co “. « 2.

x“ & « Te a x CC _ TAACCTRC ELETCETE AEE

ER CL«E CCEE

—— en ne FR

[43,6

Vibrarp of the Museum

OF

COMPARATIVE ZOÖLOGY,

AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS,

fc

Bellichegt

The gift of © hl

UL

No./23 30 E82 July GIER,

0 Spı.1683

Mittheilungen

der

Naturforschenden Gesellschaft

in Bern

aus dem Jahre 1882.

I. Heft.

NIIT INN

Nr. 1050-1039.

Bern. | (In Commission bei Huber & Comp.) Buchdruckerei B. F. Haller.

"889.

i er

ER

DAN A)

Kur

in Bern

aus dem Jahre 1882. 2

nnnnn

Il. Heft.

Para

Nr. 1050-1039.

Bern.

(In Commission bei Huber & Comp.) Buchdruckerei B. F. Haller.

1882.

Inhalt.

Jahresbericht des abtretenden Präsidenten Bachmann, Prof. Dr., Neuere geolog. Beobachtungen in Bern Fischer, Prof. Dr., Fchirar zum Verzeichniss der Gefässpflanzen des Berner Oberlandes . Grützner, Prof. Dr., Zur Physiologie des Flimmerepithels Ueber elektrische Nervenreizungen 3 Ueber den Fermentgehalt des normalen mensch- lichen Harnes . Lauterburg, R., Ingenieur. Die wissenschaftliche Lösung der Wasserfrage mit Rücksicht auf die Versorgung der Städte Luchsinger, Prof. Dr., Zur Physiologie ns Herzens Ueber die Wirkung der Kälte und Wärme af die Iris der Frösche Ueber einige toxicologische Verknehe ini Wolfram- und Molybdänsalzen Studer, Th., Prof. Dr., Geologische Beobachtungen im Gebiete des Schwarz- hornmassifs A Ueber das Zusammenleben von Thieren mit An Ueber den Zwischenwirth von Bothriocephalus latus

Ueber den Zeikshenwinth von Biklomms a

Seite der SE 35 3 32 na <=

5 61 1 30 11 16 35 70 74 15 18 8 9 10

3 ie

RP

De RN,

P2 vr = tee by

a8

Eu Par

Jahresbericht

des

abtretenden Präsidenten, Hrn. Prof. Dr. Luchsinger,

über die

Thätigkeit der bernischen naturforschenden Gesellschaft in der Zeit vom 23. April 1881 bis 29. April 18892.

Meine Herren!

Empfangen Sie am Schlusse meines Präsidialjahres einen kurzen Bericht über die Thätigkeit der Gesellschaft während desselben. Es ist das Sache der Ordnung und Vorschrift unserer Statuten.

Im Laufe des Jahres hatte sich die Gesellschaft zu 11 Sitzungen versammelt, wovon die meisten der Natur der Sache nach auf das Wintersemester fielen.

Der Besuch der Sitzungen schwankte zwischen 11 und 24 Theilnehmern, eine immerhin kleine Zahl, wenn man der stattlichen Listen unserer Mitgliederverzeichnisse ge- denkt. Aber trotzdem waren die Sitzungen meist sehr belebt; eine selten fehlende, oft recht eingehende Dis- kussion zeugte von der gebotenen Anregung.

Durch Vorträge und kleinere Mittheilungen betheiligten sich manche zu wiederholten Malen die Herren Schwarzenbach, Guillebeau, Hasler, Theophil Studer, Licht- heim, Beck, Haller, Fischer, Grützner, Bachmann und

6

Luchsinger. Ihnen Allen sei hier nochmals der wärmste Dank der Gesellschaft gezollt!

Wie schon aus den angeführten Namen hervorgeht, wurde auch diessmal mit besonderer Vorliebe die biolo- gische Seite der Naturwissenschaft gepflegt. Auf Ööffent- liche Vorträge wurde auch dieses Jahr verzichtet.

Die Zahl der Mitglieder beträgt gegenwärtig 222.

Leider hat auch dieses Jahr der Tod von uns seine Opfer gefordert. Wir gedenken mit Trauer der vielver- dienten, zu früh verblichenen Herren Direktor v. Nieder- häusern und Grossrath v. Thormann.

Den Austritt aus der Gesellschaft nahmen 4 Mit- glieder, dagegen haben wir den Eintritt von 5 neuen zu begrüssen.

Meine Herren! Am Schlusse meines Präsidiums sage ich Ihnen nochmals meinen besten Dank für die freund- liche Unterstützung, die Sie meinem Streben, die Gesell- schaft zu fördern, zu Theil werden liessen und lade ich Sie nun ein, zur Wahl eines neuen Präsidiums zu schreiten!

Sitzungsberichte.

723. Sitzung vom 14. Januar 1882, Abends 7!/, Uhr bei Webern.

Vorsitzender: Hr. Präsident Prof. Dr. Luchsinger. Sekretär: In Vertretung desselben Hr. Apotheker Studer. Anwesend 16 Mitglieder,

Traktanden:

1) Hr. Postsekretär Bion erklärt seinen Austritt aus der Gesellschaft.

2) Auf den Antrag des Vorstandes beschliesst die Gesellschaft, sich an der schweiz. Landesausstellung in Zürich durch Einsendung einer vollständigen Serie ihrer Publikationen zu betheiligen.

3) Durch die Vermittlung der hohen Regiernng über- macht Hr. Dr. Quiquerez der Gesellschaft ein Manuskript über „Les minieres du Jura“. Hr. Prof. Bachmann wird ersucht, über den Inhalt obiger Schrift der Gesellschaft einen Auszug vorzulegen und über eine eventuelle Druck- legung derselben Erkundigungen einzuziehen.

4) Hr. Prof. Fischer bringt einen Nachtrag zu seiner 1875 in den Mittheilungen erschienenen Arbeit: „Ver- zeichniss der Gefässpflanzen des Berner Oberlandes mit Berücksichtigung der Standortsverhältnisse, der horizon- talen und vertikalen Verbreitung, ein Beitrag zur Pflanzen- geographie der Schweizeralpen* und gibt einige No-

6)

tizen über die pflanzengeographischen Verhältnisse der für das Gebiet neu aufgefundenen Arten. Die Gesellschaft beschliesst die Aufnahme des Nachtrages in die Mitthei- lungen und ermächtigt den Vortragenden, auf seine Kosten 200 Separatabzüge anfertigen zu lassen.

Derselbe legt ferner als eine der hervorragendsten Erscheinungen auf dem Gebiete der neuern botanischen Iconographie „Thuret, Etudes phycologiques‘ vor und gibt zu besserem Verständniss einer Reihe von Tafeln desselben einige Frläuterungen über den Befruchtungs- vorgang der Fucaceen. |

5) Hr. Prof. Th. Studer berichtet:

1. Ueber eine Arbeit von K. Brandt „über das Zu- sammenleben von Thieren und Algen“. Sitzungsbericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin. 15. Nov. 1831, pag. 140. Brandt ist durch seine Untersuchungen über das Chlorophyll bei gewissen Thieren (Infusorien, Heliozoen, Spangilla, Hydra, Turbellarien) zu der Ueber- zeugung gekommen, dass das Chorophyll nicht dem Ge- webe des Thieres angehört, sondern einer Alge, welche im Körper des Thieres eingebettet ist. Die Chlorophyll-

körper finden sich nämlich immer in Form von scharf

umgrenzten kugligen oder ovalen Körperchen. In diesen lässt sich innerhalh einer Membran ungefärbtes Proto- plasma nachweisen und darin, nach Ausziehen des Chloro- phylis vermittelst Alkohol, ein mit Hamatoxylin nach- weisbarer Kern. Danach sind diese Körper selbständige Organismen, zu den einzelligen Algen gehörend. Sie werden unter dem Gattungsnamen Zoochlorella eingeführt. Als ähnliche Körper wären, wie Brandt schon früher nachwies, die sog. gelben Zellen der Radiolarien aufzufassen, welche er mit dem Namen Zooxanthella belegt.

ee ne u en a

a ER >

I

Die Zoochlorellen und Zooxanthellen sind physiologisch unabhängig von dem Organismus, welchen sie bewohnen, Sie lassen sich isoliren und bleiben tage- bis wochenlang am Leben, wobei sie unter Einfluss des Sonnenlichtes Stärke produziren. Es gelang, solche Körper von einem Thiere auf das andere zu übertragen, so ein chlorophill- freies Infusor mit Chlorophylizellen aus Hydra zu in- fieiren.

Diese Chlorophylikörper sind keine Parasiten, im Gegentheil, sie liefern dem befallenen Thiere Nahrungs- stoffe, welche sie selbst auf synthetischem Wege aus Wasser, Kohlensäure und Ammoniak in ihrem Körper ablagern. Es können daher von ihnen befallene Thiere unter dem Einfluss des Sonnenlichtes sich ernähren, ohne dass sie selbst Nahrungsstoffe aktiv aufzunehmen genö- thigt sind. Radiolarien, grüne Spongillen, gedeihen, dem Lichte ausgesetzt, vortrefflich in filtrirtem Wasser. Phy- siologisch ist also hier das Thier der Parasit der Alge.

2. Ueber eine Mittheilung Braun’s, zur Frage des Zwischenwirths des Bothriocephalus latus, z00log. Anzeiger, IV. Jahrgang, Nr. 97. Braun findet eingekapselte Bothrio cephalus reichlich in der Leibeshöhle und in innern Or- sanen, ferner in den Muskeln von Hechten, welche bei Dorpat gefangen wurden. Es wurden auf dieses hin infi- cirte Hechte an vorher mit Kusso behandelte Hunde verfüttert. Die Versuche gelangen vollkommen. Die Bo- thriocephalen fanden sich im Darme der Versuchsthiere nach 4 Tagen schon etwas weiter entwickelt.

Braun glaubt, dass es sich hier um Bothriocephalus latus handelt. Der Referent macht im Anschluss daran noch auf die Statistik der Bandwurmvorkommnisse in der Schweiz von Dr. Za&slin aufmerksam, wonach Bothrio- cephalus latus am häufigsten an unsern westschweizerischen

19

Seen vorkommt, während er sich an den Seen der Ost- schweiz und der Alpen nicht als endemisch nachweisen lässt. Der Hecht findet sich dagegen in der ganzen Schweiz verbreitet vor und wird überall gegessen.

3. Ueber die Entdeckung des Zwischenwirths von Distomum hepaticum durch R. Leuckart. (Archiv f. Natur- geschichte v. J. 1882. Der Embryo des Leberegels gelangt aus dem abgelegten Ei erst in 4—6 Wochen zur Entwick- lung, wozu er einer Durchschnittstemperatur von 16° C. bedarf. Das Ausschlüpfen findet meist Ende Juni oder Anfangs Juli statt. Der Embryo stellt eine Flimmerlarve dar mit rudimentärem Darm und einer Menge von Keim- zellen im Innern des Körpers. Nach langen vergeblichen Versuchen zeigte sich, dass diese Embryonen in ganz junge Sumpfschnecken, Limneus pereger, einwandern. Hier verlieren die Embryonen ihr Flimmerkleid, werden kuglig und umgeben sich mit einer Art von hyaliner Cyste. Von den Keimzellen verwandelt sich nun eine Anzahl in Redien, mit einem Darm versehene Distomenammen. Bald finden sich auch freie Redien in der Athemhöhle der befallenen Schnecken. Hier sistirt die zusammen- hängende Reihe von Beobachtungen. Als weitere Anhalts-

punkte für die Entwicklungsgeschichte des Wurmes fanden -

sich aber in der Leber des Limneus trunkatulus Redien, welche schon entwickelte junge Distomen enthielten, die

gewisse Eigenthümlichkeiten des Leberegels zur Schau °

tragen.

Demnach müssen wir als Zwischenwirthe des Leber- egels zwei Sumpfschnecken, Limneus pereger in jugend- lichem Stadium und Limneus trunkatulus, betrachten. Beide finden sich auch in der Schweiz häufig in Wasser- gruben und Tümpeln, sumpfigen Wiesen und mit ihnen infi- cirt sich das Vieh, welches auf solche Weiden getrieben

Di R*

11

wird. Da nun der Feind bekannt ist, so ist es nicht ' schwer, die geeigneten Schutzmassregeln zu treffen.

724. Sitzung vom 28. Januar 1882, Abends 7!/, Uhr bei Webern.

Vorsitzender: Hr. Präsident Prof. Dr. Luchsinger. Sekretär: Dr. G. Beck. Anwesend 20 Mitglieder.

Traktanden:

1) Das Protokoll der Sitzungen vom 3. Dezember 1881 und 14. Januar 1882 wird verlesen und genehmigt.

2) Hr. Prof. Dr. Grützner in Bern wird als Mitglied in die Gesellschaft aufgenommen.

3) Die Herren Probst, Baumeister, und Pfarrer Rytz erklären ihren Austritt aus der Gesellschaft.

4) Zn Rechnungsrevisoren werden gewählt die Herren Gymnasiallehrer Ris und Dr. Graf.

5) Hr. Prof. Dr. Luchsinger spricht über die Wirkung des Strychnins bei wirbellosen Thieren. (Folgt unter den Abhandlungen.)

6) Hr. Prof. Dr. Grützner spricht über elektrische Nervenreizung und berichtet über gemeinschaftlich mit Hrn. cand. med. Moschner angestellte Versuche, welche ergaben, dass man bei Reizung mit elektrischen Strömen (gewöhnlichen Induktionsströmen oder konstanten Strömen) Stellen im Nerv findet, die eine ausserordentlich verschie- dene Erregbarkeit für Ströme ein und derselben Richtung zu haben scheinen. An dergleichen Stellen gelingt es jedes Mal, im Nerv selbst Ströme nachzuweisen, welche sich dannn zu den Reizströmen algebraisch addiren, sie also, wenn sie gleich gerichtet sind, vergrössern, wenn sie entgegengesetzt gerichtet sind, ahschwächen oder voll-

12

kommen aufheben. Quetschung eines Nerves oder gar Anlegen eines Querschnittes lässt diese Nervenströme und ihre Wirkung ausserordentlich stark zu Tage treten, was an den verschiedensten centripetalen und centrifugalen Nerven demonstrirt werden kann. Auch da, wo von dem Hauptstamm der Nerven stärkere Zweige abgehen, die entweder gezerrt oder behufs Präparation des Haupt- stammes durchschnitten worden sind, ferner wo der Nerv physiologisch endet, sei es im Muskel oder Zentralorgan, sind dergleichen Ströme vorhanden. Prüft man die Wir- kung schwacher elektrischer Ströme an motorischen Nerven (N. ischiaticus des Frosches‘, so ergibt sich, dass die Öeffnung derjenigen Reizströme, die den Nervenströmen entgegengesetzt verlaufen, zunächst eine Zuckung auslöst. Verstärkt man die Reizströme, die den Nervenströmen entgegengesetzt verlaufen, so bleibt die Zuckung aus; bei noch weiterer Verstärkung tritt sie wieder auf. Der Vor- tragende sieht diese als „Lücke“ bezeichnete, aber in obiger Form bisher gänzlich - unbekannte Erscheinung ebenfalls als eine derartige Summationserscheinung an. (Geht man von stärkern zu schwächern Strömen über, so ist die betreffende Lücke viel kleiner oder fehlt ganz, was aus den durch elektrische Ströme hervorgerufenen Erregbarkeitsänderungen leicht erklärlich ist.

Berücksichtigt man die erwähnten Thatsachen, so folgt

mit Wahrscheinlichkeit, dass der Nerv in seinem ganzen Verlaufe die gleiche Erregbarkeit für elektrische Ströme besitzt.

725. Sitzung vom 18. Februar 1882, Abends 7!/, Uhr bei Webern.

Vorsitzender: Hr. Präsident Prof. Dr. Luchsinger. Sekretär: Dr. G. Beck. Anwesend 26 Mitglieder.

y

. '

BA ,' = Be ©

L3

Traktanden: 1) Das Protokoll vom 28. Januar wird verlesen und senehmigt. 2) Der Präsident gedenkt unseres verstorbenen Mit- gliedes, Hrn. Prof. v. Niederhäusern, in einer Gedächtniss- rede, worauf die Versammlung durch Erheben von den

Sitzen dem Dahingeschiedenen eine letzte Ehre erweist.

3) Hr. Prof. Dr. Schwarzenbach spricht über neue Erfahrungen auf dem Gebiete der Jodoform- und Chloro- formverbindungen.

4) Hr. Gymnasiallehrer Ris erstattet Namens der Rechnungsrevisoren Bericht über die Rechnung des Biblio- thekars, welche mit einem Aktivsaldo von Fr. 200. 26 ab- schliesst. Die Rechnung wird genehmigt und bestens verdankt.

5) In die Gesellschaft werden aufgenommen die Herren G. Heinrich Tanner, Apotheker, und Emil Müller, Apo- theker in Bern.

726. Sitzung vom 2. März 1882, Abends 7'/, Uhr bei Webern.

Vorsitzender: Hr. Präsident Prof. Dr. Luchsinger. Sekretär: Dr. G. Beck. Anwesend 15 Mitglieder.

Trsktanden:

1) Hr. Prof. Dr. Studer spricht über den Mundapparat der Seesterne. |

2) Hr. Prof. Dr. Grützner theilt die Resultate der Untersuchungen mit, welche er in Gemeinschaft mit Hrn. Sahli, cand. med., über die Physiologie des Flimmer-

_ epithels im hiesigen physiologischen Institut angestellt hat.

u

14

727. Sitzung vom 29. April 1882, Abends 7!/, Uhr bei Webern. Vorsitzender: Hr. Präsident Prof. Dr. Luchsinger. Sekretär: Dr. G. Beck. Anwesend 11 Mitglieder. I raktanden: | 1) Das Protokoll der Sitzung vom 2. März wird ver- lesen und genehmigt.

2) Der Präsident verliest den Jahresbericht pro 1881/32, worauf die Gesellschaft dem Präsidenten auf den

Antrag des Hrn. Prof. Bachmann durch Erheben von den

Sitzen ihren Dank ausspricht. 3) Es werden gewählt pro 1882/"3: zum Präsidenten: Hr. Edm. v. Fellenberg, Ingenieur, zum Vizepräsidenten: Hr. Prof. A. Guillebeau. 4) Hr. Gymnasiallehrer Ris erstattet Namens der Rechnungsrevisoren Bericht über die Gesellschaftsrechnung pro 1881/82. Auf den Antrag der Revisoren wird be- schlossen: a) Es sei der Druck der „Mittheilungen“ jedes Jahr zu berichtigen. b) Die Rechnungen müssen vom Sekretär visirt sein.

c) Es seien jeweils sämmtliche fällige Zinse zu notiren.

d) Es sei über die Abrechnung mit dem Buchhändler

eine genaue Kontrolle zu führen.

5) Hr. Prof. Dr. Luchsinger hält einen Vortrag über

die lokale Diastole des Herzens und begleitet denselben

mit einer Reihe von Demonstrationen. (Siehe die Ab-

handlungen.)

6) Hr. Prof. Dr. Bachmann theilt die Resultate seiner - neuen Untersuchungen über die geologische Beschaffenheit des Terrains beim Kirchenfeld und der Kreuzmatte mit.

(Siehe die Abhandlungen.)

15

728. Sitzung vom 3. Juni 1882, Abends 7!/, Uhr bei Webern.

Vorsitzender: Hr. Präsident E. v. Fellenberg. Se- kretär: Dr. G. Beck. Anwesend 11 Mitglieder.

Traktanden:;

1) Das Protokoll der Sitzung vom 29. April wird verlesen und genehmigt.

2) Hr. Ingenieur Lauterburg spricht über eine neue Theorie der Quellenbildung. (Folgt unter den Abhand- lungen.)

729. Sitzung vom 29. Juli 1882, Abends 7!/, Uhr im Cafe Sternwart.

Vorsitzender: Hr. Vizepräsident Prof. Guillebeau. Sekretär: Dr. G. Beck. Anwesend 7 Mitglieder.

Traktanden:

1) Hr. Prof. Luchsinger referirt über einige neue toxicologische Versuche, die er zusammen mit Hrn. stud. med. Marti im Laufe der letzten beiden Semester ange- stellt hat.

Es waren namentlich die Manganoxydulsalze, die wolframsauren und molybdänsauren Natronsalze unter- sucht worden. Die Vergiftungserscheinungen waren auf- fallend ähnlich und glichen in vielen Beziehungen den Wirkungen des Arsens.

Lähmungserscheinungen der verschiedenen Apparate, namentlich aher des Zentralnervensystems zeigten sich bei allen; Sinken der Temperatur und des Blutdruckes waren entsprechend stets ebenfalls zu konstatiren.

16

Daneben aber zeigten sich übereinstimmend mit dem vom Arsen bekannten, starke Reizsymptome des gesammten Darmes. Bei Kaninchen traten Diarrhoen auf, bei brech- fähigen Thieren, bei Hund und Katze aber stets sehr frühzeitig auch Erbrechen. Schon die ersten Mengen des

Erbrochenen zeigten deutliche Spuren der subcutan appli- cirten Agentien.

Die ausführliche Mittheilung soll aber die demnächst erscheinende Dissertation des Hrn. Marti bringen.

2) Hr. Prof. Grützner spricht über den Ferment- gehalt des normalen menschlichen Harnes. Es gelingt leicht, durch passende Verdünnung des Harnes mit Wasser oder Einlegen von zerkleinertem Fibrin in denselben ein diastatisches, zwei peptische Fermente und das sogenannte Subferment nachzuweisen. Die Fermente, welche an dem Fibrin haften, wie Farbstoffe, können dann von demselben isolirt werden. Wird der Harn vorher gekocht, so kann man, da die Fermente zerstört sind, keine aus ihm isoliren.

2 Ian! 72 [eb) FR = =)

.

Bern

Prof. Dr. L. Fischer.

Nachtrag zum Verzeichniss der Gefässpflanzen des Berner Oberlandes

mit Berücksichtigung der Standortsverhältnisse, der hori- zontalen und vertikalen Verbreitung.

Vorgelegt in der Sitzung vom 14. Januar 1882.

Seit dem Druck des Verzeichnisses im Frühjahr 1875 sind mir wieder zahlreiche Beobachtungen über die Pflan- zen des Oberlandes bekannt geworden. Es dürfte zweck- mässig sein, derartige Ergänzungen als periodische Nach- träge erscheinen zu lassen.

Die für das Gebiet neu aufgefundenen Arten sind

durch fetten Druck hervorgehoben. Die übrigen im Ver-

2 are

zeichniss schon enthaltenen Arten sind hier nur insofern angeführt, als die frühern Angaben über geographische Verbreitung, über Höhen- und Bodenverhältnisse in we- sentlicher Weise ergänzt werden konnten.

Ausser den schon im Verzeichniss genannten Beob- achtern verdanke ich diessmal auch gefällige Mittheilungen den Herren: Dutoit, Dr. med. in Bern; Ed. Fischer, Stud. phil. in Bern; Howald, Lehrer in Gurzelen; Dr. med. Lutz; Pfarrer Müller in Reichenbach; Fr. de Rougemont;

Schneider, Pfarrer in Gadmen; Schuppli, Schuldirektor in Bern; E. Steiger, Pharmaceut in Basel; F. v. Tavel, Stud. phil. in Bern.

Mit Einschluss dieses Nachtrages enthält nun die Zusammenstellung der Flora des Oberlandes (ohne die in Anmerkungen erwähnten Arten) 1350 Gefässpflanzen, wovon 59 Arten nur cultivirt oder verwildert vorkommen. Von den übrigen 1291 wildwachsenden Gefässpflanzen sind 1250 Phanerogamen (945 Dicotyledonen, 295 Monocotyle- donen, 10 Gymnospermen) und 41 Gefässkryptogamen.

Die den Pflanzennamen beigefügte Seitenzahl bezieht,

sich auf das „Verzeichniss“.

Atragene alpina I. (S. 10). Von der Klusenge durch den sogenannten «schattigen Ritz» hinauf bis zum Klushorn; von der Enge durch den «schwarzen Ritz » aufwärts bis

‚auf die Reidigalp zu einer Höhe von 1500”. Auf der «Egg», dem Eingang zur Wallopalp bei 1650”; in den « Bärleiterischöpfen » über dem vorderen Wallopsee bis Be 1750” (Maurer).

Anemone alpina L. var. sulfurea (8. 11). Susten Schkhpii. Gadınen gegen Wendenalp (Pf. Schneider).

Anemone baldensis L. (S. 11). Engstligenalp, in der Nähe!

des Ueberganges nach der Gemmi (Schuppli).

Ranuneulus pyreneus L. (8. 12). Am östlichen Fuss des # Regenbolshorns bei Adelboden (Schuppli). | ie

Ranunculus nemorosus D.C. (S. 13). Wälder bei Wengen

(F..de Rougemont). Simmenthal bei Reidenbach, Bruchberg,;

Bäderalp (Maurer).

Ranunculus arvensts L. (8. 13). Im Getreide shörkeih Si-

griswyl bei c. 900" (Ed. Fischer).

3

A

/ ß & j

|

Ä

)

BR a

- Aguelegia alpina L. (S. 14). Bei den Engstligenfällen bei Adelboden (Schuppli). |

Delphinium elatum L. (S. 14). Am nördlichen Fuss der Ochsenfluh (Stockhornkette) (Ap. Schneider).

Actea spicala L. (S. 15). Brünig! Hasleberg! Gadmen! Adel- boden! in den Augstenflühen (Gebiet der Boltigen-Klus bis 1900 ® (Maurer).

Nasturtium palustre D.C. (S. 17). Wallopalp bei Boltigen (Bunfalihütte) 1753", und in Kaiseregg bei 1800 " (Maurer).

Arabis saxatilis All. Boltigenklus, an sonnigen Felsen nicht selten: unter dem Kienhorn, .Wandelifluh, Schwarzenmatt (Maurer).

Arabis serpyllifolia Vill. (S. 17). Boltigenklus (Maurer), am Bäderhorn 1750 (Maurer).

Arabis brassiceformis Wallr. An Felsen. der Boltigenklus und in den Augstenflühen am Stierengrat ce. 1900 ® (Maurer). - Arabis Turrita L. (8. 18). Boltigenklus, Wandelifluh (Maurer).

Cardamine silvatica Link. (S. 19). Bis gegen die Wald- grenze ansteigend. Bäderalp bei Boltigen bei ca. 1700 (Maurer).

Sısymbrium Sophia L. (S. 19). Gasterenklus (Ed. Fischer).

' Sisymbrium Alliaria Scop. (8. 20). Unter dem Kienhorn bei Boltigen c. 1550 © (Maurer).

Draba incuna L. ($. 22). Rothenkasten, in der Nähe des Gipfels, e. 2190 ® (Maurer). Schon 1824 von Vulpius am. Ganterisch entdeckt.

Cochlearia offieinalis L. (S. 22). Im Bächen bei Kander- steg !

Anmerkung. Vereinzelt und wohl nur vorübergehend angesiedelt: Jsutis tinctoria L. (S. 24). Mürrenberg ob Mürren bei 1700®! Iberis amara L. Auf dem Kies der Simme unterhalb Zweisimmen (Maurer).

Helianthemum elandicum Wahl. (S. 25). Auch an der Stockhornkette: Boltigenklus von 1050” bis in die höhere

Rt

Region (Maurer); Ganterisch (Ap. Schneider); Schwefel- bergbad (Dr. Dutoit).

Viola arenaria D.C. (S. 25). Am- Sanetsch bei c. 1785 ® auf sandigem Boden im Geröll (E. Steiger).

Viola sciaphila Koch. Simmenthal, in der Klus bei Schwarzen- matt, 1200 ® und bis gegen die Wallopalp, 1650 ”; gegen das Krachihorn bis 1650 ® (Maurer).

Viola collina Bess. An der Simmenfluh bei Wimmis (Vulpius).

Drosera rolundifolia L. (S. 27). Auch in der mittleren Re- gion: Feldmooshubel zwischen Gadmen und der Steinalp, c. 1550 ®m. Obersimmenthal, im sog. «See», an der Strasse auf den Bruchberg 1506 ®, mit Drosera longifolia (Maurer).

«+ Silene noctiflora L. (S. 30). Diese im Verzeichniss als nur sporadisch auftretend bezeichnete Art scheint im Oberland häufiger und beständiger, als im nördlich vorliegenden Hiigelland. Ausser den angeführten Standorten noch be- obachtet: Riederen zwischen Spiez und Einigen! Oberste Aecker des Bunschibachthales gegen die Zugegg (Ap. Schnei- der); Eschileiteri bei Weissenbach häufig (Maurer).

Moehringia polygonordes Mert. et Koch. (S. 31). Auch an der Stockhornkette: In der mittleren und oberen Region des Klusgebietes häufig (Maurer).

Ceraslium latbifolium L. (S. 33). Stellenweise bis in die mittlere Region herab: Geröll am Fuss des Lohner bei Adelboden, e. 1600 ®! |

Linum alpinum Jaeg. var. montanum Koch. (S. 34). An der Ostseite des Niederhorngrats bei Boltigen gegen die Urscheralp, von c. 1850—1950 ® (Maurer); Feissenberg bei Lauenen, 1600—1700 m (Ed. Fischer). #

Tilia parvifolia Ehrh. (S. 35). Häufig am Haäsleberg mit ; Acer Pseudoplatanus und Fagus silvatıca, kleine Wäld- chen bildend, bes. von 900—1200”, in einzelnen Exem- plaren bis c. 1340 ®! |

Acer Pseudoplatanus L. (S. 35). Im Gebiet der Boltigen- klus in verkümmerten Exemplaren bis e. 1800 ® ansteigend (Maurer).

EN

Fitis vinifera L. (S. 36). Ausser den angegebenen noch einige | kleinere Weinberge bei Riederen oberhalb der Einigen- Spiez-Strasse.

@Geranium sangwineum L. (8. 37). Auf Nagelfluh zwischen Gunten und Merligen!

Geranium pyrenaicum L. (S. 37). Im Klusgebiet (von Bol- tigen) bis in die höhere Region aufsteigend (Maurer).

Anmerkung. Erodium moschatum. Vereinzelt in Ober- hofen! und bei Häusern von Blumenstein (F. v. Tavel). Im nördlich angrenzenden Hügelland bei Gwatt! Gurzelen !

Impatiens Noli-tangere L. (8. 38). Im Gadmenthal und im Engstligenthal oberhalb Frutigen, bei 1150 X! Reidenbach

und Schwarzenmatt im Simmenthal (Maurer).

Ozxalis Acetosella L. (S. 38). Selten bis in die höhere Region: Hohgant, bei c. 2000 ® (v. Rütte).

Evonymus latifolia Scop. Zweilütschenen, am Fuss des Männ- lichen (Howald). Ononis repens L. (S. 39). Bruchberg bei Boltigen, bis ce. 1550 ® (Maurer). -. Medicago falcata L. Simmenthal, zwischen Reidenbach und Weissenbach (Maurer). Ebenda Medicago sativa x falcata (M. media Pers.) (Maurer). Trifolium rubens L. (S. 40). Auch im Simmenthal: Bol- tigenklus und auf Reidigalp bis 1700 ® (Maurer).

Trifolium ochroleucum L. Häufig auf der Eggweide über Schwar- zenmatt und auf der Haltenallmend gegenüber Weissenbach im Obersimmenthal (Maurer). Ozxytropis Halleri Bunge. (8. 42). Reidigalp im Obersimmen- thal bis 1500 ® herab (Maurer). Astragalus glyeyphyllus L. (S. 43). Schiltwald bei Wengen (F. de Rougemont) ; Adelboden bei ec. 1370% ! - Astragalus depressus L, Auf Schutt in der Boltigenklus und 3 unter dem Kienhorn (Maurer); zwischen Klusalp und Rei- | digalp (Dr. Dutoit).

u

.Hedysarum obseurum L. (8. 44). Selten bis in die mittlere . Region herab. Geröll am ‘Fuss des Lohner bei Adelboden ce. 150021

Vieia silvatica L. (S. 44). Bis in die höhere Region anstei- gend: Bürglen und Stierengrat bei 1900% (Maurer).

-- Lathyrus silvestris L. (8. 45). Hohfluh (Hasleberg) bei

1200=! Gadmenthal unterhalb Mühlestalden! Zwischen

Oberwyl und Weissenburg (Maurer).

Lathyrus heterophyllus L. (S. 45). Ausser dem angegebe- 3

nen Standort noch auf Geröllhalden zwischen Waldried und Alpligen bei Oberwyl, bis ec. 1550” (Maurer).

Lathyrus luteus @renier. (S. 46). Im Klusgebiet von Boltigen an mehreren Stellen, Wallopalp, Reidigalp, Bäderhorn u. A. (Maurer).

Spirea Ulmaria L. (S. 47). Am Bruchberg bei Boltigen bis in die mittlere Region, c. 1500% (Maurer).

Potentilla grandiflora L. (8. 50). Auch an der Stockhorn- kette: Wallopalp, zwischen Stierengrat und Kaisereggschloss (Maurer).

Rosa rubiginosa L. (S. 53). Obersimmenthal, an ınehreren

Stellen in der Gegend von Schwarzenmatt, Weissenbach + -

(Maurer). Rosa sepium Thurll. (S. 53). Ebenso (Favrat). Crategus oxyacantha L. (8. 54). Adelboden (1350 ®)! Grategus monogyna Jaeg. (8. 54). Hasleberg (1200%)!

Cotoneaster vulgaris Lindl. (S. 54). Selten in der höhern Region: Bäderhorn (Obersimmenthal) bei ec. 2000% (Maurer).

. Aronia rolundifolia Pers. (S. 55). Wie vorige (Maurer).

Sorbus Chamwamespilus Graniz. (8. 56). Eine Abart mit |

unterseits filzigen Blättern (S. Aria x Chamwmespilus 2) im Sulwald ob Isenfluh (F. v. Tavel).

Epilobium spieatum Lam. (S. 56). Sustenstrasse unterhalb Stein und am Uebergang zwischen Adelboden und Lenk bei .c. 1850. %.!

a eh a U u R EEE TOR RE

RAR. ER

Epilobium Duri@i Gay. Winteregg bei Mürren (@remli Excur-

sionsflora, Ed. IV).

Oenothera biennis L. (S. 57). Spiez! Glütsch! An der Simme

bei Weissenbach (Maurer). Hippuris vulgaris L. (S. 58). Bei der Ruine Weissenau un- weit Interlaken (F, v. Tavel).

- Myricaria germanica Desv. (S. 58). Gadmenthal unterhalb

Nessenthal ec. 900%! In kleinen vereinzelten Exemplaren im Geröll am Fuss des unteren Grindelwaldgletschers (6,1000)!

Ribes Grossularia L. (S. 61). Selten in der mittleren Re- gion: Wallopalp bei 1700 % (Maurer); Südseite des Nünenen- grats (Ap. Schneider).

. Sawifraga muscoides Koch. (S. 64). Am Bäderberg und

Krachihorn (Obersimmenthal) bis in die mittlere Region herab (Maurer).

Sazifraga planifolia Lap. (S. 64). Sulegg (Ap. Schneider);

Rawyl in der Nähe des Rothhorns und Rohrbachsteins (Dr. Fankhauser).

Saxifraga stenopetala Gaud. Am Fuss des Rothstocks und am

Fallbodenhubel unweit der kleinen Scheideck (F. de Rouge- mont). Eine Pflanze der östlichen Alpenkette. Astrantia minor L. (S. 66). Auf Gneissfelsen im Gadmen- thal von Innertkirchen (626) bis auf den Susten (2262 ®) stellenweise häufig! Vorzugsweise auf quarzreichem Ge- stein; Sattelluh am Hasleberg zum Theil auf erratischem Terrain und daselbst seltener auf (von Erde schwach be- deckten) Kalksteinblöcken oder auf Haideboden ! Bupleurum stellatum L. (S. 67). An Gneissfelsen bei Gad- men, 1230” und über der Passhöhe des Susten c. 2280 =! Peucedanum Gervaria Lap. (S. 69). Auch unterhalb Mer- ligen in lichtem Wald auf Nagelfluh-Untergrund! Peucedanum austriaeum Koch. (S. 69). Auch in der Bol- tigenklus und an der «dürren Fluh.» auf Fluhalp ce. 1600% (Maurer). Bern. Mittheil. 1882. Nr. 1031.

BRRIR Wen

Imperatoria Ostrulhium L. (8. 69). An der Stockhorn- kette und am Ganterisch (Dr. Lutz); im Gebiet der Bol-

tigenklus in der mittleren und oberen Region stellenweise

häufig (Maurer).

Laserpitium latifolium L. (8. 70). Auf Nagelfluh zwischen Gunten und Ralligen! Am Bäderhorn im Obersimmenthal bis über 1800" (Maurer). Die im Verzeichniss enthal- tene Angabe «am Bürglen » bezieht sich auf L. Siler.

Laserpitium Sder L. (S. 70). Ebenfalls bis in die höhere Region ansteigend : Am Stierengrat im Gebiet der Boltigen- klus bis 1900 ® (Maurer).

Hedera Helix L. (S. 71). In der Boltigenklus in kräftigen, reichlich blühenden Exemplaren bis 1250 ® (Maurer).

Cornus sanguinea L. (S. 72). Lauterbrunnen und Hasleberg bis über 1000"!

Linnza borealis L. Im Tannenwald am Fuss des Engstligenfalles bei Adelboden. (Schuppli im Jahrbuch des schweizerischen Alpenelubs, Jahrgang 1877—78, p. 582.)

Galium verum L. (8. 74). Im sog. „Garten“ der Reidigalp bei Boltigen bis über 1800 (Maurer).

Anmerkung: Asperula glauca Bess. In vereinzelter Kolonie in der Kohlerenschlucht bei Thun (Howald).

Valeriana saliunca All. Gallitenfluh zwischen Richisalpscheibe und Widdersgrind (Stockhornkette), 1975— 2025 (Maurer). Eine seltene, in der Schweiz bisher nur an wenigen Standorten der benachbarten Freiburger- und Waadtländer- alpen, sowie im Wallis gefundene Pflanze.

Adenostyles leucophylla Rchb. Roththal an der Jungfrau in der Nähe der Klubhütte (Ap. Schneider).

Petasites niveus Baumg. (S. 78). Im Geröll der Simme

oberhalb Wimmis bei e. 630"!

Aster alpinus L. (S. 78). Selten bis in die mittlere Region herab : Felsen der Boltigenklus bei e. 1300” (höhere Exem* plare mit längeren Randblüthen) (Maurer), Mit weissen

u. %

he ne Al uch Aut

re Di de nn ed Zan

BER 3 Aa

Randblüthen am Ganterisch (Ap. Schneider), ebenso am Bürglen (Maurer),

Erigeron alpinus L. (8. 79). Selten bis in die untere Re- gion herab: Halgenfluh am Brünig bei 1250"!

Erigeron glabratus Hoppe et Hornsch (8. 79). Wie vorige: Boltigenklus bei 1100” (Maurer).

Achillea Ptarmica L. (S. 83). Auch im Obersimmenthal am Siriamenschuss bei Lenk (F. v. Tavel) und in Abländschen (Pf. Schneider).

Achillea macrophylla L. (S. 83). Am Uebergang zwischen Adelboden und Lenk (ec. 1850”)! A. macrophylla x moschala Rxterichsboden im Oberhasli (Ap. Schneider).

Aronieum scorpiordes Koch (8. 85). Selten bis in die mittlere Region herab : Gadmenthal unterhalb Wendenalp ce. 1450"! Geröll am Fuss des Lohner bei Adelboden e. 1600"!

Senecio aurantiacus D.C. (S. 86). An der Stockhornkette ausser den angegebenen Standorten noch am Kaiseregg- schloss und Widdergalm (Maurer). Elsighorn bei Frutigen (Schuppli).

Senecio viscosus L. (S. 86). Im Klusgebiet bei Boltigen an mehreren Standorten, am Bäderhorn bis c. 1750" (Maurer).

Cirsium heterophyllum All. (S. 87). Zwischen Guttannen und Handegg (v. Rütte); Gadmen, am linken Ufer des Gadmer- wassers! Daselbst auch C. heterophyllum x oleraceum I!

Saussurea discolor D.C. Stockhornkette am Fuss des Bürglen- stocks, in wenigen Exemplaren (Dr. Dutoit).

Aposeris feetida Jess. (S. 90). Sehr häufig in den Wäldern um Adelboden und bis auf die Höhe der Hahnenmöser c. 1850"! Im Gebiet der Boltigenklus, am Rothenkasten bis 2200” (Maurer).

Laetuca perennis L. (S. 92). An Felsen der Boltigenklus bis ec. 1300 (Maurer).

Mulgedium alpinum Less (S. 92). Brünig, im Wald gegen Hohfluh! Gadmen! Adelboden gegen die Hahnenmöser!

ET

Crepis hyoseridifolia Tausch (8. 93). Auch an der Stock- hornkette: Richisalpscheibe zwischen Widdergalm und Ochsen (Maurer).

Hieracium aurantiacum L. (S. 94). Hahnenmoos zwischen Adelboden und Lenk!

Hieracium sabinum Seb. et Maur. Reidigalp gegen den « Garten » circa 1860 (Maurer). Hieracium Pseudo-Cerinthe Koch (8. 95). ‚In den Felsen um die Boltigenklus ziemlich häufig (Maurer).

Hieracium bernense Ghristener (S. 96). Oeschenensee und Kandersteg (Gremli Exc. Flora, Ed. IV).

FHieracium pseudoporreetum Chrisiener (8. 97). Oberhalb Iseltwald gegen das Schwabhorn; im Lauterbrunnenthal (Sulsalp, Gimmelwald, Steinbergalp) und an der Südseite des Ganterisch (Ap. Schneider).

Hieracium intybaceum Jacg. (S. 98). Moräne des Trift- gletschers an der Windegg (1950 ®) !

«+ Jasione montana L. Sigriswyl am Margel, in Alnus viridis- Gebüschen, e. 1100” (F. v. Tavel). Phyteuma betonicefolium Vrll. (S. 99). Auch an der Stock- hornkette : Boltigenklus, Wallopalp, Reidigalp (Maurer). Gampanula thyrsoidea L. (S. 100). Unter dem Kienhorn bei Boltigen vereinzelt bis ec. 1100 ”* herab (Maurer). . Campanula glomerata L. (8. 100). Am Rothenkasten bis über 2100 = (Maurer).

Andromeda polifolia L. (S. 102). Torfmoor unweit der Hah- nenmöser zwischen Adelboden und Lenk (Dr. Fankhauser).

Erica carnea L. (S. 102). Adelboden auf Felsblöcken unter- halb der Engstligenfälle !

Rhododendron ferrugineum L. (S. 103). Auch auf Gyps- boden auf dem Grat zwischen Langeneck und Wirtneren !

Rhododendron hirsutum L. (S. 103). Ebenso.

Pirola uniflora L. (8. 104). Auch im Adelbodenthal an mehreren Stellen !

Me 13 w%

Vinceloxwicum offieinale Mönch (8. 105). Reidigalp bei Bol- tigen bis 1450 (Maurer). Auf Nagelfluh zwischen Gunten und Ralligen!

Vinca minor L. (8. 106). Häufig im unteren Theil des Klus- gebiets bei Boltigen (Maurer).

Gentiana purpurea L. (S. 107). Bei Gadmen bis c. 1200 herab !

Gentiana punctata L. (S. 107). Susten (Schuppli).

Gentinna ulrieulosa L. (S. 108). Grubenwald im Simmen- thal (Gempeler).

Gentiana ceiliala L. (S. 109). Am Stierengrat und Widder- galm (bei Boltigen) bis 1900 * (Maurer).

Echinospermum defleeum Lehm. (S. 110). Bei Adelboden unter einem überhängenden Felsblock, mit Asperugo pro- cumbens !

Symphylum offieinale L. (8. 110). Beatenberg (1150 ®) (Hügli). Unterhalb Frutigen (mit gelblicher Blüthe)!

Solanum Dulcamara L. (S. 112). Am Wengernalpweg über Wengen bei ce. 1500" (F. de Rougemont).

Physalis Alkekengi L. (S. 112). Oberhalb Ringgenberg bis über 1000", stellenweise häufig !

Veronica spicata L. (8. 116). Häufig auf der Reidigalp bei Boltigen und am südlichen Fuss des Ryprechtengrats zwi- schen der Ryprechtenalp und dem Ochsen (Maurer).

Tozzia alpina L. (S. 117). ‚Im Gebiet der Boltigenklus im „Bärleiteri* über dem vorderen Wallopsee und auf der Nord- seite der „dürren Fluh“ gegen die Reidigalp (Maurer).

Pediceularis Barrelieri Rehb. (S. 118). Stiegelschwand bei Adelboden (Ed. Fischer); Iffigen und Metschberg bei Lenk (Dr. Fankhauser) ; Reidigalp und Rothenkasten (Maurer).

Pedieularis palustris L. ($. 118). Bruchberg bei Boltigen, bis gegen 1550 % (Maurer).

Pedieularis foliosa L. (S. 118). Schwarzenmatt bei Boltigen (Maurer) und im Rufigraben (Nordseite. der Stockhornkette) bis gegen ce. 1000” herab,

Lathrea Squamaria L. (S. 120). Suldthal bei Mühlenen.

ENT N Sie? -

Orebanche elatior Sutton. Auf Gentaurea Scabrosa am Fuss des Kienhorns oberhalb Schwarzenmatt bei Boltigen und in den Schafflühen zwischen Dubenthal und der Alp Ramseren

(Maurer). Orobanche Laserpitii-Sileris Rapin. An denselben Standorten, auf Laserpitium Sidler. (Maurer). Eine auf Peucedanum

austriacum am Fuss des Kienhorns von Maurer gefundene Orobanche bedarf noch weiterer Beobachtung. Origanum vulgare L. (8. 122). Am Rothenkasten im Ober- simmenthal, bis 2000” (Maurer). Stachys reeta L. (8. 124). Reidigalp bei Boltigen, bis 1650 ® (Maurer), Teuerium Botrys L. ($. 125). Aecker bei Riederen zwischen Einigen und Spiez! Lysimachia nemorum L. (8. 126). Am Wengernalpweg über Wengen bei c. 1700 ®! Soldanella pusilla Baumg. (S. 129). Susten, unweit der Passhöhe (2200—2260 ") ! @Globularia cordifolia L. (S. 130), Auch auf Eisenstein- blöcken bei Schiltwald im Lauterbrunnenthal! Plantago media L. (S. 130). Mettlenalp bei Wengernalp und Balisalp am Hasleberg, bei c. 1700"! e + Ghenopodium hybridum L. Niederried am Brienzersee, vereinzelt bei Häusern ! Daphne alpina L. (8. 134). In den Bufeliflühen bei Rei- denbach im Obersimmenthal, bis 1700 = hinauf (Maurer). Anmerkung. Mercurialis anmua L. Vereinzelt auf Schutt bei Spiez! e . Betula pubescens Ehrh. Hasleberg oberhalb Hohfluh, bei c. 1400! Salöx helvetica Vill. (S. 141). Schiltalp bei Mürren ! Triglochin palustris L. ($. 143). Artelen bei Engstligen- alp, bei ce, 2000"! Lemna minor L. (8. 144). Auch in der mittleren Region: Im sog. «See» auf dem Bruchberg bei Boltigen, 1506 = (Maurer),

. } u >40 . r £ a 4 % w & a nn na a a al Be a album Di a ma Aal a nn up un Sn nl hu a

=

J >

r

|

a eng

SER ; Tr

Sparganium minimum Fr. (8. 145). Tümpel bei Käserstatt am Hasleberg, 1830" !

Orchis pallens L. (S. 146). Stiegelschwand bei Adelboden, am Fuss des Albrist, e. 1750” (Ed. Fischer).

Platanthera bifolia Rich. (8. 147). Im Oberland auch häufig auf Voralpenwiesen.

Ophrys muscifera Huds. (S. 147). Oberhalb Adelboden, bei c. 1400 =!

Ophrys apifera Huds. (S. 148). Eggweid bei Schwarzen- matt (Maurer),

Epipogon aphyllus Sw. (8. 149). Gündlischwandwald und oberhalb Sengg am Brienzersee (Ap. Schneider).

Neottia Nidus avis Rich. (S. 150). Adelboden bei e, 1400"! Nüschleten bei Boltigen bis e. 1650” (Maurer).

Spiranthes estivalis Rich. (8. 150). Auf Sumpfwiesen unweit der Ruine 'Weissenau (E. v. Fellenberg).

Spiranthes autumnalıs Rich. (8. 150). Reidenbach bei Boltigen (Maurer).

Corallorrhiza innata R. Brw. (S. 151). Kandersteg gegen die Gemmi! Am Oeschenensee! Adelboden an mehreren Stellen! Im nördlich angrenzenden Gebiet im Gurnigel- wald (Ap. Schneider).

Gypripedium Calceolus L. (8. 151). Sigriswyl, Spiez und zwischen Interlaken und Habkern (Dr. Lutz); Justisthal (F, v. Tavel).

Leucojum vernum L. (8. 152). Bäderalp (bei Boltigen) bei 1700 (Maurer),

Sireplopus amplexifolius D.C. (8. 153). Boltigenklus (Maurer),

Anthericum ramosum L. ($. 155). Im Simmenthal bisher nur zwischen Wimmis und Erlenbach (Dr, Lutz), und am Fuss des Krachihorn bei Schwarzenmatt, ec. 1500 % (Maurer) an- gegeben.

Paradisıa Liliastrum Bertol. (S. 155). Susten (Schuppli); Schleif bei Wengen (F. de Rougemont); Mürrenberg! Stiegel-

N

schwand bei Adelboden ce. 1700 % (Ed. Fischer); Bäderhorn und Reidigalp bei Boltigen (Maurer).

Allium sphaerocephalum L. (S. 157). Auch an der Stock- hornkette: Boltigenklus (Maurer); Südseite des Ganterisch (Dr. Dutoit).

Hemerocallis fulva L. (S. 157). Am Thunersee zwischen Neuhaus und Weissenau, vereinzelt (Ed. Fischer).

Juncus filiformis L. (8. 159). Zwischen Gadmen und Stein- alp, e. 1550 %! Hahnenmoos, zwischen Adelboden und Lenk, 1350 m1

Schoenus ferrugineus L. (8. 161). Bis in die höhere Re- gion: Planplatte am Hasleberg, 2100” (Lehrer Fankhauser).

Seirpus compressus Pers. (8. 162). Unterhalb Mettlenalp (bei Wengernalp), bei c. 1700"!

Garex paueifiora Lightf. (8. 164). Häufig auf Sumpfboden am Feldmooshubel zwischen Gadmen und Steinalp e. 1550 m!

Garex alrata L. (S. 166). Selten in der mittleren Region: Am Fuss des Lohner bei Adelboden, bei e. 1600"!

Garex tomentosa L. (8. 167). Obersimmenthal, zwischen Boltigen und Garstatt (Maurer).

Galamagrostis Halleriana D.C. (8. 171). Seeburg bei Zwei- simmen (Maurer).

Triodia deeumbens Beauwv. (S. 174). Gadmenthal am Aus- gang der Triftschlucht, e. 1000 m! Schleif bei Wengen, ec. 1200 m!

Glyceria fluitans R. Brw. (8. 176). Bis in die höhere Re- gion ansteigend: Wengernalp bei 1900"!

Tritieum caninum Schreb. (S. 179). Gadmen 1100=! Nü- schleten im Obersimmenthal bei 1500”= (Maurer),

Secale cereale L. (S. 179). Am Hasleberg oberhalb Hohfluh, vereinzelte kleine Aecker bis ec. 1350 m!

Pinus montana Miller. (S. 182). Wengernalp in verkümmer- ten Exemplaren bis c. 2000”! Gemmi über Schwarrenbach, bis e. 2100m1 |

°

nana Willd. (S. 183). Seltener in der mittleren Region. Am nördl. Fuss der Stoekhornkette zwischen Ober- und Unterwirtneren, ce. 1400"! Ba Taxus baccala L. (8. 183). Boltigenklus an der Rothenfluh, - vereinzelt bis 1450 ® (Maurer).

_ Lycopodium inundatum L. Auf einer sumpfigen Stelle der Wenden- IR alp bei Gadmen, e. 1540m!

E Ophioglossum vulgatum L. (S. 185). Auch im Simmenthal HR . bei Weissenbach (spärlich) (Maurer), } Woodsia hyperborea Koch. Var. arvonica. (8. 190.)

Gadmenthal an einer Mauer (Gneiss), zwischen Schaftelen und Unterfuren, in wenigen Exemplaren !

Berichtigungen zum ‚‚Verzeichniss‘‘ von 1875.

8.25 Zeile 1 von oben, S. 37 Zeile 18 von oben und 8. 72 Re: Zeile 12 von unten lies Reidenbach statt Reichenbach. E: 8. 54 Zeile 16 von oben lies Fries statt Frin. Beeena513 » Fiseher-Ooster statt Maurer.

nn Es: A edire » fehlt das Zeichen *.,

# Pa 2898 5,2 10°,» unten: lies’ Su statt,

ae

E75 Bern. Mittheil. 1882. . Nr. 1032.

Prof. Th. Studer. Geologische Beobachtungen im (Gebiete des Schwarzhornmassivs,

Vorgetragen in der Sitzung vom 14. Januar 1882.

unnunnnn

Hiezu drei Profile.

Ein Ferienaufenthalt in der Pension Axalp über dem

Südufer des Brienzersees in 1500 Meter Höhe veranlasste die vorliegenden Mittheilungen. Sind die mitgetheilten Beobachtungen auch geringfügiger Natur, so mögen sie doch vielleicht Manchem als Beitrag zur geologischen Kenntniss des so complieirten Schwarzhornmassivs von einigem Interesse sein.

Die Pension Axalp liegt auf einer Vorterrasse des steilen Gebirgshanges, der vom Brienzersee bald in wald- bewachsenen Abhängen, bald in grasigen Halden zu den schroffen Felskämmen des Axalphorns und Tschingels hinaufzieht. Unser Terrain ist auf dieser Terrasse, die sich sanft nach Nord neigt, grasreiche Alpen bildend, wohl begrenzt. Nach West bildet seine Grenze die tiefe Giessbachschlucht, durch welche der Giessbach in schäu- mendem Laufe zu Thale strömt, um bald seine klassischen Fälle bis zum Seebecken zu bilden, nach Ost senkt sich

EN EHEN GERr WIESEN ee a

A

die Terrasse, sich verschmälernd, zu einem Thalkessel, der den dunkle Tannen spiegelnden klaren Hinterburgsee birgt, dessen Ostufer von der steilen Felswand des Oltschi- kopfes begrenzt wird. Nach Süden steigen waldige Abhänge, tannenbewachsen, steil empor, um noch einmal

_ auf eine grasige Alpterrasse in 1700—1750 Meter Höhe zu führen, die die Alpen des Krautmätteli und der Küh- mad trägt. Von da erhebt sich nun, Gipfel von 2315 bis 2327 Meter Höhe bildend, die erste Vorkette des Schwarzhornmassivs in steilen Felswänden, die Axalpburg, der Tschingel und das Axalphorn, letzteres durch einen schmalen Sattel, der den Hintergrund des Hinterburgsees bildet, mit dem coulissenartig vorgeschobenen Felskopf des Oltschikopfes verbunden.

Diese Vorkette, welche nach Nord bis auf 1900 Meter in fast senkrechten Felswänden abfällt, zeigt nach Süden einen grasigen Abhang von 30—40° nach dem Olt- scherenthal mit dem Oltschibach nach Osten und dem wilden Lütschenthal nach Westen, beide getrennt durch einen Nord-Süd verlaufenden Grat, das Grätli, 2178 Meter, das sie mit den nun sich aufthürmenden Felsgipfeln des Garzenscheer, Schwarzberg, 2760 Meter, Gerstenhorn, 2608 Meter, Wildgerst, 2892 Meter und Gersten, 2786 Meter, verbindet ; letzteres zeigt seine Fortsetzung in der Hundsfluh, welche den Kamm bis zum Faulhorn fort- setzt. Erst die letzteren bieten in nächster Nähe einen Ueberblick über die firnbedeckten Könige unsrer Berner- alpen, auf der Vorkette zeien sich nach Süden nur schroffe Felsgipfel und steinige besäte Thäler, während nach Osten der Blick über das liebliche Seegebiet der Ostschweiz und die Firnen des Titlis und der angrenzen- den Gipfel schweift.

Dem Naturforscher und Naturfreund bietet der Auf- enthalt in der erfrischenden Bergluft unendlich viel an Interessantem. Für den Botaniker ist das Schwarzhorn- massiv von jeher ein Anziehungspunkt gewesen und der Zoologe wird nicht minder seine Rechnung finden. |

Eine kurze Stunde Steigen bringt ihn von Axalp in die Region der Hochalpenfauna. In dem steinreichen Lütschenthal empfängt ihn der Ruf des rothbrüstigen Alpenflühvogels, sein Fuss stört das Steinhuhn oder ein Schneehuhn auf und aus den Felsen tönt der schrille Pfiff des Murmelthiers. Hinter einem Felsblock versteckt, kann er die zierlichen Thiere in voller Thätigkeit beobachten. Oder lockt ihn die niedere Thierwelt, so bietet der Hinter- burgsee mehr des Interessanten, als sich in kurzer Zeit bewältigen lässt. Das Westufer senkt sich sanft nach der Tiefe des Sees zu, Baumäste sind durch die Strö- mung nach dem unterirdischen Abfluss an dem Nord- westende getrieben.

Hier haften zahlreiche Sumpfschnecken, Limneus palustris, und die Röhrengehäuse der Phryganidenlarven und dazwischen tummeln sich Wasserkäfer aus der Gat- tung Agabus. In den Chara und Potamogetonwiesen wei- det Planorbis contortus Müll. und Valvata obtusa, während an den Stengeln der Pflanzen ganze Golonien des zier- lichen, gestielten Infusors Carchesium polypinum Ehbg sich angesiedelt haben. Dem unbewaffneten Auge wie Schimmel erscheinend, enthüllen sie unter dem Microscope die ganze Schönheit und Zierlichkeit ihres Baues.

Hier zeigt auch das Microscop eine Fülle von ungeahn- ten Lebensformen, von der langsam fliessenden Ameba princeps Ehbg und der Dactylospheria radiosa Perty, den kriechenden Euplotes bis zum leicht beweglichen

Stentor und den flimmernden Räderthieren.

ar 37; ra

Das Ostufer birgt aber noch andere Schätze. Ein steiler Abhang, mit Steinblöcken, welche von der dicht dahinter ragenden Felswand sich abgelöst haben, säumt es, dunkle Tannen, welche zwischen den moosbewachsenen Blöcken Wurzel gefasst, wehren den Sonnenstrahlen. Heben wir einen Stein aus dem Wasser, so finden wir auf ihm das zierliche Astwerk einer Colonie von Feder- buschpolypen (Plumatella repens) ausgebreitet, deren Be- wohner, ihre zierlichen Fiederarme, an das Licht geho- ben, rasch in die schützende Chitinhülle ihrer Röhren zurückziehen. Oder wir finden, am Steine haftend, un- scheinbare rothe, schleimige Pünktchen, die, wieder in Wasser gesetzt, sich in schlauchförmige achtarmige Polypen verwandeln, die Hydra sanguinea.

Die Herrscher des Sees aber repräsentiren die Barsche, die vor fünfzig Jahren aus dem Brienzersee hierher verpflanzt, fröhlich gedeihen. Sattere Farben, dunklere Streifen, röthere Flossen hat das hier in der Höhe inten- siver wirkende Sonnenlicht bei ihnen nach Generationen bewirkt. Den Laich heften sie an die dem Abfluss des Sees zutreibenden Zweige, wo stärker strömendes Wasser, sauerstoffreich, die Entwicklung befördert.

Suchen wir auf dem Lande, wenn strömender Regen das Moos schwellt, so treffen wir, im Grase dahinkriechend, in dem schwarzen, feuchten Moorboden kaum zu unter- scheiden, den schwarzen Alpenmolch Salamandra atra Laur. Vom Regen hervorgelockt, die schwarze Nackt- schnecke Arion ater. Unter feuchten Rinden, nicht gerade häufig, die Vitrina pellucida Drap., Helix cellarıa Müll. und Bulimus lubricus Müll., während überall in Pflanzen und Bäumen die Helix arbustorum var. alpestris ihren schwarzen Körper ausstreckt. An Rinden und Steinen finden wir auch wohl die Helix sericea Drap., edentula

Drap., celata Stud., während an den Felsen die Aelix rupestris Drap. und Clausilia plicatula ihre Flechten- nahrung aufsuchen.

Doch wenden wir uns zu den geologischen Verhält-. nissen unsres Gebietes, drängen sich doch im Anblick dieser

steilen Felshörner, der nackten Gräte die Fragen nach ihrer Entstehung und Zusammensetzung geradezu auf. Zunächst ist es das Vorhandensein von Felsarten, welche, diesen Ketten von Kalk- und Schiefergesteinen nicht angehörend, von dem alten Aargletscher durch das vor- gebildete Längsthal aus dem Gebiete der Centralalpen hierher verschleppt wurden. Steigen wir vom Giessbach- hötel durch den Wald nach Axalp empor, so treffen wir überall mächtige Blöcke von Eisenstein, Granit, Gneiss und krystallinischen Schiefern, welche dem Gebiete der Grimsel und ihrer Umgebung angehören; auf der ersten

Ferrasse, welche wir im Aufsteigen erreichen, in eirea

1250 Meter beim Brandwald, finden wir grosse Blöcke von diesen Gesteinen liegen. Auf dem von hier aus steil ansteigendem Weidhänge und Walderund lassen sich keine fremden Gesteine mehr wahrnehmen. aber auf der Ter- rasse des Hüttbodens und der Schyburg, überall um das

Pensionshaus von Axalp in 1500 Meter Höhe liegen die

glacialen Geschiebe theils zerstreut in den Matten, theils in den zahlreichen Grenzmäuerchen, welche die einzelnen Besitzthume einfassen. Gleich vor dem Pensionshause auf dem einzigen ebenen Platz, welchen die Curgäste so gern am Abend zu Spaziergängen oder Spielen benutzen, liegt halb vergraben ein grosser Granitblock aus dem Grimselgebiet, über den schon mancher im Fangspiele stolperte, ohne zu wissen, dass hier ein Wahrzeichen auf- gerichtet ist, welches zeigt, dass einst eine Eismasse, die Blöcke tragend, eine Mächtigkeit vom Brienzersee

Eu = - 4 ie £ u De a De ie hal 1 A

Er

a ie ie a 1 SER a an ee a er ig Zac

u

bis hier herauf hatte. Wenige Schritte westlich vom Pensionshause liegt eine grosse Felstafel aus Eisenstein, welche vom obern Theil des Haslithales stammt.

Im Allgemeinen sind die Gletschergeschiebe spärlicher vertreten und kleiner, als weiter unten, was anzudeuten scheint, dass der Gletscher nur vorübergehend und viel- leicht sich auskeilend diese Höhe erreichte, dass nament- lich die grosse Seitenmorraine diesen Rand nicht mehr berührte.

Folgendes sind die Felsarten, welche ich in der durch- schnittlichen Höhe von 1500 Meter sammeln konnte. Die genaue Bestimmung derselben verdanke ich Herrn E. v. Fellenberg.

Gneissgranit von der Grimsel. Grauer Gneiss von der

nördlichen Gneisszone (Schreckhornkette, Wetterhorn,

Dossenhorn, Rosenhorn). Grauer Gneiss vom oberen Gauligebiet. Grobflasriger Gneiss, in Augengneiss über- gehend, vom Nägelisgrätli. Dichter grüner, quarzführender Felsitschiefer, roth verwitternd, aus der Zone der grünen Schiefer vom Fieschergrat, Rizlihorn. Eisenstein aus dem Rosenlauigebiet.

Es lehrt uns die Beobachtung dieser Gletscherablage- rungen, welche sich vom Thal aus bis in diese Höhen ver- folgen lassen, dass das Muldenthal des Brienzersees schon vor dem Eintritt der Glacialzeit existirt hat. Daraus lässt sich folgern, dass das Eis, welches sich durch das verhältnissmässig enge Thal drängte, die ungeheure Mäch- tigkeit von 1285 Meter gehabt habe, die durchschnitt- liche Höhe des Brienzerseegrundes über dem Meere auf 315 Meter angenommen. Man begreift dabei, dass diese Eismasse, sich in die Ebene ergiessend, über ein weites Areal sich ausdehnen musste.

Nach einer Mittheilung von Herrn Professor Bach- mann liegt die obere Blockgrenze auf dem Südufer des

Brienzersees tiefer, was schliessen lässt, dass die Südseite des Gletschers, welcher in einem Thale dahinfliesst, stärker abgeschmolzen ist als die Nordseite, die sich an eine höhere Thalwand anlehnte.

Die Grundlage der Axalpterrasse und der dahinter sich erhebenden Ketten bilden Kalk und Schiefer. Der Kalk ist von grauer Farbe, dicht und spröde, klingend beim Anschlagen und zerspringt leicht in eckige, scharf- kantige Stücke. Sein Kieselgehalt zeigt sich daran, dass einzelne Stücke am Stahl funken und ab und zu kleine Knauer von Hornstein ausgeschieden sind. Dieser Kalk steht unmittelbar über der Axalpterrasse an und bildet den Boden für den Hochwald, durch den sich der steile Pfad zur darüber liegenden Terrasse in 1700 Metern Höhe heraufzieht. Gegen die Giessbachschlucht fällt dieser Kalk in senkrechten Wänden ab. Steigt man vom Hütt- boden durch den Wald empor zur Hütte von Obstalden, so gelangt man, sich östlich wendend, auf welligem, sanft geneigtem Terrain nach den Alpen des Krautmätteli, und einen felsigen Vorsprung, welcher in diese Terrasse vom Axalphorn aus hereinragt, übersteigend, auf die gras- reiche Alp des Urserli. Auf diesen Alpen schiessen Gras und Kräuter üppig empor; in Vertiefungen sammelt sich das Wasser zu Tümpeln und Teichen. Alles deutet darauf. dass wir uns hier auf einem andern für das Wasser weniger durchdringbaren Boden befinden, und eine Unter- suchung zu Tage tretender Gesteine zeigt auch, dass wir hier ein schmales Band von sandigem, leicht verwittern- dem Schiefer unter uns haben, der nach Süden unter die Hörner des Tschingel einfällt; das Felsband, das sich unmittelbar darüber erhebt, besteht wieder aus grauem Kalk, ist aber nur in dem Felsvorsprung zwischen Kraut- mätteli und Urserli deutlich, weiter westlich dagegen

Ka Er ea a Fr

% e “, = in t Fr ak nr a naar Binn & eh 2 un

De

BERREN) mN LEN

unter Schutt verborgen, der eine reiche Alpenflora, dar- unter Erlengebüsch, Alnus viridis, trägt. Da, wo der Fel- sen sich vorschiebt, sieht man deutlich südeinfallende Kalkbänke, welche nach Norden ein Gewölbe bilden; man sieht die Schichten bogenförmig gekrümmt, den Gipfel des Gewölbes nach Nord gerichtet. Ueber dem Kalk tritt in 1830 Meter wieder Schiefer auf, am besten ent- wickelt am Fusse der Tschingelwand in der Windeck und den Schlafbühlen, wo er sich bis 1920 Meter Höhe ent- wickelt zeigt. Der Schiefer ist bröcklig und sehr sandig, mit Quarzkörnern und enthält ab und zu kleine glashelle Berskrystalle mit doppelter Pyramide. Darüber nun stehen in schroffen, oft senkrechten Wänden die grauen Kalke der Axalpburg, des Tschingels und Axalphorns, die ver- witterten und zerklüfteten Schichtenköpfe nach Nord keh- rend. Erreicht man, von Westen her ihren sanfteren Abfall erklimmend, die bis 2327 Meter sich erhebenden Gipfel, so sieht man sie in grasbewachsenen Halden nach dem Lütschenthal und dem Oltschithal mit 30—40° Nei- gung abfallen.

Im westlichen Theile des Gebiets, an der Axalpburg und Tschingel, sind es die Kalkplatten, von circa 1 Meter Mächtigkeit, welche nach dem Lütschenthal zufallen, weiter östlich aber lagern über dem Kalke sandige Schie- fer von grauer Farbe, welche das 2173 Meter hohe Grätli zusammensetzen, das Tschingel- und Axaiphorn mit dem Gersten verbindet und die Wasserscheide darstellt zwi- schen dem nach Ost sich ergiessenden Oltschibach und dem nach West der Giessbachschlucht zuströmenden Lüt- schenbach. Die Schiefer am Grätli fallen, wie die unten lagernden Kalke, mit 40° nach O 608. Auf den verwit

.terten Schichtflächen dieser Schiefer und in dem vom

Regen abgeschwemmten Grus finden sich Petrefakten, Bern. Mittheil. 1882. Nr. 1033.

20

fakten, grösstentheils Ammoniten, welche einen Anhalts- punkt über das Alter dieser Formationen zu geben im Stande sind. Mitunter finden sie sich lose ausgewittert im Gesteinsgrus oder auf einer Schichtfläche reliefartig vorstehend. Selten sind ganze Stücke, häufiger blosse Bruchstücke und Abdrücke. Ich gebe hier das Verzeich- niss der bis jetzt von hier bekannten Arten, welche theils von mir hier gesammelt wurden, theils schon früher von dem Petrefaktensammler Tschann in Merligen erworben, in unserm Museum sich vorfanden. Die Fundstelle wies mir Herr Lehrer Michel von Brienz, der stets bereite and unterrichtete Führer auf den Excursionen in diesem Gebiet.

Die genaue Bestimmung der Stücke verdanke ich Herrn Professor J. Bachmann.

Pliosaurus oder Machimosaurus? Bruchstück eines

Zahns. | Ammonites Mari d’Orb. > sulciferus Opp. zahlreiche Stücke. > transversarius Qust? Kleines Bruchstück. > Kudernatschi v. H? » » > Eugeni Rasp. > Brunneri F. ©. > tortisulecatus d’Orb. Häufig in ganzen Exemplaren. > plicatilis Sow. > Martelli Opp. > hecticus Rein. > perarmatus Sowb.

Aptychus imbricatus Meyer.

Ausserdem finden sich Knollen und Nieren von Wall- nuss- bis Erbsengrösse länglich oder rundlich mit glatter Oberfläche. Zum Theil sind es Concretionen um einen

ee Zn

BL ar

festen, wohl organischen Kern, theilweise sind es viel- leicht Reste von Spongien.

Die hier vorliegende Fauna gehört dem untern weis- sen Jura, Birmenstorfschichten gemischt mit der Fauna der Ornatenthone (Quenstetts od. Marnes oxfordiennes, an. Danach würden die darunter liegenden Kalke schon dem braunen Jura angehören.

Fassen wir also nach diesem gegebenen Anhaltspunkt die beobachteten Thatsachen zusammen, so haben wir zunächst in 1500 Meter südfallende Kalke, darüber folgen Schiefer, dann ein Gewölbe von Kalk, dann wieder 40° südfallende Kalkbänke, die Gräte des Tschingels zusammen- setzend, endlich überlagernd Schiefer, welche der Grenze zwischen braunem und weissem Jura angehören.

Den Schlüssel zur Erklärung der ganzen Gesteins- folge giebt das Profil des Oltschikopfes, dessen coulissen- artig vorgeschobene Wand bei günstiger Beleuchtung und wiederholt beobachtet, am besten nach Regen unter Abend- beleuchtung, ein Bild der Formationsbildung zu geben im Stande ist.

Wir sehen hier eine und dieselbe Schichtenfolge von Kalk und Schiefer mannigfach gefaltet den grössten Theil des 2238 Meter hohen Berges ausmachen. (S. Profil I.) Zunächst erkennt man nach Norden ein liegendes Kalk- steingewölbe, die Achse nordwärts gerichtet, sein süd- licher Schenkel biegt sich wieder um und bildet ein neues, ebenfalls nach Nord gerichtetes spitzes Gewölbe, auf ‚dieses folgen noch drei Falten, wovon die letzte, welche den Rücken des Berges trägt, ein nach Süden gerich- tetes horizontales Gewölbe darstellt. An dieses lehnt sich eine sehr steil südfallende Folge von Schiefern mit einem Kern von Kalk, der eine Falte bildet, deren Gipfel etwas nach Nord geneigt ist. Dieses letztere, steile Gewölbe

BER E

erhebt sich nun nach Westen immer mehr und bildet die Gipfel des Axalphorns und Tschingels, sein südlicher Schieferschenkel ist der petrefactenführende Schiefer vom Grätli, während der Nordschenkel an der Nordseite des Tschingels zu Tage tritt. Die hohe Entwicklung dieses Gewölbes nach Westen hat die nördlichen Falten zusammen und in die Tiefe gepresst, eine derselben, mit ihren gebogenen Schichten ist noch an der Felswand oberhalb des Urserli zu erkennen. Die ganze Höhe von Axalp bis zum Tschingel scheint daher von der zusammengefalteten gleichaltrigen Kalkschicht gebildet zu sein.

Untersuchen wir, von dem Südabhange des Tschin- gels hinabsteigend, die gegenüberliegende Thalwand, welche meist schroff in felsigen Abstürzen abfällt, so gewahren wir hier in den Felsen, welche ein 2457 Meter hohes Plateau, die Basis des Wildgerst, und Gersten tragen, in der sogenannten ebnen Fluh, wieder schwach südfallende sandige Schiefer, aber ohne Petrefacten; die Schiefer fallen unter viel spitzerem Winkel nach Süden, als die des Tschingels und an einigen vorgeschobenen Felswänden, wo sich die ganze Schichtenfolge im Profil zeigt, gewahren wir auch, dass diese Schiefer wieder gefaltet erscheinen und ein Gewölbe bilden, dessen Achse: fast horizontal geneigt ist und dessen Gipfel nach Norden gerichtet ist. (S. Profil I.) Nur der Kern des Gewölbes zeigt sich noch intakt, darüber und darunter liegen Schich- ten, die an der Biegungsstelle abgebrochen sind, nur an dem untern Schenkel sind sie noch aufgebogen und dann abgebrochen und ragen an einer Stelle, wie die Zinken eines Kammes, aus der Felswand frei empor, die Stelle wird bezeichnend der Strähl (Kamm) genannt. Fast wäre man versucht, zwischen dem Gewölbe des Tschingels und dem der ebnen Fluh, welche beide fast parallel gelagert

TUR TS TOREN N AB A 1 ee TEN ET

Be

- sind, deren Schiefer sich aber auch petrographisch nicht

entsprechen, eine Verwerfungsspalte anzunehmen, wie sie

E das Profil III andeutet.

Steigen wir von der ebnen Fluh nach dem Gersten- horn empor, so bleiben wir immer im Gebiete des san- digen, rauhen Schiefers, dessen Lagerungsverhältniss ziemlich schwer zu finden wäre, wenn nicht der Wild- gerst uns eine Profilansicht entwickelte, an der sich die verworrenen Verhältnisse aufklären. Wir sehen dort den- selben Schiefer zusammengefaltet in vier übereinander welagerten horizontalen Gewölben, die zum Theil zer- sprengt, zum Theil noch deutlich die Biegungsfalte erkennen lassen.

Also auch hier haben wir eine ausgedehnte Schiefer- formation, die durch .einen ungeheuren Druck in Falten zusammengepresst und dann noch aufgerichtet erscheint, und davor liegt eine wohl jüngere Folge von Kalken, die ebenso zusammengefaltet und aufgerichtet wurden. Sind diese als Unterer weisser Jura charakterisirt, so möchten die Schiefer der Wildgerstkette dem braunen Jura an- gehören.

Am Laucherhorn, nördlich vom Faulhorn, treffen wir nach Mösch die Badener Schichten des oberen weissen Jura mit Ammonites trachynotus Oppel, Doubliert d’Orb. und platynotus Reinecke an, und jenseits des Brienzer- sees tritt schon die untere Kreide auf. Die Formationen folgen sich also in der Altersfolge regelmässig von den

- _ Centralmassiven aus nach Norden, aber ihre Schichten

sind zusammengepresst, gefaltet und aufgerichtet, dass die ursprüngliche muldenförmige, regelmässige Folge schwer mehr zu erkennen ist.

Prof. Dr. Grützner.

Zur Physiologie des Flimmerepithels.

Vorgetragen in der Sitzung vom 2. März 1882.

Durch Untersuchungen, welche von mir gemeinschaftlich mit Hrn. W. Sahli, cand. med., im hiesigen physiologischen Institute angestellt wurden, suchten wir zwei Fragen zu beantworten, nämlich in welcher Weise 1. eine Schädi- gung 2. eine Reizung, die eine Anzahl Flimmerepithel- zellen trifft, sich auf die Nachbarzellen fortpflanzt. Die Methoden, deren wir uns meistens bedienten, bestanden sowohl darin, kleine nebeneinander aufgesetzte Körperchen (gew. 3 Mohnkörner) in der Schnelligkeit ihrer Bewegung zu beobachten, mit welcher sie durch das Flimmerepithel

auf der Rachen- und Speiseröhren-Schleimhaut des Frosches

fortgeschafft werden, theils in der Gestaltsveränderung, welche eine mit chinesischer Tusche quer über die Schleim-

haut gezogene gerade Linie aufweist. Letztere Methode

gestattet die verschiedene Thätigkeit der Zellen in der Breite von einem halben Millimeter und weniger auf das Genaueste zu beobachten. Die Gestalt, welche die Linie nach wenigen Sekunden oder Minuten annimmt, indem diejenigen Theile der Schleimhaut, deren Zellen lebhafter arbeiten, die Linie sofort nach der Richtung des wirk- samen Schlages der Flimmerhaare ausbiegt, ist ungemein

a ar >

BB.

zierlich und beständig. Zunächst zeigt sich, dass gewöhn- lich (namentlich in den oberen Parthien) die Mitte zurück- bleibt und die Flanken mit ungleicher Geschwindigkeit vorwärts rücken. Rückt oben die rechte Flanke stärker vor, so pflegt unten die linke Flanke am schnellsten zu marschiren, so dass also Körper, die in den Rachen des Frosches gelangen, nicht gerade abwärts gezogen, sondern zu gleicher Zeit um eine senkrecht zu der Richtung der Speiseröhre stehende Axe hin und her gedreht, gewisser- massen abwärts gehebelt werden.

Schädigt man nun eine derartige Schleimhaut an irgend einer Stelle (am besten natürlich an einer solchen, die sich durch lebhafte Thätigkeit ausgezeichnet hatte), indem man das Epithel abkratzt, zerquetscht, oder, was sich uns als das Empfehlenswertheste erwiesen, mit einem passend gestalteten, etwa auf 50 —60° C. erwärmten Metall- stück tödtet, so gewahrt man folgende interessante Er- scheinung. Unmittelbar oberhalb und neben der Brand- wunde zeigt sich keine Störung der Thätigkeit des Epithels. Haarscharf schiessen die kleinen Mohnkörner oder die Tuschepartikelchen vorbei, desgleichen gehen sie oberhalb der Wunde mit der gleichen Schnelligkeit vorwärts und bleiben schliesslich hart an der Brandwunde stehen. Unter- halb der Verletzung dagegen bleiben sie entweder (nament- lich in unmittelbarer Nähe der Wunde) ganz still stehen oder gehen äusserst langsam abwärts und zwar immer viel langsamer als sie vordem gegangen waren. Dieser Zustand erhält sich tagelang, nur wird die Thätigkeit der unterhalb der Brandwunde liegenden Zellen immer gering- fügiger und diese Störung breitet sich mehr und mehr seitlich au. Am meisten geschädigt werden diejenigen Zellen, die unter der Mitte der Brandwunde liegen, sie sterben auch am frühesten ab, weniger frühzeitig diejenigen,

die unterhalb der seitlichen Partien der Wunde gelegen sind. Die Schädigung erstreckt sich ziemlich weit ab-

wärts. Macht man daher mit der Tusche 5 oder sem

unterhalb der Verletzung einen queren Strich oder stellt die Mohnkörnchen in gerader Linie auf, so zeigt immer noch das unter der Mitte der getödteten Stelle liegende Korn, beziehungsweise der Theil der Linie, eine langsamere Be- wegung, als er vordem hatte. Je mehr man sich aber von der Brandwunde entfernt, um so schmaler wird der träger arbeitende Strich der Zellen und um so melır zeigt er diejenigen Verhältnisse, welche bestanden haben. bevor man die Brandwunde anlegte. gi

Nimmt man an, dass die einzelnen, überall gleich srossen Zellen auf der Schleimhaut wie die Felder eines Schachbrettes angeordret sind, und dass der Schlag der Härchen gerade nach abwärts erfolgt, so muss man jeder Zelle drei verschiedene Impulse zuschreiben, die sie zur Thätigkeit anregen, beziehungsweise sie in derselben be- einflussen. Der erste und sicherlich kräftigste Impuls liest in der Zelle selbst, denn bekanntlich bewegen sich auch die Cilien einer ganz isolirten Zelle mit Lebhaftig- keit hin und her. Den zweiten Impuls empfängt die Zelle von der vor ihr, also gegen die Richtung des Schlages gelegenen Zelle oder, wie wahrscheinlicher, von einer sanzen Reihe derartiger Zellen (den „Vorzellen“). Den dritten Impuls erhält sie von Zellen, die nicht gerade, sondern schräg von ihr gelegen sind („seitliche Vorzellen“). Gar keinen Impuls jedoch erhält sie von ihren „Neben- und Hinter-Zellen“. Auf diese Weise erklärt es sich, dass die unter der Mitte der getödteten Parthie liegenden Zellen (weil ihnen auch die Seitenimpulse fehlen) am meisten, die unter den Seitentheilen liegenden aber weniger leiden, und die geschädigte Parthie selbst nach unten

ERDE LEE TITEL ET a Ze a Tu en Bra,

ER

a“

Fr a u a

AR FR EUER

immer schmaler wird, während die oberhalb und seitlich gelegenen Abschnitte gar nicht beeinflusst werden.

In Wirklichkeit dürften sich die Sachen nicht genau wie im genannten Schema, sondern etwa folgendermaassen verhalten. Da nämlich Mohnkörner, die man oben weit von einander aufstellt, einander immer näher kommen, je weiter sie abwärts marschiren und, unten angelangt, sich oft seitlich berühren, so convergiren offenbar die Richtungs- linien, in denen die Härchen schlagen, nach unten. Die Schlaglinien der Härchen sind fächerförmig angeordnet. Seien nun die Zellen oben (am Rachen) und unten (im Oesophagus) von gleicher Grösse, so müssen auf einer nach unten gelegenen Zelle sich mehrere derartige Rich- tungslinien schneiden. Sie bekommt demnach ihre Impulse nicht bloss von den gerade, sondern auch von den seit- lich vor ihr gelegenen Zellen, wie das Schema es will. Würden die Zellen nach unten immer kleiner, und wäre dadurch die fächerartige Anordnung bedingt, so hätte man natürlich nur anzunehmen, dass eine untere Zelle immer nur von der, resp. den Vorzellen, nicht auch von seitlichen Vorzellen Impulse empfinge. Indessen erscheint uns die ersterwähnte Anschauung annehmbarer.

In welcher Art man sich die Impulse zu denken hat, die sich von Zelle zu Zelle übertragen, darüber kann man vorläufignoch keine bestimmten Behauptungen aussprechen. Der blosse mechanische Schlag, den die Hinterzellen den Vorzellen ertheilen, dürfte wohl kaum ausreichen. Höchst wahrscheinlich aber gibt es Zustände, in welchen die Impulse 2 und 3 nicht vorhanden sind, oder nicht in normaler Weise ausgelöst werden. Es hat uns nicht selten den Eindruck gemacht, wie wenn zu starke Deh- nung oder Zerrung der Schleimhaut beim Aufspannen, vor der man sich ausserordentlich zu hüten hat, diese

Bern. Mittheil. 1882. Nr. 1034.

Ge rem

physiologische Verbindung der Zellen aufhebt. Die Im- pulse 1 sind in den Zellen noch vorhanden, es fehlt aber die Goordination, und die Folge dieser nicht coordinirten Thätigkeit ist, dass der physiologische Effekt einer der- artigen Schleimhaut = 0 ist oder sich der 0 nähert. Die zweite Frage betreffend die Verbreitung der Reizung ist von uns noch nicht endgültig beantwortet. Erwähnenswerth aber dürfte sein, dass so weit wir die technisch schwierige Aufgabe zu lösen vermochten, eine Schleimhaut mit einem elektrischen Strome von gleicher Dichte und Intensität längs und quer durchzusetzen, wir Folgendes beobachteten. Der Längsstrom, welcher parallel der Schlagrichtung verläuft, erhöht (wie schon

bekannt), die Thätigkeit der Zellen, der Querstrom thut

das nicht, ja setzt sie sogar nicht selten herab.

Die Resultate unserer Arbeit, die an anderer Stelle ausführlich mitgetheilt werden sollen, scheinen uns dess- halb von einer allgemeinen physiologischen Bedeutung, weil sie zeigen, in welchem bestimmten physiologischen Connex gleichartige Zellen stehen, die unabhängig vom Nervensystem und circulatorischen Einflüssen sich befinden. Nur an den Elementen von Nerv und Muskel hat man

bisher Aehnliches, wenn auch nicht auf so einfache Weise,

beobachtet.

Ba

Ingenieur R. Lauterbnrg.

Die wissenschaftliche Lösung der Wasser- frage mit Rücksicht auf die Versorgung der Städte.

Mit zwei Tafeln.

Vorgetragen in der Sitzung vom 3. Juni 1882.

Unter diesem Titel wurde dem Verfasser dieses am 39. März laufenden Jahres von Herr Dr. phil. Otto Volger, Obmann des freien deutschen Hochstiftes in Frankfurt a./M.., auf Wunsch und in freundschaftlicher Weise ein ge- druckter Vortrag übersandt, den er am 27. August 1877 in Frankfurt gehalten hat und der seines höchst inte- ressanten Inhaltes wegen nicht verfehlen konnte, die all- gemeinste Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Es sei nun dem dankbaren Empfänger, als Fachmann in Wasserfragen erlaubt, auf die am Schluss des Vortrags von Herrn D' Volger verlangte Meinungsäusserung auch von anderer Seite, ebenfalls auf diese hochwichtige Frage einzugehen und in nachfolgenden Punkten seine unmass- geblichen Gegenansichten und Erfahrungen anzubringen.

Der Vortrag zerfällt in der Hauptsache in zwei Theile, wovon der erstere die bisherige Quellentheorie umzustossen sucht, während der andere als Ersatz die Annahme aufstellt und begründet, dass sich wenigstens

a

der Hauptinhalt der Quellen und Grundwasser nicht von den atmosphärischen Niederschlägen über dem Boden, sondern vom Niederschlag der atmosphärischen Luft im kühlen Grund der Erdrinde bilde.

Herr D' Volger gibt zwar die Existenz sehr vieler Quellen zu, die sich aus Tagwasser, (d. h. Niederschlags- wasser) gebildet haben und, wo die örtlichen Bedingungen dazu vorhanden sind, quellenförmig hervorsprudeln. Doch sei diess Wasser eben nur Tagwasser und nicht das nach seiner Annahme durch den atmosphärischen Luftniederschlag im Boden selbst sich bildende Quellwasser, welches einzig rein sein könne.

Die Auffindung und Verwendung des bisherigen so- genannten Quellwassers sei immerhin eine unsichere, ja zu- meist ruinöse gewesen, und unvernünftig sei geradezu die Herleitung von Wasser aus fernen Gebirgsgegenden, wie z. B. die Wasserzuleitung aus dem Harzgebirge nach Ham- burg, während doch im Erdboden die Bedingungen zur Quellen- und Grundwasser-Bildung überall vorwalten, wo die Luft ihn durchdringen könne. Wohl filtrire man in Nothfällen das nahe vorbeifliessende Flusswasser, doch sollte ein solches Wasser kein gewissenhafter Arzt als Trinkwasser für Menschen empfehlen.

Uebrigens könne man selbst durch die sorgfältigste Filtrirung die gefährlichsten (organischen) Verunreini- gungsstoffe, welche die auf Gährung und Zersetzung be- ruhenden: „Zimotischen“ Krankheitserscheinungen hervor- bringen, nicht beseitigen; überdiess gebe es Verunreini- gungen, von welchen selbst die geringsten Ueberreste, die keine chemische Reagentien mehr anzugeben vermögen, noch sehr gefährlich werden können.

Eine äusserste Wasser-Noth könne auch in Wüsten-

ländern schwerlich auftreten, da nach seiner Annahme

BEER 1 ee

die Verhältnisse des Erdbodens in den meisten Fällen zur Aushülfe Gelegenheit bieten.

Dass die bisherige (von Hrn. Dr. Volger ganz richtig beschriebene) Quellentheorie noch heutzutage verbreitet sein kann, beweist nach seiner Ansicht, in welch’ er- schreckender Weise manche Studiengebiete noch zurück- geblieben sind.

Was in allen Büchern der Geologie, Hydrographie und Hydrotechnik über die Quellenbildung geschrieben steht, wird auf ein Mal durch verschiedene einfache Ver- suche des Hrn. Dr. Volger zu Nichte gemacht, indem nach seiner Ansicht (S. 6 a, Z. 20 v. oben) kein Wasser des Erdbodens vom Regenwasser herrührt, da die Wasser- menge auch des stärksten Regens nicht genügt, um tiefer in den Boden einzudringen.

Nach der Ansicht des Hrn. Dr. Volger quillt bei starken Regenfällen die Bodenoberfläche auf, und hört selbst wenige Decimeter unter dem Boden die Durch- wässerung auf. Einen halben Meter unter dem Boden wird sich auch auf die stärksten Regenwetter hin nach 8 Tagen keine Spur des Eindringens von Wasser mehr zeigen. |

Nach unserem geehrten Hrn. Verfasser Volger müssten alle Flüsse und See'n sich sofort im Boden verlaufen *),

*) Abgesehen von dem öftern Versickern und Wiederver- schwinden der tropischen Wüstenströme bemerken wir aber doch auch bei vielen unserer Gewässer einen gewissen Versicke- rungsverlust oder eine den Zuflüssen nicht entsprechende Wasser- zunahme. Ueberdiess übersieht unser geehrter Herr Verfasser, dass die See’n sich nur auf den undurchlässigen Einsenkungen sammeln und dass viele Flüsse zur Zeit ihrer Schlammführungen mit der Zeit ihre Bette und Ufer verdichten (verschlicken). Dass aber auch bei uns dennoch viele Durchsickerungen statt- finden können, beweisen die mit den Flusswasserspiegeln stei- genden und fallenden Grundwasser-Niveaux und die Keller-

zur BR A

wenn die Erdoberfläche das Wasser so durchliesse, wie man bisher angenommen habe.

Eine weitere Wahrnehmung des Hrn. Verfasser belehrt uns ferner, dass im Winter das Land auf seiner Ober- fläche allerdings selber Wasser „erzeuge“, welches durch Pumpen gehoben werden müsse *).

Gegen eine tiefere Einsickerung des Regenwassers in den Erdboden, führt der Hr. Verfasser die Schrift- steller Seneca, Perrault und de la Hire an. Wir müssen indess hierauf bemerken, dass die auf wenige Beobach- tungen und Versuche basirten Schlüsse dieser Gelehrten hier schon desshalb nicht viel beweisen können, weil die Lage und Bodenverhältnisse der Versuchsstellen nicht mit angegeben sind. Natürlich sinkt das Regenwasser nicht allenthalben durch, und spielen ja in der Wasserfrage die undurchlassenden Bodenarten eine bekannte Rolle. Da, wo aber das Regenwasser eindringen kann, muss es, wie gesagt, vermöge seiner Schwere nach allen Naturgesetzen

füllungen ganzer benachbarter Stadtquartiere, sowie die ebenfalls damit correspondirenden Schwankungen der von Hochthälern oder Hochebenen unterirdisch abfliessenden Sickerquellen. Trotzdem werden die sichtbaren Flüsse immerhin das Hauptthalwasser abfüihren, wenn schon oft tief unter ihrem Bett das Thalgrund- wasser unterirdisch abfliesst. Gegen das Absorptionsvermögen des Bodens liegt also im Wasserreichthum der Flüsse und See’n durchaus kein Beweis, und ist auch durch die Stromberech- nungen erwiesen, dass, wie bereits erwähnt, die Ströme ja freilich mit der Länge ihres Laufes etwas Wasser durchsickern lassen, da wenigstens die Hochwassermengen der Flüsse thal- auswärts mit der fortschreitenden Grössen-Zunahme ihrer Quellen- gebiete nicht Schritt halten, sondern stetig abnehmen.

*=) Woher kommt aber dieses Wasser ? Steigt dasselbe aus dem Boden herauf; warum kann es dann nicht bei Regenfällen eben so gut oder noch viel leichter, seiner Schwere folgend, von oben herunter einsickern ?

Ne

A a

K-

=: ee En

ey FG

ee

en

A

BERG: Ca

und Beobachtungen auch wirklich ein- und durchdringen wie ja alle auch die mächtigsten und feinsten Filterschichten der Wasserversorgungsreservoirs selbst in den Reparatur- zeiten beweisen, auf welche nach erfolgter Wasserab- sperrung nur Regenwasser fallen kann; und wo läuft denn all’ das Wasser hin, welches alle die Terrainmulden und Niederungen ohne sichtbaren Auslauf oft so gierig ver- schlucken ?

Wenn ferner nach der Voraussetzung des Herrn Ver- fassers von drei in verschiedenen Stufen übereinander liegenden Drainirsträngen der oberste kein Wasser, der mittlere kaum einige Feuchtigkeit und erst der unterste wirkliches Wasser aufweist, so ist diess ein Stand der Dinge, wie er nach den Lokalverhältnissen und nach langer Trockenheit etwa vorkommen kann, darum aber nichts beweist, weil von dem oben eindringenden Regen- wasser der oberste Strang nur das unmittelbar über und neben ihm auffallende Regenwasser erhält, während den untern Strängen das in weiterer Ferne niedergefallene, vom gedrungenen (nicht aufgelockerten) Unterboden auf- sefangene und aufgehaltene Regenwasser um so leichter und reichlicher dem Wasser anziehenden Thonstrang zusickern wird. Wo aber, wie bei den speziell zur Beobachtung der Durchsickerung angelegten Lysimetern, keine Auffangkörper von anziehender Masse eingesenkt sind, ergiebt sich eber das Gegentheil von dem, was unser Herr Verfasser aus seinen Voraussetzungen und - Beobachtungen gegenüber den Wahrnehmungen aller bis- herigen, ergrauten Fachmänner (wie Paramelle) abzu- leiten sich bemüht, dass nämlich die ganze seitherige auf der Wasserdurchsickerung beruhende (Quellenlehre eine gänzlich falsche war und der heutigen Wissenschaft nicht mehr würdig erscheine, und dass die bisherige Quellenlehre,

er, a,

weil nicht mehr haltbar und zulässig, umgestossen werden müsse. In seinem interessanten Vortrag (S. 7 b, 16.—35. Zeile) verleiht Herr Dr. Volger selbst dem unreinen Erd- boden (Z. 32) das vollkommenste Klärungsvermögen in Beziehung auf das von der Oberfläche aufgenommene und in die Erde eingeführte Wasser”) widerspricht sich aber damit selbst, wenn er wie im Anfang (S. 4 a, 1. Abschnitt) sagt, dass das aus dem Gebirge heruntergeleitete (bis zur Fassungsstelle immerhin durch den Boden gesickerte) Wasser aus der Regensammlung als unreines oder un- brauchbares Tagwasser bezeichnet, und wenn er anderer- seits die tagtägliche (auf Seite 3—4 zugegebene) Erschei- nung des Eindringens des Oberflächenwassers in die Erde auf S. 6—7 wieder in Abrede stellt. Ausserdem scheinen uns noch eine Menge anderer Widersprüche und Be- hauptungen vorzukommen, welche, auf verhältnissmässig wenige Beobachtungen oder auf blosse Argumentation gestützt, den allgemeinsten und direktesten Wahrnehm- ungen und Erfahrungen aller Fachmänner geradezu in’s Angesicht schlagen und daher unmöglich stillschweigend übergangen werden dürfen“*). Wer von diesen Fach- männern sagt, z. B. auch, dass das Regenwasser überall durchsickere und wie darf umgekehrt behauptet werden. dass es nirgends durchsickere. Sickert aber das atmos- phärische Wasser nur stellenweise durch (wie z. B. durch die unterteufenden Trümmer und Geröllschichten), so ge-

räth es doch einmal «unter den Boden, sickert und verbreitet

sich dort weiter und bildet auf seiner Thalfahrt da und

*) Also Tagwasser (S. 7b, Z. 25 und 8. 3 auf 4).

**) Dass wir unsere Gegenmeinungen jeweilen unmittelbar in den Text einfliessen lassen, ohne unsern Herrn Vorredner vorher in Allem fertig sprechen zu lassen, geschah lediglich zur Ab- kürzung und Vermeidung von Wiederholungen.

i | 4

dort hervortretende Quellen, wie der Herr Verfasser (auf 8. 3—4) selbst zugiebt. Also ist dieses Grundwasser doch eingesickertes und durch die stellenweisen Hindernisse der Fortsickerung aufgehaltenes (reservirtes) Niederschlag- wasser von oben und braucht desshalb durchaus nicht unterirdisch condensirte Luftfeuchtigkeit zu sein.

Wenn der Herr Verfasser auf S. 8a (1. Al.) die alte Quellenlehre in mathematische Formen gekleidet sieht, so hat er von den Werken keines gelesen, die aus- drücklich sagen, dass in keinem Gebiete weniger als hier ein strammes oder mathematisches System zu finden sei oder der schöpferischen Anordnung zu Grunde gelegt werden dürfe. Unter den der bisherigen Quellentheorie vorgeworfenen „Heiligenschein der Unfehlbarkeit“ stellt sich vielmehr derjenige, der an der Hand einiger persön- lichen Beobachtungen es wagt, die tausendfältig erprobten und bestätigten Lehrsätze und Erfahrungen ergrauter Fachmänner und der bedeutendsten Männer der wissen- schaftlichen Forschung mit seinen Folgerungen nicht nur in Frage zu stellen, sondern, „als der neuen Wissenschaft unwürdig“, geradezu an den Pranger zu stellen. (8. 7.)

Richtig ist dagegen bezüglich eines weitern schr wich- tigen Faktors, nämlich der Verdunstung, dass bei den ältern Berechnungen, welche die jährliche Niederschlags- mengen im Allgemeinen viel höher fanden als die ent- sprechenden Stromabflussmengen, dieser Faktor gänzlich übersehen worden war; wenn nun aber der jährlichen Verdunstung das Maass der freien Wasserverdunstung oder gar dasjenige der frisch benetzten Erd- und Oulturober- fläche unterschoben werden wollte, so wäre dieser Fehler noch auffälliger als derjenige der völligen Ignorirung der wirklichen Verdunstung, welche laut vielfacher Erfahrung und direkter Messung überaus schnell abnimmt und in

Bern. Mittheil. 1882. Nr. 1055.

2 LAD

weniger als 14 regenlosen Tagen sich auf ein fast constantes Minimum von kaum 0,02 mm per Tag zu verlieren pflegt.

Aus Grund dieses Uebersehens ist auch einigen Tech- nikern der Spass passirt, dass sie den jährlichen Wasser- Verlust des Culturbodens durch die Verdunstung dem enormen und constanten Wasser-Verlust einer offenen See- fläche gleichgesetzt und daraus herausgefunden haben, dass die Erde (nicht nur in der heissen Zone) weit mehr Wasser an die Atmosphäre per Verdunstung abgebe als sie von ihr an Niederschlägen empfange. Gottlob ist aber Gottes herrliche Schöpfung und Weltregierung doch noch etwas besser eingerichtet, als uns schon manche Rechenkünstler vorgerechnet und vordemonstrirt haben !

Soweit also spricht sich der Vortrag des Hrn. Dr. Volger über die bisher praktizirte Quellentheorie aus, und nun kommt er (8. 8, Z. 20 v. 0.) auf den „erbauenden“ Theil seines Vortrags zu sprechen d. h. auf die, wie er glaubt, einzig reelle und hauptsächlichste Versorgungsquelle des Bodens mit gutem, reinem Trinkwasser.

Diese Quelle liegt nämlich nach seiner Ansicht «m Feuchtigkeitsgehalt der Luft, welche vermöge ihrer Schwere alle Erdporen bis in die grösste Tiefe durchdringt, 7 bis

800 mal flüssiger ist als das Wasser und auf dem Erdmantel

(geschweige denn im Innern der Erde), unter dem Drucke

einer Queksilbersäule von beiläufig 706 (760?) mm Höhe,

d. h. per Quadratcentimeter Erdoberfläche unter einem Drucke von cirka 1 Kilogr. steht. Diese in die kühle Erde absteigende, immer dichter werdende Luft wird (nach dem physikalischen Gesetz der Condensation) in unserer Gegend schon drei Meter unter der Bodenoberfläche eine ziemlich constante Temperatur von nur 10° C. antreffen und dort ihre in der Sommerhitze aufgenommene Feuchtigkeit niederschlagen müssen. Damit sind wir vollkommen ein-

BARTH. Warte

verstanden, nur nicht damit, dass die feuchte Grubenluft als einzig wasserlieferndes Element der Atmosphäre noch besonders zu der durch die Einsickerung von Regen und Schnee nothwendig gebildeten Grubenfeuchtigkeii hinzu zu rechnen sei, wohl aber damit, dass dieselbe durch den scheinbar neu hinzutretenden immerhin äusserst mi- nimen Niederschlag an Luftfeuchtigkeit unter Umständen gleichsam etwas leichtflüssiger gemacht werden könne, wenn überhaupt von einer nur einigermassen erheblicher Flüssigkeitsabgabe der Luft nach dem Innern der Erdrinde die Rede sein könnte, was wir aber auch nicht als noth- wendig zugeben können, da die Grubenluft schon aus andern unabweisbaren Gründen feucht sein muss, indem, wie gesagt, den wenigstens theilweise in den Boden ein- dringenden Niederschlägen von Regen, Schnee, etc. doch wenigstens der Effekt einer mehr oder minder reichlichern Durchfeuchtung der Bodenluft ohne Mitwirkung der At- mosphäre wird zugestanden werden müssen.

Wie steht es nun aber mit der kalten Winterluft und der Nachtluft der kalten Frühlings- und Herbstnächte? Müsste diese nicht wenigstens im ungesättigten Zustande während dem grössern Theil des Jahres umgekekrt Feuch- tigkeit aus der wärmern Erde absorbiren *)? Wir denken indess, dass vorerst keine von Beiden mehr Feuchtigkeit abgeben kann, als sie selbst inne hat, und dass auch hier allmälig eine gewisse stets zunehmende Renitenz, ähnlich derjenigen der Luft gegen ihre völlige Erschöpfung ein-

*=) Kann auch die kalte Luft nicht mehr Feuchtigkeit aus der Erde aufnehmen, als es ihr geringes Sättigungsmaass bis zu seinem Eintritt erlaubt, so kann auch die wärmere Luft zur wärmern Jahres- und Tageszeit an die kühlere Erde nicht mehr Feuchtigkeit abtreten, als das relativ grössere Sättigungsmaass nach seinem wirklichen Eintritt noch gestattet.

A

treten dürfte. Wenigstens hat sich eine solche bei unsern Verdunstungsversuchen mit porösen Erd-, Stein- und Cementkörpern bezüglich des Wasserhaltungsvermögens dieser Körper deutlich an den Tag gelegt.

Wir kehren jedoch zurück zur Sommerszeit und geben bis auf ein gewisses Maass zu, dass an vielen Orten der Boden um desto feuchter werde, je tiefer er liegt, nicht aber, dass diess allein vom unterirdischen Luftniederschlag herkomme, sondern hauptsächlich davon, dass die von den oberflächlichen meteorologischen Nieder- schlägen herabgedrungene Grundfeuchtiskeit sich in der Tiefe der Verdunstung besser entziehen kann als in den obern Erdschichten, und dass dieselbe wenigstens während den stärkern Regengüssen unter dem Einfluss der Schwere und unter einem gewissen hydropatischen Wasser- druck von oben gleichsam das Tiefe suchen musste.

Dass ein wirksamer Wasserniederschlag aus der sich namentlich bei abkühlendem Regenwetter stark verdich- tenden Luftfeuchtigkeit im Boden vorgehe, beweist Herr Dr. Volger auch aus dem Umstande, dass sich das Grundwasser nach jedem erheblichen Regen sichtlich erhebe, und streitet seinen Gegnern mit welchem Vorrecht ist freilich

schwer zu ersehen ohne Weiteres die Berechtigung

ab, diese Grundwassersteigung eher dem vermehrten Regen-

wasserzufluss zuzuschreiben, wie diess bis auf den Zeit-

punkt seines Vortrags von jedermann ohne Ausnahme aus den allernatürlichsten Gründen angenommen war eine Annahme, die sich schon dadurch von jeher erprobt hat, dass laut allen Regen- und Strommessungen selbst zur Zeit der Regendauer, während welcher doch soviel als keine Verdunstung vorwaltet, je nach der Natur der Flussgebiete oft 30 bis 70°/, der Niederschlagsmenge zurück zu bleiben pflegt, welche sich doch irgend wohin

N ER

verlieren müssen. Bringt man diese zurückbleibende Wassermasse mit der grösstmöglichen Luftverdichtungs- masse in Vergleich, so muss sich wohl von selbst heraus- stellen, aus welcher Masse sich die Grundfeuchtigkeit in erster Linie decken muss, um zu allen regenlosen Zeiten diejenige gesammte Thalabflussmenge zu erzeugen, die den vielen sorgfältigen Strom-, Grundwasser- und Quellen- messungen, wo diese wenigstens seit Jahren eingeführt worden sind, nur einigermassen entsprechen. Aus unsern schweizerischen Untersuchungen ergiebt sich kein unsere Anschauung nur annäherd dementirendes Resultat, womit wir aber durchaus nicht sagen wollen, dass die Conden- sationstheorie des Hrn. Verfasser absolut unrichtig sei, und dass die Quellenbildung unter dem Boden unter Umständen nicht auch durch die Feuchtigkeitsniederschläge aus der Luft unterstützt werden könne.

Indem unser Herr Verfasser die Luftverdichtung in- folge ihrer zunehmenden Druckhöhe nach dem Innern der Erde so zunehmen lässt, dass schliesslich das eingedrnn- gene Luft-Volumen dem Raume der angefüllten Erdmasse mit allen ihren Zwischenräumen gleichkommt und den Erdtheilen noch eine besondere, gesteigerte Luftanziehung und Verdichtung zuschreibt, findet er die Menge des dem Innern der Erdrinde aus der Luftsäule von 760 mm Quek- silberhöhe zukommenden Wassermenge von 12 mm Quek- silberhöhe (Saussure) so überwältigend, dass daraus sämmt- liche Grund- und Quellwasser sollten unterhalten |werden können. Da das spezifische Gewicht des Queksilbers = zirka 13,6, so ergiebt sich hieraus eine Wasserschichthöhe von 13,6 x 12 mm = zirka 163,0 mm. Nun wird aber die Atmosphäre ihren Wassergehalt niemals plötzlich und niemals ganz (resp. unter den Sättigungspunkt herab) abgeben.

T ö ee Er a . A RL Ts % ) 5 ? we. SE ee

Die reichlichste Thauablagerung beträgt bei den oft kalten Nächten der Tropenländer unmittelbar auf die feuchtesten und heissesten Tage höchstens '/, mm Nieder- schlagshöhe. Nimmt man für unsere Gegenden unter der Berücksichtigung, dass während der kalten Jahreszeit keine Verdichtung der kältern Luft im wärmern Boden stattfinden kann, für den Condensationsniederschlag eine tägliche und durchschnittliche Wasserschichthöhe von %. mm*) an, so ergäbe diess eine jährliche Wasserschicht- ‘höhe von 45'/, mm, welche aber durch die auch unter dieser Voraussetzung immerhin fortwirkende Verdunstung

von wenigstens 1 mm per Tag (Sommer und Winter) oder

von 365 mm per Jahr mehr als aufgezehrt würde. Aber auch hievon abgesehen, bliebe die Wasserversorgung aus der Luft hinter derjenigen aus dem Wolkenreich (von jährlich zirka 650 mm. in den Niederungen Deutschlands) so weit zurück, dass von einer grössern Reichlichkeit der Erstern gegenüber der Letztern gar keine Rede sein kann.

Würde also dem Untergrunde nicht noch von anderer Seite drei bis viermal mehr Wasser zukommen, so müssten allmälig alle Quellen eingehen.

Dass der Herr Verfasser die Menge der sich jeden-

falls nur allmälig und nie vollständig niederschlagenden und übrigens selbst wieder aus der Erdausdünstung er- setzenden Luftfeuchtigkeit mit der in seiner Gegend vor-

*) Die in einer kühlen Sommernacht niedergeschlagene Thau- menge nach einem sehr sehwülen Tag fanden wir durch Ausspan- nung eines ziemlich grossen, trockenen Leintuches auf einer freien Zinkblech-Terrasse durch vorherige und nachherige genaue Ab- wägung nach dem Sonnenniedergang und vor dem Sonnenaufgang = einer Wasserschiehthöhe von 0,1 Millimeter, geben aber gerne zu, dass der Thauniederschlag unter Umständen auch reichlicher ausfallen könne.

Don u Pr en = ni

ER

ee

kommenden maximalen Niederschlagsgrösse von 0,002 mm Queksilber- oder 0,027 mm. Wasserhöhe *) in Vergleichung bringt und dann noch beifügt, dass in seiner Gegend keine partiellen höhern Niederschläge vorkommen, lässt uns vermuthen, dass er an die Möglichkeit einer momen- tanen Entladung der ganzen atmosphärischen Luftfeuch- tigkeit denkt, obgleich die Luft nur über das ihrer Tem- peratur entsprechende Feuchtigkeitsmaass hinaus Wasser abgeben kann. Ausserdem ist eine jede nicht auf die gleiche Zeiteinheit basirte Vergleichung von überdiess unmess- baren oder nur theilweise messbaren Gesammtleistungen absolut illusorisch.

Ob im Allgemeinen die Grundwasserschwankungen den hygrometrischen Luftschwankungen auch ohne mit- laufende Niederschläge so unmittelbar nachfolgen, wie Herr Dr. Volger voraussetzt, lässt sich allerdings nur durch die von ihm mit vollem Recht für alle solchen Untersuchungen vorgeschlagenen stündlichen Hygrometer- und Grundwasserbeobachtungen nachweisen. Es würden aber namentlich in den Niederungen solche Beobachtungen mit stündlich markirenden automatischen Wasserstands- zeigern in Vereinigung mit genauen Niederschlagsbe- obachtungen auch sonst die grösten Dienste leisten.

Dass Herr Dr. Volger im sogenannten Rieder-Spiess bei Frankfurt a/M. einen Wasserreichthum «in ausgiebigster Weise» zu eröffnen hoffte, hätte auch im wirklich ge- lingenden Falle nicht als Beweis für seine Theorie geltend gemacht werden dürfen, da das blosse Vorfinden reichlichen Grundwassers über die Herkunft oder Entstehungsweise

‚desselben noch keinen bestimmten Aufschluss zu geben

vermag.

*) In der Schweiz sind schon tägliche Regenhöhen von 250 Millimeter vorgekommen.

BET. ae

Da die Luft überall vorhanden, mithin auch ihre Condensation und Quellenbildung unter dem Boden sich nach der neuen Theorie allenthalben verwirklichen kann und verwirklicht, so hält es Herr Dr. Volger für über- flüssig, für die Wasserversorgung der Niederungsstationen nach den Höhen auszugehen, zumal das Quellwasser der Niederungen kohlensäurehaltiger und viel reiner als das- jenige der Berggegenden sei. Immerhin sei aber, wie natürlich, auch auf die Bodenschichtungen (ihre Lagerung, Zusammensetzung, Wechselfolge, Dnrchlässigkeit und Rein- heit) zu sehen. Ueberhaupt berührt Verfasser bezüglich Auffindung von Quellen eine Menge wichtiger und sehr richtiger Gesichtspunkte, die nicht zu übersehen sind, die aber alle, für sich allein und theorethisch aufgefasst, absolut nicht genügen, um ohne praktische und lang- jährige Uebung in der Auffassung und Beurtheilung auch der unzähligen Nebenverhältnisse, die oft in der Zahl von Legionen mit eingeflochten sind, jedesmal ein sicheres Resultat zu erzielen. Diese Nebenverhältnisse sind so manigfaltig und unqualifizirbar, dass sie selbst den be- rühmtesten Quellenforscher, Abb& Paramelle,*) zu dem Ausspruch veranlasst haben, dass er 9 Jahre lang nur als Lehrjunge im Fach habe wirken können. Erst nach- her bildete sich durch Uebung seine Diagnose so sehr aus, dass er sich auch in den schwierigsten Fällen nie mehr trügte und schliesslich durch sein Prophetenwort eine solche Bewunderung erlangte, dass er an den Orten, wohin er berufen war, wegen des Zudranges der

*) Paramelle suchte seiner Gemeinde ein weiser Rathgeber in Allem zu werden und verschaffte sich dadurch nicht nur einen um so grössern und allgemeinern Einfluss, sondern bildete sich selbst zu einem allseitig brauchbaren und wirklich hervorragenden Volks- freund und Wohlthäter aus.

BR 0 Mn NE

Bewunderer seine Forschungen nur noch zu Pferd ausführen konnte. Und wirklich gilt auch hier mehr als irgendwo das altbewährte Sprichwort: „Uebung macht den Meister“ und nicht das dürre Wissen aus den Büchern. Daher denn auch die Unzahl verunglückter Spekulationen auf diesem Gebiet! Freilich ist es vorzüglich die auf ein wissenschaftliches Vorstudium gegründete Uebung, welche uns am meisten fördert und am Richtigsten leitet, doch muss auch schon von Kleinem auf der gesunde, natürliche Blick und Menschenverstand als eine unmittelbare Gottes- gabe durch all’ das abstrakte Studium hindurch gewahrt worden sein und darf derselbe nicht durch ein Uebermaass verworrenen Wissens gleichsam vernagelt oder unter dem immensen Schub unfruchtbarer und ertödender Schul- studien zum Petrefakt geworden sein.

Ein solch’ theoretisches Vorgehen ist es aber, wenn z. B. ohne alle thatsächliche Beobachtung und Erprobung aus einem einzelnen, an sich vielleicht theoretisch richtigen Satz, wie aus demjenigen, dass die warme Luft sich im kühlen Grunde niederschlägt, eine hinlängliche, ja über- strömende Wasserentnahme als praktisch möglich und empfehlenswerth abgeleitet werden will, und wenn, von dieser Illusion befangen, einerseits alle mitwirkenden Nebenerscheinnngen überschätzt und anderseits alle nega- tiven Erscheinungen fast absichtlich übersehen werden. Es ist indess sehr anerkennenswerth, dass der Herr Ver- fasser am Schlusse seines interessanten, mitunter doch sehr viel Wahres und Vorzügliches enthaltenden Vortrages auch auf die Erfahrung Anderer einlenkt und die Fach- männer zur kollegialischen Mitprüfung seiner Ideen bei- ziehen will. Dass er auch den Schreiber diess in freund- licher und verdankenswerther Weise zur Mitäusserung seiner Ansichten eingeladen, verpflichtet den Letztern um

Bern. Mittheil. 1882. Nr. 1036.

SER

so mehr, sich auch über diejenigen Punkte kollegialisch auszusprechen, in welchen er mit dem Herr Verfasser nicht ganz einverstanden ist, und hier noch einige sach- bezügliche Erfahrungen und Beobachtungen folgen zu

lassen, welche vielleicht einiges Licht in die Frage bringen _

können. |

Um den quantitativen und zeitlichen Zusammenhang der tiefgründigen Quellen und Grundwasserschwankungen mit den Niederschlägen übersichtlich darzustellen, hat auch der UnterzeichnetedieBeobachtungen der Niederschlägeund die korrespondirenden Abflussmengen oder Wasserstands- schwankungen verschiedener Quellengebiete in graphischer Weise zusammengetragen und zwar allerdings einen ent- schiedenen, gegenseitigen Zusammenhang zwischen Nieder- schlags- und Abflussmenge herausgefunden. Da aber mit der Regenzeit auch die meisten Perioden der Luftfeuchtigkeit und der reichlichen Luftniederschläge zusammenfallen, so kann dieser Zusammenhang nicht als Beweismittel für oder gegen die Volger’sche Theorie geltend gemacht werden, weil mit dieser Operation leider keine hygrometrischen Beobachtungen verbunden worden sind.

Der gleiche Zusammenhang ergiebt sich aus den vor bald 16 Jahren vom Unterzeichneten im Dienst der schweizerischen hydrometrischen Beobachtungen einge- führten graphischen Bülletins über die Schwankungen der Temperatur, der Niederschläge und Gewässerabläufe sämmtlicher schweizerischer Flussgebiete 1., 2. und 3. Ranges und zwar besonders aus der Vergleichung der kleinsten Wasserstandsschwankungen mit den kleinsten Niederschlagsmengen und den längsten regenlosen Perio- den, vorausgesetzt, dass die allerkleinsten Abflussmengen der offenen Gewässer eigentlich nichts anderes darstellen,

La RER

als den Quellengehalt der entsprechenden Thalgebiete, wenigstens an denjenigen Flussstationen, welche vermöge ihrer geologischen Configuration kein Grundwasser unter dem Boden der Beobachtungsstation durchfliessen lassen. Natürlich muss aber bei jeder solchen Vergleichung auf Zeit und Form des Niederschlages, sowie auf die Terrain- und Kultureigenschaften und nicht weniger auf den zeit- weiligen (gefrorenen, trockenen oder durchfeuchteten) Stand des Quellengebiets Rücksicht genommen werden.

Wenn nun auch selbstverständlich die Natur all’ dieser Verhältnisse keine mathematisch genauen Resultate auf- kommen lässt, so liefert sie dennoch ein charaktervolles Bild von dem wirklichen Zusammenhang zwischen dem Soll und Haben des wässerigen Haushaltes*) der Natur, sofern man wenigstens die unzuverlässigen und kompli- zirten Winterverhältnisse ausser Acht lässt, welche nur in mildern, frostfreien Gegenden gute und dann auch um so entscheidendere Resultate liefern können.

Noch charaktervoller wäre das Bild ausgefallen, wenn die vom Verfasser diess bereits vor 14 Jahren eingeleitet gewesene spezielle Einrichtung von besondern Regen: messern mit einem selbst registrirenden Wasserstands- messer in besonders ausgewählten (ganz oder gar nicht bewaldeten, kultivirten und unkultivirten, flachen und steilen, bewaideten und kahlen) Seitenthälern eines und

*) Interessant sind auch die Wechselbeziehungen zwischen Niederschlag, Verdunstung, Pflanzensättigung, Versickerung und Abflussmenge bei den Mittel- und Hochwasserständen für alle Terrain- und Kulturverhältnisse (siehe z. B. die auf die verschie- denen Naturzustände gegründete Zusammenstellung der schwei- zerischen Abflussmengen (bei Huber und Cie. in Bern) und die kleine Schrift über den Einfluss der Wälder auf die Quellen- und Stromverhältnisse der Schweiz (beim Verfasser diess).

IR

desselben mässig grossen Flussgebietes von 114 Quadrat- kilometer Oberfläche längern Bestand hätte finden können. Was sich auch aus dem nahezu zweijährigen Dienst dieses leider, durch einen Dienstwechsel wieder dahingefallenen Separatinstitutes der allgemeinen hydrometrischen Be- obachtungen der Schweiz ergeben hat, ist indess charak- teristisch genug, um über den unzweifelhaften und direkten Zusammenhang zwischen Regenmenge und Abflussmenge, sowie über die Natur der Quellenbildung sichern Aufschluss zu geben. |

Wie Herr Dr. Volger ganz richtig hervorhebt, ist es aber vorzüglich die Erdverdunsiung, welehe noch einer besondern Würdigung unterzogen werden muss. Es steht dieselbe auch unter der kräftigen Mitwirkung der Pflanzen- welt, die im Sommer selbst eine bedeutende Wassermenge dem Boden entzieht, und darf desshalb um so weniger übersehen werden. Vielleicht hat auch ihr starker Belang Herrn Dr. Volger zuerst auf den Gedanken geführt, an die Nothwendigkeit eines Ersatzes aus der feuchten Atmosphäre zu denken, und in der That wird die Luft in den Kulturgegenden zur Vegetationszeit und während der kühlen Nacht einen grossen Theil ihrer Feuchtigkeit

I Ar ER „Pe DR ht «

an die Pflanzenwelt abgeben müssen. Nun hat freilich

Herr Dr. Volger mehr von einer Feuchtigkeitsabgabe der Atmosphäre in das Innere der Frde gesprochen, wir glauben jedoch, wie schon früher angedeutet, dass dieselbe das von dieser Seite her empfangene Wasser gerade in der trockenen Empfangszeit sofort wieder verdunsten würde und dass selbst im Sommer, geschweige in der kühlen und kalten Jahreszeit, die im Innern der Erdporen sich aufhaltende Luft keinem so raschen und fortdauernden Ortswechsel und Niederschlag sammt Er- gänzung durch nachdringende Luft unterworfen sein könne.

Be

Ueberdiess würde die Grundwasserbildung durch die kontiunirliche Luftverdichtung im Innern der Erdrinde, um daraus das erforderliche Wasser zum Unterhalt des bisherigen Grund- und Quellwasser-Reichthums abgeben zu können, laut annähernder Berechnung durchschnittlich per Tag '/;, des ganzen atmosphärischen Dunstkörpers konsumiren, wenn der tägliche (nach unsern bisherigen Begriffen zum Unterhalt des Grundwassers erforderliche, nach Herr Dr. Volger aber durch die Luftverdichtung ersetzte) Niederschlag zu 2 Millimeter Höhe und die den ganzen atmosphärischen Wassergehalt darstellende Wasser- schichthöhe zu zirka 160 Millimeter angenommen wird. Es erforderte diess aber, von andern zu erwartenden FEr- scheinungen abgesehen, eine solch’ lebhafte Luftnach- strömung in den Boden und damit zugleich eine solche Luftverdünnung und Austrocknung, dass Niemand mehr dabei existiren könnte, ja, es müsste der atmosphärische Wasserreichthum in der Luft trotz aller Verdunstung aus dem Boden etc. entweder innerhalb weniger Jahre auf- gezehrt werden oder die Grundwasser- und Quellenbildung müsste allmälig von selbst eingehen und damit Mann und Maus der endlichen Verdurstung entgegen gehen, was freilich noch keiner Sündfluth, wohl aber dem direkten Gegentheil gleichkäme, was der liebe Gott verhüten möge! Würde aber die Atmosphäre bei der Lebhaftigkeit, mit welcher sie alle Erdfeuchtigkeit aufsaugt, ihren verlornen Feuchtigkeitsgehalt wieder aus der Erde zurückgewinnen können, indem, wie bereits erwähnt, die nach Herrn Dr. Volger in der Erdrinde zu Wasser verdichtete Luft weit rascher nach oben verdunsten, als versickern würde, was bei dem schnellern und reichlichern Wassereindrang der Niederschläge aus Regen und Schnee von diesen letztern jedenfalls in weit geringerm Maasse gesagt

Er; 3

werden kann, so würde der Erde von jener niederge- schlagenen Luftfeuchtigkeit gar nichts mehr verbleiben. Verdunstet aber, wie wir demnächst sehen werden,

selbst von der durch die sichtbaren Niederschläge eingedrungenen Wassermenge schon ein so grosser Theil

und der grösste Theil davon schon in den ersten Tagen: wie schnell würde sich der nach Herr Dr. Volger in den Milliarden offener Poren einer Erdscholle sich bildende dünne Luftniederschlag wieder verflüchtigen !

Laut unsern, in einer Meereshöhe von 540 und 1030 Meter mit feuchten Körpern angestellten Abwägungsver- suchen betrug die Verdunstungshöhe, d.h. die sie reprä- sentirende condensirte Wasserschichthöhe, einer durch Niederschläge vollkommen durchsättigten Erdmasse am ersten Tage nach dem Niederschlag 10 und 13 Millimeter und an jedem weitern (hellen und sonnigen Juli-) Tag, summarisch, d. h. von Beginn der ersten Abwägung hin- weg gerechnet, nach Elimination und graphischer Aus- gleichung der Versuchsfehler: |

am ker 2:30 4: dt Hr Bee a) bei 1030 m Seehöhe 13,— 18,85 21,48 22,66 23,19 23,43 23,53 23,58 23,00 mm )bi 0m M-153 81 96 204 208 2,- 21 212 mm

Diese Werthe entsprechen einer allen ähnlichen (täg- lichen) Abwägungsversuchen mit mehr oder minder porösen Körpermassen (Erde, gepresste Cementplatten, Sandstein etc.) empirisch angepassten Kurve von der Formel:

wobei bezeichnet:

V Die vom ersten bis zum n Tag nach der Sättigung verdunstete Wasserschichthöhe, in Millimetern.

H Die am ersten Tag nach der Sättigung verdunstete Wasserschichthöhe in Millimetern.

n Die Anzahl der Beobachtungstage seit der Sättigun.g

p Das je nach der Porosität der verdunsteten Masse von 70 bis 38 heruntergehende Prozent der täglichen Ge- wichtsabnahme im Vergleich mit der vortägigen Ab- wägung.

Bei allen Versuchen blieb sich p für die gleiche Masse und Versuchsreihe so ziemlich constant und varirt nur mit der Auswahl der Masse. Bei der erstern Reihe ergab sich p = 0,45 und bei der zweiten Reihe = 0,53. Den Werth von 0,70 erlangt p in unsern Gegenden erst bei einer frei an der glühenden Sonne aufgehängten Masse aus locker aufgeschichtetem Fliesspapier und dürfte so ziemlich das Maximum erreicht haben. p bleibt daher immer ein reeller Bruch und kann niemals etwas anderes werden. Es ergiebt sich daher in der analog benannten Differenzformel:

vuprmk

Die tägliche Verdunstung oder tägliche Wasser- abnahme v mm ist von der gleichen anfänglichen Ver- dunstuugshöhe ausgehend, bei‘ den porösen Körpern grösser und erschöpfender als bei den dichtern, und würde demnach ein poröser Körper auch rascher aus getrocknet sein, als ein dichterer Körper von gleicher Grösse*), wenn er nicht schon von Anfang viel mehr Wasser aufsöge, als letzterer (v. Taf. II).

Die Raschheit der Austrocknung hängt natürlich auch von der Menge der innwohnenden und zugesetzten Wasser- menge V ab. Das summarische Maass der Verdunstung kann natürlich niemals höher steigen, als diese Menge

*) Wie sich die Verdunstung ungleich grosser, resp. ungleich dicker Körper gestaltet, lassen wir, als nicht hieher gehörig, ausser Acht und ebenso die Beziehung zur hygroscopischen Capaeität der Körper.

BEREIT. | CAR SERE

ausmacht, wenn sie sich auch auf eine fast ewige Länge hinauszuziehen vermag. Dass die tägliche Ver- dunstung hei fortdauernder Trockenheit sehr bald in eine fast unendlich kleine verschwindet, zeigt schon der erste Blick auf die Gleichung und die wirkliche Beobachtung.

Gegenüber dieser natürlichen und leicht vorauszu- setzenden Erscheinung war es von jenen Gelehrten, welche zur Berechnung der jährlichen Verdunstungsmenge die mittlere tägliche Verdunstung von relativ 2 bis 3 Milli- meter mit der Anzahl Tage eines Jahres multiplwvrten, absolut unbegreiflich, wenn sie dazu erst noch das täg- liche Mittel der fast constant und fortdauernd gespeisten Verdunstung des offenen Wasserspiegels einsetzten. Wie ungleich diese Rechnungsweisen ausfallen, wenn man sie auf die letzte, allerdings ganz ausserordentliche Zeitdauer einer so höchst selten und nie länger als auf einen Tag unterbrochenen Regenlosigkeit von Mitte September 1881 bis Mitte April 1882, also nach Abzug einiger unbedeu- tenden zerstreuten Regentage *) auf eine Dauer von nahezu 190 Tagen anwenden wollte, zeigt folgende Ver- gleichung: Auf die Dauer von 190 Tagen beträgt bei uns für die betreffende Jahreszeit (im Verhältniss zur täglichen, mittleren freiern Wasserverdunstung) die Gesammtver- dunstungmasse, in .einer condensirten Wasserschichthöhe ausgedrückt, zirka 1902380 Millimeter, während die Bodenverdunstung nach unserer auf ziemlich viele Ver- suche basirten Formel für p=0,53 und sonst gleiche Verhältnisse unter Annahme einer anfänglichen Maximal- verdunstung von (O0 mm per Tag im Ganzen nur eine Verdunstung von 21,3 mm ergiebt, wozu allerdings alle, auch die kleinsten zwischen ein gefallenen, jedenfalls zu

*) Exclusive die Regentage von weniger als 5 Millimeter Regenhöhe.

?/, sogleich wieder verdunsteten Regenfälle von zusammen zirka 193 mm mit 128,7 Millimeter hinzugerechnet werden müssen, was zusammen etwa 150 mm ausmacht.

Nach der einen Berechnung wäre also durch die Verdunstung dem während 190 Tagen ungespeist geblie- benen Grund- und Quellwasservorrath noch eine Wasser- schicht von 380 Millimeter und nach der andern Berech- nung eine solche von höchstens 150 mm entzogen worden und doch haben wenigstens unsere schweizerischen Ge- wässer den allerkleinsten Stand, den man kennt, erst an einigen wenigen Stellen erreicht.

Es ist also durch des grossen Schöpfers weise Anord- nung auch in diesem Punkte dafür gesorgt worden, dass jener stillen und erhabenen Waage, die ohne unser Zuthun und im Verborgenen gleichsam alle Ausschreitungen der Naturkräfte im steten Gleichgewicht erhält, gegen jedes denkbare Missverhältniss ein entsprechendes, längst vorge- sehenes Gleichgewicht zur Seite gelegt sei. Worin dieses hier besteht, geht sofort daraus hervor, dass den Erdmassen sowohl in .Beziehuny auf ihre Verdunstung nach oben, als auf die Wasserabgabe an die Versickerung nach unten ein gewisses, äusserst zähes Rückhaltungsvermögen “verliehen worden ist, wie denn z. B. namentlich in den festern Bodenarten die Versickerungsmesser (Lysimeter) 1—4 Meter unter Boden lange kein Wasser mehr ab- tropfen lassen, wenn schon noch recht viel Feuchtigkeit sich im Boden aufhält. Es gehört diese Erscheinung zu all’ den zahllosen Phänomänen, die sich die Wissenschaft nur in der Weise zu erklären vermag, dass sie sich immer auf andere, vorher bekannte, oft aber ebenso unerklärliche Grundthatsachen, beruft, wobei wir aber von ihr selbst stets nur von einem Fragezeichen zum andern geführt werden.

Bern. Mittheil. 1882. Nr. 1037.

BEN £

u

N ar

Wir werden es daher auch hier unterlassen müssen, auf ein Weiteres einzugehen und beschränken uns lediglich auf die Hinweisung auf eine Erscheinung, die der Ver- fasser diess auch in seiner Baupraxis bei den vielfach vorgekommenen, oft sehr tiefen Erdeinschnitten in allen möglichen Bodenarten unzählige Mal beobachtet hat und die unzweifelhaft jene ausserordentliche Züähigkeit des Dodens in Zurückhaltung der Grundfeuchtigkeit be- stätigt. Gott Lob, dass dieses sich so verhält, sonst würden sich bei solchen ausserordentlichen langen und etwa noch auf den Sommer fallenden Regenlosigkeiten alle Grund- und Quellwasser theils in unerreichbare Tiefen zurückziehen, theils nach oben verflüchtigen müssen,

Sehr verschieden von der Verdunstung des freien, offenen Kulturbodens ist natürlich diejenige des Wald- bodens und je ausgedehnter die Bewaldung einer Gegend ist, desto reichlicher, constanter und besser wird auch das in ihr sich vorfindende Quellwasser sein. Es würde uns jedoch zu weit führen, hier die Modalitäten aufzu- zählen, welche auf die noch unausgerotteten (grösseren) Waldbezirke passen und müssen uns erlauben, unsere verehrten Leser in diesem Punkt auf unsere kleine Schrift über die Quellen- und Wälderfrage hinzuweisen.

So wären wir denn endlich am Schluss unserer Ab- handlung über die Frage der Grundwasser- und Quellen-

bildung angelangt, müssen uns aber wegen der Ausführ-

lichkeit, in die wir trotz der Unterdrückung vieler noch sehr wichtigen Erörterungen und Angaben unwillkürlich varfallen sind, ausdrücklich entschuldigen. Aber auch gegenüber unserem geehrten Herrn Verfasser sieht sich der unterzeichnete Empfänger des interessanten Vortrags zur aufrichtigen Entschuldigung verpflichtet, dass er im Interesse der Wichtigkeit der vorliegenden Frage und

" A

En,

ihrer Consequenz zur öffentlichen Wohlfahrt so ganz offen sein Urtheil abzugeben sich erlaubte. Allein zu diesem Urtheil gesellt sich nicht weniger lebhaft die Anerkennung, die jeder solchen Anregung und Unter- stützung wissenschaftlicher Erörterungen von so allge- meinem Interesse gezollt bleiben soll.

m

Nachtrag.

Nachdem der vorausgehende Aufsatz schon nieder- geschrieben war, erhielt der Verfasser von einem jungen Freunde die theoretische Herleitung der weiter oben an- geführten Verdunstungsformei. Wir können es uns kaum versagen, dieselbe hier folgen zu lassen.

„Die Formel für die verdunstende Wassermenge, welche Sie rein empirisch gefunden haben, lässt sich auf Grund von zwei plausibeln Voraussetzungen auch theoretisch ableiten, und da diese Uebereinstimmung von Theorie und Empirie die Richtigkeit der Voraussetzungen beweist, und diese mithin als Resultate des Versuches fortan gelten können, so erlaube ich mir die mathematische Entwicklung beizufügen.

1. Voraussetzung: Der Wasserverlust dv eines Theils der Oberfläche des verdunstenden Körpers in einer sanz kurzen Zeit dt sei proportional dem augenblicklichen Ueberschuss v des Wassergehaltes des Körpers über den als konstant angenommenen Wassergehalt seiner Um- gebung.

2. Voraussetzung: Jeder Wasserverlust gleiche sich sofort durch den ganzen Körper aus.

Bezeichnet f einen Coefficienten, der abhängt von der Grösse und Beschaffenheit des verdunstenden Oberflächen-

a EENAN TS: « u

2 % a

zu BO

stücks, so lauten die obigen Voraussetzungen, in Gleichung gesetzt:

dv Tv de oder = —= fdt Durch Integration folgt: loe.nt.v= —ft+C 1) |

wo Ü eine beliebige Integrationskonstante bezeichnet, der wir zur grössern Bequemlichkeit die Form geben: Gere Die vorige Gleichung 1) kann dann auch geschrieben werden: ee 2 a wo e die Basis der natürlichen log. Ko Setzt man noch zur Abkürzung a so kommt: N—GCDPA 2)

Für t= o ergibt sich hieraus, dass die Constante den Wassergehalt des Körpers bei Beginn der Verdunstung bedeutet. Der Wasserverlust V nach n Verdunstungs- tagen ist demnach:

V=c—-v=ec(l1-Pp)), 3)

der Wasserverlust H nach einem Tag ist:

H=c (1-p) 4) somit folgt durch Division von 3) durch 4)

A 1—p

‚Fr: ip oder

1a V= we 5)

was genau mit Ihrer empirischen Formel übereinstimmt.

Wie man sieht, braucht die vorstehende Ableitung auf die Gestalt und Grösse des Körpers keine Rücksicht zu nehmen. Es geht daraus hervor, dass die Gültigkeit der Formel 5) lediglich an die Bedingungen geknüpft ist:

eingang ER rn:

2"

L

N

1) dass die Zeit, während welcher sich ein erlittener Wasserverlust durch den ganzen Körper hindurch aus- gleicht, verschwindend klein sei im Vergleich zur Zeit, während der diese Wassermenge von der Oberfläche ver- dunstet;

2) dass der Körper von seiner Umgebung keinerlei Wasserzufuhr erhalte;

3) dass der Wassergehalt der Umgebung konstant sei;

4) dass der Wasserverlust in unendlich kleiner Zeit proportional sei dem augenblicklichen Ueberschuss des Wassergehaltes des feuchten Körpers: Bedingungen, die mutatis mutandis identisch sind mit denen der Abkühlung eines warmen Körpers in freier ruhiger Luft.

Ihr ergebener (sig.) Dr. A. Riggenbach, Assistent für Meteorologie am Bernoullianum (Base).

maınnnnnnnnnnnn

3. Bachmann.

Neuere geologische Beobachtungen in Bern. Vorgetragen in der allgemeinen Sitzung vom 29. April 1832.

Schon wiederholt wurde darauf hingewiesen, dass in einer wohl besiedelten Gegend durch Gebäude, Strassen und Anlagen eine Menge geologisch interessanter Verhält- nisse und Erscheinungen verwischt und verdeckt werden. Unsere gewaltigen, jetzt überall mit Kulturen und Stadt-

‚theilen überzogenen Moränen haben unzweifelhaft ursprüng-

lich ein vollständig verschiedenes Aussehen dargeboten. Während jetzt Alles verebnet und planirt erscheint, hatten wir damals die höchste Unregelmässigkeit und Ungleich- heit der ÖOberflächengestaltung und stellenweise durch eine !Menge von oberflächlichen Fündlingen veranlasste Steinwüsten. Alle diese erratischen Blöcke wurden theils gesprengt und zu baulichen Zwecken verwendet, theils in den Boden versenkt, weil sie dem Ackerbau hinderliech waren. So werden die vor dem naturhistorischen Museum konservirten Fündlinge und unsere bei der Entbindungs- anstalt errichteten erratischen Monumente immer bedeu- tungsvoller und beachtenswerther.

Anderseits geben aber die verschiedenartigen Bauten und Fundamentirungen auch Veranlassung zu neuen Auf- ' schlüssen und Anschnitten. In letzter Zeit ist dies haupt- sächlich beim Neubau des Inselspitals auf der Kreuzmatt und beim Kiürchenfeldbrückenbau der Fall.

Seit der Abtragung des Martinshubels über der Schützenmatte und der Anlage des Personenbahnhofes sind jedenfalls in Bern nie mehr so beträchtliche Anschnitte unserer Hauptmoräne gemacht worden, wie bei der Fun- damentirung für den Inselspital auf der Kreuzmatt. Der terrassirt ansteigende Bauplatz wird auf der Südost- abdachung des F'rriedbühls, dem frühern Galgenhubel, her- gestellt und veranlasste bedeutende Abtragungen und Materialbewegungen.

Die Anschnitte zeigten, wie die frühern 3 m tiefen Sondirlöcher, die gewöhnliche Zusammensetzung aus Vor- herrschend lehmartigem, wenige polirte Kalksteine ent- haltendem ungeschichtetem Schutt, aus zurücktretenden, nester- und muldenförmigen Einlagerungen von Kies und Sand und aus meistentheils eckigen und kantigen, zum Theil auch gerundeten und geschrammten Fündlingen.

ee er yon H A Y 2 2 h N

Der Gesteinsart nach zeigten letztere nur geringe Mannig- faltigkeit, wie überhaupt im Gebiete des Aaregletschers verglichen mit demjenigen des benachbarten Rhoneglet- schers. Sichtlich herrschen aber die Gesteine aus den Kander-, Kien- und Lauterbrunnen-Thälern entsprechend dem linksseitigen Ablagerungsgebiete vor, während wir bekanntlich auf der rechten Thalseite, z. B. am Denten- berg und hintern Bantiger, die Felsarten aus Gadmen und von der Grimsel dominiren sehen.

In dem Moränenschutt sind diese Fündlinge ganz un- regelmässig, aber einzelne doch auffallend vertheilt. Die einen fanden sich ganz oberflächlich, so dass sie bei gewöhn- lichen Böschungsanlagen abgedeckt wurden; andere, und zwar gerade von den grössten, lagen ganz unvermuthet im feinsten lehmigen Sand isolirt.

Es ist rühmend hervorzuheben, dass in diesem Falle die bauleitenden Architekten, die HH. Schneider und Hodler, sich um Konservirung einzelner dieser Zeugen eines frühern grossartigen Schutttransportes aus den Alpen interessirten und dazu die anzuerkennenswertheste Be- reitwilligkeit zeigten.

Vor Allem verdient ein 3,5 auf 1,5 auf 2 m, d.h. ungefähr 10 m? haltender, unregelmässig prismatischer, ganz unversehrter kantiger Gneissblock Erwähnung. Der Herkunft nach kann man das Gestein füglich als Jungfrau- oder Schreckhorngneiss erklären. Auch Hr. Edm. von Fellenberg, der Spezialgeologe der Berner Hochalpen, ist mit diesem Heimatkschein einverstanden. Namentlich bei diesem Block war die Einbettung in Lehmschlamm, der nur wenige kleine Geschiebe daneben enthielt, bemerkens- werth. Nach seinem Erhaltungszustande muss er seine weite Reise hauptsächlich auf dem Rücken des Gletschers, gewiss vielfach zur Gletschertischbildung Veranlassung

RER A

ARENN Ve:

gebend, ausgeführt haben. Beim Abschmelzen des Eises versank er im breiartigen Schlamme.

Zweitens wurde ein mächtiger ziemlich abgerundeter, der allgemeinen Gestalt nach cylindrischer Block von Eisenstein (Murchisonae-Schichten) vom Hundshorn oder Schilthorn ausgegraben. |

Von den vielen übrigen wählten wir noch einen kör- nigen mit ockerigen Flecken durchspickten eocaenen Kalk- stein, höchst wahrscheinlich aus der Kette des Dreispitz und Morgenberghorns aus. Dieser etwa 0,5 m? haltende Fündling zeigt nämlich auf einer flachen Seite recht guten Gletscherschliff mit feinern Ritzen und gröbern Schramnıen.

Diese 3 Blöcke werden als monumentale Thorwächter beim Hauptportal oder auf Rasenplätzen aufgestellt werden.

Von den schon erwähnten oberflächlich liegenden Fündlingen werden einige an Ort und Stelle grösstentheils abgedeckt und entblösst liegen bleiben, um spätern Gene- rationen noch Zeugniss zu geben von der Art der Zu- sammensetzung des Bodens unserer Wälle von Gletscher- schutt.

Die Basis der Moräne, die unzweifelhaft durch Mo- lasse gebildet wird, wurde nirgends erreicht und dadurch die bedeutende Mächtigkeit des Gletscherschuttes be- wiesen. |

Versuchte man einen Ueberschlag zu machen von dem Kubikinhalt des erratischen Schuttes nur in unserem Aarethal, so würde man einen Begriff erhalten von der Degradation im Stammgebirge und der dadurch veran- lassten Lücken- und Zackenbildung, überhaupt der weit- sehendsten Zerstörung. Berücksichtigt man ferner, dass zur Zeit der grössten horizontalen Ausdehnung der da- maligen Eisströme auch die stärkste vertikale Erhebung und damit die ausgiebigste vor der Zerstörung und Ver-

Ar N f I BD

3

ER BEN

witterung schützende Bedeckung stattfand, so dass nur die senkrecht aufsteigenden Felsparthien firnfrei blieben und allein Schutt liefern konnten, so muss auch eine Ahnung der unabsehbar langen Dauer der Eiszeit in uns aufsteigen.

Zu den eigenthümlichen Vorkommnissen in diesem Gletscherschutt gehört noch ein Gerölle von sog. Eisen- stein (Unter-Jura), vom Schilthorn oder Hundshorn her- stammend, welches im Innern einen Knollen von Schwefel- kies enthält. Dieses verwitterte zu Brauneisenerz, das sich oberflächlich in förmlichen Krusten absetzte und zahl- reiche benachbarte Gerölle agglutinirte. Wir haben da einmal einen Fall von Conglomeratbildung durch Gemen- tirung mit genanntem Eisenmineral, während sonst be- kanntlich allgemein in diesen jüngern Backkiesen nur kohlensaurer Kalk als Bindemittel figurirt.

In Bezug auf die Fundamentirung der Kirchenfeld- brücke können wir uns vorläufig kurz fassen, zumal die wichtigste unter Umständen zu machende Erfahrung, näm- lich die Antwort auf die Frage nach der Tiefe des Aare- bettes, noch abzuwarten ist. Schon beiım Bau der Nydeck- brücke und später der Wohlenbrücke hat cs sich evident herausgestellt, dass die in Molasse eingeschnittene Fluss- sohle wieder auf eine Höhe von mindestens 12 bis 13 m durch moderne Alluvionen aufgefüllt wurde. Das Aare- bett erhöhte sich, nach Herstellung der heutigen Verhält nissse im Allgemeinen, hauptsächlich während der Zeit, zu der die geschiebsreiche Kander noch nicht in den Thunersee eingeleitet war, also 1714. Oberst Koch, Schwellenmeister der Aare, ein gediegener Hydrotechniker, gibt an, dass an der Matte in den Zwanzigerjahren eine Mühle abbrannte, an welcher ein altes Wasserstandszeichen über 10 Fuss höher, als die in den vorangegangenen 20

3ern. Mittheil. 1882. Nr. 1038.

ERBEN SE

Jahren bedeutendsten Ueberschwemmungen reichten, an- gebracht war. Bei der ungeheuren Geschiebsmenge, welche Kander, Zulg, Rothachen und Kiesen in die Aare wälzten, war dieselbe trotz zeitweise viel grösserer Wassermengen nicht im Stande, Alles fortzuführen. In noch frühern, aber immerhin nacheiszeitlichen Perioden, hat die Aare, wie ihre terrassirten Ufer deutlich beweisen, ihr Bett zu wiederholten Malen tiefer gelegt. Gegenwärtig scheinen Wassermenge und Gefälle Stosskraft und Geschiebe im Gleichgewicht zu stehen.

Die interessantesten Verhältnisse zeigten bis jetzt die Fundirungen für das Widerlager auf der Kirchenfeld- seite und die Versenknng der Caissons zu den Pfeilern im Schwellenmättelt.

Schon früher hatte ich einmal Gelegenheit, auf eigen- thümliche Erscheinungen des Gletscherschuttes an der Kante «es Kirchenfeldes hinzuweisen. Als nämlich 1878 unser letzthin verstorbenes Mitglied, Hr. Ingenieur F. Thormann - von Graffenried, Sondirungseinschnitte herstellen liess, zeigte sich das erratische Material ın bergwärts mit 80° steil einfallenden Schichten angeordnet. Man kann sich diese Thatsache nur durch die Annahme erklären, dass eine durch Abschwemmung von der rechten Seitenmoräne zwischen dem Gletscher und der Thalwand entstandene Ablagerung vorliege. In andern vergleich- baren Fällen, wie bei Meikirch, Münsingen, Strättligen, sind derartige modifizirte Seitenmoränen vorherrschend horizontal geschichtet.

Die neulich in der mittlern Höhe des Abhanges für das Brückenwiderlager gemachten Einschnitte gewährten noch weitere Einblicke in die interessante Struktur. Erstlich gingen die vorerwähnten steilen Schichten nach unten ganz allmälig und verschwommen in gemeinen,

ea

vollkommen ungeschichteten erratischen Schutt über. In diesem liegen verschiedene kleinere Blöcke, besonders auch Fündlinge von Molasse.

Der Gletscherschutt selbst lagert aufanstehender Molasse und zwar vortheilhafterweise in einer unerwartet geringen Tiefe. Ganz gesunde Molasse wurde beim obern Caisson bei 6,72 m, beim untern dagegen bei 7,43 m angehauen. Besonders an letzterer Stelle zeigte sie oberflächlich prächtige Furchen und Erosionsrinnen. Ihr Vorhanden- sein war nach dem Vorkommen bei der Dalmazibrücke in unmittelbarer Nähe und nach der Üonfiguration zum Voraus sicher. Wir werden auf diese Molasse nochmals zurück kommen.

Ein ganz besonderes Interesse aber erregte das Aus- gehende der vorerwähnten schiefen, steil bergwärts ein- fallenden Schichten von Gletscherschutt. Unter der ober- flächlichen Kruste von Dammerde und offenbarem Halden- schutt, der gegen den Fuss des Abhangs mächtiger wurde, zeigten sich die wunderbarsten Faltungen und Schichten- windungen in dem abwechselnd sand- und lehmartigen Material. Ganze Packete von feinerem Material bewegten sich, ohne Zweifel nach dem Aufthauen des lange gefror- nen Bodens, der Richtung der Schwere folgend, gegen die Mitte des Aarethales. Diese bewegten Massen stauten sich und flossen über, so dass die prächtigsten eng zusam- men gedrückten S-förmigen Biegungen der dünnen Lagen zu Stande kamen. Es kann diese Erscheinung nicht auf passive Bewegungen im Material der Grundmoränen zu- rück geführt werden (vgl. Credner, Z. deutsch. geol. Ges. über derartige Erscheinungen in den norddeutschen Gla- cialbildungen). Wir haben es hier lediglich mit Schlamm- bewegungen in Folge unterbrochenen Aufthauens zu thun- Eine genaue bildliche Darstellung der angedeuteten, uns

N Ma

an die schönsten Schichtenwindungen der Alpengesteine erinnernde Lagerung wird in einer spätern Spezialpubli- kation erfolgen.

Fragen wir nach dem Alter der in so glücklich ge- ringer Tiefe angehauenen Molasse, so bieten uns deren Struktur und einige wenige organische Ueberreste An- haltspunkte zur Entscheidung. Der Sandstein ist auf- fallend kurz geschichtet, so dass zahlreiche linsenförmige Parthieen in einander verschränkt und übergreifend er- scheinen; wir erhalten vollständig den Eindruck einer Ufer- oder fluvialen Ablagerung. Nach Studer, Mono- sraphie der Molasse, p. 347, sollen sich in diesem selben Sandstein Squalus cornubicus una canicula (wohl L. eus- pidata Ag.) gefunden hahen. Demnach hätte man es mit Meeresmolasse von der Aargauerfacies Kaufmanns zu thun, wofür auch die schon erwähnte Struktur sprechen könnte. Bei Anlage der Zufahrt zu der Dalmazibrücke, die Anbrüche dieser Molase erforderte, entdeckte Herr E. Rothenbach, damals noch in Bern, dagegen Ueberreste von Landpflanzen. Bestimmbar waren: Arundo, Blattfragmente, Palmacites Helveticus Hr., Gefässbündel. Pinus Gaudini Hr. Zapfen. Diese Stücke sind im städtischen Museum deponirt. Danach hätten wir es mit unterer Süsswasser- molasse zu thun. Namentlich Pinus Gaudini erinnert ganz an die Vorkommnisse aus dem Tunnel von Lausanne. Auch Studer selbst: (l. c.) fand seiner Zeit nur unbestimm- bare bituminöse und ockerige Holztheile und keine ani- malischen Ueberreste.e Am wahrscheinlichsten befinden wir uns in einer unbestimmten Grenzregion, zwischen beiderlei, marinen und limnischen Bildungen.

Wie aus spätern Beobachtungen sich ergeben hat, gewährt auch diese bedeutende Arbeit des Brückenunter- baues keine bestimmte Anhaltspunkte für Feststellung

af ae

AH ie

des weitern Verlaufs der Oberfläche der Molasse, d.h. der Gestaltung der Flusssohle unter der modernen Allu- vion. Man erreichte bei den Ausgrabungen für die Wider-

| lager auf der Stadtseite unter dem Polizeigarten die Mo-

lasse nicht.

Es waren aber diese Einschnitte in anderer Richtung lehrreich. Wie wir schon aus frühern Beobachtungen bei Entwässerungsarbeiten benachbarter Stadtgebiete, bei Legung von Gas- und Wasserleitungen wussten, fallen in der obern Hälfte des betreffenden Abhangs die wechseln- den Sand- und Lehmschichten gegen die Stadt ein. Trotz der Schichtung haben wir immerhin erratischen Schutt der nur etwas verschwemmt ist; denn inmitten der feinsten Sandlager stiess man seiner Zeit auf grosse Fündlinge, welche gesprengt werden mussten. Ganz unerwartet stellte sich darum tiefer gegen die Aare entgegengesetzter Fall nach SW ein. Das Material ist hier zum Theil viel gröber, aber unvermittelt abermals wechselnd mit feinem Schlemm- sand, ja dem feinsten blauen plastischen Thon. Nament- lich letzterer zeigte eine grosse Unzuverlässigkeit in seiner Ausdehnuug und Mächtigkeit.

Jedenfalls sind hiedurch auch hier zwei verschiedene Abschnitte der betreffenden von abfliessendem Schmelz- wasser unterstützten Glacialbildungen nachgewiesen. Aehn- lich wie bei den betreffenden Ablagerungen im Seeland, möchte ich auch hier am liebsten unterscheiden zwischen Bildungen während des Vorrückens und solchen während des Rückzuges oder Abschmelzens der Gletscher.

Die in Vorstehendem mitgetheilten Thatsachen mögen an sich unbedeutend erscheinen. Sie zeigen aber doch, abgesehen von der praktischen Wichtigkeit, wie Komplizirt schon die jüngste geologische Geschichte unseres Aare-

ERS

thales, und ebenso natürlich auch der übrigen Thäler, sich gestaltet. In Verbindung gebracht mit der gesammten Geschichte gewinnt übrigens jede Beobachtung an Werth.

“un UT nn

Prof. Dr. B. Luchsinger.

/ur Physiologie des Herzens.

Vorgetragen in der Sitzung vom 29. April 1882,

I. Zur lokalen Diastole.

Schon 1848 hatte Schiff die merkwürdige Thatsache gefunden, dass beliebige Stücke der Herzkammer des Frosches, der Vorhöfe der Säuger während einer Systole lokal erschlaffen, wenn sie unmittelbar vor oder noch zu Beginn derselben lokal mechanisch oder elektrisch gereizt werden. In neuerer Zeit wurde das Phänomen zu wieder- holten Malen immer wieder neu entdeckt, und zuletzt noch von Rossbach in volle Parallele mit der durch Vagusreizung hervorgerufenen totalen Diastole gebracht.

Denn Atropin, jenes charakteristische Gift, das diese Vaguswirkung schon in kleinsten Dosen hindert, sollte in ebensolchen Dosen auch die lokale Diastole unmöglich machen.

Da aber in den verschiedensten Stücken der Herz- spitze wenigstens bisher ausser den Muskelzellen keine andern reizbaren Stücke, namentlich keine Ganglienzellen und Nervenfasern angetroffen wurden, so wäre damit endlich auch der Nachweis geleistet, dass der Vorgang der Vagushemmung in den Muskelfasern sich abspiele, eine bekanntlich schon von Kölliker empfohlene, aber von der

a

BE 2

_ grossen Mehrzahl der Physiologen aus Gründen der all-

gemeinen Muskelphysiologie verlassene Anschauung.

Da meine Aufmerksamkeit aber schon anderweitig der Hemmungsfrage aus verschiedenen Gründen zugewandt war, beschloss ich sofort, Rossbach’s Befund zu kontrolliren. Ihrer grossen Herzen halber dienten ganz vorzüglich Kröten zu meinen Versuchen. Aber die allergrössten Dosen Atropin (0,08) liessen die lokale Diastole immerfort bestehen.

Damit war die Schlussfolgerung Rossbach’s unmöglich geworden, ohne dass seine thatsächlichen Angaben gerade falsch zu sein brauchten. Denn ich fand, dass Erwärmung des Herzens die lokale Diastole wirklich unmöglich macht, und in gleicher Weise wirkte überhaupt Alles, was die Erregbarkeit des Herzmuskels steigert. |

Nun wissen wir durch andere Untersuchungen meines Laboratoriums, aber auch schon durch die Erfahrungen von Bowditsch, dass Atropin in kleineren Dosen zu den erregbarkeitsteigernden und reizenden Substanzen der motorischen Elemente des Herzens gehört. |

Wir können uns also wohl denken, dass innerhalb solcher Grenzen der Atropinwirkung die lokale Diastole nicht oder doch schwieriger zu erzeugen sein dürfte.

Andererseits muss Alles, was die Erregbarkeit des Herzens herabsetzt, Kälte, Kalisalze, Chloral etc. das Phänomen der lokalen Diastole begünstigen. Diess ist in der That der Fall. Damit aber ergibt sich auch eine andere Erklärung des Phänomens überhaupt.

Der lokalen Diastole geht nämlich stets ebenfalls eine Systole voraus, nur läuft dieselbe viel rascher ab, als in dem übrigen Herzen.

Je erregbarer aber ein Muskel, um so rascher auch der Ablauf seiner Zuckung. Der lokale Reiz scheint also die

1 A vu a FAR; Ah Th R PU 27

BEGREN 1, Kar sa

Erregbarkeit des Herzens lokal zu steigern, die lokale

Diastole ist die Folge dieser Erregbarkeitsdifferenz. Eine Steigerung der Erregbarkeit wird aber um so leichter eintreten müssen, je niedriger dieselbe vorher war und entsprechend gelingt unter solchen Umständen auch das Phänomen der lokalen Diastole in prächtigster Weise. Die Versuche sollen jetzt mit Anwendung der graphischen Methode fortgesetzt werden.

II. Ueber den Ort der Vaguswirkung.

Dagegen glaube ich durch einen andern Versuch die Frage über die Angriffsweise der hemmenden Apparate fördern zu können.

Wird die Herzspitze eines Frosches, einer Schildkröte auf eine doppelläufige Kanüle gebunden und unter stei- sendem Drucke Blut oder Salzwasser durchg»leitet, so beginnt bei einer gewissen Druckhöhe die Spitze zu pul- siren. Man merke sich die Minimalhöhe und leite nun unter solchem Drucke durch ein normales Herz gleichen Blutstrom. Man reize die vorher schon präparirten Vagus- fasern mit immer stärker anwachsenden Reizen, man wird sehr oft Reizstärken finden, die auch trotz dieser Druck-

höhe Stillstand bewirken. Jetzt binde man die Herzspitze

ab und leite bei gleichem Drucke wieder die Flüssigkeit durch, man findet oft genug wieder Pulsation.

Da am ganzen Herzen der n. vagus diese Pulsation

unterdrücken konnte, so muss doch wohl der n. vagus auf Elemente wirken, die auch in der Herzspitze sich befinden ?

In der Herzspitze sind aber nach allen bisherigen Angaben Ganglienzellen vermisst.

Oder sollte es sich vielleicht überhaupt nur um Erreg- barkeitssteigerungen handeln, die an der Herzspitze durch

BEN a

den Schnitt und die Ligatur plötzlich aufgetreten wären? Weitere Versuche müssen folgen.

III. Zwei Versuche an Herzen, deren n.n. vagi degenerirt sind.

Im Interesse der Frage besonderer intracardialer Hemmungsganglien, sowie der Wirkungsweise des Mus- carins hatte ich schon im Frühjahr 1881 zusammen mit Frl. Socoloff einen Versuchsplan mit Schildkröten ent- worfen, deren nn. vagi durch längere Zeit vorhergegangene Durchschneidung degenerirt waren.

Leider haben nur zwei Thiere die Operation ca. 3 Monate überstanden, ohne dass auch nachträglich wieder Verwachsung eingetreten wäre.

An beiden zeigte sich nun eine Reizung des Venen- sinus so wirksam wie zuvor; aber auch Muscarin hatte in gleicher Weise einen lange dauernden Herzstillstand bewirkt, der schliesslich durch Atropin beseitigt wurde.

Sollten also wirklich die letzten Enden der Vagus- fasern so lange der Degeneration trotzen können? Die extracardialen Fasern waren zwar völlig degenerirt, nach der Anschauung von Schiff aber würden die letzten Enden immerhin noch lange vor Entartung geschützt sein.

Neue Versuche mit einer viel längeren Versuchszeit sind schon im letzten Herbst eingeleitet worden und ver- brachten die Schildkröten den Winter in den Wärme- häusern des botanischen Gartens.

Auch die so oft diskutirten histologischen Verhältnisse sollen dann entsprechende Berücksichtigung erfahren.

ANAND

Bern. Mittheil. 1882. Nr. 1089.

Er

Prof. Dr. B. Luchsinger.

Ueber die Wirkung von Kälte und Wärme auf die Iris der Frösche.

Vorgetragen in der Sitzung vom 29. April 1882.

Zusammen mit Hrn. E. Gysi hatte ich schon vor mehreren Jahren einer Angabe von Gränhagen entgegen gefunden, dass Erwärmung des Froschauges nicht eine Erweiterung, sondern im Gegentheil eine starke Verenge- rung der Pupille macht. Im Laufe des letzten Winter. semesters Konnte ich zufällig beobachten, dass diese An- gabe unvollständig ist, denn Frösche, die einige Zeit in Eiswasser verweilten, hatten bedeutend engere Pupillen als solche, die in Zimmertemperatur verblieben.

Bei mittleren Temperaturen erreicht also die Weite

der Pupille von Rana esculata ihr Maximum, sie wird

eng bei hohen Temperaturen unsere alte Beobachtung, aber auch bei sehr niederen Temperaturen -— unsere neue Correction. Neue Beobachtungen haben die Gründe dieses Verhaltens aufzudecken.

N

Beriehtigung.

Auf S. 44, 15. Zeile v. oben setze hydrostatischen für hydropathischen. Auf S. 47, 1. und 2. Zeile v. oben setze m für mm.

a a wu

ei nu

B J a ® . g 7 2. 2 a . a i

Oltschithal.

Oberfeld 18537

Ebne Fluh.

IQ

Oltschithal. A

Prof. 3.

%

{ < rt

Ä - ER, RS N \ e x N N N RN N N

Pe en iv

Ale

£ f ir sen ee tin nt a Bi innen green e -

2

Jahrgang 1850 (Nr. 167—194) zu 4 Fr. > 1851 (Nr. 195—223) zu 4 Fr. » 1852 (Nr. 224—264) zu 6 Fr. » 1853 (Nr. 265—309) zu 6 Fr. » 1854 (Nr. 310—330) zu 3 Fr. » 4855 (Nr. 331-359) zu 4 Fr. » 1856 (Nr. 360—384) zu 4 Fr. » 1857 (Nr. 385—407) zu 3 Fr. » 1858 (Nr. 408—423) zu 2 Fr. » 1859 (Nr. 424—439) zu 2 Fr. » 1860 (Nr. 440—468) zu 4 Fr. » 1861 (Nr. 469—496) zu 4 Fr. » 1862 (Nr. 497—530) zu 6 Fr. » 1863 (Nr. 531—552) zu 3 Fr. » 1864 (Nr. 553—579) zu 4 Fr. » 1865 (Nr. 580—602) zu 3 Fr. » 1866 (Nr. 603—618) zu 3 Fr. » 1867 (Nr. 619— 653) zu 3 Fr. » 1868 (Nr. 654—683) zu 4 Fr. » 1869 (Nr. 684—711) zu 5 Fr. » 1870 (Nr. 712—744) zu 6 Fr. » 1871 (Nr. 745—791) zu 8 Fr. » .1872 (Nr. 792—811) zu 5 Fr. » 1873 (Nr. 812—827) zu 6 Fr. » 1874 (Nr. 828—873) zu 8 Fr. » 1875 (Nr. 874—905) zu 4 Fr. » 1876 (Nr. 906—922) zu 5 Fr. » 1877 (Nr. 923—936) zu 3 Fr. » 1878 (Nr. 939—961) zu 5 Fr. . 1879 (Nr. 962—978) zu 3 Fr.

ee;

» 1880 (Nr. 979—1003) zu 6 Fr, » 1881, I. Heft (Nr. 1004—1017) Fr. 2. 50. » 1881, II. » (Nr. 1018—1029) Fr. 3. —.

00

= ee

3 ? > ed X RR A. " N N. v K EN En er EN N N Win. N a mn = Suse; 5 en‘ Srge =. x ö e FH 13 AH tel ' k N N Da

x U En:

Rack © LRAELE

ZI NT 7 A ei ( \ RS N: ae SE \ RU ( x N N S Sa = = 7 Zi 1 7 \ > R. : > r f Br: e: cc x « SEAL: or

ig: RC ALR A AACC > Tr 0a cc CAR TUR: S x ° © CL |

< «@ ec < << = a < & C { | Te = “@ « ( « e < <

2 x 2 acc au « “CE ec LEK CAR III TU @ Er