulver, das Jodblei ist, und ein krystallinisches Doppelsalz aus Jodblei und Jodnatrium, das durch mehr hinzugefügtes Wasser sich zersetzt, indem dureh dasselbe sich Jodnatrium auflöst und Jodblei ungelöst zurückbleibt.

Herr Whytelaw, der Besitzer dieser Fabrik, theilte Hrn. Rose mit, dals"in derselben wöchentlich 1500 Unzen Jod bereitet würden. . Der gröfste Theil davon geht nach

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Frankreich. Wozu das Jod in so grofsen Mengen angewandt wird, konnte Hr. Rose weder in Schottland und England, noch selbst in Paris erfahren. Man soll es als Quecksilber- jodid in Mühlhausen. in der Kattundruckerei versuchsyyeise angewandt haben, doch mit schlechtem Erfolge, da die Farbe flüchtig ist. Die medicinische Anwendung kann um so we- niger den grolsen Verbrauch erklären, als auch aufser dieser Schottischen Fabrik noch in Frankreich einige Jodfabriken ' bestehen.

Versammlung am 15. November 1836.

An Geschenken waren eingegangen: Linnaea. B. X. Hft. 6. Hartig, Erfahrungen über d.”Dauer des Holzes. Transact. of the zool. Society. P. 4. Proceedings of the same. P. 3. 1835.

Hr. A. Erman trug Bemerkungen vor von einem eisen- haltigen Sandstein, welcher die Bernstein haltige Braunkohle, sowohl an der Nordküste von Ostpreufsen, als an der West- küste von Kamtschatka bedeckt, und zeigte Versteinerungen von der erstern, und Thier- und Pflanzen- Versteinerungen von der zweiten der genannten Lokalitäten.

Hr. G. Rose entwickelte den Zusammenhang der Kry- stallform mit der elektrischen Polarität des Turmalins. Aus der Form läfst sich im Voraus bestimmen, welches Ende des Krystalles bei Temperatur- Veränderungen positiv, und wel- ches negativ wird. Bei abnehmender Temperatur wird näm- lich das Ende des Turmalins, bei welchem die Flächen des Haupt-Rhomboöders (mit den Winkeln von 133° 26’ in den Endkanten) auf den Flächen des 3-seitigen Prisma’s auf- gesetzt ist, negativ elektrisch; das andere, an welchem das Haupt-Rhomboeder auf den Kanten des 3-seitigen Pris- ma’s aufgesetzt ist, positiv elektrisch.

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Hr. Weifs machte über zwei, der Gesellschaft natur- forschender Freunde vorgelegte Stücke mit Thierfährten von höheren Tliieren in Sandstein, eines mit den Buckland’schen Schildkrötenspuren von Dumfries, das andere mit den Hitch- cock’schen Vogeltritten aus Nordamerika, folgende Mitthei- lung:

Das hiesige Königl. Mineralienkabinet war schon längst durch die Güte der Herren v. Dechen und v. Oeynhausen im Besitz eines Exemplars der merkwürdigen Fufsstapfen ei- nes höheren Thieres, nach Buckland einer Schildkröte, im bunten Sandsteine von Dumfriesshire in Schottland, welche von Dr. Duncan zuerst in dem Steinbruche von Corn Cockle Muir entdeckt, und bekanntlich in den Transactions der Ro- yal Soc. of Edinburgh vom Jahre 1828 beschrieben worden sind.

Indefs ist es doch erst möglich gewesen, aus diesem Exemplare alle die Belehrung zu schöpfen, die es wirklich zu gewähren im Stande ist, seit Hr. Prof. Buckland in sei- nem geistreichen und vielfach belehrenden Werke, seiner Bridgewater- Abhandlung über Geologie u. s. w. (London, 1836, in 2 Bänden) auf Taf. 26 nach einem Abgufs eine Ab- bildung einer ganzen Platte mit solchen Fufsstapfen es sind deren 9 auf derselben in ihren gegenseitigen Bezie- hungen gegeben hat. Vergleicht man unser Exemplar mit dieser Abbildung, so wird nicht allein Alles weit klarer, was bei der isolirten Betrachtung des Stückes zweifelhafter er- scheinen konnte, sondern man endet die Betrachtung mit der vollkommenen Ueberzeugung, dafs jener berühmte Fund in Dumfriesshire, der sich glücklicherweise neuerlich noch in der dortigen Gegend an mehreren Orten wiederholt hat *), an Evidenz in Bezug auf seine Bedeutung dem köstlichen Funde von Hildburghausen wenig oder gar nicht nachsteht, und wirklich die Bahn gebrochen hat, den Spuren, den Fufsstapfen der allerältesten Thiere der höheren Klassen, von denen wir wissen, auch solcher, von denen wir nicht

*) Buckland a. a. O. Vol. I. p. 259.

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einen Knochen mehr besitzen, dennoch mit eben so grofser Sicherheit, als wo wir die letzteren noch erhalten finden, und in einer vorher nicht geahneten Verbreitung und Man- nigfaltigkeit, mit Zuversicht zu folgen; eine Bahn, die von nun an im Grolsen betreten worden ist.

Wenn wir unser Exemplar betrachten, und mit Buck- land a. a. ©. Taf. 26. vergleichen, so zeigt sich augenschein- lich, dafs das Thier zuerst die, ich möchte sagen, nur über- harrschte Kruste der damaligen Oberfläche der Sandsteinlage durchbrochen hat; die Masse scheint, vergleichbar einer dün- nen Eiskruste, auf der Oberfläche eine etwas festere Consi- stenz, wie durch beginnende Trocknung, damals so eben er- langt zu haben, fester als der gleich unter ihr folgende, noch nasse, breiähnlichere, immer mit etwas Thon gemengte, rothe Sand; die Contoure der Zehen des Thieres haben sich bei Durch- brechung der Kruste ganz deutlich eingedrückt, und die Kru- ste hat einen ziemlich scharfen Rand, ganz den vorderen Um- rissen der Pfote folgend, bekommen, welcher sich an allen einzelnen Fulsstapfen um so vollkommner erhalten hat, als wegen der geneigten Lage der Schicht das Thier und die Pfote vom Moment des Durchbrechens der Kruste an, ein wenig herabgeglitten ist, wie sich das in der Buckland- schen Abbildung durch den Schatten kenntlich macht, wel- cher bei jeder einzelnen Stapfe der Randlinie der durchbro- chenen Kruste zunächst folgt, und sie von dem ‚gebliebenen Abdruck der Zehe selbst in einer überall nahe gleichen Breite trennt. Die Spur und die Richtung des ‚Gleitens ist an unserem Exemplare vollkommen deutlich, ja die Linie des vorderen Zehenumrisses, wo das Gleiten aufgehört hat, hat vollkommene Schärfe; es ist ein neuer, dem vorigen paralle- ler Rand entstanden, welcher aber nun nicht blos als eine eingeknickte Stelle sich zeigt, sondern wie ein kleiner Wall auch auswärts wieder aufgeworfen ist neben der ein- wärts gerichteten kleinen Vertiefung.

Von grölster und augenfälligster Evidenz aber ist der grolse eigentliche Wulst, der sich durch das Herabgleiten mit dem Ballen rückwärts gebildet hat bis. dahin, wo die

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Pfote wieder den festen Ruhepunkt gewann, und auf wel- chem nun zunächst der Abdruck des Ballens geblieben ist, an welchen sieh der der Zehen und Nägel anschliefst; die Vertiefungen der Zehenabdrücke sind auch wirklich mit eini- gem besonderen Schmutz gefüllt, der in den Gruben zurück- geblieben ist. An der Rückseite des Wulstes, d. i. der ab- wärts gekehrten, befindet sich ein neuer Eindruck von vier Zehen so zähle ieh neben einander, nicht minder deut- lich, offenbar der folgenden Pfote des Thieres in der Reihe der Spur angehörig; unter der letzteren aber ein nochmali- ger Eindruck, welchen man beim ersten Anblick für der Ferse des Thieres angehörig nehmen könnte, der aber doch wiederum einen zu scharfen und gezackten Rand hat, von anderer Form als die vorigen, und, gleich dem ersten, ein (schwächeres) Einknicken der derzeitigen Oberfläche mit schwachem Gleiten erkennen lassend.

Die Totalgestalt unseres Exemplares der grölseren Fährte möchte am besten mit der zweiten Spur von oben links auf der Buckland’schen Tafel zu vergleichen seyn, wenn man, wie durch den Spiegel gesehen, die rechte und linke Seite des Trittes vertauscht. Die nähere orycetognostische Beschreibung des Stückes scheint überflüssig zu seyn. Die Sandsteinbank, welcher es angehört, hat eine Dicke von etwa einem Zoll; obere und untere Seite haben vollkommne Ablosungsfläche, und sind mit einem dünnen, schlammigen Thonüberzug be- kleidet; die Bauk oder Sandsteinlage ist in ihrem untersten Theile durch geradlinige Streifen in zarte, parallele und gerad- flächige Schichten abgetheilt, welche sich aber nicht mehr von einander trennen lassen; in dem oberen Theile unabge- theilter, und von etwas gröberem Korne des Sandes; übri- gens durch und durch roth gefärbt; der Abdruck der Pfote ist zwar nicht vollständig, sondern an der Stelle, welche, “wenn wir der oben bezeichneten Figur in der Buckland’schen Abbildung folgen, die äufsere seyn würde, unvollständig und abgebrochen, aber dennoch so lehrreich, wie es die ge- sebene möglichst getreue Beschreibung ausdrückt.

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Das Königl. Mineralienkabinet ist ferner glücklich ge- nug gewesen, auch von den durch Herrn Hitcheock in Massachussets in den Vereinigten Staaten aufgefundenen und nicht minder berühmt gewordenen Fährten grofser Vö- gel in einem Sandstein, der von Hrn. Hitchcock auch zum bunten Sandstein (new red sandstone) gerechnet wird, ein deutliches Exemplar zu erhalten, und verdankt es der Güte des kürzlich aus Nordamerika zurückgekehrten Hrn. Dr. Ju- lius, welcher es, mit der Etikette des Herrn Hitchcock selbst versehen, dem Kabinet zu überlassen die Gefälligkeit hatte. Es entspricht den bekannten und allgemein verbrei- teten Abbildungen *) vollkommen; und wenn man gleich ei- nem sonst Ungläubigen nicht zumuthen würde, von der Wahr- heit auch dieser wichtigen Entdeckung sich durch unser Exem- plar überzeugen zu lassen, so möchte doch auch gegentheils sich nicht läugnen lassen, dafs eine sorgfältige und fortge- setzte Betrachtung, und eine ganz unbefangene Prüfung un- seres Stückes zu der Anerkennung nölhigen würde, dafs die Erscheinung, auch so wie sie sich hier an dem Stücke dar- bietet, kaum auf eine andere Art sich genügend erklären liefse, wenn man es nicht anerkennen wollte, dafs man den Eindruck der langen und spitzigen Zehen eines schreitenden Thieres vor sieh habe. |

Unser Exemplar ist, der Gebirgsart nach, ein grauer, ganz dünn- und geradschiefriger, mit Glimmerschüppchen durch und durch erfüllter, Sandsteinschiefer, welcher, der oryctognostischen Beschaffenheit nach, eher für einen Grauwackenschiefer oder einen Sandsteinschiefer des Kohlen- gebirges, als für ein Glied des bunten Sandsteins gehalten werden würde;ı worüber jedoch allein die Lagerungsverhält- nisse eine gültige Entscheidung geben können. Die obere Fläche des Stückes, mit dem veıtieften Eindruck, ist nicht

*) Die des Hrn. Hitchcock, s. American Journal of Science and arts, January, 1836, sind inehreremale copirt; in Buckland’s oben angeführtem Werke: Geology and mineralogy considered with reference to natural theology, Taf. 26. a. b.; in Froriep’s Notizen ws. f. Jahrg. 1836. u. m.

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die Trittfläche des Thieres selbst, sondern die einer etwas tiefer gelegenen Schicht, auf welcher sich die Vertiefungen und Erhabenheiten, parallel denen der eigentlichen Fläche des Trittes selbst, wiederholen. Die untere Fläche des Stückes zeigt dieselben Concavitäten der oberen Fläche als Convexi- täten, also durch alle die feinen Lagen des Stückes durch- gehend, und in beiderlei Richtungen, nach oben wie nach unten, über die Grenzen des Stückes selbst, welches etwa 4 Zoll Dieke hat, sich weiter fortsetzend. Obwohl an Schärfe abnehmend, sind doch die Umrisse auf der unteren Seite noch recht deutlich. Die Last des Thieres, welches durch diese Schichten nicht eigentlich hindurch getreten, sie nicht ge- trennt, sondern blos so stark verdrückt und gequetscht hat, ist eben daraus wohl ersichtlich. Ganz unverkennbar ist die Richtung der vorwärts schreitenden.Bewegung des Fufses an der Beschaflenheit des Eindruckes selbst. Der Eindruck der kleineren, mehr seitwärts gerichteten Zehe nämlich zeigt seine beiden Räuder, den vorwärts- und den rückwärtsge- kehrten, ganz verschieden gebildet; der letztere ist ganz sanft abfallend, gleitend, und hat einen längeren flachen Strei- fen, der von dem früher den Schlamm berührenden Hinter- theile des Fufses herrührt, hinter sich herziehend; der vordere Rand ist schärfer abfallend, mehr wulstig, von der mit etwas Schlamm heranrückenden Zehe vielmehr gedrängt, als, wie der hintere, sanft herabgedrückt und geglättet. Auch in dem Eindruck der langen Mittelzehe erkennt man die Richtung derselben vorwärts schreitenden Bewegung wieder. Von bei- den Seiten symmetrisch schieben sich da an beiden Seiten- rändern bis zu dem ganz scharfen Ende des Nageleindrucks hin die gequetschten Schlammlagen nach vorn über einander. Von der dritten Zehe ist an unserem Stück, welches eben da abgebrochen ist, wenig zu sehen. Die Länge der Mittel- zehe ist etwa die eines Zeigefingers des Menschen.

Das Ganze kann, wie gesagt, nur zur vollsten Bestäti- gung der schönen Entdeckung des Hrn. Hitehcock dienen.

Herr Ehrenberg theilte zuerst mit, dals er in den Feuersteinen der Gegend von Delitzsch bei Leipzig noch weil

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deutlichere Infusorien-Formen als Hauptbestandtheil aufgefun- den, als die waren, welche er früher bei Berlin erkannt hatte. Die bei Berlin gesammelten Feuersteine liefsen nämlich eine vermuthliche Art der Gattung Pyxidicula, vielleicht die P. operculata (Frustulia operculata Agardh) selbst, als Einschlufs erkennen, und dieselbe kugelartige mikroskopische Form fand sich auch in dem die Feuersteine einhüllenden . Kieselmehle mit Schwammnadeln, denselben Spongillen - Theilen, welche Lyngbye früher Echinella acuta, Agardh Frustulia acuta, und Bory de St. Vincent Lunulina nannten, und mit vie- len unbestimmbaren Fragmenten. Weit anschaulicher waren die organischen Formen vieler Feuersteine bei Delitzsch. . Sie gehörten gerade zu den recht ausgezeichneten und leicht wie- der zu erkennenden Bildungen der Jetztwelt, und waren in solcher Menge zusammengehäuft, dafs sie offenbar die Haupt- masse der Kieselsubstanz selbst bildeten. Diese: ausgezeich- neteren Formen waren 4 Arten der schon 1832 aufgestellten Gattung Xanthidium (Klettenthierchen) der Familie der Ba- cillarien, und 2 Arten der schon 1830 begründeten Familie und Gattung der Kranzthierchen, Peridinium. Drei Arten der Klettenthierchen der Feuersteine schienen von den 3 bei Berlin im Sumpfwasser lebenden, 1833 in den Schriften der Berliner Akademie beschriebenen Xanthidium furcatum, acu- leatum und pilosum sich speeifisch nicht zu unterscheiden; denn dafs die Klettenthierchen lebend immer paarweis zu- sammenhängen, ist ein nicht nothwendiger Fortpflanzungszu- stand, und es finden sich die jetzt lebenden im Tode oft ein- zeln in den Feuersteinen, sind aber auch schon mehrmals doppelt gefunden. Eine 4te Art der Feuersteinthierchen ist nicht lebend bekannt; sie hat vielverzweigte Stacheln, oft 3-zackige, zuweilen 5- bis 6-zackige; sie läfst sich mit dem Namen X. ramosum bezeichnen. Diese Formen der Kletten- thierchen sind im Feuerstein nie so zahlreich, dafs sie als Masse bildend anzusehen wären; doch liegen zuweilen 6 bis 10 in einem Haufen beisammen, öfter liegen sie einzeln, sehr oft sind sie auf das überraschendste bis in ihren feinsten Ver- ästelungen schön erhalten.

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Viel zahlreicher an Individuen sind in den Feuersteinen die beiden Arten der Gattung Peridinium, deren eine P. py- rophorum, deren andere P. delitiense genannt worden sind. Die erstere Form gleicht fast genau der Abbildung, welche Dr. Michaelis in Kiel in seiner Schrift über die Leucht- thierchen der Ostsee von einem der. Haupt-Leucht- Infusorien gegeben hat, und welches er Cercaria nennt, das Hr. E. aber Peridinium Michaelis genannt hat. Das Genus ist oflenbar identisch; die Species scheint aber doch verschieden. Diese Form hat vorn 2 sehr kurze Hörnchen oder Spitzen, hinten eine, zuweilen kaum bemerkbare, ist aber oft wie lebend schön erhalten. Die zweite Art, P. delitiense, ist ebenfalls sehr ausgezeichnet durch ihre Gestalt. Sie hat nur eine seit- liche hörnchenartige Spitze, ist sonst fast kuglig und sehr deutlich facettirt oder netzartig überstrickt. Sie hat eine diekere Schaale, erscheint dem blofsen Auge weils, während die erstere gelblich ist, und ist bei durchgehendem Lichte, im Mikroskope, fast schwarz. Diese beiden Formen liegen oft so dicht gedrängt in den Feuersteinen, wie die G@aillonel- len im Halbopal, und bilden offenbar das Ueberwie- gende der Masse.

Diese Mittheilungen wurden durch mikroskopische De- monsirationen an geschliffenen Blättchen von Feuersteinen und Halbopalen erläutert. i

Ferner benachrichtigte Hr. Ehrenberg die Gesellschaft, dafs es ihm endlich gelungen‘ sey, auch die grölseren zarte- sten Seethiere bis nach Berlin lebend zu befördern, um hier weitere physiologische Untersuchungen an ihnen anzustellen. Er zeigte ein 3 Zoll grofses und ein etwas kleineres, noch lebendes Exemplar der Medusa aurita aus der Ostsee vor, welche der eifrige Studiosus der Mediein Herr Hecht naclı den ihm mitgetheilten Vorsichtsmalsregeln von Stralsund mit der Post nach Berlin gesendet hatte. Es waren dergleichen 7 Stück lebend und ganz wohl erhalten in Berlin angekom- men, wovon am Sitzungstage der Versammlung, dem 4ten nach der Ankunft, noch 2 am Leben waren, die wegen Man- gels an frischem Seewasser freilich dem sichern Untergange

Ä 49 nahe waren. Herr E. hatte schon früher vielfache Sendun- gen aus Wismar und Kopenhagen erhalten, wo Hr. Dr. Fer- dinand Rose und Hr. Dr. Switzer sich seiner Wünsche eifrigst und treulichst angenommen hatten; allein es mulsten erst Erfahrungen gesammelt werden, auf deren /Stufen sich endlich auch das für physiologische und anatomische Unter- suchungen nützliche Ziel erreichen lies. Nothwendige Be- dingungen für solche Transporte scheinen zu seyn, dafs sie nicht in (hölzernen) Gefälsen geschehen, welche das Wasser verändern können, dafs sie nicht bei zu heilsem Wetter ge- schehen, dafs nur wenig aber ein wenig Luft über dem Wasser bleibe, dafs kein Verband mit Blase oder einem an- dern auflöslichen, das Wasser verändernden Mittel angewendet werde, und dafs das Gefäls, worin sie transportirt werden sollen, etwa 5- bis 6mal. mehr Wasser fasse, als sie selbst Raum einnehmen. Die 7 sind in einem Gefälse angekom- men. Einzeln transportirte kamen früher auch nicht lebend an, weil jene Bedingungen noch nicht erkannt und berück- sichtigt waren. Einige Untersuchungen dieser in Berlin le- benden Medusen sind noch für die Abhandlung über die Or- ganisation der Medusen der Ostsee benutzt worden.

Versammlung am 22. December 1836.

Herr Wiegmann stattete einen Bericht ab von seiner im August und September 1836 unternommenen naturhisto- rischen Reise nach der Südküste Norwegens, behielt sich aber vor, die ausführlicheren Mittheilungen in seinem Ar- chive zu geben.

Herr Ehrenberg machte die Mittheilung, dafs er die Synedra capitata, das Infusionsthierchen, welches den Haupt- bestandtheil des Bergmehls von Santafiora in Toscana bildet, und bisher unter den jetzt noch lebenden Formen nicht auf- gefunden worden war, seit wenigen Tagen auch im Thier- garten bei Berlin in Menge lebend angetroffen habe. Es hat einen 2-theiligen, vielleicht auch 4-theiligen, bräunlich - grü- nen Eierstock, welcher im jungen Thierchen den inneren Raum bis ans Ende erfüllt; bei älteren Formen theilt sich die Eiermasse in mehrere Parthieen, so dals sie zuweilen eine Reihe von bräunlich-grünen Kugeln bildet. Ueberdiefs sind im Innern in einer sehr durchsichtigen gallertartigen Masse, dem eigentlichen Thierkörper, zerstreute Bläschen kenntlich, welche polygastrischen Magenzellen vergleichbar erscheinen. Oeffnungen sind nur vorn und hinten, nicht in der Mitte, was gegen die Bildung der Naviculae, aber für die der Synedrae spricht. Seine Bewegung ist im freien Zu- stande deutlich, allein es sitzt eigentlich mit einem ganz kur- zen weichen Fufse auf Conferven fest, und gehört allerdings der Gattung Synedra an, wohin es also, des mangelnden Cha- rakters im fossilen Zustande ungeachtet, wegen Analogie der Gestalt der Stäbchen, und der Lokalität der Oeflnungen mit Recht gestellt worden war. Lebende Thiere wurden unter dem Mikroskope zur Anschauung vorgelegt. |

Ferner gab Herr Ehrenberg Nachricht über eine bei ihm eingegangene Sendung von Polirschiefer aus Cassel, wel- chen Herr Doctor Philippi selbst eingesammelt und gütigst übersendet hat. Nach Herrn Dr. Philippi’s Mittheilung fin-

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det sich dieser Polirschiefer etwa eine halbe Stunde von der Löwenburg bei Cassel, am südlichen Abhange der breiten Kuppe, welche den Herkules trägt, in einem Steinbruche des Basalt-Conglomerats, welcher seit vielen Jahren verlassen ist. Das Basalt-Conglomerat ist deutlich fast horizontal geschich- tet, etwas gegen Süden einschielsend. Der Polirschiefer bil- det horizontale Schichten im Basalt-Conglomerat. Etwa 20 Fuls unter der Oberfläche liegt eine Schicht des Polirschiefers von kaum 1 Fufs Mächtigkeit, dann folgen aufwärts 6 bis 8 Fufs Conglomeratschichten, auf diese eine 2te noch weniger mäch- tige Schicht Polirschiefer, und einige Fuls darüber wahr- scheinlich noch eine dritte dünnste. Darüber liegt wieder Basalt-Conglomerat, und in diesem sind 2 schwache Kohlen- flötze von 1 Fuls und kaum einigen Zollen Mächtigkeit. Ueber diesen liegen etwa 3 Fuls Dammerde.

Die übersandten sehr schönen Proben des Polirschiefers von fast 6 Zoll Länge und 3 Zoll Dicke unterscheiden sich vom gelblichen und erdigen Biliner Polirschiefer durch eine silbergraue Farbe und etwas Fettiges im Anfühlen, welcher letztere Charakter durch die stab- oder nadelähnlichen con- stituirenden Infusorien bedingt seyn kann. Hr. Ehrenberg hat diese Masse von Neuem mikroskopisch analysırt. Die ganze Masse besteht in manchen Stücken ganz und gar aus Infusorien; zuweilen scheint es eine kieselige, unförmliche Zwischenmasse zu geben, doch können es feine Fragmente seyn. Es haben sich aufser den schon früher angezeigten 7 Ar- ten von Infusorien noch 8 verschiedene Species erkennen las- sen, von denen jedoch keine einer neuen ‘Gattung, auch, wie es scheint, keine mit Sicherheit einer neuen Art angehört. Diese Formen sind folgende: 1) Cocconema cymbiforme, 2) C. Cystula, 3) €. gibbum: sämmtlich bekannte, bei Berlin noch lebende Arten; 4) Mavicula lanceolata? in kleinen nicht si- cher bestimmbaren Exemplaren; 5) Fragilaria diophthalma? nicht selten in noch langen Bändern zusammenhängend; 6) Fragilaria rhabdosoma, in meist vereinzelten Stäbchen, über- aus zahlreich. Diese letzteren 3 sind noch jetzt lebende Ar- ten. 7) Gaillonella distans, welche in Bilin die Hauptmasse

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bildet, ist hier nur sehr einzeln; endlich 8) Cocconeis Seu- tellum, eine noch jetzt bei Berlin lebende Art. _ Aufser die- sen Infusorien haben sich auch noch die überall gleichzeitig “vorkommenden Kieselnadeln von Spongien oder Spongillen einzeln vorgefunden. Von all diesen 8 und den früheren 7, also 15 Infusorien, und den Spongillennadeln bilden die Fra- gilarien die Hauptmasse, und es scheint, dafs die jetzt noch auch lebend geographisch sehr verbreitete Fragilaria rhabdo- soma des sülsen Wassers die überwiegende sey.

Aufserdem legte Hr. Ehrenberg fertige colorirte Probe- _ blätter der Kupfertafeln zu seiner Abhandlung über die Struc- tur der Medusa aurita vor, und zeigte ein lebendes Exem- plar des Ophrydium versatile von der Grölse eines Zolles, welches noch. jetzt, im December, im Thiergarten gefunden wurde. und zeigte die von ihm aus lebenden Infusorien be- reiteten künstlichen Bergmehle oder Kieselguhen, mehrere Unzen an Masse vor. $. die Berichte der Akad. der Wis- senschaften zu Berlin 1836,

Karsten, d. z. Director.

Gedruckt bei A. W. Schade.

Mittheilungen aus den Verhandlungen

Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin.

Zweites Jahr.

1837.

————————————— me BERLIN, 1838. In der Nicolai’schen Buchhandlung.

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Mittheilungen

aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen- der Freunde zu Berlin.

Versammlung am 17ten Januar.

Her Link hielt einen Vortrag über eine in den Kö- niglichen Sammlungen befindliche Graburne, vermuthlich aus norddeutschem Boden, in welcher eine Palmfrucht von unbekannter Art durch Pech befestigt war. Dafs sie nach dem Aufgraben hineingebracht sein sollte, ist nicht glaublich, da die Frucht nicht zu den gewöhnli-. chen gehört. Vermuthlich war sie also als eine Selten- heit in der Urne beigelegt.

Herr v. Olfers zeigte ein Stück Muschelkalk von Egeln vor, welches er vom Dr. Quenstädt erhalten, und woraus er einen kleinen, aber wohlerhaltenen und merkwürdigen fossilen Knochen hervorgezogen hat. Der Knochen hat eine sehr eigenthümliche Bildung, kommt jedoch dem ersten Rückenwirbel eines Cheloniers noch am nächsten. Die gröfste Länge des Knochens war 4} Linien, die gröfste Breite 75 Linien preufs.

Herr Eichwald aus Wilna legte Zeichnungen von Tbieren vom Caspischen Meere und dem Caucasus vor.

Herr Lucae zeigte ein grofses Stück japanisches Wachs von Rhus succedanea, durch Auskochung der Früchte gewonnen, vor, welches jetzt in Baiern häufig zum pharmaceutischen Gebrauche angewendet wird.

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Herr Ehrenberg übergab der Gesellschaft seine neueste Schrift über die Akalephen des rothen Meeres und den Organismus der Medusen der Ostsee.

Derselbe zeigte zwei verschiedene künstliche Nach- ahmungen von sogenannten Elementar- Nervenröhren vor, welche in der Ruhe und Contraction cylindrisch erschie- nen, bei geringer Spannung aber gegliedert und beim Nachlassen der Spannung wieder cylindrisch wurden. Diese Erscheinung war einmal dadurch erreicht, dafs längliche Stücke einer elastischen Schnur, welche @ummi elasticum enthielt und mit Seide übersponnen war, ab- wechselnd mit kugeligen Stücken einer nicht elastischen Schnur von gleicher Stärke fest zusammengesetzt waren. Bei mäfsiger Dehnung blieben die kugeligen, nicht elasti- schen Stücke in ihrer Form, die länglichen elastischen aber wurden dünner und länger, was einen gerade sol- chen Gliederfaden vorstellte, wie er bei den Nervenröh- ren sichtbar ist. Die andere Art bestand aus einer fuls- langen elastischen, innen @ummäi elasticum enthaltenden, äufserlich mit Seide überzogenen Schnur, welche ‘in klei- nern Abständen während 2 Dehnung fest mit Seiden- faden so stark umwickelt war, dals in der Contraction alle Theile in gleicher Cylinderfläche lagen. Bei der Dehnung behielten die umwickelten Stellen ihre Gestalt, und die andern dehnten sich, wurden daher dünner und gaben ebenfalls das Bild eines gegliederten Nervenfa- dens. Herr E. knüpfte an diese, nicht zu einer Erklä- rung, nur zu einer Verdeutlichung des Gegenstandes be- stimmten Präparate eine kurze Darstellung seiner neue- sten Ansicht über die prädisponirte charakteristische Glie- derform gewisser Nervenfaserungen, da in der geringern oder grölsern Dehnbarkeit gewisse ringartige Stellen so liegen können, wie das Verknöchern de Blutgefäfse im höhern Alter locale Ringe bilde, oder wie die Kalkab- sonderung im Knorpel Ne jungen Knochen von gewis- sen localen Anhäufungen ausgehe. Wie nun aber einige

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Knorpel nie zu Knochen werden, sondern stets Knorpel bleiben, so könnten auch wohl die stets gegliedert oder der Gliederung fähig bleibenden Nervenröhren des Ge- hirns und Rückenmarks dem nie erhärtenden Knorpel hierin vergleichbar sein, während die Muskelnerven zu gliederlosen Gliederröhren erstarrten. Uebrigens war er nicht der Meinung, als seien die Anschwellungen nur an den mehr erhärteten Stellen, vielmehr hielt er die Er- scheinung für mannigfach complieirt und durch die zu- fälligen localen Anhäufungen des Inhaltes der Röhren während der Längen - Ausdehnung derselben mit bedingt, so dafs also zuweilen der durch die Dehnung local an- gehäufte Inhalt der Röhren Anschwellungen weicherer Stellen hervorrufe, während anderwärts die weicheren Stellen der Dehnung nachgebend Einschnürungen und dagegen die härteren Stellen Knoten bildeten. Nirgends folge der Organismus ganz einem physikalischen Ge- selze, aber eine Gesetzmäfsigkeit sei bei diesen Differen- zen der Hirn- und Muskel-Nerven jedenfalls vorhanden und unläugbar.

Hierauf gab derselbe einige Bemerkungen über die von mehreren jüngern Anatomen neuerlich gesehenen Nervenschlingen und Anastomosen als Endigungen der Nerven, mit der Erklärung, dafs er diese Nervenschlin- gen weder für natürlich, noch für Endigungen halte, ob- schon sie auch ihm sehr wohl bekannt seien. Er halte sie vielmehr für blofses seitliches Auseinanderweichen von Bündeln gröberer Nervenröhren, wie eine an irgend einer Stelle in die Breite gezogene Zwirnflechte Ver- schlingungen der Fäden zeigen könne, die nichts weni- ger als Enden seien. Die Enden der Nerven seien mit den jetzigen optischen Hülfsmitteln seiner Erfahrung nach noch gar nicht zu beweisen, da sich dieselben bis zu so zarten Theilen verfolgen liefsen, in denen die optischen Schwierigkeiten nicht mehr mit Klarheit zu überwinden wären. Auch sprach er die Meinung aus, dafs diejeni-

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gen Beobachter, welche eine Zusammensetzung der Ele- mentarröhren der Muskelnerven aus noch feineren Röh- ren durch Juxtaposition zu sehen vorgeben, so wenig er selbst auch ausdrücklich je geneigt gewesen sei, die Ele- mentarröhren für einfache Häute zu halten, doch wohl seine Bündel von Nervenröhren aus irgend einem der zusammengesetzten Gangliennerven für Elementarröhren gehalten haben möchten.

Versammlung am 2l1sten Februar.

Herr Ehrenberg trug einen Auszug aus einer Ab- handlung des Herrn Dr. Philippi in Cassel: Ueber die Structur der Kalkalgen, vor, worin nachgewiesen und durch Zeichnungen erläutert wird, dafs viele bisher, auch neuerlich noch für Kalksinter, Nulliporen und korallen- artige Thierkörper gehaltene Seeprodukte mit Kalk über- zogene Algen: sind. (S. Wiegmann’s Archiv.)

Derselbe übergab seine Abhandlung: Zusätze zur Kenntnifs der kleinsten Organismen, und legte die er- sten 16 Druckbogen seines gröfseren Infusorienwer- kes vor.

Herr Klug theilte neuere, von dem Reisenden Herrn Moritz erhaltene Nachrichten aus Valencia über dor- tige Brenn- und Gift-Raupen mit, die nicht, wie unsere Raupen, durch das Eindringen ihrer vom Körper getrenn- ten Haare in die Haut Brennen erregen, sondern will- kührlich stechen, und deren einfliefsendes Gift heftig brennenden Schmerz, zuweilen Fieber hervorbringen soll. Der Eintheilung dieser Raupen in Giftdorn- Raupen, Gift- haar-Raupen und fufslose Giftraupen folgte eine Angabe der jeder Abtheilung eignen Charaktere. *)

*) Der Brief vom l5ten November 1836 ist später in Wieg- mann’s Archiv für Naturgeschichte, 3ter Jahrgang 2tes Heft, ab- /

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Herr H. Rose sprach über die Bereitung des Pal- ladiums in London: In London wird das Palladium in grofser Menge durch Herrn Johnson aus dem brasilia- nischen Golde gewonnen. Dieses Gold kommt in einem eisenhaltigen Sande vor, der Jacotinga genannt wird. Das Gold, welches aus demselben durch Waschen ge- wonnen wird, hat eine braune Farbe und im Durch- schnitt folgende Zusammensetzung im Hundert:

keines Gold. .- Ieivertaneine 82,50 ST RE Boalladıumr.. raue .de min

+

Plain... „\ cases REN N er Erdige ‚Stoffe .. . .....,., 1,66 Kupfer, Eisen u. s. w. .-. 4,49

100,00 *).

Das Verfahren, um das Gold und Palladium zu scheiden, ist folgendes: 6 Pfund des palladiumhaltigen Goldes werden mit 12 Pfund Silber zusammen geschmol- zen, die zusammengeschmolzene Masse granulirt und mit 18 Pfund reiner Salpetersäure (die zur Hälfte aus Was- ser und aus Säure besteht) digerirt, wobei reines Gold zurückbleibt, und die andern Metalle, selbst auch Platin in seiner Verbindung mit Silber, aufgelöst werden. Die Auflösung wird mit einer Auflösung von Kochsalz ver- setzt, um das Silber als Chlorsilber auszuscheiden, das man vermittelst Zinks und Wasser reducirt. Das erhal- tene Silber wird zu neuen Schmelzungen mit dem ‚palla-

gedruckt worden. Die Nachrichten über die Giftraupen finden sich Seite 187 und folgende.

*) Berzelius fand in einem palladiumhaltigen Golde aus Bra- silien unter dem Namen Ouro poudre (faules Gold), welches durch Herrn Pohl zugesandt war:

85,98 Gold, 9,385 Palladium, 4,17 Silber, ohne Spuren von Kupfer.

(Poggendorf’s Annalen, Bd. XXXV. S. 514.)

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diumhaltigen Golde benutzt. Aus der vom Chlorsilber getrennten Flüssigkeit werden die Metalle durch Zink präcipitirt, worauf man dieselben mit Salpetersäure be- handelt, welche das Platin ungelöst zurückläfst, Palladium und Kupfer aber auflöst. Die Auflösung wird, nachdem Salzsäure hinzugefügt worden ist, mit ätzendem Ammo- niak als ein fleischfarbener Niederschlag gefällt, das Kupfer aber bleibt aufgelöst. Man vermeidet einen zu grofsen Ueberschufs von Ammoniak,‘ weil durch denselben ein Theil des Niederschlags oder auch die ganze Menge des- selben aufgelöst werden könnte. ‘Durch Glühen des Nie- derschlags erhält man metallisches Palladium als blau- angelaufene, zusammengesinterte Körner.

Zur technischen Anwendung wird das Palladium mit 10 Procent Silber versetzt, um es streckbar zu machen. Die fast einzige Anwendung ist, dafs man den Draht des silberhaltigen Palladiums zur Befestigung falscher Zähne benutzt, zu welchem Zwecke es sich leichter eignet als reiner Silberdraht, da er hierbei nicht schwarz, wie die- ser, wird, und nicht so theuer wie Platindraht ist. Das Palladium ist etwas schwerer schmelzbar als Mangan.

Herr Wiegmann zeigte ein von Herrn Moritz aus Columbien eingesandtes Exemplar des Peripates von Guilding vor, erläuterte dessen richtige Stellung bei den Ännulaten, und berichtigte einige Irrthümer der frü- heren Beschreiber. Augen sind nicht die körnigen Hök- ker, welche Guilding und Milne-Edwars dafür an- sehen, sondern es finden sich zwei einfache Ocelli, je- derseits eins hinten am Grunde der Fühler. Was jene Naturforscher für aggregirte Augen ‘ansahen, ist das ru- dimentäre erste Fufspaar, welches in seiner Verkürzung als ein blofser Höcker erscheint. Die Fülse sind stumpf conisch und endigen mit einem treffleförmigen Klauen- gliede, welches zwei gekrümmte Krallen trägt.

Herr Weifs theilte aus den Verhandlungen der vorjährigen Bristoler Zusammenkunft. englischer Natur-

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forscher das auf die Versuche und Beobachtungen des Herrn Crofs Bezügliche, über Bildung von Quarzkry- stallen aus Kieselflufssäure unter Einwirkung eines elek- trischen Apparates, mit, welche Beobachtungen ein so grofses Aufsehen erregt hatten, ein Aufsehen, das weit über ihren Werth gegangen zu sein schien.

Herr Joh. Müller gab von den Untersuchungen des Herrn Dr. Schwann über Fäulnifs und Weingäh- rung in Beziehung auf generatio aequivoca folgende vorläufige Nachricht: Bei der letzten Versammlung der Naturforscher in Jena hat Herr Schwann Versuche mitgetheilt, aus denen hervorgeht, dafs, wenn eine ver- schlossene Glaskugel, die mit atmosphärischer Luft ge- füllt ist, und aufserdem ein wenig einer Infusion von Muskellleisch enthält, der Siedhitze des Wassers ausge- setzt wird, so dafs Flüssigkeit und Luft der Glaskugel bis 80° R. erwärmt werden, nachher in der Flüssigkeit innerhalb mehrerer Monate keine Infusorienbildurıg und keine Fäulnifs Statt findet, und zwar selbst dann nicht, wenn die Quantität der in der Glaskugel enthaltenen thierischen Substanz so gering ist, dafs an eine vollstän- dige Verschluckung des Sauerstoffs aus der Luft deı Glaskugel nicht zu denken ist. Es war indessen doch wünschenswerth, den Versuch in der Art zu modificiren, dafs eine Erneuerung der Luft möglich würde, doch so, dafs die neu hinzugeführte Luft, wie in den vorigen Ver- suchen, vorher einer höhern Temperatur ausgesetzt würde. Dies wurde auf folgende Weise bewirkt.

Ein Fläschchen, welches einige Stückchen Muskel- fleisch enthielt und bis zu einem Drittel mit Wasser ge- füllt war, wurde mit einem Stöpsel geschlossen, der von zwei dünnen Glasröhren durchbohrt war. Diese Glas- röhren wurden in einer Strecke von ungefähr drei Zoll durch eine leichtflüssige Metallmischung geleitet, welche anhaltend in einer dem Siedepunkt des Quecksilbers nahe liegenden Temperatur erhalten wurde. Die eine dieser

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Glasröhren wurde mit ihrem aus dem Metall hervorra- genden Ende mit einem Gasometer in Verbindung ge- setz. Nun wurde die Flüssigkeit in dem Fläschchen stark gekocht, so dafs alle Luft, die in dem Fläschchen und in der Glasröhre enthalten war, theils ausgetrieben, theils bis zum Siedepunkte des Wassers erwärmt wurde. Nach dem Erkalten wurde mehrere Wochen lang ein an- haltender Strom atmosphärischer Luft aus dem Gasome- ter durch das erste Glasröhrchen in das Fläschchen, und nachdem so hierin die Luft erneuert worden war, durch das zweite Glasröhrchen wieder fortgeleitet. Die hinzuge- leitete Luft aber wurde, indem sie durch die in dem er- hitzten Metallbade liegende Glasröhre strich, vorher stark

erwärmt. Auch in diesen Versuchen, deren mehrere an-

gestellt wurden, zeigte sich nach mehreren Wochen keine Infusorien- oder Schimmelbildung und keine Fäulnifs, sondern das Fleisch blieb unverändert, und die Flüssig- keit so klar, wie sie nach dem Kochen war. "

Ob sich aus diesen Versuchen, zu deren Vervoll- ständigung noch viele andere Versuche angestellt wur- den, ein Schluls über generatio aequivoca ziehen lasse oder nicht, soll an einem andern Orte auseinanderge- setzt werden; hier wurde nur bemerkt, dafs diese Ver- suche, wenn man sie vom Standpunkte der Gegner der generatio aequivoca betrachtet, sich so erklären lassen, dafs die Keime des Schimmels und der Infusorien, die ‘nach dieser Ansicht in der atmosphärischen Luft vor- handen sind, beim Ausglühen der Luft zerstört werden. Alsdann mufs die Fäulnifs so erklärt werden, dafs die Keime, indem sie sich entwickeln und auf Kosten der organischen Substanz ernähren, eine solche Zersetzung in dieser hervorbringen, wodurch die Phänomene der Fäulnifs entstehen, eine Ansicht, für die auch der Um- stand spricht, dafs gerade diejenigen Stoffe, welche für Infusorien und Schimmel nachweisbar starke Gifte sind, z. B. Arsenik oder Sublimat, auch am besten die Fäul-

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nifs verhüten, und dafs diejenigen Stoffe, die nur für In- fusorien Gifte sind, z. B. Extractum Nucis vomicae spi- riluosum, nicht für den Schimmel, alle Erscheinungen, unter denen sich die mit Infusorienbildung verbundene Fäulnifs kund giebt, namentlich den Schwefelwasserstoff- geruch, verhindern, und blos die Reihe von Erscheinun- gen gestatten, welche der mit Schimmelbildung verbun- denen Fäulnifs angehören.

Dies sollte indefs nur im Eingange erwähnt werden, da es auf Versuche über die Weingährung leitete, wel- che geeignet scheinen, den Untersuchungen über diesen Procefs eine andere Wendung zu geben. In der Ab- sicht, nachzuweisen, dafs bei andern Processen, bei de- nen atmosphärische Luft mitwirkt, bei denen aber, so viel bekannt war, keine Bildung neuer Thiere oder Pflan- zen stattfindet, es gleichgültig ist, ob die Luft vorher ge- glüht wird oder nicht, wurden Versuche über die Re- spiration und über die Weingährung angestellt. Es zeigte sich auch, dafs ein Frosch in ausgeglühter Luft sehr gut- fortlebte.

Mit der Weingährung machte Herr Schwann den Versuch auf folgende Weise. Eine Auflösung von Rohr- zucker wurde mit Bierhefe vermischt und vier Fläsch- chen damit ganz angefüllt und verkorkt. Die Fläsch- chen wurden alsdann gleich lange (etwa 10 Minuten lang) in siedendes Wasser gestellt, so dafs die ganze Flüssigkeit in denselben die Siedhitze erreichte. Dann wurden sie herausgenommen, unter Quecksilber umge- stülpt und nach dem Erkalten in alle vier Fläschchen atmosphärische Luft hineingeleitet, die etwa 4 bis 5 vom Volumen der ganzen Flüssigkeit betrug. Dies geschah bei zweien durch eine dünne Glasröhre, die an einer Stelle bis zur Rothglühhitze erwärmt war, bei den bei- den andern durch dieselbe, aber nicht erwärmte Glas- röhre. Eine Analyse mit Hülfe eines Platinkügelchens ergab, dais atmosphärische Luft, die durch eine glühende

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Glasröhre geleitet worden ist, noch ungefähr 19,4 Proc. Sauerstoff enthält. Dem Einflufs, der sich aus dieser geringen Sauerstoffgas- Verminderung hernehmen liefse, wurde dadurch vorgebeugt, dafs in eines der Gläschen, welche ausgeglühte Luft enthielten, etwas mehr von die- ser hineingeleitet wurde als in die übrigen. Die Fläsch- chen wurden dann verkorkt und bei einer Temperatur . von 10° bis 14° umgekehrt hingestellt. Nach 4 bis 6 Wochen trat in den beiden Fläschchen, welche nicht ausgeglühte Luft enthielten, die Gährung ein und zeigte sich dadurch, dafs die Fläschchen, da sie umgestülpt wa- ren, weggeschleudert wurden. Die beiden andern Fläsch- chen stehen auch jetzt noch nach der doppelten Zeit ganz ruhig.

Es ist also auch bei der Weingährung wie bei der Fäulnifs nicht der Sauerstoff, wenigstens nicht allein der Sauerstoff der atmosph. Luft, welcher dieselbe veran- lafst, sondern ein in der atmosph. Luft enthaltener, durch Hitze zerstörbarer Stoff.

Es drängte sich sofort der Gedanke auf, dafs viel- leicht auch die Weingährung eine Zersetzung des Zuckers sei, welche durch die Entwicklung von Infusorien oder irgend einer Pflanze veranlafst werde. Da Extr. Nueis vomicae spirit. ein Gift für Infusorien, nicht für Schim- mel ist, Arsenik aber nicht nur Infusorien, sondern auch die meisten Schimmelarten tödtet, so wurden von Herrn Schwann zunächst diese Stoffe angewandt, um vor- läufig auszumitteln, ob derselbe seine Aufmerksamkeit mehr auf Infusorien oder auf Pflanzen zu richten hätte. Es ergab sich, dafs nicht das Extr. Nue. vom., wohl aber einige Tropfen einer Auflösung von arsenichtsaurem Kali die Weingährung aufheben. Es war also wahrscheinli- cher eine Pflanze zu erwarten,

Bei der mikroskopischen Untersuchung der Bierhefe zeigten sich die bekannten Körnchen, welche das Fer- ent bilden, allein .es stellten sich zugleich die meisten

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derselben als in Reihen zusammenhängend dar. Es sind theils runde, gröfstentheils aber ovale Körnchen von gelb- lichweifser Farbe, die theils einzeln vorkommen, gröfs- tentheils aber in Reihen von zwei bis acht oder noch mehreren zusammenhängen. Auf einer solchen Reihe stehen gewöhnlich eine oder mehrere andere Reihen schief auf. Häufig sieht man auch zwischen zwei Körnchen einer Reihe seitwärts ein kleines Körnchen aufsitzen als Grundlage einer neuen Reihe, und meistens befindet sich an dem letzten Körnchen einer Reihe ebenfalls ein klei- nes, zuweilen etwas in die Länge gezogenes Körperchen. Kurz das Ganze hat grofse Aehnlichkeit mit manchen ge- gliederten Pilzen und ist ohne Zweifel eine Pflanze.

Herr Prof. Meyen, der diese Substanz auf Veran- lassung des Herrn Schwann ebenfalls untersuchte, war ganz derselben Meinung, und äufserte sich dahin, dafs man nur zweifelhaft sein könne,, ob es mehr für eine Alge oder für einen Fadenpilz zu halten sei, welches Letztere ihm wegen des Mangels an grünem Pigment rich- tiger schien.

Die Bierhefe besteht fast ganz aus diesen Pilzen. In frisch ausgepreistem Traubensaft ist nichts der Art vorhanden. Setzt man denselben aber einer Tempera- tur von ungefähr 20° R. aus, so finden sich schon nach 36 Stunden einige solche Pflanzen darin, die aber erst aus wenigen solchen Körnern bestehen. Diese wachsen sichtbar unter dem Mikroskop, so dafs man schon nach + bis 1 Stunde die Zunahme des Volumens eines sehr kleinen Körnchens, welches auf einem gröfsern aufsitzt, beobachten kann. Erst einige Stunden später, als man die ersten dieser Pflanzen beobachtet, zeigt sich die Gas- entwickelung, weil die erste Kohlensäure im Wasser aufgelöst bleibt. Die Bildung solcher Pflanzen nimmt nun im Verlauf der Gährung sehr zu, und nach Been- digung derselben setzen sie sich in grofser Quantität als ein gelblichweilses Pulver zu Boden. Sie zeigen gröfs-

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tentheils einige geringe Verschiedenheiten von den Pilzen in der Bierhefe. Nur einige stimmen ganz mit densel- ben überein. Bei den meisten andern nähern sich die Körnchen mehr der runden Form, liegen nicht so regel- mälsig in geraden Linien; endlich ist die Zahl der ein- zelnen Körnchen und solcher, wo aus einem einzelnen Körnchen nur noch ein zweites kleines Körnchen her- vorwächst, weit gröfser als dies in der Bierhefe der Fall ist. Die Beobachtung ihres Wachsens läfst aber über ihre Natur «als Pflanzen keinen Zweifel.

Aus diesen Untersuchungen lassen sich demnach fol- gende Thatsachen als die Hauptsache festsetzen:

1) Eine gekochte organische Substanz oder eine ge- kochte vorher gährungsfähige Flüssigkeit geräth nicht in Fäulnifs, resp. in Gährung, wenn auch hinlänglicher Zu- tritt von atmosphärischer Luft, die aber atisgegläht wor- den ist, Stattfindet.

2) Zur Fäulnifs wie zur Gährung, überhaupt zu Pro- cessen, wobei neue Thiere oder Pflanzen zum Vorschein kommen, mufs entweder ungekochte organische Substanz da sein oder nicht ausgeglühte atmosphärische Luft zu- geführt werden.

3) In ausgeprefstem Traubensafte tritt die sichtbare Gasentwickelung als Zeichen der Gährung ein, bald nach- dem die ersten Exemplare eines eigenthümlichen Faden- pilzes, den man Zuckerpilz nennen könnte, sichtbar ge- worden sind. Während der Dauer der Gährung wach- sen diese Pflanzen und vermehren sich der Zahl nach.

4) Wird Ferment, welches schon gebildete Pflan- zen enthält, in eine Zuckerauflösung gebracht, so treten die Erscheinungen der Gährung sehr bald ein, viel schnel- ler, als wenn sich diese Pflanzen erst bilden müssen.

5) Gifte, die nur für Infusorien, nicht für niedere Pflanzen tödtlich sind (Extr. Nucis vomicae spirit.), hindern die Erscheinungen, welche die mit Infusorien-

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entwickelung verbundene Fäulnifs charakterisiren, nicht die Weingährung und die Fäulnifs mit Schimmelbildung; Gifte, die für Thiere und Pflanzen tödtlich sind (Arse- nik), hindern die Fäulnifs sowohl als die Weingährung.

Der Zusammenhang zwischen der Weingährung und der Entwickelung des Zuckerpilzes ist also nicht zu ver- kennen, und es ist höchst wahrscheinlich, dafs letzterer durch seine Entwickelung die Erscheinungen der Gäh- rung veranlafst. Da aber zur Gährung aufser dem Zuk- ker ein stickstoffhaltiger Körper nothwendig ist, so scheint es, dafs dieser ebenfalls eine Bedingung zum Leben je- ner Pflanze ist, wie es denn an und für sich schon wahr- scheinlich ist, dafs jener Pilz Stickstoff enthält. Die Wein- gährung wird man sich demnach so vorstellen müssen als diejenige Zersetzung, welche dadurch hervorgebracht wird, dafs der Zuckerpilz dem Zucker‘ und einem stickstoff- haltigen Körper die zu seiner Ernährung und zu seinem Wachsthum nothwendigen Stoffe entzieht, wobei die nicht in die Pflanze übergehenden Elemente dieser Körper (wahr- scheinlich unter mehreren andern Stoffen) vorzugsweise sich zu Alkohol verbinden. Aus dieser Erklärung erge- ben sich die meisten über die Weingährung gemachten Beobachtungen sehr natürlich. Herr Schwann be- schränkte sich hier, da die Untersuchung noch nicht be- endigt ist, auf diese vorläufigen Mittheilungen, und ver- wies auf das Weitere, sowohl die Gährung als die Fäul- nifs betreffend, auf seine bald herauszugebenden „phy- siologischen Beiträge“.

Herr Ehrenberg theilte noch seine Beobachtung des Eierlegens des Distomum globiporum mittelst einer bisher unbekannten besonderen Legeröhre mit, und sprach über ein wahrscheinliches Respirationsorgan und über die Organisation dieser Würmer im Allgemeinen.

Zuletzt theilte derselbe aus einem Briefe des Herrn Carl Ehrenberg aus Real del monte bei Mexico mit,

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dafs dieser dort Mammuths - Knochen habe ausgraben lassen, welche nach Berlin abgesendet worden sind.

Versammlung am 2lsten März.

Herr L. von Buch gab Mittheilungen über die durch den Herrn Geh. Medicinalrath Otto in Breslau bei Ebersdorf in der Grafschaft Glatz entdeckten Cepha- lopoden, unter welchen sich ein ganz neuer Ammonit aus der Familie der Goniatiten: Ammonites pessoides, neben den schon bekannten @on. (_Ammonites ) bino- dosus Münster und contiguus M. befindet. Dabei sind ferner mehrere durch den Grafen Münster im Bayreu- tischen Fichtelgebirge schon vorher entdeckte Nautilus- Arten aus der Abtheilung der Clymenen, nämlich: Cl. striata, undulata, linearis und laevigeta, welche in Schle- sien bisher noch nicht gesehen waren. ‘Herr v: Buch machte bemerklich, wie diese ältesten Formen der Schö- pfung, nachdem sie durch soviel dazwischen-liegende For- mationen völlig unterbrochen gewesen seien, in der Ter- tiärformation unerwartet in dem Nautilus lingulatus, der nicht selten zu Traunstein in Baiern gefunden wird und von dem Grafen von Marmora auch auf Malta entdeckt worden ist, so wie in dem merkwürdigen und schönen Nautilus Aturi Baster von Dax bei Bayonne wieder auftreten,

Herr Link legte die genauere anatomische Unter- suchung von der Ausfüllung in den Buchstaben vor, wel- che mitten im Stamme einer Buche zu Französisch Buch- holz bei dem Fällen derselben gefunden und von Sr. Excellenz dem Wirklichen Geh. Staatsminister, Grafen von Lottum, ihm zugesandt waren,

Herr Weifs theilte aus einem Briefe des Herrn Prof. Studen in Bern einige geognostische Resultate

von dessen im vorigen Jahre " gemeinschaftlich mit Herrn Arn.

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Arn. Escher von Zürich unternommenen Bereisung der Alpen des Berner Oberlandes mit. Herr Studer fand sich durch Beobachtungen am Faulhorn und an den Ge- birgen des Engstlen- und Gadmen-Thales in der An- sicht bestätigt, dafs östlich vom Thuner See kein Ooli- thenkalk mehr Antheil an der Zusammensetzung des Al- penkalks nehme, sondern der Lias unmittelbar von den unteren Theilen der Kreideformation berührt werde. An- dere Beobachtungen betrafen die Auflagerung des Gra- nits auf den Versteinerungen führenden Kalkstein im Ur- bachthale und am Mottenberge bei Grindelwald (Herr Studer nennt dies „das Weinböhla der Schweiz“), fer- ner die Eigenthümlichkeiten und sonderbaren Uebergänge der Gesteine an der Grenze, das Auftreten des Feld- spathgehaltes meist erst in einiger Entfernung von der Grenze, endlich die merkwürdige Thatsache, dafs die Schieferung der krystallinischen und halbkrystallinischen _ Schiefer in der Nähe des Kalkes der Schichtung des letzteren parallel gehe und erst in einiger Entfernung von der Grenze das umgekehrte. Einschielsen der Schich- ten stattfinde. Zugleich theilte Herr Weils aus einem Briefe des Dr. Lufser in Altorf einige nachträgliche Verbesserungen zu dessen geognostischem Profile vom St. Gotthard durch das Reufsthal herab bis in die Na- gelfluhformation mit.

Herr Bremer sprach über den Einflufs der im Ja- nuar herrschend gewesenen Grippe in Berlin auf die Mortalität, und machte die durchschnittlichen Verhältnisse der letzteren in den Jahren 1836 und 1837 durch eine graphische Darstellung anschaulich. Die Sterblichkeit hatte das normale Verhältnifs bedeutend überschritten. Nach einer genauen Zusammenstellung der täglichen To- desfälle waren im Januar d.'J. 1028 Menschen gestor- ben 374 mehr als im Januar v. J. Bei einer Ein- wohnerzahl von 270000 starb also von 263 Einer. Nach einem dreijährigen Mittel solcher Jahre, in welchen keine

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epidemischen Krankheiten herrschten, beträgt die Zahl der täglichen Todesfälle in diesem Monat 19, im Januar d. J. dagegen 33; die wenigsten fielen auf den 28sten, näm- lich 21, die meisten auf den 20sten, nämlich 51. Die- jenigen Krankheiten, in deren Rubrik die Zunahme der Sterblichkeit am bemerkbarsten hervortrat, waren:

1837. 1536. Entkräftung A. w. 86 den 12ten. | ++40 den 16ten. Unter Krämpfen 104 » 10ten. | +56 » 12ten.

Lungenschwindsucht 133 » 8ten. | +70 » 16ten.

Schlag- und Stickflufs, |

Lungenlähmung und ) 196 » Öten. | +87 » Sten.

Lungenschlag

Lungenentzündung 73 » lÄäten. | +21 » 31sten. Bis zu den dreifsiger Jahren blieb die Mortalität im

normalen Verhältnils; höher hinauf treten bedeutende

Abweichungen hervor, besonders auch in ‚Bezug auf das

Geschlecht. Zur Vergleichung sind die Zahlen aus dem

Jahre 1836 in ( ) beigefügt. Es starben:

Von 20 30 Jahren 35 M. 30 W. (35 M. 19 W.)

».30—40 ».66» 43» (29» 23 » ) u 5 Zn re A » 50-60 » 36» (29» 20») » 60-70.» 66» 60» (34» 31» ) » 70-80». 26» 62 ».(18» 20%) ».80—90..0».1.20.» 18.» (IT 4m)

Es erschien der Bemerkung werth, dafs beinahe re- gelmäfsig das Steigen der Mortalität mit einem Fallen des Barometers zusammentraf,

Herr Ehrenberg erläuterte eine ihm zur Bestim- mung übergebene, als Schmuck gefalste Jericho-Rose im Besitz Ihrer Königl. Hoheit der Frau Herzogin von Cum- berland, welche nicht die wahre Jericho-Rose (Ana- stalica hierochuntica ), sondern die weit schönere und seltnere, auch, wie Herr Prof. Horkel vermuthete, von Hagen 1777 als trüffelartiger Pilz unter dem (in den

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neueren botanischen Nomenclaturen ganz übersehenen) Gattungsnamen Rediviva quindecimfida beschriebene Sa- - menkapsel eines südafrikanischen, dem M. pugioniforme oder pomeridianum verwandten Mesembryanthemums ist, und hatte die Erlaubnifs, den botanisch so interessanten Schmuck selbst unter Wasser vorzuzeigen.

Derselbe sprach über von ihm häufig beobachtete Zwillings-Krystalle auch im Innern der Spirogura_prin- ceps, und zeigte das schwedische, zu Brod verbackene Infusorienmehl vor, daran die Bemerkung knüpfend, dafs ganz neuerlich sich im Königl. Mineralien-Cabinet eine aus Klaproth’s Sammlung stammende Erde von Kym- mene Gard bei Helsingfors in Finnland vorgefunden habe, welche er so ganz aus denselben höchst eigenthüm- lichen schwedischen Infusorien bestehend erkannt, dafs von den 24 Organismen 18 der ausgezeichnetsten diesel- ben sind. Auch hier fand sich mitten in’der Masse viel Fichten-Pollen verstreut. Zunotia tetraodon und Na- vicula glans waren 2 ganz neue charakteristische Ar- ten fossiler Infusorien dieser Erde.

Versammlung am 28sten April.

Herr Link zeigte ein Stück des Stammes einer Xan- torrhoea vor, und suchte durch Darstellung des inneren Baues darzuthun, dafs der Stamm mit einem Knollstocke zu vergleichen sei, nur gigantisch ausgebildet und ver- -holzt, völlig ähnlich -dem unteren Stamme von Ura- nia, wovon ein Durchschnitt zur Vergleichung vorgelegt wurde.

Herr Dove gab einen kurzen Bericht über seine neuesten Untersuchungen der positiven und negativen Krystalle in circular-polarisirtem Lichte. . Rechtsecircula- res Licht bringt in einem positiven Krystalle genau die- selben optischen Erscheinungen hervor wie linkscircula-

. 2%*

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res in einem negativen. Zufolge dieser Bemerkung dient das polarisirende Mikroskop zur einfachen Unterschei- dung der Krystalle in dieser Hinsicht,

Herr Magnus sprach über den Kohlensäuregehalt des Blutes, den er nach eignen vielfältigen genauen Un- tersuchungen bestätigte. Diese Gasart läfst sich von dem Blute durch andere Gasarten, vorzüglich durch Wasser- stoff-und Stickstoff, vermittelst eines Absorptions - Aus- tausches austreiben. Ebenso lälst sie sich aber auch durch die Luftpumpe trennen. Für die letzte Operation hat sich Herr M. eines eignen, sehr zweckmäfsigen Ap- ‚parates bedient, um die Luftarten bequem aus dem Blute absondern und untersuchen zu können. Nach diesen Untersuchungen enthält das venöse Blut aufser der Koh- lensäure noch Sauerstoff und Stickstoff, doch im Ver- hältnifs zum Stickstoff mehr Sauerstoff als atmosphäri- sche Luft. Das arterielle Blut enthält ebenfalls Koh- lensäure und Stickstoff, aber weniger Kohlensäure und mehr Sauerstoff als das venöse.

Herr Ehrenberg sprach über die, nach der An- gabe des Herın Donn&, in den RR Eye Auswurfs- flüssigkeiten enthaltenen Infusorien, und hielt es für wahrscheinlich, dafs es cher Akariden gewesen sein möchten. Die Ansicht des Herrn Turpin, dafs die in den Feuersteinen mikroskopisch beobachteten stachlichen Körperchen nicht Xanthidien, sondern vielmehr Crista- tellen sein sollen, bestritt Herr E. als nicht gehörig be- gründet und der Beobachtung selbst widersprechend.

Versammlung am 16ten Mai.

Herr Seebeck theilte seine Untersuchungen über den Mangel des Farbensinnes mit. Seine zahlreichen Beobachtungen, deren Resultate er in einigen von den untersuchten Individuen selbst angeordneten Farbentafeln

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der Gesellschaft vorlegte, zeigten bei einem Theile die- ser Personen die merkwürdige Verwechselung von Roth und Grün mit Grau und einen ähnlichen, jedoch ge- ringeren Mangel an Unterscheidung für die übrigen Far- ben, während sich ein anderer Theil derselben durch eine geschwächte Empfindung für die mindest beachtba- ren Strahlen von jenen unterscheidet, was Herr S. durch anderweitige prismatische Versuche noch genauer ermit- telt hatte, indem diese letzteren Personen die obere Grenze des prismatischen Farbenbildes da angaben, wo- hin sie ein normales Auge gleichfalls setzt, die untere aber merklich höher. Zugleich hatte sich Herr $. durch seine Versuche überzeugt, dafs ein von seinem Vater an- gegebenes Verfahren, durch farbige Gläser auch für sol- che Augen einen Unterschied hervorzurufen, sich voll- kommen gut bewähre. Die Bemerkung, dafs unter 50 jungen Leuten, die gleichzeitig geprüft wurden, sich 5 fanden, die mehr oder minder Mängel des Farbensinnes bewiesen, läfst vermuthen, dafs dieser Fehler ebenso ver- breitet ist, wie der Mangel eines guten musikalischen Gehörs.

Herr Müller machte auf den Fisch Amphioxus lanceolatus aufmerksam, der die einfachste Fischbildung habe und deshalb auch von Pallas als Zimax lanceo- latus aufgeführt sei.

Herr Dove theilte einige Beobachtungen über die Depolarisation polarisirten Lichtes durch rauhe Flächen mit. Durchsichtige Glasuren verhalten sich wie rauhe Flächen, weil die Reflexion des Lichtes hier hauptsäch- lich auf der einen Seite geschieht. Auf spiegelnden durch- sichtigen Flächen unregelmäfsig zerstreutes Licht ist nie ganz depolarisirt.

Derselbe sprach dann über die Entstehung subjek- tiver Farben in einfachem Lichte. Betrachtet man eine, auf die Achse senkrecht geschnittene Bergkrystallplatte in einem dunklen Zimmer bei einer monochromatischen

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gelben Lampe, so sieht man, wenn man plötzlich weifses Licht auf das Auge fallen läfst, alle schwarzen Ringe lebhaft violett werden. Läfst man nun auf das . Auge rothes einfaches Licht von hinlänglicher Intensität fallen, so giebt das Erscheinen oder Nichterscheinen einer vio- letten- Färbung ein Criterion über die subjective oder objective Natur dieser Farbenerscheinungen.

Herr August berichtete über die ausgedehnten Ver- suche, welche Herr Prinsep in Calcutta über die Ver- dunstungskälte unter sehr verschiedenen (natürlichen und künstlich hervorgebrachten) Temperatur- und Druck- Verhältnissen, so wie in verschiedenen Gasarten ange- stellt hat, durch welche sich die bisherigen theoretischen Ansichten über diesen Gegenstand zum Theil bestätig- ten, zum Theil aber auch als einer Berichtigung bedür- fend auswiesen. Als besonders interessant darf hervor- gehoben werden, dafs in einem heifsen atmosphärischen Luftstrom, der Zinn zum Schmelzen brachte, ein mit de- stillirtem Wasser befeuchtetes Thermometer nur 145° F. —= 505° R. zeigte, wodurch der Satz, dafs die Verdun- stungskälte den zu dem obwaltendem Drucke gehören- den Siedepunkt nie überschreitet, bestätigt, und das be- kannte Leidenfrostische Phänomen von einer Seite her erklärt wird. Die Versuche in Hydrogen und in Koh- lensäure verdienen deshalb Beachtung, weil sie auf eine den bisherigen Untersuchungen nicht entsprechende Gröfse der specifischen Wärme dieser Gasarten schliefsen las- sen. (Für Hydrogen 1,220 gegen atm, Luft und für Kohlensäure 1,087.)

Herr Link zeigte ein Stück des Stammes von Pan- danus utilis vor, dessen Inneres mit einem Netzwerk von Gefäfsbündeln überall so durchflochten war, wie es bei den Querwänden im Stamme der Gräser und der anderen Monokotyledonen der Fall ist, so dafs der ganze Stamm als stätige Folge von Knoten anzusehen ist.

Herr Ehrenberg sprach über das jetzige Vorkom-

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men der @allionella ferruginea bei Berlin, und zeigte das mit ihnen erfüllte gelbgefärbte Wasser vor. Auch zeigte derselbe aus der heilsen Quelle in Arkansos (N. America) vom Herrn Dr. Engelmann entnommene Con- ferven vor, unter denen sich Oseillatoria labyrinthifor- mis mit anderen noch unbeschriebenen befanden, wel- che dort die organischen Niederschläge ohne Infusorien bilden.

Versammlung am 20sten Juni.

Herr Link legte Zeichnungen über die Nervenver- theilung in Blumenkronen vor, besonders der Composi- tae, und zwar der Cichoraceen. Sie werden im 3ten Hefte der Icones analomico-botanicae erscheinen.

Herr Reith sprach über einige neue Coleopteren- Gattungen: Pristidius, Peltophorus, Leptichus etc., de- ren Abbildungen vorgewiesen wurden.

. Herr Ehrenberg theilte mit, dafs es im Thiergar- ten in der Nähe des Försterhauses und der Buchenallee, östlich von dieser in einem Quergraben der Bellevue- strafse, besonders nahe der Brücke des Fulssteiges, eine durch zahllose Mengen eines Infusions- Thierchens (_Mo- nas Okenii) erzeugte intensive lackrothe, mehrere hun- dert Schritt weit ausgedehnte Färbung des Gewässers, ein sogenanntes Blutwasser gebe, und zeigte die lackro- then lebenden, nur ;4;stel einer Linie grofsen Thierchen vor. Derselbe gab die Anschauung der durch Indigo- Nahrung erfüllten Ernährungsorgane der bisher immer noch häufig für Pflanzen gehaltenen Naviculae, welche mit ihren Kieselschalen den Polirschiefer bilden helfen, und theilte mit, dafs er die gleiche Anschauung auch bei den Gattungen Aosterium und Arthrodesmus erlangt habe. Ferner sprach derselbe über eine grofse, sehr reichhaltige Sammlung mexicanischer Naturkörper, welche

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sein Bruder Carl Ehrenberg in Real-del-monte ge- macht, die alle Naturreiche umfafst und wovon einzelne Gegenstäude von besonderem Interesse vorgelegt wur- den. Dahin gehörten bisher nie gesehene, 6 Zoll grofse Puppennester eines Tagschmetterlings der Gattung Pontia. Aus dem begleitenden Briefe theilte er umständliche No- tizen über das Entglasen und völlige wirkliche Verwittern des Obsidians in.dem Cerro de los na- bajas mit, welches durch eingesandte und vorliegende unzweideutige, mit Moos bedeckte Proben des Obsidians entschieden war, und schlofs mit dem Vorlegen der frü- her angekündigten, jetzt eingetroffenen Mammuthsknochen aus der Hochebene von Mexico (Schienbein, Schädel- theile und 4 Zähne), welche einer von den bekannten abweichenden Art der Gattung Mastodon angehören, Herr E. behält sich vor, diese naturwissenschaftlich werth- vollen Gegenstände den hiesigen Museen zu übergeben.

Versammlung am 18ten Juli.

Herr Ehrenberg theilte seine Erfahrungen und Be- stätigungen der von Rösel und Trembley nur ober- flächlich beobachteten zackigen Eier des gelben Armpo- Iypen (Hydra ) mit, welche er zu Anfang Juni d. J. bei Berlin gefunden, zeigte dergleichen wohl getrocknet un- ter dem Mikroskop vor, und gab Anschauungen ihrer Aechn- lichkeit, aber grofsen Verschiedenheit von den fossi- len Xanthidien der Feuersteine. Ferner zeigte derselbe das Kugelthier ( Volvox globator ) mit parasitischen Rä- derthieren im Innern der Kugel, welche seine Knospen- haufen verzehren, lebend vor, darauf aufmerksam machend, dafs es also nicht ein Thier, sondern ein Haufe von Thieren, ein Polypenstock sei.

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Versammlung am 15ten August.

Herr Joh. Müller theilte Bemerkungen und Zeich- nungen mit über die Genesis der Wirbel bei den Fischen, namentlich über den Antheil, welchen die Verknöche- rung der äufsern Schichten der Scheide der chorda dor- salis an der Bildung des centralen Theils des Wirbel- körpers hat, den man von dem corticalen Theil des Wir- belkörpers unterscheiden mufs. Dann erläuterte derselbe durch Zeichnungen den Antheil, welchen die Hautknochen an der Bildung der Rückenschale der Schildkröten haben.

Endlich theilte derselbe ein Bruchstück aus der Ana- tomie des Pentacrinus caput Medusae mit.

Bei einem grofsen Exemplar von Pentacrinus ca- put Medusae von St. Thomas, das Herr M. vor einiger Zeit in Weingeist erhielt, waren zwar die Verdauungs- organe zerstört und die Scheibe leer, aber die Arme wa- ren sämmtlich mit allen ihren Weichtheilen vollständig erhalten. Die Structur der Skelettheile des Stiels und der Arme haben vor geraumer Zeit Guetard und neu- lich wieder Müller vollständig beschrieben; Herr M. setzte sie als bekannt voraus. Aber über die Weich- theile wufste man noch gar nichts, und wenn es gleich wahrscheinlich war, dafs diese Thiere in ihrem Baue mit den Comatulen übereinkommen, so kennt man auch die Structur der letzteren noch nicht hinreichend. Herr M. fand am Stengel keine Spur von Muskeln, dagegen diese an den Armen aufserordentlich zahlreich sind. Die Sten- gelglieder sind bekanntlich . durch fünftheilige sternför- mige gezähnelte Facetten verbunden, deren Zähnelungen in einander greifen, wie Guetard beschrieben. Aber bemerkenswerth ist, dafs durch den ganzen Stiel 5 Seh- nen ohne Unterbrechung durchgehen, sie kommen in den 5 Blättern der sternförmigen Facetten der Glieder zum Vorschein, von einem Gliede zum andern übersetzend. Zwischen den Gliedern ist die Sehne frei und ohne Kalk-

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kruste, in der Substanz der Glieder hingegen sind die Sehnen nicht blos von dem Skelet eingeschlossen, son- dern die kalkhaltige Substanz der Glieder dringt auch. zwischen die Faserbündel der Sehnen und incrustirt sie, so dafs man auf dem Durchschnitt der Glieder selbst die Sehnenfäden nicht sogleich bemerkt, während sie auf dem Durchschnitte der Verbindungsstellen der Glieder leichter bemerkt werden. Legt man Stücke des Stiels, die aus mehreren Gliedern bestehen, in verdünnte Säure, so wird der Skelettheil der Glieder bis auf die überaus zarte thierische Grundlage der Glieder zerstört, indem die Kalkerde ausgezogen wird. Dann bleiben aber die 5 Längssehnen des Stiels unverändert, und es zeigt sich deutlich, dafs diese Sehnen in der Substanz der Glieder ebenso fortlaufen, wie sie an den Verbindungsstellen vor- handen sind. Beim Zerbrechen des Stengels müssen also die Sehnen immer erst zerreifsen, entweder in der Dicke der Glieder oder zwischen denselben; denn an beiden Stellen bricht der Stengel gleich leicht, und die Structur des Skelets der Glieder des Stengels, wie auch der Arme, Nebenarme, pinnulae, ist ganz so wie bei den Seeigeln und andern Echinodermen, nämlich, bei mäfsigen Ver- gröfserungen und bei Tageslicht untersucht, spongiös zel- lig, so zwar, dafs ein mikroskopisch netzartiges Gewebe zwischen seinen Balken rundliche oder ovale, hier mehr oder weniger symmetrische Zellchen oder Räumchen in seinen Maschen hat. Die thierische Substanz des Ske- lets ist ein überaus zartes Gewebe, welches durch den kohlensauren Kalk seine Flüssigkeit erhält; an der Ober- fläche der Glieder wird dies zarte Gewebe etwas, aber nur wenig fester, so dafs es eine äufsere Haut als Grenze bildet, die aber von dem übrigen thierischen Gewebe nicht isolirt ist und sich ohne Extraction der Kalkerde nicht erkennen läfst. In der Mitte des Stengels und sei- ner Cirren, des Skelets der- Arme, Nebenarme, läuft ein Kanal, den schon Guetard kannte, von einer häutigen

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Röhre. ausgekleidet. Diese Röhre sendet Aeste in die Cirren des Stengels, in die Skelettheile der Arme, Se- cundärarme, Arme dritter Ordnung u. s. w., aber immer läuft nur ein Kanal im Skelettheile dieser Organe, und zwar in der Achse derselben. Diese Röhre läfst sich leicht aus dem Kanal, worin sie liegt, herausziehen. Das Wachsthum der Glieder des Stengels an Zahl und die Vergröfserung derselben wurde Herrn M. bald klar. Die Glieder des Stengels haben in seinem unte- ren Theile eine gleiche Höhe, nach oben, gegen die Scheibe zu, sind sie nicht blos niedriger, sondern auch ungleich hoch, so dafs oft und meist ein minder hohes Glied zwischen 2 höheren liegt, und also die stärkern und dünnern Glieder alterniren. Die an Höhe gleichen Glieder des untern Theils des Stengels sind ausgewach- sen, die Glieder des obern Theiles des Stengels sind im Wachsthum begriffen, doch entstehen die neuen Glieder nicht etwa blos an der Grenze des Stengels und der Scheibe, sondern jedesmal zwischen 2 schon formirten Glie- dern. Am ganzen obern Theil des Stengels bilden sich neue Glieder zwischen den schon vorhandenen. Dies geschieht folgendermafsen: Betrachtet man den oberen Theil des Stengels nahe der Scheibe genau und mit ei- ner Loupe, so sieht man an der Verbindungsstelle zweier Glieder, die an den jungen Gliedern immer gezähnelt ist, in der gezähnten Nath einen feinen Streifen von neuer fester Substanz, von derselben Festigkeit und von derselben Bildung wie alle Theile des Skelets. Die Nath gewinnt gleichsam Körper. An der Verbindungsstelle anderer Glieder sieht man diesen Streifen schon so ver- dickt, dafs man ihn als junges Glied sogleich erkennt, welches sich in der gezähnten Verbindung zweier Glie- der entwickelt hat und selbst gezähnt ist; und weiter hinab sieht man, dafs diese so entstandenen jungen Glie- der es sind, welche die Ungleichheit und das Alterniren dünnerer Glieder mit dickeren älteren verursachen. Am

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unteren Theil des Stengels und schon 6 Zoll unter der Scheibe haben sich diese Unterschiede ausgeglichen, die jüngeren Glieder sind ausgewachsen, und nach unten sind alle Glieder an Dicke gleich. In dem Maafse als dies geschieht, wird auch die gezähnte Nath an der Ver- bindungsstelle der Glieder undeutlich und mehr gerade. Der Umstand, dafs am untern Theil des Stengels keine neuen Glieder mehr entstehen, ist auch die Ursache, dafs die cirrentragenden Glieder gleich weit von einander ab- stehen, indem meist gegen 16 Glieder zwischen ihnen liegen. Am obern Theile des Stengels liegen die cirren- tragenden Glieder einander näher, und an dem ober- sten am nächsten, so dafs sie unter der Scheibe dicht aufeinander folgen. Ueberall, wo die cirrentragenden Glieder um weniger als 16 Glieder entfernt sind, bilden sich noch neue Glieder. Da die Glieder zunächst unter der Scheibe hintereinander cirrentragend sind, so mufs man an dieser Stelle hauptsächlich die Bildung der cir- rentragenden Glieder suchen. An ihnen sind die Cirren am kleinsten und bestehen aus ganz kurzen, von weni- gen Cylinderchen gebildeten, knospenartigen Fortsätzen, welche an den nächstfolgenden cirrentragenden Gliedern länger werden. Zwischen den gebildeten cirrentragen- den Gliedern entstehen nun in der Nath neue cirrenlose Glieder, zwischen diesen wieder neue, und so fort, bis nach unten die cirrentragenden Glieder immer weiter bis zum Maximum auseinander rücken, welches Maximum eben die Distanz von 10, 15 und 16 Gliedern ist. Da die neuen Glieder sogleich so fest wie die alten sind und dieselbe Structur besitzen, so folgt, dafs das Wachsthum der gebildeten Glieder nur an den Verbindungsflächen geschehen kann, nicht aber im Innern der Glieder ge- schieht, wie solches auch nach den Beobachtungen von Agassiz und Philippi an den Skelettheilen anderer Echinodermen stattfindet.

Die Structur der Arme, Secundär- und Tertiär- Arme

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ist sehr zusammengesetzt. Bekanntlich bilden die Glie- der der Arme, Nebenarme, Tertiärarme und pinnulae ei- nen nach der Innenseite der Blume oder nach dem Munde des Thiers offenen Halbkanal. Zwischen den Gliedern der Arme, Secundärarme, Tertiärarme liegt jederseits der Rinne in einer Vertiefung ein Muskel, auswendig von einer Kalkkruste bedeckt; ein anderer liegt in einer Ver- tiefung an der Einlenkungsstelle der pinnula. Der er- stere bewegt die Glieder der Arme gegen einander, der letztere zieht die pinnula gegen den Arm an. Dicse Muskeln sehen gelbbräunlich aus, ihre Primitivfäden sind glatt, ohne Anschwellungen, wie man bereits von andern Echinodermen wufste. Im Centrum der Glieder der Arme, Nebenarme und pinnulae läuft der Centralkanal, die Fortsetzung des Stengelkanals. Diesen Kanal, der innen und von allen Seiten von der Substanz des Ske- lets eingeschlossen ist, haben alle Skelettheile mit ein- ander gemein. Die Organe hingegen, welche in der Rinne der Arme, Nebenarme und pinnulae liegen, sind diesen allein und zum Theil auch den radialen Rinnen der Scheiben eigen, kommen aber nicht am Stengel vor. Am tiefsten auf dem Boden der Rinnen der Arme ver- läuft ein Kanal, von einer häutigen Röhre gebildet. Dieser Kanal giebt einen cylindrischen blinden Fort- satz in die feste Substanz der Cylinder der Arme und Nebenarme. Ueber diesem Kanal liegt ein zweiter häutiger Kanal ohne Fortsätze. Zwischen dem tiefen und dem oberflächlichen Kanal der Arme und Neben- arme liegt der Nervenstrang der Arme, welcher in jede alternirend abgehende pinnula einen Ast abgiebt. Ueber dem oberflächlichen Kanal der Arme, welcher auch eine vollständige Röhre ist, verläuft der von einer weichen Haut ausgekleidete gewimperte Halbkanal der Arme und Nebenarme, welcher sich in den gewimperten Halbkanal der pinnulae fortsetzt. Die Membran dieses Halbkanals bildet an allen diesen Theilen einen weichen, häutigen

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Saum, welcher von aufsen durch kleine kalkartig inkru- stirte Blättchen geschützt ist. Die innern Seiten des häutigen Saumes sind mit Büscheln kleiner Fühlerchen besetzt, so dafs die Fühlerchen beider Seiten einander zugewandt sind, Diese Fühlerchen scheinen hohl zu sein. Vielleicht steht ihre Höhlung mit der Höhle des oberflächlichen Kanals in Verbindung, welcher unter dem fühlertragenden Halbkanal liegt. Jedes Fühlerchen, das man nur mit einer starken Loupe erkennt, zeigt sich, mi- kroskopisch untersucht, wieder mit cylindrischen, am Ende abgerundeten, ziemlich starken Wimpern besetzt.

Bei den Comatulen ist der Bau der Arme ganz der- selbe, nur schien der oberflächliche Kanal unter dem fühlertragenden Halbkanal doppelt, indem 2 Röhren über- einander lagen. Die Blättchen, welche die Fühlerchen von aufsen schützen, sind bei Comatula stark röthlich gefärbt.

Der tiefe Kanal in der Rinne der Arme des Pen- tacrinus scheint zur Scheibe zu gehen, welche die teller- förmige Stütze der Eingeweide ist; denn beim Aufblasen des Kanals hob sich ein Kanal an der Oberfläche der leeren Scheibe, der sich aus jedem Strahl des Thiers ge- gen das Centrum der Scheibe fortsetzt. Wie sich der oberflächliche Kanal verhält, ist noch unermittelt. Der Fühlergang oder fühlertragende Halbkanal setzt sich be- kamntlich bei Comatula aus jedem Strahl über die Ober- fläche des mittleren Theiles des Thiers bis zum Munde fort, So ist es auch bei Pentacrinus. Die Scheibe be- steht wie bei Comatula aus der die Eingeweide decken- den lederartigen Decke und der Basis, auf welcher die Eingeweide liegen, die letztere entsteht aus der Vereini- gung der Anfangstheile der Arme durch eine interme- diäre Production von der Substanz, aus welcher das ganze Skelet besteht. Hier weichen die Elemente der Arme gleichsam auseinander, indem zwischen der Decke

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und der Basis der Scheibe wie bei Comatula die Ver- dauungseingeweide sich entwickeln. Die mit Fühlern be- setzteh Halbkanäle der Arme bleiben auf der Decke der Eingeweide und verlaufen gegen den Mund. An un- serm Exemplar von Pentacrinus ist die Decke der Ein- geweide zerrissen, und es sind nur noch Lappen davon vorhanden. Da der Darmkanal bei Comatula zwischen der Basis und Decke der Scheibe liegt, so kann man sich die Verdauungsorgane dieser Thiere und der Pen- tacrinus als zwischen der centralen Fortsetzung der Ele- mente der Arme entwickelt denken. Das vorhandene Exemplar von Pentaer. caput Medusae trägt keine Eier, dagegen hat Herr Müller Exemplare von Comatula med. untersucht, welche eiertragend waren. Die Eier liegen, wie Dujardin richtig beobachtet hat, an dem Anfangstheile der pinnulae auf der weichen, mit dem Fühlerkanal besetzten Seite der pinnulae. Dieser- Theil der pinnula ist bei geschlechtsreifen Exemplaren unver- hältnifsmäfsig angeschwollen, während er sich bei ande- ren Exemplaren wie der übrige Theil der pinnula ver- hält. Die Eier entwickeln sich unter der Haut des Füh- lerganges, also auch wie im Centraltheil des Thiers der Darm unter der Decke der Scheibe, auf welcher die Füh- lergänge bis zum Munde sich fortsetzen. Dahin geht der Fühlergang mit allen beschriebenen Organtheilen, die zu ihm gehören, über den ganzen Eierstock an dieser Stelle gebogen hinweg. Wie die Eier heraus gelangen, weils man nicht, vielleicht durch Berstung der Haut an den Seiten. Dafs die Stelle Eierstock ist, beweist die Verschiedenheit der Gröfse der Eier, man trifft sie hier in allen Variationen an. Die Eier bestehen aus Dotter- haut, Keimbläschen und dem Keimfleck, der hier wie ein rundlicher Kern oder Bläschen aussieht. Diese Theile des Eies sah Herr M. ebenso an den Eiern der Ophiura, die sich jedoch in Hinsicht der Lage des Eierstockes

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ganz von den Comatulen entfernen und sich wie in ih- rer gänzen Organisation mit der Euryale den Seesternen anschliefsen. £ Die Comatulen liefern uns ein in der Thierwelt bis- jetzt ungekanntes Beispiel von ungeheurer Multiplication der Geschlechtsorgane. Da allein jeder der 20 Arme ‚dritter Ordnung an jeder Seite gegen 60 pinnulae trägt, so beträgt die Zahl der Eierstöcke über 2000 an einem sonst nicht zusammengesetzten Thiere. Hierdurch schlie- {sen sich die Comatulen und wahrscheinlich auch die Pentacrinen an die Pflanzen mit einfachen Organismen. Ein annäherndes ähnliches Beispiel liefern die vielglie- drigen Taenioiden, bei denen sich die Geschlechtsorgane mit den Gliedern multipliciren, während diese Thiere doch sonst durchaus nicht zusammengesetzt sind. Diese Art von Zusammensetzung, welche bei den kurzen Tae- nioiden, den Tetrarhynchen, Antocephalen zu fehlen scheint, bezieht sich auf die ortsbewegenden Glieder und Genitalien. Dagegen sind die vielköpfigen Crenuren und nach Herrn Müller’s Beobachtungen auch die Echino- coccen (letztere zu einer gewissen Zeit ihrer Entwick- lung, s. Müller’s Archiv 1836, Jahresbericht CVU.) so gut wie die Polypen wirklich zusammengesetzte Thiere. Herr Wiegmann erläuterte zwei neue Arten von Procyon. Die eine, Pr. brachyurus, stammt wahrschein- lich aus Westindien, steht dem Pr. lotor am nächsten, unterscheidet sich aber durch eine breitere und stumpfere Schnauze, eine mehr weifslichgraue Körperfarbe und be- sonders durch ihren auffallend kurzen Schwanz, welcher nur die Länge des Kopfes hat, dabei aber dieselbe Bin- denzahl (6), wie der des Pr. lotor zeigt, und ungleich dichter behaart ist, als bei diesem. Die andere Art, Pr. obscurus, ist durch einen Naturalienhändler acquirirt, und über ihr Vaterland läfst sich nichts ermitteln. Sie zeich- net sich durch eine'einfarbige, glänzend dunkelbraune Fär- bung des Pelzes aus. Der Schwanz hat etwa dieselbe Länge

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Länge wie bei Pr. lotor, aber ist viel dichter behaart, und zeigt eine minder deutliche, auf der Oberseite fast erloschene Bindenzeichnung. Auch ist die Schnauze kürzer und die Beine schlanker als beim Pr. lotor.

Herr v. Olfers gab Nachricht von der Erwerbung mehrerer Häute und Skelette von Auerochsen für die Königl. Sammlungen, welche mit Kaiserl. Russischer Bewil- ligung aus den Kronwaldungen von Biatowieza geliefert und durch den Conservator Wiedemann vom zoologi- schen Museum zu Königsberg mit vielem Fleilse vorläufig zubereitet worden sind. Vorgelegt wurden von den mit- gebrachten Gegenständen: Skizzen von den verschiede- nen erlegten Auerochsen mit genauen Ausmessungen der hauptsächlichsten Dimensionen, welche die äulsere Form bedingen. Exemplare des wohlriechenden Grases, wel- ches als eins der Hauptnahrungsmittel der Auerochsen in den dortigen Waldungen häufig vorkommt. Es er- giebt sich, dafs es nicht Anthoxanthum odoratum (wie früher z. B. von B. Brinken behauptet wurde), son- dern Hierochloa borealis ist, wie schon der Prof. Ja- rocki richtig bemerkt hat. Amphistoma conicum aus dem Magen des Auers, welches auch bei dem zahmen Rindvieh vorkommt.

Herr Ehrenberg sprach über das Spirillum Bryo- xoon, welches Herr Dr. Unger 1834 in den Antheren des Sphagnum eapillifolium entdeckt und Herr Dr. W er- ‚neck für ein Spermatozoon gehalten hat. Er macht darauf aufmerksam, dafs Herr Prof. Friedr. Nees von Esenbeck an derselben Stelle 1822 Monaden beobach- tet hat, und dafs diese zu Spirillen verlängerten Körper- chen leicht das wahre Pollen des Sphagnum aufser Zwei- fel setzen könnten. Derselbe zeigte ein von Herrn Prof. Lehmann in Hamburg gesandtes-Exemplar von Codium Bursa vor, welches an Felsen festsitzend beobachtet worden war. Endlich sprach er über zuweilen fufslange

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Infusorienstöcke, den Polypenstöcken gleich, und zeigte ein über einen Zoll groises Exemplar des Micromega corniceulatum Agardh von Venedig in Weingeist gut er- halten vor.

Versammlung am 2lsten November.

© Herr G. Rose berichtete über einige Versuche, die er angestellt hatte, um die Bedingungen kennen zu ler- nen, unter denen sich Kalkspath und Arragonit bil- den. Ersterer entsteht, wenn sich kohlensaure Kalkerde aus einer Auflösung in kohlensaurem Wasser durch Ent- weichen der Kohlensäure bei der gewöhnlichen Tempe- ratur ausscheidet, oder wenn man eine Auflösung von salzsaurer Kalkerde durch. kohlensaure Alkalien bei der gewöhnlichen Temperatur fällt; letzterer dagegen, wenn man die Auflösung von kohlensaurer Kalkerde in koh- lensaurem Wasser im Wasserbade zur Trocknils ab- dampft oder eine kochend heifse Auflösung von einem kohlensauren Alkali durch eine kochend heilse Auflösung von salzsaurer Kalkerde fällt. Der flockige Niederschlag, der sich zuerst bei der Fällung der salzsauren Kalkerde durch kohlensaures Ammoniak bildet, verhält sich wie Kreide. Herr G. Rose zeigte die krystallinischen For- men unter dem Mikroskope vor.

Herr H, Rose sprach über das Vorkommen des Zinnobers in Idria in Begleitung einer fettartigen Sub- stanz, welche Herr Dumas zuerst rein darstellte und Idrialin nannte. Nach Schrötter kommt sie beson- ders im sogenannten Branderz vor, das sie fast ganz bil- det. In geringerer Menge ist sie im Quecksilbererz. Die merkwürdigste Eigenschaft dieses Fettes, das nur aus Kohle und Wasserstoff besteht, ist, mit concentrirter

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Schwefelsäure beim Erwärmen eine schöne dunkel indi- goblaue Auflösung zu geben.

Herr Ehrenberg theilte neue Beobachtungen über die Epistylis Galea (das Helm-Glockenthierchen, die gröfste und bisher sehr seltene Vorticelle) mit. Sie ist neuerlich bei Berlin in grofser Menge an abgestorbenen Schilfblättern vorgekommen und hat ein bisher unbe- kanntes schönes Schillern des bäumchenartigen Stieles erkennen lassen, welches durch feine Streifung der Ober- fläche bedingt ist und sehr lebhafte, rothe, grüne und blaue metallige Farben zeigt. Sie wurden lebend und getrocknet vorgelegt.

Versammlung am 19ten Dezember.

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Herr Weifs legte eine Karte und Profile vom Salz- berge in Hallstadt im österreichischen Salzkammergute vor, und erläuterte dieselben, so wie das dortige Vorkommen des sogenannten Heidengebirges, unter Vorzeigung ver- schiedener Gegenstände daraus, namentlich eines Stückes von Gemsenfell, mit einigen Bemerkungen.

Hierauf theilte Herr Ehrenberg aus einem Briefe seines Bruders Carl Ehrenberg von Mexiko die Nach- richt mit, dafs sich aufser den bereits vorgelegten Mam- muths- ( Mastodon) Knochen und Zähnen aus jenem Hochlande auch neuerlich bei Zimapan wieder fossile Elephanten-Zähne gefunden haben, von deren einem Herr Carl Ehrenberg eine Skizze beigegeben hatte. Derselbe zeigte dann die beiden gelblichen Arten von Armpolypen, Hydra, welche schwer zu unterschei- den sind, neben einander in mehreren Exemplaren le- bend vor. Auch zeigte Herr Ehrenberg lebende und getrocknete Exemplare einer ganz neuen, kleinen Thier-

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gattung und Art aus dem Gewässer bei Berlin vor, wel- che sich durch einen vielköpfigen verästeten Leib sehr auszeichnet und die er Dendrosoma radians, Strahlen- bäumchen, benannt hat.

Herr Gurlt legte zuletzt die Abbildung einer inter- essanten thierischen Mifsbildung mit Verdoppelung der Nieren vor.

Gedruckt bei A. W. Schade.

Mittheilungen

aus den Verhandlungen der

Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin.

Drittes Jahrs. 1838.

BERLIN, 1839.

In der Nicolaischen Buchhandlung.

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Mittheilungen

aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin.

Versammlung am 16ten Januar.

Her Lichtenstein theilte über die Versuche, das rothe Rebhuhn nach Schlesien (in die Gegend von Lö- wenberg) zu verpflanzen, Einiges mit. Man hat im Früh- ling 1837 einige hundert Eier im südlichen Frankreich sammeln, durch Fufsboten hertragen und durch Puten- hennen ausbrüten lassen; ungefähr die Hälfte ist ausge- bracht. Die Brut hat sich bald nach dem Flüggewerden in die nahe gelegene Waldung verbreitet, im Herbst aber in mehreren Flügen die offenen Höhen und Thäler auf- gesucht. Bis um Weihnacht sind sie immer noch auf den sehr sorgfältig angelegten Futterplätzen erschienen. Seit dem Eintritt strengerer Kälte mit tiefem Schnee sind sie, bis auf wenige, die man einzeln gesehn, ver- schwunden.

Nachtrag im Januar 1839. Im Laufe des Sommers 1838 sind kleine Flüge von 5 bis 6 Hühnern an meh- reren einsamen Stellen wieder zum Vorschein gekommen, aber immer sehr unstät und die bewohnteren Gegenden sorglich vermeidend. Man ist begierig, zu beobachten, wie sie nach dem gegenwärtigen milderen Winter sich

zeigen werden. 1*

A

Herr Ehrenberg zeigte die Infusorien-Erde der Lüneburger Haide unter dem Mikroskop vor. Derselbe sprach dann über eine durch das Mikroskop er- kennbare, jetzt im Handel vorkommende Versetzung der theuren Carmintusche durch vieles Amylum (‘W ei- zenstärkemehl) und zeigte ‚sie ebenfalls vor. Ferner machte derselbe an lebenden Regenwürmern anschaulich, dafs die Verdauung dieser Thiere so wenig als die des Porcellio scaber und Julus terrestris im Stande sei, die Kieselpanzer der Infusorien zu zerstören, sondern dafs die von ihnen massenweise genossenen Bacillarien in ihrer völlig erhaltenen Form, nur oft ohne den thieri- schen Inhalt, sich im hintern Darme vorfinden und wieder ausgeworfen werden. Die Excremente waren mit leeren Infusorienschaalen dicht erfüllt.

Herr Joh. Müller legte Kupfertafeln über die Structur der Geschwülste vor.

Versammlung am 20sten Februar.

Herr Link sprach über das Anwachsen der Wur- zeln in der Länge. Es geschieht nicht an der Spitze selbst, sondern in einiger Entfernung von der Spitze, und zwar da wo das Holz der Theil nämlich, in wel- chem sich Spiralgefälse und Spiroiden erzeugen sich endigt. Es legt sich nämlich eine Schicht von Zellge- webe gegen die Spitze an, welches durch seine Zartheit zeigt, dafs es jünger ist, als das darüber befindliche. Es geschieht dieses auf dieselbe Weise, nur gegen die Spitze, wie sich der Splint und das Holz im Stamm, nur gegen den Umfang anlegt. Diese Abhandlung ist mit Zusätzen in der Linnaea gedruckt, die Abbildungen dazu werden in den Icones anatomico- botanicae folgen.

Derselbe legte die in Griechenland und Istrien von ihm beobachteten Eichenarten erläuternd vor, @Quercus

b)

Pseudosuber, Aegilops, pubescens, Cerris oder austriaca Willd., welche nur Abarten sind, und sprach über die in Sicilien, Istrien und Griechenland wild wachsende Pyrus cuneifolia @ussone oder amygdaliformis Koch.

Herr Ehrenberg übergab der Gesellschaft Nürn- berger’s natur- und gewerbswissenschaftliche Berichte oder Darstellung der neuesten Physik und Technologie in aphoristischer Form, Kempten 1837, 8., welches Buch er der Gesellschaft im Namen des Verfassers als Ge- schenk zu überreichen den Auftrag hatte. Derselbe theilte dann mit, dafs die diesjährige strenge und anhaltende Winterkälte die als Dammerde im Thiergarten befindli- chen lebenden Infusorien nicht ertödtet habe, sondern dafs nach 18 bis 20° R. Kälte bei behutsamem Auf- thauen der Erdschollen vor wenigen Tagen noch viele Thierchen lebendig umherkrochen, viele aber allerdings gestorben zu seyn schienen. Dann zeigte er eine grö- fsere Masse ihm aus Schweden zugeschickter Infusorien- Erde aus dem See Lillhaggsjön vor, welche dort bei Umeä, wie bei Wasa in Finland aus alter Gewohnheit zum Brodte gemischt und gegessen wird, und erinnerte an das geschichtliche Verhältnifs der, oft dem Tabaks- rauchen ähnlichen, bisher für Europa unbekannten Ge- wohnheit des Erdessens der Bewohner sehr vieler, selbst reicher Erdgegenden, ohne Schaden für die Gesundheit. Zugleich gedachte er des unglücklichen Schicksals der auf der Insel S. Matwey beinahe ganz verhungerten rus- sischen Colonisten, die ihr Leben nur durch den Genufs einer von Herrn von Chamisso mitgebrachten unorga- nischen Thon- und Erdmasse, welche aus dem Königl. Mineralien-Kabinet vorgezeigt wurde, längere Zeit ge- fristet hatten.

Herr v. Olfers legte mehrere Bruchstücke von zwei Arten der fossilen Fischgattung Zepidotus aus den Port- land-Schichten vor, welche dem Zepidotus ornatus und minor Ag. am nächsten kommen. Die Exemplare gehö-

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ren dem hiesigen Königlichen Mineralien-Kabinet an. Durch eine sorgfältige Bearbeitung ist es möglich gewor- den, die hauptsächlichsten Theile nicht nur der äufseren Form, sondern auch der Skeletbildung sichtbar zu mä- chen, welche diesemnach an den vorgelegten Exempla- ren, mit Rücksicht auf die Skeletbildung bei Fischen überhaupt, erläutert wurden.

Herr Schleiden trug Beobachtungen über die Ver- wandlung der Holzfaser des Kiehnholzes in Stärkemehl durch Kochen mit kaustischem Kali vor, und bestätigte die concentrisch-schaalige Bildung der Stärkemehlkügel- chen. Die mit Jod-Tinctur blau gefärbten Holzfasern wurden unter dem Mikroskop vorgezeigt.

Versammlung am 20sten März.

Herr Weifs legte Frischschlacken von Ilsenburg am Harze vor, auf welchen sich reguläre Octa@der von Magneteisenstein künstlich gebildet hatten.

Versammlung am 17ten April.

Herr Link theilte mikroskopische Untersuchungen der Steinkohlen mit. Die aus Columbien, von Beuthen in Ober-Schlesien, aus Nieder-Schlesien, von Neweastle und St. Etienne glichen Torf; eben so die Braunkohle mit Natrinasphalt aus Grönland. Eine Steinkohle aus N. Granada glich Palmenholz. Als Coniferenholz zeigte sich Lignit aus Thüringen, und versteinertes Holz aus dem Siebengebirge. Auch kommen in Ober - Schlesien Steinkohlen vor, welche deutlich zeigen, dafs sie auf der Oberfläche verbrannt, wie Holzkohlen sind.

Herr Ehrenberg legte eine ausgezeichnete Reihe von gemeinen und Feuer-Opalen, ferner von Selenqueck-

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silber und Basalt aus Zimapan und der Umgegend in Mexico vor, welche sein Bruder Herr Carl Ehren- berg geschickt hatte. Er machte besonders auf die ku- nike Gestalten des dort im vulkanischen Gebirge vorkommenden Opals aufmerksam, welche ganz das An- sehn eines früheren gallertarligen Zustandes tragen und von der klarsten farblosen Durchsichtigkeit bis zu milch- artiger weilser oder gelber und röthlicher Trübung und endlich bis zur Farbe des intensiv rothen Feueropals gefunden werden. Die weilse Farbe des Milchopals be- steht aus weilsen sehr dicht aneinander liegenden sechs- seitigen säulenartigen Crystallen mit grad abgestumpften Enden.

Das Selenquecksilber und die Basaltstücke wurden dem mineralogischen Cabinet zur Disposition gestellt.

Herr Joh. Müller sprach über die Gattungen der Sägefische Pristis und Pristophorus, wovon jene zu den Rochen, diese zu den Haifischen gehört. Ferner über die Structur des Pentacrinus europaeus in n Vergleich mit Pentacrinus Caput Medusae.

Versammlung am l5ten Mai.

Herr Link gab die Fortsetzung seiner Untersuchung über die Steinkohlen, welche die Meinung des Ursprungs aus Torf bestätigen. Derselbe sprach ferner über Braun- kohlen und fossiles Holz. Das Bernsteinholz scheint nicht von Coniferen herzurühren.

Die Abhandlung wird in den Abhandlungen der Aka- demie der ‘Wissenschaften erscheinen und ist jetzt unter der Presse.

Herr Ehrenberg legte die Infusorien -Dammerde aus dem Thiergarten vor, die im Juni vorigen Jahres ‚gesammelt war und noch lebende Thierchen enthielt. Dann sprach er über die Xanthidien der Feuersteine,

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die Turpin für Cristatellen-Eier gehalten, dessen Mei- nung er widerlegte. Er machte darauf aufmerksam, dafs die kugelförmigen Eier der Hydra vulgaris noch viel mehr Aehnlichkeit in der Form mit den Xanthidien hät- ten, als die linsenförmigen Cristatellen-Eier, dals aber diese verwandten Formen so wenig (Gemeinschaft im in- nern Wesen hätten als Hydra und Octopus, deren äu- fsere Form ebenfalls ähnlich sei, wie auch ein Frosch und ein Mensch gar manche Formähnlichkeit unläugbar hätten. Weit näher liege es, die aus einem Netz von Kieselfasern gebildeten Spongillen-Körner ins Auge zu fassen. All dieser Aehnlichkeiten ungeachtet seien die klettenartigen Körperchen der Feuersteine den noch jetzt lebenden Xanthidien am nächsten vergleichbar. Fer- ner tadelte er die kürzlich von Corda in den Act. Acad. Caesar. Leopold. gegebenen grofsen Abbildungen der Hydra, die eine hintre Darmöffnung darstellen, wel- che nicht vorhanden sei, die unzähligen Fangorgane, wel- che vorhanden sind, aber nicht darstellen.

Herr v. Olfers legte Zeichnung und Beschreibung (aus den Preufsischen Provinzialblättern) eines fossilen Schulterblattes von einem Wallfische ( Balaena ) vor, welches der Angabe nach zu Tannenberg in Preufsen, 15 Meilen von der Ostsee gefunden worden ist. Dafs es wirklich fossil sei, hat Herr Medizinal-Rath Rathke in der erwähnten Beschreibung nachgewiesen. Unter den bisher bekannten Arten kommt dies Schulterblatt dem einer Balaena vom Cap der guten Hoffnung Cu rech. s. I. oss. foss. Tome V. tab. 26. fig. 7. am näch- sten. Ferner legte derselbe Knochen von Mammuth und Mastodon vor, welche von Herrn v. Humboldt aus Mexico mitgebracht worden sind, und sich gegen- wärtig im Königl. Mineralienkabinet befinden. Er knüpfte hieran Bemerkungen über das Vorkommen von Knochen «olossaler Säugthiergattungen in dem Bassin von Mexico, von welchem auch neuerlich wieder in dem dortigen

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Kalender für 1836 (Calendario de Galva) in Beziehung auf ältere und neuere Fundorte die Rede gewesen ist.

Versammlung am 19ten Juni.

Herr Link legte Abbildungen von sogenannten po- rösen Gefäfsen aus der Wurzel einer alten Kiefer (Pi- nus uneinata) vor, woraus erhellt, dafs diese Poren Zellen oder Glandeln sind; ferner von Saftgängen aus der Wurzel von Zevisticum mit deutlich eigener Haut, wodurch erwiesen wird, dafs diese Saftgänge wirklich eigene Gefälse sind.

Auch zeigte er Rothboella loliacea der Exped. d. I. Moree aus Istrien vor. Es ist ohne Zweifel eine eigene, Zelium nahe stehende Gattung, die er Urypturus zu nennen vorschlug.

Herr Ehrenberg hatte rothgefärbtes Wasser aus dem Thiergarten mitgebracht, welches seine Farbe von einer unbeschriebenen Art von Palmella habe, die er Palmella prodigiosa nannte. Sie erfüllte wieder wie Monas Okenii im vorigen Jahre den Queergraben in der Nähe der Buchen- Allee zwischen dem Försterhause und der Luisen-Insel schon seit Anfang Juni, und zwischen ihr lebte in grofser Menge auch die ähnlich roth gefärbte Monas Okenii, deren Farbe aber doch, wo sie sich an- häufte, einen weniger bläulichen, reiner rothen Farbeton hatte, während die Palmella sich dem Violetten mehr näherte. Getrocknet und dem Lichte ausgesetzt verliert sich die rothe Farbe ins Gelbliche und Grünliche. Uebri- gens verbreitet sie einen lästigen Sumpfgeruch oder ent- wickelt sich in dergleichen führendem Wasser. Die spe- cifische Diagnose giebt er folgendermaafsen :

Palmella prodigiosa: aquatica, submersa, ge- latina subtilissime flocculosa, tenerrima, hyalina, granus lis minimis nudo oculo dilule purpureis dense referta.

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Ihre Flocken bilden blutfarbiges Gewässer oder einen mehr oder weniger intensiv rothen Ueberzug der unter Wasser befindlichen Körper, Blätter, Zweige, auch todter Fische.

Herr v. Olfers legte fossile Knochen von Ichthyo- saurus und Plesiosaurus von Lyme Regis in England vor, auch merkwürdig gezahnte Kinnladen aus der Kreide von Lewes in England, welche einer zwischen Fisch und Saurier stehenden Thiergattung anzugehören scheinen. Am nächsten kommen sie dem Belonostomus cinctus Ag., doch ist die Zahnbildung immer noch sehr verschieden, wenn die Abbildungen in Agassiz poiss. foss. Vol. 2. tab. 66. a. fig. 10 12, wie wohl anzunehmen ist, ‚ge- nau sind.

Herr Erichson hielt einen Vortrag über die sy- stematischen Verhältnisse der Orthopteren und Neurop- teren, und wies nach, dafs die Unterschiede im Bau der Flügel diese Ordnungen nicht hinlänglich sondern und begränzen, und zeigte, dafs die Bildung der Mundtheile sicherere Charactere gebe, die mit der Form der Ver- wandlung im genauen Bezuge ständen. Die Orthopteren kommen darin überein, dafs bei ihnen die äufseren Ma- xillarladen die eigenthümliche Gestalt haben, die Fabri- cius mit dem Ausdruck galea zu bezeichnen suchte, und die am füglichsten mit einem Spitzendecker an chirurgi- schen Instrumenten verglichen werden kann, um so mehr, als die innere Lade immer scharf und mehrfach gezähnt ist; die Lippe erscheint aber noch ausgezeichneter, näm- lich vollkommen viertheilig, indem die beiden inneren Lappen, die die Zunge vorstellen, bis zum Kinn herab gespalten sind, die äulseren, grofsentheils überwiegend entwickelten Lappen, die den Paraglossen der Coleopte- ren und Hymenopteren entsprechen, eingelenkt sind. Dieselbe Bildung des Mundes findet sich nun auch bei allen bisherigen Neuropteren mit unvollkomme- ner Verwandlung, und zwar mit der Modification,

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dafs bei Termes die galea die Spitze der innern Lade unbedeckt läfst, bei Perla die Theile alle mehr häu- tiger als horniger Substanz sind, bei Psocus die Lip- pentaster, bei den Libellen beide Tasterpaare feh- len, und bei letzteren die Unterlippe die Eigenthünlich- keit zeigt, dafs die inneren Lappen (der Zunge) unter sich mehr verwachsen sind, die ursprüngliche Trennung indefs immer noch durch eine deutliche Nath angegeben ist, die äufseren Lappen (Paraglossen) dagegen desto mehr abgesetzt und freier geworden sind, so dafs man sie schon für die modificirten Taster angesprochen hat. Alle Neuropteren mit vollkommener Ver- wandlung, so wenig Characteristisches sie auch in der Gestalt der Mundtheile haben, kommen wenigstens darin überein, dafs die äufsere Maxillarlade, wenn sie vorhan- den, nicht die Form einer galea hat, und dafs die Zunge immer ganz einfach und ungetheilt, auch ohne alle Spur von Nebenzungen ist. Es liegt daher der Gedanke schr nahe, die Verschiedenheiten im Flügelbau denen in der Gestaltung der Mundtheile unterzuordnen, und alle bis- herigen Neuropteren mit unvollkommener Ver- wandlung den Orthopteren zuzuweisen, und die Ordnung ‘der Neuropteren auf diejenigen mit vollkom- mener Verwandlung zu beschränken. Es würden dann die Insecten mit unvollkommener Verwandlung völ- lig von denen mit vollkommener Verwandlung abgeschlos- sen sein, und aufser den Zpizoen, die wohl eine eigene Ordnung bilden müfsten, da weder die saugenden mit den Hemipteren, noch die beifsenden mit den Orthopte- ren natürlich zu vereinigen sind, aus den Ordnungen Orthopteren und Hemipteren bestehen. So wie die Or- thopteren und Hemipteren sich eben so wesentlich unter einander, als von den übrigen Insecten-Ordnungen im Bau des Mundes unterscheiden, bilden sie mit den letz- teren nicht allein in der Form der Verwandlung, son- dern auch im Verhalten der Flügel einen völligen Ge-

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gensatz. Bei jeder Ordnung der Inseeten mit vollkom- mener Verwandlung ist die Form der Flügel eine be- ständige, und wenn auch gerade nicht als wesentli- ches doch als natürliches Merkmal für dieselbe zu be- trachten. Bei den beiden genannten Ordnungen aber, so wie sie jetzt aufgefalst werden, gehen die Flügel alle möglichen Stufen der Veränderung durch, und zwar hal- ten die Oberflügel in den typischen Formen beider Ord- nungen die Mitte zwischen Flügeldecken und Flügeln, und zwar so, dafs bei den Orthopteren auf der einen Seite eine überwiegende Hinneigung zur Form der Flü- geldecken bei Forfieula, Blatta und gröfstentheils selbst Phasma, auf der anderen Seite eine überwiegende Hin- neigung zur Form der häutigen Flügel bei manchen Zo- custen, @ryllen und besonders bei den Männchen von Mantis sich bemerkbar macht, während die MHemipteren durch die Vereinigung beider Flügelformen in einem und demselben Flügel sich auszeichnen. Dann gewinnen ganz allmälig in beiden Ordnungen die Deckflügel dieselbe häutige Consistenz wie die Unterflügel (bei Mantis, Termes und den Cicaden), dann werden die vollkom- men häutigen Oberflügel noch so getragen, dafs sie die Hinterflügel decken, wie bei Psocus und Psylla, dann breiten sich beide Flügelpaare aus, wie bei Zibellula und Aphis, endlich verkümmern die Hinterflügel, wie bei Ephemera und Coceus.

So wie bei den Insecten mit vollkommener Ver- wandlung der vordere Brustring sich mehr absetzt, wo, wie bei den Käfern, die Oberflügel Flügeldecken sind, aber wo die Vorderflügel häutig bleiben, sehr verküm- mert und als: blofser kragenförmiger Ring erscheinen, ebenso findet sich die Entwickelung des Prothorax bei den Orthopteren und Hemipteren im genausten Zusam- menhange mit der Form der Oberflügel, so dals überall eine Beziehung zwischen diesen beiden Theilen stattzu- finden scheint.

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Die Ordnung der Neuropteren in der Beschränkung auf diejenigen der bisherigen, die eine vollkommene Ver- wandlung haben, bietet in ihrem Verhalten zu den übri- gen Ordnungen der Insecten kein geringes Interesse dar, indem jede ihrer drei Familien gleichsam aus zweien der übrigen Ordnungen combinirt erscheint. Die Hemero- bien haben den äufseren Bau und die vier häutigen nack- ten Flügel der Hymenopteren, dagegen ist der Bau des Mundes im Wesentlichen der der Coleopteren, die Pa- norpen erinnern dagegen im Bau des Mundes besonders durch die Zusammenfügung der Mundtheile an die Ay- menopleren, während einzelne derselben (Bittaeus) ganz, das Aeufsere einzelner Dipteren (Tipula) zeigen; die Phryganeen endlich machen sich durch eine grofse äu- {sere Aehnlichkeit mit den eulenartigen Zepidopteren be- merkbar, während sie in der Form des Mundes am ehe- sten mit der oben schon genannten Gattung Tpula aus der Ordnung der Dipteren sich vergleichen lassen.

Versammlung am I17ten Juli.

Herr Lichtenstein zeigte ein Vliels von Alpaca vor, das der französische Gesandte, Graf Bresson, dem Zoologischen Museum geschenkt hat. Es ist von einer ausnehmenden Feinheit, Länge und Dichtigkeit der Be- haarung und übertrifft darin alle Lama’s und Guanaco’s, die man in den letzten Jahren häufig genug lebendig in Europa gesehn hat; doch stimmt weder die geringe Gröfse, noch die dunkle, hin und wieder durch grofse weilse Flecke variirte Farbe zu dem Bilde, das man sich nach den vorliegenden mangelhaften Beschreibungen vom. Al- paca (Auchenia Paco) bisher hat entwerfen können. Der Mangel des Kopfes und der Extremitäten macht die Entscheidung unmöglich.

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Herr Ehrenberg theilte neue Erfahrungen über ‚die Eier der Süfswasser-Polypen und deren wahrschein- liche männliche Geschlechtstheile mit.

In den Schriften der Akademie der Wissenschaften 1836 hat derselbe Abbildungen der reifen Eier gegeben, seitdem aber auch die Entwicklung der Eikeime bei Hy- dra vulgaris beobachtet, und sich überzeugt, dafs die stachlige Oberfläche der durch einen Rifs der Oberhaut hervortretenden Eier durch Erhärten und Zusammen- schrumpfen einer zelligen Gallertschicht daselbst gebildet wird, deren Substanz in Wasser unlöslich ist.

Ueberdiefs hat derselbe noch weitere Gelegenheit gesucht und gefunden, einen Blick in das männliche Se- xualverhältnifs der Armpolypen zu thun. Die von ihm in dem gröfseren Infusorien-Werke pag. 488 und 539 (Knollenbildung) bereits angezeigte periodische Knollen- bildung am vordern Körpertheile derselben, und die im Innern dieser Knollen oder Warzen befindlichen beweg- ten geschwänzten Körperchen erlauben an männliche Se- xual-Organe zu denken, welche bisher bei diesen For- men völlig unbekannt geblieben waren. ‘Die Hydern hätten demnach sich aufserhalb am Körper entwickelnde, periodisch erscheinende Sexual-Organe beiderlei Art, die männlichen mehr nach vorn, die weiblichen mehr nach hinten, ein Verhältnils, welches bei einem Ueberblick des allgemeinen Verhältnisses dieses organischen Systems von mannichfachem, später weiter zu entwickelndem In- teresse ist. Die Spermatozoen der Hydra gehören zur Abtheilung der Cephalozoen (Cephalozoon Hydrae) und mithin vorläufig in die Classe der Saugwürmer. Es giebt endlich scheinbar rein männliche Hydren und scheinbar rein weibliche, auch solche wo gleichzeitig beide Organe entwickelt sind, eine Erscheinung die an die polygami- schen Pflanzen erinnert. Die Anlage ist offenbar herma- phroditisch.

Herr Joh. Müller legte einige Apparate zur Er-

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läuterung der Physiologie des Gehörs vor, so wie Prä- parate von den menschlichen Stimm - Organen.

Herr Gurlt handelte von den Exostosen in den Kopfhöhlen der Hausthiere, namentlich von denen, die bei den Kühen in der Schädelhöhle vorkommen, das grofse Gehirn zu einem grofsen Theil verdrängen und dessen Functionen beträchtlich hindern, wogegen die bei Pfer- den in den Highmor's-Höhlen vorkommenden keine auf- fallenden Krankheits - Symptome erzeugen. Die letzten Exostosen werden gröfser, als die ersten; beide sind entweder fest, wie Elfenbein, oder die aus der Schä- delhöhle sind bisweilen löcherig. Es wurden verschie- dene Specimina vorgezeigt.

Herr Schleiden hielt einen Vortrag über die Rich- tung der Spiralfasern in den Pflanzen, über die Entste- hung der Ring-Gefäfse aus der Spirale und über einige scheinbar pathologische Zustände der Spiralgefälse.

Versammlung am 21sten August.

Herr Klug las ein:von Herrn Link zurückgelas- senes Manuscript über die Bildung der Frucht bei den Gräsern. Es war mit Zeichnungen begleitet. Die Frucht der Gräser besteht deutlich aus zwei zusammengewach- senen Fruchtknoten, wovon der eine unfruchtbar ist und ‚bleibt, im Anfange gäch sehr dünn zeigt, dann sich ver- gröfsert und endiikl wiederum eig ganz schwindet. Der andere enthält den Embryo in seinem Schildchen (Cotyledon) und vergröfsert sich immer mehr und mehr, bis er endlich bei der Reife des Saamens ihn fast ganz einnimmt. Die Abbildungen werden in den Icon. ana- tom. botan. nächstens erscheinen.

Herr Lichtenstein legte eine Zeichnung von einem monströsen Frosch (R. temporaria) vor, der doppelte vordere Extremitäten (in einen mifsgestalteten Mittelfuls

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verwachsen) zeigte. Das Thier wurde im Junius leben-

dig im Thiergarten gefangen und hat noch mehrere Mo- nate (bis zum December) gelebt. Das überzählige Glied geht vom Körper des Brustbeins aus, erstreckt sich einige Linien abwärts unter der Haut und tritt mit einem Ge- lenk hervor, aus welchem eine Doppelröhre entspringt, an deren Ende neun mehr‘ oder weniger unter einander verwachsene, theilweise aber auch ganz frei ausgewach- sene Zehen im Halbkreis sitzen. Beim Athmen bewegt sich dieses Glied, wie ein am Halse befestigter Bart, mit dem Brustbein auf und ab.

Herr H. Rose sprach über das Selenquecksilber aus Mexico.

Unter einer Sendung von Minerklieil, welche Herr Prof. Ehrenberg durch Herrn Carl Ehrenberg, Ren- danten des Bergwerks von Mineral del Monte in Mexico, erhalten hatte, befand sich eine Reihe von Quecksilber- erzen, die zu San Onafne gefunden worden waren, und welche dort in solcher Menge vorzukommen scheinen, dafs man das Quecksilber im Grofsen aus diesen Erzen darzustellen beabsichtigt: Diese Erze bestanden gröfs- tentheils aus Selen- und Schwefelquecksilber.

Das von Herrn Rose untersuchte Quecksilbererz ist von schwärzlich -bleigrauer Farbe, metallisch glänzend, und einem Fahlerze in Glanz und Farbe sehr ähnlich. Es ist milde, und von einer Härte zwischen der des Steinsalzes und des Kalkspathes. Es findet sich derb, mit körnigen, stark umwachsenen Zusammensetzungsflä- chen, ohne Zeichen eines blättrigen Bruches, in Kalk- spath und Schwerspath, Vorsichtig getrennt von der Bergart ist es ohne Zersetzung in einem kleinen Glas- kolben vollständig flüchtig, und hinterläfst nicht den ge-

ringsten Rückstand; das Sublimat ist schwarz, auch zu

Pulver gerieben behält es die schwarze Farbe; das Pul- ver zeigt keinen Stich ins Röthliche. Mit basischen Sub-

stanzen zusammen erhitzt giebt es Quecksilberkügelchen in

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in Menge. Auf Kohle vor dem Löthrohre erhitzt, ver- breitet er den bekannten Selengeruch, und beschlägt die Kohle mit einem weifsen Rauche. Ein Geruch nach schweflicher Säure kann dabei, ungeachtet des bedeuten- den Schwefelgehalts, nicht wahrgenommen werden.

Von Salpetersäure wird das Mineral auch beim Er- hitzen nicht angegriffen, eine Eigenschaft, welche das Selenquecksilber mit dem Schwefelquecksilber zu theilen scheint. Durch Königswasser hingegen erfolgt eine schnelle Einwirkung, wenn es damit erhitzt wird.

dv’ Die chemische Analyse ergab im Hundert: Selen 6,49

Schwefel 10,30 Quecksilber 81,33 oder 95,12 Selenquecksilber 23,10 Schwefelquecksilber 75,11 98,21

Der Verlust entstand besonders dadurch, dafs nur” eine geringe Menge der Substanz, mit vielem Schwer- spath gemengt, zur Untersuchung angewandt worden war.

Die Menge des Quecksilbers im Selen- und im Schwefelquecksilber verhält sich annähernd wie 1:4, in- dem das Selen 16,61 Theile, und der Schwefel 64,81 Theile Quecksilber aufnehmen, 'so dafs man sich das Mi- neral als aus 1 Atom Selenquecksilber, verbunden mit 4 Atomen Schwefelquecksilber zusammengesetzt denken kann, HgSe-++4Hg5. Wahrscheinlich indessen können sich Selen- und Schwefelquecksilber als isomorphe Kör- per in allen Verhältnissen verbinden,

Unter den erwähnten Quecksilberfossilen befinden sich mehrere, welche auch eine bedeutende Menge von regulinischem Quecksilber enthalten, das in kleinen Kü- gelchen in der Bergart und im Selen-Schwefelquecksil- ber enthalten ist. Auch kommt bisweilen Zinnober, doch in geringer Menge, in einigen Stufen vor. Die Stufe in-

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dessen, von welcher ich zur Analyse anwandte, war rein, sowohl vom gediegenen Quecksilber, als auch vom Zin- nober.

Herr Troschel trug seine Untersuchungen über Amphipeplea glutinosa Nilss. (Limnaeus glutinos. Drap.) vor, die bisher bei Berlin nicht gefunden war, von ihm aber zuerst in der Nähe von Stralau entdeckt ist. Herr Troschel hat die Zunge und übrigen Mundtheile des Thieres genau untersucht, und weiset nach, dafs es dem- nach eben so wie nach der Bildung des Mantels und des Nervensystems, das von Vanbeneden beschrieben ist, eine eigene Gattung auszumachen, und von Zimnaeus und Physa getrennt zu werden verdient. Mit ersterer Gattung stimmt die Amphipeplea in der Bildung der Füh- ler, der Sohle und der Lage der Athmungs-, After- und Geschlechtsöffnung an der rechten Seite überein; mit letz- terer in dem Fehlen der seitlichen Kiefer, und darin, dafs die Zunge mit gesägten Zähnen besetzt ist. Es fin- det sich also zwischen den Gattungen Physa und Lim- naeus ein doppelter Uebergang: einmal durch die Gat- tung Planorbis, das andremal durch Amphipeplea. Da- her stellt derselbe folgendes Schema zur Familie der Was- serpulmonaten auf:

I. Ein oberer Kiefer, gesägte Zähne auf der Zunge; der Mantel schlägt sich meist über die Schale. Thier rege, reizbar.

1) Fühler fadenförmig; Sohle hinten zugespitzt; Ath- mungs-, After- und Geschlechtsöffnung links. Physa.

2) Fühler dreieckig, Sohle hinten abgerundet, Ath- mungs-, After- und Geschlechtsöffnung rechts. Amphipeplea.

U. Ein oberer und zwei seitliche Kiefer; einfach kegelförmige Zähne auf der Zunge, der Mantel schlägt sich nicht über die Schale. Thier träge, wenig reizbar.

3) Fühler fadenförmig; Sohle hinten zugespitzt; Ath-

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mungs-, After- und Geschlechtsöffnung links. Pla- norbis.

4) Fühler dreieckig, Sohle hinten abgerundet, Ath- mungs-, After- und Geschlechtsöffnung rechts. Limnaeus.

Versammlung am 20sten November.

Herr Karsten las über Metall-Legirungen, beson- ders über die Legirung aus Kupfer und Zink.

Die unter dem Namen des Messing eine häufige Anwendung findende Legirung des Kupfers mit Zink ist längst bekannt, denn so alt die Kenntnifs vom Kupfer ist, eben so weit reicht auch die Kunde vom Messing. Erst seit etwa vier Jahrhunderten weifs man indefs, dafs das Messing eine Legirung aus Kupfer und Zink ist. Als eine aus festen und unabänderlichen Verhältnissen seiner Bestandtheile zusammengesetzte Legirung kann jedoch das Messing nicht betrachtet werden, indem man auf den Messinghütten dem Kupfer um so mehr Zink zuzusetzen pflegt, je reiner beide Metalle von fremden Beimischun- gen sind. Reines Kupfer kann 1 bis 24 Procent Zink im Messing mehr aufnehmen als unreines Kupfer und wird doch noch ein besseres Product liefern, als dieses. Im Allgemeinen läfst sich annehmen, dafs das verkäuf- liche Messing aus 71,5 Kupfer und 28,5 Zink, und das sogenannte Rothmessing (der Tomback) welches gleich- falls auf den Messinghütten dargestellt wird, aus 84,5 Kupfer und 15,5 Zink besteht. Unter allen Legirungen des Kupfers mit Zink, von 6 Mischungsgewichten Kupfer und 1 M.G. Zink an, bis zu gleichen Mischungsgewich- ten beider Metalle, giebt es keine Legirung die gröfsere Festigkeit besäfse als das gewöhnliche Messing und der Tomback. Die Legirung aus gleichen M. G. beider Me- talle ist schon so spröde, dafs sie sich unter den Wal-

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zen und unter den Hämmern nicht mehr zu Blechen aus- dehnen läfst, ohne durch starke Risse unbrauchbar zu werden. Die reine messinggelbe Farbe scheint gewisser- mafsen in Verbindung mit der Festigkeit derjenigen Me- tallgemische zu stehen, bei denen das Verhältnifs des Zinks zum Kupfer gröfser wird als es im Messing vor- handen ist. Die röthliche Farbe des Rothmessings läfst sich aus dem überwiegend vorwaltenden Verhältnifs des Kupfers erklären, welches seine eigenthümliche rothe Farbe geltend macht. Aber diese rothe Farbe der Le- girungen kommt wieder viel stärker zum Vorschein, wenn das Verhältnils des Zinks zum Kupfer gröfser wird wie bei dem Messing. Bei einem Verhältnifs von 1 M.G. Zink zu 2 M.G. Kupfer (das Messing besteht etwa aus 2 M.G. Zink zu 1M.G. Kupfer) tritt die rothe Farbe der Legirung schon stark hervor und bei gleichen Mi- schungsgewichten beider Metalle ist sie am lebhaftesten. Dafs eine Legirung aus 50 Theilen Kupfer und 50 Thei- len Zink bedeutend dunkler ist und ungleich mehr Roth in der Färbung zeigt, als ein aus 80 Theilen Kupfer und 20 Theilen Zink zusammengesetztes Metallgemisch, verdient alle Aufmerksamkeit und entbehrt einer genü- genden Erklärung. Merkwürdig ist das chemisch- elektri- sche Verhalten dieser Legirungen. Alle Legirungen aus Kupfer und Zink, in welchen nicht mehr Zink als 1M. G. desselben mit 1 M.G. Kupfer verbunden ist, scheinen sich gegen Säuren, sowohl für sich als in der galvani- schen Kette, nicht anders zu verhalten als reines Kupfer. Schwerlich hätte man erwarten können, dafs das Zink seinen ausgezeichnet starken elektrisch positiven Charak- ter auch dann noch gänzlich zu verlieren scheint, wenn es nur mit einem gleichen M. G. Kupfer verbunden ist. Nach der gewöhnlichen Annahme hätte die Auflösbarkeit des Zinks in Säuren, durch die Verbindung mit Kupfer, besonders wenn letzteres nicht in gröfserer Menge als in gleichen M. G. beider Metalle vorhanden ist, sogar

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erhöht werden müssen, weil sich das Kupfer in Combi- nation mit dem Zink ausgezeichnet negativ verhält. Aber alle diese Legirungen reagiren gar nicht auf die Kupfer- salze und lösen sich in den Säuren entweder gar nicht, oder gänzlich, aber niemals theilweise auf; sie verhalten sich wie reines Kupfer, und der Zinkgehalt der Legirung bleibt, wenn er auch bis zu 50 Procent steigt, ganz un- thätig.

Unter den Legirungen aus Zink und Kupfer bei de- nen das Zink den vorwaltenden Bestandtheil ausmacht, giebt es keine einzige die hinreichende Festigkeit zur Bearbeitung unter den Walzen und Hämmern besäfse. . Alle Legirungen von 11 M. G. Zink und 10 M.G. Kupfer an, bis zu denen aus 9 M.G. Zink und 1M. G. Kupfer, sind so spröde, dafs sie zum Theil nicht einmal zum Gufs, oder zur Darstellung von gegossenen Waaren- brauchbar sind. Den höchsten Grad der Sprödigkeit besitzen die Gemische aus 13 und aus 2 M. G. Zink zu 1M.G. Kupfer. Diese Gemische haben muschliche Bruchflächen und sehen - Schwefelmetallen ähnlicher als einem Gemisch aus zwei Metallen. Das Kupfer scheint seinen färbenden Einflufs noch bis zu dem Verhältnifs von 1 M.G. zu 11 M.G. Zink zu äufsern; dann aber, und vielleicht noch etwas früher, verschwindet die röthliche Färbung gänzlich und wird durch eine blaugraue verdrängt.

Die Legirungen, in denen das Verhältnifs der glei- chen Mischungsgewichte beider Metalle durch einen grö- fseren Zinkgehalt derselben überschritten ist, verhalten sich ganz anders als die vorigen zu den Säuren und zu den Kupfersalzen. Sie zersetzen die letzteren und än- dern sich dabei ganz in Kupfer um. In den Säuren, in welchen das Kupfer und die Legirungen bis zu gleichem M.G. von Kupfer und Zink nicht aufgelöst werden, lö- sen sich die Legirungen auf, jedoch in dem Verhältnifs langsamer und schwieriger, je gröfser der Kupfergehalt ist. Weil die Legirungen aber auf die Kupfersalze rea-

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giren, so schlagen sie das von den Säuren mit aufge- löste Kupfer wieder nieder. Wenn daher weniger Säure angewendet wird als zur Auflösung der Legirung erfor- derlich ist, oder wenn die Auflösung in einer Säure statt- findet, welche das Kupfer nicht angreift, so giebt im er- sten Fall die Legirung so viel Zink ab, als zum Nieder- schlagen des aufgelösten Kupfers erforderlich ist, und im letzten Fall bleibt der ganze Kupfergehalt der Legirung als ein braunrothes Pulver, ohne metallischen Glanz, so vollständig zurück, dafs sich in der Flüssigkeit keine Spur von Kupfer auffinden läfs. Aus dem Verhalten aller dieser Legirungen läfst sich der Schlufs ziehen, dafs sie wahre chemische Verbindungen und nicht etwa Ge- menge von einer bestimmten Legirung mit dem im Ueber- schufs vorhandenen Metall sind. Alle Gemische, die nur etwas mehr als 1 M.G. Zink zu 1 M.G. Kupfer enthal- ten, würden, wenn sie Gemenge wären, von den Säu- ren, namentlich von der Schwefelsäure und von der Salz- säure, nur theilweise aufgelöst werden können. Die Säu- ren würden den Ueberschufs an Zink auflösen und die nach einem bestimmten Verhältnifs zusammengesetzte, in der Säure unauflösliche Legirung zurücklassen müssen. Eben so würden die Gemische die Kupfersalze nur theil- weise, nämlich in so fern als sie einen Ueberschufs an Zink enthalten, zersetzen können. Aber die Auflösung dort und die Zersetzung hier sind ganz vollständig. Es ist immer merkwürdig, dafs die verdünnte Schwefelsäure, welche das Kupfer gar nicht angreift, eine vollständige Auflösung in Metallmischungen mit Zink bewirkt, in wel- chen über 24 Procent Kupfer enthalten sind. Es ist nicht zweifelhaft, dafs bei der unter dem Namen der Scheidung durch die Quart bewirkten Scheidung des Gol- des vom Silber durch Salptersäure ein ähnliches Ver- halten der Gold- und Silber-Legirungen zur Salpeter- säure statt findet, wie die Legirungen von Kupfer und Zink zur Schwefelsäure darbieten. Dafs dort die Salpe-

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tersäure durch das Gold von der Einwirkung auf das Silber, so wie hier die Schwefelsäure durch das Kupfer von der Einwirkung auf das Zink, auf eine rein mecha- nische.Weise abgehalten würde, wenn die Mischung dort zu wenig Silber und hier zu wenig Zink enthält, ist eine Erklärungsart die jetzt schwerlich mehr befriedigen kann. Die Kupfersalze werden von den Legirungen aus Kupfer und Zink nicht zersetzt, so lange dieselben kei- nen gröfseren Zinkgehalt haben als derjenige ist, welcher den gleichen M.G. beider Metalle entspricht. Aber bei einem nur unbedeutend gröfseren Zinkgehalt tritt sogleich die Reduction der Kupfersalze ein, und diese hört nicht etwa auf, wenn die Legirung einige Zeit lang wirksam gewesen ist, sondern sie schreitet so lange fort bis die Legirung vollständig zerlegt ist. Wäre das Metallgemisch bei diesem Proceis nur durch den überschüssigen Gehalt an Zink wirksam, so würde ein Zeitpunkt eintreten müs- sen, wo die Legirung zu dem Verhältnifs von gleichen M.G. Zink und Kupfer gelangt ist, also zu einem Ver- hältnifs, bei welchem, wenn es ursprünglich vorhanden ist, eine Einwirkung auf die Kupfersalze gar nicht mehr statt findet. Dies Verhalten der Kupfer- und Zink-Le- girungen gab Veranlassung zu der Untersuchung, ob Le- girungen aus anderen Metallen vielleicht ein ähnliches Gesetz befolgen möchten. Es fand sich, dafs Legirungen von Kupfer und Silber die Auflösungen von salpetersau- rem Silberoxyd nicht zersetzen, wenn der Silbergehalt der Legirung etwa 78 Procent oder darüber beträgt. Das ‚Kupfer welches bekanntlich das salpetersaure Silberoxyd mit derselben Heftigkeit zersetzt, mit welcher der Kupfer- vitriol durch Zink zerlegt wird, verhält sich ganz unthä- tig in den Legirungen mit Silber, so lange es nicht in einem gröflseren Verhältnifs als in dem von 22 Procent in der Metallmischung vorhanden ist. Geht der Kupfer- gehalt des Silbers über dies Verhältnifs hinaus, ‚so tritt die Reduction des Silbers aus der salpetersauren Auflö-

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sung sogleich ein, jedoch um so schwieriger und langsa- mer, je ärmer an Kupfer die Legirung ist. Diese wird dabei in derselben Art vollständig zersetzt, in welcher es bei den Legirungen von Kupfer und Zink mit den Kupfersalzen der Fall ist, so dafs das legirte Silber die Zerlegung des salpetersauren Silberoxyds immer noch be- wirkt, wenn die Legirung auch schon ungleich mehr als 78 Procent Silber enthält, in sofern dies Verhältnifs nur kein ursprüngliches gewesen ist. Eine Legirung aus glei- chen Mischungsgewichten Silber und Kupfer besteht aber aus etwa 77,2 Procent Silber und 22,8 Kupfer, so dafs sich die Legirungen aus Silber und Kupfer zu den Sil- bersalzen genau so verhalten, wie die Legirungen aus Zink und Kupfer zu den Kupfersalzen.

Sehr wahrscheinlich wird sich bei allen Verbindun- gen von zwei Metallen, besonders von solchen die in einem starken elektrischen Gegensatz zu einander stehn, allgemein das Verhalten zeigen, dafs das eine Metall in der Legirung, bis zu einem gewissen und bestimmten Mi- schungsverhältnifs, das andere»gegen die Einwirkung der- jenigen Säuren schützt, in denen das eine von beiden nicht auflöslich ist; dafs bei einem jenes Verhältnifs über- steigenden Gehalt des in der Säure auflöslichen Metalls auch das andere von der Säure mit aufgenommen wird, und dafs die Salze welche das negativere Metall mit den Säuren bildet, von dem positiveren Metall in der Legi- rung, bis zu einem gewissen Mischungsverhältnifs mit dem negativen Metall, gar nicht zersetzt werden, dafs aber über dieses Verhältnifs hinaus die Zersetzung der Salze durch das positivere Metall dergestalt eintritt, dafs die Legirung selbst vollständig dabei zerlegt wird.

Auffallend ist der Einflufs den sehr geringe Beimi- schungen von anderen Metallen auf die Festigkeit eines Metalles zu äufsern vermögen. Sehr geringe Beimischun- gen von Kupfer, Blei, Eisen, Quecksilber und Zinn ver- windern die Festigkeit des Zinks in einem mehr oder

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weniger bedeutenden Grade, und beschleunigen oder ver- zögern die Auflösung in Säuren. Sehr wenig Kupfer und sehr wenig Eisen dem Zink beigemischt, beschleunigen die Auflösung. Nächst dem Quecksilber vermindert be- sonders das Blei die Auflösbarkeit des Zinks in verdünn- ter Schwefelsäure. Weil das im Handel vorkommende - Zink fast niemals ganz frei von einem Bleigehalt ist, so eignet sich das ungereinigte Zink zum Volta’schen Appa- rat in der Regel besser als das in Schwefelsäure schnel- ler auflösliche gereinigte Zink.

Herr Ehrenberg sprach über Francis Bauer, den verdienstvollen greisen aber noch thätigen Anatomen und Botaniker in Kew Green bei London, dessen per- sönliche Bekanntschaft er in England gemacht, und theilte die Nachricht mit, dafs einige seiner mühsamern, in der Darstellung wohl unübertroffenen, daher nicht zu ver- vielfältigenden Arbeiten, um sie nur zugänglich zu ma- chen, in den englischen Pfennig-Magazinen nach seinen Manuscripten und Zeichnungen roh mitgetheilt sind. Da- hin gehören besonders die Entwickelung der Waizen- Aelchen im trocknen Waizenkorn. Von solchen Wai- zenkörnern mit Aelchen, welche Herr Ehrenberg von Herrn Bauer erhielt, wurde von ihm eine Partie vorge- zeigt und der Inhalt unter dem Mikroskop anschaulich gemacht. In den acht Jahre alten Körnern waren die Aelchen, obwohl nicht mehr lebend, doch noch deutlich sichtbar.

Sodann zeigte Derselbe eine aus zum Theil noch lebenden Süfswasser -Infusorien bestehende Erde aus Eng- land bei Newcastle, sprach über deren Verhältnils zu der bei Berlin vorgekommenen, und schlofs mit Vorzei- gen einer ähnlichen Erde aus Seethierchen, welche bei Gravesand in den Niederungen an der Themse von ihm beobachtet wurden.

Herr Prof. Poggendorff sprach über die von ihm beobachteten Magnetisirungs - Erscheinungen.

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Wenn zwei elektrische Ströme von gleicher Inten- sität und paralleler, aber entgegengesetzter Richtung, mittelst eines Multiplicators mit doppelten Drahtwindun- gen, gleichzeitig auf eine Magnetnadel einwirken, so fin- det, sowohl der Theorie, als der Erfahrung nach, eine vollkommene Aufhebung derselben statt, und es tritt demnach keine Ablenkung der Nadel ein. Läfst man dagegen zwei solche gleich starke und entgegengesetzt gerichtete Ströme abwechselnd und in rascher Auf- einanderfolge durch einen und denselben Draht gehen, ‘so findet merkwürdigerweise eine sehr bedeutende Ein- wirkung auf die Magnetnadel statt, die, aufser mehrern Umständen, namentlich von der ursprünglichen Lage der Nadel abhängt. Wich nämlich der Nordpol der Nadel, vor der Einwirkung der Ströme, nur etwa 10° nach Osten ab, so wird die Ableitung nach dieser Seite hin vergröfsert; war dagegen derselbe Pol zuvor um etwa dieselbe Gröfse nach Westen abgelenkt, so erfolgt eine weitere Abweichung auch nach dieser Seite hin. Nur wenn die Nadel, vor der Einwirkung der Ströme, den Drahtwindungen parallel lag, sind die abwechselden Strö- me, wie die gleichzeitigen, ohne Wirkung auf die Nadel.

Durch eine zahlreiche Reihe von Versuchen hat Herr P. gefunden, dafs die Ursache dieser räthselhaften Erscheinung in einer vorübergehenden Magnetisi- rung der Magnetnadel abseiten der elektrischen Ströme zu suchen sei. Ist nämlich ein elektrischer Strom stark genug um eine Stahl- oder Eisennadel zu magnetisiren, so geschieht diese Magnetisirung erfahrungsgemäls immer in Uebereinstimmung mit der Ablenkung, welche er ihr nach der Magnetisirung zu geben trachtet, oder, wenn die Nadel schon vorher mit Magnetismus begabt war, in Uebereinstimmung mit der Ablenkung, welche er vorher bereits gegeben hatte. Dem zufolge werden die Ströme der einen Richtung, welche, für sich wirkend, den Nord- pol der Nadel z. B. nach der Rechten führen würden,

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diesen Pol um eine gewisse Gröfse verstärken, wenn die Nadel ursprünglich nach der Rechten abgelenkt war, die Ströme der andern Richtung aber, welche für sich den- selben Pol nach der Linken führen würden, um dieselbe Gröfse schwächen; oder anders gesagt, es werden die ersteren Ströme an dem Nordende der Nadel einen neuen Nordpol, und die letzteren Ströme einen eben so starken Südpol erzeugen. Die Wirkung, welche die Ströme von beiderlei Richtungen auf den schon vor- handenen Nordpol ausüben, ist entgegengesetzter Art, und wird daher, bei einer raschen Folge und kurzen Dauer dieser Ströme, vollkommen aufgehoben. Dagegen ist die Wirkung, welche die Ströme der einen Richtung auf den durch: sie hervorgerufenen Nordpol ausüben, von glei- cher Art wie der, welche die Ströme von der entgegen- gesetzten Richtung auf den durch sie erzeugten Südpol hervorbringen. Dasselbe findet statt, wenn die Nadel ursprünglich nach der Linken abgelenkt war, nur werden dann die ersteren Ströme einen Südpol und die letzte- ren einen Nordpol erzeugen. In beiden Fällen werden sich also die secundären Wirkungen addiren, d. h. Ab- lenkungen der Nadel im Sinne der ursprünglichen erfol- gen. Hatte die Nadel keine ursprüngliche Ablenkung, lag sie den Drahtwindungen parallel, so erfolgt keine Magnetisirung, weil zu dieser immer ein gewisser Win- kel der Nadel mit der Stromrichtung nöthig ist. Dann fallen die secundären Wirkungen fort, und bleiben nur die primären, die auf die ursprüngliche Polarität der Nadel, und da diese einander aufheben, so bewirkt die Reihe der abwechselnd entgegengesetzien Ströme von gleicher Intensität keine Ablenkung der Nadel. Dies in Kurzem die Theorie des Phänomens der doppelsinnigen Ablenkung.

Herr P. beobachtete das Phänomen zunächst an magneto-elektrischen Strömen, als er die Drahtenden eines Multiplicators in die Quecksilberbehälter einer Sax-

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ton’schen Maschine tauchte, mit welchen die Enden des um den rotirenden Anker gewickelten Drahts durch Kupferscheiben auf eine stetige Weise verbunden waren. Man erhält dann bekanntlich ohne Weiteres in dem Mul- tiplictordraht eine Reihe abwechselnd entgegengesetzter und gleich starker Ströme.

Um der in neuerer Zeit von einem ausgezeichneten Physiker aufgestellten Ansicht von einer specifischen Ver- schiedenheit der magneto-elektrischen und Volta’schen Ströme zuvorzukommen, suchte Herr P. indefs auch spä- terhin die Erscheinung mittelst der letzteren Ströme her- vorzubringen. Zu dem Ende liefs er ein kleines Instru- ment anfertigen, welches den Strom der Volta’schen Kette mindestens eben so rasch umzukehren erlaubte, als es bei dem Spiel der Saxton’schen Maschine mit den ma- gneto-elektrischen Strömen der Fall ist; der Erfolg ent- sprach ganz der Erwartung. Als er nämlich mittelst die- ses Instruments, welches er passend mit dem Namen Inversor glaubte belegen zu müssen, und bei dieser Gelegenheit der Gesellschaft vorzeigte, den Strom einer grofsplattigen einfachen Volta’schen Kette etwa 20 Mal in einer Sekunde umkehrte, erhielt er bei Wirkung auf die Doppelnadel eines Multiplicators ganz dieselben Er- scheinungen wie mit den magneto-elektrischen Strömen.

Auch die Wirkung zweier Magnete auf einander giebt zu derselben Erscheinung Anlals. Hängt man nämlich den einen in horizontaler Lage auf, und läfst den an- dern um eine gegen seine Längenrichtung winkelrechte Axe in einer vertikalen Ebene rotiren, so dafs seine Pole einer nach dem andern in einigem Abstande neben den Polen des ersteren Magneten vorbeigehen müssen, so üben, nachdem die Rotation einen hinreichenden Grad von Geschwindigkeit erreicht hat, beide Magnete unter allen Verhältnissen immer eine Anziehung auf einan- der aus. Der Grund ist auch hier einfach der, dafs die primären Wirkungen der beiden Pole des rotirenden‘

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Magneten auf einen jeden des hängenden von entgegen- gesetzter Art sind, mithin bei der raschen Aufeinander- folge einander vernichten, während die secundären, auf gegenseitiger Magnetisirung beruhenden Wirkungen bei beiden Polen von gleicher, nämlich anziehender Art sind, und daher einander unterstützen.

Herr Gurlt zeigte lebende Räude- oder Krätzmil- ben von Pferden unter dem Mikroskop, beide Geschlech- ter in der Begattung.

Versammlung am 18ten December.

Herr Weifs übergab die von Herrn Bergrath Schü- ler, jetzt in Bucharest, herausgegebene Bee clraihine der Wirkungen des dortigen Erdbebens vom 23sten Januar 1838, a legte sodann der Gesellschaft Zeichnungen von Thierfährten vor, welche denen des Cheirotherium von Hildburghausen vollkommen gleich, in England, und zwar in einem Steinbruch des Storeton-hill bei Bebbing- ton in Cheshire, im dortigen new red sandstone gefun- den worden sind.

Herr Karsten hielt über die Reduction der Eisen- erze in den Schachtöfen bei heifsem und kaltem Winde und bei rohem und verkohltem Brennmaterial folgenden Vortrag.

Die sehr bedeutende Ersparung an Brennmaterial, welche in den Schachtöfen durch die Einführung des er- hitzten Windes bewirkt worden ist, hat den Physikern und Metallurgen schon vielfach Veranlassung gegeben, die Ursache eines Erfolges zu ermitteln, der, durch die Theorie nicht vorhergesehen, sogar im Widerspruch mit der Erfahrung zu stehen schien, die man auf den Eisen- ‚hüttenwerken gemacht hatte. Diese Erfahrung besteht darin, dafs der Gang der Hohöfen in heifsen Sommer- tagen immer unvollkommener ist als in Tagen von mitt-

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lerer Temperatur, und dafs Reduction, Schmelzung und Absonderung des Roheisens von der Schlacke an kalten und heiteren Wintertagen am vollständigsten erfolgen. Seitdem die unerwartet günstigen Wirkungen der erhitz- ten Gebläseluft allgemein bekannt geworden sind, hat man angefangen, jene Erfahrung für einen Irrthum zu erklären. Man hat sich für berechtigt gehalten, auf den Grund einer neuen Erfahrung, die mit jener ersten nicht vereinbar zu sein schien, die ältere gänzlich abzuläug- nen, statt dafs man hätte bemüht sein sollen, die Ursa- che des scheinbaren Widerspruchs zu erforschen. Wenn man aus der früheren Erfahrung den Schlufs zog, dafs den Ofenschächten die Gebläseluft in einer möglichst nie- drigen Temperatur zugeführt werden müsse, damit sie den gröfsten und vortheilhaftesten Effekt leisten könne, so ist die Unrichtigkeit dieser Folgerung jetzt vollständig erwiesen. Daraus ergiebt sich aber nicht die Unrichtig- keit der Erfahrung selbst, welche keinem aufmerksamen praktischen Metallurgen entgangen ist, sondern es folgt nur daraus, dafs es nicht die thermometrische Beschaf- fenheit der atmosphärischen Luft, wie man zu vor- eilig geschlossen hat, sondern irgend ein anderer Zu- stand der Atmosphäre gewesen ist, der auf den Redu- etions- und Verbrennungs - Procels einen wesentlichen Einflufs ausübte. Dieser Zustand ist, so weit unsere jetzigen Kenntnisse reichen, der elektrische, und die auf- fallende Erschwerung des Verbrennungsprocesses in den Ofenschächten an schwülen und drückenden Sommerta- gen ist daher kein Wärme- sondern wahrscheinlich ein elektrisches Phänomen. Die Thatsache selbst ist unbe- streitbar und durch die sorgfältigen und aufmerksamen Beobachtungen der Metallurgen vollständig ermittelt; der Grund aber weshalb bei einem gewissen elektrischen Zu- stande der Atınosphäre der Reductions- und Verbren- nungsprocefs erschwert und verzögert werden, noch völ- lig unbekannt. Jener elektrische die Verbrennung ver-

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zögernde Zustand der Luft scheint mit der dieselbe be- fördernden Wirkung der Wärme geradezu im Gegensatz zu stehen, denn die Erscheinungen welche der Betrieb der Hohöfen mit Luft von atmosphärischer Temperatur bei einem stark elektrischen und bei einem nicht elek- trischen Zustande der Atmosphäre darbietet, stehen ge- nau in demselben Verhältnifs zu einander wie die Er- scheinungen beim Betriebe der Oefen mit kalter und mit erhitzter Gebläseluft. Dafs dieser elektrische Einflufs durch Erhitzung der Luft zerstört wird, scheint nicht un- wahrscheinlich, und dann würde zu den Vortheilen, wel- che die Erhitzung des Windes gewährt, auch noch der hinzutreten, dafs dadurch der störende elektrische Ein- fluls der atmosphärischen Luft vernichtet wird. Es scheint daher, dafs diese ältere Erfahrung, weit entfernt im Wi- derspruch mit der neueren Erfahrung über den günsti- gen Erfolg des erhitzten Windes zu stehen, nur dazu geeignet ist, sich über die Ursache dieses günstigen Fr- folges einen näheren Aufschlufs zu verschaffen.

Kaum glaubte man sich über die Gründe verstän- digt zu haben, aus welchen die Anwendung der erhitz- ten Luft eine Ersparung an Brennmaterial in den Ofen- schächten bewirken müsse, als eine neue Erfahrung ge- macht ward, die für die metallurgischen Processe von nicht geringerer Wichtigkeit zu werden verspricht, näm- lich die aufserordentliche Ersparung an Brennmaterial durch die Anwendung desselben im rohen oder auch im nicht völlig verbhli Zustande. Hier schien der Grund des Erfolges weit näher zu liegen, denn man durfte nur auf die Brennkraft der flüchtigen Verbindungen verwei- sen, welche bei dem Verkohlungsprocefs entweichen und ganz verloren gehen, aber zur Benutzung kommen, wenn die Verkohlung im Schacht des Ofens selbst erfolgt. Es ist schon in den beiden vorhergehenden Aufsätzen ge- zeigt worden, dafs die flüchtigen Verbindungen an dem Verbrennungsprocefs durch die Gebläseluft keinen An-

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theil nehmen können, weil sie in der oberen Region des Schachtes entwickelt werden, in welcher kein freier Sauer- stoff aus der in den Ofen gebrachten atmosphärischen Luft mehr vorhanden ist; dafs sie aber auch auf den ge- bundenen Sauerstoff im Eisenerz nicht einwirken können, weil die Reduction des oxydirten Eisens in der Tempe- ratur, bei welcher jene flüchtigen Verbindungen entwik- kelt werden, noch nicht erfolgt. Statt den Aufwand an Brennmaterial zu vermindern, würde die Entwicklung der flüchtigen Bestandtheile in den ÖOfenschächten also gerade umgekehrt eine Vermehrung des Brennmaterialien- verbrauchs zur Folge haben müssen, weil die Entmischung des rohen Brennmaterials nicht ohne einen sehr bedeu- tenden Aufwand von Wärme bewirkt werden kann, wel- cher bei dem Verkohlungsprocefs entweder durch einen Theil des Brennmaterials selbst, oder durch eine ange- wendete äufsere Erhitzung bestritten werden mufs. An- gemessener war daher die Annahme, dafs die Ersparung an Brennmaterial durch die Anwendung unverkohlter - brennbarer Körper dadurch herbeigeführt werde, dals sich bei dem gewöhnlichen Verkohlungsprocefs Verbin- dungen bilden, in deren Mischung eine grölsere Menge von Kohlenstoff eingeht, als bei den durch die Verkoh- ‚Jung im Ofenschacht sich erzeugenden Verbindungen; dafs also im letzten Fall mehr darstellbare Kohle zurück- bleibt und dafs diese gröfsere Menge der darstellbaren Kohle beim Verbrennen eine so viel gröfsere Wärme- menge entwickelt, dafs dadurch nicht allein die zur Ver- flüchtigung der sich bildenden flüchtigen Verbindungen erforderliche Wärme herbeigeschafft werden kann, son- dern dafs auch noch ein Ueberschuls an Wärme ent- steht, durch welchen die Ersparung an Brennmaterial bewirkt wird. Es ist kaum zu bezweifeln, dafs dieser Erfolg auch wirklich eintritt und dafs darauf besonders bei der Anwendung des halbverkohlten Holzes ein gro- fser Werth gelegt werden mufs. Allein dieses Verhalten

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der brennbaren Körper bei der Verkohlung wird immer die aufserordentlich grofse Verschiedenheit.im Effekt bei den rohen und verkohlten Brennmaterialien, besonders bei den rohen Steinkohlen und bei den daraus darge- stellten Koaks, nicht erklären können, sondern es müs- sen nothwendig noch andere Gründe vorhanden sein, augwelchen der Effekt des nicht verkohlten Brennmate- rials in den Ofenschächten in einem so bedeutenden Grade gesteigert wird. Vielleicht wird man zu einer klareren Einsicht darüber gelangen, wenn man sich zuvor über die Wirkungsart der erhitzten Gebläseluft Rechenschaft gegeben haben wird.

Bei der jetzt erwiesenen Ersparung an Bremmmate- rial, die aus der Anwendung des erhitzten Windes ent- springt, kommt es darauf an, den Zusammenhang nach- zuweisen, in welchem diese Ersparung mit den verän- derten Erscheinungen steht, die der Betrieb der Oefen mit kalter und mit erhitzter Luft darbietet. Dieser auf- fallende‘ Unterschied im Gange der Oefen mit erhitzter oder mit nicht erhitzter Luft besteht aber darin, dafs die Temperatur in dem eigentlichen Schmelzraume des Ofens, unmittelbar vor den Formen, durch die Anwendung des erhitzten Windes sehr beträchtlich gesteigert wird, und dafs mit dieser Erhöhung der Temperatur eine Zunahme der Hitze in den oberen Theilen des Ofens nicht ver- bunden ist, während bei kaltem Winde eine zunehmende stärkere Erhitzung im Schmelzraum nicht auf diesen allein beschränkt bleibt, sondern die Wärmezunahme in dem ganzen Ofenschacht auffallend bemerkbar wird. Offen- bar kann nur in dem Zusammenhange dieser Erscheinun- gen die Ursache dieses gröfseren Effekts der erhitzten Gebläseluft aufgesucht werden. Wenn bei der Anwen- dung von Gebläseluft von der gewöhnlichen Temperatur der Atmosphäre, an drückend heissen Gewittertagen, keine vollständige Scheidung des Eisens von der Schlacke vor den Formen im Ofengestell erfolgen will, und wenn

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dabei jede Verstärkung des Windes zur Hervorbringung einer gröfseren Hitze im Gestell erfolglos bleibt, so nimmt die Hitze im Schacht des Ofens nicht allein nicht ab, sondern sie wird vielmehr zu einem solchen Grade gesteigert, dafs aus der Gichtenflamme auf einen recht gaaren Gang des Ofens geschlossen werden mülste. Die- ser findet auch in der That statt, allein das Eisen bleibt weils und matt und scheidet sich, wegen unzureichender Hitze vor den Formen, nicht vollständig von der Schlacke, so dafs, ungeachtet der vollständigen Reduction des Er- zes, ein geringes Ausbringen an Roheisen aus dem Erz und ein grolser Aufwand an Brennmaterial die Folgen eines. solchen Betriebes sind. Dieser Erfolg scheint den Schlüssel zur Erklärung der verschiedenartigen Wirkung des heifsen und des kalten Windes zu enthalten. Es kommt dabei weniger darauf an, sich Rechenschaft dar- über zu geben, warum der Verbrennungsprocefs durch heifse Luft in einem höheren Grade befördert wird als durch kalte, sondern vielmehr darauf, den Zusammenhang der weniger lebhaften Verbrennung vor den Formen mit der stärkeren Erhitzung des Ofenschachtes und mit dem damit in Verbindung stehenden gröfseren Verbrauch an Brennmaterial zu erklären. Die Herren Buff und Ber- thier haben schon längst gezeigt, dafs es in der Eigen- schaft der erhitzten Luft selbst liegen müsse, welshalb durch sie die Verbrennung lebhafter und vollständiger als durch kalte Luft erfolgt,.eine Eigenschaft die sich auch bei der Luft von atımosphärischer Temperatur in ihrem elektrischen oder nicht elektrischen Zustande zu erkennen giebt; allein die mehr oder minder grofse Leb- haftigkeit des Verbrennungsprocesses würde an sich die mit der ersteren in Verbindung stehende Ersparung an Brennmaterial nicht vollständig erklären können, weil in allen Fällen der Sauerstoff der Gebläseluft vollständig consumirt wird, also die Quantität der beim Verbrennen sich entwickelnden Hitze immer dieselbe bleiben mufs.

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Bei dem Vortrage über die Dimensionen der Schächte und Schmelzräume, besonders bei den Eisenhohöfen, hat sich mir, sowohl im Handbuch der Eisenhüttenkunde als in meinem System der Metallurgie, oft genug Veranlas- sung dargeboten, auf die Erscheinungen bei der Reduc- tion und Schmelzung der Erze aufmerksam zu machen. In jedem Schachtofen wird der Reductions- und Schmelz- procefs auf die Weise unterhalten, dafs abwechselnde Schichten von Brennmaterial und von dem zu verschmel- zenden Haufwerk nach und nach vor der Form nieder- sinken. Dort findet der höchste Grad der Hitze im Ofen statt, welche sich im stets abnehmenden Verhältnifs bis zur Gicht des Ofens vermindert, obgleich die Gichthöhe selbst, wegen der Berührung mit der Atmosphäre die dort den Procefs des Verbrennens unterhält, nicht im- mer der kälteste Theil des Schachtes ist. Es ist noth- wendig, das Brennmaterial und. das Erz schichtenweise, und nicht mit einander gemengt, im Ofenschacht nieder- gehen zu lassen. Durch das Vermengen würde sich die Hitze sehr unregelmäfsig im Schacht verbreiten und diese Verbreitung würde von dem zufälligen Umstande abhän- gig sein, ob sich auf einzelnen Punkten mehr Brennma- terial oder mehr Erz angehäuft habe, wogegen bei einer regelmäfsigen Schichtung Reduction und Erhitzung, bis zum beginnenden Schmelzen oberhalb der Form, stufen- weise fortschreiten. Man hat zwar behauptet, dafs in solchen Fällen, wo nicht blofs eine Schmelzung sondern auch eine Reduction stattfinden soll, die letztere durch eine vollständigere Berührung des Erzes mit dem brenn- baren Körper befördert werde, und aus diesem Grunde die Rathsamkeit einer Vermengung beider Körper gefol- gert; allein es ist bekannt, dafs die Reduction nur auf der Oberfläche eines Körpers eingeleitet werden darf, und dafs sie sich bis in das Innere desselben fortpflanzt, ohne dafs dort eine unmittelbare Berührung mit dem re- ducirenden Körper nöthig wäre. Herr le Play hat zwar

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erst kürzlich wiederholt auf die reducirende Wirkung des Kohlenoxydgases aufmerksam gemacht; er hat ge- zeigt, dafs oxydirtes Eisen, unter Umständen bei denen es mit der Kohle gar nicht in Berührung kam, in einem verschlossenen Gefäfs in welchem sich nur etwas atmo- sphärische Luft befand, in einer angemessenen Tempe- ratur reducirt ward, und daraus mit Recht geschlossen, dafs die Reduction dadurch bewirkt worden sein müsse, dafs das aus der Einwirkung der in dem Gefäls einge- schlossenen atmosphärischen Luft auf die glühende Kohle gebildete Kohlenoxydgas dem Eisenoxyd Sauerstoff ent- zogen habe und selbst dabei in kohlensaures Gas umge- ändert worden sei, welches dann abermals durch Auf- nahme von Kohle zu Kohlenoxydgas verändert worden und dafs diese Umänderung in Kohlenoxydgas und in Kohlensäure durch wechselsweise Aufnahme von Kohle oder von Sauerstoff bis zur vollständigen Verbrennung der Kohle, oder bis zur völligen Reduction des Eisen- oxyds fortgesetzt werde; allein auf solche Weise wird das oxydirte Eisen in den Ofenschächten unbezweifelt nicht reducirt, indem das aus der Einwirkung des koh- lensauren Gases auf die glühenden Kohlen im Ofen- schacht sich bildende Kohlenoxydgas zu schnell aus der Gicht des Ofens zu entweichen Gelegenheit findet, das oxydirte Eisen auch überall mit glühenden Kohlen um- geben ist, durch welche die Reduction unmittelbar ein- geleitet werden kann, ohne dafs es dazu erst der Zer- setzung eines Gases bedürfte, die aufserdem unter Um- ständen erfolgen müfste, unter welchen mehr die Bildung als die Zerlegung desselben veranlafst wird.

Das Niedersinken des Brennmaterials mit dem Erz in abgesonderten Schichten verzögert also die Reduc- tion nicht, trägt aber zur gleichmäfsigen Verbreitung der Hitze von der Form bis zur Gicht ganz wesentlich bei. Diese regelmälsige Zunahme der Temperatur ist es, wo- durch das gleichmäfsige Niedersinken der Schichten, wel-

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ches man einen guten Gang des Ofens nennt, herbeige- führt wird. Verbreitet sich die Hitze durch irgend eine Veranlassung unregelmäfsig, so entsteht die Erscheinung, welche man das Hängenbleiben oder das Kippen der Gichten genannt hat. Es kann sich dabei an einzelnen Stellen eine sehr starke Hitze entwickeln, die aber nur für die Wände des Schachtes nachtheilig wird und nicht hinreicht, die zusammengehäuften Massen des zu ver- schmelzenden Haufwerks in Flufs zu bringen. Mit der gröfseren Höhe und mit dem gröfseren räumlichen Inhalt des Schachtes wächst dann die Gefahr, des Erstickens, indem die nicht hinreichend zu erhitzenden zusammenge- sinterten Massen zu erstarren anfangen, und das regel- mäfsige Niedergehen der Kohlen in den Schmelzraum, folglich die Entwickelung der Hitze und deren Verbrei- tung, verhindern. Man kann annehmen, dafs die ganze Quantität des Sauerstoffs der ‘atmosphärischen Luft, wel- che durch die Form in.den ‚Ofen strömt, bei dem gün- stigsten Gange des Ofens durch diejenige Kohlengicht absorbirt wird, welche sich gerade vor oder über der Form im Schmelzraum befindet. Die zunächst nach oben folgenden Gichten werden also nicht mehr durch das unmittelbare Verbrennen des Brennmaterials durch den Sauerstoff der Gebläseluft erhitzt werden können, weil derselbe schon vollständig absorbirt sein mufs, sondern, die Erhitzung dieser Gichten wird nur durch die glühen- den Gasarten erfolgen, welche sich als das Resultat des Verbrennungsprocesses im Schmelzraum entwickeln und aus der Gicht des Schachtes ausströmen. Es sind also die im Schmelzraum gebildeten glühenden Gasarten, wel- che, indem sie ihre Wärme an die Schichten von Brenn- material und Erz absetzen, durch welche sie sich einen Weg bahnen müssen, sehr wesentlich dazu beitragen, die Reduction und die Schmelzung der Erzgichten vor- zubereiten. Die Reduction mufs schon vollendet sein, ehe die Erzgichten den Schmelzraum erreichen, weil sonst

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ein Theil des Erzes unreducirt mit in die Schlacke über- gehen würde. Die glühenden Gasarten werden folglich eine eben so grofse Quantität Brennmaterial ersetzen, als erforderlich sein würde, um durch den Verbrennungs- procefs so viel Hitze zu entwickeln, als die Gasarten an die Erz- und Kohlengichten abgeben.

Wenn der hier dargestellte und schon vor mehreren Jahren wiederholt vorgetragene Vorgang bei dem Re- ductions- und Schmelzprocels in den Schachtöfen der richtige ist, so wird es noch nöthig sein auf die Pro- ducte der Verbrennung selbst einen Blick zu werfen. Im Schmelzraum, nämlich vor den Formen, kann sich wegen des vorhandenen freien Sauerstoffs nur kohlen- saures Gas erzeugen. Dieses Gas sowohl als das un- zersetzt bleibende Stickgas der Gebläseluft, befinden sich in einem so hohen Grade der Temperatur, dafs sie die zunächst über dem Schmelzraum befindlichen Gichten noch in Weifsglühhitze versetzen, und dafs daher, in einer so geringen Höhe über der Form, die Bildung des Kohlenoxydgases durch die Einwirkung der im Schmelz- raum gebildeten Kohlensäure auf die weilsglühenden Koh- len eben so wenig erfolgt, als durch-die Reduction der noch unreducirt gebliebenen Antheile des Eisenerzes. Je mehr aber die Entfernung von der Form zunimmt und je mehr Wärme die glühenden Gasarten folglich schon an die Schichten abgesetzt haben, in denen sie aufstei- gen, desto mehr wird die Bildung des Kohlenoxydgases befördert. Zum Theil wird sich allerdings die aus den tieferen Schichten nach oben entweichende Kohlensäure, durch Aufnahme von Kohle aus den nur noch rothglü- henden Schichten des Brennmaterials, etwa in der Höhe des Kohlensacks und unmittelbar über demselben, in Kohlenoxydgas umändern; allein die eigentliche Quelle für die Bildung dieses Gases ist in der Reduction des oxydirten Erzes durch die rothglühende Kohle zu su- chen, und die Menge des sich bildenden Kohlenoxyds

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wird um so gröfser sein, je weiter, bis zur Ofengicht hinauf, durch die Temperatur in den oberen Theilen des Schachtes, die Reduction des Erzes noch erfolgen kann. Es ist aber einleuchtend, dafs zur Reduction eines Oxyds gerade noch einmal so viel Kohle erforderlich ist, wenn die Reduction unter Umständen erfolgt, wel- che die Bildung von Kohlenoxydgas veranlassen, als wenn sie unter Umständen stattfindet, welche die Bildung von Kohlensäure begünstigen. Kaum kann es daher zweifel- haft sein, dafs die zur Reduction des Oxyds in den Ofenschächten erforderliche Quantität Kohle vorzugs- weise von dem Verhältnifs abhängig bleibt, in welchem sich kohlensaures Gas oder Kohlenoxydgas bilden. Bei einem regelmäfsigen Gange des Ofens verändern sich diese Umstände nicht und der Aufwand an Brennmaterial bleibt ‚daher unverändert. Gäbe es ein Mittel die Bildung des Kohlenoxydgases zu verhindern, so würde dies zugleich das Mittel sein, die Reduction des Erzes mit einem Brennmaterial- Aufwande zu bewerkstelligen, welcher der möglichst geringste sein würde. Herr Berthier hat kürz- lich (Ann. des mines XII. 715.) wieder darauf aufmerk- - sam gemacht, dafs Herr Aubertot schon im Jahre 1814 die Benutzung der aus der Gicht des Hohenofens ent- weichenden Gasarten, wegen der grofsen Quantität Brenn- stoff welche sie enthalten, dringend empfohlen habe, und dafs das Kohlenoxydgas es eigentlich sei, auf dessen Be- nutzung es ankomme; dafs aber die Annahme von einer reducirenden Wirkung dieser Gasart während ihrer Bil- dung im Ofenschacht unstatthaft sei; und darin stimme ich ihm gänzlich bei. Die Frage über die Benutzung des gebildeten Gases ist indefs eine andere, als die über die Mittel, durch welche die Bildung desselben, wenn auch nicht gänzlich zu verhindern, doch wenigstens nach Mög- lichkeit zu beschränken sein möchte. Eine nähere Be- leuchtung derselben wird vielleicht mit besserem Erfolg geschehen können, wenn zuvor der umgekehrte Fall be-

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trachtet und die Verhältnisse untersucht werden, unter denen die Bildung dieses Gases im Ofenschacht beför- dert wird.

Wenn durch eine besondere Constitution der atmo- sphärischen Luft, durch welche der Verbrennungsprocefs erschwert wird, oder durch weite Schmelzräume in de- nen der Wind aus dem Gebläse nicht mehr concentrirt - zusammengehalten werden kann, oder durch einen be- sonderen Umstand, welcher das Entweichen der Gasar- ten aus dem Schmelzraum entweder zu sehr beschleu- nigt, oder zu sehr verzögert, der regelmäfsige Gang der Schmelzarbeit unterbrochen wird: so beschränkt sich die Einwirkung der in den Schmelzraum geführten Gebläse- luft nicht auf die so eben niedergehende Kohlengicht, sondern ein mehr oder minder beträchtlicher Antheil der- selben tritt unzerlegt in die nächst höheren Schichten. Der Erfolg dieses Verhaltens wird darin bestehen, dafs denjenigen Schichten des Brennmaterials, welche nur durch glühende und von Sauerstoff ganz befreite Gasar- ten erhitzt werden sollten, noch freier Sauerstoff zuge- führt, dafs also die Verbrennung des Brennmaterials durch ungebundenen Sauerstoff und nicht durch den gebunde- nen Sauerstoff des zu reducirenden Erzes bewerkstelligt wird. Abgesehen davon, dafs der eigentliche Schmelz- raum nun nicht mehr gehörig erhitzt, also die Scheidung des reducirten Metalles von der Schlacke nur unvoll- ständig bewirkt werden kann, wird sich auch die Wir- kung des freien Sauerstoffs der Gebläseluft noch in den höheren Theilen des Ofenschachtes geltend machen. Statt einer progressiv nach oben abnehmenden Hitze werden die Schichten des Brennmaterials in den oberen Schacht- höhen keiner bedeutend geringeren Temperatur ausgesetzt sein, als die tieferen Schichten, obgleich die Hitze im Schacht im Allgemeinen aus dem Grunde geringer sein kann, wie bei dem vorhin betrachteten regelmäfsigen Ofengange, weil der Procefs der Verbrennung sich auf

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einen weit gröfseren Raum erstreckt und durch den Ver- brennungsprocefs noch Glühhitze in denjenigen Schacht- höhen, mindestens auf einigen Punkten in diesen Höhen, entwickelt wird, in welchen die Temperatur bei einem regelmäfsigen Gange schon so gesunken ist, dafs sie zur Reduction des Erzes nicht mehr zureicht. Die verschie- denen Schichten des Brennmaterials im Ofenschacht be- finden sich also in Verhältnissen, durch welche die Bil- dung des Kohlenoxydgases, theils durch die Reduction des Erzes, theils durch die Höhe der Säule in welcher das beim Verbrennen entwickelte kohlensaure Gas auf- steigen mufs, ganz besonders begünstigt wird. Es wird folglich bei einem unregelmäfsigen Gange des Ofens mehr Kohlenoxydgas und weniger kohlensaures Gas als bei einem regelmäfsigen Betriebe gebildet werden müssen.

Die Anwendung des hier dargestellten Erfolges auf die Wirkung der heifsen Gebläseluft ist ganz einfach und liegt sehr nahe. Die erhitzte Luft beschleunigt mehr als die kalte den Procefs des Verbrennens; es werden also bei der Anwendung des heifsen Windes diejenigen Erfolge vorzugsweise eintreten, welche so eben bei Be- trachtung eines regelmäfsigen Ofenganges dargestellt wor- den sind, nur dafs sie sich in einem noch höheren Grade durch bedeutende Erhöhung der Temperatur im Schmelz- raum und durch schnellere-Abnahme derselben im Schacht des Ofens zu erkennen geben müssen. Die Bedingun- gen zur Bildung des Kohlenoxydgases werden eben da- durch vermindert, und es mufs sich bei heifsem Winde mehr kohlensaures Gas und weniger Kohlenoxydgas als bei kaltem Winde bilden, woraus sich dann der gerin- gere Verbrauch an Brennmaterial bei der Anwendung der erhitzten Luft ebenfalls erklärt. Dafs aber auch bei der Anwendung der nicht erhitzten Gebläseluft eine stär- kere Pressung des Windes und engere Dimensionen des Schmelzraums eine Ersparung an Brennmaterial zur Folge haben müssen, beruht auf denselben Gründen.

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Der mehr oder weniger vollkommene Verbrennungs- procels im Schmelzraum ist von dem Umstande: ob das Brennmaterial im verkohlten oder im unverkohlten Zu- stande angewendet wird, völlig unabhängig, indem die Verkohlung im Ofenschacht schon früher erfolgt, ehe das Brennmaterial den Schmelzraum erreicht. Aber durch die Anwendung des nicht verkohlten Brennmaterials wird, durch die starke Dampfentwickelung bei dem Procefs der Verkohlung im Ofenschacht, eine Quantität Wärme ge- bunden, welche bei der Anwendung des verkohlten Brenn- materials zur Erhitzung der oberen Erz- und Kohlen- schichten verwendet worden sein würde. Die Folge da- von wird eine stärkere Abkühlung des Schachtes in dem zwischen der Gicht und der Rast befindlichen Theil des- selben sein, so dafs die Reduction des Erzes im Ofen- schacht, bei der Anwendung des nicht verkohlten Brenn- materials, in tieferen Schichten, dann aber auch bei ungleich höheren Temperaturgraden erfolgt. Dies sind diejenigen Umstände unter welchen sich vor- zugsweise kohlensaures Gas und nicht Kohlenoxydgas bei der Reduction des Eisenoxyds bildet. Nächstdem wird aber auch die Höhe der rothglühenden Säule, in welcher das aus den tieferen Schichten und besonders aus dem Schmelzraum entwickelte kohlensaure Gas in die Höhe steigen mufs, bedeutend verringert und das kohlensaure Gas gelangt sehr bald in so stark abgekühlte Schichten, dafs die Umänderung desselben in Kohlenoxydgas nicht mehr erfolgen kann.

Läfst sich aus dieser einfachen Betrachtung der Grund der bedeutenden Ersparung an Brennmaterial durch die Anwendung desselben im nicht verkohlten Zustande sehr klar und ungezwungen, und ganz in Uebereinstimmung mit den Erscheinungen entnehmen, welche der Betrieb der Oefen mit verkohltem und mit nicht verkohltem Brennmaterial darbietet: so würde daraus die Folgerung gezogen werden müssen, dafs sich durch die Anwendung

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des lufttrocknen Holzes eine ungleich gröfsere Ersparung an Brennmaterial bewirken lassen müsse, als durch die Anwendung des halbverkohlten Holzes. Ohne Zweifel wird aber die Abkühlung der Schächte im ersten Fall in einem zu hohen Grade bewirkt, so dafs das Erz zu spät zur Reduction gelangt. Nächstdem sind die mecha- nischen Hindernisse zu berücksichtigen, welche durch das starke Schwinden des lufttrocknen Holzes beim Verkoh- len herbeigeführt werden, indem dadurch Veranlassung zum Durchrollen der Erze und zum Kippen der Gichten gegeben wird. Die starke Dampfentwickelung bei der Anwendung von unverkohlten Brennmaterialien ist es aber auch, welche auf den Betrieb des Ofens sehr störend ein- wirkt, wenn das schnelle Abziehen der Dämpfe aus der Gicht erschwert wird. Daher werden weder solche Brenn- materialien die nur geringe Zwischenräume gestatten (zer- kleinerte Steinkohlen) noch solche Eisenerze, die wegen ihrer ockrigen und mulmigen Beschaffenheit zu dicht über einander liegen, zur Anwendung von unverkohltem Brenn- material geeignet sein, indem sie den Gasen und den Dämpfen den Austritt aus der Gicht erschweren. End- lich ergiebt sich, dafs die Anwendung der nicht verkohl- ten Brennmaterialien nothwendig Ofenschächte mit nicht zu weiten Gichtöffnungen erfordert, um die Gase und Dämpfe durch einen starken Luftzug von unten nach oben schnell zu entfernen.

Herr Ehrenberg zeigte wohlerhaltene mikroskopi- sche getrocknete Präparate von dem kürzlich in Potsdam getödteten Elephanten, Elephas indicus, vor: Elemen- tar-Muskelfasern, Blutkörperchen und Spermatozoen.

Die Elementar - Muskelfasern der Schenkelmuskeln zeigten, bei ungefähr gleicher Stärke mit denen des Pfer- des und Ochsen, schärfere Queerfalten, sonst keinen bemerkbaren Unterschied. Die Blutkörperchen waren, ungeachtet der Tödtung des Elephanten durch Blausäure,, und seines durch den Transport von Potsdam stark auf-

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getriebenen Körpers, häufig noch von scharfer, regelmä- {siger Form. Ihre Form war münzenförmig rund und platt, um etwa } gröfser als beim Menschen, in der Regel nämlich z4; paris. Linie im Durchmesser führend, während nur ausnahmsweise die gröfsten menschlichen Blutkörper- chen diese Gröfse besitzen. Der Kern der Blutkörper- chen war sehr grofs, im Verhältnifs wie beim Menschen, die Schaale also dünn. Die Gröfse der Kerne: betrug meist „I; paris. Linie, mithin beinahe die Normal-Gröfse der ganzen Blutkörperchen beim Menschen. Diese Kerne der Blutkörperchen erschienen auch beim Elephanten wie- der gekörnt und es liefsen sich sechs Körnchen im Durch- messer zählen, welche mithin einzeln an sich etwa 745 paris. Linie grofs waren, grölser also als die menschli- chen. Die Blutkörperchen der Kuh sind im Mittel ziem- lich von gleicher Gröfse mit den menschlichen, kaum et- was kleiner, ;4; paris. Linie, entschieden etwas kleiner, 45 paris. Linie, sind die des Pferdes. Zwischen den Blutkörperchen waren auch farblose Lymphkörperchen von der Form und Gröfse der Blutkerne und einzelne ovale farblose gröfsere Körperchen, doppelt so grofs als die Blutkörperchen.

Die Spermatozoen des Elephanten, obwohl sie meh- rere Tage nach dem Tode und selbst todt erst unter- sucht werden konnten, waren noch recht wohl kennt- lich, wie es denn möglich gewesen ist ihre getrockneten Formen nach der vom Verf. mitgetheilten Methode kennt- lich aufzubewahren. Auch in den menschlichen -Leich- namen findet man sie mehrere Tage nach dem Tode noch in ihrer scheinbar unveränderten Form, nur pflegen die verdickten Vorderleiber vom schwanzartigen Hinterleibe häufig getrennt zu sein, ein Charakter von Gliederung, welcher diese Körperchen besonders entsprechend den Cerearien der Schneckenleber anreiht. Die Samenthier- chen des Elephanten sind den menschlichen an Gröfse und Form sehr ähnlich, nur sind die Vorderleiber der

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des Elephanten etwas länger. Die ganze Länge beträgt meist „4 paris. Linie, die des Vorderkörpers oder Kopfes 1; paris. Linie. Einige waren bis paris. Linie lang. Der Kopf der Normalformen war % der ganzen Länge, die kürzeren hatten einen längeren Schwanztheil. Die mittlere helle, der Saugscheibe der Cercarien vergleich- bare Stelle des ovalen etwas platten Kopfes war wie bei den menschlichen deutlich erkennbar. Der fadenar- tige Hinterleib war rund und conisch, vorn sehr ver- dickt, etwa von der Hälfte des Durchmessers der Kopf- breite, hinten sehr zart auslaufend, ohne flügelartige An- hänge. Die getrockneten Formen, welche vorgezeigt wurden, zeigten all diese Verhältnisse, selbst die Saug- scheibe noch.

Herr v. Olfers zeigte zwei Arten von Trigonien (Tr. Daedalea und alaeformis) aus dem Gruesand von Blackdown vor, in welchen das ganze Innere der Schale frei gelegt war, zur Vergleichung mit der noch lebend vorkommenden Art Trigonia peclinata von wel- cher ein Exemplar mit dem Thiere aus der Königlichen Sammlung vorgewiesen wurde, und schlofs hieran Be- merkungen über das Verhältnifs der Trigonien zu den Areaceen.

Herr Joh. Müller sprach mit Hinweisung auf vor- gelegte Zeichnungen über die Verbindung des Fötus einiger Haifische mit dem Uterus durch den Dottersack. Nicht blofs die Gattung Seoliodon, auch die eigentlichen Carcharias mit Sägezähnen gehören hierher. Der Dot- tergang der ersteren allein ist mit Zotten besetzt, bei den Carcharias aber nicht. Dies sind die glatten Hai- fische des Aristoteles.

Gedruckt bei A. W. Schade.

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