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SB I4vV4g8 nt BRARI ES SMITHSONIAN INSTITUTION, N ve ES _ NN = < N, = = TE N 5 RES 5 EEWELSÄN EDEN I Oo GDuiRE En e A o Er 8 N N ® en 72 Warn Mitteilungen der Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und histor. Geologie HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. RICHARD DEHM IN MÜNCHEN HEFT1 INHALT DeHm, RıcHarp: Ein zweiter Seeigel, Porechinus porosus nov. gen. nov. spec., aus dem rheinischen Unter-Devon (Tafel 1) Rıevers 7, JOHANNES: Eine neue Pyrgocystis (Echinod., Edrio- asteroidea) aus den Bundenbacher Dachschiefern (Devon) SEEN 1 0 AED oe ref ee DeHm, RıcHarD: Über Pyrgocystis (Rhenopyrgus nov. subgen.) coronaeformis RıEvers aus dem rheinischen Unter-Devon RıEvERS 7, JOHANNES: Zur Entstehung des Bundenbacher Dach- schiefers und seiner Versteinerungen . . 2... 2... BARTHEL, K. WERNER: Zum Alter der Riffkalke von Laisacker her Neuburg ald: DRnau.ı a 2, 2a a Kr BARTHEL, K. WERNER: HUBERT G. SCHENCK T . . ..... Denm, RıcHarp: Über neue tertiäre Spaltenfüllungen des süd- deutschen Jura- und Muschelkalk-Gebietes (Tafel 3—4) . DeHum, RıcHarp: Spaltenfüllungen als Lagerstätten fossiler DanklyiemEimereu:, oo a a A ran age MÜNCHEN, 15. MÄRZ 1961 Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie München 2, Richard-Wagner-Straße 10 a u 0% IA ERNEE un an Mitt. Bayer. Staatsslg. Pal. hist. Geol. 1, 1—8. München, 15. März 1961 Ein zweiter Seeigel, Porechinus porosus nov. gen. nov. spec., aus dem rheinischen Unter-Devon Von RıcHARD DEHM, München Mit 3 Abbildungen und Tafel 1 Zusammenfassung Aus den Bundenbacher Schiefern des rheinischen Unter-Devons, und zwar von Bundenbach im Hunsrück, wird ein zweiter Seeigelfund beschrieben und abgebildet. Die Schale, ohne Scheitel- und Mundfeld, zeigt zweireihige Ambulakralfelder mit uniserialen, schräg stehenden Porenpaaren und fünfreihige Interambulakralfelder. Alle Platten tragen grubige Oberfläche; sehr feine Stacheln häufen sich in der Nähe der Ambulakralfelder. Die Anordnung und Zahl der Platten sowie das Fehlen (bzw. die geringe Ausbildung) einer dachziegelartigen Lagerung der Platten bringen die neue Form in die Nähe der Palaechinidae, während die erstbeschriebene Gattung Rhenechinus Deum 1953 zu den Lepidocentridae gehört. Nach der Mittellage der Porenpaare auf den Ambulakralia stellt sich die neue Gattung zwischen die älteren, silurischen Gattungen, bei denen die Poren- paare meist nahe der Mediansutur liegen, und die jüngeren, devonischen und karbonischen Gattungen, deren Porenpaare meist nahe an die Interambulakral-Sutur heranrücken. Inhalt Einleitung. A. Beschreibung des Fundstückes: 1. Erhaltungszustand, 2. Größe und Gestalt, 3. Orien- tierung, 4. Ambulakral- und Interambulakral-Felder. B. Auswertung: 5. Stellung innerhalb der paläozoischen Echinoidea, 6. Porechinus porosus nov. gen. nov. sp., 7. Familienzugehörigkeit und stammesgeschichtliche Stellung des Porechinus nov. gen., 8. Lebensweise. Schriftenverzeichnis. Tafel-Erläuterung. Einleitung Nach dem ersten Seeigelfund aus den unterdevonischen Bundenbacher Schiefern, Rhenechinus hopstätteri Deum 1953, dem ersten unterdevonischen Seeigel über- haupt, kann nunmehr ein weiterer mitgeteilt werden. Frau Marıa BODTLÄNDER- Gross in Bundenbach, die sich seit Jahren mit großem Eifer und Verständnis der Präparation Bundenbacher Fossilien widmet, verdanke ich eine Platte aus den Schiefergruben von Bundenbach mit einem Seeigel. In mehreren auffallenden Merkmalen erweist sich dieser nicht nur von dem ersten Fund, sondern auch von allen bisher bekannten Seeigeln verschieden und bereichert unsere Kenntnis der Bundenbacher Fauna um eine weitere Echinodermen-Familie. Nicht aus den unterdevonischen Hunsrückschiefern, von wo ihn MORTENSEN (1935, S.65) und Recneır (1956, S. 157) irrtümlich angeben, stammt Torngqui- SMITHSONIAN 52 insmruron FU52 5 1982 stellus BERG. Diese Gattung ist auf einzelne Platten aus dem fossilführenden Unter- Karbon von der Lokalität Hunsrücken (sic!, nicht Hunsrück) des östlichen Roß- bergmassivs in den Südvogesen im Elsaß gegründet (Tornauist 1897, S. 2, 63—64; vgl. Deum 1953, S. 92, Fußnote 1). Die Aufnahmen zu Tafel 1 verdanke ich Herrn Dr. A. v. HILLEBRANDT in München. A. Beschreibung des Fundstückes 1. Erhaltungszustand Die Zusammenpressung des ursprünglichen Tonschlammes-zum festen Ton- schiefer hat das Gehäuse des Seeigels in der Weise betroffen, daß die meisten Platten aus ihrem ursprünglichen Verband gelöst, gegeneinander verschoben und zum Teil umgedreht worden sind. An einigen Stellen ist der ursprüngliche Zusammenhang einzelner Ambulakral- und Interambulakralplatten noch zu erkennen. Wegen ihrer Festigkeit sind nur wenige Platten zerbrochen. Eine große Anzahl von feinen Stacheln liegt auf den Platten zerstreut, besonders reichlich in der Nähe der Ambulakralreihen. Ein von Quarz ausgefüllter Sprung schneidet die Platte ab; die orale Region mit den Peristomplatten und dem Kieferapparat . ist dadurch leider verloren. 2. Größe und Gestalt Im jetzigen Zustand (Taf. 1 Fig. 1) beträgt die Breite des Gehäuses selbst 57 mm, den Stachelsaum hinzugerechnet, 62 mm; die erhaltene Höhe mißt 65 mm, die ergänzte Höhe dürfte 70 bis 75 mm betragen haben. Da die Platten in der Höhe nur wenig gegeneinander und untereinander geschoben erscheinen, kann die ursprüngliche Höhe des Gehäuses nur wenig geringer als die ergänzte sein; ich schätze sie auf 65 bis 70 mm, etwa 68 mm. Dagegen haben sich die Platten- reihen der Breite nach stärker verschoben; geht man von den Maßen eines Quintanten in der Äquatorebene aus, so ergeben 5X2 Ambulakralia mit je etwa. 3 mm Länge und 5X5 Interambulakralia mit je etwa 4 mm Länge einen Kreis- umfang von etwa 130 mm, welchem ein Durchmesser von etwa 40 bis 45 mm entspricht. Der neue Seeigel bleibt also an Größe mit etwa 68X45 mm hinter . Rhenechinus mit 75X75 mm zurück. In der Gestalt war er, wie die Maße lehren, hoch ellipsoidisch, während Rhenechinus angenähert kugelige Form besessen hat. 3. Orientierung Infolge der unvollständigen Erhaltung sind leider weder charakteristische Platten des Scheitelfeldes noch solche des Mundfeldes erkennbar; auch ist die Imbrikation undeutlich; die Orientierung des Gehäuses ist also zu diskutieren. Da bei Seeigeln in der Regel die Ambulakralia gegen das Scheitelfeld hin 'an Länge und Höhe auffallend abnehmen, gegen das Mundfeld jedoch weniger, so dürfte es richtig sein, am vorliegenden Stück das Scheitelfeld hiernach zu orientieren. Nach der Schräglage der Porenpaare auf den Ambulakralia die Orientierung durchzuführen, ist nicht eindeutig möglich; die der Ambulakral- Sutur nahe gelegene Pore kann scheitelwärts gerückt sein wie bei Lepidechinus iowensis Jackson (1912, Taf. 63 Fig. 3) oder mundwärts liegen wie bei Lepid- echinus imbricatus Haıı (Jackson 1912, Taf. 64 Fig. 1), Palaechinus quadriserialis 2 WRIGHT (ibidem Taf.30 Fig.1, 2, 5, 6) und Maccoya intermedia (KEErING) (ibidem Taf. 33 Fig. 8). Müßte man aber das undeutbare Gebilde (Taf. 1 Fig. 1, oben links) als Teil des Kieferapparates betrachten, dann wäre die hier vorgenom- mene Orientierung natürlich umzudrehen. 4. Ambulakral- und Interambulakral-Felder Die Platten des Gehäuses sind verhältnismäßig massiv und dick, besonders die Interambulakralia in den mittleren Reihen (Taf. 1 Fig. 3). Die gegenseitigen Berührungsflächen der Platten stehen meist senkrecht zur Plattenoberfläche; doch sind da und dort auch schwache Abschrägungen erkennbar. Einige auffallendere Abschrägungen sind zweifellos sekundär während der Präparation entstanden. Dachziegelartiges (imbrikates) Übereinandergreifen besaßen die Ambulakralia und Interambulakralia weder unter sich-noch gegeneinander in typischer Weise; wenn überhaupt, war nur ein geringer Teil der Interambulakralia, und dieser nur schwach, aboral dachziegelartig angeordnet. Die Stacheln sind einfach, fein längsgestreift und nicht durchbohrt; sie liegen verstreut in allen Regionen, häufen sich aber in der Nähe der Grenze der Ambulakralia gegen die Interambulakralia (Taf. 1 Fig. 4). Eine ähnliche, feine, ungleichmäßige Bestachelung zeigen Oligoporus danae (MEEK & \WORTHEN) (Jackson 1912, Taf. 47 Fig. 13), Melonechinus crassus (HamsachH) (ibidem Taf. 51, Fig. 6, S. 368) und Palaechinus (?) minor Jackson (ibidem Taf. 31 Fig. 5). In ganz ungewöhnlicher Weise ist die Oberfläche aller Platten nicht glatt oder höckerig, sondern fein grubig. Je nach der Größe der Platte zählt man 90 bis 140 Grübchen auf den Interambulakralia und bis zu 25 auf den Ambulakralia. Wo die Oberfläche etwas abgerieben wird, verwischen sich die Grübchen. Die Unterseite der Platten, an mehreren Stellen erkennbar, ist völlig glatt. Bei den Echinoidea sind gröbere oder feinere Höckerskulpturen der Platten weit verbreitet, aber eine vergleichbare Grübchenskulptur finde ich unter den paläozoischen Seeigeln nicht. Unter den Cystoideen tritt sehr selten eine ähnliche grubige Oberflächenbildung auf, so bei Callocystites jewetti HALL (JAEKEL 1899, S.291 „Oberfläche grubig skulpturiert“, Taf. 15 Fig. 1, 1a). Zwischen den Grüb- chen bleiben in unregelmäßiger Weise Stellen frei, offenbar als Ansatzpunkte für die feinen Stacheln. Die Ambulakral-Felder werden von nur je zwei Reihen ziemlich kleiner, in der Gestalt nicht ganz gleicher Ambulakralia gebildet (Taf. 1 Fig. 2); ob regelmäßig jedes dritte Plättchen größer war, so wie bei Lepidocidaris, kann nicht sicher erkannt werden. Auf 1 Interambulakrale treffen 3 oder 4 Ambu- lakralia. Die Porenpaare sind nicht auf einem besonders umgrenzten Feldchen vereinigt; sie stehen, soweit man es verfolgen kann, uniserial. Meist befinden sie sich in der Mitte der Ambulakraltäfelchen (Abb. 2), nicht wie gewöhnlich näher dem Rand gegen die Interambulakralia; außerdem sind sie schräg gestellt, wobei die der Mediansutur nähere Pore ganz an den aboralen Rand zu liegen kommt. Daß in den Interambulakral-Feldern die Zahl der Plattenreihen maximal fünf betragen hat, läßt sich aus den unversehrten Stellen im Zusam- menhang mit der Zahl, Gestalt und Größe der Platten «wahrscheinlich machen. Die adambulakralen Platten — an ihren Kontaktstellen für die kleinen, ambu- lakralen Plättchen erkennbar — besitzen länglich fünf- bis siebeneckigen Umriß; 1* 3 die mittleren Platten sind meist länglich sechseckig. Die Plattenanordnung war demnach ebenso regelmäßig wie bei den Arten der Gattung Palaechinus. An dem vorliegenden Stück treffen etwa 15 Interambulakralia und etwa 50 Ambu- lakralia auf die ganze Höhe jeden Feldes; die das Scheitelfeld und das Mundfeld berührenden Platten fehlen. B. Auswertung 5. Stellung innerhalb der paläozoischen Echinoidea Daß es sich bei unserer Form um einen Angehörigen der Perischoechinoidea (im Sinne ZırtEr’s; Melonechinoidea nach MoRTENSsEn) handelt, geht aus der die Zahl 2 überschreitenden Anzahl der Interambulakral-Reihen hervor. Da von einer ausgesprochen imbrikaten Anordnung der Platten keine Rede sein kann, kommen diejenigen Gattungen, für welche die stark imbrikate Anordnung kennzeichnend ist, nicht für den Vergleich in Frage: Myriastiches, Aulechinus, Lepidocentrus, Pholidocidaris, Lepidesthes, Perischodomus, Pholidechinus, Meek- echinus, Ectinechinus und Rhenechinus. Ferner scheiden auch jene Gattungen aus, welche in dem wichtigen Merkmal der Ambulakralreihen-Zahl die ursprüng- liche Zweizahl überschreiten: Lovenechinus, Oligoporus, Melonechinus, Gotland- echinus REGN£LL 1956, Echinocystis, Fournierechinus, Perischocidaris, Eupholi- docidaris Kıer 1956, Jacksonechinus. Wegen des Besitzes kräftiger, umwallter Stachelwarzen stehen auf einer besonderen Linie: Lepidocidaris, Proterocidaris, Devonocidaris, Deneechinus, Albertechinus STEARN 1956 und Polytaxicidaris Kıer 1958. Mit Sondermerkmalen stellen sich abseits: mit meist viereckigen Inter- ambulakralia Koninckocidaris, Lepidechinoides und Lepidocentrus; mit petaloiden Ambulakralfeldern Hyattechinus, mit sehr niedrigen Ambulakralia Palaeodiscus, mit nur 1 Ambulakralreihe Cravenechinus Hawkıns 1946. Zum Vergleich bleiben Lepidechinus, Palaechinus und Maccoya übrig; sie stehen in Gestalt und Anordnung der Platten näher als die übrigen. Zwar gehören Palaechinus und Maccoya zu den Palaechinida (nicht imbrikat) und Lepidechinus zu den Echinocystitoidea = Lepidocentrida (imbrikat); aber innerhalb der Gattung Lepidechinus ist die Art tessellatus Jackson (1912, S. 398) viel weniger imbrikat als die Typus-Art imbricatus Haıı. Einer direkten Vereinigung der Bundenbacher Form mit einer dieser drei Gattungen stehen gewichtige Merkmale entgegen: bei Lepidechinus die wenn auch verschieden stark, so doch deutlich imbrikate Anordnung der Platten; bei Palaechinus die gleichgroßen Ambulakralia mit den nahe dem Rand gegen die Interambulakralia gelegenen Porenpaaren; bei Maccoya die biseriale Anordnung der Porenpaare auf den Ambulakralia, die sehr niedrigen und alternierend am Ende verbreiterten bzw. zugespitzten Ambu- lakralia. Gegenüber allen drei Gattungen stehen die besonderen Merkmale unseres Seeigels, die schräge Lage der Porenpaare nahe der Mitte der Ambulakralia und das grubige Oberflächenrelief aller Platten. Der Bundenbacher Fund stellt also eine neue Gattung und Art vor. 6. Porechinus porosus nov. gen. nov. spec. Diagnose der Gattung und bisher einzigen Art: Angehöriger der Peri- schoechinoidea (mit mehrreihigen Interambulakral-Feldern), vergleichbar mit Palaechinus M’Coy 1844 (2-Zahl der Ambulakralreihen, 4—5-Zahl der Inter- 4 ambulakralreihen, Dicke der Platten und ? Fehlen der imbrikaten Plattenanord- nung), von diesem unterschieden durch schräg in der Mitte der Ambulakralia liegende Porenpaare, durch grubige Oberfläche aller Platten (und ? durch stellen- weise ganz schwach imbrikate Plattenanordnung). Holotypus: Hauptteil der Schale bis nahe an das Ober- und Unterende, auf Platte des unterdevonischen Hunsrückschiefers von Bundenbach im Rheinland über Kirn an der Nahe. Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München, 1960 I 164. Gattungs- und Artname beziehen sich auf die grubige Oberflächenskulptur. 7. Familien-Zugehörigkeit und stammesgeschichtliche Stellung des Porechinus nov. gen. Wieder, wie schon so oft seit hundert Jahren, liegt ein einzelner Fund eines paläozoischen Seeigels vor, welcher sich durch Sondermerkmale auszeichnet und nicht ohne Bruch einer der bestehenden Familien eingereiht werden kann. Wegen des Mangels einer ausgeprägten Dachziegelanordnung der Platten bleiben die Echinocystitoidea (= Lepidocentrida) außer Betracht. Rıcn ı (1956, S. 158— 163) hat für seinen Gotlandechinus balticus n. gen.n.sp. aus dem Obersilur von Gotland eine eigene Familie errichtet. Gotlandechinus unterscheidet sich von den unter Palaechinidae vereinigten Gattungen kaum stärker als Porechinus nov. gen.; für diesen müßte dann gleichfalls eine neue Familie aufgestellt werden. Nachdem aber durch Jackson 1912, MoRTENSEN 1935 und DurHAM & Mervirre 1957 die Familien-Gliederung innerhalb der Perischoechinoidea verschieden vorgenommen wird, dürfte es angesichts der immer noch außerordentlich großen Lückenhaftigkeit unserer Kenntnisse der paläozoischen Seeigel geraten sein, DURHAM & MELVILLE (1957, S. 250) zu folgen und die Familien vorerst recht weit zu fassen. Es scheint mir dies im vorliegenden Fall auch deshalb geboten, weil das Sondermerkmal der grubigen Plattenoberfläche nicht endgültig bewertet werden kann; denn bei den Cystoideen wird die vereinzelt bei Callocystites auftretende grubige Skulptur lediglich als Artmerkmal innerhalb einer Gattung gewertet (JAEKEL 1899, S. 291). So scheint mir Porechinus nov.gen. zunächst einen Platz bei den Palaechinidae oder in ihrer Nähe zu finden. Die Palaechinidae-Gattungen Palaechinus (= Palaeechinus), Maccoya, Loven- echinus, Oligoporus und der sehr verbreitete Melonechinus werden von allen Bearbeitern als ein früh spezialisierter Seitenzweig innerhalb der Perischoechinoidea betrachtet. Bis vor kurzem waren sie nur aus dem Unterkarbon bekannt, hieraus aber in weiter Verbreitung in West- und Mitteleuropa, in Osteuropa (IwANOWA 1958, $S. 136), in Nordamerika und vermutlich auch in Nordafrika. Mit Gotland- echinus ist eine zweifellos nahe verwandte Form in Obersilur nachgewiesen. Der unterdevonische Porechinus nov. gen. stellt nun zwar vom Obersilur die zeitliche Verbindung zum Unterkarbon, der Blütezeit der Familie, her; aber seine Sondermerkmale erlauben nicht, ihn in eine bestimmte Stammlinie einzureihen. Wie Rhenechinus nimmt er jedoch in der Kombination seiner einzelnen Merkmale eine Zwischenstellung zwischen primitiven und weit differenzierten Formen ein. Zu den primitiven Merkmalen gehören die mäßige Größe, die normale Zweizahl der Ambulakralreihen, die mäßige Fünfzahl der Interambulakralreihen, die ge- ringe (bzw. fehlende) Imbrikation und das Fehlen von kräftigen, umwallten und durchbohrten Stachelwarzen. Die fortschrittlichen, bzw. besonderen Eigenschaften stellen die ungleiche Verteilung der Stacheln, die grubige Oberfläche der Platten und die Schrägstellung der Porenpaare dar. In der speziellen Lage der Porenpaare scheinen mir nun die zeitliche Zwischenstellung und die phylogenetische Höhe des Bundenbacher Porechinus nov. gen. besonders zum Ausdruck zu kommen. Abb. 1—3: Die Verlagerung der Porenpaare auf den Ambulakralia paläozoischer Seeigel von der Mediansutur (1) über die Mitte (2) zum Interambulakralrand (3), und zwar (1) Ectinechinus lamonti MAcBrıDE & SPpENcER 1938 aus dem Ob. Ordovicium von Schottland (nach MorTEnsENn 1940, Abb. 179, S. 346). (2) Porechinus porosus nov. gen. nov. spec. aus dem Unterdevon des Rheinlandes. (3) Palaechinus elegans M’Coy 1844 aus dem Unterkarbon von Irland (nach MorTENSEN 1935, Abb. 13, $. 30). Überblickt man nämlich die Gattungen der Echinocystitoidea und Palaechi- noidea mit zwei Ambulakralreihen und unterscheidet in der Lage der Porenpaare drei Möglichkeiten, nämlich a) Porenpaare liegen ganz nahe der Mediansutur (Abb. 1), b) Porenpaare liegen etwa in der Mitte der Ambulakraltäfelchen (Abb. 2), c) Porenpaare liegen nahe dem Rand gegen die Interambulakralia (Abb. 3), so ergibt sich folgende zeitliche Verteilung der Gattungen: a) bene) Unter-Silur (Ordovicium): Aulechinus, Ectinechinus, Eothuria 3.31 Ober-Silur (Gotlandium): Myriastiches, Koninckocidaris; Palaeodiscus 2 Unter-Devon: Porechinus nov. gen. —- 1 — Mittel-Devon: Lepidechinoides; Lepidocentrus 1 — 1 Ober-Devon: Lepidechinoides; Lepidocentrus, Albertechinus 1. 02 Unter-Karbon: Koninckocidaris; Palaechinus, Maccoya, Hoyattechinus, Perischodomus, Lepidechinus, Pholidechinus, Lepidocidaris, Lepidocentrus 1 — 8 Es zeigt sich also vom Unter-Silur bis zum Unter-Karbon deutlich eine allmähliche Verschiebung der Porenpaare von der Mediansutur über die Mitte zum Rand gegen die Interambulakralia hin, wobei unser Porechinus nov. gen. eine Mittelstellung einnimmt. Dieser Vorgang hat nichts zu tun mit einer Erscheinung, auf welche Mor- TENSEN Gewicht gelegt hat. Er nimmt nämlich 1940 (S.351—352) die von GREGORY (1896, S. 133) aufgestellte Familie Palaeodiscidae wieder auf und ver- einigt in ihr die Formen mit „offener Ambulakralfurche“, Aulechinus, Ectinechinus, Palaeodiscus, Myriastiches und sehr wahrscheinlich Koninckocidaris und Lepid- echinoides. Nach DurHAam & MELVILLE (1956, S. 250) ist es aber keinesfalls sicher, daß bei diesen Gattungen eine echte Ambulakralfurche wie bei den Asterozoa vorhanden ist. In dem augenfälligen Auseinanderweichen der Porenpaare dürfte m.E. eine adaptive Differenzierung des Ambulakralsystems zu vermuten sein. Bei den frühen Formen lagen die Ambulakral-Ampullen und die zugehörigen Ambu- lakral-Füßchen ganz nahe dem Radialkanal; im Laufe der Zeit rücken diese mehr und mehr vom Radialkanal ab, wobei sich die Verbindungskanäle verlängern mußten. Mit zunehmendem Abstand voneinander konnte sich vermutlich die Reichweite und damit die Wirksamkeit der Ambulakral-Füßchen erhöhen. Auch diejenigen Gattungen der Echinocystitoidea und Palaechinoidea, welche mehr als zwei Ambulakralreihen besitzen, scheinen eine vergleichbare Entwicklung durchgemacht zu haben. Hält man nämlich bei diesen vier Fälle der Lage der Porenpaare auseinander, und zwar a) Porenpaare liegen ganz nahe der Mediansutur, b). Porenpaare liegen biserial jeweils in der Mitte der Ambulakralia, c) Porenpaare liegen nahe dem Rand gegen die Interambulakralia, d) Porenpaare liegen auf der ganzen (in 1 Falle: fast ganzen) Fläche des Ambulakralfeldes, so ergibt sich folgender Verlauf der Entwicklung vom Ober-Silur bis zum Perm: a) by) Nelaac) Ober-Silur (Gotlandium): Gotlandechinus; Echinocystis 11 - — Unter-Devon: Rhenechinus —- 1 - — Ober-Devon: Pholidocidarıs, Lepidesthes —_— —'—- 2 Unter-Karbon: Proterocidaris; Lovenechinus, Oligoporus, Melonechinus, Perischocidaris; Pholidocidaris, Lepidesthes, Fournierechinus rl, Ar Ober-Karbon: Lepidesthes, Eupholidocidaris -— —- — 2 Perm: Meekechinus —_—— — 1 Nur bei wenigen Gattungen kann man eine stammesgeschichtliche Reihe annehmen; die meisten stehen einstweilen noch recht isoliert. Immerhin aber darf man in der aufgezeigten Verschiebung der Porenlage eine aus- geprägte Entwicklungstendenz erkennen, welche ganz offensichtlich zugunsten der Zweizahl der Ambulakralreihen verläuft. 8. Lebensweise Zur Lebensweise des Porechinus nov.gen. können die Erwägungen Mor- TENSEN’s (1935, $. 33—34), die er für die Palaechinidae angestellt hat, übernom- men werden. Die Gestalt im ganzen und der Besitz eines sehr feinen Stachel- kleides lassen danach auf flaches, ruhiges Wasser mit reicher Vegetation, sicher- lich nicht auf felsige Brandungsküste als Lebensraum schließen. Ähnliches gilt für Rhenechinus. Damit liegt natürlich nahe anzunehmen, daß für beide Seeigel- Gattungen der Einbettungsort, nämlich der Schlamm des ruhigen und wohl auch flachen Hunsrückschiefer-Meeres, zugleich Lebens- und Sterbeort war. Dieser ein- fachen Vorstellung widerspricht einstweilen die große Seltenheit von Seeigelfunden in den Hunsrückschiefern. Nachdem hier die Einbettung von Seelilien, Seesternen u.a. häufig strrömungsbedingte Einregelungen zeigt, so muß man wohl auch für die seltenen Seeigel einen Transport vor der Einbettung annehmen; die Eıin- bettung selbst aber muß rasch und ruhig vor sich gegangen sein, sonst hätten sich nicht in den beiden Fällen des Rhenechinus und Porechinus die zarten Stacheln ım Verband der Schale erhalten. Schriftenverzeichnis Denm, R., 1953: Rhenechinus hopstätteri nov. gen. nov. sp., ein Seeigel aus dem rheini- schen Unter-Devon. — Notizbl. hess. L.-Amt Bodenforsch. 81, 88—95. Wiesbaden. DurHaAm, J. W. & MELvILLE, R. V., 1957: A classification of echinoids. — J. Paleont. 31, 242—272. Menasha, Wisc. GREGORY, J. W., 1897: On the affınities of the Echinothuriidae; and on Pedinothuria - and Helikodiadema, two new genera of Echinoidea. — Geol. Soc. London, Quart. J. 53, 112—122. London. Hawkıns, H. L., 1946: Cravenechinus, a new type of echinoid from the Carboniferous limestone. — Geol. 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Fig. 4: Ausschnitt aus dem rechten oberen Rand, etwas gedreht; Stacheln aus dem Bereich des rechten Ambulakralfeldes; die große Interambulakralplatte links zeigt ihre glatte Unterseite; x 4. | | Tafel 1 Mitt. Bayer. Staatsslg. Pal. hist. Geol. 1, 9—11. München, 15. März 1961 Eine neue Pyrgocystis (Echinod., Edrioasteroidea) aus den Bundenbacher Dachschiefern (Devon) Von JOHANNES RIEvERS 7, Enkirch an der Mosel Mit Tafel 2 Aus dem Nachlaß herausgegeben von RıcHArD DEHM, München Vorwort des Herausgebers Frau Henny RıEvers-Brey in Enkirch (Mosel) hat mir in freundlicher Weise die nachgelassenen Aufzeichnungen ihres Gatten, des Herrn JOHANNES RıEvVERs, Oberpost- inspektor i.R., * 16. August 1880 zu Hamburg, f 12. Dezember 1955 zu Bonn, zur Durchsicht und eventuellen Verwertung überlassen. Gerne habe ich diese Aufgabe über- nommen; hatte doch die Paläontologie in JOHANNES RıEVERS einen begeisterten Anhänger; hören wir ihn selbst! „Mein Wunsch, Geologie studieren zu dürfen, wurde mir versagt. Deshalb ging ich in Hamburg als Beamter zur Reichspost und konnte mich nur nebenbei mit der Geologie beschäftigen. Als Liebhaber von Versteinerungen hatte ich gute Beziehungen zum Geo- logischen Institut in Hamburg. Prof. Grıpp von der dortigen Universität riet mir, mich auf die Bundenbacher Schiefer zu spezialisieren, weil die Schieferplatten flach sind und eine Sammlung von derartigen Versteinerungen leicht unter- zubringen sei. Ich folgte dieser Anregung und besuchte dann auf vielfachen Wanderfahrten durch den Hunsrück regelmäßig die Bundenbacher Schiefergruben. Dabei verfolgte ich aufmerksam den Abbau der Schieferlagen. Der Ort Bunden- bach liegt im Süden des Hunsrück. Die Bundenbacher Schieferversteinerungen sind in der Geologie weltbekannt. Am 26. April 1937 hielt ich den ersten Vortrag über mein Spezialgebiet mit dem Thema: ‚Die unterdevonischen Dachschiefer von Bundenbach und ihre Versteinerungen,‘ in dem ich auch meine neu aufgestellte Theorie über die mögliche Todesursache und Einbettung der Tierleichen bekanntgab. Diese Theorie besagt, daß durch eine Katastrophe ein Massensterben eintrat und durch den aus dem Meerwasser zurücksickernden, aufgewühlten Schlamm die frischen Tierleichen eingebettet und so.die Bedingungen für die Versteinerung gegeben wurden. Während des Krieges hatte ich einige neue Tiere entdeckt, darunter einen neuen Flachfisch. Leider wurde ich beim ersten Großangriff auf Hamburg im Juli 1943 total ausgebombt, so daß Originale, Photographien und Beschreibungen untergingen. 9 Im Dezember 1943 siedelte ich nach Enkirch, auf der Hunsrückseite der Mosel gelegen, über und begann bereits 1944 mit dem Aufbau einer neuen Sammlung. Durch die Erfolge ermutigt, beschloß ich, eine Forschungsstelle mit Labora- torıum und Ausstellungsraum aufzubauen. Erfreulicherweise mehrten sich die gefundenen Neuerungen, von denen eine große Pyrgocystis — ein eigenartiges Meerestier aus der Gruppe der Stachel- häuter, das vor etwa 400 Millionen Jahren vorkam — das besondere Interesse der Fachkreise erregt. Dieses Stück wurde nun vorweg bearbeitet, und ich hoffe, diesen Fund noch in diesem Sommer in Einzelheiten veröffentlichen zu können.“ (Aus der Niederschrift über eine Reportage des Südwestfunks — Studio Mainz — vom 4. Mai und 11. Juni 1951.) Im Nachlaß befindet sich ein Manuskript über diesen neu gefundenen Echinodermen aus der Gruppe Edrioasteroidea. Herr RıEvers hat an die vorzügliche Präparation und an die Vorbereitung der Untersuchung des Stückes viel Zeit und Mühe gewendet. Es war ihm nicht beschieden, das Manuskript zu vollenden. Die vorliegenden Aufzeich- nungen umfassen die Entdeckung des Fossils, die Diagnose der neuen Art und eine kurze Beschreibung. Ein folgender Teil stellt lediglich einen Auszug aus BATHERS grund- legender Untersuchung von 1915 dar und kann daher unveröffentlicht bleiben. Der Herausgeber hat sich auf das Vorwort, auf einige kleine redaktionelle Ände- rungen, auf die Einfügung einiger Maßzahlen und auf die Beschaffung der Tafel, einiger Erläuterungen und der Hinweise auf sie beschränkt. Mein Dank gebührt Frau Henny RıEvers-BLeY für die Überlassung der Manu- skripte und für die Überlassung des Stückes zur weiteren Untersuchung (S. 3). Frau HennY RıEveErs-Bey hat die Arbeit ihres Gatten zu seinen Lebzeiten wesentlich ge- fördert und war nach seinem Tode in vorbildlicher Weise um die Erhaltung seines Werkes bemüht. Die Aufnahmen zu Tafel 2 verdanke ich Herrn Dr. A. v. HiLLEBRANDT in München. Einleitung Auf einer Bundenbacher Schieferplatte aus der Grube Eschenbach I mit ein- geschlossenem Detritus verschiedener Echinodermen war beim Spalten ein Teil einer Versteinerung aufgedeckt worden, den man vielleicht für eine Armspitze von Echinostella traquairi halten konnte. Bei der Bearbeitung der Platte wurde jedoch ein Fossil mit einer bisher im Dachschiefer unbekannten Körperform freigelegt. Da ich in Hamburg auch meine Bibliothek vollständig verloren habe, und mir heute die Nähe eines Geologischen Instituts fehlt, war die Bestimmung des Tieres zunächst schwer. Einigen Geologen und Zoologen, denen ich eine Skizze des Fossils vorlegte, war die Tierform unbekannt. Erst durch den Hin- weis der Frau Dr. DOoRECcK-SIEVERTS in Stuttgart-Degerloch wurde die Auf- merksamkeit auf die Gattung Pyrgocystis BATHER gelenkt. Herrn Prof. PFANNENSTIEL (Freiburg i. Br.) danke ich auch an dieser Stelle für die gegebenen Anregungen sowie Frau Dr. DoRECcK-SIEVERTS für die tat- kräftige Unterstützung. Pyrgocystis coronaeformis n. sp. Taf. 2, Fig. 14 Diagnose: Eine Pyrgocystis von 95 mm Größe mit einem geschuppten Turm von etwa 13 mm Durchmesser, der am unteren Ende in ein unten abgerundetes, beutelartiges Gebilde von 27 mm Höhe und etwa 17 mm Durchmesser übergeht. 10 Am oberen Ende trägt der Turm die kronenförmige Theka, von der sich, durch 5 Dreiecke gebildet, die Ambulacra abheben. Holotyp (und einziges Stück): das in Taf. 2, Fig. 1—4 dargestellte Fossil, Sammlung RıEvers, Enkirch (Mosel). Fundort: Hunsrück, Bundenbach bei Kirn (Nahe). Schicht: Unter-Devon, Hunsrückschiefer, Dachschiefer. Begleitfauna: flachmeerisch. Erhaltung: Tierleiche durch auflagerndes Sediment an vollstän- dig in Schwefelkies umgewandelt. Turm linksseitig in Dreiviertel-Höhe beim Freilegen verletzt. Beschreibung: Der unten abgerundete wurzelähnliche Teil des Fossils hat ein beutelähnliches Aussehen, ist 27 mm hoch und hat eine Breite von durchschnittlich 17 mm. Infolge Verbreiterung durch den Druck ist der Durchmesser des rundlichen Tieres hier einst geringer gewesen. In die leder- artige Haut sind einzelne kleine rundliche Kalk-Plättchen und Perlstäbchen ein- gelagert, wodurch Knötchen und Strichelungen entstehen, die die Oberfläche teils granuliert, teils gestrichelt erscheinen lassen (Taf. 2, Fig. 4). In der unteren Hälfte überwiegt die punktförmige Zeichnung, während auf der oberen Hälfte die Strichelung, die im allgemeinen Vertikalrichtung aufweist, vorherrscht. Diese Anordnung scheint das Eindringen des Tieres in den Schlamm (oder feinen Sand) erleichtert und die Stabilität gegen den Schlammdruck erhöht zu haben. Das obere Ende der Wurzel bildet eine schwach wulstige Kante, bis zu der das Tier im Untergrund saß. Von dieser Abschlußkante der Wurzel, gewissermaßen dem Sockel, nimmt der Mittelteil des Tieres, der Turm, bei seinem Aufbau etwas Abstand, sodaß ein kleiner Absatz entsteht. Der 13 mm breite und 50 mm hohe „Turm“ ist in seinem oberen Ende mit schuppenartigen Kalkplatten be- wehrt. In seiner überwiegenden Länge (etwa 35 mm) hat er eine, durch den Druck wohl etwas vergrößerte Breite von # 13 mm. Der untere Teil paßt sich in sanfter Wölbung dem größeren Durchmesser der Wurzel an, der obere er- weitert sich schwach-kegelförmig und bildet am oberen Rand einen Wulst oder, um im Bilde des Turmes zu bleiben, ein Gesimse, in das die Turmhaube wie in eine Manschette eingefügt ist (Taf. 2, Fig. 2—3). Schriftenverzeichnis Aurıvirrıus, C.W.S., 1892: Über einige ober-silurische Cirripeden aus Gotland. — Bihang Svenska Ver. -Akad. Handl. 18, Afd. IV, No3. 1—24. Stockholm. BATHER, F.A., 1915: Studies in Edrioasteroidea. VI. Pyrgocystis n. g. — Geol. Magaz. 5—12, 4960, 211—215. London. RıcHTER, R., 1930: Schuppenröhren als Anzeiger von zwei im deutschen Devon neuen Echinodermen-Gruppen. — Senckenbergiana 12, 279—304. Frankfurt a.M. Tafel-Erläuterung Tafel 2 Pyrgocystis coronaeformis nov. spec. (]. N: Holotypus; Unterdevon, Bunden- bacher Schiefer, Bundenbach bei Kirn (Nahe). Fig.1: Gesamtaufnahme; natürliche Größe. Fig.2: Ambulakral-Krone und oberer Teil des Theka-Turms; x 2,3. Fig.3: wie Fig.2, von der Rückseite präpariert; x 2,3. Fig. 4: Basal-Säckchen der Theka; x 3,2. al BR aa ar Tafel 2 un R En x I Mitt. Bayer. Staatsslg. Pal. hist. Geol. 1, 13—17. München, 15. März 1961 Über Pyrgocystis (Rhenopyrgus nov. subgen.) coronaeformis Rievers aus dem rheinischen Unter-Devon Von RıcHArD DEHM, München Zusammenfassung Der von J. Rırvers beschriebene Pyrgocystis-Fund aus den Hunsrückschiefern von Bundenbach (S.9) wird eingehender untersucht. Aus den Sondermerkmalen eines basalen, aus kleinen Plättchen gebildeten Säckchens, der mehr oder weniger gekielten Theka- platten und der schlanken, nach oben kegelförmig erweiterten Röhre ergibt sich die Errichtung einer neuen Untergattung mit der Typus-Art Pyrgocystis (Rhenopyrgus nov. subgen.) coronaeformis RıEveErs; Pyrgocystis octogona R. RıcHTER 1930 aus den unter- devonischen Grauwackenschiefern von Bornich bei Weisel am Rhein steht nahe. Inhalt Seite Einleitung . ee A. Die Gestalt: Ambulakral- Krone; Theka- Turm; Basal-Säkcen . . . . 13 B. Die Stellung der Art coronaeformis Rıevers innerhalb der Gattung Pyrgocystis BATHER; Rhenopyrgus nov. subgen. . . 15 C. Die stammesgeschichtliche Stellung von Porgoeystis (Rhenopyraus nov. ‚subgen.) 16 Schriftenverzeichnis . . . 17 Einleitung Es war Herrn Oberpostinspektor i. R. JOHANNES RıEvERS f in Enkirch an der Mosel nicht beschieden gewesen, die Untersuchung seines Pyrgocystis-Fundes aus den Bundenbacher Schiefern (S.9) in den Einzelheiten durchzuführen. Die besonders vollständige Erhaltung, wie sie bei Pyrgocystis leider so selten ist, und die vorzügliche, zum Teil beiderseitige Präparation des Stückes durch Herrn RıEvers ermöglichen und rechtfertigen allein schon eine nähere Betrach- tung. Dazu kommen die augenfälligen Sondermerkmale, die die Frage nach der Beziehung zu den übrigen Pyrgocystis-Arten wachhalten. Für die freundliche Überlassung des schönen Stückes zur Untersuchung danke ich auch hier Frau HEennY RıEvers-BLev in Enkirch an der Mosel herzlich. A. Die Gestalt: Ambulakral-Krone, Theka-Turm und Basal-Säckchen Im kronenförmigen oberen Teil des Tieres ist de Ambulakral- region (Taf.2 Fig.2) gut, wenn auch nicht in allen Einzelheiten, erhalten. Zwei Ambulakralrinnen sind vollständig, zwei weitere mit je einer Platten- reihe zu sehen; auf der präparierten Rückseite (Taf. 2 Fig. 3) sind diese beiden 13 randlichen Reihen und eine weitere, mittlere Rinne deutlich, zusammen also alle fünf Ambulakralrinnen mit ihren Randplatten, vorhanden. Die Zusammen- schiebung und die undeutliche Erhaltung der kleinen Platten in den Inter- ambulakral-Feldern lassen nun leider nicht den Anal-Interradius mit Sicherheit bestimmen. Doch möchte ich wenigstens eine vorläufige Orientierung des Stückes vornehmen und den in der Einbettung und Erhaltung bevorzugten mittleren Interradius auf der Plattenoberseite als den Anal-Interradius betrachten; dann sind auf dieser Oberseite zu erkennen: links Radius II mit einer Ambulakral- reihe, dann Radius I mit beiden Reihen, dann der Anal-Interradius mit einigen sehr kleinen Plättchen, dann der Radius V wieder mit beiden Ambulakralreihen und am rechten Rand die eine Ambulakralreihe des Radius IV; auf der Rück- seite der Platte entsprechend Radius II halb, etwas auseinandergedrückt Radius III und Radius IV wieder halb. Die Ambulakral-Krone ist derjenigen von Thecocystis sacculus JAEKEL (1899, S. 43, Taf. 1 Fig. 1a, 1b) aus dem Unter-Silur von Cincinnati, Ohio, direkt vergleichbar; die paarigen Saumplättchen sind sehr kräftig und wulstig aus- gebildet; ihre Zahl beträgt 12, vielleicht 13, ebenso wie bei T'hecocystis (nach der Abbildung). Am Radius V und Ikann man stellenweise in regelmäßiger Wieder- holung Grübchen, Höckerchen und Leistchen an den Ambulakralia erkennen, welche, nicht näher deutbar, zum Feinbau der Ambulakralrinnen gehören. Ob die Ambulakralia innerhalb eines Radius wechsel- oder gegenständig saßen, läßt sich infolge der Verschiebung nicht mehr sagen. Die Länge eines Ambulakrums beträgt, im Außenbogen gemessen, etwa 12 mm. In den Interradien IV—III und II—II sind keine Täfelchen erkennbar; sie waren wohl sehr dünn gebaut; lediglich in dem als Anal-Interradius angenom- menen mittleren Feld kann man bei starker Vergrößerung kleine Plättchen sehen, aber nicht mehr ihre Anordnung im einzelnen, insbesondere nicht Reste einer Analpyramide. Die Erhaltung erlaubt auch nicht zu erkennen, wo sich für den Eingang in den Steinkanal eine besondere Öffnung befunden haben könnte. Kesuing (1960, S. 139—192) konnte in Fortsetzung der Arbeiten von BATHER, FOERSTE u. a. bei 15 Gattungen der Edrioasteroidea die Lage eines Hydroporus im Anal-Interradius zwischen Analpyramide und Scheitel nach- weisen oder wahrscheinlich machen; für Pyrgocystis steht ein solcher Nachweis noch aus. Der Hauptteil der Theka, der ‚Turm‘, wird aus" adoral stark imbrikaten Plattenreihen gebildet. Größe, Umriß, Skulptur und Anordnung dieser Thekaplatten sind auf die ganze Länge des Turmes nicht gleich. Natürlich spielt dabei die unterschiedliche Beanspruchung bei der Zusammenpressung der ursprünglich dreidimensionalen Röhre während der Einbettung eine, aber wohl nur geringe Rolle. Im obersten Abschnitt (Taf. 2 Fig. 2), unmittelbar unter der Ambulakral-Krone, liegen 4 oder 5 Reihen ganz dicht, dann 2 Reihen wenig dicht und dann 1 Reihe fast frei, wobei der Gesamtdurchmesser von oben nach unten abnimmt. R. RıcHTEr hat 1930 bei seinem Pyrgocystis octogona einen oberen, kegelförmigen Abschnitt mit weniger dicht aufeinanderfolgenden Plattenreihen nachgewiesen. Wieviele Querreihen von Platten an diesem Ab- schnitt der Theka beteiligt sind, läßt sich wegen zahlreicher Bruchlinien der offenbar recht dünnen Platten nicht aussagen. 14 | | ‘ f ' ee ee Abwärts von der fast freiliegenden Plattenreihe folgen zahlreiche Reihen sich stark überdeckender Platten; sie bilden jeweils zwei alternierend angeord- nete Reihen von je vier Platten; ihre Zahl beträgt 2 X 36 = 72 sicher; eine weitere Reihe wäre noch möglich. Im oberen Teil sind sie ganz flach; ihre Ober- fläche, ebenso wie diejenige der Platten im kegelförmigen Abschnitt, ist sehr fein längsgestreift, wobei 20 bis 25 ein wenig anastomosierende Streifen auf 1 mm treffen. Stacheln oder Stachelansätze sind nirgends vorhanden. Gegen die Mitte der Turmlänge verstärkt sich der Vorderrand der Platten; er wird von zwei stumpfwinkelig zusammenstoßenden, etwas gekörnelten Kanten gebildet; gleichzeitig kommt es zur Ausbildung eines schwachen, kurzen Mittelkiels im Winkel der beiden verstärkten Kanten, nicht ganz so ausgeprägt wie bei Pyrgo- cystis octogona (R. RıiCHTER 1930, S. 294, Abb. 1h). Die unteren sechs bis acht Reihen sind wieder sehr stark übergreifend und waren offenbar aus ganz glatten . Platten gebildet. Der Durchmesser der Röhre verringert sich im unteren Drittel - ein wenig und nimmt gegen das Basal-Säckchen wieder um einige Millimeter zu. Während bei der typischen Pyrgocystis die Stücke mit erhaltener Basal- region eine Verschmälerung bis auf eine kleine Anheftungsfläche zeigen (BATHER 1915, Taf. 3 Fig. 1, 2, 4, 6, 9, 10; RUEDEMANN 1925, Taf. 13 Fig. 2, 4, 5), besitzt die Bundenbacher Form den von RıEvErs (S. 11) beschriebenen eigen- artigen sackähnlichen Anhang (Taf. 2 Fig. 4). Seine Oberfläche bietet ein un- ruhiges Bild von feinen, körneligen Leistchen im oberen Teil und von feinen Spitzchen im unteren Teil. Im mittleren Teil und an den Rändern sieht man kleine, längliche, dreieckige bis polygonale Plättchen von 0,3 bis 0,8 mm Durch- messer, denen winzige Spitzchen aufsitzen. Der Übergang aus dem Basal-Säckchen zur Theka ist nicht plötzlich, sondern wird durch Plättchen, die an Größe zu- nehmen und sich allmählich parallel anordnen, vermittelt. B. Die Stellung der Art coronaeformis innerhalb der Gattung Pyrgocystis Die meisten Arten der Gattung Pyrgocystis gehören dem Unter-Silur (Ordo- vicium) von Nordamerika (sardesoni BATHER 1915, Genotypus), Schottland (grayae BATHER 1915) und Rußland (volborthi, gracilis und pulkovi HECKER 1939) sowie dem Ober-Silur (Gotlandium) von Gotland (sulcata, procera und cylindrica AurıvırLıus 1892), von England (ansticei BATHER 1915) und von Nord- amerika (batheri RUEDEMANN 1925) an. Ferner erwähnt JAEKEL (1927, S. 4; ver- gleiche auch REGn£Lı 1960, S. 165) „eine anscheinend sehr primitive neue Form aus Norwegen“, Wo bei diesen Arten die Basalregion erhalten ist, zeigt sie sich verschmä- lert, aus wenigen und kleineren Platten aufgebaut und mit einer kleinen An- heftungsfläche zum Festsitzen ausgestattet. Die Abgrenzung der Arten gegen- einander mag bei genauerer Kenntnis noch schärfer werden. Die Typus-Art sardesoni ist durch kräftigen Stachelbesatz an den Am- bulakren und durch 22 sehr eng stehende Plattenreihen ausgezeichnet; grayae durch 10 Plattenreihen; die drei russischen Arten durch 8—9 Plattenreihen; sulcata und batheri durch gerade, von Furchen getrennte Plattenreihen; ansticei durch rasch anwachsenden Durchmesser; procera und cylindrica durch zylindrische Röhre und weniger übergreifende Platten. Alle diese Arten erreichen nur geringe Höhe, soweit meßbar 6—13 mm, soweit vermutbar 20 mm. 15 Abseits davon hält sich die unterdevonische Pyrgocystis octogona R. RICHTER in ihrer ansehnlichen, 46 mm überschreitenden Höhe, im Besitz eines kegel- förmig erweiterten oberen Teils und in dem Auftreten eines Mediankiels auf den Platten. Die gleichfalls unterdevonische Bundenbacher Art Pyrgocystis coronaeformis RıEvERs steht ohne Zweifel der Art octogona näher als den übrigen. Der Vergleich muß sich bei der unvollständigen Kenntnis der Pyrgocystis octo- gona auf die Theka-Merkmale beschränken. Folgende Ähnlichkeiten können festgestellt werden: Theka-Länge stattlich = 57 mm; durchschnittliche Größe des sichtbaren Teils der Platten etwa 1,3 mm; schwacher Mediankiel an einigen mittleren Thekaplatten; Theka erweitert sich im oberen Teil schwach kegelförmig (diese Eigenschaft möglicherweise auch bei Pyrgocystis grayae BATHER 1915, Taf. 3 Fig. 1 bis 2 angedeutet). Dazu sind folgende Unterschiede der Art coronaeformis gegenüber octogona fest- zuhalten: Theka merklich breiter (b), 8 10 gegenüber 4,5 6,0 mm; Theka zugleich höher, 44 gegenüber etwa 33 mm; daher Theka weniger schlank, Länge : Breite 5:1 gegen 6:1; kegelförmiger Teil niedriger und nach oben weniger erweitert, nämlich Kegel : Röhre = 0,19 :1 gegen 0,39 :1. Wenn auch diese Unterschiede eine artliche Gleichstellung beider Formen verbieten, so können die Ähnlichkeiten nicht übersehen werden, welche die beiden unterdevonischen Formen gegenüber den silurischen aufzuweisen haben. Nimmt man dazu das an dem Bundenbacher Stück erkennbare eigenartige Basal-Säckchen anstelle einer Anheftungsfläche, dann ist es erforderlich, diese Formen gesondert zu halten. Beim gegenwärtigen Stand unserer Kenntnis dürfte es noch nicht geboten sein, eine selbständige Gattung zu errichten, man würde dadurch das auffallendste, gemeinsame Merkmal des „Turmes“ unterbewerten; es dürfte ausreichen, innerhalb der Gattung Pyrgocystis BATHER eine eigene Untergattung, Rhenopyrgus nov. subgen., aufzustellen. Diagnose von Rhenopyrgus nov. subgen.: Pyrgocystis (mit turm- förmiger, aus adoral imbrikaten, alternierenden Plattenreihen gebildeter Theka und mit fünf Ambulakralfurchen mit kräftigen Saumplatten) mit folgenden Be- sonderheiten: Theka groß und schlank, oben kegelförmig erweitert, Thekaplatten zum Teil mit verstärktem Rand und Mediankiel; Basal-Säckchen aus kleinen Platten. Typus-Art der Untergattung: Pyrgocystis coronaeformis RıEvers (1961). Ableitung des Namens aus Rhenus, lat., der Rhein, und pyrgos, griech., der Turm. C. Die stammesgeschichtliche Stellung von Pyrgocystis (Rhenopyrgus nov. subgen.) R. RıcHTEr (1930, S. 285—286) hat gezeigt, daß vom Unter-Silur bis zum Ober-Silur die Entwicklung innerhalb der Gattung Pyrgocystis von 22 Platten je doppelte Querreihe der Theka über 10 zu 8 gegangen ist; in diese Vorstellung fügen sich die von HEckErR (1939) aus dem russischen Unter-Silur beschriebenen Arten mit 8 bis 9 Platten gut ein. Die beiden unterdevonischen Arten octogona und coronaeformis passen mit ihrer 8-Zahl gleichfalls dazu. Es scheint mir aber 16 - doch nicht möglich zu sein, die Bundenbacher Art coronaeformis ohne weıteres an das Ende einer Reihe zu stellen, welche von ursprünglichen Edrioasteroidea über die genannten silurischen Pyrgocystis geführt hätte. Denn das Basal-Säckchen von Pyrgocystis (Rhenopyrgus nov. subgen.) coronaeformis erinnert stark an die basalen Bildungen, wie sie im Kreis der frühen Edrioasteroidea vorkommen. Thecocystis sacculus JAEKEL (1899, S. 43, Taf. 1 Fig. la, 1b) aus dem Unter-Silur von Cincinnati ist nicht nur in den kräftigen, wulstigen Ambulakralplatten, son- dern auch im Besitz eines kleingeplättelten Basalteils vergleichbar; JAEkEL schließt aus unregelmäßiger Wulstbildung und bruchloser Verschiebung der Seiten der Anwachsungsfläche auf ehemalige Biegsamkeit der Haut; das Basal-Säckchen der Bundenbacher Form zeigt Randwülste, die gleichfalls eine Biegsamkeit vermuten lassen. Auch im Habitus des basalen Teils könnten Ähnlichkeiten zwischen dem frühen Edrioasteroidea Thecocystis und Rhenopyrgus nov. subgen. bestehen, nach- dem JAEKEL auf ein von Harı (1871, Taf.6 Fig. 4) abgebildetes „eichelförmiges Individuum ohne basale Anwachsungsfläche..., von dem der Verf. angiebt, daß es ‚appears to have been quite free‘“ hinweist. Erst nach weiteren Funden, vor allem aus dem Ober-Silur, wird man klarer sehen können, ob Rhenopyrgus nov. subgen. auf die typischen Pyrgocystis des Unter-Silurs zurückgeht und sein Basal-Säckchen als späte Neuerwerbung erlangt hat, oder ob das Basal-Säckchen ein altes Erbgut darstellt und für Rhenopyrgus eine ganz selbständige Linie verlangt. Schriftenverzeichnis Aurivırıus, C.W.S., 1892: Über einige ober-silurische Cirripeden aus Gotland. — Bihang Svenska Vet.-Akad. Handl. 18, Afd. IV, No.3, 1—24. Stockholm. BATHER, F.A., 1915: Studies in Edrioasteroidea. VI. Pyrgocystis n. g. — Geol. Magaz. 5—12, 49—60. London. Haut, J., 1871: Description of new species of fossils from the Hudson River Group, in the vicinity of Cincinnati, Ohio. — Twenty-Fourth Ann. Rep. New York State Mus. Nat. Hist. 225—232. Albany, N. Y. Hecker, R. F., 1939: Pyrgocystis from the Ordevician of Leningrad Province. — Bull. Acad. Scs. URSS, Cl. Scs. biol. 241—246. Moskau, russisch mit englischem Auszug. JAEKEL, O., 1899: Stammesgeschichte der Pelmatozoen. — 1—442. Berlin. JAEkEL, O., 1927: Cyathotheca suecica n. g. n. sp., eine Thecoidee des schwedischen Ordoviciums. — Ark. Zool. 19 A, No.5, 1—5. Stockholm. KesLing, R. V., 1960: Hydropores in Edrioasteroids.. — Contrib. Mus. Paleont. Univ. Michigan, 15, 139—192. Ann Arbor, Mich. REGNELL, G., 1960: The Lower Palaeozoic Echinoderm Faunas of the British Isles and Balto-Scandia. — Palaeontology 2, 161—179. London. RiıcHTER, R., 1930: Schuppenröhren als Anzeiger von zwei im deutschen Devon neuen Echinodermen-Gruppen. — Senckenbergiana 12, 279—304. Frankfurt a.M. Rıevers, J. f, 1961: Eine neue Pyrgocystis (Echin., Edrioasteroidea) aus den Bunden- bacher Dachschiefern (Devon). — Diese Zeitschr., 9—11. München. RUEDEMANN, R., 1925: Some Silurian (Ontarian) faunas of New York. — New York State Mus. Bull. 265, 5—84. Albany, N. Y. Mitt. Bayer. Staatsslg. Pal. hist. Geol. 1, 19—22. München, 15. März 1961 Zur Entstehung des Bundenbacher Dachschiefers und seiner Versteinerungen Von JOHANNES RıEvERS T, Enkirch (Mosel) Aus dem Nachlaß herausgegeben von RıcHARD DEHM, München Vorwort des Herausgebers JoHAannes Rırvers hatte sich durch seine zahlreichen Begehungen im Gebiet der fossilführenden Bundenbacher Schiefer eine große Vertrautheit mit den Fundumständen und Erhaltungszuständen der Bundenbacher Fossilien erworben. Ein nachgelassenes Vor- tragsmanuskript enthält eigene Beobachtungen und kritische Gedanken zur Entstehung der Bundenbacher Schiefer und ihrer Fossilanreicherungen. Der Herausgeber hat sich auf die Weglassung der für die Veröffentlichung entbehrlichen Abschnitte, auf die Zusammen- stellung des Schriftenverzeichnisses und auf einige kleine redaktionelle Änderungen beschränkt. Hunsrückschiefer ist aus feinem oder feinsandigem Tonschlamm entstanden, der später durch anhaltenden Druck geschiefert wurde. Nach der mikro- skopischen Untersuchung besteht der Dachschiefer aus äußerst kleinen Muskovit- und Serizitschuppen, einem teils helleren, teils dunkleren chloritischen Material und feinen Quarzkörnchen. Außerdem enthält der Schiefer geringe Mengen organischer Substanz, winzige Körnchen von Magneteisen und teilweise auch noch Schwefelkies. Während der Hunsrückschiefer im allgemeinen recht wenig Fossilien enthält, ist Bundenbach wegen seines Reichtums an Sterntieren und Seelilien berühmt, wie das nahe gelegene Gemünden durch seine Funde von Fischen. Auffällig ist, daß gerade in dieser Gegend Versteinerungen in voll- ständigen und gut erhaltenen Exemplaren und, in einzelnen Schichten, in ver- hältnismäßig großer Zahl gefunden werden. Hier müssen also die zur Erhaltung führenden Erfordernisse — schnelle und gründliche Einbettung der Leichen — besonders günstig gewesen sein. Als erster beschäftigte sich JAEKEL 1895 mit dem Lebensraum der im Huns- rückschiefer eingeschlossenen Tierwelt; auf Grund der zarten Bauart der See- lilien kam er zu der Annahme, es handle sich bei dem feinkörnigen Meeres- schlamm des Dachschiefers um Tiefseeablagerungen. 1920 wies HAARMANnN darauf hin, daß dunkeltonige Ablagerungen in jeder Tiefe vorkommen können und zartgebaute Seelilien nur auf ruhi- ges, nicht aber auch tiefes Wasser hindeuten. Die gute Erhaltung der Ver- steinerungen wäre eine Folge schneller Einbettung, die nur in geringer Meeres- tiefe möglich sei. HAARMANN ist der Meinung, daß es sich um eine Flachsee gehandelt habe. 2* 19 v. KoenıGswaLp weist 1930 an Hand der Körperlage der Tiere auf Strö- mungen hin und nimmt an, daß Stürme den Faulschlamm des Grundes auf- wühlten, so daß Schwefelwasserstoff frei wurde und die Tiere an Vergiftung starben. Aus der Art der Erhaltung und Einbettung vermutet er, daß Tod, Verfrachtung und Eindeckung rasch aufeinanderfolgende Ereignisse waren. GürıcH 1931 ist der Ansicht, die stillen Buchten des Dachschiefermeeres seien infolge der geringen Bewegung sauerstoffarm gewesen, und der Schlammboden wäre mit Schwefelwasserstoff bis zu einem Schwellenwert angereichert worden, bei dessen Überschreiten dann die Tierwelt zum Absterben kam. Bewegungen des Meeresbodens oder Änderungen der Meereszirkulation hätten feinsten Sand und neuen Sauerstoff zugeführt, so daß neue Tiere wieder einwandern konnten. Dieser Vorgang habe sich wiederholt. RupoLr RıcHTEr tritt 1931 diesen Ansichten entgegen. Er weist nach, daß im dunklen Schlamm im stillen Flachseeboden bis zur Tiefe von über 5 cm noch Tiere leben. Funde von Chondriten im Schiefer beweisen, daß im Devonmeer Würmer und Gliederfüßler innerhalb des Schlammes lebten. RıcHTER ist viel- mehr der Ansicht, die meisten Tiere seien ausgewachsen, deshalb könne keine Vergiftung durch Schwefelwasserstoff angenommen werden; er weist nämlich auf das Fehlen von Jungtieren, außer bei Seelilien, hin. Fische seien überwiegend in großen Exemplaren vertreten, mittlere wären schon selten und kleine fehlten bisher fast völlig. Noch wichtiger scheinen ihm die Sterntiere, deren riesiges Heer aus fast lauter ausgewachsenen Exemplaren bestünde. Wenn Massensterben angenommen werden solle, dann müßten alle Altersklassen betroffen worden sein. Er lehnt daher die Annahme eines Massensterbens durch eine Katastrophe ab und meint, daß das Auffinden von Jungtieren als Ausnahme nur die Regel bestätigen könne. Nach W.E. Schmipr 1934 könne man für besonders fossilreiche Lagen wohl an ein Massensterben durch Naturereignisse denken, durch die der feine Schlamm tief aufgewühlt wurde und die Crinoideen durch die zu starke Wassertrübe zum Absterben brachte. Die Tierleichen wären dann in ihrem Schlammgrabe unter den für Echinodermen besonders günstigen Fossilisationsbedingungen so zahl- reich und gut erhalten geblieben. Auch W. M. LEHMANN wendet sich 1939 gegen die Ansicht von RuDoLF RıcHTEr und sucht den Tod der uns überlieferten Bundenbacher Meerestiere durch den Ausbruch eines benachbarten Aschenvulkanes zu erklären, dessen „unablässig herabrieselnde feine Aschenteilchen rasch die am Boden festgewurzel- ten Crinoiden und die im Schlamm oder auf dem Meeresgrund lebenden Asterozoen, Arthropoden usw. bedeckten, die nun infolge Sauerstoffmangels ersticken mußten, während ein Teil der guten Schwimmer sich in Sicherheit bringen konnte. Die schweren Panzerfische dagegen, wie Drepanaspis, fielen ebenfalls dem Aschenregen zum Opfer, und von diesen wurden häufiger gut erhaltene Exemplare gefunden“. Dagegen ist einzuwenden, daß sich auch ganz vorzügliche Schwimmer, wie z. B. Nahecaris und Heroldina, unter den eingebetteten Tierleichen befinden. Wenn die Tiere am Aschenregen erstickt wären, müßte der einbettende Dach- schiefer aus vulkanischen Aschen bestehen. Bei meinen eigenen langjährigen Beobachtungen in den Bundenbacher Schiefergruben fiel mir auf, daß häufig in Dachschieferlagern trotz großer Mäch- 20 NEIN. tigkeit fast gar keine oder nur wenige — und dann manchmal nur schlecht erhaltene Versteinerungen, oder auch nur Überbleibsel von Tieren — gefunden werden, während andere, oft nur schwache Gesteinsbänder, große Mengen gut erhaltener Fossilien einschließen, und zwar die verschiedenartigsten Tiere, also friedliche Tiere, Räuber und Aasfresser, Schwimmer und Benthosbewohner und diese Arten in allen Altersklassen. Die Richtigkeit dieser Feststellung wurde mir von alten, erfahrenen Spaltern bestätigt. Sie kennen die Schichten und wissen, aus welchen Lagern Versteinerungen zu erwarten sind. So wurden beispielsweise, als die Spinnentiere Palaeopantopus und Palaeoisopus in der Grube Mühlenberg entdeckt waren (BroıLı 1932), von einigen aufmerksamen Spaltern diejenigen ‚Schieferblöcke bei der Verarbeitung bevorzugt, an deren Köpfen helle gefärbte schmale Streifen sichtbar waren, denn in jenen Schieferblöcken waren die Spinnen zu finden. Als ich neuerdings auf einer anderen Grube unter den Schieferblöcken aus dem Plattenstein gebändertes Material sah, war es mir klar, daß hier die gleiche Ablagerung abgebaut würde, in der damals in jener Grube die Spinnentiere gefunden worden waren. — Und es wurden auch tatsächlich einige solche gefunden. — Diese Spinnen, die bisher nur aus dem genannten Ablagerungsband gebor- gen wurden, werden nach der Katastrophe, die ihren Tod zur Folge hatte, nicht wieder neu eingewandert sein. Deshalb sind sie in den anderen fossilführenden Schichten nicht zu finden. Ähnlich wird es sich bei anderen seltenen Tieren verhalten. Die von RupoLr RıcHTEr angeführte Tatsache, daß so wenig Jungtiere in die Sammlungen der Museen und Institute wie der Privatsammler kommen, hat ihren Grund darin, daß die Schieferspalter sie nicht aufheben. Kleine, unauf- fällige Fossilien werden sie bei der Spaltarbeit oft auch gar nicht bemerken. Kleine Urasterella zum Beispiel halten sie nicht des Aufhebens wert, weil sie dafür nichts, bzw nur einen sehr geringen Erlös erwarten. Ein großes, schönes Exemplar dagegen wird sorgfältig verwahrt, unter Umständen wird auch noch die Gegenplatte* zurückgelegt, falls ein Teil der Versteinerung auf sie hinüber- greift. Die Ansicht von Rupoır RıcHTer, daß die uns in den Dachschiefern erhal- tenen Tiere ausgewachsen eines natürlichen Todes gestorben seien, kann also nicht ganz stimmen. — Wie ist nun dieser Wechsel von fossilreichen und an Versteinerungen armen Schichten zu erklären? Die versteinerungsarmen Schichten entstammen Zeiten, in denen die Tiere ausgewachsen und normal gestorben sind, in denen also das Leben seinen natür- lichen Ablauf nahm. Die auf dem Meeresgrund liegenden Leichen gingen unter der Einwirkung des Sauerstoffs aus dem Wasser in Verwesung über, denn die normale tägliche Sedimentation war viel zu gering, um sie einbetten zu können. Für die Beseitigung der Kadaver sorgten Aasfresser wie dies auch im Watten- meer der heutigen Nordsee zu beobachten ist. Auf diese Weise verschwanden ‚die Leichen. Höchstens einige Überbleibsel geben noch Kunde von dem einstigen Vorhandensein von Tierleichen. In ganz günstigen Fällen konnte auch schon einmal eine frische Leiche ganz von Schlamm bedeckt werden, ehe die Aasfresser erschienen, wenn z.B. das Tier an einer Stelle verendete, an der die Strömung 21 gerade durch Umbettung von Meeresschlamm eine Absetzung des Materials auf zweiter Lagerstätte bewirkte. Die fossilreichen Schichten können nur in Zeiten entstanden sein, in denen der natürliche Ablauf des Lebens plötzlich durch Katastrophen unterbrochen wurde, die ein Massensterben und schnelle Einbettung der Leichen verursachten, denn wir finden in diesen Schichten alle Tierarten, also auch die Aasfresser, und zwar in allen Altersstufen. Der besonders gute Erhaltungszustand dieser Fossilien konnte nur erreicht werden, wenn die frischen Leichen schnell vollständig eingebettet wurden. Kei- nesfalls durften die abgestorbenen Tiere in Verwesung übergehen, was bei Echinodermen-Leichen bereits nach kurzer Zeit der Fall ist. Durch genügend starke Schlammbedeckung mußte der Sauerstoff von den Leichen ferngehalten werden, damit die chemische Umwandlung der Stoffe eintreten konnte. Diese erforderliche Menge Schlamm hätte aber die normale tägliche Ablagerung in kurzer Zeit niemals absetzen können. Dafür muß schon eine Wassertrübe durch den aufgewühlten Schlamm, wie sie nur bei Katastrophen vorkommt, gefordert werden. Schriftenverzeichnis Broıuı, F., 1932: Palaeoisopus ist ein Pantopode. — Sitz.-Ber. Bayer. Akad. Wiss. math.-naturw. Abt. 45—60. München. GürıcH, G., 1931: Mimaster hexagonalis, ein neuer Kruster aus dem unterdevonischen Bundenbacher Dachschiefer. — Paläont. Z. 13, 204—238. Berlin. HAARMAnN E., 1920: Botryocriniden und Lophiocriniden des rheinischen Devons. — Jb. preuß. geol. Landesanst. 41, 1—87. Berlin. JAEKEL, O., 1895: Beiträge zur Kenntnis der palaeozoischen Crinoideen Deutschlands. — Paläont. Abh. 3, 1—116. Jena. KoeEnIGswALD, R. v., 1930: Die Arten der Einregelung ins Sediment bei den Seesternen und Seelilien des unterdevonischen Bundenbacher Schiefers. — Senckenbergiana 12, 338—369. Frankfurt a.M. LEHMANN, W. M., 1939: Neue Beobachtungen an Versteinerungen aus dem Hunsrück- schiefer. — Abh. preuß. Akad. Wiss. math.-naturw. Kl. 1939, 1—17. Berlin. RiıcHTER, R., 1931: Tierwelt und Umwelt im Hunsrückschiefer; zur Entstehung eines schwarzen Schlammsteins. — Senckenbergiana 13, 299—342, Frankfurt a.M. SCHMIDT, W.E., 1934: Die Crinoideen des Rheinischen Devons. I. Teil: Die Crinoideen des Hunsrückschiefers. — Abh. Preuß. Geol. Landesanstalt N. F. 163, 1—149. Berlin. 22 { 3 | R Mitt. Bayer. Staatsslg. Pal. hist. Geol. 1, 23—24. München, 15. März 1961 Zum Alter der Riffkalke von Laisacker bei Neuburg a. d. Donau Von K. WERNER BARTHEL, München Neues Material veranlaßt mich, nochmals zur Altersstellung der Riffkalke von Laisacker Stellung zu nehmen. In meiner ersten Veröffentlichung über Laisacker (1959) glaubte ich, auf Grund der Perisphinctidae (hier Virgatosphinctinae) und einiger anderer Um- stände die Riffkalke als den unteren Rennertshofener Schichten gleichaltrig ein- stufen zu dürfen, trotz der Funde von Gravesia gravesiana (D’Orsıcny) und Hybonoticeras hybonotum (OPPpet).') Zur Lösung der vorliegenden Frage darf etwas weiter ausgegriffen werden: Nach bisheriger Kenntnis sind weder Gravesia, noch Hybonoticeras aus den Rennertshofener Schichten oder gar den Neuburger Bankkalken Bayerns bekannt geworden. Glochiceras lithographicum (Opper), Taramelliceras prolithographicum (FONTANNES) und das typische Neochetoceras steraspis (OPrEL) wurden ebenfalls noch nicht aus diesen Schichten erwähnt. Das bedeutet eine Beschränkung dieser Cephalopoden auf tiefere Schichten. Damit besteht auch die Lage der Gravesia — Zonen in Arkeır’s Tabelle (1956, S. 111) zurecht, bedingt zwar durch irrtümliche Auslegung der Arbeiten Rorr’s, der in seinen letzten diesbezüglichen Publikationen nicht mehr auf die Gravesien eingeht. Vergleicht man weiter in diesem Zusammenhang die Tabelle des zeitlichen Auftretens der süddeutschen Ober-Malm-Ammoniten in BERCKHEMER & HÖLDER 1959, S. 114, so findet man, neben weniger bedeutsamen Formen, folgende Arten in die Hangenden Bankkalke Württembergs hinaufreichend: Hybonoti- ceras hybonotum, „Perisphinctes“ siliceus (QUENSTEDT), Gravesia div. sp.?) Sutneria bracheri BERCKHEMER, Taramelliceras wepferi (BERCKHEMER). Diese Cephalopoden sind in Bayern bisher nur aus tieferen Schichten (Ober-Epsilon — Zeta 1) gefunden worden, nicht aber zusammen mit der eigenartigen und relativ spärlichen Fauna der Rennertshofener Schichten oder gar der der Neuburger Bankkalke. 1) Hybonoticeras hybonotum weist eine größere Variation der Dornendichte auf, als bisher von mir angenommen. 2) Nach freundlicher mündlicher Mitteilung von Herrn Dr. B. ZıesLEr, Zürich, kommt Gravesia gigas (ZIETEN) auch mit G. gravesiana zusammen vor. G. portlandica (DE LorıoL) ist sowohl aus den Hangenden Bankkalken Württembergs als auch aus Bayern (allerdings ohne genaue Fundortangabe) bekannt (vgl. BARTHEL 1959, S.52). 23 Diese Tatsachen legen den Schluß nahe, daß zumindest ein Teil der Hangenden Bankkalkeälter ist, als bisher angenommen wurde und zeitlich den Solnhofer Schichten etwa entspricht. Nur in Bayern, besonders südlich und westlich entlang des Wellheimer Trockentals sind jüngere Ablagerungen in Schichtfazies erhalten geblieben. Ob diese Erhaltung tektonisch bedingt ist, mag dahingestellt bleiben. Ausgehend nun von den bisher dargelegten Gedanken, daneben eingehen- derer Beschäftigung mit der Fauna der jüngsten anstehenden Malm-Schichten (den Neuburger Bankkalken) und Vergleichen mit neugesammelten Formen aus dem „Mörnsheimer Wilden Fels“, ist eine Korrektur meiner bisherigen Alters- einstufung von Laisacker unumgänglich. Zudem ergab eine Auskartierung der unmittelbaren Umgebung der Brüche von Laisacker keine feststellbare Ver- zahnung mit Rennertshofener Schichten gegen N (vgl. Roıı 1933, S.562 und BARTHEL 1959, S. 62). Fünf jetzt vorliegende Stücke von Neochetoceras steraspis deuten ebenfalls auf höheres Alter der Riffkalke. Bereits SCHNEID (1914 (15), S. 149) betont wegen der vorkommenden Cephalo- poden die faunistische Zusammengehörigkeit der Solnhofener Plattenkalke und des „Wilden Felsen“ in deren Hangendem (Roır 1940, S.207, Tab., stellte den „Wilden Fels“ den unteren Rennertshofener Schichten bzw. den Hangenden Bankkalken gleich). Die in den genannten Schichten örtlich sehr häufigen Glochi- ceras lithographicum, Taramelliceras prolithographicum und Neochetoceras steraspis scheinen dies besonders zu unterstreichen. Da Neochetoceras steraspis auch in Laisacker relativ häufig vorkommt, zu- sammen mit Gravesia gravesiana und Hybonoticeras hybonotum, die aus den Solnhofener Schichten öfters erwähnt werden, darf Laisacker diesen Ablagerungen etwa gleichalterig angesehen und ins obere Zeta 1 gestellt werden. ARKELL, W. J.: Jurassic Geology of the World. — XIV u. 806 S., 102 Abb., 46 Taf., 27 Tab., Edinburgh u. London 1956. BARTHEL, K. W.: Die Cephalopoden des Korallenkalks aus dem oberen Malm von Lais- acker bei Neuburg a. d. Donau. I. Gravesia, Sutneria, Hybonoticeras. — N. Jb. Geol. Paläontol., Abh. 108, S.47—74, 7 Abb., 1 Beil., Taf.5 u. 6, Stuttgart Mai 1959. BERCKHEMER, F. 7 & HöLper, H.: Ammoniten aus dem Oberen Weißen Jura Süddeutsch- lands. — Beih. Geol. Jb., 35, 135 S., 89 Abb., 27 Taf., Hannover Okt. 1959. Roır, A.: Stratigraphischer Vergleich zwischen nordwesteuropäischem und süddeutschem Oberem Malm. — N. Jb. Mineral. etc., Beil. Bd. 68, Abt.B, S. 179-198, 1 Abb., Stuttgart 1932. — —: Über den Oberen Malm der südwestlichen Frankenalb. — Centralbl. Mineral. etc., Abt.B, Jahrg. 1933, 10, S.553—564, 3 Abb., Stuttgart 1933. — —: Tektonische Bemerkungen zu einer geologischen Karte der südlichen Frankenalb. — Z. deutsch. geol. Ges., 92, S.205—252, 7 Abb., Taf. 7 u. 8, Berlin 1940. SCHNEID, Th.: Die Geologie der fränkischen Alb zwischen Eichstätt und Neuburg a. D. — Geognost. Jh., 27 (1914) u. 28 (1915), S.59—170, 9 Taf. u. S. 1—60, München 1915 u. 1916. Nachtrag: Zur zweiten Korrektur erschien die Arbeit von K. Fes£reLpr: Schichtenfolge und Lagerung des oberen Weißjura zwischen Solnhofen und der Donau. (Südliche Frankenalb). — Geol. Bl. NO-Bayern, 11, S. 27—40, Erlangen 1961. FEsEr£Lpt kommt etwa zur gleichen Einstufung der Württemberger Obermalm-Sedimente. Unsere Soln- hofener Schichten sind bei FEsErELDT untergliedert und entsprechen dem Bereich von den „Unteren Schiefern“ bis zu den „Mörnsheimer Schichten“. 24 u I ee re Sen Lite I 55 ee De Mitt. Bayer. Staatsslg. Pal. hist. Geol. 1, 25—26. München, 15. März 1961 Hubert G. Schenck f Am 19. Juni 1960 starb in Palo Alto, Californien, Hubert G. Schenck. Be- ‘ sonders für die ältere Generation der europäischen Paläontologen war der Name Hubert G. Schenck ein Begriff für umfassende Kenntnis und exakte Arbeit. Aber ‚auch die jüngeren, so sie mit seinen Werken in Berührung sind, wissen seine tiefgründigen, präzisen Publikationen zu schätzen. Hubert G.Schenck, geboren am 24. September 1897 in Memphis (Tennes- see), entstammte einer Familie niederländischen Ursprungs; seine Vorfahren hatten sich 1650 in New Amsterdam (New York) niedergelassen. Er begann seine Studien 1916 an der Universität von Oregon. 1920—1921 verbrachte er als geologischer Volontär in der Abteilung für Lagerstätten der Philippinen. In den folgenden Jahren erarbeitete er sich das Baccalaureat und den Ma- gister, wieder an der Universität Oregon. Das weitere Studium von 1924—1927 sah ihn an der Californischen Universität Berkeley; während der Sommer- monate betätigte er sich auch als Instruktor in Stanford. 1926 erhielt er an der Universität von Californien den Doktorhut. Zugleich wurde er dem Lehrkörper der Stanford-Universität als „Assistant Professor“ angegliedert. 1935 avancierte er zum „Associate Professor“ und schließlich 1940 zum Professor der Geologie. Die Jahre 1933—1934 war Hubert G. Schenck als Forschungsstipendiat am Musee Royal d’ Histoire Naturelle in Brüssel. Dort knüpfte er zahlreiche Be- ziehungen mit europäischen Fachgenossen an. 1937 und 1938 verbrachte er im Mittleren Osten und Indien. Während und nach dem zweiten Weltkrieg weilte er im Fernen Osten (Neuguinea, Philippinen, Japan). In Formosa schließlich holte er sich die zu seinem Tod führende Virusinfektion. Als einer der ersten erkannte Hubert G. Schenck die Wichtigkeit der Mikro- fossilien in der Stratigraphie und organisierte bereits anfangs der zwanziger Jahre ein mikropaläontologisches Labor in Stanford und das 8 Jahre bestehende „Micropaleontology Bulletin“. Erstmals wurden von ihm Vorlesungen auf die- sem Gebiet gehalten. Ausgezeichnet als Lehrer, hatte er sich in der Forschung auf den verschie- densten Zweigen der Geologie und Paläontologie große Verdienste errungen. Besonders bekannt sind seine 1934 erschienene Klassifikation der Familie der Nuculidae und 1936 die der Gattung Acila. Wichtig sind ferner seine Be- mühungen um präzise stratigraphische Termini und die Beiträge zur Strati- graphie des Tertiärs von Californien. Insgesamt veröffentlichte er in den Jahren 1930—1943 etwa 80 Arbeiten auf diesen Gebieten. Weniger bekannt in Europa und auch weniger zahlreich sind seine Publikationen über natürliche Rohstoff- quellen (1946— 1955). 25 Seine vielseitigen Interessen erlahmten auch nicht während der letzten, im Krankenbett verbrachten Jahre, wie auch der rege, mit dem Verfasser geführte Briefwechsel bestätigt. Sein bewundernswerter Wille zum Leben und die auf- opfernde Pflege seiner Gattin halfen ihm über sein Leiden hinweg. Bis zur letzten Minute behielt er die ihn auszeichnende geistige Regsamkeit. Eine große Anzahl exakt angelegter Manuskripte und eine reiche Ver- gleichssammlung an Nuculiden stellte H.G.Schenck der Bayerischen Staats- sammlung für Paläontologie und hist. Geologie zur Verfügung, um Detail- forschungen an diesen taxodonten Muscheln durch Mitarbeiter weiterzutreiben. Eine Aufgabe, welcher der Verfasser im Sinne des Verstorbenen nachzukommen hofft. Dank gebührt Mrs. Hubert G. Schenck, Palo Alto, und Prof. Dr. Myra Keen, Stanford University, für die Überlassung von Unterlagen. K. Werner Barthel, München 26 Mitt. Bayer. Staatsslg. Pal. hist. Geol. 1, 27—56. München, 15. März 1961 Über neue tertiäre Spaltenfüllungen des süddeutschen Jura- und Muschelkalk-Gebietes Von RıcHARD DEHM, München Mit 5 Abbildungen und Tafel 3—4 Zusammenfassung Die Weiterarbeit an den fossilführenden tertiären Spaltenfüllungen des süddeutschen Jura hat je fünf neue oligocäne und miocäne und zwei pliocäne Vorkommen erbracht; außerdem hat sich eine erste tertiäre, und zwar pliocäne Spaltenfüllung im Muschelkalk- Gebiet des oberen Neckars nachweisen lassen. Besonders bemerkenswert sind die mittel- oligocäne Spaltenfüllung von Bernloch, Kreis Münsingen, die mit ihren reichlichen Nager- resten eine wertvolle Ergänzung der bisher einzigen gleichaltrigen von Ehingen an der Donau bildet, und das Mittel-Miocän von Appertshofen nördlich Ingolstadt, wo vorzugs- weise wasserlebende Tiere eine Fauna helvetischen Alters zusammensetzen. Die weitere Überprüfung der „Mischfaunen“ aus verschiedenen Tertiärstufen und einiger früherer Angaben ermöglichen mehrere Berichtigungen. Auf Grund des gegenwärtigen Bestandes von 96 fossilführenden tertiären Spaltenfüllungen im süddeutschen Jura können u. a. zeitliche und regionale Verteilung der einzelnen Vorkommen, die Artenzahlen von en und Nichtsäugern auf etwaige Regelmäßigkeiten hin zur Diskussion gestellt werden. Inhalt DE EINER RE BR RT RE BR EUR: A. Neue tertiäre Spaltenfüllungen EB EN ER RA 29 1.—5. Unter-Oligocän von Nattheim, "Kreis Heidenheim (Brenz), Möhren bei Treuchtlingen und Heidenheim in Mittelfranken; Mittel-Oligocän von Bern- loch, Kreis Münsingen; Ober-Oligocän von Weißenburg i in, Bavern“'... 2 \, 29 6.—12. Unter-Miocän von Kaisheim, Kreis Donauwörth, und von der Grafen- mühle und Übermatzhofen bei Pappenheim; Mittel- Miocän von Appertshofen nördlich Ingolstadt; Unter-Pliocän von Hundersingen und ? Pfronstetten, Kreis Münsingen, und vom Vohbühl bei Bopfingen westlich re a SS 13. Pliocän vom Egenhäuser Kapf bei Altensteig, Kreis Calw . . . I B. Berichtigungen früherer Angaben über tertiäre Spaltenfüllungen ....... M 1. Zur Frage der „Mischfaunen“ in Spaltenfüllungen . . ... 2... ... 4 2. Berichtigung vermeintlich selbständiger oder „tertiärer“ „Spalten“-Füllungen 43 C. Der derzeitige Bestand an tertiären Spaltenfüllungen im Schwäbischen und süd- lichen Fränkischen Jura . . GR EN RE RER RN; 1.48. Mittel-Eocän bis Ober- Oligocän ar a RITA TE Er, 49.—96. Unter-Miocän bis Mittel- bzw. Ober-Pliocän . 2. 2.2.2.2... 48 D. Überlegungen zur Gesamtzahl der tertiären Spaltenfüllungen EEE EN tz. DW ESPr Zur Kenntnis vermehrung ur 2eratliche, Afteilume #227. 2... nn el a Ale Werte ee ml ml 00% 4. Artenzahlen . Be RL EEE RE ET SE RAR, = 5. Anteil der Nichtsäuger a EN ER er BEER ey >, Schriftenverzeichnis . . Be I a BIBRL N SS LE, LE Be IE ernennen ee ee ee Se PER ER ERS Einleitung Seit der zusammenfassenden Darstellung der fossilführenden tertiären Spaltenfüllungen des Süddeutschen Juras (DEHM 1935, zitiert mit D 1935) und den beiden Ergänzungen hiezu (DEHM 1937 a, 1939) sind die Unter- suchungen auf diesem Gebiet, allerdings mit zeitbedingten Unterbrechungen, weitergeführt worden. Im Zusammenhang mit den Aufnahmearbeiten des Instituts für Paläontologie und historische Geologie an der Universität München im Bereich des Nördlinger Rieses sind mehrere Spaltenvorkommen entdeckt bzw. beschrieben worden: Unter-Oligocän von Huisheim (DEHM 1950 a), Unter- Pliocän vom Vohbühl bei Bopfingen (entdeckt von Herrn Buchhalter D. Schwarz in Oberdorf bei Bopfingen; SCHRÖDER & DEHM 1950, S. 32—34), Unter-Oligocän von Hagau I und II (WEBER 1951), Ober-Oligocän von Burgmagerbein (SCHALK 1957), Mittel-Miocän von Bissingen (SCHALK 1957) und Unter-Oligocän von Wolferstadt (WEBER 1958, weniger in „Spalte“ als in flacher Wanne). Darüber hinaus sind weitere entdeckt worden bzw. zu unserer Kenntnis gelangt, über die hier berichtet werden kann, nämlich elf Vorkommen im süddeutschen Jura und eines im Muschelkalkgebiet des oberen Neckars. Damit sind die Möglich- keiten sicher nicht erschöpft; so liegen dürftige Knochenfunde aus einer Spalten- füllung in zertrümmertem Weißen Jura nahe Zirgesheim östlich Donauwörth, einige zur Datierung gleichfalls nicht ausreichende Knochenfunde aus einer Spaltenfüllung in den Plattenkalken nahe Wintershof-Ost bei Eichstätt vor; BERCKHEMER (1939, S. XXI) erwähnte eine tertiäre Spaltenfauna aus rotbraunem Lehm, enthaltend „Bruchstücke von Schildkrötenpanzern, Reste von Hirsch- verwandten und Raubtieren sowie eine Anzahl Nagetierzähne“, bei Heidenheim an der Brenz. ' Bei unseren Arbeiten an den Spaltenfüllungen hat mehrmals ein bedeuten- des Fundgut, insbesondere an Säugergebißresten, geborgen werden können; die systematische Bearbeitung dieser Funde ist im Gange; die bisher erschienenen Arbeiten werden bei den einzelnen Vorkommen aufgeführt. In der hier vor- gelegten Untersuchung werden die Vorkommen selbst behandelt, da infolge des fortschreitenden Abbaues in den Steinbrüchen die Mehrzahl der Spaltenfüllun- gen nur kurze Zeit aufgeschlossen ist und dann der Zerstörung anheimfällt. Für vielfache freundliche Hilfe und Hinweise und für die Überlassung von Materialien zur Untersuchung danke ich gerne Prof. Dr. K. FRENTZEN 7 in Karls- ruhe (Unter-Oligocän von Nattheim), Prof. Dr. L. Krumseck } in Erlangen (Einsichtgewährung in seine Fundnotizen und Aufsammlungen einer unter- oligocänen Spaltenfüllung nahe Weißenburg in Bayern II, vgl. S. 47), Bürger- meister M. BAYERLEIN in Appertshofen (Mittel-Miocän), Prof. Dr. W. ©. DIETRICH in Berlin, Prof. Dr. E. Hennig in Tübingen, Oberstudiendirektor Dr. E. Köpr in Nagold (Pliocän vom Egenhäuser Kapf), Kreisheimatpfleger Archivinspektor F. KoisLMEIErR in Ingolstadt, Prof. Dr. F.X. Mayr in Eichstätt, Dr. J. REICHART in Ingolstadt (Ober-Oligocän von Gaimersheim), Prof. Dr. ©. H. ScHINDEWOLF in Tübingen, Prof. Dr. J. SCHRÖDER in München (Ober-Oligocän von Weißen- burg in Bayern gemeinsam mit dem Verfasser), Dr. GEROLD WAGNER in Han- nover (Unter-Oligocän von Heidenheim in Mittelfranken). Oberkonservatorin Dr. THERESE PRINZESSIN ZU OÖETTINGEN-SPIELBERG in München, Konservator i.R. Dr. E. WEBER in München und Konservator Dr. K. W. BARTHEL in München ver- 28 u a N el A a sc Sr un Ta ee re ee Re an ee danke ich tatkräftige Mitwirkung an den Fundstellen. Desgleichen bin ich den Steinbruchbesitzern für ihr Entgegenkommen dankbar. Die Aufnahmen zu Tafel 4, Figur 5—6 verdanke ich Herrn Dr. A. v. HiLLEBRANDT in München. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bad Godesberg danke ich auch hier verbindlich für die entgegenkommende Gewährung förderlicher Mittel. A. Neue tertiäre Spaltenfüllungen 1. Unter-Oligocän von Nattheim, Kreis Heidenheim (Brenz) Spalte Nr. 27 in Abb. 5 Herrn Prof. Dr. Kurr FRENTZEN f in Karlsruhe verdanke ich die freundliche Mitteilung eines bisher nicht bekannten Fossil-Vorkommens in der östlichen Schwäbischen Alb. „Der Unterkieferast von Pseudosciurus suevicus wurde von mir 1909 oder 1910 in einer kleinen Bohnerzspalte, die durch eine Steingrube in der Nähe der „Wagner-Grube“ im Gewann St. Margareth bei Nattheim auf- geschlossen war, gefunden. Das Fossil liegt auf einer Kluftfläche von Korallenkalk und ist z. T. von Kalksinter bedeckt gewesen bzw. heute noch bedeckt“ (Feldpost- karte vom 16. April 1942). Das Belegstück ist vermutlich während des Krieges vernichtet worden. Kranz (1953, S.44) hat sich zusammenfassend mit den Bohnerzgruben bei Nattheim, auch mit den Gruben im Wald „St. Margaret“, beschäftigt; trotzdem in jenem Gebiet gerade in den Lehmspalten Nattheimer Jurakorallen und ihre Begleitfauna von zahllosen Sammlern begehrt waren, sind tertiäre Wirbeltier- funde auffallenderweise — mit Ausnahme des hier mitgeteilten — aus dem Gebiet unbekannt geblieben. In der bisherigen Lücke der unteroligocänen Spalten- füllungen zwischen dem Nördlinger Ries und dem Gebiet nördlich von Ulm an der Donau, wo sie einigermaßen reichlich vertreten sind, ist damit nunmehr auch ein Vorkommen nachgewiesen. Im Zusammenhang mit der Besprechung von Bohnerzgruben nahe der bayerisch-württembergischen Grenze erwähnt GümseEL (1891, S.195) „in den benachbarten württembergischen Gruben unzweifelhafte Exemplare von Helix rugulosa und sonstige diese begleitende Arten, welche über die Zuweisung dieser Bohnerzbildung zur Stufe des Landschneckenkalks keinen Zweifel lassen“. Über diese Schneckenfauna aus Nattheimer Bohnerzen ist nichts Näheres bekannt ge- worden; möglicherweise liegt in ihr ein Aquivalent der unteroligocänen Schnek- kenfauna von Arnegg und Mönchsdeggingen vor; diese war zur Zeit GÜMBEL’s noch unbekannt. 2. Unter-Oligocän von Möhren 3,5 km südwestlich Treuchtlingen Taf. 3 Fig. 1—3; Spalte Nr. 11 in Abb. 5 WOLFGANG WAGNER 1960, S. 136—137. Prof. Dr. F.X. Mayr in Eichstätt verdanken wir die erste Mitteilung von Wirbeltierfunden im Steinbruch des Kalkwerkes Möhren 1 km westsüdwestlich Bahnhof Möhren; der Eigentümer des Steinbruchs, Max GRAF ZU PAPPENHEIM in Schloß Möhren, hat uns in dankenswerter Weise die Grabungsarbeiten ermöglicht und einschlägige Fundstücke überlassen. Die Dickbänke des Weißen Jura Delta werden von vertikalen Schlotten von 5 bis 150 cm Breite durchzogen; diese stehen mit horizontalen Höhlungen, erweiterten Schichtfugen mit Lösungsrillen, abgerun- 29 deten Wandungen und kolkartigen Vertiefungen in Verbindung. Besonders an der Westwand des Steinbruchs sind solche Karsthohlräume und ihre Füllungen zu beobachten. Eine Nische an der Westwand nahe der Hauptsohle des Bruchs erschloß in den Jahren 1956 bis 1958 in einer bis zu 1,5 m breiten Lösungskluft von unten nach oben Grobsand, geschichtet, mit 1—3 mm großen Quarzkörnern und zahlreichen verkieselten Jurakalkstückchen, wenig Bohnerzkörnern; fossilfrei; Lehm mit kleinen und bis zu 15 cm großen Geröllen und mit sehr zahl- reichen abgerollten Bohnerzkörnern; fossilfrei. Im Südteil der Westwand sind in Lösungsfugen zwischen den Dickbänken bis zu 80 cm mächtige, mit groben, bis 25 cm großen, und feineren Geröllen gespickte Lehme eingelagert, welche nesterweise Wirbeltierreste enthalten. Schlämmproben haben nur ganz wenige Zähnchen und Knochenstückchen ge- liefert. Unter den Geröllen sind die auffälligsten wasserhelle, rosafarbene und gebräunte Quarze, manche wie poliert abgerollt, Lydite (selten), verkieselte Ober- jurakalke, Quarzite (selten, triassisch?, kretazisch?). Die Fauna umfaßt nach dem jetzigen Stand: Pterodon dasyuroides GERvAISs; Suevosciurus fraasi (F. MAJOR); Anoplotherium pompeckji Dietrich, Diplobune secundaria (Cuvier), Cebochoerus sp., Caenotheriidae gen. indet.; Palaeotherium curtum Cuvier, P. aff. curtum CuvVIEr, P. heimi STEHLIN; Testudinidae gen. indet., Crocodilia gen. indet. Nach dem Vorherrschen von Palaeotherium dürfte die Fauna dem älteren Teil des Unter-Oligocäns angehören wie diejenige von Mähringen bei Ulm (Dietrich 1936, S. 163 ft.). 3. Unter-Oligocän von Heidenheim in Mittelfranken Spalte Nr. 35 in Abb. 5 Herr Dr. GEROLD WAGNER in Hannover hat im Mai 1955 im Steinbruch des „Schotterwerkes Karl Herrscher — Ansbach“, 1 km östlich von Heidenheim, und zwar am Westrand des Dürrenbergwaldes, im Weißen Jura Gamma 2 eine . fossilführende Spaltenfüllung entdeckt. Für die Mitteilung danke ich Herrn Dr. WAGNER bestens. Es handelt sich um Platten eines gelbbraunen, brekziösen, bohnerzführenden Kalkes, die in mehreren, 0,5 bis 4 cm starken Lagen offenbar eine ehemalige Kleinhöhle oder stark erweiterte Schichtfuge etwa 3 m unter der heutigen Oberfläche ausfüllen. Verstreute Knochen- und Gebißreste von Fleder- mäusen finden sich auf den Platten oder in sie eingebacken; die zarten Knochen sind meist gut erhalten; sie können keinen langen Transport durchgemacht haben; leider sind bestimmbare, vollständigere Schädel- oder Kieferreste nicht zum Vor- schein gekommen. Erst beim Schlämmen des spärlich zwischen den Platten ein- geschalteten sandigen Lehmes fanden sich einige spärliche bestimmbare Nager- zähnchen. Die Fauna besteht aus: Chiroptera, mittelgroße Gattung cf. Rhinolophus, zahlreiche einzelne Knochen und Zähnchen, wenige Kieferstücke; Suevosciurus fraasi (F. Major), rechter pı mit 1,8 mm Länge, nach vorne verschmälert; Fragment eines oberen Schneidezahns mit einem Quer- schnitt von 2,3X 1,2 mm, eines unteren Schneidezahns mit 1,7X 0,9 mm. Angesichts der weiten Verbreitung des kleinen Pseudosciuriden in unter- oligocänen Spaltenfüllungen kann das Alter der Heidenheimer Spaltenfüllung als Unter-Oligocän angegeben werden. 30 rn ee a a Dr ae FE A, Ze u Ma u 3 a ya ne Ye Ta re nn en 4. Mittel-Oligocän von Bernloch, Kreis Münsingen Abb. 1, Spalte Nr. 42 in Abb. 5 DeHm 1950 c, S.415; HrusescH 1957 a, S. 10, 15—25; HrusescH 157 b, S. 261 bis 265; BERGER 1959, S. 47—49. Der Gemeindesteinbruch am Wolfsbühl nächst dem südöstlichen Ortsausgang von Bernloch auf der mittleren Schwäbischen Alb erschließt 10 m grob gebankte Schwammkalke des Weißen Jura Delta. Von oben her ist der Verband der unregelmäßigen Dickbänke stellenweise gelockert; ein Haufwerk größerer und kleinerer Blöcke liegt in Verwitterungslehm eingebettet, insbesondere im süd- lichen Teil. Hier fand ich am 23. April 1946 etwa 3,0 m unter der Humusdecke Abb.1: Mittel-Oligocän von Bernloch, Kreis Münsingen (Nr. un in Abb.5); Ge- meindebruch am Wolfsbühl, Ausschnitt aus der Südwand. 1 = Oberfläche des Weißen Jura Delta, kesselförmig vertieft; = gelbbrauner Lehm, fossilfrei; 3 — gelbbraun und grünlich gesprenkelter Lehm, gespickt mit Zähnchen und Knochenresten von kleinen Säugern; 4 = brauner Lehm, fossilfrei. die Schwammkalk-Oberfläche auf etwa 1 m kesselartig vertieft und von 20 bis 30cm Lehm ausgefüllt (Abb. 1). Der Lehm besaß im oberen, bis 10cm mäch- tigen Teil braune Färbung, im unteren, bis. 20 cm mächtigen Teil gelbbraune Farbe. In den gelbbraunen: Teil war eine nach den Seiten rasch auskeilende, maximal 7 cm starke Linse eines gelbbraun und grünlich gesprenkelten Lehmes eingeschaltet, welche sich stellenweise von kleinen Zähnen und Knochenstücken wie gespickt erwies; außerdem enthielt sie aus dem Weißjura-Nebengestein etwa 25 Arten kleiner Evertebraten, ferner Selachier-Zähnchen und winzige doppel- seitig ausgebildete Bergkristalle. Leider keilte die fossilführende Lage auch beim Abgraben in die Wand hinein rasch aus. Durch Schlämmen wurden rund 1500 einzelne Zähnchen gewonnen. Die Fauna besteht fast nur aus den Resten von kleinen Wirbeltieren. Von den Zähnchen gehören 890%/u zu Nagern, 8°/o zu Caenotheriiden und nur 3/o zusammen zu Marsupialia, Insectivora, Chiroptera, Carnivora und Ungulata (ohne Caenotheriidae); dazu kommen noch Reste von Salamandern und von 31 2 oder 3 Arten Lacertilia. Von den Nagern sind näher untersucht Melissiodon schaubi bernlochense HrusBEscH (1957 a, S. 15—25) und Paracricetodon dehmi Hrusesch (1957 b, S. 251—265); ferner liegen vor Sciurodon sp., Suevosciurus fraasi (F. Major), Pseudosciurus sp., Sciurus sp., Theridomys sp. (sehr zahlreich, 440%/o aller Zähne), Protechimys sp., Cricetodon sp., Gliravus sp. Mit den charakteristischen Melissiodon, Paracricetodon und Protechimys stimmt diese Kleinwirbeltierfauna zu derjenigen von Ehingen a. d. Donau (DEHM 1935, $.18—23) und repräsentiert die Rupel-Stufe. Da diese Fauna leicht über- sehen werden kann, wird man sich bei genauem Suchen noch weitere Nachweise erhoffen können, die um so wichtiger sind, als in der Ehinger und Bernlocher Fauna ein bezeichnender Teil der Quercy-Fauna, unvermischt, vorliegt. 5. Ober-Oligocän von Weißenburg in Bayern Taf. 4 Fig. 3—4; Spalte Nr. 47 in Abb. 5 HRrußescH 1957 a, S.10, 63—68. In dem Weißjura-Delta-Steinbruch der „Marmorbrüche Weißenburg GmbH. Grimmbruch“ am Steinberg südöstlich von Weißenburg, nahe der Bundesstraße nach Eichstätt, war im Sommer 1955 an der Ostwand, in etwa 12 Meter Tiefe von der Oberkante des Bruches gerechnet, der Rest einer mit gelbem, sand- reichem Lehm gefüllten vertikalen Röhre von 20 bis 40 cm Durchmesser auf- geschlossen. Gelegentlich einer von Prof. Dr. J. SCHRÖDER und mir geleiteten Studenten-Exkursion am 17..Juni 1955 wurden wir darauf aufmerksam, daß der Lehm dieser Röhre auf eine vertikale Erstreckung von 2,5 m schlierenartige An- reicherungen von kleinen und kleinsten Wirbeltierresten enthielt; die Dickbänke des Kalksteins waren damals bereits bis zur Tiefe von etwa 12 Meter abgebaut gewesen. Auch durch Befragen der beteiligten Brucharbeiter hat nicht mehr er- mittelt werden können, ob sich die nicht sehr auffallende Röhre vertikal durch die ganze Wand fortgesetzt hatte oder ob sie an einer erweiterten Schichtfuge begonnen und sich von da in die Tiefe verlängert hatte. Herrn Betriebsleiter GRUNDMANN in Weißenburg danke ich für das freundliche Entgegenkommen bei unseren Grabungen. Durch Schlämmen wurden zahlreiche einzelne Zähnchen und kleine Knochen gewonnen; Kieferstückchen mit Zähnen waren Seltenheiten. Auch hier spielen wieder Nager die größte Rolle. Archaeomys arvernensis LaızEr & PArIEU be- stimmt wie in den Spaltenfüllungen von Gunzenheim, Gussenstadt (DEHM 1935, 5.34, 50—51), Gaimersheim (H. FREUDENBERG 1941, S. 122 ff.) und Burgmager- bein (ScHaLk 1957, S.75) das Alter als Ober-Oligocän = Chattium. HRUBESCH (1957, S. 67) konnte sein Melissiodon schröderi, im Vergleich zu Melissiodon chat- ticum H. FREUDENBERG aus der Gaimersheimer oberoligocänen Spaltenfüllung, in das jüngere Chattium einstufen. Neben einigen Eomys, Cricetodon und ? Dryomys spielt Steneofiber eine Rolle. Außerdem sind Angehörige der Marsu- pialia, Insectivora, Chiroptera, Carnivora und Artiodactyla durch bescheidene Reste vertreten, ebenso wie Testudinidae, Lacertilia, Crocodilia und Amphibia. Auf zweiter Lagerstätte, nämlich aus den im gleichen Bruch mehrfach ver- tretenen unteroligocänen Spaltenfüllungen stammend, dürften sich Zahnreste von Suevosciurus befinden. 32 3 ee )) ak ee I re a nn EEE EEE EEE 6. Unter-Miocän von Kaisheim, Kreis Donauwörth Abb. 2; Spalte Nr. 53 in Abb. 5 Im August 1937 erhielt ich vom Forstamt in Kaisheim Fossilfunde mit- geteilt, welche Herr Forstmeister i. R. Härıng im Schneefeld-Steinbruch des Waldgebietes Karab an dem Forststräßchen 3,5 km westlich Kaisheim entdeckt hatte; den beteiligten Herren des Forstamtes, insbesondere Herrn Forstmeister i.R. Härıng, danke ich auch hier für ihr Entgegenkommen, ebenso verdanke ich Herrn Studienprofessor Dr. A. Gisser $ in München selbstlose Grabungshilfe. „Ein großer Bruch im SW-Eck des Gebietes erschließt dichten Felsenkalk, der stellenweise etwas zersplittert ist; die senkrechten Spalten, welche von roten Lehmen und roten und hellgrünen sandigen Lehmen erfüllt werden, sind ganz Abb. 2: Unter-Miocän von Kaisheim, Kreis Donauwörth (Nr.53 in Abb. 2, Schnee- "feldsteinbruch in der Waldabteilung Karab. 1 = Felsenkalk des Weißen Jura Epsilon, zum Teil beansprucht; 2 = gelbbrauner und rötlicher Spaltenlehm mit Sandlinsen und Geröllen, stellen- weise mit Wirbeltierresten; 3 = Abraum. unversehrt“ (DEHM 1931, S. 232). Seit dem Jahre 1930, in dem diese Beobachtun- gen geschahen, ist die Südwand des Bruches durch den fortschreitenden Abbau um mindestens fünf Meter zurückverlegt worden, wodurch eine geröll- und fossilführende Spaltenfüllung freigelegt worden ist. Im Westteil der Südwand befindet sich eine NNO-SSW streichende, etwa drei Meter breite Zone, in der der Massenkalk bis zu einer Tiefe von 3 bis 4 Metern in einzelne Blöcke auf- gelöst ist, deren Kanten abgerundet sind. Nach unten hin schließen sich die Blöcke zwar näher zusammen, die lehmige Kluftfüllung setzt sich aber in 10 bis 20 cm Breite in die Tiefe fort. Die gelbbraune lehmige Grundmasse, in der die Blöcke eingebettet liegen, ist gespickt mit Geröllen: vorwiegend 2 bis 3 cm lange, weiße und gelbliche Quarze, einzelne bis 6 cm lang, vereinzelte Lydite, gelbliche dichte Quarzite, auch einzelne kantengerundete Weißjuramassenkalk-Stücke. Während die leh- mige Grundmasse ungeschichtet erscheint, höchstens durch rötliche Partien 3 33 schlierig gemischt, sind eingeschaltete Lagen eines weißlichen und grünlichen Sandes deutlich geschichtet. In der gelbbraunen und rötlichen lehmigen Grund- masse finden sich vereinzelt oder gruppenweise Knochen- und Zahnbruchstücke. Bei den Grabungen haben sich der Felsenkalk und die Spaltenfüllung doch als sehr viel stärker durch die Ries-Entstehung beansprucht erwiesen, als es bei den ersten Besuchen ausgesehen hatte; alle größeren Stücke sind zerquetscht. Trotz mehrfacher Entnahme größerer Schlämmproben ist die Fauna artenarm geblieben: Mustelide, von der Größe eines Steinmarders, Metacarpale; Sciurus sp., von der Größe des Sciurus feignouxi PoMEL (VIRET 1929, S. 55 bis 57), linker p? mit Länge X Breite = 1,8 X 1,9 mm, wohl zugehörig ein Bruchstück eines unteren Schneidezahns; Titanomys cf. visenoviensis v. MEYER, mehrere obere und untere Backenzähne nach freundlicher Bestimmung durch Miß Mary Dawson, University of Kansas; Amphitragulus elegans PomEL; frische m,.; eines bei der Bergung zerfallenen rechten Unterkiefers stimmen in den Struktureinzelheiten und in der Größe (mı = 11,2, m; = 12,0 mm lang; m; ist unvollständig) zu elegans (Vırer 1929, S. 217—219), und zwar zu dessen etwas größerer Variante; ein einzelner frischer linker p! paßt in der Größe hieher, scheint aber gegenüber den französischen Stücken reicher in den Schmelzleistchen zu sein. Amphitragulus gracilis PomeL; vielleicht zusammengehörige Einzelzähne eines wohl erst bei der Bergung zerfallenen linken Oberkiefers, p?, p’, m! oder m?, m?, zeigen keine Unterschiede gegen die kleine Art aus dem französischen Aquitanium (Virer 1929, S. 227—228). Rhinocerotidae, gen. indet.; zahlreiche Bruchstücke unterer und oberer Backen- zähne belegen ein mittelgroßes, nicht näher bestimmbares Nashorn. Testudinidae, gen. indet.; eine größere Zahl von Bruchstücken des Rücken- panzers. Die Altersbestimmung kann sich auf die beiden Ampbhitragulus-Arten und auf Titanomys cf. visenoviensis stützen; sie sprechen für Gleichaltrigkeit mit den Süßwasserablagerungen von St. Gerand-le-Puy, d.i. Aquitanium. Auch aus der Tatsache, daß die Spaltenfüllung erheblich durch Pressung beansprucht ist, welche nur mit der Riesentstehung im Ober-Miocän in Zusammenhang gebracht werden kann, ergibt sich ein präobermiocänes Alter. 7. Unter-Miocän von der Grafenmühle bei Pappenheim Taf. 4 Fig. 2; Abb. 3; Spalte Nr. 54 in Abb. 5 Im Weißjura-Delta-Steinbruch über der Grafenmühle bei Pappenheim, be- trieben von der Firma „Max Balz Marmorbrüche Pappenheim“, sind schon in früheren Jahren fossilführende Spaltenfüllungen angetroffen worden (DEHM 1935, 5. 7—8, Unter-Oligocän). Für ihr freundliches Entgegenkommen. bei unseren Untersuchungen danke ich der Firma Max Balz in Pappenheim, ins- besondere Herrn Frırz Barz und seinem Sohn, Herrn Max Baız. Herr Prof. Dr. W. O. Dietrich in Berlin hat mir in dankenswerter Weise Fundstücke über- lassen. Seit 1937 werden immer wieder beim Abbau des „Ireuchtlinger Mar- mors“ lehmreiche Spaltenfüllungen angeschnitten, in manchen Jahren in solchem Maße, daß sie den Abbau beeinträchtigen. Dabei handelt es sich um einen offen- 34 | 5 y fr € E [3 N } I # b , }; ö / a ee bar zusammenhängenden Spaltenzug, der etwa in NW-SO-Richtung zieht, seit- liche Abzweigungen besitzt und sich gelegentlich zu mächtigen Schlotten bis zu 10 m Breite erweitert; von hier aus läßt sich der Spaltenlehm vielfach auch in die durch. Auslösung erweiterten Schichtfugen der Dickbänke hinein verfolgen. Die Farbe des Lehmes ist meist hellgelblich mit dunkleren braunen Partien; angewitterte Weißjurablöcke sind stellenweise in großer Menge eingelagert. Fossilführung ist nur nesterweise nachweisbar. Auffallend waren seit 1937 immer wieder Knochen-, Kiefer- und Zahnreste eines ziemlich großen Rhino- cerotiden; an einigen Stellen hatte Schlämmen von Lehmproben einen, wenn auch nur bescheidenen Erfolg, so daß die Altersbestimmung als Unter-Miocän noch nicht mit letzter Sicherheit gegeben werden kann. Die Schlämmproben und die verstreuten Nashornfunde auf die fast ganze bisherige Erstreckung des Abb.3: Unter-Miocän von der Grafenmühle bei Pappenheim (Nr.54 in Abb.5, Steinbruch Balz, Ausschnitt aus der Südwand. 1 = Dickbänke des Weißen Jura Delta (Treuchtlinger Marmor); 2 = rötlichgelber Lehm mit spärlichen Wirbeltierresten; = gelber Lehm, fossilfrei. Spaltenzuges erwecken den Eindruck, daß es sich um ein zusammenhängendes gleichaltriges System von Füllungen handelt. Sicherlich sind diese lehmigen Fül- lungen in Gestein und Fauneninhalt gänzlich verschieden von der früher auf- geschlossenen unteroligocänen Spaltenfüllung, welche in den Jahren 1932 bis 1934 schon nicht mehr in ursprünglicher Lagerung, sondern nur noch auf den Abraumhalden beobachtet werden konnte und aus einem bohnerz- und quarz- führenden plattigen Spaltenkalk mit zahlreichen Resten von Pseudosciurus und Diplobune bestanden hatte. Schlämmproben in den Jahren 1938 bis 1942, in der Nähe des heutigen Sägebetriebs, an der Südwand entnommen, enthielten in rötlichgelbem Lehm neben einzelnen Quarzen, Weißjurakalkbröckchen und ausgewitterten Jura- fossilien aus dem Nebengestein und einzelnen Bohnerzen eine geringe Wirbel- tierfauna: Sciurus, große Art, Bruchstück eines unteren Schneidezahns; Caenotheriidae, mittelgroße Art, Unterkieferbruchstück ohne Zähne, einige Knochenstücke; 3* 35 Cervuline, Spitze eines oberen Eckzahns; Rhinocerotidae, gen. indet., Zahnstücke; Testudinidae, gen. indet., Plattenstücke. Im Sommer und Herbst 1955 erweiterten sich die Lehmspalten nach Süden und Osten besonders stark; es wurden wieder eine Anzahl von Rhinocerotiden- Knochen und -Gebißresten mehrerer Individuen, darunter sowohl starker, männlicher als auch eines schwächeren, weiblichen Tieres gefunden: Aceratherium lemanense PoMEL (RoMAN 1912, S. 58—64). Schlämmproben aus den gleichen Lehmpartien hatten nur ein bescheidenes Ergebnis: Pseudotheridomys parvulus SCHLOSSER, m}; Simplicidentata, mittelgroße Art, Bruchstück eines Schneidezahns; Duplicidentata, kleine Art, Zahnbruchstück; Caenotheriidae, gen. indet., Zahnbruchstück. Merkwürdigerweise kamen auch kleine Süßwasserkalkstückchen und Fos- silien, die aus solchem Süßwasserkalk stammten, zum Vorschein: Limnaeidae gen. indet., Planorbidae gen. indet., Pupidae gen. indet., Helicidae gen. indet., Pomatias sp. (Deckelstücke ohne vorstehende Leisten, also nicht der chattischen Art antiguum BRONGNIART, eher einer miocänen angehörig), ferner Chara- Oogonien. Es wäre möglich, daß dieser Süßwasserkalk dem entspricht, welchen GümßBEL auf Blatt Neumarkt oberhalb der Grafenmühle einträgt; meine Ver- suche, diesen Süßwasserkalk aufzufinden und aus ihm ein Fauna zu bekommen, waren vergeblich. Jedenfalls ist der Fossilinhalt der gleichfalls von GümseEL (1891, S.268) im Gebiet nördlich von Pappenheim angegebenen Süßwasserkalke anders als an der Grafenmühle, nämlich ohne Pomatias, mit bezeichnenden Arten des Ober-Miocäns. Ein halber m» im Schlämmrückstand gehört zu Pseudosciurus suevicus HENSEL, zeigt also eine Beimengung von Unter-Oligocän, das ja aus diesem Bruch bereits nachgewiesen ist, an. Nach dem Gesagten dürfte für den Hauptteil der beschriebenen Lehmspalten untermiocänes = aquitanes Alter am wahrscheinlichsten sein. 8. Unter-Miocän von Übermatzhofen südlich Pappenheim Spalte Nr. 56 in Abb. 5 Beim Besuch des Steinbruchs im „Treuchtlinger Marmor“ des Weißen Jura Delta am Kirchenberg über der Steilkante, des Altmühltals, 1,3 km östlich Über- matzhofen, erhielt Herr Dr. K.W. BArTHEL in München am 9. September 1955 von Beschäftigten des Steinbruchs eine kleine Handvoll von Zahn- und Knochen- resten aus einer Spaltenfüllung. Beim Besuch unter Führung des Bruchmeisters KarL MÜLLER konnte die durch den Bruchbetrieb in etwa neun Meter Tiefe unter der Oberkante wieder zugängliche, schräge, bis 35 cm weite Kluft näher unter- sucht werden. Den beteiligten Herren danke ich auch hier bestens. In der Umgebung der Hauptkluft ist der Verband der Kalksteinbänke ge- lockert, einzelne Blöcke liegen geneigt, die Fugen zwischen ihnen sind mit bräun- lichem Lehm ausgefüllt, dem heller Sand, stellenweise auch Gerölle mit Durch- messern bis zu 5cm eingeschaltet sind; unter den Geröllen bilden Quarze den Hauptteil, dazu kommen Brauneisenkrusten-Stücke und verkieselte Weißjura- Brocken. Im Schlämmrückstand wiegen gleichfalls Quarze von weißer, gelblicher, 36 E4 X x 3 2 > i le N grauer und rosa Farbe vor; kleine Kristallaggregate sind anscheinend Pseudo- morphosen von Quarz nach Dolomit. Die Fauna enthielt lediglich Wirbeltier-Reste: Mustelide von Steinmarder-Größe, Radius, Ulna-Stück; Sciuride, große Art, oberer Schneidezahn mit einem Querschnitt von 1.3 8, 51mm; Steneofiber cf. eseri v. MEYER, einige Bruchstücke von unteren Schneidezähnen mit dem charakteristischen, 4,5—4,7 mm breiten Schmelzband; Amphitragulus boulangeri PoMEL, zusammengehörige, aus einem zerfallenen linken Oberkiefer stammende p®—m}?, leicht angekaut; die Zähne ent- sprechen in Struktur und Größe ganz der französischen Aquitan-Art (VırEer 1929, S. 224—226); Rhinocerotidae, gen. indet., Bruchstück eines oberen Backenzahns; Testudinidae, gen. indet., Plattenstücke. Aus Steneofiber cf. eseri und Amphitragulus boulangeri ergibt sich als wahr- scheinliches Alter Unter-Miocän = Aquitanium. Damit ist in der Umgebung von Pappenheim die dritte untermiocäne Spaltenfüllung genannt; ob zwischen den Vorkommen von der Grafenmühle, vom Weinberg (Deum 1935, S. 9—10) und von Übermatzhofen eine Beziehung besteht, sei zur Diskussion gestellt. Da sich das heutige Altmühltal zwischen Treuchtlingen und Dollnstein während des jüngeren Tertiärs eingetieft haben muß, könnte man bei den drei genannten Örtlichkeiten, alle am unmittelbaren Talrand der Altmühl gelegen, an Dolinen- reste einer unterirdischen Auslaugungslinie denken, welche für den späteren Verlauf des Tales selbst maßgebend geworden ist. 9. Mittel-Miocän von Appertshofen nördlich Ingolstadt Abb. 4; Spalte Nr. 62 in Abb. 5 Bei einer Brunnengrabung im Garten seines Hauses am Westende von Appertshofen im April 1953 stieß der damalige Bürgermeister MICHAEL BAYERLEIN auf eine fossilführende lehmig-sandige Spaltenfüllung, nachdem er den Brunnen- Abb.4> Mittel-Miocän von Appertshofen nördlich Ingolstadt (Nr. 62 in Abb.5), Brunnenschacht im Garten des damaligen Bürgermeisters M. Bayerlein, in 6 m 1 = Massenkalk des Oberen Weißen Jura; j e 2 = gelblicher Lehm und grünlicher sandiger Lehm, beide mit Wirbeltierresten. 31 schacht sechs Meter tief durch festen, wenig geklüfteten Massenkalk des Oberen Weißen Jura gebrochen hatte. Herr Bürgermeister BAYERLEIN hat sich um die Beachtung und Sicherung der Funde großes Verdienst erworben; ihm und Herrn Kreisheimatpfleger F. KOISLMEIER in Ingolstadt gebührt unser Dank für ihr Ent- gegenkommen. Die Füllung der von der Schachtwand schräg angeschnittenen Spalte von etwa 60 X 100 cm schrägem Querschnitt bestand aus gelblichem Lehm, welchem feingeschichtete, grünliche, sandige Lehme, besonders im unteren Teil, eingeschaltet waren. Der Lehm war im bergfrischen Zustand steinhart, zerfiel aber leicht beim Einweichen in Wasser. Im Schlämmrückstand fielen kleine Quarzkristalle mit frischen Flächen und kleine, wetzsteinartige Kristalle, laut freundlicher mündlicher Mitteilung durch Herrn Prof. Dr. GEORG FiscHEr in München Gips, dazu Brauneisenkügelchen auf. Die Fauna zeichnet sich durch einen hohen Anteil wasserlebender Tiere aus, eine Seltenheit bei Spalten- füllungen: Mollusca: Bythinia sp., Kalkdeckel; Pisces: Teleostei, gen. div., zahlreiche Knochen- und Kieferreste; Amphibia: Salamandridae, gen. indet., Wirbel; Reptilia: Testudinidae, gen. indet., Panzerplatte; Trionyx sp., Plattenstück; Diplocynodon sp., zahlreiche Knochen- und Panzerplattenreste eines kleinen Krokodils; Mammalia: Insectivora, gen. indet., einige Einzelzähnchen; Chiroptera, gen. indet., Unterkieferstück; Rodentia: Cricetodon aff. bourgeoisi ScHAuB, linker m}; Cricetodon aft. gaillardi ScHAug, rechter m}; Duplicidentata, gen. indet., Calcaneum. Die nähere Beschreibung der Fauna, insbesondere der beiden Cricetodon- Zähne, wird an- anderer Stelle erfolgen. Das Alter läßt sich mit Hilfe der beiden Cricetodon-Zähne eingrenzen; der eine steht der burdigalen Art bourgeoisi nahe, der andere der torton-sarmatischen gaillardi, woraus sich als wahrscheinliches Alter der Spaltenfüllung Helvetium ergibt. Die Fauna nimmt sowohl nach ihren Leitarten wie nach ihrem Biotop eine in Süddeutschland bisher einmalige Stellung ein. Sie läßt auf eine Ablagerung in einem Süßwasserbecken schließen, die nachträglich in die Spalte umgelagert worden ist; denn die reiche Fisch- und Reptilfauna kann unmöglich in einem begrenzten Karsttümpel gelebt haben. Die Appertshofener Spaltenfüllung doku- mentiert vermutlich eine Schichtablagerung, wie sie bis jetzt noch nicht im Bereich des südlichen Fränkischen Jura nachgewiesen worden ist (SCHNITZER 1956, S. 17). Die hier verbreiteten Süßwasserablagerungen haben sich nach ihrer Fauna bisher stets als Ober-Miocän, und zwar meist als Tortonium, erwiesen; es gilt dies für den ganzen Bereich von Regensburg über Kelheim und Ingol- stadt bis Neuburg; erst gegen Donauwörth hin lassen sich vortortonische Süß- wasserablagerungen, in anderer Fazies als bei Appertshofen, auffinden (SCHETELIG 1960, S. 11—12). Wir müssen also für die Zeit des jüngeren Mittel-Miocäns, des Helvetiums, im Gebiet nördlich von Ingolstadt ein nicht ganz kleines Süßwasser- becken, möglicherweise Flußlauf und Altwässer, mit reicher Fauna postulieren. 38 ne u TS a IR 10. Unter-Pliocän von Hundersingen, Kreis Münsingen Spalte Nr. 90 in Abb. 5 Im Besitz des Geologisch-Paläontologischen Instituts und Museums der Universität Tübingen befinden sich zwei Zahnreste, bezeichnet mit „Hunder- singen, Lehm aus Spalte im Weißjura ö/&e“. An beiden Zähnen haftet gelbbrauner Lehm mit Bohnerzkörnchen. Hipparion cf. gracile Kaup, anscheinend ein m;, abgerollt, 21,5 mm lang, 10 mm breit, 36 mm hoch; ganz ähnliche Zähne gibt es aus den unter- pliocänen Spaltenfüllungen von Salmendingen und Melchingen der Tübinger Alb. Mastodon sp., ein abgerolltes Schmelzbruchstück von 48 X 36 mm Größe. Aus dem Auftreten von Hipparion folgt pliocänes Alter. Meine Bemühungen, an Ort und Stelle den Fundpunkt und die Fundumstände zu erfahren, sind ver- geblich gewesen. 11. Unter-Pliocän (?) von Pfronstetten, Kreis Münsingen Spalte Nr. 89 in Abb. 5 Ebenfalls im Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum der Uni- versität Tübingen liegt das Fragment eines unteren Rhinocerotiden-Molaren, der nach dem anhaftenden Gestein aus einem gelbbraunen Lehm stammt. Der Beizettel enthält die Angabe „Vordiluviale Form, aber nicht älter als Obermiocän. Pliocän? Pfronstetten. Bernloch im W.-J. 6“. Die Vermutung pliocänen Alters kann ich auf Grund des Vergleiches der Erhaltungsart bestätigen. Auch hier sind meine Nachforschungen nach der genauen Herkunft des Zahnes erfolglos geblieben. 12. Unter-Pliocän vom Vohbühl bei Bopfingen westlich Nördlingen Spalte Nr. 91 in Abb. 5 Denm 1939, S. 121—122; SCHRÖDER & DEHM 1950, S. 117; Münzıng 1960, S. 204. Herr Buchhalter D. Schwarz in Oberdorf bei Bopfingen hatte im Jahre 1937 zusammen mit Herrn Prof. Dr. WALTER H. BUCHER in Cincinnati in einer geröll- führenden Spaltenfüllung einen abgerollten unvollständigen Equiden-Zahn ge- funden; ich hatte den Zahl als Equus spec. bezeichnet und das Alter als „Alt- diluvium (?)“ angegeben (Deum 1939, S. 121—122). Herr Prof. Dr. W. O. DierrıcH in Berlin hat den Zahn vielmehr auf Hipparion bezogen und damit das Alter der Spaltenfüllung vom Vohbühl in Pliocän, der Wahrscheinlichkeit nach in Unter-Pliocän, umbestimmt (SCHRÖDER & DEHM 1950, S. 117). Mehrfache Versuche von uns, an der Stelle weitere Belege zur Wirbeltierfauna aufzufinden, sind ebenso ergebnislos verlaufen wie diejenigen, von denen Münzına (1960, S. 204) berichtet. 13. Pliocän vom Egenhäuser Kapf, Kreis Calw Taf. 4 Fig. 5a—b, 6a—b, Abb. 5 Unteren Muschelkalk, und zwar die obere, kalkig-schieferige Abteilung des Wellengebirges, erschließt der Steinbruch des ehemaligen Schotterwerks am Egen- häuser Kapf, 1,5 km westlich Egenhausen (über Nagold), Kreis Calw (Geologische Spezialkarte von Württemberg 1 : 25 000, Blatt 93, Altensteig; M. Schmipr 1908, 39 S.29). An einer Stelle setzt durch die Kalkbänke eine schräge, bis 1,20 m breite und auf mehr als 15 m verfolgbare Kluft; sie ist mit feineren und gröberen Geröllen ausgefüllt; gegen ihren-Unterrand wird das Korn feiner und die Schich- tung deutlich erkennbar. Sämtliche Komponenten sind, soweit untersucht, kalk- frei; sie dürften aus den gleichen Triasgesteinen bestehen, wie sie FRANK in den Spaltenlehmen bei Waldmössingen und Seedorf auf Blatt Schramberg (BrÄu- HÄUSER 1933, $. 72—73) festgestellt hat; ferner sind auch hier die hart ver- kieselten, an Weißjura erinnernden Stücke des mittelrotliegenden Porphyrtuffs vertreten. Ganz selten sind nun in dieser Spaltenfüllung abgerollte Wirbeltierreste zum Vorschein gekommen. Durch Dr. E. SCHERTZf und stud. geol. H. Zürn sind einige nicht näher bestimmbare Bruchstücke von Langknochen und Wirbeln mittelgroßer Säuger im Jahre 1938 in die Sammlung des Geologisch-Paläonto- logischen Instituts und Museums der Universität Tübingen gelangt. Erst Herrn Oberstudiendirektor Dr. Ernst Körpr in Nagold gelangen im Februar 1949 und im März 1950 ansprechbare, wenn auch sehr fragmentäre Funde. Alle weiteren Bemühungen, einschließlich meiner eigenen, um ergänzende Funde sind ohne Resultat geblieben. „Ich war zuletzt am 2. Oktober 1960 an der Fundstelle, zum wievielten Male ist gar nicht zu sagen. Es hat sich nie wieder etwas ergeben. Dr. WEsTPHAL, der am 2. Oktober dabei war, hat einen Sack voll von dem sandig-lehmigen Material geschlämmt, mit völlig negativem Erfolg“ (briefliche Mitteilung von Herrn Oberstudiendirektor Dr. Körr vom 13. Oktober 1960). Herrn Oberstudiendirektor Dr. Köpr, der das geologische Bild seiner Heimat um einen bedeutungsvollen Zug bereichert hat, danke ich herzlich für die Über- lassung der Fundstücke zur Bearbeitung; die Fundstücke werden im Geologisch- Paläontologischen Institut und Museum der Universität Tübingen aufbewahrt werden. Mastodon sp., von der Größe des Mastodon angustidens Cuvier; Backen- zahn-Bruchstück, bestehend aus einem angekauten Außenhöcker und anschließen- dem Rest eines weiteren Außenhöckers (gefunden 1949), Schmelzbruchstück eines Backenzahns (gefunden 1950); Taf. 4 Fig. 6a—b. An dem ersten Fragment mißt. der erhalten gebliebene Höcker an der Basis 32 X 22 mm, die Schmelzdicke be- trägt 3,5—4,5 mm; charakteristisch ist die Enge des Tales zum nächsten Höcker; ferner war der Höcker verhältnismäßig steil. Beim Vergleich des Bruchstückes mit vollständigen Mastodon-Molaren kann es am besten als der vorletzte Außen- hügel eines linken m» orientiert werden, etwa nach dem, allerdings größeren, ms eines Mastodon angustidens bei LEHMANN (1950, Taf. 15 Fig. 31) oder auch eines Mastodon longirostre bei SCHLESINGER (1922, Taf.9 Fig. 3). Der Zahn hat der bunodonten Gruppe der Mastodonten angehört; eine artliche Bestimmung ver- bietet sich natürlich. Bovidarum, gen. indet., vermutlich Antilope von Hirschgröße, beschädigte linke Patella; Taf. 4 Fig. 5a—b; die ergänzten Maße betragen: Höhe 40, Breite 31, Dicke 23 mm. Bezeichnend ist der kräftige verknöcherte Ansatzknorpel (Fibro- cartilago patellae) medial der Basis, ähnlich dem des Hausrindes (NIckEL, SCHUMMER & SEIFERLE 1954, S.90, Abb. 183), aber noch etwas kräftiger, wohl im Zusammenhang mit einer ausgeprägteren Sprungfähigkeit. Vergleichsmaterial liegt mir nicht vor. Nach der Größe.handelt es sich um ein hirschgroßes, vielleicht noch etwas größeres Tier. 40 Trotz ihrer Dürftigkeit vermögen die beiden Stücke zum geologischen Alter der Spaltenfüllung eine Aussage zu leisten; Mastodon ergibt Prä-Pleistocän, eine ziemlich große Antilope Post-Miocän, also Pliocän; bei der Seltenheit ober- und mittelpliocäner Faunen in Süddeutschland dürfte unterpliocänes Alter wahr- scheinlich sein. Aus der Höhenlage hoch über den pleistocänen Tälern ist bereits mehrfach ein tertiäres Alter für solche Schotter postuliert worden (u. a. M. Schmipr 1920, S.44; Hennig 1923, S.340). Nunmehr bestätigt sich diese Vorstellung in den Fossilfunden, nachdem durch K.D. Apam (siehe Jh. Ver. vaterl. Naturk. Württ. 1958, S.60) für eine bohnerzführende Spalte bei Seedorf westlich Oberdorf, 35 km südlich der Eigenhäuser Spaltenfüllung, an Hand einiger Zahnlamellenstücke von Elephas meridionalis altpleistocänes Alter nachgewiesen worden war. B. Berichtigungen früherer Angaben über tertiäre Spaltenfüllungen 1. Zur Frage der „Mischfaunen“ in Spaltenfüllungen Die Vorstellung, daß in ein und derselben Spalte mehrmals Füllungsvorgänge stattgefunden hätten, und daß auf diese Weise „Mischfaunen“ gar nicht selten entstanden wären, hat die paläontologische Auswertung von Spaltenfunden ge- hemmt. ScHLosser (1902, S.3) hat darauf hingewiesen, daß „zweifellos an ver- schiedenen Orten Vermischung geologisch jüngerer mit geologisch älteren Formen wenigstens bei der Aufsammlung stattgefunden“ hat und „daß überhaupt nur wenige Lokalitäten wirklich stark vermischte Tierreste aufweisen“; auf Grund der ihm vorliegenden alten Fundortsangaben führte er 1902 unter den 27 fossil- führenden Fundstellen immerhin 19 als Mischfaunen aus zwei bis fünf Tertiär- stufen, auch aus Tertiär und Quartär, an. Eine ganze Anzahl der 19 „Misch- faunen“ hat späterer Prüfung nicht standgehalten. Einen kräftigen Stoß hat Kiıperzen (1931, S. 218—222) den „Mischfaunen“ versetzt, indem er Fund- umstände und Fundortangaben der älteren Aufsammlungen nachprüfte; nach ihm wird der Anschein einer Mischfauna meist dadurch erweckt, daß „in der Nähe des namengebenden Ortes eine große Zahl von Schlotfüllungen abgebaut wurde.“ So konnte er die „Mischfaunen“ von Jungnau und Altstatt bei Meß- kirch, von Frohnstetten, Veringendorf, Hochberg bei Jungnau, Heuberg, Sal- mendingen, Melchingen und Veringenstadt ganz oder teilweise bereinigen. Die folgende Zusammenstellung dient der weiteren Klärung der 19 vermeintlichen Mischfaunen an Hand der nachfolgenden, mit den Ziffern 1 bis 12 bezeichneten Befunde. Von Südwesten nach Nordosten sind es: Neuhausen östlich Tuttlingen: (Ober-Eocän 1), Unter-Oligocän, Ober-Miocän, Unter-Pliocän, Ober-Pliocän, (Pleistocän 3). Heudorf (zum Teil auch Altstatt) bei Meßkirch, Kreis Stockach: a Eocän (= Unter-Oligocän), (Mittel-Miocän 2), (Ober-Miocän 2), Unter-Pliocän, (Pleistocän 3). Tuttlingen: Unter-Pliocän, (Pleistocän 3). Rußberghof nördlich Tuttlingen: Unter-Pliocän, Ober-Pliocän, (Pleistocän 3). Heuberg-Gebiet westlich Sigmaringen: (Ober-Miocän 4), Unter-Pliocän. Stetten am kalten Markt westlich Sigmaringen: Mittel-Eocän, Ober-Pliocän. Frohnstetten, Kreis Sigmaringen: Unter-Oligocän, (Unter-Pliocän 2). 41 Hochberg bei Jungnau, Kreis Sigmaringen: Unter-Oligocän, (Ober-Miocän 2, 5), (Unter-Pliocän 2), Pleistocän. Jungnau, Kreis Sigmaringen: (Unter-Oligocän 2), (Ober-Miocän 2), (Unter- Pliocän 2). Veringendorf, Kreis Sigmaringen: (Mittel- Eocän 2), Unter-Oligocän, Ober- Pliocän. Veringenstadt, Kreis Sigmaringen: (Mittel-Eocän 2), (Ober-Eocän 2), Unter- Oligocän, (Ober-Pliocän 2). Ebingen, Kreis Balingen: (Unter-Oligocän 5, 6), Unter-Pliocän, (Pleistocän 3). Melchingen, Kreis Hechingen: (Mittel-Eocän 5), (Unter-Oligocän 2, 5), (Mittel-Miocän 2, 7), (Ober-Miocän 4), Unter-Pliocän, Ober-Pliocän, (Plei- stocän 3). Salmendingen, Kreis Hechingen: (Mittel-Eocän 2, 5), (Ober-Eocän 5), (Mit- tel-Miocän 2), (Ober-Miocän 4), Unter-Pliocän, Pleistocän. Willmandingen, Kreis Reutlingen: Ober-Miocän ?, Unter-Pliocän, (Pleisto- Canı7)- Undingen, Kreis Reutlingen: Unter-Pliocän, (Pleistocän 3). Heidenheim in Mittelfranken: (Mittel-Eocän 9), Ober-Eocän, (Ober-Miocän 10). Pappenheim: Unter-Oligocän (11), Unter-Miocän (11). Raitenbuch nordwestlich Eichstätt: Ober-Eocän, (Pleistocän 7, 12). Im einzelnen sind bei diesen Faunen folgende Umstände zu berücksichtigen: 1) Da die Einstufung einiger bisher als Ober-Eocän betrachteten Säuger- faunen in Unter-Oligocän zu ändern sein dürfte (DEHM 1950 b, S. 198—199), entfällt für manche Lokalitäten eine Aufteilung der Fauna auf zwei Stufen. 2) Durch Kıperren (1931, $. 219—221) ausgeschieden. 3) Nur wenige einzelne Reste bilden das Belegmaterial nach SCHLOSSER 1902; im Hinblick auf die Verwechslungsmöglichkeiten und Ungenauigkeiten bei manchen älteren Sammlungsbeständen, über die keine genauen Angaben vorliegen, sollten bei der Beurteilung von „Mischfaunen“ solche einzelnen pleistocänen Fundstücke in der Regel unberücksichtigt bleiben. 4) Nach WeHrLı (1938, $.46) liegt die unterpliocäne Form des Anchi- therium aurelianense (CUVIER) vor. 5) Durch ScHLosser (1902, S. 100) ausgeschieden. 6) Durch Dietrich (1929, S. 144) ausgeschieden. 7) ScHtosser 1902: Bestimmung bzw. Einstufung nicht sicher. 8) Der einzige Zahn von Anchitherium aurelianense (Cuvier), das früher ausschließlich als miocän gegolten hatte, kann nach dem Nachweis dieser Art im Unter-Pliocän einen obermiocänen Faunenanteil innerhalb einer sonst unter- pliocänen Fauna kaum mehr dokumentieren. 9) SCHERTZ (1939, S. XIII) untersucht die bisher als Lophiodon rhinocerodes RÜTIMEYER bezeichneten Gebißreste neu und stellt sie als Zophiodon lautricense var. franconica A. WAGNER in das Ober-Eocän, wohin auch die übrigen Funde, Palaeotherium und Diplobune, passen. Die Spaltenfauna von Heidenheim in Mittelfranken ist also einheitlich. 42 10) Unter Bezugnahme auf ScHLosser (1902, S.96) führt WEHRLI (1938, $.35) ein Anchitherium aurelianense Cuv. vom „Hahnenkamm bei Heidenheim in Spaltenfüllung mit geringer Begleitfauna“ an. Prof. Dr. F. BERCKHEMER T hatte ‚die Freundlichkeit, mir die einschlägigen Belegstücke der Stuttgarter Sammlung zugänglich zu machen und zu erläutern. Diese sind offenbar mit der Sammlung SıGM. SCHIEDER in Amberg 1861 erworben; der alte Beizettel besagt „Bohnerze im weiß. Jura Hahnenkamm“ ohne näheren Hinweis auf Heidenheim in Mittel- franken. Als „Begleitfauna“ haben sich nur einige Lophiodon-Reste ermitteln lassen, welche mit der Sammlung A. Kıınk im Jahre 1863 ins Stuttgarter Museum gelangt und mit „Bohnerz von Heidenheim“ bezeichnet sind. Eine obermiocäne Spaltenfauna von „Heidenheim am Hahnenkamm“ ist also mit diesen Objekten nicht zu erweisen. 11) Bei Pappenheim kamen früher an zwei verschiedenen Stellen fossilfüh- rende Spaltenfüllungen vor, und zwar an der Grafenmühle Unter-Oligocän und am Weinberg Unter-Miocän (vgl. auch $. 48). 12) Es handelt sich hier nicht um eine Spaltenfüllung, sondern um ein Vor- kommen in sandiger Albüberdeckung (DEHM 1935, S. 62). Ebenso wie im Grimmbruch bei Weißenburg in Bayern im Verlauf von 17 Jahren in einem Bereich von etwa 100X40 m drei, wenn nicht vier, unterscheid- bare Spaltenfüllungen mit Säugerfaunen angetroffen worden sind, können ähnliche Verhältnisse anderswo bestanden haben; ganz fraglos werden die Funde in sol- chen Fällen von Unkundigen durcheinander gebracht. Weitere Beispiele für die räumliche Nähe verschiedenartiger Spaltenfüllungen sind der Bruch an der Grafenmühle bei Pappenheim, möglicherweise der Gemeindebruch von Gaimers- heim, das Plattenkalk-Bruchgebiet von Wintershof bei Eichstätt, ebenso dasjenige von Solnhofen-Hartbruch. Mit seltenen, leicht erkennbaren Ausnahmen sekundärer Umlagerung sind die Spaltenfaunen nicht Mischfaunen aus mehreren Stufen, sondern im Gegenteil zeitlich besonders enge Ausschnitte aus der Faunenfolge. 2. Berichtigung vermeintlich selbständiger oder „tertiärer“ „Spalten“-Füllungen Eine Anzahl früher genannter Spaltenfüllungen wird nicht mehr anerkannt. Die „mitteleocäne* Art von Heidenheim in Mittelfranken (DEHnm 1935, S.4) gehört in die dortige oberocäne Fauna ($. 42). Ebenso bilden die „obereocänen“ Arten von Neuhausen östlich Tuttlingen (Denm 1935, S.5) keine selbständige Fauna neben der dortigen unteroligocänen Fauna, sondern sind zu ihr zu rechnen (S. 46). Als „Obereocän“ von Würtingen, Kreis Reutlingen, galt der von WEIGER (1908, S.246 nach v. MANDELSLOH; DEHM 1935, S.5) zitierte Zahn des Palaeo- therium isolanum Cuvier; er ist aber identisch mit dem von ScHLosser (1902, S.35) und Wenrıı (1938, S.35) als Anchitherium anrelianense (Cuvier) be- stimmten Zahn. Es handelt sich also um Miocän. SEEMAnN (1926, S. 106) ver- mutete in „den an der Straße nach Ehningen liegenden Bohnerzgruben“ die Fund- stelle dieses Zahnes. Aus meiner Kenntnis des Gebietes um Würtingen kann ich sagen, daß es viel wahrscheinlicher ist, daß er aus den obermiocänen, mollusken- führenden Süßwasserablagerungen stammt, die zusammen mit Basalttuffen den Untergrund des Dorfes Würtingen bilden und bei Grabungsarbeiten stets zutage 43 kommen. Würtingen scheidet damit als Ort einer obermiocänen bzw. obereocänen Spaltenfüllung aus. „Wirbeltierreste aus oligocänem Bohnerz von Jungingen“ erscheinen bei den Neuzugängen zur Sammlung des Geologisch-Paläontologischen Instituts der Universität Tübingen (Jh. Ver. vaterl. Naturk. Württ., 1929, S.XXXIX). Nach freundlicher Mitteilung von Herrn ‚Prof. Dr. E. Hennıg in Tübingen handelt es sich hier um einen Druckfehler. Herr Prof. Hennig hatte von Hochberg bei Jungnau (sic!, nicht Jungingen), Kreis Sigmaringen, aus einer Spaltenfüllung einige wenige, spezifisch nicht bestimmbare Reste kleiner Wirbeltiere erhalten. Beim „Burdigalium (Mittelmiocän) von Hermaringen a.d. Brenz“ haben nochmalige Begehungen keine Ergänzungen zu den früheren Funden (DEHMm 1935, S.58,73) gebracht. Ich habe im Gegenteil an Ort und Stelle die Überzeugung gewonnen, daß die Beobachtungen, auch die damaligen, nicht ausreichen, um von einer eigentlichen tertiären Spaltenfüllung zu sprechen. Ebenso wenig dürfen die Spaltenfüllungen mit Fossilien der mittelmiocänen Meeresmolasse, Tomerdingen und Westerstetten (D 1935, S.12, 73), den wirbeltierführenden Spaltenfüllungen gleichgeachtet werden; wie das Vorkommen von Westerstetten zeigt, kann die Einschwemmung der marinen Anteile erst im Pleistocän erfolgt sein. Das „Sarmatium (Obermiocän) von Hofstetten O Eichstätt“ (DEHM 1935, S.58,73) dürfte statt einer Spaltenfüllung eher einer Süßwasserablagerung ent- stammen. Auf der Südabdachung des südlichen Fränkischen Jura sind limnische Ablagerungen obermiocänen Alters in weiter, flächenhafter Ausdehnung, auch in der Umgebung von Hofstetten, bekannt geworden (Anpres 1951, S. 22—30, 51). Bei Adelschlag und Eitensheim nahe Hofstetten enthalten diese Ablagerungen auch Wirbeltierreste. Hofstetten ist also aus der Liste der Spaltenfüllungen zu streichen. Die „obermiocänen“ Arten vom Heuberg-Gebiet bei Frohnstetten, Kreis Sigmaringen, von Salmendingen und Melchingen, Kreis Hechingen, (DEHM 1935, S.13) gehören in das an den gleichen Orten vertretene Unter-Pliocän. Die „oberpliocänen“ Faunen vom Heppenloch bei Gutenberg, Kreis Nürtingen, (D 1935, S.15) und von Erpfingen, Kreis Reutlingen, (DEHM 1935, S.54—55; HELLER 1936, S. 1—29; HELLER 1958, S. 1—102) werden jetzt in das Pleistocän eingestuft. Zu diesen altquartären Faunen gehört auch diejenige aus der Bärenhöhle bei Erpfingen (LEHMAnn 1953, S. 437—467), sowie eine in Bearbeitung befindliche Fauna von Schernfeld bei Eichstätt. C. Der derzeitige Bestand an tertiären Spaltenfüllungen im Schwäbischen und südlichen Fränkischen Jura Wenn auch jede Spaltenfüllung für sich im geologischen Bild einer Land- schaft nur ein punktförmiges Vorkommen darstellt und in ihrer Entstehung von ganz lokalen Faktoren mitbestimmt wird, so hat die durch KıpErLen (1931, $. 223) begonnene Gesamtbetrachtung aller Spaltenfüllungen im Gebiet zu Er- gebnissen für den ganzen Bereich geführt (DEHm 1935, $S. 72—76). Die folgende Aufstellung der tertiären Spaltenfüllungen im Schwäbisch-Fränkischen Jura knüpft an diese Arbeit von 1935 an, in der die damals bekannten Spaltenfüllungen mit 44 "Ajed story] Sroısusa]y Tag Jdeyy Josneyuasg woA urdolfg apuaıpns nz 92ZINS I9p gqfeyaagne (wyp —) wur/ sep jne [Mm puey uayum we [org Ja] 'wauorm 9°T: T eAı9 qeisszeW "0961 uoA apurıg wop peu ein uspstyurı,g pun uspstgemipg u usdungpmzusrpeds usırnI103 uopusıynyj1ssoF IOP 9Z2Z17SUMNey :G 'qqV 0961 WYaT % er wy oh 0870 0 2 694»26 SL» »> > uabursewbig nn 22 up301 { ao) > ? % 120g WNYUOF 16-11 Be [7A] 216 UN DUNDS- WRIUO/JOL OL-£9 4 * eh ıe dr Dee wnneNeH 29-19 } & a 5» 2 wunyDbp4Ng 09-5 uabuıy3 Be OR. R0R wmubjnby 95-5 W „ 4 vo> Ba 4 wnı 4042 Bh-hh } a en % u — uveduypg wunıaan - ß £ Ban 3 aan! 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Die Schneckenfauna von Bachhagel steht immer noch isoliert; daher kann ihr Alter, ob unteres Mittel-Eocän oder ob Unter-Eocän, nicht genau angegeben werden. . Stetten am kalten Markt westlich Sigmaringen (D 1935, S.4):1+0=1. 3. Ober-Eocän (Auversium-Ludium), 1 Vorkommen . Heidenheim in Mittelfranken (früher H. am Hahnenkamm; D 1935, S. 4, 5; ScHERTZ 1939, S. XII; D 1939, S. 122; ferner S.42):3+0=3. 4.—41. Unter-Oligocän (Lattorfium), 38 Vorkommen Nachdem die Palaeotherium-Fauna des Montmartre-Gipses nicht mehr in das Ober-Eocän, sondern in das Unter-Oligocän eingestuft werden muß (D 1950 b, S.196, 198), werden auch die übereinstimmenden Faunen der Spaltenfüllun- gen von Frohnstetten, Mähringen, Raitenbuch u.a. in das Unter-Oligocän gezogen. Ich halte sie hier als „ältere“ von den schon bisher als Unter-Oligo- cän angesprochenen Spaltenfaunen, den „jüngeren“, die bevorzugt Pseudo- sciurus suevicus HENSEL enthalten, getrennt. Dabei bleibt aber vorerst die Frage offen, wie weit es überhaupt möglich ist, eine solche Trennung tat- sächlich aufrecht zu erhalten; bei dem derzeitigen Stand der Durcharbeitung der Faunen kann kaum entschieden werden, ob nicht die vorhandenen Unter- schiede nur solche fazieller Natur seien, wobei die „ältere“ Fauna mehr die größeren Formen, die „jüngere“ mehr die kleineren enthielte. a) „ältere“, früher als obereocän betrachtete Fauna, 9 Vorkommen . Hattingen, Kr. Donaueschingen (Hattinger Tunnel; D 1935; S.5): 1 +0 =1. . Neuhausen östlich Tuttlingen (D 1935, S.5; D 1937 b, S. 269; SteHLın 1938, S.277):5+0=5. I . Heudorf und Altstatt bei Meßkirch (D 1935, S.5; STEHLIN 1938, S.277): 2+0=2., . Frohnstetten, Kreis Sigmaringen (D 1935, S. 4; STEHLIN 1938, S. 263— 292): 22 +3=25. . Wippingen, Kreis Ulm (D 1935, S.5): 1+0 =1. . Mähringen nordwestlich Ulm (D 1935, S. 4—5; DIETRICH 1936, S. 163—209; DeHnm 1937 b, S. 270—277; StenLın 1938, S. 291—292): 11 + 10 = 21. . Huisheim nördlich Harburg in Schwaben (D 1950 a, S. 253—256; SCHRÖDER & DEHM 1950, S. 33—34):4+0 =4. . Möhren südlich Treuchtlingen (WoLrg. WAGNER 1960, S. 136—137; ferner Taf.3 Fig. 1—3 und S.29): 9+2 = 11. Raitenbuch nw. Eichstätt (D 1935, S. 5—6; StEHLIn 1938, S.277):1+0=1. | | | Fa WE ER Su ah EI EEN IE We N ee 43. 44. b) „jüngere“ Fauna, 29 Vorkommen . Veringenstadt, Kreis Sigmaringen (D 1935, S.7): 14 +0 = 14. . Veringendorf, Kreis Sigmaringen (D 1935, S.7; D 1937 b, S. 269—272): 16737016. . Hochberg bei Jungnau, Kreis Sigmaringen (D 1935, S.7): 11+0=11. . Langenenslingen, Kreis Sigmaringen (D 1935, S.7): 1+0=1. . Ehingen an der Donau (D 1939, S. 115—116): 4+0 = 4. . Arnegg westlich Ulm (D 1935, $S.6): 0 + 24 = 24. . Tomerdingen, Kreis Ulm (D 1935, 8.7): 1+0=1. . Unterer Eselsberg bei Ulm (D 1935, S.7; D 1937 b, S. 269—279; MILLER 1907, S. 436): 16 + 10 = 26. . Oberer Eselsberg bei Ulm (D 1935, S.7): 1+0 = 1. . Orlinger Tal bei Ulm (D 1935, S.6; D 1937 b, S. 269—279):4 +7 = 11. . Westerstetten, Kreis Ulm (D 1935, $. 56—57; D 1937 b, S. a 2+0=2. . Weidenstetten, Kreis Ulm (D 1935, S. 15—18; D 1937 b, S. 270—272; HRrusescH 1957 b, S. 251, 265—266):8+0=8. . Stubersheim, Kreis Ulm (D 1935, S.7)-2+1=3. . Rammingen, Kreis Ulm (D 1935, S.6):0+3=3. . Nattheim, Kreis Heidenheim (Brenz) (S.29): 1 +0 = . Karlshof südlich Nördlingen (D 1935, S.7):0 +11 = ER . Albuchpyramide südlich Nördlingen (D 1935, S.7):0+3=3. . Mönchsdeggingen, Kreis Nördlingen (früher: „Deggingen am Ries“; D 1935, 8775:9 4197 5b3S:270):.1+7 = 8. . Hagau, Kreis Donauwörth, I (D 1935, S.66; WEBER 1951, S.122):2+0=2. . Hagau, Kreis Donauwörth, II (Weser 1951, S. 119—122): 2 +0 = . Wolferstadt, Kreis Donauwörth, I (D 1935, S.55—56; D 1937 b, S. 270): 2 1=:3: . Wolferstadt, Kreis Donauwörth, II (WEBFR 1958, S. 398—406):6 +0 = 6. . Heidenheim in Mittelfranken ($. 30): 2 +0 = 2. . Weißenburg in Bayern I (Taf. 4 Fig. 1; D 1939, S. 114—115):5 +0 =5. . Weißenburg in Bayern II (D 1939, S. 114—115):3 +0 =3. . Grafenmühle bei Pappenheim (D 1935, S.7—8; D 1937 b, S. 270—272. e.-+ 0:6. . Solnhofen, Hartbruch I (D 1935, S.8 „Mörnsheim“; D 1937, S.350): 3+0=5. . Solnhofen, Hartbruch II (D 1937 a, S. 349—350):7 +0 = . Solnhofen, Maxbruch (D 1935, S. 8, Pseudosciurus-Tibia): 10 =1. 42.—43. Mittel-Oligocän (Rupelium), 2 Vorkommen . Bernloch, Kreis Münsingen (S. 31, Abb. 1; ferner D 1950 c, S. 415; HIRUBESCH 1957 a, S. 10, 15—25, 53, 55; HrusescH 1957 b, S. 251—271; BERGER 1959, S.47—49): 22 +0 = 22. Ehingen an der Donau (D 1935, S. 18—23; D 1937 b, S. 277—279; D 1950 c, S. 415; HrusescHh 1957 a, S.52—53; HrusescHh 1957 b, S. 251, 266—267): Bus 329} 44.—48. Ober-Oligocän (Chattium), 5 Vorkommen Gussenstadt östlich Geislingen (D 1935, S. 48—54): 14 + 3 = 17. 47 45. 46. 47. 48. 49. 50. 5t, 92: 33. 54. 55. 56. 48 Burgmagerbeın südöstlich Nördlingen (ScHaLK 1951, S. 70—91; HRUBESCH 1957 a, S. 58—60; HrusescH 1957 b, S. 251, 268): 27 +1 = 28. Gunzenheim, Kreis Donauwörth (D 1935, S.24—48; D 1942, S. 12—13; HRrusescH 1957 a, 5. 83—84): 31 + 26 = 57. Weißenburg in Bayern (S.32, Taf.4 Fig. 3—4; ferner HrusEscH 1957 a, S. 10, 63—68): 14 +4 = 18. Gaimersheim nordwestlich Ingolstadt (D 1937 a, S. 350—354; Hr. FREUDEN- BERG 1941, S. 99—164; HERRE 1949 a, S. 219—225; Andres 1951, S. 18—21; ÖOETTINGEN-SPIELBERG 1952, S. 401—428; HruBescHh 1957 a, S. 26—35; OETTINGEN-SPIELBERG 1958, S. 261—276; BERGER 1959, S. 1—58): 40 + 31 = 71 (unter Berücksichtigung unveröffentlichten Materials der Münchner Sammlung, um dessen Gewinnung sich u.a. Herr F. SCHILLER in München durch seine unermüdliche Grabungsarbeit in den Jahren 1949 bis 1953 ver- dient gemacht hat). Die Gaimersheimer Spaltenfüllung zeichnet sich auch durch ihr Volumen aus; mehrere Meter breit, an einer Stelle kesselartig bis auf 6 m verbreitert, war sie auf 6—7 m Höhe und auf eine Länge von über 30 m im Laufe der Jahre durch den Bruchbetrieb und durch unsere Grabun- gen aufgeschlossen worden. Der südliche Teil, der zuerst freilag und ebenso fossilreich wie die späteren Teile war, schien die Ausfüllung einer unregel- mäßig bald engeren, bald weiteren, schrägen Dolomitkluft zu sein und schien sich in den nördlichen Teil ohne merkliche Unterbrechung fortzusetzen. Dabei waren die Roterdekalke und -lehme auf längere Erstreckung fast fossilfrei. BERGER (1959 S.21—22) hat nun an dem häufigen Caenomeryx filholi (LYDEKKER) beobachtet, daß sich die späteren, nur aus dem nördlichen, hauptsächlichen Teil gewonnenen Schädel und Gebißreste von den früheren, aus dem südlichen Teil geborgenen unterscheiden lassen; er hält dabei den südlichen Teil für eine selbständige Füllung, die ein, wenn auch nur geringer zeitlicher Unterschied innerhalb des Ober-Oligocäns von der Hauptfüllung trennt. Es sollen in dieser Richtung die Untersuchungen fortgesetzt werden. Diese Umstände erinnern an ScHAaug’s Beobachtungen an Cricetodon sansa- niense LARTET von La Grive Saint-Alban (1925, S. 12—13), wo neben den typischen Formen eine besondere Varietät decedens ScHAuB durch einige Kieferfragmente belegt wird, „die sich sowohl durch eine abweichende, hell- bräunliche Färbung als auch durch geringere Grösse auszeichnen“. Danach möchte man vermuten, daß bei La Grive Saint-Alban die Spaltenfüllungen nicht ganz genau gleichen Alters sind. 49.—56. Unter-Miocän (Aquitanium), 8 Vorkommen Tomerdingen, Kreis Ulm (D 1935, $. 10—11; Tosıen 1939, S. 159—180): 2578=33. Stubersheim, Kreis Ulm (D 1935, S.57—58):5 +1= 6. Beimerstetten-Hörvelsingen, Kreis Ulm (D 1935, S.11): O +1? =1?. Oberkochen, Kreis Aalen (D 1935, S.10):4+2 = 6. Kaisheim, Kreis Donauwörth (S. 33, Abb. 2): 6 +1 =7. Grafenmühle bei Pappenheim (S. 34, Abb. 3, Taf. 4, Fig. 2): 7+7 = 14. Pappenheim, Weinberg (D 1935, S.9—10): 8+0=8. Übermatzhofen südlich Pappenheim (S. 36): 5 +1 = 6. nn VEEDEUE 5 57—62. Mittel-Miocän (Burdigalium und Helvetium), 6 Vorkommen 57. 58. 5% 60. a) Burdigalium, 4 Vorkommen Schnaitheim bei Heidenheim an der Brenz (D 1939, S. 117—119, 121; HERRE 1949, S. 219—226; HERRE & LunAau 1950, S. 247—252; HruBEscH 1957a, S.48—51; BERGER 1959, $S. 39—44): 17 + 10 = 27 (hiezu noch weitere). Bissingen in Schwaben (Flurbezeichnung „Am Wütherich“; ScHaLk 1957, 91—103; HrußescH 1957 a, S. 47—48): 15 +0 = 15. Wintershof-West bei Eichstätt (D 1937 a, S. 354—368; WEHRLI 1938, S. 32 bis 33, 42—43; HERRE 1949 a, S. 210—227; D 1950 c, S. 321—428; D 1950 d, $. 1—141; Lunau 1950, $. 67—70; GinspburG 1955, S. 89—90; ÖBERGFELL 1957, S. 71—176; HrusescH 1957 a, S. 35—44; BERGER 1959, $. 39 —44): 72 + 22 = 94 (hiezu noch unbearbeitetes Material). Wintershof-Ost bei Eichstätt (D 1937 a, S. 368; D 1939, S. 116, 118; HERRE 1949 a, S. 219—227; D 1950 d, S. 111—112; HrusescH 1957 a, S. 45): 12 +6=18. b) Helvetium, 2 Vorkommen . Solnhofen, Hartbruch = „Neue Welt“ (D 1935, S. 11—12; D 1937 b, S. 272; D 1942, S. 13—18; D 1944, S. 82—88; D 1950 d, S. 120): 18 + 4 = 22. . Appertshofen nördlich Ingolstadt (S. 37, Abb. 4):5 + 7 = 12. .„—70. Ober-Miocän (Tortonium und Sarmatium), 8 Vorkommen . ?Neuhausen östlich Tuttlingen (D 1935, S.13):1+0=1. . Gammertingen, Kreis Sigmaringen (D 1935, S. 13; WeHrrı 1938, S. 36): 1+0= 1. . ? Willmandingen, Kreis Reutlingen (D 1935, S.12):3+0=3. . Genkingen, Kreis Reutlingen (D 1935, $S.12):2+0=2. . Oberstotzingen, Kreis Heidenheim (Brenz) (D 1935, S. 13): 2+0=2. . Sontheim an der Brenz (DietrıcH 1937, S. 541; D 1939, S.122):1+0=1. . Attenfeld nördlich Neuburg an der Donau (D 1935, $S.13; WeHrLı 1938, S. 26—27; STROMER 1940, S. 80): 22 +9 = 31. . Großmehring östlich Ingolstadt (D 1935, S.13):1 +0 = 1. 71.—91. Unter-Pliocän (Pontium), 21 Vorkommen . Tuttlingen (D 1935, S.14):2 +0 =2. . Rußberghof nördlich Tuttlingen (ScHLosser 1902, S. 35, 138): 4 +0 = 4. . Neuhausen östlich Tuttlingen (D 1935, S.14):7+0=7. . ? Kolbingen, Kreis Tuttlingen (D 1935, S. 14): ?. . Heudorf bei Meßkirch, Kreis Stockach (D 1935, S.14):3+0=3. . Heuberg-Gebiet bei Frohnstetten, Kreis Sigmaringen (D 1935, S. 14; WEHRLI 193858:.35):770=7. . ? Thiergarten westlich Sigmaringen (D 1935, S.14):1+0 = 1. . ? Oberschmeien, Kreis Sigmaringen (früher: „Schmeien“; D 1935, S. 14): 2 40.="2; . Ebingen, Kreis Balingen (D 1935, S.14):4 +0 = 4. . Truchtelfingen, Kreis Balingen (D 1935, S. 14; HEBERER 1956, S. 440): 3 +0 ='3. 49 81. Bitz, Kreis Balingen (D 1935, S. 14): ?. 82. Ringingen, Kreis Hechingen (D 1935, S. 14):3 +0 = 3. 83. Salmendingen, Kreis Hechingen (D 1935, S. 14; WEHRLI 1938, S. 34; HEBERER 1956, S. 411— 412, 441): 22 +0 = 22. 84. ? Am Farrenberg Be Mössingen, Kreis Tübingen (D 1935, S. 14): ? 85 und 86. Melchingen, Kreis Hechingen, I und II (D 1935, S. 14; Heısıng 1936, S.52; WeHRLI 1938, S. 34; HEBERER 1956, S. 440): 25 +0 = 25. 87. nase Kreis Rennen (0193558: 13): 4+0=4. 88. Willmandingen, Kreis Reutlingen (D 1935, S.14): 1+0 =1. 89. ?Pfronstetten, Kreis Münsingen (S.38):1+0=1. 90. Hundersingen, Kreis Münsingen (S. 39): 2+0=2. 91. Vohbühl bei Bopfingen westlich Nördlingen (S.39): 1+0=1. 92.—%. Mittel- bzw. Ober-Pliocän (Piacentium und Astium) 5 Vorkommen 92. Neuhausen östlich Tuttlingen (D 1935, S.15):1+0=1. 93. Rußberghof nördlich Tuttlingen (D 1935, S.14):1+0=1. 94. Stetten am kalten Markt westlich Sigmaringen (D 1935, S. 14): 1+0 = 1. 95. Veringendorf, Kreis Sigmaringen (nicht V’stadt, D 1935, S.14): 1+0=1. 96. Melchingen, Kreis Hechingen (D 1935, S.14):1+0 = 1. D. Überlegungen zur Gesamtheit der tertiären Spaltenfüllungen im Schwäbischen und südlichen Fränkischen Jura Versucht man, die Spaltenfüllungen zahlenmäßig zusammenzustellen, dann muß man jene Ungenauigkeit in Kauf nehmen, welche darin liegt, daß nicht bei allen Vorkommen das Alter genügend gesichert ist. In der folgenden Übersicht sind auch die erwähnten fraglichen mitaufgenommen; sie werden das Bild nicht verfälschen, denn die möglichen Fehler der Altersbestimmung liegen etwa zwischen Ober-Eocän und Unter-Oligocän oder zwischen Ober-Miocän und Unter-Pliocän usw.; sie aber ganz wegzulassen, würde eine zahlenmäßig sich auswirkende Ver- schiebung bedeuten. Gegenüber der früheren Übersicht (D 1935, S. 72) ergeben sich folgende Änderungen: von den damals erfaßten 79 Vorkommen müssen 12 gestrichen wer- den (S. 43); es verbleiben 67; hinzu kommen nunmehr 29. Die Gesamtzahl der hier aufgeführten tertiären fossilführenden Spaltenfüllungen des Schwäbischen und südlichen Fränkischen Jura beträgt also 96. Dabei sind nicht eingerechnet die altersmäßig noch unbestimmten von Zirgesheim, Wintershof-Ost und Heidenheim an der Brenz ($. 28). Zur Zeit von KınErLen’s anregenden Gedanken (1931, S. 218 bis 227) waren 49 schwäbische Vorkommen bekannt, abzüglich der seitdem aus- zuscheidenden (3) und zuzüglich der damals bekannten fränkischen (11 — 1 = 10), also 56; seitdem hat unsere Kenntnis einen Zuwachs von 40 = 71/0 erfahren. Die Gesamtzahl kann unter bestimmten Gesichtspunkten aufgegliedert wer- den. ScHLOssER (1902, S. 140) hat hiezu die ersten Schritte unter dem Gesichts- punkt der regionalen Verteilung, KınErLen (1931, S. 223—224) unter dem der stratigraphischen Verteilung getan. Aus dem Stand von 1935 habe ich weitere Erwägungen abgeleitet. Der gegenwärtige Stand ermöglicht eine Kontrolle der 50 bisherigen Gedankengänge über die fossilführenden Spaltenfüllungen und regt einige weitere an: 1) über die Wege zu ihrer Kenntnisvermehrung; 2) über ihre zeitliche Verteilung; 3) über ihre regionale Verteilung; 4) über die Artenzahl und 5) über den Anteil von Nicht-Säugern in ihren Faunen. 1. Wege zur Kenntnisvermehrung. Die meisten Spaltenfüllungs-Vor- kommen sind unscheinbar; es besteht kaum ein Zweifel, daß nicht wenige über- haupt unerkannt bleiben. Die Vermehrung um 29 Vorkommen seit 1935 ist fol- gendermaßen zustande gekommen: damals übersehene Angabe (72. Unter-Pliocän vom Rußberghof), damals nicht getrennt gehaltenes Vorkommen (41. Unter-Oligocän von Solnhofen-Maxbruch), neue Angabe in der Literatur (68. Ober-Miocän von Sontheim), 2 neue, an das Tübinger Institut gelangte Vorkommen (89. Unter-Pliocän? von Pfronstetten; 90. Unter-Pliocän von Hundersingen), 10 neue, durch Fachgenossen und Interessierte mir freundlich mitgeteilte Vor- kommen (Unter-Oligocän von 27. Nattheim, 35. Heidenheim in Mittel- franken, 11. Möhren und 40. Solnhofen-Hartbruch II; 48. Ober-Oligocän von Gaimersheim; 53. Unter-Miocän von Kaisheim; Mittel-Miocän von 59. Wintershof-West, 60. Wintershof-Ost und 62. Appertshofen), 14 neue, bei den Begehungen und Bemühungen durch Mitarbeiter und den Verfasser gewonnene Vorkommen (Unter-Oligocän von 11. Huisheim, 17. Ehingen, 31. Hagau I, 32. Hagau II, 34. Wolferstadt II, 36. Weißen- burg I und 37. Weißenburg II; 42. Mittel-Oligocän von Bernloch; Ober- Oligocän von 45. Burgmagerbein und 47. Weißenburg; Unter-Miocän von 54. Grafenmühle und von 56. Übermatzhofen; Mittel-Miocän von 57. Schnaitheim und 58. Bissingen). Das Ergebnis zeigt deutlich, daß Zufallsfunde kaum eine Rolle spielen; wiederholte Hinweise an Interessierte, an Steinbruchsbesitzer und -arbeiter und planmäßige Begehungen lassen auf die Dauer Erfolge erwarten. m m 2. Die zeitliche Aufteilung der 96 Spaltenfüllungen auf die einzelnen Tertiär-Stufen ergibt: Ober-Oligocan ..... 2 ... » 5 Mitt.-Ob. Pliocän....... 5 Mittel-Oligocän ....... 2 Unter Pliocan 2..2.2.2: 21 Unter-Oligocän (9 + 29 =) 38 Oben Miocän; „n..,0.% 8 BberBocansn 1 Mittel-Mioeän !. „2... 6 Dirtel-Eocanı 0.02.20. 2 Unter-Miocan..*. ..2..... 8 Alttertiär zusammen 48 Jungtertiär zusammen 48 Die früher schon bemerkten Maxima im Unter-Oligocän und Unter-Pliocän (KiDErLen 1931, S. 223) heben sich jetzt noch stärker heraus; das unteroligocäne erscheint natürlich auch dadurch deutlicher, daß ihm jetzt neun früher als Ober- ° Eocän bezeichnete Vorkommen zugezählt werden. Dieses Ergebnis hat allerdings - erwartet werden können, da schon die Anzahl der 1935 bekannten Spaltenfüllun- gen so groß war, daß grobe Zufälligkeiten nicht mehr stören konnten. Nach den ganz wenigen, auch durch die neuen Bemühungen nicht vermehrten Vorkommen des Eocäns erscheint die Hauptphase, das Unter-Oligocän, als die Hauptbildungs- zeit für Karstspalten bei gleichzeitig weit und zahlreich verbreiteter Tierwelt auf 4* 51 der Jurahochfläche. Die Seltenheit des Mittel-Oligocäns möchte ich auch heute teil- weise der leichten Übersehbarkeit seiner Kleinfauna zuschreiben. Vom Ober- Oligocän bis zum Ober-Miocän herrscht nunmehr ein recht ausgeglichenes Ver- teilungsbild von je fünf bis acht Vorkommen, zusammen 27, nachdem bis 1931 aus Ober-Oligocän keines, aus Unter-Miocän 4, aus Mittel-Miocän 1 und aus Ober-Miocän 6, zusammen 11, bekannt waren. Eigentümlicherweise hat sich die Zahl der Unter-Pliocän-Spalten kaum vermehrt; ihre wenigen Neuzugänge ruhen auf dürftigen, meist nur angenähert bestimmbaren Zahnresten. 3. Bei der regionalen Verteilung bleibt das schon 1935 betonte Ergeb- nis bestehen, daß noch keine tertiären Spaltenfunde im nördlichen Fränkischen Jura entdeckt worden sind. Der Gebietsstreifen von Eichstätt nach Ingolstadt bildet auch heute die Grenze zwischen einem westlichen, Fossilspalten führenden Teil des süddeutschen Jura und einem östlichen, davon freien Teil. Die Spaltenausfüllung am Schlosse Wolfstein bei Neumarkt östlich von Nürnberg, „in welcher Säugetierknochen durch Aragonit zu einer Art Knochenbreccie verkittet sind“, schien GÜMBEL (1888, $S.39) zu den „Tertiärgebilden“ zu gehören; eine nähere Untersuchung hat damals nicht stattgefunden; die Belegstücke sind nicht erhalten ge- blieben. Über eine gelegentliche Erwähnung in Nürnberger geologischen Lokalnotizen (u. a. SCHERZER 1922, S.179, FickEnscHER 1925, S.113—114) hinaus hat das Vor- kommen keine Beachtung gefunden. Im südlichen Schloßgraben sind auch heute noch verschiedene Kluftfüllungen in den Weißjura-Kalken zu beobachten, eine Knochenbreccie allerdings nicht mehr. Schlämmproben aus einem gelblichgrauen feinkörnigen Lehm haben neben ausgewitterten Weißjura-Kleinfossilien auch überkrustete, sicher fossile Klein- wirbeltierreste und Landschneckenschalen geliefert. Die Fauna reicht zur genauen Be- stimmung des Alters nicht aus; sie ist jedenfalls nicht älter als Mittel-Pleistocän, eher jünger; alle bestimmbaren Arten leben auch heute noch im Gebiet: Apodemus sylvaticus (L.), Arvicoliden der Microtus-arvalis-agrestis-Gruppe; Kleinvögel; Teleostei; dazu Truncatellina cylindrica (F£russac), Pyramidula rupestris (DRAPARNAuD), Cochlodina orthostoma MENKE, Clausilia parvula STUDER, Discus rotundatus (MÜüLLer) u. a. Land- schnecken. Da ein unmittelbares Beieinander pleistocäner und tertiärer Spaltenfüllungen bisher nicht beobachtet worden ist, möchte ich vermuten, daß auch die von GÜMBEL erwähnten Funde eher pleistocänes als tertiäres Alter besitzen. Nachdem die Nachweise mariner Oberkreide nur im östlichen süddeutschen Jura — mit Ausnahme der in Karsttrichter versenkten Oberkreide-Relikte von Neuburg an der Donau, Wellheim und Solnhofen und einigen ganz spärlichen Einzelstücken bis zum Ries-Ostrand — gelungen sind, darf man auch heute wie 1935 das Fehlen jeglicher Fossilspalten mit der Verbreitung der Oberkreide- Sedimente in Beziehung setzen; unter dem tropischen Tertiärklima war infolge der vorzugsweise sandigen Oberkreide-Bedeckung die Jurahochfläche zu lebensfeind- lich für eine Wirbeltierfauna solcher Zahl, daß eine ausreichende Wahrscheinlich- keit für ihre Überlieferung in Spalten gegeben gewesen wäre. Auch in den großen, bisher freien Flächen des Schwäbischen Jura sind nur wenig Funde gelungen; insbesondere bleiben die von Ro erkannten Lehmflächen mit Verkieselungen (1934, S.159—161) weiterhin frei von tertiären Spalten- füllungen, mit der einzigen Ausnahme des Kocher-Brenz-Talzuges, an dessen Ränder sich außer dem bisherigen Unter-Miocän von Oberkochen auch das Mittel-Miocän von Schnaitheim und die von BERCKHEMER kurz notierte Spalten- füllung von Heidenheim an der Brenz (S. 28) halten. Die neuen Vorkommen von Unter-Pliocän, Hundersingen und Pfronstetten, liegen etwas außerhalb des bisherigen Verbreitungsgebietes; sie erweitern den Be- reich nach Osten. Besonders auffallend ist die isolierte Lage des Unter-Pliocäns 52 a am Vohbühl bei Bopfingen, auf einem Auslieger vor dem Albrand, wie ihn auch der Farrenberg bei Mössingen südlich Tübingen mit seiner unterpliocänen Spalten- füllung darstellt. Im übrigen hat der östliche Teil des süddeutschen Jurazuges immer noch keine pliocäne Spaltenfüllung geliefert; die seinerzeitige Vermutung, bei Hagau könne eine solche vorliegen (D 1935, S. 66, Fußnote 1), hat sich nicht bestätigt; der verkieselte Artiodactylen-Wirbel hat sich entsprechend der oligo- cänen Begleitfauna der alttertiären Gattung Diplobune zuweisen lassen. Mit dem Anwachsen der Zahl der Spaltenfüllungen im ganzen mehren sich auch die Fälle, daß gleichaltrige Spaltenfüllungen in Gruppen nahe beisammen gefunden werden; natürlich spielt die intensivere Begehung einiger Gebietsteile eine gewisse Rolle, aber alle der im folgenden aufgeführten Gruppen können kaum zufällig gebildet sein: Unter-Oligocän von Veringenstadt, Veringendorf und Hochberg bei Jungnau (Nr. 13—15); Unterer Eselsberg, Oberer Eselsberg und Orlinger Tal bei Ulm (Nr. 20—22); die drei schneckenführenden Vorkommen Mönchs- deggingen, Karlshof und Albuchpyramide südlich Nördlingen (Nr. 28 bis 30); Hagau I und II und Wolferstadt I und II am Ostrand des Nördlinger Rieses (Nr. 31—34); Weißenburg I und II (Nr. 36—37); Solnhofen Hartbruch I und II und Solnhofen Maxbruch (Nr. 39—41); Unter-Miocän von Grafenmühle, Weinberg und Übermatzhofen bei Pappen- heim (Nr. 54—56); Unter-Pliocän des Gebietes von Tuttlingen, Sigmaringen und Tübingen (Nr. 71—88, besonders 82—88). Waren einmal zu einer gewissen Zeit in einem bestimmten Gebiet die Voraus- setzungen für die Entstehung fossilführender Spaltenfüllungen gegeben, dann hatte auch eine Wahrscheinlichkeit für mehrere solcher Füllungen, auch mit einer ähnlichen Zusammensetzung der Fauna, bestanden. 4. In den Artenzahlen der einzelnen Spaltenfüllungen geben sich Gunst oder Ungunst der Lebens- und der Erhaltungsbedingungen zu den ver- schiedenen Zeiten und an den einzelnen Stellen kund; bis zu einem gewissen Grade natürlich auch die Intensität der Gewinnungsmethoden. Zunächst seien für die altersmäßig zusammengehörigen Vorkommen jeweils die Artenzahl der reichsten Lokalität und die Durchschnittszahl aus allen Lokali- täten nebeneinander gestellt: Ob. Pliocän alle 1, Durchschnitt 1,0 Unt. Pliocän Melchingen 25. = sen Ob. Miocän Adelschlag 315 % 5,3 Mitt. Miocän Wintershof-West 94, 2 31,3 Unt. Miocän Tomerdingen 33, Ri 9,8 Ob. Oligocän Gaimersheim ZT, 5 38,2 Mitt. Oligocän Bernloch 2 3 15,5 Unt. Oligocän Unt. Eselsberg 26, i' 6,6 Ob. Eocän Heidenheim Ir R 3,0 Mitt. Eocän Bachhagel 20% A 10,5 In der Größenordnung von 20 bis 30 Arten liegt die Maximalzahl fast gleichmäßig vom Mittel-Eocän bis zum Unter-Pliocän. Davon machen nur 3 oder 4 Vorkommen eine Ausnahme: Ober-Oligocän von Gaimersheim (71) und Gun-- zenheim (56), Mittel-Miocän von Wintershof-West (94) und vielleicht von Schnait- =) heim (27 +?). Wenn freilich in diesen Einzelfällen die Abbau- und Unter- suchungsmöglichkeiten günstig lagen, zeigen doch auch die zugehörigen Durch- schnittszahlen, daß zu gewissen Zeiten besonders günstige Verhältnisse für die Füllung von Spalten geherrscht haben mußten. Das Bild der Artenverteilung ändert sich nur wenig, wenn man die Säuger allein betrachtet; auch in diesem Falle ragen Ober-Oligocän und Mittel-Miocän weit über den Durchschnitt heraus. 5. Unter den Nicht-Säugern herrschen Amphibien, Reptilien und Land- und Süßwasserschnecken vor; da diese Gruppen in der Mehrzahl ihrer Vertreter Feuchtigkeit und Wärme verlangen, so kann ihr Anteil an den Spalten- faunen Rückschlüsse auf das Klima ermöglichen. Im folgenden seien jeweils ihre Artenzahl beim reichsten Vorkommen und die Durchschnittszahl für die be- treffende Stufe nebeneinander gestellt: Ob. Pliocän — Durchschnitt — Unt. Pliocän — je _ Ob. Miocän Attenfeld 9, 5 11 Mitt. Miocän Wintershof-West 22, = 8,2 Unt. Miocän Tomerdingen 8, 5 2,6 Ob. Oligocän Gaimersheim 31; $ 13,0 Mitt. Oligocän Ehingen 2 “ 1,5 Unt. Oligocän Arnegg 24, 3 2.1 Ob. Eocän — 5 —_ Mitt. Eocän Bachhagel 20, R- 10,0 In der Zeit vom Ober-Oligocän bis zum Mittel-Miocän liegen wie bei den Säuger-Arten die höheren Werte. Der einzelne hohe Wert im Mittel-Eocän beruht auf der einmaligen Schneckenfauna von Bachhagel. Auch sonst sind reine oder fast reine Schneckenfaunen selten; Arnegg im Unter-Oligocän wird von keiner anderen Füllung hierin erreicht. Für das Ober-Eocän braucht das einzige Vor- kommen natürlich nicht repräsentativ zu sein. Die geringe Zahl im Ober-Miocän und der völlige Mangel im Pliocän aber können kaum als zufällig betrachtet wer- den; es dürften sich hierin die schlechter werdenden Klimaverhältnisse andeuten. Schriftenverzeichnis Hier nicht aufgeführte Zitate siehe $. 71) BERCKHEMER, F., 1939: Zugänge und Fundberichte. In „Bericht der Württ. Naturalien- sammlung in Stuttgart für das Jahr 1939. C. Geologische Abteilung I“. — Jh. Ver. vaterl. Naturk. Württ. 95, XX—XXI. Stuttgart. BRÄUHÄUSER, M., 1933: Erläuterungen zur Geologischen Spezialkarte von Württemberg. Blatt Schramberg (Nr. 129). 2. Aufl. 1—147. Stuttgart. Denm, R., 1931: Geologische Untersuchungen im Ries. Das Gebiet des Blattes Monheim. N. Jb. Min. usw. Beil. 67 B, 139—256. Stuttgart. 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Tafel 4 Fig.1: Typische Ausbildung einer fossilführenden Spalte; von einer vertikalen Spalte aus waren einzelne Schichtfugen durch Lösung erweitert und dann mit fossil- führenden Verwitterungsrückständen von oben her gefüllt worden. — Unter- Oligocän von Weißenburg in Bayern I (Nr.36 in Abb.5, $.47); Grimmbruch am Steinberg, Mitte der Nordwand im Sommer 1955. Dickbänke des Weißen Jura Delta in ungestörter Lagerung. Fig. 2: Unter-Miocän von der Grafenmühle bei Pappenheim (Nr. 54 in Abb.5, S$. 34); Südost-Eck des Steinbruchs der Firma Max Balz im Jahre 1955. Dickbänke des Weißen Jura Delta; darin mächtige, zum Teil geschichtete Spaltenlehme. Fig.3: Ober-Oligocän von Weißenburg in Bayern (Nr.47 in Abb.5, $.32); Südost- teil des Steinbruchs am Steinberg nahe der Straße nach Eichstätt im Sommer 1955. Dickbänke des Weißen Jura Delta, rechts unten Rest einer durch den Abbau abgeschnittenen Kluft mit fossilführendem Lehm. Fig. 4: Ausschnitt aus Fig.3; die an die erweiterte Kluft anschließenden Schichtfugen sind hier nur wenig von Lösung betroffen worden; Länge der Handhacke 40 cm. Fig. 5, a—b: Bovidarum gen. indet., vermutlich Antilope von Hirschgröße, linke Patella; Pliocän vom Egenhäuser Kapf, Kreis Calw; Sammlung Tübingen; natürliche Größe; a) von oben, b) von vorne. $. 40. Fig. 6, a—b: Mastodon sp., von der Größe des Mastodon angustidens Cuvier; Backen- zahn-Bruchstück; Pliocän vom Egenhäuser Kapf, Kreis Calw; Sammlung Tübin- gen; natürliche Größe; a) von der Seite, b) von der Kaufläche. S. 40. 56 Tafel 3 w > - it un TE Tafel 4 De Dt Mitt. Bayer. Staatsslg. Pal. hist. Geol. 1, 57—72. München, 15. März 1961 Spaltenfüllungen als Lagerstätten fossiler Landwirbeltiere Von RıcHArD DEHM, München Mit 1 Abbildung Zusammenfassung Die hohe Zahl bisher bekannt gewordener fossilführender Spaltenfüllungen — mindestens 320 ergibt die Zählung — ermöglicht eine zusammenfassende Be- trachtung. Nachdem die vermeintlich zahlreichen „Mischfaunen“ auf ganz wenige eingeschränkt werden können, darf man die Vorstellung prägen, „daß in ein und derselben Spalte auch immer nur gleichaltrige Reste eingeschlossen sind“. Werden die Spaltenfüllungen als Karstphänomene betrachtet, so werden ihre besonderen Merkmale, nämlich in Hochgebieten abgelagert, auf nur ganz geringe Grund- fläche beschränkt, bei uneinheitlichem Gesteinscharakter, mit auf engstem Raum angereichertem Fossilinhalt, nicht stratifiziert, miteinander in Zusammenhang ge- bracht. Die Konzentration von Tierresten aus einem zeitlich und räumlich engen Bereich macht die Spaltenfaunen mit ihrer hohen Artenzahl und mit einer für populationsstatistische Untersuchungen ausreichenden großen Individuenzahl paläontologisch bedeutsam. Inhalt Eee u ee Sr ee 57 A. Die Häufigkeit der fossilführenden Spaltenfüllungen . . . » » 2.2.2.2... 58 B. Die stratigraphische Reichweite fossilführender Spaltenfüllungen im Schwäbischen Beerudlichenkrankıschen. Jura 2... de ae ne ne ee 59 Gespalfentaunen,als Barstpbännmene a. nun m era 61 D. Die besondere Bedeutung von Spaltenfaunen für die Pälantologie ..... . - 65 ee ee ee 71 Einleitung Aus einer längeren Beschäftigung mit fossilführenden Spaltenfüllungen des süddeutschen Jura haben sich einige Ergebnisse von allgemeiner Bedeutung ge- winnen lassen, über die bei der Tagung der Deutschen Geologischen Gesellschaft und der Paläontologischen Gesellschaft in Osnabrück 1951 berichtet worden war (DEum 1952, S. 101—102). Außerdem haben über ihre reichen Erfahrungen an Fossillagerstätten in Karsthohlformen F. HELLER unter besonderer Berück- sichtigung der Primatenfunde (1953, S. 16—78) und H. Zapre unter besonderer Betonung des Verhaltens der Tiere gegenüber Karsthohlformen (1954, S. 1—59) E 57 zusammenfassende Darstellungen gegeben. Bei der Fortsetzung der eigenen Unter- suchungen an süddeutschen Spaltenfüllungen sind weitere Ergebnisse erzielt wor- den (S. 27—56). Die Spaltenfüllungen zeichnen sich als Fossillagerstätten durch mehrere für die Paläontologie bedeutsame Umstände aus: Fossilreichtum in der sonst fossil- armen terrestrischen Region, kurze Dauer der Entstehungsvorgänge, Konzen- tration von Landwirbeltierresten auf engstem Raum. Im Folgenden sollen die bei unseren Begehungen gewonnenen Beobachtungen und Erfahrungen im Hin- blick auf die allgemeine Bedeutung der fossilführenden Spaltenfüllungen dar- gestellt und ausgewertet werden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft in Bad Godesberg hat diese Unter- suchungen durch Gewährung von Mitteln in entgegenkommender Weise ge- fördert, wofür ich auch hier meinen verbindlichen Dank zum Ausdruck bringe. Bei den einzelnen Angaben zu den Fossilvorkommen in Spalten werden neben den veröffentlichten Materialien und den Literaturangaben auch unver- öffentlichte Materialien der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München (Sammlung München) berücksichtigt. A. Die Häufigkeit der fossilführenden Spaltenfüllungen Der folgenden Zusammenstellung über die Häufigkeit und Verbreitung der fossilführenden Spaltenfüllungen liegen die erreichbaren Angaben in der Litera- tur und eigene Erhebungen in süddeutschen Sammlungen zugrunde. Diese An- gaben und die zugehörigen Quellen hier im einzelnen zu belegen, würde über den Rahmen der jetzt vorgetragenen Gedanken und Beobachtungen an fossil- führenden Spaltenfüllungen hinausgehen, da eine einfache Aufzählung ohne kritische Sichtung nicht möglich ist. Manche in- und ausländischen Vorkommen werden aus noch unveröffentlichten Aufsammlungen und aus weniger zugäng- licher Literatur nachzutragen sein. Wenn hier für die jeweiligen Gebiete die Anzahl der fossilführenden Spaltenfüllungen aufgeführt wird, so kann es sich dabei nur um eine Mindestzahl handeln. Die älteren Angaben in den Sammlungen ebenso wie in der Literatur sind oft recht wenig präzise. Auch in der Sache selbst liegt eine Schwierigkeit; wenn mehrere Spalten untereinander in Verbindung zu stehen scheinen, kann man bei nicht besonders günstigen Aufschlußverhältnissen über die Selbständigkeit der einzelnen Spaltenfüllungen in Zweifel geraten. Mindestzahl Perm: Oklahoma, USA. 3 Rhät-Lias: Mittel-England, Nordost-Frankreich 10 Tertiär: _ Schwäbischer und südlicher Fränkischer Jura 96 Schweizer Jura 25 Französische Juragebiete (Quercy, Rhöne) 16 Übriges Europa (Oberrhein, Walbeck, Neudorf, Polgardi, Odessa u. a.) 10 Außereuropa #181 58 Dun Fi VOMEDEEN Pleistocän: Schwäbischer und südlicher Fränkischer Jura 20 Süddeutsches Muschelkalk-Gebiet 18 Übriges Deutschland 18 Europa, außer Deutschland (Österreich, Ungarn, Tschechoslowakei, Polen, Frankreich, England, Mittelmeer-Länder) 40 Außereuropa (Marokko, Algerien, Maskarenen, Südafrika, Palästina, Nord- und Südchina, Japan und seine Inseln, Ostaustralien, Nordamerika) 60 156 Gesamt: 320 Von den aufgeführten 320 fossilführenden Spaltenfüllungen treffen 253, das sind 790/06, auf Europa. Da die Spaltenfüllungen als oberflächennahe und infolge geringer Verfestigung besonders hinfällige Gebilde fast nur in künst- lichen Aufschlüssen angetroffen werden, äußern sich in dem hohen Anteil Europas die genauere Kenntnis und die zahlreicheren künstlichen Aufschlüsse. Doch kommen in den Zahlen auch ursprüngliche Besonderheiten zum Ausdruck. So hat innerhalb der europäischen Werte für das Tertiär der süddeutsche Jura ein auffallendes Übergewicht von 96, das sind 65°/o; darin gibt sich seine Eigen- art als langdauernde, von Wirbeltieren zeit- und fleckenweise belebte Karst- hochfläche kund, wie sie in solchem Ausmaß und ähnlicher Mannigfaltigkeit kein anderes Gebiet der Erde darstellt. B. Die stratigraphische Reichweite fossilführender Spaltenfüllungen im Schwäbischen und südlichen Fränkischen Jura Über die Kenntnis der tertiären fossilführenden Spaltenfüllungen nicht nur des Schwäbischen und Fränkischen, sondern auch des Schweizer und des mittel- französischen Jura hatte sich seit ihrer Entdeckung und Bearbeitung im vorigen Jahrhundert wie ein Schleier die Meinung gelegt, es seien in ihnen häufig Tier- reste aus verschiedenaltrigen Tertiärstufen vermischt, als hätten die Spalten lange Zeiträume hindurch offengestanden. Zwar haben sich gewichtige Stimmen gegen die Auffassung von einer Uneinheitlichkeit der Spaltenformen gewendet; aber es ist nicht zu verkennen, daß gewisse Vorbehalte auch heute noch unter den Wirbeltier-Paläontologen bestehen und eine allseitige Auswertung der Spaltenfaunen hemmen. Durch ScHrosser (1902), besonders aber durch Kıperren (1931, S. 218 bis 222) ist eine Bereinigung der Mischfaunen herbeigeführt worden, welche durch eigene Untersuchungen hat fortgesetzt werden können. Das Ergebnis besteht darin, daß zwar unter gleichen Ortsnamen verschiedenaltrige Spalten- füllungen aufgeführt worden sind, daß aber die Schlußfolgerung, diese verschie- denen Faunen seien in ein und derselben Spalte gefunden worden, in keinem Falle durch Beobachtungen an Ort und Stelle erhärtet ist. Im Gegenteil haben in mehreren Fällen die sehr verschiedenartigen Sedimentreste an den Zähnen und Knochen die Herkunft aus verschiedenen Spaltenfüllungen erwiesen. ScHLossers Monographie der süddeutschen Bohnerzfaunen (1902) hat wesentlich dazu beigetragen, daß bei späteren Funden sorgfältig aufgesammelt wurde. Seit 1902 sind bis heute im süddeutschen Jura mindestens 40 fossil- 59 5* führende, zum Teil außerordentlich individuen- und artenreiche tertiäre Spalten- füllungen sowie einige pleistocäne bekannt geworden. Darunter befindet sich keine einzige unversehrte mit einer „Mischfauna“; das gleiche war auch an allen älteren Fundstellen der Fall, wo Fachkundige sorgsam aufgesammelt hatten. Für die Spaltenfaunen aus den Schweizer und französischen Juragebieten scheint das nämliche zu gelten; die neueren Aufsammlungen (STEHLIN, HÜRZELER; DEPERET, VıRET) haben ohne Ausnahme in derselben Spalte jeweils nur Formen gleichen geologischen Alters erbracht. Nach den paläontologischen Befunden kann also kein Zweifel bestehen, daß die Füllung von Spalten nur ganz kurze Zeit gedauert haben kann, welche einen geologisch kurzen Zeitraum nicht überschritten hat. Wo besonders reiche und charakterisierbare Faunen vorliegen, dort kann das Alter ganz eingeengt werden. Die Fauna von Wintershof-West bei Eichstätt kann nicht nur als Mittel- miocän, sondern viel näher als älteres Burdigalium eingegrenzt werden. Die kaum weniger reiche Fauna von Gaimersheim bei Ingolstadt trägt die Merkmale eines engen Abschnitts aus dem älteren Chattium. Nicht Faunengemische aus verschiedenen Perioden, im Gegenteil, zeitlich eng begrenzte Ausschnitte werden durch Spaltenfaunen dokumentiert (vgl. S. 68—70). . Auch der Überblick über die karstbedingten Eigenarten fossilreicher Spalten- füllungen weist in die gleiche Richtung; die geologische Situation legt uns in mehrfacher Hinsicht nahe, für die Entstehung von Spaltenfüllungen nur ver-. hältnismäßig kurze Zeiträume anzunehmen. Ist einmal aus einer Karstwanne das mit Fossilresten durchsetzte Verwitterungsmaterial in eine oberflächennahe Kluft eingeflossen, dann wird durch das meist sehr lehmhaltige Sediment gerade diese Stelle abgedichtet und vor weiterer Verkarstung geschützt, mögen sich auch Lösungs- und Füllungsvorgänge in unmittelbarer Nachbarschaft weiterhin abspielen. Nach solchen Vorstellungen, wie sie aus der heutigen, vermehrten Kenntnis der Karstvorgänge erwachsen, ist es unwahrscheinlich, daß sich in ein und derselben Spalte mehrere verschiedene Faunen vermischen. Da die Sediment- mengen von Spaltenfüllungen im Vergleich zu denjenigen stratifizierter Ablage- rungen minimal sind, so braucht für die Dauer ihrer Ansammlung und des Füllungsvorganges eine geologisch nennenswerte Zeit nicht angesetzt zu werden. Nur dort, wo es infolge späterer Wiederbelebung der Verkarstung zu einer umfänglichen Auflösung des spaltenbildenden Gesteins kommt, können auch Spaltenfüllungen in Mitleidenschaft gezogen, umgelagert und vermischt werden. ZaprE (1954, S.5) hat auf diese Möglichkeit hingewiesen. An einigen Stellen habe ich ähnliche Beobachtungen gemacht. Bei Westerstetten (DEHM 1935, $. 56 bis 57) waren in einer mächtigen Kluftfüllung pleistocänen Lehmes auch „einige Kubikmeter geschlossener Partien von Bohnerzton“ eingebettet; der Bohnerzton enthielt unteroligocäne Säugerreste, der Diluviallehm umgelagerte miocäne Marinfossilien. Wenn verschiedenaltrige Spaltenfüllungen nahe beisammen auf- treten, können sich einzelne Zähnchen der älteren Füllung in den Schläimmrück- ständen der jüngeren finden. So waren in der sonst einheitlichen oberoligocänen Spaltenfüllung von Weißenburg in Bayern ($. 32) einige Zahnreste von Pseudo- sciuriden, die ihr Häufigkeitsmaximum im Unter-Oligocän erlangten und vielleicht eben noch ins Mittel-Oligocän hineinreichten, enthalten; im gleichen Steinbruch, in 30 bis 50 Meter Entfernung von der oberoligocänen Füllung, waren zwei unteroligocäne mit reichlich Pseudosciurus suevicus und Suevosciurus fraasi er- 60 schlossen gewesen, die sich zum Teil auch in erweiterte Schichtfugen hinein fortgesetzt hatten. Es ist leicht vorstellbar, daß sich zur Zeit der Entstehung der oberoligocänen Füllung vereinzelte ältere Objekte auf zweiter Lagerstätte mit den jüngeren mischten. An der Grafenmühle bei Pappenheim (S. 34) waren ebenfalls im gleichen Steinbruch zwei verschiedenaltrige Spaltenfüllungen an- getroffen worden; die jüngere, aquitane, lieferte im Schlämmrückstand einen halben a Zahn, vermutlich umgelagert aus der älteren Füllung. Es wäre sicher verfehlt, aus diesen Vorkommen etwa auf eine längere Lebensdauer der Pseudosciuriden, bis ins Ober-Oligocän oder Unter-Miocän, zu schließen; denn in keiner der reichen oberoligocänen Füllungen, die sich weit entfernt von unteroligocänen befanden, wie Gunzenheim, Gussenstadt, Burgmagerbein, Gai- mersheim, ist Pseudosciurus aufgetaucht. Wenn also in ein und derselben Spaltenfüllung neben einer jüngeren Haupt- fauna auch vereinzelte Reste einer älteren Fauna zum Vorschein kommen, dann darf man vermuten, daß in der Nähe reiche ältere Spaltenfüllungen vorhanden waren oder noch vorhanden sind. Ferner lehren die über mehr als zwei Jahr- zehnte laufend beobachteten Vorkommen in den Steinbrüchen von Weißenburg in Bayern und von der Grafenmühle bei Pappenheim, daß in nächster Nähe, auf eine Entfernung von 30 bis 50 Meter, vielleicht sogar weniger, verschieden- altrige Kluftfüllungen auftreten. Daß sich bei einer solchen Nähe vereinzelte Reste der älteren Faunen auf zweiter Lagerstätte in den jüngeren Ablagerungen finden, nimmt nicht wunder; von einer „Mischfauna“ sollte man dabei aber nicht sprechen. So darf man sich — mit der aus dem vorigen Abschnitt folgenden, ge- ringen Einschränkung — der Auffassung von SCHLOssER anschließen, die er nach längerer weiterer Beschäftigung mit Spaltenfunden gewonnen hatte (1923, S. 666): „Die Bohnerzfaunen galten früher vielfach als eine Mischung von Säuge- tierzähnen aus den verschiedensten Stufen des Tertiärs, da ja auch wirklich von ein und derselben Lokalität die verschiedensten Tierreste durcheinandergemengt vorlagen. Allein dies beruhte darauf, daß nur ausnahmsweise Sachverständige die Aufsammlungen überwacht und die Reste nach ihrem Erhaltungszustand und ihrer Herkunft aus den einzelnen Spalten geschieden hatten. Genauere Sichtung des Materials ermöglichte sowohl für die süddeutschen als auch für die Schweizer Bohnerze eine sehr exakte Unterscheidung der verschiedenen Faunen, so daß wir wohl behaupten dürfen, daß in ein und derselben Spalte auch immer nur gleichaltrige Reste eingeschlossen sind.“ C. Spaltenfaunen als Karstphänomene Die Hauptmasse der Sedimente bilden Ablagerungen des stehenden und fließenden Wassers (Abb. 1b); ihre Merkmale sind: 1. in Tiefengebieten abgelagert; 2. regional über Hunderte von Quadratkilometern ausgedehnt; 3. Gesteinscharakter und Mächtigkeit gleichmäßig, wenig bzw. allmählich abändernd; 4. Fossilinhalt vorwiegend flächenhaft und mehr oder weniger gleichmäßig verteilt; 5. „stratifiziert“, d.i. im Schichtverband. 61 Zu allen diesen Merkmalen dieser gewöhnlichen Sedimente (1.—5.) stellen sich die Spaltenfüllungen in scharfen Gegensatz: 1°—5* (Abb. 1a). Abgesehen nenn DEI en —_ a ee NEN abgetragen Abb. 1:. Vergleich der Spaltenfüllung (a) mit dem in Wasserbecken gebildeten Sediment (b): Bildungsort: a) Hochgebiet b) Tiefengebiet Ausdehnung: ganz lokal regional Gestein: ungleichmäßig gleichmäßig. Fossilinhalt: konzentriert verteilt Schichtverband: nicht stratifiziert stratifiziert von den wenigen Fällen tektonischer und Sonderungs-Klüfte sind die Spalten- füllungen an hochverkarstungsfähiges Gestein, Kalkstein, Dolomit, Gips, ge- bunden. Aus solcher Karstbedingtheit werden auch ihre Eigenarten als Fossil- lagerstätten verständlich. 1*) Karstflächen, die Bildungsregion für Spaltenfüllungen, sind relativ zu ihrer Umgebung Hochgebiete; insbesondere liegen sie über dem Grund- wasser bzw. Karstwasserspiegel. Solche bevorzugten Hochgebiete sind vor allem die für die tertiären Spaltenfüllungen klassischen Gebiete von West- und Mittel- europa: der Schweizer Jura, der Französische Jura am Südwestrand des Fran- zösischen Zentralplateaus und der Schwäbisch-Fränkische Jura; ferner zählen hierher die Muschelkalkgebiete von Mittel- und Süddeutschland, Kalkgebiete am Rand der ungarischen Tiefebene, paläozoische Kalkgebiete in England, Nord- amerika, Ostaustralien und China. Innerhalb dieser Hochgebiete muß aus meh- reren Gründen gerade für die fossilreichen Füllungen von Karsthohlformen eine recht oberflächennahe Entstehung angenommen werden. Einmal befindet sich die überwiegende Zahl der bekannten Füllungen des süddeutschen Jura in höch- stens 10 bis 12 Meter Tiefe unter der heutigen Oberfläche. Die meisten Spalten- füllungen, bei denen die Fundtiefe bekannt geworden ist, befanden sich nicht tiefer als 8 Meter unter der heutigen Oberfläche. Es sind zu ihrer Entstehung auch keine umfangreichen Höhlenräume, wie sie die Lagerstätten der pleisto- cänen fossilreichen Höhlenablagerungen darstellen, zu postulieren; denn es fällt auf, wie selten Kalkspat-Sinter- und -Tropfsteinbildungen zusammen mit ter- tiären Spaltenfossilien gefunden werden (Frohnstetten, Gunzenheim, ob noch andere?). Ob etwa seit der Entstehung einer heute oberflächennahen Füllung 62 ein ansehnliches Gesteinspaket darüber abgetragen worden ist, läßt sich im ein- zelnen Fall nachprüfen; im Spaltenlehm finden sich nämlich in der Regel auch Stücke des die Wand bildenden Gesteins. In keinem Fall hat sich bisher Gestein einer höheren Zone — es sei denn als angewittertes Restgestein einer bereits erniedrigten Landoberfläiche — in fossilführenden Spalten beobachten lassen. Auch die Erwägung, daß bei Einsturz oder Einschwemmung in große Tiefe die Knochentreste stark zerstreut und wohl zerstört würden, spricht für oberflächen- nahe Entstehung der fossilreichen Vorkommen. Daß sich da und dort einzelne Fossilreste auch in größerer Tiefe finden, braucht dem nicht zu widersprechen. Solche Hochgebiete sind mitsamt ihren oberflächennah gebildeten Spalten- füllungen gegenüber späteren geologischen Vorgängen stark exponiert. Sie. bleiben daher nur erhalten, wenn sie der Erosion möglichst rasch entzogen werden: durch unmittelbare Bedeckung mit transgredierendem Sediment (mariner Lias über rhätoliassischen Spalten im Käarbon von Mittelengland, Molasse über alttertiären Spalten im Schweizer Jura, marines Miocän über miocänen Spalten in der Trias von Neudorf a. d. March), durch tektonische Tieferlegung (Muschelkalk mit der paläocänen Spaltenfüllung von Walbeck), durch lange Zeit gleichmäßig flächenhaft tiefliegenden Karstwasserspiegel bei geringster Oberflächenerniedrigung (Schwäbischer und Fränkischer Jura mit alt- tertiären bis pleistocänen Spalten). Auf den Hochflächen kann das Einzugsgebiet der durch Rinnsale herbeigeführten tierischen und pflanzlichen Hartteile nur ganz gering sein; der Herkunftsbereich der Wirbeltierreste in Spaltenfüllungen wird also viel mehr davon bestimmt, wie weit Raubtiere und Raubvögel ihre Beute herangetragen haben, als von Flußsystemen. 2*) Spaltenfüllungen nehmen in der Regel nur ganz geringe Grundfläche, oft weniger als einen Quadratmeter, ein; auf der geologi- schen Karte wären sie punktförmige Vorkommen. Längs- und Querschnitt des Füllungshohlraumes werden von Lösungsformen der Karstsickerwässer, seltener von Auswaschungsformen fließender Karstgerinne bestimmt; bei ersteren herrscht durchwegs die Form vertikaler Spalten, Röhren, Trichter und Schächte, während bei den letzteren auch horizontale Verlängerungen, etwa in Schicht- fugen hinein, vorkommen. Es wäre aber verfehlt, den Begriff Spaltenfüllung ganz eng zu fassen. Auch die Füllung von relativ weiten Karsthohlformen, wie sie der Grund von Dolinen und Ponoren oder Karstwannen darstellen, gehört natürlicherweise hierher. Mit HeLLer (1953, $. 23—26) könnte man sogar die indirekten Karstfolgen der Fossiltrichter im eocänen Braunkohlenfeld des Geiseltales bei Halle aufführen. 3*) Entsprechend den ganz lokal bestimmten Bedingungen an der Ent- stehungsstelle einer Karsthohlform ist der Gesteinscharakter der Füllung meist sehr uneinheitlich; er wechselt von Spalte zu Spalte und auch innerhalb derselben Spalte. Terrestrische Verwitterungsstoffe, wie grün- liche, gelbliche, rote und braune Lehme, Bohnerze als Zeugen fossiler tropischer und subtropischer Böden, sind in den Spalten unversehrt erhalten geblieben. Hin- sichtlich der Lagerung lassen sich zwei Fälle unterscheiden. Deutliche Schichtung einer fossilreichen Füllung kennt man im süddeutschen Jura bisher anscheinend nur von der alttertiären Spalte von, Frohnstetten, wo sich die Fossilreste in 63 mehreren voneinander durch fossilfreie Lagen getrennten Schichten befanden (KınEren 1931, S.225, Abb. 1); da die Fauna aus den verschiedenen Lagen von Frohnstetten ganz einheitlich war, tiefunteroligocän (bisher als obereocän be- zeichnet, vgl. Drum 1950, S. 199), kann die Füllung höchstens die Zeit einer geologischen Teilstufe beansprucht haben. Die von mir beobachteten fossilreichen Spaltenfüllungen zeigen höchstens darin eine Andeutung von Schichtung, daß der Fossilinhalt auf eine Lage, Linse oder Schmitze von wenigen Zentimetern Mächtigkeit einer im übrigen gleich- artigen Füllung beschränkt war (Unter-Oligocän von Weidenstetten, Mittel- Oligocän von Bernloch, Mittel-Miocän von Schnaitheim). Die mehrmals be- obachtete schlierige Struktur (besonders Mittel-Miocän von Wintershof-West bei Eichstätt, auch Ober-Oligocän von Gaimersheim bei Ingolstadt und Mittel- Oligocän von Ehingen) weist auf Fließbewegung der Füllung im ganzen, also eher auf einen einmaligen Vorgang hin. Man wird dabei an Geschehnisse denken, wie sie sich abspielen, wenn sich in verstopften Dolinen und Ponoren eine Zeit- lang oberflächlicher Schutt angesammelt hat und sich bei plötzlichem Durchbruch als Schlammstrom oder bei langsamerem Einfließen als Gekrieche in die Karst- hohlräume ergießt (vgl. z.B. BRunner 1933, $. 305). Mitgeführte Wirbeltierreste werden dabei, selbst wenn sie in der Doline noch als zusammenhängende Skelette gelegen haben, zerrissen und durcheinandergemengt. So kommt es, daß zwar oft auch ganz zarte Knochen erhalten sind, aber sehr viel seltener zusammenhängende Skelette. Der Überlieferung mehr oder weniger vollständiger Skelette in Karst- hohlformen der Vergangenheit und Gegenwart ist ZaprE (1954, S. 11 ff.) des näheren nachgegangen und hat eine größere Anzahl rezenter und pleistocäner Fälle und ganz weniger tertiärer miteinander vergleichen können. 4”) Auf engstem Raum angereichert findet sich in Spaltenfüllungen der Fossilinhalt, mehrfach nach Tausenden und Zehntausenden von Stücken zäh- lend, in weniger als einem Kubikmeter Gestein. Mehrere karstbedingte Vorgänge dürften zu einer solchen Konzentrierung zusammengewirkt haben. Einmal haben wasserführende Vertiefungen als Tränkstellen auf die Bewohner eines Trocken- gebietes, wie es Karsthochflächen in den warmen Klimazonen weithin darstellen, eine anziehende Wirkung ausgeübt und Tiere in größeren Scharen und regel- mäßig angelockt, wie die Herden von Unpaarhufern und Paarhufern, die sich in den Mengen von Palaeotherium, Diplobune und Caenotherium in den oligo- cänen Spalten von Frohnstetten, Ulm, Quercy und Gaimersheim, von Procervulus in der miocänen Spalte von Wintershof-West kund tun. Wie aus den ungewöhn- lichen Mengen von Raubtieren mancher Spalten hervorgeht (Mittel-Miocän von Wintershof-West mit 30 Arten, Ober-Miocän von La Grive Saint-Alban mit 35 Arten nach Vırer 1951) sind Räuber in besonderem Maße angelockt worden. Die hohe Zahl von Kleinwirbeltieren in tertiären Spaltenfüllungen darf wohl auf Gewölle von Raubvögeln zurückgeführt werden, welchen die karstbedingten, feuchten Geländeniederungen mit ihrem ganz lokalen Baumwuchs zugleich Horste, Rast- und Jagdplätze geboten haben. Nur so werden die Massenvorkommen verständlich: Paläocän von Walbeck 15 000 Fundstücke Schweizer eocäne Bohnerze viele Tausende Fundstücke Unt. Oligocän von Frohnstetten Hunderttausende, vielleicht über 1 Million Fundstücke 64 Phosphorite des Quercy Hunderttausende Fundstücke Ober-Oligocän von Gaimersheim über 100 000 Fundstücke, Mittel-Miocän von Wintershof-West etwa 100 000 Fundstücke Mittel-Miocän von Schnaitheim einige tausend Fundstücke Unter-Pliocän von Polgardi über 8000 Fundstücke. 5*) Spaltenfüllungen sind Fossil-Lagerstätten ohne Schichtverband, sie sind nicht „stratifiziert“. Ihr geologisches Alter kann aus Hangendem und Liegen- dem höchstens in recht weiten Grenzen erschlossen werden. Einmal müssen sie natürlich jünger sein als das spaltenbildende Gestein; zum anderen sind sie älter als ein das Muttergestein mitsamt seinen Spalten oben abschließendes, transgredie- rendes Sediment, z.B. Oberkreide und Miocän über verkarstetem Jurakalk in Süddeutschland, Lias über Karbon in England u. a. D. Die besondere Bedeutung von Spaltenfaunen für die Paläontologie Die hohe Konzentration von Tierresten aus einem räumlich und zeitlich engen Bereich verleiht einer Reihe von Spaltenfaunen eine besondere Bedeutung für die Paläontologie. In der großen Zahl sowohl der Arten als auch der Individuen äußert sich die Stärke der anlockenden und konservierenden Faktoren. Das im Vergleich mit Spaltenfaunen eindrucksvollste Beispel solcher Anlockung und Kon- servierung auf engstem Raum liefert der Asphaltsumpf von Rancho La Brea in Kalifornien, wo mehr als 220 Tier- und Pflanzenarten (zusammengestellt nach Stock 1949) nachgewiesen werden konnten; nach Individuen gerechnet, befanden sich unter 4303 Vögeln nicht weniger als 2570 Tagraubvögel und unter 4264 Säugern sogar 3890 Raubtiere. Eine besonders hohe Zahl der Arten haben die eocänen Bohnerze der Schweiz und die eocän-oligocänen Phosphorite des Quercy geliefert. Die Arten verteilen sich auf eine größere Anzahl von Einzelspalten, die nicht immer aus- einander gehalten worden sind; die Hauptspalten von Egerkingen, Mormont und Obergösgen in der Schweiz dürften bis zu 80 Arten enthalten haben, ebenso die- jenigen von Caylux, Escamps und Mouillac in Frankreich. Das Unterpliocän von Polgardi in Ungarn hat 47 Arten ergeben. Im süddeutschen Jura hatte die Artenzahl bei Spaltenfaunen bis zu SCHLOS- sER’S klassischer Arbeit über die Säugetiere der Bohnerze (1902) die Ziffer 26 nicht überschritten: Unter-Oligocän von Frohnstetten 25, von Arnegg 24 (meist Landschnecken), vom Unteren Eselsberg bei Ulm 26, von Veringendorf 16; Unter-Pliocän von Salmendingen 22, von Melchingen 25. Die späteren Entdeckungen, bei denen auch auf die Kleinfauna und auf eine möglichst quantitative Gewinnung geach- tet wurde, ließen die Artenzahlen ansteigen: Ober-Miocän von Attenfeld 31 (ScHLosser 1916, S.9—137), Unter-Miocän von Tomerdingen 33 (SEEMANN & BERCKHEMER 1930 mit späteren Ergänzungen), Ober-Oligocän von Gunzenheim 57 (DEHm 1935), Gaimersheim 71 (DeHum 1937 a, H. FREUDENBERG 1941 mit Ergän- zungen), Mittel-Miocän von Wintershof-West über 90 (Drum 1937 a, 1950 c, 1950 d und Ergänzungen), von Schnaitheim 27 (DEHM 1939 und Ergänzungen). Die karstbedingten Besonderheiten bringen es mit sich, daß die Welt der mittelgroßen und kleinen Landtiere in großer Artenbreite mit häufigen, aber auch mit seltenen Gruppen in den Spaltenfaunen erscheint. 65 Die Überlieferung von Kleinwirbeltieren — angelockt von den Schlupf- winkeln eines oberflächlichen Karsttrichters oder eines Höhleneinganges und als Beutetiere von Tag- und Nachtraubvögeln zusammengetragen — war besonders günstig. Unter den Hamsterartigen werden Cricetodon im Oligocän von Quercy und von Bernloch und im Miocän von La Grive Saint-Alban, Melissiodon im Oligocän von Bernloch und im Miocän von Wintershof-West und Schnaitheim reichlich bezeugt. Unsere Kenntnis von Theridomys und Archaeomys ruht großen- teils auf Spaltenfunden; Quercy und Gaimersheim stehen hier voran. Eomys findet sich in den Spalten von Gaimersheim, Tomerdingen, Wintershof-West und Schnait- heim reichlich. Pseudosciurus und sein nächster Verwandter Suevosciurus sind fast nur in Spaltenfüllungen beobachtet worden. Fledermaus-Reste, im Tertiär sonst selten, sind im Oligocän des Quercy und im Miocän von Wintershof-West in Menge enthalten. Unter den Insektenfressern bieten die sonst so vereinzelten kleinen Dimylidae in der Spalte von Wintershof-West einen Sonderfall mit zwei reichlich vertretenen Arten je einer Gattung; ferner sind die Soricidae hier weit reicher als anderswo überliefert. Den altberühmten kleinen und mittelgroßen Carnivoren aus den Phosphoriten des Quercy mit zahlreichen Gattungen und Arten, aus La Grive Saint-Alban mit 35 Arten schließen sich die 30 Arten von Wintershof-West an, darunter die beiden dachsähnlichen Broiliana und Stromeriella und der Stinktier-Verwandte Miomephitis, bisher nur von da. Seltenheiten haben sich besonders in Spalten finden lassen: Schuppentiere (Teutomanis) im Oligocän von Quercy, Gaimersheim und Gunzenheim (Sammlung München), im Miocän von Solnhofen, Wintershof-West und -Ost (Sammlung München). Auch Eidechsen- und Kleinvögel-Knochen kommen in der Spalte von Wintershof-West reichlich vor. Salamander-Reste aus Spaltenfüllungen, und zwar wieder aus dem Mittel- Oligocän von Ehingen, Ober-Oligocän von Gaimersheim und aus dem Mittel- Miocän von Wintershof-West, Wintershof-Ost und Schnaitheim haben mit 9 Gat- tungen und 13 Arten (HERRE, LunAu) zugleich paläogeographische Beziehungen erkennen lassen. Ganz bedeutende Kenntnis verdanken wir den Primaten aus Spaltenfüllungen: Paläocän von Walbeck, Eocän der Schweizer Bohnerze, Oligocän von Quercy, Miocän von Neudorf an der March, Unterpliocän von Salmendingen und Melchingen, Alt-Pleistocän von Südafrika (vgl. HELLER 1954). Daß auch die in anderen Ablagerungen reichlichen Gruppen, wie Huftiere, in den Spaltenfüllungen Sonderformen liefern, zeigen die gattungs- und artenreichen eocänen Perisso- und Artiodactyla in den Schweizer Bohnerzen ebenso wie die besonders mannigfaltigen Artiodactyla in den Phosphoriten des Quercy an. Allein aus der hohen Zahl von Resten derselben Art leitet sich die Wahr- scheinlichkeit ab, daß neben normalen Formen auch Abweichungen davon, nämlich mißgebildete, krankhafte und verletzte bzw. wiedergeheilte auftreten. Unter den Materialien von Gaimersheim und Wintershof-West sind solche zu beobachten, ebenso wie in dem riesigen Fundgut von Rancho La Brea (Stock 1949, S. 25, 38). Ihr Zahlenverhältnis zu normalen und gesunden Stücken ist aber so gering, daß keinesfalls auf eine besondere Anfälligkeit, Degeneration und Aussterbe-Drohung geschlossen werden kann, wie es nach Age (1931) bei den pleistocänen Höhlenbären von Mixnitz der Fall sein könnte. Landlebewesen herrschen bei weitem vor. Auch extreme Landtiere, wie die Savannen-, vielleicht beginnenden Steppenbewohner Palaeotherium und die baumbewohnenden Schlafmäuse, Eichhörnchen und Marder. BACHMAYER (1953, 66 a S.25—30) hat auf das Auftreten von Tausendfüßlern aus der altpleistocänen Spalte von Hundsheim hingewiesen; Diplopoden-Reste fanden sich auch in den oberoligocänen Spalten von Gunzenheim (Deum 1935, S.47) und Gaimersheim (Sammlung München) und in der mittelmiocänen Spalte von Wintershof-West (Sammlung München). Landschnecken sind in verhältnismäßig wenigen Spalten- füllungen nachgewiesen worden, so in den liassischen Füllungen von Somerset, im Eocän von Bachhagel, in Quercy-Phosphoriten, im Unter-Oligocän von Arnegg, Mähringen, vom Oerlinger Tal und Unteren Eselsberg bei Ulm, von Stubersheim, Rammingen, von drei Stellen am Südrand des Nördlinger Rieses, ferner im Ober-Oligocän von Gunzenheim und Gaimersheim, aus dem Uhnter- Miocän von Tomerdingen und — nur in einem einzigen Stück — aus dem Mittel- Miocän von Wintershof-West. Landpflanzen-Reste sind naturgemäß in Spalten nur unter besonderen Voraussetzungen erhalten geblieben; Zarre (S.7) stellt die bisherigen Funde der verkalkten und damit erhaltungsfähigen Samen des Zürgel- baumes Celtis von vier tertiären und sieben pleistocänen Vorkommen zusammen. Zu dieser Liste gesellen sich das Ober-Oligocän von Gaimersheim (Sammlung Mün- chen), pleistocäne Spaltenfüllungen bei Nikolsburg in Mähren (Lozer 1957, S. 287 bis 288) und bei Nördlingen (Sammlung München) und pleistocäne Höhlenfunde bei Gößweinstein (BRUNNER 1957, S. 394). Wassertiere sind nur in seltenen Fällen nachgewiesen, und zwar als ver- schleppte Beutestücke; Krokodilreste von Frohnstetten, ein einzelner Krokodil- zahn von Wintershof-West u. a. Lediglich die mittelmiocäne Spaltenfüllung von Appertshofen nördlich Ingolstadt (S. 37) enthält reichlichere Reste von Kroko- dilen, Flußschildkröten und Fischen. Süßwasserschnecken gesellen sich nur in wenigen Spaltenfaunen zu den Landschnecken, im Lias von Somerset mit vier Arten und Chara-Oogonien, im Eocän von Bachhagel mit fünf Arten, im Unteren Oligocän vom Karlshof bei Nördlingen mit nur einer Art. Anpres (1951, S. 18 bis 2i) schließt bei der oberoligocänen Spalte von Gaimersheim aus einem gewis- sen Gehalt an Pyrit im Spaltensediment auf Entstehung in einem Süßwasser- : becken; diese Folgerung scheint mir angesichts des völligen Fehlens von Süß- wassermollusken — bei reichlich vorhandenen Landschnecken — kaum ausreichend begründet; auch andere Organismen, die eine Entstehung im Wasser anzeigen könnten, wie Chara-Oogonien, Fische usw., fehlen in der sonst so reichen Gai- mersheimer Fauna. Der hohen: Zahl von Fundstücken entspricht natürlich eine hohe Indivi- duenzahl. Mehrere zehntausend Palaeotherien werden für Frohnstetten aus- gerechnet, Tausende von Individuen der Carnivoren, Rodentier und Ungulaten haben zu den Spalten-Lagerstätten der Schweiz und Frankreichs beigetragen, ebenso Creodontier und Primaten zur paläocänen Schatzkammer von Walbeck. Während die älteren Funde ungezählt in die privaten und öffentlichen Sammlun- gen zerstreut worden sind, können für die späteren Zahlen angegeben werden. Dazu einige Beispiele: Arctocyonoides Paläocän von Walbeck 3282 Molaren (WEIGELT 1942, 1960) Pseudosciurus Unt. Oligocän vom Unt. Eselsberg bei Ulm 154 Unterkiefer (Drum 1937 b) Sciurus Mitt. Miocän von Wintershof-West 2138 Kiefer, Zähne (DeHnm 1950 c) 67 Muscardinidae Mitt. Miocän von Wintershof-West 2601 ‚Kiefer, Zähne (DEHMm 1950 c) Eomys Mitt. Miocän von Wintershof-West 1428, 09% > » Da sich die Spalten aller Wahrscheinlichkeit in ganz kurzer Zeit gefüllt haben, können die einzelnen Arten ihrer Faunen als einheitliche Popu- lationen betrachtet, werden; die Zeit- und Generationenfolge kann also bis zu einem gewissen Grade vernachlässigt werden. Damit können die Individuen einer Art oder Artengruppe statistischen Methoden unterworfen werden, als seien sie Bestandteile einer einheitlichen, gleichaltrigen Population. Innerhalb einer solchen Kollektion zahlreicher Individuen von ähnlicher, aber nicht übereinstimmender Größe und sonstiger Eigenschaften gilt es die Unterschiede zu bewerten. Am klarsten sind natürlich jene Fälle, wo die Unterschiede so stark hervor- treten, daß die Individuen auf mehrere Arten aufgeteilt werden können. Bei den Palaeotherien aus der Spalte von Frohnstetten konnte STEHLIN (1938) die charak- teristischen Fußknochen und Gebißreste entsprechend ihrer relativen Häufigkeit den einzelnen Arten zuordnen. Bei den Carnivoren Ampbhicyon und Plesictis und den Rodentiern Sciurus und Dryomys aus der Spalte von Wintershof-West er- möglichte die große Anzahl der Belegstücke eine gute Trennung nach den Arten, ähnlich .wie bei dem Rodentier Sciuroides aus den Quercy-Phosphoriten von Frankreich. Wo aber die Unterschiede weniger ins Gewicht fallen, dort muß ihre Bewer- tung sehr viel mehr Möglichkeiten abwägen. Gehen wir von einer rezenten Popu- lation aus, so erklären sich die Unterschiede zwischen den einzelnen Individuen erstens aus dem individuellen Lebensablauf a) als Alterserscheinungen (juvenil — adult — senil) und b) als erbfreie (umweltbedingte o. ä.) Varianten (Modifikationen wie normal kräftig, unterernährt, erkrankt u.ä.); zweitens aus der normalen, erblich gebundenen Gliederung einer Population c) in männliche und weibliche Tiere, d) in erbfeste, untereinander mendelnde Varianten (bei ruhiger, fast unmerklicher Weiterentwicklung), e) in Anomalien (zum Teil); drittens aus plötzlichen Erbänderungen f) als Mutanten in Einzelfällen (hierher vielleicht manche Anomalie), g) als „supraspezifische Variation“ Sımpson’s bei gehäuftem Auftreten, vergleichbar den rezenten Pflanzengattungen Rosa, Rubus, Hiera- _ cium, Carex u.a. Gerade die individuenreichen Spaltenfaunen lassen sich unter diesen Gesichts- punkten, wie es scheint, mit gutem Erfolg betrachten: Zu a): Die Frage nach dem Verhältnis vom Milchgebiß des juvenilen Säugers zum Dauergebiß des adulten spielt für die stammesgeschichtliche Bewertung eine wichtige Rolle, da im Milchgebiß primitivere Züge bewahrt werden; am Material der Carnivoren von Wintershof-West hat sich für eine Reihe von Arten das 68 Milchgebiß dem Dauergebiß der betreffenden Art zuordnen lassen, teils auf Grund von Kiefern, welche neben den Milchzähnen bereits die Dauerzähne an- gelegt enthielten, teils auf Grund statistischer Erwägungen im Zusammenhang mit der Beurteilung von Reliefdetails (DeHum 1950 d, S. 15—16). Zu b): Da die hauptsächlichen Untersuchungsobjekte bei tertiären Spalten- füllungen die Säugergebißreste darstellen, ergeben sich nur wenig Beziehungen zu umweltbedingten Faktoren; denn das Gebiß mit den Maßen und Formen der Zähne wird bereits in früher Jugend fertig angelegt; die späteren Veränderungen mit der Lebensweise beschränken sich fast ganz auf die Art und den Grad der Abnützung. Zu c): Wo eine Häufigkeitskurve innerhalb einer Art zwei eng beisammen liegende Gipfel aufweist, liegt es nahe, hierin eine Aufteilung in stärkere männ- liche und schwächere weibliche Tiere zu sehen. An der Art Palaeogale hyaenoides DeHm aus der burdigalen Spaltenfüllung von Wintershof-West hat dies durch- geführt werden können (1950 d, S. 73—74). Dabei wird man zu berücksichtigen haben, ob auch sonst bei der betreffenden Säugerordnung ein Größenunterschied der Geschlechter die Regel ist. Ist ein solcher nicht bekannt, dann wird man die etwaige Zweigipfeligkeit der Häufigkeitskurve auf andere Faktoren beziehen müssen, wie es z.B. bei Melissiodon dominans DEHm (HruBEscH 1957 a, S.49 bis 51) versucht wird. Zu d): Die normale Variation der- meisten Arten aus Spaltenfüllungen äußert sich in regelmäßigen, geschlossenen Verteilungsbildern mit normaler Streuung gegen die Extreme hin; gute Beispiele sind Melissiodon dominans Dryomys gregarius, Scinrus fissurae von Wintershof-West (DEHM 1950 c, S. 372, 374, 338); ebenso Paracricetodon dehmi HrusescHh von Bernloch (HruBEscH 1957 b, S.258) und Melissiodon chatticum HR. FREUDENBERG von Gaimersheim (HrusescH 1957 a, S. 54). Einzelne Fälle entziehen sich aber einer ganz einfachen Erklärung. An den zahlreichen oberen Gebißresten von Eomys lophidens DEHM (1950 c, s.413) finden sich sowohl bei den Einzelzähnen wie bei den Kiefern Backenzähne mit Mittelgrat und solche ohne ihn, jeweils im Verhältnis 1:3; da bereits bei Eomys aus dem Chattium Zähne mit und solche ohne Mittelgrat auftreten, dürfte dieser Merkmalsunterschied ohne selektive Bedeutung sein; angesichts des von 1:1 abweichenden Verhältnisses kommt die Deutung als Geschlechtsunterschied nicht in Betracht, wäre bei einem Nager in dieser Weise auch ungewöhnlich. Das Zahlenverhältnis 1:3 könnte aber auf eine Rezessiv- Dominant-Beziehung eines Merkmals ohne Selektionswert hinweisen. Eine andere, vielleicht weniger zu begründende Deutung wäre darin zu suchen, daß zwei getrennte Formen vorliegen, die sich zwar in den Zahnmerkmalen nur wenig, aber stärker in ihrer Lebensweise unterschieden haben und deswegen drohenden Gefahren durch Raubvögel unterschiedlich ausgesetzt waren, also ökologisch getrennte Formen darstellen, die noch benachbarte Biotope bewohn- ten; Hrusesch (1957 a, S. 50) denkt u.a. hieran bei der Bewertung der Melissiodon dominans — Population aus der Spalte von Schnaitheim, wo das Vorkommen so gedrängt war, daß eine zeitliche Aufteilung der Fauna fast aus- geschlossen erscheint. Zu e): Wir haben in den Spaltenfaunen besonders auf etwaige Anomalien zu achten versucht, hatten aber nur bei dem Oberkiefer von Caenomeryx filholi 69 (LYDEKKER) Erfolg, den BERGER (1957, S.53—54) beschreibt; der m? einer sonst normalen Backenzahnreihe zeigt, in fast reiner atavistischer Prägung, die von STEHLIN postulierte Vorform des Caenotheriiden-Molaren. Zu f): Der Nachweis echter Mutanten steht noch aus, dürfte aber mit fort- schreitender Analyse der Einzelzahnformen bei verschiedenen Säugergruppen zu führen sein; er setzt zwei zeitlich ganz naheliegende Faunen voraus, in deren älterer sich aus einer geschlossenen Population eine Einzelform löst, die dann in der jüngeren Fauna den Mittelpunkt der neuen Population bildet. Zu g): Das zunächst verwirrend erscheinende Zahn- und Knochenmaterial der Creodontia aus der paläocänen Spaltenfüllung von Walbeck konnte WEIGELT (1942, 1960) durch Anwendung statistischer Methoden überschaubar machen; anstelle einer Aufspaltung in einander doch übergreifende Arten treten dabei Begriffe wie „leichter gebaute Rassen“, „plumpere Schläge“, „in ihren Merk- malen so mosaikartig durchwobene Stämme“ (1960, S. 11—14, 49 ff. u.a.) und erlauben, von einer allzu schematischen Arten-Systematik zu einem natür- licheren Bild solcher frühen Säugerformen zu gelangen. Es entrollt sich das Bild der supraspezifischen Variation Sımpson’s. In der Carnivorenfauna von Winters- hof-West zeigt Pseudaelurus transitorius DEr£rer (DEHM 1950 d, S. 124—126) eine zur Aufteilung in mehrere Arten lockende Merkmalsaufspaltung. Auch die Frage, ob intermediäre Formen zwischen zwei Arten als Stammformen einer unmittelbar darauf erfolgenden Verzweigung oder als Kreuzungsprodukte der bereits erfolgten Abspaltung bewertet werden sollen, kann an Spaltenfunden erörtert werden (DEHM 1950 d, S. 136). Ein hochbedeutsames Untersuchungsmaterial in dieser Richtung hätten die zahlreichen Gattungen und Arten von Säugern aus den Spaltenfüllungen der Phosphorite des Quercy in Frankreich sein können, wenn sie nach Lokalitäten und einzelnen Füllungen streng getrennt gehalten worden wären. So aber ist es schwer, aus den inhaltsreichen Arbeiten von FiıLHoL und TEILHARD DE CHARDIN hierüber ein Bild zu gewinnen, da ganz offensichtlich Fundstellen verschiedenen geologischen Alters, anscheinend vom obersten Eocän bis in das Mittel-Oligocän oder sogar in das tiefste Ober-Oligocän, nicht auseinander gehalten, sondern als vermeintlich gleichaltrig und einheitlich miteinander vermengt worden sind. Im ganzen gesehen bleiben die Fälle von Säugerformen in rascher, kaum überschaubarer und schwer zu erfassender Umbildung vereinzelt. Unterscheidet man zu einer solchen Bewertung einer Fauna zwischen fest umgrenzten, nur geringe Variations-Spielräume umfassenden, gewissermaßen „erstarrten“ Arten und solchen, die schwer umreißbar sind und mit ihrer weiten Variation zur Aufteilung in mehrere Arten, Unterarten o.ä. anregen, also offenbar zur Um- bildung befähigt sind, dann steht bei den untersuchten Faunen die Zahl der umbildungsfähigen weit hinter der der festumgrenzten Arten zurück. 70 Schriftenverzeichnis Aseı, ©. & Kyrız, G., 1931: Die Drachenhöhle bei Mixnitz. — Speläologische Mono- graphien 7—8, 1—953. Wien. AnDres, G., 1951: Die Landschaftsentwicklung der südlichen Frankenalb im Gebiet Hofstetten-Gaimersheim-Wettstetten nördlich von Ingolstadt. — Geol. Bavar. 7, 1—57, München. BACHMAYER, F., 1953: Die Myriopodenreste aus der altplistozänen Spaltenfüllung von Hundsheim bei Deutsch-Altenburg (Niederösterreich). — Sitz.-Ber. Österr. Akad. Wiss. Mathem.-naturw. Kl. Abt. I, 162, 25—30. Wien. 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Mitt. Anthrop. Ges. Wien 87, 98—101. Wien. 12, ne eo En Fa Zu, BR Pe Ze i un. 3 * Druck: Carl Gerber Grafische Betriebe KG für Paläontologie und histor. Geologie HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. RICHARD DEHM IN MÜNCHEN HEFT 2 OLE Y wu u ML ET INHALT Da HILLEBRANDT, AxeEL von: Nummulites (?) paleocaenicus n. sp., eine neue Nummuliten-Art aus dem Paleozän des Beckens von Reichen- Kal und Sale (Kafel 1-2) 7228 N TE 1 FAHLBUSCH, VOLKER: Zur Stratigraphie des Doggers in der kalk- alpinen Randzone des Kampenwandvorlandes (Chiemgau) . . 9 DEHM, RıcHArp: Altpleistocäne Säuger von Schernfeld bei Eichstätt 38, Bayer Each O1 N ehe ei le denen 17 Denm, RıcHArp: Eine weitere altpleistocäne Spaltenfüllung bei Eichstätt in Bayern 3. N augen 2 en EAN, 63 BARTHEL, K. WERNER: Über ein neues, montiertes Skelett von Hali- therium schinzi Kaup (Sirenia) (Tafel 7) . ... 2.2.2... 65 DeHm, RıcHArp: Das Nördlinger Ries und die Meteortheotie . . . 69 MÜNCHEN, 1. August 1962 Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie München 2, Richard-Wagner-Straße 10 Mitt, Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geo. | 2 | 1-87 | München, 1. August 1962 RE, Sr rt Ft Mitteilungen der Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und histor. Geologie | HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. RICHARD DEHM IN MÜNCHEN HEFT 2 INHALT HILLEBRANDT, AxEL von: Nummulites (?) paleocaenicus n. sp., eine neue Nummuliten-Art aus dem Paleozän des Beckens von Reichen- Kalltund!Salzbureitlafel 1 2), 7. 2 nn Ne een 1 FAHLBUSCH, VOLKER: Zur Stratigraphie des Doggers in der kalk- alpinen Randzone des Kampenwandvorlandes (Chiemgau) . . 9 DeHm, RıcHArp: Altpleistocäne Säuger von Schernfeld bei Eichstätt TOBBAyErHallate 3 On ee en ee we 17 DEHM, RıcHArD: Eine weitere altpleistocäne Spaltenfüllung bei Bielistattin® Bayern. 2 ne een a re REITER ERE 63 BARTHEL, K. WERNER: Über ein neues, montiertes Skelett von Hali- Zhersum schn23 KAup\(Sizemia), (Tafel'7), nen... 65 DEHM, RıcHARD: Das Nördlinger Ries und die Meteortheorie . . . 69 MÜNCHEN, 1. August 1962 Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie München 2, Richard-Wagner-Straße 10 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 2 | 1—87 | München, 1. August 1962 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 2 | 1—7 | München, 1. August 1962 Nummulites (?) paleocaenicus n. sp., eine neue Nummuliten-Art aus dem Paleozän des Beckens von Reichenhall und Salzburg Von AxeEL voN HILLEBRANDT, München Mit 1 Abbildung, 1 Tabelle und Tafel 1—2 Zusammenfassung: Mit Nummmnlites (2) paleocaenicus n. sp. wird eine neue Art aus dem Mittleren Paleozän des inneralpinen Tertiärs der Nördlichen Kalkalpen bekanntgemacht. Es handelt sich um einen sehr kleinen Nummuliten mit primitiven Merkmalen. Sein trochospiraler Anfangsteil scheint für die Ab- stammung dieser Gattung von Wichtigkeit zu sein. Die ältesten der bisher be- schriebenen Nummuliten stammen aus dem Oberen Paleozän. Summary Nummulites (?) paleocaenicus n.sp., a very small species with primitive cha- racters, is described from the Middle Paleocene of the “Inner alpine Tertiary” of the Northern Alps. It has a trochospiral initial part which seems to be impor- tant for the derivation of the genus Nummulites. Until now Nummnlites has been known only since Upper Paleocene beds. A. Geologisch-stratigraphische Einführung Bei der Bearbeitung der Paleozänforaminiferen des Beckens von Reichenhall und Salzburg fand ich im Mittleren Paleozän einen sehr primitiven Nummuliten. Seine Beschreibung soll aus der Veröffentlichung der Gesamtfauna herausge- nommen werden, da seine ursprünglichen Merkmale und sein stratigraphisches Vorkommen für die Abstammung und Entwicklung der Gattung Nummaulites von Bedeutung zu sein scheinen. Für die Durchsicht des Manuskripts und wertvolle Anregungen danke ich Herrn Prof. Dr. H. ScHAug, Basel. Dank schulde ich auch Herrn Priv. Doz. Dr. H. Hacn, München für zahl- reiche Hinweise. Die Ablagerungen der Gosau und des Alttertiärs im Becken von Reichenhall und Salzburg gehören zur großtektonischen Einheit des Kalkalpins. Konkordant und ohne Schichtlücke folgen über den Nierentaler Schichten des Maastricht in der gleichen lithologischen Fazies ausgebildete Ablagerungen, die auf Grund ihrer reichen planktonischen Foraminiferenfaunen bereits dem tiefsten Paleozän 1# 1 SMITHSONIA NSTHtuion AUG2 8 nn zugerechnet werden müssen. Mit Hilfe planktonischer Foraminiferen war es möglich das Alttertiär im Becken von Reichenhall und Salzburg in sieben Faunen- zonen (Tab. 1) einzuteilen, die sich mit gleichalten Faunenzonen in Mittel- amerika, in Ägypten, in den Alpen und im Kaukasus vergleichen ließen. Die höchste Faunenzone gehört bereits dem Oberen Paleozän, dem Ilerdien im Sinne von HOTTINGER & ScHAUB (1960) an. Eine Einstufung dieser Faunenzone war‘ mit Hilfe von Vergleichsproben aus der Aquitaine (SW-Frankreich) und den Pyrenäen möglich. Ein von HorrinGer (1958) vom Mont Cayla (östliche Aqui- taine) beschriebenes Profil mit mehreren Großforaminiferenhorizonten wird neuerdings von HoTTINGER & ScHAuB (1960) in das untere und mittlere Ilerdien eingestuft. Proben aus zwischengelagerten Mergeln vom Mont Cayla enthielten eine planktonische Foraminiferenfauna, die dem tieferen Teil der obersten Faunenzone (Zone G, Tab. 1) des Paleozäns im Becken von Reichenhall und . Salzburg entspricht. Im August 1958 wurden von Herrn Dr. D. Herm, München und mir im Gebiet des Monte Perdido mehrere von der höheren Oberkreide bis zum oberen Untereozän reichende Profile aufgenommen. Eine petrographische, stratigraphische und faunistische Bearbeitung der Profile des Alttertiärs durch den Autor erscheint in den Eclogae Geol. Helv. 55/2 (1962). 2 o ın ._ 3 © x oa =: ao © “oo w ec - a ın co x © < = rose == 3 - © nn el oa en ° - w u Ku zZ oa < - oS22l> © = = vo = ar >EN o [::) Ol = o ce 4 zZ 2 [7] nr u ) eSa|cEu = = [e) v en rim real ee Ist x Le} = = z x © Sol 0OnoF | Er = 2 © = = SM rnal ouc|o = oo E- 6} = = ° e2090<«< aas>|ja 3 zn Dänemark x (7) - [) ”-OoO3+ Aufarbei tungs- lagen Zone der konıschen Gr. aragonensis Zone Cuisien X ra Y formosa Zone Dh Unter- Unterzone der eozän | |lerdien Globorotalia Gr. rex nex Zone Paleozän marginodentata Zone Unterzone der Gr. Gr.velascoen- Y als Ir crassata u. Acari- i velasco- Silie nina intermedia sis Zone I CD] BER en BESTE En ee = 2 | . - =, Lagunar Gr.pseudome- spirälis EI- Montian nardii Zone Subzone Calcaire de Mons pseudo- bulloides Tuffeau Gr. pusilla de Ciply angulata Zone Montien Subzone Lower ER Paleotene, jr iD NN BE pusilla Zone Unterzone der Globigerina Gr.uncinata Danian inconstans Zone I-V Unterzone der Gr. trinidaden- Globigerina sis Zone trivialis Rzehakina epi- a Upper gona Zone Maastricht Maestrichtian Cr&4 Tab. 1: Vergleichende Zonengliederung des Paleozäns. Nach neueren Erkenntnissen (HoFKER 1961) sind das Danian und der Maastrichtian Chalk Tuff gleich alt und umfassen nur einen Teil der Zone B. Das Ilerdien beginnt wahrscheinlich schon mit dem oberen Teil der Zone F. compressa- Unt. ii Dan! Paleo- Maestrichtian Chalk Tuff Mb -Me daubjergensis j caen:= Danien Zone ae re Proben aus einem 5m mächtigen Mergelhorizont im Gebiet des Monte Perdido (spanische Zentralpyrenäen) enthielten neben planktonischen Forami- niferen auch Großforaminiferen des Ilerdien. Die Kleinforaminiferen gehören einer Faunenzone an, die mit dem liegenden Teil der Zone G des Beckens von Reichenhall und Salzburg verglichen werden kann. Im September 1961 vom Autor an der Typuslokalität des Ilerdien im Becken von Tremp (Provinz Lerida) aufgesammelte Proben führen nur im mittleren Ilerdien planktonische Fora- miniferen, die denen des basalen Teils der Zone G entsprechen. Im Becken von Reichenhall und Salzburg wird das Untere Paleozän durch folgende planktonische Foraminiferen charakterisiert: G/oborofalia compressa (PLummer), G. ehrenbergi BorLı (bis Zone E) und G. pusilla pusilla Bouuı. Globo- rotalia velascoensis s.\. und G. angulata (WHITE) beginnen im Unteren Paleozän, kommen jedoch auch noch im Mittleren Paleozän vor. Für das Mittlere Paleozän sind typisch: Globorotalia pseudomenardii BOoLLL, G. elongata GLAESSNER sowie G. aequa aequa CUSHMAN & Renz, die in der Zone F, und G. mckannai (WHITE), die in der Zone E beginnt. Globorotalia velascoensis s.\. tritt zwar bereits im Unteren Paleozän auf, kommt jedoch im Oberen Paleozän nicht mehr vor. Im oberen Paleozän treten neu auf: G/oborotalia aequa simulatilis (SCHWAGER), G. aegua marginodentata SUBBOTINA, G. lensiformis SUBBOTINA, G. pentacamerata SUBBOTINA, G. soldadoensis (BRONNIMANN), G. pseudotopilensis (SUBBOTINA) und G. quetra BoLL1. Die neu zu beschreibende Nummulitenart fand ich nur im Mittleren Paleozän, selten in der Faunenzone E und häufig in der Faunenzone F (Tab. 1). Die ältesten der bisher beschriebenen Nummuliten gehören nach HOTTINGER & ScHAUB (1960) dem oberen Paleozän, dem Ilerdien, an. Auch Nummulites deserti DE LA HARPE, N. fraasi DE LA HARrPE und N. solitarius DE LA HARPE aus den ältesten Nummu- litenschichten Ägyptens müssen wahrscheinlich bereits in das Obere Paleozän gestellt werden. Nach HorTInGEr & ScHaug (1960) dürften die Spilecco-Schichten des Vicentin mit Nummulites spileccensis (Mun. CHALMASs) llerdien-Alter besitzen. Sie enthalten planktonische Foraminiferen der Zonen F und G. B. Paläontologische Beschreibung Nummulites (?) paleocaenicus n. sp. Namengebung: Nach seinem Vorkommen im Paleozän. Holotypus: Sig. München Prot. 1817 (Taf. 1, Fig. 14), Probe 2102 Paratypoide: Sig. München Prot. 1818 (Taf. 1, Fig. 5, 6), Probe 2102 Sig. München Prot. 1819 (Taf. 2, Fig. 3), Probe 2102 Slg. München Prot. 1820 (Taf. 2, Fig. 4), Probe 2102 Sig. München Prot. 1821 (Taf. 2, Fig. 6), Probe 2102 Hypotypoide: Sig. München Prot. 1366 (Abb. 1), Probe 2116 Sig. München Prot. 1367 (Abb. 2), Probe 2116 Sig. München Prot. 1368 (Taf. 2, Fig. 1), Probe 2116 Hypotypoide; Sig. München Prot. 1369 (Taf. 2, Fig. 2), Probe 2116 Sig. München Prot. 1370 (Taf. 2, Fig. 5), Probe 2116 Sig. München Prot. 1822 (Taf. 2, Fig. 7), Probe 2116 Material: Zone F: Probe 2102 70 Gehäuse, 4 Schliffe; Probe 2116 80 Gehäuse, 7 Schliffe; Probe 2111 25 Gehäuse. Zone E: Probe 2110 2 Gehäuse. Locus typicus: Eitelgraben, Untersberg-Nordseite, Land Salzburg, Österreich. Als Eitelgraben wurde von SCHLAGER (1957, S. 73) der auf der Untersberg-Nordseite (Öster- reichische Karte 1:25000, Blatt 93/1, Großgmain, und Topographische Karte von Bayern 1:25000, Blatt 8243/44, Bad Reichenhall) westlich Wirtshaus Wegscheid liegende, zwischen den Punkten 702 und 721 verlaufende und von Punkt 804 ausgehende Bach bezeichnet. Stratum typicum: Mittleres Paleozän (Zone F), rote Mergel in der Fazies der Nierentaler Schichten. Diagnose: Eine neue Art der Gattung Nwmmulites mit folgenden Besonder- heiten: Gehäuse sehr klein, großer Zentralpfeiler, wenig Umgänge, Anfangsteil trochospiral und letzter Umgang etwas evolut. Beschreibung: A- und B-Formen lassen sich nicht unterscheiden, wahr- scheinlich handelt es sich nur um A-Formen. Äußere Merkmale: Dimensionen: Der Durchmesser der linsenförmigen, sehr kleinen Art be- trägt 0,4 bis 0,6 mm, die Dicke 0,25 bis 0,37 mm. Holotypus: Durchmesser: 0,58 mm Dicke: 0,33 mm (Taf. 1, Fig. 1—4) Paratypoid: Durchmesser: 0,5 mm Dicke: 0,3 mm (Taf. 1, Fig. 5, 6) Hypotypoide: Durchmesser: 0,44 mm Dicke: 0,22 mm (Abb. 1) Durchmesser: 0,45 mm Dicke: 0,28 mm (Abb. 2). Der Durchmesser des kräftigen, imperforierten Zentralpfeilers liegt zwischen 0,08 und 0,09 mm. Die nur bis zum Zentralpfeiler reichenden Septen sind wenig gebogen. Der letzte Umgang wird von 8 bis 91, Kammern gebildet. Die bogen- förmige Mündung ist deutlich sichtbar und liegt an der Basis der letzten Kammer. Die Peripherie des Gehäuses ist leicht abgerundet. — 0,5 mm — Abb. 1—2: Nummulites (2) paleocaenicus n.sp.; Paleozän, Eitelgraben am Untersberg. 1. Hypo- typoid Nr. 1366; a) von der Seite, b) Mündungsansicht. 2. Hypotypoid Nr. 1367; a) von der Seite, b) Mündungsansicht. Innere Merkmale: Bei günstigem Erhaltungszustand der Gehäuse können in einem Aufhellungs- mittel (Xylol, Zedernöl, Wasser) die inneren Merkmale beobachtet werden (Taf. 1, Fig. 3, 4, 6). Da der Anfangsteil trochospiral gebaut ist, sind die Anfangs- kammern stets nur von einer Seite zu sehen. Bei Probe 2102 sind von 60 Exem- plaren 53 links und 7 rechts gewunden. Ebenfalls deutlich sichtbar ist der evolute letzte Umgang. Der auf diese Weise im Zentrum frei bleibende Raum wird von einem kräftigen Zentralpfeiler ausgefüllt. Die beiden ersten Kammern sind 8förmig, wobei die erste Kammer etwas größer ist als die zweite. Der Durch- messer der Megalosphäre beträgt 0,04 bis 0,05 mm im Durchschnitt, beim Holotypus 0,045 mm. Die Spirale wächst gleichmäßig und sehr schnell an. Es fanden sich Exemplare mit bis zu 234 Umgängen, im Durchschnitt sind es 214. Die erste Windung besteht aus 7, die zweite aus 10 Kammern. Bei 21, Umgängen besitzt der letzte Umgang 31, bis 9 Kammern. Im Axialschnitt (Taf. 2, Fig. 4—7) ist deutlich zu sehen, daß der Anfangsteil trochospiral gebaut ist. Aus diesem Grunde kann im Äquatorialschnitt der Anfangsteil nicht beobachtet werden. Das Verhältnis von Kammerhöhe zu Kammerlänge ist bei den älteren Kammern annähernd 1:1. Allmählich nehmen dann die Kammern an Länge zu, und bei den jüngsten ist das Verhältnis 1: 1,4. Die Dicke des Dorsalstranges nimmt im letzten Umgang wieder ab und beträgt zu Beginn des letzten Umgangs Y3 der Kammerhöhe. Die Septen sind unten gerade, setzen nahezu senkrecht auf der vorhergehenden Windung auf und biegen sich dann langsam zurück. Im Dünnschliff ist zu erkennen, daß die Gehäusewand aus einzelnen Lamellen aufgebaut ist (Taf. 2, Fig. 4, 5) und die Septen doppelt sind, wie das von SMoUT (1954) und Reıss (1958) als für die Rotaliidea typisch beschrieben wird. Die erste Kammerwand hebt sich von den später gebildeten deutlich ab (Taf. 2, Fig. 2, 3). Da bei jeder neuen Kammerbildung das ganze Gehäuse mit einer neuen Lamina umgeben wird, ist der Dorsalstrang bei der zuletzt entstandenen Kammer am dünnsten. Nach Smour (1954) entspricht die basale Öffnung in der Stirnwand nicht einer primären Mündung, sondern ist ein durch spätere Resorp- tion entstandenes Foramen. Dorsalstrang, Septalstreifen und Pfeiler sind imperforiert. Da die Gehäuse nicht mit einem färbenden Füllungsmittel imprägniert sind, ist die Perforation nur sehr schlecht zu erkennen. Ein Kanalsystem kann nicht beobachtet werden. Der Grund hierfür dürfte der ungünstige Erhaltungszustand sein. Außerdem muß bei dieser sehr primitiven Art mit einem sehr einfachen Kanalsystem ge- rechnet werden. Eine Längslamellierung des Dorsalstranges ist im Axialschnitt nur andeutungsweise zu sehen. C. Phylogenetische und systematische Bedeutung Alle bisher bekannten Nummuliten unterscheiden sich von Nummulites (?) Paleocaenicus n. sp. durch ein auch im Anfangsteil planispirales Gehäuse, größere Kammerzahl, zahlreiche Umgänge und eine größere Anfangskammer. Auf Grund der Gehäusestruktur kann die Art zur Superfamilia Rotaliidea gestellt werden. Die meisten übrigen Merkmale, vor allem der Zentralpfeiler und die basale Mündung, sprechen für eine Zuordnung zur Gattung Nummulites. Ein trochospiraler Anfangsteil wurde bisher bei der Gattung Nummulites noch nicht beobachtet. Für die Aufstellung einer neuen Gattung innerhalb der Familie der Nummulitidae dürfte jedoch dieses Merkmal nicht ausreichen. Den evoluten letzten Umgang hat Nummulites (2) paleocaenicus n. sp. mit Nummmulitesbearnensis(SCHAUB&SCHWEIGHAUSER),VummnlitesccouisensisD’ARCHIAC, Nummulites exilis DouvıLL£ und Nummmlites exilis robustus SCHAUB (vgl. hierzu ScHAug 1951 und 1960) gemeinsam. Bei Nummmulites (2) paleocaenicus n.sp. handelt es sich also um den primitivsten der bisher bekannten Nummuliten. Als besonders ursprüngliche Merkmale können gelten: Geringe Größe, kleine Anfangskammer, wenig Umgänge und Kammern, evoluter letzter Umgang und die linsenförmige Gestalt. Für die Abstammung der Gattung Nummmnlites dürfte der trochospirale Bau der Anfangskammern von Bedeutung sein. Als Vorläufer der Nummuliten können deshalb Formen angenommen werden, bei denen nicht nur die Anfangs- kammern, sondern auch die Endkammern trochospiral angeordnet waren. Schriftenverzeichnis Boırı, H. 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August 1962 Zur Stratigraphie des Doggers in der kalkalpinen Randzone des Kampenwand-Vorlandes Von VOLKER FAHLBUSCH, München Mit 2 Abbildungen Zusammenfassung Bei einer Neukartierung des Kampenwand-Vorlandes zwischen Prien- und Achental konnte gezeigt werden, daß die bisher dem Lias zugerechneten kieseligen Fleckenkalke und Kieselkalke, sowie lokal auftretende hellgraubraune Spatkalke in den mittleren und oberen Dogger zu stellen sind. Szephanoceras (Skirroceras) plicatissimum (QUENSTEDT) und C'hondroceras cf. densicostatum \WESTERMANN aus den Kieselkalken ermöglichen eine sichere Parallelisierung mit den Ablagerungen des Braunjura ö Württembergs. Summary Recent geological investigations immediately north of the „Kampenwand“ (Bavarian part of the Northern Limestone Alps) throw new light on the strati- graphic position of some Jurassic limestones. The cherty spotted limestones („kieselige Fleckenkalke‘), cherty limestones (,Kieselkalke‘), and, locally, grayish-brown crinoidal limestones were, up till now, considered to be Liassic. Discovery of Stephanoceras (Skirroceras) plicatissimum (QuENSTEDT) and Chondro- seras cf. densicostatum \WESTERMANN prove these cherty limestones to be Upper Bajocian in age (Braunjura ö of the Swabian Alb). Einleitung Der nördliche Teil des von Broırı (1913) aufgenommenen Kampenwand- gebietes wurde mir von Herrn Prof. Dr. R. DEHm, München, im Rahmen einer Diplomarbeit zur erneuten Kartierung übertragen. Das Gebiet (Gradabteilungs- blatt 8240 Marquartstein) wird im Westen durch das Priental, im Osten durch das Achental begrenzt; die nördliche Grenze ist durch den Flysch, bzw. den morpho- logischen Alpenrand, die südliche durch die Überschiebung der Kampenwand- mulde gegeben. Die Untersuchungsergebnisse BRoILI’s waren im wesentlichen zu bestätigen. Ergänzende Beobachtungen betreffen hauptsächlich die höhere Unterkreide, über welche demnächst gesondert berichtet werden soll, und den Dogger. Auch an dieser Stelle möchte ich Herrn Prof. Dr. Deum meinen aufrichtigen Dank sagen für seine zahlreichen Anregungen und das Interesse, mit dem er meine Arbeiten verfolgte. Ferner danke ich Herrn Konservator Dr. K. W. BARTHEL, der mir bereitwillig Vergleichsmaterial aus der Bayerischen Staats- sammlung für Paläontologie und historische Geologie zur Verfügung stellte und mir mit manchem Rat behilflich war. Alle nachfolgend erwähnten Fossilien befinden sich in der Bayerischen Staats- sammlung für Paläontologie und historische Geologie in München. Der Dogger benachbarter Gebiete FINKELSTEIN (1888, S. 54—59) beschrieb als erster die klassische Lokalität des Laubenstein bei Aschau: Die rot und weiß gesprenkelten Crinoidenkalke, welche massenhaft Brachiopoden enthalten, wurden von ihm in den unteren und mittleren Dogger eingestuft. | Faziell ähnliche Vorkommen sind dann später aus verschiedenen Gebieten der Chiemgauer Alpen beschrieben worden. Auch die Alterseinstufung ist viel- fach die gleiche wie am Laubenstein, z. T. gehören sie aber auch dem oberen Dogger an (z. B. das Vorkommen an der Rettenwand bei Aschau). Fehlt die Crinoidenkalk-Fazies des Dogger, so stellt sich die Frage, wie er dann ausgebildet, bzw. ob er überhaupt vorhanden ist. Infolge der Seltenheit kennzeichnender Fossilien ist in solchen Gebieten der eindeutige Nachweis von Dogger immer wieder auf Schwierigkeiten gestoßen. Eingehender wird diese Frage nur von DnHeEın (1940, S. 189—196) für das Hochgerngebiet behandelt: Trotz fehlender Fossilien kam er durch stratigraphische Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß stellenweiße die Kieselkalke des Lias bis in den Dogger hinein- reichen und ihn stellenweise ganz aufbauen. Auch führte er eine Unterscheidung nach petrographischen Gesichtspunkten durch (S. 194): „Die Doggerkieselkalke unterscheiden sich von den Liaskieselkalken einmal durch hellere Grundfarbe der Kalke; dann sind auch die Hornsteine in diesen Kalken heller, sie zeigen durch- sichtige, honiggelbe Farbtöne.“ Eine weitere Klärung der von Dein erzielten Ergebnisse wurde kürzlich für das Gebiet von Oberwössen durch Franz (1959) erbracht. Da hierüber dem- nächst berichtet wird, soll dem an dieser Stelle nicht vorgegriffen werden. Der Dogger des Kampenwandvorlandes Der Gesamtaufbau des Gebietes läßt sich zusammengefaßt folgendermaßen skizzieren (vgl. Abb. 1): Tektonisch gehört das Kampenwandvorland der kalk- alpinen Randzone (= tief-bajuwarische Einheit bei Hann 1911) an, die im Norden von Flysch, im Süden durch den Nordflügel der Kampenwandmulde (Maiswand, Gederer Wand) begrenzt wird. In sich ist es mit BroıLı in zwei Einheiten zu unterteilen: die nördliche Reifenbergscholle (Raibler Rauhwacke bis mittlerer Lias) und die südliche Erlbergkopfscholle (Raibler Rauhwacke bis unteres 10 wk = WETTERSTEINKALK rr = RAIBLER RAUHWACKE hd = HAUPTDOLOMIT ks = KÖSSENER SCHICHTEN jl = UAS . jd = DOGGER jim= MALM ne = NEOKOM ob= ALB ce = CENOMAN ÜBERSCHIEBUNG \\ STÖRUNG I37170H2S - I438N3J13%4 ks e \ ze a an a u a rr >= ——— m aD m o® m aD © > jo} v n S ) N3gryoN = il Se au } EM a = wk = m KAMPENWAN\ND Abb. 1: Tektonische Übersichtskarte des westlichen Kampenwandvorlandes. Cenoman). In beiden Einheiten streichen die Schichten etwa West-Ost und fallen mit 50—80° nach Süden ein. Für die hier behandelte Frage ist nur die Erlberg- kopfscholle von Interesse. Broırı (1913, S. 421) konnte in seinem Arbeitsgebiet Dogger nicht eindeutig nachweisen. Er vermutete lediglich, daß einige Vorkommen von grauem, stark spätigem Crinoidenkalk an der ungefähren Grenze zwischen „Liasflecken- 11 mergel“, zu welchem er auch die im Folgenden noch näher zu beschreibenden Kieselkalke rechnet, und „Aptychenschichten‘“, in welche der Radiolarit ein- bezogen wird, vielleicht in den Dogger zu stellen seien. In Abb. 2 wird unter Benutzung der neuen Beobachtungen und Fossilfunde ein Überblick über die fazielle Ausbildung des Lias und Dogger gegeben. Die Mächtigkeiten blieben auf dieser Tabelle unberücksichtigt. Für den Lias gründet sich die Alterseinstufung auf zahlreiche Fossilien von verschiedenen Stellen des Gebietes. Die revidierte Einstufung der Kieselkalke und damit der Nachweis von Dogger beruht auf folgenden Beobachtungen: Aus dem unteren Lochgraben bei Aschau (R 25 380, H 92 920) stand mir neben eigenen Aufsammlungen eine reiche Ammonitenfauna von Herrn Dr. K. HorFFmAnn (Amt f. Bodenforschung, Hannover) zur Verfügung, für deren leih- weise Überlassung ich ihm auch an dieser Stelle meinen herzlichen Dank sagen möchte. Die Faunen stammen aus typischen Fleckenmergeln und -kalken. Ge- nannt seien hier nur: Pleydellia aalense (ZIETEN) Catulloceras dumortieri ([HIOLLIERE) Tmetoceras scissum (BENECKE) Diese Formen zeigen an, daß die Fleckenmergel- und -kalkfazies aus dem Lias bis in den unteren Dogger (x und ß) hineinreicht, was auch aus anderen Gebieten der bayerischen Alpen bekannt und durch Fossilien hinreichend belegt ist. — Am Grabenhang südlich der erwähnten Lokalität (ca. 15—20 m hangend) stehen bereits fleckige Kieselkalke an. Für den Griesenbach (im Ostteil des Gebietes) waren ähnliche Verhältnisse zu beobachten: In typischen Fleckenmergeln fand sich hier ein Psendogrammoceras fallaciosum (BAXLE) var. muelleri (DENCKMANN), womit bestätigt ist, daß auch hier die Fleckenmergelfazies bis wenigstens in den obersten Lias hineinreicht. Auch hier folgen hangend nach allmählichem Über- gang mittelgraue, sehr harte, fleckige Kieselkalke. Im gesamten Kartierungsgebiet läßt sich dem Hangenden zu eine Abnahme des Mergelgehalts und eine Zunahme des Kieselgehalts feststellen, ohne daß eine genaue Grenzziehung möglich wäre. Die Kieselkalke unterschieden sich von den Liasfleckenkalken zunächst nur durch die größere Härte. Erst allmählich treten die charakteristischen dunklen Flecken zurück, der Kalk wird rauher und zeigt dann, zuerst selten, dem Hangenden zu reichlicher schwarze Hornsteinknauern, im höheren Teil auch schichtparallele, mehrere Zentimeter dicke Hornsteinlagen. Besonders gut sind die Kieselkalke gegenwärtig durch einen kleinen Hang- rutsch an der Südseite des Lochgrabens bei etwa 750 m (R 25 880, H 92 935) aufgeschlossen. Zwischen die Hornsteinkalke sind hier einzelne Bänke eines graubraunen, spätigen Kalkes eingeschaltet; auch dünne Kalkmergellagen treten auf. Gleichzeitig wird die Grundfarbe der Kalke heller und die Kiesellagen sind stellenweise durchscheinend bräunlich. Ähnliche Verhältnisse wurden im Frauen- 12 ar. "sapuejp70Apuemusdwesg sap [raIpng wr 793301] pun ser] uoA Sunpgrgsny >fjarze} Ip F9qn Fy2IsI0qN) 7 'ggV 1ab10 Wwy]Dy anDÖdjeyunp SIG -JayIw pbsew anD4b Pun 34JDy4 au -NnD4QNDJb '34JDYU2Y99]J EV 0JoY/07E)111097 Iebsew enoub -ayunp SIQ -J2111W bun 34D4U9429/F anDubjayyuu jebuaw aÖlyary9S andsbjeyw 94]D4uU9499/ 4 ad1lasam 3y1DyJasely anoıb @1joyıDdS anwudjjay JIWNYLH3ULS ualsO ayjoyJabuayy pun J9bJewy]Dy 9159 Bnwsdjan NW jebsaw pun INDYUOYII]F jJabJew PUn ay4/Dy -U94%)4 abıab Aw 'andubjaj uw YDYUOYI3)J ab1JaSaıy UODDJUISIS UJ0H4 wu yo -J3Saly anDubjeyuu HIVEN3S31U9 uaSSolyaSab/nD 1yalu UASSOJYIS pun aylDrjab.aw 'ay1Dy -U94991J andydjlay EL Te. 1VEN e= JB] ablassen ayDy -]95914 9814391) us ÖDJUIe/ SUJOH u ayıoy -13S914 OND4bJa I W uassgupsaßjnDd @BilDods 1 2) uplu N39VY9NINVAYFJ N3IVY9YISSVM IabJaw pun ayJDyJabuaw anpıb -BYUNP SIq Jay ayJoyjabJew- pün 195 19 WU9493/4 anosdjaiw SIQ -113Y pun abJaw -U3 49914 527707] 195314 381439} ayoyıpds anDub -UNDAQJIaY OZURJOA JIOYNIYI9143 N WWUHIOA 4lDy andybjeyiw '3m123]jad 1PDMLPpS pun IebaWw 311Unp Puabam m l9byew- pun YJDYUYI3J 19b13WU3499]4 pun 9707 -u94%3]4 abıpsenM anDubjanlw 94]Dy1DdS anD4bunD4gIJay WIVYU3IWVS n 943913 un uU9SSOJyISad/ND IyAaJydS "ayDy -U3499)4 Pun JadJaw edypwbdub JE 9: JB ıabuaw - pun 34JDyUay93)J anaub pPun aunpıgnab gJauoyp -uÄyy Pun Snu1saDluag uw ay4lDy AluaaWw Z1DmupS 'aunpJgnDoub 94]D4 pun -Jabsew -U3499])4 anDsb]]ay 2yJ04 EFF TER-TENEIE, uabun»bD) -uI3 vedDKs wm [2 UAUIIJSUJOH BZ JDMUOS ww ayJDyJaSaly andudbjeyiw SIQ -1JeY 94jDyjDdS N38Y49H307 uelsaM1 13 n< graben bei 815 m Aaetöilen. wo außerdem bräunliche Kieselausscheidungen mit lagenweise angereicherten Crinoidenstielgliedern beobachtet wurden. Der Lochgraben-Aufschluß bei 750 m lieferte zwei relativ gut erhaltene Am- monitenbruchstücke. Das eine Stück wurde als Chondroceras cf. densicostatum \WESTERMANN bestimmt. Es stammt aus mittelgrauen, dunkel gefleckten, von dunklen Horn- steinen durchsetzten Kalken. Von dem Exemplar ist der halbe äußere Umgang vorhanden, der Nabel ist nicht erhalten, jedoch die Rippenspaltpunkte und die Außenrippen, deren Zahl auf etwa 40 pro Umgang zu schätzen ist. Windungs- breite, Wölbung des Rückens und Rippenverlauf stimmen gut mit der Beschrei- bung und Abbildung bei WESTERMANN (1956) überein. Entgegen WESTERMANN’S Diagnose wurde an dem hier beschriebenen Stück jeweils nur eine zweifache Rippenspaltung, keine gelegentliche dreifache Spaltung beobachtet. Diese Ab- weichung sowie die nur teilweise Erhaltung lassen daher nur eine cf-Bestimmung zu. Die Einstufung dieses Per in den unteren Teil des Dogger ö ist jedoch nicht zu bezweifeln. Aus dem gleichen Aufschluß stammt ein Bruchstück eines großen Ammoni- ten, der bei einer gemeinsamen Geländebegehung mit Herrn Prof. DEHM und Herrn cand. geol. A. MÜLLER gefunden wurde. Das Gestein, aus dem dieser Ammonit stammt, ist dem Liasfleckenkalk’ sehr ähnlich, lediglich infolge eines gewissen Kieselgehalts erheblich härter; außerdem zeigt das Stück zahlreiche Kalzit-verheilte Klüfte, wie sie für die zähen Doggergesteine typisch sind. Das . Bruchstück zeigt etwa ein Viertel der drei äußeren Windungen eines im Durch- messer ca. 20 cm messenden Exemplars. Die äußere Windung dieser mäßig weit genabelten Art hat einen stark aufgeblähten Querschnitt, der zu dem stark ent- wickelten Nabelband hin gleichmäßig abfällt, so daß der Nabel treppenförmig vertieft liegt. Auf den inneren Windungen sind nur die scharfen, ganz leicht nach vorne geschwungenen Flankenrippen und die auf etwa halber Windungshöhe sich erhebenden Knoten sichtbar; auf dem äußeren Umgang gehen von letzteren zwei Rippen aus, zwischen welchen jeweils eine Schaltrippe erscheint. Nach den mir vorliegenden Beschreibungen und Abbildungen wurde das Exemplar als Stephanoceras (Skirroceras) plicatissimum (QUENSTEDT) bestimmt (FAHLsuscH 1960, S. 15). MAUBEUGE (1961, S. 123) bildet ein als Skir- roceras sp. bestimmtes Stück ab, das dem mir vorliegenden sehr gut entspricht. Er diskutiert die nahe Verwandtschaft zu Szephanoceras triplex (MASCKE) mit dem Ergebnis (S. 123): „„C’est une forme affınea l’espece de Kurr WEISERT, probable- ment nouvelle.““ Da mir ausreichendes Vergleichsmaterial nicht zur Verfügung steht, muß die endgültige Zuordnung offen bleiben, was jedoch für die strati- graphische Einordnung vorläufig ohne Bedeutung ist, da es sich bei dem be- schriebenen Vorkommen auf jeden Fall um mittleren oder oberen Dogger ö handelt. Als drittes Stück aus diesem Aufschluß ist noch ein 3 cm langes, 4 cm hohes Windungsbruchstück zu erwähnen, das von den Flanken her stark zusammen- gedrückt ist. Es zeigt den oberen Teil dreier Flankenrippen, die kleinen Knoten 14 und von diesen ausgehend jeweils drei feine Spaltrippen. Möglicherweise gehört es zur gleichen oder einer verwandten Szephanoceras-Art; eine nähere Bestimmung ist jedoch nicht möglich. Genannt seien ferner aus dem Lochgraben-Aufschluß wie aus dem Frauen- graben jeweils ein Aptychus, deren Erhaltungszustand ebenfalls keine nähere Bestimmung zuläßt. An verschiedenen Stellen des Untersuchungsgebietes wurden die bereits von Broırı (1913, S. 421) erwähnten hellgrau-bräunlichen spätigen Crinoidenkalke beobachtet; so am Hang nordwestlich der Maisalm, am Nordhang des südlichen Eiberggipfels, am Nordhang des Erlbergkopfes und westsüdwestlich Grassau. Liegendes ist Kieselkalk, hangend war bei günstigen Aufschlußverhältnissen überall der Radiolarit des Malm zu beobachten. Wie ein durchlaufendes Juraprofil im Graben westlich des Eibergs zeigt, handelt es sich bei diesen Vorkommen nur um lokale Ausbildungen, denn im genannten Profil folgt über reichlich Hornstein- führendem Kieselkalk direkt der Radiolarit; im Torgraben südwestlich von Grassau war dasselbe zu beobachten. Da der Radiolarit im wesentlichen in den Malm einzustufen ist, ergibt sich für die graubraunen Spatkalke etwa Ober- Dogger-Alter. Diese Einstufung wird bestätigt durch einen, allerdings sehr schlecht erhaltenen, Ammoniten von der oben genannten Lokalität am süd- lichen Eiberggipfel (R 27 400, H 93 130). Die dichten, ziemlich scharfen Rippen, die relativ große Windungsbreite und der mäßig weite Nabel lassen mit Vor- behalt eine Bestimmung als Cadomites sp. zu, wonach die an dieser Stelle anstehenden Kalke in den höheren Dogger ein- zustufen wären, was den geologisch-stratigraphischen Befunden gut entspricht. Das Hangende aller hier besprochenen Gesteine ist der Radiolarit, der durch das gesamte Gebiet zu verfolgen ist. Ob dessen Untergrenze mit der Dogger/ Malm-Grenze zusammenfällt, oder ob er bereits mit dem oberen Dogger beginnt, ist nicht sicher zu entscheiden. Mit seinem Hauptanteil gehört er jedenfalls in den Malm, was auch aus allen benachbarten Gebieten beschrieben wird. Auf Grund der mitgeteilten Befunde läßt sich über den Dogger des Kampen- wandvorlandes zusammenfassend folgendes sagen: Der untere Dogger liegt in der Fazies der Fleckenmergel und -kalke vor und ist vom Lias nur mit Hilfe von Ammoniten zu trennen. Dem Übergang vom unteren zum mittleren Dogger ent- spricht ungefähr der abnehmende Mergel- und zunehmende Kieselgehalt. Eine scharfe Grenze ist auch hier nicht zu ziehen. Die Kieselkalke repräsentieren den mittleren und stellenweise auch den oberen Dogger. Im Lias treten noch keine Kieselkalke auf. Im oberen Dogger kommt es lokal zur Ausbildung hellgrau- brauner Spatkalke. Hangend folgt der im wesentlichen dem Malm zuzurechnende Radiolarit. Infolge der Schwierigkeiten der Grenzziehung sind auch die Mächtigkeiten nur angenähert anzugeben: Sie liegen für den gesamten Dogger zwischen 30 und 60 m, wovon 6 bis 8 m auf die Spatkalke des oberen Dogger entfallen können. 2 15 Schriftenverzeichnis Arrr, H., 1911: Die geologischen Verhältnisse der östlichen Ruhpoldinger Berge mit Rausch- berg und Sonntagshorn. — Mitt. geogr. Ges. München 6, 1—50, 18 Abb., 1 geol. K., Erlangen. Broırı, F., 1913: Kampenwand und Hochplatte. Ein Beitrag zur Geologie der Chiemgauer Berge. —.N. Jb. Min. usw., Beil.-Bd. 37, 391—456, 1 Profiltaf., 1 geol. K., Stuttgart. BroıLuı, F., 1921: Geologische Beobachtungen im Gebiet des Heuberg. — Sitz.-Ber. Akad. Wiss. Math. Phys. Kl. Jg. 1921, 195—204. München. DHeın, A., 1944: Geologie der Alpenrandzone zwischen Marquartstein und Bergen in Ober- bayern. — N. Jb. Min. usw., Abh. 88 B, 176—228, 12 Abb., 3 Taf., 1 geol. K., 2 Beil., Stuttgart. 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August 1962 Altpleistocäne Säuger von Schernfeld bei Eichstätt in Bayern Von RICHARD DEHM, München Mit 7 Abbildungen und Tafel 3—6 Zusammenfassung Aus dem roten lehmigen Sand einer Spaltenfüllung in den Solnhofener Plattenkalken des Oberen Weißen Jura bei Schernfeld westlich Eichstätt werden Gebißreste von Insectivora, Carnivora, Rodentia (ohne Microtinae) und Lago- morpha mitgeteilt. Bemerkenswert sind unter den Insectivora Beremendia fissidens und Petenyia hungarica, unter den Raubtier-Nachweisen der Gepard Acinonyx und der Säbeltiger Megantereon, unter den Nagern ein neues Flughörnchen Petanria helleri nov. gen. nov. spec., das zweite Vorkommen des Amphidyromys pusillus HELLER, ein altertümlicher Eomyide?, mehrere Formen um Apodemus und die Lagomorpha A/ypolagus und Ochotona. Das Vorkommen liefert für den südlichen Fränkischen Jura den Nachweis einer eigenartigen, aus Steppen- und Waldtieren reich zusammengesetzten Fauna des Altpleistocäns, und zwar dessen oberer Stufe, des Cromeriums. Summary Fissure-fillings are not rare in the region of Eichstätt in Bavaria, where the Upper Jurassic Solnhofen limestones are worked in many quarries. The read loamy sand of a fissure-filling near Schernfeld contained a rich Vertebrate fauna. The remains of Insectivora, Carnivora, Rodentia (without Microtinae), and Lagomorpha have been studied. Noteworthy are among the Insectivora Bere- mendia fissidens and Petenyia hungarica, among the Carnivora Acinonyx and Megan- tereon, among the Rodentia the new flying-squirrel Perauria helleri nov. gen. nov. spec., a second found of Amphidyromys pusillus HELLER, a doubtful Eomyid, several species of Apodemus resp. Parapodemus, and the Lagomorpha Fypolagus and Ochotona. The fauna is rather interestingly composed of steppe and forest animals; it belongs to the Older Pleistocene, especially to the Cromerian, and is new for the southern part of the Franconian Jurassic area. 2* . 7 Inhalt Seite VOLWOLE a: N NS ET ee RAR Bar A NE RD Tr LEN, Mans ARMEE BEE EEE 18 1: Die:Scherntelder Spaltenfallung rt: ar. N. oa a a er 19 2. Insectivora— Tnsektenfresser!S. 7. u 39 Mur En ne RR RE 24 a)..Talpidae: Zalda Jossales, I. mamorsr2 32. ale ae Bee Dar Me Ship Be 24 b) Soricidae: Beremendia fissidens, Petenyia hungarica, Sorex aff. araneus, S. praealpinus, S. nov. spec. all.’ ranionensis, Ss raltallius Su 3, 72 EN ee ne N ee N RE 25 ec)’ Efinaceldae: Erinareusienropaeus" re ER N se ee EEE 30 34. Chirapterd —Fledermause Kl 2 BE SEsE HR NEE BEER LIE ER u 31 4. Carriivora — Raubtlere 2, 28 00 Wa engen ee A Es 2 ae RSS 32 a) Canidae: Canis cf. mosbachensis, Alopex afl. praeglacidlis . . ». 2 2 2 2 222.0. 32 b)-Utsidae:: Ursas ich ehren 3. ER ee N en ME 33 c) Mustelidae: Martes intermedia, Mustela praenivalis, M. palerminea - . : : : 2... 33 d) Felidae: Felis silvestris, Acinonyx pardinensis, Megantereon meganteron - . »..... 34 e). Hyatnidae. T/yaena pexrieri Na 32 ne ae BE RE EDER N u Be A Ra RE 36 51. Rodentia — Nagetiere (ohne Mierotinge) ta en. u u a TR 36 a) Sciuridae: spec. A, spec. B, spec. C, Pezanria helleri nov. gen. nov. spec... . . . . 37 b) Muscardinidae: Amphidyromys pusillus, Glis sackdillingensis, Muscardinus nov. spec. . . 44 c) Muridae: Apodemus atavus und sylvaticus, A. aff. alsomyoides, A.? spec., Parapodemus COROBERSIS 3. Dan BELLE ar fee en yet Me KEN lee, SEA ae SE ARE EEE 48 d) Zwei Überlebende aus dem Tertiär?: Eomyidarum indet., Cricetodn . ...... 51 6..Lagomorpha — Hasen, Pfeithasen N. Kurven are Ze BR ee BE 52 2). Leporidae: ‚Fiypolagus brachyanasbus Su 0 sa ae Art le de Sr are 52 b)r Ochotontdae "Orbor0na Pas. N RAN ee a Vase 52 7. Die SchemtelderHauna, ihr Alter undlihr Kebenstaumen 22, Sr 53 schriftenverzeichnis u, al. Gone ne ER Re Rn Soc DENN 56 Tatelerläuterungen" 400. a are. ER Ren ale 2 60° Vorwort Auf der Jurahochfläche bei Schernfeld nordwestlich von Eichstätt in Mittel- franken war durch den Plattenkalk-Abbau nördlich der Straße nach Eichstätt im Oktober 1951 eine Spaltenfüllung aus Zähne und Knochen führendem, lehmigem Sand freigelegt worden. Der Steinbruchbesitzer, Herr Orro NEUMEYER } in Eichstätt, hatte dies Herrn Prof. Dr. Franz X. Mayr an der Bischöflichen Philosophisch-theologischen Hochschule in Eichstätt mitgeteilt. Herr Prof. MAYR hatte die Freundlichkeit, uns von dem Vorkommen, in welchem er Zahnreste eines Säbeltigers erkannt hatte, sogleich zu verständigen und die bereits ge- wonnenen Funde zur Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Der Abbau der Spaltenfüllung wurde dann durch Herrn Dr. EmiL WEBER, Konservator i.R. an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München, im November 1951 durchgeführt. Dr. THERESE PRINZESSIN ZU OETTINGEN-SPIELBERG, Oberkonservatorin an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München, und Herr Dr. THEODOR HALTENORTH, Oberkonservator an der Zoologischen Staatssammlung in Mün- chen, waren mir bei der Beschaffung von Literatur und rezentem Vergleichs- material behilflich; Herrn Dr. AxetL von HILLEBRANDT in München verdanke ich die photographischen Aufnahmen der Fundstücke. Ich danke auch hier ver- 18 A eh bindlich für alles Entgegenkommen und jede Hilfe. Die Deutsche Forschungs- gemeinschaft in Bad Godesberg hat durch die Gewährung von Sachbeihilfen unsere Untersuchungen an den Spaltenfüllungen wesentlich gefördert, wofür ich meinen besten Dank zum Ausdruck bringe. Die Materialien werden in der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München unter der Nr. 1951 XXVI1u. f. und in der Naturwissenschaftlichen Sammlung der Bischöflichen Philosophisch-theo- logischen Hochschule in Eichstätt aufbewahrt. Der hier vorgelegte Teil berichtet über die Lagerstätte selbst und über die Gebißreste der Insectivora, Chiroptera, Carnivora und einiger Rodentia, sowie über die Fauna im ganzen. Die Microtinae, die die Hauptmasse der Nagerreste bilden, hat in freundlicher Weise Herr Prof. Dr. FLorıan HELLER in Erlangen zur Bearbeitung übernommen. 1. Die Schernfelder Spaltenfüllung Tatel:3,,Big.'1 Westlich von Eichstätt bildet die Jurahochfläche — 540 bis 557 m über N. N. und damit 150 bis 165 m über der in Höhe von 393 bis 390 m fließenden, heutigen Altmühl — eine leicht wellige Landschaft, welche ihrer Bedeckung durch einen fast kalkfreien, bis mehrere Meter mächtigen Verwitterungslehm eine zusammen- hängende, nicht durch Wälder unterbrochene landwirtschaftliche Nutzung verdankt. In situ ist dieser meist gelbliche bis bräunliche Lehm stets fossilfrei; nur wo er sich in Spalten eingeschwemmt zusammen mit Wirbeltierresten findet, kann sein Alter bestimmt werden. Solche Stellen kennt man im süddeutschen Jura mehrfach: u.a. von Langenaltheim (KrumseEck 1935, S. 287; DeHm 1935, S. 64), Möhren bei Treuchtlingen (Denım 1935, S. 64). Bei Langenaltheim zeigen zwei Säugerfaunen mit Cervus elaphus L., Eguns caballus plicidens OWEN, Canis lupus L., Evotomys glareolus SCHREBER, Arvicola amphibius L. u. a. bzw. mit Cervus elaphus L., Bison priscus MEYER, Ursus spelaeus BLUMENBACH, FIyaena crocuta spelaea GoLDFuss u. a. jungpleistocänes Alter an; bei Möhren dürfte der Rest eines Mammut-Backenzahns gleichfalls aus dem Jungpleistocän stammen. Zahlreiche Klüfte und ihre Füllungen erweisen sich nun rein stratigraphisch dadurch als älter, daß der jungpleistocäne Hochflächen-Überdeckungslehm über sie hinweggreift. Sie entsprechen damit, soweit ihnen nicht tertiäres Alter zu- kommt, alt- bzw. mittelpleistocänen Verkatstungsvorgängen. Ohne Fossil- funde kann weder ihr Alter noch ihre Zugehörigkeit zu einer Eiszeit oder Warm- zeit näher angegeben werden. Immerhin wird man davon ausgehen können, daß Kaltzeiten eine weiträumige Verkarstung nicht begünstigen; unter den peri- glazialen Bedingungen, wie sie im nicht vereisten Gebiet während der Kaltzeiten anzunehmen sind, hemmen Bodenfrost bzw. Schneebedeckung den Wasserkreis- lauf und damit die Kalkauflösung. Andererseits spricht bei einigen, nach ihrer Fauna als altpleistocän und warmzeitlich charakterisierten Karstfüllungen auch die starke Beteiligung von Roterde für lebhafte Kalklösung und Kalkrück- 19 standsbildung, wie sie nur unter humidem und nicht zu kühlem Klima denkbar ist. Die Zuordnung zu einer bestimmten Warmzeit begegnet aber noch immer großen Schwierigkeiten, wobei der Umstand mitspielt, daß aller Wahrscheinlich- keit nach der Wechsel zwischen Kaltzeiten und Warmzeiten während des frühen Pleistocäns noch nicht so scharf war wie später. Als Arbeitsgrundlage für den Zeitraum vom Beginn des Pleistocäns bis zur Mindel-Eiszeit dürfte die von HELLER (1958, S. 91) erstellte Tabelle gut dienlich sein: Ältestquartär — Villa- franchium; Altquartär = Cromerium -+ Mosbachium. Mehrere fossilführende Höhlen- und Spaltensedimente sind aus diesem Zeitraum im süddeutschen Jura- gebiet bekannt geworden (Abb. 1): Höhlensedimente und Spaltenfüllungen des Allpleistocans im Schwobischen u Frönkischen Jura n Höhlen vSpalten Erlangen (e Ho Hochberg bei Jungnau He Heppenloch bei Gutenberg Es Erpfingen -Steinbruch £b Erpfingen- Börenhöhle Sch Schernfeld bei Eichstak W Wegscheid bei Eichstölt M Moggaster Höhle Sa Sackdillinger Höhle “Nürnberg NEENRIEN Fichstärt Göppingen 3 Donauwörth IR n He Tubingen R.Dehm 1962 Abb. 1: Die altpleistocänen Höhlensedimente und Spaltenfüllungen im süddeutschen Jura- gebiet (nach dem Stande vom 1.3. 1962; Wegscheid siehe S. 63). Maßstab ca. 1:1,8 Millionen. 20 a) auf der Schwäbischen Alb 1. Heppenloch bei Gutenberg, Kreis Nürtingen (Tnızs 1926, S. 576—596; Kormos 1937 b, S. 88—97) = ? Mosbachium (HELLER 1958, S. 91). 2. Erpfingen, Kreis Reutlingen, Steinbruch (Denm 1935, S. 54-55; HELLER 1936 a, S. 3—29; HELLER 1958, S. 1—102) — Spätcromerium (HELLER 1958, 3.91) 3. Erpfingen, Kreis Reutlingen, Karls- und Bärenhöhle (Denm 1950 b, S. 165; Denm 1952, S. 23; Lemmann 1953, S. 437—464; LEHMANN 1957, S. 60—99) — Jüngeres Villafranchium (LEHMANN 1957, S. 88). 4. Hochberg bei Jungnau — spätes Villafranchium oder frühes Cromerium (Anpım 1961, S. 21—22). b) auf der Nördlichen Frankenalb 5. Sackdillinger Höhle ostnordöstlich Neuhaus an der Pegnitz (HELLER 1930 a, S. 247—298; BRUNNER 1933, S. 303—328; HELLER 1933, S. 60—68; HELLER 1956, S. 520—530) — Oberes Cromerium (HELLER 1958, S. 91). 6. Moggaster Höhle südlich Muggendorf in der Fränkischen Schweiz (HELLER 1930 b, S. 154—159) —= Cromerium (?). Diese Vorkommen werden nunmehr insbesondere durch das von Schernfeld in der Südlichen Frankenalb mit reicher und eigenartiger Faunen-Zusam- mensetzung in willkommener Weise ergänzt (dazu vgl. S. 63, Spaltenfüllung von Wegscheid bei Eichstätt). In dem Neumeyer’schen Steinbruch, etwa 400 m nordöstlich des östlichen Ortsausganges von Schernfeld gegen Eichstätt, sind die Solnhofener Platten- kalke des Oberen Weißen Jura, wie fast in allen Aufschlüssen, durch ein System von tief hinuntersetzenden Sprüngen in zahlreiche einzelne Stapel zerteilt. Entlang der Sprünge hat die Verkarstung angegriffen; hohle Klüfte, deren Wände eine Überkleidung durch Kalkspatkristalle zeigen, sind selten; meist dringt der braune Überdeckungslehm von oben her mehr oder weniger tief in den Lösungs- klüften und -fugen ein. Im Oktober 1951 war von Süden her eine solche Kluft auf etwa fünf Meter ostwestlicher Erstreckung durch den Abbau der Platten- kalkstapel freigelegt und in ihrem östlichen und oberen Teil bereits teilweise abgeräumt worden, bis die Steinbrucharbeiter auf die hellen Knochen in dem roten Lehm und Sand aufmerksam geworden waren. Im östlichen Teil war die Spalte nur etwa 0,05 bis 0,20 m breit gewesen, in der Mitte durchschnittlich 0,25 m; gegen Westen erweiterte sie sich allmählich, bog nach Südwesten ein und ging in eine 0,5 bis 1,8 m breite, mit fossillerem rotbraunem Sand gefüllte, vertikale Schlotte über (Taf. 3, Fig. 1). Nur das Sediment der Ost-West-Spalte erwies sich als fossilführend und zwar besonders im unteren Teil. Die erste Anlage dieser nahezu senkrechten, schmalen, nach unten sich rasch verengenden Karstschlotte hat sicherlich in einer 21 der zahlreichen tektonischen Klüfte der Juratafel bestanden. In sieben Meter Tiefe, von der heutigen Oberfläche gerechnet, verengte sich die Schlotte auf wenige Zentimeter; sie wurde nicht weiter verfolgt. Die Wand zeigte alle Spuren kräftiger Anlösung; die etwas widerstandsfähigeren Platten ragten manchmal wie messerscharfe Gesimse in die Füllung hinein. Nirgendwo fand sich in dieser Schlotte ein Besatz der Wand mit Kalkspatsinter oder -tropfsteinen. Die Füllung bestand aus feinem und gröberem, etwas lehmigem, rot- braunem bis tief rotem Quarzsand mit stellenweise deutlicher horizontaler und schräger Schichtung. Sporadisch wurde der Sand grobkörnig, und es waren Quarzgerölle bis 3 cm Durchmesser, wenig gerundete Gerölle entkalkten Weiß- jura-Restgesteins mit schwarzer Manganoxydrinde, vereinzelte Bohnerzkörner, 2 bis 3 mm lange, doppelseitig ausgebildete Quarzkristalle und Bruchstücke von Höhlen-Kalkspatsinter, sowie Stückchen und kleine angewitterte Stapel des Nebengesteins, des Plattenkalkes, eingelagert. Fossilreste aus dem Nebengestein sind zum Teil in verkieseltem Zustand im Schlämmrückstand nachweisbar, so Lumbricaria-Knäuel, Aptychen und Leptolepis-Wirbelchen; dazu kommen ganz vereinzelt Crinoiden-Stielglieder, Brachiopoden-Schälchen und Fischzähnchen, die gleichfalls aus dem Plattenkalk (bis zum Mörnsheimer Wilden Fels) stammen. Streifenweise ging der rotbraune Sand in roten sandigen Lehm bis zu sandfreiem Rotlehm über; in diesen Partien waren die Zahn- und Knochenteste der pleisto- cänen Wirbeltiere am stärksten angereichert. Zusammenhängende Skelettreste waren nicht enthalten; alle Knochen und Kiefer bzw. die Fragmente davon lagen einzeln und regellos; viele waren bereits in zerbrochenem Zustand eingebettet; Abrollspuren zeigten sich an Zähnen selten, an Knochen häufig. Die Knochen- substanz war in dem lehmigen Sand und Rotlehm oft so weich und mürb, daß es nur selten gelang, etwa zusammen mit den Backenzähnen eines Pferdes auch Reste des Kieferknochens zu bergen. Bei den Zähnen ist der Schmelz vorzüglich erhalten geblieben, das Dentin war jedoch oft erweicht oder so mürb, daß es beim Trocknen zu feinem Pulver zerfiel. Was die Färbung der Knochen- und Zahnreste anlangt, so waren schon die ersten Funde recht verschieden, meist licht elfenbeingelb und rötlich- bis rotbraun, seltener blaugrau und schwarz gefärbt. Daraufhin wurden mehrere Proben aus verschiedenen Stellen der Spaltenfüllung, höher — tiefer bzw. randlich — zentral, getrennt geschlämmt; das Ergebnis bestand darin, daß in jeder Probe die verschiedenen Färbungen nebeneinander vorkommen. In manchen durch Mangan-Oxyhydroxyde dunkler gefärbten Partien des Sedimentes war der Anteil an dunklen Zähnen und Knochen reichlicher als im reinen Lehm, doch fehlten auch hierin hellfarbene Reste keineswegs. Die Zahnspitzen der rotzähnigen Spitzmäuse sind meist noch rot, in mehreren Fällen aber auch ganz dunkel schwarzblau verfärbt. In der Schernfelder Spaltenöffnung jedenfalls bedeuten die Farbunterschiede zwischen den einzelnen Fundstücken höchstens etwas verschiedene Vorgeschichte an der Erdoberfläche nach dem Verenden und Verwesen des Tieres und kürzere oder längere Dauer der Einwirkung von 22 Se Pr; Oberflächenlösungen, vielleicht auch verschiedene Umstände bei der Einfüllung und Einbettung in das Spaltensediment, aber keinen geologischen Altersunter- schied. An der Schernfelder Spaltenfüllung kann man nur die Beobachtungen bestätigen, die C. C. Young aus der mittel- bis altpleistocänen Spaltenfüllung von Choukoutien, Lokalität 1, bei Peking beschreibt: “As already known (YounG 1930), the degree of fossilization of the fossils varies considerably from place to place in Choukoutien. Ordinarily the bones are light yellow or yellowish brown in colour, and they look rather less fossilized. But in many other cases, their coloration varies from light brown to deep brown, or even entirely black, with a deep pigmentation. A considerable number of them also, is light blue, or even green, or pure white.” (Young 1934, S. 131). Der fortschreitende Abbau des Plattenkalkes hat noch im Laufe des Winters 1951/1952 die nach der Grabung stehengebliebene nördliche Spaltenwand (Taf. 3, Fig. 1) entfernt. Heute befindet sich an der Fundstelle eine Steinbruch- halde. Größere Fundstücke, wie Zahnreihen und Einzelknochen eines großen Pferdes, Geweihfragmente eines großen Hirsches u. ä. wurden an Ort und Stelle geborgen; die Kleinfossilien führenden Partien des Sedimentes aber wurden in Säcke gefüllt und nach dem Trocknen im Institut in München geschlämmt. Das Auslesen der Schlämmrückstände aus mehreren Tonnen Spaltensediment hat längere Zeit in Anspruch genommen; es ist nicht gelungen, mit Hilfe eines mechanischen Verfahrens die Gewinnung der zahlreichen einzelnen Zähnchen und Knöchelchen zu beschleunigen. Wir haben versucht, in abgestimmten Schwerelösungen die organischen Reste, Zähnchen und Knochen, von den anorganischen Bestandteilen, Quarzkörnern in der Hauptmasse, Bröckchen ver- kieselten Kalksteins, Bohnerzkörnern und Stückchen von Brauneisenkrusten, abzutrennen. Die Bohnerz- und Brauneisenkörner schieden sich leicht ab. Aber wie man auch die Schwerelösung einstellte, stets fanden sich sowohl in der Schwebe als auch im Bodensatz organische Reste und anorganische Körner miteinander vor. Außerdem war es nicht möglich, die gebrauchten Schwere- lösungen rationell wieder zu verwenden; sie wurden nämlich durch restliche Tonpartikelchen, von denen die Quarzkörner beim Schlämmen nicht hatten befreit werden können, verunreinigt. Es ist daher erforderlich geworden, den gesamten Schlämmrückstand unter dem Stereomikroskop auszulesen; für die feinsten Korngrößen ist diese Arbeit noch nicht beendet. Hier danke ich Werk- meister MARTIN DOLLINGER 7 und einigen studentischen Mitarbeitern für ihre Ausdauer. Die Zusammensetzung der Fauna ist charakteristisch. Während an den limnisch-fuviatilen und Löß-Lagerstätten die großen und mittelgroßen Säuger vorherrschen und die kleinen meist nur in wenigen Resten eingemengt sind, überwiegen in den Spaltenfüllungen bei weitem die Kleinsäuger; immerhin bezeugen einzelne Zähne, Knochen und selten auch Kiefer die gleichzeitige Großtierfauna. Die Schernfelder Fauna setzt sich ähnlich zusammen; Großtier- 23 reste waren in ihr, wenigstens vom Pferd und von den Hirschen, nicht ganz vereinzelt. Leider aber hat die Einbettung in ein tonigsandiges Sediment, wie erwähnt, zu einer Aufweichung und Zerstörung der Kieferknochen geführt; ° es haben nur ganz wenige Kiefer mit Zähnen gewonnen werden können. Die Erhaltung der Einzelzähne ist vorzüglich, soweit sie nicht Abrollung oder Anwitterung vor der Einbettung erlitten hatten; ein zusammenhängender Ver- gleich der Zahnreihen ist jedoch nur ausnahmsweise möglich. So gibt das Fundgut zwar ein eindrucksvolles Bild vom Reichtum der Fauna, kann aber gerade bei Insektenfressern und Nagern den Vergleich mit der vorzüglichen Erhaltung vollständig bezahnter Kieferserien anderer Lokalitäten nicht aushalten. Deshalb müssen hier, wenigstens zunächst, auch eine so weitgehende Aufteilung etwa der Soriciden- oder Chiropteren-Kiefer auf Arten, wie sie an manchen Lokalitäten altpleistocäner Wirbeltierfaunen vorgenommen werden kann, und eine Ab- klärung von Arten, wie sie nur an Hand von ganzen Zahnreihen möglich wäre, unterbleiben. 2. Insectivora — Insektenfresser a) Talpidae — Maulwürfe Die Maulwürfe sind in den altpleistocänen Kleinwirbeltier-Faunen Europas in der Regel durch drei verschieden große Arten vertreten, und zwar durch die besonders große Talpa episcopalis Kormos (1930 b, S. 239—240), durch die sehr kleine 7Ta/pa minor W. FREUDENBERG und durch die mittelgroße Talpa fossilis PErE£ny1, die der heutigen Ta/pa enropaea L. nahesteht. In den mehreren hundert Maulwurf-Resten, die die Schernfelder Spalte beim Ausschlämmen geliefert hat, können nur die mittelgroße und die kleine Art nachgewiesen werden. Die große Talpa episcopalis fehlt. Unter der Menge der bezeichnenden, leider meist abge- rollten Humeri finden sich nur wenige vollständige, meßbare; aus den Unter- kieferstücken sind wie gewöhnlich bei Talpiden die Zähne ausgefallen. Talpa fossilis Petenyi 1958. Talpa praeglacialis KorMos — HELLER, Eine neue altquartäre Wirbeltierfauna von Erpfingen, S. 9—10, Taf. 1 Fig. 4—5; auf S. 11—13 werden die Artnamen fossilis PErEnYı und praeglacialis Kormos diskutiert. Fundgut: 5 Humeri mit Längen von 13,4 bis 15,4 mm, 153 unvollständige; - 10 Unterkiefer-Bruchstücke, darunter 6 mit m,.„-Alveolenlänge von 5,60 bis 6,24 mm. Die Größen halten sich zwar nahe denjenigen der rezenten Ta/pa europaea, bleiben aber doch noch deutlich darunter und sprechen für den im Altpleistocän weit verbreiteten mittelgroßen Maulwurf. Talpa minor W. Freudenberg 1933. Talpa gracilis Kormos — BRUNNER, Eine präglaziale Fauna aus dem Windloch bei Sack- dilling, S. 308. 24 1956. Talpa minor FREUDENBERG — KOWALsKL, Insectivores, Bats and Rodents from the early Pleistocene bone breccia of Podlesice, S. 341—342, Taf. 1 Fig. 1; mit weiterer Literatur. Fundgut: 3 Humeri mit Längen von 10,4 bis 11,4 mm, 300 unvollständige Humeri; 8 Unterkiefer-Bruchstücke, darunter 5 mit m, „-Alveolenlänge von 4,80 bis 5,20 mm. Wenn auch an der Bestimmung kein Zweifel bestehen kann, so muß doch bedauert werden, daß die Reste so unvollständig vorliegen. Denn schon mehrere Autoren haben sich mit der Arten-Abgrenzung bei den fossilen 7a/da beschäftigt. Das Schernfelder Fundgut des kleinen Talpiden scheint sich in seinen Größen mehr an die untere Grenze der Art zu halten. b) Soricidae — Spitzmäuse Wie in den meisten altquartären Kleinwirbeltier-Faunen Europas wurden auch hier zahlreiche Kieferstücke und Einzelzähne von Spitzmäusen geborgen; etwa 2300 Unterkiefer-Stücke und 3000 Einzelzähne konnten aus der Schern- felder Spalte beim Ausschlämmen gewonnen werden. Die Erhaltung ist leider so fragmentär, daß unter der Menge kein einziger auch nur annähernd vollständiger Kiefer vorliegt. Dies bildet gerade bei Spitzmäusen eine schmerzliche Begrenzung der Untersuchung, da außer den Zähnen der Unterkieferknochen mit der Ge- staltung des Kronenfortsatzes und der Gelenkregion entscheidende Merkmale liefert. Die große Anzahl der Einzelstücke gewährt immerhin einen Überblick und die Möglichkeit, sie einander auch nach Größe und Häufigkeit zuzuordnen. Zwei Formen gehören wegen ihrer ganz besonderen Merkmale zu je einer eigenen Gattung, Beremendia Kormos und Petenyia Kormos, die übrigen zur Gattung Sorex (Maße in mm): Zahnlängen | Kieferhöhe Art Mı-3 unterer i oberer i unter m, .. . fortsatz Beremendia fissidens . . . | 5,85—6,00 | 3,70—4,16 | 4,10—4,30 | 2,21—2,62 | 6,35—6,76 Petenyia hungarica . . . . | 3,58—3,84 | 3,84—4,10 | 2,60—2,90 | 1,56—1,70 | 4,35—4,62 Sorex afl. araneus . . . . | 3,70—3,77 | 3,58—3,84 | 1,82—2,02 | 1,29—1,56 | 4,49—4,88 „ praealfinus ..... — 3,23—3,50 | 1,65—1,67 | 1,20—1,36 | 3,77—3,90 I ARRTUNEONERSIS. = 2 0 13525 2,73—3,15 | 1,43—1,58 | 1,00—1,17 | 3,30—3,70 BON TZIINREESEN vr Ans 3,06 2,47—2,50 | 1,25—1,30 | 0,78—0,90 | 2,80—3,12 | Das Nebeneinander von sechs Arten von Spitzmäusen in einer Fauna ist wenigstens für das Altpleistocän nicht ungewöhnlich; z.B. sind es bei Sack- dilling 7, bei Erpfingen 5, bei Podlesice 7, bei Gundersheim 3, bei Weze sogar 11; zusammen mindestens 8 Gattungen mit mehr als 20 Arten. Ein solcher Formen- reichtum von Spitzmäusen ist aus präpleistocänen Vorkommen bisher nicht bekannt. Die spättertiäre Besiedlung waldfreier Gebiete durch Steppengräser und die hiedurch möglich werdende Besitznahme eines neuen Lebensraumes durch 25 Massen von Insekten haben bei der Entfaltung aller insektenfressenden Tier- gruppen sicher eine günstige Rolle gespielt, zumal der posttertiäre Klimawechsel eine stärkere Differenzierung der Biotope mit sich gebracht haben mußte. Beremendia fissidens (Petenyi) Taf. 3, Fig. 10—13 a—b 1930. Neorays (2) fissidens (PEr.) Kormos — HELLER, Eine Forest-Bed-Fauna aus der Sack- dillinger Höhle, S. 254—258, Abb. 2—4, Taf. 15, Fig. 1—3. 1933. Beremendia fissidens (PETENYI) — BRUNNER, Eine präglaziale Fauna aus dem Windloch bei bei Sackdilling, S. 311, Abb. 6—7, Taf. 6, Fig. 6—8. 1936. Beremendia fissidens (Per.) KorMmos — HELLER, Eine oberpliocäne Wirbeltierfauna aus Rheinhessen, S. 107—108, Taf. 7, Fig. 1—2. - 1956. Beremendia fissidens (PErENxIı, 1864) — KowAuskı, An early Pleistocene Fauna of small mammals from the Kadzielna Hill in Kielce, S. 13—14, Abb. 4 (mit weiterer Literatur). Fundgut: rechtes Unterkieferstück mit i-Stumpf, c, p,—m; (1951 XXVI 103, Taf. 3, Fig. 11); 23 Unterkieferstücke mit 1 oder 2 Zähnen und den Fort- sätzen, 55 zahnlose Unterkieferstücke mit Kronenfortsatz; linkes Oberkiefer- stück mit p—m? (1951 XXVI 104, Taf. 3, Fig. 10); 180 untere und 140 obere Schneidezähne, davon je 1 Taf. 3, Fig. 13 a—b und Taf. 3, Fig. 12 a—b. Maße in mm (siehe auch Tabelle Seite 25): Länge m, , 5,85; Höhe unter dem m, 2,30; p*—m? 6,50. Die Kiefer- und Zahnbelege zeigen die besonderen, von PEr£nyı, KorMos und Herrer beschriebenen Eigentümlichkeiten der Gattung, ebenso die gleichen Maße. Zu den bisherigen Beschreibungen liefert unser Material einige Ergän- zungen. Der letzte untere Molar ist nicht ganz einheitlich gebaut; Formen ohne eine Spur des hinteren Hypoconid-Armes und solche mit einem deutlichen Hypoconid-Arm bis zum Labialrand sind durch Übergänge miteinander ver- bunden. An dem einzelnen Oberkieferstück läßt sich die Gestalt des p* gut er- kennen; sein Umriß verschmälert sich von außen rasch bis zur Mitte und bildet von da eine nach hinten schmäler werdende Lippe. Am unteren Schneidezahn folgen hinter der schwach aufgebogenen Haupt- spitze keine Nebenspitzen; die schwarze Färbung der Spitze geht in einem schmalen Band von Rot über Orange und Gelb in das gewöhnliche Schmelzweiß über. Beim oberen Schneidezahn erhebt sich über dem stumpfen, höckerlosen Hintergrat die gespaltene Hauptspitze; ihre Krümmung verläuft gleichmäßig mit einem Radius von 2,5 mm; die Wurzel schließt dicht an den Schmelzsockel an; an ihrer Hinterseite trägt sie eine Furche. Auch in den ergänzend beschriebenen Merkmalen zeigt sich die Sonder- stellung an, die die für das europäische Altpleistocän so charakteristische Bere- mendia fissidens unter den Spitzmäusen einnimmt. Petenyia hungarica Kormos Taf. 3, Fig. 6—9 1934. Petenyia hungarica n. gen. n. sp. — Kormos, Neue Insektenfresser, Fledermäuse und Nager aus dem Oberpliozän, S. 301—303, Abb. 34—35. 26 1936. Petenyia hungarica Korm. — HELLER, Eine oberpliocäne Wirbeltierfauna aus Rheinhessen, S. 108—109, Taf. 7, Fig. 34. 1956. Pezenyia hungarica Kormos, 1934 — Kowatskı, Insectivores, Bats and Rodents from the early Pleistocene bone breccia of Podlesice, S. 352—353, Abb. 1b, Taf. 1, Fig. 9—10; mit weiterer Literatur. Fundgut: linkes Unterkieferstück mit m,., (1951 XX VI 107; Taf. 3, Fig. 7), drei weitere mit m, ,, 20 mit 1 bis 2 Zähnen, 135 ohne Zähne; 195 einzelne untere Schneidezähne, 140 obere; rechtes Oberkieferstück mit m!"? (Sammlung München 1951 XXVI 108; Taf. 3, Fig. 6). Maße in mm: siehe Tabelle S. 25; ferner: m!?-Länge 2,75; Länge x vordere Breite X hintere Breite für m! 1,48 x 1,56 x 1,58, für m? 1,30 x 1,62.x 1,43. Der Unterkieferknochen ist charakteristisch gebaut; er verdickt sich nach hinten merklich, der Vorderrand des Kronenfortsatzes rückt labialwärts und setzt in stumpfem Winkel an; der Unterrand der Fossa pterygoidea kommt weit lingualwärts zu liegen; sie nimmt daher keine vertikale Stellung, sondern eine schräge Lage ein und endet niedrig mit gerundetem Oberrand. Der Kronenfort- satz ist auch sonst so gebaut wie am Typusstück, trägt auch die auffällige Außen- leiste. Die Gelenkregion stimmt dazu bis in die Einzelheit der von Kormos beschriebenen scharfkantigen Knochenleiste, die oberes und unteres Teilgelenk - miteinander verbindet. Besonders fällt die starke Drängung der Zahnreihe vor den Molaren auf; der Schneidezahn reicht bis unter den m, zurück; dementspre- chend liegt das Foramen mentale nicht vor der Mitte des m,, sondern unter seiner hinteren Hälfte bzw. eben noch unter der Mitte. Untere und obere Zähne (Taf. 3, Fig. 8a—b, 9) sind an den Spitzen tief schwarz gefärbt; über ein schmales rotes Band geht die Farbe wie bei Beremendia rasch in Orange, Gelb und Weiß über. Am unteren Schneidezahn (Taf. 3, Fig. 9) greifen hinter der leicht aufgebogenen Spitze zwei Kerben im Abstand von 0,6 mm in die Oberkante des Schmelzes und gliedern zwei flache Nebenhöcker ab; dahinter kann man noch eine ganz schwache weitere Eindellung an einigen Zähnen bemerken. An den unteren Molaren sind Paraconid und Metaconid niedrig, am m, das Hypoconid schwach mit nur einer kurzen lingualen Kante, ohne ein Entoconid; diese Ausbildung des m, beobachtet man an allen Kiefern mit m;. Das einzelne Oberkieferstück (Taf. 3, Fig. 6) kann nach seinen Ausmaßen und der charakteristischen Zahnspitzenfarbe nur auf die besprochenen Unter- kiefer bezogen werden, ebenso die oberen Schneidezähne, diese auch wegen ihrer entsprechend großen Anzahl. Sie stimmen mit Beschreibung und Abbildung bei Kormos ganz überein. Die linguale Partie an den oberen Molaren verdient eine kurze Beschreibung; der Protocon bleibt niedrig und entsendet zu den beiden Außenhügeln je einen niedrigen kurzen Sporn; von dem hinteren Sporn geht rechtwinklig eine abfallende Kante zum Cingulum, die Vereinigungsstelle ist ganz schwach zu einem Hinterhöcker erhoben; dieser bleibt aber noch geringer ZN) an Volumen als selbst die schwache Verdickung des Cingulums am hinteren Inneneck; von hier verläuft das Cingulum als Hinterrand zum Metastyl. Dieser Hinterrand ist, wie Kormos beschrieben hat, gerade, deutlicher gesagt, nur ganz wenig konkav, im Gegensatz zu den übrigen Soricidae mit stark konkavem Hinterrand der m! und m?. An den oberen Schneidezähnen (Taf. 3, Fig. 8a—b) besteht der vordere Teil aus einer mit 1,5 mm Radius gekrümmten Spitze; ihre labiale Wand ist schön gewölbt und endet in einer scharfen hinteren Kante. An ganz frischen Zähnen zeigt diese Kante eine schwache Ausbuchtung, als ob sich ein sekundärer Zacken bilden wolle. Die linguale Kante der Hauptspitze ist stark labialwärts eingeschlagen. In der hinteren Partie des Zahnes erheben sich auf ziemlich schmaler Basis ein labialer und ein etwas kleinerer zweigeteilter lingualer Höcker. Das Hinterende der Krone steht labialwärts weit kragenförmig von der Wurzel ab und wird durch ein Cingulum verstärkt. Die Übereinstimmungen im Bau des Kronenfortsatzes, der Gelenkregion, der Zähne und in den Maßen mit Pezenyia hungarica lassen meines Erachtens keine Abtrennung von dieser Art zu. Möglicherweise reicht bei der Schernfelder Form der untere Schneidezahn ein wenig weiter zurück. Was die Lage des Mental- foramens anlangt, so gibt sie Kormos „zwischen dem Para- und Protoconid des m, gelegen“ an; von den vorliegenden 157 Unterkieferstücken zeigen die m}- Partie 91, von diesen 90 das Foramen mentale unter der Mitte des m, oder kurz dahinter, also zwischen Proto- und Hypoconid; an einem Stück fehlt das Fora- men überhaupt; da auch am Typus-Unterkiefer der Schneidezahn bis unter den m, zurückreicht, kann das Foramen nicht unter der vorderen Hälfte des Zahns liegen; ich vermute einen Druckfehler. Petenyia hungarica, nunmehr von Villäny, Püspökfürdö, Podlesice, Kielce, Weze, Gundersheim und Schernfeld bekannt, gesellt sich zu den charakteristischen Arten der altquartären Kleinfauna. Darüber hinaus umfaßt die Gattung eine kleinere Art, szavensis Pasa (1948, S. 17—18, Abb. II, 5—9), aus dem Altquartär von Soave bei Verona. Ferner scheint mir Sorex dehneli Kowauskı (1956, S. 347 bis 350, Abb. 1c, Taf. 1, Fig. 5—6) aus der altquartären Spaltenfüllung von Podlesice nahe zu stehen; sein Autor gibt ihm ‚an isolated position among the Quaternary species of the genus Sorex LiNNAEUS“; die Ausmaße sind größer, vom m, werden noch fünf Spitzen an Stelle der vier bei hungarica angegeben, Einzelheiten der Gelenke sind anders ausgebildet. Im übrigen stimmen die Gestalt des Unterkiefers und seiner Gelenkregion, das weite Zurückreichen des Schneidezahns bis unter den m, (nach Taf. 1, Fig. 5c, 6a), die Dunkelrotfärbung der Zahnspitzen überein; das Foramen mentale der polnischen Art liegt nach den Worten von KowALskI unter dem p,, um zwei Drittel hinter seinem Vorder- rand (S. 248, 249); nach den Zeichnungen (Taf. 1, Fig. 5c, 6a) scheint es sich wie bei der Schernfelder Form unter dem m, zu befinden. Es sei denn, daß die oberen Molaren abweichen, so könnte die Art dehneli KowALskI als eine hungarica um 20 bis 25%, an Größe überschreitende Art der Gattung Petenyia angereiht werden. 28 Sorex aff. araneus L. Fundgut: linkes Unterkieferstück mit m, und den Fortsätzen, weitere 16 Unterkieferstücke, davon 3 mit m, ,; 65 einzelne untere Schneidezähne, 95 obere. Maße siehe Tabelle S. 25. Die vorliegenden Stücke bezeugen einen Sorex, der dem rezenten aranens nahesteht, möglicherweise sogar zugehört; sie sind für eine definitive Zuordnung jedenfalls zu dürftig. Unter den 17 untersuchten Unterkiefern liegt bei den 7 mit erhaltener m,-Region das Foramen mentale unter dem m,-Protoconid. Der auf- steigende Ast steigt schräg, an einigen Stöcken fast senkrecht zur Zahntreihe auf. Gegenüber der Abbildung des Gelenkes bei Hınron (1911, Abb. 12a) sind die sämtlichen hier schlanker, da die Zwischenfläche zwischen oberem und unterem Gelenk mehr eingeschnürt ist. Am rezenten Unterkiefer des Sorex araneus der Münchener Sammlung sehe ich die gleiche Ausbildung des Condylus. Die zahl- reichen unteren und oberen Schneidezähne gleichen denen von aranens. Sorex praealpinus Heller 1930. Sorex praealpinus n. sp. — HELLER, Eine Forest-Bed-Fauna aus der Sackdillinger Höhle, S. 260— 261. Abb. 7—9, Taf. 15, Fig. 7, sa—b. 1958. Sorex praealpinus HELLER — HELLER, Eine neue altquartäre Wirbeltierfauna von Er- pfingen, S. 14—15, Abb. 2, Taf. 1, Fig. 9. Fundgut: 5 Unterkieferstücke ohne Zähne mit den Fortsätzen, 2 untere und 3 obere Schneidezähne. Maße siehe Tabelle S. 25. Einige Unterkiefer von geringerer Größe als Sorex araneus besitzen das Foramen mentale weit vorne unter der Vorderspitze des m,, fast schon unter dem p,, wie es HELLER für seine Art praealpinus angibt. Am Condylus ist die untere Gelenkfacette lingualwärts verlängert, ebenfalls ein Merkmal der Sack- dillinger und Erpfinger Art; demnach darf wohl, auch ohne Kenntnis der Backen- zähne, auf diese Art geschlossen werden. Die Schneidezähne gleichen denen des araneus bei geringerer Größe. Sorex n. sp. afl. runtonensis Hinton Taf.’3, Fig.5 aff. 1911. Sorex runtonensis, n. sp. — Hınron, British Fossil Shrews, S. 532, Abb. 8a, Taf. 25, Fig. 89. aft. 1930. Ka Runtonensis Hınron — HELLER, Eine Forest-Bed-Fauna aus der Sackdillinger Höhle, S. 259, Abb. 6, Taf. 15, Fig. 5a—b. Fundgut: linkes Unterkieferstück mit Fortsätzen, ohne Zähne, Sammlung München 1951 XXV1111 (Taf. 3, Fig. 5); 41 weitere Unterkieferstücke, zum Teil mit einzelnen Zähnen; 45 untere, 62 obere Schneidezähne. Maße siehe Tabelle S. 25. Der Unterkieferknochen besitzt die geringe Höhe desjenigen von Sorex praealpinus; von den 42 Exemplaren haben aber die 12 mit der erhaltenen m,- "Region das Foramen mentale unter dem m,-Protoconid nahe der Mitte des Zahnes, also nicht so weit vorne wie praealpinus, sondern eher wie runtonensis. In der Höhe des Kronenfortsatzes hält sich unsere Form mit 3,30 bis 3,70 an 29 die untere Grenze von praealpinus (3,66 bis 3,90) und runtonensis (3,74—3,90) und bleibt im Mittel darunter. Die Neigung des aufsteigenden Astes variiert zwischen einer schrägen, ähnlich aranezs, und einer fast senkrechten. Die Molaren ergeben keinen greifbaren Unterschied zu den in der Größe benachbarten Arten; am m, ist die Konstanz im Bau des Talonides erwähnens- wert; es besteht aus einem ovalen, hufeisenförmigen Schmelzgrat, in welchem labial der Außenhügel und lingual, vor einer winzigen Kerbe, schwach der Innenhügel markiert sind; das Hufeisen öffnet sich nicht nach vorne, sondern schließt dicht an die Hinterwand des Trigonids an. Der untere Schneidezahn trägt an der Spitze drei Kerben mit vier Zacken; hinter der letzten Zacke trifft das Cingulum auf die Kante und bildet ein winziges Knöpfchen. Der obere Schneidezahn weicht gleichfalls kaum von der Sorex-Norm ab; die hintere Innen- knospe am Cingulum kann sich zu einem Spitzchen erhöhen. In jeder neuen Fauna des Altquartärs finden sich Soriciden-Kiefer, die sich bereits bekannten Arten annähern, aber nicht mit ihnen vereinigen lassen. In dem Größenfeld zwischen dem winzigen Sorex minntus und dem mittelgroßen aranens müssen schon jetzt mindestens sieben gute Arten, alpinoides KOWALSKI, Praealpinns HELLER, runtonensis Hın'ron, #ennardi HınToN, araneoides HELLER, aldinus SCHINZ, subaraneus HELLER, und einige Nebenformen ihren Platz finden; durch Sonder- merkmale sind die genannten Arten voneinander unterscheidbar. Noch läßt sich die Möglichkeit nicht absehen, diese und weitere Arten sinnvoll zugruppieren; die hier neu vorliegende reiht sich den beschriebenen an; das Fundgut erlaubt aber nicht, eine definitive Beschreibung und Umgrenzung zu geben. Sorex minutus L. 1933. Sorex minutus L. — BRUNNER, Eine präglaciale Fauna aus dem Windloch bei Sackdilling, S. 308. 1936. Sorex aff. minutus L. — HELLER, Eine Forest Bed-Fauna aus der Schwäbischen Alb, S. 6. Fundgut: rechtes Unterkieferstück mit m, und den Fortsätzen, Sammlung München 1951 XXVI 112; 8 weitere Unterkieferstücke; 4 untere und 4 obere Schneidezähne. Maße siehe Tabelle S. 25. Die vorliegenden Gebißreste fügen sich in ihren Maßen und Formen ganz in den Breich des rezenten Sorex minutus, das Foramen mentale liegt unter dem pı; am m, ist das Talonid trotz seiner Kleinheit gut mit Hypo- und Entoconid entwickelt. Der untere Schneidezahn trägt vier Kerben, deren letzte nur ganz schwach bleibt; am oberen Schneidezahn deutet sich an der Hauptspitze die Abspaltung eines Nebenspitzchens an; von der hinteren Spitze zieht eine schwache Kante zum hinteren Inneneck. ce) Erinaceidae — Igel Igelreste sind fast stets gering an Zahl; ihre relative Größe und ihr Stachel- schutz gegenüber Raubvögeln hat die Igel wohl davor bewahrt, in Massen als Beute in Höhlen und Spalten zu gelangen. 30 Erinaceus europaeus L. 1948. Erinaceus europaeus LinnEo — PAsA, I mammiferi di alcune zur brecce veronesi, S. 22 —23. Fundgut: mehrere Einzelzähne, darunter 3 p,, 2 m,, 1m,, 1 pt, 2 ml, 2 m?, Zahnlängen in mm: m, 5,12, 5,35; m, 5,20; p* 3,90; m! 4,88, 4,94. Größe und Struktur gleichen denjenigen des modernen Igels; natürlich muß hier die Frage offen bleiben, ob sich diese Übereinstimmung auch auf die Vorder- zähne und auf die letzten Backenzähne erstreckt. Die übrigen altquartären Igel-Arten, eine kleinere und eine größere, kommen hier nicht in Betracht: Eirznacens lechei Kormos (1934b, S. 296—297, Abb. 31—32) aus Beremend bleibt wesentlich kleiner; Zrinaceus praeglacialis BRUNNER (1933, S. 311, Taf. 6, Fig. 9—10) aus dem Sackdillinger Windloch wird ebenso merklich größer als exropaeus; er weist am Typus-Oberkiefer eine p?-Länge von 4,55 und eine m!-Länge von 5,66 auf. 3. Chiroptera — Fledermäuse Das Ausschlämmen des Schernfelder Spaltenlehmes hat uns eine verhältnis- mäßig nicht sehr große Anzahl von fragmentären Fledermaus-Kiefern geliefert, etwa 55 Unterkiefer-Bruchstücke, darunter 30 mit einem, zwei oder drei Zähnen, dazu eine entsprechende Zahl von einzelnen Caninen, Prämolaren und Molaren; nur ein einziges Kieferstück hat den Kronenfortsatz bewahrt. Es verbietet sich ‘also, auf dieses Material sichere Bestimmungen gründen zu wollen. Immerhin lassen die Reste eine Gruppierung nach ihrer Größe und nach einigen Haupt- merkmalen zu. Vier Unterkieferstücke mit je einem Prämolaren oder Molaren zeigen statt- lichere Größe mit Kieferhöhen unter dem m, von 2,08 und 2,15 mm, dazu ent- sprechende Zahngrößen. Sie können zunächst zu Rbinolophus cf. ferrumeguinum (SCHREBER) gestellt werden; eine solche Form ist mehrfach im Altquartär nach- gewiesen (HELLER 1936b, S. 110; Kowauskı 1956, S. 356— 358). Die übrigen Fledermaus-Kiefer von Schernfeld scheinen ausschließlich der Gattung Myotis anzugehören. An den Funden aus der Spaltenfüllung von Gun- dersheim hat Herzer (1936b, S. 112—122) nämlich eine vorherrschende größere Art, Myotis kormosi HELLER, und eine häufige kleine Art, Myotis exilis HELLER und im Größenfeld nahe diesen und zwischen ihnen einige weitere, teils an den Ausmaßen, teils an Sondermerkmalen erkennbare Formen beobachtet, für die er zusätzliche sechs Arten errichtet hat. Die Mehrzahl der Schernfelder Stücke, 39 mit Kieferhöhen vor dem m, um 1,90 mm, mag mit kormosi verglichen werden. Eine kleine Art besitzt eine Kieferhöhe von 1,32; zwischen beiden verteilen sich Zwischenwerte von 1,45, 1,56, 1,63 u.a. für eine oder mehrere mittelgroße Myotis-Arten. Insgesamt ergibt sich die Liste: Rhinolophus cf. ferrumeguinum (SCHREBER) Myotis sp., von der Größe des £ormosi HELLER Myotis sp., von der Größe des exzlis HELLER oder insignis HELLER Myotis sp. sp., von mittlerer Größe. 4. Carnivora — Raubtiere Wenn auch die Schernfelder Spaltenfüllung nicht sehr zahlreiche Raubtier- reste enthielt, so geben die wenigen größeren Einzelzähne und Kieferstücke mit Zähnen, sowie eine Anzahl ausgeschlämmter kleinerer Einzelzähne doch einen Hinweis auf die vielgestaltige Raubtierwelt Mitteleuropas während des Alt- pleistocäns. Die Waldformen Bär, Marder und Wildkatze geben sich mit den Steppenformen Gepard, Hyäne und Wiesel in der Spalte ein postmortales Stell- dichein. a) Canidae — Hunde-Verwandte Canis cf. mosbachensis Soergel Taf. 4, Fig. 2a—2c, 3a—3c cf. 1933. Canis mosbachensis SOERGEL — Kormos, Die Wölfe des ungarischen Oberpliozäns, S. 14—22, mit weiterer Literatur. Fundgut: rechter p? (1951 XXVI 18), 2 rechte m! (1951 XXVI 19, Taf. 4, Fig. 2a—c; 1951 XXVI 20), linkes Unterkieferstück mit m,-Talonid und m, (1951 XXVI 21, Taf. 4, Fig. 3a—c). \ Maße in mm: Länge x Breite: p* 21,8x 11,0; m! 14,7x18,4, 13,6x 18,2; m,.10,3x 7,4; In den Maßen hält sich unsere Form an diejenigen, welche Kormos für Canis mosbachensis aufführt. Solche mittelgroßen Wölfe sind im Altpleistocän Europas verbreitet, wie Canis etruscus MAJor aus dem Arno-Tal und C'. nescher- sensis DE. BLAINVILLE aus Frankreich, England, Deutschland, Österreich, Ungarn u.a. Alopex aff. praeglacialis Kormos Taf. 4, Fig. 1a—1c aff. 1932. Alopex praeglacialis n.sp. — Kormos, Die Füchse des ungarischen Oberpliozäns, S. 168—178, Taf. 5, Fig. 15. Fundgut: rechtes Unterkieferstück mit fast frischen m,., und Alveolen der Pı-, und des m, und zugehöriges linkes Unterkieferstück mit p,-„-Alveolen (1951 XXVI 23). Maße in mm: m, 13,8x5,5; m, 7,02x 4,94; p,-m, an den Alveolen 51,5; Unterkieferhöhe lingual unter m,-Mitte 12,2, unter p, 8,7, unter p,/p, 9,6. Der relativ kleine Unterkiefer trägt zierliche Molaren; der m, gleicht mit seinem schwachen Zwischenhöcker in der Rinne zwischen Metaconid und Ento- conid, mit seinem kräftigen, aber nicht plumpen Hypoconid dem entsprechenden Zahn des Alopex praeglacialis; auch die Länge fügt sich in die von Kormos ge- gebenen Maße von 13,3—14,7. Der m, ist verhältnismäßig lang und breit, 7,02 - gegenüber 6,2—6,6 Länge der ungarischen Stücke, besitzt aber ein ähnlich reiches Relief. 32 ae Nach Zahnrelief und Größe würde der Schernfelder Fuchs zu der Art von Villäny passen; aber sein Längenverhältnis m, : m, beträgt 1,97 und bleibt damit merklich unter dem 2,24 bzw. 2,39 der ungarischen Stücke; er kann also bis zu einer Kenntnis der Größenvariabilität dieser altpleistocänen kleinen Füchse mit der ungarischen Art nicht ganz identifiziert werden. Nach Kormos (1932 a, S. 173) bedeuten die längeren und breiteren Tuberkularzähne des Alopex prae- glacialis eine stammesgeschichtlich niedrigere Stufe als die des rezenten Alopex Jagopus; in dieser Hinsicht wäre der Alopex von Schernfeld also noch etwas primi- tiver als Draeglacialis. b) Ursidae — Bären-Verwandte Ursus cf. etruscus Cuvier 1954. Ursus etruscus Cuv. — VIRET, Le Loess A bancs durcis de Saint-Vallier, S. 37—46, Taf. 2 Fig. 1—5, Taf. 3, Fig. 1—6. Fundstück: Vorderhälfte eines rechten m,-Keims, Sammlung München 1951 XXVI 24; Breite 13,5 mm. Auf der Außenwand des kleinen Zahnes markieren sich zwei Hügel, deren jeder lingualwärts ein Grätchen entsendet; diese beiden enden in der Rinne, die sich labial vom vorderen Innenhügel nach hinten erstreckt. Das Vordercingulum verbindet, mehrmals durch Kerben unterbrochen, die beiden Vorderhügel; auch sonst wird das Relief von Gruben und Leistchen belebt. Die letzten unteren Molaren der Bären bieten mit ihrem niedrigen und in Einzelheiten variablen Relief wenig spezifische Merkmale. Doch gibt hier die Breite einige Hinweise auf die Artzugehörigkeit; der Wert 13,5 liegt über dem der kleinsten Bären, etwa des Ursus schertzi DEHm (10,9; 1944, S. 140), bleibt aber weit unter dem der großen, wie spelaeus mit 13 mm und darüber; er hält sich innerhalb des Ursus etruscus (13—15,5; VIRET 1954, S. 40). c) Mustelidae — Marder-Verwandte Martes intermedia Heller Taf. 4, Fig. 44—4c 1933. Martes intermedia n.sp. — HELLER, Ein Nachtrag zur Forest-Bed-Fauna aus der Sack- dillinger Höhle, S. 65—67, Abb. 3—4. Fundgut: rechtes Unterkieferstück mit p,-m, (Sammlung München 1951 XXV125, Taf. 4, Fig. 4a—c), 14 weitere Unterkieferstücke mit dem m,, 20 ohne m, oder überhaupt ohne Zähne; 16 einzelne m,, 19 m,, 11 pt, 31 m!. Maße in mm: m,-Länge 8,7—11,3; p*-Länge 8,2—9,4; Länge X Breite des m! 4,6x 7,0 bis 6,5x 9,3. Die Zähne des Schernfelder Marders besitzen die Merkmale der Art forna Brısson, und zwar am p* stark eingebuchteten Vorderrand, am m! eine Ein- buchtung des Außenrandes und eine nur mäßige linguale Verbreiterung. Die Außenlänge des m! dürfte bei der Schernfelder Form etwas größer sein als bei fozna. 3%* R 33 Wie HELLER an dem Typus-Schädel der altquartären Martes intermedia gezeigt hat, vereinigt diese Art Zahnmerkmale von foina mit Knochenmerkmalen von martes. Die Schernfelder Zähne schließen sich zwar an foina an; ob aber in deren Variationsbereich die wenn auch geringfügigen Abwandlungen fallen, könnte nur an größeren Materialien geprüft werden, so daß unsere Form besser zu intermedia gestellt wird. Martes wenzensis StacH (1959, S. 110—115, Taf. 2, Fig. 1—4) und Martes palaeosinensis (ZDANSKY 1924) sind etwas größer. Mustela praenivalis Kormos Taf. 3, Fig. 3. 1934. Mustela praenivalis n.sp. — KorMmos, Neue und wenig bekannte Musteliden aus dem ungarischen Oberpliozän, S. 154—157, Taf. 2 Fig. 12. Fundgut: rechter m, (1951 XXVI 26, Taf. 3, Fig. 3), 4 weitere einzelne m, mit Zahnlängen von 3,55 bis 4,00 mm. Diese zierlichen, metaconidlosen Zähne überschreiten in ihrer m,-Länge von durchschnittlich 3,80 mm die von Kormos angegebenen Werte 3,40 bis 4,00, durchschnittlich 3,74, nur unerheblich und können der gleichen, die rezente nivalis an Größe ein wenig übertreffenden Art zugezählt werden. Mustela palerminea (Petenyi) Taf. 3, Fig. 4 1934. Mustela palerminea (PErENnYI) — KorMmos, Neue und wenig bekannte Musteliden aus dem ungarischen Oberpliozän, S. 150—153, Taf. 2 Fig. 9—10. Fundgut: rechtes Unterkieferstück mit m, (1951 XXVI 27, Taf. 3, Fig. 4), 1 weiteres solches mit m, (1951 XXVI 28); 5 einzelne m, (1951 XXVI 29), 4 p* (1951 XXVI 30). m,-Länge 4,25 bis ca. 4,80. 'Ein größerer Mustelide, nahe dem Hermelin, ist gleichfalls nur durch spär- liche Zähne belegt; zwei m,-Werte fallen mit 4,25 und 4,29 bereits unterhalb des Bereichs von palerminea nach Kormos von 4,40 bis 5,60 und könnten zu der vorigen, kleineren Art vermitteln. d) Felidae — Katzen-Verwandte Felis silvestris Schreber Taf. 4, Fig. 5a—5c 1914. Felis catus L. — W. FREUDENBERG, Die Säugetiere des älteren Quartärs. von Mitteleuropa, S. 200— 202. 1935. Felis silvestris Brıss. — HELBING, Zur Feststellung der maximalen Größe von Felis sil- vestris, S. 577—580, Abb. a—c. Fundgut: rechtes Unterkieferstück mit p,-m, und Alveolen des p, (Samm- lung München 1951 XXVI 31, Taf. 4, Fig. 5a—c), rechter p* (1951 XXVI 113), m! (1951 XXVI 114). 34 Maße in mm: Längen mm: Längen p, 7,41, m, 8,26, p,-Alveole 5,25, p,-m,- Alveolen 21,3; Kieferhöhe unter m, 10,3; p* Länge x Breite 10,5x 3,8; m! er Die Hauptspitze des p, wird von einem kräftigen Vorderzacken und einem etwas schwächeren Hinterhöcker begleitet; am hinteren Zahnrand setzt sich deutlich ein Cingulum ab. Am m, bezeichnet eine ganz geringe basale Anschwel- lung am hinteren Sockel des Protoconids das Talonid und eine noch schwächere 'am hinteren Abgang das Metaconid. Der einzelne obere Reißzahn paßt in seiner Stärke zu dem unteren; die vorderen Schmelzknospen sind kräftig. Der pt und m! passen in ihrer Größe genau zum Unterkiefer. Ein Strukturunterschied gegenüber der heutigen Wildkatze ist nicht bemerk- bar; seit HesınG Kiefer mit m,-Längen bis zu 10,2 mm zu Felis silvestris gehörig erkannt hat, dürfte die Mehrzahl der beschriebenen pleistocänen Kleinkatzen- Funde in diese bis heute dauernde Art gehören. Acinonyx pardinensis (Croizet & Jobert) 1954. Acinonyx pardinensis Cr. et JoB. — VIRET, Le Loess A bancs durcis de Saint-Vallier, S. 59 bis 67, Taf. 12; mit Synonymen und Diskussion. Fundstück: hintere Hälfte eines wenig .angekauten m,, Sammlung München 1951 KRVT 32. Maße in mm: Höhe des Protoconids, gemessen an der hinteren Kante 10,0, Länge der Protoconid-Schneide 11,7; Breite über 8,5. Das leider nur dürftige Fragment zeigt eine weit nach rückwärts gezogene Protoconidspitze; eine winzige basale Anschwellung an ihrer steilen hinteren Kante erinnert an das Talonid und ebenso eine kleine Schmelzknospe in halber Höhe der Hinterkante an das Metaconid. Die Größe, den Winkel zwischen Protoconid-Hinterkante und -Schneide, die starke Anschwellung des Umrisses gegen die Zahnmitte, auch das Auftreten eines winzigen Metaconids, hat unser Stück mit den so prächtigen und instruk- tiven Funden von Saint-Vallier gemeinsam. Megantereon megantereon Croizet & Jobert Tat 3; Hie.2. 1828. felis megantereon genre nouveau zmegantereon — CROIZET & JOBERT, Recherches sur les les ossemens fossiles du department du Puy-de-Döme, S. 201. 1954. Megantereon megantereon Cr. et JoB. — VIRET, Le Loess A bancs durcis de Saint-Vallier, S. 74—76, Taf. 13 Fig. 1—2, Taf. 14. Fundgut: Stümpfe des rechten und linken oberen Eckzahns, anscheinend vom gleichen Individuum stammend; Spitze eines oberen Eckzahns, Fragment eines weiteren; einige Knochentreste. Maße in mm: Querschnitt an der Kronenbasis des oberen Canins 23,2 x 12,0, 30.mm unterhalb davon 21,0x 9,0; vermutliche Länge 125. 35 Die erhaltenen Fragmente gehören zu Eckzähnen ohne eine Spur von Zähnelung; die Wurzel trägt eine ganz flache Rinne. Das Fehlen einer Zähnelung, die schlanke Gestalt und die Größe stimmen ganz zu dem in Süd- und Westeuropa verbreiteten altpleistocänen Megantereon und nicht zu einer Machairodus-Art mit gezähneltem Canin. Zu den bisherigen Vorkommen in Frankreich (Perrier, Seneze, Roussillon, Chagny, Saint-Vallier u.a.), Spanien (Villaroya) und Italien (Arno-Tal, Olivola) tritt Schernfeld als östlichstes europäisches; erst wieder in China enthält das Altpleistocän einen Megantereon, nihowanensis (TEILHARD DE CHARDIN & PivErEAu 1930), der sich nach ScHAug (1934, S. 404) von der Typus-Art nur wenig unterscheidet. e) Hyaenidae — Hyänen-Verwandte Hyaena perrieri Croizet & Jobert Taf. 5, Fig. 1a—1k 1936. Hlyaena perrieri Croız. et Joß. — HELLER, Eine oberpliozäne Wirbeltierfauna aus Rhein- hessen, S. 123—124, Taf. 9 Fig. 7. 1954. Crocuta perrieri CROIZET et JOBERT — VIRET, Le Loess a bancs durcis de Saint-Vallier, S. 46—52, Taf. 5—7, 8 Fig. 1—2. Fundgut: zusammengehörige frische Einzelzähne einer linken oberen Zahn- reihe: i?, c, p?, p?-Hälfte (1951 XXVI 34); hintere Hälfte eines linken p,, an- scheinend vom gleichen Individuum (1951 XXVI 35, Taf. 5, Fig. 1a—k). Maße in mm: Länge x Breite x größte Höhe: i? 13,6x 10,2x 18,5; c sup. 16,3%:11,3x 32,0: 21,3x13.2xX16,55 pP? — x 135x192. An den frischen Zähnen ist folgendes bemerkenswert: der i®? ist verhältnis- mäßig kräftig; der c im Vergleich dazu etwas schwach; der p? besitzt einen mehr längsgestreckten Umriß, sein hinterer Zacken ist selbständig und kräftig; das p?-Fragment zeigt gleichfalls einen starken hinteren Zacken, vom erhobenen Cingulum umsäumt. VIrET hat an den reichen Schädel- und Kieferfunden von Saint-Vallier zeigen können, daß sich die Arten perrieri und arvernensis nicht trennen lassen. Beim Vergleich mit den Abbildungen und Beschreibungen VırET’s passen die uns vorliegenden Zähne in den Kreis von perrieri; einige Abweichungen im einzelnen, wie die anscheinend besonders kräftige Ausbildung der hinteren Zacken an den oberen Prämolaren und die Streckung des p?-Umrisses, berech- tigen kaum zu einer besonderen systematischen Stellung. 5. Rodentia — Nagetiere (ohne Microtinae) Außer rund 12000 einzelnen Molaren der Wühlmäuse Microtinae liegen etwa 850 einzelne Molaren und Prämolaren von Eichhörnchen, etwa 700 Molaren von Schlafmäusen und etwa 4000 von Waldmäusen vor, leider nur eine ver- schwindend geringe Zahl von bezahnten Kieferstückchen, mit zwei Zähnchen drei, mit mehr als zwei Zähnchen nur eines. Die Einzelzähnchen lassen in allen 36 Gruppen ein nicht unbeträchtliches Formenspiel erkennen und werden unter diesem Gesichtspunkt spezielle variationsstatistische Untersuchung lohnen; allerdings sollten einer solchen eine hinreichend große Zahl von vollständigen Zahnreihen zum Vergleiche dienen, damit auch die Variation des Einzelzahnes im Verhältnis zu seiner ganzen Zahnreihe beurteilt werden kann. Im folgenden soll wenigstens ein Überblick über die in der Schernfelder Spalte auftretenden Nager gegeben werden. Glücklicherweise ist die interessan- teste Form, ein neues Flughörnchen, als einziger Nager an der Fundstelle in einem vollständig bezahnten Unterkiefer erhalten. a) Sciuridae — Eichhörnchen, Flughörnchen Charakteristische Einzelzähne- von Eichhörnchen liegen in großer Menge vor; sie lassen sich unschwer in drei Größenklassen aufteilen; rund 750 treffen auf eine kleine Form, etwa 100 auf eine mittlere und einige wenige auf eine große Form. Innerhalb dieser Größenklassen kann man eine gewisse Variabilität der Umtriß-, Höcker- und Leistengestaltung wahrnehmen, besonders an den kleinen. Da an dem vorliegenden Material ungewiß bleiben muß, wie stark die Unter- schiede im einzelnen bewertet werden sollen, als solche von Varianten, von Unterarten und Arten oder sogar Gattungen, was keineswegs ausgeschlossen wäre, muß von einer spezifischen Definierung zweifellos neuer Formen abgesehen werden. Jedenfalls bekundet das Material einen viel größeren Formenreichtum nebeneinander, als wir es heute in unseren Breiten kennen. Sciuridae, spec. A Taf. 6, Fig. 1—2 Fundgut: etwa 750 einzelne Prämolaren, Molaren und Milchzähne. Abgebildet: lip, (1951 XXVI 98) 1,75x 1,70 (Taf. 6, Fig. 2), Bm(I5LRIXYT 99)20%235 (Tal 6, Bie;.l). Die Hauptmenge der Einzelzähne gehört einer, vielleicht auch zwei kleinen Arten von Sciuridae an, deren Zahnmaße um 10 bis 25% hinter denen des Sceiurus vulgaris L. zurückbleiben. An den oberen Molaren sind einige Unterschiede gegen Sciurus sensu stricto bemerkbar. An den m! und m? verschmälert sich der Umriß lingualwärts nur wenig oder gar nicht, da sich hinter dem starken Protocon ein selbständiger, wenn auch schwacher hinterer Innenhügel anschließt; die vier Außenhöcker, Parastyl, Paracon, Mesostyl und Metacon, sind verhältnismäßig stark. Der m? lädt nach hinten nur wenig aus; das Verhältnis seiner Länge zur Breite beträgt daher nicht über 0,88, an einem Zahn nur 0,84. An den unteren Zähnen,besonders am p,, sind die Haupt- und Nebenhöcker sehr kräftig modelliert. Sciuridae, spec. B Taf. 6, Fig. 7—9 Fundgut: etwa 100 einzelne Prämolaren und Molaren. 37 Abgebildet: rechter m! oder m? (1951 XXVI 100) 2,7x 3,1 (Fig. 7), rechter mi Se m? (1951 XXVI 96) 2,8x 3,3 (Fig. 8), linker m? Sa XXVI 97) 2,95x2,95 (Fig. 9). Die Zähne weisen auf einen Scurus, der die Größe des rezenten vulgaris etwas übersteigt; an den oberen Molaren ist, anscheinend stärker als bei der rezenten Art, ein hinterer Innenhügel deutlich. Sciuridae, spec. C Taf. 6, Fig. 3—6. Fundgut: linker m, oder m, (1951 XXVI 95, Fig. 5), linker m,..(1954 XXVI 94, Fig. 6), linker m! oder m? (1951 XXVI 92, Fig. 3), rechter m? (1951 XXV193, Fig. 4). Maße-in mm: m, oder m, 3,9x 3,9, m, 4,1xX 3,8; m! oder m? 345x435; m? 4,0x 3,9. Bei dieser größten Art bilden die vier Haupthügel der unteren Zähne stumpfe, randständige Kegel; den Vorderrand bestimmt ein kräftiger Labialarm des Metaconids, der aber das Paraconid nicht mehr erkennen läßt; es ist voll- ständig in diesen Vorderarm „eingeschmolzen“. Zwischen den beiden Haupt- hügeln befindet sich je am labialen und lingualen Zahnrand eine deutliche Schmelz- warze, Mesoconid bzw. Mesostylid. Die Schmelzoberfläche der frischen Zähne trägt ein feinrunzeliges Relief. Der obere m! oder m? ist angekaut, seine beiden Hauptgrate konvergieren, der labiale Zahnrand wird durch sehr kräftigen Paracon und Metacon und relativ schwächeres Parastyl und Metastyl bezeichnet. Am m®-Keim erscheint der Protocon besonders wulstig, der Paracon dreikantig, die Verbindung beider ziemlich niedrig; eine wenig auffallende Schmelzknospe am labialen Rand darf man wohl als Mesostylknötchen auffassen; das hintere Außeneck trägt einen kleinen Höcker. Kombiniert man die einzelnen Zahnlängen, so ergibt sich eine p,-m,-Länge von 13,5 bis 15 mm, also bedeutend größer als beim Sciurus vulgaris ()—10 mm) und viel mehr im Bereich der großen ostasiatischen Eichhörnchen der Unter- gattung Rafufa (über 11,5 mm). Doch reicht auch mein Vergleichsmaterial nicht zu einer näheren Zuordnung aus. Petauria nov. gen. Aus der Schernfelder Spaltenfüllung liegen einige untere Gebißreste vor, welche nach der Sciuridengestalt der Zähne und nach dem komplizierten Relief wenigstens der vorderen Hälfte der Molaren von Flughörnchen stammen, und zwar nach ihrer stattlichen Größe zu urteilen, von einer großen Form; aus der oberen Zahnreihe ist nur ein einzelner Backenzahn überliefert. Die Zähne kommen der heute in Ost- und Südostasien verbreiteten Gattung Pe/aurista Link 1795 nahe. Sie unterscheiden sich von ihr aber in auffallender Weise durch den völligen 38 Mangel eines Mesoconids, d. i. eines Höckers in der Mitte der labialen Hälfte zwischen Protoconid und Hypoconid. Der Besitz eines durch seine W-Gestalt ‚ausgezeichneten Mesoconids bei Pefaurista wird durch Arzen (1940, S. 730) hervorgehoben: „Laterally there is a deep W-shaped indentation in the middle of each of the large teeth‘; auch an den mir vorliegenden rezenten Vergleichs- materialien springt ein kräftig ausgebildetes, fast spornartig labialwärts ge- ‚dehntes Mesoconid sofort in die Augen, ebenso an der von STEHLIN & SCHAUB (1951, S. 202, Abb. 302) abgebildeten Peraurista-Zahnreihe. Von den anderen . großen Flughörnchen besitzt Aöretes Auen 1938 gleichfalls das Mesoconid, wie ich mangels Vergleichsmaterials nur Young’s (1934, S. 45—46) Beschreibung und Vergleich seines Pferomys brachyodus mit Aöretes melanopterus (MILNE-EDWARDS) ‘ entnehmen kann. Trogopteraus HEUDE 1898 steht infolge seiner hypertrophierten Prämolaren (ALzen 1940, S. 748—749) sehr abseits. Das Schernfelder Flug- hörnchen repräsentiert also eine bisher nicht bekannte Gattung: Pe/auria nov. gen. (Name im Anklang an Petaurista). Diagnose: Petauristinae, in Kiefer-- und Zahnbau ähnlich Pezaurista - Lmk 1795, aber an den unteren Molaren ohne Mesoconid; hintere Zahnhälfte bei den unteren Molaren einfach gebaut; aufsteigender Ast beginnt bereits unter dem zweiten Molaren. Genotypus: Petauria heller! nov. gen. nov. spec. Petauria helleri nov. gen. nov. spec. . Taf. 5, Fig. 2a—c, 3a—c, Abb. 2 1. Diagnose (der bisher einzigen Art): siehe Diagnose der Gattung; Länge p,-m, 16,2 mm. Derivatio nominis: zu Ehren von Herrn Prof. Dr. FLoRIAN HELLER in Erlangen. 2. Holotypus: rechtes Unterkieferstück mit angekauten p,-m,, Samm- lung München 1951 XXVI 36, Taf. 5, Fig. 2a—c, 3a—c; Abb. 2. Maße in mm; die Zahnlängen sind jeweils in der Längsachse der ganzen Zahnreihe gemessen, nicht schräg; Längex Breite: p, 3,55X 3,25, m, 3,60 x 3,75, m, 4,15x4,10, m, 4,90x4,10; m,., 12,65; p,-m, 16,20. Querschnitt des un- teren Schneidezahns 2,75x 5,50, Radius seiner äußeren Krümmung ca. 18 mm. Länge des Diastema 8. Kieferhöhe im Diastema 7,8, unter dem p, 12,5, unter dem m, 11,3. Von den Molaren ist der zweite am besten erhalten; die hintere Hälfte ist einfach gebaut; der Hypoconid-Hinterarm führt in ununterbrochenem Bogen entlang dem Zahnhinterrand zum Entoconid. Von der Stelle in der Mitte der labialen Seite, wo ein Mesoconid zu suchen wäre, geht eine Verbindung ‚als einfaches Querjoch ohne Fältelungen und störende Nebengräte‘““ zum Entoconid, wie sie SCHAUB (STEHLIN & ScHAug 1951, S. 202, Fußnote 1) von der rezenten Petaurista philippensis ELLıor beschreibt. Ein Mesoconid, wie es sonst bei Sciuriden regelmäßig und deutlich zwischen Protoconid und Hypoconid auftritt, sucht 39 man an dem Schernfelder Zahn vergeblich. Daher dehnt sich eine tiefe Labial- bucht weit gerundet und einheitlich zwischen den beiden Außenhügeln; sie ist nicht wie bei Pefaurista durch einen Mesoconidsporn zweigeteilt. Die vordere Hälfte ist reicher ausgestattet, ähnlich der von Peraurista petaurista (STEHLIN & ScHAuB 1951, S. 202, Abb. 302); ein erhobenes Metaconid und ein vom Pro- toconid gut abgesetztes, ihm aber nahe gelegenes Paraconid stehen entlang dem Vorderrand des Zahnes miteinander in direkter Verbindung; der Protoconid- Vorderarm schwingt in einem kleinen Bogen zum Paraconid; der Protoconid- Hinterarm verbindet sich mit dem Hypoconid-Vorderarm zu einem infolge Fehlens des Mesoconids glatten Längsgrat. Das Feld zwischen diesem Grat und den drei Hügeln Ento-, Meta- und Protoconid wird durch eine vom Protoconid- Vorderarm ausgehende, auf das Entoconid zielende Leiste und mehrere Sekundär- grätchen quer dazu grubig aufgeteilt. In der Mitte des lingualen Zahnrandes markiert sich ein dem Metaconid stark genähertes Mesostylid. Abb. 2: Petanria helleri nov. gen. nov. spec., Holotypus, Zahnreihe p,-m, des rechten Unter- kiefers (1951 XXVI 36); Skizze der angekauten Zahnkronen; x 3,7. Altpleistocäne Spaltenfüllung von Schernfeld bei Eichstätt. 1 = Paraconid, 2 = Protoconid, 3 = Stelle, an der das Mesoconid zu erwarten wäre, 4 = Hypoconid, 5 = Metaconid, 6 = Mesostylid, 7 = Entoconid Diese Beschreibung des zweiten Molaren trifft im ganzen auch auf den ersten und dritten zu; der erste hat im Vorderfeld durch Abkauung Einzel- heiten verloren; der dritte war im Vorderfeld weniger reich gegliedert. Der Prämolar zeigt ein ausgekautes Vorderfeld; er ist etwas kleiner als die Molaren, besitzt aber ähnlichen Bau; doch unterscheidet er sich von den Molaren durch die Andeutung eines Mesoconids im Längsgrat und durch den Mangel einer Verbindung vom Längsgrat zum Entoconid. Der Schneidezahn trägt ein schwach gewölbtes Schmelzband; es geht ohne Kante in die labiale Seitenfläche und mit stumpfer Kante in die mediale Fläche über. Seine Oberfläche besteht aus ganz feinen, kurz anastomisierenden Linien. Nach hinten reicht der Zahn bis labial hinter den letzten Molaren. Der Unterkieferknochen ist derb gebaut; ein Foramen mentale liegt unter der Mitte des Diastema. Die Höhe des Kiefers nimmt vom Diastema rasch bis unter. den ersten Molaren zu und von da nach hinten wieder ab. Der auf- steigende Ast setzt bereits unter dem ersten Molaren an und würde, falls er- halten, den hinteren Teil der Zahnreihe von der Mitte des zweiten Molaren an 40 verdecken; bei den vorliegenden rezenten Petanrista-Unterkiefern setzt der Ast erst so weit hinten an, daß noch der Vorderrand des letzten Molaren sichtbar bleibt. Die Masseterleiste erscheint nur schwach hervorgehoben, schwächer als bei Petaurista. 3. Weitere Belege der unteren Zahnreihe: Bruchstück eines linken Unterkiefers mit angekautem m, (Sammlung München 1951 XX VI 37); einzelner angekauter rechter m, (Sammlung München 1951 XXVI 38). Maße in mm, wie oben: Länge x Breite des m, 4,10 x 4,50; des m, 5,20 x 4,60; Kieferhöhe unter m, 11,8. Die Zähne sind etwas größer als diejenigen des Typuskiefers, weichen aber von diesen in den noch erkennbaren Kronendetails nicht ab. 4. Beleg der oberen Zahnreihe: einzelner angekauter linker m! oder m? (Sammlung München 1951 XXV1 39, Taf. 5, Fig. 3a—b). Maße in mm: Länge x Breite 4,16 x 5,20. Bei gerundet rechteckigem Umriß entwickelt sich am Labialrand hinter dem Protocon ein hinterer Innenhügel. Die Trigonumkanten verlaufen fast parallel und verbinden sich je mit dem benachbarten Cingulum labial von der Mitte. Den Lingualrand bilden kräftige Parastyl-, Paracon- und Metaconhügel; zwischen den beiden letzteren deutet eine kleine Schmelzwarze auf ein Mesostyl hin. 5. Geschichte der Flughörnchen und Beziehungen der Schern- felder Form. Die Geschichte der Flughörnchen kann bisher nur unvollkommen überblickt werden. Aus dem älteren Tertiär ist nichts Zugehöriges bekannt, ebenso noch nicht aus den immerhin an Kleinsäugern reichen Faunen des älteren Miocäns, des Aquitaniums von St. G£rand-le-Puy und des älteren Burdigaliums von Wintershof-West bei Eichstätt. Erst vom späten Burdigalium an beginnt die Überlieferung. Die heute am weitesten verbreiteten kleinen Angehörigen der Gattung Sceiuropterus Cuvier 1825 sind aus dem Tertiär bisher nur einmal bezeugt, in Sciuropterus gandryi GAILLARD (1899, S. 66—67) aus der obermiocänen Spalten- füllung von La Grive-Saint-Alban südlich Lyon; diese Art ist kaum größer geworden als der rezente Sciuropterus sagitta Lin. von Java; auch sonst schließt sie sich bereits nahe an die rezenten kleinen Arten an. Bei solchen kleinen Formen wird man den Ursprung der Flughörnchen, d.h. ihre Abzweigung vom Haupt- stamm der Sciuridae, zu suchen haben. Reicher überliefert sind große und mittelgroße Flughörnchen, wobei sie sich im Tertiär auf Europa beschränken. Sie übertreffen die rezenten Scziuro- pterus meist bedeutend an Größe, stehen ihnen aber in den Proportionen und im Schmelzrelief der Backenzähne, soweit es die lückenhaften Fundstücke zu beurteilen erlauben, offensichtlich ganz nahe und werden m.E. mit gutem Grund zur Gattung Scinropterus gestellt. Für diese Funde sind mehrere Arten errichtet worden; von ihnen dürfte Sezuropterus gübberosus (HOFMANN 1893) zu Sc. albanensis 41 Major 1893 gehören; vielleicht fällt auch Se. jourdani GAtLLARD 1899 in die Variationsbreite von a/banensis. Da aber von keiner Stelle bisher eine größere Serie von Fundstücken vorliegt, meist nur je ein Einzelstück, so kann die Varia- bilität nicht sicher beurteilt werden. Die bisher bekannten 15 Vorkommen lassen sich innerhalb des Jungtertiärs auf drei Altersgruppen verteilen, a) ältere mit 1 Vorkommen, b) mittlere mit 12 und c) jüngere mit 2: a) hohes Burdigalium oder tiefes Vindobonium (nach MEın 1958) Südost-Franktreich: Vieux-Collonges am Mont Ceindre nördlich Lyon: Seiuropterus lappi MEIN (1958, S. 68— 70). b) Tortonium (oberes a bis tiefes Sarmatium Nordost-Spanien: Valles-Penedes, Hostalets de Pierola: ? a/banensis (DE VILLALTA COMELLA 1950, S. 53—59). Süd-Frankreich: Sansan: ?sansaniensis LARTET (GAILLARD 1899, S. 67). Südost-Frankreich: La Grive-Saint-Alban: albanensis Major (1893, S. 191—192), Jourdani GAILLARD (1899, S. 64—68). Schweiz: Anwil, Kanton Baselland: gbberosus HOFMANN (STEHLIN 1919, S. 150). Süddeutschland, älterer Teil der Oberen Süßwassermolasse: Biberach: gibberosus HOFMANN (SCHLOSSER 1904, S. 487). Reisensburg bei Günzburg: gibberosus HOFMANN (SCHLOSSER 19022527135): Häder bei Dinkelscherben: ?a/banensis Major (Stromer 1928, S. 17). Stätzling bei Augsburg: ?gibberosus HorFMmanNn (RoGER 1898, S. 390—391; Humerus). Langenmoosen südlich Neuburg an der Donau: a/banensis MAJOR (DEHM 19525.15.187). | Oberschlesien: Oppeln: gibberosus HOFMANN (WEGNER 1913, S. 233— 234). Steiermark: Göriach: gibberosus HOFMANN (1893, S. 42). Ungarn: Jablanica: grbberosus Hormann (Kormos 1913, S. 151—153). c) Sarmatium Nordost-Spanien: Valles-Penedes, Sant Quirze des Galliners: a/banensis guiricensis DE VILLALTA ComELLA (1950, S.53—59). Süddeutschland, jüngerer Teil der Oberen Süßwassermolasse: Aumeister bei München: a/lbanensis HOFMANN (STROMER 1928, S. 17—18). Diese fünfzehn Vorkommen verteilen sich also auf einen fast zusammen- hängenden Streifen von Südwesteuropa bis in das östliche Mitteleuropa. Sie 42 dokumentieren einen zwar nicht tropisch üppigsten, aber doch reichen Wald- wuchs, wie er den großen Flughörnchen heute willkommen ist und in dem bereits nicht mehr tropischen, eher subtropischen Klima Mitteleuropas im späteren Miocän hatte gedeihen können. Unsere Schernfelder Form kann mit ihrem ausgeprägten Schmelzleisten- relief nicht in engere Beziehung zu diesen großen obermiocänen Scinropterus mit ihrem grubigen Relief gebracht werden. Während des Pliocäns verzeichnet man einen bemerkenswerten Rückgang. Nur in wenigen Vorkommen, zuerst im Oberpliocän von Roussillon in Frankreich, und da nur in drei einzelnen Molaren, zwei unteren und einem oberen, ist ein Flughörnchen nachgewiesen worden. Sciuropterus pliocaenicus DePp£Erer (1897, S. 179, Taf. 18, Fig. 34—35) dürfte bei der zutreffenden Gattung eingereiht worden sein, wenn man der Art den zweiten unteren Molaren (Taf. 18 Fig. 35) als Lektotypus zugrunde legt. Dieser Zahn hat Dep£rer (S. 179) vor allem zur Aufstellung einer neuen Art bewogen: „Apres un nouvel examen de cette dent qui est une dernitre ou quatrieme molaire inferieure et surtout d’une autre molaire decouverte plus tard en Roussillon, qui est une deuxieme molaire inferieure du mä&me animal, ..“. Dieser zweite Molar scheint nach den Ab- bildungen keinen wesentlichen Unterschied gegenüber den miocänen bzw. rezenten Arten der Gattung aufzuweisen. Den von Drp£rEr vorher erwähnten dritten Molaren (1890, S. 49, Taf. 4 Fig. 39—39a; 1892, S. 121; 1897, S. 179, Taf. 18 Fig. 34) sollte man bis zu einer eingehenden Beschreibung seiner offenbar abweichenden Weise der Schmelzverbindungen zwischen den Haupthügeln aus dem Spiele lassen. Sollte er sich als eine selbständige Form neben der Art p/o- caenicus erweisen, dann könnte für ihn der Artname depereti 'TROUESSART (1898, S. 400) verwendet werden, der sich auf diesen Zahn stützt. TROUESSART war offensichtlich die Aufstellung der neuen Art durch Der£rer 1897 entgangen; denn auch im Supplementum (1904—1905) zu seinem Catalogus Mammalium führt er sie nicht auf. Zu unserer Schernfelder Form haben beide Zähne keine nähere Beziehung. Aus dem Oberpliocän von Wölfersheim-Wetterau erwähnt TosıEn (1952, S. 191) eine ‚‚Petauristaartige Form“; ebenso FEJFAR (1961, S. 263) Petaurista sp. aus den plio-pleistocänen Spaltenfüllungen von Ivanovce bei Trencin in Westslawonien. Innerhalb des heutigen Verbreitungsgebietes der großen Flughörnchen sind pleistocäne Formen bisher nur aus China beschrieben worden. Peraurista brachyodus (XounG 1934, S. 44—46, Abb. 12, Taf. 4, Fig. 6) aus der mittelpleisto- cänen Spaltenfüllung der Lokalität 1 von Choukoutien bei Peking ist auf ein rechtes Unterkieferfragment mit p, und m, gegründet; KAHLkeE (1962, S. 92) parallelisiert die Bubalus-Megaloceras-Assoziation von Choukoutien 1 mit dem Mindel-Riß-Interglazial der voralpinen Stratigraphie. Der m, stimmt mit dem Schernfelder m, darin überein, daß von der Stelle, wo das Mesoconid seinen Platz hätte bzw. hat, ein kräftiger Quergrat lingualwärts zieht; im Bau des p, stimmen die Gestalt der Außenhügel und die geringe Stärke des Mesoconids 43 gut überein. Doch verbieten folgende Merkmale der chinesischen Form eine Hereinnahme der Schernfelder in die gleiche Gattung und Art: am m, deutliches Mesoconid entwickelt, Relief der hinteren Hälfte des m, nicht ärmer als das der vorderen Hälfte, Umriß des m, nach hinten stark verschmälert, kräftiges Meso- stylid und deutliche Längsmittelfurche am p,; ferner bleibt die chinesische Form mit p,m, = 13,0 mm gegenüber 16,2 der Schernfelder merklich kleiner und besitzt mit p,:m, = 4,0:4,2 = 0,95 einen verhältnismäßig großen p, gegen- über p,:m, = 3,55:4,90 = 0,74 bei Schernfeld. Einige weitere, noch nicht genauer beschriebene, daher hier nicht vergleichbare Funde in China zeigen an, daß von dort weitere Kenntnis zu erwarten ist: „Pferomys cf. xanthipus M.-E. (upper and lower jaws)“ aus einer pleistocänen Spaltenfüllung bei Yenchingkou nahe Wanhsien in Szechuan (Young 1935, S. 247—248); „several skulls of Preromys cf. wmelanopteris““ aus jüngeren Ablagerungen von Choukoutien Upper Cave (Young 1934, S. 46). Die Schernfelder Form zeigt also eine eigene Linie von großen Flughörnchen an, die sich im frühen Pleistocän in Europa herausgebildet hat. b) Muscardinidae — Schlafmäuse Von den Schlafmäusen liegt aus der Schernfelder Spaltenfüllung außer etwa 750 einzelnen, durch Ausschlämmen gewonnenen Zähnen nur ein Ober- kieferstück mit m!-? vor. Nach den Zahngrößen und nach den Merkmalen der Schmelzgrate lassen sich je eine Art der Gattungen Ampbidyromys HELLER, G/is Brısson und Muscardinus Kaup erkennen. Bei der Beschreibung der Schlafmaus-Backenzähne werden für eine rasche Übersicht die charakteristischen Schmelzgrate von vorne nach hinten mit 1 = Vordercingulum, 2 — Vorderkante des Trigonums bzw. des Trigonids, 3 — Mesoloph bzw. Mesolophid, 4 = Hinterkante des Trigonums bzw. des Trigonids und 5 = Schlußeingulum bezeichnet. Die Zwischengrate werden je nach Länge mit senkrechten Strichen oder mit Punkten angegeben; das Schmelzgratmuster eines G%s-Molaten lautet also z.B.112 3415 (vgl. Denm 1950 a, S. 375). Amphidyromys pusillus Heller Taf. 6, Fig. 10—13; Abb. 3—6. 1936. Amphidyromys pusillus n.sp. — HELLER, Eine oberpliozäne Wirbeltierfauna aus Rhein- hessen, S. 125—126, Taf. 10, Fig. 1. Fundgut: frischer rechter m, (1951 XXVI 40, Taf. 6 Fig. 13, Abb. 6), 2 linke (1951 XXVI 41, Abb. 5; 1951 XXVI 42, Taf. 6 Fig. 12) und 2 rechte (1951 XX VI 115, Taf. 6 Fig. 11, Abb. 4; 1951 XX VI 116, Taf. 6 Fig. 10, Abb. 3) m! oder m?, 1 linker m? (1951 XXVI 43). 44 Maße (Längex Breite) in mm: m, 0,95x 0,88 (40); m! oder m? 0,95x 0,93 (41), 1,00x 0,96 (42), 0,92x 0,88 (115), 0,98x 0,94 (116): m? 0,80x 0,90 (43). Einige wenige Zähnchen aus dem feinkörnigen Schlämmrückstand geben von der sehr kleinen Schlafmaus Kunde, die HELLER in einem einzelnen Backen- zahn aus der altpleistocänen Spaltenfüllung von Gundersheim in Hessen be- schrieben und als neue Form erkannt hatte. Leider liegt — eine Menge Schlämm- rückstand ist noch nicht ausgelesen — noch kein unterer erster oder zweiter Molar vor, an welchem der Vergleich mit dem Typus-Zahn von Gundersheim in Rheinhessen direkt geführt werden könnte; doch ist die Ähnlichkeit der übrigen Zähne so groß, daß ein merklicher Unterschied im m, oder m, gegen- über dem Typus-Zahn kaum zu erwarten ist. Somit können der vorliegende m, und die oberen Zähne die Kenntnis dieser merkwürdigen Zwerg-Schlafmaus etwas erweitern. Derm, ist fast genau so groß wie der Typus-Zahn und zeigt übereinstimmende Zahl und Stärke der Schmelzgrate, auch der Nebengrätchen; seine Schmelzgrat- formel lautet 112131415. 3 4 5 6 Abb. 3—6: Amphidyromys pusillus HELLER, Skizzen des Verlaufes der Schmelzgrate an einzelnen Molaren. Altpleistocäne Spaltenfüllung von Schernfeld bei Eichstätt. 3: rechter m! oder m? (1951 XXVI 116), x 20. 4: rechter m! oder m? (1951 XXVI 115), x 20. 5: linker m! oder m? (1951 XXVI 41), x 20. 6: rechter m, (1951 XXVI 40), x 20. Die oberen Molaren besitzen gleichfalls ein reiches Schmelzrelief aus mehr oder weniger parallelen Haupt- und Zwischengrätchen mit einer Schmelz- grat-Formel von 112131415;als individuelle Abweichung zeigt ein Zahn (1951 XXVI 115) das vordere Zwischengrätchen nur winzig und am Grat 3 einen kleinen Sporn nach vorne. Der linguale Schmelzrand ist wandartig stark erhoben und verbreitert, stärker als bei den unteren Molaren; mit ihm verschmelzen die fünf Hauptgrate. Diese linguale Wand ist nicht glatt, sondern von einer Reihe von Höckerchen und Grübchen gleich einem etwas aufgelösten Cingulum besetzt. Am Labialrand entwickelt sich ein durchgehender Schmelzrand nicht, sondern es vereinigen sich hier einerseits die Grate 1 und 2, andererseits die Grate 3, 4 und 5; dazwischen liegt die Außenbucht, die durch eine kleine Schmelzknospe markiert sein kann. Der m? ist etwas angekaut und auf seiner Oberfläche leider teilweise von einer schwarzen Kruste bedeckt, deren Entfernung das Objekt gefährden würde; die durch die Kruste hindurchschimmernden Schmelzleisten 45 _ haben die volle Zahl 112131415 wie die vorderen Molaren. Charakteristisch ist auch hier die breite, dachartige Abschrägung des Lingualrandes. Der Umriß verschmälert sich nach hinten gleichmäßig. | Die näheren verwandtschaftlichen Beziehungen von Amphidyromys sind noch unklar; HELLER spricht von einem aberranten Seitenzweig von Dry- omys. Der rezente Glirulus elegans (TEMMINCK) in Japan (Reuvens 1910, Taf. 3, Fig. 13a, 13b, S. 66—68) besitzt eine ähnliche Innenwand; doch hat er vor dem vordersten Quergrat der unteren Molaren ein feines Cingulum (SCHAUB & ZaPrE 1953, S. 208), welches unserem Zahn abgeht; so mag die Ähnlichkeit nur auf Konvergenz beruhen. Amphidyromys repräsentiert also einen Sonderzweig zwergwüchsiger Schlafmäuse. Glis sackdillingensis (Heller) 1930. Myoxus glis var. sackdillingensis n. var. — HELLER, Eine Forest-Bed-Fauna aus der Sack- dillinger Höhle, S. 281—283, Taf. 16 Fig. 5a, 5b, 6. 1933. Glis sackdillingensis n. sp. — HELLER, Nachtrag zur Forest-Bed-Fauna, S. 63—64. 1933. Glis sackdillingensis HELLER — BRUNNER, Eine präglaziale Fauna, S. 315. ?1937. Glis sp. — HELLER, Revision einer fossilen Fauna aus der Kitzelberghöhle, S. 246—247. Fundgut: nur einzelne untere und obere, auch einige Milchzähne, zusammen etwa 700; Sammlung München 1951 XXVI. Maße in mm: Längen p, 1,17 bis 1,24, m, 1,63 bis 1,75; m, 1,82 bis 1,89, m, 1,66 bis 1,83; p# 1,04 bis 1,17, m! oder m? 1,57 bis 1,70, m® 1,37 bis 1,43; di, Lange: x Breite 1.10%. 0,915.4..0.91%71.177.0,97.2 1727 Umriß und Flachheit der Krone, sowie die Anordnung der Schmelzleisten passen zu Gls glis (STEHLIN 1934, Abb. 6); doch bleiben die Maße um etwa 20%, dahinter zurück, zugleich können Einzelheiten des Schmelzbildes abweichen. Der p, besitzt ausgesprochen dreieckigen Umriß, da er sich nach vorne rasch verschmälert; die Schmelzleistenzahl ist mit 1123415 recht vollständig; Grat 3 ist meist sehr dünn, der vordere Grat kann fehlen, der hintere Zwischengrat ist manchmal nur noch punktförmig angedeutet. Die drei unteren Molaren besitzen ohne Ausnahme die volle Schmelzleistenzahl 1123415. Der gerundet rechteckige p* weist gleichfalls ein reiches Schmelzleisten- muster mit 12345, gelegentlich sogar mit 1234-5 auf; der dritte Grat ist stets ganz schwach ausgebildet; von den Wurzeln dieses Zahnes sind die inneren und die hintere Außenwurzel miteinander verwachsen, die vordere Außenwurzel steht frei. Die drei oberen Molaren zeigen mit der Schmelzleistenformel 1123415 keine Abweichung gegenüber Gäs glis; beim m? kann das hintere Zwischengrät- chen ganz abschwächen. Dieser Zahn ist durchwegs recht kurz; sein Länge- Breite-Verhältnis beträgt 0,81 bis 0,87, ähnlich 0,79 und 0,84 bei Glis 2 (STEHLIN 1934, Abb. 5). Die vorliegenden Milchzähne stimmen zwar auch im allgemeinen, aber nicht im einzelnen zu denjenigen von G/is glis (STEHLIN, Abb. 5a, 6a). Amd,,123415, ist die hintere Zwischenleiste kräftiger und mehr vom lingualen Rand abgesetzt. 46 2. EV - Am d* bilden zwei kräftige Leisten ein V, von dessen vorderem Schenkel sich nahe dem labialen Rand ein Sekundärleistchen abspaltet; dem hinteren Schenkel läuft eine lange Schlußleiste parallel. Glis sackdillingensis minor Kowauıskı (1956, S. 3834—386, Abb.2f, Taf. 4, Fig. 8) aus der altpleistocänen Breccie von Podlesice bleibt mit p,-Länge von 0,95 mm und m,-Länge von 1,5 merklich unter den Maßen des Schernfelder Gös mit 1,17 bis 1,24 bzw. 1,63 bis 1,75. Muscardinus nov. spec. Taf. 6, Fig. 14 aff. 1930. Muscardinus sp. — HELLER, Jüngstpliozäne Knochenfunde in der Moggaster Höhle, S. 156, Abb. 2. aff. 1933. Muscardinus sp. aff. avellanarius L. — BRUNNER, Eine präglaziale Fauna, S. 315, Abb. 8. Fundgut: linkes Oberkieferstück mit m!"? und Alveole des p* (1951 XXVI 101, Taf. 6, Fig. 14); etwa 50 einzelne obere und untere Zähne. Länge in mm: m! 1,68x 1,20, m? 1,20x1,28; m, 1,50 bis 1,62, 1,36 bis 1,37, m, 1,30; m! 1,55 bis 1,70, m? 1,20 bis. 1,38, .m® 1,11.bis 1,17. 1. An dem Oberkieferstück zeigen die beiden Molaren gleiche Schmelz- leisten-Zahl und ähnliche Anordnung wie der rezente Muscardinus avellanarius L. (StEHLIN 1934, S. 107, Abb. 7a—b). Der zweite Molar hat gegenüber den Ab- bildungen bei Sreuzım lediglich im vorderen Feld eine winzige Andeutung eines Zwischengrätchens (1-21314 5). Der erste Molar weicht darin vom rezenten ab, daß das Vorderfeld mit dem Cingulum (1) und mit dem Trigon-Vorderarm (2) etwas weniger verlängert ist. Der Abstand vom Vordercingulum bis zum Meso- loph verhält sich zur ganzen Länge des Zahnes wie 0,43 :1, bei den rezenten (STEHLIN Abb. 7a—b) wie 0,46:1 und 0,48:1. Der Unterschied ist gering, bleibt aber auch bei den vorliegenden einzelnen m! mit 0,41 bis 0,45 bemerkbar, wobei der Wert 0,45 von den zwei kleinsten m! mit einer Länge von 1,55 mm * (bei Muscardinus avellanarius etwa 2,0 mm) stammt. Ebenso ist der m! als ganzer im Verhältnis zum m? noch etwas weniger gestreckt. Die hinteren Grate biegen sich kräftig, nicht bei allen Exemplaren; desgleichen ist das Zwischengrätchen - zwischen 3 und 4 nicht an allen m! vorhanden. 2. Von den vorliegenden Einzelzähnen sind — verglichen mit dem re- zenten und jungpleistocänen Muscardinus avellanarius — die m, und m! etwas kürzer und die m, etwas länger. Die heute so auffallende Vergrößerung der ersten Molaren im Ober- und Unterkiefer war also noch nicht ganz so weit gediehen wie bei der modernen Art. Außerdem lassen sich an einigen Zähnen Abweichungen des Schmelzleistenreliefs konstatieren: an einem m, biegen sich alle sechs Schmelzleisten nach vorne konvex; an einem m, bemerkt man stärker nach vorn konvex gekrümmte Leisten und zugleich Verschmälerung des Um- tisses nach hinten u. a. Eine recht eigenartige Sonderbildung zeigen zwei untere und vier obere erste Molaren, nämlich eine dünne, zusätzliche Leiste am vorderen Zahnrand vor der Cingulum-Leiste. 25 47 Wie bei den Muscardinus-Gebißresten, welche HELLER und BRUNNER aus der Moggaster- bzw. Sackdillinger Höhle vorgelegen haben, ist auch bei den unsrigen zu erkennen, daß sie von Muscardinus avellanarius abweichen. Die Fest- legung der Merkmale der neuen Art aber müßte, da gerade bei Muscardinns das Schmelzleistenbild Schwankungen unterworfen ist (STEHLIN 1934, S. 106—108), auf vollständigere Funde gegründet werden können. Eine Übereinstimmung mit Muscardinns dacicus Kormos (1930b, S. 243—244) scheint bei dessen größerer Stärke nicht gegeben zu sein. c) Muridae — Echte Mäuse Der Schlämmrückstand der Schernfelder Spaltenfüllung hat bisher rund viertausend einzelne Molaren von Murinen aus der Verwandtschaft des Apodemns Kaup 1829 geliefert, leider nur wenige bezahnte Kiefer und auch diese nur in Fragmenten. Die Hauptmasse unserer Fundstücke gehört zu einer Art von Apodemus, welche dem rezenten A. sylvaticus (L.) sehr nahe steht. Unter den etwa tausend ersten oberen und unteren Molaren, die im einzelnen untersucht worden sind, bemerkt man, wie nicht anders zu erwarten, eine Variation in den Pro- portionen des Zahnumrisses und in der Stärke der Vorderknospe, der zusätzlichen Randhöckerchen und des Schlußeingulums. Mehrere einzelne Zähne fallen dabei weit außerhalb des wahrscheinlichen Variationsbereiches der Hauptart. Sie sind zum Teil merklich einfacher, zum Teil reicher ausgestattet und müssen auf andere Arten von Apodemns oder auf die Nachbargattung Parapodemns ScHAauB 1938 bezogen werden. Nach ScHAug 1938 treten im Altquartär von Europa neben Apodemus sylaticus (L.) mindestens drei weitere Formen aus seiner Verwandt- schaft auf, A. alsomyoides SCHAUB, A. spec. und Parapodemns coronensis SCHAUB, I 6 3 RER 7. Abb. 7: Höcker-Bezeichnungen am rechten m! von Apodemus; Schemaskizze (vgl. SCHAUB 1938, S. 8, Abb. 2); die 4 Primärhügel 5, 6, 8 und 9 sind hervorgehoben. 1 = linguales Vordercingulum, 4 = accessorischr 7 = accessorischer - Innenhügel 4, Innenhügel 7, 2 = Vorderknospe, 5 — Protoconus, 8 — Pseudypoconus, 3 = labialer Cingulumhügel, 6 — Paraconus, 9 = Metaconus, Sc = Schlußeingulum labial am Pseudypoconus. 48 u A 7 wobei A. atavus HELLer (1936b, S. 126) und A. cf. mystacinus DANFORD & Aston (Kowauskı 1958, S. 25) noch unberücksichtigt sind. Zugleich wird in dem Formenreichtum, wie ihn die Schernfelder Zähne in ihrer Gesamtheit mehr als bisher bekannt dokumentieren, die altpleistocäne Blütezeit der Waldmäuse sichtbar. Die grundlegenden Untersuchungen von ScHaug (1938) über die’ Odonto- logie der tertiären und quartären Murinae führen den vielhöckerigen Murinen- Molaren auf einen quadrituberkulären Grundplan zurück (Abb: 7). Der Deutung und Benennung der Einzelhöcker bei ScHaus kann ich mich völlig anschließen. Apodemus'atavus Heller und sylvaticus (L.) Taf. 6, Fig. 21—22 cf. 1930. Apodemus sylvaticus L. — HELLER, Eine Forest-Bed-Fauna aus der Sackdillinger Höhle, S. 268—269, Taf. 16, Fig. 7. cf. 1936. Apodemus atavus n. sp.— HELLER, Eine oberpliocäne Wirbeltierfauna aus Rheinhessen, S. 126—127, Taf. 10 Fig. 2. cf. 1938. Apodemus sylvaticus L. — SCHAUB, Tertiäre und quartäre Murinae, S. 35, Abb. 17b, 18 Fundgut: 2 linke Unterkieferstücke mit m,., (1951 XXVI 58—59), rund 4000 untere und obere einzelne Molaren. Maße in mm, und zwar Länge x Breite der m, und m, an den beiden Kiefer- stücken: m, 1,8x1,2 (1,95x 1,2), m, 1,2x1,1 (1,4x 1,2); Länge der m! 1,95 bis 220). Das Unterkieferstück 1951 XXVI 58 (Taf. 6, Fig. 22) besitzt steilen Abfall vor dem m, wie der Typuskiefer von Apodemus atavus HELLER; die Länge des Diastema ist zwar nicht genau meßbar, doch dürfte sie diejenige des Typuskiefers nicht überschritten haben. Die erhaltene Höhe des Kieferknochens unter dem m, beträgt 3,5, die gesamte etwa 3,7, womit sie über die 3,4 des Typuskiefers hinausgeht. Das zweite Unterkieferstück, 1951 XXVI 59 (Taf. 6, Fig. 21), ist niedriger gebaut; die erhaltene Höhe unter dem m, beträgt 2,9, die ganze dürfte kaum 3,3 erreicht haben, wonach diese Form nicht dem A. atavus entspricht, sondern ihren Platz bei A. sylvaticus finden kann. In dem Bau der ersten unteren Molaren besteht zwischen beiden Kiefern nur ein geringer Unterschied; der auf aravus zu beziehende Kiefer hat die labialen Nebenhöckerchen etwas schwächer ausgebildet. Bei den einzeln vorliegenden Molaren sind beide Formen sowohl mit Über- gängen als auch mit stärkeren Abweichungen vertreten. An den oberen Molaren ist vielleicht bemerkenswert, daß fast an allen m! und m? das Schlußcingulum deutlich erkennbar ist, manchmal sogar als ein recht selbständiges Element erscheint, wie es, wenn auch schwächer, an Zähnen von Püspökfürdö (SCHAUB, Abb. 17b) angedeutet ist. Apodemus aff. alsomyoides Schaub Taf. 6, Fig. 19—20 aff. 1938. Apodemus alsomyoides n. sp. — SCHAUE, Tertiäre und quartäre Murinae, S. 36, Abb. 17d. ke Ki; | 49 Aus der Menge der einzelnen ersten Molaren fallen einige ziemlich große durch Besonderheiten heraus. Ein rechter m,-Keim mit Länge x Breite 2,05x1,15 (1951 XXVI 61, Taf. 6, Fig. 20) trägt an seiner labialen Seite vier gleichmäßig kräftige akzesso- rische Hügel und dazu als fünften eine kleine Knospe ganz hinten; ferner ver- stärkt sich die Vereinigungsstelle der Vorderarme des Hypoconids und des Entoconids zu einem kleinen Pfeilerchen. In der Länge würde der Zahn dem Apodemus alsomyoides entsprechen, ist aber weniger breit. Seine ziemlich schlanke Form könnte zur Gruppe des Apodemns flavicollis (MELCHIOR) (vgl. HELLER 1932, S. 361) passen, aber wiederum nicht die besonders reiche Ausstattung von zusätzlichen Höckerchen. Der vorliegende m, dürfte also einer von Apodemus alsomyoides nicht weit entfernten Art angehören, falls er nicht bei einer umfassenden Kenntnis in deren Kreis fällt. Zu einem solchen unteren Molaren könnte folgender oberer von Schern- feld passen. Ein rechter m! mit Länge x Breite 2,17x1,30 (1951 XXVI 62, Taf. 6, Fig. 19) hat alle Hügel kräftig entwickelt, das Schlußcingulum ist als Pfeilerchen bemerkbar, ferner erscheint ein zusätzliches Randpfeilerchen zwischen den beiden Vorderhöckern 3 und 2 und je eine schwache Leistenverbindung vom Hinterhügel 8 zu dem akzessorischen Hügelchen 7 und zum Metaconus 9. Die kräftig entwickelten akzessorischen Außenhöckerchen 1, 4 und 7 entsprechen den ebenso gebildeten des m, von Apodemus alsomyoides SCHAUB, sind aber wo- möglich noch stärker. Apodemus ? spec. Taf. 6, Fig. 15—16 Zwei einzelne Zähne, welche in ihrer Größe in den Bereich von Apodemus sylvaticus bzw. atavus durchaus passen würden, zeigen eine merklich schwächere Ausbildung der Nebenhöckerchen. An dem linken m, (1951 XXVI 63; 1,80x1,05; Taf. 6, Fig. 16) trägt die Labialseite zwar ein kräftiges Cingulum, aber auf ihm erheben sich keine — allen- falls vor der Ankauung höchstens ganz schwache — Höckerchen. An dem rechten leicht angekauten m! (1951 XXVI 64, 1,87x 1,12; Taf. 6, Fig. 15) ist der akzessorische Hügel 7 als labiale Kante des Hinterhügels 8 eben erst angedeutet. Beide Zähne leiten in diesen Eigenschaften deutlich zur folgenden, unter Parapodemns za führenden Form über. Parapodemus coronensis Schaub Taf. 6, Fig. 17—18 1938. Parapodemus coronensis n. sp. — SCHAUB, Tertiäre und quartäre Murinae, S. 37, Abb. 17d. 1956. Parapodemus coronensis SCHAUB, 1938 — KOWwALsKI, Insectivores, Bats and Rodents from Podlesice, S. 332—384, Abb. 2g, h, Taf. 4 Fig. 6. Fundgut: linker m! (1951 XXVI 65, Taf. 6, Fig. 17), leicht angekauter lin- ker m, (1951 XXVI 66, Taf. 6, Fig. 18). 50 Länge x Breite in mm: m! 1,65x 1,03; m, 1,4x.0,9. Dem m! fehlt an der lingualen Seite ein „akzessorischer Hügel 7°“ (ScHAus, S. 37); die Nebenhöckerchen 1 und 4 sind kräftig entwickelt, das Schlußeingulum kann an dem im übrigen kegelförmigen Hinterhügel 8 eben noch in einer schwa- chen labialen Kante gesehen werden. Der Zahn besitzt also in dem Fehlen des Hügels 7 das für Parapodemus SCHAUB typische Merkmal. In dem einzeln vorliegenden m, kann man nach seiner geringen Größe und seinem einfachen Bau ein Dokument der unteren Zahnreihe unserer kleinen Muriden erkennen; er besitzt die typische Höckergruppierung eines Apodemus; von den zu erwartenden akzessorischen Hügeln am labialen Rand ist nur ein (abgekautes) hinteres Hügelchen, im übrigen ein labiales Cingulum ohne Höcker bemerkbar. Diese kleinwüchsige Art war von ScHAUB aus dem Altquartär von Gspreng- berg bei Brassö (= Kronstadt in Siebenbürgen) aufgestellt und von KowALskI in der gleichaltrigen Knochenbrekzie von Podlesice nachgewiesen worden. _Nahestehende Formen werden aus Ober-Pliocän bzw. Altpleistocän von Kisläng in Ungarn (Remenyı 1954, S. 385) und von Hajnäcka und Ivanovce in der Slowakei (FEJFAR 1961, S. 261, 263) genannt. d) Zwei Überlebende aus dem Tertiär? a) Eomyidarum gen. et spec. indet. Fundgut: wenig angekaute Krone eines rechten p* (1951 XX VI 57). Maße in mm: Länge x Breite 0,96 x 1,03. Die Krone ist recht einfach aus zwei durch einen Längsgrat verbundenen Querjochen, einem Schlußceingulum und einem kleinen labialen Sporn am Längsgrat aufgebaut. Labial- und Lingualfurche sind entsprechend der Höhe der Krone stark eingetieft. Dieser Bau führt zu Zomys ScHLossEr und seinen Verwandten Rhodanomys DEPERET & Douxamı (sofern man diese Gattung neben Eomys aufrecht halten kann) und Pseudotheridomys SCHLOSSER. Für die letztere wäre der Zahn zu groß. Eine nähere Zuordnung kann nicht ge- wagt werden. Ein Eomyide ist zweifellos ein altertümliches Element in der Schernfelder altpleistocänen Fauna. Die Zartheit der erhaltenen Krone macht es unwahrscheinlich, daß der Zahn etwa aus einer tertiären Spaltenfüllung in die pleistocäne umgelagert worden wäre, zumal noch ein Fragment eines ähnlich zarten Zahnes beim Auslesen der Schlämmrückstände erhalten worden ist. Nachdem Srromer (1940, S. 31—32, Taf. 1 Fig. 14 „?Theridomyidarum n.g., n.sp.“‘) gezeigt hat, daß die Eomyidae bis an die Miocän-Pliocän-Grenze reichen, erscheint es denkbar, daß diese kleinen Nager auch noch das Pliocän überdauert haben. b) Cricetodon sp. Schwerer fällt es, einen fast frischen, nicht abgerollten Cricezodon — m, (links, Länge x Breite 1,76x 1,17) zur Schernfelder Fauna zu rechnen und nicht als umgelagert aus einer älteren Spaltenfüllung zu betrachten. In Größe und Struktur steht er nämlich Cricezodon collatum SCHAUB (1925a, S. 35—37, Taf. 1 Fig. 15) aus dem Chattium und Aquitanium nahe. Zwar ist aus der Nähe von Eichstätt bisher keine chattische oder aquitane Spaltenfüllung bekannt geworden ; aber (Denm 1961, S. 34—37) in 10 bis 15 km Entfernung von Schernfeld nach Westen befinden sich die drei aquitanen Spaltenfüllungen von Übermatzhofen, Weinberg und Grafenmühle bei Pappenheim und in 25 km Entfernung nach Südosten die chattische Spaltenfüllung von Gaimers - heim bei Ingolstadt. Es wären also auch im Gebiet um Eichstätt und Schernfeld solche Vor- 51 ‘kommen durchaus denkbar und damit Umlagerungen einzelner Zähnchen aus älteren Spalten-. füllungen in jüngere möglich, wie sie, wenn auch selten, bei Weißenburg und an der Grafen. mühle bei Pappenheim beobachtet worden sind (DEHm 1961, S. 32, 36, 60—61). 6. Lagomorpha — Hasen, Pfeifhasen a) Leporidae — Hasen Hypolagus brachygnathus Kormos 934. Hyfelegus brachygnatlus n. sp. — KoRrMos, Zur Frage der Abstammung eurasiatischer Hasen, S. 75, Abb. 2c—o. 1936. FHypolagus brachygnathus KorRMos — HELLER, Eine oberpliocäne Wirbeltierfauna aus Rheinhessen, S. 137—139, Abb. 1—2, Taf. 11 Fig. 13—14. 1941. Lagotherium brachygnathum (KoRrmos) — KRETZOI, Die unterpleistocäne Säugetierfauna von Betfia, S. 324—325, Abb. 7. 1958. Fypolagus brachygnathus Kormos, 1934 — Kowauskı, An early Pleistocene fauna of small mammals, S. 13—21, Abb, 7—8, mit weiterer Literatur. Fundgut: linkes Unterkieferstück mit p,-m, (1951 XXVI 67), 55 einzelne, Zähne, darunter 7 p, (1951 XXVI 68). Zahnlängen an den Kauflächen in mm: Unterkiefer p, 3,35, p, 3,22, m, 3,22; die übrigen p, 3,2 bis 3,7. An dem Unterkieferstück und unter den einzelnen Zähnen ist der diagno- stisch wichtige p, vorhanden; er stimmt mit seiner flachen vorderen und tiefen hinteren Labialbucht, sowie in seinen Ausmaßen zu Hypolagus brach ıygnatlns; dieser war im Altpleistocän von.Europa der verbreitetste Hase; er reichte min- destens von Tegelen in Holland über Gundersheim in Rear Sackdillinger Höhle und ‚Schernfeld im Fränkischen Jura und über Chlum in Mittelböhmen und den Kadzielnia-Berg in Polen bis zur Ungarischen Tiefebene und ihrer Um- randung (Beremend, Nagyharsänyhegy, Csarnöta, Villany, Püspökfürdö-Betfia) und nach Norddalmatien (Podumci). b) Ochotonidae — Pfeifhasen Ochotona spec. Fundgut: rechtes Unterkieferstück mit m, und mit m,- und m,-Alveolen (1951 XXVI 69); ein rechter p, (1951 XXVI 70), 9 weitere einzelne Zähne (1951 XXVI 71). e Maße in mm: m, 1,60x1,55; p, .1,28x 1,15; Unterkieferhöhe unter m, (labial) 4,2. Einige wenige Gebißreste, darunter der charakteristische p, und ein Unter- kieferstück mit der Alveole des auf ein einziges Prisma reduzierten letzten Mo- laren, belegen eine kleine Pfeifhasenart; sie steht dem im mittleren und jüngeren Pleistocän in Mitteleuropa verbreiteten Ochotona pusillus (PaLLAs) nahe, ist ihm aber laut freundlicher Mitteilung durch Herrn Prof. Dr. H. TOBIEN nicht gleich- stellbar. Für das Altquartär wird Ochofona sp. aus der Sackdillinger Höhle an- gegeben (BRUNNER 1933, S. 314). 52 '7. Die Schernfelder Fauna, ihr Alter und ihr Lebensraum Die Schernfelder Fauna überliefert uns also — unter Einbeziehung vor- läufiger Bestimmungen der Huftierreste — eine reichhaltige Tierwelt: Mammalia Insectivora — Insektenfresser Talpa fossilis PETENYI Talpa minor W. FREUDENBERG Beremendia fissidens (PETENYI) Petenyia hungarica KORMOS Sorex aft. araneus L. Sorex praealpinus HELLER Sorex nov. spec. afl. runtonensis HiNToN Sorex minutus L. Erinaceus europaeus L. Chiroptera — Fledermäuse Rhinolophus cf. ferrumeguinum (SCHREBER) Myotis spec., Größe des £ormosi HELLER Myotis spec., Größe des exz/is HELLER oder insignis HELLER Myotis spec., mittlere Größe. Carnivora — Raubtiere Canis cf. mosbachensis SOERGEL Alopex aft. praeglacialis KORMOS cf. Ursus etruscus CUVIER Martes intermedia HELLER Maustela praenivalis KORMOS Mustela palerminea (PETENYI) Felis silvestris SCHREBER Aecinonyx pardinensis (CROIZET & JOBERT) Megantereon megantereon CROIZET & JOBERT Flyaena perrieri CROIZET & JOBERT Rodentia — Nagetiere (ohne Microtinae — Wühlmäuse) Sciuridae spec. A (kleine Art) Sciuridae spec. B (mittelgroße Art) Sciuridae spec. C (große Art) Petauria helleri nov. gen. nov. spec. Amphidyromys pusillus (HELLER) Glis sackdillingensis (HELLER) Mauscardinus nov. spec. | Microtinae, besonders Mimomys, werden von Herrn Prof. Dr. FLORIAN HELLER in Erlangen bearbeitet. Apodemus atavus HELLER und sylvaticus (L.) Apodemus aft. alsomyoides SCHAUB 53 Apodemus ? spec. Parapodemus coronensis SCHAUB Lagomorpha — Hasen und Pfeifhasen Flypolagus brachygnathus KORMOS Ochotona sp. En Ungulata — Huftiere (vorläufig bestimmt) Eguns, Gruppe des Eguns stenonis CoCCHI Cervus (Euctenoceros) spec. cf. Dama nestii (MAJOR) Bovide, große Art Elephas spec., Milchzahn Aves — Vögel, indet. Reptilia — Kriechtiere Natrix spec. Opbhisaurus spec. Gastropoda Pulmonata — Lungenschnecken Daß Mollusken nur selten und nur in geringer Zahl überliefert sind, aus einem Lebensraum, wo ihnen zweifellos reichere Möglichkeiten geboten waren, hängt wohl mit der leichten Auflösung ihrer Schalen durch Sickerwässer in dem Spaltenlehm und -sand zusammen. Auch die Seltenheit bzw. das Fehlen pflanz- licher Reste, etwa von kalkschaligen Ce/tis-Nüßchen, mag hierauf beruhen. Pupilla muscorum (L.) Vallonia costata (O. F. MÜLLER) Limax Sp. Helicella c£. striata (O. F. MÜLLER) Das Ergebnis stellt ein altpleistocänes Faunenbild dar, wie es in den letzten fünfzig Jahren von mehr als 25 Einzelstellen, oft in Spaltenfüllungen, aus England, aus Holland, Frankreich, Süd- und Ostdeutschland, Oberitalien, Ungarn, Tschechoslowakei und Polen gewonnen worden ist (HELLER 1958, Kowauskı 1958, KreErzor 1956). Die Fauna von Schernfeld enthält einige recht altertümliche Kompo- nenten wie den Gepard Acinonyx pardinensis, den Säbeltiger Megantereon megan- tereon, Hyaena perrieri und vermutlich auch das Flughörnchen Pefauria helleri nov. gen. nov. spec. Doch dürften diese Formen kaum ausreichen, um die Fauna in das früheste Quartär, in das Villafranchium, einzustufen, selbst wenn man den Eomyiden und Cricetodon zur Fauna rechnet. Vielmehr sprechen der Reichtum an der Wühlmaus-Gattung Mzmomys, die mit der Spaltenfüllung von Gunders- heim gemeinsame Schlafmaus Apbhidyromys pusillus, ferner die Spitzmäuse Dere- mendia fissidens und Petenyia hungarica u.a. für das mittlere Altpleistocän, für Cromerium. Eine engere Einstufung innerhalb des Cromeriums dürfte, vielleicht mit Hilfe der Wühlmausteste gelingen. 54 Für den Lebensraum ist eine solche in oberflächennahen Karsthohlräumen, Halbhöhlen und Nischen gebildete Fauna charakteristisch: Kleinsäugerreste in größter Zahl aus den Gewöllen von Raubvögeln, Einzelreste größerer Säuger, von Raubtieren oder Raubvögeln eingeschleppt, nur ganz wenige Reste anderer Wirbeltiere und nur vereinzelte Landmollusken. Die Landschaft einer solchen Tierwelt enthält zunächst einmal weite, zusammenhängende Steppenflächen. Die große Zahl der Wühlmäuse ist, ähnlich wie in den meisten altpleistocänen Höhlen- und Spaltenfaunen Europas, nicht anders denkbar. Dazu kommen als vorwiegende Einwohner offenen Graslandes die Maulwürfe, die meisten Spitz- mäuse, ferner die Hasen, die Wiesel, der Gepard, die Hyäne und das große Pferd. Die wenigen Landschnecken-Arten deuten gleichfalls auf trockene, offene Stand- orte. Beachtenswert ist das Fehlen — bzw. an anderen Stellen die geringe Häufig- keit — der feuchtigkeitsliebenden Amphibien. Bei der Erpfinger Spaltenfauna bewertet HELLER (1956, S. 81—84) das völlige Fehlen echter Mäuse und das seltene Vorkommen von Schlafmäusen als eine Bestätigung des Steppencharak- ters. Bei der Schernfelder Fauna aber machen sich durch sehr zahlreiche Eich- hörnchen (Sciuridae), Waldmäuse (Apodemus, Parapodemns), Schlafmäuse (Göis, Muscardinus, Amphidyromys), auch durch das Flughörnchen (Peranria nov. gen.), durch die Hirsche, durch Bär und Wildkatze, vielleicht auch durch den Marder, starke Waldbestände innerhalb der Steppe bemerkbar. Man kann sich leicht vorstellen, daß die wasserführende Talaue der keine zwei Kilometer entfernten Altmühl von Wald erfüllt war, vielleicht auch manche Senke auf der Hochfläche, während auf der übrigen Juraoberfläche und an den exponierten Hängen des Altmühltales Steppenvegetation herrschte, wie an einigen bevorzugten Stellen dort bis auf den heutigen Tag. Die Wärme-Ansprüche dieser Fauna kann man gut beurteilen. Ein mittelgroßer Affe der Gattung Macaca LACEPEDE gehört von England über Holland, Frankreich, Side hbe. bis zur Tschechoslowakei und zur Unga- rischen Tiefebene regelmäßig zu den bemerkenswerten Bestandteilen der alt- pleistocänen Faunen; in Süddeutschland ist es Macaca cf. florentina CoccHı bei Gundersheim und Macaca sylvana suevica (HEDINGER) im Heppenloch bei Guten- berg; ein Makake wäre auch in der Schernfelder Fauna durchaus denkbar. Denn Säbeltiger, Gepard und Flughörnchen verlangen mildes Klima, insbesondere milde Winter, wie es den heuten nahen Verwandten des Makaken auf Gibraltar und in den nordafrikanischen Bergländern behagt. Da aber die wärmeliebenden Antilopen, Tapire und Mastodonten, die sich im Rheintal noch bis in das jüngere Pliocän hinein gehalten hatten, bei Schernfeld fehlen, fände die Annahme sub- tropischen Klimas keine Stütze. Man wird also an mediterranes Klima mit ziemlich trockenen Sommern und milden Wintern denken. 55 Schriftenverzeichnis Anam, K.D., 1959: Mittelpleistocäne Caniden aus dem Heppenloch bei Gutenberg (Württem- berg). — Stuttgart. Beitr. Naturk., 27, S. 1—46. Stuttgart. Avım, K.D., 1961: Die Bedeutung der pleistocänen Säugetier-Faunen Mitteleuropas für die Geschichte des Eiszeitalters. — Stuttgart. Beitr. Naturk., 78, S. 1—34. Stuttgart. Arrzen, G.M., 1940: The Mammals of China and Mongolia. — Natural History of Central Asia, 11, "621-1350. New York. 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E., 1937: A Comparison of the Pleistocene of East Anglia with that of Germany. — Proc. Prehist. Soc., 136—157. Cambridge. 5D Bio. 1: Eig.2r Bios: Fig. 4: IB, 98 Tafelerläuterungen Tafel 3 Altpleistocäne Spaltenfüllung von Schernfeld, Carnivora und Insectivora daraus, Die Fundstelle der altpleistocänen Fauna von Schernfeld; Spaltenwand nach Ausräu- mung des fossilführenden Lehmes, besonders in der Mitte rechts von dem Pickel; über dem Pickel die fossilleere Erweiterung der Spalte in einen senkrechten Karsttrichter. Steinbruch Otto Neumeyer nordöstlich Schernfeld bei Eichstätt. Megantereon megantereon CROIZET & JoBERT, oberer Canin, aus 2 Bruchstücken ergänzt (Sammlung Eichstätt), nat. Größe. Mustela praenivalis Kormos, rechter m, (1951 XXV1 26), x 3. Mustela palerminea (PEreny1), rechtes Unterkieferstück mit m, (1951 XXVI 27), x5. Sorex nov. spec. aff. runtonensis Hınron, linker Unterkiefer ohne Zähne (1951 XXVI 111), von links, x 5. Fig. 6—9: Petenyia hungarica KoRMoSs. 6: Ah: m-?2 des rechten Oberkieferstückes (1951 XXVI 108), x 8. linkes Unterkieferstück mit m,., (1951 XX VI 107), x 3,2. 8a—b: rechter oberer Schneidezahn (1951 XXVI 110), x5; a) von innen; b) von außen, 9: rechter unterer Schneidezahn (1951 XXVI 109), x 5. Fig. 10—13: Beremendia fissidens (PETENYI). 10: 1lalz linkes Oberkieferstück mit pt—m? (1951 XX VI 104), x 3,2. rechtes Unterkieferstück mit i-Stumpf, c, pk—m, (1951 XX VI 103), x 3,2. 12a—b: linker oberer Schneidezahn (1951 XXVI 106), x 3,2; a) von innen; b) von außen. 13a—b: linker unterer Schneidezahn (1951 XXVI 105), x 3,2; a) von innen; b) von außen. Tafel 4 Catnivora aus der altpleistocänen Spaltenfüllung von Schernfeld Fig. 1a—c: Alopex afl. praeglacialis KorMmos, rechtes Unterkieferstück mit m,., und Alveolen der p,-, und des m, (1951 XXVI 23); nat. Größe. a) von der Labialseite; b) von oben; c) von der Lingualseite. Fig. 2a—c: Canis cf. mosbachensis SOERGEL, rechter m! (1951 XXVI 19) nat. Größe. a) von hinten; b) von unten; c) von vorne. Fig. 3a—c: Canis cf. mosbachensis SOERGEL linkes Unterkieferstück mit m,-Talonid und m, (1951 XXVI21); nat. Größe. a) von der Lingualseite; b) von oben; c) von der Labialseite. Fig. 4a—c: Martes intermedia HEııer, rechtes Unterkieferstück mit p,—m, (1951 XXVI 25); nat. Größe. a) von der Labialseite; b) von oben; c) von der Lingualseite. Fig. 5a—c: Felis silvestris SCHREBER, rechtes Unterkieferstück mit p,—m, und Alveolen des ps (1951 XXVI 31); nat. Größe. a) von der Labialseite; b) von oben; c) von der Lingualseite. Tafel 5 Carnivora und Rodentia aus der altpleistocänen Spaltenfüllung von Schernfeld Fig. 1a—k: Hyaena perrieri CRoIZET & JOBERT, zusammengehörige Einzelzähne eines linken Oberkiefers (1951 XXVI 34); nat. Größe. a—d) p®—p?—c—i? von der Lingual- seite; e—h) ebenso von der Labialseite; i—k) p®—p? von unten. Fig. 2a—c: Petauria helleri nov. gen. nov. spec., rechtes Unterkieferstück mit p,—m,;, Holotypus (1951 XXVI 36). 2a von oben, x 3,7; 2b) von oben, nat. Größe; 2c) von der Lingualseite, nat. Größe. Fig. 3a—b: Perauria helleri nov. gen. nov. spec., Paratypoid, linker m! oder m? (1951 XXV139). 60 3a) von oben, x 3,7; 3b) von oben, nat. Größe. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Tafel 6 Rodentia aus der altpleistocänen Spaltenfüllung von Schernfeld : Sciuridae, spec. A, 2 einzelne Zähne : linker m? (1951 XXVI 99), x 10. : linker p, (1951 XXVI 98), x 10. : Sciuridae, spec. C, 4 einzelne Molaren : linker m! oder m? (1951 XX VI 92), x 5. : rechter m? (1951 XX VI 93), x 5. : linker m, oder m, (1951 XXVI 95), x 5. : linker m, (1951 XXVI 94), x 5. : Sciuridae, spec. B, 3 einzelne Molaren : rechter m! oder m? (1951 XX VI 100), x 5. : rechter m! oder m? (1951 XXVI 96), x 5. : linker m? (1951 XXVI 97), x 5. 10—13: 10: 1 12: 13: 14: Muscardinas nov. spec., m!-? des linken Oberkieferstückes (1951 XX VI 101), x 10. 15—16: : rechter m! (1951 XX VI 64), x 15. : linker m, (1951 XXVI 63), x 15. : Parapodemus coronensis SCHAUB, Zwei einzelne Molaren : linker m! (1951 XXVI 65), x 15. : linker m, (1951 XXVI 66), x 15. : Apodemus aft. alsomyoides SCHAUB, zwei einzelne Molaren : rechter m! (1951 XXVI 62), x 14. : rechter m, (1951 XXVI 61), x 15. : Apodemus atavus HELLER und sylvazicus (L.), zwei linke Unterkieferstücke : mit niedrigem Diastema (1951 XX VI 59), nat. Größe. 22: 23: Hypolagus brachygnathus KoRrMmos, linkes Unterkieferstück mit p,-m, (1951 XXVI Ampbhidyromys pusillus HELLER, 4 einzelne Molaren rechter m! oder m? (1951 XXVI 116), etwas angekaut, x 20 (Abb. 2). rechter m! oder m? (1951 XXVI 115), x 20 (Abb. 3). linker m! oder m? (1951 XX VI 22), x 20. rechter m, (1951 XXV1 40), x 20 (Abb. 5). Apodemus? spec. zwei einzelne Molaren mit hohem Diastema (1951 XX VI 58), nat. Größe. 67), nat. Größe. 61 Tafel 3 Tafel 4 Tafel 5 Tafel 6 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 2 | 63—64 | München, 1. August 1962 Eine weitere altpleistocäne Spaltenfüllung bei Eichstätt in Bayern Von RıcHArD DEHM, München Zusammenfassung Ein Zahnfragment von cf. Eguns stenonis CoccHI erweist altpleistocänes Alter für eine rote Spaltenkalkbrekzie von Wegscheid nahe Eichstätt. Summary A read fissure filling breccia from Wegscheid near Eichstätt is dated as Lower Pleistocene by the only find of a tooth fragment of cf. Eguns stenonis CoccHı. Im April 1957 hatte Herr Prof. Dr. Franz X. Mayr an der Bischöflichen Philosophisch-theologischen Hochschule in Eichstätt aus einer Kalkbrekzie ein schwarz fossilisiertes Fragment eines Pferdezahnes erhalten und mir zur Unter- suchung übergeben; ich danke Herrn Prof. Dr. F. X. Mayr verbindlich dafür. Das Zahnfragment hat sich beim Vergleich mit vollständigen Zähnen als die hintere Lingualfalte (Entoflexid) mit Resten des Hypoconid-, Entoconid- und Metastylid-Pfeilers eines rechten unteren Prämolaren, wahrscheinlich des zweiten, erwiesen. Vorne und an der Labialseite gegen den Hypoconid-Pfeiler ist die Schmelzwand der Lingualfalte stark gefältelt. Die erhaltene Pfeilerhöhe beträgt 59 mm. Mit 18,5 mm wird die Länge der Lingualfalte sehr beträchtlich und läßt auf eine Gesamtlänge des p, von etwa 45 mm schließen. Der Zahn muß also von einer Pferdeart stammen, die die Größe von Eguns caballus weit übertraf und die der Gruppe um Zguns stenonis CoccHı mit den Arten sässenbornensis WÜST, mos- bachensis v. REICHENAU, bressanus VIRET erreichte. Eine solche Art ist auch in der nahe gelegenen altpleistocänen Fauna von Schernfeld bei Eichstätt (S. 54) ent- halten. Das vorliegende Fragment stammt demnach aus dem Altpleistocän. Die Fundstelle ist das Steinbruchgebiet in den Solnhofener Plattenkalken des Oberen Weißen Jura auf der Hochfläche nordwestlich von Eichstätt, und zwar ein derzeit nicht mehr betriebener Steinbruch 34 km westlich von Weg- scheid (vgl. Abb. 1, S. 20). Das Zahnstück war in einer Jurakalkbrekzie mit rotem Bindemittel enthalten gewesen. Diese Brekzie befand sich bereits auf Halde geworfen; die genaue Fundstelle hat sich nicht mehr ermitteln lassen; sie war inzwischen dem Abbau zum Opfer gefallen. Aber in den der Halde benachbarten Steinbrüchen kann man im Verlauf des Abbaus ähnliche rote Kalkbrekzien als Br 63 Füllungen oberflächennaher Klüfte beobachten; die Hauptmasse der Spalten- füllungen bilden hier leider, wie so oft, fossilfreie gelbbraune bis dunkelbraune Lehme. ';. Roterde spielt als Bindemittel von Kalkbrekzien und als Bestandteil von Spaltenfüllungen fast bei allen altpleistocänen Fossillagerstätten Europas eine Rolle; sie dürfte ein Hinweis auf wenig feuchtes und noch nicht zu kühles Klima sein. Die altpleistocäne Spaltenfüllung von Wegscheid liegt auf der gleichen Jura- hochfläche wie diejenige von Schernfeld, nur 2 km östlich (S. 20). Da in anderen Bereichen des südlichen Fränkischen Jura bisher von uns ähnliche Roterdesedi- mente nicht beobachtet worden sind, erscheint das Eichstätter Gebiet während des frühen Pleistocäns bevorzugt. Dabei waren die Karstfüllungsvorgänge so stark von den ganz lokalen Verhältnissen der Sicker- und Karstwässer bestimmt, daß einerseits festverbackene, grobe Kalkbrekzien, andererseits lockere lehmige Sande sedimentiert werden konnten. 64 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 2 | 65—68 | München, 1. August 1962 Über ein neues, montiertes Skelett von Halitherium schinzi KAUP (Sirenia). Von K. WERNER BARTHEL, München Mit Tafel 7 Zusammenfassung Montage und Ergänzung eines sehr vollständigen Skeletts von Halitherium schinzi Kaup aus dem Mitteloligozän des Mainzer Beckens werden kurz beschrie- ben. Es folgen wichtige Angaben über das Skelett selbst. Besonders wird auf die Bezahnung des Oberkiefers hingewiesen. Summary The fairly complete skeleton of a Middle Oligocene sirenian, Hlalitherium schinzi Kaup, was restored and mounted. Techniques and materials used in this task are briefly described. Attention is brought to outstanding features of the skeleton, especially to the dentition of the upper jaw. In den Jahren 1956 und 1957 konnte die Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie ein gut erhaltenes Rumpfskelett und den dazugehörigen Schädel einer fossilen Seekuh erwerben. Der ehemalige Besitzer, Herr Hans Apam hatte die Reste selbst mit großer Sorgfalt geborgen und num- meriert. Die Fundstelle, eine Schottergrube im Besitz von Herrn PHıLıpp Apam, liegt in den mitteloligozänen Meeressanden von Eckelsheim bei Alzey. Da die Skelett- teile im Zusammenhang gefunden wurden, darf folgender Schluß gezogen wer- den: das Tier war verendet und der Kadaver driftete einige Zeit in der See. Dabei gingen die exponiertesten Körperpartien, der hintere Abschnitt des Schwanzes und die vorderen Extremitäten, verloren. Erwartungsgemäß müßte auch der Schädel fehlen, jedoch ist dieser bei den Sirenia sehr kräftig mit dem Rumpf verbunden; als der Kadaver auf Grund ging und eingebettet wurde, war der Zerfall offensichtlich noch nicht in einem Maße fortgeschritten, um das Ablösen vom Körper zu ermöglichen. Eine längere Zeit des Driftens darf zudem ausge- schlossen werden, weil Pachyostose des Rumpfskeletts und dadurch bedingtes hohes Gewicht der Knochen dem entgegenstanden. Erhaltungszustand und Vollständigkeit waren Anreiz, die Montage des Skeletts in Angriff zu nehmen. Als erstes mußten die einzelnen Knochen von anhaftenden Sandresten und aufgewachsenen Balaniden befreit werden. Diese 5a 65 Arbeit war mit einigen Schwierigkeiten verbunden, da weitgehende Verkieselung die Skeletteile sehr spröde und brüchig hatte werden lassen. Anschließend wurde naturgemäß mit der Zusammenstellung der Wirbelsäule begonnen. Es war be- sonders darauf zu achten, daß jeder Wirbel einzeln abnehmbar und späteren Bearbeitern leicht zugänglich sein sollte: die Wirbel wurden von unten gefaßt. Verschieden dicke Filzplättchen — je nach Lage innerhalb der Wirbelsäule — bilden den Ersatz der Fibrocartilago intervertebralis. Es braucht nicht besonders erwähnt werden, daß die Wirbel, entsprechend ihren Zygapophysen einander anzupassen waren, um die natürliche Biegung des Rückgrats zu erhalten. An- schließend konnte das Anlegen der Rippen vorgenommen werden, doch wurde auch hier infolge des hohen Gewichts jede Rippe einzeln montiert; dies war durch Vierkanteisen und die daran befestigten Klammern als Halterung möglich. Gegen Ende der Montage bereitete die Anbringung des schweren Schädels an die zarten Halswirbel insofern ein Problem, als die Eisenkonstruktion so zu führen war, daß sie vom Beschauer nicht störend empfunden wird. Daher mußte das vordere Stück des Trägereisens, dem die Wirbel des Rumpfes aufsitzen, so ge- bogen werden, daß es im Bereich der Halsregion unter den Neuralbogen verläuft. Jeder einzelne Halswirbel ist dabei nach Abnahme der Schädelhalterung ohne besondere Schwierigkeiten einer Untersuchung zugänglich. Auch die Be- festigung des Schwanzes, sollte sie unsichtbar bleiben, war nicht ganz einfach. Da der Großteil des Schwanzskeletts aus Nachbildungen der Wirbel in Plastik- material besteht, wurde die Halterung innerhalb der Wirbelkörper geführt und der letzte Wirbel, dem ein Gewinde eingeschnitten wurde, lediglich aufgeschraubt. Präparation und Eisenkonstruktion führte mit viel Geschick Hauptpräpara- tor A. SCHÖBERL aus. Die Formung der fehlenden Teile des Skeletts oblag dem Verfasser. Es wurde darauf gesehen, daß nach Möglichkeit in der Größe passende Knochen oder Ab- güsse von Individuen der gleichen Art zugrunde lagen. Das Handskelett mußte allerdings völlig Abbildungen und Maßen (NEUMANN 1936) nachgebildet werden. Als Formmaterial eignete sich Plastilin. Das fertige Plastilinmodell wurde sodann in einen zerlegbaren Gipsmantel eingebettet und nach Erhärten wieder daraus entfernt. In die entstandene Hohlform ließ sich leicht Kunstharz eingießen. Für unsere Zwecke eignete sich „Akemi‘“ (Stein- und Marmorkitt der Fa. Erich Höntsch, Nürnberg) ausgezeichnet. Nach dem Abhärten des Kunstharzes war die Gipsform zu brechen; eventuelle Nähte wurden durch Abschleifen entfernt. Für die Montage hat Plastikmaterial den Vorteil, daß man darin bohren und, wie oben erwähnt, sogar Gewinde schneiden kann, eine Eigenschaft, von der auch bei der Konstruktion der Vorderextremitäten Gebrauch gemacht wurde. Folgende Knochen, beziehungsweise Knochenpartien des Seekuhskeletts wa- ren teilweise oder vollständig zu ergänzen: am Schädel der rechte I und der linke Processus zygomaticus der Maxilla; an der Mandibula die oberen Partien der Rami einschließlich der Condyli; im Bereich der Wirbelsäule der Neuralbogen des 6. Cervicals und 14 Corpora teilweise, der 16. Rückenwirbel und 20 caudale 66 postsakrale Wirbel gänzlich; bei den Rippen die 1. rechte und 14. bis 15. der linken ebenfalls ganz. Es fehlten ferner der Sternalapparat, das Becken, die Femora und von den Vorderextremitäten, außer der linken Scapula, alles. Die Haemapophysen waren, bis auf eine, verloren gegangen oder konnten nicht geborgen werden. Im folgenden werden einige wichtige Daten des Skeletts angeführt: Der sehr schön erhaltene Schädel (Taf. 7, Fig. 1, 2) mißt von den Condyli occipitales bis zur Spitze des I! 310 mm. Er ist über die Jugalia maximal 160 mm breit. Deutlich sichtbar ist das starke Herabziehen der Praemaxillae bis nahe dem unteren Rand der Mandibula. Auf die Bezahnung des Oberkiefers ist besonders hinzuweisen. Sie ist bis auf P! sin., I! und P?3 dext. komplett. Bunodonter Zahnbau läßt sich an P?3 feststellen. Diese beiden Zähne und P! standen kurz vor dem Ausfallen. D* - M!3 sind tief abgekaut. Neben den I lassen sich keinerlei Spuren von weiteren I oder C entdecken. Ob eine kleine Grube hinter dem linken T! als Alveole eines weiteren I zu bedeuten ist, muß dahingestellt bleiben. Die Bezahnung der Mandi- bula ist nicht erhalten. Die Wirbelsäule besteht aus 7 Hals-, 18 Rücken-, 3 Lenden-, 1 Sakral- und einer größeren Anzahl Postsakralwirbeln. Da die genaue Zahl der letzteren bisher nicht bekannt ist, wurden entsprechend Annahmen in der Literatur den sechs erhaltenen proximalen Schwanzwirbeln noch als Minimum 20 caudalwärts an- gefügt, so daß die Gesamtzahl der Postsakralwirbel an unserem Skelett 26 ist. Zusammen mit den ergänzten Teilen der Wirbelsäule ergibt sich für das montierte Skelett von den I! bis zum Schwanzende eine Länge von 2,12 m. Die vorhandenen Reste des Tieres, insbesondere Schädel und Bezahnung, lassen keinen Zweifel über die Zugehörigkeit zu Gattung und Art aufkommen. Es handelt sich um /Zalitherium schinzi Kaup. Nach den bei Lersıus (1882, S. 187) gemachten Angaben über die Größenverhältnisse dieser Sirenen-Art ist jedoch unser Exemplar ein kleines Tier, das nach dem Grad der Zahnabnützung voll erwachsen gewesen sein muß. Der tonnenförmige Thorax tritt erst am fertig montierten Skelett richtig hervor. Die Pachyostose der Rippen ist so stark, daß die Zwischenräume der- selben fast verschwinden und daß der Eindruck eines schildkrötenartigen Panzers erweckt wird. Ein Skelett der gleichen Art aus dem Naturhistorischen Museum zu Basel (Fig. 24 in DEcHAsEAux 1958, S. 349) zeigt die gleichen Eigenschaften des Thorax, aber in weit geringerem Ausmaß. Entsprechend den Artikulationsflächen der Condyli oceipitales und des Atlas hat der Schädel gegenüber dem Rumpf wenig Bewegungsfreiheit. Auch die Hals- wirbel und die Wirbelsäule lassen wegen ihrer Fortsätze nur geringen Spielraum für Bewegung gegeneinander. Verglichen mit rezenten Seekühen, müssen die das Skelett umgebenden Muskel- und Gewebmassen der Beweglichkeit des Körpers zudem nicht besonders förderlich gewesen sein. Bei der Montage wurde daher darauf geachtet, daß das in Schwimmstellung angeordnete Skelett, von oben gesehen, nur eine leichte Krümmung der Wirbelsäule zeigt. Die Vorderextremi- täten sind entsprechend dieser Seitwärtskrümmung angepaßt. 5ar ; 67 Schriftenverzeichnis DEcHASsEAuUx, C.: Sirenia. — S. 333—363, 35 Abb. in: Traite de Pal&ontologie, VI, 2, Paris 1958, herausgeg. v. J. PIVETEAU. Lepsıus, G. R.: Halitherium Schinzi die fossile Sirene des Mainzer Beckens. — Abh. Mittelrhein. geol. Ver., 1, 2, IV und 200 S., VIII Tafelerkl., Taf. 1—10, Darmstadt 1882. NEUMANN, D.: Das Handskelett von Halitherium Schinzi Kaup. — Palaeontol. Z., 18, S. 257—291, Taf. 18/19, 4 Abb., Berlin 1936. Tafelerläuterung Tafel 7 Fig. 1: Halitherium schinzi Kaur, Schädel von der Gaumenseite. (x 0,35) Fig. 2: Halitherium schinzi Kaur, Schädel und Unterkiefer von links. (x 0,35) Fig.3: Halitherium schinzi Kaup, montiertes und ergänztes Skelett von rechts. (x 0,05) Die Originale zu Fig. 1—3 befinden sich in der Bayerischen Staatssammlung für Palä- ontologie und historische Geologie, München, unter der Inventarnummer 1956 I 540. 68 L I>JeL Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 2 | 69—87 | München, 1. August 1962 Das Nördlinger Ries und die Meteortheorie Von RıcHArRD DEHM, München Mit 2 Abbildungen Zusammenfassung Einerseits liefert die Meteortheorie für das Ries die erforderliche hohe Energie, während die bisherigen vulkanischen Deutungen hiezu nicht ausreichen. Andererseits zeigt das Ries zeitlich und räumlich so enge Beziehungen zum jung- tertiären Vulkanismus und zum Bau der Süddeutschen Großscholle, insbesondere zum „Miniaturries“ Steinheimer Becken und zu den Uracher Vulkan-Embryonen, daß ein Meteoreinschlag an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt einen höchst unwahrscheinlichen Zufall bedeuten würde. Weitere Untersuchungen sind nötig. Summary . A Ries meteor impact would bring the necessary high energy which is not given by the different theories of a volcanic Ries origin. But the Ries belongs to the same short Upper Miocene period as the volcanoes of southern Germany, especially as the nearby located Steinheim Basin and the „eryptovolcanic‘“ basalt and basalt tuff craters and pipes of Urach in Wurttemberg. Therefore a meteor impact on this very spot and at this very time seems most unlikely. Further studies are necessary. Inhalt BERGE Er EN ER u RE EEE NT a 69 1, Die Nester ar a a oe ao Nora oe, 30 ee He 70 DIV 1Ey Meteoriheotiee ee en, RE Nee ne Ale sen Veläte, Fee eigene 72 3. Der Zeitpunkt der Rieskatastrophe und die Zeiten des Vulkanismus in Süddeutschland 74 4. Der Ort der Rieskatastrophe in der Süddeutschen Großscholle . . . 2» 22.2... 79 SeEreebnis, Meteor-Theorie unwahrscheinlich . 2 rare era ae. nn 83 Behniftenverzeichtiise BurEebe Be ee ee N er er Fehaehe 85 Einleitung Die Entdeckung des Minerals Coesit in Gesteinen des Nördlinger Rieses durch die nordamerikanischen Geologen E. C. T. CHao und E. M. SHOEMAKER (PEcorA 1960, S. 19) in Washington hat in den letzten Jahren die Frage nach der Entstehung des Rieskessels neu belebt. Coesit, eine Hochdruckmodifikation des Quarzes, ist in der Natur zuerst im Arizona-Krater (Meteor Crater, Barringer 69 Crater), einer unzweifelhaften Meteor-Einschlagstelle von 1,2 km Durchmesser nachgewiesen worden (CHAO, SHOEMAKER & MApsen 19060, S. 220—222). Dann wurde es auch im Wabar-Krater in Südarabien und im Ashanti-Krater in Ghana, gleichfalls unzweifelhaften Meteorkratern, gefunden, ferner im Sprengkrater einer unterirdischen Atombombe in Nevada. Seit mehr als hundert Jahren kennt man das Nördlinger Ries als eine Stelle, an der sich im jüngeren Tertiär außergewöhnlich starke Kräfte ausgewirkt haben müssen; ganz besonders hat man es mit bekannten vulkanischen Sprengtrichtern, den Maaren, verglichen und in ihm die Wirkung einer eigenartig modifizierten vulkanischen Explosion gesehen. Der Nachweis von Coesit läßt nun wieder an einen Meteoreinschlag als Energiequelle denken; Sturzers (1936, S. 510—523) Argumente zugunsten der Meteortheorie haben damals keine Anerkennung gefunden (u. a. Kranz 1937, S. 198&—202). Heute wird, im Zusammenhang mit der Aktualität atomarer Sprengkräfte, das Ries in zahlreichen Aufsätzen, auch in der Tagespresse, mit Meteorkratern in Verbindung gebracht oder ausdrücklich als solcher erklärt (u. a. PEcorA 1960, S. 19; BEALS, INNES & ROTTENBERG 1960, 5:29» Diez ‚1961..5.,55- 56). Bei der langjährigen Berührung mit der Geologie des Nördlinger Rieses haben wir uns (SCHRÖDER & DEHMm 1950, S. 134) auch die Meteordentung vor- gelegt; sie schien uns einen ganz undenkbaren Zufallstreffer zu postulieren und daher abwegig zu sein. Die Möglichkeit eines Meteoreinschlages ist auf der Erde überall und jederzeit gegeben; er besitzt keinerlei, weder zeitliche noch örtliche Beziehungen zum geologischen Bau seines Aufschlagsortes. Etwaige solche Be- ziehungen könnten nur scheinbar sein; ihr Zusammentreffen wäre zufälliger Natur. Taucht bei einem geologischen Problem die Möglichkeit meteoritischer Entstehung auf, dann erwächst dem Geologen die Aufgabe, nicht nur die posi- tiven Spuren des Meteors zu suchen, sondern auch die Frage nach etwaigen zeit- lichen und örtlichen Beziehungen zwischen der Katastrophe und ihrem Ort zu überprüfen. Zu einer ausführlicheren Beurteilung der Meteortheorie dürfte es daher geraten sein, zunächst die wesentlichen Ries-Phänomene zusammen- fassend zu überblicken und dann die zeitlichen und örtlichen Beziehungen zu untersuchen. Für freundliche Mitwirkung durch Literaturhilfe und Diskussion des Ries- problems bin ich den Herren Konservator Dr. K. W. BARTHEL, Prof. Dr. F. NEUMAIER, Prof. Dr. E. Preuss, besonders über die Meteortheorie des Rieses, Prof. Dr. J. SCHRÖDER und Oberkonservator Dr. H. K. ZÖBELEIN, sämtliche in München, gerne zu Dank verbunden. 1. Die Ries-Phänomene Einige auffallende Phänomene haben die erste Aufmerksamkeit auf das Nördlinger Ries gelenkt; die speziellen, für die Deutung aber nicht weniger wichtigen, sind erst im Laufe der weiteren Erforschung erkannt worden. 70 a) Die auffallenden Ries-Phänomene 1. Das Nördlinger Ries bildet eine angenäherte Kreisform von 21 bis 24 km Durchmesser mit einer Eintiefung von 40 bis 150 m Tiefe gegen seine unmittelbare Umgebung. 2. Innerhalb des Rieses und um das Ries herum bis 25 km vom Riesrand entfernt finden sich die Gesteine des kristallinen Untergrundes, des oberen Keupers, des unteren, mittleren und oberen Juras und des älteren Tertiärs ortsfremd aus ihrer ursprünglichen Lagerung gerissen, aufs stärkste zer- trümmert und durchmengt oder auch noch als einzelne größere Schollen im Schichtverband geblieben und weniger zertrümmert. Wo es die Aufschlüsse rings ums Ries erkennen lassen, liegen diese Massen („Bunte Breccie“, „Weißjura- Gries‘) ortsfremd auf geglätteter und riesauswärts geschrammter Unterlage. Die Volumenberechnungen, ob die sämtlichen Trümmermassen rings um das Ries aus dem Rieskessel stammen können, werden dadurch erschwert, daß sowohl über die Größe des ursprünglichen Sprengtrichters als auch über die Menge der ursprünglichen Schuttmassen gewisse Annahmen gemacht werden müssen; diese Voraussetzungen können so gewählt werden, daß die Volumina in der Größenordnung einander entsprechen. Setzt man aber einen verkleinerten Sprengtrichter und eine gleichmäßige Verteilung der Schuttmassen in allen Sektoren rings um das Ries voraus, dann reicht der Rieskessel nicht aus. 3. Echtes magmatisches Gestein fehlt; Reich (1955, S. 111—112) schließt aber aus starken magnetischen Anomalien auf Basaltströme in der Tiefe und auf einzelne Basaltschlote. Ein pseudovulkanisches Gestein, der Suevit, ist im Innern selten, in den Randgebieten an etwa 150 Stellen nachgewiesen worden; es enthält kein echtes Magma, sondern besteht aus zertrümmerten und ange- schmolzenen, zum Teil verglasten Komponenten kristalliner Gesteine. Stellen- weise, besonders in gedrehten Bomben und Lapilli, zeigt es schlierig-blasige Fließstrukturen. Der Suevit ist erst nach den Trümmermassen entstanden; er durchschlägt sie. 4. Der Rieskessel ist im Innern bis zu einer Tiefe von 250—320 m (REıcH 1955, S. 47) und an den Rändern mit Süßwasserkalken, -mergeln und -tonen obermiocänen und zwar sarmatischen Alters erfüllt (vgl. S. 74). b) Die speziellen Ries-Phänomene 5. Im Suevit und in den beanspruchten kristallinen Gesteinen befinden sich ungewöhnliche Mineralien: ‚wasserhelles isotropes Mineral‘ (GÜMBEL 1891, S. 204); „ein stark lichtbrechendes Mineral“ (v. Ammon 1904, S. 173, 180, Abb. 14); „isotrop gewordener Feldspat“, „Neubildungsprodukte von ge- schmolzen gewesenen Feldspaten“, „dunkelgrünes Mineral“, ‚„farbloses Mineral“ u. a. (ÖBERDORFER 1905, S. 18—23, Taf. 1); Coesit (Nachweis durch CHao und SHOEMAKER 1960). 6. Außer Suevit gibt es „Granitische Explosionsprodukte“ (BRAncA 1903, 47—63); kristallines Gestein tritt fein zerstäubt als Gangfüllung in Kristallin oder auch in Weißjura auf. 71 . 7. Die. Riestrümmermassen und die Suevit-Eruptionsstellen sind nicht gleichmäßig um das Ries verteilt, im Nordwesten und Norden viel weniger als im Süden und besonders Südwesten. Ob aber die REurerschen Blöcke, auf- gelagert auf Obere Süßwassermolasse zwischen Donau und Augsburg, aus dem Ries stammen, ist unbewiesen. .8. Aus dem Auftreten von fossilführenden Süßwassersedimenten des Tor- toniums sowohl in den betroffenen, vorriesischen Gesteinen als auch in der nachriesischen Kesselfüllung ergibt sich das Alter der Rieskatastrophe als intratortonisch (vgl. S. 74). 9. Vor- und nachriesische Tektonik ist nachweisbar. 10. Eine nachriesische Abtragung und Ausräumung hat stattgefunden; sie war aber nicht so bedeutend, daß nicht die ursprüngliche Gestalt des Ries- kessels und die vor- und nachriesischen Gesteine in großem Umfange erhalten geblieben wären. 11. Das Riesgebiet hat bereits vor der Rieskatastrophe als Ablagerungs- traum für Gesteine gedient, die in den benachbarten Juragebieten wenig oder nicht vorhanden sind, so für oberoligocänen Süßwasserkalk und altobermiocänen Lepolith. 12. Der Ort des Rieses weist Beziehungen zum geologischen Bau innerhalb der Süddeutschen Großscholle auf (vgl. S. 79). Die Erforschung des Nördlinger Rieses hat von Anfang an gezeigt, daß dort eine ganze Anzahl besonderer geologischer Phänome der Erklärung harren. Dabei hat es mehrfach geschehen können, daß eines oder wenige Phänomene überbetont und statt einer Gesamt- nur einer Teilerklärung zugeführt wurden. Die Entdeckung ortsfremder Massen auf geglätteter und riesauswärts geschrammter Unterlage führte zur Vorstellung eines Riesgletschers (C. DEFFNER, E. Koxen). Die Betonung der gewaltigen Sprengung mit Sprengtrichter und riesauswärts geschleuderten und geschobenen Trümmermassen ringsum wurde zur Grundlage einer „reinen Sprengtheorie‘ (E. Suess, W. Kranz). Die seltsame Vergriesung der Oberjurakalke in Verbindung mit kleintektonischem Hack werk in manchen Ries-Randgebieten ließ eine vorwiegend tektonische Deutung des Rieses mit alpinen Druckkräften entstehen (C. REGELMANN, R. SEEMANN). Für die Erforschungsgeschichte des Rieses waren alle diese Vorstellungen bedeutsam, da sie jeweils neue Phänomene ins Licht rückten und zu weiteren, genaueren Beobachtungen vielseitig anregten. Beeindruckt von der Vielfalt der Erschei- nungen entwickelten W. BRAncA & E. FrAAS eine weniger einfache „„Hebungs- Explosions-Theorie‘, mit „örtlichen Aufbrüchen“, die auch J. SCHRÖDER und der Verfasser ihrer Erklärung zugrunde legten. 2. Die Meteortheorie Beim gegenwärtigen Stand der Diskussion um die Entstehung des Rieses liegt das Hauptgewicht auf denjenigen Beobachtungen und Überlegungen, welche als Kriterium für einen Meteorkrater dienen können: 12 Kreisform. Hochdruck-Mineralien Zertrümmerung und Überschiebungen Pseudovulkanisches Gestein (Suevit) Energiebilanz. Zwar ist das Ries schon durch O. StuTzEr (1936, S. 510—523) als Meteor- krater gedeutet worden, zwar wurden in der Riesdiskussion mehrfach Meteor- krater und ihnen ähnliche Kreisstrukturen zum Vergleich herangezogen: Serpent Mound, Arizona-Krater u. a. in Nordamerika, Vredefort-Bergland in Südafrika, Köfels in Tirol (vgl. Kranz 1937a, 198— 202; 1938, 113—138; 1949, 159—160). Aber jetzt erst erhält durch die exakten Fragen nach der Höhe der erforderlichen Energie, der Drucke und der gesamten Energiebilanz der Vergleich des Rieses mit Meteorkratern Bedeutung. Die bisherigen Vorstellungen über die Energie- bilanz bei vulkanischen Explosionen bleiben demgegenüber unzureichend und sind zu überprüfen. Ganz augenscheinlich aber kann die Meteortheorie des Rieses die Höhe des Energiebetrages und die Art seiner Vernichtung liefern. Sie erklärt die Kreisform, sie liefert die momentane Energie für die Hochdrucke zur Coesit- bildung und Vergriesung und zu den Überschiebungen und das pseudovulkani- sche Aufschmelzen der kristallinen Gesteine zum Suevit. Bei der Annahme eines schrägen Auftreffens aus NNO nach SSW könnte auch die von einigen betonte, von anderen bestrittene Unsymmetrie in der Verteilung von Trümmermassen und Sueviten, nämlich ihr Vorwiegen im Süden und Südwesten (SCHRÖDER & Denm 1950, S. 127—130, Abb. 3) eine Erklärung finden. So sehr diese wesentlichen Punkte zugunsten der Meteortheorie des Rieses sprechen, ist es doch erforderlich, den Gesamtkomplex der Phänomene im Auge zu behalten. Denn Meteoreinschläge zeichnen sich durch zweierlei aus: 1. Sie sind von außen kommende Ereignisse, ohne jede Beziehungen zu den geologischen Strukturen des Einschlagortes. Lediglich die Art der Aus- wirkungen der Meteor-Energie könnte durch die am Ort gegebenen Strukturen und Gesteine modifiziert werden. 2. Solch große Meteoreinschläge, daß sie geologisch erkennbare Wirkungen hervorbringen, sind äußerst seltene Ereignisse; an sicheren oder vermuteten Vorkommen stellt R. S. Dierz (1961, S. 54—55) für Nordamerika 27 zusammen, für Europa 3 (Ries, Steinheim, Krater Sall auf Ösel; dazu käme noch Köfels in Tirol, Kranz 1937c, S. 50—55), für Afrika mit Arabien 4, für Australien 4. Aus dem (nach anderen unzulässigen) Vergleich mit der Dichte der Mondkrater schließt Dierz (S. 51) aber auf eine Zahl von 50000 Riesenmeteoriten auf der Erde während der letzten 500 Millionen Jahre. Das würde bedeuten, daß bei 500000000 qkm Erdoberfläche 1 Riesenmeteor auf 10000 qkm käme, also auf Nordamerika 2400, auf Afrika 2980, auf Europa 1000 usw., ganz offensichtlich das unrichtige Ergebnis einer Rechnung mit unzutreffenden Voraussetzungen. Selbst bei aller Berücksichtigung der Abtragung können große Meteoreinschläge nur ganz vereinzelte Ereignisse gewesen sein. Auch aus den Ausführungen von 73 Dierz (1961, S. 58) über die möglichen fürchterlichen Folgen, die der Einschlag eines Riesenmeteors im Meere haben müßte, geht dies hervor; ein solcher Ein- schlag in der Mitte des Atlantischen Ozeans könnte nach Dietz eine Flutwelle von 20000 Fuß (= 6650 m) Höhe erzeugen. Als Folgen einer solchen Kata- strophe könnte man sich allenfalls so seltene Bildungen wie Wildflysch und ähn- liche Sedimente vorstellen. Aber nach der Schätzung von DIETZ müßten während der letzten 500 Jahrmillionen, d. i. seit dem Kambrium, auf die 361000000 du umfassenden Ozeanflächen 36100 Riesenmeteore niedergegangen sein. Das Ries ist der weitaus überwiegenden Zahl der bisherigen Betrachter nicht als ein isoliertes, zur Umgebung beziehungsloses Gebilde erschienen. Im Gegen- teil, zeitliche und örtliche Beziehungen schienen von Anfang an gerade beim Nördlinger Ries so ausgesprochen gegeben zu sein, daß es immer wieder nicht nur mit dem jungtertiären Gesamtvulkanismus von Mitteleuropa, sondern auch . mit den seit Beginn des Mesozoikums geprägten Großstrukturen des geologi- schen Baues von Süddeutschland in Zusammenhang gebracht worden ist. 3. Der Zeitpunkt der Rieskatastrophe und die Zeiten des Vulkanismus in Süddeutschland Das Nördlinger Ries gehört zu den wenigen fossilen Trichtern, bei denen das geologische Alter mit großer Genauigkeit angegeben werden kann. Es muß jünger sein als alle betroffenen Gesteine und älter als alle nicht betroffenen. Als bisher jüngster Bestandteil der bei der Katastrophe entstandenen Bunten Trüm- mermassen ist ein Landschnecken führender Lepolithkalk ermittelt worden; er gehört dem älteren Obermiocän, dem Tortonium, an; an etwa 50 Stellen, be- sonders im Westen und Osten des Rieses, ist er gefunden worden. Nach der Katastrophe ist der Rieskessel von limnischen Gesteinen erfüllt und besonders an den Rändern von fossilführenden Süßwasserkalken ausgekleidet worden. Fossilfunde werden von rund 70 Stellen genannt; einige davon, Spitz- berg bei Appetshofen, Adlerberg bei Nördlingen, Goldberg bei Pflaumloch, Trendel bei Ursheim, haben artenreiche Faunen geliefert, die in das jüngere Obermiocän, in das Sarmatium, gehören. Das Riesereignis ist demnach bisher zwischen älterem und jüngerem Obermiocän eingestuft worden. Bei der pollenanalytischen Untersuchung des Bohrprofils Deiningen I in der limnischen Füllung des Rieskessels fand nun Rem (1961, S. 165) die Probe aus Teufe 110 m dem Sarmatium zugehörig, diejenige aus Teufe 250 m aber dem Tortonium. Danach wäre die Rieskatastrophe innerhalb des Obermiocäns etwas früher, vor die Wende Tortonium/Sarmatium, nämlich in das jüngere Tortonium einzustufen. Süddeutschland hat nach dem Rotliegend-Vulkanismus der variszischen Ära des Spät-Paläozoikums nur noch einmal eine vulkanische Periode durchgemacht, und zwar im jüngeren Tertiär. An zahlreichen Stellen hat sich aus der strati- 74 En ee graphischen Lage, aus fossilführenden Tuffen, Maarfüllungen u. a. das genauere Alter ermitteln lassen. Danach dauerten die vulkanischen Vorgänge vom (Aqui- tanium?) Burdigalium bis in das Pontium. Eine Reihe von Vulkangebieten zieht durch das nördliche Süddeutsch- land. Beim Vogelsberg, der größten Vulkanmasse des Gebietes, spricht die Fauna „eher für älteres Miozän (Burdigal/Helvet), weniger für Torton/Sarmat“ (Togıen 1954, S. 588). Die Rhön-Basalte und -Basalttuffe können in das Tor- tonium und Sarmatium eingestuft werden (SCHUSTER VI, S. 137—139). Die Serie der oberpfälzisch-oberfränkischen Vulkane vom Hohen Parkstein bei Weiden, Rauhen Kulm bei Neustadt am Kulm u.a. steht über den Reichsforst mit dem nordböhmischen Basaltgebiet in Verbindung, dessen Alter als oberoligocän bis obermiocän (und pleistocän?) gilt. Mangels Beziehungen zu fossilführen- den Tertiärgesteinen kann das Alter einzelner kleinerer Basalte, Phonolithe und zugehöriger Tuffe nicht enger eingegrenzt werden: Basalte und Phonolithe von Aschaffenburg (Obermiocän-Pliocän), Basalte des Grabfeldes, Basalt von Oberleinleiter bei Heiligenstadt und Basalte bei Kulmbach; diese Vorkommen gleichen in ihrem. Auftreten und Gesteinscharakter den anderen, nur fehlen mangels begleitender fossilführender Ablagerungen die Möglichkeiten zur Alters- bestimmung; es liegt aber kein Grund vor, sie nicht den übrigen jungtertiären Vorkommen gleichzustellen. Imsüdlichen Süddeutschland zieht sich eine Reihe von Vulkangebieten von Südwesten auf die Mitte hin: Kaiserstuhl, Hegau-Vulkane, Uracher Vulkan- Embryonen, und in deren Fortsetzung, aber frei von echten vulkanischen Ge- steinen, das Steinheimer Becken und das Nördlinger Ries. Diese fünf Gebilde sind gelegentlich als eine genetisch zusammenhängende Reihe aufgefaßt worden, z. B. als der „Südrheinische Vulkanbogen“ (CLoos 1939, 473—477); doch haben der Kaiserstuhl und die Hegau-Vulkane nicht ganz übereinstimmendes Alter. Der Kaiserstuhl im Oberrheingraben ist frühmittelmiocän, burdigal, vielleicht auch aquitan (TosıEn 1958, S. 4—5), nicht obermiocän wie früher ver- mutet. Der dem Kaiserstuhl nächst gelegene Limberg gehört ins Jungburdigalium (ToBıEn 1958, S. 4—5). Bei den Hegau-Vulkanen enthalten limnische Schichten, in die Tuffe und Tuffite eingeschaltet sind, u. a. die bekannte obermiocäne, wohl sarmatische, Fauna und Flora von Öhningen am Schienerberg und die reiche unterpliocäne Fauna vom Höwenegg; die vulkanische Tätigkeit dauerte hier also vom jüngeren Tortonium bis zum Pontium. Die etwa 185 Uracher Vulkan-Embryonen bilden eine auf der Erde wohl einzigartige Gruppe von Maaren, Maartesten, Gängen und Stümpfen (Branco 1894, S. 505—997; 1896, S. 1—337; Croos 1942, S. 705—800; Gc. WAGNER 1956, S. 108—126). Sie entstammen dem in der Tiefe steckengebliebenen „Schwäbischen Vulkan“ (CLoos); wenn es auch keine übereinstimmende Gruppe gibt, so lassen sich nach Croos (1942, S. 790—794) doch gewisse Vergleiche durchführen: mit Vulkanschloten in Missouri und in Schottland, besonders aber £ 75 in der Gestalt der Einzelschlote und im Vorkommen von großen Sinkschollen innerhalb der Schlote mit den Kimberlitschloten von Südafrika. Einige der Uracher Maare, wie das Randecker Maar, die Maare von Böttingen, Hengen, Laichingen und Würtingen enthalten fossilführende limnische Ablagerungen obermiocänen Alters; besonders die Fauna von Laichingen ist artenreich und enthält nur Arten, die auch in Steinheim vorkommen (BrAnco 1895, S. 187—188); sie ist also sarmatischen Alters. Das Maar selbst muß kurz vorher, an der Wende Tortonium/Sarmatium oder im jüngeren Tortonium entstanden sein. Gründe, für die anderen Uracher Vulkan-Embryonen andere Bildungszeit anzunehmen, liegen nicht vor. Das Steinheimer Becken bei Heidenheim an der Brenz stellt mit 2,5 km Durchmesser eine „„Miniaturausgabe des Rieskessels bei Nördlingen“ dar (GÜümBEL 1891, S. 185); es wurde zusammenfassend durch Kranz, BERZ & BERCKHEMER (1924, S. 1—138) bearbeitet. Wie das Ries zeigt es Transport älterer Formationen aus der Tiefe in die Höhe des Oberen Weißen Juras, Gesteinszertrümmerung und Fehlen eines vulkanischen Gesteins. Im Steinheimer Becken kommt Strahlenkalk (shatter cones) vor und wird u. a. von Dietz (1961, S. 53) als Hinweis auf einen Meteoreinschlag gewertet, ebenso wie ROHLEDER (S.463—468) das Steinheimer Becken aus anderen Gründen als Meteorkrater betrachtet hat, worin ihm Kranz u. a. nicht gefolgt sind. Das Becken enthält eine Serie von Süßwasserschichten, die durch ihren Reichtum an Säugetierresten und Land- und Süßwassermollusken berühmt ist. Die Hauptfauna gehört in das Sarmatium. Sichere Hinweise, daß die tiefsten Schichten, die Kaltwasserschichten, nicht in das Sarmatium, sondern in das Tortonium einzustufen sind, haben sich nicht ergeben. Da sich wohl auch hier der Kessel alsbald nach seiner Bildung mit Wasser gefüllt hat, muß seine Entstehungszeit auf die Wende Tortonium/Sarmatium, allenfalls jüngeres Tor- tonium angesetzt werden, wie bei den Uracher Vulkan-Embryonen. In der Verlängerung der Reihe Hegau — Urach — Steinheim liegt schließlich das Nördlinger Ries, gleichfalls von obermiocänen und zwar sarmatischen Süß- wasserschichten erfüllt. Spüren eines jungtertiären Vulkanismus haben sich auch im voralpinen Molassegebiet zwischen Alpen und Donau gezeigt. Die von Malgersdorf in Niederbayern über Landshut und Augsburg nach Krumbach in Schwaben ver- folgbaren Bentonite entstammen einem noch nicht lokalisierten Vulkanismus des Molassegebietes (LEMCKE, V. ENGELHARDT & FÜCHTBAUER 1953, S. 73—75); bis in die Schweiz haben sich die Bentonite nachweisen lassen (Pavont 1958, 299—304). Sie halten sich innerhalb der Oberen Süßwassermolasse mit einer oder zwei Lagen etwa an die Grenze Tortonium/Sarmatium. Etwa in dem gleichen Niveau, im Oberen Tortonium, befindet sich bei Gallenbach nordöstlich von Augsburg ein „vulkanischer Brockhorizont“ mit Auswürflingen jungmesozoi- scher Gesteine (STEPHAN 1952, S. 76—85; vgl. auch Büchı & HormAnn 1945, S. 337—343). NATHAN (1957, S. 139—140) hat in der Bohrung Tuchfabrik Busse ın Nördlingen innerhalb der obermiocänen Riessee-Sedimente in 34,5 m Teufe 76 he ru Abb. 1: Das Nördlinger Ries in der Zeittabelle zwischen Perm-Vulkanis- mus und heute; es fällt in den gleichen kurzen Zeitausschnitt wie die Molasse-Bentonite (MOL), die Uracher Vulkan-Embryonen (URACH) und das Steinheimer Becken (STEINHM). Zeitmaß in }Jahrmillionen nach Kurr (1960, S. 23). 6* PLIOCAN 72 MOL URACHSTEINHM RIES MIOCAN 23 OLIGOCAN 3 2%) PALAOCAN 70 KREIDE 135 180 220 0B: PERM 250 TR, eine mindestens 10 cm mächtige Lage von Bentonit festgestellt; daraus ergibt sich, daß einerseits die Bentonite des Molassegebietes nicht der Rieskatastrophe ent- stammen, daß sie ihr aber andererseits zeitlich sehr rasch gefolgt sind. Die Rieskatastrophe, während des Tortoniums, fällt also in die jungtertiäre Hauptzeit des mitteleuropäischen Vulkanismus vom Oberoligocän bis zum Mittel- pliocän. Zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeiten des Zusammentreffens der verschiedenen Vorgänge seien die absoluten Jahreszahlen für die Zeiträume betrachtet (Abb. 1); dabei werden die Angaben nach Kurpr (1960, S. 23) zugrunde gelegt. Seit dem Vulkanismus des ausgehenden Rotliegenden, dem letzten vor- tertiären des Gebietes, sind 250-106 Jahre bis heute anzusetzen. Die Gesamtreich- weite des tertiären Vulkanismus umfaßt in Mitteleuropa Ober-Oligocän bis etwa Mittel-Pliocän, das sind etwa 21-10° Jahre; in diesen Ausschnitt von 8,4%, der Gesamtzeit fällt auch die Rieskatastrophe. Vergleicht man aber, was natürlicher- weise richtiger ist, mit dem Ries die ihm nächstgelegenen Vorkommen, nämlich das Steinheimer Becken, die Uracher Vulkanregion und die Bentonite der Oberen Süßwassermolasse, so engt sich. der gemeinsame Zeitraum auf das Tortonium und zwar unter Ausschluß dessen unteren Teils ein. Setzt man das Miocän auf 11 Jahr- millionen an und rechnet für jede der 5 Stufen Aquitanium — Burdigalium — Helvettum — Tortonium —- Sarmatium durchschnittlich 2,2 Jahrmillionen, so treffen auf das halbe Tortonium 1,1 Jahrmillionen. Das heißt also: in eine Zeit- spanne, die nur 0,44%, der ganzen Zeit umfaßt, fallen sowohl die Uracher Vulkan- eruptionen, die Entstehung des Steinheimer Beckens und die Eruptionen der Bentonite als auch die Rieskatastrophe. Das zeitliche Zusammentreffen des Riesereignisses mit dem obermiocänen Vulkanismus würde natürlich dann an Gewicht verlieren, wenn eine solche Kata- strophe im Gebiet nicht einmalig, sondern mehrmals, zeitlich und räumlich ge- streut, nachweisbar oder wenigstens angedeutet wäre. Die geologischen Ge- gebenheiten wären in Süddeutschland für einen solchen Nachweis nicht gerade ungünstig. Mindestens seit der Zeit des Oberen Jura haben große landfeste Flächen frei gelegen; Trichter und Schütterzonen in der Art des Rieses müßten auch bei Abtragung mehrerer hundert Meter Gesteins noch erkennbar geblieben sein. Reliktgesteine aus Trias, Jura und Kreide spielen ja in der Landschafts- geschichte Süddeutschlands eine große Rolle. Auch aus vorjurassischer Zeit wären in Süddeutschland meines Erachtens in den zum Teil seit dem Tertiär freigelegten Buntsandstein- und Keupergebieten noch manche Möglichkeiten gegeben, Spuren solcher Katastrophen anzutreffen. Wie allgemein bekannt, hat sich bisher keinerlei Hinweis auf weitere Riese, auch nicht auf viel kleinere, ergeben. Das Nördlinger Ries ist ein für Süddeutschland einmaliges Ereignis, allen- falls mit dem „Miniaturries“ von Steinheim vergleichbar. Zeitlich trifft es ganz eng mit der Hauptphase des mitteleuropäischen Tertiärvulkanismus zusammen, ebenso wie das Steinheimer Becken und die gleichfalls einmaligen Uracher Vulkan-Embryonen. Das Nördlinger Ries ist also in einer besonderen und nicht zu übersehenden Weise zeitlich in den jungtertiären Vulkanismus einbezogen. 78 4. Der Ort der Rieskatastrophe in der Süddeutschen Großscholle Das Nördlinger Ries befindet sich etwa in der Mitte der heutigen „Südwest- deutschen Großscholle“ (CArı£ 1952, Taf. 1, Fig. 4—9), diese bildet ein großes, fast gleichseitiges Dreieck mit 450 km Seitenlänge; Nordwestseite = Oberrhein- graben und Hessische Senke als Teil der Mittelmeer-Mjösen-Zone, Nordostseite — die ostbayerischen variszischen und prävariszischen Grenzgebirge; Südseite — Nordalpen (Abb. 2). In dieser Großscholle spielen drei tektonische Richtungen eine Rolle: die rheinische, SSW-NNO, nur im Westteil, die schwäbische, WSW- ONO, besonders im Kerngebiet, die hercynische, NW-SO, verstreut über das ganze Gebiet. o Nürnberg N N Stuttgto N me me o Steinhm +“ o Gollembach o Münden Basel © Abb. 2: Lageskizze des Nördlinger Rieses in der Süddeutschen Großscholle. Die jungtertiären Hauptvulkangebiete sind umstrichelt. Der Skizze liegen zugrunde die Angaben und Kartenskizzen von BREYER 1956, CArLe 1950, besonders CArLE 1952, SCHMIDT- KaLer.1961, SersoLp 1951 und SterHman 1952. 2 a) Der Ort der Rieskatastrophe zeigt sich mehrfach mit der schwäbischen WSW-ONO-Richtung verbunden. Zunächst durch das Schwäbische Linea- ment, die wichtigste lineare Struktur Württembergs (SEIBOLD 1951, S. 285— 324); es fällt nach SEIBOLD mit dem zentraleuropäischen Hauptscheitel zusammen und ist als eine präriesisch durchgepauste variszische Tiefenstruktur zu verstehen; der Westrand des Rieses schneidet das Lineament ab; am Ostrand hat sich die Fort- setzung gefunden (SCHMIDT-KALER 1961, S. 192). Das Nördlinger Ries liegt also nicht nur im Mittelpunkt der Süddeutschen Großscholle, sondern zugleich auf deren wichtigster WSW-ONO-Linie. Bereits in der Oberfläche des Varistikums, wie es die seismischen Messungen erkennen lassen, zeichnet sich die WSW-ONO- Richtung ab; vom mittleren Schwarzwald zieht nach Ostnordosten eine Reihe von Einmuldungen unter dem Uracher und Steinheimer Gebiet zum „Buckel“ des Rieses (BREYER 1956, S. 33, Abb. 6). Die WSW-ONO-Richtung bedeutet ja in Süddeutschland seit mesozoischen Zeiten die Richtung der variszisch geprägten Vindelizischen Schwelle, die die alpin-mediterrane Geosynklinale vom epikon- tinentalen Sedimentationsraum der Germanischen Trias trennte. Das Gebiet des Nördlinger Rieses lag daher während des Mesozoikums zeitweise auf der Schwelle und bildete vom Buntsandstein bis zum Mittleren Keuper gegenüber dem ger- manischen Sedimentationsbecken im Norden und Nordwesten ein sedimentations- freies Hochgebiet. Vom Oberen Steinmergelkeuper bis zum Oberen Weißen Jura war es inden germanischen Sedimentationsraum einbezogen. Nach der Trocken- legung während Kreide und Alttertiär, zusammen mit dem Hauptteil des übrigen Gebietes, bildete es im jüngeren Tertiär das Hochgebiet gegen Süden und Süd- osten, gegen das Molassebecken; die Klifflinie des mittelmiocänen Molassemeeres verläuft hart südlich des Rieses in der schwäbischen WSW-ONO-Richtung; ebenso reicht die Obere Süßwassermolasse von Südosten eben an das Riesgebiet. Parallel zur Klifflinie und nach Ostnordosten darüber hinaus bildet die das Absinken der Juraplatte bezeichnende „Donau-Flexur‘“ den Südrand des Vor- rieses und zugleich den generellen Nordrand des Molassebeckens gegen den Schwäbischen und den südlichen Fränkischen Jura. Die WSW-ONO-Linie durch das Riesgebiet bildet also zugleich eine die Sedimentation seit dem Mesozoikum bestimmende Kippungsachse bzw. ein Scharnier. Die gleiche WSW-ONO-Richtung wird auch von der Reihe Uracher Vulkan- Embryonen über Steinheimer Becken zum Nötrdlinger Ries eingehalten, wobei noch die bekannte Abnahme der Magmaförderung und Zunahme der explosiven Erscheinungen den Eindruck einer Reihe verstärken, zumal wenn man die Hegau- Vulkane einbezieht. In WSW-ONO-Richtung zieht die bedeutende magnetische Anomalie vom Uracher Gebiet zum Steinheimer, erreicht aber das Ries nicht; dort erscheinen Anomalien, die nach Reıcn (Reıcn & Horrıx 1955, S. 111—112) „mit basalti- schen Ergußsteinen in Beziehung gebracht werden müssen“. b) Der Ort der Rieskatastrophe wird nun aber noch dadurch betont, daß er auch auf einer hercynischen, NW-SO-Linie liegt, die seit den Untersuchun- 80 gen von GG. WAGNER am fränkischen Muschelkalk (1913, S. 445—447) im paläogeographischen Bild Süddeutschlands mehrmals eine Rolle spielt; es ist ein von der Vindelizischen Schwelle über das Riesgebiet nach Nordwesten laufender Sporn, die Gammesfelder Barre, wie sie GG. WAGNER bezeichnet hat. Im Bild des varistischen Untergrundes des schwäbisch-fränkischen Triaslandes tritt sie bereits hervor; die „Ries-Tauber-Barre“ zieht in SO-NW-Richtung gegen den Spessart und bildet das beherrschende SO-NW-Element des paläogeographischen Bildes (BREYErR 1956, S. 33, Abb. 6). Als „Riesbarre‘“‘ macht sie sich während des Mesozoikums mehrmals durch Sedimentationslücken und durch Faziesänderungen in ihrer Umgebung bemerkbar (P. Dorn 1937, 1—44). Der Oberste Weiße Jura ist nur im Südlichen Fränkischen Jura bei Neuburg an der Donau erhalten ge- blieben; vielleicht war er weiter südwestlich, im Schwäbischen Jura, infolge Hebung dieses Gebietes gegenüber dem nordöstlichen, schon gar nicht mehr abgelagert worden. Nach der Trockenlegung der ganzen Schichttafel in der Unterkreide bleibt jedenfalls auch während der Oberkreide der Westen sediment- frei; von Osten her reicht das Oberkreide-Meer eben noch an das Gebiet des Nördlinger Rieses heran. Also im Osten des Rieses Sedimentationsgebiet, im Westen Hochgebiet. Dieses Verhältnis kehrt sich im Tertiär um; von Südwesten her greifen Ausläufer der Molasse-Sedimentation bis in das Riesgebiet, während der Südliche Fränkische Jura östlich des Rieses davon zunächst frei bleibt. Die Untere Süßwassermolasse reicht von Ulm her mit chattischen Süßwasserkalken bis zum Ries und ein Stück nach Norden darüber hinaus bis Treuchtlingen (W. WAGNER 1960, S. 137—138), aber nicht nach Osten auf den südöstlichen Teil des Fränkischen Jura. Desgleichen läuft die mittelmiocäne Klifflinie auf über 120 km aus Südwesten bis nahe an das Ries heran und biegt unmittelbar südöstlich des Rieses, bei Harburg, nach Südosten ab, so daß der südliche Fränkische Jura mit Ausnahme der unmittelbaren Umgebung von Donauwörth (SCHETELIG 1960) vom mittelmiocänen Meer nicht mehr berührt wird. Während des Obermiocäns kommt es zu einem Ausgleich; die Obere Süßwassermolasse reicht mit kalkiger Randfazies sowohl auf den Schwäbischen wie auf den südlichen Fränkischen Jura jeweils randlich hinauf. Für das Obere Pliocän und Pleistocän ist wieder bemerkenswert, daß die dem Riesbereich zugehörige und die alte NW-SO-Rich- tung einhaltende Wörnitz zusammen mit der nahen Altmühl das Gefälle nach Südosten zur Donau hat beibehalten und damit dem jungen Angriff des Rhein- Systems bis heute hat trotzen können. Das junge tektonische Element im heutigen schwäbisch-fränkischen Triasgebiet ist der Fränkische Schild, nordwestlich des Rieses gegen den Spessart zu, gleichfalls auf der SO-NW-Linie gelegen. STEPHAN (1952, S. 80—82, Abb. 2) verlängert die „Ries-Linie‘“ vom Odenwald-Spessart- Schild über den Fränkischen Schild und das Nördlinger Ries nach Südosten weiter zum „Augsburger Hoch“ (ReıcH 1949, S. 81—87), in welchem auch der Eruptionsherd für den vulkanischen Brockhorizontvon Gallenbach zu vermuten ist. .Die NW-SO-Linie durch das Riesgebiet bezeichnet also gleichfalls, wie die WSW-ONO-Linie, eine höchst bedeutsame, seit dem Varistikum immer 81 wieder bis in das Känozoikum bemerkbare Achse für Schaukelbewegungen inner- halb des süddeutschen Sedimentationsraumes, ‚„‚das Scharnier für die oft gegen- läufigen Bewegungen der so ähnlich gebauten Albteile beidseits des Rieses“ (CArL£ 1950, S. 20). c) In einem weiträumigen, in den Tiefenstrukturen begründeten Zusam- menhang mit den vulkanischen Bildungen in West- und Süddeutschland hat als erster DEECKE (1925, S. 96—111) das Nördlinger Ries gesehen; er kann durch ein überraschend einfaches System von Geraden und Kreisen auf der Karte die Vulkan- und Thermengebiete Mitteleuropas miteinander in Verbindung bringen. Dreißig solcher Beziehungen führt er auf; bei sieben davon ist das Ries beteiligt. „Als Schluß ergibt sich also, daß im Innern der Erdkruste großzügige einfache Gesetze die Struktur beherrschen. Wir kommen immer wieder auf das Sechsecksystem zurück mit seinen regelmäßigen Winkeln und mit seinen geome- trisch ähnlichen, nur im Maßstabe verschiedenen Figuren“ (DEECKE, S. 110). Unabhängig davon führt CLoos (1939, S. 479, 516) den mitteleuropäischen Vul- kanismus auf Projektion von Tiefenspalten in die Oberkruste zurück, „die nach Größenordnung und Richtung dem ganzen Krustenfeld zugeordnet und daran erkennbar sind“. In den älteren Krustenstreifen seiner mitteleuropäischen Bei- spiele findet CLoos den Abstand der vulkanischen Tiefenspalten in der Größe von 85 bis 90 km; das Ries betrachtet er als Teil des „Südrheinischen Vulkanbogens“ Kaiserstuhl — Hegau — Urach — Ries: „Die viel umstrittene große, seichte Hohlform des Ries schließt den Bogen gegen Osten, und zwar in wiederum 85 km Abstand, was allein schon eine andere Entstehung als die vulkanische überaus unwahrscheinlich macht‘ (Croos, S. 476—477). Carı£ (1952, S. 64, Taf. 1, Fig. 4) vereinigt in seiner Darstellung der Süddeutschen Großscholle die Reihe Kaiserstuhl — Hegau — Urach — Ries, bei je 90 km Abstand, mit einem System von 60 km-Abständen der hercynischen Störungen und mit der nördlichen Vulkanreihe Vogelsberg — Rhön — Grabfeld — Oberleinleiter — Oberpfalz, die gleichfalls je im Abstand von 60 km aufeinanderfolgen. Allen drei Autoren, DEECKE, CLoos und CArL#£, erscheint das Ries räumlich untrennbar mit dem süd- deutschen Vulkanismus verbunden. Der Ort der Rieskatastrophe erscheint also gegenüber den geologischen Strukturen seiner Umgebung nicht als ein ganz beliebiger. Im Gegenteil, er liegt im Schnittgebiet der beiden bevorzugten, seit dem Varistikum bis heute erkenn- baren Bewegungsachsen. Diese Besonderheit der Lage wird dadurch verstärkt, daß sich dem Ries zwei weitere, auf der Erde anscheinend einzigartige, mit dem Ries gleichaltrige Gebilde, das ‚„‚Miniaturries““ Steinheimer Becken und die Schar der Uracher Vulkan-Embryonen, in der dichten Folge von 42 bzw. 53 km ihrer Mittelpunkte anreihen. d) Diese Darlegungen über die besondere Lage des Nördlinger Rieses inner- halb des geologischen Baues von Süddeutschland mögen dazu reizen, nach ähnlich'markanten Punkten zu suchen. Überblickt man mit solchen Augen das ganze Gebiet nochmals, so könnte man schon einige weitere Stellen für be- 82 sondere Ereignisse prädestiniert sehen, etwa die Ecken des Großdreiecks der süddeutschen Scholle oder im Oberrheingraben das Mainzer Becken vielleicht nicht weniger als die Ausbruchsstelle des Kaiserstuhl-Limberg-Vulkans oder auch das Dreiländereck von Molasseland, Jurazug und Altem Gebirge beim nördlich- sten Punkt der Donau nahe Regensburg. Selbst wenn man diese oder einige andere Punkte intensiver betrachten würde, ergäbe sich wohl nur ein entfernter Vergleich mit dem Riespunkt. Die allgemeine Erwägung, daß sich angesichts der oft wechselvollen geologischen Vergangenheit schließlich für jeden beliebigen Punkt geologische Besonderheiten finden lassen möchten, könnte jedenfalls hier keine Bestätigung erhalten. Dem Ort der Rieskatastrophe kommt — nach dem Dargelegten — eine besondere, man könnte sagen, einmalige Lage innerhalb der Süddeutschen Großscholle zu. 5. Ergebnis Die Erörterung der Frage, ob Zeit und Ort der Rieskatastrophe irgend- welche Beziehungen zu den geologischen Gegebenheiten des Gebietes aufweisen, führt also zur Bejahung. Die Rieskatastrophe fällt in den gleichen engen Zeit- abschnitt vom jüngeren Tortonium bis zum Beginn des Sarmatiums wie die Ent- stehung des Steinheimer Beckens, der Uracher Vulkan-Embryonen und der Bentonite des süddeutsch-schweizerischen Molasselandes; alle vier genannten Ereignisse reihen sich außerdem in den zeitlichen Rahmen des mitteleuropäischen Tertiärvulkanismus zwanglos ein (Abb. 1). Der Ort der Rieskatastrophe fällt zusammen mit dem Kreuzungspunkt der beiden paläogeographisch ausgezeich- neten WSW-ONO- und NW-SO-Bewegungsachsen und Scharnierlinien der Süddeutschen Großscholle und mit deren Mitte; dabei wird die WSW-ONO- Richtung noch dadurch hervorgehoben, daß sich auf ihr die beiden gleichfalls in ihrer Art einmaligen Gebilde der Uracher Vulkan-Embryonen und des Stein- heimer Beckens zusammen mit dem Ries aufreihen (Abb. 2). Die zeitliche und räumliche Verknüpfung des Rieses mit dem Steinheimer Becken und Uracher Vulkangebiet erscheint so eng, daß man kaum ohne die Annahme auskommt, allen drei Gebilden müsse der wesentliche Faktor ihrer Genese gemeinsam sein. Wenn sich dieser Faktor beim Ries als Meteorwirkung erweist, gilt diese auch für Steinheimer Becken und Uracher Vulkangebiet. Am konsequentesten hat solcheGedanken J. KALJuwEe verfolgt („DieGroßprobleme der Geologie‘“ Verlag F. Wassermann, Tallinn-Reval 1933; zitiert nach Kranz 1937, S. 201; die Veröffentlichung selbst hat mir nicht vorgelegen); er erklärt Ries und Steinheimer Becken als doppelten Meteoreinschlag und diesen zugleich als Auslösung für die Uracher Vulkandurchbrüche. Davon, daß neuere Beobach- tungen und Überlegungen zu Meteorkratern heute der „phantasiereichen Ver- öffentlichung‘“ KALjuweEEs (Kranz 1937, S.201) mehr Gewicht als damals ver- leihen könnten, ist mir nichts bekannt geworden. Deutet man das Nördlinger Ries als Meteorkrater, löst es aber aus der Ver- bindung mit dem Steinheimer Becken, den Uracher Vulkan-Embryonen und allem 83 anderen, so sieht man sich meines Erachtens zur Annahme des Zusammentreffens mindestens folgender, voneinander unabhängiger Fakten genötigt: 1. Geologische Gleichzeitigkeit mit dem Steinheimer Becken und den Uracher Vulkan-Embryonen, nämlich innerhalb des halben Tortoniums, d. s. 1,1 x 10%a während des Gesamtzeitraumes von Ende des Rotliegenden bis heute, d. s. 250 x 10%a, also im Verhältnis von 0,44: 100 der Gesamtzeit. 2. Das Ries liegt auf einer Linie mit Steinheimer Becken und Uracher Vulkan- Embryonen; wobei die Abstände gleiche Größenordnung einhalten, 42 bzw. 53 km, und der explosive Charakter in der Reihe Ries — Steinheim — Urach abnimmt. 3. Zusammenfallen der Linie Ries — Steinheim — Urach mit der Haupt- WSW-ONO-Strukturlinie der Süddeutschen Großscholle. 4. Lage des Rieses auf der Haupt-NW-SO-Strukturlinie der Süddeutschen Großscholle. 5. Ries, Steinheimer Becken und Uracher Vulkan-Embryonen sind nicht etwa normale, regional weit verbreitete und während der Formationen oftmals auftretende Phänomene, sondern jedes ist für sich einmalig. Daß die Fakten unabhängig und zufällig mit einem von außen kommenden Ereignis, wie es ein Meteoreinschlag darstellt, zusammentreffen könnten, wäre nur dann denkbar, wenn sich die Einschläge großer, geologische Spuren hinter- lassender Meteore so oft und so dicht ereignen, daß der eine oder andere von ihnen eben auch einmal auf eine geologisch ganz ausgezeichnete Stelle trifft und dies zu einer ebenso ausgezeichneten Zeit. Die Einschläge sind aber äußerst selten; für das Tertiär wären das Steinheimer Becken und das Nördlinger Ries überhaupt die ersten Meteorkrater. Die hohe Unwahrscheinlichkeit solchen Zusammentreftens voneinander un- abhängiger Fakten ist offenbar; sie spricht gegen die Meteordeutung des Rieses. Andererseits kann nach den neuen Erkenntnissen die erforderliche Energie weder von vulkanischen noch von sonstigen bekannten Vorgängen geliefert werden außer von einem Meteoreinschlag. Dieses echte Dilemma scheint mir beim gegenwärtigen Stand der Ries- und der Meteorforschung nicht lösbar; ein Bei- seitelassen von Fakten wäre sicher keine Lösung. Es ist vielmehr weitere intensive und vielseitige Arbeit sowohl im Gebiet des Nördlinger Rieses und etwaiger vergleichbarer Gebilde als auch über die Vorkommen von Hochdruckmineralien u. ä. auf der Erde erforderlich. Bei den Überlegungen zur Energiebilanz wird man die Kimberlitschlote Südafrikas zum Vergleich heranziehen können. Sie entstammen nach allem, was über sie bekannt geworden ist, den Kräften der Tiefe, und zwar großer Tiefe, aber nicht etwa Meteoreinschlägen. Mineralogisch zeichnen sie sich bekannter- maßen dadurch aus, daß in einem Teil der Hunderte von Schloten eine Hoch- druckform des Kohlenstoffs, der Diamant, auftritt. Die Kimberlitschlote kommen bevorzugt in einigen Teilen des seit dem Präkambrium konsolidierten Gond- wanalandes, Südafrika, Ostafrika, Brasilien, Indien und Australien vor; außerdem 84 sind sie in Nordamerika nachgewiesen. Auch bei ihnen müssen sich wie beim Ries und bei den Meteorkratern außergewöhnlich hohe Energien ausgewirkt haben. Schriftenverzeichnis Ammon, L. v., 1904: Die Bahnaufschlüsse bei Fünfstetten am Ries und an anderen Punkten der Donauwörth-Treuchtlinger Linie. — Geogn. Jh. 1903, 16, 145—184. München. BEALSs, C. S.,M. J. S. Innes & ]J. A. ROTTENBERG, 1960: The seatch for fossil meteorite craters. — Current Science 29, 205—218, 249—262. Bangalore (India). ‚Reprint: Contr. Domin, Observatory Ottawa 4, No. 4, 1—31. Bentz, A., 1924: Dogger und Tektonik der Bopfinger Gegend. — Jb. Oberrhein. geol. Ver. N. R. 13, 1—45, Stuttgart. Boon, J. D. & C. C. ALsrırton, Jr., 1938: Established and Supposed Examples of Meteoritic Craters and Structures. — Field & Laboratory 6, 44—56. 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RICHARD DEHM IN MÜNCHEN HEFT 3 INHALT WAGNER, WOLFGANG: Kieselschwäimme und Schwammökologie im Korallenkalk des oberen Malm von Laisacker bei Neuburg EHE Er man GESgER Ta a N N a a 1 GurHörL, PAauL: Zur Arthropodenfauna des Karbons und Perms. 17. Saaromioptera jordani n. g. n. sp. (Ins., Miomoptera) aus dem Stefan, A':des Saarkarbons'Fafel 3): 3... WER 21 BARTHEL, K. WERNER: Einige Idoceratinae (Ammonoidea) aus dem südlichen Fränkischen Jura. Mit einem Beitrag von O,. STROBEL, München CHateKA) a a N NEE RE RN RN 27 Dosen, Kraus: Über Calpionelliden an der Jura-Kreide-Grenze Va On Er RAR LE TERN ur DRK ER EN 35 MiLLER, Hugert: Gliederung und Altersstellung der jurassischen und unterkretazischen Gesteine am Südrand des Wetterstein- gebirges (,„Jungschichtenzone‘‘) mit einem Beitrag zur geologi- sehersstelluhp detlEihrwalditer an 51 ÄNDRITZKY, GEORG: Zur Kenntnis der postjurassischen Deckschich- ten in der Umgebung des Nördlinger Rieses. . ... . . . ERS! ÄNGERMEIER, HANs-OTTO, ARTUR PöscHL & HaAns-JOCHEN SCHNEI- DER: Die Gliederung der Raibler Schichten und die Ausbildung ihrer Liegendgrenze in der ‚‚Tirolischen Einheit‘ der östlichen KEIHEIBATIER TASTEN 1 Ser RR N ER EEE BEE ae aha a 83 Hacn, HERBERT & Dietrich Herm: Der Aufbau der mikropalä- ontologischen Abteilung der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München (Tafel 7—8) 107 MÜNCHEN, 1. November 1963 Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie München 2, Richard-Wagner-Straße 10 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 3 | 1—122 | München, 1. November 1963 2 Mitteilungen der Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und histor. Geologie HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. RICHARD DEHM IN MÜNCHEN HEFT 3 INHALT WAGNER, WOLFGANG: Kieselschwämme und Schwammökologie im Korallenkalk des oberen Malm von Laisacker bei Neuburg ASARDonamldBatell— Des ee ame een 1 GuTHÖöRL, Paur: Zur Arthropodenfauna des Karbons und Perms. 17. Saaromioptera jordani n. g. n. sp. (Ins., Miomoptera) aus dem Stefane ArdesuSaarkarbonsatatelayr am. 21 BARTHEL, K. WERNER: Einige Idoceratinae (Ammonoidea) aus dem südlichen Fränkischen Jura. Mit einem Beitrag von O. STROBEL, Münchens (Hlatelk A). 07 a N NET Sr ae Zu, Dosen, Kraus: Über Calpionelliden an der Jura-Kreide-Grenze REES ee a. EEE Sn SEE EEE ER AL 35 MILLER, Husert: Gliederung und Altersstellung der jurassischen und unterkretazischen Gesteine am Südrand des Wetterstein- gebirges (,Jungschichtenzone‘“) mit einem Beitrag zur geologi- schenvstellunsidenfEfhrwaldites: .e. nee. 51 AÄNDRITZKY, GEORG: Zur Kenntnis der postjurassischen Deckschich- ten in der Umgebung des Nördlinger Rieses. . ..... . BEE) ÄNGERMEIER, HANS-OTTO, ARTUR PÖscCHL & HaAns-JOCHEN SCHNEI- DER: Die Gliederung der Raibler Schichten und die Ausbildung ihrer Liegendgrenze in der „Tirolischen Einheit‘ der östlichen BhrEmEFANERFAL DEN ARE Rz, peter nee a et ie 83 Hacn, HERBERT & DiErRıcH Herm: Der Aufbau der mikropalä- ontologischen Abteilung der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München (Tafel 7—8) 107 MÜNCHEN, 1. November 1963 Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie München 2, Richard-Wagner-Straße 10 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 3 | 1—122 | München, 1. November 1963 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 3| 1—20 | München, 1. Nov. 1963 | Kieselschwämme und Schwamm-Ökologie im Korallenkalk des oberen Malm von Laisacker bei Neuburg a. d. Donau Von WOLFGANG WAGNER, München!) Mit Tafel 1—2 Zusammenfassung Aus dem Korallenkalk des oberen Weißen Jura von Laisacker werden 6 Arten der Hyalospongea und 3 Arten der Demospongea systematisch beschrieben. In einer einzelnen etwa 4, m mächtigen Lage innerhalb des Riffes treten Calci- spongea in außergewöhnlich großer Individuenzahl auf. Es wird versucht, aus der Verteilung der Spongien im Riff Hinweise auf die paläo-ökologischen Verhält- nisse zu gewinnen. Summary 6 species of Hyalospongea and 3 species of Demospongea from the Upper Jurassic coral-reef of Laisacker near Neuburg (Donau), 20 km west of Ingolstadt in Bavaria, are systematically described. Within this reef one layer of about 1% m thickness contains an extraordinarily large number of Calcispongea. It is attempted to draw conclusions on paleoecological conditions by means of the distribution of several classes of sponges in the reef. Inhalt Seite Le Ta N ER RE NE ke AAN een ee a 2 BeEBieriK orallenkalkıyon laisacker.ii, 1 I mn a ae er AT SR 7 2. Die Kieselschwämme ABMIOEbetHet kun Gern RE N er N ae, we 2 a REES ER he DE ERBE DR N ER READER 4 DIE) EINGSBONDE AMT RETEHIETT NE AN SE ER EN E We ete Alskae welter? a zer Tan ante 12 d) Stratigraphische Verbteitung der beschriebenen Arten. ... . .... .n .v =.. 15 3. Schwamm-Ökologie im Riff von Laisacker A)e Verbreitung der,Schwämme im Ritt vorn Baisacker na ne ee 15 b) Paläo-ökologische Bedeutung der Spongienfauna von Laisacker. . . . 2. 2.2... 16 SERRINFEHVERZEICHTI STE ee ke ee ee 5: 19 Vaueileriid an oe ar a SO A ER on GREEN IE, SERERE 20 ı 1) Dr. WoLFGANG WAGNER, Institut für Paläontologie und histor. Geologie der Universi- tät, 8 München 2, Richard-Wagner-Str. 10. 1x | 1 BMITHSOHIAN ustrurigs JAN 131964 Einleitung Bei Fossilaufsammlungen im oberen Weißen Jura von Laisacker, welche in den letzten Jahren vom Universitäts-Institut und der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München durchgeführt wurden, stellte sich heraus, daß der Korallenkalk von Laisacker eine größere Anzahl von Spongien enthält. Die Bearbeitung dieser Schwämme wurde im Rahmen einer Erfassung der gesamten Riffauna von Laisacker in Angriff genommen. Daneben verdiente besonders die Frage Interesse, ob in der Zusammensetzung der Spon- gienfauna aus dem Korallenrift von Laisacker Veränderungen gegenüber den Schwammriffen aus etwas älteren Stufen des Weißen Jura festzustellen sind. Die bearbeiteten Schwämme werden in der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München aufbewahrt. Ein Teil stammt aus Aufsammlungen, welche Herr Amtmann L. FruTH, Landau a. d. Isar, der Bayerischen Staatssammlung großzügigerweise geschenkt hat. Drei schöne Exemplare wurden freundlicherweise von Herrn Oberingenieur E. KEMPCKE, Neuburg a. d. Donau, überlassen. Herr Professor Dr. R. DEeum, München, hat mir die Durchführung dieser Arbeit ermöglicht, wofür ich aufrichtig danken möchte. Mein besonderer Dank gilt außerdem Herrn Konservator Dr. K. W. BARTHEL, München, der die Be- arbeitung der Schwämme von Laisacker angeregt und durch wertvolle Hinweise gefördert hat. Herr Dr. BARTHEL und Herr Dr. A. v. HiLLEBRANDT, Berlin, haben mich durch Geländeaufsammlungen unterstützt; auch hierfür sei herzlich gedankt. 1. Der Korallenkalk von Laisacker Der Korallenkalk, aus dem die beschriebenen Spongien stammen, baut einen Hügel nordöstlich von dem Dorfe Laisacker auf, welches etwa 2 km nordwest- lich von Neuburg a. d. Donau liegt. Früher wurde er in mehreren Steinbrüchen abgebaut, von denen heute noch ein einziger in Betrieb ist. Aus diesem, dem zweiten Bruch, den man auf einem von Laisacker in nördlicher Richtung aus- gehenden Fahrweg erreicht, stammen die vorliegenden Spongien, und zwar aus dem südlichen Teil des Bruches, in dem derzeit abgebaut wird. SCHnEID (1915/16, S. 157 £.) gibt eine Faunenliste aus dem Korallenkalk von Laisacker an, führt jedoch darin keine Schwämme auf. Nach BARTHEL (1961) ist der Korallenkalk von Laisacker in den oberen Teil des Weißjura Zeta 1 einzustufen und entspricht altersmäßig etwa den Solnhofener Schichten. Für genauere Angaben kann auf die Arbeit von BArTHEL (1961) ver- wiesen werden. 2. Die Kieselschwämme a) Vorbemerkungen Sämtliche Spongien aus Laisacker liegen in kalkiger Erhaltung vor. Der Zu- stand der Demospongea und Hyalospongea ist daher im allgemeinen recht un- günstig, da die Feinstruktur bei der Umktistallisation zerstört wurde. 2 Die Bestimmung mußte so in den meisten Fällen nach äußeren Kennzeichen vorgenommen werden; insbesondere wurden die Merkmale des Kanalsystems herangezogen. Lediglich bei zwei Arten der Tetracladina konnten noch erhaltene Skelettelemente zur Bestimmung verwendet werden. Eine Bestimmung ausschließlich auf Grund der äußeren Form und des Kanalsystems kann bei Spongien im allgemeinen nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führen. Für die vorliegenden Kieselschwämme von Laisacker wird dies aber dadurch ermöglicht, daß die Hyalospongea und Demospongea des oberen Jura von Süddeutschland von Kors (1910) und SCHRAMMEN (1936) eingehend bearbeitet worden sind. Die systematischen Zusammenhänge zwischen den ein- zelnen Arten sind dadurch bereits weitgehend geklärt, was nur mit Hilfe von Skelettuntersuchungen möglich ist. Wenn auch Konvergenzen in der Gestalt bei Schwämmen sehr häufig vor- kommen, so lassen sich doch durch unterschiedlichen Skelettbau gekennzeichnete, äußerlich ähnliche Arten fast immer auch an Einzelheiten ihrer Wachstumsform und vor allem des Kanalsystems auseinanderhalten. Eine große Hilfe bedeutete für die Bestimmung das umfassende Abbildungs- werk von QuEnsSTEDT (1878), welches durch die beiden oben angeführten Arbeiten revidiert wurde. Soweit als möglich wurden die Schwämme von Laisacker mit den Originalen früherer Bearbeitungen der entsprechenden Arten verglichen. An Vergleichs- material standen mir aus der Paläontologischen Sammlung der Universität Tü- bingen Originale zu QUENSTEDT und SCHRAMMEN, aus Bonn Originale von GoLpruss zur Verfügung. Herrn Professor Dr. H. HöLDErR und Herrn KorTEk, Tübingen, sowie Herrn Dr. J. SCHWEITZER, Bonn, möchte ich herzlich danken, daß sie mir die gewünschten Originale geschickt haben. Aus der Bayerischen Staatssammlung konnten Originale von MÜNSTER verglichen werden. Es soll noch einmal betont werden, daß eine eindeutige Bestimmung von Spongien, bei denen die Feinstruktur zerstört ist, nur in einem Gebiet möglich ist, wo die Schwammfauna bereits gut bekannt ist, wie im süddeutschen Oberjura. Doch auch bei den vorliegenden Kieselschwämmen aus Laisacker gelang eine sichere systematische Einordnung nicht in allen Fällen, wie die Beschreibung zeigen wird. Nachdem für die Kieselschwämme des oberen Jura von Süddeutschland bereits eingehende Bearbeitungen vorliegen, konnten die Artbeschreibungen meistens auf Ergänzungen zu den Ausführungen von Korg (1910) und SCHRAM- MEN (1936) beschränkt werden. Wichtig erschien hierbei die Festlegung von Typen, soweit dies mit Hilfe noch vorhandener Originale möglich war. In den Synonymangaben wird nur auf die Erstbeschreibung und die Be- schreibungen bei Kor» (1910) und OprpLiGer (1915) hingewiesen, welche aus- 3 führliche Synonymlisten enthalten. Außerdem werden jeweils spätere Literatur- zitate angegeben, insbesondere SCHRAMMEN (1936). Im Gegensatz zu den Hyalospongea und Demospongea wurde für die Calcispongea des oberen Jura bisher noch keine ausreichende systematische Grundlage geschaffen. Speziell im süddeutschen Jura wurde seit ZırrEL (1878) keine Bearbeitung der Kalkschwämme mehr vor- genommen. Die Beschreibung der Caleispongea aus Laisacker soll daher einer späteren Arbeit vorbehalten bleiben, da hierfür noch umfangreichere Vergleichsstudien nötig sind. b) Klasse Hyalospongea Craus, 1872 Ordnung Hexactinosa SCHRAMMEN, 1903 Familie Staurodermatidae Zrrreu, 1877 Stauroderma ZiTTEL, 1877 Die Gattung Stauroderma ist gekennzeichnet durch große grubige Oscula auf der Oberseite, welche durch polsterartig aufgewölbtes Gewebe getrennt sind. Ausführliche Gattungsdiagnosen sind bei ZrirrEL (1877, S. 53) und SCHRAMMEN (1936, S. 21) zu finden. Typusart: S/auroderma lochense (QUENSTEDT) durch Monotypie. Stauroderma lochense (QUENSTEDT) v *1858 Spongites Lochensis — QUENSTEDT, Jura, S. 669, Taf. 81, Fig. 96. 1910 Szauroderma Lochense QuEnst. — KoLs, Kieselsp. d. Weißen Jura, S. 184. 1915 Szanroderma Lochense QUENST. — OPPLIGER, Birmensdorferschichten, S. 38. 1936 Stauroderma lochensis QUENST. — SCHRAMMEN, Kieselsp. Süddeutschl., S. 21. Stauroderma lochense ist durch besonders gruße Oscula und eine relativ dicke Wand gekennzeichnet. Holotypus: Spongites lochensis QUENSTEDT, 1858, Taf. 81, Fig. 96; — QUENSTEDT, 1878, Taf. 115, Fig. 4. Original in der paläontologischen Sammlung der Universität Tübingen. Der Holotypus, aus dem unteren Weißjura von der Lochen bei Balingen, ist im Jura und in der Petrefactenkunde von QuUENSTEDT etwas schematisch abge- bildet. Das Original ist ein plattiges Bruchstück von 90x 110 mm Breite und 13 bis 22 mm Dicke. Auf der Oberseite sind 4 bis 5 mm weite Oscula in nicht sehr regelmäßigen Schrägzeilen im Abstand von 7 bis 10 mm angeordnet. Auf 25 gem treffen durchschnittlich 16 Oscula. Die schlechter erhaltene Unterseite läßt etwa 2 mm weite, in Schrägzeilen angeordnete Ostien erkennen. Teile des Skeletts sind an dem Bruchstück nicht erhalten. Fast vollständig ist die äußere Form bei dem Original zu Rerispongia disci- formis QUENSTEDT, 1878, Taf. 115, Fig. 24 erhalten, von dem QUENSTEDT nur einen Ausschnitt abgebildet hat (Original in der paläontologischen Sammlung der Universität Tübingen). Der tellerförmig ausgebteitete Schwamm mit 15 bis 24 mm dicker Wand besitzt einen Durchmesser von maximal 200 mm. Die gut erhaltene Oberseite ist mit 3,5 bis 7 mm weiten Oscula besetzt. In 25 qcm stehen 9 bis 16 Oscula. Dabei beträgt die Weite der Oscula in der Umgebung der Teller- 4 | mitte 4 bis 5 mm, am äußersten Rand 3,5 bis 4 mm. Die dazwischenliegenden Oscula sind 5 bis 7 mm weit. Aus Laisacker liegen vier Bruchstücke (Bayer. Staatssamml. f. Paläontologie u. hist. Geologie in München 1957 II 157—160) von $. Jochense vor, bei denen jeweils nur die Oberseite zu sehen ist. Die Weite der Oscula ist bei den verschiede- nen Exemplaren recht unterschiedlich und variiert von 3 bis 8 mm. Die Anzahl der in 25 gem stehenden Oscula reicht entsprechend von 9 bis 25. Im Vergleich zum Holotypus sind die Oscula bei drei Exemplaren im Durchschnitt kleiner, bei einem größer. Die Unterschiede sind jedoch nicht so scharf, daß eine Aufspaltung in verschiedene Arten gerechtfertigt wäre, zumal die Weite der Oscula auch an demselben Exemplar recht unterschiedlich sein kann (s. oben!). Vom Skelett sind an einem Exemplar einige große Stauractine erhalten, deren Arme 1 mm Länge erreichen. An diese schließt sich ein Geflecht aus kleinen Stauractinen an, bei denen der Abstand der Knoten 0,11 bis 0,13 mm beträgt. Vorkommen: SCHRAMMEN (1936, S. 22) gibt das Vorkommen von S. /ochense im Weißjura Alpha bis Delta von Süddeutschland an, Kos (1910, S. 185) auch noch im oberen Weißjura. Besonders häufig tritt die Art im unteren Malm der Schwäbischen Alb und der Schweiz auf. Stemırapzkı (1914, S. 201) beschreibt ihr Vorkommen im Oxford von Polen. Tremadictyon ZyrvEL, 1877 Gestalt becher- bis tellerförmig mit sehr weiter Zentralhöhle. Kennzeichnend ist die Anordnung der ziemlich weiten Ostien und Postiken in regelmäßigen, alternierenden Längstreihen. Typusart: Tremadictyon reticulatum (GoLDFuss); des. HınDeE, 1893. Reın (1963, S. 227) benutzt statt Tremadictyon ZirTEL, 1877, den älteren Namen Cribrospongia D’ORBIGNY, 1849, da Tremadictyon und Cribrospongia die gleiche Typusart gemeinsam haben und daher objektive Synonyme sind. Nachdem aber seit 1877 allgemein der Name Tremadictyon verwendet wurde, dürfte Crzbro- spongia nach den „Internationalen Regeln für die zoologische Nomenklatur“ (Artikel 23b; Kraus, 1962, S. 12) als nomen oblitum anzusehen sein. Die Gattung Cribrosponga (= Tremadictyon) trennt Reıp (1963) als Typus- gattung der Familie Cribrospongiidae von der Familie Staurodermatidae ab, bei welcher er nur Stauroderma beläßt. Dem wird hier nicht gefolgt, da nach neuen Untersuchungen von ZIEGLER (1962, S. 581) zwischen Stauroderma und Trema- dictyon doch recht nahe verwandtschaftliche Beziehungen bestehen. Tremadictyon reticulatum (GOLDFUSS) Taf. 2, Fig.1, 4. v *1826 Scyphia reticulata nobis — GoLDFuss, Petr. Germ., S. 11, Taf. 4, Fig. 1a—d. 1910 Tremadictyon reticulatum GoLDF. — Kos, Kieselsp. d. Weißen Jura, S. 154. 1915 Tremadictyon reticulatum GOLDF. — ÖOPPLIGEr, Birmensdorferschichten, S. 9. 1928 Tremadictyon reticulatum GOLDF. — MORET, Spongiaires de la Voulte-sur-Rhone, S. 124, War, 27% Ei92 2,5 Vat2 SeBie-21d,, 1221377289 E18..1% 12. 1936 Tremadictyon reticulatum GOLDF. — SCHRAMMEN, Kieselsp. Süddeutschl., S. 23. Die Art ist ausführlich bei SCHRAMMEN (1936) beschrieben. Gegenüber anderen Tremadictyon-Arten aus dem Malm ist sie durch die trichterförmige oder tellerförmig ausgebreitete Gestalt von meist ansehnlicher Größe gekennzeichnet. Tremadictyon cucullatum (QUENSTEDT) besitzt eine seitlich zusammengedrückte Form; T. radicatum (QUENSTEDT) ist noch größer als 7. rericulatum und mit einer knolligen Basis versehen; 7. e/egans ist kleiner und durch die dünnere Wand unteıschieden. Lectotypus: Scyphia reticulata GoLpruss, 1826, Taf. 4, Fig. 1c (SCHRAM- MEN, 1936, S. 23). Der Lectotypus stammt aus dem unteren Weißjura von Streitberg und be- findet sich in der paläontologischen Sammlung der Universität Bonn (Sammlungs- Nr. 42). Die Abbildung bei GoLpruss ist stark schematisiert, kennzeichnet aber die Artmerkmale recht gut. Das 60 mm hohe und maximal 97 mm breite Original läßt auf einer Seite die typische Anordnung der ovalen Einfuhrkanäle in alternierenden Längsreihen gut erkennen. Aus Laisacker liegen fünf Bruchstücke vor (1957 II 161—164). Das am besten erhaltene Exemplar (Taf. 2, Fig. 1) ist ein 100 mm hohes Bruchstück eines becherförmigen Schwammes mit 43 bis 93 mm Durchmesser. Die Weite des Paragasters läßt sich nur am unteren, engeren Ende messen und beträgt dort 26 bis 37 mm. Die Wand ist hier 11 bis 15 mm dick. Vom Skelett ist an einer Stelle, die durch Bewuchs mit Bryozoen geschützt war, ein Netz aus dünnen Stauractinen erhalten. Die Stauractine bilden ein regel- mäßiges Gitter mit rechteckigen Maschen bei einem Knotenabstand von 0,22 bis 0,258 mm. Außer diesem Exemplar wurden noch zwei kleinere plattige Bruchstücke gefunden und ein vollkommen umktistallisiertes Bruchstück, welches die An- ordnung der Kanäle noch gut erkennen läßt. Vorkommen: Tremadictyon reticulatum kommt bereits im Callovien von Südfrankreich vor und ist im gesamten Malm von Süddeutschland und der Schweiz sowie im Oxford von Polen verbeeitet. Tremaphorus SCHRAMMEN, 1936 (= Ampbhiblestrum SCHRAMMEN, 1936; Xenoschrammenum DE LAUBENFELS, 1955) Die Gattung ist von SCHRAMMEN (1936, S. 57) in der Diagnose für Amphi- blestrum gat gekennzeichnet. Typusart: Tremaphorus punctatus SCHRAMMEN, 1936, durch Monotypie. Die beiden Gattungen Tremaphorus und Amphiblestrum werden hier als Synonyme angesehen, da sie keine ausreichenden Unterschiede aufweisen, um eine generische Trennung zu rechtfertigen. Amphiblestrum besitzt lediglich etwas 6 - größere und meist ovale Ostien, während die Ostien bei Tremaphorus punctatus eher rund sind. Beide Gattungen besitzen ein regelmäßiges Skelett aus Hexactinen mit glatten Strahlen, das sich an der Oberfläche verdichtet. SCHRAMMEN (1936) hat Tremaphorus und Amphiblestrum als „Hexactinaria unsicherer Stellung‘ eingereiht. Da das Kanalsystem ganz wie bei Tremadictyon — und demnach ähnlich wie bei Stauroderma — organisiert ist, wird Tremaphorus hier an die Familie Staurodermatidae angeschlossen. Von Tremadictyon unterscheidet sich Tremaphorus durch die kleineren Kanal- öffnungen und die plattige oder flach trichterförmige Gestalt. Tremaphorus alternans (SCHRAMMEN) Taf. 1, Fig. 4, 5. v *1936 Amphiblestrum alternans n. sp. — SCHRAMMEN, Kieselsp. Süddeutschl., S. 68, Taf. 13, Hig. 2a.b;, Taf, 8, Fig. 1,2. Blatt- oder trichterförmige oder leicht gebogene plattige Schwämme mit etwa 1 mm weiten Kanalöffnungen, die auf Ober- und Unterseite zu regelmäßigen, alternierenden Reihen angeordnet sind. Die Epirrhysen und Aporrhysen enden blind unter den Skelettbrücken. Lectotypus: Ampbiblestrum alternans SCHRAMMEN, 1936, Taf. 13, Fig. 2a, b. Von den beiden Syntypen aus dem oberen Weißjura von Heuchstetten wird hier das oben angegebene Exemplar als Lectotypus ausgewählt. Das Original wird im paläontologischen Museum der Universität Tübingen aufbewahrt. Der Lectotypus ist als plattiges, bis 38 mm breites Bruchstück erhalten. Die Wanddicke beträgt durchschnittlich 5 mm. Die ovalen Kanalöffnungen sind 0,8 bis 1,5 mm weit und durch 0,7 bis 1 mm breite Skelettbrücken getrennt. In 1 gem stehen durchschnittlich 36 Kanalöffnungen (nicht 20, wie SCHRAMMEN, 1936, S. 58 angibt!). Das Dictyonalskelett ist ausgezeichnet erhalten und besteht aus einem regel- mäßigen Gerüst von Hexactinen mit glatten Strahlen. Der Abstand der Knoten beträgt 0,16 bis 0,30 mm. Häufig sind einzelne Strahlen — vor allem an den Kanalwänden — zu einem Dorn reduziert. In Laisacker wurde ein wellig gebogenes Bruchstück (1957 II 165) gefunden, von dem nur eine Seite — wohl die Unterseite — frei liegt. Die Wand des Exem- plars ist durchschnittlich 5 mm dick. Die Öffnungen stehen ein wenig dichter als beim Typusexemplar; auf 1 qcm treffen etwa 50 Kanalöffnungen, was aber gewiß noch innerhalb der Variation der Art liegt. Daß die Dichte der Kanalöffnungen selbst an demselben Individuum nicht konstant ist, zeigt ein nahezu vollständig erhaltenes, blattförmiges Exemplar aus dem mittleren Weißjura von Erkenbrechtsweiler, das sich in der Bayerischen Staatssammlung fand (Taf. 1, Fig. 5; 1940 VI 1002). Bei dem Stück liegt nur die Unterseite frei, welche mit radial vom Stiel ausgehenden, alternierenden Ostien- 1 reihen besetzt ist. Die Zahl der auf 1 gem treffenden Ostien schwankt zwischen 36 und 49. Unterschiede: Bei Tremaphorus punctatus sind die Kanalöffnungen noch kleiner als bei Tr. alternans. Auf 1 qcm treffen dort etwa 80 Öffnungen. Tr. venosum unterscheidet sich nach SCHRAMMEN (1936, S. 58) durch unregelmäßige Anord- nung der Ostien und Postiken. Die Öffnungen sind aber nicht kleiner, wie SCHRAMMEN (1936, S. 58) angibt, sondern größer als bei Tr. alternans. Vorkommen: Außer von Laisacker ist Tremaphorus alternans aus dem mittleren und oberen Weißjura der Schwäbischen Alb bekannt. Familie Craticulariidae RAurr, 1893 Craticularia ZATTEL, 1877 Die Gattung Craticularia umfaßt zylindrische bis schüsselförmige Schwämme, auf deren Außen- und Innenseite die Kanalöffnungen in regelmäßigen Längs- und Querreihen angeordnet sind. Typusart: Craticularia parallela (GoLpruss); des. Hınpe, 1893. Craticularia paradoxa (MÜNSTER) v *1829 Scyphia paradoxa MÜNSTER—GOLDFUss, Petr. Germ., S. 86, Taf. 31, Fig. 6a—d. 1910 Craticularia paradoxa Münst.—KoLs, Kieselsp. d. Weißen Jura, S. 159. 1915 Craticularia paradoxa MÜNnsTt.—OPPpLiGEr, Birmensdorferschichten, S. 11. 1936 Craticularia paradoxa GOLDF.—SCHRAMMEN, Kieselsp. Süddeutschl., S. 27, Taf. 3, Fig. 5; Taf. 4, Fig. 4. Als wichtigste Artmerkmale werden innerhalb der Gattung Craticularia die Wanddicke und die Größe der Kanalöffnungen herangezogen. So unterscheiden sich von C. paradoxa C. clathrata durch dickere Wand und größere Kanalöff- nungen, C. parallela durch dünnere Wand und kleinere Ostien und Postiken. Gewöhnlich wird die Anzahl der Ostien pro gem angegeben. Nach SCHRAMMEN (1936, S. 27 f.) beträgt diese bei C\. c/athrata 4, bei C. paradoxa ca. 9, bei C. parallela 25 bis 30. Alle drei Arten treten vom unteren bis oberen Weißjura nebeneinander auf. Lectotypus: Scyphia paradoxa MÜNSTER in GoLDrFuss, 1829, Taf. 31, Fig. 6a. Von den in GoLpruss (1829, Taf. 6a—d) abgebildeten Syntypen wird hier Fig. 6a als Lectotypus ausgewählt. Das Original stammt aus dem Weißen Jura von Heiligenstadt in Oberfranken und befindet sich in der Bayerischen Staats- sammlung für Paläontologie und historische Geologie in München (AS VI 251). Das in sehr schöner kieseliger Erhaltung vorliegende Exemplar ist bei GoLDFUsS etwas verkleinert, aber ziemlich naturgetreu abgebildet. Der 240 mm hohe Schwamm ist am oberen Ende 68 bis 109 mm breit. Die Wanddicke beträgt dort 15 bis 18 mm, die Weite der Zentralhöhle 35 bis 70 mm. Das Exemplar ist oberflächlich angeätzt; dadurch sind die Ostien nicht er- halten. Die Einfuhrkanäle sind durchschnittlich 1 mm weit, in der Längsrichtung 8 bis 2,5 mm. In horizontaler Richtung stehen in 1 cm gewöhnlich 4, vertikal 3 Epirrhysen. Auf 1 gem treffen demnach senkrecht zur Oberfläche 12 Einfuhr- kanäle. Die Hexactine des Dictyonalgerüstes sind gut erhalten. Um die Einfuhr- kanäle bilden die verbreiterten Strahlen eine geflechtartige Wand. In Laisacker wurden zwei kleinere Bruchstücke (1957 II 166, 167) gefunden, von denen bei einem nur die Innenseite, bei dem anderen nur die Außenseite kenntlich ist. Vom Skelett ist nichts erhalten, doch zeigen die Kanäle die charakteristische Anordnung in regelmäßigen Längs- und Querreihen. Die Kanäle sind durch- schnittlich 1,2 mm weit; auf 1 gem treffen 9 bis 16 Öffnungen. Beide Stücke lassen eine zylindrische oder trichterförmige Gestalt andeutungsweise erkennen. Die Wanddicke beträgt 10 bis 20 mm. Trotz ihrer fragmentären Erhaltung lassen sich die beiden Stücke bei der Art Craticularia paradoxa einordnen; alle erkennbaren Merkmale stimmen mit denen des Lectotypus gut überein. Vorkommen: Craticularia paradoxa ist im gesamten Weißen Jura von Süddeutschland und im Malm des Schweizer Jura häufig und kommt auch im Oxford von Polen vor. Paracraticularia SCHRAMMEN, 1936 Die Gattung Paracraticularia ist sehr nahe mit Craticularia verwandt, unter- scheidet sich jedoch durch die verzweigte Gestalt und kleinere und dichter stehende Kanalöffnungen. Typusart: Paracraticularia procumbens (GOLDFUSS); des. DE LAUBENFELS, 955; Paracraticularia procumbens (GOLDFUSS) v *1826 Scyphia procumbens nobis — GoLDFuss, Petr. Germ., S. 11, Taf. 4, Fig. 3. 1910 Craticularia procumbens GOLDF. — Kos, Kieselsp. d. Weißen Jura, S. 161. 1915 Craticularia procumbens GOLDF. — OPPLIGER, Birmensdorferschichten, S. 15. 1936 Paracraticularia procumbens GOLDF. — SCHRAMMEN, Kieselsp. Süddeutsch., S. 28. Paracraticularia procumbens unterscheidet sich von anderen Paracraticularia- Arten aus dem Malm durch etwas größere und weiter stehende Kanalöffnungen. SCHRAMMEN (1936, S. 29) gibt an, daß auf 1 gem ca. 36 Ostien treffen. Holotypus: Scyphia procumbens GoLDFuss, 1826, Taf. 4, Fig. 3. In der Sammlung des paläontologischen Institutes der Universität Bonn befindet sich ein als fragliches Original zu GoLpruss, Taf. 4, Fig. 3 bezeichnetes Exemplar von Paracraticularia procumbens (Sammlungs-Nr. 44). Nachdem die Dimensionen dieses Stockes wie auch die Verteilung der einzelnen Röhren des Stockes mit der Abbildung einigermaßen übereinstimmen, kann mit ziemlicher 9 Sicherheit angenommen werden, daß es sich um das von GoLDFuss. untersuchte Original handelt. Die Abbildung bei GoLpruss stellt eine schematische Rekon- struktion des Stockes dar, von dem auf der einen Seite eines Gesteinsstückes die Enden der einzelnen Verzweigungen herausragen; auf der anderen Seite des Gesteinsstückes sind der Stamm und einige Verzweigungen angeschnitten. In Laisacker wurden zwei Bruchstücke (1957 II 168, 169) von Paracraticularia ‚Pprocumbens gefunden, die 8 beziehungsweise 26 mm dick sind. Die bis 1 mm weiten Ostien stehen relativ dicht: auf 1 qcm treffen 42 bis 56 Öffnungen. Beide Exemplare sind vollständig verkalkt, so daß vom Skelett nichts mehr zu erkennen ist. Vorkommen: Bisher war P. procumbens aus dem süddeutschen Weißen Jura Alpha bis Delta, dem Argovien der Schweiz und dem Oxford von Polen bekannt. Familie Sphenaulacidae SCHRAMMEN, 1936 Sphenaulax ZiVTEL, 1877 Die Gattung Sphenanlax ist leicht dadurch kenntlich, daß auf der Außenseite Längsrippen und Längsfurchen miteinander abwechseln, die durch eine radiale Faltung der Wand entstehen. Typusart: Spbenaulax costata (GoLDFUss) durch Monotypie. Sphenaulax costata (GOLDFUSS) Taf. 1, Fig. 2, 3. v *1826 Scyphia costata nobis — GoLDFUuss, Petr. Germ., S. 6, Taf. 2, Fig. 10a, b. 1910 Sphenaulax costata GoLDF. — Kos, Kieselsp. d. Weißen Jura, S. 173, Taf. 11, Fig. 13 bis 16; Taf. 12, Fig. 1. 1915 Sphenaulax costata GOLDF. — OPPLIGER, Birmensdorferschichten, S. 28. 1936 Sphenaulax costata GOLDF. — SCHRAMMEN, Kieselsp. Süddeutschl., S. 44. Außer Sphenaulax costata ist aus dem oberen Jura nur noch eine weitere Art dieser Gattung bekannt, S. progenies, welche sich durch breitere Faltenrücken und breitere Furchen auf der Außenseite unterscheidet. Lectotypus: Scyphia costata GoOLDFUSss, 1826, Taf. 2, Fig. 10b. SCHRAMMEN (1936, S. 44) hat als Typus „GoLpruss, Petref. Germ., Taf. 2, Fig. 10° festgelegt. Bei GoLpruss sind jedoch auf Taf. 2, Fig. 10a und b zwei verschiedene Exemplare abgebildet. Davon wird hier das kleinere (Fig. 10b), bei dem das Skelett bedeutend besser erhalten ist, als.Lectotypus ausgewählt. Der Lectotypus stammt aus dem Weißen Jura von Streitberg und wird in der paläontologischen Sammlung der Universität Bonn aufbewahrt (Sammlungs-Nr. 24b). In der Abbildung bei GoLpruss ist das oberflächlich stark abgeriebene Stück ergänzt und etwas schematisiert dargestellt. Das seitlich schwach komprimierte 10 Exemplar ist 31 mm hoch und am oberen Rand 18 bis 26 mm dick. Die Breite der Faltenrücken beträgt 1 bis 2,5 mm; die dazwischen liegenden Furchen sind etwa 1 mm breit. Die Skeletteigenschaften der Art wurden von SCHRAMMEN (1936, S. 44) eingehend beschrieben. Von Laisacker liegt ein trichterförmiges, 50 mm hohes und am oberen Rand 40 mm breites Exemplar vor (1957 II 9). Das Stück ist vollkommen umkristalli- siert und läßt vom Skelett nichts mehr erkennen. Auf Grund der engen Längs- tippen und -furchen weist es sich jedoch eindeutig als zu Sphenaulax costata gehörig aus. Vorkommen: SCHRAMMEN (1936, S. 44) gibt die Verbreitung der Art von Weißjura Alpha bis Delta an. Von Kors (1910, S. 175) untersuchte Exemplare aus dem oberen Weißjura dürften nach Ansicht von SCHRAMMEN (1936, S. 45) zu Sphenaulax progenies gehören. Das vorliegende Stück aus Laisacker beweist die Verbreitung von S. costata bis in den Weißjura Zeta. Außerdem ist die Art aus dem unteren Malm von Polen und der Schweiz bekannt. Hyalospongea indet. Taf. 2, Fig: 3. Im Korallenkalk von Laisacker finden sich ziemlich häufig Bruchstücke von großen Schwämmen, die nach der Organisation des Kanalsystems zu schließen zu den Hyalospongea gehören. Die Erhaltung ist aber so ungünstig, daß eine genaue Bestimmung nicht möglich ist. Davon fallen besonders plattige, leicht gewölbte Bruchstücke auf, die sich mit keiner beschriebenen Art vergleichen lassen. Es liegen fünf Bruchstücke (1957 II 170—173) von zum Teil ansehnlicher Größe vor; das größte Stück ist 180x230 mm breit (1957 II 170; Taf. 2, Fig. 3). Wie mehrere Exemplare erkennen lassen, besaßen die Schwämme eine zu- sammengedrückt tütenförmige Gestalt, ähnlich wie Tremadictyon cueullatum. Die beiden etwa 10 mm dicken Wandseiten sind durch einen schmalen, 3 bis 8 mm weiten Hohlraum getrennt, der meist mit Sediment gefüllt ist. Die Oberfläche der Außenseite ist mit 0,8 bis 1,1 mm weiten, meist runden Kanalöffnungen besetzt, die mehr oder weniger deutlich zu parallelen Reihen angeordnet sind. Auf 1 qcm treffen 16 bis 20 Ostien. Sie werden durch 0,4 bis 3 mm breite Skelettbrücken getrennt, die ein eckiges Netzwerk bilden. Von den Östien gehen senkrecht zur Oberfläche etwa 1 mm weite gerade Kanäle aus, die bis 7 mm weit in die Wand hineinreichen. Im Innern ist die Wand in parallel zur Oberfläche verlaufende, durchschnittlich 3 mm breite Rippen auf- gelöst, die durch etwa 1 mm weite Furchen getrennt sind. Das Kanalsystem dieser Schwämme läßt — soweit es erkennbar ist — an eine Zugehörigkeit zu der Familie Craticulariidae denken. 11 Außerdem wurden vier Bruchstücke (1957 II 177—179) von großen zylin- drischen Schwämmen gefunden, deren Außenseite in unregelmäßigen Ab- schnitten ringförmig eingeschnürt ist. Auf der Oberfläche der Außenseite sind etwa 1,5 mm weite Ostien verstreut. Am besten erhalten ist davon ein 200 mm langes Bruchstück eines über 100 mm dicken Schwammes (1957 II 177). Die Wanddicke beträgt durchschnitt- lich 25 mm, die Weite der Zentralhöhle um 60 mm. Der äußeren Form nach könnten diese Schwämme zu der Gattung Cypellia gehören. Da jedoch das Skelett vollkommen und das Kanalsystem weitgehend unkenntlich sind, erscheint selbst eine Zuordnung dieser Stücke zu der Klasse Hyalospongea fraglich. c) Klasse Demospongea SoLLas, 1875 Ordnung Lithistida ScHaipr, 1870 Unterordnung Rhizomorina ZırrEL, 1878 Familie Cytoraciidae SCHRAMMEN, 1924 Cytoracia POMEL, 1872 Cyytoracia ist durch die knollige bis keulenförmige Gestalt mit tief eingesenk- tem Paragaster gekennzeichnet, von dem radial zahlreiche enge Furchen aus- gehen. Typusart: C'yZoracia grandis (ROEMER); des. DE LAUBENFELS, 1955. , Einen ganz ähnlichen Bau wie C'yforacia weisen die Gattungen Chemidiastrum und Zzthostrobilus auf, für die SCHRAMMEN (1936) eine eigene Familie Chnemi- diastridae errichtet hat. Bei dem teller- bis schüsselförmigen Chemidiastrum gehen von einer zentralen Vertiefung oder mehreren kleineren Vertiefungen radiale Furchen aus; bei dem zylindrischen Zithostrobilus ziehen die Furchen von dem tief eingesenkten Paragaster über die Außenseite. Da auch die Rhizoclone dieser Gattungen keine grundlegenden Unterschiede erkennen lassen, werden sie zweckmäßig in einer Familie (Cytoraciidae) vereinigt. Die Familie enthält dann in der Hauptsache die von Kos (1910) in der Gattung Chemidiastrum zusammengefaßten Spezies neben einigen Arten der Oberkreide. Kennzeichnend ist, daß die Einfuhrkanäle zu langen horizontalen Spalten verschmelzen, die durch vertikale Skelettzüge getrennt sind. An der Oberfläche treten die Spalten als radiale Furchen in Erscheinung. C'ytoracia variabilis (KOLB) *1910 Chnemidiastrum variabile n. sp. — Kos, Kieselsp. d. Weißen Jura, S. 222, Taf. 15, Fig. 28; Taf. 16, Fig. 1; Taf. 20, Fig. 18—21. 1915 Chnemidiastrum variabil KoLs — OprLiGEer, Birmensdorferschichten, S. 63, Taf. 11, Fig. 1a—e. 1936 C'yZoracea variabilis KoLB — SCHRAMMEN, Kieselsp. Süddeutschl., S. 88, Taf. 24, Fig. 6; Taf. 23, Bio. 2,7028. 12 / Die Beschreibung von Kos (1910, S. 222) ist recht kennzeichnend. Von Cytoracia goldfussi (QUENSTEDT) und C. corallina (QUENSTEDT) unterscheidet sich C. variabilis dadurch, daß die Zentralhöhle ziemlich seicht ist und daß die Radial- spalten auf der Oberfläche der Unterseite nicht als Furchen austreten. Die Originale zur Erstbeschreibung befanden sich nach Angabe von KoLs (1910, Tafelerklärung zu Taf. 20) in der paläontologischen Staatssammlung in München. Nachdem sie hier nicht mehr aufzufinden sind, muß angenommen werden, daß sie im Kriege zerstört worden sind. Aus Laisacker stammt ein etwas beschädigtes, rundlich knolliges Exemplar (1957 II 174) von durchschnittlich 60 mm Durchmesser, welches zu dieser Art gehört. Das Skelett ist durch Umkristallisation zerstört; dagegen sind die dünnen Furchen, die radial von dem seichten Paragaster wegziehen, noch gut zu erkennen. Die Furchen sind 0,3 bis 0,4 mm breit und durch 0,5 bis 1 mm breite Lamellen getrennt. Die ziemlich dichte Unterseite des Schwammes wird von winzigen, 0,25 bis 0,32 mm weiten Ostien durchbrochen. Vorkommen: C'yZoracia variabilis tritt vereinzelt bereits im Argovien der Schweiz auf; häufig ist die Art im oberen Weißen Jura der Schwäbischen Alb. Unterordnung Tetracladina ZırrEL, 1878 Familie Sontheimiidae SCHRAMMEN, 1936 Sontheimia Kos, 1910 Sontheimia ist die einzige bisher bekannte Gattung der Familie Sontheimiidae. Sie ist gekennzeichnet durch plumpe Tetraclone mit wenig verästelten Zygomen. Typusart: Sontheimia parasitica Kous, 1910; des. DE LAuBenrers, 1955. Sontheimia parasitica KOLB *1910 Sontheimia parasitica n. sp. — KoLs, Kieselsp. d. Weißen Jura, S. 207, Taf. 14, Fig. 29—33; Taf. 20, Fig. 10—12. 1936 Sontheimia parasitica KoLB — SCHRAMMEN, Kieselsp. Süddeutschl., S. 71, Taf. 19, Fig. 1, 2. Sontheimia parasitica wächst in knolligen Überzügen auf anderen Schwämmen oder in rundlichen bis abgerundet zylindrischen Formen. Die einzige weitere bekannte Art dieser Gattung, S. perforata, unterscheidet sich durch den Besitz eines tiefen und engen Paragasters. Die von Kos abgebildeten Originale befanden sich (nach Kors, 1910, Tafelerklärung zu Taf. 20) in der paläontologischen Staatssammlung in München und sind im Kriege verlorengegangen. Aus Laisacker liegt ein Bruchstück (1957 II 175) vor. Der Durchmesser beträgt 25 bis 27 mm; von der Länge sind 3 cm erhalten. Der Scheitel ist abge- rundet und deutlich eingetieft. Wahrscheinlich wurde eine leichte Einsenkung sekundär vergrößert. Eine tief eingesenkte Zentralhöhle ist jedenfalls nicht vor- handen. 15 Auf der Oberfläche sind winzige, 0,16 bis 0,25 mm weite Ostien unregel- mäßig verstreut. Das Skelett besteht aus mäßig gut erhaltenen Trideren. Tetraclone mit vier ausgebildeten Armen konnten nicht beobachtet werden. Die Enden der Arme sind schwach verästelt. An manchen Clonen lassen sich einzelne kleine, warzen- artige Höcker erkennen. Die Länge der Arme beträgt etwa 0,25 mm. Vorkommen: Sontheimia parasitica war bisher nur aus dem oberen Weißen Jura von Sontheim und Gerstetten (Schwäbische Alb) bekannt. Familie Protetraclidae SCHRAMMEn, 1936 Rhizotetrachs Kos, 1910 Typusart: Rbizotetraclis plana KoLs durch Monotypie. Auf Grund der einzigen bekannten Art charakterisiert Korg (1910, S. 208) die äußere Form der Gattung als „gerandete Platten von mäßiger Größe und Dicke, mit unregelmäßigem Umriß und etwas eingesenkter Oberfläche.“ Das Skelett wird von stark verästelten Tetraclonen gebildet. Rhizotetraclis plana KoLB 731272, 100%, 2. *1910 Rhizotetraclis plana n. sp. — Kous, Kieselsp. d. Weißen Jura, S. 209, Taf. 17, Fig. 2—9, Taf..20x.Fig.'13. 1936 Rhizotetraclis plana KoLB — SCHRAMMEN, Kieselsp. Süddeutschl., S. 73. Die Originale zur Erstbeschreibung von Kos sind in der paläontologischen Staatssammlung in München nicht mehr vorhanden und wohl dem Krieg zum Opfer gefallen. In Laisacker wurde ein Exemplar (1957 II 176) gefunden, das vermutlich zu Rhizotetraclis plana gehört. Erhalten ist nur eine Hälfte der Außenseite. Die äußere Form war anscheinend trichterförmig nach unten spitz zulaufend. Der gerundete Rand ist mit einer schwachen Kante abgesetzt. Der Durchmesser des Exemplars beträgt am oberen Rand 56 mm; die Wand ist über 10 mm dick. Die Oberfläche der Außenseite wird von winzigen, 0,12 bis 0,16 mm weiten Östien durchbrochen. Einzelne schlecht erhaltene Nadeln lassen erkennen, daß das Skelett aus kleinen Tetraclonen aufgebaut war mit etwa 0,16 mm langen Armen. Einzelheiten sind daran nicht mehr zu erkennen. Von den aus dem oberen Jura bekannten Tetracladina läßt sich das vor- liegende Exemplar auf Grund der winzigen Kanalöffnungen nur bei Rbizotetraclis plana einreihen. Die Wachstumsform weicht — soweit erkennbar — von dem bei Kors (1910, Taf. 20, Fig. 13) abgebildeten Exemplar nur durch stärkere Krüm- mung der Wand ab. Vorkommen: Die Art war bisher nur aus dem oberen Weißjura von Sont- heim a. d. Brenz beschrieben. 14 POWER kasah. 2.0200 ee re ce rer ee d) Stratigraphische Verbreitung der beschriebenen Arten. Tabelle 1 unterer mittlerer oberer Malm Stauroderme lochense (QUENSTEDT) . ! 2. 2. 2 N 222.0. n- + + Tremadictyon retienlatum (GOLDFUSS) . . .» .» . 2 2 22.0. + En. + Tremaphorus alternans (SCHRAMMEN) . ... 2 2.2.2.2... -H + Grancularsa paradoxa (MÜNSTER)? . . vom una a + Eu + Paracraticularia procumbens (GOLDFUSS) . .» . 2. 2.2 2.2... 4 + Se VDHENGNLOSSELOSKHANNGOLDFUSS) : mern ee ee 1 + =- (HERRRZRILEATA ES): Se ee 4 + N ORIHEIBEZ DALE BOLD) pe de En ZOBEHAULSIDIANGSKISOLB)" Nr ee ee + Die Arten der Hyalospongea, welche in Laisacker vorkommen, sind — mit Ausnahme von Tremaphorus alternans — aus dem gesamten Weißen Jura von Süddeutschland bekannt, außerdem aus dem Malm des Schweizer Jura und dem Oxford von Polen. Es handelt sich durchweg um Arten, die zeitlich wie auch geographisch eine große Reichweite besitzen. Auch Tremaphorus alternans tritt bereits im mittleren Malm auf. Die wenigen vorkommenden Arten der Lithistida sind dagegen bisher in Süddeutschland nur aus dem oberen Weißen Jura beschrieben; C'yZoracia variabilis kommt daneben auch bereits im Argovien des Schweizer Jura vor. Kennzeich- nend für den oberen Malm ist das Auftreten der Tetracladina. Vertreter dieser Unterordnung sind im unteren und mittleren Malm sehr selten; im oberen Malm werden sie häufiger und erlangen dann in der Kreide eine weite Verbreitung. Sontheimia parasitica und Rhizotetrachs plana scheinen auf Ablagerungen des oberen Malm beschränkt zu sein. 3. Schwamm-Ökologie im Riff von Laisacker a) Verteilung der Spongien im Riff von Laisacker. Die Hauptmasse des Riffes von Laisacker wird von einem hellen, dichten, zu einem großen Teil aus Fossilresten bestehenden Kalk gebildet. Neben Korallen nehmen Hydrozoen einen wichtigen Anteil am Aufbau des Riffes ein. Schwämme bilden in diesen Riffkalken nur einen untergeordneten Faunen- bestandteil; sie können keinesfalls als Riffbildner angesehen werden. Unter den Funden überwiegen Bruchstücke großer Exemplare der Hyalospongea; seltener sind Lithistida. Calcispongea treten ganz zurück. In der Südostecke des Steinbruchs, in dem derzeit noch abgebaut wird, ist eine durchschnittlich 1, m mächtige Lage von porösem gelblichem oder rötlichem Kalk angeschnitten, die mit 450 Neigung in den hellen Korallen-Hydrozoen- Kalk eingelagert ist (siche Taf. 1, Fig. 1). Diese Lage besteht fast ausschließlich aus organischen Resten, vor allem aus Bruchstücken von Korallen, Skelettresten von Kalkschwämmen und kleinen 2 15 Muscheln. Auch ganze Korallen sind recht häufig; sie werden jedoch in der Individuenzahl von Kalkschwämmen übertroffen, die hier in ungewöhnlich großer Menge anzutreffen sind. Die systematische Bearbeitung der Calcispongea von Laisacker soll in einer späteren Arbeit nachgeholt werden. Vorerst kann nur eine Liste der bisher be- stimmten Arten angeführt werden: Corynella sp., afl. quenstedti ZITTEL Myrmecidium hemisphaericum (GOLDFUSss) Eusiphonella bronnii (MÜNSTER) Peronidella sp. Enaulofungia glomerata (QUENSTEDT) In der Individuenzahl überwiegt bei weitem Myrmecidium hemisphaericum. Alle anderen Arten treten in ihrer Häufigkeit dagegen sehr zurück. Nachdem von den Calcispongea häufig auch Stöckchen aus mehreren In- dividuen unversehrt erhalten sind, muß angenommen werden, daß sie nicht aus anderen Teilen des Riffes eingeschwemmt wurden, sondern ursprünglich hier gesiedelt haben. Hyalospongea und Demospongea konnten in dieser Lage nicht gefunden werden. An Begleitfauna treten neben den Korallen am häufigsten von Pelecypoden die Gattungen Arctostrea und Exogyra auf, außerdem kleine Seeigel. Alle diese Fossilien werden von unregelmäßigen Krusten überzogen und miteinander verbacken. Im Dünnschliff lassen diese Krusten stellenweise Struk- turen von Kalkalgen erkennen. In ihrer Form ähneln die Überzüge rezenten Lithothamnien. Die inkrustierenden Kalkalgen machen in dieser in den Korallen- kalk eingeschalteten Lage einen beträchtlichen Anteil der Gesteinsmasse aus. Zusammenfassend läßt sich im Riff von Laisacker folgende Verteilung der Spongien feststellen: Im eigentlichen Korallenkalk sind Schwämme insgesamt nicht besonders häufig; unter den Funden überwiegen die Hyalospongea; in einer in das Riff eingeschalteten, an Kalkalgen reichen Lage treten Spongien in sehr großer Zahl auf, und zwar ausschließlich Calcispongea. Diese Verteilung gilt strenggenommen nur für einen kleinen Ausschnitt des Riffes, aus dem durch den Steinbruchbetrieb eine größere Anzahl von Fossilien gewonnen werden konnte. Hyalospongea und Demospongea sind mit Sicherheit nur aus dem Korallenkalk unter der oben beschriebenen Lage bekannt. Eine ähnliche vorwiegend aus Kalkalgen und Kalkschwämmen bestehende Einlage- rung konnte in den übrigen Aufschlüssen des Riffes bei Laisacker nicht entdeckt werden. b) Paläo-ökologische Bedeutung der Spongienfauna von Laisacker. Über die Verbreitung von Spongien an rezenten Korallenriffen wissen wir nicht allzuviel. DE LAuUBENFELS (1954) hat eine Bearbeitung der Schwämme von 16 Korallenriffen des Pazifik vorgenommen. Die Aufsammlungen dafür waren in der Hauptsache auf die Lagunen beschränkt und lieferten vorwiegend Demospongea, daneben einige Calcispongea. DE LAUBENFELS (1954, S. 269) konnte feststellen, daß die Häufigkeit der Spongien nach der Seite der Atolle zunimmt, welche der vorherrschenden Windrichtung abgekehrt ist, und an windgeschützten Stellen besonders groß ist. Hyalospongea fehlen an den rezenten Korallenriffen des Pazifik vollständig. Der Lebensraum dieser Tierklasse ist heute auf bedeutend größere Meerestiefen beschränkt. Bereits in der Oberkreide ist in küstenfernen Ablagerungen ein Überwiegen der Hyalospongea festzustellen, während in flachen Meeresbereichen die Lithistida gewöhnlich vorherrschen (siehe WAGNER, 1963, S.241!). Analog deutet sich im oberen Weißjura der Schwäbischen Alb eine Verflachung des Meeres in der Abnahme der Artenzahl der Hyalospongea und dem Anwachsen der Häufigkeit der Lithistida an. Diese Verflachung macht sich im Wachstum der Korallenriffe und in anderen Erscheinungen in den Ablagerungen bemerkbar (siehe GwinNer, 1952, S. 200 £.!). In einer Zusammenstellung der von SCHRAMMEN (1936) bearbeiteten Schwammvorkommen der Schwäbischen Alb konnte Gwinner (1962, S. 198) zeigen, daß die Triaxonia (= Hyalospongea) im Weißjura Alpha bis Gamma den vorherrschenden Anteil der Spongienarten stellen, während im oberen Weißjura die Artenzahl der Triaxonia zurückgeht, die der Tetraxonia dagegen stark zu- nimmt. Noch deutlicher wird diese Beziehung, wenn statt der von SCHRAMMEN (1936) verwendeten Ordnungen (Triaxonia, Tetraxonia, Monaxonia, Cryptaxonia) die Klassen Hyalospongea und Demospongea nebeneinandergestellt werden. An Stelle der Demospongea wird besser die ökologisch einheitlichere Ordnung Lithistida herangezogen, welcher der größte Teil der fossilen Demospongea angehört. Tabelle 2 (nach SCHRAMMEN, 1936; GWINNER, 1962) Artenanzahl der Weißjura Hyalospongea Lithistida & SELEITBEREESN ea En en N FR 50 10 Dimsssltochenhöfnler za ee ne Bi: 23 12 Y Tlossinpen, Ko, es An jan: A at 28 15 ö Hardtinerp,, Michelsberg, 2. 4%... ,2.,.. 0% 8 14 Se Elenchsteen 4... ee Data A en 19 22 >] € Gerstetfenest:. 20, EN an 10 22 Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkt die Spongienfauna des Korallen- kalkes von Laisacker, in welcher die Hyalospongea eindeutig überwiegen, so scheinen wir zu der Annahme gezwungen zu sein, daß dieses Riff in einem be- sonders tiefen Meeresgebiet entstanden ist. Eine Veränderung in der Zusammen- 2* 17 setzung der Spongienfauna gegenüber der Schwammfazies älterer Weißjurastufen deutet sich hier nur in den Funden einiger weniger Tetracladina an. Vermutlich wird aber das Vorwiegen der Hyalospongea in Laisacker durch die eigentümlichen Erhaltungsbedingungen vorgetäuscht. Von den Hyalospongea liegen in der Hauptsache Arten der Staurodermatidae und Craticulariidae vor, die durch ziemlich große, regelmäßig angeordnete Kanäle ausgezeichnet sind. Das Skelett ist mehr oder weniger vollständig zerstört. Auch die Umrisse der äußeren Form treten in vielen Fällen nicht mehr in Erscheinung, da die Schwämme infolge der starken Umkristallisation mit dem umgebenden Gestein verschmolzen sind. Die Lithistida besitzen dünnere und meist recht unrege'mäßig angeordnete Kanäle; bei dem oben beschriebenen Erhaltungszustand dürften sie daher in der Regel bis zur Unkenntlichkeit umgewandelt sein. Das gleiche gilt in verstärktem Maße für die kleinen Calcispongea. Aus der Verteilung der Schwammfunde im Korallenkalk von Laisacker auf verschiedene systematische Einheiten kann daher nicht unmittelbar auf die paläo- ökologischen Verhältnisse geschlossen werden. Immerhin läßt sich aus dem nicht seltenen Auftreten der Hyalospongea entnehmen, daß es sich um einen Bildungs- raum handelt, der keinen heftigen Strömungen ausgesetzt war, etwa einen ge- schützten Bereich innerhalb des Riffkomplexes. Bedeutend günstigere Erhaltungsbedingungen als der harte Korallenkalk bietet die oben erwähnte lockere, an Kalkalgen reiche Lage, in der die Kalk- schwämme die äußere Form zum großen Teil noch vollständig zeigen. Die Verbreitung der rezenten Kalkschwämme kennzeichnet DE LAUBENFELS (1957, 5. 1083): „The Calcispongea live only in shallow water of full oceanic salinity, at depths of about 100 meters or less, and are much more abundant at depths of less than 10 meters than elsewhere.‘“ Das reiche Wachstum von Kalk- schwämmen läßt also auf eine Bildung nahe der Meeresoberfläche schließen. Darauf deutet auch das völlige Fehlen der Hyalospongea und der Lithistida hin, die ruhigeres Wasser bevorzugen. Der Vergleich mit der Verbreitung der rezenten Calcispongea kann nur mit Vorbehalt gezogen werden, da die Kalkschwämme des Oberjura der Ordnung Pharetronida angehören, von der in den heutigen Meeren nur noch vereinzelte Vertreter gefunden werden, und zwar meist in über 100 m Tiefe. Das geologische Vorkommen der Pharetronida läßt aber auf eine Bevorzugung flacher Meeres- gebiete schließen, entsprechend der Verbreitung der Hauptmasse der rezenten Calcispongea. So treten sie beispielsweise im oberen Jura in größter Häufigkeit in der Flachwasserablagerungen charakterisierenden Oolith-Korallenfazies auf, die im tieferen Malm als rauracische Fazies im Schweizer Jura beginnt und im Weißjura Zeta mit der Ablagerung von Trümmeroolithen und dem Aufwachsen von Koprallenriffen auf den süddeutschen Jura übergreift (siehe GwINnNER, 1962, S. 1891). 18 In der an Kalkschwämmen reichen Lage in Laisacker ist der Einfluß kräftiger Wellenbewegung aus den Korallenbruchstücken zu ersehen, die hier massenhaft, von Kalkalgen umkrustet, vorkommen. Kalkalgen gedeihen an rezenten Korallenriffen besonders üppig an Stellen mit starker Wasserbewegung. Ihre Verbreitung am Bikini-Atoll und benachbarten Atollen beschreiben EmeErY, TRACEY & Lan (1954, S. 79): „Massive, nodular, or encrusting growth of coralline algae.... are found today in greatest abundance in the seaward margin of the reef constituents. They grow in abundance to depths of 50 or 60 feet on the seaward slopes and their detritus is carried down consid- erably deeper. They are important rock formers of the reef surface several hundred feet behind the reef edge, for they bind and encrust corals and debris into a solid mass even where they are a subordinate constituent.‘““ In Laisacker bilden die Kalkalgen krustenartige Überzüge über Kalkschwäm- me, Korallenbruchstücke und andere Organismenreste — wohl überwiegend Schutt des eigentlichen Riffes — und verbacken diese zu einer bröckeligen Masse. Die Kalkalgen selbst sind demnach nicht als Schutt eingeschwemmt, sondern die Lage, in der sie hier massenhaft auftreten, war ihr ursprünglicher Lebensraum. Der Vergleich mit dem Vorkommen von Kalkalgen an rezenten Riffen läßt den Schluß zu, daß die algenreiche Lage in Laisacker an der Oberfläche des Riffes in ziemlich flachem Wasser gebildet wurde. Damit ist nicht gesagt, daß der gesamte Korallenkalk von Laisacker sehr nahe der Meeresoberfläche entstanden ist, da die beschriebene Lage einer zeit- lichen Veränderung der ökologischen Bedingungen entsprechen kann, etwa einer vorübergehenden Verflachung des Meeres. Die Verteilung der Schwammfunde läßt jedenfalls darauf schließen, daß die Hauptmasse des Korallenkalkes in ruhige- rem Wasser gebildet wurde. Ob dies durch etwas größere Meerestiefe oder durch geschützte Lage bedingt ist, läßt sich aus der Schwammfauna nicht ablesen. Schriftenverzeichnis BARTHEL, K. W., 1959: Die Cephalopoden des Korallenkalks aus dem oberen Malm von Lais- acker bei Neuburg a. d. Donau. — N. Jb. Geol. Paläont. Abh., 108, S. 47—74, Taf. 5—6, 7 Abb., 1 Tab., Stuttgart. BArRTHEL, K. W., 1961: Zum Alter der Riffkalke von Laisacker bei Neuburg a. d. Donau. — Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol., 1, S. 23—24. München. EMmERY, K. O., TrAcCEY, ]J. I. & LAop, H. S., 1954: Geology of Bikini and nearby atolls. — Geol. Surv. Prof. Pap., 260-A, XV +265 S., 73 Taf., 84 Abb., 27 Tab., 11 Karten. Washington. Gonpruss, A., 1826—33: Petrefacta Germaniae, 1. Teil. — 252 S., 71 Taf. Düsseldorf. GWInNER, M. P., 1962: Geologie des Weißen Jura der Albhochfläche (Württemberg). — N. Jb. Geol. Paläont. Abh., 115, S. 137—221, Taf. 10—13, 22 Abb., 1 Tab. Stuttgart. Hınpe, G. J., 1887—1912: A monograph of the British fossil sponges. Vol. 1. Sponges of Palaeozoic and Jurassic strata. — (Palaeontogr. Soc. 1886—1911), 264 S., 19 Taf., 7 Abb. London. Kors, R., 1910: Die Kieselspongien des schwäbischen Weißen Jura. — Palaeontographica, 57, S. 141—256, Taf. 11—21, 27 Abb. Stuttgart. Kraus, O., 1962: Internationale Regeln für die zoologische Nomenklatur. 90 S., Frankfurt am Main. 19 LAUBENFELS, M. W. DE, 1954: The sponges of the West Central Pacific. — Oregon state monogr. Stud. in Zool., 7, X+320 S., 12 Taf., 200 Abb., 8 Tab. Corvallis. LAUBENFELS, M. W. DE, 1955: Porifera. In: Treatise on Invertebrate Paleontology, Part E, S. 21—122, Abb. 14-89, New York u. Lawrence. LAUBENFELS, M. W. DE, 1957: Marine sponges. In: Treatise on Marine Ecology and Paleoecology, vol. 1, Ecology. — Geol. Soc. Amer. Mem., 67, S. 1083—1086. Washington. MoRrer, L., 1926: Les spongiaires siliceux du Callovien de la Voulte-sur-Rhone (Ardeche). — Trav. Lab. G£ol. Fac. Sci. Lyon, 13, Mem. 11, S. 123—140, Taf. 6—9, Abb. 23—29,. Lyon. OPPLiIGER, F., 1897: Die Jura-Spongien von Baden. — Abh. schweiz. paläont. Ges., 24, 58 S., 11 Taf. Zürich. OPPrLiGEr, F., 1915: Die Spongien der Birmensdorferschichten des schweizerischen Jura. — Abh. schweiz. paläont. Ges., 40, 84 S., 12 Taf. Genf. Quensteopr, F. A., 1858: Der Jura. — 842 S., 100 Taf. Tübingen. QuENSTEDT, F. A., 1878: Petrefactenkunde Deutschlands, 5. Band: Die Schwämme. — 612 S., Taf. 115—142. Leipzig. Reıp, R., 1963: Notes on a classification of the Hexactinosa. — Journ. Paleont., 37, S. 218—231, Menasha. SCHNEID, TH., 1915—16: Die Geologie der Fränkischen Alb zwischen Eichstätt und Neuburg a. D. — Geogn. Jh., 17 (1914), S. 59—170, Taf. 1—9, und 18 (1915), S. 160. München. SCHRAMMEN, A., 1936: Die Kieselspongien des oberen Jura von Süddeutschland. — Palaeonto- graphica, 84, S. 149—194, Taf. 14—23, und 85, S. 1—114, Taf. 1—17. Stuttgart. SIEMIRADZKI, J. v., 1914: Die Spongien der polnischen Juraformation. — Beitr. Paläont. Geol. Österr.-Ungarns u. d. Orients, 26, S. 163—211, Taf. 8—13. Wien u. Leipzig. WAGNER, W., 1963: Die Schwammfauna der Oberkreide von Neuburg (Donau). — Palae- ontographicica A, 122, S. 166—246, Taf. 24—28, Stuttgart. ZIEGLER, B., 1962: Beobachtungen an hexactinelliden Spongien. — Eclogae geol. Helv., 55, S. 573—585, 3 Taf., 2 Abb., Basel. ZITTEL, K. A. v., 1877—78: Studien über fossile Spongien I—III. — Abh. II. Cl. königl. bayer. Akad. Wiss., 13, 138 S., 12 Taf. München. Tafelerklärungen Tafel 1 Fig. 1: Steinbruch im Korallenkalk des Weißjura Zeta 1 nördlich Laisacker, Südostwand. Die poröse, an Kalkschwämmen reiche Lage (Unterkante durch helle Punkte angedeutet) verläuft in der Mitte schräg von rechts oben nach links unten und bildet links über der Lore eine Rinne. Die Hyalospongea und Demospongea stammen aus dem Korallenkalk rechts unter dieser Lage. (Aufnahme: Dr. K. W. BARTHEL). Fig. 2: Sphenaulax costata (GoLpruss), Lectotypus, Original zu GoLpruss, 1826, Taf. 2, Fig. 10b (Sammlung Bonn Nr. 26b), Weißer Jura, Streitberg, nat. Größe. Fig. 3: Sphenaulax costata (GoLpruss) (1957 II 9), Weißjura Zeta 1, Laisacker, nat. Größe. Fig. 4: Tremaphorus alternans (SCHRAMMEN) (1957 II 165), Weißjura Zeta 1, Laisacker, nat. Größe. Fig. 5: Tremaphorus alternans (SCHRAMMEN) (1940 VI 1002), mittlerer Weißjura, Erkenbrechts- weiler, nat. Größe. Tafel 2 : Trremadictyon reticulatum (GoLprFuss) (1957 II 161), Weißjura Zeta 1, Laisacker, nat. Größe. : Rhizotetraclis plana Kos (1957 II 176), Weißjura Zeta 1, Laisacker, nat. Größe. 1 2 Fig. 3: Fyalospongea indet. (1957 II 170), Weißjura Zeta 1, Laisacker, x 0,5. Fig. 4 Fig. Fig. : Tremadictyon reticulatum (GouLpruss), Lectotypus, Original zu GoLpruss, 1826, Taf. 4, Fig. 1c (Sammlung Bonn Nr. 42), unterer Weißjura, Streitberg, nat. Größe. 20 Tafel 1 Tafel 2 Ze hi ' nn a ums I er h° EN # >: n E29 Va ‘ Ra er er Be Aush. > R ix a 5 ı Bi; 2 t " 2 N w ö ) B = * MIR © hi: Buch) Mi — ‚ f i \ De, BT y I e © = WR ae - N Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 3 | 21—26 | München, 1. Nov. 1963 | Zur Arthropoden-Fauna des Karbons und Perms. 17'). Saaro- mioptera jordani n.g.n.sp. (Ins., Miomoptera) aus dem Stefan A des Saarkarbons Von PauL GUTHÖRL, Bexbach-Saar?) Mit Tafel 3 und 2 Abbildungen Zusammenfassung Aus dem Stefan A, Göttelborner Schichten, Zeaia-Horizont des Saarkarbons wird ein neuer Insektenrest als Saaromioptera jordani n.g.n.sp. abgebildet und beschrieben und in die Familie Archaemiopteridae eingereiht. Zodelopterum priscum W. SCHMIDT, das im Westfal B des Ruhrkarbons gefunden wurde, dürfte ebenfalls in diese Familie gehören. Die Insekten-Ordnung Miomoptera ist somit aus dem Westfal und Stefan des Oberkarbons sowie aus dem Unteren und Oberen Perm nachgewiesen. Summary A new Carboniferous insect, Saaromioptera jordani n.g.n.sp. from the Stepha- nian A (Leaia horizon of the Göttelborn beds) is figured and described. It is considered to be a member of the family Archaemiopteridae. Haelopterum priscum W. SCHMIDT, recovered from the Carboniferous (Westfalian B) of the Ruhr district, may also be placed within this family. The order Miomoptera, therefore, is now recorded from the Stephanian and Westfalian of the Upper Carboniferous as well as from the Lower and Upper Permian. Anläßlich einer geologisch-palaeontologischen Exkursion, die Professor Dr. Richard Denm-München in der Woche nach Pfingsten im Jahre 1962 in das südliche Gebiet zwischen Mosel und Rhein mit Studenten und Studentinnen durchgeführt hat, besuchten sie auch das Saarland, woselbst sie einige Tage weilten. In der Schichtenfolge des Zeaia-Horizonts, der auch bei Hangard im östlichen Saarland zutage geht, hat die Studentin, Fräulein Helga Grümer aus München neben dem Leitfossil Leaia bäntschiana auch einen kleinen Insekten- flügel gefunden. Bei näherer Betrachtung desselben konnte ich feststellen, daß es sich um einen Miompteren-Rest handelt. Von dieser Insekten-Ordnung habe ich hier bereits zwei verschiedene Vertreter gefunden, die abgebildet und be- 1) 16. Frankenholzia culmanni n.g.n.sp. (Ins., Palaeodict.) aus dem Westfal D der Grube Frankenholz-Saar. — Palaeont.Z., 36, Stuttgart 19062. 2) Dr.h.c. PauL GurHörL 6652 Bexbach, Saar. Rosenstr. 27. 21 schrieben sind (GuUTHÖRL, 1962). Der neue Fund wurde mir liebenswürdiger- weise zur Bearbeitung überlassen. Im Nachstehenden soll auch dieser abgebildet und ausführlich beschrieben werden. Ordnung Miomoptera A. B. MARTYNOV Familie Archaemiopteridae GUTHÖRL Typus-Gattung Archaemioptera carbonaria GUTHÖRL Genus Saaromioptera n. gen. Derivatio nominis: Saaro = nach dem Fluß Saar im Saarland; meion = weniger (klein); Pteron = Flügel. Genotypus: Saaromioptera jordani n. sp. Diagnose: Vorderflügel rund 21, mal so lang wie breit. Vorderrand stärker, Hinterrand schwächer gebogen. Sector radii im ersten Viertel (proximal) vom Radius abzweigend. Medialis und Cubitus im ersten Drittel (proximal) aus einem Hauptaderstamm entstehend. Hauptgeäder schwach verzweigt. Analfeld etwa zwei Fünftel der Flügellänge einnehmend. Saaromioptera jordani n. sp. Taf. 3, Fig. 1A—B, 2A—B und Abb. 1 Derivatio nominis: nach dem im Jahre 1887 verstorbenen Saarbrücker Sanitätsrat Dr. med. Friedrich Wilhelm Hermann JorDAn, der sich um die Er- forschung der Tierwelt des Karbons und Perms im Saarland sehr verdient ge- macht hat. Holotypus: Urstück (Druck und Gegendruck) zu Tafel 3, Fig. 1A—B, 2A—B und Abb. 1 vorliegender Abhandlung (Bayer. Staatssammlung für Palaeontologie und historische Geologie in München, Nr. 1962 VIII 146a und 1962 VIII 146b.) Locus typicus: Hangard im Ostertal bei Neunkirchen-Saar; östliche Böschung eines Feldweges, der am nördlichen Ausgang des Dorfes in nordwest- licher Richtung von der Hauptstraße Hangard—Fürth abzweigt. Stratum typicum: Oberes Oberkarbon, Stefan A (Untere Ottweiler Gruppe), Göttelborner Schichten, Leaia-Horizont. Diagnose: Subcosta offenbar kurz, etwa zwei Fünftel der Flügellänge einnehmend. Radius einfach, schlank-S-förmig geschwungen, fünf Sechstel der Flügellänge erreichend. Sector radii durch wiederholte Gabelung drei Zweige bildend, nach dem Spitzenrand gerichtet. Medialis einen langen, Cubitus einen kurzen einfachen Gabelast bildend; Zweige nach dem Hinterrand gerichtet. Analis aus einem einfachen und einem kurzgabelförmigen Zweig bestehend. Erhaltung: Ein linker Vorderflügel in hellgelblichgrauem Schieferton?). Er hebt sich recht undeutlich vom Gestein ab. Flügelränder und Hauptgeäder 3) Die hellgelblichgraue Gesteinsfarbe entstand bei der Verwitterung. Unter Tage ist die Gesteinsfarbe grauschwarz. 22 Abb. 1. Saaromioptera jordani n. g.n. sp. — X 20. Holotypus. Hangard im Ostertal. — Oberes Oberkarbon, Stefan A (Untere Ottweiler Gruppe), Göttelborner Schichten, Zeaia-Horizont. sind nicht so deutlich ausgeprägt wie bei den früheren Funden vom gleichen Fundort. Der proximale Teil des Vorderrandes, sowie die Subcosta sind nicht erhalten. Von einem Zwischengeäder ist nichts zu sehen. Daßer nlange’des Vorderlüpgels 22. Wi ui. en. NN On, Großte.Breite.des»Vordertlügels =. ir u... %% A Doc nn! Merhaltnis von Breite zue Banser 1. laser 422 3 1: a 14 Beschreibung: Der Flügelvorderrand ist etwas stärker und gleichmäßig nach vorne, der Hinterrand nur ganz schwach nach hinten gebogen. Ob sie an der Flügelbasis + stark umgebogen waren, läßt sich nicht mehr feststellen. Die Costa (C) ist marginal und bildet den Vorderrand. Die Subcosta (Sc) war offenbar recht kurz; sie dürfte etwa zwei Fünftel der Flügellänge eingenommen haben. Im ersten Drittel von der Flügelbasis entfernt gibt der Radius (R) seinen Sektor (Rs) ab. Der erstere hat einen langen, schlank-S-förmigen Verlauf und trifft den vorderen Spitzenrand. Die Breite des Feldes zwischen dem Vorderrand und dem Radius beträgt etwas weniger als 0,5 mm. Der Sector radii verläuft bis über die Flügelmitte hinaus zunächst einfach, bildet dann eine Gabel, dessen vorderer Zweig noch einmal gegabelt ist, der hintere einfach bleibt. Die drei Zweige sind nach dem mittleren Spitzenrand gerichtet. Medialis (M) und Cubitus (Cu) ent- springen einem Hauptaderstamm. der stärker nach hinten gebogen ist. Die Stelle der Verzweigung liegt im ersten Drittel (proximal) der Flügellänge. Medialis und Cubitus verlaufen jeweils auf einer kurzen Erstreckung einfach. Die Medialis 3 23 bildet dann einen langen einfachen, der Cubitus einen kurzen einfachen Gabel- zweig. Die Zweige sind nach dem hinteren Spitzenrand, bzw. nach dem Hinter- rand gerichtet. Das Analfeld (A) ist verhältnismäßig klein. Die vordere Ader ist einfach und stärker gebogen, fast ebenso die hintere, die aber kurz vor Erreichung des basalen Hinterrandteiles einen kurzen Gabelzweig bildet. Der Radius und die Analadern sind positiv (+), das übrige Hauptgeäder negativ (—). Von einem Zwischengeäder ist nichts festzustellen. Beziehungen: Sowohl die Flügelform wie auch die absolute Größe lassen in Saaromioptera jordani einen Vertreter der Familie Archaemiopteridae erkennen. In der nachstehenden Tabelle wurde auch Zodelopterum priscum W. ScHmipr (1962) zum Vergleich aufgenommen. Aus dieser Tabelle ist zu ersehen, daß die drei ersten Formen Unterschiede untereinander aufweisen, wodurch die drei ver- schiedenen Gattungen wohl zu Recht bestehen. Flügel-| Ver- länge | hältnis Var Hauptäste und deren Art Breite V ; erzweigung zur Länge mm il; | Iselr |Rs|M|cu| A| sa Archaemioptera carbonaria (N) . ....... 35 222 RZ RZ rlafala) 22T = (ED) SEE en ten 5,4 2,25. "1°1.2%,32 23 2.10 20622 Tychladelaorus ÄE 32 2:13% 12 1212) 47 |, 220220221512, SNZHRNDIERE REIN ol yo oo ob oe 5,0 2402 122121, 2203528 532 DEQGEIODLELHTRNDRESCHT N) Er 4,0 a ze el sl E ED ? 2012131 222 252735 Aus der Tabelle und der vom Verfasser nach der Schmipdtschen Skizze her- gestellten schematischen Zeichnung eines Vorderflügels von Zodelopterum priscum (Abb. 2) kann man ersehen, daß diese neue Form auch in die Familie Archaemiopteridae gehören dürfte. Jedenfalls sind die Beziehungen zu dieser größer als zu der Familie Palaeomantidae HAnpL (= Delopteridae Ser). Bei Archaemioptera carbonaria zweigt der Sector radii nahe der Flügelbasis vom Radius ab; ebenfalls bei Zychtodelopterum relictum und Saaromioptera jordani. Bei Eodelopterum priscum trennt sich der Sector radii näher der Flügelmitte (proxi- mal) vom Radius. Bei Archaemioptera carbonaria liegt die Verzweigungsstelle von Medialis und Cubitus nahe der Flügelbasis, ebenfalls bei Tychzodelopterum relictum und Eodelop- terum priscum; dagegen bei Saaromioptera jordani näher der Flügelmitte (proximal). Schmipr (1962) konnte auch nachweisen, daß nunmehr Eodelopterum priscum, das im Westfal B des Ruhrkarbons gefunden wurde, der älteste Vertreter der entsprechenden Ordnung ist. 24 Cu /mm er at Abb. 2. Eodelopterum priscum W. ScHumipr. — X 20. Holotypus. Gewerkschaft Auguste Viktoria (Ruhrgebiet). — Mittleres Oberkarbon, Unteres Westfal B, Mittlere Essener Schichten. Bezüglich des Hauptgeäders von Siefanomioptera hangardi GUTHÖRL und Stefanomioptera ostertali GUTHÖRL (GUTHÖRL, 1962) ist nachträglich folgendes zu bemerken. Bei diesen beiden Mionopteren-Flügeln sind jeweils der Radius, Cubitus und die Analadern positiv (erhaben), dagegen die Subcosta, Sector radii und Medialis negativ (vertieft). Im rechten Vorderflügel von Zodelopterum ‚briscum ist der Radius eine positiv, der Sector radii eine verzweigte negativ ver- laufende Ader. Wie sich das übrige Hauptgeäder in dieser Hinsicht verhält, geht aus der Schmiprschen Beschreibung nicht hervor. Es dürfte aber demjenigen der beiden Stefanomioptera-Arten und von Saarmioptera jordani ähnlich oder sogar gleich sein. "Schriftenverzeichnis GurHörL, P., 1962: Zur Arthropoden-Fauna des Karbons und Perms. 13. Neue Funde von Miomopteren aus dem Stefan A des Saarkarbons. — Palaeont. Z., H. SchmıpDr-Festband, Stuttgart. MARTYNovA, OÖ. M., 1958: Materialy k Osnovani Palaeontol., 2, Moskau (Russ.). ROHDENDORF, B., BECKER-Migdisova, E., MARTYNOVA, ©. M. & SHAarov, A. G., 1961: Palaeo- zoische Insekten des Kusnezk-Beckens. — Trav. Palaeontol. Inst. Acad. Nauk URSS, 85, Moskau (Russ.). SCHMIDT, W., 1962: Neue Insekten aus dem rheinisch-westfälischen Oberkarbon. — Fortschr. Geol. Rheinl. u. Westf., 3, 2, Krefeld. Weitere einschlägige Schriften siehe in GUTHÖRL, 1962. 3* 25 Tafelerläuterung Tafel 3 Fig. 1—2: Saaromioptera jordani n. g.n. sp. — Holotypus. 1A = Druck x 2 (eingekteist); 1Bx 10. 2 A = Gegendruck x 2 (eingekteist); 2B x 10. Fundort: Hangard im Ostertal bei Neunkirchen (Saar). Fundschichten: Oberes Oberkarbon, Stefan A (Untere Ottweiler Gruppe), Göttel- borner Schichten, Zeaia-Horizont. Verbleib: Bayer. Staatssammlung für Palaeontologie und historische Geologie München Nr. 1962-VIII-146a u. 1962-VIII-146b. > 26 Tafel 3 ri Ian r u Dur ur, RL MUT On raid Aruugı A ulm ir ANBPER ML, U RO Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 3 | 27—33 | München, 1. Nov. 1963 Einige Idoceratinae (Ammonoidea) aus dem südlichen Fränkischen Jura Von K. WERNER BARTHEL, München!) mit einem Beitrag von O. STROBEL, München Mit 2 Abbildungen und Tafel 4 Zusammenfassung Nebrodites (Mesosimoceras) evolutus GEMMELLARO wird aus dem unteren Malm (planula-Zone) der fränkischen Alb beschrieben. Es ist dies das bisher nördlichste bekannte Vorkommen der Art. /doceras balderum (OPrEL) aus dem mittleren Malm (uhlandi-Subzone) kann in Franken, wohl erstmals, bestimmten Bänken zuge- ordnet werden, nämlich 366 und 367/368 von SCHMIDT-KALER, 1961 und 1962. Summary Nebrodites (Mesosimoceras) evolutus GEMMELLARO is recorded from early Upper Jurassic beds (p/anula-zone) of the Franconian Alb. This is the nothern- most occurence of this species so far known. /doceras balderum (OPrEL) from the middle Upper Jurassic (zhlandi-subzone) can be linked, for probably the first time in Franconia, to beds 366 and 367/368 of ScHhmiDT-KALER 1961, 1962. Begehungen und Kartenaufnahmen am nordöstlichen Riesrand während der jüngsten Zeit erbrachten interessante Fossilfunde. Zwei davon werden wegen ihrer zoogeographischen beziehungsweise stratigraphischen Bedeutung hier näher betrachtet. Herrn Prof. Dr. R. Denm verdankt die Bayerische Staatssammlung den Fund eines seltenen Idoceratinae. Das Fossil entstammt der Riffazies des Malm (Grenzbereich der Zonen des Epipeltoceras bimammatum |QvENSTEDT] und des Idoceras planula [HEHL]), aufgeschlossen im Bruch des Schotterwerkes Schneider. Der Bruch liegt etwa 500 m östlich des Obelshofes bei Heidenheim am Hahnen- kamm und wurde bereits von WEGELE 1929, S. 148/149 beschrieben. Das Fossil gehört in die Gruppe des Nebrodites (M.) herbichi (HAuER) 1856, die mit seltenen Individuen bereits im unteren Malm auftritt. Aus der gleichen 1) Konservator Dr. K. WERNER BARTHEL, Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und histor. Geologie, 8 München 2, Richard-Wagner-Str. 10. 27 + Gruppe hat Zeıss 1962, S. 59 Mesosimoceras aft. herbichi bekanntgemacht, und zwar aus der D/anula-Zone (oberer Teil). Das Zeısssche Stück stammt von der nörd- lichen Frankenalb. Nebrodites (Mesosimoceras) evolutus (GEMMELLARO) 1876 Taf. 4, Fig. 1—3, Abb. 1 *1876 Simoceras evolutum sp. Nov. — GEMMELLRAO, Sugli strati con Aspidoceras acanthicum etc., Sul 1877 Simoceras zeuxis, Gemm. — GEMMELLARO, ... zona inferiore degli strati con Aspidoceras acanthicum, S. 214, Taf. 15, Fig. 5. 1959 Nebrodites zeuxis (G. GEMMELLARO, 1877, Taf. 15, Fig. 5) — B. ZıEGLER, Idoceras und verwandte Gattungen, S. 42. Zum Namen: GEMMELLARO stellte 1876 Simoceras evolutum mit einer kurzen Diagnose auf. Als ihm zur Kenntnis kam, daß NeumAyr (1871, S. 41 [23], Taf. 14, Fig. 2) einen Perisphinctes evolutus aus dem oberen Dogger von Balin beschrieben hatte, änderte er seinen Artnamen evolutum 1877 in zenxis. Nach den Regeln der ICZN (Art. 52) haben beide evolutus Bestand, da für verschiedene, nicht nahe ver- wandte Gattungen aufgestellt. Der Name zeuxis ist dagegen hinfällig, obwohl ihn GEMMELLARO zur Vermeidung von Verwechslungen einführte. Maße: in cm D N Wh Wd Wd (üb. die Rippen) 18,9 11.3 4,4 3,5 4,2 0,60 0,23 0,185 0,22 bei 16,7 10,0 3,6 2 3,9 0,60 0,22 0,19 0,23 Anzahl der Rippen: Letzter Umgang 32 (davon 14 auf die große, 18 auf die kleine Hälfte). Vorletzter Umgang ca. 40 (große Hälfte ca. 19, kleine ca. 21). Nächstkleinerer Umgang, nur kleine Hälfte zählbar: 27. Einschnürungen: Vier auf dem letzten Umgang, davon zwei unmittelbar vor der Mündung. Zwei auf dem vorletzten Umgang. Bei weiteren Umgängen ist eine Zählung wegen des Erhaltungszustandes nicht möglich. Bemerkungen und Vergleiche: Die Maße des fränkischen Steinkern- exemplars stimmen nahezu mit denen von GEMMELLAROSs Stück überein (bei 15,3 cm N = 0,59; Wh = 0,24; Wd = 0,18). Unterschiede ergeben sich dagegen in der Berippung. Ich halte diese Unterschiede aber nicht für bedeutend genug, um eine Trennung von GEMMELLAROS Art zu rechtfertigen. Da bei den Idocera- tinae allgemein eine große Variabilität herrscht, erlaubt sich auch hier eine weitere Artfassung. 28 Sowohl beim deutschen als auch beim sizilianischen evo/utus (GEMMELLARO, 1877, Taf. 15, Fig. 5a, b ist jeweils Gegenstand des Vergleichs) bleiben die Rippen der inneren Windungen, soweit erkennbar, ungespalten. Unser Exemplar besitzt am vorletzten Umgang leicht retrocostate Berippung, während GEMMELLAROS Abbildung recti- bis prosocostate erkennen läßt. Die Rippenstellung ist beim Typ innen nur wenig enger (bei gleichen Größen 25: 23 pro halbem Umgang). Mit Beginn der Wohnkammer werden die Rippenabstände an unserem Stück weiter, und das Verhältnis ändert sich auf 21:16. Dies mag möglicherweise mit späterem Einsetzen der Wohnkammer bei GEMMELLAROsS Original zusammen- hängen. Deutlich zweispaltige Rippen sind nur auf der Wohnkammer zu erkennen, wo sie den Hinterrand von Einschnürungen begrenzen, was auch bei der siziliani- schen Form der Fall ist. Letztere hat jedoch nach der Abbildung eine völlig glatte Externseite. Obwohl an unserem Ammoniten die Rippen ebenfalls gegen die Externseite breit werden und verblassen, verschwinden sie nicht vollständig, sondern ziehen als vorwärtsgeschwungene sehr flache Wulste über diese. Man hat den Eindruck, als sei der breite Teil einiger Rippen aus verschmolzenen Haupt- und Schaltrippen entstanden. Gegen Anfang der Wohnkammer zeigt sich die Externseite nahezu glatt; die Rippenenden stehen dort alternierend und sind, bis auf die vor der Einschnürung liegende (mit einer schwachen Schaltrippe), einzeln. Ganz ähnliche Verhältnisse treffen wir nach der Einschnü- rung nahe der Hälfte des vorletzten Umganges Abb. 1: Querschnitt von Ne- (Taf. 4, Fig. 3). Vor dieser Einschnürung ziehen ee ng E u : } . zwischen den beiden, unmittel- einige Rippen über die Externseite. Nach ihr stehen parvorder Mündung der Wohn- die Rippen alternierend und sind in der Mitte unter- kammer gelegenen Einschnü- brochen. Die Zahl der Einschnürungen darf mit rungen. zwei pro Umgang angegeben werden. An GEMMEL- LAROS Stück kann solches wegen Unvollständigkeit nur als wahrscheinlich an- genommen werden. An der Mündung unseres Exemplars, die wie bei /doceras balderum ausgebildet erscheint (B. ZiEGLER, 1959, Taf. 1, Fig. 3), liegt eine Ein- schnürung und wenig dahinter eine zweite. Obwohl die vorhergehenden Zeilen Unterschiede gegenüber der Beschrei- bung und Abbildung GEMMELLAROoSs aufzeigen, so ist kaum Zweifel an gleicher Artzugehörigkeit der Stücke zu hegen. Das stratigraphisch wohl ältere deutsche Exemplar läßt jedoch die Ursprungsgattung /doceras noch hindurchschimmern, wie ja auch ZIEGLER l.c., S. 32, bei seinen Ausführungen über /Vebrodites solche Eigenschaften nicht ausschließt. Vergleiche mit anderen Nebroditen als N. evolutus verliefen weitgehend negativ. Vorkommen: Nach GEmMmELLARos Angaben stammen seine Stücke (3) aus den älteren acanthicus-Schichten Siziliens, welche etwa dem Bereich divisum- 29 Zone bis untere eudoxus-Zone gleichzusetzen sind. Für dies sprechen auch einige bei GEMMELLARO abgebildete Formen. Weitere Stücke außer denen von Franken und Sizilien sind bisher nicht bekannt. Tabelle der für den Unteren und Mittleren Malm gebräuchlichen Leitfossilien. Zomerdese.... Quensreprs Einteilung Hybonoticeras beckeri | € Aulacostephanus psendomutabilis und eudoxus & m ö Ss Aulacostephanus mutabilis - DB} Ö Ä = Katroliceras divisum Aspidoceras uhlandi S Ataxioceras hypselocyclum a Sutneria platynota Idoceras planula ß 8 Epipeltoceras bimammatum Ss NZ Amoeboceras alternans 8 8 Gregoryceras transversarium % = Cardioceras cordatum Quenstedtoceras mariae Der zweite wichtige Fund an Idoceratinae gelang Herrn cand. geol. O. STROBEL, München. Er konnte im Verlauf geologischer Aufnahmen im Hahnen- kammgebiet die ersten /doceras balderum horizontiert entnehmen. Seit Erscheinen der Arbeiten ScHMIDT-KALER 1961 bb, 1962 ist mir jedenfalls kein diesbezüglicher Fund zur Kenntnis gekommen. SCHMIDT-KALER bedauert in dieser Veröffent- lichung das Fehlen von horizontierten Funden, ebenso wie in 1961a, S.78, und 1962, S. 36. Herr STROBEL hatte die Freundlichkeit, mir über seine Profilaufnahmen und über die Fundhorizonte von /doceras balderum folgendes zur Verfügung zu stellen: „Die unten angeführten Aufschlüsse wurden bereits von H. SCHMIDT-KALER zu seinen Untersuchungen herangezogen. Daher werden, um Verwechslungen zu vermeiden, die von SCHMIDT-KALEr 1961 a, 1962 benutzten Aufschluß- und Banknummern beibehalten. Es interessieren lediglich zwei Steinbrüche, beide auf dem Gradabteilungsblatt 70 30 (Wolferstadt). Der eine, 2 km nördlich Döckingen an der Straße nach Schlittenhart (ScHhmIpr-KALER, 1961a, Profilanhang, S. 109, 30 Nr. 47; S. 74, Abb. 10, Profil Schlittenhart, und 1962, S.49, Nr.47; S.34, Abb. 10), erschließt die Bänke 364—371 der uhlandi-Subzone und 1—5 der mutabilis-Zone. Der andere, als westlicher der beiden am Steinbühl betriebenen Brüche (etwa 500 m östlich Rohrach; l.c., S. 110, Nr. 67, und S. 74, Abb. 10; 1962, S. 50, Nr. 67, und S. 34, Abb. 10), zeigt die Bänke 344—371 und wieder 1—5. Details sind den Profilen der Abb. 2 zu entnehmen. Da meine Maße, wohl we- gen verschiedener Aufnahmestellen im gleichen Bruch, von denen SCHMIDT-KALERS etwas differieren, wurden jeweils beide Profile nebeneinandergestellt. Der Mäch- Schlittenhart Rohrach ET ET N = Kal AED Fuge Vorkommen von Mergelkalk Idoceras balderum Banknummer nach Mergellage SE SCHMIDT-KALER 1961 gez. Wellnhofer Abb. 2: Die Profile von Schlittenhart (Nr. 47 in SchmiDT-KALer 1961a) und Rohrbach (Nr. 67 in SCHMIDT-KALER 1961 a). Mit a bezeichnete Säulen: Aufnahme ScHMIDT-KALER, mit b be- zeichnete: Aufnahme STRoBEL. Es ist nur der Profilbereich eingezeichnet, der für diese Arbeit von Wichtigkeit ist. Die Signaturen wurden weitgehend von ScCHMIDT-KALER 1961 a bzw. 1962 übernommen. BL 5 4 31 tigkeitsunterschied beträgt zwischen Profil 47a und b (Schlittenhart) etwa 0,5 m. \ Meine Profilabnahme geschah im nördlichsten Teil des Bruches. Von Jadbceras balderum wurden dort Exemplare aus Bank 366 und 367/368 geborgen. Profil 67 (Rohrach), in der Mitte des Bruches genommen, enthielt /doceras balderum gleich- falls in den Bänken 366 und 367/368. Der Bank 367/368 entstammen ferner drei Exemplare von Aspidoceras uhlandi (OprEL). Die Maßunterschiede gegenüber der Aufnahme von SCHMIDT-KALER sind hier gering.“ Bank 366 des Bruches 47 hat das vollständigste Exemplar von /doceras balderum geliefert (Taf. 4, Fig. 4). Sein Durchmesser beträgt 7,4 cm. Es gehört zu den weitnabeligen Varianten der Art (B. ZiEGLERr, 1959, S. 25, und Taf. 1, Fig. 4). Ein Drittel des letzten Umganges wird von der Wohnkammer eingenommen. Mit Beginn der Wohnkammer verwischen die Flankenrippen bis auf die charakteristi- schen, breitgedrückten Externenden. Die Anzahl der Einschnürungen der letzten Windung ist fünf. Ein Bruchstück aus der typischen Externregion einer Wohn- kammer fand sich noch in Bank 367/368 dieses Aufschlußes. Bruch 67 (mittlerweile zugeschüttet) lieferte aus Bank 367/368 ebenfalls ein Fragment der Externregion von /. balderum, das nach dem Grad der Rippen- verflachung dem Übergang Phragmocon-Wohnkammer angehören muß. Aus Bank 366 stammt dagegen wieder ein besser erhaltenes Stück, an dem die Flan- kenberippung noch ziemlich ausgeprägt ist, obwohl der erhaltene Durchmesser nahezu 7 cm erreicht. Nach den zahlreichen Vergleichsstücken der Bayer. Staats- sammlung aus Württemberg scheint jedoch die Variationsbreite sehr groß zu sein. Die Bedeutung der Funde liegt nun in der Möglichkeit einer genauen Parallelisierung mit den ba/derum-Schichten Württembergs. Das ist um so wich- tiger, als nach SCHMIDT-KALER 1961 a, S. 78, bzw. 1962, S. 36, eine Bank-für- Bank-Korrelation wegen der sehr verschiedenen Fazies nicht möglich ist. Die Hauptverbreitung in Württemberg beschränkt sich bei /doceras balderum auf 70 cm an der Basis von Gamma 6. Darüber liegt noch, bis zur Gamma/Delta-Grenze, eine Wechselfolge von 8 m Kalken und Mergeln (ScHmiDr-KALER, 1961 a, Abb. 15, S. 95, und 1962, Abb. 15, S. 45). SchmiDTr-KALER nahm auf Grund ver- schiedener Überlegungen an, die balderum-Bank Württembergs sei mit der Bank 371 oder der Delta-Basis-Bank identisch und der hangende Teil bis zur Delta-Grenze in Württemberg fehle in Bayern (1961 a,'S. 20,:785,1961.b, & 197: 1962, S. 10, 36). Nachdem nunmehr erwiesen ist, daß /doceras baldernm relativ häufig in den Bänken 366 und 367/368 vorkommt und somit seine vertikale Verbreitung in Franken zu etwa 1 m angenommen werden darf, handelt es sich sehr wahrscheinlich bei 370/371 und der Delta-Basis-Bank um Äquivalente oder Teiläquivalente des in Bayern als fehlend vermu- teten Oberteils von Gamma 6. 32 E \ £ Schriftenverzeichnis GEMMELLARO, G. G., 1876: Sugli strati con Aspidoceras acanthicum Opp. sp. di Sicilia e sui loro Cefalopodi. — Atti R. Accad. Lincei Roma, II Ser., 3, 239—243, Rom. GEMMELLARO, G. G., 1877: Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia. 7. Sopra i Cefalopodi della zona inferiore degli strati con Aspidoceras acanthicum di Sicilia. — 173—232, Taf. 15—17, Palermo. NEUMAYR, M., 1871: Die Cephalopodenfauna der Oolithe von Balin bei Krakau. — Abh. k. k. Geol. Reichsanst. 5, H. 2, 19—54, Taf. 9—15, Wien. ScHMIDT-KALER, H., 1961a: Stratigraphische und tektonische Untersuchungen im Malm des nordöstlichen Riesrahmens. Nebst Parallelisierung des Malm Alpha bis Delta der Südlichen Frankenalb über das Riesgebiet mit der Schwäbischen Ostalb. — Dissertation (Maschinen- schrift), 116 S., 4 Taf., 16 Abb., Geol. Inst. Univ. Erlangen 1961 (Juli). ScHMIDT-KALER, H., 1961b: Stratigraphische und tektonische Untersuchungen im Malm des nordöstlichen Riesrahmens. Nebst Parallelisierung des Malm a«—ö der Südlichen Franken- alb über das Riesgebiet mit der Schwäbischen Ostalb. (Auszug). — Geol. Bl. NE-Bayern, 11, H. 4, S. 190—200, 1 Tab., Erlangen 1961 (Nov.). ScHMIDT-KALER, H., 1962: wie 1961 a. — Erlanger Geol. Abh., 44, 51 S., 5 Taf. (davon 1 im Text, 2 geol. Karten), 16 Textabb., Erlangen 1962 (Dez.). Zeıss, A., 1962: Fund eines Mesosimoceras im Fränkischen Malm #. — Geol. Bl. NE-Bayern 12, 59—61, 1 Abb., Erlangen. ZIEGLER, B., 1959: Idoceras und verwandte Ammonitengattungen im Oberjura Schwabens. — Eclogae Geol. Helvetiae 52, 19—56, 4 Abb., 1 Taf., Basel. (Diese Arbeit enthält ein aus- gedehntes Literaturverzeichnis über die Idoceratinae.) Tafelerläuterung Tafel 4 Fig. 13: Nebrodites (Mesosimoceras) evolutus (GEMMELLARo), Fig. 1. Seitenansicht (X 0,61,) Fig. 2. Externansicht (X 0,61), Fig. 3. Detail der Einschnürung an der Hälfte der vorletzten Windung (Externansicht nach Entfernung eines Teils des letzten Umgangs; Rippenenden nach vorne [= unten] gewandt) (X 0,8). Rippen und Einschnürung täuschen wegen der Perspektive einen geraden Verlauf vor, sind aber nach vorne (hier unten) geschwungen. Bayer. Staatssammlg. f. Paläontol. u. hist. Geol. 1962 I 221. Bruch 500 m E des Obelshofs bei Heidenheim am Hahnenkamm. bimammatum|planula-Zone. Fig. 4: Idoceras balderum (OprEı), Seitenansicht, nat. Größe. Bayer. Staatssammlg. f. Paläontol. u. hist. Geol. 1962 XXXI 1. Bank 366 des Profils Schlittenhart bei Döckingen am Hahnenkamm. uhlandi-Subzone. 4* 33 Tafel 4 Da An 1 ah Lan Mi 1) i ! a FuSR #;] 'y ur aM; n Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 3 | 35—50 | München, 1. Nov. 1963 Über Calpionelliden an der Jura/Kreide-Grenze Von Kraus Dosen, München!) Mit 1 Tabelle und Tafel 5—6 Zusammenfassung Eine systematische Überprüfung der Gattungen Ca/pionella LORENZ und Crassicollaria REMANE ergibt, daß je zwei Arten und Unterarten zu streichen sind. Eine neue Art wird bekanntgemacht. Auf der Grundlage der systematischen Revision folgt eine neue Definition der Calpionelliden-Zonen 1 bis 6 des Ober- Tithons und Berriasiens (DoBEn, 1962). Im Anhang (Originalauszüge aus DoBEn, 1962) werden einige in organischer bzw. in halb organischer, halb kalzitischer Substanz erhaltene Tintinnina aus mitteltithonischen Kalken neu beschrieben. Ihre Bedeutung für die Fossilisation und Evolution der Calpionellidea wird diskutiert. Resume Une revision systematique des genres Calpionella LORENZ et Crassicollaria REMANE a pour consequence, qu’il faut supprimer deux especes et deux sous- especes. Une nouvelle espece est decrite. Il s’ensuit d’une nouvelle definition des zones a calpionelles 1—6 du Tithonique sup£rieur et du Berriasien (DogBEn, 1962). Par appendice (extraits originaux de DoBEn, 1962) sont decrites de nouvelles formes de tintinnines a substance organique et semi-organique semi-calcitique observees dans des calcaires a grain fin du Tithonique moyen. Leur importance a propos de la fossilisation et de l’Evolution des calpionellides est discutee. Inhalt NOTE u OR OEL EIER PR TE re PER BRENNER Börde 36 I. Zur Systematik: Calpionella Lorenz und Crassicollaria REMANE . . . . . . . 2 3 II. Zur Feinstratigraphie: Neue Definition der Calpionelliden-Zonen im Ober-Tithon und Berriasienig Ce Se Le EEE Re 39 III. Anhang: Originalauszüge aus Dosen, 1962 (Dissertation) PENICHBeReBLeIDungenAe ale te N ee re 42 CE HTEIHOTBENGDONEIRD BEN. DAS ee Ze le ee 42 Balpionellicgesgen.et'spuindeet 2 Vaymn va N IE IL, Er 2. Über die Fossilisation der kalzitischen Tintinnina (Calpionellidea) ....... . 44 Snevalunon.der Galpionellidea. SrLAN SEHE ee a 47 l) Dr. Kraus Dosen, Institut für Paläontologie und histor. Geologie der Universität, 8 München 2, Richard-Wagner-Str. 10. 4a 33 Vorwort Die Grundlage dieser Veröffentlichung bildet der paläontologisch-strati- graphische Teil meiner Inaugural-Dissertation „Paläontologisch-stratigraphische und fazielle Untersuchungen an der Jura/Kreide-Grenze in den bayerischen Kalk- alpen zwischen Inn und Saalach‘“. (München, März 1962, Privatdruck.) Eine Überarbeitung und Ergänzung der in der Dissertation vorgelegten Ergebnisse wird durch Veröffentlichungen erforderlich, die mir teils während der Anfertigung der Dissertation noch nicht bekannt waren, teils erst nach Ab- schluß erschienen sind. Darüber hinaus werden neue Beobachtungen hinzugefügt. Für die Möglichkeit, eine Neubearbeitung meiner früheren Untersuchungen sowie anhangsweise einige Teile der Dissertation im Original an dieser Stelle zu veröffentlichen, danke ich meinem Lehrer, Herrn Prof. Dr. R. Denm. Das Belegmaterial befindet sich im Besitz der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München. I. Zur Systematik Calpionella LorEnz und Crassicollaria REMANE Crassicollaria intermedia (DURAND-DELGA) Aus der von Corom (1934) eingeführten breiten Variation von Ca/pionella elliptica CADISCH trennte REMANE (1962) unter der neuen Gattung Crassicollaria drei neue Arten ab: Cr. brevis, Cr. colomi und Cr. parvula. Unter Crassicollaria werden Formen mit einem wulstförmigen „Halsband“ an der Kragenbasis zusammengefaßt. Die Unterscheidung in Arten geschieht nach weiteren Merkmalen des Kragens sowie nach den Proportionen der Lorica und dem Vorhandensein bzw. Fehlen eines Kaudalfortsatzes. Wie REMANE in einer Fußnote (p. 16) mitteilt, ist Cr. colomi bereits wieder zu streichen, da identisch mit der von DurAanpD-DELGA (1957) aufgestellten Calpionella intermedia, die jetzt als Crassicollaria intermedia (DURAND-DELGA) zu führen ist. Was die Unterscheidung REMANEs zwischen Cr. brevis und Cr. intermedia betrifft, der ich nach Prüfung meines Schliffmaterials nicht folgen kann, so ent- wertet sie bereits seine eigene Beschreibung, in der es in bezug auf die Trennung beider Arten heißt: „Entscheidend für die Aufstellung von zwei selbständigen Arten war letztlich die Tatsache, daß ihre stratigraphische Verbreitung verschie- den ist.“ (REMANE, 1962, p. 19.) Da sich also die beiden Arten letztlich nicht auf Grund morphologischer Merkmale unterscheiden lassen, existiert folglich nur eine Art: Cr. intermedia. Eine Übersicht über die Variation dieser Art gibt Tafel 5, Abb. 1—8. 36 Crassicollaria parvula REMANE Zufolge der Typusbeschreibung (REMAnE, 1962, p. 19) besitzt diese Art eine im Medianschnitt elliptische Lorica, einen aboral scharf zugespitzten Pol, jedoch keinen Kaudalfortsatz. Die schwach verdickte, wulstförmige Kragenbasis leitet in geschwungener Linie in den achsenparallelen, allenfalls ganz leicht divergierenden Kragen über. Typische Schnittbilder zeigt Tafel 5, Abb. 9—12. Crassicollaria massutiniana (COLOM) Eine sichere Zuordnung zum Holotyp Coroms (1948, p. 243, Fig. 11, Nr. 45) nach dem spezifischen Kennzeichen des hohlen Wulstes an der Kragenbasis — nach REMANE (1962, p. 15) ein oft nur erhaltungsbedingtes Merkmal — ist häufig möglich. Typische Formen gibt Tafel 6, Abb. 12—13. Daneben existiert eine Gruppe ähnlicher Formen, zwischen denen nach REmAne (p. 15—16) alle Über- gänge infolge schiefer Schnitte bestehen. Aus dieser Formengruppe läßt sich jedoch ein weiterer charakteristischer Typ abtrennen, der im folgenden neu be- schrieben wird. Crassicollaria colomi n. sp. Synonyme: Calpionella elliptica CoLom, 1948, Fig. 11, Nr. 65, 67, 78; reproduziert in POKORNY, 1958, p. 435, Abb. 507. Derivationominis: Zu Ehren von G. CoLom. Holotypus: Original zu Tafel 5, Abb. 16. Bezeichnetes Exemplar in Schliff Re 21. Paratypoide: Tafel 5, Abb. 13—15 und 17—18. Locus typicus: Rechenberg-Profil, ca. 2,5 km ENE Oberwössen auf Blatt Reit im Winkl (818), Ko.P. 45 38525/52 87150. Stratum typicum: Oberes Ober-Tithon. Diagnose: Spitz-ovale Lorica mit Kaudalfortsatz und weit nach außen gebogenem Kragen.. Beschreibung des Holotypus: Die Lorica ist mehr als zweimal so lang wie breit. Die Öffnung der Kragenspitzen erreicht die größte Breite des übrigen Gehäuses. Von den Schultern zum aboralen Ende verschmälert sich die Lorica zunehmend und endet in einem kaudalen Fortsatz. Das orale Ende ist weit geöft- net. Der Kragen geht in geschwungener Linie ohne scharfen Knick aus den schwach wulstartig verdickten Schultern hervor. Dimensionen des Holotypus: Gesamtlänge 68 u Breite (am Wulst) 32 u Breiteste Öffnung des Kragens 32 u Variation: Die als Paratypoide (Tafel 1, Abb. 13—15, 17—18) ausgewähl- ten achsennahen Längsschnitte zeigen geringe Schwankungen der Größenver- hältnisse: Länge 65—72 u, Breite 27—33 u. Außergewöhnliche Längenmaße finden sich bei Formen mit extremer Kragen- und Kaudallänge. 4a* 37 Die aus der Zusammenstellung Corous (1948, Fig. 11, Nr. 65, 67) ausgesuch- ten Synonyme erreichen die Untergrenze der angegebenen Länge (ca. 65 u). Keinesfalls sind sie jedoch Synonyme zu der weitaus größeren Cr. intermedia, wohin sie REMANE (p. 18) stellte. Auf eine Darstellung der geometrischen Variation wird verzichtet. REMANE (1962) hat noch deutlicher als Corom (1948) gezeigt, daß für eine sichere Identifi- zierung nur echte Medianschnitte in Frage kommen, die bei Cr. co/omi n. sp. durch das Vorhandensein von Kragen und Kaudalfortsatz gegeben sind. Beziehungen: Morphologische Verwandtschaft besteht einerseits zu Cr. parvula und andererseits zu Cr. massutiniana. Beiden Arten fehlt jedoch ein kaudaler Fortsatz. Cr. parvula ist zudem kleiner und besitzt einen achsenparallelen Kragen. Außerdem fällt bei dieser Art das Längen-Breiten-Verhältnis kleiner aus, d.h. Cr. parvula ist gedrungener. Gegenüber Cr. massutiniana ist die geringe Ausbuchtung der Schulterpartie unterhalb des Kragenansatzes als weiterer Unterschied zu nennen. Stratigraphische Verbreitung: Oberes Ober-Tithon (mittlerer Teil der Zone 4). Geographische Verbreitung: Östliche bayerische Alpen; westliche mediterrane Tethys (nach CoLom, 1948), Calpionella alpina LORENZ Die Unterscheidung zweier Unterarten (DoBEn, 1962, p. 43—46) gründete auf der Beobachtung zweier Größentypen, die bereits von DEFLANDRE (1936), Corom (1948) und G.& M. DErFLANDRE (1949) beschrieben wurden, wobei letztere die kleine Varietät als selbständige Art C. cadischi benannt hatten. REMANE (p. 21) führte die kleinen Formen auf schiefe Schnitte von C. elliptica CaADIscH zurück. Da C. e/liptica s. str. jedoch nur selten auftritt, müssen zur Er- klärung der Häufigkeit kleiner Formen noch schiefe Schnitte von Cr. parvula und der großen Form von C. alpina, die auch im Berriasien noch vorhanden ist, heran- gezogen werden. Durch geometrische Überlegungen läßt sich nun jede der kleinen Formen auf einen der genannten drei Fälle zurückführen. Es scheitert hier also die sichere Trennung zweier Unterarten an der diagnostischen Methode der Dünn- schliffbeobachtung und wird hiermit aufgegeben. Calpionella elliptica CADISCH Durch die Aufspaltung der ehemals von CoLom eingeführten breiten Varia- tion (vgl. oben) wird nach REmANnE (p. 11) die Art C. elliptica auf ihren Typus zurückgeführt, wobei allerdings anzumerken ist, daß ein solcher von CADIscH (1932) nicht ausdrücklich gekennzeichnet worden war. ; 38 In den Variationskreis des von REMANE nun ausgewählten Lectotyps fällt zweifellos die von mir etwa gleichzeitig (1962, p. 46—47) aufgestellte Art „Cal- ‚pionellites allemanmi“. Es sollte die Art der Veröffentlichung (Zeitschrift gegenüber zahlenmäßig beschränktem Privatdruck) zugunsten der Priorität von REMANE entscheiden. Andernfalls müßte eine der von CapıscH (1932, p. 251, Abb. 3, Nr. 10, 11, 26) als kleine Varietät abgebildeten gleichalten Formen, die geometrisch nicht aus der großen Form (ibid. Abb. 3, Nr. 17) ableitbar sind, wie REMANE (p. 11) annimmt, sondern in Größe (z. B. Nr. 11: Länge 58 u, Breite 37 «) und Proportionen in die Variation von Cr. parvula passen, den Namen e/liptica gemäß dem eingebürgerten Brauch weiterführen. Im Sinne des Lectotypus von REMANE ist C. elliptica nunmehr eine relativ seltene, jedoch nicht minder charakteristische Form des unteren bis mittleren Berriasien (vgl. Tafel 6, Abb. 15). Calpionella undelloides CoLoM Diese 1939 aufgestellte Art wurde von Corom (1953, p. 520, Fußnote) zu- rückgenommen und als C\. a/pina Lorenz, deren oraler Kragen auf Grund schiefer Schnittlage fehlt, umgedeutet. Nachträgliche Zweifel an der Existenz dieser Art äußerten ZıA (1955) und REMANE (1962). Für die beiden Gattungen Calpionella und Crassicollaria sowie den ihnen zu- geordneten Arten ergibt sich zusammenfassend folgende Übersicht: Calpionella Lorenz, 1902, Calpionella alpina LORENZ, 1902, Genotypus, Calpionella elliptica CADIScH, 1932. Crassicollaria REMANE, 1962, Crassicollaria intermedia (DURAND-DELGA, 1957), a Crassicollaria parvula REMANE, 1962 Crassicollaria massutiniana (CoLoM, 1948), Crassicollaria colomi n. sp. U. Zur Feinstratigraphie Neue Definition der Calpionelliden-Zonen im Ober-Tithon und Berriasien “Unter Berücksichtigung der oben beschriebenen systematischen Ergebnisse folgt nun eine neue Definition der von mir im Typus-Profil vom Rechenberg (1962, p. 12—16, Abb. 2 und 3; Schliffbezeichnung Re) aufgestellten Calpionelli- den-Zonen, die vom untersten Ober-Tithon bis zum mittleren Berriasien ein- schließlich reichen (Tab. 1): 39 ZONE 1: Re 1—7 ZONE 2: Re 8—12 ZONE'3: Re 13—17 ZONE 4: Re 18—30 ZONE 5: Re 31—50 40 An der Basis finden sich dünnwandige, vorwiegend breit-konische Loricae von Crassicollaria intermedia (DURAND-DELGA). Darüber folgen größere Formen, deren Loricae stärkere kalzitische Wände besitzen. Zu der immer häufiger vorhandenen Cr. intermedia, nun mit vor- wiegend lang-konischen Formen, tritt Ca/pionella alpina LORENZ. Hinsichtlich des Individuenanteils überwiegt jedoch Cr. intermedia weitaus. Vereinzelt Cr. massutiniana (CoLoM). Cr. intermedia und C. alpina sind weiterhin vorhanden, jedoch stellt nun C. alpina die Mehrzahl der Individuen, ein Befund, der be- sonders stark im oberen Teil dieser Zone hervortritt und daraus resultiert, daß vom Liegenden zum Hangenden die Individuenzahl von C. aldina ansteigt, während die von Cr. intermedia gleichlaufend immer mehr zurückgeht. Cr. parvnla REMANE tritt bereits vereinzelt auf, hinzu kommt vereinzelt wiederum Cr. massutiniana. Die Obergrenze der Zone wird dadurch definiert, daß — bei etwa gleichbleibender Individuenzahl von C. alpina — Cr. intermedia nicht mehr, Cr. parvula dagegen bereits häufiger vorhanden ist. Zone 3 liegt also zwischen den beiden Häufigkeitsmaxima von Cr. intermedia und Cr. parvula in einem Bereich, in dem C. alpina alle anderen Individuen an Zahl übertrifft. Das Zonenkriterium des Häufigkeitsverhältnisses, auf dem Zone 3 basiert, ist gegenüber dem des Neuerscheinens einer Art (Definition aller übrigen Zonen) nicht ungleichwertig, da es entwicklungsge- schichtlich und nicht durch zufällige Anreicherung bedingt ist. Dies geht aus der gleichlaufenden Häufigkeitsfrequenz weit von- einander getrennter Profile hervor. Für ökologisch bedingte Ver- änderungen ergeben sich aus der gleichbleibenden Fazies des Sedi- ments keine Hinweise. C. alpina bleibt häufig, während Cr. intermedia nicht mehr ange- troffen wird. In typischer Ausbildung findet sich jetzt — im unteren Teil der Zone erst in geringer, nach oben hin in größerer Individuen- zahl — Cr. parvula. Neu erscheint Cr. colomi n. sp., die jedoch nur im mittleren Teil der Zone 4 häufig ist. Vereinzelt Cr. massutiniana. Im obersten Teil seltene Vorläufer von Tintinnopsella carpathica (MURGEANU & FiLipEscu) und 7. cadischiana COLOM. Neben den persistierenden Arten C.. alpina und Cr. parvula wird T. carpathica, die nur seltene Vorläufer besitzt, häufig. Die Indivi- duenfrequenzen der vorausgehenden Zonen werden von nun an nicht mehr erreicht. Häufig wird T. cadischiana, neu erscheinen Ampbhorellina subacuta CoLoM und Calpionella elliptica CADISCH S. Str. Calpionellites neocomiensis Colom Tıntinnopsella_carpathica (M&F.) Tintinnopsella oblonga (Cadisch )? Tintinnopsella longa (Colom) Tintinnopsella cadischiana Colom Calpionella alpina Lorenz Calpionella elliptica Cadisch Crassicollaria porvula Remane Tintinnopsella carpathica (M.&F) Tintinnopsella cadischiana Colom Amphorellina subacuta Colom Calpionella alpina Lorenz Calpionella elliptica Cadisch Crassicollaria parvula Remane Crassicollaria parvula Remane Crassicollaria massutiniana (Colom) Crassicollaria colomi n.sp. Calpionella alpina Lorenz Calpionella alpina Lorenz Crassicollaria intermedia (Durand-Delga ) Crassicollaria parvula Remane Crassicollaria massutiniana (Colom ) Crassicollaria intermedia (Durand-Delga) Calpionella alpina Lorenz Crassicollaria massutiniana (Colom) Crassicollaria intermedia (Durand-Delga) © 7) < BIS 8 @ —— direkt belegt a EI o= EnassSsa8se "---- indirekt belegt SOUL SEMURSCEH 73 IE ANSICHT In --?-- vermutet ER LICH ; SOSGSGÖKKTOUEK Tab. 1. Die revidierten Calpionelliden-Zonen 1—6 des Typusprofils vom Rechenberg nebst Ver- breitung der einzelnen Arten im Vergleich zur konventionellen Horizontgliederung mit Ammoni- ten. Parallelisierung nach Dosen, 1962. 41 ZONE 6: Diese abschließende Zone nimmt ihren Anfang mit der beginnenden Ab Re51 Verbreitung von Calpionellites neocomiensis CoLoM. Alle Arten der Zone 5 sind weiterhin vorhanden. Hinzu kommen: Calpionellites darderi (CoLom); selten: Tintinnopsella longa (CoLom) und T. oblonga (CapıscH), Exemplare ohne oralen Kragen häufig (Zur Definition dieser Art vgl. Crra & PAsQuARE, 1959, p. 419—421 und Dosen, 1962, p. 48). Die Obergrenze der Zone 6 wird durch das Erlöschen von C. alpina und Cr. parvula definiert. Die revidierte Zonenstratigraphie bringt — bei gleichbleibender Zonenzahl und -ausdehnung — im Ober-Tithon eine weitere Verfeinerung. Bisher wurden Vergesellschaftungen von weit gefaßten und daher „lang- lebigen“ Arten sowie deren Häufigkeitsverhältnisse verwendet. Nun liefert allein schon die spezifische Identifizierung der auf das untere und mittlere Ober-Tithon (Zone 1—3) beschränkten Cr. intermedia (DurAnD-DELGA) und der nur im unteren Ober-Tithon (Zone 4) vorkommenden Cr. colomi n. sp. spezielle strati- graphische Aussagen. III. Anhang Originalauszüge aus Dosen 1962 (Dissertation) (Änderungen in den Titeln und Bildnummern — alte Nummern in Klammern —; weiterhin geringfügige Korrekturen, die sich aus den übrigen Kapiteln ergeben.) 1.) Neubeschreibungen Tintinnidea BonEr, 1956 Codonellidae Kent, 1882 (?) Chitinoidella n. gen. Derivatio nominis: chitinoides (latin. Griech.) — chitinähnlich (bezogen auf die mutmaßliche Konsistenz der Lorica). Genotyopus: Chitinoidella boneti n. sp. Diagnose: siehe Diagnose der bisher einzigen Art. Chitinoidella boneti n.gen.n.sp. Derivatio nominis: Benennung zu Ehren von F. BoneEr (Mexiko). Holotypus: Original zu Tafel 6 (1), Abb. 3 und 4 (3 und 4); bezeichnetes Exem- plar in Schliff Hß 13. Paratypoide: Tafel 6 (1), Abb. 1, 2, 4 (1, 2, 5). Locus typicus: Steinbruch Haßlberg, ca. 4 km SW Ruhpolding auf Blatt -Dürrn- bachhorn (819); Ko.P. 45 47250/52 90275. Stratum typicum: Oberes Mittel-Tithon. 42 A a u ee Diagnose: Lorica becher- oder vasenförmig, mit dünnen Wänden aus dunkelbrauner organischer Substanz. Oralzone mit weit geöffneter Mündung, die breiter als das Gehäuse sein kann, mit ausgeprägtem, nach außen gerichteten Kragen, der anscheinend einen Doppelrand besitzt. Aborales Ende abgerundet, zugespitzt oder zu einem kaudalen Fortsatz ausgezogen. Beschreibung des Holotypus: Der Längsschnitt der Lorica besitzt eine länglich-ovale Form, die sich aboral verengt und mit dem Ansatz zu einem kaudalen Fortsatz endet. In oraler Richtung verengt sie sich ebenfalls, um dann jedoch in der Kragenzone stark zu verbreitern. Die größte Kragenweite übertrifft dabei die größte Breite der übrigen Lorica. Als Wandstrukturen sind an der Innenseite der aus dunkelbrauner Substanz bestehen- den Wände der Lorica in regelmäßigen Abständen angeordnete Verdickungen zu beobachten. Dimensionen des Holotypus: Länge 75 u, Breite 46 u. Variation: Die Paratypoide sowie die weiteren Belege in den Schliffen Hß 13 bis 16 zeigen Längen- und Breitenschwankungen, die jedoch an absoluter Bedeutung verlieren, da die gemessenen Querschnitte in Bezug auf ihre Schnittebene wahr- scheinlich nicht völlig ident sind. Elf ausgewählte Querschnitte ergaben folgende Werte: Länge der Lorica: 55—65—75 u Anzahl der Exemplare: 3.00 Breite der Lorica: 30—35—40—45 u Anzahl der Exemplare: 1 ra >) In Schnitten, die nicht parallel zur Längsachse der Lorica verlaufen, ist der Kragenansatz als halsförmige Einschnürung oder scharfer Knick markiert, der jedoch nur durch die Lage der Schnittebene bedingt ist. Als Wandstrukturen treten außer Verdickungen der Innenseite als Außen- strukturen der Loricawand neben dem häufigen Kaudalfortsatz selten auch seitlich dornenartige Fortsätze auf. Beziehungen: Eine morphologische Verwandtschaft zu der bisher einzigen jurassischen Gattung Parafavelloides G.& M. DEFLANDRE 1949 besteht nicht. Vergleiche mit rezenten Gattungen sind allein auf. Grund des Lorica-Querschnittes nicht durch- führbar. ‘ Lediglich die Zuordnung zu der rezenten Familie Codonellidae KEnT, 1882, ist mit Hilfe des Querschnittes unter Vorbehalten möglich. 43 Morphologisch ähnliche Quetschnitte, wie C'hitinoidella, wenn auch erheblich größer, liefert ab Berriasien die Gattung 7intinnopsella CoLom, 1948, deren Lorica jedoch aus Kalzit besteht. Stratigraphische Verbreitung: Das stratigraphische Vorkommen beschränkt sich nach der bisherigen Kennt- nis auf die Schichten kurz unterhalb der Calpionelliden-Zone 1 (Cr. intermedia) sowie auf die untersten Schichten von Zone 1 selbst, das heißt, auf die Schichten an der Wende Mittel-/Ober-Tithon. Geographische Verbreitung: Die Art besitzt regionale Verbreitung. Fundorte sind die Lokalitäten Stein- bruch Haßlberg (vgl. oben), Hocherb-Alm (W Ruhpolding) und Tiefenthaler Hof (N Achenkirch, Tirol). Calpionellidea Boxer, 1956 Calpionellidae Boner, 1956 Calpionellidae gen. et sp. indet. Beschreibung: Den auf Tafel 6 (1), Abb. 6—10 (6—10) abgebildeten Lorica-Querschnitten ist eine breite bis schmale ovale Form gemeinsam. Auch besitzen alle nur dünne Wände aus perlschnurartig aufgezogenen Kalzitkörnern. Ein ausgeprägter oraler Kragen fehlt diesen Formen oder ist nur schwach angedeutet. Die aboralen Seiten schließen rundlich oder zugespitzt ab. Bemerkenswert ist die bei Abb. 6 und 10 (9 und 10) erkennbare äußere organische Hülle, die die schwach verkalkte Innen- seite umgibt. Beziehungen: Der Formenkreis läßt sich den Gattungen Calpionella, Crassicollaria und Tintinnopsella anschließen. Es handelt sich nicht um einen einzelnen Typ mit fixierten Eigenschaften, sondern um eine Anzahl undifferenzierter Typen, deren morphologische Anlagen auf verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten hindeu- ten. Die bei dem Exemplar der Tafel 6 (1), Abb. 6 und 10 (9 und 10) erhaltene äußere organische Hülle und die Tatsache, daß es sich um die frühesten Vertreter der Calpionelliden-Evolution handelt, bestärken den Eindruck, daß die beschrie- benen Formen eine phylogenetische Übergangsstellung zwischen organischen und kalzitischen Tintinnina einnehmen. 2. Über die Fossilisation der kalzitischen Tintinnina (Calpionellidea). Der Nachweis organisch erhaltener Tintinnina im Haßlberg-Profil liefert neue Tatsachen für die Beurteilung der Fossillisationsprozesse. Daß es sich überhaupt mit Sicherheit um Erhaltung in organischer Substanz handelt, konnte mit Hilfe der von WETZEL (zusammenfassende Darstellung 1959, 44 p. 261—277) entwickelten Fluoreszenzanalyse!) zur Erkennung fossiler Eiweiß- stoffe nachgewiesen werden. Bei Verwendung des Erregerfilters BG 12 sendeten die in dunkelbrauner Substanz erhaltenen Loricae ein grünlich bis gelbes Fluores- zenzlicht aus, wie es von WETZEL als charakteristisch für fossile Eiweißverbin- dungen angegeben wird. Es ist noch nicht gelungen, diese organisch erhaltenen Tintinnina zu isolieren. Weder die Anwendung stark verdünnter Salzsäure noch die verdünnter Essig- säure brachte Erfolg, wie auch Rüsr (1885, p. 320) mit verschiedenen, nicht näher erwähnten Lösungsmitteln und DEFLANDRE & DEunrr (1957, p. 3090) mit Flußsäure keinen Erfolg hatten bei dem Versuch, organisch erhaltene Tintinnina aus Kieselkonkretionen zu isolieren. Zur Frage der Fossilisation der Calpionelliden wurden in der Literatur bisher folgende Standpunkte vertreten: DEFLANDRE (1936, p. 116) vermutete, daß nur Gehäuse agglutinierender Arten in stark kalkigen Sedimenten fossilisiert werden konnten und daß rein organische Gehäuse in solchen Ablagerungen keine Spuren hinterließen. Corom (1948, p. 239) beobachtete dagegen feine Strukturen in den verkalkten Lorica-Wänden der Gattung Favelloides, die seiner Meinung nach den Strukturen ursprünglich rein organischer Gehäuse entsprechen. Er schloß daraus, daß die ursprüngliche organische Struktur schnell durch Kalk ersetzt werden konnte. Auch Anprusov (1950)?) wandte sich gegen die Annahme der Fossilisation ausschließlich agglutinierender Arten. Er zeigte, daß die fossilisierten Loricae einen faserigen Bau mit senkrecht zur Oberfläche orientierten Fasern besitzen, da Calpionelliden-Querschnitte bei der Betrachtung im polarisierten Licht bei gekreuzten Nicols auslöschen. Nach Anprusov wäre diese Art der Verkalkung schwer zu erklären, wenn die Loricae ursprünglich agglutiniert gewesen wären. Den sphärisch-strahligen Bau von Ca/pionella stellte auch bereits BLumEr (1906)?) bei Untersuchung im polarisierten Licht fest. Ohne Argumente zu geben, behauptete CampgELL (1954, p. D 171), daß keine Unterschiede zwischen fossilen kalzitischen und rezenten organischen Tintinnina bestünden, außer dem einen, daß die fossilen eine postmortale Kalziti- sierung erlitten hätten. Er reihte deshalb die fossilen Gattungen unter die rezenten ein. Im Gegensatz zu CorLom, der, wie oben erwähnt, eine postmortale Kalziti- sierung ursprünglich organischer Loricae begründete, fand es BonEr (1956, p. 27 ff.) schwierig, die perfekte Kalzitisierung zu erklären. Nie zeigen sich nach Boner Reste von organischer Substanz innerhalb der kalzitischen Lorica. 1) Eine Fluoreszenzanlage stellte in dankenswerter Weise die Zeiss Ikon-Vertretung in München zur Verfügung. 2) Aus Pokornry (1958, p. 432). 3) Aus CanıscH (1932), p. 247. 45 Auch wird niemals andere Substanz, etwa Pyrit oder Eisenoxyd, angetroffen, wie bei anderen Mikrofossilien, z. B. Radiolarien oder Foraminiferen. Allerdings kennt man auch fossile Arten mit organischer Lorica (bis 1957 drei Gattungen und elf Arten): 1. Parafavelloides ruesti G. & M. DEFLANDRE 1949; drei weitere Arten bekannt, alle aus den jurassischen Koprolithen von Ilsede bei Hannover, zuerst beschrieben und abgebildet von Rüsr (1885, p. 320, Taf. 44, Fig. 15). 2. Codonella cratera (LexypI) VoRCE; pleistozäne lakustrische Tintinnina aus Gyttjaablagerungen Schwedens, von LAGERHEIM (1901!) gefunden. 3. Priscofolliculina pulchra DEFLANDRE & DEUNFF, 1957; fünf weitere Arten, Senon oder jünger; älteste sichere Süßwasserciliaten aus einer Kiesel- konkretion aus der Umgebung von Lambarene, Gabon. Es sind also in organischer Substanz überlieferte Formen bekannt, die vor und nach dem Erscheinen, Aufblühen und Erlöschen der kalzitischen Tintinnina (Tithon - Apt) gelebt haben. Immer aber handelt es sich um außergewöhnliche Erhaltungsbedingungen. Das erklärt nach BonEr, warum sich Tintinnina mit organischem Gehäuse im Verhältnis zum rezenten Arten- und Individuenreichtum so außerordentlich selten im paläontologischen Register finden. Andererseits lassen die in ungeheuren Individuenzahlen überlieferten kalziti- sierten Tintinnina auf Grund ihrer ununterbrochenen Entwicklung vom Tithon bis Apt nach Boner den Schluß zu, daß es sich hierbei nicht um zufällige Erhal- tung handelt. Er nahm an, daß keine postmortale Kalzitisierung der organischen Substanz stattfand, sondern daß die Loricae der Calpionelliden ursprünglich bereits kalkig waren. Die Ähnlichkeit mancher morphologischer Merkmale von fossilien kalziti- sierten und rezenten organischen Tintinnina erklärte er mit „paralleler Evo- lution“. In der Hypothese Boners ist neben den Argumenten der geschlossenen stammesgeschichtlichen Entwicklung und der überaus zahlreichen Überlieferung kalzitisierter Exemplare zwischen Tithon und Apt die zufällige Erhaltung fossiler organischer Formen von besonderer Bedeutung. Diese wenigen Zufallsfunde machen seiner Meinung nach wahrscheinlich, daß es sich bei den millionenfach fossilisierten kalzitischen Formen nicht um zufällige Erhaltung handelt. Über diese Wahrscheinlichkeit hinaus kann eine entscheidende Bestätigung seiner Hypothese nur von weiteren Funden fossiler organischer Tintinnina erwartet werden und zwar von Exemplaren, die unter den gleichen Bedingungen fossilisiert wurden wie die kalzitischen. Die Tatsache der perfekten Kalzitisierung vieler Individuen und die der anscheinend nur zufälligen Erhaltung weniger organischer Formen vermittelt keine weiteren Aufschlüsse. 1) Aus Pokornry (1958, p. 441). 46 Wie die neuen Funde vom Haßlberg zeigen, wurden organische Tintinnina in den gleichen stark kalkhaltigen, feinkörnigen Sedimenten überliefert wie die kalzitischen. Dieser Befund läßt erkennen, daß das physikalisch-chemische Milieu des Sediments auf die Art der Fossilisation ohne Einfluß war. Daraus folgt, daß die Substanzunterschiede der Loricae fossiler organischer und kalzitischer Tintinnina bereits zu Lebzeiten der Organismen angelegt wurden. Damit ergibt sich eine Bestätigung der Hypothese Boners, während die von Corom (1948) vertretene postmortale Kalzitisierung unwahrscheinlich wird. Da es sich bei den organischen Tintinnina des Haßlbergs um nicht agglu- tinierte Formen handelt, wird auch die oben erwähnte, auf Grund des sphäri- schen Baus der Calpionelliden bestrittene Hypothese von DEFLANDRE (1936) hinfällig. Die organischen Tintinnina vom Haßlberg liefern somit die ersten direkten Belege für die von Boxer (1956) postulierte ursprüngliche Kalzitisierung aller kalzitisch überlieferten Tintinnina zwischen Tithon und Apt. 3. Zur Evolution der Calpionellidea Der Zeitpunkt des Auftretens organisch erhaltener Tintinnina sowie einiger halb kalzitisch, halb organisch überlieferter Zwischenformen im Haßlberg-Profil eröffnet neue Deutungsmöglichkeiten für die Evolution. Die organischen Formen treten kurz vor und zusammen mit den frühesten kalzitischen (Calpionellidae gen. et. sp. indet.; Tafel 6 (1), Abb. 6—10 (6—10)) auf. Der Zeitpunkt des gemeinsamen Vorkommens ist also beschränkt auf die basalen Schichten der Calpionelliden-Fazies. Bemerkenswert ist, daß die Loricae der ersten kalzitischen Formen durch das Fehlen einer ausgeprägten Kragenregion gegenüber den organischen wenig spezialisiert und in diesem Sinne primitiv erscheinen. Zudem wurden mit ihnen gemeinsam Übergangsformen beobachtet (Schliff Hß 15), bei denen die Außen- wand der Lorica organisch, die Innenseite jedoch kalzitisch aufgebaut ist (vgl. Taf. 6 (1), Abb. 6 und 10 (9 und 10). Nach diesen Befunden ist es wahrscheinlich, daß im Haßlberg-Profil bei einer Gruppe organischer Tintinnina die Entwicklungsphase des Übergangs in eine neu entstehende Gruppe kalzitisch gebauter Tintinnina belegt werden kann, und zwar an einer Stelle, an der die letzten organischen Formen mit den ersten kalzitischen, verbunden durch Zwischenformen, unter denselben Fossilisations- bedingungen vorkommen. Dieser phylogenetische Übergang von Tintinnina mit organischer in solche mit kalzitischer Lorica, für den alle bisher vorliegenden Tatsachen sprechen, bietet eine einfache Erklärung für das überraschende Auftauchen der Calpionellidea in den obertithonischen Sedimenten der Tethys. ? 47 Literaturverzeichnis ÄLLEMANN, F., 1956: Geologie des Fürstentums Liechtenstein. 3. Teil. — Hist. Ver. Fürstentum Liechtenstein, 244 S., 21 Fig., 4 Taf., 7 Fototaf., 1 geol. Ansicht. Vaduz. BoLzE, J., CoLomM, G. & SıGAL, J., 1959: Presence du genre Colomiella Bonet, 1956 en Tunisie. 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Rom. 5* 49 Tafelerläuterungen Tafel 5 Abb. 1—8 Crassicollaria intermedia (DURAND-DELGA) 1x385 Schlif Hß 22 2x385 Schliff Hß 20 3x 385 Schliff HR 22 4x385 Schliff Hß 18 5x385 Schliff Re 10 6x385 Schliff Re 13 7x385 Schliff Re 10 8x385 Schliff Re 9 Abb. 9—12 Crassicollaria parvula REMANE 9x385 Schliff Re 21 10x 385 Schliff Re 23 11—12x385 Schliff Re 26 Abb. 13—18 Crassicollaria colomi n. sp. 13—15x385 Schliff Re 21 16x 385 Schliff Re 21, Holotypus 17—18x385 Schliff Re 21 Tafel 6 Abb. 1—5 . Chitinoidella boneti n. gen. n. sp. 1—2x575 Schliff Hß 13 3x525 Schliff Hß 13, Holotypus 4x225 Schliff Hß 13, Holotypus 5x225 Schliff Hß 13 Abb. 6—10 Calpionellidae gen. et sp. indet. 6— 9x 225 Schliff Hß 15 10x 360 Schliff Hß 15 Abb. 11 Calpionella alpina LORENZ x225 Schliff Hß 22 Abb. 12—13 Crassicollaria massutiniana (CoLOM) 12x 225 Schliff Hß 23 13x 225 Schliff Hß 22 Abb. 14 _Ampborellina subacuta CoLoM x225 Schliff Re 37 Abb. 15 Calpionella elliptica CADIıscH x225 Schliff Re 47 Abb. 16 Tintinnopsella longa (CoLoM) x 225 Schliff Ha 8 Abb. 17 Tintinnopsella carpathica (M. & F.) x 225 Schliff Re 41 Abb. 18 Tintinnopsella cadischiana CoLOM x 225 Schliff Ha 1 Abb. 19—20 Calpionellites neocomiensis CoLOM - x225 Schliff Ha 5 Abkürzungen für die Herkunft der Schiffe nach Doben 1962, 89 50 17 16 4 1 Tafel 5 Tafel 6 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 3 | 51—72 | München, 1. Nov. 1963 Gliederung und Altersstellung der jurassischen und unterkretazischen Gesteine am Südrand des Wetterstein-Gebirges (,„Jungschichtenzone‘“) mit einem Beitrag zur geologischen Stellung der Ehrwaldite Von HuBeErrt MiLLER, München!) Mit 1 Tabelle und 2 Abbildungen Zusammenfassung Die im Gebiet der „Jungschichtenzone“ östlich von Ehrwald (Tirol) aufge- schlossenen Sedimente des Juras und der Unterkreide werden beschrieben und unter kritischer Betrachtung älterer Arbeiten zum Teil neu gegliedert und alters- mäßig eingestuft. Das basische Ganggestein „Ehrwaldit‘“ ist im Bereich einer Schwellenzone der jurassischen Geosynklinale etwa um die Zeit des mittleren Malms in meeres- bodennahe Sedimente eingedrungen. / Summary Jurassic and Cretaceous sediments (“Jungschichten”) East of Ehrwald (Tyrol) are redescribed. It proved partly necessary to apply new subdivisions to this sequence of rocks, and, in addition, to date them correctly. “Ehrwaldite”, a basic igneous rock, was found to intrude sediments near the sea-floor. These intrusions can be linked to sediments about Kimmeridgian in age. Its occurence coincides with a submarine elevation inside of the Jurassic geosyncline. Inhalt oe ee EL ee ee nee 52 EN ELITE TEUER a RT de Re ee er a ee Nolte Ai 52 Badrersedimenterundihräanlten 3, 10 N ee Tee Pen ohlfetd- 54 RAT eretIKgalken. Zn Men en En Se ee LE Se he Re ner reed 54 DENN sauschichten Me nr ee N 56 DARACIO Tat DrUDDER ee ee ee eh re ln are ee 58 1) Dr. Hugert MILLER, Institut für Allgemeine und Angewandte Geologie und Mineralogie der Universität, 8 München 2, Luisenstr. 37. 51 B. Die Sedimente und ihr Alter (Fortsetzung) 4, Aptychenschichten' 1.42 I zen Wer ge VEN AR Re EURER 59 a), Bunte Aptychenschichten un. IS Nee. ee N ee Re Er 60 b);Biancone-Kalkv. Senn Heer ee ae ER? EHER ER ER EIER 60 €) Grüne Aptychenschichten „I rn @ N 1 a Tee ae ae ee re 62 E. Die, geulogische'Stelung/derEhrwaldite. 2 ar Su SMS SB ee 63 1."Mineralbestandı. Na 09 Sea es OR 63 2. Vorkommen . EB EEE SE a ERDE EL RE en EEE Se 64 3, Das.Alter def Ehrwalditemachrälteren. Autoren Au u. Ba a 65 4 Gründe fürieierAnnahmenjurassischen Alters u 65 55 Schlüßfelgerungen Tv. "A N es 1 Re NR 66 D. Zur, Baläogeogtaphier 0: nn 3 ee ee erle DEa Vasen a, Do Re 67 Schriften... 00 Sn ee en a Re ee EEE 70 Vorwort Vorliegende Arbeit stellt einen Auszug aus meiner Dissertation dar, in der der Bau des westlichen Wetterstein- und Mieminger Gebirges nach neuen Be- obachtungen dargestellt wurde. Im Laufe der Arbeiten erwies sich eine eingehende Untersuchung der zwischen beiden Gebirgen sich in Ost-West-Richtung er- streckenden schmalen ‚Jungschichtenzone“‘ — der Name wurde für diesen Streifen jurassischer und kretazischer Sedimente inmitten ausgedehnter Trias- kalk-Massen erstmals von AMPFERER (1905 a, b) gebraucht — als unumgänglich. Die Neukartierung der Jura- und Unterkreide-Sedimente beschränkte sich auf das Gebiet zwischen Ehrwald und den Issental-Köpfen. Vergleichsbegehungen führten nach Osten bis ins Leutascher Tal, nach Westen bis in die Lermooser Mulde westlich des Ehrwalder Beckens und nach Süden bis zum Nordfuß des Wannig-Kammes. Alle Namen sind der vom Deutschen und vom Österreichischen Alpenverein heraus- gegebenen Karte des Wetterstein- und Mieminger Gebirges (Blatt Mitte) entnommen. Eine ausführliche Darstellung des tektonischen Baues des Arbeitsgebietes erscheint demnächst im „Neuen Jahrbuch für Geologie und Paläontologie“. Herrn Univ.-Doz. Dr. H.-J. SCHNEIDER danke ich herzlich für die Förderung meiner Arbeit. Herrn Dr. W. BArTHEL verdanke ich die Bestimmung der Ammoniten; Herr Dr. J. Tu. GroiIss unterzog sich freundlicherweise der Mühe, die zahlreichen Foraminiferenfaunen zu bestimmen. Der Deutsche Alpenverein unterstützte die Arbeit durch die Gewährung einer namhaften Beihilfe. A. Einleitung In der nachfolgenden Besprechung der Sedimente wurde absichtlich nicht nach Stufen, sondern nach kartierbaren Gesteinsgruppen gegliedert, da sich ganz allgemein die auf paläontologischem Weg aus dem Gebiet der Originallokalität übertragenen Stufenbezeichnungen bekanntlich durchaus nicht immer mit kar- tierbaren Gesteinsgruppen (,„formations“ im angelsächsischen Sinn) decken. Dieses Prinzip erweist sich im alpinen Jura mit seiner lebhaften Faziesdifferenzie- rung als besonders günstig. 52 wol % x / O ) T piomuon iw 9pUnW 3YOH NV. UAYILIYUOJIDF T. ZYISIWAIDO BIUUDM 2 gpdulsz X N ‚SCoL? Abb. 1: Die regionale und großtektonische Lage der „Jungschichtenzone“ (punktiert) zwischen Mieminger Gebirge (Inntal-Einheit) und Wettersteingebirge (Wetterstein-Masse). 53 Damit soll keineswegs einer Einteilung der geologischen Zeitskala nach anders als palä- ontologisch fundierten Gesichtspunkten das Wort geredet werden. Es dürfte aber doch fest- stehen, daß die organische Entwicklung, auf der unsere Zeitskala aufgebaut ist, nicht in ursäch- lichem Zusammenhang mit der Ausbildung der Gesteine steht (SCHINDEWOLF, 1944, 1956), und daß gerade durch die exakte Trennung von Gesteinsbeschreibung und Altersbestimmung manches Mißverständnis ausgeschaltet und die Darstellung der Schichtfolge vereinfacht wird. Das so gewählte Einteilungsprinzip entspricht in etwa der „geognostischen Einteilung“ Pıas (1930, S. 13 ft.). Besonderer Wert wurde auch auf eine unmißverständliche Nomenklatur der Gesteinsgruppen gelegt. Dabei wurde versucht, soweit möglich auf bereits üb- liche Namen aufzubauen, jedoch so unklare Bezeichnungen wie z.B. „Flecken- mergel‘“ für die Kalk/Mergel-Serie des Lias und Unterdoggers zu vermeiden. Tabelle 1 (letzte Spalte) vermittelt einen Überblick über die Benennung und Einstufung der jurassischen Gesteine des südlichen Wettersteingebirges durch den Verfasser. Zum Vergleich sind aus dem Bereich des südlichen Wettersteingebirges sowie der Allgäuer und Ammergauer Alpen Jura-Gliederungen älterer Autoren mit aufgeführt. B. Die Sedimente und ihr Alter 1. Adneter Kalke Der Name ‚Adneter Schichten‘ wurde erstmals von HAuzr (1853, S. 745) für die direkt „über den Schichten mit Petrefakten der Kössener Schichten“ liegenden Gesteine der unten beschriebenen Fazies verwendet. Er wurde in der Folgezeit von vielen Autoren übernommen (GümseEL, 1856, 1861; SCHRÖDER, 1925; Leuchs, 1927; HABErR, 1934) und wird auch hier der über die fazielle Ausbildung nichts aussagenden Bezeichnung ‚„Liasbasiskalk““ vorgezogen. Die Adneter Kalke liegen in einer Mächtigkeit bis zu 30 m zwischen Kössener Schichten und Allgäuschichten innerhalb der „Jungschichtenzone“ südlich des Wettersteingebirges. Öst- lich der Issental-Köpfe sind sie nach ZıTzLspPERGER (1960) nur stellenweise vorhanden. Ein kleines Vorkommen findet sich westlich des Marienbergjoches. Am Westrand des Ehrwalder Beckens fehlen sie. Die Adneter Kalke bestehen vorwiegend aus grüngrauen bis roten, auch grün/rot gescheckten und geflammten, dichten, knolligen Kalken. Stellenweise treten dunkelgraue Hornsteinknauern und -schnüre auf. Untergeordnet finden sich, besonders im Liegenden der Knollenkalke, braungraue, teils etwa fleckige, hornsteinhältige Kalke, die die Knollenkalke auch seitlich vertreten können. Alle Gesteine zeigen vorzügliche Bankung im 5-cm-Bereich. An Megafossilien finden sich zerstreut Crinoidenstielglieder. Schlecht erhaltene Ammoniten sind nördlich der Issental-Köpfe häufig. Sie konnten nur als Arierites sp. div. bestimmt werden. An Belemniten lag Nannobelus acutus (MiLLER) in einem Exemplar vor. Hann (1911) führt aus dem Vorkommen nördlich der Issental-Köpfe eine Ammonitenfauna des Lias «—ß an, aus den darüberliegenden Allgäuschichten Ammoniten des Lias y—6ö; im Vorkommen westlich der Ehrwalder Alm fand er Ammoniten des Lias «—y, in den überlagernden Allgäuschichten solche des Lias y—e. Damit dürfte für das Gebiet um die Ehrwalder Alm ein Durchhalten 54 2 ie YIYVMLY443980 SIaMSDUNYeIZEq N SU RSORIRE DRS ERENIES SON m YD4 / Jajaupy , w 008 - 001 uaJyaryaSs -nDB]]Y m NO EEID-0:O 94JDy4 pun Jab4aW 9104 S)IDJO!PDY DD Q = 5 Q Ey Q Q > OD © W ER oO 3 w ol Ouayyaıyas -SISDg-SDI7 w 00€ - 081 JaBb19W -U9499)J oO w 2-01 31 ]D4 O „so O ung JabJ49W -U94 997} -SDI7 wor -eE USJYAIyaS -UI9JSUJOH WUNDE) ua}yalyaSs - vayadıdy aJung ua}yaıyaS -uayaA)dy auns4g uslyalyasuayaAıdy E96l YITTIW wsz uaJyalyas -uoyaA)dyv ua}yalyas S - U9IIDJOIPDY (=) ) 9404 oa - UJSUJOH oO 3 94104 -uvoyaAıdy 94]D4 -SD/JJSJUN / uU9JYalyaSs ualyalyas -UI3J SUJOH aunJb ualyalyas -URMJSUJIOH 904 104 JadiD)d yalay w ogL varyaıyaswjDW wooe - Ol JebJsew - 19499) 4 OS. 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Kreise: Horizont durch Fossilien belegt. Halbkreise: Bestimmung unsicher. 59 der Adneter Fazies bis in den Lias y hinein erwiesen sein. Ob die roten Knollen- kalke auch weiter im W so hoch in den Lias reichen, ist nicht sicher; das völlige Fehlen am Westrand des Ehrwalder Beckens könnte dafür sprechen, daß sie un- mittelbar östlich von Ehrwald schon nur mehr dem tiefsten Lias zugehören. 2..Allgäuschichten Der von GümseL (1856, S. 9: „Algäuschiefer“) und RıcHTHOFEN (1859, S. 109: „Algäuschichten“) eingeführte, allerdings nur vereinzelt (Reıs, 1911; Reıser, 1922; ZACHER, 19629) gebräuchliche Name „Allgäuschichten“ ist unbedingt der Bezeichnung „Fleckenmergel“ vorzuziehen (vgl. auch HUucKRIEDE, 1959, S. 67). Einerseits kommen Fleckenmergel auch in ganz anderen stratigraphischen Horizonten vor (neokome Fleckenmergel sind von liassischen lithologisch oft kaum zu unterscheiden!), andererseits bestehen die „Flecken- mergel‘“ großenteils gar nicht aus fleckigen Mergeln (vgl. auch JACOBSHAGEN, 1959). Eine Gliederung nach der Einteilung JAcoBHAGENs (1959) in ältere, mittlere und jüngere „Fleckenmergel‘ war nicht durchweg möglich. Die Allgäuschichten der Lermooser Mulde nördlich der Bahnlinie Ehrwald— Lermoos gehören jedenfalls zum kalkreichen Typ der „Älteren Fleckenmergel““. Es finden sich überwiegend hellbraune bis graue, fleckenlose bis fleckenarme - Kalke, die ab und zu Hornsteinknauern führen. Nur vereinzelt treten Zwischen- lagen von grünlichbraunen Mergeln auf. Das gleiche gilt für isolierte Vorkommen am Fuß des „Hohen Ganges“ (Felsensteig von Ehrwald zum Seeben-See) und hinter dem Gasthof „Gaistaler Hof“ bei Ehrwald. Sicher als „jüngere Fleckenmergel‘ ansprechbar sind die Wechsellagen von Kalk- und Mergelbänken am Westrand der Mieminger Berge (Nordfuß des Rauhen-Kopfes und Marienbergjoch) sowie am Westrand des Wettersteinge- birges (Lehngraben). Das letztgenannte Vorkommen besuchte freundlicherweise Herr Dr. V. JACOBSHAGEN, Marburg, mit mir. Im Bereich der „Jungschichtenzone“ i. e. S. finden sich die Allgäuschichten als Kalke, Fleckenkalke, grüngraue bis graubraune Mergel und Fleckenmergel. Sie sind meistens gut gebankt. Grünrote bis feuerrote Tone scheinen an obere Horizonte gebunden zu sein, aus denen sie auch AMPFERER (AMPFERER & ÖHNE- SORGE, 1924, S. 30) vom Gebiet der Bleispitze westlich Lermoos beschreibt. Die Mächtigkeit der Allgäuschichten nimmt von W nach E von über 300 m auf 100 m ab (vgl. S 67). Die Allgäuschichten enthalten eine reiche, aber für stratigraphische Zwecke nur bedingt brauchbare Mikrofauna. Die Auswertung der Megafauna lieferte dagegen sehr wertvolle Anhaltspunkte für die Datierung der Allgäuschichten. An Cephalopoden fanden sich: ?) Auch JACoBsHAGEN (1962) gebraucht den Namen jetzt. 56 1. Unhorizontierbar im Schutt: Fuciniceras sp. Grammoceras cf. normannianum (d’ORB.) Grammoceras Sp. Phylloceras (Partschiceras) partschi (STUR) 2. Im Lehngraben; erster südlicher Seitengraben, 1430 m: Grammoceras Sp. Arieticeras sp. 3. Im Lehngraben; Hauptgraben, 1510 m, „Jüngere Fleckenmergel‘“, vermutlich etwa mittlere Horizonte: Phylioceras sp. Tmetoceras scissum (BENECKE) Hammatoceras sp. 4. Im Lehngraben, an der südlichen Begrenzungsrippe des bei 1420 m abzweigenden Neben- grabens in 1680 m Höhe, ca. 200 m nordöstlich P. 1808 (AV-Karte); oberste Kalkbank unter den roten Mergeln der Radiolaritgruppe: Ludwigia murchisonae (SOWERBY). Aus den „mittleren jüngeren Fleckenmergeln‘“ (graue, kleinfleckige Kalke) sind außer den Cephalopoden ein I/noceramus sp. und sehr schöne Weidespuren zu nennen, die in federartigen, gebogenen Streifen ganze Schichtplatten überziehen. In den „älteren Fleckenmergeln“ finden sich mehr oder weniger häufig Crinoidenstielglieder. Die Allgäuschichten sind somit altersmäßig sehr genau einzustufen. Im Bereich der Ehrwalder Alm (Harn, 1911) beginnen sie im Lias y (Pliens- bachien), westlich von Ehrwald, wo die Adneter Fazies fehlt, vermutlich etwa mit der Rät/Lias-Grenze. Auch die Obergrenze der Allgäuschichten ist, was sehr selten vorkommt, exakt bestimmbar. Hann (1911) erwähnt Ammoniten aller Stufen vom Lias y bis zum Lias e aus Allgäu- schichten unweit der Ehrwalder Alm. Nach Reıs (1911, S. 75) reichen die Allgäuschichten bis zu den „Malmschichten‘“ (= Radiolaritgruppe!). Mit Timetoceras scissum (BENECKE) und Zudwigia muchisonae (SOWERBY), Zon- nenleitformen des englischen Juras (ArkeLL, 1956, S. 123), ist nunmehr erst- mals der sichere Nachweis von Dogger im Wettersteingebirge ge- lungen, dessen Anwesenheit in den Ehrwalder Allgäuschichten bereits SCHRÖDER (1925) auf Grund eines Leioceras sp. ind. vermutete. Besonderen Wert erhalten die beiden Fossilfunde (die Ludwigia wurde auf einer gemeinsamen Begehung mit Herrn Dr. JaACOBSHAGEN entdeckt) durch die mit ihrer Hilfe mögliche Einstufung der jüngeren Fleckenmergel von Ehrwald in das untere Bajocien (Stufenumgrenzung nach Arkeıı, 1956). Außerdem ist durch das Vorkommen von Z[. murchisonae in der nachweisbar obersten Bank der Allgäuschichten eine exakte Altersbestimmung für die Obergrenze der All- gäuschichten gegeben: Sie enden in der Zone der Ludwigia murchi- sonae, d. h. im höheren „Dogger ß“. Diese Grenze gilt selbstverständlich streng 6* 57. nur für die Umgebung von Ehrwald; schon im östlichen Wettersteingebirge wäre eine andere zeitliche Obergrenze durchaus möglich. In den benachbarten Ammergauer Alpen fand beispielsweise KockEL (KockEL, RICHTER & STEINMANN, 1931, S. 58) in den „allerobersten Flecken- mergeln‘“ Zudwigia concava (Buckm.); hier liegt die Obergrenze der Allgäu- schichten also mindestens um eine Zone höher als im westlichen Wetterstein- gebirge. SCHRÖDER (1925) führt von mehreren Lokalitäten Ammoniten des unteren und mittleren Doggers an. BEsLer (1959) konnte im Tannheimer Tal als höchste in der Fazies der Allgäuschichten ausgebildete Stufe Dogger ß sicher nachweisen; Reıser (1922, S. 128) beschreibt von Tannheim ‚„Macrocephalites typiens BLAKE“, womit gezeigt ist, daß die Allgäuschichten dort bis ins Callovien reichen können (vgl. Tab. 1). Dies zeigt wieder mit aller Deutlichkeit, daß selbst ausgeprägteste lithologi- sche Grenzen, wie die zwischen Allgäuschichten und Radiolaritgruppe, keines- wegs über größere Entfernungen zeitkonstant sein müssen. 3. Radiolaritgruppe Unter diesem Namen wird eine Gruppe von Radiolariten und radiolarien- reichen Kalken und Mergeln zusammengefaßt, deren Hauptmerkmale die leb- haften Farben — meist rot und grün, teilweise schwarz — und der reiche Gehalt an Radiolarien sind. | Die Nomenklatur für diese klar gegen die Allgäuschichten im Liegenden und gegen die „Aptychenschichten“ im Hangenden abgrenzbaren Gesteinsgruppe ist nicht einheitlich. EDER (1925), Nörn (1926) und TRUsHEIM (1930) zählen sie zu den „Aptychenschichten“. Die Mehr- zahl der Autoren bezeichnen sie als „Radiolarit‘“, „Radiolarienschichten“ oder ähnlich (Reiser, 1922; LeucHs, 1927; KOCKEL, RICHTER & STEINMANN, 1931; HABER, 1934; M. RıcHTeEr, 1937; SPENGLER, 1951; JACOBSHAGEN, 1961). AMPFERER (1932) verwendet den Ausdruck „‚Bunte Hornsteinkalke“, KLEBELSBERG (1935) führt die Gesteine unter dem Namen ‚‚Hornsteinschichten“. TrAurH (1950, S. 185 und Taf. 2) will für die Serie nach einem von Arrr (1911, S. 16) beschriebenen, kleinen, untypischen und stratigraphisch nicht ganz sicher einzuordnenden Vorkommen bei Ruhpolding neben der Be- zeichnung „Radiolaritschichten s. str.‘“ den Namen „Ruhpoldinger Schichten“ einführen. UrrıcH (1960) schlägt die Bezeichnung „Kieselkalke‘“ vor, da — wie er schreibt — in seinem Untersuchungsgebiet keine echten Radiolarite auftreten. SCHNEIDER (1953, S. 29) erwähnt dagegen vom Arnspitzstock nach mikroskopischem Befund ein kleines Vorkommen von „Radiolariten‘“. Ich folge in der Nomenklatur Grunau (1959), der unter „Radiolaritgruppe“ nicht nur Radiolarite i.e. S. versteht, sondern mit diesen vergesellschaftete radiolarienreiche Kalke und Mergel unter diesem Begriff mit erfaßt. Im Untersuchungsgebiet treten fast durchweg zuunterst ein bis mehrere Meter dunkelroter, radiolarienreicher Mergel und hellgraugrün/dunkelrot ge- scheckter Kalke auf. Die roten Mergel dürften den „Bunten Mergeln‘ der Kar- wendelmulde (Urrıcn, 1960, S. 106) entsprechen. Darübet folgen in wechselnder 58 Mächtigkeit graugrüne und rote Radiolarite (echte Radiolarite im Sinne kalk- armer, radiolarienreicher Kieselgesteine (CornELIus, 1951, S. 216; NıssLı, 1952, S. 362 #.; ULricH, 1960, S. 108)). Die Gesamtmächtigkeit der Radiolaritgruppe schwankt von 3 bis 10 m. Bezüglich genauer Mächtigkeitsangaben sei auf Abb. 2 verwiesen. Eine Schlämmprobe aus den roten Mergeln an der Basis der Serie lieferte außer Crinoiden- stielgliedern, Seeigelstacheln, Ostracoden und Radiolarien eine Formaminiferen-Fauna folgender Zusammensetzung: Nodosaria sp. Lenticulina nautiloides (BORNEMANN) Lenticulina af. gottingensis (BORNEMANN) Lenticulina acutiangnlata (TERQUEM) Lenticulina aff. incisa (TERQUEM) Lenticulina aff. metensis (TERQUEM) Involutina sp. Das Alter der fast überall megafossilleeren Radiolaritgruppe wird von den einzelnen Autoren verschieden angegeben (vgl. Tab. 1). Im Untersuchungsgebiet beginnt die Serie vermutlich im mittleren Bajocien, da die Allgäuschichten in der Zone der Zudwigia murchisonae (= unteres Bajocien nach ArkELL, 1956) enden. Der stellenweise zu beobachtende, gleitende Übergang aus den grünlichen Mergeln der Allgäuschichten in die roten der Radiolaritgruppe spricht gegen eine größere Sedimentationslücke zwischen beiden Gesteinsgruppen. Die roten Mergel an der Basis der Radiolarite werden v.a. deshalb zur Radiolaritgruppe und nicht zu den Allgäuschichten gestellt, weil sie, ebenso wie die Radiolarite im engeren Sinn, eine typische Mangelsedimentation dokumen- tieren. Sie scheinen nämlich zusammen mit den erwähnten gescheckten Kalken in ihrer Mächtigkeit von wenigen Metern den gesamten mittleren und Teile des oberen Doggers zu repräsentieren. Die Radiolarite i. e. S. dürften nach den Angaben Reısers (1922) und QuEn- stepts (1951) sowie nach neueren Diplomarbeiten der geologischen Institute der Universität München im wesentlichen dem tieferen bis mittleren Malm zuzuord- nen sein. Sie beginnen vermutlich im hohen Dogger und reichen bis ins Kim- meridge hinein. In meiner Dissertation (MıLLER, 1962a) vermutete ich die Grenze Radiolaritgruppe/Bunte Aptychenschichten im unteren Malm, also wohl um eine Kleinigkeit zu tief. Auf diesen Fehler, den ich hiermit verbessern möchte, wurde ich durch einen Briefwechsel mit Herrn Dr. JacoBs- HAGEN, Marburg, aufmerksam. Leider beruht auch die neue Grenzziehung wegen des Mangels an Fossilien nur auf einer Parallelisierung mit Nachbargebieten. 4. Aptychenschichten Unter diesem Sammelnamen werden, wie allgemein üblich, Gesteine — vorwiegend Kalke und Mergel — zusammengefaßt, deren hervortretende Be- 39 sonderheit der Reichtum an Aptychen darstellt, während andere Megafossilien nur sehr selten zu finden sind. Die Aptychenschichten lassen sich vorzüglich in drei Teile gliedern, nämlich Grüne Aptychenschichten (oben), Biancone-Kalk, Bunte Aptychenschichten (unten). Die Dreigliederung wird in der Literatur selten exakt durchgeführt. Oft werden nur „Malm-Aptychenschichten“ und „Neokom-Aptychenschichten“ getrennt (die nach litholo- gischen Gesichtspunkten erfolgende Aufteilung entspricht aber durchaus nicht immer der Jura/ Kreide-Grenze!). Viele Autoren bezeichnen nur die tieferen Teile (hier „Bunte Aptychenschich- ten“ und „Biancone“) als Aptychenschichten oder -kalke, während die jüngeren Partien (hier „Grüne Aptychenschichten‘) meist einfach als „Neokom““ geführt werden. Eine ähnliche Dreiteilung ist bisher nur von M. RicHTER (KOCKEL, RICHTER & STEINMANN, 1931, S. 66) und JACOBSHAGEN (1961, S. 157) durchgeführt worden (vgl. Tab. 1). a) Bunte Aptychenschichten Der Name erscheint bereits bei M. RıiCHTER (KOoCkEL, RICHTER & STEINMANN, 1931, S. 66). JACOBSHAGEN (1961, S. 157) schreibt „‚Bunte Aptychen-Schiefer“. Die Bunten Aptychenschichten gehen aus den Radiolariten schrittweise durch Abnahme des Kieselsäuregehalts hervor. Charakteristisch sind rote und rot/grün-, auch rot/weiß-geflammte Kalke und Mergel, die oft knollig und meist gut (cm- bis dm-) gebankt sind. Hornsteinkonkretionen sind nicht selten. In der Schichtserie wurden gefunden: Lamellaptychus rectecostatus (PEr.) und Lamellaptychus c£. beyrichi (Opr.). L. beyrichi kommt erst ab Kimmeridge vor (TRAUTH, 1938). Die vermutlich im mittleren Malm (vgl. Radiolaritgruppe) einsetzenden Bunten Aptychenschich- ten reichen bis ins Obertithon (vgl. Biancone-Kalk, s. unten). Ihre Mächtig- keit schwankt von 1 m bis etwa 30 m (vgl. Abb. 2). b) Biancone-Kalk Über den Bunten Aptychenschichten folgen in fast allen Aufschlüssen bis zu 70 m eines hellgrüngrauen bis fast weißen, an einzelnen Stellen auch weiß/rot gefleckten Kalkes. Von der Oberfläche und von Schichtflächen aus wittert er bis in eine Tiefe von mehreren cm braungelb an. Der dichte, scherbig brechende Kalk zeigt gute Bankung im cm- bis dm-Bereich. Stellenweise schalten sich Partien reinweißer dünnplattiger Kalke ein, die sehr an „lithographische Kalke“ erinnern (vgl. auch Reıs, 1911, S. 75). Undeutliche kleine, schwarze Flecken und dunkle Suturen sind nicht selten, ebenso — besonders in unteren Partien — bis zu dm- große Hornsteinlinsen. 60 ee tun kn a lan men Sun at mr nn Lu An Land Zu Bm Zn na U um | u 2 ee U.d. M. erkennt man in einer Grundmasse aus feinstkörnigem Karbonat zahlreiche Quer- schnitte von Radiolarien, Calpionelliden und Kleinstfossilien wie u. a. /Nannoconus steinmanni KAMPTNER; zerstreut finden sich winzige, eckige Quarz- und Pyritkörner. Die Radiolarien (überwiegend Spumellarien, selten Nasselarien) sind fast stets karbonatisiert, nur schr selten von feinkörnigem Quarz ausgefüllt, ein wesentlicher Gegensatz zu den meist kieseligen Radiola- rien der Radiolaritgruppe. Nach dem spärlichen Vorkommen von Aptychen wurde dieses Gestein meist als Aptychen- schichten (Eper, 1925; NörH, 1926; Leuchs, 1927; HABer, 1934; KLEBELSBERG, 1935), Apty- chenkalke (AmPFERER, 1924, 1932; SPENGLER, 1951; HUCKRIEDE, 1959; Urrıca, 1960; JAcoBs- HAGEN, 1961) oder Jura-Aptychenkalke (REısEr, 1922) beschrieben. TRAUTH (1950, S. 185 und Taf. 2) bezeichnete die Kalke dieser Fazies als „Aptychenschich- ten s. str.‘ oder, nach der Lokalität bei Hallein, als „Oberalm-Schichten“. Der von der Mehrheit der Autoren verwendete Name ‚Aptychenkalk““ ist nicht ganz eindeutig, da aptychenführende Kalke auch in tieferen und höheren Horizonten („Bunte‘“ und „Grüne“ Aptychenschichten) vorkommen. M. RıcHTtEr (KockEL, RICHTER & STEINMANN, 1931, S. 65; RıiCHTER, 1937) spricht von den hellen Kalken als von Gesteinen, „die dem Biancone der Südalpen makro- und mikroskopisch vollkommen gleichen“. Eine Gegenüberstellung mit den Tessiner und oberitalienischen Biancone- profilen Grunaus (1959) bestätigt die große lithologische Ähnlichkeit der be- schriebenen nordalpinen Gesteine mit dem Biancone der Südalpen. Auch strati- graphisch (s. u.) entsprechen sich beide Gesteine recht genau. Es wirddahervorgeschlagen,fürdiehellen,dichten,wohlgebank- ten Kalke, die in den nördlichen Kalkalpen an vielen Stellen zwischen den jurassischen bunten Radiolariten, Kieselkalken, Kalken und Mergeln einerseits und den meist neokomen, grünen Mergelserien andererseits eingeschaltet sind, grundsätzlich den Namen „Biancone-Kalk“ oder kurz „Biancone“ zu verwenden. Eine Übertragung von Gesteinsnamen aus den Südalpen in die Nordalpen oder umgekehrt ist durchaus üblich (z. B. Raibler Schichten, Dach- steinkalk) und hat noch nie zu Mißverständnissen Anlaß gegeben. Die Mächtigkeit des Biancone schwankt im Untersuchungsgebiet zwischen 0 und 70 m (vgl. Abb. 2). An Megafossilien kommen zerstreut, aber nicht gerade häufig Aptychen vor. Bestimmt werden konnten Punctaptychus punctatus (VOLTZ) und Lamellaptychus rectecostatus (PET.). Wesentlich seltener sind Ammoniten. Ein relativ gut erhaltenes, im Schutt gefundenes Exemplar bestimmte Herr Dr. W. BArTHEL als Berriasella paramacilenta MAZENOT. Nach der in Dünnschliffen massenhaft nachweisbaren Mikrofauna (v. a. Calpionelliden; Herrn Dr. K. Dosen, München, sei für die Bestimmung vielmals gedankt) ist eine exakte Einstufung des Biancone-Kalkes möglich. Er beginnt im Untersuchungsgebiet im hohen Obertithon und reicht im NW (Lehngraben) sicher bis ins mittlere Berrias. 61 Meist wird das hier „Biancone-Kalk“ genannte Gestein als tithonisch ange- sehen. Aus der Mikrofauna — erstes, spärliches Auftreten von Tintinnopsella carpathica (MURGEANU & FiLipescu) neben Ca/pionella alpina LORENZ — eines Schliffes aus einer nur 5 m über der Untergrenze des Biancone-Kalkes vom Lehn- graben (Mächtigkeit hier 70 m) entnommenen Probe ist jedoch zu entnehmen, daß diese Fazies im Wettersteingebirge erst im hohen Obertithon beginnt. In Gebieten, in denen typische Biancone-Kalke fehlen (nördlich des Rauhen- Kopfes, S-Seite der Issental-Köpfe), beginnt die kalkärmere Fazies der grünen „Neokom-Aptychenschichten“ vielleicht schon im Tithon (vgl. S. 63). c) Grüne Aptychenschichten Über dem Biancone bzw., wo dieser fehlt, über Bunten Aptychenschichten folgt eine eintönige, mehrere 100 m mächtige Serie von Mergeln und tonigen Kalken, für die bisher kein eigener Gesteinsname gebräuchlich war. Sie wurden fast allgemein als „Neokom“ beschrieben; M. Rıcuter (1937) verwendet die Bezeichnung ,„Neokom-Aptychenschichten‘‘, JACOBSHAGEN (1961) schreibt „Aptychenmergel“. Die Gesteine dieser Serie können den Allgäuschichten manchmal zum Ver- wechseln ähnlich werden. Grüne Farbtöne (im Gegensatz zu den meist mehr grauen der Allgäuschichten) sind aber häufig ein recht charakteristisches Unter- scheidungsmerkmal. Die nicht seltenen dunklen Flecken wirken fast immer wie „verschmiert“, was bei den Flecken der Allgäuschichten kaum vorkommt. Typisch sind die zahlreichen rostroten limonitischen Ausfüllungen von Boht- röhren und Fossilabdrücken. In Zweifelsfällen hilft, wo Megafossilien fehlen, nur das Ausschlämmen von Proben und Auslesen nach Foraminiferen, die meist auch in brauchbaren Exemplaren vorhanden sind. Häufig ist eine unregelmäßige Wechsellagerung (dm-Bereich) von grün- braunen, fleckigen, tonigen Kalken und grünen, braunstichigen Mergeln zu be- obachten. Die tiefsten Teile der Serie nehmen oft paketweise rötliche Färbung an. Etwa 60 bis 80 m über der Untergrenze sind mehrere dm-mächtige Psammitbänke eingeschaltet, auf deren Schichtflächen nicht selten Pflanzenhäcksel zu finden ist. Ein Dünnschliff eines solchen Sandsteines zeigt in reichlich karbonatischem Bindemittel eckige Quarzkörner; untergeordnet kommen Plagioklase (ca. An,,) und Pyrit, selten Biotit und Muskovit vor. In der Nähe bedeutender Überschiebungen sind die grünen Aptychenschichten stark ver- schiefert und eng verfältelt. Unmittelbar unter der Wetterstein-Überschiebung (MıLreEr, 1962b, 1963) nehmen sie an Festigkeit zu und zeigen bunte Verfärbungen, so daß es oft nicht leicht ist, zu entscheiden, ob zwischen Trias und Neokom ein Span aus Biancone eingeschuppt ist (Lehn- graben-Ende) oder ob nur veränderte Neokommergel vorliegen. Ammoniten und insbesondere Aptychen sind außer einem sehr zerdrückten Seeigel die einzigen Megafossilfunde. Sie stammen großenteils nicht aus dem Anstehenden. 62 Bei den Aptychen handelt es sich um Lamellaptychus mortilleti (Pıcr. & LoRr.) Lamellaptychus mortilleti longa 'TRAUTH Lamellaptychus seranonis (CoQu.) Lamellaptychus didayi (Coqu.) Lamellaptychus angulo-didayi 'TRAUTH. Die Ammoniten bestimmte Herr Dr. W. BArRTHEL als ‚Neocomites sp. Olcostephanns sp. Virgatosphinctes (?) aus der Gruppe des V. (?) /ransitorius (Opr.). Aus der Aptychenfauna geht nur hervor, daß mit Sicherheit Valendis in der Mergel-Serie vertreten ist. Nach der Calpionelliden-Vergesellschaftung beginnen die Grünen Aptychenschichten schon im mittleren Berrias. Der wegen der schlechten Erhaltung nur unsicher bestimmbare Virga- tosphinctes aus grüngrauen, tonigen Kalken vom SW-Fuß der Issental-Köpfe zeigt, daß die „typisch neokomen“ Gesteine bei fehlendem Biancone (vgl. S. 62) viel- leicht bereits im Tithon beginnen, oder mit anderen Worten, daß die Einschwem- mung feinklastischen Fremdmaterials bereichsweise schon präneokom erfolgte. Die Mächtigkeit der Grünen Aptychenschichten beträgt wahrscheinlich über 300 m. C. Die geologische Stellung der Ehrwaldite Aus den ‚„Hornsteinschichten‘‘ des Wettersteinsüd- und -westrandes sind seit PICHLER (1866), AMPFERER (1905b) und Reıs (1911) mehrere Vorkommen eines basischen Ganggesteins bekannt. Die Neukartierungen der letzten Jahre (Böcer, 1958; ZITZLSPERGER, 1960) konnten die Aufschlußzahl wesentlich ver- mehren; auch im eigenen Kartierungsgebiet wurden neue Vorkommen entdeckt. Eine eingehende mineralogisch-petrographische Untersuchung des von PıcHLer (1875) „Ehrwaldit‘“ benannten Ganggesteins wurde soeben von TROMMSDORFF (1962) fertiggestellt. Daher soll hier, nach kurzgefaßter Gesteinsbeschreibung, hauptsächlich auf die geologisch- stratigraphische Stellung des Eruptivgesteins eingegangen werden, da ich diesbezüglich grund- sätzlich anderer Meinung als TROMMSDORFF bin. 1. Mineralbestand Die Bezeichnung ‚„Ehrwaldit‘“ umfaßt mehrere Gesteinstypen. SCHUSTER (Reıs, 1911, S. 82 £.) unterschied eine „‚porphyrische‘“ und eine „‚mandelhaltige“ Ausbildungsform. CATHREIN (1890) fand in allen von ihm untersuchten Schliffen weitgehend in Bastit umgewandelte rhom- bische Pyroxene, während SCHusTER nur Klinaugite feststellen konnte. Somit scheint eine dritte Art von Ehrwaldit zu existieren. Auch starke Schwankungen im Hornblende- und Biotitgehalt wurden bemerkt. So enthält das „Originalgestein‘‘ nach TRÖGER (1935) 15% Biotit, aber keine Hornblende, die sonst von allen Autoren erwähnt wird. Gemeinsam ist allen Typen das völlige Fehlen von Feldspäten. Nach den neuen Untersuchungen TROMMSDORFFS (1962, S. 299) beruht die Typendifferenzierung „hauptsächlich auf dem Augit-Hornblende-Verhältnis sowie auf dem Biotitgehalt“, 63 Die von mir näher untersuchten Ehrwaldite der Umgebung von Ehrwald (Lehngraben) entsprechen mehr oder weniger der „porphyrischen Ausbildungs- form“ nach SCHUSTER (Reıs, 1911) bzw. dem Typus I nach TROMMSDORFF (1962). Der primäre Mineralbestand setzt sich im wesentlichen zusammen aus Titanaugiten und braunen Hornblenden, zerstreut finden sich schon weitgehend serpentinisierte Olivine, ferner Biotitblättchen und Apatitleisten. Das Gestein ist durchstäubt von kleinen Erzkörnern. An Neubildungen finden sich Serpentin, Chlorite und Faserzeolithe. Sie sind vermutlich aus der in den untersuchten Schliffen nicht mehr wahrnehmbaren Glasbasis entstanden. Auffallend ist die Abwesenheit von Feldspäten. Die Augite treten in zwei Phasen auf: 1. Mm-große (manchmal bis cm-große), titanreiche Kristalle mit deutlichem Zonar- und Sanduhrbau sowie kräftiger Auslöschungsdispersion; 2. kleinere, oft sternförmig zusammentretende, titanärmere Kriställchen mitnur schwachem Violett-Ton und geringer Achsendispersion. Die unter (1) genannten großen Titanaugite zeigen randlich Kotrosionserscheinungen. Sie sind vermutlich in einer früheren Kristallisationsphase entstanden als die nur kurz vor den frischen Hornblenden gebildeten, unter (2) beschriebenen Kriställchen. 2. Vorkommen Im vom Verfasser neu kartierten Gebiet zwischen Ehrwald und den Issental- Köpfen konnte der Ehrwaldit an vier Stellen im Radiolarit, wenige Meter über den Allgäuschichten, festgestellt werden. Ein besonders gut aufgeschlossener Lagergang fand sich etwa 1 m unter roten Mergeln der Radiolaritgruppe in den Allgäuschichten südlich des Lehn- grabens. Das Vorkommen von Ehrwaldit in Allgäuschichten war vom Wetter- steingebirge bisher unbekannt. Der neu entdeckte, bis’ zu 2 m mächtige Gang läßt sich auf eine Erstreckung von etwa 80 m schichtkonkordant verfolgen. Zwei der Aufschlüsse innerhalb der Radiolarite sind etwa quadratmetergroß, sie sind ebenfalls Lagergänge. Die übrigen Vorkommen des Kartierungsgebietes wurden nur durch Lesesteine nachgewiesen. Erwähnt muß das Auftreten von Ehrwaldit im Jura-Vorkommen des Max-Braun-Stollens (Schachtkopf-Bergbau) werden (AMPFERER & ÖHNESORGE, 1924, S. 23). Auch östlich der Issental-Köpfe findet sich der größte Teil der Ehrwaldite in den tieferen Horizonten der Radiolarite. Im Karwendel sind außerdem mehrere Vorkommen ehrwalditähnlicher Gesteine aus den Kössener Schichten und den Allgäuschichten bekannt (M. RıcHTter, 1928; MUTSCHLECHNER, 1954; 'TROMMS- DORFF, 1962). ZITZLSPERGER beschrieb 1960 vom Südfuß des Wetterstein-Gebirges ins- gesamt vier Vorkommen im Kontakt mit Gesteinen neokomen Alters. 64 3. Das Alter der Ehrwaldite nachälteren Autoren Die meisten älteren Autoren gaben den Ehrwalditen kretazisches oder tertiäres Alter und brachten ihre Intrusion in Zusammenhang mit der alpidischen Tektonik. CATHREIN (1890) stellt den Ehrwaldit in die Gruppe der Basalte, speziell der Augitite, und vermutet daher tertiäres Alter der Intrusion. AMPFERER (1905 b, S. 555; 1914, S. 341) brachte die Ehrwalditintrusionen mit Vertikal- bewegungen der „Wettersteinscholle“ bzw. Jungschichtenzone in Zusammenhang, die als Zerrungserscheinungen das Aufsteigen des Magmas begünstigt hätten. Auch MUTSCHLECHNER (1954, S. 393 £.) vermutete im Raum zwischen Ehrwald und Schwaz einen Zusammenhang der „magmatischen Tätigkeit mit der Gebirgsbildung“. Reıs (1911, S. 82) setzte „eine erste nicht geringe Zusammenfaltung‘“ vor der Intrusion voraus, in der Annahme, die Schmelze sei in die bereits gefältelten und ‚‚aufgeblätterten‘‘ Horn- steinschichten besonders leicht eingedrungen. HABER (1934, S. 83) nimmt für die Ehrwalditintrusion kretazisches Alter an; die Ehrwaldite müßten nach seiner Meinung vor der ersten größeren Faltungsphase eingedrungen sein, da sie bereits mitverfaltet seien. CorneLıus (1941) gibt den Ehrwalditen jurassisches Alter und leitet sie von „‚initialen‘“ Magmen ab. Die nach ihrer Meinung echten Intrusionskontakte von Ehrwaldit mit Gesteinen neoko- men Alters und die Tatsache, daß die Ehrwalditvorkommen mitverfaltet sind, führten Zırzıs- PERGER (1960) und BöGEL (1960) zum Schluß, daß die Ehrwalditintrusionen einerseits postneo- kom, andererseits prä-oberkretazisch stattgefunden haben müßten, also wohl in der höheren Unterkreide. TROMMSDORFF (1962) legt ebenfalls größten Wert auf die neuen Funde von Ehrwaldit im „Neokom“ und ist sich daher sicher, daß alle Ehrwaldite postneokom aufgestiegen seien. Er vermutet, daß die Ehrwaldite während der Gebirgsbildung aufdrangen und rechnet sie dem „synorogenen Magmatismus“ zu. „Der Magmaaufstieg geschah in einer offenbar tektonisch geeigneten Zone‘ (TROMMSDORFF, 1962, S. 323). 4. Gründe für die Annahme jurassischen Alters Die eigenen Untersuchungen zeigten nun, daß die Intrusion der Ehrwaldite sehr bald nach der Ablagerung ihres Nebengesteins stattgefunden haben muß, also jurassischen Alters ist. Das „postjurassische Alter‘ der vier von ZITZLSPERGER angeführten und z. T. durch TROMMSDORFF übernommenen ‚„Ehrwaldite im Neokom“ ist keines- wegs eindeutig belegbar. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die Aufschlüsse von Ehrwalditen im „Neokom“ einzeln aufzuführen und die Gründe jeweils anzugeben, die eine spätere tektonische Anschleppung an die „Grünen Aptychenschichten‘“ minde- stens ebenso wahrscheinlich machen, wie eine ursprüngliche Intrusion in Unter- kreidegesteine (vgl. MiLLEr, 1962a). Selbst wenn tatsächlich einige Vorkommen primär im „Neokom‘““ steckten und daher sicher postneokom eingedrungen wären (es sind bei TROMMSDORFF 2 von 47!), so muß dennoch wenigstens für die Mehrzahl der Ehr- 65 walditvorkommen jurassisches Intrusionsalter angenommen wer- den. Für diese Behauptung sind vor allem folgende Gründe maßgebend: a) Bei der Annahme „‚syntektonischer‘ Intrusion (AMPFERER, 1905b, 1914; Reıs, 1911; MUTSCHLECHNER, 1954; ’TROMMSDORFF, 1962) bleibt unverständlich, wieso in den die ehrwalditführenden Radiolarite überlagernden, sich mechanisch gleich verhaltenden Bianconekalken keine Ehrwaldite zu finden sind. Die ein- fachste Erklärung hierfür ist, daß die Intrusion vor der Ablagerung dieser Schichten, d.h. prä-obertithonisch erfolgte. b) Prätektonische Intrusion der Ehrwaldite ist auch allein dadurch wahr- scheinlich gemacht, daß, wie bereits Hager (1934, S. 83) und Böcer (1960) be- merkten, die Ehrwalditvorkommen streng dem Faltenbau folgen. Besonders deutlich wird dies beim „Lehngrabensattel‘“ (MitLer, 1963). c) An einem metergroßen Block im Bett des Lehngrabens konnte intensive Verflaserung und gegenseitige Durchdringung von Ehrwaldit und Nebengestein beobachtet werden. Die Erscheinung ist kaum anders zu erklären als durch die Annahme eines Eindringens des Ehrwaldits in noch wenig verfestigtes, plasti- sches Sediment. Damit ist wahrscheinlich gemacht, daß die Intrusion kurz nach der Entstehung des Nebengesteins, also noch im Jura vor sich ging. d) Drem (1944, S. 193) führt aus „Malm-Aptychenschichten“ vom Engel- stein bei Marquartstein südlich des Chiemsees ein Tuffitvorkommen an, dessen genaues Alter Dosen (1962, S. 67) als mitteltithonisch bestimmen konnte. Dieser Fund bildet, da es sich um einen Tuffit, nicht um ein Ganggestein handelt, einen sicheren Beweis für oberflächennahe magmatische Tätigkeit in der nordalpinen oberjurassischen Geosynklinale. 5. Schlußfolgerungen Wenn auch nicht jedem der angeführten Hinweise auf ein jurassisches Alter der Ehrwaldite einzeln eine volle Beweiskraft zukommen mag, so zwingen sie doch in ihrer Gesamtheit unbedingt zu dem Schluß, daß zumindest die aller- meisten, wenn nicht alle Ehrwaldite schon im Laufe des höheren Juras intrudiert sind. Eine gleich genaue Altersdatierung wie für den „Tuffit vom Engelstein“ ist leider nicht möglich, doch dürfte das Alter der Ehrwalditintrusionen ungefähr im Bereich des mittleren Malms liegen. Durch seine zeitliche und räumliche Verknüpfung mit Geosynklinalsedimen- ten und durch seinen basischen Chemismus ist der Ehrwaldit als Glied des „initialen Magmatismus“ charakterisiert. Er bildet ein Analogon zu den „Ophiolithen‘‘ des westalpinen Juras, wenn er auch im Ausmaß mit diesen kaum vergleichbar ist. Dieses Ergebnis stimmt mit der Annahme CoRNELIUS’ (1941) überein. Wir werden am Ende des nächsten Kapitels sehen, daß eine „tektonische Eignung‘ der Jungschichtenzone für den Aufstieg des Ehrwalditmagmas nicht 66 die Folge der alpidischen Gebirgsbildung ist, wie die Mehrzahl der Autoren an- nahm. Die Jungschichtenzone wies vielmehr bereits im Jura, also zur Zeit des Geosynklinalstadiums, Besonderheiten gegenüber ihrer Umgebung auf, die in Einklang mit Ereignissen des initialen Magmatismus’ zu bringen sind. D. Zur Paläogeographie Im gesamten Jura zeichnet sich im Bereich der ‚„Jungschichtenzone‘“ eine Schwellenregion ab. Eine derartige Zone verminderter Meeresbodensenkung wird bereits im unteren Lias durch das Auftreten der Adneter Knollenkalke als Vertretern der Allgäuschichten deutlich. Im weiteren Verlauf des Juras wird die Schwellenlage des Sedimentations- raumes durch eine auffällige Mächtigkeitsreduktion der Schichten belegt. Die Mächtigkeit der Allgäuschichten nimmt von mehreren hundert Metern in der Lermooser Mulde über ca. 200 m am Ostrand des Ehrwalder Beckens bis zu 100 m an den Issental-Köpfen ab. ZITZLsPERGER (1960) nennt vom weiter östlich gelegenen Gebiet 150 bis 200 m. Besonders gut zu beobachten ist die Abnahme der Mächtigkeiten der Radiolaritgruppe, der Bunten Aptychenschichten und des Biancone-Kalkes. In Abb. 2 sind von allen guten Aufschlüssen des engeren Arbeitsgebietes die Mächtigkeiten dieses Schichtkomplexes in Profilsäulen dargestellt. Faltung und Hauptstörungen wurden rückgeformt, so daß ungefähre Maßstabstreue bezüglich des ursprünglichen Sedimentationsraumes besteht. Dadurch wird erkennbar, daß im Gebiet der Ehrwalder Alm ein Minimum der Mächtigkeiten der Radiolaritgruppe, der Bunten Aptychenschichten und des Bianconekalkes liegt. Im Extremfall (nördlich des Rauhen-Kopfes) ist diese im Lehngrabengebiet noch über 100 m mächtige Sedimentfolge auf 5 m zusammen- geschrumpft. Am meisten leidet der Biancone unter der Mächtigkeitsreduzierung. Dies wird verständlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß er dutch die Grünen Aptychenschichten vermutlich faziell vertreten werden kann. Es ist jedoch sicher, daß die Mächtigkeitsreduktion des Bianconekalkes nicht allein durch das bereichsweise frühere Einschwemmen tonigen Materials (Hauptkenn- zeichen der Grünen Aptychenschichten gegenüber dem Biancone) hervorgerufen wird. Selbst die relativ hohen Mächtigkeitsziffern im NW des Untersuchungs- gebietes bleiben hinter den Zahlen weit zurück, die AMPFERER (1924) vom Blatt Lechtal der ‚Spezialkarte‘“ angibt (bis 300 m). Die geringe Mächtigkeit des Mittel- und Oberjuras hält am ganzen Südrand des Wettersteingebirges an, da nach ZITZLSPERGER (1960) der eben besprochene Schichtkomplex zwischen Feldernjöchl und Scharnitzjoch nie mehr als insgesamt 35 m erreicht. Auch im Westteil der Karwendelmulde (UrrıcH, 1960) ist die Mächtigkeit der gesamten Jura-Sedimente auf etwa 40 m reduziert. 67 100 m 50 110 INN I } u } | A | 4 Lehngraben 6 EHRWALD ssr2 Hoher 5° Bee 11 er=r Kamm >» Ehrwalder ===) >53 Alm 5 DIE MACHTIGKEITEN des Biancone -Kalkes der Bunten Aptychenschichten Bess und der Radiolarit-Gruppe Base in der Umgebung von Ehrwald (Tirol) ca. 0 1 2 3km Pen 13 Tektonik rückgeformt x Die Zahlen an den Säulen bedeuten die Gesamtmächtigkeit in Metern ron, Marienbergjoch see 21 = H. Miller 62 mo Abb. 2: Die regionale Verteilung der Mächtigkeiten der Radiolaritgruppe, der Bunten Apty- chenschichten und des Biancone-Kalkes in der Westhälfte der Jungschichtenzone. 68 Wir können also festhalten, daß im Bereich der bayerisch-nordtiroler Fazies zwischen Fernpaßsenke und Achensee ein ausgeprägtes Minimum der Juramäch- tigkeiten im Streichen der Großstrukturen zu bemerken ist; nur die Mächtigkeit des hier Bianconekalk genannten Gesteins nimmt von der Mitte der Karwendel- mulde ab nach E wieder stark zu, um am Östende des Karwendels 800 m zu erreichen (ULRICH, 1960). Am unmittelbaren Ostrand des Ehrwalder Beckens ist auch ein beiderseitiges Absinken der Juramächtigkeiten quer zum Streichen gegen die Mittelachse der „Jungschichtenzone‘“ zu sehr deutlich. Die Erscheinung läßt sich leider nicht weiter nach E verfolgen, da hier die Jungschichtenzone auf ein relativ schmales Band zwischen den Triasklötzen des Wetterstein- und Mieminger Gebirges zu- sammenschrumpft. Geringe Sedimentmächtigkeit eines Gebietes inmitten von Bereichen großer Mächtigkeits- entwicklung wird häufig ohne nähere Begründung durch die Annahme einer Schwellenlage des Sedimentationsraumes gedeutet. Eine Mächtigkeitsreduktion kann jedoch grundsätzlich auf verschiedene Ursachen zurückgehen: 1. auf besonders starke submatine Erosion, wie sie in Gebieten kräftiger Meeresströmungen auftritt, 2. auf chemisch-physikalische Bedingungen, die für die Ausfällung chemischer Sedimente ungünstig sind oder ihre Wiederauflösung verursachen, 3. auf mangelnde Zufuhr klastischer und gelöster Stoffe wegen weiter Entfernung des Sedimentationsraumes von der Küste, 4. auf Schwellenlage des Sedimentationsraumes. Fall (1) kann für den Jura der ‚‚Jungschichtenzone“ ausgeschieden werden, da Anzeichen für starke Meeresbewegungen fehlen. Fall (2) und (3) sind unwahrscheinlich, da sich dann wohl ein deutlicher Faziesunterschied zwischen den Gebieten hoher und geringer Mächtigkeit zeigen müßte; dies ist aber nur an der Jura/Kreide-Grenze der Fall, wo die Grünen Aptychenschichten den Bianconekalk stellenweise vertreten können. Die auf ungünstige chemisch-physikalische Bedingungen oder mangelnde Stoffzufuhr zurückzuführende Mangelsedimentation im höheren Dogger und tieferen Malm ist regional im Alpenraum weit verbreitet und wird im betrachteten Bereich deutlich von dem hier den gesamten Jura andauernden Mächtigkeitsrückgang überlagert. Folglich bleibt Fall (4), Schwellenlage des Sedimentationsraumes, als wahrscheinlichste Erklärung für die auffallend geringe Sedimentation übrig. Die Existenz einer jurassischen submarinen Schwelle im Bereich der ‚Jung- schichtenzone“, d.h. eines Gebietes mit relativ zur Umgebung verringerter Meeresbodensenkung, gibt Anlaß zu Betrachtungen über die Ursache ihrer Ent- stehung und Ausdehnung. Es fällt nämlich auf, daß die Verbreitung der Ehrwaldite an diese Zone geringer Mächtigkeit gebunden ist. Es scheint, daß das Schwellengebiet der Jungschichtenzone eine Schwäche- zone im Streichen der Geosynklinale war, die einem nach dem Aufstieg aus dem Erdmantel innerhalb der Erdkruste weitgehend differenzierten (feldspatfreien!) juvenil-simatischen Magma (vgl. BoRCHERT, 1960, S. 140) das Aufsteigen bis in 69 die Sedimenthülle, z. T. sogar bis zum Meeresboden ermöglichte. Es könnte durchaus sein, daß das Aufdringen des Magmenkörpers selbst eine Aufbeulung des Meeresbodens und damit die Schwellenbildung verursachte, wobei an den entstehenden Zugspalten der Ehrwaldit hochstieg. EHRENBERG & Gen. (1954, S. 216) halten die Möglichkeit der „Entstehung einer epirogenen Schwelle durch das Aufsteigen eines Magmenkörpers“ auf Grund eingehender Untersuchungen im Gebiet der „Meggener Schwelle“ (Mitteldevon des Sauerlandes) für erwiesen. 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Summary Some observations and results of fieldwork, done in the “Vorries’’ south of the Ries crater of Nördlingen/Bavaria are reported. The paper is going to deal with the distribution of the Upper Cretaceous sediments in the frame of the Ries basin. The northern coastal line of the Middle Miocene “Molasse’” trough is partly re established. Furthermore, two fossiliferous deposits of Pleistocene age, found near Wörnitzstein, are considered to be of interglacial origin. Inhalt EEE ES EA Te Er ER ER HL 73 IaBDIE Verbreifuns. der. Oberkreide im’ Riesgebiet I. nel ma Een 8 rar de 74 2. Der Verlauf der Klifflinie der Oberen Meeresmolasse im südlichen Vorries . . ... . 76 3. Die Faunen zweier möglicherweise interglazialer Ablagerungen aus der Umgebung von DVSTENITZSTEL FAR WIOTN EZ NE N re Rote Teak here ehe 79 Einleitung In der vorliegenden Arbeit soll über einige stratigraphische und paläo- geographische Teilergebnisse und Einzelbeobachtungen berichtet werden, die bei der im Jahre 1958 im Rahmen einer Diplomarbeit durchgeführten Kartierung eines Teiles des Positionsblattes Ebermergen im Vorries gewonnen wurden. Von anderer Seite ist geplant, die Kartierung des Blattes Ebermergen zu Ende zu 1) Dr. GEORG AnDRITZKY, Staatliches Forschungsinstitut für Angewandte Mineralogie. 84 Regensburg, Kumpfmühlerstr. 2. # 73 führen. Erst dann wird es möglich sein, die Stratigraphie und die Lagerungs- verhältnisse im Blattgebiet zusammenfassend darzustellen. Da aber die im folgen- den dargelegten Ergebnisse teils in ihrer Bedeutung über den Rahmen des Blatt- gebietes hinausgehen, teils ganz vereinzelte, aber bisher völlig unbekannte Funde betreffen, wie es z.B. bei den am Schluß beschriebenen Pleistocän-Faunen der Fall ist, soll darüber schon jetzt berichtet werden. 1. Die Verbreitung der Oberkreide im Riesgebiet. Eine anstehende Decke von Oberkreide-Sedimenten ist im Riesgebiet nicht nachzuweisen. Die am weitesten nach Westen reichenden zusammenhängenden Vorkommen von Oberkreide finden sich im Gebiet von Mörnsheim—Burg- mannshofen (TH. SCHNEID, 1915). Es sind fossilführende Quarzite und Grob- sande, bekannt als „Mörnsheimer Bryozoensandstein“. Bei der aus dem östlichen und südöstlichen Vorries bekannt gewordenen Oberkreide handelt es sich immer um Einzelfunde etwa faust- bis kopfgroßer, meist rosa bis rotbraun gefärbter Sandsteine. Sie führen in einigen Fällen marine Fossilreste, und zwar vor allem Seeigel, Bryozoen und Crinoiden. Auch wenn diese nicht immer genauer bestimmbar sind, ist damit doch eine sichere Unter- scheidung von manchen petrographisch sehr ähnlichen, aber fossilfreien Keuper- sandsteinen möglich. Fast immer treten die Bruchstücke von Oberkreide-Sand- steinen inmitten der Riestrümmermassen (Bunte Bresche) auf, sind also orts- fremd und vermutlich ein Stück riesauswärts transportiert worden. Ihr ursprüng- licher Ablagerungsort dürfte also in den meisten Fällen mehr nach dem Rieskessel zu gelegen haben. Bei dem geringen mengenmäßigen Anteil, den die Kreidesand- stein-Bruchstücke in der Bunten Bresche darstellen, ist zu vermuten, daß es sich um primär geringmächtige küstennahe Ablagerungen und um Erosionsreste in Mulden des verkarsteten Weißjura-Massenkalks handelte. Mit der Besprechung der Einzelfunde sei im Nordosten begonnen (vgl. hierzu die Kartenskizze Abb. 1). R. Denm (1931) erwähnt von Blatt Monheim folgende Einzelfunde: 1. Ein Bruchstück von grobkörnigem rosa Sandstein mit einem Cidaridenstachel und einem netzförmigen Bryozoen in Bunter Bresche einige 100 Meter östlich von Flotzheim. 2. Dunkle Grobsandsteine mit limonitischen Bindemittel auf lehmiger Über- deckung bei Nußbühl. 3. Grobkörnige Sandsteine als Lesesteine nordnordöstlich vom Neuen Mittel- weghof bei Fünfstetten. 4. Ähnliches Material am Turmberg südlich von Fünfstetten. Von Blatt Harburg beschreiben J. SCHRÖDER & R. DEHm (1950): 5. Ein abgerolltes Stück eines hellroten grobkörnigen Sandsteins mit dem Ab- druck eines Cidaridenstachels, der mit Hilfe von Vergleichsmaterial als zu 74 0 im . 5 10 km et nt, Ir a & ww „2 7 mt [0] 23 S 3 S 'Ma "er Ä z DI S z Sı © = R = = B = * £ N = z a, 2 & m z we oO = Ss -Bo S Ss 2 KON So S oo wen NO Sy F «Mo = RD R Mn, 1% 03 N, en Zr um! o4 Mr = X len, ” 50 07 "z 2 M F = u z TILL 3 N oo H- „Bu % w e ullking nt! zu sm 40 Ne En fi D Abb. 1: Kartenskizze des Nördlinger Rieses und seiner Umgebung. Erklärungen der Signaturen: 1 N Einzelfunde von Sandsteinen der Oberkreide. Die Numerierung der Fundpunkte entspricht derjenigen im Text. Einzelfunde von strandnahen Ablagerungen der Oberen Meeresmolasse. Kliffpunkt. Klifflinie, sicher. Klifflinie, unsicher, z. T. unter Bedeckung von Oberer Süßwassermolasse, Riesschutt und Lehm. (Zahlenangaben bei 2, 3 und 4 bezeichnen die Höhenlage des Kliffpunktes oder der strandnahen Ablagerungen in Metern ü. NN). Klifflinie, vermutet. Fundpunkte pleistocäner, z. T. als interglazial angesehener Ablagerungen bei Wörnitz- stein a. Wörnitz. Einfache Punkte bezeichnen Ortschaften. Die Buchstaben bedeuten: A Amerdingen, Al Altisheim, B Bissingen, Bm Burgmagerbein, Bo Bopfingen, Bu Buch- dorf, D Dischingen, De Demmingen, Di Dillingen, Do Donauwörth, Du Dunstel- kingen, E Ebermergen, Eg Eglingen, F Fünfstetten, H Harburg, Hö Höchstädt/Donau, K Kesselostheim, M Mündling, Ma Marktoffingen, Mo Monheim, Ne Neresheim, Nö Nördlingen, O Otting, Ö Oettingen, S Schwarzenberg, T Trugenhofen, Tr Treucht- lingen, UL Unter-Liezheim, W Wörnitzstein, We Wemding, Z Zöschingen, Zi Zirges- heim. Berichtigung: Die Wörnitz verläuft bei Oettingen geradlinig in N-S-Richtung ohne Knick. 73 Cidaris vesiculosa GoOLDFUsSs gehörend bestimmt wurde. Außerdem fand sich in diesem, von der Olachmühle stammenden Stück der Abdruck eines Crinoi- denstielgliedes, welches, ebenfalls auf Grund von Vergleichsmaterial, zu Isocrinus agassizi HAGENOW gehört. Nach diesen Fossilfunden handelt es sich um ein Äquivalent des cenomanen Mörnsheimer Bryozoensandsteins. Auf Blatt Ebermergen fand der Verfasser (G. AnprIrzky, 1959): 6. Ein Stück eines hellroten feinkörnigen Sandsteins ca. 900 Meter nordwestlich vom Bahnhof Wörnitzstein auf verlehmter Bunter Bresche. Dieses enthielt, neben nicht näher bestimmbaren Bryozoen mit lang röhrenförmigen Zoözien, den Abdruck eines Interambulakralfeldes von Pseudodiadema variolare BRONG- NIART. Nach den Arbeiten von G. CoTTEAU (1864) und L. LEHNER (1937) ist dieser Fund in das Cenoman einzustufen. Aus dem Gebiet der Blätter Donauwörth und Genderkingen erwähnt K. ScHETELIG (1962): 7. Einen fossilfreien rötlichen Quarzsandstein in verlehmter Bunter Bresche, nördlich von Altisheim. Diese Funde zeigen, daß sich das cenomane Meer der südlichen Frankenalb, mit seinen westlichsten Ausläufern, bis in den östlichen und südöstlichen Teil des heutigen Rieskessels erstreckt hat. Seine Ablagerungen entsprechen nach ihrer petrographischen Ausbildung und ihrem Fossilinhalt dem Mörnsheimer Bryo- zoensandstein. 2. Der Verlauf der Klifflinie der Oberen Meeresmolasse im südlichen Vorties. Nachdem nun das südliche Vorries fast durchgehend kartiert ist, erschien es lohnend, den Verlauf der mittelmiozänen Klifflinie einmal im Zusammenhang darzustellen. Dies ist auf der Kartenskizze, Abb. 1, durchgeführt. Hierfür wurden, im Westen beginnend, die Arbeiten von R. Hürrner, 1958 (Blätter Neresheim und Wittislingen), K. SCHALK, 1957 (Blatt Bissingen), J. SCHRÖDER & R. DEHMm, 1950 (Blatt Harburg), K. SCHETELIG, 1962 (Blätter Donauwörth und Gender- kingen) sowie eigene Kartierungsergebnisse verwendet. Die Sicherheit, mit der man den Verlauf der Klifflinie zeichnen kann, schwankt von Gebiet zu Gebiet je nach den Aufschlußverhältnissen und je nach der Mäch- tigkeit der Überdeckung mit Riestrümmermassen, Oberer Süßwassermolasse und Lehm. Dies ist auch auf der Kartenskizze zum Ausdruck gebracht. Im Westen (auf dem Westteil des Blattes Neresheim) tritt die Klifflinie auf mehrere Kilometer Erstreckung im Landschaftsbild deutlich als Geländeknick oder sogar als Steil- abfall hervor. Nach Osten zu verschwindet sie allmählich unter der Überdeckung und ist nur noch an zwei Punkten, bei Burgmagerbein (in 440 Meter Höhe ü. NN) und bei Ebermergen (in 410 Meter Höhe ü. NN) aufgeschlossen. Diese beiden Vorkommen und die in den dort anstehenden marinen Sanden gefundene Makro- und Mikrofauna findet man bei A. Moos, 1925 (zitiert bei K. SCHALK, 1957), J. SCHRÖDER & R. Denm, 1950 und K. SCHETELIG, 1962, ausführlich beschrieben. 76 Auch in den Gebieten zwischen der Klifflinie bei Dischingen und den beiden Kliffpunkten, ebenso östlich vom Kliff bei Ebermergen treten Zeugen der Trans- gression und Hinweise auf Küstennähe auf. Es sind Strandgerölle und bis über 1 Kubikmeter große Blöcke aus Weißjura-Massenkalk, die mit Bohrlöchern von Bohrmuscheln übersät sind. Sie finden sich sowohl in Bunter Bresche als auch im Lehm, wobei es sich bald um verlehmte Bunte Bresche, bald um pleistocänen Soliluktionslehm handelt. Damit gestatten sie aber nur eine schr ungenaue oder gar nur hypothetische Festlegung der Strand- oder Klifflinie, denn es dürften sich Strandgerölle beim allmählichen Anstieg des Meeresspiegels über eine weite Fläche gebildet haben und auch vom Kliff selbst aus noch ein Stück weit ins Meer hinaus verfrachtet worden sein. Ferner ist damit zu rechnen, daß beim Riesereignis einige Blöcke zusammen mit den Trümmermassen riesauswärts transportiert und daß schließlich im Pleistocän, durch die Solifluktion, noch einige Blöcke hangab- wärts verschleppt worden sind. Mit der Besprechung des Küstenverlaufs der Oberen Meeresmolasse sei im Westen begonnen. Bis westlich von Dischingen verläuft die im Landschaftsbild deutlich aus- geprägte Klifflinie etwa geradlinig. Nördlich von Dischingen biegt sie nach Osten, dann nach Südosten um, ohne aber, wie R. Hürrner, 1958 betont, fjordartig in das Egautal einzugreifen. Nach Osten zu taucht sie unter Riestrümmermassen und Oberer Süßwassermolasse unter, und ihr Verlauf läßt sich, auf Grund schwacher Gefällsknicke im Gelände und lokaler Vorkommen von Marinsanden, nur mehr angenähert angeben. Östlich von Dischingen zeigt die Klifflinie eine Ausbuchtung nach Süden. Sie umfährt den Eisenberg nordwestlich von Demmingen, der also zur Zeit der Transgression schon als Erhebung vorhanden war. R. Hürrner, 1958 hat bereits darauf hingewiesen, daß in diesem Gebiet die Klifflinie weitgehend vor- gezeichnete tektonische Linien und diesen folgende morphologische Einheiten nachgezeichnet und schärfer herausgearbeitet hat. Auf Blatt Bissingen läßt sich die Klifflinie nicht mit Sicherheit festlegen. Zeichnet man sie in einiger Entfernung nördlich von den nördlichsten Fund- punkten strandnaher Ablagerungen ein und läßt sie weiter zum Kliff südlich von. Burgmagerbein verlaufen, so erhält man eine nach Süden vorspringende Kliff- linie. ‚Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß weiter nördlich von den bis jetzt be- kannten noch weitere Vorkommen von Marinsanden unter Bunter Bresche und lehmiger Überdeckung verborgen liegen, und daß daher die Klifflinie vielleicht doch etwa geradlinig von Amerdingen bis Burgmagerbein verläuft. Mit größerer Sicherheit dagegen kann man annehmen, daß auf Blatt Eber- mergen die Klifflinie nicht, wie von A. Moos, 1925, vermutet, geradlinig vom Kliff bei Burgmagerbein zum Kliff bei Ebermergen zieht. Vielmehr deutet die kartenmäßige Verteilung der strandnahen Ablagerungen darauf hin, daß die Klifflinie nach Süden vorspringt, indem sie die Hänge des Kessel- und Wörnitz- tales hinaufläuft und auf der Höhe umbiegt. Sie greift also fjordartig in das Kessel- und Wörnitztal ein, wie schon W. v. Kneser, 1903, K. SCHALK, 1957 und EN K. ScHEreLıg, 1962, hervorheben. Die Punkte der Klifflinie lagen, mit einer Toleranz von etwa -+ 10 Metern in Anbetracht der Kliffhöhe, ehemals ungefähr in der Ebene des Meeresspiegels. Es läßt sich daher aus der höheren Lage der südlichen Fundpunkte strandnaher Ablagerungen im Vergleich zu den nördlich davon gelegenen, tieferen Kliffpunkten bei Burgmagerbein und Ebermergen eine schwache, post-mittelmiozane Kippung ableiten. Das Gebiet zwischen Kessel- und Wörnitztal wäre demnach um eine etwa Ost-West streichende Achse so rotiert worden, daß sich die Scholle im Süden herausgehoben hat. Eine ähnliche Kippung an Nord-Süd streichenden Störungen um eine ebenfalls etwa West-Ost streichende Achse mit entgegengesetztem Drehungssinn kann K. SCHETELIG, 1962 (S. 74 f.) auf Blatt Donauwörth wahrscheinlich machen. Zwischen Ebermergen und Donauwörth liegen die Strandbildungen der Oberen Meeresmolasse unter einem Schleier von Riestrümmermassen und Lehm. Der auf der Kartenskizze als vermutet dargestellte Verlauf der Klifflinie basiert auf den in der Literatur angegebenen Austernfunden (L..v. Ammon, 1904; C. REGELMANN, 1909; beide zitiert bei K. ScHEreuig, 1962). Östlich von Donau- wörth folgt nach K. ScHETELIG, 1962, die Klifflinie wahrscheinlich dem heutigen, schon prä-mittelhelvetisch angelegten Relief und greift fjordartig in das Tal des Lochbaches nördlich von Zirgesheim ein. Die östlichsten, bisher bekannt ge- wordenen Strandbildungen der OMM treten östlich von Zirgesheim in 480 Meter Höhe ü. NN auf. ; Betrachtet man den Verlauf der Klifflinie im großen, so fällt zunächst auf, daß sie bei Dischingen aus ihrem bis dahin etwa nordöstlichen Streichen in eine mehr östliche Richtung abbiegt. Wichtig ist weiterhin, daß die Klifflinie erst von Dischingen an ostwärts einen unruhigen Verlauf mit fjordartigem Eingreifen in die Täler aufweist. Den schwäbischen Jura dagegen durchläuft sie geradlinig bis leicht geschwungen, ohne in die der Donau zugewandten Täler einzubiegen. R. Hürrner, 1958, führt diesen unruhigeren Verlauf der Klifflinie im Vorries darauf zurück, daß die Transgression der Oberen Meeresmolasse bereits vorge- zeichnete tektonische Linien, wie Störungen und Zerrüttungszonen stärker herausgearbeitet hat. Es ist schr wahrscheinlich, daß letztere auch schon weit- gehend das vor der Transgression gebildete Relief mitgeformt hatten. Die Er- scheinung, daß die Klifflinie gerade im Vorries einen unruhigen Verlauf zeigt, ließe sich dann so deuten, daß sich bereits im Mittelmiozän schwache, zu kleineren Störungen und Zerrüttungszonen führende Vorläuferbewegungen des Ries- ereignisses bemerkbar machten. Möglicherweise waren diese mit einer geringen Aufwölbung des Riesgebietes verbunden, durch welche das transgredierende Molassemeer etwas nach Süden abgedrängt wurde. Damit ließe sich auch das Abschwenken der Klifflinie nach Osten erklären. Solange sich, bei den ungünstigen Aufschlußverhältnissen im südlichen Vor- ries, die Klifflinie nicht mit größerer Sicherheit festlegen läßt, müssen diese Deutungsversuche allerdings hypothetisch bleiben. 78 | | 3. Die Faunen zweier möglicherweise interglazialer Ablagerungen aus der Um- gebung von Wörnitzstein a. Wörnitz. Abschließend seien zwei fossilreiche Pleistocän-Ablagerungen aus der Um- gebung von Wörnitzstein beschrieben. 1Km Wörnitz- stein Oppertshofen Abb. 2: Lageskizze der Drainagegräben bei Schwarzenberg, westlich von Wörnitzstein a. Wörnitz. Ein Drainagegraben am Gehöft Schwarzenberg, auf der Albhochfläche west- lich von Wörnitzstein (zur Lage der Fundpunkte siehe Kartenskizze, Abb. 1 und Lageskizze, Abb. 2), erschloß unter Löß eine etwa 0,5 Meter mächtige Lage grauen Tons. Abb. 3 zeigt ein Profil entlang dem südlichen Drainagegraben. Der graue Ton führt folgende Gastropodenfauna — die Faunenliste enthält nur klein- Profil durch den südlichen Drainayegraben ’ ’ ’ 1 ° 10 20 3o 4o so 6o 70 80 m Abb. 3: Profil entlang dem südlichen Drainagegraben bei Schwarzenberg. 2) wüchsige Formen, weil die Schnecken durch Schläimmen gewonnen wurden. Dabei blieben trotz größter Sorgfalt von großwüchsigen Formen nur Bruch- stücke erhalten —: Succinea oblonga DRAPARNAUD + Vertigo angustior JEFFREYS Vertigo pygmaea DRAPARNAUD x Vertigo parcedentata SANDBERGER (darunter auch mehr bauchige Formen, die der zahnlosen Form von Vertigo genesii GREDLER nahestehen) Vallonia pulchella (O. F. MÜLLER) Vallonia costata (O. F. MÜLLER) (z. T. V. c. helvetica STERKI) + Acanthinula aculeata (O. F. MÜLLER) Clausilia sp. Iphigenia plicatula (DRAPARNAUD) Goniodiscus rotundatus (©. F. MÜLLER) Retinella radiatula (ALDER) Vitrea erystallina (O. F. MÜLLER) Limacine sp.: Kalkplättchen Carychium minimum O. F. MÜLLER, darunter schlankere Formen, die C. tridentatum Rısso nahestehen. Galba truncatula (©. F. MÜLLER) Anisus sp. +in der näheren Umgebung lebend nicht bekannt xin Deutschland erloschen Die meisten Formen sind Landbewohner; ans Wasser gebunden sind nur Galba truncatula and Anisus sp. Diese leben auch in kleinsten stehenden Gewässern. Es fanden sich außerdem eiförmige Kalkkörperchen mit netzartiger Zeich- nung auf der Oberfläche: Kalkkörperchen von Arioniden oder von Lumbriciden. Der überlagernde Löß führt diese Fauna nicht mehr. Der graue Toon enthält ferner Molaren von folgenden Nagern: Apodemus sylvaticns LINNAEUS linker unterer m Evotomyssp. rechter m, oder m,, m! oder m? linker m! oder m? In dem weiter nördlich gelegenen Drainagegraben 2 (s. Lageskizze) werden grüne Sande, die wahrscheinlich der Oberen Süßwassermolasse angehören, in ähnlicher Höhenlage von grauem Ton überlagert. Dieser gleicht dem oben be- schriebenen völlig, ohne allerdings Fossilien zu führen. Es handelt sich hier dem- nach um ein ausgedehnteres Vorkommen, das aber unter einem Schleier von Löß- lehm liegt und sich daher nicht auskartieren läßt. Das reichliche Auftreten von Vertigo parcedentata (35 Exemplare, entspre- chend ca. 15%, der Gesamtfauna), die bis jetzt nur aus diluvialen Ablagerungen bekannt ist (P. EHurmAnn, 1933, S. 42), zeigt, daß hier eine fossile Fauna vorliegt. Hierfür spricht außerdem auch noch das Vorkommen von Vertigo angustior und Acanthinula aculeata, zweier Formen, die in der näheren Umgebung von Schwarzen- 80 berg auf der Jurahochfläche heute nicht mehr anzutreffen sind, wie ein Vergleich mit der vonL. HäÄssLein, 1939 beschriebenen rezenten Fauna ergibt. Da außerdem der graue Ton von Löß überlagert wird — wobei allerdings diese Überlagerung z. T. auch durch Solifluktion zustande gekommen sein könnte — erscheint der Schluß berechtigt, daß es sich hierbei um eine Interglazialablagerung handelt. Beziehungen zu interglazialen Donauschotterniveaus lassen sich wegen der un- günstigen Aufschlußbedingungen nicht feststellen. Eine der oben beschriebenen ähnliche Fauna führen grüne, schwach glau- konithaltige, tonige Sande, die in dem von Dittelspaint (südsüdwestlich von Wörnitzstein) westwärts verlaufenden Bacheinschnitt in ca. 423 Meter Höhe an- stehen. Wie der Glaukonitgehalt zeigt, entstammt das Material der in der Nähe anstehenden Meeresmolasse. Der Sand wird von Lehm überlagert. Er führt folgende Molluskenfauna: Succinea sp., Jugendwindungen Cochlicopa lubrica (©. F. MÜLLER) Vallonia pulchella (O. F. MÜLLER) Vallonia costata (©. F. MÜLLER), (z. T. V. c. helvetica STERKI) Acanthinula aculeata (OÖ. F. MÜLLER) Punctum pygmaeum (DRAPARNAUD) Goniodiscus rotundatus (O. F. MÜLLER) Goniodiscus ruderatus STUDER, Jugendwindungen Retinella radiatula (ALDER) Vitrea erystallina (O. F. MÜLLER) Limacine sp.: Schalenrudiment Carychium minimum ©. F. MÜLLER, mit schlankeren Formen, die C. tridentatum Rısso nahestehen. Galba truncatula (OÖ. F. MÜLLER) Anisus sp. Pisidium nitidum JENYNS eiförmige Kalkkörperchen mit netzförmiger Zeichnung: Kalkkörperchen von Arioniden oder von Lumbriciden. Acanthinula aculeata ist nach L. HÄssLEın, 1939, rezent aus diesem Gebiet nicht bekannt. Goniodiscus ruderatus besitzt nordisch-alpine Verbreitung und lebt heute vor allem in den Alpen und deren Vorland. Nach L. HÄssLein, 1939, kommt diese Form heute auch noch im Auwald bei Altisheim/Donau vor. Dieses Vor- kommen scheint das einzige in der näheren Umgebung von Dittelspaint zu sein. Obgleich die Pisidien auch in kleinen Rinnsalen mit schwankender Wasserführung leben, deutet das Auftreten von Pisidium nitidum doch auf eine ehemals konstant reichere Wasserführung. Der heutige Bach kann an dieser Stelle im Sommer nahe- zu austrocknen. Möglicherweise handelt es sich hier also um eine Ablagerung eines Interglazials oder des älteren Postglazials, als in einem durchschnittlich etwas feuchteren Klima tertiäre Sande durch einen in seinem Verlauf dem heuti- gen ähnlichen Bachlauf umgelagert wurden. 81 Schriftenverzeichnis Ammon. L. v., 1904: Die Bahnaufschlüsse bei Fünfstetten am Ries und an anderen Punkten der Donauwörth— Treuchtlinger Linie. — Geogn. Jh. 1903, S. 145—184, 15 Abb. 1 Taf., München. Anpkrıtzky, G., 1959: Geologische Untersuchungen im Ries auf Blatt Ebermergen. Diplom- arbeit, unveröff. Mskr., München. CorrEAau, G., 1864: Paleontologie francaise: Description des animaux invertebres. Terrain cretac& VII. Echinides. Paris 1862—1867. 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Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 3 83—105 | München, 1. Nov. 1963 | \ Die Gliederung der Raibler Schichten und die Ausbildung ihrer Liegendgrenze in der „Tirolischen Einheit“ der östlichen Chiemgauer Alpen Von Hans-OTTO ANGERMEIER, ARTUR PÖSCHL & HaAns-JOCHEN SCHNEIDER, München !) Mit 3 Abbildungen und 1 Tabelle Zusammenfassung Das Liegende der Raibler Schichten wird durch zwei bis drei, Pyrit führende, oolithische Bänke des oberen Wettersteinkalkes gebildet (‚„Grenzoolith-Bänke‘“). Mit scharfem Fazieswechsel, aber konkordant folgen darüber die untersten Schiefertone der Raibler Schichten. Hinweise auf eine „präkarnische Regression“ sind nicht vorhanden. In den Raibler Schichten lassen sich hier drei Schieferton-Folgen ausgliedern, die jeweils von mächtigeren Kalk-Dolomit-Folgen getrennt werden. Die unter- schiedliche stratigraphische Position der drei Schieferton-Folgen ist paläontolo- gisch belegbar. Dadurch wird die faunistische Zweiteilung der Raibler Schichten für die Nordalpen neuerdings wieder bestätigt: Untere Abteilung — Cardita- Schichten, obere Abteilung — Torer Schichten. Die Fauna der neu gefundenen dritten (obersten) Schieferton-Folge gehört den Torer Schichten an. Daher wird eine Korrektur einiger älterer Parallelisierungen aus diesem Gebiet not- wendig. Summary The underlying rock of the Raibl beds (Upper Triassic, Carnian), i. e. the Wetterstein limestone, consists at its top of two or three layers of oolitic limestone containing pyrite (“Grenzoolith-Bänke”). Superposed on these, showing an abrupt change of facies, appear shales of the basal Raibl beds. The sequence of rocks is conformable and exhibits no clue to a pre-Carnian regression. Within the Raibl beds three horizons of shale, separated from each other by alternating limestones and dolomites of greater thickness, can be made out. 1) Dipl.-Geol. H.-O. ANGERMEIER, Dipl.-Geol. A. Pöschz und Doz. Dr. Hans-). SCHNEI- DER, Institut für allgemeine und angewandte Geologie und Mineralogie der Universität Mün- chen, 8 München 2, Luisenstraße 37. 83 Differences in position of these shale horizons within the various sections can be linked palaeontologically. By such means a faunistic subdivision of the Raibl beds of the Northern Alps, as formerly applied, can be re-established: Lower or Cardita beds and upper or Torer beds. The recently discovered third and upper- most shale horizon is attached to the Torer beds. Some older correlations, accord- ingly, had to be revised. Inhalt Seite 1.2Eimleitung N 2 Da ae ee N N Eee: EEE 84 22 Die Hegenden;Gtenzschichten (Oberer ettersteinkalk) 2 ne 86 32. Kırhölogischer@liedermerderiRaibler Schichten 92 4. Faunistische Gliederung und stratigraphische Folgerungen . . . . . 2 222 2.2.0. 97 Schfiften verzeichnis a ee ER ER NE Re BE a nor Fran n 104 Einleitung Die Raibler Schichten stellen durch ihre faziell besonders markante Entwick- lung und die meist nachweisbare Fossilführung innerhalb der nordalpinen Trias- profile einen Schichtkomplex dar, der bei allen Kartierungsarbeiten verhältnis- mäßig leicht zu erkennen ist und deshalb als „lithologischer Leithorizont‘“ sehr geschätzt wird. Die Tatsache, daß diese Schichtfolge schon feldgeologisch leicht zu erfassen ist, scheint jedoch in vielen Fällen zu einer weniger kritischen Betrach- tung einzelner Aufschlüsse zu verführen. Jedenfalls birgt dieser Schichtkomplex noch eine Reihe von stratigraphischen und paläogeographischen Problemen, auf die mit den folgenden Ausführungen hingewiesen werden soll. Die nachstehend erläuterten Beobachtungen ergaben sich anläßlich einiger Neukattierungen in den östlichen Chiemgauer Alpen, die zunächst im Gebiet der Rauschberg-Gruppe (s. Abb. 1) begonnen wurden. In deren östlichem Teil, im sog. Inzeller Kienberg, war im Wettersteinkalk ehemals der größte Blei-Zink-Erzbergbau der bayerischen Kalkalpen umgegangen (KNAUER, 1938; SCHNEIDER, 1953a, 1957, S. 248). Die montangeologische Untersuchung des alten Lager- stättengebietes wurde mit einer finanziellen Hilfe der Gesellschaft zur Aufsuchung von Boden- schätzen in Bayern, München, durchgeführt, wofür die Verf. auch an dieser Stelle danken. Eine genauere Untersuchung der Raibler Schichten im Hangenden dieser Lagerstätte war vor allem deshalb von besonderem Interesse, weil einmal der Schichtkomplex hier besonders günstig aufgeschlossen war. Außerdem hatten neuere Untertagearbeiten im Bergbau Bleiberg- Kreuth (Kärnten), der ‚„Typuslokalität“ für Blei-Zink-Lagerstätten dieser Art, im Hangenden des erzführenden Wettersteinkalkes in den „Cardita Schichten“ ein interessantes neues Profil erschlossen (HoLLer, 1951). Zunächst wurde die im Kärntner Raum schon wiederholt beobach- tete Einschaltung von drei, je ca. 20 m mächtigen Schieferton-Folgen, die durch jeweils 60 bis 70 m mächtige Kalk-Dolomit-Serien getrennt sind, endgültig gesichert (HoLLer, 1951: „1., 2. und 3. Cardita-Schiefer“). Zwischen dem 1. und 2. „Cardita-Schiefer‘‘ fand sich zudem eine mächtige, nach ScHhurz (1960) primär-sedimentäre Pb-Zn-Vererzung (die sog. „‚Cardita-Ver- erzung““). Da allgemein zwischen der faziellen Entwicklung des Wettersteinkalkes im Kärntner Raum und derjenigen im Bayerisch-Nordtiroler Gebiet ungewöhnlich große Analogien bestehen (SCHNEIDER, 1954), erschien es angebracht, auch die 84 Raibler Schichten einmal daraufhin zu untersuchen. Obgleich die erhofften Hin- weise auf eine Pb-Zn-Vererzung im höheren stratigraphischen Niveau ausblieben, ergab sich doch eigenartigerweise jenes bisher nur aus dem Kärntner Raum be- kanntgewordene Gliederungsschema nach drei übereinander liegenden Schiefer- ton-Folgen, wenn auch zunächst nur für das Rauschberg-Gebiet (ANGERMEIER, 1960). Eine im Streichen der gleichen tektonischen Einheit ca. 10km weiter westlich, im Gebiet des Hochkienberges, durchgeführte weitere Neukartierung (PÖscHL, 1962) erbrachte eine volle Bestätigung der Beobachtungen am Rauschberg. Der Verdacht, daß die Aufeinanderfolge von drei Schieferton-Komplexen innerhalb der Raibler Kalk-Dolomit-Schichtfolge auf eine tektonische Verviel- fachung zurückzuführen sei, kann paläontologisch einwandfrei widerlegt werden. Zwar fanden auch die früheren Bearbeiter dieser Gebiete (Arrr, 1911, Nörn, 1926, und ErHARDT, 1931) die bezeichnenden Faunen mit Leitformen; sie parallelisierten jedoch irrtümlich die Horizonte. nn fer — AN /\' L Zen © (6) .. E O8 Seehaus Abb. 1: Übersichtsskizze zur Lage der wichtigsten Profile. (1) Profil im Seitengraben östl. des Großen Wapp-Baches (vgl. Text). (2) Profil am Westende des Elsen-Tales. (3) Profil im Vord. Zettelgraben bzw. Rammel-Bach bei Seehaus (nach Nörn, 1926). (4) Straßenprofil an der Hinteren Schwarzachen. (5) Profil an der Geiswand. (6) Profil in der ‚Streicher-Schatte‘ (vgl. Text). 85 In der nachstehend gegebenen Beschreibung der Schichtenfolge werden nur die wichtigsten Vorkommen angeführt, die entweder das gesamte Profil oder einzelne Profilabschnitte erkennen lassen oder durch ihre Fossilführung strati- graphisch belegbar sind (s. Abb. 1). Das besprochene Gebiet gehört der „‚Tirolischen Einheit“ (Hann, 1912) an, welches nach SpEnGLEr (1951) hier auch zur „Staufen-Höllengebirgsdecke“ ge- stellt wird. Die Nordstirn dieser großtektonischen Einheit wird hauptsächlich von Wettersteinkalk aufgebaut; sie ist nordwärts auf Obertrias-, Jura- und Kreideschichten aufgeschoben. Der generell südfallende Wettersteinkalk-Komplex trägt auf den meist pultförmigen Südflanken jene Raibler Schichtserie, auf die sich unsere Ausführungen beziehen. Die nördlich der großtektonischen Aufschiebung, innerhalb der ‚Hoch- bajuvarischen Einheit“ (Hann, 1912), aufgeschlossenen Raibler Schichten liegen in einer Ausbildung vor, die sich deutlich von jener in der „Tirolischen Einheit“ unterscheidet. Sofern die neuerlichen Fossilfunde aus den einzelnen Raibler Horizonten von Interesse waren, wurden sie der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie, München, übergeben. Die Verfasser verdanken Herrn Konservator Dr. K. W. BARTHEL von der o.a. Sammlung die kritische Überprüfung einer Reihe von wichtigen Formen. 1. Die liegenden Grenzschichten (Oberer Wettersteinkalk) Im Zusammenhang mit einer stratigraphischen Gliederung der Raibler Schichten und einer Untersuchung ihrer faziellen (paläogeographischen) Ent- wicklung verdient die Ausbildung der liegenden Grenzschichten besondere Be- achtung. Zwar wird der bekannte scharfe Fazieswechsel vom obersten Wetter- steinkalk zu den tonigen bis quarzsandigen untersten Raibler Schichten vielfach als Hinweis auf eine ausgeprägte Transgression erwähnt, doch ist das eigentliche Niveau dieser „Transgression“ nur sehr selten aufgeschlossen. Eine verbreitete Pyritführung der betreffenden Schichten läßt diese sehr rasch und tiefgründig verwittern und den ganzen Verband in sich verrutschen. So beobachtete ErHarpr (1931, S. 18) im östlich benachbarten Staufen- Gebiet ‚‚eine schwache Diskordanz..... zwischen Raibler Schichten und Wetter- steinkalk“. Aus dem Ammergebirge beschrieben Kock£EL, RICHTER & STEIN- MANN (1931) fossile Karrentaschen an der Obergrenze des Wettersteinkalkes, die mit transgressivem Raibler Sandstein gefüllt seien, wonach sie auf eine „prä- karnische Regression“, eine Trockenlegung und Verkarstung des obersten Wettersteinkalkpaketes schlossen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen auch LEucHs & MosEBAcH (1936) — nach Beobachtungen im Benediktenwand-Gebiet — und andere Autoren. Da an dieser lithologisch markanten Grenzzone in vielen Teilen der bayerischen Kalkalpen ehemals ein bescheidener Eisenerzbergbau umging, erfuhren die entsprechenden Schichtglieder in neuerer Zeit eine ausführliche lagerstättenkundliche und sedimentpetrographische Bearbeitung (SCHNEIDER, 1953, 1954; Tauprrz, 1954). Auch zu diesem Fragenkomplex liefern im hier be- trachteten Gebiet einige ungewöhnlich gut erschlossene Spezialprofile weitere Hinweise. 86 Im gesamten Gebiet ist den obersten 30 bis 50 Schichtmetern des Wettersteinkalkes die sog. „Sonderfazies‘‘ (SCHNEIDER, 1954) zwischengeschaltet. Sie erscheint auch hier in bank- oder linsenförmigen Einschaltungen dm-mächtiger (dolomitischer) Feinschichten, die häufig in cam- gitische Resedimente übergehen. Die für diese Fazies charakteristische „schwarze Breccie“ konnte jedoch nur am Rauschberg-Kamm gefunden werden. Sie tritt dort, z. B. nördlich unter- halb der Scharts zur „Roßgasse‘“, in maximal 10 cm mächtigen Linsen etwa 20 m Schichtmeter unter der Raibler-Liegendgrenze auf und läßt sich, meist nur nach Lesestücken, ostwärts bis zum Zeno-Kopf verfolgen. Die eigentliche Grenzzone zwischen Wettersteinkalk und Raibler Schichten ist, wie üblich, nur in einigen wenigen Aufschlüssen derart gut erhalten, daß der ursprüngliche Schichtverband mit Sicherheit erkannt werden kann. Am Hochkienberg erschließt ein kleiner Seitenbach, der bei 790 m NN in den Großen Wapp-Bach mündet, ein ungestörtes Profil durch dies Grenzzone (vgl. Profil 1 in Abb. 1 und 2). Die obersten dm des Wettersteinkalkes (Abb. 2, Schicht 4) werden zunehmend dunkelgrau, was auf die Pyritführung zurückzu- führen ist. Nach Dünn- und Anschliffbefunden tritt der Pyrit in dieser obersten Kalkbank einmal in Form der vielfach beobachteten „Erzpünktchen“ (Durchmesser 1—5 u) auf, die das Gestein diffus oder wenig texturiert durchstäuben; häufig vereinigen sich diese „Pünktchen“ dann zu rundlichen „brombeer“-artigen Ballen (Durchmesser 10—15 «). Für diesen Pyrittypus wurde schon wiederholt eine bakterielle Entstehung erwogen und z. T. nachgewiesen (vgl. SCHNEIDER, 1953, TAurırz, 1954). Daneben erscheint dann das Erz, infolge einer diagenetischen Sammel- kristallisation, in mm- bis cm-großen, teilidiomorphen Kornaggregaten. Über der schwach gewellten Oberfläche dieser höchsten Kalkbank folgt konkordant der sog. „Grenzoolith‘“, der hier aus zwei, jeweils 10 cm mächtigen, schwarzgrauen, pyritreichen Kalkbänkchen besteht (Profil 1, Schicht 1). Beide Bänkchen werden fast ausschließlich aus konzentrisch-schaligen, meist unregelmäßig-lappig umgrenzten Rundkörperchen aufgebaut. Dünnschliffunter- suchungen bestätigten die Vermutung, daß es sich hierbei um Algenkörper handelt, die mit Sphaerocodium bornemanni ROTHPLETZ identisch sind. Bei gut erhaltenen Exemplaren ist noch die eigentümliche Zell- struktur zu erkennen. In den meisten Fällen sind Schalenbruchstücke oder Crinoidenstielglieder vom Algenkörper umschlossen. Diese organogenen Rund- körperchen erreichen Durchmesser bis zu 7 mm. Daneben erscheinen unterge- ordnet auch kleinere, echte Ooide (0,1 bis 0,8 mm) mit angenähert kreisrundem Querschnitt und fast submikroskopisch feiner, konzentrischer Schalenstruktur, für die eine organische Entstehung nicht nachzuweisen ist (s. u. S. 90). Der quantitativ stark hervortretende Pyrit erscheint hier ebenfalls als feines Pigment und ist vorzugsweise den einzelnen Schalenzonen der verschiedenen Rundkörperchen eingelagert. Daneben bildet er häufig den gesamten Lagenbau der Algenkörper ab, wodurch gelegentlich sogar noch alte Zellstrukturen zu erkennen sind. Eine paradiagenetische Sammelkristallisation führte dann zu Pyritkonkretionen von cm-Ausmaßen. Am Südhang des Hochkienberges fand sich ein Lesestein aus den „Grenz- oolith-Bänken“, der in Fazies und Pyritführung der oben gegebenen Ausbildung 8 87 Profil (1) amWappbach Profil(6) Streicher-Scharte (0) (0) = 0 © (1) a u one mn zu om (2) Weyer (3) (7) 1 (8) (5) 2 (8) (7) 3 (8) (6) Abb. 2: Zwei Spezialprofile durch die Grenzzone oberer Wettersteinkalk — untere Raibler Schichten („Grenzoolith-Bänke‘““). Erläuterungen z. d. Schichtgliedern: 5 (0) Schiefertone der tiefsten Raibler Schichten, mit Quarzsand und Pyrit. (1) Blauschwarzer Groboolith mit Sphaerocodium bornemanni ROTHPL. (9) und reichlich Organodetritus; 6 88 starke Pyritführung. (2) Dunkelgrauer Oolithkalk; Sphaerocodien-Körper und Organodetritus zurücktretend; schwache Pyritführung. (3) Dunkelgrauer Feinoolithkalk ohne Sphaerocodien-Körper; Organodetritus und Pyrit- führung stark zurücktretend. (4) Heller, feinkristalliner Kalk mit angedeuteter Feinschichtung, nach oben dunkler und pytitreicher werdend. (5) Lichtgrauer, dichter Kalk mit wolkig begrenzten, dunkelgrauen Partien; Pyritkonkre- tionen wittern zu hakigen Kavernen aus. (6) Heller, feinkristalliner, fast massiger Kalk mit linsenförmigen Einschaltungen camgiti- scher Feinschichten. (7) Scharfbegrenzte, camgitische Feinschichtbänke. (8) Hellgrauer dickgebankter Kalk (‚‚Normaltypus‘‘ des Wettersteinkalkes). (9) Scharf begrenzte, camgitische Feinschicht-Bank mit hohem Anteil an Resedimenten (dolomitische Schollenbreccie, Ovoide und Kalkarenit). gleicht, mit gut erhaltenen Crinoidenstielgliedern und einigen Lamellibranchiaten. Bestimmt werden konnten: Pentacrinus propinguus MÜNSTER, Cardita crenata guembeli PICHLER. Die besprochene Grenzzone ist auch am Gipfelkamm des Rauschberges aufge- schlossen, so z.B. etwa 350 m östlich der Gipfelstation der Rauschbergbahn (N von Profil 5 in Abb. 1). Besonders gut ist der Schichtverband jedoch in der sog. „Streicher-Scharte‘““ erhalten (Profil 6 in Abb. 1 und 2); als „‚Streicher- Scharte““ wird die Gratscharte (1560 m NN) zwischen Streicher und Zeno-Kopf bezeichnet, über die der markierte Steig von N (Fahrriesboden-Schneegrube) zur Kammhöhe führt. Die im Prinzip schon oben kurz beschriebene Abfolge (,‚nor- maler‘ oberer Wettersteinkalk mit Einschaltung von „Sonderfazies‘“ —,‚Grenz- oolith“-Raibler Schiefertone) erscheint hier, wie am gesamten Rauschberg- Kamm, etwas vielfältiger entwickelt: Die höchste Zone camgitischer Feinschichten und Resedimente liegt, als ca. 0,6 m mächtige Bank deutlich auswitternd, etwa 6 m unter der Raibler Grenze. Zum Hangenden folgt ein mindestens 4,5 m mächtiger, unscharf gegliederter, fast massig wirkender Kalkkomplex, dem nur unregelmäßig begrenzte Fein- schicht-Linsen eingeschaltet sind (Profil 6, Schichten 6 und 5). Nach oben hin wird der Kalk zunehmend dunkler mit wolkigen, bräunlichgrauen Partien. Ver- streut verteilte, bis cm-große Pyritkonkretionen führen zur Auswitterung von hakig begrenzten, kleinen Kavernen, die häufig noch Limonitkrusten enthalten. Konkordant darüber liegt sodann der hier 1,2 bis (maximal) 1,5 m mächtige, kalkige „Grenzoolith“, der durch flachwellig verlaufende Schichtfugen deutlich in drei konkordante Bänke untergliedert ist (Profil 6, Schichten 1 bis 3). Die tiefste der drei Bänke ist im Streichen des gesamten Rauschberg-Kammes am mäch- tigsten entwickelt (0,8 bis 1 m). Schon an der bräunlich-dunkelgrau anwitternden Oberfläche sind mit der Lupe die 0,3 bis 1 mm großen Ooide in dichter „Kugel- packung‘ zu erkennen. Im Dünnschliff zeigt sich, daß hier echte (anorganische) Kalkooide vorliegen, die mit kalzitischem Zement verbacken sind. Bei stärkerer Vergrößerung tritt die konzentrisch schalige Struktur noch deutlicher hervor. Gelegentlich sind auch — frühdiagenetisch gesproßte (?) — radialstrahlige Kar- bonatkristallite zu beobachten. Bruchstücke von Muschelschalen oder Crinoiden- stielglieder erscheinen nur untergeordnet, desgleichen Pyrit. Sphaerocodien- Körper fehlen vollständig. Eine ganz andere Zusammensetzung weisen dagegen die beiden höheren, zusammen etwa 0,3 bis 0,4 m mächtigen Bänke auf. Der im frischen Bruch blau- schwarze, oolithische Kalk läßt schon an der dunkelgrau anwitternden Ober- fläche häufig Crinoidenstielglieder, Schalenbruchstücke sowie organogene Rund- körperchen (bis 0,8 mm Durchmesser) erkennen. Letztere sind nach Dünnschliff- befunden wiederum als Sphaerocodium bornemanni RorHpL. anzusprechen. Im Gegensatz zu den entsprechenden „Grenzoolith‘“-Bänken des Hochkienberg- 8* 89 Gebietes treten die Algenkörper hier jedoch quantitativ gegenüber den anorgani- schen Kalkooiden zurück. Das gleiche gilt auch für die extensive Pyritführung. Die erzmikroskopische Untersuchung von Anschliffen aus der obersten Bank ergab, daß der Pyrit häufig noch nachträglich in Markasit umgewandelt ist. Daneben erscheint gelegentlich Zinkblende mit hellgelben bis weißen Innenreflexen, wovon eine kleinste Kornfraktion (10— 20) dem Schalenbau der Ooide eingelagert ist. Die Anwesenheit von Zinkblende im eindeutig sedimentären Verband bietet interessante genetische Hinweise auf die Entwicklung des sog. „Raibler Grenzlagers‘‘ (MAucHER, 1954; Schurz, 1955) im NE-Teil der „Tirolischen Einheit“! In allen Spezialprofilen vom Rauschbergkamm erfährt die Anreicherung von Fossilfragmenten in der obersten Oolithbank ein Maximum. Neben den bereits erwähnten Sphaerocodien-Körpern konnten bestimmt werden: Pentacrinns propinguus MÜNST. Pentacrinus tirolensis LAUBE Beide Arten sind auch in den Raibler Schichten weit verbreitet. Die häufig auftretenden Schalenbruchstücke erinnern an Cardita crenata guembeli PICHLER, doch konnte bisher noch kein sicher bestimmbares Exemplar in dieser Schicht gefunden werden. Im gesamten Gebiet zwischen Hochkienberg und Rauschberg grenzt die höchste Oolithbank (Profil 1 und 6, Nr. 1), wo tatsächlich noch der ursprüng- liche Schichtverband erhalten ist, mit flachwelliger Oberfläche scharf, aber konkordant (!) gegen die überlagernden Schiefertone der Raibler Schichten. Diese führen in den untersten Schichtmetern einen hohen Gehalt an Quarzsand (kanten- gerundete Körner um 0,5 mm Durchmesser), dem häufig Glaukonit und vereinzelt Hellglimmer sowie stark zersetzte Feldspatfragmente eingestreut sind. Des- gleichen ist in diesen tiefsten Lagen auch Pyrit als feines Pigment und in cm- großen flachgestreckten Konkretionen verbreitet. Der extensive Pyritgehalt dieser obersten Kalk-(Oolith-)Bänke und tiefsten Sand-Schieferton-Lagen bewirkt eine rasche und tiefgründige Verwitterung der Grenzhorizonte. Die dabei entstehende schweflige Säure greift vor allem den unterlagernden Kalk an, so daß dieser — bevorzugt im Grenzbereich gegen die Raibler Schichten — tiefgründig verkarstet ist. Für diesen Vorgang bietet die lache Südabdachung des Rauschberg-Kammes instruktive Aufschlüsse. Soweit die Hangneigung ungefähr parallel zum Schicht- fallen (der Grenzhorizonte) verläuft, ist das Gelände — über mehrere km im Streichen — von tiefen, dolinenförmigen Lösungstrichtern und Karrentaschen verschiedenster Größenordnung durchzogen. Schr viele dieser Hohlformen sind mit den an Quarzsand angereicherten Schiefertonen der Raibler Schichten gefüllt, die oft noch eine (primäre ?) Lagentextur erkennen lassen. Daß in solchen Fällen der ursprüngliche Lagerungsverband tatsächlich zerstört ist, beweist das Fehlen der „Grenzoolith“-Bänke, die meist nur noch in isolierten Lesestücken zu finden sind. Der ursprüngliche Pyritgehalt der Grenzhorizonte wurde zu Limonit- schwarten und -konkretionen angereichert, die meist einem hellgrauen bis rein- weißen Wettersteinkalk aufliegen, der vielfach schon einem tieferen Niveau an- 90 gehört. Auf diese Weise entstehen sehr häufig Lagerungsverbände, die eine „präkarnische Verkarstung‘“ des oberen Wettersteinkalkes vortäuschen. So be- merkte auch ERHARDT (1931, S. 18) bei der Beschreibung einer schwachen „Diskor- danz.... an mehreren gut aufgeschlossenen Stellen zwischen Raibler Schichten und Wettersteinkalk“, daß „unmittelbar im Liegenden dieser Mergel.... die obersten Teile des Wettersteinkalkes sogleich typisch reinweiß und fossilreich ausgebildet“ seien. Vermutlich wurden auch in diesen Aufschlüssen die ‚„Grenzoolith‘- Bänke durch die selektive Verwitterung schon früher entfernt. Jedenfalls fanden sich bei einer neuerlichen Feldbegehung der erwähnten Lokalität ober- halb der ‚Staufenstube‘“ Lesestücke der charakteristisch kleinoolithischen Grenzbänke. Mindestens für den Bereich zwischen Hochkienberg im W und Rauschberg im E kann somit als gesichert gelten, daß die Grenze Wettersteinkalk/Raibler Schichten zwar einen scharfen Fazieswechsel darstellt, jedoch in keinem Fall eine Diskordanz oder gar eine „präkarnische Regression“ in Form einer Trocken- legung und Verkarstung des obersten Wettersteinkalkes anzeigt. Die von KockEL & Gen. (1931) wie von LeucHns & MosesAcH (1935) benannte „‚spätladinische Hebung“ äußert sich vermutlich im gesamten Bayerisch-Nordtiroler Raum nur durch ein rasches Abklingen der bis dahin vorherrschenden Kalksedimentation. Gleichzeitig damit setzt eine Stagnation weiter, flacher Meeresbecken ein; es ent- wickeln sich im „noch-kalkigen Milieu“ Halb- und Vollfaulschlämme (Kalk- Gyttja und Kalk-Sapropel), die in relativ kurzer Zeit von feinklastischen terrige- nen Sedimenten überdeckt werden. In ähnlichen, guterhaltenen Spezialprofilen der Kalkhochalpen (Karwendel, Wettersteingebirge) ist der — im cm-Bereich fast kontinuierliche — Fazieswechsel noch viel ausgeprägter beobachtbar (MyLıus, 1916; SCHNEIDER, 1953; ScHuLz, 1955). Doch schon ein Vergleich der beiden Spezialprofile von Hochkienberg und Rauschberg (Abb. 2) zeigt, daß auch noch innerhalb der „Grenzoolith“-Bänke eine merkliche horizontale Faziesdifferenzierung stattgefunden hat: Die Schicht- folge am Hochkienberg erscheint gegenüber der entsprechenden Abfolge am Rauschberg eigenartig „kondensiert‘“, ohne daß — selbst kei kritischster Betrach- tung der Aufschlüsse — eine Erosionsdiskordanz oder synchrone Schichtlücken nachgewiesen werden könnten. Im Hochkienberg-Gebiet herrschte offensichtlich nur ein gewisses „Defizit“ an Kalkfällung vor. Solche geringfügigen faziellen Unterschiede innerhalb der „Grenzoolith“-Bänke können auch in anderen Teilen der Bayerisch-Nordtiroler Kalkalpen erfaßt werden. Es wäre verfrüht, nach diesen bisher relativ wenigen Beobachtungen bereits weitreichende paläogeographische Folgerungen zu diskutieren. Immerhin ist es bemerkenswert, daß auch das Mäch- tigkeitsmaximum der Raibler Schichten mit etwa 300 m im Rauschberg-Gebiet . liegt, wogegen im Westen (Hochkienberg) und Osten (Staufen) nur etwa 200 m nachgewiesen werden können. Der unterlagernde Wettersteinkalk hält von W nach E mit etwa gleichbleibender Mächtigkeit (ca. 700 m) durch. Möglicherweise beeinflußt jene „spätladinische Hebung“ in großen Teilen der Nordalpen nur die 91 Fazies und Mächtigkeit der Sedimentation während der karnischen Stufe; sie zeichnet dabei allerdings schon frühzeitig engbegrenzte Räume differenzierter Abfolgen vor. 2. Lithologische Gliederung der Raibler Schichten (Hierzu vgl. Abb. 3) Wenn in der folgenden kurzen Beschreibung der Gesteinsfolge bei der Be- nennung der einzelnen Schichtglieder von den Bezeichnungen WÖHRMANNS (1889, 1893) abgewichen wird, so erfolgt dies aus zwei Gründen: Einmal sollten im Interesse einer einheitlichen stratigraphischen Terminologie (SCHINDEWOLF, 1960) die lithologische und die biostratigraphische Gliederung möglichst klar gegeneinander abgegrenzt werden. Andererseits bedürfen einige ältere Gesteins- bezeichnungen einer Korrektur. WÖHRMANN untergliederte die „untere Abteilung“ der Raibler Schichten der Nordalpen in drei „Horizonte“ (a—b—c), wobei er sich sowohl auf faunistische als auch auf lithologische Merkmale stützte. Um die Bedeutung fazieller Kennzeichen für diese Untergliederung zu unter- streichen, ersetzte er den (mehr biostratigraphisch verstandenen) Begriff ‚Horizont‘ häufig durch eine Gesteinsbezeichnung mit dem Wortstamm „-Zug“: „Der untere Mergelzug oder Horizont a, wie wir ihn auch ferner nennen wollen...“ (WÖHRMANN, 1893, S. 696). — Die „obere Abteilung“ der Raibler Schichten erfährt durch ihn keine weitere Untergliederung, vor allem wohl deshalb, weil er die wechselvolle Gesteinsfolge nach lithologischen Merkmalen regional nicht parallelisieren konnte. Außerdem stellt diese „obere Abteilung“ biostratigraphisch einen relativ einheitlichen Komplex dar. WÖHRMANN hätte hierfür aus Konsequenzgründen einen vierten „Horizont“ einsetzen sollen. Im von uns bearbeiteten Gebiet wurde nunmehr auch eine Untergliederung der „oberen Abteilung‘ möglich, zunächst mehr nach lithologischen Merkmalen. Dadurch ergab sich die Notwendigkeit, die einzelnen faziellen Einheiten der gesamten Raibler Schichtfolge nach einer terminologisch gleichwertigen und auch sedimentpetrographisch richtigen Nomenklatur zu benennen. Die von WÖHRMANN benannten beiden „Mergelzüge‘“ enthalten nämlich, wie er selbst bemerkte, tatsächlich nur sehr untergeordnet echte „‚Mergel“. Die Schichtkomplexe bestehen viel- mehr vorwiegend aus „‚Schiefertonen“‘ (im Sinne von Correns 1949, S. 223), die bereichsweise einen hohen Gehalt an Quarzsand führen. In diese Schiefertone sind aber auch reine Quarzsand- steine, Kalke und Mergelkalke bankweise, z. T. in Linsen verschiedenster Größenordnung, eingeschaltet. Deshalb möchten wir für diese im Einzelnen zwar wechselvolle, generell jedoch vorherrschend feinklastische Schichtfolge die Kurzbezeichnung „Schieferton-Folge“ vot- schlagen. Entsprechend werden die mehr oder minder mächtigen, die Schieferton-Folgen tren- nenden, ausschließlich karbonatischen Sedimentkomplexe jeweils „Kalk-Dolomit-Folge“ genannt. Eine solche Gliederung nach lithologischen Kennzeichen bietet den Vorteil, daß sie schon während der Feldkartierung angewendet werden kann. Die Gliederung nach „‚Horizonten“ sollte erst in zweiter Linie durchgeführt werden und zwar in dem von WÖHRMAnN gegebenen Sinn als biostratigraphische Einheiten, wenn also die Fossilführung — auch mittelbar — eine genauere Einstufung ermöglicht; dann aber wird eine konsequente Erweiterung dieser Gliederung auch auf die „obere Abteilung“ notwendig (vgl. Abb. 3 u. Tab. 1). Untere Schieferton-Folge (= Horizont Ia) Über den schwarzen pyritreichen Grenzoolithbänken des obersten Wetter- steinkalkes folgen im Normalprofil konkordant schwarzgraue kalkfreie Pelite, 92 DAESEER , SSCHFCHSESE N CHARFDIETA-+SCcHIichten (Önz Jabıyıoy JayosılWwojog) gq 4UOZ1J0H (Önzießuaygo) 2 OZIJOH (gT 4uozIJoH) -Y1WOJOQ - YlDY 'H) J-UOHFJBIyaS yyıyy = m —_ —_ m a 193) 4 m zZ a > F=3 a = m —_ u m a [97] —_ m = A > Er A (6) 1499PJ9A unyas uoA < TORER-Schichten Su = E ©: im Allgemeinen Sn 97 NE: (Horizont der Ostrea montis caprilis KLIPST.) SR: ms EN 2 8 I ( Kalk-und Mergelbänke,Rauhwacken, Dolomite ) Z = ( a Z = 9 2’8 = = ° ı > we o wzul>. 2 x 4 23 er ZH — ! a | voozıı 3% 9 Sı E en lo; EI) = ERTETI ae o.»:l° ao o 2 2. ZI al 3 = 3 2 5 [e) z; = u = zu: > z. ii { ON. c Zu oO Ba TE T. ar a2. AR o) a 35 NO ES 8 5 © I ae, = m I Sr u S = i Ino ' > (ech m — 10 — = maolsas Bine, © = DENE SIE Ss Z I ela” SS (wi (6) a‘ oO © © St oO PR LS ce ®» = = m e 3 : SER syshs um g SI Es v Q ERPH 20 0a 2, © nm S 08& ee — SEStAN non [o) a a = ©, SI 3 ®& =) —_ die nach ihrem hohen Verfestigungsgrad als „Schiefertone‘“ bezeichnet werden müssen. Der charakteristische dünnplattige Zerfall des Gesteins ist sowohl auf die ursprüngliche Feinschichtung zurückzuführen als auch durch eine schwächere oder stärkere mechanische Beanspruchung hervorgerufen. Ob die meist beobacht- baren Glimmertapeten der Absonderungsflächen bei einer beginnenden schwachen Metamorphose des Gesteins oder bereits primär sedimentär entstanden, kann nicht entschieden werden. 93 Während in den Schiefertonen der untersten Lagen dieser Folge der Quarz- sand diffus verteilt ist (s. Abb. 2 u. S. 90), erscheinen in höheren Lagen reine Tonpelite, denen im Abstand von 30 bis 50 cm geringmächtige (ca. 3 cm) Fein- sandbänkchen eingelagert sind. Diese Sandsteine scheinen auf größere Entfernung nicht horizontbeständig zu sein. Sie führen oft verkohltes Pflanzenhäcksel auf den Schichtflächen und sind manchmal durchstäubt von Pyrit, der zu Brauneisen- konkretionen und -schwarten verwittert. Fossilien wurden weder in den Schiefer- tonen noch in den Sandsteinen gefunden. Sehr bezeichnend für diese untere Schieferton-Folge ist die Einschaltung einer blauschwarzen ‚Sphaerocodienoolith-Bank“, die im Gelände stets durch ihre gelbbraune Verwitterungsrinde auffällt. Die Algenrundkörper, hier in typischer Ausbildung Sphaerocodium bornemanni RormHpL., haben einen Durch- messer von 5 bis 10 mm. Sie umkrusten meist Bruchstücke von organischen Hart- teilen (Crinoidenstielglieder, Muschelschalen, Foraminiferengehäuse etc.), vor- zugsweise Bruchstücke von Cardita crenata guembeli PıCHLEr, die hier häufig auch in bestimmbaren ganzen Exemplaren auftritt. Von allen drei Schieferton-Folgen der Raibler Schichten tritt die unterste morphologisch am deutlichsten hervor, indem sie Senken und Verebnungsflächen bildet und dadurch im Gelände stets gut zu verfolgen ist. Es sei hervorgehoben, daß im Rauschberg-Gebiet die Mächtigkeit der unteren Schieferton-Folge von 50 m im Schwarzachen-Profil auf 15 m im benach- barten Geiswand-Profil abnimmt. Im Elsental-Profil des Hochkienberg-Gebietes beträgt die Mächtigkeit ebenfalls nur 15 m (s. Abb. 3). Untere Kalk-Dolomit-Folge (= Horizont Ib) In jedem der aufgenommenen Profile wird die untere Schieferton-Folge im Hangenden begrenzt durch eine Rauhwackenlage, die bis zu 2 m mächtig werden kann. Im Gelände fällt sie stets durch ihre hellbraungelbe Färbung und die löchrig verwitternde Oberfläche auf. Die Ausbildung einer Rauhwacke in einem so tiefen Niveau der Raibler Schichten ist an sich ungewöhnlich. Doch erwähnt WÖHR- MANN (1889, S. 247) eine solche Entwicklung z. B. auch vom Erlsattel im süd- lichen Karwendel. Über dieser Rauhwackenlage folgen Kalke und untergeordnet Dolomite, deren Färbung von einem hellen Braun bis zu einem dunklen Grau spielt. Massige Partien, die mit gebankten wechsellagern, treten oft morphologisch als Stufen und Stotzen hervor. In den tieferen Teilen sind dem Kalk, der hier luckig anwittert, kleine Pyritkristalle und Limonitkonkretionen eingesprengt. Fossilien fanden sich in dieser Folge nicht. Die Mächtigkeit nimmt vom Geiswand-Profil (125 m) über das Schwarz- achen-Profil (90 m) zum Elsental-Profil (45 m) nach W hin ab. 94 Mittlere Schieferton-Folge (= Horizont Ic) Die Kalke und Dolomite überlagert ein Komplex dünnschichtiger Schiefer- tone, die denen der unteren Schieferton-Folge vollkommen gleichen. Eingeschal- tete hellgraue Sandsteinbänkchen wittern gelblich an. Am besten aufgeschlossen ist diese Serie im Geiswand-Profil (Abb. 3). Hier ist im Mittelteil der nur 7 m mächtigen Folge eine maximal 10 cm mächtige, dunkelgraue Kalkbank eingelagert. Sie besteht fast ausschließlich aus Fossil- schalen, die auf der Bankoberfläche durch die Verwitterung schön herauspräpa- riert sind. Die reiche und typische Faunengemeinschaft, die aus dieser Kalkbank gewonnen wurde, schließt eine Verwechslung dieser Folge mit den Gesteinen der unteren Schieferton-Folge aus (s. Tab. 1). ’ Im Elsental ist die Serie trotz einer Mächtigkeit von ca. 12 m nur schlecht aufgeschlossen. Auch hier tritt eine Lumachellenbank auf, die allerdings in diesem Profil näher der Obergrenze der Folge eingeschaltet ist. Trotz des meist schlechten Erhaltungszustandes der Fossilien ließ sich auch hier noch eine typische Faunen- gemeinschaft gewinnen (s. Tab. 1). Offenbar ist es besonders günstigen Verhältnissen zu verdanken, daß die stets geringmächtige mittlere Schieferton-Folge in den Profilen an der Geiswand und am Elsental ausgegliedert werden konnte. Denn bei den Kartierungsarbeiten im Rauschberg- und Hochkienberg-Gebiet war es meist unmöglich, dieses Schichtpaket im Streichen weiter zu verfolgen und auf der Karte auszuscheiden. Das mag darauf zurückzuführen sein, daß die klastische Sedimentation in diesem Niveau gebietsweise in reine Kalk-Dolomitabscheidung übergeht und die Schie- fertone und Sandsteine somit nur in Form absätziger Linsen zwischengelagert sind. Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, daß die geringmächtige Folge bei tektonischer Beanspruchung besonders leicht ausgequetscht wird. Mittlere Kalk-Dolomit-Folge (= Horizont la) Über den Schiefertonen folgen im Geiswand-Profil und an der Hinteren Schwarzachen schlecht gebankte Kalke und Dolomite, die den Gesteinen der unteren Kalk-Dolomit-Folge ähnlich sind. Im Profil am Elsental sind es aus- schließlich grobgebankte und massige Kalke, in deren hangendsten Partien eine nach oben zunehmende Dunkelfärbung die darüber folgende Pelitsedimentation ankündigt. Fossilkerne, wie sie WÖHRMANN (1889) und Böse (1898) aus dieser Serie erwähnen, konnten nicht gefunden werden. Die Mächtigkeit dieses Schicht- gliedes beträgt im Schwarzachen-Profil rund 50 m und im Elsental 30 m; an der Geiswand wird diese Folge nach 50 Schichtmetern im Hangenden von einer Störung abgeschnitten. Obere Schieferton-Folge (= Horizont IIb) Die Kalke und Dolomite der mittleren Folge werden überlagert von dunkel- grauen Schiefertonen, die alle Übergänge zu dünngebankten, festen Mergeln 95 zeigen. Nur ganz vereinzelt treten noch dünne Sandsteinbänkchen auf, die jenen der mittleren Schieferton-Folge ähneln. Bezeichnend ist eine verhältnismäßig häufige Einschaltung von Kalkbänken, die Mächtigkeiten zwischen 10 und 50 cm erreichen und teilweise etwas feinklastischen Quarz führen. Besonders typisch ist das massenhafte Auftreten von Os/rea montiscaprilis Kıırsr. Lesesteine solcher „Ostreenkalke“ sind in schlecht aufgeschlossenen Gebietsteilen eine wertvolle Hilfe beim kartierenden Verfolgen dieser Serie. In dem Profil am Elsental schließen dicke, dunkelgraue, fossilarme Kalkbänke mit dünnen Mergelzwischenlagen die Folge zum Hangenden ab und leiten zu den auflagernden Kalken und Dolomiten über. Die Mächtigkeit ist verhältnismäßig gering. Sie beträgt im Schwarzachen- Profil 8 m und im Elsental-Profil 13 m. Obere Kalk-Dolomit-Folge (= Horizont Ic) Grobgebankte bis massige Kalke und Dolomite zeigen in ihrer Färbung alle Übergänge von hellem Braun zu dunklem Grau. Gelegentlich enthalten sie kleine, gelblich verwitternde Mergelbutzen als Einschlüsse. Der Übergang von den Raibler Schichten zum Hauptdolomit vollzieht sich im bearbeiteten Gebiet nur schrittweise, so daß diese an sich wichtige Stufen- grenze nicht eindeutig gezogen werden kann. Rauhwacken, die in den westlichen und nördlichen Nachbargebieten den Grenzbereich markieren und dort lokal große Mächtigkeiten erreichen (WÖHRMANN, 1893; Art, 1911; NörH, 1926), treten im Rauschberg- und Hochkienberg-Gebiet in diesem Niveau nicht auf. Bei der Profilaufnahme und bei der Kartierung wurde deshalb die Grenze zum Hauptdolomit bei der höchsten noch feststellbaren Kalkbank der oberen Kalk- Dolomit-Folge gezogen. Die Mächtigkeit beträgt im Schwarzachen-Profil etwa 100 m, im Eilsental- Profil rund 70 m. Die auffälligste Erscheinung innerhalb der Raibler Schichten im Rauschberg- und Hochkienberg-Gebiet ist somit eine dreifache Wiederholung von jeweils einer liegenden Schieferton-Folge und einer hangenden Kalk-Dolomit-Folge. In seinen umfassenden Arbeiten teilte WÖHRMANN (1889, 1893) die Raibler Schichten der Nordalpen generell in zwei Abteilungen ein, nämlich die „Cardita- Schichten“ als untere und die ‚„Torer Schichten“ als obere (vgl. Abb. 3). Neben den ausschlaggebenden faunistischen Belegen (s. S. 98) führte er für diese Zwei- gliederung vor allem auch lithologische Kennzeichen an. Die „Cardita-Schichten‘“ seiner Definition (nicht zu verwechseln mit der gebietsweise üblichen Bezeichnung ‚‚Cardita-Schichten“ für die gesamten Raibler Schichten! z. B. Horzer, 1951) bestehen aus dem ‚Unteren Mergelzug“, dem „Dolomitischen und kalkigen Zug“ und dem „Oberen Mergelzug“. Diese fazielle Entwicklung der unteren Abteilung (= Cardita-Schichten i. e. S.) stimmt mit der in unserem Gebiet beobachteten gut überein. 96 Die obere Abteilung (= „Torer Schichten‘) dagegen weist eine abweichende Ausbildung auf. WÖHRMANN (1889, S. 255) beschrieb diese ‚„Torer Schichten“ generell als einen bunten ‚‚Wechsel von verschieden stark ausgebildeten Kalk- und Dolomitschichten mit mergeligen oder lettigen Zwischenlagen, die ohne scharfe Grenze in die Rauhwacken und den Hauptdolomit übergehen“. Demgegenüber tritt im untersuchten Gebiet nur eine bedeutende Schieferton-Folge in den Torer Schichten auf. Durch die Zwischenlagerung dieser dritten, oberen Schieferton- Folge wird das im übrigen eintönige Kalk-Dolomit-Paket deutlich aufgeteilt in eine liegende und eine hangende Folge oder — für den ganzen Komplex der Raibler Schichten betrachtet — in die „mittlere“ und die „obere Kalk-Dolomit- Folge“. — Als Anklänge an die von WÖHRMANN beschriebene Entwicklung der „Torer Schichten“ können die relativ häufigen Einschaltungen von Kalkbänken in der oberen Schieferton-Folge wie auch die Einschlüsse von Mergelbutzen innerhalb der oberen Kalk-Dolomit-Folge gewertet werden. Somit entsprechen in unserem Gebiet innerhalb der unteren Abteilung (= „Cardita-Schichten“; vgl. Abb. 3): 1. dem ‚Unteren Mergelzug‘‘ nach WÖHRMANN die „Untere Schieferton-Folge“ unserer Definition, 2. dem „Oberen Mergelzug‘“ nach WÖHRMANN die „Mittlere Schieferton-Folge““ unserer Definition. 3. Innerhalb der oberen Abteilung (= „Torer Schichten“) konnte die „Obere Schieferton-Folge“ ausgegliedert werden. Die früheren Bearbeiter dieses Gebietes setzten die zweite (mittlere) Schieferton- Folge — sofern sie diese im Gelände fanden — irrtümlich der ersten (unteren) gleich und parallelisierten daraufhin die dritte (obere) Schieferton-Folge mit dem „Oberen Mergelzug“‘ WÖHRMANNs. Diese Parallelisierungen bedürfen einer Korrektur. Sie ist sowohl durch die fazielle Entwicklung (s. o.) als auch durch die Faunen der einzelnen Schichtfolgen vorgezeichnet (s. u.). 3. Faunistische Gliederung und stratigraphische Folgerungen (vgl. hierzu Tab. 1) Im gesamten Untersuchungsgebiet beschränkt sich die Fossilführung in den Raibler Schichten fast ausschließlich auf die Schieferton-Folgen und hier besonders auf die geringmächtigen, darin eingeschalteten Kalkbänkchen. Die mächtigen Kalk- Dolomit-Folgen innerhalb der Raibler Schichten sind — von vereinzelten, nicht bestimmbaren Steinkernen abgesehen — makroskopisch fossilleer. Um so reich- haltiger und bedeutender ist der Fossilinhalt der Schieferton-Folgen; er erlaubt eine weitgehende und eindeutige Untergliederung der gesamten Schichtenfolge. Dies erkannte bereits WÖHRMANN (1889, 1893) bei seinen grundlegenden Arbeiten, die — auf langen, über weite Gebiete der Kalkalpen ausgedehnten und 97 eingehenden Untersuchungen fußend — erstmals ein klares Bild über die Fossil- führung der Raibler Schichten erbrachten; sie gelten noch heute und brauchten bislang nicht revidiert zu werden. WÖHRMANN gelang zunächst eine vertikale Unterteilung der Raibler Schich- ten in zwei etwa gleich mächtige Abteilungen. Die tiefere der beiden Abteilungen ist gekennzeichnet durch das Leitfossil Cardita erenata guembeli PıcHLer;, für sie wurde daher die bereits früher eingeführte Bezeichnung „Cardita-Schichten“ beibehalten. Die obere Abteilung ist dadurch charakterisiert, daß C. crenata ‚guembeli vollkommen fehlt und dafür besonders Ostreen sehr reichlich vorkommen: „Die Schalen von Ostrea montis caprilis setzen meist regelrechte Austernbänke zusammen‘“ (WÖHRMANN, 1893, S. 697). Der Fossilinhalt ist im wesentlichen identisch mit dem der „Torer Schichten‘ — nach der Gliederung von Suzss (1867) die oberste Gruppe der Raibler Schichten im Gebiet der Typuslokalität Raibl in den Karnischen Alpen —, weswegen WÖHRMANN für diese „obere Abteilung“ den Namen „‚Torer Schichten‘ übernahm, ohne sie in den Bayerisch-Nordtiroler Kalkalpen weiter zu untergliedern (s. S. 92). Für die Cardita-Schichten unterscheidet er einen unteren (Horizont a) und einen oberen (Horizont c) Mergel-Zug und einen zwischen diesen beiden einge- schlossenen mächtigen Kalk-Dolomit-Zug (Horizont b). Der Kalk-Dolomit- Horizont ist fossilleer. Die beiden Mergel-Züge weisen faunistisch einen be- merkenswerten Unterschied auf, der schon frühzeitig die ganze Problematik exakter biostratigraphischer Grenzziehung beleuchtete. So bemerkte WÖHRMANN (1893, S. 695): „Die Cassianer Fauna ist, abgesehen von einer Reihe indigener Arten, gänzlich unverändert (vom Ref. gesperrt!) im Horizont a enthalten. Die darauflolgende Kalk- und Dolomitzone scheint mit Ausnahme einiger weni- ger Lokalitäten, an denen Megalodonten auftreten, gänzlich versteinerungsleer und eine Fortsetzung der Wettersteinfacies zu sein. Im sandigen Sphaerocodien- horizont c ist die Cassianer Fauna schon stark zurückgetreten.“ RoTHPLETZ (1894, S. 71 ff.) mißt dieser Erscheinung noch größere Bedeutung bei: „„Dieser untere Horizont nun führt bei 26 Arten 18 Cassianer Formen (= 70%), der obere bei 59 Arten 18 (= 30%).“‘ Er möchte deshalb diesen unteren Horizont von den unteren Raibler Schichten (= Cardita-Schichten) abgetrennt wissen und schlägt für diesen Komplex den Namen „Haller Schichten“ vor. Der Vorschlag hat sich jedoch nicht weiter durchgesetzt. Immerhin wirft er ein be- zeichnendes Licht auf die biostratigraphisch problematische Festlegung der Grenze zwischen der ladinischen und karnischen Stufe, auf die neuerdings JACOBSHAGEN (1961) wieder hingewiesen hat. Für die Einbeziehung des unteren „Horizontes a“ in die Cardita-Schichten war für WÖHRMANN, neben anderen paläontologischen Erwägungen, vor allem maßgebend, daß zusammen mit der Leitform Cardita crenata guembeli PICHLER stets Sphaerocodium bornemanni ROTHPL. vorkommt. Es wäre Aufgabe einer moder- nen biostratigraphischen Untersuchung, zu klären, inwieweit dieses Argument 98 auch hinsichtlich der übrigen Faunenzusammensetzung wirklich stichhaltig ist. Jedenfalls treten nach RorHrLerz (1894) in der „oberen Abteilung” (= Torer Schichten) bei 37 Arten immer noch 11 Cassianer Formen (= 30%) auf, also etwa gleich viel wie im „Horizont c‘“ der Cardita-Schichten. Für „Horizont a“ sind nach WöHrMANnN (1893, S. 697) im Bereich einer Linie Imst (Nordtirol)-Hochkienberg (b. Ruhpolding) — die nach den vorliegen- den Befunden unbedenklich zunächst über den Rauschberg bis zum Staufen (b. Reichenhall) verlängert werden kann — besonders bezeichnend die dm- bis 1, m-dicken Kalkbänke aus Sphaerocodium bornemanni RoTHPpL., mit denen stets Cardita crenata guembeli PıiCHLER massenhaft vergesellschaftet ist. Der sonstige Fossilinhalt ist der Formen- wie der Individuenzahl nach im ganzen noch rechtarm. In „Horizont c“ sind Sphaerocodien weniger häufig, im Untersuchungsgebiet sogar ausgesprochen selten und nie Bänke bildend. Dagegen entfaltet sich die Fauna sehr stark und zeichnet sich durch einen großen Arten- und Individuen- reichtum aus (vgl. Tab. 1). Vorzugsweise und am besten erhalten finden sich die einzelnen Fossilien auf den Schichtflächen der dünnen, diesem Horizont einge- lagerten Kalkbänkchen, die meist als eine fast reine Lumachelle anzusprechen sind. Hauptsächlich sind an diesen Schillsedimenten Lamellibranchiaten beteiligt, daneben untergeordnet auch Echinodermen und Gastropoden; interessant sind gelegentlich anzutreffende Vertebratenreste. Wenn man die Unterteilung der Cardita-Schichten mitberücksichtigt, kann man von einer Gliederung der Raibler Schichten durch WÖHRMANN in vier „Horizonte“ sprechen. Dies ist für die weiteren historischen Betrachtungen im hier behandelten Gebiet von Bedeutung. Das erste Raibler Schichtprofil aus dem Bereich der östlichen Chiemgauer Alpen lieferte Arrr (1911). Er unterschied vom Liegenden zum Hangenden vier Abteilungen, die er mit den WöHrmannschen parallelisieren zu dürfen glaubte. Dies trifft jedoch nur teilweise zu. Da nur die Schieferton-Folgen Fossilien führen, haben wir uns bei unseren Betrachtungen vor allem an sie zu halten. Durchaus richtig erkannte Arır am Rauschberg den ‚Unteren Mergelzug‘ (= Horizont a) WÖHRMANNS wieder, gekennzeichnet vor allem durch die „Sphaerocodienoolith- Bank“ mit Carditaresten (s. o.). Als Pendant für den „Oberen Mergelzug“ (= Horizont c) WÖHRMANNs erwähnte er jedoch (S. 9) „braunschwarze Kalke und Mergel mit Ostreen und zahlreichen anderen Fossilien“. Wie oben ausgeführt (s. S. 98), sind aber nach WÖHRMANN (1893, S. 697) Ostreen — wenn sie auch vereinzelt schon früher auftreten — besonders charakteristisch für die gesamte „Obere Abteilung“ der Raibler Schichten, nämlich für die „Torer Schichten“. Nach unseren Geländebeobachtungen sind zudem die „braunschwarzen Kalke“ recht typisch für die in den Mergeln der Torer Schichten eingelagerten Kalkbänke. 99 II. Torer Schichten IIc — Obere Kalk-Dolomit-Folge IIb — Obere Schieferton-Folge Pentacrinus tirolensis LAUBE Pentracinus propinguus MÜNST. Cidaris parastadifera SCHAFH. Terebratula (Dielasma) paronica ee Loxonema binodosum \WÖHRM. Neritopsis pauciornata WÖHRM. Ostrea ( Alectryonia) montiscaprilis Placunopsis fissistriata (WINKLER) Pecten filosus HAUER Pecten schlosseri WÖHRM. Pecten subalternans D’ORB. . . Odontoperna (,‚Gervilleia‘‘) bouei ie) Augustella (,‚Gervilleia‘“) angusta (GOLDF.) Angustella (,‚Gervilleia““) angulata (Münsr.) Hoernesia jobannisaustriae (KLıpst.) . Avicula aspera PICHLER Myophoria inaequicostata KLıipsT. Gonodon mellingi (FIAUER) . RO) O:X > x. Sr x| Ix| [xJo|x Kl) RIO x en a SE DR. RESET ES ORE® DER RE ER RER xI|xIxIx |Ix Ix x SO 01x x | x |sp. RX XNDR XI EEE X >12 2 (®) OH] x oO DAR cf. ee | x x Ila — Mittlere Kalk- Doldeit Foler I. Cardita-Schichten Ic — Mittlere Schieferton-Folge Encrinus granulosus (MÜNnsT.) Cidaris braunii DEsOR Waldheimia (Cruratula) ns Be) Dentalium arctum PICHLER Loxonema binodosum \WÖHRM. Loxonema tenne (MüÜnsr.) Amauropsis (Prostylifer) ae: (Minen) ‘Promathildia colon (Münsr.) Placunopsis fissistriata (WINKLER) Pecten subalternans D’ORe.. . Floernesia sturi (WÖHRM.) Modiola raibliana Bırrn. Myophoria fissidentata \WÖHRM. . Myophoria inaequicostata KLıst. Myophoria whateleyae (BUCH) Anoplophora recta (GÜMBEL) Cardita crenata guembeli PICHLER . Myopboriopis rosthorni (BOUE) Saurichthys acuminatus AG. Saurichthys apicalis AG.. . Sphaerocodium bornemanni ROTHPL. Ib — Untere Kalk-Dolomit-Folge Ia — Untere Schieferton-Folge Cardita crenata guembeli PICHLER . Traumatocrinus candex (DITTMAR) Pentacrinus propinguus MüÜnsr. . Sphaerocodium bornemanni ROTHPL. 100 xx X'XXIXXXXXXXX EKRIKEX|X O0O0000 Ox SG Ö OO0O cf. |x. x 0000 OOXxOOO © Ox 108585% xXX|xxx|x OÖ x x xx|xx Daß es sich hier nicht um eine zufällige Sonderbildung oder um eine Einschaltung in „Horizont c“‘ der Cardita-Schichten handelt, geht daraus hervor, daß Arrr als besonders wich- tigen Fossilfundpunkt das Hint. Schwarzachen-Tal anführt, wo vor allem die Torer Schichten gut erschlossen sind. Bereits WÖHRMANN beschreibt zahlreiche Fossilien von dort, die ausschließ- lich den Torer Schichten angehören. Außerdem führt Arrr (1911, S. 10) in seiner ungegliederten Fossilliste der Raibler Schichten i. allg. mehrere Exemplare, die nur oder bevorzugt in den Torer Schichten auftreten und die im Rauschberg-Gebiet eigentlich nur von der Hint.Schwarzachen stammen können. Der höhere der von Artr festgestellten „Mergel-Züge‘ entspricht also nicht dem ‚Horizont c“ der Cardita-Schichten, sondern gehört in die von WÖHRMANN nicht weiter untergliederten Torer Schichten! Arrr hat aber im Rauschberg-Gebiet tatsächlich auch WÖHRMANNs „Horizont c““ ange- troffen — freilich ohne ihn zu erkennen. Aus der Arrrschen Arbeit und aus seiner geologischen Karte des Rauschberges (Fossilfundpunkte angegeben!) geht hervor, daß ihm das Normalprofil an der Geiswand und die dort auftretenden Schiefertone der Raibler Schichten samt ihren Fossi- lien bekannt waren. Ein von ihm gezeichnetes Profil (Arrr, 1911, S. 34, Fig. 14) zeigt aber, daß er diese Schiefertone für eine durch antithetische Verwerfungen hervorgerufene Wiederholung der Schiefertone des ‚„‚Horizontes a“ hielt, die weiter gegen das Liegende zu am Rauschberg- kamm anstehen. Die im Liegenden aufgeschlossenen Kalke und Dolomite des „Horizontes b“ hielt er für Wettersteinkalk. Ihm fiel nicht auf, daß in diesen Schiefertonen keine Sphaeroco- dienoolith-Bank eingeschaltet ist, die (s. 0.) in diesem Gebiet typisch ist für „Horizont a“. Arrr hat also den Fossilinhalt zu wenig berücksichtigt und daher irrtümlich zweimal zwei nicht entsprechende Schieferton-Folgen der Raibler Schichten parallelisiertt bzw. zusammengefaßt: 1. eine neu auszuscheidende Schieferton- Folge mit WÖHRMAnNs „Horizont c“ und 2. den eigentlichen „Horizont c“ mit „Horizont a“. Tab. 1: Paläontologische Charakterisierung der drei Schieferton-Folgen innerhalb der Raibler Schichten der östlichen Chiemgauer Alpen. Fundstellen 1—4 Rauschberg-Gebiet 1—3 nach ANGERMEIER (1960) 1 Geiswand-Profil 2 ‚Rauschberg-Sattel‘ unmittelbar westl. P 1671 3 Profil längs der Straße an der Hinteren Schwarzachen 4 nach WÖHRMANN (1889, 1893). 5—7 Hochkienberg-Gebiet 5 nach PöscHL (1962) 6 nach NörH (1926) (Aus seiner Fossilliste werden hier nur die Exemplare angeführt, die er selbst aufsammelte!) 7 nach WÖHRMANN (1889, 1893). 8 Von verschiedenen Fundpunkten in den Nordalpen durch WöHrmann (1889, 1893) genannt. Symbole © nach WöHrmann allgemein verbreitet in den Raibler Schichten der Nordalpen. x Fossil lokalisiert gefunden X _desgl. und mit Horizont-Leitwert nach WÖHRMANN. 101 Dem gleichen Irrtum verfielen auch die späteren Bearbeiter der im EundW anschließenden Gebiete, NörH (1926) am Hochkienberg SW Ruhpolding und ErHarpr (1931) am Staufen bei Reichenhäll. Nörn (1926, S. 426—427) beschreibt als Gesteine der von ihm „Oberer Kalk-Mergelzug‘“ benannten und mit WÖHRMANNs „Horizont c“ parallelisierten Schichtfolge schwarze Kalke mit Mergelzwischenlagen, die auf den Schichtflächen von Fossilien übersät sind, hauptsächlich von Pecten und Ostrea. Demnach liegen hier jedoch die Torer Schichten vor. ErHarpr (1931, S. 17) führt ebenfalls eine „Obere Kalk-Mergel-Gruppe‘“ und gibt an, die Raibler Schichten nach dem Beispiel von WÖHRMANN, Böse und Arrr zu gliedern. Aber auch er beschreibt aus seiner „Oberen Kalk-Mergel-Gruppe‘“ wieder ausdrücklich „Ostreenkalke“ und zeigt damit, daß er den Irrtum seiner Gebietsnachbarn übernommen hat. Ebenso wie bei Arrr entfällt auch bei NörH und ErHARDT der eigentliche „Horizont c“ WÖHRMAnNSs, Sie führen jedoch in ihren zusammenfassenden Fossillisten für die Raibler Schichten bzw. für deren untere Abteilung (ERHARDT) zahlreiche Fossilien an, die mit annähernder Si-her- heit in „Horizont c“ zu stellen sind. Daß dieser dann doch nicht selbst auskartiert wurde, mag an den schlechten Aufschlußverhältnissen gelegen haben und auch daran, daß dieser Horizont — im Gegensatz zu WÖHRMANNsS Angaben aus westlicheren Gebieten (1893, S. 698) — hier nur geringmächtig ist und evtl. nicht einmal ständig durchhält. Die grundsätzlich richtige stratigraphische Gliederung WÖHRMANNS wurde also von späteren Bearbeitern im Gebiet der Chiemgauer Alpen nicht ganz richtig angewandt. Immerhin schält sich aus diesen Arbeiten auch ein neuer Gesichts- punkt heraus: daß nämlich in den Raibler Schichten der östlichen Chiemgauer Berge innerhalb der oberen Abteilung (= Torer Schichten) eine Schieferton- Folge entwickelt ist, die im Gelände auffälliger hervortritt als der WöHnrMmAnnsche „Horizont c‘ der unteren Abteilung. Dieser Eindruck ergab sich auch bei der Neukartierung des Gebietes, wäh- rend im übrigen die WöHrmannsche Konzeption voll und ganz bestätigt wurde. Sie konnte durch die Neuausgliederung der erwähnten oberen Schieferton-Folge und zweier, durch sie getrennter Kalk-Dolomit-Folgen der Torer Schichten noch ausgebaut werden. Somit lassen sich die Raibler Schichten im untersuchten Gebiet wie folgt gliedern (vgl. auch Abb. 3 und Tab. 1): II. Torer Schichten Obere Kalk-Dolomit Folge (Horizont Ilc) Obere Schieferton-Folge (Horizont IIb) Mittlere Kalk-Dolomit-Folge (Horizont Ila) I. Cardita-Schichten Mittlere Schieferton-Folge (Horizont Ic) Untere Kalk-Dolomit-Folge (Horizont Ib) Untere Schieferton-Folge (Horizont la) Mit dieser Gliederung zeigen sich interessante Beziehungen zu den südlichen Kalkalpen im Bereich des Gailtales, wo Horrer (1951) in den Raibler Schichten (dort insgesamt als „Cardita-Schichten“ bezeichnet, s. S. 96) ebenfalls drei 102 Schieferton-Folgen ausscheiden konnte. Sie zeigen in Fazies, Position im Schicht- profil und (zufällig) auch in der Mächtigkeit weitgehend Anklänge an die der östlichen Chiemgauer Alpen. Für das Profil der Gailtaler Alpen ist allerdings im obersten Schieferton-Niveau eine Oolithbank bezeichnend. Nach GEYER (1901) führt dieser oberste Schichtkomplex eine Fauna, die mit Avicula aspera PICHLER und Terebratula julica Brrrn. (nach WÖHRMANN 1893, S. 648, wohl nur eine Variation von 7. Daronica Tomması) Leitformen der Torer Schichten der Süd- wie der Nordalpen enthält. Die mittlere Schieferton-Folge ist nach GEyEr (1901, S. 129) durch das nordalpine Leitfossil Myophoria fissidentata WÖHRM. gesichert Aus dem unteren Horizont fehlen genaue Fossilangaben, doch ist er faziell von den beiden höheren unterschieden und liegt zudem unmittelbar (konkordant!) dem obersten Wettersteinkalk auf. Die engen Beziehungen der Cardita-Schichten [Horizonte Iaund Ic] wie auch der obersten Bänke des Wettersteinkalkes (‚„Grenzoolith-Bänke“) zu den süd- alpinen Cassianer Schichten treten auch in unserem Arbeitsgebiet faunistischhervor. Die „Grenzoolith-Bänke“ des oberen Wettersteinkalkes führen gelegentlich Cardita crenata guembeli PICHLER, wodurch eine Verbindung der Cardita-Schichten mit dem nordalpinen Äquivalent der Cassianer Schichten, dem oberen Wettersteinkalk, angedeutet ist (s. S. 89). ANGERMEIER (1960) konnte am Rauschberg aus dem Horizont I c (= mittlere Schieferton- Folge) eine reiche Gastropoden-Fauna bergen. In Tab. 1 sind hiervon nur die sicher bestimm- baren Formen angeführt, die große Zahl der cf.-Bestimmungen wurde weggelassen. Es handelt sich vorwiegend um Zwergformen (Kümmerformen?) von Gastropoden der Cassianer Schichten, die teilweise in den Nordalpen noch unbekannt waren. Das Auftreten von Sphaerocodium bornemanni ROTHPL. in den obersten Lagen des Wettersteinkalkes wurde in den nördlichen Kalkalpen bisher noch wenig beobachtet. Doch stellte schon RoTHPLETZ (1891, S. 300) fest, daß diese Grünalge bereits in den „Cassianer Kalken der Südalpen“ verbreitet sei, andererseits ver- einzelt sogar noch in der Obertrias der Nordalpen aufzutreten scheint (,„Kössener Kalke der Kothalpe am Wendelstein‘ und „‚Plattenkalk des Soiern im Karwendel‘“). ScHurz (1960) erwähnt sie im Bleiberger Profil (Gailtaler Alpen) ebenfalls aus der „Kies-Oolithbank““ des obersten Wettersteinkalkes. Sowohl nach der Originalbeschreibung von RotHrLETz (1891, S. 296 ff. sowie Taf. XV, Fig. 3, 5, 6 und Taf. XVI, Fig. 6, 12, 13) als auch nach Dünnschliffvergleichen von Proben aus der typischen „Sphaerocodienoolith-Bank‘“ der überlagernden unteren Schieferton-Folge kann kein Zweifel an der Identität bestehen. Die systematische Stellung von S'phaerocodium bornemanni RoTHPpL. ist noch wenig gesichert. Während sie RorHPLETZ (1891) zu den Codiaceen rechnet, bezeichnet sie Pıa (1926, S. 52) „als Verwachsungen mehrerer verschiedener Arten von Girvanella“. In beiden Fällen würde es sich nach Jonnson (1951) um eine Grünalge (Fam. Codiaceae) bzw. eine nahe Verwandte derselben (Fam. Porostromata) handeln. Die faunistische Verwandtschaft der Raibler und Cassianer Schichten wird vor allem durch Cephalopodenfaunen belegt, wie neuerlich JACOBSHAGEN (1961) wieder hervorgehoben hat. Diese Tatsache veranlaßte bereits MojJsısovIcs, WAAGEN & DIENER (1869, 1893, 1895) Raibler und Cassianer Schichten in der J 103 Karnischen Stufe zusammenzufassen, die damit gleichzeitig erstmals definiert wurde. Spätere Autoren lehnten diese Stufen-Gliederung meist ab unter Hinweis auf den scharfen Fazieswechsel zwischen oberem Wettersteinkalk und untersten Raibler Schichten. Sie führten damit eine Überbewertung lithologischer gegen- über biostratigraphischer Grenzziehung ein. Für die Feldkartierung hat eine Grenzziehung nach lithologischen Merkmalen praktische Vorteile. Das vorge- legte Beispiel zeigt jedoch wieder, daß eine Schichtengliederung allein nach faziellen Einheiten weder exakte chronologische Parallelisierungen gestattet, noch sich mit einer biostratigraphischen Gliederung decken muß. Schriftenverzeichnis AÄNGERMEIER, H.-O., 1960: Der geologische Bau des Rauschberg-Gebietes in den Chiemgauer Alpen. — 1—63, Unveröff. Dipl.-Arb. Univ. München. Arrr, H., 1911: Die geologischen Verhältnisse der östlichen Ruhpoldinger Berge mit Rausch- berg und Sonntagshorn. — Landesk. Forsch., hrsg. v. d. geogr. Ges. München 12, 1—50. München. (Auch: Mitt. geogr. Ges. München 6, 337—385. München.) Bittner, A., 1895: Lamellibranchiaten der alpinen Trias. I. Teil: Revision der Lamellibranchiaten von St. Cassian. — Abh. k.k. geol. R.-A. 18, 1—235. Wien. Böse, E., 1898: Beiträge zur Kenntnis der alpinen Trias. — Z. dtsch. geol. Ges. 50, 468—756. Berlin. Correns, C. 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Geol. | 3 107—122) München, 1. Nov. 1963 Der Aufbau der mikropaläontologischen Abteilung der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München Von HERBERT HAGN & DIETRICH HERMm, beide München!) Mit 3 Abbildungen und Tafel 7—8 Zusammenfassung Es werden Fragen der Organisation von mikropaläontologischen Samm- lungen behandelt. Als Beispiel wurde der Aufbau der mikropaläontologischen Abteilung der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München geschildert. Die Gliederung des sehr verschiedenartigen Materials und seine Erfassung in Karteien wird ausführlich dargestellt. Summary Methods and ways to establish a functional collection of objects for effective work in micropaleontology are discussed. The Munich collection (Division of the Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie) demonstrates one of these possibilities. Attention is given to classification of various micropaleontological objects for collection use and their cataloguing. Inhalt IR BErGERRRIG OEL 1 1 ee le en el DM roh A a eh ea are are 108 PB ler.wırbewahrungsdes; Marerialsu mal San ee ee ea 110 PEIBBSAı N INnOSSchranker Kyle ne ee ee ee 110 BETEN Er a a NE en ee er ee rennen) 111 ar TER RT RI TR IRRE KREMER oo TE MAURER 111 DEDerinunbanderisammlunet acer ae ne 112 BEIESCHEITTENDLODER EN See ae Ve ee N N ee N ea 1412, DOEinZeloBIcktern ee en Se ee et eb See 116 BEE SschUiie N ee ee ee 118 Sum Easeilschliffege st nem ee ya Er a Sn rn te ee Wehe he terre 120 SER RT TEENS Im age | Mae EN RE EEE EEE 120 BREREhElreRVersGIchHEMSUnn Ri ale ae art ae ER a ee N ie ee 122 1) Prof. Dr. HERBERT Hacn, Institut für Paläontologie und historische Geologie, München 2, Richard-Wagner-Str. 10/II. Dr. DierricH HErMm, Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie, München 2, Richard-Wagner-Str. 10/1. 107 1. Vorbemerkungen Vor wenigen Jahren veröffentlichte Borrovskoy (1958) einen Aufsatz über die Organisation von Foraminiferen-Sammlungen, in dem er die Erfahrungen, die er beim Aufbau seiner eigenen Sammlung gewonnen hatte, mitteilte. Seine Ausführungen waren für uns von besonderem Interesse. Einmal gibt es nicht sehr viele Arbeiten, die sich mit dem Aufbau bzw. der Organisation einer mikropalä- ontologischen Sammlung befassen. Es besteht zwar kein Mangel an Publikationen über Methodik und Technik auf dem Gebiet der Mikropaläontologie (Aufberei- ten, Schlämmen, Schleifen usw.), doch fehlt es, von Ausnahmen (z. B. SCHENCK & Anams, 1943) abgesehen, an Darstellungen der verschiedenen möglichen Ord- nungsprinzipien, die bei der Bewältigung und Anordnung des meist ungeheuer großen und äußerst vielfältigen Sammlungsmaterials unabdingbar notwendig sind. Ferner gestattet die Arbeit BoLrovskoy’s einen wünschenswerten Vergleich mit einer anderen größeren Sammlung. Seit dem Jahre 1952 ist der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München eine mikropaläontologische Abteilung angegliedert, in der Mikrofossilien der ver- schiedensten systematischen Zugehörigkeit aufbewahrt werden, wenn auch Fora- miniferen in ihr den größten Platz einnehmen. In den vergangenen zehn Jahren wurde die Sammlung immer weiter ausgebaut; dabei wurde versucht, durch die Anlage eines differenzierten Karteisystems eine strenge und sinnfällige Ordnung einzuführen, die eine rasche und sichere Benützung des aufbewahrten Materials nach allen wissenschaftlichen Gesichtspunkten erlaubt. Die Arbeiten wurden bis 1957 vonH. Hacn durchgeführt; seitdem wurde er durch die Mitarbeitvon D. HERM unterstützt. Wenn auch zehn Jahre im allgemeinen keine allzu lange Zeit darstellen, so soll uns dieses „Jubiläum“ doch ein Anlaß sein, auch unsererseits über Erfah- rungen zu berichten und über bewährte Einrichtungen Mitteilung zu machen. Es wird dabei der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß der eine oder andere Fachgenosse durch unseren Bericht Anregungen für seine eigene Sammlung empfangen möge. Zu Beginn der Arbeit stand nur sehr wenig älteres Material zur Verfügung, da die früheren Sammlungsbestände im zweiten Weltkrieg fast ganz vernichtet wurden. So haben z.B. die Typen und Typoide zu den Arbeiten von J. G. EGGER, C. W. GÜMBEL und C. SCHWAGER den Krieg nicht überdauert. Lediglich das Belegmaterial zu SCHAFHÄUTL (1863), Kunn (1933) und TrAusB (1938) ist erhalten geblieben. Gerettet wurde ferner 'Topotypmaterial (Autotopohylen) aus dem Eozän des bayerischen Helvetikums (Günmser, 1868), das die Inventar- nummer 1873 III G trägt (vgl. hierzu Hacn, 1955, S. 48). Schließlich sind noch einige wenige Einzelobjekte zu erwähnen, die ihren Platz in der ehemaligen Schausammlung hatten und ausgelagert wurden, so daß sie der Zerstörung ent- gingen (z.B. Orbitopsella circumvulvata |GÜMBEL] = O. praecursor [GÜMBEL] aus dem Trientiner Juraund Nummulites planulatus |Lam.] aus dem Cuis des Pariser Beckens). Durch intensive Neuaufsammlungen ist es in den vergangenen zehn Jahren gelungen, ein reiches Material zusammenzutragen. Im einzelnen läßt sich der Zuwachs auf folgende Gruppen aufteilen: 108 ! 1. Belegmaterialien zu Diplom- und Doktorarbeiten, die im Institut für Paläontologie und historische Geologie oder in benachbarten Instituten ange- fertigt wurden. 2. Belegmaterialien zu Arbeiten von Angehörigen des genannten Instituts und der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie. 3. Materialien für künftige Publikationen, die auf zahlreichen Exkursionen im In- und Ausland aufgesammelt wurden. 4. Materialien, die von auswärtigen Personen zur Bestimmung übergeben bzw. übersandt und der Sammlung überlassen wurden. 5. Vergleichsmaterial (häufig Autotopohylen und Topohylen) aus fast allen Formationen und Teilen der Erde, das meist auf dem Tauschweg erhalten wurde. Der Wert von Vergleichsmaterial für paläontologische Forschungen braucht nicht mehr betont zu werden. Die mikropaläontologische Abteilung der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie enthält heute Objekte aus Fundschichten vom Kambrium bis zur Jetztzeit. Die Fundorte verteilen sich auf über 40 Länder aller Erdteile. Es seien genannt: Ägypten, Algerien, Argentinien, Australien, Barbados, Belgien, Brasilien, Chile, Dänemark, Deutschland, Dominikanische Republik, Ecuador, England, Frankreich, Griechenland, Guate- mala, Haiti, Holland, Indien, Israel, Italien, Japan, Jugoslawien, Kolumbien, Kuba, Libyen, Marokko, Mexico, Neuseeland, Österreich, Pakistan, Peru, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Trinidad, Tschechoslowakei, Türkei, Tunesien, Ungarn, USA und Venezuela. Hinzu kommen noch rezente Materialien aus verschiedenen Meeren (z. B. Nördliches Eismeer, Pazifik, Antarktis). Bei der Anlage der vorliegenden Sammlung wurde besonders darauf geach- tet, daß eine unbeschränkte Ausbaufähigkeit gewährleistet ist. Die einzelnen Ob- jekte wurden daher nicht nach regionalen oder stratigraphischen Gesichtspunk- ten angeordnet, sondern nach dem Prinzip der laufenden Nummer eingestellt. Eine Ausnahme hiervon macht lediglich die systematisch geordnete Gattungs- und Artensammlung, worauf später (S. 115) noch eingegangen werden wird. Das umfangreiche Karteisystem hat nicht nur die Aufgabe, mit seiner Hilfe eine Probe rasch ermitteln zu können, sondern es soll auch durch immer neue Einträge Kenntnisse speichern und so auf dem jeweiligen Wissensstand gehalten werden. Die Karteien sollen ferner zwischen den einzelnen Abteilungen der Sammlung vermitteln und überleiten. Auf diese Weise sollte verhindert werden, daß eine „tote‘‘ Ansammlung von Sammlungsgegenständen entsteht; das Ziel war viel- mehr, eine Arbeitssammlung zu schaffen, die allen Anforderungen der modernen Forschung gerecht wird. Es darf noch erwähnt werden, daß aus Raumgründen vorerst keine Schau- sammlung gestaltet werden kann. Außerdem ist nachzutragen, daß neben der in dieser Arbeit beschriebenen Sammlung noch eine Foraminiferen-Lehrsammlung besteht, die im Unterricht Verwendung findet. Im Rahmen der vorliegenden Ausführungen soll auf technisch-präparative Fragen nur insoweit eingegangen werden, als dies unbedingt notwendig ist. Es kann an dieser Stelle auf die zusammenfassenden Darstellungen von SCHENCK & Apams (1943), HILTERMANN (in FREUND, 1958) und McLean (1959—1961) ver- 109 wiesen werden. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß wertvolle Beiträge zu diesem Thema den deutschen Mikropaläontologen A. FRANkE, F. E. HEcHT, E. TRIEBEL und C. A. WICHER zu verdanken sind. Unser besonderer Dank gebührt Herrn Prof. Dr. R. Drum, dem Direktor der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie, für sein stetes Interesse, das er dem Ausbau der mikropaläontologischen Abteilung entgegengebracht hat. Es ist uns außerdem eine angenehme Pflicht, all denen zu danken, die durch Überlassung von Proben und Fossilien den Ausbau der Samm- lung gefördert haben. 2. Die Aufbewahrung des Materials 2.1. Ssammlungsschränke Zur Aufnahme des Sammlungsmaterials stehen vier Schranktypen zur Ver- fügung: Präparatenschränke, in denen die Zellen mit Mikrofossilien aufbewahrt werden; Rückstandsschränke, welche die Glasröhrchen mit den feineren Schlämm- rückständen enthalten; Dünnschliffschränke, welche die Schliffpräparate auf- nehmen, und schließlich gewöhnliche Gesteinsschränke, welche für die Aufbe- wahrung von isolierten Großforaminiferen, Handstücken mit Mikrofossilien sowie von Grobrückständen bestimmt sind. Sämtliche Schränke sind Sonder- anfertigungen und wurden nicht vom Handel bezogen, sondern entweder in der eigenen Schreinerei oder durch Münchener Schreinereiwerkstätten gefertigt. Die Präparatenschränke (Taf. 7, Fig. 1) enthalten zwei Reihen mit je 58 Trägern, wovon jeder Träger sechs Reihen ä 16 Zellen in einer Schicht aufnimmt. Insgesamt können in einem derartigen Schrank daher ca.11200 Zellen untergebracht werden. Die Größe der Träger beträgt 63x 48,5 cm. Jeder Träger läßt sich aus dem Schrank herausziehen, ohne daß die benachbarten Träger bewegt werden müssen. Ein weiterer Vorteil ist die Übersicht über zahlreiche Zellen. Als Nachteil mag gewertet werden, daß die einzelnen Träger zu groß sind, um sie unter das Binokular schieben zu können. Die Zellen müssen daher einzeln mikroskopiert werden. Die Rückstandsschränke (Taf. 7, Fig. 2) umfassen fünf Reihen zu je 30 Trägern. Jeder Träger kann 40 Glasröhrchen aufnehmen. Es haben somit in einem solchen Schrank 6000 Rückstände Platz. Die Glasröhrchen liegen in kleinen, ausgefrästen Mulden, so daß sie ihre Lage nicht verändern können. Die Träger sind 37,5x 18,5 cm groß. Die Länge der Glasröhrchen beträgt 6,6 cm, ihr Durch- messer 1,5 cm. Sie werden mit Korkpfropfen verschlossen. Ein Blick auf einen gefüllten Träger läßt nicht nur sogleich die Nummer des gesuchten Rückstandes erkennen, sondern gibt auch einen ersten Überblick über die lithologische Be- schaffenheit der einzelnen Schlämmrückstände. Die Schliffschränke (Taf. 7, Fig. 3) sind für Schliffe in folgenden Größen eingerichtet: 48x28 mm, 76x26 mm und 60x40 mm. Die Schliffe werden stehend aufbewahrt, daher kann ein einzelner Träger für die beiden letztgenannten Schliffgrößen 150 Schliffe aufnehmen. Die Träger, die für das kleinste Schliff- format bestimmt sind (im Bild ganz rechts), sind aus räumlichen Gründen nur für 110 die Aufnahme von 50 Schliffen gedacht. Die Maße eines Trägers für 150 Schliffe betragen 41x 26,5 cm, diejenigen eines Trägers für 50 Schliffe 41x 10 cm. Ins- gesamt ist in einem Schliffschrank Platz für mehrere Tausend Schliffe vorhanden. Ferner werden Material-(Gesteins-)Schränke für die Aufbewahrung größerer Objekte (z. B. Handstücke mit Großforaminiferen) verwendet, wie sie auch in den übrigen Abteilungen der Bayerischen Staatssammlung in Gebrauch sind. Die Materialschränke sind aus Holz gefertigt, bestehen aus einem Unter- und Oberteil und sind durch je zwei Türen gegen Eindringen von Staub geschützt. Die Außenmaße des Unterteils sind: Höhe 118 cm, Breite 148 cm, Tiefe 70 cm. Das Oberteil ist 100 cm hoch; Breite und Tiefe entsprechen dem Unterteil. Das Unterteil faßt 18, das Oberteil 16 Schubläden. Ihre Außenmaße betragen einheit- lich 68,8 cm Breite, 64,4 cm Tiefe und 10 cm nutzbare Höhe. 2.2. DMW-Zellen Mikrofaunen und isolierte kleinere Mikrofossilien werden in schwarzen Kunststoffzellen aufbewahrt. Ihre Urform ist die Zelle, die von Hacn (1952) beschrieben und abgebildet wurde. Inzwischen wurde diese Zelle mehrfach ver- bessert von der Fa. A. de Myttenaere in München als DMW-Zelle in den Handel gebracht. Ihre Länge beträgt 76 mm, ihre Breite 26 mm und ihre Dicke 4 mm. Es handelt sich demnach um das englische Format. Der Durchmesser der Zellen- öffnung mißt 12 mm, die Tiefe der Höhlung ist mit 2 mm anzugeben. Das Deck- glas, das aus durchsichtigem Kunststoff besteht, wird durch mehrere Vorsprünge der Zelle an diese selbst angepreßt. Dadurch wird ein Herausfallen auch der kleinsten Formen beim Transport verhindert. Die Fa. A. de Myttenaere besteht nicht mehr. Die DMW-Zelle wird aber von der Fa. Böhm & Wiedemann in Eching bei München weiter geliefert. Eine ähnliche Zelle wird seit einiger Zeit von der Fa. Fema, Salzgitter, hergestellt und vertrieben. Die Zellen werden ohne Etikett geliefert, damit auf ihnen vor der endgültigen Etikettierung Arbeitsvermerke angebracht werden können. Die Etiketten werden später mit dem Etikettierleim „Planatol 223/A“ der Fa. W. Hesselmann, Rosen- heim-Thansau/Obb., auf die Zellen geklebt. Andere Zellentypen werden im allgemeinen nicht benützt; in Ausnahme- fällen werden allerdings sog. „Plummer-Zellen“ (Sammelzellen) verwendet, die von der Fa. FEmaA, Salzgitter, bezogen werden. Zellen, die von ausländischen Kollegen stammen, werden in der Regel nicht umgefüllt, sondern als Vergleichsmaterial der Sammlung einverleibt. Dies ge- schieht auch dann, wenn die Zellen von den von uns verwendeten nicht unerheb- lich abweichen. } 2.3. Zubehör Die bereits genannten Glasröhrchen (S. 110), die zur Aufnahme der feine- ren Schlämmrückstände dienen, werden von Glasbläsereien bezogen. Es empfiehlt sich, jeweils größere Mengen zu bestellen, damit die Maße nicht von Sendung zu Sendung schwanken. 111 Für die Aufbewahrung von Schlämmrückständen, die in den Röhrchen keinen Platz mehr finden (pro Probe wird ein Röhrchen angelegt), finden Papier- tüten in der Größe 11,5x 16,5 cm Verwendung. Da diese an den Ecken meist nicht ganz dicht sind, wird der Rückstand zuerst in ein Zellophantütchen ge- schüttet, das seinerseits in die Papiertüte gesteckt wird. Grobrückstände werden in gewöhnlichen Sammeltüten aus stärkerem Papier (meist 28x 12,5 cm), wie sie in vielen Schreibwarengeschäften erhältlich sind, aufbewahrt. Isolierte Großforaminiferen werden nicht lose in die Sammlungsschachteln gelegt, sondern in zweiteiligen sog. Klarsichtdosen aus Plexiglas aufbewahrt. Auf diese Weise wird eine Vermischung verschiedener kleinerer Objekte unter- einander ausgeschlossen. Die von uns bevorzugten Größen sind 6,8x 6x 2,6 cm, 5,5x3,5x2 cm und 4,9x 3,9x 0,5 cm. Bei der Aufbewahrung von Großforaminiferen und Handstücken mit Mikro- fossilien werden die Sammlungsschachteln sowie die Etiketten der übrigen Ab- teilungen der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie verwendet. 3. Der Aufbau der Sammlung 3.1. Schlämmproben Unter den Materialien, die während eines Jahres in die mikropaläontologische Sammlung aufgenommen werden, überwiegen bei weitem die Schlämmproben. Strenggenommen müßte man zwischen Schlämmproben und Schlämmrückstän- den unterscheiden, da die meisten Vergleichsproben, die der Sammlung über- lassen werden, bereits geschlämmt sind. Gesteinsproben, die noch nicht geschlämmt sind, werden in einem unserer beiden Schlämmräume mit der Wıcr’schen H,O,-Methode aufbereitet. In den wenigen Fällen, in denen durch diese Methode nicht die gewünschte Wirkung erzielt wird (z. B. bei Gesteinen mit einem sehr großen Porenvolumen, wie Tuft- kreide, Schreibkreide u. dgl.), wird die Glaubersalz-Methode von WICHER ange- wendet. Jede geschlämmte Probe wird in der richtigen Reihenfolge in ein Schlämmbuch (ein gewöhnliches Wachstuchheft) eingetragen. Wichtige Ver- merke sind: Tag des Schlämmens, Nummer des Siebes, Name der schlämmenden Person sowie Kurzbezeichnung der geschlämmten Probe. Wird der Schlämmrück- stand in die Sammlung eingestellt, wird gleichzeitig auch die Sammlungsnummer (s. unten) im Schlämmbuch vermerkt. Auf diese Weise werden Verunreinigungen, die sich beim Schlämmen erfahrungsgemäß nie ganz vermeiden lassen, meist sehr rasch entdeckt, so daß sie bei der wissenschaftlichen Auswertung des Schlämm- gutes keinen Schaden mehr anrichten können. Wir unterscheiden einen Grob- und einen Feinrückstand. Ersterer wird dadurch erhalten, daß das Schlämmgut durch ein Haushaltssieb passiert wird, dessen Maschenweiten um 1 mm herum liegen. Die kleineren Korngrößen werden 112 durch ein Sieb mit den Maschenweiten 0,1 bzw. 0,06 mm geschlämmt. Diese ergeben den Feinrückstand. Grob- und Feinrückstände werden getrenntgetrocknet und weiterbehandelt. Was geschieht nun mit einem Schlämmrückstand, der in die Sammlung ein- gestellt werden soll? Zunächst einmal wird die laufende Nummer der Probe bestimmt. Sie allein ist das Ordnungsprinzip, dem alle anderen Überlegungen untergeordnet werden. Der Auf- und Ausbau der Sammlung erfolgt daher nach chronologischen Gesichtspunkten, und die Sammlung kann sich beliebig ausdehnen. Aus einer bestimmten Sammlungsnummer kann daher, wenigstens im allgemeinen, auf den ungefähren Zeitpunkt der Aufnahme einer Probe in die Sammlung geschlossen werden. Aller- dings gibt es hiervon auch Ausnahmen. Nicht selten handelt es sich nämlich bei einem Neuzugang um eine größere Zahl von Schlämmproben oder -rückständen, die infolge Zeitmangels nicht sogleich verarbeitet werden können. Um aber doch noch nach Jahren die zeitliche Aufeinander- folge der einzelnen Neuzugänge zu kennen, haben wir ein „Vor-Inventar“ angelegt. Dieses besteht aus einem Leitzordner, in den sofort nach Eingang einer Probe oder Probenserie, aber auch irgendeines anderen mikropaläontologischen Objekts eine Art Fragebogen abgelegt wird, der die wichtigsten Angaben über das Material, und seien es auch nur vorläufige, enthält. Wenn die so erfaßten Proben in die Sammlung eingestellt werden, werden in die mit einem geeigneten Vordruck versehenen Fragebögen die vergebenen Sammlungsnummern eingetragen. Auf diese Weise ist das „Vor-Inventar‘ zu einem sehr wichtigen Teil unseres Archivs geworden. Als weiterer Schritt erfolgt das Auslesen des Feinrückstandes. Hierbei wird eine Faunenzelle (wir nennen sie auch „‚Mutterzelle‘“) angelegt, die einen repräsen- tativen Querschnitt durch die betreffende Mikrofauna enthalten soll. Es werden demnach nicht nur Foraminiferen, sondern auch. alle übrigen Mikrofossilien berücksichtigt. In der Regel wird nur ein Teil des Rückstandes ausgelesen. Ist der Schlämmrückstand infolge Sand- oder Glaukonitgehalts sehr umfangreich, kann eine Zerlegung in einzelne Korngrößen mittels Prüfsieben (auf trockenem Wege) die Arbeit erleichtern. Für die Aufbewahrung werden die verschiedenen Korn- größen dann wieder miteinander vereinigt, da eine getrennte Aufbewahrung zuviel Platz beanspruchen würde. In manchen Fällen, z. B. bei Meeressanden, in denen die Gehäuse von Foraminiferen luftgefüllt sind, kann die Fauna auch durch die Anwendung von Schwereflüssigkeiten, z. B. von Tetrachlorkohlenstoff, an- gereichert werden. Anschließend wird der Grobrückstand ausgelesen. Meist enthält er nur wenige Organismenreste, die dann in die oben erwähnte Mutterzelle gelegt wer- den. Gelegentlich ist er aber auch sehr fossilreich (z. B. an Nummuliten, Bryo- zoen u. dgl.). In diesem Fall wird eine zweite Mutterzelle angelegt; außerdem wird auch der Grobrückstand in einer Papiertüte (S. 112) aufgehoben. Nicht selten enthält der vorliegende Schlämmrückstand Arten von Mikro- fossilien, die man sofort bestimmen kann und die man für spätere Artenvergleiche isolieren möchte. Die Gehäuse dieser Arten werden, jede Art für sich, in Arten- zellen aufbewahrt. Selbstverständlich können einzelne Arten auch später, zu jedem beliebigen Zeitpunkt, der Mutterzelle entnommen oder noch zusätzlich aus dem Schlämmrückstand ausgelesen werden. 113 Nun wird der Schlämmrückstand in ein Glasröhrchen gefüllt. Ist mehr Rück- stand vorhanden als in dem Röhrchen Platz findet, so wird der Rest in einer oder mehreren Tüten aufbewahrt, die auf der Vorderseite die wichtigsten Angaben über die jeweilige Probe in Schreibmaschinenschrift tragen. Mutterzelle, Artenzellen und Rückstandsröhrchen werden jetzt etikettiert (vgl. hierzu Taf. 8, Fig. 1—2). Jede Zelle sowie das Röhrchen tragen die lau- fende Nummer. Eine Verwechslung ist damit ausgeschlossen. Die Mutterzelle wird nun in den Präparatenschrank zu den übrigen Mutterzellen gelegt (Anord- nung nach der laufenden Nummer). Es ist dies unsere Regional-Stratigraphi- sche Sammlung, die einen raschen Vergleich der einzelnen Faunengemeinschaften erlaubt. Die Artenzellen kommen ebenfalls in den Präparatenschrank, aber in die Systematische Sammlung (s. unten). Das Röhrchen mit dem Rückstand schließlich findet seine Aufnahme im Rückstandsschrank. Das Ausfüllen eines Blattes unserer Schlämmrückstandskartei ist der letzte Arbeitsvorgang. Die Karteikarten haben eine hellblaue Farbe und sind auf beiden Seiten mit Vordrucken versehen. Zum besseren Verständnis sei eine kurze Er- klärung der einzelnen Einträge (zunächst auf der Vorderseite) gegeben: Sammlung München Nr.: Hier wird die laufende Nummer einer jeden Probe eingetragen (s. oben). Erwerb: Die Angabe des Sammlers (leg.) oder des Spenders (ded.) einer Probe erscheint wichtig, um in bestimmten Fällen Nachforschungen über die Herkunft einer wissenschaftlich wertvollen Probe anstellen zu können. Inventar-Nr.: Sämtliche Objekte der vorliegenden Sammlung werden in das Inventarbuch der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie eingetragen. Geschlämmt von und am: Diese Angaben erleichtern das Auffinden der Probe im Schlämmbuch (s. S. 112). Fundort, Fundschicht und Gestein: Hierzu bedarf es wohl keiner Erklärung. Region: z.B. Wiener Becken, Vorlandmolasse, Pyrenäenvorland. Arbeits-Nr. bzw. frühere Sammlungs-Nr.: Bei Aufsammlungen im Gelände erhält jede Probe eine Nummer, die auch in das Feldbuch eingetragen wird. Wird die Probe geschlämmt, so erscheint dieselbe Nummer im Schlämm- buch. Es ist daher notwendig, daß diese vorläufige Nummer auch auf der Kartei- karte vermerkt wird. Zugleich ermöglicht sie, im Feldbuch nach weiteren An- gaben (z. B. Profilskizzen) über die Probe zu suchen. Die Angabe einer früheren Sammlungsnummer ist notwendig, wenn der Rückstand aus einer anderen Samm- lung stammt. Damit sind bei Bedarf jederzeit Rückfragen möglich. Ausgelesen von: Nicht jeder Bearbeiter ist gleich vertrauenswürdig. Ge- gebenenfalls ist dieser Angabe zu entnehmen, daß der Rückstand noch nach- zulesen ist. 114 4 5 E- 4 u E Rückstand erschöpft: Von manchen Proben ist nursehr wenig Rückstand vorhanden. Bei sehr armen Faunen wird außerdem eine Probe meist quantitativ ausgelesen. Der spätere Bearbeiter erspart sich daher bei dieser Probe die Mühe des weiteren Auslesens. Tüte vorhanden: Ist mehr Rückstand vorhanden als im Rückstandsröhr- chen Platz hat, wird dieser in eine Tüte gefüllt (s. oben). ‚Rohmaterial vorhanden: Ist von einer Probe genügend Rohmaterial vorhanden, werden einige Stückchen des Gesteins ungeschlämmt aufbewahrt. Man kann dann auch noch später die lithologischen Merkmale der ursprünglichen Probe (Farbe, Bruch u. dgl.) erkennen. Außerdem hat man die Möglichkeit, das Gestein auch nach anderen Mikrofossilien mit anderen Methoden zu untersuchen. Will man z. B. Discoaster und andere Coccolithen gewinnen, muß man das Gestein ganz anders behandeln als oben angegeben. Fauneninhalt: Es soll nach Möglichkeit mit wenigen Worten eine tref- fende Charakterisierung der Fauna gegeben werden, um schon aus der Kartei- karte erkennen zu können, ob sich das Studium der betreffenden Fauna lohnt. Literatur: Ein Sammlungsgegenstand wird um so wertvoller, je öfter über ihn publiziert wurde. Aus diesem Grund wird der Vermerk gemacht, ob Beleg- material, Autotopohyle oder Topohyle vorliegt. Außerdem enthält diese Angabe auch häufig einen Hinweis auf Bestimmungsliteratur. Am linken unteren Rand wird die Karteikarte von demjenigen, der die Probe in die Sammlung einstellt, handschriftlich signiert. Auf der Rückseite der blauen Karteikarte werden die aus der Mutterzelle isolierten Gattungen und Arten eingetragen. Die Artenzellen stehen in der Systematischen Sammlung. an der jeweiligen Stelle im System. Als Grundlage wurde das System von CusHMAan gewählt, doch wird seine Anordnung der Familien und Gattungen entsprechend den Neuerkenntnissen der Wissenschaft von Fall zu Fall verändert. Die Gehäuse werden in den Artenzellen im allgemeinen nicht mit Klebstoffen befestigt. Dadurch ist eine rasche Untersuchung der Gehäuse bei Vergleichen möglich. Lediglich die Typen und Typoide (s. S. 120) werden mit Traganth am Zellenboden angeklebt. Über eine Artenkartei verfügt die vorliegende Sammlung nicht. Sie wurde zwar zunächst begonnen, doch später nicht mehr weitergeführt. Sie hat sich als nicht unbedingt erforderlich erwiesen. Sie wird sozusagen durch die Objekte selbst ersetzt, da angestrebt wird, von ein und derselben Art Zellen von ver- schiedenen Fundpunkten und, wenn notwendig, auch aus verschiedenen Fund- schichten anzulegen. Das genügt für eine Sammlungsbestimmung; bei einer späteren wissenschaftlichen Bearbeitung einer Art oder einer Artengruppe muß man ohnehin die gesamte Literatur zu Rate ziehen. 115 Nicht selten kommt es vor, daß sich der Name einer Gattung oder Art ändert; manchmal ist auch der Autorenname zu ersetzen. Die Gründe hierfür können verschieden sein: Aufsplitterung einer Gattung oder Art, Fehlbestim- mungen usw. Da es nicht wünschenswert ist, die ursprünglichen Etiketten der Artenzellen (die in der Regel ja die Handschrift des Bearbeiters zeigen) durch Durchstreichen der alten Angaben und durch Hinzufügen der neuen Bezeich- nungen zu verbessern, wurde ein einfaches Punktsystem eingeführt, um auf Ver- änderungen aufmerksam zu machen. Ändert sich der Name der Gattung, so wird im linken unteren Eck des linken Etiketts mit roter Tusche ein kleiner Punkt gemacht. Ist der Art- und/oder der Autorenname zu ersetzen, so werden an der- selben Stelle zwei Punkte gesetzt. Drei Punkte bedeuten, daß Gattungs-, Art- und Autorennamen nicht mehr zutreffen. Die neuen Namen werden auf kleinen, weißen Karteikarten vermerkt, die alphabetisch (nach den alten Bezeichnungen) angeordnet werden. Zusätzliche Literaturhinweise auf diesen Karteikarten er- leichtern auch in Zukunft die Bestimmung dieser oder verwandter Arten. Es kann aber auch vorkommen, daß sich die Angabe der Fundschicht ändert. In diesem Fall wird ein Punkt aus roter Tusche im rechten unteren Eck des rechten Etiketts gemacht. Gleichzeitig werden auf einem weiteren Karteiblatt, das die- selbe Größe und Farbe wie die in Taf. 8, Fig. 1—2 gezeigte Karteikarte besitzt, jedoch keine Vordrucke aufweist, alle Neuerkenntnisse vermerkt. Es hat sich bewährt, die zu ändernden Angaben auf der Hauptkarteikarte durch Zeichen (z. B. 1), 2) usw.) kenntlich zu machen und diese Zeichen auf dem Ersatzblatt zu wiederholen. Zum Schluß sei noch eine kleine, weiße Karteikarte erwähnt, die in Taf. 8, Fig. 2 im rechten unteren Teil abgebildet ist. Wie oben ausgeführt, werden die einzelnen Proben nach laufenden Nummern und nicht nach regionalen oder stratigraphischen Gesichtspunkten angeordnet. Um nun z.B. eine Probe aus dem Eozän von Italien in kürzester Zeit zu ermitteln, bedarf es einer Suchkartei. Diese kleine Karteikarte, die einige Angaben der großen Karteikarte enthält, wird nach regionalen Gesichtspunkten geordnet. Innerhalb einer Rubrik (z.B. inneralpines Tertiär) stehen die Karteikarten in stratigraphischer Reihenfolge (z. B. Lattorf, Rupel, Katt). Wie die Erfahrung gezeigt hat, wird auf diese Weise jeder eingestellte Schlämmrückstand in weniger als einer Minute gefunden. 3.2. Einzelobjekte, Hierunter sind folgende Sammlungsgegenstände zu verstehen: Faunenzellen (ohne Schlämmrückstand), Artenzellen (ohne Schlämmrückstand), Isolierte Großforaminiferen und Handstücke mit Mikrofossilien, Gesteinsproben für die Anfertigung von Dünnschliften. Einzelobjekte werden ebenfalls der laufenden Nummer nach erfaßt, nur wird der jeweiligen Zahl der Großbuchstabe E vorangestellt. Die hierfür vor- 116 # gesehene Karteikarte ist der sog. E-Zettel (Abb. 1). Für die Aufbewahrung dieser Karteikarten (aus dünnerem Papier) ist nicht, wie im Falle unserer übrigen Karteien, ein Karteikasten, sondern ein Leitzordner bestimmt. Die laufende Nummer wird unabhängig von der Art des Materials (s. oben) vergeben. Ledig- lich bei Großforaminiferen und Handstücken wird hinter die Nummer noch der Vermerk „GF‘“ (Großforaminiferen) gesetzt, um den Ort der Aufbewahrung anzuzeigen (s. unten). Außerdem werden Gesteinsproben, die nur für die An- fertigung von Dünnschliffen bestimmt sind, nicht aber zugleich ein Handstück für die Großforaminiferensammlung darstellen, nicht in das E-Verzeichnis auf- genommen. Nach Fertigstellung der Dünnschliffe erscheinen sie ohnehin in der Schliffkartei (s. S. 118). Eimer. ded.R.M,Nyirö 6.4.59 Sıomlang Milkchen wine: 1959 I 3 \.E 886 Gegend: Artenzelle mit mehreren Gehäusen von Cla- vulinoides szaboi (HANTKEN),‚megalo- und mikrosphärische Generation, det.M,v.HANT. ‘ O-Byda, Ziegelei, Ungarn Fuiehicht“ ClJavulina Szabdi Schichten aan Autotopohyle zu HANTKEN,M. ,‚v.:Die Fauna der Clavulina Szabdi Schichten. I,Theil: Foraminiferen, Budapest 1875. ee Kaps ee Abb. 1: E-Zettel. Die Abb. 1 bedarf keiner weiteren Erörterung. Hingegen sollen noch einige Bemerkungen über die sammlungstechnische Behandlung der oben genannten Objekte gemacht werden. Faunenzellen werden wie gewöhnliche Mutterzellen etikettiert. Anstelle der einfachen Nummer (z. B. 1503) tritt lediglich eine E-Nummer (der laufenden Serie). Auch für eine Faunenzelle der E-Serie wird eine kleine, weiße Karteikarte ausgefertigt, die in die Suchkartei (s. S. 116) eingestellt wird. Denn auch eine derartige Fauna kann zu Faunenvergleichen herangezogen werden. Die Faunen- zellen der E-Serie werden ebenfalls im Präparatenschrank aufbewahrt. Artenzellen der E-Serie werden ähnlich behandelt wie Artenzellen, die von Mutterzellen von Schlämmrückständen abstammen. Sie werden nur nicht auf der Rückseite der blauen Karteikarte eingetragen, sondern für sie wird ein E-Zettel angelegt. Ihre Aufbewahrung erfolgt in der Systematischen Sammlung (s.8.115). Sie werden dort, entsprechend der systematischen Stellung ihres Inhalts, an der in Frage kommenden Stelle eingereiht. 117 Sammelzellen von Arten, die der Sammlung gelegentlich überlassen werden, werden vorläufig als Sammelzellen mit E-Nummer aufbewahrt. Sobald die Ar- beitszeit dies zuläßt, werden die einzelnen Arten in DMW-Zellen überführt und ebenfalls an der entsprechenden Stelle der Systematischen Sammlung eingestellt. Jede dieser Artenzellen erhält die E-Nummer der Sammaelzelle. Isolierte Großforaminiferen werden in Klarsichtdosen (s. S.112) auf- bewahrt: Dem Fossilinhalt wird ein kleiner Zettel mit der Sammlungsnummer (z.B. E 903 GF) beigegeben. Die Klarsichtdose wird zusammen mit dem Etikett (s.S.112) in eine Sammlungsschachtel gelegt, wie sie in der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in verschiedenen Größen verwendet wird. Für die Großforaminiferensammlung sind Gesteinsschränke bereitgestellt (s.S.111). Für die Aufbewahrung von Handstücken sind keine Klarsichtdosen not- wendig. Sie werden zusammen mit dem Etikett unmittelbar in die Sammlungs- schachtel gelegt. Gesteinsproben, die für die Herstellung von Dünnschliffen bestimmt sind, werden bis zu ihrer Verarbeitung ebenfalls in einem Sammlungsschrank aufbewahrt. 3.3..Gesteinsschliffe. Wie bereits ausgeführt (S. 110), werden in der Schliffsammlung Dünnschliffe verschiedener Größen aufbewahrt. Die drei verwendeten Größen sind 48x 28 mm, 76x26 mm und 60x 40 mm. Die meisten Schliffe besitzen die Größe 76 x 26 mm. Für jede der genannten Größen be- steht eine eigene Nummernserie. ERTNNER Die Schliffnummer 626 a/57 z.B. be- en deutet: 626 ist die laufende Num- ke | KO H,Hagn 1957 Kaya! Heller Kalk mit Hemigordiopsis renzi REICHEL u, mer der Serie; a weist auf einen Ge- =" Tunesien steinsschliff (im Gegensatz zu b für a nr. 00. Fossilschliffe,s.S.120)'hin;die Zahl 57 un besagt, daß der Schliff im Jahre 1957 in die Sammlung eingestellt wurde. Die Großschliffe (60 x 40 mm) erhalten eine Ähnliche Numerierung,doch wird der Zahl ein G vorangestellt (z. B. G 626 a/57). Entsprechend werden die Kleinschliffe (48x 28 mm) behandelt; anstelle des Buchstabens G tritt ledig- lich ein E (also E 626 a/57). Auf diese Weise werden fortlaufende Serien er- reicht, die klar zu überschauen sind. Die Karteikarten der Gesteins- schliffe (Abb. 2) sind orange. Im ein- zelnen seien über sie noch folgende Bemerkungen gemacht: Ausgangsmaterial: FHS bedeutet Foraminiferenhauptsammlung (im Gegensatz zur Lehrsammlung, vgl. hierzu S.109). Dieser Vermerk besagt, daß sich das Handstück, von dem der Schliff hergestellt wurde, in der Hauptsammlung befindet. Der Buchstabe M würde bedeuten, daß noch etwas Rohmaterial vor- handen ist, von dem weitere Schliffe angefertigt werden können. Aufbewahrung: Bevor der Dünnschliffschrank zur Verfügung stand, wurden die Schliffe gemeinsam mit den Foraminiferenzellen aufbewahrt. Heute wird der Vermerk „SHS“, d. h. Schliffhauptsammlung, verwendet. Der eine oder andere Schliff wird auch in der Paläontologischen Lehrsammlung benützt; in diesem Fall trägt die Karteikarte den Vermerk „PLS“. fec.: In dieser Spalte wird diejenige Person angegeben, die den Schliff an- gefertigt hat. Harz: Es gibt verschiedene optische Kitte, mit denen Dünnschliffe her- gestellt werden können. In den ersten Jahren wurden Kanadabalsam, Caedax, Kollolith oder DMW-Balsam (der Fa. A. de Myttenaere), also natürliche Harze bzw. Harzmischungen, verwendet. Seit mehreren Jahren wird aber den Kunst- harzen der Vorrang gegeben. So wurden zahlreiche Dünnschliffe mit dem Poly- esterharz Polestar der Bayerwerke Leverkusen hergestellt (vgl. hierzu Hacn, 1953; HaGn & BARTHEL, 1956). Da dieses Präparat aber seit einigen Jahren nicht mehr im Handel erhältlich ist, nehmen wir an seiner Stelle das Harz Akemi der Fa. E. Höntsch, Nürnberg, Hintere Marktstr. 9. Die Erfahrungen, die wir mit den genannten Kunstharzen bei der Herstellung von Dünnschliften bislang ge- macht haben, sind nach wie vor sehr gut. Schliffbild: Ähnlich wie bei der Rubrik ‚„‚Fauneninhalt“‘ der blauen Kartei- karte für Schlämmrückstände sollen hier kurze Angaben über das Ergebnis der Schliffuntersuchung gemacht werden. Auf der Rückseite der Karteikarte ist Platz für ein Photo des Schliffs vor- gesehen, das einen ersten Überblick über die Mikrofazies des Gesteins ver- mitteln soll. Die übrigen Angaben bedürfen keiner Erklärung. Es soll nur noch vermerkt werden, daß die Rückseite der zuletzt gedruckten Karteikarten etwas vereinfacht wurde. So entfallen die Angaben „Zitat“ und „Handstück-Nr.“. Derartige sowie ergänzende Angaben können auf einer zweiten Karte gemacht werden, die zwar dieselbe Größe und Farbe besitzt wie die beschriebene Karteikarte, die aber keine Vordrucke aufweist (vgl. hierzu S.116). Außerdem ist nachzutragen, daß auch für die Schliffkartei eine kleine, weiße Suchkartei eingerichtet wurde, mit deren Hilfe jeder Schliff in kürzester Zeit ermittelt werden kann. Abb. 2 zeigt noch die alte Art der Etikettierung. Alle Schliffe, die in den neuen Schliffschrank eingestellt werden, werden so etikettiert, wie es Taf. 7, Fig. 3 erkennen läßt. 10 119 3.4. Fossilschliffe. Fossilschliffe besitzen fast ausschließlich die Größe 76x 26 mm. Fast immer handelt es sich um orientierte Schliffe isolierter kleiner paläontologischer Objekte. Sie werden seit vielen Jahren nur mehr mit Kunstharzen hergestellt (s.S.119). Die Serie der Fossilschliffe umfaßt neben zahlreichen Präparaten von Foramini- feren auch viele Schliffe durch Schalen und Gehäuse von Mollusken sowie durch Hartteile anderer Evertebraten. Zahlreiche Schliffe werden daher in der palä- ontologischen Lehrsammlung verwendet. Die Karteikarten für Fossilschliffe entsprechen fast ganz den Karten für Ge- steinsschliffe. Ihre Farbe ist allerdings hellgelb, so daß sich die Karten der beiden Gruppen gut voneinander abheben. Bezüglich der Schliffnummer vgl. S. 118. Im einzelnen wäre lediglich noch zur Spalte „Ausgangsmaterial“ zu bemerken, daß hier sehr oft Nummern der Schlämmrückstandskartei oder der E-Serie (Einzelobjekte) erscheinen. Dies ist immer dann der Fall, wenn isolierte Foraminiferen verschliffen werden. Selbstverständlich wird auch auf der ent- sprechenden Karteikarte des Ausgangsmaterials ein Vermerk über den Schliff mit Angabe der Nummer gemacht. Auch für Fossilschliffe wurde eine kleine, weiße Suchkartei angelegt. Man kann sich an ihr sehr rasch darüber orientieren, ob die Schliffsammlung Schliffe einer bestimmten Gattung oder Art enthält. 3.5. Typen und Typoide. Wird ein Gehäuse oder ein Schnitt durch ein Gehäuse beschrieben und/oder abgebildet, dann erhält es, je nachdem, den Rang eines Typus oder eines Typoids. Wir unterscheiden folgende Bezeichnungen (vgl. hierzu R. RıcHTer, 1948): Holotypus: das Gehäuse, auf das eine neue Art begründet wird. Paratypoid: Gehäuse derselben Art oder Unterart, das gleichzeitig mit dem Holotypus publiziert wird. Hypotypoid: Gehäuse, das einer bereits bekannten Art oder Unterart angehört, das aber nochmals beschrieben und/oder abgebildet wird. Belegstück, Gehäuse, dessen artliche Bestimmung nicht ganz gesichert ist (also cf.-, aff.- oder sp.-Bestimmung, offene Nomenklatur). Für die Kartei der Typen und Typoide wird eine graugelbe Karte verwendet (Abb. 3). Sie ersetzt den Typenkatalog anderer Sammlungen. Auch die Nummern der Typen und Typoide werden der laufenden Nummer nach vergeben. Wichtig ist wieder die Angabe des Ausgangsmaterials (also z. B. die Nummer eines Schlämmrückstands). Erwähnt sei noch, daß die Nummer unserer Typen- kartei auf das Karteiblatt des Ausgangsmaterials eingetragen wird. Auf der Rückseite der Karteikarte ist Platz für Einträge künftiger Bearbeiter. Denn es ist kein seltener Fall, daß ein Hypotypoid in einer späteren Arbeit zum 120 j ni mh 20.2 S22 su a mamma un Holotypus einer neuen Art gemacht wird, während umgekehrt ein Holotypus zu einem Hypotypoid degradiert werden kann, wenn sich nämlich eine Synonymie mit einer bereits bekannten Art herausstellt. Name Dulimina trüncana ‚acksonensifornis HAGN Gehä a ee Fandiyer Sinning bei Neubeuern a.Inn, Kohräorfer öruch, Oberbayern #risbon® “erkelschollen aus einer tektönischen Brexzie Abschieß der Arbeiı April 1958 Bezieh,äol./Helv. Im Zaruhailer Geol.Bav., 44, 5.46, Abb.6, 1950. Vorlage #, Pabl.: X. Das 13.456 Kag- wm Neubearbeiser: Never Namıtı «Titei der Arbeir“ . Zeitscheih: Neubearbeiter: Neser Nam: Titel der Adbeit: Zeirschrilt Neubearbeiter Neuer Name Titel der Arbeit Zeitschnite ee FR Abb. 3: Karteikarte für Typen und Typoide. Kommen wir nun zum Schluß. Es mag manchem Leser der Aufbau der vor- liegenden Sammlung zu kompliziert erscheinen. Es muß auch zugegeben werden, daß die sammlungstechnische Bearbeitung der verschiedenen mikropaläontologi- schen Objekte, so wie sie dargestellt wurde, einige Zeit kostet. Andererseits ist zu bedenken, daß das Auffinden einer Probe oder eines Schliffs trotz der Größe der Sammlung kaum Zeit in Anspruch nimmt. Der Zeitaufwand lohnt sich also. Und die peinlichste Ordnung kommt letzten Endes wieder der Wissenschaft zugute. 10* 121 4. Schriftenverzeichnis Borrovskoy, E., 1958: On the organization of foraminiferal collections. — Contr. Cushm. Found. Foram. Res., 9, 99—102, 4 Abb., Ithaca, N.Y. GünmseL, C. W., 1868: Beiträge zur Foraminiferenfauna der nordalpinen Eocängebilde. — Abh, k. bayer. Akad. Wiss. II. Cl. 10, II. Abth., 3—152, Taf. 1—4. München. Hacn, H., 1952: A new plexiglass slide for microfossils. — The Micropaleontologist 6, 39—40, 1 Abb. New York. Hacn, H., 1953: A new method of preparing oriented thin sections of Foraminifera and other small paleontologic specimens. — Ibidem 7, 34—43, 10 Abb. New York. Hacn, H., 1955: Zur Kenntnis alpiner Eozän-Foraminiferen III. Eorupertia cristata (GÜMBEL). — Paläont. Z. 29, 46—73, Taf. 4—6, 2 Abb. Stuttgart. Hacn, H. & BARTHEL, K. W., 1956: Neuere Erfahrungen mit Polestar bei präparativen Arbeiten. — Paläont. Z. 30, 207—212, Taf. 15 Stuttgart. HILTERMAnNN, H., 1958: Anwendung der Mikropaläontologie in der Geologie, entwickelt durch die Erdölgeologie. — In: Freunn, H.: Handbuch der Mikroskopie in der Technik, Bd. II, Teil 3, 13—60, Taf. 1—2, 23 Abb., 1 Tab. Umschau-Verlag, Frankfurt a. M. Kunn, O., 1933: Stratigraphische Untersuchungen im Lias bei Bamberg. — Cbl. Miner. etc. B, 8—20, Stuttgart. McLean, J. D., Jr., 1959—1961: Manual of micropaleontological techniques. — Initial volume | and supplements, Alexandria, Virg. RıcHTER, R., 1948: Einführung in die Zoologische Nomenklatur durch Erläuterung der Inter- nationalen Regeln. — Senckenberg-Buch 15, 252 S., Verlag Dr. W. Kramer, Frankfurt a. M. SCHAFHÄUTL, K. E., 1863: Süd-Bayerns Lethaea Geognostica. Der Kressenberg und die südlich von ihm gelegenen Hochalpen. — 1—487, 100 Taf., Verlag L. Voss, Leipzig. SCHENcK,H.G. & Anams,B.C., 1943: Operations of commercial micropaleontologic laboratories. — ]. Pal. 17, 554—583, Taf. 97, 13 Abb., Menasha, Wis. TRAUB, F., 1938: Geologische und paläontologische Bearbeitung der Kreide und des Tertiärs im östlichen Rupertiwinkel, nördlich von Salzburg. — Palaeontographica 88, A, 1—114, Taf. 1—8, 2 Abb., 2 Textbeil. Stuttgart. Tafelerläuterungen Tafel 7 Fig. 1: Schrank zur Aufnahme der Zellen. Fig. 2: Schrank zur Aufnahme der Schlämmrückstands-Röhrchen. Fig. 3: Schrank zur Aufnahme der Dünnschliffe. Tafel 8 Fig. 1: Vorderseite einer Schlämmrückstands-Karteikarte mit Mutterzelle und Schlämmrück- stands-Röhrchen. Fig. 2: Rückseite einer Schlämmrückstands-Karteikarte mit drei Artenzellen und kleiner, weißer Suchkarte. 122 SO ZUR NIE AweEE" Dur BEER IMERE DIL Or EEE un EHE AECEU LER TTrOOE SEO KERN EEE Cem Pa un . > BEE MEIN EEE LTTIE SEHE BEER EEE DEE We en Ken Ka m KR U Aa LEE VEraR Kar LPEERs LTE DEE [CHR DES CEEERg EREN BEER EEE Fig. 2 Tafel 7 Geschlämmt von: H.Hagn m 15.7.1958 Erwerb: leg. H. Hagn & Chr.Radlhammer 3.7.1958 Inv»Nr.: 1958 I 85 Sammlung München Nr. 1503 Fundschichtt: Ob,Lutet | Fundort: Gräben südlich Spirka Obere Adelholzener Schichten SE Siegsdorf (der genaue Fund- ort geht aus ÄAbb.1i der unten- genannten Arbeit hervor) Region: Nordhelvetikum Gestein: Dunkelgrünlichgrauer,glaukoni- tischer Mergel (ähnl.dem Nebengestein des Kressenbergs Ausgelesen Rückst. = Tüt von: R ö na work. 2 Fauneninhalt: Reiche Fauna. Globigerinen, Truncorotalien, Truncorotaloides topilensis, Hantkenina longispina und H. dumblei. Clavulinoi- des szaboi häufig, ferner Plectina sp. und Spiroplectamnina (S,.) dalmatina. Angulogerina liebusi, Nummulites und Discocyclina. Zahl- reiche Glaukonitsteinkerne von Kleinforaminiferen. Fischreste nicht selten. - 1) Ein Teil des Rückstands wird beim Rohmaterial aufbewahrt. Rohmat. Arb.Nr. bzw. s.9 vorh.: frühere Sig.«Nr.: Literatur: Belegmaterial zu HAGN,H.: Bezieh.ilol./Helv., Geol.Bav.,44, S. 21, 1960. sage San, ER dumblei WEINZIER Hantkenina Hantkenina nn .-+ongispina..CUSEM,......... Truncorotaloides .|.topilensis (CUSM,) __ 1496 - 1505 Lutet (oberes) | Obere Adelholzener Schichten Gräben südlich Spirka SE Siegsdorf Im allgemeinen sehr reiche’ Faunen, z.T. mit Truncorota- lien, z.T. mit Hantkeninen, teilweise auch mit reichem Benthos. Fischschieferfazies a wenigsten fossilhältig. - Fazies z.T. stocklettenähnlich. Fig. 2. Tafel 8 Bor - Mitteilungen der Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und histor. Geologie 3 .: HERAUSGEGEBEN VON 2 PROF. DR. RICHARD DEHM IN MÜNCHEN s HEFT 4 INHALT BArrueı, K, WERNER: Zur Entstehung der Solnhofener Plattenkalke ee fönteres Unteftthon):. (Fafel 98-11)... 2.0... 5 37 FAnrzusch, VoLker: Die höhere Unterkreide des Kampenwand-Vor- Bes fobiesuganer ANREDE nase. ee ae ee tee a 107 Fischer, Prrer: Geologisch-mikropaläontologische Untersuchungen in der Unteren Gosau von Brandenberg iin Tirol. . . . . . . . 127 Grimm, Dieter: Die „Süßwassersande und -mergel“ in der ost- niederbayerischen Molasse und die Aussüßung des miozänen Eee en EM RER ENTE ET ME EEE 145 Hauerstein, GERT: Zur Stratigraphie der Mitteltrias südwestlich der Kampenwand (Chiemgauer Alpen) (Tafel 12) . . ...... 71 Kruse, GErHARD: Über eine Albfauna aus dem Tennbodenbach bei Niedernfels zwischen Kampenwand und Achetal (Chiemgauer N DR RE NETTER PS LES LRFE 93 SIEVERTS-DorRECK, HErTHA: Crinoiden aus dem Paläozoikum des Kan- tabrischen Gebirges (Nordspanien) (Tafel1—3) . ...... 1 Wacner, Woırcang: Zum Skelettbau oberjurassischer Kalk- BR EANIE CR BIEKAN. ee Tann He Be Eee 13 WAGNER, WoLrcanG: Kalkschwämme aus dem Korallenkalk des obe- ren Malm von Laisacker bei Neuburg a. d. Donau (Tafel 5—7) . 23 MÜNCHEN, 31. Dezember 1964 Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie 8 München 2, Richard-Wagner-Straße 10 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 4 | 175 | München, 31. Dez. 1964 Mitteilungen der Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und histor. Geologie HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. RICHARD DEHM IN MÜNCHEN HEFT 4 INHALT Barrneı, K. WERNER: Zur Entstehung der Solnhofener Plattenkalke (nteresgÜntertithon)) Glatels —ID Al an ee 37 Fanısusch, VoLker: Die höhere Unterkreide des Kampenwand -Vor- JauidesEhiermpauer Alpen); I eu seen Ela honda a en 107 Fischer, Prrer: Geologisch-mikropaläontologische Untersuchungen in der Unteren Gosau von Brandenberg in Tirol. . .. .. . . 127 Grimm, Dieter: Die „Süßwassersande und -mergel“ in der ost- niederbayerischen Molasse und die Aussüßung des miozänen DIaE EIBERI ES Ye A N a Se ae he a6 Arte 145 Hauverstein, GERT: Zur Stratigraphie der Mitteltrias südwestlich der Kampenwand (Chiemgauer Alpen) (Tafel 12) .... 2... za Kruse, GERHARD: Über eine Albfauna aus dem Tennbodenbach bei Niedernfels zwischen Kampenwand und Achetal (Chiemgauer ENDETE) En Er BEE EN N N N een 93 SIEVERTS-DoRECcK, HerrHna: Crinoiden aus dem Paläozoikum des Kan- tabrischen Gebirges (Nordspanien) (Tafel1—3) . ...... 1 WAGNER, Worrcang: Zum Skelettbau oberjurassischer Kalk- Schwammeg(@lateliA) ne ee Ne ae ee 13 WAGNER, WoLrsang: Kalkschwämme aus dem Korallenkalk des obe- ren Malm von Laisacker bei Neuburg a. d. Donau (Tafel 5—7) . 23 MÜNCHEN, 31. Dezember 1964 Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie 8 München 2, Richard-Wagner-Straße 10 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. 4 | 1—175 München, 31. Dez. 1964 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 4 | 1—12 München, 31. Dez. 1964 Crinoiden aus dem Paläozoikum des Kantabrischen Gebirges (Nordspanien) Von HERTHA SIEVERTS-DORECK, Stuttgart!) Mit 1 Abbildung und Tafel 1—3 Zusammenfassung Die Mitteilung befaßt sich mit einer kleinen Crinoidenfauna aus dem Paläo- zoikum des oberen Sella-Tales, Kantabrisches Gebirge. Das von Dr. H.-]. SCHNEIDER gesammelte Material besteht vorwiegend aus Stielresten, die 4 ver- schiedenen Typen angehören. Form 1 (und wahrscheinlich auch Form 2) ver- körpern eine neue Art von Culmicrinus, einer Gattung, die bisher noch nicht aus Spanien gemeldet war. Die übrigen Typen sind nicht nach Gattung und Art bestimmbar. Culmicrinus n.sp. gehört zu den Crinoiden mit bikonkaven Stielgliedern; ein Längsschnitt durch den Stiel zeigt eine Serie „linsenförmiger Hohlkammern“. Der Bau derartiger Stiele wird einleitend an Scyphocrinus elegans (nach SPRINGER 1917) erläutert. — Die Bestimmung „Ca/lmicerinus n. sp.“ wurde durch Kelch- und Stielfunde ermöglicht, die Dr. F. RapıG und Dr. J. KuLLmann in der Vise- und Unternamur-Stufe Nordspaniens machten. Die Crinoiden des oberen Sella-Tals stammen in der Hauptsache aus einer 120 m mächtigen Kalkserie, die sehr wahrscheinlich Namur-Alter hat. Summary The present paper deals with a Paleozoic crinoid faunule from the upper Sella valley (Cantabrian Range, NW Spain). Among the material which consists mainly of columnal remains four different forms may be recognized. Type 1 (probably also type 2) represents a new species of Culmicrinus, a genus hitherto unknown from Spain. Generic and specific determination of the remaining forms was not possible. Culmicrinusn. sp. is distinguished by biconcave columnal segments. A longitu- dinal section of the column reveals a series of “lenticular cavities””. The structure of this type of column is demonstrated by comparison to Scyphocrinus elegans according to SPRINGER (1917). Identification of Cu/mierinus n. sp. was enabled by l) Dr. H. SıEvERTs-DorEck, 7 Stuttgart-Möhringen, Reichenberger Str. 12 1* 1 cups and stems collected by Drs. RapıG and KuLLmAnn in the Visean and Lower Namurian of Northern Spain. The crinoids from the upper Sella valley were collected chiefly from a lime- stone formation (120 m) of probable Namurian age. Inhalt Binleitungk Acta Eee ET: 2 A. Vorbemerkungen über bikonkave Stielglieder aus dem Paläozoikum Be A 2 BesBeschteibunerdesispanischen) Materials ver en 4 Schfiftenyerzeichnis, Tafelerlauterung 7. ma. 2 aa ur en ee Einleitung Im Jahre 1955 sammelte Dozent Dr. H.-]. SCHNEIDER (München) im Paläo- zoikum der Kantabrischen Küstenkette eine kleine Crinoidenfauna, die mir durch freundliche Vermittlung von Prof. Dr. R. DEHm zur Bearbeitung anvertraut wurde. Das Fundgebiet der Crinoiden liegt in einem Bereich der nordspanischen Küstenkette, der bis vor kurzem wenig erforscht war: ungefähr am Westrand der Picos de Europa an der politischen Grenze der Provinzen Asturien und Leön. Die Fauna stammt aus dem Nebengestein eines kleinen Flußspat-Vorkommens, das etwa 5 km südwestlich der Ortschaft Oseja de Sajambra im oberen Sella-Tal liegt (etwa 65 km Luftlinie südlich der kleinen Hafenstadt Ribadesella an der nordspanischen Atlantikküste). Die Crinoiden sind — neben wenigen, unbestimmbaren Brachiopoden — die einzigen Fossilien einer Gesteinsserie, die Dr. SCHNEIDER seinerzeit für devonisch-karbonisch hielt; eine der Gesteinsproben ist als Karbonkalk bezeich- net. Sie wurden in der Hauptsache in einer 120 m mächtigen Kalkserie gesammelt und zwar im sogenannten „Nordfeld‘ der Lagerstätte. — Die ungefähre Lage des Fundgebiets ist aus den Orientierungskizzen zu ersehen, die ©. H. SCHINDE- WOLF & ]J. KuLLmann bzw. J. KuLımann seit 1958 ihren Arbeiten über das Kantabrische Gebirge beigaben. Das Belegmaterial — im wesentlichen Stielreste — befindet sich nunmehr in der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie. Herrn Dozent Dr. SCHNEIDER und Herrn Prof. Denm dankt die Verfasserin für die Leihgaben, den Herren Dr. F. Ranpıs (Münster) und Dr. J. KULLMANN (Tübingen) für Vergleichs-Material aus der Vise- und Namurstufe Nordspaniens. A. Vorbemerkungen über bikonkave Stielglieder aus dem Paläozoikum Das von Dr. SCHNEIDER gesammelte Material enthält nur eine einzige Form, die leidlich gut bestimmt werden konnte: Culmierinas n.sp. Äußerlich zeigen die zylindrischen Stiele nichts Auffälliges, doch kommt bei manchen durch natürliche Erosion ein interessanter Innenbau zutage. Jedes Stielglied ist näm- lich auf beiden Seiten zur Aufnahme kräftiger Ligamente schüsselförmig N vertieft; randlich bleibt ein flacher Streifen, die „Kontaktfläche“, für die Auflagerung der angrenzenden Stielglieder frei. Der Boden der Schüssel wird vom Axialkanal durchbohrt. Stielstücke aus bikonkaven Segmenten zeigen im medianen Längsschnitt eine Serie linsenförmiger Hohlkammern, deren Zentrum vom Axialkanal durchzogen wird; die Wandung des zentralen Hohl- raums erscheint (durch die Linsenbildung) zickzackförmig (vgl. Tafel 1, Fig. 2—5, 8—9 und Tafel 3). Stiele dieser Bauart sind in zwei großen Gruppen der paläozoischen Crinoiden bekannt: innerhalb der Camerata (zu nennen sind Scyphocrinus ZENKER aus dem Gotlandium und Unterdevon sowie Actinocriniden aus dem englischen Berg- kalk) und bei einigen Inadunata (Cosmocrinus JAEKEL, Oberdevon, Hallocrinns GoLDRING, Oberdevon und Visestufe(?) und neuerdings auch Cu/micrinns, Vise- und Namurstufe; ferner „Poteriocriniden“ aus dem englischen Berg- kalk). Weitere Beispiele stellen einige von QUENSTEDT geprägte „Arten“ aus dem Mitteldevon der Eifel dar („Petrefactenkunde Deutschlands“, vorwiegend Tab. 112). Gelegentlich kommt der Typus auch in der Visestufe von Nieder- schlesien (Rothwaltersdorf, W.E. ScHhmipr 1930) und des Oberharzes vor (SIEVERTS-DOREcK 1951). Bei der systematischen Bestimmung von Stielen mit „linsenförmigen Hohl- kammern“ leisten folgende Merkmale gute Dienste: Querschnitt und Weite des Axialkanals; Durchmesser und Längsschnitt der Ligamentkammern; Ausdehnung der Kontaktfläche; Ausbildung des Diaphragmas; Skulptur der Stielfacette. Dazu kommen die äußeren Stielmerkmale, zu denen auch die Verzierung der Außenfläche gehört. Diese spielt bei Coso-, Hallo- und Culmicrinus eine wichtige Rolle. SPRINGER hat 1917 den Stielbau von Scyphocrinus elegans aus dem Helder- bergian von Missouri eingehend beschrieben und vorzüglich illustriert. Da SPRINGER’s Ausführungen für jeden Bearbeiter von Stielresten wichtig sind, vor allem in unserem Falle, seien sie hier im Auszug wiedergegeben und an Hand von SPRINGER’sS Zeichnungen (Tafel 2) veranschaulicht. Äußerlich gesehen, wird der Durchmesser der zylindrischen Stiele von S. elegans distalwärts geringer; gleichzeitig nimmt die Höhe der Stielglieder allmählich zu. Im Innern des Stiels bleibt der Querschnitt des Axialkanals stets pentamer- symmetrisch (fünflobig oder sternförmig); die konkaven Partien der Stielfacetten liegen jeweils genau übereinander, und die gesamte Facette zwischen Außenrand und Kanalrand ist im ganzen Stiel dicht und fein radiär gestreift. Im proximalen Stiel (Tafel 2, Fig. 1a—c) mit besonders niedrigen, alternierenden Segmenten sind die Ligamentschüsseln sehr weit, die Kontakt- 3 flächen entsprechend schmal. Der Kanal ist in diesem Abschnitt gleichfalls weit (etwa gleich Zweidritteln des Stiel-Durchmessers) und stumpf-fünfseitig. SPRIN- GER hält es allerdings für möglich, daß der Kanal sekundär erweitert wird, weil die sehr dünnen Scheidewände (,Diaphragmen‘) zwischen den Kammern wäh- rend der Fossilisation leicht zerstört werden; es könnte auch vorkommen, daß sie sich nicht von der Matrix unterscheiden. Im mittleren Stielabschnitt (Taf. 2, Fig. 2a—c) ist der Axialkanal sehr viel enger und im Bereich des Diaphragmas sternförmig erweitert. Gegen das distale Ende des Stiels werden die Ligamentgruben allmählich kleiner (Taf. 2, Fig. 3), oder sie verschwinden ganz. Die Kontaktflächen dehnen sich entsprechend aus, die Diaphragmen werden stärker; der Axialkanal verengt sich mehr oder weniger (und nicht immer regelmäßig) zu einem sternförmigen Loch (Taf. 2, Fig. 4a—b). Dieser Befund stellt die Regel dar, doch sind auch Variationen und Abwei- chungen von der Norm möglich (vergl. SprinGEr 1917, S. 38). Die Stielreste von Scyphocrinns elegans, die H. & G. Termıer aus dem Wenlock und Ludlow von Marokko, der Sahara und der Großen Kabylei zur Verfügung standen, waren offenbar nicht zum Studium der Ligamentgruben geeignet. Jedenfalls werden in dem eingehenden Kapitel über den Stiel der fossilen Crinoiden (1949, S. 22—61) die „linsenförmigen Hohlkammern‘“ im Stiel von S. e/egans nicht erwähnt, und die Facetten aus der Wurzelregion weisen keine Vertiefungen auf (vgl. H. & G. Termıer 1950, Taf. CCXV]I, insbesondere Fig. 4. Das ist in Einklang mit SprinGer’s Feststellung, daß Ligamentgruben im distalen Stiel ganz fehlen können). H. & G. Termıer machen 1949 (S. 50) lediglich Angaben über den Querschnitt des Stiels, den des Axial- kanals und die Skulptur der Facette. B. Beschreibung des spanischen Materials Die Sammlung umfaßt größere und kleinere Bruchstücke von Stielen, eine etwas beschädigte Stielfacette sowie eine Anzahl von Armgliedern, Pinnularien und Tubusplatten, die aus dem Verbande gelöst sind. Armglieder und Pinnularia liegen auf zwei Gesteinsproben (aus der „Mittleren Kalkserie”, Aufstieg zum Pena) teils in „lockerer Streuung‘ (Taf. 1, Fig. 4), teils in kleinen Anhäufungen auf dem Gestein. Die Armglieder — gekennzeichnet durch eine weite Ventral- furche und einen gerundeten Rücken — stammen aus einzeiligen Armen; ihre Facetten sind meist durch Anwitterung zerstört. Einige der gewinkelten oder bogenförmigen Tubusplatten finden sich in einer kleinen Anhäufung von Cri- noidenresten. Die folgende Beschreibung erstreckt sich nur auf die Stielreste. Diese sind stellenweise stark angewittert, wodurch der bezeichnende Innenbau der wichtigsten Stiel-Gruppe aufgedeckt und ihre systematische Bestimmung er- möglicht wird. Sämtliche Stielreste sind registriert, auch die unbestimmbaren, Culmicrinus n. sp. Tafel 1, Fig. 1—9; Tafel 3 Material: 9 zylindrische, mit a bis i bezeichnete Stielstücke aus kelchnäheren und kelchferneren Partien; ferner die Facette eines fast senkrecht im Gestein steckenden Stielstücks. Die Stielfragmente sind meist kurz und +stark korrodiert. Vorkommen: „Mittlere Kalkserie“, unterer? Teil: Ex. e (Fig. 1); mittlerer Teil, „Rücken“, —1520 m An: Ex. a (Fig. 2), d (Fig. 7) und g (Fig. 3); oberer Teil, „Aufstieg zum Pefa“, —1520 m An: Ex. b (Fig. 5), c (Fig. 6), f (Fig. 4), h (Fig. 8) und i (Fig. 9). Zahlen- und Maßangaben 1. Stiele aus kelchnäheren Partien Ex. e (Fig. 1): Länge 37,5 mm. Mindestens 28 Stielglieder (ohne die V. Ordnung) in 4 oder 5 Ordnungen. Höhe eines Stielglieds I. ©. 2,8 mm. Ex. a (Fig. 2): Länge etwa 45,6 mm. 40 Stielglieder in 3 bis 4 Ordnungen; Höhe einer Ordnung I: 1,8 mm; II: 1,5 mm, III: 1,1 mm; IV: 1,0 mm. & des Stiels oben etwa 10,4 mm, unten etwa 10,8 mm, des Axialkanals (oben) etwa 6 mm. 2. Etwas weiter vom Kelch entfernte Stiele Ex. b (Fig. 5): Länge 33,5 mm (+ zusätzlich etwa 40 bis 46 mm Abdruck auf dem Gestein). 27 Stielglieder in stellenweise 3 Ordnungen; Höhe einer I1.O. 2,3 mm. & des Stiels am einen Ende etwa 4,2 mm, am anderen etwa 4,5 mm. Ex. c, Facette (Fig. 6): & der Facette 9,6 mm, des Axialkanals 4,8 mm. Ex. d (Fig. 7): Länge 24,5 mm. 19 Stielglieder in 3 (schwachen) Ordnungen; Höhe einer I. O. 2,1 bis 2,2 mm; II: 1,5 mm; III: 1,6 mm. & des Stiels unten etwa 4,5 mm. Ex. f (Fig. 4): Länge etwa 39 mm (+ zusätzlich etwa 10 mm Abdruck auf dem Gestein). Etwa 33 Stielglieder in kaum ausgeprägtem Wechsel; Höhe einer I. O. 2,0 mm. & des Stiels unten 3,7 bis 3,9 mm. Ex. g (Fig. 3): Länge 25,2 bzw. 32,2 mm. 25 Stielglieder in 2 bis 3 Ordnungen; Höhe einer I. O.: 1,7 mm; I: 1,5 mm; IH: 1,2 mm. & des Stiels oben etwa 10,5 mm. 3. Kelchfernerer Stiel Ex.h (Fig. 8): Länge etwa 57,4 mm. Rund 70 Stielglieder in 3 Ordnungen. & des Stiels in der Mitte des Stücks 5,9 mm, des Axialkanals etwa 1,3 mm. Länge der Kontaktfläche etwa 1,5 mm. Ex. i (Fig. 9): Länge etwa 26,3 mm. 33 Stielglieder in 3 Ordnungen. & des Stiels etwas oberhalb der Mitte des Stücks: 6,2 mm. Kennzeichen der n. sp. Stielglieder flach-zylindrisch, mittelgroß; innerhalb der kurzen Stielfrag- mente stärker oder schwächer alternierend; Zahl der Ordnungen 2 bis 5 (meist 3). Außenfläche leicht konvex; Nähte schwach vertieft, gezähnelt. Sämtliche Stielglieder bikonkav. Kontaktflächen im proximalen und mitt- leren Stielabschnitt sehr schmal, in kelchferneren Teilen ausgedehnter (und dort etwa Y, des Stiel-Durchmessers messend). Axialkanal rund, weit (Durchmesser in 3 Fällen 14, ®/, und !/, des Stieldurchmessers). Facetten vom Außenrande bis zum Kanalrand mit feinen, dichtstehenden, einfachen Radiärleisten bedeckt; Kerbung der Kontaktfläche markanter als die der Ligamentgrube. Vermehrung der Radiärleisten gelegentlich durch Einschal- tung nahe am Kanalrand. Zahl der Radiärleisten 4 (—5) auf 2 mm Länge am Außenrande (bei einem Stiel-& von 9,6 mm). Stielstück e (Fig. 1) zeigt den Übergang von stärker differenzierten zu schwächer differen- zierten Ordnungen: der Stiel wird distalwärts ‚„ausgeglichener‘“. Solche Stücke lassen sich gut nach „‚proximal“ und ‚„‚distal‘“ orientieren. Einen besonderen Hinweis verdienen zwei Stielfragmente (Ex. h und i), die nur im Längsschnitt, aber nicht durch ihre Außenseite und ihre Facetten bekannt sind. Da ihre Kontaktflächen ausgedehnter sind als bei den übrigen Stielresten dern.sp., handeltessich um kelchfernere Stiele (oderumeineandere Art?). Stiel h (Fig. 8 und Taf. 3) wurde durch Anwitterung der Länge nach um die Hälfte reduziert, am Ober- und Unterende sogar noch stärker. Der so entstandene, + mediane Längsschnitt zeigt Kontaktflächen, die in der Mitte des Stücks etwa Y, und Ligamentschüsseln, die an dieser Stelle reichlich Y, des Stieldurchmessers erreichen. Diaphragmen sind kaum entwickelt; vielmehr ragt jedes Stielglied mit einem spitzen „Dach“ in den zentralen Hohlraum hinein, die Stielglieder der I. und II. Ordnung etwas weiter als die der III. Ordnung. An der Spitze der kleinen Dächer beginnt der Axialkanal, dessen Durchmesser in der Mitte des Stücks etwa !/, des Stieldurchmessers mißt. Besonders bemerkenswert ist nun, daß sich die Matrix des Axialkanals stellenweise durch hellere Farbe von der Ausfüllung der Ligamenträume abhebt. Außerdem wird diese Grenze durch eine dunkle Linie oder Längsfurche ange- zeigt, die sich im Bereich der Ligamentgruben an verschiedenen Stellen nach A Abb. 1: Ausfüllung des Axiallumens (a, mit Matrix) und der Lg Ligamenträume (lg, mit Kalzit) im Stiel von C'yatho- crinus acinotubus AnGeELın. Medianer Längsschnitt SS (oben) und Querschnitt (unten). s das Stereom der Stielglieder. Nach BarHer 1892. außen ausbuchtet. — Das kalzitische Stereom der Stielglieder ist übrigens (wie auch an Ex. i) stärker abgetragen als die Füllmasse des zentralen Hohlraums. Ähnliche Erhaltungszustände sind bereits aus der Literatur bekannt. Abb. 1 zeigt den Befund bei einem C'yathocrinus acinotubus aus dem Gotlandium von Gotland (BATHER 1892, S. 220, Fig. 3), einer Art mit schwach konkaven, radiär gerieften Stielfacetten. Wie der Längsschnitt zeigt, ist der Raum zwischen den kon- kaven Gelenkflächen mittransparentem Kalzit, das Lumen selbst mit opaker Matrix ausgefüllt. Dieser Unterschied beruht (nach BATHER) wahrscheinlich darauf, daß die interartikulären Ligamente langsamer verwesten als der Axialstrang und seine Blutgefäße. Erst nachdem der axiale Raum von einsickerndem Schlamm eingenommen war, wurden die Ligamente allmählich durch einsickerndes Kalk- karbonat ersetzt. — Nach außen ist, wie BATHER beobachtete, die Matrix im Kanal durch einen dünnen Kalzit-Überzug von dem Stereom der Stielglieder getrennt; dieses Häutchen deutete BATHER als Membran oder Ligament, das den Axailsinus außen verstärkte. Weitere Beispiele und zwar aus dem „Eifelerkalk“ bringt F. A. QUENSTEDT in der „Petrefactenkunde Deutschlands‘, Tabula 112. Es handelt sich um ZEn- trochi impares (Fig. 93b mit zickzackförmiger, Fig. 94b mit „bauchiger“ Wandung des Innenraums) und um einen Zinfrochus tornatus (Fig. 87). An dem sehr viel kürzeren Stück i der Sammlung SCHNEIDER (Fig. 9) liegt der durch Anwitterung erzeugte Längsschnitt schief zur Längsachse des Stiels. Der Schnitt beginnt „oben“ etwa halbwegs zwischen Peripherie und Kanalrand und erreicht kurz über der halben Stielhöhe den Axialkanal. Diese Stelle, die etwa 5 Stielglieder umfaßt, ist durch den größten Durchmesser der Ligament- schüsseln gekennzeichnet; außerdem zeigt sich hier die Grenze Axialkanalj/ Ligamentgruben ähnlich wie an Ex. h. Weiter unten werden die „Linsen“ wieder kleiner: die Schnittfläche nähert sich allmählich der gegenüberliegenden Außen- wand, die sie am ‚„‚Unterende‘“ des Stielfragments schneidet. Der Befund an Stielen von Culmicrinus n. sp., C'yathocrinus acinotubus and anderen Formen zeigt, daß die Wandung des Axialkanals keineswegs zickzackförmig ist. Vielmehr kommt die Zickzackform durch die Bildung von Ligamentgruben zustande. Man spricht in diesen Fällen besser von der zickzackförmigen Wandung eines „zentralen Hohlraums‘“, eine Bezeichnung, die Ligamentkammern und Axialkanal umfassen soll. Systematische Bestimmung und verwandtschaftliche Beziehungen der n®esp. Folgende Merkmale standen bei der systematischen Bestimmung von Culmicrinus n. sp. an erster Stelle: Stielglieder bikonkav, randliche Kontaktfläche der Stielfacetten sehr schmal, Kontaktflächen stärker gerieft als die Ligamentschüsseln, Axialkanal rund, weit. Stielreste und Kelche, die F. RapıG und vor allem J. KuLLmann in den letzten Jahren in der oberen Vise- und unteren Namurstufe (E,) der Provinzen Oviedo (Asturien) und Leön sammelten, überzeugten mich, daß die oben beschriebenen Stielreste zu Cu/micrinus JAEKEL gehören; auch artlich sind Dr. SCHNEIDER’s Funde mit den etwas später erfolgten Aufsammlungen RapıG und KuLLmann nahe verwandt. Alle oben genannten, systematisch wichtigen Merk- male der n. sp. finden sich auch an den Stielresten der Sammlung KULLMANN. Außerdem bieten diese ein weiteres wichtiges Kennzeichen: eine Feinskulptur der Oberfläche in Form von Körnchen und „vertikalen Elementen“, wie sie ähnlich (und ähnlich variabel) bei /Jallocrinus ornatissimus auftritt (W. GOLDRING 1923, S..380,, Taf. 50, Fig. 4; vergl. auch W. E..Schmpr 1930,58. 28,29, Ta: Fig. 11b für Aalloerinus ? inagilis W. E. SCHMIDT aus den Posidonienschiefern von Herborn). Ähnlich ist offenbar auch die Verzierung von unbestimmten Stiel- bruchstücken aus den Posidonienschiefern des Geistlichen Berges bei Herborn, der Typuslokalität von Cw/mierinus regularis (H. v. MEYER) (vergl. H. v. MEYER 1860, S. 121—122, Taf. 14, Fig. 9—10). — Leider ist die Oberfläche von Calmi- crinus n. sp. durch Korrosion angegriffen. An einigen kleinen Stellen glaubt man Spuren einer Körnelung zu erkennen; mehr läßt sich nicht aussagen. Für die Altersbestimmung der „Mittleren Kalkserie“, aus welcher Culmierinus n.sp. stammt, sind Stielfunde (der Probe 4) wichtig, die Dr. ]. Kurımann 1956 im Unter-Namur der Pico Jarrio im Sella-Tal, Provinz Leön, machte. Die Fundstelle liegt etwa 3 bis 4 km östlich Oseja de Sajambre und somit nicht weit von Dr. SCHNEIDER’s Fundgebiet entfernt. — Es handelt sich um Stiele mit typisch linsenförmigen Hohlkammern, kleinen, stark gekerbten Kontakt- flächen, feiner Radiärstreifung auf den Ligamentgruben und einem runden, +weiten Axialkanal. Die Stielglieder (und Kammern) sind etwas höher als bei Culmicrinus n.sp.; wahrscheinlich stammen sie aus mittleren (oder distalen) Stielpartien. Außen sind sie mit 3 und 4 Querreihen grober, manchmal etwas länglicher Körnchen bedeckt, die entweder übereinander oder alternierend stehen. Die Granulae der obersten und untersten Reihe schließen sich an die Radiär- leisten der Kontaktfläche an. — Die Ähnlichkeit im Innenbau dieser Namur- Form mit Culmicerinus n. sp. ist unverkennbar. Nach brieflicher Mitteilung von Dr. Kurrmann vom 9. Februar 1963 ist die Gegend süd- westlich Oseja de Sajambre inzwischen von Jurıverr kartiert worden. Wie Dr. Kurımann der umfangreichen spanischen Publikation entnahm, stellen die Kalke in Dr. Schneıper’s Fund- gebiet die in das Namur gehörenden Caion-Kalke dar (Caliza de Montana). Nach KurLmann liegt die crinoiden-führende Serie in den liegenden Partien des Cafonkalks, also im Unter-Namur, und sie ist höchstwahrscheinlich altersgleich mit der (oben beschriebenen) Probe 4, die Dr. Kurımann 1956 3 bis 4 km östlich von Oseja sammelte. Der Cahonkalk steht dort erneut an. Die Kelche und Stielreste der Sammlungen Rapıc und Kurrmann werden gesondert be- schrieben werden. Nach gewissen Merkmalen des Kelchs und der unteren Armglieder zu urteilen, handelt es sich um einen Ci/micrinus, der im ausgewachsenen Stadium starke Anklänge an Hallo- crinus zeigt. Die beiden Gattungen sind nahe verwandt. Culmicrinus n.sp.? 1). Exemplar j Material: Ein etwa 22,7 mm langes Stielstück (2 etwa 7,6 mm) aus dem oberen Teil der „Mittleren Kalkserie‘‘, Aufstieg zum Pefa, etwa 1520 m An. Auf dem gleichen Gesteinsstück liegen die Ex. b und ce von Ciumierinus n. sp. Die Stielglieder (mindestens 43) treten in 4 (und 3?) Ordnungen auf, die niedrig sind, vor allem die IV. ©. (I: 1,0 bis 1,1 mm; II: 0,8 mm). Außenfläche konvex. Facetten unbekannt. Sollte das Stück zu Cu/micrinus n. sp. gehören, so wäre es in den proximalen Stiel einzuordnen. Der Mangel an Facetten hindert jedoch einen näheren Ver- gleich. 2) Exemplar k; Tafel 1, Fig. 10 Material: Ein Stielfragment aus dem mittleren Teil der „Mittleren Kalkserie‘“ (Rücken), etwa 1520 m An.; 26. 4.55. — Das Stück steckt im Gestein; knapp die Hälfte liegt (der Länge nach) frei. Länge etwa 31,4mm; @& „oben“ etwa 4,6 mm. Zahl der Segmente 36. Stielglieder flach-zylindrisch, hin und wieder mit geringen Höhenunterschieden, aber nie deutlich alternierend. Außenfläche schwach konvex. Nähte gezähnelt. Facette unbekannt. Der Stiel ist sehr „ausgeglichen“ und dürfte aus kelchferneren Partien stam- men, vielleicht von Ciumicrinus n. sp. Ex. k erinnert in seinem äußeren Habitus an ein (unbenanntes) Stielstück aus dem Posidonienschiefer von Herborn (H. v. MEYER 1860, S. 121, Taf. 14, Fig. 6—8). Doch hat dieser Hinweis wenig Wert, weil die Facette von Ex. k unbekannt ist. 3) Exemplar 1 Material: Ein kleiner, zylindrischer, fast ringsum angewitterter Stiel vom gleichen Fundpunkt wie Ex. k und im äußeren Habitus ähnlich wie dieses. Länge 11,9 mm, & etwa 4,8 mm; 14 Segmente, die stellenweise schwache Höhenunterschiede aufweisen. Eine der Facetten zeigt, wenn auch schlecht erhalten, den Typus des Ciu/mierinus n. sp. Axialkanal ziemlich weit, rund. 4) Exemplar m; Tafel 1, Fig. 15 Material: Ein kleinwüchsiger Stiel aus dem oberen Teil der „Mittleren Kalk- serie“, Aufstieg zum Pea; etwa 1520 m An.; 22. 4. 1955. — Die untere Hälfte des Stiels ist bis zum Axialkanal abgewittert. Länge 33,3 mm; & „oben“ etwa 3,1 mm. 20 Segmente, annähernd gleich- hoch. Kanal ziemlich weit. Facette unbekannt. Ähnelt im äußeren Habitus den Exemplaren k und l. Entrochus (Culmicrinus?) sp. 1 Tafel 1, Fig. 11 Material: Ein in 3 Teile zerfallenes, zylindrisches Stielbruchstück (Ex. n) aus einer Knolle aus dem Hangendschiefer. Nahe dabei ein weiteres, kurzes, stark 9 zerstörtes Stielfragment, wohl der gleichen Art, sowie Reste zweier kleiner Stiele oder Zirren. Das Material ist verkieselt. — 23. 4. 1955. Maße in mm: n,) Länge 16,0 Durchmesser 7,7 Zahl der Segmente 15 a EN 3) iR 7,6 PR 13 a RE 55 e 7,6 3 5 Stielglieder schwach konvex; Nähte vertieft, gezähnelt. Das oberste Stück zeigt deutlich 3 Ordnungen, die sich nur durch die Höhe, aber nicht durch ihre Breite unterscheiden. Die Höhenunterschiede zwischen der I. und H. Ordnung sind sehr gering (I: 1,4 bis 1,6 mm; II: 1,3 mm; II: 1,0 bis 1,1 mm). & der Facette (am oberen Ende von n,) 7,2 mm, des runden Lumens etwa 2,1 mm. 5 Radiärleisten auf 2 mm des Außenrandes. Rippen fein, einfach; Ver- mehrung durch Einschaltung in der Randzone und zum zweiten Male etwa auf halbem Abstand zwischen Peripherie und Kanal. Äußere Hälfte der Facette eben; innere Hälfte ganz allmählich und schwach zum Axialkanal hin eingesenkt. Stiel n könnte nach seinem äußeren Habitus zu Cau/micrinus n. sp. gehören, unterscheidet sich aber durch den Mangel an gut abgegrenzten, deutlich einge- senkten Ligamentgruben. Entrochus (Culmicrinus ?) sp. 1? Tafel 1, Fig. 122 —c Material: Fragment eines großwüchsigen Stiels (Ex. o) vom gleichen Fund- punkt wie n; es ist der dickste Stiel der ganzen Sammlung. Das Stück ist stark beschädigt; von den Facetten ist nur der geriefte Rand der einen erhalten (Fig. 12c). Länge 26,6 mm; & 13,3 mm. Zahl der Segmente 21 oder 22, angeordnet in (mindestens) 3 Ordnungen. Möglicherweise ist noch eine IV. Ordnung sehr dünner Stielglieder zwischen die Ordnungen I bis IH eingeschaltet (Fig. 12b). Höhe der I. ©.: 1,5 mm; der I. ©.: 1,1 mm; der II. ©.: 0,8 bis‘ 0,9 mm. Eine nicht ganz gleichmäßige Höhe der Stielglieder, ein leichtes „Anschwellen“ stellenweise sowie Spuren einer Skulptur (Körnchen und kleine Längsleisten) sind für das Stück bezeichnend. — Außenfläche der Stielglieder schwach konvex. Sollten Stielglieder IV. Ordnung fehlen, so wären die Nähte stark vertieft. Am Rande der einen Facette 5 Rippen auf 2mm Länge. Da die übrige Facette zerstört ist, kann man das Stück nicht sicher einordnen. Entrochus sp. 2 Tafel 1, Fig. 13—14 Material: Zwei kleine Stiel- oder Zirrenfragmente aus je 7 und 6 Segmenten (Ex. p und g), nahe beieinander in der gleichen Probe aus dem mittleren Teil der „Mittleren Kalkserie“ (Rücken) gelegen. Beide Stücke sind schlecht erhalten; Ex. q ist der Länge nach bis zum Axialkanal abgewittert. — 26. 4. 1955. Maße (Annäherungswerte) in mm: Ex.p Länge 16,6; & 3,4; Höhe der einzelnen Stielglieder: 2,2 — 2,9 — 2,1 — 2,4 — 2,7 — 2,3 — 2,2. 10 Ex.q Länge 15,1; & 3,4; Höhe der einzelnen Stielglieder 2,6 — 2,4 — 2,5 — 2,3 — 3,0 — 2,3. Die kleinen, zylindrischen Stiele oder Zirren bestehen aus hoch-zylindrischen Segmenten, deren Höhe etwas stärker oder schwächer wechselt. Facette randlich gekerbt, sonst glatt, eben. Axialkanal eng, rund? cf. Entrochus sp. 2 Hier ist anzuschließen: das dreigliedrige, schlechterhaltene Fragment eines kleinwüchsigen Stiels oder einer Zirre (Ex. r) aus der ‚‚Pyritkalkbank“ im Karbon- kalk von Scharte 1588 — Pefa-Gipfel. 22. 4. 1955. Maße (Annäherungswerte): Länge 10,4 mm, & 4,1 mm; Höhe der Segmente 3,3 — 3,2 — 3,9 mm. Wie bei Entrochus sp. 2 handelt es sich um kleine, dicke, zylindrische Stiel- glieder. Die Radiärleisten der Stielfacette sind jedoch länger, und die Facette ist im Zentrum anscheinend schwach vertieft. Entrochus sp. 3 Material: Ein sehr kleinwüchsiges Stiel- oder Zirrenfragment (Ex. s) aus dem mittleren Teil der „Mittleren Kalkserie‘“ (Rücken), etwa 1520 m An.; 26. 4. 1955. — Das Stück ist angewittert, am oberen Ende sogar bis zum Axialkanal. Länge 3,9 mm; @ oben 2,5 mm, unten etwa 1,2 mm. Zahl der Segmente 19, etwa gleichhoch. Das Stück verjüngt sich distalwärts auffällig. Äußere Hälfte der Facette radiär gerieft. Kanal rund, eng. Entrochus sp. ind. Material: Ein kurzes, stark angewittertes Stielstück (Ex. t) aus der „Mittleren Kalkserie“, ca. */, zur Grube an der Gleisstrecke. 26.4. 1955. Länge knapp 8 mm; © etwa 7,4 mm. Stielglieder niedrig, auf mindestens 4 Ordnungen verteilt; die Stielglieder der IV. Ordnung sind besonders flach. Facetten mindestens randlich gerieft. Schriftenverzeichnis Barroıs, CH., 1882: Recherches sur les terrains anciens des Asturies et de la Galice. — Me&m. Soc. geol. Nord, 2, M&m. 1, 630 S., 20 Taf., Lille. BATHER, F. A., 1892: British Fossil Crinoids. VIII. Cyazbocrinus: C. acinotubus, Ans. and C. vallatus, sp. nov., Wenlock Limestone. — Ann. Mag. Nat. Hist., (6), 9, 189— 226, 7 Abb., 1 Taf. GOLDRING, W., 1923: The Devonian Crinoids of the State of New York. — N. Y. State Mus., Mem. 16, 483 S., 63 Abb., 60 Taf., Albany, N. Y. JAEkEL, O., 1898: Über einen neuen devonischen Pentacrinoiden. — Z. Deutsch. geol. Ges., Jg. 1898, Mon.ber. 28—32, 5 (nicht bezifferte und erläuterte) Abb., Berlin. JAEKEL, O., 1918: Phylogenie und System der Pelmatozoen. — Pal. Zs., 3, 128 S., 114 Abb., Berlin. v. Meyer, H., 1860: Crinoiden aus den Posidonienschiefern Deutschlands. — Palaeontographica, 7,110—122, 2 Taf., Stuttgart. MILLER, J.S., 1821: A Natural History of the Crinoidea etc. VIII + 150 S., 50 Taf., Bristol. 11 QuENSTEDT, F. A., 1874—76: Petrefactenkunde Deutschlands. 4: Asteriden und Encriniden. Leipzig. SCHINDEWOLF, ©. H. & KuLLmann, J., 1958: Cephalopoden-führendes Devon und Karbon im Kantabrischen Gebirge (Nordspanien). — Neues Jb. Geol. Paläont., Mh. 1958, 12—20, . 1 Kte., Stuttgart. (Orientierungsskizze S. 15.) ScHhmipr, W. E., 1930: Die Echinodermen des deutschen Unterkarbons. — Abh. Preuß. Geol. Landesanst., N. F. Heft 122, 30 + 92 S., 20 Abb., 3 Taf., Berlin. SIEvERTS-DoREcK, H., 1951: Crinoiden aus dem Unterkarbon des Oberharzes. — N. Jb. Geol. Paläont., Abh. 93, 117—144, 8 Abb., 2 Taf., Stuttgart. : SPRINGER, F., 1917: On the Crinoid Genus Scyphocrinus and its Bulbous Root Camarocrinus. — Smithson. Inst. Publ. 2440, 74 S., 19 Abb., 9 Taf., Washington. SPRINGER, F., 1926: Unusual forms of fossil crinoids. — Proc. U. S. Nat. Mus., 67, Art. 9, 137 S., 9 Abb., 26 Taf., Washington. Usachs, G., 1953: Crinoides in J. Pıverzau: Traite de Paleontologie, 3, 658— 773, 166 Abb., Paris. TERMIER, H. & G., 1949: Hierarchie et correlations des caracteres chez les crinoides fossiles. — Bull. Serv. Carte Ge£ol. Alge£rie, (1), Paleont., no. 10, I, 90 S., 8 Taf., Alger. TERMIER, H. & G., 1950: Paleontologie Marocaine. II. Invertebres de l’ere primaire. Fasc. IV Annelides, Arthropodes et Graptolithes. — Notes et Mem. Serv. geol. Maroc, 79, 279 S., 241 Taf., Paris. Tafelerläuterung Tafel 1 Crinoiden aus dem Paläozoikum des Kantabrischen Gebirges (etwa 5 km südwestlich Oseja de Sajambre, oberes Sella-Tal) Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie, München Fig. 1-9: Calmicrinus n. sp., „Mittlere Kalkserie‘‘ (Unternamur?). Fig. 1—5, 7—9 meist + stark angewitterte Stiele von der Seite; Fig. 6 Facette mit rundem, weitem Axialkanal. Fig. 1,4, 8,9: etwa x 1,3; Fig. 2, 3, 6, 7:etwax1,4; Fig.5x 2. Fig. 10,15: Calmicrinus n. sp.? Ex. k und m von der Seite, x 1,4 bzw. 1,2. „Mittlere Kalkserie“ (Unter-Namur?) Fig. 11: Entrochus (Culmicrinns?) sp. 1 aus einer Knolle aus dem „Hangendschiefer“. Zerfal- lener Crinoidenstiel, von der Seite, x 1,6. Ex. n. Fig. 12: Entrochus (Culmicrinus?) sp. 1? aus der gleichen Fundschicht wie Fig. 11. Fig.12 a—b von der Seite in zwei verschiedenen Stellungen, x 1,3 bzw. 1,4; Fig. 12c Facette,x 1,4. Ex! o. Fig. 13—14: Entrochus sp. 2, Ex. p und q, von der Seite. x 1,4. „Mittlere Kalkserie‘“ (Unter- Namur?). Tafel 2 Fig. 14: Stielbau von Scyphocrinus elegans ZEnker, Helderbergian, Cape Girardeau, Missouri. Aus SprınGer 1917. Fig. 1a, 2a und 3: bikonkave Stielglieder (Gelenkfläche und Längsschnitt) schräg von oben; 1a: proximaler, 2a: mittlerer, 3: distaler Stielabschnitt. x 10 (1a reichlich 10 x). Fig. 1 bc, 2 bc und 4 a—b: proximale Gelenkfläche und medianer Längsschnitt durch Stiel- stücke aus dem proximalen, mittleren und distalen Stiel. Fig. 1 b—c x 3, sonst reich- lich 3 x. Weitere Erläuterungen im Text. Tafel 3 Culmicrinus n. sp., Ex.h. Stark vergrößerter Ausschnitt. x 4. Abgrenzung Axialkanal (a)/Ligamenträume (lg) durch Farbunterschiede der Matrix und eine dunkle Linie oder Furche. s das Stereom der Stielglieder. Vergl. auch Tafel 1, Fig. 8. 12 Cr— EL r7 27 7 ai IWW En Mary e 12b Tafel 1 a 1 BERG N MT \ | r Tafel 2 Tafel 3 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 4| 13—21 | München, 31. Dez. 1964 Zum Skelettbau oberjurassischer Kalkschwämme Von WOLFGANG WAGNER, München!) Mit 4 Abbildungen und Tafel 4 Zusammenfassung Der Bau des Skelettes wurde an den Gattungen Corynella, Eusiphonella, Enanlofungia and Peronidella aus dem oberen Weißjura von Süddeutschland unter- sucht. Das Stützskelett besteht aus Tripoden, die von einer Kalzithülle umgeben sind und dadurch zu einem festen Gerüst verbunden werden. Das Dermalskelett von Enanlofungia ist aus Trioden zusammengesetzt. Die untersuchten Kalk- schwämme zeigen im Skelettbau Ähnlichkeit mit den heute noch lebenden Minchinellidae. Ihre systematische Stellung wird erörtert. Summary Caleispongea from the Upper Jurassic of Southern Germany of the genus Corynella, Eusiphonella, Enaulofungia, and Peronidella have been studied as to the structure of the skeleton. The main skeleton consists of Tripods, which are enve- loped in, and cemented together by, a calcitic crust. The dermal skeleton of Enaulofungia is composed of Triods. The structure of the skeleton of the Calcis- pongea being studied is similar to that of the Minchinellidae, which are still existing. The systematic position of the Calcispongea examined is discussed. Inhalt IsBichencerAnsichtenuberdenBaurderPhatetromenfasern a a er 14 2. Beobachtungen am Stützskelett oberjurassischer Kalkschwämme . . . . 2.2.2.2 .. 15 EuEuntebunp detSkelettfäsern ur u... „..\snnenee al erlernte ie 17 HeBrobachtingenam Dermalskeletee . 2 20 ee een tee 18 5. Systematische Stellung der untersuchten Kalkschwämme . . . 2... 2.2.2.2... 18 BERNOLEERLVErZEICHDISWE ER ee ende en are ner eh Sale re ee 20 a ee Eee Bee ee alte 21 1) Dipl.-Geol. Dr. W. WAGNER, 83 Landshut, Marienplatz 11. 15 1. Bisherige Ansichten über den Bau der Pharetronenfasern Bei fossilen Kalkschwämmen ist als auffälligste Feinstruktur meist schon mit bloßem Auge ein Gewebe aus unregelmäßig gekrümmt verlaufenden und anastomisierenden Faserzügen zu erkennen, den ‚„Pharetronenfasern‘. ZITTEL (1878, S. 103 £.) stellte als erster umfangreiche mikroskopische Untersuchungen dieser Fasern an und konnte darin Stabnadeln, dreistrahlige und vierstrahlige Nadeln entdecken. ZırtEu belegte die fossilen Kalkschwämme, die ein aus Fasern zusammengesetztes Skelett besitzen, mit dem Namen Pharetronen. Das Skelett der Pharetronen wurde dann von einer Reihe von Autoren untersucht. Die wichtigsten einschlägigen Arbeiten sollen kurz angeführt werden. STEINMANN (1882, S. 185) beobachtete, daß die Skelettelemente der Phare- tronen „mehr oder weniger enge aneinander und parallel mit der Oberfläche der Skelettfasern gelagert im fossilen Zustand in eine Kalkmasse eingebettet liegen, deren ursprüngliche Beschaffenheit... nur eine kalkige oder hornige... gewesen sein kann“. Im Gegensatz zu STEINMANN hält Dunıkowsky (1883, S. 299) die Fasern der meisten Pharetronen nicht für ursprüngliche, sondern lediglich durch die Fossili- sation bedingte Gebilde. Nach seiner Ansicht sind die Fasern dadurch entstanden, daß bei der Fossilisation ein Teil der Kalzitnadeln aufgelöst, die übrigen Nadeln miteinander verbunden wurden. Hınpe (1882, 1887—1912) bestätigt den Aufbau des Skelettes der Phare- tronen aus einachsigen, dreistrahligen und vierstrahligen Nadeln. Von Bedeutung erscheint die folgende Beobachtung von Hınpe (1887—1912, S. 84): “In some cases there is a relatively large axial spicule in the centre of the fibre, which is enveloped by smaller filiform spicules”. Neue Erkenntnisse über die Mikrostruktur brachten Untersuchungen von DöDpErLEIn (1897) an rezenten, von HrnDE (1900) an tertiären und von WELTER (1910) an cenomanen Kalkschwämmen. Diese drei Arbeiten erhellten in der Hauptsache den Skelettbau einer besonderen Gruppe von Kalkschwämmen, der Lithonina, deren vierstrahlige Nadeln durch Anlagerung von Kalzit miteinander verbunden sind. Eine ausführliche Diskussion des Skelettbaus der Pharetronen enthält eine Arbeit von RAurr (1914) über die Gattung Barroisia. RAUFF schließt sich hierin der Auffassung von Dunikowsky (1883) an, daß die Pharetronenfasern keine ur- sprünglichen Bildungen seien, sondern daß sie erst sekundär, vermutlich durch einen diagenetischen Prozeß, entstanden sind. Die Lithonina gehören nach Ansicht von RAurr (1914, S. 141) nicht zu den Pharetronen. Weitere Beobachtungen über den Skelettbau speziell der jurassischen Calcis- pongea sind bei OrprLiGEer (1929) zu finden. In der Einleitung zu seiner Ab- handlung über die Kalkschwämme des schweizerischen Jura schreibt OPPLIGER 14 (1929, S. 2): „Die großen Drei- und Vierstrahler stellen sich gewöhnlich in der Axe der Fasern ein, während die Randpartien, die Skelettlücken umsäumend, von gebogenen Stabnadeln eingenommen werden.‘ Diese Anordnung zeigt OPPLIGEr in mehreren Schliffbildern, wobei die randlichen Stabnadeln allerdings jeweils nur schwach angedeutet sind. Die genannten Autoren haben übereinstimmend die Beobachtung gemacht, daß die Fasern der Pharetronen drei- und vierstrahlige sowie einachsige Nadeln enthalten. Unterschiedlich sind die Auffassungen darüber, ob die Fasern primär vom lebenden Schwamm oder erst sekundär bei der Fossilisation gebildet wurden. Eine von den älteren Ansichten über den Skelettbau der Pharetronida stark abweichende Theorie veröffentlichte vor kurzem V ACELET (1960). VACELET vergleicht die fossilen Pharetronen mit den rezenten Murrayonidae, welche ein festes kalkiges Stützskelett besitzen, das nicht aus Nadeln zusammengesetzt ist. Nach seiner Ansicht sind die Fasern bei einem Teil der fossilen Pharetronida als Ausfüllungen der Hohlräume zu deuten, die in einem den Murrayonidae entsprechenden Skelett von organischer Substanz eingenommen waren: „Aber sicher handelt es sich auch bei den fossilen Pharetroniden nicht um das primäre Skelett, sondern um den Steinkern der Maschen dieses Skelettnetzes, die ur- sprünglich von der organischen Substanz erfüllt waren‘ (VACELET, 1960, S. 433). 2. Beobachtungen am Stützskelett oberjurassischer Calcispongea Die bisherigen Beobachtungen über den Skelettbau der fossilen Calcispongea beruhen fast ausschließlich auf der Untersuchung von Dünnschliffen. Bei der Bearbeitung von Kalkschwämmen aus dem oberen Weißjura von Süddeutsch- land konnten nun an einigen oberflächlich angewitterten Exemplaren räumlich freiliegende Skelettnadeln entdeckt werden. Das Material, an dem die Nadeln beobachtet wurden, stammt von drei verschiedenen Fundpunkten: Schnaittheim bei Heidenheim a. d. Brenz, Lais- acker bei Neuburg a. d. Donau und Engelhardsberg in Oberfranken. Die Exem- plare gehören folgenden Arten an: Corynella afl. quenstedti ZiytEL, Eusiphonella hemisphaerica (GoLDFUss) (= Myrmecium hemisphaericum GOLDFUSS), Enaulofungia semicincta (QUENSTEDT), Peronidella sp. Bei allen untersuchten Arten zeigt sich im wesentlichen das gleiche Bild. Das Stützskelett wird von Dreistrahlern aufgebaut, deren Strahlen eine flache Pyramide bilden. Die Nadeln sind mit Raurr (1893—94, S. 149) demnach als Tripode zu bezeichnen. Es kommen reguläre Tripode mit 3 gleich langen Armen und sagittale Tripode vor, bei denen ein längerer Hauptstrahl von 2 gleich langen Neben- strahlen unterschieden werden kann. Die Strahlen sind gerade oder leicht ge- bogen und am Ende zugespitzt. Die Länge der Arme beträgt 0,17—0,35 mm. Der Hauptstrahl der sagittalen Tripode kann bis 0,45 mm lang werden. 2 15 Oft ist ein 4. Strahl als kleiner Dorn angedeutet, doch konnte nirgends eine Nadel mit einem voll ausgebildeten 4. Strahl beobachtet werden. Die Spitzen der Strahlen berühren gewöhnlich den Arm eines benachbarten Tripods. Oft ist die Spitze umgebogen und legt sich seitlich an den anderen Arm an. Die Tripode sind aber nur in den wenigsten Fällen unmittelbar zu schen. Fast immer werden sie von einer dünnen Hülle aus Kalzit umgeben. Die Hülle ist 0,02—0,04 mm dick. Die etwa 0,05 mm dicken Arme werden durch die Um- krustung zu Fasern von 0,1—0,25 mm Durchmesser verdickt. Abb. 1a—c: Enanlofungia semicinta (QuEnsteor), ob. Weißjura, Schnaittheim bei Heidenheim a. d. Brenz (1952 XV 553). a. Partie des Stützskeletts aus miteinander verbundenen Tripoden. Die Arme sind teil- weise durch die umhüllende Kalzitkruste verdickt. x 50. b) Einzelne Tripode des Stützskeletts. x 50. c) Fasern des Stützskeletts. Die Kalzithülle ist an einer Stelle aufgebrochen, so daß ein in der Achse der Fasern gelegenes Tripod sichtbar wird. x 50. Im Dünnschliff läßt sich erkennen, daß die Hülle aus mehreren, gewöhnlich 2-4, konzentrisch angeordneten Lagen besteht, die parallel zu den Armen der Nadeln verlaufen. Die Dicke dieser Lagen beträgt größenordnungsmäßig 0,01 mm. Die einzelnen Lagen lassen sich optisch nicht weiter auflösen. Die Unter- suchung im Polarisationsmikroskop zeigt, daß die optischen Achsen der sub- mikroskopischen Kristallite senkrecht zur Oberfläche der Kalzithülle liegen. Die Kristallite sind also radial angeordnet. Dabei liegen die einzelnen Lagen einer Hülle optisch nicht in derselben Ebene. Bei den untersuchten Exemplaren ist an einigen Stellen bei der Anwitterung die Hülle aufgebrochen, so daß die darin liegenden Dreistrahler sichtbar sind (siehe Abb. 1c und 3). Durch die Umkrustung können die Tripode des Stützskeletts nicht mehr einzeln unterschieden werden. Es entsteht ein scheinbar regelloses Fasergeflecht. Die Fasern stoßen, wie RAurr (1893, S. 182) schreibt, gewöhnlich in „Dreiwegen“ zusammen. Ein solcher „Dreiweg“ ist das umkrustete Zentrum eines Tripods. 16 Die Faserabschnitte zwischen zwei Knoten sind gewöhnlich länger als die Arme der Dreistrahler, da daran meist 2 miteinander verbundene Strahlen von benach- barten Tripoden beteiligt sind. Das Stützskelett der untersuchten oberjurassischen Pharetronida besteht also aus Tripoden, die von einer Kalzithülle umgeben sind. Durch diese Hülle werden die Tripode fest miteinander verbunden. In ähnlicher Form erfolgt die Verbin- dung der Skelettelemente bei vielen Hyalospongea durch Anlagerung von SiO,. Hınpe (1887—1912) bildet mehrere Schnitte durch die Fasern von Phare- tronen ab, an denen genau wie bei den oben beschriebenen Exemplaren zu er- kennen ist, daß die Nadeln von einer Kruste aus mehreren dünnen Lagen um- geben sind (z. B. bei Folcospongia floriceps, Taf. 16, Fig. 6c, Elasmostoma palmatum, Taf. 17, Fig. 9c). Auch bei OprLiGer (1929) finden sich Schliffbilder, die so ge- deutet werden können. Kleine gebogene Stabnadeln, welche — wie Hmnpe (1887—1912, S. 84) und OPpPrLiGEr (1915, S. 2) angeben — die großen Drei- und Vierstrahler umgeben sollen, konnten an dem untersuchten Material nicht entdeckt werden. Nach den Ausführungen von OPPrLiGEr (1929, S. 2) „ist nicht selten an den Rändern der Fasern um die Skelettlücken herum eine faserige Struktur zu erkennen, welche gebogene Stabnadeln vortäuschen kann“. Ob die Beobachtung der Stabnadeln in allen Fällen auf einer solchen Täuschung beruht, oder ob die äußere Kruste der Fasern bei manchen Pharetronen tatsächlich von Stabnadeln gebildet wird, kann hier nicht entschieden werden. 3. Entstehung der Skelettfasern Die Frage nach der Entstehung der Pharetronenfasern spitzt sich nun darauf zu, ob die Kalzithülle um die einzelnen Nadeln vom lebenden Schwamm ausge- schieden wurde, oder ob sie entsprechend der Ansicht von Dunıkowsky (1883) und Raurr (1914) durch einen anorganischen Prozeß gebildet wurde. WELTER (1910, S.46 f.) hat Argumente für die primäre organische Natur der Fasern angeführt, die gleichermaßen speziell auf die Kalzithülle um die Nadeln bezogen werden können. Für eine primäre organische Bildung spricht die Gleichartigkeit, mit welcher die Kalzithülle im ganzen Stützskelett eines Schwammes und auch bei Schwämmen von verschiedenen Fundorten auftritt. Auch kann die Tatsache, daß die Hülle regelmäßig aus mehreren Schichten aufgebaut ist, schwerlich durch eine sekundäre, anorganische Umkrustung gedeutet werden. Am wahrscheinlichsten läßt sich die Entstehung der Fasern bei den unter- suchten Kalkschwämmen so erklären, daß die Nadeln ganz ähnlich wie bei den rezenten Gattungen Pe/rostroma und Minchinella als freie Dreistrahler gebildet wurden und dann durch eine vom lebenden Schwamm ausgeschiedene Kalzit- hülle miteinander verschmolzen sind. Das Stützskelett von Pefrostroma besteht aus zunächst freien Vierstrahlern, die miteinander verschmelzen, „indem die einander benachbarten Arme sich dicht = 17 aneinander legen und... von einer gemeinsamen Kalkhülle umgeben werden, die die verschmolzenen Strahlen als ein einheitliches Gebilde erscheinen läßt“ (DÖDERLEIN, 1897, S. 22). Auch bei Minchinella besteht das Stützskelett aus Vier- strahlern, die durch ein Art Zement miteinander verschmolzen sind. Kırk- PATRICK (1908, S. 508) schreibt hierüber: “The cement covers the whole spicule, which can be dimly discerned in the axes of the strands of the networks“. Dieser Zement wird, wie KIRKPATRICK (1908, S. 509) feststellen konnte, von besonderen Zellen, den Telmatoblasten, gebildet. Die große Ähnlichkeit, die zwischen den untersuchten oberjurassischen Kalkschwämmen und Petrostroma und Minchinella im Skelettbau besteht, recht- fertigt die Annahme, daß das Stützskelett in der gleichen Weise gebildet wurde. Abb. 2—3: Corynella aff. quenstedti Zırrer, ob. Weißjura, Laisacker bei Neuburg a. d. Donau. 2: Tripode des Stützskeletts, an den Spitzen durch Anlösung abgerundet. (1957 II 216). x 50. 3: Zentrum eines Tripods in einer aufgebrochenen Kalzithülle (1957 II 220). x 100. Abb. 4: Enanlofungia semicincta (QuEnsteor), ob. Weißjura, Schnaittheim bei Heidenheim a. d. Brenz (1952 XV 553). Triode des Dermalskeletts, teilweise unvollständig er- halten. x 50. 4. Beobachtungen am Dermalskelett Das Dermalskelett konnte an 2 Exemplaren von Zinaulofungia semicincta (QuUENSTEDT) aus dem Weißjura Zeta von Schnaittheim bei Heidenheim a. d. Brenz beobachtet werden. Bei dieser Art ist ein großer Teil des Schwamm- körpers mit einer dichten Deckschicht überzogen. Diese Deckschicht besteht aus miteinander verfilzten kleinen Dreistrahlern, deren Arme in einer Ebene liegen oder eine ganz stumpfe Pyramide bilden. Nach der Nomenklatur von RAUFF (1893—94, S. 149) sind sie als Triode zu bezeichnen. Auch hier kommen reguläre und sagittale Dreistrahler vor, wobei die regulären überwiegen. Die zugespitzten Arme sind meistens zwischen 0,16 und 0,19 mm lang. Als Extremwerte wurden 0,09 und 0,26 mm gemessen. 5. Systematische Stellung der untersuchten Kalkschwämme Unter den rezenten Calcispongea weisen die Gattungen Pefrostroma und Minchinella einen ähnlichen Bau des Stützskelettes auf wie die untersuchten ober- jurassischen Pharetronida. Raurr (1893—94, S. 204) stellt Petrostroma zu der 18 Ordnung Lithonina. Im Skelettbau unterscheiden sich die Lithonina von den oben beschriebenen Kalkschwämmen aus dem oberen Jura im wesentlichen dadurch, daß ihr Stützskelett überwiegend aus Vierstrahlern aufgebaut wird, das der oberjurassischen Pharetronida aus Dreistrahlern. Die Verschmelzung der Nadeln erfolgt auf ganz übereinstimmende Weise. De LAuBEnFELS (1955) unterteilt die Ordnung Pharetronida in die Unter- ordnungen Stereina und Chalarina. Die Stereina entsprechen den Lithonina Raurr, während die übrigen Pharetronida — darunter auch die oberjurassischen Gattungen — den Chalarina zugerechnet werden. Als Kennzeichen für die Stereina gibt DE LAUBENFELS (1955, S. 99) an, daß ein festes Skelett durch Vereinigung der Nadeln an den Spitzen der Strahlen entsteht. Die Chalarina sind dagegen nach DE LAUBENFELS (1955, S. 97) dadurch gekennzeichnet, daß die Skelettzüge von Nadeln gebildet werden, die nicht an den Spitzen verbunden sind. Die Verbindung der Nadeln erfolgt aber, wie oben ausgeführt wurde, bei einem Teil der von DE LAUBENFELS zu den Chalarina gestellten Gattungen auf die gleiche Weise wie bei den Stereina. Bei der Gattung Pefrostroma, welche ursprünglich zur Aufstellung der Lithonina (= Stereina) Anlaß gegeben hat, erfolgt die Verschmelzung der Nadeln an einer beliebigen Stelle der Strahlen (s. DÖDERLEIN, 1910, S. 23), nicht anders als bei den untersuchten oberjurassischen Gattungen. Demnach wäre ein Teil der Gattungen, die DE LAUBENFELS (1955) bei den Chalarina anführt, ebenfalls zu den Stereina zu rechnen. Schon Hınpe (1900, S. 58) hat die Vermutung geäußert, daß bei mehreren jurassischen und cretacischen Pharetronen-Gattungen die Skelettnadeln in der gleichen Weise verschmolzen sind bei wie Petrostroma und Plectroninia, und daß sie daher zu den Lithonina zu stellen sind. Hier soll jedoch die von STEINMANN (1882) durchgeführte Trennung der Pharetronida in die Unterordnungen Sphinctozoa und Inozoa beibehalten werden, welche kürzlich SEILACHER (1962) wieder aufgegriffen hat, und die auch VACELET — nach freundlicher brieflicher Mitteilung — befürwortet. Rezent sind nur die Inozoa bekannt. Die rezenten Pharetronida verteilen sich auf die 3 Familien Lelapiidae, Minchinellidae und Murrayonidae (s. VACELET, 1960, S. 434). Davon sind bisher nur die Minchinellidae, welche den Lithonina (= Stereina) entsprechen, mit Sicherheit fossil nachgewiesen. Ob ein Teil der fossilen Pharetronida den rezenten Murrayonidae entspricht, wie dies VACELET (1960) annimmt, erscheint bisher noch ungewiß. Die Minchinellidae sind durch ein Stützskelett aus verschmolzenen Vier- strahlern gekennzeichnet, bei denen meistens ein Arm als verlängerter Apikal- strahl ausgebildet und zur Oberfläche des Schwammes hin gerichtet ist. Ihnen läßt sich nun eine Gruppe von fossilen Pharetronida gegenüberstellen, deren Stützskelett vorwiegend aus verschmolzenen Dreistrahlern besteht, bei denen naturgemäß kein Apikalstrahl entwickelt ist. Für diese wird der Familienname Elasmostomatidae DE LAUBENFELS (1955) übernommen. 19 In Anlehnung an SEILACHER (1962, S. 783) lassen sich die untersuchten oberjurassischen Kalkschwämme in folgendes systematisches Schema einordnen: Ordnung Pharetronida ZırrEL „Kalkschwämme, deren Nadeln in ein ursprüngliches kalkiges Sklerosom eingebettet sind“ Unterordnung Sphinctozoa STEINMANN „Skelett mit deutlicher Segmentierung“ Unterordnung Inozoa STEINMANN „Skelett ohne deutliche Segmentierung‘““ Familie Minchinellidae Denpy & Row Stützskelett aus verschmolzenen Vierstrahlern mit radial gerichtetem Apikalstrahl Familie Elasmostomatidae DE LAUBENFELS Stützskelett aus verschmolzenen Dreistrahlern Die Familie Elasmostomatidae umfaßt die Gattungen Hlasmostoma, Corynella, Ensiphonella, Enanlofungia, Peronidella. Daß achsiale Dreistrahler für die namen- gebende Gattung Zlasmostoma charakteristisch sind, konnte schon HınDE (1883, S. 193 ff.; 1887—1912, S. 243) nachweisen. Welche weiteren Gattungen zur Fami- lie Elasmostomatidae gehören, und inwieweit Übergänge zwischen einem Skelett aus verschmolzenen Dreistrahlern und aus verschmolzenen Vierstrahlern vor- kommen, können erst weitere Untersuchungen zeigen. Die stammesgeschichtlichen Zusammenhänge sind vorerst noch ungeklärt. Minchinellidae sind seit der Oberkreide bekannt, während die Elasmostomatidae im Jura bereits in weiter Verbreitung vorkommen. Die Gattungen Peronidella und Corynella treten in der Oberkreide noch neben den Minchinellidae auf (s. WELTER, 1910). Möglicherweise sind also die Elasmostomatidae Vorläufer der Minchinel- lidae. Doch müssen auch hier noch weitere Untersuchungen abgewartet werden, da beispielsweise über den Skelettbau der Pharetronida aus der Trias noch sehr wenige Einzelheiten bekannt sind. Herrn Dr. K. Dosen (München) danke ich für Hilfe bei der polarisationsoptischen Unter- suchung. Herrn Dr. A. v. Hırıesranpr (Berlin) verdanke ich die Exemplare aus dem oberen Weißjura von Engelhardsberg. Die untersuchten Exemplare werden in der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München aufbewahtt. Schriftenverzeichnis DöDpERrLein, L., 1897: Über die Lithonia, eine neue Gruppe von Kalkschwämmen. — Zool. Jb., 10, Abt. Systematik, S. 15—32, Taf. 2—6, Jena. Dunıkowsky, E. v., 1883: Die Pharetronen aus dem Cenoman von Essen und die systematische Stellung der Pharetronen. — Palaeontographica, 29, S. 281—324, Taf. 37—40. Kassel. Hınoe, ]J. G., 1883: Catalogue of the fossil sponges in the Geological Department of the British Museum (Natural History). 248 S., 38 Taf. London. Hınpe, J. G., 1887—1912: A monograph of the British fossil sponges. Vol. I. Sponges of the Palaeozoic and Jurassic strata. — (Palaeontogr. Soc. 1886—1911), 264 S., 19 Taf., 7 Abb. London. Hiınpe, G. J., 1900: On some remarkable Calcisponges from the Eocene strata of Victoria (Australia). — Quart. J. geol. Soc., 56, S. 50—66, Taf. 3—5. London. 20 KIRKPATRICK, R., 1908: On two new genera of recent Pharetronid sponges. — Ann. Mag. natur. Hist., (8) 2, S. 503—514, Taf. 13—15. London. LAUBENFELSs, M. W. pe, 1955: Potifera. In: Treatise on Invertebrate Paleontology, E, S. 21—122, Abb. 14-89. New York u. Lawrence. OPpPLIGER, F., 1929: Die Kalkschwämme des schweizerischen Jura. — Abh. schweizer. palaeontol. Ges., 48, 31 S., 4 Taf. Basel. Raurr, H., 1893—94: Palaeospongiologie. — Palaeontographica, 40, S. 1—346, Taf. 1—17. Stuttgart. RAuFF, H., 1914: Barroisia und die Pharetronenfrage. — Paläontol. Z., 1, S. 74—144, Taf. 1—2, 12 Abb. Berlin. SEILACHER, A., 1962: Die Sphinctozoa, eine Gruppe fossiler Kalkschwämme. — Akad. Wiss. Lit., Abh. math.-naturw. Kl. 1961, S. 720—790, 9 Taf., 8 Abb. Mainz. STEINMANN, G., 1882: Pharetronen-Studien. — N. Jb. Mineral. 1882, 2, S. 139—191, Taf. 6—9. Stuttgart. VACELET, J., 1960: Interpretation nouvelle de la fibre des Eponges Pharetronides (Calcispongia) fossiles d’apres les Pharetronides actuelles. — N. ]b. Geol. Paläontol. Mh. 1960, S.433—439. Stuttgart. WELTER, OÖ. A., 1910: Die Pharetronen aus dem Essener Grünsand. — Verh. naturhist. Ver. preuß. Rheinlande u. Westfalen, 67, S. 1—82, Taf. 1—3, 10 Abb. Bonn. ZırıEı, K. A. v., 1878: Studien über fossile Spongien. 3. Abt.: Monactinellidae, Tetractinellidae und Calcispongiae. — Abh. 2. Cl. kgl. bayer. Akad. Wiss., 13, Abt. 2, 48 S., Taf. 11—12. München. Tafelerläuterung Tafel 4 Fig. 1a—c: Enaulofungia semicincta (QuEensteor), ob. Weißjura, Schnaittheim bei Heidenheim a. d. Brenz (Bayer. Staatsslg. 1952 XV 553). a. Stützskelett aus Tripoden. Die glänzenden nicht umkrusteten Tripode heben sich von den darunter liegenden, dickeren Fasern ab. x 20. b. Skelettfasern des Stützskeletts. Bei dem in der Mitte des Bildes von links unten nach rechts oben verlaufenden Balken ist die Kruste aufgebrochen; die ursprünglich darin liegende Nadel ist nicht erhalten. An dem abgebrochenen Balken rechts davon ist ein Teil der dünnen Kruste zu erkennen. x 40. c. Dermalskelett aus Trioden. x 20. Fig. 2a—b: Eusiphonella hemisphaerica (Gowvruss), ob. Weißjura, Laisacker bei Neuburg a. d. Donau (Bayer. Staatsslg., Schliff-Nr. 386 b/63). a. Fasern des Stützskeletts. Zwischen den Fasern hellere runde Skelettmaschen. Um die Skelettmasche oben in der Mitte mehrere konzentrische Lagen der Kalzithülle. Dar- unter (dunkel) 2 Arme eines Tripods. In der Achse der Faser links unten der Arm eines Tripods von etwas dunkleren Lagen der Kruste umgeben. Ein zweiter Arm die- ses Tripods liegt in der Achse der dicken, senkrecht verlaufenden Faser. Polarisiertes Licht. x 100. b. Einzelne Faser des Stützskeletts zwischen zwei Skelettmaschen. Die Achse der Faser wird von dem Arm eines Tripods eingenommen. Rechts von der Nadel sind 4 Lagen der Kruste angeschnitten; links sind 1 bis 3 Lagen zu erkennen. Polarisiertes Licht. Zur Verdeutlichung leicht retuschiert. x 200. 1: Babe U LLRATE Tafel 4 DE r KR N Er) Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 4 | 23—36 | München, 31. Dez. 1964 Kalkschwämme aus dem Korallenkalk des oberen Malm von Laisacker bei Neuburg a. d. Donau Von WOLFGANG WAGNER, München!) Mit 7 Abbildungen und Tafeln 5—7 Zusammenfassung Aus dem Korallenkalk des oberen Weißen Jura von Laisacker werden 6 Arten der Pharetronida beschrieben, welche den Gattungen Zusiphonella, Cory- nella, Enanlofungia und Peronidella angehören. Eine Abgrenzung der vorkommen- den Gattungen auf Grund der Ausbildung ihres Kanalsystems ergibt gegenüber der Einteilung älterer Autoren einige Abweichungen. Die meisten der vorkommenden Arten sind in ihrer Verbreitung auf die Flachwasserfazies des oberen Jura beschränkt. Summary This is a description of 6 species of Pharetronida, belonging to the genera Eusiphonella, Corynella, Enaulofungia, and Peronidella, all of them were collected from the Upper Jurassic coral-reef of Laisacker near Neuburg (Donau). The classification ot the genera represented is based on the structure of their canal- system; this classification partly differs from the systematic arrangements of preceding authors. According to their habitats most of the species found at Laisacker are restricted to shallow water facies of the Upper Jurassic sea. Inhalt Niryelde & 0 Dar ae er, Er SEEN A OLE RER Dr 24 Iapierkamilieselasmostomatidaese. ku re en aueh he ea anne 24 Bas stematscheBeschreibungider Arten a 26 BaVerbteituneidenibeschtiebenen Arten. ee 34 ScHEIHerverzeichnise Watelerklarım peter Re 35/36 1) Dipl.-Geol. Dr. W. Wacner, 83 Landshut, Marienplatz 11. 23 Vorwort Die mit der Beschreibung der Kieselschwämme begonnene Bearbeitung der Spongien aus dem Riffkalk von Laisacker (WAGNER 1963) wird nun mit den Ergebnissen der Untersuchung der Kalkschwämme abgeschlossen. Über die Verbreitung und die paläo-ökologische Bedeutung der Calcispongea von Lais- acker wurde bereits in der genannten Arbeit (WAGNER 1963) berichtet. Die untersuchten Kalkschwämme wurden zum größten Teil bei verschie- denen Besuchen des Steinbruchs in Laisacker im Frühjahr und Sommer 1962 aufgesammelt. Drei Exemplare stammen aus der Sammlung, welche Herr Amt- mann Fruth, Landau a. d. Isar, der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie überlassen hat. Sämtliche untersuchten Exemplare werden in der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München aufbewahrt. | An Vergleichsmaterial standen Originale zu GoLDrFuss und QUENSTEDT aus den paläontologischen Sammlungen der Universitäten Tübingen und Bonn sowie der Bayerischen Staatssammlung in München zur Verfügung. Für die Zusendung von Originalen bin ich Herrn Prof. Dr. H. Hörner, Tübingen, Herrn KorTEk, Tübingen, und Herrn Dr. J. SCHWEITZER, Bonn, zu Dank verpflichtet. Herrn Prof. Dr. R. Deum und Herrn Konservator Dr. K. W. BARTHEL möchte ich hier noch einmal für ihre Unterstützung danken. Herrn Dr. RK. Dosen, München, und Herrn Dipl. Geol. G. Kruse, München, danke ich für Mithilfe bei den Aufsammlungen. 1. Die Familie Elasmostomatidae Sämtliche in Laisacker gefundenen Calcispongea gehören der Familie Elasmostomatidae an. Die Abgrenzung der Familie Elasmostomatidae und ihre Stellung innerhalb der Pharetronida wurde bereits an anderer Stelle (WAGNER 1964) erörtert. Diagnose: Calcispongea, deren Skelett von Dreistrahlern aufgebaut wird, welche durch Anlagerung von Kalzit fest miteinander verbunden sind. ? Während für die Zugehörigkeit zur Familie der Bau des Skeletts ausschlag- gebend ist, läßt sich zur Unterscheidung der einzelnen Gattungen in erster Linie die Organisation des Kanalsystems verwenden. Zırrer (1878) und HınDE (1887—1912) haben daneben noch andere Merkmale zur Abgrenzung der Gattun- gen herangezogen, wie die Weite der Zentralhöhle oder die mehr oder weniger starke Ausbildung einer Deckschicht. Die Weite des Paragasters variiert bei Arten mit gleicher Ausbildung des Kanalsystems außerordentlich stark und wird daher hier lediglich als Artmerkmal angesehen. Unterschiede in der Dicke der Skelettfasern des Stützskelettes konnten an dem untersuchten Material nicht fest- r gestellt werden. Die Entwicklung bestimmter Dermalschichten wird sich viel- leicht bei ausgedehnteren Untersuchungen als wichtiges Kriterium erweisen. Unter den Elasmostomatidae aus Laisacker treten vier verschiedene Typen des Kanalsystems auf, entsprechend vier verschiedenen Gattungen: 1. Eusiphonella (Abb. 1): Die Zentralhöhle läuft seitlich in Radial- spalten aus. Die Zentralhöhle sieht bei diesem Typ von oben sternförmig gezackt aus. Das Kanalsystem besteht aus meist recht kurzen Epirrhysen, die senkrecht zur Oberfläche in die Wand eindringen, und vertikal angeordneten Aporrhysen. Die Aporrhysen durchziehen die Wand hinter und zwischen den Radialspalten und stehen mit diesen durch sehr kleine Öffnungen in Verbindung. Außerdem können sich die Radialspalten noch in horizontale Ausfuhrkanäle fortsetzen. Dieser Typ des Kanalsystems ist besonders deutlich bei Zusiphonella madre- porata ausgeprägt, die bisher zu Corynella gerechnet wurde. Er läßt sich aber auch gut bei der Typusart E. bronnii beobachten. Außerdem ist das Kanalsystem bei „Myrmecidium‘“ hemisphaericum nach diesem Plan gebaut. 2. Corynella (Abb. 2): Die Zentralhöhle setzt sich nicht in Radial- spalten fort; die Paragasterwand ist nicht ausgebuchtet oder durch vertikale Spalten unterbrochen. Die Epirrhysen dringen horizontal in die Wand ein und alternieren mit meist recht langen, geraden oder schwach gebogenen, ebenfalls horizontalen Aporrhysen. Vertikale Ausfuhrkanäle sind nicht vorhanden. Die Aporrhysen münden auf der Wand der Zentralhöhle in ziemlich großen Postiken. Von dem Kanalsystem von Zusiphonella läßt sich dieser Typ leicht dadurch unterscheiden, daß die Wand der Zentralhöhle nicht gezackt oder gefurcht er- scheint und daß sie mit Postiken besetzt ist. Besonders schön läßt sich dies bei Corynella quenstedti und verwandten Arten beobachten. 3. Enaulofungia (Abb. 3): Eine deutlich eingetiefte Zentralhöhle ist nicht ausgebildet, höchstens ein flaches Osculum. Die Epirrhysen dringen von der Oberfläche senkrecht in die Wand ein. Sie überkreuzen sich mit Aporrhy- sen, die in der Mitte des Schwammes vertikal, am Rand gebogen verlaufen. Die Aporrhysen münden zu mehreren in einem Osculum. 4. Peronidella: Eine deutlich eingetiefte Zentralhöhle ist vorhanden. Weder Epirrhysen noch Aporrhysen sind zu erkennen. Die Kanälchen waren so klein, daß sie in den Skelettmaschen Plaz gefunden hatten und deshalb keine Modifizierung des Skelettes verursacht haben. Gegenüber der Einteilung von ZırrEL (1878) ist hier die Abgrenzung von Eusiphonella und Corynella neu. ZITTEL hat offensichtlich das Vorhandensein einer sehr weiten und tiefen Zentralhöhle als kennzeichnendes Merkmal für Zuszpho- nella angesehen, während er dickwandige Arten zu Corynella stellt. ZirtEL (1878, S. 35) schreibt jedoch selbst, daß die Magenhöhle bei Corynella sehr veränderlich ist. 25 23 Abbildungserläuterungen Abb. 1—3: Schematische Darstellung von verschiedenen Typen des Kanalsystems oberjurassi- scher Pharetronida. 1: Eusiphonella bronnii (MÜNSTER), a: Querschnitt, b: Längsschnitt; 2: Corynella quenstedti ZIrTEL, a: Querschnitt, b: Längsschnitt; 3: Enanlofungia glomerata (QUENSTEDT), a: Querschnitt, b: Längsschnitt. Alle Abb. etwa 2 x nat. Gr. 2. Systematische Beschreibung der Arten Eusiphonella ZivrEL, 1878 (Subjektive Synonyme: Myrmecium GoLDFUuss, 1826; Myrmecidium \INASSA, 1901) Zylindtische oder kugelige Schwämme mit tiefer Zentralhöhle, die sich seitlich in Radialspalten fortsetzt. Wand von Vertikalkanälen durchzogen. Außenseite mit kleinen Ostien. Die Basis, zum Teil auch die Außenseite mit einer dichten Deckschicht überzogen. Typusart: Zusiphonella bronnii (MÜNSTER); des. HınDE, 1893 (S. 219). Die Gattung Myrmecidium wird hier als subjektives Synonym von Eusipho- nella angesehen, da sie den gleichen Bau des Kanalsystems aufweist. Die mehr rundliche Gestalt und die engere Zentralhöhle bei Myrmecidium stellen keine aus- reichenden Unterschiede zur Abtrennung einer Gattung dar. Ob sich Zusiphonella und Myrmecidium als Untergattungen auseinanderhalten lassen, kann erst eine Revision der bekannten Arten zeigen. Die Radialspalten sind meist als feine Einschnitte in der Wand der Zentral- höhle zu sehen. Am besten lassen sie sich im Querschnitt erkennen als stern- förmig von der Zentralhöhle ausgehende Hohlräume. Da die Radialspalten nicht genau in einer horizontalen Ebene verlaufen, täuschen sie in Längsschnitten meist Horizontalkanäle vor, sofern sie überhaupt getroffen werden. Eusiphonella ist vorwiegend im oberen Jura von Mittel- und Westeuropa und im Dogger von England verbreitet. Myrmecidium (2) hindei Vınassa (1901) aus der Trias dürfte nach dem Kanalsystem eher zu Coorynella gehören. 26 Eusiphonella bronnii (MÜNSTER) Taf. 5, Fig. 1a—c, 2, 3; Abb. 1 Diagnose: Kleine zylindrische oder stumpf kreiselförmige Schwämmchen, die meistens in Stöckchen wachsen. Die weite und tiefe Zentralhöhle mündet in dem abgestutzten Scheitel und setzt sich seitlich in kurze Radialspalten fort. Die Wand wird von sehr kleinen Vertikalkanälen durchzogen; auf der Außenseite stehen ziemlich dicht nadelstichartige Ostien. v*1829 Scyphia Bronnii Münster—Gowpruss, Petr. Germ., S. 91, Taf. 33, Fig. 9a (von Taf. 33, Fig. 9b) 1858 Scyphia Bronnii — QuEnsteor, Jura, S. 697, Taf. 84, Fig. 20 1877 Scyphia Bronnii — QuEnstept, Schwämme, S. 183, Taf. 124, Fig. 7, 8, 10—13 1878 Eusiphonella Bronni Münsr. GoLpr. — Zırrer, Studien III, S. 35 Lectotypus: Scypbia bronnii MÜNSTER, 1826, Taf. 33, Fig. 9a. In der Bayeri- schen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München befinden sich zwei Originale zu Münster, 1824, Taf. 33, Fig. 9a aus dem oberen Weißjura von Nattheim. Von diesen wird das auf Taf. 5, Fig. la—c neu abge- bildete Exemplar (AS VII 254), welches im Habitus mit der Originalabbildung besser übereinstimmt, hier als Lectotypus ausgewählt. Der Lectotypus besteht aus einem insgesamt 37 mm breiten Stock, von dem 12 Individuen aus dem Gestein herausragen. Die einzelnen Individuen hängen an der Wurzel zusammen; sie sind 9—14 mm lang; ihr Durchmesser beträgt am Scheitelrand 5—7,6 mm. Am Scheitel ist die Zentralhöhle 1,2—1,3 mm weit, die Wand 2,1—2,9 mm dick. Aut der Oberfläche der Außenseite stehen ziemlich dicht 0,14-0,20 mm weite Ostien. Die Basis des Stockes und der unterste Teil mancher Individuen sind von einer glatten Deckschicht überzogen. Das Exemplar ist verkieselt; einzelne Nadeln sind daher nicht erhalten. Das andere Original zu Münster (AS VII 255) ist ein Stöckchen aus 4 Indi- viduen; ein 5. Individuum scheint abgebrochen zu sein. Die Länge der Individuen beträgt 24,5— 27,5 mm, ist also größer als beim Lectotypus. Äußere Form und Kanalsystem entsprechen ganz denen des Lectotypus. Der Durchmesser der Individuen beträgt am Scheitelrand um 7,5 mm. Material aus Laisacker: Aus Laisacker liegen 7 kleine, nach unten konisch zulaufende, meist leicht gebogene Exemplare vor (1957 II 180—186), teilweise sicher Bruchstücke von Stöckchen. Die Länge der einzelnen Individuen beträgt 9,5—19 mm, ihr größter Durchmesser 5—18 mm. Die Zentralhöhle ist im Scheitel 1,1—2,1 mm weit. Die Erhaltung ist bei allen Exemplaren nicht sehr günstig. Einzelene Tripode sind undeutlich zu erkennen. Unterschiede: Eusiphonella bronnii unterscheidet sich von anderen Arten der Gattung Eusiphonella durch die zylindrische Gestalt, die relativ geringe Größe und den kleinen Durchmesser. 27 Verbreitung: Sicher zu FE. bronnii gehörige Stücke waren bisher nur aus dem oberen Weißjura von Nattheim bekannt. Als E£. bronnii bezeichnete Exem- plare aus älteren Weißjurastufen (z. B. GoLpruss, 1824, Taf. 33, Fig. 9b) sind durchwegs deutlich länger und dürften einer selbständigen Art angehören. Eusiphonella hemisphaerica (GOLDFUSS) Taf. 5, Fig. 4a—b, 5a-b, 6, 7: Abb. #5 Diagnose: Kleine, rundliche Schwämme mit enger und tiefer Zentral- höhle, die sich in schmale Radialspalten fortsetzt; meist einzeln oder als Stöckchen aus einigen deutlich getrennten Individuen. 1808 Alcyonite — Parkınson, Org. remains, S. 184, Taf. 10, Fig. 7—9 v*1826 Myrmecium hemisphaericum nobis — Goupruss, Petr. Germ., S. 18, Taf. 6, Fig. 12a —c v 1826 Chemidium rotula nobis — Goıpruss, Petr. Germ. S. 16, Taf. 6, Fig. 6, 6a, 6b 1857 Spongites rotula — QuEnsteor, Jura, S. 667, Taf. 81, Fig. 831 —84 1877 S'pongites rotula (mit rotula biretiformis, foliata, cylindrata, coniformis, pedunculata, longiceps) — QueEnstept, Schwämme, S. 234—244, Taf. 126, Fig. 1—41 1878 Myrmecium hemisphaericum GoLDr. — Zırrer, Studien III, S. 128 Holotypus: Myrmecium hemisphaericum GoLprFuss, 1826, Taf. 6, Fig. 12. Der Holotypus stammt aus dem mittleren Weißjura von Thurnau in Ober- franken und wird in der paläontologischen Sammlung der Universität Bonn (Sammlungs-Nr. 71) aufbewahrt. Die Abbildung bei GoLpDrFuss ist recht natur- getreu. Der 8 mm hohe und maximal 12,5 mm breite Schwamm liegt in ver- kieselter Erhaltung vor. Der Paragaster ist 1 mm weit. Vom Skelett sind einzelne Tripode stellenweise noch undeutlich zu erkennen. Material aus Laisacker: 120 Exemplare (1957 II 11; 1957 II 187—200). Höhe und Durchmesser der Schwämmchen betragen durchschnittlich 10—15 mm. Meist übertrifft die Höhe den Durchmesser ein wenig. Die Exemplare aus Laisacker erreichen eine Höhe von 22,5 mm, eine maximale Dicke von 16 mm. Die Schwämmchen werden von einem engen und mehr oder weniger tiefen Paragaster durchzogen, dessen Weite 0,8—1,5 mm beträgt. An der Mündung erweitert sich die Zentralhöhle zu einem bis 3 mm weiten Osculum. Der Para- gaster durchzieht den Schwamm meist fast bis zur Basis. Die Oberfläche ist von winzigen, 0,13—0,19 mm weiten Ostien durchbohrt. Die geraden oder leicht gebogenen Radialspalten sind 0,15—0,28 mm weit und dringen ziemlich tief in die Wand ein. Nach außen setzen sie sich in dünnere Radialkanäle fort, die häufig verzweigt sind und bis nahe zur Außenwand reichen. Außerdem wird die Wand von winzigen Vertikalkanälchen durchzogen. In Vertikalschnitten durch die Zentralhöhle werden die Radialspalten meist nicht getroffen. In vertikalen Tangentialschnitten treten sie als schmale, ziemlich gerade verlaufende Hohlräume in Erscheinung. In schräg durch die Zentral- höhle gelegten Schnitten spaltet sich diese scheinbar nach unten in mehrere 28 Kanäle auf (s. Taf. 5, Fig. 7). In schrägen Schnitten können die Radialspalten auch als gewundene Horizontalkanäle erscheinen. Dabei ist zu beachten, daß die Zentralhöhle nicht unbedingt gerade den Schwamm durchzieht, sondern meist etwas gebogen verläuft. Bei den Exemplaren aus Laisacker ist die Oberfläche gewöhnlich in Kalzit umkristallisiert. Die Deckschicht, welche den unteren Teil der Schwämmchen überzogen hat, ist an keinem Stück mehr erhalten. Unterschiede: Eusiphonella hemisphaerica unterscheidet sich von anderen Eusiphonella-Arten aus dem Malm durch die kugelige Gestalt, vor allem durch den gerundeten Scheitel. Vorkommen: Eusiphonella hemisphaerica ist vor allem im mittleren Malm von Süddeutschland und der Schweiz verbreitet; die Art ist aber auch aus dem höheren Malm bekannt (siehe z. B. Enger, 1908, S. 453). Im unteren Weißjura scheint sie zu fehlen. Abb. 4-5: Eusiphonella hemisphaerica (GoLpFuss), Weißjura Zeta 1, Laisacker. 4: Querschnitt (1957 II 197), x 2. 5: Quer- und Längsschnitt; Längsschnitt tangential zum Paragaster, so daß die Radial- spalten angeschnitten sind. (1957 IL 198), x 2. Abb. 6—7: Eusiphonella madreporata (QuENSTEDT), Weißjura Zeta 1, Laisacker. 6: Längsschnitt; Paragaster im unteren Teil schräg angeschnitten, so daß die seitlich vom Paragaster ausgehenden Radialfurchen diesen scheinbar nach oben fortsetzen. (1957 11210),x 2. 7: Querschnitt (1957 11 209), x 2. Eusiphonella madreporata (QUENSTEDT) Taf. 6, Fig. 3, 44—b, 5—8; Abb. 6, 7 Diagnose: Knollige Stöckchen mit zwei oder mehr Oscula. Die Einzel- individuen sind nur durch rundliche Erhebungen angedeutet und gehen inein- ander über. Die Oscula setzen sich seitlich in Radialspalten fort. 1829 Cinemidium astrophorum Münster — GoLpruss, Petr. Germ. S. 97, Taf. 35, Fig. 12 1857 Spongites astrophorus — QuEnsSTEDT, Jura, S. 696, Taf. 84, Fig. 12 v*1877 Madrespongia madreporata — QuEnsteot, Schwämme, S. 212, Taf. 124, Fig. 70—72 1878 Corynella madreporata Quenst. — Zitter, Studien III, S. 37 1883 Corynella madreporata Quenst. — HınDe, Catalogue, S. 181 1929 Corynella madreporata Quenst. — OprLiGer, Kalkschwämme schweiz. Jura, S. 22 29 Lectotypus: Madrespongia madreporata (QUENSTEDT, 1877, Taf. 124, ee Hal: (Detailabbildung Taf. 6, Fig. 8 der vorliegenden Arbeit). Von den drei Exemplaren, die QuEnstepr (1877, Taf. 124) abgebildet hat, wird hier Fig. 71 als Lectotypus ausgewählt. Das Original stammt aus dem oberen Weißen Jura von Nattheim und wird in der paläontologischen Sammlung der Universität Tübingen aufbewahrt. Das 27 mm hohe und maximal 48 mm breite Stöckchen trägt, wie QUENSTEDT (1877, S. 125) beschrieben hat, auf der Oberseite 18 Oscula. Kanalsystem: Das Kanalsystem läßt sich besonders schön an den von QuensteEpt (1877, Taf. 124, Fig. 70—72) abgebildeten Originalen aus Nattheim beobachten: Die Oscula sind 1—2 mm weit, teilweise durch Abreibung sekundär noch etwas erweitert. Sie liegen im Zentrum von kleinen rundlichen 10—15 mm breiten Erhebungen. Die Wand der einzelnen Erhebungen ist 4—7 mm dick. Um jedes Osculum gruppieren sich 8&—14 deutlich erkennbare Radialspalten. Diese sind etwa 0,3 mm weit und werden durch ungefähr ebenso breite Wandvorsprünge getrennt. Die Spalten reichen bis 2 mm tief in die Wand hinein (vgl. Tab. 6, Fig. 6,7). Die Wand wird von 0,08—0,15 mm weiten Vertikalkanälen durchzogen, die durch winzige, 0,05 mm weite Öffnungen mit den Radialspalten in Verbindung stehen. Die Oberfläche ist dicht mit 0,2—0,4 mm weiten Ostien besetzt. Skelett: Eine besondere Anordnung der Skelettfasern ist nicht zu er- kennen. An den Wänden der Radialspalten sind die Fasern verbreitert und bilden eine sehr dichte Wand, die nur durch winzige Kanalöffnungen durchbrochen wird. Material aus Laisacker: Die Art tritt in Laisacker recht häufig auf. Es wurden 27 Stöckchen (1957 11 201—211) getunden mit je 2—5 Oscula. Die Oscula erscheinen durch sekundäre Kristallisation oft sehr eng, doch zeigt sich im Anschliff, daß sie wie bei den Exemplaren aus Nattheim ursprünglich 1—2 mm weit waren. Die einzelnen Köpfchen sind 7—14 mm breit. Die Stöckchen sind 10—18 mm hoch und je nach der Anzahl der Köpfchen bis 30 mm breit. Beziehungen und Unterschiede: Bruchstücke von Einzelindividuen von Eusiphonella madreporata lassen sich kaum von E. hemisphaerica unterscheiden, so dal} man fast versucht ist, Z. madreporata als stockförmige Wachstumsform der gleichen Art anzusehen. Bei E. madreporata ist jedoch nie eine Trennung in ein- zelne Individuen zu erkennen. Der Bau des Kanalsystems entspricht vollkommen dem von FE. hemisphaerica. Die Oscula sind etwas weiter als die Zentralhöhle bei E. hemisphaerica. Außerdem sind die Radialspalten deutlicher ausgeprägt. Jeden- falls dürfte X. madreporata sehr nahe mit E. hemisphaerica verwandt sein. Verbreitung: Zusiphonella hemisphaerica ist aus dem oberen Weißjura der Schwäbischen Alb und dem Oxfordien des Schweizer Jura bekannt. 30 Corynella ZiTTEL, 1878 Zylindrische oder keulenförmige Schwämmchen mit mäßig weiter und ziemlich tiefer Zentralhöhle. Auf der Wand der Zentralhöhle münden zahlreiche gerade Horizontalkanäle. Typusart: Corynella foraminosa (GOLDFUSss); des. HınDe, 1883 (S. 179). Corynella ist im Jura und in der Kreide mit zahlreichen Arten vertreten. Ob die Arten, welche ZırtEL (1878, S. 36) und Hınpe (1883, S. 178 f.) aus der Trias anführen, tatsächlich zu Corynella gehören, läßt sich erst bei einer Neubearbeitung dieser Schwämme beurteilen. Corynella aff. quenstedti (ZYV TEL) Taf, 6,, Big. 14/2: Abb.2 Material aus Laisacker: 6 Exemplare (1957 II 90, 1957 II 216— 220). Beschreibung: Die äußere Form der Schwämme ist kurz zylindrisch mit rundem Querschnitt. In dem gerundeten oder abgeflachten Scheitel mündet die ziemlich tiefe Zentralhöhle. Die vorliegenden Exemplare sind 15 bis über 30 mm hoch und 13—21 mm dick. Die Zentralhöhle ist an der Mündung 2—5 mm weit und verengt sich nach unten nur langsam. Da sämtliche Exemplare oberflächlich umktistallisiert sind, lassen sich die Östien nirgends beobachten. Im Anschliff zeigt sich jedoch, daß von der Ober- fläche 0,13—0,16 mm weite Epirrhysen 1—2 mm tief in die Wand eindringen. Bedeutend länger sind die Aporrhysen, die vom äußeren Drittel oder der Mitte der Wand ausgehend gerade oder leicht gebogen radial zur Zentralhöhle hin ver- laufen. Die Aporrhysen sind 0,16—0,45 mm weit und münden auf der Wand der Zentralhöhle in mehr oder weniger deutlich zu Reihen angeordneten Postiken. Das Skelett besteht aus 0,09—0,13 mm dicken Fasern, die von verschmol- zenen Tripoden gebildet werden. Die Arme der Tripode sind 0,02—0,03 mm dick und gewöhnlich 0,16—0,22 mm lang. Die größte beobachtete Länge eines Armes beträgt 0,29 mm. Beziehungen und Unterschiede: Die Exemplare schließen sich an die Formen an, die ZırrEL (1878) als Corynella quenstedti zusammengefaßt hat. ZITTEL (1878, S. 36) bezieht sich dabei auf eine Reihe von Abbildungen bei QUENSTEDT (1877, Taf. 124, Fig. 58—64) von Schwämmen aus dem oberen Weißjura der Schwäbischen Alb mit rundlicher bis zylindrischer Gestalt und mit rundem oder kantigem Querschnitt. Ob es sich hier tatsächlich um verschiedene Variationen der Wachstumsform innerhalb derselben Art handelt, läßt sich nur an Hand eines umfangreicheren Materials entscheiden. Andere Corynella-Arten des süddeutschen oberen Jura unterscheiden sich von diesen Formen, die sich jedenfalls um C. quenstedti gruppieren, durch aus- geprägte Längskanten oder seitlich eingedrückte Gestalt. Zu dem Formenkreis um C. guenstedti gehören sicher auch die von OPpr- LIGER (1929) als C. quenstedti und C. aspera bezeichneten Exemplare aus dem unteren bis mittleren Malm der Schweiz. Nach Oppriger (1929, S. 22) unterscheidet sich C. aspera von C.. quenstedti durch Furchen am Scheitel. Da diese Furchen jedoch lediglich offene Radialkanäle darstellen, läßt sich dieses M erk- mal kaum zur Abtrennung einer Art verwenden, und OrrriGer (1929, S. 22) äußert auch selbst, „daß man über die Zuteilung zur einen oder andern Art in starke Zweifel geraten kann“. Da eine Artabgrenzung innerhalb der zylindrischen Corynella-Formen des oberen Jura bisher noch nicht möglich ist, werden die Exemplare aus Laisacker vorläufig als C. aff. quenstedti bezeichnet. Manche Exemplare sehen äußerlich großen Individuen von Eusiphonella hemisphaerica recht ähnlich. Sie unterscheiden sich davon durch die etwas weitere Zentralhöhle und vor allem durch das Fehlen von Radialspalten. Auch schlechter erhaltene Exemplare lassen erkennen, daß in die Zentralhöhle einzelne Radial- kanäle münden, und daß sie sich nicht in offene Spalten fortsetzt. Enaulofungia FROMENTEL, 1859 (— Holcospongia HınDE, 1893) Kugelige, keulenförmige oder scheibenförmige kleine Schwämme, die ein- zeln oder in Stöcken wachsen. In einem flachen Osculum münden mehrere Aus- fuhrkanäle. Über den gerundeten Scheitel ziehen radial vom Osculum ausgehende Furchen. Die Basis der Schwämmchen ist mit einer Deckschicht überzogen. Typusart: Zinanlofungia corallina FROMENTEL, 1859. Enanlofungia ist durch zahlreiche Arten im unteren bis oberen Jura von Süd- deutschland, Frankreich und England vertreten. De LAausenrers (1955, S. 97) führt Enaulofungia bei der Familie Szellispongiidae an. Das Skelett von Stellispongia ist jedoch nicht aus dreistrahligen Nadeln aufgebaut wie bei Znanlofungia, sondern aus winzigen einachsigen Nadeln (siehe Sreınmann 1882, S. 180, Taf. 9, Fig. 2). Die Ähnlichkeit der äußeren Form kann daher nicht als Zeichen näherer Verwandschaft angesehen werden (siehe auch RaAuvrr, 1938, S. 198 f.). Enanlofungia glomerata (QUENSTEDT) Taf. 7, Fig. 1, 2a—b, 3a—b, 4; Abb. 3 Diagnose: Kleine, rundliche Einzelschwämmchen oder Stöckchen. Im Scheitel oder an mehreren Stellen der Oberfläche münden in einem sehr flachen Osculum nebeneinander zahlreiche Aporrhysen. Von diesen Postikenhaufen gehen sternförmig mehrere Furchen aus. 1847 Chnemidium stellatum GoLDFUss — MICHELIN, Icon. zooph., S. 115, Taf. 26, Fig. 8 v*1858 Spongites glomeratus — QUENSTEDT, Jura, S. 695, Taf. 84, Fig. 10, 11 1864 Didesmospongia Thurmanni Er. — ETALLoN, Lethaea brunt., S. 423, Taf. 59, Fig. 3 1864 Astrospongia rugosa Er. — ETALLON, Lethaea brunt. S. 425, Taf. 59, Fig. 10 1877 Spongites glomeratus — QUENSTEDT, Schwämme, S. 223, Taf. 125, Fig. 27—32, 36, 38, 40—44, 46, 50—54 1878 Stellispongia glomerata QUENST. — ZITTEL, Studien Ill, S. 40 32 ER 1883 Szellispongia glomerata QuENST. — HINDE, Catalogue, S. 187 1893 Holcospongia glomerata QuEnsTEDr — HınDe, Brit. foss. sponges, S. 228, Taf. 17, Fig. 1, 1a Lectotypus: Spongites glomeratus QUENSTEDT, 1858, Taf. 84, Fig. 10 (Detail- abbildung Taf. 7, Fig. 1 der vorliegenden Arbeit). Von den beiden Exemplaren, die QuEnstepr (1858, Taf. 84, Fig. 10, 11) als Spongetes glomeratus abgebildet hat, wird hier das besser erhaltene (Fig. 10) als Lectotypus ausgewählt. Das Original stammt aus dem oberen Weißen Jura von Nattheim und wird in der paläontolo- gischen Sammlung der Universität Tübingen aufbewahrt. Der Lectotypus ist ein 27 mm hohes und maximal 37 mm breites Stöckchen mit 7 rundlichen Erhebungen, die je ein Osculum tragen. Eine dieser Erhebungen ist fast ganz abgerieben. Das Stöckchen ist an der Basis mit Deckschicht überzogen und mit einem kurzen, seitlich gedrehten Stiel versehen. - Das Kanalsystem läßt sich an geätzten Vergleichstücken aus dem oberen Weißjura von Nattheim gut beobachten. Es besteht aus zahlreichen in der Mitte des Schwammes senkrecht verlaufenden, an der Peripherie gebogenen Ausfuhr- kanälen, die nicht bis zur Basis durchziehen. Die am Scheitel sternförmig aus- einanderlaufenden Furchen sind die äußersten offenen Aporrhysen. Das System der Ausfuhrkanäle überkreuzt sich mit etwas kleineren, senkrecht von der Ober- fläche ausgehenden Epirrhysen. Die Anzahl der im Scheitel ausmündenden Apor- rhysen liegt bei 15. Die Ausfuhrkanäle der Exemplare von Nattheim sind 0,20— 0,65 mm weit, die Epirrhysen 0,13—0,25 mm. Material aus Laisacker: 4 Exemplare (1957 II 222—225). In Laisacker wurden 2 einzelne Individuen und 2 Stöckchen gefunden. Die Exemplare sind 10—12 mm hoch und 10—14 mm dick. Alle vier Stücke sind nicht sehr günstig erhalten. Die Art scheint im Gegensatz zu Nattheim recht selten zu sein. Unterschiede: Im süddeutschen Malm ist noch eine weitere Art der Gattung Enanlofungia häufig, E. semicincta, die sich vor allem durch die längliche Gestalt unterscheidet. Von Pharetronida mit ähnlicher kugeliger Gestalt, bei- spielsweise Eusiphonella hemisphaerica, unterscheidet sich Znamlofungia glomerata durch das Fehlen einer deutlich eingetieften Zentralhöhle. Verbreitung: Enanlofungia glomerata ist im oberen Weißjura von Schwaben und Franken weit verbreitet. Im Schweizer Jura und in England tritt die Art bereits im Oxford auf. Peronidella ZirTEL in HınDE, 1893 (= Peronella Zır TEL, 1878) Zylindrische oder keulenförmige Schwämme mit tiefer Zentralhöhle. Ein- und Ausfuhrkanäle sind nicht sichtbar. Typusart: Peronidella pistilliformis (Lamouroux); des. DE LAUBENFELS, 1955 (S. 99). Nach Zırrer (1878) erscheinen die ersten Vertreter dieser Gattung bereits im Devon. Doch schreibt Zırrer (1878, S. 31): „Es scheint mir nicht unwahrscheinlich, daß bei besserer Kenntnis 3a 33 der Nadeln, welche die Skeletfasern zusammensetzen, eine Spaltung der unter Peronella vereinigten Formen in mehrere Gattungen durchführbar wäre“. Über die Form der Skelettnadeln der paläo- zoischen und triadischen Arten, die zu Peronidella gestellt wurden, ist auch heute noch nichts bekannt. Das Skelett der Typusart Peronidella pistilliformis ist nach Hınpe (1887—1912, S.214) aus dreistrahligen Nadeln, vielleicht auch einigen vierstrahligen, zu- sammengesetzt. Die Hauptverbreitung hat Peronidella in Jura und Kreide. Peronidella sp. Taf. 7, Fig. 5a—c, 6 Material aus Laisacker: 3 Exemplare (1957 II 226—228). Die länglichen Schwämmchen verdicken sich nach oben keulenförmig und werden von einer sehr tiefen und engen Zentralhöhle durchzogen. Die Höhe beträgt um 25 mm, der größte Durchmesser 12—15 mm. Die Zentralhöhle ist an der Mündung etwa 1 mm weit und verengt sich nach unten kaum. Kanäle sind nicht zu erkennen. Das Skelett läßt sich im Anschliff, bei einem angewitterten Exemplar auch an der Oberfläche beobachten. Es besteht aus 0,06—0,1 mm dicken Fasern; der Abstand zwischen den Faserknoten beträgt 0,25—0,5 mm. Die Fasern sind um verschmolzene Dreistrahler mit etwa 0,2 mm langen Armen gebildet. Bei den untersuchten Exemplaren verlaufen in horizontaler Richtung ziem- lich gerade, parallele Skelettfasern (siehe Taf. 7, Fig. 5c, 6). Diese Fasern werden anscheinend in der Weise gebildet, daß jeweils zwei Arme eines Dreistrahlers in der Faser liegen. Da die Arme nicht in einer Ebene liegen, erscheinen die Fasern leicht gewellt. Der dritte Arm steht senkrecht zu der Faser und stellt die Ver- bindung mit der nächsten Faser her. Ob dieser Anordnung der Fasern ein Art- merkmal darstellt oder für die Gattung Peronidella überhaupt kennzeichnend ist, können erst weitere Untersuchungen zeigen. Beziehungen: In der äußeren Form zeigen die drei Stücke am ehesten Ähnlichkeit mit Peronidella jurassica (ErALLON); doch unterscheiden sie sich von dieser Art durch die bedeutend engere Zentralhöhle. Für eine sichere Festlegung der Art reicht das wenige und ungünstig erhaltene Material nicht aus. 3. Verbreitung der beschriebenen Arten Die beschriebenen Arten sind alle aus dem oberen Weißjura der Schwäbi- schen Alb bekannt. Ein Teil davon (Eusiphonella hemisphaerica, Eusiphonella madreporata, Corynella aff. quenstedti, Enanlofungia glomerata) kommt im Schweizer Jura bereits im Oxfordien vor. Eusiphonella hemisphaerica tritt in der Schwäbischen Alb schon im mittleren Malm in Schwammkalken, in denen Kieselschwämme überwiegen, sehr häufig auf. Diese Art war anscheinend nicht auf einen besonderen ökologischen Bereich beschränkt. 34 u EV Die Verbreitung der übrigen vorkommenden Arten läßt jedoch eine deut- liche Bindung an die durch das Auftreten von Korallenriffen ausgezeichnete Flachwasserfazies erkennen. Insbesondere zeigt sich das frühere Erscheinen mehrerer Arten im Schweizer Jura ökologisch bedingt, wo das Wachstum der Korallenriffe und damit verbunden das Hervortreten der Pharetronida insgesamt früher einsetzt als im Süddeutschen Jura (vgl. WAGNER, 1963, S. 18). Schriftenverzeichnis Enger, T., 1908: Geognostischer Wegweiserdurch Württemberg. 6458.,6 Taf., 1 Karte, Stuttgart. ETALLoN, A.: Siehe THURMANN & ETALLON FROMENTEL, E. pe, 1859: Introduction ä l’Etude des Eponges fossiles. — Mem. Soc. Linneenne de Normandie, 11, 1—50, Taf. 1—14, Caen. Gorpruss, A., 1826—33: Petrefacta Germaniae, 1. Teil. 252 S., 71 Taf., Düsseldorf. Hiıne, J. 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Abt.: Monactinellidae, Tetractinellidae und Calcispongiae. — Abh. 2. Cl. kgl. bayer. Akad. Wiss., 13, Abt. 2, 48 S., Taf. 10—12, München. 2 35 Tafelerklärungen Tafel 5 Fig. 1: Eusiphonella bronnii (MÜNSTER), Lectotypus, Original zu GoLpruss, 1826, Taf. 33, Fig. 9, (AS VII 254), Weißjura Zeta, Nattheim. a: von der Seite, x 1,5 b: von unten, x 1,5 c: drei Individuen von oben, nat. Gr. Fig. 2: Eusiphonella bronnii (Münster) (1957 11 181), Weißjura Zeta 1, Laisacker, x 1,8. Fig. 3: Eusiphonella bronnii (Münster) (1957 11183), Weißjura Zeta 1, Laisacker, x 2. Fig. 4: Eusiphonella hemisphaerica (GouLpruss) (1957 I1 190), Weißjura Zeta 1, Laisacker, a: von der Seite, x 2 b: von oben, x 2. Fig. 5: Eusiphonella hemisphaerica (GoLpruss) (1957 11 191), Weißjura Zeta 1, Laisacker, a: von der Seite, x2 b: von oben, x 2. Fig. 6: Eusiphonella hemisphaerica (Goupruss) (1952 XV 498), Weißjura Gamma, Mes Oberweckerstell, von oben, x 2. Fig. 7: Eusiphonella hemisphaerica (Gowpruss) (1952 XV 562), Weißjura Gamma, Randen, Längs- schliff, x 4. Die Zentralhöhle ist in spitzem Winkel angeschnitten. Tafel 6 Fig. 1: Corynella aff. quenstedti Zrrreu (1957 1110), Weißjura Zeta 1, Laisacker, x 2. Fig. 2: Corynella af. quenstedti Zırreu (1957 11 216), Weißjura Zeta 1, Laisacker, x 2. Fig. 3: Eusiphonella madreporata (Quenstepr) (1957 11 201), Weißjura Zeta 1, Laisacker, x 1,5. Fig. 4: Eusiphonella madreporata (Quenstepr) (1957 11 203), Weißjura Zeta 1, Laisacker, a: von der Seite, nat. Gr. b: von oben, nat. Gr. Fig. 5: Eusiphonella madreporata (QuenstEepr) (1957 11 202), Weißjura Zeta 1, Laisacker, x 1,5. Fig. 6: Eusiphonella madreporata (Quenstepr) (1957 II 206), Weißjura Zeta 1, Laisacker, x 1,5. Fig. 7: Eusiphonella madreporata (QuEnsteor), Paralectotypus, Original zu QuEnstepr, 1877, Taf. 124, Fig. 70, (Sammlung Tübingen), Weißjura Zeta, Nattheim, Detail x 2. Fig. 8: Eusiphonella madreporata (QuEnstEDT), Lectotypus, Original zu Quenstepr, 1877. Taf. 124, Fig. 71, (Sammlung Tübingen), Weißjura Zeta, Nattheim, Detail x 2. Tafel 7 Fig. 1: Enanlofungia glomerata (QuENSTEDT), Lectotypus, Original zu QuENsTEDT, 1858, Taf. 84, Fig. 10, (Sammlung Tübingen), Weißjura Zeta, Nattheim, Detail x 2. Fig. 2: Enanlofungia glomerata (Quenstepr) (1957 11 224), Weißjura Zeta 1, Laisacker, a: von oben, x 1,5 b: Längsschliff, x 2. Bei diesem Exemplar anastomosieren die Aporrhysen in der Nähe der Mündung. 3: Enaulofungia glomerata (QuEnstepr) (1957 II 223), Weißjura Zeta 1, Laisacker, a: vonder Seite, x 2 b: von oben, x 2. 4: Enaulofungia glomerata (QuEnsteor) (1962 XXXVI 6), Weißjura Zeta, Nattheim, von oben, x 2. Fig. Fig. Fig. 5: Peronidella sp. (1957 11228), Weißjura Zeta 1, Laisacker, a: von der Seite, x 2 b: von oben, x 2 ce: von unten, x 4. Fig. 6: Peronidella sp. (1957 11 226), Weißjura Zeta 1, Laisacker, Querschliff, x 4. Die abgebildeten Exemplare werden — soweit nicht anders angegeben — in der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und hist. Geologie in München aufbewahrt. 36 Tafel 5 Tafel 6 Tafel 7 er + Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 4 | 37—69 | München, 31. Dez. 1964 | Zur Entstehung der Solnhofener Plattenkalke (unteres Untertithon) Von K. WERNER BARTHEL, München!) . Mit 1 Abbildung und Tafeln 8—11 Zusammenfassung: Es werden eigentümliche Arten der Einbettung von Fossilien in den Solnhofener Plattenkalken behandelt. Eine eingemessene Platte mit zahlreichen Ammoniten-Rollmarken wird angeführt. Mit Experimenten wird versucht den Rollmechanismus von Ammoniten-Schalen zu klären. Die Ergebnisse veranlassen eine Überprüfung der geltenden Ansichten über die Entstehung der bayerischen Plattenkalke. Sedimente, Zeugnisse von Wasserbewegung und Art der Einbettung bei den verschiedenen Tiergruppen werden im Hinblick auf mögliche, rein subaquatische Entstehungsweise betrachtet. Die Erkenntnisse ermöglichen folgende Annahme: Klimatische und morphologische Umstände waren Ursache für hypersaline, zeitweise stagnierende Gewässer. Gelegentliche, lokale Trockenlegung hat stattgefunden. Fossilien wurden in sauerstoffarm- bis freiem, übersalzenem Wasser vor Verwesung weitgehend geschützt. Die Kalk- ausscheidung in diesem Milieu läßt sich nach neuen amerikanischen Ergebnissen in Westindien und in der Florida Bay unschwer erklären. Sehr ähnliche Bildungs- bedingungen sind auch für den Raum der Plattenkalke wahrscheinlich zu machen. Die Entstehung der Plattenkalke unter Wasserbedeckung darf daher angenommen werden. Aus faunistischen Gründen wird die Dauer der Bildung auf etwa 250 000 Jahre veranschlagt. Abstract: Some unusual types of burial of fossils in the Solnhofen litho- graphic limestones are described. A large slab of limestone, showing numerous ammonite roll marks was secured, with the direction of motion surveyed in situ at the quarry. This slab is given due attention. Rolling of ammonite shells is tested by experiments. Results gained from investigations on the material men- tioned led to reconsideration of present views on the origin of the Bavarian litho- 1) Konservator Dr. K. Werner Barrneı, Bayer. Staatssammlung für Paläontologie und histor. Geologie, 8 München 2, Richard-Wagner-Str. 10. 37 graphic limestones. Traces of currents, sediment, and way of burial in different systematic groups of fossils are tested for proving a possible subaquatic origin. Climatic and morphologic factors were responsible for an increase in salinity and temporal stagnation. Occasional and locally restricted receeding of the water can not be denied. Decay of dead animals was greatly decreased by strong salinity and by want of oxigen. Precipitation of calcium carbonate under marine- tropical conditions can be easily explained according to knowledge gained by U. S. scientists in the West Indies and Florida Bay. Closely similiar conditions can be assumed for the region in which the lithographic limestones of Bavaria originated. Their subaquatic deposition, using all the evidence, seems to be ascertained. Faunistic considerations demand a duration in the range of 250 000 years for sedimentation of the Solnhofen lithographic limestones. Inhalt Seite Binletune N. Ir ae ee ee ee ee Te WEL TER TEE 38 AN eutundealsıklinweiseizur/Entstehun er ee ee ee 39 1. Durch Einbettung a).bei'Belefiniten: Su... #231 Maus sn me a re RE SE 39 D)!beitGlochieras menge 2 2 Ne een ee ee 42 2. Physikalische Veränderungen im Sediment: Rollmarken, Rippelmarken und Schlamm- sprunpe aut den’ Pamtener Platten wa ee > al @berseiten En en ee ee EEE Se ee > byaklinterseiten 2.0, a a ee N Er u 2. 47 Be Plattenkalkentstehun oinachmenen Erkenntnissen ee 49 1. Geschichtliches; ähnliche Sedimente in Frankreich und een ee: 49 2 Masserbewegtinige N ale Sn m a Be ee nn Ben a ee are 51 Su Sedimenrur ee ber] Test; 53 4. Einbettung der einen lernen unter Wasser en el ee Re. Te ee Et 5. Entstehung der Plattenkalke . . .. . . a ER ER, EN NIEREN 60 2)» Morphologie undIRlimas er me ee N ee re ed b) Hydrologie und Sedimentologie . . . . EEE 61 c) Zusammenfassung der wichtigsten Punkte und Bildedesdsuen. ee ee Men 64 Sehriktenverzeichris: . 7 2 run Base Be en a RE De a Re 66 Einleitung Zahlreiche schöne Versteinerungen gelangen alljährlich aus den Abbauge- bieten der Solnhofener Plattenkalke in die Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie. Meist wird das Material von Bruch- besitzern oder Arbeitern erworben. Es ist bekannt, daß die Plattenkalke fossilarm sind. Nur dem regen Abbau verdanken wir reiches Material. Die Brucharbeiter schenken oftmals nur den Exemplaren Beachtung, die gewinnbringend erschei- nen. Viele Stücke, die Aufschluß über Bildung von Marken, Einbettung und son- stige interessante Tatsachen geben könnten, wandern auf die Halden. So lohnt es sich, auch dem Abraum etwas Zeit zu widmen. In den letzten Jahren gelang es mir, einige der hier abgebildeten Versteinerungen zu bergen. 38 Eine große Platte mit Ammoniten-Rollmarken wurde in meinem Beisein von Arbeitern aus dem Schichtstoß entnommen. Die Richtung der Marken wurde eingemessen. Bereits früher erwarb ich aus dem gleichen Horizont eines benach- barten Bruches eine Platte. Sie entstammt einem Stapel abgehobenen Materials und ist daher nicht orientiert. Das behandelte Material war auch der Anlaß, der Entstehung der Soln- hofener Plattenkalke erneut einige Gedanken zu widmen. Ich bedanke mich bei den Herren H. Böcer (Dipl.-Geol.), R. FiscHER (Dipl.-Geol.), R. Förster (Dipl.-Geol), U. Franz (Dipl.-Geol.), Prof. Dr. H. Hacn, Dr. W. Jung, U. PrLaumann (Dipl.-Geol.), H. RorumunD (Dipl.-Ing.), Prof. Dr. P. Schmipr-THoME, Dr. G. TiscHEr, H. VALENTIn (Dipl.-Ing.), Dr. P. WELLNHOFER aus München und Doz. Dr. B. ZIEGLER aus Zürich. Ihre Unter- stützung durch Literatur, spezielle Auskünfte, Hinweise, Diskussion und Kritik war mir sehr wertvoll. A. Neufunde als Hinweise zur Entstehung 1. Durch Einbettung a. bei Belemniten Unter den Tierresten, die uns aus den Solnhofener Plattenkalken überliefert sind, finden sich spärlich Rostren von Belemniten. Üblicherweise liegen sie parallel zur Schichtfläche im Sediment, verschiedentlich sogar noch in Zusammenhang mit dem Phragmokon. In den letzten Jahren kamen mir jedoch Stücke zur Hand, die fast senkrecht im Gestein stecken oder erkennen lassen, daß sie schräg auf dem ehemaligen Meeresgrund auftrafen. ALDINGER (1930, S. 265) und FAnrıon (1937, S. 64) füh- ren diese Einbettungsweise von Nusplingen als häufig an. Die beobachteten Exemplare gehören durchwegs der Gattung Flzbolithes an. Auf welche Art mag die verschiedenartige Einbettung von gleichartigen Hart- teilen einer Gattung zustandegekommen sein? Die Lösung liegt im Vergleich mit rezenten, treibenden Tintenfisch-Leichen. Die Tentakeln hängen dabei nach unten. Bei fortgeschrittener Verwesung wird beim Belemnitentier auch das schwere Rostrum diese Tendenz zeigen. Weitere Verwesung führt zum Abreißen des Rostrums. Das Rostrum steht oft noch in Verbindung mit dem luftgefüllten Phragmokon und wird so am schnellen Absinken gehindert. Um den Vorgang näher kennen zu lernen, wurden einige Experimente ange- stellt. Ich benutzte dazu ein verkieseltes, freigeätztes Rostrum von Flibolithes mit etwa 5cm Länge. Der Phragmokon wurde durch einen luftgefüllten, wachsge- tränkten Papierkegel dargestellt und konnte in der Alveole des Rostrums be- festigt werden. Die Sinkversuche wurden einmal mit 15 cm zum anderen mit 40 cm Wassertiefe ausgeführt. Ferner wurde das Verhalten in Strömung beobach- tet. 39 Ohne Phragmokon geht das Rostrum sehr schnell auf Grund und dringt je nach Fallwinkel wenig oder sehr tief ins Sediment ein. Das Sediment wurde im Experiment durch eine 4cm dicke Schlammschicht (entsprechend etwa dem Wattenschlick) dargestellt. Je steiler das Rostrum einfällt, um so stärker dringt es ein. Aus horizontaler Stellung fallend behielt unser Hibolithes die Lage bei, doch scheinen Belemniten in dieser Weise in den Plattenkalken nicht zur Ab- lagerung gekommen sein. Bei luftgefülltem Phragmokon war das Absinken gebremst. Das Rostrum konnte kaum in Schlamm eindringen. Mit dem Phragmokon als Boje bleibt es senkrecht im Wasser stehen und macht leichte Wasserbewegungen mit. Füllt sich der Phragmokon allmählich mit Wasser, genügt die geringste Bewegung, um das Umkippen zu veranlassen. Fossil tritt dies dann in Stücken, wie auf Taf. 8 Fig. 2 vor Augen. Ist der Phragmokon beschädigt, füllt er sich ganz oder teilweise mit Wasser; im Experiment wurde dazu der „Phragmokon‘ oben geöffnet. Als Folge verin- gert sich zwar auch die Sinkgeschwindigkeit, doch vermag das Rostrum ziemlich tief in den Grund einzudringen. Liegt erhebliche Schräglage vor, bohrt sich die Spitze in den Boden, wird durch Umkippen aber wieder aus dem Sediment heraus- gehoben, ohne daß wesentliche Spuren von diesem Geschehnis sichtbar bleiben. Rostrum und Phragmokon kommen horizontal auf der Schichtfläche zu liegen. Dieser Modus der Einbettung wird durch Fig. 3—5 auf Taf. 8 dargestellt. Strömung hat, soweit feststellbar, keinen besonderen Einfluß aut die Ein- bettung. Zu beachten ist das Verhältnis Rostrum—Phragmokon im Verlauf der Ontogenie. „Be/emnites acicula‘‘ MÜNSTER dürfte wohl das älteste bekannte onto- genetische Stadium von Flibolithes semisulcatus oder einer verwandten Art sein. Das Rostrum der Jugendform ist nicht viel stärker als eine Stecknadel und etwa ebenso lang. Der Phragmokon hat dagegen doppelte Länge und ein Vielfaches der Breite. Das System Rostrum—Phragmokon war somit schwimmfähig. Einen mittelbaren Beweis liefern die Münsrter’schen Originale zu „Be/emnites acienla“ mit ihrem Bewuchs von Muschellarven und kleinen Muscheln am Phragmokon. Die Gewichtszunahme der heranwachsenden Muscheln brachte das System zum niedersinken. Muscheln fehlen, wenn ‚„Belemnites acicula“ in Koprolithen auftritt. Bei späteren Wachstumsstadien verschiebt sich das Längenverhältnis zu- gunsten des Rostrums. Beim Typus zu Zibolithes semisulcatus, der mir vorliegt und ebenfalls den Plattenkalken entstammt, ist das Rostrum länger als der Phrag- mokon. Ein vollständiges Belemniten-Tier aus den bayerischen Plattenkalken wäre ein willkommener Fund. Wir kennen jedoch bisher nur die Rostren, oftmals noch im Verband mit dem Phragmokon. Auf dieses Faktum verwies NAEF 1922 (S. 180 u. f., S.249 u. f.). NAEF bringt Acanthotenthis speciosa (MÜNSTER) in Zusammenhang mit den Resten von Flibolithes semisulcatus (MÜNSTER). Diese 40 ec u Meinung Naer’s besteht sicher zu recht und deckt sich mit unserer Vorstellung: wie hinter dem Schädel bei Wirbeltieren, bestand auch bei diesen Tintenfischen im Bereich Phragmokon—Proostracum eine Stelle, die für Verwesung besonders anfällio war. Die schweren, leicht abreißenden Rostren kamen demzufolge früher zur Ablagerung als der Acanthotenthis-Körper. Durch Verwesungsgase aufgetrieben blieb dieser noch in Schwebe. Die geschilderte Art der Einbettung setzt eine Bedingung voraus: sie kann nur unter Wasser vor sich gegangen sein. Einbettung der Belemniten durch eine Flutwelle, welche beim Rückzug die Tiere auf dem flachen Strand hinterließ, erscheint schwer erklärbar. Taf. 8 Fig. 2 zeigt ein kleines Rostrum mit Phragmokon, dessen Einbettungs- weise auf S. 40 kurz angeführt wurde. Der vom Rostrum des umkippenden Belem- niten aufgeworfene kleine Hügel verbarg ursprünglich die Spitze. In schrägem Licht, rechts neben dem Rostrum ist er zu erkennen; bei der Freilegung wurde er etwas abgetragen. Ziemlich schräg und wohl auch mit wassergefülltem Phragmokon kam der auf Taf. 8, Fig. 3, 4 abgebildete Belemnit im Sediment zu liegen. Durch die Sedi- mentsetzung wurde die Stellung später sicher verstärkt, obwohl bemerkt werden muß, daß auch bei den Versuchen solche Positionen zustande kamen. Dieser Fund wurde herangezogen, da er vermittelnd zwischen dem vorigen und dem nächsten steht. Er stammt nicht aus den Solnhofener Plattenkalken. Die Fazies, dünnschichtig-plattig, unregelmäßig, ist ihnen jedoch ähnlich. Eingeschwemm- ter Laterit bewirkte die rote Farbe. Durch die Beimengung von Riff-Feinschutt erscheint das Korn gröber. Es handelt sich um eine sog. Rote Lage, die in unserem Fall in den obersten Bereichen des Mittleren Malm liegt. Der Altersunterschied gegenüber den eigentlichen Plattenkalken ist gering, die Bildungsumstände kaum verschieden. Nahezu senkrecht steckend fand ich einen Belemniten in den oberen Schiefern NNE Haunsfeld bei Dollnstein. Er ist das Original zu Taf. 8, Fig. 5. Die Wucht des Auftreffens war groß genug, das Rostrum solange senkrecht zu erhalten, bis es völlig einsedimentiert war. Zur Untersuchung wurde der Belemnit viertel- seitig freigelegt. Das Anpolieren der angrenzenden Gesteinsflächen zeigte die Schichtveränderungen, die durch das Auftreffen des Rostrums hervorgerufen wurden. Die etwas über 5 cm dicke Platte erwies sich in ihrem oberen, größeren Teil als sehr einheitlich. Ein Bruch durchzieht diesen Abschnitt. Interessant sind aber ohne Zweifel die unteren 1,5 cm. Wir sehen von oben nach unten: 5 mm helle unregelmäßige Fäule, 1—1,5 mm Kalk, etwa 1 mm Fäule mit unruhiger Oberfläche und, bis zur Unterseite der Platte, der noch Fäulenreste anhaften, wieder 8 mm Kalk. Im Querschnitt fallen innerhalb der Fäulen zahlreiche dunkle Pünktchen auf; bei näherer Betrachtung erweisen sie sich als umkristallisierte Radiolarien. Diese Schichten aus dem unteren Plattendrittel wurden vom Belem- niten durchbohrt. Inwieweit Liegendfäule und eventuell auch Liegendplatte in Mitleidenschaft gezogen wurden, entzieht sich unserer Kontrolle. Nach Rekon- 41 struktion der fehlenden Rostrum-Spitze dürfte es sich um 1—1,5 cm handeln. Die Schichtverformung wird durch die Fäulen, die entlang des Rostrums abwärts geschleppt sind, deutlich. Das Eindringen des Belemniten in den Grund erfolgte nach Ablagerung der 5 mm-Fäule, denn der „‚Einschlagstrichter‘“ wurde von der folgenden Schicht ausgeglichen. Mehr als die Hälfte des Rostrums ragte über den Meeresboden empor. Es wurde allmählich völlig eingebettet ohne seine Stellung zu verändern. Wir schließen daraus auf einigermaßen ruhige Wasserverhältnisse während dieses Zeitraumes. A.1.b. bei Glochiceras Die Mehrzahl der Ammonitengehäuse nimmt in den Solnhofener Platten- kalken die stabilste Lage ein. Sie liegen mit ihrer scheibenförmigen Seite parallel zur Schichtfläche. Weniger häufig werden jedoch Reste von Ammonitengehäusen gefunden, die ehemals senkrecht im Schlamm stecken blieben. Unter diesen ist die Gattung Aspidoceras am zahlreichsten vertreten. Aspidoceras ist für diese Art der Einbettung wegen der aufgeblähten Form mit den seitlich abstehenden Knoten besonders geeignet. Erhalten bleibt immer nur die unterste, im Schlamm steckengebliebene Partie. Stücke, wie sie RornpL£erz (1909, Taf. 1, Fig. 8, 9) abbildete befinden sich in der Münchner Sammlung. Seltener als Aspidoceras trifft man die verwandte Gattung Hybonoticeras durch diese Art der Einbettung überliefert. Das läßt sich auf die schlanke Gehäusegestalt zurückführen; nur selten genügten die Flanken- dornen, das Gehäuse am Umkippen zu hindern. Nicht zu vergessen ist aber auch, daß Aybonoticeras nur eine geringe Rolle im Faunenbild spielt. Auch die Perisphinctiden haben Zeugnisse senkrechter Einbettung hinter- lassen. Davon hat Rornuprerz (1909, Taf. 2, Fig. 1, 2) Abbildungen gebracht. Offenbar waren es hier ebenfalls Formen mit breitem Rücken, die bevorzugt überliefert wurden. Schlanke Gattungen wie Neochetoceras, Taramelliceras, waren unter dem Mate- rial mit senkrechter Einbettung, das mir bisher zu Händen kam, nicht vertreten. Vor kurzer Zeit konnte ich jedoch im Haldenmaterial eines Bruches NNE Haunsfeld bei Dollnstein ein Glochiceras in dieser Position finden. Obwohl die Erhaltung des Fundstückes nicht ideal ist, kann festgestellt werden, daß es der Art /ithographieum (OPrEL) angehört. Das Gehäuse geriet in Schwimmstellung auf Grund und deformierte die oberflächennahen Lagen des Sediments (unter B, Taf. 9, Fig. 1). Beide Aptychen nehmen die sog. „Normal- stellung‘ im Externteil des vorderen Wohnkammerabschnittes ein. Es ist anzu- nehmen, daß das Gehäuse nach dem Aufsetzen noch längere Zeit intakt blieb. Vergleichen wir nämlich B und B’ (Taf. 9, Fig. 1), dann entspricht den oberen Lagen von B außerhalb der Ammonitenschale nur eine unregelmäßige Fäule B’ innerhalb der Schale. Unter B’ kam es zu einiger Kalkausscheidung. Das be- deutet, daß die lagige Abscheidung innerhalb des Gehäuses nicht möglich war. 42 Während der Bildung des Kalkes zwischen A und B muß aber die Schale zer- brochen sein, denn wir treffen bei C Reste einer inneren Windung an: ein Bruch- stück der Externseite mit Sipho. Schließlich brach kurz vor Bildung der Fäule A ein Stück Schale und kam parallel der Schichtung zu liegen. Dadurch verschob sich die „Stufe‘“‘ zwischen A und A’ weiter nach rechts (im Bild) als dies ur- sprünglich der Fall gewesen wäre. Die Art der Einbettung ist nur unter ständiger Wasserbedeckung ver- ständlich. Nur im Wasser kann die Schale in dieser Position auf den Grund kom- men. Feinschichtung bei B muß im Wasser entstanden sein, da die dünnen Fäulen umkristallisierte Radiolarien enthalten, deren gleichmäßige Verteilung bei äoli- scher Ablagerung unwahrscheinlich erscheint. Auch die Füllung des Wohnkam- mer-Lumens hätte sich bei Füllung mit äolischem Material anders vollzogen und es wären Spuren davon geblieben. A. 2. Physikalische Veränderungen im Sediment: Rollmarken und Schlammsprünge auf den Paintner Platten a. Oberseiten Rollmarken von Ammoniten-Gehäusen sind seit einiger Zeit bekannt. Erst SEILACHER gab 1963 ausführliche Beschreibungen und Deutungen. Seiner Arbeit ist zu entnehmen, daß die Richtung der Rollmarken und damit die der Strömung bisher niemals im Steinbruch eingemessen wurden. Ebenso sind zahlreiche paral- lele oder sich überkreuzende Rollmarken auf einer größeren Schichtfläche nicht veröffentlicht. Durch einen glücklichen Zufall konnte ich im Rashofer-Bruch ca. 500 m N Painten bei Entnahme einer Platte mit vielen Ammoniten-Rollmarken zugegen sein. Dabei war es möglich, die Richtung der auf der Platte überlieferten Roll- marken einzumessen. Aus dem Bruch des Kalkwerkes Rygol, etwa 1 km nördlich von Painten, wurde eine weitere Platte erworben. Beide Platten zeigen auf ihren Oberflächen Ammoniten-Rollmarken. Es lassen sich zwei Richtungen der Marken unterscheiden, die sich in einem Winkel von etwa 10° überschneiden. Da die Winkel kreuzender Marken etwa dieselben sind und der Verlauf der Rippelmarken an den Plattenunterseiten in einem ähnlichen Verhältnis zu diesen Winkeln steht, handelt es sich wohl trotz der Ent- fernung um dieselbe Schicht. Diese Schicht liegt nach unserer Ansicht 20—30 cm unter der Krummen-Lage V von Srreım (1961, S. 24, 25). Im Rygol-Bruch ist die markentragende Schicht etwas mächtiger. Von den gezählten, in ihrer Richtung einigermaßen festzulegenden Sequen- zen der Marken läßt sich sagen, daß sie nach etwa N 100° E eingeregelt sind. Niedriger ist ihre Frequenz gegen N 90° E. Die Rippelmarken der Unterseiten verlaufen ungefähr senkrecht dazu. Eingemessen wurde, wie erwähnt, nur die Rashofer-Platte. Auf ihr verhalten sich die Häufigkeiten von Haupt- zu Neben- a 43 richtungen ungefähr 2:1. Die zeitliche Abfolge ist an Überlagerungen der Marken zu klären. Danach ist die Anlage der Hauptrichtung immer jünger als die der anderen. Auch innerhalb der bevorzugten Richtung ist in einigen Fällen durch Überlappen von Marken eine zeitliche Differenz zu belegen. Seltener ist dies bei der zweiten Richtung erkennbar. Weitaus die Mehrheit der Marken wurde durch Perisphincten-Gehäuse bzw. -Bruchstücke hervorgerufen. Die auffälligsten Eindrücke auf der Rashofer-Platte sind jedoch ‚‚Trudel“-Sequenzen einer Aspzdo- ceras-Schale. Marken, die man auf Ammoniten wie G/ochiceras beziehen kann, sind nicht nachzuweisen. Das Fehlen von Rollmarken dieser schmalrückigen, schlanken Gehäuse ist in ihrer Form begründet. Meines Wissens wurden solche Gehäuse bisher auch nicht im Zusammenhang mit Marken beobachtet. Von Aptychen liegen ebenfalls Marken vor. Einmal ist dies der Abdruck eines Laevaptychen, der ursprünglich die Lage gewölbt oben einnahm. Zum anderen treffen wir zusammen mit der Aspidoceras-Marke lineare Doppeleindrücke. Die beiden „Linien“ nähern sich, setzen gelegentlich kurz aus, entfernen sich dann wieder voneinander, ohne je eine gewisse Breite zu überschreiten. Sie scheinen in ursächlichem Zusammenhang mit der Sequenz der Aspidoceras-Mar- ken zu stehen. Versuchsweise wurde ein Laevaptychus an einem Faden befestigt und mit unregelmäßigen Bewegungen über abbindenden Gipsbrei gezogen. Die entstandenen Eindrücke waren der Doppelmarke auf der Rashofer-Platte sehr ähnlich. Die Deutung als nachgezogenen Aptychus, der durch einen Ligament- Fetzen noch im Verband mit der Aspidoceras-Schale stand, liegt für diese Marke nahe. Das Trudeln des Gehäuses verursachte die Unregelmäßigkeit der Bewegung, welche sich auf den nachgeschleiften Aptychen übertug. Die Bewegung war aber offensichtlich so, daß der Aptych die Lage „gewölbt oben“ nicht veränderte. Daß die paarigen Eindrücke nicht durch Bruchränder des Gehäuses verursacht wurden, ergibt sich aus der Stellung zu den Abdrücken, die das Gehäuse selbst hinter- ließ: teils weit außerhalb dieser Marken, teils mitten hindurchziehend. Soweit sich Gehäuse- und Aptychengröße nach den überlieferten Zeugnissen abschätzen lassen, korrespondieren sie. Auch die Richtung aus der die Strömungen kamen ist zu ermitteln. SEILACHER (1963, S. 599—605) konnte verschiedene Kriterien für die Bewegungsrichtung z. T. experimentell erarbeiten und schematisch abbilden. Seine Ergebnisse sind ohne Schwierigkeit auf unsere Marken zu übertagen. Wir sind somit in der Lage zu sagen, welche Richtung die Wasserbewegung nahm, da Marken-Sequen- zen eingemessen werden konnten. So wurden Aspidoceras und Perisphinctiden, die hauptsächlich in N 100° E bewegt wurden etwa von Ost nach West ver- frachtet. Eine frühere Strömung verlief genau von Ost nach West. Die Rippel- marken auf der Unterseite streichen nahezu N-S, daher muß die Wasserbewegung senkrecht dazu, E-W, angenommen werden. Das Rippelmuster hat sich auf der Rashofer-Platte sogar noch auf die Ober- seite durchgepaust. Bei der dickeren Schicht aus dem Rygol-Bruch ist dies nicht der Fall. 44 Die Formen der überlieferten Marken sind mannigfaltig. Neben den normalen Sequenzen (SEILACHER’S Ausdruck, 1963, S.598) die von rollenden Peris- phinctiden-Gehäusen abgedrückt wurden, sind Torkel-Marken (SEILACHER 1963, S. 600) vorhanden. Auch Bruchstücke von Schalen, SEILACHER bezeichnet sie als Gehäuse-Ruinen, haben in der Schichtoberfläche ihre Marken hinterlassen. Daneben sieht man noch Eindrücke auf den beiden Paintener Platten, die Peris- phincten-Gehäuse erzeugten, deren Breit-Seite senkrecht zur Strömung orientiert war (vgl. Taf. 8, Fig. 1). Für die Bewegungsweise von Aspidoceraten-Schalen habe ich oben den Begriff „Trudeln“ eingeführt. Er scheint mir für das unregelmäßige Rollen dieser kugeligen Formen zutreffender als Torkeln. Die Trudel-Sequenz eines Aspido- ceras auf unserer Platte wurde bereits im Zusammenhang mit den Aptychen be- handelt. SEILACHER hat die Richtung des Drehsinns von Ammoniten-Gehäusen festlegen können (1963, S. 599). Seine Ausführungen sind nach unseren Unter- suchungen zu bestätigen. Bei den Perisphincten bestanden zwei Transportmöglichkeiten. Selten trieb das Gehäuse mit seiner Breitseite senkrecht zur Strömung. Häufiger erfolgte die Einregelung nach der Schmalseite. Dann wurden die Rippen aut der Extern- seite oftmals zum Ansatzpunkt der drehenden Kraft. Sie hatten den gleichen Effekt wie die Schaufeln eines Mühlrades. Die Mühlrad-Wirkung wurde beim „Mündungssprung“ (s. a. SEILACHER 1963, S. 599) noch erhöht, da die Mündung, plötzlich der Strömung ausgesetzt, die Eigenschaft einer Pelton-Schaufel annahm und den Sprung kräftiger gestaltete. _ Dieser Mechanismus des Rollens bei Perisphincten wird verständlich, wenn man beachtet, dad Ammoniten ohne Querskulptur auf der Externseite niemals derartige Sequenzen hinterließen. Formen mit glatter Externseite wurden ent- weder einfach „geschoben“ oder trudelten, wie die Aspidoceraten. Manchmal kam es auch zur Bildung von Schleifmarken, d. h. die Strömung war nicht stark genug um die Rollbewegung zu vollbringen. Um den Rollvorgang bei Perisphincten zu rekonstruieren, wurden Versuche angestellt. Herr Ober- präparator E. SCHMIEJA fertigte nach einem Abguß ein „leeres“ Ammoniten- gehäuse aus Plastik an. Der „Phragmokon“ enthält Luft, ist nicht unterteilt und kann mit Wasser gefüllt werden. Das Gehäuse wurde ins Wasser gelegt, schnell füllte sich die Wohnkammer und brachte somit die vertikale „Schwimmstellung“ zustande. Die vertikale Stellung wurde auch beibehalten als soviel Wasser in den Luftkammern war, daß das Gehäuse mit seiner Unterseite am Grund aufsaß. Erst bei gänzlicher Füllung kippte es um. War gelegentlich die Öffnung der Wohn- kammer durch eine Luftblase verschlossen geblieben, trieb das Gehäuse ange- nähert horizontal an der Oberfläche. Die Ergebnisse beweisen uns zunächst, daß die Ammoniten-Schalen nicht gänzlich mit Wasser gefüllt sein konnten. Wäre dies geschehen, hätte eine sehr beträchtliche Strömung wirken müssen. Im Strömungskanal des Institutes für en 45 Hydraulik der Technischen Hochschule München blieb das wassergefüllte Test- gehäuse bei etwa 40 cm Tiefe und einer Oberflächen-Geschwindigkeit von unge- fähr 60 cm/sec noch am Grunde liegen. Teilweise mit Luft gefüllt behielt das Gehäuse seine vertikale Position bei, drehte sich jedoch nicht. Es lag wohl daran, daß beim künstlichen Ammoniten nur die Wohnkammer von dem einzigen hier ungegliederten Luftraum abgetrennt war. Es sammelte sich deshalb im oberen Schalenteil die gesamte enthaltene Luft, deren Auftrieb beim Drehen nicht über- wunden werden konnte. Herr SCHMIEJA stellte daraufhin wieder ein Modell her, das eine Luftkammer im Zentrum und mehrere, nach außen spiralig anschließende hat. Die Verhält- nisse entsprechen also in großen Zügen denen einer wirklichen Ammoniten- schale. Jede Kammer kann mit einer Injektionsspritze mit Wasser gefüllt oder wieder entleert werden. Der Versuch verlief erfolgreich. Abb. 1: Schematische Darstellung des Rollens bei Perisphinctiden. Je dichter die Wasser- Signatur, umso stärker ist die Strömung. Sie greift demnach am oberen Teil des auf- gerichteten Gehäuses an und bewirkt Schub an ihm. Unten am Boden wird jedoch das Gehäuse durch Reibung gebremst. Das Zusammenwirken dieser beiden Faktoren bringt die Rollbewegung zustande. In einem Becken 70x 70 cm wurde der Boden mit Ton ausgekleidet. Um etwa gleichmäßige Strömung zu erhalten wurden zwei Glasplatten parallel zu- einander und senkrecht in geringer Entfernung aufgestellt. Nachdem genügend Wasser in das Becken eingelaufen war wurde der Strom gleichlaufend zu den Glasplatten gerichtet und der „Ammonit“ in Schwimmstellung frei, jedoch etwas den Boden berührend, zwischen die Glasplatten gebracht. Verlief der Wasserstrom dicht über dem Boden, trieb es den „Ammoniten“, ohne ihn um seine Achse zu rollen, durch den Versuchskanal. Sobald jedoch die Haupt- strömung näher zur Wasseroberfläche verlegt wurde, begann die Schale sich zu drehen. Bei größerer Wassertiefe ist dazu entsprechend höhere Strömungsge- 46 schwindigkeit an der Oberfläche erforderlich. Bei dem Versuch war der Wasser- stand etwa 15 cm. Die Oberflächen-Geschwindigkeit erreichte etwa 12 cm/sec. Der Durchmesser des „Ammoniten“ beträgt 4,2 cm. Das Leergewicht ist 5 gr. Durch das Experiment wurden folgende Resultate gewonnen: 1. Die Ammonitenschale muß im Phragmokon gerade soviel Luft enthalten, daß sie leicht am Grund aufsetzen kann, ohne dabei ihre senkrechte Position zu verlieren. Die Mündung der Wohnkammer ist dabei fast nach oben gerichtet. 2. Die bewegende Strömung kann laminar bis schwach turbulent sein. Sie ver- läuft nicht in unmittelbarer Bodennähe. 3. Zur Rotation des Perisphincten-Gehäuses sind zwei Voraussetzungen not- wendig. Es muß a) mit der Externseite der Wohnkammer leicht den Grund berühren und b) hat der bewegende Schub bei verticaler Stellung der Schale oben anzusetzen. Reibung und Bremsung an der Unterlage werden von ge- nügend starkem Strömungs-Schub am Oberteil des Gehäuses überwunden. Daher kommt es zur Rotation (s. Abb.). 4. Vollständig mit Wasser gefüllte Ammoniten-Gehäuse bleiben auch bei be- deutender Strömung in horizontaler Stellung am Grund, besonders wenn das Sediment eine gewisse Haftfähigkeit besitzt. Gleichmäßige Strömungen, die Bewegungen von Ammoniten-Gehäusen zustandebringen konnten, entstanden nach unseren Überlegungen (s. a. unten) bei Wasserspiegel-Erhöhungen oder -Senkungen in den Wannen. Die Untersuchung der Paintener Platten bestätigt die Ergebnisse SETLACHER’S weitgehend. Nur einem Punkt kann ich nach unseren Experimenten nicht bei- pflichten. SEILACHER (1963, S. 607) vertritt die Meinung, daß die Rollmarken durch wasser- oder schlammgefüllte Schalen verursacht wurden. Oben habe ich zu belegen versucht, daß diese Deutung nicht zutreffend ist. Inwieweit die Annahme Serracner’s (1963, S. 606) in bezug der Über- lieferung von Rollmarken auf Oberseite oder Unterseite in den verschiedenen Bruch-Revieren verallgemeinert werden kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Eindrücke der Rollmarken auf unseren Paintener Platten liegen jedenfalls auf der Oberseite. A.2.b. Unterseiten Zunächst die Platte aus dem Bruch Rashofer (Taf. 10). Sie zeigt als auf- fälligste Erscheinung etwa 0,5 cm hohe und bis 2 cm breite Wülste. Bevorzugte Richtung ihres Verlaufs ist ca. N 60 E. Die Wülste ziehen sinusartig, teils auch zackig über die Platte, anastomieren des Öfteren und bilden ein unregelmäßig- polygonales Netz. Der Abstand der Wülste beträgt zwischen 10 und 20 cm. Ein weiteres feinmaschiges und weniger auffallendes Muster besteht aus einem mehr oder minder regelmäßigen System von Polygonen, vorzüglich Hexagonen. Die Wülste sind diesem feineren Netz aus etwa 3 mm breiten Rillen einbezogen worden. Die Rillen sind auch auf den Kämmen der Wülste wahrzunehmen. 47 Neben den anorganischen Eigenheiten enthält die Plattenunterseite noch eine Anzahl von Organismen-Relikten und Abdrücken. So fanden sich 4 Bruchstücke von Laevaptychen, je 1 Abdruck eines einzelnen und eines Aptychenpaares. Fischschuppen und -einzelreste sind über die gesamte Platte verbreitet, während Anhäufung nur an 6 Stellen auttritt, wobei es sich um zerfallene Köpfe handeln dürfte. Fischkoprolithen (Lumbricarien) wurden 3 gezählt, dazu kommen 2 Abdrücke. Auffallend häufig sind Pflanzenreste: 6 Zweigfragmente und 1 fertiler Rest (?) sind sichtbar. Sie gehören der Gattung Palaeocyparis an. WALTHER (1904, S. 141) hat sie aus der Kelheimer Gegend als zahlreich angegeben. Auch ein Fieder-Stück, vermutlich von Cycadopteris ist zu sehen. Da die Furchen häufig anastomisieren, handelt es sich wohl nicht um ein- fache Rippeln. Interferenz zweier Strömungen wird stattgefunden haben, zu- mindest im näheren Bereich, dem die Platte entnommen ist. Die Pflanzenreste liegen in den Furchen. Ist dies nicht der Fall, dann haben sie das unterliegende Sediment vor dem ablaufenden Wasser geschützt. Sie reichen somit stärker in die Hangendplatte und beweisen, daß die Rippeln ver- waschen sind, d. h. ehemals höher waren. Aptychenreste und Aptychenabdrücke liegen „gewölbt-unten‘“ (R. RıcHter 1942). Den Nebenfall der Einkippungs- regel von R. RıcHter (1942, S. 204, 1e) Einsinken im Schlamm, sehe ich als gegeben an. Daß sich die Aptychenreste überwiegend an der Unterseite der Hangendplatte befinden ist natürlich. Herausragende Teile der Aptychen wurden durch den hangenden Kalk stärker festgehalten, als durch die liegende Fäule. Dies gilt auch für die anderen, der Unterseite anhaftenden Reste. Das feine Polygon-Muster läßt sich als Trockenrisse, die nach Wasserablauf entstanden, erklären. In unserem Fall sind es Trockenrisse, wie sie in homogenen Ablagerungen entstehen, z. B. in solchen Playas. Surock 1948 (S. 196, Abb. 155A) zeigt ein Bild von Playa-Trockenrissen, das in Form und Ausbildung den unseren ent- spricht. Bei erneuter Überflutung wurden die Sprünge mit Material ausgefüllt, das der Setzung wiederstandsfähiger gegenüberstand, als das, in dem die Sprünge klafften. Deshalb erscheinen die Trockenrisse auf der Oberseite der Liegendplatte positiv anstelle negativ. Bei der Verfüllung der Sprünge wurde auch Luft mit eingeschlossen, in den entstandenen Luftblasen wurde später Kalzit ausgeschieden. Dies geschah offenbar noch vor der engdültigen Setzung, denn auf der Unterseite der Platte, entlang der hier als Rillen (s. oben) abgedrückten Sprünge finden sich häufig feine Kalzitdrusen-Schnüre. Der Plattenunterseite haftet stellenweise die Liegendfäule an. In ihr sind Trockenrisse nicht mehr zu erkennen. Dagegen haben die Furchen (s. oben) wegen starker Setzung der Fäule selbst in der liegenden Kalkplatte Abdrücke hinterlassen. Damit dies geschehen konnte, mußte unsere Platte schneller ver- härtet sein als die darunterliegende. Vom Aussehen der Plattenunterseite können wir folgendes ableiten: 1. An- lage von Rippelmarken in seichtem Wasser. 2. Verwaschen der Rippelmarken. 48 3. Entstehung von Trockenrissen und 4. Verfüllen der Risse zu Beginn der Sedimentation unserer Platte. Die Bildung von Rippeln war möglich, da das Sedi- ment offenbar nicht die Feinheit besaß, die bei Plattenkalken üblich ist. Die andere Platte aus dem Steinbruch Rygol ist nicht eingemessen worden. Die Richtung der Rippelmarken ist also nicht gesichert. Unterschiede gegenüber der Unterseite der Rashofer-Platte beschränken sich, mit einer Ausnahme, auf unbedeutende Details. Der Verlauf der Rippelmarken ist deutlicher parallel an- geordnet und weist weniger Querverbindungen auf. Im Gegensatz zur gleichen Schichtfläche im Rashofer-Bruch waren hier beim Entstehen der Rippelmarken keine interferierenden Wasserbewegungen wirksam. Zweifellos handelt es sich bei beiden Platten um die gleiche Schichtfläche. Wie SEILACHER (1963, S. 606) bereits andeutet, eignen sich solche charakteristische Schichtausbildungen besonders gut zur Parallelisierung. Die Unterseite unserer Platte ist das negative Abbild der darunterliegenden Schicht. Um die Deutung dieser Liegendschicht zu vereinfachen, wurde ein Lackabzug angefertigt. Die „Wülste“ erscheinen dann als Furchen, die zwischen flachen, weiten Rücken liegen. Solche Erscheinungen werden im rezenten Watt als verwaschene Rippelmarken bezeichnet. Sehr ähnlich sind auch ‚„Flachst- wasser-Rippeln‘“. B. Plattenkalkentstehung nach neuen Erkenntnissen 1. Geschichtliches; ähnliche Sedimente in Frankreich und Spanien Den beschriebenen Fossilien und Marken ist eines gemeinsam: sie sind unter kaum bewegtem Wasser abgelagert worden. Diese Feststellung wird mit den bisher bekannten Ansichten über die Entstehung der Solnhofener Platten- kalke verglichen. Rein marine Bildung der Plattenkalke unter Wasserbedeckung wird von GüÜMBEL angenommen (1891, s. unten). Er vermutete schon 1889, S. 13 die litho- graphischen Kalke seien aus Coccolithen-Schlamm entstanden, der durch dia- _ genetische Vorgänge umgewandelt wurde. Krumsgeck (1928) tritt ebenfalls für vollmarine Entstehungsweise ein. Er nennt DEECKE, JAECKEL und SALOMON, die jeweils auf andere Art damit konform gehen. Demgegenüber stehen die Verfechter der „Trockenlegungs“-Hypothese, die in AsEL einen ihrer bekanntesten Verteidiger hat. 1927 gab ABEL in seinen „Lebensbildern“ neben einer glänzenden Schilderung und Deutung der Platten- kalke und ihres Milieus aus seiner Warte auch eine Übersicht anderer Erklärun- gen. Dabei werden NEUMAYR, WALTHER, ROTHPLETZ und SCHWERTSCHLAGER erwähnt. Als bedeutendsten Punkt ihrer Beweisführung verwenden die Anhänger der Trockenlegungs-Hypothese die ausgezeichnete Konservierung der Fossilien. Diese seien durch kurzzeitige Überflutungen an Ort und Stelle gestrandet wor- EI den, nachdem die See sich zurückgezogen hatte. Durch Austrocknung der Kada- ver und anschließende Eindeckung mit äolischen Sedimenten sei die Erhaltung gewährleistet worden. Wegen der Herkunft der äolischen Sedimente und aufgrund paläogeographi- scher Überlegungen war die Lage der Festländer für die Vertreter der Trocken- legungs-Hypothese von großer Bedeutung. So benutzt auch O. Kunn (1961) noch zu seinen Argumentationen die älteren Ansichten über das Vindelizische Festland und die „Gansheimer Straße“. Wie jedoch FEsErELDT (1962, S. 48 u. 56/57) klarlegte, kam es im Obermalm nicht mehr zum Auftauchen des Vindeli- zischen Landes; die Gansheimer Straße hat nie existiert. Die Küste des Ober- malm-Meeres lag im Norden und die See brandete gegen die südlichen Gestade der Mitteldeutschen Insel mit ihrem vorgelagerten Riffsaum. Dem Aussehen der Solnhofener Platten sehr ähnlich sind auch die von Nusp- lingen, so daß man an gleichen oder ähnlichem Ursprung denken möchte. Die erste moderne Untersuchung des Württemberger Vorkommens lieferte ALDINGER 1930, der kaum Zweifel an der submarinen Entstehung läßt. FAHrıon neigt 1937, nach Analyse der Fauna von Nusplingen, dazu, eine Lagune mit ungünstigen Lebensbedingungen anzunehmen. Die Fauna wäre nach ihm zur Mehrzahl bereits tot eingedriftet worden. Nachweise von Trockenlegungen fehlen. Ebenfalls 1937 unternahm Fuchs eine petrographische Untersuchung der Nusplinger Kalke. Er deutet die plattigen Kalke als primär kalzitische Ausscheidungen, während die Brekzienbänke aus ursprünglich aragonitischem Material bestanden hätten. In einer kürzlich (1964) erschienenen Arbeit über die Plattenkalke der Schwä- bischen Alb nimmt H. TEMmMLER Bildungstiefen von mehr als 100m an, während er für Solnhofen, Cerin und Montsech an Lagunen im Backreef-Bereich denkt. TEMMLER kommt anhand seiner petrographischen Untersuchungen zum Schluß, daß die letztgenannten Vorkommen in genetischer Hinsicht sich wesentlich von den Nusplinger Plattenkalken unterscheiden. Es gibt noch einige weitere Bildungen, die in Fazies und Fauna den Soln- hofener Plattenkalken sehr gleichen, darunter die bekannten Vorkommen von Cerin (Ain, franz. Jura) und Montsech (Lerida, NE-Spanien). Beide Fundstellen sollen älter sein als die bayerischen (unt. Kimmeridge sensu ARKELL). Die Plattenkalke von Cerin haben sich nach SAınT-SEInE (1948,5. 307—310) unter Bedingungen gebildet, wie man sie heute im Great Barrier Reef antriftt. Das Wasser der Rinnen oder „Kanäle“ im Great Barrier Reef erreicht bei Tag während der Ebbe hohe Temperaturen und Salzgehalte, wogegen bei nächt- lichem Wassertiefstand der Sauerstoffgehalt stark absinkt. Beide Ursachen führen nicht selten zu örtlichem Absterben der Tierwelt. In einem solchen Kanal sollen die Kalke von Cerin abgelagert worden sein. Etwas andere Bedingungen hätten in Solnhofen geherrscht, dort seien die Kalke in den Atoll-Lagunen eines Korallen- Archipels entstanden. Damit will SAINT-SEINE wohl eine marine Kontinuität andeuten. 50 Am Montsech sind die Plattenkalke wegen bedeutender Lücken im Hangenden und Liegenden nur ungefähr zeitlich einzuordnen. Ihr Liegendes besteht aus Dolomiten des Dogger, während sie im Hangenden von Urgo-Apt überlagert werden. Es ist dies der einzige Nachweis von Oberjura in der Provinz Lerida. ALMELA & Rıos (1947) sprechen von Portland-Alter (= mittl. Kimmeridge sensu ÄRKRELL), die meisten Autoren dagegen treten für höheres Unterkimmeridge ein. Die Plattenkalke von Montsech sind marinen Ursprungs und enthalten brackische Einschaltungen (ALmELA & Rıos 1947, S.77). Ihr Ablagerungsraum dürfte eine seichte Küstenbucht gewesen sein. Broırı (1932, S. 10) verglich Cerin, Montsech und Solnhofen anhand von Fauna und Fazies. Nach seiner Ansicht herrschten an den drei Orten die gleichen Bildungsbedingungen. Wie bei der Entstehung der Solnhofener Plattenkalke soll episodisches Trockenfallen der Schichtflächen stattgefunden haben. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte spricht aber in Montsech nichts gegen eine Ent- stehung unter ständiger Wasserbedeckung. Es sollte sich daher lohnen, auch die bayerischen Plattenkalke erneut auf möglichen subaquatischen Ursprung zu prüfen. B. 2. Wasserbewegung Die ausgezeichnete Schichtung der Plattenkalke deutet einerseits auf Sedi- mentation in ruhigem Wasser; andererseits kennen wir jedoch Beweise für Wasserbewegung. Deren Wirkung und Spuren sollen nun untersucht werden. Drift- und Rippelmarken lassen unmittelbar erkennen, daß sich das Wasser in den Plattenkalk-Wannen in Bewegung befand. Mittelbar bedeuten seltene Trockenrisse durch ihre Wiedereindeckung eine Zeit kurzen Wasserrückzugs mit darauffolgender Überflutung. Die zahlreichen Ammoniten-Rollmarken auf den Platten von Painten sind geregelt. Eine Hauptströmungsrichtung ist damit erkennbar. Daneben liegen auch Beweise für eine Änderung der Strömungs- richtung vor. Weit weniger deutlich zeigen die Platten nämlich eine zweite Rollmarken-Regelung, die mit der ersten einen Winkel (s. S. 43) bildet. Unter den Marken der Hauptrichtung lassen sich jüngere und ältere auseinanderhalten, denn die ersten sind durch die folgenden teilweise verwischt. Daraus ist abzu- leiten, daß die Strömung andauerte. Über die Zeitspanne ist leider nichts zu er- gründen. Könnte sie ermittelt werden, so wären Aussagen bezüglich einer Min- destdauer der Sedimentations-Unterbrechung für diese Schichtfläche möglich. Zwei verschiedene Strömungsrichtungen, durch Regelung von Rollmarken auf den Platten fixiert, gestatten jedentalls die Annahme, daß zur Bildung der Marken eine gewisse Zeit verstrich. Allmählicher Umschwung der Strömungsrichtung hätte sich ohne Zweifel durch häufigere Marken, die zwischen Haupt- und Nebenrichtung vermitteln, angezeigt. Unregelmäßig begrenzte, flache Becken mit relativ geringer Wasserbedek- kung besitzen charakteristische Strömungsverhältnisse über die man in Atoll- 51 Lagunen Erfahrungen gewonnen hat. Sie haben mit unseren Wannen neben den genannten Eigenschaften die engen Zugänge zur offenen See gemeinsam, sind je- doch im Gegensatz dazu vom Pazifik nur durch schmale Landstreifen getrennt. Die Wannen dagegen waren zwar unter sich und mit dem Meer verbunden, aber außerdem von ausgedehnten riffartigen Faziesbereichen umgeben. Trotz dieser Unterschiede darf der Vergleich gewagt werden. WıEns (1962, S. 216 ff., Abb. 71/72) berichtet, daß Windrichtung und Lagunenform die Strömungen in den oberflächennahen Wasserschichten beeinflussen. Die Geschwindigkeit der Wasser- bewegung wird bei Wiens für 25 cm/sec im Sommer angegeben. Durch Wind hervorgerufene Oberflächenstömung bewirkt in den tieferen Wasserschichten sekundäre Strömung (bottom circulation — vgl. WIEns 1962), besonders beeinflußt durch Form und Tiefe des Beckens. Periodische Winde oder Gezeiten können Wasserbewegungen mit regelmäßiger Richtungsänderung erzeugen und damit Oszillationsrippeln hervorrufen. Konvektionsströmungen bringen Flüssigkeitsaustausch zustande. Voraus- setzung dafür sind allerdings Dichteunterschiede in verschiedenen Wasserstock- werken oder Temperaturdifferenzen. Diese Wasserbewegung spielt sich vorwiegend in vertikaler Richtung ab. Endlich ist auf mögliche Gezeitenströmung zu achten und, falls diese nicht in Betracht gezogen werden kann, auf die Erneuerung von Wasser in den Wannen. Dabei ist bei zukünftigen Untersuchungen darauf zu berücksichtigen, ob Strö- mungsmarken auf einen bestimmten Punkt zu oder von ihm weisen: Verbindung mit der See oder einer anderen Wanne. Sind nun diese Typen von Wasserbewegung alle zusammen oder einzeln, andauernd oder nur episodisch im Ablagerungsbereich der Solnhofener Platten- kalke wirksam gewesen? Gegen gleichbleibende stärkere Wasserbewegung spricht allgemein die Tatsache, daß die Sedimentation sehr ruhig verlief. An verschiedenen Stellen der Wannen bestanden jedoch Strömungen. Wie könnte man sonst Aufarbeitungs- lagen (Srreım 1961, S. 25) in der Paintner Gegend, Lagen von Geröllen, die bei Zerstörung einer Krummen Lage entstanden, in den Plattenkalken um Eichstätt erklären? Gelegentliche Funde von Oszillatinsrippeln sprechen tür Windwirkung. Die Vorgänge müssen sich jedoch in randlichen, riffnahen Partien der Wannen und seichtem Wasser abgespielt haben, wofür mancherorts die Anreicherung von Riff-Feinschutt in den Plattenkalken spricht. Insgesamt darf dagegen der Effekt des Windes auf die Wasserströmung nach den vorliegenden Zeugnissen als gering vermutet werden. Ist die Annahme (s. unten) von Faulschlammbildung am Grund der Wannen richtig, dann hat die bedeckende Wassermasse ausgesprochene Schichtung ge- zeigt. Aus vergleichbaren rezenten Becken mit stagnierendem Tiefen-Wasser ist diese Tatsache bekannt (FLEMING & REvErLLE 1939 (1955), Strom 1939 (1955)). Stabile Wasserschichtung hindert aber nach FreminG & REvELLE (1939 52 { (1955), S. 100) Konvektionsströmungen. Bei hohen, tropischen Temperaturen, wie sie sich indirekt zur Zeit des Oberen Malm durch Korallen u.a. belegen lassen, wird nach diesen Autoren (S. 101) die Schichtung derart resistent, daß selbst bei Windeinwirkung die Durchmischung des Wassers schwierig wird. Konvektionsströmungen sind damit in den Solnhofener Wannen als wenig wahrscheinlich zu betrachten. Wasseraustausch in den Wannen dürfte der wichtigste Strömungsvorgang gewesen sein. Daß diese Vorgänge nicht durch normale Gezeiten hervorgerufen wurden, hat letztlich FEserenpr (1962, S. 38) wahrscheinlich gemacht. Episo- disches Eindringen von größeren Mengen frischen Meerwassers durchmischte die geschichteten Altwässer in den Wannen. Dabei wird auch das sehr salz- und Hs;S-haltige Wasser des Grundes aufgerührt und bringt die mit frischem Seewasser eingebrachte Fauna zum Absterben. Bei sinkendem Meeresspiegel flossen beträchtliche Wassermengen aus den Wannen ab; dadurch entstand langsame, gleichmäßige Strömung. Im Gegensatz dazu war der normale, regel- mäßige Wasseraustausch an der Oberfläche gering und hat die in den Wannen herrschende Flüssigkeitsschichtung kaum gestört. So ist davon eine kräftigere Strömung, insbesondere am Grund, nicht zu erwarten. Summarisch lassen sich unsere Ergebnisse über die Strömungen in den Plattenkalk-Wannen folgendermaßen formulieren: 1. stärkere Strömungen, auf Wind zurückzuführen, waren an einigen Stellen, besonders an den Wannen- rändern wirksam. 2. Wasserbewegungen, hervorgerufen durch periodischen Wind, lassen sich anhand seltener Oszillationsrippeln belegen. 3. Konvektions- strömungen sind wenig wahrscheinlich. 4. die überwiegenden, gleichmäßigen Strömungen erklären sich durch Wasseraustausch zwischen Wannen und offenem Meer. In diesem Zeitraum wurde wenig oder nicht sedimentiert. Die Art der Strömung scheint nach den meisten Bewegungsmarken + lami- nar gewesen zu sein (SEILACHER 1963, S. 607). Lokal kann der Nachweis völligen Wasserstillstands erbracht werden. Nachdem wir uns mit den Wasserbewegungen beschäftigt haben, wollen wir das Interesse dem Sediment zuwenden. B. 3. Sediment Das Sediment liegt heute als lichtgelber bis lichtgrauer, manchmal dunkel- grauer, plattiger Kalkstein vor. Trennfugen sind meist durch beträchtlichen Tongehalt verursacht. Die ausgezeichnete, oft schieferartige Schichtung der Solnhofener Plattenkalke ist aut die abwechselnde Sedimentation von reinem Kalkschlamm mit tonigem Kalkschlamm zurückzuführen. Verschiedentlich ent- stehen Trennfugen auch durch Sedimentations-Unterbrechung. Der Setzungs- betrag während der Diagenese ist vom Tongehalt abhängig. Abgelesen an der Verdrückung enthaltener Fossilien dürfte die ursprüngliche Schichtmächtigkeit das 4—-8fache der überlieferten betragen haben, möglicherweise sogar mehr. 53 Wir dürfen deshalb annehmen, daß nicht nur die tonigen sondern auch die kalkigen Anteile des Sediments bei der Ablagerung sehr wasserhaltig waren. Die Oberfläche dieses Sediments war immerhin stabil genug, trotz der Strömungen, Bewegungsspuren und -marken in ausgezeichneter Weise zu er- halten, da sie offenbar bereits unter Wasser abzubinden begann. Ein Beispiel zeigt uns Taf. 8, Fig. 1: die Schleppmarke eines Perisphinctengehäuses, das mit seiner Breitseite senkrecht zur Strömung orientiert war. Auf der Oberseite der Schicht hatte sich ein Häutchen gebildet, das offenbar ein Schutzfilm war. Es wurde durch Schleifen des Ammoniten-Gehäuses verletzt und mitgezogen. Dabei entstand die fiederartige Streifung neben der eigentlichen Marke, die zu- gleich die Bewegungsrichtung markiert. Auch die klaren und deutlichen Ein- drücke der Ammoniten-Rollmarken weisen darauf hin, daß sich die Oberfläche des Sediments abgebunden hatte (Kalkhäutchen!). Andererseits erlaubte das Sediment die Abbildung der Anhänge driftender Quallen und Spuren von Krebsen, damit seine Empfindlichkeit anzeigend. Dieser weiche Kalkschlamm, so könnte man annehmen, beherbergte eine reiche Fauna grabender Tiere. Doch gehört dergleichen zu den seltenen Funden, die man nur dort antrifft, wo auch Zeichen guter Wasserdurchlüftung vorliegen. Das Sediment selbst bietet uns in einzelnen Fällen eine Erklärung dieser Eigentümlichkeit. Es gibt nämlich eine blaugraue bis schwärzliche Gesteinsvarietät, die beim Anschlag bituminösen Geruch ver- breitet. Nur dort, wo keinerlei Verwitterung einwirken konnte wurde der Soln- hofener Plattenkalk in dieser urspünglichen Ausbildung überliefert. Eine be- sonders typische Lokalität ist der „Blaubruch Lichtenberg‘ am Maxberg über Solnhofen und Mörnsheim. Er liefert aus großer Tiefe und nahezu ungestörtem Gesteinsverband die begehrte Abart der Solnhofener Lithographiesteine (Ss. a. WALTHER 1904, S. 209). Eine anpolierte Platte im Museum des Solnhofner Aktienvereins, am Maxberg, zeigt den Verwitterungsvorgang, der schließlich das gewohnte Bild der Solnhofener Schiefer hervorbrachte. Die große, von Klüften begrenzte Platte zeigt, wie die dunkelblaugrauen Farben der unver- witterten Mitte nach außen ins Bräunliche übergehen und, je näher den Klüften, um so heller werden. Feinverteilter Pyrit verursacht die dunkle Farbe. Von den Klüften her vollzieht sich die Umwandlung des Pyrits in Brauneisen. GÜMBEL hat zudem (1891, S. 282) darauf hingewiesen, daß die dunklen Kalke organische Substanzen enthalten. In den Solnhofener Wannen wurde demnach nicht gut durchlüftetes Sedi- ment, sondern weitgehend H,S-reicher Schlamm gebildet. Der subaquatische Ursprung läßt sich somit kaum leugnen. Im Licht dieser Erkenntnis muß daher auch die Deutung der Fossileinbettung betrachtet werden. B. 4. Einbettung der verschiedenen Tiertypen unter Wasser Unter den Protozoen kommen gelegentlich, in Fäulen angereichert Radio- larien vor, die jedoch umktistallisiert sind (frdl. mdl. Angabe v. Prof. Dr. H. Hacn). Sie wurden beim Einströmen frischen Wassers aus der See in die Wannen eingeschwemmt. 54 Die bekannten Medusenvorkommen von Gungolding (Pfalzpaint) waren als Beweis für Trockenlegung herangezogen worden. Auffällig ist jedoch, daß selten Schleifspuren aus der Gungoldinger Gegend bekannt geworden sind. Die Medusen müssen daher angenähert senkrecht von oben abgesetzt worden sein, was die Gegenwart von Wasser und Fehlen von kräftiger Wasserbewegung voraussetzt. Wenn wir aber annehmen, die Medusen seien abgestorben sobald sie in das hypersaline Wasser (s. unten) der Wannen gelangten, müssen wir mit einer gewissen Schwebezeit rechnen, bevor die toten Tiere den Grund erreichten. Da der Zerfall in übersalzenem Wasser verlangsamt wird, müssen auch die Quallen auf Grund ihrer 2% Trockensubstanz absinken, wie auch abgestorbenes Plank- ton hinab,,rieselt‘“. Die Fähigkeit einen Abdruck zu hinterlassen hatten die Tiere jedenfalls entgegen der Meinung ScHÄFER’s (1962, S. 13, gültig für die Nordsee). Dies beweisen die von Kos (1951, Taf. 2) abgebildeten Schleifspuren und die Umlagerungsspuren von Medusen auf einer Platte in der hiesigen Sammlung. Die Spuren wurden zweifellos unter Wasser gebildet. Unter Wasser auf der Sedimentoberfläche erzeugte Abdrücke konnten erhalten und überliefert werden, selbst wenn die zarte organische Substanz vor der Bildung der nächsten Schicht zerstört war. WaLcorTt (1898, S. 7) nimmt subaquatische Einbettung für Kambri- sche Quallen an. Bei der Besprechung der Solnhofener Medusen (1898, S. 68) folgt er jedoch den Autoren, die Stranden für erforderlich halten. Platte und Gegenplatte einiger Medusenabdrücke die ich vergleichen konnte, scheinen nicht unterschiedlich zu sein. KrEsLinGEr’s Ergebnisse (1939) sollten aus diesem Ge- sichtspunkt noch einmal betrachtet werden. Stranden und anschließendes Ein- trocknen der Medusen halte ich schon deshalb für unmöglich, weil das Sediment sonst Trockenrisse aufweisen müßte. Trockenrisse kommen relativ selten in den Plattenkalken vor, soweit mir bekannt ist, nie zusammen mit Quallen. Schwämme sind äußerst selten. Nach der Art ihrer Einbettung haben sie nicht an Ort und Stelle gelebt. Sie wurden aus ihrer Verankerung gerissen und wie die anderen Fossilien durch Strömungen in die Wannen gebracht. Ebenso gerieten die nicht minder seltenen Brachiopoden, mit ihrem Stiel an einem schwim- menden Objekt festgehalten, in die Wannen. Von den spärlichen echten Würmern sind keine Lebensspuren vorhanden. Sie wurden eingebettet, wie sie niedersanken: Hinweise auf Trockenlegung, wie sie SCHÄFER (1962, S. 203) verlangt, fehlen. Das beste Beispiel dafür, daß Trocken- legung zur Erhaltung feinster Einzelheiten nicht nötig ist, haben die Burgess Shales geliefert, die ebenso unter Wasser entstanden sind. Grabgänge und Mar- ken, die gegebenenfalls auf Würmer zurückgeführt werden könnten, sind mir nur aus Wannenteilen bekannt geworden, in denen sich Anzeichen besserer Durch- lüftung nachweisen lassen. Schnecken und Muscheln findet man nicht häufig. Die Tiere wurden ver- mutlich durch Tangballen eingedriftet. Sie waren wohl meist verendet bevor sie auf den Grund kamen. Daher gehören Muschelspuren, an deren Ende klaftend das Fossil liegt, zu den Besonderheiten (DAcque, 1936, Taf. 14, Fig. 35). Die 55 Muschel konnte sich noch eine Strecke fortbewegen, verendete aber schließlich wegen Sauerstoffmangels. Das Graben der Muschel darf als Beweis für Wasser- bedeckung gelten, denn aufs Trockene geworfen hätte sie, ohne weiterzukrie- chen, ihre Schalen fest geschlossen gehalten. Obwohl man sonst aus den Bank- kalken des süddeutschen Obermalm viele Muscheln unter den Sedimentwühlern trifft, fehlt dieser Molluskentyp in den Wannen nahezu vollständig. Häufiger sind dagegen Austern, die aut Ammoniten-Gehäusen und ähnlichen schwimm- fähigen Dingen festgewachsen sind und mit diesen vom Meer hereingetragen worden sind. Nur wenige Schnecken sind aus den Plattenkalken bekannt. Sie waren alle Meeresbewohner. Gelegentlich gibt es Anhäufungen kleiner Schnecken, die Kriechspuren in der Nähe des Gegenstandes, mit dem sie eingeschleppt wurden hinterließen. Den besten Beweis, daß auch die Tintenfische (Teuthoidea, Belemnoidea) unter Wasserbedeckung eingebettet wurden, liefern gelegentlich die Belemniten (S. 39 u. f.) und Plesiotenthis prisca RUEPPELL (Taf. 9, Fig. 2). Die abgebildete P/eszo- Zeuthis driftete mit dem Kopf nach unten, haftete mit den Fangarmen am Grund, hinterließ dort eine achtstrahlige Sternmarke und wurde schließlich von mini- malen Strömungen neben der Marke der Länge nach in den Schlamm gelegt. Dies kann nicht durch eine rasch einkommende und ebenso schnell verlaufende „Flutwelle‘“ geschehen. Selbst große Tintenfische wie Leptoteuthis wurden uns in prachtvoller Erhaltung überliefert. Daneben finden sich nicht selten abgeris- sene Arme und Schulp-Bruchstücke. Nach SCHÄFER (1962, S. 192) würde es sich dabei um Reste zerfallender, eingetriebener Tiere handeln, während die bester- haltenen Tiere sicher erst in der Wanne zugrunde gingen. Die tadellose Überlieferung der schulptragenden Tintenfische läßt verwun- dern, warum bisher nie Weichteile von Ammoniten bekannt wurden. Ich möchte das damit erklären: leere Ammonitengehäuse hatten sich am Strand außerhalb der Wannen angesammelt; die Schalen wurden später vom Wasser erfaßt und in die Wannen eingeschwemmt. Korg (1961) versucht zwar aus einer Schleifmarke, die in Zusammenhang mit einem Gehäuse steht, die Weichteile des Tieres und dessen Form abzuleiten. Doch ist auch hier eigentümlich, daß keine Spur vom Weichkörper des Tieres gefunden wurde. Möglicherweise waren es leicht zer- störbare Tange oder Algen, die sich am Ammonitengehäuse festgesetzt hatten und die Marken erzeugten. Nach dem Tod des Ammoniten wird durch Verwesungsgase der Auftrieb verstärkt, die Weichteile fallen heraus und das Gehäuse schwimmt somit allein. Solange sich das Tier in der Wohnkammer befand, konnte es zu keiner Einbettung kommen. Auch die anderen in die Wannen eingeschwemmten leeren Ammo- nitenschalen konnten erst wieder niedergehen, nachdem sie sich mit Wasser ge- füllt hatten. Daraufhin wurde nämlich das Gewicht des Gehäuses wirksam. ROTH- PLETZ studierte 1909 die Einbettungsweise der Ammonitengehäuse in den Platten- kalken. Nach seiner Meinung wurde der Auftrieb, der zur Erklärung der Schicht- 56 verformung im Bereich der Ammonitenschalen notwendig erscheint, durch Ver- wesungsgase bewirkt. Waren jedoch die Gehäuse bereits leer bevor sie einge- bettet wurden, so konnten sich Verwesungsgase nicht mehr bilden. Es bietet sich dann folgende Deutungsmöglichkeit: Eine Ammonitenschale geriet auf den Grund, Sediment deckte sie ein. Als die Entwässerung des Sediments begann, konnte das Wasser in den Luftkammern nicht entweichen. Der Kalkschlamm erreichte nach einiger Zeit ein spezifisches Gewicht, das jenes des eingeschlossenen Wassers erheblich übertraf. Somit kam es zum Auftrieb der Schale. Das Sediment war zu diesem Zeitpunkt noch plastisch genug, um Ausgleichsbewegungen zu erlauben. Diese führten zu den von ROTHPLETZ beschriebenen Verformungen der Schichten in der Nachbarschaft der Ammonitengehäuse. Nach Zerbrechen der Schale und Freiwerden des Wassers bildeten sich Setzungsringe und Spalten in den Lagen, die den Ammoniten umschließen. Die Masse der decapoden Krebse besteht aus freischwimmenden Formen der hohen See. Selten trifft man grabende Arten, zahlreicher solche, die bentho- nische Lebensweise bevorzugen. R. FÖRsTER (mdl. Mitt.) stellte bei der Bear- beitung von Solnhofener Krebsen fest, daß sie bereits vor dem Einschwemmen in die Wannen verendet waren oder spätestens beim Eintritt in diese zugrunde gingen. Das Verhältnis Krebse zu Exuvien wird von R. Förster auf 50:50 geschätzt und neigt mehr zugunsten der Exuvien. Fährten von decapoden Kreb- sen, an deren Ende das Tier liegt sind lediglich von Mecochirus bekannt. Niedere Krebse gehören zu den Seltenheiten. Als einzige echte, über längere Strecken verfolgbare Fährte, die auch häufiger in Verbindung mit dem verursachenden Tier gefunden wird, gelten die Lauf- spuren von Mesolimulus. Sehr viele, früher als Vertebratenfährten angesehene Eindrücke ließen sich später Mesolimulus zuordnen. Fährten ‚von Mesolimulus sind meines Wissens die einzigen Zeugnisse für etwas längere Lebensdauer von Tieren, die in Wannen gerieten! Ein Vergleich mit dem rezenten Zimulus, wohl durchaus vertretbar, läßt auch die Ursache erkennen: Diese Gattung besitzt eine Toleranz-Spanne von etwa 0°—46°C für Wassertemperatur und eine nicht minder große für Salinität (s. Suuster jun. 1957, S. 1171 u. f.). Wären auch die rezenten Tiefenangaben übertragbar, dann würden die Tiere Wassertiefen von mehr als 40 m gemieden haben. Die enorme Resistenz ermöglichte den Tieren auch in den übersalzenen, H,S reichen Bodengewässern der Wannen noch ge- wisse Zeit zu leben. Von den Insekten wird angenommen, sie seien auf der feuchten Schwamm- oberfläche kleben geblieben, als sich das Wasser zurückgezogen hatte. In diesem Fall sollten jedoch des öfteren Spuren eines Todeskampfes angetroffen werden. Dagegen sind die Insekten meist wie auf dem „Spannbrett ausgebreitet‘ (WAL- THER 1904, S. 184) und das umgebende Sediment, das gewöhnlich alle Anzeichen einer Bewegung abbildet, ist ungestört. Die Tiere sind nach unserer Ansicht an der Wasseroberfläche zugrunde gegangen und gelangten erst in den Schlamm, 57. als sich die Tracheen mit Wasser füllten und die Tiere zu Boden sanken. Versuche mit Fliegen, großen „Schnaken“ und kleinen Käfern, die zufällig in ein wasser- gefülltes Becken von etwa 2m Durchmesser und 0,4 m Tiefe gelangten, bestä- tigen diese Ansicht. Die Insekten trieben nach ihrem Tod noch einige Zeit an der Oberfläche, was offenbar mit der Schnelligkeit der Entleerung der Tracheen und der Größe der Körperoberfläche (glatt oder geborstet) zusammenhängt. Nach spätestens eineinhalb Tagen waren alle beobachteten Formen abgesunken. Sie nahmen am Grund im allgemeinen die Lage ein, die sie beim Tod an der Wasser- oberfläche hatten. Bei weit abstehenden Flügeln kam es zu Bauch- oder Rücken- lagen, bei angezogenen Flügeln zur Seitenlage. Das Experiment fand in nahezu unbewegtem Süßwasser von etwa 24°C bei einer Tagesaußentemperatur von über 30° C statt. Bei dem Strudelloch eines Insekts, von WALTHER 1904, S. 203 beschrieben und abgebildet, mag es sich um rein zufälliges Zusammentreffen von einem Insekt und einer Glas-Blase (Surock 1948, S. 137) handeln. Lediglich be- züglich C'hresmoda scheint man sich insofern einig, Wals die asserläufer-artigen Tiere im Bereich der Wannen zu leben vermochten. Aber auch von Chhresmoda sind mir weder Hinweise auf einen Todeskampf bekannt, noch ist die Gattung häufig fossil anzutreffen! Mit gewissen Ausnahmen sind Echinodermen in den Plattenkalken selten. Gestielte Crinoiden entstammen dem nahen Riffbereich; sie gelangten tot in ihre Einbettungsstelle! Auch die Myriaden von Saccocoma waren bereits abge- storben, bevor sie mit ausgebreiteten Armen langsam auf den Grund sanken. Zwar hat WALTHER 1904, S. 204 eine „Kriechspur“ von Saccocoma abgebildet, sie sind aber ohne Bewegung von Seiten des Tieres zustande gekommen: die Arme hielten Fallschirm-artig den Körper vom Aufsetzen am Grund ab, bis die bewegende leichte Strömung nachließ. Unter den Seesternen findet man nur die Ophiurengattung Geocoma stellenweise häufig vor. Nach WALTHER sollen davon Kriechspuren existieren. Auf einer kleinen Platte der Münchener Samm- lung, die den Plattenkalken nördlich Neustadt a. Donau entstammt und min- destens zwölf Individuen von Geocoma enthält, zeigt das Sediment keinerlei Bewegungsspuren. Alle Tiere liegen, sich teilweise mit den Armen überdeckend ohne jede Regelung, als seien sie vor Berühren des Sediments abgestorben. Die wenigen bekannten Sceigel zeigen sehr gute Erhaltung, können somit nicht weit und lange transportiert worden sein. Zeichen von Leben haben sie am Grund nicht hinterlassen, sie waren bereits tot, als sie ins Sediment gerieten. Unter den Wirbeltieren, die wir aus den Solnhofener Plattenkalken kennen, sind die Fische weitaus in der Mehrzahl. Sie sind teils zerfallen und in Einzelteilen überliefert, teils aber ausgezeichnet erhalten. Wir müssen daher verschiedene Einbettungsweisen annehmen. In den meisten Fällen muß Verwesung und even- tuelles Auftreiben der Leiche unterbunden gewesen sein. (vgl. dazu SCHÄFER 1962, S. 63 u. f.). Wo stärkerer Zerfall wirkte, konnten leichte Strömungen Ein- zelteile zerstreuen. Aasfresser waren sicher nicht am Werk, für sie fehlt jeglicher Nachweis. Aasfresser sind in einem Sediment, das derartig gute Fossilierung ge- 58 währleistete und Bodenfauna völlig ausschließt, sich somit als lebensfeindlich erweist, nicht anzunehmen. Man hat oft Eigentümlichkeiten der Einbettung bei ZLepzolepis als Zeugnis für Trockenlegung und Austrocknung herangezogen. Die gleichen Erscheinun- gen trifft man jedoch auch unter Wasser: die Krümmung der Wirbelsäule, Auf- reißen der Bauchhaut, Lockerung der Kopf-Wirbelsäule-Verbindung und, bereits bei leichtester Wasserbewegung, Abreißen des Kopfes mit der vorderen Partie der Wirbelsäule. So gibt es viele Beispiele von Leptolepis aus den Solnhofener Plattenkalken, bei denen Kopf und Schwanz im Sediment kleben bleiben. Durch den Auftrieb riß dann die Wirbelsäule hinter dem Kopf und der Körper konnte mittels Schwoien aus der ursprünglichen Lage bewegt werden. WEILER (1929) wies dieses auch für tertiäre Clupeiden durch Versuche an rezenten Heringen nach. Die übliche Erscheinung ist bei den kleinen, schlanken Solnhofener Fischen nur die Krümmung der Wirbelsäule, das erste Anzeichen des Verwesungsvor- ganges. Offenbar kam es meist nicht zum Auftrieb. Reptilleichen sind nicht besonders zahlreich, verglichen mit denen der Fische. Ihre ruhige Einbettungslage setzt Wasserbedeckung voraus! Manche Skelette liegen etwas zerstreut; dies darf wieder der Aktion vom Wasser mit gering- fügiger Strömung zugeschrieben werden. Luftatmende Meeresbewohner, wie Geosaurus, Ichthyosaurus und andere seltene Tiere wurden offenbar als Kadaver eingedriftet. Sowohl Land- wie Luft- und Meeresreptilien hinterließen keinerlei Lebensspuren. Mit Ausnahme einiger zweifelhafter Eindrücke gelang es, fast alle ehedem als Fährten von Reptilien gedeuteten Objekte als Marken zu identi- fizieren, die unter Wasserbedeckung durch leere Ammonitengehäuse oder Spuren von Mesolimulus hervorgerufen wurden (s. a. SEILACHER 1963, S. 603/607). Unter Wasser muß auch der von RorHpLETz (1909, Taf. 1, Fig. 5, S. 320) unter- suchte Alomoeosaurus abgesetzt worden sein. Sein „Todeskampf“ kann ohne Schwierigkeit eine andere Erklärung finden. Die Homoeosaurier belebten die be- grenzenden Landbereiche der Wannen und deren Ufer. Es ist nicht weiter ver- wunderlich, daß das eine oder andere Individium zugrunde ging und in die ruhigen, fast stehenden Gewässer der „Lagunen“ geriet. Im Gegensatz zu anderen Homoeosautier-Kadavern steckte der von ROTHPLETZ beschriebene anfangs seit- lich und tief im Bodenschlamm. Die Seitenlage des letzten Schwanzdrittels ist noch festzustellen, der Kadaver wurde also nachträglich gedreht. Ursache der Schräglage mag schwache Strömung gewesen sein. Beim Niedersinken bohrten sich der herabhängende Schwanz und die linken Extremitäten des Tieres beson- ders tief ein und wurden zum Anker, als der Leichnam durch Strömung gekippt und in die engültige Einbettungslage geschwoit wurde. Broızı (1925, S. 100) ist ähnlicher Meinung. Er weist ebenfalls darauf hin, daß keinerlei Spuren zu dem Kadaver führen. Der Zerfall des Compsognathus-Skeletts läßt auf Driften, Absinken im Wasser und folgende Strömungsdislokation einzelner Knochen schließen. Die Bauch- region zeigt starke Kalzitblasen-Bildung. Kalzitblasen weisen auf Gasbildung B 52 hin. Der Kadaver haftete derartig fest im Schlamm, daß die Bauchdecke unter Wasser reißen konnte. Ob für Archaeopteryx die von SCHÄFER 1962 erarbeiteten Bedingungen über das Verhalten von Vogelleichen im Wasser zutreffend sind, muß offen bleiben. Es gilt zu bedenken, daß Archaeopteryx unter völlig anderen klimatischen und ökologischen Umständen zur Fossilisation kam. Der schwerfällige Körper- bau und das heiße Klima haben die Driftdauer sicher beträchtlich verkürzt. Dazu sollte auch den hydrographischen Verhältnissen Beachtung geschenkt werden. Position und Umgebung der Archaeopteryx-Funde geben keinen Anlaß zur An- nahme von Trockenlegung. Die zerstreute Lage einzelner Skeletteile beim Lon- doner und beim Opıtz’schen Exemplar erklärt sich durch Strömungsumlagerung. Wir kommen zu dem Schluß, daß alle Erscheinungen, die bisher als Argu- mente für die „trockene“ Bildung der Solnhofener Plattenkalke dienten, ebenso- gut oder besser interpretiert werden können, wenn ständige Wasserbedeckung angenommen wird. Ein noch stärkerer Hinweis dafür ist das Fehlen wirklicher Aktivität von Landleben. Wassertiere und deren Reste haben alle bekannten Spuren, Fährten und Marken erzeugt. Hinzu kommt, daß das Sediment ein H3S- reicher Kalkschlamm war, der sich nur unter Wasser bilden konnte. Die marin sedimentäre Bildung der Solnhofener Plattenkalke scheint uns somit gesichert. Wir haben versucht, diese Ansicht einiger älterer Autoren den modernen Er- kenntnissen anzupassen. B. 5. Entstehung der Plattenkalke a. Morphologie und Klima Für das Verständnis der Bildung der Solnhofener Plattenkalke ist die geo- graphische Beschaffenheit ihres Ablagerungsraumes wichtig. Nach der Dar- stellung von Gümser (1891, S. 287) handelt es sich um ruhige Buchten, die den Bewegungen der offenen See kaum zugänglich waren. Manche der Buchten seien vom Meer abgeschnürt gewesen und ausgesüßt worden, obwohl Süß- wasserfauna fehle. Seither ist die Kenntnis durch zahlreiche Untersuchungen gewachsen. Es ist bekannt, daß das Plattenkalk-Sediment in unregelmäßigen, von Riffen umge- benen Becken abgesetzt wurde. Nach FEs£rELpTr (1962, S. 7) sollen sie als Wannen bezeichnet werden. Die Wannen besaßen flachen Boden und waren mit der See und auch miteinander verbunden. Schwellen zwischen ihnen zeichnen sich durch reduzierte Sedimentation ab. Der ursprüngliche Wannenrand, also die Stellen wo sich geschichtete Absätze an das tote Riff anlehnen sind nur selten erhalten (FesereLpr 1962, S. 387). Gegen Ende der Sedimentation war das Relief Riff- Wanne nahezu ausgeglichen und die randlich stark gegliederten Wannen, zu- mindest in der Umgebung von Solnhofen, zu größeren verschmolzen. Anderen- orts (Srreım 1961, S. 41, Abb. 19 u. BauscH 1963, S. 13, Abb. 17) scheint die Wannenform kaum veränderlich gewesen zu sein. Die ältesten geschichteten 60 Sedimente in den Wannen sind, wie FEsErELpr (1962, S. 7) darlegen konnte, noch mit Massenkalkfazies verzahnt. Seit Beginn der Ablagerung plattiger und blättriger Kalke wurden dagegen die Schichten dem toten Riff angelagert. Der durch Plattenkalke ausgeglichene Reliefunterschied beträgt lokal bis zu 100 m (vgl. FESEFELDT, 1962). Wodurch kam das Riffwachstum plötzlich zum Stillstand, warum der schnelle Fazieswechsel? Klimatische Ursachen waren es sicher nicht, da im Fränkischen Jura, hauptsächlich im Süden, entlang der Donau, das Riffwachstum bis in die Zeit der Mörnsheimer Schichten anhielt. Als zwanglose Erklärung bietet sich die Annahme einer Absenkung des Meeresspiegels durch lokale epirogenetische Bewegungen: das Riffwachstum kam durch Trockenlegung zum Erliegen. Die toten Riffe gliederten das Gebiet in ein System flacher Becken und Buchten, die von den Turbulenzen der hohen See geschützt waren. Die weiteren Ausführungen erfordern, die klimatischen Umstände jener Zeit in Betracht zu ziehen. Allein das Riffwachstum bestätigt uns bereits die hohen Temperaturen des Meeres an der Südküste der mitteldeutschen Insel. Die zahl- reichen „Korallenfische“ unter der Meeresfauna weisen in dieselbe Richtung. Mit der O18-Methode hat Encsrt (zit. in F. X. Mayr 1964, S. 62) für die Zeit des „Treuchtlinger Marmors“ (mutabilis- und eudoxus-Zonen, Mittl. Malm) durch Belemniten-Rostren die Wassertemperatur zu etwa 26°C bestimmen können. Korallenwuchs ist hingegen aus dem ‚Treuchtlinger Marmor‘ sehr spärlich bekannt. Dies ist auf zu niedere Temperatur oder größere Wassertiefe zurückzuführen. Schließt man letzteres für die Zeit des Malm ö aus, dann darf im höheren Malm zugleich mit starkem Einsetzen von Korallen-Wachstum ein weiteres Ansteigen der Wassertemperatur vermutet werden. Für die Landfauna wurden hauptsächlich die Insekten als Zeugen für warmes Klima herangezogen (HanDLirsch). Ihre mittlere Flügellänge liegt im Durchschnitt gegenüber den vergleichbaren Faunen anderer Formationen sehr hoch und übertrifft die der rezenten tropischen Insekten. Die Zahl und Mannigfaltigkeit der Reptilien auf dem Land, in der Luft und im Meer mag ebenfalls als Hinweis für Wärme gelten. Die Funde von Landpflanzen in den Plattenkalken deuten außerdem auf ziemliche Trockenheit hin. B. 5. b Hydrologie und Sedimentologie Die Kombination der geologischen und klimatischen Faktoren ergibt das Bildungsmilieu der Solnhofener Plattenkalke. Ihre hervorragende Schichtung ist ein Beweis für das Fehlen starker, turbulenter Wasserbewegungen. Die mor- phologischen Voraussetzungen dazu waren, wie oben erwähnt, durchaus vor- handen. Zufuhr von Kalk und Plankton war durch Verbindung mit der offenen See gewährleistet. Das faulschlammartige Sediment (vgl. S. 62, 63) läßt darauf schließen, daß die Verbindung weniger tief war als die Wannen selbst. Der Effekt von Gezeiten ist am Rhytmus der Ablagerung nicht abzulesen (FEsE- 5* 61 FeLpr 1962, S. 38). O. Kunn (1961) will WILFAHrT’sche „Großgezeiten“ in reduziertem Maße gelten lassen. Es ist jedoch kaum zum Trockenfallen von Schichtflächen gekommen, denn Trockenrisse finden sich selten. Überdies trifft man sie meist dort an, wo auch andere Hinweise für flaches, bewegtes Wasser vorliegen. Die Seltenheit von Trockenrissen bedeutet außerdem, daß die Schich- ten unter Wasserbedeckung zum Absatz kamen. Auf allen Schichtflächen müßten nämlich Schlammsprünge anzutreflen sein, wollte man mit derTrockenlegungs- hypothese arbeiten. Spiegel-Erhöhungen können durch landwärts gerichteten Wind hervorgerufen werden, Senkungen durch seewärtigen. Starke Verdunstung in den Wannen erhöhte die Salinität und damit die Wasserdichte. Das schwere Wasser sank nach unten. Da jedoch die Wannen ver- mutlich tiefer waren als ihre Zufuhrwege, blieb das dichte Wasser am Grund stagnierend stehen. Frischer Meerwasser-Austausch erfolgte nur an der Ober- fläche. Kontinuierlich hereingetragenes Plankton ging in den übersalzenen Ge- wässern der Wannen schnell zugrunde und lieferte (neben der eingeschwemmten Megafauna) genügend organische Substanz. Die niedergesunkenen Leichen zer- fielen nur unvollkommen, denn in stagnierenden Becken wird der Sauerstoff durch Verwesungsvorgänge rasch aufgebraucht und es kommt zur Bildung von H,S. Nur so ist die oft ausgezeichnete Erhaltung vieler Fossilien verständlich. Das Verhältnis zwischen der beträchtlichen Kalkfällung und der Kalk- lösung im H,S-Milieu des Grundes muß so gewesen sein, daß Karbonatüber- schuß zustande kommen konnte. Wäre der Wassernachschub gering bis verschwindend gewesen, hätte es zur Bildung von Evaporiten kommen müssen. Davon sind aber aus den Gebieten mit Plattenkalkfazies niemals Anzeichen bekannt geworden, wenn man nicht die spärlichen Pseudomorphosen nach Salz (?) in Nadelform dazurechnen will. Der Wassernachschub aus der See mußte also entsprechend gewesen sein, um Evaporitentstehung zu verhindern und zugleich die bekannten Faunen einzu- schwemmen. Die episodischen Schwankungen des Meeresspiegels, die den Was- seraustausch in den Wannen bewirkten, können verschiedene Ursachen gehabt haben. Neben den erwähnten, windbedingten Wasserbewegungen ist noch an weitere Wirkungen zu denken, die heute nicht mehr nachprüfbar sind. Merkwürdigerweise finden sich die meisten Fossilien zwischen den Schicht- flächen. Sie sind auch nicht selten in den tonigen „Fäulen‘“ anzutreffen, haften aber häufig in der kalkigen Hangendplatte. Über die Dauer der Ablagerung von Fäulen wissen wir nichts. FEsEFELDT (1962, S. 38) erwähnt, daß Fäulen seitlich in Flinze übergehen können; daher wird man an die Zeitäquivalenz von Fäule und Flinz denken müssen. Flinze sind manchmal durch einfache Bankungsfugen getrennt, die Unterbrechung der Ablagerungen bedeuten. Manche Flinze oder Fäulen keilen an Schwellen vollständig aus. Diese Fakten scheinen auf differen- zierte Sedimentation im Bereich der einzelnen Wannen zu deuten, da in der Paral- lelisierung ihrer Schichtkomplexe verschiedentlich Schwierigkeiten herrschen (FEsEFELDT 1962, S. 14 u. f.). 62 In der Gegenwart werden Becken mit stagnierenden Gewässern, sowohl aus gemäßigtem als auch tropischem Klima, von FLEMING & REVELLE, STROM und WIEns angeführt. Wıens (1960) gibt u. a. Hinweise auf Atolle, deren Lagunen vom offenen Meer nahezu abgeschnitten sind. STROM und FLEMING & REVELLE (alle 1939) behandeln die uns interessierenden Becken in Küstenregionen. Zum Teil auf Strom basierend, bringen FLEMING & REvELLE eine Übersicht der Ver- hältnisse in „stagnant basins“: Salzgehalt und Temperatur des stagnierenden Wassers sind homogen und daher ohne wesentliche Strömungen, die Temperatur ist abnormal hoch, Sauerstoff fehlt. Es bildet sich hoher Gehalt an Nährsalzen (P, N, Si) und CaCO,-Sättigung tritt ein. Die Sedimente sind feinkörnig, stark reduzierend und CaCO;-haltig; H,S entsteht und die Schichtung ist laminar. Bodenfauna fehlt, die Zusammensetzung der eingebrachten Fauna ist gemischt, findet sich besonders in einzelnen Lagen angereichert („Knopfete Lagen“ — Saccocomen-Schwärme, „Fischles-Flinze‘“ mit zahlreichen Leptolepis in den Eichstätter und Solnhofener Bruchrevieren!). Dazu kommt schließlich noch ein gewisser Reichtum an organischen Stoffen. Stagnation wird unter heißem Klima beträchtlich begünstigt. So schreiben FLEMInNG & REvELLE (1939, S. 101): „Within tropical regions, therefore, stagna- tion becomes easier in all kinds of basins owing to the small, diurnal and yearly variations in temperature. Furthermore, the greater influence upon density of temperature differences at high, as contrasted with low, temperatures will tend to produce, in tropic basins, a more stable density stratification, which will not be easily disturbed by mixing due to wind action. Also, the presence of relatively high temperatures in the bottom muds will increase the rate of oxidation and hence of hydrogen sulphide production.“ Für unsere Ansichten über die Entstehung der Solnhofener Plattenkalke ist Strom’s Satz von Bedeutung (1939 [1959] S. 365): „Brackish or salt lakes and lagunes within the tropics almost invariably have foul bottom waters“. Die Verhältnisse rezenter, stagnierender Becken in subtropischen und tropi- schen Breiten können nicht unbesehen mit den süddeutschen Plattenkalk-Vor- kommen verglichen werden. Hier waren Faktoren wirksam, die heute kaum noch zu rekonstruieren sind. Man erhält aber trotz allem in großen Zügen befriedi- gende Antworten auf viele Fragen, welche die Plattenkalke aufwerfen. Die Frage der Kalkausscheidung ist sehr wichtig. Wir wollen sie daher an- hand neuer Kenntnisse diskutieren. NEWELL & Rıcsy (1957) beschäftigen sich (S. 57 u. f.) unter anderem mit den verschiedenen Typen der Kalkausscheidung auf der Great Bahama Bank. Feinstverteiltes CaCO, kommt meist westlich der Andros-Insel, in deren Windschatten, zur Ablagerung. Küstennahes Flachwasser, erhöhte Salinität und geringe Wasserbewegung begünstigen offenbar diesen Typ der Kalkabscheidung. Das fast stagnierende Wasser unmittelbar an der Küste entwickelt die höchste Salinität während der warmen Jahreszeit und gerade dann erfolgt der bedeutendste Kalkniederschlag. Weitgehende Faunenarmut kennzeichnet das Verbreitungsareal des „calcium carbonate ooze“, denn selbst 63 mäßige Bewegung des Wassers führt zu Trübungen. Bei Drehung des Windes wird der aufgewühlte Schlamm weit in die See hinaus geführt. Kalk wird dort bevorzugt in Form winziger Aragonitnädelchen ausgefällt (NEwELL & Rıcsy 1957, Taf. 16, Fig. 1, S.59). „Calcium carbonate ooze“ setzt sich bis zu 97%, aus CaCO, zusammen und nur, wo der MgCO,-Gehalt etwas ansteigt, sinkt CaCO, auf etwa 91%. SiO,, FeO,, Al,O, liegen mit einer Ausnahme unter 1% (1957, S. 60). Ob die Kalkfällung anorganischer oder biolo- gischer Natur ist, bleibt vorerst ungeklärt. Immerhin konnte LoweEnstam (1957, S. 78, Fußnote bei den Diskussionsbemerkungen) beweisen, daß viele der mehr verbreiteten, schwach verkalkten Kalkalgen nach ihrem Absterben in Aragonit- nadeln, ähnlich den erwähnten, zerfallen. Der Unterschied in der Bildungsweise zwischen dem ‚„calcium carbonate ooze“, auf der Bahama Bank und den Solnhofener Plattenkalken besteht haupt- sächlich darin, daß das Ablagerungsgebiet der Plattenkalke besser vor den Wasser- bewegungen der See geschützt war. Die Sedimentation konnte also ziemlich un- gestört vor sich gehen; zugleich wurde aber die Durchlüftung des Bodenwassers soweit behindert, daß es zu Stagnation und H,S-Bildung kommen konnte. Das Wasser scheint in den Plattenkalk-Wannen tiefer gewesen zu sein, da jegliche Zeichen stärkerer Turbulenz im Sediment fehlen (s. a. oben genannte Ausnahmen). H,S entwickelt sich im westlichen Küstengebiet der Andros-Insel im Kalk- schlamm lediglich dort, wo Mangroven wachsen. Flachwasser-Karbonatschläimme mit H,S-Gehalt sind aber in der Florida Bay in ausgedehnten Flächen anzu- treffen (GinsgurG 1957, S. 88). \ GinssurG (1957, S. 91 u. f.) behandelt eingehend die Karbonat-Diagenese. Proben aus der Florida Bay lieferten dabei das interessante Ergebnis, daß fein- körnige Sedimente, schon wenige cm unter ihrer Oberfläche viel Feuchtigkeit verlieren. In etwa 30 cm Tiefe ist der Wassergehalt von 260%, auf nahezu 100% der Trockenmasse zurückgegangen (Diagramm 1957, S. 91), ohne daß von echter Setzung durch Überlagerungsdruck zu sprechen wäre. Der Argonit wandelt sich im allgemeinen erst nach der Frühdiagenese in Kalzit um. Für die Kenntnis der Solnhofener Plattenkalke sind diese Tatsachen wissenswert, da die seltenen Lagen mit Aufarbeitungs-Geröllen dann leicht zu erklären sind. Für die Einbettung der Fossilien ist der rasche Wasserverlust wenige Zenti- meter unter der Oberfläche sehr bedeutend. Große Kadaver sinken tief in den Schlamm; sie erreichen die bereits zäher gewordenen Partien, bleiben besser haften und möglicher Auftrieb wird dadurch behindert. Es ist somit auch ver- ständlich, wie senkrecht im Sediment steckende Ammonitengehäuse in dieser Lage zerbrechen konnten. In diesem Zusammenhang sollten noch die Bemerkun- gen über den Flomoeosaurus auf S. 59 betrachtet werden. B. 5. c. Zusammenfassung der wichtigsten Punkte und Bildungsdauer 1. Tote Riffe begrenzten vielgestaltige Wannen, die zwischen ihnen eingesenkt waren und mit der offenen See in Verbindung standen. 64 2. Das Wasser in den Wannen war vor den Bewegungen der offenen Sce ge- schützt, deshalb herrschte dort ruhige Sedimentation. 3. Das Klima war tropisch. 4. Verbindung mit dem Meer brachte se Nachschub an organischen und anorganischen Stoffen. 5. Abgeschlossenheit, geringe Wasserbewegung und tropisches Klima bewirkten Überwärmung, Übersalzung und am Grunde Stagnation mit H,S-Bildung in den Wannen. 6. Durch aperiodische Wasserspiegel-Schwankungen konnte es einerseits zu Wasserverflachungen und örtlichen Trockenlegungen in den Wannen kom- men. Anderseits konnte es aber durch starke Zufuhr von frischem Meer- wasser wieder zur Erneuerung der Gewässer in den Wannen kommen. 7. Rezente, feinkörnige Kalkausscheidungen, die unter ähnlichen, tropisch- marinen Bedingungen gebildet werden, können zur Erklärung für eine subaquatische Bildung auch des Plattenkalk-Sediments angeführt werden. Wir haben somit zahlreiche Gründe, die Solnhofener Plattenkalke als suba- quatische Bildungen anzusehen. Die seltenen, offenbar immer kurzfristigen und örtlich begrenzten Trockenlegungen passen gut in dieses Bild. So stimmen wir also im Grundsätzlichen mit der Auffassung Gümser’s (1891) und KrumsEck’s (1928) überein (vgl. S. 49), unterscheiden uns aber in der Deutung der Sedi- mentation und anderer Punkte. B. ZıeGLer (1961) hat sich anhand neuer Erkenntnisse mit den Solnhofener Verhältnissen beschäftigt. Seinen Ausführungen ist zu entnehmen, daß auch er für kontinuierliche Wasserbedeckung eintritt und nur spärliche Zeichen von Trockenlegung erkennt. Der Beginn der Plattenkalksedimentation scheint in den verschiedenen „Revieren“ heterochron zu sein: Im S zwischen Daiting und Rennertshofen haben sich jedenfalls Plattenkalke auch noch später gebildet (vgl. FESEFELDT 1962). Die Plattenkalke fassen wir mit den liegenden Röglinger Bankkalken und den hangenden Mörnsheimer Schichten unter den Begriff „Solnhofener Schichten“ zusammen. Dem entspricht die vertikale Verbreitung von Fybonoticeras hybonotum (Opper). Insgesamt veränderte sich die Cephalopodenfauna während dieses Zeitraumes aber bedeutend (FEsErELpr 1962, S. 56/57). Schließen wir die jün- geren Vorkommen im Süden aus, dann darf die Dauer einer Faunenzone für die Entstehung der Plattenkalke gerechnet werden. Ich halte daher die Ablagerung in wenigen Jahren oder Jahrhunderten (vgl. Roruprerz 1909, ABEL 1927 u. a.) für unwahrscheinlich. Veranschlagt man die Dauer des gesamten Malms auf 10 Mill. Jahre, so hätte man bei einer Einteilung in 20 Zonen im Durchschnitt ungefähr 500 000 Jahre pro Zone anzusetzen. Selbst wenn wir in unserem Fall nur die Hälfte dieser Zeit in Betracht ziehen wollten, würde dies der Wahrheit 65 wesentlich näher kommen, als die bisher gemutmaßten Zahlen. Das lange Gleich- bleiben hochmariner Faunen, die Ammoniten ausgenommen, ist nicht weiter verwunderlich. In den bedeutend jüngeren Neuburger Bankkalken treten die- selben Arten von Krebsen und Fischen noch auf, wie in den Solnhofener Platten- kalken obwohl sich die Ammonitenfauna inzwischen völlig verändert hat. Mehrere Zonen zwischen beiden Schichtkomplexen können ausgeschieden wer- den. Abschließend darf betont werden, daß die vorliegende Arbeit besonders dazu dienen soll, das Interesse an den Solnhofener Plattenkalken und ihrer Entstehung erneut zu entfachen und die Diskussion mit modernen Gesichts- punkten zu beleben. Sie soll Ausgangspunkt und Anregung zu zahlreichen künf- tigen Detailuntersuchungen sein. Schriftenverzeichnis Asgeı, O., 1927: Lebensbilder aus der Tierwelt der Vorzeit. — 714 S., 2 Taf., 551 Abb., (G. Fischer) Jena. ALDINGER, H., 1930: Über die Entstehung der Kalkschiefer des oberen weißen Jura von Nusplin- gen in Württemberg. — Cbl. Mineral. etc. Jg. 1930, B, Stuttgart. ALımELA, A. & Rıos, J. M., 1947: Explicaciön al mapa geölogico de la provincia de Lerida. — Inst. Geol. Min. Espafa, 193 S., 23 Taf., 1 geol. Karte, 1 Profiltaf., Madrid. Bausch, M., 1963: Der Obere Malm an der unteren Altmühl. Nebst einer Studie über das Riff-Problem. — Frlanger Geol. 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Fig. 2: Hlibolithes sp. mit Phragmokontresten. Das Rostrtum kam senkrecht im Schlamm zum stecken und warf später beim Umsinken den kleinen Hügel rechts von der Spitze auf. Neben dem Rostrum eine kleine Muschel, die sich ursprüngilch wohl als Larve am Phragmokon festgesetzt hatte. — Obere Schiefer, Eichstätt. Bayer. Staatssammlung f. Paläont. u. hist. Geol. 1961 III 21. (nat. Größe) Fig. 3: Hibolithes sp., der schräg in die Schicht einsank. — „Rote Lage“, obere sezarus-Zone; Straßenanriß unterhalb der Torleite zwischen Dollnstein und der Hammermühle. Bayer. Staatssammlung f. Paläont. u. hist. Geol. 1959 X 80. (nat. Größe). Fig. 4: Hibolithes spl., wie bei Fig. 3, Seitenansicht. Fig. 5: Hibolithes sp., nahezu senkrecht eingebettet. Die quer verlaufende dunkle Linie ist ein Bruch, der bei der Bergung entstand. In den hellen Fäulen des unteren Teils der Fig. sind zahlreiche dunkle Pünktchen zu erkennen. Dies sind umktistallisierte Radiolarien, wie Schliffe ergaben. — Obere Schiefer, Brüche im Wald NNE Haunsfeld bei Dollnstein (nat. Größe) Bayer. Staatssammlung f. Paläont. u. hist. Geol. 1961 I 83. Tafel 9 Fig. 1: Glochiceras lithograpbicum (OPrEr), senkrecht eingebettet. Nur Wohnkammer erhalten. Die Aufnahme wurde der Klarheit wegen retuschiert, das Stück schräg von unten aufge- nommen. Erkennbar sind der Lateralkanal, die grobe Skulptur des Exterolateralfeldes und das Aptychen-Paar. Die Ansichtseite ist anpoliert; da dies nicht völlig in einer Ebene möglich war, erscheint der Gehäuse-Querschnitt perspektivisch etwas verzerrt. A—A’ und B—B’ sind Schichtflächen, die sich entsprechen. C= Rest von Externteil mit Sipho eines älteren Umganges. Dicker Pfeil = oben. — Obere Schiefer, Brüche im Wald NNE Haunsfeld bei Dollnstein. (X 2) Bayer. Staatssammlung f. Paläont. u. hist. Geol, 1961 I 74. Fig. 2: Plesiotenthis prisca RuEppELL. Der Kadaver des Tieres driftete mit dem Kopf nach unten. Als er auf Grund kam, setzte er daher zuerst mit den Tentakeln auf und legte sich dann auf die Schichtfläche. Die Tentakeln hinterließen ihre Abdrücke in Form eines Sternes. An den Abdrücken ist noch die Anordnung der Saugnäpfe zu erkennen. — Obere Schiefer, Eichstätt. Bayer. Staatssammlung f. Paläont. u. hist. Geol. 1959 I 395. Fig. 3: FHomoeosaurus brevipes ZırtEL, Orig. zu Rornrıerz 1909, Taf. 1, Fig. 5. Die Leiche blieb anfangs seitlich im Schlamm stecken und wurde später in die endgültige Lage 68 geschwoit. Die linken Extremitäten und der Schwanz hafteten so fest im Schlamm, daß das Schwoien nur einfaches Kippen bewirkte. Plattenkalke von Kelheim. Bayer. Staatssammlung f. Paläont. u. hist. Geol. 1887 VI 2 (X 0,53). Tafel 10 Platte aus dem Bruch Rashofer, N Painten; Unterseite. Negativ von Rippelmarken und Trocken- rissen der Liegendplatte. Durch die starke Verkleinerung sind die im Text angegebenen Fossil- reste kaum noch sichtbar. Einzelheiten s. S. 47. (x 0,086, die aufgeklebte Etikette ist 7 cm lang) Bayer. Staatssammlung f. Paläont. u. hist. Geol. 1963 I 269. Tafel 11 Platte aus dem Bruch Rashofer, N Painten; Oberseite. Verlauf und Form der Ammoniten- Rollmarken wurden nach einer vergrößerten Photographie durchgezeichnet. Die Aspidoceras- Marke wurde durch Raster besonders kenntlich gemacht. A—A bedeutet den ungefähren Verlauf der Rippelmarken der Liegendplatte. Größte Länge der Platte 188 cm, größte Breite 94 cm. Eingehende Beschreibung im Text (S. 43). Die Unterseite der Platte ist auf Taf. 10 abgebildet. = 69 Tafel 8 Tafel 9 Tafel 10 30cm — = 2 —— er =, Su RR reierte? — zT (en — =>) Tafel 11 Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 4 | 71—92 | München, 31. Dez. 1964 Zur Stratigraphie der Mitteltrias südwestlich der Kampenwand (Chiemgauer Alpen) Von GERT HAUERSTEIN, München!) Mit 4 Abbildungen und Tafel 12 Zusammenfassung Als tiefster Horizont wurden die Reichenhaller Schichten mit Dolomiten, Rauhwacken und Kalksteinen erstmalig im Gebiet der Kampenwand nachge- wiesen. Der Alpine Muschelkalk konnte an Hand einer Brachiopodenfauna, die 13 Arten umfaßt, gegliedert werden. Durch messende Untersuchungen an Chenothyris ließ sich Coenothyris cycloides ZENKER von vulgaris (SCHLOTHEIM) abtrennen und so auch in den Alpen nachweisen. Eigenartig ist das Zusammenauftreten von Cölestin mit den Brachiopoden. Beim Schlämmen von Mergelhäutchen zwischen den Kalk- bänken und bei der Aufbereitung von Kalksteinen mit Monochloressigsäure wurden neben 12 Foraminiferengattungen auch Fischreste, insbesondere Zähn- chen von 3 Saurichthys-Arten, mit solchen aus dem germanischen Muschelkalk vergleichbar, und 3 Conodonten-Gattungen gewonnen. Eine vulkanische Tätig- keit an der Wende Anis/Ladin konnte nicht nachgewiesen werden. Die Partnachmergel lieferten eine individuenreiche Mikrofauna mit 4 Fora- miniferengattungen. Eine zwischengelagerte Kalkbank im oberen Teil der Partnachmergel ergab eine ladinische Brachiopodenfauna mit 7 Arten. Aus dem Wettersteinkalk stammen lediglich 3 Arten von Lamellibranchiaten. Im Über- gang zu den Raibler Schichten führt der Wettersteinkalk Roteisenerz. Summary The Reichenhaller Schichten consisting of dolomites, cellular dolomites (“Rauwacken”), and limestones are found to be the lowermost member of the middle Triassic Series in the Kampenwand region (Northern Limestone Alps). It is also the first time that the beds of this age can be reported from this district. A subdivision of the Alpine Muschelkalk was accomplished by means of a brach- iopod fauna, made up of 13 species. Investigations on Coenothyris showed that Coenothyris cycloides ZENKER can statistically be separated from Coenothyris vulgaris (SCHLOTHEIM)in the alpine material. Cölestine (StSO,) is found to occur in the 1) Dipl.-Geol. G. HAuersteEin, Institut für Paläontologie und historische Geologie der Uni- versität, 8 München 2, Richard-Wagner-Str. 10. 71 brachiopod horizon. Washing of marly material from between the limestone banks and treating the limestone with CH,Cl : COOH recovered 12 genera of foraminifera and in addition fish teeth. Of the latter 3 species of Saurichthys were compared to forms from the German Muschelkalk. Furthermore 3 genera of conodonts were found. There is no proof of any vulcanic activity within the range of Anisian/Ladinian transition. Four genera of foraminifera were recovered from the Partnach Marls. A limestone band in the upper part of the Partnach Marls enclosed 7 species of Ladinian brachiopods whereas only 3 species of lamellibranchiates were extracted from the Wettersteinkalk. The passage beds Wettersteinkalk/Raibler Schichten yield formerly worked Fe,O, ore. Inhalt Einleitung enge er a ee Ber ea TR SUR ER 72 1.2.DjelGesteine’der, Anisischen Stuten. 2.0 0 a Se ee ee 74 1.1 Helle Dolomite, Rauhwacken, Kalksteine (Reichenhaller Schichten) . .. .... 74 110 @esteinsausbildunezundrEossilinhalt eu gr 15 111 Alter 12 2 A Re TR 75 1:2:mm- cm bankige Kalksteine ars 21 N Te er SAN 75 17204 @esteinsausbildunerund Bossilmhaler Er Er re 75 213 Alters ns ae) er rei Dehrt gene ee EN 1 ENT ME RES SR re 76 1-30 Bossilreicher knolligeKalksteines rs. Ey Se 77 1,302GesteinsauspildungtindnBEossilimhalersn ae Dr ee EEE Un 1317 Alter 1 EEE ee EEE SR TUE 82 144, Rossilarme, knollige-Kalksteinel., ., 2 2. cl elle a re rre 83 WA0RGesteinsausbildunesundlEossilinhaltes. re 83 1.41, Allter., „2 0: Vase ne LE re ET ER A 83 I 5tem- dmybankıgevRKalksteines ge ee 83 1.50 Gesteinsausbildung und Fossilinhalt . . 2. 2 2 2 222 2 2 nme. 83 UST Alter a en Eh ei aufn Kaas ee hai N ne Velen RE A 85 21.Die’Gesteine.der Ladinischen Srutera u. a ee en 85 2:1 Dunkle Mereellund Kalksteine, Partnachschichten) 2 2 2 Ener 85 2H10N Gesteinsansbildungsund!Eosstlinhalee 2 Se re 85 DT AUERT r E R RI : 87 2.2 Helle Dolomite und Kalksteine (Wettersteindolomit und -kalk) . .. ...... 88 2220, G@esteinsausbildung undHRossilinbalter 2 Sr ee 88 2.288 Altern Alam Se ee en Sch Eee SELBER: HR, URAIIRER ger 89 Titeraturvetzeichnis. De. nr ee I u Se Banane 90 Einleitung Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde mir von Herrn Prof. Dr. R. Denm, München, der südwestliche Teil des von BroıLı (1914) kartierten und beschrie- benen Gebietes der Kampenwand bei Aschau in den Chiemgauer Alpen zur Neubearbeitung übertragen. Es sollte außerdem eine Gliederung des Alpinen Muschelkalks versucht werden. Aus dieser Diplomarbeit, die samt Karte in der Bibliothek des Instituts für Paläontologie und historische Geologie der Uni- versität München hinterlegt ist, wird das Kapitel über die Mitteltrias wiederge- geben, da sich hier neue Beobachtungen ergeben haben. 72 £ in n helle Dolomite und Kalksteine s ( WETTERSTEINDOLOMIT,-KALK) en Q < Ey: Q dunkle Mergel und Kalksteine ö er KREARTNABHISEHTCHRTENG) ] NE cm - dm = grau,Kieselsöure- Ba 2. BANKIGE | ausscheidungen Bee KALKSTEINE -7- = zn] N] & & [u > — W x ; FOSSILARME, grau,leicht braun - Se: le KNOLLIGE ne 2 E 100 KALKSTEINE ausscheidungen, ae Mergelhäutchen Ww ZT © (7) S zZ 2 x B0:SSERRIELNGIHLEN dunkelgrau,leicht |o| : u 2 [I — KNOLLIGE bröunlich, Mergel- |” | * z KALKSTEINE häutchen,Cölestin Pr Er = 50 — — —— ERBE ER Su grau,leıcht braun- lich a|&x | — mm -cm N t o| Wu x BANKIGE dünngeschichtet, n 5 # __ KALKSTEINE ee) Se Ale = x|2 S dunkelgrau,leicht > braunlich m .helle Dolomite ,Rauhwacken,Kalksteine Überschiebung (REICHENHALLER SCHICHTEN) HAUERSTEIN - Abb. 1: Profil der Mitteltrias südwestlich der Kampenwand (Chiemgauer Alpen) 73 Herrn Professor Dr. R. Derm möchte ich an dieser Stelle für seine außer- ordentliche Freundlichkeit, mit der er diese Arbeit unterstützte und förderte, sehr herzlich danken. In speziellen Fragen berieten mich Konservator Dr. K. W. BArTHEL, Dr. K. Dosen, Prof. Dr. H. Hacn, Dr. W. WAGNER und Dr. K. F. SEIFERT (Mineralo- gisches Institut). Ihnen allen spreche ich meinen aufrichtigen Dank aus. 1. Die Gesteine der Anisischen Stufe Bis in die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts findet man unter der Bezeichnung „Alpenkalk“ sämtliche alpinen Gesteine der Trias, des Jura und der unteren Kreide. Die Gliederung des „Alpenkalks““ war zu dieser Zeit noch recht unvollkommen. Erst in den folgenden Jahren klärten besonders L. v. BucH, G. zu Münster, K. E. ScHhArHÄutL, Fr. v. Hauer, H. EmmRIcH und C. W. GümBEL weitgehend die Lagerungs- und Altersverhältnisse. Lange Zeit nahm man jedoch an, daß die Gesteine des „...alpinischen Muschelkalks“ mit denen des ‚,..außeralpinischen Muschelkalks“ identisch seien (GÜMBEL 1861, S. 207). Erst als Tornauıst (1896, S. 209) den Fund eines nodosen Ceratiten aus den Buchensteiner Schichten des Vicentin meldete, konnte nachgewiesen werden, daß der obere germanische Muschelkalk (Hauptmuschelkalk) der Ladini- schen Stufe äquivalent ist. Die Fauna und Flora des Himmelwitzer Dolomits (Assmann, 1914) ließen schließlich deutlich erkennen, daß auch noch ein Teil des mittleren germanischen Muschelkalks (Anhydritgruppe) seine Äquivalente in der Ladinischen Stufe der Alpen hat. Daraus ging hervor, daß der Name „Muschelkalk“ in der alpinen Geologie, wo er ja nur anisisches Alter besitzt, leicht zu Mißverständnissen führen kann. So wurden verschiedene Zusätze gewählt, z. B. „im engeren Sinne“, „im engeren alpinen Sinn“ oder die Bezeichnung „Alpiner Muschelkalk“ (siehe hierzu MitLer 1962, S. 7—8), wovon sich die letztere durchgesetzt hat. Andere Autoren (z. B. Huckrıepe 1959, S. 46;) möchten den Namen „Muschelkalk“ im alpinen Bereich überhaupt nicht verwenden, um die Unstimmigkeiten mit dem germani- schen Muschelkalk zu vermeiden. Meiner Ansicht nach ist die schon lange ge- bräuchliche Bezeichnung Alpiner Muschelkalk, gerade durch den Zusatz „alpin“, von Mißverständnissen ausgeschlossen. Für das Anis werde ich die Gliederung benutzen, die ROsENBERG (1959) in seinen Tabellen der Nord- und Südalpinen Trias verwendet. Die Gesteine des Anis bilden im Osten die steilaufragenden Felsen des Raffen. Von dort lassen sie sich nach Westen über die Felswände westlich der Steinberg-Al- pe, zwischen Scheibenwand und Brunnensteinkopf bis zum Priental verfolgen. Süd- lich des Brunnensteinkopfes bilden sie eine breite Zone, die sich bis zu den senk- rechten Wettersteinkalkwänden der Überhängenden-Wand erstreckt. 1.1 Helle Dolomite, Rauwacken und Kalksteine (Reichenhaller Schichten) Auf dem kleinen Weg, der sich südlich des Raffen in 1450 m Höhe entlang- zieht (R 28 140, H 90 600), ferner ca. 600 mW hiervon (R 27 640, H 90 610) 74 und ca. 300m WNW der Steinberg-Alpe (R 27 000; H 90 240) konnten erst- malig Gesteine der Reichenhaller Schichten im Gebiet der Kampenwand fest- gestellt werden. Die ca. 3 m mächtige Serie bildet den tiefsten Horizont der „hoch- bajuwarischen Einheit‘“‘ (hochbajuwarische Einheit im Sinne von Hann 1912, $. 338). 1.10 Gesteinsausbildung und Fossilinhalt Im unteren Teil ist ein weißlich, leicht bräunlicher Dolomit aufgeschlossen. Das Gestein ist gebankt (10—20 cm), dicht, schwach kalkig und von ziemlich glattem Bruch. Feinste Klüfte sind mit Kalzit verheilt. Beim Anfeuchten des Gesteins werden hellbraune Flecken deutlich sichtbar. Bisweilen wird der Dolo- mit von einer grauen Bänderung parallel zur Schichtung durchzogen. Im Dünnschliff erkennt man eine dichte Grundmasse aus feinsten Dolomitkriställchen. Selten finden sich organische Reste. Diese Dolomite wechsellagern mit hellen, bräunlichen Rauhwacken, die lithologisch nicht von Raibler Rauhwacken zu unterscheiden sind. Die Kavernen werden durch Auflösung von eingelagertem Gips gebildet. An einer solchen Gipseinlagerung konnte beobachtet werden, daß sie von allerfeinsten Kalzitadern durchzogen wird. Nach Auflösung des Gipses bleiben die Kalzitadern als feines Netzwerk zurück. Dünnschliff: Die Grundmasse ist mergelig-kalkig und dicht. Die durch Auslaugen des Gipses entstandenen Hohlräume sind durch idiomorphe Dolomitkriställchen ausgekleidet. Nach oben schließen sich gebankte (bis 40 cm), braune Kalke mit einem Stich ins Rötliche an. Sie werden von gelblich-bräunlichen Schlieren durchzogen. Dünnschlif: in einer dichten kalkig-mergeligen Grundmasse bilden Mergel einzelne Bänder und Schlieren. Zahlreiche Hohlräume, die wahrscheinlich primär im Sediment vor- handen waren, sind sekundär mit idiomorphen Dolomitkriställchen ausgefüllt. Vereinzelt finden sich Lamellibranchiatenschälchen und schlecht erhaltene Foraminiferen. Kleine schwarze Ein- schlüsse dürften bituminöse Substanz darstellen. 1.11 Alter RosEnBERG (1959) gibt in seinen Tabellen für die Reichenhaller Schichten unterhydaspisches Alter an. H. Mırzer (1962, S. 6—7) konnte in den obersten Reichenhaller Schichten des westlichen Wetterstein- und Mieminger Gebirges noch Dadocrinus gracilis (Buch) nachweisen. Er vermutet die Skyth/Anis Grenze innerhalb der Reichenhaller Schichten. Da die oben beschriebenen Gesteine nur den obersten Teil der gesamten Reichenhaller Schichten repräsentieren dürften und ein stratigraphischer Zusammenhang zu den hangenden Kalken des Alpinen Muschelkalkes besteht, dürften sie in den unteren Alpinen Muschelkalk (Hydasp nach Pra) zu stellen sein. 1.2 mm—cm bankige Kalksteine 1.20 Gesteinsausbildung und Fossilinhalt Die Gesamtmächtigkeit beträgt ca. 50 m. a) Aus dem gebänderten, fleckigen Kalkstein der Reichenhaller Schichten entwickeln sich mit einer Mächtigkeit von ca. 18 m gebankte (bis 40 cm) Kalke. ä 2, Sie besitzen die für anisische Gesteine häufige, dunkle, graue, leicht bräunliche Farbe. Die Dunkelfärbung weist auf einen Gehalt an Bitumen hin, das sich beim Anschlagen durch den Geruch bemerkbar macht. Die verwitterte Oberfläche ist meist hellgrau. Das Gestein ist fest und hat einen leicht rauhen Bruch. Gelegent- licher schwacher Dolomitgehalt ist dann an dem eckigen, würfeligen Bruch zu erkennen. Zahlreiche mehr oder weniger starke Klüfte sind mit Kalzit verheilt. Die Schichtoberflächen sind unruhig. Dünnschliffe: Probeentnahme am Fuß der Felswand ca. 400 m WNW Steinberg-Alpe auf 1340 m (R 26840; H 90320) (N 52°E, f 30°SE), ca. 7,50 m unter dem Beginn der dünnschichtigen Kalksteine (siehe b): eine dichte, kalkig-mergelige Grundmasse wird von kleinen Stylolithbildungen durchzogen. Dicke bis haar- feine Klüfte sind mit idiomorphen Kalkspatkristallen verheilt. Fossilreste sind bis auf eine Brachiopodenschale stark umktistallisiert. ca. 5,50 m unter dem Beginn der dünnschichtigen Kalksteine: In eine dichte, kalkig- mergelige Grundmasse sind mittelkörnige Kristalle eingelagert, die wahrscheinlich terrigenen Ursprungs sind. Schalenbruchstücke sind undeutlich zu erkennen. Eine Kleinstbrachiopode ist das einzig sicher ansprechbare Fossil. Grenze zu den feinschichtigen Kalksteinen: In einer dichten, kalkig-mergeligen Grund- masse „schwimmen‘“ kantengerundete Brocken, die den gleichen Gesteinscharakter wie das eben beschriebene Sediment besitzen. Es mag sich hier um ein Resediment handeln. b) Es folgen mit einer Mächtigkeit von ca. 6—9 m dünnschichtige (mm—cm), wellige, wurstelige Kalksteine, denen einzelne dickere (dm) Bänke zwischenge- lagert sind. Diese dünnschichtigen Gesteine sind tektonisch stark beansprucht und zerfallen bei der Verwitterung in stückigen Grus. Der Bitumengehalt ist etwas höher als bei den vorigen Kalksteinen. Dies macht sich dann auch in der etwas dunkleren Färbung bemerkbar. Häufig wurden kleine, gezackte Löchelchen beobachtet, die mit Brauneisen ausgekleidet sind. Auch auf den Schichtfugen sind rostige Anflüge und hellbraune Mergelhäutchen vorhanden. Dünnschliff: Probeentnahme am Fuß der Felswand ca. 300 m W Steinberg-Alpe auf 1290 m (R 26980; H 90150), (N 54°E, f 36°SE), ca. 5 m über der Untergrenze der dünn- schichtigen Kalksteine: In einer eintönigen, kalkig-mergeligen Grundmasse sind vielfach kleine Bitumentröpfchen (?) eingelagert. Organismenreste sind bis zur Unkenntlichkeit um- kristallisiert. c) Es schließen sich ca. 26 m mächtige, gebankte (dm) Kalksteine von mittel- braungrauer Farbe an. In den unteren Metern sind sie mit rostigen Pünktchen durchsetzt. Der Gesteinscharakter ist im übrigen der gleiche wie bei den zuerst genannten Bankkalken (a), lediglich die Färbung wird nach oben heller. Dünnschliff (Taf. 12, Fig. 1): ca. 15 m über der Untergrenze der dünnschichtigen Kalk- steine. Die Grundmasse ist kalkig-mergelig. Darin befinden sich zahlreiche rundliche bis ovale Gebilde unbestimmter Zugehörigkeit, die teils mit Brauneisen, teils mit Chalcedon ausgefüllt sind. Unterhalb des Münchner Hauses wird diese Bankkalkserie durch massige Gesteine vertreten, die mit einer Mächtigkeit von ca. 60 m aufgeschlossen sind. Es mag sich hier um einen Riffklotz handeln. Riffbildungen wurden im Anis häufig beschrieben (s. a. Pra 1920, MıLLer 1962, S. 9). 1.21 Alter In den mm-cm bankigen Kalksteinen konnten keine bestimmbaren Fos- silien gefunden werden. Daher konnte eine paläontologische Alterseinstufung 76 nicht erfolgen. Die Serie dürfte jedoch in den unteren Alpinen Muschelkalk (Hydasp nach Pıa) zu stellen sein, da sie zwischen den unterhydaspischen Reichen- haller Schichten und den im folgenden beschriebenen fossilreichen, knolligen Kalksteinen des mittleren Alpinen Muschelkalks (Pelson nach Pra) liegen. 1.3 Fossilreiche, knollige Kalksteine 1.30 Gesteinsausbildung und Fossilinhalt Etwa 20 m mächtig ist der nun folgende dunkelgraue, fossilreiche, knollige Kalkstein, der einen Stich ins Bräunliche besitzt. Auch hier hängt die dunkle Färbung wieder mit einem geringen Bitumengehalt zusammen. Das Gestein ist etwas gebankt, fest, dicht, mit deutlichem Tongehalt, leicht muscheligem, ziemlich glattem Bruch. Die Verwitterungsfarbe ist hell bräunlich-grau. Zahlreiche Klüfte von mm-cm Breite sind mit Kalzit verheilt. Die Schichtflächen sind knol- lig ausgebildet. Zwischen den Knollen befinden sich dünne (maximal 0,5 cm), bräunliche Mergelhäutchen. Bisweilen sind auch schwarze, glänzende Zwischen- mittel vorhanden. Ein Kieselsäuregehalt, kenntlich an bräunlichen Kieselaus- witterungen, tritt erst in den oberen Metern dieser Serie auf. Ca. 10 m über der Basis der knolligen Kalke treten ca. 300 m SW der Stein- berg-Alpe auf 1210 m Höhe (R 27 200; H 90 000) (N 60°—68° E, f 20°—23° SE) nesterartig vor allem Brachiopoden auf. Der Fossilhorizont läßt sich im Schicht- fallen hangaufwärts bis auf 1320 m Höhe verfolgen. In diesem Horizont wurden kugelige, parallel- bis radialstrahlige Kristallaggregate von CÖLEsTIn (SrSO,) gefunden. Die Kristallaggregate erreichen eine Größe von 6 cm. Dünnschliff: Eine kalkige, stark mergelige Grundmasse enthält organogenen Schutt, untergeordnet exotisches Material, Bitumentröpfchen und kleine Cölestinkriställchen. An organischen Resten sind im einzelnen zu erkennen: Lenzieulina, Frondicularia, Crinoideen-, Echiniden- und Bryozoenteste, Schalen von Brachiopoden und Gastropoden. Unterhalb des Münchner Hauses sind die fossilreichen, knolligen Kalk- steine durch massige Kalksteine vertreten (? Riffstotzen?). Die bräunlichen Mergelhäutchen zwischen den knolligen Schichtflächen der Kalksteine ließen sich besonders gut am Punkt (R 26 860; H 90 080) in 1380 m Höhe an der dortigen Felswand gewinnen. Bemerkungen zur Fauna In Schlämmrückständen findet man vereinzelt recht schlecht erhaltene Foraminiferengehäuse. Mit Sicherheit konnten 3 Gattungen bestimmt werden: Marginulina sp., Rectoglandulina sp., Psendoglandnlina sp. Von Enerinus hlüformis SCHLOTHEIM liegen mir mehrere Stielglieder vor, deren Durchmesser bis zu 1 cm betragen. Kleine Stielglieder von Dadoerinus gracilis (Buch) sind mit Enerinus liliiformis vergesellschaftet. Sie wittern gut kenntlich auf den Gesteinsoberflächen aus. Die Gesteine, in denen beide Crinoideengattungen zusammen auftreten, stellt GascHe (1939, S. 85) in das Pelson. Nach GAscHE wurde das Zusammen- auftreten nie in Schichten über den Brachiopodenbänken beobachtet. € 77% Bei der Aufbereitung der Kalksteine mit Monochloressigsäure fanden sich im Rückstand unbestimmbare Bruchstücke von Bryozoen. Lingula tennissima BRONN 2 Exemplare mit der noch wohlerhaltenen Schalensubstanz haben eine Höhe von ca. 1,8 mm und 6,8 mm. „Rhynchonella““ trinodosi cf. toblachensis LORETZ (?) 1 gut erhaltenes Exemplar, das mit Sicherheit nicht bestimmt werden konnte, hat auf der Ventralschale eine breite Falte, die sich vom Stirnrand nicht ganz bis zur Schalenmitte fortsetzt. Auf der Dorsalseite befindet sich an der gleichen Stelle eine ähnliche Falte. Dadurch erhält der Stirnrand ein welliges Aussehen. Der Schnabel mit einem deutlich erkennbaren Stielloch ist kräftig und ragt ein wenig über die Dorsalschale hinaus. Nur ganz entfernt kann das vorliegende Stück mit Rhynchonella trinodosi cf. toblachensis verglichen werden, und zwar mit dem Exemplar, das Brrrner (1890, Taf. XXXIL, Fig. 32) abbildet. Spiriferina fragilis (SCHLOTHEIM) Bei einem etwas verdrückten Exemplar und einigen Fragmenten sind Sinus und Wulst breiter als die angrenzenden Rippen. Spiriferina manca BITTNER Es liegt %, Exemplar vor, dessen Erhaltung für die Bestimmung ausreicht. Spiriferina aft. stracheyi SALTER Birrner (1899, S. 18) weist auf die Verwandtschaft mit Spiriferina fragilis hin. Das mir vorliegende Exemplar besitzt eine sehr hohe Area und einen tief eingeschnittenen Sinus auf der Ventralschale. Diese Merkmale stellen eine enge Beziehung zu Sp. stracheyi dar. Spiriferina ( Mentzelia) köveskalliensis SUESS 3 Ventralschalen weisen die typische, feine, dichte Berippung dieser Art auf. Spiriferina (Mentzelia) mentzelii (DUNKER) Es konnten 1 vollständiges Exemplar und 5 Ventralschalen gefunden werden. Das vollständig erhaltene Exemplar verhält sich Länge : Breite der kleinen Klappe wie 1:1,42. Es läßt sich am besten mit der bei Brrrner (1890, Taf. XXXIV, Fig. 11) abgebildeten Form vergleichen. Tetractinella trigonella (SCHLOTHEIM) Bei 8 vollständig erhaltenen Exemplaren handelt es sich ausnahmslos um 4-rippige Formen. Ihre Schalensubstanz ist meistens erhalten, geht aber bei der Präparation teilweise verloren. Dadurch erklärt es sich auch, daß die spitzen Enden der Rippen bei den präparierten Stücken nicht mehr vorhanden sind. Um zu zeigen, daß die Art beträchtlich variiert, gebe ich hier einige Maße in mm an: 78 h b d 17,0 18,3 9,6 15,7 17,6 9,9 13,0 16,0 10,0 10,5 11,4 5,5 10,0 9,3 7,0 Retzia cf. schwageri BITTNER Einige Schalenfragmente mit wenig zahlreichen Rippen lassen nur eine un- sichere Bestimmung zu. Coenothyris vulgaris (SCHLOTHEIM) Diese häufigste und verbreitetste Art der Mitteltrias lieferte aus den Brachio- podenlagen auch die Hauptmasse an Exemplaren. Es konnten über 70 Stücke gesammelt werden. Da sie ziemlich fest mit dem Nebengestein verwachsen sind, konnte nur ein Drittel davon vollständig präpariert werden. Die Minimalmaße sind in mm: bh =,1,87 bb = 6,71; d=535 Die Maximalmaße sind in mm: h=23,8; b = 18,8; d = 13,2 Betrachtet man das gesamte präparierte Material, so findet man neben läng- lich-ovalen Formen auch solche, die nahezu kreisrund sind. Daraufhin wurden alle sehr gut erhaltenen Stücke vermessen. Die Maße wurden in einem Korrelations- bild nach dem Vorschlag von Kirchner (1931) zusammengefaßt. Außerdem wurde noch eine Verteilungskurve gezeichnet. Coenothyris cycloides ZENKER Aus dem Korrelationsbild (Abb. 2) ist deutlich zu entnehmen, daß sich von C. vulgaris eine andere Art, nämlich C. cyc/oides abtrennen läßt. Dieser Methode bediente sich H. KırcHner (1933, S. 126ff) an Exemplaren der Würzburger Trias. Er stellte fest, daß es sich nicht infolge ungünstiger äußerer Bedingungen um kleiner gebliebene C. vz/garis handelt, sondern daß C.. cycloides eine eigene Art mit einer Wachstumstendenz ist, die in allem von der C. vulgaris verschieden ist. In der Verteilungskurve (Abb. 3) konnte gezeigt werden, daß es sich nicht um Übergänge von breitovalen zu langovalen Formen der C. vulgaris handelt, wie A. H. Mürzer (1958, S. 357) zeigt, sondern daß auch bei dieser Kurve C. vulgaris und C. cycloides sich in zwei eindeutigen Maxima herausheben. Es ist mir nicht bekannt, daß im alpinen Raum Chenothyris cycloides ZENKER schon einmal beschrieben wurde. DieNinimalmaße sind in mn: H’—= 7 7,85b = 70; d = 34 Die Maximalmaße sind in mm: h = 19,0; b = 17,4; d = 9,7 Im germanischen Bereich ist die C. cycloides auf den Hauptmuschelkalk be- schränkt. 79 Düne Kne Hohe U \ Breite Abb. 2 ». © urn A — 0 & Ta ; ee (9) r r x“ VErecen! S = a J a NE! > © (SET CL et 19) & 10] = & ESEL © ® Ole er © 1001225708 | oo oo \r N aJpo]Jdwex3 pP ]ypzuy Abb. 3 80 Abb. 2: Korrelationsbild»vyon Coenothyris vulgaris (a) und Coenothyris cycloides (@). Die Linien der Höhenwachs; ‚mstendenz (B) und der Dickenwachstumstendenz (A) laufen nicht parallel, sondern schneiden sich in ihrer Fortsetzung in einem spitzen Winkel. Es liegen für beide Arten verschiedene Wachstumsverhältnisse vor Abb. 3: Die Verteilungskurve zeigt, daß keine Übergänge von den nahezu kreisrunden Formen der Coenothyris cycloides zu den langovalen der Coenozhyris vulgaris vorhanden sind Aulacothyris angusta angusta (SCHLOTHEIM) Den von Brrrner (1890) abgebildeten Exemplaren ähnelt mein einziges voll- ständig erhaltenes Exemplar am meisten dem auf Taf. XXXVI, Fig. 42. Aller- dings ist das vorliegende Stück etwas kleiner. Zwei Dorsalschalen sind etwas breiter als das vorige Exemplar; sie passen gut zur Fig. 43 der gleichen Tafel. Aulacothyris angusta incrassata BITTNER Eine aufgeblähte, größere Form von A. angusta ist nach Brrrner (1890, S. 8) eine Subspezies. Diese Nebenform wurde aus dem Wendelsteingebiet beschrieben und liegt nun mit 1 Exemplar auch vom Kampenwandgebiet vor. Mollusca sind nur sehr spärlich vertreten. Bei den Lamellibranchiaten sind es einzelne Schalenabdrücke von Aviculopecten aft. elegantulus BITTNER Psendomonotis (Claraia) aft. painkhandana BITTNER Pecten (Welopecten) cf. albertii GOLDFUSS Placunopsis aft. plana GIEBEL An Gastropoden wurde nur ein Exemplar von Polyg yrina sp. gefunden. Im Dünnschliff wurden Gastropodendurchschnitte häufiger beobachtet, z. T. von Promathilda sp. Von Cephalopoden wurden nur wenige Durchschnitte gefunden. Die Schlämmrückstände lieferten zahlreiche Steinkerne von Ostracoda div. sp. Außerdem wurden noch 7 Ganoidschuppen und 20 Fischzähne ausgelesen. Sie sind alle tadellos mit dem ursprünglichen Glanz des Schmelzes erhalten, meist hellbraun gefärbt, doch kann die Färbung in einzelnen Fällen bis zum tiefsten Braun reichen. Hybodus sp. Es liegt mir 1 beschädigter Zahn vor, über dessen Basis sich eine Mittelspitze erhebt. Die Mittelspitze trägt zu beiden Seiten, sowie vorne und hinten, einen scharfen Kiel. Dadurch wird die Mittelspitze im Querschnitt viereckig. Eine wesentlich kleinere Nebenspitze läßt schwache vertikale Fältchen erkennen. Im übrigen gleicht sie der Hauptspitze. Saurichthys mougeoti AGASSIZ Es sind dies leicht gebogene Zähne, deren Wurzel undurchsichtig ist und . deutliche, zusammenlaufende bzw. sich gabelnde Schmelzleisten aufweist. Die durchsichtige Schmelzspitze trägt beiderseits einen scharfen Kiel. Sie hat weiter- hin Leisten, die auf der konkaven Seite meist stärker ausgebildet sind. 81 Die Länge eines Zahnes mißt ca. 1,3 mm, die Breite c- 0,7 mm (an der Basis gemessen). & Saurichthys apicalis AGASSIZ Die Zähnchen, die dieser Art angehören, zeichnen sich durch sehr feine Schmelzleisten an der Wurzel aus. Diese können sogar ganz verschwinden. Bei allen Exemplaren ist die Schmelzspitze glatt. Zwischen S. mongeoti und S. apicalis existieren bei dem vorliegenden Material kontinuierliche Übergänge in der Verzierung der Basis: a. grob gerillt; b. fein gerillt; c. schr feine Schmelzleisten; d. keine Schmelzleisten. Die Verzierung bildet das eigentliche Unterscheidungsmerkmal (OERTLE 1929, S. 273) der beiden Arten. Nach DEEckE (1927, S. 186) sollen solche Reste heute paläontologisch absolut wertlos sein; auch müßten viele Arten der germanischen Trias eingezogen werden, besonders die Zähne von Saurichthys würden wenig besagen. — Immer- "hin lassen sich trotz aller dieser Unsicherheiten Vergleiche mit Faunen anderer Gebiete ziehen. Das vorliegende Material wurde nach der Literatur aus dem Muschelkalk der germanischen Trias bestimmt und erläutert (E. JörG 1941; G.F. OerrrEe 1928). Eine ähnliche Fischfauna aus dem Alpinen Muschelkalk ist durch SCHNETZER (1934, S.150) mit Saurichthys cf. acuminatus AGASSIZ, Sanrichthys sp. und Fischschuppen von Saalfelden bekannt gemacht worden. Neben einigen Conodontenbruchstücken konnten 2 nicht vollständige Exemplare von Gondolella gefunden werden. Sie gehören der Art wombergensis TATGE oder navicula HUCKRIEDE an. Da sich navicula aus mombergensis entwickelt (Huckrıepe 1958, S. 148), und beide Arten sich daher ähneln, sind die unvoll- ständigen Stücke nicht genauer zu bestimmen. 1.31 Alter Broırı (1914, S. 399) konnte im Alpinen Muschelkalk Dadoerinns gracilis (Buch), Tetractinella trigonella (SCHLOTHEIM), Coenothyris vulgaris (SCHLOTHEIM) und Awlacothyris angusta (SCHLOTHEIM) finden. Da bei BroıLr nicht ersichtlich ist, aus welchen Schichten des Alpinen Muschelkalkes die Fossilien stammen, besuchte ich die von BroıLı angegebenen Lokalitäten. Dabei stellte ich fest, daß die Funde Broıuıs. mit größter Wahrscheinlichkeit aus den fossilreichen, knolligen Kalk- steinen stammen. Pra (1930, S. 20 und 97ff) stellt die Brachiopodenbänke der Südalpen in das Pelson. Er bemerkt weiterhin, daß die pelsonische Stufe nur einen geringen Um- fang hat, aber als Grenzhorizont zwischen Unter- und Oberanis stratigraphisch ziemlich wichtig ist. Den Faunen- und Mächtigkeitsverhältnissen versucht er dadurch gerecht zu werden, daß er Pelson und Illyr zum Oberanis zusammenfaßt. Nach den neuesten Tabellen der Nord- und Südalpinen Trias von RosEn- BERG (1959) treten in den Nordalpen die oben beschriebenen Brachiopoden erst- 82 malig im mittleren Alpinen Muschelkalk (Pelson) auf. Aus der graphischen Dar- stellung kann man entnehmen, daß einzelne Arten auch in höheren Stufen auf- treten können. Durch Vergleiche mit der Fauna vom Wendelstein (Fraas 1891, S. 19—24, OsswArp 1929,.S. 14) und auch auf Grund der Tabelle RosEnBERGS komme ich zu folgendem Schluß: Je nach den Lebensbedingungen können die beschriebenen Brachiopoden nester- und lagenförmig vom mittleren Alpinen Muschelkalk (Pelson) bis zum oberen Alpinen Muschelkalk (Illyr) auftreten. Da die für den oberen Alpinen Muschelkalk (Illyr) leitende Rhynchonella trinodosi BirTNEr im Arbeitsgebiet nicht gefunden wurde, und das gemeinsame Auttreten von Znerinus und Dadoerinus (GASCHE, 1939, S. 85) für pelsonisches Alter spricht, stelle ich meine Brachiopo- denfauna nicht zuletzt auf Grund der Lagerung in das Pelson. Ich lasse diese Stufe dort, wo sie lithologisch als Knollenkalk ausgebildet ist, beginnen. Da nach PıA (1930, S. 20 u. 97ff) dem Pelson nur die Rolle eines Grenzhoti- zontes mit geringem Umfang zukommt, wäre die Grenze zum hangenden Illyr nicht weit oberhalb der Brachiopodenlagen zu suchen. 1.4 Fossilarme, knollige Kalksteine 1.40 Gesteinsausbildung und Fossilinhalt Bis zu 65 m mächtig können die fossilarmen, knolligen Kalksteine werden. Sie besitzen keine besonderen Unterschiede gegenüber den vorigen. Der Kiesel- säuregehalt nimmt allerdings deutlich zu und macht sich durch zahlreiche bräun- liche Kieselauswitterungen bemerkbar. Am auffallendsten sind kleine, kugelige Knöllchen, die im Dünnschliff keinerlei Struktur zeigen. Im weiteren Verlauf der Serie wird die Schichtung undeutlicher, und die knollige Ausbildung nimmt zu. Vereinzelt konnten unpräparierbare Brachiopodenschälchen und kleine Crinoide- enstielglieder beobachtet werden. In den oberen Teilen wird das Gestein hell- braungrau, und der Kieselsäuregehalt verschwindet nahezu gänzlich. Riffbildungen scheinen nur im unteren Teil der Serie vorhanden zu sein. Dünnschliff: das Gestein stellt eine Mikrolumachelle mit Foraminiferen dar (Taf. 12, Fig. 2). 1.41 Alter Da in dieser Serie keine bestimmbaren Fossilien gefunden wurden, konnte eine genaue Grenzziehung zwischen mittlerem und oberem Alpinen Muschelkalk nicht erfolgen. Vermutlich gehört der größte Teil der fossilarmen, knolligen Kalksteine dem oberen Alpinen Muschelkalk (Illyr) an. 1.5 em—dm bankige Kalksteine 1.50 Gesteinsausbildung und Fossilinhalt Bis zu einer Mächtigkeit von 25 m entwickeln sich aus der vorigen Serie durch abnehmende Knollenbildung gebankte Kalke. Die Schichtoberflächen sind nur noch leicht gewellt oder wurstelig. Sonst haben sie den gleichen Gesteins- charakter wie die vorigen Kalksteine. Lediglich die Farbe wird noch etwas heller. 83 Dies hängt mit der Abnahme des Bitumen- und Tongehalts zusammen. Der Kieselsäuregehalt nimmt wieder zu. In den oberen Teilen dieser Serie treten auf den wursteligen Schichtober- flächen vielfach helle, gelbliche bis grünliche, kalkige Mergel auf (hierzu siehe Mirter 1962, S. 11). Ein Beweis für vulkanisches Material in diesen Mergeln und im Gestein konnte nicht erbracht werden. Ein Profil auf 1540 m Höhe (R 27840; H 90 700), N 100° E, f 32° SW) ist am Weg, der vom Raften zur Kampenwand führt, aufgeschlossen. Ausbildung der obersten cem—dm bankigen Kalksteine: 5. Oben: ca. 0,20 m aufgeschlossen. Es handelt sich um einen hellen, bräunlichen Mergel- kalk, der geschichtet ist und einen ziemlich glatten Bruch besitzt. Dünnschliff: in eine dichte mergelig-kalkige Grundmasse sind weniger dichte, etwas kan- tengerundete Komponenten mit stark umktistallisiertem Fossilschutt eingelagert. Das Gestein stellt ein Resediment dar. 4. ca. 0,15 m. Bräunlicher geschichteter, fester Kalkstein mit deutlichem Tongehalt und ziemlich glattem Bruch. Darin enthalten sind große schwärzliche Flecken, hellbräunliche Schlieren, mittelgroße, rote Flecken und feinstverteilter Pyrit. Dünnschliff: es zeigt sich, daß die großen Flecken von dem Pyritgehalt herrühren. Der Schliff ist erfüllt mit Schalenresten, die hauptsächlich von Brachiopoden stammen. Außerdem finden sich Foraminiferen: Lenziculina, Nodosaria u. a. Auch Östracoden sind zu beobachten. 3. ca. 11,70 m mächtig. Gut geschichtete (cm—dm), mäßig helle, bräunliche, ziemlich glatt brechende Kalksteine. Dünnschliff: eine ziemlich eintönige, kalkig-mergelige Grundmasse hat primäre Hohl- räume, die mit idiomorphen Kalkspatkristallen ausgefüllt sind, und enthält stark umkristallisierte organische Reste. Ein Längsschnitt einer Frondicularia läßt sich mit der Art Frondicularia woodıvardi Howc# vergleichen, die CUVILLIER & Sacar (1951, T. 1-2) aus dem Muschelkalk der Aquitaine erwähnen. 2. ca. 2,20 m. Es sind mittelgraue Kalksteine mit dem gleichen Gesteinscharakter wie die vorigen. 1. ca. 4,0 m aufgeschlossen. Dunkle, braungraue Kalksteine mit einem Stich ins Rötliche gleichen in ihrem Äußeren den anisischen Kalksteinen in ihrer allgemeinen Ausbildung. Im Dünnschliff zeigt sich eine mergelig-kalkige Grundmasse, die feinkörniges, exotisches Material enthält. Außerdem ist organogener Schutt reichlich vorhanden. Dieser ist zum Teil schon leicht umkristallisiert. Neben einigen Foraminiferenarten, von denen eine Lingulina sp. erkannt werden konnte, sind zahlreiche Brachiopoden- und Echinodermenreste vorhanden. Bemerkungen zur Fauna. Da die Serie keine bestimmbare Macrofauna lieferte, wurden einige Gesteins- proben aus den Bankkalken mit Monochloressigsäure aufbereitet. Probenentnahme: (R 26750; H 90520) auf 1425 m Höhe ca. 150 m SE des Wirtshauses. (N 118° E, f 52° NE). Den Rückstand bildeten Dolomitkriställchen, amorphe Kieselsäure. Ver- einzelt wurde Pyrit und chersogener Quarz gefunden. Außerdem wurde folgende Mikrofauna ausgelesen: Ammodiscus sp. Glomospira Sp. 84 Lituotuba sp. Tolypammina sp. Ammobacnlites sp. Dentalina div. sp. Trochammina sp. Textularia sp. Vernemlina sp. Pseudoglandulina sp. Rectoglandulina sp. Die genaue Artbestimmung muß einer späteren Bearbeitung vorbehalten bleiben. Franz (1959, S. 3—4) konnte eine ähnliche Foraminiferenfauna zusammen mit Gymnites sp. und einer Brachiopodenfauna auffinden. Die gesamte Fauna soll dem Trinodosusniveau entsprechen. Der Anteil an Ostracoden ist gering. Die Exemplare liegen als Steinkerne vor. Eine Zahnspitze von Saurichthys konnte nicht näher bestimmt werden, da die Zahnbasis fehlt. Conodonten sind in den Schlämmrückständen nur schwach vertreten. Es liegen einige Bruchstücke von Gondolella vor. Bei einem Stück ist die Plattform besonders dick, wulstig und mit kleinen Grübchen versehen. Diese Merkmale sollen für Gondolella navicula HUCKRIEDE typisch sein (HuckRIEDE 1958, S. 148). Vorkommen: Pelson—Sevat. Ein sehr schönes Stück liegt mir von Flindeodella vor. Es läßt sich am besten mit den Stücken von Hlindeodella triassica MÜLLER vergleichen, die DEDE (1960, Taf. I, Fig. 25—28) zur Abbildung bringt. Vorkommen: Wende Pelson/Illyr— Sevat. Ein Bruchstück von Przoniodina läßt keine Artbestimmung zu. 1.51 Alter Aus dem cm—dm bankigen Kalksteinen liegt mir kein eindeutiger paläonto- logischer Beweis für das Alter vor. Da diese Serie zwischen den Brachiopoden- nestern des mittleren Alpinen Muschelkalks (Pelson) und ladinischen Partnach- schichten (Fassan) liegt, stelle ich sie in den oberen Alpinen Muschelkalk (Illyr). 2. Die Gesteine der Ladinischen Stufe 2.1 Dunkle Mergel und Kalksteine (Partnachschichten) Überall dort, wo die Partnachschichten nicht tektonisch unterdrückt oder mit Hangschutt bedeckt sind, lassen sie sich als das Liegende des Wetterstein- dolomits nachweisen. Im Gelände bilden die Mergel Verebnungen oder sattel- artige Einmuldungen. 85 2.10 Gesteinsausbildung und Fossilinhalt Die Mächtigkeit beträgt ca. 20 m. Aus den obersten Gesteinslagen des oberen Alpinen Muschelkalks (Hydasp), die den Charakter eines Resedimentes tragen, entwickeln sich mittelgraue, leicht grünliche, geschieferte Mergel. Den Mergeln sind harte, dunkelgraue Kalkbänke zwischengelagert. Die oberen Kalkbänke enthalten dunkelgraue, kantengerundete Kalkkomponenten. Es schließen sich schwärzliche Mergel an, denen dunkelgraue bis schwärz- liche Kalklinsen und -bänkchen zwischengelagert sind. In verwittertem Zustand sind diese Mergel und Kalke mit einer braun-gelblichen Rinde überzogen. Die überwiegend mergelige Serie schließt mit einer Kalkbank ab, in deren mittel- grauen Grundmasse Kalkgerölle (bis zu 3cm) „schwimmen“. Die Kalkgerölle gleichen in ihrem Aussehen dem Kalkstein, in dem sie eingebettet sind. Es kann noch ein ca. 10 m mächtiger graubräunlicher Kalkstein folgen, z. B. am Punkt (R 27 800; H 90 800). Ob es sich bei diesem Kalkstein um Partnach- kalk (siehe Mıtrer 1962, S. 22) oder um eine Sonderausbildung des unteren Wettersteindolomits handelt, konnte nicht entschieden werden. Ein Profil zeigt die Verhältnisse am Punkt (R 26 0 H 90 620) auf 1450 m Höhe, ca. 70 m vom Wirtshaus. 8. Oben: ca. 0,30 m fleischroter, brecciöser Wettersteindolomit (?) mit rötlich-bräunlicher Verwitterungsfarbe. Im Dünnschliff sieht man leicht kantengerundete Komponenten, die auf synsedimentäre Entstehung schließen lassen. Zwischen sehr kleinen Dolomitkriställchen und den übrigen Komponenten ist Roteisen eingelagert. 7. ca. 5,50 m dunkelgrauer Mergel. 6. ca. 0,40 m mausgrauer, toniger, dichter Kalkstein mit glattem Bruch, schwarzen Flecken und Pyrit. Kleine und mittlere Löcher sind mit Brauneisen gefüllt. Der Kalkstein verwittert hell bräunlichgrau. Er lieferte eine Anzahl Brachiopoden. Im Dünnschliff erkennt man in einer mergelig-kalkigen Grundmasse Kalkkomponenten synsedimentärer Entstehung. Die Klüfte sind mit Kalzit verheilt. Organogener Schutt ist reichlich vorhanden. Man erkennt Echinodermen- und Brachiopodenteste, ferner Amzmodiscus sp. und Textularia sp. 5. ca. 2,50 m mittelgraue, leicht grünliche, geschieferte Mergel mit einer Mikrofauna. 4. ca. 0,40 m dunkelgraue Kalkbank mit bräunlichen Partien. Das Gestein ist hart, zäh und hat einen leicht rauhen, splittrigen Bruch. Die Verwitterung ist mittelgrau, leicht bräunlich. 3. ca. 6,0 m mittelgraue, leicht grünliche, geschieferte Mergel mit Mikrofauna. 2. ca. 0,40 m dunkle, blaugraue Kalkbank mit bräunlichen Kieselauswitterungen, die cm groß werden. Das Gestein ist hart und zäh, der Bruch mäßig rauh. Dünnschliff: in einer kalkig-mergeligen Grundmasse sind mittelkörnige Kristalle in großer Zahl vertreten. Hier und da finden sich pelitische Schlieren. Häufig beobachtet man feine, schwarze Einlagerungen. Es scheint sich um bituminöses Material zu handeln. Außerdem sind Foraminiferen und Brachiopoden zu erkennen. 1. ca. 1,0 m aufgeschlossen. Mergel in gleicher Ausbildung wie die vorigen. Bemerkungen zur Fauna In den mittelgrauen, leicht grünlichen Mergeln (im Profil 3. und 5.) konnte eine individuenreiche, jedoch artenarme Foraminiferenfauna gefunden werden: 86 Ammodiscus sp. Nodosaria sp. Dentalina sp. Marginulina sp. | Die Proben enthielten ferner 5 hexactinellide Schwammnadeln (Ordnung: Lyssakida, Überfamilie: Brachiospongioidea) und zahlreiche Ostracoda div. sp. Aus dem mausgrauen, tonigen, dichten Kalkstein (im Profil 6.) stammt fol- gende Makrofauna: „Rhynchonella“ bajuvarica BITTNER Ein kleines, etwas beschädigtes Exemplar zeigt deutlich die Merkmale des Stückes, das Brrrner (1890, Taf. XLI, Fig. 1) abbildet. Spiriferina (Mentzelia) ampla BiYTNER Von dieser großwüchsigen Art liegen mir 2 Exemplare vor. Sie sind wohl kaum mit einer anderen Spiriferina zu verwechseln. Bei Brrrner (1890) ist diese Form auf Tafel XLI, Fig. 10, zu finden. Spiriferina (Mentzelia) mentzelii (DUNKER) Da diese Art (Brrrner 1890, S. 22) bedeutend variiert, kann man wohl ohne Bedenken ein Exemplar, dessen Schalen an den Rändern unter einem sehr spitzen Winkel zusammenstoßen, der Sp. mentzelii zuordnen. Bei einem etwas beschädig- ten Exemplar ist dieser Winkel nicht ganz so spitz. Retzia cf. schwageri media BITINER Ein kleines, etwas beschädigtes Stück läßt sich mit der Fig. 12 auf Tafel XLI bei Birrner (1890) vergleichen. Koninckina cf. leonhardi (WISSMANN) Die faserigen Ventralschalen einer kleinen Koninckina sind im Gestein unge- mein häufig. Da die Präparation äußerst schwierig war, gelang es mir, nur 2 Ventralschalen zu gewinnen. Diese sind ziemlich klein und mögen wohl zu K. leonhardi gehören. Aulacothyris angusta angusta (SCHLOTHEIM) Von dieser wohlbekannten Art liegt ein guterhaltenes Exemplar vor. Anulacothyris sp. indet. Von A. angusta unterscheidet sich das kleine, vorliegende Exemplar durch seine geringe Breite. Am auffallendsten jedoch ist, daß der Sinus der Dorsalschale am Stirnrand keinen Bogen, sondern eine spitze Zunge bildet. Auch der Wulst der Ventralschale ist nicht sanft gewölbt, sondern ziemlich scharf gebogen. Mir ist kein Stück bekannt, mit dem dieses Exemplar verglichen werden könnte. 2.11 Alter Alle gefundenen Brachiopoden stimmen mit denen der Partnachschichten vom Wendelstein überein. (Fraas 1891, S. 25—28, OsswaLp 1929, S. 16). Am Wendelstein wurden die Partnachschichten durch Cephalopodenfunde in das 87 Ladin gestellt. FrAaAs schreibt darüber auf Seite 27: ... „Die meisten Arten ge- hören in die Gruppe des Trachyceras Aon, und zwar ist Trachyceras Aon MNSTR. selbst vertreten und noch häufiger eine Art, welche sich an Trachyceras dichotomum Mnsrtr. anschließt. Zwei weitere Fragmente lassen sich nach Mojssısovics als Celtites Buchii Kıipst. und Trachyceras cft. acntocostatum bestimmen.“ OsswALD (1929) berichtet auf S. 16 nur von: „‚Zrachyceras aon MUuE. u.a. m.““. Aus der Lagerung und aus der Fossilführung, die weitgehend mit den Ver- hältnissen am Wendelstein übereinstimmen, kann geschlossen werden, daß die Partnachschichten an der Kampenwand ebenfalls bis in die Zone des Trachyceras aon reichen. 2.2 Helle Dolomite und Kalksteine (Wettersteindolomit und -kalk) Den Hauptgipfelbildner mit senkrechten Felswänden stellt im Arbeitsgebiet der Wettersteinkalk dar. Auf der Karte lassen sich 2 Hauptzüge erkennen: im Norden erstreckt sich der eine Zug von der Kampenwand über Staffelstein, Hirschenstein, Brunnensteinkopf bis zum Priental. Im Süden erstreckt sich der andere Zug vom Hammerstein über die Sonnenwendwände zur Überhängenden- Wand. Zwischen beiden Zügen liegt der gewaltige Klotz der Scheibenwand. 2.20 Gesteinsausbildung und Fossilinhalt Da der Wettersteinkalk in überwiegendem Maße ein massiges Ritfgestein darstellt, läßt sich seine Mächtigkeit nur indirekt aus den liegenden und hangenden Schichten errechnen. Er wird wohl nicht über 200 m mächtig werden. Über den dunkelgrauen Mergeln der Partnachschichten folgt ein schmutzig weißer, bisweilen gelblicher, brecciöser Dolomit, der Wettersteindolomit. Im verwitterten Zustand ist sein Aussehen hellgrau und zu würfeligem Grus zerfallen. Durch seinen fehlenden Bitumengehalt unterscheidet er sich vom Haupt- dolomit. An der Basis des Wettersteindolomits konnten örtlich rötliche Gesteins- varietäten beobachtet werden. Auch weißlich-grünliche KRalksteine kommen bis- weilen vor. Sie hinterlassen auf Kluftflächen grünliche, kaolinartige Verwitterungs- produkte. Möglicherweise ist die Färbung auf Einwehung geringer Tuffmengen zurückzuführen. Der Wettersteindolomit geht in massigen, weißlichen bis weiß- lichgelben Wettersteinkalk über. In einem Block, nördlich der Hammerstein- wand, konnten sehr schöne Großoolithe beobachtet werden. Der oberste Wetter- steinkalk wird ein wenig bräunlich und ist an einigen Stellen im Aufnahmegebiet gebankt. Der Dünnschliff einer Probe aus dem oberen Wettersteinkalk (R 24160; H 89520) auf 1270 m Höhe der Überhängenden-Wand zeigt deutlich Riffschuttcharakter. An Fossilien findet man zahlreiche Schnitte durch die Knollen der Kalkalge 88 Solenopora. Ferner wurde ein Gastropodengehäuse, eine Lamellibranchiatenschale (Anisomyaria) und Foraminiferendurchschnitte beobachtet. Erzführung. Die Grenzbänke zu den Raibler Schichten sind durch Rot- eisenerz intensiv rot gefärbt. Von dieser Erzführung an der Kampenwand berichtet auch Broırı (1914, S. 404). In früheren Zeiten ging dort ein Erzbergbau um. Die geringe Erzführung war aber bald erschöpft, so daß die Stollen wieder aufgelassen wurden. In einem Block und in den Schutthalden des östlichen Teils der Scheiben- wand wurden folgende Fossilien gefunden: Thecosmilia sp. Enerinus sp. (Stielglieder) „Rhynchonella” sp. Daonella arzelensis KıTTL Daonella tyrolensis MojsısovIcs Schafhäntlia mellingi (HAUER) Neritaria comensis FHOERNES 2.21 Alter Weder in den Nachbargebieten noch im eigenen Arbeitsgebiet konnten lei- tende Fossilien im Wettersteinkalk gefunden werden. Somit ist es nicht möglich, den Wettersteindolomit und -kalk eindeutig einer Zone zuzuordnen. Die liegen- den Partnachschichten reichen am Wendelstein (OsswaLp 1929, S. 16) noch bis in die Zone des Trachyceras aon (vgl. RosEnBERG 1959, Taf. 15). Der Wetterstein- dolomit kann also frühestens innerhalb dieser Zone beginnen. Dies dürfte auch für das Kampenwandgebiet zutreffen, da die Lagerungsverhältnisse weitgehend übereinstimmen. m=REICHENH. SCH. hd =HAUPTDOLOMIT T + ALP. MUSCHELK. k =KÖSSENER SCH, wk=PARTNACHSCH. j = JURA _ ÜBERSCHIEB. + WETTERSTEINK. kr =KREIDE _- STÖRUNG r=RAIBLER SCH. _& =FOSS. FUNDST. KusSrer Te 24 27 HAUERSTEIN 64 Abb. 4:" Geologische Übersichtskarte des Gebietes SW der Kampenwand 89 Literaturverzeichnis Aıma,F.: Eine Fauna des Wettersteinkalkes bei Innsbruck. — Ann. Naturhistor. Mus. Wien, 40, S. 111—129, 1 Taf., Wien 1926. Assmann, P.: Beitrag zur Kenntnis der Stratigraphie des oberschlesischen Muschelkalkes. —Jb. Preuß. Geol. Landesanst. f. 1913, 34 I, S.268—340, 12 Taf., Berlin 1914. Bittner, A.: Brachiopoden der alpinen Trias. — Abh. k. k. geol. Reichsanst., 14, S. 1—325, 41 Taf., Wien 1890. Nachtrag I: Abh. k. k. geol. Reichsanst., 17, 2., Wien 1892. Birrner, A.: Trias Brachiopoda and Lammellibranchiata. — Palaeontologia Indica. Himalayan Fossils., (15) 3, Part 2, S. 176, 12 T., Calcutta 1899. Bopen, K.: Geologisches Wanderbuch für die Bayerischen Alpen. — S. 1—458, 59 Textabb., Stuttgart (Enke) 1935. BroıLı, F.: Kampenwand und Hochplatte, ein Beitrag zur Geologie der Chiemgauer Berge. — N. Jb. 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Die rundlichen bis ovalen Gebilde sind teils mit Brauneisen, teils mit Chalcedon ausgefüllt. (Vergr. ca. 13x) Fig. 2: Dünnschliff einer Mikrolumachelle aus den fossilarmen, knolligen Kalksteinen (Vergr. ca. 13x) Fig. 1 Fig. 2 Tafel 12 Mitt. Bay. Staatssamml. Paläont. hist. Geol. | 4 | 93—106 | München, 31. Dez. 1964 Über eine Albfauna aus dem Tennbodenbach bei Niedernfels zwischen Kampenwand und Achetal (Chiemgauer Alpen) Von GERHARD Kruse, München!) Mit 3 Abbildungen Zusammenfassung Es wird eine Gliederung des Alb, vornehmlich des Oberalb im Tennboden- bach (nördliche Kalkalpen, südlich des Chiemsees) gegeben. Die enthaltene Fauna, überwiegend Gastropoden und in einem Horizont Anthozoen, ist die erste größere Albfauna, die in den Ostalpen gefunden wurde. Das Schichtpaket konnte mittels einiger Ammoniten stratigraphisch unterteilt und korreliert werden. Summary An extraordinary numerous fauna was extracted from Upper Albian beds in the Tennboden ravine (Northern Limestone Alps, Chiemsee area). The fauna listed is the richest ever found in the Eastern Alps so far. Molluscs make up the major part of it whereas at one horizon anthozoans were found to be frequent. Stratigraphic correlation and subdivision were accomplished by cephalopods. Die vorliegende Arbeit stellt einen Auszug aus meiner Diplomarbeit dar, die in den Jahren 1960 und 1961 auf Anregung von Herrn Prof. Dr. R. Dehm zwischen Kampenwand und Achetal angefertigt wurde. Für seine stete Unter- stützung bei der Erstellung der Arbeit möchte ich ihm an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. In älterer Literatur wurde mehrfach auf ein Vorkommen von Gault im Kam- penwandgebiet hingewiesen. Ein sicherer stratigraphischer Nachweis war auf problematische Einzelfunde beschränkt oder aus Mangel an Fossilien nicht mög- lich. Neuere Untersuchungen liegen von ZeırL 1955 (S. 158) und FAHLBUSCH 1960 (S. 22—45) vor. ZEıL konnte im Lochgraben mikropaläontologisch Ober- Alb nachweisen, FAHLBUScH beschreibt in zahlreichen Aufschlüssen des Kampen- wandvorlandes Alb und ggf. Ober-Apt mit einer relativ reichen Makrofauna. Er konnte mit Hilfe von Foraminiferen eine Gliederung des Alb durchführen. t) Dipl.-Geol. G. Kruse, Institut für allgemeine und angewandte Geologie und Mineralogie der Universität, 8 München 2, Luisenstr. 37. en 33 Im Ostteil des Kampenwandvorlandes, im Tennbodenbach, konnte ich aus mehreren Aufschlüssen eine außerordentlich reiche Mollusken- und Anthozoen- fauna horizontiert aufsammeln. Zur Korrellierung der Makrofauna wurden im durchschnittlichen Abstand von 2 m Schlämmproben genommen und auf Fora- miniferen untersucht. Die Albaufschlüsse liegen in der Tennbodendepression auf dem Nordflügel einer Mulde. Weniger bedeutend sind die Aufschlüsse in ihrer streichenden Fort- setzung, im oberen Rottauer Tal, wo sie auf dem Südflügel der gleichen Mulde liegen. Zum Auffinden der Aufschlüsse wird eine Übersicht (Abb. 1) und eine nach Luftbildern gezeichnete Lageskizze (Abb. 2) gegeben, die die Aufschlüsse in den sich ständig verändernden Gräben zur Zeit der Aufnahme zeigt. Die Aufschlüsse A—-F liegen im Alb. Im Aufschluß G, im Muldenkern, steht Cenomansandstein an. Die Aufschlüsse im Rottauer Tal liegen in einem Graben, der sich von der Hinter-Alm zur Piesenhauser-Hochalpe hinaufzieht. Ihre Position auf dem Grad- abteilungsblatt Marquartstein (8240) ist: Aufschluß H im Graben in 1145 m Höhe über NN R 29890 H 91090 Aufschluß J an der linken Grabenböschung in 1070 m R 29700 H 91220 Es wird zunächst eine Schichtbeschreibung nach rein petrographischen Gesichtspunkten gegeben. Der stratigraphisch tiefste Aufschluß ist der oben aus dem Rottauer-Tal beschriebene Aufschluß H. Über schwach in sich verfaltetem Kalk- und Kalk- mergel im Wechsel, der petrographisch als Aptychenschichten angesprochen werden kann, liegt konkordant schwarzer, schwach geschieferter Ton, dessen feine Klüfte durch Kalkspat verheilt sind. Die Rückstände der Schlämmproben bestanden fast ausschließlich aus feinen Calcitsplitterchen; eine ähnliche Erschei- nung beschreibt FAHLBUSCH aus seinem tiefsten Aufschluß im Lochgraben. Im Tennboden, wo die Grenze zu den Aptychenschichten selbst nicht aufgeschlossen ist, liegt schwarzer Ton und Tonmergel in nahezu gleichem Streichen und Fallen über den Kalkmergeln des Neokom. Der nicht aufgeschlossene Teil der Serie ist im Tennboden schwer zu schätzen, übersteigt jedoch sicher nicht 20 m. Die stratigraphisch tiefsten Schichten im Tennboden erfaßt der Aufschluß E. Hier wechseln im unteren Teil schwach feinsandige, graue bis grauschwarze Mergel mit zähem Ton, der nach oben zu allmählich in reinen, gutgeschichteten, schwach verfestigten, muschelig brechenden Ton übergeht. Die Kluftflächen sind schwach braun verfärbt und zeigen keine Verheilungen durch Kalkspat. Im Aufschluß E’, der den gleichen stratigraphischen Bereich erfaßt, zeigen einige Partien eine ungebankte, massige Fazies. Der Aufschluß E’ erreicht im Gegensatz zu dem Aufschluß E den Übergang zu der darüberliegenden Fazies, in der Tonmergel mit harten Kalksteinbänken wechseln. Die Fazies, die wir außer 94 Groß 2 * Grassauer- Stoffen lan ==, Straße I Hinter-Alm vu H E z Ausschnitt >. unten Forststraße Piesenhauser- _ | ? e Übersichtskarte Hochalpe zur Pies enhauser-Hochalpe zu den Grassauer- Almen = Forststrane - Richtsteig Höhenlinie nach Niedernfels Z nach Niedernfels Lage der Alb-Aufschlüsse 6.Kruse 1962 Abb. 1: Übersichtskarte. Darstellung einer günstigen Zufahrt aus dem Achetal zu den Auf- schlüssen im Tennboden. Abb. 2: Lagekarte der Aufschlüsse im Tennboden. Sie stellt in einem Ausschnitt der Abb. 1 die spezielle Lage der Aufschlüsse in den einzelnen Gräben dar. 95 Aufschluß A 6.Kruse 1962 PIHRNTM MORmn III u ll Hl Inn \ I ft HA NN lu ni | ' PEHRKHRTHRRHRAON NEN HEMER Aufschluß Aufschluß Aufschluß I! DIN Fat Aa Matt Hi I N MN IN Mi Hi Hi un DEN I AH OHIIRHRUNN IHN BON hi Hu ih Il Mt 2D MM ii N Ni Hi AH N in Aufschluß Aufschluß E proben Aufschluß Proben DTHRMUYTH N \ THWHOHTH {TH 1 TERM N MON N M | Mi nl IIROH ultilı Ki in hr HH ATI AH 1 Nil Hin {HH I, N I! { c S vo °o Q < < U m ’E u a I z “ u“ m 3 RS: Aufschluß Stratigraphie varıcosum-Zone Gastropoda D91 E 126/127 Orbitolina minuta,Orbitolina lenticularıs A9I6 F99 Fossilien Puzosia majoriana F98 erstes Auftretenvon Thalmanninella ticinensis und Ticinella roberti F108 Anthozoa div. spec.‚Orbitolina 2spe Tetragonites timotheanus D91b Neophlycticeras brothianum F 106 Scophites hugardionus D91 Scophites subcircularis Anisoceras subarcuatum E120 Holcophylioceras velledae F97 Mortoniceras minor F97 reiche Mikrofauna F112 Anisocerassp F97 Phylioceras rouyanum D91b Gastropoden div. spec. B 96 Lechites gaudinı Neophlycticeras hirtzi Petrographie schwarzer Ton mit einzelnen Kalksandsteın- brauner feinsandiger Tonmergel mit harter schwach ın sich verfalteter, mittel- grauer schwach bituminöser Kalkstein Übergang zu grauschwarzem, schwach grauer-grauschwarzer Tonmergel grau-graubrauner lonmergel schwarzer Tonmergel imWechsel mit Kalksandsteinbänken, Lumachellelagen, Braun eısensteinlinsen, lagenweise starke gut geschichtetar, muschelig brechender grauer grauschwarzer Mergel mit Ton im Wechsel Pyrit in Fukoiden grünlichem Tonmergel brauner Tonmergel Gestein etwas weicher banken, kein Glimmer! Glimmer führung schwarzgräuer Ton ungebonkter Ton Abb. 3: Profile der Aufschlüsse im Tennboden und ihre stratigraphische Lage zueinander, mit besonderer Darstellung der für die stratigraphische Einstufung wichtigen, horizontiert aufgesammelten Fossilien. 96 im Aufschluß E’ in den Aufschlüssen A und F in ihrer ganzen Mächtigkeit an- treffen, ist außer durch die Kalksandsteinbänke durch eine schwache Schieferung des Tones, sowie durch eine lagenweise stark ansteigende Glimmerführung ge- kennzeichnet. In den höheren Partien sind graue bis graubraune Farbtöne zu be- obachten. Bei den Punkten 97 und 98 im Profil (s. Profiltafel Abb. 3) fand ich zwei dünne Lumachellelagen sowie in dünnen Linsen Brauneisenstein. Zum Hangenden wird das Gestein, etwa bei Punkt Nr. 102, wieder schwarz; ; gleichzeitig ist kein Glimmer mehr zu beobachten. Bei Nr. 108 nimmt das Gestein wieder eine etwas hellere Farbe an. Graue und grauschwarze Farbtöne finden wir bei den etwas weicheren Gesteinen, die zum Hangenden auch in den Aufschlüssen C und C’ zu beobachten sind. Etwa bei Nr. 112 wird das Gestein wieder schwach braun, und die Verwitterungsbeständigkeit wird wieder größer. In den höchsten, im Aufschluß F aufgeschlossenen Schichten ist wieder ein allmählicher Übergang zu grauschwarzen Farbtönen zu erkennen; schwach grün- liche Komponenten finden wir im Aufschluß C’ bei Nr. 138. Hierher ist auch der Aufschluß J im Rottauer Tal zu stellen, aus dem außer einigen Muscheln keine stratigraphisch verwertbare Fauna gewonnen werden konnte. Bezeichnend für die oben beschriebene Fazies mit Kalksandsteinbänken und den darüber liegenden Schichten ist der hohe Gehalt an Schalenresten dünnschaliger Mollusken. Diese Schalenreste, die besonders häufig auf der Schichtunterseite der Kalksandstein- bänke angereichert sind, auf denen auch Lebensspuren beobachtet werden konnten, sind Zeugen einer reichen Fauna, die durch den Fazieswechsel zerstört wurde. Eine Aufschlußlücke, die auf ca. 5 m geschätzt werden kann, unterbricht das Profil. In diese Aufschlußlücke ist der Aufschluß B zu stellen, der im Gschwend- graben dicht unter der Kalkbank, die das Hangende bildet, liegt. Wir finden hier etwa eine gleiche Gesteinsausbildung, wie ich sie oben in den oberen Partien der Aufschlüsse F und C’ beschrieben habe. Eine durchschnittlich 3 m mächtige Bank aus hartem, schwach in sich verfaltetem, mittelgrauem, schwach bituminösem Kalkstein, der im Schliff eine mikroktristalline Struktur mit einzelnen feinen Pyritkonkretionen zeigt, ist im Tennboden an drei Stellen aufgeschlossen. Sie ragt dabei teilweise als Härtling aus dem Gehängeschutt heraus. Über dieser Kalkbank liegt im Aufschluß D konkordant brauner, feinsandiger Tonmergel, häufig mit Pyrit in großen Fukoiden. Der Aufschluß D ist der stratigraphisch höchste Aufschluß im Tennboden. Die darüber liegende Lokalmoräne enthält mächtige Blöcke eines Cenomankonglomerates mit faustgroßen Komponenten. Damit darf eine dichte Überlagerung durch Cenoman an dieser Stelle als wahr- scheinlich angenommen werden. Bevor ich eine paläontologische Schichtbeschreibung beginne, soll auf die Problematik hingewiesen werden, die bei einem stratigraphischen Vergleich von Faunen über große Entfernungen hinweg gegeben ist. Zwar ist durch die Mono- graphie der Gaultammoniten von SpAaTH und durch die Beschreibung der Faunen von St. Croix durch PICTET & CAMPICHE, sowie durch die Arbeiten von Baum- BERGER (1906), der die Fauna der Unteren Kreide aus dem West-Schweizer- Jura 97 beschreibt, eine gute Bestimmungsmöglichkeit gegeben, aber selbst, wenn eine gewisse paläontologische Identität der Schichten nachgewiesen werden kann, können nur bedingt Aussagen über das gleichzeitige Entstehen der Schichten gemacht werden. Die örtlich nächstgelegene, bedeutende Makrofauna des Alb haben A. HEım & O. Serrz (1934) bearbeitet: „Die Mittlere Kreide in den helvetischen Alpen von Rheintal bis Vorarlberg und das Problem der Kondensation“. Eine gute Vergleichsmöglichkeit der Fauna aus dem Tennbodenbach, vor allem der Gastropoden, ist durch die von Pıcrer & CAmPIcHE aus der Umgebung von St. Croix beschriebenen Fauna gegeben. Im stratigraphisch tiefsten Aufschluß H, in dem ich keine Makrofauna finden konnte, habe ich eine individuenreiche, relativ artenarme Foraminiferenfauna aus den Schlämmrückständen auslesen können. Es konnte bestimmt werden; Spiroplectinata sp. Gandryina dividens GRABERT Dorothia gradata (BERTHELIN) Lenticulina bononiensis BERTHELIN Lenticulina complanata REuss Lenticulina lituola CHAPMANN Lenticulina planiuscula REuSS Lagena hispida, REuss globose Form Lagena apiculata REUSS Lagena elongata REUSS Lagena aspera REUSS Cristellaria italica DEFRANCE Pleurostomella obtusa (REUSS) Discorbis sp. Gyroidina obtusa (REUSS) Anomalia benthonensis MORROW Östracoden div. spec. Die Fauna, die eine große Ähnlichkeit zu der von FAHLBUscH aus dem Loch- graben — aus den stratigraphisch tiefsten Schichten — angegebenen Fauna zeigt, erlaubt eine Einstufung in das Unter-Alb, evt. in das Ober-Apt. Im Tennboden finden wir bereits in den tiefsten Schichten des Aufschlusses E eine reiche Gastropodenfauna, die unten zusammengefaßt aufgeführt werden soll. Es soll in diesem Zusammenhang nicht für jeden Aufschluß eine getrennte Liste der gefundenen Gastropoden gegeben werden, da eine Gliederung mittels be- stimmter Arten und Gattungen oder deren überwiegendes Vorkommen nicht festgestellt werden konnten. Der Aufschluß E ist nach dem Fund von Anisoceras subarcuatum SPATH, der im Alb von England in der varicosum-Zone leitend ist, in das untere Ober-Alb 98 einzustufen. Die aus den Schlämmproben gewonnene Foraminiferen-Fauna ist sehr arm und besteht vorwiegend aus Sandschalern. Bei Nr. 122 konnte die in Norddeutschland im unteren Mittel-Alb vorkommende, sehr charakteristische Spiroplectinata lata GRABERT gefunden werden. Außerdem ließen sich folgende Formen bestimmen: Tritaxia sp. Tristix excavata (REuss) Nodosaria oligostegia REUSS Vaginulina comitina BERTHELIN Besonders bemerkenswert ist im Aufschluß E der Horizont bei Nr. 124, der im Aufschluß E’ bei Nr. 127 wiedergefunden werden konnte. Eine reiche Koral- lenfauna, von der eine größere Anzahl Korallen aus Mangel an geeigneter Be- stimmungsliteratur unbestimmt bleiben mußte, konnte aus diesem Horizont geborgen werden: Astrocoenia decaphylla (MICHELIN) Stylosmilia brevis D’ORBIGNY Astraraea sp. Actinacis Sp. Dimorphastrea cf. sulcosa REuss Elasmophyllia cf. gracilis HACKEMESSER Leptoria sp. Monastrea renzi (HACKEMESSER) Dichocoenia cf. telleri graeca (HACKEMESSER) Bathycyathus sowerbyi EDWARDS & HAIME Trochocyathus conulus (MICHELIN) Rhipidogyra poseidonis FELIX Als Begleitfauna treten neben Gastropoden und Lamellibranchiaten, die in diesem Horizont besonders häufig vorkommen, Orbitolinen in größerer Anzahl auf. Nach den Schliffen im Axialschnitt ließen sich Orbitolina minuta DouGLass Orbitolina lenticularis (BLUMENBACH) bestimmen. Orbitolina lenticularis, die im „Gault‘“ leitend ist, ist dabei, soweit darüber nach der geringen Anzahl der Schliffe Aussagen möglich sind, die über- wiegende Form. Orbitolina minuta kommt im Glenn-Rose-Limestone von Nord- Amerika vor und hat dort eine vertikale Verbreitung bis in das Ober-Alb. Das verhältnismäßig zahlreiche Auftreten von Orbitulinen sowie von zahl- reichen Bruchstücken von Korallen und die Lage zu der hangenden Fazies ver- anlaßten mich, den tieferen Teil des Aufschlusses A in diesen Horizont zu stellen. Im oberen Teil des Aufschlusses E fand ich einen, im Gegensatz zu den anderen, besonders gut erhaltenen Cephalopoden, der sich als Neophlycticeras hirtzi COLLIGNON 39 bestimmen ließ. CorzıGnon beschreibt N. hirtzi aus dem Ober-Alb von Madagas- kar. Die Neophlycticeraten, die ihre Hauptverbreitung im obersten Mittel-Alb und. dem unteren Ober-Alb haben, kommen mit einer Art— N. sexangulatum — auch im höheren Ober-Alb vor. N. birtzi zeigt mit seinen kräftigen Rippen, die auf der Externseite in buckelartigen Knoten enden, eine deutliche Verwandtschaft zu N. sexangulatum. In der zum Hangenden folgenden Fazies mit Kalksandsteinbänken ist bei Nr. 97, 98 und 99 in den Tonmergellagen wieder eine größere Anzahl Orbito- linen zu erwähnen, die teilweise in den Lumachellelagen auf den Schichtunter- seiten der Kalksandsteinbänke angereichert sind. Einzelne Exemplare zeigen deutliche Umlagerungserscheinungen. Bei Nr. 97 wurden folgende Ammoniten gefunden: Phylloceras velledae (MICHELIN) Mortoniceras minus robustum SPATH Anisoceras sp. bei-Nr. 97 Puzosia mayoriana (d’ORBIGNY) bei Nr. 99 Lechites gaudini (PICTET & CAMPICHE) Es handelt sich dabei um Formen, die eine Einstufung in das Ober-Alb ver- langen. Problematisch ist jedoch das Vokrommen von Mortoniceras minus robustum, den SparHm aus dem obersten Ober-Alb, aus der substuderi-Zone beschreibt, während bei Nr. 106, die stratigraphisch höher liegt, Neophlycticeras brottianum gibbosum SPATH eine Einstufung in die orbignyi-Zone oder tiefer zulassen würde. Die Mikrofauna dieser Schichten besteht fast ausschließlich aus kleinwüchsigen, schlecht erhal- tenen Sandschalern. Außerdem kommen Zpistomina und Lenticulina div. spec. vor. Aus Nr. 98 konnte Epistomina reticulata (REUSs) bestimmt werden. Auch über der Fazies mit den Kalksandsteinbänken ist die Mikrofauna arm; sie besteht aus kleinwüchsigen schlecht erhaltenen Sandschalern. In einer Schlämm- probe wurden 2 Exemplare von Orbitolina senni V AUGHAN gefunden. Nach dem Farbumschlag von schwarz nach grau bis grauschwarz, der auch in den Aufschlüssen C und C’ beobachtet werden konnte, treten in den Proben Nr. 108, 135 und höher einzelne Exemplare von Thalmanninella ticinensis (GANDOLFI) und Tieinella roberti (GANDOLFI) auf. Aus der Probe 112 konnte eine reichere Fauna gewonnen werden. Es wurden folgende Formen bestimmt: 100 Textularia aft. concinna (REUSss) Robulus sp. (sehr zahlreich) Gyroidina globosa (v. HAGENOW) Anomalia bentonensis MORROW Plannlina buxtorfi GANDOLFI Ticinella roberti (GANDOLFTI) Thalmanninella ticinensis var. & (GANDOLFI) Die Fazies mit den Kalksandsteinbänken und die darüber folgenden Ton- mergel enthalten eine nicht so reiche Schneckenfauna, wie sie in den tieferen Schichten beobachtet werden konnte; jedoch deuten zahlreiche Schalenreste, vor allem von Muscheln, auf ein intensives Leben hin. Häufig fand ich Wurmspuren als Wohnbauten, die sich nach Schliffen als Bauten von Serpzla bestimmen ließen. Es können Gehäuse von den z. T. planispiral aufgewundenen Würmern der Gattungen Spirorbis und Rotularia in diesen sowie in den hangenden Schichten ausgewiesen werden. Aus dem Auf- schluß konnte nur eine größere Gastropodenfauna gesammelt werden. Die Kalk- bank, die nach einer Aufschlußlücke über den grauschwarzen Tonmergeln ansteht, ist nach meinen Beobachtungen fossilleer. Die teilweise nur im Schliffbild sicht- baren, feinen Pyritkonkretionen sind jedoch als Lebensspuren zu deuten. Eine außerordentlich reiche Fauna konnte aus dem darüber liegenden Auf- schluß D bei den Nrn. 91a und 91b gewonnen werden. Neben einer großen Zahl von Gastropoden und Lamellibranchiaten konnten folgende Ammoniten gefun- den werden. Phylloceras rouyanum (AORBIGNY) Tetragonites timotheanus (PICTET) Scaphites hugardianıs A’ORBIGNY Scaphites subeircularis SPATH Diese Ammoniten, die in pyritisierter Erhaltung vorliegen und z. T. Jugend- formen sind, ließen sich durch die gut sichtbare Lobenlinie bestimmen. Scaphites hugardianus und Tetragonites thimotheanns erlauben eine Einstufung in die substu- deri-Zone, also ins höhere Ober-Alb, während Scaphites subeircularis nach SPpATH nur bis zur auritus-Zone vorkommt. Die Gastropoden- und Lamellibranchiatenfauna, deren Hauptfundstellen bei der Schichtbeschreibung bereits erwähnt worden sind, soll in einer Fossilliste zusammengefaßt werden. Es wurden folgende Exemplare bestimmt: Prosobranchia Pleurotomariacea Emarginula sp. Neritacea Nerita pygmea HOLZAPFEL Nerita michaillensis PICTET & CAMPICHE 101 Trochacea Solariacea Cerithiacea Turritellacea Scalacea Naticacea Strombacea Buccinacea Fasciolariacea Volutacea Opisthobranchia Acteonacea Trochus engelhardti GEINITZ Trochus gillieroni PICTET & CAMPICHE Trochus vulgatus REuSsS Turbo dubisiensis PICTET & CAMPICHE Philippia tollotiana (PıcrEr & Roux) Cerithium aubersonense PICTET & CAMPICHE Cerithium verticillatum ZEKELL Cerithinm c£. triptychium KAUNHOWEN Turritella cf. plana BINKHORST Haustator madagascariensis COLLIGNON Scala cf. philippi (REuss) .Natica Iyrata SOWERBY Tylostoma alldiense COQUAND Aporrhais orbignyana PICTET & Roux Aporrhais granulata (SOWERBY) Aporrhais acuta (d’ORBIGNY) Aporrhais carinella (A’ORBIGNY) Aporrhais obtusa PICTET & CAMPICHE Aporrhais beisseli HOLZAPFEL Aporrhais costata (SOWERBY) Aporrhais palliata FORBES Rimella indica SPENGLER Alaria tegulata STOLICZKA Pterocera cf. bicarinata (DESHAYES) Neptumea buchi (J. MÜLLER) Fasciolaria assimilis STOLICZKA Hlemifusus coronatus (ROEMER) Fusus villersensis (PICTET & CAMPICHE) Cancellaria cf. kunraedensis KAUNHOWEN Actaeonella lamarcki (SOWERBY) Cinulia alpina (PıCTEr & Roux) Cinulia hugardiana (A’ORBIGNY) Cinulia subincrassata (d’ORBIGNY) Cinnlia incrassata (SOWERBY) Die Lamellibranchiatenfauna ist wohl genauso artenreich, wie die der Gastropoden, doch lassen sich die dünnschaligen Muscheln oft nur schwer oder als Bruchstücke aus dem Sediment bergen. Es konnten folgende Exemplare bestimmt werden: 102 a. Zn Taxodonta Ledidae Leda phaseolina (MICHELIN) Leda cf. scaphoides PICTET & CAMPICHE Arcidae Arca sanctaecrucis PICTET & CAMPICHE Arca valdensis PICTET & CAMPICHE Anisomyaria Inoceramidae Inoceramus sulcatus PARKINSON Pectinidae Pecten orbicularis SOWERBY Pecten viteli PICTET & CAMPICHE Pecten dutemplei A’ORBIGNY Pecten inversus NILSSON Plicatulidae Plicatula radiola madagascariensis COLLIGNON Plicatula inflata SOWERBY Mytilidae Crenella orbicularis (SOWERBY) Heterodonta Lucinidae Lucina cf. pisum SOWERBY Diplodonta gurgitis (PICTET & Roux) Cardiidae Cardium noeggerathi J. MÜLLER Cardium ibbetsoni FORBES Veneridae Cyprimeria parva (SOWERBY) Desmodonta Corbulidae Corbula carinata d’ORBIGNY Auch bei den Lamellibranchiaten überwiegen Formen, die von PiCTET & CAMPICHE aus dem oberen „Gault‘“ von St. Croix beschrieben worden sind. Die Fauna ist allgemein mit Schale erhalten. Bei einer Muschel konnte eine Erhaltung der Farbe gefunden werden. Aus der angegebenen Fauna lassen sich Aussagen über die Lebensbedingun- gen machen, die im Alb-Meer herrschten. Dousrass (1960 a, S. 250), der die Ökologie der Orbitolinen näher untersucht hat, kommt zu dem Schluß, daß diese . etwa unter den gleichen Bedingungen gelebt haben, unter denen auch heute Großforaminiferen leben: Tropische und subtropische Meere mit Wassertemperaturen von 15—35° C. Die Lebensgemeinschaft mit Rudisten, mit denen Orbitolinen in Europa und in Nordamerika in einer Faunengemeinschaft vorkommen, verlangen klares Wasser bei geringer Tiefe. Als Wassertiefe gibt DoucLass ca. 40 m an. Obwohl Orbito- linen kalkige Sedimente bevorzugen, z. B. die Riffvorzone, sind sie auch schon 103 in anderen Sedimenten gefunden worden. In den Mergellagen der Urgon-Kalk- Fazies treten sie in bestimmten Lagen so häufig auf, daß diese Schichten dort „Orbitolinen-Horizonte“ heißen. Gastropoden gelten ebenfalls als Bewohner der Küstenregion; die meisten Gattungen leben in sehr geringen Wassertiefen unter 70—100 m. Als spezifischer Küstenbewohner ist hier die Gattung Emarginula zu nennen, die in verschiedenen Horizonten gefunden werden konnte. Schließlich sind die Würmer ein Beweis für die geringe Wassertiefe, die zur Zeit der Ablagerung der Tone und Mergel des Alb im Tennboden geherrscht hat. In der Fazies mit den Kalksandsteinbänken haben die plötzlichen Sandschüttungen, die zur Bildung der Bänke geführt haben, die in Bodenvertiefungen lebende Fauna zerstört. Als Beweis dafür können die auf den Schichtunterseiten dieser Bänke liegenden Lumachellelagen angesehen werden. Möglicherweise haben sogar Flüsse den Sand zur Ablagerung und durch die Aussüßung die in diesem Bereich allgemein spärlich angetroffene Foramini- ferenfauna zum Absterben gebracht. Wegen der geringen Horizontbeständigkeit der Kalksandsteinbänke halte ich es für wahrscheinlich, daß Bodenvertiefungen bestanden haben, in denen der Sand abgelagert wurde. Ein Vergleich mit der von FAHLsuschH 1960 (S. 25) gegebenen Gliederung zeigt deutlich eine fazielle Übereinstimmung der wesentlichen Schichtglieder. Im Tennboden konnte allgemein eine größere Schichtmächtigkeit beobachtet werden, als sie von FAHntsuscH aus dem Lochgraben beschrieben wird. Da im Tennboden das Alb nicht in seiner vollen Mächtigkeit aufgeschlossen ist, kann nur mit großer Wahrscheinlichkeit eine genaue Gesamtmächtigkeit angegeben werden, die sicher größer als 75 m, geringer jedoch als 85 m ist. Die Fazies unter den Kalksandsteinbänken, die von FAHLBUSCH mit ca. 10 m angegeben wird, ist im Tennboden größer als 20 m. Die Fazies mit den Kalksandsteinbänken, die im Lochgraben eine Mächtigkeit von 5,5 m hat, konnte von mir in einer ca. 10—12 m großen Mächtigkeit beobachtet werden. Der zum Hangenden folgende Schichtkomplex ist im Lochgraben mit ca. 15 m angegeben, läßt sich dagegen im Tennboden mit über 40 m Mächtigkeit beobachten. Mein stratigraphisch tiefster Aufschluß (H) ist petrographisch und faunistisch sicher mit dem tiefsten Aufschluß aus dem Lochgraben zu parallelisieren. Eine Einstufung in das Unter-Alb, bzw. Ober-Apt, ist als sicher zu bezeichnen. Die darüber folgenden Schichten, die petrographisch und aus ihrer Lage zu der Fazies mit den Kalksandsteinbänken mit meinen Aufschlüssen E und E’ zu parallelisieren sind, werden von FAHL- BUSCH in das Unter-Alb, bzw. Ober-Apt, gestellt. Diese Einstufung gründet er auf den Fund von einigen Exemplaren von Neosilesites sp. Im Tennboden konnte ich aus diesen Schichten Anisoceras subarcuatum und Neophlycticeras hirtzi nach- weisen, die eine sichere Einstufung in das Ober-Alb zulassen. In der Fazies mit Kalksandsteinbänken, die FAnLsuscH auf Grund eines Fundes von /noceramus sulcatus und aus der Tatsache, daß diese Fazies kontinuier- 104 u ei lich aus dem Unter-Alb hervorgeht, in das Mittel-Alb stellt, konnten Ammoniten gefunden werden, die eine sichere Einstufung in das Ober-Alb zulassen. In den hangenden Schichten konnte das erste Auftreten von T’halmanninella tieinensis und Ticinella roberti, das von FAHLgBuscH ca.2m über den höchsten Kalksandsteinbänken beschrieben wird, ca. 10 m über diesen beobachtet werden Damit darf als erwiesen angesehen werden, daß im Kampenwandvorland das Ober-Alb den überwiegenden Teil des Schichtkomplexes ausmacht. Das Unter-Alb ist, nach den Aufschlußverhältnissen zu urteilen, nur sehr gering- mächtig. Ein Hiatus zwischen Unter- und Ober-Alb ist möglich, läßt sich jedoch paläontologisch aus dem vorliegenden Material nicht sicher nachweisen. Eine Diskordanz hat, wenn eine solche überhaupt vorhanden ist, einen sehr kleinen Diskordanzwinkel, der mit feldgeologischen Mitteln — ohne Aufschluß — niemals beobachtet werden kann. Literatur-Verzeichnis ÄSCHER, E.: Die Gastropoden, Bivalven und Brachiopoden der Grodischter Schichten. — Beitr. Pal. Geol. Österr.-Ung. u. Orients, 19, 135—172, Taf. 12—14, Wien 1906. BAUMBERGER, E.: Fauna der untern Kreide im westschweizerischen Jura. — Abh. Schweiz. pal. Ges., 30, 1—60, Taf. 1—3; 32, 1—80, Taf. 11—13; 33, 1—29, Taf. 14—18, Basel 1903—1906. BERTHELIN, G.: M&moite sur les Foraminiferes fossiles de ’Etage Albien de Montcley (Doubs). — Mem. Soc. geol. France (3) 1, No. 5, 1—84, Taf. 24—27, Paris 1880. BLANCKENHORN, M.: Die fossilen Gastropoden und Scaphopoden der Kreide von Syrien und Palästina. — Palaeontographica, 69, 111—186, Taf. 5—10, Stuttgart 1927. 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Mit Hilfe von über 70 Schlämmproben konnte nachgewiesen werden, daß Neokom, Unter-Alb, Ober-Alb und Cenoman kon- kordant übereinander liegen und wahrscheinlich auch Mittel-Alb vorhanden ist. Die präcenomane Gebirgsbildung machte sich an dem nördlichsten Alpenrand nur ganz geringfügig bemerkbar. Summary A series of exposures in Lower Cretacceous rocks of the Kampenwand fore- land (marginal belt of the Northern Limestone Alps, Chiemgau region) is de- scribed. From a ravine near Aschau (Lochgraben) an Upper Albian fauna, relatively rich in mollusca was recovered and is made known. Micropaleontological proof of conformable sequence from Neocomian via Lower und Upper Albian until Cenomanian times was secured by 70 samples. Presence of Aptian and Middle Albian sediments is probable. Pre-Cenomanian orogenesis was, therefore, scarely effective at the northermost Alpine margin. Inhalt DELETE REN RE ZB Le SEM ARE Vet) 15 EA ARE a TTRCHLE UN HERREN ONE 108 1. Ältere Hinweise auf höhere Unterkreide im Kampenwandgebit . . 2.2.2.2... 108 Pa Brian Bachsraben BetAschau NR a en a 110 ER EREUEN ee ERE Dle m EEK EL EEE TER EEE NE 110 ERBE ARE E Er ee RE N RE RR a N 115 Bee Snoteinannbochgtaben 2er. ea a A ee Pak Wut 116 4. Weitere Vorkommen von höherer Unterkreide (Aufschluß 3—12). . . 2.2.2.2... 17 DE EEE DIS SEE N N EN 122 LEN TIREBIRE Ta Me EI RER NEE EN A BREUER ENEE 124 l) Dipl.-Geol. Dr. V. FaHLguscH, Institut für Paläontologie und histor. Geologie der Universi- tät, 8 München 2, Richard-Wagner-Str. 10. 5 107 Einleitung Der nördliche Teil des von Broırı (1914) bearbeiteten Kampenwandgebietes in den Chiemgauer Alpen wurde in den Sommermonaten der Jahre 1959 und 1960 im Rahmen einer Diplomarbeit unter der Anleitung von Herrn Prof. Dr. R. DEHMm neu kartiert. Das Arbeitsgebiet (Gradabteilungsblatt 8240 Marquartstein) umfaßt die kalkalpine Randzone zwischen Prien- und Achental; im Norden wird es durch den Flysch bzw. den morphologischen Alpenrand und im Süden durch den aus Wettersteinkalk aufgebauten Nordflügel der Kampenwandmulde be- grenzt. Es gliedert sich (Abb. 1) in zwei tektonische Einheiten, welche von Broırı (1914, S. 445) als Reifenbergscholle (im Norden) und Erlbergkopfscholle (im Süden) bezeichnet wurden; im Westen sind beide Einheiten durch eine schmale Schuppenzone getrennt. Die Schichten streichen ziemlich konstant West— Ost und fallen mit 50—80° nach Süden ein. Die Reifenbergscholle umfaßt eine Schichtfolge von den Raibler Rauhwacken bis in den unteren Lias. In der Erlbergkopfscholle bilden ebenfalls Raibler Rauh- wacken die älteste Stufe, doch erstreckt sich hier das Profil bis in das Cenoman, wobei sämtliche Schichtglieder incl. des Cenomans von Nord nach Süd konkor- dant aufeinander folgen. Die Ergebnisse BroıLr’s konnten in den wesentlichen Punkten bestätigt werden. Ergänzungen und Änderungen ergaben sich nur für den Dogger, über den bereits berichtet wurde (FAHrLguscH 1962), und die hier behandelte höhere Unterkreide. Auch an dieser Stelle möchte ich Herrn Prof. Dr. R. DEHM noch einmal für seine Anregungen und die stete Hilfe während der Durchführung der Arbeiten herzlich danken, ferner Herrn Prof. Dr. H. Hacn und Herrn Dr. K. W. BARTHEL, die mir jederzeit mit Hinweisen und Ratschlägen zur Seite standen. Alle nachfolgend erwähnten Fossilien und Mikroproben befinden sich unter den angeführten Inventarnummern in der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München. 1. Ältere Hinweise auf höhere Unterkreide im Kampenwandgebiet Bei Böse (1894, S. 25) findet sich erstmals eine Notiz, daß im „Höllgraben an der Kampenwand bei Hohenaschau“ Cenoman „concordant auf dem Gault“ liege. Daß es einen „Höllgraben‘“ bei Aschau nicht gibt, wurde durch BrorLı (1914, S. 426) bereits festgestellt. Es könnte sich hierbei jedoch — wie Zeır (1955, S. 158) äußerte — um die später zu beschreibenden Aufschlüsse im Lochgraben handeln. Nach Reıs (1896, S. 21) hat „Dr. J. Bönm in einem Längsgraben im Norden der Kampenwand Mergelfacies des Galt mit Desmoceras Mayorianum d’Orb. in Zusammenhang mit Orbitolinen führendem Cenoman ... aufgefunden“. Auch für diese Angabe ist anzunehmen, daß sie sich auf die Aufschlüsse von Alb und Cenoman im Lochgraben bezieht. 108 SPPINFIUN UIOYOy Top ZunnsrgioA F9p Au sopurpIo‘-pueMmusduey SP SNIENSIYOISHHqN SY9SIUOHIL :T 'gqY Achen-Tal Bunso]sa- "BungaiyasJagn,. apleJyJ4sJunNn 9a4Jayoy DI DENT, “ waJysaıyaS JaUassoy + JIwoJopıdnoy + assn]yasyny -gIw J3p 3507 34ypyabun eo upwoua) = 9 E = gD "(yasuayak)dy) WwoyoaN = 34y9DMynDyYy 4Ja)giIoy = 04] e.—— — > “yJoyula)s4a]JaM ce Bu ONVMN3IWY” YM gD KISS KTISCUI 3U rss ZFIIIEIEIST JE, a” ‚gr ® 9%* 109 Der Hinweis LesLing’s (1912, S. 487) auf das Vorkommen von „Cepha- lopodenmergel‘“ bei Aschau dürfte wohl Reıs (s. oben) entnommen sein. Broırı (1914, S. 426) hat sich mit den vorstehenden Angaben bereits befaßt. Er selbst konnte im Kampenwandgebiet keine höhere Unterkreide nachweisen. In seinem Abschnitt über das Neokom (S. 424) schreibt er aber, daß die Kalke der Aptychenschichten nach oben in „graue bis schwärzliche, dünnschichtige, weiche Kalkmergel‘“ übergehen, die nach heutiger Kenntnis der höheren Unter- kreide zuzurechnen sind. Herrn Prof. Denm verdanke ich den Hinweis, daß vor dem Kriege bei Kar- tierungsübungen des Münchener Paläontologischen Instituts im Lochgraben Mesafossilien gefunden wurden, welche das Vorkommen von fossilführendem Gault vermuten ließen. Die unbearbeitet gebliebene Fauna wurde im Kriege (1944) in München vernichtet. ZeıL (1955, S. 158) konnte im Lochgraben bei Aschau hohes Alb mikro- paläontologisch nachweisen. Leider war es nicht mehr möglich, die genauen Entnahmestellen der drei von ZEıL untersuchten Proben des Aufschlusses fest- zustellen. Aus diesen Angaben erklärt es sich, daß bei der erneuten Kartierung des Kampenwandvorlandes dem Vorkommen und der Verbreitung der höheren Unterkreide besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. 2. Das Alb im Lochgraben bei Aschau a. Aufschluß 1 Von Aschau aus nach Osten führt am Cafe Bauer vorbei ein bequemer Zieh- weg zur Maisalm, durch den der untere Teil des Lochgrabens gut erschlossen ist. Der Graben verläuft zunächst West— Ost und enthält mehrere Aufschlüsse in den Fleckenmergeln des oberen Lias und unteren Doggers, im Kieselkalk des mitt- leren Doggers (FanzsuscH 1962) und — nunmehr nach ESE gerichtet — in Aptychenschichten des Malms. Bei 800 m NN (etwa eine halbe Wegstunde oberhalb Cafe Bauer) stehen am Weg in einer ca. 6m hohen Wand Aptychenschichten des Neokoms an, deren Gesamtmächtigkeit im Bereich des Lochgrabens ca. 60 m beträgt. Ob es sich an dieser Stelle um Hauterive oder Barr&me handelt, war nach den Ammoniten- und Aptychenfunden nicht zu entscheiden. Stücke von Phyllopachyceras infundi- bulum (A’OrBıGny), das bereits im Hauterive auftritt, seine Hauptverbreitung aber im Barr&me hat, lassen vermuten, daß auch das Barr&me noch in der Fazies der Aptychenschichten vorliegt, zumal über den am Weg anstehenden Schichten weitere 12 Meter dieses Gesteins folgen. Leider konnten hierin keine Megafossi- lien gefunden werden; auch zahlreiche Schlämmproben aus den mergeligen Zwischenlagen waren entweder fossilleer oder lieferten nur arme Faunen mit Spumellarien, Ammodiscus sp., Lenticulinen und Aptychen- und Seeigelbruch- stücken (z. B. Probe 2142). 110 Obwohl bereits in den obersten Metern der Aptychenschichten eine Zunahme des Tongehaltes festgestellt werden kann, läßt sich im Hangenden ein deutlicher und plötzlicher Fazieswechsel beobachten. Die folgenden Sedimente (Aufschluß 1 in Abb. 1; 800m NN; R 26 190, H 92 780) lassen sich nach Aufschlußverhältnissen, petrographischer Ausbildung und Fossilinhalt in fünf Abschnitte gliedern (vgl. dazu Abb. 2): Abschnitt A: Durch einen kleinen Schurf wurden an der Südseite des Lochgrabens gegenüber dem Aptychenkalkfelsen die mit scharfer Grenze über den obersten hellen Kalken und Kalkmergeln des Neokoms folgenden weichen Pelite freigelegt. Es sind zunächst (50 cm) dunkelgrau-schwärzliche, feinblättrige, zerwürgte Mergeltone. Darüber liegen (1 m) weiche, hellgrau-bräunliche, merge- lige Tone, die z. T. von etwas dunkleren, schlierigen Flecken durchzogen sind. Dann schließen sich wieder (40 cm aufgeschlossen) schwärzliche Mergeltone wie vorher an. Die Schlämmproben aus diesen Schichten (Pr. 2143— 2145) lieferten Rück- stände, die fast ausschließlich aus dünnen, weißen Kalzitsplittern bestehen; sie --— —- — --[?ca.7m) Mittelgraue, leıcht grünliche, feinsand- und glimmerhaltige, feste - = E EB Mergel .mıt einzelnen mittelgrauen Kalksandsteinbänken +-Megofauna Hell- bis miltelgraue, 2.T bräunliche, etwas schiefrige, feinsand- und glimmerhaltige Tonmergel mit eıngelagerten harten, milttelgrauen Kalksandsteınbanken Dunkelgrau-schwärzliche, zerwürgle, schwach feinsandige Mergeltone Mittelgraue, feste, scherbig brechende Tone Mittelgraue, schwach verfestigte Tone Dunkelgrau-schwörzliche, zerwürgte Tonmergel Hellgrau-bräunliche, schlierig gefleckte, weiche Mergeltone Dunkelgrau-schwärzliche, feinblättrige, zerwurgte Tonmergel Aplychenkalke mit Mergelzwischenlagen Neokom| (Ober-Apt ? und) Unter-Alb Abb. 2: Profil der höheren Unterkreide im Lochgraben bei Aschau (800 m NN). Die Zahlen geben die Nummern der Mikrofaunen an. 111 stammen wohl aus feinsten Kluftverheilungen, die makroskopisch jedoch nicht festzustellen sind. Aus den reichen Foraminiferenfaunen dieser Proben seien nur folgende Gattungen und Arten genannt: Gandryina sp. Spiroplectinata sp. (ex. aft. annectens) Psendoclavnlina gaultina (MOROZOWA) Dorothia gradata (BERTHELIN) Lagenidae div. sp. Frondicnlaria loryi BERTHELIN Pleurostomella obtusa BERTHELIN Tristix excavata (REUSS) Gyroidina div. sp. (sehr häufig) Gavelinella div. sp. Planulina schloenbachi (REuss) Globigerina infracretacea GLAESSNER (sehr häufig) Hledbergella trocoidea (GANDOLFI) (sehr selten). Nach diesen Formen ist das Alter mit Ober-Apt oder Unter-Alb an- zugeben. Ohne eine spezielle mikropaläontologische Bearbeitung der gesamten Fauna, insbesondere der Sandschaler, ist eine genauere Einstufung nicht möglich. Abschnitt B ist durch eine im Streichen der Schichten liegende Auf- schlußlücke von ca. 1 m vom Abschnitt A getrennt. Aus den Lagerungsver- hältnissen ergibt sich, daß die hier anstehenden Mergel mit den oberen des Abschnitts A zu parallelisieren sind. Es handelt sich wieder um dunkelgrau- schwärzliche, feinblättrige, weiche, zerwürgte Mergel mit einer allerdings sehr armen Fauna (Pr. 2146), die neben Gaudryina, Gyroidina, Planulina und Lenticulina keine bezeichnenden Arten enthält. Abschnitt C: Die Schichten dieses Abschnitts gehen kontinuierlich aus den zuvor beschriebenen hervor. Es sind zunächst (Pr. 2147—2150) mittelgraue, nur schwach verfestigte, mergelige Tone mit geringem Kalkgehalt, der wohl überwiegend aus den im Schlämmrückstand angereicherten Kalzit-verheilten, feinen Spaltrissen stammt. Im Rückstand der Probe 2148 finden sich häufig Brauneisenbröckchen; auch die Foraminiferen dieser Probe sind braunrot gefärbt. Dem Hangenden zu (Pr. 2151—2153) werden die Tone etwas fester und zeigen muschelig-scherbigen Bruch. Probe 2154 wurde aus schwarzen, wieder stark zer- quetschten, feinblättrigen Mergeln entnommen, die mit einem geringen Feinsand- gehalt zu den Schichten des Abschnitts D überleiten. Auch wurden an dieser Stelle einige bis 3 mm dicke Kalzit-verheilte Klüfte beobachtet. Im Bereich der Proben 2149/2150 wurden bis 1,5 cm große, teils stark ver- drückte, teils körperlich in Pyrit erhaltene Ammoniten gefunden, welche als Neosilesites sp. (1960 XIX 17) zu bestimmen waren, der im Ober-Apt und Unter-Alb auftritt, sowie einige un- bestimmbare Abdrücke von /noceramns sp. (1960 XIX 18). 112 Die Mikrofaunen, die in Probe 2150—2153 besonders reich sind, zeigen im Gesamtbild eine ähnliche Zusammensetzung wie im Abschnitt A, lassen aber eine gewisse Verarmung des pelagischen Faunenanteils erkennen. In Probe 2147—2149 fehlen ferner Gaudryina, Spiroplectinata, Psendoclavulina und Hedbergella. Kleine Globigerinen finden sich erst wieder ab Probe 2149 und meist nur in wenigen Exemplaren. Neu ist das Auftreten von Globigerina washitensis CARSEY, die von Tappan (1940 und 1943) aus dem mittleren und oberen Alb und dem unteren Cenoman von Texas beschrieben wurde. Die angeführten Ammoniten dieses Abschnitts sprechen für Unter-Alb. In den Abschnitt C sind ferner die Schichten zu stellen, die etwa 30 m ober- halb der Aptychenkalkfelsen von dem Ziehweg zur Maisalm in einem kleinen Aufschluß angeschnitten werden (Pr. 2161). Abschnitt D: Hier stehen hell- bis mittelgraue, meist etwas bräunliche, glimmerhaltige, schiefrige Tonmergel an, die sich von den vorher beschriebenen durch die hellere Färbung und durch einen gewissen Feinsandgehalt unterscheiden. Diesen eingeschaltet sind einzelne, im unteren Teil harte, 10—15 cm mächtige, im höheren Teil harte oder mürbe, 2—4 cm mächtige mittelgraue Kalksandstein- bänke. Sie bestehen überwiegend aus eckigen Quarzkomponenten; nur ganz vereinzelt treten Plagioklas, Orthoklas sowie etwas Chlorit und Glimmer auf; das Bindemittel ist kalkig. Nicht selten beobachtet man Anlagerungsrhythmen. In schichtparallelen Lagen und auf Schichtflächen findet sich oftmals Pflanzen- häcksel angereichert. Die Schichtunterseiten zeigen häufig Fließwülste (1960 19): Aus dem Bereich der Proben 2156/2157 stammen einige Stücke von Inoceramns sulcatus PARKINSON, der in den Kalksandsteinbänken als Steinkern, in den Mergeln in Schalenerhaltung und etwas verdrückt vorkommt. Die Exemplare zeigen deutlich alle Kennzeichen — Umriß, Wölbung und Ornamentierung — dieser vom mittleren Mittel-Alb bis zum unteren Ober-Alb vorkommenden Art. Die aus den Mergeln gewonnenen Mikrofaunen sind meist arm und schlecht erhalten. Probe 2155 enthält neben Ammodiscus gaultinus häufig Rhizammina sp. In Probe 2157 und 2158 kommen außer wenigen untypischen Kalkschalern nur ganz vereinzelt kleine, schlecht erhaltene Globigerinen vor. Auf Grund der /noceramus-Funde wären die Schichten dieses Abschnitts in das Mittel-Alb oder — wie die des folgenden — in das untere Ober-Alb zu stellen. Da sie sich aus den liegenden, sicher unter-albischen Tonen ohne erkenn- bare Diskordanz oder Schichtlücke entwickeln und ebenso kontinuierlich in die hangenden Mergel des Ober-Albs (Abschnitt E) übergehen, erscheint es gerecht- fertigt, sie trotz eines noch ausstehenden, sicheren paläontologischen Nachweises mit Vorbehalt in das Mittel-Alb zu stellen. 113 Abschnitt E: Die hier anstehenden Schichten entwickeln sich lückenlos aus denen des vorigen Abschnitts. In der petrographischen Ausbildung unter- scheiden sie sich deutlich von allen zuvor beschriebenen: Es sind feste bis harte, glimmerhaltige Mergel, die mit muschelig-scherbigem Bruch zerfallen. Sie sind mittelgrau gefärbt mit grünlichem Stich, welcher jedoch nicht von Glaukonit herrührt; dieser war weder im Schliff noch im Rückstand der Schlämmproben zu beobachten. Die Grünfärbung wird durch einen gewissen Feindsandgehalt her- vorgerufen, dessen Komponenten überwiegend aus Quarz bestehen, der 2. T. grünlich gefärbt ist; untergeordnet finden sich ferner andere „bunte“ Kompo- nenten exotischer Herkunft. Eingeschaltet in diese Mergel sind wieder einzelne Kalksandsteinbänke (2—15 cm mächtig) von ähnlicher Zusammensetzung, wie sie im Abschnitt D beschrieben wurden. Mit Hilfe der Sandsteinbänke läßt sich im Abschnitt E zeigen, daß lokale Störungen mit Versetzungsbeträgen bis zu 2m auftreten. Andererseits wurde an einer 10 cm mächtigen Bank ein Ausdünnen auf 3 cm innerhalb von 2,5 m Horizontalerstreckung beobachtet. Die Sandsteinbänke sind daher nur bedingt als Leithorizonte zu verwenden. Aus dem Abschnitt E war eine relativ reiche Molluskenfauna zu bergen. Die Fossilien finden sich in einzelnen Linsen, die überwiegend aus mehr oder minder zerbrochenen Schalen bestehen (1960 XIX 21), an welchen aber nicht selten noch der Perlmuttglanz zu sehen ist. Offensichtlich handelt es sich um lokale Zusammenschwemmungen, wobei die meisten Exemplare zerbrochen sind. Einige wenige Stücke blieben vollständig oder in bestimmbaren Bruchstücken erhalten. Diese Fossilschuttlinsen sind auf eine ca. 50 cm mächtige Lage beschränkt (vgl. Abb. 2: Megafauna) und auch in horizontaler Ausdehung auf etwa 1,5 m begrenzt. Über und unter dieser Schicht kommen nur ganz vereinzelt unbestimm- bare, weiße Schalenbruchstücke vor. Folgende, in ihrem Vorkommen auf das Ober-Alb beschränkte Leitformen konnten gefunden werden: Lechites gandini (PICTET & CAmPIcHE) (1960 XIX 25—26) Hamites charpentieri Pıcrer (1960 XIX 22—23) Mariella (Mariella) bergeri (BROGNIART) (1960 XIX 28) Puzosia cf. mayoriana (d’ORBIGNY) (1960 XIX 34) Acıla bivirgata (SOWERBY) (1960 XIX 38). An Begleitfauna konnte bestimmt werden: Holcophylloceras velledae (MiCHELIN) (1960 XIX 29) Hamites sp. (1960 XIX. 24) Puzosia sp. (1960 XIX 35) Beudanticeras sp. (1960 XIX 31) Desmoceras sp. (1960 XIX 33) Laevidentalium sp. (1960 XIX. 48) Pectinneula pectinata (SOWERBY) (1960 XIX 41) 114 Nuculana sp. (1960 XIX 44) Cucullaea sp. (1960 XIX 40) Trigonia? sp. (1960 XIX 45) Ancellina gryphaeoides (SOWERBY) (1960 XIX 43) ‚Astarte sp. (1960 XIX 42) Tellina sp. (1960 XIX 39) Turbo sp. (1960 XIX 36) Scalaria sp. (1960 XIX 37) Crania cf. parisiensis DEFRANCE (1960 XIX 46) Echinoidea, Irregulares gen. et sp. indet. (1960 XIX 47). Sowohl in den Fossilschuttlinsen wie in einer ca.2 m über der Fossillage gelegenen Schicht wurden auch Pflanzenreste gefunden (1960 XIX 49), die aber nach freundlicher Einsichtnahme von Herrn Prof. MÄGDEFRAU, dem ich an dieser Stelle herzlich danken möchte, keine nähere Bestimmung zulassen. Mehrere Proben aus den beschriebenen Mergeln wurden auf ihren Mikro- fossilinhalt untersucht. Die schwer aufzubereitenden Proben waren z. T. völlig fossilleer; die Proben 2159 und 2160 lieferten arme Faunen, in denen sich neben einigen unbedeutenden Formen einzelne Exemplare der stratigraphisch wichtigen Thalmanninella ticinensis (GANDOLFI) fanden. Mega- wie Mikrofossilien erlauben für den Abschnitt E, dessen Hangendes hier nicht aufgeschlossen ist, eine sichere Einstufung in das Ober-Alb. Zusammenfassend läßt sich über den Aufschluß folgendes sagen: Die schwarzen, grauen und grünlichen Tone und Mergel der höheren Unter- kreide liegen konkordant über den Aptychenschichten des Neokoms. Für die Lagerung der Mergel wurde aus 75 Einzelmessungen ein Durchschnittswert von N 94° E/50° S ermittelt, was gegenüber einem entsprechenden Mittelwert für die Aptychenschichten von N 94° E/47°S bei der tektonischen Beanspruchung und dem Fehlen eindeutiger Schichtflächen in den Mergeln keine wesentliche Ab- weichung darstellt. Ob der untere Teil der Mergel dem Apt angehört, oder ob diese Stufe noch in der Fazies der Aptychenschichten vorliegt, konnte vorerst nicht geklärt werden. Sicher nachgewiesen sind Unter-Alb und Ober-Alb. Die Einstufung der dazwischen liegenden, auch petrographisch unterscheidbaren Sedimente in das Mittel-Alb wird durch Fossilfunde gestützt, ein eindeutiger Beweis steht aber noch aus. Auf die Frage der praecenomanen Tektonik soll später (S. 123) eingegangen werden. b. Aufschluß 2 Lochgraben, ca. 810 m, R 26 250, H 92 730: Etwa 80 m oberhalb von Auf- schluß 1 sind an der Südseite des Grabens in einem ca. 25 m hohen Anriß weitere Sedimente der höheren Unterkreide aufgeschlossen. Der unterste Teil (etwa 5 m) besteht aus schwarzen, verquetschten Tonmergeln, darüber folgen in einer 125 Mächtigkeit von ca. 15 m die gleichen Gesteine, wie sie aus dem Abschnitt E des Aufschluß 1 beschrieben wurden. Anschließend beobachtet man 5 m weiche, sandfreie, mittelgraue, von dunklen Schlieren durchzogene Mergeltone. Das Hangende ist nicht aufgeschlossen. Von Megafossilien fanden sich nur ganz vereinzelt unbestimmbare, weiße Schalenbruchstücke. Drei Schlämmproben aus dem liegenden Aufschlußteil (Pr. 2162—2164) führen arme Mikrofaunen mit kleinen Globigerinen und Ticinella roberti (GANDOLFI) Thalmanninella ticinensis (GANDOLFI). Die Proben 2165—2168 aus dem mittleren Aufschlußteil ergaben keine oder nur sehr kümmerliche Faunen ohne bezeichnende Arten; lediglich in den höheren Proben treten vereinzelt wieder Thalmanninella ticinensis (GANDOLFI) und kleine Globigerinen auf. Sehr reiche Faunen dagegen konnten aus den hangenden weichen Mergel- tonen gewonnen werden (Pr. 2169— 2170). Genannt seien Pseudoclavulina gaultina (MOROZOWA) Dorothia gradata (BERTHELIN) Lagenidae div. sp. Frondicularia loryi BERTHELIN Pleurostomella obtusa BERTHELIN Tristix excavata (REuss) Planulina schloenbachi (REuss) Gavelinella div. sp. Globigerina infracretacea GLAESSNER Globigerina washitensis CARSEY. Diese Faunengemeinschaft zeigt zwar große Ähnlichkeit mit der aus dem Unter-Alb des vorigen Aufschlusses beschriebenen, es fehlen hier aber die für das Unter-Alb leitenden Arten. Irgendwelche Anzeichen einer Störung zwischen den liegenden, sicher zum Ober-Alb gehörenden, festen Mergeln und den han- genden Mergeltonen waren nicht zu beobachten. Die gesamte Schichtfolge dieses Aufschlusses zeigt die gleiche Lagerung wie im Aufschluß 1. Sie gehört dem Ober-Alb an und ist mit Ausnahme der oberen weichen Pelite etwa mit Ab- schnitt E des Aufschlusses 1 zu parallelisieren. 3. Das Cenoman im Lochgraben Im Anschluß an die Alb-Aufschlüsse des Lochgrabens ist noch kurz auf das Cenoman einzugehen. Es ist bei etwa 825 m NN, ca. 100 m oberhalb des zuvor beschriebenen Albs, aufgeschlossen. Die Sedimente zeigen das gleiche Streichen und Fallen wie die Albmergel. Die Schichtfolge beginnt im Graben mit den be- kannten „Rosinenmergeln“, mittel- bis dunkelgrauen, festen, feinsandigen Mer- 116 geln, in welche einzelne exotische Gerölle eingelagert sind. Über diesen in einer Mächtigkeit von ca.6 m aufgeschlossenen Geröllmergeln folgen am südlichen Grabenrand 8 m feste, mittelgraue, feinsand- und glimmerhaltige Mergel, in denen keine größeren Gerölle beobachtet werden konnten. Dann schließt sich eine 5 m mächtige Konglomeratlage an, deren einzelne, meist nur schwach verfestigte Komponenten bis über 25cm groß werden. Hangend folgen wieder Mergel, graubraun und mit stärkerem Sandgehalt. Die bereits nach petrographischen Gesichtspunkten zulässige Einstufung dieses Aufschlusses in das Cenoman wird durch eine größere Anzahl von Schlämm- proben (2205—2220) bestätigt, in denen sich neben verschiedenen anderen Arten in einzelnen Exemplaren immer wieder Orbitolina sp. Globigerina washitensis CARSEY Thalmanninella ticinensis (GANDOLFI) fanden. Die Untersuchungen an anderen Stellen des Arbeitsgebietes ergaben, daß es sich überall um unteres Cenoman handelt. Höheres Cenoman oder gar Turon konnte auch in den südlicher gelegenen Aufschlüssen nicht nachgewiesen werden. 4. Weitere Vorkommen von höherer Unterkreide Neben den weitaus besten Aufschlüssen des Lochgrabens konnte die höhere Unterkreide noch an 10 weiteren Stellen nachgewiesen werden. Wie sich bei der Kartierung ergab, liegen 7 dieser meist nur kleinen Aufschlüsse in einem west- ost-verlaufenden Streifen im Hangenden der Neokom-Aptychenschichten und zeigen an, daß die höhere Unterkreide vom Priental bis nahe an das Achental heran vorhanden ist. Es handelt sich um folgende Lokalitäten (Nummerierung entsprechend den Ziffern in Abb. 1): 3. ENE Schlechtenberg, nördlich des Ramsgrabens, ca. 700/710 m (R 25 365, H 92 710) (Pr. 2171—2174) 4. Weg Maisalm—Hintergschwendt, Rinnsal direkt südl. des Weges, (R 27 050, H 92 880) (Pr. 2175) 5. Weg Hintergschwendt—Maureralm, ca. 980 m (R 27 720, H 92 950) (Pr. 2176) 6. Frauengraben, 970—980 m (R 30 720, H 93 070) (Pr. 2177—2184) 7. Graben SW Hefteralm, ca. 960 und 980 m (ca. R 31 270, H 93 070) (Pr. 2185— 2186) 8. Graben S Hefteralm 915—945 m (Pr. 2187—2191) 9. Richtersgraben (NE Polzenalm), 810—870 m (Pr. 2192—2196). Diese Reihe von Aufschlüssen wird durch morphologische Gegebenheiten insofern ergänzt, als das anmoorige Gelände westlich der Maisalm, zwischen Schmied- und Weißenalm, südlich der Maieralm, südlich der Hefteralm und westnordwestlich der Polzenalm, ferner die Senke südlich des Eibergs den Ver- lauf der Alb-Pelite deutlich kennzeichnet. 117 Südlich dieses Streifens liegt eine weitere Gruppe von kleinen Aufschlüssen: 10. Lochgraben-Seitenarm SE Maisalm, ca. 950 m (R 26 960, H 92 580) (B2,2197) 11. Lochgraben-Seitenarm SE Maisalm, 970—1025 m (zwischen den Punk- ten R 27 060, H 92 510 und R 27 320, H 92 440) (Pr. 2198 —2203) 12. Nördl. Gederer Wand, 1090 m (R 27 830, H 92 610) (Pr. 2204). Die einzelnen Aufschlüsse sollen nachfolgend kurz beschrieben werden. Aufschluß 3 bei Schlechtenberg am Rande des Prientals ist der westlichste des nördlichen Alb-Streifens. Obgleich ein zusammenhängendes Profil nicht auf- geschlossen ist, lassen sich von Nord nach Süd in einer Gesamtmächtigkeit von schätzungsweise 7 m folgende Gesteine unterscheiden: Hellgraue, feste, mergelige Tone (Pr. 2171), dann dunkelgrau-schwärzliche, verquetschte, feinblättrige Ton- mergel (Pr. 2172) und schließlich hellgraue, etwas gelblich-grüne, schwach schlierig gefleckte, mäßig feste Mergeltone (Pr. 2173—2174). Petrographisch zeigen sie damit große Ähnlichkeit mit den Schichten des Abschnitts A im Auf- schluß 1. Die Mikrofaunen bieten jedoch ein etwas anderes Bild. Als wichtigste Formen sind zu nennen: Gaudryina sp. Spiroplectinata div. sp. Dorothia gradata (BERTHELIN) Pleurostomella obtusa BERTHELIN Gavelinella Sp. Hledbergella trocoidea (GANDOLFI). Nach diesen Faunen sind alle vier Proben des Aufschlusses indas Unter-Alb zu stellen. Aufschluß 4: Es handelt sich um ein nur ganz kleines Vorkommen von weichen, hell- bis mittelgrauen, schwach feinsandigen und glimmerhaltigen, schiefrigen Mergeltonen, die denen des Abschnitts D von Aufschluß 1 stark ähneln. Gegenüber jenen enthalten sie eine arten- und individuenreiche Mikro- fauna (Pr. 2175). Hier seien nur folgende Arten genannt: Spiroplectinata sp. Dorothia filiformis (BERTHELIN) Tristix excavata (REUSS) Globigerina infracretacea GLAESSNER Globigerina washitensis CARSEY. Besonders zu beachten sind die Spzroplectinata-Exemplare. Sie gehören nach GRABERT (1959) vermutlich zu Spiropleetinata complanata, lassen aber keine ein- deutige Bestimmung zu, da der wohl schr kleine triseriale Anfangsteil der Gehäuse immer abgebrochen ist. Nicht sicher zu bestimmen waren ferner vereinzelte Stücke, die z. T. große Ähnlichkeit zu Hedbergella trocoidea, z. T. aber zu Ticinella roberti zeigen. Gerade diese beiden Arten werden derzeit im alpinen Raum in 118 erster Linie als Leitformen für Unter- bzw. Ober-Alb benützt. Die vorliegenden Exemplare lassen vorläufig keine eindeutige Bestimmung zu. Beachtung verdienen außerdem drei Ostracoden-Arten: Chıthere semiconcentrica MERTENS Platycythereis triebeli MERTENS Tsocythereis fissicostis TRIEBEL. Unter Verwendung der von MERTENs (1956) für den nordwestdeutschen Raum erzielten Ergebnisse der stratigraphischen Verbreitung dieser Arten wäre die Probe in das obere Mittel-Alb zu stellen. Da aber eine Übertragung der Ergebnisse auf den alpinen Bereich nicht ohne nähere Untersuchung erfolgen darf, soll die Probe nur mit Vorbehalt in das höhere Mittel-Alb eingestuft werden, wofür auch die Spiroplectinata-Art sprechen würde. Es liegt somit ein weiteres Anzeichen für das Vorhandensein von Mittel-Alb in der kalkalpinen Randzone des Kampenwandgebietes vor. Aufschluß 5 ist ein ebenfalls nur sehr kleines Vorkommen direkt auf dem Weg von Hintergschwendt zur Maureralm. Es stehen dunkelgrau-schwärzliche, zerwürgte, feinblättrige und braungraue Mergeltone an. Sie liegen etwa 3—4 m über den im benachbarten Graben aufgeschlossenen Aptychenschichten und sind möglicherweise mit den gleich ausgebildeten Schichten im Abschnitt A/B des Aufschlusses 1 zu parallelisieren. Hierfür spricht auch die ähnlich arme Mikro- fauna (Pr. 2176), in der keine bezeichnenden Foraminiferen auftreten. Über die Zugehörigkeit dieser Mergel zum (Ober-Apt? oder ) Alb kann kein Zweifel bestehen. Aufschluß 6: Gegenüber dem Aufschluß 1 im Lochgraben ist im Frauen- graben die Grenze der Aptychenschichten gegen die Mergel der höheren Unter- kreide nicht so scharf ausgebildet. Während jedoch den Kalkmergeln des Neo- koms noch reine Kalkbänke eingelagert sind, fehlen diese in den darüber folgen- den Mergeln, die schnell tonreicher und weicher werden. Zum Hangenden hin werden sie dunkler und fester und sind leicht geschiefert, in einzelnen Lagen zerwürgt und zeigen dann die feinblättrige Ausbildung. Einzig in diesem Auf- schluß treten auch rote Mergel auf, wie sie aus der höheren Unterkreide anderer Gebiete mehrfach beschrieben wurden. Sie finden sich unterhalb eines großen cenomanen Konglomeratblockes, so daß über ihre stratigraphische Stellung nichts bestimmtes ausgesagt werden kann. Über den Tonmergeln liegen teils Konglomeratmergel, teils grobkörnige, harte Sandsteine und Konglomerate, die alle dem Cenoman angehören. Während die Konglomeratmergel konkordant und ohne sichtbare Störung über den Ton- mergeln zu liegen scheinen, ist der Kontakt gegen die Sandsteine und Konglo- merate einwandfrei tektonisch bedingt. Die Schlämmproben aus den Kalkmergeln der obersten Aptychenschichten waren fossilleer oder -arm und ohne bezeichnende Foraminiferen, diejenigen aus 119 den hell- und mittelgrauen Mergeln und Tonmergeln (Pr. 2177—2183) lieferten mäßig reiche Faunen mit Pseudoclavnlina gaultina (MOROZOWA) Gaudryina sp. Spiropleetinata div. sp. Dorothia gradata (BERTHELIN) Globigerina infracretacea GLAESSNER Hedbergella trocoidea (GANDOLFI). Die roten Mergel (Pr. 2184) sind äußerst fossilarm, können aber auf Grund einer großen Sprioplectinata mit den übrigen Proben in das Unter-Alb eingestuft werden. Aufschluß 7 und 8: Als Aufschluß 7 werden hier zwei sehr kleine Vor- kommen in einem Rinnsal südwestlich der Hefteralm zusammengefaßt, dessen Lage aus den oben angegebenen Koordinaten zu ersehen ist; Probe 2185 wurde etwas nördlich von Probe 2186 entnommen. Es handelt sich um hellgrau-grün- liche, weiche Tonmergel mit gut erhaltenen, reichen Kalkschalerfaunen, in denen jedoch altersweisende Arten fehlen. Im Aufschluß 8 finden sich, ca. 12 m mächtig, eintönig hellgraue, z. T. etwas schlierig gefleckte, im untersten Teil weiche, sonst feste, plattige Tonmergel. Der Kontakt gegen Aptychenschichten und Cenoman ist nicht aufgeschlossen. Megafossilien waren in diesem verhältnismäßig vollständig aufgeschlossenen Profil nicht zu finden. Die Schlämmproben lieferten dagegen z. T. gut erhaltene und reiche Mikrofaunen (Pr. 2187—2191), aus denen nur Spiroplectinata div. sp. Hedbergella trocoidea (GANDOLFI) als relativ häufig erwähnt werden sollen. Danach sind die Mergel des Aufschlusses 8 und wohl auch die ähnlich ausgebildeten und nahe gelegenen des Aufschlusses 7 in das Unter-Alb zu stellen. Aufschluß 9 ist der östlichste des nördlichen Streifens. Er unterscheidet sich von den bisher beschriebenen Lokalitäten besonders dadurch, daß hier südlich, d.h. hangend, kein Cenoman folgt; die steilstehenden, west-ost-streichenden Tonmergel bilden den Kern einer kleinen Mulde und werden im Norden wie im Süden von Aptychenschichten des Neokoms begrenzt. Es handelt sich um hell- graue, feste, plattige Tonmergel, die z. T. von dünnen, dunklen Schlieren durch- zogen sind und sich von den Aptychenschichten durch ihren höheren Tongehalt unterscheiden. Eine scharfe Grenzziehung ist infolge der Aufschlußverhältnisse nicht möglich. In ihrer Mikrofossilführung unterscheiden sie sich aber deutlich von den meist fossilleeren Aptychenschichten. Entlang des Weges vom Gasthaus Strehtrumpf zur Polzenalm wurden im und beiderseits vom Richtersgraben fünf Schlämmproben entnommen, die ohne eingehendere Untersuchung keine Aus- sage darüber zulassen, ob sich das Liegende im Norden befindet, wofür gewisse Geländebeobachtungen sprechen, oder im Süden. Die Proben 2192—2196 wurden 120 von Nord nach Süd entnommen und enthalten z.T. reiche Mikrofaunen mit u.a. folgenden Formen: Pseudoclavulina ganltina (MOROZOWA) Spiroplectinata div. sp. Dorothia gradata (BERTHELIN) Lagenidae div. sp. Globigerina infracretacea GLAESSNER Hedbergella trocoidea (GANDOLFI), wobei die letzte Art häufig vorhanden ist. Danach gehört auch dieser Aufschluß dem Unter-Alb an. Von den bisher beschriebenen Vorkommen sind die abschließend zu be- sprechenden Aufschlüsse 10—12 zu trennen. Sie liegen 300—350 m südlich der übrigen Stellen inmitten des Bereiches, der von BroıLı (1914) einheitlich als Cenoman kartiert wurde. Das Streichen der Gesteine ist wiederum West— Ost gerichtet, sie sind hier aber mehr oder minder steilgestellt. Im Aufschluß 10 stehen mittelgraue, mäßig feste Mergeltone an, die eine reiche Mikrofauna enthalten (Pr. 2197) mit u. a. folgenden Arten: Pseudoclavulina gaultina (MOROZOWA) Tritaxia sp. Gandryina Sp. Dorothia gradata (BERTHELIN) Pleurostomella obtusa BERTHELIN Gyroidina Sp. Diese Fauna belegt das Alb-Alter, doch läßt sich mangels charakteristischer Formen eine genauere Einstufung vorläufig nicht vornehmen. Aufschluß 11 zeigt ein etwa 30 m mächtiges, durch einzelne Lücken unterbrochenes Profil, aus dem von Nord nach Süd (= grabenaufwärts) sechs Schlämmproben entnommen wurden. Sie stammen meist aus mittelgrauen, mäßig festen Mergeltonen. In Probe 2198 finden sich neben den im vorigen Aufschluß erwähnten Arten: Globigerina washitensis CARSEY Gavelinella sp. (häufig). Probe 2199 ist gekennzeichnet durch besonders große Exemplare von Pseudoclavulina sp., sowie durch Ticinella roberti (GANDOLFI). Eine weniger reiche Fauna mit Dorothia gradata (BERTHELIN) Ticinella roberti (GANDOLFI) lieferte die Probe 2200, die aus hellgrauen, leicht schlierig gefleckten, mäßig har- ten Mergeltonen entnommen wurde. Die Proben 2199 und 2200 können auf Grund ihrer Faunen in das Ober-Alb gestellt werden. 121 Darüber folgen (Pr. 2201) mittelgraue, feste Mergel mit Spiroplectinata sp. Dorothia gradata (BERTHELIN) Lagenidae div. sp. Gavelinella sp. Globigerina sp. Wie bereits aus dem Aufschluß 4 beschrieben, so finden sich auch hier Exemplare, die teils Fedbergella trocoidea, teils Tieinella roberti ähneln. Die beiden obersten Proben des Aufschlusses entstammen hellen, gelblich- grauen, mäßig festen Mergeln. Während Probe 2202 nur eine sehr arme Fauna mit Dorothia fliformis und kleinen Globigerinen führt, fand sich in Probe 2203 eine reiche Fauna mit Spiroplectinata sp. Dorothia gradata (BERTHELIN) Gavelinella Sp. Hedbergella trocoidea (GANDOLFI), welche auf Unter-Alb hindeutet. Für diesen Aufschluß läßt sich auf Grund der Foraminiferen sagen, daß er im Norden (unterer Grabenteil) Ober-Alb, im Süden (oberer Grabenteil) Unter- Alb enthält. Die Schichten liegen völlig konkordant und lassen keinerlei Anzei- chen für größere Störungen erkennen. Genauere Ergebnisse, besonders zu der Frage, ob auch Mittel-Alb vorhanden ist, sind möglicherweise durch eingehende Bearbeitung der Mikrofaunen zu gewinnen. Knapp über dem Alb stehen cenomane Mergel und Konglomerate an, die gleiches Streichen und Einfallen zeigen. Aufschluß 12 liegt etwa im Streichen der beiden zuvor beschriebenen Stellen. Es handelt sich um ein nur sehr kleines Vorkommen von hellgrauen, leicht schlierig gefleckten, schwach verfestigten Mergeltonen mit einer mäßig reichen Mikrofauna (Pr. 2204) mit u. a. folgenden Arten: Gaudryina sp. Pseudoclavulina sp. Dorothia gradata (BERTHELIN) Pleurostomella obtusa BERTHELIN Gyroidina sp. (häufig). Danach kann dieser Aufschluß nicht dem Cenoman angehören, sondern ist in das (Unter-?) Alb zu stellen. 5. Ergebnisse Für die östlichen bayerischen Kalkalpen konnte erstmals ein größeres, sich über 7,5 km west-ost-erstreckendes Vorkommen von Alb beschrieben werden. Die durch eine relativ reiche Megafauna und über 70 Schlämmproben gestützten Befunde lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: 122 1. Im Lochgraben bei Aschau folgt auf Neokom-Aptychenschichten konkordant (Ober-Apt? und) Unter-Alb, paläontologisch noch nicht ganz sicher nachge- wiesenes Mittel-Alb und einwandfreies Ober-Alb. 2. Weitere, im Streichen dieses Aufschlusses liegende Vorkommen zeigen an, daß mindestens das Unter-Alb im gesamten Kampenwandvorland zur Ab- lagerung kam. 3. Im Frauengraben folgen cenomane Konglomeratmergel ohne Winkeldiskor- danz und ohne sichtbare Störung auf Unter-Alb. 4. Das Cenoman hat im gesamten Kampenwandvorland gleiches Streichen und Fallen wie die älteren Schichtglieder. 5. In den Gräben südöstlich der Maisalm, d. h. südlich des west-ost-streichenden Albzuges wurde steilstehendes Unter-Alb, Mittel-Alb?, Ober-Alb und — in gleicher Lagerung — Cenoman angetroffen. Hiermit scheint zunächst ein Widerspruch zu den Ergebnissen von ZEIL zu bestehen, der 1955 und 1956 die höhere Unterkreide der nördlichen Kalkalpen bearbeitete und die Frage der präcenomanen Tektonik diskutierte. Er schreibt (1955, S. 218): „Echte Schichtlücken und damit Hinweise auf die Faltungszeiten in der Oberkreide wurden im Mittelalb und Mittel/Oberturon gefunden. Da tiefes Alb anscheinend konkordant auf ältere Unterkreide folgt, hat eine der wesentlichen präcenomanen Faltungen der austrischen Phase vermutlich im Mittel- alb gelegen.“ Weiter schreibt er (1956, S. 408): ‚„..., so zeigen die paläontolo- gischen und petrographischen Ergebnisse dieser Arbeit, daß wir hinsichtlich der eigentlichen Gebirgsbildung mit einem Ablauf im Sinne SrıLLe’s zu rechnen haben. Einerseits liegt die Schichtserie vom Oberalb bis in das Unterturon (ZEIL 1955) überall eindeutig transgressiv über einem scharf gefalteten Gebirge. ... Eine Konkordanz zwischen der höheren Unterkreide und der transgressiven Serie ist im Gegensatz zu E. Kraus (1951, S. 391) nirgends verwirklicht.“ Die erneute Bearbeitung des nördlichen Kampenwandgebietes ergab, daß hier eine Konkordanz zwischen tieferer Unterkreide, höherer Unterkreide und Cenoman zu beobachten ist. ZEIL faßt seine Befunde folgendermaßen zusammen (1956, S. 409): „Aus der nicht unterbrochenen Sedimentation der Unterkreide bis in tiefe Lagen des Alb und dem Beginn der Transgression an der Wende Ober-Alb/Cenoman, die über einen von Norden nach Süden immer schärfer gefalteten Untergrund übergreift, ergibt sich, daß im Mittel-Alb die Gebirgs- bildung als orogene Phase im Sinne SrtıLLe’s abgelaufen ist.” Hebt man Zeır’s Feststellung ‚,... über einen von Norden nach Süden immer schärfer gefalteten Untergrund...“ stärker hervor, so fügen sich die Beobachtungen aus dem Kampenwandvorland seinen Ergebnissen zwangslos an und lassen folgende Deutung zu: Die Sedimentation verlief von der tieferen Unterkreide kontinuierlich bis in das Cenoman. Infolge geringer Bodenbe- wegungen im Mittel-Alb wurden dessen noch unverfestigte Sedimente teilweise wieder abgetragen (z. B. Frauengraben), während sie an anderen Stellen erhalten blieben (z. B. Lochgraben). Eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse zur 10 123 Zeit des Mittel-Albs läßt sich aus der kümmerlichen Fauna des Mittel-Albs im Lochgraben ableiten — man könnte, nur vergleichsweise, von Flysch-Fazies sprechen. Sie ist mit einer zunehmenden Schüttung klastischen Materials verbun- den, bzw. durch diese bedingt. Erst zu späterer Zeit wurde die Unterkreide mit dem konkordant auflagernden Cenoman gemeinsam gefaltet. Schriftenverzeichnis BARTENSTEIN, H., 1954: Revision von BERTHELIN’s M&moire 1880 über die Alb-Foraminiferen von Montcley. — Senck. leth. 35, 377—50, 1 Taf., Frankfurt/M. BERTHELIN, M., 1880: Me&moire sur les Foraminiferes fossiles de ’Etage Albien de Montcley (Doubs). — Mem. Soc. G£ol. France (3) 1, 1—84, 4 Taf., Paris. BETTENSTEDT, F. & WICHER, C. A., 1956: Stratigraphic correlation of Upper Cretaceous in the Tethys and Boreal by the aid of microfossils. — Proc. fourth World Petrol. Congr., Sect. 1/D, Repr. 5, 493—516, 5 Taf., Rom. 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Außerdem wurde eine früher nicht bekannte Schichtfolge beschrieben und mikropaläontologisch in das Santon eingestuft. Summary Recent mapping in the Brandenberg area (Tyrol, Northern Limestone Alps) comprised reinvestigation on lower „Gosau‘ sediments (Upper Cretaceous). The Santonian age, as established by megafossils, is now confirmed by foramini- fera, too. In addition a series, unknown before, was successfully placed in the Santonian by micropaleontological means. Inhalt Vorwott . RE N EN RN En 10) EEE Ten he Michge ne Del monktma det Kehhe 127 BIER HEIDRUN a TEN, 128 Zur Geologie der Unteren Gosau an der Ache und im Mühlbach . ....... 0 la Zur Geologie der Unteren Gosau am Voldöppberg-Nordhang . . .. 2.2.2.2... 134 Zur Mikropaläontologie der Unteren Gosau von Brandenberg in Tirol... . : 2... 138 DEE BREITE ZA ET I RD REST ENT EI EI IR BARS 144 Vorwort Das Gebiet um Brandenberg in Tirol wurde mir von Herrn Prof. Dr. H. Han, München, zur Neukartierung und Neubearbeitung im Rahmen einer Diplomarbeit übergeben. Die Grenzen des Kartierungsgebietes wurden so ge- wählt, daß die Gosauvorkommen der Zöttbach-, Krumbach- und Nachberg-Alm !) Dipl.-Geol. Peter Fischer, Institut für allgemeine und angewandte Geologie und Mineralogie der Universität, 8 München 2, Luisenstr. 37. 127 mit in das zu bearbeitende Gebiet fielen. Die geologische Kartierung wurde auf den photographisch auf 1:25 000 vergrößerten Blättern 89/3 und 4 sowie 120/1 und 2 des österreichischen Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, Wien, durchgeführt. Die letzte Kartierung des Gebietes stammt von AMPFERER (1922), die letzte umfassende geologisch-petrographische Bearbeitung wurde von Schurz (1952) durchgeführt. Die geologische Karte wurde verbessert. Das Schwergewicht der Unter- suchungen im Rahmen der Diplomarbeit wurde auf die Ausbildung und das Alter der Gosauschichten gelegt. In der vorliegenden Arbeit wird die Untere Gosau von Brandenberg geolo- gisch und mikropaläontologisch betrachtet. Die mikropaläontologischen Ergeb- nisse fußen auf Probenentnahmen und Untersuchungen, die im Gebiet von Brandenberg von mir 1961 und 1962 durchgeführt wurden. Sie wurden in der Diplomarbeit niedergelegt. Das Studium wurde mit dem Diplom im Juli 1963 beendet. Die von OBERHAUSER 1963 veröffentlichte Arbeit, die auf Probenent- nahmen unter Führung von KATSCHTHALER, HEissEL, SchuLz und WOLETZ basiert, war mir erst im Oktober 1963 verfügbar, und meine Diplomarbeit wurde somit ohne Kenntnis von OBERHAUSERS Untersuchungen fertiggestellt. Auch hier möchte ich Herrn Prof. Dr. H. Hagn meinen Dank für seine zahlreichen Anregungen und für seine wissenschaftliche Betreuung aussprechen, Alle im folgenden genannten Fossilien, Schlämmrückstände und Dünn- schliffe befinden sich in der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München. Geologischer Überblick Die Vorkommen der Unteren Gosau bei Brandenberg finden sich südlich des WE verlaufenden Hauptdolomit-Wettersteinkalk-Sattels des Guffert- Pendling-Zuges. Die Sedimente der Unteren Gosau sind auf einem muldenförmig gebauten Untergrund von Trias- und Juragesteinen abgelagert. Die Unteren- Gosau-Sedimente sind hier selbst zu einem schüsselförmigen Gebilde verformt, dessen südlicher und westlicher Rand am steilsten, dessen nördlicher Rand am flachsten aufgebogen ist. Es finden sich zwei voneinander getrennte Verbreitungs- gebiete, die auch in ihrer Ausbildung voneinander abweichen: Das eine entlang der Brandenberger Ache und des Mühlbaches, östlich der Ache am Unterberg und westlich der Ache bei Rohrbach, Haaser und Aschau und das andere am N-Hang des Voldöppberges. Das erstere enthält die Gesteine und die Schichtfolge, die in der Literatur als „Untere Gosau von Brandenberg‘“ bekannt sind und bereits weitgehend von KATSCHTHALER (1935) und Scaurz (1952) beschrieben wurden. Das letztere Vorkommen wurde in seiner auf AmPFERERs Karte (1922) dar- gestellten Verbreitung von mir wesentlich eingeschränkt und die hier anstehende 128 iz u Schichtfolge zum ersten Mal beschrieben und mit Foraminiferen erstmalig ein Santon-Alter nachgewiesen. oQ Ai) S | \ Ich N UNTERE GOSAU 1,5 Ks Kl ı = N [_] auARTÄR [IT] Ras JuRa- Sg N N mn . NSS 5 2 MITTLERE GOSAU = Qc > En 4 UNTERGRUND - Roßkopf n So Zimmererkopf Naben Schießstand u Kufstein Abb. 1: Skizze der geologischen Karte um Brandenberg in Tirol. Zur Geologie der Unteren Gosau an der Ache und im Mühlbach Zuerst sei ein kurzer Überblick über die Schichtfolge der Unteren Gosau im Gebiet der Brandenberger Ache und des Mühlbaches gegeben. Da diese Gesteine bereits von KATSCHTHALER (1935) und ScHurz (1952) beschrieben wurden, beschränke ich mich hier auf eine kurze Skizzierung. Eine Brekzie ist das tiefste aufgeschlossene Schichtglied der Unteren Gosau. Brekzie Sie findet sich in relativ geringer Verbreitung unterhalb Ried (Unterberg) an der Ache. Sie umgibt Kalke des Lias und ist fast ausschließlich aus Kompo- 129 nenten dieser Kalke aufgebaut. Die Liaskalke sind gegen ihre Obergrenze mehr und mehr zu einer Brekzie aufgelöst, so daß man — wie am Voldöppberg auf Plattenkalk — so auch hier nur schwer eine scharfe Grenze zwischen Untergrund und basaler Gosaubrekzie ziehen kann. Die Größe der Komponenten ist z. T. beachtlich, sie schwankt von einigen cm bis zu mehreren dm. Die Mächtigkeit beträgt zwischen 5 und 8 m. Konglomerat Das Konglomerat ist vermutlich über der Brekzie einzustufen, es kann jedoch auch nur eine andere lokale Basisbildung gleichen Alters darstellen. Es findet sich nicht in Zusammenhang mit der Brekzie, sondern steht an der Mühlbach- mündung, am Anfang der Tiefenbachklamm und im Burgstallgraben zwischen 800 und 900 m an. Das Gestein ist hart und kalkig gebunden, neben kalkalpinen Komponenten treten auch exotische Gerölle auf, deren Durchmesser 1 bis 2 cm beträgt. Im Dünnschliff Nr. 1084a/63 erkennt man, daß das kalkig-sandige Binde- mittel kräftig von Brauneisen durchsetzt ist. Die Mächtigkeit beschränkt sich auf wenige Meter. Mergeliger Kalksandstein Er bildet an der Ache oberhalb der Mühlbachmündung, am Unterberg und um Aschau, Haaser und Stegen das vorherrschende Gestein. Es sind massige, graue bis bläulichgraue, mergelige Kalksandsteine und Mergelkalke, mit musche- ligem Bruch, die ziemlich viel inkohltes Pflanzenhäcksel und wenige Lagen gut gerundeter, kalkiger Gerölle enthalten. Das Gestein wurde im Dünnschliff Nr. G 78a/63 untersucht. Die Mächtigkeit umfaßt mindestens 30—40 m. KATSCH- THALER führte hier jahrelange, gründliche Fossilaufsammlungen durch und stellte umfangreiche Fossillisten zusammen (1935, S. 175—177). Von mir wurden hieraus aufgesammelt und bestimmt: Cucullaea chiemiensis Zurr. Cucullaea sp. Arca cf. schwabenaui Zırr. Glycymeris marottianus (D’ORr».) Limopsis calvus SOW. Cardium productum Sow. Polymesoda solitaria Zırr. Cyprina bifida Zırr. Venus sp. Tapes martiniana Man. Pecten sp. Spondylus reguienianus MATH. Spondylus cf. striatus Lam. Ostrea sp. Turbo sp. Entrephoceras cf. gosavicus (REDr.) Sandiger Kalk Über dem mergeligen Kalksandstein folgt ziemlich rasch — durch Abnahme des Mergelgehaltes — ein fester, heller Sandkalk. Er tritt am rechten Achenufer 130 ze ! bei Mösl und an der Mühlbachmündung auf. Im frischen Bruch ist er bläulich- grau, wittert jedoch gelblich bis gelbbraun an. Oft sind in ihm kleine Kalkgerölle zu beobachten. Im Schliff Nr. G 79a/63 erkennt man ein ausgewogenes Verhältnis der kalzitischen Grundmasse zu den klastischen Komponenten. Die Mächtigkeit kann mit 8 bis 10 m angegeben werden. Grauer Mergel Er folgt mit scharfer Grenze auf den sandigen Kalk und ist 40 m acheabwärts der Brücke nach Aschau, ferner im Achenbett vor Mösl und im unteren Teil des Mühlbachgrabens zu beobachten. Der graue, nicht sehr harte Mergel ist ein sehr homogenes Gestein und verwittert knollig. Er enthält eine gute Makrofauna, von der KATSCHTHALER ebenfalls eine Fossilliste zusammenstellte (1935, S. 178). Von den Fossilien, die KATSCHTHALER bestimmte, seien hier folgende Arten genannt, die für die stratigraphische Einstufung von Bedeutung sind: Mortoni- ceras texanım Röm. und Parapuzosia daubreei De Gross. Aus eigenen Aufsammlungen wurden bestimmt: Inoceramus undulatoplicatus michaeli Heınz Inoceramus undulatoplicatus Röm. Inoceramus balticus Bönm Inoceramus percostatus MÜLLER Inoceramus cf. decipiens Zırr. Inoceramus cf. cycloides WEGNER Inoceramus sp. Gaudryceras cf. planorbiforme BöHrm Puzosia corbarica D’ORr». Schlueteria rousselli De Gross. Pachydiscus isculensis (Repr.) Pachydiscus sp. Scaphites sp. Die von KATSCHTHALER und von mir bestimmten altersweisenden Fossilien erlauben folgende Altersaussage: Nach BRınkMaAnn (1935, S. 8) wird für Morro- niceras texanum Röm., Parapuzosia daubreei DE Gross. und Pachydiscus isculensis (Repr.) Coniac-Alter angenommen. Künn (1947, S. 192) stellt Mortoniceras texa- num Röm. in das Untersanton. /noceramus undulatoplicatus michaeli HEınz deutet nach O. Serrz (1956, S.4; 1961, S. 121) auf Untersanton (‚„Emscher Mergel“) hin. Inoceramns percostatus MÜLLER ist nach G. MÜLLER (1888, S. 20—21) bezeich- nend für Coniac-Untersanton. Diese Angabe wird von Kühn (1947, S. 185) erwähnt und bestätigt. Diese Formen lassen in ihrer Mehrzahl auf Untersanton schließen. Rote und graue Mergel Der graue, fossilreiche Mergel geht allmählich in eine Wechselfolge von roten und grauen Mergeln mit Sandsteinzwischenlagerungen über, die bei Mösl und im Mühlbach anstehen. Die Wechselfolge dieser Schichten zeigt das Fazies- profil in Abb. 2. Aus diesen Mergeln stammen die Proben Nr. 2601, 2602, 2603. 131 Dunkelgrauer, fester Kalkmergel Harte, mergelige, sandige Kalkbank Weicher, ziegelroter Mergel \ Grauer Mergel Grauer, mergeliger Kalksandstein Rotbrauner, Z.T. kalkiger Mergel Plattiger, mergeliger Kalksandstein Ziegelroter Mergel Mergeliger Kalksandstein, an der Basis grobsandig, mit Geröllen Geröllage Lage aus groben Geröllen und Blöcken Abb. 2: Faziesprofil der Rotbrauner, z.T. kalkiger Mergel roten Mergel (Untere Gosau) bei Mösl. Mergel und Sandsteine Von dem auf die roten und grauen Mergel bei Mösl folgenden, etwa 180 m mächtigen Mergel- und Sandsteinkomplex sind an der Ache nur wenige Schichten aufgeschlossen. Die Fortsetzung des Profils ist nur im Mühlbach und dessen Seitenbächen aufgeschlossen. Da die Verteilung von Mergeln und Sandsteinen in dieser Schichtfolge von KATSCHTHALER und SCHULZ noch nicht beschrieben wurde, wird dieser Komplex in der folgenden tabellarischen Übersicht nach den Mächtigkeiten und der Lithologie untergliedert. Von oben nach unten folgen: 30 m Weiche, graue und rötliche Mergel 2 m Harter, grauer Mergel (Schliff Nr. 1092 a/63) 10 m Weiche, mittelgraue Mergel 1,5 m Harte, graue Kalkmergelbank (Probe Nr. 2607) 152) m” Graue.Mergel 1,5 m Harte, sandige, graue Kalkmergelbank 15 m Graue, z. T. braunrote Mergel 2,5 m Harte, graue Sandmergelbank 40 m Weiche, graue, grünliche und rötliche Mergel (Probe Nr. 2606) 0,4 m Harte, graue Sandmergelbank (Schliff Nr. 1091 a/63) 30 m _ Aufschlußunterbrechung 8 m Weiche, braunrote Mergel 10 m Graugrüne und rötliche Mergel, mit einer 0,25 m mächtigen, harten, feingeschichteten Mergelkalkbank 4 m Harter, bräunlichgrauer Mergelkalk. Tritt morphologisch stark hervor (Schliff Nr. 1090 a/63) 8 m Geschichtete, graue Mergel 0,25 m Harter, grauer Mergelkalk (Schliff Nr. 1089 a/63) 0,25 m .Weicher, grauer Mergel 0,25 m Harter, grauer Mergelkalk 7,7 m Grauer, oben rötlichbrauner Mergel 0,35 m Harter, grauer, sandiger Mergelkalk (Schliff Nr. 1088 a/63) 9,5 m Graue, dünnplattig verwitternde Mergel 2 m Harte, graue, mergelige Kalkbank (Schliff Nr. 1087 a/63) Zur Lagerung der Unteren Gosau an der Ache und im Mühlbach sei folgen- des gesagt: Wie bereits erwähnt, sind die Schichten der Unteren Gosau zu einer un- gleichmäßigen Mulde verformt. Am steilsten sind die Ränder im S, wo sie am Voldöppberg mit 40° nach N und im W, wo sie mit 40° bis 60° nach E einfallen. Im Mühlbach herrscht bei allgemeinem E-W-Streichen flaches Südfallen. Am flachsten ist der nördliche Rand, wo die Kalksandsteine fast söhlig gelagert sind oder mit 10° bis 20° nach S und W einfallen. Etwas südlich der Brücke Brandenberg— Aschau werden die E—W strei- chenden Schichten des Mühlbaches um etwa einen rechten Winkel auf SSE abge- knickt. Die Stelle des Abknickens ist als Störungszone ausgebildet. Bei Mösl 133 biegt das Streichen langsam wieder in die ENE-Richtung zurück. Die Ache folgt dabei genau dem Streichen. Eine von früheren Autoren nicht genannte Erscheinung wurde im Mühlbach und an der Ache beobachtet. Hier sind Sandstein- und Mergelkomplexe in ihrer Streichrichtung zusammengeschoben, was auf E—W gerichtete Bewegungen hinweist. Im Mühlbach bei 700 m sind auf diese Weise Sandstein- und Mergel- kalkbänke auf einer Länge von etwa 8 m aufeinandergeschoben. Dieselbe Er- scheinung der ost-westlichen Raumverengung ist in den roten Mergeln am linken Achenufer bei Mösl zu beobachten. Hier ist an einer Sandsteinbank zu erkennen, daß die roten Mergel ineinandergeschoben worden sind. Die Störungen, an denen dies erfolgt ist, streichen 65° bis 85° und fallen 70%°613.8078. Zur Geologie der Unteren Gosau am Voldöppberg-Nordhang Südöstlich des Dorfes Brandenberg steht in einem kleinen Rinnsal eine Schichtfolge an, die im Brandenberger Gosaugebiet sonst nirgends mehr beo- bachtet werden kann. Sie wurde von mir zum erstenmal beschrieben und ihr Alter mikropaläontologisch festgestellt. Auf Grund der Lithologie und der Mikrofauna wurde eine Zuordnung zur Unteren Gosau getroffen. Die Fazies dieser Schichten ist teils kalkig, teils mergelig-sandig, die Zwischenlagerungen bestehen aus sandigen Kalken und Konglomeraten. Diese Schichten lagern dis- kordant auf steil NW-fallendem, leicht dolomitischem Plattenkalk. Die Auflage- rung eines sandigen Kalkes auf Plattenkalk ist oberhalb des Schießstandes im Steinbruch und westlich davon im Wald gut zu beobachten. Hier ist zu erwähnen, daß der gebankte Plattenkalk in der näheren Umge- bung der im folgenden beschriebenen Schichtfolge prägosauische Verwitterungs- erscheinungen zeigt. Es sind nämlich durch Karsteinwirkung erweiterte Spalten mit rotem, bauxitischem Material ausgefüllt. Dasselbe Material findet sich in den diskordant darüberlagernden Brekzien. Die Schichtfolge ist in einem flachen Graben oberhalb des Gasthauses ‚‚Wald- heim“ und des Schießstandes am bewaldeten Nordhang des Voldöppberges auf- geschlossen. Weiterhin können eine Brekzie und ein rötlicher Sandkalk in einer etwas weiteren Verbreitung an diesem Nordhang beobachtet werden. Der rötliche Sandkalk findet sich außerdem auch weiter westlich, oberhalb des Sägewerkes Schönau. Die Aufschlußverhältnisse sind lediglich in dem erwähnten Graben gut, sonst verhindert die dichte Bewaldung oft den Blick auf das Anstehende. Die Schichten lagern im unteren Teil etwas flacher als die Hangneigung, so daß die Schichtköpfe, schräg angeschnitten, ausstreichen. Diese Lagerung kann am besten an dem grauen Kalksandstein (Schliff Nr. 1095/63) beobachtet werden, sonst läßt sich in den Mergeln und in dem Kalk (Schliff Nr. G 81a/63) wegen der geringen Aufschlußbreite und der teilweisen alluvialen Überdeckung keine Lage- rung erkennen. 134 Der höhere Teil ist dagegen etwas steiler als die Hangneigung gelagert. Klar zu erkennen ist dies bei der hervortretenden Konglomeratbank und dem psammi- tischen Kalk. Da sich die Lithologie und die Schichtfolge der steiler gestellten Schichten des oberen Teils im flacheren, unteren Teil nicht mehr zeigen, kann ein Muldenbau nicht angenommen werden. Die wahrscheinliche Erklärung der Schichtfolge und Lagerung ist eine Störung, die im Mergel (Probe Nr. 2612) zu suchen wäre. Sie konnte jedoch in dem nicht sehr gut aufgeschlossenen Mergel nicht beobachtet werden. Das wahrscheinlich zu dieser Schichtfolge gehörende tiefste Schichtglied ist eine Brekzie. Sie besteht aus nußgroßen bis mehr als kopfgroßen, kaum gerundeten Brok- ken eines dichten, gelblichgrauen bis grauen Kalkes sowie Hauptdolomits. Die Farbe des feinkörnigen, bauxitischen Bindemittels ist ziegelrot bis leuchtend rot. In diesem Bindemittel können manchmal herausgewitterte Globotruncanen mit der Lupe beobachtet werden. Die Brekzie geht allmählich über in ein ebenfalls grobes Konglomerat, mit Komponenten der gleichen Gesteine. Die groben Bestandteile lassen jedoch Abrundung erkennen. Zwischen den groben Geröllen sind z. T. gut gerundete, kleinere Gerölle (1—3 cm 9) eingelagert, die ihrerseits von grobpsammitischem Sediment zusammengehalten werden. Im Dünnschliff ergibt sich folgendes Bild: Schliff Nr. 1093 a/63. Südöstlich Schießstand, 1050 mü.NN. Konglomeratischer Grobpsammit. Die Grundmasse ist feinkörnig (0,01—0,025 mm &) und ist aus karbonatischen Körnern zu- sammengesetzt. Zwischen den Körnern findet sich äußerst feinkörniges Brauneisen. Das Eisen- oxyd ist auch in einzelnen größeren Körnern in der Grundmasse enthalten. Diese Grundmasse füllt die Intergranularräume zwischen meist gut gerundeten Kalk- und Dolomitkörnern aus. Ihre Größe liegt recht einheitlich zwischen 0,25 und 2 mm 9. Es handelt sich fast ausschließlich um Gesteine der kalkalpinen Trias, wie Oolithkalke, dichte, graue Kalke und Dolomite des Nor und des Rät. Das Gestein enthält auch einige wohlgerundete Gerölle dieser Kalke und Dolomite. Organismenreste wurden nicht beobachtet. Fossilschuttkalk Ein Gestein, das stets in enger räumlicher Nachbarschaft mit dem roten Konglomerat auftritt und das sich wie dieses durch einen starken Gehalt an Brauneisen auszeichnet, ist ein roter Fossilschuttkalk. Er ist auf Grund der faziel- len Ähnlichkeit entweder als ein direkt auf das Konglomerat folgendes Schicht- glied oder als eine lokal anders geartete, gleichaltrige Basalbildung anzusehen. Er tritt in der Gegend des Jochmarterls und bei Schönau auf. Das Gestein ist ein intensiv rot gefärbter, sandiger Schuttkalk, mit vielen makroskopisch erkennbaren Fossilresten. Schliff Nr. G 80 a/63 Jochmarterl, 1200 m ü. NN. 135 Roter Fossilschuttkalk. Dieses Gestein zeichnet sich ebenfalls durch ein stark eisenoxydhaltiges, sandiges Bindemittel aus. Das Bindemittel umschließt wenige kantige Kalzitkörnchen und fast ausschließlich nicht oder nur wenig gerundete Bruchstücke von Molluskenschalen in allen Größen bis 5 mm @. Besonders häufig sind Bruchstücke von Radiolites. Einzelne längliche Bruchstücke sind noch wesentlich größer. Alle Fossilfragmente liegen völlig ungeregelt. Neben Teilen von Radiolites sind nur noch einige Schnitte durch Globotruncanen genauer anzusprechen. Die unmittelbare Zugehörigkeit dieser beschriebenen basalen Bildungen zu den folgenden Schichten ist'nicht sicher, da das beim Schießstand den Plattenkalk diskordant überlagernde Sediment der als nächstes erwähnte sandige Kalk ist. Jedoch weist die mit den anderen Sedimenten eng verbundene Verbreitung sowie die fazielle Ähnlichkeit-hinsichtlich Eisenoxydgehalt des Sandkalkes auf ähnliche Bildungsumstände hin. Sandiger Kalk Das den Plattenkalk diskordant überlagernde unterste Schichtglied des fol- genden Profils ist ein gelbbrauner, rötlichgrauer bis gelbroter, sandiger Kalk, der viele gelbrote Tupfen und einige, mit der Lupe erkennbare, lebhaft grüne Bestandteile zeigt. Er verwittert in runden, glatten Formen. Im alten Steinbruch oberhalb des Schießstandes kann man beobachten, daß das Gestein in einer 2—4 m mächtigen Lage viele, z. T. bis 50 cm 5 große Gerölle enthält. Die Mächtigkeit des Sandkalkes beträgt 5 bis 10 m. Schliff Nr. 1094 a/63. Schießstand, 1070 mü.NN. Rötlichgrauer, sandiger Kalk. Das zurücktretende, feinkörnige, kalzitische Bindemittel (Korngröße 0,002—0,025 mm &) ver- festigt kantengerundete bis gutgerundete Karbonatkörnchen (0,25—0,5 mm 9). Man beob- achtet spätige Kalzitkörnchen, sehr feinkörnige, bräunliche, bituminöse Psammite und ooidische Kalke. Vereinzelt treten feinkörnige Quarzite auf, sonst jedoch keinerlei nichtkarbonatische Bestandteile. An organischen Gebilden findet man einzeilige Sandschaler, Marssonella sp., Echinodermenreste und kleine Bruchstücke von Lithothamnien. Von diesem Sandkalk unter- und überlagert, findet sich ein roter, toniger Mergel, der im östlichen der zwei kleinen Rinnsale bei 1050 m aufgeschlossen ist. Die Verbreitung dieses Mergels kann nicht groß sein, da 30 bis 40 m weiter westlich, in Streichrichtung, der sandige Kalk ansteht (dieser lagert ungefähr in Hangneigung). Da die Vegetationsüberdeckung keine genauen Beobachtungen zuläßt, kann nur vermutet werden, daß es sich hierbei um eine nestartige Ein- schaltung von Mergeln in den Sandkalk handelt. Der Mergel (Probe Nr. 2610) enthält eine gut und reiche Foraminiferenfauna, die in ihrer Zusammensetzung völlig derjenigen der später beschriebenen graubraunen Mergel gleicht und die im nächsten Abschnitt besprochen wird. Kalksandstein Über dem sandigen Kalk folgt bei 1030 m ein grauer, fester Kalksandstein, der braungrau anwittert und dessen Mächtigkeit 10 bis 20 m beträgt. 136 Me nn u Schliff Nr. 1095 a/63. Graben oberhalb Schießstand, 1080 m ü. NN. Grauer Kalksandstein. Die Grundmasse tritt etwas zurück. Sie ist feinkörnig (bis 0,02 mm &) und macht etwa 30 %, der Gesteinsmasse aus. Sie enthält kantengerundete Komponenten, Fossilschutt und Foramini- feren. Die Körner sind ihrer Größe nach ziemlich gut sortiert (0,25—0,3 mm &) und nur ein kleiner Teil erreicht Größen von 0,5—1,5 mm &. Die Quarzkörnchen sind meist eckig. Den größten Anteil an den klastischen Komponenten haben feinkörnige und dichte, graue Kalke und Kalzitkötnchen (70%), dann folgen eckige Quatze, z. T. undulös auslöschend, und fein- körnige Quarzite (20% ), pseudooidische Kalke und feinkörnige, bituminöse Psammite mit 10%. Häufig sind Schnitte durch Foraminiferen. Sie liegen ungeregelt, sind nicht deformiert und ihr Kammerlumen ist von feinkörnigem Kalzit ausgefüllt. Es konnten beobachtet werden: Ein- und zweizeilige Sandschaler, u. a. Marssonella sp., Qninqueloculina, verschiedene große Exemplare der Gattung Robulus oder Lenticulina und. der Globotruncana lapparenti-Gruppe und weitere, nicht genauer einzuordnende Foraminiferen. Weiterhin wurden festgestellt Bruchstücke von Ostreen und anderen Mollusken, Echinodermenreste und Lithothamnienfetzen. Mergel Über dem Kalksandstein folgt ein graubrauner, kalkiger Mergel, der knollig verwittert und Inoceramenprismen aufweist. Seine Mächtigkeit umfaßt 5 bis 8 m. Kalk Daran schließt mit scharfem Kontakt ein gelbbrauner bis bräunlichgrauer Kalk. Er besitzt einen deutlichen Sandgehalt, bricht in groben Stücken und zeigt kleine grüne, rote und dunkle Flecken. Er enthält mit der Lupe erkennbare Pyritkörnchen und Fossilbruchstücke. Schliff Nr. G 81 a/63. Graben oberhalb Schießstand, 1095 m ü. NN. Bräunlichgrauer, sandiger Kalk. In der sehr feinkörnigen, kalzitischen Grundmasse schwimmen kantengerundete bis gutgerundete Komponenten. Die Kalzitkörnchen sind oft kaum gerundet. Die Größe schwankt zwischen 0,25 und 1,5 mm &. Zumeist sind es Körner eines dichten, grauen Kalkes und eines pseud- ooidischen Kalkes. In geringerer Häufigkeit treten eckige Quarzkörner, gerundete, feinkörnige Quarzite und Pyritteilchen auf. Die letzteren scheinen, ihrer unregelmäßigen, dendritenähnlichen Gestalt nach, erst nach der Sedimentation ausktistallisiert zu sein. Sie umschließen fest und lückenlos andere Komponenten. An organischen Komponenten enthält dieser Dünnschlif: Ein- und zweizeilige Sandschaler, Schnitte durch Lageniden, eine fragliche Rugoglobigerina, Bryozoenfragmente und ziemlich häufig auftretende Lithothamnienbruchstücke. Mergel Ebenfalls mit scharfer Grenze folgt auf den Kalk wieder graubrauner, grün- lichgrau anwitternder Mergel, der bei der Verwitterung knollig zerfällt. In diesem Mergel ist die vermutete Störung zu suchen. Seine Mächtigkeit beträgt 30 bis 40 m. Die Mikrofauna dieses Mergels wird im folgenden behandelt. Konglomerat Abrupt folgt hier eine 3m mächtige Lage eines groben Konglomerates. In einem roten, sandigen Bindemittel sind Gerölle eines dichten, grauen Kalkes eingelagert, die z. T. bis über kopfgroß werden. Die einzelnen Gerölle sind kantengerundet. Das Gestein ähnelt sehr den weitverbreiteten basalen Brekzien der Umgebung. 137 Mergelkalk Hier schließt unter Abnahme der Gerölle und Zunahme eines mergeligen Bindemittels ein dunkelgrauer bis bräunlichgrauer, fester, psammitischer Mergel- kalk an, in den inkohltes Pflanzenhäcksel eingestreut ist. Mergel Nach etwa 7 m Mächtigkeit des Mergelkalkes beginnt der Tongehalt immer mehr zuzunehmen, das Sediment wird sandiger, so daß man bis zum Ende der Aufschlüsse von einem mächtigen Komplex eines dunkelgrauen, sandigen Mergels sprechen kann. Der Mergel reicht fast bis auf die Höhe des Grates (Jochmarterl 1223 m). Streckenweise ist das Gestein nicht aufgeschlossen, es wird jedoch als durchgehend angenommen. Zur Mikropaläontologie der Unteren Gosau von Brandenberg in Tirol 1) Aus den Mergeln der Unteren Gosau bei Mösl und im Mühlbach und dessen Seitenbächen wurden insgesamt 34 Schlämmproben entnommen und aus den schleifbaren Gesteinen der Unteren Gosau an der Ache und im Mühlbach 14 Dünnschliffe angefertigt. Die Gesteine im Liegenden der Mergel zeigen nur wenige Organismenreste. So enthält der konglomeratische Grobsandstein (Dünnschliff Nr. 1084/63) nahe der Basis der Unteren Gosau als einzige festgestellte Organismenreste einige in Kalkgerölle eingeschlossene Ophthalmidiiden. Der in der Gegend nördlich der Mühlbachmündung an der Ache, am Unter- berg und bei Rohrbach verbreitete graue bis bläulichgraue, mergelige Kalksand- stein (Dünnschliff Nr. G 784/63) enthält bereits mehr organische Bestandteile. Es zeigen sich Dentalina sp., Spongiennadeln, Schalenbruchstücke von Mollusken und Lithothamnienreste. Der auf den grauen Kalksandstein folgende helle, feste Sandkalk (Dünn- schliff Nr. G 79a/63) weist an Faunenelementen auf: Ammodiscus cretaceus (REUSS), Marssonella sp. und andere sandschalige Foraminiferen, Milioliden, rotaliide Foraminiferen, Korallen, Bryozoen und Bruchstücke von Molluskenschalen. Einen häufigen und auffallenden Bestandteil des Gesteins bilden Lithothamnien- fetzen. Es konnte auch eine konzentrisch geschichtete Lithothamnienknolle beobachtet werden. Der auf den Sandkalk folgende, über 200 m mächtige Komplex von meist grauen, seltener roten und grünlichen Mergeln wird von zahlreichen Sandstein-, Kalkmergel- und Mergelkalkbänken unterbrochen. Der organische Inhalt dieser Zwischenlagerungen unterscheidet sich z. T. erheblich. Die Fauneninhalte dieser zwischenlagernden Bänke werden hier zusammengefaßt vor den Mergeln be- sprochen. 138 Im Dünnschliff Nr. 1085/63 und 1086/63, aus grauem, festem, mergeligem Feinsandstein finden sich häufig Schnitte durch Globotruncanen vom /apparenti- Typ und viele Bruchstücke von anderen Globotruncanengehäusen, weiterhin seltener einige Lageniden und Feterohelix. Dünnschliff Nr. 1087/63, ein grauer Mergelkalk, zeigt einen außerordent- lichen Foraminiferenreichtum. Mehr als 50%, der Sedimentmasse setzt sich aus Foraminiferen zusammen. Die weitaus größte Anzahl der Foraminiferen sind Globotruncanen aus der /apparenti-Gruppe. Weiterhin erkennt man Marssonella oxycona (Reuss), Lageniden der Robmlus-Lenticulina-Gruppe, Textularia, Hetero- helix, Gublerina deflaensis (SıGAaL), Neoflabellina, rotaliide Foraminiferen, Seeigel- stacheln und Lithothamnienreste. Manche Fossilien — wie Globotruncanen, Sandschaler und Echinodermenreste — sind mit Pyrit erfüllt. Dünnschliff Nr. 1088a/63 unterscheidet sich in seiner Gesteinszusammen- setzung und seinem Fauneninhalt nicht von Dünnschliff Nr. 1085/63 und 1086 a/63. Dünnschliff Nr. 1089/63, ein feinstsandiger, geschichteter, z. T. schräg- geschichteter mergeliger Kalk läßt nur vereinzelt Foraminiferen und deren Bruchstücke erkennen. Sonst treten keine Organismenreste auf. Dünnschliff Nr. 1090/63 ist ein feinsandiger Mergelkalk. Er enthält nur wenige Foraminiferen und diese meist als Bruchstücke, außerdem einen quer- geschnittenen Seeigelstachel. Dünnschliff Nr. 1091a/63 ist ein gebänderter, sandiger Mergel, dessen Hauptmasse fast frei von Organismenresten ist. Viele Foraminiferen — meist Globotruncanen — sind nur in dunkler erscheinenden, mergeligen Bändern konzentriert, die etwa 0,5 mm mächtig sind. Dünnschliff Nr. 1092a/63, ein sandiger Mergel, weist außer wenigen Fora- miniferen keine organischen Reste auf. Globotruncanen sind selten vertreten, meist finden sich Globigerinellen, Globigerinen, außerdem FZeterohelix. Die Schlämmproben aus dem mächtigen Mergelkomplex im Mühlbach zeigen starke Unterschiede in der Reichhaltigkeit der Faunen. Während die roten Mergel bei Mösl durchwegs an Individuen und Arten reiche Schlämmrückstände liefern, zeichnen sich in den höheren Partien des Mühlbaches nur wenige der von mir entnommenen Proben durch eine reichhaltige Foraminiferenfauna aus, so z. B. die Proben Nr. 2604, 2605, 2606, 2607. In allen anderen Proben herrscht eine arme, schlecht erhaltene, oft kleinwüchsige Fauna vor. Da die Proben von der Basis der roten Mergel und diejenigen, die aus dem Höchsten des über 200 m mächtigen Mergelprofils entnommen sind, keine deutlichen Altersunterschiede erkennen lassen, werden die Faunen von den tiefsten Proben (Probe Nr. 2601, 2602, 2603) bis zu den höchsten Proben (Probe Nr. 2606, 2607) in einer Faunenliste zusammengestellt. Es wurden bestimmt: Pelosina complanata FRANKE Rhabdammina sp. Ammodiscus cretaceus (Russ) 140 Ammodiscus gaultinus BER’ HELIN Glomospira charoides (Jones & PARKER) Glomospira irregularis (GRZYBOWSsKI) Trochamminoides velascoensis Cusum. Haplophragmoides eggeri Cusum. Haplophragmoides sp. Triplasia murchisoni Reuss Spiroplectammina praelonga (Reuss) Spiroplectinata jaekeli (FRANKE) Vernenilina muensteri Reuss Vernenilinoides sp. Tritaxia tricarinata (Reuss) Gaudryina pyramidata Cusum. Gaudryina rugosa D’ORr». Gaudryina carinata FRANKE Gaudryina cf. laevigata FRANKE Gaudryina sp. Clavulinoides sp. Pseudoclavulina eggeri Cusum. Dorothia pupa (Reuss) Marssonella oxycona (Reuss) Marssonella trochus (D’Or».) Dentalina nana Reuss Dentalina communis D’Or». Dentalina catenula Reuss Dentalina cf. naumanni (Reuss) Dentalina sp. Nodosaria cf. oligostegia Reuss Lenticulina lobata (Russ) Lenticulina aff. lobata (REuss) Lenticulina orbicularis (D’ORrB.) Lenticulina truncata (REuss) Lenticulina cf. truncata (REuss) Lenticulina ovalis (REUSS) Lenticulina cf. spachholtzi (REuss) Lenticulina sp. Robulus muensteri (RÖMER) Astacolus compressus (D’ORB.) Vaginulinopsis sp. Saracenaria triangularis (D’ORB.) Planularia liebusi BROTZEN Marginulina cf. texasensis CusHM. Vaginnlina gosae REUSS Rectoglandulina elongata (REuss) Rectoglandulina parallela (MARssoN) Rectoglandnlina cf. cylindracea (REuss) Rectoglandulina cf. manifesta (REuss) Lagena sp. Bulimina reussi MORROW Aragonia sp. Pullenia quaternaria (REuss) Pleurostomella subnodosa REuss Pleurostomella aff. subnodosa REuss | En A u u u Ze ee et ae ua 0 le a use ur mn ee ne Di ee u sd Pleurostomella obtusa BERTHELIN Pleurostomella cf. obtusa BERTHELIN Pleurostomella sp. Ellipsoidella cf. solida (BROTZEN) Gavelinella lorneiana (D’ORB.) Gavelinella stelligera (MARIE) Gavelinella pertusa (MARrss.) Gyroidina umbilicata D’ORe. Gyroidina cf. nitida (REuss) Stensioeina exsculpta (REuss) Stensioeina pommerana BROTZEN Eponides haidingerii (D’ORs.) Eponides cf. whitei BROTZEN OQuadrimorphina allomorphinoides (Reuss) Ciibicides sp. Globigerina cretacea D’ORB. Globigerinella aspera (EHRENBERG) Rugoglobigerina glaessneri GANDOLFI Rugoglobigerina petaloidea subpetaloidea GANDOLFI Globotruncana globigerinoides BROTZEN Globotruncana lapparenti lapparenti BROTZEN Globotruncana lapparenti bulloides VOGLER Globotruncana aff. lapparenti bulloides VOGLER Globotruncana coronata BOLLI Globotruncana tricarinata (QUEREAU) Globotruncana flexuosa VAN DER SLUIS Globotruncana fornicata PLUMMER Globotruncana concavala (BROTZEN) Globotruncana thalmanni GANDOLFI Globotruncana sp. Heterohelix striata (EHRENBERG) Hleterohelix globulosa (EHRENBERG) Hleterohelix carinata CusHm. Pseudotextularia elegans (RZEHAK) Gublerina deflaensis (SIGAL) Radiolarien Ostracoden Inoceramenprismen Schalenbruchstücke Innerhalb der Proben mit reicher Fauna lassen sich auch Unterschiede hin- sichtlich der Faunenzusammensetzung feststellen. So zeichnet sich Probe Nr. 2607 durch deutliches Zurücktreten der benthonischen Formen aus. Sowohl die Zahl der Individuen als auch die Zahl der Arten ist bei den pelagischen höher, beson- ders Globotruncanen bilden den Hauptanteil. In Probe Nr. 2606 haben die Sandschaler und das kalkschalige Benthos das Übergewicht gegenüber den Globotruncanen. Bemerkenswert ist der individuen- mäßig hohe Anteil an primitiven Sandschalern (G/omospira), der in den anderen Proben nicht zu beobachten ist. Einzelne Proben, z.B. Nr. 2608 und 2609, zeichnen sich durch außerge- wöhnlich viele Radiolarien aus. 2% 141 Zur Altersstellung dieser Mergel und zwischengelagerten Sandstein- und Mergelkalkbänke ist an Hand der Mikrofauna folgendes zu sagen: Das Auftreten von Gublerina deflaensis (SIGAL) ist nach WICHER & BETTEN- sraepr (1956, S. 36) auf Santon beschränkt. Das Vorherrschen von G/obotruncana lapparenti and anderen Formen ihrer Gruppe sowie das Fehlen von einkieligen Globotruncanen deutet auf Santon und schließt Campan aus. Globotruncana fornicata setzt nach CırA (1948, S. 11) im Santon, Globotruncana flexuosa nach Ganporrı (1955, S. 61) im Coniac/Santon ein. Pseudotextularia elegans (RZEHAK) beginnt im Santon (DE Krasz in Ganss & A., 1956, Tab. 1). Diese Hinweise der Mikrofauna deuten auf ein Alter von Santon hin. Wie vorher bereits erwähnt, lassen sich an Hand der Mikrofauna keine eindeutig definierbaren Altersunterschiede zwischen den Proben der Basis und denen aus dem Höchsten des aufgeschlossenen Mergelkomplexes erkennen. Die Zusammensetzung der Fauna aus den Proben Nr. 2606 und 2607 (aus dem Höchsten der Mergel), insbesondere die für die Einstufung wichtigen Globo- truncanen, weist gegenüber den Proben Nr. 2601, 2602 und 2603 (aus der Basis) keine Unterschiede auf, die eine Unterscheidung in z. B. Unter- und Mittelsanton gerechtfertigt erscheinen lassen. Lediglich die vorherrschend fächerförmigen Typen bei Gublerina deflaensis (SıGAr) sind nach WICHER & BETTENSTAEDT (1956, S. 32) als Ausdruck einer stärker fortgeschrittenen Entwicklung zu werten und stratigraphisch höher einzustufen. Dieser eine Hinweis reicht jedoch meiner Ansicht nach nicht aus, um eine klare Altersunterscheidung zu treffen. | Das auch von mir beobachtete Auftreten der Gattung Aragonia in den Mergeln des Mühlbaches veranlaßt OBERHAUSER (1963, S. 29), für einen höheren Teil der Mühlbachgraben-Serie ein Alter von Campan in Betracht zu ziehen. Hierzu ist zu sagen, daß Aragonia sp. von mir in den roten Mergeln bei Mösl und in denselben roten Mergeln im Mühlbach gefunden wurde, also in Schichten, die nur wenige Meter über dem makrofossilreichen grauen Mergel liegen. Und dieser graue Mergel ist durch die in ihm von KATSCHTHALER und von mir ge- fundenen Makrofossilien eindeutig als ein Schichtglied des Santons, mit großer Wahrscheinlichkeit sogar des Untersantons gekennzeichnet. Dieses Mergelprofil ist mehr als 200 m mächtig und läßt von der Basis bis zum Höchsten keine deutlichen Altersunterschiede erkennen. Von einem Hori- zont, der in diesem Profil nur 5 bis 10 m über einem sicheren Santon (Unter- santon)-Schichtglied liegt, kann also mit sehr großer Wahrscheinlichkeit angenom- men werden, daß er ebenfalls dem Santon (Untersanton) angehört. So erscheint mir das Auftreten von Aragonia in diesen Mergeln nicht zu genügen, um daraus einen Hinweis auf mögliches Campan-Alter abzuleiten. 2) Aus den Gesteinen der Gosau-Schichtfolge am Voldöppberg-Nordhang wurden 5 Dünnschlife und 5 Schlämmproben untersucht. Die organischen Bestandteile der Festgesteine aus dieser Serie wurden bereits vorher bei der Be- schreibung der Dünnschliffe genannt. Die Schlämmproben aus den Mergeln 142 ze en | enthalten durchwegs eine reiche und gut erhaltene Foraminiferenfauna. Da sich die Faunen aus den einzelnen Proben altersmäßig nicht unterscheiden, werden sie ebenfalls in einer Liste zusammengefaßt. Es wurden aus den Proben Nr. 2610, 2611, 2612 bestimmt: Rhabdammina sp. Reophax recta BEISSEL Ammodiscus cretaceus (REuss) Ammodiscus sp. Spiroplectinata jaeckeli FRANKE Ammomarginnlina sp. Textularia sp. Trochammina taylorana CusHm. Gaudryina pyramidata CusHM. Heterostomella foveolata (MARssoN) Marssonella oxycona (REuss) Rectoglandulina cylindracea (REuss) Dentalina gracilis D’OR». Dentalina wimani BROTZEN Dentalina cylindroides Reuss Dentalina nana Reuss Dentalina sp. Lenticulina comptoni (SOW.) Lenticulina sp. Robulus pondi CusHM. Astacolus richteri (BROTZEN) Saracenarid triangularis D’ORB. Marginulina cf. texanensis CusHM. Vaginulina cf. recta REuss Lagena apiculata elliptica REUss Neoflabellina rugosa (D’ORB.) Planularia liebusi BROTZEN Planularia (2?) sp. Frondicularia linearis FRANKE Frondicularia angustissima REUSS Frondicularia frankei CusHm. Frondicularia inversa REuss Pleurostomella sp. Nodosarella gracillima CusHM. Nodosarella sp. Ellipsoidella sp. Gavelinella costata BROTZEN Gyroidina umbilicata (D’ORB.) Stensioeina exsculpta (REUSS) Stensioeina pommerana BROTZEN Eponides haidingerii (D’OR».) Osangularia texana (CusHM.) Cibicides sp. Globigerina cretacea D’OR». Globigerinella aspera (EHRENBERG) Rugoglobigerina cf. glaessneri GANDOLFI Rotalipora sp. Globotruncana lapparenti lapparenti BROTZEN 143 Globotruncana coronatla BOLLI Globotruncana flexuosa VAN DER SLUIS Globotruncana concavala (BROTZEN) Globotruncana sp. Psendotextularia elegans (RZEHAK) Heterohelix globulosa (EHRENBERG) Heterohelix af}. globulosa (EHRENBERG) Gublerina deflaensis (SIGAL) Ostracoden Die Proben zeigen durchwegs ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sand- schalern, kalkschaligem Benthos und pelagischen Formen. In ihren leitenden Foraminiferen zeigt die Fauna die gleichen Züge wie die Faunen der santonen Mergel an der Ache und im Mühlbach. Es wird deshalb für diese Schichten ebenfalls ein Santon-Alter angenommen und eine Zuordnung zur Unteren Gosau getroffen. Schriftenverzeichnis AMPFERER, O.: Zur Geologie des Unterinntaler Tertiärs. Mit einem Beitrag von Bruno SANDER. — ]Jb. Geol. Bundesanst., 72 (3/4), S. 105—150, 27 Abb., 1 geol. Karte 1:40000, Wien 1922. BRINKMANN, R.: Die Ammoniten der Gosau und des Flysch in den nördlichen Ostalpen. — Mitt. geol. Staatsinst., 15, S. 1—14, Hamburg 1935. Cıra, M. B.: Ricerche stratigraphiche e micropaleontologiche sul Cretacico e sull’Eocene di Tignale (Lago di Garda). — Riv. Ital. Paleont. e Strat., 54 (2), S. 1—26, Abb. 9; (3), S. 1—18, Taf. 2; (4), S. 1—27, Taf. 3—4, Milano 1948. FIscHEr, P.: Geologisch-Paläontologische Untersuchungen im Gosaubecken von Brandenberg in Tirol. — Dipl.-Arb. Mskr., 112 S., 15 Taf., 1 Profiltaf. u. 1 geol. Karte 1:25000, 22 Abb., 4 Beil., Inst. Paläont. hist. Geol. Univ. München 1963. Ganss, O.: Geologie des Blattes Bergen. Mit einem Beitrag von I. DE Krasz (Helvetische Zone), K. GörzinGEr (Bohrung Bergen I) und F. 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Mit 3 Abbildungen Zusammenfassung Die „Süßwassersande und -mergel“ in Ostniederbayern wurden — wohl im obersten Helvet — als höchste Einheit der Süßbrackwassermolasse (SBM) ab- gelagert. Sie gehören zu der großen Aussüßungsfolge, die — im einzelnen rhyth- misch differenziert — von der Oberen Meeresmolasse (OMM) bis in die Obere Süßwassermolasse (OSM) reicht und in einer generellen Heraushebung des Gebietes begründet ist. Die Süßwassersande und -mergel können in die Unio- sande und die Limnischen Süßwasserschichten gegliedert werden. Während der Ablagerung der (limnisch-) brackischen Uniosande wurde das Brackmeer-Sta- dium, das für die tieferen Schichten bezeichnend war, von einem Lagunenstadium abgelöst. Gleichzeitig wurde das vorher einheitlich durchströmte Becken in Teilbereiche gegliedert und zur Zeit der Limnischen Süßwasserschichten in eine Seen- und Tümpellandschaft aufgelöst. Schwache brackische Einflüsse dauerten intermittierend noch bis hoch in die Limnischen Süßwasserschichten an. Summary The „Süßwassersande und -mergel“ (freshwater sands and marls) in Eastern Lower Bavaria make up the top of a series of brackish and freshwater sediments („Süßbrackwassermolasse‘‘). Their age is probably late Helvetian. They are members of a thick sequence of sediments, which was’ deposited in the course of freshening of the Helvetian sea and comprises deposits between the „Obere Meeresmolasse“ (upper marine molasse) and the „Obere Süßwassermolasse“ (upper freshwater molasse). Freshening was caused by a general, rhythmically differentiated uplift in that region. The „Süßwassersande und -mergel‘“ may be subdivided into the ‚„Uniosande“ (unio sands) below and the „Limnische Süß- wasserschichten‘“ (limnic fresh water beds). During the deposition of the (limnic-) 1) Anschrift: Dr. W.-D. Grimm, Institut für allgemeine und angewandte Geologie und Mineralogie der Universität, 8 München 2, Luisenstraße 37. 145 brackish ‚„Uniosande“, the brackish sea phase, significant for the lower part of the beds, was replaced by a lagoonal phase. Synchronously the basin, once passed by uniform currents, was disintegrated, and during the deposition of the „Lim- nische Süßwasserschichten“ it was changed into a district of lakes and stagnant pools. Feeble brackish influences continued intermittently up to the higher parts of the „Limnische Süßwasserschichten“. Inhalt ArsyEinleitung nn net ien 2 Weed Tee Ike Ren BE RRENEESRESEEE e 146 1. Problemstellung?" =... s a en eG ee REN 146 2 Zur Nomenklatur: 2 mE a OLSEN LESE An Sa ER Re ES RE KeeAR E 148 3% Zur Alterseinstutung® zn Gl en Ra Rn N EN ER 151 B. Verbreitung der Süßwassersande und -mergel in Ostniederbayern . ........ 153 C. Ausbildung und Mächtigkeit der Süßwassersande und -mergel . . . . . 2. 2.2... 155 1: Untosanden aan Dan N Re RL SER a Re 155 DA TEimnische,sußwassetschiehtenig Ef 2 We RS re IE 156 D. Abgrenzung der Süßwassersande und -mergel gegen das Liegende und Hangende . . 157 E. Fossilführung und Fazies der Süßwassersande und -mergel . . . 2222.22... 160 IM Allgemeines. ale ee Ey Eee Brealn2 WE DEIEREE En 160 28. nMosandenk var sr Ro ee ee eure Re la e KEraT Sn HI SAreR ARE 160 3: Wimnitsehe Sußwassersehichten & „18 022 1. zn er el ee ko! E: Die, Aussüßung,des.Brackmeeres'in Ostniederbayern.!.*. "22m 7. BE er 164 EAN gemeines sm ee ee are Nast Verl A Be Re a 164 22 Mehl- Glimmet-undNSchillsandes ran. en 166 3% Uniosande N. 10 Sri ne ee ee me BETRETEN RE 168 A Eimnische,Sußwassetschichtenae ee Se Er ee 170 SehluviatilesSußwassetsehichtene er A 2 GH ErBEbHsset na nu ee I ee aa ikea At Ga Bel 1ecre Bere Nr NT Titeratür ae a ee ee ee ee he "Age a ) A. Einleitung 1. Problemstellung Nach den Untersuchungen NEUMAIERS & WIESENEDERS (1939) und ZÖBE- eins (1940) sowie nach den im Beiheft 26 zum Geologischen Jahrbuch (1957) gesammelten Arbeiten waren die wesentlichen petrographischen und strati- graphischen Probleme der Molasse-Schichtfolge in Ostniederbayern geklärt. Unbefriedigend bearbeitet blieb nur der Profilabschnitt zwischen den vollbracki- schen Mehl-, Glimmer- und Schillsanden im Liegenden und dem Quarzrest- schotter und Nördlichen Vollschotter im Hangenden, nämlich die „Süßwasser- sande und -mergel‘“ (= Uniosande und Limnischen Süßwasserschichten) als höchste Einheit der Süßbrackwassermolasse sowie die darüber folgenden Flu- viatilen Süßwasserschichten als Tiefstes der Oberen Süßwassermolasse. Auch Wırrmann (1957) geht in seiner grundlegenden Abhandlung zur Gliederung und Verbreitung der Süßbrackwassermolasse in Ostniederbayern nur am Rande auf diese Serie ein. Die mangelnde Bearbeitung der Süßwassersande und -mergel 146 2 ie ar sowie der Fluviatilen Süßwasserschichten war unter anderem begründet in ihren schlechten Aufschlußverhältnissen, den ungenügenden paläontologischen Unter- lagen, der komplizierten Lagerung und dem raschen petrographischen Wechsel innerhalb der Schichten. In der Zwischenzeit sind — verstreut in mehreren, zum Teil unveröftent- lichten Arbeiten — weitere Beiträge zur Ausbildung und Lagerung dieser brackisch-limnisch-Auviatilen Serie erschienen, vor allem von ScHizsst (1960, 1962), SurrEr (1960) und SCHAUERTE (1962). Verfasser selbst ist seit Jahren mit sedimentpetrographischen Untersuchungen und — gemeinsam mit Dr. W. R. SCHLICKUM, Oberelfringhausen — mit Fossilaufsammlungen in der Süßbrack- wassermolasse beschäftigt. Im folgenden sollen die neuen Ergebnisse in einem Überblick zusammengefaßt werden. Da SCHAUERTE (1962) bereits wichtige Probleme zur Gliederung der Fluviatilen Süßwasserschichten behandelt hat, kann Verfasser sich weitgehend auf die Süßwassersande und -mergel und ihre Grenzverhältnisse gegen das Liegende und Hangende beschränken. Die Mollus- kenfauna dieser Schichten und die damit verbundenen biologischen Fragen wer- den zur Zeit von W. R. ScHLickum bearbeitet und sollen demnächst gesondert veröffentlicht werden, so daß Verfasser sich in seinen Erörterungen zur Fossil- führung auf die Angaben beschränken kann, die zum Verständnis der faziellen Entwicklung des Ablagerungsraumes notwendig sind.?) Die Uniosande und Limnischen Süßwasserschichten sind im Zusammenhang mit ihrem Liegenden und Hangenden auch deshalb geologisch so interessant, weil sie lückenlos die allmähliche Aussüßung eines Meeres bis zu dessen Ver- landung dokumentieren. Nach den Erörterungen zur Nomenklatur und Alters- stellung und nach der Abhandlung der Petrographie und Fossilführung der Süß- wassersande und -mergel geht Verfasser ausführlich auf die paläogeographischen und faziellen Probleme dieses Aussüßungsprozesses ein. 2) Während der Drucklegung vorliegender Arbeit erschien die Veröffentlichung W.R. SchLickums: Die Molluskenfauna der Süßbrackwassermolasse Niederbayerns. — Arch. Moll., 93, S. 1—70, Frankfurt a. M. 1964. SCHLICKUM geht nach einer ausführlichen und umfassenden Beschreibung der Mollusken- fauna (S. 3—37) auch auf die Stratigraphie der Süßbrackwassermolasse ein (S. 37—52). Er sieht (S. 49/50) in den Veränderungen des Biotops während der Ablagerung der Süßbrack wassermo- lasse ein geradliniges Fortschreiten und Vorrücken der Aussüßung im Rahmen einer Deltabil- dung und betrachtet den Aussüßungshorizont nur als örtliche Differenzierung dieses einmaligen, einheitlichen Aussüßungsvorganges. Gegen diese Auffassung ScHLicKums sprechen alle geologischen Befunde: Der Aussüßungs- horizont, der die brackischen Glimmersande von den ebenfalls brackischen Schillsanden trennt, stellt eine in ganz Ostniederbayern verbreitete, synchrone limnische bis terrestrische Einschaltung mit nur noch schwach brackischen Einflüssen dar. Er dokumentiert für kurze Zeit die Herrschaft des Süßwassers über das Brackwasser, wobei es in einzelnen Inseln sogar zur Verlandung des Beckens kam. Der Aussüßungsvorgang des Miozänmeeres verlief somit nicht einheitlich, sondern zyklisch gegliedert. Die Grenze zwischen beiden Zyklen liegt zwischen dem Aussüßungshorizont und den Schillsanden und ist durch eine überall wirksame abrupte Aufsalzung des Beckens und damit durch einen markanten Sprung im Milieu und in der Fauna gekennzeichnet (s. auch unten, S. 165). Herrn Professor Dr. R. Denm, Institut für Paläontologie und historische Geologie der Universität München, danke ich für die Möglichkeit der Drucklegung, Herrn Dr. H. K. Zösr- Leın, ebendort, für zahlreiche Hinweise bei der Abfassung des Manuskriptes. Mit Herrn Dr. W. R. Scnuickum, Oberelfringhausen, verband mich vor allem während unserer gemeinsamen Begehungen in Ostniederbayern ein fruchtbarer Gedankenaustausch. Abkürzungen: OMM = Obere Meeresmolasse SBM = Süßbrackwassermolasse OSM = Obere Süßwassermolasse Die Ortsangabe der Aufschlüsse erfolgt nach Gauss-Krücer-Kootrdinaten: h. = Hochwert tr. —= Rechtswert H. = Höhe ü. NN. der Aufschlußbasis (m). Kartengrundlage sind Positionsblätter 1:25000 (im Text abgekürzt = Bl.). 2. Zur Nomenklatur In keinem anderen Abschnitt der Tertiärfolge in Ostniederbayern herrscht eine solche nomenklatorische Verwirrung wie in der (brackisch-)limnischen und fluviatilen Serie, die sich zwischen die vollbrackischen Schichten (Mehl-, Glimmer- und Schillsande) im Liegenden und die fluviatilen Grobschotter (Quarzrestschotter und Nördlicher Vollschotter) im Hangenden einschiebt. Seit v. GümBEL (1887, S. 325) gebraucht jeder Autor — unter anderem Wurm (1937, S. 290 ff.), Kraus (1938, S. 31 ff.), NEUMAIER & WIESENEDER (1939, S. 207 ff.), ZöÖBELEIN (1940, S. 246), Grımm (1957, S. 103 fi. u. Abb. 7), Wırrmann (1957, S. 79 ff. u. Abb. 9), ScHIEssL (1960, S. 22 ff.), SUTTER (1960, S. 25 ff.), SCHAUERTE (1962, S. 13 ff.) — seine eigene Nomen- klatur und Gliederung dieser Schichtenfolge. Ebenso uneinheitlich erfolgt die Zusammenfassung einzelner Schichtglieder zu Schichten- gruppen. Eindeutig ist nur die Grenze der OMM gegen die folgenden brackischen Schichten. Dagegen wird die Abgrenzung der brackischen Schichten gegen die darüber folgenden Süß- wasserschichten von den verschiedenen Autoren verschieden vorgenommen, da infolge des allmählichen Übergangs keine objektive, scharf fixierte Grenze zwischen beiden Komplexen gegeben ist. Auch der übergeordnete Begriff „Süßbrackwassermolasse‘“ wird nicht einheitlich verwendet. Die grundlegende Arbeit zur Gliederung der SBM verdanken wir WITTMANN (1957). Verfasser schlägt deshalb vor, zukünftig die Schichtenbezeichnungen und Einteilungsprinzipien WITTMANNS innerhalb der SBM streng anzuwenden. In diesem Sinne — und entgegen ScHÄveErtE (1962) — sollten z. B. die Uniosande als Leithorizont an der Basis der „Süßwassersande und -mergel“, und zu diesen gehörig, belassen werden, auch wenn die Fazies der Uniosande eher schwach brackisch als limnisch ist. Es ist zweckmäßig, für die über den Uniosanden folgende obere Serie der Süßwassersande und -mergel, die von WITTMAnN unbenannt bleibt, den alten Begriff „Limnische Süßwasserschichten‘‘ weiterzuverwenden, der sich mit den Definitionen von ZÖBELEIN (1940), Grımm (1957) und SCHAUERTE (1962) deckt. Im Sinne Wrrrmanns (1957) und entgegen SCHAUERTE (1962) möchte Ver- fasser auch die generelle Verwendung des Überbegriffes „Süßbrackwasser- molasse‘“ (SBM) vorschlagen, der nicht in allen Veröftentlichungen einheitlich gebraucht und in einzelnen Arbeiten über Niederbayern völlig unterdrückt wird. Der Begriff „Süßbrackwassermolasse“ wurde im Juli 1952 auf einer Molasse-Arbeits- sitzung im Bayerischen Geologischen Landesamt erstmals von LEMcCKE (Autorreferat) aufgrund 148 seiner Erfahrungen in der deutschen Westmolasse vorgeschlagen. Dieser übergeordnete Fazies- begriff sollte dem raschen Milieuwechsel jener Schichtengruppe gerecht werden, die sich wegen ihres zum Teil brackischen Charakters weder an die OMM noch an die OSM anschließen läßt. Nach LEmckE umfaßt die SBM sämtliche noch irgendwie brackischen Ablagerungen oberhalb der OMM, auch wenn diese durch Süßwassereinschaltungen voneinander gretennt sind. Die Untergrenze ist im allgemeinen scharf, die Obergrenze meist fließend und bisweilen nicht festzustellen. Von LEMCKE und v. ENGELHARDT & FÜCHTBAUER (1953, S. 35) wird der Begriff „Süß- brackwassermolasse“ in die Literatur eingeführt und in der Folge auch von den Bearbeitern des ostniederbayerischen Tertiärs für jene brackischen und limnischen Schichten verwendet, die zwischen der OMM im Liegenden und den fluviatilen, fossilleeren oder -armen Sedimenten der OSM im Hangenden eingeschaltet sind (NEUMAIER, 1955; Wrrrmann, 1957). SCHAUERTE (1962) vermeidet wieder den Begriff „Süßbrackwassermolasse“ und trennt wie ehedem in brackische „Oncophora-Schichten“, darüber „Süßwasserschichten“. Ein solcher Schnitt zwischen Oncophoraschichten und Süßwasserschichten muß bei dem vorliegenden allmählichen Übergang willkürlich bleiben, denn beide Schichteinheiten repräsentieren den gleichen, in sich rhythmisch differenzierten Aussüßungsprozeß. Hinzu kommt unser neues Ergebnis, daß die Limnischen Süßwasserschichten keineswegs in rein limnischem Milieu zur Ablagerung kamen, vielmehr intermittierend noch schwach brackische Einflüsse aufweisen, so daß die brackisch-limnische Serie noch mehr, als Wırrmann annehmen konnte, der ursprünglichen Definition der Süßbrack- wassermolasse nach LEMCKE entspricht. Mit der Verwendung des Überbegriffs „Süßbrackwassermolasse‘“ ist der alte Begriff „Oncophoraschichten‘“ überflüssig geworden. Auf diesen Begriff, der noch von ABERER (1958) und SCHAUERTE (1962) angewandt wird, mag künftig auch deshalb verzichtet werden, weil nach CıicHA & COryRrokY (1962, S. 307 ff.) und Schrickum (1963, S. 3) der Gattungsname Oncophora hinfällig und durch Rzehakia zu ersetzen ist. Die Grenze SBM/OSM ist im Sinne WirrManns oberhalb der „Süßwasser- sande und -mergel“ zu legen. Hier werden — wie weiter unten erläutert — die (brackisch-) limnischen Schichten abgelöst von petrographisch abweichenden (limnisch-) fluviatilen Ablagerungen mit gänzlich verändertem Sedimentations- mechanismus. Die Grenze wird unterstrichen durch eine bedeutsame Schicht- lücke, die mit flächenhafter oder in tiefen Rinnen einschneidender Erosion ein- hergehen kann. Im Gebiet zwischen Inn und mittlerer Rott ist die Schichtlücke zwischen SBM und OSM nicht deutlich markiert. Dadurch besteht eine Diskrepanz zwischen den Auffassungen GRIMMS (1957) einerseits und Wırrmanns (1957) sowie Mayrs (1957) anderseits, wobei ersterer die fossilleeren Sande mit schwachem Kleinkiesgehalt, die im Hangenden der typisch limnischen Serie auftreten, schon zur OSM stellt, während letztere sie noch in die Süßwassersande und -mergel der SBM miteinbeziehen. Der tiefere Abschnitt der OSM — die zwischen SBM und Quarzrestschotter bzw. Nördlichem Vollschotter eingeschaltete Sand-, Kies- und Mergelserie — soll vorerst im Sinne ZÖBELEINs (1940), Grimms (1957) und SCHAUERTES (1962) als „Fluviatile Süßwasserschichten“ ausgegliedert werden. Verfasser möchte aber darauf hinweisen, daß dieser Begriff unklar und revisionsbedürftig ist, da alle darüber folgenden Kies- und Sandeinheiten der OSM ebenso fluviatil und in Süßwasser entstanden sind und da nach den Ergebnissen SCHAUERTES (1962) der limnische „Hoisberger Mergel“ über weite Bereiche und in erheblicher Mächtigkeit den „Fluviatilen Süßwasserschichten“ eingeschaltet ist. 149 QUARZRESTSCHOTTER bzw. “ ® .. OSM NÖRDLICHER VOLLSCHOTTER ,° °, a 2 . *Kiessande: a USS- FLUVIATILE wasser- SÜBRWASSER- molasse es N SCHICHTEN schichten Te SUÜRWASSER- 7 Limnische ZT SANDE u.-MERGEL Süßwasserschichten (Einheit IVd SEM Az ey Uniosande X ZI AARAAAAAAAA A A | KARA A ARE SBM SCHILLSANDE NAT RER RR TAEN A AR ER RR ER ERRER: (Einheitld.SBM) BEER TET SUss- brack- Brac kische AUSSÜUßUNG shorizont S ; GLIMMERSANDE +F44AAAAAAA ee (Rzehakia-) Glimmersande i.eS. molasse si schichten )) (Einheitind: Sam), 2 AA au A Schillhorizont A AAAM AA AA A Ar IELTERTERET. MEHLSANDE 7 u a aa a er URTEIL ITTDN (Einheitl d.SBM) AAZAAAAAAAA AA RR EN KXKXXXHXXXXX KXXXXXXXXX OMM Obere Meeresmolasse *%* xx KAXKXXXXXXXX RAR . Be: brackisch E&3]-umnisch Bi fluviatil Abb. 1: Gliederung der brackisch-limnisch-fuviatilen Schichtenfolge zwischen Oberer Meeres- molasse und Quarztestschotter bzw. Nördlichem Vollschotter. Die Schichtenfolge zwischen OMM und Quarztestschotter bzw. Nördlichem Vollschotter wäre demnach in möglichst enger Anlehnung an Wrrrmann (1957) gemäß Abb. 1 zu gliedern. 150 IE FEDER WERE EEWEIY 3. Zur Alterseinstufung Die ersten Angaben über das Alter der brackischen und der darüber folgenden limnischen Molasseschichten Ostniederbayerns stammen vom Ende des ver- gangenen Jahrhunderts (v. GümBEL, 1887, 1894; v. Ammon, 1888; Suess, 1891). Gleichzeitig erfolgten die ersten Faunenvergleiche mit weiter entfernten bracki- schen und limnischen Vorkommen. Obgleich die Alterseinstufungen und Kor- relationen damals zum Teil auf nicht zureichenden stratigraphischen Kenntnissen und überschlägigen Faunenbestimmungen und -vergleichen beruhten, wurden sie von jüngeren Autoren immer wieder zitiert und täuschen gelegentlich — z. B. in der allgemeinen Eingliederung der Limnischen Süßwasserschichten ins Torton — eine nicht gegebene Sicherheit in der Alterszuordnung vor. Hierzu ein Beispiel: v. GümBEL parallelisiert die Süßwasserschichten von Aich/Bl. Julbach mit dem Horizont der Braunkohlen von Undorf b. Regensburg und ordnet beide in die „Ober- miozänstufe der oberen Süßwassermolasse‘“ (1887, S. 308) bzw. in die „sog. Silvana-Stufe“ (1894, S. 385) ein. Weder die Parallelisierung beider Schichten noch ihre Eingliederung ins Obermiozän — speziell in die Silvana-Stufe — ist exakt begründet: v. Gümseı (1887) führt von Aich nur eine spärliche, relativ untypische Molluskenfauna ohne Cepaea silvana an; WENz (in WAPPENSCHMITT, 1936, Fossilliste S. 46) fand in Undorf keine sichere Cepaea silvana, sondern nur Cepaea cf. silvana, die er als Kümmerform deutete. Die Einstufung in die Silvana-Stufe und damit ins Torton.ist also — wenn auch die Begleitfauna in Undorf der Sö/vana-Fauna weitgehend entspricht — in beiden Fällen nicht gesichert. Trotzdem wird die Gümgesche Zuordnung der Schichten von Aich in die Silvana-Stufe später immer wieder als Beweis für tortonisches Alter der Limnischen Süßwassertschichten angeführt. Nachdem Wrrrmann (1957) nachgewiesen hat, daß die fossilführenden Schichten der Tongrube von Aich nicht den Limnischen Süßwasser- schichten, sondern dem Aussüßungshorizont innerhalb der brackischen Schichten angehören, wird in den jüngsten Veröffentlichungen das Torton gar bis zum Aussüßungshorizont hinab- gezogen. Eine sichere zeitliche Einstufung der Süßwassersande und -mergel ins Helvet oder Torton ist bislang aufgrund von Leitfossilien nicht möglich; viel- leicht erbringen demnächst die Molluskenbestimmungen von Herrn Dr. W.R. SCHLICKUM aufgrund unserer gemeinsamen Aufsammlungen oder neue Bestim- mungen von Kleinsäugerzähnen weitere Erkenntnisse. Vorläufig sind wir über eine direkte Altersbestimmung durch Leitfossilien hinaus noch auf eine Ein- engung des Alters der Süßwassersande und -mergel durch Vergleich mit den umgebenden Schichten angewiesen. Im folgenden wird gezeigt, daß die bisherige Einstufung der Limnischen Süßwasserschichten ins Torton nicht sicher ist, sondern daß die Ablagerung irgendwann im Zeitraum höheres Helvet + tieferes Torton erfolgte. Dabei sprechen meines Erachtens wesentlich mehr Er- wägungen für höheres Helvet als für Torton. Innerhalb der OMM sind die Mergel von Neuhofen nach NEUMAIER & WIESENEDER (1939, S. 196) „‚gleichalt oder älter als Helvet‘‘; der Schwerpunkt der Makrofauna in den darüber liegen- den marinen Blättermergeln und Glaukonitsanden liegt nach den gleichen Autoren (S.196) und nach ZÖBELEIN (1940, S. 241) „eindeutig im Helvet“. Hacn (1955) stuft aufgrund mikrofauni- stischer Untersuchungen den Horizont von Neuhofen ins Unterhelvet ein, die darüber lagernden marinen Sandmergel und Feinsande usw. ins Mittelhelvet. Das gleiche Gliederungsschema wird in der jüngeren Literatur allgemein auch hinsichtlich der Molluskenfauna angewandt, wobei BraumüLrer (1961, S. 11/12) mit Recht betont, daß diese Einstufungen nach Überein- 151 kunft erfolgen, paläontologisch aber unsicher sind. Aufgrund von Säugerfossilien ist keine genaue Altersgliederung der OMM möglich; lediglich für ihre höheren Anteile kann burdigales Alter ausgeschlossen werden, da hier abwerfbare Geweihe, z. B. von Hezeroprox, gefunden wurden, wie sie erst im Helvet auftreten (DEHm, 1951). Die SBM geht ohne wesentliche Sedimentationsunterbrechung aus der mittelhelvetischen OMM hervor (Wurm, 1937, S. 288; GRIMM, 1963, S. 224). Sie dokumentiert einen differenzierten Aussüßungsvorgang ohne erkennbare Schichtlücken zwischen den brackischen und limnischen Anteilen (NEUMAIER & WIESENEDER, 1939, S. 211; ZÖBELEIN, 1940, S. 251). Die Gesamtfolge kann in horizontbeständige Schichten mit trennenden Leithorizonten (WırrmAnn, 1957) ge- gliedert werden, deren Alter nicht genau zu fixieren ist. Weder in der Säugerfauna (DEnm, 1951) noch in der Mollusken-Vergesellschaftung wurden Hinweise auf jüngeres Alter als Torton ge- funden. Herr E. ScHirm (frdl. Mitt.) sammelte am Isarhang ca. 1 km nordöstlich Niederaichbach (h. = 85.780; r. = 24.750; H. — 372 m) im obersten Meter der Limnischen Süßwasserschichten (? vielleicht schon zu den Fluviatilen Süßwasserschichten gehörig) eine terrestrische Kleinsäuger- fauna mit geringem Anteil an wasserlebenden Fossilien, die von Herrn Professor Dr. R. DEHM und Herrn Dr. V. FAHLBUSCH untersucht wurde; letzterer kommt im Vergleich mit französischen Cricetiden-Faunen zu dem Ergebnis, daß die 4 Cricetodon-Arten von Niederaichbach deutlich älter sind als Sarmat und etwas älter als höheres Torton; anderseits sind sie evoluierter als ober- burdigale oder unterhelvetische Faunen. Herr Dr. FAHLsuscH stuft den Fundort Niederaichbach danach ins tiefere Torton ein; doch scheint auch höchstes Helvet nicht ausgeschlossen. Nach dem Fauneninhalt der OMM und SBM muß letztere somit in der Zeitspanne höheres Helvet + tieferes Torton zur Ablagerung gekommen sein. Für die tieferen Glieder der OSM (Fluviatile Süßwasserschichten, Quarzrestschotter, Nördlicher Vollschotter) ist bisher keine exakte Alterseinstufung aufgrund von Leitfossilien möglich. Diese Serie dürfte einen recht weiten Zeitraum repräsentieren, da sie örtlich relativ große Mächtigkeiten (bis 100 m) erreicht und sowohl gegen die Limnischen Süßwasserschichten im Liegenden als auch mehrfach in sich markante Schichtlücken aufweist, teilweise mit tief- greifendem erosivem Eingriff (Grimm, 1957; SCHAUERTE, 1962). Eine Alterszuordnung scheint erst wieder für den Süßwasserkalk möglich: BESCHOREN (1955, S. 62) erwähnt aus Süßwasserkalklagen in Feldspatsanden „schlecht erhaltene Land- schnecken...., deren Alter nach ZÖBELEIN (unveröffentlicht) Torton sein dürfte‘; BATSCHE (1957, S. 271) stellt richtig, daß es sich dabei nicht um irgendeine Einschaltung in Feldspat- sande handelt, sondern um den Süßwasserkalk, der horizontbeständig dem Liegenden Nörd- lichen Vollschotter aufliegt. Hinweise auf tortonisches Alter des Süßwasserkalkes sind nach Herrn E. ScHirM (frdl. Mitt.) auch für den Süßwasserkalk am Isarhang 350 m östlich Woltfstein/ Bl. Landshut-Ost gegeben: Nach Bestimmungen des Herrn Notars H. Monet ist für die dort gefundenen 3 Najaden-Arten — auch wenn die Formen nicht auf eine Stufe beschränkt sind — doch ein Torton-Alter wahrscheinlich. Selbst für den über dem Süßwasserkalk folgenden Hangenden Nördlichen Voll- schotter liegen noch. Hinweise auf tortonisches Alter vor: Herr P. GEBHARDT (frdl. Mitt.) sammelte in einer Mergeleinschaltung in der Kiesgrube ca. 1 km westlich Maßendorf/Bl. Aham im Hangenden Nördlichen Vollschotter ca. 20 m oberhalb des Süßwasserkalkes eine reiche Landschnecken- und Süßwasserfauna; nach den Bestimmungen von Herrn Dr. H. K. ZÖBELEIN spricht dort das Vorkommen von Pormatias consobrinum für Torton-Alter der Fundschichten; die gleiche Einstufung wird nach Herrn Notar H. Moperr auch aufgrund der gefundenen Najaden- Arten wahrscheinlich. Wenn der Süßwasserkalk und sogar Teile des Hangenden Nördlichen Vollschotters noch ins Torton zu stellen sind, so dürften der unterlagernde Quarztestschotter bzw. Liegende Nörd- liche Vollschotter und die Serie der Fluviatilen Süßwasserschichten das gesamte tiefere Torton zur Ablagerung beansprucht haben, vor allem wenn man die Schichtlücken innerhalb dieser Serie berücksichtigt. Nach diesem stratigraphischen Vergleich bleibt für weitere, tiefere Schichten 152 { | ! kaum noch Platz im Torton; vielmehr dürfte die gesamte SBM — einschließlich der Limnischen Süßwasserschichten, die bislang unbegründet dem Torton zugewiesen wurden — ins höhere Helvet hinabzuverweisen sein. B. Verbreitung der Süßwassersande und -mergelin Ostniederbayern In Ostniederbayern sind die Süßwassersande und -mergel (= Uniosande + Limnische Süßwasserschichten) im Dreieck zwischen Donau und unterem Inn etwa östlich des Meridans 12° 55’ über weite Bereiche aufgeschlossen. Die noch von Wırrmann (1957, S. 55) angegebenen Verbreitungsgrenzen haben sich nach den neueren Kartierungen (vor allem ScHiessz, 1960; SUTTER, 1960) als zu eng erwiesen; besonders im Bereich zwischen unterer Vils und Donau reicht die Verbreitung der Limnischen Süßwasserschichten wesentlich weiter nach Ra ee \eo0...---_ _Pleinting PIE PREMIERE x © Gergweis EL N 9 VILS \eee.. ........0.e.nNn_ PASSAU eo 00000000 0000000,’ \ \ ee ee oe 090». . .ee./ Haidenburg .„.... er eo. 1 Olfels.ais oe oe. 0. /®e . FR Is ee 00000000 /. e Ortenburg “\ ... 200001900000,» . OO. o . > srelejeej.eie, 00 0.8, 0/e.l,te .o. eo 0. Wefere ers wlare, ole,e a.0.ys . . Deore o000..,/ wine Ne cr Er Er re . . OD „......e....en...|®. 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Im Osten, etwa östlich der Linie Ering—Rotthal- münster— Birnbach—Griesbach—Füstenzell, sind die Süßwassersande und -mergel einer jungen flächenhaften Erosion zum Opfer gefallen, die dort infolge der Heraushebung des Untergrundes eingriff bis in die tieferen brackischen und marinen Schichten und schließlich — im Neuburger Wald und im Schärdinger Kristallinsporn — bis ins moldanubische Kristallin. In Oberösterreich, östlich des Kristallinsporns von Schärding, sind marine, brackische und limnische Schichten wieder in ähnlicher Ausbildung wie in Niederbayern bekannt. Die Schichtenfolge dürfte hier demnach primär über den Inn hinweg flächig zur Ablagerung gekommen sein. Im Norden, zwischen Pleinting und Passau, reichen die Süßwassersande und -mergel nicht ganz bis zur Donau. Sie sind hier durch eine schmale Kristallin- barre getrennt von den „Braunkohlentonen“, die im südlichen Randbereich des Moldanubikums in Rinnen zur Ablagerung kamen und die nicht mehr zu den Ablagerungen des Molassebeckens gerechnet werden können. Ihre limnische Rinnenfüllung greift bei Rittsteig westlich Passau mindestens bis 335 m ü. NN. ins Kristallin ein, während die viel älteren marinen Ablagerungen des Molasse- beckens nur ca.5km weiter südlich am Langdobl und Fürstdobl bis zu einer Höhe von 440—445 m aufreichen. Die Braunkohlentone von Rittsteig entsprechen den zahlreichen Kohletonvorkommen und kleineren Kohlelagern, die am Südrand des Bayerischen Waldes meist unmittelbar dem kristallinen Relief eingelagert sind, z. B. bei Bogen, Straubing, Hengersberg, Schwanenkirchen, Rathmanns- dorf, Jägerreuth und Burgholz b. Passau. Diese Vorkommen werden von KrürreEL (1923) und WAPPENSCHMITT (1936) einem schon im Oligozän angelegten System von Urtälern zugeordnet. Dabei wird vor allem zwischen Straubing und Passau eine stärkere Talbildung angenommen, die weitgehend unabhängig ist vom heutigen Donaulauf und diesen oft quer schneidet. TıLL- MANN & KırscHHock (1954) halten es — zumindest für die Vorkommen von Schwandorf — für unwahrscheinlich, daß diese Hohlformen präexistierende oligozäne bis mittelmiozäne Urtal- formen darstellen, sondern schließen auf eine Entstehung als tektonische Kleinmulden unter syn- tektonischer Füllung. MEYER (1956) folgert aus der Gleichartigkeit der Erosionsformen und ihrer Füllungen sowie aus der Gleichzeitigkeit der Braunkohlenbildungen (Leithorizont mit Sporites sinnosus) auf ein zusammenhängendes Rinnensystem am Südwestrand des Moldanubi- kums zur mittel- bis obermiozänen Zeit; er beschreibt die Braunkohlenfloren dieser Rinnen nördlich außerhalb des Molassetroges als altersgleich mit den Floren von Wingrub nördlich Brombach und von Straß b. Simbach/Inn, beide innerhalb der ostniederbayerischen SBM. Die Vorstellung, daß zur Zeit der Ablagerung der Süßwassersande und -mergel gleich- zeitig in einer orographisch gegenüber dem Molassetrog weit übertieften benachbarten Rinne die Kohlentone zur Ablagerung kamen, ist schwierig. Dieses Problem wurde deshalb von den Bearbeitern des Gebietes entweder umgangen oder unbefriedigend interpretiert. Folgende Er- klärung wird den vieldeutigen Verhältnissen am Molassenordrand zwanglos gerecht: Der Rand des Molassebeckens war durch eine heute noch in Relikten südlich der Donau nachweisbare Kristallinbarre zwischen Pleinting und Passau getrennt von einem Rinnensystem, das etwa 154 beckenparallel den Südsaum des Moldanubikums durchschnitt. Vielleicht schon während des Burdigals und dann im Helvet wurden in diesem „Urtalsystem‘ die vom Moldanubikum ab- strömenden Wässer gesammelt, abgeleitet und andernorts in einem heute nicht mehr rekonstruier- baren Delta in den Molassetrog eingeschüttet. Im Grenzbereich des Molassebeckens zwischen Pleinting und Passau kam es daher nur ganz untergeordnet von der schmalen Kristallinbarre her zur Sedimentation von moldanubischem Detritus ins südliche Meeres- und Brackwasserbecken. So konnte der Molassetrog — wohl durch Strömungsverdriftung im meist flachen Becken — bis zum Nordrand durch alpinogene Sedimente aufgefüllt werden. Auch die Süßwassersande und -mergel, die über den marinen und brackischen Molassesedimenten folgen, haben an der Kristallinbarre ihre Nordbegrenzung; nördlich der Barre kam es zur Zeit ihrer Ablagerung zur Plombierung der Urtalrinne durch das ‚„‚Braunkohlentertiär“, das räumlich und stoftlich keinen Zusammenhang mit den limnischen Molasseschichten erkennen läßt. Erst zur Zeit der Ablagerung des Quarztestschotters bzw. des altersgleichen Nördlichen Vollschotters — wohl noch im Torton — erfolgte die Überflutung der Kristallinbarre und der plombierten Urtalrinnen und damit eine Erweiterung des alpinen Sedimentationsraumes nach Norden bis weit auf den Bayerischen Wald. Jetzt wird auch die Einschwemmung von moldanubischem Detritus ins Molassebecken möglich, die seit dem Chatt ausgesetzt hatte; es kommt — wohl im Gefolge der Kippung der Beckenachse von west- nach ostvergentem Gefälle bei gleichzeitiger rückläufiger Wanderung des Trogtiefsten nach Süden — erstmals an der Wende Miozän/Pliozän wieder zu einer starken moldanubischen Einschüttung von Feldspatsanden. C. Ausbildung und Mächtigkeit der Süßwassersande und -mergel 1. Uniosande Die Uniosande als Basishorizont der Süßwassersande und -mergel sind in lückenhafter Verbreitung und wechselnder Mächtigkeit bis zu 10 m vom Inn im Süden bis zur Vils im Norden aufgeschlossen. Bei den im Vilstal am Nord- rand von Bl. Haidenburg anstehenden und fossilbelegten brackischen Sanden handelt es sich nicht — wie Wırrmann (1957, S. 69) angibt — um Glimmersande, sondern um Uniosande (SCHAUERTE, 1962, S. 28). Die Uniosande sind karbonatarme oder -freie, locker gepackte Staub- bis Feinsande von ockergelber Farbe. Sie zeigen vor allem in ihren unteren Partien eine ausgezeichnete, weitspannige Feinschichtung, die durch Glimmerbestege auf den Schichtflächen, durch rhythmischen Wechsel glimmerreicherer und -är- merer Lagen im Millimeterbereich oder durch reine Glimmerbänder deutlich markiert ist. Neben engblättriger, normal-konkordanter Horizontallagerung sind unruhige, weitgespannte Diagonal- und Kreuzschichtungen, selten auch Bogen- schichtung verbreitet. Synsedimentäre subaquatische Rutschungen deuten — wie in den Glimmersanden — auf einen mobilen Beckengrund; dabei mögen die Glimmerlagen im Sediment als Gleitflächen gewirkt haben. Nach den sedimentpetrographischen Analysen ScHissszs (1962) sind die Uniosande sehr gut sortierte Feinmittelsande mit wechselndem Grobsandanteil. Im Vertikalprofil ist gesetzmäßig eine Zunahme der Korngrößen nach oben zu beobachten; regionale Änderungen der Kornverteilung, die auf eine Schüttungs- richtung schließen ließen, wurden dagegen nicht gefunden. Es ist anzunehmen, 2 155 daß die nördlich bis nordwestlich gerichteten Schüttungen, die während der Ablagerung der tiefen brackischen Schichten dominierten, auch während der Uniosand-Sedimentation beständig blieben; Schrägschichtungsmessungen an mehreren Aufschlüssen deuten dies ebenfalls an. Die Hornblende-Epidot-Granat- (Apatit)-Schwermineralassoziation der Uniosande weist keine bemerkenswerten Änderungen gegenüber den unterlagernden Schillsanden auf. 2. Limnische Süßwasserschichten Gegen das Hangende gehen die Uniosande ohne Unterbrechung in die Limnischen Süßwasserschichten über. Diskordante Ausbildung dieser Grenze wurde zwischen Inn und Vils nirgends beobachtet. Die Grenzziehung erfolgt dort, wo die einheitlich ausgebildeten Uniosande oder — bei deren Fehlen — Schillsande abgelöst werden von der unten beschriebenen vielfältigen limnischen Sedimentfolge. Wo die Grenze unscharf ist durch mehrfache Wechsellagerung von Uniosanden und Limnischen Süßwasserschichten — örtlich bis einige Meter mächtig —, sollte die Abtrennung unterhalb der tiefsten markanten Einschaltung von Limnischen Süßwasserschichten erfolgen. Auch noch hoch über der Ober- grenze der Uniosande können petrographisch gleichartige Sande in die Limni- schen Süßwasserschichten eingeschaltet sein, die sich aber — wenn sie fossil-. führend sind — im allgemeinen deutlich durch ihre veränderte Faunenvergesell- schaftung von den eigentlichen Uniosanden unterscheiden. Da die Obergrenze der Limnischen Süßwasserschichten zumindest bereichs- weise eine Erosionsfläche darstellt, ist es nicht immer klar, ob die aufgeschlossenen Mächtigkeiten primär sind oder sekundär reduziert wurden. Zwischen Inn und Rott beträgt die Mächtigkeit meist 40—60 m. Nördlich der Rott schwankt sie beträchtlich, da die jüngeren fluviatilen Schichten rinnenartig ins Dach der Limnischen Schichten eingreifen können und diese — stellenweise fast bis auf deren Sohle — ausräumen; immerhin treten auch hier abseits der Rinnen verbrei- tet Mächtigkeiten bis mindestens 40 m auf. Die Limnischen Süßwasserschichten sind ausgebildet als schwärzliche, braune, graue und grüne Kalkmergel, Mergel, Tone, Sandtone und Sande unterschied- licher Körnung und Textur. Die Feinschichtung ist mangels Glimmersonderung schwer zu erkennen, die Sedimentpakete scheinen meist massig gelagert. Beson- ders bezeichnend sind die reich fossilführenden, durch Humussubstanz charakte- ristisch braun oder kakaograu gefärbten Lagen, zum Teil mit schmalen Braun- kohleeinschaltungen. Eine Untergliederung der Limnischen Süßwasserschichten nach derartigen Leithorizonten war bislang noch nicht möglich, vielleicht mangels günstiger Aufschlußverhältnisse. Die Wechselfolge von Feinsanden und Mergeln ist meist deutlich rhythmisch (vgl. Mayr, 1957, S. 338—340), wobei örtlich die Mergel oder die Sande über- wiegen können. Die Korngrößenanalysen der Sande zeigen durchweg gute 156 Sortierung mit engen Maxima im Feinmittel- oder im Grobmittelsandbereich; vor allem die Feinmittelsande sind deutlich unterschieden von den gröberen Aluviatilen Sanden der Oberen Süßwassermolasse. Die Sande der Limnischen Süßwasserschichten führen eine rein alpine Epidot-Granat-Hornblende-Schwer- mineralassoziation, die sich kaum von den Sanden der tieferen brackischen Schichten und der Uniosande unterscheidet. D. Abgrenzung der Süßwassersande und -mergel gegen das Liegende und Hangende Die Süßwassersande und -mergel beginnen über weite Bereiche mit den Uniosanden (ZÖBELEIN, 1940, S. 246). Deren Grenze gegen die unter- lagernden Schillsande ist oft scharf, oft aber auch — vor allem im Norden — durch einen bis mehrere Meter mächtigen Übergang gegeben. Eine Schichtlücke konnte nirgends beobachtet werden. Häufig fehlen die Uniosande — wohl im Sinne einer faziellen Differenzierung in der Lateralen — zwischen den Schill- sanden und den Limnischen Süßwasserschichten. Das dürfte einer der Gründe sein, weshalb Wrrrmann (1957) auf eine Ausgliederung der Uniosande als eigene Einheit verzichtete und sie nur als eigenartige Liegendfazies seiner „Einheit IV der Süßbrackwassermolasse‘ zurechnete. Die Obergrenze der Süßwassersande und -mergel ist gegeben durch die Auflagerung der ‚„Fluviatilen Süßwasserschichten‘ (Grımm, 1957, SCHAUERTE 1962). Diese sind gegenüber den unterlagernden Limnischen Süßwasserschichten weitgehend verändert in ihrer petrographischen Zusammensetzung, Körnung und Textur. Gleichzeitig ändert sich auch der Sedimentationsmechanismus grund- sätzlich: Die fluviatilen Sedimente zeigen nicht mehr die horizontbeständige Lagerung und lückenlose Sedimentation, die für alle Glieder der Süßbrackwasser- molasse typisch waren. Sie bilden im Gegenteil eine oft diskordant ins Unter- lagernde eingreifende und in sich verschachtelte, regional stark differenzierte Serie (limnisch-) fluviatiler Psephite, Psammite und Pelite, deren Abgrenzung von der Unterlage und untereinander Schwierigkeiten bereiten kann (s. oben, S. 149). Wegen der unsicheren Grenzziehung in vielen Gebieten wurden Limnische und Fluviatile Süßwasserschichten seit Wurm (1937) in der Einheit der „Süß- wasserschichten‘“ zusammengefaßt. Die Grenzverhältnisse der Süßwassersande und -mergel gegen die darüber folgenden fluviatilen Schichten lassen sich — regional aufgegliedert — etwa ge- mäß Abb. 3 darstellen. Die Profile sind eingehängt an der Unterkante der Grob- schottereinheit Quarzrestschotter + Nördlicher Vollschotter, die auf relativ ebener Unterlage in einheitlicher Schüttung die differenzierte Serie der Fluviatilen Süßwasserschichten überschwemmte. Dabei lassen sich folgende Faziesbereiche ausgliedern: = 157 —S N Zwischen Inn u. Zwischen mittlerer Rott und Vils Zwischen Donau u. mittlerer Rott <— „Hoisberger Rinne” — unterer Vils QRS/NVS © ©O90000 " sicher ungefährer ||o Höhenmaßstab Abb. 3: Schematische Darstellung der Lagerungsverhältnisse der Süßwassersande und -mergel und der Fluviatilen Süßwassetschichten in Ostniederbayern (Bezugshorizont: Unter- kante Quarzrestschotter bzw. Nördlicher Vollschotter). Abkürzungen: Oberer Abschnitt der Unterer Abschnitt der Süßbrackwassermolasse Oberen Süßwassermolasse LSS = Limnische Süßwasserschichten QRS = Quarzrestschotter US = Uniosande NVS = Nördlicher Vollschotter SS = Schillsande KS = Kiessande HM = Hoisberger Mergel HK = Hoisberger Kies Zwischen Inn und mittlerer Rott erreichen die Limnischen und Fiuviatilen Süß- wasserschichten insgesamt Mächtigkeiten bis 60 m. Über den Süßwassersanden und -mergeln folgen hier in relativ geringer Mächtigkeit die Fluviatilen Süßwasserschichten als fein- bis grob- sandige, teilweise schwach Feinkies-führende, fossilleere Sedimente von gelber bis rostroter Farbe, im folgenden „Kiessande“ genannt. Diese fluviatilen Sande können fehlen, dann liegt der Quarzrestschotter — mit einer Schichtlücke — unmittelbar den Limnischen Süßwasser- schichten auf. Zwischen mittlerer Rott und Vils nimmt die Mächtigkeit der Süßwasserschichten gegen den nördlichen Beckenrand und gegen das tektonische Hochgebiet des Steinkarts allmäh- lich ab. Hier ist über weite Bereiche die gleiche Gliederung wie südlich der Rott mit Uniosanden, Limnischen und Fluviatilen Süßwasserschichten aufgeschlossen (Westhälfte Bl. Haidenburg; 158 Südostecke Bl. Pfarrkirchen; Nordwesthälfte Bl. Birnbach). In der Südosthälfte von Bl. Birn- bach sowie auf Bl. Griesbach fehlen die Süßwasserschichten weitgehend oder völlig; dort liegt der Quarztestschotter diskordant den brackischen Schichten auf. Der Grund ist in einer tektoni- schen Heraushebung dieses Gebietes während oder nach der Ablagerung der Süßwasserschichten und vor der Schüttung des Quarztestschotters zu suchen (NEUMAIER & WWIESENEDER, 1939, S. 211; 1. Phase der Rottschwellentektonik nach ZÖBELEIN, 1940). Dieses Gebiet „normaler“ Schichtenfolge wird von einer Rinne mit anders gearteten Sedi- menten gequert, die nach SCHAUERTE (1962) von Pfarrkirchen (fragliche Vorkommen) in einem mehrere Kilometer breiten Streifen nach Nordosten verläuft über Hoisberg bis nördlich von Haidenburg und Aidenbach (ScHAuErTE’s „Hoisberger Rinne“). An der Basis dieser Rinne tritt bis 15 m mächtig auf den Kartenblättern Pfarrkirchen, Birnbach, Haidenburg und Aiden- bach ein heller Klein- bis Mittelkies mit geringem Karbonatgehalt auf, der jünger ist als die Limnischen Süßwasserschichten, in die er sich rinnenförmig tief einschneidet (einziger Fossil- fund: Dinotherium bavaricum bei Hoisberg/Bl. Haidenburg (Grımm, 1957, S. 137); danach Be- zeichnung „Hoisberger Schotter“ durch SCHAUERTE (1962)). Der Schotter wird überlagert durch ein meist kalkreiches Stillwassersediment bis 12 m Mächtigkeit, von SCHAUERTE „Hois- berger Mergel“ genannt (limnische Fauna von Riegeröd/Bl. Haidenburg mit eingeschwemm- ten Landwirbeltierresten (SCHAUERTE, 1962, S. 51/52)). Der Hoisberger Mergel ist in die gleiche Rinne eingelagert wie der Hoisberger Schotter und deckt diesen nach oben ab; er unterscheidet sich lithologisch und faunistisch nur geringfügig von den tiefer gelegenen Limnischen Süß- wasserschichten. Über dem Hoisberger Mergel folgen — in ein eigenes, unregelmäßig-welliges Erosionsrelief eingebettet — fossilleere bunte Sande mit geringem Kleinkiesgehalt, die wohl den fluviatilen Kiessanden südlich der Rott entsprechen. Das Verbreitungsgebiet der Schotter und Mergel in der Hoisberger Rinne konnte nach Norden nirgends bis zur Vils durchverfolgt werden; schon an der Südflanke der Vils im Bereich von Pörndorf ist wieder die „‚normale‘‘ Folge aufgeschlossen: liegend Schillsande, darüber knapp 10 m fossilbelegte Uniosande und ca. 35 m Limnische Süßwasserschichten mit reicher Fauna, darüber ca. 15 m fluviatile Kiessande; darüber Quarzrestschotter bzw. altersgleicher Nördlicher Vollschotter. SCHAUERTE (mündliche Mitteilung) hat die Frage aufgeworfen, ob die bislang als „Pliozäne Terrassenschotter“ gedeuteten Kiesvorkommen, die sich etwa donau- parallel vom Unterlauf der Vils nach Osten bis über Ortenburg hinausziehen, in Wirklichkeit bereichsweise oder ganz zum miozänen Hoisberger Schotter gehören; das Problem ist bisher trotz der Spezialkartierungen und sedimentpetrographischen Vergleiche ScHhauertes ungelöst geblieben. Zwischen Vils und Donau, auf den Positionsblättern Gergweis und Pleinting, sind als Tiefstes limnische Sedimente aufgeschlossen, an einer Lokalität (Schwarzmair/Bl. Pleinting; h. = 82.440; r. = 79.620; H. = 360 m) reich fossilführend (ScHisssr, 1960, S.15); sie sind eindeutig den Limnischen Süßwasserschichten zuzuordnen. Darüber folgen. mit langsamem Übergang ca. 15—20 m mächtige, fein- bis mittelkörnige Sande, fossilleer, gelegentlich mit Mer- geleinschaltungen; sie sind im obersten Teil manchmal gröber, zum Teil spärlich Kleinkies-füh- rend. Die Sande werden überlagert durch ein ca. 10 m mächtiges Paket von Mergeln und Staub- sanden, das in Forsthart an drei Stellen eine Landschneckenfauna geliefert hat; in einem der Auf- schlüsse (h. = 89.460; r. = 74.860; H. = 378 m) wurden außerdem Schlangenwirbelfragmente, Landschildkrötenplatten, viele Säugerknochentreste und Kleinsäugerzähnchen gefunden (SUTTER, 1960, S. 21 ff.). Die über mindestens 10 km West-Ost-Erstreckung konstant dreigegliederte Folge dürfte insgesamt den Limnischen Süßwasserschichten gleichzustellen sein; die veränderten Faziesverhältnisse — vor allem die relativ eintönige und grobkörnige Sandfolge und die Land- fauna der oberen Mergel — lassen sich durch den Einfluß des Nordrandes des Molassetroges erklären. Es ist aber auch denkbar, daß die Sande und oberen Mergel Äquivalente des Hoisberger Schotters und Mergels enthalten. Diese dreigegliederte Folge wird im Hangenden überdeckt durch kleinkieshaltige sterile Sande, die nach Ausbildung und Lagerung den Kiessanden entsprechen und — wie überall südlich — in ein Relief eingelagert sind. Darüber folgen Quarzrestschotter bzw. Nördlicher Vollschotter. 159 E. Fossilführung und Fazies der Süßwassersande und -mergel 1. Allgemeines Die von WrrrmAann gesammelte limnische Fauna der Uniosande und der darüber folgen- den Limnischen Süßwasserschichten dürfte einer der Gründe gewesen sein, weshalb WITrTMANN (1957) beide Schichten zur „Einheit IV der Süßbrackwassermolasse‘“ zusammenfaßte. SCHAUERTE (1962) hingegen fand in den Uniosanden neben den limnischen noch brackische Fossilien, unter anderem Cardiiden und Rzehakia (= ,‚Oncophora“ auct.); er gliederte die Uniosande als selbstän- digen Horizont aus und stellte sie wegen ihres brackischen Einschlages noch zu den Oncophora- Schichten. Inzwischen ist durch SurrEr (1960) und durch meine eigenen Fossilaufsammlungen gemeinsam mit Dr.W.R.SCHLICKUM nachgewiesen worden, daß brackische Fossilien in einzelnen Horizonten auch noch bis in die Limnischen Süßwasserschichten reichen. Demnach enthalten die Uniosande wie die Limnischen Süßwasserschichten brackische und limnische Arten, wenn auch in unterschiedlicher Verteilung. Die Salinitätsunterschiede sind somit geringer, als von SCHAUERTE angenommen; deshalb kann die WırrmAannsche Gliederung, in der Uniosande und Limnische Süßwasserschichten in einer Einheit (IV) innerhalb der Süßbrackwassermolasse zusammengefaßt werden, entgegen SCHAUERTE beibehalten werden. Einzelheiten zur Fauna und Biologie der behandelten Schichten sowie genauere Arten- beschreibungen sind in der monographischen Behandlung der Molluskenfauna durch W.R. SCHLICKUM nachzulesen, die soeben erschienen ist (vgl. oben, Fußnote S. 147). 2. Uniosande Der Fossilgehalt der Uniosande setzt sich aus brackischen und limnischen Formen zusammen. Auf dieses Nebeneinander weist vor SCHAUERTE (1962) schon Kraus (1938, S. 30) hin; er beschreibt bei Aspertshub südlich Kösslarn Unio neben Oncophora und Cardium und zieht Vergleiche mit der heutigen Faunen- gesellschaft in der östlichen Ostsee, wo auch Unioniden (_Anodonta) inmitten der brackischen Ostseefauna anzutreffen sind. Bei unseren Aufsammlungen wurden die namengebenden Unioniden in vielen Aufschlüssen der Uniosande gefunden; sie können andernorts in gleich- artigen Sanden aber auch fehlen (Wrrrmanns „Äquivalente der Uniosande“ (1957 S. 80)). Vereinzelt kommen Landschnecken vor, wohl eingeschwemmt. In bestimmten Lagen sind Blattabdrücke, Rollhölzer und Holzmulm häufig. Im Gegensatz zu den unterlagernden Schillsanden, in denen Schillagen und Voll- pflaster die Regel sind, liegen die Fossilien in den Uniosanden meist einzeln oder in Streupflastern und nur selten in Schillbänken und -schmitzen eingebettet. Typisch für die Uniosande ist der Fossilgehalt im Aufschluß Kelchham/Bl. Pfarrkirchen (h. = 68.310; r. = 72.050; H. = 400 m; s. auch ZÖBELEIN, 1940, S. 246). Lage des Aufschlusses: Ostböschung des Grabens zwischen Kelchham und Kühstetten, unterhalb des Weges, alte Sandgrube, 3,5 m hoch, 5 m breit, teilweise verrutscht. Sediment: Uniosande, feinmittelkörnig, sperrig, reich an fein- bis grobschuppigem Muskovit, Biotit und Chlorit. Anreicherung der Glimmer in einzelnen Lagen bis zu mehreren cm Mächtigkeit. Schichtung durch Glimmertapeten im mm- bis cm-Abstand deutlich markiert, unten überwiegend horizontal; nach oben auch intensive und weitgespannte Schräg- und Kreuzschichtung oder Bogenschichtung im cm- bis dm-Bereich. 160 Fossilien sind reichlich ins Sediment eingelagert, unten meist einzeln und in Streupflastern, nach oben zunehmend auch in schmalen Bänken. Brackische und limnische Arten liegen meist in getrennten Schichten, können aber auch nebeneinander und zusammen mit einge- schwemmten terrestrischen Fossilien im gleichen Horizont vorkommen. Gefunden wurden häufig Melanopsis, Congerien, Unioden und Hydrobiiden; daneben Cardiiden und Rzehakia; vereinzelt Theodoxus und Cepaea; außerdem abgeschliffene Austernbruchstücke und 1 Hai- fischzahn (wohl eingedriftet) sowie Pflanzenabdrücke und Holzmulm. 3. Limnische Süßwasserschichten Die über den Uniosanden folgenden Limnischen Süßwasserschichten ent- halten durchweg eine wesentlich artenreichere Fauna als die Uniosande und be- zeugen damit schon die fortgeschrittene Aussüßung (Artenminimum im Brack- wassermilieu, s. u.). Vor allem in den braunen, humosen Bändern ist eine arten- und individuenreiche Schnecken-, daneben Muschelfauna angereichert, wobei die Schalen meist diagenetisch verdrückt, oft auch als Zerreibsel wirr ins Gestein eingelagert sind. Knochenreste und Zähne, meist von kleinen bis mittelgroßen Säugern, sowie Fischreste und Schildkrötenpanzerteile wurden nicht selten ge- funden. Pflanzenfossilien sind häufig; gelegentlich kam es zu Braunkohlebildungen in schmalen Flözen. MEYER (1956) beschreibt im Rahmen seiner pollenanalytischen Bearbeitung jungtertiärer Braunkohlenbildungen in Bayern und Oberösterreich auch die Flora der Limnischen Süßwasser- schichten Ostniederbayerns (Aufschlüsse mit braunkohligen Schichten bei Wingrub nördlich Brombach und bei Oberbirnbach). Die Floren sind gekennzeichnet durch einen großen Gehalt an I/naperturopoll. dubius, Triatriopoll. corypheus sowie regelmäßige Anreicherung von Tricopoll. henrici und librarensis; sie entsprechen in ihrer Zusammensetzung den Braunkohlenfloren der tieferen, vollbrackischen Schichten von Straß b. Simbach/Inn sowie den Kohlevorkommen nördlich außerhalb des Molassetroges bei Wackersdorf, Undorf, Schwanenkirchen, Jägerreuth und Rittsteig. MEYER schließt aufgrund der einheitlichen Flora auf Altersgleichheit all dieser „älteren Braunkohlen“ und kommt — in Korrelation mit den altersmäßig bekannten kohle- haltigen Schichten der südlichen Oberpfalz (WArpEnscHMITtT, 1936) und der niederbayerischen Molasse (NEUMAIER & WIESENEDER, 1939; ZÖBELEIN, 1940) — zu helvetischem bis tortonischen Alter (s. auch oben S. 151, 154). Die Fauna der Limnischen Süßwasserschichten wurde bisher als rein lim- nisch beschrieben. Nur SurrEr (1960, S. 12) erwähnt aus einer Mergelgrube südlich Fögelsberg/Bl. Gergweis (h. = 84.350; r. — 71.960; H. = 365 m) eine Fauna, die nicht typisch limnisch entwickelt ist, sondern auf limnisch-brackisches Milieu hinweist (Höhe des Fossilhorizontes ca. 370 m). SuUTTER sammelte „Helix, Melanopsis, Dreissensia, Unio, Cardium und Oncophora (?)‘“ sowie „nicht be- stimmbare Knochenreste““. Der Aufschluß Fögelsberg liegt nahe einer ca. Nordost-streichenden Störung, an der die Nordwestscholle nach Surter (S. 71) um 12—15 m, nach SCHAUERTE (1962, Abb. 12) um 15 m abgesunken ist. Auf der gehobenen Südostscholle — ca. 2 km östlich der Mergelgrube von Fögelsberg — konnte SCHAUERTE (S. 28 u. 103) die Grenze Uniosande/Limnische Süßwasser- schichten bei 365 m festlegen. Den Aufschluß Fögelsberg, der knapp nördlich des von ihm bearbeiteten Blattes Haidenburg liegt, erwähnt SCHAUERTE nicht. Wenn der Aufschluß Fögelsberg — wie von SuTTEr kartiert — zur Nordwestscholle gehört, liegt seine fossilführende Schicht ca. 20 m oberhalb der Grenze Uniosande/Limnische Süßwasser- schichten; auch wenn der Aufschluß zur höheren Südostscholle gehören würde, wie man aus 161 den Karten SCHAUERTES schließen könnte, läge die Fossilschicht innerhalb der Limnischen Süßwassertschichten, wenn auch nur ca. 5 m über deren Basis. Neue Fossilaufsammlungen des Verfassers bestätigten und ergänzten die wichtigen Be- funde SuTTErs. In der ca. 6 m hohen und ca. 18 m breiten, weitgehend überrutschten und zuge- wachsenen Grube bei Fögelsberg wurde vom Liegenden zum Hangenden folgendes Profil auf- genommen: Unten 4,5 m erschürft typische Sedimente der Limnischen Süßwasserschichten, fossilleer, in mehrfacher rhythmischer Wechsellagerung: Mergelsande, schokoladenbraun, stark glimmerig, feinsandig, blätterig brechend; Steinmergel, hellgrau, kaum glimmerstaubig, wechselnd kalkig bis zu Mergelkalk, durchsetzt von harten Kalkkonkretionen; mergeliger Schluffsand, grüngrau, glimmerstaubig, Schich- tung angedeutet, sekundär durchsetzt von Kalkmergel, hellgrau; Sand, staub- bis feinkörnig, feinglimmerig, blätterig geschichtet, hellgraubeige und grünlich; Sand, fein- bis mittelkörnig, mäßig mittelglimmerig, hellbeigegrau, ungeschichtet erscheinend. 0,4m Mergelkalk, grauweiß, in kalkigeren Partien auch weiß, ungeschichtet, schwach schluffig und glimmerstaubig, mürbe, fossilleer, übergehend in 0,2m Mergelton, unten beige, nach oben olivgrau bis dunkelgrün, schwach schluffig und staubglimmerig, speckig; an mehreren Stellen Unioniden eingelagert, durch- weg Doubletten. 0,3 m Schluffmergel, zum Teil schwach staub- bis feinsandig, hellolivgrau, nach oben zuerst zunehmend sekundär-kalkig, dann allmählich verlehmend. An der Basis dieser Bank schillartige Anreicherung von Molluskenschalen, vor allem Congeria (z. T. doppelklappig) und Ga/ba. In höheren Teilen der Bank als Einzel- schalen, seltener auch in Schmitzen angereichert Rzehakia (= „Oncophora“ auctorum) und Cardiiden, oft doppelklappig. Oben 0,5 m Schwemmlehm mit Sand und Mergelbrocken aus dem Untergrund. Insgesamt ist also im obersten Meter des Grubenprofils von Fögelsberg eine allmähliche Verbrackung des limnischen Sedimentes nachgewiesen, wobei der Unioniden-Horizont noch Süßwasser belegt, der Congerien-Ga/ba-Hotizont bereits schwach brackischen Einschlag, die Rzehakia-Cardiiden-Schicht dagegen schon plio- bis brachyhalines brackisches Milieu. Die Artenarmut bei gleichzei- tigem Individuenreichtum in den einzelnen Schichten sowie die Doppelklappig- keit der Muscheln schließen Umlagerungen größeren Ausmaßes aus: Die Mol- lusken müssen nahe dem Ort ihrer Einbettung gelebt haben. Brackische Einflüsse in den Limnischen Süßwasserschichten konnten — außer in Fögelsberg — auch in mehreren anderen Aufschlüssen konstatiert werden, vor allem in Asenberg (h. = 49.530; r. = 76.450; H. = 445 m; s. auch Mayr, 1957,.S. 340), Steinbach (h. = 61.030; 2, = 75.9005 H.7= 425m), Walksbam (B..— 62.5105 r.. — 79.350; H. — 390 m), Ünterplaika (na. 637 Ar ne H. = 395 m), Oberbirnbach (h. = 72.170; r. = 80.080; H..— 445m). Autrer- höhte Salinität weisen hier Me/anopsis sowie bestimmte Congerien und Cardiiden. Vereinzelt fanden sich auch Pholaiden, die — wohl in Holz eingebohrt — ver- driftet wurden und die Verbindung zum offenen Meer beweisen. Der größere Teil der Aufschlüsse liegt im untersten Abschnitt der Limnischen Süßwasserschichten, teilweise dicht über den Uniosanden; Asenberg, Steinbach und wahrscheinlich Fögelsberg liegen höher im Profil. Die besprochenen Fossilien treten in bestimm- 162 . hi 1 { } en ten Bändern angereichert auf, während andere Bänder der gleichen Aufschlüsse reine Süßwasserfauna führen. Bei Usterling (h. = 91.850; r. = 47.900; H. = 355 m) an der unteren Isar — westlich außerhalb des geschlossenen Verbreitungsgebietes der Süßbrackwasser- molasse in Ostniederbayern — werden Limnische Süßwasserschichten vom Isartal angeschnitten. Dort fand Buchner (1963, S. 12f.) neben Säugerknochen- splittern, Resten von Knochenfischen, Land- und Süßwasserschnecken und ver- schiedenen Süßwasserostrakoden auch mehrfach den Ostrakoden Candona suevica STRAUB. C. suevica wurde von StrAuB (1952) in den Kirchberger Schichten bei Ulm nur in rein brackischen Congerienschichten gefunden, für die STRAUB mesohalines Brackwasser mit 5— ca.9%, Gesamtsalzgehalt annimmt; in den dor- tigen brackisch-limnischen „Übergangsschichten“ und in den ganz ausgesüßten „Sylvanaschichten“ fehlt €‘. suevica ganz. Ihr Auftreten in Usterling deutet somit dort ebenfalls auf brackische Einflüsse in den Limnischen Süßwasserschichten, weit über deren Untergrenze. In anderen Aufschlüssen der Limnischen Süßwasserschichten — ebenfalls zum Teil dicht über deren Basis, zum Teil höher gelegen — fehlen brackische Einflüsse ganz, etwa in Thalham (h. — 49.760; r. — 76.880; H. = 440 m); Fuchsöd (h. = 62.240; r. — 82.460; H. = 500 m); Woching (h. — 64.870; r. = 70.880; H. = 375 m); Schindergraben bei Pfarrkirchen (h. — 66.680; £> — 10.650; .H..— 395 m); Schwarzmair (h. — 87.440; r.,— 79.620; H. = 362 ın). Einige dieser Aufschlüsse zeichnen sich durch einen Gehalt an eingedrifteten Landschnecken aus (z. B. Woching, Schindergraben) und bezeugen auch hier- durch die fortgeschrittene Aussüßung und beginnende Verlandung. Ob die Schichten von Niederaichbach (h. = 85.780; r.. = 24.750; H. = 372 m) mit einer überwiegend terrestrischen Fauna und die Schichten von Forsthart (h. = 89.460; r. — 74.860; H. — 375—380 m) mit einer ausschließlich terrestrischen Fauna noch zu den Limnischen Süßwasserschichten gehören oder bereits zu den Fluviatilen Süßwasserschichten gestellt werden müssen, ist unsicher. Insgesamt sind also die Limnischen Süßwasserschichten wie die Uniosande durch das Neben- und Übereinander brackischer und limnischer Schichten ge- kennzeichnet, wobei in den Uniosanden wohl die brackischen, in den Limnischen Süßwasserschichten stark die limnischen Einflüsse vorherrschen. Die brackischen Einflüsse bleiben demnach bis hoch in die Limnischen Süßwasserschichten hinauf bestehen, sind aber nur intermittierend und kurzdauernd wirksam und werden nach oben zunehmend vom limnischen Milieu verdrängt. Die zahlreichen Pflan- zenfossilien sowie die Funde von Landschnecken und Landsäugern in mehreren Aufschlüssen deuten darauf hin, daß es während der Ablagerung der Limnischen Süßwasserschichten — ähnlich wie beim tiefer gelegenen Aussüßungshorizont — bereits zum kurzfristigen Auftauchen von Inseln über den (brackisch-)limnischen Seenbereich kam. Die Sedimentationsunterbrechungen sind jedoch so kurz, daß in den Aufschlüssen niemals tiefer greifende Erosionsdiskordanzen nachgewiesen werden konnten. e 163 F. Aussüßung des Brackmeeres in Ostniederbayern 1. Allgemeines Uniosande und Limnische Süßwasserschichten gehören zu dem großen Aussüßungsprozeß, der von der Ablagerung der OMM über die verschieden salinaren brackischen und limnischen Glieder der SBM bis zur völligen Aus- süßung und teilweise Verlandung zur Zeit der Sedimentation der fluviatilen OSM reicht. Der Grund für diesen großen Aussüßungsvorgang dürfte in einer oro- graphischen Heraushebung gelegen haben, die zuerst zur Abtrennung eines brackischen Beckens vom großen Binnenmeer der Paratethys führte. Aktual- geologische Vergleiche mit dem Schwarzen Meer, dem Kaspisee und dem Aralsee liegen nahe; diese großen Binnenmeere sind ja ebenfalls verbrackte Restbecken der großen Paratethys, die noch im Mittelmiozän von Frankreich über Süddeutschland und das Donaugebiet bis zum Aralsce reichte und — nach der Regression im Obermiozän — zum Sarmatischen Meer schrumpfte. In den Brackmeeren des pontokaspischen Gebietes können wir noch heute die verschie- denen Stadien der Verbrackung, die durch den langsamen geologischen Übergang vom Meer zum Süßwasser bedingt sind, studieren und finden dabei nicht nur in Sedimentationsvorgängen, sondern auch in bestimmten Reliktformen der Mol- luskenfauna — besonders Cardiiden und Dreisseniden — Vergleiche zum nieder- bayerischen Brackwasserbecken. Vor allem zum Aralsee, der trotz seiner Fläche von ca. 65 000 km? nur eine Tiefe bis maximal 70 m aufweist, bestehen Analo- gien, z. B. in der Artenarmut der Fauna oder im geringen Salzgehalt, der extrem 12—14°/,, erreicht und an der Mündung der Flüsse im Süden bis auf fast limnisches Milieu zurückgeht (vgl. REMANE, 1958, S. 156ft.). Die Verbrackung des Molassemeeres setzte in Niederbayern im höheren Helvet ein, wohl nach einer tektonischen Hebungsphase, die zur paläogeogra- phischen Umgestaltung des Beckens führte und die marine Epoche abschloß. Es kam zur Herausbildung eines brackischen Teilbeckens, das nicht völlig vom östlichen Meer isoliert war. Vielmehr dürften bis zur gänzlichen Aussüßung zumindest intermittierend Verbindungen offen gestanden haben, wie der zyklische Wechsel ausgesüßter und erneut brackischer Horizonte beweist. Der markanteste Einbruch von Salzwasser wird dabei durch die Ablösung des kaum noch bracki- schen Aussüßungshorizontes durch die wieder plio- bis brachyhalinen Schillsande dokumentiert. Der mehrfache Wechsel brackischer und limnischer Horizonte ist dadurch bedingt, daß die Hebung nicht in einer einfach gerichteten Aufwärtsbewegung erfolgte, sondern unter rhythmischem Auf und Ab des Beckenbodens. Solche rhythmische Sedimentation stellt nicht nur ein Charakteristikum für die Süß- brackwassermolasse, sondern allgemein für die Molasse dar. Das kann anhand zahlreicher weiterer, örtlich und zeitlich streuender Beispiele im Alpenvorland belegt werden. Dabei haben sich stets Rhythmen unterschiedlicher Zeitdauer überlagert: Großrhythmen mit Sedimentfolgen von Dekametern bis Hunderten von Metern und kleinrhythmische Folgen im cm- bis m-Bereich. 164 * N. E : ‘ see Fb ek A a Der Nachweis großrhythmischer Bewegungen ist meist möglich, da die großangelegten Schaukel- bewegungen durchweg von Umwandlungen im Sediment (Korngrößenwechsel, Änderungen der chemischen Ausfällungen) und im Milieu (Umschlag marin-brackisch-süß mit entsprechen- dem Faunenwechsel) begleitet werden. Kleinrhythmische Bewegungen hingegen bleiben meist ohne Einfluß auf Sedimentation und Milieu. Sie dokumentieren sich nur unter bestimmten Voraussetzungen: (1) wenn die Gleichgewichte im Sedimentationsraum a priori so labil sind, daß schon gering- fügige Beckenschwankungen zu wirksamen Veränderungen führen (litho- und milieu- fazielle Grenzsituationen); (2) wenn grundaufwühlende Strömungen im Becken fehlen, so daß die geringmächtigen klein- thythmischen Sedimenteinheiten unzerstört erhalten bleiben können. Diese Voraussetzungen sind vor allem in aussüßenden oder verlandenden brackischen See- becken gegeben, wo schon geringe Zuflüsse zu Salinitätsänderungen in Richtung marinen oder süßen Milieus führen können und wo durch die beginnende Auflösung des Beckens keine ein- heitlichen und damit erosiv wirksamen Strömungen aufkommen können. Auf kleinzyklische Sedimentationsformen in brackisch-limnischem Grenzmilieu ist Verfasser schon früher bei der Beschreibung der Unteren und Oberen Cyrenenschichten in der schwäbischen Molasse einge- gangen (1957a, S. 13/14 u. 17). Während der Ablagerung der OMM, der tieferen, vollbrackischen Glieder der SBM und der OSM stellte der niederbayerische Raum jeweils ein großflächiges Becken mit einheitlich marinem oder brackischem oder süßem Milieu dar, in dem nur die über mehrere Dekameter Mächtigkeit reichenden Großrhythmen im Sediment abgebildet wurden. Sie treten in der SBM als Aussüßungszyklen auf: (1) Mehlsande+Glimmersande+ Aussüßungshorizont; (2) Schillsande+Uniosande+Limnische Süßwasserschichten. In der OSM sind sie als Sedimentationszyklen dokumentiert, meist mit einer Korngrößenabfolge von grob nach fein mit jeweils abschließendem Hiatus: (1) Hoisberger Schotter+ Mergel; (2a) Basissande+Schotter+Decksande des Quarztestschotters; (2b) Liegender Nördlicher Vollschotter+Süßwasserkalk-Decke; (3) Hangender Nördlicher Vollschotter+Sandmergeldecke; (4) Südlicher Vollschotter+Hangendserie. Zur Abbildung kleinzyklischer Bewegungen kam es in solchen milieumäßig stabilen und großflächigen Ablagerungsräumen aber kaum. Im Gegensatz zu diesen Zeiten gleichbleibender Sedimentation und stabilen Milieus stehen jene Umbruchsperioden der höheren SBM, in denen die Brack- wassersee aussüßte und das einheitliche Becken in eine zerstückelte Seenplatte umgestaltet wurde. Hier reagierte der Ablagerungsraum auch auf die klein- thythmischen Beckenschwankungen so sensibel, daß nicht nur Sedimente unter- schiedlicher Körnung und chemischer Beschaffenheit resultierten, sondern auch das Milieu und damit die Fauna immer wieder rasch und durchgreifend verändert wurden. Solche kleinrhythmischen Vorgänge sind im Sediment und in der Fauna der SBM erstmals aufgezeigt in den obersten Glimmersanden und im Aussüßungs- horizont, die ja orographisch etwa im Bereich des Meeresspiegels zur Ablagerung kamen. Mit der erneuten Absenkung des Beckens zu Beginn der Schillsande geht 13* 165 auch die Dokumentation kleinrhythmischer Beckenschwankungen wieder ver- loren. Erst zur Zeit erneuter Aussüßung und beginnender Verlandung in den Limnischen Süßwasserschichten kommt es wieder zu kleinrhythmischer Abfolge von groben bis feinen Sedimenten oder von brackischem bis limnisch(-terrestri- schem) Milieu. Bedingt durch diese rhythmischen Auf- und Abbewegungen des Beckens ist der Umschlag von den Brackwasser- zu den Süßwasserschichten in Ostnieder- bayern weder im Sediment noch im Milieu ein plötzlicher, scharf akzentuierter. Ein erstmaliger, kurzfristiger Ansatz zur Aussüßung ist bereits im Aussüßungs- horizont gegeben. Die dauerhafte Aussüßung wird aber erst in den Uniosanden eingeleitet und allmählich in den Limnischen Süßwasserschichten vollendet. Die Ausdehnung des brackisch-limnischen Beckens über die heutige Übertage- Verbreitung in Ostniederbayern und Oberösterreich hinaus ist im einzelnen unbekannt, wenn auch durch Erdölbohrungen eine Fortsetzung nach Süden, Westen und Osten bewiesen ist. Schon früh ist die Frage aufgeworfen worden, ob eine Verbindung zwischen den brackischen Ablagerungen von Ostniederbayern und Oberösterreich mit den etwa zeitgleichen und faziell ähnlichen Sedimenten um Ulm, von Niederösterreich und von Mähren bestanden hat. v. GümBEL (1887, S. 324 ff.) schloß auf direkte, dauernde Verbindung der Gewässer des oberen Donau- beckens mit jenen von Ulm — Horn und von Mähren. Dagegen weist schon v. Ammon (1888, S. 21) darauf hin, daß die Artengesellschaft in den niederbayerischen Schichten neben den all- gemeinen Zügen der Kirchberger Fauna noch einen besonderen Lokalcharakter trägt. PArr (1955, S. 131/132) schließt aus den Formen von Rzehakia (= „Oncophora““ auct.), aus der Ent- wicklung der Cardiiden und aus der übrigen Begleitfauna, daß die brackischen Schichten von Oberösterreich und Niederbayern innerhalb eines kurzen Zeitraumes in einem zusammen- hängenden Becken zur Ablagerung kamen. Dagegen treten Unterschiede gegenüber den Faunen von Guntersdorf/Niederösterreich und von Mähren auf, so daß PApp auf zwei Faunengebiete ohne direkte Verbindung schließt: ein westliches in Süddeutschland und Oberösterreich und ein östliches in Niederösterreich und Mähren. Zusätzliche Diskrepanzen treten zwischen der Fauna der Kirchberger Schichten um Ulm und jener von Niederbayern und Oberösterreich einerseits und zwischen Niederösterreich und Mähren andererseits hinzu, wobei Papp es als derzeit nicht entscheidbar ansieht, ob es sich um Fazieseinflüsse oder um andere Ursachen handelt. Der petrographisch-stratigraphische Vergleich führt zu demselben Ergebnis: Die bracki- schen Vorkommen in Ostniederbayern und Oberösterreich sind gleich gegliedert und somit im gleichen Brackwasserbecken zur Ablagerung gekommen. Zu den brackischen Sedimenten um Ulm sowie von Niederösterreich und von Mähren bestehen dagegen nur im großen Verwand- schaften, die auf gleiches Absatzmilieu schließen lassen; die im einzelnen unterschiedliche Aus- bildung und Gliederung aber spricht entweder für eine Eigenentwicklung innerhalb eines großen Beckens, wahrscheinlicher aber noch für gänzlich getrennte Binnenbecken. Es ist nicht bekannt, welche Umgestaltungen die verschiedenen Brackwasserbecken beim Übergang in die limnische Fazies erhalten haben, ob die Verbindungen zwischen ihnen enger oder die Isolierung verstärkt wurde. Wahrscheinlich waren sie fortdauernd durch Schwellen- bereiche getrennt, die eine eigene petrographische und faunistische Entwicklung aufwiesen oder bei völliger Exposition ohne Sediment blieben (z. B. Albsteinschwelle). 2. Mehl-, Glimmer- und Schillsande Die Mehl-, Glimmer- und Schillsande im Liegenden der Süßwassersande und -mergel müssen einem großen, zusammenhängenden Brackmeer zugeordnet werden. Darauf deutet die für jeden Abschnitt konstante petrographische Aus- 166 bildung in der Lateralen und Vertikalen hin, außerdem der abschnittweise gleich- bleibende und auch insgesamt nur langsam veränderte Fossilinhalt. Die Arten- armut der Fauna in diesen Gliedern der Brackwassermolasse läßt auf einen Salz- gehalt zwischen 3 und 8 °/,, schließen, denn gerade in diesem Salinitätsbereich wirkt sich einerseits die hohe Empfindlichkeit der meisten Süßwasserorganismen gegen Salzgehaltserhöhungen, anderseits der Artenschwund der Meeresorganis- men bei Salzgehaltsverringerung stark artenreduzierend aus. Die engschichtige Glimmer-Entmischung im mm- bis cm-Bereich, die Schräg-, Kreuz- und Flaserschichtungen, die Formen der Sedimentationskörper und alle übrigen Eigenheiten des meist unruhigen Gefüges weisen auf kräftige grundberührende Strömungen in den Mehl-, Glimmer- und Schillsanden hin, wie sie nur in weit offenstehenden Becken denkbar sind. Unregelmäßige Wasser- standsschwankungen und Strömungen, die durch Wind und Wasserstau und sogar Sturmfluten hervorgerufen werden, sind ja auch den rezenten großflächigen Brackmeeren eigentümlich. Die erhöhte Umlagerung des Bodens bei kräftiger Strömung wirkt sich biologisch negativ aus und dürfte ein Grund sein für die Individuenabnahme an Muscheln und Schnecken in Zeiten stärkerer Durch- strömung, z. B. während der Sedimentation der Glimmersande. Hinweise auf Gezeitenströmungen fehlen in der niederbayerischen Brackwassermolasse, wie ja auch allen heutigen Brackmeeren eine Reduktion oder ein Fehlen von Ebbe und Flut gemeinsam ist (vgl. REMAnE, 1958, S. 145). Die Gründe für die allmähliche Aussüßung des Brackmeeres sind zum Teil im Niederschlagswasser zu suchen. Zudem kann ein Süßwasserzustrom durch Flußeinmündungen von Süden nachgewiesen werden durch die Zufuhr von alpinem Detritus. Eine Einschüttung von Süden ist zur Zeit der Ablagerung der höheren Glimmersande direkt bewiesen durch die Pettenauer Schotter im Inn- bereich und die von hier bis weit nach Norden ausstrahlenden Kieseinstreuungen. Sie deuten auf eine kurzfristige Verschiebung der Südküste des Brackmeeres nach Norden und damit auf eine Verengung des brackischen Sedimentations- raumes; hierauf lassen auch die mit dem Schotter eingeschwemmten Heliciden bei Pettenau schließen (Mayr, 1957, S. 329). Am Ende dieser Regressionsphase steht die vorübergehende Aussüßungsperiode des Brackmeeres im Aussüßungs- horizont, der nur noch ganz schwache brackische Einflüsse erkennen läßt. Im Normalfall scheinen Verdunstung, Süßwasser- und Salzwasserzufuhr für jedes der tieferen, vollbrackischen Glieder der Süßbrackwassermolasse etwa im Gleichgewicht gestanden oder nur sehr langsam in Richtung Aussüßung zusam- mengewirkt zu haben. Sprunghafte Änderungen in der Salinität treten nur an den Grenzen der einzelnen Schichtglieder auf und dürften an Katastrophen (episodische Hebungen oder Senkungen; Strömungsverlagerung; Extremwasser- stände) gebunden gewesen sein, worauf-auch der synchrone Sedimentumschlag hindeutet. 167 3. Uniosande Am Ende der Schillsand-Sedimentation setzen mit der Ablagerung der Unio- sande einschneidende paläogeographische Umgestaltungen des Beckens ein. Sie leiten die allmähliche Verdrängung des Brackwassers durch Süßwasser ein und führen schließlich während der Sedimentation der Limnischen Süßwasser- schichten zur Auflösung des zusammenhängenden Beckens in eine Seen- und Tümpellandschaft und gleichzeitig zur völligen Aussüßung. Der Grund für diesen Aussüßungsprozeß ist in der allmählichen, rhythmisch differenzierten Heraus- hebung des Gebietes bis über den Meeresspiegel zu suchen. Die Uniosande sind somit ein Übergangsglied, das Merkmale der Brack- wasser- und der Süßwassermolasse vereint. Die im gesamten Ablagerungsraum einheitliche Ausbildung der Uniosande und ihr wohlschichtiges, unruhiges Gefügebild sind noch Zeugnis eines weiten, zusammenhängenden, intensiv durchströmten Beckens wie zur Zeit der Mehl-, Glimmer- und Schillsande und stellen somit Relikte aus der vorangegangenen vollbrackischen Epoche dar. Dabei kann speziell aus der Ähnlichkeit der Uniosande mit den Glimmersanden auf ähnliche Einschüttung, Strömungsverhältnisse und Wassertiefen geschlossen werden (lithofazielle Rekurrenz). Gegenüber dem Ablagerungsraum der Schill- sande dagegen war das Uniosand-Becken verflacht und dadurch dem grundauf- wühlenden Seegang stärker ausgesetzt. Anderseits bahnt sich in den Uniosanden schon die morphologische und fazielle Vielgestaltigkeit der Limnischen Süßwasserschichten an: Im Gegensatz zu den tieferen brackischen Schichten wechseln jetzt die Mächtigkeiten auf engem Raum rasch bis zum bereichsweise gänzlichen Auskeilen, so daß bereits auf eine Gliederung des Gesamtbeckens in kleine, differenzierte Ablagerungsräume ge- schlossen werden kann. Deutlicher als im Sediment sind die Umgestaltungen des Beckens zur Zeit der Uniosande im Fossilinhalt dokumentiert. Der Einsatz der limnischen Fauna beweist einen markanten Milieuwechsel: Während Mehl-, Glimmer- und Schill- sande — abgesehen von der cpisodischen limnischen Periode des Aussüßungs- horizontes — brackische Stadien abnehmender Salinität im großen Aussüßungs- vorgang darstellen, beginnt mit den Uniosanden endgültig die Verdrängung des Brackwassers durch das Süßwasser, die dann in den Limnischen und Fluviatilen Süßwasserschichten zur völligen und dauernden Aussüßung führt. Auch dieser Vorgang erfolgt allmählich, wie die aus brackischen und limnischen Arten wech- selhaft zusammengesetzte Fauna der Uniosande beweist. Solche zusammengesetzten Faunenvergesellschaftungen sind rezent aus vielen brackisch- süßen Gewässern bekannt. Sie können dort auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden, die aber in älteren Sedimenten häufig nicht mehr rekonstruierbar sind: Das Nebeneinander kann dadurch bedingt sein, daß gewisse euryhaline Süßwasserarten bis zu einer spezifischen Salinität gemeinsam mit brackischen Arten existieren können. Der Grund kann aber auch in örtlich oder zeitlich wechselnder Salinität im Becken liegen; Salzgehaltsschichtung, Salzgehaltsänderung in der Lateralen oder zeitlicher Salzgehaltswechsel sind ja für viele Brackwässer charakteristisch. 168 { . } Dt Zu rn Be 7 EEE Vertikale Salzgehaltsschichtung tritt nach REmaneE (1958, S. 11) vor allem am Kontakt von Meer- und Brackwasser, an Flußmündungen sowie in salzhaltigen Kleingewässern und Strandseen auf. Für die Uniosande dürften diese Gegeben- heiten nicht zutreffen; in ihrem großen, gut durchströmten und durchmischten Becken ist haline Schichtung mit dicht übereinanderliegenden Zonen unterschied- licher Salinität und damit verschiedenen Faunen kaum denkbar. Aus dem gleichen Grund können engräumige laterale Salinitätsschwankungen ausgeschaltet werden. Lediglich lokal — nämlich im Bereich der Mündungsdeltas größerer Flüsse vor allem im Süden — sind raschere Salinitätsschwankungen in der Vertikalen und Lateralen in Betracht zu ziehen. Im Becken selbst ist dagegen eher an einen mehrfachen zeitlichen Salz- gehaltswechsel während der Ablagerung der Uniosande zu denken. Wechselnde Salinität am gleichen Ort wird rezent häufig beobachtet und kann vor allem in schwach halinen Brackwässern (Oligo- bis Meio-Mesohalinikum mit 0,5—8°/go Salzgehalt; vgl. REMANE, 1958, S. 6) typisch sein. Schon eine geringe Süß- oder Salzwasserzufuhr — etwa durch anormale Niederschläge, Wind- und Strömungs- wirkung oder geographischen Umbau — kann unter diesen Bedingungen em- pfindliche Änderungen im Artenbestand verursachen. Ein weiterer wichtiger Grund für das Nebeneinander limnischer und bracki- scher Formen in den Uniosanden ist in der Euryhalinie vieler Limnobien gegeben: Euryhaline Süßwasserbewohner können bis zu bestimmten Salzgehaltsstufen ins Brackwasser vordringen und neben den brackischen Arten existieren. Allerdings ist nur ein geringer Anteil der limnischen Arten euryhalin. Die Mehrzahl ist stenohalin, so daß die Auslese beim Übergang ins Brackwasser einen steilen Ab- sturz der Artenzahl im oligo- und mesohalinen Bereich hervorruft. Ein derartiges „Artenminimum“ ist in den Uniosanden — in Übereinstimmung mit den tieferen brackischen Gliedern und im Gegensatz zu den darüberfolgenden Limnischen Süßwasserschichten — durchaus gegeben (s. oben, S. 161) und deutet darauf, daß wir uns hier noch eher in schwach brackischem als in ausgesüßtem Milieu befin- den. Von den euryhalinen limnischen Muscheln erreichen nach aktualgeologischen Untersuchungen in Mitteleuropa nur wenige die 5°/,p-Salinitätsgrenze, keine die 8%/-Grenze, sodaß wir auch aus diesem Grund für das Ablagerungsmilieu der Uniosande mit derartig geringer Salinität — wahrscheinlich Oligohalinikum (0,5—3°/,p Salzgehalt) — rechnen müssen. Nach RemAansE (1958, Tab. S. 77) liegen z. B. die Grenzwerte des Salzgehaltes für rezente Arten von Dreissensia zwischen 3 und 5,6°/,,, von Unio und Anodonta zwischen 1 und (extrem) 5%/go- Stärkere Euryhalinie finden wir bei den Schnecken. Die normale Größenentwicklung der Süßwassermuscheln und -schnecken in den Uniosanden spricht keineswegs gegen bräckisches Milieu; denn beim Vordringen der limnischen Arten ins Brackwasser muß es durchaus nicht — wie bei marinen Mollusken in verbrackenden Meeren — zu Größenreduktionen kommen. Im Gegenteil wächst z. B. Unio pictorum in rezenten, schwach salzigen Brackwässern besser als im süßen Wasser der Auen. 169 4. Limnische Süßwasserschichten Während der Ablagerung der Limnischen Süßwasserschichten werden die paläogeographischen Umgestaltungen, die mit den Uniosanden einsetzten, fort- geführt: Das Gebiet wird allmählich über den Meeresspiegel herausgehoben. Das bislang einheitlich durchströmte Sedimentationsbecken wird von Inseln durch- setzt und löst sich schließlich in eine Seen- und Tümpellandschaft mit differenzier- ten Sedimenten und verändertem Sedimentgefüge auf. Die letzten Reste von Brackwasser werden allmählich durch Süßwasser verdrängt, die brackisch- limnische Fauna wird durch eine rein limnische ersetzt. Die orographische Heraushebung über den Meeresspiegel und die dadurch bedingte Verflachung des Beckens sowie Abriegelung vom offenen Meer erfolgen nur langsam. Der oben beschriebene Gehalt an brackischen Fossilien neben der bisher bekannten limnischen Fauna läßt bis hoch hinauf in die Limnischen Süß- wasserschichten auf Salzwasserzufuhr vom freien Meer — wenn auch nur inter- mittierend und lokal begrenzt — schließen. Für diese lange Zeit muß also ein Pendeln des Geländes etwa um den Meeresspiegel oder nur wenig höher angenom- men werden. Anderseits tauchen in zunehmendem Maße Landstriche über den Wasserspiegel auf und bedingen die Entwicklung einer terrestrischen Fauna und Flora in enger Nachbarschaft mit der (brackisch-) limnischen Vergesellschaftung. Die Auflösung des bis in die Zeit der Uniosande zusammenhängenden Sedi- mentationsbeckens dürfte sich über mehrere Stadien entwickelt haben. Die Anlage war bereits im brackischen Meer in einem — wohl mäßigen — Boden- relief gegeben, das sich aber bei der Tiefe des damaligen Beckens noch nicht differenzierend auf die Sedimentation auswirkte. Erst mit der Verflachung zur Zeit der Uniosande kam es zu einer Gliederung des Gesamtbeckens in Spezial- mulden und Untiefen mit unterschiedlich mächtiger Sedimentaufnahme. Da das ganze Becken dabei noch unter gleichmäßig durchströmter Wasserbedeckung stand, dauerten die einheitliche Sedimentation und das unruhige Strömungs- gefüge, die für die vorausgegangenen brackischen Glieder typisch waren, weiter- hin an. Mit der weiteren Hebung des Areals an der Wende Uniosande/Limnische Süßwasserschichten tauchten die bislang untermeerischen Barren und Untiefen als abriegelnde Bänke, Nehrungen und Inselketten aus dem Meer auf. Das ein- heitliche Wasserbecken wurde in eine Landschaft von Abschnürungsbecken, Strandseen und Lagunen geringer Wassertiefe aufgelöst, die zunächst wohl noch mit dem oflenen Meer durch schmale Durchlässe verbunden blieben. Solche noch nicht ganz ausgesüßten Strandseen sind durch das Nebeneinander brackischer und euryhalin-limnischer Arten im gleichen Lebensraum charakteri- siert, wobei die Faunenvergesellschaftung je nach dem Grad der Aussüßung _ oder erneuter Salzwasserzufuhr rasch wechseln kann. In benachbarten Lagunen dürfte es zu Zeiten völliger Isolierung (Hebungsperioden) zu einer Eigenent- wicklung der Faunen gekommen sein, zu Zeiten erneuter Öffnung und Kom- 170 u u a ee u Dia munikation untereinander und mit dem Meer (Senkungsperioden) dagegen zu einer gemeinschaftlichen Entwicklung, gleichbleibend über weite Räume. Hebungs- und Senkungsbewegungen sowie das Relief haben auch die Sedimen- tationsvorgänge bestimmt. Im Gegensatz zur früher herrschenden, gleichartig im gesamten offenen Brackwasser entwickelten Sedimentation kommt es in dieser Lagunenlandschaft zu einer wechselhaften Serie von Mergeln, Schluffen und Sanden in der Vertikalen und Lateralen. Die Sandfazies, die in den tieferen bracki- schen Gliedern den Hauptbestandteil der Sedimente ausgemacht hatte, tritt dabei zurück. Denn reine Sandböden benötigen für ihre Bildung und Erhaltung eine mittlere Wasserbewegung, wie sie zwar im gut durchströmten oftenen Brackmeer gegeben war, in den kleinflächigen stehenden Gewässern der Limnischen Süß- wasserschichten aber nur untergeordnet wirksam werden konnte, etwa an den Brandungsufern größerer Seen. Aus dem gleichen Grund werden auch Strömungs- und Entmischungstexturen, wie sie für die tieferen brackischen Ablagerungen typisch waren, in den Limnischen Süßwasserschichten selten. Tone, Schluffe oder Sande liegen hier in massig erscheinendem, unter ruhiger Seigerung gebildetem Gefüge vor; die Schichtung ist nicht mehr durch nachträgliche Sonderung und Entmischung infolge grundberührenden Seegangs hervorgerufen, sondern ver- stärkt durch den raschen Wechsel petrographisch unterschiedlicher Lagen. Auf Zeiten faziell differenzierter Ablagerungen in den Lateralen können — im Gefolge von Überflutungen — ausgedehntere, weitflächig einheitliche Sedimentdecken folgen, die als Leithorizonte über größere Bereiche verfolgbar sind. Wechselnde Sedimente auf engem Raum und massig erscheinendes Gefüge infolge der ruhigen Sedimentation traten in noch verstärktem Maße auf, als bei weiterer Heraushebung die Lagunenlandschaft in eine Platte schwach brackischer bis limnischer Seen und Tümpel überging. Aus aktualgeologischen Vergleichen ist die ökologische Vielfalt solcher Kleingewässer infolge der individuellen Fak- torenkonstellation bekannt. Im großen aber erweist sich die Besiedlung der Tümpel als weitgehend gleichartig, wobei die Mehrzahl der Arten mit denen in ruhigen Buchten von Strandseen übereinstimmt (REmAnE, 1958, S. 182). Das brackische Milieu kann sich in den größeren, tiefen Wasserbecken noch lange nach dem Abschluß vom Salzwasserreservoir halten, bevor es durch Niederschlag und Zuflüsse endgültig aussüßt. Kleinere, flachere Tümpel werden schneller aus- gesüßt, so daß sich nebeneinander Becken unterschiedlicher Salinität befinden. Gelegentlich können die Marschen und Wälle, welche die Seen und Tümpel unter- einander und vom Brackmeer trennen, überflutet werden, wobei es durch die neuerliche Aufsalzung zur plötzlichen Änderung der gesamten physikalischen und chemischen Milieubedingungen und damit zur abrupten Umbildung der Faunengemeinschaft kommt. Das „Artenminimum“, das im Brackmeer bei Salzgehalten um 3°/,, typisch war und abgeschwächt auch noch im Lagunenstadium andauerte, wurde zur Zeit der Limnischen Süßwasserschichten abgelöst von einer viel artenreicheren Fauna, da neben den brackischen und euryhalin-limnischen Arten verbrackter Tümpel 171 jetzt auch die größere Vielfalt stenohaliner Limnobien in den ausgesüßten Wässern existenzfähig wurde. In den Uferbereichen der Seen und Tümpel bildeten sich Zonen üppigen Pflanzenwuchses heraus, die zur Vermoorung führten und uns in den Braunkohlenhorizonten und den pflanzenreichen, typisch humusbraunen Lagen der Limnischen Süßwasserschichten erhalten sind. In den subaerisch frei- liegenden Landstrichen zwischen den Kleingewässern siedelte sich eine terrestri- sche Fauna — vor allem Landsäuger und Landschnecken — an, die umgelagert und gegen die Wassermulden abgeschwemmt wurde und sich heute in Begräbnis- gemeinschaft mit der limnischen Fauna findet. 5. Fluviatile Süßwasserschichten Die fortdauernde Hebung des Areals führte schließlich zur Ablösung der Limnischen durch die Fluviatilen Süßwasserschichten. Die Grenze ist über weite Bereiche durch eine Erosionsdiskordanz gegeben, die am klarsten nördlich der Rott im Bereich der Hoisberger Rinne aufgeschlossen ist. Aber auch dort, wo . kein Erosionsrelief nachweisbar ist — etwa zwischen Inn und mittlerer Rott — dürfte ein Hiatus zwischen beiden Schichten vorliegen. Die über den Limnischen Süßwasserschichten folgenden und bis an die Wende Miozän/Pliozän dauernden Kies- und Sandserien mit ihrer spärlichen Landfauna sind nicht mehr — wie die tieferen Schichten — in stehenden, sondern von fließenden Gewässern flächenhaft aufgeschüttet worden. Nur ganz untergeordnet finden sich fossilarme pelitische Ablagerungen stehender Gewässer eingeschaltet, die eher Altwässern und Über- schwemmungsgebieten als limnischen Arealen zuzuordnen sind. Auf die mehr- malige großrhythmische Wiederholung der Abfolge Kiesschüttung — Abdeckung durch Feinkornsedimente — nachfolgender Hiatus bzw. Erosionsdiskordanz wurde weiter oben (S. 164 ff.) eingegangen. Der in Gestein, Fazies, Sedimentationsmechanismus und Fauna gleicher- maßen markante Einschnitt an der Grenze Limnische/Fluviatile Süßwasserschich- ten rechtfertigt es, hier auch die Grenze der beiden großen Einheiten SBM und OMM zu fixieren. G. Ergebnisse < Die „Süßwassersande und -mergel“ sind die oberste Einheit der SBM in Ost- niederbayern. Ihre bisherige Einstufung ins Torton ist unbegründet; viel wahrscheinlicher ist oberhelvetisches Alter. Die Süßwassersande und -mergel, deren Petrographie und Gefüge eingehend beschrieben werden, können gegliedert werden in die Uniosande (0—10 m mächtig) und in die darüber folgenden Limnischen Süßwasserschichten (bis 60 m mächtig). Beide Schicht- glieder sind gekennzeichnet durch das Nebeneinander von brackischen und limnischen Fossilien, nach oben zunehmend auch Landfaunen und -floren. Während die brackischen Einflüsse in den Uniosanden noch vorzuhertschen scheinen, sind sie in den Limnischen Süßwassetschichten nur noch intermittierend und kurzdauernd wirksam und klingen nach oben ganz aus. Uniosande und Limnische Süßwasserschichten gehören zu der großen Aussüßungsfolge, die von der OMM über die abnehmend salinaren brackischen und limnischen Glieder der SBM bis zu den völlig ausgesüßten fluviatilen Sedimenten der OSM reicht. In dieser mächtigen Folge 172 N ur ar A u et a Fr nn a ist lückenlos die allmähliche Aussüßung des Molassemeeres dokumentiert, wobei aktualgeolo- gische Vergleiche mit den heutigen Brackmeeren des pontokaspischen Gebietes möglich sind. Die allmähliche Aussüßung ist dadurch begründet, daß die Beckenabsenkung, die während der Ablagerung der OMM ständig die Sedimentationsrate kompensierte oder überwog, ver- langsamt oder gar in eine Aufwärtsbewegung umgekehrt wurde. Das führte gemeinsam mit der Aufschüttung durch Detritus zu einer langsamen Heraushebung. Die generelle Aufwärts- bewegung wurde im einzelnen durch ein rhythmisches Auf und Ab des Beckenbodens differen- ziert. Dabei können großrhythmische Bewegungen, die deutlich verändernd auf Sedimentation, Fazies und Fauna einwirkten, von Kleinrhythmen unterschieden werden, die nur unter günstigen Voraussetzungen (litho- und milieufazielle Grenzsituationen; ungestörte Ablagerung; Kon- servierung) im Gestein abgebildet wurden. Die Hebung des Gebietes führte zunächst zur Abtrennung eines großen, zusammen- hängenden, kräftig durchströmten Brackmeerbeckens vom offenen Meer. Hier kam es während des ersten Großrhythmus zur Ablagerung der vollbrackischen Mehl- und Glimmer- sande und schließlich zu einer erstmaligen orographischen Heraushebung über den Meeresspiegel im Aussüßungshorizont. Mit der folgenden, kurzfristigen Beckenabsenkung, die zur Sedimentation der brackischen Schillsande führte, beginnt der zweite Großzyklus, der über die Uniosande bis in die Limnischen und Fluviatilen Süßwasserschichten andauert. In den Uniosanden dokumentiert sich erneut — kleinrhythmisch differenziert — die Heraushebung über den Meeresspiegel, so daß sich im Sediment wie in der Fauna Merkmale der Brackwasser- und der Süßwassermolasse vereinen: Das vollbrackische Stadium wird vom Lagunenstadium abgelöst. Während der Ablagerung der Limnischen Süßwasserschichten setzen sich die paläo- geographischen und faziellen Umgestaltungen fort; das bislang einheitlich durchströmte Becken wird in zunehmendem Maße von Inseln durchsetzt und löst sich schließlich in eine Seen- und Tümpellandschaft mit differenzierten, sandärmeren Sedimenten ohne Entmischungstexturen auf. Dabei beweisen die andauernden schwachen brackischen Einflüsse, daß das Gebiet bis hoch in die Limnischen Süßwasserschichten etwa um den Meeresspiegel oder nur wenig höher pendelte. Die weitere Hebung des Areals führte schließlich zur völligen Exposition und damit zur Ablösung der Limnischen durch die Fluviatilen Süßwasserschichten, auf deren Gliederung näher eingegangen wird. Dieser in Gestein, Fazies, Fauna und Sedimentations- mechanismus gleichermaßen deutliche Einschnitt wird zudem dutch einen Hiatus mit stellen- weise tiefgreifender Erosionsdiskordanz markiert. Somit ist es gerechtfertigt, hier die Grenze zwischen den beiden großen Einheiten SBM und OSM zu fixieren. Literatur ÄBERER, F.: Die Molassezone im westlichen Oberösterreich und in Salzburg. — Mitt. Geol. Ges. Wien, 50, 1957, S. 23—94, Wien 1958. Ammon, L. v.: Die Fauna der brackischen Tertiär-Schichten in Niederbayern. — Geognost. Jh., 1, S. 1—22, Cassel 1888. BATSCHE, H.: Geologische Untersuchungen in der Oberen Süßwassermolasse Ostniederbayerns. — Beih. Geol. ]Jb., H. 26, S. 261—307, Hannover 1957. BEsCHOREN, B.: Die Vorlandmolasse im Gebiet der unteren Isar. — Erläut. Geol. Übers.-Karte Süddtsch. Molasse 1:300000, S. 59—67, München (Bayer. Geol. Landesamt) 1955. BRAUMÜLLER, E.: Die paläogeographische Entwicklung des Molassebeckens in Oberösterreich und Salzburg. — Erdoel-Z., 77, S. 3—14, Wien — Hamburg 1961. BucHneER, A.: Geologische Untersuchungen auf Blatt Landau 534 (Niederbayern) 1:25000. — Dipl.-Arbeit Univ. München, 106 S., München 1963 (Mskr.). 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